HHHEHHRBENH 3 P DI hrte yiatanın Sa 123 \ y Ü rn hr abe RE JAHRBUCH © DER KAISERLICH-KÖNIGLICHEN bEOLUGISCHEN REICHSANSTALT, XXXVI. BAND. 1887. Mit 19 Tafeln. WIEN, 1888. ALFRED HÖLDER, K. K. HOF- UND UNIVERSITÄTS-BUCHHÄNDLER, Rothenthurmstrasse 15. Die Autoren alle in sind für den Inhalt ihrer Mittheilungen ve Inhalt. Seite Personalstand der k.k. Geologischen Reichsanstalt im Jahre 18897 . ......V Correspondenten der k. k. Geologischen Reichsanstalt im Jahre 1887 . ..... Vu I. Heft. Ueber die geologischen Verhältnisse der Inseln Syra, Syphnos und Tinos. Von Heinr. Baron von Foullon und Dr. Viet. Goldschmidt. Mit 2 Tafeln NET and Il) ou... 1 Die Glaukophangesteine der Fruska gora in 1 Croatien. Von Dr. "m. Kis patis, "Prof. in Agram . u a 00 Ueber das transkaspische Naphtaterrain. "Von Dr. EL Ss; jögren in Baku RE a 7 Ein geologisches Profil bei Niederndorf (Kufstein O.). Von Georg Buchauer . . 63 Ueber neocome Fossilien von Gardenazza in Südtirol nebst einem Anhang über das Neocom von Ischl. Von Dr. Victor Uhlig. Mit 3 Tafeln (Nr. II—V.) .. 69 Zur Wieliczka-Frage. Von C. M. Paul... . 109 Zur Geologie des Granulitgebietes von Prachatitz am Ostrande des Böhmerwaldes. Voonpark Kroiberrn von Camerlander. 7... . 0. 2 El? II. Heft. Die carbone Eiszeit. Von Oberbergrath Prof. Dr. W. Waagen .. 4 Zwei neue Kriterien für die Örientirung der Meteoriten. Von Eduard Döll. Mit 4 Lichtdrucktafeln (Nr. VI-IX).. 2195 Ueber einige Säugethierreste aus der Braunkohle von "Voitsberg und Steiereg 28 bei Wies, Steiermark. Von A. Hofmann. Mit drei Tafeln (Nr. X—XIlI). . . 207 Optisches Verhalten und chemische Zusammensetzung des Andesins von Bodenmais. Von Dr. Max Schuster und Heinr. Bar. v. Foullon ... . 219 Diluviale Funde in den Prachover Felsen bei Jicin in Böhmen. Von Ich, N. Woldrich. Mit einer lith. Tafel (Nr. XIII) und zwei Holzschnitten . . 223 Der Ausbruch des Schlammvulkans Lok-Botan am kaspischen Meere vom 5. Jänner 1887. Von Dr. Hjalmar Sjögren .. „233 Die geologischen Verhältnisse der Neocomablagerungen der Paezalpe "bei Corvara in Südtirol. Von Emil Haug... . . 245 Ueber Koninckiniden des alpinen Lias. Von A. Beinen "Mit einer r Tafel (Nr. xIv) 281 Bemerkungen über einige Arten der Gattungen Harpoceras und Simoceras. Von M. Vacek ,... 614205 Einige Bemerkungen über den hohlen Kiel der Falciferen. Yon 'M. Vacek 1) Ueber die Bohnerze der Villacher Alpe. Von A. W. Stelzner .. ut! Beiträge zur Kenntniss des schlesisch-galizischen Karpathenrandes. Von ‘c. m. Paul 323 Bemerkungen über eine Yahas bei a. unweit Franzensbad. Von Dr. E. MWoUze .. .. ..808 Bemerkungen über eine “ fossile Scalpellum-Art aus “dem Schlier ı von n Ottnang und Kremsmünster, sowie über Cirripedien im Allgemeinen. Von A. Weithofer. Mit einer lithographirten Tagol) (Nr? ap He De ee il IV III. und IV. Heft. Seite Ueber die Verwitterung der Kalksteine der Barrande’schen Etage Ff2. Von Friedrich Katzer in Prag. . . ale! Ueber einige geotektonische Begriffe und Han Anwendurg. an I nen 397 Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. Von Dr. E. Tietze. Mit einer Kartenbeilage, bestehend aus 4 Blättern. (Tafel XVI-XIX) ... .423 Verzeichniss der Tafeln. Tafel Seite I und II zu: H. Baron v. Foullon und Dr. V. Goldschmidt: Ueber die geologischen Verhältnisse der Inseln Syra, Syphnos und Tinos. . 1 IT V zu: Dr. V. ne Ueber neocome Fossilien vom Gardenazza in Süd- role (0, VI IX zu: ED: Ze neue EN Ss die Orientirung der Meteorien 193 X— XII zu: A. Hofmann: Ueber einige Säugethierreste aus der Braunkohle von Voitsberg und Steieregg bei Wies . . © . 207 XII zu: J. N. Woldrich: Diluviale Funde in den "Prachover Felsen bei Jicin in Böhmen. . . a a XIV zu: A. Bittner: Ueber Koninckiniden des alpinen ER ERDE XV zu: A. Weithofer: Bemerkungen über eine fossile Scalpellum-Art aus dem Schlier von ‚Öttnang und Kremsmünster, sowie über Cirripedien im Allgemeinen . . ern XVI—XIX zu: Dr. E. Tietze: Die geognostischen Verhältnisse der Gegend v von Krakau? „u. en a en ee er Eee Personalstand der k. k. geologischen Reichsanstalt. Director: Stur Dionys, Ritter des k. sächsischen Albrechts-Ordens, k. k. Ober- bergrath, corr. Mitgl. d. kais. Akad. d. Wiss., Membre assoeci6 de l’Acad. Royale des Sciences, des Lettres et des Beaux-Arts de Belgique, corr. Mitgl. der Naturf, Gesellsch. „Isis“ in Dresden, Socio corrisp. del R. Istituto Veneto di scienze, lettere et arti, ete. IlI., Rasumoffskygasse Nr. 2. Vice-Director: Stache Guido, Commandeur d. tunes. Niscian-Iftkhar-Ordens, Phil. Dr., k. k. Oberbergrath, corr. Mitgl. d. ung. geol. Gesellschaft in Buda- pest u d. Naturf. Gesellsch. „Isis“ in Dresden, ete., IIL, Stroh- gasse Nr. 21. Chefgeologen : Mojsisovies Edler von Mojsvär Edmund, Commandeur d. montenegrinischen Danilo-Ordens, Officier des k. italienischen S. Mauritius- und Lazarus-Ordens, sowie des Ordens der Krone von Italien, Jur. U. Dr., k. k. Öberbergrath, corr. Mitgl. d. kais. Akad. d. Wiss., Ehrenmitglied der Soc. Belge de G6ol. Paleont. et d’Hydrol., ete., III., Reisnerstrasse Nr. 51. Paul Carl Maria, Ritter des k. k. österr. Franz Josef-Ordens, k.k. Bergrath, III., Seidelgasse Nr. 34. Tietze Emil, Ritter des k. portugiesischen Set. Jacobs-Ordens, Besitzer des Klein-Kreuzes des montenegrinischen Danilo-Ordens, Phil. Dr., Ill., Ungargasse Nr. 27. Vorstand des chemischen Laboratoriums: John von Johnesberg Conrad, III., Erdbergerlände Nr. 2. Geologen: Vacek Michael, III., Löwengasse Nr. 40. Bittner Alexander, Phil. Dr., III., Thongasse Nr. 11. Adjuncten: Teller Friedrich, II., Geusaugasse Nr. 5. Foullon Heinrich, Freih. v., IIL, Rasumoffskygasse Nr. 1. VI Assistent: Uhlig Vietor, Phil. Dr., Privat-Docent für Paläontologie an der k.k. Universität, III., Parkgasse Nr. 13. Praktikanten: Tausch Leopold v., Phil. Dr., VII., Josefstädterstrasse Nr. 20. Camerlander Carl, Freih. von, IV., Vietorgasse Nr. 25. Geyer Georg, Ill., Rasumofiskygasse Nr. 23. Bibliothek: Matosch Anton, Phil. Dr., Praktikant der Universitäts-Bibliothek, in Verwendung bei der Geolog. Reichs-Anstalt, III., Marxergasse Nr. 34. Zeichner: Jahn Eduard, III., Messenhausergasse Nr. 7. Kanzlei: Girardi Ernst, k. k. Rechng.-Assistent, VI., Windmühlgasse Nr. 2a. Diener: Erster Amtsdiener: Schreiner Rudolf, Laborant: Kalunder Franz, TI: Rasumokr Zweiter Amtsdiener: Palme Franz, | EN 93 und = Dritter % Ulbing Johann, Heizer: Kohl Johann, Portier: Kropitsch Johann, Invaliden-Hofburgwächter, Ill., Inva- lidenstrasse Nr. 1. vu Correspondenten dere oeischen Reuehsansıtart. (Fortsetzung des Verzeichnisses im XXXVI. Bande des Jahrbuches.) Gastheimb Moritz, Frh. v., in Mistek. Jülich Leopold in Wien. Köhler Wilhelm in Teschen. Kupido Franz, Dr., in Stadt Liebau. Münch Hugo: in Wien. Pettersen Carl in Tromsö (Skandinavien). Pompee L. V. in Pisek. Sjögren Hjalmar in Bakü (Russland). Wiesner Raimund in Wien. Wyezynski Josef, Truskawiec (Galizien). 2 - Ausgegeben amı 15. Juni 1887, JAHRBUCH KAISERLICH-KÖNIGLICHEN BEOLOGISCHEN REICHSANSTALT.. JAHRGANG 1887. XXXVIL BAND. 1. HEFT. “ Mit Tafel IV. ” WIEN, 1887, &% £ ' ALFRED. HÖLDER, Pe Be x. HOF- UND UNIVERSITÄTS- BUCHHÄNDLER, Rothenthurmstrasse 15. FRE Soeben erschien; Die Erscheinungen Verlag von | Alfred Bölder, k.E Hofe ae 2 ‚ Rotktenthusmasbratse: E r. Soeben erschien; der’ Kıysti er ee > Ra & [5 < Bergakademien | Leoben ch ? Bach = k: ehem ind Jallas Ani EB a A INHALT: 1. ek a ee La vom Jahre 1886. Von Dr, E. Priwoz station Leoben für das ‘Jahr 1886. englischen Grubenunsaiit Comimisieh -. Commission - deutsch PN von re nem: Von Dr, Pe agorio nn sor ‚Uni rsii Ueber die geologischen Verhältnisse der Inseln Syra, Syphnos und Tinos. Von Heinr. Baron von Foullon und Dr. Viet. Goldschmidt. Mit zwei Tafeln (Nr. I, I). Seit Boblaye und Virlet!) 1833 und Fiedler?) 1841 haben “wir über die genannten Inseln geologische Mittheilungen im engeren Sinne nicht erhalten. Luedecke?) danken wir eine eingehendere Bearbeitung der prächtigen Gesteine von Syra, welche zum Theile von Prof. von Fritsch gesammelt, theils von Fouque zur Verfügung gestellt wurden. Gelegentlich einer Reise nach Griechenland im Frühjahre 1885 war es unserem Ermessen anheimgegeben, welche Inseln wir besuchen wollten. Unsere Wahl fiel auf die drei genannten. Auf Syra sollte einmal die Vertheilung der bekannten Glaucophangesteine speciell studirt werden. Siphnos wurde seiner vorgeschobenen Lage nach Süden wegen gewählt. Auf Tinos wünschten wir das Verhältniss der Schiefergesteine segen den Granit zu beobachten, konnten aber letzterer Aufgabe am wenigsten gerecht werden. Die Ursache lag lediglich in der beschränkten Zeit, wie denn sie der einzige Factor ist, welcher bei Studien auf den Inseln in Betracht kommt. Von Seite der Centralregierung in Athen, von den Behörden auf den Inseln, von den Generaldirectionen der Berg- baugesellschaften und ihren Organen in der Provinz, von den Professoren der Universität in Athen und von der gesammten Bevölkerung der Inseln findet man die ausgezeichnetste Unterstützung, worauf wir noch speciell zurückkommen werden. Einige Schwierigkeiten verursachen nur die Verkehrsverhältnisse, das heisst die Schiffsverbindungen zwischen den einzelnen Inseln, wie diess in der Natur der Sache liegen muss; allein auch da fanden wir das bereitwilligste Entgegenkommen. 1) Expedition seientifique de Moree. Paris 1833. ?) Reise durch alle Theile des Königreiches Griechenland. II. Theil, Leipzig 1841. >) Der G’aucophan und die Glaucophan führenden Gesteine der Insel Syra. Zeitschr. d. deutsch. geolog. Gesellsch. 1876. Jahrbuch der k.k. geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Bd. 1. Heft. (KFoullon u. Goldschmidt.) |] D) H. Baron von Foullon und Dr. Viet. Goldschmidt. [2] Die klimatischen Verkältnisse Ende April und Anfangs Mai waren als günstig zu bezeichnen. Steigerte sich auch manchmal die Hitze beim Erklimmen kahler Lehnen sehr hoch, so erfolgte doch regelmässig Er- quiekung durch frische Seebrisen. Syra. Nach der Angabe von Fiedler (a. a. O., pag. 168) würde man die Insel als ein über den Meeresspiegel hervorragendes Gewölbe an- sehen, er sagt: „Die Insel besteht zu unterst aus Glimmerschiefer, der im Süden derselben in Süd, in der Mitte in Ost und Nordost und im Norden in Nord fällt, er enthält Lager von weissem, krystallinisch- körnigem Kalk und wird von dem gleichen grauen bedeckt“. Nach unseren Beobachtungen trifft diess nicht zu, sondern ist die, die Insel aufbauende Gesteinsmasse ein continuirlich über- einanderlagerndes mächtiges System von abwechselnden Schiefer- und Kalkschichten. Möglicher Weise ist der von Hermupolis südlich gelegene Theil der Insel aus einem System überschobener Falten aufgebaut. Es lassen sich aber hierfür keine tektonischen Beweise erbringen, die petro- graphischen Verhältnisse sprechen nicht dagegen. Anders im Nordtheile, wo die Art der aufeinanderfolgenden Gesteinscomplexe selbst die Möglichkeit ausschliesst. Nachdem weitaus der grösste Theil der Inseloberfläche kahler Fels ist, liesse sich eine sehr detaillirte geologische Aufnahme durchführen. Dieser müsste aber eine topographische vorausgchen, denn die alte englische Karte (1835 aufgenommen) bildet für das Innere eine mangel- hafte Unterlage. Die hier beigegebene Karte ist eine verkleinerte Copie der genannten die wir nach Thunlichkeit corrigirten und mussten wir uns begnügen, den Verhältnissen im Allgemeinen entsprechend die Aus- scheidungen einzutragen. Wir beschränkten uns hierbei auf zwei Farben das heisst auf die Ausscheidung der gesammten Schiefer unter einer, die der Kalke mit der zweiten Farbe. Von der höchsten Erhebung der Insel ausgehend, der Spitze des. Pyrgo (nach Messungen von v. Fritseh und Reiss 323 Meter); nach der englischen Karte 1415 englische Fuss) erhalten wir folgen- des Bild: Der Pyrgo selbst bildet eine langgezogene Kuppe, die von Süd- südost nach Nordnordwest streicht. Nach Ostnordost fällt er steil (35 Grad) ab, zwischen ihm und dem Kapariberge senkt sich eine tiefe Schlucht ein, welehe im Westen der alten Stadt vorbei nach Süd hin- zieht. Unterhalb der alten Stadt, die von dem neueren Hermupolis durch ein zweites, kürzeres und weniger tief eingeschnittenes Thal ge- trennt ist, verliert sie den schluchtartigen Charakter, öffnet sich zum weiten Thale und geht gegen den Hafen zu aus. Das Streichen des Gebirgszuges fällt mit jenem der Schiehten zusammen, die Kuppe und der Hang in die Schlucht stehen in mehr weniger rein weissem bis blau- grauen marmorartigen Kalk an. Gegen Westsüdwest zieht sich dem Streichen entlang ein niederer Steilabsturz hin, unter dem eine flache ') Siehe Luedecke a. a. O., pag. 1. [3] Ueber die geologischen Verhältnisse der Inseln Syra, Syphnos u. Tinos. 3 Terrasse folgt. Sie entspricht einer Schiefereinlage und gibt einen guten Aufschluss über den weiteren Verlauf der Streichungsrichtung. Ueber den Ostrand des, „Kephalo vouni“ genannten Hügelcomplexes läuft sie ungeändert fort, um in dem breiteren, tiefen Thale, welches gegen die Agiota-Bay abfällt, gegen West umzubiegen. Die Bucht selbst ist im Schiefer eingenagt. Unter der wenig mächtigen Schieferschicht folgt wieder marmorartiger Kalk, der das ganze Terrain bis gegen die „Delphin-Bay“ zusammensetzt. Es sei hier ein für alle Male bemerkt, dass die Kalke häufig dünne Schiefereinlagen enthalten, die auf den Karten nicht zur Aus- scheidung gelangen konnten. Oefter ist es auch schwierig, die Grenze zwischen Schiefer und Kalk zu ziehen, da der letztere an vielen Stellen in der Nähe des ersteren silicatreich wird, ohne dass man von Kalk- glimmerschiefern als Zwischenglied sprechen könnte, weil solche Er- scheinungen einen localen, auf kurze Erstreekungen im Streichen be- schränkten Charakter haben. Solche wenig mächtige Schieferblätter treten auch in dem erwähnten Complex mehrfach auf. Richtet man seinen Blick nach Süden, so scheint der gesehene Theil der Insel nur aus Kalk zu bestehen, alle kahlen Abhänge zeigen das eharak- teristische Bild desselben. Nach Ost und Nord hingegen sieht man fast nur Schiefergehänge, die mit wenig mächtigen Kalkdecken gekrönt sind. Im Norden von der Spitze fällt der Pyrgo allmälig ab, es reihen sich in der Streichungsrichtung ein paar niederere Kuppen an, von welchen die letzte sich in das tiefe Thal, das gegen die Agiota-Bay läuft, hinabsenkt. Anderseits ist der Pyrgo durch einen Sattel mit dem Kapari verbunden. Im Sattel und Westgebänge des Kapari stehen Schiefer an, die am Kapari bis 50 Grad nach Ost einfallen. Am Sattel ändert sich das Streichen, indem die blätterigen Schiefer einer- seits gegen Nord, einzelne Lappen auch gegen Süd, also nach den beiden Thälern hin fallen. Der Sattel entspricht demnach einer Anti- elinale und verdankt der Faltung sein Dasein. Compliecirte Faltungs- erscheinungen nimmt man schon wahr, wenn man von der Stadt gegen die Capelle Set. Nicolo aufsteigt und am Kapari selbst legt sich die Kalkdecke im grossen Ganzen mantelförmig um den Rücken. Berück- sichtigt man das Umbiegen der Streichungsrichtung und die Faltungen im Osten und Norden des Pyrgo, so sieht man, dass die Masse dieses Berges für den gleichmässigen Verlauf der Bewegungen ein Hinderniss bildete. Die Schiefer ziehen sich über die Ansiedlung „Chiperusa“ hinaus am Thalgehänge hin; man überschreitet wenig mächtige Kalkblätter. Der Sattel im Osten der „Cerigrahöhen“ steht im Schiefer an, er senkt sich in einer wilden Schlucht zu jenem weiten Thal hinab, welches gegen die Megaloki-Bay ausläuft. Die Südgehänge der Cerigra in das Thal gegen die Agiota-Bay bilden weniger steile Abfälle vorwiegend aus Schiefer bestehend, in die sich schmälere Kalkbänke einfügen, die mauerartig abstürzen. Gegen die Agiota-Bay hin erweitert sich das Thal wesentlich, der Kamm der Cerigra senkt sich ungefähr in der Mitte zwischen Megaloki- und Agiota-Bay zum Meer hinab, schiebt aber mehrfache Ausläufer in das südlich gelegene Thal, so dass sich kein eigentlicher ebener Thalboden entwickeln kann, sondern es ist dieser durch Wr 4 H. Baron von Foullon und Dr. Vict. Goldschmidt. [4] mehrfach wiederholte Traversen getheilt. Nördlich vom „Saraceniko- Point“ ist eine tiefe wilde Schlucht eingerissen, deren Bildung aber nicht auf ein weiches Schieferband zurückzuführen ist, sondern auf jrüche (und nachfolgende Abwitterung), die in diesem Theile der Insel noch fortwährend erfolgen. So ist wenig weiter nördlich ein colossales Stick abgebrochen; die zwei ziemiich parallelen Bruchlinien,, . welche nahe rechtwinkelig vom Meere gegen das Innere zu verlaufen, haben eine Länge von eirca 500 Meter. Die sie landeinwärts verbindende Kluft erreicht eine Länge von eirca 300 Meter. Das abgetrennte Kalk- stick ist um eirca 2—-10 Meter gesunken. Die Klüfte sind noch tief hinab offen, oft mehrere Meter weit klaffend, hie und da berühren sich die Ulme und bilden diese Stellen die Brücken, über welche Schafe auf die abgesunkene Scholle wandern, um die spärlichen Pflanzenhalme abzuweiden, welche aus den Runsen des Kalkes emporspriessen. Von der Spitze der Cerigra wiederholt sich das Bild, wie man es vom Pyrgo aus sieht: Im Süden fast lauter Kalk, im Norden nur Schiefer. Das Streichen ist hier ziemlich Ostostnord— Westwestsüd, nur an der Westküste biegt es nach rein Ost—West ab und dreht sich sogar nach Westsüdwest um, wodurch die mantelförmige Umlagerung des Pyrgo noch deutlicher wird. Der Theil der Insel nördlich vom Thale der Megaloki-Bay (der Kürze halber sei eine solche Bezeichnung auch bei analogen Fällen in Zukunft hier gestattet) besteht nun thatsächlich weit vorwiegend aus Schiefer, nur gegen das Cap Strimessos tritt nochmals eine grössere Kalkdecke auf. Zwischen diesem und dem Kaloyero Point erscheinen sie nur untergeordnet. Das Bild des nördlichen Theiles der Insel können wir im Folgenden zusammenfassen: Von der Stadt Hermupolis zieht sich der Ostküste entlang, nach Nord umbiegend bis zum Cap Strimessos eine Reihe von Bergen, ein gut geschlossener Höhenzug, in welchem, je nach der Ver- witterbarkeit der das Gebirge aufbauenden Gesteinsvarietäten wenig tiefe Sättel eingeschnitten sind. Etwas vor der Mitte zweigt gegen West ein Zug ab, der in der Cerigra seinen und des ganzen Systems Cul- minationspunet erreicht. Wenn man von den localen complieirteren Faltungserscheinungen am Kapari absieht, so ergibt sich anfänglich ein südnördliches Streichen, das allmälig umbiegt und in der Cerigra mit Ost-West-Richtung zur Westküste verläuft. Das den Kapari und die Cerigra aufbauende Schichtsystem gehört also ziemlich einem Niveau an. Daran schliesst eoncordant das zweite, welches den übrigen Nord- theil der Insel, begrenzt von der „Glisurabucht“ einerseits, von der Megaloki-Bay anderseits, bildet. Complieirtere Faltungserscheinungen am Kapari, sowie der mantel- förmige Verlauf des Streichens lassen uns hier eine Stauchung erkennen, welche Auffassung durch den, einer Auffaltung sein Dasein verdankenden Sattel zwischen Kapari und Pyrgo eine weitere Bestätigung findet. Das Thalsystem ist ein zweifaches. Von dem genannten Sattel’ verläuft ein Anfangs weiteres, gegen seinen Ausgang sich schluchtartig verengendes Thal mit starkem Gefälle gegen Hermupolis. Im Norden des Sattels senkt sich ein zweites rasch in die Tiefe, das bald nach Nordwest und West umbiegt. In der Gegend des Umbuges verengt es sich, im weiteren cr - [5] Ueber die geologischen Verhältnisse der Inseln Syra, Syphnos u. Tinos. 5 Verlauf wird es breit, ohne einen ebenen Thalboden zu erhalten, da es von mehreren Kalktraversen schief durchzogen wird. Zwischen dem tektonisch zusammengehörigen Zug Kapari-Cerigra und dem nördlich auflagerndem System senkt sich das Thal der Megaloki-Bay ein, welches aber die Ostküste der Insel nicht erreicht. Wenig divergirend von dem ersten Zug reiht sich ein zweiter an, der im Pyrgo seinen und der ganzen Insel Culminationspunkt hat. Auch hier biegt das Streichen nach Westen um. Zwischen Hermupolis, der Volaka, Delphin- und Agiota-Bay liegt ein Hügelsystem, das vor- wiegend aus Kalk aufgebaut ist. Hier gleicht sich der Verlauf der Streichungsrichtung allmälig zu der des südlichen Theiles der Insel aus, welche im Allgemeinen die Richtung Ostsüdost-Westnordwest einhält. Wesentlich einfacher gestalten sich die Verhältnisse auf dem süd- lichen Theile der Insel. Wir haben hier ein mächtiges System von ab- wechselnd Schiefergesteinen und Kalkbänken vor uns, das ziemlich regelmässig in der oben angegebenen Weise streicht, gegen Süden wird die Richtung ganz allmälig mehr Ost-West. Das Einfallen ist durchaus nördlich zwischen 20° und 40°. Wir haben hier ganz dasselbe Bild, wie im Nordtheil der Insel. Sieht man von der Volaka nach Siiden, so walten in der Landschaft die Kalke vor, vom Nites nach Norden die Schiefer. Von hier aus sieht man aber auch nach Süden wenig Kalkgehänge mehr, wenigstens erreichen solehe nur ganz unter- geordnete Ausdehnung. Im Norden der Insel fallen alle Thäler von einiger Bedeutung gegen Westen ab. Im Centrum finden wir sie der Ostküste zufallend, sie ziehen radial gegen die Bucht von Hermupolis. Im südlichen Theile gehören wieder alle Hauptthäler der Westküste an, nur im Norden der Keramiberge liegt ein weiter offener Kessel, dessen Bächlein zur Zeit der Wasserführung an der Südostküste in’s Meer mündet. Aehnlich wie im Norden wird auch im Süden die Küste nach Ost, respective Südost von einem mehr weniger geschlossenen Gebirgs- zug gebildet, der im Nites seinen Culminationspunkt hat. Auch die Westküste wird zum Theile von grösseren Hügeln umsäumt, welche aber durch das Thal der Galissa-Bay getheilt sind; die Niederung nörd- lich der Krasi-Bay liegt zwischen dem Niteszug und den westlichen Küstenbergen, ist aber selbst eine Hügellandschaft im Kleinen. Der Verlauf der Küstenlinie wird, eben so wie der landschaftliche Charakter, hier in ganz’ ausgezeichneter Weise von den geologischen Verhältnissen bedingt. | Wo das Meer an den Schichtköpfen nagt, finden wir eine weit reichere Gliederung der Küste, als dort, wo das Einfallen in die See statthat; das Meer liefert eine petrographische Specialarbeit. Vor Allem leistet der Kalk sehr erheblichen Widerstand, hier überhaupt den grössten ; den geringsten theils weiche, namentlich sich leicht aufblätternde Schiefer. Keineswegs gehören aber alle Cap’s, Points oder Landzungen dem Kalk an, gewisse Schiefer bieten ebenfalls standhafte Partien. Allenthalben kann man aber sehen, dass der Widerstand eine sehr complieirte Function ist, welche sich nicht immer leicht analysiren lässt. Es wäre diess sicherlich eine dankbare Aufgabe eingehendster Detailstudien, für welche Syra und Syphnos ausgezeichnete Objeete bieten würden. 6 H. Baron von Foullon und Dr. Viet. Goldschmidt. [6] Das mehrmal erwähnte Janusgesicht der Insel dass man nämlich von Siiden gesehen nur Schiefer, von Norden gesehen nur Kalkstein vor sich hat, erklärt sich von selbst. In der Richtung des Einfallens der Schiehten bleiben die aus Kalk bestehenden Lager ihrer schweren Verwitterbarkeit wegen, als Decken liegen. Wo der Zusammenhang dieser aus irgend welchen Ursachen unterbrochen wird, wittern die darunter liegenden Schiefer aus, die Einrisse erweitern sich, es ent- stehen Runsen, Schluchten und Thäler. Der Kalkstein und einige widerstandsfähige Schiefervarietäten brechen an den Rändern ab und bleiben in riesigen Platten und Blöcken liegen. Der marmorartige Kalk liefert bei seiner Lösung nur geringe Mengen eisenschüssigen thonigen Rückstandes. Die zu seiner Lösung nothwendige Kohlensäure kann nur von den Vegetabilien geliefert werden, denn die kleine Menge, welche bei der Zersetzung der in geringer (Quantität vorhandenen Eisencarbonate frei wird, fällt ja kaum in Betracht. Der Pflanzenwuchs ist aber ein sehr spärlicher, demgemäss muss die Auflösung des Kalkes ungemein langsam vor sich gehen. Ob- wohl nun in diesen Klimaten die Frostwirkung vollkommen fehlt, so sehen wir dennoch einen ähnlichen Verlauf der Verwitterung wie dort, wo diese in Gesteinen nahe verwandter Beschaffenheit die Auf- loekerung wesentlich fördert. Die Sache lässt sich wohl einfach so erklären. Bei dem steilen Einfallen der plattigen Kalke werden bei dem Brechen einzelner Lagen Rinnen gebildet, in denen sich allmälıg geringe Quantitäten des Verwitterungsrückstandes festsetzen, auf dem bald spärlicher Pflanzenwuchs bemerkbar ist. Hier kann das Regen- wasser Kohlensäure aufnehmen, das sich vermöge der Schwere und der Capillarität in jene feine Räume zieht, die zwischen den einzelnen Platten vorhanden sind, um die bekannte Wirkung hervorzubringen. Thatsächlich sehen wir auch die ganzen Kalkmassen parallel der Schiehtung von oft sehr tiefen Runsen durchzogen, die sich im Streichen weit fortziehen. Sie geben den so &eringen Lösungsrückständen festen Halt. Andererseits halten sie selbst, sowie der Rückstand, das mit Kalk- lösung geschwängerte Wasser zurück. Bei der raschen Verdunstung des letzteren musssich der Kalk wieder abscheiden und er verbindet den Lösungs- rückstand neuerlich so fest, dass eine Vegetation nicht mehr oder nur im be- schränktesten Umfange gedeihen kann. Naturgemäss bleiben alle ab- bröckelnden Gesteinsstücke ebenfalls liegen und der wieder verbundene Lösungsrückstand wird zu einer Breccie von trostloser Sterilität. Im ausge- (lehnten Umfange begegnen wir ihr in Attiea, in kleinerem hier, wo sie aber ihr verderbliches Auftreten z. B. im Thale der Galissa-Bay zur lebhaftesten Geltung bringt. Wie in so vielen Schiefergebieten die Zersetzung der Gesteine zuerst mit der Desaggregation beginnt, die nur im geringsten Maasse von chemischer Veränderung begleitet ist, so auch hier. Der Desaggre- sationsheerd bietet dem Grus in der Regel nur beschränkten Raum zur stabilen Ablagerung, in der jene Umwandlung vor sich gehen kann, die, bei geeigneter chemischer Constitution der die Gesteine zusammen- setzenden Minerale, zur Bildung fruchtbaren Bodens führt. Der grösste Theil des Gruses wird bei anhältenderem Regen dem Meere zugeführt, so dass wir auch in den Schiefergebieten wenig tiefgrundiger Erde begegnen. Dennoch sind die Schiefergebiete allenthalben dureh die sie [7] Ueber die geologischen Verhältnisse der Inseln Syra, Syphnos u. Tinos. 7 bedeckende Vegetation schon von der Ferne kenntlich, ein Umstand, der aber auch noch eine andere Ursache hat. Ein grosser Theil der Schiefer ist dünnblättrig. Die Menge der Capillarräume hält aus der Regenzeit Wasser zurück, gleichsam wie ein grosser Schwamm und noch tief in den Sommer sprudeln Quellen aus ihnen, deren segenspendender Einfluss an den Abflüssen hervortritt. Die Ablagerungen des kohlensauren Kalkes erscheinen vorwiegend als feinkörniger blaugrauer Marmor, weisser ist seltener. Kine bestimmte stratigraphische Vertheilung der verschiedenen Varietäten konnte nicht constatirt werden. Die Mächtigkeit der einzelnen Bänke variirt sehr, einige Partien sind geradezu dünnschiefrig ausgebildet. Namentlich am Kapari beobachtet man 30 —40 Centimeter ma Einlagerungen eines rauchwackenartigen Kalkes. Wir wenden uns nun den Schieferg esteinän zu. Nach der ein- gehenden Arbeit Lüdecke’s konnten wir die Zusammensetzung der Gesteine der Insel als bekannt annehmen, unser Hauptaugenmerk musste sich auf die Verbreitung der verschiedenen Typen richten. Hierbei hat man sich wohl in Acht zu nehmen, sich von der Schönheit der Glauco- phangesteine nicht bestechen zu lassen, zudem sienoch in zahlreichen, dem Auge sofort auffallenden Varietäten erscheinen. Wenn man nicht ununterbrochen mit Stift, Karte und Notizbuch arbeitet, könnte man ihre Verbreitung leicht überschätzen, so mächtig machen sie sich inı Gedächt- nisse breit. Die ersten Stunden der Wanderung zeigten uns klar und deutlich die Unmöglichkeit, alle Gesteinsvarietäten zu sammeln und mitzunehmen, aber auch die, sie in die vorhandene Karte einzutragen und da zu scheiden. Die fortgesetzte Aufnahme lehrte die Nothwendigkeit, die wichtigsten Schieferzonen von den mächtigen Kalkbänken zu trennen und alle untergeordneteren, welche abwechselnd in einander liegen, weg- zulassen, ferner die Unterscheidung der Schieferarten auf den Text zu beschränken. Wir haben uns bemüht, jene Vorkommnisse auszuwählen, welche augenscheinlich die grösste Verbreitung besitzen. Selbstver- ständlich haben wir es aber nicht unterlassen, stark auffallende Ab- änderungen ebenfalls zu sammeln, wenn ihr Auftreten auch ein unter- geordnetes ist. Petrographische Untersuchung der Schiefergesteine. Die meisten Gesteine sind mit dem freien Auge oder der Loupe nieht ganz auflösbar, wenn man auch fast immer einen oder mehrere Bestandtheile erkennen kann. Wir können demnach keine Gewähr leisten, auch alle wirklich einigermassen Bedeutung erlangende Arten gesammelt zu haben. Mit dem Umfange der Aufsammlung gewinnt deren Vollständigkeit wohl an Wahrscheinlichkeit, wir überzeugen uns nun aber an den Präparaten , dass selbst die als „gleichartig“ mitge- brachten Proben gewisse Verschiedenheiten zeigen, die meist über das ja überall vorkommende „Variiren* der ansonst gleichen Schiefer hinaus- gehen; der Wechsel in der Zusammensetzung ist hier eben ein sehr grosser. 8 H. Baron von Foullon und Dr. Viet. Goldschmidt. [8] Nach unserem fixirten Standpunkt und den Beobachtungen können wir die von Lüdeeke aufgestellten zwölf Arten und Typen nicht ohne Weiteres acceptiren, sondern müssen eine eiwas abweichende Eintheilung vornehmen. Lüdeceke konnte bei seiner Untersuchung der von v. Fritsch und Fouqu&6 gesammelten Handstücke nur die Angaben der beiden Genannten benutzen und das ihm vorliegende Material haupt- sächlich in rein petrographischer Hinsicht studiren. Die älteren Angaben von Virlet, der einen Theil des Glaucophan für Disthen hielt, hat Lüdecke richtiggestellt. Fiedler’s Mittheilungen erwähnt Lüdeeke nicht, sie haben insofern ein Interesse, als er den Glaucophan richtig als Hornblende bezeichnet, das häufige Vorkommen des Epidot hervorhebt (a. a. O., pag. 168), Feldspath beobachtete (pag. 170) und so wie Virlet Ausscheidungen von Rutil bemerkt. Lüdecke hat zwölf Gesteinsarten und Typen beschrieben, es sind folgende: 1. Glimmerschiefer, 2. Quarzitschiefer, 3. Paragonit- schiefer, 4. Glaucophan-Eklogit, 5. Eklogit-Glimmerschiefer, 6. Omphaeit- Paragonitgestein, 7. Glaucophanschiefer, 8. Glaucophan-Epidotgestein, 9. Omphaeit-Zoisitgabbro, 10. Glaucophan - Zoisit - Omphaeitgestein, 11. Smaragdit-Chloritgestein und 12. Hornblende-Chloritgestein. I. Hornblendegesteine. Glaucophan-Glimmer-, Glaucophan-Epidot-Sehiefer und deren wichtigste Varietäten. Der „Glimmerschiefer“ wurde von Lüdecke als das Hauptgestein bezeichnet, in welchem die anderen von ihm beschriebenen als Ein- lagerungen auftreten. Dies ist für den nördlich von Hermupolis ge- legenen Theil der Insel im Allgemeinen richtig. Der verbreitetste Typus präsentirt sich als ein dünnblättriger, schwach blaugrauer Schiefer, der zahlreiche braune Flecke hat. Er besteht aus Quarz, Muscovit, Glau- cophan, Epidot und Granat, Erzen, die verschiedene Oxydationsstufen des Eisens und Eisenoxydhydrat sind, endlich Rutil. Granat und Rutil können als accessorisch, alle anderen Bestandtheile müssen als con- stituirende betrachtet werden, denn nur die beiden genannten ver- schwinden öfters ganz. Die Grössenverhältnisse sämmtlieher Minerale schwanken sehr, am meisten jene des Glaucophan und des Epidot. Dieses Schwanken betrifft niemals alle Bestandtheile gleichzeitig (so dass man nicht grob- oder feinkörnige Varietäten unterscheiden kann), sondern immer eine oder zwei Species, oft in umgekehrter Richtung, indem die eine gross wird, die andere zu besonderer Kleinheit herabsinkt. Ueber mittlere Grösse geht nur der Glaucophan hinaus, ganz vereinzelt der Granat, der hingegen wieder der einzige ist, der nicht unter ein gewisses Maass hinabgeht. Zu diesem starken Wechsel der Grössenverhältnisse, welcher natürlich auch nieht ohne Einfluss auf die Structur bleibt, kommt ein vielleicht noch bedeutenderer in den gegenseitigen Mengenverhältnissen. So entstehen thatsächlich zahllose Varietäten, von denen eine Lüdecke’s „Quarzitschiefer* ist, der aber geologisch eine ganz untergeordnete Rolle zukommt. Bezüglich der einzelnen Minerale verweisen wir auf Lüdecke’s Beschreibung, nur auf Epidot und Zoisit müssen wir näher eingehen. Se - Se Yy BR ORTE 3 Rn FREIE Te ac Ei [ar a a Fa > As S FL BR, FR RE A ER En Zt du ar ee Te en NT u Rn Er ro re an ce u re n a Er Bi. [9] Ueber die geologischen Verhältnisse der Inseln Syra, Syphnos u. Tinos, 9 Früher sei nur noch bemerkt, dass die oben erwähnten braunen Flecke von Eisenoxydhydrat herrühren, welches sich bei der leicht er- folgenden Veränderung des Granat ausscheidet; dass in einzelnen Vor- kommen auch rhomboedrische Carbonate in geringer Menge auftreten, der Apatit nahezu immer in grösseren Körmnern und Krystalloiden er- scheint und Mikrolithe dieses Minerals so gut wie ganz fehlen. Lüdecke beobachtete in den ihm zur Verfügung stehenden Ge- steinen neben Epidot auch Zoisit. Das Vorhandensein des letzteren hat er auch dureh eine chemische Analyse (a. a. O., pag. 11) nachgewiesen. Wenn wir uns kurz die Eigenschaften der genannten Minerale vergegenwärtigen, die zu deren Unterscheidung dienen, so kommen wir zu folgenden Resultaten. Im Allgemeinen zeigt in den krystallinischen Schiefergesteinen — so weit unsere diessbezüglichen Kenntnisse reichen — der Epidot in den allermeisten Fällen weit bessere krystallonome Ausbildung als der Zoisit, häufig reingelbe Farbe. Bezüglich dieser beiden Eigenschaften tritt aber auch öfters vollkommene Gleichheit ein, beide erscheinen als farblose stängelige Gebilde. Bei grösseren Dimensionen der Individuen sind beide schmutziggrau, Wo sich, wie in unserem Falle, eine lichte gelbgrüne Färbung zeigt, wird man immer sehon auf Epidot schliessen. Zwei Kriterien fallen also eventuell weg und es erübrigen Spaltbarkeit und die optischen Verhältnisse. Hat der Epidot säulenförmige Ausbildung nach der Axe 5, so wird in allen denkbaren Schnitten, die senkrecht auf die Symmetrieebene geführt sind, die auf- tretende Spaltbarkeit mit gewissen Begrenzungen und der Auslöschungs- richtung zusammenfallen. Erfolgt der Schnitt parallel M (001), so fehlt die Spaltbarkeit oder es tritt jene nach 7’ (100) untergeordnet auf. Gleiche Verhältnisse erscheinen beim Zoisit bei allen Schnitten, die senkrecht auf die Ebene der Axen a und 5 erfolgen. Eine Unter- scheidung, die sich auf die Lage der Hauptschwingungsrichtung gegen die Spaltbarkeit und äussere Begrenzung gründet, fällt hier ebenfalls aus. Die Prüfung im convergent-polarisirtem Lichte kann uns ebenfalls im Stiche lassen, wenn im Zoisit die Axenebene parallel (001) ist, Beobachtungen über den Sinn der Doppelbrechung und Dispersion keine entsprechenden Resultate geben, was ja bei gesteinsbildenden Mineral- individuen oft genug eintritt. In einem solchen Falle erübrigen uns nur noch die Polarisationsfarben, die beim Epidot immer sehr lebhaft, beim Zoisit in Folge seiner geringen Doppelberechnung schwach sein müssen. Man möge das Eingehen in diese Sache nicht als überflüssig be- trachten, denn die Verhältnisse in den krystallinischen Schiefergesteinen liegen nicht allzu selten so, dass in erster Linie nur der letztgenannte Unterschied bei der Bestimmung in Betracht fällt. Zoisit und Epidot liegen oft nur parallel ihrer Längsentwicklung in den dünnen Gesteins- blättern und wenn Präparate stark schief gegen die Absonderungs- flächen des Gesteines nicht hergestellt werden können, so hat man nur Schnitte im angeführten Sinne vor sich, oder doch solche, die hiervon nur wenig abweichen. Betrachten wir letztere, so ergibt sich Folgendes: Denken wir uns einen Schnitt im Epidot, welcher über (100) (111) (011) und die Gegenflächen verläuft, so fällt die Haupt- schwingungsrichtung mit der (001) parallelen Spaltbarkeit nicht mehr Jahrbuch der k.k. geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Bd. 1. Heft. (Foullon u. Goldschmidt.) 2 10 H. Baron von Foullon und Dr. Viet. Goldschmidt, [10] zusammen; wohl aber, eine Längsentwickelung nach der Axe 5 voraus- gesetzt, mit den längeren Kanten. Denken wir uns den Zoisit so ge- schnitten, dass die Schnittkanten über (111) (111) (110) (110) und (110) verlaufen, so fällt die Lage der Hauptschwingungsrichtung hier umgekehrt mit der Spaltbarkeit, nieht aber mit der äusseren Begrenzung zusammen. Die in der Regel äusserst mangelhafte, respective unregel- mässige Begrenzung, ja die Spaltbarkeit selbst sind in beiden Mineralen oft genug zur Bestimmung geringer Abweichungen nicht geeignet. In unserem Falle war die Entscheidung nicht schwierig. Wir sehen den Epidot in zweierlei Ausbildung vor uns, einmal in der be- kannten Form als weingelbe kleine Krystalle, seltener als Körner, das anderemal stenglig, die letztere Art weit überwiegend. Beide Aus- bildungsweisen kommen auch gleichzeitig vor. Immer sind die Krystalle klein, die Stengel dagegen werden bis 2 Centimeter lang, sinken nur selten zu jenen Dimensionen herab, die die Anwesenheit des Minerals erst unter dem Mikroskop erkennen lässt. Unter den Stengeln kommen solche vor, bei denen die Haupt- schwingungsriehtung mit der Spaltbarkeit und Längsentwicklung zu- sammenfällt, die Axenebene liegt senkrecht zur letzteren. Man findet nun alle Uebergänge bis zu einem Maximum in der Abweichung der Auslöschungsrichtung von circa 27—28° gegen die mit der Längs- entwickelung parallelen Spaltrisse. Bei der gewöhnlichen Ausbildung des Epidot, wo alle Individuen nach der Axe 5 in die Länge gezogen sind, kann man die Querschnitte sofort schon an ihrer Form erkennen. Hier ist dies häufig nicht der Fall; es kommen Längs- und Quer- schnitte vor, die ohne Anwendung gekreuzter Nicols nicht zu unter- scheiden sind. Daraus geht hervor, dass nebst den nach der Axe 5 langgezogenen Säulen auch solche vorkommen, die nach der Axe a ihre Längsentwicklung erhalten haben, was noch durch jene lang- säulenförmigen Schnitte bestätigt wird, bei denen die Spaltbarkeit senkrecht auf die Längsaxe verläuft. Die bekannten Querrisse können von der Spaltbarkeit leicht unterschieden werden. Bei der grossen Verbreitung des stengeligen Epidot in den Ge- steinen von Syra und Syphnos war es wünschenswerth, die chemische Zusammensetzung desselben kennen zu lernen. Sie wird gewiss nicht bei allen Vorkommen gleich sein, was die verschiedenen morphologischen Eigenschaften mit Sicherheit annehmen lassen, wahrscheinlich sind aber die Unterschiede nur gering. Zur Gewinnung des nöthigen Materials schien ein grobkörniges Gestein der Insel Syphnos am geeignetsten, in welchem der Epidot die Matrix bildet, in der Glaucophan, Granat und wenig Muscovit liegen. Es liessen sich hier die Minerale mit freiem Auge ausklauben, wie aber die mikroskopische Untersuchung lehrt, sind Epidot und Glau- cophan häufig ineinander gewachsen, Das Gestein wurde deshalb auf Hirsekorngrösse zerkleinert, in schweren Lösungen getrennt und schliess- lich mit der Loupe alles verdächtige Produet ausgeschieden. Bei der leichten Spaltbarkeit des Glaucophan wird der innere Zusammenhang leichter aufgehoben, als der zwischen Glaucophan und Epidot, welche untereinander innig und fest verwachsen sind; so erhält man viele Epidot- körner, an denen noch Hornblende haftet. Bei den intensiven Farben- 11] Ueber die geologischen Verhältnisse der Inseln Syra, Syphnos u. Tinos., 11 unterschieden der beiden Minerale ist es aber leicht, die verwachsenen Partikel auszuscheiden. An Einschlüssen beherbergt der Epidot hier nur Rutilnädelehen und Körner in geringer Menge, die auf das Resultat der Analyse ohne Einfluss bleiben. Die mit 1, beziehungsweise 0'6 Gramm vorgenommenen Bestimmungen ergaben folgendes Resultat: Kieselsäure . 7 0 ae 2. 40123. Brocent Ehonerde, /..... ae 1. 23874 h UHTTE 08 A a u A Birenosydul .„.....: 0826.. 0:90 e ale 1: 5... ran Aller R Masern % Giuhverluse:,..-,.. 0,19 9,0 vAsa P 99-95 Procent Die Anwesenheit einer geringen Menge Eisenoxyduls gibt sich schon beim Glühen zu erkennen, indem das licht grünlichgelbe Pulver gelblichbraun wird: Zoisit konnten wir in unserem Gesammtmateriale mit Sicherheit nirgends nachweisen und müssten das eventuelle Vorhandensein als ein höchst spärliches betrachten, wenn wir einzelne gerade auslöschende Säulen, die, statt der lebhaften Polarisationsfarben, Blau der höheren Ordnung aufweisen, dem Zoisit zurechnen. Wir wollen die Combination von Glaucophan, Quarz, Muscowit, Epidot u. s. w. als „Glaucophan-Glimmerschiefer bezeichnen. Wie bei den alpinen Gesteinen sieht man auch hier häufig, dass der Hornblendebestandtheil seiner Menge nach gegen den Epidot zurück- tritt, die intensive Farbe des ersteren lässt das wirkliche Verhältniss leicht verkennen. Um aber diesem Rechnung zu tragen, müssen auch Glaucophan-Epidotschiefer unterschieden werden. Es herrschen übrigens auch einige genetische Unterschiede, denn während beim Vor- walten des Glaucophan dieser (nebst Granat und sehr viel Rutil) im Epidot als Einschluss erscheint, beobachten wir in Fällen des Zurück- tretens des Glaucophan, dass er massenhaft Epidotkryställchen enthält. Der sonst im Gestein auftretende Epidot bildet die stängeligen Indi- viduen. In wie weit diese Eigenthümlichkeit für die bezeichneten Mengenverhältnisse durchgreifend sind, konnten wir an unserem Materiale nicht entscheiden. Beide Gesteinsarten finden sich in dem nördlichen Theile der Insel (nördlich von Hermupolis) in allen ausgeschiedenen Schieferpartien. Ueber die weitgehende Variation dieser Gesteine haben wir uns bereits oben ausgesprochen, und soll hier einiges über jene folgen, die durch das Hinzutreten noch anderer Minerale bewirkt wird. Namentlich am Ostgehänge des nördlichen Pyrgo, auf dem Sattel zwischen diesem und dem Kapari, weniger schön in der Schlucht am Westgehänge des letztgenannten Berges, finden sich Schiefer mit mehreren Centimeter langen Glaucophankrystallen, welche in einem meergrünen Glimmer eingebettet liegen. Diese Gesteine sind in mehr- facher Weise von Interesse. So der Glaucophan, dessen bis einhalb Centimeter dieke Krystalle niemals terminale Begrenzungen zeigen, DEE 12 H. Baron von Foullon und Dr. Viet. Goldschmidt. [12] _ sondern sich meist zerfasern oder beiderseits in „Röhren“ endigen. Bei recht gut ausgebildeten Prismenflächen reichen nämlich weite Vertiefungen (bis !/, Centimeter) in der Richtung der c-Axe in das Innere der Säulen. Neben wenig Quarz erscheint überall etwas Feldspath, nicht gerade selten zwillingsgestreift, in manchen Blättern so viel, dass diese einen eneissartigen Charakter erhalten. !) Sie bilden den Uebergang zu unten beschriebenem Gneiss. Epidot ist nur wenig vorhanden, in reicher Menge Rutilsäulehen. Die herzförmigen Zwillinge sind hier ungemein häufig; auch zeichnet sich das Mineral durch seine lichte Farbe aus. Vorhandene Verwitterungsproduete lassen auf das ursprüngliche Vor- handensein rhomboedrischer Carbonate schliessen. Der lichtgrüne Glimmer ist ein Museowit, hat demgemäss einen grossen Axenwinkel und ergab bei der chemischen Untersuchung folgende Zusammensetzung: Kieselsäure . ..... ..... 49:34 Procent Bisenoxyd aut. 2 >10 h Phonerde 3 aee nad R Marnesia. Ra Sen 2A R Kalk 1 re 2 R NalTon a OLD R Kalt... ame ae OA 2 Glühverlust 2 2222. 2..2-2,27440 10001 Procent Zur Analyse dienten 0'8, beziehungsweise 1'55 Gramm. Das Eisen ist zum Theile als Oxyd, zum Theile als Oxydul vorhanden. Eine, mit eirca 5 Gramm unreinen Materials, vorgenommene Probe auf Fluor ergab keine Spur dieses Elements. Während das beschriebene Gestein ein Mittelglied zwischen Gneiss und einer Varietät der Glauco- phan-Glimmerschiefer zu betrachten ist, sind die folgenden Proben Ab- arten der Glaucophan-Epidotschiefer. Aeusserlich unterscheiden sie sich von gewissen Ausbildungsweisen dieser gar nicht. Sie sind in Folge des grossen Reiehtkums an kleinen Glaucophansäulen blau, die vielen, licht schmutzig erbsengrünen, recht unregelmässigen Epidotsäulen (bis 1 Centimeter lang, 2—3 Millimeter diek) sind nicht im Stande, den Farbenton wesentlich zu beeinflussen. Bei manchen Handstücken treten auf den Schichtflächen süberweisse, perlmutterglänzende Muscowit- blättchen hervor. Im Innern fehlt der Kaliglimmer aber fast ganz, an- statt dessen gewahrt man kleine leicht zerfaserbare giftgrüne Partien. In Präparaten erscheinen sie in grosser Menge und erweisen sich als ein glimmerartiges Mineral, das ziemlich lebhaften Pleochroismus, von grün bis gelb, nur schwache Polarisationsfarben liefert und eine grobschuppige Zusammensetzung besitzt. Obwohl die Untersuchung im convergent polarisirten Lichte keine entscheidenden Resultate ergab, so sind diese grünen Partien doch wohl als Chlorit anzusehen. Alle Verhältnisse sprechen dafür, dass das Mineral ein primärer Bestandtheil ') Des Feldspathes erwähnt schon Fiedler a. a. O., pag. 170, allerdings von einer anderen Localität, es streicht aber wahrscheinlich dort dieselbe Schieferpartie, der auch wirkliche Gneisse angehören, aus. Auch Virlet erwähnt Feldspath. Siehe diesbezüg- lich Lüdecke a. a. O., pag. 35. 1 3] Ueber die geologischen Verhältnisse der Inseln Syra, Syphnos u. Tinos, 13 ist; demnach repräsentiren diese Gesteine eine „ehloritführende Varietät“ Sie und die chloritfreien Gesteine sind durch Ueber- gänge verbunden, indem in einzelnen Proben aus manchem Blatt bereits etwas Chlorit erscheint. Der Quarz, der in den epidotreichen Vorkommnissen überhaupt zurücktritt, verschwindet fast ganz; dafür werden die rhomboedrischen Carbonate häufiger, so dass, wohl nur untergeordnet, aber dennoch wirk- liche „Varietäten mit rhomboedrischen Carbonaten“ ent- stehen. Auch sie führen Granat, Eisenglanz u. s. w. Hornblende-Epidotschiefer, Strahlsteinschiefer. In einem Theile der Schiefer wird der Glaucophan durch grüne Hornblende zum grössten Theil oder auch ganz ersetzt. Auf dem Nord- theile der Insel spielen solche Gesteine eine untergeordnete Rolle, indem sie nur wenige Decimeter mächtige Einlagerungen in den Haupt- typen bilden. Der Uebergang ist kein plötzlicher, immerhin erfolgt er sprungweise; in einem Blatte finden sich neben grünem Amphibol noch erhebliche Mengen Glaucophan, im nächsten tritt letzterer gegen ersteren schon stark zurück. Nur in den Strahlsteinschiefern fehlt Glaucophan ganz. Am Südgehänge des Kapari, auf dessen Spitze, am Nordgehänge der Cerigra u. s. w. finden sich wiederholt dieselben Einlagerungen. Die Haupttypen bestehen vorwiegend aus einer tief grünen Horn- blende, wenig Muscovit, fast farblosem,, mehr körnigem Epidot und sehr wenig Quarz. Die kleinen Glaucophansäulchen treten in wechselnder Menge hinzu. Die Hornblende bildet kleine kurzgedrängte, mangel- haft entwickelte Säulchen, im Gegensatz zum Glaucophan, dessen Prismen oft scharf ausgebildet sind. Die Hornblendeindividuen sind innig ver- wachsen, die Gesteine fest und zäh. Der Pleochroismus der Horn- blende wechselt zwischen lebhaft blaugrün, giftgrün bis schwach grün- lich gelb. In anderen Proben, so namentlich von der Nähe der Spitze des Kapari, waltet der Epidot in weingelben Körnern stark vor; neben ihm nimmt Quarz in Kornaggregaten den ersten Platz ein, die Hornblenden treten zurück. Die ringsum von Quarz umgebenen Epidotindividuen zeigen oft gute krystallonome Ausbildung. Bei der grünen Hornblende tritt der blaue Farbenton noch mehr hervor, als bei der oben erwähnten. Die einstige Anwesenheit rhomboedrischer Öarbonate verräth sich durch vorhandene braune Pseudomorphosen. Im Thale nördlich der Cerigra verquert man unwesentliche, dünne Einlagerungen der Strahlsteinschiefer. Sie bestehen wesentlich aus einem Aggregat von Strahlsteinsäulchen, zwischen denen wenig Quarz vorkommt. Auf den Trennungsflächen des dünnschiefrigen Gesteins findet sich etwas Museovit. Die Hornblende ist ziemlich stark pleo- chroitisch — blaugrün, rein grün, bis fast farblos — und enthält local nicht wenig Einschlüsse von Erzen, selten solche von Rutilnädelchen. Auch verschiedene Intensität der Färbung in ein und demselben Indi- viduum ist zu beobachten; gewöhnlich ist dann die äussere Partie dunkler gefärbt. 14 H, Baron von Foullon und Dr. Vict. Goldschmidt. [14] II. Augitführende Gesteine. Am schwierigsten ist es die Verbreitung jener Gesteine, die Augit accessorisch, seltener in grösserer Menge enthalten, zu beurtheilen. Der Pyroxen ist mit freiem Auge nicht zu sehen und lässt sich mit der Loupe nur hier und da vermuthen. So viel steht aber fest, dass den augit- führenden Gesteinen nur eine untergeordnete Verbreitung zukommt. Im südlichen Theile der Insel fanden wir keine Spur von ihnen und im nördlichen scheinen sie auf zwei unbedeutende Schiechteomplexe be- schränkt zu sein, von denen der eine kaum mehr als 3—4 Decimeter mächtig ist. Der letztere streicht über den Südhang des Monte Kapari gegen das östliche Meeresufer. Hier war er wahrscheinlich in einem Steinbruche aufgeschlossen und aus diesem sollen die in so vielen Sammlungen ent- haltenen Proben stammen. Auch die von Lüdecke beschriebene )), aus Glaucophan und Omphaeit bestehende Varietät, vom „Cafe Skarbeli“ gehört diesem Zuge an. Wir werden auf sie zurückkommen. Eine grössere Mächtigkeit hat der nördliche Zug. Wahrscheinlich sind es zwei Züge, die durch ein Glaucophanschiefermittel getrennt sind. Steigt man am Nordgehänge der Cerigra in das Thal der Megaloki- Bay und umgeht den eigentlichen Thalboden an den westlichen Gehängen, so überschreitet man mehrfach steile schluchtartige Einrisse, die sich von dem das östliche Meeresufer begleitenden Höhenzug in das genannte Thal hinabziehen. Am Südgehänge des Haupteinrisses, der der direeten Fortsetzung des Megaloki-Thales entspricht, findet man sowohl anstehend als in grossen Blöcken augitführende, an Glaucophan oder Epidot reiche Gesteine in sehr wechselnder Ausbildung. Am nördlichen Gehänge des Megaloki-Thales, das gegen Süd abfällt, liegen in einer Linie, die von der West- zur Ostküste streicht bis hausgrosse Blöcke. Noch aus mässiger Entfernung sehen sie wie Brauneisensteine aus, oft muss man erst die aus Eisenoxyd bestehende Verwitterungsrinde abschlagen, um sie als Glaucophangesteine zu erkennen. Auch in diesen Blöcken kommen einzelne Gesteinsblätter vor, welche Augit enthalten; vorwiegend sind es aber Mineraleombinationen, in denen Augit fehlt, immer Glaucophan dominirt. Die Hauptmasse dieser Blöcke dürfte ein seidenglänzender Glauco- phanschiefer sein 2), der fast nur aus feinen Glaucophannädelchen besteht. Quarz und Muscovit treten zurück, hingegen erscheinen in einzelnen Bänken krümelige Aggregate grauweisser Körnchen, die manchmal das Gestein in grosser Menge durchschwärmen. Unter dem Mikroskop zeigen diese schmutzig graue Farbe, gewöhnlich unregel- wmässige Umgrenzung, in vereinzelten Fällen Formen, die entfernt an Titanit erinnern. Thatsächlich sind sie dieses Mineral. Die Aggregate, welche man nie vollkommen von dem mit ihnen verwachsenen Glaucophan trennen kann, sinken trotzdem in einer Lösung vom specifischen Gewicht 317 rasch unter, die Substanz besitzt demnach hohes specifisches Gewicht. Sowohl die Phosphorsalzperle, als nach dem Aufschliessen 1) a. a. O. pag. 34-35. ?) Siehe Luedecke, pag. 31. Erste Varietät der Glaucophanschiefer. [15] Ueber die geologischen Verhältnisse der Inseln Syra, Syphnos u. Tinos. 15 Wasserstoffsuperoxyd geben deutliche Titanreaetion. Ausserdem wurden Kieselsäure und Kalk, letzterer in reichlicher Menge, nachgewiesen. Von dem anhaftenden Glaucophan stammen Thonerde und Eisen. Durch Schwefelsäure wird das Mineral zersetzt, in der Lösung ist Titan in bedeutender Menge vorhanden. Das Mineral kann demnach nur Titanit sein. Es ist uns kein zweites Gestein bekannt, das auch nur local eine ebenso grosse Zahl von Titanit-Individuen führte. Zum Theil ist das die Blöcke bildende Gestein als eine Varietät der Glaucophan-Glimmerschiefer zu betrachten, allmälig tritt aber auch Augit hinzu, wodurch ein geschlossener Uebergang zu den Glaueo- phan-Augitschiefern hergestellt wird. In einem kleinen Handstück kann man manchmal fast augitfreie Ausbildungsweisen bis zu solchen vor sich haben, in welchen der Pyroxen stark über alle anderen Be- standtheile überwiegt, was namentlich daher kommt, dass in einzelnen Gesteinspartien linsenförmige Augit-Nester von einigen Centimetern Durchmesser erscheinen, während im Uebrigen dünnplattige Ausbildung vorherrscht. In diesen Stücken bildet der Augit ungefähr hanfkorngrosse Körner, deren Farbe zwischen e und f grasgrün, Cardinalton der Radde’schen Farbenskala steht. In Präparaten zeigen die äusserst unregelmässig geformten Augitpartien oft eine mehr säulenförmige Ent- wiekelung, was namentlich durch die Vertheilung der Interpositionen augenscheinlich wird. Die Farbe bei durchfallendem Lichte fällt in den ersten Uebergang nach Blaugrün, eine bestimmte Nuance kann aber nicht fixirt werden, weil die Intensität der Färbung und auch der Ton in einem Complexe wechselnd ist. In grosser Menge treten Einschlüsse auf, welehe im Ganzen unregelmässig vertheilt, in der Mehrzahl der Fälle aber so angeordnet sind, das der centrale Theil dicht erfüllt ist und eine fast einschlussfreie Randzone bleibt. Sie bestehen aus tief- braunen spindelförmigen Gebilden, die aber nicht Rutil zu sein scheinen. Wo sie in mehreren Lagen übereinander liegen, dringt kein Licht mehr durch. Nur selten sieht man in Augitquerschnitten die Spaltbarkeit, häufiger in Längschnitten; die Lage der Hauptschwingungsrichtung gegen diese im letzteren Falle macht es möglich, das Mineral als Augit bestimmen zu können. Die Beobachtungen zu letzterem Zwecke zeigen vielfach die zusammengesetzte Natur der scheinbar homogenen Complexe, indem der eentrale Theil einheitliche Auslöschung gibt, die mehr weniger dicke Randpartie aber aus Kornaggregaten besteht. Dieser Augit besitzt einen schwachen Pleochroismus und möchten wir ihn nach der Ge- sammtheit seiner Eigenschaften nicht zum Omphaeit stellen, sondern als „diallagartig“ bezeichnen. Wie so häufig tritt in Gesellschaft dieses Augites etwas grüne Hornblende auf. Parallele Verwachsung beider Minerale kommt aber nur äusserst selten vor. An accessorischen Bestandtheilen sind diese Gesteine arm. Ihrer Menge nach rangirt, sind es folgende Minerale: Titanit, Granat, Quarz, Hornblende, Erz (Magnetit), Epidot und hier und da etwas Muscovit und Chlorit. Wenn wir ausgehen von dem beschriebenen Gestein, das, seiner Verbreitung nach, wohl als Haupttypus betrachtet werden kann, so liessen sich wieder eine grosse Anzahl von Varietäten aufstellen, nach dem 16 H. Baron von Foullon und Dr. Viet. Goldschmidt. [16] Wechsel der Mengenverbältnisse der einzelnen Minerale, deren Grössen- verhältniss gegeneinander u. s. w. Wir wollen hiervon absehen und nur jene Varietät anführen, die durch ihre starke Verbreitung Be- deutung gewinnt, es ist die epidotführende. Es sind hier hauptsächlich zwei Ausbildungsweisen zu betrachten, eine, die durch ausgezeichnete Parallelstructur charakterisirt ist und eine andere, welche mehr massig entwickelt und buntscheckig erscheint. Die erste wird aus 1/;—-2 Millimeter dieken Blättern gebildet, die hauptsächlich zweierlei Zusammensetzung haben. In den "einen walten Glaucophannädelchen stark vor, in den andern schwach grünlicher Muscovit und Quarz. In beiden erscheint fast färbloser bis licht zeisig- grüner Epidot häufig. Es sind kleinere Kryställchen von kurz gedrängtem Habitus, manche scharf ausgebildet. Der stenglige Augit, dessen Farbe dem ersten Uebergang von Grün nach Blaugrün «—%k entspricht, hat wenig Einschlüsse, die sich, entgegen dem früher beobachteten Ver- hältnisse, eher in der Randzone anhäufen. Bald tritt er häufiger in den glaucophanreichen Blättern, bald in den andern in grösserer Menge auf, ohne jemals dominirend zu werden. Er nähert sich in seinem Aus- sehen mehr dem Omphaeit, jedenfalls hat er den Diallagcharakter verloren. Ansonst treten hier noch Quarz, Granit, Titanit und nur Eat local grüner Biotit auf. Häufig sind diese blättrigen Gesteine durch eine feine ti Fältelung ausgezeichnet. Bei den mehr massig entwickelten Varietäten liegen in einer gelblichgrauen Grundmasse, in wechselnder Häufigkeit und Grösse, Nester von Glaucophan, der theils grössere Individuen, theils Aggregate kleiner Säulchen bildet, ferner sind darin schön grasgrüne Augitaggre- sate in geringerer Häufigkeit und mit geringeren Durchmessern als jene von Glaucophan und endlich wenige rothe Granatkörner. In der Grundmasse lassen sich als untergeordnete Bestandtheile nur Quarz und Muscovit erkennen. Diese Art der Mineraleombination verleiht den Gesteinen ein buntscheckiges Aussehen, dem stellenweise die Bezeichnung „getigert“ gegeben werden kann. Zu dieser Combination gehört auch das Vorkommen vom Nord- hange des Kapari, es erscheint aber als ein feinkörmnigeres, gleich- mässigeres Gemenge, das mehr gebändert als buntscheckig aussieht. Die Betrachtung der Präparate unter dem Mikroskop lässt ganz wider Erwarten bezüglich der Korngrösse das gerade Gegentheil von dem sehen, was man am Handstücke zu erkennen glaubt. Im ersteren Ge- stein erhalten die durcheinander liegenden Glaucophansäulen, die stängeligen Epidotindividuen (nebst kleineren schärfer ausgebildeten Kryställchen), die Muscovitblätter, der grüne, local einschlussreiche Augit ziemliche Grösse. Ausserdem kommt noch Feldspath in kleinen Individuen vor; er ist, so wie der Glaucophan, reich an eingeschlossenen kleinen Epidotkryställchen, zeigt keine Zwillungsstreifung, dürfte aber dennoch ein Plagioklas sein. Grüngelbe Chloritschuppen sind local in reichlicherer Menge, Eisenglanztäfelchen wenige. vorhanden. Im bunt- scheckigen Gestein "erreichen die Glaucophansäulen ziemlich dieselben Dimensionen; die aller anderen Minerale sind kleiner. Der Augit besitzt hier das typische Aussehen des Omphaeit. Der Epidot bildet theils [117] Ueber die geologischen Verhältnisse der Inseln Syra, Syphnos u. Tinos. 17 ausgedehnte Kormagsregate,, innerhalb weleher die einzelnen Individuen klein sind, theils Aggregate verhältnissmässig langer Säulen; letztere liegen meist im Quarz, aber auch im Omphaeit. Dieser ist dann von einem filzigen Haufwerk aus dünnen langen Epidotsäulehen ganz erfüllt, ähnlich wie viele Feldspathe in alpinen Schiefergesteinen. Quarz ist wenig vorhanden, Muscovit etwas mehr, accessorisch kommen Granat, Titanit und Rutil in geringen Mengen vor. III. Feldspathführende Gesteine. Wie bereits erwähnt, treten die glaucophanführenden Gesteine im südlichen Theile der Insel ungemein zurück, man findet sie ab und zu in Spuren. Die Hauptmasse bilden Gesteine, welche als mehr weniger wesentlichen Bestandtheil Feldspath enthalten. Umgekehrt finden sich solehe mit Feldspath als wesentlichem Bestandtheil wieder nur in unter- geordneten Schichteomplexen auf dem Nordtheile, wenn auch Feld- spath gerade nicht gar zu selten auch in Glaucophangesteinen zu finden ist. Am mächtigsten sind feldspathführende Gesteine neben solehen mit Glaucophan in jenem Zuge zu treffen, der westlich von der Spitze des Pyrgo fast Süd-Nord streicht. Es ist dies gewissermassen das Grenzgebiet zwischen der nördlichen glaucophanreichen Schieferzone und der südlichen, welcher der Amphibol nahezu ganz fehlt. Freilich liegt das mächtige Kalkgebiet, welches sich von der Bucht bei Hermu- polis zur Delphin-Bay erstreckt, dazwischen. Gut aufgeschlossen findet man die zu besprechenden Gesteine, wenn man von dem Kloster im Süden des Pyrgo zur Spitze aufsteigt. Es wurde bereits oben bei den Glaucophanschiefern einer „gneissartigen Varietät* gedacht, die nun in echte diekschiefrige Gneisse übergeht. Der Uebergang ist so aufzufassen, dass vorerst der Glaucophanschiefer näher gegen den Gneiss immer feldspathreicher wird, während dann ein Theil der die Gesteine aufbauenden Minerale auch eine etwas ver- schiedene chemische Zusammensetzung erhält. Im Allgemeinen ist bei den hierhergehörigen Gesteinen die Parallelstruetur wenig ausgeprägt, nur selten kommt es zu dünnschiefriger Ausbildung. Alle sind ziemlich feinkörnig, meergrün und erhalten durch zahlreiche kleine, fast farblose Glimmerblättchen einen entsprechenden Glanz. Die höchstens hanfkorngrossen Feldspathindividuen zeigen nur selten glänzende Spaltflächen. Ihr Habitus ähnelt jenem der Feld- spathe der alpinen „Albitgneissgruppe“ und wer ihn dort oft gesehen, wird ihn auch hier herausfinden. Unter dem Mikroskop sieht man ein körniges Gemenge von Quarz und Feldspath, bald das eine, bald das andere Mineral etwas vorwaltend , grössere Glimmertafeln von licht meergrüner Farbe und Aggregate eines tief grüngefärbten Glimmers, kleine Epidotkryställchen und vereinzelt kleine Glaucopbansäulchen und Titanitkörner , endlich häufig Eisenglanztäfelchen. Der Quarz bildet Kornaggregate; in ihm liegen mitunter scharf ausgebildete Epidotkryställchen. Jahrbuch der k.k. geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Bd. 1. Heft. (Foullon u. Goldschmidt.) 3 18 H. Baron von Foullon und Dr. Viet. Goldschmidt. [18] Der Feldspath ist auf den ersten Blick als solcher nicht kenntlich ; wie in vielen alpinen Gesteinen, ist er erfüllt von Einschlüssen. Die Formen sind meist unregelmässig, selten mehr säulenförmig. Nur ab und zu sieht man feinste Zwillingsstreifung, nichtsdestoweniger sind wohl alle Individuen für Plagioklas zu halten. Optische oder chemische Bestimmungen sind der massenhaften Einschlüsse wegen unausführbar. Die Interpositionen erfüllen in den Schnitten meist über 50 Procent der Fläche, oft mehr. Es sind grünlichgelbe, verhältnissmässig nicht sehr kleine Glimmerblättchen, Epidot ist selten eingeschlossen. Von Glimmer sind zwei Arten vorhanden. Die eine bildet srössere Täfelchen und die Einschlüsse im Feldspath, die auch im Dünn- schliff lieht meergrün erscheinen und jenen des gneissartigen Glaucophan- Glimmerschiefers derselben Localität ähnlich sind. Die optische Unter- suchung lässt jedoch erkennen, dass hier ein Glied der Biotitreihe vorliegt, indem der Axenwinkel klein ist. Es wäre interessant gewesen, die ehemische Zusammensetzung des Glimmers kennen zu lernen, allein es konnte aus den mitgebrachten Proben Material hierzu nicht in ge- nügender Menge und entsprechender Reinheit gewonnen werden. Die zweite Art des Glimmers ist immer in der Nähe der Feldspathe angesiedelt, theils einen geschlossenen oder offenen unregelmässigen Kranz um diese bildend, theils bei mehr säulenförmiger Entwiekelung der Feldspathe an den Schmalseiten sich ansetzend. Bei gewöhnlicher Vergrösserung (40—50fach) erscheinen die Hauptpartien schmutzig- dunkelgrün, nur einzelne Partien hellgrün. Starke Vergrösserung löst sie ausnahmslos zu schuppigen Aggregaten verhältnissmässig dicker Blättchen von grüner bis gelbgrüner Farbe auf. Die Schuppen sind wohl als Glimmer anzusprechen, wofür auch die ausnahmslos gerade Auslöschung spricht, die allerdings nur in wenigen Fällen mit Sicherheit constatirbar ist, weil nur selten freiliegende Blättehen zur Beobachtung gelangen. Für Hornblende spräche nur die verhältnissmässig starke Körperlichkeit mancher Individuen, solche erinnern dann in Miniatur- form an die „flächenförmigen Hornblenden“ gewisser alpiner Gesteine. !) Aehnlichen Gesteinen begegnet man im Nordtheile der Insel wiederholt, immer aber sind es wenig mächtige Blätter. Die Gesteine des südlichen Theiles der Insel lassen sich durch zwei Typen charakterisiren. Beide sind diekblättrig mit unebener Ab- sonderung, graugrün oder schmutziggelbgrün, fein-, seltener mittelkörnig. Allenthalben ist es ein reichlicher Epidotgehalt, der sich dem freien Auge verräth, nebstdem grüner Biotit. Von den übrigen Bestandtheilen ist keiner mit Sicherheit durch das freie Auge oder die Loupe er- kennbar. Einerseits sind es Gemenge von Feldspath, Quarz, grünem Biotit, weingelbem Epidot, Hornblendesäulchen und Eisenerzen. Rhomboedrische Carbonate treten selten auf. Die Feldspathkörner sınd wieder un- gemein reich an Einschlüssen. Hier sind es vorwiegend Hornblende- ') Siehe: A. Böhm, Ueber die Gesteine des Wechsels. Mineral. u. petrog. Mitth. 1883, B. V, pag. 197 - 214, darin pag 12. Foullon, Ueber die petrographische Be- schaffenheit der krystallinischen Schiefer ete. Jahrbuch der geolog. Reichsanstalt 1883. Gestein von Frieben, pag. 245-246. ar [19] Ueber die geologischen Verhältnisse der Inseln Syra, Syphnos u. Tinos,. 19 säulchen, die oft zu einem filzigen Gewirre angehäuft erscheinen ; auch an Epidot mangelt es nicht. Zwillingsstreifung fehlt so gut wie ganz. Obwohl exacte Bestimmungen in Folge der Einschlüsse undurehführbar waren, glauben wir einen Plagioklas, und zwar Albit, annehmen zu sollen. Die feinen Hornblendesäulchen haben einen blauen Stich, Glau- cophan ist äusserst selten. Der Epidot bildet unregelmässig stänglige Säulen, der grüne Biotit erscheint in unregelmässigen Fetzen. Die Erze sind vorwiegend grössere Magnetitkörner, an die sich randlich häufig kleine Eisenglanztäfelchen anhängen. Das Gestein hat eine auffallende Aehnlichkeit mit gewissen alpinen Albitgneissen. Um die Analogie noch zu erhöhen, finden wir als zweiten Typus auch die Epidotschiefer. Beide Typen gehen vielfach ineinander über, indem der Gehalt an Feldspatli ab-, der an Epidot und rhom- boedrischem Carbonat wesentlich zunimmt; die Erze verschwinden fast ganz. Von einer Reihe unwesentlicher Unterschiede abgesehen, sei nur noch hervorgehoben, dass trotz der oft reichliehen Menge von Horn- blende hier die Einschlüsse im Feldspath vorwiegend Fpidot sind. Bevor die Resultate der petrographischen Untersuchung kurz zusammengefasst werden, soll noch eines eigenthümlichen Gebildes ge- dacht werden, das sich am rechten Ufer des tiefen Einrisses findet, welcher vom Üerigrajoch in das Megalokithal führt. Nahe an der Einmündung des ersteren in das letztere, wenig im Liegenden der oben beschriebenen Augitgesteine zeigen die Schichtköpfe dunkelgrauer Kalkbänke braune, bis erbsengrosse sechsseitige Körper, die fest aufgewachsen sind. Im ersten Augenblicke möchte man sie für Rhomboeder eines eisenhaltigen Carbonatgemisches halten, bei dessen Verwitterung sich Eisenoxyd an der Oberfläche abgesetzt hat. Die nähere Besichtigung lehrt indess, dass man es mit lauter kurzen Stücken von Säulen zu thun hat. Die Ober- fläche derselben ist eben, aber rauh, auf vier Flächen sieht man zahl- reiche kleine Glimmerblättehen,, zwischen denen Eisenoxyd abgelagert ist, auf den zwei restlichen Flächen verschiedene Zeiehnungen. Wie man sich leicht überzeugt, besteht das ganze Gestein aus solchen Säulentrümmern, die von tiefgrauer Farbe sind, während der weisse Kalk nur als Bindemittel dient. Die auf der Oberfläche sichtbaren müssen als Folge der Auswitterung betrachtet werden. Das an der Oberfläche reichlicher concentrirte Eisenoxyd sieht man auch auf den frischen Bruchflächen in dem eigenthümlichen Gestein, es ist zwischen Säulentrümmern und dem Bindemittel in kleinen Nestern und Schnüren vertheilt, demnach auf der Oberfläche nur umgelagert, Der Säulenwinkel, nach Haidinger’s graphischer Methode be- stimmt, ergab im Mittel genau den Werth für Hornblende, 124 Grad. Der ganze Bau dieser Gebilde lässt darauf schliessen, dass sie Pseudo- morphosen sind; nach dem erhaltenen Winkelwerthe solche nach Hornblende. Die beiden anderen Flächen entsprechen einer Absonderung, die mehr weniger senkrecht auf die Längsentwicklung auftritt. In den Lösungsrückständen findet man diese Pseudomorphosen in den ver- - schiedensten Dimensionen, ebenso wie die Amphibole in den Gesteinen 3* 20 H. Baron von Foullon und Dr. Vict. Goldschmidt [20] vorkommen. Häufig haften ihnen krümelige Quarzkörnchen an, oder sind mehrere Fragmente durch solche verbunden, so dass, allerdings nur local, Quarz an die Stelle des Kalkbindemittels tritt. Der innere Bau der Pseudomorphosen ist verschieden, entweder zeigt sich der Querschnitt einheitlich grau gefärbt oder es sind, wie nebenstehende Figur zeigt, ein grauer Kern, eine weisse Schale, auf welche eine graue folgt, vor- handen. Die einzelnen Abtheilungen zeigen genau oder ziemlich parallele Umrisse, wie die aussen begrenzende Säule sie besitzt. Bald ist der Kern gross, die weisse Schale dünn, oder es wird der äussere Theil diek und die Mitteltheile klein. Manchmal fehlt der graue Kern, ein weisser tritt an seine Stelle u. s. w. Die weissen Partien bestehen aus einem diehten Haufwerke winziger Quarzpartikelehen und Schüppchen eines glimmerartigen Minerals. Die grauen aus grösseren Blättehen, die glimmerähnlich sind, aber nicht die charakteristischen Polarisationsfarben des Muscovit zeigen. Zwischen ihnen, mit Vorliebe an den Berührungsflächen der weissen und grauen Partien, sind reichlich rhomboedrisches Carbonat, etwas Chlorit, Eisen- oxyd, wenig amorphe und. kohlige Substanz eingelagert. Von der Oberfläche abgebrochene Pseudomorphosen ergaben nach der mechanischen Reinigung vom anhaftenden Eisenoxyd, von welchem immerhin noch etwas haften blieb, bei der partiell durchgeführten Analyse folgende Resultate: Eingewogen wurden 1'1730 Gramm, hiervon blieb nach der Behandlung mit kalter verdinnter Salzsäure ein bei 110° getrockneter Rückstand von , . .....0:8971 Gramm — 76°48 Procent, es gingen demnach in Lösung RE U nn = 2352 x In der Lösung wurden bestimmt: Kieselsäure . . 0'0030 Gramm = 025°), Thonerde . .. 0'0103 ERTL Bisenoxyd> . 0013299251. = 221:4805 Kalk... 2, 012297277 = 10,480, 8,710 ohne Masnesia,. .... - O’OUNO a er 0:65 = 5b, „ro Mase Bezüglich des Eisens lässt sich keine Berechnung aufstellen, ein Theil stammt jedenfalls von dem noch anhaftenden Oxyd her. "Der restliche Theil kann als kohlensaures Eisenoxydul vorhanden sein, wohl aber auch vom Chlorit herrühren, der durch Salzsäure leicht entfärbt wird. Die Summe obiger Bestandtheile gibt 22:26 Procente, demnach gegen die aus der Differenz gefundenen 23:52 Procente einen Verlust von 1'26 Procente, die auf Rechnung des Wassergehaltes des Eisen- oxyds und der Kohlensäure des Eisencarbonats zu setzen sind, dadurch aber kaum erschöpft werden dürften. Der bei 110 Grad getrocknete Rückstand RT vor dem Gebläse geglüht, einen Gewichtsverlust von 0'0586 Gramm = 5:00 Procent. Aufgeschlossen resultirten folgende Bestandtheile in den angegebenen Mengen: R [21] Ueber die geologischen Verhältnisse der Inseln Syra, Syphnos u. Tinos. 21 Procent Gramm Procent in 100 Thailen Kieselsäure . . . ...0:3945 33:64 4398 Bisenoxyd..:.ı ....... 00875 746 9:76 imnerden. 2... RER 22:58 29-52 Ba nr OO 0:91 1:19 Masnesial,. . .....2, .70.0948 4:67 611 Glühverlust wie oben . 0:0586 5:00 654 08709 74:26 9710 oben angeführte . . 08971 76-48 100:00 BrErtenZ a... 050262 2:22 2:90 Die erhaltene Differenz würde Alkalien entsprechen, allerdings eine auffallend geringe Menge, da jenes Mineral, welches wir für Glimmer ansehen möchten, mindestens die Hälfte der carbonatfreien Masse betragen dürfte. Möglicherweise ist das, was wir für Glimmer halten, zum Theil ein sehr licht gefärbter Chlorit, wofür auch der geringe Kieselsäuregehalt und der hohe Glühverlust spräche, hingegen der Magnesiagehalt zu nieder ist. Eine leichtere Deutung erhielte das analytische Ergebniss bei der Anwesenheit von Chloritoid, dessen Vor- handensein indess nicht mit Sicherheit nachzuweisen ist. Unter diesen Umständen erscheint es selbstredend vorderhand überflüssig, auf eine weitere Discussion der Umwandlung von Amphibol in die Substanzen, von denen ein Theil nicht erkannt ist, näher einzugehen. Von den oben beschriebenen Gesteinen haben, wenn man von den marmorartigen Kalken absieht, die @neisse und Epidotschiefer weitaus die grösste Verbreitung, sie haben Lüdecke nicht vor- gelesen und finden demnach in seiner Abhandlung keine Erwähnung. An diese beiden Gesteine reihen sich, der Menge des Vorkommens nach, die Glaucophan-Glimmerschiefer und dieGlaucophan- Epidotschiefer, zwischen welchen beiden eine scharfe Grenze nicht besteht. Von ersteren kommt eine gneissartige Varietät vor, von letzteren solche, die rhomboedrische Carbonate und solehe, die Chlorit führen; eine grössere Verbreitung besitzen nur die beiden letztgenannten. Lüdecke’s Glimmerschiefer, Quarzitschiefer und Glaucophanschiefer gehören hierher. Eine geringe Verbreitung besitzen die Hornblende-Epidot- schiefer, eine noch geringere die Strahlsteinschiefer. Diese Gesteine scheinen Lüdeeke in reiner Ausbildung nicht vorgelegen zu haben. Weniger bezüglich der Menge des Vorkommens, als wegen ihrer Zusammensetzung haben die augitführenden Gesteine ein höheres Interesse. Wir könnten nur eines derselben als Eklogit bezeichnen, weil wir diesen Namen für die omphaeithaltenden Gesteine vor- behalten wissen möchten und nur in einem ein Augit vorkommt, der als „Omphacit* anzusprechen ist. Meist ist der Pyroxen ein Diallag, oder doch diallagähnlich, daher man es mit gabbroähnlichen Com- binationen zu tlıun hat. Eine weitere Eintheilung, als wir sie oben 22 H. Baron von Foullon und Dr. Vict. Goldschmidt. [22] gegeben haben, dürfte sich nicht mit Vortheil ausführen lassen und selbst diese besitzt wenig Werth, weil die Combination der Minerale und noch mehr die Mengenverhältnisse derselben rasch und stark wechseln. Welche von den Nummern 4, 5, 6, 8, 9 und 10 Lüdecke's direet mit unseren Typen zu identifieiren wären, lässt sich nicht leicht sagen, weil wir Zoisit nicht mit Sicherheit, Paragonit gar nicht und typischen Omphaeit nur in einer Probe beobachtet haben. Das von Lüdecke beschriebene Paragonitgestein, welches von Fouque auf der Westseite der Insel gesammelt wurde, haben wir nicht gefunden, wie denn in unseren Gesteinen Paragonit nirgends vorkommt. Oben haben wir bereits auf die grosse Aehnlichkeit der Gneisse und Epidotschiefer mit alpinen „Albitgneissen“ und den dort ebenfalls in reichlicher Menge vorkommenden Epidotschiefern hingewiesen. Diese alpinen Gesteine gehören dem mächtigen Schichtcomplex an, der über den ältesten Gneissen liegt. Auch auf den Cykladen und, wie wir noch zeigen werden, in Laurium scheinen die Gesteine auf Gneiss zu liegen, der den ältesten Gneissen der Alpen näher steht. Der ganze hier behandelte Kalk-Schiefereomplex Griechenlands hat viele Beziehungen zu der alpinen „Schieferhülle* aufzuweisen, der in den krystallinischen Hauptgesteinen vielfach zur Gleichheit wird, die sich sogar auf analoge Varietätenbildung und charakteristische Details erstreckt. Eine Abweichung liegt in dem reichlichen Auftreten von glaucophanführenden Gesteinen, die den Alpen fehlen. Es kommt in den Alpen nur zur Ausbildung von Hornblenden, die bei lebhaftem Pleochroismus auch einen blauen Farbenton zeigen. Dass es an augit- führenden Schiefergesteinen in den Alpen nicht mangelt, ist genügend bekannt. Wir wollen die Analogien beider Complexe nicht im Detail zu- sammenstellen, hauptsächlich deshalb nicht, weil unserer Ansicht nach weitgehendere Consequenzen vorderhand mit Sicherheit nicht zu ziehen sind und wir uns hüten, weittragende theoretische Annahmen aus- zusprechen, so lange die Basis keine festere ist, als wir sie heute haben. In späterer Zeit wird sich Gelegenheit finden, auf dieses Thema zurückzukommen, wobei der Nachweis zu erbringen sein dürfte, dass die Gesteine der „Albitgneissgruppe* überhaupt eine grosse Verbreitung besitzen und dass es auch solche Complexe ausserhalb Griechenlands gibt, in denen Glaucophangesteine nicht fehlen. Zum Schlusse sei noch bemerkt, dass wir auf Syra bezüglich neuerer Beobachtungen über die von Fiedler (a. a. O., pag. 170) erwähnte. schwefelwasserstoffhältige Quelle nichts erfahren haben. Syphnos. Ein vergleichender Blick auf die beigegebenen Karten genügt, um die Aehnlichkeit der Configuration der Inseln Syra und Syphnos zu erkennen. In einzelnen Details der orographischen Verhältnisse, der Küstengliederung u. s. w. herrscht geradezu Gleichheit, die schon a priori ähnliche geologische Verhältnisse vermuthen lässt. Uel’erraschend wirkt [23] Ueber die geologischen Verhältnisse der Inseln Syra, Syphnos u. Tinos. 23 die Aehnlichkeit dann, wenn man hier wie dort sich gewisse geologische Eigenthümlichkeiten wiederholen sieht, die an bestimmte geographische Lagen gebunden sind. Wir erinnern diesbezüglich an den nördlich von Hermupolis beginnenden Höhenzug, welcher die Ost- und Nordostküste begleitet. Eine gleiche Erscheinung finden wir auf Syphnos. Das Plateau, auf welchem im Osten der Insel.die Ansiedlungen liegen !), stürzt steil zum Meere ab, erhebt sich sanft gegen Norden, um in einen mehr weniger geschlossenen Höhenzug überzugehen, der die Nordostküste begleitet. Wir haben auf Syra den Grund dieser wallartigen Bildung in einer Stauung an dem Pyrgo gesucht und können ihn hier analog in einer solchen am Elias-Berge finden. Während auf Syra die diesbezüglichen Verhältnisse klar zu Tage liegen, ist dies hier nicht der Fall. Vor Allem scheint das tiefe Thal, welches von der malerischen Kamares-Bay sich gegen die Ansiedelungen hinzieht und unmittelbar westlich von den letzteren einen schluchtartigen Charakter trägt (auf der englischen Karte ist dieser gar nicht er- sichtlich), zu widersprechen. Ebenso die flache Lage der Schiefer- complexe, auf welchen die Ansiedlungen aufgebaut sind. Letzterer Um- stand weist scheinbar daraufhin, dass die Stauung an dem östlichen Aus- läufer jenes Höhenzuges, welcher den Simeonberg enthält, stattfand, allein dieser Zug ist unserer Ansicht nach mit der Cerigra von Syra zu parallelisiren. Die Lage des Plateaus, auf dem die Ansiedelungen stehen, ist so hoch, dass die flachen Schichten den Fuss des Eliaszuges verdecken und die Stauungszone in grösserer Tiefe zu suchen ist. Das Thal von Kamares nach Stavro möchte man auf den ersten Blick für das Resultat der Denudation längs einer Bruchlinie halten. Die genauesten Beobachtungen im Terrain lassen aber keine Anhalts- punkte für das Vorhandensein eines Bruches finden, der zur Erklärung der Thalbildung übrigens bier auch gar nicht nöthig ist. Wie man allenthalben constatiren kann, stehen in der Thalsohle Schiefer an, die durch den Druck, welcher die Stauung um den Eliasberg bewirken musste, aufgelockert wurden und so dort, wo die Schichten steiler standen, bald bis fast zum Niveau des Meeres abgetragen werden konnten. Elias und Simeon bestehen aus marmorartigen, den Atmosphärilien stärksten Widerstand leistenden Kalken, wodurch die Terrainconfiguration die natürlichste Erklärung findet. Ohne weitere detaillirte Vergleichung wollen wir nur erwähnen, dass auch hier vielfach die Erscheinung der stehen gebliebenen Kalk- decken zu beobachten ist, durch die das „Janusgesicht* der Iuseln bedingt wird; wonach man von Norden nach Süden blickend lauter Kalk, von Süden nach Norden lauter Schiefer wahrnimmt. Im Allgemeinen streichen die Schichten auch auf Syphnos Ost- West mit geringeren oder grösseren localen Abweichungen. Das Ein- fallen ist ein nördliches, 30—45 Grad im westlichen und mittleren !) Als Grundlage der geologischen Aufnahme diente hier ebenfalls die aus dem Jahre 1842 stammende englische Karte. Auch diese ist für das Terrain im Innern der Insel mangelhaft. Die Mängel beziehen sich hier mehr auf Details, während die Con- fieuration im Allgemeinen guten Ausdruck findet. Die Ortsbezeichnung Apollonia ist unrichtig ‘angebracht, sie ist synonym mit Stavyro. Der Ort, wo auf der englischen Karte Apollonia steht, heisst Artemona, was wir corrigirt haben. 24 H. Baron von Foullon und Dr. Viet. Goldschmidt. [24] Theile der Insel, und sinkt in der Gegend von Stavro bis zu 10 Grad und weniger hinab. Auf eine Wiedergabe der Mittheilungen von Boblaye und Virlet und eine Kritik derselben kann füglich verziehtet werden. Auch Fiedler’s Angaben sind in geologischer Hinsicht äusserst dürftig. Zum Theil hat er bereits Angaben der erst genannten Autoren richtig gestellt. Bei den Bemerkungen über die Erzvorkommen werden Fiedler's Beobachtungen Erwähnung finden. Petrographisches. Wir wenden uns nun den Gesteinen zu, wobei wir uns um so kürzer fassen können, als eine getreue Wiederholung der Vorkommnisse von Syra vorliegt. Das Hauptgestein ist auch hier kohlensaurer Kalk, der vorwiegend als Marmor zu bezeichnen ist. Vielfach ist er weiss mit einem Stich in’s Graue oder Röthliche, aber auch rein weisse Partien fehlen nicht. Interessant sind die Verwitterungserscheinungen, die sich an der Oberfläche bald als trichter- oder eylinderförmige, bald als ausgezeichnet taschenartige Vertiefungen äussern. An anderen Orten ist die Ober- fläche zellig, auch krümelig u. s. w. Die Ursachen, welche diesen Wechsel in der Oberflächen-Beschaffenheit hervorrufen, sind sichtlich verschieden. Sicher sind von Einfluss wechselnde Structur der Marmore, geringe Mengen fremder Beimengungen, die Lage gegen die Sonne, V2getation und Stellung der Schichten gegen die Oberfläche. Ist die letztere sehr steil, das heisst, hat man es mit Schichtköpfen zu thun und nähert sich das Einfallen lothrechter Lage, so entstehen die taschenartigen Ausweitungen, die bei einer Breite von wenigen Centimetern eine Länge von 2—15 Decimetern und ebensolche Tiefe erreichen, wenn in letzterer Richtung das Maximum auch nur selten vorkommt. Besonders schön ist diese Erscheinung am Kamme des Gebirgszuges, der den Eliasberg enthält, wahrzunehmen. Ein Besuch des genannten Berges ist in allen Beziehungen instructiv und dankbar, wobei die über jede Beschreibung herrliche Rundsicht eine besondere Erwähnung ver- langt! | Wie auf Syra, so sind auch hier wieder die Glaucophangesteine lediglich auf den Nordtheil der Insel beschränkt; südlich von dem Thale der Kamares-Bucht finden sich keine Schiefer mehr, in denen Glaucophan in wesentlicher Menge vorkommt; er tritt da nur als Seltenheit auf. Wie auf Syra, so sehen wir auch auf Syphnos auf einen verhältnissmässig wenig mächtigen Complex südlich von der Georgia-Bucht die zahlreichen Varietäten der Glaucophangesteine zusammengedrängt. Es sind dieselben wie auf Syra, womöglich in für das Auge noch schönerer Ausbildung entwickelt. Im Allgemeinen lässt sich aber sagen, dass die dort vor- waltenden Glaucophan-Glimmerschiefer der Menge nach zurücktreten; die Hauptrolle übernehmen die Glaucophan-Epidotschiefer. Grobkörnige Varietäten sind nicht selten und aus einer solchen, die wesentlich “aus Glaucophan, Epidot, wenig Granat , etwas Glimmer und Rutil besteht, wurde der Epidot zu der oben angeführten Analyse gewonnen. Vielfach findet man namentlich in dieser Gruppe Ausbildungen, die von jenen [25] Ueber die geologischen Verhältnisse der Inseln Syra, Syphnos u. Tinos. 2) von Syra nicht zu unterscheiden sind. Es fehlt auch nieht an den augitführenden Gliedern; jenes mit Titanit wurde aber hier nieht beob- achtet. Titanit fand sich indess auch hier in einem Schiefer, der eine schmale Liegendzone der Glaucophangesteine bildet. Er besteht aus einem filzigen Aggregat winziger Strahlsteinsäulechen, langgezogenen Epidotindividuen,, Muscovit und: Quarz, in welchem Gemenge grössere Titanitkrystalle und Krystalloide von schmutzig weisser Farbe liegen. Ausserdem treten kleine Glaucophansäulehen und rothe Granatkörner accessorisch auf. In einzelnen Blättern nimmt der Glaucophan wesentlich zu; in solchen wurde Titanit nicht beobachtet. Auf die Beschreibung von Structurvarietäten der Glaucophan- gesteine leisten wir Verzicht; sie scheinen uns keinerlei weiteres Interesse zu bieten. Am Südgehänge des Simeon im Thale der Kamares-Bucht be- gegnet man bereits Gesteinen, die als zur „Albitgneissgruppe*“ gehörig bezeichnet werden müssen, und zwar zu der Hornblende führenden Ab- theilung derselben. An deren Zusammensetzung betheiligen sich Feld- spath, wenig Quarz, Hornblenden, Epidot in reichlicher Menge, ebenso Carbonat, untergeordnet erscheinen grüner Glimmer, Chlorit (letzterer stellenweise reichlicher), vereinzelt brauner Turmalin, Granat und endlich Magnetit. Der Feldspath zeigt nur selten, in gewissen Varietäten, zum Bei- spiel aus der Schlucht westlich von Stavro, polysynthetische Ver- zwiliingung, in anderen fehlt sie ganz und einfache Zwillinge nach dem Karlsbader Gesetze sind zu beobachten. Der Feldspath ist ausnahmslos einschlussreich. Unter den Interpositionen nimmt der Epidot in ver- hältnissmässig grossen Individuen den ersten Platz ein. Kann es über- haupt nicht mehr zweifelhaft erscheinen, dass in den oft beschriebenen Vorkommen Muscovit und Epidot wirklich Einschlüsse des Feldspathes und nieht die Folge von Neubildungen bei einer Umwandlung sind, so sehen wir hier eine weitere Bestätigung für diese Beurtheilung, indem im Feldspatl des Gesteines aus der Schlucht westlich von Stavro neben Epidot in gleicher Weise wie dieser auch kleine Glaucophansäulchen als Einschlüsse im Feldspath erscheinen. Von Hornblenden finden wir verschiedene Arten und sind es haupt- sächlich sie, welehe eine reiche Variation der Gesteine hervorrufen... Einmal ist es die blaugrüne Hornblende, die in grösseren Säulchen un- gleichmässig in einzelnen Blättern vertheilt ist, während in anderen grüngelber Chlorit dominirt. Mit ibr kommt in untergeordneter Menge Glaucophan vor; in andern bildet eine noch mehr strahlsteinartige Hornblende ein diehtes Gewebe; daneben erscheint Glaucophan nur vereinzelt. Grössenverhältnisse und Mengen wechseln sehr, namentlich auch gegenüber dem Chlorit, wodurch die Gesteine dem freien Auge bald als „Glimmerschiefer“, bald als Amphibolite erscheinen, Unter- schiede, die unter dem Mikroskope fast jede Bedeutung verlieren. Wie so häufig, sieht man auch hier den Epidot, der überall reichlich auftritt, in zweierlei Ausbildung, als kleinere weingelbe Krystalle und als grosse schmutzigbräunlichgraue, langgezogene, stengelige Indi- viduen. Von Interesse ist, dass auch in ihm ab und zu der Glaucophan als Einschluss vorkommt. Jahrbuch der k.k. geol. Reichsanstalt, 1857. 37. Bd. 1. Heft. (Foullonu. Goldschmidt.) 4 96 H. Baron von Foullon und Dr. Viet. Goldschmidt. [26] Das in reichlicher Menge auftretende Carbonat enthält nebst vor- waltendem Kalk auch Magnesia und Eisen. Der Chlorit ist tiefgrün, lebhaft pleachroitisch (bis strohgelb); er bildet unregelmässig umgrenzte grössere Blättehen. Es ist nicht möglich, mit Sicherheit zu constatiren, ob er ursprünglich oder eine Neubildung nach Glimmer sei. Der spärlich vorhandene grüne Biotit lässt nirgends eine Umwandlung sehen. Die in manchen Varietäten vorhandenen Granate sind gewöhnlich mit Chlorit umgeben. Die Blättchen sind aber gross und die Umgrenzung deutet durchaus nicht auf eine Bildung aus Granat; ausserdem sind noch andere Minerale in gleicher Weise vom Chlorit umhüllt. Uns scheint die Annahme der ursprünglichen Bildung die wahrscheinlichere. Namentlich jene Varietäten, die die Hornblende als Filz enthalten, zersetzen sich vollständig zu einem gelbbraunen Letten. Die chlorit- reichen blättern leicht auf und unterliegen der Desaggregation. _ In der Schlucht westlich von Stavro finden sich in diesen Gesteinen vielfach S—10 Centimeter mächtige Bänkchen, die vorwiegend aus wein- gelbem Epidot mit weniger Quarz und vereinzelten Hornblendeindivi- duen bestehen. Sie wären analog den „Amphiboliten“ als „Epidotite* zu bezeichnen. Sowohl im Nordtheile der Insel im Liegenden der Glaucophan- gesteine, als im ganzen Süden finden sich als Hauptgesteine echte Glimmer- und Hornblendeschiefer , die ersteren aber in überwiegender Menge. Glaucophan verschwindet in ihnen meist vollständig. ° Die Hauptbestandtheille der Glimmerschiefer sind Quarz, Glimmer und Carbonat, untergeordnet treten Epidot, Turmalin und kohlige Substanzen auf. Häufig beobachtet man unregelmässig begrenzte Partien, die kein Licht durchfallen lassen und im auffallenden Lichte schmutzigweiss aussehen. Selbst in dünnsten Partien konnten sie nicht aufgelöst werden, obwohl mit Sicherheit anzunehmen ist, dass es Kornaggregate sind. Ab und zu sieht man um diese einzelne winzige Körnehen von Rutil und spiessartige Kryställchen derselben Substanz aus ihnen herausragen. Es ist demnach anzunehmen, dass auch die Hauptmasse Anhäufungen von Rutilen seien, von denen gleiches Aus- sehen bei auflösbaren Vorkommen bekannt ist. Der Glimmer ist in den Präparaten meist lichtgrün. Die feinen abgeschuppten Blättchen sind nahezu farblos und zeigen grossen Axen- winkel, sind demnach Museovit. Der Epidot erscheint in kleinen, nahezu farblosen bis lichtwein- gelben Kryställchen. Der Turmalin ist braun und fast alle Kryställcben haben einen dunkeln impellueiden Kern, wie man das sonst vielfach bei Apatit sieht. Diese Kerne bestehen aus mehr weniger regelmässig und dieht ange- häuften Körnchen, die kohlige Substanz sein dürften ; ein sicherer Beweis dafür war allerdings nicht zu erbringen. In den Hornblendeschiefern ist ein strahlsteinartiger Am- phibol Hauptbestandtheil, demnächst folgt Epidot in grösseren bräunlich grauen Körnern oder schlecht ausgebildeten Krystallen. und endlich Quarz. Diese Gesteine sind zäh und widerstehen der Verwitterung sehr. Daher kommt es, dass sie unter entsprechenden Umständen an Abhängen [27] Ueber die geologischen Verhältnisse der Inseln Syra, Syphnos u. Tinos. 7 Decken bilden, wie dies sonst ausschliesslich der Marmor thut. Schön entwickelt sind solche Schieferdecken im Süden der Insel zu sehen, z. B. am Nordabhange des Hügels, der am Ostrande der Platialos-Bucht aufragt. Von jüngeren Bildungen gewahrt man auch auf Syphnos nichts, als die bereits von Syra beschriebenen Kalkstein-Breceien. Der Umfang derselben ist überall gering, vielfach begegnet man kleinen damit aus- gefüllten Becken, deren Oberfläche kaum einen Quadratmeter Grösse erreicht. Auf Klüften, welche durch den Strassenbau im Kamares-Thale blossgelegt wurden, fanden sich mehrfach prächtige Sinterbildungen von ungemein complicirtem schaligem Bau. In den Absätzen von kohlensaurem Kalk, der durch Eisenoxyd lichtröthlich gefärbt ist, sieht man Gesteins- bruchstücke und bis faustgrosse Quarzpartien. Letztere sind eckig, aber oft durch Arme und kleine Gänge mit dem Kalksinter verbunden, so dass es unmöglich Bruchstücke, sondern nur Neubildungen sein können. Die verwitternden Schiefergesteine liefern dort, wo der Detritus nicht abgeschwemmt und in’s Meer getragen wird, eine fruchtbare Erde. Grössere Ablagerungen bedecken den Osttheil der Insel zwischen der Platialos-Bucht und Stavro, die auch sorgfältig eultivirt sind. Jene im Thale von Kamares haben dagegen eine untergeordnetere Bedeutung. Fiedler (a. a.0. pag. 134 u. f.) erwähnt im Süden der Insel mehrfach Funde von Bleischlacken und Glätte, erstere eine Spur Silber enthaltend. Ebenso von Rotheisensteinlagern, namentlich der alten Grube von Set. Sostis, widmet er ein eigenes Capitel, indem er glaubt, dass hier die Goldgrube der Alten gewesen sei. Sehr genau beschreibt er den alten Bau und hat ganz richtig erkannt, wie nicht der Eisenstein die Alten zum Baue verlockte, sondern der über ihn liegende „Eisen- ocher mit feinspäthigem Kalk und Glimmerblättehen“. Er hält die Möglichkeit, dass dieser Ocher Gold geführt habe, für nicht ausgeschlossen, obwohl er selbst von diesem Metalle keine Spur fand. Er erwähnt auch sefundener Zinkblende und hätte er dem „feinspäthigen Kalk“ gegen- über sein Löthrohr angewendet, was er ja sonst mit so grossem Fleisse gethan, so wäre ihm das Räthsel der Erzführung sofort gelöst gewesen. Der feinspäthige Kalkspath ist eben Zinkspath. Es ist nieht entschieden, ob die Alten das Zink als solches kannten und bauten. Möglicherweise waren aber auch oxydische Blei- erze mit in dem Mulm enthalten und sie Gegenstand des Abbaues. Die Art der Pingen lässt kaum annehmen, dass der Eisenstein das gesuchte Erz war. Zur Zeit unseres Besuches waren sieben Gruben in Betrieb, von denen einige mehrere Einbaue zählen. Im Nordosten am Meeresufer die alte Grube von Set. Sostis, deren tiefster Bau bereits unter dem Meeresspiegel umgeht. Darüber nahe unter dem Gipfel der Bergkuppe der Bau Set. Silvester, weiter im Südwesten Voreni, der bedeutendste. Am Südgehänge des Kamaresthales liegt Cingura, darüber Kapsala, nahe unter der Bergspitze der sechste und endlich am westlichen Meeresufer die Grube Zocha. Ein Blick auf die Karte lehrt uns, dass 4* 98 IH. Baron von Foullon und Dr, Viect. Goldschmidt, [28] sie ziemlich in einer Linie liegen und dürfte ihr Auftreten an eine Kluft gebunden sein. Parallele Klüfte haben wir im Süden mehrfach sesehen, namentlich eine, auf der Karte angedeutete ganz junge, die eine Klaffung von über einem Meter Breite zeigte. Die Erzvorkommen treten aber nicht gangförmig auf, sondern es sind Stöcke, Nester und Putzen, von denen sich Trumehen in den Kalk abzweigen, wie dies Fiedler ausführlich von Set. Sostis beschrieben. Sie stehen im Marmor an, sind immer von Brauneisenstein begleitet und in diesem kommen die ziemlich lockeren, mit Eisenoxyd unter- mischten Aggregate von Zinkearbonat vor. Ausserdem liess sich etwas Blei und Antimon nachweisen, Schwefelsäure nur in Spuren. Wir sehen also auf Syphnos eine ziemlich getreue Wiederholung der Verhältnisse von Syra. Die tektonischen sind nahezu gleich. Hier wie dort ist die Hauptmasse des Festlandes ein marmorartiger Kalk, untergeordneter sind die krystallinischen Schiefer. Auf beiden Inseln treten in den Nordtheilen Glaueophangesteine auf, in den südlichen er- scheinen Gesteine, denen die blaue Hornblende nahezu ganz fehlt. Der Süden von Syra bringt Gesteine der „Albitgneissgruppe“*, unter denen echte Gneisse vorwalten, die Schiefervarietäten untergeordnet sind. Auf Syphnos sehen wir die Hauptentwicklung der Gneisse im Gebiete des Kamaresthales, im Süden sind die Schiefer herrschend. Wesentliche Unterschiede in der Zusammensetzung oder der Structur der Gesteine, von denen von Syra, kommen nicht vor, nur sind die Gmeisse von Syphnos oft chloritreich, während sich von diesem Mineral auf Syra nur wenig findet. Hingegen sind namentlich die Glaucophangesteine beider Localitäten oft geradezu vollkommen identisch, wenn auch auf Syphnos die grobkörmigeren Ausbildungen etwas häufiger zu sein scheinen. Namentlich ist die fast congruente Wiederholung der Gesteinsfolge eine überraschende Thatsache, für die sich eine Reihe Hypothesen auf- stellen liesse. Tinos. Durch das mächtige Auftreten von Gneiss und Granit (?), welche von den jüngeren Schiefern überlagert werden, gewinnen die Verhältnisse auf Tinos ein erhöhtes Interesse. Wir hatten Anfangs die Absicht, dieser Insel besondere Aufmerksamkeit zu schenken, die Verkehrsver- hältnisse zwangen uns aber, unseren Aufenthalt daselbst auf zwei Tage zu beschränken. Wir landeten in der Bucht von Kisternia und begaben uns von hier gegen Oxomeria und Platia, dann längs der, durch zahlreiche Wasserläufe reich gegliederten Nordostgehänge in die Niederung von Katomeria, um in Kumi zu übernachten. Am nächsten Morgen bestiegen wir auf Umwegen den Monte Furco oder Oxyburgo; von da nahmen wir unsern Weg, verschiedene Rücken besteigend, nach Sct. Nieolo. Am Nachmittag unternahmen wir noch eine Tour nach Arnados. In der Nacht brachte uns der Privatdampfer des Herrn Matsas wieder nach Syra. Unsere Karte ist demnach auf dem nicht begangenen Gebiete zum Theile nach der Beurtheilung des in allen grösseren Höhen kahlen . [29] Ueber die geologischen Verhältnisse der Inseln Syra, Syphnos u. Tinos. 92) Gebirges aus der Entfernung construirt. Zum Theile haben wir An- gaben Fiedler’s benutzt (a. a. O., pag. 241—258). In ersterer Hin- sicht hatten wir uns bereits auf Syra und Syphnos überzeugt, wie selten man sich bei einiger Uebung in diesem Terrain in der Beurtheilung der Gesteine aus ziemlichen Entfernungen irrt. Fiedler’s Angaben haben wir weit zuverlässiger gefunden als jene von Virlet, wir haben daher in einem speciellen Falle die ersteren benützt, umsomehr, als sie mit unserer Beurtheilung übereinstimmten. Sind die topographischen Unterlagen für Syra und Syphnos mangel- haft, so sind sie für Tinos geradezu schlecht. In der englischen Karte ist nur die Küstenentwicklung brauchbar, das Terrain im Innern nur angedeutet und dabei oft unrichtig. Auf der französischen Karte ist die Küste nur so .beiläufig gezeichnet, das Terrain im Innern mit reicher Phantasie eonstrmirt, schliesst sich im grossen Ganzen doch den thatsächlichen Verhältnissen besser an, als das englische, weshalb wir bezüglich des Terrains die französische Karte als Unterlage der Einzeichnungen benützten. In-der hier beigegebenen Karte kam bei der Bearbeitung sowohl die ‚englische, als die französische in Verwendung und bei einigen Correeturen die neue, allerdings in sehr kleinem Maassstabe gearbeitete Kiepert’sche, die von Kokides revidirt ist. Der erste Tag unserer Begehung im westlichen und nordwestlichen Theile der Insei führte uns ausschliesslich über Schiefer, die denen, welche die südlichen Theile von Syra und Syphnos beherrschen, nahe- stehen. In einzelnen der auflagernden Marmorbänke sind Steinbrüche vorhanden und es ist der Marmor namentlich bei Oxomeria von schöner Qualität. Fiedler (a. a. O., pag. 243 u. f.) berichtet ausführlicher darüber. Die westlich und nördlich gegen die Küste anstehenden Ser- pentinlager, von denen auch eines ein ganz unbedeutendes Chromeisen- steinvorkommen enthält, konnten wir nieht besuchen, sie sind von Fiedler (a.a. O., pag. 247 u. f.) ausführlich beschrieben. Von Platia wendeten wir uns gegen Osten über Kila nach Kumi. Im ganzen begangenen Gebiet stehen Schiefer an. Die zahlreichen gegen die Nordostküste hinabziehenden Wasserläufe sind keineswegs das ausschliessliche Resultat der Erosion, sondern vielfach durch die wellige, mantelförmige Lagerung der Schiefer bedingt. Der von Platia gegen Set. Nicolo streichende Gebirgszug scheint einen festen Kern zu besitzen, um den sich die leicht biegsamen Schiefer mantelförmig lagern. Man sieht dies recht gut anf dem Wege von Kisternia über den Sattel nach Platia und weiter gegen Ostsüdost. Im grossen Ganzen bewegt man sich stets im Streichen, freilich kommen zahlreiche kleine Ab- weichungen vor, die oft bis zum widersinnigen Einfallen führen, was bei der bereits angeführten Biegsamkeit der Schiefer nicht Wunder nehmen kann. Von Kumi gegen den Monte Fureo (auch Oxyburgo genannt) ansteigend, bewegt man sich fort im Schiefer, je höher man kommt, desto häufiger werden am rechten Bachufer die losen Blöcke von Gneiss. Der oberste Theil des Berges ragt burg- oder thurmartig empor und erst hier steht der Gneiss an. Die Schiefer umgeben ihn auch da mantelförmig, sind sehr steil aufgerichtet, fallen aber doch 90 H. Baron von Foullon und Dr, Vict. Goldschmidt. [30] von ihm ab. Virlet und Fiedler sprachen beide sowohl von Gneiss als von Granit, granulitartigen und anderen Varietäten, Der letztere hat aber auch in dem „Granit“ Albit ganz gut erkannt. Von der Spitze des Monte Furco aus scheint die auf der Karte aus- seschiedene, weiss gebliebene Gneissmasse geschichtet mit Nordost- nordstreichen und steilem, meist östlichem, seltener westlichem Fallen. Am und um den genannten Berg verschwindet die Parallelstruetur und das Gestein ist massig, deshalb aber keineswegs ein Granit. Nebenbei sei bemerkt, dass an allen zahlreichen Oontactstellen gegen die Schiefer keine Spur von Contacterscheinungen, wie sie bei Eruptivgesteinen auftreten, wahrzunehmen ist. Am Monte Furco selbst präsentirt sich das Gestein als ein Gemenge von Feldspath und Quarz, dem sich untergeordnet Granat, Turmalin und selten Biotit zugesellen. Das Korn wechselt von Hirse- bis zur Erbsengrösse, oft unmittelbar nebeneinander. Im Allgemeinen waltet der Feldspath gegen Quarz vor, local ist auch das Umgekehrte der Fall. Der Feldspath ist weiss, das Gestein zeigt an Ort und Stelle so gut wie keine Verwitterung, es desaggregirt. Viele Feldspathe zeigen feine, andere grobe, ein guter Theil gar keine polysynthetische Zwillings- bildung, es ist ein Plagioklas, und wenn auch nicht, wie Fiedler meinte, reiner Albit, so doch ein solcher aus der Albitreibe. Mikropegmatit ist spärlich vorhanden. Die kleinen dunkelrothen Granate sind unregelmässig vertheilt, sie häufen sich gern local an, um in anderen Gesteinspartien ganz zu verschwinden. Der schwarze Turmalin, der mit tief nelkenbrauner Farbe durehsichtig wird, ist in kleinen schlecht ausgebildeten Säulchen ziemlich regelmässig vertheilt. Als Seltenheit kommen Biotitblättchen vor, der einzige Bestand- theil, der beginnende und weitergehende Zersetzung zeigt. Endlich ist des Rutils zu erwähnen, der unregelmässig vertheilt, fast immer als Ein- schluss im Quarz, seltener im Feldspath, aber niemals in grosser Menge auftritt. An diese Gesteine schliessen sieh im Süden und Westen solche, die durch Farbe und Glanz einen Hornblendegehalt erkennen lassen. Sie erscheinen in zahlreichen Varietäten, von deren ermüdenden Detail- schilderung abgesehen werden soll. In allen, die uns vor Augen kamen, kann man noch grössere Feldspathkörner bis herab zu winzigen Leist- chen deutlich erkennen. Je nach der relativen Menge der Hornblende sind die Gesteine licht graugrün bis schwarzgrün. Unter dem Mikroskop erweisen sie sich als Hornblende führende Glieder der Albitgneissgruppe. Der Feldspath zeigt keine oder nur selten eine unbedeutende Zwillingsstreifung, er enthält Einschlüsse von Epidot, Hornblende und ab und zu Granat, die in manchen Varietäten so häufig werden, dass der Feldspath ein „versteckter“ wird, d. h. dass man Mühe hat, ihn zu erkennen. Die Menge des Feldspathes ist, wie immer in diesen Gesteinen, eine recht wechselnde. Die Hornblende ist strahlsteinartig, ab und zu mit einem Stich in's Bläuliche. Sie bildet in manchen Varietäten filzige Aggregate. Wo sie so recht spiessig ausgebildet ist und den Feldspath durchspickt, entstehen unter dem Mikroskope Bilder, die zu dem Schönsten gehören, was man in dieser Richtung sehen kann. [31] Ueber die geologischen Verhältnisse der Inseln Syra, Syphnos u. Tinos. 31 Natürlich gesellt sich diesem Gemenge auch der Epidot hinzu. Er bildet grössere unregelmässig begrenzte Individuen, meist fast farb- lose; die etwas licht weingelben zeigen geringen Pleochroismus. Dass Quarz und Erz vorhanden, ist selbstverständlich, fast ebenso die Thatsache, dass es an den Schiefergliedern mit rhomboedrischen Carbonaten nicht fehlt. In letzteren tritt der Feldspath oft stark zurück, es liegen dann echte Schiefer vor, die bis Set. Nicolo und weiter gegen Osten reichen. Unmittelbar bei Set. Nicolo siebt man mehrfach zu den die Gärten umfriedenden Trockenmauern eine sehr epidotreiche und Museovit in feinen Schüppchen führende Ausbildung verwendet, der auch ein wechselnder Gehalt von Glaucophan zukommt. Es sind dies die einzigen Glaucophangesteine, die uns auf Tinos untergekommen, anstehend haben wir sie aber nicht gefunden. Fiedler berichtet viel über die auf der Insel allenthalben vor- kommenden Serpentine. Man begegnet losen Stücken häufig, sogar auf der Spitze des Monte Furco, wo sie unter dem, jedenfalls aus nächster Nähe zusammengetragenem Baumaterial der grossen Burg zu finden sind, also auch sicher in der Nähe vorkommen. Anstehend sahen wir sie nur ÖOstnordost von der Stadt, hier in stark zersetztem Zustande eine schmale Einlagerung in den Schiefern bildend. Wie die mikroskopische Unter- suchung lehrt, sind es keine Olivinserpentine, sondern es ist in manchen deutlich die Structur der Hornblendegesteine erhalten. Theils ist sie zu ersehen aus der Art der Ablagerung der ausgeschiedenen Eisenver- bindungen, theils tritt sie in der scheinbar gleichartig licht gelblichen durchsichtigen Masse im polarisirten Lichte hervor. Es fehlt auch nicht an schönen Chrysotiladern. Derartige Serpentineinlagerungen sind auch in den alpinen Albit- gneissregionen nicht selten, z. B. im Gasteiner Thale, wo sie eine weit grössere Bedeutung erlangen als hier. Wenn wir das Resultat unserer allerdings beschränkten Beob- achtungen auf Tinos zusammenfassen und daraus Consequenzen auf den Bau der Gesammtinsel ziehen, so geschieht dies natürlich mit der nöthigen Reserve. Es erscheint uns aber höchst wahrscheinlich, dass der Gneiss des Monte Furco und seine nordöstliche Fortsetzung den ältesten Theil bilden, um den mantelförmig die übrigen Gesteine herum- liegen. Zunächst folgen hornblendreiche Glieder der Albitgneissgruppe, der wohl auch der Monte Zikina (Tschikina Fiedler's, Skivnia der englischen Karte) angehört, da diese Gesteine ihrer Zähigkeit und schweren Verwitterbarkeit wegen gerne zur Bildung hoch aufragender, steiler Berge neigen. Ueber den Hornblendegesteinen folgen die Schiefer mit Muskovit und Carbonat, denen sich die Marmorbänke anschliessen, theils zwischen-, theils auflagernd. Die Schichtfolge auf Syra und Syphnos lehrt uns die Gesteine der Albitgneissgruppe als die dort liegendsten kennen; Gneisse, wie sie auf Tinos am Monte Furco anstehen, treten nicht mehr auf. Bekanntlich führen an beiden erstgenannten Inseln die Albitgneisszonen Glaucophan- gesteine nur ganz untergeordnet, diese folgen erst weit im Hang- IND H. Baron von Foullon und Dr. Viet. Goldschmidt. [32] enden, es darf uns also nicht Wunder nehmen, dass wir sie hier auf Tinos in grösserer Menge nicht finden, da die hangenden Schichten {ehlen. Bei dem starken Vorwalten der Schiefergesteine finden wir auf Tinos auch grösseren Wasserreichthum und mehr fruchtbaren Boden; die sterilen Breceienbildungen kommen kaum vor. Der Gneiss des Monte Fureo liefert bei der schweren Verwitterbarkeit des Albit keinen fruchtbaren Boden, er desaggregirt längs Klüften und zahllose riesige jlöcke bedecken in Folge dessen die Oberfläche seines Gebietes. In das Thal von Katomeria tragen die Wasser den Grus, der vielfach die Oberfläche bedeckt und andererseits mit den Verwitterungsprodueten ‘ der Schiefer der jenseitigen Thalgehänge gemischt, eine sandige = bildet. Der Fleiss der Bewohner, ein überaus gastfreies, heiteres und bescheidenes Volk, hat alle Plätzchen ausgenützt und die Terrassen ziehen sich bis hoch hinauf auf die Berge. Auf ihnen werden Cerealien gebaut und die meisten sind mit Weinreben umsäumt. In den Thälern gibt es viele Gärten und Citronenhaine, die ein freundliches Aussehen gewähren. Wenn wir nun die geologischen Verhältnisse der drei Inseln kurz recapituliren, so kommen wir zu folgenden Ergebnissen: Auf Tinos liegen um einen ältesten Gneisskern, der wesentlich aus Quarz und einem dem Albit nahestehenden Feldspatlhı besteht, Gesteine, die als hornblendeführende Glieder der Albitgneissgruppe zu bezeichnen sind, mantelförmig herum. Darauf folgen Schiefer, bei denen Muscovit als Hauptbesrandtheil binzutritt, Marmor ist letzteren untergeordnet ein- und aufgelagert. Auf Syra und Syphnos begegnen wir einer einfachen Schicht- folge mit genähertem Ost-Weststreichen und nördlichem Einfallen, die liegendsten Schichten gehören demnach den südlichen Theilen der Inseln an. Hier fehlen die Gneisse, denen Hornblende oder Glimmer als wesentlicher Bestandtheil mangelt, wir sehen als tiefste Glieder sogleich Gesteine der Albitgneissgruppe auftreten. Ueber ihnen folgen die Complexe der Schiefer, die meist Glaucophan enthalten, und marmorartige Kalke. Am schönsten und mächtigsten entwickelt sind die Glaueophangesteine weit im Hangenden des ganzen Schichtencomplexes. In petrographischer Hinsicht ist das auffallendste Moment die Häufigkeit des Glaucophans. Uns scheint aber die Aehnlichkeit gewisser Gesteine mit alpinen weit interessanter. Auch liefern die meisten Ge- steine einen weiteren Beleg für die grosse Verbreitung und Wichtigkeit des Epidot als gesteinbildendes Mineral. Hier wie in den Alpen be- gegnen wir den einschlussreichen Plagioklasen; das Vorhandensein von Glaucophan und Strahlstein in ihnen ist ein weiterer Beweis dafür, dass die Ansammlung massenhafter anderer Mineralindividuen innerhalb der Krystallkörner des Feldspathes nicht die Folge der Zersetzung des letzteren, sondern die gleichzeitiger Entstehung ist. Eher sind die Einschlüsse als ältere Ausscheidungen anzusehen. € [33] Ueber die geologischen Verhältnisse der Inseln Syra, Syphnos u. Tinos, 33 Als Hauptgruppen lassen sich folgende Gesteinsabtheilungen auf- stellen : I. Feldspathführende Gesteine. l. Gneiss des Monte Fureo. 2. Gneisse der Albitgneissgruppe, vorwiegend horn- blendeführende und epidotreiche Glieder und solche mit rhomboedrischen Carbonaten. Il. Hornblendegesteine. 1. Glaueophan-Glimmerschiefer. Gmneissartige Varietät. 2. Glaucophan-Epidotschiefer. a) Rhomboedrische Carbonate führende Varietät. b) Chloritführende Varietät. 3. Hornblende-Epidotschiefer. 4. Strahlsteinschiefer. Serpentin als seeundäre Bildung nach Hornblendegesteinen. ill. Augitführende Gesteine. 1. Glaueophan-Augitschiefer. a) Epidotführende Varietät. 5) Omphaeitführende Varietät. 2. Mit Glaucophan und Titanit. Zum Schlusse erübrigt uns die angenehme Pflicht, allen Jenen unseren herzlichsten Dank zu sagen, welche in Griechenland selbst in ausserordentlich gefälliger Weise die Reise und deren Zwecke förderten. Vor Allem war es unser geehrter Freund, Herr Const. Mizopulos, Professor an der Universität in Athen, der uns mit Rath und That an die Hand ging und überall einführte, mit nimmer müder Liebenswürdigkeit auf dem Festlande begleitete, uns seinen tüchtigen Assistenten Herrn Skouphus, zur Verfügung stellte u. s. w. Von Seiner Excellenz dem Herrn Ministerpräsidenten Tri- cupis wurden wir, über Vermittlung unseres liebenswürdigen Freundes Dr. Dragumis, des Herrn Sectionschefs Bukiukas und unseres Freundes Dr. Livas mit Empfehlungsbriefen der griechischen Regierung an die Localbehörden ausgestattet, die uns ihrerseits mit grösstem Entgegenkommen an die Hand gingen, so der Präfeet von Syra, der Bürgermeister von Set. Nicolo auf Tinos u. s. w. Von grossem Nutzen waren uns die Rathschläge und Empfehlungen unseres vortrefflichen Freundes Ing. Nie. Manzavino, namentlich für Syphnos, durch welehe wir dort in den Werksgebäuden Unter- kunft und Verpflegung erhielten. Als Führer leistete uns in Abwesenheit des Werksleiters Herrn Ing. Valados der Montanbeamte Herr Sotiris Papavasiliu ausgezeichnete Dienste. Jahrbuch der k.k. geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Bd. 1. Heft. (Foullon u, Goldschmidt.) 5 34 _H.B.v. Foullonu. Dr. V. Goldschmidt. Ueb.d. geol. Verhältn. d. Inseln Syraete. [34] R: Zu lebhaftestem Danke sind wir dem Hafenbauunternehmer Hermupolis, Herrn Matsas, verpflichtet, der uns mit ausserordentlicher Gefälligkeit seinen Privatdampfer für die Ueberfahrt von Tinos na Syra zur Verfügung stellte und auch sonst vielfach gefällig war. Den k. und k. österreichischen Consul in Hermupolis, Herrn de Fontana, den deutschen Viceeonsul Herrn Dallegio und eine Reihe je von Herren, die wir unmöglich alle namentlich anführen können, werden wir in dankbarster Erinnerung behalten. ee: Die Glaukophangesteine der Fruska gora in Kroatien. Von Dr. M. Kispatic, Prof. in Agram. Unter der grossen Anzahl der verschiedenen Gesteinsarten in der Fruska gora sind die Glaukophangesteine unstreitig die schönsten und interessantesten. Bekanntlich sind die Glaukophangesteine nur an wenigen Orten gefunden worden. Die ersten Gesteine, welche Glaukophan als wesentlichen Bestandtheil enthalten, sind von der Insel Syra bekannt geworden. Diese Gesteine hat OÖ. Luedeeke untersucht und ausführ- lich beschrieben. !) Sie alterniren hier mit den Glimmerschiefern, und es ist höchst wahrscheinlich, dass auch die Glaukophangesteine der Fruska gora in der nächsten Nähe der Glimmerschiefer anstehen. Die mineralogische Zusammensetzung der griechischen Gesteine hingegen ist eine ganz andere als die unserer Gesteine ?), obwohl die einzelnen Bestandtheile, die sowohl hier als dort vorkömmen, in allen Eigen- schaften die grösste Aehnlichkeit zeigen. Die wesentlichen Bestandtheile der griechischen Gesteine, der Smaragdit, Omphaeit und Zoisit, kommen in den kroatischen nicht vor. Später fand sich Glaukophan im Gneiss bei Zermatt, und wurde derselbe vonBodewig chemisch und krystallo- graphisch untersucht.) Hierhin gehört auch der von J. Strüver im Chloritschiefer der westlichen Alpen (Aosta, Locano) gefundene Gastaldit.*) Becke beschrieb die Glaukophangesteine von Euboea.°) Williams untersuchte die Glaukophangesteine aus Norditalien.) Stelzner fand bei Bern einen erratischen Block eines Glaukophanepidotgesteines ?), 1) Zeitschrift der deutsch. geol. Ges. 1876, XXVIII, pag. 248. ?) Vergleiche diesbezüglich die im vorliegenden Hefte des Jahrbuches enthaltene Arbeit von Foullon und Goldschmidt: Ueber die geologischen Verhältnisse der Inseln Syra, Syphnos und Tinos. (Anmerkung der Redaction.) ®) Poggendorf’'s Annalen, CXVII, pag. 224. — Neues Jahrbuch f. Min. und Geol. 1876, pag. 771. *) Neues Jahrb. f. M'n. und Geol. 1876, pag. 664. 5) Tsehermak’s Min.-petr. Mittheilungen. 1879, pag. 49, 71. 6) Neues Jahrbuch f. M. u. G. 1882, II, pag. 201. ?) Neues Jahrbuch f. M. u. G. 1883, I, pag. 208. Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Band. 1. Heft (M. Kispati£.) 5*+ 36 Dr. M. Kispatic. [2] welchem die Gesteine der Fruska gora am nächsten stehen. Der letzt- bekannt gewordene Fund stammt von der Insel Groix und wurde von Lasaulx') und Barrois?) beschrieben. Das erste Glaukophangestein fand ich im Jahre 1881 als Gerölle im „Ledinacki potok“. Dem äusseren Ansehen nach würde man das Gestein kaum als Glaukophangestein ansprechen und erst bei der weiteren Untersuchung fand ich, dass ich es hier mit einem sehr schönen Glauk o- phanepidotgestein zu thun habe. Das veranlasste mich in den nächsten zwei Jahren, dem Gestein in der FruSka gora nachzugehen nnd meine Mühe war nicht umsonst. Es glückte mir bald oberhalb Jazak am „Kozarski Cot“ einen Felsen von noch schönerem Glaukophan- gestein zu finden; es ist dies der einzige Ort, wo ich dasselbe an- stehend fand. Der Felsen ragt hier frei aus dem verwitterten Boden, so dass man nicht sieht, mit welcher Gesteinsart es in Verbindung steht. Oberhalb dieser Stelle erscheint am Kamme des Gebirges der Glimmerschiefer, und so wird es wahrscheinlich , es stehe das Gestein auch hier, sowie auf den Inseln Syra und Groix, mit den Glimmer- schiefern in Verbindung. Alle übrigen Glaukophangesteine fand ich als Gerölle in den Bächen, und ich vermuthe, dass sie Alle vom bewal- deten Kamme („Vienac“) stammen, da sie ebenso auf der nördlichen, wie auch auf der südlichen Gebirgsseite vorgefunden werden. Auf der nördlichen Seite fand ich Glaukophangesteine im „Ledinacki potok” und „Beodinski potok“, auf der südlichen aber im „Dubocas“ und „Srnjevacki potok“. Die mineralogische Zusammensetzung auch dieser Gesteine ist ziemlich verschiedenartig. Auf den Inseln Syra und Groix findet man granatführende und granatfreie Glaukophangesteine. Derselbe Unterschied findet auch hier statt. Glimmer ist in den griechischen und den französischen Gesteinen sehr oft ein wesentlicher Bestandtheil, in den kroatischen aber fehlt er meist gänzlich oder er ist äusserst selten. Granat erscheint hier entweder in grösseren Körnern von röthlicher Farbe oder in winzigen farblosen Krystallen. Epidot ist hier ein beständiger und wesentlicher Bestandtheil und fehlt nur in einem Gestein. Oft ist er in langen stengligen Krystallen entwickelt, so dass er an Zoisit erinnert. Quarz findet sich hier sehr oft und in grosser Menge und ist gewöhnlich immer primär. Turmalin erscheint äusserst selten. Zoisit, Omphaeit und Smaragdit sind ebenso wie im französischen Gestein nicht zu finden. Feldspath ist zwar selten, findet sich aber doch vor. Rutil ist wie auch in den übrigen Glaukophangesteinen ein ständiger Gemengtheil. Mit einer einzigen Ausnahme finden wir in den Glaukophan- gesteinen der FruSka gora als wesentliche Bestandtheile Glaukophan, Epidot und Rutil, in den meisten auch Quarz, seltener Granat. Seltene accessorische Gemengtheile sind Glimmer, Augit, Hornblende, Feldspath und Turmalin. Chlorit ist immer seeundär. Secundär erscheint in einem Gestein auch Biotit, entstanden aus Glaukophan, und einmal auch Gla ukophan selbst, entstanden aus Augit. ') Sitzungsber. d. niederrheinischen Ges. f. Naturw. u. Heilkunde. Bonn 1884, pag. 265. °) Ann, Soe, g6ol. du Nord Lille 1883, XT, pag. 18. — Neues Jahrb. f. Min. und Geol. 1834, II, pag. 68. [3] Die Glaukophangesteine der Fruska gora in Kroatien, 37 Indem die Glaukophangesteine in der Zusammensetzung eine grosse Analogie mit den Amphiboliten zeigen, so werde ich sie im Fol- genden Glaukophanite nennen und nach den Fundorten der Reihe nach beschreiben. I. Glaukophanit vom Kozarski Cot. Wenn man von Beodin aus Kozarski Cot erreicht, so findet man am Gebirgskamme (Vienac) einen Fusssteig, welcher von den Bewohnern benützt wird, um über das Gebirge nach Jazak zu kommen. Auf diesem Fusssteig etwas über hundert Schritte gegen Süden trifft man ein schwarzes, aus der Erde hervorragendes Gestein. Es ist das der schönste Glaukophanit der Fruska gora. Der zu Tage tretende Theil des Felsens ist frisch; tiefer in der Erde ist der Glaukophanit sehr zersetzt. Das Gestein ist von dunkelschwarzer Farbe und aus ihm schimmert eine Unzahl bis 2 Millimeter langer, nadelförmiger Glaukophankrystalle. Es lässt sich in Blätter spalten, die gewöhnlich bis 2 Centimeter diek sind. Unter dem Mikroskop sieht man im Dünnschliff dieses Gesteins ein herrliches Bild. Farbloser und glasiger Quarz nimmt den grössten Theil des Schliffes ein und in dieser weissen, man möchte sagen, Grund- masse schwimmt eine grosse Anzahl schön gefärbter Glaukophankrystalle. Ausser Quarz und Glaukophan findet sich hier noch Rutil und Granat vor. Glaukophan erscheint in schönen säulenförmigen Krystallen. Beinahe dieselben Formen findet man im Eklogit-Glaukophanschiefer aus Syra von „Cafe Skarbeli Hermupolis“. Alle anderen griechischen Glaukophane stehen denselben in der Schönheit weit nach, wie ich mich an einer grösseren Anzahl Dünnschliffe, die mir Dr. Hussak zur Verfügung stellte, überzeugen konnte. Die Krystalle sind hier bis 2:1 Millimeter lang und im Durchmesser oft bis 0:3 Millimeter breit. Sie liegen ganz unregelmässig zerstreut und stehen so weit auseinander, dass man sie mit freiem Auge im Dünnsehliffe sehen kann. Die Längs- sehnitte zeigen in der Prismenzone sehr oft vollkommen krystallo- nome Umrisse, nur hier und da sind kürzere Stäbe an längere Krystalle wie angewachsen. Längsrisse, die der prismatischen Spaltbarkeit ent- sprechen würden, sind selten zu sehen. Hingegen sind die Krystalle immer durch querliegende Spaltrisse wie gegliedert. Die beiden Krystallenden zeigen nie krystallographische Flächen, sondern sie sind treppenförmig ausgezackt, wie dies auch anderwärts gefunden wurde. Im Querschnitt zeigen sie vollkommene Aehnlichkeit mit dem ge- wöhnlichen Amphibol. Man sieht die vier Prismenflächen » (110) und die beiden Klinopinakoidflächen d(010), während das Orthopinakoid nie zur Entwickleung gekommen ist. Der Prismenwinkel beträgt etwas über 120°. Lasaulx fand den Winkel am Glaukophan von Groix 124° 45', Luedecke an dem von Syra 124°50'/, und Bodewig an dem von Zermatt 124° 44‘. An den Querschnitten ist die prismatische Spaltbar- keit gut entwickelt, wobei man den Winkel von 120° 50’ messen kann. Der Pleochroismus ist beim Glaukophan sehr schön, die Farbe in der Richtung der Axe c dunkelblau, nach der Axe b violettblau, und der Axe a schwach gelbliehgrün. Die Absorption ist ce >b>a. Ganz 38 Dr. M. Kispatie. [4] ähnlich erweisen sich die Glaukophane anderer Fundorte, wie dies von Lasaulx, Luedeceke, Stelzner, Becke und Anderen beschrieben wurde. Die Auslöschungsschiefe ist unter dem Mikroskop sehr schwer zu bestimmen, da man nieht leicht einen der Klinodiagonale vollkommen parallelen Schnitt finden kann. Der Auslöschungswinkel ist so klein, (lass beinahe alle Schnitte scheinbar gerade auslöschen. An den Spal- tungsstücken, die ich in Canadabalsam einlegte, mass ich den Aus- löschungswinkel zu 4°, 5° und 6°. Lasaulx fand denselben Winkel im klinodiagonalen Schnitt gleich 4°, manchmal auch 6°, und Stelzner 9? und 97 50° Alle Glaukophane sind vollkommen frisch und zeigen keine Spur von Zersetzung oder Umwandlung. Im Innern sind manchmal kleine, unregelmässige Flecke zu sehen. Es sind dies wahrscheinlich anders orientirte Glaukophanpartikel, indem sie den gleichen Pleochroismus zeigen, aber dureh die verschobene Lage anders gefärbt erscheinen. Als Einschluss finden sich im Glaukophan einzelne kleine Körner von Rutil. Quarz ist in diesem Glaukophanit in grösserer Menge als Glau- kophan vorhanden. Der ganze Raum zwischen den einzelnen Glauko- phankrystallen ist hauptsächlich mit Quarz erfüllt. In anderswärts vorkommenden Glaukophangesteinen ist der Quarz beinahe immer ein accessorischer Gemengtheil, und dasselbe ist auch bei den übrigen Gesteinen der Fruska gora der Fall. Er erscheint hier in Form un- regelmässiger Körner von durchgehends gleicher Grösse. Als Einsehlüsse treffen wir in ihnen winzige Glaukophannadeln, Rutil und farblose Granatkryställchen. Granat findet sich nur als Einschluss im Quarz. Bei schwacher Vergrösserung sieht man im Quarz winzige farblose Körner, die im Dünnschliff scharf hervortreten und bei starker Vergrösserung meist deutliche Krystallumrisse erkennen lassen. Es sind dies schön ausge- bildete Rhombendodekaäder, an denen man während der Bewegung der Mikrometerschraube die oberen und unteren Krystallllächen deutlich wahrnimmt. Obwohl die Krystalle so klein sind, dass sie ganz im Präparat liegen, so kann man doch sehen, dass sie auf das polarisirte Licht nieht einwirken. Es ist dies also ein farbloser Kalkthongranat. Bekanntlich ist der Granat in den Glaukongesteinen ein gewöhnlicher Gemengtheil, und wir finden ihn noch in einigen anderen Glaukophan- gesteinen der Fruka gora in grösserer Form und von anderer Farbe. Vom Rutil haben wir schon erwähnt, dass er im Glaukophan als Einschluss in unregelmässigen Körnern erscheint. In grösserer Menge wird er im Quarz vorgefunden. Ausser in Körnern bemerkt man ihn noch in nadelförmigen Krystallen und knieförmigen Zwillingen. Wenden wir uns von diesem Fundorte gegen Osten und lenken in den Weg gegen den Einschnitt, in welchem der Bach „Kameniti potok“ fliesst, ein, so findet man unterwegs zertreute Gesteinsstücke, welehe den eben beschriebenen Glaukophanit nahe verwandt sind. Dies sind dunkle Quarzitschiefer mit accessorisch eingesprengten, winzigen Glaukophannadeln. Rutil und Granat fehlen hier gänzlich. [5] Die Glaukophangesteine der FruSka gora in Kroatien. 39 [2 2. Epidot-Glaukophanit aus dem Dubocas. Unweit vom „Kozarski Cot“ entspringt im Osten der Bach „Dubodas“, in welchem man Glaukophangesteine sehr oft als Geschiebe finden kann. Das Gestein ist hier deutlich schiefriger Structur und seinem äusseren Ansehen nach zeigt es eine grosse Aehnlichkeit mit einem dunkeln Amphibolit. Erst bei genauerer Betrachtung bemerkt man, dass die Spaltungsflächen des Hornblendeminerals mit bläulicher Farbe schimmern. Zwischen diesen bläulichen Mineralen liegen kleine gelb- liche Partien von Epidot. Unter dem Mikroskop finden wir als Haupt- gemengtheile Glaukophan und Epidot, wozu sich in kleineren Mengen noch Plagioklas, Rutil und Quarz gesellen. Der Glaukophan hat in diesem Gesteine ein ganz anderes Aus- sehen. Wir finden hier nicht die schönen säulenförmigen Krystalle des Gesteines von „Kozarski Cot“. Ein Theil der Glaukophane erscheint in Form von breiten und ganz unregelmässigen, nieht nur an beiden Enden, sondern auch an den Seiten zerrissenen und zerfaserten Stäbchen. Alle übrigen Glaukophane sind faserförmig ausgebildet und die einzelnen Fasern sind verschiedenartig gebogen und unregelmässig zerstreut. Die beiden Formen vereinigen sich im Dünnschliff zu einem netzartigen Gebilde, in welchem die freien Stellen mit Epidot erfüllt erscheinen. Die Farbe des Glaukophans ist grünlichblau. Der Pleochroismus ist nicht besonders stark, aber doch genügend deutlich. Die Axenfarben sind: Schwach dunkelblau, röthlichblau und grünlich. Der Auslöschungs- winkel beträgt auch hier nicht mehr als 5°. Epidot ist theils in grösseren, theils in kleineren Formen ent- wickelt. Die grösseren Epidote sind immer farblos und erscheinen in Form von unregelmässigen Körmern oder kurzen Säulen mit gut ent- wickelter basaler Spaltbarkeit. Sie sind durch die optischen Eigen- schaften als solche leicht zu erkennen. Neben diesem farblosen Epidot finden wir im Dünnschliff eine grosse Menge äusserst feinkörnigen Epidots von gelber Farbe. Plagioklas ist sehr selten. Im ganzen Präparat sind nicht mehr als zehn Krystalle zu finden. Die Zahl der Zwillingslamellen beträgt 8—10; die äusseren Contouren sind unregelmässig. Der Aus- löschungswinkel zwischen den einen und den verwendeten Individuen beträgt 20°. Rutil ist auch sehr spärlich vorhanden und zwar in Form von unregelmässigen Körnern oder von kurzen Nadeln. Quarz ist der seltenste Gemengtheil. 3. Epidot-Glaukophanit aus dem „Srnjevacki potek‘“. Auf der Westseite vom „Kozarski Cot“, also auf entgegengesetzter Seite vom „Dubodas“, finden wir wieder im „Srnjevacki potok“ Ge- schiebe von Glaukophangestein, der auch hier wahrscheinlich vom Gebirgskamme aus der Nähe des „Kozarski Cot“ stammt. Die einzelnen Gesteinsstücke sind oft sehr gross und in der mineralogischen Zusammen- setzung, sowie auch im äusseren Aussehen einander vollkommen gleich. Das Gestein ist von blätteriger Structur, schwarzer Farbe, mit einem N FU 40 Dr. M. Kispatic. [6] leichten grünlich-bläulichen Schimmer und besteht aus Glaukophan, Epidot und Feldspath. Glaukophan ist meist zerfasert und nadelförmig, selten zu dickeren fetzenförmigen Krystallen zusammengedrängt. Die basale Spalt- barkeit ist gut entwickelt, mauchmal auch die prismatische. Der Pleo- chroismus ist sehr deutlich: dunkelblau, violettblau und lichtgrün. Der Auslöschungswinkel ist sehr klein. Epidot ist im ganzen Gestein in ungeheuerer Menge gleich- mässig zerstreut. Er ist meist farblos oder schwach gelblich mit deut- lichem Pleochroismus. Es sind unregelmässige Körner oder kurze säulen- förmige Krystalle mit basaler Spaltbarkeit. Hier, wie auch im vorigen Gestein finden wir noch nicht jene langgezogenen, stäbehenförmigen Krystalle, welche wir bei den nächsten Varietäten beschreiben werden. Feldspath. Glaukophan und Epidot sind in solcher Menge vorhanden, dass sie wenig Raum für andere Gemengtheile lassen ; wo dies aber der Fall ist, da finden wir ein weissliches Mineral mit schwach ausgeprägten Eigenschaften. Es erscheint in sehr winzigen Körnern mit unregelmässigen Contouren. Zwischen gekreuzten Nicols zeigt es graue Farbentöne. Nach langem Suchen fand ich unter den Körnern doch eines mit etwa zehn Zwillingslamellen, woraus ich schliesse, dass ddas weissliche Mineral Feldspath sei, und zwar wahrscheinlich Plagioklas. Rutilkörner sind im Gestein äusserst selten. 4. Epidot-Glaukophanit aus dem „Ledinacki potok“. Das erste Glaukophangestein der Fruska gora fand ich im Bache von Ledince. Als ich später in demselben Thaleinschnitte genauer nachforschte, fand ich zwar mehrere Abarten vom Glaukophangestein als Geschiebe, konnte sie aber nirgends anstehend antreffen. Der „Ledinacki potok“ entspringt ziemlich weit gegen Osten vom „Ko- zarski Cot“, es müssen sich also die Glaukophangesteine vom „Kozarski Cot“ weit gegen Osten hinziehen. Etwas näher gegen „Kozarski Got“ im „Rakovacki potok“ fand ich sie zwar nicht, aber umso öfter im „Beoeinski potok“, dessen Ursprung gerade unterhalb „Kozarski Got“ auf der Nordseite liegt. Alle vorgefundenen Glaukophangesteine aus dem „Ledinacki potok* sind Epidot-Glaukophanite und lassen sich der Zusammensetzung und Struetur nach in drei Abtheilungen eintheilen. I. In erster Reihe will ich hier das Gestein, das ich zuerst im Gebirge gefunden, beschreiben. Das Gestein ist von dunkelschwarzer Farbe, lässt sich leicht in dünne Blätter spalten und besitzt ein thon- schieferartiges Aussehen. Erst bei genauerer Betrachtung sieht man auf den Spaltflächen glänzende Nadeln von dunkelgefärbtem Glaukophan und kleine Flecke von gelblichem Epidot. An der Gesteinszusammen- setzung betheiligen sich in grösserer Menge Glaukophan-Chlorit und Epidot, während Quarz, Pyrit, Hämatit und Rutil nur selten vorkommen. Glaukophan ist der häufigste Gemengtheil. Er erscheint in langen, säulenförmigen Krystallen, welche im Gestein unregelmässig zerstreut herumliegen. In allen Eigenschaften stimmt er mit dem aus dem Gestein vom „Kozarski Cot“ überein, er zeigt dieselben Contouren und genau dieselben optischen Eigenschaften. [7] Die Glaukophangesteine der Fru$ka gora in Kroatien, 41 Chlorit. Neben Glaukophan erscheint Chlorit in bedeutender Menge. Man bemerkt ihn in blätterigen und faserigen Aggregaten mit den bekannten optischen Eigenschaften. Es scheint, als ob aller Chlorit aus Umwandlung des Glaukophans hervorgegangen wäre. Man findet nämlich sehr oft, dass einzelne Glaukophane am Rande grünlich er- scheinen und sich immer mehr und mehr in Chlorit umwandeln. Ebenso findet man im Schliffe einzelne Partien von Chlorit, in denen noch kleine Flecke blau geblieben sind. Dieselbe Umwandlung beobachteten Lasaulx und Stelzner. Epidot erscheint in derselben Menge wie Glaukophan. Seine Form, durch welche er dem Zoisit sehr ähnlich wird, ist hier charakteristisch. Es sind dies langgezogene, säulenförmige Krystalle wie beim Zoisit. An den Enden zeigen die säulenförmigen Krystalle keine gut entwickelten Flächen; die seitlichen Contouren sind aber oft sehr scharf. Die Säulen sind wie beim Zoisit durch Spaltrisse deutlich quergegliedert; wo sie etwas breiter sind, da sieht man oft noch eine zweite, der Länge nach gehende Spaltbarkeit. Die Farbe des Epidots ist blassgelb. Die Form und die Spaltbarkeit des Glaukophans sind ganz dieselben wie beim Epidot; diese Aehnlichkeit tritt noch mehr hervor, wenn gewisse Durchschnitte des Glaukophans beim Drehen des unteren Nicols blass-gelblichgrün gefärbt erscheinen, so dass man in dieser Lage ein Mineral vom anderen kaum unterscheiden kann. Die Polarisationsfarben des Epidots sind sehr lebhaft. Die schiefe Aus- löschung des Glaukophan ist nur in seltenen Fällen in Schnitten deutlich zu sehen. Ganz ähnliche Epidote habe ich in den Glaukophangesteinen der Insel Syra gesehen. Ausser diesem säulenförmigen Epidot findet man im Präparat noch eine grosse Menge winziger und unregelmässiger Körner von demselben Mineral. Quarz ist in geringer Menge vorhanden. Nur der kleine, vom dicht gedrängten und unregelmässig zerstreuten Glaukophan und Epidot frei gelassene Raum ist mit glasigem Quarz erfüllt. Pyrit findet sich ziemlich häufig und manchmal auch in gut ausgebildeten Hexaödern vor. An den Rändern wandelt er sich in Hämatit um. Rothe Hämatitblätter sind auch sonst ziemlich häufig. Rutil findet sich meist nur als Einschluss im Glaukophan. IH. Die zweite Varietät des Epidot-Glaukophanit ist deutlich dunkelblau gefärbt. Makroskopisch sieht man im Gesteine einzelne, silberweisse Glimmerblättehen. Die schieferige Struetur ist gut entwickelt, aber doch nicht so blättrig wie bei der vorigen Varietät. Im Dünn- schliffe treten als Hauptgemengtheile Glaukophan und Epidot hervor, während Quarz, Glimmer, Rutil, Magnetit, Hämatit und Turmalin nur accessorisch vorkommen. Glaukophan ist hier in breiteren und längeren Krystallen als im vorigen Gestein entwickelt. An den Querschnitten sieht man meist nur die Prismenflächen. Der Pleochroismus ist stark, die Axenfarben sind dunkelblau und violett, in einer Stellung erscheinen die Schnitte farblos. Die Auslöschungsschiefe beträgt 4°. Der Glaukophan wandelt sich auch hier in Chlorit um. Epidot ist nieht so häufig wie im vorigen Gestein; die einzelnen Krystalle aber sind grösser und länger. Die langen Säulen zeigen Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Band. 1. Heft. (M. Kispatic.) 6 a HEN. u 2: 49 Dr. M. Kispatie. [8] immer Quer- und oft auch Längsrisse. Hier und da trifft man auch einzelne Zwillinge. Die Farbe ist blassgelb. Manchmal findet man grosse säulenförmige Krystalle im Glaukophan eingewachsen. Winzige unregelmässige Körner von Epidot erscheinen auch hier in grosser Menge. Quarz ist spärlich vorhanden, und zwar in kleinen Körnern, die sich keilförmig zwischen Glaukophan und Epidot einschieben. Glimmer ist im Dünnschliff schwer zu finden. Die ausgelösten Blättehen erweisen sich im eonvergenten Lichte als Muscovit. Das Vorhandensein des Glimmers bringt unsere Glaukophangesteine denen der Inseln Syra und Groix etwas näher. Die Gesteine von der Insel Syra enthalten manchmal so viel Glimmer, dass dadurch Glimmer- schiefer entstehen, in denen der Glaukophan nur accessorisch vorkommt. Auf der Insel Groix stehen die Glaukophanschiefer mit den Glimmer- schiefern in Verbindung. Ob auch die eroatischen Glaukophangesteine mit den Glimmerschiefern in Verbindung stehen, ist, wie oben gesagt wurde, nicht sicher, jedoch sehr wahrscheinlich. Rutil findet sich meist nur als Einschluss im Glaukophan. Das Eisenerz erweist sich im auffallenden Lichte als Magnetit. An den Rändern wandelt er sich oft n Hämatit um, der auch sonst im Dünnschliffe anzutreffen ist. Vom Turmalin wurde nur ein hemimorph ausgebildeter Krystall aufgefunden. In den Glaukophangesteinen der Insel Syra und Croix ist der Turmalin ein häufiger Gemengtheil. III. Die dritte Varietät aus dem „Ledinacki potok“ zeichnet sich durch ihre Structur aus. Blätter, die einerseits aus Glaucophan, andererseits aus Epidot bestehen und innerhalb welcher die Krystalle durchwegs in einer Richtung liegen, setzen das Gestein zusammen, welches hiedurch dunkel und hell gestreift erscheint. Diese Streifung ist auch im Dünnschliff deutlich zu sehen. Die Hauptbestandtheile, Glau- kophan, Chlorit und Epidot, sind nirgends unregelmässig zerstreut, sondern sie ziehen im Schliff immer in derselben Richtung. Als acces- sorische Gemengtheile finden wir hier Quarz, Plagioklas, Museovit, Rutil, Pyrit, Hämatit und Apatit. Die Glaukophankrystalle zeigen vollkommen dieselben oben beschriebenen optischen und physikalischen Eigenschaften, nur sind die äusseren Umrisse dadurch etwas unregelmässiger, dass sie etwas gedrängter liegen. Chlorit ist in derselben Menge wie Glaukophan vorhanden. Im Dünnschliff sieht man deutlich, dass er durch Umwandlung aus dem Glaukophan entstanden ist. Epidot ist auch in grosser Menge vorhanden. Seine säulen- förmige, von Quer- und Längsrissen durchsetzten Krystalle sind von blassgelber Farbe. Quarz findet sich nur in einzelnen Körnern, die zwischen Glau- kophan und Epidot liegen. Als Einschluss führt er Krystalle von Epidot und Glaukophan. Plagioklas ist noch seltener als Quarz. Die unregelmässigen Körner zeigen immer eine mehrfache Verzwillingung. Die Auslöschung der Lamellen gegeneinander (30°) weist auf einen kalkreichen Feldspath hin. [9] Die Glaukophangesteine der FruSka gora in Kroatien, 43 Muscovit findet sich an den Spaltflächen sehr häufig; im Dünn- schliffe ist er sehr selten zu sehen. Rutil ist nur als Einschluss im Glaukophan und Chlorit anzutreffen. Pyrit zeigt hier und da die Würfelform und wandelt sich oft in Hämatit um. Apatit ist der seltenste Gemengtheil. Im ganzen Präparate habe ich nur einen einzigen Krystall mit pyramidaler Endigung und basaler Spaltbarkeit vorgefunden. Bei den fremden Glaukophangesteinen wird er nirgends erwähnt. 5. Epidot-Glaukophanite aus dem „Beocinski potok‘“. Im „Beo£inski potok“ besteht das Geschiebe grösstentheils aus Olivinserpentin. Bei genauerem Nachsehen finden wir darunter sehr oft auch Glaukophangesteine. Anstehend war das Gestein nirgends an- zutreffen und es ist doch sehr wahrscheinlich, dass es vom Gebirgs- kamme aus der Näbe des „Kozarski Cot“ stammt, wo der „Beodinski potok“ auch seinen Ursprung hat. Die fünf Varietäten der im „Beo£inski potok“ vorgefundenen Glaukophanite lassen sich in zwei Abtheilungen eintheilen. Die Gesteine der ersten führen keinen Granat, während die der zweiten immer eine grössere oder kleinere Menge desselben Minerals enthalten. In der ersten Abtheilung gibt es zwei Varietäten; beide sind bunt gefleckt. In der ersten Varietät findet man die gewöhnlichen Gemengtheile der Epidot-Glaukophanite, während sich in der zweiten dazu noeh Amphibol gesellt. In der zweiten Abtheilung hat man drei Varietäten. Die erste ist ein gewöhnlicher Epidot-Glaukophanit mit accessorischem Granat; in der zweiten finden wir ausser dem accessorischen Granat Augit, ‚während die dritte Varietät Granat als wesentlichen Gemengtheil führt. I. Buntgefleckter Epidot-Glaukophanit. Das Gestein ist sehr hart und zähe. Die Hauptgemengtheile, Glaukophan und Epidot, bilden gesonderte Aggregate; auf diese Art entstehen dunkle und liehtgelbe Flecke mit bis 5 Millimeter Durchmesser. Ein ähnliches, scheckiges und gesprenkeltes Glaukophan-Epidotgestein beschreibt Stelzner aus der Schweiz. Glaukophan zeigt unter dem Mikroskop in allen seinen Durch- schnitten immer eine blätterige, breite Form, an der meist nur die pris- matische Spaltbarkeit entwickelt ist. Als Einschluss finden wir im Glau- kophan eine grosse Menge von Rutil. Stellenweise ist er so mit Rutil über- füllt, dass er undurehsichtig wird. Die Rutile haben meist die Form von langen Nadeln oder unregelmässigen Körnern; knieförmige Zwil- linge sind selten. Der ausserhalb des Glaukophans auftretende Rutil bildet grosse, gelbe, körnige Aggregate. Die Umwandlung des Glaukophans in Chlorit ist nicht selten. Die Epidotaggregate bestehen an der Peripherie aus winzigen Körnern. Von der Peripherie gegen die Mitte zu werden die Epidot- individuen grösser und erscheinen endlich als lange, quergegliederte Säulen, wie sie oben beim Epidot-Glaukophanit aus dem „Ledinacki potok“ beschrieben wurden. In der Mitte dieser Aggregate findet man fast immer einzelne Blätter von Glaukophan. 6* 44 Dr. M. Kispatie. [10] Turmalin ist durch ein einziges Individuum im Dünnschliffe vertreten. Einzelne hier zu bemerkende Quarzkörner sind seeundärer Natur. II. Gefleekter Epidot-Glaukophanit mit Amphibol. Im äusseren Aussehen ist dieses Gestein dem vorigen sehr ähnlich, nur sind die Flecke viel kleiner. Makroskopisch sieht man im Gestein kleine Pyritkörner. Der Glaukophan zeigt hier unter dem Mikroskop eine sehr interessante Zusammensetzung, indem er im Innern nie einen einheit- lichen Bau besitzt. Man findet folgende drei Arten von Zusammen- setzung: 1. In manchen Krystallen liegen quergelagerte Blätter von anderen Individuen. 2. Viele Glaukophane sind an den unregelmässig gerundeten Um- rissen wie ausgefressen, wobei die ausgefressenen Stellen mit Quarz ausgefüllt sind. Einzelne Glaukophanfetzen sind dabei oft ganz mit Quarz umgeben, stehen aber doch in derselben Lage wie das Haupt- individuum. 3. In manchen Glaukophankrystallen finden wir breitere oder schmälere Blätter von Amphibol. Die Blätter sind meist parallel mit dem Glaukophan verwachsen, selten sind sie quergelagert. Der Amphibol zeigt eine lichtgrüne Farbe und einen starken Pleochroismus. Die Aus- löschungsschiefe beträgt bis 22%. Den genetischen Zusammenhang zwischen Glaukophan und Amphibol konnte ich nieht ermitteln. Die Epidotaggregate sind hier ganz feinkörnig. In ihnen erscheinen einzelne Glaukophanblätter. Rutil findet sich in grosser Menge als Einschluss im Glaukophan und Amphibol vor und besitzt die Form der bekannten Thonschiefer- nädelchen. Die grossen Aggregate ausserhalb des Glaukophans, wie wir dies beim vorigen Gesteine erwähnt haben, sind hier nicht zur Entwickelung gekommen, werden aber durch ein anderes Titanmineral vertreten. Die schwarzen, unregelmässigen Körner des Erzes, die man unter dem Mikroskop bemerkt, bestehen zum Theile aus Pyrit und zum Theile aus Titaneisen, bei dem an den Rändern das bekannte weisse Zersetzungsproduet wahrgenommen werden kann. Das Titan- eisen ist in den fremden Glaukophangesteinen nicht selten. Quarz findet sich ausserhalb des Glaukophans in kleiner Menge. IH. Epidot-Glaukophanit mitaeccessorischem Granat. Obwohl das Gestein sehr hart und zähe ist, so ersieht man doch aus den vorhandenen rostigen Flecken, dass es in der Zersetzung stark vorgeschritten ist. Das Gestein ist dunkelgrau gefärbt. Als Hauptgemeng- theile finden wir hier Glaukophan und Epidot, während Rutil und Granat nur accessorisch vorkommen. Dazu gesellt sich noch Biotit als secundärer Gemengtheil. | Der Glaukophan bildet für sich gesonderte Aggregate, obwohl dies am Gestein äusserlich nicht zu gewahren ist. Er ist sehr zersetzt und getrübt, enthält dabei oft eingeschlossene Biotitblätter, unzweifel- haft entstanden durch Umwandlung aus Glaukophan. Dass diese Blätter [11] Die Glaukophangesteine der Fruska gora in Kroatien. 45 dem Biotit angehören, beweisen die Eigenschaften derselben deutlich. Die Längsschnitte zeigen eine ausgezeichnete Spaltbarkeit, kräftigen Pleoehroismus und gerade Auslöschung. Die Querschnitte besitzen keine Spaltbarkeit und keinen Pleochroismus und bleiben zwischen gekreuzten Nicols in jeder Lage dunkel. Seine Entstehung aus dem Glaukophan kann man im Dünnschliffe deutlich verfolgen, wobei man oft den lang- samen Uebergang der blauen Glaukophanfarbe in eine gelbe bemerkt, und die Spaltbarkeit sich aus dem Glaukophan in den Biotit ohne Unterbrechung hinzieht. Der Epidot ist so zersetzt, dass er nur an den Contouren er- kennbar ist. Vom Rutil finden wir winzige Körner und kurze säulenförmige Krystalle nur im Glaukophan als Einschluss. Granat findet sich in seltenen, unregelmässigen Körnern von liehtrother Farbe. IV. Augitführender Epidot-Glaukophanit mit acces- sorischem Granat. Unter allen Glaukophangesteinen der Fruska gora ist das vorliegende dadurch am interessantesten, dass man hier die Entstehung des Glaukophans auch durch Umwandlung aus Augit beobachten kann. Das Gestein ist gleichmässig dunkel gefärbt, vollkommen dicht; aus ihm leuchten nur einzelne Pyritkörner hervor. Unter dem Mikro- skop zeigt dieses Glaukophangestein ein ganz anderes Bild. Der Glau- kophan bildet hier weder säulenförmige Krystalle, noch faserförmige Nadeln, sondern erscheint in blauen, ganz unregelmässigen flecken- förmigen Fetzen, welche zwischen den übrigen Gemengtheilen herum- liegen und die von einzelnen Längsrissen durchzogen werden, welche der prismatischen Spaltbarkeit entsprechen würden. Im polarisirten Lichte sehen wir, dass diese Flecke aus verschieden orientirten In- dividuen bestehen. Der Pleochroismus ist derselbe, wie wir ihn bei früheren Glaukophangesteinen beschrieben haben. Die Auslöschungs- schiefe beträgt zu den Längsrissen 6°. Dem Glaukophan gesellt sich eine grosse Menge von faserigen und blätterigem Chlorit zu. Glaukophan und Chlorit bilden im Dünnschliffe ein netzförmiges Geäder, aus welchem drei verschiedene, licht gefärbte Minerale hervor- treten. Das eine Mineral ist hauptsächlich nach einer Richtung ausgezogen. Die längeren Säulen zeigen immer deutliche Querrisse. Nach diesem und nach den optischen Eigenschaften erkennt man dieses Mineral als Epidot. Er liegt beinahe immer im Chlorit und Glaukophan. Das zweite Mineral ist kaum bemerkbar röthlich gefärbt. Die grösseren Körner sind unregelmässig und zersprungen, nur die kleineren besitzen sechsseitige Umrisse. Auf das polarisirte Licht wirken sie nicht ein. Dies ist also Granat. Wir finden ihn im Dünnschliffe in geringer Menge. Das dritte Mineral ist etwas lichter gefärbt als Granat. Die Längsschnitte zeigen eine prismatische Spaltbarkeit, im polarisirten Lichte sehr lebhafte Farben und schiefe Auslöschung bis 40°. An den Quer- schnitten sind neben den Prismenflächen noch die beiden Pinakoide, 46 Dr. M. KiSpatic. Die Glaukophangesteine der FruSka gora in Kroatien, [12] sowie auch die unter 90° sich kreuzende prismatische Spaltbarkeit zu sehen. Dabei zeigt sich an diesen Querschnitten, sowie auch an den gerade auslöschenden Längsschnitten im convergenten Lichte der Aus- tritt einer optischen Axe. Es ist also sicher, dass wir hier Augit vor uns haben. Er findet sich im Dünnschliffe in grosser Menge und ist überall in Zersetzung begriffen. Er zerspringt in kleinere Körner und zerfasert sich an den Rändern. Die Zersetzungsproducte sind deutlich bemerkbar. Die einzelnen Augitkörner sind entweder mit einer Hülle von Chlorit, an die sich wieder eine zweite von Glaukophan anschliesst, umgeben, oder sie werden an einer Seite von Chlorit und auf der anderen zugleich von Glaukophan umrandet. Die Sprünge im Augit sind mit Chlorit und Glaukophan ausgefüllt und so kann man deutlich die Umwandlung des Augites in Chlorit und Glaukophan ver- folgen. Da der Epidot im Glaukophan und Chlorit liegt, so ist auch seine seecundäre Natur wahrscheinlich. Rutil ist im Gestein sehr selten. Pyrit erscheint in grossen unregelmässigen Körnern. Muscovit findet sich in sehr geringer Menge vor. Quarz finden wir hier keinen. V.Granatreicher Epidot-Glaukophanit. Das Gestein ist ganz dicht, dunkel gefärbt und enthält eingestreute Pyritkörner. Die Hauptbestandtheile sind Glaukophan, Epidot, Granat und Quarz. Der Glaukophan bildet unregelmässige Krystalloide, an denen man die Längsrichtung nur aus der prismatischen Spaltbarkeit erkennt. Der Pleochroismus ist stark und die Auslöschungsschiefe sehr gering. An den Rändern wandelt er sich in Chlorit um. Die schönsten Krystalle liegen im Quarz eingeschlossen. Epidot erscheint in ziemlich kurzen, breiten, quergegliederten, Krystallen mit gelbgrüner Farbe, deutlichem Pleochroismus und schiefer Auslöschung. Granat ist in keinem. croatischen Glaukophangesteine so häufig wie hier. Seine röthlich gefärbten Krystalle sind gross und oft sehr regelmässig ausgebildet. Durch Zersetzung zerfallen die Krystalle in kleinere Körner und wandeln sich dabei in Chlorit um. 5 Quarz kommt im Gesteine in grosser Menge vor. In ihm finden wir die schönsten Krystalle von Glaukophan und Granat, sowie auch einzelne Körner von Rutil eingeschlossen. Rutil kommt in geringer Menge noch im Glaukophan und Epidot vor. Nebst Pyrit und dem aus ihm entstandenen Hämatit finden wir hier noch Titaneisen mit dem weissen Zersetzungsproducte. Ueber das transkaspische Naphtaterrain. Von Dr. Hj. Sjögren in Baku. Ueberblickt man auf einer Karte die Vorkommnisse von Naphta, welche im weitgehendsten Sinne als kaukasische bezeichnet werden können, da das Auftreten derselben im Grossen von dem Streichen der Kaukasus-Bergkette bestimmt zu sein scheint, dann findet man rück- sichtlich der Orte, wo die Naphta vorkommt, gewisse beachtungswerthe Regelmässigkeiten. Die Naphta ist von mehreren Stellen sowohl des südlichen als des nördlichen Kaukasusabhanges, doch besonders von der südlichen steileren Seite, bekannt. Die grössten Naphtamengen sind an den beiden Endpunkten der Bergkette, nämlich in der Halbinsel Ap- scheron gegen 0. und den Halbinseln Taman, Kertsch, nebst den nahegelegenen Gegenden des kubanischen Flussgebietes gegen W. an- gehäuft. Denkt man sich eine Verlängerung der Kaukasus-Bergkette gegen NW. und SO., so trifft man in beiden Richtungen andere naphta- führende Gebiete, welche man mit gutem Grunde als genetisch zu- sammenhängend mit denen, im Kaukasus annehmen kann, nämlich die galizischen gegen W. und die transkaspischen gegen O. Um die Aehn- lichkeiten noch zu vermehren, sind diese beiden naphtaführenden Ge- biete durch Depressionen, welche von zwei Meeren, dem kaspischen und dem schwarzen, eingenommen werden, von der Kaukasus-Bergkette getrennt. Die Analogien erstrecken sich ausserdem noch weiter, bis zu -der mineralogischen Beschaffenheit der Bildungen, welche zusammen mit der Naphta vorkommen. Es ist bekannt, dass die kaukasische Naphta wenig oder gar nicht paraffinhaltig ist und nicht von Erdwachs begleitet wird, während dies dagegen sowohl auf dem westlichen (Galizien und Moldau) als auf dem östlichen, dem transkaspischen Flügel (Tjeleken und Neftjanaja gora) der Fall ist. Das naphtaführende Terrain in Transkaspien!) kann in drei Gebiete getheilt werden, nach den drei verschiedenen Orten, wo Naphta !) Als kartographischer Behelf für die folgenden Ausführungen sei auf die Karte verwiesen, welche dem im XIX. Bande (1873) der Petermann’schen Mittheilungen ent- haltenen Aufsatze von G. Siewers beigegeben ist. Nachzutragen ist auf derselben hauptsächlich die Lage der Neftjanaja gora, welche SW. von Bala-Ischem und SOS. von der Meeresküste bei Michailowski Salif einzuzeichnen wäre, die Route der öfters zu erwähnenden transkaspischen Eisenbahn von Michailowski Salif über Molla kari, Bala- Ischem, Aidin und nördlich um den kleinen Balchan herum, sowie die Lage der Hügel- gruppe zwischen der Neftjanaja und dem kleinen Balchan. Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Band. 1. Heft. (Hj. Sjögren.) 48 Hj. Sjögren. [2] an der Erdoberfläche erscheint; diese Stellen sind: die Insel Tje- leken, Neftjanaja gora und Buja-dagh. Da ich noch nicht Gelegenheit gehabt habe die Insel Tjeleken zu besuchen, so wird die- selbe in diesem Aufsatz nicht in Betracht kommen. Wenn man Gori Tjochrak auf Tjeleken mit Neft- Janaja gora und Buja-dagh durch Linien verbindet, sowie diese beiden letzteren Gebiete selbst mit ein- ander, dann zeigen diese Linien die Ausdehnung des bisher be- kannten naphtaführenden Terrains und die gegenseitige Lage der er- wähnten Orte. Die Linie Tjeleken- Neftjanaja gora ist 80 Kilometer lang und O. 20° S. orientirt; die Linie Neftjanaja gora - Buja-dagh beträgt 45 Kilometer mit einer Richtung von O. 30° S. und fällt sehr nahe mit der Hauptrichtung der Kaukasuskette, welche O. 28° 8. ist, zusammen; die Entfernung der beiden von einander weitest ent- fernten Punkte Tjeleken und Buja- dagh ist 120 Kilometer und ©. 18° S. ist die Richtung der diese beiden verbindenden Linie, welche, gegen W. verlängert, die Halbinsel Apscheron am anderen Ufer des kaspischen Meeres trifft. Die Station Bala-Ischem an der transkaspischen Eisenbahn eig- net sich am Besten als Ausgangs- punkt für eine Untersuchung der Neftjanaja gora und des benach- barten Terrains. Diese Station ist gelegen 57 Kilometer vom jetzigen Endpunkte der Eisenbahn bei Michai- lowski-Salif und 9 Kilometer süd- lich von dem DBergcomplex des Grossen Balchan, auf dessen unersteigliche südliche Wand man von der Station aus eine pracht- volle Fernsicht geniesst. Dieser Bergeomplex des Grossen Balchan zeigt sich als ein frei- stehendes selbstständiges Gebäude. Das Schichtenfallen desselben ist schwach gegen S., aber von Bala-Ischem gesehen, scheint es voll- kommen horizontal und tritt selbst in weiter Ferne ausserordentlich deutlich hervor. Die festen Kalkschichten haben eine ausgeprägte Fig. 1. Der grosse Balchan von S, gesehen aus 21), Kilometer Entfernung, a hi r AER EAD SUR ARE [3] “ Ueber das transkaspische Naphtaterrain. 49 verticale Absonderung und wechseln mit weicheren Mergelschiehten. welche sanftere Abhänge bilden. Durch diesen Schichtenwechsel er- scheint der Berg wie in eine Reihe von Stockwerken gegliedert und verleiht die bori: zontale Schichtung in Verbindung mit der verticalen Absonderung der Kalkpartien der ganzen Bergwand eine eigen- thümliehe architektonische Struetur. Ein anderes Moment, welches noch hierzu kommt, betrifft die Sturzhügel, welche sich an den vorspringen- den Partien abgelagert haben und mit ihren konischen Formen theil- weise die verticalen Wände verbergen. Auf diesen vorspringenden Friesen der Bergwände wachsen fadenhohe Sträucher von Thuja und Oxycedrus, von unten als dunkle horizontale Reifen sichtbar. Der Balchan erscheint auf diese Weise als architektonisches Gebäude mit einem in allen seinen Theilen consequent durchgeführtem Style. Seite Ober- fläche ist reichlich von tiefen Rinnen durchschnitten. Betreffend das geologische Alter dieses schönen und interessanten Plateaugebirges, welches sich 1817 Meter (5450° über dem kaspischen Meere erhebt, liegen keine Angaben vor. Bei einem Ausfluge zu der 10 Kilo- meter gerade nördlich von der Eisenbahnstation Bala-Ischem, einige hundert Fuss über der Steppenfläche gelegenen Quelle, konnte ich nur consta- tiren, dass die hier ganz unersteigbare, senkrecht aufsteigende Gebirgs- wand aus einem hellgrauen, festen, fossilleeren Kalkstein bestehe; in der Steppe, unweit des Bergfusses, traf ich im Kalksteinschotter Stücke mit unbestimmbaren Resten von Belemniten an. — Der Grosse Balchan ist, wie schon v. Koschkul gezeigt hat), als der südliche Schenkel einer grossen Antiklinale zu betrachten, die auf der Ostseite des kaspi- schen Meeres der „Erhebungszone* des Kaukasus entspricht. Der grössere Theil dieses südlichen Schenkels ist jedoch zusammengestürzt oder von der Erosion zerstört worden und dessen Gebiet wird von dem krasnowodischen und balchanischen Meeresbusen eingenommen; der zu- gehörige nördliche Schenkel dieser Antiklinale wird von den Bergketten Kuba-dagh und Kurjanin-kari gebildet. Der Kuba-dagh wird von v. Koschkul mit Hinblick auf die in der Nähe von Krasnowodsk auf- tretenden Gypsvorkommnisse als zum Miocän gehörig betrachtet , weil im Allgemeinen die salz- und gypsführenden Formationen im Kaukasus und Armenien dieses Alter haben. In Uebereinstimmung mit der An- sicht von Tietze?) sind wir jedoch geneigt für den Kuba-dagh ein viel höheres Alter anzunehmen und es mit den oberjurasischen Bildungen in Daghestan zu parallelisiren, welche auch gypsführend sind. Der Grosse Balehan, welcher ein höheres Niveau repräsentirt, ist dann wahrscheinlich zum Kreidesystem zu stellen, ebenso wie das nordwest- lieh davon gelegene Glaukonit führende Gebirge, Koscha-Seira, über welches wir Siewers einige Notizen verdanken.) Das stimmt auch damit überein, dass auf der Passhöhe des Kjurun-dagh, welcher als die natürliche östliche Fortsetzung des Grossen und Kleinen Balchan zu betrachten ist, ein zur oberen Kreide gehöriger, hellgrauer Kalk- stein angetroffen wurde. R Miirhällingen ı der kaiserl. russ. geogr. Ges. 1870, Bd. VI, pag. 1831—213. ?) Jahrb. d. geol. Reichsanst. 1877, Bd. XXVIH, pag. 1—6. 3) Petermann’s geogr. Mitth. 1873, Bd. XIX, pag. 287—292. Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Band. 1. Heft. (Hj. Sjögren.) 7 50 Hj. Sjögren, [ 4] Von der genannten Station Bala-Ischem führt eine Pferdeeisenbahn zur Neftjanaja gora. Auf diesem Schienenwege werden sowohl alle Materialien für die Arbeiten daselbst als auch Wasser und Proviant für die dort wohnhaften Arbeiter und andererseits die Naphta vom Berge bis an die transkaspische Eisenbahn befördert. Der Schienenweg, der beinahe schnurgerade verläuft, geht in westsüdwestlicher Richtung und hat eine Länge von 32!/, Kilometer. Die fr ersten 5 Kilometer aus der Station geht die a1 | Trace über eine ebene Steppenfläche, bestehend aus ungeschichtetem,, mit Sand vermischten Lehm, in welchem zahlreiche rundgeschliffene, selten die Grösse einer Haselnuss übersteigende Steinchen nebst Schalenfragmenten eines Cardiums einge- streut sind. Die Steppe ist mit Kameldornen und einigen anderen kleinen Gesträuchen überwachsen und von zahlreichen in Erd- löchern lebenden Hamstern bevölkert. Diese Steppenfläche ist zweifelsohne als ein dilu- vialer Meeresboden oder richtiger Meeres- ufer, welches während der „negativen Niveauverschiebung“ allmälig vorrückte, zu betrachten. Die Steppe näher dem Grossen Balehan hingegen besteht aus ungeschiech- tetem Kies, welcher reichliche Schalen- fragmente von Cardium enthält; je mehr man sich dem Fusse des Gebirges nähert, um so gröber scheint das Material zu werden. Gegen diesen zu hebt sich auch das Step- penland allmälig zu einer schwach gebösch- ten Fläche, so dass man auf eirca 2 Kilo- meter 40) Fuss steigt; in diesem Gebiete, das von mehreren Bachrinnen durchzogen wird, überwiegen die grösseren eckigen Steine. Es ist augenscheinlich dadurch ent- standen, dass heftige Regengüsse Stein und Kies vom Berge heruntergeführt haben. Nachdem man 5 Kilometer auf dem erwähnten Schienenwege gefahren, tritt man in braune, aus Thonschichten bestehende, fadenhohe Hügel mit diehter, horizontaler Schiehtung ein. Diese Formationen sind wahrscheinlich Ablagerungen aus dem nahe- gelegenen alten Flussbette Usbo)j, zu welchem man bald darauf ohne merkbaren Niveauunterschied herunter- kommt. Der Fluss muss sich an dieser Stelle zu einem weit ausge- dehnten, sehr wenig tiefen See oder Teich erweitert haben. Der Boden ist hier mehr und mehr von Salz gesättigt, wie die Teiche zu beiden Seiten des Bahnwalles, in welchen mehrere Zoll dieke, weisse, helle Rinden reinen Salzes vorhanden sind, es beweisen. Weiter vorwärts N‘ Serz = SS EIEHN IS I N > Ne Kleiner Balehan, von WSW. gesehen aus 15 Kilometer Abstand, [5] Ueber das transkaspische Naphtaterrain. 51 nimmt die Salzmenge noch mehr zu, Schichten von reinem Salz werden überall unter der Oberfläche angetroffen; diese Salzlager haben eine Mächtigkeit von 5—6 Zoll und werden blos von 1—3 Zoll tiefem, "hart zusammengebackenem Sande bedeckt. Kein Gras wird man in dieser Wüste finden und keine Spur von Leben macht sich bemerkbar. Die einzigen Steine, welche angetroffen werden, sind aufgebrochene Salzstücke und am Schienenwege findet man ein ganzes Haus von ge- hauenen Salzblöcken aufgeführt, welches von dem in dieser Gegend selten vorkommenden schwachen Regen nicht beschädigt wird. Diese Salzwüste ist 12—15 Kilometer breit. Vom 24. Kilometer ab fangen Dünenbildungen und Flugsand an, sie setzen fort und ver- mehren sich noch, je näher man der Neftjanaja gora kommt. Dieser Theil des Weges befindet sich im unablässigen Kampfe mit den sich bewegenden Sandbergen und fordert beständiges Umlegen und stete Erneuerung der Trace. Die Neftjanaja gora (Naphta-Berg) ist von nur unbedeu- tender Höhe. Sie erhebt sich nach meinem Messen blos 83 Meter (= 280 Fuss) über das Niveau der Steppe bei Bala-Ischem und kann also keineswegs in Vergleich kommen entweder mit dem Grossen Balehan oder dem Kleinen Balchan, von welchen der erstere bis zu 5450 Fuss = 1817 Meter, der letztere zu 375 Meter absoluter Höhe emporragt (diese Ziffern sind den russischen Generalstabskarten ent- nommen). Die eigentliche Neftjanaja gora besteht aus einem vonSW. gegen NO. laufenden Höhenzug von circa 2 Kilometer Länge und 1 Kilo- meter Breite ohne besonders steile Abhänge und in der Längs- richtung allmälig sich zum Niveau der Steppe senkend. Sowohl auf der nördlichen als auch auf der südlichen Seite wird der Berg begleitet von mit demselben parallellaufenden Rücken kleiner Hügel, welche den Hauptberg ellipsoidisch umschliessen. Die auf diese Weise begrenzte ovale Oberfläche, welche im weitgehendsten Sinne die Neftjanaja gora ausmacht, hat eine Länge von 4 und eine Breite von 3 Kilometer. Also hat man 3 verschiedene ungleichartige Theile in Betracht zu ziehen, nämlich: Der Berg selbst, das umliegende Ringthal und die dasselbe kranzförmig begrenzenden Erhöhungen. Wenn man mit der Pferdebahn die ringmauerähnliche Erhöhung passirt und in das dahinterfolgende Thal hereinkommt, kann man be- obachten, dass die Schichten an diesem Punkte des Berges ein Streichen von OÖ. gegen W. haben, bei einer Einfallsricehtung nach N. mit einer Neigung von 25° vom Horizont. Bei der Stelle des Ringthales, wo die Bohrthürme Nr. 1 und Nr. 2 situirt sind, sieht man Schichten von Sand und grauem, sandigem Thon mit einem Einfallen von 30° gegen N., südlicher am Bergesabhang selbst hat man nur stark kirr- (asphalt-) gesättigte Schichten mit. dadurch undeutlicher Lagerung. Die Neigung ist hier 36—44° gegen N. Am östlichsten Höhepunkt des Gebirges, 200 Fuss = 67 Meter über dem Platze gelegen, wo die Bohrthürme stehen, hat man einen dunkelbraunen harten und bisweilen conglomeratähnlichen Sandstein in horizontalen Schichten anstehend. Geht man dagegen zum südlichen Rande der umgebenden Hügelreihe, so findet man hier eine südliche Neigung der Schichten, obgleich der Böschungswinkel nur 6—8° vom Horizonte ist. Diese Profillinie, welche te N Se 59 Hj. Sjögren. [6] sich gegen N. und $S. von der Lage der Bohrthürme quer über die anze Breite des Gebirges erstreckt, zeigt, dass die Schichten nach un- ) o' Bu gleichen Richtungen auf der Nord- und Südseite des Gebirges fallen, =: nämlich so, dass der Bau desselben antiklinal wird, wie es auf dem unten beigefügten Profile deutlich zu sehen ist. Dies wird nncch höherem Grade deutlich, wenn man das Streichen der Schichten rund um den Berg vertolgt, man findet dann, dass diese in sich selbst Fig. 3. een = Ey gun pP: ya Massu aD s SI Ze HB = ß 7 3 L f NZ ll r PS NIT, % AU a ‚anlibs Ar ZI nun 2 M Le, ms HR ES RNÄUL RN RUN, iS ul © Ley NL N Q £ SL. ZN NS RN “a [L I, a Mut, FAR nniig LTE) N A SU, umy << \= Une, m msn hg mm F,TGEMNS & Alpe, 6, ZINSEN = au ’ ya N EEE ee ZEN ZZ) y RR N rat alle f Su al Ni, D ur Talti,, F Rs unsarllili, = N MUS de Uuyshstaberıze (85) | each INT — SHerdebe on IR N Toyala Ss = Pohrthmum B RRERTTRRN USBERN uylh, DT et alla ANTILE en 22 U ZEHN i ur Maassftab nt, ann „ya ? Je Huss. Faden TEST ellipsenförmig zusammenlaufen, weil ihre Neigung an jedem Punk des Berges nach Aussen abfällt. Dieses beobachtet man am deu lichsten auf dem linken Theile des Gebirges, wo die tief einschneiden- den Rinnen den Schiehtenbau anschaulich an den Tag legen, besonders am Platze der alten Tekinschen Naphtabrunnen kann man deutlich die halbzirkelförmige Krümmung, welehe die Sehiehtung hier erfährt, übersehen. MR [7 Ueber das transkaspische Naphtaterrain. 53 Nachdem also der antiklinale Bau dieses Gebirges ausser allen Zweifel gestellt worden ist, übergehen wir zu einigen der anderen interessanten geologischen Verhältnisse, welche dasselbe aufweist. Der östliche Theil des Berges besteht hauptsächlich aus grossen Dünen, welche häufig ihren Platz ändern und aus mehr oder weniger mit Sand bedeckten Kirr- (Asphalt-) Feldern. Gewisse Sandstriche sind selbst während der grösstenSonnen- hitze feucht in Folge der deliquis- centen Salzlager, die darunter liegen und welche eine Mächtig- keit von 3—4 Fuss haben können. Aus diesen Sand-und Kirrschichten kommen hier und da die Schichten festen Gesteins zum Vorschein, an welchen die im Vorhergehenden angeführten Beobachtungen über den Schiehtenbau gemacht wurden. Der Bergrücken selbst ist in einer von NO.—SW. laufenden Linie mit Quellen, welche sal- ziges Wasser, Naphta und Kohlen- wasserstoffgas ergiessen , besetzt. Die westlichste dieser Quellen ist eirca 67 Meter höher als die Bohr- thürme gelegen. Sie mündet in einem runden, kochenden Sumpfe, 1 Meter im Diameter, mit reich- lichen Salzausscheidungen rings an den Wänden; schwarze, dicke Naphta schwimmt auf seiner Ober- fläche. Kleine Stücke oder Kugeln von Erdwachs steigen nebst der Naphta in dieser Quelle auf. Das Wachs ist braun, knetbar und hat einen aromatischen Geruch. Es sammelt sich an den Rän- dern der Quelle und in dem Ab- zugscanal. Die Qualität desselben kann man nicht als von erster Beschaffenheit bezeichnen, da es von einer Kaffee- oder Chocolade- farbe ist, während das bessere galizische Wachs z. B. von gelber -3ıogqeyyden uop yaanp TToxT ) { \ Een Konglomerat. —-Leh m end Sand. Fugsand (Dünen) mut Salz "Fald un. Eisercchuss iger SandsTein >Naphta- Quellen 5 --. 3 ehm und Sand ER Send-Dünen Farbe ist. Doch muss man annehmen, dass nicht unbedeutende Wachs- mengen in der Tiefe vorhanden sind, da ziemlich viel ausfliesst. Die Temperatur dieser Quelle war + 19°C. bei einer Lufttemperatur von + 9°C. 175 Meter gerade SW. von dieser Quelle befindet sich eine. 54 Hj. Sjögren [8] andere, stark kochende, mit naphtavermischtem grauschlammigem Wasser, woraus Blasen von !/,;, Fuss Diameter aufsteigen. Die Temperatur derselben war + 21° C.. bei einer Lufttemperatur von + 25°C., aber die Wassermenge ist offenbar allzu klein, um die Temperatur der Quelle constant halten zu können. Sie ist hauptsächlich eine Gasquelle mit brennbarem, etwas nach Schwefelwasserstoff riechendem Gas. Die (Quelle liegt auf einem kraterförmig vertieften, von geschichteten Kirr- massen aufgebauten Kegelberge. Der grosse Krater misst 20 Meter im Diameter und die Kraterwände sind imwendig 4 Meter hoch. Die Quelle mit 0'3 Meter Diameter ist etwas exceentrisch im grossen Krater gelegen. Kleine Kugeln von unreinem Wachs fliessen auch hier, obgleich spär- licher als bei der ersterwähnten Quelle, zur Oberfläche empor. Dem Aussehen nach zeigt der Kegelberg eine treffende Aehnlichkeit mit einem vulcanischen Berge; die Seiten desselben sind durch successive Ausflüsse von Asphalt gebildet; die erstarrten Asphaltströme haben successiv den ganzen Berg gebildet, sowie es bei Lava- und Tuffströmen geschieht. Der grosse Kraterwall, welcher vollständig analog mit dem Sommawall der Vulcanberge ist, beweist, dass die Quellen früher viel grösser als jetzt gewesen sind. Der Naphtaausfluss dieser Quellen scheint ebenfalls früher viel bedeutender gewesen zu sein. Darauf deuten die höchst ansehnlichen Kirrlager, welche nicht blos die ganze Oberfläche dieses Theiles des Berges bedecken, sondern sich auch wie Lavabette am NW.-Abhange des Berges ausbreiten. Unter dem Einflusse der Sommersonnenstrahlen entstehen noch in diesen alten Kirrlagern Gasentwicklungen solcher Art, dass der Kirr gleich wie aufgeblasen erscheint. Auf seiner Ober- fläche bilden sich dann viele Miniaturvulcane, welche dieke, schwarze Naphta von einem kleinen Krater aus ergiessen. Theile der Kirr- bedeekung sind gleichsam übersäet von solehen vulcanischen Miniatur- modellen in verschiedenen Stadien der Entwicklung. Circa 100 Meter W. trifft man eine ähnliche Kegelbildung , wie die oben beschriebene, mit etwas kleinerem Durchmesser, aber von der- selben Höhe wie die frühere. Auch hier muss man über die frappant typische Kegel- und Kraterbildung staunen In der Mitte des Kraters befindet sich eine Naphtaquelle ohne Wasser oder Salzausscheidungen und augenblicklich sogar ohne scheinbare Gasentwicklung. Auf dem Kirrfelde ringsum hat man in grosser Anzahl vollständig kesselförmige zirkelrunde Krater ohne umgebenden Wall sowie Kegel mit einem Dia- meter von 0'3—2 Meter; doch sind diese jetzt meistens durch Flug- sand verschütte. An dieser Stelle kat der russische Bergingenieur Konschin einige Schächte für die Untersuchung des wachsführenden Terrains angelegt. Die Schächte wurden bis 10 Meter abgeteuft, aber dann musste die Arbeit wegen des starken Wasserzuflusses und der Gasentwicklung aufhören. Mit den Schächten wurden sporadische Wachsadern, aber in allzu geringer Mächtigkeit, um den Abbau zu lohnen, angetroffen. (Nach den Verhältnissen bei Boryslaw und den übrigen Wachsvorkommnissen Galiziens zu urtheilen, kann man doch erst in grösserer Tiefe erwarten, lohnende Wachsfunde anzu- treffen.) Hier hat auch Fürst Eristoff seine Anlagen zur Gewinnung des Wachs gehabt, doch wurde er wegen Unbekanntschaft mit dem [9] Ueber das transkaspische Naphtaterrain, 55 mineralogischen Unterschiede zwischen dem Ozokerit und Kirr (Asphalt) veranlasst, die oberflächliche Kirrbedeekung abzubauen, anstatt mit Schächten in die Tiefe zu gehen, und die Arbeit hörte auf, als es sich zeigte, dass der Kirr unbedeutend oder gar kein Wachs enthielt. Die Versuche, eine Wachsindustrie auf der Neftjanaja gora zu Stande zu bringen, haben bis jetzt dieselben ‚ungünstigen Resultate wie auf der nahegelegenen Insel Tjeleken ergeben. Weiter nach W. gehend, treffen wir mehrere solche kleine vulcan- ähnliche Bildungen, wie die eben erwähnten; diese scheinen weniger Naphta, sondern meist thonigen Schlamm und Gas auszustossen. Die tiefsten Thaleinschnitte sind hier von Dünen zwischen Hügeln von Kirr ausgefüllt. Am Gipfel eines solchen befindet sich eine troekene, continuir- lich brennende Gasquelle, welche nur durch starke nördliche Winde erlischt. Die Flamme schlägt blos 0'2 Meter empor; in der Nähe kommen mehrere kleine Naphtaquellen vor. Noch weiter gegen W. zu, verlässt man das kirrbedeckte Ge- biet und die Gegend nimmt sogleich ein anderes Aussehen an. Tiefe Einschnitte durchschneiden flach gegen NW. fallende Thon- und Sand- lager. Diese Schluchteinschnitte haben ihren Ursprung in Quellen mit bitterem, stark salzhaltigem Wasser, das eine Temperatur von + 27° C. besitzt. Dasselbe hat mitunter einen deutlichen Geruch nach Schwefel- wasserstoff. Diese Quellen ernähren ein paar Bächlein, die gegen W. und NW. ablaufen, sich einen Weg durch die kranzförmigen Reihen der kleinen Hügel zu den Salzmooren, welche Neftjanaja gora umgeben, suchend. Auch ein Paar kleine seeähnliche Wasseransammlungen von resp. 200 und 60 Meter Länge entstehen durch diese Quellen, aber ob sie auch während des ganzen Sommers Wasser behalten, kann ich nicht sagen. Es scheint annehmbar, dass die Wirksamkeit der Schwefel ab- setzenden Quellen früher weit stärker als jetzt war; dies beweisen die (@Quantitäten von Schwefel, welche man in der Nähe der Quellen antrifft, theils in erdartigem Zustande, theils in Form kleiner, durchsetzender Gänge in Mergel oder grauem Thon. Dies war die Veranlassung, dass Fürst Eristoff einen Versuch, das schwefelführende Lager abzubauen, machte; er fing sogar mit der Anlegung eines Werkes an, um den Schwefel auszuschmelzen, aber der geringe Vorrath machte bald der Unternehmung ein Ende. } An der NW.-Seite des Gebirges trifft man die alten tekinschen Naphtabrunnen. Hier wohnte noch vor einigen Jahren unter dem Befehle eines Khans ein turkmenischer Stamm, und dieser beutete die Naphta mittelst Brunnengräben aus und handelte damit bis gegen Merv und Chiwa. Die Naphta wurde von ihnen ausser zur Beleuchtung auch als äusserliches Heilmittel benutzt, besonders für ihre Hausthiere und Kameele. Die Brunnen sind ungefähr 10 Meter tief und von kaum 0:6 Meter im Diameter ; ursprünglich wurden sie jedoch mit grösserem Dia- meter gegraben und später mit Steinen und Thon eingemauert. Die Anzahl der Brunnen beträgt 37; alle sind sie auf einer Fläche von sehr unbedeutender Ausdehnung gelegen. Die Neftjanaja gora erweist sich als aus folgenden Gesteins- bildungen aufgebaut: einem grauem oder braunem Thon, aus sandigem Thon und reinem Sand; diese Gesteine kommen in einer regelmässig N ie A TE 56 Hj. Sjögren. [10] verbundenen Lagerserie in Sehiehten von der Dicke einiger Centimeter bis mehrerer Meter vor. Die Sandlager, welche an der Zusammensetzung des Gebirges selbst theilnehmen, sind oft mehr oder weniger mit Naphta ge- sättigt und wenn sie blossgelegt werden, siekert Naphta hervor und ergiesst sich in dem das Gebirge ringförmig umgebenden Thale. Die kranzförmig angeordneten Hügel, welche das eigentliche Gebirge dann weiterhin umgeben, bestehen aus den gleichen Schichten, blos mit dem Unterschiede, dass der Sand hier nicht mit Naphta imprägnirt ist. Diese Erhöhungen sind zweifelsohne dadurch entstanden, dass die Ge- steine in diesem ellipsenförmig gebogenen Gebiete fester gewesen und darum den Abrasionswirkungen des diluvialen Meeres besser wider- standen. In der Hügelumgebung der südlichen Seite des Gebirges hat man zuoberst eine diseordant liegende Schichte von Conglomerat mit runden Kieselsteinen und Cardiumschalen mit einem dunkelbraunen ver- bindenden Cement. Die unterliegenden Lager von sandigem Thon und feinem Sand sind fossilfrei. Es ist dies augenscheinlich eine Ufer- bildung von der Zeit, da diese Hügel als „Scheeren“ aus der Wasser- oberfläche emporragten. Im nordöstlichen Endpunkte des Gebirges steht ein ziemlich fester Sandstein an, welcher von Eisenoxyd dunkelbraun gefärbt ist; derselbe hat mitunter conglomeratartige Gröbe und enthält zahlreiche rothe eisenkieselähnliche Einschlüsse , sowie weisse und gelbe Quarzkugeln. Diese Bildung ist ohne Zweifel ein durch eisenhaltige Quellaus- scheidungen verkittetes Conglomerat. Im südwestlichen Ende des Ge- birges, auch hier am höchsten Rücken, findet man entsprechende Bil- dungen; Felsen von hartem Kieselsinter durchsetzen diese in Form von Gängen, und scheint derselbe theilweise in Spalten auf der Oberfläche abgesetzt worden zu sein; ebenso trifft man andere Quellausscheidungen sowie gelben Ocker, rothes Eisenoxyd und ein Kieseleonglomerat von derselben Beschaffenheit als am NO.-Ende des Berges. Alle diese Bil- dungen sind Absätze aus einer Periode, da die Quellen viel wasser- reicher gewesen und eine höhere Temperatur besassen, wodurch sie im Stande gewesen sind, andere mineralische Bestandtheile aufzulösen und später auszuscheiden. Es ist nicht ohne Interesse, zu beobachten, dass diese Quellen gerade auf der Kammlinie des Berges entsprangen, wo auch die jetzigen Naphta- und Gasquellen emporsteigen, und man muss annehmen. dass diese ungleichen Quellarten eine und dieselbe Bruch- linie verfolgen, welche deutlich mit der antiklinalen Linie im nächsten Zusammenhang steht. Was dasgeologische Alter der Schichten betrifft, aus denen die Neftjanaja gora zusammengesetzt ist, so kann man dasselbe wegen Mangel an Fossilien nicht mit Gewissheit bestimmen. Die geologischen Bil- dungen der Neftjanaja gora sind, wenn man die rein äusserlichen Momente in's Auge fasst, denen, worin am Balachany und an anderen Orten der Apscheronschen Halbinsel Naphta vorkommt, sehr ähnlich. Ein gleichartiger Wechsel von Sand, Sandstein und grauem Thon findet sich hier wie dort, und gleichwie” im Balachanyreviere ist auch hier der Sitz der Naphta in den Sandlagen zwischen den Thon- und Sand- steinschichten. Die Naphta führenden Lager im Balachanyfelde gehören wahrscheinlich dem Miocän an: obgleich die Fossilfunde, welche auf EN “ [11] Ueber das transkaspische Naphtaterrain. 57 der Neftjanaja gora gemacht wurden, keinen bestimmten Anhaltspunkt zur Beurtheilung des geologischen Alters geben — indem sie entweder den oberflächlichen Schichten angehören, die diseordant über denen, in welchen die Naphta vorkommt, liegen, oder aber so fragmentarisch sind, dass sie keine Bestimmung erlauben (was der Fall mit den Muscheln war, welche bei dem Bohren des Bohrloches Nr. 1 in 58 Meter Tiefe angetroffen wurden) — so kann man doch sagen, dass keine Gründe gegen die Annahme sprechen, man habe hier dieselben Schichten wie bei Balachany vor sich, dass vielmehr eine solehe Annahme sogar als sehr gerechtfertigt zu bezeichnen ist. Von besonderem und grossem Interesse sowohl in praktischer, sowie auch in theoretischer Hinsicht ist das schon früher hervorgehobene Moment, dass nämlich das Auftreten der Naphta auf Neftjanaja gora an die für das Vorkommen der Naphta so bezeichnende antiklinale Schichtenstellung gebunden ist. Sowohl im Kaukasus, wie in Galizien, in Deutschland und Nordamerika hat man beobachtet, dass diese Schichtenstellung als der sicherste Leitfaden bei dem Suchen nach Naphta zu betrachten ist. Wir haben oben hervorgehoben, dass der antiklinale Bau der Neftjanaja gora vollkommen klar ist. Eine Eigen- thümlichkeit, welche nicht ohne Bedeutung für die Frage, wo man am besten nach Naphta in diesem Gebirge bohren soll, muss noch hervor- gehoben werden, nämlich die unsymmetrische oder einseitige Beschaffen- heit der Antiklinale. Diese eigenthümliche Beschaffenheit ergiebt sich deutlich daraus, dass das Fallen der Schichten auf der N.-Seite viel steiler ist als auf der S.-Seite; es beträgt an ersterer Stelle 36—44° gegen 7—9° an letzterer. Im Zusammenhang hiermit steht zweifelsohne das Verhältniss, dass die mächtigen und weit ausgedehnten Ablagerungen von Kirr hauptsächlich an der N.-Seite des Berges, sowie am höchsten Kamme desselben zu finden sind, während der S.-Abhang kein Kirr zeigt. Ebenso ist das Verhältniss mit den Naphtaquellen, welche auch nach einer unregelmässig verlaufenden Linie an der N.-Kante des Berges vertheilt sind, gleich wie die Quellen von Salzwasser mit Naphta und Wachs sammt den brennenden Gasquellen am Westende des Berges. Die Veranlassung, dass diese von der Tiefe kommenden, verschiedenartigen Producte eben hier aufsteigen, ist zweifelsohne darin zu suchen, dass die starke Biegung und Zerspaltung, welche die Schichten an der N.-Seite des Berges erlitten, die Veranlassung gab zu Spalten und Bruchlinien, welche sowohl fliessenden als gasförmigen Stoffen hier aufzusteigen erlauben, während dagegen die mehr unver- änderte Beschaffenheit der Schichten an der S.-Seite (wo sie blos einen Einfallswinkel von 8° gegen 40° an der N.-Seite haben) Anlass zur Bildung solcher Spalten und Canäle nicht gegeben hat. Angaben zufolge kommen Spuren von Naphtaergiessungen auch an einigen Stellen zwischen Neftjanaja gora uud Buja-dagh vor, in den reihenweise fortlaufenden Anhöhen und Hügeln, von welchen die der Neft- janaja gora am nächsten gelegenen unter dem Namen Bala-Ischem sori bekannt sind. Um dieses Gebiet zu besehen, unternahm ich von Bala-Ischem aus einen Abstecher in südlicher Richtung. Nachdem Uzboj passirt war, welcher hier vollständig den Charakter eines breiten, trockenen Flussbettes mit deutlich begrenzten Ufern besitzt, kommt Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Band. 1. Heft. (Hj. Sjögren.) 8 58 Hj. Sjögren. [12] man zu einer bisweilen von Sandhaufen unterbrochenen Steinsteppe herauf. Der Boden des genannten Flussbettes ist gleichwie bewachsen mit 3—6 Centimeter langen, spitzigen Gypskrystallen, welche in der Mutterlauge ausgetrockneter Salzseen sich bildeten. Die erwähnten Naphta- und Kirrspuren waren nicht zu entdecken, möglicherweise waren sie von dem sich immer bewe- genden Sande bedeckt. Das Suchen wurde fortgesetzt bis zu einem sich 30 Kilometer S. von Bala-Ischem be- findlichen Höhenzug (aus Sandstein bestehend); derselbe liegt zwischen den Quellen Ut-Kuju und Jama- gegeanty; die Schichten streichen N. 50° W. und fallen 12—15° gegen S. ein. Wenn auch die erwähnten Vor- kommnisse von Kirr sehr kleine und sporadische sind, so sind sie doch von Interesse, weil sie einen Zusam- menhang zwischen der Naphta auf Neftjanaja gora und auf Buja-dagh andeuten und zeigen, wie die anti- klinale Zone, welehe die Punkte ver- einigt, läuft. Wir übergehen jetzt zum Buja- dagh. Dieser Bergzug ist 40 Kilo- meter von Bala-Ischem und 30 Kilo- meter von der Station Aidin an der transkaspischen Bahn gelegen. Der Buja-dagh ist, was die Höhe betrifft, etwas ansehnlicher als die Neftjanaja 150 Meter über das Niveau der um- gebenden Steppe erhebt; er hat eine Längserstreckung von 10 Kilometer und eine Breite von 3 Kilometer. Die geologischen Verhältnisse sind wesent- lich gleichartig mit denen der Neft- Janaja gora, was auch zu erwarten ist, da Buja-dagh in deren Fortsetzung liegt. Eine Schichtenserie von Thon, Sandstein und Sandschichten wird auch hier gefunden. Die zahlreichen tiefen Einschnitte, welche an beiden Abhängen des Gebirges angetroffen werden, erlauben uns einen Blick in dessen inneren Bau zu thun; wir erkennen sofort, dass auch dieses naphtaführende Gebiet eine ar.geprägte antiklinale Schiehtenstellung Buja-dagh von NW, gesehen aus 2 Kilometer Entfernung. gora, indem er sich wenigstens bis. besitzt, die hier noch deutlicher am Tage liegt, als es auf Neftjanaja gora der Fall ist. Die Antiklinale des Buja-dagh zeiehnet sich durch ihren regelmässig gewölbten Bau aus; er ist nicht schief oder [13] Ueber das transkaspische Naphtaterrain. 59 unsymmetrisch, wie es der Fall auf Neftjanaja gora ist, denn die Ein- fallswinkel sind zu beiden Seiten des Berges die gleichen, d. h. zwischen 30 und 40° wechselnd. Es würde mich allzu weit von der Naphtageologie entfernen, wollte ich hier näher auf alle die interessanten geologischen Verhältnisse ein- gehen, die an diesem Bergzuge beobachtet werden können, der allein schon durch seine eigenthümlichen malerischen Conturen die Aufmerk- samkeit auf sich lenkt. Aus meinem Tagebuche eitire ich daher blos folgende Beobachtungen: „Wenn man sich von Aidin zum Buja-dagh begibt, lässt man den kleinen Balchan gleich zu linker Hand (östlich), indem man eine bisweilen mit Sanddünen wechselnde Steinsteppe passirt. Schon halbenwegs tauchen die bizarren Formen des Buja-dagh am Horizont auf; von hier gesehen, sind sie meistens colossalen thurmgeschmückten, aber halbzertrümmerten Festungsruinen ähnlich. Am NW.-Fuss des Berges angekommen, passirt man ein Sandfeld von jener dunkelfärbigen Beschaffenheit des Sandes, welche die Anwesenheit des Salzes andeutet und von Deliquescenz desselben verursacht wird. Weiter vorwärts sind sehr regelmässig gelagerte Schichten mit einem Streichen nach W. 20° N. zu beobachten, was auch als das Hauptstreichen des Berges betrachtet werden kann; ebenso ist diese Richtung die Hauptstreichungs- linie aller Schichten des Berges überhaupt. Das Einfallen ist hier 30—40° gegen N. oder NNO., und die Schichten bestehen aus Schieferthon mit Zwischenlagerungen von höchstens 2 Centimeter dieken, bisweilen papierdünnen Lagen eines dunkelbraunen, stark eisenhaltigen, gröberen oder feineren Sandsteines. Längs dem Bergesabhange, welcher reich an Thaleinschnitten ist, trifft man allenthalben unweit der Gipfel des Gebirges eine Menge von palissadenähnlichen, unregelmässigen Sand- steinsäulen, welche ungefähr eine Höhe von 2 Meter erreichen. Eine grosse Anzahl dieser Säulen ist abgestürzt, andere stehen aufrecht. Der Sandstein ist locker, grau, mit wenig Bindemittel und leicht zerfallend. Die Längenrichtung des Palissadengebietes fällt mit der des Berges zusammen. Etwas noch weiter gegen die Höhe steht eine grosse, wohl 25 Meter hohe, 20—25 Kilometer weit sichtbare schlossähnliche Sand- steinsäule. Sie hat vollständig senkrechte, unersteigbare Wände ohne sichtliche Schichtung, aber mit zahlreichen Löchern und Auflösungs- höhlungen. Der Sandstein ist theilweise breceienartig mit einem gelben ockergleichenden Cement und mit Bruchstücken des darunterliegenden Thons versehen. Der Schieferthon, welcher den Sandsteinberg umgibt, ist grau, dünn geschichtet und ohne Fossilien. Die Schichten desselben liegen hier vollständig horizontal. Man kann nicht deutlich sehen, ob die Sandsteinkuppe auf dem Thon ruht, oder von unten denselben durchdringt mit — sozusagen — einer Wurzel in den Thonschichten; das letztere scheint jedoch das wahrscheinlichere zu sein. Einige hundert Meter S. von dem Sandsteinberge ist die beisseste der Salzquellen ge- legen. Sie bricht aus horizontal liegenden Thonschichten mit einer bedeutenden Wassermenge (wenigstens 10 Eimer in einer Secunde) empor. Die Quellöffnung bildet ein Bassin von ca. 4 Meter im Dia- meter; aus dem Boden desselben steigt auch Gas, obgleich in kleineren Quantitäten, empor. Die Temperatur der Quelle ist + 533° C.; sie ist der Ursprung eines kleinen Baches, welcher gegen die südliche g* 60 Hj. Sjögren. [14] Seite des Berges abfliesst. Diese Quelle liegt ca. 117 Meter über dem Niveau der Steppe, und es ist bemerkenswerth, dass das Wasser diesen längeren Weg beim Aufsteigen nimmt und eben am Kamm des Berges anstatt etwa auf dessen Seiten oder an dessen Fuss ausfliesst. Eine andere ähnliche Quelle liegt auf etwas niedrigerem Niveau mehr O. von der grossen Sand- steinsäule ; ihre Wassermenge ist nicht so stark und die Temperatur = 54'1°C. Diese beiden Quellen sind stark salzhaltig, so dass das Salz sich an ihren Rändern im Form grosser Krystallstöcke absetzt; das Wasser dieser Quellen hat einen Geschmack wie concentrirte Salzsoole. Darnach zu urtheilen, dass der Thon ringsum mit rothem Eisenoxyd stark imprägnirt ist, sind sie gewiss auch eisenhaltig. Andere Quellen, welche viel kühler sind, lie- gen gleich in der- Nähe. An der N.-Seite des Berges z.B. findet man nahe aneinander zwei runde Quellbassins, die an dem oberen Rande eines tiefen Thaleinschnittes gelegen sind. Das grössere, wit wenigstens 5 Meter Dia- meter und einigen Metern Tiefe, hat einen kleinen, un- bedeutenden Abfluss, das andere, beinahe zirkelrunde, mit den verticalen, von Eisen- oxyd stark rothen und mit Salzkrystallen bedeckten Wänden hat keinen Abfluss. Höchst wenig Wasser scheint hier aufzusteigen, was auch erklärt, dass die Temperatur beinahe dieselbe als die Luft- temperatur ist. Etwas Gas brodelt von beiden dieser Quellen empor.“ Die naphtaführenden Quellen nun sind in der Thaleinsenkung zwischen dem westlichen Gipfel des Gebirges, welcher von dem Sand- steinberge gebildet wird, und dem übrigen Theile gelegen. Die Naphta Fig. 6. Sandsteinfelsen auf Buja-dagh von O. gesehen aus 1 Kilometer Entfernung. [15] Ueber das transkaspische Naphtaterrain. 6l fliesst in unbedeutender. Menge auf dem Salzwasser dieser Quellen, welche keine hohe Temperatur haben. Die Naphta ist schwarz und asphalt- ähnlich. Kirrablagerungen wurden nirgends während der Untersuchung des Berges angetroffen. Naphtaspuren waren auch nicht an den Wänden der tiefen Schluchten zu bemerken, welche in den Berg einschneiden, weshalb es wahrscheinlich, dass die obersten Lager naphtafrei sind. Vom Kamme des Berges kann man deutlich den hübschen antiklinalen Bau desselben beobachten. Die Krümmung der Schichten ist mit der des Rumpfes eines umgekehrten Bootes zu vergleichen. Keine Bruch- linie ist vorhanden, sondern die Schichten liegen längs der antiklinalen Linie horizontal und davon. zu beiden Seiten abfallend mit Neigungs- winkeln, welche regelmässig von der Mittellinie nach aussen steigen, bis sie 30—45° erreichen; dann verschwindet das Schiehtsystem unter das Niveau der Steppe. Die Antiklinale ist vollständig symmetrisch im Verhältniss zu der Längenachse, was — wie wir sahen — nicht der Fall auch auf Neftjanaja gora ist. An beiden Seiten des Berges befindet sich eine grosse Anzahl tiefer Thalrisse, welche als typische Erosionsthäler in einem lockeren, der Vegetation entbehrenden Terrain betrachtet werden können. Ebenso hat man Gelegenheit, hier zu be- obachten, wie sogenannte Durchbruchthäler entstehen. Ein solches ist in Bildung begriffen ungefähr in der Mitte des Bergkammes, dadurch, dass zwei Bachthäler, eines von N. und das andere von S., im Begriff stehen, sich zu vereinigen. Die Wasserscheide zwischen ihnen ist schon so schmal, dass sie nicht zu passiren ist, und muss unausbleiblich bald zusammenstürzen, und dadurch ist der Anfang zu einem Durchbruchs- thale gegeben. Wenn dasselbe sich weiter entwickelt, kommt es schliesslich dazu, Buja-dagh in zwei freistehende Berge zu theilen. Ein zweites, hübsches Erosionsphänomen bieten auch die aus wechselnden Thon- und Sandsteinlagen gebildeten Pfeiler von sehr malerischen Formen. Man trifft sie an mehreren Orten, aber nur auf dem Rücken des Gebirges, wo die Schichten horizontal liegen. Sie sind im Allgemeinen von conischer Gestalt und erreichen mitunter eine Höhe von 15—20 Meter. Lehm- und Sandsteinpfeiler auf Buja-dagh, 50 Fuss hoch. Die grössten Thäler sind an der S.-Seite gelegen. In einigen von ihnen befinden sich ein Paar wasserreiche Quellen, welche grosse Bäche aussenden, die vom Berge aus mehrere Kilometer weit in die Steppe 62 Hj. Sjögren. Ueber das transkaspische Naphtaterrain. [16] hinein sichtbar sind, wo sie sich schliesslich zu einem grossen Salz- sumpf vereinigen. Einige Lager des Thons enthalten hübsche „marlek *- artige Bildungen von Sandstein; sie sind den Formen nach den so- genannten Imatrasteinen oder den Marleken vollständig ähnlich, obgleich das Material ein anderes ist. Gewisse Thonlager sind davon sogar ganz erfüllt. In anderen findet man grosse runde Kugeln von Sandstein, die, wenn zerbrochen, einen Kern von grauem Thon zeigen, welcher eine mit der Kugel vollständig concentrische Form hat. Eine solche zerbrochene Kugel wird oft hohl durch das Ausspülen des Thons und bekommt dann das Aussehen einer geplatzten Bombe. Zu Tausenden liegen solche Fragmente oft von den regelmässigsten Formen über einige Theile des Berges verstreut. Am östlichen Ende des Gebirges ist gleichfalls ein Sandsteinhügel von etwas kleineren Dimensionen als der am W.-Ende, aber übrigens das vollständige Ebenbild desselben und mit gleichen, von der Erosion verursachten unregelmässigen und phantastischen Formen. Auch zwischen diesen Punkten trifft man an mehreren Stellen auf der Kammhöhe selbst gleichartige Sandsteinbildungen mit Bruchstücken des unterliegenden -Thons. Diese Sandsteinhügel, welche die übrigen Schiehten längs der Kammlinie des Gebirges durchsetzen, auf eine Weise, die vollständig an eruptive Bildungen erinnert, sind wohl als die inneren, tiefer liegenden Theile der früheren Schlammvulcane, welche durch die Arbeit der Erosion enthüllt und der Betrachtung zugänglich gemacht wurden, zu betrachten. Es ist bemerkenswerth, dass sie ihr vollständiges Eben- bild haben auf Neftjanaja gora, in den dortigen Kieselsinterbergen am W.-Theile des Berges und den rothen eisenhaltigen Sandsteinen am O.-Theile. Da man auf Buja-dagh vergebens nach Kirrablagerungen sucht, gibt dies zu der Annahme Anlass, dass die Naphta zu fliessen ange- fangen zu einer — geologisch gesprochen — naheliegenden Zeit, weil sonst selbst bei unbedeutendem Ausfluss der Naphta doch Kirrablage- rungen sich während einer längeren geologischen Zeitperiode hätten bilden müssen. Da man auch in den mehr als 60 Meter tiefen Thal- schluchten keine Spuren von Naphtaausfluss entweder am Boden oder an den Wänden derselben beobachten kann, so scheint dies anzudeuten, dass die oberen Lager keine Naphta enthalten, so dass man bis zu bedeutend grösserer Tiefe bohren muss, um solche anzutreffen. Ueber- haupt geben die unbedeutenden Ausflüsse von Naphta auf Buja-dagh wenig Hoffnung, dass dort auf erreichbarer Tiefe grössere Naphta- massen vorhanden sind. Denn es scheint annehmbar, dass, wenn dort beträchtlichere Naphtamassen zu finden wären, die Spannung der Naphtagase grössere Partien Naphta durch die vorhandenen Oeffnungen, worin jetzt Wasser in Quellen sich ergiesst, emportreiben sollte. Diese Quellen kommen, wie ihre Temperatur beweist, aus einer Tiefe von mindestens 1600 Meter und durchfliessen alle überliegenden Schicht- glieder. Wären in diesen bedeutende Naphtamassen vorhanden, dann würden die Quellen wahrscheinlich weit grössere Mengen, als es jetzt der Fall ist, mitführen. Ein geologisches Profil bei Niederndorf (Kufstein 0.). Von Georg Buchauer. Blicken wir von einem erhabenen Punkte am Nordgehänge des Hinterkaisers in Tirol auf den Niederndorferberg hinüber, so fällt uns ein Hügelzug auf, welcher nordöstlich von Niederndorf beginnt und sich bis zum Staudacherbache hinzieht. Dieses hügelige Vorland hebt sich durch seine sanft abgerundeten Formen sowohl, als auch durch das frische Grün seiner Wiesen und Buchenwälder von dem nördlich da- hinter gelagerten, schon etwas unregelmässiger gebildeten und zum grössten Theile mit Nadelholz bestockten Niederndorferberge auffallend ab. Auf der Specialkarte der geologischen Reichsanstalt (Umgebung von Kufstein und Schwaz. 1:144.000) ist dieses Vorland als eoeäne Bildung, beziehungsweise als Glacialschotter angegeben. Es treten hier jedoch, wie in der vorliegenden Mittheilung gezeigt werden soll, auch Neoeomschichten auf. Bisher waren aber keine Neocomfossilien be- kannt geworden, weshalb auch in den kurzen Bemerkungen von E. v. Mojsisovics (Jahrbuch d. geolog. Reichsanstalt. 1871, pag. 204) über das bayrische Grenzgebirge bei Niederndorf und Kössen gesagt wird, dass Neocomschichten nicht constatirt sind. Zurückgreifend auf die Aufnahme des Freiherrn v. Riehthofen in diesem Alpengebiete im Jahre 1860, macht dieser ebenfalls keine Bemerkung über das Auftreten von Neocom, aber in der Gümbel- schen Aufnahme findet sich nordöstlich von Niederndorf ein schmaler Streifen Rossfelderschichten eingezeichnet, denen jedoch eocäne Bildungen vorgelagert sind. v. Gümbel hat über diese Gegend zwei Profile veröffentlicht, welche seine Aufnahme des Näheren erläutern sollen. In dem ersten Profile (Gümbel, Geogn. Beschreib. d. bayr. Alpengebietes. 1861, Tafel 27, Fig. 199) „vom Spitzstein nach Niederndorf“* sowohl, als auch in jenem „der Nummulitenschichten bei Niederndorf bis Sacharang bei Aschau“ (Ebendaselbst, Tafel 37, Fig. 272) findet sich kein Neocom angegeben. Auf dem letzteren sind statt der Neocombildungen Nummu- litenschichten eingezeichnet, von welchen jedoch auf dieser Seite des Thales nicht eine Spur zu finden ist. Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1837. 37. Band. 1. Heft. (Georg Buchauer.) 64 Georg Buchauer. [2] Mehrere Wasserrisse bieten uns die schönsten Aufschlüsse. Be- sonders ist in dieser Beziehung der Atmoosgraben zu nennen, welcher das ganze Vorland durchschneidet. Dieser Graben mündet eirca eine Viertelstunde östlich von Niederndorf entfernt in das Hauptthal. Hier wird auch schon seit dem Jahre 1360 Cementmergel gewonnen. Als man im Frühsommer vorigen Jahres im obgenannten Steinbruche ungefähr bei 5 (Fig. 1) arbeitete, gelang es, eine Anzahl von Fossilien aufzu- sammeln, welche von mir der Sammlung der Lehrkanzel für Geologie an der Wiener technischen Hochschule übergeben wurden. Herr Dr. V. Uhlig hatte die Güte, dieselben zu bestimmen und wurde das Vor- kommen nachfolgender Formen constatirt: Hoplites pexiptychus Uhlig. Haploceras Grasianum d’Orb. Lytoceras cf. subfimbriatum d’Orb. Lytoceras semistriatum d’Orb. Lytoceras quadrisulcatum d’Orb. Belemnites bipartitus Desh. Aptychus Didayi Cogd. Kleine Stücke von Baculina und Ancyloceras. — Das Gestein ist ein weicher Mergel, der ungefähr 30 Procent Thon enthält. Obwohl hier das Fehlen des typischen Astierianus und der Crioceras-Arten auf- fällt, so dürften wir es hier doch noch mit dem bisher bekannten tiefsten Horizont der Rossfelderschichten, mit dem Aequivalent des Neocomien infer. ’Orbigny’s zu thun haben. Die Rossfelderschichten treten in derselben Entwicklung gleich nordöstlich von Niederndorf unterhalb Pittelham zu Tage. Als man aber im Atmoosgraben bei 4 (Fig. 1) zu arbeiten begann, fand sich zunächst ein Delemnites latus Bl. und als dann durch einen Schuss mehrere Schichten losgelöst wurden, eine grössere Anzahl von Ammoniten, welche ich sowie die weiter unten angeführten Cephalopoden unter der freundlichen Leitung des Herrn Prof. Dr. Melchior Neumayr bestimmen konnte. Es fanden sich: A. Narbonensis Pict. A. Oceitanicus Piect. A. Boissteri Pict. 4A. Privasensis d’Orb. A. semisulcatus d’Orb. Hapl. Grasianum d’Orb. Lytoceras quadrisulcatum d’Orb. Terebratula cf. triangulus Lam. Wir haben es also hier mit einem neuen Neocomhorizont in den östlichen Alpen zu thun, wenn vielleicht auch nicht mit der tiefsten Zone der Terebratula diphyoides (Berrias Pict.) so doch jedenfalls mit der Uebergangszone von den Latusmergeln zu den eigentlichen Berriasschiehten Pietet’s. Petrographisch lassen sich diese Schichten schwer von den obgenannten Rossfelderschichten unterscheiden; nur [3] Ein geologisches Profil bei Niederndorf (Kufstein O.). 65 ist das Gestein etwas fester. Der Thongehalt beträgt ebenfalls circa 30 Procent. Das Streichen ist ungefähr h. 4, Einfallen nahezu seiger nach Nord. 1 = Flysch ; 2 = obere Kreide ; 3 = oberer Lias (a eo. Kalk, 5 rothe Zwischen- lage, c grauer Kalk, d Crinoidenkalk) ; 4 = Berrias-Schichten; 5 = Rossfelder Schichten ; 6 = graue Aptychenschiefer ; 7 = bunte Aptychenschiefer. 50 Meter bachaufwärts sind die Schichten nicht mehr so mächtig (eirca 20 Centimeter); sie streichen in Stunde 5 und fallen unter 30° nach Süden ein. Hier fanden sich nur unbestimmbare Ammoniten und Belemniten nebst vielen Aptychen. Die Schichten sind vielfach gebogen und zerbrochen. Weiter bachaufwärts wechsellagern mit den lichten Kalkmergeln bunte Aptychenschiefer des Jura, welche dann allmälig bei Mairhof in Fleckenmergel übergehen. Das gleiche Profil, wie das oben beschriebene, bietet uns der Walchenthalergraben , der östlich vom Weiler Sebi in das Hauptthal einmündet. Hier fehlen Jedoch die oberen fossilienreichen Mergelschiehten und es finden sich hier nur feste Mergel mit Aptychen. Das Streichen und Verflächen ist dasselbe wie im Atmoosgraben. Weiter nach Osten werden diese Schichten von dem immer mächtiger werdenden Glaeial- schotter bedeckt. Wie aus beiliegender Kartenskizze (Fig. 2) und aus dem Profile (Fig. 1) ersichtlich wird, tritt gegen Sebi hin eine isolirte Lias- scholle zu Tage. Die bei 5 (Fig. 1) eingezeichnete rothe, mergelige Zwischenlage ist von besonderer Wichtigkeit, denn sie ist "ganz erfüllt mit Ammonitenschalentrimmern und oft ganz gut erhaltenen Schalen- exemplaren von Ammonitiden und Nautiliden, welche dem oberen Lias, und zwar dem Aequivalente der Posidonienschichten angehören. Es fanden sich hier: A. Mercati Hauer. A. Saemanni Oppel. A. Cornucopiae Young et Bird. A. borealis Seebach. Ausserdem noch mehrere Nautiliden und Jugendexemplare von Lytoceras, Phylloceras und Harpoceras, die sich nicht mit Sicherheit Jahrbuch der k.k. geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Band. 1. Heft, (Georg Buchauer.) 9 Georg Buchauer. 66 SLyoch N > U N / SB. ki 1) 49; Hiq:2. en S / Ä 2 U [5] Ein geologisches Profil bei Niederndorf (Kufstein O.). 67 bestimmen liessen. Die Schiehten streichen in Stunde 4—5 und fallen mit 60° nach Nordwest ein. Wie aus Fig. 1 ersichtlich, treten unvermittelt über dem Neocom in diseordanter Lagerung stark zerklüftete Enerinitenkalke auf. Das angewitterte Gestein ist mit Cidaritenstacheln und Crinoidenstielgliedern oft ganz bedeckt. Die Klüfte sind mit einem grauen mergeligen Zwischen- mittel ausgefüllt. Es gelang trotz aller Mühe nicht, am Niederndorfer Berge ein ähnliches Vorkommen nachzuweisen. Diesen Liasschichten sind nup gegen Süden obereretacische Bil- dungen vorgelagert. Das Gestein ist ein grauer, gelb verwitternder, sandiger Kalk, welcher an gewisse Kalke der Gosau erinnert. Er um- schliesst Inoceramen, welche für die alpinen Vorkommnisse der oberen Kreide ein sehr fremdartiges Aussehen aufweisen und wohl als eine neue Art aufgefasst werden dürfen. Es gelang, etliche Stücke zu sammeln, darunter eines mit wohlerhaltenem Wirbel und Schlossrand, ich will dasselbe als Inoceramus Sebianus n. sp. bezeichnen. Der Umfang der Schale ist oval dreiseitig, nach rückwärts verlängert. Der Wirbel ist nach vorne gezogen. Die stark gewölbte Sehale fällt zum Vorderrande steil ab. An dem Hinterrande desgleichen, ja hier erscheint sie sogar etwas eingebogen und auf diese Weise von Fig. 3. dem grossen Flügel scharf geschieden. Die Schale ist mit feinen, gleich abstehenden Anwachslinien bedeckt, wovon 16 auf 5 Millimeter Ent- fernung zu liegen kommen. Gegen den Wirbel zu treten gröbere con- centrische Runzeln auf. Die Schale ist nur an den Rändern erhalten. 9* 68 Georg Buchaner. [6] Am ähnlichsten ist noch J. Brongnarti Sow., wie ihn Geinitz (Elbe- thalkreide. II, Tafel 11, Fig. 5—10) abbildet und beschreibt. Der Hauptunterschied liegt in der Form der Schale und in den gröberen Runzeln dieser Art, indem bei der Form von Sebi die Schale nach rückwärts ausgezogen ist, während bei J. Brongnarti der Vorderrand nach vorne gezogen erscheint. Ausser dieser rechten Klappe liegt noch eine unvollständig er- haltene linke Klappe und ein Bruchstück eines sehr grossen Exemplares vor. Dieses letztere zeigt überaus kräftige concentrische Wülste, über welehe mehrere (4—5) concentrische Runzeln laufen, ausserdem ist noch die feine Anwachsstreifung wahrnehmbar. Es ist eine Seulptur, ähnlich wie sie bei J. Brongnarti auftritt. Ueber neocome Fossilien vom Gardenazza in Südtirol, nebst einem Anhang über das Neocom von Ischl, Von Dr. Vietor Uhlig. Mit 3 Tafeln (Nr. III—V). I. Neocom vom Gardenazza. Die Untersuchungen von Loretz und namentlich die Detailauf- nahmen der geologischen Reichsanstalt haben gezeigt, dass sich auf den Höhen der mächtigen Dachsteinkalkstöcke der Gegend von Ampezzo und Enneberg in Südtirol einzelne Denudationsreste von Jurabildungen erhalten haben, die in vielen Fällen noch von kleinen Partien von Kreide- ablagerungen gekrönt werden. Oberbergrath E. v. Mojsisovies?) und Prof. R. Hörnes?) haben eine Reihe solcher Kreidevorkomm- nisse namhaft gemacht, unter welchen die Localität Gardenazza °) durch den Reichthum an wohlerhaltenen Neocomfossilien besonders aus- gezeichnet ist. In der Folge wurde diese Localität auf Veranlassung der ge- nannten Forscher durch Sammler aus dem Enneberg lebhaft ausgebeutet und es dürften mehrere grössere und kleinere Sammlungen von hier in verschiedene geologische Museen gewandert sein. Wohl die grösste dieser 1) Die Dolomitriffe von Südtirol und Venetien. Wien 1878. ?) Verhandlungen d. geol. Reichsanstalt. 1876, pag. 140. ®) Nach Oberbergrath Ed. v. Mojsisovics identisch mit der Localität Zwischen- kofel und Puetzalpe. Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1887. 87. Band. 1. Heft, (Victor Uhlig.) 70 Victor Uhlig. [2] Sammlungen hat Herr Prof. August v. Klipstein, der unermüdliche Durehforseher Südtirols, zusammengebracht und mir zur Bestimmung übergeben. Schon die flüchtige Durchsicht des Materials lehrte, dass hier die wohlerhaltenste und reiehste Neocomfauna vorliege, welche die Ostalpen bisher geliefert haben und dies, sowie der Umstand, dass das südalpine Neocom in paläontologischer Beziehung noch so wenig be- kannt ist, liessen eine nähere Bearbeitung dieser Fauna wünschenswerth erscheinen. Ausser der v. Klipstein’schen Sammlung standen mir noch kleinere Suiten zur Verfügung, die sich im k. k. Hofmuseum, sowie im geologischen und paläontologischen Museum der Universität und in der Sammlung der geologischen Reichsanstalt befinden. Ich lege in dem folgenden Aufsatze das Ergebniss meiner Untersuchung vor und erlaube mir, den betreffenden Musealvorständen und besonders Herrn Prof. v. Klipstein für die Ueberlassung des Materials meinen wärmsten Dank auszusprechen. Ueber die geologischen Verhältnisse der Gardenazza - Tafel- masse, welche sich westlich vom Enneberger Thale und nördlich vom Grödener Joche zu einer Höhe von mehr als 2600 Meter erhebt, ver- danken wir Herrn Oberbergrath Ed. v. Mojsisovies?) ausführliche Mittheilungen. Nach v. Mojsisovies ist der mittlere Theil der Tafelmasse unter Beibehaltung fast söhliger Lagerung tief eingesunken, die Ränder aber sind bei gleichfalls sehr flacher Lagerung unversehrt stehen geblieben. Das versunkene Mittelstück ist es, auf welchem sich an einigen Stellen Jura- und Kreidebildungen erhalten haben, die nun dem überhöhten, aus den tieferen Abtheilungen des Dachsteinkalkes gebildeten Rande flach angelagert erscheinen. Die jurassischen Ab- lagerungen sind nur wenig mächtig. Die darauffolgenden Kreide- schichten erreichen dagegen eine sehr ansehnliche Mächtigkeit (eirca 200 Meter), welche mit der auffallend geringen Stärke des Jura lebhaft contrastirt. Zunächst erscheinen rothe Mergel in Verbindung mit grauen Mergelkalken, welche stab- und kürbisförmige, concen- trisch-schalige Coneretionen und Hornsteinfladen enthalten. Versteine- rungen sind nach v.Mojsisoviecs namentlich in den Coneretionen nicht selten. Auf den Biancone folgt sodann rother Mergel, welcher der Scaglia entspricht. In faunistischer Hinsicht beschränken sich unsere Kenntnisse auf die in den „Dolomitriffen“, pag. 215, veröffentlichte Fossilliste, die auf eine im paläontologischen Staatsmuseum in München aufbewahrte Samm- lung vom Zwischenkofel begründet ist und von dem trefflichen Ammo- nitenkenner Herrn v. Sutner bestimmt wurde. Es umfasst diese Liste folgende Arten: ') ]. ce. pag. 212—215. [3] Ueber neocome Fossilien vom Gardenazza in Südtirol. a Lytoceras BR datum d’Orb. fr. Honoratianum d’Orb. Ph yllocen ras 1 "hetys d’Orb. R Rouyanım d’Orb. & cf. Guettardi d’Orb. Haploceras Grasianum d’Orb. A cf. ligatum d’Orb. st cf. Emerici Rasp. h cf. Matheroni d’Orb. Acanthoceras angulicostatum d’Orb. 2 af. consobrinum d’Orb. Crioceras Duvallanım d’Orb. Pecten cf. Euthymi Piet. Terebratula diphyoides d’Orb. Prof. v. Zittel, welcher dieses Verzeichniss seinerzeit Herrn v. Mojsisovies zur Veröffentlichung überlassen hat, hat hierzu die Bemerkung beigefügt: „Die Fauna scheint mir vollständig mit der von Berrias übereinzustimmen.“ Indem ich nunmehr auf das mir vorliegende Material eingehe, muss ich zunächst hervorheben, dass dasselbe wohl zum grössten Theil nicht aus anstehendem Gesteine, sondern aus den losen Blöcken der Schutt- halden herstammen dürfte, wie sie die Verwitterung in jenen Höhen liefert. Jedenfalls ist es nicht mit Rücksicht auf geologische Horizonte gesammelt worden und konnte daher nur nach petrographischen Merk- malen gesichtet werden. Dabei ergab es sich, dass der weitaus grösste Theil des Materials denselben Erhaltungszustand zeigt und daher aus einem petrographisch einheitlichen Gebilde, dem vorher erwähnten hellgrauen, kieseligen, hornsteinführenden Mergelkalke herrührt. Nur einige wenige Arten sind in röthlichem schiefrigem Mergelkalke und eine Art in einem subkrystallinischen, rothen, schmutziggrün gefleckten Kalke erhalten. Die Art, welche aus dem letzteren stammt, ist die Terebratula triangulus Lam., welche in mehreren wohlerhaltenen Exemplaren vor- liegt.!) Da diese Art bekanntlich dem Tithon angehört und in dieser Stufe die Kalkentwicklung mehr vorzuherrschen pflegt, wie im Neocom, dürfte man kaum fehlgehen, wenn man annimmt, dass am Gardenazza das Tithon entwickelt ist und die erwähnten Stücke aus dieser Stufe herstammen. Schwieriger ist die Deutung der Fossilien aus dem rothen, schief- rigen Mergelkalke, die sich auf folgende Arten vertheilen: Terebratula janitor Pict. diphyoides Orb. Phylloceras infundibulum Orb. oder ladıinum n. f. Haploceras Melchioris Tietze oder eine nahestehende Form. Aptychus angulicostatus Piet. et Lor. 1) Im geolog. Universitäts-Museum befindet sich ein Exemplar von Terebratula rectangularis Pict., dessen Erhaltung eine derartige ist, dass sich nicht mit Sicherheit sagen lässt, ob es aus dem rothen Neocommergel oder dem Tithonkalk herrührt. 12 Vietor Uhlig. [4] Terebratula janitor gilt allgemein für eine der leitenden Arten der Tithonstüfe, die folgenden vier Arten dagegen gehören der Neocom- stufe an. Es könnte gedacht werden, dass die Terebratula jJanitor aus einer tieferen, die neocomen Arten aus einer höheren Schichte im Verbande der rothen Mergel herstammen. Dann würde die tiefere Partie noch zum Jura zu stellen und die Formationsgrenze durch die gleichmässige Entwicklung der rothen Mergel hindurchzulegen sein. Es könnte aber auch sein, dass hier die Terebratula janitor in die Neocomstufe aufsteigt und der rothe Mergel gänzlich dem Neocom zufällt. Dieser letztere Fall ist der wahrscheinliche. Es liegen nämlich auch mehrere wohlerhaltene und zweifellose Exemplare von Terebratula janitor vor, die in demselben hellgrauen, kieseligen Kalk eingeschlossen sind, wie die übrigen Neocomfossilien. Ein Exemplar ist sogar in einem Kieselknollen enthalten, genau so, wie viele andere Neocomfossilien derselben Localität. Darnach muss man es wohl als sicher bezeichnen, dass hier die Terebratula janitor die Juraformation überdauert und noch zur Zeit des Bianeone gelebt hat; ein Umstand, der bei der Continuität der Tithon- und Neocomablagerungen und der Aehnlichkeit der Facies leicht verständlich ist und nur mit Unrecht befremdend erscheint. Das Vorkommen des genannten durchlochten Brachiopoden im Neocom ist übrigens keine neue Thatsache. Pietet und Loriol beschrieben aus dem Neocom der Voirons bei Genf eine Form als Terebratula diphyoides, die in Wirklichkeit eine echte Terebratula janitor ist und Winkler fand dieselbe Art im Neocom des Urschlauer Achen- thales. Unter diesen Umständen kann man dem Vorkommen der Tere- bratula janitor im vrotlen Mergel nicht viel Bedeutung zuschreiben und darin keinen Grund erblicken, einen Theil der rothen Mergel vom Neocom zu trennen. Da die rotben Mergel nach Angabe von Ed. v. Mojsi- sovics meistens die Grundlage des Biancone bilden, so liegt die Vermuthung nahe, darin die Vertretung eines tieferen Neocomhori- zontes zu suchen. Die im rothen Mergel erhaltenen Fossilien geben jedoch, soweit sie mir gegenwärtig vorliegen, hierfür keinerlei Anhalts- punkte. Die Fauna des hellen, kieseligen Kalkes endlich besteht aus nach- stehenden Arten): !) In der folgenden Liste bedeutet + die Vertretung durch eine identische, x die Vertretung durch eine sehr nahestehende Art. Ueber neöcome Fossilien vom Gardenazza in Südtirol. 13 Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstält. 1887. 37. Band. 1. Heft. (Vietor Uhlig.) Barre- mien | Werns- j in Neocom (Barr&mien)-Fauna vom Gardenazza Sa A il HR frank ten reich 1. | Belemnites pistilliformis Bl. + — r 1 2. (Dwvalia) sp. E= — — 1 3- Nautilus bifurcatus Oost. ER: _ En 1 4. | Phylloceras infundibulum Orb. — + + pl. d. 5 ladinum n. sp. = E= n pl. 6. fi Winkleri UNl. — = AR l Y£ A n. sp. ind. 3 — — — 2 8. a semistriatum Orb. + En 4 pl. u: N. sp. ind. . — — — 1 10. | Lı ylocer as Phestus Math. . Bn E= _ 7 11. a subfimbriatum Orb. . + — + pl. 12: h aff. Duvalianum Orb. . — — _ 1 13. > erebrisulcatum Uhl. + + x 2 14. n. sp. ind. — — — 7 19. (e) Pictetia n. sp. ind. — — 3 16. | Costidiscus Rakusi UNl. . . . £ — + — 2 17. % nodosostriatus Uhl. . — + = 1 18. 4 Grebenianus Tietze . + + — Al 19. | Macroscaphites tirolensis n. sp. -_ —_ — 2 20. | Hamulina Astieriana Orb... . . + + — L 21. 4 af. Astieriana Orb. . . — — = 8 a k silesiaca Uhl. . . 3 — + En 1 23. & SuBahele UM... 242. = = = 1 24. R af. subeineta Uhl... .- . — — — 1 25. Sutneri Uhl. R — En — 1 26. | Ptı ychoceras Puzosianum Orb. . .. . + B= _— 2 27. | Anisoceras cf. obliquatum Orb... BR + + - 2 28. n. sp. ind... ä — — — 1! 29. | Desmoceras Melchioris Tietze . - + —_ pl. 30. % sp. ind. 4 — = l al: & Denim Orb. + + — 3 32. 1 cassida Rasp. . . - t x + 1 33. cf. cassidoides Uhl. + SE TE 3 34. | Silesites vulpes Coq.. . Se = pl. 35. | Holcostephanus af. Phillipsi Röm. — = E= n 36. | Holeodiseus Caillaudianus Orb. + ar = 2 37. | Pulchellia provincialis Orb. + 4 z= 1 38. af. Lindigi Karst. — x — 1 39. | Hoplites angulicostatus Orb. + ne 8 40. ä sp. ind. Sr 5 Ra, =: l 41. | Crioceras Emeriei Orb. IE 3 x 1 42. 5 sp. ind. af. Roemeri, Neum. BER SEHID.e2 on - .| — = = 2 43. = n. Sp. Mas. Si mr Ze 1 44. & Klipsteini n. sp. FR 1 45. h badioticum n. sp. - >” = 7 1 46. „ af. pulcherrimum Orb. + Fe: Soap) 1 47. dissimilis Orb. . - tb; + = 1 48. | Acanthoceras Sand, SPe = ER 1 49. | Aptychus angulicostatus Pict. "et Lor. nn = ai pl. 50. | Terebratula diphyoides Orb. . 13 = Ze 1: 51. > janitor Pict. BE ar as a 6 5. Bouei Zeusch.. - - - Er == Sr 5 53. | Rh ynehonella cf. capillata Zitt. - == = | rer 1 54. | Pecten Agassizi Piet. et Lor.. . Be == Az 2 m o AN 5 a le x ‘ 74 Victor Uhlig. [6] Ausser den 54 Arten, die in die voranstehende Liste aufgenommen wurden, sind noch mehrere Reste von Ammoniten, Collyrites ähnlichen Seeigeln und Saurierwirbeln vorhanden, die wegen allzu schlechter oder fragmentarischer Erhaltung unberücksichtigt geblieben sind. Die vor- liegende Fauna ist also in Wirklichkeit noch grösser und dürfte durch weitere Ausbeutung des Fundortes noch wesentlich bereichert werden. Da gleichzeitig der lebhaft an gewisse Vorkommnisse des südfranzösischen Barrömiens erinnernde Erhaltungszustand im Allgemeinen ein sehr guter ist und die Fossilien nicht selten vorzukommen scheinen, kann man das Plateau des Gardenazza gegenwärtig mit Recht als die reichste und vorzüglichste Neocomlocalität der österreichischen Alpen bezeichnen. Bei der Art der Aufsammlung der untersuchten Versteinerungen ist es durchaus unsicher, ob dieselben nur einer Schichte oder einem engeren Schichtenverbande entnommen, oder aber auf mehrere Niveaus zu vertheilen sind. Es ergibt sich jedoch aus der vorstehenden Tabelle und noch besser aus den folgenden Bemerkungen, dass die vorliegende Fauna, abgesehen von einzelnen später zu besprechenden Brachiopoden, ein durchaus einheitliches Gepräge besitzt. Würde dieselbe in einer und derselben Schichte aufgefunden worden sein, so würde das Vor- kommen auch nicht einer einzigen Cephalopodenart Befremden erregen. Von den 28 bekannten, specifisch sicher bestimmbaren Cephalo- podenarten sind 27 mit der Fauna des südfranzösischen Barr&miens und der damit gleichzustellenden Wernsdorfer Schichten gemeinsam. Unter diesen 28 Arten kann man zwei Gruppen unterscheiden, die eine besteht aus Formen, die nach den bisherigen Kenntnissen auf das Barremien beschränkt sind oder ihre nächsten Verwandten unter den Formen des Aptiens haben !), die andere enthält Typen, die sowohl im Barremien, als auch im Mittelneocom und den noch tieferen Neocom- horizonten (Valanginien, Berriasien) vorkommen können. Zu den letzteren gesellt sich noch eine Art, die bisher nur aus den Rossfeldschichten bekannt ist. Die Formen dieser zweiten Gruppe sind: Belemnites pestilliformis Bl. Phylloceras infundibulum Orb. semistriatum Orb. x Winkleri Uhl. (aus den Rossfeldschichten). Lytoceras subfimbriatum Orb. t crebrisulcatum Uhl. (?) Hoplites angulicostatus Orb. Desmoceras cassida Rasp. Fünf von diesen Arten gehören den Gattungen Phylloceras und Lytoceras an, die ja als langlebig und wenig veränderungsfähig bekannt sind und deren Arten oft durch mehrere Stufen der Jura- und Kreide- periode unverändert hindurchgehen. Die hier aufgezählter Arten dieser Gattungen treten schon im tiefsten N&ocomien auf und halten bis in das Barrömien und Aptien, vielleicht zum Theil selbst bis in den Gault an. Dasselbe gilt von Delemnites pistilliformis. n ') Ich sche dabei ab von dem noch nicht genügend aufgehellten Vorkommen zahlreicher Barr&me-Arten in den mittelneoemen Altmannschichten der Schweiz, Vergl. Cephalp. d. Wernsdorf. Sch., pag. 156. [7] Ueber neocome Fossilien vom Gardenazza in Südtirol. 75 Schon etwas beschränkter ist die Verticalverbreitung des Hoplites angulicostatus und des Desmoceras cassida, welche Arten sowohl aus dem Barr&mien, wie dem Mittelneocom eitirt werden. Die Hauptent- wicklung dieser Formen erfolgt wohl erst im Barr&mien, ihr erstes Auftreten fällt jedoch in eine frühere Periode. Alle die angeführten, auch in tieferen Horizonten heimischen Arten der Gardenazzafauna gehören demnach zu den indifferenten Typen, echte Mittelneocomarten oder gar bezeichnende Vertreter der noch tieferen Neocomstufen des Valanginiens und des Berriasiens fehlen hin- gegen vollkommen. Es gibt wohl alpine Mittelneocomfaunen, wie die des Urschlauer Achenthales oder die der Voirons, welche sich durch eine ziemlich reiche Entfaltung evoluter Ammonitiden auszeichnen, und daher an Barr&me erinnern, daneben aber doch ausgesprochene Mittel- neocomformen enthalten, wie Holcostephanus Astierianus, Haploceras Grasianum, Hoplites cryptoceras, Holcodiscus incertus und eben deshalb in’s Mittelneocom eingereiht werden müssen. Wäre hier eine ähnliche Mischung von Formen vorhanden, so würde die Beurtheilung der Fauna ohne Kenntniss der Lagerungsverhältnisse und vielleicht selbst mit dieser Schwierigkeiten bereiten. Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor, denn es fehlt jegliche Andeutung der genannten Typen und dieser Umstand trägt viel dazu bei, um der mir vorliegenden Gardenazzafauna den Charakter einer reinen Barr&mefauna zu sichern, der durch folgende unter den bekannten Arten zum Ausdruck kommt }): Nautilus bifurcatus Oost. wurde von Ooster aufgestellt und mehreren Localitäten der Schweizer Alpen zugeschrieben, die theils dem Neocomien (im weiteren Sinne), theils dem Albien angehören sollen. In den Wernsdorfer Schichten erscheint eine der Tiroler durchaus ent- sprechende Art, die ich mit Nautilus bifwrcatus Oost. identifieiren zu müssen glaube. ; Lytoceras Phestus Math. Wurde von Math&ron aus dem Barre- mien von Südfrankreich abgebildet, nachher von mir mit einigen anderen auf Barr&mien deutenden Formen aus der Weitenau bei Abtenau in den Nordalpen eitirt 2) und bildet eine häufige Art der Wernsdorfer Schichten. Costidiscus Rakusi und nodosostriatus sind bisher nur aus den Wernsdorfer Schichten bekannt. Costidiscus Grebenianus wurde von Tietze aus Swinitza im Banat beschrieben, wo diese Art einer Fauna angehört, die an Barr&mien und auch an Aptien Anklänge besitzt. Ferner erscheint diese Art im Barr&mien von Südfrankreich und in den Wernsdorfer Schichten. Macroscaphites tirolensis n. sp. ist sehr nahe verwandt mit M. binodosus Uhl. aus den Wernsdorfer Schichten. Hamulina Astieriana ist eine der bezeichnendsten Arten des Barr&miens und der Wernsdorfer Schichten. Hamulina Sutneri und !) Wo nicht besondere Citate gegeben wurden, sind diese Angaben grösstentheils aus meiner Monographie der Wernsdorfer Cephalopoden entnommen. Die hier gegebene Zusammenstellung über die Verbreitung und das Vorkommen der einzelnen Arten machte _ ein nochmaliges Eingehen hierauf im beschreibenden Theile dieses Aufsatzes überflüssig. ?) Ich benütze diese Gelegenheit, um einen Lapsus calami richtig zu stellen, der in meiner Arbeit über Cephalopoden aus den Rossfeldschichten unterlaufen ist Daselbst steht unter den Formen der Weitenau Lytoceras lepidum Math., statt dessen soll es Lytoceras Phestus Math. heissen, 10* 76 Vietor Uhlig. [8] silesiaca Uhl. kennt man bisher nur aus den Wernsdorfer Schichten, Hamulina subeincta Uhl. aus dem Barremien, doch kommt eine der letzteren sehr nahestehende Art auch in den Wernsdorfer Schichten vor. Ptychoceras Puzosianum Orb. erscheint häufig in Barr&mien und wurde auch in den Wernsdorfer Schichten nachgewiesen. Anisoceras cf. obliquatum Orb. Sehr nahestehende Formen kenn- zeichnen das Barrömien und die Wernsdorfer Schichten. Desmoceras Melchioris Tietze. Von Tietze aus Swinitza im Banat beschrieben, konnte diese Art auch im Barr&mien, und in den Werns- dorfer Sebichten nachgewiesen werden. Die nächstverwandte Art, Des- moceras Emerici kennzeichnet das Aptien. Desmoceras Öharrierianum Orb. ist eine Barr&meform, die auch in den Wernsdorfer Schichten und in Swinitza wiederkehrt. Neuerdings wurde diese Art von Fallot!) in einer Ablagerung beim Bahnhofe von Eze nachgewiesen, die vorwiegend Aptien- und Gaultarten enthält. Es scheint also diese Art auch in höheren Stufen als Barremien vor- kommen zu können. Eine nahestehende Art tritt in Begleitung von Barr&meformen in der Weitenau bei Abtenau auf. Desmoceras cassida Rasp. ist eine bekannte Barr&meform, die aber schon im Mittelneocom auftaucht. Die Wernsdorfer Schichten enthalten eine sehr nahestehende Species. Desmoceras cassidoides Uhl. erscheint in Barr&mien und den Werns- dorfer Schichten. Die Tiroler Art, die als Desmoceras cf. cassidoides auf- gezählt wird, steht dem Typus sehr nahe. Silesites vulpes (og. gehört ebenfalls zu den bezeichnendsten Formen les Barr&emiens und der Wernsdorfer Schichten. Eine damit nahe ver- wandte, wahrscheinlich sogar identische Art hat Milaschewitsch?) aus der Krim unter dem Namen Haploceras typus beschrieben. Diese Art erscheint daselbst in Begleitung mehrerer Haploceras und einer Holcodiscus-Art (Acanthoceras tenuicostatum Milasch.) in einer Ab- lagerung, welche der genannte Autor an die Grenze von Aptien und Gault zu versetzen scheint. Wahrscheinlich hat man es in dieser Ab- lagerung mit Barr&mien zu thun, wenigstens sprechen die Haploceren, die genannte Silesites- und Holcodiscus-Art sehr für diese Annahme. Holcodiscus Caillaudianus Orb. ist eine sehr bezeichnende Form des Barremiens und der Wernsdorfer Schichten. Die oben erwähnte, von Milaschewitsch als Acanthoceras tenuicostatum beschriebene Art aus der Krim ist mit dieser Art sehr nahe verwandt oder vielleicht identisch. Trautschold beschrieb dieselbe Art neuerdings aus dem Neocom von Sably in der Krim. Die Fauna von Sably enthält ausserdem noch einige Phylloceras- und Lytoceras-Arten, zwei Haploceren, dar- unter die Aptien- und Gaultform Haploceras Beudanti, einen Hamiten und vier ÜOrioceras-Arten, darunter COrioceras Emerici und Duvali. Darnach könnte die Fauna von Sably ebenso wie die von Milasche- witsch beschriebene recht wohl der Barrömefauna nahestehen, während sie keine ausgesprochenen Beziehungen zum tieferen Neoeo- mien aufweist. Be Bull. Soc. g&ol. France. 3. Ser., XII. Bd., pag 293. ?) Bull. Soc. Natural. Moscou. 1877, II, pag. 113. Ueber Haploc. typus vergleiche im beschreibenden Theil den Abschnitt über Silesites vulpes. [9] Ueber neocome Fossilien vom Gardenazza in Südtirol. 16! Pulchellia provincialis Orb. und Pulchellia af. Lindigi Karst. Beide sehr charakteristische Vertreter der Barr&mestufe, die sowohl in Südfrankreich, wie in Schlesien vorkommen. Eine wiehtige Rolle spielen sie ferner in den Kreideablagerungen von Columbien. Die im Biancone von Venetien vorkommende und von Catullo beschriebene Pulchellienart ist davon speeifisch verschieden. Hoplites angulicostatus Orb. ist eine der wenigen Gardenazzaarten, die ausser im Barr&mien auch im Hauterivien heimisch sind. In den Rossfeldschichten ist diese Art ebenso häufig, wie in Südfrankreich und der Schweiz, in den Wernsdorfer Schichten fehlt sie dagegen voll- kommen. Örioceras. Diese Gattung ist im Gardenazzaneocom dureh sieben Arten vertreten, von denen Ürioceras dissimile (Hamulina dissimilis) als besonders bezeichnende Art des Barrömiens und der Wernsdorfer Schichten hervorgehoben werden muss. Orioceras Emerici gehört eben- falls zur Barr&mefauna, da aber eine sehr ähnliche Form, die fein- rippige Varietät von Örioceras Duvali, sehon im Mittelneocom auftritt, ist das Vorkommen dieser Art für die Altersfrage weniger bedeutungsvoll. Diese Details, sowie der durch die starke Entwieklung der auf- gerollten Ammonitiden beeinflusste Gesammtcharakter der vorliegenden Fauna führen nothwendiger Weise zu dem Ergebniss, dass die letztere vollkommen der Fauna des Barr&miens 2) und der Wernsdorfer Schichten entspricht. Die Uebereinstimmung ist eine so weitgehende, dass man wohl annehmen kann, es dürften durch eingehendere Aufsammlungen noch manche andere charakteristische Barr&metypen vom Gardenazza zum Vorschein kommen. Besondere Erwähnung verdienen einige Brachiopoden, wie Tere- bratula janitor, Terebratula Bouei und Rhynchonella cf. capillata Züt., die als oberjurassisch bekannt sind und namentlich in der Tithonstufe häufig vorkommen. Terebratula janitor wurde, wie bereits erwähnt, schon anderwärts im Mittelneocom vorgefunden ; ihr Auftreten am Gar- denazza bestätigt also nur diese früheren Beobachtungen. Terebratula Bouei gehört einem langlebigen Typus an, der bereits im Lias in kaum unterscheidbaren Formen auftritt. Der Uebergang desselben aus dem Tithon in’s Neocom ist wohl von grossem Interesse, aber ebenso wenig befremdend, wie bei Terebratula janitor. Rhynchonella cf. capillata Zit. endlich steht der Tithonart zwar sehr nahe, ist aber fast ebenso innig mit gewissen Neocomarten verwandt. Ob nun diese Arten mit den Barr&me-Formen zusammen vorkommen oder eine tiefere Lage im 1) Nouv. M&moir. Soc. Imp. d. Natural. de Moscou, 1886, XV, pag. 141. ?) Ueber die stratigraphische Stellung des Barremiens verweise ich auf Vacek, Neocomstudie. Jahrb. d. geol. Reichsanst. 1880, XXX.Bd., pag. 493 und Uhlig, C-ph. d. Wernsdfr, Sch. Denkschr. d. kais. Akad. 1883, 46. Bd., in welchen Arbeiten die ältere Literatur besprochen erscheint. In neuerer Zeit sind mehrere, das Barr&mien und die nahestehenden Etagen betreffende Aufsätze im Bulletin Soc. geol, France er- schienen, und zwar: Fr. Leenhardt, Quelques observations au sujet des calcaires du Teil et du Cruas. 3. Ser., T. XIV, pag. 64; A. Torceapel, Sur !’Urgonien du Languedoc. 3. Ser. T. XI, pag. 72; Torcapel, Note sur la classification de l’Urgonien du Languedoc. 3. Ser, T. XI, pag. 310; Carez, Sur l’Urgonien et le N&ocomien de la vallee du Rhöne. 3. Ser., T. XI, pag. 351; Le&eenhardt, Reponse & Mr. Torcapel au sujet de la classific. de l’Urgonien. 3. Ser., T. XI, pag. 435; Carez, Remarques sur les rapports de l’Aptien et l’Urgonien. 3. Ser., T. XI, pag. 430. 78 Vietor Uhlig. [10] Neocom einnehmen, ist vorläufig nicht sicher, es könnte aber sowohl das eine wie das andere der Fall sein. Ebenso, wie es nicht feststeht, ob diese Brachiopoden am Garde- nazza genau dasselbe Niveau einhalten, wie die Barr&me-Ammoniten, so könnte auch angenommen werden, dass einzelne langlebige Ammoniten- arten oder mindestens einzelne Exemplare der betreffenden Arten (nament- lich von Phylloceras und Lytoceras) aus einer tieferen Zone stammen, wie die Hauptmasse der Barr&mienarten. Eine authentische Liste über die Barr&me-Arten vom Gardenazza wird also erst durch Bearbeitung von Aufsammlungen erwartet werden können, die mit strenger Berück- sichtigung des Niveaus vorgenommen wurden. Nur so viel dürfte auch heute schon als sicher zu betrachten sein, dass am Gardenazza eine Fauna entwickelt ist, die mit den Wernsdorfer Schichten und dem süd- französischen Barr&mien die engsten Beziehungen aufweist. Wie sich die Vertretung der tieferen Horizonte des Neocoms am Gar- denazza gestaltet, ob auch diese durch besondere Faunen gekennzeichnet werden, ob vielleicht auch innerhalb des Barr&miens eine bestimmte verticale Vertheilung der Versteinerungen vorhanden ist, kann nur durch Untersuchungen an Ort und Stelle entschieden werden.!) Auch die Frage, wie sich die von v. Zittel aufgezählten Versteinerungen vom „Zwischenkofel“ zur Barr&me-Fauna verhalten, wird am besten durch geologische Untersuchungen zu lösen sein. Aus den Östalpen war eine grössere Barr@me-Fauna bisher nicht bekannt, nur von drei Localitäten konnte ich einige Versteinerungen namhaft machen, die auf die Vertretung der Barr&mestufe hinweisen. 2) Es ist daher leicht verständlich, warum die Gardenazza-Fauna zu den Versteinerungen des Biancone und der Rossfeld-Schiehten, soweit sie gegenwärtig bekannt sind, so wenig Beziehungen aufweist. Bevor ich zur Beschreibung der einzelnen Arten übergehe, möchte ich noch erwähnen, dass die Kieselknollen, die im Neocom vom Gar- denazza so häufig sind, zahlreiche Radiolarien enthalten. Am häufigsten sind kugelige Gehäuse, die wohl zur Gattung Cenosphaera gehören dürften. Etwas seltener ist die Gattung Rhopalastrum, von welcher die Arten Rhopalastrum contractum Rüst. und Rhopalastrum nudum Rüst. vertreten zu sein scheinen. Ein Exemplar steht dem Thecosyringium Amaliae Pant., ein anderes der Archicapsa rotundata Rüst. sehr nahe. Ferner ist vertreten Sethocapsa pala Pant., Lithocampe exaltata Rüst., Triactoma tithonianum Rüst. und Tripilidium debile Rüst. Ausserdem sind noch mehrere andere, vorläufig nicht bestimmbare Arten vor- handen, welche interessant genug sind, um einer speciellen Bearbeitung werth zu sein. Deutliche Spongiennadeln oder Spuren von Spongien- skeleten konnten nicht aufgefunden werden. ') Soeben erfahre ich, dass Herr Dr. E. Haug eine eingehende geologische Untersuchung des Neocoms am Gardenazza vorgenommen hat und eine reiche, von Prof. Benecke zusammengebrachte Sammlung bearbeitet. Ich bedauere sehr, dass mir diese Nachricht erst nach Abschluss dieser Arbeit zugekommen ist, nachdem eine Tafel bereits gedruckt und die Veröffentlichung nicht mehr rückgängig zu machen war, Herrn Haug’s Arbeit wird die meinige ohne Zweifel weit überholen, und über Vieles Aufklärung geben, was hier unsicher gelassen werden musste, Da der Gardenazza einer der wichtigsten Punkte für die Kenntniss des alpinen Neocoms ist, muss man dieser Arbeit mit dem grössten Interesse entgegensehen. ?) Jahrkuch d. geol. Reichsanst. 1882. XXXIL. pag. 377. , a I “ wet ET 2a FI. SR NE N PEN Ta Y > [1 1] Ueber neocome Fossilien vom Gardenazza in Südtirol. 19 Beschreibung der Arten. Belemnites. pistilliformis Bl. Ein kleines, schlecht erhaltenes Exemplar. Klipst. >. Belemnites (Duvalia) sp. Fragment, vielleicht zu Belemnites latus gehörig. K. k. Hof-Museum. Nautilus bifurcatus Oost. Nautilus bifurcatus Ooster Cat. Oeph. Suisse, Allg. Denksehrift. d. Schweiz. Naturf. Gesellsch. XIX, pag. 10, Taf. IX, Fig. 6, Taf. X, Fig. 1-2. Uhlig, Ceph. d. Wernsdfr. Sch., pag. 178, Dar Fig. Ein grosses, wohl erhaltenes Exemplar von 175 Millimeter Scheiben- und eirea 17 Millimeter Nabeldurchmesser, welches mit der Schweizer Form gut übereinstimmt. Vollkommen ist die Identität namentlieb mit dem Vorkommen der Wernsdorfer Sehiehten ; Form, Grösse und die so bezeichnende Seulptur lassen nicht den geringsten Unterschied wahr- nehmen. Die äussere Schalenpartie des Tiroler Exemplares zeigt etwas diehtere und schwächere Rippen, als der innere Theil des Gehäuses. Am äussersten Rande gehen die Rippen fast in blosse Streifen über und es scheint daher, dass hier bereits der Mundrand oder die dem- selben benachbarte Schalenpartie vorliegt, da eine derartige Aenderung der Sceulptur in der Regel die Nähe des Mundrandes andeutet. Die Seheidewandlinie ist nicht zu sehen. Phylloceras infundibulum Orb. Ammonites infundibulum Orbigny, Pal. france. Cephal. eret. Taf. 39, Fig. 4, 5, pag. 131. Phylloceras infundibulum Uhlig, Cephalop. d. Wernsdorfer Schicht., pag. 179, Taf. IV. Fig. 1—5, 11. Die übrige Synonymie bei Uhlig, Ceph. d. Wernsdfr. Sch., pag. 179.) In meiner oben angeführten Arbeit hatte ich Gelegenheit zu zeigen, dass es nach dem gegenwärtigen Stande der Kenntnisse nothwendig sei, in der Gruppe des Phylloceras infundibulum mehrere Formen zu unterscheiden, von denen gegenwärtig nur Phylloceras infundihulum, Rouyanım und Winkleri Uhl. hinlänglich charakterisirt sind. Einige Exemplare vom Gardenazza gehören zu Phylloceras infundibulum iu engeren Sinne, sie zeigen schon bei 15—20 Millimeter Durchmesser Andeutungen von Seulptur und sind im ausgewachsenen Zustande mit groben, ziemlich entfernt stehenden Rippen versehen. Aeussere Form wie beim Typus der Art. Die feine Schalenstreifung ist in Folge des Erhaltungszustandes (Sculptursteinkern) nur bei einem Exemplare an- gedeutet. Die Loben sind nur an einem Exemplare deutlich zu sehen und stimmen mit dem Typus überein. Klipst. S. und Samnl. d. geol. Reichsanstalt. 1) Hier wäre nachzutragen: Amm. Rouyanus Orb. Atlas zur geologischen Be- schreibung des Piatigorski’schen Kreises, Materialien zur Geologie der kaukasischen Länder. Tiflis 1876. Taf. III, Fig. 6. 30 Vietor Uhlig. [12] Phylioceras ladinum n. f. Tat.v, Fig.b,.z Nach langem Sehwanken musste ich mich entschliessen, eine dem Phylloceras infundibulum sehr nahestehende Art unter einem besonderen Namen aufzuführen. In Bezug auf äussere Form, Querschnitt und Nabel- bildung ist die Uebereinstimmung eine vollkommene, auch die Sculptur ist in den allgemeinen Zügen dieselbe. Eine auffallende Abweichung bietet aber die Seulptur auf der Externseite der Schale. Hier erscheinen die Hauptrippen fast bis zum völligen Erlöschen abgeschwächt, während die Schaltrippen hoch kammförmig aufgewulstet sind. Nicht bei allen Exemplaren ist dies indessen so stark ausgeprägt, wie bei dem abge- bildeten, ich würde daher die Abtrennung unterlassen haben, wenn nieht auch die Sceulptur des gekammerten Theiles des Gehäuses und der Jugendexemplare bereits Unterschiede vom typischen Phylloceras infundibulum darböte und damit eine grössere Selbstständigkeit der beschriebenen Form bekunden würde. Die Jugendexemplare zeigen schon bei ungefähr 15 Millimeter Durchmesser Spuren von Berippung in Form schwacher Falten, die auf der Externseite erlöschen. Auf letzterer stellt sich schon im Jugend- stadium die erste Anlage der Nebenrippen in Form feiner Streifen ein, deren Zahl 1, häufig aber auch 2, selbst 3 zwischen je zwei Haupt- rippen beträgt. Diese Sonderung in Haupt- und Nebenrippen tritt beim typischen Phylloceras infundibulum erst in einem späteren Stadium ein und stets ist es nur eine Nebenrippe, die sich zwischen je zwei Haupt- rippen einschaltet. Im mittleren Wachsthumsstadium wird die beschriebene Seulptur beibehalten, nur tritt jetzt die oben beschriebene Verstärkung einzelner Schaltrippen ein, neben welchen aber noch einzelne unver- stärkte Schaltrippen erscheinen. Die Zahl der letzteren ist bei dem unter Fig. 6 abgebildeten Exemplare eine extrem grosse, bei den meisten ist sie kleiner. Erst auf der Wohnkammer wird die Zahl der Nebenrippen geringer und es erscheint zuletzt ausnahmslos nur je eine verstärkte Nebenrippe zwischen je zwei Hauptrippen eingeschaltet. Obwohl die vorhandenen Stücke Seulptursteinkerne sind, ist der Erhaltungszustand doch so gut, dass sowohl die Anwachsstreifen, wie die feinen, dichten, gekräuselten Linien zu beobachten sind, welche auf der Externseite des Gehäuses, vor der Mündung bei so vielen Hetero- phyllen, namentlich aber bei Phylloceras infundibulum (vgl. Ceph. der Wernsdfr. Sch. pag. 180) entwickelt zu sein pflegen. Die Dicke scheint nicht bei allen Exemplaren dieselbe zu sein, sondern gewissen, wenn auch nieht bedeutenden Schwankungen zu unterliegen. Zittel beschrieb unter dem Namen Phylloceras Beneckei eine verwandte Art aus dem Tithon, bei der ebenfalls stärkere und schwächere Rippen wechseln. Es sind jedoch die Hauptrippen die stärkeren, eine Verwechslung mit Phylloceras ladinum ist daher nicht zu befürchten. Die meisten Exemplare vom Gardenazza (über 20) gehören dieser Form und nicht dem typischen Phylloceras infundibulum an. — Bei schlechtem Erhaltungszustand dürfte es freilich nicht leicht sein, beide sicher zu unterscheiden, besonders wenn die Externseite der Wohnkammer nicht deutlich zu sehen ist. Allein dies kann natürlich kein Grund sein, um die Verschiedenheiten, die thatsächlich bestehen, ausser Acht zu lassen. [13] Ueber neocome Fossilien vom Gardenazza in Südtirol. 81 Wiehtiger ist schon der Umstand, dass thatsächlich deutliche Uebergänge zwischen beiden Arten vorhanden sind. Es liegen nämlich Exemplare vor, die durchaus dem Phylloceras infundibulum entsprechen, aber bei einzelnen Rippen Spuren von Verdickungen auf der Extern- seite zeigen und daher in ausgesprochener Weise den Uebergang von einer zur anderen Form vermitteln. Man könnte daher leicht geneigt sein, anzunehmen, dass die beschriebene Form nur als Loealvarietät aufzufassen sei. Vorläufig gibt es keinen Ausweg aus diesen Zweifeln, vielleicht wird es später durch gründliches Verfolgen der einzelnen Arten in ihren Verbreitungsbezirken gelingen, eine Entscheidung her- beizuführen. Jedenfalls liegt hier eine wohlcharakterisirte Abänderung vor, die durch einen besonderen Namen besser festzuhalten sein wird, als wenn man sie in einer sehr weiten Species aufgehen lässt. Phylloceras ladinum ist vielleieht die häufigste Art der zu be- schreibenden Fauna. Stücke davon befinden sich in der Klipstein’schen Sammlung, der geologischen und paläontologischen Universitätssammlung und im k. k. Hofmuseum. Phylloceras Winkleri Uhl. Phylloceras Winkleri Uhl. Ceph. d. Rossfeldschiehten, Jahrb. d. geol. Reichsanst. XXXII, 1882, pag. 379, Taf. IV, Fig. 3. Ein im Hof- museum aufbewahrtes Exemplar von 42 Millimeter Durchmesser zeigt sehr diehte Berippung und ist daher mit der genannten nordalpinen Art zu identifieiren. Phylloceras sp. ind. Ausser Phylloceras ladinum und Phylloceras Winkleri scheint noch eine weitere Art aus der Gruppe des Phylloceras infundibulum vor- handen zu sein, die sich durch sehr flaches Gehäuse und kräftige, eleichmässig starke, schon bei 15 Millimeter Durchmesser auftretende Rippen auszeichnet. Leider sind nur zwei jugendliche Exemplare aus dem Hofmuseum und der Klipstein’schen Sammlung vorhanden, die diese namentlich durch ihre auffallende Flachheit von Phylloceras in- Fundibulum unterschiedene Form nicht näher zu charakterisiren ge- statten. Phylloceras semistriatum Orbigny. Ammonites semistriatus und Thetys Orbigny, Pal. frang. Ceph. eret. Taf. 41 und 59, pag. 136. Phylloceras semistriatum und Thetys, Neumayr, Jurastudien, Jahrbuch geol. Reichsanst. 1871, pag. 318; Id., Geogr. Verbreitung der Juraformation, Denksehr. d. k. Akademie, 50 Bd., pag. 139, ‚Lat.-d Fig. 2; Uhlig, Cephalop. d. Wernsdorfer Schichten, pag. 182. Liegt in mehreren Exemplaren vor, von denen eines den Durch- messer von 100 Millimeter erreicht. Die Rippen sind etwas stärker geschwungen als bei dem von Neumayr abgebildeten Exemplare, die Lobenlinie scheint, soweit sie erkennbar ist, ganz gut mit der Zeich- nung Neumayr's zu stimmen. Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Band. 1. Heft. (Vietor Uhlig.) ER 89 Vietor Uhlig. [14] Phylloceras n. sp. ind. Ein Schalenfragment deutet die Vertretung einer Art an, die mit Phylloceras plicatum Neum. und Phylloceras Kudernatschi Hau. am nächsten verwandt ist. Die Seulptur ist wie bei der vorhergehenden Art, nur treten ausserdem zahlreiche flache Falten auf den Flanken hervor, die gegen die Externseite zu allmälig schwächer werden. Diese Falten bedingen die nahe Verwandtschaft mit den genannten, ähnlich seulpturirten Arten. Lobenlinie und Dimensionen unbekannt. Die Mangel- haftigkeit des Materials macht die Begründung einer neuen Art un- möglich. Lytoceras Phestus Math. Ammonites Phestus Matheron, Rech. pal. dans le midi de la France, Marseille 1875, Livr. 3—4, Taf. C—20, Fig. 5. Lytoceras Phestus Uhlig, Cephalop. d. Wernsdorfer Sch., pag. 187, Taf. V, Fig. 1—4, 20. Diese bezeichnende Art ist durch sieben Exemplare vertreten, die Form, Seulptur und Lobenlinie gut erkennen lassen. Die Vertretung dieser Art ist dadurch vollkommen sichergestellt. Klipst.-8., k. k. Hof- museum, geol. Reichsanst. Lytoceras subfimbriatum Orb. Ammonites subfimbriatus Orbigny, Pal. franc. Ceph. eret., Taf. 35, pag. 121; Pictet et Loriol. N&ocom. des Voirons. Taf. II, Fig. 1—4, pag. 13; Pictet St. Croix, pag. 272, 350; Uhlig, Cephalopoden der Wernsdorfer Sch., pag. 139, Taf. V, Fig. 11. Diese Art ist durch zahlreiche Exemplare vertreten, von denen einige vorzüglich erhalten sind. Bis zum Durchmesser von 30 bis 35 Millimeter sind die Radiallinien gerade und folgen in Abständen von 1:6 Millimeter aufeinander. Dann stellen sich die Rippen immer diehter und dichter und werden immer deutlicher gekräuselt. Beim Durchmesser von 50 Millimeter beträgt der Abstand der einzelnen festonirten Rippchen ungefähr 1 Millimeter, später nur 0-5—0:6 Milli- meter. Das letzte Stadium, in dem die Linien wieder auseinander- treten, ist nicht erhalten. Einzelne Rippen springen stärker hervor. Umgänge fast drehrund. Klipst.-S., Hofmuseum. Lytoceras aff. Duvalianum Orb. Ammonites Duvalianus Orbigny, Pal. france. C&ph. eret., Taf. 50, Fig. 4—6. Bruchstück mit geschwungenen Einschnürungen, streifiger Seulptur, verhältnissmässig engem Nabel, deutlicher Nabelkante und mindestens zwei Auxiliarloben. Das Exemplar ist leider ganz zusammengedrückt und daher nicht näher bestimmbar. Klipst.-Sammlung. Lytoceras crebrisulecatum Uhl. Lytoceras erebrisulcatum Uhlig, Ceph. d. Wernsdorfer Sch., pag. 191, Taf. V, Fig. 8-10. [15] Ueber neocome Fossilien vom Gardenazza in Südtirol. 33 Liegt leider nur in einem Jugendexemplar und einem grösseren Fragment vor. Es ist daher nicht ganz sicher, ob diese Art oder das sehr nahe verwandte Zytoceras quadrisuleatum vorliegt. Nach der Lage der vorhandenen Einschnürungen und der Form des Querschnittes ist es aber viel wahrscheinlicher, dass man es mit Zytoceras crebrisulcatum zu thun hat. Hofmuseum und geolog. Universitätsmuseum. Lytoceras n. sp. ind, Neben ‚Zytoceras subfimbriatum erscheint im Neocoın des Gardenazza noch eine zweite Fimbriatenart, die bestimmt als neu anzusprechen ist. Leider ist mein Material zu fragmentarisch, um die Begründung der Art zu ermöglichen. Die Umgänge haben einen flach elliptischen Querschnitt und sind mit gekräuselten Linien versehen, welehe auf den inneren Umgängen ungefähr in derselben Weise angeordnet sind, wie bei Zytoceras subfimbriatum. Während sich aber bei der letzteren Art die Kräusellinien im mittleren Wachsthumsstadium sehr dicht stellen, lassen sie bei der vorliegenden stets Zwischenräume von 1'5 bis 2 Millimeter frei. Selbst bei einem grossen Windungsbruchstück von 9 Centimeter Mündungshöhe stehen die Rippen noch in Zwischenräumen von 3 bis 4 Millimeter. Auf jedem Umgange stehen zwei bis drei stärkere Einschnürungen. Loben, wie bei ZLytoceras anisoptychum Uhl. Von Zytoceras subfimbriatum, dem am häufigsten eitirten Fimbriaten des Neocom, unterscheidet sich die vorliegende Art nicht nur durch die viel spärlichere Berippung, sondern auch den schmalen Querschnitt. In letzterer Hinsicht erscheint diese Art an ZLytoceras anisoptychum angenähert, die auffallende Verschiedenheit der Sculptur schliesst jedoch nähere Beziehungen aus. Wenn man unter den Fimbriaten engere Gruppen unterscheidet, so fällt die vorliegende Art ohne Zweifel in die Gruppe des Zytoceras Liebigi aus dem Tithon und den Berrias- schichten und des Zytoceras sequens Vacek aus dem Mittelneocom, da die genannten Arten mit der vorliegenden die schüttere Anordnung der Kräusellinien gemeinsam haben. Der schmal elliptische Querschnitt lässt jedoch, abgesehen von gewissen Sculpturdifferenzen, die Vereinigung nicht zu. | Die instructivsten unter den 7 Exemplaren, die zu dieser Art zu stellen sind, befinden sich im Museum der geologischen Reichsanstalt, die übrigen in der Klipstein’schen Sammlung. (2) Pictetia n. sp. ind. Drei Bruchstücke einer sehr rasch anwachsenden Art, mit ge- kräuselten Rippen, hoch elliptischem Querschnitte und vereinzelten Ein- schnürungen. Leider ist‘ die Innenseite bei keinem Exemplar genügend gut erhalten, um mit Sicherheit entscheiden zu können, ob hier eine geschlossene oder eine aufgerollte Form vorliegt. Das auffallend rasche Anwachsen, das auch bei Pictetia Astieriana Orb. und Pictetia depressa beobachtet wird, spricht für das letztere, doch schliesst es das erstere auch nieht gänzlich aus. Die am raschesten anwachsende Form unter den gegenwärtig bekannten Kreidefimbriaten dürfte wohl Zytoceras Gressiyi Schlönd. aus dem Neocom von Labatlan im Graner Comitat sein, womit jedoch die vorliegende Art in Folge ihrer gröberen Seulptur 11* 22 2 3 a a u a u HaRLTE - - ni 2. a er = % a > 34 Vietor Uhlig. [16] und abweichenden Querschnittes nicht identifieirt werden kann. Die senerische Zugehörigkeit dieser interessanten Form wird erst durch fernere glückliche Funde sichergestellt werden können. Costidiscus Rakusi Uhl. Taf. III, Fig. 2. Lytoceras (Costidiscus) BRakusi Uhlig, Cephalop. d. Wernsdorfer Schicht., pag. 196, Taf. VII, Fig. 5. Unter diesem Namen wurde von mir eine Costidisceusart be- schrieben, die durch ungleich starke, an der Naht geknotete Rippen ausgezeichnet ist. Bei der Eigenthümlichkeit dieses Typus und bei dem Umstande, dass ich bei der Begründung dieser Art nur ein Exemplar zur Abbildung bringen konnte, wird es nicht überflüssig sein, wenn ich diese merkwürdige Art nochmals beschreibe und abbilden lasse. Das Gehäuse ist Anfangs mit feinen, geraden, schwach nach vorn geneigten Rippchen versehen, die an der Naht oder in der Nähe der- selben ihren Ursprung nehmen. Einzelne schwellen an der Naht zu kleinen Knötchen an. Jene Rippen, die aus Nahtknoten entspringen, zeigen eine schwach angedeutete Verstärkung, die beim Durchmesser von 30 Millimeter schon ziemlich bemerkbar ist und in dem Maasse zunimmt, als die Scheibe sich vergrössert. Gleichzeitig verstärkt sich auch die Neigung der Rippen nach vorn ein wenig, und es schalten sich cinzelne Nebenrippen auch in der Mitte der Flanken ein. Zwischen je zwei geknoteten Hauptrippen schieben sich in diesem Stadium zwei bis fünf Nebenrippen ein. Hat die Scheibe den Durchmesser von un- gefähr 80 Millimeter erreicht, dann tritt die Verstärkung der geknoteten Rippen noch deutlicher hervor, die Zahl der Schaltrippen, die bald in der Nähe der Naht, häufig aber auch in der Mitte der Flanken ent- springen, beträgt zwei zwischen je zwei stärkeren Rippen. Bei den verstärkten Rippen des äusseren Umganges sind die Nahtknoten bald deutlich und kräftig entwickelt, bald erscheinen sie nur in Form von Anschwellungen der Rippenenden. Auf dem letzten Umgange sind zwei deutliche Einsebnürungen zu sehen. ?) Die rückwärtige von den, die Einschnürung begrenzenden Rippen ist bedeutend verstärkt. Hinter der Einschnürung bleibt eine kleine Schalenpartie glatt, vor derselben stellen sich zunächst mehrere feine Linien ein, die sich allmälig verstärken und in Rippen übergehen. Aut den inneren Umgängen scheinen deutliche Einschnürungen zu fehlen. Die Loben sind leider nicht zu sehen, es ist daher auch nicht zu entscheiden, ob der letzte Umgang noch dem gekammerten Theil des Gehäuses angehört oder bereits die Wohnkammer bildet. Die äussere Form ist flach scheibenförmig. Die Dieke der Um- gänge ist nur um wenig grösser, als die halbe Höhe derselben. Bei dem eigenthümlichen Erhaltungszustande der alpinen Neocomammoniten, die häufig zusammengedrückt sind, ohne wesentliche Verzerrungen der Seulptur zu zeigen, muss man zwar bei Beurtheilung der Gehäuseform ‘) Der Zeichner hat bei Fig. 2a leider irrthümlich drei Einschnürungen zur An- schauung gebracht, von denen die mittlere auf dem Stücke in Wirklichkeit nicht vor- handen ist, Im Uebrigen ist jedoch die Abbildung vollkommen naturgetreu, [17] Ueber neocome Fossilien vom Gardenazza in Südtirol. 85 und -Dieke sehr vorsichtig sein; hier aber ist der Erhaltungszustand ein so guter, dass bedeutende Verdrückungen nicht angenommen werden können und daher das angegebene Verhältniss der Dieke zur Höhe der Umgänge als richtig betrachtet werden kann. Das abgebildete Exemplar hat einen Durchmesser von 96 Milli- meter. Bei 83 Millimeter Durchmesser beträgt die Nabelweite 45 Milli - meter, die Höhe des letzten Umganges 24 Millimeter, die Breite des- selben 14 Millimeter. Das Vorkommen vom Gardenazza stimmt mit dem der Werns- dorfer Schichten sehr gut überein, der einzige Unterschied, der auf- gefunden werden könnte, besteht in der etwas dichteren Stellung der Rippen bei der karpathischen Form. Dieser Unterschied ist Jedoch sehr gering, und bei dem Umstande, dass auch die karpathischen Exemplare der verwandten Arten in dieser Beziehung Schwankungen unterliegen, vollkommen bedeutungslos. Oostidiscus Rakusi liegt vom Gardenazza in zwei Exemplaren vor. Klipst.-S. Costidiscus nodosostriatus Uhl. Costidiscus nodosostriatus Uhlig, Cephalop. d. Wernsdfr. Sch., pag. 197, Taf. II, Fig. 3, Taf. IX, Fig. 2—4. Die Vertretung dieser Art ist nicht ganz sichergestellt, da nur ein Exemplar von 43 Millimeter Durchmesser vorhanden ist, dessen Erhaltungszustand überdies zu wünschen übrig lässt. Man sieht die Nahtknoten ganz deutlich und ebenso die von ihnen ausstrahlenden Rippen. Auf jeden Nahtknoten kommen auf der Externseite 4 bis 6 Rippchen, die zum Theil im Knoten selbst entspringen (2—3), zum Theil durch Einschaltung in der Nähe der Naht oder durch Spaltung entstehen. Diese Sculptur hat viel Aehnlichkeit mit jener der inneren Umgänge von Costidiscus Rakusi, es besteht jedoch ein Unterschied, und zwar der, dass die Rippen bei letzterer Art etwas stärker nach vorn geneigt und die Verstärkung der direct aus dem Knoten entsprin- genden Rippen schon bei den Innenwindungen, wenn auch nur schwach, angedeutet ist. Demgemäss ist das vorliegende einzelne Exemplar nicht als Jugendexemplar von Costidiscus Rakusi, sondern als Oostidiscus nodosostriatus anzusprechen. Die Loben sind leider nicht sichtbar. Klipst.-S. Costidiscus Grebenianus Tietze. Ammonites Grebenianus Tietze. Geolog. und pal. Mitth. aus d. ‚südl. Theil d. Banater Gebirgsstocks. Jahrb. d. geol. Reichsanst. Wien 1872, XXII, pag. 139, Taf. XII, Fig. 8. Oostidiscus Grebenianus Uhlig. Ceph. Wernsdfr. Sch., pag. 198, HEreV 322716, 17, Taf. IX, Kig, l: Diese merkwürdige Art ist leider nur durch ein Windungsbruch- stück vertreten, welches einem weiter vorgeschrittenen Stadium ent- spricht, als von mir l. ec. abgebildet wurde. Das betreffende Stück dürfte wahrscheinlich ein Wohnkammerstück sein, denn es zeigt die- selbe Sceulptur, wie das äusserste Ende des von mir abgebildeten süd- französischen Exemplars. Die Rippen sind bereits vollkommen flach 86 Victor Uhlig. 1 8] und verbreitert und die Zwischenräume zwischen diesen verlaufen als feine, schwach nach vorn geneigte, gleichmässige Furchen über die ganze Schale. An einer Stelle ist eine deutliche Einschnürung vor- handen. Diese Art der Sculptur ist höchst bezeichnend und kommt bei keiner anderen Species vor, wie bei OCostidiscus Grebenianus. Ich glaube daher, das Bruchstück vom Gardenazza hierherziehen zu sollen, obwohl die Loben desselben nicht bekannt sind. Der Windungsquerschnitt ist mehr länglich wie bei dem franzö- sischen Exemplar. Da aber das Exemplar vom Gardenazza augen- scheinlich zusammengedrückt ist, so dürfte diesem Umstande keine Bedeutung zuzuschreiben sein. Jedenfalls hat man es mit einer dem COostidiscus Grebenianus sehr nahe verwandten Art zu thun. Klipstein'sche Sammlung. Macroscaphites tirolensis n. sp. Taf. IV, Fig. 2. Lange Zeit war Macroscaphites (früher Scaphites) Yvanı Puz. der einzige Vertreter eines merkwürdigen Typus evoluter Ammonitiden, der von manchen Forschern, wie Quenstedt, gar nieht als selbstständig betrachtet, sondern als pathologische Bildung angesehen wurde. In meiner Arbeit über die Cephalopoden der Wernsdorfer Schiehten konnte ich zwei weitere Arten, Macroscaphites binodosus und Fallauxi, be- schreiben, von denen die erstere zwar nicht in vollständigen, aber doch so weit gut erhaltenen Exemplaren vorlag, dass sich über die Gat- tungsbestimmung kein wesentlicher Zweifel erheben konnte. Das Neocom vom Gardenazza hat nunmehr eine vierte Art geliefert, die durch zwei ziemlich gut erhaltene Exemplare vertreten wird. Die eingerollten Umgänge sind mit feinen, geraden, schwach nach vorn geneigten Rippen versehen, zu denen sich auf der äusseren Win- dung Knoten hinzugesellen. Es ist eine Reihe von Innenknoten an der Naht und eine Reihe von Aussenknoten an der Externseite vorhanden. Von jedem Innenknoten geht eine oder zwei Rippen aus, die sich im Aussenknoten wieder vereinigen. Eine dieser Rippen ist deutlich ver- stärkt. Die Externseite ist leider etwas corrodirt, es gewinnt an manchen Stellen fast den Anschein, als wäre auf der Externseite jederseits noch eine dritte, unregelmässig gestellte Knotenreihe vorhanden, an einer besser erhaltenen Stelle kann man sich jedoch überzeugen, dass that- sächlich nur zwei Knotenreihen bestehen. Zwischen je zwei knoten- tragenden stärkeren Rippen liegen ungefähr drei einfache. Die inneren Umgänge sind nicht gut erhalten, es lässt sich daher nicht mit Be- stimmtheit angeben, bei welcher Grösse die ersten Knoten auftreten. Die Umgänge des involuten Theiles sind flach und zeigen eine steil- abfallende Nahtfläche. Die grösste Dieke erreichen die Umgänge in der Nähe der äusseren Knotenreihe. Der Durchmesser des involuten Theiles des Gehäuses beträgt 33, die Nabelweite 17, die Höhe des letzten Umganges, an der Stelle, wo das Gehäuse die Spirale ver- lässt, 10, die Dieke des Gehäuses an derselben Stelle ungefähr 6 Milli- meter. N [19] Ueber neocome Fossilien vom Gardenazza in Südtirol. 87 Die erste Hälfte des Schaftes ist nicht erhalten, die zweite Hälfte erscheint mit ziemlich kräftigen Rippen versehen, welche von der Innen- seite zuerst schwach gekrümmt ansteigen, und dann gegen die Aussen- seite zu horizontal verlaufen. Die Rippen nehmen gegen aussen an Stärke zu, Innenknoten sind nicht vorhanden und die Aussenknoten nur durch die Verstärkung der Rippen an der Aussenseite angedeutet. Die Rippen des Schaftes sind ungefähr gleich stark, nur an zwei Stellen schalten sich ganz kurze Zwischenrippen ein. Auf der Wende wechseln zuerst- stärkere Hauptrippen mit kürzeren und schwächeren Zwischenrippen ab, dann erscheinen zwei gerade verstärkte Rippen, welche gegen die Aussenseite zu plötzlich erlöschen. An den Enden der- selben nehmen zwei schwache Spaltrippen ihre Entstehung. Zwischen diesen verstärkten Rippen liegen 3 bis 4 ganz schwache, kürzere Zwischenrippen. Der absteigende Schenkel endlieh ist mit zwei hori- zontal gestellten Einschnürungen versehen, welche von stärkeren Rippen begleitet werden. Der dazwischen gelegene Schalentheil ist mit feinen flachen Linien oder Rippen bedeckt, von denen zwei etwas stärker sind, als die übrigen. Die sämmtlichen verstärkten Rippen der Wende beginnen an der Innenseite mit knotenartigen Verstärkungen. Die Innen- seite selbst ist glatt und zeigt nur eine schwache Streifung. Ueber die Aussenseite gehen die Rippen in gleichmässiger Stärke hinweg. Der aufsteigende Schaft ist zusammengedrückt und lässt die ur- sprüngliche Dieke nicht mehr erkennen. Der absteigende Schenkel da- gegen ist wohl erhalten und zeigt einen elliptischen Querschnitt. Die Mündung selbst ist nicht erhalten, wohl aber der Schalentheil knapp vor der Mündung. Die Höhe des Gehäuses von der Innen- zur Aussen- seite gemessen beträgt daselbst 15 Millimeter, die Dieke 9'4 Millimeter. Vor der Mündung verbreitert sich das Gehäuse in auffallender Weise. Das zweite Exemplar dieser Art zeigt nur den schmäleren Schaft und die Wende. Auf der letzteren sind die Zwischenrippen etwas stärker, die Anordnung der Rippen etwas anders, als bei dem abgebildeten Exemplare. Da der spirale Theil des Gehäuses fehlt, die Zugehörigkeit daher nieht absolut sicher ist, will ich nicht näher auf dieses Exemplar eingehen. Die Lobenlinie ist nur undeutlich erhalten. Was man davon sieht, weist auf echte Zytoceras-Loben hin. Macroscaphites tirolensis ist mit Macroscaphites binodosus so nahe verwandt, dass ich einige Zeit lang geschwankt habe, ob nicht beide Arten besser mit einander zu vereinigen seien. Es sind aber doch ziemlich beträchtliche Unterschiede vorhanden, welche die Trennung beider Formen erfordern. Macroscaphites tirolensis hat auf dem invo- Iuten Theile des Gehäuses etwas stärkere und weniger zahlreiche Rippen, wie Macroscaphites binodosus, und namentlich die knotentragenden Rippen der ersteren Art sind beträchtlich stärker, als die der letzteren. Einen noch grösseren Unterschied bietet die Sculptur des geraden Schaftes dar. Die Vergleichung beider Arten ist zwar in dieser Hinsicht sehr schwierig, da von Macroscaphites tirolensis nur der zweite, von Macro- scaphites binodosus nur der erste Theil des Sehaftes erhalten ist. Soviel aber lässt sich mit Klarheit entnehmen, dass die erstere Art an jener Stelle des Schaftes, die etwa 30 Millimeter von der geschlossenen 88 Victor Uhlig. [20] Spirale entfernt ist, eine grobe, kräftige Berippung zeigt, während die letztere Art an derselben Stelle noch zahlreiche , feine, linienförmige Rippen aufweist. Scaphites alpinus Orb. Prodröme U, pag. 100, dürfte ebenfalls nahe verwandt sein, die kurze Prodrömephrase gestattet ein näheres Urtheil über diese Art leider nicht. Das Originalexemplar befindet sich in der Klipstein’schen Samm- lung, das zweite Exemplar im k. k. Hofmuseum. Hamulina Astieriana Orb. Hamulina Astieriana Orbigny, Journal de Conchyliologie, 1852, TH, pag. 216, Taf. II, Fig. 4—6; Uhlig, Cephalop. d. Wernsdorfer Sch., Pat. X, Fig, 2,93, ar RE 312,2, Pareo Ein 13 Centimeter langes Bruchstück eines schmäleren Schenkels glaube ich mit Sicherheit dieser Art zurechnen zu können. Es zeigt dieselbe Form und Seulptur, wie die typische Art, nur scheinen die knotentragenden Rippen etwas stärker zu sein. Diese Abweichung dürfte zu unbedeutend sein, um die Zustellung zu dieser Art zu ver- hindern. Klipstein’sche Sammlung. Hamulina aff, Astieriana Orb. Ein verhältnissmässig schön erhaltenes Exemplar, das die Wohn- kammer und einen Theil des schmäleren Schenkels zeigt, unterscheidet sich vom Typus der genannten Art zu sehr, um direet damit identifieirt werden zu können. Ein auffallender Unterschied liegt in der be- deutenderen Grösse des Tiroler Exemplars. Orbigny gibt als Höhe der Mündung 5 Centimeter an, bei dem Tiroler Exemplare beträgt jedoch diese Dimension von der Extern- zur Internseite gemessen 7'5 Centimeter. Die Seulptur ist im All- gemeinen übereinstimmend, sie besteht auf der breiteren Wohnkammer aus einzelnen hohen kammförmigen Rippen, auf dem schmäleren Schenkel aus Rippen, die zum Theil dreifach geknotet und verstärkt sind, zum Theil einfach gegen die Aussenseite ansteigend verlaufen. Auf der Wende verliert sich die äussere Knotenreihe, die innere und mittlere geht in bald mehr, bald minder deutlich ausgeprägter Form auf die ersten Rippen des breiteren Schenkels über, um sich endlich ganz zu verlieren. Ebenso verschwinden die Zwischenrippen allmälig auf dem hakenförmig gekrümmten Theile der Schale. Eine Abweichung bietet wieder die Sculptur des schmäleren Schenkels des einen Exemplares insoferne dar, als die ungeknoteten Rippen daselbst viel breiter und stärker sind, als dies sonst der Fall ist. Diese Unterschiede in Bezug auf Grösse und zum Theil auch Seulptur sind so bedeutend, dass ich es nicht wage, das tirolische Vor- kommen geradezu als Hamulina Astieriana zu bestimmen. Anderer- seits ist mein Untersuchungs- und Vergleichsmaterial so dürftig, dass ich es unterlassen muss, eine neue Art zu begründen, da ich nicht in der Lage wäre, dieselbe gegen Hamulina Astieriana genau abzugrenzen. Ich begnüge mich damit auf diese Form aufmerksam zu machen, die bei einer umfassenden Revision des Formenkreises der Hamulina Astieriana jedenfalls zu berücksichtigen sein wird, [21] Ueber neocome Fossilien vom Gardenazza in Südtirol. 89 Ausserdem liegt ein zweites, noch grösseres Exemplar vor, von dem nur der breitere Schenkel und ein kleiner Theil des schmäleren Schenkels erhalten ist. So schön auch das betreffende Stück an sich ist, lässt sich nicht einmal mit Bestimmtheit sagen, ob es in die Gruppe der Hamulina Astieriana gehört oder aber mit Aneyloceras Mathero- nianum Orb. verwandt ist. Klipstein’sche Sammlung. Hamulina silesiaca Uhl. Hamites (Hamulina) silesiaca Uhlig, Cephalop. der Wernsdorfer sch. pas, 210, Tat. XI, Fig. 1. Das vorliegende Exemplar ist ein Bruchstück des schmäleren Schenkels von 84 Millimeter Länge, welches am breiteren Ende 35, am schmäleren 30 Millimeter misst. Der Querschnitt ist elliptisch. Die Seulptur besteht aus einfachen, nach aussen ansteigenden knotenlosen Rippen. Die Scheidewandlinie kann nur in ihren Hauptzügen verfolgt werden und zeigt darin Uebereinstimmung mit dem schlesischen Vor- kommen. Das Exemplar vom Gardenazza entspricht daher ganz gut dem Typus der Art, nur ein kleiner Unterschied ist vorhanden, der darin besteht, dass das Tiroler Exemplar ein etwas langsameres An- wachsen zeigt, wie das abgebildete schlesische. Trotzdem glaube ich, die Identification vornehmen zu können. Klipstein’sche Sammlung. Hamulina subeincta Uhl. Hamites (Hamulina) subcinetus Uhlig, Cepbalopod. der Wernsdorfer Seh., Taf. XII, Fig. 9, pag. 215. Da nur der schmälere Schenkel erhalten ist, ist die Vertretung dieser Art nicht vollkommen sieher. In Bezug auf Seulptur, äussere Form und Dimensionen entspricht das vorhandene Bruchstück sehr gut dem von mir abgebildeten Exemplare aus dem südfranzösischen Barr&mien. Klipstein’sche Sammlung. Hamulina aff. subcincta Uhl. Ein zusammengedrücktes,, etwas abgewittertes Exemplar, dessen Seulptur an die genannte Art erinnert; die geringere Grösse erlaubt jedoch eine direete Identifieirung nieht. Bei dem schlechten Erhaltungs- zustand des Stückes ist eine genauere Bestimmung nicht durehführbar. Klipstein’sche Sammlung. Hamulina Sutneri Uhl. Hamites (Hamulina) Sutneri Uhlig, Cephalop. d. Wernsdorfer Sch.., pag. 214, Taf. XII, Fig. 6. Das hierher zu stellende Exemplar ist leider ebenfalls ziemlich stark abgewittert, es lässt sich aber dennoch entnehmen, dass die Seulptur der beiden Schenkel dem Typus der angezogenenArt vollkommen entspricht. Auf der Wende ist eine von einer stärkeren Rippe begleitete Ein- schnürung vorhanden, ob auch ähnlich gebündelte Rippen, wie bei dem karpathischen Vorkommen der Wernsdorfer Schiehten, ist leider in Folge des schlechten Erhaltungszustandes nieht sicher. Die äusseren Form- und Grössenverhältnisse und die Stellung der Schenkel zu einander, wie bei dem Typus der Art. Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Band. 1. Heft. (Vietor Uhlig.) 12 90 Victor Uhlig. [22] Ausser dem beschriebenen Exemplare sind zwei Bruchstücke des schmäleren Schenkels vorhanden, die ebenso gut zu dieser Art, wie zu Hamulina subeilindrica oder Hamulina Lorioli gehören könnten. Klipstein’sche Sammlung. Ptychoceras Puzosianum Orb. Ptychoceras Puzosianum Orb., Pal. fr. Ceph. eret., Taf. 137, Fig.5—8, Uhlig, Ceph. d. Wernsdorfer Sch., Taf. XIV, Fig. 1, pag. 219. Ein gut erhaltenes Exemplar stimmt vollständig mit dem Typus der Art, ein zweites dürfte den schmäleren Schenkel repräsentiren. Klipstein’sche Sammlung. Anisoceras cf. obliguatum (Orb.) Pictet. Anisoceras obliguatum Pictet. Melang. pal&ont. Taf. I, pag. 24. Ein zusammengedrücktes Bruchstück mit der Sculptur der ge- nannten Art. Ich würde dasselbe direet identificiren, wenn die Krümmung des Gehäuses. nicht etwas stärker wäre, als bei den bisher darge- stellten Exemplaren dieser Species. Die Art, welche Orbigny, Pal. fr. Taf. 120, Fig. 1—4 als Toxoceras obliquatum abbildet, scheint sich von der Pietet’schen durch etwas gröbere Rippen und rascheres Anwachsen zu unterscheiden. Da das Exemplar vom Garde- nazza der Pictet’schen Art mehr entspricht, wie der Orbigny's, so beziehe ich meine Bestimmung auf die Darstellung Pietet's. Ein zweites Exemplar vom Gardenazza ist ähnlich gestaltet, hat aber sröbere, auf der Externseite, wie es scheint, unterbrochene Rippen. Es ist nicht näher bestimmbar, beweist aber, dass der betreffende Formenkreis in der Fauna vom Gardenazza gut entwickelt war. Keines der vorhandenen Exemplare stimmt mit der von Dames (Zeitschrift d. deutsch. geol. Ges. 32. Bd., pag. 693, Taf. XXVI, Fig. 2) beschrie- benen Form aus dem Gaultquader überein. Klipstein’sche Sammlung. Anisoceras n. sp. indet. Taf. V, Fig. 9. Auch diese Art ist leider nur durch ein unvollständiges Bruch- stück vertreten. Das fast gerade, nur schwach gekrümmte Gehäuse ist mit geraden, gegen die Aussenseite ein wenig ansteigenden, kräftigen Rippen versehen, die an der Externseite plötzlich abgeschwächt oder völlig unterbrochen erscheinen. Auf der Innenseite besteht die Berippung aus flachen Falten, die doppelt so zahlreich sind, als die Rippen der Flanken. Der Querschnitt ist elliptisch. Von der Lobenlinie ist der Siphonal- und der Laterallobus zu sehen. Der letztere reicht etwas tiefer hinab als der erstere, und scheint bei oberflächlicher Betrachtung in einen unpaaren Endast mit zwei Seitenästen auszulaufen. Die Stellung der einzelnen Aeste zu einander spricht jedoch dafür, dass der Endast als Theil des inneren Seitenastes aufzufassen sei und dann ergibt sich eine paarige Entwicklung, freilich mit starkem Ueber- wiegen des inneren Astes. Auffallend ist der Siphonalsattel gestaltet, dessen äussere Hälfte viel tiefer endigt, als die innere. Die einzelnen Seheidewandlinien stehen verhältnissmässig weit von einander ab, die Sattelblätter einer Scheidewand sind von den äussersten Lobenspitzen der nächstfolgenden 4 Millimeter entfernt. I"; [23] Ueber neocome Fossilien vom Gardenazza in Südtirol. 91 Es ist mir keine Art bekannt, wit welcher das vorliegende Fragment identifieirt werden könnte. Die Begründung einer Species musste aber unterbleiben, da die Gestalt des ganzen Gehäuses und die Seulptur- veränderungen auf den nieht vorliegenden Theilen des Gehäuses un- bekannt sind. Solehe Seulpturveränderungen sind bei dieser Art sicher zu erwarten. Betrachtet man nämlich das vorliegende Stück so, dass sich dasselbe ungefähr in derselben Höhe befindet, wie das beobachtende Auge, so bemerkt man, dass jede vierte oder fünfte Rippe etwas stärker ist wie die anderen. Die unterste dieser etwas stärkeren Rippen trägt sogar einen ziemlich deutlichen Innenknoten. Dies spricht dafür, dass auf dem älteren Theile des Gehäuses knotentragende und knotenlose Rippen vorhanden waren. Da das Exemplar nicht vollständig ist, lässt sich auch die Gattung nieht sicher bestimmen. Es muss künftigen Funden überlassen bleiben, die Stellung dieser Art näher zu kennzeichnen und die Kenntniss der- selben zu vervollständigen. Klipstein’sche Sammlung. Desmoceras Melchioris Tietze. Ammonites Melchioris Tietze, Geol. d. südl. Banater Gebirgsstockes. Jahrb. d. geol. Reichsanst. 1872, XXXIL, pag. 135, Taf. IX, Fig. 9, 10. Haploceras Melchioris Uhlig, Ceph. Wernsdfr. Schicht., pag. 232, Taf. XVII, Fig. 5, 12. Mehrere Exemplare, die nach Form und Seulptur der genannten Art gut entsprechen. Klipstein’sche Sammlung, k. k. Hof-Museum, geol. und pal. Univers.-Museum. Desmoceras sp. ind. Eine dem Desmoceras Melchioris nahe stehende Art, mit gut er- haltener Lobenlinie, welche deren unzweifelhafte Zugehörigkeit zur Gruppe des Desmoceras Emerici beweist. Der Erhaltungszustand ist im Uebrigen zu schlecht, um eine sichere Bestimmung zu gestatten. Klip- stein’sche Sammlung. Desmoceras Charrierianum Orb. Vergl. Haploceras Charrierianum Uhlig, Ceph. d. Wernsdorfer Schichten, pag. 231, Taf. XV, Fig. 5; Taf. XVI, Fig. 5—7; Taf. XVII, Fig. 11, 14; Fallot im Bullet. Soc. g6ol. France. 3. Ser., XII, pag. 295, Tat97.F1e.21: Seulptur und Wachsthumsverhältnisse wie bei der genannten Art. Die Loben haben verhältnissmässig breite Körper, ein Merkmal, das speciell für diese Art bezeichnend und wichtig ist. Herr Fallot hat die Zugehörigkeit der von mir aus den Wernsdorfer Schiehten beschrie- benen Exemplare ihres schlechten Erhaltungszustandes wegen bezweifelt, doch, wie ich glaube, mit Unrecht. Die betreffenden Stücke sind aller- dings schlecht erhalten, allein, sie lassen doch die äussere Form und Sculptur im Allgemeinen ganz gut erkennen und übertreffen die von Fallot untersuchten Exemplare wenigstens darin, dass sie Lobenlinie und Mundsaum erkennen lassen, die bei Fallot fehlen. 3 Exemplare aus der Klipstein’schen Sammlung und dem Hofmuseum. 12* 99 Victor Uhlig. [24] Desmoceras cassida Rasp. Ammonites cassida Orbigny, Ceph. eret., Taf. 39, Fig. 1—3, pag. 130. Bruchstück, das mit der genannten Art sehr gut übereinstimmt. Klipstein’sche Sammlung. Desmoceras cf. cassidoides Uhl. Haploceras cassidordes Uhlig, Cephalopod. d. Wernsdorfer Sch., pag. 227, Taf. XVI, Fig. 4; Taf. XVII, Fig. 10. Zu dieser Art stelle ich drei Exemplare , die mit dem Original- exemplar im Allgemeinen ganz gut übereinstimmen. Die vereinzelten Einschnürungen sind etwas stärker. Zwei Exemplare scheinen auch etwas weitnabeliger zu sein. Da der Erhaltungszustand beider ziemlich mangelhaft ist, namentlich die inneren Umgänge fast ganz zerstört, die Exemplare aber durchgehends grösser sind als das Originalexemplar, so lassen sich nicht alle Merkmale scharf eontroliren. Jedenfalls hat man es mit einer sehr nahestehenden Form zu thun. Klipstein’sche Sammlung, k. k. Hofmuseum, k. k. geol. Reichsanstalt. Silesites vulpes Cog. Bat Dul Te, 1.20 War TV, Pigr4: Silesites vulpes Uhlig, Ceph. der Wernsdorfer Sch., pag. 235, Taf. XVII, Fig. 8, 9, 13, 14; Taf. XIX, Fig. 1 Gehört zu den häufigen Arten des Neocoms vom Gardenazza. Es liegen davon 12 Exemplare vor, von denen das grösste 10°5 ÜCenti- meter Durchmesser aufweist. Leider sind die grossen Exemplare ziem- lich schlecht erhalten, es musste daher ein kleineres Exemplar gewählt werden, um die vollkommene Identität in Form und Seulptur mit dem schlesischen und südfranzösischen Vorkommen zu zeigen. Die so be- zeichnende Lobenlinie ist an einem Exemplare erhalten und lässt ganz deutlich das Ansteigen der Nahtloben erkennen. Silesites vulpes ist vielleicht mit Haploceras typus Milaschewitsch }) identisch. Bei der Bearbeitung der Cephalopoden der Wernsdorfer Schichten ist mir leider eine kleine, aber interessante Arbeit von Milaschewitsch über das Neocom der Krim (in russischer Sprache) entgangen, in welcher die genannte Art beschrieben wird. Die Um- sänge erscheinen nach der Abbildung etwas mehr gerundet, wie bei unserer Art, und die Scuiptur ist so schwach und verschwommen, dass sie sich nicht sicher beurtheilen lässt. Nach der Beschreibung von Milaschewitsch scheint aber die Sceulptur derjenigen von Silesites vulnes wirklich sehr ähnlich zu sein. Auch die Lobenlinie stimmt voll- kommen mit der so bezeiehnenden Linie von Silesites vulpes und es kann daher kein Zweifel sein, dass in Haploceras typus mindestens eine sehr nahe verwandte Art vorliegt. Die Abbildung von Haploceras typus scheint doch zu mangelhaft, um mit Sicherheit die völlige Iden- tität beider Formen behaupten zu können. Ich glaube daher den Coquand’schen Namen vorläufig beibehalten zu sollen, der durch Silesites typus Milasch. zu ersetzen sein wird, wenn die Identität that- sächlich erwiesen sein wird. Klipstein’sche Sammlung, Hofmuseum , Universitäts-Sammlung. 1) Bull. Soc. Natural. Moscou. 1877, II, pag. 113, Taf. I, Fig. 8 und 9. a [25] Ueber neocome Fossilien vom Gardenazza in Südtirol. 93 Holcostephanus sp. ind. Taf. V, Fig. 8. Gehäuse flach, scheibenförmig, klein, mit stark gerundeter Extern- seite, flachen Flanken und flach einfallender, aber ziemlich gut abge- grenzter Nabelwand. Der Nabel ist anfangs ziemlich eng, erweitert sich aber im Laufe des Wachsthums in zunehmender Weise. Die Seulptur besteht aus dieht stehenden, fadenförmigen, mehrfach getheilten Rippen, welche sich meistens unter der halben Höhe des Umganges in 2 bis 4 Aeste spalten, die sich später abermals theilen können. Bei einzelnen Rippen erfolgt die erste Theilung schon an der Naht. Im äusseren Drittel der Flanken wenden sich die Rippen kräftig nach vor, ver- stärken sich und treffen auf der Externseite unter einem, etwas spitzen, aber gerundeten Winkel zusammen. An einzelnen Stellen scheinen Einschnürungen vorhanden zu sein. Lobenlinie unbekannt. Die beiden vorliegenden Exemplare sind zusammengedrückt, es lassen sich daher die Dimensionen nicht genau angeben. Diese interessante Art scheint mit Zolcostephanus Jeannoti Orb. ') nahe verwandt zu sein. Die Berippung und die äussere Form stimmen in den allgemeinen Zügen überein, doch erweitert sich der Nabel bei der Tiroler Art etwas stärker, die Rippen scheinen etwas feiner und gegen die Extern- seite zu stärker nach vorn geneigt, als bei der Abbildung Orbigny’s. Sollte der Verlauf der Rippen thatsächlich der eitirten Abbildung entsprechen, dann wäre wohl die Identität mit Ammonites Jeannoti Orb. ausgeschlossen. Möglicherweise liegt aber bezüglich der Richtung der Rippen auf dem äusseren Theil der Flanken ein Zeichenfehler vor und dann könnten beide Formen wohl enge zusammengehören. Da der südfranzösische Holcostephanus Jeannoti seit Orbigny keine eingehendere Darstellung erfahren hat, muss man diese als Basis annehmen und von einer Identi- fication vorläufig absehen. Ob die von Winkler?) beschriebene Form mit der vorliegenden identisch ist, wage ich bei dem schlechten Er- haltungszustand derselben nicht zu entscheiden, es dürfte dies aber kaum der Fall sein, da die Rippenspaltung bei der bayerischen Art etwas höher stattfindet, wie hier. :) Eine fernere, sicher nahe verwandte Form scheint mir Holcostephanus Phillipsi Röm.*) aus dem norddeutschen Hils zu sein. Der Rippen- charakter und die äussere Form stimmen vollständig überein. Da gerade die Seulptur äusserst bezeichnend ist und eine Verwechslung mit anderen Formen ausschliesst, möchte ich an der sehr nahen Verwandtschaft dieser Arten nicht zweifeln. Specifische Identität dürfte nicht vorhanden sein da die Rippen bei der Tiroler Art feiner sind und dichter stehen, und der Nabel etwas mehr geöffnet ist, wie bei der norddeutschen. Holcostephanus Phillipsi wiederum dürfte !) Pal. franc. C&ph. ceret, Taf. 56, Fig. 3—5, pag. 188. ?2) Neocom d. Urschlauer Achenthals, pag. 14, Taf. 2, Fig. 11. 3) Dieses Jahrbuch 1882, pag. 381. *#) Neumayr und Uhlig, Hilsammonitiden. Palaeontographica. Bd.27, pag. 161, Taf. XV, Fig. 7. — Werth, Fauna des Neocomsandsteins im Teutoburger Walde. — Pal. Abhandl. von Dames u. Kayser, II. Bd., pag. 17, Taf. IV, Fig. 2—3. 94 Victor Uhlig. [26] seine nächsten Verwandten unter den russischen Typen aus den Sim- birsker Thonen haben, unter denen namentlich Ammonites discofalcatus und Ammonites Barbotanus Lagusen!) nahe zu stehen scheinen. Die von Neumayr nachgewiesene Verwandtschaft zahlreicher Cephalo- poden der Hilsbildungen mit russischen Typen, die sich nach neueren Untersuchungen immer ausgedehnter und enger darstellt), gilt augen- scheinlich auch für Holcostephanus Fhillipsi und damit auch für die beschriebene alpine Form. In der alpinen Neocomfauna steht die letztere völlig unvermittelt, ohne jedwede engere Beziehung zu anderen alpinen Arten da. Man wird demnach kaum fehlgehen, wenn man sie als fremdes, aus dem Nordosten herstammendes Faunenelement betrachtet, das aber nach den bisherigen Kenntnissen in der mediterranen Provinz zu keiner reichen Entfaltung gelangt ist. Bei dem hohen Interesse, welches sich an die Verwandtschafts- beziehungen dieser Art knüpft, wäre es allerdings wünrschenswerth, wenn die Lobenlinie und die unverdrückte Form der Schale, nament- lich der bei Holcostephanus Phillipsi sehr bezeichnende Externtheil, be- kannt wäre, da damit der letzte Zweifel schwinden müsste, den man bezüglich der hier ausgesprochenen Verwandtschaftsverhältnisse hegen könnte. Ammonites Trionae Karsten aus Columbien könnte mit unserer Art ebenfalls verwandt sein. Zwei Exemplare, k. k. Hofmuseum. Holeodiscus Caillaudianus Orb. Holcodiscus Caillaudianus Uhlig, Cephalopoden der Wernsdorfer Schieht., pag. 243, Taf. XIX, Fig. 2—4, 6—9, 13—14. Liegt in zwei Exemplaren vor, die, obwohl ein wenig verdrückt, die Vertretung dieser bezeichnenden Art sicherstellen. Milasche- witsch beschrieb unter dem Namen Acanthoceras tenuicostatum (l e. Taf. I, Fig. 10, pag. 115) ein ziemlich jugendliches Exemplar, das viel- leicht mit Holeodiscus Caillaudianus identisch sein oder zwischen diesem und dem Holcodiseus Perezianus Orb. in der Mitte stehen dürfte. Es ist etwas mehr aufgebläht, als Holcodiseus Caillaudianus, zeigt dagegen übereinstimmende Berippung. Ich glaube vorläufig den älteren, wenn auch streng genommen kein Prioritätsrecht besitzenden Namen beibehalten zu sollen, da es geeigneter erscheinen dürfte, die Feststellung der systematischen Position des Am. tenuvcostatus einer nochmaligen Unter- suchung der Krimspecies zu überlassen. Klipstein’sche Sammlung. Pulchellia provincialıs Orb. Pulchellia provincialis Uhlig, Cephalop. d. Wernsdorfer Schichten, pag. 249, Taf. XX, Fig. 2 (unter Pulchellia Lindigi beschrieben). Von dieser schönen Art ist leider nur ein Exemplar vorhanden, das in Bezug auf Seulptur, äussere Form und Nabelweite vollkommen mit dem von mir abgebildeten Exemplare von Escragnolles übereinstimmt. Klipstein’sche Sammlung. !) Verschönerungen aus dem Thon von Simbirsk. Verhandl. d. russ. mineral, Gesellsch., 1874, Bd. IX, pag 67, Taf. VII, Fig. 2—4; Taf. VIII, Fig. 1. ?) Vergl. M. Pawlow, Les Ammonites du Groupe Olcost. versicolor. Bull. Soc. Imp. Natural. Moscou, 1886. [27] Ueber neocome Fossilien vom Gardenazza in Südtirol, 95 Pulchellia aff. Lindigi Karst. Tall: D. Ammonites Lindigi Karsten, Columbien, pag. 108, Taf. III, Fig. 3. Pulchellia Lindigi Uhlig, Ceph. d. Wernsdorfer Sch., pag. 249, Taf. XX, Fig. 6. Ein kleines Exemplar mit sehr engem, fast geschlossenem Nabel und doppelt gekielten Rippen steht der angezogenen Art nahe. Es unterscheidet sich dadurch, dass die Rippen in der Nabelregion weniger stark hervortreten und der Nabel selbst enger ist, als bei Pulchellia Lindigi. In Bezug auf den geschlossenen Nabel erscheint es an Pulchellia Oaicedi Karst. genähert, entfernt sich aber davon durch die viel schwächere Seulptur. Das einzig vorliegende Exemplar lässt leider eine nähere Charakterisirung der dadurch vertretenen Art nicht zu. Da es aber ziemlich gut erhalten und die Gruppe der Pulehellien paläonto- logisch noch wenig bekannt ist, wurde das Stück abgebildet. K. k. Hofmuseum. Hoplites angulicostatus Orb. Ammonites angulicostatus Orbigny, Pal. fr. Ceph. eret. Taf. 46, Fig. 3, 4, pag. 146; Pietet, Mel. paleont. Tat. I, pag. 31. Acht Exemplare, die mit den Darstellungen von Orbigny und Pietet vollkommen übereinstimmen. Klipstein’sche Sammlung, k.k. Hofmuseum, geol. Univers.-Samml. Hoplites sp. ind. Sehr grosses Fragment, das nach der Seulptur in die Gruppe der Hoplites radiatus gehören könnte. Es ist leider nieht näher bestimmbar. Klipstein’sche Sammlung. Crioceras Emerici Lev. Synonymie bei Uhlig, Ceph. d. Wernsdorfer Sch., pag. 261. Von dieser wichtigen Art ist leider nur ein gut erhaltener Ab- druck vorhanden, der im k. k. Hofmuseum aufbewahrt wird. Nach Pietet unterscheidet sich diese Art von dem nahe verwandten Crioceras Dwvali dureh weniger zahlreiche und feinere Zwischenrippen und stärker hervortretende, zahlreichere und mit längeren Dornen versehene Hauptrip- pen. In Bezug auf die Berippung steht das vorliegende Exemplar dem Crio- ceras Emerici entschieden näher, als dem Orioceras Duvali, da die Zahl der feinen Zwischenrippen zwischen 2 und 6 schwankt und die Dornen gut ausgebildet sind. Ich glaube daher, das vorliegende Exemplar zu der ersten Art stellen zu müssen, wenn die dornentragenden Rippen auch nicht so reich entwickelt sind, wie bei jener Form, die auf Taf. XXXUH, Fig. 1, der angezogenen Monograpbie der Wernsdorfer Cephalopoden abgebildet wurde. Crioceras sp. ind. aff. Römeri Neum. Uhl. Taf. 4, Fig. 3. Auch von dieser schönen Art liegt mir nur ein unvollkommenes Exemplar vor, so dass ich es nicht wage, eine schärfere Bestimmung vorzunehmen. Die Seulptur besteht aus einem Wechsel von einfachen 96 Vietor Uhlig. “ [28] und knotentragenden Rippen. Die letzteren sind sehr kräftig und breit und zeigen jederseits einen Innen-, einen Mittel- und einen Aussen- knoten. Der letztere ist kammförmig gestaltet. Zwischen je zwei kräf- tigen, mit Knoten versehenen Rippen liegt eine etwas schwächere Rippe, die nur mit dem Aussen- und einem etwas kleineren Mittelknoten ver- sehen ist. Der Innenknoten ist bei diesen Mittelrippen nicht entwickelt. Zwischen den Mittelrippen und den kräftigen Hauptrippen liegt je eine schwächere knotenlose Rippe. Auf dem inneren Theil des Gewindes ist dieser Wechsel von dreierlei Rippen nicht so regelmässig, es sind da- selbst, nach dem kleinen Stücke zu schliessen, das erhalten ist, knoten- lose Zwischenrippen überhaupt seltener. Die Stellung der Rippen ist ungefähr radial, die Aussenseite ist glatt, die Innenseite flach und mit zahlreichen nach vorn vorgezogenen Streifen versehen. Der Querschnitt ist länglich; das Stück ist zwar etwas verzertt, die Verzerrung ist aber so unbedeutend, dass die natürliche Form leicht construirt werden kann. Die grösste Dicke liegt in der inneren Hälfte des Umganges, von wo aus eine allmälige Verschmälerung gegen aussen stattfindet. Bei der Windungshöhe von 35 Millimeter beträgt die Breite 21 Millimeter. Das Anwachsen erfolgt so rasch, dass sich die Höhe der Windung nach einem halben Umgang fast auf das Doppelte ver- rössert. n Die Lobenlinie, das innere Gewinde und die Wohnkammer sind unbekannt. Unter den bisher bekannten alpinen Orxoceras-Arten gibt es keine, die bei derselben Grösse eine so grobe, kräftige Berippung aufweisen würde, wie diese. Nur Orioceras Thiollieri Ast. und Orioceras Lardyi Oost. zeigen eine ähnlich starke Seulptur, erreichen aber darin doch nicht die vor- liegende Art, von der sich Orzioceras Thiollier‘ überdies durch weitere Aufrollung leicht unterscheidet. Hinsichtlich der Wachsthumsverhältnisse würde COrioceras (Ancyloceras) Lardyi Oost. unserer Art sehr gut ent- sprechen, Identität ist aber bei der schwächeren Seulptur und der Be- schaffenheit der Externseite der letzteren Art nicht vorhanden. Die Rippen laufen bei der Ooster’schen Art ununterbrochen über die Extern- seite hinweg, während die Externseite bei der Tiroler Art glatt bleibt. Viel nähere Verwandte besitzt die beschriebene Art unter den ausseralpinen norddeutschen Typen. Urioceras sexnodosum Römer !) und Örioceras Römer! Neum, & Uhl.2) haben mit der Tiroler Art die Berippung vollständig gemeinsam. Die Unterschiede, die sich bezüglich der Seulptur auffinden liessen, sind nicht nennenswerth, und die Art der Aufrollung scheint auch nicht sehr stark abzuweichen. Leider lässt sich aber das letztere Merkmal nicht mit Sicherheit verfolgen, da das vorliegende Exemplar nicht ganz erhalten ist. In Bezug auf das Anwachsen scheint das letztere zwischen Ürioceras seınodosum und Crtioceras Römeri in der Mitte zu stehen, es wächst weniger rasch an, als die erstere, und etwas rascher als die letztere Art. Von beiden Arten unterscheidet es sich überdies durch etwas geringere Dieke der Umgänge. Es dürfte demnach speei- fische Verschiedenheit bestehen , die sich aber nach dem vorliegenden, ') Versteinerungen d. norddeutschen Kreidegebirges. Taf. XIV, Fig. 10. ?) Paläontographica. XXVII. Bd., pag. 187, Taf. XLII, Fig. 1; Taf. LV, Taf. LVI, Fig. 4. BL [29] Ueber neocome Fossilien vom Gardenazza in Südtirol. 97 Reste allein nieht mit voller Bestimmtheit behaupten lässt. Das Material ist leider zu gering, um diese Art scharf umgrenzen und charakterisiren zu können. Ein Riesenexemplar, dessen inneres Gewinde leider fehlt, gehört vielleicht hierher. Die Mündung ist 145 Centimeter hoch und ungefähr 7 Centimeter breit. Die Sculptur besteht aus mächtigen, jederseits mit drei Knoten versehenen Rippen, zwischen denen sich anfangs flache Zwischenrippen einschalten. Diese verschwinden allmälig und es bleiben zwischen den Hauptrippen nur die Anwachsstreifen zu sehen. Die Innenseite erscheint ziemlich eingesenkt, doch ist dies wahrscheinlich eine Folge des Erhaltungszustandes. Auf der Aussenseite treten die Aussenknoten zur Bildung einer medianen, dornartigen Erhöhung zu- sammen. Auch dieses Riesenexemplar zeigt grosse Uebereinstimmung mit dem entsprechenden Stadium von Crioceras Römeri, bei welcher Art ebenfalls eine Reihe von Mediandornen vorhanden ist, die aber durch eine entsprechende Verschiebung der linksseitigen Aussenknoten entstehen. Die endgiltige Bestimmung der beiden Exemplare wird wohl erst nach Beibringung neuen Materials erfolgen können. Klipstein’sche Sammlung. Crioceras n. sp. ind. Taf. III, Fig. 4. Es ist schon wiederholt auf die Schwierigkeit hingewiesen worden, die evoluten Ammonitiden der unteren Kreide nach einzelnen Bruchstücken zu bestimmen oder zu ergänzen. Der hier vorliegende Rest ist, wie auch mehrere andere Stücke vom Gardenazza, ebenfalls ein Beispiel hierfür. Die Seulptur besteht, wie bei so vielen Crioceren, aus einem Wechsel von knotentragenden und knotenlosen Rippen. Die ersteren sind sehr kräftig und mit mächtigen, stumpfen Knoten bewehrt, die letzteren sind flach und treten nur wenig hervor. Zwischen je zwei knotentragenden Rippen liegen 2—3 einfache. Auf dem umgebogenen Theil des Gehäuses fehlen die Zwischenrippen, die geknoteten Rippen gehen verstärkt auf den breiteren Schenkel über. In der Mitte der letzteren befindet sich eine flache, leichte Einsenkung, welche in Verbindung mit der queren Stellung der breiten Knoten darauf hindeutet, dass jede der knoten- tragenden Rippen ursprünglich aus zwei benachbarten Rippen ent- standen ist. Der Anfangstheil des Gehäuses, der breitere Schenkel und die Scheidewandlinie sind unbekannt. Der schmälere Schenkel ist etwas zusammengedrückt und lässt daher die natürlichen Dimensionen nicht erkennen. Der umgebogene Theil des Gehäuses ist am besten erhalten. Das Gehäuse zeigt daselbst, zwischen zwei geknoteten Rippen gemessen, die Höhe von 43, die Breite von 32 Millimeter. Wahrscheinlich liegt hier eine Orioceras-Art aus der Verwandt- schaft des Orioceras (Ancyloceras) Matheroni Orb. und des Ürioceras (Ancyloceras) Duvali Orb. (non L&v.) vor. Die beschriebene Art dürfte ähnliche Wachsthumsverhältnisse aufweisen, wie die genannten süd- französischen Typen, von denen sie sich durch viel geringere Grösse und verhältnissmässig stärkere Berippung unterscheidet. Orioceras Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Band. 1. Heft. (Victor Uhlig.) 13 98 Vietor Uhlig. [30] Urbani Neum, & Uhl. aus dem norddeutschen Aptien könnte der be- schriebenen Art ebenfalls nahestehen. Auch die von Catullo unter dem Namen Ancyloceras nodosus beschriebene Art des Biancone dürfte mit der vorliegenden verwandt sein. !) Da die Lobenlinie und die Gesammtform unbekannt sind, ist die Gattungsbestimmung nicht vollkommen sichergestellt. Die beschriebene Form könnte wohl auch eine Hamulina aus der Gruppe der Hamu- lina Astieri und Hamulina Haueri Hoh. vorstellen. Ich möchte jedoch die Zugehörigkeit zu Crioceras als viel wahrscheinlicher bezeichnen, da die Stellung der Schenkel keine parallele ist. wie bei Hamulına und die Sculptur gerade an der Umbiegungsstelle sehr mächtig ent- wickelt ist, wie dies bei den Ancyloceren häufig der Fall ist, während bei den Hamulinen die Knoten auf diesem Theil der Schale zurücktreten und eine allmälige Rückbildung erfahren. Keine der bekannten Arten zeigt bei der Grösse des vorliegenden Stückes eine so mächtige Knoten- und Rippenbildung. Es dürfte daher diese Art als neu zu bezeichnen und vielleicht sogar ziemlich leicht wieder zu erkennen sein. Da die Kenntniss derselben eine unvoll- ständige ist und die Gattungsbestimmung unsicher, glaube ich von der Ertheilung eines neuen Namens Abgang nehmen zu sollen. Das abgebildete Exemplar stammt aus der Klipstein’schen Sammlung. Crioceras Klipsteini n. sp. Taf. IE: Fig, 3. Auch diese Art ist nur durch ein unvollständiges Exemplar ver- treten. Da dasselbe jedoch einen ziemlich grossen Theil des Gehäuses erhalten zeigt und durch eine sehr charakteristische Seulptur aus- gezeichnet ist, glaube ich darauf eine neue Art begründen zu können, die ich dem um die Geologie Südtirols so hochverdienten Professor Klipstein zu widmen mir erlaube. Das bogenförmig gekrümmte Gehäuse ist mit starken, aber ver- hältnissmässig flachen Rippen versehen, die an der Innenseite schmal beginnend nach aussen rasch breiter werden und an der Externseite in schmalen, kammförmigen Knoten endigen. Einzelne dieser Rippen tragen ausserdem einen Innen- und einen der Aussenseite genäherten Mittelknoten. Auf dem vorderen Theil des Gehäuses schalten sich zwischen je zwei knotentragende Rippen zwei einfache ein. Der innere Theil der Schale dagegen scheint vorwiegend mit einfachen, d. i. nur an der Externseite mit einem erhöhten Kamme abgeschnittenen Rippen versehen zu sein, nur an einer Stelle ist eine Rippe mit Mittel- und Innenknoten vorhanden. Die Rippen sind gerade, aber nicht radial gestellt, sondern zeigen eine schwache Neigung nach rückwärts. Auf dem inneren Theil der Schale scheinen sie schwach nach rückwärts gekrümmt zu sein. Auf der gewölbten Innenseite sind schmale, nach vorn ansteigende Rippen vorhanden, die auf den Seiten verschwinden und zahlreicher sind als die Rippen der Flanken. Es entfallen zwei bis drei Innen- ') Memoria geognostico-paleozoica sulle Alpi Venete, pag. 153, Taf, IX, Fig. |, 2 e Bi ' ” 3 2 wi PDT u TH 2 1 ya ar aan > Bad Sl Sk Fe e a er EN ZUR [31] Ueber neocome Fossilien vom Gardenazza in Südtirol. 99 I rippen auf je eine Flankenrippe. Auf der Aussenseite ist die Schale glatt und in Folge der kammförmigen Endigungen der Rippen etwas vertieft. Die Höhe des Umganges beträgt am vorderen Ende ungefähr 28 Millimeter, die Breite nur 10 Millimeter, also ungefähr ein Dritttheil der Höhe. Eine Verdrückung von wesentlicher Bedeutung scheint nicht vorhanden zu sein. Die grosse Flachheit des Gehäuses kann daher als bezeichnendes Merkmal dieser Art angesehen werden. Von der Lobenlinie sind nur einzelne Zacken zu sehen, welche zwar über die Beschaffenheit dieser Linie keinen Aufschluss geben, aber wenigstens zeigen, welches Ende als das innere anzunehmen ist. Diese Art ist in die Nähe von Crioceras hammatoptychum Uhl. aus den Wernsdorfer Schichten zu stellen. Sie hat mit ihr die äussere Form, die Beschaffenheit der Exteraseite und die auffallende Breite und Stärke der Rippen gemeinsam, unterscheidet sich aber durch grössere Flachheit des Gehäuses, zahlreichere Innenrippen und namentlich durch das Detail der Sculptur der Flanken. Während bei Orioceras hammato- ptychum alle Rippen bald stärkere, bald schwächere Innen- und Mittel- knoten erkennen lassen, ist hier ein Wechsel von knotenlosen und knotentragenden Rippen vorhanden. Auch scheint das Anwachsen bei der tirolischen Art langsamer zu erfolgen, wie bei der schlesischen. Klipstein’sche Sammlung. Crioceras badioticum n. sp. Taf. IV, Fig. 1. Ein Bruchstück von 17 Centimeter Länge, das am schmäleren Ende einen Durchmesser von ungefähr 2'5, am breiteren einen Durch- messer von 5 Centimeter besitzt. Das Gehäuse bildet anfangs einen schwach gekrümmten Bogen, dann nimmt es rasch an Breite zu und geht in einen geraden Schaft aus. Der vordere Schalentheil ist mit einfachen, gegen die Aussenseite ansteigenden Rippen versehen, am schmäleren Ende treten stärkere, mit je drei Knoten versehene Rippen hinzu. Zwischen je zwei knotentragende Rippen schieben sich vier bis fünf einfache ein. Die Knoten der Externreihe sind schwächer als die Mittel- und Innenknoten. Am vorderen Schalentheil befindet sich an einer Stelle eine vereinzelte, in der Nähe der Externseite gelegene knotenartige Verdickung. Ueber die Aussenseite gehen die Rippen gleichmässig hinweg, auf der Innenseite sind sie abgeschwächt aber vermehrt. An einzelnen Stellen der Innenseite treten buckelartige Er- höhungen auf, die aber wohl auf den Erhaltungszustand zurückzuführen sein dürften. Der Durchschnitt ist schmal elliptisch. Die Scheidewandlinie ist nicht deutlich zu sehen, nach den vor- handenen Spuren dürfte sie eine echte Orzoceras- Linie sein, deren grosser Laterallobus in einen langen unpaaren Endast ausgeht. Wie bei Orroceras Ziütteli Uhl. liegt die letzte Scheidewand auf der Mitte des Schaftes. Es ist sehr zu bedauern, dass der ältere Theil des Gehäuses und der letzte Theil der Wohnkammer nicht erhalten sind. Die Wachsthums- verhältnisse und die Form des Gehäuses dürften ähnlich sein, wie bei Crioceras Zitteli aus den Wernsdorfer Schiehten. Eine Verwechslung mit der genannten Art ist bei der Grösse des Gehäuses, der Stärke und Art der 13* 100 Victor Uhlig. [32] Seulptur derselben gänzlich ausgeschlossen. Die beschriebene Art steht überhaupt isolirt da und dieser Umstand dürfte es rechtfertigen, wenn ich mir erlaubt habe, sie trotz der unvollständigen Kenntniss derselben specifisch zu benennen. Klipstein’sche Sammlung. Crioceras dissimile Orb. sp. Synonymie bei Uhlig, Ceph. d. Wernsdorfer Sch., pag. 269. Ein wohl erhaltenes typisches Exemplar vertritt diese schöne und charakteristische Aıt, die bisher aus dem südfranzösischen Barremien und den Wernsdorfer Schichten bekannt ist. K. k. Hofmuseum. Crioceras aff. pulcherrimum Orb. Ancyloceras pulcherrimum Orbigny, Pal. franc. Ceph. eret., pag. 495, Taf. 121,’ Fig. 3—7. Ein Exemplar aus der geologischen Sammlung der Universität, das in Folge fragmentarischer Erhaltung nicht sicher bestimmbar, mit der genannten Art jedenfalls nahe verwandt, wenn nicht identisch ist. Acanthoceras n. sp. ind. Eine kräftig berippte, ziemlich evolute und niedrigmündige Form, die bisher noch nicht beschrieben wurde. Das vorliegende Exemplar ist leider zu schlecht erhalten, um näher beschrieben und abgebildet werden zu können. Aptychus angulicostatus Pict. et Lor. In zahlreichen typischen Exemplaren im rothen Mergel und im hellen Kieselkalk. Terebratula diphyoides Orb. Terebratula diphyoides Pictet, Melang. pal6ont. Taf. 23, 24, 29, Fig. 1—3, pag. 158. Ein vollkommen typisches Exemplar, im rothen Mergel erhalten. Geol. Univers.-Museum. Terebratula janitor Pict. Terebratula janitor Pictet, Melang. pal&eont. Taf. 29, Fig. 4—6, Taf. 30, pag. 161. Terebratula janitor Winkler, Neocom des Urschlauer Achenthales, pag. 25, Taf. I, Fig. 13. Mehrere (6), zum Theil sehr wohlerhaltene Exemplare der ge- schlossenen Form dieser Art, die mit dem tithonischen Typus in jeder Beziehung auf das vollkommenste übereinstimmen. Bei einem Exemplar ist das Loch ziemlich klein und liegt der Schnabelgegend näher, als bei den übrigen, es könnte demnach wohl auch als Zerebratula diphya angesprochen werden. Jene Form von Terebratula janitor, die Pietet und Loriol im Jahre 18583 aus dem Neocom der Voirons (N&ocomien des Voirons, Taf. IX, Fig. 6) als Teerebratula diphyoides Orb. beschrieben haben, ist mit den vorliegenden Stücken durchaus identisch. Bei Be- schreibung der Terebratula jJanitor gedenkt Pietet 10 Jahre später der Art aus dem Neocom der Voirons (l. ec. pag. 165) nochmals und [33] Ueber neocome Fossilien vom Gardenazza in Südtirol. 101 bemerkt, dass dieselbe wohl eher zu Terebratula jJanitor gehö:en dürfte, stellt es aber neueren Untersuehungen anheim, diese Frage zu ent- scheiden. Da die eitirte Abbildung bei Pietet und Loriol eine voll- kommen gute ist und über die Herkunft der Exemplare von den Voirons auch kein begründeter Zweifel vorliegt, glaube ich das Vorkommen der echten Terebratula jJanitor im Neocom umsomehr als erwiesen betrachten zu können, als auch Winkler diese Art aus dem Neocom des Ursch- lauer Achenthales angibt. Terebratula janitor besitzt demnach unter allen durehlochten Teerebrateln die grösste Verticalverbreitung, da sie nach Neumayr bereits in den Acanthicus-Schichten auftritt und bis in das Barremien anhält. Klipstein’sche Sammlung, geol. Univ.-S., k. k. Hofmuseum. Terebratula Bouei Zensch. Terebratula Bouei Zütel, Fauna der älteren Tithonbildungen, pag. 249, Taf. 37, Fig. 15—34. Fünf Exemplare, die ich von der angezogenen Tithonspecies nicht zu unterscheiden »weiss. Terebratula hippopus Röm. aus der unteren Kreide ist wohl sehr nahe verwandt; die vorliegende Form stimmt aber besser mit der Terebratula Bouei. Klipstein’sche Sammlung, k. k. Hofmuseum. Ahynchonella cf. capillata Zitt. Jihynchonella capillata Zittel, Fauna der älteren Tithonbildungen, pag. 267, Taf. 38, Fig. 38. Ein nicht vollständig erhaltenes Exemplar aus der Gruppe der Iohynchonella decipiens Orb., spoliata Su., Boissieri Piet. und capillata Zitt., welches bedeutend kleiner ist, als die ersten drei Arten und schon deshalb nieht damit identificirt werden kann. Am nächsten steht das vorliegende Exemplar der tithonischen Art, ist aber um ein Geringes grösser, als diese. Parona hat ebenfalls eine ziemlich grosse Form aus dem südalpinen Oxfordien mit Rh. capillata identifieirt. Eine genauere Bestimmung ist aus Mangel an Material nicht durchführbar. Klipstein’sche Sammlung. Pecten Agassizi Pict. et Lor. Pecten Agassizi Pict. et Loriol, N&ocomien des Voirons, Taf. IX, Fig. 2—4, pag. 43. Zwei Exemplare aus der Klipstein’schen Sammlung, welche zwar etwas grösser sind, als die Art vom Voirons, aber sonst damit sehr gut übereinstimmen. II. Neocom vom Ischler Salzberg, Vor längerer Zeit wurde mir von Herrn Oberbergrath Ed. v.Mojsi- sovies eine Anzahl Ammoniten vom Ischler oder Pernecker Salzberg übergeben, unter welchen sich einige Stücke von paläontologischem Interesse befarden. Ich erlaube mir daher im Anschlusse an die voran- stehende Mittheilung einige Bemerkungen über das genannte nordalpine Vorkommen beizufügen. 102 Vietor Uhlig. [ 34] Der Erhaltungszustand der Fossilien, die in einem dunkelgrauen, sandigen Meıgelschiefer eingeschlossen sind, ist ein sehr schlechter und zu paläontologischen Untersuchungen keineswegs einladender ; die Stücke sind ausnahmslos stark verzerrt und verdrückt und lassen daher weder die äussere Form, Dieke und Dimensionen, noch die Lobenlinie deutlich erkennen. Nur die Seulptur ist ziemlich gut zu sehen, und häufiger als dies sonst der Fall ist, erscheint auch der Mundrand erhalten. In meiner Arbeit über Cephalopoden aus den Rossfeldschichten konnte ich von der Localität Perneck nur zwei Arten anführen (pag. 392): Lytoceras sp. Holcodiscus cf. incertus Orb. Nunmehr liegen folgende Arten vor: Belemnites latus Bl. Phylloceras semistriatum Orb. % sp. ind. Lytoceras quadrisulcatum Orb. (?) A n. sp. ind. Haploceras Grasianum Orb. ; 4 N salinarium n. f. Hoplites cryptoceras aut. » Pexiptychus Uhl. cf. neocomiensis Orb. Holcostephamus polytroptychus n. f. Leda sp. Ein Schluss auf das geologische Alter ist nach dieser nicht be- sonders reichen Fauna schwierig, da die meisten unter den aufgezählten Arten zu den gewöhnlichen Vorkommnissen der Rossfeldschiebten, wie des alpinen Neocoms überhaupt gehören und sich sowohl im untersten Neocomien (Berriasschichten und Valanginien), wie im Mittelneocom (Stufe von Hauterive) vorfinden. Nur zwei Arten dürften darunter für die engere Altersbestimmung von Belang sein, nämlich Hoplites pexiptychus und Holcostephanus poly- troptychus. Die letztere Art kommt nämlich auch im Neocom der Kuf- steiner Gegend vor, wo es Herın Buchauer gelang (vergl. den vor- hergehenden Aufsatz darüber in diesem Hefte des Jahrbuches), die ältesten Neocomstufen nachzuweisen und wo speciell die genannte Art im unteren Neocomien auftritt. In denselben Schichten erscheint ferner auch Hoplites pexiptychus und eine diesem sehr nahestehende Art kommt auch im oberen Teschener Schiefer Schlesiens vor. Da nun auch die oberen Teschener Schiefer nach meinen bisherigen, noch im Gange be- findlichen Untersuchungen etwas älter zu sein scheinen, als das eigent- liche Mittelneocom, so ergeben sich daraus Anhaltspunkte, die für die vorliegende Fauna eine etwas tiefere Stellung als Mittelneocom ver- muthen lassen. Als ganz bestimmt kann dagegen angenommen werden, dass durch die vorstehende Fauna keine höhere Stufe, wie Mittelneocom vertreten sein kann, da Formen, wie Haploceras Grasianum, Hoplites erypto- ceras, Holcostephanus polytroptychus (sehr nahe verwandt mit H. Asti- erianus), über das Mittelneocom nicht hinauszugreifen pflegen. . f S : h i 3 3 = h 3 y | | $. [35] Ueber neocome Fossilien vom Gardenazza in Südtirol. 103 } Beschreibung der Arten. 1. Belemnites latus BI. Ein grosses typisches Exemplar. Museum der geol. Reichsanstalt. 2. Phylloceras semistriatum Orb. Zwei mangelhafte Exemplare, k. k. Hofmuseum. 3. Phylloceras sp. ind. Nicht näher bestimmbares, grosses Exemplar mit 11 Einschnü- rungen im letzten Umgang, vielleicht identisch mit Phylloceras berria- sense Piect. Museum der geologischen Reichsanstalt. 4. Lytoceras quadrisulcatum Orb. (?) Ein ziemlich grosses Exemplar gehört sehr wahrscheinlich zu dieser Art, ist aber zu schlecht erhalten, um mit Sicherheit bestimmt werden zu können. 5. Lytoceras n. sp. ind, Mehrere Exemplare vertreten eine neue, durch eigenthümliche Seulptur ausgezeichnete Art, leider gestattet aber der schlechte Er- haltungszustand die Erkennung wichtiger Merkmale nicht und verhindert daher die specifische Benennung. Die Seulptur des Gehäuses besteht nicht aus einfachen Linien, wie bei den übrigen Fimbriaten, sondern aus Linienbündelv. In der Nähe der Naht oder gegen die Mitte der Flanken zu spalten sich die von der Nahtlinie ausgehenden Rippen und weiter gegen die Externseite schaltet sich zwischen das auf diese Weise entstandene Rippenpaar noch eine weitere feine Rippe ein. Je drei Rippen gehören zusammen, die vorderste von ihnen ist stets die stärkste. Die Kräuselung ist meist nur schwach. Auf jedem Umgange befinden sich mehrere (ungefähr 4) Einschnürungen, die von stärkeren Rippen begleitet werden. Dicke, Dimensionen, Lobenlinie unbekannt. Ist nur die Externseite oder der gegen die Externseite zu gelegene Theil der Flanken erhalten, so erscheint die Sculptur als Wechsel von dicht- gestellten, stärkeren und schwächeren Linien, so zwar, dass sich je zwei schwächere zwischen zwei stärkere Linien einschieben. Ein Exem- plar, das auf diese Weise erhalten war, lag mir bei Bearbeitung der Cephalopoden der Wernsdorfer Schichten vor; es schalteten sich bei demselben jedoch drei schwächere zwischen zwei stärkere Linien ein. Die Nahtregion des betreffenden Stückes war nicht vorhanden und so konnte die Bündelung der Rippen nicht beobachtet werden. Ich be- trachtete dieses Exemplar als Vertreter einer neuen Art, ohne sie näher charakterisiren und specifisch benennen zu können (l. e. pag. 190, Taf. V, Fig. 14). Es ist sehr zu bedauern, dass die hier vorliegende Form nicht besser charakterisirt werden kann, da sie eine bisher ganz unbekannte Fimbriatengruppe vertritt. Ein Glied dieser Gruppe kommt in einer sehr nahestebenden Art auch im Teschener Neocom vor. Sammlung der geologischen Reichsanstalt und k. k. Hofmuseum, 104 Victor Uhlig. [36] 6. Haploceras Grasianum Orb. Ammonites Grasianus Orbigny, Pal. fr. Cephalop. eret., Taf. 44, pag. 141; Pietet Melang. paleont., Taf. 13, Fig. 1, pag. 74; Winkler, Neocom d. Urschlauer Ache, pag. 12; Uhlig, Cephalop. der Rossfeld- schichten, Jahrb. 1882, pag. 393. Liegt in zahlreichen (10) Exemplaren vor, die trotz ihrer Ver- zerrung die bezeichnenden Merkmale dieser Art sehr gut erkennen lassen. Lobenlinie, Nabelkante, Nabelweite, Beschaffenheit der Flanken stehen in vollkommener Uebereinstimmung mit dem südfranzösischen Typus und mit den übrigen Vorkommnissen der Nordalpen. Wie ich schon in der oben angezogenen Arbeit über die Cephalopoden der Rossfeldschichten hervorgehoben habe, ist der Mundrand auf der Extern- seite in einen mehr oder minder langen Schnabel weit vorgezogen und seht auf den Flanken bald in gestielte Ohren aus, bald ist er nur den Anwachslinien entsprechend gestaltet. Das Exemplar, welches am an- gegebenen Orte pag. 393 zur Erläuterung dieses Verhältnisses abgebildet wurde, gehört zwar, wie bei der folgenden Art auseinandergesetzt werden wird, nicht zu Haploceras Grasianum, sondern zu dem mit Externkiel versehenen Haploceras salinarium n. sp., es liegt mir aber nunmehr vom Ischler Salzberg ein Exemplar vor, das sicher die erstere Art repräsentirt und ebenfalls durch gestielte Ohren ausgezeichnet ist. Es ist demnach Alles, was über den Mundsaum von Haploceras Grasianum gesagt wurde, aufrecht zu erhalten. 7. Haploceras salinarium n. sp. Taf. V, Fig. 1—3. Einige Exemplare (5), die sich auf den ersten Blick als nahe Verwandte der vorhergehenden Art zu erkennen geben, bieten durch die Ausbildung der Externseite der Wohnkammer hohes Interesse dar. In den allgemeinen Formverhältnissen entsprechen sie so sehr dem Haploceras Grasianum, dass man kaum Bedenken tragen würde, sie damit zu vereinigen, wenn nicht die Externseite abweichend gestaltet wäre. Während diese bei Haploceras Grasianum glatt und wenig gewölbt, fast flach ist, erscheint hier ein medianer, ungefähr 2 Millimeter hoher, schmaler, schneidender Kiel, welcher gegen den Mundrand zu immer höher wird und auf den vorgezogenen Externlappen übergeht. Dieser Kiel ist bei mehreren Exemplaren so gut und deutlich erhalten, dass über das thatsächliche Vorhandensein desselben kein Zweifel bestehen kann. In welchem Stadium des individuellen Wachsthums er zuerst auftritt, lässt sich nach meinem Material nicht mit Sicherheit angeben. Jedenfalls ist er nicht auf die Wohnkammer beschränkt, sondern erscheint schon auf dem gekammerten Theil des Gehäuses, Das Exemplar von der Schleiferleiten, welches ich bereits in meinem Aufsatze über die Cephalopoden der Rossfeldschichten zur Abbildung gebracht habe, 1. ce. pag. 393, gehört sicher zu dieser Art und nicht zu Haploceras Grasianum. Bei Abfassung der genannten Arbeit lagen mir nur typische Exemplare von Haploceras Grasianum vor, ich betrachtete daher das Erscheinen eines Kiels als Folge der Zerdrückung und zog das gedachte Exemplar zu der genannten Art. Da die eitirte Abbildung sehr schlecht aus- gefallen ist, das Exemplar jedoch Beachtung verdient, wurde es auf ' ED ED a I eh [37] Ueber neocome Fossilien vom Gardenazza in Südtirol. 105 y Taf. V, Fig. 3, nochmals abgebildet. Der Mundsaum ist bei vier Stücken erhalten und zeigt ausnahmslos Ohren auf den Flanken. Die Ohren sehen an dem mehr oder minder scharf ausgeprägten Rande in eine feine, unregelmässig begrenzte Schale über. Die Lobenlinie zeigt, soweit sie beobachtbar ist, Uebereinstimmung mit der von Haploceras Grasianum. Exemplare aus dem Teschener Neocom, die mir gleichzeitig vorliegen, lassen die Lobenlinie deutlicher erkennen und danach scheint es, dass die Uebereinstimmung im Loben- bau eine vollständige ist, bis auf den Umstand, dass die Körper der Loben etwas schmäler sind, wie bei Haploceras "@rasianum. Bei reich- liebem, namentlich besser erhaltenem Material wird es vielleicht noch eelingen, fernere Unterscheidungsmerkmale aufzufnden. Endlich muss noch erwähnt werden, dass die kieltragenden Exemplare meist kleiner sind, als die von Haploceras Grasianum ; das Exemplar von der Schleifer- leiten ist das grösste, das überhaupt vorhanden ist. Interessant ist der Umstand, dass bei einer mit Haploceras Grasi- anum sehr nahe verwandten Art, dem. Haploceras Staszyci Zeusch. aus dem Tithon, eine ähnliche Kielbildung beobachtet wurde. Nach Zittel!) bemerkt man bei Schalenexemplaren aus der Rogozniker Breccie auf den inneren Windungen, etwa bis zu 30 Millimeter Scheiben- durchmesser in der Mittellinie des Externtheiles einen Kiel, der nach und nach in ein erhöhtes Band übergeht und sich alsdann gänzlich verwischt. Er scheint ganz oberflächlich auf die äusserste Schalen- schichte abgesetzt zu sein und blättert mit dieser regelmässig ab. Obwohl die Kielbildung von Haploceras salinarium mit der ana- logen Erscheinung bei dem Vorgänger dieser Art offenbar mehr gemein hat, als mit den Wulstbildungen, welche mehrere Haploceren auf der Externseite erkennen lassen (vergl. Haploceras eristifer Zitt.), so ist sie doch bei Haploceras salinarium von viel grösserer Bedeutung, als bei H. Staszyci. Der Kiel hört auf der Wohnkammer nicht auf, sondern wird im Gegentheil gegen die Mündung zu immer höher und stärker und dürfte, da er ja bei Steinkernen — allerdings Seulptursteinkernen — vorkommt, nicht auf die Schalenoberfläche allein beschränkt sein. Da in derselben Localität ganz gleich gut erhaltene Steinkerne mit und ohne Kiel vorkommen, dürfte das Vorhandensein oder Fehlen des letzteren nicht auf den Erhaltungszustand zurückzuführen, sondern an- zunehmen sein, dass in der That neben kiellosen auch kieltragende Formen vorhanden waren. Bei der grossen Aehnlichkeit derselben drängt sich weiters die Frage auf, ob hier ein specifischer Unterschied vorliege oder ob nicht vielleicht in der zweifachen Ausbildung der Externseite nur der Geschlechtsunterschied zum Ausdruck gelange. Da die kiellose Form an vielen Punkten ausschliesslich und in vielen Exemplaren vorzu- kommen scheint, ist es wahrscheinlicher, dass hier speeifischer Unter- schied vorhanden ist. Die Ertheilung eines neuen Namens konnte daher nicht umgangen werden. Haploceras salinarium n. f. ist mir von der Schleiferleiten,, vom Isehler Salzberg und aus dem Teschener Neocom bekannt. !) Aeltere Tithonbildungen, pag. 168, Taf. 27, Fig. 4, Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Band. 1. Heft. (Vietor Uhlig) 14 106 Vietor Uhlig. [38] Zahl der untersuchten Exemplare 6. Museum der k. k. geol. Reichsanstalt. 8. Hoplites cryptoceras aut. Zwei schlecht erhaltene Exemplare sind an die genannte Art an- zuschliessen. 9. Hoplites pexiptychus Uhl. Hoplites pesxipt ao Uhlig. Cephalop. der Rossfeldschichten, pag. 389, Taf. IV, Fig. Unter diesem a wurde von mir eine kleine, niedrigmündige, mit hohen, kräftigen Sichelrippen und Einschnürungen versehene Art aus den nordalpinen Rossfeldschichten von Schellenberg und von der Ahanderalpe beschrieben, welche die häufigste Art im Neocom des Ischler Salzberges bildet. Es liegen davon an 15 Exemplare vor, die leider durchaus verzerrt und schlecht erhalten sind. Die von mir g»- ‚gebene Beschreibung bestätigt sich dadurch in allen Stücken. Es wäre nur nachzutragen, dass bei manchen Rippen die erste Spaltung schon an der Naht eintritt, wozu dann noch die zweite Theilung in der oberen Hälfte der Flanken hinzu kommt. Die Exemplare sind meist klein; das grösste vollständige Exemplar zeigt bei einem Durchmesser von ungefähr 70 Millimeter einen grossen Theil der Wohnkammer. Ausser- dem ist ein Bruchstück von ungefähr 37 Millimeter Mündungshöhe vor- handen, das einem noch grösseren Individuum angehörte. Die Sculptur erleidet bei diesen grösseren Exemplaren keine bedeutende Veränderung, es tritt nur die Rippenspaltung in der oberen Hälfte der Flanken viel seltener auf, als bei kleineren Exemplaren. Die meisten Nebenrippen nehmen schon in der Nähe der Naht selbstständig ihre Entstehung und zeigen viel schwächere Endknoten wie die Hauptrippen. Die letzteren lassen auf der oberen Hälfte der Flanken leichte Verdiekungen, die den Knötchen der inneren Umgänge entsprechen, erkennen. Die Lobenlinie lässt sich in Folge der Verzerrung der Exemplare nicht deutlich wahrnehmen, sie entspricht, soweit sie erkennbar ist, der früher gegebenen Darstellung. Ein leider nicht vollständig erhaltenes und ebenfalls verzerrtes Exemplar zeigt den Mundrand, welcher auf der Mitte der Flanken in ein langes, schmales Ohr ausgeht. Mit Hoplites pexiptychus ist eine Art aus dem oberen Treschener Schiefer nahe verwandt, die später beschrieben werden wird. 15 Exemplare aus der Sammlung der geol. Reichsanstalt und dem Hofmuseum. 70. Hoplites cf. neocomiensis Orb. Die Art, welehe ich unter diesem Namen verstehe, besitzt eit flaches, engnabeliges Gehäuse, welches auf den inneren Windungen mit einer Seulptur versehen ist, die ganz dem entsprechenden, von Or- bigny (Pal. franc. Ceph. eret. Taf. 59, Fig. 8&—10) abgebildeten Stadium entspricht. Auf dem äusseren Umgange ist die Seulptur in ihrem Ver- laufe dieselbe, nur schwächen sich die Rippen auf der Mitte der Flanken fast bis zum "völligen Verschwinden ab, während sie am Nabelrande [39] Ueber neocome Fossilien vom ang in Südtirol. 107 und an der Externseite gut entwickelt sind. An einzelnen Stellen ver- laufen tiefere Einschnürungen. Möglicherweise ist die vorliegende Art mit Ammonites neocomiensis Orb. vollkommen identisch, es wird sich dies jedoch erst dann mit Sicherheit ergeben, wenn erwachsene Exemplare dieser Art aus den Originallocalitäten der Basses Alpes näher bekannt sein werden. Pictet beschreibt wohl in seinem Hauptwerke St. Croix, pag. 247, Taf. XXXIIH, Fig 1—3, das Altersstadium eines Hopliten, den er mit Hoplites neocomiensis identifieirt und der unserer Art dadurch nahe steht, dass auch bei ihm eine Abschwächung der Sculptur auf den Flanken bemerkbar ist. Es scheint sich jedoch die Art von St. Croix von der alpinen durch gröbere und weniger geschwungene Rippen und wahrscheinlich auch abweichende Jugendwindungen zu unterscheiden und davon. specifisch verschieden, dagegen mit dem norddeutschen Hoplites neocomiensis !) identisch zu sein. Da man demnach das Altersstadium des Hoplites neocomiensts nicht genau kennt, kann die Identification nieht mit Sicherheit vorge- nommen werden. Diese Art ist nur durch ein verhältnissmässig grosses Exemplar vertreten, das im Museum der technischen Hochschule aufbewahrt wird. Sie kommt auch im Neocom der Kufsteiner Gegend in besser erhaltenen Exemplaren vor und wird vielleicht bei einer späteren Gelegenheit abgebildet werden können. 11. Holcostephanus politroptychus. Taf. V, Fig. 4. Diese Form ist mit dem altbekannten Holcostephanus Astierianus Orb. so nahe verwandt, dass es genügen wird, statt einer vollständigen Beschreibung die unterscheidenden Merkmale anzugeben. Die Zahl der Knoten um den Nabel ist ungefähr dieselbe, als bei Holcostephanus Astierianus; die davon ausgehenden Rippen verlaufen aber nicht immer gerade und ausnahmslos nach vorn geneigt, sondern sind zuweilen schwach und in eigen- thümlicher Weise unregelmässig geschwungen. Ferner ent- _ springen nicht alle Rippen aus den Nabelknoten und ihrer nächsten Umgebung, sondern entstehen durch Spaltung, beziehungsweise Einschaltung auch auf der Mitte der Flanken, ja häufig auch in der Nähe der Externseite. Ueberdies stehen die Rippen weniger dicht, wie bei Holcostephanus Astierianus. Die Dimensionen lassen sich wegen der bald mehr, bald minder starken Verzerrung der Exemplare nicht mit Sicherheit angeben. Nur ein Exemplar hat augen- scheinlich nur wenig durch Verdrückung gelitten, und dies zeigt, dass sich die Höhe der Umgänge zur Breite derselben ungetähr wie 5:3 verhält: Das betreffende Exemplar wurde nebenstehend in der Ansicht von der Externseite ab- gebildet, um die Dicke des Gehäuses zu zeigen; wenn vielleicht auch a) Neumayr u. Uhlig, Hilsammonitiden. Palaeontographica, Bd. 27, Taf 48, Fig. 3, pag. 167. Er 108 Vietor Uhlig. Ueber neocome Fossilien vom Gardenazza in Südtirol, [40] die ursprüngliche Dicke etwas grösser war, so kann doch der Betrag der Verdrückung nach dem Erhaltungszustande des Stückes kein wesentlicher gewesen sein. Die Exemplare sind durchaus mit Wohnkammer und Mundrand versehen. Der Mundrand entspricht genau den bisherigen Darstellungen. Auf der ersten Hälfte des letzten Umganges befindet sich ausserdem noch eine, einem früheren Mund- rande entsprechende Einschnürung. Lobenlinie unbekannt. Anfangs glaubte ich diese Form als eine Localvarietät des im nordalpinen Neocom so verbreiteten Holcostephanus Astierianus be- trachten zu sollen. Der eigenthümliche Charakter der Rippen schien sogar auf eine pathologische Ausbildung «hinzuweisen. Als mir aber dieselbe Form von einer zweiten Localität (Kufsteiner Gegend) aus den Nordalpen und aus dem Teschener Neocom bekannt wurde, entschloss ich mich doch, sie unter einem besonderen Namen abzutrennen. Die Beschaffenheit der Sculptur ist eine so auffallende, dass es nicht schwer fallen dürfte, diese Form von allen übrigen, dem Holcostephanus Astierianus verwandten Formen zu unterscheiden. Orbigny hat bei Beschreibung seiner Art eine Abänderung hin- zugezogen, bei der einzelne Rippen auf der Mitte der Flanken einge- schaltet sind. Dieselbe (Pal. fr. Ceph. eret., Taf. 28, Fig. 4) kann deshalb nicht mit unserer Form in nähere Verbindung gebracht werden, weil die Rippen doch zumeist im Nabelknoten ihre Entstehung nehmen, viel diehter stehen und regelmässig gerade und nach vorn geneigt verlaufen. Unter den ausseralpinen Formen der Astierienus-Gruppe zeigt der von Römer abgebildete Am. multiplicatus (Norddeutsch. Kreidegeb. Taf XII, Fig. 3 ') Bidichotomie und Einschaltung von Nebenrippen auf der Mitte der Flanken. Eine Verwechslung mit dieser Form ist bei gröberer und regelmässigerer Berippung, ‘engerem Nabel und ab- weichender Gehäuseform gänzlich ausgeschlossen. Untersucht wurden 3 Exemplare von Ischl und 5 Exemplare aus der Gegend von Kufstein (Atmoosgraben). Die Exemplare vom Ischler Salzberge waren stark verdrückt und wurde ein Exemplar aus dem Atmoosgraben bei Kufstein abgebildet, dessen Erhaltungszustand viel besser ist als bei den Ischler Exemplaren. 1) Vgl. Palaeontographica, 27. Bd., Taf. XXI, Fig. 2 und XXI, 1, pag. 151. Br 5: A) ya a Sue Fa h h £ . = R Zur Wieliczka-Frage. Von C. M. Paul. Nachdem mein College Dr. Tietze, dem die geologische Detail- aufnahme der Gegend von Krakau und Wieliezka zugefallen war, eine grössere Arbeit über diese Gebiete vorbereitet, so habe ich es bisher vermieden, auf die Angriffe, die Herr Prof. Niedzwiedzki!) gegen meine Arbeit über die Lagerungsverhältnisse von Wieliezka ?) richtete, zu erwidern. Vollkommen unbeirrt in meiner Ueberzeugung von der Richtigkeit meiner diesbezüglichen tektonischen Grundanschauung, wollte ich ge- trost die Entscheidung dem unparteiischen Urtheile eines Dritten über- lassen, der, ein in der Karpathengeologie seit vielen Jahren versirter Fachmann, den Gegenstand aus eigener Anschauung kennen zu lernen und eingehend zu prüfen Gelegenheit hatte. Nun ist aber die Sache von anderer Seite wieder zur Sprache gebracht worden, und ich muss nun wohl mein Stillschweigen aufgeben, damit dieses nicht etwa als ein Rückzug, als ein Aufgeben meiner Ueberzeugung gedeutet werde und noch vor dem Erscheinen der zu erwartenden eingehenderen Erörterung des Gegenstandes durch Dr. Tietze ein ungünstiges Vorurtheil gegen meine Arbeit bei den Fachgenossen sich herausbilde. Im „N. Jahrb. für Miner., Geol. und Paläont.“, Jahrg. 1837, I. Bd., !. Heft, Ref. pag. 109, gibt Herr Th. Fuchs ein Referat über Niedzwiedzki's oben citirte Arbeit, oder eigentlich über die in dieser Arbeit gegen mich gerichteten Angriffe. Herr Th. Fuchs ist, wie allbekannt, ein verdienstvoller Paläontologe, namentlich einer unserer ausgezeichnetsten Kenner der Tertiärconchylien, aber ein Karpathengeologe ist er nicht; speeciell über die Tektonik von Wieliezka kann er kein aus eigenen Beobachtungen und Studien ge- schöpftes Urtheil sich gebildet haben. Wenn Herr Fuchs nichtsdesto- weniger über dieses, ihm eigentlich fernliegende Thema referirt, so könnte wohl erwartet werden, dass dieses nur in ganz objeetiver und unparteiischer Weise geschehe. !) Beitr. z. Kenntn.d. Salzformation v. Wieliczka u. Bochnia ete. Lemberg 1884, III. ) Jahrb. d. g. R.-A. 1880, 4. Heft. Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Band. 1. Heft. (C. M. Paul.) 110 C. M. Paul. [2] Das in Rede stehende Referat entspricht aber dieser gewiss be- rechtigten Erwartung insoferne nicht vollkommen, als einem Theile desselben (von Zeile 24 bis Zeile 40, pag. 110) eine solche Stylisirung gegeben ist, dass jeder Leser leicht zu dem Irrthume verleitet werden kann, es seien hier nicht sowohl individuelle, noch controverse An- sichten Niedzwiedzkis, sondern vielmehr wirkliche, nunmehr ganz feststehende, gegen mich sprechende Thatsachen wiedergegeben. Herr Fuchs mag das vielleicht selbst nicht beabsichtigt haben, wer aber die eitirten Zeilen durchliest, wird die Wahrscheinlichkeit eines solchen Eftecetes zugeben und es berechtigt finden, wenn ich die Fachgenossen nunmehr über den wirklichen Werth der von Nied- zwiedzki gegen mich vorgebrachten, von Fuchs reprodueirten Argu- mente mit einigen Worten aufzuklären versuche. Ich folge dabei dem Fuchs’schen Referate im „Neuen Jahrbuch“, da dieses wegen seiner kürzeren Fassung, sowie wegen des weitverbreiteten Organes, in dem es erschien, mehr als die Niedzwiedzki’sche Originalarbeit geeignet ist, einen grösseren Leserkreis zu finden. Die von mir ausgesprochene Grundanschauung über die Tektonik von Wieliezka ging dahin, dass die am Karpathenrande in überkippter Schichtenstellung anstehenden Liegendschichten des Salzthons, ihr am Tage südliches Verflächen, ähnlich wie bei Bochnia, in der Tiefe in ein nördliches wendend, sich unter die Grube hinabsenken und hier sammt dem Salzthone selbst mehrere Schiehtenwellen oder Sättel bilden, die, im südlichen Theile der Grube schärfer und nach Norden über- kippt, das hier herrschende allgemeine Südfallen der Schichten bedingen, während sie nordwärts allmälig flacher werden, bis endlich das nor- male nördliche Einfallen (wie es die Bogudicer Hangendsande zeigen) herrschend wird. Das verhängnissvolle Einbruchswasser des Jahres 1868 bezeichnete ich als aus Liegendschichten stammend. Der erste hiegegen erhobene Einwurf, ‚das geschichtete Salz- gebirge falle allerdings nach Süden und lasse sich in diesem Fallen bis hart an den Karpathenrand verfolgen, doch sei ein wirkliches Ein- fallen unter den Karpathensandstein nirgends erwiesen, da die Stollen nicht so weit reichten — würde eigentlich als solcher keiner umständ- licheren Erwiderung bedürfen, da ja das Gegentheil meiner Annahme, nämlich das Abstossen der Salzthongebilde am Karpathenrande durch eine Bruchlinie. aus ebendemselben Grunde ebensowenig erwiesen ist. Allein da dieses gerade der Kernpunkt der Frage nach der tektonischen Bedeutung des Wieliezkaer Karpathenrandes ist, so will ich doch mit einigen Worten darauf eingehen. Wohl reicht kein Aufschluss des Wieliezkaer Bergbaues so weit nach Süden, dass in demselben ein Einschiessen der Salzthongebilde unter die Karpathensandsteine direct beobachtet werden könnte. Doch ist dafür das Verhältniss zwischen Salzthon und Karpathensandstein an einem gar nicht entfernten Punkte der Oberfläche so deutlich zu be- obachten, dass darüber kein Zweifel zulässig ist. Dieser Punkt (Przebieezany) ist von Dr. Tietze untersucht und beschrieben worden.!) ') Dr. E. Tietze, Beitr. z. Geol. v. Galizien (2. Folge). Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1884, 1. Heft. Zur Wieliczka-Frage. LH 5. Der Genannte weist nach, dass der Rand des höher ansteigenden Karpathengebirges hier nicht, wie Niedzwiedzki vermuthet hatte, aus eretacischen, sondern aus tertiären Bildungen, wie sie dem Alter nach zunächst im Liegenden der Salzformation und angrenzend an die- ‚selbe zu erwarten waren, bestehe und fährt dann (l. e., pag. 174) fort: „Nehmen wir noch den Umstand hinzu, dass an dieser Stelle die Kar- pathensandsteine auch nicht mit der Spur einer Bruchlinie an die Salzformation angrenzen, sondern dass sie den Biegungen der letzteren sich anpassen, so führt uns diese Betrachtung im Wesentlichen doch zu der Anschauung Paul’s zurück, wonach wir die Störungen der Salzformation von Wieliczka ganz im Anschlusse an den Falten- wurf der älteren karpathischen Bildungen zu betrachten haben.“ Wenn also doch eine positive Beobachtung vorliegt, die für meine Auffassung dieses Verhältnisses spricht, so wird man dieselbe wohl nicht mehr als eine ganz unerwiesene Annahme hinstellen dürfen, es sei denn, dass man es vorzöge, die Beobachtungen Tietze’s einfach zu ignoriren oder zu negiren, weil sie Herrn Niedzwiedzki eben nicht conveniren. Ich meinerseits glaube mit umso grösserer Befriedigung auf diese Bestätigung meiner Grundanschauung durch Tietze hinweisen zu dürfen, da die eitirte Arbeit im Uebrigen nicht sehr wohlwollend für mich stylisirt und jedenfalls nicht als zu meinen Gunsten parteiisch zu bezeichnen ist. So betont Dr. Tietze beispielsweise wiederholt mit besonderer Schärfe eine an sich nicht sehr bedeutende, für die tekto- nische Hauptfrageganzirrelevante stratigraphische Correetur, die er an einer, von mir ohnedies nur ganz approximativ und ver- muthungsweise hingestellten Horizontirung eines tertiären Schichtgliedes vornehmen konnte!), während er für die Arbeit Niedzwiedzkis, die !) Es handelt sich hier um die stratigraphische Stellung der an die Salzthone angrenzenden Tomaskowicer Sandsteine und der dazugehörigen Schieferlagen. Ich hatte mit Bezug auf dieselben gesagt, „dass sie älter als die Hauptmasse der Salz- thone seien, etwa die tiefsten Lagen der neogenen Salzformation im weiteren Sinne darstellen dürften“. Tietze erkannte in denselben die Analoga derjenigen Bildungen, die mittlerweile in anderen Theilen Galiziens mit den Namen „Bonarowkaschichten“ und „Kugelsandsteine* belegt worden waren und dem Oligocän zugerechnet werden. Diese Erkenntniss bezeichnet zweifellos einen Fortschritt in Bezug auf das strati- graphische Detail; wenn aber Tietze deshalb sagt, ich hätte mich bezüglich dieser Stelle des Karpathenrandes „getäuscht“, so kann das doch leicht zu einer gänzlich missverständlichen Auffassung der ganzen Sachlage führen. Getäuscht hätte ich mich, wenn ich irgend eine falsche Ansicht mit Bestimmtheit gehegt und ausgesprochen hätte, ‚und durch dieselbe zu falschen Folgerungen gelangt wäre. Beides ist aber nicht der Fall; die oben eitirten Worte „etwa“, „im weiteren Sinne“ und „dürften“ zeigen doch zur Genüge an, dass ich über das absolute Niveau dieser Schichten keine bestimmte Ansicht aussprechen, sondern diese Frage als eine offene bez.ichnen wollte. Die relative Stellung dieser Schichten habe ich aber ganz so wie Tietze aufgefasst, ihr Verhältniss zum Salzthon als dessen normales Liegende ganz ebenso wie Tietze betont und mich also bezüglich derselben in gar keinem wesentlichen, für die tektonische Auffassung der Gegend belangreichen Widerspruche mit Tietze befunden. Das Profil von Wieliczka bleibt ganz das gleiche, ob man die Schichten von TomaSkowice als unterstes Neogen oder als oberstes Oligocän ansieht. Man wolle hierbei auch noch be- rücksichtigen, dass man es hier nicht mit fossilführenden Schichten zu thun hat und dass daher die Grenze zwischen Oligocän und Neogen am Nordrande der Karpathen eine meist ziemlich vage und oft ganz willkürliche ist. Das hat wohl jeder Karpathen- geologe schon empfunden, wenn er in den tieferen Lagen der neogenen Salzformation ganz flyschähnliche Lagen, ja stellenweise sogar menilitschieferähnliche Gebilde sich 112 C. M. Paul. [4] doch — auch von Tietze’s Standpunkt aus — in einem capitalen Irrthume gipfelt, mit Worten lobender Anerkennung nicht geizt. Auch Posepny verhält sich in seinem Referate über Nied- „wiedzkis Arbeit (Oesterr. Zeitschr. f. d. Berg- und Hüttenwesen. 1885, Nr. 49) im Wesentlichen ablehnend gegen die aus denselben resultirenden Gesammtanschauungen , lässt es aber hierbei, da er mir in der Sache nicht Unreeht geben kann, an persönlicher Ausfällen gegen mich nicht fehlen. !) Trotz dieser Ausfälle begrüsste ich auch dieses Referat mit Be- friedigung, denn die Hauptsache bleibt ja doch, dass in der in Rede stehenden, für Theorie und Praxis gleich wichtigen Frage die gute Sache, die Wahrheit, zur Geltung komme. Ob mein bescheidenes persönliches Ver- dienst um dieselbe hierbei Anerkennung findet oder nicht, ist schliess- lich nebensächlich. Der nächste Einwurf (in der kurzen Stylisirung des Fuchs’schen Referates) lautet: „Rothe Mergel kommen wohl im Hangenden des Salzgebirges vor, nicht aber in den tieferen Theilen, und ist nament- lich der Tomaskowicer Sand im Liegenden des Salzgebirges nirgends wirklich nachgewiesen worden.“ Hierzu ist nun Folgendes zu bemerken: Niedzwiedzki hat die Thone von Przebiecany, die, wie durch die Beobachtungen Tietze's (1. e., pag. 170 u. 171) nunmehr mit zweifelloser Evidenz nachgewiesen ist, den liegenderen Partien der Salzformation angehören, mit den Bogueicer Hangendsanden zusammengestellt; auf seinem Profil Nr. 3 (Tafel II, 1. Theil) lässt er dieselben sogar mitten in diese Hangendsande hinein auskeilen. Er wusste also, wie hierdurch erwiesen ist, in diesem hier in Rede stehenden Theile des Wieliezkaer Salinar- gebietes thatsächlich nicht, was Liegend und was Hangend ist. In welches Chaos falscher Folgerungen der Genannte durch solche einschalten sah, und wiederholt muss man sich die Frage vorlegen, wo denn eigentlich der Grenzschnitt zu legen sei und ob nicht möglicherweise manche heute als oligocän geltende Sandsteine in ihren höchsten Lagen schon zeitliche Aequivalente des älteren Neogen einschliessen. Dass ich die Schichten von Toma$kowice nicht mit den „Bonarowkaschichten“ parallelisirte, kann mir übrigens auch nicht zum Vorwurfe gemacht werden, da die letzteren zur Zeit meiner Arbeit über Wieliczka noch gar nicht gekannt und ausge- schieden waren. Endlich mnss ich zu diesem Gegenstande noch bemerken, dass ich in einer be- reits vor der Tietze’schen Arbeit in unseren Verhandlungen (1883, Nr. 14) publi- cirten Notiz (die Tietze wohl übersehen haben dürfte) mich ausdrücklich damit ein- verstanden erklärt habe, dass die TomaSkowicer Sandsteine „um eine Nuance tiefer in der tertiären Schichtenreihe horizontirt werden“, da dieses für die tektonische Gesammtauffassung des Gebietes gleichgiltig sei. Wenn also meine obencitirte Vermuthung an sich der Wahrheit ziemlich nahe kam, mich zu keinerlei irrigen, Tietze’s Anschauungen widersprechenden tektonischen Folgerungen führte, ausserdem niemals als bestimmte Behauptung ausgesprochen und endlich von mir selbst gar nicht als belangreich festgehalten wurde, so bot sie wohl eigentlich keine genügende Veranlassung zu Opposition und Tadel. Dieser hat im vor- liegenden Falle auch die — sicher unbeabsichtigte — Folge, dass durch denselben die schliessliche bestätigende Anerkennung meines Hauptresultates fernerstehenden Leser- kreisen etwas unverständlich gemacht wird; denn aus Täuschungen gehen in der Regel nicht richtige Gesammtanschauungen hervor. 3 !) Ich habe auf dieselben in der Oesterr. Zeitschr, f. d. Berg- und Hütten wesen, 1886, Nr. 7, geantwortet, u Aue Fa r— a AT a a a c EN Zur Wieliezka-Frage. 713 Irrthümer gerathen musste, bedarf nicht der Erörterung, und es ist be- greiflich, dass er dann auch manche rothe Thone, die vermöge der hier herrschenden überkippten Schichtenstellung im scheinbaren Hangenden auftreten, in ihrer wirklichen Position verkannte und miss- deutete. Der Werth des Einwurfes dürfte hiedurch genügend charakteri- sirt sein. Was speeiell die Tomaskowicer Sande betrifft, so stellen dieselben, wie nunmehr wohl von Niemandem mehr geleugnet wird, sammt den mit ihnen eng verbundenen Thonen das unmittelbare normale Liegende der eigentlichen Salzthone dar. Wenn nun thatsächlich im Bergbaue im unbestrittenen Liegenden des Salzthons wasserführende (also jedenfalls sandige) Lagen angetroffen wurden, was kann näher liegen, als diese als Aequivalente der Tomaskowicer Sande zu betrachten? Dass aber wirklich im Laufe der Jahre wiederholt durch „Beleidigung des Liegenden“ wasserführende Schichten angeritzt wurden, davon gibt Hrdina (Gesch. d. Wieliezkaer Saline. 1842, pag. 110) eine Reihe von Beispielen. Sollen etwa alle diese Facta ignorirt werden, weil sie zuNiedzwiedzki's Theorie nicht stimmen ? Weiter wird von Seite meines geehrten Herrn Gegners geläugnet, dass sich unter dem Materiale des Wassereinbruches im Kloskischlage Quarzgerölle befunden haben. Herr Prof. Niedzwiedzki war um einige Jahre später in Wieliezka als ich, es ist daher leieht möglich, dass das Materiale des Wassereinbruches zur Zeit seiner Anwesenheit nicht mehr in jener Vollständigkeit vorhanden war, als zu meiner Zeit. Wenn er aber solche Gerölle nicht sah, so beweist das doch nicht, dass sie ein Anderer nicht gesehen haben könne. Ich habe sie wirklich gesehen und glaube durch meine wissenschaftliche und amt- liche Vergangenheit wohl hinlänglich gegen den Verdacht geschützt zu sein, ich habe diese Beobachtung einfach erfunden. Wenn man alle un- bequemen Thatsachen ableugnet, kann man freilich leicht alles Mög- liche angreifen und alles mögliche vertreten. Zur Stütze meines Satzes, dass das Einbruchswasser des Kloski- schlages aus Liegendschichten stammte, hatte ich unter Anderem auch die Thatsache angeführt, dass der Wassereinbruch zuerst an der Sohle des Stollens erfolgte. Dies wird wohl von Herrn Niedzwiedzki zu- gegeben, die Thatsache soll jedoch deshalb nicht beweiskräftig sein, weil sich die Einbruchsstelle später nach oben verlegte. Es scheint mir nun, dass für die Frage, ob ein Einbruchswasser von oben oder von unten stamme, der Punkt, wo es zuerst erscheint, doch viel mass- gebender sein muss als die Stellen, zu denen es sich später einen Weg bahnte. Auch ein aus Liegendschichten stammendes Wasser muss, wenn die wasserführende Schichte, wie doch wohl unvermeidlich an- genommen werden muss, irgendwo an der Oberfläche, also in einem viel höheren hypsometrischen Niveau als die Einbruchsstelle, erscheint, nach den einfachsten hydrostatischen Gesetzen einem Druck nach auf- wärts unterworfen sein; diesem Drucke folgend, muss dann das Wasser, sobald es durch Anritzung der trennenden, undurchlässigen Grenzschichte einmal in den Salzthon gelangt ist, in diesem nach aufwärts streben, und es ist wohl klar, dass der vielfach mit Salz imprägnirte und da- durch in einzelnen Partien in verschiedenem Grade im Wasser lösliche Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Band. 1. Heft. (C. M. Paul.) 15 114 c. M. Paul. [6] Salzthon der Ausdehnung des Wassers nach keiner Richtung hin einen dauernden Widerstand entgegensetzen kann. Dass das Wasser dann irgendwo anders, etwa an den Seitenwänden oder am First des Stollens wieder hervortritt, das hängt nur von den verschiedenen Löslichkeits- verhältnissen des Salzthons ab und hat für die Frage, wo es ursprüng- lich herstammte, keinen Belang, ebensowenig als der Umstand, dass sich die erste Einbruchsstelle später nach Eröffnung anderer Austritts- stellen wieder verschlemmte. Etwas ernstbafter scheint bei flüchtiger Betrachtung der folgende Einwand, er ist jedoch, wie ich zu zeigen versuchen werde, bei näherer Beleuchtung ebenso nichtssagend, wie die übrigen. Ich hatte gesagt: „Wäre der Kloskischlag ein vom Liegenden gegen das Hangende ge- triebener Schlag, der an seinen, zu weit nach Norden vorgeschobenen Nordende wasserführende Hangendschichten erreichte, so müsste mit zwingender logischer Nothwendigkeit angenommen werden, dass ein höher (also näher gegen die Hangendsande) und noch weiter gegen Norden vorgetriebener Querschlag die wasserführenden Schichten un- bedingt früher erreichen müsse.“ Als Beispiel eines solchen höheren, weiter nach Norden reichenden Querschlages führte ich den Querschlag „Grubenthal“* im „Rittingerhorizonte“ an. Herr Niedzwiedzki be- hauptet nun (wohl auf Grund neuerer oder eigener Messungen ?), dass der Querschlag Grubenthal keineswegs weiter nach Norden reiche, als der Kloskischlag, sondern um 200 Meter südlicher als der letztere ende und erklärt deshalb meinen obigen Satz als „irrthümlieh be- gründet“. Ich gebe nun gerne zu, dass die Angabe Niedzwiedzkis bezüglich des Querschlages „Grubenthal*“ richtig sein mag, es dürfte damit aber wohl ein anderer Schlag gemeint sein, als der, von dem ich sprach; mir war der Name „Grubenthal“ für einen solchen Sehlag angegeben worden und es ist leicht möglich, dass bezüglich dieser Namensbezeichnung ein Irrthum obwaltete. Dem Wesen der Sache nach bleibt aber meine obige Argumentation doch unantastbar richtig, sobald nur irgend ein höher liegender, ebensoweit nach Norden reichender Querschlag existirt, möge derselbe nun „Grubenthal“ oder anders heissen. Dass aber ein soleher wirklich existire, das gibt Niedzwiedzki selbst zu, indem er auf seinem Profile (III. Abth., Taf. IV,) selbst oberhalb des Kloskischlages einen solchen einzeichnet. Derselbe ist hier mit dem Namen „Colloredo“ bezeichnet. Es ist hier- bei gar nicht nöthig, dass der höhere Schlag noch weiter gegen Norden reiche; ist das Verhältniss so, wie es Niedzwiedzki zeichnet, so musste ein aus Hangendschichten stammendes Einbruchswasser den höheren Schlag früher treffen als den Kloskischlag, und mein obiger Satz behält seine volle Giltigkeit. Ferner wird noch gegen meine Darstellung der Lagerungsverhält- nisse von Wieliezka eingewendet, die von mir an mehreren Stellen angegebene scharfe Krümmung der Spizasalzflötze sei in Wirklichkeit nicht vorhanden, sondern beruhe auf einem groben Irrthume Hrdina’s, der bei Benützung der Grubenkarten eingezeichnete Schächte für Salz- flötze gehalten, und auf dessen Karte ich mich verlassen hätte. Um Hrdina brauche ich mich wohl nicht in umständlicher Weise anzunehmen. Fehlerfrei ist ja die Arbeit des Genannten nicht, N A [7] Zur Wieliezka-Frage. 115 I und irgend ein vereinzelter Lapsus konnte ihm, wie Jedermann passiren. Dass aber dieser, durch lange Zeit in Wieliczka als k. k. Markscheider thätige Fachmann Grubenkarten nicht zu lesen verstand und an allen Stellen, wo sein Profil Krümmungen und durch dieselben bedingte locale steile Schichtenstellung der Spizaflötze angiebt, überall eingezeichnete Schachte mit Salzflötzen verwechselt habe — das dürfte Herrn Niedzwiedzki wohl kaum irgend ein unbefangener Fachgenosse glauben. Was mich betrifft, so habe ich mich übrigens auch durchaus nicht auf Hrdina blindlings verlassen; ich hatte das nicht nöthig, da mir bei meiner Anwesenheit in Wieliezka von Seite der dortigen k. k. Grubendirection die auf den neuesten Erfahrungen basirenden Grubenkarten und Aufrisse zur Verfügung gestellt worden waren. Auch habe ich, ebensogut wie Herr Niedzwiedzki, die Grube selbst be- sichtigt und mir meine Ansichten aus eigener Anschauung gebildet. Jeden einzelnen Punkt habe ich allerdings nicht gesehen, ebensowenig als Herr Niedzwiedzki oder sonst jemand, da die Gesteinsmassen zwischen den einzelnen befahrbaren Grubenstrecken nicht aus durch- sichtigem Glase bestehen. Will man aber zu einem tektonischen Ge- sammtbilde gelangen, so muss eben das nicht Beobachtbare durch Combination des Beobachteten ergänzt werden, und es kommt hierbei nur darauf an, dass dies in richtiger Weise geschehe. Es ist aber ge- wiss vollkommen richtig, Spizasalzflötze, die mit einer gewissen Fall- richtung auf grössere Erstreckung beobachtet werden können, in der- selben Richtung nach oben und unten in den nicht beobachtbaren Theilen des Gebirges auf mässige Entfernungen fortsetzend anzunehmen. Dies ist mindestens nicht willkürlicher als die gegentheilige Annahme, nach welcher sie immer eben dort, wo man sie zufällig nicht mehr beobachten kann, plötzlich abbrechend gedacht werden müssten. Die Betrachtung der Fallrichtung der Spizasalze in der Grube ergiebt nun aber, dass dieselben gegen oben convergiren, und daher unter der wohlberechtigten Annahme ihrer Forterstreekung nothwendig oben zusammenstossen und dadurch jene Kniekungen bilden müssen, deren Existenz Niedzwiedzki leugnet. Ob diese Knieckungen scharf oder gerundet, ob sie zusammen- hängend oder local zerrissen und unterbrochen sind, das ist für die tektonische Frage gleichgiltig. Wenn eine in solcher Weise aus wirklichen Beobachtungen abgeleitete Ueberzeugung dann noch mit den Einzeichnungen eines praktischen, von gar keinem tektonischen Vorurtheile befangenen Montanisten stimmt und überdies an zahlreichen anderen Stellen des Karpathenrandes, wo überall dieselben überkippten Falten beobachtet werden können, ihre Analoga findet, so kann sie doch wohl als ernst- haft begründet gelten, und es ist für Wissenschaft und Praxis wohl nicht sehr förderlich, wenn derartige rein subjective Einwände da- gegen erhoben und diese dann in einseitig gefärbten Referaten gleich wichtigen Errungenschaften der Wissenschaft reprodueirt und weiter- verbreitet werden. Weiters sagt Herr Niedzwiedzki noch Folgendes: „Bei der Darstellung der Verhältnisse am Kloskischlage erscheint von Seiten Paul’s die Angabe Hrdina’s, dass nördlich hinter den dortigen 15* 116 ©. M. Paul. Zur Wieliezka-Frage. [8] Spizasalzlagen Grünsalzgebirge folgt, einfach ignorirt, obgleich gerade dieser Umstand vor Allem bei der von Paul ventilirten Frage, ob man bei dem genannten Querschlage in’s Liegende oder Hangende vorrückte, von entscheidender Wichtigkeit ist“. Darauf erwiedere ich, dass ich diese Angabe Hrdina’s aus dem einfachen Grunde ignorirte, weil ich sie bei meiner persönlichen Be- gehung des Kloskischlages nicht bestätigt fand. Ich habe mich eben in gar keinem Falle kritiklos auf Hrdina’s Einzeichnungen verlassen. Und wenn ich behaupte, im Kloskischlage nördlich von den Spizasalz- lagen kein Grünsalz beobachtet zu haben, so befinde ich mich in Uebereinstimmung mit Niedzwiedzki selbst, der ja auch auf seinem Profile (III, Taf. IV) im Kloskischlage nördlich vom Spizasalz kein Grünsalz einzeichnet. Allerdings scheint Niedzwiedzki an dieser Stelle seinen „oberen Salzthon“ anzunehmen, allein dieser ist, wenn sein Charakteristicum (nämlich die Grünsalzkörper) fehlt, durch gar nichts als solcher erwiesen. Wenn mir Niedzwiedzki schliesslich noch vorwirft, dass auf meinem Profile ein oberflächlicher Höhenunterschied von 30 Meter nicht zur Geltung komme, so habe ich darauf nur zu erwidern, dass bei dem kleinem Maassstabe meines Profiles ein soleher Höhenunterschied kaum bemerklich zu machen wäre und dass ich ausserdem wirklich nicht Veranlassung hatte, mich bei meiner, der Klärung einer wichtigen tektonischen Frage gewidmeten Arbeit, um derartige irrelevante Klein- lichkeiten zu kümmern. Die in vorstehenden Zeilen versuchte kurze Charakterisirung und Erörterung der gegen meine Ansichten über die Tektonik von Wieliczka vorgebrachten Einwände dürfte es wohl als erklärlich und berechtigt erscheinen lassen, wenn ich diese Ansichten, wie ich schon im Eingange dieser Zeilen betonte, unbeirrt aufrecht erhalte. Ich schliesse diese mir aufgedrungene Polemik mit dem Wunsche und der Bitte, es möge jeder Fachgenosse, der sich in Hinkunft noch für diesen Gegenstand interessirt, auch alteram parte m hören und ausser der Niedzwiedzki'schen Arbeit auch die übrige einschlägige Fach- literatur berücksichtigen; dann wird die Ueberzeugung bald eine allge- meinere werden, dass die Niedzwiedzki’sche Arbeit über Wieliezka trotz der zahlreichen, fleissig zusammengetragenen Details, die sie ent- hält, doch im Ganzen und Grossen eine recht bedauerliche, rückschritt- liche Verwirrung des Gegenstandes involvirt. De Zu 3 . ET ER RR EEE DE BAER Da a 2 ee Si 2 ee a ie nn u u di: ta: Zur Geologie des Granulitgebietes von Prachatitz am Ostrande des Böhmerwaldes. Von Garl Freiherrn v. Camerlander., Aus einer Terra ignota machten die in den Beginn der Anstalts- thätigkeit fallenden Aufnahmen Ferd. v. Hochstetter’s den Böhmer- wald zu einem, in seinem geologischen Aufbaue, wie seiner reichen petrographischen Gliederung wohlbekannten Gebiete. Nicht blos die Hauptgrundzüge, auch überaus viele Details der geologischen Zusammen- setzung haben uns die kartographischen Darstellungen Hochstetter's im Verein mit seinen vollendeten Schilderungen kennen gelehrt, so dass, wer nach denselben und darauf fussend, mit dem einen oder anderen Stück der Böhmerwaldgeologie sich beschäftigte, entweder nur einzelne Nachträge zu dem kartographischem Bilde bieten oder die petrographische Kenntniss einzelner Glieder des Böhmerwälderschichten- verbandes dank der verbesserten Untersuchungsmethoden vermehren konnte. In diesem Sinne wollen auch die nachfolgenden Mittheilungen aufgefasst sein, indem sie theils einige Nachträge zur Karte eines der von Hochstetter in ihrer überaus reichen petrographischen Gliederung voll gewürdigten -Granulitgebiete '), desjenigen von Prachatitz, theils eine eingehendere Untersuchung einiger, an die Grenze von Granulit und Gneiss gebundener Schichtglieder bieten sollen, deren stratigraphische Bedeutung und petrographische Mannigfaltigkeit Hochstetter bereits erkannte. Den äusseren Anstoss zu vorliegender Arbeit gab eine Suite kleiner Gesteinsstücke, die Herr k. k. Schulrath Dr. K.Schwippel gelegentlich eines Sommeraufenthaltes im Jahre 1885 in der Umgebung von Prachatitz gesammelt hatte. Indem die Untersuchung überraschende Analogien mit Bildungen innerhalb eines der anderen Granulitgebiete des Böhmer- waldes, des Schöninger- (Planskerwald-) Gebietes ergab, welche kürzlich A. Schrauf in seiner bekannten Arbeit: „Beiträge zur Kenntnis des Associationskreises der Magnesiasilicate“ ?) so überaus eingehend studirt !) F. v. Hochstetter. Geognostische Studien aus dem Böhmerwald I. Granulit und Serpentin im südlichen Böhmen. Jahrb. d. geolog. Reichsanst. 1854, Bd. V, pag. 1—67. -) Zeitschr. f. Krystall. u. Mineral. 1882, Bd. VI, pag. 321—388. Jahrbuch der k.k. geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Band. 1. Heft. (C. v. Camerlander.) 118 C. v. Camerlander. [2] hat, schien es wünschenswerth, an Ort und Stelle von dem geologischen Verbande der zu besprechenden Bildungen Kenntniss zu nehmen. Indem ich im Mai 1886 zwei Wochen in dem östlichen Abfalle des Böhmer- waldes verbrachte, konnte ich ausser den, auf diese Bildungen bezüglichen Beobachtungen noch etliche andere sammeln, welche zur Ergänzung des von Hochstetter entworfenen Bildes dienen können. Ausser- ordentlich fördernd stand mir hierbei die reiche Localkennntniss des Herrn Berg- und Hütten-Ingenieur A. Micko in Prachatitz zur Seite, dem für die rege Unterstützung meiner Arbeit mein herzlichster Dank gebührt. Dank schulde ich aber auch Baron Foullon für die Unter- stützung bei der mikroskopischen Bearbeitung des Materials. In seiner genannten Arbeit!) entwirft Hochstetter das folgende Bild von den geologischen Verhältnissen des uns interessirenden Granulit- gebietes von Prachatitz, welches ich als den Thatsachen fast durchwegs vollkommen entsprechend kurz hier wiedergebe. In Eiform, respective in Gestalt einer etwas unregelmässigen Ellipse mit SO.—NW. gerichteter Hauptaxe erstreckt sich nach dieser das Granulitgebiet durch etwa 10 Kilometer von Zaborsch bis gegen Bel&E, nach der Nebenaxe durch etwa 7 Kilometer von Prachatitz bis Witejitz (Widerwez). Bäche bilden annähernd genau die Grenze des Gebietes, wie sie es auch ziemlich ungezwungen in drei petrographisch etwas unterschiedene Antheile zerlegen, deren westlicher, die nächste Umgebung von Prachatitz selbst, die interessantesten Verhältnisse zeigt. Ziemlich constant zieht sich längs der Grenze dieser Granulitellipse und des angrenzenden Gmneisses eine Gesteinsfolge, die Hochstetter als aus Hornblendeschiefern, Serpentin, Diorit und einem porphyrartigen Granit zusammengesetzt bezeichnet. Indem an sämmtlichen Grenz- punkten der Granulit den umgebenden Gneiss unterteuft, wird das Vorhandensein eines der sächsischen Granulitellipse vergleichbaren convexen Granulitstockes mit einem davon rings abfallenden Gneiss- mantel angenommen. An diesem allgemeinen Bilde wären zunächst zwei Aenderungen anzubringen; die eine bezieht sich auf die genauere Feststellung der Nordgrenze des Granulitgebietes, die in Wirklichkeit nicht so weit nach Nord zu verläuft, als es bei Hochstetter’s Kartirung der Fall ist. Die Grenze, von der allerdings Hochstetter sagt, dass sie nordöstlich von Prachatitz schwer mit Sicherheit zu ziehen sei wegen des hier herrschenden, sehr allmäligen Ueberganges von Granulit und Gneiss, dürfte richtiger durch den Ort Bel& verlaufen gegen den Cihadlo zu. Eine zweite, wichtigere Aenderung betrifft das Vorhanden- sein von Liegendgneissen, also im Kerne des Granulitdomes. Wohl bezeichnet Hochstetter eine seiner Granulitabarten, die körnig- schuppige, als geneigt, durch das Aufhören von Cyanit und Zurück- treten des Granat in Gneiss überzugehen; doch geht aus seinen Schilderungen nicht hervor, ob er von den hier in’s Auge gefassten Punkten im Centrum der Prachatitzer Granulitellipse das Vorhandensein dieser gneissähnlichen Granulite constatirte. Es wäre auch auf die !) a. a. O. pag. 43 ff. f' v f; 2 2 a ee er a an a ° [3] Zur Geologie des Granulitgebietes von Prachatitz. 119 \) Existenz dieser inneren centralen Gneisszone weiters kein Gewicht zu legen und könnte ganz wohl an solche gneissähnliche Varietäten des Granulits gedacht werden und dies umsomehr, als ja in diesem Liegend- gneiss selbst kleinere untergeorgnete Granulitlager nicht fehlen — wenn nicht das von diesem Liegendgneiss eingenommene Gebiet in seinen äusseren Umrissen ausserordentlich conform verliefe der elliptischen Gestalt des gesammten Granulitgebietes. Es tritt dieser centrale Gneiss nämlich innerhalb einer, wie folgt markirten Zone auf: Von dem äussersten Nordwestpunkte dieser inneren Gneissellipse bei der Rumpal- mühle') (Prachatitz N.), ziemlich gleichmässig nach ©. verlaufend, überschreitet sie bei der Höheneöte 531 (Witejitz S.) den Goldbach, um in dem, am Ostufer desselben gelegenen Grünberge den äussersten südöstlichen Punkt zu erreichen, von wo dann in der der Längsaxe der Gneiss-, wie der Hauptgranulitellipse entsprechenden nordwestlichen Richtung die Grenze durch das südliche Ende des Dorfes Nebahau weiter verläuft. Diese Uebereinstimmung in den Begrenzungen einer- seits des inneren Gneisskernes, und der Granulitellipse andererseits ist zu auffällig, als dass ihr nicht eine gewisse stratigraphische Bedeutung zuerkannt und das Vorhandensein einer eigenen Liegendgneisszone zugegeben werden müsste. Was aber den tektonischen Zusammenhang derselben mit der Granulitellipse betrifft, so ist derselbe nicht sofort klar, schon allein darum, weil Hochstetter’s Annahme, dass der Granulit im Centrum des Gebietes horizontal liege, nicht ganz zutrifft. Vielmehr lässt sich an vielen Punkten nahe dem Centrum, also in der Nähe dieses Liegend- gneisses, eine steilere Stellung des Granulits ersehen als etwa nahe dem äusseren Rande. Indem eine Schilderung, respective ein Vergleich dieses Liegend- gneisses mit dem mächtigen Hangendgneiss ausser die mir gestellte Aufgabe fehlt, betone ich nur noch, dass der petrographische, respective strueturelle Wechsel der Liegendgneisse ebenso gross ist wie beim Hangendgneiss. Von typischen Flasergneissen und von sehr glimmer- reichen, ganz ähnlich den Hangendgneissen, wie sie etwa am Libinberg (Prachatitz SW.) anstehen, gibt es Uebergänge zu solchen, die schon sehr granulitartigen Habitus besitzen. 3 Die früher erwähnten Granulitlager innerhalb dieses Liegend- gneisses erscheinen in relativer Mächtigkeit auf dem Gipfel der Kobyla hora bei einer der vielen daselbst vorhandenen Einschichten (wo auf der Specialkarte Z. 9, Col. 10, die Buchstaben ch von chalupy stehen), ferner knapp östlich davon an dem Hügel nördlich von der Höheneöte 699 Meter, endlich (nach einzelnen herumliegenden Blöcken) nördlich vom Gipfel des Nebahauer Berges (Nebachow) bei der nächsten Einschicht. Ein weiterer Nachtrag zu dem Bilde, welches Hochstetter von der Geologie der Umgebung von Prachatitz entwarf, betrifft die Con- statirung mehrerer Vorkommen von jener interessanten Gesteinsvarietät, welche Hochstetter aus einem der übrigen Granulitgebiete des Böhmer- !) Für die genaue Feststellung dieses Grenzverlaufes bin ich auch wieder Herrn Micko zu Dank verpflichtet. 120 C. v. Camerlander. [4] waldes, jenem von Christiansberg als Glimmerdiorit beschreibt. ?) Ganz analogen Bildungen begegnen wir auch im Granulitgebiete von Prachatitz, respective der randlichen Hangendgneisszone desselben. Es lässt sich dieses, ob seiner Wetterbeständigkeit vielfach benutzte Ge- stein, dessen Verwendbarkeit noch durch die im frischen Bruche leichte Verarbeitung wesentlich gehoben wird, an folgenden Punkten nachweisen: Am Libinberge zieht von dem mit dem hohen Aussichtsthurme gekrönten Gipfel längs des Kammes, respective knapp westlich davon in nordwestlicher Richtung (etwa h. 22), d. i. in fast der gleichen Streichrichtung wie das Vorkommen von Christiansberg und nicht sehr abweichend von der Streichrichtung des Gneisses, in dem es auftritt, das eine grössere Vorkommen des Glimmerdiorites. Theils lässt es sich nach austehendem Fels, theils nach alten, längst aufgelassenen, weil ausge- beuteten Brüchen constatiren. Die grösste Mächtigkeit beträgt hier über 100 Meter, während die Längserstreckung wegen der starken Bewaldung nicht genau fixirt werden kann. Die räumlichen Dimensionen sind übrigens bedeutender als bei dem bisher allein bekannt gewesenen von der Waldmühle bei Christiansberg, wo die Mächtigkeit 30 Meter beträgt. Als zweites Vorkommen kann man jenes bezeichnen, welches quer auf das ebenerwähnte NO. vom Libingipfel gegen die östliche Abdachung herunterstreicht. Dieses lässt sich nur in Blöcken erkennen und besitzt Jedenfalls nur unbedeutende Mächtigkeit und Erstreekung. Bemerkens- werth ist nur, dass der Gneiss an der Grenze gegen diesen unterge- ordneten Glimmerdioritgang an Biotit angereichert erscheint, wie man dies an dem Wege zur Patriarchenkapelle, ONO. von der Höheneöte 624 Meter, an den herumliegenden Gesteinsblöcken erkennen kann. Ein drittes, dem Christiansberger Vorkommen näher gelegenes Vorkommen befindet sich auf dem Freiberg, wo es ansteht und in der Richtung gegen Luzerier, ziemlich in der Mitte zwischen Prachatitz und Christiansberg gelegen, sich zu erstrecken erscheint. Es ist mit diesem Vorkommen auch ein räumlicher Zusammenhang mit dem von Christians- berg angedeutet. Indem wir uns den Biotitdioritvorkommnissen nördlich von Prachatitz zuwenden, haben wir zunächst des jetzt schwunghaft abgebauten Ganges bei Grilling (nahe Prachatitz) zu gedenken, wo es wieder in einer be- deutenden Mächtigkeit ansteht. Sein Dasein lässt sich hier (knapp SW. von dem Dorfe) auch ausser dem Bruche dureh die glänzende Schwarzfärbung der Ackerkrume erkennen. Ein fünftes Vorkommen befindet sich bei Widerwez (Vit&jice), südlich des gleichnamigen Gipfels, aueh wieder in der randlichen Gneisszone. Weiteren Vorkommnissen begegnen wir endlich in der oben er- wähnten Liegendgneisspartie der Prachatitzergranulitellipse, dem einem bei der Localität der Speecialkarte Hor&jsi und schliesslich einem auf der kleinen isolirten Kuppe NO. von Zdenitz oberhalb der Höheneöte 699, sowie in dem sumpfigen Thale zwischen diesem Punkte und dem östlich davon befindlichen Schwarzwalde an der Westabdachung des Nebahauer Berges gegen das Dorf Zernowitz zu. Diese letztgenannten Vorkommen sind untergeordneter Natur. ya. a. 0. pag. 51. Ba u Ze re De u Ze on eh Ze Ze = a ci 1 u [5] Zur Geologie des Granulitgebietes von Prachatitz. 121 Li Der eingehenden petrographischen Beschreibung, welche der Glimmerdiorit von Christiansberg kürzlich durch G. Stark] in seiner Arbeit „Ueber neue Mineralvorkommnisse in Oesterreich“) erfahren, lässt sich auch für die oben bekannt gemachten, neuen Vorkommen innerhalb der Prachatitzer Granulitellipse, respective an deren Rande, kaum etwas neues beifügen. Die Unterschiede sind zumeist nur durch structurelle Abweichungen, durch gröberes oder feineres Korn, sowie durch ein Vortreten, respeetive eine Abnahme der Feldspathpartien gegeben. In unseren Vorkommen wie in jenem von UChristiansberg, handelt es sich um die gleiche Mineralassociation von vorwaltend Biotit, reich an Apatiteinschlüssen, und einer schwachgrünen Hornblende mit sehr zahlreichen, kaum deutbaren, wasserklaren Einschlüssen und unter- geordnet Plagioklas und Quarz, beide innig miteinander verquickt, sowie endlich Apatit. Hinzuzufügen der sehr eingehenden Beschreibung des Christiansberger Vorkommen durch Stark] wäre nur noch das Vorhandensein von Zirkon als accessorischer Gemengtheil. In dem Vor- kommen von Grilling erscheint überdies noch Epidot als accessorischer Gemengtheil in der bekannten Form von weckenartigen Körnern, die sich an einer Stelle gehäuft um Biotit herum legen. Für die von Starkl für das Vorkommen von Christiansberg gemachte Annahme einer Ver- wachsung von überwiegend Oligoklas mit einem Kalifeldspath habe ich in dem hier besprochenen Vorkommen der Umgebung von Prachatitz keinen neuen Beweis erbringen können. Ich wende mich nunmehr der eigentlichen Aufgabe dieser Mit- theilungen zu, der Schilderung der an der Grenze von Granulit und Hangendgneiss auftretenden Gesteinsserie. Hoch- stetter hebt in seiner oft genannten Arbeit, wo er von den Serpen- tinen des südlichen Böhmen spricht, des öfteren hervor, dass Serpentin stets mit Hornblendegesteinen vergesellschaftet auftritt, und zwar zu- meist die Grenze von Granulit und Gneiss einhält, deren Kartirung sich hierdurch wesentlich erleichtert. Die Vergesellschaftung von Serpentin und Hornblendegesteinen gilt sowohl für das von ihm ausführlich be- sprochene und in die Literatur eingeführte Vorkommen von Krems ?) (Budweis SW.), welches jüngst A. Schrauf zum Gegenstande einer bis in’s kleinste Detail eindringenden Monographie gemacht und in seiner ganz ausserordentlich reichen, von Hochstetter naturgemäss zum Theil nur vermutheten petrographisch-mineralogischen Mannigfaltigkeit dargestellt hat, sowie von den übrigen Vorkommen im Planskerwalde und es gilt ebenso von jenen im Gebiete der Christianberger Granulit- ellipse und denjenigen des uns hier beschäftigenden Gebietes von Prachatitz. Abgesehen von den Kremservorkommen, wo die eigenartige Gesteinsserie im Granulit selbst auftritt, erscheint der Serpentin mit seinen Nebenbildungen durchwegs an der Grenze von Granulit und ‘!) Jahrb. d. geolog. Reichanst. 1883, Bd. XXXIII, pag. 635 —658. ?) Herr Prof. Schrauf benützt a. a. O. für dieselbe Localität immer den Namen Kiemze. Nachdem jedoch bereits der Name Krems durch Hockstetter in die Literatur eingeführt ist, derselbe überdies auf allen älteren Karten allein und auch in der neuen Specialkarte als der eigentliche Name erscheint, unter welchem das Dorf auch in der Gegend bekannt ist, sehe ich keinen Grund, den, wie erwähnt, schon in die Literatur eingeführten Namen Krems zu verlassen, Jahrbuch der k.k. geol. Reichsanstalt. 1837. 37. Band. 1. Heft. (C. v. Camerlander.) ]6 122 C. v. Camerlander. [6] Gneiss, bald als weit verfolgbarer Grenzhorizont, bald in einzelnen isolirten Lappen die Grenze markirend. Speciell von den Vorkommen an der Grenze der Granulitellipse von Prachatitz schreibt Hochstettert): Zahlreiche Stücke, die herum- liegen, lassen schliessen, dass auf der Strecke von Zaborz bis zur Köppel- mühle (an der Südgrenze der Granulitellipse) der Granulit von Horn- blendeschiefern und massigen Hornblendegesteinen begleitet ist. Bei der Sägemühle am Libinberge lässt sodann Hochstetter den Grenzeomplex wieder beginnen. „Die Strecke von der Sägemühle bis zum Schneider an der Wiese am Galgenberge nördlich von Prachatitz bietet die inte- ressantesten Grenzverhältnisse durch das Auftreten von Serpentin, Horn- blendeschiefer und Graniten aller Art“. Hiermit haben wir den nord- westlichsten Punkt der Ellipse erreicht und an der nördlichen Grenze erscheinen dann wieder nördlich von Wostrow am Saume des Waldes Hornblendegesteine. An der Westgrenze erscheinen dieselben wieder, theils schieferig, theils massig bei Mitschowitz östlich von Klenowitz. Hinzuzufügen wäre diesem allgemeinen Bilde nur noch, dass schon ziemlich oberhalb {also südlich) der erwähnten Sägemühle, etwa bei Rohn am Fusse des aus Granulit aufgebauten Jelemkaberges, Horn- blendegesteine erscheinen; es sind die von Hochstetter?) auch noch von anderen Punkten erwähnten, zwischen Porphyr, Granit und Diorit in der Mitte stehenden Bildungen, auf die ich weiter unten noch näher zu sprechen kommen werde. Ebenso wäre nachzutragen, dass auch am Nordwestrande des Gebietes die Grenzglieder, conform der Granulitgrenze umbiegend noch eine Strecke weiter sich verfolgen lassen als auf der Hochstetter’schen Karte ersichtlich ist. Endlich wurde eine Gesteinsart übersehen, welche an zwei Punkten in diesem Grenz- complex (Gemeindemühle und Fuss des Salzerbühel), eonstatirt werden konnte und welche weiter unten als minetteartiges Ganggestein beschrieben werden wird. Ich werde die petrographische Charakteristik dieser Grenzglieder von jenem Punkte ausgehend, geben, an dem sie in ihrer reichsten Mannigfaltigkeit und nach anstehendem Fels studirt werden können. Es ist dies die schöne, durch einen ehemaligen Steinbruch bedingte Ent- blössung bei der Gemeindemühle (Prachatitz NO.). „Die Felskeller der Stadt selbst“, schreibt Hochstetter?°), dessen Schilderung ich, etwas zusammengezogen, hier wiederzugeben mir erlaube, „sind noch in Gmeiss gehauen. Geht man den Weg nach St. Peter, so ist man da, wo links zwischen den letzten Häusern der Stadt ein merkwürdig schroffer, stark zerklüfteter Quarzfels, Skalka genannt, mauerartig einige Klafter hoch sich erhebt, an der Grenze von Gneiss und Granulit. Abwechselnd gelbe und dunkle Streifen im Wege zeigen einen vielfachen Wechsel von Gneiss, Hornblendeschiefer und Granulit, alle mit einem Streichen nach Stunde 10°7 und einem südwestlichen Einfallen von 43°. Verlässt man den Weg und geht links in die Felder, so findet man bald zahlreiche Serpentinstücke. Unweit des sogenannten Lusthauses in einem kleinen Steinbruche steht er an mit einer platten- ') a.a. 0. pag. 44. 2)" 2.137 OmppagıA7s ®) a. a. O. pag. 46. nr # RIESTER [ 7 Zur Geologie des Granulitgebietes von Prachatitz, 123 förmigen Structur nach Stunde 9 und mit 50° in SW., gleich daneben auch Granulit; die Contactstelle ist leider verschüttet, doch überzeugt man sich leicht, dass der Serpentin den Granulit concordant überlagert. Weiter hinauf am Galgenberge findet man sehr schöne cyanitreiche schieferige Granulite mit abwechselnden Feldspath- und Hornblende- schichten, dann und wann auch Stücke mit Pistacit, aber keinen Serpentin mehr. Verfolgt man dagegen die Streichungsrichtung des Serpentins weiter südöstlich, so kommt man oberhalb der Gemeinde- mühle wieder zu einem interessanten Punkt. Hier ist ein alter Stein- bruch, der hauptsächlich schönen körnigstreifigen Granulit entblösst. Zwischen dem Granulit liegt ein 8 Fuss mächtiges Granitlager, ein pegmatitartiges grobkörniges Gemenge von grauem Quarz, weissem Orthoklas und wenig schwarzem Glimmer. Von links ragt in den Granit ein Granulitkeil herein und wiederum bildet der Granit gang- artige Apophysen in den Granulit, die dessen Structurrichtung local stören. Ueber den Granulit lagert Serpentin in dünnen Platten ab- gesondert nach Stunde 11 mit 40° in SW. Serpentin und Granulit sind jedoch von einander getrennt durch ein 2—3 Fuss mächtiges Diorit- lager. Das Gestein ist dunkelgraugrün und besteht aus einer apha- nitischen Grundmasse mit zahllosen haarfeinen 1—2 Zoll langen Horn- blendenadeln. Jenseits des Ziwnybaches findet man wohl noch zahl- reiche Serpentinstücke, aber nichts Anstehendes mehr. Dagegen sind hier an den Felsen, die das rechte Ufer des Baches bis zur Sägemühle begleiten, die zwischen Porphyr, Granit und Diorit stehenden Gesteine entblösst.“ | Der Serpentin der Gemeindemühle, in dem man mit freiem Auge nur die in die schwärzlichgrüne, dichte Masse eingestreuten rothen Granatkörner wahrnehmen kann, erweist sich bei der Betrachtung unter dem Mikroskope, als hervorgegangen auseinemgranatführenden Olivin-Augitgestein. Man sieht in dem schön entwickelten Maschensysteme die nicht zu reichlich darin enthaltenen frischen Reste des Olivin in Form unregelmässiger wasserheller Körner neben gleich- falls meist unregelmässig contourirten Körnchen und Blättchen, selten Kryställchen, eines fast wasserhellen bis schwach lichtgrünlichen Pyroxen, nebst vielfachen Erzpartien (meist Magnetit), sehr selten da und dort einem Picotitblättehen. Sind Olivin und Pyroxen, zumal auf den ersten Blick, in unserem Vorkommen nicht stets leicht auseinander zu halten, so lässt sich durch Combinirung verschiedener Eigenschaften, die pris- matische Spaltbarkeit, schwächere Polarisationsfarben, Art der Ober- flächentextur die Trennung des Augits vom Olivin im Allgemeinen doch bewerkstelligen. Die Schiefe der Auslöschung bedingt ein Glied der monoklinen Pyroxenreihe. Schrauf!) erwähnt von dem Serpentin von Krems, der, zumal in seiner Ausbildung d5, dem unseren sehr ähnlich ist, wie dies weiter noch treffender ersichtlich sein dürfte, nur Olivinreste im Maschennetz ; hingegen Omphaeit innerhalb des auch für unser Vorkommen bedeutungsvollen Pyrops, respective mit diesem in innigstem Zusammenhang in der ihn umgebenden Randzone. In seiner Varietät a erwähnt Schrauf neben den Olivinkörnern auch solche au 2. 0). pagr33l. 16* 124 C. v. Camerlander. [8] eines rhombischen Pyroxens. nämlich von Enstatit (Localität Stuppna, westlich von Krems). Als das ursprüngliche Gestein der Kremser Serpentine nennt demzufolgeSchraufreinen Olivinfels, respective Enstatit- Qlivinfels. Nachdem ich in dem Serpentin von der Gemeindemühle den monoklinen Pyroxen erkannt hatte, versuchte ich, ihn auch im Maschennetze eines der Serpentine von Krems aufzufinden. Veranlassung hierzu war, abgesehen von der räumlichen Nähe der Vorkommnisse und ihrem geologischen Zusammenhange, hauptsächlich der Umstand, dass ja auch die dem sächsischen Granulite angehörigen Serpentine, die seinerzeit als typische Olivingesteine !) gegolten hatten, nach dem neuesten Stande der Kenntnisse als aus eigentlichen Augitgesteinen mit spärlichem Olivingehalt ?2) hervorgegangen erkannt wurden. In der That fand ich neben den Olivinkörnern im Maschennetze eines Kremser Serpentins (die genaue Bezeichnung der Localität, von der er, und zwar vom anstehenden Fels, stammt, ist: Krems NW. bei dem Kreuze ausser dem Dorfe) auch den monoklinen Pyroxen von ganz den gleichen Eigenschaften, wie ich dies von dem Serpentin bei der Gemeindemühle soeben erwähnte. Ob auch Enstatit neben diesem und dem Olivin vorhanden, konnte ich nicht ent- scheiden und liegt mir ja auch gar nichts ferner, als die diesbezügliche Sehrauf’sche Diagnose in ihrer Gesammtheit etwa in Frage stellen zu wollen. Um nun für das erwähnte Vorkommen aus dem durch H ochstetter und Schrauf, ich möchte sagen celassisch gewordenen Gebiete um Krems mit grösserer Sicherheit den Charakter des neben Olivin im Maschennetz enthaltenen monoklinen Pyroxens erweisen zu können, wurde eine kleine Reihe chemischer Analysen vorgenommen. Es wurde die von den eingestreuten Pyropkörnern sammt Um- randungszone befreite Serpentinmasse in fein gepulvertem Zustande mit Salzsäure behandelt, das erstemal mit verdünnter, einige Stunden auf dem Wasserbade, das anderemal mit concentrirter 4 Stunden direct gekocht. In beiden Fällen war fast genau die gleiche Menge in Lösung gegangen, das Resultat der Analyse war dasselbe. Es musste sich die eigentliche Serpentinmasse mit den erhaltenen Olivinkörnern bis auf die ausgeschiedene Kieselsäure gelöst haben, die, bei dem ungelösten Pulver zurückgeblieben, durch wiederholtes Auskochen mit kohlensaurem Natron und Eindampfen zur Trockne gewonnen und zur Bestimmung gebracht werden konnte. Was nach dieser Behandlung mit kochender Salzsäure ungelöst zurückgeblieben war, konnte weder Serpentin, noch frischer Olivin sein und erwies sich in der That bei der Betrachtung unter dem Mikroskop a's einheitlich zusammengesetzt und zwar aus doppelbrechenden und schief auslöschenden Körnern und Kryställchen mit oft deutlich sichtbarer Längsspaltbarkeit. Es sind dieselben, die schon bei der mikroskopischen Untersuchung des Dünnschliffs als wesentliche Bestandtheile im Maschennetze, sowohl bei dem Vorkommen von Prachatitz, wie von Krems aufgefallen waren und als monokliner Pyroxen waren gedeutet worden. Dieser wurde sodann einer selbstständigen Untersuchung zugeführt. Konnte hierbei auch nicht volle wünschenswerthe Genauigkeit erzielt werden, indem '!) Dathe. N. Jahrb. f. Min. 1876, pag. 225. ”) Dathe. N. Jahrb. f. Min. 1883, II. pag. 89 und Sauer bei Credner sächsische Granulitgebirge“ 1885, pag. 30. ‚ „das NE | [9] Zur Geologie des Granulitgebietes von Prachatitz. 125 die ganze Untersuchung nur von einem Gramm des Serpentinpulvers ausgegangen war, so wurde doch ein allgemeines Bild von der chemi- schen Zusammensetzung des Augits gewonnen. Das Resultat der Untersuchung war das folgende: Bei der Be- handlung mit kochender Salzsäure blieben 23 Procent des Gesteinpulvers ungelöst zurück ; es besteht somit unser Gestein zu fast ein Viertel aus Augit, während die anderen drei Viertel auf den noch frischen Olivin, sowie den bereits zu Serpentin umgewandelten Theil und endlich auf Magneteisen und etwas Titaneisen entfallen. Die Untersuchung des ungelöst zurückgebliebenen Augits ergab einen beträchtlichen Thonerdegehalt und einen geringen Kalkgehalt bei Anwesenheit von Chrom, Mangan und (unsicher) Titan. Zum Verständniss gebe ich die bei der Analyse der 0'2 Gramm Augit gewonnenen Procent- zahlen, nochmals darauf hinweisend, dass denselben mit Rücksicht auf die geringe, zur Analyse vorhandene Substanz nur ein beiläufiger Werth zuzumessen ist: 80, 483, FeO45, Al, 0, 6'6, CaO 110, MgO 245 Wasser, respective Glühverlust 40, ferner Chrom, Mangan, vielleicht auch Titan. Eine Uebereinstimmung mit Diopsid , respeetive Chromdiopsid ist demzufolge nicht vorhanden, mit Omphacit — ganz abgesehen von der diesbezüglich herrschenden ungleichartigen Anwendung dieses Artbe- grifftes — ebensowenig und gegen Diallag sprechen die physikalischen Verhältnisse. Es bleibt somit kaum etwas übrig als von einem mono- klinen Thonerdeaugit zu sprechen, der zu einem Viertel an der Zusammensetzung der Serpentine theilnimmt. Hochstetter hat die Frage nach dem Ursprunggestein des an der Grenze von Granulit und Gneiss auftretenden Serpentins in einem wesentlich anderen Sinne beantwortet, als ich es für die, allerdings kaum die Hälfte aller bekannt gewordenen Serpentinvorkommen des Granulit- gebietes von Südböhmen ausmachenden, oben besprochenen Vorkommen thun konnte. Mit Rücksicht auf die innige Vergesellschaftung mit Horn- blendegesteinen, allmälige Uebergänge derselben in Serpentin, schliesst Hochstetter, dass die ursprünglichen Gesteine, aus denen unsere Serpentine entstanden sind, Hornblendegesteine waren.!) Und zwar wird diese Bildung als Produet einer katogenen Metamorphose aus Hornblende sedacht mit Hilfe alkalischer Wässer, die in die Tiefe des Gebirges ein- drangen. Dem gegenüber kann mit Hinblick auf das mikroskopische Bild und die Analyse mit Sicherheit gesagt werden, dass diese Annahme unrichtig, dass vielmehr ein Olivin-Augitgestein das ursprünglich vorhandene Gestein gewesen. Es ist dies wohl einer jener sehr seltenen Fälle, wo die mikroskopisch-petrographische Untersuchung in einer rein geologisch-stratigraphischen Frage eine Entscheidung herbeizuführen in der Lage war, eine Entscheidung, die nicht etwa eine durch die Arbeit im Terrain gewonnene Anschauung bekräftigt und verficht, sondern ihr sogar direet entgegengesetzt ist. Was die von Hochstetter behaupteten Uebergänge von Hornblendegesteinen in Serpentin betrifft, so konnte ich 126 ©. v. Camerlander. [10] diese in dem von mir besuchten Terrain nieht wahrnehmen und ist es sehr wahrscheinlich, dass sich diese Bemerkung Hochstetter's eigentlich auf die im Laufe dieser Arbeit noch öfter zu erwähnenden Augitgesteine bezieht, aus deren einer Art ja der Serpentin selbst seine Entstehung herleitet. Ueber die in der letzteren Zeit von verschiedenen Gesichtspunkten aus, sowie aus verschiedenen Gebieten studirten „kelyphitischen*® Randzonen der dem Serpentin eingesprengten Pyropkörner werde ich weiter unten (pag. 134, resp. 18) noch ein paar Worte zu sagen haben. Hier will ich nur noch hervorheben, dass die Serpentine des gleichen Grenzhorizontes an anderen Punkten eine von der eben geschilderten, des Serpentins von der semeindemühle, zum Theil abweichende Ausbildungsweise besitzen. Dieselbe wird zum Theile durch die Textur gegeben, indem diese wie z.B. im Serpentin vom Salzerbühel deutlich streifig entwickelt ist durch eine lagen- weise Anordnung schon ganz zu Serpentin umgewandelter Partien, deren blättchenartige Massen öfter noch andeutungsweise eine auf ursprüng- lichen Augit weisende Auslöschung bei einer zu den beiläufigen Krystall- contouren senkrechten Faserung sehen lassen und solcher, in denen noch die ursprünglich gesteinsbildenden Minerale, Olivin und monokliner Augit, zu sehen sind, eventuell schliesslich noch solcher Lagen, in denen sich das Eisen besonders angereichert findet, meist in Form zusammen- hängender Schnüre. In diesem Serpentin befinden sich ferner auch einzelne grössere Blättchen rhombischen Augits mit deutlicher Längsspaltbarkeit und bastitischer Faserung, ziemlich lebhaften Polarisationsfarben und wenig pleochroitisch (Bronzit) ausgeschieden, die in dem Vorkommen von Paulus z. B., am Nordrand des Christiansberger Granulitgebietes, bis zur Grösse von 1 Centimeter vorhanden sind und enthält derselbe auch die braunrothen Körner von Picotit, die im eingangs beschriebenen Vorkommen mangeln. Diese finden sich sowohl in den relativ frischen, wie den ganz zersetzten Partien, des Gesteines vom Salzerbühel z. B., gleich reichlich; verzerrte Oktaöder sieht man an ihnen häufig. Die ein- gestreuten Granatkörner fehlen andererseits oft gänzlich. In einem Falle (Prachatitz-Geissberg) scheint zu dem gewöhnlichen monoklinen Augit noch ein zweiter diallagartiger zu treten. Neben diesen durch die Textur und das Hinzukommen, resp. Zurücktreten einzelner, an der Gesteinszusammen- setzung sich betheiligender Minerale, unter denen ohne Zweifel der rhombische Augit im Gegensatze zu den im Maschennetze nie fehlenden Resten des monoklinen das wichtigste ist, bedingten Unterschieden ist schliesslich auch jenes zu gedenken, der in einem grösseren oder geringerem Masse der Veränderung und Umbildung der ursprünglich vorhanden, und — wie ich bestimmt vermeine— insämmtlichen untersuchten Vorkommen im Grossen und Ganzen identisch gewesenen Mineralgesellschaft (Olivin und Augit) ihren Grund hat. In diesem Sinne ist z. B. der Serpentin, der am SW.-Abhang des Geissberges (Prachatitz N.) in unbedeutender Er- streeckung und Mächtigkeit ansteht, als der in dem Processe der Um- wandlung weitest vorgeschrittene Repräsentant der Gesteinsgruppe zu betrachten, deren andere untersuchte Vertreter — ausser den schon erwähnten noch der Serpentin von Paulus bei Chrobold — als die weniger veränderten zu bezeichnen sind. Die Hornblendegesteine, mit denen Hochstetter den Serpentin unseres Gebietes in Verbindung bringt, bieten in ihrer gewöhn- u Se Eur N a a rd Fa a 5 N 1 Zur Geologie des Grannlitgebietes von Prachatitz. 127 lichen Form als eigentliche Hornblendeschiefer oder Feldspath führende Amphibolite wenig Bemerkenswerthes. Die nicht in dem Steinbruche bei der Gemeindemühle von Prachatitz selbst, aber doch in dessen nächster Nähe gegen den grossen Quarzgang der Skalka zu aufgeschlossenen Horn- blendeschiefer weisen bei der Betrachtung unter dem Mikroskope neben der bald mehr, bald weniger dominirenden tiefgrünen Hornblende — wenig pleochroitisch, sehr einschlussarm — ein Gemenge von zum Theil kry- stallographisch umgrenzten Körnern, die zum grossen Theile durch ihre schöne Zwillingsstreifung als Plagioklas sich erkennen lassen, während bei dem anderen, derselben entbehrenden Theile es schwer fällt, diese Zugehörigkeit zu erweisen. Selten findet sich noch Epidot eingesprengt und ein einfach brechendes, wasserhelles Mineral von starker Licht- brechung in Weckeniorm, über dessen Natur ich kein Urtheil habe. Nieht mit aufgenommen in die Besprechung an dieser Stelle habe ich Hornblendegesteine, welche die Hornblende nicht in grossen einheit- lichen Krystallen enthält, sondern welche dieselbe in Form sehr vieler kleiner, aber durch ihre optische Uebereinstimmung ihre Zusammen- gehörigkeit zu einem Individuum erweisender, wulst- und stengelförmig entwickelter, in einer fremden Mineralsubstanz eingebetteter Partikelchen entwickelt zeigen. Diese für unser Gebiet so sehr charakteristische und verschiedenartig sich gebende mikropegmatitische Verwachsung von Mineralen, die wir im kleinen Masse, für Augit und Plagioklas schon stellenweise in dem Serpentin vom Südwesthang des Geissberges sehen können, wird weiter unten im Zusammenhange besprochen werden. Die petrographische Ergänzung des von Hochstetter gegebenen Profils bei der Gemeindemühle von Prachatitz fortsetzend, haben wir nunmehr des von ihm als „Diorit* bezeichneten Gesteines zu gedenken. Der oben (pag. 123, resp. 7) wiedergegebenen Schilderung des makroskopi- schen Befundes ist nichts weiter beizufügen. Die dem unbewaffnetem Auge und auch bei der Betrachtung mit der Lupe ganz gleichförmig dicht er- scheinende Grundmasse, aus der man nur die vielen feinen Hornblende- nadeln hervorschimmern sieht, diese dunkle Grundmasse erscheint bei Anwendung mässiger Vergrösserung auch unter dem Mikroskop zunächst nur eigenthümlich gefleckt durch wolkenartige, dunkle Aggregate auf dem sonst gleichmässig grauen Untergrunde. Erst bei einer Vergrösserung von 1:400 lässt sich eine Zusammensetzung aus zweierlei Substanzen erkennen. Erstlich sehen wir ein Haufwerk von unregelmässig durch einander gelagerten, mitunter filzartig verwebten, spiessigen Mikrolithen — farblos oder von lichtgrünlicher Farbe —, welche nach den an ein- zelnen derselben durchführbaren Auslöschungsversuchen als Hornblende- mikrolithe anzusprechen sind. Daneben treten, wenn auch an Zahl zurück- stehend, grünlich-gelbliche Körnchen und Schüppchen auf, welche zum Theile wohl demselben Minerale zuzuweisen sind, zum grössten Theile aber jener Substanz, aus welcher die oben erwähnten Wolken mit ziem- licher Wahrscheinlichkeit — analog ja auch vielen anderen Fällen — bestehen, nämlich Epidot. Noch erscheint auch wahrscheinlich Feldspath innerhalb der Grundmasse selbst, sowie, wenn auch nur ganz sporadisch, Quarz in Form kleinster Körner und endlich Magnetit. Ob zwischen diesen bei sehr starker Vergrösserung hervortretenden Mineralen noch eine eigentliche, unauflösbare Grundmasse vorhanden ist, konnte ich 128 ©. v. Camerlander. [12] nicht mit hinlänglicher Sicherheit zur Entscheidung bringen; ich glaube indessen, dass eine solche fehle. Die porphyrisch ausgeschiedenen Gemengtheile sind zunächst die schon dem freien Auge kenntlichen Nadeln von Hornblende, welche sich im Dünnschliff als schmale, lichtbraune, wenig pleochroitische Leisten, seltener als deutlich ausgeprägte Kıystallformen darstellen, dabei sehr häufig Zwillingsbildung, nicht selten einen zonaren Aufbau bei lichter gefärbtem Kerne zeigen. Diese porphyrisch ausgeschiedenen Hornblendeindividuen grenzen scharf gegen die eben geschilderte Grund- nasse ab und wenn, wie es hin und wieder der Fall ist, Mikrolithe und Schüppchen der letzteren in den ausgeschiedenen Hornblende- krystall hineinzuwuchern scheinen, so dürfte es sich, soweit bei der hierbei nothwendigerweise anzuwendenden starken Vergrösserung ein sicheres Urtheil thunlich ist, um eine durch Unterlagerung hervor- gerufene Erscheinung handeln. In geringerer Menge sind Feldspath- leistehen ausgeschieden. Wiewohl sie eine Zwillingsstreifung, wenigstens in den zwei mir vorliegenden Dünnschliffen des in Rede stehenden Gesteins, nicht erkennen lassen, ist es wohl wahrscheinlich, dass diese schmalen Leisten einem Plagioklas angehören dürften. Bald sind sie rein und vollkommen einschlussfrei, bald beherbergen sie wieder die erwähnten Nadeln und Schüppehen. Manchmal erscheinen in der Grund- masse auch hellere, halbwegs umrissene Partien, erfüllt mit Hornblende- nädelchen. Ist es gestattet, auch in diesen Partien die Existenz eines ausgeschiedenen Feldspathindividuums anzunehmen ? Wenn es gilt, dem beschriebenen Gestein einem Namen zu geben, so dürfte die Hochstetter’sche Bezeichnung Diorit, indem es eine erst bei bedeutender Vergrösserung auflösbare Grundmasse besitzt, zu ersetzen sein durch die eines Hornblende-, respective Diorit- porphyrit. Mit welchen von anderwärts bekannt gewordenen Gesteinstypen der untersuchte Dioritporphyrit am passendsten zu vergleichen wäre, bin ich nicht wohl in der Lage entscheiden zu können. Die „Nadel- porphyrite“ unserer Südalpen z. B. erinnern in mancher Beziehung an unser Gestein, ohne dass jedoch deren charakteristische Merkmale sich mit denen des Gesteines von der Gemeindemühle decken würden. Dem gleichen Dioritporphyrit begegnen wir jedoch auch noch ausserhalb des Steinbruches bei der Gemeindemühle, wo er gegen Nord zu auskeilt. Wir finden ihn nämlich südlich hiervon auf dem Salzer- bühel und von da in südöstlicher Richtung nabe der gegen Luzerier führenden Strasse. | Wohl nicht mehr innerhalb des enger begrenzten, durch den Steinbruch der Gemeindemühle gegebenen Durchschnittes, aber mit diesem in innigem Zusammenhang, erwähnt, wie oben gesagt wurde, Hochstetter noch eines, zwischen Porphyr, Granit und Diorit stehenden Gesteines, welches denn auch an dieser Stelle besprochen sei, so wenig halbwegs Interessantes von ihm gesagt werden kann. Doch ist gerade dieser Gesteinstypus, wie schon Hochstetter hervor- hebt, ziemlich weit verbreitet, wir finden es nördlich von Prachatitz im Belöthale, und südlich, respective südöstlich davon am Fusse des Jelemkaberges. - 11 3] Zur Geologie des Granulitgebietes von Prachatitz. 129 Indem ich bezüglich der makröskopischen Diagnose auf die Hoch- stetter’sche Schilderung!) verweise, bemerke ich hier nur kurz, dass aus einer grünlichgrauen Grundmasse Feldspathkrystalle und grüner Glimmer hervorsehen. Unter dem Mikroskope löst sich die Grundmasse auf in ein Gemenge von Feldspath, der sich als Plagioklas erweist und mit den porphyrisch ausgeschiedenen Krystallen zu identifieiren ist, nicht selten zonaren Aufbau nach verschiedenen Mischungsverhältnissen zeigt, übrigens meist zersetzt ist, ferner von wenig Quarz, der in Körnern und minder gut ausgebildeten Krystallen auftritt, und von Biotit, resp. _ dessen Derivaten, neben sporadisch eingestreutem Apatit, Magnetit und Zirkon. Der Biotit erscheint in unregelmässig. begrenzten Blättchen, aber auch in grösseren, ziemlich gut ausgebildeten Tafeln. Von der ursprünglichen Biotitsubstanz ist so gut wie nichts vorhanden; weitaus vorwiegend erfolgte die Umwandlung in tiefgrünen, pleochroitischen Chlorit und häufig erscheint in den Pseudomorphosen — mitunter in erheblicher Menge — tief weingelber Epidot. Derselbe erscheint im gewöhnlichen Lichte in grösseren abgesonderten Partien, welche sich bei gekreuzten Nicols als Aggregate vieler Körner erweisen. Das Gestein ist somit, indem eine Grundmasse vorhanden ist, und nach seiner mineralogischen Zusammensetzung zu den Quarzglimmer- porphyriten zu stellen, denen nach den von Hochstetter und ‚oben gegebenen Mittheilungen in dem hier besprochenen Gebiete des Böhmerwaldes eine ziemliche Verbreitung zukommt. Ausser den bereits genannten, verschiedenartigen Gesteinsbildungen und ausser den die Hauptmasse des oft genannten Steinbruches bildenden Granuliten mit den sie durchtrümmernden Graniten — worüber weiter unten etliche Daten folgen — ist indess noch ein Vorkommen zu nennen, welches Hochstetter bei der Aufnahme des Profils der Gemeindemühle entgangen war, und das sich in mehrfacher Hinsicht von Interesse erwies. Es ist ein in der oberen Stufe des Steinbruches als schmale, schmitzenartige Einlagerung im Granulit gangartig auftretendes Gestein, welchem wir auch weiter südöstlich beim Salzerhofe begegnen, wo es gleichfalls als Gang, 150 Schritte nördlich des Fahrweges erscheint. Das deutlich gangförmig auftretende Gestein zeigt im Bruch jedoch eine auffällige Parallelstructur, die durch das mikroskopische Bild zum Theile noch schärfer hervortritt, so dass die Deutung, es liege ein dem Granulit eingeschaltetes Glied der krystallinischen Schieferreihe vor, nach der blos petrographischen Untersuchung plausibler schiene. Die mikroskopische Zusammensetzung des Gesteines, das dem freien Auge in einer schwärzlichen Grundmasse nur ausgeschiedenen schwarzbraunen Biotit und weisse Feldspathpunkte enthüllt, lehrt, dass ein inniges Ge- menge von überwiegendem Feldspath (zum geringen Theil durch die deutliche polysynthetische Zwillingsbildung als Plagioklas zu erkennen) und Quarz, beide meist in Form ganz kleiner Körner, mit reichlich bei- gemengten grünlichen Schuppen, die sich als ident erweisen mit den porphyrisch ausgeschiedenen, grösseren Schuppen von Biotit. Eine wichtige Rolle spielen sodann wasserhelle, relativ dicke Säulchen, deren Längsentwicklung mit der Parallelstructur des Gesteines zusammenfällt, !) a. a. O. pag. 47. Jahrbuch der k.k. geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Band. 1. Heft. (C.v.Camerlander.) 17 130 C. v. Camerlander. 1 4] wobei die Säulehen nicht selten in Ketten hintereinander angeordnet sind. Fehlen Querschnitte von diesem ausserordentlich häufig vorkom- menden Mineral auch fast gänzlich, so ist doch seine Natur als Apatit durch das chemische Verhalten (Nachweis der Phosphorsäure) sicher- gestellt. Neben den vielen kleinen Säulchen finden sich auch einzelne grössere Individuen. Charakteristisch sind ferner nadelförmige, dunkle Mikrolithe, welehe bunt durcheinander gelagert, zunächst im Biotit, da besonders in den Randpartien, und dapn auch in grosser Menge gehäuft in Randzonen um denselben herum auftreten. Ueber die Natur dieser Mikrolithe wage ich kein entscheidendes Urtheil, doch darf vielleicht nach Analogie mit anderweitigen, mit grösserer Sicherheit zu entschei- denden Vorkommnissen an Rutil gedacht werden. Bemerkenswerth ist, dass auch in den Eingangs erwähnten Glimmerdioriten manche Biotit- tafeln ganz ähnliche, spiessförmige Aggregate von Nädelchen beher- bergen. Im Gegensatze zu den Glimmerdioriten ist jedoch in den nun in Rede stehenden Ganggesteinen der Biotit nicht in Tafeln ausgebildet, sondern stets in ganz unregelmässig begrenzten, kleinen Schuppen. Indem diese meist eine gänzliche Auflösung ihres Zusammenhanges er- fahren haben und zu ganz unbestimmten Anhäufungen von Blättchen und Lappen wurden, wird eine Anordnung herbeigeführt, die stark an jene in krystallinischen Schiefergesteinen erinnert, wie ja schon oben gesagt wurde, dass der äusserliche Habitus dieser deutlich gang- förmig auftretenden Gesteine an jenen krystallinischer Schiefer erinnert. Noch sind Epidotkörner als nicht selten zu nennen und — in einem Schliffe wenigstens — kleine, blassrothe Granatkörner, wie ich beifüge, ohne die bei den Pyropen unserer Serpentine nicht seltenen kelyphitischen Rinden. In dem anderen Vorkommen — dem einzigen, mir ausser dem zuerst besprochenen, im ganzen Gebiete bekannt gewordenen — in jenem beim Salzerhof, herrscht bei sonstiger Uebereinstimmung ein klein wenig gröberes Korn und sind einzelne grössere‘ Feldspath- (wohl Orthoklas-) krystalle porphyrisch ausgeschieden. x Auch das erstbesprochene Vorkommen selbst variirt übrigens, so räumlich unbedeutend es auch auftritt, gar nicht unbedeutend, indem in einem anderen Schliffe der Quarz in der Feldspath-Quarzmasse über- wiegt und der Feldspath selbst so gut wie gar keine Zwillingsstreifung zeigt. An der Genze gegen den Granulit ist dieser biotitreicher als sonst und auch die Apatite scheinen daselbst reicher vorhanden, wo- durch eine Art von Uebergang bewirkt wird. Die Stellung dieser deutlich gangförmig entwickelten Bildungen im petrographischen Systeme scheint mir nach den gegebenen, die thatsächlichen Verhältnisse möglichst objeetiv wiedergebenden Mitthei- lungen einigermassen unsicher, indem ich sie bald den Minetten, bald den Kersantiten zuzählen möchte. Für die diseutirbare Ansicht, dass wir es in diesen Bildungen lediglich mit einer durch die Ausbildung in einem nur wenig mächtigen Gange bedingten, feinkörnigen Facies der früher erwähnten Glimmerdiorite vom Libin, von Grilling ete. zu thun hätten, konnte ich leider keinen sicheren Beweis erbringen. Immerhin sei es gestattet, an den in beiden Gesteinen vorhandenen, zumal in den Minetten sehr auffälligen Apatitreichthum, und an jene, vielleicht als Rutil zu 2% [15] Zur Geologie des Granulitgebietes von Prachatitz. 131 ) deutenden, beiden gemeinschaftlichen Mikrolithansammlungen zu erinnern ; in den anderen die Gesteine zusammensetzenden Bestandtheilen ist abgesehen von der in der Minette fehlenden Hornblende kein Unterschied wahrnehmbar. Vielleicht wird sich durch die Auffindung weiterer Vor- kommnisse auf die angedeutete Frage näher und sicherer eingehen lassen ; vor der Hand mag es am passendsten sein, die Frage lediglich aufgeworfen zu haben, um im Uebrigen die Gangbildungen als Minetten zu bezeichnen, in denen jedoch manchmal der Plagioklasgehalt eine Annäherung an die Kersantite bedingt. Die petrographische Mannigfaltigkeit des durch den Steinbruch bei der Gemeindemühle gebildeten Aufschlusses wird noch übertroffen durch jene von Hochstetter weniger beachtete am Salzerbühel, knapp südöstlich bei Prachatitz, wo wir allerdings zum grossen Theile dieselbe nur nach den, auf den Lesesteinhaufen zusammengeschaarten und sonst lose in den Feldern herumliegenden Stücken erkennen können. Die anstehenden Bildungen, welche uns sofort anzeigen, dass wir uns auch hier in der gleichen, zwischen Granulit und Hangendgneiss entwickelten Grenzzone befinden, sind die folgenden: Granulit, Serpentin, die letztgenannte Minette und der Quarzglimmerporphyrit. Indem über jene Gesteinsbildungen, denen wir schon bei der Gemeindemühle begegnet sind, weiter oben das Wichtigste gesagt wurde, kann ich, darauf verweisend, sofort die Schilderung der, jener ersten Entblössung fremden Grenzbildungen beginnen lassen, indem ich nur noch betone, dass über die geologisch-stratigraphischen Verhältnisse weiter nichts Neues gesagt werden kann, haben wir es ja zum grossen Theile mit nicht direet Anstehendem zu thun, und dass auch hier der gleiche Grenzhorizont zwischen Granulit und Gneiss vorliegt, wie es sich nach dem Gesteinscharakter und nach der Streichfortsetzung ‚von der Gemeindemühle ergibt, wurde ja schon erwähnt. Die nun zu beschreibenden Bildungen erweisen sich bei der mikroskopischen Untersuchung als Combinationen von vor- herrschend verschiedenen Pyroxenen, Hornblende, Plagioklas, Olivinund Granat undsindin hohem Grade charakterisirt durch das häufige Auftreten der mikropegmatitischen Ver- wachsung. Um dieselbe an einem typischen Beispiele und zugleich die sehr reichhaltige petrographische Zusammensetzung vorzuführen, sei es ge- stattet, die Schilderung mit einem, auf den Feldern des Salzerbühels nicht selten in Form kugeliger Coneretionen herumliegenden Gesteinsvorkommen zu beginnen, das auch schon bei gewöhnlicher Besichtigung deutlich zwei, mineralogisch ungleich zusammengesetzte Zonen wahrnehmen lässt. Die eine grössere, schwärzlichgrüne, glänzende Zone lässt äusserlich auf einen Serpentin schliessen; darüber liegt eine schmälere, kupfer- rothe Zone, in der man mit freiem Auge neben deutlich spaltenden Krystallen von rothbraunem Augit Körner eines liehtgrünlichen Minerals und selten Granatkörner wahrnimmt. Betrachten wir die untere Zone mit bewaffnetem Auge, so heben sich aus dem bunt in einander verschlungenen Bilde der Grundmasse rj* 132 C. v. Camerlander. [16] zunächst die porphyrisch ausgeschiedenen, sehr lichtbraunen Biotite ab, die in ziemlich langen, schmalen Leisten, seltener auch in unregel- mässigen Blättchen eingestreut sind. Sie sind im Allgemeinen arm an Einschlüssen, hin und wieder erscheint höchstens eine Apatitnadel oder ein Rutilkorn darin eingebettet. Reichlicher finden sich die Einschlüsse in den grösseren Augitkrystallen, als welche die gelblichlauchgrünen, meist unregelmässig contourirten und gelappten Gebilde anzusehen sind. In ihnen sieht man nicht selten Biotit eingelagert, meist parallel den Spaltflächen; auch sieht man hin und wieder ein System von gitter- förmig sich durchkreuzenden kleinen Biotiten, wie sich auch eine treppen- förmige Anordnung wahrnehmen lässt. Die Schiefe der Auslöschung weist auf ein Glied der monoklinen Pyroxenreihe hin, die sonstigen Eigenschaften wohl auf eigentlichen Augit. Ausser diesen grösseren Krystallen von Biotit und Augit, denen sich noch etwas Erz, wohl nur Magnetit, anschliesst, nimmt das Auge unter dem Mikroskop nur mehr ein erst langsam entwirrbares Durch- einander wahr von optisch verschieden orientirten, zum Theil höchst eigenartig gestalteten Partikeln. Wir haben es zu thun mit Erscheinungen, welche durch die mikropegmatitische Verwachsung, und zwar von Augit undFeldspath, verursacht sind. Allerdings ist der Feld- spath, mit dem der Augit verwachsen ist, fast niemals in eigentlichen Krystallumrissen zu sehen, sondern nur die optisch übereinstimmende Orien- tirung der einzelnen, kleinen, zwischen den zusammengehörigen Augit- partien sichtbaren Feldspathpartien, sowie die regelmässig centrifugale Anordnung der Augittheilchen lassen das Vorhandensein derartiger Feldspathindividuen erkennen. Welcher Art der Feldspath ist, lässt sich wohl nicht mit absoluter Sicherheit entscheiden. Doch lässt sich immerhin manchmal so viel eonstatiren, dass ein Theil, der mit der übrigen Feldspathmasse gleich orientirt ist, lamellare Zwillingsstruetur zeigt. Jedenfalls sind aber auch Quarzkörner in den Feldspathpartien eingestreut. Die mit den Feldspathindividuen verwachsenen lichtgrünen Augit- partien, deren Grösse ganz ausserordentlich schwankt, zeigen wulst- und wurmförmige Gestalten gauz ähnlich den von Beeke!) aus dem Augitgneiss vom Seybererberg bei Weissenkirchen und dem Eklogit von Altenburg, südöstlich von Horn in Niederösterreich beschriebenen Formen von Augit und Granat bei ihrer Verwachsung mit Plagioklas sowie jenen, welche Lehmann?) aus den Pyroxengranuliten Sachsens beschreibt. Die Schilderung, welche Becke von den in Plagioklas liegenden Granat- wülsten gibt, lässt sich ganz wörtlich auch auf unsere Augitpartien über- tragen und die von Becke auf Tafel II und III mitgetheilten Skizzen entsprechen genau unseren Vorkommen. Hier wie dort ist das Mineral „in gekrümmte, oft schleifenartig gestaltete, hin und her gebogene Stengel aufgelöst, von denen stets eine grosse Anzahl, ohne sich indess zu berühren, von einem gemeinsamen Mittelpunkte ausstrahlen“.®) Für 1) F. Becke, Die Gneissformation des niederösterreichischen Waldviertels. Miner. Mitth. 1882, pag. 374 und 317. ?) J. Lehmann, Untersuchungen über die Entstehung altkrystallischer Schiefer- gesteine. 1884, pag. 230. ®) A. a. O. pag. 376. [17] Zur Geologie des Granülitgebietes von Prachatitz. 133: unser Vorkommen lässt sich in manchen Fällen vielleicht besser von einer Anordnung um eine gemeinsame Axec sprechen. Hier wie dort erweisen sich die Stengel im Allgemeinen als optisch gleich orientirt, also als Theile eines und desselben Individuums. Erschwert wird das Verständniss, wenn mehrere Gruppen von Stengeln hart aneinander stossen, wo sich die hin und her gewundenen Formen noch complieirter gestalten. | Die an einzelnen, weniger gekrümmten Formen möglichen Aus- lösehungsversuche ergaben einen monoklinen Augit. Indem einzelne Gruppen dieser Augitwülste lichter, andere dunkler gefärbt erscheinen, dürften ehemisch nicht gleich zusammengesetzte Arten vorhanden sein. Der Magnetit, der zum Theil in der Form isolirter Körner verstreut liegt, tritt an anderen Stellen zu complicirten, theils unregelmässig lappigen, theils netzartigen Aggregaten zusammen. Dann erscheinen _ die Augitwülste wie mit einem schwarzen Pigment erfüllt. Gegen die obere Zone (siehe pag. 131, resp. 15) nehmen wir ein Zurücktreten des Biotits wahr, sowie, dass in den einzelnen Feldspath- partien die Menge der Augitstengel immer bedeutender wird, die Fälle dieser mikropegmatitischen Verwachsungen selbst aber seltener werden. Die durch diese Uebergangszone vermittelte, oberste Zone selbst ist aber, wie folgt, charakterisirt: Grosse Krystalloide (makroskopisch bis Hanfkorngrösse) von licht kupferrothem monoklinen, faserigen Py- roxen, der sich durch seine massenhaften, übrigens ungleichmässig vertheilten Interpositionen als Diallag charakterisirt, liegen neben wenigen, gleichfalls grösseren Individuen eines lichten, grünlichen und fast einschlussfreien monoklinen Augits (Omphaeit?). Dazu treten des ferneren noch Individuen von lichtbrauner Hornblende, die durch die Auslöschung charakterisirt ist und deren Formen durch den umgebenden Augit be- dingt werden. Ausserdem kommt noch Granat in dieser oberen Zone vor, immer mit einer Urrandung von liehtgrünem Augit derselben Ausbildung wie die oben geschilderten pegmatitischen Verwachsungen, so dass die Granatsubstanz hier die Stelle der Axe vertritt, während innerhalb des geschilderten, unregelmässig durcheinander sewachsenen Haufwerkes auch noch einzelne der zuerst, bereits in der unteren Zone sichtbaren, pegmatitisch verwachsenen Gebilde ohne Granat- centrum sich finden. Dabei wiegt jedoch die den Granat umrandende Augitsubstanz hier weit vor, die einzelnen Partikelehen sind weit kleiner, respective dünner und mehr in die Länge gezogen, dicht anein- ander gehäuft, so dass die Feldspathsubstanz kaum nachzuweisen ist. Allerdings ist diese Umrandung des Granats nicht immer um das in die Länge gezogene Granatkorn gleichmässig erfolgt, sondern nimmt die Dicke der Umrandung an manchen Stellen allmälig ab, keilt sich aus, Granatsubstanz und benachbarter Diallag berühren sich direet. Beobachtet wurde auch ein Granatkorn, dem jede der- artige Umrandung fehlt. Ob in dieser obersten Zone neben dem licht- grünen Augit vielleicht auch Olivin vorhanden sei, konnte ich an dem mir vorliegenden kleinen Handstücke nicht zur Entscheidung bringen. Eine zweite Mineralcombination des Salzerbühels, welche auch wieder das gleiche Bild einer mikropegmatitischen Verwachsung zeigt, erweist sich als ein sehr feinkörniges Gemenge von Augit, Diallag, 134 C. v. Camerlander. [18] Hornblende, Plagioklas, Quarz und Granat. Hier finden wir die Augit- stengei theils im Plagioklas, theils im Quarz, wobei sie bis zur Kleinheit feinster Haarbüschel herabsinken. In diesem Falle ist es wohl schwer, den direeten Nachweis einer mikropegmatitischen Verwachsung zu führen, indem die verschiedenen Mineralthbeile ein dichtes Gemenge bilden ; doch darf ja aus der Aehnlichkeit mit dem zuerst beschriebenen Vor- kommen auch für dieses die gleiche Annahme gemacht werden. Von Wichtigkeit aber scheint mir die enge Verknüpfung dieser Augitstengelmit der diehten Umrandung der vorhandenen Granate zu sein, worauf der Beobachter auch schon durch das mikro- skopische Bild, welches die obere Zone des zuerst besprochenen Gesteins des Salzerbühels bietet, hingeführt wird (siehe pag. 133, resp. 17). Diese Umrandung, deren Natur für die Granate mancher Serpentine in der jüngsten Zeit oft besprochen wurde — ich erinnere nur anSchrauft), der für dieselbe den Namen „Kelyphit“ vorschlug, Beeke 2), Lasaulx) — und welche, nebenbei bemerkt, in einem Schliffe manchen Granat- individuen ganz fehlt, bei anderen wieder nur auf der einen oder der anderen Seite derselben überhaupt ausgebildet ist, diese Umrandung geht in unserem, in Rede stehendem Gestein manchmal, und zwar ganz all- mälig in diese scharf ausgeprägten Stengel über und lassen sieh diese letzteren lichten Augitstengel hin und wieder auch schon in dem, un- mittelbar den Granat umgebenden Theile der Kelyphitrinde erkennen. Dass ich diese in der innersten Partie der Rinde auftretenden wurm- förmigen, grünlichen Stengel als Augit anspreche, dazu bestimmt mich neben der grossen Analogie mit den als solehen bestimmbaren , unab- hängig vom Granat auftretenden Stengeln der bei dem einen oder anderen halbwegs grösseren der inneren Rindenpartie erweisbare Aus- löschungswinkel von etwa 35°. Worin diese Stengel pegmatitisch ein- gewachsen sind, wage ich nicht zu entscheiden. Jedenfalls ist es eine doppelbrechende Substanz, möglicherweise ein Feldspath. Dass nebstdem in der kelyphitischen Rinde in unserem Falle noch andere Minerale enthalten seien, möchte ich nicht vermuthen. Den von Beeke°) für manche derartige Rinden erwiesenen Picotit z. B. konnte ich nicht beobachten; wenigstens restirte derselbe bei Behandlung von Gesteins- pulver mit Flusssäure (wie Becke anweist, ohne Anwendung von Schwefelsäure) nicht und der nachweisbare Chromgehalt des Gesteines ist wohl dem reichlich vorhandenen Augit zuzurechnen. Und aus dem einen, bei sehr starker Vergrösserung auflösbaren, auf die anderen, dichteren Kelyphitvorkommnisse dieses Gesteines zu schliessen und denselben eine gleiche Deutung zu geben, kann ja wohl als zulässig betrachtet werden. Inwieferne nun die schon erwähnten Kelyphitränder der Granate in den Serpentinen°) mit dem soeben skizzirten in Verbindung zu !) a.a. 0. pag. 333. ?) F. Becke, Notizen aus dem niederösterreichischen Waldviertel. Ueber „Kelyphit“ Schrauf. Miner. Mitth. 1885. VII. Bd. 253. ®) A.v. Lasaulx, Ueber die Umrindungen von Granat. Sitz. Ber. d. niederrhein. Gesellsch. 1882, pag. 114. *) Notizen u. s. w. pag. 254. °) Bei der weiter oben, gelegentlich der Skizzirung des durch den Steinbruch bei der Gemeindemühle gegebenen Ausschlusses mitgetheilten Schilderung der Serpentine wurde bezüglich der Granatrinden auf die hier folgenden Darlegungen verwiesen. a [19] Zur Geologie des Granulitgebietes von Prachatitz. 135 bringen ist, darüber kann ich wohl nur meine subjective Meinung ohne die zwingende Kraft eines Beweises aussprechen. Der Schilderung, welche Sehrauf von den Granatrinden im Serpentin von Krems gegeben, zu- sammengehalten mit den Nachträgen, welche Lasaulx, Becke, sowie J. Lehmann!) lieferten, ist für die gleichen Vorkommen in unseren Serpentinen kaum etwas beizufügen. Nur kam in diesen innerhalb. des Pyropkorns der von Schrauf als Omphaeit angesprochene Augit nicht zur Beobachtung, während die um den Kelyphit herumliegende Zone grösserer Augitkrystalle nicht fehlt; in dieser findet sich in unserem Falle wohl auch Pieotit. Ganz zweifelsohne ist im Serpentin der Kelyphit weit schwieriger als die Granatrinde des eben besprochenen Gesteines aufzulösen ; er zeigt ferner bei bedeutend grösserer Dieke ganz wie bei dem durch Schrauf in die wissenschaftliche Discussion eingeführten Vorkommen von Krems liehtere und dunklere „Schlieren“, und doch möchte ich auch hier, immer wieder anknüpfend an das Bild, welches mir die zuerst be- sprochene Bildung des Salzerbühels im Dünnschliffe gegeben, eine. Zu- sammensetzung aus vorzugsweise Augitwülsten annehmen, die hier nur viel geringere Dimensionen besitzen und dichter, sowie in weit grösserer Massenhaftigkeit aneinander gereiht sind. Es scheint mir nämlich, dass an den Rändern, wie in einzelnen lichten Partien des Kelyphits solche Augitwülste sich erkennen lassen, indem sie vielerlei, optisch gleich orientirte Stengelaggregate bilden. Welcher Art freilich die Substanz ist, mit der sie als verwachsen anzunehmen sind, und welche sie dicht zu durchwuchern scheinen, wage ich schon gar nicht zu sagen (manchmal wäre man geneigt, selbst wieder an Augit zu denken). Als Picotit endlich dürften hier braune, gegenüber den grünlichen Augit- stengeln stark zurücktretende Partien zu deuten sein. rs Somit betrachtete ich die beschriebenen Vorkommnisse meines Gebietes, die wohl auflösbaren Augitstengel , die dicht, gereihten, aber als solche noch deutbaren des zweiten Gesteins und endlich die ganz dichten, eigentlichen kelyphitischen Rinden der Serpentingranate als Glieder einer Reihe und genetisch gleichartig. Und nochmals darf ich es hier betonen, dass auch in den Serpentinen neben den eigentlichen Kelyphitrinden auch die von mir als wichtig hingestellten, deutlich auflös- baren Augitstengel im Plagioklas (ganz unabhängig vom Granat) nicht fehlen, was Schrauf für das Kremser Vorkommen zwar nicht angibt, wovon ich mich jedoch in einem Schliffe des Serpentins vom Geiss- Berge (siehe pag. 127, resp. 11) überzeugen konnte. Mit dieser Auffassung betrete ich übrigens nur einen Weg, der zu ähnlichen Resultaten führt, wie solche die bezüglichen Arbeiten Beeke's, Lasaulx’ und Lehmann's ergaben. Mag auch die Natur der Mineralsubstanzen, welche in dieser Weise an der Zusammensetzung der nunmehr aus verschiedenen Gebieten constatirten kelyphitischen Granatrinden theilnehmen, eben an den verschiedenen Punkten nicht stets die gleiche sein, mögen diese Substanzen sonst (in den Waldviertler Kelyphiten) z. B. Picotit und ein Hornblende- Augitsilicat, hier wieder vorzugsweise Augit und eine andere anisotrope Substanz sein, ja mag auch eine Deutung für verschiedene Gebilde, in dem einen Falle als Zersetzungsrinde, hervorgegangen aus Granat !) a. a. O0. pag. 231. 136 C. v. Camerlander. Ins [20] und Olivin, da wieder als Analogon der so oft eonstatirten ursprünglichen Umwachsung des Granats zulässig sein — stets wird wohl der Charakter dieser Rinden als ein nichteinheitlicher festzuhalten sein. Und das ist ja auch die Ansicht, die Lasaulx vertreten, als er, unter dem Eindrucke der so überaus anregenden und lehrreichen Arbeit Sehrauf's, die dichten, eigentlich „kelyphitischen“* und die sofort und scharf auflösbaren Granatumrandungen mit einander verglich. Ich werde mich nunmehr in der weiteren Beschreibung der vom Salzerbühel stammenden Mineraleombinationen kürzer fassen, indem das nun schon eingehend geschilderte Bild einer mikropegmatitischen Verwachsung noch öfter wiederkehrt. Auch die Hornblende erscheint nämlich gleich dem Augit in der Form dünner Stengel und Wülste innerhalb von Plagioklas. Theils sind es in diesem Falle reine Hornblendegesteine mit Plagioklas, der bald in Gestalt der bekannten Leisten und Bänder im Gestein sich bemerklich macht, theils auch Amphibolit mit grösserem oder germgerein Augitgehalte. In diesen Bildungen zeigt sich die Hornblende neben den ge- nannten Wülsten auch noch in Form grösserer Krystalloide und hat es den Anschein, als ob hier nicht stets von einer mikropegmatitischen Verwachsung im strengen Sinne des Wortes gesprochen werden kann, indem nicht durchwegs eine gleiche optische Orientirung von Plagio- klas und Hornblende erkannt werden kann und manchmal auch die grösseren Hornblenden sich in die kleinen, stengeligen Formen aufzulösen scheinen. Und es ist ja doch wohl auch in diesem Falle sehr gut möglich, dass Erscheinungen, die sich in ihrer endlichen Ausbildung gänzlich ähneln, von verschiedenen Ausgangspunkten sich herleiten, dass neben einer ursprünglich vorhandenen, echten mikropegmatitischen Verwachsung eine durch spätere Veränderung und Umwandlung bedingte Ausbildung mit im Spiele ist. Aehnlich ist das Bild, welches Hornblendegesteine einer anderen Localität bieten, die ich im Anschlusse noch mit einbeziehe, wiewohl 'sie nicht mehr der Umgebung von Prachatitz selbst angehört. Bei Dobrusch (Prachatitz SO.) befindet sich westlich an. der Strasse, knapp vor der Thalsenkung bei der starken Strassenbeuge, südlich des Dorfs, eine kleine Entblössung, wo wir uns in dem gleichen Grenzhorizonte befinden, in dem wir neben Serpentin auch die Augit- und Hornblendegesteine vor uns haben. In dem, für das freie Auge gleich den meisten derartigen, hier zur Besprechung gelangenden Gliedern ziemlich gleichmässig dicht er- scheinenden Amphibolit, in welchem in untergeordnetem Masse Plagio- klas, ein dillagartiger Augit, endlich Quarz und Pleonast erscheinen, ist die Horblende in verschiedenartiger Weise ausgebildet. Zunächst sehen wir sie in Form von grösseren Blättchen mit ziemlich bedeutendem Pleochroismus (lichtgelbgrün bis lichtbraun) und wenig ausgebildeter Spalt- barkeit, ferner als strahlsteinartige Hornblende ohne Pleochroismus und endlich als Haufwerk in Gestalt kleiner und kleinster, oft zusammen- gestauchter Büschel und den um eine Längsaxe regelmässig angeord- neten flaschen- oder stengelartigen Formen. Diese letzteren finden sich il Se en 0 [21] Zur Geologie des Granulitgebietes von Prachatitz. 187 hier ganz ebenso regelmässig, wie wir es bereits einleitend von der Anordnung der Augitwülste beschreiben konnten; auch hier sieht man deutlich, dass die Hornblendestengel im Feldspath, und zwar Plagio- klas, liegen. Auffällig ist, dass nebenher die Hornblende auch noch in anderer Ausbildung erscheint und ist diesbezüglich jedenfalls diejenige in Form von, Aggregatpolarisation zeigenden Blättchenanhäufungen am ' auffälligsten. Wenn ich dies hier ausdrücklich hervorhebe, so geschieht es, um — objeetiv vorgehend — Bedenken gegen die Deutung einer ursprünglich vorhandenen mikropegmatitischen Verwachsung Raum zu geben, gegen eine Deutung, die sich aus der Betrachtung der zuvor erwähnten, ganz regelmässig um eine Axe centrifugal angeordneten, gleich orientirten Stengeln von Hornblende ganz ungezwungen ergibt. Ueber die anderen Bestandtheile ist nicht viel zu sagen: Der Augit von faseriger, nicht mehr frischer Natur (einzelne Fasern sind optisch anders orientirt als die benachbarten) ist von lichtgelb-röthlicher bis grünlicher Farbe und zeigt in der Hauptmasse Auslöschungswinkel von 36—40°. Der Plagioklas erweist sich als noch ganz frisch; der Pleonast, der hier als accessorischer Bestandtheil erscheint, bildet un- regelmässige isotrope Körnchen von grellgrüner Farbe, die sich an einer Stelle des Präparates gehäuft finden. Das zweite von der gleichen kleinen Entblössung bei Dobrusch stammende und der Untersuchung zugeführte Gestein ist ein Augit- gestein mit beträchtlichem Granatgehalt. Der Augit ist hier wieder von anderer Art, als wir ihn in den Augitgesteinen des Salzerbühels kennen lernten, es ist ein stark pleochroitischer, dunkler, ganz in den gewöhnlichen Farben des Biotit erscheinender Augit mit stark schiefen Auslöschungswinkeln, während ein anderer monokliner Pyroxen von lichterer Farbe und nicht pleochroitisch, der in den früher beschriebenen Gesteinsbildungen häufiger zu finden war, hier nur untergeordnet sich antreffen lässt. Drittens aber erscheint Augit — und deswegen führe ich diese Gesteinsbildung überhaupt an — auch in Form der kleinen Haarbüschel und Stengelaggregate als Umrandung der im Gestein häufigen Granate. Diese Augitstengelkränze umranden den Granat nicht immer und nicht an allen Stellen gleichmässig. Ueber ihre Natur ist nach dem schon oben Mitgetheilten nicht viel mehr zu sagen, es sind lichtgrüne bis graue Stengel, die hin und wieder in das Granat- korn selbst hineinzuwuchern scheinen. Um den Augitkranz legt sich noch hin und wieder eine Zone, in der die Plagioklase und wohl auch Quarze in Form kleiner Körner vorherrschen. Der Granat selbst ist von etwas dunklerer Nuance des Rosatones, in dem er uns bisher ent- gegengetreten ist, welcher Unterschied vielleicht hiermit zusammen- hängen mag, dass der Granat hier sehr reich an Einschlüssen ist, theils von Erzen, theils von unbestimmten Stäbchen und endlich auch grösseren Augiten, Habe ich hiermit die Aufzählung jener Fälle, in denen die mikro- pegmatitische Verwachsung eine bedeutsame Rolle spielt, erledigt, so erübrigt mir doch noch aus dem gleichen Horizonte eines weiteren, interessanten Vorkommens zu gedenken. Jahrbuch der k.k.geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Band. 1. Heft. (C. v.Camerlander.) 18 138 Ö, v. Camerlander. [22] Unter den Gesteinsvarietäten des Salzerbühels begegnen wir nämlich auch noch einem interessanten Analogon zu den altbekannten „Glimmer- kugeln“ von Hermannschlag in Mähren und den jüngst durch Becke in seinen Studien über die Gneissformation des Waldviertels bekannt gemachten, ähnlichen Vorkommnissen von Dürrenstein in Niederösterreich. Bei Hermannschlag liegt eine äussere Schale von Biotitblättchen, wie der Notiz zu entnehmen ist, die Tschermak !) von dem Vorkommen gibt, über einer viel dünneren concentrischen Schale von Antophyllit, worauf noch vor dem wieder aus Biotit bestehenden Kerne eine seladon- grüne Schichte folgt, in der ein Talkchloritgemenge als Zersetzungs- product eines Diallags vermuthet wird. Alle vier concentrischen Schalen betrachtet Tsehermak als Umwandlungsproducte, wahrscheinlich eines einzigen Minerals, vielleicht Granat. In dem Vorkommen von Dürren- stein a. d. Donau?) umhüllt Becke’s Schilderung zu Folge eine äussere Schale von Biotit eine Zwischenschicht von wiederum Antophyllit, wobei jedoch oft zwischen beide Schalen sich noch eine aus Actinolit bestehende Schicht einschiebt; der Kern besteht hier aus Olivinfels (Olivin, gemengt mit Actinolit, Bronzit und Chlorit). Der Olivin war, respective ist das ursprüngliche Mineral, aus dem sich dann die ihn umhüllenden drei Schichten bildeten. Das ähnliche Vorkommen vom Salzerbühel bei Prachatitz, das ich aber gleich den meisten anderen von dieser Localität nieht vom anstehenden Fels, sondern nur leider in den Schuttimassen des Berges sammeln konnte, erweist sich von folgender Zusammensetzung: Eine Schale von unregelmässig (nicht etwa normal zum Radius der Schalen) angeordneten Biotitblättehen liegt zu oberst. Der Durchmesser dieser letzteren wechselt zwischen 1 Centimeter und Millimetergrösse. Die Blättehen, welche gegen innen zu an Grösse merklich abnehmen, gehören einem mit vielen äusserst feinen Erzkörnchen erfüllten Biotit von rothbrauner Farbe an, über dessen Natur — ob etwa auch hier, wie bei dem entsprechenden Vorkommen von Dürrenstein ein Anomit vorliege — ich keine nähere Angabe zu machen in der Lage bin. Dazwischen liegt hin und wieder ein Korn von Apatit. Ueber dieser äussersten Schale folgt eine viel schmälere, kaum 1 Centimeter betragende, welche bei makroskopischer Betrachtung lichtgelb, mit einem Stich in's Graue und von feinkörniger Textur erscheint. Bei der Betrachtung unter dem Mikroskope sieht man in der die Biotitschale zunächst begrenzenden Partie ein bunt dureh- einander gewürfeltes Gemenge von bald breiteren, bald schmäleren Leisten eines lichtgrünen Minerals mit wohl entwickelter, prismatischer Spaltbarkeit. Die Auslöschung der einzelnen Leisten ist keine für alle Partien derselben gleichmässige und spielt Aggregatpolarisation in dieser Zone eine grosse Rolle. Trotzdeın kann es keinem Zweifel unterliegen, dass hier ein rhombisches Mineral vorliege, welches, indem der Quer- schnitt desselben denen der monoklinen Hornblende analog ist, als Antophyllit angesprochen werden darf. Daneben erscheinen noch Biotitblättchen und endlich Prismen von Actinolit, der sich durch die Auslöschung und seinen Habitus gut charakterisirt und mit der Ent- fernung von der Biotitzone immer reichlicher auftritt. In der dann folgenden, i) Mineralog. Mittheilungen. 1872, pag. 264. ?) a. 2.0. pag. ASK, [23] Zur Geologie des Granulitgebietes von Prachatitz. 139 dunkler grün gefärbten, inneren Zone, nehmen wir mit freiem Auge wieder kleine, helle Glinimierblättchen wahr. Allmälig nimmt der Actiuolit so wie der Antophyllit an Menge ab und die Grössendimensionen sinken auch mehr und mehr herab, dafür stellen sich kleine Schüppchen eines stroh- gelben Glimmers ein, der wohl als ausgebleichter Biotit zu deuten ist: und unregelmässige, kleine, wirr durcheinander lagernde Blättchen eines Museovits, der endlich in Gemeinschaft mit chloritischen Massen dominirt. Es wird wohl nicht fehlgegangen sein, hier Umwandlungsproducte anzu- nehmen. Nebenbei erscheint hier noch Magnetit und Rutil, denen wir auch schon in den frischen Biotiten, wie auch in den Actinoliten begegnet sind. Dies ist das petrographische Bild unseres Vorkommens. Ueber die Art seines Auftretens kann ich keine Mittheilung machen, stammt ja das interessante Belegstück von den Lesesteinhaufen des Salzerbühels. Ebenso wenig kannich mich an die Erörterung der Frage machen, ob etwa auch hier, wie in dem Vorkommen von Dürrenstein, der innerste Kern dieser Kugeleoneretionen Olivin sei, aus dem durch Umwandlung die, concentrischen Kugelschalen ihren Ursprung nahmen. Vielleicht gelingt es einem späteren glücklichen Zufalle, auf diese beiden, heute offen zu lassenden Fragen eine Antwort zu finden. Vorläufig wollte ich auf ein immerhin interessantes Analogon zu wenigen be- kannten Vorkommnissen aus dem kleinen Sehatzkästlein der "Schutt- massen des Salzerbühels hingewiesen haben. Hiermit habe ich aber auch die Schilderung der zwischen Granulit und Gneiss auftretenden, petrographisch mannigfach zusammengesetzten Grenzzone erschöpft. Ob sie vollständig gerathen, werden spätere For- schungen entscheiden. Und das sei als das Resultat der auf den Blättern enthaltenen Studien kurz zusammengefasst: Die Granulit-Gneissgrenzzone erweist sich als aus sehr verschiedenerlei Aug ichor nblendegesteinen zusammen- gesetzt, in denen Feldspath (fast stets Plagioklas) und Quarz eine nur untergeordnete Rolle spielen, während anderen accessorischen Mineralen, wie Granat, Olivin, eine relativ bedeutsame Rolle zufallt. Eine wichtige Rolle spielen darin die als mikropegmatitische Verwachsungen gedeuteten Vorkommnisse, wo bald Augit, bald Hornblende hieran sich betheiligen. Dieselben leiten hinüber zu den auch nicht seltenen, sogenannten kelyphitischen Rändern der Granate. Endlich erscheinen neben diesen als eigentlichen Lagern aufzufassenden Bildungen noch eine ReihevonGanggesteinen, die als verschiedenerlei Porphyrite und Minetten gedeutet wurden. Es sind die besprochenen Gesteinsbildungen mit denjenigen in Paral- lele zu stellen, welche im sächsischen Granulitgebiete mit Pyroxen- granuliten vergesellschaftet auftreten und dort auch zum Theil ähn- liche Wachsthumerscheinungen erkennen lassen. Die Augitgranulite selbst lassen sich aber in meinem Gebiete nicht wahrnehmen. Im sächsischen Granulitgebiete kommt den entsprechenden Complexe nicht ganz jene geologisch-stratigraphische Bedeutung zu wie in Süd-Böhmen, wo es im Allgemeinen genau die Grenze gegen den Gneiss bezeichnet: hiegegen handelt es sich dort um mächtigere Lager, die theils als Eiklogit, theils 19% 140 C. v. Camerlander E23 als Amphibolit und Pyroxenfels, theils als Granatfels, theils als Augit- Serpentin, ausgeschieden werden können, während bei dem wechselnden petrographischen Charakter und den räumlich äusserst beschränkten Vorkommen in unseren Gebiete von einer genaueren Namengebung abgesehen werden muss. Anhangsweise folgen noch einige Bemerkungen über die petro- graphische Zusammensetzung der Granulite innerhalb meines Gebietes, ohne dass hiermit etwa eine Petrographie der südböhmischen Granulite überhaupt geboten werden könnte. Bezüglich der vielfachen Structur- unterschiede und der auch schon bei der Betrachtung mit freiem Auge erkennbaren mineralogischen Unterschiede sei auf die diesbezüglichen Schilderungen Hochstetter's (pag. 10ff.) verwiesen. Ich wähle zur Beschreibung den Granulit vom Gipfel des Jelemkaberges, Prachatitz SO. Sofort tritt uns in demselben bei der Betrachtung unter dem Mikroskop der sowohl für den sächsischen, wie für den Granulit des Waldviertels charakteristische gefaserte Feldspath entgegen, für den ich die Beceke- sche Bezeichnung: Mikroperthit gebrauche, ohne auf die bezüglich seiner Deutung zwischen Becke!) und Lehmann?) bestehende Meinungsverschiedenrheit hier eingehen zu können. Quarz betheiligt sich auch in nicht unbedeutendem Maasse an der Zusammensetzung des klein- körnigen Grundgemenges. Der Granat kommt sodann in dritter Linie. Es wurde, um über seine Natur ein sicheres Urtheil abgeben zu können, eine Analyse vorgenommen, welche das folgende Resultat ergab: HOreee ED Ben Een Hi SENETLERT 23:68 URD, 45. ee 2098 ALOE Eee EEE ER TRUE. , MIO. NETT 100:78 Demzufolge gehört dieser gesteinsbildende Granat zu den gemeinen Granaten, nicht, wie vielleicht vermuthet werden könnte, zu den Almandinen. Nicht selten enthält er Einschlüsse tesseraler Krystalle, die selbst wieder vielleicht Granate sind. Der Cyanit ist, wie auch im sächsischen Granulit, mit einem Rande von Sillimanit umgeben, der -—— auch in grösseren strahligen Massen isolirt — sodann in fünfter Reihe folgt. Hier finden wir den Cyanit aber auch nicht selten umgeben von einem dunklen, filzartigen Kranz, der bei starker Vergrösserung die uns schon bekannten flaschen- und stengelförmigen Formen eines intensiv grünen Minerals zeigt, in welchem wohl auch Augit vermuthet werden darf. Aber nicht blos um den Disthen herum, auch ganz frei für sich finden wir diese dicht gehäuften dunklen Stengelaggregate, die — wie man hier wohl sehen kann — im Quarz liegen. Endlich folgen Biotit und die tiefbraunen Rutilprismen neben Erzpartikeln und wenig Apatit. Turmalin und Zirkon scheinen hier zu fehlen. !) a. a. O. pag. 199. ?) a. a. O. pag. 215, [25] Zur Geologie des Granulitgebietes von Prachatitz. 141 Ueber den weit weniger frischen Granulit, der bei der Gemeinde- mühle, dem Ausgangspunkte unserer petrographischen Streifzüge an- steht, ist weniger zu sagen. Die interessanten accessorischen Gemeng- theile sind ausser Granat sehr vereinzelt in ihm wahrzunehmen; nur von dem zu einer grünen Substanz umgewandelten Biotit wäre die Erfüllung mit sich kreuzenden Nadelsystemen (wahrscheinlich Rutil) zu erwähnen. Dagegen finden wir in einem anderen Granulite der näheren Umgebung von Prachatitz, in dem des Galgenberges, deutlich die oben erwähnten dunklen, filzartigen Aggregate, auch da theils um Distben, theils für sich vereinzelt. Noch ein anderes Vorkommen dieses Gebietes, jenes von der Wällischmühle (Prachatitz N.), ist dadurch erwähnenswerth, dass wir hier ausser den feinen, haarbüschelförmigen Ansammlungen von Silli- manit auch einzelne grössere und diekere Leisten desselben in innigster Verknüpfung mit jenen antreffen. Endlich sei noch des Granulits von Klenowitz (Netolitz S.), an der Ostgrenze des ganzen Gebietes, gedacht, der bei mangelndem Disthen und Biotit sowohl die schon erwähnten grösseren Krystalle von Sillimanit, wie die granatähnlichen Einschlüsse im Granat selbst und endlich die als Ansammlungen dieht gehäufter, stengelartig ent- wickelter, grüner Augite gedeuteten dunklen Aggregate erkennen lässt. Echte Pyroxengranulite (die alten sächsischen Trapp- granulite), die Lehmann!) von einigen Punkten auch Südböhmens erwähnt, fand ich in meinem Gebiete, wiewohl sich meine Studien ja recht eigentlich in den sonst mit ihnen vergesellschafteten Augit- und Amphibolgesteinen ete. bewegten, nicht auf. Die Aehnliehkeiten unserer Granulite mit der herrschenden Art in Sachsen und Niederösterreich ergeben sich nach dem Gesagten von selbst, wobei von kleinlichen Unterschieden, wie dem Fehlen der strichförmigen Rutile oder des Pleonast, resp. Herzynit abgesehen wird. Der so charakteristische, von Hochstetter übrigens schon er- kannte Sillimanitgehalt 2) reicht übrigens auch über die Granulitgrenze, indem z. B. die an der Waldlisiere des Eichberges (Prachatitz W.) ent- wickelten eigenartigen Gneisse und Glimmerschiefer zum Theil direet als Sillimanit- (resp. Fibrolith-)gneisse anzusprechen sind. Dass daneben vielleicht auch Andalusit sich finde, möchte ich übrigens nicht in Abrede stellen. Was endlich die oft Turmalin führenden Ganggranite des Terrains betrifft, so sind sie ziemlich interesselos. Bemerkt sei nur ihr, zumal in den biotitreichen, auffälliger Plagioklasgehalt, nicht selten in Form grösserer Krystalle (Gemeindemühlevorkommen). Auf theoretische Untersuchungen mit Hinblick auf die durch Leh- mann in so glänzender Weise verfochtenen Anschauungen über das Wesen des Granulits einzugehen, hierzu fehlt mir leider mit Hinblick auf die geringe räumliche Erstreckung des von mir untersuchten 1) a. a. 0. pag. 240. ?) Hier darf ja auch bemerkt werden, dass die von Hochstetter erwähnten Quarzkugeln im Granulit bei Zrnin (a. a. O. pag. 15), welche Lehmann nicht wieder zu finden in der Lage war (a.a.O. pag. 240), auch nur Massenanhäufungen von Silli- manitnadeln sind, wie aus der Betrachtung unter dem Mikroskope erhellt. Jahrbuch der k.k. geol, Reichsanstalt. 1837, 37. Band. 1. Heft. (C, v.‚ Camerlander.) 19 142 C. v. Camerlander. [26] Gebietes die für derartige Bestrebungen unbedingt nöthige Basis. Noch möchte ich aber nach meinen Erfahrungen im südböhmischen Granulit den alten Hochstetter'schen Standpunkt und damit zugleich den- jenigen der sächsischen geologischen Landesaufnahme einnehmen. Um die Uebersicht der in den vorstehenden Mittheilungen enthaltenen petrographischen Details zu erleichtern, stelle ich im Folgenden die besprochenen Bildungen zusammen: Biotitdiorit (Libin Bg., Grilling u. a. Orte) Dioritporphyrit (Gemeindemühle) Bl Quarzglimmerporphyrit (Belöthal, Fuss des Jelemkaberges) E Minetteartiges Ganggestein (Gemeindemühle, Salzerhof) . Granulite und Granite ArAgR: Mineralcombinationen von Pyroxenen, Hornblende, Olivin ete., charak- terisirt durch Wachsthumserscheinungen, die als mikropegmatitische Verwachsungen einzelner Bestandtheile gedeutet werden und zwar: A. VonAugitundFeldspath jenerin Form von Stengeln, angeordnet um eine gemeinsame Axe (in der unteren Zone der Kugelconcretionen vom Salzerbühel, im Pyroxen-Olivin-Serpentin von ebenda) & ei B. VonHornblendeundFeldspathingleicher Form (in vielen Amphiboliten des Salzerbühel und von Dobrusch) . le { C. Von Augit und Quarz in gleicher Form, minder "sicher nachweisbar im Granulit vom Jelemka Bg. und Klenowitz s D. Von Augit und (wahrscheinlich) Feldspat Bi als "Umrandung der Granate in verschiedener Art der Ausbildung 1. wohl auflösbare Stengel in der oberen Zone der Kugeleoncretionen vom Salzerbühel von Dobrusch Fu 2. dichtgedrängte, schwerer auflösbare Stengel i in 1 dem Plagioklas führenden Ausit- etc. Gesteine vom Salzerbühel 3. „Kelyrhit“ in den Serpentinen, gedeutet als sehr dichte und potenzirte Ausbildung der früheren Erscheinung E. Von Augitund (wahrscheinlich) Feldspathals hg derCyanite in Form dichtgeärängter Stengel i im Granulit vom Jelemka Bg. und Galgen Bg. hıruck von Gottlieb Gistel & Comp. in Wien, Seite 120[ 4] 128 [12] 129 [13] 130 [14] 131 [15] 132 [16] 127 [11] 136 [20] 140 [24] 133 [17] 137 [21] 134 [18] 135 [19] 140 [24] Foullon una Gold schmidt: Geolog. Verhältnisseder Inseln Syra Syphnos u.Tinos. ae. Syra 1:100.00 0 1 E a 0 000 zagome > Y N 1X € N N WERZIES «zw DIN, > AU HN M N eh, N z vn, AUT N X N = ZN IT ____| Alluvium u.Diluvium is 7] Breccie(recent) BE Kalk ee KrystallinischerSchiefer Jahrbuch der k.kGeologischen Reichsanstalt Bd.XXII1887 Verlagv.Alfred Hölder kk.Hof-u.Universitäts-Buchhändler in Wien ‚Schnellpressendruck des k.k.milit.&eograph. Institutes. Geolog .Verhältnisse der Inseln Syra Syphnos u.Tinos. Tafll Foullon a Goldschmidt: Tinos 1:180.000 1:150000 m 09 1 2 3000 Mt | Alluvium EEE Kalk er KrystallinischerSchie DE] Gneifs (Granit) Jahrbuch der Kk.Geolosischen Reichsanstalt Bd.XXXVI 1887 Verlag v. Alfred Hölder, k.k.Hof-u. Universitäts-Buchhändler in Wien. Schnellpressendruck des k.k.milit.&eograph. Institutes. “Z Fun Rp, mer r} 2 Pag" a + e 4 . Ei . m Es a PR RE 1,9 N * ” bg a > - Tafel Ill. Fig. 1. Silesites vulpes Cog. Seulptursteinkern in nat. Gr. Die Lobenlinie befindet sich auf Taf. IV, Fig. 4. Gardenazza. Klipst.-S. pag. 92: Fig. 2. Costidiseus Rakusi Uhl. Seulptursteinkern in nat. Gr. Gardenaz: Klipst.-S. pag. 84. N \ Fig. 3. Crioceras Klipsteini n. sp. ‚Seulptursteinkern in nat. Gr. Gardenazz Ton Klipst.-S. pag. 98. a Fig. 4. Crioceras n. sp. ind. Sculptursteinkern in nat. & en Z2 Klipst.-S. pag. 97. & %“ + . x ee s ’ « = £ \ ” .r N £ » EN . \ vn en N . \ = ) i I . Ins BR fi 7% u y Bi a B . A pi ’ e . | r ) I IM j h j h x 7 rt es . I = | 5 PR N u “ ’ . x j k AP 2 P h er j 4 h Br N r\ u ie ” Y = \ ’ \ f ’ u .. I] T $) ul 2 . 2 ra Ne AM - ve,ı r ZIP) Ey DV. Uhlig, Neoconfossilien vom Gardenazzastock, S iidtirol. . Taf. IL, & y 5 ei Rud. Schon, nach d, Nat. gez. u. lich. Lith. Anst.v. Th. Bannwarth , Wien, "2 P A r Jahrbuch derk.k. Geologischen Reichsanstalt BA.XXXVIL 1887. Verlag v. Alfred Hölder, k.k.Hof- u. Universitäts- Buchhändler in Wien. ar ’ ann 1%) "? Lee a N Tafel IV. Fig. 1. Crioceras badiotieum n. sp. Steinkern in nat. Gr. Der vordere Theil des Schaftes gehört der Wohnkammer an. Gardenazza. Klipst.-S. pag. 99. Fig. 2. Macroscaphites tirolensis n. sp. Sculptursteinkern in nat. Gr. Garde- nazza. Klipst.-S. pag. 86. Fig. 3. Crioceras sp. ind. af. Römeri Neum. Uhl. Sculptursteinkern in nat. Gr. Gardenazza. Klipst -S. pag. 95. Fig. 4. Silesites vulpes Cogq. Lobenlinie in nat. Gr. Klipst.-S. pag. 92, vergl. Taf. III, Fig 1. Jahrbuch der k.k. geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Band. 1. Heft. 19 Dr.V.Uhlig, Neocomfossilien vom Gardenazza,Südtirol . Taf.W. Druck v. Joh Haupt. in Wien. A Swoboda lıch Jahrbuch der kk.Geologischen Reichsanstalt Bd.XX XVII 1887. Verlag v. Alfred Hölder. k.k.Hof u.Universitäts Buchhandlung in Wien. Tafel V. Fig. 1. Haploceros salinarium n. sp. Verzerrter Steinkern in nat Mundsaum. Aus dem Neocom des Ischler Salzberges. Samml. d. geol. Reichsanst. ] Fig. 2 Haploceras salinarium n. sp. Verzerrter Steinkern in nat. Mundsaum. Die eingezeichnete Lobenlinie ist die Jetzte. Aus dem Neocom des. Salzberges.. Samml. d. geol. Reichsanst. pag. 104. ä Fig. 3. Haploceras salinarium. Steinkern der Wohnkammer, mit Man in nat. Gr. Samml. d. geol. Reichsanst. Schleiferleiten. pag. nn er x Mündungseinschnürung. Aus dem Konsens bei Kufstein. pag. 106. Fig. 5. Pulchellia af. Lindigi Karst. Steinkern in nat. Gr. Klipst.-S. pag. 95. | Fig. 6. Phylloceras ladinum n. sp. a ar in nat. Gr. 6: Klipst.-S. pag. &0. ’ Fig. 7. Phylloceras ladinum n. sp. Exemplar in nat. Gr. Gardenzz dem k. k. Hofmuseum. pag. 80. Fig. 8. Holcostephanus sp. ind. In nat. Gr. Gardenazza. K.k. Hofmuseu Fig. 9. Anisoceras n. sp. ind. Exemplar in nat. Gr. a. pag. N. Ir.V.Uhlig, Neocomfossilien vom Gardenazza, Südtirol. Taf.V. “ PR, nn Bes EN en A Swoboda lich. Druck v. Joh Haupt n Wien. ‚Jahrbuch der k.k.Geologischen Reichsanstalt Bd.X xxvu 1887. Verlag v.Alfred Holder. k.k Hof u.Universitäts Buchhandlung in Wien. a TE ed Verlag von Alfred Hölder, k. k. Hof- und Universitäts-Buchhändler in Wien, Rotbenthunmatzässe 5. ae Te Senne atmen ann nn om nme z2 nn RE — —__ : ER De , Libanon SB " Grundlinien der physischen Geographie und Geologie Mittel-Syrien. TEE, Von Dr. Carl Diener, Privat - Docent an der k; k, Universität in Wien. : Mit einer geologischen Karte, 7 Tafel, 6 Lichtdruckbildern und 16 Textabbildungen. it gr. 8°..X und 412 Seiten, Preis fl. 8—. M. 16.-—. nn ANNALEN des | k k. naturhistorischen Hofmuseums in Wien. Redigirt von Dr. FRANZ Ritter von HAUER, | %k, k, -Hofrath und Intendant. = ee = 2 Kr ER Band Il, Heft 1. 5 Die „Annalen“. erscheinen - vorerst in zwanglosen Heften; der Preis eines Be ‚Bandes a 2) Bogen (&.16 Seiten) grössten ren) mit zahlreichen Tafeln RE u Ulustrationen,, beträgt 10. fl. — 20 M. \ Als Sonderabäzicke sind Alanaae w. A, erschienen: Fr. v. Hauer, Jahresbericht des k. k. naturhistörischen en für 1885 j und 1886, (Mit 1 Taf) Preisä I = 2 M. © E. Kitt, Ueber..die_mioceneu Plor opoden von -Oesterreich- "Unger n.-(Mit 1 Tafel.) Bu Preis: 14, 40 = 2 M, 80 Pr, on v: Goldschmädt, Bestimmung des speeifichen Geivichtes von : Mineralien. =, „Preis 40 kr. — & Pf. "Dr. 4. Brezina, Ueber die Krystallform des Terlurit „(Mik.3' Figuren im 2. Texte) Preis 60 kr. = I M. 20: Pf. ER Arthur Gehmacher , Goldsand niit Demantoid: von ne ‚Ekbatana ı und 0%." Hümadan, Preis: 30 kr. — 60 Bf, e $ in Köchlin , Ueber ein neues Buklas- Vorkommen aus den österr. Tauern, (Mit Bl RER Tafel.) Preis: 14. = 2M ne E. Pergens, "Püipeäne' Bryozoön. von ; Rhodns. ak 1 Tafel.) Preis: 1.8. 60° kr.“ Er M. 20 FEr . Ft ? = Er Heft I. ge 3 > Usher die Bor elle der N Syra, En er un ‚Tinos, Heinr. Baron. x: Fonllon und Dr. Viet. Goldschmidt (Nr.ID) ! Ge Die Glaukophangesteine“ der Fruska. gora in Kroatien. Yon Dr. Prof. in Agram . . . Ueber das transkaspische Rank an Von Dr. ] Ein geologisches Profil bei Niederndorf (Kufstein Ueber neocenie Fossilien vom Gardenazza. in-$ Südtiro nebst über ‘das. Neocom . ‚von Zeche on : 2 IE VI | Zür Wieliezka-Frage, Von 0, =. Paul. Zur Geologie des. ‚Granulitgebietes von. Poren am are Se gen De & Bist Ausgegeben am 2. Jänner 1888. JAHRBUCH KAISERLICH-KÖNIGLICHEN GEOLOGISCHEN REICHSANSTALT, N a Re BE, artnet a ae > ara En nn 2” JAHRGANG 1887. AXXVII BAND. 2.8 'HERT. Mit Tafel VI—XV. DEE or 5 : 9 > sr Eat . So) N 86° or 1) WIEN, 1888. ALFRED HÖLDER, K. K. HOF- UND UNIVERSITÄTS-BUCHHÄNDLER, Rothenthurmstrasse i5. Verlag von Ferdinand Enke in Stuttgart. Soeben erschien: k Einleitung in das Studium der Geologie von Professor Dr. David Brauns in Halle a. S. Mit 12 Holzschnitten. 8 geh. M. 5.— Verlag von Älfred Hölder, k. k. Hof- und Universitäts-Buchhändler in Wien, _I., Rothenthurmstrasse 15. 4 Soeben erschien: Abhandlungen der k, k. geologischen Reichsanstalt, XI, Band, -II. Abtheilung. Die Carbon-Flora ae der Schatzlarer Schichten. Von D: S TUR: Abth. Il. Die Calamarien der Carbon-Flora der Schatzlarer Schichten. Mit einer vierfachen Tafel, 25 Doppeltafeln und 43 Zinkotypien, Preis fl. 50.— = M. 100.— k Mineralogische und Petrographische MITTHBEILUNGES Herausgegeben von G. TSCHERMAR. (Neue Folge ) Neunter Band. 2. und 3. Heft. INHALT: VII. Die Serpentin- und Amphibol-Gesteine nördlich von Marienbad. Von Horace B. Patton. (Mit 2 Abbildungen im Texte.) — IX. Contacterscheinungen an schottischen Olivin-Diabasen. Von Ernst Stecher. (Mit Tafel IV.) — X. Ueber den Habitus des gesteinsbildenden Titanit. Von Alfred Church Lane. (Mit 9 Ab- bildungen im Texte) — XI. Ueber die Krystallform und das optische Verhalten des Fruchtzuckers. Von M. Schuster. (Mit 1 Holzschnitt.) — X. Barytocölestin von Werfen in Salzburg. Von Dr. E. Hatle und H. Tauss. — XIII Ueber einige minder bekannte Eruptivgesteine des böhmischen Mittelgebirges. Von Joa. Emanuel Hibsch. (Mit 6 Abbildungen im Texte.) ” Bora at N # wi » a Die carbone Eiszeit. Von Oberbergrath Prof. Dr. W. Waagen. Seitdem durch Agassiz und Andere die Gletscher einem genaueren Studium unterworfen wurden, und dadurch die Mögliehkeit geboten war, Ablagerungen, bei deren Bildung das Eis betheiligt war, auch dort noch zu erkennen, wo der Bildner derselben, das Eis, schon längst verschwunden war, eröffneten sich der geologischen Forschung ganz neue Perspectiven und es wurde möglich, einen Blick in die klimatischen Verhältnisse von Perioden zu werfen, welche der geschichtlichen Ueberlieferung weit vorausgegangen waren, und welche bis dahin als durch eine tiefe Kluft von der heutigen Entwicklung der Dinge getreunt betrachtet wurden. Die Studien in dieser Richtung erstreckten sich indessen in erster Linie nur auf die glacialen Bildungen der Quartärzeit, einestheils, weil die in diese Periode fallenden Ablagerungen, bei deren Zustandekommen das Eis betheiligt war, ziemlich oberflächlich gelagert sind, verhältniss- mässig grosse Flächen bedecken und so eine mehr oder weniger bedeutende Rolle in der geologischen Zusammensetzung zahlreicher Länderstrecken spielen, und anderentheils, weil aus nahe liegenden Gründen organische Reste in glacialen Bildungen ziemlich allgemein mangeln und so das Alter von derartigen Ablagerungen, welche nicht in die Quartärzeit fallen, meist ungemein schwierig zu bestimmen ist. Dennoch sind auch sehon zahlreiche Stimmen laut geworden, welche in älteren als quartären Ablagerungen die Wirkungen des Eises nachweisen zu können glaubten, und es ist seit eambrischen Zeiten kaum eine der grösseren Epochen zu nennen, in welcher nicht auf derartige Bildungen wäre hingewiesen worden, ja James Croll glaubte selbst nachweisen zu können, dass jede der grösseren Epochen in der Geschichte der Erde aus einer Reihe von Eiszeiten und Inter- glacialzeiten bestehen müsse; mit den Millionen von Jahren ist er dabei sehr freigebig. Jahrbuch der k. k.geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Band. 2. Heft. (W. Waagen.) 20 144 W. Waagen. [2] Diese Stimmen sind aber bisher ziemlich unbeachtet verhallt, weil die Gesammtthatsachen der geologischen Forschung mit der Theorie nicht recht stimmen wollten, und die namentlich auf den britischen Inseln beobachteten Thatsachen einerseits immer nur als locale Vor- kommnisse erschienen, andererseits ein unzweifelhaft glaeialer Charakter dieser Bildungen nicht vollkommen nachgewiesen werden konnte. Mit der Zeit aber mehrten sieh die Thatsachen und die Beweise häuften sich, und heute ist es kaum mehr möglich, sich der Frage gegenüber, ob auch in früheren als quartären Zeiten glaciale Erscheinungen nach- zuweisen seien, in ablehnendes Stillschweigen zu hüllen, sondern die Thatsache des Vorhandenseins von glacialen Ablagerungen wird ziemlich allgemein zugegeben, wenn man auch im Allgemeinen mit dieser That- sache nicht viel anfangen konnte, weil die genauere Feststellung des Alters dieser Glacialbildungen ganz eigenthümlichen Schwierigkeiten unterworfen war. Es ist eines der unbestreitbaren grossen Verdienste des Geologieal Survey of India, diese Glacialfrage mehr in den Vordergrund gerückt und zahlreiche Thatsachen bekannt gemacht zu haben, welehe dahin zielten, diese Frage der Lösung näher zu bringen. Der erste Umstand, welcher durch diese Studien festgestellt wurde und welcher von grossem Gewichte war, war der, dass es auf solche Weise als nachgewiesen erschien, dass die Glacialschiehten in Ablagerungen älter als die glacialen Bildungen der Quartärzeit, nieht nur locale Erscheinungen seien, die sich nur an einigen englischen Localitäten fanden, sondern eine Er- scheinung, die sich über ganze Welttheile verbreitete. Die ältesten derartigen Beobachtungen bezogen sich auf Indien selbst, wo im Jahre 1856 die sogenannten Talchir- Conglomerate entdeckt wurden, die W. T. Blanford schon damals als glacial erklärte. Die definitiven Beweise hierfür wurden aber erst durch Thomas Oldham und Fedden im Jahre 1872 beigebracht, indem diese beiden im Thale des Godavery zahlreiche gekritzte Blöcke aus diesen Schichten ausgruben und auch die Unterlage der Schicht, einen harten Kalkstein - (Vindhiakalk) mit zahllosen, tiefen parallelen Kritzen versehen, fanden. Ein grosser, damals aufgefundener gekritzter Granitblock, liegt jetzt im Indischen Museum in Caleutta und derselbe lässt über seine Bear- beitung durch Eis keinerlei Zweifel aufkommen. !) Eine andere Gegend, in welcher schon lange Conglomerate eigen- thümlicher Art bekannt waren, ist Südafrika. Diese Bildung wurde lange Zeit für eruptiver Natur gehalten, bis endlich Sutherland?) die glaciale‘ Bildungsweise auch dieser Blockablagerungen erkannte. Unser Lands- mann Griesbach, der diese Gebilde in Afrika aus eigener An- schauung kannte, war, als er nach Indien kam, überrascht von der Aehnlichkeit, welche die indischen Talehir-Conglomerate mit den glacialen Conglomeraten Südafrikas zeigten und zögerte nicht, beide Bildungen zu einander in Beziehung zu bringen. Eine dritte Gegend, wo glaciale Bildungen in älteren Formationen nachgewiesen wurden, war Australien. Vor Allem war es der soge- nannte Bachusmarshsandstein, der als glacial erkannt worden war, ') Mem. Geol. Surv. India. Vol. IX, Part. 2, pag. 30. ?) Quart. Journ. Geol. Soc. Lond. Vol. XXVI, pag. 514. a a N et sehn [3] Die earbone Eiszeit, 145 und auch die Hawksburyschichten schienen unter Mitwirkung des Eises zu Stande gekommen zu sein. In allen drei Welttheilen kommen diese Glacialablagerungen in Verbindung mit Kohlenflötzen oder Sandsteinen vor, welche eine reiche Flora beherbergen. Diese Flora wurde von den meisten und den besten -Kennern fossiler Pflanzen für mesozoisch gehalten, während die Lagerungs- verhältnisse in Indien, namentlich aber in Australien entschieden dafür sprachen, diese Ablagerungen der paläozoischen Schichtenreihe zuzu- 4 zählen. | Es war hiermit ein unlösbarer Widerspruch geschaffen, der eine Scheidung der Geister hervorrief. Es wurden endlose Controversen zu Gunsten der einen und der anderen Auschauung geführt, und die Wichtigkeit des Vorkommens glacialer Ablagerungen in diesen Schiehten | trat mehr in den Hintergrund, eben weil das genaue Alter der ganzen y Schiehtenreihe nieht mit Sicherheit festgestellt werden konnte. ' Ich will nun versuchen, ein Bild der einschlägigen Verhältnisse für deutsche Leser zu geben, und kann dabei nicht umhin Vieles zu wiederholen, was in nicht deutschen Zeitschriften bereits mehrfach er- örtert worden ist. I. Indien. Die grundlegenden Arbeiten über diese Schichten wurden im Jahre 1856 von W. T. Blanford veröffentlicht, und später wurde : von H. B. Medlicott der ganzen Schichtenreihe der Name des Gondwana-Systems beigelegt. Umfassende Zusammenstellungen über den Gegenstand wurden von W. T. Blanford im Manual of the Geology of India und neuerlich in seiner Adresse an die British Association for the advancement of Science in Montreal gegeben. Auch der Bruder des oben Genannten, H. F. Blanford, brachte eine sehr gute Ueber- sicht des bis dahin Bekannten in seinem Aufsatz: On the Age and Correlations of the plant-bearing series of India and the former Exi- stence of on Indo-oceanie Continent, enthalten im Quarterly Journal of the Geological Society of London, Vol. 31, 1875, pag. 519. Die orga- nischen Reste wurden durch Feistmantel bearbeitet. Nachdem schon so Vieles und so Gutes über die Sache gesagt wurde, ist es schwer von Neuem den gleichen Gegenstand zu be- handeln. Es scheint mir namentlich kaum möglich, die meisterhafte Dar- stellung der Verhältnisse, wie sie W. T. Blanford in seinem Vor- trage in Montreal gegeben hat, zu übertreffen oder auch nur zu er- reichen, und so ist es wohl das Klügste, dem ersteren Begründer und eifrigen Förderer der ganzen Frage auch hier das Wort zu lassen. Ich werde mich also begnügen, die betreffenden Stellen des Blan- ford’schen Vortrages hier in der Uebersetzung wiederzugeben, und nur so weit Zusätze zu machen, als solche für das Verständniss deutscher Leser wünschenswerth erscheinen. „Die indische Halbinsel zeichnet sich durch eine auffallende Ab- wesenheit mariner Ablagerungen aus; wenn wir von den Rändern in der Nachbarschaft der Küsten oder im Thale des Indus absehen, 20* A Di u kai v2 ba anche „I ae el a A ee Kl a a A en ns a nl in 146 W. Waagen. [4] finden wir auf der ganzen Halbinsel, südlich der grossen Ebene des Ganges, mit Ausnahme der sehr untergeordneten Kreidebildungen des Nerbuddathales, nicht eine einzige marine Ablagerung. Dagegen treffen wir in Bengalen und Centralindien eine mächtige Folge von Süss- wasserschichten, die sich über grosse Strecken hin verfolgen lassen, wahrscheinlich fluviatilen Ursprunges sind und den Namen des Gond- wana-Systems erhalten haben. Die allerobersten Schichten dieses Systems umschliessen im Westen in Cuteh und im Osten an der Mün- dung des Godavery untergeordnet marine Ablagerungen, welche zu Folge der darin enthaltenen Thierreste dem Portland und der tithoni- schen Etage des Jura gleichzustellen sind.“ „Das Gondwana-System ist ein wahres Schichtensystem in dem Sinne, dass alle Unterabtheilungen desselben auf’s innigste miteinander verbunden erscheinen, sowohl in biologischer als in physikalischer Beziehung, dabei darf aber nicht ausser Acht gelassen werden, dass es mit grosser Wahrscheinlichkeit einen weit grösseren Zeitraum einfasst, als irgend eines der typischen Schichtensysteme Europas (Silur ete.). Die obersten Abtheilungen sind, wie eben angeführt wurde, stellen- weise mit ganz jungen marinen Juraschichten wechselgelagert, das Alter der tiefsten Glieder dagegen ist weniger genau festgestellt und dieselben wurden von verschiedenen Schriftstellern successive in den verschiedensten Unterabtheilungen vom Mittelearbon bis zum mittleren Jura eingereiht. Die Gondwana-Schiehten von oben bis unten sind von ungewöhnlichem Interesse wegen der merkwürdig widersprechenden paläontologischen Befunde, die aus ihnen zu Tage gefördert wurden.“ „Die Unterabtheilungen des Gondwana-Systems sind zahlreich, und besonders in den oberen Regionen ist die Entwieklungsweise eine für jede einzelne Gegend eigenthümliche. In folgender Tabelle sind jene Unterabtheilungen zusammengestellt, welche besonders wichtig sind, entweder wegen der Fauna und Flora, die sie umschliessen, oder wegen ihrer geologischen Beziehungen. a und Jabalpur Ober-Gondwanas . ./Kota Maleri |Rajmahal. Panchet ! ER I fRanigunj und Kamthi Unter-Gondwanas . .2Damuda ... Barakar Talehir und Kaharbari. „Die Ober-Gondwanas, wo sie am besten entwickelt sind, er- reichen eine Mächtigkeit von 11.000 Fuss, während die Unter-Gond- wanas bis zu 13.000 Fuss mächtig werden.“ „Von allen Unterabtheilungen des Systems sind zwei, Talchirs und Barakars, von noch allgemeinerer Verbreitung als irgend eine der anderen.“ | „Talchirs: Die Talchirsschichten bestehen aus feinen schlammige Schieferthonen und einem weichen feinkörnigen Sandstein. Nur wenige Versteinerungen wurden bis jetzt in diesen Schichten gefunden und diese wenigen kehren ohne Ausnahme in den Kaharbarischichten wieder. Die Talchirs sind namentlich merkwürdig wegen des häufigen u Pat [5] Die carbone Eiszeit. 147 Vorkommens grosser Felsblöcke, die insbesondere aus metamorphischen Gestemen bestehen und oft einen Durchmesser von 6 Fuss und mehr erreichen. Stücke von 3—4 Fuss Durchmesser finden sich sehr häufig. Alle diese Gesteinsfragmente sind gerundet und finden sich meist in einem feinen sandigen Thon eingebettet.“ Diese Blockablagerungen sind von ungemein grosser Verbreitung in Bengalen und Centralindien, und Geschiebe, deren Oberfläche mit zahlreichen parallelen Kritzen versehen sind, sind durchaus nicht selten. Sie bilden meistens die Unterlage der ganzen, Pflanzen und Kohlen führenden Schichtenfolgen nnd liegen so häufig direet discordant auf älteren Bildungen. Es wurde bereits oben angeführt, dass, wenn diese Unterlage frisch ab- gedeckt wird, dieselbe mit deutlichen parallelen Schrammen versehen ist. Die Mächtigkeit ist oft eine sehr bedeutende, aber natürlich auf kurze Erstreckungen wechselnd. Die glaciale Entstehungsweise dieser Bloekanhäufungen ist über allen Zweifel erhaben. Griesbach ') hat eine sehr instructive Abbildung dieser Ablagerung, in Farbendruck ausgeführt, gegeben, welche die unregelmässige Vertheilung der Blöcke in dem feinen, graugrünen sandigen Thon überzeugend vor Augen führt. Die weichen Sandsteine und Schieferthone folgen gewöhnlich erst über dem Blocklehm. In den Schieferthonen wurden sparsame Pflanzen- reste aufgefunden, unter denen Feistmantel folgende Arten bestimmte: Schizoneura sp. Gangamopteris cyclopteroides F'stm. » .. angnustifolia M’Coy. Glossopteris sp. Noeggerathiopsis Hislopi Bunb. sp. Von diesen ist Gangamopteris cyclopteroides die vorherrschende Form und Gangamopteris angustifolia ist identisch mit einer Form, die ursprünglich aus dem Bachusmarchsandstein Australiens beschrieben worden ist. Auch diese australische Ablagerung trägt gleichen Charakter. „Kaharbari: Die Kaharbarischichten sind bis jetzt an wenigen Stellen nachgewiesen worden. Sie stehen in der innigsten Beziehung zu den Talchirschichten und können wohl kaum als” besondere Ab- theilung aufgefasst werden. Stellenweise enthalten sie Kohlenflötze und sind dann oft ziemlich reich an Pflanzenresten.“ Bis jetzt wurden von Feistmantel folgende Arten aus diesen Schichten beschrieben: Schizoneura cf. Meriani Schimp. Vertebraria Indica Foyle. Neuropteris valıda F'stm. Gangamopteris eyclopteroides FRE in zahlreichen Varietäten. buriadica Fstm. major F'stm. angustifolia M’Coy. ”» ') Mem. Geol. Surv. India 1880, Vol. XV, parf. II, Plate 2. 148 W. Waagen. [6] Glossopteris communts F'stn. £ decipiens F'stm. Sagenopteris Stoliczkana F'stm. Glossozamites Stoliezkanus F'stm. Nöeggerathiopsis Hislopi Dunb. sp. Euryphyllum Whittianum F'stm. Voltzia heterophylla Brogn. Albertia sp. Samaropsis cf. parvula Heer. Carpolithes Milleri Fstm. „Die häufigste Form ist Gangamopteris cyclopteroides. Voltzia heterophylla ist eine charakteristische Art der europäischen unteren Trias und ebenso haben Albertia und Neuropteris ihre nächsten Ver- wandten in den gleichen Schichten. Alle Arten von Gangomopterts, Glossopteris Vertebraria, und Nöggerathiopsis sind nahe verwandt mit Formen aus australischen Ablagerungen.“ Die Kahabarischichten hatte ich selbst Veranlassung eingehender zu studiren, gelegentlich eines Ausfluges, den ich mit Dr. Stoliczka im Sommer 1871 unternahm. Ein Deutscher, Herr Heine, war damals Manager der Kohlenwerke in Kahabari. Er hatte eben in ein Paar Tagebauten die Kohlenflötze blossgelegt und lud uns ein diese Bauten zu besichtigen. Wir fanden zwei in geringer Teufe unter Tage gelegene Flötze in terassenförmigen Abstufungen von den überlagernden Sand- steinmassen befreit, so dass nur eine dünne Lage Schieferthones die Kohle selbst noch bedeckte. Die entblösste Fläche betrug in jedem Falle viele Quadratmeter und war bedeckt von wohlerhaltenen Pflanzen- resten, ein wahres Labsal für das Auge eines Paläontologen. Leider war aber die Ausbeute nicht so gross, als wir erwartet hatten. Es war die heisse Jahreszeit und die Schieferthone waren schon seit einigen Tagen der Einwirkung der glühenden Sonne und der glühend heissen Winde ausgesetzt gewesen und das Gestein war in Folge dessen so sehr zerklüftet, dass alles in Stücke ging, sobald man Hammer oder Meissel ansetzte. Hätte Herr Heine nicht schon vorher für uns Stücke in Sicherheit gebracht gehabt, wir wären mit leeren Händen abgezogen. Die damals erhaltenen Stücke bildeten die Hauptgrundlage für Feist- mantel’s Beschreibungen. Geologische Beobachtungen konnten damals wegen der furchtbaren Hitze nur wenige gemacht werden. Die Schichten liegen alle nahezu horizontal und ihre Beziehungen zu den nicht weit davon entfernten Ablagerungen des Damuda-Kohlenbeckens konnten nicht genau beobachtet werden, da ungeheure tropische Wälder einen grossen Theil der Gegend bedecken. „Damuda: Die mächtigen Ablagerungen, welche den Damuda- schichten zugetheilt werden, bestehen aus Sandsteinen und Schiefer- thonen mit eingeschalteten Kohlenflötzen. Die Floren der einzelnen Unterabtheilungen, wie sie oben angegeben wurden, zeigen nur geringe Abweichungen von einander und können desshalb zusammen behandelt werden.“ Feistmantel hat aus diesen Ablagerungen folgende Arten beschrieben : DE N kn 2 IK - = ar Sach = nr Dual DE En) Pu”, Amer m Berl Ba a en de" LEO u U u a Die carbone Eiszeit. 149 Schizoneura Gondwanensis F'stm. Phyllotheca Indica Bunb. # robusta F'stm. Trizygia speciosa Royle. Vertebraria Indica Royle. ÖOyathea cf. Tehihatcheffi Schmalh. Sphenopteris polymorpha F'stm. Diksonia Hughesi F'stm. Alethopteris Whitbyensis Goepp. lindleyana Royle. 2 ‚phegopteroides F'stm. Pecopteris affinis M’ Ol. Merianopteris major F'stm. Macrotaeniopteris danaeoides Royle. M Feddeni Feistm. Palaeovittaria Kurzi F'stm. Angiopteridium ef. M’Clellandi Oldh. 2 infractum F'stm. Glossopteris communis F'stm. intermittens F'stm. strieta Bunb. musaefolia Bunb. Indica Schimp. Browniana Bot. intermedia I'stm. retifera F'stm. conspteua I'stm. ingens F'stm. divergens F'stm. damudica F'stm. angustifolia Bgt. leptoneura Bunb. formosa F'stm. & orbicularis F'stm. Gangamopteris anthrophyoides F'stm. Whittiana F'stm. Hughesi F'stm. h cyclopteroides F'stm. Belemnopteris Wood-Masoni F'stm. Anthrophyopsis sp. Dictyopteridium sp. Sagenopteris logifolia F'stm. % polyphylla F'stm. Actinopteris bengalensis F'stm. Pterophyllum Burdwanense M’Cl. sp. Anomozamites sp. Nöggerathiopsis Hislopi F'etm. khipidopsis densinervis F'stm. Voltzia heterophylla Brot. Samaropsis cf. parvula Heer. ” N ” 150 W. Waagen. [8] „Ausserdem werden noch einige wenige Thierreste aufgefunden, nämlich: Estheria mangaliensis Jones. Brachyops laticeps Oro. Gondwanosaurus Bijorensis Lyd. Von diesen Thierresten lässt sich nichts weiter sagen, als dass Brachyops mehr oder weniger mit den jurassischen Rhinosaurus verwandt ist, während Gondwanosaurus dem Archegosaurus sehr nahe steht.“ „Unter den Pflanzen sind Arten der Gattungen Glossopteris und Vertebraria die häufigsten, während die Coniferen und Cycadeen mit Ausnahme von Nöggerathiopsis ganz ungemein selten sind. Mehr als die Hälfte der Farne sind Formen mit ungetheilten Blättern und einer anastomosirenden Aderung.“ „Lange Jahre hindurch wurde diese Flora von europäischen Phyto- paläontologen für jurassisch gehalten, und es waren vor allem Zigno und Schimper, die diese Ansicht vertraten, während Bunbury sich in dieser Beziehung mit mehr Reserve aussprach. Namentlich Formen wie Phyllotheca, Alethopteris und Glossopteris wurden, als auf juras- sisches Alter hindeutend, angesehen. Alle kamen aber jedenfalls darin überein, dass die Damuda Flora mehr der Flora der australischen Coal-Measures gleicht als irgend einer der Floren, welche aus irgend einer europäischen Formation bekannt geworden sind; indess wurden die betreffenden australischen Vorkommnisse gewöhnlich ebenfalls als Jurassisch elassifieirt. Es ist kein Grund vorhanden, dass die neueren Erfunde an Pflanzen in den Damudaschiehten die Anschauungen der älteren Autoren in Betreff des Alters dieser Schichten wesentlich geändert haben würden. Der Nachweis einer echten Sagenopteris und von Cycadeen, wie Pterophyllum oder Anomozamites würde sicher nur ihre Anschauung in diesem Punkte bestärkt haben. Wenn man nun die europäischen fossilen Floren in Betracht zieht, ähneln die Pflanzen der Damuda- schiehten weitaus am meisten denen des mittleren und oberen Jura.“ „Eine Form freilich, die Schizoneura, ist nahe verwandt mit der Schizoneura paradoxa des europäischen bunten Sandsteines, andere, wie Merianopteris major, und einige weitere, undeutliche Reste zeigen Verwandtschaft mit rhätischen Pflanzen. Dem steht aber andererseits auch wieder die Thatsache gegenüber, dass die Arten von Maerotaenio- pteris am nächsten verwandt erscheinen mit Macrotaeniopteris ab- normis Gtb. aus europäischen Perm. Voltzia heterophylla, ist eine europäische triasische Art. Trotz alledem kann aber doch nicht geleugnet werden, dass die Verwandtschaft der Gesammtheit der Flora viel weniger auf Trias als auf Jura deutet, und die Ursache, dass die Damuda Flora neuerlich als wahrscheinlich mitteltriasischen Alters angesehen wurde, liegt viel weniger darin, dass die verwandtschaft- lichen Beziehungen mit Nothwendigkeit auf ein solches Alter deuten, als vielmehr darin, dass die Schichten, in denen diese Flora liegt, von anderen bedeckt werden, denen man ein rhätisches Alter zuschreiben zu müssen glaubte, wodurch es absolut unmöglich wurde, die Damuda- schichten als jünger, als mitteltriasisch zu erklären, und andererseits, weil die Damuda Flora nahe Beziehungen zur Flora der Kaharbari- schichten aufweist, welch letztere als untertriasisch aufgefasst wurden.“ [9] Die carbone Eiszeit. 151 „Panchet: Die oberste Abtheilung der Unter-Gondwanas besteht vorwaltend aus Sandsteinen in denen Versteinerungen ziemlich selten sind. Die interessantesten darunter sind die Reste von Reptilien und ‚ Amphibien.“ Die Fauna und Flora dieser Schichten ist folgende: Epicampodon Indicus Huxley sp. Dieynodon orientalis Husel. Pachygonia incurvata Husdl. Gontoglyptus longtrostris Huzl. ; Huzxleyi Lyd. Glyptognathus fragilis Lyd. Estheria sp. Schizoneura gondwanensis I’stm. Vertebraria Indica Royle. FPecopteris coneinna Presl. Oyelopteris pachyrrhachis Goepp. Thinnfeldia cf. odontopteroides Morr. sp. Oleandridium cf. stenoneuron Schenk. Glossopteris communis F'stm. B Indica Schimp. r damudica F'stm. N angustifolra Bot. Samaropsis cf. parvtla Heer. „Die Schizoneura, die Vertebraria und die verschiedenen Arten von Glossopteris sind identisch mit solchen, die auch in den Damuda- schichten gefunden worden sind. Daneben finden sich einige Arten, welche ident sind mit solchen aus den rhätischen Ablagerungen Europas und ein Paar weitere haben ihre nächsten Verwandten in diesen Schiehten, und so darf vielleicht die ganze Flora der Panchets als rhätisch (oder wenigstens als- triasisch) angesehen werden.“ „Unter den Amphibien sind nur die Labyrinthodonten vertreten. Alle Gattungen sind eigenthümlich, jedoch mehr oder weniger mit triasischen Gattungen verwandt. Unter den Reptilien sind namentlich die Dieynodonten von Interesse. Ausserhalb Indiens sind sie mit Sicher- heit nur aus Südafrika bekannt, doch sind verwandte Formen neuerlich auch aus dem Ural beschrieben worden. Die Schiehten, in denen diese Reste dort gefunden worden sind, sollen permischen Alters sein.“ „Ober-Gondwana: Die verschiedenen Unterabtheilungen des Unter-Gondwana-Systens finden sieh mehr oder weniger alle in ein und demselben Gebiet, eine über der anderen abgelagert; so dass die ‚ Schiehtenfolge auf stratigraphischem Wege leicht festgestellt werden kann. Anders ist dies mit den verschiedenen Gruppen des oberen Gondwana- Systems: Die fossilreichsten Abtheilungen finden sich in sehr ver- schiedenen Gegenden Indiens zerstreut, und die gegenseitigen Alters- verhältnisse können nur festgestellt werden, durch. Vergleichung der paläontologischen, namentlich pflanzlichen Einschlüsse. Obwohl es num durch auf solche Weise gewonnene Schlüsse wahrscheinlich wird, dass die Rajmahalsehichten älter sind als die Ablagerungen von Cuteh und Jabalpur, und dass die Kota-Malerischiehten ein Alter besitzen, das zwischen den vorigen in der Mitte steht, so ist doch auch andererseits Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Band. 2. Heft. (W. Waagen.) 21 152 W.. Waagen. [10] die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass zwei oder mehrere dieser Abtheilungen sich gleichzeitig abgelagert haben könnten in Gegenden, welche durch verschiedene Floren ausgezeichnet waren.“ „Rajmahals: Die verbältnissmässig reiche Flora der untersten Abtheilung der oberen Gondwanas liegt in. Schichten, welehe zwischen mehr oder weniger mächtige Basaltlager eingeschlossen sind. Die Ba- salte traten aus Spalten hervor, welche noch heute theilweise verfolgt werden können.“ Die hier vorkommenden Pflanzenreste sind folgende: Equisetum Rajmahalense Schimp. Gleichenia Bindrabunensis Schimp. Danaeopsis Rajmahalensis F'stm. Dicksonia Bindrabunensis F'stm. Hymenophyllites Bunburyanus Oldh. Pecopteris lobata Oldh. Sphenopterits Hislopi Oldh. membranosa F'stm. Cyclopteris Öldhami Fstm. Thinnfeldia Indica F'stm. Asplenites macrocarpus Oldh. Macrotaeniopteris crassinervis F'stm. lata Oldh. Morrisi Oldh. ovata Schimp. Angiopter idium spathulatum M’Ol. sp. Me’Olellandi Oldh. sp. ensis Oldh. sp. Rhizomopteris Balli F'stm. Lycopodites gracilis F'stm. Pterophyllum Carterianum Oldh. crassum Morr. distans Morr. Kingianum F'stm. E Medlieottianum Oldh. propinguum Goepp. KRajmahalense Morr. Anomozamites fissus F'stm. Morrisianus Oldh. B princeps Oldh. sp. Zamites proximus I'stm. Prilophyllum tenerrimum F'stm. Otozamites abbreviatus FY'stm. Bengalensis Schimp. x Oldhami Fstm. Dictyozamites Indieus F'stm. Oycadites confertus Oldh. Kajmahalensis Oldh. Williamsonia cf. gigas Cerr. microps F'stm. Oycardinocar 'pus Rajmahalensis F'stm., N n ”» » 111] Die carbone Eiszeit. 153 Palissya conferta Oldh. sp. 2 Indica Oldh. sp. Oheirolepis cf. Münsteri Schimp. Araucarites macropterus F'stm. Ounninghamites sp. Echinostrobus Rajmahalensis Fstm. „Die gänzliche Verschiedenheit dieser Flora von den Floren der unteren Gondwanas fällt auf den ersten Blick in die Augen; nicht eine einzige Species ist identisch mit einer aus den älteren Schichten, und selbst die Gattungen sind zum grössten Theile verschieden. Die Ver- schiedenheit tritt aber noch greller hervor, wenn man die Häufigkeit der einzelnen Formen berücksichtigt. In den unteren Gondwanas bilden die Equisetaceen und Farne vom Typus der Glossopteris die vorherr- schenden Formen, während in den Rajmahalschichten die Cycadeen an Häufigkeit so stark überwiegen, dass alles Andere dagegen in den Hintergrund tritt. Auch ist der ganze Habitus der Gesammtflora mehr in Uebereinstimmung mit dem Habitus der mesozoischen Flora Europas als dies im Allgemeinen bei den Floren der unteren Gondwanas der Fall ist.* „Von den in den Rajmahalschichten auftretenden Pflanzen kann keine direct mit einer europäischen Art identifieirt werden, dagegen sind 15 davon mit rhätischen Formen Puropas nahe verwandt. Drei zeigen Verwandtschaft zu liasischen Typen, doch können zwei von diesen ebensowohl auch mit rhätischen Formen verglichen werden. Endlich erscheinen sechs weitere mit mitteleuropäischen Arten ver- wandt, doch auch unter diesen sind wieder zwei, die sich auch den rhätischen Typen anschliessen lassen. Die Gesammtheit der verwandt- schaftlichen Beziehungen der Flora deutet also auf rhätische Schichten. “ Wenn Prof. Feistmantel die Rajmahalschichten auch als liasisch angesehen wissen will, kann er dafür doch keine zwingenden Gründe vorbringen, obgleich damit nicht gesagt werden soll, dass diese Ab- lagerungen nicht vielleicht auch theilweise liasischen Bildungen gleich- alterig sein könnten. „Kota-Maleri: Die Ablagerungen, welche zu dieser Gruppe gehören, finden sich im Thale des Godovery in sehr beträchtlicher Ent- fernung von den Rajmahalbergen, welche die Flora der vorhergehenden Schichtengruppe geliefert haben. Sowohl die Rajmahalschiehten, wie die von Kota-Maleri werden von Damudaschichten unterteuft. Es konnte nicht mit voller Sicherheit festgestellt werden, ob die Schichten von Kota, in denen Fischreste, Insecten und Crustaceen gefunden wurden, mit den Malerischichten, die Fische, Reptilien und Pflanzen einschliessen, wechselgelagert sind, oder ob die Kotaschichten überhaupt höher liegen als die Malerischichten. So viel steht aber fest, dass die beiden in sehr naher Verbindung mit einander stehen.“ Die in diesen Schiehten gefundenen organischen Reste sind folgende: Hyperodapedon Huzxleyi Lyd. Parasuchus Hislopi Lyd. Pachygonia cf. incurvata Huzl. 21” 154 W. Waagen. 1 2] Sehilder unbestimmter Labyrinthodonten. Oeratodus virapa Oldh. , Hunterianus Oldh. 5 Hislopianus Oldh. Lepidotus pachylepis Eg. ; calcaratus Eg. 2 Deccanensis Sykes Kg. A longiceps Lg. = breviceps Lg. Tetragonolepis Oldhami Lg. £ analis Eg. X urgosus Eg. Dapedius Egertoni Syles. Estheria Kotahensis Jones. Candona Kotahensis Jones. Angiopteridium spathulatum M’Ol. Prilophylium acutifolium Morr. Oycadites sp. Palissya conferta Oldh. . Jabulpurensis Fstm. : indica Oldh. Ohirolepis sp. Araucarites cutchensis F'stm. In South-Rewa wurden in Schichten von wahrscheinlich gleichem Alter Reste von Belodon und (?) Thecodontosaurus gefunden, während von Denwa in Satpura ein Mastoaonsaurus beschrieben wurde. „Unter diesen Fossilien zeigen die Fische eine entschiedene Ver- wandtechaft zu liasischen Formen, während die Reptilien und Amphibien ebenso entschieden an triasische Vorkommnisse erinnern. Ceratodus findet sich am häufigsten in der Trias, kommt aber auch im Perm und im Jura vor. Die Pflanzen lassen Beziehungen sowohl zu der Flora der Rajmahal als auch zu der der Jabalpurschiehten erkennen, und da die Beziehungen zu Schichten, die in naheliegenden Gegenden vor- kommen, höher angeschlagen werden müssen, hat man sich entschieden, die Kota-Malerischiehten als ungefähr in der Mitte liegend zwischen Rajmahal und Jabalpur zu betrachten.“ „Cuteh und Jabalpur: Die Jabalpurschichten finden sich in Centralindien, südlich vom Thale der Nerbudda und bilden die höchste Ab- theilung des eigentlichen Gondwanasystems. Die Cutehschiehten dagegen treten im Westen auf der Halbinsel Cutch auf und stehen dort mit marinen Ablagerungen in Verbindung. Aehnliche Schichten sind auch in Sidindien, an der Ostküste der indischen Halbinsel in der Nähe der Mündung des Godavery nachgewiesen worden, doch ist die Flora dieser letzteren schon etwas mehr abweichend. Die Veranlassung zu der Anschauung, dass alle diese Ablagerungen gleichalterig seien, haben die Pflanzenreste gegeben, doch ist es ın keiner Weise festgestellt, ob diese Auffassung auch wirklich richtig sei.“ Aus den Jabalpurschichten wurden bis Jetzt folgende Arten beschrieben : Von Die carbone Eiszeit. 155 Sphenopteris cf. arguta L. & H. Dicksonia sp. Alethopteris lobifolia Schimp. ; Medlicottiana Oldh. ä Whitbyensis Göpp. Macrotaeniopteris sp. Glossopteris cf. communis. Sagenopteris sp. Podozamites lanceolatus L. d& H. R spathulatus F'stm. Hacketi Fstm. Otozamites Hislopi Oldh. E gracilis Schimp. distans F'stm. amgustatus F'stm. Prilophylium acutifohlum. Uutchense Morr, Pieroph yllum Nerbuddaicum Fstm. Williamsonia cf. gigas Corr. Oycadites cf. gramineus Heer. Palissya indica Oldh. 5 Jabalpurensis F'stm. Araucarites Öutchensis F'stm. Brachyphyllum mamillare L.d& H Echinostrobus ewpansus Schimp. Taxites tenerrimus F'stm. Ginko lobata F'stm. Üzekanowskia sp. Phönteopsis sp. diesen Pflanzen sind sechs identisch mit Arten aus den y) Unteroolith Englands, einige andere sind mit solchen nahe verwandt. Das Vorkommen von Glossopteris und Sagenopteris gibt aber der ganzen Flora einen etwas alterthümlichen Anstrich. Ausserdem sind vier Arten identisch mit solchen aus den Rajmahalschichten. Auf der Halbinsel Cuteh wurden die folgenden Pflanzenreste auf- gefunden: Chondrites dichotomus Morr. Oleandridium vittatum Brgnt. Taeniopteris densinervis F'stin. * Alethopteris . Wübyensis Brgnt. Jecopteris tenera F'stm. Pachypteris specifica F'stm. 2 brevipinnata J'stm. Actinopteris s ae chen Mon. acutifolvum Morr. " brachyphyllum F'stm. Otoz amites contiguus F'stm. : imbricatus F'stm. A cf. Goldiaei Brognt. pp] 156 W. Waagen. [14] Oycadites Öutchensis F'stm. Williamsonia Blanfordi F'stm. Oycadolepis pilosa Fstm. Palissya Boojoorensis Fstm. und zwei weitere Arten. Pachyphyllum divaricatum Bunb. *Echinostrobus expansus Stbg. Von diesen Arten sind die mit Sternehen bezeichneten identisch mit solchen aus den Jabalpurschichten und es ist vielleicht noch eine der nicht benannten Palissyaarten ebenfalls als ident zu rechnen. Sieben sind nach Feistmantel identisch mit solchen aus dem Unteroolith von Yorkshire und drei weitere nahe verwandt, doch ist wohl nur von vieren die Identität wirklich sicher festgestellt. Die pflanzenführenden Schichten sind in ihrem unteren Theile wechselgelagert mit marinen Ablagerungen, die die oberste Abtheilung einer langen Reihe jurassischer Schichten darstellen, innerhalb welcher sämmtliche Zonen des Kelloway, Oxford und Kimmeridge vertreten sind. Die oberste Lage speciell hat folgende Cephalopoden geliefert: Haploceras cf. tomephorum Zitt. Aspidoceras Wynner W. Perisphinctes cf. suprajurensis Orb, . bleicheri Lor. oceultefurcatus W. 2 eudichotomus Zitt. Alles Portland-Tithonische Typen. Bedeckt werden die pflanzenführen- den Schichten von Ablagerungen des Aptien. Hiermit ist die Reihe der einzelnen Abtheilungen des Gondwana- Systems abgeschlossen. Mich weiter einzulassen in die Streitigkeiten wegen des wahren Alters dieser obersten Pflanzenschichten, liegt ausser- halb des Rahmens dieser Arbeit. Die bis jetzt gegebene Darstellung wird genügen, um als Grundlage für weitere Erörterungen dienen zu können. Als Gesammtresultat der ganzen Darstellung erscheint, dass in Indien sich eine mächtige Schichtenreihe findet, welche zu unterst glaciale Ablagerungen beherbergt und ihren Einschlüssen an fossilen Pflanzen zu- folge als in die mesozoische Aera gehörig angesehen worden ist. Gegen diese letztere Anschauung haben sich aber schon frühe Bedenken geltend gemacht, da aus geologischen Gründen für die unteren Abtheilungen des Systems ein höheres Alter wahrscheinlich erschien. W. T. Blanford hat durch mühsame und geistvolle Deductionen wahrscheinlich zu machen ge- sucht, dass die Talchir- und Damudaschichten dem Perm Europas ent- sprechen, und ist damit der Wahrheit sehr nahe gekommen, allein direete Beweise fehlten ihm, und so stand es den Phytopaläontologen immer noch frei, bei ihrer Ansicht zu verharren, und den Typus der Floren als massgebend für die Altersbestimmung der Schichten zu betrachten. Schon Blanford hatte sich bei seinen Deductionen theilweise auf das Vorkommen der Glacial-Bildungen gestützt. ll. Süd-Afrika. Leider sind wir in Bezug auf geologische Details in Afrika viel weniger genau unterrichtet, als wünschenswerth, oder auch als dies in Bezug auf Indien der Fall ist. In allgemeinen Zügen lässt sich der ”» ” 1 5] Die carbone Eiszeit. 157 geologische Aufbau Südafrikas darstellen als aus ausgedehnten Sandstein- Regionen bestehend, die das ganze Centrum einnehmen, während die Ränder von einem breiten Gürtel älterer Formationen, krystallinischen Gesteinen, alten Schiefern und devonischen Schichten eingefasst werden. Am äussersten Rande, längs der Meeresküste, treten wieder kleine Strecken der centralen Sandsteinformation in einzelnen Fetzen auf, hier indess theilweise mit marinen Schichten in Wechsellagerung, während im Centrum marine Schiehten vollständig fehlen. Schon der ganze Aufbau erinnert sehr an die Verhältnisse, wie sie in Indien herrschen, und die Aehnlichkeit tritt noch bedeutend schlagender hervor, wenn man mehr in die Details eingeht. Es ist namentlich die centrale Sandstein-Formation, welche den Namen des Karoosystems erhalten hat, die uns hier interessirt. Dieselbe breitet sich durch den ganzen nördlichen Theil der Cap-Colonie, den Öranje-Freistaat, Natal, Transvaal und die westlich davon gelegenen Wüsten aus und bildet zusammen eine Schiehtenfolge von Sandsteinen und Schieferthonen, hie und da unterbrochen von eruptiven Gesteinen, deren Gesammtmächtigkeit bis gegen 5000 Fuss beträgt. Die Unterlage des ganzen Systems ist eine ziemlich wechselnde, da dasselbe, wenigstens grösstentheils, discordant auf den älteren Bildungen aufruht. Am häufigsten wird die Unterlage gebildet durch die sogenannten Tafelberg-Sandsteine, deren Alter viel umstritten worden ist. Gewöhnlich werden sie als Devon angesehen; in einem eben erschienenen Aufsatze aber weist E. Cohen!) nach, dass dieselben wahrscheinlich der Carbon- formation zugetheilt werden müssten. Sie selbst ruhen theilweise dis- cordant auf wahrscheinlich silurischen Thonschiefern, theilweise eoneordant auf den versteinerungsreichen devonischen Grauwacken des Bokkeveld. Andere weisse oder gelbliche Sandsteine, die am Witteberg und Zuur- berg, sowie bei Grahamstown, Winterhoek ?) ete. anstehen, haben Reste von Lepidodendron geliefert. Bei Tulbagh in der Cap-Colonie liegen Kohlen in diesen Schichten, die Calamites-, Equisetum- und Lepidodendron- reste einschliessen. :) : Ueber diesen Gebilden nun folgt das Karoosystem in discordanter Lagerung, oft direct auf devonischen Grauwacken ruhend. Das Karoosystem wird in eine Reihe von Unterabtheilungen gebracht, welche nach der ausführlichen Gliederung Wyley’s sich folgendermassen darstellen : Strombergschichten . . . 1800 Fuss mächtig, Beaufortschichtten . . . 1700 , = Koonapschichten . . . . 1500 ,„ a Obere Eeeaschiefer.,. :: .. 1200: , # Eeea-Conglomerat . 500—800 „ Untere Eecaschiefer, wenig mächtig. Die untersten Schichten, die unteren Eccaschiefer, sollen stark gsewunden sein, ebenso wie die Sandsteine, die damit in Verbindung Eeea- sehichten | !) E. Cohen, Neues Jahrb. f. Min. Geol. u. Pal. V. Beil.-Band 1887, pag. 19. ®) Wyley, Quart. Journ. Geol. Soc. Lond. Vol 23, 1867, pag. 173. ®) Griesbach, Ibid. Vol. 27, 1881, pag. 57. 158 W. Waagen. [16] stehen. Sie finden sich an den gleichen Localitäten, wie die oben erwähnten Carbon-Sandsteine (Witteberg, Zuurberg ete.) und sollen marine Versteinerungen enthalten. Da alle anderen Schiehten darunter und darüber fast vollkommen horizontal und ungestört liegen, ist die gewundene Beschaffenheit dieser Schiefer auffallend. Sie werden indess nur an wenigen Stellen angetroffen. Gewöhnlich folgt unmittelbar über den älteren Schichten das Ecca-Conglomerat: Es ist dies ein sehr merkwürdiges Gestein, das lange Jahre hindurch für eruptiv gehalten und als „Trap-Breeeia“ bezeichnet wurde. Dr. Sutherland war der Erste, der den Einfluss des Eises bei Bildung dieser Schichten erkannte, doch stiess seine An- schauung damals auf mannigfachen Widerspruch») Dr. Sutherland schildert die Ablagerung als aus einem grau- blauen, thonigen Material bestehend, in welches Bruchstücke von Granit, Gneiss, Quarzite, Grünstein und Thonschiefer eingebettet sind. Diese Fragmente sind von sehr verschiedener Grösse, von kleinen Sandkörnern bis zu riesigen Blöcken von 6 Fuss Durchmesser und einem Gewicht von 5—10 Tonnen. Diese Blöcke sind geglättet, als wenn sie in einem thonigen Sediment bis zu einem gewissen Grade abgeschliffien worden wären, sie sind aber nicht gerundet wie Blöcke, die den Brandungs- wogen ausgesetzt waren. Der Bruch des thonigen Bindemittels ist nieht muschelig und im Allgemeinen zeigt das Gestein eine gewisse Neigung zu undeutlicher welliger Schiehtung. Stellenweise lässt die Ablagerung deutliche Wellenfurchen erkennen. Die Mächtigkeit dieser Bildung ist sehr wechselnd, kann aber an einzelnen Stellen bis zu 1200 Fuss wachsen. Diese Conglomerate liegen gewöhnlich discordant auf den Tafel- berg-Sandsteinen und an den Contaetflächen sind die Sandsteine meist mit tiefen Gruben und Schrammen versehen, „als ob sich eine schwere halb plastische Substanz , in welche harte und eckige Fragmente ein- geschlossen waren, mit grosser Gewalt darüber hinbewegt hätte“: eine recht drastische Beschreibung der Wirkungen einer sich fortbewegenden Eismasse. Nach oben gehen die Conglomerate ganz allmälig in die nächst höhere Schiehtengruppe über. Obere Eecaschiefer: Dieses sind gewöhnlich dunkelgraue Schieferthone von sehr bedeutender Mächtigkeit und mit nur wenigen unter- geordneten Sandsteinablagerungen. Stellenweise enthalten sie Kohlen- flötze, und Pflanzenreste sollen nieht selten sein, doch ist bis jetzt nur die Gattung Glossopteris eitirt worden. | Koonapscehichten: Braune Sandsteine und Schieferthone, welch letztere aber auch oft grünliche Färbungen zeigen. Pflanzenreste sind häufig, namentlich in der Oberregion. Beschrieben wurden diese Pflanzen- reste aber noch niemals. Ei Beaufortschichten: Dunkelrothe, grünliehe oder graue Schiefer- thone mit verhältnissmässig wenigen Sandsteineinlagerungen, aber mit desto zahlreicheren Reptilienresten. Daneben finden sich aueh Fisch- zähne und Pflanzenabdrücke. ') Quart. Journ. Geol. Soc. Lond. 1870, Vol..XXVI, pag. 514. 1 7] Die carbone Riszeit. 159 Die von Tate aus dem Karoosystem beschriebenen Pflanzenreste sollen aus diesen Schichten stammen, könnten aber wohl ebensogut auch in den Koonapschichten zu Hause sein. Das Lager ist eben leider nicht hinreichend genau bekannt. Es sind folgende Arten, welche be- schrieben wurden : Glossopteris Browniana Bot. n Sutherlandi Tate. 5 (Dietyopteris ?) simplex Tate. 2 (Tubidgea) Mackayi Tate. Phyllotheca sp. Auf den ersten Blick erkennt man, dass diese Pflanzen eine sehr grosse Aehnlichkeit mit solchen aus den Damudaschichten besitzen. Andererseits sind sie auch nahe verwandt mit ähnlichen Arten aus Australien, wie im Verlaufe der Darstellung deutlicher hervortreten wird. Viel reicher als die Flora ist die Fauna der Beaufortschichten. Es sind bis jetzt nur Wirbelthierreste gefunden worden und ein voll- ständiges Verzeichniss derselben findet man in: Owen, „Catalogue of the Fossil Reptilia of South Afriea, eontained in the British Museum.“ Es sind namentlich drei Abtheilungen vertreten, die Dieynodonten, die Theriodonten und die Dinosaurier. Wir haben gesehen, dass Dieyno- donten auch in den Panchetschichten Indiens auftreten. Strombergschiehten: Mächtige Sandsteinmassen von weisser oder hellröthlicher Farbe mit untergeordneten Lagen von Schieferthon und Kohlenflötzen. An Pflanzenresten wurden bisher folgende Arten be- schrieben: Pecopteris (Thinnfeldia) odontopteroides. Oyelopteris cuneata. Taeniopteris Daintreei, ) Alles Arten, welche in den höchsten pflanzenführenden Schichten Australiens ebenso vorkommen. Von Thierresten wurde aus diesen Schichten vor allen Dingen der Schädel eines Säugethieres beschrieben, das den Namen Tritylodon erhielt. Neumayr?) hat gezeigt, dass dieser Rest mit der Gattung Triglyphus Fraas aus dem rhätischen Bonebed Württembergs ganz ausserordentlich nahe verwandt ist, und vielleicht von Manchen für generisch identisch gehalten werden dürfte. Fasst man alle Beziehungen der Strombergschichten zu ausser- afrikanischen Bildungen zusammen, so dürften unter den indischen Schiehtengruppen wohl am ehesten die Rajmahal- und Jabalpur- schichten mit den Strombergschichten in Parallele zu setzen sein. Uitenhagegruppe: Im Innern des Landes schliesst das Karoo- system mit den Strombergschichten ab; am Rande des Continents aber, von der Südspitze Afrikas hinauf bis gegen Natal und den Tugela- fluss, zeigen sich marine Bildungen mit Pflanzenschichten wechselgelagert, welche theils dem Jura, theils der mittleren und oberen Kreide zu- getheilt wurden. Die Beziehungen dieser Ablagerungen zu den Schichten ') Dunn, Report on the Stromberg Coalfield. Geol. Mag. 1879, pag. 552. ?) Bronns Jahrb. 1884, I, pag. 279. Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Band. 2. Heft. (W. Waagen.) 23 160 W. Waagen. 1 8] des Karoosystems sind unklar und ‚bisher noch nicht mit genügender Sicherheit ermittelt. Nichtsdestoweniger sind auch diese Gebilde für uns von hohem Interesse. Die von Griesbach und Baily beschrie- benen Kreidevorkommnisse, welche mit denen Südindiens auf's Ge- naueste übereinstimmen, können wir hier füglich ausser Acht lassen, desto mehr aber verdient die Uitenhagegruppe unser Interesse. Das geologische Alter dieser Schichtengruppe ist durch Neu- mayr’s neueste Arbeit über diesen Gegenstand!) ziemlich sicher fest- gestellt, und es unterliegt wohl kaum mehr einem Zweifel, dass die ganze Gruppe dem Neocom zugezählt werden müsse. Die in dieser Beziehung wichtigsten Versteinerungen sind: Olcostephanus Atherstoni Sharpe. A Baini Sharpe. Orioceras spinosissimum Hausm. Hamites Africanus Tate. Trigonia Herzogi Hausm. ventrieosa Krauss. es conocardiiformis Krauss. Ptychomya implicata Tate. N Dass T’rig. ventricosa auch in den tithonischen Schichten von Cuteh in Indien vorkommt, kann, gegenüber den angeführten Cephalo- podenarten,, wohl nicht viel an einem solehen Schlusse ändern, wenn auch in Folge dessen immerhin noch eine gewisse Vorsicht geboten erscheint. Ausser den marinen Versteinerungen finden sich aber auch Pflanzen- reste in diesen Schichten, und es wurden von Tate folgende Arten beschrieben : Otozamites recta Tate. Podozamites Morrist Tate. Falaezamia Rubidgei Tate. Pterophyllum Africanum Tate. Pecopteris Atherstoneii Tate. Rubidgei Tate. N Africana Tate. Asplenites lobata Oldh. Sphenopteris Antipodum Tate. Oyclopteris Jenkinsiana Tate. ? Arthrotaxites Indicus Oldh. Von diesen Arten sind zwei identisch mit solchen aus den Raj- mahalschiehten Indiens. Die anderen sind theils verwandt mit Raj- mahalarten, theils mit Arten von Scarborough. Im Ganzen wird die Flora für jurassisch gehalten. Schon das Vorkommen der Trigonia ventricosa in Südafrika und Indien leitet uns darauf, diese Uitenhagegruppe mit den obersten Ab- theilungen des Jura von Cutch, den Oomiaschichten, oder den Cutch plant-beds, in Parallele zu stellen. Auch die geologischen Verhältnisse » ') E. Holub und M. Neumayr, Ueber einige Fossilien aus der Uitenhagefor- mation in Südafrika. Denkschr. kais. Akad. d. Wiss. Wien. Vol. XLIV, B [19] Die earbone Eiszeit. 161 sind damit in Einklang. In Guteh folgt die Hauptmasse der Pflanzen- schichten über dem Tithon, in Südafrika sind die Pflanzenschiehten mit neocomen Ablagerungen wechselgelagert. Das ist Alles was man über Südafrika weiss. Im Ganzen scheint sich eine ziemlich gute Uebereinstimmung mit Indien zu finden, doch sind die Verhältnisse im ersteren Gebiete noch zu wenig gründlich er- forscht, um ganz sichere Schlüsse zuzulassen. Es wäre höchst wünschens- werth, dass in Südafrika ein Survey nach indischem Muster etablirt würde. Eine Unsicherheit muss ich noch besonders hervorheben. Nach den älteren Schriftstellern scheint es, dass die Eceaschichten discordant auf älteren Gebilden ruhen und von hier aus sich eine econcordante Schichten- folge fortsetzt, während neuerlich behauptet wird, dass die Ecea- schichten concordant über den älteren Ablagerungen folgen und eine Discordanz sich erst zwischen Eeca und Koonap einstelle. Da aber die Kohlensandsteine nur stellenweise vorhanden zu sein scheinen, ist wohl an den meisten Stellen auch eine Discordanz zwischen Ecea und den älteren Schichten vorhanden. Ill. Ost-Australien. Obwohl Kohlenflötze mit zahlreichen Versteinerungen schon seit langer Zeit aus Australien bekannt sind, so sind doch die geologischen Verhältnisse dieses Continents im Grossen und Ganzen noch wenig erforscht, und viele Fragen, welche man gerne beantwortet haben möchte, können nach der vorhandenen Literatur nicht zur Lösung gebracht werden. Es hängt diese mangelhafte Kenntniss wohl von der schweren Zugänglichkeit des Inneren des Landes und von den eigenthümlichen Ablagerungsverhältnissen der australischen Gebirgsglieder zum grössten Theile ab. Die grössten Verdienste um die geologische Erforschung Australiens hat sich wohl der verstorbene Rev. W. B. Clarke erworben, und es sind namentlich die von ihm aufgestellten Unterabtheilungen, zunächst für New-South-Wales giltig, auf welche die Ablagerungen anderer Distriete bezogen werden müssen. !) Die Kohlenschichten Australiens müssen eine sehr grosse ver- ticale Mächtigkeit besitzen, doch ist es schwer, aus der Literatur die Gesammtmächtigkeit zu ermitteln. Die Schichtenfolge ist nicht überall gleich und nicht überall vollständig. Im Allgemeinen liegen die Koblenschichten diseordant auf älteren Felsarten (Granit, Porphyr ete.) und die jüngeren Glieder greifen oft über die älteren über. Silurische und devonische Ablagerungen, letztere Kalksteine mit zahlreichen marinen Thierresten, sind zwar bekannt, doch sind ihre Beziehungen zu den Kohlenschichten sehr unklar. im Innern des Landes tritt, ‘) Neuerlichst hat freilich David (Quart. Journ. Geol. Soc. Lond. Vol. XLIII, 1887, pag. 100) eine ganz andere Schichtenfolge für New South-Wales angenommen, doch wurde bereits in der Discussion, die sich an die Vorlesung des Aufsatzes an- schloss, entschieden gegen die David’sche Auffassung protestirt. Die Glacialbildungen der Carbonzeit werden aber auch in dem David’schen Aufsatze auf’s Genaueste be- schrieben und das geologische Niveau derselben bestätigt, 2ar 162 W. Waagen. [20] vielleicht an Stelle der mehr östlich gelegenen marinen Schichten, eine mächtige Ablagerung gelber Sandsteine auf, welche bis jetzt nur Zepe- dodendron nothum und COyclostigma sp. geliefert haben. Gewöhnlich werden diese Schiehten als devonisch angesehen. Darüber sollen die Kohlenschichten stellenweise in regelmässiger Lagerung folgen, doch herrscht auch hierüber noch keine Sicherheit. | Die Kohlenschichten selbst werden von Clarke folgendermassen unterabgetheilt; von oben nach unten: Wianamattaschichten ; Hawksburyschichten ; Neweastleschichten ; obere marine Schichten, Mureeschichten, zerfallend in ? ältere Kohlenflötze, | untere marine Schichten. Ich werde versuchen, jede dieser Ahtheilungen etwas specieller darzustellen. Mureeschichten. Dieses ist für gegenwärtige Zwecke die wichtigste Abtheilung, einerseits, weil hier Ablagerungen, welche unter der Mitwirkung von Eis entstanden sind, in grosser Ausdehnung vorkommen, andererseits, weil diese Ablagerungen hier theilweise marine Verstei- nerungen enthalten, welche es ermöglichen, das Alter der Schichten zu bestimmen. Freilich ist auch bier noch Vieles nicht mit genügender Sieherheit festgestellt, Einiges lässt sich aber doch mit Bestimmtheit aus den bis jetzt bekannten Thatsachen schliessen. Wie oben angegeben wurde, theilt Clarke diese Schichten ein in „obere marine Schichten“, „ältere Kohlenflötze“ und „untere marine Sehiehten“. Die ganze Schichtenfoige ist wohl am besten und zugäng- lichsten aufgeschlossen am Stony Creek und bei Greta, wo die Great Northern Railway diese Schichten durchschneidet und in mehrereu Durchstichen die Schichtenfolge aufgedeckt hat, und wo auch mehrere Bohrlöcher und Sehachte diese Schichten durehsunken haben. Nach R. D. Oldham!) ist es ein und dieselbe Schichtenreihe, welche im Stony Creek und bei Greta aufgeschlossen ist, da es die Flügel einer grossen Antiklinale sind, welche hier durehsehnitten werden. Clarke gibt ausführliche Profile der Kohlenschächte am Stony Creek sowohl wie von Greta, und aus ihnen geht hervor, dass die Hauptmasse der dort aufgeschlossenen Schichten aus groben Conglomeraten und Block- anhäufungen besteht, die untergeordnet Sandsteine und Schieferthone führen, und gegen die Basis mehrere Kohlenflötze umschliessen. Unter den Kohlenflötzen treten nach Oldham nochmals marine Conglomerate auf. Fast alle Schichten, die in diesen Profilen aufgeschlossen, sind fossilführend, sowohl marine Thierreste, als auch Pflanzen, beides hier und da in ein und derselben Schicht. Die Thierreste sind alle von carbonem Typus, und wurden von L.G. de Koninck in seinen „Recherches sur les fossiles pal&ozoiques de la Nouvelle Galle du Sud“ ausführlich beschrieben. In diesem Werke !) Rec. Geol, Surv. Ind. 1886, pag. 41. ? [21] Die carbone Eiszeit. 163 sind von 176 Arten 74 mit solchen aus dem Kohlenkalke Europas identifieirt. Von diesen sind die wichtigsten: * Productus Cora Orb., Bee semireticulatus Mart. # “ Flemingi Bow. Y undatus Defr. ” A punctatus Mart. sy fimbriatus Sow. » scabriculus Mart. Strophomena analoga Phil. *Orthothetes cerenistria Phill. *Orthis resupinata Mart. „» Michelini Lev. "Rhynch pleurodon Phüll. *Athyr. planosulcata Phil. Topir- lineatus Mart. glaber Mart. pinguis Sow. convolutus Phill. triangularıs Mart. bisulcatus Bow. *Spir iferina cristata Schl. ., insculpta Phil. ?Oyrtina septosa Phil. *Terebratula sacculus Mart. Bei diesem Verzeichnisse ist vor Allem zu beachten, dass die mit Sternchen bezeichneten Arten durch die gesammte Kohlenformation verbreitet sind, also zur genaueren Fixirung des Horizontes nicht ge- braucht werden können, und von den übrigbleibenden Arten dürfte wohl M. de Koninck selbst heute nach 10 Jahren manche nicht mehr mit den entsprechenden europäischen Arten identifieiren, nachdem er in seinem herrlichen Werke über den belgischen Kohlenkalk eine so viel genauere und engere Fassung der Arten hat platzgreifen lassen. Immerhin ist zu bemerken , dass auch in der weiten Fassung, welche M. de Koninck damals den Arten gegeben hat, keine Form mit . Prod. giganteus identifieirt werden konnte, so dass diese ganze Formen- gruppe jedenfalls nicht vertreten ist. Dies ist wichtig hervorzuheben, da gerade Productus giganteus eine der bezeichnendsten Arten für die untere und mittlere Kohlenformation ist, während sie in den oberen Coal Measures entschieden fehlt. Dagegen treten in Australien zahl- reiche Formen auf, welehe mit solehen aus den permischen Ablagerungen der Salt-range nahe verwandt sind. So Arten der Gattungen Warthia, Atomodesma (Aphanaia) und Martiniopsis. All diese Einzelheiten lassen den Gesammtcharakter dieser marinen Fauna als einen solchen er- scheinen, welcher mit grosser Wahrscheinlichkeit auf ein Alter ähnlich dem der oberen Coal Measures in Eur opa und Amerika hinzudeuten scheint. Wir werden im Verlaufe der Darstellung sehen, dass in Australien selbst noch Anhaltspunkte für eine solche Altersbestimmung gewonnen werden können. 164 W, Waagen. [22] An Pflanzenresten wurden in diesen Schichten, nach Dr. Feist- mantel’s Verzeichniss !), aufgefunden: Phyllotheca sp. Glossopteris Browniana Bot. 4 “ var. praecussor F'stm. a primaeva F'stm. “ Olarkei Fstm. ” elegans F'stm. Nöggerathiopsis prisca F'stm. Annularia Australis F'stm. Diese Pflanzen, obwohl sie zum grössten Theile einen mesozoischen Charakter an sich tragen, kommen ohne allen Zweifel zusammen mit den oben angeführten Thierresten vor. Sehr wichtig nun in jeder Beziehung ist der Nachweis R. D. Old- ham's, dass der grösste Theil der Schichten, welehe die oben aufgezählten Pflanzen und Thierreste enthalten, unter dem Einfluss von Eis zu Stande gekommen seien. Herr Oldham besuchte die Loecalitäten Greta und Stony Creek persönlich und schildert die Schichten folgendermassen : „Blöcke von Schiefer, Quarzit und krystallinischen Felsarten, zum grössten Theile kantig, findet man in einer Matrix von feinem Sande oder Schieferthon verstreut. Die Schieferthone enthalten zerbrechliche Fenestellen und Bivalven, deren Schalen noch mit einander vereinigt sind, ein deutlicher Beweis, dass sie lebten, starben und eingebettet worden, wo wir sie jetzt finden und dass sie niemals einer Strömung von hinlänglicher Stärke und Schnelligkeit ausgesetzt waren, um Blöcke fortzuwälzen, wie sie jetzt mit den Versteinerungen untermischt gefunden werden. Die vorhandenen Bruchstücke von Gesteinen sind von allen Grössen, von wenigen Zollen bis zu mehreren Fuss im Durchmesser. Der grösste Block, den ich sah, hatte 4 Fuss im Durchmesser nach Jeder Richtung, doch theilte mir Herr Wilkinson mit, dass er in denselben Schichten schon Blöcke gesehen habe, deren Dimensionen nach Ellen gemessen werden konnten.“ „Es ist unmöglich, derartige Verhältnisse zu erklären, ausser durch den Einfluss grosser Massen schwimmenden Eises. Ich hatte auch das Glück, im Eisenbahndurchstich bei Branxton ein Gesteins- fragment zu finden, das wundervoll geglättet und geschrammt war, in der Weise, wie sie für Gletscherwirkung charakteristisch ist. Ausserdem fand ich noch zwei Fragmente, bei denen Aehnliches, jedoch weniger deutlich zu beobachten war. Dies scheint zu beweisen, dass das Eis in der Form von Eisbergen, wie sie von Gletschern abbrechen, die in das Niveau des Meeres herabsteigen, vorhanden war.“ Dieses sind die Verhältnisse, wie sie in den Profilen längs der Eisenbahn westlich von New-Castle, namentlich bei Greta und im Stony Creek angetroffen werden; doch ist hiermit noch nicht alles erschöpft, was über die Mureeschichten zu berichten ist. In anderen Theilen des Landes, so bei Stroud, Arowa, Port Stephens und Smitlis Creek findet sich noch eine andere Flora, die bei ‘) Notes on the fossil Flora of Eastern Australia and Tasmania. Transact. Roy. Soc. New-South-Wales. 1880. = [23] Die carbone Eiszeit, 165 Greta ete. nicht vorkommt und jedenfalls älter sein muss als die oben angeführte. Diese Flora besteht nach Feistmantel aus folgenden Arten: Calamites radiatus Bgt. Sphenophyllum sp. Rhacopteris inaequilatera :Göpp. E intermedia Fstm. R cf. Roemeri F'stm. br septentrionalis F'stm. Archaeopteris Willinsoni Fstm. Oyclostigma Australe F'stm. Lepidodendron Veltheimianum Stbg. \ Volkmannianum Stbg. Diese Schichten scheinen nach pag. 29 in Clark e’s Schrift, über die sedimentären Formationen in New-South-Wales nach unten in die Lepidodendronsandsteine überzugehen, doch ist die betreffende Stelle nicht hinreichend klar. Nach dem von Feistmantel publicirten Profile J. Mackenzie’s von Stroud folgen zwischen den Pfanzenschichten und den Lepidodendron-Sandsteinen nochmals marine Schichten mit Conularia, Fenestella, Productus und Crinoiden, doch ist diese marine Fauna noch nicht näher untersucht. Feistmantel hält diese Flora als sicher auf Schichten hin- weisend, die das Alter des Kohlenkalkes besitzen. Diese Thatsache ist ein Grund mehr, die marinen Schichten von Stony Oreek u. s. w. dem Alter der oberen Coal Measures zuzuweisen. New-Castleschichten: Diese Schichten bestehen zum grössten Theil aus Sandsteinen mit untergeordneten Schieferthonen und Kohlen- flötzen. Die Durchschnittsmächtigkeit ist mir nieht bekannt, doch gibt Clarke in einem Profil von Burragorang die Mächtigkeit zu 716 Fuss an. Die Kohlenflötze liefern eine ziemlich gute Kohle und werden in zahlreichen Schächten abgebaut. An organischen Resten scheinen Pflanzenvorkommnisse sehr häufig zu sein, marine Thierreste felilen aber vollständig. Bisher wurden be- schrieben: Phyllotheca Australis M’ Coy. Vertebraria Australis M’ Coy. Sphenopteris lobifolia Morr. alata Bgt. 4 „ var. exilis Morr. hastata M’Coy. "e; germana M’ Coy. ‚plumosa M’ Coy. & flexuosa M’ Coy. Glossopteris Browniana Bot. linearis M’ Coy. ampla Dana. retieulum Dana. cordata Dana. taeniopteroides F'stm. 166 W, Waagen. [24] Glossopteris Wilkinsoni F'stm. h parallela Fstm. Gangamopteris angustifolia M' Coy. 5 clarkeana F'stm. Caulopteris Adamsi Fstm. Zeugophyllites elongatus Morr. Nöggerathiopsis spathulata Dana. media Dana. ) Brachyphylium Australe Fstm. Von Thierresten wurde nur ein Fisch Urosthenes Australis Dana gefunden. | Die Schichten sind auf’s Allerinnigste mit den darunterliegenden verknüpft und wurden nur wegen der Abwesenheit mariner Versteine- rungen und wegen gewissen Abweichungen in der Flora von der älteren Äbiheilung getrennt. Sie dürften indess wahrscheinlich in einem ähnlichen Verhältniss zu den Mureeschichten stehen, wie in Indien die Kaharbarischichten zu den Talchirschichten. Diese Schichten sind von besonderem Interesse, da sie es sind, welche, zusammen mit den unterlagernden Mureeschichten, deren Ab- trennung früher nie versucht und erst von Feistmantel eingeführt wurde, zu einem Vergleich der indischen Kohlenablagerungen mit den australischen geführt haben und so die Veranlassung wurden, auch die ersteren als paläozoisch aufzufassen. Wenn auch Feistmantel neuerlich zu zeigen versucht hat, dass die Flora der Damudaschichten und der New-Castleschichten nicht bis zu einem solchen Grade über- einstimmt, als bisher allgemein angenommen wurde, so ist doch jeden- falls ein grosser Theil der Gattungen identisch. Feistmantel stellt die Damudaschichten erst in Parallele mit der nächst höheren Schichten- abtheilung, den Hawkesburyschichten. Hawkesburyschichten: Es sind dies mächtige, grobkörnige Sandsteine, welche namentlich in den höheren Lagen eigenthümliche Verwitterungsformen zeigen und oft Felsmassen bilden, die verfallenen Burgen nicht unähnlich sehen. Zu unterst, unmittelbar über den New- Castleschichten, folgen dunkle, violettrothe Mergel, seltener von Sand- stein unterbrochen, während höher die Sandsteine vorherrschen. Sie haben gelbliche, röthliche oder dunkle bis braunrothe Farben und gehen oft in Conglomerate über. Brauneisensteinlager , theilweise mit Kohle imprägnirt, sind nicht selten, erreichen häufig eine sehr bedeutende Mächtigkeit und werden dann bergmännisch abgebaut. Die Gesammtmächtigkeit wird von Clarke zu 800 bis 1000 Fuss angegeben. Versteinerungen sind in dieser Abtheilung nicht häufig, nur ein paar Fische und einige Pflanzen wurden bis jetzt gefunden. Es sind folgende Arten: Oleithrolepis granulatus Eg. Myriolepis Olarkei Ey. Thinnfeldia odontopterordes F'stm. Sphenopteris sp. Odontopteris sp. [25] Die earbone Eiszeit. 167 Merkwürdig ist, dass in diesen Schichten wieder Spuren der Thätigkeit des Eises verzeichnet werden. Die Schieferthonschichten zeigen oft eine sehr eigenthümliche Structur. Grosse, nicht abgerundete Blöcke von Schieferthon liegen oft wirr durcheinander, die Zwischen- äume ausgefüllt dureh Sand und kleine Gerölle. Wilkinson!), der > zuerst auf diesen Umstand aufmerksam gemacht hat, glaubt, dass grosse, | sich fortbewegende Eismassen diese Erscheinungen hervorgerufen hätten, dass es also mit andern Worten Stauungserscheinungen seien. Dass bei dem Zustandekommen dieser Bildung Eis betheiligt gewesen sei, wurde auch durch Haast bestätigt. ?) Die Hawkesburyschichten werden von Feistmantel, wie oben erwähnt, den Talchirschiehten und vielleicht auch theilweise den Damudaschichten Indiens gleichgestellt. Diese Gleichstellung ist aber nicht auf paläontologische Daten gegründet, sondern darauf, dass in beiden Ablagerungen sich Spuren der Thätigkeit des Eises finden. Eine solche Parallelisirung wurde aber neuerlich von R. D. Oldham >) stark angezweifelt und es muss zugegeben werden, dass diese Parallele nicht sehr natürlich erscheint. Ebensowenig natürlich erscheint es aber auch, die New-Castle beds den Damudas gleichzustellen, wie Oldham dies thut. Vielmehr ist es das Wahrscheinlichste, dass die Talchirs den Mureeschichten und die Kaharbaris den New-Castleschichten gleichzu- stellen seien. In beiden Ablagerungen finden sich Gangamopteris und Glossopteris häufig und Gangamopteris angustifolia M’Coy ist beiden gemeinsam. So würden dann die Damudas den Hawkesburys im Alter gleichzustellen sein, doch dürfte die Eventualität wohl nicht auszu- schliessen sein, dass die Damudas möglicherweise auch noch in die New-Castle beds theilweise herabreichen. Wianamattaschichten: Nach Clarke scheinen diese Schichten nicht vollkommen concordant über den Hawkesburys zu folgen und hier ist zum erstenmale eine Unterbrechung in der Schichten- folge der australischen Kohlenablagerungen eingetreten. Die Hawkes- burys scheinen beträchtlich denudirt gewesen zu sein, ehe die Wiana- mattas zur Ablagerung gelangten. Diese bestehen zum grössten Theile aus weichem Schieferthone und feinkörnigen Sandsteinen, die gerundete Hügelformen bilden. Die Mächtigkeit finde ich nirgends angegeben. In den Schieferthonen sowohl, wie in Sphärosideritknollen finden sich Fisch- und Pflanzenreste. Bis jetzt wurden folgende Arten iden- tifieirt: Palaeoniscus antipodeus. Eg. Oleithrolepis granulatus Lg. Thinnfeldia odontopteroides F'stm. Odontopteris mierophylla M’Coy. Pecopteris tenuifolia M'Coy. Macrotaeniopter's Wianamattae Fstm. ') Trans, Roy. Soc. New. Sonth Wales. 1879 und 1834, XIII, pag, 105. ?) Feistmantel, Rec. Geol. Surv. India. XIII, pag. 251, 252. ®) Rec. Geol. Surv. India. XIX, pag. 42—45. Jahrbuch der k.k. geol. Reichsanstalt. 1837. 37. Band. 2. Heft. (W. Waagen.) 23 a! ITEM IREUAT Mt. i 168 W. Waagen. [26] Diese Flora wird von Feistmantel für triasisch angesehen und den Damudas Indiens gleichgestellt. Das Vorkommen von Thinn- ‚feldia odontopteroides aber scheint mir eher auf eine Verwandtschaft mit den Panchets hinzudeuten. Von den Fischen wird die Gattung Palaeoniscus gewöhnlich als permisch angesehen, während Cleithrolepsis mehr an mesozoische Formen erinnert. | Im Grossen und Ganzen ist mit den Wianamattaschichten die Reihe der Ablagerungen in New-South-Wales abgeschlossen, nur stellenweise sind noch jüngere Schichten bekannt geworden. Solche sind von Wilkinson vom Clarence-River beschrieben worden und Feistmantel erwähnt aus ihnen zwei Pflanzenarten: Taeniopteris Daintreei M’Coy. Alethopteris Australis M’Coy. Diese beiden Pflanzenarten sind von Wichtigkeit für die riehtige Classifieirung von gewissen Ablagerungen, welche anderwärts in Australien gefunden wurden. Die bisherige Darstellung hat sich nur auf die Schiehtenfolge in New-South-Wales bezogen, wir müssen nun aber unsere Blicke auf die übrigen Provinzen Ost-Australiens richten. In Queensland kennt man Kohlenbecken, welche zweierlei ver- schiedenen Altersstufen angehören. Die älteren von diesen, mehr in den nördlichen Gegenden gelegen, enthalten marine Versteinerungen von carbonem Typus, und an Pflanzenresten G/ossopteris, Schizopteris und Peeopteris. Auch in diesen Ablagerungen wurden Spuren einer Thätigkeit des Eises nachgewiesen. ') Die mehr südlich gelegenen Kohlenfelder sind jüngeren Alters und die aus ihnen beschriebene Flora ist folgendermassen zusammen- gesetzt: Sphenopteris elongata Carr, Ihinnfeldia odontopteroides (Morr ) Fstm. Üyelopteris cuneata Carr. Taeniopteris Daintreei M’Coy. Sagenopteris rhoifolia Presl. i Ötozamites cf. Mandelslohi Knor. Cardiocarpum Australe Carr. Feistmantel parallelisirt die diese Flora enthaltenden Schiehten mit den jüngsten Schichten in Neu-Süd-Wales, wie sie am Clarenee- River nachgewiesen wurden. InVietoria ist die Schichtenfolge wieder eine etwas vollständige Zu unterst liegen Sandsteine, die in Iguana Creek namentlich auf- geschlossen sind und wahrscheinlich als devonisch angesehen werden. müssen. Sie haben folgende Pflanzenarten geliefert: Sphenopteris Iquanensis M’Coy. Aneimites Iguanensis M’Coy. Archaeopteris Howitti M’Coy. Cordaites Australis M’Coy. ') R L. Jack, Report on the Bowen-River Coalfield. Brisbaue 1879. GM fi P k a a ee 2. A ATI —._ u [27] Die carbone Eiszeit. 169 Darüber folgen Sandsteine, die als Avon: River-Sandsteine bezeichnet werden und Zepidodendron Australe geliefert haben. Feist- mantel hält die Gebilde für Carbon. Die nächst höhere Abtheilung ist von grosser Wichtigkeit. Sie führt den Namen der Bacchus marshsan dsteine, und umschliesst häufig grosse Blockanhäufungen, welche unzweifelhaft glaeialen Ursprunges sind. An Pflanzenresten "hat diese Abtheilung geliefert: Gangamopteris obligua M’Ooy. y angustifolia M'Ooy. spatulata M’Ooy. ” Feistmantel hat diese Schichten mit den Hawkesbury’s von New-Süd-Wales in Verbindung gebracht, doch scheint es viel natür- lieher, sie mit den Muree- und New-Castleschiehten und mit diesen mit den Talchir-Kaharbarischichten Indiens zu parallelisiren. In beiden Abtheilungen ist Gang. angustifolia ebenfalls nachgewiesen. Die höchste Schichtenabtheilung, die in Vietoria unterschieden wird, sind die Bellarineschichten. Sie haben eine sehr grosse Verbreitung und sehr bedeutende Mächtigkeit. Kohlenflötze kommen vor, aber in geringer Mächtigkeit und Ausdehnung. Pflanzenreste sind, wie es scheint , zahlreich , und folgende Arten sind bis Jetzt beschrieben worden: Phyllotheca Australis Bgt. Alethopteris Australis Morr. Taentopteris Daintreei M’Cou. Podozamites Barklyi M Coyy. Zamites ellipticus M’Coy. » longifolius M’Coy. Diese Flora deutet wohl mit grosser Wahrscheinlichkeit auf ein mesozoisches Alter der sie umschliessenden Schichten, und so werden denn auch die Bellarineschichten von Feistmantel mit den Schichten am ÜOlarence-River in New-Süd-Wales und mit den oberen Kohlen- schichten von Queensland parallelisirt. In Indien würden die Rajmahal- und Jabalpurschichten den ebenbezeichneten australischen Gebilden ungefähr gleichzustellen sein. Dieses sind in kurzen Hauptzügen die Verhältnisse, wie sie in Südafrika, Indien und Australien angetroffen werden. Es wird gut sein, die bis jetzt gewonnenen Resultate in einer Tabelle zu vereinigen, um erst einen Gesammtüberblick zu erhalten, ehe wir auf weitere Deductionen eingehen. 23* 170 W. Waagen. [28] | Süd-Afrika Indien Ost-Australien 928 : Pflanzen- As nz 2 Cutch schichten ?Marine Schichten in | te Te ee g| | Marine Titon- Queensland | 2 schichten I = | _ Er T >= en 3 . D = ; Bellarineschichten »8 x Jabalp Ben Clarence-Riverschichten 353 Strombergschichten Kota-Malerischichten Südliche Kohlenfelder in ar Rajmahalschichten Ooeae E = Wianamattaschichten SB] Beaufortschichten Panchetschichten ne _ SE Discordanz = | 5 Hawkesburyschichten A euer Damudaschichten (glacial) E Discordanz snarhessschichien New-Castleschichten In U IE RT FERNEN Er erh Bel Sa ae oO | | 2 g Eecaschichten Talchirschichten Siony Crocksohie hten En 5 : Bacchusmarshschichten (=) (glacial) (glacial) (slacial) u Schichten von Strond, Bel Lepidodendronsandsteine Er Port Stephens ete. 58 Auf krystallinischen | le Lepidodendronsandsteine En | aufrahend {=} h r & Marines Devon Marines Dec Aus dem bisher Gesagten geht hervor, dass sowohl in Süd-Afrika wie in Indien und Ost-Australien mächtige Schichtensysteme sich finden, die in ziemlich nahen Beziehungen zu einander stehen und jedenfalls unter einander viel näher übereinstimmen, als mit irgend einer Schichten- folge, welche aus Europa oder Amerika bekannt geworden ist. Der grösste Theil dieser Ablagerungen ist offenbar aus Niederschlägen des süssen Wassers gebildet, und es müssen riesige Seen und gewaltige Stromsysteme sich da ausgebreitet haben, wo wir heute diese Schichten vorfinden. Diese Beobachtung hat schon früh zur Annahme eines grossen Continentes geführt, welcher in frühen geologischen Zeiträumen sich über einen grossen Theil der Südhemisphäre ausbreitete und an Ausdehnung dem jetzigen asiatisch-europäischen Continente nur wenig nachgestanden haben mag. !) Die Geschichte dieses Continentes scheint eine höchst eigenthümliche gewesen zu sein. Statt der grossen Faltenzüge, die in der Nordhemisphäre die Gebirgserhebungen zusammensetzen und so gewissermassen das Geripp der Continentalmassen bilden , finden wir hier Tafelberge aus horizontal gelagerten Gesteinsmassen aufgebaut. Allerdings ruhen auch - 5) H. F. Blanford, Quart. Journ. Geol. Soc. Lond. Vol. XXXI, 1875, pag. 519. — Waagen, Denkschr. kais. Akad. d. W. Wien. 1878. — Waagen, Records Geol. Surv. of India. 1878. [29] Die carbone Eiszeit. 171 diese wieder auf gefalteten Gebirgsgliedern, allein es sind hauptsächlich nur archäische Gesteine, die von der Faltenbildung betroffen werden. Bereits zur devonischen Zeit sehen wir die Intensität der Faltenbildung bedeutend redueirt; grosse Distriete, wie Siid-Afrika und Indien, zeigen die devoni- schen Gebilde grösstentheils in horizontaler Lagerung, und Alles, was später folgt, wird nur hie und da, ganz local, aus seiner horizontalen Lage gerückt. Während so die faltenbildende Thätigkeit auf diesem Theile der Erdoberfläche mehr und mehr redueirt wird, scheinen zu gleicher Zeit ungeheure Einbrüche die einst vorhanden gewesene grosse Ländermasse mehr und mehr der Zerstückelung zugeführt zu haben. Wir wissen aus der Vertheilung der marinen Niederschläge, dass zur jurassischen Zeit der einstige Continent bereits in drei unabhängige Theile zerfallen war und Afrika, Indien und Australien durch Meeres- arme von einander getrennt waren; zur triasischen Zeit dagegen hing Afrika wahrscheinlich noch mit Indien zusammen, während Australien schon damals selbstständig geworden war. So, statt zu wachsen, verkleinerte sich der einstige Continent mehr und mehr, und wahrscheinlich ungefähr in demselben Maasse, als Europa und Asien dem Meere entstieg, überfluthete dort im Süden das Meer gewaltige Räume, die einst Festland waren. Heute existiren nur mehr geringe Bruchstücke des einstigen süd- lichen Continentes, doch lassen uns bereits diese durch die Mächtigkeit der horizontal gelagerten Süsswasserschichten und die Gewaltigkeit der sich durch sie verrathenden physikalischen Vorgänge auf die gewaltige Ausdehnung der Ländermasse schliessen, der sie einst angehörten. Die im Obigen behandelten Schichtensysteme wurden sämmtlich erst abgelagert, nachdem die Faltenbildung bereits eingestellt war. Wir finden die sämmtlichen Schichten nahezu horizontal abgelagert, entweder ausgedehnte Plateau-Landschaften zusammensetzend , oder flache Mulden ausfüllend, und durchgreifendere Schichtenstörungen sind nur als local oder als seltene Ausnahmsfälle zu verzeichnen. Die Periode der Einbrüche begann noch im Laufe der Zeiten, ehe die Bildung der oben beschriebenen Schichtensysteme gänzlich zum Abschlusse gelangt war. Gewaltige Strecken, die früher Festland gewesen, wurden nun immer mehr und mehr vom Meere bedeckt, und die Zeugen dieser Vorgänge sind die sparsamen marinen Niederschläge aus Jurassischer und eretaeischer Zeit, welche wir noch heute theilweise an den Rändern der wenigen uns überlieferten Bruchstücke des alten Continentes in Afrika, Indien und Australien antreffen. Dieser Continent war es auch, auf dem sich in längst entschwundenen Zeiten Vorgänge abspielten, welche stark an die Vorgänge während der quartären Glacialzeit in der Nordhemisphäre erinnern, und es gab wahrscheinlich eine Zeit, in der dieser südliche Continent grossentheils von gewaltigen Eismassen bedeckt war. Welches war aber diese Zeit? Das ist die grosse Frage, welcher wir nun näher zu treten haben werden. Es ist schon zu wiederholtenmalen darauf hingewiesen worden, dass die paläontologischen Erdfunde in den oben beschriebenen Schichten- systemen merkwürdig widersprechende Resultate liefern. Wenden wir uns nur zu den obersten Abtheilungen, den Uitenhage und den Cutch- 172 W. Waagen. [30] schichten , so finden wir in denselben eine marine Fauna, welche auf ein neocomes und tithonisches Alter der Ablagerungen hinweist, während die Pflanzenreste, die in denselben Schichten getroffen werden, allgemein dahin beurtheilt werden, dass sie auf Unteroolith, speciell auf den Horizont von Scarborough, hindeuten sollen. | Diese Widersprüche zwischen Thier- und Pflanzenresten finden sich nun in allen einzelnen Schichtenabtheilungen mehr oder weniger wiederholt und treten wieder in ungemeiner Deutlichkeit in die Augen in den australischen Mureeschiehten, wo wieder marine Ablagerungen in Wechsellagerung mit Pflanzenschichten auftreten. Die in diesen Schichten vorkominenden Pflanzenfossilien wurden und werden noch heute von M’Coy mit aller Entschiedenheit für mesozoisch erklärt, da in Europa die Gattung Glossopteris nur im Jura Russlands und im Tertiär angetroffen worden ist, daher auch in Australien kaum älter als mesozoisch sein könne. Wenn sich Feistmantel später auch be- quemt hat, die australischen Ablagerungen in ‚die paläozoische Epoche einzureihen, so geschah dies doch viel weniger deswegen, weil die Flora dazu Veranlassung gab, als vielmehr wegen der marinen Thierreste, die in denselben Schichten zu finden waren und die entschieden paläo- zoischen Habitus besitzen. Da die Schichtenfolge nun aber weder über, noch unterhalb der strittigen Ablagerungen ganz unzweifelhafte Anhalts- punkte für die Altersbestimmung lieferte, so stand es den Anhängern der Annahme eines mesozoischen Alters immer noch frei zu sagen: Die Pflanzenreste deuten mit Entschiedenheit auf ein mesozoisches Alter der gesammten Schichten und so ist es wahrscheinlich, dass in Australien die paläozoischen Thierformen länger gelebt, also noch in die meso- zoische Zeit herauf gereicht haben, als in Europa. Als Stütze hierfür konnte noch angeführt werden, dass in der heutigen Fauna uud Flora Australiens überhaupt alte, aus früheren Perioden heraufreichende Typen häufig sind, dort also auch in früheren Zeiten alte Typen höher herauf- reichen konnten als anderwärts. Andererseits waren in Monsieur de Koninek’s Werk die Arten so weit gefasst, dass die dort ange- wendeten Speciesbezeichnungen eigentlich nur als Gruppennamen gelten konnten. Ich selbst war einige Zeit hindurch nicht ganz abge- neigt, mich diesen Anschauungen der Phytopaläontologen anzuschliessen, weshalb ich hier und da von den „sogenannten Carbonablagerungen Australiens“ gesprochen habe. Die Frage nach dem Alter dieser Schichten ist nun aber noch von ganz besonderem Interesse wegen der glacialen Bildungen, welche in den gleichen Horizonten angetroffen werden. Wie ich schon oben erwähnt habe, hat sich W. T. Blanford mit vielem Geschicke bemüht, ein permisches Alter für die Schichten- reihe Talchir-Kaharbari-Damuda und die mit diesen gleichzustellenden Schichten in Afrika und Australien wahrscheinlich zu machen, allein es war ihm unmöglich, mehr als Wahrscheinlichkeitsbeweise beizu- bringen und so konnten weitere Schlüsse auf seine Deduetionen nicht gebaut werden. Erst der neueren Zeit war es vorbehalten, mehr Klar- heit in die Sache zu bringen und es waren namentlich die Entdeckungen des Württembergers Dr. H. Warth in der Salt-range, welehe die ganze Frage in neuem Lichte erscheinen liessen. ETIg = 4 E Bi a ; E- Be" z e E 3 B. ch < " = E. ARE [31] Die carbone Eiszeit, 173 IV. Salt-range. Es ist seit lange bekannt, dass auch in der Salt-range nicht selten Ablagerungen angetroffen werden, welche ohne Zweifel unter Mitwirkung des Eises entstanden sind. Ich selbst habe diese Bildungen an vielen Stellen gesehen und studirt, doch hatte ich bis jetzt keine Gelegenheit, mich öffentlich darüber auszusprechen. Auch jetzt gehe ich mit einer gewissen Befangenheit daran, mich in dieser Beziehung zu äussern, denn es waltet ein eigenthümlicher Unstern über Allem, was ich über die allgemeinen Verhältnisse der Salt-range in die Oeffentlichkeit bringe: jedes- inal werde ich in einer Weise zurückgewiesen, wie dieselbe eigentlich nicht vorkommen sollte. Ausdrücke wie „Ignoranz“ oder „Charlatanismus“ oder „es ist wohl das Beste, einen derartigen Aufsatz als gar nicht gedruckt anzusehen“, gehören zu den Koseworten, deren ich da gewürdigt werde. Solche Ausdrücke richten sich selbst! Wenn die Herren wüssten, wie ich Jahre lang mit mir zu Rathe gebe und hin und her überlege, ehe ich eine schwerwiegende Anschauung der Oeffentlichkeit übergebe, würden sie vielleicht etwas glimpflicher urtheilen. So war es ihnen denn auch bis jetzt noch in keinem Falle möglich, mich sachlich zu widerlegen und ich fühle mich in Folge dessen berechtigt, die Ansichten, welche zu so hberber Kritik Veranlassung gegeben haben, auch ferner festzuhalten. Die Sehichtenfolge der Salt-range umfasst, wie bekannt, die Schiehtengruppen vom Eocän bis zum Devon ungefähr (abgesehen von den jungtertiären Sandsteinen des Potwar-Plateau) ohne besonders grosse Lücken aufzuweisen. Ebenso bekannt ist es, dass in verschiedenen Theilen der Salt-range die Schichtenreihe sich sehr verschieden darstellt. Ich muss die von Wynne eingeführten Schiehtennamen auch hier noch gebrauchen, da eine Anwendung der europäischen Schichtenbezeich- nungen zu conerete Parallelisirungen mit sich bringen würden und solehe für den Augenblick nieht ganz erwünscht erscheinen. Im östlichen Theile der Salt-range ist die Schichtenfolge folgender- massen: Nummulitenschichten, Olive-Group, Schiehten mit Salzkrystall-Pseudomorphosen, Magnesian Sandstone. Neobolusschichten, Purple Sandstone, Salt marl und Steinsalz. Diese ganze Schichtenfolge hat ausser in den Neobolusschichten, der Olive-Group und den Nummulitenkalken kaum nennenswerthe Reste organischer Wesen geliefert, und es wäre nach dem bis ganz neuerlich vorliegenden Materiale kaum möglich, das Alter irgend einer dieser Schichtengruppen zu bestimmen. In den westlichen Theilen der Salt-range steht dagegen die Sache anders, indem hier Schichten reich an wohlerhaltenen und charak- teristischen Versteinerungen vorhanden sind. Die Schichtenreihe stellt sich hier folgendermassen dar: 174 W. Waagen. [32] Nummulitenschichten, Olive-Group, Variegated Sandstone (Jura), Ceratitenschichten, Productuskalk (Perm), Speckeled Sandstone, Magnesian Sandstone | hier kaum zu trennen, Neobolussehiehten | nach Westen auskeilend, Purple Sandstone, nach Westen auskeilend, Salt marl und Steinsalz. Man sieht, die Gliederung ist hier viel mannigfaltiger und ein- zelne der Ablagerungen können ihrem Alter nach genau bestimmt werden. Für unsere Zwecke ist hier der Speckeled Sandstone das wich- tigste Glied der ganzen Reihe und wir wollen denselben näher in’s Auge fassen. Unter Speckeled Sandstone verstehe ich hier aber nicht nur das, was Wynne mit diesem Namen in der eigentlichen Salzkette belegt, sondern auch die Aequivalente dieses Niveaus im Westen sowohl (Boulder-Group), als auch im Osten (Olive-Group, zum Theil). Zum richtigeren Verständniss der Lagerung muss indessen hervorgehoben werden, dass die Nummulitenschichten und die Olive-Group (riehtiger Oardita Beaumonti beds) discordant auf allem Darunterfolgenden liegen und so, von Westen nach Osten fortschreitend, suecessive auf Jura, Ceratitenschichten, Perm und Speckeled Sandstone zu liegen kommen, ein Umstand, der theilweise auch die Verschiedenheit der Schiehten- folge im Osten und Westen des Gebirgszuges bedingt. Ich muss mich übrigens hier durchaus auf den Bericht W ynnest) stützen, da dem- selben all meine eigenen Beobachtungen eingeflochten sind. Der Bericht ist in der That als ein gemeinsamer zu betrachten , soweit die Beob- achtungen im Felde in Betracht kommen. Er sollte auch in der Aus- führung ein gemeinsamer werden, doch wurde dies durch meine wiederholte schwere Erkrankung verhindert, und so war Wynne gezwungen, die Ausarbeitung allein vorzunehmen. Die Benutzung des Materiales ist freilich in Folge dessen oft nicht ganz so ausgefallen, wie ich dasselbe verwendet haben würde, wenn ich auf die Ausarbeitung hätte Einfluss ausüben‘ können, allein deshalb kann ich doch meine eigenen Anschauungen nicht ganz aufgeben, und Herr Wynne muss mir doch gestatten, dieselben hier und da auch zum Ausdrucke zu bringen. Ich bin ja weit davon entfernt, deshalb die grossen Verdienste, die sich Herr Wynne um die Ausarbeitung der Karte erworben hat, zu ignoriren oder die bewundernswerthe Genauigkeit seiner Karte nicht anzuerkennen. Wenn ich aber jetzt, nachdem ich die fossilen Faunen der Salt-range grossentheils durchgear beitet habe, mich veranlasst sehe, manche Punkte, in Betreff deren Auffassung ich nieht mit Herrn Wynne übereinstimmte, jetzt noch schärfer zu betonen, so liegt dies eben in dem Fortschritte, der durch die genauere paläontologische Erkenntniss der Schichten erzielt wurde. Herr Wynne wird unmöglich behaupten wollen, dass es undenkbar sei, zu einer besseren Erkenntniss zu gelangen, als die in seinem Berichte niedergelegte ist, und es wird sich wohl in !) Mem. Geol. Survey India. 1878, Vol. XIV. [33] Die carbone Eiszeit. 175 seinen eigenen Anschauungen in den letzten 10 Jahren manches geklärt haben, wie dies bei jedem Gelehrten der Fall ist, wenn er nicht absolut allem Fortschritte sein Ohr verschliesst. Wie ich schon in meiner Einleitung zu den Salt-range-Fossils aus- geführt habe, zerfallen die paläozoischen Ablagerungen der Salt-range in zwei grosse Gruppen, deren eine vom Purple Sandstone und Salt marl, deren andere von den höher folgenden Schiehtenabtheilungen gebildet wird.!) Beide Gruppen haben eine ganz verschiedene Ver- breitung, die ältere findet sich nur im Süden und verschwindet theil- weise, wo die Gebirgskette nach Norden umbiegt; es scheinen die diese Gruppe zusammensetzenden Schichten in einem sich nach SO. aus- dehnenden Wasserbecken, wahrscheinlich einem Binnenbecken,, abge- lagert worden zu sein, und das offene Meer jener Zeit wäre erst weiter im Norden zu suchen. Die obere Gruppe dagegen schliesst viele Küstenbildungen in sich und dürfte von einem Meere abgelagert worden sein, das von NW. her vordrang. Die ungeheueren Sandsteinanhäufungen im Osten der Salt- range, welche im Westen alle zu unbedeutenden Schichten zusammen- schrumpfen und fast ganz verschwjaden, scheinen mir als Dünen- bildungen zu erklären zu sein, und zwar glaube ich, dass dieselben die Mündung eines grossen Stromes bezeichnen, der in längst ent- -schwundenen Zeiten, aus Südosten kommend, in dieser Gegend das Mecr erreichte. Es sind für eine solche Annahme verschiedene Anhalts- punkte vorhanden. Zunächst die Neobolusschichten, da die hornschaligen Brachiopoden wahrscheinlich ähnliche Standorte hatten, wie viele der heutigen Lingulae, die sich häufig auf schlammig-sandigem Boden in der Nähe von Flussmündungen ansiedeln, dann die Sehiehten mit Salzkıystall-Pseudomorphosen, die auf ein Gebiet deuten, das bald von salzigem, bald von süssem Wasser überschwemmt wurde, Verhältnisse, wie sie sich in den die Flussmündungen umgebenden Lagunen am häufigsten einstellen. !) Einer gütigen brieflichen Mittheilung R. D. Oldham'’s zufolge glaubt der- selbe eine Discordanz unterhalb des Speckeled Sandstone nachweisen zu können, während die tieferfolgenden Glieder bis hinab zur Saline series eine zusammengehörige concor- dante Schichtenfolge bilden. Was die Discordanz betrifft, so habe ich gegen eine solche nichts einzuwenden, im Gegentheile glaube ich selbst Beobachtungen gemacht zu haben, die wenigstens an gewissen Stellen eine solche als wahrscheinlich erscheinen lassen, dennoch aber glaube ich, dass nicht Alles, was unterhalb dieser Discordanz folgt, als eine einzige Schichtengruppe aufzufassen sei. Magnesian Sandstone und Neobolus beds gehören ebenso sicher zusammen, als es sicher ist, dass ihre Fauna Beziehungen zu den, wenn auch discordanten überlagernden Schichten besitzt, und die Anschauung, dass beide noch den carbonen Gebilden zuzutheilen seien, gewinnt immer mehr Wahr- scheivlichkeit. Der Purple Sandstone aber zeigt so innige Beziehungen zur Saline series, dass beide kaum getrennt werden können. Das Liegende der letzteren ist in der eigent- lichen Salt-range nicht aufgeschlossen. Nach Westen zu nimmt die Saline series mehr und mehr graue Dolomite und Gypse mit Quarzkrystallen in sich auf, und scheint Trans-Indus in die durchschnittlich grau gefärbte „Upper gypsum und Dolomite group“ Wynne’s überzugehen. Das Liegende dieser Gruppe aber sind wieder rothe Sandsteine, identisch mit dem Purple Sandstone der eigentlichen Salt-range. Somit scheint die Saline series überhaupt nur eine Einlagerung zu bilden in eine mächtige Bildung roıhen Sandsteines, die offenbar für sich als besondere Formation angesehen werden muss. Ich halte diese Formation für ein Aequivalent der Vindhyans der indischen Halbinsel, und zufolge ihrer Lagerung unter den carbonen Neobolusschichten, für devonisch. Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Band. 2. Heft. (W. Waagen.) 24 - Be et 176 W. Waagen. [34] Unter diesen Sandsteinbildungen sind die Speckeled Sandstones, wie oben angedeutet, diejenigen, welche am weitesten nach Westen reichen und wegen mancher anderen Verhältnisse die wichtigsten und interessantesten sind. In ihren obersten Lagen schliessen sie eine marine Fauna ein, die mit der Fauna des Produetus limestone sehr nahe verwandt ist, weshalb diese Ablagerung von mir als „Lower Produetus limestone“ bezeichnet wurde. Der Procentsatz der echt earbonen Arten in diesen Schichten ist grösser als im eigentlichen Productus limestone und so habe ich geglaubt, diese Schichten mit den Coal Measures ver- einigen zu müssen, nachdem auch Fusulina longissima Möll. in grösserer Menge hier angetroffen wird. Freilich dürften sie nur den allerobersten Lagen dieser Schichtengruppe, etwa den Schichten von Nebrasca oder den Sandsteinen von Artinsk, gleiehzustellen sein wegen des häufigen Vorkommens der Gattungen Strophalosia und Aulosteges. Etwas tiefer finden sich dann in diesen Sandsteinen Block- anhäufungen, welche nach Norden und Westen zu die einzigen Ver- treter der ganzen Schichtengruppe sind, und sich dort mit grosser Con- stanz unter den fossilführenden Schiehten und den permischen Kalk- steinen vorfinden. Leider kann ich mich in Bezug auf diese Blockanhäufungen nicht so sehr in Details einlassen, als vielleicht wünschenswerth erscheinen dürfte, theils wegen des zu grossen Umfanges, den diese Schrift sonst erhalten würde, theils wegen des Umstandes, dass im letzten Bande der Salt-range Fossils eine detaillirte geologische Darstellung der Salt- range folgen wird, welcher hier nicht vorgegriffen werden soll. Im Westen (Trans-Indus), namentlich bei Kingriali, unterscheidet Wynneeine eigene „Boulder-Group,“ die aus grauen Thonen mit unter- geordneten Sandsteinen und Gypsen besteht und in der Oberregion eine Blockanhäufung von bedeutender Mächtigkeit enthält. Die Blöcke sind wohl geglättet und oft mit Schrammen versehen. Auf dieser „Boulder- Group“ folgen dann, wie anderwärts über dem Speckeled Sandstone, die permischen Kalke. Von hier nach NO. zu liegt Kalabagh, welches den nördlichsten Punkt bezeichnet, bis zu welchem die Salte-range in ihrer allgemeinen Riehtung abgewichen ist. Hier beginnt auch, am linken Ufer des Indus, die eigentliche Salzkette mit einer Gruppe von Bergen, die den Namen der Tredian Hills führen. Hier sind die Blockanhäufungen besonders stark entwickelt und werden von Wynne folgendermassen be- schrieben. !) „Die Carbonkalke (Perm) enthalten viel Feuerstein , sowohl schwarzen wie weissen, während graue Conglomerate und Sandstein- bänke in den dunklen eonglomeratischen Thonen über dem Salt-marl sich einstellen. Unmittelbar über dem erdigen Theil finden sich grosse Bloekanbäufungen, in denen Blöcke von Granit, Syenit und anderen krystallinischen Gesteinen von 2 Fuss im Durchmesser angetroffen werden ; diese Blockanhäufung, wenn sie nicht auf sich selbst zurück- gefaltet ist, mag eine Mächtigkeit von 155 Fuss besitzen.“ Darüber finden sich Spuren des Speckeled Sandstone. ') Mem. Geol. Surv. Ind. Vol. XIV, pag. 258. j { “ N. ) i [35] Die carbone Eiszeit. 10 Hiermit treten wir in das Gebiet des eigentlichen Speckeled Sandstone ein. Diese Abtheilung ist, wie Wynne selbst beschreibt, an vielen Stellen conglomeratisch und die Conglomerate stellen sich oft als wahre Blockanhäufungen dar, namentlich in der Gegend von Makrach und Sardi. Wie es in der Natur der Sache liegt, sind solche Blockanhäufungen nicht übermässig, regelmässig gelagert und es ist schwer zu sagen, ob sie an verschiedenen Stellen in absolut demselben Niveau auftreten, jedenfalls sind sie aber, abgesehen von kleinen ver- ticalen Variationen, geologisch gesprochen, gleichalterig. Die Lagerung ist immer derartig, dass man die Blockanhäufungen als unter den Fusulinenschiehten liegend auffassen muss. Der Speckeled Sandstone erreicht seine grösste Entwicklung in der Gegend zwischen Vurcha und Nursingpohar und nimmt von da nach Osten zu rasch an Mächtigkeit ab, ohne dabei aber seine Block- anhäufungen einzubüssen. Ganzallmälig nehmen die Thonzwischenlagen eine namentlich rothe Farbe an, die Blockanhäufungen dagegen werden grün und es entwickeln sich so zwei neue Gruppen, die aber im Alter sicher dem Speckeled Sandstone gleichstehen, nämlich die „Schiehten mit Salzkrystall-Pseudomorphosen“ und die Conglomerate der „Olive- Group“. Der westlichste Punkt, von dem Wynne die Blockanhäufungen der „Olive-Group“ angibt, ist Karuli. Hier liegen sie auf Speckeled Sand- stone, wahrscheinlich der mittleren Abtheilung der Gruppe. Noch weiter im Westen ist zwar die Olive-Group ebenfalls deutlich entwickelt, allein hier, wie z. B. in Neela Wan, liegt dieselbe auf den fossilführenden Schichten des Lower Productes limestone, jede Spur von Block- anhäufungen fehlt an der Basis der Gruppe und wir müssen in den Speckeled Sandstone hinabsteigen, um dieselben wieder anzutreffen. Die Blockanhäufungen der Olive-Group haben in neuerer Zeit speciell die Aufmerksamkeit auf sich gelenkt, da in ihnen Versteine- rungen aufgefunden wurden, die mit solchen aus den australischen marinen Kohlenschiehten übereinstimmen. Ich habe eine Notiz über diese Sachen veröffentlicht ), aber damit wieder in ein Wespennest gestochen und wurde ‘von R. D. Oldham in nichts weniger als höflicher Weise zurückgewiesen. ?) Die Olive-Group, wie sie von Wynne umschrieben wurde, ent- hält in der Oberregion ein Aequivalent der Cardita-Beaumontischichten in Sind, in ihrer Unterregion die viel umstrittene Blockanhäufung. In dieser letzteren wurden von Warth Knollen eines thonigen Sand- steines aufgefunden, die zahllose Exemplare von Conularien enthielten. Diese Knollen bilden eine dünne Lage an der obersten Grenze der Bloekschichte und haben bis jetzt folgende Fauna geliefert: Bucania cf. Kattaensis W. Conularia laevigata Morr. tenuistriata M’Coy. cf. irregularis Kon. Nucula sp. ind. » 1) Rec. Geol. Surv. India. XIX, 1886, pag. 22; XIX, 1886, pag. 2. 2) Rec. Geol, Surv. India. XIX, 1886, part. HI, 178 W. Waagen. [36] Atomodesma (2?) Warthi W. Aviculopecten cf. limaeformis Morr. Discina sp. Serpulites Warthi W. = tuba W. Zu diesen vermag ich nun noch Spirifer Vespertiho Sow. hinzu- zufügen, nach neuerlich von Dr. Warth eingesandten Stücken. Diese ganze Fauna ist entschieden eine paläozoische und es ist nicht eine einzige Art vorhanden, die auf andere Ablagerungen deuten würde. Vier der Arten sind ident mit solchen aus earbonen Ablagerungen Australiens, diese sind: ’ Conularia laevigata Morr. = tenuistriata M’Coy. Aviculopecten cf. limae Morr. Spirifer vespertilio Sow. Eine Bucania cf. Kattaensis W. kann mit einer solchen aus der obersten Abtheilung des Speckeled Sandstone, dem sogenannten unteren Productus Limestone, verglichen werden. Nach Wynne und Oldham finden sich diese Knollen auf secundärer Lagerstätte und als Hauptbeweis hiefür wird das seltene Vorkommen von abgerollten Exemplaren von Conularien und der Um- stand angeführt, dass die Knollen nicht wie echte Coneretionen die organischen Reste im Centrum vorfindlich enthalten, sondern dass die Versteinerungen durch die Oberfläche der Knollen in der verschiedensten Weise abgeschnitten erscheinen, weshalb sie als abgerollte Gesteins- fragmente angesehen werden müssten. Was den letzteren dieser Beweispunkte betrifft, so ist derselbe ohne alle Beweiskraft. Ich brauche nur an die Quarzitknollen in unserer Siluretage Dd1 zu erinnern, die genau dasselbe Verhalten zeigen, von denen man aber weiss, dass sie genau dieselben Versteinerungen ent- halten wie die Thonschiefer, in denen sie liegen, wo es also keinem Zweifel unterliegen kann, dass beide gleichzeitig sind und also die Knollen keinenfalls sich auf seeundärer Lagerstätte befinden können. Aber auch der erste der beiden oben angeführten Punkte scheint mir in eine ähnliche Kategorie zu fallen. Auch hier in Böhmen findet man mit den anderen Quarzitknollen hie und da kleine Knöllehen, die auf der Aussenseite Bruchstücke zusammengerollter Trilobiten oder ähnliche organische Reste tragen. Man würde sie entschieden für ab- gerollt halten, wenn sie nicht mit den anderen Sachen zusammenlägen und nicht die gleichen Arten enthielten. Es ist offenbar eine unvoll-. kommene Knollenbildung, die hier vorliegt. Aehnlich mögen auch die scheinbar abgerollten Exemplare von Conularien vielleicht zu erklären sein, doch kann ich mich in dieser Beziehung nicht bestimmt äussern, = mir selbst die von Wynne untersuchten Stücke nieht vorgelegen aben. Mir selbst hat H. Warth neuerlich auch ein solches abgerolltes Exemplar einer Conularie zugeschickt, das auf den ersten Augenblick allerdings sehr wie abgerollt aussieht. Bei näherer Betrachtung machen sich aber doch allerlei Bedenken geltend. Zunächst die Grösse des f [37] Die carbone Eiszeit, 179 Exemplares, das 60 Millimeter lang, 20 Millimeter am oberen Ende breit und nur 11 Millimeter diek ist. Wenn ein derartig dünner und langer Körper aus weichem Sandstein einer so rauhen Behandlung unterworfen wird, wie dies nothwendig geschehen muss, wenn er mit Conglomeratmassen zusammen fortbewegt wird, so ist es zunächst sehr erstaunlich, dass er nicht in kleinere Fragmente zerbrochen worden ist. Dann sind zwei der Seiten und eine Kante fast ganz intaet mit der feinsten Sceulptur erhalten. Nun ist jedenfalls eine Kante einer der am meisten vorspringenden Theile des Gehäuses und muss, wenn Ab- rollung stattfindet, zuerst abgerollt werden. Von den wohlerhaltenen Seiten ist allerdings die eine, breitere, eoncav und könnte in Folge dessen der Wirkung der Abrollung entgangen sein, die andere aber ist zufolge einer eigenthümlichen Deformation des Stückes weit bauchig vorgetrieben. Dennoch ist auch hier die feinste Seulptur erhalten. Ich muss hier bemerken, dass das von Warth mir geschickte Stück noch ganz vom Muttergestein, einem groben conglomeratartigen Sand- stein, umschlossen wird, und so der Einwand, dass das Stück viel- leicht einem grösseren abgerollten Fragment entstammt, wodurch die wohlerhaltenen Seiten in dem Fragment eingeschlossen, vor dem Abrollen geschützt worden seien, vollständig wegfällt. So wird es auch in diesem Falle bei genauerem Studium wieder wahrscheinlich, dass die eigenthümliche Erhaltung des Stückes eher von unvollkommener Knollenbildung als von Abrollung herrühre. Sollte aber das Stück dennoch transportirt sein und sich auf secundärer Lager- stätte befinden, so kann es nicht weiter als ein paar tausend Schritte weit her gebracht sein, da ausserdem die Erhaltung der Sculptur an gewissen Stellen vollkommen unerklärlich wäre. Ein entscheidender Beweis für das secundäre Lager der Knollen der Salt-range scheint mir jedenfalls durch Wynne’s und Oldham's Angaben nicht erbracht. Das wäre nur dann der Fall, wenn sie Ver- steinerungen jüngeren Alters mit den älteren untermischt gefunden hätten. So heftig aber auch Oldham seine Anschauung vertritt, einen solchen Nachweis ist er doch nieht beizubringen im Stande. Ich will deshalb freilich nicht behaupten, dass die Möglichkeit einer secundären Lagerstätte absolut ausgeschlossen sei, da ich die Fundstätten seit Auffindung der Knollen nicht wieder selbst besuchen konnte, allein eine Wahrscheinlichkeit hierfür liegt nicht vor. Wenn sie aber selbst seeundär sein sollten, können sie nur aus einer Sehichte stammen, die im Alter nur wenig verschieden ist von ihrer jetzigen Lagerstätte. Auch ihr Ursprungsort kann nicht weit ent- fernt sein von dem Orte, wo man sie jetzt findet. Ein Beweis hierfür ist die Geschlossenheit der Fauna, die sie enthalten, die auf einheitliche Lage und einheitlichen Ursprung hinweist. Eine solche Geschlossenheit kann sich aber nur erhalten, wenn die Schichte, der die Stücke ent- stammen, erst kürzlich gebildet war, also jüngere Ablagerungen nicht mit zur Denudation gelangten und wenn die Stücke nur auf eine kurze Entfernung transportirt wurden. Sehen wir uns unter den Gebilden der Salt-range um, welchen die Knollen allenfalls entstammen könnten, wenn sie secundär wären, so ist es allein der Magnesian-Sandstone mit den Neobolusschichten, 180 W. Waagen. [38] welcher derartige Stücke geliefert haben könnte. Ist dies aber der Fall, entstammen die Knollen dem Magnesian-Sandstone, dann rückt (diese Bildung plötzlich ebenfalls hinauf in die Zeit der Coal Measures, während sie von mir bisher als Unterearbon angesehen wurde. Sollte dies die Revision sein, der meine Anschauungen in Bezug auf die Salt- range unterzogen werden sollten, wie von Medlicott!) angedeutet worden ist? Neuerlichst wurden nun weitere Thatsachen dureh Dr. Warth zu Tage gefördert, welche wieder viel neues Licht über die ganze Frage verbreiteten. Im Neela Wan fand Warth die Conularien-Knollen in Bloekanhäufungen, welche nunmittelbar über den Neobolusschichten zu folgen scheinen, und jedenfalls an der Basis der Speckeled Sandstone liegen. Hier ist es nun über allem Zweifel erhaben, dass die Conularien- knollen älter sind als die Fusulinenschichten, welehe in nächster Nähe des Fundortes anstehen. Ueber das Alter der Blockanhäufung ist noch Einiges zu sagen. Dieselbe wurde von Wynne für cretacisch gehalten, da er sie mit den darüber lagernden Cardita-Beaumontischichten vereinigte, die wahr- scheinlich als oberste Kreide oder als ein Aequivalent der Lamarie- gruppe oder der liburnischen Stufe angesehen werden können. R. D. Oldham betonte auf’s Schärfste das eretacische Alter der Blockanhäufung und behauptet, dass dieselbe discordant sei zu den unterlagernden Schichten. Von einer solehen Discordanz hat aber weder Mr. Wynne, noch ich selbst etwas gesehen, im Gegentheile habe ich Profile gemessen, in denen ein vollständiger Uebergang von den unter- lagernden Schichten mit Salzkrystall-Pseudomorphosen zu den Blockablage- rungen zu constatiren war, was durch eine Wechsellagerung von grünen und rothen Sandsteinen und Schieferthonen bewerkstelligt wurde. Also auch in dieser Beziehung ist kein Grund vorhanden, um ge- zwungen zu sein, die Blockanhäufungen mit den oberen, statt mit den unteren Schichten in Verbindung zu bringen. Dass eine solche Block- anhäufung nicht immer so regelmässig auf ihrer weichen Unterlage ruht, als dies bei anderen Schichten die Regel ist, liegt in der Natur der Sache. Eine solche Ablagerung ist eben auch unter ganz ungewöhn- lichen Umständen zu Stande gekommen. In diesen Blockanhäufungen der „Olive-Group* ist die glaciale Entstehungsweise so deutlich zum Ausdrucke gelangt, als dies nur immer gewünscht werden kann. Die Blöcke und Geschiebe bestehen namentlich massenhaft aus rothen Porphyren und zahllose Exemplare zeigen deutliche Schliffe und Schrammen. Sehr viele derselben sind an verschie- denen Seiten angeschliffen, ein Beweis, dass sie nach und nach in verschie- denen Lagen in die Eismasse eingebacken wurden, während dieselbe noch in Bewegung war. Ich gebe beifolgend Abbildungen zweier solcher Geschiebe, das grössere aus Porphyr, das kleinere aus einem schwarz- grauen aphanitischen Gesteine bestehend, von denen das grössere auf der Vorder- und Rückseite, das kleinere an drei aneinander stossenden Seiten angeschliffen erscheint. Die Richtung der Schrammen ist auf jeder Schlifffläche verschieden, doch finden sich auch oft auf ein und derselben Schlitffläche Schrammen in zwei sich kreuzenden Richtungen. !) Records Geol. Surv. Ind. Vol. XIX, pag. 2. Die carbone Eiszeit. 181 . Fassen wir das bisher Gesagte in Betreff der Blockanhäufung der „Olive-Group“ zusammen, so kommen wir zu folgenden Resultaten : 1. Die Blockanhäufungen stellen sich gerade da in der Olive- Group ein, wo dieselbe mit dem Speckeled Sandstone in Contact tritt, während sie weiter westlich in der Olive-Group gänzlich fehlen, dafür aber im Speckeled Sandstone auch weiter westlich häufig auftreten. Polirte und gekritzte Geschiebe aus den carbonen Glacial-Ablagerungen (Olive-Group) N von Chel-Hill, Salt-range. 2. Der Speekeled Sandstone kann zufolge seiner Lagerung unter den permischen.Kalken und seiner Fossilfübrung in den. allerobersten Lagen mit Bestimmtheit als ein Aequivalent der obersten Abtheilung der Coal Measures angesehen werden. 182 W. Waagen. | [40] 3. In den Bloekanhäufungen der „Olive-Group“ finden sich Knollen, welche unter 11 Arten von Fossilien 5 enthalten, die mit solchen aus den Coal Measures Australiens, und eine, die mit einer Art aus dem Speckeled Sandstone identifieirt werden kann. 4. Dieselben Conularienknollen, die in den Blockanhäufungen der Olive-Group vorkommen, wurden neuerlich im Neela-Wan ebenfalls in Blockanhäufungen angetroffen, die sicher unter den Fusulinenschiehten liegen. Da nun all diese Punkte mit grosser Bestimmtheit nach derselben Richtung deuten, so kann man wohl nicht anders, als annehmen, dass die Bloekanhäufungen der „Olive-Group“ als ein theilweises Aequivalent des Speckeled Sandstone anzusehen seien, und ungefähr dasselbe geolo- gische Alter besitzen, als die Bloekanhäufungen, welche weiter im Westen in so grosser Verbreitung im Liegenden der permischen Kalke angetroffen werden. Damit haben wir auch für die Salt range einen grossen einheit- lichen Glacialhorizont erhalten, welcher von ganz besonderer Wichtig- keit ist für das richtige Verständniss der grossen Fragen, die hier zu lösen sind. Freilich haben sich neuerlichst auch Stimmen vernehmen lassen, die der entgegengesetzten Ansicht Ausdruck verleihen, und R.D. Old-. ham sagt in einem Aufsatze im Geological Magazine!), dass in der Salt-range nicht weniger als vier verschiedene Glaeialhorizonte vor- handen seien. Neue Thatsachen werden leider nicht beigebracht, und so kann uns Oldham’s Anschauung allerdings nicht dazu bringen, die eigene wohl erwogene Ansicht aufzugeben. Solche Auffassungen der Sachlage gehen immer wieder auf die Croll’sche Theorie zurück, dass Eiszeiten auf der Erde so häufig und billig seien wie Brombeeren, eine Theorie, die durch die im Allgemeinen beobachteten geologischen Thatsachen in keiner Weise unterstützt wird. Die Ansicht, dass die sämmtliehen in der Salt-range beobachteten Glacialbildungen einer und derselben Formationsabtheilung beizuzählen seien, thut weder den von Wynne, noch den von mir selbst gemachten Beobachtungen irgend einen Zwang an, und kann somit als die richtige gelten, bis schla- sende Beweise für das Gegentheil beigebracht werden. | Auf die Angaben zahlreicher Glacialhorizonte über einander in ein und derselben Gegend werde ich noch später Gelegenheit haben zurückzukommen. Andere Angaben, welehe von Oldham in demselben Aufsatze gemacht werden, verdienen eine genauere Erwähnung, da sie den bisher bekannten noch neue Gebiete glacialer Ablagerungen in Indien hinzufügen, und zugleich Aufschluss darüber bringen, woher die Glaeial- geschiebe der Salt-range wahrscheinlich stammen. In der grossen indischen Wüste, die sich zwischen dem Arvali- gebirge und dem Indus ausbreitet, fand Oldham in der Nähe der Stadt Pokran eine Landoberfläche, welche aus Porphyr und Syenit besteht und welche ganz und gar mit glacialen Schrammen und Kritzen bedeckt ist. Auf dieser Oberfläche liegt eine äusserst zähe ‘) Dec. III. Vol. II, Nr. 7, 1886. ee b t R\ % . 3 [41] Die carbone Eiszeit. 183 Glacialmasse, die Oldham als Till oder Grundmoräne anspricht, während in der Nähe in grosser Verbreitung geschichtete Glacial- bildungen auftreten, die offenbar marin sind. In der Grundmoräne sind nur Geschiebe von Porphyr und Syenit vorhanden, in den marinen Gebilden dagegen namentlich Gneisse und Granite, die dem Arvali- gebirge entstammen. So glaubt denn Oldham, dass die Glacial- geschiebe der Salt-range ebenfalls aus dem Süden stammen, theils vom porphyrischen Festlande, theils aus dem Arvaligebirge. Auch für diese Bildungen nimmt Oldham das Alter der Talehirgruppe an. Ich habe schon in einem früheren Aufsatze ausgesprochen, dass ich auch die Glacialbildungen der Salt-range durchgängig für marin halte, doch glaube ich, dass nicht nur, wie Oldham dies annimmt, von den Arvalis grosse Gletscher an die Meeresküste herabstiegen, um sich dort in Eisberge aufzulösen, sondern vielmehr scheint es mir, dass auch der grosse Strom, dessen Mündung in der östlichen Salt-range ich oben als wahrscheinlich bestehend angegeben habe, dem Meere mäch- tige schwimmende Eismassen zuführte. Wie dies Alles aber auch beschaffen gewesen sein mag, es tritt vollständig in den Hintergrund gegenüber den grossen allgemeinen Fragen, die hier noch gelöst werden müssen. Die bedeutendste unter diesen ist die Frage nach dem Alter der glacialen Schiehten. Für die glacialen Ablagerungen in Australien und Afrika haben wir festgestellt, dass sie auf untercarbonen Gebilden ruhen, und in Australien enthalten dieselben eine marine Fauna, welche auf das Alter der oberen Coal Measures hindeutet. Damit stehen die mitvorkommenden Pflanzenreste im Widerspruche, welche für mesozoisch gehalten werden. Nun haben wir aber in der Salt-range glaciale Ablagerungen kennen gelernt, welche permische Kalke unterteufen, und sogar An- deutungen der australischen Coal Measure-Fauna, die dort auch in glacialen Schichten liegt, enthalten. Es kann somit nach allen Regeln des Synchronismus keinem grossen Zweifel unterworfen sein, dass die glacialen Bildungen der Salt-range als ungefähr gleichalterig mit jenen Australiens zu betrachten sind, in denen sich dieselbe Fauna vorfindet. Damit wäre aber das geologische Alter der hier in Rede stehenden Glacialzeit überhaupt festgelegt. In Australien haben wir unzweifelhaft untercarbone Ablagerungen, Culmschichten, als Unterlage derselben, in der Salt-range haben wir Schichten unzweifelhaft permischen Alters im unmittelbar Hangenden derselben, und so bleibt uns nichts Anderes übrig, als die Annahme, dass sich die glacialen Vorgänge, von denen bis jetzt die Rede war, zu einer Zeit abspielten, als anderwärts die oberen Coal Measures zur Ablagerung gelangten. Die Annahme der Phytopaläontologen, auf die früher hingewiesen wurde, dass in Australien die Pflanzen das Ausschlaggebende seien, und dass die paläozoischen Thiertypen dort bis in die mesozoische Zeit herauf fortgelebt hätten, worauf die Pflanzenreste hinwiesen, ist damit gänzlich unhaltbar ge- worden und wir wissen nun ganz bestimmt, dass in Australien, Afrika und Indien eine Flora von mesozoischem Typus bereits zur Zeit der Coal Measures erscheint. Das ist aber ein Resultat von der aller- srössten Tragweite, das eine Fülle von weiteren Schlüssen in sich birgt. Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Band. 2. Heft. (W. Waagen.) 25 184 W. Waagen. [42] Zunächst sei hervorgehoben, dass die neue Flora überall zu- sammen mit glacialen Bildungen erscheint, worin ein deutlicher Be- weis liegt, dass dieselbe tiefe Temperaturen zu ertragen vermochte, und zum wenigsten Nachtfrösten zu widerstehen im Stande war. In Australien sowohl wie in Afrika verdrängt diese neue Gesellschaft von Pilanzen eine Reihe echt earboner Pflanzentypen, wie Calamiten und Lepidodendren, und die Kluft zwischen den älteren und neueren Floren ist so bedeutend, dass kaum eine einzige Gattung beiden gemeinsam ist. Unter diesen Umständen ist es wohl erlaubt, anzunehmen, dass die erste, eigentlich paläozoische Flora ihren Untergang durch die ein- tretende Kälte gefunden habe, welche die hereinbrechende Eiszeit über den grossen südlichen Continent verbreitete. Denn was sollte sonst diesen Untergang herbeigeführt haben, nachdem zur selben Zeit auf anderen Theilen der Erdoberfläche, wo sich keine so deutlichen Spuren eingetretener heftiger Kälte nachweisen lassen, dieselbe paläozoische Flora sieh in höchster Entwicklung befand und die Bildung der Coal Measures ihren ungestörten Fortgang nahm? Wir haben somit einen Maassstab gewonnen für die Temperaturbedingungen , an welche die Pflanzengesellschaften in jenen entlegenen Zeiten ihre Existenz knüpften. Die paläozoischen Floren, zum grössten Theil aus zarten Organismen zusammengesetzt, konnten offenbar tiefere Temperaturen nicht ertragen und mussten zu Grunde gehen, sobald häufigere und stärkere Fröste sich einstellten. Die aus mesozoischen Typen bestehende jüngere Flora dagegen enthielt offenbar Organismen, die, kräftiger, tieferen Tempera- turen zu widerstehen vermochten und so im Stande waren, sich mannig- faltigeren Lebensbedingungen anzupassen. Eine weitere Folgerung, welche aus dem Obigen sich mit Noth- wendigkeit ergiebt, ist die, dass sich die aus mesozoischen Pflanzentypen zusammengesetzte Jüngere Flora auf dem grossen südlichen afriko-indo- australischen Continent autochthon entwickelt habe, denn wir haben in keinem Lande der Erde die geringsten Anhaltspunkte, welche uns an- nehmen liessen, dass mesozoische Pflanzenformen sich irgendwo in Perio- den, welche der Bildung der Coal Measures vorausgehen, entwickelt, und durch Wanderung sich auf den südlichen Continent ausgebreitet hätten. Dagegen liegt die Annahme sehr nahe, dass die mesozoischen Floren Europas, die alle eine grosse typische Aehnlichkeit zeigen, als Abkömm- linge jener paläozoischen Flora zu betrachten seien, die zur Zeit der Coal Measures auf dem südlichen Continent zur Entwicklung gelangte. Die Hauptsache aber bleibt immer der Nachweis einer Eiszeit, welche sich während der Periode der Coal Measures auf dem südlichen Continente eingestellt habe, denn alle anderen Schlüsse basiren doch nur immer wieder auf dieser einen fundamentalen Thatsache. Diese Thatsache aber kann nieht mehr bezweifelt werden, nachdem so zahl- reiche Forscher in verschiedenen Welttheilen ganz unabhängig von einander zu dem übereinstimmenden Resultate gelangt waren, dass die betreffenden Schichten unter Mitwirkung des Eises entstanden seien. Nur die Altersbestimmung der Schichten war zweifelhaft, diese kann aber jetzt mit aller Sicherheit durchgeführt werden. | Die Glaeialgebilde dieser Zeit sind über einen ungeheuer grossen kaum der Erdoberfläche verbreitet. Sie beginnen etwa im 40.0 südlicher ® : : f L ’ R\ ' 3 | [43] Die carbone Eiszeit. 185 Breite und erstrecken sich von hier bis in etwa 35° nördlicher Breite und vom etwa 35. Meridian östlicher Länge, von Ferro gerechnet, bis zum 170.° derselben Länge, ein Flächenraum, welcher mehr als den vierten Theil der Erdoberfläche umfasst und an Verbreitung und Grösse jenem Areale nicht viel nachgibt, das von den intensivsten Wirkungen der quartären Glacialepoche betroffen wurde. Während aber bei der quartären Glacialzeit hauptsächlich die nördliche Hemisphäre in Mitleidenschaft gezogen wurde und sich verhältnissmässig geringe Ausläufer längs der Anden und in Neuseeland in die südliche Hemi- sphäre vorschoben, spielten sich die Hauptvorgänge der carbonen Glacialzeit in der Südhemisphäre ab und es sind nur wenig ausgedehnte Vorkommnisse an der afghanisch-persischen Grenze, die bis zum 35. nördlieher Breite hinaufreichen. !) Dies Alles ist aber selbstverständlich nur in ganz allgemeinen Zügen richtig. Um ein klares Bild der ganzen Verhältnisse zu erhalten, dazu fehlt uns noch sehr viel und noch mannigfaltige Studien werden nöthig sein, um die hier entworfene Skizze zu vervollständigen. Wir selbst müssen unseren Blick auch noch weiter schweifen lassen und zunächst Europa zu jener Zeit einer näheren Betrachtung unterziehen. V. Europa. Schon wiederholt glaubte man in Europa Glacialschichten auf- gefunden zu haben in Ablagerungen, welche der Quartärzeit mehr oder weniger weit vorausgehen. Wir wollen hier von Croll’s Angaben, der in jeder einzelnen Formation zahlreiche Glacialbildungen nachweisen zu können glaubte, absehen, denn diese Angaben können ja überhaupt kaum ernst genommen werden. Viel vorsichtiger äussert sich James Geikie in seinem elassischen Werk: „The great ice age“, und es scheint für ihn nur in zwei Fällen der glaciale Ursprung gewisser Schichten ausgemacht. Die Conglomerate an der Basis des Carbon im südlichen Schottland und die Blockanhäufungen im Perm, die von Ramsay beschrieben wurden, scheinen ihm sicher glacial. Leider konnte ich über den glacialen Horizont im Unter-Carbon von Schottland (von dem es übrigens zweifelhaft ist, ob er nicht in's obere Old Red zu stellen ist) nichts Näheres aus der vorhandenen Literatur erfahren. Ich habe mir zwar mit grosser Mühe den erläuternden Text zu den betreffenden Blättern der geologischen Karte verschafft, allein genauere Angaben fand ich dort auch nicht. Uebrigens scheint man in England selbst die Ansicht, dass diese Bildungen glacial seien, wieder mehr oder weniger aufgegeben zu haben, da Archibald Geikie in seinem „Textbook of Geology“ auf diese Angaben keinen grossen Nach- druck legt, und kürzlich in einer Sitzung der Geologischen Gesellschaft in London ein diesen Schichten entstammendes gekritztes Gerölle vor- gezeigt wurde, um darzuthun, wie auf secundäre Weise, durch späteres Zusammenrutschen der Schichten, derartige gekritzte Geschiebe entstehen können. Anders gestaltet sich die Sache mit dem Glacial-Horizonte des Perm, der von allen Autoritäten einstimmig als unzweifelhaft glacial angesehen wird. Auf diesen permischen Glaeialhorizont näher einzugehen, e) Nach 'Griesbach's Angaben: Rec. Geol. Surv. Ind. Vol. XIX, pag. 57. 25* 186 W. Waagen. [44] werde ich später noch Gelegenheit haben, vor der Hand wollen wir uns noch an das eigentliche Carbon halten. Der oben erwähnte Glacialhorizont an der Basis des Carbon in Schottland aber erscheint solchermassen wohl zum mindestens als zweifelhaft. Schon ein Jahr nachdem Ramsay die glaciale Natur der per- mischen Breeeien in England nachgewiesen hatte, erwähnte Godwin- Austen!) Gesteinsblöcke aus den die Kohlenflötze unterteufenden Conglomeraten Frankreichs, welche nach seiner Ansicht zu bedeutende Dimensionen besassen, um auf andere Weise, als durch schwimmende Eismassen an die Stelle transportirt worden zu sein, wo sie heute angetroffen werden. Wenn auch die Blöcke als mehr oder weniger eckig beschrieben werden, so reicht eine solche Thatsache bei dem Mangel anderweitiger, parallel laufender Thatsachen. wie polirter und gekritzter Geschiebe u. s. w., doch kaum aus, um solche Bildungen mit Sicherheit als glaciale zu bezeichnen. Sie mögen bis zu einem gewissen Grade als verdächtig erscheinen, allein es ist kaum möglich, weitere Schlüsse auf derartige Dinge zu bauen, namentlich wenn sie nur ver- einzelt an nicht sehr zahlreichen Stellen beobachtet wurden. Dasselbe gilt wohl auch von den Gesteinsrundmassen, die aus den schlesischen Kohlenfeldern und aus dem Ostrauer Becken bekannt geworden sind, und neuerlich so viel von sich haben reden machen. ? Diese Rundmassen finden sich in der Kohle selbst und erreiehen oft ein beträchtliches Gewicht (ein Block von Granulit wog 55 Kilogramm). Diese Blöcke sind offenbar von oben in die Kohle hereingefallen , so lange dieselbe sich noch in weichem torfigem Zustande befand, und es scheint, dass die Entfernung, woher sie transportirt wurden, eine ziemlich beträchtliche sein muss. Um so schwerer aber ist es zu sagen, auf welche Weise der Transport erfolgt sein mag. Das Einfachste wäre wohl anzunehmen, dass Eis den Transport vermittelt habe, doch ist es misslich, aus so vereinzelten Thatsachen mit Sicherheit derartig weit- tragende Schlüsse zu ziehen, umsomehr, da andere Möglichkeiten wohl auch nicht absolut auszuschliessen sind. Es wurde schon von verschie- denen Schriftstellern darauf hingewiesen, dass Bäume in ihren Wurzeln Felsstücke über grosse Distanzen zu verschleppen vermögen, und auch für die Vorkommnisse der Kohlenflötze könnte vielleicht etwas derartiges angenommen werden. Freilich ist dabei zu bedenken, dass die baum- artigen Gewächse der damaligen Zeit ein eigentliches Wurzelgeflecht, in dem sich Felsen festhalten konnten, nur in Ausnahmefällen besessen haben, dafür mag aber auch die Tragkraft Jener schwammigen Holz- körper grösser gewesen sein, als die des eompaeten Holzes unserer heutigen Bäume. Auf alle Fälle müssen die Umstände, unter denen jene Gesteinsstücke transportirt wurden, sehr ungewöhnliche gewesen sein, worauf schon das verhältnissmässig doch ungemein seltene Vorkommen solcher Gesehiebe in den Kohlenflötzen hinweist. Jedenfalls reicht aber das Vorkommen der betreffenden Gesteinsrundmassen nicht dazu hin, um etwas einer Eiszeit Aehnliches für die Zeit der Bildung dieser Kohlenflötze in Europa zu statuiren. ‘) Quart. Journ. Geol. Soc. Vol. XII, pag. 58. F “) Verel. Stur, Jahrb der k.k. geol, Reichsanstalt. 1835, Vol. XXXV, page. 627. 4 -. [45] Die carbone Eiszeit, 187 Wenn das Vorkommen vereinzelter grösserer Felsblöcke in einer Schicht oder selbst das Vorhandensein ganzer Blockanhäufungen allein ein binreichender Beweis für die einstmalige Thätigkeit des Eises wären, dann wäre wohl keine Gegend reicher an alten Glacialbildungen als die Gailthaler Alpen. Es kommen dort riesige Blockanhäufungen in sehr verschiedenen Niveaus (Grüne Carbonbreceien, Uggowitzer - Breceie, Verrucanoconglomerat) vor, und wenn man nur den Gesammthabitus des Gesteines in’s Auge fasst, möchte man diese Bildungen entschieden für glacial halten. In keinem Falle jedoch war ich im Stande, im Speeiellen die glaciale Natur dieser Ablagerungen nachzuweisen. Im Herbste vorigen Jahres habe ich namentlich die carbonen Vorkommnisse dieser Art im Nötschgraben bei Bleiberg auf einigen Exeursionen besucht. Das Profil des Nötschgrabens wurde von Suess in gewohnter, meisterhafter Weise beschrieben. !) Das Liegendste bilden die ecarbonen Kalke und Schiefer, welche von Suess folgendermassen dargestellt werden: „Die den (Thonglimmer-) Schiefer unterteufenden Lagen haben eine ähnliche Zusammensetzung, sind jedoch derber; sie fiihren Quarz- gänge von ganz gleicher Beschaffenheit, wie jene im Thonglimmerschiefer. Erst etwas tiefer erscheint ein grünes, tuffähnliches Gestein in Begleitung einer anderen dunkelgrünen Felsart, dem sogenannten Diorit von Bleiberg. Diese letzteren Gesteine scheinen durch Uebergänge verbunden zu sein. Unter ihnen lagert sofort in dieken Bänken das lichte Quarzeonglomerat der Steinkohlenformation, wie es auch in Kerschdorf im Liegenden des Thonglimmerschiefers beobachtet wurde. Es ist von Sandsteinbänken begleitet und mitunter liegen unter demselben milde schwarze Schiefer an ihren Flächen mit feinen Glimmersehüppchen bedeckt. Die mäch- tigere untere Partie derselben führt verschiedene marine Fossilreste, unter denen kleinere Produete und Fenestella plebeja die häufigsten sind; Spuren von Farrenwedeln und Calamiten sind ihnen beigemengt. Darunter folgen einige Bänke von schwarzem Kohlenkalke, voll von Producetus giganteus, Stielen von Poterioerinus und Oyathophyllum, in Begleitung von einer sehr harten dunkelgrünen Breecie; neuerdings folgt etwas schwarzer Schiefer und wieder schwarzer Kalkstein mit Produetus giganteus und Poterioerinus. Diesen unterteuft bei ununter- brochenem Südfallen eine grössere Masse jener grünen dioritischen Ge- steine, welche an der Grenze gegen den Thonglimmerschiefer erwähnt worden sind und mit denselben erscheint die dunkle Breecie wieder, welche insbesondere dort ein auffallendes Aussehen gewinnt, wo in ihr schwarzgrünes Bindemittel zahlreiche Stücke von weissem körnigen Kalkstein eingeschlossen sind. Unterhalb der amerikanischen Schmelz- hütte taucht unter derselben eine neue Bank von schwarzem Kalkstein hervor, welche unzählige und riesige Schalen von Prodwetus mit Cri- noidenstielen und Oyathophyllum enthält und von rothen Gypsschnürchen durchzogen ist.“ Es sind die dunkelgrünen Breeeien, die sich als wahre Block- anhäufungen darstellen, und auf die sich meine Beobachtungen namentlich bezogen haben. !) Suess, Ueber die Aequivalente des Rothliegenden in den Südalpen. Sitzungs- bericht Akad. d. W. Wien 1868, Vol. LVII, Abth. TI. 188 W. Waagen. [46] Diese Blockanhäufungen sind scheinbar den Schichten mit Pro- ductus giganteus, welche die von Koninck beschriebene Fauna geliefert haben, doch ziemlich unregelmässig eingelagert. Die fossilführenden Schichten werden in der Nähe der Blockanhäufungen ebenfalls unregel- mässig, sind mannigfaltig gebogen und oft wie zusammengerutscht. Die Blockanhäufungen selbst zeigen häufig keinerlei Schiehtung, sind ihrer Hauptmasse nach aus wirr durcheinander liegenden Blöcken, die oft beinahe die Grösse eines kleinen Hauses erreichen, sonst aber sehr verschiedene Grösse besitzen, aufgebaut, und zeigen als Bindemittel ein feines, grünes, sandiges Material (vielleicht Diorittuff?), das mit mehr oder weniger grobem Sand und Gerölle gemengt erscheint. Die Blöcke selbst bestehen zum grössten Theile aus grünen mehr oder weniger aphanitischen Gesteinen, doch sind auch andere Gesteine nicht selten. Sie sind niemals vollkommen kantig, meist halb abgerundet, doch fehlen auch vollkommen abgerollte Stücke nicht. Die einzelnen Anhäufungen von Blöcken scheinen horizontal nieht sehr weit aus- gedehnt zu sein. Trotz eifrigen Suchens konnte ich nun in diesen Bildungen auch nicht eine Spur eines geglätteten und gekritzten Geschiebes finden und es wird dadureh sehr problematisch, ob man es hier überhaupt mit einem glacialen Gebilde zu thun habe. Viel wahrscheinlicher erscheint mir dagegen die Annahme, dass diese Blockanhäufungen unter der Mitwirkung zweier anderer Faetoren entstanden seien, nämlich der Brandung und der Gewalt von Sturz- bächen, welch letztere ja heute dieselben Blöcke den Anhäufungen entnehmen und fortbewegen. Die Ablagerungen im Nötschgraben sind ohne Zweifel sehr nahe der Küste auf einer Untiefe entstanden, und so konnten beide Faetoren Einfluss auf die Bildung der Anhäufungen nehmen. Welch colossale Gewalt die Brandung zu üben vermag, konnte ich während eines ganzen Winters an den Gestaden des Busens von ‚Biscaya studiren, wo Felsblöcke von 2—3 Fuss Durchmesser nach jeder Richtung von der Gewalt der Brandungswogen mit soleher Macht gegen die Küste geschleudert werden, dass das Dröhnen der Felsmassen den Donner der Brandung noch übertönt. Aus diesem Beispiele bereits erhellt, wie vorsichtig man sein müsse, irgend eine Anhäufung von Blöcken als glacial zu erklären, wenn nicht einerseits geschliffene und gekritzte Geschiebe die glaciale Entstehungsweise sicher erkennen lassen, und andererseits nicht andere, parallel laufende Thatsachen auf die Annahme einer durehgreifenden Aenderung des Klimas führen. In einer und derselben Gegend in den verschiedensten Horizonten auftretende Ablagerungen, die alle als glacial erklärt werden, müssen schon von vorneherein ein gewisses Misstrauen erwecken und der grössere Theil der Angaben über glaciale Gebilde in verschiedenen Niveaus der paläozoischen, mesozoischen und tertiären Zeiträume dürfte sich mit der Zeit als nur auf derartige, nicht glaeiale Blockan- häufungen bezüglich entpuppen, oder es dürften Irrthümer in Bezug auf die Altersbestimmung der Schichten unterlaufen, so dass, wenn wirklich glaciale Bildungen vorhanden sind, sich diese dann nur auf ein einziges oder nur auf sehr wenige Niveaus beziehen lassen. TE 7 "IE rt NT [47] Die carbone Eiszeit, 189 Eben während ich dieses niederschreibe, kommt mir ein Aufsatz Dr. Warth’s zu Handen, der im 2. Heft der Records Geol. Surv. Ind. für 1857 erschienen ist und welcher den definitiven Nachweis führt, dass die vier Glacialhorizonte der Salt-range, die R. D. Oldbam statuirte, alle auf ein einziges Niveau zu bringen seien. Aehnlieh wird es wohl mit den zahlreichen Glacialhorizonten gehen, die man im Himalaya nachweisen zu können glaubte. Einerseits werden sie sich wohl als blosse Blockanhäufungen erweisen, andererseits werden sie vielleicht auf ein Niveau redueirt werden können, das dem Glacial- horizonte der Salt-range nahekommt. Kehren wir nach dieser Abschweifung wieder nach Europa zurück. Wir haben gesehen, dass in den paläozoischen Ablagerungen Europas keine ganz unzweifelhaften Glacialbildungen vorhanden sind ausser im Perm; diese aber sind über allen Zweifel erhaben. Die permisechen Glacialablagerungen Englands wurden von Ramsay in meisterhafter Weise beschrieben. Sie finden sich in den sogenannten Midland-Counties und breiten sich dort über sehr beträchtliche Flächenräume aus, oft eine Mächtigkeit von mehreren hundert Fuss erreichend. Die Blöcke sind entweder kantig oder halb gerundet und besitzen häufig einen Durchmesser von 3 bis 4 Fuss. Die Oberfläche des grösseren Theiles derselben ist geglättet, sehr viele sind vollkommen polhirt und mit feinen Kritzen versehen, die entweder alle parallel verlaufen, oder von denen sich verschiedene Systeme unter verschiedenen Winkeln kreuzen. Die Blöcke liegen in einem rothen Mergel und bestehen fast sämmtlich aus eambrischen Quarziten, verschiedenen silurischen Gesteinen und Ge- steinen des Upper Caradoc und müssen alle wenigstens zwischen 20 und 40 engiische Meilen weit her transportirt sein. Welchen Platz diese Breecien in der Schichtenfolge des Perm einnehmen, ist etwas schwer zu entscheiden. Die Unterlage derselben bilden Sandsteine und rothe Mergel, die Lepidodendron, Calamites und ? Strophalosia geliefert haben und ihrerseits discordant auf den Schichten der oberen Kohlenformation ruhen. Jedenfalls sind die Breceien marinen Ursprungs und gehören entweder der mittleren oder der Unterregion der oberen Abtheilung des Perm an. Aehnliche Breceien wurden auch in Irland und Schottland nachgewiesen. So müssen wir also für einen grossen Theil der britischen Inseln wenigstens zur Zeit des mittleren oder oberen Perm glaciale Verhält- nisse annehmen, unter denen die betreffenden Breeeien gebildet worden sind. Ramsay glaubt zwar, dass auch viele der Rothliegend-Breecien des Continents glacialen Ursprungs seien, doch ist hierüber noch nichts Näheres bekannt geworden. Hier ist aber eine andere Thatsache von hohem Interesse mit in Betracht zu ziehen, nämlich die Thatsache, dass in ganz Europa der Uebergang vom paläozoischen zum mesozoischen Typus der Floren und das Aussterben des grössten Theiles der paläo- zoischen Pflanzentypen in die Mitte der Permzeit fällt, also zeitlich auch hier wieder zusammentrifft mit den Glacialerscheinungen, wie sie aus England beschrieben worden sind. So schen wir auch in Europa die durehgreifende Aenderung der Flora Hand in Hand gehen mit einer Aenderung in den klimatischen Verhältnissen. 190 W. Waagen. [48] Auch aus Nordamerika werden Blockanhäufungen von ähnlichem Alter eitirt, doch ist es nicht sicher festgestellt, ob dieselben wirklich glacial seien oder nicht. So viel scheint aber festzustehen, dass zur Zeit der permischen Ablagerungen ein grosser Theil der nördlichen Hemisphäre einer starken Depression der Temperatur anheimfiel. Was der Südhemisphäre schon zur Zeit der oberen Coal Measures wieder- fahren war, das wurde der Nordhemisphäre erst zur Permzeit zu Theil. In jedem Falle aber kommt die durchgreifende Aenderung in den Temperaturverhältnissen auch in der durchgreifenden Aenderung der Flora zum Ausdruck und durch die in Europa herrschenden Verhältnisse werden wir wieder zu dem gleichen Schlusse geführt, den wir schon oben in Bezug auf die auf dem Südeontinent beobachteten Thatsachen ausgesprochen haben, dass die carbonen Pflanzentypen sehr zarter Natur gewesen sein müssen, und heftigere Fröste nicht zu überdauern ver- mochten. Die permische Kälteperiode Europas scheint aber nicht auf die Nordhemisphäre beschränkt gewesen zu sein. Kehren wir zu der auf pag. 170 |28] zusammengestellten Tabelle zurück, so sehen wir in Australien, in den Hawkesburyschichten, nochmals glaciale Verhältnisse wiederkehren. Diese Schichten sind sehr wahrscheinlich im Alter unserem Perm gleichzustellen, und so hätten wir zur Permzeit eine Wiederkehr der Kälte auch in Australien zu verzeichnen. Hier aber ist die Kälte nicht mehr von so durchgreifender Wirkung. Sie findet eine Pflanzen- gesellschaft vor, die so etwas zu ertragen vermag und theilweise bereits erlebt hat und in Folge dessen sehen wir keine durchgreifende Ver- änderung der Flora eintreten. In Indien fehlen, wie es scheint, Spuren der jüngeren car- bonen Glaecialzeit. In der Salt-range folgen über den älteren mäch- tigen Glaeialablagerungen Schichten mit Fusulina longissima Möll. und einigen anderen Arten, und dann jene Kalke, welche die von mir beschriebene reiche Permfauna enthalten. Diese Fauna ist keinesfalls eine autochthone, sondern sie besteht aus einer Gesellschaft von Orga- nismen, die auf mannigfache Weise zusammengewürfelt worden ist. Der grösste Theil der Fauna stammt aus dem Osten, aus China, welches schon zur Zeit der oberen Coal Measures von Amerika aus besiedelt worden war, wie die von Kayser aus Lo Ping beschriebene Fauna deutlich lehrt. Eine Besiedlung auf so enorme Entfernung hin kann aber nur stattfinden unter besonders günstigen Umständen, unter Bei- hilfe von Meeresströmungen. Wahrscheinlich waren es auch diese, welche das Klima Chinas so weit milderten, dass dort die Bildung der Coal Measures ihren ungestörten Fortgang nehmen konnte, während in dem benachbarten Indien grosse Eismassen sich anhäuften. Diese Meeresströmungen erreichten zu permischer Zeit auch die indische Küste des grossen südlichen Continents und verursachten dort, warmes Wasser mit sich bringend, die reiche Entwicklung des organischen Lebens, die ich im Productus limestone kennen gelehrt habe. Dieser Quelle entstammt also die Hauptmasse der Arten des indischen Perin. Eine andere, jedoch kleine Anzahl, deutet auf einen Zusammenhang mit der Carbonfauna Australiens. Nach den Beobachtungen R. D. Old- ham'’s findet sich diese letztere in die Glacialablagerungen eingebettet [49] Die carbone Eiszeit, 191 und ist daher wohl als eine Fauna des kalten Wassers aufzufassen. Von diesem Gesichtspunkte aus betrachtet, ist es erklärlich, warum sich so wenige Typen dieser Fauna, von welcher Andeutungen doch auch in den Glacialschichten der Salt-range vorhanden sind, in die permischen Ablagerungen herauf gerettet haben. — Ein dritter, beinahe ganz ver- schwindender Bruchtheil der Fauna endlich deutet auf Beziehungen zu dem Norden (Kaukasusländer). Je reicher aber diese im Produetus limestone eingeschlossene permi- sche Fauna sich darstellt, um so auffallender muss es erscheinen, dass diese Fauna plötzlich ohne alle Uebergänge abgeschnitten erscheint, sobald die ersten Ablagerungen der Ceratitenschichten, das ist der untersten Trias, sich einstellen. Dieses plötzliche Verschwinden der paläozoischen Thiertypen in Indien bringt uns aber auf eine andere Frage, die noch zu erörtern bleibt, ob die grosse Temperaturdepression, welehe die oben beschriebenen Glaeialerscheinungen im Gefolge hatte und welche das Aussterben der paläozoischen Pflanzentypen als nächste Wirkung er- kennen liess, auch auf die marinen Faunen einen ähnlichen Einfluss ausgeübt haben möge und die Reduetion der paläozoischen Thiertypen auf wenige Ueberbleibsel verursachte. Wenn wir in der quartären Glacialzeit die Wirkung der Kälte auf die marinen Faunen einem Studium unterziehen, so sehen wir, dass ein Aussterben von Typen zunächst durch dieselbe nicht veranlasst wird, sondern es stellt sich nur eine horizontale Verschiebung der Faunen, welche sich auf diese Weise den Temperaturverhältnissen an- passen, ein. Auch in jener längst entschwundenen Zeit, der die im Obigen beschriebenen Glacialbildungen angehören, wird die eintretende Kälte zunächst jene Wirkung geübt haben und die einzelnen Faunen werden zunächst jene Plätze aufgesucht haben, welche in ihren Temperatur- verhältnissen den für sie nöthigen Lebensbedingungen entsprachen. Wenn nun aber zu der ohnehin schon stark erniedrigten Temperatur eine andere Vertheilung der Festlandsmassen hinzukommt, die eine gänzlich andere Vertheilung der Meeresströmungen im Gefolge hat, so werden an vielen Punkten der Erdoberfläche sich Verhältnisse ein- stellen, die nicht mehr die nöthigen Lebensbedingungen für eine an eine höhere Temperatur des Wassers gewöhnte Gesellschaft von Meeres- organismen bieten, und diese werden massenhaft zu Grunde gehen müssen, so dass sich nur geringe Bruchtheile in eine neue Zeit hinüber zu retten vermögen. a Ein solcher Fall ist ohne allen Zweifel in der Salt-range ein- getreten. Während zur Zeit der zweiten carbonen Kälteperiode eine warme, aus Osten kommende Strömung hier ein reiches Leben be- günstigte, wurde diese Strömung zu Ende der Permzeit plötzlich abge- lenkt und durch eine aus dem hohen Norden kommende kalte Strömung ersetzt. Dass dies der Fall war, wird durch die eingeschlossenen Ver- steinerungen bewiesen, indem mit den untersten Schichten der Trias sich in der Salt-range plötzlich sibirische Cephalopodentypen (Sibrrites ete.) in grosser Menge einstellen. Diese Meeresströmung bleibt nun durch die Zeit der ganzen Trias und des ganzen Jura hindurch bestehen und bewirkt ein tiefes Herabgreifen nach Süden der Grenzen der borealen Jahrbuch der k. k. geol, Iteichsanstalt. 1887. 37, Band. 2. Heft. (W. Waagen.) 26 192 W. Waagen. Die carbone Eiszeit. [50] Meeresprovinz. Für den Jura wurde dieses Herabgreifen schon längst durch Neumayr nachgewiesen. Auf solehe Weise scheint die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass der grosse Umschwung, welcher auch in der Thierwelt des Meeres am Ende der paläozoischen Periode eingetreten ist, theils direct, theils indireet auf die grosse Temperaturdepression zurückgeführt werden könne, welche gegen das Ende der paläozoischen Zeit sich über die sanze Erde mit Ausnahme Südamerikas ausgebreitet haben dürfte. Südamerika ist bis jetzt meines Wissens die einzige Continental- masse, auf der Glacialbildungen weder im oberen Carbon, noch im Perm nachgewiesen worden sind. Das Vorhandensein eines milden Klimas zur oberen Carbonzeit in diesem Erdraume wird bewiesen durch das Vorhandensein von Kohlenbildungen mit echten Carbonpflanzen in Brasilien. Südamerika scheint während der carbonen Eiszeit eine ähnliche Rolle gespielt zu haben, wie das westliche Nordamerika zur Zeit der quartären Eisbedeckung, wo, wie Campbell nachweist, Gletscherspuren nur in sehr geringem Masse vorhanden und nur auf die höher gelegenen Theile des Landes beschränkt sind. So habe ich mich denn bemüht, eine Eiszeit nachzuweisen, welche zur Zeit des oberen Carbon mit grosser Intensität auf einem Continente, der zum grössten Theile südlich vom Aequator gelegen war, auftrat, sich später im Perm aber über den grössten Theil der Erdoberfläche ausbreitete. So viele durch das Eis hervorgebrachte Ablagerungen in der Literatur in früheren und in späteren geolo- gischen Perioden auch angegeben werden, zu keiner Zeit können solche Ablagerungen in solcher Ausbreitung nachgewiesen werden wie in der carbonen ') und in der quartären Zeit. Soweit unsere Kennt- nisse bis jetzt reichen, scheinen es also zwei grosse Kälteperioden gewesen zu sein, welche unsere Erde bis jetzt durchlaufen hat, von denen die zweite so ziemlich das Widerspiel der ersten gewesen zu sein scheint. Aus meinen Deductionen erhellt aber auch zur Genüge, dass in früheren wie in späteren Zeiten die Vertheilung der Pflanzentypen auf der Erdoberfläche von klimatischen Verhältnissen abhängig war, so dass Pflanzenreste nur unter gewissen Beschränkungen und Cautelen als Leitfossilien benützt werden können. Auf die Ursachen der grossen Temperaturdepression in der Carbon- zeit einzugehen, kann nicht im Entferntesten meine Absicht sein. Es wird noch endlose Studien erfordern, ehe man in dieser Hinsicht zu einiger Klarheit gelangen wird. Nur so viel möchte ich erwähnen, dass mir die von R.D. Oldham im Geologieal Magazine 1886 und früher schon im Journal of the Asiatic Society of Bengal angedeutete Erklärung durchaus nicht genügend erscheint, da die Verhältnisse jedenfalls viel complieirter sind als jener Erklärungsversuch dies voraussetzt. !) Wenn ich von Carbon hier im Allgemeinen spreche, so rechne ich das Perm dem Carbon als Unterabtheilung zu. Ich glaube überhaupt nicht, dass das Perm als ' eigene Formation sich wird halten lassen, Tr ., ln en in 2 Al a dt aa al IH 1 a er a BEE Sn Zn A iD nu id na cn | | ; Ä 2 | j 2 da ad Ta a a a nn a hy a D aber, Zwei neue Kriterien für die Orientirung der Meteoriten. Von Eduard Döll. Mit vier Lichtdrucktafeln (Nr. VI-IX). Nach Haidinger!) haben manche Meteoriten während ihres Zuges durch die Atmosphäre eine unveränderte Lage gegen ihre Bahn, so dass an ihnen eine Vorder- und Hinterseite zu unterscheiden ist, oder Brust und Rücken. Dabei wird von den mit planetarischer Ge- schwindigkeit vorwärts eilenden Meteoriten die Luft vor der Brust zu- sammengepresst und glühend heiss, während an den Rücken sich ein luftleerer oder wenigstens sehr luftverdünnter Raum anschliesst. Ent- sprechend diesen verschiedenen Zuständen sind auch die Einwirkungen, welche Brust und Rücken so orientirter Meteoriten von dem umgebenden Mittel erfahren, verschieden. Jeder solche Meteorit bringt darum deut- liche Anzeichen mit, aus welchen auf dessen früher eingehaltene Lage, die Orientirung, geschlossen werden kann. Zwei dieser Merkmale, die rundlichen Vertiefungen und die glänzende, öfters irisirendeRinde, welchestetsnuraufderkückseiteauftritt, bilden den Gegenstand der vorliegenden Mittheilung. Der dabei eingehaltene Gang ist, dass 1. eine historisch-kritische Uebersicht über die bisher erkannten Merkmale für die Orientirung gegeben wird, woran sich 2. die Erörterung über die oberwähnten zwei Merkmale reiht. Den Schluss macht 3. die Beschreibung von zwei ausgezeichneten Steinen des Falles von Mocs, welche als Belegstücke für die gegebene Darstellung dienen sollen. I. Merkmale für die Orientirung. Fast alle zur Orientirung der Meteoriten gebrauchten Eigenthüm- lichkeiten sind schon von Schreibers?) an den Meteoriten von 1) W. Haidinger. Eine Leitform der Meteoriten. Wien. Sitzungsberichte d. k. Akad. d. Wissensch. 40, 525, 1860. ?) C, v. Schreibers, Beschreibung der mährischen Meteorsteine. Gilbert’s Annal. 31, 23—78, 1809. Jahrbuch der k.k. geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Band. 2. Heft. (Eduard Döl.) 96 * 194 Eduard Döll. [2] Stannern beschrieben worden. Schreibers erkannte auch, dass ein Zusammenhang zwischen der Beschaffenheit der Oberfläche und der Rinde mit der Form der Flächen vorhanden ist, „indem sich mehrere Abarten derselben stets nur auf Flächen von einerlei Beschaffenheit zu finden pflegen“, wie er sich ausdrückte. Die Ursache dieser Erscheinung fand jedoch Schreibers nicht. Näher kam der Sache Fleuriau de Bellevue!), der an den Meteorsteinen von Jonzac Säume (rebords) bemerkte, gleich denen, welche Schreibers von den Meteoriten von Stannern beschrieben hatte. Bellevue schloss aber auch daraus, dass diese Säume auf eine feste Lage hinweisen, welche der Meteorit bei der ‚Entstehung der Rinde gehabt, so dass unter dem Einflusse des Luftwiderstandes bei der Bewegung die Rinde von der Vorderseite nach hinten abfloss. Und bei Gelegenheit der von ihm auf der Hinterseite beobachteten Schmelzfäden sagte er?), „dass der seitliche Druck, hervorgebracht durch das Zurückdrängen der Luft in den leeren Raum, welcher hinter dem Meteore bestand, die Fasern von allen Seiten andrückte“. Trotz dieser ganz richtigen Auffassung folgerte jedoch Bellevue daraus nicht weiter die Orientirung der Meteoriten in ihrer kosmischen Bahn, sondern erklärte diese Erscheinungen damit, dass die Meteoriten feste, von einer Feuerkugel umgebene Körper sind, welche zerspringen, wobei die Bruchstücke in fester Lage durch die Feuerkugel geschleudert werden, welche dieselben überrindet. °) Erst Haidinger wurde durch die Rindensäume, wie sie ein Meteorit von Stannern zeigte, zur Entdeckung der schon oben charak- terisirten Orientirung geführt. Die seither zur Orientirung gebrauchten Merkmale sind: 1. Rinden- säume, 2. die Form der Oberfläche, 3. Vertiefungen auf den Flächen, 4. von der Rückenfläche aufgenommene kleine Meteoriten nebst Schmelzfädenu und Tropfen, 5. Driftströmungen und 6. Verschiedenheitenin Farbe und Glanz der Rinde. Andere Eigenthümlichkeiten der Brust oder des Rückens finden sich nur nebenbei erwähnt und sind noch wenig geprüft. Dazu gehören die von Bellevue*) an der Rinde der Vorderseite der Jonzac-Steine mit der Loupe wahrgenommene Milleporenstructur, dann die verschie- dene Dicke der Rinde, welehe Bellevue auf der Rückseite derselben Meteoriten dieker fand, während nach Daubr&e?’) die Steine von !) Fl. de Bellevue, Memoire sur les pierres meteoriques et notamment sur celles tomb6es pres de Jonzac, au mois de juin 1819. Extrait du Journal de Physique, fevrier 1821. ”) 1. ce. 8. „que la pression laterale, produite par le refoulement de l’air dans le vide qui existait sur cette grande face, y a fait de tous cötes ces filamens.“ 1 e. 18—21l, wo es noch heisst: „A linstant m&me, quand le produit de la fusion de leurs faces devient aussi liquide que paroit l’avoir et& celui des meteorites ‚de- Jonzac, ce produit eprouve, de la resistance de l’air voisin de la flamme, un refou- lement qui fait naitre sa division en sillons divergens sur toutes les faces anterieures, ainsi que des ourlets, des rebords et des filamens qui se replient sur cette grand face.“ *) 1. c. „Le vernis des faces sillonnees, vu avec une forte loupe, paroit erible de tres petits trous, comme une millepore.“ °) M. Daubr&e, Complement d’observations sur la chute des met£orites qui a eu lieu le 14 mai 1864 aux environs d’Orgueil, [3] Zwei neue Kriterien für die Orientirung der Meteoriten. 195 Orgueil auf der Brust die stärkere Ueberrindung haben, was auch G.vom Rath!) von den Pultusksteinen angibt und nach Tscher- mak?) an dem Meteoriten von Tieschitz die Rinde der Brust dünner ist. Ebenso gehören hierher die von Haidinger an dem Meteoriten von Gross-Divina beobachteten Absprengungen der Rinde nebst den von dem Berichterstatter) und Tschermak*) von den Mocser Steinen beschriebenen rundlichen Aussprengungen. Die Entwicklung, welche die Kenntniss von den unter 1—6 auf- geführten Merkmalen genommen, war folgende: I. Rindensäume. Dieses auffälligste aller Merkmale brachte Haidinger’) zur An- nahme der Orientirung. Von dem in seiner Abhandlung abgebildeten Meteoriten von Stannern sagt er: „Der abgebildete Stein fuhr deutlich in der Richtung von A nach B durch die Atmosphäre. Rundherum sieht man an der glänzenden Rinde den überragenden W ulst bei CC“ (l. e. 527, Separatabdr. 5). Und weiter unten heisst es: „Was aber dem abgebildeten Meteoriten ein besonderes Interesse verleiht, ist, dass man aus seiner Form und Lage der Rinde, des Wulstes C-C’ insbesondere entnimmt, dass die geaderte Fläche während der raschen Fahrt durch - die Atmosphäre im Raume vorangegangen ist, dass sie die Fläche des Kopfes gebildet hat (l. c. 529, Separatabdr. N). Die gleiche Betrachtung knüpft Haidinger‘) an die Beschreibung eines zweiten Steines desselben Fallortes in einer späteren Publikation. Hier steht jedoch statt Randwulst Schmelzrindengrat, statt Kopf und Rücken Brust und Rücken (l. e. 791, Separatabdr. 1). Es sind das Ausdrücke, welche von nun an Haidinger fast ausnahmslos ver- wendet, selten schreibt er Rindensäume. Gleichwohl ist dies schon von Schreibers gebrauchte Wort bezeichnender als Schmelzrinden- grat, weshalb es auch festgehalten zu werden verdient. Die an den kohligen Meteoriten von Orgueil vorkommenden Rindensäume hat Daubre&e zur Orientirung benützt, jene an den Steinen von Pultusk und Mocs auftretenden G. vom Rath und Tseher- mak. An den Mocser Steinen sind: „ringsherum im Sinne eines grössten Kreises verlaufende Schlackensäume, oder endlich an scharfen Kanten auf einer Seite schwache Anhäufungen oder Ueberwallungen feinschaumiger Schmelze“, wie Tschermak sehr treffend sagt (l. ec. 199, Separ. 5). 1) G. vom Rath, Ueber die Meteoriten von Pultusk im Königreiche Polen, ge- fallen am 30. Jänner 1868. 38. 2) A. Makowsky und Tschermak, Bericht über den Meteoritenfall bei Tieschitz in Mähren. Wien, Denkschriften der k. Akad. d. Wissensch. 39. 194. Separatabär. 10. 1878. 3) Die Meteorsteine von Mocs. Sitzung der k. k. geolog, Reichsanstalt, 27. März 1882. Jahrbuch 32, 425, Separatabdr. 3. *, Tschermak, Ueber die Meteoriten.. von Mocs,. Wiener Ak.: ‚Sitzung am 30. März 1882 Sitzungsberic' ıt 85, 198, Separatabdr. 5, 1882. 5) W. Haidinger, Eine Leitform der Meteoriten. Wiener nun, Sitzungsber. 40, 526—536, Separatabdr. 3—14, 1860. 2 6) W. Haidinger, Stannern, Ein zweiter Meteorstein, durch seine’ Rinde genau in seiner kosmischen Bahn orientirt. Wiener Akad. Sitzungsber. 45, 791,:1882, : 196 Eduard Döll. [4] Dass auch bei Eisen-Meteoriten Schmelzsäume vorkommen, beweist das im k. k. naturhistorischen Hofmuseum hier befindliche, 52 Kilo schwere Stück des Glorietta-Eisens. Nach Brezina’s!) Bericht hierüber gehen von der Stirnseite „breite Eisenstriemen wie die Büschel eines gescheitelten Haupthaares auseinander, aber auch auf die Rück- seite hat, wenn auch schwächer, die Eisendrift hinübergeschlagen, wie an einzelnen, namentlich über die erhöhten Partien hingelagerten Striemen zu ersehen ist“. 2. Form der Oberfläche. Gleich im Anschlusse an die Rindensäume bemerkte Haidinger: „dass der betreffende Stein auf der Seite, von welcher er herkam, noch scharfe Kanten erkennen lässt, die aber auf der der Bewegung nach vorderen Fläche mehr abgerundet erscheinen, weil sie mehr abgeschmolzen sind und gegen die Rückseite verblasen würden“ (Leitform. 528, Se- paratabdr. 5). In seiner Abhandlung „Ueber die Natur der Mete- oriten“?) jedoch ist die Vorderseite „stets mehr uneben und rauh“, ein Irrthum, der aber nicht lange anhielt, denn schon bei dem Meteoreisen von Sarepta sagt er: „Die Brustfläche hat den Charakter einer sanft abfallenden Rundung, ähnlich einer Kugelfläche.“ Und vollends bei der Beschreibung des Meteoriten von Goalpara spricht Haidinger gelegentlich der Verbesserung seines obigen Ver- sehens: „Dass die im kosmischen Zuge durch die Atmosphäre voran- stehende Seite des Meteoriten die Spuren der Abrundung an sich tragen muss, während die entgegengesetzte Seite mehr von der Einwirkung bewahrt bleibt.“ Es ist also die Brust gewölbt, mit mehr oder weniger abgerundeten Kanten, oft sogar kugelförmig gekrümmt. Der Rücken trägt den Charakter einer Bruchfläche, ist oft eben, selbst concav, die Kanten sind hier scharf oder doch wenig gerundet. 3. Vertiefungen auf den Flächen. In der „Leitform“ kam auch bereits dieses Merkmal zur Ver- wendung. Die an dem Meteorsteine von. Gross-Divina sichtbaren rundlichen Vertiefungen sah Haidinger als durch Flammenspitzen ausgeschmolzen an, welche auf den Rücken des Meteoriten zurück- geschlagen haben, aus der „den kalten Stein umgebenden Feuer- kugel, deren flammenartige Spitzen in sich selbst zurickkehrend , so wie man den Raum unmittelbar hinter dem Steine in höchster Luft- verdünnung sich denken kann, gerade die günstige Lage zur Ab- schmelzung der Oberfläche in gerundeten, hohlen Angriffspunkten besitzen“ (1. c. 532, Separatabdr. 10). In der schon genannten Schrift „Ueber die Natur der Meteoriten“ werden die rundlichen Vertiefungen ') Ar. Brezina, Neue Meteoriten. Annalen des k. k. naturhistorischen Hof- museums. ], 2. Heft, 13. 2%: ?) W. Haidinger, Ueber die Natur der Meteoriten in ihrer Zusammensetzung und Erscheinung. Wiener Ak. Sitzungsber. 43, 389—426, 1861, Cit. 405. — Das Meteor- eisen von Sarepta. W. Ak. Sitz. 4i, 1862. Cit. Separatabdr. 5. — Der Meteorit von Goalpara etc. W, Ak. Sitz, 59, 1869, Cit. Separatabdr. 9. ner Br en [5] Zwei neue Kriterien für die Orientirung der Meteoriten., 197 sogar als erstes Merkmal angeführt. „Sie sind an den Meteoriten am besten ausgebildet auf der Seite, welche man als die Rückseite in dem Zuge durch die Atmosphäre ansehen kann,“ heisst es dort (l. e. 404, Separatabdr. 16). Von dem Sarepta-Eisen sagt Haidinger: „Die Rückenfläche ist voll der tiefsten Abrundungen , so. wie man sich selbe leicht unter der Voraussetzung gebildet denken kann, dass sie durch den Abbrand von den rückwärts zusammenschlagenden Flammenzungen entstehen (1. e. 404, Separatabdr. 6). Auf der Brust dieses Eisens wurden Vertiefungen von einem anderen Charakter bemerkt. Darin lag schon der Anfang zu der Correctur, wie sie später der Goalpara-Stein veranlasste. Dieses ausgezeichnete Exemplar eines orientirten Meteoriten hat auch auf der Brustseite Vertiefungen, so ganz verschieden von den „bekannten“ muscheligen Vertiefungen des Rückens. „Die mehr länglich, doch immer noch rundlich abgeschlossenen Vertiefungen machen den Eindruck, wie von örtlicher Stauung“*, schreibt Haidinger (l. e. Separatabdr. 4) und fügt bei der gleich, kraft der eben gewonnenen Einsicht, an den Divinaer Meteoriten berichtigten Örientirung weiter aus, dass die zusammengepresste Luft tiefe Höhlungen ausfriesst , „wie. ein fester Körper es vermöchte* (l. e. Separatabdr. 10). Dabei eitirt er Edlund, welcher in dem Berichte über den Meteorfall von Hessle diese Bezeiehnung gebraucht hat. Zweierlei durch die Luft auf der Oberfläche der Meteoriten ver- anlasste Vertiefungen gibt es demnach. Erstens solche, welche auf der Rückseite orientirter Meteoriten entstehen als das Resultat der durch rückschlagende Flammenzungen veranlassten Abschmelzung, dann aber auf der Brust durch Einbohrung hervorgerufene. Haidinger kam nicht mehr dazu, diese verschiedenen Arten der Vertiefungen schärfer zu charakterisiren und so zur Orientirung brauchbar zu machen; er starb ja schon 1871. Auch von anderer Seite ist dies nicht geschehen. Für den Rücken charakteristische, muschelige Vertiefungen hat Daubr&e bei den Meteoriien von Orgueil, v. Rath bei den Pultusksteinen und Tschermak von jenen bei Tieschitz und Mocs aufgeführt. 4. Von der Rückfläche aufgenommene kleine Meteoriten und Schmelzfäden. Die wichtige Beobachtung von durch den Rücken aufgenommenen Meteoriten machte Haidinger an den von ihm abgebildeten zweiten Stein von Stannern und gab davon folgende Erklärung : „Sandkörnchen mit den grösseren Bruchstücken aus dem kosmischen Raume mit gleicher Geschwindigkeit anlangend, verlieren in dem Hohlraume, weleher innerhalb der die Meteoriten umschliessenden Feuerkugel vorhanden ist, ihre Geschwindigkeit nicht, wohl aber wird der grössere Meteorit selbst nach und nach in seinem Laufe gebemmt und dann kann er wohl und gerade auf seiner Rückfläche Alles aufsammeln, was sich hinter ihm befindet“ (l. c. 794). Auch von den abgelagerten Schmelzfäden und Schmelztropfen sagt er: „Wie man sich vorstellen kann, dass sie beim Abschmelzen 198 Eduard Döll. [6] der Rinde an den überstülpten Schmelzrinden-Graten durch die Gewalt des Luftwiderstandes abgerissen und in die Feuerkugel fortgeschleudert wurden, wo sie zwar sich dann von dem Steine trennen, aber da dieser fort und fort an Geschwindigkeit verliert, wieder von ihm aufgenommen werden“ (l. e. 794). Da bei der Trennung der Meteorit mit planetarischer Geschwin- digkeit vorwärts geht, die Schmelztropfen aber nach entgegengesetzter Riehtung weggeschleudert werden, so ist selbst bei sehr verminderter Geschwindigkeit des Meteoriten eine derartige Wiederaufnahme nicht möglich. Sehr entsprechend ist für diesen Fall die Erklärung Belle- vue’s, welcher von den Schmelzfäden auf der Hinterseite der Jonzac- Steine annahm, dass dieselben durch die seitlich in das Vacuum ein- strömende Luft angedrückt wurden. Dafür spricht schon deren An- ordnung. Sie wenden sich von dem Rande des Rückens gegen das Centrum), also ganz gleich den Schmelzdriften auf der Rückseite mancher Meteoriten. Für die Meteoritentheilchen jedoch, welche seither auch an einem Pultusk-Steine von G. vom Rath und an einem. Meteoriten von Moces von dem Berichterstatter gefunden worden sind, bleibt Hai- dinger’s Ansicht in Geltung. Schmelzfäden und Tropfen beobachtete Tsehermak an einem Steine von Mocs. 5. Drifterscheinungen. Mit diesem Worte hat Tschermak in seiner Arbeit über die Meteoriten von Mocs sehr bezeichnend die feinen Schmelzgrate und Riefen genannt, welche öfter auf der Brust, sehr selten aufdem Rücken orientirter Steine wahrnebmbar sind und die Fortbewegung der Schmelz- theilchen markiren, die auf der Brust von innen nach aussen, auf dem Rücken von den Rändern gegen das Centrum vor sich ging. Tschermak führt da auch Haidinger’s Beobachtung einer solchen radialen Rippung an der Rückseite des Goalpara-Steines an (l. ec. 202, Separatabdr. 8). Haidinger’s Darstellung charakterisirt so gut den auf der Schmelzoberfläche dieses Steines gleichfalls ausgedrückten Gegensatz von Brust und Rücken, dass dieselbe angeführt zu werden verdient. Derselbe sagt, der Rücken ist „vorzüglich von den Rändern her mit den zahlreichsten feinen Streifen bedeckt, und diese zeigen nicht den hin und wieder flechtwerk- oder netzartigen Charakter der Schmelz- oberfläche der Brustseite, sondern sie sind viel gleichförmiger neben- einander entwickelt“ (1. e. 198, Separatabdr. 4). Zarte Linien, die vom Mittelpunkte der Brust gegen den Rand auslaufen, hat Haidin gerauch zur Orientirung eines Knyahiny van Steines gebraucht. )1.c.6. „On remarque aussi, cA et la, mais sur cette derniere face (grande face = Hinterseite), seulement, plusieurs filamens vitreux d’une forme conique et quel- quefois en larmes, qui ont quatre & cing lings et m&me jusqu’a un ponce de longeur, et dont- la base touche pour l’ordinaire aux rebords ou bien se trouve de leur cöte, quand ils en sont separes; en sorte qu'ils sont couches en se dirigeant de la circonference vers le centre.“ °?) W. Haidinger, Der Meteorsteinfall am 9. Juni 1866 bei Knyahinya (zweiter Bericht). W. Akad. Sitzungsb. 54, Separatabdr. 25, 1866. — Licht, Wärme und Schall bei Meteoritenfällen. W. Akad. Sitzungsb. 53, 1868. [7] Zwei neue Kriterien für die Orientirung der Meteoriten. 199 6. Farbe und Glanz der Rinde. Dieses letzte Merkmal findet sich von Haidinger nicht ver- wendet. Wohl aber äussert er in „Licht, Wärme und Sehall bei Metoriten- fällen“ entgegen Daubrce, welcher die glänzende, oft irisirende Rinde auf der Rückseite der Orgueil-Steine als Resultat einer allgemeinen Fritte ansieht, welche sich gleichmässig auf den ganzen Stein ver- breitet und später bei Steigerung der Schmelzung von der Seite, welche die Luft berührt, von einer zweiten Rinde ibertlorseh wurde, dass auch diese Verschiedenheiten, „welehe sie zeigt, nur von der Lage der einzelnen Flächentheile des Meteoriten abhängig sind“ (l. e., Separat- abdr. 19). Vom Rath beschreibt von den Pultusk-Steinen röthlichbraune, mit fast metallartigem Glanze versehene Rinden, die keine deutlichen Schmelzgrate zeigen. „Ueber diesen rothen Schmelz ist ein zweiter, schwarzer, schimmernder geflossen, auf der B rustwölbung seinen U Psprung nehmend. Der schwarze Schmelz ist das Product einer höheren oder anhaltenderen Hitze, in Folge deren eine vollständigere Schmelzung des Steines erfolgte und namentlich eine reichlichere Menge des Eisens in die Schlacke trat“ (l. ec. 141). Tsehermak fand an den Steinen von Mocs aufdem Rücken eine braune bis kupferrothe, schwach glänzende Rinde (l..e. 198, Separatabdr. 4). Es kommt also unzweifelhaft auch in der Farbe und dem Glanz der orientirten Steine das Verhältniss von Brust und Rücken zum Aus- druck. Einer Erörterung bedarf aber noch die Auffassung Daubre&e's, nach welcher Glanz und Farbe des Rückens einer Rinde angehören, welche früher den ganzen Meteoriten umhüllte, die Rückseite also, da nur in Bezug auf die Erhaltung, nicht aber auf die Entstehung dieser Rinde von Einfluss gewesen wäre. Desgleichen wäre nachzuweisen, wie sich die rothbraune, glänzende, öfters auch irisirende Rinde auf der Rückseite, im Sinne Haidinger's als Folge der dort herrschenden Zustände ergibt. U. Die rundlichen Vertiefungen, Farbe und Glanz der Rinde als Orientirungsmerkmale. (Eine Berichtigung.) Aus dem unmittelbar Vorhergehenden ist zu ersehen, was noch bezüglich Farbe und Glanz klarzustellen ist. Ueberdies ergibt sich aus dem, was bei den rundlichen Vertiefungen angeführt ist, dass diese, bevor sie nieht genau charakterisirt worden, als Orientirungsmerkmale ganz unbrauchbar sind, ja sogar zu Fehlschlüssen führen können. Im Nachfolgenden ist nun der Versuch gemacht, sowohl betreffs der Farbe und des Glanzes, als auch bezüglich der Vertiefungen die Sache in's Reine zu bringen. Darauf bezieht sich der für die vorliegende Arbeit gewählte Titel: „Zwei neue Kriterien zur Orientirung der Meteoriten.“ Bei den Vertiefungen kommt es darauf an, zu zeigen, welche der- selben auf der Rückseite, welche auf der Brust auftreten. Zu diesem Zwecke sind die Vertiefungen an vielen orientirten Meteoriten, sowie Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Band. 2. Heft. (Eduard Döll.) 27 200 Eduard Döll. [8] an den Modellen soleher studirt worden, ausserdem wurden die Abbil- dungen und Beschreibungen, wie sie die Meteoritenliteratur enthält, in dieser Hinsieht ausführlich benützt. Zuerst ist hervorzuheben, dass Vertiefungen auf der Brust viel seltener sind als jene des Rückens. Es gibt viele orientirte Meteoriten, welche wohl Vertiefungen auf dem Rücken, aber keine Spur der Ver- tiefungen der Brust haben. Darin mag auch theilweise der Grund liegen, warum so allgemein nur von Eindrücken gesprochen wird, worunter die Vertiefungen der Brust verstanden sind. Eine Ausnahme macht auch da der schon oft genannte Schreibers!), welcher die so ver- schiedenen Arten von Vertiefungen von den mährischen Meteorsteinen (Stannern) nicht nur unterschieden, sondern auch ihr Auftreten auf be- stimmten Flächen erkannt hat. Schreibers sagte: „Diese Uneben- heiten sind bald durch seichte, allmälig sich verlaufende, breite Ein- drücke, wie durch Fingereindrücke in einer teigigen Masse, bald durch tiefere, rundere Eindrücke gebildet, welche beide von sanften, abgerun- deten Erhabenheiten begrenzt werden; erstere finden sich meist nur auf ebenen und concaven, letztere stets nur auf eonvexen Flächen. Selten sind die wellenförmigen Unebenheiten, welche durch gehäufte, kleine, aber tiefere Eindrücke entstehen und von scharfen kantigen Erhaben- heiten begrenzt werden“ (l.c.).. Und an dem Steine von Wessely, gefallen am 9. September 1831, fand Schreiber’s:) Vertiefungen, deren Beschreibung ganz auf jene der Brust passt. Dieselben sind „oval, läng- lich und verschiedentlich gestaltet, doch nie eckig, und 1, 2, bis 21/5 Linien tief, aber meistens nur gegen eine Seite hin so tief, dies aber doch nicht in einer übereinstimmenden, im Gegentheil, oft in ganz entgegengesetzter Richtung, selbst auf einer und derselben Fläche, dabei gewöhnlich mit sehr schiefen Wänden und demnach sanft verlaufend,, bisweilen aber auch gegen die eine tiefere Seite hin mit fast senkrecht aufsteigendem Rande in die Oberfläche übergehend. Nicht selten sind deren 2, 3 und noch mehrere in eine gemeinschaft- liche , oft bedeutend grosse Vertiefung zusammengeflossen und nur am Grunde dieser durch einen schwächeren oder schärferen Rand von einander getrennt. Einige sind sehr enge und schmal und ziemlich scharf und tief gegen eine Seite hin, gleichsam wie von einem Finger- nagel eingedrückt“ (l. c.). Diese Beschreibungen sind so vortrefflich, dass nur wenig hinzu- zusetzen ist. Fasst man das von Schreibers Gesagte mit dem sonst (Gewonnenen zusammen, so erhält man das folgende Gesammtbild. Für die Rückseite orientirter Meteoriten sind seichte, breite, all- mälig sich verlaufende Eindrücke charakteristisch. Dieselben treten einzeln auf oder auch gehäuft, zuweilen werden die Flächen ganz von ihnen bedeckt. Neben einander liegende Vertiefungen werden durch abgerundete Grate getrennt, die aber nie höher als das Niveau der angrenzenden ')C. v. Schreibers, Beschreibung der mährischen . Meteorsteine. Gilbert’s Annalen. 31, 1809. | ?) Schreibers, Ueber den Meteorstein-Niederfall auf der Herrschaft Wessely in Mähren. Baumgartner’s Zeitschrift für Physik. 1, 193, 1832. [9] Zwei neue Kriterien für die Orientirung der Meteoriten, 201 Fläche sind. Solche Grate trennen auch die von der Mitte gegen den Rand zu liegenden Vertiefungen. Auf diese Art erhält eine mit solchen Vertiefungen bedeckte Fläche das Aussehen, als würden über sie flache Wellen hinziehen, deren langgestreckte Kämme fast parallel zu den Kanten der Brust sind, über welche herum sie der Luftstrom getroffen hat. Auf der 1. Tafel der Abbildungen des Meteoriten von Seres') dann an der von Nathaniel Holmes?) gegebenen Abbildung des Nebraska-Eisens, ferner an der Fig. 2 des Meteoriten von Gnaden- frei), welche Galle und v. Lasaulx ihrem Berichte über diesen Fall beigegeben haben und an anderen sind diese Vertiefungen sehr gut zu sehen, während sie an den durch Abguss erhaltenen Modellen leider nicht wiedergegeben werden. Hörnes‘) hat bei Beschreibung des Meteorsteines von Ohaba diese muscheligen Eindrücke mit jenen verglichen, welche zuweilen schmelzende Eisklumpen zeigen. Wie passend dieser Vergleich ist, geht aus der Aeusserung Nordenskiöld’s5), des grossen Erforschers der nördlichen Polarregion, hervor, welcher solehe Aushöhlungen „auch auf alten Eisbergen in der Baffinsbai angetroffen hat, die unter dem Ein- fluss der Wellen und der Atmosphärilien genau dieselben Formen zeigten“ (l.c. 21). Ich möchte darum diese auf der Rückseite der orientirten Meteoriten durch denRückschlag derLuft indasVacuumder Feuerkugelentstandenen Vertiefungen als Abschmelzungsvertiefungen bezeichnen. Andere, kaum merkbare Vertiefungen des Rückens drücken den Zustand des Abschmelzens an solchen Orten aus, welche in Folge ihrer Lage von der eindringenden Luft nicht getroffen wurden. Durch die Hitze abgesprengte Rindenstücke hinterliessen hier Narben, welche wieder überrindet, sehr seichte, rundliche Vertiefungen von geringer Ausdehnung bilden. Die Vertiefungen der Brust sind theils rundlich, theils verschieden muschelig gestreckt, selbst rillenartig. Manche der rundlichen Vertiefungen stellen kreisrunde, flach ver- tiefte, schalenförmige Gruben vor. Das Sarepta-Eisen hat dergleichen, ebenso auch das Eisen von Charkas.°) Andere sind triehterförmig, mit verschieden steil aufsteigenden Wänden. Wieder andere gleichen mehr oder weniger halbkreisförmigen Einbohrungen, deren steilere Seite gegen die Innenseite der Brust gekehrt ist, während sie gegen den Rand derselben flach ausgehen. Die Tiefe ist sehr verschieden. Nie aber haben sie scharfe oder gar erhabene Ränder, sondern alle gehen abgerundet in die Umgebung über. Ihrer Lage nach scheinen sie auf 1) Abbildung des 15 Pfund schweren Meteorsteines von Seres in Macedonien (gefallen im Juni 1818). Wien. Druck v. Anton Schweiger. 1832. 2) Transact. Acad. Sci. St. Louis. Vol. I, Plate XXI. ®») J. G. Galle und A. v. Lasaulx, Bericht über den Meteorsteinfall von Gnadenfrei am 7. Mai 1879. Berliner Akad. Monatsber. 31. Juli 1879, 750—771. *) M. Hörnes, Ueber den Meteorsteinfall bei Ohaba im Blasendorfer Bezirke in Siebenbürgen (1857). Wiener Akad. Sitzungsb. 31, 79—84, 1858. 5) A. E. Freiherr v. Nordenskiöld, Ueber drei grosse Feuermeteore. Ueber- setzt von G. v. Boguslawski. Zeitschrift d. deutsch. geol. Gesellsch. |, 14—30. 1881. 6%) M. Daubr&e, Note sur deux grosses masses de fer meteorique du museum, ex particulierement sur celle de Charcas (Mexique). Comptes rendus. 62, 633—610, 1866. 27 * 202 Eduard Döll. [10] die Gegend beschränkt zu sein, welche der Mittelpunkt der grössten Pressung war. e Die langgestreckten, muscheligen Vertiefungen enden in gleicher Weise nach oben hin, sind ebenfalls verschieden tief, aber stets so ge- lagert, dass sie von innen nach aussen in radialer Richtung liegen, und immer sind sie gegen den Rand der Brust hin offen. Die Seiten- wände sind meist ungleich ansteigend, an der steileren Seite treten hie und da, wie das auch bei den runden Vertiefungen zuweilen der Fall ist, förmliche Unterwaschungen auf. Selbst neben einander liegende Vertiefungen haben ihre Steilwände öfter nach entgegengesetzten Seiten gekehrt. Reihen sich mehrere solcher Vertiefungen nebeneinander, so entstehen dazwischen Grate, welehe vom Centrum gegen den Rand ziehen und nicht über das allgemeine Niveau hinausragen. Hintereinander liegende Vertiefungen sind nie durch Grate von einander getrennt, sondern das Ganze repräsentirt sich dann als eine Reihe nach aussen hin abfallender Mulden, die seitlich dureh radial ausstrahlende Grate geschieden werden. Der für diese Art der Furchung gebrauchte Ausdruck „netzartig“ oder „naschenartig“ scheint darum nicht ganz richtig gewählt, besser wäre es zu sagen thalartig. Recht schön bringt dieses Ver- hältniss Göbel?) in seinen beiden Abbildungen des Karakol zur Anschauung. Gegen den Rand zu, besonders auf solchen Flächen, welehe nach rückwärts stark geneigt sind, werden diese Vertiefungen öfter zu killen, wie das an den Modellen der Steine von Krä henbersg, Goalpara, Middlesborough und an dem von mir abgebildeten Steine von Mocs:) zu sehen ist. Die runden Vertiefungen sind durch Einbohren der vor der Brust zusammengepressten, glühenden Luft entstanden, während die radial gelagerten, langgestreckten durch Furchung der von innen nach aussen abgleitenden Luft gebildet wurden. Für beide wähle ich die Be- zeichnung Erosionsvertiefungen, weil in beiden Fällen dieErosionderglühenden, stark gepressten Luft, unter- stützt von den geschmolzenen Massentheilchen, diesen Effect hervorgebracht hat. Auch möchte ich vorschlagen, das von Daubrce für die Vertiefungen der Meteoriten überhaupt gebildete Wort „Piezo- glypten“ als gleichbedeutend für die Erosionsvertiefungen zu gebrauchen. | Eine kurze Bemerkung ist noch den Ansichten zu widmen, nach welchen die Erosionsvertiefungen durch Fortbewegung fester Theile in der oberflächlich geschmolzenen Masse der Brust entstanden sind, oder durch Sprünge veranlasst wurden. Die erstere Ansicht ist widerlegt durch die Thatsache, dass diese Vertiefungen nicht von das benach- barte Relief überragenden Rändern begrenzt werden, was der Fall sein müsste, wenn dieselben durch Fortbewegen fester Theile in eine ') Ad. Göbel, Kritische Uebersicht der in dem Besitze der kaiserl. Akad. d, Wissensch, befindlichen Aerolithen, Bulletin de l’Academie. Petersburg 1866. °) Die Meteorsteine von Mocs. Jahrb. d.k.k. geol. Reichsanstalt. 32, 1882, Ab- bildung 32. [11] Zwei neue Kriterien für die Orientirung der Meteoriten. 205 eeschmolzene Masse gebildet worden wären. Der zweiten Ansicht steht die radiale Anordnung der Vertiefungen entgegen; solehe, von einem Mittelpunkte nach allen Richtungen ausstrahlende Sprünge kennt man bei Meteoriten nicht. Jedoch soll keineswegs geleugnet werden, dass auch Aussprengungen manche Vertiefungen hervorgerufen oder modifieirt haben; es werden sogar in dieser Hinsicht noch die übrigen Ver- tiefungen, welche auf Meteoriten vorkommen, von Fall zu Fall in Betracht zu ziehen sein. Hier kam es daraufan, zu zeigen, dass auf der Brust und dem Rücken, entsprechend der verschiedenen Einwirkung der umgebenden Luft, ver- sehiedene Vertiefungen entstehen. So viel über die Ver- tiefungen. Die rothe Farbe, der Glanz und das Irisiren der Rinde auf der Rückseite betreffend, ist zunächst Daubrce’s') Ansicht zu erwägen, (lass diese Rinde nur der Rest einer anfänglich über den ganzen Stein ausgebreitet gewesenen Rinde ist, welehe dann auf der Brust dureh die bei stärkerer Hitze. entstandene, schwarze Rinde überdeekt wurde, während sie sich theilweise auf dem Rücken erhielt. Haidinger°) hat sehon Einwendungen gegen diese Auffassung gemacht. Eine entscheidende T'hatsache scheint es aber zu sein, dass diese so beschaffene Rinde öfter auch über den Abschmelzungsvertiefungen liegt. Wäre Daubree's Annahme richtig, so müssten demnach diese Vertiefungen, sleichzeitig mit dieser Rinde den ganzen Stein überdeekend, gebildet worden sein, sie müssten also auch auf der Brust orientirter Steine erscheinen, falls sie nieht abgeschliffen wurden. Nun gibt es aber Meteoriten mit wohl erhaltener Brust, welehe keine Spur von dergleichen V ertiefungen darauf wahrnehmen lassen, während diese auf der Rückseite in aus- sezeichneter Weise vorhanden sind. Es wird darum mit Haidinger anzunehmen sein, dass genannte Rinde das Resultat der auf der Rück- seite obwaltenden Verhältnisse ist. Die Hitze ist auf der Rückseite niedriger, als auf der Brust, und G. vom Rath hat gezeigt, dass die rothbraune Rinde bei geringerer Hitze entsteht. Ferner wird nach dem von Brezina°) geführten Nach- weis der blos oberflächlichen Schmelzung der Rinde sofort klar, wie dieses Schmelzhäutchen auf der Brust von dem abgleitenden, stark ge- pressten Luftstrom abgescheuert werden muss, während es anf der Rückseite, selbst wenn sie da von den rücksehlagenden Flammenzungen getroffen wird, erhalten bleibt. Die irisirende Rinde endlich ist die Folge des auf der Rückseite herrschenden Vacuums. Sie bedeckt immer nur kleine Partien an solchen Stellen, wohin keine Luft kam. Es geschah hier, was, wie jedem Töpfer bekannt ist, mit der Glasur des Geschirres geschieht, wenn bei dem Brennen der nöthige Luftzug fehlt. Dieselbe wird irisirend, sie erstickt, wie der technische Ausdruck dafür lautet. 1) Daubr&e, Orgueil. 7. 2) Haidinger, Licht, Wärme und Schall bei Meteoritenfällen. 19. 3) Dr. Aristides Brezina, Bericht über neue oder wenig bekannte Meteorite. Mocs, Wiener Akad. Sitzungsber. &5, 341—342 (Separatabdr. 7—8), 1882. 204 Eduard Döll. [12] III. Beschreibung zweier Meteoriten von Mocs. Als Belege für die gegebenen Darstellungen sind zwei Meteoriten von Moes aus der Sammlung des Herrn Eggerth ausgewählt. Herr Carl Eggerth, ein Wiener Bürger, der über 1500 Steine von diesem reichen Falle erworben hat, erlaubte mir mit grösster Liberalität das Studium dieser böchst lehrreichen Stücke und auch die Abbildung der hier dargestellten Exemplare, wofür ich ihm, sowie für so manche andere Förderung meiner Arbeiten zu grossem Danke ver- pflichtet bleibe. Beide Steine sind in natürlicher Grösse abgebildet. Von dem grösseren Steine, im Gewicht von 1545 Gramm, gibt Tafel VI (D die Brust, Tafel VII (II) den Rücken, und Tafel VIII (III) zwei Seiten- ansichten, während auf Tafel IX (IV) oben derselbe so gewendet ist, um die mit 13 bezeichnete Fläche sehen zu lassen. Von dem kleineren Steine (Gewicht 348 Gramm) ist auf Tafel IX (IV) unten links die Brust und rechts der Rücken dargestellt. Der grössere Stein hat die Form eines dicken Schildes. Die Brust zeigt fünf Flächen, von welchen die Fläche 1 fast eben ist, während die übrigen, 2, 6, 7 und 12, besonders die mit 6 bezeichnete, sanfte Biegungen haben. Die Kanten zwischen diesen Flächen sind ziemlich abgerundet, doch noch deutlich zu erkennen. Einbohrungen sind fünf vorhanden und sämmtlich um die Ränder der Fläche 1 gelegen, die grösste nahe dem höchsten Punkte des Schildes. Weil in dieser am Grunde der Rest eines ausgeschmolzenen Troilitkornes zu sehen ist, könnte man der Meinung sein, dieses Korn sei die Ursache dieser Vertiefung. Erwägt man jedoch, dass an dem Steine von Gross- Divina eine solche Einbohrung die gleiche Lage hat und ebenso an dem schon erwähnten Steine von Mocs'), ferner auch die Meteoriten von Goalpara. Krähenberg, Middlesborough am höchsten Theile der Brust keine Einbohrungen zeigen, zunächst davon aber welche be- ginnen, so wird klar, dass diese Anordnung nur eine Folge der be- sonderen Einwirkung ist, welche die zusammengepresste Luft auf die Brust ausübt. Der vorliegende Stein stellt das erste Stadium der Ein- bohrung dar, wie auch der von Fleuriau de Bellevue abgebildete grosse Jonzac-Stein, welcher gar nur eine solche Vertiefung nahe dem Buckel bat. Auch ein von G. v. Rath abgebildeter Meteorit von Pultusk (l. e. Abbild. 2a) und ein Stein von Hessle°) zeigen eine solche Vertiefung nahe dem höchsten Theile der Brust. Die radiale Drift ist auf allen Flächen der Brust zu sehen. Die Bezeichnudg radial wird aber hier nur in dem Sinne gebraucht, als damit ausgedrückt werden soll, dass die Schmelzstreifen von dem Innern der Brustfläche gegen deren Peripherie gerichtet sind. Von einem Mittel- punkte gehen sie, wie ein Bliek auf die Abbildung erkennen lässt, nicht aus. Sie sind von verschiedener Deutlichkeit, wenig deutlich auf ') Die Meteorsteine von Mocs. Fig. 32. 2A. E. Nordenskiöld, Meteorsteinfall vi'e Hessle. K. Svenska Vetensk. Ak. Handb. Stockholm. 1870, 8 (Abbildung 5). u [13] Zwei neue Kriterien für die Orientirung der Meteoriten, 905 der Fläche 7, am wenigsten auf der Fläche 2. Unterbrechungen der- selben durch hervorragende Eisenkörnchen treten häufig auf. Die Farbe ist matt schwarz, nur hie und da dureh noch vor- handene Schüppchen des abgescheuerten Schmelzes schimmernd. Haar- risse sind besonders auf den Flächen 2 und 7 vorhanden, am meisten auf 7, was ganz entsprechend der geringeren Dieke ist, welche der Meteorit an dieser Stelle hat. Bei der plötzlichen Abkühlung, welcher die Meteoriten am Ende ihrer kosmischen Bahn ausgesetzt sind, muss sich dieselbe auch am stärksten an den dünneren Stellen der Steine äussern. So deutlich die Brustseite an diesem schönen Steine eharakterisirt ist, erscheint auch der Rücken desselben, welcher Tafel VII (II) dar- gestellt ist. Zunächst fällt hier die Ebenheit der zur Linken gelegenen Flächen 3 und 5 auf, gegenüber den zur Rechten liegenden Flächen 9, 10 und 11, welche mit den Abschmelzungsvertiefungen dicht bedeckt sind. Die an der Vorderfläche 6 abgleitenden Luftströme sind hier an dem von ihnen ausgefressenen Rand herum theilweise eingedrungen, oder, besser gesagt, zurückgeschlagen worden, wie die auf diesen Flächen von dem Rande her abgelagerte Schmelzsubstanz beweist, welehe deutlich in linienförmige Streifen angeordnet ist. Auch über die Flächen 8 und 4 gehen solche Driften gegen die Fläche 9. Von der Fläche 4 reicht die Drift auch über einen Theil der Fläche 3, welehe sonst von dem Rande zwischen ihr und der Brustfläche 1, dann von der Fläche 5 her Schmelz aufgelagert hat, jedoch nicht mehr in Driftform. Gegen die Kante zwischen 3 und 9 ist kein Schmelz mehr, die Rinde ist hier glänzend und fast kupferroth. Auf diese Weise entsteht ein centrales, mit glän- zender Rinde bedecktes Feld, das sich von der mit rauhem, matten Schmelz bedeckten Umgebung deutlich abhebt. Die auf der Tafel IX (IV) dargestellten Flächen 5 und 13 haben eine, von vorragenden Eisen- körnchen herrührende, höckerige Oberfläche, die Rinde ist mattschwarz. Hier ist auch nach vorn und unten eine Abbruchskante zwischen den Flächen 1 und 3 zu sehen.!) Darnach war die genauere Orientirung dieses Steines die, dass die Fläche 1 senkrecht stand auf der Richtung der Bahn. Weiter wäre noch hervorzuheben der kleinnarbige Charakter der Fläche 3 und der scharfe Rand, welchen zwei Abschmelzungsvertiefungen auf der Fläche 9 zeigen. Dieser scheint durch eine hier zu Tage tretende Ablösungsfläche bedingt zu sein. In Bezug auf die Rotation dieses Steines ist zu sagen, dass eine solche jedenfalls vorhanden war. Abgesehen von der ungleichen Vertheilung der Masse, welche bei der so festen Orientirung nothwendigerweise die Rotation voraussetzt, sprechen auch dafür die Einbohrungen auf der Brust. Der zweite Stein hat eine Brustfläche 1, welche eine ältere Ueberrindung hat, fast parallel zu ihr ist der Rücken 6, an dem noch die nicht durch Abschmelzen verwischten Unebenheiten einer neuen Bruchfläche zu sehen sind. Fast den gleichen Charakter haben die Flanken 2, 3, 4, 5, Brust und Flanken sind mattschwarz, der Rücken theilweise braunschwarz, und zwar zunächst an den Rändern, über 1!) Siehe auch Tafel VIII (III), Fig. rechts. 206 Ed. Döll. Zwei neue Kriterien für die Orientirung der Meteoriten. welche ein Schmelzsaum sich legt, während die untere Pärtie i ir dort wo das Fehlen dieses Saumes, es ist dies an den Kanten zwise en 6 und 5 und zwischen 6 und 4, "beweist, dass an diesen Stellen ein Zuströmen von Luft nicht stattfand. Die Flächen 4 und 5 stehen der Brust fast normal. Es ist dieser Stein ausserdem. sprechender Beleg für die von dem Berichterstatter a sonst an gut orientirten Steinen beobachtete Ers nung, dass aus der von der Brust abströmenden Lu dem Falle, wo die Riehtung der Strömung parallel Bahn des Steines ging, kein oder doch nur ein schwaches Rückschlagen in das Vacuum erfolgte. el Ueber einige Säugethierreste aus der Braunkohle von Voitsberg und Steieregg bei Wies, Steiermark. Von A. Hofmann. Mit drei Tafeln (Nr. X—-XID. Die Säugethierreste von Voitsberg wurden bis nun einer ein- gehenden Untersuchung nicht unterzogen. Der Grund mag wohl ihrem seltenen Vorkommen und dem mangelhaften Erhaltungszustande zuzu- schreiben sein. Zudem hat die Braunkohle dieser Localität, in welcher sich die genannten Reste eingebettet finden, die böse Eigenschaft an der Luft zu zerklüften, wodurch die in ihr eingeschlossenen Reste in kurzer Zeit fast bis zur Unkenntlichkeit zerrissen werden. Vor Kurzem erhielt ich vom Direetor Herrn Dr. S. Aichhorn eine Colleetion in dieser Weise fast ruinirter Stücke, die der Joanneumssammlung in den Jahren 1870—1873 einverleibt worden waren, um dieselben zu be- stimmen und wo möglich auch zu retten. Das letztere gelang mir voll- kommen. Nachdem bei der Bestimmung sich Arten ergaben, die mir besonders für die Altersbestimmung jener Schichten, welche die Reste enthielten, von hohem Interesse erscheinen und weiters, weil die Braun- kohle von Voitsberg eine Art mit der Braunkohle von Steieregg gemein bat, erachte ich es für wünschenswerth diese Reste öffentlich zu be- sprechen. Es stellte sich nämlich bei der eingehenden Untersuchung, weleher die Voitsberger Petrefaeten unterzogen wurden, diese bemer- kenswerthe Thatsache heraus, dass in diesen Ober-Miocänschichten, ein Genus, nämlich Cephalogale, vorkommt, welches bisher nur aus dem oberen Eocän und unteren Miocän (auch Querey?!) Frankreichs be- kannt ist. Ja sogar die echte Zutra Valetoni, die dem französischen Unter-Miocän angehört, kann als eine Angehörige jener Säugethier- fauna bezeichnet werden, deren Reste die Voitsberger Braunkohle einschliesst. . ) Filhol führt einige Kiefer als zum Cephalogale gehörig an, unterzieht dieselben aber keiner näheren Besprechung. Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Band. 2. Heft. (A. Hofmann.) 25 208 A. Hofmann. [2] Cephalogale brevirhinus nov. spec. Tafel X, Fig. 1—. Im Jahre 1883 wurde in Voitsberg, vom Bergverwalter Herrn A. Wurdinger, in der Kohle, im Tagbaue der „Graz-Köflacher Eisen- bahn- und Bergbau-Gesellschaft* ein zerdrückter Schädel mit halbirten hinteren Oberkieferzähnen und einem ziemlich gut erhaltenem hinteren Unterkieferaste eines Raubthieres vorgefunden, das den ausgesprochenen Charakter der Caniden trägt; diesen Unterkieferast bilde ich auf Taf. X, Fig. 5—6 ab. Die ÖOberkieferzähne sind nur in fast unkennt- lichen Fragmenten vorhanden, die nur die Längendimensionen abzu- nehmen gestatten, weshalb auch von einer Abbildung derselben abge- sehen wurde. Behufs Vergleich und Bestimmung dieses Restes sah ich die paläontologische Sammlung der Universität Graz durch und bald fand sich zufallsweise ein Gegenstück zu unserem, nicht von Voitsberg, sondern von Steieregg bei Wies, welches ebenfalls als „unbestimmt“ aufbewahrt wurde. Dieser besser erhaltene fast complete linke Unterkieferast Taf. X, Fig. 1-4, wurde mir vom Prof. R. Hörnes bereitwilligst zur Be- nützung überlassen ; diese beiden Reste ergänzen sich in einer Weise, wie man es sich nur wünschen kann. Sie gehören einer und derselben Gattung und Art an; in den Grössenverhältnissen der Zähne, bei voll- kommener Uebereinstimmung der Formen, ergeben sich nur kleine Differenzen, die theilweise dem verschiedenen Alter, vielleicht auch ver- schiedenem Geschlechte zuzuschreiben sind. Diese Unterkieferäste besitzen die Zahnformel der Canidae. Eine fast vollständige Bezahnung zeigt der Rest von Steieregg, Taf. X, Fig. 1; an diesem sind erhalten: vom rechten Unterkiefer der beschädigte Canin, pm, — pm, und am linken Aste die Wurzel des Canin, pm, — pm,, der Reisszahn und m.. Die Länge der Zahnreihe des linken Unterkiefers von dem rück- wärtigen Rande der Eckzahnalveole bis zum Hinterrand des ersten Höckerzahnes beträgt 53°5 Millimeter. Der Eekzahn ist bei keinem unserer Reste vollständig erhalten; der in Taf. X, Fig. 1 abgebildete des rechten Kiefers war bei Lebzeiten des Thieres abgebrochen und die Bruchstelle durch die weitere Benützung abgeschliffen. Der Querschnitt desselben stellt eine Ellipse dar, deren längerer Durchmesser 11 Millimeter und der kürzere 6°5 Millimeter misst; ausserdem ist derselbe innen und aussen, etwa in der Mitte, etwas comprimirt, wodurch beiderseits eine seichte Längsrinne gebildet wird. Die vier Prämolare sind durch kleine Zwischenräume (circa 1 Millimeter) von einander gesondert. Der erste einwurzelige Prämolar folgt unmittelbar dem Eckzahn, so dass seine Krone bis auf den Alveolarrand des Eckzahnes reichte; derselbe ist nur an dem rechten Kieferaste, Taf. X, Fig. 1 erhalten, am linken fehlt derselbe gänzlich und selbst von einer Alveole oder Ver- narbung derselben ist nichts zu bemerken; somit ist es zu vermuthen, dass er entweder gänzlich ausgeblieben oder in frühester Jugend ver- loren gegangen war. [3] Säugethierreste aus der Braunkohle von Voitsberg und Steieregz. 209 Er ist von oben gesehen, Taf. X, Fig. 3, oval, mit einer schwach entwickelten Medianleiste, die sich hinten hinter der Spitze theilt, eine kurze Schlinge bildet und sich mit dem an der Basis innen befindlichen Schmelzwulst verbindet. Der pm,, sowie auch pm, und pm, sind zweiwurzelig, nehmen von pm, —pm, an Höhe und Länge allmälig zu; von jeder Spitze läuft innen eine Falte zum Basalwulst, wodurch die Zähne, besonders pm, und pm, nach innen und hinten verbreitert erscheinen, wie es etwa der letzte Lückenzahn der Zutra vulgaris oder Meles taxus zeigt. Deutliche Basalhöcker fehlen allen Lückenzähnen; am pm, und pm, Sind nur sehr schwache Anschwellungen etwa in der Mitte der Höhe der Mediankante sichtbar, die man als Rudimente der Höcker fast aller Caniden deuten könnte. Der im Verhältniss zu den Prämolaren bedeutende Reisszahn besteht aus einem Vorhügel, einem mittleren Hauptzacken, etwas niedri- geren, an den letzteren sich anschliessenden inneren Nebenzacken und dem mit Schmelzwulst umgebenem Talon. Der Talon nimmt etwa die Hälfte der Länge des Zahnes ein, ist etwas vertieft und die Schmelzwulst schwillt auf der Innenseite zu zwei, an der Aussenseite zu einem sehr niederen Höckerchen an. Die dem Reisszahn folgenden Molare zeigen omnivoren Charakter. Der m, ist zweiwurzelig, von ovalem Umriss, ähnlich jenem der Bären; aussen und innen mit zwei Schmelzhöckerehen, wovon die vorderen zwei mitsammen durch eine gegen die Mitte des Zahnes sich senkende Kante verbunden sind und die hinteren an Höhe übertreffen. Der letzte Backenzahn m, ist einwurzelig (der Durchmesser der Wurzel von vorn nach hinten 6°6 Millimeter), rund, die vertiefte Kaufläche mit zahlreichen Schmelzwülsten versehen; nach der Abnützung desselben zu urtheilen muss der obere »n, diesen Stiftzahn bis über die Mitte berührt haben. Die Messungen der einzelnen Zähne an den zwei Kieferfragmenten ergaben folgende Zahlen: pm, pıny pmz pmy | R m, ma Rest von Steieregg. Länge a re 0 60 65 -\ca.75| 16 118 | — Brelpgg ee ee] 30 30 32 38 — 70 = Grösste Höhe RR 3 a5 3°5 35 f. 401. — Rest von Voitsberg. DaB il — _ 70 80 |ı 180 | 120 | 68 Ba. || — 40 45 68 E0U..,62 Grösste Höhe . ......| — — 40 5°5 90 43 | .20 Die Länge des zahntragenden Körpers beim Steieregger Exem- plare, vom hinteren Alveolarrande des Canin bis inclusive zweiten Molars gemessen, beträgt circa 61 Millimeter; die Höhe des Astes unter dem zweiten Prämolar beträgt 27 Millimeter, unter dem zweiten Molar 29 Millimeter. Aus diesen wenigen Messungen ergibt sich eine im Vergleich zur Höhe auffallende Kürze des Kiefers, ein Bau, wie er bei gewissen Musteliden, z. B. @ulo luscus, beobachtet werden kann. 28* 210 A. Hofmann. | [4] Auch die Contour des Unterrandes erscheint stark gebogen, nicht lang- gestreckt und geradlinig wie sie bei den Caniden vorkommt; der ganze Ast scheint sehr gedrungen und kräftig gewesen zu sein, was auf einen kurzen, stumpfen Kopf schliessen lässt. Auf dem Fragment, Taf. XII, Fig. 5, wäre noch auf den kräftigen zum Kronenfortsatze auf- steigenden Theil des Kiefers hinzuweisen, sowie auch des Foramen mentale zu erwähnen, dessen Mündung unter den pm, zu liegen kommt. Vom Öberkiefer sind nur die Fragmente vom Carnassier, m, und m, erhalten; m, und m, dürtten gleiche Längen besessen haben, circa 12 Millimeter somit zusammen über 24 Millimeter, eine Länge die jener des Talons des unteren Reisszahnes und beider Höckerzähne vollkommen entspricht. Vom oberen Reisszahn ist nur ein kleines Fragment der Hinter- seite erhalten, das keinen Schluss zulässt. — Die unserer Art nächst ver- wandten fossilen Arten: Cephalogale Geoffroyi Jourd. (Archive d. Mu- seum d’hist. natur. de Lyon. T. II, Pl. II, Fig. 1—5 und Ann. des Se, geol..X, pag. 107), Cephalogale brevirostris (Croiz) (Filhol, Ann. des Se. geol. X, pag. 118, Pl..18, Fig. 1—6, 7—10) zeigen grosse Aehn- lichkeit der Reisszähne und der Höckerzähne, hingegen die Prämolare weichen sowohl in Form wie auch in ihren Dimensionen wesentlich ab. Um die Abweichungen der Maasse der einzelnen Zähne bequemer zu überblicken, gebe ich im Nachstehenden eine Tabelle, worin die Maasse der Reste von Voitsberg-Steieregg im Mittel und jene der Arten von Frankreich nach Filhol, 1. e., in Millimeter eingesetzt sind. pm, pmz pınz 3 TEN Länge . | 60 | 60| 6 Cephalogale brevirhinus . | Höhe 20|25| 37 Cephalogale Geoffroyi . » R a n ei Cephalogale brevirostris . a j =. IR > | | Die Zahnlänge der pm, — pm, beträgt bei Oephalogale brevirhinus 26'4 Millimeter, bei Cephalogale Geofroyi 32--34 Millimeter und bei Oephalogale brevirosiris 290 Millimeter; die grössten Differenzen ergeben sich beim Vergleich der pm; und pm,, sowohl in der Länge, als auch in der Höhe und beim Betrachten der Abbildungen auch in der Breite. Der Reisszahn des Unterkiefers misst in der Länge bei: Cephalogale Geofroyi 190 und die Molare (m, + m,) 140 Millimeter, Öephalogale brevirhinus 170 und die Molare (m, + my) 187 Millimeter. Hieraus folgt das Verhältniss der Maasse des Reisszahnes zu jenem der Molare, beim ersteren 19: 1'4 und beim letzteren 1'7:1'9; eser- gibt sich aus diesem Verhältniss der mehr omnivore Charakter des Voitsberger Fossils und zugleich die Hinneigung dieser Art zu den Ursiden. \ Diese neue Art mit einer der erwähnten zu vereinen, scheint mir . nicht angezeigt, denn der Eekzahn, die Prämolare und selbst die Molare weisen zu grosse Unterschiede, um sie etwa auf die individuelle Grösse und Stärke zurückzuführen. | EN. 0 [5] Säugethierreste aus der Braunkohle von Voitsberg und Steieregg. Alk Mustela taxodon Gerv. ateleX Be. 7-11. Tarel EN BIS 17 ©: Einige lose Zähne, die ich theilweise selber aus der Kohle aus- präparirte, tbeilweise als aus der gleichen Sendung stammend , über- nahm, gehören einem Individium an, wie ich mich auch durch das Aneinanderpassen der Zähne überzeugen konnte (Tafel X, Fig. 7—1 1). Dieselben gehören einer Mustela an, von der Grösse etwa unserer Mustela foina oder Mustela martes, mit welchen sie zum Theile auch im Baue der Zähne grosse Aehnliehkeit zeigen. Von den bekannten fossilen Arten stimmen sie mit jenen der Mustela taxodon Gerv. von Sansan, die Gervais in Zool. et Pal. franc. auf Pl. 23, Fig. 1 a, 5 abbildet, vollkommen überein. Der Rest von Sansan zeigt den Unterkiefer mit pm, — pm, und den Reisszahn. Von Voitsberg liegen mir vor: die beiden oberen Eck- zähne als Fragmente, der obere rechte Reisszahn, vom Unterkiefer die pm; — pm, links, der linke Reisszahn und die beiden Höckerzähne, von einem anderen stärkeren Individuum der rechte pm, und der untere rechte Reisszahn. Tafel X, Fig. 7, stellt den (etwas verdrückten) Eckzahn des linken Oberkiefers dar, der seiner Stärke und Länge nach hierher gehören dürfte... Der auf Tafel X, Fig. 8, abgebildete Reisszahn des rechten Ober- kiefers ist theilweise beschädigt; der Vorderrand und der höckerartige innere Talon ist zum Theil abgerissen. Seine Länge misst 8:2 Millimeter ; der Hauptzacken ist hoch und scharf. Die Prämolare des Unterkiefers sind wenig von einander ver- schieden; vom pm, — pm, nehmen sie allmälig an Grösse zu; ihre Spitze liegt über der Mitte ihrer Länge nach vorn, nach hinten zu sind dieselben etwas verbreitert und von einer inneren Basalwulst umgeben. Der pm, und pm, zeigen keine zweite Spitze an der hinteren Zahn- kante, sondern nur eine kaum bemerkbare leichte Biegung derselben. Der auf Taf. X, Fig. 9, abgebildete Zahn ist der zweite Prämolar von links unten. Aus den Abbildungen Gervais, l.c., entnahm ich die Maasse der Prämolare und füge jene der Reste von Voitsberg der besseren Ueber- sicht halber hinzu: | pmz | pmz | pm; | ma m sie = r3 Millimeter Mustela taxodon von Sansan . » 2.22.22. 3:6 50 6:0 ” » » Voitsberg 41 50 63 Ebenso gut stimmt auch der auf Taf. X, Fig. 10, abgebildete untere linke Reisszahn mit der erwähnten Abbildung von Sansan; seine Länge misst 10'4 Millimeter, jene des von Sansan 10°3 Millimeter. Die Reste von Voitsberg stammen von einem jungen, jedoch er- wachsenem Individuum her; die Abnützung ist eine kaum bemerkbare, hingegen der Unterkiefer von Sansan einem älteren Individuum ange- hört, dessen sämmtliche Zähne eine vorgeschrittene Abkauung zeigen. 212 A. Hofmann. [6] Schliesslich sei noch der Höckerzähne erwähnt; der eine Taf. X, Fig. 11, ist vollständig erhalten und gehört der linken Unterkieferzahn- reihe an. Er ist rundlich, sein Durchmesser entspricht der Breite des Reisszahnes; die Kaufläche trägt einen äusseren und einen inneren Schmelzhöcker, nebst einer Anzahl feiner Schmelzwülstchen, wie bei den recenten Mustelinen. Anfangs trug ich Bedenken ob dieses Zähnchen nicht einer etwas grösseren Art angehören könnte, da aber sein Durchmesser der hinteren Breite des Reisszahnes entspricht, glaube ich mit Recht denselben hierher stellen zu müssen. Ausser den eben besprochenen Zähnen war noch ein Kohlenstück vorhanden, das seinerzeit eine ganze Zahnreihe trug; jetzt war nur noch der letzte Prämolar und der Reisszahn darauf: von den übrigen Zähnen konnten an den schon stark zerbröckelten Abdrücken nur die Dimensionen abgenommen werden. Dieselben sind in Taf. XII, Fig. 7, durch punktirte Linien angedeutet. Taf. XII, Fig.8. Der Reisszahn von oben. Der Bau der erhalten gebliebenen Zähne ist der gleiche wie der der vorher besprochenen, nur sind dieselben etwas massiver und grösser, Differenzen, wie solche ohne Schwierigkeit auf individuelle Verschieden- heiten bezogen werden können. Lutra Valetoni Geoffr. Tafel XI, Fig. 1—4. Tafel XII, Fig. 5 a—.e. In der Colleetion, welche ich, wie bereits erwähnt, aus der Sammlung des steiermärkischen Landesmuseums erhielt, befand sich ein grosses Stück Braunkohle von Voitsberg, auf welehem überstrichen mit einer dicken Leimlösung, Zähne und Knochenfragmente wirr durch- und übereinander lagen. Nun liegen mir vor: der zerdrückte Schädel und die gleichfalls zerdrückte Schnauze mit dem rechten Eekzahn und dem rechten Molar, beide Unterkieferäste, von denen der eine die fast vollständige Zahn- reihe besitzt, ferner lose Zähne, und zwar zwei obere, rechte und linke, letzte Prämolar, der obere rechte Reisszahn und der untere Höckerzahn. Der Schädel und die Schnauze, Tafel XI, Fig. |, 1a, sind stark beschädigt: nur mit Mühe lässt sich Weniges deuten. Fig. 1 zeigt die Ansicht von oben: die Stirnbeine waren hinter dem seitlichen Joch- fortsatz sehr verengt, das Hinterhaupt scheint nach der Grösse der Scheitelbeine zu urtheilen sehr verbreitert gewesen zu sein, der Sagittal- kamm ist scharf ausgeprägt, alles Charaktere, die man auf alten Fisch- otterschädeln beobachten kann. Am selben Stücke ist noch der Eekzahn aus dem rechten Ober- kiefer und der Höckerzahn, derselben Seite, erhalten geblieben. Weiters ist auf Taf. XI, Fig. 1a ein Theil des Jochfortsatzes (z) und die Pfanne (p) des Schläfenbeines für den Condylus des Unter- kiefers ersichtlich. Der Eckzahn misst von der Wurzel bis zur Spitze 31°1 Milli- meter, vom Wurzelhalse bis zur Spitze 13°3 Millimeter und sein Durch- messer von hinten nach vorne 7 Millimeter; er ist fast drehrund, war [7] Säugethierreste aus der Braunkohle von Voitsberg und Steieregg. 913 schwach gebogen, mit deutlicher seitlicher Leiste vorn und hinten, wie bei Zutra vulgaris, am Wurzelhalse mit zahlreichen Schmelzrunzeln versehen und durch eine Basalwulst verdiekt, die Wurzel ist etwas comprimirt und vor der Mitte stark aufgedunsen. Der letzte Prämolar des linken Oberkiefers Taf. XI, Fig. 3, misst 7'7 Millimeter Länge und 5-3 Millimeter grösste Breite; er trägt an seiner Hinterseite einen deutlichen Nebenzacken; am Wurzelhalse umsäumt den ganzen Zahn eine starke Emailverdickung die eirca 1 Millimeter hoch und besonders A der Innenseite entwickelt ist, wo sie einen förmlichen Vorsprung bildet. Vom Reisszahn, Taf. XI, Fig. 2 (rechts oben), ist nur der Vorder- theil, mit dem grossen inneren Talon vorhanden. Der dem Reisszahn folgende Molar (rechts oben) Taf. XI, Fig. 1, erscheint durch seine verdeckte Beschädigung derart regelmässig, dass bei der Bestimmung, trotz der vollkommenen sonstigen Uebereinstim- mung des ganzen Gebisses mit Zutra Valetoni natürlich eine Abwei- chung bilden musste, erst als derselbe blossgelest wurde, stellte sich der richtige Sachverhalt klar. Dieser Molar trägt bei L. Valetoni vorne aussen einen flügel- artigen Ansatz, der bei dem abgebildeten Exemplare abgerissen er- scheint. Die Unterkieferastfragmente ergänzen sich derart, dass sowohl die Zahnreihe als auch die Form des Astes aus denselben entnommen werden kann. Der Unterkieferast Taf. XI, Fig. 4, zeigt einige Aehnlichkeit mit jenem der Zutra vulgaris; er ist massiv, der Coronoidfortsatz vorn fast gerade, der Condylus von aussen nach innen an Dicke zunehmend, die Grube für den Masseter ist aber viel seichter, als bei unserer lebenden Otter. Die Höhe des Astes unter dem Reisszahn beträgt 146 Millimeter, die Breite des Coronoidfortsatzes im Niveau des Condylus 22-2 Milli- meter. Der Unterkieferast Taf. XII, Fig. 5a—c, trägt den Eekzahn, die unversehrte Prämolarreihe und den Reisszahn, vom Molar ist nur die Alveole da; ob dem abgebrochenen Eckzahne noch ein Prämolar folgte, lässt sich an diesem Stücke nicht eonstatiren, da an jener Stelle ein Bruch durchgeht. Aus der Länge der Prämolare in situ und jener des Eckzahnes zu schliessen, ist die Wahrscheinlichkeit gross, dass ein einwurzeliger Zahn als erster vorhanden war. Der Eekzahn zeigt gleichen Bau wie bei L. vulgaris; er ist spitz, conisch, seitlich etwas gedrückt, nach hinten stark gebogen, am Wurzelhalse verdickt, die Wurzel lang und comprimirt. Die Zahl der Prämolare war, wie gesagt, wahrscheinlich vier, so dass der auf den Eekzahn folgende zweiwurzelige Prämolar unseres Restes als pm, angesehen werden müsste. Die Prämolare von dem als pm, angenommenen angefangen bis pm, haben gleiche Form und unter- scheiden sich nur durch ihre Grösse und Höhe die stets zunimmt, wie auch jene der an ihrer hinteren Zahnkante liegenden Nebenzacken oder Höcker. 914 A. Hofmann, [8] Die Basis der Prämolare, der Wurzelhals, wird von einem starken Schmelzwulst umgeben, der besonders auf der Innenseite stark ent- wickelt ist, und sich vorne und hinten am Grunde der Zahnkante zu einer bedeutenden Emailanschwellung gestaltet, welche eine Art Vor- sprung, besonders auf der hinteren Seite bildet. Ich gebe im Folgenden einige in Millimeter ausgedrückte Maasse dieser Zähne und verbinde damit zugleich auch jene, die Gervais und Filhol angeführt haben. | Lutra Valetoni Geoffr. von: I pm; pmz | pm; Carnassiere | Saint-Gerand-1e- en (Allier) Ger- | | | | no Saint-Gerand-le- Puy (A 1li er) Filhol vaıs Pl. 22, Big. | &t. | Tome 10, Pl. 7, Fig. SResher | L Voitsberg . . . er Eee II | ı Aus diesen Ba Zahlen ersieht man , dass die Dimensionen der Reste von Voitsberg mit jenen von St. Gerand-le-Puy bis auf weniges übereinstimmen. Die Differenzen die sich dabei herausstellen, sind so gering, dass sie nur auf ein stärkeres Individuum, dem die Voitsberger Reste angehört haben, hinzudeuten scheinen. Der Reisszahn ist leider nicht vollständig, der Hauptzacken fehlt. Sein vorderer Lappen ist schneidend, der innere Seitenzacken nieder und stumpf; der Talon wird durch einen Einschnitt vom Hauptzacken getrennt; er war weniger entwickelt als bei Z. vulgaris. Im Uebrigen ist der Reisszzahn von dem der Z. vulgaris ver- schieden; bei Z. vulgaris ist die grösste Breite am Talon 6°5 Milli- meter; bei Z. Valetoni die grösste Breite zwischen den beiden Mittel- zacken 6'2 Millimeter etwa in der Mitte des Zahnes. Der Talon des Reisszahns der L. Valeton? selbst ist im Verhältniss zu jenem der Z. vulgaris unbedeutend, sehr kurz; die Entfernung vom Hauptzacken zum Hinterrande ist beim fossilen Zahne von Voitsberg, die Länge 3'9, Breite des Talons 5-2 Millimeter, bei 2. vulgaris erstere 52, letztere 6°5 Millimeter. Der Höckerzahn des Unterkiefers Taf. XII, Fig. 6, fand sich lose zwischen den Trümmern vor; er ist einwurzelig mit vier Schmelzhöckern von denen der vordere und hintere kleiner sind als die beiden mittleren und seitlich am Aussenrand mittelst einer Schmelzwulst verbunden erscheinen; die beiden mittleren stellen zwei stumpf-eonische 2:5 Milli- meter hohe Kegelchen vor. Alle diese Reste stelle ich zu ZLutra Valeton! Geoffr., weil sie in jeder Richtung mit jenen von St. Gerand-le-Puy, die Gervais in Zoolog. und Paleont. france. Pl. 22, Fig. 3 bis 6, Pl. 23, Fig. 6 und Filhol in Annales des sciences geolog. Tom. 10, pı. T, pl 8, abbilden, in soweit sie vorhanden sind, genügend übereinstimmen. Dagegen ent- fernt sich unser Fossil von Voitsberg von jenem Reste, welcher in Fraas „Die Fauna von Steinheim“, pag. 8, Taf. I, Fig. 18, als Zutra Valetoni bezeichnet ist, und dessen richtige Bestimmung Schlosser in Verh. d. k. k. geol. Reichsanstalt, Wien 1855, pag. 212, mit Recht anzweifelt, in gleichem Masse, als jenes von Südfrankreich. ') L = Länge. BR PANL EEE [9] Säugethierreste aus der Braunkohle von Voitsberg und Steieregg. 215 Zieht man noch andere fossile Lutra-Arten in das Bereich der Betrachtung wie Zutra dubia, L. Lorteti und L. Bravardi, so muss vor Allem die erste Art wegen ihrer bedeutenden Grösse sogleich ausser Acht gelassen werden. Die Zutra Lorteti Filhol (Archives d. Museum d’hist.-natur. de Lyon. T. III, Pl. IV, Fig. 20, 22, pag. 60) nähert sich in ihren Dimensionen unserem Fossil, trägt aber jene Charaktere die Filhol als Unterschiede von der Zutra Valetoni anführt: besonders hebt Filhol hervor, dass die Bildung des pm, sehr verschieden sei, von jenem der L. Valetoni; die hintere Zahnkante der L. Lorteti trägt nämlich keinen Höcker und zeigt die gleiche Länge wie die vordere. Der Carnassier bei Z. Lorteti ist ausgezeichnet durch grosse Länge und geringe Höhe; bei Z. Valetoni und ebenso bei unserem Fossil ist der sonst bekanntlich immer niederere Innenzacken des Reisszahns höher als der äussere bei Z. Lorteti. Die plioeäne Lutra-Art Z. Bra- vardıi Pom. (Blainville’s L. elermontensis, Pl. 14), von welcher nur die Oberkieferzähne zum Vergleich herangezogen werden können, zeigt keine Aehnlichkeit mit unserem Fossil, namentlich ist der m vollkommen verschieden. Die fossilen Mustela-Arten können wegen der Bildung des echten oberen Lutra-Molars an unserem Reste füglich übergangen werden, ebenso auch die Viverra-Arten wegen des Baues des oberen Reisszahnes, der nur der Lutra angehören kann. Steneofiber (Chalicomys) Jaegeri Kaup. sp. Tafel XII, Fig. 1—4. Die Reste von Nagethieren sind in den mittelsteierischen Braun- kohlenablagerungen nicht selten, es wurden aber bisnun nur wenige einer Untersuchung unterzogen. Das reiche Materiale, welches mir von einer Art vorliegt, ermög- licht es nicht nur, dieselbe zu bestimmen, sondern auch unsere Kenntniss von dieser Art zu vervollständigen. Die Zahnreihe des Unterkiefers wurde schon öfters beobachtet und auch abgebildet, hingegen gehören complete Zahnreihen des Oberkiefers zu den Seltenheiten. Eines Nagers von Voitsberg erwähnt Peters (Verh. d. k.k. geol. R.-A. Wien 1871, pag. 108), indem er sagt, dass er von einem „biber- artigen Nager dem Käpfnacher Chalicomys Jaegeri nieht unähnlieh“ herrühre. Im Jahre 1870—71 gelangten an die Sammlung des Joanneums in Graz nieht weniger als zehn Kieferfragmente und zwölf lose Zähne, . die ich vor Kurzem zur Bestimmung und Präparation übernommen habe. Trotz dem Schaden, den einige dieser, in der Braunkohle ein- gebetteten Reste bereits erlitten haben, liefern sie doch ein schönes Bild der Bezahnung des zur Mioeänzeit in Steiermark stark verbreiteten Nagers. Einige dieser Reste erachte ich nun für wichtig, weshalb ich dieselben abbilde und einer kurzen Besprechung unterziehe. Tafel XII, Fig. 1. Ein Oberkieferfragment mit der vollständigen Zahnreihe rechts, links mit dem pm und vorne einem Fragment des Nagezahnes. Die Oberkieferzähne sind breiter als lang, davon der pm der grösste; die Kaufläche des pm ist die grösste, hingegen die des m; die kleinste. | Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Band. 2. Heft. (A. Hofmann.) 29 216 A. Hofmann. [10] Diese Zähne haben eine äussere und eine innere einfache Schmelz- bucht, die aussen als Längsrinne erscheint und nach der Wurzel hin schwächer wird; an der Kaufläche wird die äussere Schmelzbucht von zwei Schmelzinseln eingeschlossen. Durch die Abnützung wird die äussere jucht bald zu einer Insel umgewandelt und es erscheinen dann solche Zähne aussen mit drei Schmelzinseln versehen, wie unsere Fig. 1 zeigt. Die Länge der ganzen Zahnreihe beträgt 22:2 Millimeter. pm M, N, M; Die Länger. Fr —)) 51 5:1 Millimeter Breite 27,7 30 5 2a —ı) 6°8 63 > Der Abstand des pm vom Ineis. konnte nicht ermittelt werden; der Durchmesser des dreiseitigen Nagezahnes misst 7°0 Millimeter. Tafel XII, Fig. 2. Linker Unterkieferast, mit vollständiger Zahnreihe und gebrochenem, deshalb zu nahe am pm liegenden Nagezahn. Fig.3. Die Kaufläche derselben Zahnreihe in natürlicher Grösse. Die Länge dieser Zahnreihe misst 26°9 Millimeter, die Länge des Prämolars 8’0 Millimeter und des m, 6°2 Millimeter. Tafel XII, Fig. 4, a, 5. a von aussen, 5 von innen. Ein, nur wenig abgenützter, somit von einem jungen, jedoch erwachsenen Thiere her- rührender Prämolar rechts unten, der die Form dieses Zahnes und an der Kaufläche die Schmelzbuchten und Schmelzinseln tadellos veran- schaulicht. Dieser Zahn diente bereits H. v. Meyer als Original (Palaeontographica, VI, Tafel VIH, Fig. 5), und zwar bei der Beschrei- bung der „Schildkröten und Säugethiere aus der Braunkohle von Turnau in Steiermark“. Ich erhielt denselben unter den losen Zähnen als von Voitsberg; erst nachdem die Tafel bereits gezeichnet war, habe ich mich von dieser Thatsache überzeugt. Die Reste von Voitsberg sind meist gelblichbraun und manche Zähne bis fast schwarz, nieht unähnlich vielen von Göriach bei Turnau, weshalb ich diesen Prämolar, der lichtbraun gefärbt ist, eher als von Göriach stammend, bezeichnen möchte. Palaeomeryx sp. Aus dem Vietoriaschaecht im Rosenthal bei Voitsberg liegt ein Molarfragment vor, das ich für den zweiten Molar des rechten Unter- kiefers anspreche. Er übertrifft, was seine Grösse anbelangt, den gleichen Zahn von Dieroceros elegans von Sansan, um Bedeutendes; ob derselbe der angeführten Species oder einer anderen (Palaeomeryx Bojani)? angehört, wäre gewagt auszusprechen. Es sei dieser Fundort erwähnt, um das Vorhandensein dieses Genus auch in diesen Braunkohlerablagerungen zu constatiren. ') Verdrückt. 1 1] Säugethierreste aus der Braunkoble von Voitsberg und Steieregg. 2 Von Voitsberg sind bis nun folgende Säugethiere bekannt: Felis sp. Oephalogale brevirhinus Hofm. Mustela taxodon Gerv. Lutra Valetoni Geoffr. Steneofiber (Chalicomys) Jaegeri Kaup sp. Mastodon angustidens Ouv. Palaeomeryx sp. Hyotherium Sömmeringi H. v. Meyer. Rhinoceros sp. ? Rhinoceros sp. nov. (nach R. Hörnes). 218 A. Hofmann. Säugethierreste a, d. Braunkohle v. Voitsberg u. Steieregg. [12] Erklärung der Tafeln. Tafel X. Fig. 1—6. Cephalogale drevirhinus nov. spec. Nat. Grösse. Fig. 1. Fragment des linken Unterkieferastes mit dem pm,, pm,, pm,, dem Reisszahn und »,, von aussen; dem Eckzahn pm, —pm, der rechten Seite von innen gesehen. Steieregg. Fig. 2. Der Eckzahn pm,—pm, der rechten Seite von aussen. Fig. 3. Desgleichen von oben. Fig. 4. Die Zahnreihe des linken Astes von Fig. ] von oben. Fig. 5. Linker Unterkieferast von aussen. Von Voitsberg. Fig. 6. Zahnreihe desselben von oben. Fig. 7—11. Mustela taxodon Gerv. Von Voitsberg. Nat. Grösse. Fig. 7. Eckzahn des linken Oberkiefers von innen. Fig. 8. Reisszahn des rechten Oberkiefers von aussen und oben. Fig. 9. Zweiter Prämolar des linken Unterkiefers von aussen. Fig. 10. Reisszahn des linken Unterkiefers von innen und oben. Fig. 11. Höckerzahn des linken Unterkiefers von der Seite und von oben. Das Original (zu Fig. 1—4) von Steieregg befindet sich in der Sammlung der Universität in Graz, jenes von Voitsberg (zu Fig. 5, 6) in der Sammlung der k. k. Berg- akademie in Leoben und das (zu Fig. 7—11) von Voitsberg im naturhistorischen Museum am Joanneum in Graz. Tafel XI. Fig. 1—4. Lutra Valetoni Geoffr. Von Voitsberg. Nat. Grösse. Fig. 1. Zerdrückter Schädel von oben; mit dem Eckzahn des rechten Oberkiefers und dem Höckerzahn (m) derselben Seite. Fig. 1 «. Derselbe von unten mit dem Jochfortsatz = und der Pfanne ». Fig. 2. Reisszahn des rechten Oberkiefers von hinten und von oben. Fig. 3. Letzter oberer Prämolor des linken Öberkiefers. Fig. 4. Linker Unterkieferast mit dem letzten Prämolar. Die Originale befinden sich im naturhistorischen Museum am Joanneum in Graz. Tafel XI. Fig. 1—4. Steneofiber (Chalicomys) Jaegeri Kaup. sp. Nat. Grösse, Fig. 1. Oberkieferfragment mit der vollständigen Zahnreihe der rechten Seite. Von Voitsberg. Fig. 2. Linker Unterkieferast, ebendaher. Fig. 3. Die Zahnreihe desselben von oben (Kaufläche). Fig. 4. Prämolar des rechten Unterkiefers; « von aussen, b von innen, ec von oben. Höchst wahrscheinlich von Göriach bei Turnan. Fig. 5—6. Lutra Valetoni Gerv. Von Voitsberg. Nat. Grösse. Fig. 5, a—c. Rechter Unterkieferast, « von innen, 5b von aussen, c von oben. Fig. 6. Unterer Höckerzahn von oben und von der Seite. Fig. Y—8. Mustela taxodon Gerv. Von Voitsberg. Nat. Grösse. Fig. 7. Reisszahn und letzter Prämolar des rechten Unterkieferastes. Fig. 8. Der Reisszahn von oben. ER Sämmtliche Originale befinden sich im naturhistorischen Museum am Joanneum in Graz, e Optisches Verhalten und chemische Zusammen- setzung des Andesins von Bodenmais. Von Dr. Max Schuster und Heinr. Bar. v. Foullon. Ueber Wunsch unseres geehrten Freundes Dr. Vietor Gold- schmidt haben wir, vollständig unabhängig von einander, die optische und chemische Untersuchung des Plagioklases von Bodenmais übernommen. Es ist uns zu diesem Zwecke von dem genannten Herrn ein sorg- fältig ausgewähltes Material übergeben worden, das aus kleinen Spalt- stückchen bestand, von denen die dünnsten nahezu farblos, die etwas diekeren schwach grünlich gefärbt waren. Sie wurden von ihm in Jod- kalium-Jodquecksilberlösung auf ihr gleiches speeifisches Gewicht ge- prüft und dasselbe mit 2°666 bestimmt. An ausgewählten geeigneten Blättchen erfolgten die optischen Bestimmungen, der Rest wurde ge- pulvert und der chemischen Analyse zugeführt. Es gelangten sowohl Spaltblättchen, die nach der End- und Längs- fläche hergestellt, als auch solche Präparate, die zur Hälfte auch von natürlichen Flächen begrenzt waren, und endlich solche, die einerseits von Spaltflächen begrenzt, andererseits parallel dazu abgeschliffen waren, zur optischen Untersuchung. Der Sinn der Auslöschungsschiefe wurde übereinstimmend an allen Präparaten, sowohl auf P als auch auf M negativ befunden. Für die Grösse des Winkels zwischen der Auslöschungsrichtung auf P und der Kante P/M wurden im allgemeinen Werthe beobachtet, die zwischen 1° und 2° 20° lagen. Als Mittel zahlreicher Messungen an einem Präparate, welches gleichzeitig die Durehschnitte beider verticaler Prismenflächen erkennen lässt, wurde dieser Winkel zu — 1° 42° bestimmt. Manche Individuen dieses Plagioklases erscheinen völlig einfach gebaut, manche hingegen überaus fein verzwillingt. In solchen Stücken, welche Zwillingslamellirung zeigen, war der Winkel, den die Aus- löschungsriehtungen der Individuen nach dem Albitgesetz miteinander einschliessen, nur dann genauer festzustellen, wenn die Präparate äusserst dünn abgespalten waren; bei vielfach übereinander liegenden Zwillingsindividuen ergab sich nur unvollkommene Auslöschung und Jahrbuch der k.k. geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Band, 2. Heft. (Schuster u. Foullon.) 220 Max Schuster und Heinr. Bar. v. Foullon. [2] überdies bei meist einseitiger Lage der scheinbaren Schwingungs- richtungen beider Individuen eine schwankende Abweichung gegenüber der Streifung bis über 3° und selbst 4°. An sehr dünnen Spaltblättehen wurde hingegen dieser doppelte Winkel in übereinstimmender Weise mit den erstangeführten Beobach- tungen zu 2° 30° bis 4° 16‘, im Mittel zu 3° 34° festgestellt, was für die Auslöschungsschiefe des Einzelindividuums 1° 47° ergibt. Auf M wurden für die Auslöschungsschiefe gleichfalls etwas variirende Werthe gefunden, nämlich zwischen — 4° und — 7° 40‘, Am häufigsten waren jedoch Mittelwerthe von — 4° 30° bis — 5° 15°. Im convergenten polarisirten Lichte wurde auf derselben Fläche der nahezu senkrechte Austritt einer positiven Mittellinie (ce) constatirt; die Trace der optischen Axenebene war gegen die Kante P/M beiläufig im Sinne der Auslöschung unter -—— 6° geneigt, eine Neigung der Axenebene selbst gegen die Fläche (019) (und zwar in geringerem Masse als beim Albit, jedoch stärker als beim Oligoklas), immerhin deutlich zu erkennen. Spaltbarkeit war ausser nach (001) und (010) auch noch nach den beiden verticalen Prismenflächen, nach dem linken Prisma (110) jedoch eine vollkommenere beobachtet worden. Wenn man die eben angeführten Resultate der optischen Unter- suchung mit jenen theoretischen Zahlen vergleicht, welche nach den bisherigen Erfahrungen und Bereehnungen bestimmten Mischungsgliedern der Albit- Anorthitreihe zukommen, so lässt sich die Behauptung aus- sprechen, dass der Plagioklas von Bodenmais hinsichtlich seines opti- schen Verhaltens ungefähr in der Mitte steht zwischen den als kalk- reiches Glied noch dem Oligoklase, respective bereits dem Andesine zugezählten Mischungen, speciell von dem Moleeularverhältniss Ad, An, und Ad, An,, für welche bekanntlich die folgenden theoretischen Aus- löschungsschiefen berechnet wurden: aut pP auf M Ab} An, "ehe ee ae — 2° 15° Ab, Ans ee oe Als Ursache der bekannten grünlichen Färbung des Feldspathes lassen sich mittelst des Mikroskop wohl Einschlüsse erkennen, doch kann ihrer ausserordentlichen Kleinheit wegen deren Natur nicht be- stimmt werden. Ein Theil derselben gehört wohl dem Magnetkies an, denn übergiesst man das feine Mineralpulver mit kalter, verdünnter Salz- säure, so lässt sich eine geringe Schwefelwasserstoffentwiekelung nach. weisen. Glüht man das ungemein schwach grau gefärbte Pulver, so erhält es einen sehr zarten, fast rosenfarbenen Ton. Mit warmer, ver- dünnter Salpetersäure behandelt, ausgewaschen und wieder geglüht, bleibt es vollkommen rein weiss und lässt sich nach dem Aufschliessen mit kohlensaurem Natronkali kaum mehr eine Spur Eisen nachweisen; dieses gehört also nahezu ausschliesslich Beimengungen an, die durch Säuren zersetzt werden. Anders die Magnesia, von der im Säureauszug nur Spuren nachzuweisen sind, es lässt sieh nieht constatiren, in welcher Form sie im Feldspathe enthalten ist. [3] Ueber Andesin von Bodenmais. 92] Für die verschiedenen gewichtsanalytischen Bestimmungen wurden Je ein Gramm verwendet, die gefundenen Resultate sind folgende: I II III Zusammen Kieselsäure . = 5922 Proc. — Proe. — Proc. 5922 Proc. Thonerde ENA88 . ; — r — e 25:88, 5 Benorydı. = 20:96. , — k CROSS BIO Kalk . =. 208, — 3 — B .UBrA2H Magnesia ar028 . , — x NER 0:28 Kali = — y 054 „ — % 094.57, Natron a, 5 a — , GE Schwefel . = — 5 = j 0:034: -, 0:037 5,4 10078 Zur Ermittlung des Schwefelgehaltes wurde das Mineralpulver mit Salpetersäure digerirt, die erhaltene Lösung zur Trockne eingedampft, der Rückstand mit verdünnter Salzsäure aufgenommen, die freie Säure stark abgestumpft und die vorhandene Schwefelsäure als Baryumsulfat ausgefällt. In derselben Lösung erfolgte noch die Bestimmung des vor- handenen Eisenoxydes (1'01 Procent) und der Nachweis einer Spur Magnesia, wobei vorher der Baryt abgeschieden worden war. Eine zweite Aufschliessung diente zur Prüfung auf Baryt, von dem thatsächlich eine Spur nachzuweisen ist. Hierbei resultirten 59:26 Procent Kieselsäure (jedoch ohne die sogenannte kleine Kiesel- säure). Die erhaltenen gewogenen Verbindungen wurden auf ihre Rein- heit geprüft, so namentlich die Kieselsäure durch Verdampfen mit Fluss- säure, der Kalk wurde nach der ersten Fällung auf dem Filter ge- löst, nochmals gefällt; das Filtrat enthielt keine Magnesia, ebenso das Eisenoxyd. Die gefundene Mengen Schwefel mit 0'034 Procent erfordert für Magmetkies !) nur 0'059 Procent Eisen, entsprechend 0'084 Procent Eisen- oxyd. Der Rest des gefundenen Eisens dürfte zum Theile auf Magnetit zurückzuführen sein, jedenfalls gehört es, wie bereits dargethan, dem Feldspathe nicht an. Behufs Vergleichung des Mischungsverhältnisses von Albit und Anorthit, welchen der vorliegende Feldspath entspricht, wurde auf jede Umrechnung der Analyse verzichtet. Würde eine solche, nach Ab- zug des Eisenoxydes und des Schwefels auf 100 erfolgen, so würde der Gehalt an Kieselsäure am stärksten alterirt, also gerade eine Be- stimmung, die erfahrungsgemäss am zuverlässigsten ist. Ebenso würde der Gehalt an Thonerde erhöht, deren Bestimmung ohnedies gewöhn- lich etwas zu hohe Werthe ergibt, während die Alkalien, bei denen die grössten Verluste stattfinden, eine kaum nennenswerthe Vermehrung erfahren. Die Rolle der Magnesia ist so gut wie unbekannt und jene des Kalis zweifelhaft, keineswegs dürfte es ausschliesslich auf Orthoklasgehalt zurückzuführen sein. Es seien hier die theoretisch er- forderlichen Mengen für einige Mischungsverhältnisse, welehe zwischen 1) Da dessen locale Zusammeusetzung unbekannt, ist er als FeS angenommen, was bei der geringen Menge keine nennenswerthe Differenz ergibt, 222 Schuster u. v. Foullon. Ueber Andesin von Bodenmais. [4] Ab, An, und Ab, An, liegen, angeführt und die gefundenen dazwischen gesetzt: Ab,, An, Ab, An, Bodenmais Ab, An, Kieselsäure . 59:56 Proc. 5929 Proc. 5922 Proc. 5900 Proe. Thonerde . . 2571 „ 2309 „ 2389, 2... 20:08 02 Kalk 1.7 222. 270 I Tal, 708; , 1547735 Magnesia . . — f — = 023; - 4 Kab m ar « = A 054 „ — 3 Natron : "2 2 er 1a, 35 OR ke er Tata 10000 100°00 99:79 10000 Eine Vergleichung der angeführten Werthe ergibt wohl von selbst, dass die beste Uebereinstimmung mit dem Mischungsverhältniss 45, An, statthat, welches zwischen Ad, An, und Ad, An, genau in der Mitte liegt und dem auch die constatirten optischen Verhältnisse in über- raschendster Weise entsprechen. Bekanntlich fallen die mittelst Jodkalium - Jodquecksilberlösung bestimmten Werthe für das speecifische Gewicht meist etwas niedriger aus als die älteren mittelst Pyknometer gefundenen. Da die Methode der Suspendirung in unserem Falle die schärfere ist, ist für das vor- liegende Mischungsverhältniss das specifische Gewicht = 2'666 anzu- nehmen. Es könnten diese Resultate wohl als ein neuerlicher Beweis der Richtigkeit der theoretischen Anschauung über die Zusammensetzung der reinen Kalknatronfeldspathe betrachtet werden, wenn es eines solchen überhaupt noch bedürfte. Diluviale Funde in den Prachover Felsen bei Jicin in Böhmen. Von Joh. N. Woldrich. (Mit einer lith. Tafel (Nr. XIII) und zwei Holzschnitten). Am südlichen Abhange, der Prachover Felsen bei Jicin befinden sich unterhalb des Felsens „Certova kuchyn&“ und oberhalb des Dorfes Lochov Steinbrüche, welche seit längerer Zeit betrieben werden und in den letzten Jahren dem Conservator Herrn L. Schneider interessante Funde lieferten. Der Abhang dieser Felsen ist mit wild übereinander gelagerten Sandsteinblöcken bedeckt, zwischen denen kleinere Räume und Höhlen angetroffen werden, die mit Sand und Löss angefüllt sind und Knochenreste diluvialer Thiere führen. Solche verkauften die Ar- beiter seit Jahren an Knochenhändler, besonders von Fundstellen bei OÖhavee. Erst als im Jahre 1883 die Arbeiter in einem Lochover Stein- bruche einen ganzen Pferdeschädel fanden, den sie zertrimmerten, und die Zähne desselben Herrn L. Sehneider zum Kaufe anboten, eilte dieser sofort an Ort und Stelle und erwarb mehrere Knochen. Seit dieser Zeit sammelte Schneider theils durch eigene Nachgrabungen, theils durch Ankauf von den Arbeitern aus fünf Höhlen eine grössere Anzahl fossiler Reste, die er mir im verflossenen Sommer zur Bestim- mung zusendete. Manche dieser Knochenreste sind ursprünglich von Menschen- hand zerschlagen oder zugeschlagen, sehr viele in kleine Stücke zer- trümmert, einige zeigen deutliche Spuren der Bearbeitung mit dem Steinmesser, andere sind von Thieren benagt oder wurden beim Aus- graben zerschlagen. Sie zeigen keine Spur einer Abwetzung durch Wasser, denn die Bruchkanten sind alle scharf, und lagen im Löss sehr verschieden, mitunter standen sie aufrecht. Die Fundverhältnisse sind nach dem Berichte Schneiders an allen diesbezüglichen Stellen bei Lochov gleich. Die kleinen Höhlen sind meist mit einem grossen Sandsteinblocke gedeckt, die tiefer gelegenen Höhlen enthalten Sand und keine Knochenreste, die 100 Meter über dem Fusse des Abhanges gelegenen sind zu unterst mit Sand bedeckt, darüber Jahrbuch der k.k. geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Band. 2. Heft. (J.N.Woldiich.) 30 294 Joh. N. Woldfich. [2] ist knochenführender Löss ausgebreitet und diesen deekt eine humöse, sandige Schichte. Derselbe diluviale Lehm überdeckt nieht nur den ganzen Abhang unterhalb der Felsen, sondern kommt auch im Thale vor, wo er in der Jieiner Ziegelei Pferdereste führt und auf diluvialem, Mammuthreste führendem Schotter aufliegt. Da sich die knochenführenden Höhlen in einer Höhe von 100 bis 140 Meter über dem Fusse des Abhanges befinden und die Knochen- reste auch aufrecht gelagert waren, so stimme ich der mir mitgetheilten Ansicht Schneiders im Allgemeinen vollkommen bei, dass der Löss dieser Höhlen im Sinne der Richthofen’schen Theorie theilweise aus der Luft abgelagert wurde. Ein stehendes Wasser, welches bis in diese Höhe gereicht hätte, müsste ganz Nordböhmen überfluthet haben, so weit dieses die Seehöhe von 400 Meter nicht übersteigt; ein flies- sendes Wasser hätte aber die Knochenreste an den Kanten abgewetzt und nicht aufrecht gelagert. Nur glaube ich, dass gerade die geschilderten Fund- und Lagerungs- verhältnisse geeignet sind, mehr für die von mir aufgestellte Theorie !) vom aärohydatinen Ursprung des Löss zu sprechen, welche zwischen der Theorie Richthofen’s vom subaärischen Ursprung desselben und der sonst üblichen Theorie vom hydatinen Absatze des Löss aus grossen Gewässern die Mitte hält, indem sie eine allmälige Ab- waschung der feinen Produete der Gletscherthätigkeit und der eluvialen Verwitterungsproducte durch Regenwasser, verbunden mit gleichzeitiger subaörischer Ansammlung derselben unter Zuhilfenahme der Winde annimmt. Nur eine solehe Annahme ist im Stande, die Verbreitung des gleichen Lössmateriales sowohl an den Gehängen, als im Thale, sowie auch sein oft eigenthümliches Vorkommen anderwärts, zu erklären. Es unterliegt keinem Zweifel, dass die Lochover Knochenfunde dem nacheiszeitlichen Diluvium, und zwar dem Abschnitte desselben, den ich die Weidezeit nannte, angehören. Während dieser Zeit hielt sich der Mensch in den Prachover Felsen auf, hat die Knochen der zu besprechenden Thiere zerschlagen und geeignete Fragmente derselben zu primitiven Werkzeugen zugeklopft. Sein eigentlicher Lagerplatz oder sein Feuerherd lag wohl am Abhange dieser Felsen und ist bereits vernichtet oder aber noch nicht aufgedeckt worden; in den bisher be- kannten kleineren Höhlen konnte sich der Mensch nicht aufhalten. Die Knochenreste sind theils durch Raubthiere, theils durch Regen- wasser in die Höhlungen gelangt während jener langen Nacheiszeit, in der sich der Löss absetzte. Von den bisher constatirten Thieren scheint der Moschusochse dieser Zeitbestimmung zu widersprechen ; abgesehen jedoch davon, dass die Reste desselben dem Schluss der Glacialzeit angehören könnten, wofür die breeeienartige Umhüllung des Schädels sprechen würde, und später mit Löss bedeckt werden konnten, gelangte ich auf Grund anderweitiger Fundvorkommnisse zu der Ansicht, dass der Moschusochse, gleich dem Renthiere, vereinzelt noch während des nacheiszeitlichen Diluviums in Mitteleuropa vorkam und dies gilt zweifellos für den Fund Wankel’s von Predmost in Mähren. ') Woldfich: „Beiträge zur Geschichte- des fossilen Hundes nebst Bemerkungen über die Lössbildung.“ Mitth. d. Anthrop. Ges. Wien B. XI. Wien. 1881. [3] Diluviale Funde in den Prachover Felsen bei Ji@in in Böhmen. 395 In der ersten Höhle oberhalb Locbov kamen vor: Equus cab. fessilis minor Wold., Atelodus antiquitatis Brandt, Ovibus moschatus Lin. Equus caballus fossilis Rütim., Homo, und nicht bestimmbare zer- schlagene und zugeschlagene Knochenfragmente. Bari In Bee Blsen, oher gelegenen Höhle: Equus cab. fossilis tütım., angife tarandus Jard. ?, nebst zerschlagenen Knochen. In der dritten, östlich von der vorigen gelegenen Höhle: Ate- lodus antiquitatis Brandt, Equus cab. foss. minor Wold., Rangifer tarandus Jard.?, Vulpes oder Canis Gray. I In der vierten, noch weiter östlich gelegenen Höhle (1885): Equus cab. foss. minor Wold., Atelodus antiquitatis Brandt, Vulpes vulg. ‚fossilis Wold.?, Lepus timidus L.2, Vulpes oder Canis, sehr viele zer- schlagene oder zugeschlagene Knochen. In der fünften, unterhalb der vorigen gelegenen Höhle (1887): Atelodus antiquitatis Brandt, Equus cab. fossilis Rütim. Elephas primigenius Blumb., Lepus timidus L.,. ferner eine dreikantig zugeschlagene Knochen- spitze, ein bekratztes spitzes Knochenwerkzeug und zerschlagene Knochen. Der Häufigkeit nach kamen in diesen Höhlen zusammen vor: Equus cab. foss. minor Wold. mindestens sechs Individuen. Atelodus antiquitatis Brandt 3 drei & Eguus cab. fossilis Rütim. A drei N Ovibas moschatus Lin. " zwei 5 Rangifer tarandus Jard.? 5 zwei E Elephas primigenius Blumb. ein Individuum Canıs oder Vulpes Y Vulpes vulgaris fossilis Wold. Lepus timidus Lin. & E Lepus timidus Lin. ? R \ Homo 5 a Bei der nachstehenden Beschreibung der Fossilreste wird die vorstehende Reihenfolge der Häufigkeit des Vorkommens nach befolgt. ” ” Equus cab. foss. minor Woldrich. Ein rechtes und ein linkes Unterkieferfragment, letzteres mit allen Zähnen; die Zähne über die Hälfte abgetragen. Backenzahn- reihe 160 Millimeter; Länge der Zahnkronen: p; 27, p3 26, pı 26, m, 23, m, 23, m, 32. Höhe des horizontalen Astes unter dem m, 81, Ein zu vorstehendem gehöriger Condyloidast, Länge des Condylus 47. Oberer Backenzahn von einem jungen Individuum, im ersten Drittel. der Abtragung, mit langer und schmaler Innensäule: p, oder m, 25°5 lang 26 breit und 92 hoch. Ein unteres Ineisivfragment mit den Alveolen für die Ineisivzähne und für starke Eckzähne, wohl zu obigen Unterkiefern gehörig; ge- ringste Breite an der Einschnürung (links — rechts) 48. Ein Unterkieferfragment eines sehr alten Individuums mit m, im letzten Stadium der Abtragung; ein Oberkieferfragment mit einem Molar, ein zweites solches ohne Molaren und ein Unterkieferrand. Ein unterer p, eines sehr alten Individuums; ein Seapulafragment, ein Humerusfragment. 30* 996 Joh. N. Woldfich. | [#] Ein Radius mit Ulna, distale Epiphyse abgebrochen, Radius: grösste Breite oben 80, grösste Dieke daselbst 44, Diaphyse in der Mitte 37 breit, 30 diek. Ulna: grösste Breite der Gelenkfläche beim Radius 43. Beckenknochen mit Pfanne, abgeschlagen, deutlich mit dem Steinmesser bearbeitet; grösster Durchmesser der Pfanne 61. Ein Femur eines erwachsenen Individuums, an beiden Enden abgebrochen, etwas benagt; Breite der seitlichen Vertiefung oberhalb des distalen Endes 29. Ein anderes Exemplar, dessen obere Hälfte abgebrochen ist, erscheint vielfach und deutlich mit dem Stein- messer bekratzt, sein unteres Ende ist benagt ; grösste Breite der seitlichen Vertiefung 23; ferner liegen noch drei andere Femur- fragmente vor. Eine vollkommen erhaltene Tibia ist 240 lang, besitzt einen grössten Durchmesser oben (l. — r.) von 105, (v. — h.) 85; die Diaphyse ist in der Mitte 46 breit und 42 dick, das untere Ende ist 72 breit und 45 diek. An einer anderen Tibia mit abgeschlagenem oberen Ende ist die Diaphyse in der Mitte 44 breit und 34 dick, unten beträgt die grösste Breite 73, die grösste Dieke 41. An einem dritten Exemplare ist ebenfalls das obere Ende abgeschlagen und benagt, die Diaphyse ist in der Mitte 45 breit und 37 dick, unten beträgt die grösste Breite 76, die grösste Dicke 42:5. Ferner liegen noch ein Tibiafragment eines alten Individuums mit abgeschlagenen Epiphysen, und ein Tibiafragment mit zerschlagener Diaphyse vor. Ein Metatarsus besitzt eine grösste Länge von 258, ist oben 52 breit und 44 diek, in der Mitte 33 breit und 32 diek, unten 54 breit und 39 diek. Ein zweiter ist oben beschädigt, 248 lang, in der Mitte 33 breit und 30 dick, unten 51 breit und 35 dick; ferner ist noch ein Metatarsusfragment vorhanden. Ein Astragalus besitzt eine grösste Breite von 64, grösste Länge (v. —h.) von 6 und grösste Dicke (Höhe) von 63. Von zwei zusammen- gehörigen Phalangen I und II sind die Masse: grösste Länge 78, 48, grösste Breite (hinten) 54, 51, grösste Breite vorne 43, 45, geringste Dicke hinten 31, 32, geringste Dicke vorne 21, 21. Eine Phalanx III ist 61 lang, grösste Breite hinten 78, Höhe hinten 30; eine Phalanx I zeigt die Masse der voranstehenden, nur ist sie in der Mitte etwas breiter. Ferner liegen noch zwei Griffelbeine vor. Atelodus antiqguitatis Brandt. (Rhinoceros antiquitatis Blumb,) Von dieser Form der tichorhinen Nashörner ist zunächst ein fast vollkommen erhaltener Unterkiefer mit beiden Aesten und allen Zähnen vorhanden. Derselbe zeigt alle von Brandt in seinen diesbezüglichen Schriften !) angegebenen Merkmale. Vom linken Ast fehlen der Condyloid- ‘) J. F. Brandt, Bemerkungen über eine Synopsis der Familie der Rhinocero- tiden. Bull. de l’Acad. 1877, T. XXIV, pag. 167. — Mel. biol. T. X, pag. 135, und Tentamen Synopseos Rhinocerotidum viventium et fossilium. Cum tabula, Mem,. 1878, VII Ser., T. XXVI, Nr. 5, besonders aber: Versuch einer Monographie der tichorhinen Nashörner, nebst Bemerkungen über R. leptorhinus Cuv. Mem, de l’Acad. de St. P£tersb. 1877, VII Ser,, T. XXIV, Nr, 4, u u 3 [5] “Diluviale Funde in den Prachover Felsen bei Jiein in Böhmen, 997 und der Coronoidfortsatz, am linken Ast ist der Coronoidfortsatz ver- letzt; der Ineisivtheil zeigt seitliche Verletzungen. Vergleiche Tafel XII, Fig. 1a, 158, und 1c. Der Kiefer stammt von einem erwachsenen, aber noch jugendlichen Individuum her, da sich die Zähne im ersten Stadium der Abtragung befinden, der letzte Molar jedoch noch nicht angekaut ist. Nachstehend folgen die Masse des Unterkiefers: Länge vom Winkel bis zum vorderen Ineisivrande 470 + ?, Länge vom Winkel bis zum Vorderrande des vordersten Zahnes 394: grösste Dicke des horizontalen Astes unterhalb des m, 56; Länge des Gelenk- höckers 80; Höhe des horizontalen Astes zwischen dem p, und m, 90; Höhe desselben unter dem m, 90; Höhe desselben hinter dem m, 105; Höhe des vertikalen Astes vom Winkel an 207 + ?; Länge der Backen- zahnreihe 235; Länge des p, 24, des p, 30, des p, 36, des m, 43, des m, 48, des m, 48; grösste Breite der Zahnkrone des p, 14, des P2 20, des », 24, des m, 24, des m, 24, des m, 25; geringste Breite des Ineisivtheiles an der Einschnürung von dem p, 70; grösste Breite des Ineisivtheiles 80?; Länge vom Hinterrande des m, bis zum Hinter- rande des aufsteigenden Astes 170. Vom Schädel liegen mehrere sehr kleine Fragmente vor, dann ein ursprünglich abgeschlagener Oondylus occip. mit einer Schlagmarke. Da’ dieser Rest aus derselben Höhle stammt, wie der Unterkiefer , so ist es evident, dass der zu letzterem gehörige Schädel schon von dilu- vialen Menschen zerschlagen wurde. Ein Fragment eines Milchzahnes und eines aufsteigenden Astes eines sehr jungen Individuums dürften wohl zusammengehören. Ein Fragment eines oberen Backenzahnes dürfte zu obigem Schädel zu stellen sein. Ein Fragment, das erste vom Herrn L. Schneider ge- sammelte, dürfte dem zerschlagenen Humerus eines alten Individuums angehören, ebenso zwei Fragmente der Scapula. Eine fragmentarisch erhaltene Scapula (Taf. XII, Fig. 2a und 25), welche wohl zu obigem Unterkiefer gehören dürfte, da sie in derselben Höhle gefunden wurde, ist dadurch interessant, dass sie durch ihre seitlich mehr ausgebogenen Flügel an die Scapula des Mammuth mahnt; sie hat übrigens die Form des von Brandt auf Taf. XI, Fig. 14 nach Kaup abgebildeten Schulterblattes?), das Brandt dem Atelodus Merckil Brandt? also fraglich zuschreibt, welcher Art zufolge der vorliegenden Fundverhältnisse, auch das Ka u p’sche Exemplar also sicherlich nieht angehört. Geringste Breite über dem Gelenke an der Einschnürung 108, Länge der Gelenkfläche 92, Breite derselben 76. Ein Radius, dessen unteres Drittel abgeschlagen ist (Taf. XII, Fig. 5a und 55) gleicht dem von Brandt auf Taf. VIII, Fig. 2 und 5 (a. v. a. O.) nach einem Gypsabguss des Münchener Skelettes abgebil- deten Fxemplares des Atelodus antiquitatis, nur ist der vorliegende Radius schwächer; geringste Breite nahe der Mitte des Knochens 50. Auch ein Femur, dessen Trochanter major so wie der seitliche Fortsatz verletzt und dessen unteres Ende abgeschlagen ist, gleicht im Wesentlichen der von Brandt auf Taf. VIII, Fig. 6 und 9 (a. v.a. O.) ') J. F. Brandt, Versuch einer Monographie der tichorhinen Nashörner. Mem, de l’Acad. de sc. de St. Pötersbourg 1877, VII. Ser. T. XXIV, Nr. 4. 998 Joh. N. Woldrich. [6] gebrachten Abbildung des Münchener Skelettes von Atelodus antiquitatis, nur steht der seitliche Fortsatz an unserem Exemplare tiefer und es ist dasselbe ebenfalls schwächer; geringste Breite unterhalb des Tro- chanta major 86, geringste Breite oberhalb des unteren Gelenkes 80. Von einer rechten Tibia eines erwachsenen Thieres ist das proxi- male Ende abgebrochen und benagt (Taf. XII, Fig. 4a und 45); das distale Ende ist rechts etwas verletzt; der Knochen zeigt Schnittspuren. Auch dieses Exemplar gleicht der Zeichnung Brandt’s auf Taf. VII, Fig. 7 und 10, nur ist es ebenfalls schwächer. Grösste Breite des distalen Endes 99, grösste Dicke daselbst 72, geringste Breite der Diaphyse 67. geringste Dicke derselben 50. Vom Becken ist die Pfanne vorhanden mit abgeschlagenen ihr zu- gehörigen drei Knochenästen. Es ist merkwürdig, dass auch hier wieder Darmbein, Sitzbein und Schambein auf dieselbe Weise abgeschlagen erscheinen, wie dies beiden Pfannen des Renthieres, des Pferdes und anderer diluvialen Thieren der Fall zu sein pflegt, deren Knochen der Mensch bearbeitete. Diese Art des Abschlagens hat offenbar den Zweck, die Pfanne gleich einem Dreifuss aufzustellen, wie ich dies auch bereits von anderen Fundarten nachwies.!) Grösster Durchmesser der Pfanne 100. Ein wohl erhaltener Calcaneus (Taf. XII, Fig. 3, so gezeichnet, dass die Gelenkflächen dem Beschauer zugewendet sind) weicht insofern von der Zeichnung Brandt’s (auf Taf. IX, Fig. 12 und 13,) der wiluischen Leiche des Atelodus antiquitatis etwas ab, als besonders die Facies artic, lateralis viel tiefer herabgeht gegen die Facies artic. medialıs anter. und als auch letztere einen etwas abweichenden Umriss zeigt. Der Knochen wurde mit dem oben besprochenen Unterkiefer gefunden. Grösste Breite über die Gelenkflächen 88. Ausserdem liegt ein sonst gleicher aber kräftigerer Calecamus eines alten Individuums vor, der am Knorren und an der unteren Seite so tief und in einer Art ausgehöhlt ist, wie dies Hyänen und andere Räuber mit ihren Zähnen zu erzeugen nicht im Stande sind; es dürfte Menschen- arbeit sein. Endlich liegt noch eine Phalanx II der inneren Zehe des Vorder- fusses vor, welche zum Unterkiefer gehören dürfte; grösste Länge (v. — h.) 30, grösste Breite 45, grösste Dicke 28. Equus caballus fossilis Rütimeyer. Ein Metacarpus, von Wühlmäusen benagt, besitzt eine Länge von 233; am proximalen Ende beträgt die grösste Breite 56, die grösste Dicke 35; am distalen Ende die grösste Breite 52, die grösste Dicke 37; die Diaphyse hat in der Mitte die geringste Breite 41, und eine Dicke von 28. Ein anderer Metacarpus, der einzige abgewetzte Knochen, ist 240 lang, am proximalen Ende grösste Breite 54 + ?, grösste Dieke 34; am distalen Ende grösste Breite 49 + ?, grösste Dicke 30+?, die geringste Breite der Diaphyse ist 34, Dicke daselbst 27. ') Woldrfich, „Die ältesten Spuren der Cultur in Mitteleuropa“. Wien 1886, bei Alfred Hölder, pag. 19, v% De wn 17] Dilnviale Funde in den Prachover Felsen bei Ji&in in Böhmen. 299 Zwei vollständige Beckenhälften eines nicht sehr alten Individuums ; grösste Breite des Osilei vor der Gelenkpfanne 42, grösste Dieke desselben an derselben Stelle 28, grösster Durchmesser der Pfanne (v. — h.) 63, Quadratdurchmesser derselben 57. | Ein sehr starkes distales Femurende ist abgebrochen ; grösste Breite der Condylen 88, grösste Höhe (Länge) des ganzen Gelenkendes 100, grösste Breite der seitlichen Vertiefung 40. An einem distalen Ende eines Metatarsus beträgt die grösste Breite 50, die grösste Dieke 34. Eine Phalanx II besitzt die grösste Breite 57 und die grösste Dicke 35. Da sowohl das grosse diluviale Pferd Eguus cab. fossilus Rütim., als das kleine Zguus cab. foss. minor. Wold. in ihrer Bezahnung den echten, übereinstimmenden Caballustypus zeigen und auch in ihrem Skeletbaue übereinstimmen, kann man ihre Extremitätenknochen wohl nur nach ihrer Grösse bestimmen, was indess dort etwas schwieriger wird, wo auch die von Nehring aufgestellte dritte Form, nämlich die eines mittelgrossen schweren Pferdes Kguus cab. fossilis var. germanica, das der Grösse nach zwischen den beiden vorigen steht, auftritt. Schwierig erscheint es auch einzelne Zähne mit Caballustypus, besonders, wenn sie stark abgetragen sind, einer der obigen drei Formen zuzuschreiben. So liegen noch ein unterer Keimzahn »n, und ein unterer Ineisirzahn vor, die ich zwar hierher stelle, die aber ebensogut, sowie einige der vorstehend angeführten Skelettheile zu Zguus cab. foss., var. germanica Nehring, gestellt werden könnten. Ovibos moschatus Linne. Ein in einer breeeienartigen Masse eingebackener fragmentarischer Schädel kam im Löss der ersten Höhle vor. (Siehe beistehende Fig. 1, Rig.t. Ovibos mosehatus L. von hinten. !/, nat. Gr. Ansicht von hinten und Fig. 2, Ansicht von unten, beide in !/, natür- licher Grösse.) Das Hinterhaupt ist vollständig erhalten, der Gesichts- theil fehlt fast vollständig; der Schädelgrund ist vom Hinterhauptloch 930 Joh. N. Woldfich, [8] bis zum letzten rechten Oberkiefermolar vorhanden. Die beiden Stirn- zapfen sind in der Mitte ursprünglich abgebrochen, gewiss jedoch nicht durch ein Raubthier, sondern durch den Menschen; dieselben sind im Durchschnitte an der Basis breit und flach. In dem m, befindet sich die accessorische Innensäule innerhalb des Zahnes zwischen den beiden Halbmonden. Grösste Breite des Schädels zwischen den Aussenrändern der Stirnzapfen 260, Höhe des Hinter- hauptes vom oberen Rande des Foramen magnum bis zur Schädel- decke zwischen der Basis der Stirn- zapfen 121, grösste Höhe des Hinter- hauptes vom unteren Rande eines Condylus oceip. bis zur oberen Fläche des Stirnzapfens 170, Höhe des Foramen oceip. 32, Breite des- selben 35, grösste Breite der beiden Gelenkflächen der Condyli oce. 105, Länge vom Vorderende des Foramen magn. bis zum Hinterrande des Gaumenausschnittes 175?, Breite des Stirnzapfens an der Wurzel 150 + ?, Breite des Schädels zwischen den Aussenrändern der Gelenkflächen für den Unterkiefer 163 ; grösste Breite des Hinterhauptes 180, Breite des hinteren Endes des Choanenaus- schnittes 26. Länge der angekauten Zahnkrone des m, 41, Breite der- selben 20. Hierher gehören ferner Frag- mente der oberen p,, ?, und p; nebst einigen Gesichtsknochen; Ovibos moschatus L. von unten. „nat. Gr. Wahrscheinlich auch ein Phalanx- fragment und ein Radius ohne Epiphysen eines jungen Individuums; geringste Breite in der Mitte 36, Dicke daselbst 22. Schliesslich sei erwähnt, dass dieser Schädel wie ein Riese er- scheint gegen einen im Olmützer Museum befindlichen sehr kleinen Schädel, den Herr Dr. H. Wankel in der diluvialen Station Predmost in Mähren gefunden und der zufolge meiner Untersuchung des Fundortes dem Ende des postglacialen Diluviums angehört. Rangiter tarandus Jard.? Ein proximales abgeschlagenes Ende eines Metacarpus, das mit dem Steinmesser bearbeitet ist, erscheint für einen Hirsch zu schwach, ebenso auch wohl für ein Renthier normaler Grösse; da es jedoch erwiesen ist, dass es zur Diluvialzeit auch schwächere Formen des Renthiers gegeben hat, stellte ich das Fragment fraglich hierher. Dasselbe gilt von einem Carpalknochen. a [9] Diluviale Funde in den Prachover Felsen bei Jicin in Böhmen. 23] Von einer Tibia liegen zahlreiche Fragmente vor, die ich mühsam zusammenleimte. Dass dieselbe schon ursprünglich zertrümmert war, beweist der Umstand, dass ein kleines Fragment, welches zu den anderen genau passte, an einer seitlichen Bruchkante rund und glatt abgewetzt erschien. Dies verlieh ihm das Aussehen eines Artefact- fragmentes, was es jedoch nicht ist, wie dies Prof. Bau$e in Prag vermuthete '); es muss vielmehr ein Thier über dieses Stick häufig in die Höble geschlüpft sein und dasselbe mit seinen Tatzen abgewetzt haben. Auch diesen Knochen kann ich nur fraglich hierherstellen, obwohl er einem mächtigeren Individuum angehört. Vulpes vulgaris fossilis Wold. Ein distales Tibiaende, welches für einen Eisfuchs zu stark erscheint, gehört wohl hierher; vielleicht eine schwächere Steppen- form des gemeinen Fuchses. Vulpes Gray oder Canis Gray. Ein Scapulafragment gehört entweder einer diluvialen Fuchsform oder einer Canisform an. Elephas primigenius Blumb. Ein Fragment des rechten Femur, ohne Epiphysen, besitzt die Grösse dieses Knochens eines erwachsenen indischen Elephanten. Lepus timidus Lin. Vorhanden ist das distale Ende eines Humerus und ein Zwischen- kiefer mit vorderem, linken Schneidezahn von einem kräftigen Individuum. Lepus tinidus Lin.? Ein Fragment, das für den Schneehasen zu stark ist, könnte einer schwächeren Steppenform des gemeinen Hasen angehören. Homo. Es liegt die distale Hälfte eines Femur vor, der sehr kräftig und stark ist und ein starke Muskelleiste besitzt. Der Knochen, welcher an der Innenseite drei schwache Schnittspuren zeigt, ist etwas leichter und zeigt ein etwas frischeres Aussehen als die anderen Reste, doch klebt er an der Zunge und wurde von den Arbeitern in der ersten Höhle mit anderen diluvialen Knochen ausgegraben, unter denen er auch in der mir zugesendeten Kiste gelegen ist. Breite der Diaphyse in der Mitte 31, Dicke daselbst mit Inbegriff der starken Muskelleiste 32; grösste Breite des distalen Endes 80, grösste Dicke daselbst 65. 1) Svetozor. Prag 1886. Jahrbuch der k.k. geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Band. 2. Heft. (J. N. Woldiich.) 31 232 Joh. N. Woldrfich. Diluviale Funde in den Prachover Felsen bei Jitlin. [10] Ausserdem kamen in der ersten Höhle in einem Lösklumpen eine Menge kleiner, hohler Körner vor, die Samen sein dürften; einige kleine Schnecken sind so fragmentarisch erhalten, dass sie nicht bestimmbar sind. Von den unzweifelhaften, primitiven Knochenwerkzeugen, die bereits erwähnt wurden, nämlich einer dreikantigen, gebrauchten Spitze und einem spitzigen bekratzten Werkzeuge aus Knochen ab- gesehen, liegt noch eine Anzahl absichtlich zugeschlagener, theilweise auch bearbeiteter und gebrauchter Knochenfragmente vor, die als Werkzeuge oder als Zier dienten, ganz analog, wie dies in der bekannten Station vonZuzlawitzim Böhmerwalde !) der Fall war. Hierzu kommen noch, wie aus dem Vorstehenden hervorgeht, mehrere mit dem Steinmesser bearbeitete Knochen des Pferdes; ferner der ausgehöhlte Calcaneus, die Pfanne, der mit Schlagmarken versehene Condylus und die beschnittene Tibia des Rhinozeros, sowie der bearbeitete Metacarpus und die zertrimmerte Tibia des fraglichen Renthieres. Der Abhang der Prachover Felsen bei Jidin, und zwar die Gegend oberhalb des Dorfes Lehov, erweist sich somit als eine für Böhmen neue und wichtige Station des diluvialen Menschen, welche gegen das Ende der postglacialen Weidezeit fällt und weitere wichtige Funde verspricht. ') S. meine „Diluviale Fauna von Zuzlawitz“, III. Theil. Sitzb. d. k. Akad. der Wiss. Wien, Bd. LXXXVIII, Octoberheft 1883 und „Die ältesten Spuren der Cultur“, Wien, bei A. Hölder, 1286. Tafel-Erklärung. Taf. XIII. Alle Figuren in !/, natürlicher Grösse. Atelodus antiquitatis Brandt. Fig. 1a. Unterkiefer von oben. | Fig. 4a. Tibiafragment von vorne. „ 15. Derselbe von unten. „ 4b. Dasselbe von hinten. Fig. 2a. Scapulafragment von aussen. „ 5b. Dasselbe von hinten, „ 25. Gelenkfläche derselben. Fig. 6@. Femurfragment von vorne. Fig.3. Calcaneus von den Gelenkflächen „ 65. Dasselbe von hinten. „ le. Derselbe von der Seite. | Fig. 5a. Radiusfragment von vorne. | aus gesehen. | Fig.7. Pfanne von oben. Der Ausbruch des Schlammvulcans Lok-Botan am Kaspischen Meere vom 5. Jänner 1887. Von Dr. Hjalmar Sjögren. In der kaspischen Schlammvulcanregion finden jedes Jahr eine oder mehrere Eruptionen statt. Die letzte, deren Schauplatz der nur 12 Kilometer von der Stadt Baku und 2 Kilometer von der Station Puta der Tiflis-Bakuer-Bahn entfernte Schlammvulean Lok-Botan war, hat eine sehr grosse und allgemeine Aufmerksamkeit erregt und konnte von Hunderten von Menschen beobachtet werden. I. Der Lok-Botan vor dem Ausbruche. Diesen Berg besuchte ich schon im April 1886 bei Gelegenheit meiner geologischen Untersuchungsarbeiten in der Gegend von Puta. Derselbe liegt gerade an der Mündung des durch seinen antiklinalen Bau ausgezeichneten Puta-Thales, welches hier zwischen Bakinski-Uschi (die „Bakuer-Ohren“) und dem Gosdekplateau endend, eine beinahe direet östliche Richtung hat. Dieser Schlammvulcan macht also keine Ausnahme von der gewöhnlichen Regel, derzufolge die Schlammvulcane der kaspischen Region immer auf Antiklinallinien gelegen sind. Der Berg erweist sich, schon aus der Ferne gesehen, als ein Schlammvulcan durch die zwei konischen Hügel, welche sich auf dem fach gebogenen Bergrücken erheben. Dieser Umstand hat auch zu dem tatarischen Namen des Berges Veranlassung gegeben; Lok-Botan bedeutet nämlich Gas versunkene oder ersäufte Kameel, weil die eben genannten zwei Hügel der Profillinie des Berges eine grosse Aehnlichkeit mit einem Kameelrücken geben. Der Berg ist übrigens auch unter dem Namen Alladschan bekannt. Es ist ein isolirter, in ost-westlicher Richtung aus- gedehnter Berg von 2 Kilometer Länge und ovaler Basis. Die mittlere Höhe des Bergplateaus beträgt eirca 100 Meter; die Spitze des südlichen, höheren Hügels liegt nach meinen barometrischen Messungen 126 Meter über der Fläche des kaspischen Meeres; davon kommen etwa 30 Meter auf den Hügel selbst. Circa 1UUV Meter nördlicher liegt die Spitze des anderen Hügels, nur 5 Meter niedriger als der vorige. Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1886. 37. Band. 2. Heft. (Hj. Sjögren.) 31* 934 Hjalmar Sjögren. [2] Im Jahre 1864 soll auf dem Lok-Botan ein sehr gewaltiger Aus- bruch stattgefunden haben; spätere Eruptiverscheinungen sind nicht bekannt. Bei meinem Besuche am 26. April 1886 habe ich die Hauptmasse des Berges als aus durchwegs eruptivem Material bestehend erkannt. Die flachen Böschungen sind durch Schluchten tief eingeschnitten und ist der ganze Berg mit Ausnahme der genannten zwei Hügel mit spärlicher Vegetation (meist Kameel-Dorn) bedeckt. Da der eruptive Schlamm immer mit verschiedenen Salzen sehr vermengt: ist, kann erst nach mehrjähriger Auslaugung eine Vegetation sich einstellen, so dass man bei einem Schlammvulcane im Allgemeinen nach der reichlicheren oder spärlicheren Vegetation sehr leicht beurtheilen kann, welche Partien des Berges älterer und welche jüngerer Entstehung sind. In diesem Falle sind ganz augenscheinlich die vegetationslosen Hügel die jüngsten Bildungen. Eruptionserscheinungen, irgend welcher Art, waren während meiner damaligen Anwesenheit durchaus nicht zu sehen; weder brodelnde Salzwassertümpel, noch Gasexhalationen, noch Naphtaquellen waren sichtbar und auch Kir- (Asphalt) Felder fehlten gänzlich. Ebensowenig war ein deutlicher Krater oder ein umwalltes Krater-Plateau, wie man sie auf den meisten grösseren Schlammvulcanen findet, zu sehen. Als Krater musste wohl der etwa 30 Meter breite Sattel zwischen den’ beiden schon erwähnten Hügeln betrachtet werden; er ist gegen 0. durch einen Wall, welcher die beiden Hügel vereinigt, geschlossen, gegen W. dagegen offen und geht in dieser Richtung in ein schwach gesenktes Gebiet von 200 Meter Länge und Breite über, welches theil- weise von senkrechten Wänden begrenzt ist. — In der Richtung O. 15° 8. von diesen beiden Hügeln trifft man in einer Entfernung von 800 Metern ein älteres Eruptionscentrum an, welches auch durch zwei Hügel deutlich markirt ist. Diese Hügel liegen auch nach N. und S., sind aber viel kleiner als die vorerwähnten, nur etwa 10 Meter hoch und mit Kameel-Dorn wie anderen Sträuchern bewachsen. Aeltere Schlammströme umgeben dieselben. Die Zone zwischen den vorerwähnten, grösseren zwei Hügeln und diesen kleineren, welche das ältere Eruptionscentrum repräsentiren, sind durch sehr ausgeprägte Dislocationserscheinungen charakterisirt. Hierher gehört zuerst das schon erwähnte, westlich von den grossen Hügeln gelegene Senkungsfeld, welches eine Länge von 200 Metern bei einer nahezu ebenso grossen Breite besitzt. Gegen W. wird dieses Senkungsfeld durch einen freistehenden „Horst“ in zwei Zweige getheilt. Derselbe erhebt sich mit zum Theile senk- rechten, 3—5 Meter hohen Wänden über die jüngeren Schlammmassen, welche das Senkungsfeld einnehmen und besteht aus ungeschichteten, älteren Schlammmassen , welche stellenweise durch tiefe Spalten zer- klüftet sind. Westlich von diesem „Horste“ wird die Dislocations- zone durch zwei mächtige Verwerfungen, welche mit einander nahezu parallel laufen und als die Fortsetzungen der beiden Zweige des Senkungsfeldes zu betrachten sind, begrenzt. Die nördliche derselben hat die Richtung W. 15°S. Längs dieser Verwerfungen haben sich stellenweise tiefe Schluchten und noch offen stehende Spalten gebildet, Var DR [3] Der Ausbruch des Schlammvulcans Lok-Botan am Kaspischen Meere. 235 zum Theil sind auch Pressungen vorgekommen, welche die Schlamm- massen in Blöcke zerklüfteten und als hohe Wälle aufstauten. Auch noch andere, demselben Dislocations-Systeme zugehörige Spalten kommen vor; ausserdem zahlreiche kleinere Querspalten mit geradem oder krummen Verlauf und einem Hauptstreichen N.-8. Auf der östlichen Seite des älteren Eruptionscentrums kommt auch ein Senkungs- oder Z NE NEAR NEAR Kilometer. —- NW, ER y 7 RU = \ [a2] N Im an OR Km N Na BUG lg, li ae , Mau Ye Se & NINA CS nn 7 “ DT. S Maß stab =1: 210.000. & KOUD) AUL HRR AE HENIRON un Ms 328 „AD “ NZ, n S S me Bier 13 \ FG RIWEN\ N 7 Kobt Y17 Plan der Gegend W. von Baku. AS UNSINN NN DRS green N N gun NL N, NZ BB Einsturz-Gebiet vor mit vielen älteren, aber noch erkennbaren Ver- werfungen und grösstentheils zusammengestürzten Spalten. Ueber das Alter dieser Dislocationserscheinungen fehlt jede Nach- richt; sehr alt können sie aber nicht sein, weil die, aus losen Erdmassen bestehenden Wände noch senkrecht, die Spalten zum Theil auch noch offen stehen. Wahrscheinlich sind sie während verschiedener Zeiten entstanden und ein Theil wohl bei Gelegenheit der schon erwähnten grossen Eruption vom Jahre 1864. 936 Hjalmar Sjögren. [4] 2. Der Ausbruch am 5. Jänner d. J. Ansicht der Eruption von Baku aus. In der Stadt Baku, 12 Kilometer vom Lok-Botan, hat sich die Eruption durch einen sehr starken Liehtsehein kundgegeben, welcher die ganze Gegend beleuchtete. In dem Zimmer, in welchem ich mieh befand, habe ich plötzlich ein so helles Aufleuchten gesehen, dass die Lichter, welche im Zimmer brannten, dadurch ganz verdunkelt wurden. Es war gerade 12 Uhr Nachts (Bakuerzeit). An das Fenster tretend, sah ich die Strassen beleuchtet wie am hellen Tage. Diese so starke Lichterscheinung hat jedoch höchstens eine Minute gedauert. Später hat das Licht an Stärke bedeutend abgenommen und nur noch mehrere Male aufgeleuchtet, bis endlich nur mehr ein rother-Schein am westlichen Horizonte zurück- blieb. Etwa eine Minute nach dem ersten Aufleuchten habe ich eine starke Detonation wie von einem Kanonenschusse, welcher später noch mehrere folgten, gehört. Das Ganze erschien mir wie eine grössere Feuersbrunst in irgend einer ausserhalb der Stadt gelegenen Ceresin- fabrik und habe ich mich zunächst auch nicht weiter darum gekümmert. Erst einige Tage später habe ich die wirklichen Umstände erfahren. Beobachtung der Eruption ausViliaPeirolea. In Villa Petrolea, 6 Kilometer östlich von Baku und 17 Kilometer vom Vulkane, haben die meisten Beamten der Gesellschaft Gebrüder Nobel, welche da wohnhaft sind, die Eruption beobachtet. Sie beschreiben die Erscheinung als einen ausserordentlich starken Feuerschein, welcher die Nacht während einiger Minuten zum Tage machte. Die 6 Kilometer entfernt gelegene Stadt Baku hat man deutlich sehen können ebenso wie die ganze Bakuer-Bucht mit allen Schiffen, die ausserhalb der Bucht liegenden Insel Nargin und die ganze Umgegend, alles ganz wie am Tage. Die über den, in südwestlicher Richtung liegenden Bergen auftretende Feuerscheinung wurde von Einigen mit einer ballonförmigen, langsam aufsteigenden Feuerkugel, von Anderen dagegen mit einer spielenden Wasser- oder Naphta-Fontaine verglichen. Ueber der Feuersäule, welche nach oben mit mehreren flatternden Feuerzungen endete, erhob sich langsam eine weisse Wolke, augen- scheinlich aus Wasserdampf bestehend, welche später die Form einer Pinie annahm, ganz wie bei den wirklichen Vulkanausbrüchen. Von Detonationen hat man hier nichts wahrgenommen, wahrscheinlich wohl wegen des Kegelschiebens, womit man eben beschäftigt war. Eine von den Angaben, welche ich von hier erhielt, lässt die Möglich- keit zu, die Höhe der Feuersäule zu berechnen. Ein Beobachter hat mir nämlich gesagt. dass das oberste Ende der Feuersäule gerade über den vier grossen Ceresineisternen sichtbar war. Ich habe daher den Abstand von dem ÖObservationspunkte bis zu diesen Cisternen, sowie deren Höhe messen lassen und dadurch gefunden, dass die Feuer- säule von hier aus unter einem Winkel von circa 2° über dem Horizonte sichtbar war. Nimmt man die Entfernung des Vulkans von Villa Petrolea in Betracht, so findet man für das oberste Ende der Feuer- säule eine Höhe von 700 Meter über dem Meeresspiegel, wovon etwa 100 Meter als die Höhe des Berges selbst abzuziehen sind, der übrige Theil mit 600 Meter als die Höhe der Feuersäule zu betrachten ist. [5] Der Ausbruch des Schlammvulcans Lok-Botan am Kaspischen Meere. 937 Ansichtder EruptionvonBalachany aus. In Balachany, 24 Kilometer von dem Schlammvulkane, ist der Ausbruch auch von Mehreren wahrgenommen worden. Ein Beobachter erzählte, er habe gerade eine Lampe ausgelöscht, als er zu seinem grossen Erstaunen bemerkte, dass es im Zimmer noch ebenso hell verblieb, als vorher. An das Fenster tretend sah er die ganze Gegend hell erleuchtet wie von einer sehr nahen Feuersbrunst. Ueber den Bergen in SW bemerkte er dann eine Feuersäule und über der Säule schwebend eine runde grauweisse Kugel von Wasserdampf, welche von unten prachtvoll rosen- roth beleuchtet war. Sogleich nachher sind mehrere Detonationen wie von fernem Donner wahrgenommen worden. Später ist nur ein rother Schein am Horizonte sichtbar geblieben, welcher mitunter noch auf- geflammt hat. Alle Angaben stimmen in betreff der grossen Intensität des Feuerphänomens überein, obwohl mir eine Mittheilung, welche ich von der Station Adji-Kabul, 67 Kilometer von dem Eruptionspunkt entfernt, bekommen habe, dass man da bei dem Scheine der Eruption eine Zeitung lesen konnte, ein wenig übertrieben erscheint. Beobachtungen auf der Station Puta. Die von dem Stationspersonale mit grösstem Entgegenkommen gemachten Angaben über den Verlauf der Eruption werde ich hier kurz resumiren. Die Höhe der Feuersäule hat man in der Station auf 50 russische Faden (= 100 Meter) geschätzt ; der oben mitgetheilten Berechnung zu Folge, ist jedoch diese Schätzung viel zu niedrig ausgefallen. Die Detonation war so gewaltig, dass alle Menschen in der ganzen Umgegend aus dem Schlafe geweckt wurden. Die Hitze auf dem Stationsplatze (2 Kilometer von dem Eruptionspunkte) wird von Einigen als sehr bemerkbar, von Anderen sogar als beinahe belästigend bezeichnet. Das Getöse der Feuersäule war so stark, dass die schärften Locomotivsignale davon ganz übertönt wurden. Von Erderschütterungen ist nichts bemerkt worden, vielleicht deswegen, weil zwei Locomotiven gerade während der Zeit des ersten, heftigen Ausbruches auf der Station manövrirten. (Im Gegen- satz hierzu weiss die Bakuer-Zeitung „Kaspi“ vom 11. Jänner in ihrer, übrigens im wesentlichen Theile sehr unrichtigen Notiz zu erzählen, dass der Ausbruch von einem heftigen Erdbeben, welches ziemlich lange gedauert habe, begleitet war.) Der erste Ausbruch hat 10 Minuten nach 11 Uhr Nachts (Tifliser Zeit) stattgefunden, welehe Angabe mit Berücksichtigung der Zeitunter- schiede genau mit meiner eigenen Beobachtung übereinstimmt. Ein schwacher nordwestlicher Wind hat die Feuersäule gebogen, so dass sie das Aussehen einer spielenden Fontaine hatte. Ausser brennenden Gasen sind Massen von Schlamm und Steinen ausgeworfen worden, welche ebenso vom Winde abgelenkt, meistens auf der O.- und SO.-Seite des Berges niedergefallen sind. Auf dem Bahnhofe, welcher NO. von dem Ausbruchspunkte liegt, sind weder Steine noch Schlamm oder Staub niedergefallen. Nach 10 Minuten hat der Ausbruch an Heftigkeit bedeutend abgenommen; es sind aber bis 5 Uhr Morgens noch zeitweise Flammen aufgestiegen und Schlamm und Steine ausgeworfen worden. Während dieser Zeit haben auch noch zwei weitere, heftige Ausbrüche mit starkem Getöse, nur nicht so heftig wie der erste, stattgefunden, 938 Hjalmar Sjögren. [6] Am 7. Jänner, dem zweiten Tage nach dem Ausbruche, hat man noch auf der Station drei ziemlich schwache Detonationen gehört. Am dritten Tage hat man das Feuer noch hell brennen gesehen, obwohl der Ausbruch schon so abgeschwächt war, dass weder Steine noch Schlammmassen ausgeschleudert wurden. Auf alle meine Fragen, ob man keine Vorzeichen der Eruption bemerkt hätte, habe ich nur negative Antworten erhalten. Dagegen bekam ich von einem einfachen Stationsbediensteten einen Aufschluss, welcher mir sehr wichtig scheint, weil er geeignet ist, Licht über die bis jetzt unerklärte Frage der Entzündung der Gase zu verbreiten. Der betreffende Bedienstete erklärte nämlich, er habe von dem Berge her während etwa 15 Minuten vor dem Anfange der Eruption ein Brausen gehört, wie wenn Dampf aus einem Dampfkessel ausgelassen würde. Es ist daher anzunehmen, dass die Gase schon vor der wahrgenommenen Lichterscheinung unter starkem Druck ausgepresst wurden. Diese Auspressung von Gasen, welche ziemlich gewaltsam gewesen sein muss, um auf 2 Kilometer hörbar zu sein, ist sicherlich auch mit Auswerfung von Schlamm und Steinen begleitet gewesen, obwohl dieselbe in der Nacht nicht bemerkbar war. Die Eruption ist also schon einige Zeit lang in voller Wirksamkeit gewesen, ehe durch die Frietion der ausströmenden Gase aus tieferen Regionen und also von höherer Temperatur die Hitze am Ende so hoch geworden ist, dass die Entzündungstemperatur der Kohlenwasserstoffgase (etwa 300° C.) erreicht wurde. Dabei ist natürlich eine Explosion der mit Luft gemischten Gassäule über dem Krater eingetreten und das Licht- phänomen hat erst dann seinen Anfang genommen. Hatte das Gas einmal Feuer gefangen, so hat es natürlich fortgebrannt so lange Gas in hinreichender Menge aus der Erde ausgetreten ist. Die Detonation muss man also nicht als durch den Ausbruch der Gase aus der Erd- _ oberfläche entstanden auffassen, sondern als die Explosion von einer mit Luft gemischten Gasmasse, längere oder kürzere Zeit nach dem Anfange des wirklichen, aber früher nicht beobachteten Ausbruches. 3. Der Lok-Botan nach dem Ausbruche. Um die Wirkungen des Ausbruches kennen zu lernen, habe ich den Lok-Botan später zwei Mal besucht; das erste Mal am 9. Jänner, vier Tage nach dem Anfang der Eruption, das zweite Mal am 27. Februar. Bei meinem ersten Besuche herrschte ein gewaltiger Schneesturm, welcher im hohen Grade alle geologischen Beobachtungen erschwerte. Von dem Bahnhofe aus die Besteigung beginnend, sieht man anfangs die beiden Hügel nicht: erst auf dem gewölbten Plateau werden sie sichtbar und damit auch die Flammen, welche zwischen den beiden Hügeln, auf einem gegen den Wind geschützten Platze, hoch emporschlugen. Diese Stelle zwischen den beiden Hügeln ist auch das Centrum der Eruption gewesen; von dort hat sich ein gewaltiger Schlammstrom in westlicher Richtung ergossen. Dieser Schlammstrom nimmt das ganze erwähnte Senkungs- feld ein und wird gegen Westen von dem „Horste“ in einen kleineren, südlichen und einen grösseren, nördlichen Zweig getheilt. Er hat nach meiner Messung eine Länge von 300 Meter, eine mittlere Breite von nn: [7] Der Ausbruch des Schlammvulcans Lok-Botan am Kaspischen Meere. 239 200 Meter und eine mittlere Mächtigkeit von 2 Meter. Das Volumen beträgt also etwa 120°000 Cubikmeter und das Gewicht 250 Millionen Kilo- gramm. Diese ganze Masse ist in einigen Stunden ausgeworfen worden. Der Schlammstrom hat sich gegen den „Horst“ aufgestaut und als ein hoher Wall aufgeschoben , wobei der diekflüssige Schlamm vielfach in =) dä S 5 Q = > en un u _ u l nn Be) HI E AR [7 ea & T-IrA- = pen = a) 1--+-\ Ar = = EN a x, R) x) fe] © © A u E85 5 5 =. joa} Be n o © 3 a = e = « u Sl ri = Fe) = R Te 2,8% ® Au = Mo I © 8 rI II = > © 3 un in MH. ® 8 5 a Zi nd l blöckige Massen zertheilt wurde. Auch die Kante des „Horstes“ war ganz zerklüftet und ältere und jüngere Eruptivmassen auf der Grenze mit einander gemischt. Die Oberfläche des Schlammes war übrigens überall sehr uneben und von übereinander geschobenen Blöcken von verschiedenen Dimensionen gebildet; augenscheinlich war der Schlamm sehr wasserarm Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1837. 37. Band. 2. Heft. (Hj. Sjögren.) 32 40 Hjalmar Sjögren. [8] und dadurch zähflüssig. Die Schlammblöcke waren schon einige Tage nach der Eruption auf der Oberfläche durch den scharfen Wind aus- eetrocknet, aber im Innern noch ganz feucht. Der Schlamm besteht aus eewöhnlicher blaugrauer, lehmiger Substanz, häufig mit Bruchstücken von Sandstein gemischt. Von sehr grossem Interesse ist der Umstand, dass einige von diesen Sandsteinstücken mit Naphta imprägnirt erscheinen ; sie haben deutlichen Naphtageruch, sind auf der Oberfläche braun gefärbt und liessen Oelflecken auf dem Papiere, worin sie eingewickelt waren, zurück. Sehr bemerkenswerth sinddieBerstungenund Zerreissungen in den umliegenden Erdmassen, welche sich bei diesem letzten Aus- bruche gebildet haben. Nach Westen zeigen sie sich sogar bis auf ein Kilometer Entfernung von dem Krater. Hier begegnet man Spalten und Rissen, welche an Grösse und Anzahl zunehmen, so wie man sich dem Krater nähert. Die mächtigsten Spalten laufen von dem Krater in westlicher Richtung radial aus. Diese Spalten sind von einigen Zollen bis zu einem Faden breit, und so tief, dass man keinen Boden darin sehen kann. Besonders ist der öfter erwähnte „Horst“ durch zahlreiche Spalten zerklüftet, von welchen die grösseren ostwestlich, die kleineren Querspalten dagegen nordsüdlich laufen. Die Sprunghöhe der Verwerfungen beträgt oft mehr als ein Meter. Nicht weniger eigenthümlich sind die Pressungen, welche man an anderen Punkten wahrnehmen konnte; längs gewissen Linien ist die Erde aufgepresst worden und bildet jetzt hohe Wälle von über einander gestapelten Blöcken eines trockenen festen Lehms. Diese Pressungen sind am meisten mit solchen zu vergleichen, wie sie in dem Treibeise der arktischen Region stattfinden. Man hat mir erzählt, dass eine Spalte von dem Krater bis zu einem anderen Berge verfolgt werden kann, welcher Kir Felder und natürliche Naphtaquellen zeigt und 3 Kilometer in westlicher Riehtung entfernt liegt; diese Angabe habe ich jedoch nicht controliren können. Aus den Spalten stiegen bei meinem ersten Besuche noch warme Kohlenwasserstoffgase auf, wasschon dadurch bemerkbar war, dass der Schnee, welcher in einer dünnen Decke auf dem Boden lag, in einer Entfernung von mehreren Deeimetern auf jeder Seite der Spalte geschmolzen war. Steckte man die Hand in die Spalten hinein, so bemerkte man eine deutliche Wärme. Früher müssen alle diese Gasmassen entzündet gewesen sein, wie man nach dem braunrothen, verbrannten Aussehen der Ränder bei mehreren Spalten schliessen konnte. Ich wollte von der südlicher Seite den Gipfel besteigen, um den Krater zu erreichen. Bald bemerkte ich jedoch, dass dieser Weg nicht ohne Gefahr sei wegen der überall aus den Spalten aufsteigenden Gase, wozu noch kam, dass der Wind alle die unverbrannten Gase aus dem Krater mir entgegentrieb. Die verrätherische Natur dieser Kohlenwasser- stoffgase aber habe ich in Balachany schon viele Male zu beobachten Gelegenheit gehabt, da es dort oft vorkommt, dass die Arbeiter, welche im Bereiche solcher Gasausströmungen beschäftigt sind, ohne Vorzeichen bewusstlos zu Boden stürzen; das Gas ist nämlich beinahe geruchlos und man bemerkt also nicht, dass man es einathmet. Diese Seite des Berges war mit runden Schlammkugeln oder Knollen von Nuss- bis Faustgrösse bedeckt. Der Boden zeigte überall Eindrücke und Vertiefungen, welche Ar a [9] Der Ausbruch des Schlammvulcans Lok-Botan am Kaspischen Meere. 24] augenscheinlich dadurch gebildet wurden, dass während der Eruption die herunterfallenden Sc hlammklumpen i in den weichen Boden eingedrungen sind. Aus diesen Klumpen haben sich dann die herumliegenden Schlamm- bälle und -Kugeln durch Zerplatzen beim Anfallen gebildet. Ein Schlamm- vulcan wird also aufgebaut nicht nur durch die Sc hla mmströme, welche von dem Kräter ergossen werden, sondern auch durch das in die Luft aufgeschleuderteMateria I. Dieses Verhältniss ist ganz in Analogie mit der Bildung der wirklichen Vuleankegel und die erw ähnte n Schlamm- klumpen können auch mit den „vulcanischen Bomben“ völlig verglichen werden, während die aufgeworfenen Steine (Sandstein und Schieferthon), welche aus tieferliegenden, durchbrochenen Sedimentärschiehten stammen, dem Begriff der „vuleanischen Blöcke“ völlig entsprechen. Von der nördlichen Seite konnte ich den Gipfel leichter besteigen, weil der Wind hier die Gase, welche reichlich aus kleinen, aber zahl- reichen Spalten am Fusse des Hügels emporstiegen, wegtrieb. Auf den nördlichen Hügel gelangt, hatte ich die Kraterflammen , welche aus ar grossen Anzahl Spalten und Schlünde emporstiegen , ganz unter . Gas und wenig Wasserdampf drang unter Rauschen empor. Die ae Fläche zwischen den beiden Hügeln, sowie die einander zugewandten Hügelseiten waren von verticalen Spalten ganz durchsetzt und überall stiegen brennbare Gase empor; wenn der Wind einen Augenblick an Stärke abnahm, konnte man sehen, wie das Feuer sich schnell längs der Spalten ausbreitete, um bald wieder zu dem Platze auf der südlichen Seite des nördlichen Hügels, welcher gegen den Wind völlig geschützt war, zurückgedrängt zu werden. In das eigentliche Kratergebiet zwischen den beiden Hügeln einzudringen war unmöglich, theils des nassen, tiefen Schlammes wegen, theils wegen der Klüfte. Am 27. Februar, als ich das zweite Mal den Lok-Botan besuchte, bemerkte man noch zwischen den beiden Hügeln einen sehr deutlichen Geruch von aufsteigenden Gasen. Im Kraterfelde war der Schlamm nur halb getrocknet und noch immer nicht durchwatbar. An einigen Punkten des neuen Schlammfeldes bemerkte man kleine, brodelnde Salzwasser- tümpel. Andere Eruptionserscheinungen waren nicht mehr zu beobachten. 4. Ueber einen supponirten Zusammenhang zwischen der Eruption und einer Naphtafontaine in dem Terrain Beibat. Denselben Tag, als die Eruption auf dem Lok-Botan stattfand, wurde eine Veränderung in der Wirksamkeit einer Naphtafontaine in dem Terrain Beibat beobachtet, welche vielleicht Veranlassung geben kann, irgend einen Zusammenhang zwischen diesen beiden Phänomenen anzu- nehmen. Die fragliche Naphtaspringquelle ist eine von jenen, welche in der letzten Zeit die grösste Aufmerksamkeit auf sich gelenkt haben. Man kann als bekannt voraussetzen, dass das ganze Rohmaterial für die Bakuer Naphtaindustrie von zwei verschiedenen Naphtagebieten, welche 16 Kilometer von einander entfernt liegen, geliefert wird. Das grössere ‚Gebiet ist Balachany, 12 Kilometer nordöstlich von Baku "entfernt gelegen; das kleinere, Beibat, liegt 4 Kilometer süd- lich von derselben Stadt und 10 Kilometer von dem Schlammvuleane Lok-Botan. 88 * 242 Hjalmar Sjögren. [10] Die fragliche Naphtafontaine ist in dem letztgenannten Reviere gelegen und gehört Herrn Tagief. Sie wurde schon am 17. September 1886 fertiggebohrt, indem man in einer Tiefe von 714 engl. Fuss oder 217 Meter ein Naphtalager antraf, welches so viel Naphta auszuwerfen anfing, dass die Fontaine gar nicht mehr zugemacht oder beherrscht werden konnte. Während der folgenden Tage stieg der Naphtazufluss noch mehr, so dass er auf etwa 300.000 Pud oder 50.000 Metercentner in 24 Stunden geschätzt wurde. Der grösste Theil dieser Naphtamenge ist, nachdem sie in den Tagief'schen Ceresinfabriken grossen Schaden angerichtet hatte, in das nahe gelegene Meer geflossen. Die auch durch die Zeitungen verbreiteten Angaben, nach welchen der Naphta- zufiuss während einiger Tage auf 700.000 Pud oder mehr als 100.000 Metercentner gestiegen sein sollte, muss ich nach den mir von compe- tenter Seite zugekommenen Aufklärungen als sehr übertrieben betrachten, obwohl die ausgeworfene Naphtamenge, dadurch, dass sie in’s Meer floss, nicht genau bestimmt werden konnte. Nachdem die Fontaine nun 15 Tage lang geflossen war, wurde sie endlich bewältigt und zugeschlossen. Als während dieser Zeit ein heftiger Südsturm eintrat, wurde die Marinestation Bailoff und die Stadt Baku mit einem Staubregen von Naphta überschüttet. Während der Monate November und December hat die Fontaine sodann meistens ohne Unterbrechung Naphta gegeben, nur nicht so grosse Mengen wie anfangs. Die ersten Tage im Januar gab sie noch die nicht unbeträchtliche Menge von 40.000 Pud (6— 7000 Metercentner) täglich und ist dann ruhig und ohne Aufenthalt geflossen. Am 5. Januar jedoch, um 6 Uhr Nachmittags, also 5!/, Stunden früher, als der Vuleanausbruch stattfand, hat sie von selbst aufgehört zu fliessen. Die Fontaine ist dann während zwei bis drei Wochen still geblieben, hat aber später wieder angefangen zu fliessen und täglich circa 20.000 Pud (3300 Metercentner) geliefert. Erst im März hat sie wieder aufgehört Naphta auszuwerfen. Obwohl nun die Möglichkeit nicht zu leugnen ist, dass hier blos ein Zufall vorliege, indem die Fontaine unmittelbar vor dem Ausbruche des Vulcans zu fliessen aufhörte, so muss doch zugestanden werden, dass dieser Umstand viel zu grosse Aehnlichkeit mit gewissen Vorzeichen bei eigentlichen Vuleanausbrüchen zeigt, wie z.B. das Versiegen der Quellen, als dass er ganz ausser Acht gelassen werden könnte. Ein Zusammenhang ist auch leicht erklärlich, wenn man in Betracht zieht, dass durch den Ausbruch gewaltige Gasmengen aus der Erde frei wurden, wodurch dann eine Verminderung des Gasdruckes auch in der Naphtafontaine entstehen konnte, welche dadurch aufhörte, über- zufliessen. Der Umstand, dass die Fontaine nach der Eruption nur 20.000 Pud täglich gegeben hat, gegen das Doppelte von früher, scheint auch für eine solche Druckverminderung zu sprechen. Um über diesen Zusammenhang aber nähere Auskunft zu erhalten, habe ich nachgeforscht, ob schon etwas Aehnliches in Balachany oder bei den Gasquellen in Surachany bemerkt worden ist. Auf diesen beiden Plätzen sind aber keine solchen Beobachtungen gemacht worden, und das Vorkommen in Beibat steht also vereinzelt da. Es ist aber auch zu erwarten, dass ein soleher Zusammenhang sich eher bei dem [11] Der Ausbruch des Schlammvulcans Lok-Botan am Kaspischen Meere. 243 letztgenannten Orte zeigen konnte, weil dieser nur 10 Kilometer vom Lok-Botan entfernt ist, während Balachany 24 und Surachany 29 Kilometer weit ab liegt. Nachdem obige Ausführungen schon vollendet waren, habe ich zufällig eine Mittheilung von Herrn Bergrath H. Walt er über denselben Schlammvulean-Ausbruch in der „Allg. österr. Chemiker- und Techniker- Zeitung“ (Nr. 6 dieses Jahres) gelesen. Wenn es mir auch nicht einfällt, die vielen unrichtigen und entstellten Darstellungen, welche in der Tagespresse über dieses Naturereigniss erschienen sind, berich- tigen zu wollen, so glaube ich mich doch anders verhalten zu müssen, wenn solche in einer Publication, welche auf wissenschaftlicher Basis stehen will, vorkommen und von einer Person, welche die Gegend aus eigener Anschauung kennt und also mit einer gewissen Autorität spricht, herrühren. Herr Bergrath Walter gibt uns zuerst die sehr unerwartete Aufklärung, dass die Eruption nicht auf dem „Lok-Botanberg“, wie aus Baku angegeben wurde, sondern auf einem ganz anderen Schlamm- vulcan, „Bejug-Dog*, stattgefunden habe. Trotz der grossen Sicherheit, womit diese Erklärung abgegeben wird, darf ich doch, nachdem ich den Eruptionsschauplatz zweimal besucht und dem Schlussacte der Eruption selbst beigewohnt habe, an meiner Ansicht festhalten, dass die Eruption wirklich auf dem Lok-Botan und nicht auf dem 21 Kilometer davon ent- fernt liegenden Bojuk-Dag (nicht Bejug-Dog, wie Herr Walter schreibt) stattfand. — Weiter meint Herr Walter, er müsse „der in der Mittheilung aus Baku vertretenen Ansicht entschieden entgegentreten“, dass der Schlammvulecan Feuer ausgeworfen habe, und wenn, schreibt Walter weiter, mit dem Auswurf von Schlamm wirklich eine Feuer- erscheinung verbunden gewesen sei, so könne dies nur durch eine zufällige Entzündung der Kohlenwasserstoffgassäule verursacht worden sein. Was die „Zufälligkeit“ des die Eruption begleitenden Feuerphänomens betrifft, so mag doch folgendes Verzeichniss über Schlammvulcanausbrüche in der kaspischen Region während der zwei Jahre 1835 und 1886, welche alle mit Feuererscheinung verbunden waren, entscheidend sein: Erster Ausbruch auf der Landzunge Aljat am 23. Mai 1885, welchen ich vom Dampfschooner „Turkmen“ aus auf 89 Kilometer Entfernung betrachtete, als ich auf der Reise nach Persien war. Zweiter Ausbruch eines anderen Schlammvulcanes bei Aljat, 4 Kilometer von dem vorigen entfernt, am 8. März 1886, wo die Feuererscheinung mit Unterbrechungen vier oder fünf Tage andauerte; diesen Vulcan habe ich kurz nach beendigter Eruption, als deren Spuren noch ganz frisch waren, genau untersucht. Dritter Ausbruch auf der Insel Bulla am 16. März 1886. Es geht hieraus hervor, dass die Feuererscheinung bei den Schlammvulean- Fruptionen gar nicht „zufällig“ genannt werden kann, im Gegentheil als ein sehr charakteristisches Moment betrachtet werden muss. !) 1) Die Beobachtungen, welche ich über diese genannten Schlammvulcaneruptionen gemacht habe, sowie die mir durch andere Personen zugekommenen Nachrichten darüber werden bald in den „Verhandl. d. kais. russ. mineralogischen Gesellschaft in St. Peters- burg“ veröffentlicht werden. 244 Bj. Sjögren. Der Ausbruch des Schlammvulcans Lok-Botan am Kasp. Meere. [12] Alle die Unrichtigkeiten, welche Herr Walter in seinem kurzen Aufsatz gesammelt hat, zu berichtigen, würde mich zu weit führen. Ich will mich daher beschränken, zu erklären, dass ich mit ihm vollkommen einverstanden bin, wenn er es als Hauptsatz seiner Mittheilung hinstellt, „dass die kaukasische Petroleumindustrie durch Vulcane nicht im Mindesten gefährdet sein kann“. Ich halte aber diese Aurklärung für ganz überflüssig, wenigstens haben wir hier in Baku der Möglichkeit einer solchen Gefahr nicht den geringsten Gedanken gewidmet. ?) !) Die Mittheilungen des Herrn Bergraths Walter wurden — wie hier nachträglich noch constatirt sei — in einer späteren Nummer der „Allg. österr. Chem.- u. Techn.-Ztg.“ (Nr. 9) zum Theile richtig gestellt. Die geologischen Verhältnisse der Neocom- ablagerungen der Puezalpe bei Corvara in Südtirol. Von Emil Haug. Einleitung. Schon vor bereits vierzig Jahren erwähnte Catullo?) in der Nähe von la Stua in den Ampezzaneralpen ganz kurz das Vorkommen von fossilführenden Schichten der Kreideformation, die er offenbar schon als Aequivalente der venetianischen Biancone, also des Neocom betrachtete. Die Notiz scheint keine weitere Berücksichtigung gefunden zu haben, weder Wissmann noch Klipstein, noch Richthofen erwähnen das Vorkommen von Neocomablagerungen in den Abteier- und Ampezzaner- alpen und erst durch H. Loretz?) und R. Hoernes?) erfahren wir etwas Näheres über solche Bildungen. Die Localität Gardenazza oder die Puezalpe wird im Jahre 1876 zum erstenmale in der Literatur von Hoernes erwähnt, etwa in diese Zeit fällt ebenfalls der Beginn der Ausbeutung der reichen paläontologischen Schätze des Fundorts. Es war Mitte der Siebziger-Jahre, als der Gemsjäger Eustachio Dapunt aus Stern im Abteithal und sein Vater, durch Hirten auf das Vorkommen von Versteinerungen aufmerksam gemacht, anfingen, auf der Puezalpe bei Corvara die in den Kieselkalkknollen der Neocom- ablagerungen reichlich enthaltenen Ammoniten zu sammeln, wodurch nach und nach die Aufmerksamkeit anderer Sammler aus dem Abtei- thal auf den Fundort gelenkt wurde. In dem ausgezeichneten Werke von E. v. Mojsisovics über die Dolomitriffe Südtirols finden wir die erste und einzige Dar- stellung der geologischen Verhältnisse der Gardenazza-Tafelmasse, 1) Mem. geogn.-paleoz. sulle Alpi Venete. 1846, pag. 102. 2) Das tirol-venetianische Grenzgebiet der Gegend von Ampezzo. Zeitschr. d. d. geol. Ges. 1874, pag. 377—516. 3) Neocomfundorte in der Gegend von Ampezzo und Enneberg in Südtirol. Verh. d. k. k. geol. Reichsanst. 1876, pag. 140. Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Band. 2. Heft. (Emil Haug.) 946 Emil Haug. | | [2] welcher eine Liste von Versteinerungen beigegeben ist, die nach einer Aufsammlung von Herrn v. Klipstein von Herrn v. Sutner ın München aufgestellt wurde. Bis zu diesem Jahre enthielt das betreffende Capitel aus den Dolomitriffen Alles, was überhaupt über das Kreide- vorkommen der Puezalpe bekannt war. Unterdessen waren mehrere grosse von E. Dapunt zusammengebrachte Suiten von Neocomfossilien von dem reichen Fundorte auf Veranlassung von Herrn Prof. Benecke in den Besitz der Sammlung des geognostisch-paläontologischen Institutes der Universität Strassburg gelangt. Bereits vor mehreren Jahren unter- zog ich das Material, welches wohl die reichste Sammlung von diesem Fundorte darstellen mag, einer flüchtigen Durchbestimmung. Herr Professor Benecke war so freundlich, mir das Material zur Bearbeitung anzuvertrauen, gab mir aber den Rath, nicht eher an dieselbe heran- zugehen, ehe ich an Ort nnd Stelle mir über die Schichtenfolge und die Lagerungsverhältnisse Klarheit verschafft hätte. Ich unternahm daher im August 1836 in Begleitung des Herrn Dr. A. Merian aus Basel eine Reise nach Südtirol, deren Hauptzweck das Studium der Kreide- bildungen in den Dolomitalpen war. Während eines 10tägigen Auf- enthalts in Corvara unternahmen wir mehrere Exeursionen auf die Puezalpe, deren Ergebnisse im folgenden Aufsatze enthalten sind. Der Gemsjäger und Sammler E. Dapunt erwies sich bei denselben als intelligenter und treuer Führer, ich möchte ihn hiermit den Besuchern des Abteithales bestens empfehlen. Herr Dr. Merian machte mehrere photographische Aufnahmen, die den meisten in dieser Arbeit enthaltenen Abbildungen und Profilen zur Grundlage dienten. Zum Vergleiche mit den Ablagerungen auf der Puezalpe besuchte ich die wichtigsten Neocompunkte auf der Fanesalpe und im Thale der Acqua di Campo Croce im Enneberger-Ampezzaner Gebirge, doch erwiesen sich dieselben in paläontologischer Hinsicht als viel weniger ergiebig. Als ich dieses Frühjahr eben zur Abfassung der Resultate meiner paläontologischen Untersuchungen schreiten wollte, erfuhr ich zufällig, dass von Herrn Dr. V. Uhlig eine Bearbeitung der Fauna des Neocoms des Gardenazzastockes im Drucke sei. Diese Arbeit erschien denn auch im ersten Hefte des diesjährigen Jahrganges dieses Jahrbuches. Da es sich ergab, dass unter meinem Material sich zahlreiche Formen befinden, die Uhlig gar nicht oder nur fragmentär vorlagen, entschloss ich mich dennoch eine paläontologische Arbeit über die besagte Fauna zu publi- eiren ; dieselbe soll, gleichsam als Ergänzung zur Uhlig’schen Arbeit, im Laufe des nächsten Jahres erscheinen. Was die kleine Monographie von Uhlig anbelangt, so kann ich nur bemerken, dass sie mir über viele Schwierigkeiten hinweghalf und dass sie in manchen Fällen mein Zutrauen auf meine früheren Bestimmungen erhärtete. Anderer- seits gereicht es mir zur Freude, constatiren zu können, dass meine Beobachtungen an Ort und Stelle in glänzender Weise einige von Uhlig auf rein paläontologischem Wege gewonnene Resultate be- stätigen. Es sei mir gestattet, sowohl Herrn Professor Benecke, dem ich die Anregung zur vorliegenden Arbeit, sowie manche Unterstützung bei Abfassung derselben verdanke, als auch meinem Reisebegleiter, Herrn [3] Die geologischen Verhältnisse der Neocomablagerüngen der Puezalpe, 947 Dr. Merian, der mir seine photographischen Aufnahmen in liebens- würdiger Weise zur Benützung überliess und dessen Begleitung mir auch die Gelegenheit zu manchem fruchtbringenden Meinungsaustausch an Ort und Stelle bot, meinen innigsten Dank auszusprechen. Topographischer Ueberblick. Die Gardenazza-Tafelmasse ist ein integrirender Bestandtheil des Dolomitgebirges von Südtirol, durch das Campilerthal im Norden. dureh das Abteithal im Osten, das Corvarathal, das Grödnerjoch und das obere Grödnerthal im Süden wird es von drei Seiten scharf abeeerenzt. Nur im Nordwesten steht es durch einen zackigen Felsengrat in ununter- brochenem Zusammenhange mit der Dolomitmasse der Geislerspitzen. Die 2500 Meter im Durchschnitte erreichende Gebirgsgruppe schickt einerseits ihre Gewässer in’s Grödnerthal, andererseits in’s Abteithal resp. in deren Seitenthäler. Eine deutliche, vom Forcellajoch über den Zwischenkofl zum Puezberge sich ziehende Kammlinie begrenzt die beiden hydrographischen Gebiete im westlichen Theile des Gebirges, im östlichen Theile dagegen bildet die Fortsetzung der betreffenden Kammlinie bis zum Sass Songer die Wasserscheide zwischen dem Corvarathal und der Thalschlucht von Tschampai und Kolfuschg. Der Gebirgskessel von Tschampai gehört orographisch zum südwest- lichen Theile des Gebirgsklotzes, zu dem Theile, welcher bei den Ein- wohnern Puezalpe genannt wird und zu den Gemeinden Gröden und Kolfuschg gehört, während der nordöstliche Theil aus der Zwischen- koflalpe und aus der Gardenazzaalpe besteht und zu Campil, beziehungs- weise zu Stern im Abteithal gehört. Der Name Gardenazza gilt also bei den Einwohnern nur für den Ostabhang des Stocks, die Neoeom- vorkommnisse aber liegen sämmtlich auf dem Südwestabhange, die richtige Localitätsbezeichnung für dieselben ist demnach Puezalpe. Auch liegen alle Fundpunkte für Kreideversteinerungen auf dem Plateau, das sich im Südwesten des Hauptkammes, .im Norden des Langenthales (Seitenthal des Grödnerthals) und des Tsschampaikessels erstreckt und von dem südlichen Theile der Puezalpe, welcher nach dem Grödnerjoch zu sich erstreckt, nur durch das Joch getrennt wird, welches Langen- thal und Tschampaithal verbindet. Wir werden im Folgenden das betreffende Hochplateau als Puezplateau bezeichnen. Etwas über 3 Kilometer lang und 2 Kilometer breit, bildet es den centralen Theil des Gardenazzastockes, wir werden auf seine teetonische Begrenzung später zurückkommen. Von Kolfuschg aus lässt es sich bequem in zwei Stunden erreichen, steiler ist der Aufgang vom Langenthal, von der Zwischenkoflalpe oder von Stern aus. Haben wir einmal die Steilwand, welehe auch im Norden den Tschampaikessel begrenzt, erstiegen, so stehen wir vor einer sanft geneigten, einförmigen, vollkommen vegetationslosen, stark zerklüfteten Ebene, die man geradezu ein Karrenfeld nennen könnte, denn die erste Anlage zu einer Karren- bildung ist vorhanden. Die Monotonie der blendendweissen Fläche wird allein durch das Auftreten zweier aufgesetzter conischer Berg- kuppen gestört, welehe nahe am Nordostrande des Plateaus wie Vulcan- kegel aus demselben hervorragen und sowohl durch ihre eigenthümliche Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Band. 2. Heft. (Emil Haug.) 33 948 Emil Haug. | [4] Gestalt als auch durch ihre bunte Färbung sofort in’s Auge fallen, es sind dies das vollkommen isolirte Coll della Sone und das an den Grenzkamm sich anlehnende weiter nordwestlich gelegene Coll di Muntijella. Aehnlich dem letzteren, aber von viel bedeutender Grösse lehnt sich an den Südabhang des Zwischenkofls ein kegelförmiger, aus buntem Gesteine bestehender Berg, welcher das Plateau im Westen ab- grenzt, während an dessen Südostende eine ähnliche kleinere Kuppe den Tschampai-Kessel dominirt. Diese vier Bergkegel sind die vier Fundorte für Kreideversteinerungen und bestehen, wie sich ergeben wird, aus Neocomschichten. Wir können sie als erste Kuppe oder Tschampaispitze, zweite Kuppe (Coll della Son), dritte Kuppe (Coll di Muntijella) und vierte Kuppe bezeichnen. Letztere, da für sie weder auf den Karten noch bei den Einwohnern ein Namen vorhanden ist, schlage ich vor, künftighin zu Ehren der um die Ansammlung von Puezer Fossilien und überhaupt um die Erforschung der Abteiergebirge hochverdienten Familie Dapunt aus Stern Coll di Dapunt zu nennen. Geologische Verhältnisse. Auf die älteren Formationsglieder, die den Sockel des Garde- nazzastockes bilden, soll hier nicht eingegangen werden, da Moj- sisovies deren Aufeinanderfolge und deren beteropische Verhältnisse in mustergiltiger Weise dargestellt hat. Den Schluss der Triasbildungen bildet der Dachsteinkalk, dessen mächtige Schichtenreihe die höchsten Spitzen des Massivs (Zwischenkofl 2931 Meter, Coll delle Pieres 2755 Meter, Sass Songer 2667 Meter) zusammensetzt. Ueber seine Ausbildung lässt sich nichts Besonderes erwähnen. Seine sanft nach SSW. geneigten Schichten setzen den Haupttheil des Puezplateaus zusammen, die oberste, stellenweise karrenartig von der Erosion ange- fressene Schicht zeigt in grosser Ausdehnung, z. B. unweit des Fusses des Coll della Sone, grosse Megalodontendurchschnitte, die bekannten Pferdefüsse oder Ziegeklauen, so dass an eine Zutheilung dieser Schicht zum echten Dachsteinkalk nicht gezweifelt werden kann. Unmittelbar auf den letzten Bänken und ohne scharfe Begrenzung gegen dieselben treffen wir eine grobe Breceie von Dachsteinkalkblöcken mit dolomiti- schem und glauconitischem Bindemittel, welche z. B. am Nordfusse der Tschampaispitze gut zu beobachten ist. Die eckigen Blöcke treten nach 3—5 Meter allmälig zurück und es folgen 3 Meter eines ge- schichteten grünen glauconitischen Dolomits von zuckerkörnigem Gefüge, welcher stellenweise in braune Sande übergeht und nach oben Ein- lagerungen von grünen Kieseln enthält, die uns schon in die aufliegenden grauen und grünen Kieselkalke führen. Die glauconitischen Dolomite liegen am Fusse der vier oben ge- schilderten isolirten Kuppen des Puezplateaus, sie bilden an allen vier Punkten den Uebergang zwischen dem Dachsteinkalk und den bunten Schichten, welche die vier Kuppen zusammensetzen, sind aber der Erosion weniger anheimgefallen wie dieselben und erreichen besonders am Kamme zwischen Puezalpe und Gardenazzaalpe eine grössere Aus- dehnung, die aus dem beigegebenen Kärtchen (Fig. 1) zu ersehen ist. Die sanften Verwitterungsformen der glauconitischen Schichten [5] Die geologischen Verhältnisse der Neocomablagerungen der Puezalpe. 249 contrastiren lebhaft mit dem wildzerrissenen Aussehen der Dachstein- .kalkbänke, auch ist ihre Oberfläche einigermassen bewachsen. Fig. 1. Aurirchren Mehl - Olpe 2931 + a #rtr = & = a je H Ss En n 3 IN PELLLSG Kuchen Eihlänug: Re : Dachstein Malh. Grimer Nolmit Neocom. Welnschobener Mask Kalk. Yarwerfungen. Hammlme Ba, nn. Geologische Karte der Umgebung der Puezalpe zum Theil nach E. v. Mojsisovies. NB. Die Karte macht keinen Anspruch auf absolute Genauigkeit und dient nur zur Orientirung für den Leser. ne sn. : BE: Wir gelangen nun zur Schilderung der vier einzelnen Kreidevor- kommnisse. Der Bequemlichkeit der Darstellung wegen beginnen wir -von Osten her mit der zweiten. Coll della Sone. Eine vollkommen isolirte längliche Kuppe (Fig. 2), von beiläufig 80 Meter Höhe, 400 Meter Länge und 100 Meter Breite. Die Axe des Rückens ist nordsüdliech gerichtet, von Norden oder von Süden gesehen hat der Berg eine auffallende Aehnlichkeit mit einem Vulcankegel. Die Wände sind sehr steil und vollständig kahl, so dass an den. Stellen, die nieht von Gehängeschutt bedeckt sind, die Schiehtenfolge deutlich zu beobachten ist. Ueber dem glauconitischen Dolomite am Fusse des Berges liegen von unten nach oben folgende Ablagerungen: Hellgraue bis grüne wohlgeschichtete Kieselkalke mit einge- schlossenen grünen oder blauen flachen Kiesellinsen. Rothe wohlgeschichtete Kalke mit wulstiger Schichtfläche, nach oben mit eingelagerten Bänken von graugrünen und rothen Knollenkalken. 33 * 950 Emil Haug. [6] Rothe knollige Kalke mit schlecht erhaltenen Fossilien. Grüne Kalkbänke mit dunkeln fossilführenden Knollen und Kiesel- knollen. In den oberen 10 Metern zeigen die Kalke würfelförmige und schalige Absonderung, die Knollen sind von Kalkspathadern durchsetzt. Rothe schuppige Kalke, stellenweise in die Hangendschichten hereingeknetet. Fig. 2. Ansicht des Coll della Sone von Süden, nach einer Photographie von Dr. Alphons Merian. Im Hintergrunde der Zwischenkofl. D Dachsteinkalk. G grüner Dolomit. N Neocom. S Gehängeschutt. Die Spitze der Kuppe wird von einem grossen 60 Meter langen und 6—10 Meter breiten Kalkfelsen gebildet, welcher auf den vorher- gehenden Schichten aufliegt und dessen Gestein absolut nicht vom Dach- steinkalk zu unterscheiden ist. Die oberen Schichten unter dem Kalk- felsen gehören zweifellos zum Neocom, wie sich aus den Fossilfunden, die weiter unten besprochen werden, ergeben wird. Dass der Kalkfelsen einer übergeschobenen Dachsteinkalkscholle angehört, wird sich aus dem Vergleich mit den anderen drei Kuppen ergeben. Coll di Muntijella. Das Coll di Muntijella (Fig. 3) ist ein Bergkegel, der an seiner Nordseite, im Westen des Puezberges an die Kammkette, welche die Gewässer des Langenthals von denjenigen der Zwischenkoflalpe scheidet, sich anlehnt. Der Kegel selbst zeigt die über -dem glaueonitischen Dolomite aufliegenden Schichten gut aufgeschlossen und ungestört in . . ze [7] Die geologischen Verhältnisse der Neocomablagerungen der Puezalpe. Hl derselben Entwicklung und Reihenfolge wie auf dem Coll della Sons. Die Spitze des Kegels besteht aus den rothen knolligen Kalken, die höheren Schiehten sind der Denudation anheimgefallen. An der Nordseite des Kegels sind die Schichten stark gefaltet und zeigen dieselben Merkmale wie die Schiehten unter der oberen Dachsteinkalkscholle des Coll della Sone, die rothen Knollenkalke zeigen schalige Absonderung und werden von Kalkspathadern durchsetzt. Diesen sefalteten und ausgewalzten Schichten angelagert und zum Theil aufgelagert liegt hier wiederum j Fig. 3. Schematisches Profil durch das Coll di Muntijella. D Dachsteinkalk. N Neocom. E im Dachsteinkalk eingeklemmte gequetschte Partien von Neocom, Dachsteinkalk. Seine Schichten fallen steil nach Süden, nach dem Neocomkegel ein und biegen dann am Contacte mit den eingefalteten Knollenkalken in scharfem Knie nach Norden um. Der weitere Ver- lauf der Schichten ist dann zum Theil durch Schottermassen verdeckt, zum Theil dadurch, dass unmittelbar nördlich von der auf Kreide- schichten aufgesetzten Kuppe ein jäher Absturz zur Zwischenkoflalpe eintritt. Es lässt sich nur noch constatiren, dass der glauconitische Dolomit unter den eingefalteten rothen und grünen Kalken im Norden vor einer Dachsteinkalkscholle scharf absetzt. Coll di Dapunt. Am Südfusse des Zwischenkofls liegen zwischen der Val dalla Rocchetta im Osten und dem Ruz de Puez im Westen zwei an die Masse des Berges angelegte, im Norden zusammenstossende Kuppen, welche aus Kreidegesteinen bestehen und wohl das interessanteste Vorkommen für das Neocom in den Südalpen darbieten. An vielen Stellen sind die Schiehten dureh Sehotter überschüttet, doch gewähren mehrere Wasserrisse, zumal an der Ostseite (Fig. 4), einen tieferen Einblick in die Zusammensetzung der Kuppe. Ueber dem glauconitischen Dolomit, weleher auch hier am Fusse des Berges auftritt, treffen wir zu unterst genau dieselbe Schichtenfolge wie am Coll della Son& und am Coll di Muntijella, zuerst die graugrünen wohlgeschichteten Kieselkalke mit flachen Hornsteinlinsen, dann die weinrothen knolligen Schichten mit schlecht erhaltenen Fossilien , darüber dieselben ‚grünen Bänke mit Hornsteinfladen und dunkeln 'fossilreichen Knollen' wie am Coll della 252 Emil Haug. [8] Son. Diese Schiehten betragen zusammen höchstens 50 Meter, es folgt nun eine Abtheilung graugrüner kieselarmer Kalke und Mergel mit dieken fossilreichen sehr zähen Kalkknollen (15 Meter), es folgen 5 Meter mergeliger wohl- geschichteter grauer und ‚lilarother Knollenkalke mit grossen Kalkbroden. Diese Abtheilung und die vorher- gehende haben die ganze Masse der von Uhlig bear- beiteten Barr&mienfauna geliefert. Den Schluss der Schichtenfolge bildet ein Complex von fossilleeren grauen Knollenkalken, die regelmässig mit schieferi- gen Mergeln wechsellagern und mit denselben zusam- men ungefähr 60 Meter er- reichen. Es folgt nun im oberen Theile der Kuppen die ganze Schichtenreihe in umgekehrter Aufein- anderfolge, aber die ein- zelnen Abtheilungen er- reichen nicht mehr dieselbe Mächtigkeit, denn die Schichten sind stark ge- faltet, ausgewalzt, zusam- mengepresst. Es liegt uns eine deutliche liegende Mulde vor, dessen liegen- der Schenkel ganz normal auf dem Dachsteinkalk auf- lagert, während der Han- sendschenkel stark aus- gezogen und verändert ist. Die Mulde ist im Dachstein- kalk eingequetscht, unter- halb vom Contacte mit der Dachsteinkalkdecke sind wie am Coll della Sone die rothen Knollenkalke des unteren Theiles der Schichtenreihe heraufgebo- gen und durch Druck stark verändert. Die Knollen sind schalig geworden und werden von Kalkspathadern durchsetzt. Desgleichen ist der glaueonitische Dolomit heraufgebogen, er lässt sich im Hangenden der rothen Schichten deutlich beobachten. Beide (1 = Dan ‘7 "SLA "u90893 U9480 UOA SHONUAUOSIMZ SOp SSNJPNS UP yoınp [yoıg soyostryeweusg "wo90aN UOA UAT}IBT 94y0sIonba3 oymumeyaSure ATBNULSISTOBT WI 7 "WOOOAN A 'ATENUTOISUOBAd (7 [9] Die geologischen Verhältnisse der Neocomablagerungen der Puezalpe. 953 Abtheilungen lassen sich Schritt für Schritt von der liegenden normalen Stellung über den Muldenkern bis in den Hangendflügel an der Grenze zwischen Dachsteinkalk und fossilführenden Neocomschiehten verfolgen, so dass an der Aufbiegung nicht gezweifelt werden kann. Der Dachsteinkalk liegt über der Kreide stellenweise horizontal, stellenweise steil nach derselben einfallend. Die zuerst horizontalen Schichten biegen von dem höchsten Auftreten der Kreide abwärts in einem Drittel der Höhe plötzlich unter spitzem Winkel um und bilden dann einen nach Norden offenen liegenden Sattel, dessen Liegendschenkel aber wie abgeschnitten aussieht, so dass hier überall der Dachsteinkalk beinahe unter rechtem Winkel gegen die eingeklemmten Neoeom- schichten einfällt. Zu unterst sind die letzteren gleichsam in den Dach- steinkalk eingekeilt. Leider wird dieser Keil fast überall von Schotter bedeckt. Weiter nördlich liegt der Dachsteinkalk, der mit der Decke in Zusammenhange steht, auf denjenigen Schichten, die die Fortsetzung der Liegendschichten der Kreide bilden, vollkommen concordant auf und zeigt dasselbe Einfallen wie die Bänke des Puezplateaus. Im Norden des Vorkommens haben wir also eine partielle Be- deekung der Neocomschichten mit Dachsteinkalk, im Westen, im Osten und im Südosten wird es durch Denudationsränder begrenzt, im Südwesten dagegen sind die Neocomschichten an einer Dachsteinkalk- scholle aufgerichtet (Fig. 5), die rothen Knollenkalke sind gegen den Fig. 5. = ® - > an EER f \ GG % Profil durch den Südfuss des Zwischenkofls von Westen gesehen. D Dachsteinkalk. N Neocom, darin R rothe Knollenkalke. Dachsteinkalk verworfen. Nordöstlich von der Verwerfung sind die Schichten nochmals in einer Anticlinale aufgerichtet, deren Nordschenkel mit dem Liegendschenkel der Hauptmulde im Zusammenhange steht. Nach Osten zu lässt sich die Fortsetzung der Kreidemulde noch ungefähr 1000 Meter weit verfolgen, die Erosion hat nur noch die Spitze des eingeklemmten Keils bestehen lassen, etwas östlich vom Forcellajoch ist aber das Vorkommen plötzlich abgeschnitten, offenbar durch eine Verwerfung, welche die Fortsetzung der eben erwähnten bildet, da östlich von dieser Stelle das Einfallen nicht mehr SSW. ist, sondern wie auf Coll delle Pieres WSW. 954 Emil Haug. [10] Ehe wir zur Betrachtung der Verhältnisse an der Tschampai- spitze übergehen, können wir im Vorbeigehen von einem vom Zwischen - kofl wenig entfernten Vorkommen sprechen, von demjenigen des Coll delle Pieres. Coli delle Pieres. Coll delle Pieres (Steinberg) so nennen die Einwohner die 2755 Meter hohe westlichste Spitze der Dachsteinkalkmasse von Puez- Gardenazza. Nach der auf der Karte von Mojsisovies enthaltenen Aufnahme von Hoernes besteht dieser ziemlich isolirt stehende und abgerundete Berg bis zu oberst aus Dachsteinkalk. Allein von der Puezalpe aus erkennt man schon mit blossem Auge, und noch sicherer mit dem Fernrohr, dass der obere flache Theil der Kuppe aus bunten Kreideschichten besteht. Um dieselben näher zu untersuchen unternahm ich die ziemlich anstrengende Besteigung des Berges. Der Dachstein- kalk fällt sanft nach WSW. ein, im Nordosten reicht er bis auf das kleine vegetationslose Plateau, doch treten in dessen südwestlichem Theile concordant auf dem Dachsteinkalk der glauconitische Dolomit, dann graugrüne neocome Kieselkalke, in denen ich einen Aptychus und ein zusammengedrücktes, aber gut kenntliches Exemplar von Holcostephanus Astieri fand. In Folge des Einfallens sind diese Schichten von der Spitze abwärts nach SW. noch ungefähr 10 Meter tiefer zu verfolgen. Tschampaispitze. Nordöstlich vom Coll della Son& haben wir ähnlich wie westlich vom Coll di Dapunt am Südwestfusse der Puezschneide (Wasserscheide) Reste von eingeklemmten Neocombildungen, resp. von glaueonitischem Dolomit. Das meiste ist aber durch Erosion zerstört worden, so dass Höhlen übrig bleiben, dessen Dach einst den Kreidekeil bedeckt hat, stellenweise sind dann Dolomitpartien in einzelnen Pfeilern erhalten. Aehnliche Verhältnisse finden wir zwischen Coll della Sone und der Tsehampaispitze, diese Reste verbinden die beiden östlichen Kreide- vorkommnisse untereinander, doch werden beide durch eine Bruchlinie von einander getrennt, so dass in der östlichen Scholle der glaukonitische Dolomit in höherem Niveau liegt wie in der westlichen. An der Tschampaispitze treffen wir dieselbe Schichtenfolge wie am Coll della Sone, die oberen Abtheilungen des Coll di Dapunt sind hier ebenfalls der Erosion anheimgefallen. Die Schichten zeigen mehr- fach wellige Faltungen, am Nordostabhange der Kuppen zeigen sie starke mechanische Veränderungen. Der Dachsteinkalk ist aber hier nur angelagert, nicht aufgelagert, sein Einfallen ist dasselbe wie dasjenige der Liegendbänke, ein südwestliches. Deutung der Schichtenfolge. In den Ampezzaner Alpen entwickeln sich aus den oberen Bänken des Dachsteinkalkes allmälig graue, wohlgeschichtete Kalke, welche allgemein als Lias angesehen werden. Von diesen Schichten ist auf [11] Die geologischen Verhältnisse der Neocomablagerungen der Puezalpe. 955 der Puezalpe nichts zu schen, auf die Bänke mit Megalodonten- Durchschnitten liegt, wie bereits er wähnt, das oben geschilderte breceien- artige Gestein, das nach oben allmälig- in den glaueonitischen Dolomit übergeht. In dieser Schicht fand sich bis jetzt keine Spur von Fossilien, so dass ihr Alter sich direet nicht bestimmen lässt. Ueber dem glauconitischen Dolomit finden wir folgende Schichten- folge, die sich aus dem Vergleiche der Verhältnisse an den vier Neo- comkuppen folgern lässt: a) Hellgraue bis grüne dünngeschichtete, ebenflächige Kieselkalke mit flachen grünen oder braunen Hornsteinlinsen. 5) Weinrothe geschichtete Mergel und Kalke mit welliger Oberfläche, nach oben mit knolliger Absonderung. c) Graugrüne Bänke mit Hornsteinfladen und grauen, stellenweise rostfarbenen fossilführenden Knollen. a—c erreichen zusammen eine Mächtigkeit von 40—50 Meter. d) Hellgraue Bänke von Mergeln und kieselfreien Kalken mit dieken fossilreichen harten Kalkknollen. 15 Meter. e) Mergelige wohlgeschichtete graue und lilarothe Knollenkalke mit grossen Kalkbroden. 5 Meter. f) Fossillare graue Knollenkalke, regelmässig mit schieferigen Mergeln wechsellagernd. 60 Meter. Die ganze Mächtigkeit der Schichtenfolge beträgt also kaum mehr wie 120 Meter, die 200 Meter, die Mojsisovies als Mächtig- keit der Kreidebildungen angibt, kommen dadurch heraus, dass der ganze obere Muldenschenkel am Fusse des Zwischenkofls, der, wie wir sahen, die einzelnen aufgebogenen Schichten in umgekehrter Reihenfolge, wenn auch gequetscht und ausgewalzt enthält, zur Mächtigkeit des Liegendschenkels zugezählt wurde. Auf Coll della Song, auf Coll delle Pieres und auf der Tschampaispitze dagegen sind nur die Schichten a—c und höchstens der untere Theil von d von der Erosion verschont geblieben, auf Coll di Muntijella dagegen nur a und 5 und höchstens die untersten Bänke von c. Die rothen Mergel, welche nach Mojsisovics den Schluss der Schichtenfolge bilden sollen und welche er als „Scaglia* gedeutet und als solche auf der Karte ausgeschieden hat, gehören der Abtheilung d an und sind nichts Anderes als die aufgebogenen und überschlagenen unteren rothen Schichten, eine Deutung, die übrigens Mojsisovies bereits auch als möglich hingestellt hatte. Es gelang mir, wie wir oben sahen, dies festzustellen, indem ich die betreffende Schicht auf Schritt und Tritt bei ihrem Uebergange aus dem Liegendschenkel in den Hangend- schenkel verfolgte. Die rothen Knollenkalke 5 sind nicht sehr fossilreich, auch haben sie nur schlechte Reste geliefert. Es gelang mir jedoch folgende Formen mit ziemlicher Sicherheit zu bestimmen: Belemnites pistilliformis Blainv. Phylloceras semisulcatum d’Orb. r semistriatum .. d’Orb. 5 Kochi Opp. 2 infundibulum d’Orl. Jahrbuch der k.k. geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Band. 2. Heft. (Emil Haug.) 34 956 Emil Haug. [12] Lytoceras quadrisulcatum d’Orb. ” Liebigi Opp. 4 subfimbriatum d’Orb. Desmoceras sp. indet. Holcostephanus Jeannoti d’Orb. Aptychus angulicostatus Piect. & Lor. Pygope (Glossothyris) aliena Opp. 5 triangulus Lam. mut. nova. '!) a janitor Pict. Terebratula Moutoniana d’Orb. Oollyrites sp. Ausserdem führt Uhlig?) aus demselben Gesteine noch Pygope diphyoides d’Orb. und Desmoceras Melchioris Tietze oder eine nahe- stehende Form an. Es liegen uns also aus den weinrothen Kieselkalken 16—18 mehr oder weniger sicher bestimmte Arten vor. Pygope trian- gulus Lam., den Uhlig als aus einem anderen Gesteine herstammend betrachtet, gehört in dieselbe Abtheilung, vielleicht kommt sie in einer besonderen Bank vor, da ihr vorzüglicher Erhaltungszustand mit den anderen Funden ziemlich lebhaft contrastirt. Ein Schluss auf das Alter der rothen Knollenkalke lässt sich zunächst aus ihr nicht ziehen. Unter den angeführten sind folgende Formen jedenfalls als Neocomformen an- zusehen: ') Pygope triangulus Lam. mut. Es liegen mir 12 Exemplare einer Terebratel aus der Gruppe der Triangulus aus den rothen Kieselkalken der Puezalpe vor, welche mit der typischen Art aus dem Diphyakalk grosse Aehnlichkeit haben, von ihr aber durch ein constantes Merkmal unterschieden sind, nämlich durch den ganz spitzen Winkel, den die Seiten unter einander bilden, so dass die Form ein viel schlankeres Aussehen bekommt als der Typus. Sie gleicht in dieser Hinsicht ganz auffallend der Pygope euganeensis Pict. aus der Biancone (Pictet, Me&langes paltontologiques. III, Tab. 34, Fig 5, 6), unterscheidet sich aber von ihr sofort durch die viel grössere Fig. 6. Dicke. In der Seitenansicht ist sie von Pygope triangulus Lam. gar nicht zu unter- scheiden, die Seitencommissuren bilden denselben starkgewundenen Bogen (v. Pictet, l. ce. Tab. 34, Fig. 1 e, 2 b). Auch ist die Stirn stark eingebogen und stösst gegen die Seiten in spitzem Winkel. Die Unterschiede der vorliegenden Form gegen Pygope triangulus sind nicht hinreichend, um die Aufstellung einer besonderen Art zu recht- fertigen, ich wähle daher für die unterneocome Varietät die Bezeichnung Pygope triangulus Lam. mut. puezana. Die betreffende Mutation stellt vielleicht ein Verbindungsglied zwischen Pygope triangulus Lam. aus den Diphyakalken und Pygope euganeensis Pict. aus der Biancone dar. A). 1.6, 9238.72+(4). [13] Die geologischen Verhältnisse der Neocomablagerungen der Puezalpe. 257 Belemnites pistilliformis Blainv. Phylloceras infundibulum d’Orb, Desmoceras sp. und cf. Melchioris Tietze. Holcostephanus Jeannoti d’Orb. Aptychus angulicostatus Piet. d: Lor. Keine von diesen Formen — ausgenommen vielleicht die Desmo- ceraten — weist mit Sicherheit auf einen jüngeren Horizont als Valan- gien, sie sind aber auch, zumal die beiden letzteren, kaum in einem älteren Niveau gefunden worden. Was die Phylloceraten und Lytoceraten anbelangt, so sind die meisten unter den aufgeführten Formen langlebige Arten, sie kommen sowohl im Tithon als im unteren Neocom vor, Phylloceras Kochl und Lytoceras Liebigi würden specieller auf die Horizonte von Stramberg und Berrias deuten. Zu erwähnen ist auch, dass keine Art für die Ver- tretung des Untertithon spricht, die Brachiopoden weisen ebenfalls auf unterstes Neocom und Stramberg, speciell Pygope janitor, welcher auch in den unteren Kieselkalken a gefunden wurde.) Es sprechen alle diese Umstände für die Annahme, dass in unseren Abtheilungen a und 5 das ganze untere Neocom, vom Stramberghorizont inclusive bis zum Valangien, inclusive ihre Vertretung finden. Es werden im Anhange zu dieser Arbeit die Gründe angeführt werden, die uns zwingen, den Stram- berghorizont als das älteste Glied des Neocom zu betrachten. Dafür, dass der Horizont von Stramberg auf der Puezalpe versehen ist, dafür werden wir eine Stütze beim Vergleich mit den Neocomablagerungen des Faniser Gebirges erhalten. Es wird sich ergeben, dass die erste Annahme von Hoernes, dass das Neocom auf Dachsteinkalk direct auflagert, als die richtige erweisen, wenigstens wenn man, wie es in dieser Arbeit geschieht, das Obertithon bereits zum Neocom und nicht zum Malm stellt. Die Schichten c, d und e sind es nun, deren harte hellgraue Kalk- knollen den Sammlern die grosse Ausbeute von Formen geliefert hat, welche in mehreren Sammlungen vertreten sind und von Uhlig auch bereits eine Bearbeitung erfahren haben. Eine wirkliche Ansammlung an Ort und Stelle, so dass die Funde aus den einzelnen Bänken gesondert gehalten werden, wie sie Uhlig als Desideratum hinstellt, ist kaum thunlich, da die meisten fossilreichen Blöcke zerstreut unter dem Gehängeschotter oder aus den Schichten 1) Pygope janitor Pict. kommt auf der Puez-Alpe in den Abtheilungen a, 5 und . e vor, welche, wie sich aus folgenden Seiten ergeben wird, das ganze untere und mittlere Neocom darstellen. Aus letzterem Formationsgliede liegt mir ein sicherer Fund vor, nämlich aus einem Blocke mit Hoplites Mortilleti Piet. & Lor. vom Coll della Sone. Bekanntlich hat Neumayr die Pygope janitor schon in der Zone der Waagenia Beckeri in Siebenbürgen gefunden; aus dem unteren Tithon ist sie aus der Umgegend von Palermo bekannt; am häufigsten wird siein den nach ihr benannten Schichten in Süd- Frankreich, die als Altersäquivalente der Stramberger Kalke zu betrachten sind, gefunden ; Pictet erwähnt die Form aus den Berrias-Schichten und aus den Schichten mit ver- kiesten Ammoniten des Valangien in Süd-Frankreich ; schliesslich gehören die Exemplare aus dem Mittel-Neocom der Voirons höchst wahrscheinlich zu derselben Art. Aus dem Barrömien der Basses-Alpes ist sie ebenfalls eitirt worden und Herr Kilian bestätigt mir die Richtigkeit dieser Angabe. Pygope janitor kommt demnach im oberen Malm und im ganzen Neocom mit Ausnahme des Aptien vor. Man kann sie als die lang- lebige Grundform der durchlöcherten Terebrateln betrachten, an die sich die anderen kurzlebigeren Formen genetisch anschliessen. 34* 958 Emil Haug. [14] herausgewaschen zu finden sind. Die Ausbeute, die man im anstehen- den Gestein machen kann, ist nur sehr gering, auch hat der Fundort sehr an seiner früheren Ausgiebigkeit eingebüsst. Dank der intelligenten Angaben von E. Dapunt, ist es mir dennoch gelungen, mir eine Ansicht über die Vertheilung der Fossilien über die drei Abtheilungen zu bilden. Dass die Hauptmasse der Formen der Barr&mefauna angehört, und dass der Barr&mehorizont in ausge- zeichneter Weise vertreten ist, hat Uhlig in überzeugender Art be- wiesen. Es ist ihm aber auch schon aufgefallen, dass eine Reihe von Formen dem Mittelneocom anderer Gegenden gemein sind, wenn sie auch ebenfalls an classischen Localitäten in’s Barr&mien hinaufgreifen. Uhlig hat es unentschieden gelassen, ob die Mittelneoeom- und die Barr&mien - Faunenbestandtheile am Gardenazza zusammen gelebt haben, oder ob sie übereinander in getrennten Schichtenabtheilungen ihre Reste hinterlassen haben. Ich habe mich überzeugen können, dass letzteres der Fall ist. In der Abtheilung e fand ich nämlich am Coll della Son& einen Block, der Hoplites angulicostatus und Holcostephanus Astieri, also typische Mittelneoeom-Formen enthält, und nicht aus höheren Ablagerungen als e stammen können, da am Coll della Son& der überschobene Dachsteinkalk unmittelbar auf denselben aufruht. Gerade das Vorkommen der beiden genannten Arten in einer tieferen Schicht deutet meiner Ansicht nach auf eine gesonderte Vertretung des „Hau- terivien“, denn Holeost. Astieri ist noch nie im Barr&mien gefunden worden und Herr Kilian in Paris theilt mir mit, dass dies für Zopl. angulicostatus ebenfalls der Fall ist. Folgende Formen wurden mit Sicherheit in der Abtheilung e gefunden: Phylloceras infundibulum d’Orb. 3 Ex. 5 semistriatum d’Orb. 1 Ex. Lytoceras sp. indet. 1 Ex. Haploceras Grasi d’Orb. 1 Ex. Hoplites angulicostatus Pict. & Lor. (non d’Orb.?)) 9 Ex. a Mortilleti Pict. & Lor. 4 Ex. Holcostephanus Astieri d’Orb. 7 Ex. Aptychus angulicostatus Piet. & Lor. 1 Ex. Pecten (Amussium) Agassizi Pict. d& Lor. 6 Ex. Pygope janitor Piet. 1 Ex. ') Hoplites angulicostatus Pict. & Lor. — 1840? Ammonites angulicostatus d’Orb. Ceph. cret., pag. 146, tab. 46, Fig. 3, 4. 1858. Ammonites angulicostatus Pict. & Lor. Foss. terr. n&oc. des Voirons, pag. 23, pl. IV, Fig. 3. Aus dem mittleren Neocom der Puez-Alpe untersuchte ich eine grosse Anzahl Exemplare einer Form, die sehr gut mit der eitirten Abbildung des Ammonites angulicostatus bei Pietet und Loriol über- einstimmt. Die betreffende Form unterscheidet sich aber sehr deutlich von dem von d’Orbigny abgebildeten Typus. Während der Pictet’sche Typus und die Form von der Puezalpe flache Umgänge, deren Höhe die Dicke bei weitem übertrifft, besitzen, zeichnet sich der Typus vond’Orbigny durch nahezu quadratischen Querschnitt der Um- gänge aus. Herr Kilian in Paris war auf meinen Wunsch so freundlich, die Exemplare von Hoplites angulicostatus aus der d’Orbigny’schen Sammlung zu untersuchen. Das Original liess sich nicht herausfinden, die meisten Exemplare zeigen merkliche Ab- weichungen von der Abbildung, der Querschnitt der Windungen ist jedoch bei allen mehr oder weniger quadratisch, so dass die Pictet'sche Form entschieden als eine besondere Art zu betrachten ist. Bei einer Revision der Gruppe des Hoplites anguli- costatus werden wahrscheinlich noch mehrere Arten vom Typus abzutrennen sein, Pictet und Loriol haben bereits eine derselben als Amm. Mortilleti ausgeschieden. [15] Die geologischen Verhältnisse der Neocomablagerungen der Puezalpe. 959 Es ist höchst wahrscheinlich, dass noch mehrere Arten, die ich weiter unten aus dem Barr&mien eitiren werde, aus dem Mittelneocom stammen oder beiden Ablagerungen gemein sind. Die obige Liste hat mit derjenigen, die Mojsisovies!) nach den Bestimmungen von Herrn v. Sutner mittheilt, mehrere gemeinsame Namen, besonders wenn man von den mit cf. versehenen absieht, es ist daher anzunehmen, dass die Ansammlungen, die ihr zu Grunde lagen, sich besonders auf die vorderen Neocomkuppen der Puezalpe er- streckten, und dass daher nur wenige Exemplare aus dem Barr&mien in dieselbe hereingeriethen. Die betreffende Sammlung war, nebenbei bemerkt, Herrn Prof. Zittel von Herrn Prof. Klipstein nach München zur Ansicht geschickt worden und dürfte jetzt einen Bestandtheil der Sammlung des letzteren Herrn bilden. Auffallend ist nur in diesem Falle, dass Uhlig den Haploceras Grasi d’Orb. nieht erwähnt, welcher auch von Hoernes?) bei seiner ersten Excursion auf die Puezalpe gefunden wurde. Mir liegt nur ein sicheres Exemplar der genannten Art vor. Der Erhaltungszustand der Formen aus der Abtheilung e ist durch- schnittlich sehr gut, die Exemplare liegen meist zusammen in grösseren Blöcken und zeigen oft eine charakteristische Rostfarbe. Viel schwieriger wird es, die Funde aus den Abtheilungen d und e auseinander zu halten, geschweige denn in den mächtigen Ablagerungen Horizonte zu fixiren. Ich konnte nur durch E. Dapunt erfahren, dass die grossen aufgerollten Formen (Ancyloceras) aus den obersten Bänken stammen, sie sind es gerade, die für die Vertretung des Aptien, wenig- stens dessen unterer Abtheilung, der Zone des Ancyloceras Matheront sprechen. Es ist mir aber ganz unmöglich, die Formen aus beiden Horizonten getrennt zu halten, die eventuelle Zugehörigkeit zu einem höheren Horizont als das Barr&mien wird sich aus dem Vergleiche mit dem Vorkommen in anderen Regionen ergeben. Ich habe daher in der weiter unten folgenden Liste sämmtliche bestimmte Formen von der Puezalpe aufgeführt, deren excelusives Vorkommen in einem tieferen Niveau als das Barr@mien nicht sichergestellt ist. Die Fossilien kommen sowohl in d wie in e nur in den grauen Knollen von Kieselkalk vor, sie haben jedenfalls den Ansatz zur Bildung der Coneretionen geliefert und enthalten gewöhnlich nur einen Ammoniten, der meist etwas verzerrt ist, bei dem fast immer, zumal bei grossen Exemplaren die inneren Windungen flachgedrückt sind. Schalenexemplare sind häufig, an Steinkernen lassen sich die Suturen nur ausnahmsweise beobachten. Den Schluss der ganzen Schichtenfolge bildet die unter f genannte Abtheilung, die sich aber wegen ihres vollständigen Mangels an Fossilien nicht genauer horizontiren lässt. Wir werden aber weiter unten aus dem Vergleiche mit einem Profile in der Provence mit grosser Wahr- scheinlichkeit folgern dürfen, dass wir es hier mit oberem Aptien zu thun haben, dass mithin auf der Puezalpe das ganze Neocom (im weiteren Sinne) vertreten ist, dass aber über dem Dachsteinkalk aus- schliesslich Glieder des Neocoms zu liegen kommen. 1!) Dolomitriffe, pag. 214. ®) Verh. d. k. k. geol. Reichsanst. 1876, pag. 141. 260 Emil Hang. [16] Das Oberneocom von der Puezalpe hat bis jetzt nach meinen und Uhlig’s Bestimmungen folgende Formen geliefert !): Nautilus bifurcatus Oost. Rhynchoteuthis Sabaudi Pict. et Lor. H. Phylloceras infundibulum d’Orb. 2 ladinum Uhl. n n. sp. af. infundi- bulum. H. semistriatum d’Orb. Lı yloceras Phestus Math. Phestus Math. Oftene Form. H. subfimbriatum d’Orb. $ cf. quadrisulcatum d’Orb. H. af. Duvalianum d’Orb. U. : crebrisulcatum Uhl. U. Puezanum n. sp. Pictetia longispina Uhl. H. B>) n inermis n. sp. H. Costidiscus recticostatus (d’Orb.) Uhl. H. Rakusi Uhl. nodosostriatus Uhl. U. Grebenianus Uhl. U. Macroscaphites tirolensis Uhl. U. Hamulina Astieri d’Orb. stlesiaca Uhl. U. subeincta Uhl, U. Sutneri Uhl. U, hamus Qu. H. ee Ya 8 = | a ptychoceroides Hohen. H. Ptychoceras Puzosi d’Orb. ” n y n (?) Anisoceras cf. obliquatum Pict. 5 n. sp. indet. U. 5 n. sp. H. X 2:89. Desmoceras strettostoma Uhl. H. 3 diffieile d’Orb. H. h pstlotatum Uhl. H. 3 cassidoides Uhl. Desmoceras cassida Rasp. U. 5 Uhligi n. sp. H. r af. lechicum Uhl. H. R Melchioris Tietze. Charrieri d’Orb. U. Silesites vulpes (og. ı (2) Pachydiscus Neumayri n. sp. H. Aspidoceras Guerini d’Orb. H. 2 cf. Guerini d’Orb. H. sp. H: ” b) >) N. p ' Holcodiscus Caillaudi d’Orb. U. Pulchellia provincialis d’Orb. U. \ af. Lindigi Karst. U. Crioceras Emerici Lev. U. sp. indet. af. Emerici. Lev. H. 5 Honnorati d’Orb. H. n. sp. aff. Römer! Neum. & Uhl. H. n. sp. cf. Duvali Lev. H. Klipsteini Uhl. U. trinodosum d’Orb. H. dissimile d’Orb. ! pulcherrimum d’Orb. Ancyloceras Orbignyi Math. H. ” N n. sp. (= Crioceras sp. ind. cf. Römeri Uhl.). U Matheroni d’Orb. H. n. sp. indet. H. Renauzxi ir (== Örioceras n. sp. ind. u. badioticum Un .) cf. Zitteli Uhl. H. Hoheneggeri Uhl. H. Ih Van den Hecki Ast. H. Acanthoceras n. sp. ind. U. Inoceramus sp. H. Pholadomya barremensis Math. H. Discina sp. H. Pharetrone. Unbestimmter igel. H. See- ‘) Das beigesetzte H. bedeutet, dass die Form zum erstenmale von mir von der Puezalpe eitirt wird, das U., dass sie von Uhlig erwähnt und von mir nicht wieder gefunden wurde, die übrigen Formen befinden sich sowohl in dem Material von Uhlig als auch in dem meinigen, {k 117] Die geologischen Verhältnisse der Neocomablagerungen der Puezalpe. 26] Ausser den angeführten Resten enthalten die grauen Kieselkalke der Puezalpe eine colossale Menge von Radiolarienskelete, deren einige denn auch Uhlig bestimmt hat. Die demnächst erscheinende Arbeit von Rüst über die Radiolarien aus der Kreideformation wird die Be- arbeitung derselben nach Strassburger Material enthalten. Die neuen Arten aus obiger Liste, sowie einige besonders inter- essante Formen sollen in einer demnächst erscheinenden Mono- graphie abgebildet und näher charakterisirt werden. In dieser Mono- graphie gedenke ich auch eine eingehende Discussion der Fauna des Barr&mien und des unteren Aptien von der Puezalpe zu geben. Deutung der Lagerungsverhältnisse. Wenn wir auch in den nahegelegenen Hochflächen von Enneberg und von Ampezzo Analoga für die Neoeomvorkommnisse des Gardenazza- stockes finden, so stehen dieselben in Bezug auf den Fossilreichthum, die Vollständigkeit der Schichtenfolge und die merkwürdigen Lagerungs- verhältnisse in den österreichischen Alpen einzig da. Gerade die Lagerungsverhältnisse sollen uns den Schlüssel dafür liefern, dass solche Bildungen, die früher jedenfalls grosse Flächen des südalpinen Gebietes bedeckten, an dieser einzelnen Stelle der Erosion Widerstand geleistet haben. Eine sehr einfache Erklärung dieser Thatsache versucht Mo jsis o- vies!) dadurch zu geben, dass er den centralen Theil der Gardenazza- tafelmasse als inmitten stehen gebliebener Randpartien eingesunkene polygonale Scholle betrachtet. „Der nördliche und östliche Rand dieses Einsturzes ist aus dem Verlaufe der Contactlinie der Kreidebildungen und des Dachsteinkalkes in der Karte deutlich zu ersehen. Der Süd- rand läuft in einer tiefklaffenden Spalte im Dachsteinkalke nächst der Höhencöte 2338 in dem obersten Thalgrund des Langenthals und ist dann weiterhin durch den Contact des Cassianer Dolomits und des Dachsteinkalkes markirt. Der Westrand liegt ganz im Dachsteinkalke.“ Die Höhe des Einsturzes soll mindestens 1000 Meter betragen. Die merkwürdigen Lagerungsverhältnisse längs des Puezkammes finden folgende Erklärung: „Der nördliche Bruchrand schneidet die Kreide- schichten nicht, wie man erwarten möchte, vertical ab, sondern fällt steil gegen Norden ein, so dass die stellenweise gewundenen und ge- schleppten Schichten des Dachsteinkalkes die rothen Mergel der oberen Kreide zu überlagern scheinen.“ Bei dem damaligen Stande unserer Kenntniss der Teetonik der Alpen musste diese Erklärungsweise als die natürlichste erscheinen und wenn man blos die Lagerung an der Tschampaispitze und am Coll di Muntijella berücksichtigt, so scheint sie auch den thatsächlichen Verhältnissen vollkommen zu entsprechen. Wenn wir aber die Ueberlagerung des Neocoms durch Dachsteinkalk am Coll della Son& betrachten. so können wir mit einer gewöhnlichen Verwerfung nicht mehr auskommen, dieselbe müsste denn hier in eine horizontale Verschiebung übergegangen sein. Höchstens liesse sich eine ähnliche Erklärung versuchen, wie diejenige, welche Lory?) für die !) Dolomitriffe, pag. 212. 2) Note sur quelques faits de la structure des chaines centrales des Alpes-, pag. 98. Archives des Sciences physiques et naturelles. 1874, Vol. 49. 262 Emil Haug. [18] Entstehung der Kalkkeile im Gneisse des Berner Oberlandes vorschlägt. Einer Verwerfung, welche den auf Gneiss aufgelagerten Jurakalk in seitliehen Contaet mit Gneiss gebracht hat, soll eine horizontale Ueber- schiebung einer Gneisspartie über den Kalk sefolgt sein, welcher da- durch zusammengepresst und eingefaltet wurde. In unserem Falle wäre eine Dachsteinkalkpartie nach dem Einsinken längs einer Bruchlinie einer Scholle von Dachsteinkalk mit aufgelagerter Kreide nachträglich horizontal über die Kreide geschoben worden, wobei die Kreide zuerst längs der Spalte aufgebogen worden wäre und dann durch den Druck bei der Ueberschiebung zum Ueberkippen gebracht. Wir hätten hier ein Beispiel für die von Suess!) aufgestellte Regel, dass in Gebieten, wo senkende Bewegungen vorherrschen, ein Bestreben vorhanden ist, die Senkungen zu überschieben. Ebensowenig wie in den Berner Alpen können wir aber im Gardenazzagebirge die rein theoretische Erklärungsweise von Lory für die in Wirklichkeit viel complieirteren Lagerungsverhältnisse brauchen, wir müssen vielmehr eine Deutung finden, welche mit den beobachteten Thatsachen besser in Uebereinstimmung steht. Wir konnten von einer Verwerfung, wie sie Mojsisovies an- nimmt, längs welcher das Neocom gegen den Dachsteinkalk einge- sunken sein sollte, nichts beobachten. Es müssten beiderseits der ver- meintlichen Spalte zum mindesten die Schichtenfugen sich nicht mehr entsprechen, es müsste auch wohl beiderseits ein etwas verschiedenes Einfallen der Schichten zu beobachten sein. Dies ist durchaus nicht der Fall, dieselben Bänke, welche das Liegende des Neocoms bilden, lassen sich direet nach Norden an den Wänden des Zwischenkofls, weit ausser- halb des vermeintlichen Senkungsgebietes verfolgen. Eine Senkung der die Kreide tragenden Scholle scheint also gar nicht stattgefunden zu haben, wir sahen vielmehr, dass die Kreidebildungen am Südfusse des Zwischenkofls geradezu als ein Keil im Dachsteinkalk aufgefasst werden können. Sie sind in demselben eingeklemmt wie der Kalk im Gneiss des Berner Oberlands, mit dem Unterschiede, dass nicht wie dort die jüngeren Schichten auf den bereits früher gefalteten älteren discordant auflagern. Baltzer’s Deutung der Lagerungsverhältnisse am Contaet von Kalk und Gneiss im Berner Oberlande gipfelt bekanntlich in folgendem Satze: „Die im Gneiss eingeschlossenen sedimentären Kalk- massen längs des Aarmassivnordrandes sind die zerstückelten Reste einer srossen liegenden Falte.“ Als die Reste einer liegenden Falte möchte ich die zwischen Dachsteinkalk eingeklemmten Kreidepartien ebenfalls betrachten, doch gilt es näher, auf deren Aufbau einzugehen und die Verhältnisse am Südfusse des Zwischenkofls nochmals in’s Auge zu fassen. Fig. 4 soll in einem schematischen Bilde dieselben zusammen- fassen. Das Auffallendste an dem Profile ist der Umstand, dass an mehreren Stellen die Schichtfugen des Dachsteinkalkes senkrecht auf der Contactfläche zwischen ihm’und der Kreide stehen, anstatt dass, wie es bei einer normalen Falte der Fall sein sollte, die Schichtfugen dieser Fläche parallel verliefen. Es liegt hier ganz einfach ein Fall von Schuppenstructur vor, wie sie unter anderen Bittner und Suess?) ') Das Antlitz der Erde. I, pag. 187. ?) Das Antlitz der Erde. I, pag. 149. 7 a, Ä (4 4 a [19] Die geologischen Verhältnisse der Neocomablagerungen der Puezalpe. 963 in anschaulicher Weise schildern: „Die antiklinialen Axen der liegenden Falten sind bei fortschreitender Entwicklung der Falten gerissen, wo- durch die Hangendflügel übereinandergeschoben, die liegenden Flügel dagegen verdrückt wurden.“ So liegen am Coll di Dapunt mindestens zwei aufgerissene liegende Dachsteinkalkfalten übereinander. Im Hangenden ist die Kreide natürlich weggewaschen, an den Sattelenden ist sie erhalten geblieben, hat die Biegungen des Dach- steinkalkes zum Theil mitgemacht, im Liegenden der Falten ist sie aber mit dem liegenden Schenkel verschwunden. Die von Norden her- kommende überschiebende Bewegung hat parallel zur Schichtfläche des liegenden Dachsteinkalkes stattgefunden, so dass nördlich von den Sattelenden die Hangendflügel der ungestörten Basis parallel liegen. Die Erklärung der Lagerungsverhältnisse an den drei anderen Denudationsresten von Neocom — am Coll delle Pieres sind die Schichten ja ungestört — lässt sich ungezwungen aus der obigen Deutung der Zwischenkoflmulde ableiten. Am Coll di Muntijella ist der hangende Dachsteinkalk der oberen Falte weggewaschen, das Neocom, über welches sie überschoben war, ist stehen geblieben und bildet die vordere Kuppe. Das Sattelende der unteren Falte ist eben- falls erhalten geblieben und bildet jetzt die nördlich stehende Dachstein- kalkmasse, darunter ist ein Kreidekeil eingeklemmt (Fig. 3). Am Coll della Son& ist der Zusammenhang zwischen dem Mulden- kern, der im Osten am Fusse des Kammes als eingeklemmter Kreide- keil erhalten ist, und der Hauptmasse der Kreide durch die Denudation gelöst, von dem Hangendflügel des oberen über die Kreide geschobenen Dachsteinkalkschenkel bleibt als Denudationsreliet, als Zeuge der früheren Bedeckung der grosse Dachsteinkalkblock, welcher die Höhe des Coll della Sone krönt. An der Tschampaispitze sind die Hangendflügel, da wo sie über der Kreide lagen, weggewaschen, es bleibt nur die Spitze des unteren Kreidekeils erhalten, nämlich die eingeklemmten Reste von glauco- nitischem Dolomit und Kieselkalken am Fusse der Puezscharte zwischen Coll della Son& und Tschampaispitze. An allen vier Vorkommnissen hat die an Wechselbrüchen stattge- fundene Ueberschiebung noch andere Wirkungen hinterlassen als Faltungen der Kreideschichten, die eingeklemmten kieseliegen Gesteine haben nämlich am Contacte mit dem überschobenen Dachsteinkalk einen mechanischen Metamorphismus der interessantesten Art hervorgebracht, dessen Vorhan- densein auch an Stellen, wo der früher auf- oder angelagerte Dachstein- kalk verschwunden ist, den obigen Reconstructionen der früheren Ueber- schiebungen an den drei östlichen Neoeomkuppen eine feste Basis verleiht. Die verschiedenen dem Drucke ausgesetzten Gesteine haben sich demselben gegenüber natürlich in verschiedener Weise verhalten. Der glaueonitische Dolomit wurde in der Regel gar nicht verändert, der Zusammenhang der Bank ging aber verloren, so dass wir einzelne Blöcke im Hangenden des Kreidekeils zwischen den kieseligen Gesteinen und dem Dachsteinkalk eingeklemmt finden. Die geschichteten Kalke und Mergel zeigen vielfach in der Nähe des hangenden Dachsteinkalkes Transversalschieferung, verticale Zer- klüftung, das Gestein ist von Kalkspathadern durchsetzt, etc. Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Band. 2. Heft. (Emil Haug.) 35 Id Emil Hane, [20] Die rothen Knollenkalke des untern Neocom haben schaligen Auf- bau erhalten, die Schalen haben sich gegeneinander verschoben , ihre Trennungsflächen sind mit Kalkspath bedeckt. Diese Veränderung ist namentlich ganz ausgezeichnet am Coll della Son« unmittelbar unter der überschobenen Dachsteinkalkscholle zu beobachten. Die. kieseligen Kalkknollen sind langgezogen oder auseinander- gerissen, die eingeschlossenen Ammoniten sind in den meisten Fällen gequetscht, selbst in ziemlich grosser Entfernung von der U eberschiebungs- fläche, ein Beweis, dass die ganze Masse der Neoeomablagerungen einem gewaltigen seitlichen Drucke ausgesetzt war. Die interessantesten Erscheinungen bieten die Hornsteinknollen, sie werden von einem ganzen Netzwerk von Kalkspathadern durchsetzt, ferner zeigen sie Fältelungen und vor Allem Risse nach zwei sich unter spitzem Winkel kreuzenden Richtungen, sodass die ganze Masse in sich verschoben ist und wie zerträmmert erscheint. Es lassen sich prachtvolle Exemplare (Fig. 7) derartig mechanisch veränderter Hom- Fig. 7. Ausgewalzter Hornstein aus einer jm Dachsteinkalk eingeklemmten Neocom- partie auf der Puezalpe. steine am Coll die Muntijella und an der Tschampaispitze, in beiden Fällen nahe am auf- oder angelagerten Dachsteinkalke sammeln. Wir finden also auf der Puezalpe zahlreiche Beispiele von mechanischen Gesteinsumformungen, wie sie Heim ) als bei der Gebirgsbildung durch Druck entstehend schildert, ein Beweis, dass ähnliche Kräfte im Spiele waren, wie in den klassischen Gebieten der Glarnerdoppelfalte ') A. Heim, Untersuchungen über den Mechanimuss der Gebirgsbilduug. Bd. I, Abschn. I, [21] Die geologischen Verhältnisse der Neocomablaseruneen der Puezalpe, 265 und der Tödi-Windgällengruppe. Ein Vergleich mit diesen und ähnlichen Gebieten liegt also auf der Hand. Die Schweizer Geologen sind bekanntlich geneigt, alle Bewegungen bei der Gebirgsbildung auf Faltungsprocesse zurückzuführen, also Brüche als Faltenverwerfungen zu betrachten. In neuerer Zeit wurde durch Suess!) und MarcelBertrand:) ein besonderer Werth auf die Ueber- schiebungen gelegt, dieselben kann man sich als einfache Verschiebungen. von Schichten über einander längs mehr oder weniger horizontal gelegener Bruchflächen, oder — und dies: trifft besonders zu bei Gebirgen mit vorherrschenden Tangentialbewegungen wie die Alpen — als gerissene liegende Falten, bei denen der hangende Flügel über den liegenden geglitten ist, wobei letzterer meist ausgewalzt wurde. Diese Auffassungs- weise ist kaum von derjenigen von Heim und Baltzer von den liegenden Falten mit ausgezogenen Schenkeln verschieden, sie wurde von Bertrand auf die Deutung der Glarner Doppelfalte und von Suess auf dieErklärung der Lagerungsverhältnisse am Nordrande des Tafeljura angewandt. Gerade letztere Gegend zeigt ganz auffallende Berührungspunkte mit dem Puezerplateau. Betrachten wir das berühmte Profil durch den Bötzberg, wie esin grossem Massstabe von Mösch >) gegeben, in kleinerem Massstabe von Suess®) reprodueirt wird. Miocän liegt normal auf normal gelagerten oberen Jura, im Süden wird es auf einer ziemlich grossen Erstreckung von denselben jurassischen Schichten überlagert, sodass es gleichsam in oberem Jura eingekeilt erscheint. Lesen wir statt Miocän Neocom, statt oberem Jura Dachstein- kalk, statt Süden Norden, so meinen wir ein Profil durch die Puezalpe vor uns zu haben. Der Jura ist über das Miocän geschoben worden, wie der Dachsteinkalk über das Neocom. Denken wir uns am Bötzberg- profil die liegende Falte noch mehr gerissen, als wie es der Fall ist, und nicht allein die Schichten % /m (brauner Jura) desliegenden Schenkels, sondern auch die Schiehten d— (weisser Jura) als ausgewalzt und den Hangendschenkel noch weiter nach Norden geschoben, so wäre die Uebereinstimmung noch schlagender. Fassen wir aber im Bötzbergprofil die Region, woher die Veberschiebung herkam, näher in’s Auge, so erkennen wir, dass die älteren Schichten, nämlich der Lias (sv) und die Trias (e—z) an der Ueberschiebung nicht theilgenommen haben, sie sind im höchsten Grade gefaltet worden, die Falten hängen nach Norden, sind aber nicht so stark überkippt, wie die jüngeren Schichten, welche als mehr oberflächlich sich weniger plastisch gezeigt haben, die Kleinen Faltungen nicht haben mitmachen können und, um dem Tangentialdruck Folge zu leisten, nach Norden haben überschoben werden müssen. Bis in diese Einzelheiten stimmt das Bötzbergprofil mit dem unsrigen überein. Betrachten wir nun die teetonischen Verhältnisse im NNO. von der Puezalpe. Nördlich von der Gardenazza hat die Denu- dation die Dachsteinkalkplatte weggewaschen, es treten darunter Raibler Schichten, Cassianer Dolomit , eine Zunge Wengener Dolomit, die tuffige Unterlage des Stockes, die Wengener Schichten zu Tage. 1) E. Suess, Das Antlitz der Erde. I, 3. Abschn. | ?) M. Bertrand, Bull. soc. geol. 3, Ser. X, pag. 114—124, XII, pag. 318—330. 5) Beitr zur geol. Karte der Schweiz. Lief. X, Anh. zu Lief. IV. *) Antlitz der Erde. I, pag. 150. 39 * 266 Emil Hang. [22] (v. Mojsisovies, Dolomitriffe, pag. 222). Es folgt nach NNO. eine Reihe von beiläufig WO. gerichteten Sätteln und Mulden von älteren Triasschichten, der tiefe Einschnitt des Gaderthales gewährt uns einen lehrreichen Einblick in die teetonischen Störungen dieser Massen. Die Werfener Schichten bilden einen ziemlich flachen Sattel (Grones Hof), dagegen sind die Bänderkalke der Buchensteiner Schiehten bei Pederoa in der abenteuerlichsten Weise gefaltet, desgleichen zeigen die Bellerophonkalke bei Preromang grossartige Kriekungen und Auf- biegungen. Jedenfalls haben sich an mehreren Stellen die Spannungen in Faltenverwerfungen (Wechsel) aufgelöst. Diese ganze Betrachtung liefert uns auch zugleich den Schlüssel zur Frage nach den Ursachen der vielfach erwähnten Ueberschiebung der Puezalpe. Die zahlreichen Falten zwischen Campil- und Gader- thal sind nämlich nur eine locale Modification der berühmten Störungs- linie, die vom Eisackthale bis tief in’s Comelico sich verfolgen lässt und unter dem Namen Villnösser Bruchlinie ') bekannt ist. Durch das ganze Villnöss ist der betreffende Sprung deutlich zu erkennen, der Nordflügel ist der gesunkene, zuletzt am Südfusse des Peitlerkoflriffes ist Wengerer Dolomit gegen Bozener Porphyr verworfen. Vom Joche an, das das obere Villnöss mit dem Campiler Thal verbindet, treten an Stelle einer Verwerfungsspalte die erwähnten Sättel und Mulden. Erst von Wengen an lässt sich eine Bruchlinie wieder beobachten und nach Osten verfolgen, der Südflügel ist aber nun der gesunkene. West- lich von Campil und östlich von Wengen haben die vorhandenen Nord- südspannungen ihren Ausdruck in einem schroffen Bruche gefunden, zwischen beiden Orten dagegen hat der vorhandene von Norden her- kommende Tangentialdruck die in der Tiefe liegenden unteren Trias- schichten gefaltet und geknickt, den darüber liegenden Cassianer Dolomit und den Dachsteinkalk aber nach Süden geschoben, und zwar so, dass die auflagernde Kreide zum Theil übergeschoben wurde. Suchen wir uns eine Vorstellung von der Campiler und Gader Gegend zu machen, wie sie zur Zeit ausgesehen haben mag, wo die Denudation die jüngeren Glieder der Trias noch nicht weggewaschen hatte, so lag über dem mannigfach gefalteten Untergrunde eine wenig gestörte, ziemlich horizontale Platte von Cassianer Dolomit und Dachsteinkalk, in der nur Horizontalbewegungen stattgefunden hatten, die nach Süden, wie noch heutzutage, Schuppenstructur zeigt und dessen obere „Schuppen“ nach Süden über jüngere Schichten überschoben waren. Die Denudation hat diese Platte grösstentheils zerstört und mit ihr die Uebereinstimmung, welche mit der Malmdecke des Bötzberges bestand. Andererseits hat sie aber dem jetzigen Beobachter die Lagerungsverhältnisse einer tieferen Schichte des Erdinnern erschlossen, während es am Bötzberg eines kiinstlichen Aufschlusses bedurfte, um über die enigmatischen Störungen Klarheit zu erlangen. Bei dem ungleichen Verhalten der älteren Trias und des Dach- steinkalkes gegen den Tangentialdruck mag ausser der grösseren Tiefe, in der die Dislocationen stattfanden, der Umstand in Betracht kommen, dass die massiven Dolomite und Kalke sich dem Druck gegenüber ')Mojsisovics, Dolomitriffe (v. Register). Suess, Antlitz der Erde. I, pag. 336. [23] Die geologischen Verhältnisse der Neocomablagerungen der Puezalpe. 267 starr verhalten, während die älteren wohlgeschichteten mergeligen und schieferigen Gesteine und die Tuffe der Wengener Zeit mit grosser Leichtigkeit dem Faltungsprocesse anheimfielen — eine Erwägung, die auch Mojsisovics!) macht, um die ungleiche Faltung des Dach- steinkalkes und der Juragesteine auf der Fanesalpe, auf die wir weiter unten zu sprechen kommen werden, zu erklären. Kehren wir zu den specielleren Lagerungsverhältnissen auf der Puezalpe zurück. Wir haben bis jetzt bei allen unseren Vergleichen und Erwägungen über den Gardenazzastock die Bruchlinien, welche denselben in Wirklichkeit durchsetzen, vollständig ausser Betracht ge- lassen, wir haben uns damit begnügt, das Nichtvorhandensein eines Bruches, welcher das Kreidevorkommen der Puezalpe im Norden und Osten begrenzt, zu beweisen. Anders verhält es sich mit derjenigen Spalte, welche nach Mojsisovies die Puezalpe nach Süden oder vielmehr nach Südwesten begrenzt. Wir sahen bereits, dass das Kreidevorkommen auf der Puezalpe . im Westen von einer Verwerfung scharf abgeschnitten wird, deren Ver- längerung nach SO. nahe am Ruz de Puez die rothen Knollenkalke des unteren Neocom in unmittelbarer seitlicher Berührung mit dem Dachsteinkalk bringt (Fig. 5). Die Verlängerung dieser Spalte führt über’s obere Lange Thal, wo Cassianer Dolomit gegen Dachsteinkalk ver- worfen ist, nach der Scharte, die den Tschampaikessel mit dem Langen Thal verbindet, wo Mojsisovics ebenfalls seine Südbegrenzung der Puezscholle annimmt. Im Norden der Spalte ist das Einfallen nach SSW. gerichtet, im Süden auf der südlichen Puezalpe nach NW. Die nördliche Scholle, welche das überschobene Neocom trägt, ist die gesunkene, der südlichen Scholle gehört das Coll delle Pieres an. Weiter nach OSO. trennt die Verlängerung der besagten Spalte die Tschampaispitze vom Sass Songer, läuft dann wahrscheinlich durch die tiefe Kluft, die oberhalb Verda in’s Corvarathal führt, auf letzteres zu, durchkreuzt dasselbe unter Bildung eines nach Norden offenen Bogens und fällt dann jenseits des Thales mit der Colfuschger Bruch- linie, deren Verlauf Mojsisovics eingehend geschildert hat, zusammen. Eine unbedeutendere Verwerfung trennt das Coll della Sone von der Tschampaispitze, bildet dann beim Tschampaisee ein Knie nach SW., trennt den Cassianer Dolomit am Fusse des Sass Songer vom Augit- porphyrtuff des Pradat, dann bringt sie nach Corvara zu sich er- streekend das Band Buchensteiner Schichten und Muschelkalk, wie aus der Karte zu ersehen ist, in verschiedene Niveaux: der Ostflügel ist der gesunkene. Bei Corvara durehkreuzt sie dann die Colfuschger Bruchlinie. Suchen wir in anderen Gebieten, wo Ueberschiebungen häufig auftreten, nach einem Analogon für die Bruchlinie, welche die über- schobene Scholle der Puezalpe im Südwesten begrenzt, so werden wir unwillkürlich an den bekannten „eran de retour“ des belgischen Kohlen- gebirges erinnert, wo diese Verwerfung im Norden eine von Süden überschobene Region begrenzt und gleichsam der Ueberschiebung eine Grenze zieht. Diese Rolle spielt auch die Puezer Bruchlinie, wie auch 1) Dolomitriffe, pag. 289. 968 Emil Haug. [24] längs des Nordrandes der Schweizer Alpen nach Bertrand !) eine Grenz- bruchlinie die Ueberschiebungszone der Randgebirge im Norden begrenzt. Die Querspalte, die zuerst beiläufig nordsüdlich gerichtet das Coll della Son&e von der Tschampaispitze trennt, kann als ein Blatt im Suess’schen Sinne betrachtet werden. Das Vorhandensein eines „eran de retour“ im Süden der Puez- scholle erklärt denn auch das westsüdwestliche Einfallen des Dach- steinkalkes in der überschobenen Region und in dem überschiebenden Theil mit Schuppenstructur, das Einfallen war wohl zunächst ent- sprechend der Richtung der Ueberschiebung ein ostnordöstliches, dadurch aber, dass im Süden die Spannung in einem Risse der Erdkruste ihren Ausdruck fand, gab eine Schaukelbewegung der ganzen Scholle ein Einfallen nach umgekehrter Richtung. Zu beachten ist auch der Um- stand, dass die Puezer Bruchlinie gerade da anhebt und aufhört, wo weiter im Norden die Villnösser Bruchlinie aufhört, um sich in ein Faltensystem aufzulösen, und bei Wengen wieder beginnt (Fig. 11). Vergleich mit den Neocomablagerungen in den benachbarten Gruppen der Dolomitalpen. a) Sellagruppe. Da Mojsisovies?) ausdrücklich bemerkt, dass, um über das etwaige Auftreten jurassischer Ablagerungen auf den Gipfelmassen der Sellagruppe Aufschluss zu erhalten, Herr Dr. Ed. Reyer auf sein Ersuchen den höchsten Gipfel der Gruppe, die pyramidenförmige Punta di Bovai (auch Boespitze genannt) bestieg und da die Untersuchung ergab, dass auch die höchste Spitze noch aus dolomitischem Dachstein- kalk besteht, so war ich sehr erstaunt, vom Gemsjäger Eust. Dapunt zu hören, dass nahe an der Spitze der Bo& „Puezschichten“, d. h. Neocom- ablagerungen auftreten. Um mir Sicherheit über diesen Punkt zu verschaffen, unternahm ich von Corvara aus mit Dapunt die land- schaftlich äusserst lohnende Besteigung des Berges und fand allerdings die höchste Pyramide aus Dachsteinkalk bestehend. Hingegen verrieth das Vorkommen von grünen und rothen Kalkblöcken und von Kiesel- knollen in den Schutthalden im Nordosten der Spitze sofort das Auf- treten von Neocomschichten, welche auch in der That auf der Kamm- höhe des Grates, der von der Boespitze nach dem nordnordöstlich gelegenen „Piz“ sich zieht, zum Theil von Schnee bedeckt anstehen. Wenn auch im Grossen betrachtet, die Sellagruppe den Eindruck einer ungestörten grossen Tafelmasse bietet, so zeigen doch die obersten Schichten des Dachsteinkalkes in der Nähe der Bo&spitze häufige Biegungen und kleinere Brüche. Längs eines solchen ist das betreffende Kreidevorkommen in Form einer kleinen Mulde eingequetscht. Die Neocomschichten bestehen hier aus rothen und graugrünen, durch Druck zum Theil schuppig gewordenen Kalken mit ausgewalzten Kieseln und unkenntlichen ‘Ammonitenresten und erreichen eine Mächtigkeit 1) Bull. soc, geol. (3), XII, pag. 322,v. auch Gosselet Ibd. Vol. VIII, pag. 505. °) Dolomitriffe, pag. 239. EEE [25] Die geologischen Verhältnisse der Neocomablagerungen der Puezalpe. 2659 von höchstens 6—10 Meter. An der Grenze segen den Dachsteinkalk liegt an der Basis dieses Neoeoms ein aus grossen eckigen Stücken eines grauen Kalkes und aus sehr feingerollten Elementen bestehendes Conglomerat. Zu den feinen Elementen gehören vorzugsweise ein weisser bröckeliger Kalk, ein rother Kalk, der offenbar von Ablagerungen des oberen Malms herrührt und kleine Körner von Brauneisenerz (Fig. 8). Dieses Conglomerat nimmt also genau die- selbe Stellung ein wie die Dachsteinkalkbree- cie an der Basis des grünen Dolomits auf der Puezalpe und hat sich wohl gleich demselben unmittelbar vor Absatz Neocomvorkommen unweit der Bo6-Spitze, der untersten Kreide, D Dachsteinkalk. en N Neocom. V Verwerfung. resp. des oberen Tithon $ abgelagert, es hat sich offenbar auf Kosten des Jura gebildet, das Fehlen dieser Formation auf der Puezalpe und in der Sellagruppe lässt sich daher ungezwungen durch eine nachträgliche Abrasion ihrer Sedi- mente vor Beginn der Kreidezeit erklären. Die Zeit des Eintreffens dieser Transgression wird sich aus den Verhältnissen im Ampezzaner- Enneberger Gebirge ergeben. 6) Umgebung der Fanesalpe. Der colossale Gebirgskessel der kleinen Fanesalpe, welcher ringsum von den zackigen Gipfeln der Monte Varella, der Stigaspitze, des Monte Lavarella, des Heiligkreuzkofl, des Rosshauptkofl, des Parei di Fanes gebildet wird, besteht aus einer grossen Antielinale, welche sich im Nord- osten an die Villnösser Bruchlinie anlegt. Nach dieser Richtung münden die Gewässer des Gebirgskessels in’s obere Val di Ruda (Rauthal). Aus dem Dachsteinkalk, welcher im Norden und Westen des Kessels die Gipfel zusammensetzt, entwickeln sich allmälig die grauen Kalke des Lias, deren untere Bänke die Terebratula dubiosa Haas in grosser Masse führen!) und vielleicht noch zum Rhät gehören dürften. Höhere Bänke schliessen die weissen Crinoidenkalke ein, deren Brachio- podenfauna von Haas monographisch bearbeitet wurde und welche jedenfalls dem mittleren Lias angehören. Aus den Angaben von Mojsisovies lässt sich auf die Vertretung mehrerer Horizonte des oberen Lias, des Dogger und des unteren Malm in den höheren Schichten der grauen Kalke schliessen. Eine genaue Gliederung dieser Gebilde und die Verfolgung der Verbreitung der einzelnen Schichten im Gebiete der beiden Fanesalpen lagen ausserhalb des Rahmens meiner Arbeit und würden schwierige und zeitraubende, aber sehr lohnende Unter- ') H. Haas, Beiträge zur Kenntniss der liasischen Brachiopodenfauna ‚von Süd- tirol und Venetien. Kiel 1884, pag. 17, T. II, F. 17—21. Ein offenbar früher von Heilig- kreuzkofl heruntergestürzter Block lieferte unweit von Heiligkıeuz eine colossale Menge von Exemplaren dieser Art. 270 Emil Haug. [26] suchungen in dieser wenig zugänglichen Gegend erheischen. Die rothen Ammonitenkalke des Malm enthalten eine reiche Fauna, welche die Ver- tretung der drei Zonen der Oppelia tenuilobata, der Waagenia Beckeri und der Oppelia lithographica, also des ganzen alpinen oberen Malms, inelusive unterem Tithon folgern lässt. Die Verbreitung dieses schon an seiner Farbe leicht zu verfolgenden Horizontes ist aus der gerade an dieser Stelle nicht ganz genauen Karte von Mojsisovies undHoernes nur sehr unvollständig zu ersehen. So liegt am Südfusse des Monte Varella in einem durch imposante Faltenbildungen höchst interessanten Thale in einer kleinen Mulde (Fig. 9) ein Rest von rothen fossilreichen Fig. 9. Neocom als Kern einer Juramulde am Südfusse des Monte Varella. L Lias und Dogger. A rother Ammonitenkalk. N Neocom. Ammonitenkalken, unmittelbar über denselben und haarscharf von ihnen begrenzt liegen graugrüne Kalke und Mergel mit Chaleedonbänken, welche mit den auf die grünen Dolomite der Puezalpe folgenden Schiehten vollkommen identisch sind. Auf der Alpe Plan de Salines, nördlich der Hütten von Klein- Fanes, liegen über den grauen Kalken, welche die Thalsohle und die mit Alpenrosen bewachsenen grossartigen treppenförmigen Terrassen des nördlichen Thalgehänges bilden, 3—4 Meter mächtig die rothen Ammoniten- kalke. Besonders in ihren oberen Lagen zeigen sie eine knollige Zusammen- setzung und führen Pygope diphya '), zuerst liegen die Schichten horizontal, Fig. 10. 1% Neocom als Kern einer Juramulde am Plan de Salines bei Klein-Fanes. L Lias und Dogger. A rother Ammonitenkalk. N Neocom. F Villnösser Bruchlinie. biegen sich aber sehr bald nach Norden auf und sind am Fusse des Piz del St. Antone beinahe vertical gestellt (Fig. 10). Der Muldenkern !) Ausser dieser Form enthielt ein von Herrn Dr. Merian aufgefundener Block Glossothyris sp. ind., Terebratula triangulus Lk., Periphinctes sp. [27] Die geologischen Verhältnisse der Neoeomablagerungen der Puezalpe, zahl besteht aus denselben graugrünen Kalken mit Hornsteinen, wie südlich des Monte Varella. Die Stelle ist auf der Karte von Mojsisovies als Biancone eingetragen und wird von Hoernes als östliches Gehänge des Gran Camploratsch eitirt.?) Wie an dem vorhin beschriebenen Vor- kommnisse sind hier nur die unteren Ablagerungen der Schichtenfolge der Puezalpe vertreten. Mit dem Fernrohr sah ich auf der höchsten Spitze der auf der Kaıte als Stigaspitze eingetragenen Gebirgsmasse rothe Ammonitenkalke in ähnlicher Lagerung wie auf Monte Varella. Nach der Aussage von Dapunt finden sich auf der Spitze grüne Feuersteinknollen, die eben- falls auf das Vorkommen von „Puezer Schichten“ deuten, der Berg heisst in der Gegend Temples da Fuak (Fuoeco, Focus, Feuer, Feuerstein) und es unterliegt keinem Zweifel, dass er identisch ist mit der von Klipstein?) erwähnten Feuersteinspitze. Unterhalb von Klein-Fanes im Thalgrund findet sich nun ein durch Erosion entblösstes besseres Profil der Grenzschiehten zwischen Lias und Kreide. Das Vorkommen gehört einer stark dislocirten Scholle, welche zwischen zwei, hier in spitzem Winkel zusammenstossenden Brüchen liegt, der eine ist die bekannte Villnösser Bruchlinie, welche hier NW.—SO. streicht, der andere zieht direet zur Alphütte Gross- Fanes, am Fanessee vorbei. Die Schichten fallen stark nach NW. ein, sind aber zum Theil in mannigfacher Weise gewunden. Ueber den rothen Ammonitenkalken folgen zunächst die graugrünen Mergel und Kalke mit Hornsteinbänken, darüber wenig mächtige Schichten mit Kalkknollen, in denen ich nur einen Aptychus fand, aus welehen aber wohl folgende von Hoernes und Mojsisovics aufgefundenen Fossilien stammen mögen: Lytoceras subfimbriatum d’Orb. Phylloceras Rouyanum d’Orb. — infundibulum d’Orb. semistriatum d’Orb. x Morelianum d’Orb. Holcostephanus cf. Heeri Oost. Aptychus lineatus Peters. ” Zuoberst liegen abwechselnde Bänke von grauen Kalken und schieferigen Mergeln, die den oberen Schichten der Puezalpe zu ent- sprechen scheinen. Vergleichen wir nun die Schichten der Puezalpe mit den gleich- alterigen Ablagerungen in der Umgebung der beiden Fanesalpen, so ergibt sich zunächst das wichtige Resultat, dass da im letzterem Gebiete die unmittelbar über den untertithonischen Ammonitenkalken liegenden Schichten mit Hornsteinbänken durchaus den untersten Ablagerungen der auf den glauconitischen Dolomiten auf der Puezalpe folgenden Schichten- folge entsprechen, diese untersten Schichten nicht älter sein können als Öbertithon, so dass der Malm, wie er in dieser Arbeit abgegrenzt wird, in den hornsteinführenden Schichten der Puezalpe nicht vertreten ist. !) Verh. d. k. k. geol. Reichsanst. 1876, pag. 140. Gr: ?) Verh. d.k.k. geol. Reichsanst. 1876, pag. 138. „Dieser Name leitet vielleicht seinen Ursprung von den hier, dem Charakter des coral-rag deutlich genug entsprechen- den Einschlüssen von Horn- und Feuersteinen im compacten Kalksteine — Terrain ä chailles.“ Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Band. 2. Heft (Emil Haug.) 36 Emil Haug. [28] Die von Hoernes und Mojsisovies unterhalb Klein-Fanes auf- gefundenen Formen finden zum Theil sich auf der Puezalpe, scheinen aber weder dort noch überhaupt im mediterranen Neocom an eine be- stimmte Zone gebunden zu sein. . 3. Thal von Campo Croce und Umgebung. Die ausgedehnteren Kreidevorkommnisse bei der Hütte Alla Stuva im Thale von Campo Croce nördlich von Cortina d’Ampezzo sind von den unbedeutenderen Vorkommnissen der beiden Fanesalpen durch die Villnösser Bruchlinie getrennt. Wir verliessen diese wiehtige Störung im oberen Wengener Thal, wo der Muschelkalk der Wengener Scholle gegen die Wengener Schichten des Armentaraberges verworfen sind. Weiter nach SW. ist der Bruch weniger auffallend, indem Dachstein- kalk an Dachsteinkalk anstösst. Vom Col del St. Antone an gewinnt sie wiederum eine bedeutende orographische und geologische Wichtigkeit, da unterhalb Klein-Fanes Neocom gegen Cassianer Dolomit verworfen ist.! In der Nähe des Durchbruches des Baches von Klein-Fanes dureh die Neocomschichten erfährt die Villnösser Bruchlinie eine interessante Fig. 11. uhren Da z Vengeue, on ODE Jeble Pers __ % NE 7770,70 _ Ban i S i = Se k / ER f " [2.2] Mescom 4 Tok De @ 0 Bud MIM Reoke Chnmonitenkalk " | f E35 Toreccıen und Conglomerate 2 Fammarege y "p IV] Oilinsser Wruchlinie ou0Jp Uebersicht der Hauptstörungslinie in den Abteier und Ampezzaner Alpen, zum Theil nach Mojsisovies. Gabelung (Fig. 11), zwischen beiden in spitzem Winkel zusammen- stossenden Brüchen liegt die oben geschilderte Jura-Kreidescholle. Die westliche Störungslinie, deren Wichtigkeit Hoernes und Mojsisovies 1) Eine andere Deutung können wir den unteren Kalkmassen im oberen Val di Ruda nicht geben, indem sie von Raiblerschichten bedeckt werden, we!che in der Nähe des Lae Pischodel in gewisser Höhe als bunte Bänder beiderseits des Thales auftreten, Ch Ti en: "x N [29] Die geologischen Verhältnisse der Neocomablagerungen der Pnezalpe. 273 entgangen zu sein scheint, streicht nach SSO. über den Fanessee und unterhalb der grossen Fanesalpe. Es ist höchst wahrscheinlich, dass sie sich bis in’s Valzaregothal verfolgen lassen wird, indem sie Vallon Bianco von Monte Casale und Monte Cavallo, Tofana II von Tofana I trennt und das Vorkommen von Juraschichten auf den östlich von ihr gelegenen Spitzen, das Fehlen derselben auf den westlichen durch- schnittlich nicht niedrigeren Höhen erklärt. Der Ostflügel ist der ge- sunkene, was sich noch darin kundgibt, dass im SO. der Tofana, unter- halb des Pomenedes-Waldes die Raibler Schichten in viel tieferem Niveau liegen wie weiter westlich, am Südflusse des Col dei Bos. Hier schaart sich dann unsere Fanesspalte mit der Valzaregospalte, welche da- durch in interessante Beziehungen zur Villnösser Bruchlinie tritt. Letztere verläuft hingegen zunächst vom Col del St. Antone nach OSO. bis zur Croda del Becco, wo sie nach Osten umbiegt. Für den weiteren Verlauf verweise ich auf die Schilderung bei Mojsisovies.!) Wenn ich diese Gabelung der Villnösser Bruchlinie so eingehend be- schrieben habe, so ist es einmal, weil Suess in seinem „Antlitz der Erde“ (pag. 337) eine Darstellung der besagten Störungslinie gibt, welche sich enge an die in den „Dolomitriffen“ gegebene anschliesst, andererseits zeichnen sich beide Zweigbrüche durch dieselbe Erscheinung aus, nämlich durch das Auftreten von Conglomeraten, welche Mojsi- sovies von der Croda del Becco an der Villnösser Linie beschrieben hat.) Das von mir an der Fanesspalte beobachtete Conglomerat liegt auf dem Wege von Gross- nach Klein-Fanes in geringer Entfernung von der erstgenannten Alpe, gleichwie an der Croda del Beeco liegt es auf den grauen Kalken des Lias auf. Beide Conglomerate bestehen aus verschiedenen Kalksteinen der Umgebung, worunter auch rother Jura- kalk, das Cement besteht an beiden Vorkommnissen aus schaligem Kalk, „welcher den Eindruck eines Quellenabsatzes macht“. Während aber an der Croda del Becco die Elemente vollkommen geglättet sind und weisse Quarzgerölle vorkommen, so fehlen letztere bei der Gross- Fanesalpe, wo auch die Elemente eine eckige Gestalt beibehalten haben. Diese Conglomerate gewinnen dadurch Interesse, dass Hoernes?) sie mit denjenigen vergleicht, welche im Antruillesthal — ebenfalls an der Villnösser Bruchlinie — die nach oben allmälig sandig werdenden Kreideablagerungen unmittelbar überlagern. Leider gestatteten mir die Kürze der angemessenen Zeit und das Eintreten von schlechter Witte- rung nicht dieses Vorkommen, sowie dasjenige von der Fossesalpe (Delle Fontanes) zu besuchen, so dass meine Beobachtungen in der Umgegend von Alla Stuva sich auf die an den Ufern der Aqua di Campo Croce gelegenen Punkte beschränken. Mojsisovies schildert nach der Kartirung von Hoernes in ganz treffender Weise die zur Villnösser Bruchlinie parallelen Störungen zwischen Rauthal und oberen Boitathal. Zwischen zwei solchen Parallel- spalten eingeklemmt liegt die Scholle von Alla Stuva, welche die ganze Reihe der Schichten an den Fanesalpen wiedergibt und in vorzüglicher 1) Dolomitriffe, pag. 291. 2) Ibd., pag. 288. et 3) Verh. d. k. k. geol. Reichsanst. 1876, pag. 82 u. 140; Dolomitriffe, pag. 288. 36 * 974 Emil Haug. [30] Weise von Loretz!) beschrieben worden ist. Die rothen Ammoniten- kalke führen eine reiche Untertithonfauna. Die darüberliegenden, von Loretz bereits erwähnten heller gefärbten Kalkbänke, in denen Mojsisovics den Zytoceras montanum fand, lassen sich noch ungezwungen zum Diphyakalk rechnen. Von solehen helleren Kalken über den rothen Ammonitenkalken war in der Gegend von Fanes nichts zu beobachten, der lichte Kalk mit Terebratula cf. Bilimeki Suess und Aptychus punctatus, welchen Hoernes und Moj- sisovies von diesem Punkte erwähnen, führen Ammoniten, welche jedenfalls nicht aus jüngeren Schichten wie Diphyakalke stammen, wie folgende aus demselben Blocke herrührende Formen aus einer Aufsammlung von Ploner beweisen: Aspidoceras cyclotum Opp. Haploceras cf. verruciferum Mogh. Oppelia Darwini Neum. Der Uebergang von den hellen Ammonitenkalken zu den Neocom- ablagerungen ist leider bei Stuva grösstentheils verwachsen, doch scheint es, dass die folgenden hellen Bänke mit den graugrünen Kalken mit Kieselknollen der Puezalpe und der Fanesalpe zu identifieiren sind. Hornsteine sind hier viel weniger häufig wie an den beiden anderen Localitäten, doch fehlen sie durchaus nicht, reichen aber kaum höher wie die untersten Neocomschichten. Desgieichen treten, wie bereits unter- halb Kleinfanes, die fossilreichen Kalkknollen ganz zurück, so dass die Fossilien in den Mergeln selbst, und zwar meist plattgedrückt vorkommen. Der Hauptaufschluss der oberen bläulichgrauen Mergel, den auch Loretz erwähnt, liegt an den Ufern der Aqua di Campo Croce, ober- halb von Alla Stuva. Die Schichten fallen stark nach NO. ein, es wechseln ganz regelmässig Kalkmergelbänke und Schieferbänke. Die Stelle ist ziemlich fossilreich und würde eine systematische Ausbeute lohnen. Die Stücke, die ich fand, weisen auf oberes Neocom. Nach Hoernes?) gehen im Antruillesthal die Neocommergel nach aufwärts allmälig in einen petrefactenleeren quarzreichen Sandstein über, aus welchem sich allmälig Conglomerate entwickeln. Diese Con- glomerate sollen den oben geschilderten gleichartigen Gesteinen von der Croca del Beeco entsprechen, da aber sowohl letzteres Vorkommen, wie auch diejenigen von Grossfanes und vom Antruillesthal an wichtigen Spalten liegen, so liegt es nahe, ihre Entstehung mit dem Vorhanden- sein derselben in Verbindung zu bringen. Es würden dann breecien- artig cementirte Kluftausfüllungen vorliegen, wie sie Loretz:) öfter in den Ampezzaner Alpen beobachtet hat. Die abgeriebenen Gerölle mögen vor ihrer Verkittung einen längeren Transport erduldet haben. Diese Vorkommnisse in die obere Kreide zu stellen, dazu scheint mir durchaus kein Grund vorhanden, die Sandsteine .vom Antruillesthal können dagegen sehr wohl in die Bildungszeit des Aptien oder des Gault fallen. 1) Zeitschr. d. d. geol. Ges. 1874, pag. 470. ?) Verh. d. k. k. geol. Reichsanst. 1876, pag. 141. ®) Zeitschr. d. d. geol. Ges. 1874, pag. 476. a RT [31] Die geologischen Verhältnisse der Neocomablagerungen der Puezalpe., 275 Vergleich mit anderen Gebieten. Die Mergel und die Kieselkalke des Gardenazzastockes und der Ampezzaner Alpen tragen entschieden den Charakter der nordalpinen Aptychenkalke, welche dem Malm angehören. Beide Formationsglieder zeichnen sich durch das häufige Auftreten von grünen, rothen oder grauen Hornsteinlinsen oder -bänken aus und sind auffallend reich an Radiolarienskeletten, wie die Untersuchungen von Rüst dargethan haben. Dagegen tritt in den Rossfeldschiehten, dem nordalpinen Zeit- äquivalent eines Theils der Neocomablagerungen der Puezalpe, der Kieselgehalt zurück und es herrscht das mergelige Element vor. Eben- falls ist in den Ampezzaner Alpen der heteropische Wechsel zwischen den rothen Ammonitenkalken des Kimmeridge und dem Neocom ein ganz scharfer. Die Gewässer, in denen sich die Schichten der letzteren Etage ablagerten, standen daher offenbar mit den nordalpinen Meeren in Zusammenhange. Die Ablagerungen zu beiden Seiten der Alpen müssen als vollkommen isotopisch angesehen werden. Anders verhält es sich, wenn man die Abteier und Ampezzaner Neocombildungen mit der venetianischen Biancone vergleicht. Die lichtgefärbten dünngeschichteten, sehr fossilarmen Mergelkalke dieser Formation haben mit unseren dunkelgrauen fossilreichen Kieselkalken wenig Aehnlichkeit. Die heteropische Grenze lässt sich auf der Karte der dolomitischen Alpen von Mojsisovies sehr gut verfolgen. Der Facieswechsel vollzieht sich im Bellunesischen, wo nach Süden und nach Südwesten die rothen und grauen Neocommergel allmälig durch Schichten vom Charakter der Biancone verdrängt werden. Leider lassen sich die sehr knappen Schilderungen der Belluneser unteren Kreide von Mojsisovies und Hoernes!) mit der ausführlicheren, aber äusserst unklaren Darstellung von Taramelli?) nur schwer in Ein- klang bringen. Namentlich herrscht über die Aufeinanderfolge und das Ineinandergreifen der beiden Facies, an den Punkten, wo beide ver- treten sind, grosse Unsicherheit und es dürfte sich lohnen die Belluneser Kreide einem eingehenden Studium zu unterziehen, obgleich die Unter- suchungen in paläontologischer Beziehung nur wenig Resultate zu ver- sprechen scheinen. In paläontologischer Hinsicht lässt sich blos unsere Abtheilung e der Puezalpe, das Mittelneocom, sowohl mit den Rossfeldsehiehten als auch mit der Biancone vergleichen. Die meisten von mir aus diesem Horizonte erwähnten Formen finden sich in den Rossfeldschichten wieder, dasselbe scheint mit der Biancone der Fall zu sein. Eine Revision der Ammoniten aus dieser Formation, die ich zu unternehmen gedenke, wird sicher die Berührungspunkte noch mehren. Wenn der Vergleich der Abteier und Ampezzaner Neocomablage- rungen mit den venetianischen zu keinen wichtigen Resultaten geführt haben, so bieten uns die liegenden Bildungen, die rothen Ammoniten- kalke, Stoff genug zu interessanten Erwägungen. Wir sahen ja, dass, während auf der Puezalpe die Kieselkalke der Kreide unmittelbar auf dem Dachsteinkalk lagern, in den Ampez- 1) Dolomitriffe, pag. 441, 442, 448. FE ?) Note illustrative alla carta geologica della provincia di Belluno, pag. 117 ff. 276 Emil Haug. [32] zaner Alpen und bereits im Faneser Gebirge dieselben auf rothe Ammonitenkalke folgen, von denen sie sich haarscharf unterscheiden lassen. Die Untersuchungen von Loretz und von Hoernes ergaben bereits, dass sowohl die Acanthieusschichten als auch das Untertithon in diesen Kalken vertreten sind. Im Bellunesischen enthalten ähnliche Kalke, die jedoch local, wie bei Longarone eine graue Färbung be- sitzen, eine reiche Fauna, welche in erster Linie auf Acanthieusschichten hinweist. Eine schöne Suite vom Campotorondo, SSW. von Agordo, welche Hoernes!) untersucht hat, enthielt aber mehrere Tithonformen, die bei den Aufsammlungen im selben Gesteine, wenn auch vielleicht in höherem Niveau wie die Formen aus den Acanthieusschichten, gefunden wurden. Parona?) hat aus den Ammonitenkalken von Podenzoi bei Longarone eine reiche Fauna veröffentlicht, welche auf eine vollständige Vermengung von Formen aus den Acanthieusschichten und dem Diphya- kalk schliessen lässt. Auch in den Sette Communi sind, nach den Untersuchungen von Nieolis und Parona°) zu urtheilen, zahlreiche Formen diesen beiden Abtheilungen gemein, so dass in ganz Südtirol und Venetien die rothen Ammonitenkalke eine Fauna enthalten, welche den drei Zonen der Oppelia tenwilobata, der Waagenia Beckeri und der Oppelia lithographica entspricht. Das Untertithon tritt daher in sehr enge faunistische Verbindung mit den Acanthieusschichten, ein Verhältniss, das übrigens längst durch Neumayr hervorgehoben wurde. Andererseits sehen wir, dass in ganz Südtirol und Venetien nirgends Ablagerungen vom Alter des Obertithon mit den rothen Ammonitenkalken in Beziehung treten. In den Ampezzaner Alpen folgt dagegen auf den Diphyakalk eine homogene Schichtenreihe, die sämmt- liche Glieder des Neocoms enthält und die anscheinend mit Schichten beginnt, die mit dem Obertithon von anderen Gegenden, also ınit dem Stramberger Horizont altersgleich sind und in derselben Facies wie die darauffolgenden typischen Kreidezonen entwickelt sind. Im Bellu- nesischen folgen auf das Untertithon nicht genauer horizontirte Neocom- ablagerungen, an vielen Punkten in Venetien wird es wohl direet von der Biancone überlagert, an anderen Punkten, im Öberveronesischen liegt zwischen beiden Ablagerungen ein höchst interessantes Zwischen- glied, das „Titonico bianco* der oberitalienischen Geologen, dessen Fauna bereits von de Gregorio®) und von Nieolis und Parona?) besprochen wurde. Da sich an die Discussion dieser Fauna Schluss- folgerungen von allgemeiner Tragweite anknüpfen lassen, so mag es mir gestattet sein, etwas länger bei derselben zu verweilen, zumal mir von Rover& di Velo im Öberveronesischen ein reiches Material aus der !) Verh. der k. k. geol. Reichsanst. 1887, pag. 112. ?) Di alcuni fossili dei dintorni di Caprino e di Longarone nel Veneto. Atti del R. Istituto Veneto di Scienze, Lettere ed Arti. 1880, Ser. V, Vol. VI. ?) Note stratigrafiche e paleontologiche sul giura superiore della provincia di Verona. Boll. della Soc. geol. Ital. 1885, Vol. IV, pag. 58 ft. *) Fossili titonici (Strambergschichten) del Biancone di Rover& di Velo. Natura- lista Sieiliano. 1885, Anno IV, 5) 1. c. pag. 10. [33] Die geologischen Verhältnisse der Neocomablagerungen der Puezalpe. 977 Strassburger Universitätssammlung und aus der Privatsammlung des Herrn Dr. &. Boehm in Freiburg i. Br. vorliegt. Die Fossillisten, die de Gregorio und Nicolis und Parona geben, differiren in manchen Punkten, es kann aber ohne Kenntnissnahme der Sammlungen der beiden Autoren der Versuch nieht gemacht werden, beide Listen in Einklang zu bringen, auch sollen nur die stratigraphisch wichtigsten Formen besprochen werden und die Fischreste und Peleeypoden ganz unberücksichtigt bleiben. Während de @regorio ohne Weiters das „I itonico bianco“ von Rovere di Velo für Stramberger Schiebten anspricht, kommenNicolisundParona zu dem Resultat, dass die in Frage stehende Fauna wegen der grossen Zahl von gemeinschaftlichen Formen zwischen unterem und oberem Tithon steht. Meiner Ansicht nach sind ihre faunistischen Beziehungen zum unteren Tithon nur sehr gering, denn es fehlen einmal die für die Diphyakalke und überhaupt für das alpine Kimmeridge so charakteristischen Simoceraten — wie auch Niecolis und Parona hervorheben, — ferner sind Aspidoceras und Oppelia nur äusserst spärlich vertreten, diese Gattung unter meinem Material nur durch 1 Exemplar von Oppelia zonaria Opp., jene aber nur durch ein unbestimm- bares Stück, unter dem Material von de Gregorio gar nicht. Die meisten Formen, welche für Untertithon charakteristisch sind, kommen an anderen Localitäten, z. B. bei Stramberg, Kiow und Palocsa auch im oberen Tithon vor, und eine Reihe von gemeinschaftlichen Formen, wie die Fischreste, Lytoceras quadrisulcatum, Aptychus Beyrichi, Pygopejanitor, Metaporhinus convexus, Üollyrites Verneuili ete. sind langlebige indifferente Formen. Hingegen enthalten die Listen von de Gregorio und von Nieolisund Parona eine Reihe von Formen, besonders Holeostephanus- und Hoplites- arten, zu denen noch aus meinem Materiale Hoplites carpaticus Züt. hinzu- kommt, welche für die Sramberger Schichten im höchsten Grade charak- teristisch sind. Auch die in mehreren schönen Exemplaren mir vorliegende Pygope diphya Col. ist keineswegs ausschliesslich für Untertithon charak- teristisch. Die Fauna von Rover& di Velo muss also entschieden mit de Gregorio als ein Aequivalent der Stramberger Fauna angesehen werden, das mir vorliegende Material enthält aber einzelne Formen, welche ihr gerade durch ihr massenhaftes Auftreten einen entschieden neocomen Charakter aufprägen. In erster Linie ist da Aaploceras Grasi d’Orb. anzuführen, eine Form, welche weder vonNicolisundParonanoch vonde Gregorio angeführt wird, mir aber in 14 sicher bestimmbaren Exemplaren vorliegt. Es sind nicht etwa der d’Orbigny'’schen Art nahestehende Formen, wie die aus den Stramberger Schichten von Zittel beschriebenen Haploceras liosoma und tithonicum, sondern wir haben es mit der ganz typischen neocomen Form zu thun, wie sie in der Zone von Berrias, im Valangien und im Mittelneoeom vorkommt. Eine typische Berriasform aus dem weissen Tithon von Rovere di Velo ist noch Hoplites oceitanteus Piet. Sehr interessant ist ferner das Vorkommen einer neuen Form von Holeostephanus, welche mir in 21 Exemplaren vorliegt und die ich in der Sammlung der Sorbonne in Paris aus dem Berriasien von la Sisterne in der Provence sah. Die Art steht dem Holcostephanus Groteanus Opp. und dem H. pronus Opp. sehr nahe; von dieser Art unterscheidet sie sich durch den vollständigen Mangel an einer Externfurche, von jener durch den beträchtlich höheren Querschnitt, von beiden durch. die 278 Emil Haug. | [34] feinere Berippung. Holcost. Barroisi Kil. steht unserer Form ebenfalls sehr nahe. : ie Auch die Phylloceraten scheinen grössere Beziehungen zu Kreide- formen als zu Juraformen zu besitzen, wenigstens stimmen meine Exemplare ebenso gut zu Phyll. semisulcatum d’Orb. und zu Phyll. semi- striatum als zu Phyll. ptychoicum Qu., respective zu Phyll. serum Opp., wenn überhaupt diese Arten von einander unterschieden werden können. Die allerhäufigste Form in der Fauna des „Titonico bianco“ von Rovere di Velo ist entschieden das von Nicolis und Parona als Terebratula nucleata Schloth., Tab. IV., Fig. 10—12, abgebildete Brachio- pod. Meiner Ansieht nach lässt es sich aber viel eher mit Glossothyris aliena (Opp.)*) aus den Stramberger Schichten als mit der süddeutschen Form aus dem Oxford und unterem Kimmeridge identificiren. Es geht aus der obigen Analyse wohl mit Sicherheit hervor, dass die Fauna von Rovere di Velo mit der Fauna von Stramberg altersgleich ist, aber ein noch entschiedeneres neocomes Gepräge wie letztere trägt. Die Zuziehung der Stramberger Schichten zum unteren Neocom hat Hebert?) schon vor Jahren mit gewichtigen Argumenten verfochten, meine Beobachtungen in Südtirol und meine Kritik der Fauna von Rover& di Velo bestätigen aufs Glänzendste die Annahme des Pariser Gelehrten. Die untere Grenze des Neocoms muss unter die Stramberger Schichten, unter das „Titonico bianeco“*, an die Basis des Schichten- complexes der grauen und rothen Kieselkalke der Puezalpe und der Ampezzaner Alpen gelegt werden. Die Diphyakalke treten dagegen zu den Acanthieusschichten in innigen Zusammenhang und bilden mit denselben die obersten Schichten des Malms im mediterranen Gebiet. Im Gardenazzastock und in der Sellagruppe tritt das unterste Neocom transgredirend auf Dachsteinkalk auf, wir haben hier dieselbe Erscheinung vor uns, die Hebert und seine Schüler °) vor einer Reihe von Jahren in den südfranzösischen Alpen nachgewiesen haben, die Schichten mit Terebratula janitor, die Aequivalente des Stramberger ‚Horizontes, beginnen mit einer Breecie, gerade wie in der Gegend von Corvara. Es erübrigt uns noch die Fauna der einzelnen Horizonte der Kieselkalke der Puezalpe mit denjenigen von classischen Neocom- localitäten zu vergleichen. Die Glieder des unteren Neocoms sind leider ziemlich fossilarm und lassen besonders wegen ihrer abweichenden Faciesentwicklung keinen eingehenden Vergleich in faunistischer Hin- sicht mit anderen Gegenden zu. Das Mittelneocom dagegen enthält eine Reihe von leitenden Formen, die in Südfrankreich im selben Niveau vorkommen. Am meisten Aehnlichkeit hat die Association der Arten mit der Fauna des Neocoms der Voirons bei Genf, sämmtliche Formen von der Puezalpe finden sich an dieser Localität wieder, die mitvor- kommenden Formen gehören ebenfalls dem mittleren Neocom an, so -") Zeitschr. d. d. geol. Ges. 1861, pag. 540. = Ter. nueleata Suess. Brach. v. Stramberg , Tab. III, Fig. 12. ?) Bull. soc. geol. 1869, [2], XXVI, pag. 588. ®) v. besonders Dieulafait, Bull. soc. geol. 1870, [2], XX VII, pag. 649. Velain, Bull, soc, geol. 1872, [3], I, pag. 126. [35] Die geologischen Verhältnisse der Neocomablagerungen der Puezalpe. 979 dass die Formationsglieder beider Localitäten als vollkommene bathrolo- gische Aequivalente betrachtet werden können. Die innigen Beziehungen des Barr&mehorizontes vom Gardenazzastoek mit den sleichalterigen Bildungen in Südfrankreich und mit den Wernsdorfer Schichten hat bereits Uhlig in klares Licht gestellt. Ancyloceras Orbignyi Math., Matheroni d’Orb., Renauxi d’Orb. sprechen ganz entschieden für die Vertretung des unteren Aptien in der oberneocomen Fauna der Puezalpe. Diese drei Formen finden sich in den Schichten des Ancyloceras Matheroni von der Provence wieder, an der bekannten Localität la Bödoule (Bouches-du-Rhöne) sind die beiden letzteren besonders häufig. Sie kommen dort mit Hoplites consobrinus d’Orb. und Acanthoceras Martini d’Orb. vor, zwei Formen, welche für das untere Aptien recht leitend sind, auf der Puezalpe aber fehlen. Die Schichtenfolge bei la Bödoule muss etwas näher ins Auge gefasst werden. A. Toucas!) hat in seiner schönen stratigraphischen Monographie des Beckens von le Beausset über dem nach dem juras- sischen Typus entwickelten Mittelneocom (Unterneocom bei Toucas) zunächst eine sehr mächtige Abtheilung von compactem Kalke mit Requienia Lonsdalei angeführt, welche das Urgonien darstellt, sie wird von Kalken mit Kieselknollen abgeschlossen, welehe die grösste Aehn- lichkeit mit den Schichten aus der Abtheilung d von der Puezalpe besitzen. Sie erreichen am Grand Cerveau beinahe 100 Meter Mächtig- keit. Im darauffolgenden Aptien unterscheidet Toucas folgende drei Unterabtheilungen: Schichten der Ostrea aguıla, a des Ancyloceras Matheront, A des Delemnites semicanaliculatus. Die unterste Abtheilung besitzt weder petrographisch, noch paläonto- logisch ein Analogon auf der Puezalpe. Die mittlere Abtheilung ist bei la Bedoule ein beiläufig SO Meter mächtiger, mergeliger hydrau- lischer Kalk, in welchem neben Nautilus neocomiensis d’Orb., Hoplites fissicostatus Phrl. zahlreiche schöne Exemplare von Ancyloceras Mathe- roni d’Orb. vorkommen. Es sind dies die Schichten, die auch an mehreren anderen Localitäten in Südengland, im Pariser Becken, bei Kutais in Transkaukasien durch den Reichthum an grossen Ancyloceren sich aus- zeichnen. Sie gehören in das untere Aptien, es liegt daher nahe, unsere Abtheilung e, welche am Zwischenkofl alle die grossen Aneyloceren, die in unserer Fossilliste aufgeführt sind, enthält, ebenfalls zum unteren Aptien zu rechnen. Die obere Abtheilung des Aptien besteht bei la Bedoule aus sehr mergeligen Schichten, welche zur Kalkbrennerei ab- gebaut werden. Auf der Puezalpe folgen ebenfalls rein mergelige Schichten, unsere Abtheilung f, wenn auch ohne Fossilien, auf die Aneylocerasschichten. Es scheint mir am naturgemässesten, dieselben mit dem oberen Aptien von la Bedoule zu parallelisiren, zumal der Gault im Becken von le Beausset an vielen Orten zu fehlen scheint und das Cenoman bereits eine ganz andere Entwicklung zeigt. 1) Sur les terrains eretaces des environs du Beausset (Var.). Mem. de la soc. geol. 2. serie, Vol. IX, Nr. 4, pag. 8 ff. Jahrbuch der k.k. geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Band. 2. Heft. (Emil Haug.) 37 980 Emil Haug. Die geolog, Verhältnisse der Neocomablagerungen der Puezalpe. [36] Jüngere Schichten als Aptien wären demnach auf der Puezalpe nieht vertreten, während auf das Vorhandensein sämmtlicher Glieder des Neocom im weiteren Sinne sich schliessen lässt. Das Neocom der Puezalpe ist ausschliesslich nach dem mediter- ranen Typus entwickelt, es zeigt Anklänge in seiner Ausbildung zu gleichalterigen Bildungen von Südfrankreich, von Savoyen (Voirons), von (den schlesischen Karpaihen (Wernsdorf). Die Entwicklung in der Facies der Kieselkalke verleiht ihm einen selbstständigen Charakter, der an die isopischen oberjurassischen Aptychenschiehten der Nordalpen erinnert. In dieser Facies ist das Neocom in der mitteleuropäischen Provinz einzig und allein auf der Puezalpe und den benachbarten Vorkommnissen der Faneser und Ampezzaner Alpen entwickelt, so dass es, abgesehen von den reichen paläontologischen Schätzen, welche es enthält, ein ganz besonderes Interesse in chorologischer Hinsicht beansprucht. Ueber Koninckiniden des alpinen Lias. Von A. Bittner. Mit 1 Tafel (Nr. XIV). In einer Notiz in den Verhandl. d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1886, pag. 52, habe ich die Auffindung koninckinaartiger Brachiopoden im Lias der Ostalpen angezeigt und erwähnt, dass ähnliche Formen, welche man zumeist als „Liasleptaenen“ zu bezeichnen pflegte, bisher nur von einer Stelle der bayrischen Kalkalpen durch Zittel (Handbuch, I. Bd., pag. 679) erwähnt worden sind, wenn man von Gümbel’s Zeptaena rhaetica absieht. Beschrieben wurde die von Zittel erwähnte Art bis- her nicht. Die Literatur über verwandte ausseralpine Formen ist nicht allzu zahlreich. Seit 1880 (Bullet. Soc. geol. 1879—80, pag. 230) weiss man durch Munier-Chalmas, dass die Mehrzahl der typischen sogenannten „Liasleptaenen“ des mitteleuropäischen Gebietes zu der Koninckiniden gehören und Leptaena liasina gilt bei Munier-Chalmas als Typus seines Genus Koninckella. Auch Davidson hat sich der Meinung des vorhergenannten Autors angeschlossen und führt auf pag. 278 seines Appendix to the Supplements Palaeontogr. Soc., 1854, nach Munier- Chalmas die drei Arten 2. lvasina, L. Bouchardi und L. rostrata als Koninckellen an, während er die verbleibenden beiden Arten Z. Moorei und L. Davidson‘ im gleichzeitig erschienenen Catalog of Brit. foss. Brach., pag. 438, mit einem generischen Fragezeichen belegt. Er bemerkt überdies, 1. c., pag. 278, dass er glaube, keine einzige der sogenannten Liasleptaenen gehöre in Wirklichkeit zu diesem Genus. In neuerer Zeit sind eine Anzahl von Leptaenaarten durch Gem- mellaro, Parona und Canavari aus dem Lias des Apennin und Sieiliens beschrieben worden. !) Von diesen bisher beschriebenen 7 bis ‘) Literatur: Gemmellaro, Sopra i fossili della Zona con Ter. Aspasia della provincia di Palermo e di Trapani Giorn. Scienze Nat. ed. econom. di Palermo 1874, X, pag. 53, tab. X, Fig. 1-2 (Leptaena gibbosula Gem.). Parona: Contributo allo studio della Fauna liassica dell’ Apennino centrale. Reale Academia dei Lincei. 1382—83, pag. 95—97, tab. IV, Fig. 16 und tab. III, Fig. 6 bis 19 /Leptaena £ spec. innominatae). Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Band. 2. Heft. (A, Bittner.) 37 282 A. Bittner. 2] 8 italienischen Liasleptaenen gehören mehrere ganz sicher in die engste Verwandtschaft der mitteleuropäischen Koninckellen, speciell des Typus derselben, der Koninckella liasina (es sind dies Zept. gibbosula Gemmell., Lept. Meneghinii Gem. und Lept. spec. bei Parona, Tab. IV, Fig. 16), während der spitzgeschnäbelte Koninckellentypus der K. rostraia Desl. bisher in diesen Ablagerungen nicht vertreten erscheint; die Mehrzahl der übrigen italienischen Formen scheint sich mehr der generisch zweifelhaften Gruppe der Leptaena Davidson’ (welche nach Gem- mellaro im sieilianischen Lias selbst auftritt) und der Z. Moorei an- zuschliessen. Eine sichere Zuweisung auch der erstgenannten drei Arten zu Koninckella ist vorläufig nicht möglich, da man weder ihren Brachial- apparat kennt, noch über ihre Schalenstructur etwas aus der Literatur erfährt. Das gilt auch für die übrigen Arten, mit Ausnahme von zweien,’ der Leptaena fornicata Can., deren Schale als punktirt und der Leptaena spec., Tab. III, Fig. 17, 18 bei Parona, deren Schale als faserig ange- geben wird. Darnach mag wohl letztere Art ebenfalls zu den Konincki- niden gehören. Eine definitive Entscheidung über die Gattungszuge- hörigkeit aller dieser Arten steht dermalen noch aus. Weshalb die von mir an der Eingangs eitirten Stelle angeführten alpinen Formen nicht zu Leptaena, sondern zu Koninckina (im weiteren Sinne) gestellt wurden, das habe ich schon damals zu begründen ver- sucht. Das Hauptgewicht wurde diesbezüglich auf das Vorhandensein von verkalkten Armspiralen bei der Form des Untersberges (X. Eber- hardi) gelegt, nach dem Vorgange von Munier-Chalmas und Davidson (vergl. die oben Eingangs mitgetheilten Angaben). Seither ist A. Rothpletz in seimer Arbeit: Geolog.-paläont. Monogr. der Vilser Alpen, XXXIU. Bd. der Paläontographica, 1386, auf diesen Gegenstand zurückgekommen. Rothpletz bemerkt, pag. 165, dass das Fehlen oder Vorhandensein der Schlossarea sammt Deltidial- spalte das einzige sichere Merkmal sei, Leptaenen und Koninckinen zu trennen. Ist Schlossarea und Deltidialspalte vorhanden, so habe man es mit Leptaenen, im entgegengesetzten Falle mit Koninckinen zu thun. Die Anwesenheit von Spiralen oder von faseriger Schale beweist nach Rothpletz gar nichts: faserige Schalen können ebensowohl zu Leptaena gehören, als Schalen mit spiraligem Armgerüste oder mit Spiralein- drücken. Zum Beweise für letztere Ansicht wird Davidsonia angeführt, deren systematische Stellung aber vollkommen unsicher ist, denn Waagen bringt diese Gattung eben ihrer Spiraleindrücke wegen pro- visorisch in die Nähe der Koninckiniden, während Davidson (General Canavari: Contribuzione III. alla conoscenza dei Brachiopodi degli strati a Ter. Aspasia nell’ Apennino centrale. Atti della Soc. Tosc. di Sc. Naturali in Pisa. 1883, Vol. VI, pag. 71—73, tab. IX, Fig. 6—7 (Leptaena fornicata Can. und L.? apenninica Can., letztere Species ganz fraglich, ob hierher gehörend ; gleichzeitig führt Canavari für die oben eitirte Fig. 16 auf tab. III bei Parona den Namen L. Paronai Can. ein). Gemmellaro: Sugli strati con Leptaena nel lias super. della Sicilia. Estr. del Bollet. del R. Comitato geologico. 1886, Vol. XVII, pag. 21-23, tab. I, Fig. 20—26, tab. II, Fig. 1-—-6 /Leptaena sicula Gem., L. Choffati Gem., L. Meneghinii Gem, und L. Davidsoni Desl., letztere Art nach Gemmellaro vollkommen übereinstimmend mit der mitteleuropäischen Form dieses Namens). [3] Ueber Koninckiniden des alpinen Lias. 283 summary, 18284, V, part. III, pag. 369) über ihre Stellung vollkommen im Zweifel bleibt, Quenstedt aber sie zwischen Theeidium und Crania einreiht. Koninckella Mun.-Chalm. dagegen wird trotz Area und Deltidialspalte von Davidson und Waagen zu den Koninckiniden gezogen, ein Beweis, dass beide Autoren dem Vorhandensein der festen Spiralarme mindestens ebenso viel Gewicht beilegen, als der Entwick- lung von Area und Deltidialspalte. Da nun die von mir aufgefundene Form des Salzburger Lias neben den festen Spiralarmen auch noch eine ganz ausgezeichnet ent- wickelte Faserschale besitzt, so schien es mir durchaus nicht zu ge- wagt, ja bei gegenwärtigem Stande unserer Kenntniss dieser Formen . sogar unbedingt das Richtige, auch diese Salzburger Form als Koninckina zu bezeichnen. Würde ich im Stande gewesen sein, auch noch das Vorhandensein von Area und Deltidialspalte an derselben nachzuweisen, so würde ich sie zu Koninckella gestellt haben, keineswegs aber zu Leptaena. Der Frage, was man von Koninckella (welehe trotz Area und Deltidialspalte von hervorragenden Autoren zu den Koninckiniden gezogen wird) zu halten habe, ist Herr Rothpletz bei seinen Aus- einandersetzungen sorgfältig ausgewichen, obwohl sie ihm nahe gelegen haben muss. Er hilft sich darüber hinweg, indem er pag. 166 sagt: „Munier-Chalmas will die festen Armspiralen bei Leptaena liasina gesehen haben, aber ausser durch eine viel zu kurze, vorläufige Mittheilung ist diese Entdeckung bis jetzt dureh nichts erhärtet worden. Auch Bittner ist es nur einmal gelungen, spiralige Ein- drücke“ (sie!) „bei seinen liasischen Leptaenen zu sehen; wenn die Beobachtung richtig ist, so wird sie sich wohl auch an anderen Exemplaren wiederholen lassen.“ Es sind Argumente von eigenthümlicher Art, deren sich, wie man sieht, Herr Rothpletz hier bedient. Ganz abgesehen davon, dass er feste Spiralarme und Spiraleindrücke nach Belieben vertauschen zu können glaubt, so sei nur der Gedankengang, den Herr Rothpletz bei dieser seiner Argumentation nothwendig durchgemacht haben muss, gewürdigt. Kae Es kann nur folgender sein: Diese Beobachtung ist aber vielleicht unrichtig — und wenn sie das ist, so sind zwei Möglichkeiten vor- handen, ihr Urheber kann sich entweder geirrt haben, d. h. er weiss nicht, was eine Spirale ist oder es liegt seitens desselben eine wissent- liche und absichtliche falsche Angabe, d.h. eine beabsichtigte Täu- schung vor. Nun, ein derartiges Urtheil erlaubt man sich ohne genügen- den Grund über positive wissenschaftliche Angaben in der Regel nicht. Speeiell in diesem mich berührenden Falle mache ich Herrn Rothpletz darauf aufmerksam, dass das, was ich als beobachtete Thatsache gebe, genau so gut als beobachtete Thatsache anzusehen und hinzunehmen ist, wie das, was ein beliebiger anderer Autor, etwa Herr Rothpletz selbst, als beobachtete Thatsache gibt, und dass Niemand, selbst Herr Rothpletz nicht, auch nur das geringste Recht hat, an den von mir mitgetheilten Thatsachen ohne andere Beleggründe, als mit Zuhilfenahme von einschränkenden Nebensätzen und Rede- wendungen ähnlicher Art, zu rütteln. Hat Herr Rothpletz vielleicht meine Beobachtung an anderen Exemplaren zu wiederholen gesucht? Darüber 284 A. Bittner. [4] verliert er kein Wort. Aber selbst, wenn er das gethan hätte und wenn es ihm nicht gelungen wäre, meine Beobachtung zu wiederholen , so lässt sich sein Satz noch keineswegs umkehren und es folgt noch lange nicht daraus, dass meine Beobachtung unrichtig und erfunden sei. Ja man kann ganz ruhig behaupten, dass eine solche Umkehrung über- haupt unmöglich ist, denn gleicheiltig, ob Herr Rothpletz und eine beliebige Anzahl anderer Forscher jemals in der Lage sein werden, meine Beobachtung zu wiederholen oder nicht, dieselbe bleibt doch zu Recht bestehen und würde es auch bleiben, selbst wenn nicht zu allem Ueberflusse das Exemplar, an dem sie gemacht wurde, in der Samm- lung der k. k. geologischen Reichsanstalt vorliegen würde, so dass sich Jedermann daran von der Richtigkeit der in Rede stehenden Be- obachtung durch eigenen Augenschein überzeugen kann. Woraus ge- folgert werden soll, dass der hier behandelte Passus des Herrn Roth- pletz ausser seiner ungewöhnlichen Stylisirung auch nicht genügend durchdacht ist, was übrigens von seinem ganzen Capitel über das Genus Leptaena durchwegs gilt. Auf die thatsächlichen Angaben von Rothpletz übergehend, sei bemerkt, dass er pag. 166 eine Leptaena aus den Tuberculatusmergeln des Bösen Trittes anführt. Auch pag. 24 ist dieselbe erwähnt; das wäre also ein neuer liassischer Fundort. „Die Schalen von leptaenenartigen Brachiopoden aus dem mittelliassischen Kalkstein vom Schwansee*, welche er noch, pag. 165, erwähnt, gestatten eine generische Bestim- mung nicht. Dagegen sind Exemplare, welche Oppel vorläufig als Leptaenen bestimmt hatte, und welche (pag. 166) von der Südseite des Hutler stammen, zu Koninckina zu stellen; sie besitzen ausgesprochen faserige Structur, lassen keine Spiralen erkennen, der Schlossrand hat weder Area noch Deltidialspalte. „Das Materiale war von Kutschker gesammelt und es kommen dort sowohl liassische als auch triasische Versteinerungen vor, welche Oppel alle irrthümlich als aus mittlerem Lias stammend, aufgeführt hat.“ Pag. 16 findet sich eine ähnliche Angabe und die triassischen Koninckinen — also wohl auch die vom Hutler (oder Calvarienberge bei Füssen?) — werden insgesammt als Koninckina Leonhardi Wissm. (die Set. Cassianer Art) angeführt. Es sind diese Angaben hier eitirt worden, da auch im Nachstehenden einige Koninckiniden, deren Herkunft, ob aus Trias oder ur unentschieden ist, behandelt "werden sollen. Beschreibung der einzelnen Arten. Koninckina Eberhardi Bittn. (Taf. XIV (I), Fig. 1-5.) Koninckina Eberhardi nov. sp. Bittner in Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1886, pag. 54. K. Eberhardi Bittn. bei Eberh. Fugger und K. Kastner, Vom Nordabhange des Untersberges. Sep.-Abdr. aus den Mittheil. der Ges. f. Salzb Landeskunde. XXVI, pag. 9 (nebst Aufzählung der mitvorkommenden Fauna). Gestalt napfförmig, wenig gewölbt, bei kleinen Exemplaren fast schüppehenförmig. Umriss elliptisch, dem Kreisrunden sich nähernd, [5] Ueber Koninckiniden des alpinen Lias. 985 wenig breiter als lang, nur selten in der queren Dimension etwas ge- streekter. Grössenverhältnisse wie folgt: Länge vom Schnabel zur Stirn . 81/, 61/, 6!/, 61/, 5t/, 5, Bi), A), Breite, (in Millimetern) . . . .:91/, 81, 72), 71, 6% 6,6 5 Wirbel der grossen (convexen) Klappe sehr wenig über den Schloss- rand vorragend. Schlossrand seitlich kaum geflügelt oder geöhrt, den- noch die schwach angedeuteten Flügel oder Ohren noch merklich un- gleich ausgebildet. An der concaven (kleinen) Klappe treten dieselben ein wenig stärker hervor, sind wenigstens gegenüber der vertieften Medianregion der Schale ein wenig deutlicher abgesetzt, während sich auf der grossen Klappe von einer solchen Absetzung der Flügel kaum eine Spur zeigt. Dieser Umstand bringt es mit sich, dass die Abdrücke der kleinen Klappe, die sich hier und da im Gestein finden, ein etwas verschiedenes Aussehen gewinnen ; ausser dem Vorhandensein dieses merk- lichen Absatzes der Flügel sind sie auch flacher als die ganz erhaltene Aussenseite der grossen Schale, erscheinen verhältnissmässig breiter und lassen oft noch Spuren einer Anwachsstreifung erkennen, die der grossen Schale nicht zuzukommen pflegt. Die Schalenstructur ist ausgezeichnet faserig, die Fasern sind für die Grösse der Schale so stark entwickelt, dass sie wie grobe Bündel und Büschel erscheinen und schon dem freien Auge sofort auffallen. Im durchscheinenden Lichte treten die rudimentär flügelartig ent- wickelten Seitentheile nächst dem Wirbel als hellere Partien. gegenüber dem centralen Theile des Gehäuses hervor, während sich dieser spitz- dreieckig in den Schnabel fortsetzt. Von dem breiten hellen Saume -der Flügelregion erstreckt sich eine ähnliche, aber ganz schmale dureh- sichtige Randzone über die Seitenränder und den Stirnrand; an einzelnen Stücken erscheint dieser helle Saum am Stirnrande, besonders gegen die Schalenmitte in regelmässig gestellte Fleckehen aufgelöst, so dass es den Anschein hat, als würden hier die beiden Schalen mit netz- oder gitterförmig seulpturirten Flächen aneinanderliegen oder ineinander- greifen (Fig. 4). Längsschnitte in der Medianaxe zeigen, dass die convexe Schale viel dieker ist als die concave, was insbesondere für die Wirbelregion gilt (Fig.5); es stimmt das überein mit den Verhältnissen bei triassischen Koninckinen. Die Area ist sehr undeutlich abgegrenzt, der Wirbel der kleinen Klappe tritt, von der Wirbelregion gesehen, bei sehr gut erhaltenen Exemplaren schwach hervor (Fig. 2 e), das Vorhandensein einer Deltidialspalte, sowie eines Schnabelloches der grossen Klappe konnte nicht mit Sicherheit nachgewiesen werden. Im Innern wurde nur an einem Exemplare, aber da vollkommen deutlich, ein festes Spiralband nachgewiesen; es besteht aus 3°/, Um- gängen bei 6'/, Millimeter Länge und 7 Millimeter Breite des betreffen- den Exemplars (Fig. 3). i Die hier beschriebene Art steht in ihren Umrissen keiner anderen so nahe, als der Zeptaena fornicata Can., da diese aber eine deutlich punctirte Schale besitzt, so kann an eine Identität beider nieht gedacht werden, auch wenn man einige andere Unterschiede ausser Acht lassen 986 A. Bittner. [6] wollte. Zeptaena sicula und Leptaena Meneghinii Gem. sind beide stärker gewölbt und besitzen einen vorspringenderen Wirbel. Noch weiter ent- fernen sich die übrigen Arten. Vorkommen. KÄoninckina Eberhardi scheint im Lias der Nord- ostalpen eine ausgedehntere Verbreitung zu besitzen. Die zahlreichste Vertretung hat der Lias des grossen Brunnthals am Untersberge bei Salzburg geliefert; sie tritt bier auf in brachiopodenreichem oder doch brachiopodenreiche Lagen führendem Crinoidenkalke. Ein Exemplar stammt von der Kratzalpe des Hagengebirges bei Golling aus roth- und graubunten Kalken, die arm an Brachiopoden, reich dagegen an kleinen Ammoniten sind, von denen die auffallendste Art dem .Aegoe. planicosta Sow. und capricornus Schloth. sehr nahesteht. Ein Stück, welches ich vorläufig von Ä. Eberhardi nicht zu trennen wage, erhielt ich kürzlich von Herrn Prof. A. v. Pichler in Innsbruck zugesandt; es ist ein wenig breiter als die Salzburger Form, steht derselben aber sonst äusserst nahe; ich glaube an demselben die Deltidialspalte wahrzu- nehmen. Das Stück stammt vom Gschollkopfe des Sonnwendjoches aus Schichten mit Ter. Aspasia, welche Art sowohl am Untersberge als an der Kratzalpe ebenfalls in denselben Lagen auftritt. Der östlichste Fund- punkt ist Gams in Obersteiermark, wo die Art in einem Stücke in grauem grobkörnigem Crinoidenkalke gefunden wurde. Endlich sei erwähnt, dass auch im bekannten Lias des Hierlatz bei Hallstatt verwandte Formen vorkommen, wie einige Stücke, welche Herın G. Geyer behufs Mitbenützung bei seiner in Vorbereitung stehen- den Monographie der Hierlatz-Brachiopoden aus den Sammlungen des kön. bayr. paläont. Museums in München übersandt wurden, beweisen. Die Hierlatzform steht der Salzburger in den Umrissen äusserst nahe und unterscheidet sich von derselben, so weit das der Zustand der wenigen Stücke vom Hierlatz zu entscheiden gestattet, fast nur dadurch, dass ihre Flügel oder Ohren deutlich von der übrigen Oberfläche der grossen Schale abgesetzt erscheinen und seitlich etwas weiter vortreten, als dies bei X. Eberhardi der Fall ist. Im Uebrigen verweise ich auf die demnächst zu erwartende Publikation des Herrn Geyer, der ich in der Beschreibung dieser Form nicht vorgreifen will. Koninckina styriaca nov. spec. (Taf. XIV (D, Fig. 6.) Aus liehtgrauen Crinoidenkalken vom Annerlbauerkogel, links vom Ausgange der sogenannten „Noth“ bei Gams unweit Landl a. d. Enns (vergl. Verhandl. d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1836, pag. 54) liegt eine Koninckina vor, die bei aller Aehnlichkeit mit der vorherbeschriebenen Art doch soweit von derselben abweicht, dass sie einen besonderen Namen zu führen verdient. Ihre Länge beträgt 7 Millimeter auf 7°,, Milli- meter Breite; sie ist demnach noch weniger breit als die Salzburger Art, auch im Umrisse nicht so gleichmässig elliptisch geformt, sondern gegen die Schnabelseite ein wenig eingezogen, gegen die Stirnseite aber verbreitert, so dass ihre grösste Breite näher der Stirnseite liegt. Die Wölbung ist eine bedeutend stärkere als bei A. Zberhardi, die kleine Klappe dementsprechend concaver gestaltet. Die Area ist etwas [7] Ueber Koninckiniden des alpinen Lias, 287 deutlicher entwickelt, 3 Millimeter breit; der Wirbel der kleinen Klappe ragt äusserst schwach hervor, das Vorhandensein einer Deltidialspalte und eines Schnabellochs der grossen Klappe ist nicht sicher zu constatiren, zum mindesten sind beide sehr undeutlich entwickelt. Die Sehale ist ebenso grobfaserig, wie die der vorigen Art, ihre Flügel ebenso schwach entwickelt, etwas ungleich, die Ecken derselben aber ein wenig markirter heryortretend; die kleine Klappe besitzt ebenfalls Spuren von Anwachs- ringen. Die Form ist bisher nur in einem Exemplare, und zwar in dem- selben Gesteinsstücke mit einem Exemplare der vorigen Art gefunden worden. Die von mir, 1. c. pag. 54, angeführte zweite Art von Gams ist mir seither bei näherer Untersuchung wieder zweifelhaft geworden und muss vorläufig unberücksichtigt bleiben. Ich würde auch die hier beschriebene K. styriaca nicht unter einem besonderen Namen angeführt haben, wenn sich unter den zahl- reichen Stücken der X. Eberhardi des Untersberges Aechnliches gefunden hätte. Das ist aber bisher nicht der Fall gewesen. Immerhin stehen beide einander sehr nahe und gehören, wenn nicht demselben, so doch gewiss einem wenig verschiedenen geologischen Niveau an, was schon aus dem Zusammenvorkommen beider zu Gams hervorgeht. In den Umrissen nähert sich X. styriaca sehr der sieilianischen Zeptaena Meneghinii Gemm., da aber die sieilianische Art offenbar ein deutlich entwickeltes Deltidium und eine Arealbildung von der Form der Koninckella liasina besitzt, Gemm ellaro zudem vom Vorhandensein einer Faserschale, die er gewiss nicht übersehen haben würde, nichts erwähnt, so können beide Formen nicht einmal generisch nebeneinandergestellt, geschweige denn specifisch vereinigt werden, Es unterliegt keinem Zweifel, dass die beiden Gattungen Koninckina Suess und Amphiclina Laube einander äusserst nahe stehen, worauf ich bereits bei einer früheren Gelegenheit (Verh. der k.k. geol. Reichsanstalt, 1886, pag. 56) hingewiesen habe. Dieselbe Meinung ist früher schon (in General summary to the british fossil Brach., Palaeon- tographical Soc., 1884, pag. 369) von Zugmayer und Davidson ausgesprochen worden. Das Miteinandervorkommen beider Gattungen ist für die alpine Trias geradezu etwas Gesetzmässiges und dass der Amphielinentypus der Koninckiniden auch dem Lias nicht fremd sei, das zeigt ein Blick auf Koninckella (Leptaena) rostrata Desl., welche Form man wohl mit demselben Rechte als Amphiclina bezeichnen könnte. Ich habe auch schon (in den Verhandl., 1886, pag. 56) bemerkt, dass in der Gesellschaft der K. Eberhardi des Salzburger Lias ebenfalls Amphiclinenartige Formen auftreten, von welchen mir aber bis jetzt kein zur Beschreibung geeignetes Material vorliegt. In Fig. 8 ist ein solches Stück vom Untersberge als Amphiclina spec. indet. abgebildet. Dagegen liegt vom Hagengebirge bei Golling (Loc. Kratzalpe) eine Amphielina von besserer Erhaltung vor, deren Beschreibung nach- stehend folgt: Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Band. 2. Heft. (A. Bittner.) 38 288 A. Bittner. [8] Amphiclina (Amphiclinodonta) liasina nov. sp. (Taf, XIV (I), Fig. 7.) Das einzige bisher vorliegende Stück dieser Form misst 61/, Milli- meter in der Länge, 7 Millimeter in der Breite. Es besitzt die typische spitzgeschnäbelte, dreieckige Gestalt der triassischen Formen dieser Gat- tung, insbesondere die flachere, nieht mit einem Längskiel versehene Wöl- bung der noch unbeschriebenen Amphiclinen der Hallstätter Kalke. Die Area ist klein und schmal, leider durch ein wenig anhaftenden Gesteins verdeckt; zu beiden Seiten derselben sind schwache Ansätze von Flügeln und zwischen diesen und den Seitenrändern ist eine leichte Verengung der Contour vorhanden. An der kleinen Klappe, die eine Andeutung des Wirbels erkennen lässt, treten die leicht concaven Flügel gegenüber dem vertieften Mittelstücke deutlicher hervor. Die Schale ist grobfaserig und zeigt schwache Anwachsstreifung in der Nähe des Stirnrandes. Im durchscheinenden Lichte hebt sich der schmale, nur in der Gegend der Flügel etwas verbreiterte Randsaum besser hervor. Innerhalb des dunklen Mittelfeldes, mehr gegen die Wirbelregion gelegen, treten zwei noch etwas dunkler gefärbte, rundliche, verschwommene Flecken hervor, die ohne Zweifel den festen Spiralkegeln entsprechen, an deren thatsächlichen Vorhandensein umsoweniger zu zweifeln ist, als diese beiden Flecken etwas unsymmetrisch gestellt, daher kaum auf blosse Spiraleindrücke zu beziehen sind. Der helle Randsaum selbst zeigt in den Seitenregionen eine Art Unterabtheilung, indem er durch etwa zehn, von dem dunklen Mittelfelde herüberreichende Scheidewände zerfällt wird; in jeder dieser Kammer erscheint eine kurze, dunkle, wimperart'ge Linie; am Stirn- rande besitzt der Randsaum eine mehr gitter- oder netzförmige Zeichnung, wie eine solche schon bei Koninckina FEberhardi von derselben Stelle notirt wurde. Diese Bildung des Randsaumes tritt in ganz ausgezeichneter Weise auch bei den Amphielinen des Hallstätter Kalkes (vergl. Verhandl. 1886, pag. 55) auf und ist nichts anders als eine scharfe Zähnelung des Seitenrandes, welche Zähnelung sich am Stirnrande als wechsel- seitig in einandergreifende netzförmig vertiefte, resp. erhöhte Seulptur oder als eine mehrfache Reihe von kleinen Grübchen und entsprechenden Zähnchen oder Höckerchen fortsetzt. Die typischen Amphiclinen der Set. Cassianer Schichten scheinen diese Bildung des Seitenrandes nicht zu besitzen und es wird sich deshalb vielleicht empfehlen, für die erwähnten Amphielinen des Hallstätter Kalkes einen neuen generischen Namen einzuführen, als welchen ich dann Amphiclinodonta vorschlagen würde, nach Analogie von Strophodonta Hall., die einen ähnlich gezähnelten Schlossrand besitzt. Auch die hier beschriebene liasische Art würde dann in die Unter- abtheilung Amphiclinodonta einzureihen sein. Von den bisher beschriebenen liasischen Arten könnte gegenwärtig nur die winzige Leptaena rostrata Desi. zum Vergleiche herangezogen werden, die einzige liasische Form, die einen ausgesprochenen Ampbiclinen- charakter besitzt. Sie weicht aber schon in ihren Umrissen bedeutend von der hier beschriebenen alpinen Form ab. Wie schon erwähnt, besitzt Amph. liasina ihre nächsten Verwandten im Hallstätter Kalke der oberen alpinen Trias. [9] Ueber Koninckiniden des alpinen Lias 289 Vorkommen. Ein Exemplar in den grau- und rothbunten ammonitenreichen Liaskalken der Kratzalpe bei Golling in Gesellschaft von Koninckina Eberhardi, Die mit dieser am Untersberge auftretenden spärlichen Amphiclinenreste gehören vielleicht zu derselben Art. (Vergl. Fig. 8.) Es wurde bereits oben am Sehlusse der Einleitung daraufhingewiesen, dass A. Rothplez aus dem Gebiete der Vilser-Alpen Koninckinen führende Mergelgesteine angibt, welche an Localitäten vorkommen, an denen sowohl triassische als liasische Ablagerungen von ähnlicher, mergeliger Ausbildung auftreten, so dass über die eigentliche Provenienz dieser Petrefacte Zweifel entstehen konnten. Ich habe ebenfalls bereits bei anderer Gelegenheit (Geolog. Verh. von Hernstein in Niederösterreich pag. 80 ff.) auf analoge Verhältnisse hingewiesen, auf Distriete, in denen man petrographisch nicht zu unterscheidende Mergelgesteine der Trias und des Lias neben einander antrifft. Aus solehen Distrieten und zwar aus losen Gesteinsstücken stammen kleine Koninekinenformen,, über deren Alter demnach Zweifel geblieben sind. Es sind solche Formen von mehreren Localitäten bekannt geworden, sie stehen einander durch- aus sehr nahe oder sind identisch. Im nachfolgenden sollen sie eben- falls beschrieben werden. Koninckina austriaca nov. spec. (Taf. XIV (D, Fig. 9, 10.) Der nachfolgenden Beschreibung zu Grunde liegt das besterhaltene Stück vom Aschersattel zwischen Buchberg und Miesenbach. Es misst 8 Millimeter in der Breite auf 6!/, Millimeter in der Länge. Seine grösste Breite liegt in der Schlosslinie, die noch um ein geringes breiter ist als der weiteste Abstand der Seitenränder von einander. Der Wirbel tritt stark über den fast geraden Schlossrand (besser: oberen Areal- rand) hervor, die Flügel sind stark entwickelt, mit spitzen Aussenecken versehen, aber von der übrigen Schale nicht scharf abgesetzt. Die Wölbung ist sowohl im transversalen als im longitudinalen Sinne eine bedeutende, im letzteren erfolgt gegen den Stirnrand hin eine starke Beugung in der Art wie bei zahlreichen Arten von Leptaena und Strophomena. Die Schalenstructur ist ausgezeichnet grobfaserig und zeigt ausserdem eine sehr feine, diehtgedrängte Anwachsstreifung. Von ander- weitigen Merkmalen und Organen ist nichts zu beobachten, da dieses Stück, sowie alle übrigen dem Gesteine fest aufsitzen. Ein angeschliffenes Exemplar zeigt die longitudinale Krümmung und die entsprechend ge- wölbte kleine oder concave Klappe, so dass über die Zugehörigkeit dieser Formen zu Koninckina kaum mehr ein Zweifel bleibt (Fig. 10). - In den Umrissen steht die Art wohl keiner anderen so nahe, als der Leptaena Paronai Canav. (bei Parona, ]l.c. Tab. III, Fig. 16); diese scheint aber noch breiter geflügelt zu sein, zudem ist über ihre Sehalenstructur nichts bekannt. Auch die unbenannte Leptaena, Tab. III, Fig. 17, 18 bei Parona, von welcher der Autor das Vorhandensein einer Faserschale erwähnt, steht nahe, besitzt aber wieder schwächere Flügel und einen kürzeren Schlossrand als die niederösterreichische Art. Von 38* 290 A. Bittner, [10] mitteleuropäischen Arten steht Zept. Davidson! wohl am nächsten, aber die Abbildungen bei Davidson zeigen einen auffallend winkelig ge- brochenen Schlossrand, von der grossen Klappe gesehen, bei derselben, während dieser bei X. austriaca fast gerade ist. Lept. Moorei kann wohl schon ihrer Oberflächenseulptur wegen nicht zum Vergleiche heran- gezogen werden. Vorkommen: In grauen Mergelkalken, von denen es zweifel- haft ist, ob sie der Trias oder dem Lias angehören, an mehreren Stellen in Niederösterreich, und zwar: Am Aschersattel zwischen Buch- berg und Miesenbach (das abgebildete Exemplar); über dem Meierhofe bei Scheuchenstein im Miesenbachthale (ein Stück von eirca 13 Milli- meter Schlosslänge, im Längsschnitte abgebildet); im Burggraben nördlich von Wopfing bei Piesting; und nordwestlich unter dem Strem- bergerhofe bei Buchberg. Da die Möglichkeit nicht ausgeschlossen ist, dass einzelne dieser Vorkommnisse rhätischen Alters (Kössener Schichten) sein könnten, so sei hier nochmals auf Gümbel’s Lept. rhaetica hingewiesen, welche mit Lept. Davidsoni verglichen wird und deshalb auch der hier be- schriebenen Art in der Gestalt nahestehen muss. Es ist von mir bereits in Verhandl. der k. k. geol. R.-Anstalt, 1886, pag. 56, darauf hingewiesen worden, dass in Folge des Umstandes, dass immer zahlreichere Arten unter den sogenannten Liasleptaenen sich als Koninckinen herausstellen und dass Koninckina selbst sich immer mehr als ein in der alpinen Trias weitverbreitetes und formenreiches Ge- schlecht erweist, das bis vor nicht allzulanger Zeit so räthselhafte und scheinbar unvermittelte Auftreten der Gattung Leptaena im Lias viel von dem Ungewöhnlichen verliert, welches es bis dahin an sich trug. Die innige und ganz constante Vergesellschaftung von Koninckina mit Ampbhiclina, welche letztere nunmehr in einer den triassischen Hall- stätter Formen äusserst nahestehenden Art auch im alpinen Lias auf- gefunden wurde, trägt noch mehr dazu bei, die bisherige Isolirtheit der liasischen Leptaenenfauna zu vermindern. Aber noch ein weiterer Umstand tritt hinzu, und zwar das Vorkommen von Vorläufern der typischesten unter den „Liasleptaenen“, von Formen aus der Gruppe der Koninckella liasina, bereits in der alpinen Trias von Set. Cassian, worauf ebenfalls schon in Verh., 1886, pag. 117, von mir hingewiesen worden ist. leh ergreife die Gelegenheit und lasse gleichzeitig mit der Publieation der voranstehend beschriebenen Koninckinidenformen des alpinen Lias auch eine Beschreibung dieses wichtigen Bindegliedes zwischen der alpin-triassi- schen und der mitteleuropäisch-liasischen Koninckinidenfauna hier folgen: Koninckella triassina Bittn. (Taf. XIV (D, Fig. 11, 12, 13.) Bittner in Verhandl. der k. k. geol. R.-Anstalt. 1886, pag. 117. Die Dimensionen dieser Art sind ein wenig veränderlich; bei einer Reihe von Exemplaren wurden folgende Ziffern gefunden: Länge: 6 54, 43, 4° 5 Millimeter. Breite: 7 6 D 4 Al), p>] [11] Ueber Koninckiniden des alpinen Lias. 29] Es gibt neben auffallend breiten Exemplaren auch solche, bei denen Länge und Breite gleich sind und einzelne, bei denen die Breite von der Länge übertroffen wird. Die Umrisse schwanken dementspre- chend ebenfalls, im Allgemeinen ist die Gestalt eine gerundete, hoch- gewölbte, der Ä. liasina ähnliche; die Flügel treten bald stärker, bald schwächer eckig hervor. Der Wirbel und Schnabel der grossen Klappe ist mässig entwickelt, mehr oder weniger vorgekrümmt, die Aussenseite der grossen Klappe besitzt bisweilen gegen den Stirnrand hin eine flache Medianfurche, wodurch die Stirn ausgerandet wird. Der Schnabel mit rundem Loche; der Schlossrand schmal, bei dem grössten Exem- plare (von 7 Millimeter Breite) nur 2 Millimeter breit, bei einem 4 Milli- meter breiten kleineren Stücke nur 1!/, Millimeter messend. Die Area ist doppelt, der Wirbel der kleinen Klappe ist ein stark hervorragendes rundes Knötchen; die Area der grossen Klappe besitzt ein deutlich erhöhtes querbogig gestreiftes Pseudodeltidium. Vom Wirbelknoten der kleinen in der Richtung des Pseudodeltidiums der grossen Klappe erstreckt sich eine stark vorgewölbte, bei gut erhaltenen Stücken drei- theilige Schalenpartie (vergl. Abb. Fig. 12), die auf den ersten Blick für ein Pseudodeltidium der kleinen Klappe gelten könnte, nach Bouchard (reprodueirt bei Davidson, 1851, pag. 18) aber der Schlossfortsatz der kleinen Klappe ist. Die Breite dieses Fortsatzes beträgt ein Drittel der Arealbreite. Die gesammte Area besitzt somit keinerlei Oeffnung, sondern erscheint vollkommen geschlossen. Die kleine Klappe ist entsprechend der Wölbung der grossen Klappe stark concav, bei einzelnen Exemplaren in der Mitte unter dem Wirbel mit einer förmlichen, nach dem Wirbel hin zugespitzten, seitlich von fast kantenförmigen Rändern begrenzten Aushöhlung. Schalenoberfläche bei gut erhaltenen Stücken glatt, Schalenstruetur faserig, die Fasern aber weitaus nicht so grob, wie bei den sämmtlichen vorangehend beschriebenen Arten. Im Innern eine feste Armspirale, wie durchscheinend gemachte ebensowohl wie angeschliffene Exemplare beweisen. Die Spirale ist sehr locker aufgerollt, besitzt höchstens drei Umgänge und besteht aus einem rinnenförmig gebauten Doppelbande (Fig. 15 im Durchsehnitte), ganz wie bei den triassischen Koninekinen und Amphielinen (vergl. Verhandl. 1886, pag. 117.) So nahe diese Art der Koninckella liasina auch steht, so unter- scheidet sie sich von derselben doch sofort (vergl. die beigegebene Copie der liasischen Art, Fig. 14), durch ihre nahezu um das Doppelte schmälere Area hinreichend von derselben. Vorkommen. Nicht selten in den Schichten von Set. Cassian. In den Sammlungen pflegen in grösseren Suiten der Koninckina Leon- hardi regelmässig einzelne Stücke dieser Art zu liegen. Ich habe an 30 Exemplare davon ausgelesen. Aber auch in den Nordalpen tritt diese Art auf, und zwar wurde sie bei Johnsbach im Ennsthaler Ge- birge in den Kalkbänken der Halobia-rugosa-Schiefer von mir in mehreren Stücken aufgefunden. Eine interessante Reminiseenz dürfte hier am Platze sein. Im Appendix 1852 zu British ool. and liass. Brach., pag. 15, findet sich folgende Notiz Davidson’s bei Leptaena liasina Bouch.: „Diese 292 A. Bittner, Ueber Koninckiniden des alpinen Lias. [12] Species scheint zuerst in Set. Cassian aufgetreten zu sein, wie eine Anzahl von Stücken der ehemaligen Klipstein’schen Sammlung, jetzt im Britischen Museum, zeigt; Woodward hat die Identität dieser Stücke mit englischen und französischen Exemplaren zuerst ver- muthet. Es ist das die Producta dubia Münsters; sie zeigt die schmale doppelte Area, das kleine runde Schnabelloch u. s. f. wie Leptaena liasina.“ Producta dubia Mstr. wird von Laube zu seiner Amphiclina dubia eitirt und wohl mit Recht. Die voranstehende Notiz Davidson’s aber dürfte sich wohl thatsächlich auf die hier beschriebene Koninckella triassina beziehen. Tafelerklärung. Taf. XIV (D). Fig. 1. Koninckina Eberhardi Bittn. in natürl. Gr. und vergrössert in 4 Ansichten (e Stirnansicht). a ” R „ Ein 2. Exemplar derselben Art (2e Ansicht vom Schnabel). re 5 E „ Im durchfallenden Lichte mit den Armspiralen. rd, 5 An „ Der Seitensaum im auffallenden Lichte, u NEE Hr a „ Längsschnitt in der Medianlinie. „6. Koninckina styriaca Bittn. in natürl. Gr. und vergrössert in 4 Ansichten (6 e Stirnansicht). »„ 7. Amphiclina liasina Bittn. ebenso (7c im durchfallenden Lichte, 7e Stirn- ansicht). » 8. Amphiclina spec. vom Untersberge. „9. Koninckina austriaca Bittn. Ansicht der grossen Klappe. 10. E, H 4 Durchschnitt in der Medianlinie. „ 11. Koninckella triassina Bittn. In natürl. Gr. und vergrössert in 4 Ansichten. (l11e Stirnansicht). RR i e E Ein 2. Exemplar und vergr. Arealpartie desselben. ala 5 2 3 Ein 3. Exemplar im Querschliff, um die Arm- spirale zu zeigen. „ 14. Koninckella liasina Bouch. Zum Vergleiche mit der vorigen Art copirt nach Quenstedt Brach. tab. 54, Fig. 125. Die Vergrösserung ist fast durchwegs eine zweifache, bei 12«@ dreifach, 125 ist unter dem Mikroskop gezeichnet und circa Omal vergrössert. Alle Originalexemplare zu den Fig. 1—13 liegen in der Sammlung der k.k. geol. Reichsanstalt. Bemerkungen über einige Arten der Gattungen Harpoceras und Simoceras. Von M. Vacek. So nützlich unter allen Umständen der Eifer, so verhängnissvoll erweist sich in der Regel der Uebereifer für den wahren Fortschritt. Ein klares Beispiel zu diesem Satze liefern die hastenden und daher nur unsicher tastenden, modernen Bestrebungen auf dem Gebiete der Ammonitensystematik, die nach und nach eine reiche Fundgrube für die Gegner der Darwin’schen Theorien zu werden drohen, während sie den überzeugungstreuen Anhänger derselben mit Besorgniss erfüllen müssen. Erwägungen der eben erwähnten Art waren es, die mich seiner- zeit bei Bearbeitung der Localfauna von Cap S. Vigilio!) zu der folgenden Directive (Einleitung, pag. 2) veranlassten: „Bei der Grup- pirung der Formen, speciell der Ammoniten, welche in der Fauna weitaus dominiren, habe ich mich möglichst auf die Fauna als solche beschränkt und mich bestrebt, dem Leser eine klare Vorstellung von den Beziehungen der in der Fauna vertretenen Elemente zu einander zu vermitteln, ohne mich auf systematische Fragen mehr als unum- gängig nöthig einzulassen. Der Endzweck der paläontologischen Wissen- schaft ist nicht eine der Induction entbehrende Systematik, son- dern die wirkliche Erkenntniss der verwandtschaftlichen Beziehungen der Arten, die erst dann feststehen, wenn alle Uebergänge zwischen zwei Formen gekannt sind, nicht nur, wie üblich, vermuthet werden. Man muss daher wohl erst die einzelnen Formen und ihre Varianten genau kennen, die Beziehungen kleiner und kleinster Formenkreise sichergestellt haben, bevor man daran geht, diese kleinen Kreise in der einzig richtigen, inductiven Weise zu grösseren zu vereinigen, während man heute eher den umgekehrten Weg geht, indem man die grossen Gruppen, in welche man die Gesammtmasse der Ammoniten von yorneherein getrennt hat, immer mehr in kleinere Formenkreise '!) M. Vacek, Ueber die Fauna der Olithe vom Cap S. Vigilio, verbunden mit einer Studie über die obere Liasgrenze. Abhandlungen d. k.k. geol. Reichsanst. 1886, Bd. XII, Heft 3. Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Band. 2. Heft. (M. Vacek,) 294 M. Vacek. [2] zu zerschlagen gezwungen ist, um sich schliesslich nach unvermeidlichen endlosen Irrungen den kleinsten Kreisen zu nähern. Die Grundlage einer gesicherten Systematik können wohl nur Monographien von Lo- cealfaunen sein. Erst wenn solche in grosser Zahl vorhanden sind, wird eine sichere Basis für systematische Versuche gegeben sein und das Gepräge des Vagen, Unbestimmten und Provisorischen, welches die Charakteristiken der meisten heute aufgestellten Ammonitengattungen an sich tragen, verschwinden.“ Hierbei schwebten mir, ich will es gerne gestehen, in erster Linie Arbeiten von der Art vor, wie die kurz vorher erschienene Mon o- graphie der Gattung Harpoceras von E. Haug!), und ich hatte mich diesbezüglich auch bei der speciellen Besprechung der Gattung Harpoceras (l. e. pag. 71) klarer geäussert: „Die hier versuchte Grup- pirung (der Harpoceras-Formen von Cap S. Vigilio) beschränkt sich, was ich noch einmal ausdrücklich bemerken will, rein nur auf das mir vorliegende Materiale von Harpoceren, ohne sich um die in- zwischen erschienenen systematischen Arbeiten über Harpoceras die von Douvill& und Haug veröffentlicht wurden, vorerst zu kümmern. Ich bin der Ueberzeugung, dass solche Arbeiten, für welche vorläufig das unumgängliche feste Fundament von Localmonographien fehlt, zum mindesten übereilt sind und dass sie, statt Klärung in die Sache zu bringen, vielmehr nur das täglich wachsende Wirrsal der Ammoniten- systematik in’s Unendliche vermehren, indem sie, wie die Thatsachen lehren, kaum trocken geworden, schon eine Menge der einschneidensten Correcturen unvermeidlich machen. Die Systematik sollte am aller- wenigsten ein Feld für unreife Experimente sein, über deren endlose Trümmer zu stolpern, jedem folgenden Arbeiter zugemuthet wird. Zu- dem ist es eine ausgesprochene Verkehrtheit, wenn man für alle die Faunenmonographien, die nicht da sind, sondern zumeist erst kommen sollen, a priori eine flüchtig hergestellte Systematik schafft und da- durch der ruhigen Erforschung der wahren verwandtschaftlichen Ver- hältnisse der Formen in der unverantwortlichsten Art präjudieirt.* Man sollte nun glauben, dass Herr Haug auf Einwürfe so fun- damentaler Natur, welche seine ganze Arbeitsrichtung tangiren, etwas Gewichtiges zu erwidern wüsste. Statt dessen antwortet derselbe in seiner neuesten Arbeit), die, was Tendenz und Mache betrifft, der Harpoceras- Monographie wie ein Ei dem anderen gleichsieht, nur mit dem folgen- den Satze: „Hoffen will ich nur, dass die späteren Forscher nicht „über die Trümmer* dieser meiner Familie der Polymorphidae „stolpern* werden, wie Herr Vacek über die Trümmer meiner „Experimente* über die Systematik der Gattung Harpoceras — wie er sich geschmack- voll ausdrückt — gestolpert ist.“ Ein Mann, der auf einen hochernsten Vorwurf nur mit einem schlechten Witze zu antworten versucht, scheint mir um ein gutes Argument sehr verlegen zu sein. Zudem enthält schon dieser erste gegen mich geführte Satz eine Unrichtigkeit zu Gunsten Dr. Haug’s. ') E. Haug, Beiträge zu einer Monographie der Ammonitengattung Harpßceras. Neues Jahrb. f. Min. 1885, Beilg.-Bd. IIi, pag. 585. ?) E. Haug, Ueber die „Polymorphidae“, eine neue Ammonitenfamilie aus dem Lias. Neues Jahrb. f. Min. 1887, Bd. II, pag. 89. [3] Bemerkungen über einige Arten der Gattungen Harpoceras u. Simoceras, 995 Statt über die Harpoceras-Monographie und ihre hinkenden Nachzügler !) zu stolpern, habe ich vielmehr die ganze systematische Weisheit Dr. Haug’s einfach links liegen gelassen und empfehle diesen pro- baten Vorgang allen späteren Monographen von Localfaunen. Ich bin überzeugt, dass dann so mancher strebsame junge Herr es wenig lohnend finden wird, sich frisch von der Schulbank weg an die Altarblätter der paläontologischen Wissenschaft zu wagen, welche von den Meistern in verzweifelt unfertigem Zustande im Stiche gelassen wurden. Statt also seine Arbeitsrichtung zu vertheidigen und den gegen dieselbe erhobenen Vorwurf kunstgerecht zu pariren, verlegt sich Herr Haug vielmehr auf eine ganz andere Kampfweise und versetzt mir (l. e. pag. 91) die folgende, mit dem Thema seiner jüngsten Arbeit in gar keinen Zusammenhang gebrachte Fussnote: „Herr Vacek ver- wechselt Harp. opalinoides May. mit einer Varietät des Harp. opal- num, Harp. costula Rein. mit Harp. crassefalcatum Dum., Harp. Eseri Opp. mit einer Hammatoceras-Art ete. Ich überlasse es den Unbetheiligten, zu beurtheilen, ob meine „Beiträge zu einer Monographie der Ammoniten- gattung Harpoceras an diesen Verwechslungen die Schuld tragen“. Trotzdem sich die Antwort auf den zweiten Satz aus dem oben Gesagten logisch ergibt, will ich zur vollen Beruhigung Dr. Haug’s noch einmal ausdrücklich erklären, dass die Harpoceras-Monographie an Allem, was die Darstellung der Localfauna vom Cap 8. Vigilio enthält, ebenso unschuldig ist, wie an dem 30jährigen Kriege. Dagegen sehe ich mich gezwungen, auf die im ersten Satze vorgebrachten An- : schwärzungen etwas ausführlicher zu antworten. Solche Behaup- tungen, in der keck absprechenden, wiewohl jeder Spur eines Beweises baren Form, wie sie hier vorliegen, sind ebenso wohlfeil als anmassend. Oder hält Dr. Haug seine Autorität für schon so gewaltig, dass er seinen Lesern den Beweis schuldig bleiben zu können glaubt? Schon das viel- oder besser nichtssagende etc. kann übrigens jeden geübten Leser über die Tendenz dieser Fussnote, ebenso wie über die Art ihres Autors hinreichend orientiren; denn hätte Herr Haug noch etwas mehr zu sagen gewusst, er scheint mir nicht der Mann zu sein, der es bescheiden verschweigt. Doch sehen wir uns die drei Behauptungen des Herrn Dr. Haug etwas näher an. 1. Zunächst habe ich Harp. opalinoides May. mit einer Varietät des Harp. opalinum verwechselt. Da die betreffende Varietät von Harp. opalinum nicht näher genannt wird, muss man annehmen, dass dieselbe vorderhand nur ein literari- scher Embryo ist, der wahrscheinlich erst demnächst als ver. assumpta Haug das Licht der Wissenschaft erblicken soll. Grosse Ereignisse werfen ihre Schatten voraus. Man vergleiche nun diese, mich so sehr belastende Entdeckung Dr. Haug’s mit dem, was ich über Harp. opalinoides May. (C. S. Vig. pag. 73) gesagt habe und hier wörtlich eitiren will: 1) Neues Jahrb. f. Min. 1885, Bd. II, pag. 172. Desgl. 1886, Bd. II, pag. 193. Vergl. auch 1.c. 1887, Bd. II, pag. 120 u. folg. Gatt. Dumortieria. Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1887, 37. Band. 2. Heft. (M. Vacek.) 39 296 M. Vacek. [4] „Harp. opalinordes wurde zuerst von Ch. Mayer (Jour. de Conch 3. Ser., IV, pag. 374) als selbstständige Art abgetrennt und als eine Mittelform zwischen Harp. Murchisonae und Harp. opalinum charak- terisirt. Wie aus der Bezugnahme Ch. Mayer’s auf die Abbildungen Zieten’s (Verst. Würt. Taf. VI, Fig. 1 und 3) und Quenstedts (Jura, Taf. 46, Fig. 4) hervorgeht, greift Ch. Mayer unter obigem Namen zwei etwas verschiedene Formen zusammen. Die von Zieten abgebildeten und zu Harp. Murchisonae gestellten Exemplare von Wasseralfingen mit ihren merkwürdig nach vorne strebenden Auxiliarloben und auffallend zugeschärftem Rücken, wurden in neuerer Zeit von Bayle unter der neuen Bezeichnung Zudwigia Sinon wohl mit Recht abgetrennt. Es bleibt sonach angezeigt, den in diesem Falle sehr bezeichnenden Namen Harp. opalinoides auf jene Stücke aus den Eisenerzen von Aalen zu beschränken, die Quenstedt (l.e) in erster Linie unter der Bezeichnung Amm. Murchisonae acutus begreift“. „Eine strenge Grenze der vorliegenden Art (A. opalinoides) gegen Harp. opalinum lässt sich ebensowenig ziehen als andererseits gegen Harp. Murchisonae. Im Gegentheile lassen sich unter dem mir vor- liegenden Materiale (circa 150 Exempl.) alle möglichen Uebergänge nach beiden Seiten hin auffinden, ja die Variabilität der Formen aus der Opalinus-Gruppe ist so gross, dass man Mühe hat, auch nur wenige Stücke aufzufinden, die in allen Merkmalen vollkommen unter einander stimmen würden.“ ‚Jedem nur einigermassen Sachverständigen muss hieraus klar sein, dass ich die Stellung, welche die als Harp. opalinoides bezeichnete Form vom Cap 8. Vigilio, sowohl dem H. Murchisonae als dem H. opalinum gegenüber einnimmt, auf das Klarste präcisirt habe, und hierauf, das Thatsächliche, kann es einzig und allein einem ver- nünftigen Manne ankommen. Ob man die von mir klar beschriebene und in acht gut gelungenen Figuren dargestellte Form mit Quen- stedt als eine Varietät des 7. Murchisonae oder mit Ch. Mayer als eine selbstständig benannte Art auffassen, oder endlich mit Haug als eine Varietät von H. opalinum bezeichnen will, ist ein Spiel mit Worten, das selbst dem naivsten Leser als solches klar werden muss. Wen will also Herr Haug mit der leicht hingeworfenen Bemerkung bethören, ich hätte Harp. opalinordes mit einer Varietät des Harp. opalinum verwechselt ? 2. Die zweite Verwechslung, deren mich Dr. Haug beschuldigt, betrifft Harp. costula Rein. und Harp. erassifalcatum Dum. Harp. costula Rein. ist eine so häufige Form und wurde von Reinecke, Zieten, Quenstedt, Bayle, Branco, also einer ganzen Reihe verlässlicher Autoren, in der ausreichendsten Weise be- schrieben und so vielfach abgebildet, dass schon eine mehr als ge- wöhnliche Leichtfertigkeit dazu gehören würde, diese, wie Oppel (Jura, pag. 247) sagt, „leicht kenntliche Species“ zu verwechseln. Schon ein oberflächlicher Vergleich der 16, sage sechzehn, guten Ab- bildungen der verschiedensten Altersstadien von 4. costula, die von mir auf Taf. VIII meiner Arbeit gebracht wurden, sowie die ausführ- liehe Beschreibung, die ich mir (l. e. pag. 79), schon wegen des grossen [5] Bemerkungen über einige Arten der Gattungen Harpoceras u. Simocerus. 9297 mir zur Verfügung stehenden Materjales (88 Exemplare), angelegen sein liess, hätten Herrn Haug vor der bösen Wunde bewahren können, die er seinem Renomee als Harpoceras-Speeialist mit dieser unüberlegten Behauptung schlägt. Zu dieser können Herın Haug, nach dem Ver- gleiche mit 7. crassifalcatum Dum. zu urtheilen, nur die zwei er- wachsenen Formen von . costula veranlasst haben, die von mir zum erstenmale (l. ce. Fig. 3 und 9) abgebildet wurden. Diese Formen zeigen nämlich die Wohnkammer theilweise erhalten und auf dieser eine von dem typischen Costula-Stadium der Jugendform etwas ab- weichende Verzierung. Die einzelnen derben, weitabstehenden und nur eine sehr mässige Doppelwendung auf den flachen Flanken durch- machenden, echten Costula-Rippen der Jugendform , die bei einzelnen Exemplaren auch auffallend paarweise gruppirt sind, werden nämlich mit dem höheren Alter der Form immer dichter. Gleichzeitig erscheint die Sichelwendung immer mehr aceentuirt und zeigt sich schliesslich auf dem Wohnkammertheile sehr scharf ausgesprochen. Hier schieben sich überdies zwischen die Hauptrippen 2—3 scharfe secun- däre, kürzere Rippen ein, die an der Knickstelle, etwas unter der Flankenmitte, beginnen und conform mit den Hauptrippen die Sichelwendung nach vorne durchmachend, bis an die Kielschneide anhalten. Die Flanken sind sehr flach gewölbt und fallen allmälig gegen den Kiel ab, einen steilen Spitzbogen bildend. Auch gegen den weiten, flachen Nabel fallen die Flanken mit einer Zurundung sanft ab, wie die von mir (l. c. Fig. 8 und 15) gegebenen Diagramme auf das Unzweideutigste zeigen. Vergleichen wir dem gegenüber die Charakteristik von Amm. crassifalcatus Dum.!) Wie schon die Figuren bei Dumortier, 1. e., zeigen, haben wir es hier mit einer grossen, diekleibigen Ammonitenform zu thun, die einen Durchmesser von über 100 Millimeter zeigt. Gegen diese Species sind alle bisher bekannten Exemplare von HZ. costula, selbst die von mir zum erstenmale bekannt gemachten ausgewachsenen Formen, wahre Liliputaner. Der Querschnitt der Windungen hat bei Harp. cerassifalcatum seine grösste Breite an der Nabelkante und fällt von da steil gegen den Nabel ab, den Dumortier ausdrücklich als „profond et coup& carr&ment“ bezeichnet. Bei den Costula-Formen von Cap S. Vigilio ist von Alledem keine Rede. Nach der Externseite hin „les tours se plient a angle droit pour former un large me&plat au milieu duquel s’eleve une carene &troite“. Von all diesen wichtigen und schon beim ersten Blicke auf die Figuren Dumortiers höchst auffallenden Merkmalen der Externseite ist bei der Art von Cap 8. Vigilio nicht eine blasse Spur. Die Verzierung des Harp. crassifalcatum Dum. besteht aus „eötes fines fortement sinueuses et trös-regulieures, tout A fait semblables & celles des A. subplanatus ou discoides.“ Das heisst, es sind echte Faleiferen- Rippen, sämmtlich von gleicher Art und Stärke und ohne jede Spur einer Zersplitterung vom Nabel bis an die charakteristische Kante verlaufend, welche den dachförmig abgestutzten Externrand 1) Dumortier, Etudes pal. Bass. du Rhöne. IV, pag. 257, pl. 52, Fig. 1,2. 39% 298 M. Vacek. [6] scharf begrenzt. Die Berippung auch des erwachsenen Costula ist, wie oben angeführt, von total anderem Charakter. Quenstedt würde dafür den Ausdruck „gekämmt“ gebrauchen, wegen der scheinbaren Bündelung der accessorischen Rippen an der Knickstelle. Angesichts aller dieser so eclatanten Unterschiede muss man sichı unwillkürlich fragen: Welcher Grad von Oberflächlichkeit gehört dazu, um sogar in einem Falle, wo man der eingehendsten Controle von Seite des Angegriffenen sicher sein kann, dennoch die Behauptung zu wagen, ich hätte Z. costula mit H. crassifalcatum verwechselt. Und welches Vertrauen verdienen die weitausgreifenden systematischen Arbeiten eines Mannes, dessen elementare Formenkenntniss solche Blössen zeigt ? Wenn nun einerseits die von mir beschriebene Form vom Cap S. Vigilio mit Harp. crassifalcatum Dum. auch nicht das Geringste gemein hat, so ist sie andererseits entschieden der echte Harp. costula Rein. Schon ein einfacher Vergleich der von mir gegebenen zahlreichen Figuren mit den ebenso zahlreichen Abbildungen der typischen Exemplare von Wasseralfingen, welche Quenstedt in seinem neuesten, grossen Ammonitenwerke (Taf. 54, Fig. 7—14) gebracht hat, müsste selbst den böswilligsten Zweifler zum Schweigen bringen. Nun hat freilich Herr Haug in seiner Monographie der Gattung Harpoceras (pag. 664 und 668) ein Harp. costula Rein. und ein Harp. costulatum Ziet., und zwar, wie er meint, „mit Quenstedt“ unterschieden, in- dem er erklärt, die erstere Bezeichnung sei gleichbedeutend mit Amm. radians costula (Quenst. (Ceph., pag. 113, Taf. 7, Fig. 11), letztere da- gegen mit Amm. aalensis costula (uenst. (Jura, pag. 282, Taf. 40, Fig. 10). Wer Quenstedt’s Schriften etwas aufmerksamer liest als Dr. Haug, wird dagegen nur mit der von mir (C. S. Vig., pag. 79) gemachten Bemerkung übereinstimmen können: „Quenstedt fasst die Art (H. costula) als eine Varietät von HZ. aalense auf. Der Mangel einer scharfen Nabelkante sowie die fehlende Gabelung der Haupt- rippen scheinen jedoch für dessen „ältere Auffassung“ (Ceph., 1846, pag. 113) zu sprechen.“ In seinem Cephalopodenwerke fasst nämlich Quenstedt dieselbe Art A. costula als eine Varietät des H. radians auf, die er später (Jura, 1858, pag. 282) als eine Varietät von H. aalense auffasst. Dass dem wirklich so ist, dafür liefert der Text zu Amm. costula in dem neuesten, grossen Ammonitenwerke Quenstedt’s (pag. 425) den vollwichtigsten Beweis: „Amm. costula von Wasseralfingen liefert uns Normalexemplare des Rein- ecke. Nach Zieten fand Schübler ein durchaus ähnliches Stück bei Wasseralfingen, was er nach Schlotheim costulatus nannte. Da der Name auch schon von Lamarck gebraucht wurde, so lässt man lieber die Endsilbe weg. Reinecke kannte zwar den Fundort nicht, doch ist die Uebereinstimmung mit unseren schwäbi- schen so vollkommen, dass wir die Gleicheit nicht wohl be- zweifeln können.“ Wie man hieraus klar ersieht, hat Quenstedt von einer so spitzfindigen Unterscheidung der Costula-Formen in zwei verschiedene Varietäten, wie sie ihm Herr Haug unterschiebt, keine Ahnung. [7] Bemerkungen über einige Arten der Gattungen Harpoceras u. Simoceras. 299 Quenstedt kennt nur eine, weiter nicht geschiedene Art Amm. costula und bezeichnet die Uebereinstimmung der Originale Reinecke's und Zieten’s als eine vollkommene, womit Haug's Unterschei- dung, die er angeblich „mit Quenstedt“ macht, in aller Form wider- legt erscheint. Wie unklar übrigens die Vorstellungen Dr. Haug’s von der Species A. costula sind, beweist der Umstand, dass er (Monog. Harp., pag. 664) für die erwachsene Form von AH. costula Rein. auf eine vop Dumortier!) abgebildete Form von La Verpilli&re verweist. Diese Form wurde schon von Branco?) als eine solche bezeichnet, die sich von H. costula durch gerundeteren Querschnitt, ge- gabelte Rippen, sowie eine deutliche Nahtfläche wesentlich unterscheidet. Auch von mir (C. S. Vig., pag. 79) wurde diese Form als eine grobrippige, weitgenabelte Spielart der Opalinus-Gruppe bezeichnet. Dieselbe hat also mit dem erwachsenen Stadium von H. costula., welches, wie schon erwähnt, von mir zum erstenmale bekannt gemacht wurde, nichts zu thun und dürfte vielmehr en Jugendexemplar von Ludwigia Sinon Bayle sein. Das echte H. costula von La Ver- pilliöre wurde nicht von Dumortier, sondern von Bayle (Atlas, Taf. 79, Fig. 5) abgebildet. Wie man sieht, hat also Herr Haug auf der Suche nach An- griffspunkten gegen meine Arbeit über Cap S. Vigilio mit der X. costula betreffenden Behauptung ziemlich stark fehlgegriffen. 3. Die dritte Behauptung Dr. Haug’s geht dahin, ich hätte Harp. Eseri Oppel mit einer Hammatoceras-Art verwechselt; das will offenbar so viel heissen als, die von mir als 7. Eseri beschriebene Form von Cap S. Vigilio ist nicht 7. Eser‘, sondern eine von Dr. Haug vorderhand nicht näher genannte Hammatoceras-Art, die er wahrschein- lich erst demnächst in nomine domini Haug feierlich taufen will. Harp. Eseri ist von Oppel (Jura, pag. 245 u. Mitth., I, pag. 143) wohl als neue Art aufgestellt, aber nicht beschrieben. Oppel verweist nur auf Quenstedt’s Beschreibung des Amm. radians compressus (Ceph., Taf. 7, Fig. 9), mit dem er H. Eseri für ident erklärt. Da- gegen bildet Oppel ein Exemplar des Amm. Eseri von Heiningen bei Boll (Mitth., I, Taf. 44, Fig. 3) ab. Jedermann, auch Herr Haug, kann die Oppel’sche Figur mit der von mir (C. S. Vig., Taf. 9, Fig. 5) gegebenen Abbildung der als H. Eseri bezeichneten Form vom Cap S. Vigilio vergleichen und wird zugeben müssen, dass, soweit mensch- liches Urtheil reicht, hier in allen Merkmalen die beste Ueberein- stimmung vorhanden ist. Den einzigen Unterschied könnte man etwa darin sehen, dass bei der Form vom Cap S. Vigilio der laterale Hauptlobus einen etwas schmächtigeren Körper zeigt, ein Umstand, der sich leicht aus der guten Erhaltung der Form vom Cap 8. Vigilio erklärt. Auch mit der Quenstedt’schen Figur des Amm. radıans compressus (Ceph., Taf. 7, Fig. 9) zeigt sich die beste Uebereinstimmung, mit dem ganz bedeutungslosen Unterschiede etwa, dass die Form vom Cap S. Vigilio um eine kleine Spur offener ist, wodurch sie sich dem 4. ') Dumortier, Et. pal. Bass. du Rhöne. IV, pag. 252, pl. 51, Fig. 1, 2. ?) Branco, Unt. Dogg. v. Els.-Loth., pag. 76. 300 M. Vacek, [8] Eseri, wieihn Dumortier!) von La Verpilliöre abbild&t, nähert, mit dem sie auch in allen übrigen Merkmalen vollkommen überein- stimmt. Die Beschreibung des Amm. radians compressus (Juenst. (Ceph., pag. 112) passt auf die Form vom Cap 8. Vigilio sogar bis auf kleine Subtilitäten. So erwähnt Quenstedt den Umstand, dass die Rippen die Neigung zeigen, in der Stielgegend zusammenzufliessen. Die von mir gebrachte Figur zeigt dies ziemlich gut. Den Kiel ceha- rakterisirt Quenstedt in seiner neuesten Arbeit?) folgendermassen: „Dieser Kiel gleicht bei gut erhaltenen Scheiben einer dünnen Stein- platte von Kartenblattdicke, die leicht von einem rauhen Bande sich ablöst, welches die Lobenlinie nicht durchschneidet.“ Man vergleiche hierzu, was ich (C. S. Vig., pag. 80) über die Beschaffenheit der Extern- seite bei der Form vom Cap S. Vigilio gesagt habe: „Die Extern- seite ist im Steinkerne zugerundet und der Kiel nur als ein schwach vortretendes Band vorhanden. Dagegen erscheint, wo die Schale gut erhalten ist, der hohe Kiel als eine scharf vortretende Lamelle.“ Bei so weit gehendem Einklange der Merkmale muss man wohl schon ein sehr böswilliger Zarpoceras-Speeialist sein, um gegen die Richtigkeit der von mir getroffenen Artbestimmung Zweifel zu erheben. Etwas Anderes und von der Bestimmung der Art Unabhängiges ist die Frage, zu welcher grösseren Ammonitengruppe man die Art rechnen soll. Herr Haug ist offenbar, nach dem Vorwurfe, den er gegen mich erhebt, jetzt geneigt, die Art zur Gattung Hammatoceras zu rechnen. Bei der Arbeit über Cap S. Vigilio hatte ich Gelegen- heit, eine stattliche Reihe von Zammatoceras-Arten, darunter die be- zeichnendsten, eingehend zu studiren und ihre Charaktere kennen zu lernen, und habe, vielleicht eben deshalb, den Amm. Eseri nicht zu Hammatoceras gestellt, sondern mich begnügt, mit Umgehung aller nichtssagenden Formalitäten, rein sachlich die Stellung zu präeisiren, welche Amm. Eseri unter den übrigen Arten der Fauna vom Cap 8. Vigilio einnimmt (C. S. Vig., pag. 81): „Harp. Eseri bildet mit den beiden folgenden Arten, Harp. amaltheiforme und Harp. klimakom- phalum, eine natürliche kleine Gruppe, die in der Fauna vom Cap 8. Vigilio eine Art Mittelstellung einnimmt zwischen den echten Faleiferen einerseits und der Insignis-Gruppe, sowie den Oppelien andererseits. Mit den ersteren hat sie die Art der Verzierung, mit den letzteren die Art des Lobenbaues gemein. Dieselbe erinnert in Ge- sammtgestalt, Nabelbildung und Lobenbau lebhaft an Amaltheus.“ Und weiter unten: „Während Z. Eseri den Anschluss der kleinen Gruppe der amaltheenartigen an die echten- Faleiferen vermittelt, steht H. amaltheiforme den flachen Spielarten von Hammatoceras Sieboldi sehr nahe und vermittelt so den Uebergang zur Insignis-Gruppe.* Wie man sieht, habe ich mich also über die nahen Beziehungen der drei Formen, welche ich (C. S. Vig., pag. 105, Uebersicht) in der ') Dumortier, Etudes pal. Bass. du Rhöne. IV, pl. XII, Fig. 3. ’) Quenstedt, Ammoniten der schwäb. Jura. I, pag. 408. [9] Bemerkungen über einige Arten der Gattungen Harpoceras u. Simoceras. 301 kleinen Gruppe der amaltheenartigen zusammenfasste, zu den Insignis-Formen (Grundtypus von Hammatoceras) klar genug aus- gesprochen, und zwar in einem Sinne, mit welchem Herr Haug alle Ursache hätte, zufrieden zu sein. Man begreift daher kaum, wie er zu dem Vorwurfe kommt, ich hätte Harp. Eseri mit einer Hammatoceras- Form verwechselt oder vielmehr umgekehrt, wenn man der dunklen Rede Sinn sich zu erfassen bemüht. Wenn übrigens Herr Haug durchaus darauf bestehen will, dass man fortan Hammatoceras Eseri sagen muss, so macht mir das nicht die geringsten Herzbeklemmungen. Ich wäre dann nur begierig, von dem Orakel zu vernehmen, zu welcher der alle Tage sich mehrenden Unter- und Unteruntergattungen von Hammatoceras, das selbst nur eine Untergattung von Harpoceras ist, der fatale Amm. Eseri und seine beiden Leidensgenossen,‚Amm. amaltheiformis und Amm. llimakomphalus gehören werden. Vorderhand muss man sieh noch auf das geschriebene Wort Dr. Haug’s (Monogr. v. Harp., pag. 172) berufen, wonach Harpo- ceras Eseri — lythense mut. Eseri in die Gruppe d, des Harp. Iythense von Harpoceras sens. str. Haug gehört. Ausser der eben besprochenen dreizackigen Fussnote widmet Herr Haug der systematischen Stellung des Amm. scissus Ben., oder besser gesagt einem Scheingefechte gegen meine Arbeit über Cap S.Vigilio, einen langen, wie er selbst (pag. 153) sagt, von dem Thema seiner Arbeit über die Polymorphidae „weit abgelegenen Exeurs“ in Form eines Anhanges zur Gattung Dumortieria (l. e. pag. 148). Hat man diesen Excurs aufmerksam gelesen, befindet man sich in nicht geringer Verlegenheit. Einer solchen nach allen Richtungen exeur- rirenden Debatte nur kritisch zu folgen, ist eine verzweifelte Aufgabe, wie denn erst ihr kritisch entgegenzutreten. Zum Glücke lässt sich das Sachliche der Debatte in wenige Worte zusammenfassen. Das Vergehen, dessen mich Herr Haug so umständ- lich bezichtigt, besteht darin, dass ich Amm. seissus Ben. nicht so, wie er will, zur Gattung Parkinsonia, sondern zu Simoceras gestellt habe. Ich habe in meiner Arbeit (C. S. Vig., pag. 103) die Gründe, welehe mich einerseits für die Zutheilung des Amm. scissus zu Simo- ceras, andererseits gegen die Zurechnung desselben zu Parkinsonia bestimmten, gewissenhaft und klar in folgenden Sätzen angegeben: „Die sehr evolute Form des Gehäuses, der Charakter der Verzierung durch einfache, an ihrem äusseren Ende anschwellende Rippen, die Einschnürungen, die charakteristische Beschaffenheit der Mündung mit dem vorgezogenen gerundeten Ventrallappen und der dahinter folgenden Einschnürung, vor Allem aber die charakteristische, einfache Beschaffenheit der Lobenlinie sind durchwegs Charaktere, die alle für die Zurechnung der vorliegenden Art zur Gattung Simo- ceras Zittel sprechen. Ein allerdings nur wenig abweichender Cha- rakter ist die verhältnissmässig kürzere Wohnkammer, die bei Simo- ceras °/; Umgang betragen soll, bei der vorliegenden Art aber nur wenig über !/; Umgang lang ist.“ „Nach Zittel’s neuester Auffassung (Pal., pag. 472) wäre Amm. seissus der älteste Vertreter der Gattung Parkinsonia Bayle. Doch 302 M. Vacek. [10] fehlen der vorliegenden Art verschiedene Charaktere, die für die Gruppe des Amm. Parkinsoni bezeichnend sind, wie z. B. die seitlichen Ohren, die lange Wohnkammer, der stark geschlitzte Lobenbau mithängender Nahtpartie. Ferner ist das Vorhandensein von Einschnürungen ein Charakter, der bei Parkinsonia durchaus fehlt, für Simoceras dagegen sehr bezeichnend ist. Auch sind die Rippen bei den Parkinsoniern in der Regel gespalten, während bei Sim. scissum von einer Spaltung keine Spur ist.“ Erwägt man alle diese zahlreichen sachlichen Gründe, dann wird man es zum mindesten begreiflich finden, dass ich Amm. scissus zu Simoceras gestellt habe. Nicht so Herr Haug, der in diesem Vorgange eine gefährliche Hypothese erblickt (Polym., pag. 153), der man so rasch als möglich, und wäre es an dem unpassendsten Orte, entgegen- treten muss, da man — bezeichnend genug — befürchten muss, dass diese Ketzerei „möglicherweise weiteren Anklang finden könnte“. Er ordnet daher seine Gegenargumente entsprechend der von mir ge- brachten Begründung, in zwei Colonnen, von denen die eine die Zuge- hörigkeit des Amm. scissus zu Parkinsonia dennoch beweisen, die andere dagegen die gefährliche Hypothese seiner Einreihung zu S?mo- ceras vernichten soll. j Lassen wir nun diese Gegenargumente ein wenig Revue passiren. Der erste Grund, den Dr. Haug vorbringt, um die Zugehörigkeit des Amm. scissus zu Parkinsonia zu beweisen, besteht in der Be- hauptung, Amm. scissus sei geradezu die Stammform der Gattung Parkinsonia. In welchem Codex, möchte man fragen, steht das verbrieft ? Erkennt etwa Herr Haug die Stammformen daran, dass sie mit ihrer Nachkommenschaft in Bezug auf Ausbildung der Mündung, Länge der Wohnkammer, Lobenbau, charakteristische Einschnürungen und Rippenverzierung, also so ziemlich alle wichtigen Merkmale, die man an einem Ammoniten zu beobachten pflegt, nicht übereinstimmen ? Das einzige Merkmal, welches Amm. scissus mit Parkinsonia ge- mein hat und dem Dr. Haug daher einen hohen systematischen Werth beilegt, ist „der Besitz einer Externfurche“. Leider stellt sich bei etwas eingehenderer Betrachtung, als sie Dr. Haug gewöhnlich anzustellen pflegt, auch dieser einzige Berührungspunkt als ein ziemlich fraglicher heraus. Die Externfurche der Parkinsonier besteht be- kanntlich immer in einem vertieften, glatten Bande, an welchem von beiden Seiten die Rippen scharf absetzen, förmlich abge- schnitten erscheinen. Ganz anders verhält sich die Sache bei Amm. scissus. Ja man könnte sogar die Frage aufwerfen, ob bei diesem überhaupt eine wirkliche, echte Siphonalfurche vorhanden ist. Der Bau der Externseite bei Amm. scissus ist ganz und gar der- selbe, wie ihn gewisse unterliasische Angulaten, speciell aus der Gruppe der Schlotheimia angulata selbst, im mittleren Altersstadium zeigen. Die einfachen Rippen werden gegen die Externseite allmälig stärker und biegen an der Stelle, wo sie auf den Externrand treten und am kräftigsten anschwellen,, plötzlich nach vorne um, wobei sie zugleich eine rasche Abschwächung erfahren, so dass im Steinkerne 1 1] Bemerkungen über einige Arten der Gattungen Harpoceras u. Simoceras,. 303 entlang der Mediane eine wirkliche Unterbrechung der von beiden Seiten eorrespondirenden Rippen statthat und dadurch eine furchen- ähnliche Vertiefung entsteht, deren Boden jedoch kaum tiefer liegt als die Intereostalräume. In der Nähe der Mündung fliessen dagegen, selbst bei Steinkernen, in der Regel die correspondirenden Rippen auf der Siphonalseite zusammen und setzen, wiewohl etwas abgeschwächt, mit einer kräftigen Schwingung nach vorne, ununterbrochen über die Mediane. Bei beschalten Exemplaren, die allerdings bei Amm. scissus selten sind, zeigt sich dieses Verhältniss sogar auch zu beiden Seiten einer jeden der zahlreichen Einschnürungen, also aller alten Mundränder, indem die beiden angrenzenden Rippen mit der erwähnten rundwinkeligen Wendung nach vorne eontinuirlich über die Siphonal- seite setzen, ihrerseits die Pseudofurehe unterbrechend. Gerade dieser Charakter der Externseite, von anderen übereinstimmenden Momenten ganz abgesehen, war es hauptsächlich, der mich seinerzeit bestimmte (Cap S. Vig., pag. 104), auf die grosse Aehnlichkeit des Amm. scissus mit den unterliasischen Formen aus der Gruppe der Schlotheimia an- gulata aufmerksam zu machen. Wie man sieht, steht es also mit der Uebereinstimmung des einzigen Merkmales, auf welches hin Dr. Haug den Amm. seissus zur Stamm- form der Parkinsonier erhebt, sehr bedenklich. Aber noch viel bedenklicher müssen jedem Systematiker die übrigen Argumente pro Parlinsonia erscheinen, die im Wesentlichen darauf hinauslaufen, dass Dr. Haug die wichtigsten Ammonitencharaktere als systematisch werth- loses Zeug stempelt: „Was das Vorhandensein der Ohren und dieLänge der Wohn- kammer betrifft, so muss man sich hüten, diesen Merkmalen eine allzugrosse Bedeutung beizulegen (Polym. pag. 149)*. Hat Herr Haug schon so ganz vergessen, was er in seiner HZarpoceras-Monographie (pag. 594) geschrieben: „Suess und Waagen betrachten ausser dem Fehlen oder Vorhandensein eines Aptychus die Gestaltder Mund- öffnung und die Länge der Wohnkammer als die besten elassifieatorischen Merkmale für Ammoniten.“ Dement- sprechend unterscheidet auch Herr Haug unter den Harpoceraten „Formen mit vorherrschendem Ventralfortsatz und Formen mit vorherrschenden Lateralfortsätzen“ und bemerkt (pag. 595) hierzu: „Das die Gehäuse bewohnende Thier muss selbstverständlich bei Formen ohne Ventralfortsatz ganz anders gebaut gewesen sein, als bei Formen mit einem solchen.“ Sollte sich Herr Haug selbst nicht Autorität genug sein, dann will ich noch auf Zittel (Pal., pag. 395) aufmerksam machen, wo es heisst: „Für die Systematik liefert die Beschaffenheit des Mundsaumes werthvolle Anhaltspunkte“, oder ihn auf Neumayr (Jahrb. d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1871, pag. 371) verweisen, wo Mundsaum und Länge der Wohnkammer als capitale Merkmale bezeichnet werden. Wie man sieht, stimmen alle Autoritäten auf dem Gebiete der Ammonitensytematik, Herr Haug coulanter Weise mit eingeschlossen, darin überein, dass Mundsaum und Länge der Wohnkammer wichtige, weil mit dem Baue des lebenden Thieres innig zusammen- Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Band. 2. Heft. (M. Vacek.) 40 304 M. Vacek. [12] hängende Charaktere seien. Doch wenn auch nach der neuesten An- schauung Dr. Haug’s, das gerade Gegentheil richtig wäre, scheint mir damit in keiner Weise weder der positive Beweis erbracht zu sein, dass die Mündung von Amm. scissus mit FParkinsonia übereinstimme, noch der negative, dass diese Mündung mit Simoceras nicht stimme. Ueber diesen Cardinalpunkt scheint mir vielmehr Herr Haug mit seiner selehrten Auseinandersetzung über den Werth oder vielmehr Unwerth der Mundsaumcharaktere ganz hinübergeschlüpft zu sein. Gehen wir nun zu dem zweiten Charakter, dem der Loben- linie über, zu welchem Herr Haug folgende Bemerkung macht (Polym., pag. 150): „Bei Amm. scissus sind die Suturen allerdings ziemlich einfach gebaut, wir sahen aber, dass bei der nahe verwandten Dumortieria Dumortieri in dieser Beziehung grosse Schwankungen zu ceonstatiren sind. Der stark zerschlitz te Lobenbau mit’ hängender Nahtpartie, welcher für die jüngeren Parkinsonier charakteristisch ist, ist gerade für die meisten Formen der Gattung Dumortieria, von welcher ich Parkinsonia ableite, charakteristisch. Bei Park. subfurcata Ziet. (= niortensis d’Orb.), welche Beneeke in erster Linie zum Vergleiche mit Amm. scissus herbeizieht, besteht die vollkommenste Uebereinstimmung in der Scheidewandlinie mit der von Vacek gegebenen Abbildung der Sutur von Amm. scissus.“ Herr Haug constatirt also zunächst die auffallende Einfachheit der Loben von Amm. scissus und es wäre an dieser Stelle seine Sache gewesen, nachzuweisen, dass dieser einfache Lobenbau einerseits von dem für die Gattung Simoceras charakteristischen wesentlich abweiche, andererseits aber mit dem von Parkinsonia übereinstimme, umsomehr als ich (Cap S. Vig., pag. 103) gerade den Lobenbau vom Amm. seissus für ein „wesentliches Motiv für die Zutheilung der Art zu Simoceras“ erklärt habe. Einen solchen Nachweis zu führen fällt Herrn Haug gar nicht ein. Er begnügt sich vielmehr mit dem einfachen Hin- weise auf eine angebliche Analogie mit Amm. Dumortieri, Ich sage angeblich, weil man bei näherer Prüfung der (Polym., pag. 143, Fig. 8) von Dr. Haug abgebildeten Suturlinie seine Zweifel haben kann, ob dieselbe auch wirklich von einem echten Amm. Dumortieri stammt. Die Form von Fontaine-Etoupefour, welche Dr. Haug (Polym., Taf. V, Fig. 6.) als Dumortieria Dumortieri abbildet, zeigt, wie er pag. 145 ausdrücklich sagt, die für Amm. Dumortieri eharakteristischen Einschnürungen nicht und weicht im Lobenbaue durch kurzen Extern- lobus und schief herabhängende Nahtpartie sehr auffallend von dem Lobenbaue des echten Amm. Dumortieri ab. Statt nun sich darüber Serupel zu machen, die Form von Fontaine-Etoupefour könnte denn doch nicht der echte Amm. Dumortieri sein, dreht Herr Haug den Spiess um und constatirt mit Emphase grosse Schwankungen in Bezug auf den Lobenbau von Amm. Dumortieri Nun aber, gesetzt auch, dass Amm. Dumortieri in Bas auf Loben- bau grosse Schwankungen zeigen würde, was folgt daraus für den Lobenbau. des Amm. scissus? Nach meiner Ansicht gar nichts. Deshalb bleiben die. auffallend einfachen Loben von Amm. scissus den Loben von Simoceras in auffallendster Art ähnlich und haben mit dem stark [13] B: merkungen über einige Arten der Gattungen MTarpoceras u. Simoceras,. 305 zerschlitzten Lobenbaue mit hängender Nahtpartie, wie er, nach eigener Angabe Dr. Haug’s für Parkinsonia charakteristisch ist . gar nichts zu thun. Dieser Mangel an Uebereinstimmung gilt auch in dem speciellen Falle der Park. subfurcata, wie schon ein einfacher Ver- gleich der von mir (Cap S. Vig., Taf. 16, Fig. 16) zum ersten- male gebrachten Lobenlinie des Amm. seissus mit der Lobenlinie von Amm. Niortensis d’Orb. (Ceph. jur. pl. 121, Fig. 10) jeden auf den ersten Blick lehrt, indem er zeigt, dass der Externlobus bei Amm. scissus nahezu um die Hälfte kürzer ist als der erste Lateral, während er bei Amm. Niortensis um gut ein Drittel länger ist als dieser. Wenn Herr Haug dagegen einen mit Amm., scissus vollkommen identen Lobenbau sehen will, dann möge er gefälligst die Lobenlinie von Simoceras Cavouri Gemm.*) vergleichen. Die Uebereinstimmung geht hier sogar noch weiter als schon die von mir (C. S. Vig., Taf. 16, Fig. 16) und Gemmellaro (l. e.) gebrachten Figuren zeigen, indem sie sich nämlich auch auf die Beschaffenheit des Antisiphonals erstreckt. Im Texte kennzeichnet Gemmellaro diesen (pag. 45) folgender- massen: „ll lobo antisiphonale & stretto e lungo quanto il primo late- rale e termina a punta.“ Ich habe mir die Mühe genommen, den Anti- siphonal von Amm. seissus zu präpariren und finde, dass derselbe eben- falls auffallend schmal, einspitzig und von gleicher Länge ist wie der Hauptlaterallobus. Schlimmer noch als mit den beiden ersten steht es mit dem dritten Argumente, betreffend die Einsehnürungen. Von diesen muss Herr Haug einfach zugeben, dass sie „auch seines Wissens“ bei Parkinsonia nicht nachgewiesen sind, während sie bekamntlich bei Semoceras ein unentbehrliches Requisit bilden. Herr Haug weiss sich aber in seiner Art rasch zu helfen und versucht es, den harmlosen Leser über den ihm klar entgegenstehenden Thatbestand mit der Bemerkung hinwegzutäuschen: „DiesesMerkmalhaben die Parkinsonier einfach nicht ererbt.* Herr Haug muss das freilich wissen. Doch glaube ich.nun und nimmer, dass er der Testament- vollstrecker bei den jungen Parkinsoniern gewesen. Das vierte und letzte Argument betrifft die Verzierung. Die Rippen von Amm. scissus zeigen nie eine Spur von Gabelung ?), wäh- rend eine solche bei den Parkinsoniern die Regel bildet, sogar bei der Park. subfurcata Ziet.°), die nach Haug von allen Parkin- soniern dem Amm. scissus zunächst steht. Herr Haug macht auch keinen Versuch, dieses für seine Anschauung so sehr ungünstige Ver- hältniss zu negiren und verweist, wohl nur um doch etwas zu sagen, auf eine kleine Form von La Verpilliere, welche Dumortier als Amm. scissus bestimmt hat, trotzdem sie Gabelung und selbst Knotung !) Gemmellaro, Sopra aleune faune giur. e lias. Palermo 1872, pag. 44, Taf. VII, Fig. 4. Re 2) Ich habe neuerdings mein ganzes Materiale (ca. 9) Expl.) auf dieses Moment hin untersucht. u 2 \ } 3) Vergl. Quenstedt, Amm. d. schwäb. Jura, Taf, 70, Fig. 1—6, Amm. bi- Furcatus suboolithieus. 4u* 306 NL Vacek. [14] der Rippen zeigt. Der Umstand, dass Dr. Haug sich beeilt, die Ge- legenheit wahrzunehmen und diese Form zu Park. Sutneri Haug um- zutaufen, zeigt hinlänglich, dass dieser Amm. scissus Dum. mit dem Amm. scissus Ben. nichts zu thun hat. Mit dieser selbst dem Minder- gebildeten leicht durchsichtigen Diversion scheint mir aber wiederum nichts weniger als der Beweis geführt, dass die einfache Rippenver- zierung des Amm. scissus Ben. mit der sehr zur Spaltung neigenden Berippung von Parkinsonia etwas gemein hat. Nachdem ihm das Beweisverfahren pro Farkinsonia so glänzend misslungen ist, wie wir eben gesehen haben, schliesst Dr. Haug (Polym., pag. 151) mit folgendem pathetischen Resume: „Es ergibt sich also, dass keines der Merkmale, welche nach Vacek die Trennung des Amm. scissus von der Gattung Farkinsonia rechtfertigen sollen, stichhältig ist, und dass kein Grund vorhanden ist, von der Zittel- schen Auffassung abzustehen.“ Man ist beinahe verblüfft über die resolute Tonart, die in diesem Schlusssatze angeschlagen wird und die so wenig im Einklange steht mit der desperaten Gehaltlosigkeit der bisher von Dr. Haug vorge- brachten Scheinargumente, die alles andere eher beweisen, als was sie sollten, nämlich die Zugehörigkeit des Amm. scissus Ben. zu Par- kinsonia. Wo möglich noch etwas weniger packend als Dr. Haug's Oratio pro Parkinsonia ist sein Feldzug gegen Simoceras, worin dem Leser bewiesen werden soll, „dass der von Vacek angenommene genetische Zusammenhang zwischen Amm. scissus und der Gattung Simoceras durchaus unbegründet ist“. Man sollte glauben, Herr Haug werde nun in diesem Abschnitte zunächst nachweisen, dass die sämmtlichen oder doch die Mehrzahl der Charaktere von Amm. scissus der Diagnose von Simoceras wider- sprechen. Aber weit gefehlt, so etwas fällt Herrn Haug gar nicht bei. Er verlegt sich vielmehr auf einen weitläufigen gelehrten Disput, in welchem der Satz: „Dass Park. scissa und deren nächste Verwandte ') das Bindeglied zwischen der Gruppe der Dumortieria Dumortieri und den jüngeren Parkinsoniern bildet“, an erster Stelle schon als fixes Axiom figurirt. Es ist dies offenbar eine von den Ueberzeu- gungen Dr. Haug’s, gegen welche es keinen Appell gibt, die aber leider die unangenehme Eigenschaft haben, dass sie der Autor gar zu häufig, besonders auffallend bei jedesmaliger Berührung mit Herrn Sutner, ohne Angabe von Motiven wechselt. Ja, man könnte fast befürchten, ein soleher Ueberzeugungswechsel werde sich noch auf der- selben Druckseite vollziehen, wenn man den gleich darauffolgenden Satz liest: „Die Vereinigung der Gattungen Simoceras und Dumortieria in derselben genetischen Abtheilung hätte in der That etwas Verlocken- des, denn Dum. Jameson! und Vernosae zeigen eine gewisse äussere Aehnlichkeit mit einigen Formen der Gattung Simoceras, wie z. B. Sim. teres Neum. Das Vorhandensein von Einschnürungen, die lang- sam anwachsenden scheibenförmigen Gehäuse, die Berippung stimmen ') Diese Verwandten sollen von Prof. Gemmellaro erst demnächst beschrie- ben werden [15] Bemerkungen über einige Arten der Gattungen Harpoceras u. Simoceras. 307 ziemlich gut überein und es würden die genetisch zusammenhängenden Formen auch eine Reihe gemeinschaftlicher Merkmale aufweisen. Wo bleiben aber die Zwischenglieder ?“ Die Zwischenglieder dürften zum Theile falsch eingereiht sein, zum Theile aber noch in den vielen, bisher ungearbeiteten Beschrei- bungen von Localfaunen ein still verborgenes Dasein führen; denn die sogenannten „unvermittelt auftretenden Typen“, diese Schmerzenskinder der auf Darwin’schen Prineipien ruhenden Systematik , weisen doch wohl kaum auf eine Lücke in der Schöpfung, als vielmehr auf eine Lücke in unseren Kenntnissen. Wenn übrigens Herr Haug die Unmöglichkeit eines genetischen Zusammenhanges von Simoceras mit Amm. scissus mit dem Fehlen von Zwischengliedern begründet, dann hätte er kluger Weise die unmittelbar dieser fraglichen Begründung folgenden zwei Sätze besser unge- schrieben lassen sollen: „Die Mehrzahl der Forscher, die sieh mit dieser Gattung (Simoceras) beschäftigt haben, wie Neumayr, Gem- mellaro, Nikitin leiten sie von der im oberen Callovien reichlich vertretenen Gattung Keineckia Bayle ab, speciell wird Reineckia Fraasi Opp. als Stammform angesehen. Wenn wir dann mitSteinmann an- nehmen würden, dass Aeineckia von den Parkinsoniern durch Formen wie Cosmoc. longoviciense Steinm. abstammt, so würde die Reihe Dumortieria— Parkinsonia— Reineckia— Simoceras eine natür- liche Gruppe bilden und die Aehnlichkeit der Anfangs- und Endglieder dürfte als ein interessanter Fall von Atavismus hingestellt werden.“ In diesen Sätzen beweist Herr Haug so ziemlich das Gegen- theil dessen, was er knapp vorher behauptet hat und zeigt klar, dass, wenn man von seinen Ueberzeugungen abstrahirt und sich an andere Autoritäten hält, man in der Zureehnung von Amm. scissus zu Simo- ceras keineswegs eine bedeutende Absurdität erblicken kann. Denn, wenn Amm. scissus, nach dem oben erwähnten Haug’schen Axiom, ein Bindeglied zwischen Dumortieria und Parkinsonia bildet, dann gehört er in eine natürliche Gruppe, in welcher man sogar der auffallenden Aehnlichkeit gewisser Anfangsglieder (Dumortierien) und Endglieder (Simoceras) mit ein wenig Atavismus erklärend nachhelfen muss. In der That, wenn man die grosse Aebnlichkeit berücksichtigt, welche die alte Gattung Simoceras mit gewissen Formen der neuen Gattung Dumortieria zeigt, mit deren kritischer Besprechung ich dem Vater des Catulloceras in keiner Art vorgreifen will, dann begreift man wohl die Gefährlichkeit der Hypothese, Amm., scissus sei ein Simoceras. Ge- fahr droht nämlich nicht der Wissenschaft, sondern nur der neuen Haug’schen Gattung Dumortieria. Das Wichtigste übrigens, was ich für meine Sache aus dem letzten Citate folgern möchte, ist der mir von Dr. Haug selbst freundlich gelieferte Nachweis, dass ein Mann, dem die bisher ganz privaten An- sichten Dr. Haug’s über Simoceras nicht zugänglich waren und der sich daher im besten Falle nur auf die bereits in der Literatur vor- handenen Urtheile von Neumayr, Gemmellaro, Nikitin, Stein- mann beziehen konnte, nicht ganz im Unrechte war, wenn er Amm. scissus mit Simoceras in genetischen Zusammenhang brachte, 308 M. Vacek. Bemerkungen über einige Gattungen Harpoceras u, Simoceras. [116] Ob „die Anreihung der Gattung Simoceras und der Parallelreihen Peltoceras und Waagenia an die Gattung Perisphinctes“, wie sie Herr Sutner, nach seinen brieflichen Mittheilungen an Dr. Haug, in Zu- kunft vorzunehmen geneigt ist, sich als „entschieden viel naturge- mässer“ herausstellen wird als die heute literarisch noch zu Recht be- stehende Anreihung von Simoceras an Reineckia, das müssen wir vor- läufig ruhig abwarten, da es zur vollen Begründung einer so wichtigen Neuerung kaum genügt, nur kurz aus der Schule geschwätzt zu haben. Nach alledem scheint mir also der „Exeurs“ Dr. Haug'’s weder den Beweis erbracht zu haben, dass Amm. scissus eine Parkinsonia ist, noch die gefährliche Hypothese hinreichend entkräftet, dass der- selbe mit Simoceras genetisch zusammenhänge. Einige Bemerkungen über den hohlen Kiel der Falciferen. Von M. Vacek. Bekanntlich war es Quenstedt!), der zuerst auf den Umstand aufmerksam gemacht hat, dass eine Reihe scharfgekielter Ammoniten- formen, vorzüglich aus den Gruppen der Amaltheen und Faleiferen, „längs des Rückens einen mehr oder weniger grossen, offenen, unge- kammerten Canal haben, welcher von dem wahrhaften Sipho dureh eine besondere Wand geschieden ist“. Quenstedt bezeichnet solehe Formen als Hohlkieler (Dorsocavati). Er äussert sieh aber in keiner Art über die Bedeutung dieser Höhlung im Kiele, sondern meint, „das mögen die Zoologen ausmachen, welche Function dieser Canal hatte“. Wenn auch in der Folge von’ verschiedenen Forschern auf den hohlen Kiel der Ammoniten meist gebührend Rücksicht genommen wurde, bediente man sich des Dorsocavaten-Merkmales doch niemals für die Zwecke der Systematik, wohl in richtiger Würdigung des Um- standes, dass dieses Merkmal bei sonst äusserst nahestehenden Formen in dem einen Falle vorhanden ist, im anderen aber fehlt. So begegnet man noch bei Haug?), der in neuerer Zeit die Harpoceren mono- graphisch behandelte, nicht selten dem Satze „Hohlkielvorhanden oder nicht“ selbst in Charakteristiken ziemlich eng gefasster Unter- gruppen. Erst in neuester Zeit hat Herr Dr. Denekmann in seiner Beschreibung der Fauna des oberen Lias der Umgebung von Dörnten’) den Versuch gemacht, die von ihm beschriebenen Faleiferen in dorsocavate und nieht dorsocavate einzutheilen und diesen neuen Vorgang in einem eigenen Anhange zum paläontologischen Theile seiner Arbeit näher zu begründen. In diesem Anhange werden einige Beobachtungen mitgetheilt, welche Herr Denekmann über den Bau des Dorsocavatenkieles gemacht hat. Zunächst constatirt derselbe, dass die Scheidewand, welche den Hohlraum des Kieles von dem übrigen Lumen der Schale trennt, augenscheinlich in keiner Weise mit dem übrigen Theile der Schale !) Quenstedt, Ueber die Rückenhöhle in der Schale gewisser Ammoniten (Dorsocavati). Neues Jahrb. f. Min. etc. 1857, pag. 544. 2) E. Haug, Beitr. zu einer Monographie der Amm.-Gatt. Harpoceras. Neues Jahrb. f. Min. 1885, Beil.-Bd. III, pag. 585. >»), A. Denckmann, Ueber die geol. Verhältn. der Umgebung von Dörnten nördl. Goslar, mit besonderer Berücksichtieung der Fauna des oberen Lias. Abhandlungen zur geol. Specialkarte v. Preussen etc. Berlin 1887, Bd. VIII, Heft 2. Jahrbuch der k.k. geol. Reichsanstalt. 1837. 37. Band. 2. Heft. (M. Vacek.) ad 310 M. Vacek. [2] verwachsen ist. Diese Scheidewand bildet vielmehr, nach Denekm ann, ein selbstständiges spiralesBand, das wie eine Art Propf die Kielritze gegen das übrige Lumen der Schale absperrt. Im angewitterten Zustande zeigt dieses spirale Band eine rauhe Struetur und ragt, wie Dr. Denekmann bei Amm. navis Dum. beobachtet hat, über die letzte Luftkammerwand in die Wohnkammer hinein. Die Schale des Hoblkieles zeigt sowohl äussere als auch innere Schalenschieht. Der Hohlraum des Kieles ist je nach der Species sehr verschieden gross und verschieden gestaltet. Zum Schlusse spricht Denckmann (I. e. pag. 96) die Ansicht aus, „dass wir es in dem Hohlkiele einer Reihe von Formen mit einem nicht unwichtigen Organe zu thun haben, dessen Bedeutung wir nicht kennen, jedoch bereits kennen müssten, wollten wir ohne genaues Studium des Hohlkiels und ohne Rücksicht darauf, meinen, mit einer definitiven Theilung der Faleiferen in Untergattungen abgeschlossen zu haben“. Herr Denckmann hält also den hohlen Kiel für die zurückgebliebene Spur eines eigenen Organs des Ammonitenthieres und versucht zu zeigen, dass mit dem Vorhandensein oder Fehlen dieses Organs gewisse Erscheinungen in der Ausbildung des Mundrandes, der Seulptur und Wandstärke der Wohnkammer parallel gehen. Ich würde keine Veranlassung haben, mich an den interessanten Untersuchungen Dr. Denekmann’s über den Bau des Dorsocayvaten- kieles zu betheiligen, wenn derselbe nicht in einem eigenen Nachtrage zu dem ebenerwähnten Anhange einige Bemerkungen aufgegriffen hätte, welche ich gelegentlich der Beschreibung einiger Ammonitenformen aus den Oolithen vom CapS. Vigilio!) gemacht habe. Insbesondere be- mängelt Herr Denekman.n die folgende Bemerkung, betreffend den Kiel- bau von Harp. costula Rein. (C.S. Vig. pag. 79): „Die beschalten Exemplare zeigen alle einen scharfen, schneidenden Kiel. Hat man jedoch Steinkerne vor sich, dann zeigt sich in vielen Fällen die Externseite steil zugerundet, in anderen dagegen, übereinstimmend mit dem beschalten Exemplare, scharf gekielt. Verfolgt man dies Verhältniss, so zeigt sich, dass der Vollkiel, dessen Ausdruck der gekielte Steinkern ist, in den verschiedensten Altersstadien sich zu entwickeln beginnt. Es finden sich Steinkerne, die schon bei 7 Millimeter Durchmesser einen deutlich ent- wickelten scharfen Kiel zeigen, während andere noch bei 40 Millimeter Durchmesser nur einen Hohlkiel, daher im Kerne nur eine steil gerundete Externseite besitzen. Der Uebergang vom Hohlkiel zum Vollkiel ist bei einzelnen Individuen ein sehr allmäliger, bei anderen ein plötzlicher.* Herr Denekmann meint dazu (pag. 97), er habe bei den vielen Hunderten von dorsocavaten Faleiferen, die er untersuchte, das „will- kürliche“ Auftreten und Verschwinden des Hohlkiels an ein und dem- selben Exemplare trotz genauester Untersuehungen nicht wahrgenommen und ist geneigt, zu glauben, dass das: Material vom Cap S. Vigilio zur Erzielung so genauer Beobachtungen, wie sie zur Beurtheilung des Hohlkieles erforderlich sind, nieht ausreiche, oder mit anderen Worten, Herr Denckmann bezweifelt die von mir mitgetheilte Beobachtung. ') M. Vacek, Fauna d. Ool. v. Cap S. Vigilio verbunden mit einer Studie über die obere Liasgrenze. Abhandlungen d. k. k. geol. Reichsanst. 1886, Bd. XII, Heft 3. € [3] Einige Bemerkungen über den hohlen Kiel der Faleiferen. 311 Dieser Umstand, sowie die Wichtigkeit, welche Herr Denekmann dem Charakter des Hohlkieles beimisst, veranlassten mich. das Fal- eiferen-Materiale vom Cap S. Vigilio, insbesondere aber die zahl- reichen Exemplare von Harp. costula Rein. mit Rücksicht auf den Bau des Kieles einer nochmaligen, genauen Revision zu unterziehen. deren Ergebnisse hier kurz mitgetheilt werden sollen. 8. ö | "V Harp. opalinum DI La An = >: Harp. Sorteti Harp. Munchisonae 7 me 3: Einer der auffallendsten Dorsocavaten in der Fauna vom Cap S. Vigilio ist die von mir als Oppelia subaspidordes neubeschriebene Art.ı) Ein grosses Exemplar von 185 Millimetern Durchmesser, welches bis an’s Ende gekammert ist, zeigt den Kiel auf eine Strecke gut erhalten. Da der Kiel ziemliche Dimensionen aufweist, kann man schon mit gewöhnlicher Loupe die Schale bequem studiren (vergl. Fig. 1, 3:2 nat. Gr.), und sieht Folgendes. Fasst man die Schale auf der Flanke in’s Auge und verfolgt sie gegen den Kiel hin, so sieht man, dass die untere Contour derselben in einem Abstande von 10 Millimetern von der Kielspitze dem ziemlich runden Rücken des Steinkernes folgt, während die äussere Contour sich bis an den First des Kieles verfolgen lässt. Da zwischen diesen beiden Contouren die Schale auf der Flanke vollkommen homogen ist, sieht man, dass hier zunächst die sogenannte äussere Schalenschicht fehlt, und es sonach das äusserste Blatt der inneren Schalen- schicht, also der Perlmutterlage ist, welches den dreieckigen Hohlraum des Kieles nach aussen begrenzt. Erst unterhalb des Kielfirstes finden sich an einzelnen Stellen stark corrodirte Reste einer weiteren Schalen- lage, die möglicherweise der sogenannten äusseren Schalenschichte ') 0. S. Vig. p. 84, Taf. X, Fig. 5--7. Wenn Herr Denckmann (pag. 99) die Oppelia subaspidoides mit Amaltheus Friderici Branco und seinem Oxynoticeras Werthi in eine Gruppe zusammenzustellen für gut findet, so scheint er mir diese drei Arten nicht hinreichend sorgfältig geprüft und verglichen zu haben. Ich will mich enthalten, über die letztgenannten zwei Formen, die ich nur aus der Abbildung und Beschreibung kenne, ein sicheres Urtheil abzugeben. Was ab»r Oppelia subaspidoides betrifft, so muss ich diese insolange sicher zu Oppelia stellen, als nicht nachgewiesen ist, dass die ihr überaus nahestehende typische Oppelia aspidoides Opp. ein Oxynoticeras ist, Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Band. 2, Heft. (M. Vacek.) 41 312 M. Vacek. 14] entsprechen (vergl. Fig. 1 bei a). Während auf der Flanke die Schale ganz homogen erscheint, zeigt sie sich an der Stelle, wo sie zwischen dem Steinkerne des Kielraumes und dem Steinkerne der Kammer eine auffallende Verdiekung erfährt, deutlich in einzelne Blätter abgetheilt, welche einen halbmondförmigen Querschnitt zeigen und an den Zipfeln mit der übrigen Schale verschwimmen. Es ist also bei Opp. subaspidordes kein selbstständiges Band da, welches von der übrigen Schale unabhängig wäre, ähnlich wie dies Herr Denekmann (l. ce. Taf. IX, Fig. 16) von Amm. illustris anführt, sondern der scheinbare Pfropf zeigt sich in der Weise gebildet, dass die einzelnen Blätter, aus denen sich, wie bekannt, die Perlmutterschiehte aufbaut, an der Stelle, wo sie unter dem Kiele umbiegen, sämmtlich eine starke Verdiekung zeigen, mit welcher Verdiekung Hand in Hand sich auch eine mehr lockere Structur der Schale einstellt, die man an angewit- terten Stellen gut beobachtet. Bei weitgehender Verwitterung der Schale ist es leicht denkbar, dass die verdickte Partie sich entlang den Linien, in welche beiderseits die scharfe seitliche Umbiegung der verdickten Blätter fällt, von der übrigen Schale leicht loslöst, und so der Schein geweckt wird, als bestünde kein Zusammenhang des Pfropfes mit der übrigen Schale. Der Sipho von Opp. subaspidoides ist an einer Stelle gut kenntlich und zeigt 2 Millimeter Durchmesser, ist sonach auffallend dick. Ganz ausgesprochene Dorsocavaten sind ferner die Formen aus der Insignis-Gruppe. Ein Querschnitt durch ein Exemplar des Hammat. Lorteti Dum. zeigt die in Fig. 2 (3:1 nat. Gr.) dargestellte Anordnung der Schale in der Kielgegend. An den unteren scharfen Winkeln des dreieckigen Feldes, welches der Höhlung des Kieles ent- spricht, spaltet sich die bis dahin homogen erscheinende Schale so, dass die schwächere Hälfte unter, die stärkere über dem Steinkerne des Kielraumes zieht. Der Sipho ist sehr diek, steht also in einem auf- fallenden Missverhältnisse gegenüber der geringen Weite des Kielschlitzes. Ganz ähnliche Verhältnisse wie bei HJammat. Lorteti zeigen sich auch bei Hammat. Sieboldi und Hammat. subinsigne Opp- Um so merk- würdiger erscheint dagegen ein kleines Exemplar der letztgenannten Art, das, scheinbar aller Regel zum Trötz, auf der letzten Windung einen Vollkiel zeigt. Es ist dies das Taf. XIV, Fig. 2, C. S. Vig. ab- gebildete Exemplar. Das vollgekielte Windungsstück besitzt aber, be- zeichnender Weise, keine Lobirung, ist sonach, trotz der Kleinheit des Individuums, ein Wohnkammertheil. Bei Hammat. planinsigne (oben Fig. 3, 2: | nat. Gr.) zeigt sich eine kleine Besonderheit insoferne, als die Scheidewand zwischen dem Kielraume und dem Kammerlumen ziemlich diek ist und sich durch eine deutliche Contour, die man auf längere Strecke verfolgen kann, von der übrigen Schale scheidet, die von der Flanke her continuirlich bis zur Kielschneide zieht. Das Verhältniss erinnert hier an das spirale, selbstständige Band, wie es Herr Denckmann anführt. Doch scheinen auch hier die langen Zipfel der quergeschnittenen Scheide- wand in eine dünne Schalenlage auszulaufen, das scheinbar selbstständige Band also wieder nichts weiter als eine locale Verdiekung des innersten Blattes der Perlmutterschicht zu sein. DerSipho von Hammat. plan- insigne ist im Verhältniss etwas weniger dick, als bei 4. Zorteti, hat 15] Einige Bemerkungen über den hohlen Kiel der Faleiferen. 313 aber immerhin einen grösseren Durchmesser als die Basis des drei- eckigen Kielraumfeldes. 'Hammat. procerinsigne (C. S. Vig. Tat. XIV, Fig. 10—12) ist ein ausgesprochener Hohlkieler so lange, als die Kammerung anhält. Hat man jedoch die Wohnkammer erreicht, die eirca ®/, Umgang lang ist, dann zeigt die Art einen ausgesprochenen Vollkiel. Sucht man durch Einschnitte in den Kiel die Uebergangsstelle zu ermitteln, dann zeigt sich, dass der Uebergang vom Hohlkiel zum Vollkiel ein ziemlich plötzlicher sein muss, da man bei zwei Einschnitten, die nur um 7 Milli- meter von einander entfernt sind, einerseits noch Hohlkiel, andererseits aber schon Vollkiel beobachtet. Die Scheidewand zwischen Kielraum und Kammerlumen ist hier an ihrem Ende äusserst dünn, dem völligen Schwund nahe, der offenbar innerhalb des Raumes von 7 Millimetern, jenseits dessen schon der Vollkiel vorhanden ist, stattfinden muss. Die gleiche Erscheinung, dass der gekammerte Theil des Ammoniten dorso- cavat, der Wohnkammertheil dagegen vollgekielt ist, zeigt auch ein Exemplar von Hammat. tenerum, bei dem die Wohnkammer erhalten ist. Mit dieser kleinen Vorstudie ausgerüstet, können wir leicht daran gehen, die Exemplare von Harp. costula näher zu untersuchen. Diese Art ist wohl ein Dorsocavate (vergl. oben Fig. 4, 3:1 nat. Gr.), zeigt aber, trotz aller Zweifel des Herın Denekmann, bei der verschie- densten Grösse der Exemplare in einzelnen Fällen einen ausgesprochenen Vollkiel. An dieser Beobachtung, die ich seinerzeit mitgetheilt habe, lässt sich also nichts ändern, wohl aber vielleicht Verschiedenes besser begreifen. Es ist schon Quenstedt aufgefallen, dass die Exemplare von Harp. costula Fein. in den verschiedensten Altersstadien einen Theil der Wohnkammer erhalten zeigen, ja selbst die Brut von 12 Millimetern Durchmesser setzt zuweilen schon Wohnkammer an, wie Quenstedt (Sehwäb. Ammon. I, pag. 426) mittheilt. Das reiche Costula-Materiale vom Cap S. Vigilio bestätigt diese Beobachtung Quenstedt's in bester Art. Man kann Stücke von allen Dimensionen und Altersstadien finden, welche einen Theil der Wohnkammer erhalten zeigen. Voll- ständig erhalten ist die Wohnkammer allerdings selten, und ich habe nach längerem Suchen und Präpariren nur zwei Exemplare gefunden, welehe einen Theil des Mundsaumes erhalten zeigen. Doch genügen dieselben, um sowohl die Form der Mündung zu zeigen, welche so ziemlich der punktirten Linie in Fig. 7 oben entspricht, sowie die Länge der Wohnkammer festzustellen, welche etwas mehr denn eine halbe Windung beträgt. An allen Exemplaren, bei denen de Wohnkammererhalten ist, beobachtet man nun den Vollkiel, mögen dieselben gross oder klein sein. Das Auftreten des Vollkieles hängt also auch bei Harp. costula, ähnlich, wie bei den drei oben schon erwähnten Arten, Innig ınit der Erhaltung des Wohnkammertheiles der einzelnen im verschie- densten Alter abgestorbenen Individuen zusammen. Der Sipho zeigt auch bei Harp. costula eine im Verhältniss zur Weite des Kielschlitzes nicht unbedeutende Dicke. Fasst man nun die Situation der Stelle näher in's Auge, an welcher der Vollkiel auftritt, und welche sich bei den hierzu geeigneten, 41* 314 M. Vacek, [6] d. h. mit Wohnkammer versehenen und durchaus nicht seltenen Stein- kernen des Harp. costula vom Cap 8. Vigilio sehr gut studiren lässt, so sieht man Folgendes (vergl. oben Fig. 5 u. 6). In der Gegend der letzten Kammerwand ist die Externseite des Steinkernes noch vollkommen zugerundet. Von da an nach vorne gehend, sieht man aus der Rundung sich allmälig einen niederen, oben abgestutzten Wulst erheben, der an seinem vorderen Ende genau der unteren Hälfte des Vollkieles ent- spricht, und diese im weiteren Verlaufe geradezu bildet. Dagegen stellt sich die obere Hälfte des Vollkieles auf einmal plötzlich stufenartig ein. Die Stelle, an welcher dies erfolgt, liegt constant im hintersten Theile der Wohnkammer, von der letzten Kammerwand 2—3 Luft- kammerlängen entfernt. Untersucht man diese auffallende Stufe (bei «a der Fig. 5 u. 6) näher, in welcher sich der Kiel plötzlich zu seiner vollen Höhe ergänzt, dann sieht man, dass dieselbe immer eine drei- eckige Bruchfläche darstellt. Von dieser Stelle muss also ein Theil des Steinkernes in den Hohlraum des Kieles abgezweigt haben, und ist beim Ablösen des Hohlkieles, welches bekanntlich immer an der Scheidewand zwischen Kielraum und Kammerlumen erfolgt, gerade an der Stelle abgebrochen, an welcher die Scheidewand im hintersten Theile der Wohnkammer ihr Ende erreicht. Wie das allmälige Ansteigen des den Vollkiel einleitenden Wulstes zeigt, erfolgt der Schwund dieser Scheidewand durch eine schräge Zuschärfung, welche von der Unter- fläche derselben ausgeht, so wie dies die schematische Figur 7 oben angibt. Schon die wenigen bisher vorgebrachten Beobachtungen gestatten, wie ich glaube, eine ziemlich einfache und ungezwungene Erklärung der Erscheinung des Hohlkieles. Da die Scheidewand zwischen Kiel- schlitz und Kammerlumen im hintersten Theile der Wohnkammer endigt, muss man annehmen, dass hier der Herd ihrer Bildung liest, und wir. wollen uns. soweit dies bei vollster Unkenntniss der Beschaffenheit des Ammonitenthieres, also nur nach Analogie mit Nautilus, möglich ist, den dabei stattfindenden Vorgang zurechtzulegen versuchen. Es ist zunächst klar, dass die verschiedenen Lagen der Schale, wie sie von aussen nach innen aufeinander folgen, von dem lang- gestreckten Eingeweidemantel des sich ruckweise nach vorne schiebenden Thieres in der Art abgesondert wurden, dass die äusseren Schalenlagen der vorderen, die inneren dagegen der hinteren Partie des Thierleibes ihre Absonderung verdanken. Für die Form und Verzierung des Ge- häuses am wichtigsten muss offenbar die erste Anlage, also die äusserste Schalenschicht sein, welche durch die Gestaltung der vordersten Leibespartie des Thieres bedingt erscheint. Da der Visceralsack ein sehr weiches Organ gewesen sein dürfte, musste er sich ohne besondere Schwierigkeit allen Unebenheiten und nicht übermässigen Ausstülpungen dieser ersten Schalenanlage gefügt und angepasst haben, folglich auch in die ihrer Anlage nach schon in der äusseren Schalenschicht gegebene Kielfurche eingedrungen sein. Am äusseren Hinterende des Ammonitenthieres hatte dagegen ein, wie es scheint, etwas derberes, also weniger fügsames Organ, seinen Ursprung, der Sipho, und zwar gerade an der Stelle, an welche wir den Bildungsherd der Scheidewand zwischen Kielschlitz und 17] Einige Bemerkungen über den hohlen Kiel der Faleciferen, 315 Kammerraum verlegen mussten. Nach seiner Position in der Schale muss der runde, derbe Siphostrang unmittelbar unter der schaleabsondernden Oberfläche des Eingeweidesackes gelegen haben, und es ist erklärlich, dass von der Ursprungsstelle des Sipho an der weiche Körper des Ammonitenthieres durch das Hinderniss dieses festen, unmittelbar unter der Oberfläche des Mantels liegenden Stranges an dem Eindringen in den engen Kielschlitz gehindert war. Als natürliche Folge dieses Ver- hältnisses ergibt sich leicht, dass zwischen der Oberfläche der hintersten Partien des Visceralsackes, welche die innersten Schalenlagen absonderte, und dem durch die vorhergehenden nachgiebigen Partien des Eingeweide- sackes zum Theile schon mit Perlmutterschale ausgekleideten Kiel- schlitz ein hohler Raum entstand. Es ist ferner erklärlich, dass unter Umständen in diesen Hohlraum hinein die innersten Schalen- blätter stärker wuchern konnten, daher denn auch an dieser Stelle häufig eine auffallende Verdickung derselben zu beobachten ist (vergl. Fig. 1), mit welcher Verdickung Hand in Hand gehend sich auch ein etwas mehr lockeres Gefüge der Schale einstellt. Hiernach hätte also die Erscheinung, wie sie uns in dem hohlen Kiele gewisser Ammoniten vorliegt, so gut wie keine tiefere physio- logische Bedeutung und gehört ganz und gar in dieselbe ziemlich belanglose Kategorie von Erscheinungen, wie die hohlen Stacheln gewisser stark verzierter Ammoniten, deren Querschnitt dem des hohlen Kieles vollkommen analog ist. Wenn sonach Herr Denekmann (l.c. pag. 96) den Satz aufstellt: „dass wir es in dem hohlen Kiele einer Reihe von Formen mit einem nicht unwichtigen Organe zu thun haben, dessen Bedeutung wir nicht kennen“, so möchte ich auf Grund der oben mitgetheilten Beobachtungsdaten die Richtigkeit dieses Satzes bezweifeln. Etwas anderes ist die Frage, ob und inwieweit das Dorsocavaten- merkmal für die Zwecke der Systematik heranzuziehen wäre. Dem Systematiker kann unter Umständen ein in seiner physiologischen Be- deutung ziemlich belangloses Merkmal gute Dienste leisten, wenn es sich nur als constant erweist. Es wurde oben mehrfach darauf auf- merksam gemacht, dass bei den untersuchten dorsocavaten Formen der Sipho ziemlich diek erscheint. Diese Erscheinung steht in einem auffälligen Gegensatze zu einer Reihe von nicht dorsocavaten faleiferen Formen, die untersucht wurden, und deren Querschnitte oben in Fig. 8—10 dargestellt sind.!) Man könnte hiernach geneigt sein, ) Alsnichtdorsocavat erscheinen die sämmtlichen Formen aus der Opalinus- Gruppe, welche von Cap 8. Vigilio beschrieben wurden. Unter diesen auch die als Harp. elegans Sow. von mir beschriebene Form. Dagegen beschreibt Herr Denck- mann (l.c. pag. 58) unter der gleichen Benennung eine sehr ähnliche Form, die er ausdrücklich als dorsocavat bezeichnet. Es frägt sich nun, wechselt hier das Dorsocavatenmerkmal bei derselben Art, oder haben wir es mit zwei verschiedenen Species zu thun. Die Geschichte der Species Harp. elegans Sow. ist leider eine sehr verwickelte und wurde erst in neuester Zeit von 8. S. Buckman (On jurassie Ammonites, Geol. Magazine Dec. III., Vol. IV, pag. 398) einigermassen geklärt, soweit dies ohne eine neuerliche, genaue Untersuchung des ursprünglichen Sowerby’schen Originales möglich war. Speciell erklärt es S. S. Buckman als sichergestellt, dass Amm. elegans Sow. etwas anderes sei als Amm. elegans Young & B. Der letzteren Art entspreche die in nenerer Zeit von Wright als Amm, elegans Sow. beschriebene Form, 316 M. Vacek. Einige Bemerkungen über den hohlen Kiel der Falciferen. [8] dieDorsocavaten als Formen mit diekem Sipho, die Vollkieler dagegen als Formen mit dünnem Sipho zu bezeichnen, sonach in dem Hohl-, resp. Vollkiel eine mit der verschiedenen Beschaffenheit eines wichtigen Ammonitenorganes correlative Erscheinung sehen. Trotz der geringen Zahl der bisher genau beobachteten Fälle dürfte jedoch die Thatsache ziemlich feststehen, dass der Hohlraum des Dorsocavatenkieles in seinen Dimensionen die grössten Ver- schiedenheiten zeige. Diese Thatsache legt a priori die Vermuthung nahe, dass die Kleinheit unter Umständen bis zum völligen Schwund des Hohlraumes im Kiele gediehen sein könne, sonach zwischen Dorso- cavaten und Vollkielern eigentlich keine rationelle Grenze be- stehe und noch weniger ein Gesetz, welches das relative Verhältniss zwischen der, je nach der Species variablen Dicke des Sipho und der ebenso variablen Weite des Kielschlitzes regelt. Der Systematiker dürfte also, an der Grenzscheide angelangt, mit dem Dorsocavaten- merkmale ebenso in Verlegenheit gerathen, wie mit so vielen anderen Merkmalen. Als Speciescharakter dürfte sich dagegen die Dorsocavaten- natur sehr der eingehendsten Berücksichtigung empfehlen, und wäre es nur, um zunächst in einer Reihe von Fällen sicher festzustellen, ob dieses Merkmal hei Formen von sonst sehr übereinstimmendem Baue, also bei Formen, die man nach gewöhnlichen Begriffen zur selben Species rechnen müsste, constant ist, oder aber wechselt. Dagegen dürfte es kaum angezeigt erscheinen, gleich ganze grosse Gruppen von Ammoniten, wie dies Herr Denekmann z. B. mit den Faleiferen versucht, nach einem Merkmale einzutheilen, über dessen Natur man noch so wenig Sicheres weiss. Kurz, es dürfte vorläufig angezeigt sein, der einzig richtigen, weil sicher zum Ziele führenden, wenn auch den Ambitionen Einzelner weniger zusagenden, induetiven Methode treu zu bleiben und nicht da schon lesen wollen, wo mau noch nicht buchstabiren gelernt hat. wogegen der echte Am. elegans Sow. von Wright als Amm. bicarinatus be- schrieben worden sei. Nach S. S. Buckman’s Angabe ist der Wright’sche Amm, elegans eine voll- gekielte Form, dagegen der echte Amm. elegans Sow. ein Dorsocavate. Leider ist aber das Dorsocavatenmerkmal von S. S. Buckman nicht an dem Öriginale Sowerby's wirklich beobachtet, sondern nur in der Art erschlossen, das S.S. Buck- man die’ so ziemlich das Gegentheil besagende Bemerkung Sowerby's: „the siphunele slender within the keel“, dahin deutet, Sowerby habe den Hohlraum des Kieles als Siphocanal missdeutet. Wie man sieht, ist also die Charakteristik des Harp. elegans Sow. selbst von englischer Seite noch nicht hinreichend Klargestellt und noch viel weniger auf dem Continente, wo man die von Wright beschriebene Form des H. eleyans als Amm. concavus zu bezeichnen sich gewöhnte. Wenn nun Herr Denckmann (I. c. pag. 58), statt die ihm vorliegende dorso- cavate Form aus dem Posidonienschiefer von Gr. Sisbeck pflichtgemäss genauer zu beschreiben, einfach auf Wright verweist, so verweist er damit auf die Beschrei- bung einer nicht dorsocavaten Form. Ueber die Bohnerze der Villacher Alpe. Ven A. W. Stelzner. Auf einer Studienreise nach Kärnten und Krain, die ieh im August 1887 in Begleitung eines meiner Schüler, des Herın M. Abe ausführte, wurde uns unter Anderem das besondere Vergnügen zu Theil, in Ge- meinschaft mit den Herren Oberbergrati Rücker aus Wien, Werks- direetor E. Makuc und Gewerken Mühlbacher aus Bleiberg die Villacher Alpe, auch Dobratsch genannt, besteigen zu können. Wir folgten von Bleiberg aus dem sogenannten Fahrwege. Da, wo derselbe den geschlossenen Wald bereits unter sich gelassen hat und in die Alpenregion eingetreten ist, wurde ich von meinen Herren Begleitern auf ein kleines, hart am Wege entblösstes Vorkommen von Bohnerzen aufmerksam gemacht. Dasselbe liegt in dem „Zwölfer“ genannten Distriete, und zwar, nach einer rohen Schätzung, etwa 1500 bis 1600 Meter über dem Meere, also etwa 600-700 Meter über dem Bleiberger Thale. Es besteht aus einer rothbraunen,, zahlreiche „Erz- bohnen“ enthaltenden Erde, welche, in der Mächtigkeit von einigen Deecimetern, unmittelbar auf dem Hauptdolomite auflagert und ihrerseits nur noch von einer schwachen Humusschicht bedeckt wird. Als ich nach meiner Heimkehr eine von dieser Erde mitgenom- mene Probe abschlämmte und absiebte, um die in ihr liegenden Erz- bohnen zu isoliren, fielen mir in dem hierbei erhaltenen feinsandigen Rückstande glitzernde Schüppchen und Körnchen auf und die hierdurch veranlasste nähere Untersuchung des Sandes führte zu Resultaten, welche mit denjenigen sehr nahe übereinstimmen, die Herr Baron v. Foullon kürzlich bei dem Studium von bohnerzhaltigen Massen fand, die in 1600—1700 Meter hoehgelegenen Regionen der nördlichen Kalkalpen (bei Lunz) auf Dachsteinkalk und Dolomit auflagern. Herr Baron v. Foullon wies nach, dass hier die Bohnerze von geschiebeartig abgerollten,, bis 1 Centimeter grossen Körnern von Quarz und. zersetztem Feldspath, sowie von kleineren Granat- und Magnetitkörnern, endlich von Zirkon und Rutilmikrolithen, also von Mineralien begleitet werden, die offenbar von der Desaggregation und partiellen Zerseztung krystalliner Gesteine herstammen. !) Da durch unsere, ganz unabhängig von einander angestellten Beobachtungen das Wesen gewisser Bohnerzlagerstätten schärfer als seither charakterisirt wird, so glaube ich auch meine Wahrnehmungen und Schlussfolgerungen zusammenstellen und im Nachfolgenden zur Kenutniss weiterer Kreise bringen zu sollen. ') Verhandl. d. k. k. geol. Reichsanstalt. 1837, Nr. 10, pag. 219. Jahrbuch der k.k. geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Band. 2. Heft. (A. W. Stelzner.) 318 A. W. Stelzner. 2] Die Erzbohnen der Villacher Alpe schwanken in ihren Dimen- sionen, soweit ich es nach dem von mir ausgewaschenen Materiale zu beurtheilen vermag, zwischen kleinsten Körnchen und Stücken von 2 Centimeter längstem Durchmesser und haben dabei ebenfalls dureh- gängig die Form von Geröllen. Die kleineren sind eckig-rundliche Körnchen, Ellipsoide oder Kügelchen; die grösseren haben bald die sestalt eckiger Brocken mit scharf abgerundeten Kanten, bald die- jenige flacher Scheiben. Ihre Oberfläche ist glatt und oft so lebhaft glänzend, dass man die Bohnen geradezu polirt nennen darf. Die Farbe der letzteren ist schwarzbraun, rothbraun oder gelblichbraun. Zerschlägt man sie, so zeigt sich, dass sie aus diehtem Brauneisenerz bestehen, welches zumeist hart und fest, zum Theil aber auch von mehr erdiger, ockeriger Beschaffenheit ist, bier und da von kleinen Hohlräumen durchzogen wird und vereinzelte kleine Quarzkörnchen umschliesst. Löst man derartig beschaffene Bohnen in Salzsäure auf, so bleiben nicht nur die erwähnten Quarzkörnchen als Rückstand, sondern man gewahrt alsdann auch ziemlich reichliche Abscheidungen von Kieselsäureflocken. Hiermit stimmt überein, dass das specifische Gewicht der Bohnen — ich beschränkte mich darauf, dasselbe mit Klein’scher Lösung zu bestimmen — theils grösser als 335 ist, anderntheils mit allmäligen Zwischen- stufen bis zu 2:63 abnimmt. Für reines Brauneisenerz wird das speci- fische Gewicht zu 3°4—3°95 angegeben. Im Anschlusse an das eben Gesagte mag noch ausdrücklich hervor- gehoben werden, dass keine der von mir zerschlagenen Bohnen des Zwölfers Andeutungen einer concentrisch-schaligen oder radialfaserigen Struetur zeigte; alle Gerölle bestanden aus derbem compaeten Erze. Ausser derartigem Bohnerze fand ich in der rothen Erde der Villacher Alpe als gröbere Elemente noch bis 6 Millimeter im Durchmesser haltende, eckig-rundliche Körnchen von Magnetit und zahlreiche zu Brauneisenerz umgewandelte Würfelchen von Eisenkies. Die letzteren sind zum Theil mit dem Oktaäder, zum Theil mit diesem und dem Pentagondodekaöder eombinirt. Die Längen der Würfelkanten schwanken zwischen 0°5 und 3 Millimeter. Neben ringsum ausgebildeten Einzelkryställchen gewahrt man auch kleine Gruppen von Kryställchen der genannten Art. Pseudomorphosen von Brauneisenerz nach Markasit waren dagegen nicht zu beobachten. Ich glaube auch das betonen zu sollen, weil sich dergleichen — und zwar, allem Anscheine nach, ohne Begleitung von Pseudomorphosen nach Eisenkies — sehr häufig in den Bohn- erzlagerstätten am Triglav finden, deren sonstige Erze bald Gerölle von dichtem Brauneisenerz, bald Bruchstücke von radialfaserig struirten Nieren, Trauben und Krusten desselben Erzes sind.) Es scheint sonach eine beachtenswerthe Differenz zwischen den Bohnerzlagerstätten des Dobratsch und denen der julischen Alpen vor- handen zu sein. !) A. v. Morlot, Ueber die geologischen Verhältnisse von Oberkrain. Jahrb, d. k. k. geol. Reichsanstalt. 1850, I, pag. 407. Eigene Beobachtungen an Erzen von Rudnopolje, die auf der Hütte von Feistritz in der Wochein verschmolzen werden und an ausgezeichneten Belegstücken derartiger Pseudomorphosen, die im Werner’schen Museum zu Freiberg liegen. [3] Ueber die Bohnerze der Villacher Alpe. 319 Alsfeinere, selten über 0'2—0'3 Millimeter messende und daher erst unter dem Mikroskope bestimmbare Beimengungen der Bohn- erzerde vom Zwölfer, deren Beobachtung wesentlich erleichtert wird, wenn man den sandigen Schlämmrückstand zunächst mit Hilfe vou borwolframsaurer Cadmiumlösung in seine verschieden schweren Rle- mente zergliedert, sind die folgenden zu erwähnen: Nieht magnetische, opake Körncehen, über 3:35 schwer, die bei auffallendem Lichte schwarze Farbe und zum Theil: wenigstens metallischen Glanz zeigen (Nigrin ? Titaneisenerz?). Rutil, ziemlich häufig, in gelbrothen bis rothbraunen Säulchen und Nädelchen. Jene zeigen auf den Prismenfläehen zuweilen eine schiefwinklig zur Hauptaxe gerichtete Zwillingsstreifung; anderseits erblickt man hier und da knie-, seltener herzförmige Zwillinge, Zirkon, tritt nur spärlich auf, in kleinen Kryställchen , die säulenförmigen Habitus zeigen und zuweilen zahlreiche Einschlüsse von nadelförmigen und anderen Gebilden beherbergen. Granat, findet sich in meinen Präparaten fast nur in Form kleiner, blassroth durchscheinender, scharfeckiger Splitterehen ; als Seltenheit kommen auch kleine Kryställchen von der Form des rhom- bischen Dodekaäders vor. Hierzu ist jedoch noch zu bemerken, dass, wie mir Herr Makue freundlichst mittheilt, auch lose Granaten von Haselnussgrösse in einem Letten gefunden worden sind, der in eben jener Höhe auftritt, aus welcher das von mir untersuchte Bohnerz stammt. Epidot, betheiligt sich an der Zusammensetzung des Rückstandes mit sehr zahlreichen, scharfeckigen Splitterchen von lichter, gelbgrüner oder gelber Farbe; ebenso reichlich ist Hornblende vorhanden, wiederum in scharfeckigen Splitterchen, die je nach ihrer Lage zum polarisirenden Nicol blau- oder gelbgrün erscheinen. Apatit ist wahrscheinlich ebenfalls zugegen. Turmalin ist eine untergeordnete, aber doch nicht gerade seltene Beimengung. Er tritt in durchsichtigen, an einem Ende oft rhomboädrisch entwickelten Säulchen auf, die theils klar durchsichtig, theils reich an staubfeinen, dunklen Körnchen sind. Die letzteren schaaren sich gern zu centralen Zonen zusammen. Ueber dem analysirenden Nicol zeigt der ordentliche Strahl, wenn er nicht ganz absorbirt wird, dunkle, braune oder grüne, der extraordinäre Strahl dagegen blassbraune, blassröthliche, blassgrüne oder blaugrüne Farben. Chlorit in schuppigen Blättchen ist reichlich vorhanden. Quarz überwiegt alle anderen Gemengtheile. Er hat durehgängig die Form von eckigen Splitterehen ; Kryställchen, die, wie Fritzsche!') zum erstenmale nachgewiesen hat, ungemein häufig in dem Kalksteine des Bleiberger Erzberges vorkommen, und zwar in ringsum ausgebildeten, bis 0:6 Millimeter langen Individuen, sind in dem mir vorliegenden Schlämmrückstande nicht zu beobachten. Andere unter dem Mikroskope wahrnehmbare liehtfarbene Splitter- chen von grösserem oder kleinerem Eigengewichte entziehen sieh der Bestimmung, so dass als letzte, sehr vereinzelt in der Bohnerzerde ge- ') Berg- und hüttenmännische Zeitung. 1865, XXII, pag. sb. Jahrbuch der k.k. geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Band. 2. Heft. (A. W. Stelzuer.) 42 320 A. W. Stelzner. [4] fundene Gebilde nur noch kleine, pisolithisch struirte Kügelchen von kohlensaurem Kalke zu erwähnen sind. Um nun die Frage nach der Herkunft der Bohnerze und ihrer Begleiter beantworten zu können, müssen zunächst noch zwei Punkte hervorgehoben werden. Einmal der, dass die bis zu einer Meereshöhe von 2167 Meter emporsteigende Villacher Alpe auf allen Seiten durch tief eingeschnittene Thäler von den benachbarten Gebirgen abgegliedert ist: im NO. durch das Weissenbachthal und den Bleiberggraben (Thal- sohle bei Bleiberg etwa 880 Meter), im NW. und W. durch das bis zu ähnlicher Tiefe eingearbeitete Kreuther Thal, endlich im S. und O. durch das breite Gailthal (Feistritz 550 Meter, Villach 508 Meter). Der Dobratsch ist also heute ein vollständig isolirter Gebirgsstock, der sich 1200 bis nahezu 1700 Meter über die ihn umfliessenden Ge- wässer erhebt. Der zweite Punkt, der für die Folge im Auge zu behalten ist, ist der, dass der Dobratsch nur von triasischen Sedimenten aufgebaut wird und dass insonderheit in seiner oberen Hälfte, also da, wo die Bohnerze vorkommen, lediglich Hauptdolomit als anstehendes Gestein bekannt ist. Wenn sich unsere Kenntnisse nur auf die bis jetzt besprochene Zusammensetzung und Vorkommensweise der Villacher Bohnerzlager- stätten beschränkten, so würde man vielleicht geneigt sein, in diesen letzteren die Producte eluvialer Vorgänge zu erblicken und allenfalls noch annehmen, dass sich mit den erdigen Rückständen, die sich im Laufe der Zeiten bei der Verwitterung und Zersetzung des dolomitischen Gipfelgesteines bildeten, auch noch Gerölle vereinigten, welche durch die auf der Höhe des Berges fallenden Niederschläge erzeugt und zu- geschwemmt wurden. Die Bohnerze selbst würden in diesem Falle für die aufbereiteten Zerstörungsproducte von Brauneisenerzgängen zu halten sein, welche in dem Hauptdolomite des Berges aufsetzten und jenen ähnlich waren, welche heute in dem Kalksteine und Dolomite des benachbarten Erzberges mehrfach bekannt sind. Die Quarzkörnchen, sowie die mikrolithischen Zirkone, Rutile, Granaten und Turmaline würden auf ursprüngliche Einmengungen im Dolomit zurückzuführen sein. Da man dergleichen fremde Elemente bereits in den verschiedenartigsten Kalksteinen und Dolomiten beobachtet hat), so würden sich gegen eine derartige Erklärung — bis hierher — kaum ernstliche Einwendungen machen lassen. Bedenken stellen sich erst im Anblicke der in der Bohnerzerde ganz besonders häufigen Epidot- und Hornblendesplitterchen ein, da diese Mineralien bis jetzt nur sehr selten in Sedimentär- gesteinen beobachtet wurden (Thürach, pag. 42), und sie steigern sich in der hochgradigsten Weise durch das Vorkommen der bis 6 Millimeter grossen Magnetitkörner und der bis haselnussgrossen losen Granaten. Da derartige Dinge weder im Dolomite noch auf Gängen, welche in ihm aufsetzten, vorhanden gewesen sein können, so kommt die ganze. Hypothese von der eluvialen Bildung der Bohnerzlagerstätten des Dobratsch in’s Schwanken. ‘) Thürach, Ueber das Vorkommen mikroskop. Zirkon- und Titanmineralien in den Gesteinen, 1884. — Carthaus, Mittheilungen über die Triasformation im nordöstl. Westphalen. 1886 etc. [5] Ueber die Bohnerze der Villacher Alpe. 39] Die Sachlage gewinnt indessen ein wesentlich verändertes An- sehen, wenn man auch auf eine letzte, bis jetzt noch nicht erwähnte Thatsache Rücksicht nimmt, darauf nämlich, dass sich am Dobratsch als fleekweise Auflagerungen auf dem Hauptdolomit, auch „einzelne oder in kleine Partien gehäufte Geschiebe und Gesteinsblöcke“ finden und dass diese Geschiebe und abgerollten Blöcke, welche eine Grösse bis zu 2 und 3 Cubikfuss haben, aus Dioriten des Kreuther Revieres, aus Glimmerschiefer, Kohlensandstein und rothen Sandsteinen der Wer- fener Schiefer bestehen.) Der höchste Punkt, an welchen Peters derartige Auflagerungen antraf, ist der WSW. vom Dobratschgipfel gelegene Thorer-Sattel, der eine Meereshöhe von 4928 Fuss oder 1557 Meter hat (pag. 86 u. 90). In ungefähr demselben Niveau liegt aber auch die von mir unter- suchte Bohnerz-haltige Erde. Während nun Peters zur Erklärung dieser Geröll- und Block- anhäufungen, welchen andere, ähnliche auf den dem Dobratsch nördlich vorliegenden Bleiberger Erzberge correspondiren, eine von W. nach O. gerichtete „Strömung“ zu Hilfe nahm, erblickt man gegenwärtig in ihnen Moränenschutt des alten Gailthalgletschers, der, wie mich Herr Professor Höfer freundlichst belehrt, mit seiner Hauptmasse im Gail- thale, mit einem Nebenarme dagegen längs der Bleiberger Einsenkung (d. i. zwischen dem Dobratsch und dem Erzberge) herabkam und dem Draügletscher zufloss. Der Gipfel des Dobratsch kann, wenn man den Hochschotter am Thorer-Sattel als Rest der höchsten Moräne ansieht, aus dem mächtigen Eisstrome nur gegen 600 Meter inselartig hervor- geragt haben. ?) Unter derartigen Verhältnissen liegt es jetzt wohl am nächsten, auch die Bohnerzlagerstätten mit dem alten Gailthalgletscher in Zusammenhang zu bringen und anzunehmen, dass ihr Material weder aus der Verwitterung des Dolomites, noch aus der Zerstörung von im Dolomite aufsetzenden Gängen hervorgegangen, sondern, zum wenigsten der Hauptsache nach ebenfalls durch jenen Gletscher aus der Fremde herzugeführt worden sei. Dann erklärt sich Alles in der ungezwungensten Weise: das locale Auf- treten von Bohnerz in Gestalt oberflächlicher Auflagerungen auf einem ganz isolirt dastehenden Dolomitberge, die Nachbarschaft desselben mit gleich hoch gelegenem, z. Th. aus krystallinen Schiefer- und Massengesteinen be- stehenden Moränenschutt, die abgerundete Form und die stark geglättete Oberfläche der Erzbohnen, der für dieselben charakteristische Mangel an oolithischer Struetur, die Vergesellschaftung derselben mit bis 6 Millimeter grossen Körnern von Magnetit und mit haselnussgrossen Granaten, sowie die Association der Bohnerze mit zahlreichen scharfeckigen Splitterchen und mikrolithischen Kryställchen von Quarz, Hornblende und Epidot, mit Chloritschuppen und mit vereinzelten Magnetiten, Rutilen, Zir- konen und Turmalinen, die in ihrer Gesammtheit wohl an die Bestand- theile von Amphiboliten u. a. krystallinen Schiefern, aber durchaus nicht an die aus Kalksteinen und Dolomiten bekannten Einsprenglinge erinnern. 1) K. Peters, Jahrb. d. k. k. geol. Reichsanstalt. 1856, VII. ?) Man vergl. auch Taramelli, Sugli antichi ghiaceiai della Drava, della Sava e dell’ Isonzo. 1870 und Höfer, Die Eiszeit in Mittel-Kärnten, 1873. 4R* 399) A. W. Stelzner. Ueber die Bohnerze der Villacher Alpe. [6] Die Heimat der meisten Elemente der Villacher Bohnerzlager- stätte würde alsdann wahrscheinlich das Gailthal aufwärts vor- handene Gebiete krystalliner Schiefer sein; es gelingt vielleicht noch, dieselbe schärfer zu bestimmen, wenn man dort z. B. nach solchen Gesteinen forscht, in welehen die oben geschilderten staubreichen Tur- maline, sowie kleine Eisenkieskrystalle als Einsprenglinge auftreten. Das wahrscheimlichste Ergebniss, zu welchem die Untersuchung der im Vorstehenden besprochenen Verhältnisse führt, lässt sich daher, meiner Meinung nach, in dem Satze zusammenfassen: dass die Bohnerzlagerstätten der Villacher Alpe als eigenthüm- liche, unterMitwirkung glacialer Processe entstandene Seifenablagerungen aufzufassen sind. Dadurch wird nicht ausgeschlossen, dass die ursprünglichen Lager- stätten durch die Schmelzwässer des sich zurückziehenden Gletschers und durch atmosphärische Niederschläge der neueren Zeit noch mancherlei Umlagerungen und Zusammenschwemmungen erlitten haben und dass hierbei ihren allothigenen Elementen auch noch solche beigemengt worden sind, welche ihre Heimat in dem Dolomite des Dobratsch selbst hatten. Da es den hier entwickelten Ansichten zur wesentlichen Stütze gereichen müsste, wenn sich auch für die Bildung der Lunzer Lager- stätten, die nach Vorkommensweise und mineralogischer Zusammen- setzung mit jenen des Dobratsch unverkennbare Aehnlichkeiten besitzen, eine Mitwirkung von Gietschern als wahrscheinlich herausstellen sollte, so würde man denjenigen Fachgenossen, welche mit den Lagerstätten der Lunzer Gegend und mit der ehemaligen Verbreitung der Gletscher in den nördlichen Kalkalpen vertraut sind, für eine bezügliche Belehrung im Interesse der Sache nur dankbar verbunden sein können. Zum Schlusse möge nur noch ausgesprochen sein, dass es mir zur grossen Befriedigung gereichen würde, wenn in den vorstehend geschilderten Thatsachen ein neuer Beweis dafür erblickt werden sollte, dass man seither unter dem Namen „Bohnerz* ganz ausser- ordentlich heterogene Dinge zusammengefasst hat. Diejenigen „Bohnerze“, welche ich kennen gelernt habe, unmittel- bar an ihrer Fundstätte selbst, oder mittelbar, aus Sammlungen und zu- verlässigen Beschreibungen, waren theils an Ort und Stelle — durch Quellwässer, auf den Boden von Binnenseen oder an der Kiste von Meeren — entstandene Bildungen, theils Producte eluvialer Processe, bei denen sich zunächst an der Oberfläche von Kalkgebirgen ein der Terra rossa ähnlicher Verwitterungsrückstand angesammelt hatte. in welchem sich dann weiterhin das abgeschiedene Eisenoxyd nach Art der Lösskindel eoncentrirte, theils auf seceundärer Stätte liegende Gerölle (Seifen). Wer mit „Bohnerzen“ ähnliche Erfahrungen gemacht hat, der wird mir sicherlich darin beistimmen, dass das zuweilen beliebte Generalisiren der an einer Fundstelle gewonnenen Anschauungen nur Verwirrungen zur Folge haben konnte und dass ein Fortschritt. unserer vielfach noch sehr wenig befriedigenden Kenntnisse lediglich durch eine mehr individuelle Behandlung der ebenso zahlreichen als ver- schiedenartigen Lagerstätten von „Bohnerzen“ zu erhoffen ist. Beiträge zur Kenntniss des schlesisch- galizischen Karpathenrandes. Von €. M. Paul. Eine wesentlich andere Aufgabe als diejenige, die uns im Laufe des letzten Decenniums im Bereiche der Karpathen Galiziens zugefallen war, trat bei meiner Aufnahmsthätigkeit im Sommer 1886 an mich heran. Dort hatte es sich vorwiegend darum gehandelt, sehr ausgedehnte, geologisch nahezu unbekannte Gebiete zu deuten und zu gliedern, und die Rechtfertigung der angenommenen, bei der bekannten Petrefacten- armuth der Karpathensandsteingebilde vielfach nur auf complieirter Combination mannigfacher Argumente beruhenden Deutungen musste stets einen Hauptbestandtheil der bezüglichen Arbeiten und Publi- eationen bilden. ?) Dergleichen Fragen sind bei Behandlung meines vorjährigen Auf- nahmsgebietes aus mehrfachen Gründen ausgeschlossen. Dasselbe ist ziemlich eng und künstlich begrenzt, hängt mit von mir in früheren Jahren untersuchten Gegenden räumlich nicht zusammen und gestattet daher auch keine zusammenfassende Behandlung mit diesen. Ausserdem sind hier die allgemeineren Grundzüge der stratigraphischen Auffassung, die in den früheren galizischen Beobachtungsgebieten erst geschaffen werden mussten, durch vortreffliche Vorarbeiten, die allbekannten Werke von Hohenegger?) und Römer?) bereits gegeben, und, mindestens der Hauptsache nach, so gut begründet, dass diesbezügliche Erörte- rungen dermalen wenig Nutzen schaffen würden. ') Ich kann hier auf meine letzte diesbezügliche Mittheilung („Zur Geologie der westgalizischen Karpathen.“ Verhandl. d. g. R.-A. 1886, Nr. 6) verweisen, in welcher ich, gewissermassen als Schlusswort zu einer Reihe von Arbeiten, die ich theils allein, theils gemeinschaftlich mit meinem Collegen Dr. Tietze über die galizische Sandstein- zone veröffentlicht hatte, in gedrängtester Kürze eine Uebersicht über den dermaligen Stand einiger allgemeiner, die Stratigraphie der Karpathensandsteine betreffender Fragen zu geben versuchte. \ 2)‘ „Die geogn. Verhältn. der Nordkarpathen in Schlesien und den angrenz. Theilen von Mähren und Galizien, als Erläuterung zur geogn. Karte der Nordkarpathen von L. Hohenegger.“ Gotha 1861. 3) Geologie von Oberschlesien. Eine Erläuterung zu der von dem Verf bearb. geol. Karte von Oberschlesien in 12 Sectionen von Dr. F. Römer. Breslau 1870. Jahrbuch der k.k. geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Band. 2. Heft. (C. M. Paul.) 394 ©. M. Paul. [2] Was ich demnach heuer geben kann, muss sich auf einige bescheidene Beiträge zur Detailkenntniss des bereisten Gebietes be- schränken, die ich aber doch mittheilen zu sollen glaube, um durch dieselben das mehr allgemein gehaltene Werk Hohenegger's, in welchem localisirte Beobachtungen und Detailnachweise bekanntlich nahezu vollständig fehlen, in dieser Richtung zu ergänzen, und meine Karte, die von der Hohenegger’s in mancher Beziehung abweicht, zu erläutern. ') Ausserdem glaube ich, dass der nüchternen anspruchslosen Natur- beschreibung, auch wenn aus den gegebenen Daten nicht sofort weiter- gehende Conclusionen abgeleitet werden können, doch neben den jetzt so beliebten geotektonischen Speculationen und sonstigen Zweigen der modernen „höheren“ Geologie noch ein kleines Plätzchen in unserer Fachliteratur gewahrt werden soll; was heute belanglos erscheint, kann ja vielleicht später noch einmal zu irgend einer Bedeutung gelangen. Die folgenden Zeilen werden also nur eine trockene Beschreibung desjenigen, was ich in meinem Aufnahmsgebiete gesehen habe, ent- halten; Freunde kühner Verallgemeinerungen und geistvoller Hypo- thesen” werden nichts für ihren Geschmack darin finden. Das Gebiet, von welchem hier die Rede sein soll, ist die Gegend zwischen Roczyny bei Andrychau (in Galizien) und Teschen (in Schlesien), also die Umgebungen der Städte Bielitz-Biala und Skotschau und die nördliche und nordöstliche Umgebung von Teschen. Es ist dies der Hauptsache nach ein Theil des dem höher an- steigenden Karpathengebirge nördlich vorliegenden Hügellandes, der nordwärts seine natürliche Begrenzung durch die sich anschliessende schlesisch-galizische Diluvialebene findet. Südwärts konnte ich meine Begehungen bis an die Linie Teschen-Kosakowitz-Lipowetz- Bystra-Wilkowice-Miedzybrodzie ausdehnen, so dass auch noch ein Stück des höheren Berglandes der Gegend mit in Unter- suchung gezogen wurde. Der Unterschied zwischen Hügel- und Bergland ist hier orographisch ziemlich scharf markirt, indem die meist flacheren, langgestreckten Höhenzüge des ersteren nur selten 450 Meter erreichen, während schon die erste (nördlichste) Bergkette des letzteren rasch um einige hundert Meter höher ansteigt, und zahlreiche Gipfelpunkte von über 300 Meter aufweist. Die bedeutendsten Höhenpunkte des Gebietes sind die Magorka (westlich von Miedzybrodzie) mit 933 Meter und die Kamitzer Platte (westlich von Bystra) mit 1031 Meter Seehöhe. Landschaftlich stellt sich das Hügelland vorwiegend als ein wohl- eultivirtes, mit Städten, Dörfern und industriellen Anlagen reich aus- gestattetes Ackerland, mit nur untergeordneten Waldbeständen, das Bergland dagegen als ein einförmiges, relativ schwach bevölkertes Waldgebiet dar. ‘) Meine Karte, die ich leider der vorliegenden Mittheilung nicht beigeben konnte, ist, wie alle unsere Aufnahmsblätter, bei der k, k. geol. Reichsanstalt in Handcopie erhältlich, [3] Beiträge zur Kenntniss des schlesisch-galizischen Karpathenrandes. 395 Diese Unterschiede der äusseren eulturellen Entwieklung hängen, wie in dieser Gegend in recht markanter Weise ersichtlich wird, mit denen des geologischen Baues innig zusammen. Im Hügellande wech- seln Sandsteine, Kalke, Schieferthone und Mergel verschiedener Bildungs- perioden in rascher Aufeinanderfolge miteinander ab. Der hierdurch - bedingte Quellenreichthum, die für die verschiedensten Culturarten und landwirthschaftlichen Nebenbeschäftigungen raumgebende Mannigfaltig- keit der Bodenbeschaffenheit; die leichte Verwitterbarkeit der meisten der hier entwickelten Gesteinsbildungen, durch welche eben der flach- hügelige Charakter, die weiten Thäler ete. bedingt, und dadurch das Entstehen grösserer Culturcomplexe, zahlreicher Communicationsmittel etc. erleichtert wurde — alle diese Umstände bereiteten für den hier in Rede stehenden Theil des vorkarpathischen Hügellandes die gegen- wärtige eulturelle Entwicklung vor, während die das Bergland zusammen- setzenden homogenen Sandsteinmassen mit ihren steileren Bergformen, schmalen und schluchtartigen Querthbälern, ihrer wasserundurehlässigen Verwitterungskruste ete. immer nur für ein Waldgebiet die Bedingungen boten und bieten werden. Jeder Versuch, die von der geologischen Beschaffenheit scharf vorgezeichnete Art der Bodennutzung zu ändern, würde hier bald ebenso schädliche Wirkungen äussern, wie in manchen Theilen Galiziens, im nördlichen Arvaer und Trencsiner Comitate ete., wo durch Entwaldung homogener Karpathensandsteingebirge bekanntlich so vielfach sterile Gebiete geschaffen wurden, abgesehen davon, dass die Nähe des schlesischen Waldgebirges auch auf die klimatischen und Niederschlags- verhältnisse des angrenzenden Hügellandes günstig einwirkt. Mehrere bedeutende Querthäler durchschneiden in süd-nördlicher Richtung das in Rede stehende Gebiet; so (von O. gegen W.) das Thal des Solaflusses zwischen Miedzybrodzie und Kenty; weiter westlich das Thal des Bialkaflusses bei Bielitz-Biala; ferner das Weichselthal bei Skotschau und endlich das Thal der Olsa bei Teschen, welches den westlichen Abschluss des hier in Betracht ge- zogenen Gebietes bildet. Ausser den Thälern der genannten Flüsse sind auch noch die des Lobnitz- und des Heinzendorferbaches (zwischen dem Bialka- und Weichselthal) als ziemlich bedeutend zu erwähnen. Alle diese Querthäler sind, soweit sie dem höheren Berglande angehören, schmal, und erweitern sich beim Austritte in das Hügelland in auffallender Weise, hier mächtigen und ausgedehnten diluvialen Sehotter- und Lössablagerungen Raum gebend. Sie theilen das Terrain in eine Reihe natürlicher Abschnitte, deren geologische Zusammen- setzung wir nun (von ©. gegen W. vorschreitend) kurz betrachten wollen. I. Das Landstück zwischen dem Solathale und Roczyny. Roczyny ist, wie bereits oben erwähnt, der östlichste Punkt des uns hier beschäftigenden Gebietes. Es ragt hier, wie schon durch Hoheneggers und Römer’s obeneitirte Werke bekannt ist, an der Grenze des Hügel- und Berglandes, der äusserste südwestliche Ausläufer 396 C. M. Paul. [4] der ausgedehnteren Jurakalkpartien von Innwald in das Terrain. Ich konnte hier die folgenden Verhältnisse beobachten: Beim nördlichen Ende der langgestreckten Ortschaft Roczyny befindet man sich noch im Lössgebiete, am Südrande der grossen salizischen Diluvialebene. Unter dem Löss sieht man hier und da etwas Diluvialschotter, am Ufer des Roezynkabaches auch stellenweise Spuren eines mürben Sandsteines, der wohl, nach Analogie anderer besser aufgeschlossener Punkte, dem Alttertiär angehören dürfte. Beim süd- lichen Theile von Roezyny verschwindet der Löss, und man sieht an dem von (Czaniec herführenden Wege zahlreiche Trümmer des alt- tertiären Sandsteins.. Geht man von hier noch weiter gegen Süden, so sieht man bald Stücke eines ganz anderen Sandsteines herumliegen. Derselbe ist meist weisslich-grau, in sehr auffallender Weise gestreift, hat ein kieseliges Bindemittel und geht zuweilen in Hornstein — oder Quarzit — ähnliche Gebilde über, wo dann die Färbung bis dunkel- srau wird. Ich sah hier zwar nur Bruchstücke dieses Sandsteines, da wir uns jedoch hier im Streichen einer weiterverbreiteten Zone dieses charakteristischen Gebildes befinden, so muss es hier wohl anstehend angenommen werden. Es sind dies Szaynocha’s „Mikuszovicer Sehichten“!), von denen später noch mehrfach die Rede sein wird. Bei den oberen Häusern gelangt man an weissen hydraulischen Kalk mit vielen Hornsteinknoilen. Derselbe steht stellenweise am Wege an und scheint ost-westlich zu streichen, eine Fallrichtung ist nicht zu entnehmen. Die petrographische Beschaffenheit dieses Hornsteinkalkes entspricht sowohl der der: bekannten karpathischen Neocom-Aptychen- kalke, als auch der tithoner oder jurassischer Aptychenkalke, welche ja bekanntlich durchgehends sehr ähnlich und ohne Fossilreste nieht unterscheidbar sind. Näheres kann ich über das muthmassliche Alter dieses Hornsteinkalkes nicht angeben. Derselbe hebt sich vom Sand- steingebiete orographisch noch nicht merklich ab; die ersten etwas vortretenden Erhöhungen bestehen aus lichtem Kalk mit splitterig-musche- ligem Bruche vom gewöhnlichen Typus des tithonen Stramberger- kalkes, mit dem er auch von allen Autoren identifieirt wird. Obwohl dieser Kalk in einigen kleinen Steinbrüchen, sowie am Wege gut aufgeschlossen ist, so bleibt das Streichen und Verflächen desselben doch ziemlich undeutlich. Wo man Spuren einer Fallrichtung sieht, scheint dieselbe sehr steil südlich zu sein. Südlich an den letzterwähnten Kalk lehnen sich mit deutlichem südlichen und südöstlichen Einfallen schwarze Schiefer; dieselben wech- seln mit einzelnen Bänken eines in eckige Stückchen zerbröckelnden Sandsteins, die gegen oben an Mächtigkeit zunehmen. Der Sandstein, vorwiegend der der höheren Lage, glitzert durch Ueberzüge winzig kleiner Quarzkryställchen sehr auffallend, eine Erscheinung, die sich übrigens bei Karpathensandsteinen sehr verschiedener Niveaus wiederholt. Dieser Wechsel von Schiefer und Sandstein bildet hier den Rand des Berglandes und dessen erste, niedrigere Kette. Am höheren Zuge der Bukowska gora folgt darüber. gröberer Sandstein, das eigentlich herrschende Gestein im ganzen hiesigen höheren ') Verh. d g. R.-A. 1884, Nr. 4. [5] Beiträge zur Kenntniss des schlesisch-galizischen Karpathenrandes, 3927 Berglande. Es ist dies Hoheneggers „Godula-Sandstein“, und ich will, da ich hier das erstemal Gelegenheit habe, dieser Bildung zu erwähnen, über die geologische Deutung derselben hier gleich einige Worte einschalten. Hi: Hohenegger führt!) aus den von ihm hierhergezählten Sand- steinen die folgenden Fossilien an: Belemn. minimus Leym. und Ammon. majorianus d’Orb. von Chlebowitz; Ammon. Dupinianus d’Orb. von Brenna; Dentalium decussatum Sew, Ammon. mammillatus Schloth. und Bellerophina cf. Vitrayi d’Orb. vom Ostriberge bei Niedeek. Ausser- dem einen Hamiten von der Lissa Hora. 2) Auf Grund dieser Fossilfunde bezeichnet Hohenegger den Godulasandstein als Albien (Gault). Fr. Römer) bezweifelt nach Ansicht der Hohenegger’schen Originalexemplare die Genauigkeit der obigen Bestimmungen, und damit natürlich auch die der daraus gefolgerten schärferen Horizontirung der Ablagerung; soviel steht aber doch wohl ausser allem Zweifel , dass die vorliegenden Cephalopoden, wenn sie auch nicht gerade als sichere Gaultformen bezeichnet werden können, doch unvermeidlich auf Kreide- forınation hinweisen, und mindestens eine Zusammenwerfung der Godula- sandsteine mit den in den Karpathen so verbreiteten, petrographisch oft sehr ähnlichen alttertiären Flyschsandsteinen nicht zulassen. Da nun andererseits als reguläre Unterlage der Godulasandsteine allerorts in Schlesien die durch ihre reiche und sorgfältig studirte Fauna als Neocom sichergestellten Wernsdorfer Schichten angetroffen werden, so wird die Altersbestimmung Hohenegger's doch wohl als ziemlich richtig festgehalten werden müssen. Vollkommen feststehend erscheint es mir aber auch nach persön- licher Bereisung der bezüglichen Gebiete, dass die von Hohenegger als Godulasandstein eingezeichneten Höhenzüge vom Berge Radhost bei Frankstadt in Mähren bis Roezyny in Galizien aus einer und der- selben Bildung bestehen. Mag der Godulasandstein auch nicht gerade genau und ausschliess- lich dem Gault entsprechen, sondern vielleicht einen etwas grösseren Complex mittel- und obereretaeischer Etagen repräsentiren, jedenfalls stellt er eine sehr natürliche Gruppe dar, die in ihrer geologischen wie orographischen Bedeutung demjenigen, was wir in östlicheren Theilen Galiziens als „mittlere Gruppe der Karpathensandsteine“ zu bezeichnen pflegten, sehr nahe steht. Die Frage nach der Forterstreekung dieses Kreidesandsteinzuges aus der Gegend von Roczyny ostwärts wird wegen der weiterhin sich mächtiger entwickelnden, zuweilen ziemlich ähnlichen alttertiären Sand- steinmassen stets eine der schwierigsten Aufgaben der Karpathensand- steingeologie bleiben ; dieselbe ruht dermalen in den bewährten Händen meines geehrten Collegen Herrn Dr. Tietze, und werden die von dem Genannten zu erwartenden eingehenderen Mittheilungen über diese Theile Galiziens jedenfalls wichtige diesbezügliche Daten liefern. Price pas. SL. ?) Jahrb. d. g. R.-A. 1852. 3%) 1. e. pag. 284. Jahrbuch der k.k. geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Band. 2. Heft. (C. M. Paul.) 43 398 C. M. Paul. 16] Die Schiefer mit Sandsteinlagen, die wir bei Roezyny zwischen dem typischen Godulasandsteine und dem Strambergerkalk gelagert fanden, stimmen petrographisch weder mit unteren noch mit oberen Teschener Schiefern, und ebensowenig mit Wernsdorfer Sehiefern überein und sind wohl jenen schieferigen Gebilden gleichzustellen, die häufig in den tieferen Niveaus der Godulasandsteine und mit diesen engstens verbunden, auftreten, und die wir seinerzeit mit dem Namen „Ell- gother Schichten“ bezeichneten. Vollkommen identisch sind sie allerdings auch mit diesen letzteren nicht; es scheinen namentlich die in Schlesien in diesem Complexe überall auftretenden bräunlichen und gelblichen Hieroglyphen-Sandsteine zu fehlen, oder doch sehr zurück- zutreten; nichtsdestoweniger steht der Gesammthabitus der Bildung dem der Ellgother Schichten doch weit näher, als dem der anderen obenerwähnten Schieferniveaus. Da ich die Bezeichnung „Ellgother Schiehten“ hier in Anwendung bringe, glaube ich einige Worte über die Bedeutung, die wir diesem Localnamen nach dem dermaligen Stande unserer Erfahrungen beilegen können, hier einschalten zu sollen. Als wir diesen Namen aufstellten '), gaben wir für die unter dem- selben zu subsumirenden Bildungen die folgende kurze Beschreibung : „Die tieferen Lagen (des Godulasandsteines) bestehen aus ziemlich kieseligen, in kleine Stückchen zerfallenden Schiefern mit dünnen, festeren, kieseligen, zuweilen in wirklichen Hornstein übergehenden Lagen, die den Gehängen ein gebändertes Aussehen verleihen, und aus Sandsteinplatten von bräunlicher, auf den Schichtflächen häufig röth- licbgelber Farbe, die sehr glimmerreich sind und zahlreiche Hiero- glyphen enthalten, wodurch sie der Sträolka der oberen Teschener Schiefer einigermassen ähneln ete.“ Wie sich nun seither durch die fortschreitenden Untersuchungen (die im Contexte vorliegender Mittheilung noch weiter zur Sprache kommen sollen) herausgestellt hat, haben wir mit dieser Beschreibung Dinge, die thatsächlich niekt zusammengehören, zusammengefasst. Die kieseligen in Hornstein übergehenden Lagen gehören nämlich nicht zum Godulacomplexe, sondern in ein tieferes Niveau, während die bräun- lichen und röthlichen hieroglyphenführenden Sandsteinplatten und die mit diesen zusammenhängenden Schiefer wirklich mit dem Godulasand- steine engstens verbunden sind. Auf diese letzteren und ihre Aequi- valente müsste also heute die Anwendung des Namens „Ellgother Schichten“, wenn wir darunter im Sinne der ersten Aufstellung schief- rigere Bildungen des Godulacomplexes verstehen wollen, beschränkt werden. Für die kieseligen, in Hornstein übergehenden Lagen hat Szay- nocha später den Namen „Mikuszovicer Sehiehten“ vorgeschlagen, und wirklich verdient ein so auffallendes, petrographisch gut charakteri- sirtes Gebilde so gut wie irgend ein anderes Glied der karpathischen Schichtreihe seine eigene Bezeichnung. Die von Szaynocha aus- gesprochene Vermuthung: „Sie dürften den von Paul und Tietze in Ostschlesien ausgeschiedenen „Ellgother Schichten entsprechen“ beruht ') Paul und Tietze, Studien etc. Jahrb, der g. R-A. 1877, 3. H., pag. 42, [7] Beiträge zur Kenntniss des schlesisch-galizisehen Karpathenrandes 399 aber wohl auch auf unserer oben eitirten, zu weiten Fassung des Begriffes, sowie auf dem Umstande, dass auch Hohenegger!) sein „Band von eraublauen Hornsteinen“ dem Godulasandstein zuzählt, und muss nach dem heutigen Stande unserer Kenntnisse fallen gelassen werden. Welehe Stellung meiner Ansicht nach Szaynochas „Mikuszo- vieer Sehiehten“ in der karpathischen Sehichtreihe wirklich einnehmen, werde ich nach Schilderung einiger weiterer Durchschnitte noch später zu erörtern Gelegenheit nehmen, und will hier nur vorgreifend bemerken, dass ich sie dem Neocomien zuzähle. ?) Was nun bei dem hier kurz skizzirten Profile von Roezyny besonders auffallend erscheint, ist der Umstand, dass das im Norden an die Jura- klippe angrenzende Glied der Karpathensandsteingruppe verschieden ist von den im Süden sich anlagernden Bildungen. Im Norden sind es gestreifte Sandsteine (Mikuszovicer Schichten), im Süden Schiefer der Godulagruppe (Ellgother Schichten). Ich glaube dieses Verhältniss nur durch die Annahme deuten zu können, dass der gestreifte Sandstein wohl auch im Süden, jedoch an der Oberfläche von den Ellgother Schiehten gedeckt, und daher nicht beobachtbar, vorkomme, etwa in der Weise, wie es der beifolgende Durehschnitt (Fig. 1) zu veranschaulichen versucht. Eine andere Er- klärung des gewiss sehr eigenthümlichen Umstandes, dass sich hier der Jurakalk zwischen unteren und mittleren Karpathensandstein gleichsam einzuschalten scheint, könnte ich nicht geben, auch wäre es hier wohl nicht am Platze, bei Besprechung eines nur rudimentären Ausläufers eines weiter ostwärts bedeutender entwickelten Klippengebietes , auf allgemeinere theoretische Fragen einzugehen. Ich kann diesbezüglich auf die demnächst in diesem Jahrbuche erscheinenden eingehenden Mittheilungen von Dr. Tietze verweisen. (s.=P. 1). 7: v3 Söhenzug 5 lota SEA a uk WO Bi 400: Polemica Dorf we ynıy N. TG TE: \ \ \ 1 ! { 1. Löss und Diluvialschotter. — 2. Alttertiärer Sandstein. — 3. Grober Godulasandstein. — 4. Ellgother Schichten. — 5. Gestreifter Sandstein (Mikuszowlcer Schichten). — 6. Hornstein- kalk. — 7. Strambergerkalk. 1) Hohenegger, l.c. pas. 30 und Römer, ].c. pag. 284. ?) Bezüglich der von Prof. Szaynocha im J ahre 1884 in der in Rede stehen- den Gegend durchgeführten Arbeiten bin ich leider auf die Benützung der oben eitirten kurzen Notiz in unseren Verhandlungen (1884, Nr. 4) beschränkt, da die grössere Arbeit Szaynocha’s über den Gegenstand (Kosmos, 1884) nur in polnischer Sprache 43* 330 C. M. Paul. [8] Wir wollen nım die Betrachtung unseres Gebietes westwärts fort- führen. Das Solathal verlässt bei Porabka, sich verbreiternd, das wie oben erwähnt, aus einförmigem Godulasandstein zusammengesetzte Berg- land, durchschneidet das vorkarpathische Hügelland und tritt nördlich von Czaniec in die galizische Diluvialebene hinaus. Es ist also namentlich das zwischen den beiden genannten Orten liegende Stück, welches interessantere Verhältnisse bietet. Am rechten Gehänge des Thales selbst ist wegen der hier mächtig entwickelten diluvialen Flussschotter-Ablagerungen wenig zu sehen, dagegen sind östlich hinter denselben bei Bukovie gute Aufschlüsse. Wenn man vom Czanieethale südwärts über Bukowie gegen den Palenieaberg hinansteigt, beobachtet man die auf dem folgenden Durch- schnitte (Fig. 2) dargestellte Schichtenfolge. Im Czaniecthale selbst, in welchem die Schotterablagerungen eben- falls ziemlich weit östlich hinaufreichen, findet man an einer Stelle dunkle, steil südwärts fallende Schiefer anstehend, welche den petro- graphischen Typus der oberen Teschener Schiefer an sich tragen und auch auf der Hohenegger'schen Karte als solche aufgefasst er- scheinen. | Südwärts darüber folgen in und bei Bukowie die schon aus dem Durchschnitte von Roczyny bekannten gestreiften Sandsteine mit Horn- steinen (Mikuszovicer Schichten). Die unmittelbare Angrenzung der- selben an die oberen Teschener Schiefer sah ich hier jedoch nicht auf- geschlossen; zwischen beiden ist eine Beobachtungslücke. Südlich von Bukowie gegen den Palenicaberg sieht man -mit deutlichem Südfallen über dem gestreiften Sandsteine zunächst schwarze, plattige, thonige Schiefer mit sehr wenigen Sandsteinlagen, genau vom petrographischen Habitus der gewöhnlichen Wernsdorfer Schichten. Sie sind namentlich in der tiefeingerissenen, vom Palenicaberge gegen das Solathal in nordwestlicher Richtung herabführenden Schlucht gut auf- geschlossen. Ueber diesen folgt ein Wechsel von Sandstein mit sandigen, blätterigen Schiefern und über diesem glitzernder Sandstein, genau jenem entsprechend, den wir im Durchschnitte von Roezyny sahen. Wir hätten also hier wieder das ungefähre Aequivalent der Ellgother Schichten vor uns, nur dass das schieferige Element gegen das sandige hier schon mehr zurücktritt. Darüber liegt, wie bei Roczyny, der grobe Godulasandstein, der von der Slota gora, die den Durchschnitt von Roczyny südwärts ab- schliesst, über die Bukowska gora hierher streicht und die Höhe des Palenieaberges zusammensetzt (s. Fig. 2). Nördlich vom Czaniecthale beginnt bald die allgemeine Löss- bedeekung, doch sieht man noch stellenweise, namentlich im Thale des Szybowskybaches bei Darbowezyna, Spuren mürber, wohl alttertiärer erschienen, und mir daher unzugänglich ist. Ich bedauere dies namentlich in diesem speciellen Falle, wo es sich um eine der stets werthvollen und inhaltsreichen Arbeiten Szaynocha’s handelt, lebhaft; allein, wer alle europäischen Sprachen beherrschen wollte, müsste die Lirenistik zu seinem Lebensberufe machen, und hätte für die Geologie wenig Zeit übrig. [9] Beiträge zur Kenntniss des schlesisch-galizischen Karpathenrandes. 331 Sandsteine unter der Diluvialdecke hervorkommen. Da wir solehe auch bei Roezyny sahen, so muss hier wohl die Existenz einer, das Hügel- land gegen die Diluvialebene abschliessenden Zone alttertiärer Bildungen angenommen werden und ich glaubte daher eine solche auf der Karte einzeichnen zu sollen, wenn auch an der Oberfläche, theils wegen der Bodeneultur, theils wegen vielfach noch darüber liegender Diluvien wenig von derselben direet zu beobachten ist. Meine Karte hält in Beziehung auf das letzterwähnte Verhältniss ungefähr die Mitte zwischen den Darstellungen desselben auf den Karten von Hohenegger und Römer. Auf der ersteren ist diese Zone viel sz en Czaniec. Ihal EIN S I. Dukswice e N TITTEN / RR My) NN NUN 7, S IINIÄN N ZN > v A 7, DR, 1, Schwarze Schiefer (obere Teschener Schiefer). — 2. Gestreifte Sandsteine mit Hornstein (Mikuszowicer Schichten). — 3. Wernsdorfer Schichten. — 4.'"Wechsel von Sandstein mit sandigen blätterigen Schiefern. — 5. Glitzernder Sandstein. — 6. Grober Godulasandstein. N NR xy I breiter, bis nahe südlich von Kety, wo die Diluvien allerdings schon eine bedeutende Mächtigkeit haben, eingezeichnet, während Römer das Alttertiär nur bei Roczyny angibt, nördlich von Czaniec aber den Diluvien den Vorrang lässt. Ich glaubte mich der Uebersichtlichkeit wegen für den oben angedeuteten Mittelweg entscheiden zu sollen. Von dem Auftreten des Alttertiärs südlich von der Juraklippe von Roezyny, welches Hohenegger angibt, aber bereits Römer auf seiner Karte weglässt, konnte auch ich mich nicht überzeugen. Weitere Unterschiede meiner Karte gegen die älteren bilden hier die neuen Ausscheidungen der gestreiften Sandsteine, des Hornsteinkalkes und der Ellgother Schichten. II. Das Landstück zwischen den Thälern der Sola und Bialka. Auch in diesem Landsticke lassen sich die im vorhergehenden Abschnitte angedeuteten geologischen Hauptzonen unterscheiden: zu- nächst nördlich (am Rande der Diluvialebene) die orographisch noch wenig hervortretende alttertiäre Randzone; daran südlich sich an- schliessend die Zone der untereretaeischen Bildungen, die das eigent- liche vorkarpathische Hügelland bilden; endlich das aus Godula- sandstein bestehende Bergland. 339 C. M. Paul. . [10] Nach der in östlicheren Theilen Galiziens angewendeten Be- zeichnungsweise könnte man sagen, es folge hier vom Rande der Ebene aus zuerst eine Zone der oberen, dann eine der unteren, endlich eine der mittleren Karpathensandsteingruppe. Was die alttertiäre Randzone betrifft, so verläuft ihre südliche Grenze gegen die Zone der älteren cretacischen Bildungen ungefähr ostwestlich über die Orte Bujakov, Kozywielky, Halznow und Komaro- wice; ihre Nordgrenze gegen das Diluvialgebiet ist nicht scharf zu präeisiren und eigentlich ziemlich willkürlich, da die Diluvien vielfach noch über derselben liegen, und das allerorts bebaute Land wenig Aufschlüsse bietet. Immerhin gibt es aber einige Punkte, welche die wirkliche Existenz der Zone darthun, und die allerdings etwas schema- tische kartographische Einzeichnung derselben rechtfertigen. Solche Punkte, an denen das Auftreten meist mürber, mergeliger Sandsteine und Schiefer an der Oberfläche beobachtet werden kann, sind: nord- westlich von Bujakov im oberen Theile des bei Podlesje in das Sola- thal mündenden Thales; am Lanckorona-Berge und im Pisarzowkathale; beim nördlicheren Theile der Ortschaft Kozywielky ; endlich nördlich von Halznow. Mitten in dieser Zone treten aber auch schon einige Inseln älterer Gesteine auf; so finden sich östlich vom nördlichen Ende des Ortes Kozywielky, bei der Häusergruppe Ovisko, sowie nördlich von Halznow und Bark Gesteine, die den Typus der den oberen Teschener Schiefern angehörigen Kalksandsteine (Sträolka) so ausgesprochen an sich tragen, dass man sie unbedenklich den letzteren zuzählen kann, wie auch bereits von Seite Hohenegger's und Römer's geschah. Von L.agerungsverhältnissen konnte ich im Bereiche der ganzen hier in Rede stehenden Tertiärzone nichts beobachten. Ackerkrume und Waldboden deckt alles zu und an den wenigen erwähnten Punkten, wo man Spuren des festen Untergrundes findet, sind es meist nur aus- gewitterte Gesteinsbrocken. Bessere Aufschlüsse bietet die Zone der untereretacischen Gebilde. Die herrschenden Gesteine sind hier Hoheneggers „obere Tescehener Schiefer“), krummschalige, bräunliche oder blaugraue hieroglyphenreiche Kalksandsteine (Str2olka) mit dunklen Schieferthonen und Thoneisensteinflötzen wechselnd. Nach unten stellen sich kalkigere Gesteine ein (Hohenegger's Teschener Kalksteine), und zwar theils helle muschelig brechende hydraulische Kalke, theils schieferige Kalk- mergel, theils sandige Kalkbreceien mit kleinen undeutlichen Conchylien-, Crinoiden- und Bryozoöentrümmern. Mit allen diesen kalkigen Gebilden stehen aber stets hieroglyphenreiche Kalksandsteine, die von den oben- erwähnten Str2olken nicht zu unterscheiden sind, in engster Verbindung und vielfach sieht man sie mit diesen, manchmal auch mit schwarzen blätterigen Schiefern deutlich wechsellagern. Die Grenze ist also im Allgemeinen eine etwas vage und willkürliche, da aber die kalkigeren Bildungen doch ersichtlich stets die tieferen Partien des Complexes bezeichnen, sich orographisch in höher ansteigenden, schärfer contou- rirten Hügelzügen abheben, und für die Industrie praktische Bedeutung ') Hohenegger, 1. c. pag. 25. ‘ 1 1] Beiträge zur Kenntniss des schlesisch-galizischen Karpathenrandes. 333 haben, so musste die, wenn auch nicht immer ganz consequent durch- zuführende kartographische Abgrenzung derselben versucht werden. Noch ältere Bildungen, die Hohenegger's „unteren Teschener Sehiefern“ entsprechen , sah ich in dem in Rede stehenden Landstücke nur an einigen wenigen Stellen des westlichen Randes desselben, zwischen Biala und Halznow. Dieses hier nur sehr beschränkte und nieht besonders typische Auftreten der unteren Teschener Schiefer mag der Grund sein, dass Szaynocha in dieser Gegend überhaupt untere und obere T'eschener Schiefer für nieht trennbar erklärte; in allen weiter westlich gelegenen Gebieten, wo beide Bildungen in charakteristischer Weise entwickelt sind, kann die Trennung derselben überall leicht und unge- zwungen durchgeführt werden. Siidliieh an das Gebiet der Teschener Schiefer und Kalke schliesst sich dann eine Zone von Wernsdorfer Schichten und Mikuszowicer Schichten an, auf die dann endlich die höher ansteigenden Godula- sandsteinberge folgen. Die Breite der untereretaeischen Zone nimmt von Ost gegen West in auffallender Weise zu; während sie bei Bujakow am Rande des Solathales nur eirca 3 Kilometer beträgt, erreicht sie im Bialkathale zwischen Halznow und Mikuszowic bei 12 Kilometer. Dies hat seinen Grund aber nicht etwa in einer wirklichen Mächtigkeitszunahme des Schiehteneomplexes, sondern hängt mit der Tektonik des Gebietes zusammen. Es stellen sich nämlich von Ost gegen West im Gebiete der oberen Teschener Schiefer immer mehr Aufbrüche der tieferen kalkigen Lagen (Teschener Kalke) ein, welche theils den Charakter flacher Aufbruchswellen mit antiklinaler Schichtenstellung haben, theils durch Absinken des einen Wellenflügels in Verwürfe übergehen. Solche Aufbrüche müssen natürlich das wiederholte Auftreten derselben Schichten an der Oberfläche und dadurch die Verbreiterung der Zone bedingen. Von Osten ausgehend, bemerkt man zuerst nur einen Aufbruch, der westlich vom Flakithale östlich von Kozywielki ziemlich schmal beginnt, in westsüdwestlicher Richtung über Kozywielki fortzieht, die Poststrasse bei Kozymaly schneidet und am Lipnikerberg (nördlich von Lipnik) endet.) Hier stellt sich aber nördlich schon eine zweite Parallelaufbruchswelle ein, die durch das Auftreten von unteren Teschener Schiefern mit Teschenit am oberen Ende des Mathildenthales zwischen Biala und Halznow und die Kalke der Halznowska-Hora bezeichnet ist. Am Rande des Bialkathales endlich kann man schon 4 bis 5 solche Parallel-Aufbrüche mehr oder weniger deutlich unterscheiden, so (ausser dem bereits erwähnten im Mathildenthale) einige Kalkzüge östlich von der Stadt Biala und den Kalkzug des Lipnikberges südöstlich von Biala (nicht zu verwechseln mit dem obenerwähnten gleichnamigen Berge), der seinerseits eine Fortsetzung der ersterwähnten Dislocations- linie von Kozywielki und Kozymaly darstellt. Die hier angedeuteten Aufbruchswellen oder Dislocationslinien, die das Gebiet der oberen Teschener Schiefer durchziehen, finden in den westlich angrenzenden Theilen Schlesiens, von denen in den nächsten Abschnitten die Rede sein soll, ihre Fortsetzung und energischere Entwicklung. 1) Leider sind auf unseren Generalstabskarten in dieser Gegend drei verschiedene Höhen als „Lipnikerberg“ bezeichnet. 334 C. M. Paul. [12] Noch sind in dem in Rede stehenden Landstücke, und zwar im westliehsten, gegen das Bialkathal abfallenden Theile desselben einige Teschenitvorkommnisse zu erwähnen. Das eine derselben findet sieh an der Strasse von Biala nach Halznow, etwas nordöstlich von den den höchsten Punkt der Strasse bezeichnenden Häusern. Diese stehen noch auf oberen Teschener Schiefern mit Strzolka; dann findet man links (westlich) von der Strasse in einem alten vertieften Bruche den Teschenit anstehend. Das Gestein ist ein grobes, vorwiegend aus Hornblende und Feldspath zusammengesetztes Gemenge. Rechts (östlich von der Strasse) sind gefrittete, in parallelepipedische Stücke zerfallende Schiefer auf- geschlossen, die ich den unteren Teschener Schiefern zuzähle. Sie scheinen auf dem Teschenit zu liegen. Am Rande derselben sieht man Spuren von Kalk, der aber hier nur eine sehr geringe Mächtigkeit haben kann, und dann bei Halznow wieder die gewöhnlichen oberen Teschner Schiefer. Die anderen beiden Teschenitvorkommnisse verrathen sieh nur durch in den Feldern ausgewitterte Stücke nördlich und südlich vom sogenannten Ritterschaftsthal. !) Was endlich das Bialkathal selbst betrifft, so erscheint dasselbe mit mächtigen Diluvien ausgefüllt, die bei Biala aus Löss, thalaufwärts aber vorwiegend aus Schotter mit einer oft nur dünnen Lehmdecke bestehen. Auffallend ist der Umstand, dass die Wasserscheide zwischen der Sola und der Bialka bei Wilkowice ganz aus diesem diluvialen Flussschotter besteht, was die Vermuthung nahelegt, dass die Sola wohl einst aus der Gegend von Saybusch in nordnordwestlicher Richtung durch das heutige Bialkathal ihren Lauf nahm, der gegenwärtige Sola- durchbruch zwischen Tresna und Porabka aber ziemlich Jungen Alters sei. Ich will nun noch einige’ Localdurebschnitte, die lehrreiche Auf- schlüsse bieten, kurz erwähnen, Betrachten wir, von Osten, das ist dem Westgehänge des Sola- thales, ausgehend, zunächst den Durchschnitt von Bujakow. Dieser ist nahezu analog dem Durehschnitte von Bukovie auf der gegenüber- liegenden Seite des Solathales, der im vorhergehenden Abschnitte auf Fig. 2 dargestellt ist. Am nördlichen Ende des Dorfes Bujakow, an der nach Biala führenden Poststrasse, findet man recht typische Ströolken der oberen Teschener Schiefer, die den bei Czaniec auf der anderen Thalseite er- wähnten, entsprechen. Südwärts vorschreitend trifft man bald auf sehr ‘mürbe, erdige, ungleichkörnige Sandsteine, die wohl nur. eine auflagernde Scholle von Alttertiär darstellen können, und dann beim südlichen ') Da ich die Petrographie der Eruptivgesteine niemals zu meinem Specialstudium gemacht habe, so kann ich es hier nicht unternehmen, über die unter dem Namen der Teschenite und Fikrite bekannten Eruptivgebilde Daten beibringen zu wollen, die über die in der schon sehr umfangreichen bezüglichen Literatur enthaltenen Angaben und Untersuchungsresultate wesentlich hinausgehen. Ich werde mich daher, um überflüssige Reproductionen zu vermeiden, in dieser Mittheilung darauf beschränken, die Vorkommnisse dieser Gesteine innerhalb des behandelten Gebietes kurz zu erwähnen, und verweise zur Ergänzung meiner Angaben auf die werthvolle Arbeit von Carl E.M. Rohrbach, „Ueber die Eruptivgesteine im Gebiete der schlesisch-mährischen Kreideformation“ (Tschermak’s Mineralog. und petrogr, Mitth. Bd. vm). [13] Beiträge zur Kenntniss des schlesisch-galizischen Karpathenrandes, 335 Ende des Ortes und bei den auf den Karten mit Oslak bezeichneten einzelnen Häusern auf eine ziemlich mächtige Entwieklung der aus dem vorigen Abschnitte bekannten gestreiften Sandstene mit Horn- steinen (Mikuszowicer Schichten). Mit dem Beginne des Waldes erreicht man die mehrerwähnten, in den tieferen Partien der Godulasandsteine prävalirenden glitzernden Sandsteine und an der Höhe der Bujakowska gora den gewöhnlichen grobkörnigeren Godulasandstein (s. Fig. 3). N Pryakowake | O a MER, 5) orf TPıyakw O La k Poskstrame neues 1. Löss. — 2. Alttertiärer Sandstein. — 3. Grober Godulasandstein. — 4. Glitzernder Sand- stein. — 5. Wernsdorfer Schichten. — 6. Gestreifter Sandstein mit Hornstein. — 7. Obere i Teschener Schiefer mit Strzolka. Nur an einer Stelle fand ich hier zwischen dem gestreiften und dem glitzernden Sandsteine eine Lage dunkler Schiefer von geringer Mächtigkeit, die den Wernsdorfer Schichten entsprechen mögen, und die auch von Hohenegger gekannt und von ihm als solche ein- gezeichnet worden waren. Hohenegger (und nach ihm auch Römer) zogen aber den gestreiften Sandstein hier zum Godulasandsteine , so dass auf den Karten der genannten Autoren die Wernsdorfer Schichten hier als allseitig von Godulasandstein umgeben, in letzterem inselförmig auftretend erscheinen, was den thatsächlichen Verhältnissen nicht ent- spricht. Da die Wernsdorfer Schichten hier, wie erwähnt, nur in geringer Entwicklung auftreten, an dem gewöhnlichen Fusswege, den man von Bujakow auf die Bujakowska gora einzuschlagen pflegt, die gestreiften Sandsteine aber an die Godulasandsteine wirklich anzu- grenzen scheinen, so war die Vermischung dieser beiden, wie schon aus den bisher geschilderten Durchschnitten hervorgeht, stratigraphisch sehr verschiedenen Sandsteinbildungen hier wohl einigermassen erklär- lieh. Wenn aber auch die geologische Karte heute, wo wir diese beiden _Bildungen auseinanderzuhalten wissen, ein wesentlich anderes Bild dieser Localität geben muss, so deuten doch die erwähnten älteren Karten in Uebereinstimmung mit meinen eigenen Beobachtungen an, dass die gestreiften Sandsteine bei Bujakow (von der tertiären Auf- lagerung abgesehen) unmittelbar an die oberen Teschener Schiefer grenzen, die Wernsdorfer Schichten aber erst weiter südwärts auf die ersteren folgen. Sehr deutlich sieht man dieses Verhältniss auch beim Friedhofe von Lipnik, wie die beifolgende Skizze (Fig. 4) zeigt. Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Band. 2. Heft. (C. M. Paul.) 44 336 C. M. Paul. [14] Beim genannten Friedhofe stehen die oberen Teschener Schiefer noch sehr typisch an; geht man von hier noch etwa 50 Schritte weiter auf dem neben dem Friedhofe vorbeiführenden Wege gegen Osten, und steigt dann südwärts in das Thal hinab, so kann man die unmittelbare Angrenzung der gestreiften Sandsteine an die oberen Teschner Schiefer deutlich beobachten. Man sieht dann weiter südlich die gestreiften Sand- steine mit dunklen Schiefern wechseln, die allmälig allein herrschend werden, und wohl nichts Anderes als die Zone von Wernsdorfer Schichten repräsentiren können, die auch von Hohenegger hier, den Rand des Gebirges bezeichnend, angegeben werden, und mit dem bekannten Fundorte von Wernsdorfer Petrefaeten bei Straezakä !) zusammenhängen. Mit den steiler ansteigenden Bergen beginnt dann der Godulasandstein, der übrigens hier eine scharfe Scheidung zwischen der tieferen, glitzernden, und der höheren groben Varietät, die die anderen Durchschnitte deutlich zeigten, nicht mehr erkennen lässt. So. Gronichi Berg Ipnik Bach SS) „m . Obere Teschener Schiefer mit Ströolka. — 2. Gestreifte Sandsteine mit Hornstein. — 3. Werns- orfer Schichten. — 4. Godulasandstein. Noch muss ich einige Worte über die Gegend von Mikuszo- wice (südlich von Biala) beifügen, da Prof. Szaynocha von dieser Localität seinen „Mikuszowicer Schichten“ den Namen gab. Wenn man die Stadt Biala in südlicher Richtung auf der nach Mikuszowice und Saybusch führenden Strasse verlässt, sieht man bald links (östlich) den ziemlich auffallenden Lipnikberg vor sich. Derselbe besteht aus Teschener Kalken, und sind auch mehrere Kalkbrüche am Gipfel desselben angelegt. Die enge Zusammengehörigkeit dieser Kalke mit den hieroglyphenreichen Kalksandsteinen, die ihr Hauptniveau in. den oberen Teschener Schiefern haben, und hier „Strzolka“ genannt werden, ist in diesen Brüchen sehr deutlich zu sehen. Hellgraue, muschelig brechende hydraulische Kalke, sowie bräunliche, splitterig brechende Kalke wechseln hier mit den erwähnten Hieroglypensand- steinen vielfach ab. Das Fallen ist flach, vorwiegend südlich. Im Hangenden, am Südabhange des Berges gegen das Straczankathal, ') Vergl Uhlig, Die Cephalopodenfauna der Wernsdorfer Schichten. Denkschr. d. k. Akad. 1883, Bd. 46. [15] Beiträge zur Kenntniss des schlesisch-galizischen Karpathenrandes. 337 sind nur mehr die typischen Str2olken der oberen Teschener Schiefer zu beobachten. Dieselben stehen auch noch südlich von der Einmün- dung des Straczankathales, in der Nähe des sogenannten Waldschlöss- chens, mit gleichem (südlichen) Einfallen an. Bei Mikuszowice, in den Schluchten, die vom Gebirge gegen das Bialkathal herabziehen, findet man aber schon die gestreiften Sand- steine mit Hornsteinen, welehe nun bis an den Rand des höher an- steigenden Gebirges hinaufreichen. Sie gehen vielfach in kieselige Schiefer über, in denen aber die gestreiften Sandsteine und Hornsteine noch stets in dünnen Zwischenlagen enthalten sind. Man sieht diese Bildungen östlich von der Strasse in weithin sichtbaren Steinbrüchen mit grossen dunkelgefärbten Schutthalden aufgeschlossen. In diesen Steinbrüchen sieht man, dass sie von grobem, massigem Godulasandstein unmittelbar überlagert werden. In den Schluchten findet man stellen- weise dunkle blätterige Schiefer zwischen diesen kieseligen Gebilden, die man vielleicht als Analoga der Wernsdorfer Schichten deuten könnte — eine deutlich gesonderte Zone dieser letzteren ist aber hier nicht zu constatiren. Von der Grenze der oberen Teschener Schiefer bis an die des Godulasandsteins herrschen hier die gestreiften Sand- steine, Hornsteine und kieseligen Schiefer, mit einem Worte jener petrographisch sehr markirte Complex, den Szaynocha „Mikuszo- wicer Schichten“ nannte. Weiter südwärts gegen Wilkowice vorschreitend , durchschneidet man die hier sehr verschmälerte Zone des Godulasandsteins, und be- merkt östlich von der Strasse bei Wilkowice wieder Steinbrüche. Es sind hier Sandsteine aufgeschlossen, die sich südlich an die Godulasandsteine des Rogaes und der Magorka anlagern, und im Ver- gleiche mit diesen letzteren etwas niedrigere, flachere Vorberge bilden. Diese Sandsteine sind meist ziemlich mürbe, grobkörnig und enthalten zahlreiche Stücke von Glimmerschiefer und Thonschiefer. Lagen dünn- blätteriger sandiger Schiefer stehen vielfach mit den Sandsteinen in Verbindung. Das Fallen ist südlich. Vergleicht man diese Sandsteine von Wilkowice mit den nahe unterhalb des Rogaes- und Magorkakammes in einigen alten ver- lassenen Brüchen aufgeschlossenen echten Godulasandsteinen,, so zeigt sich, dass zwar die grobkörnigeren Sandsteinvarietäten beider Bildungen sich sehr gleichen, dass aber doch im Gesammthabitus nicht zu über- sehende Unterschiede bestehen. So treten an der Magorka die überall im Godulasandsteine verbreiteten feinkörnigeren Sandsteine mit gelblich- grauen oder bräunlichen glänzenden Verwitterungsbeschlägen auf den Schiehtflächen und groben Hieroglyphen häufig auf, während diese unten bei Wilkowice zu fehlen scheinen und andererseits sah ich an der Magorka die mürben, weichen, sandigen Schiefer nicht, die bei Wilkowice mit dem Sandsteine wechsellagern. Auf den Karten von Hohenegger und Römer sind diese Sandsteine von Wilkowice, die von hier gegen Osten am Südrande des Magorkakammes sich ziemlich weit forterstrecken, zum Godulasand- steine gezogen; ihre orographische und petrographische Scheidung von letzterem ist aber so merklich, dass ich die Vermuthung aussprechen möchte, sie dürften vielleicht doch einem jüngeren Schichtgliede, etwa 44* 338 C. M. Paul. [16] den „Istebnasandsteinen“ ') entsprechen. Hierfür würde ihre Stellung im unmittelbaren Hangenden typischer Godulasandsteine, sowie das häufige Vorkommen krystallinischer Gemengtheile sprechen. Diese Sand- steinzone gehört übrigens nicht mehr dem nördlichen Karpathenrande, dessen Besprechung den Gegenstand vorliegender Mittheilung bildet, sondern dem Becken von Saybusch an, mit dessen näherer Untersuchung und Aufnahme im Laufe der letzten Jahre Herr Dr. v. Tausch be- traut war; ich muss es daher dem Genannten überlassen, die Wahr- scheinlichkeitsgründe, die für diese oder eine andere Deutung der fraglichen Bildung sprechen, näher zu erörtern. III. Das Landstück zwischen den Thälern der Bialka und Weichsel. Dieser Theil des Gebietes wird durch die Thäler des Lobnitz- und des Heinzendorfer Baches in drei natürliche Unterabtheilungen geschieden, die hier gesondert behandelt werden sollen. A. Die Gegend zwischen der Bialka und dem Lobnitzthale. Hier gelangt die Umgebung der Stadt Bielitz, nördlich bis an die Diluvialebene bei Uzechowitz und Dzieditz, südlich bis an das Godulasandsteingebirge der Kamitzer Platte zur Besprechung. Im Allgemeinen können wir bier die in den vorhergehenden Ab- schnitten erwähnten, von Nord nach Süd aufeinanderfolgenden 3 Haupt- zonen: die alttertiäre Randzone, das untereretacische Hügelland und das Godulasandstein-Bergland, ebenfalls deutlich unterscheiden. Das Alttertiär ist wohl auch hier vielfach von Diluvien verdeckt, verräth sich aber doch noch an mehreren Stellen. Im Muckendorfer Thale zeigen sich lichte kalkig-kieselige Schiefer, die sehr an Menilit- schiefer erinnern, und bei Matzdorf grobe mürbe Sandsteine. Im Uebrigen ist hier Alles von Wald und Feld dermassen bedeckt, dass es ziemlich willkürlich erscheint, ob man mit Hohenegger Alttertiär oder mit Römer Diluvium als herrschend einzeichnen will. Die untereretacischen Bildungen beginnen bei Swirkowitz, nörd- lich von der von Komarowie nach Unter-Matzdorf führenden Strasse. Man sieht hier auf den Feldwegen vielfach die bekannten Kalksand- steine der oberen Teschener Schiefer anstehen. Auch dunkle oolithische Kalke treten hier und da, z. B. westlich vom Meierhofe Hedwigshof, darin auf. Dann folgen gegen Süden bei Pustki blätterige graue sandig-thonige Schiefer ohne Thoneisensteine und ohne Kalksandsteine, Hohenegger’s untere Teschener Schiefer. Wir befinden uns hier in der direeten Fortsetzung des Aufbruches dieser Gebilde, den wir im vorigen Abschnitte südlich von Halznow kennen gelernt haben. Der Aufbruch ist aber hier schon bedeutend breiter. Ungefähr in der Mitte, am Alt-Bielitzer Berge, ist den unteren Teschener Schiefern eine ziem- lich grosse Scholle von Kalk aufgelagert, eine schmale Randzone von ') Hohenegger,]. c. pag.3l. [117] Beiträge zur Kenntniss des schlesisch-galizischen Karpathenrandes. 339 Kalk findet sich auch am Südrande des Aufbruchs. Ausserdem sind im Bereiche dieser Entwieklung der unteren Teschener Schiefer an vier Stellen Vorkommnisse von Tescheniten bekannt geworden. Dieselben verrathen sich nur durch die in den Feldern und auf den Feldwegen herumliegenden ausgewitterten Gesteinsstücke, und ist daher über die Frage, ob sie gangförmige Durchbrüche oder den Schichten regelmässig eingefügte Lager darstellen, nichts Bestimmtes zu sagen. Südlich folgt nun wieder (nördlich vom Dorfe Alt-Bielitz) ein schmaler Streifen von oberen Teschener Schiefern, und dann in Alt- Bielitz ein zweiter schmälerer Aufbruch unterer Teschener Schiefer ; nördlich und südlich von diesen zeigen sich schmale, häufig unter- brochene Randzonen von Kalken und kalkigen Schiefern. Die unteren Teschener Schiefer von Alt-Bielitz kann man an dem Wege, der südlich unmittelbar neben der Ortschaft vorbei nach der Stadt Bielitz führt, sut beobachten. Man sieht in den herrschenden blätterigen Schiefern mehrfach Einlagerungen eines sehr auffallenden dunkelschwarzen Thon- schiefers mit breiten weissen Kalkspathadern, sowie eines grünlichen knolligen Kalkes. Alles fällt nach Süd. Darüber liegt, in einigen alten Brüchen unmittelbar südlich vom westlichen Ende des Dorfes Alt- Bielitz aufgeschlossen, ein schieferiger, in der Verwitterung weisslicher Kalkmergel, der schon einige wenige hieroglyphenführende kalkig-sandige Lagen enthält, und hier das Niveau der Teschener Kalke repräsentirt, und über diesem folgen dann die gewöhnlichen Str2olken und Thon- eisensteinflötze der oberen Teschener Schiefer, welche nun südwärts eine grössere Verbreitung finden, und, von einigen ganz kleinen Vorkomm- nissen unterer Teschener Schiefer, die es hier allerdings auch noch gibt, abgesehen, in der Stadt Bielitz und deren näherer nördlicher und west- licher Umgebung das herrschende Gestein bilden. Meine Beobachtungen stimmen hier mit Hohenegger’s Einzeichnung nicht überein. Der Genannte gibt als Untergrund von Bielitz durchaus untere Teschener Schiefer an, ich beobachtete aber die hieroglyphenführenden Kalksand- steine der oberen Teschener Schiefer mehrfach, namentlich im nördlichen und westlichen Theile der Stadt sehr deutlich. Erwähnen muss ich auch einen auffallenden mürben Quarzsandstein, der hier den oberen Teeschener Sehiefern untergeordnet auftritt, und z. B. in der oberen Vorstadt an der Strasse nach Alt-Bielitz, gegenüber von der Kirche, und noch an einigen Stellen innerhalb der Stadt zu beobachten ist; derselbe könnte vielleicht ein Analogon der Grodischter Sandsteine andeuten. Am südlichen Ende der Stadt Bielitz tauchen wieder Kalke auf. Sie sind westlich von der nach Bistra führenden Hauptstrasse in Stein- brüchen aufgeschlossen. Man sieht hier theils reinere, theils sandige Kalke mit grauen, fucoidenführenden Kalkmergeln wechseln. In den tieferen Lagen treten auch Schichten dunklerblätteriger Schiefer zwischen den Kalken auf. Das Fallen ist südwestlich. Geht man von diesen Aufschlüssen im Thale südwestwärts gegen den Ort Kamitz, so findet man bald in der Nähe der ersten Häuser des genannten Dorfes auf der östlichen Thalseite wieder die typischen oberen Teschener Schiefer mit ziemlich steilem südsüdwestlichem Ein- fallen in einem kleinen Steinbruche aufgeschlossen. Weiterhin verquert man — immer im Bereiche des ausgedehnten Dorfes Kamitz — einen 340 ©. M. Paul. [18] sehr schönen Antieclinalaufbruch. Man findet zuerst an der rechten (östlichen) Thalseite gegenüber von der Kirche aufgeschlossen Kalke und Mergel mit nordnordöstlichem Fallen. Es folgt dann eine Thal- erweiterung; sie ist durch das Auftreten der unteren Teschener Schiefer bedingt, die sowohl unter der ersten Partie von Kalken als namentlich am linken (westlichen) Gehänge an dem nordwestlich hinanführenden Wege deutlich zu sehen sind. Das Thal spaltet sich hier; verfolgt man das östlichere Thal aufwärts, so gelangt man bald bei der Thal- verengerung wieder auf die Kalke, die hier wieder südlich und süd- südwestlich fallen. Ueber ihnen findet man, wenn man den östlicheren Weg gegen die Höhe des Gemssteines verfolgt, wieder sehr typische obere Teschener Schiefer in allen Varietäten, südlich fallend, darüber eine schmale Zone schwarzer kieseliger Schiefer, die auch Spuren von gestreiften Hornstein enthalten, und den Wernsdorfer oder Mikuszowicer Schiehten entsprechen und endlich mit der Waldgrenze und dem steiler ansteigenden Gebirge, am Gemsstein, die Godulasandsteine (s. Fig. 5). EV Ro | Dorf Ramirz Stadt 1. Godulasandstein. — 2. Schwarze kieselige Schiefer. — 3. Obere Teschener Schiefer mit Sträolka. — 4. Kalke und Mergel. — 5. Untere Teschener Schiefer. Zu erwähnen ist noch, dass auch in der Gegend von Bielitz, wie auf der gegenüberliegenden Thalseite bei Biala, der Löss eine grosse Verbreitung hat. Er bedeckt nördlich und südlich von Bielitz die Ge- hänge des Bialkathales und ist hier überall von diluvialem Flussschotter unterlagert. Aber auch westlich von Bielitz, entfernter vom Bialkathale, sind die Plateaus der oberen Teschener Schiefer vielfach vom Löss bedeckt. Spuren von nordischen (erratischen) Geschieben findet man nördlich von Bielitz und Biala im Bialkathale ziemlich häufig. B. Die Gegend zwischen den Thälern der Lobnitz und des Heinzen- dorfer Baches. Von der in den vorhergehenden Abschnitten erwähnten Zone alt- tertiärer Bildungen am Nordrande des Hügellandes ist hier nichts mehr zu sehen. Die Hügel bei Nieder-Kurzwald bestehen vorwiegend aus oberen Teschener Schiefern. An der Strasse, die von Ober-Kurzwald über die Matzdorfer Höhe nach Unter-Matzdorf führt, sieht man gleich beim Anstieg aus dem Thale des Heinzendorfer Baches gegen die Höhe eine kleine Teschenit-Partie. An dem Wege, der, etwa in der Mitte der Höhe, von dieser Strasse nach Süden abzweigt, findet man in den Feldern ebenfalls Spuren von Teschenit und von Kalk. [19] Beiträge zur Kenntniss des schlesisch-galizischen Karpathenrandes. 341 Oestlich von Ober-Kurzwald ist wieder ein bedeutenderer Aufbruch von unteren Teschener Schiefern zu beobachten. An der Strasse von Ober-Kurzwald nach Lobnitz hat man zuerst (vom Kurzwalder Thale ausgehend) noch obere Teeschener Schiefer, dann findet man einen dunkeln oolithischen Kalk, dann unteren Teschener Schiefer, in denen auch eine kleine Teschenitpartie auftritt. In der Nähe der letzteren enthalten die unteren Teschener Schiefer auch wieder eine Lage der auffallenden dunkelschwarzen, weissgeaderten muschelig brechenden Thonschiefer, die wir schon bei Alt-Bielitz kennen lernten. Die unteren Teschener Schiefer halten dann an bis in's Lobnitzthal, doch trifft man nahe beim Abstieg in dieses letztere rechts Kalke, die den Südrand des Aufbruches bezeichnen. Wir befinden uns hier genau in der westlichen Fort- setzung jener Aufbruchszone, die bei Halznow (nördlich von Biala) beginnt und das im vorigen Abschnitte besprochene Landstück nördlich von Alt-Bielitz durchzieht. Einen zweiten Aufbruch bezeichnet der Heinzendorfer Berg; der Südrand und die Spitze desselben , sowie einige auf dem Nordabhang (bei Wegradowice) aufgelagerte Schollen bestehen aus Kalk. Unter und zwischen den Kalkpartien sieht man überall, besonders gut auf- geschlossen bei den obersten (südlichsten) Häusern von Ober-Kurzwald, die unteren Teschener Schiefer herauskommen. Von dem vorerwähnten Aufbruche ist der in Rede siehende durch einen schmalen, aus dem Heinzendorfer Thale bis in das Lobnitzthal herüberstreichenden Streifen vom oberen Teschener Schiefer getrennt. Solche stehen auch westlich unterhalb des Berges im Dorfe Heinzendorf an. Südlich vom Heinzendorfer Berge, der, obwohl nur 384 Meter hoch, doch einen ziemlich auffallenden, weithin sichtbaren Höhenpunkt in dieser Gegend darstellt, beginnt eine merkliche Depression, die in einer Breite von eirca 2 Kilometer vom Lobnitzthale bis in das Heinzendorfer Thal herüberreicht, und ganz mit Diluvien (Löss und Flussschotter) aus- gefüllt ist. Hohenegger zeichnet diese Niederung durchaus als untere Teschener Schiefer ein, wozu gar keine Berechtigung vorhanden ist. Bei Heinzendorf und westlich von Lobnitz sieht man vielmehr un- verkennliche obere Teschener Schiefer als Unterlage der Diluvien. Südlieh von diesem Diluvialgebiete steigt das Gebirge wieder in der Gegend des bekannten Curortes Ernsdorf etwas höher an. Hier sind wieder untere Teschener Schiefer entwickelt. Meist erscheinen sie als die gewöhnlichen blätterigen, dunkelgrauen,, in der Verwitterung lichter bläulichgrauen blätterigen Schiefer, in der Nähe eines Teschenit- vorkommens, welches in der Mitte des Parkes an dem die katholische Kirche tragenden Hügel auftritt, sind sie aber gelblieh oder weisslich, fester, in parallelepipedische Stücke zerfallend, ganz ähnlich wie bei Halznow unweit Biala. Zu bemerken ist hier eine etwa 6—10 Meter mächtige Einlagerung eines festen, quarzitischen Sandsteines in den unteren Teschener Schiefern. Derselbe findet sich in einem zusammen- hängenden, ungefähr ostwestlich streichenden Zuge, der südlich von der Kirche quer durch den Park streicht und auf der linken Thalseite an der kleinen Allee, die zum sogenannten Tempelwäldchen führt, wiederzufinden ist. Ausserdem zeigen sich Spuren davon auch im nörd- lichen Theile des Parkes. Die Constatirung dieses Sandsteinzuges ist 342 C. M. Paul. [20] für die hiesige Gegend von praktischer Bedeutung, indem die qualitativ besseren Quellen, die natürlich für einen Curort von Wichtigkeit sind, an dieselben gebunden sind. Die unteren Treschener Schiefer bilden hier eine flache Antiklinale, und tragen auf der Nordseite einige Schollen von Kalk, so den Mühlberg und den Kalkberg bei Mittel-Ernsdorf, nächst der Thalebene der Lobnitz. Auf der Südseite sind sie von einer Randzone von Kalk begleitet, die vom Rande des Lobnitzthales, beim oberen Hof vorbei bis südlich von dem oberwähnten Tempel zu ver- folgen ist. Dann folgt gegen das höhere Gebirge hinauf die gewöhn- liche Reihenfolge: Zuerst die oberen Tresechner Schiefer in der Form der bekannten schaligen, hieroglyphenreichen Kalksandsteine, dann eine ganz schmale Zone der gestreiften Hornsteine (Mikuszowicer Schichten) und dann die typischen, T'honeisenstein führenden Wernsdorfer Schichten. Dieselben sind hier am Rande des höher ansteigenden Godulasandstein- gebirges gut aufgeschlossen und finden sich darin auch noch mehr- fache Halden alter Schurfschachte vor. Sie zeigen hier genau dieselbe petrographische Entwicklung, dieselben blätterigen schwarzen Schiefer mit dünnen, kieseligen, warzenförmige Protuberanzen- und Hieroglyphen- führenden Sandsteinlagen, wie wir sie beispielsweise von Grodischt bei Teschen beschrieben haben. ') Ueber ihnen folgt dann am Wysokaberge, Spitzberge, Ostry- berge ete. der Godulasandstein. & Ssso IWW SH "Woroka Perg Q : | Mühlberz 2 | Dusder ’ Surholiache Nische j Binzdoif von bimadorf Alte binenotein << | Ba Schinfe N ı \ II SS 1. Löss — 2. Godulasandstein. — 3. Wernsdorfer Schichten. — 4. Gestreifter Sandstein. — 5. Ubere Teschener Schiefer mit Strzolka. — 6. Kalke und Mergel. — 7. Untere Teschener Schiefer. — 8. Sandstein-Einlagerung in den unteren Teschener Schiefern. Das Auftreten der unteren Teschener Schiefer bei Ernsdorf, mit deutlich markirter südlicher und mindestens in Rudimenten angedeuteter nördlicher Randzone von Kalken und Mergelkalken stellt die directe westliche Fortsetzung der Antiklinale von Kamitz dar, die im vorher- gehenden Abschnitte beschrieben wurde. Eine weitere westliche Fort- setzung ist durch ein kleines Vorkommen von Kalk angedeutet, welches bei Bierau aus dem Diluvium heraustritt. . Das Ersichtliehwerden solcher tektonischer Linien bildet den Hauptunterschied zwischen meiner kartographischen Darstellung dieser Gegend und den älteren Karten. Bei Hohenegger ist durch die etwas willkürliche Ausdehnung, die den unteren Teschener Schiefern gegeben ist, das tektonische Bild beeinträchtigt, auf der Römer’schen ') Studien ete., pag. 41 (9). [21] Beiträge zur Kenntniss des schlesisch-galizischen Karpathenrandes. 343 Karte ist ein solehes überhaupt nicht angestrebt, da hier untere und obere Teschener Schiefer nicht getrennt sind. C. Die Gegend zwischen dem Heinzendorfer Thale und Weichssl-Thale. Die stratigraphische Zusammensetzung dieses Gebietstheiles ist im Ganzen der der übrigen bis jetzt beschriebenen Gegenden analog. Bemerkenswerth erscheint hier der Umstand, dass das Hauptstreichen, welches bisher ein ostwestliches war, hier plötzlich i in ein nahezu nord- südliches umspringt. Die nördlichste Erhebung am Rande der Ebene ist die Höhe von Riegersdorf. Sie ist beinahe ganz von ziemlich mächtigem Löss bedeckt, doch bemerkt man an einigen Stellen, so im Orte Riegersdorf selbst, sowie südlich von der nach Illownitz führenden Strasse unteren Teschener Schiefer als Untergrund. Südwärts zwischen Rostropitz am Weichselthale und Larischau am Heinzendorfer Thale folgt eine grössere Entwicklung der oberen Teschener Schiefer, die aber auch noch vielfach von Löss verdeckt sind. Zwei bedeutende Aufbruchswellen älterer Gebilde treten in den- selben auf. Die eine, östlichere stellt die Höhe von Lazy dar. Sie besteht vorwiegend aus mehr oder weniger mergeligen Teschener Kalken, unter denen im Norden eine Zone von unteren Teschener Schiefern hervor- tritt. Es ist dies die direete Fortsetzung der Hebungswelle des Heinzen- dorfer Berges. Die zweite, westlichere, ist von der obigen durch das mit oberen Teschener Schiefern erfüllte Lazinskithal getrennt. Sie besteht vor- wiegend aus unteren Teschener Schiefern, beginnt südlich von Rostropitz, zieht in südlicher Riehtung über Grodzietz, erreicht das Brennitza-Thal zwischen PogorZz und Gross-Görek und setzt südlich von diesem gegen Lippowetz fort. Westlich von diesem Zuge unterer Teschener Schiefer wird das rechte (östliche) Gehänge des Weichselthales zwischen Kowali und Pogorz von oberem Teschener Schiefer zusammengesetzt. Zwischen beide Schieferniveaus schaltet sich bei Kowali eine Partie von Kalken und Kalkmergeln ein, sonst grenzen von Kowali südwärts bis Pogorz auf dieser Seite untere und obere Teeschener Schiefer unmittelbar anein- ander an. Auf der anderen (östlichen) Seite des in Rede stehenden Zuges von unteren Teschener Schiefern ist eine bedeutendere Kalk- partie bei Bielowitzko und eine zweite südlichere auf der Bajerki-Höhe zwischen Pogorz und Gross-Görek entwickelt. An beiden Localitäten ist die Lagerung der kalkigen Bildungen zwischen unteren und oberen Teschener Schiefern sehr deutlich zu sehen. Diese beiden Kalkzüge hängen jedoch nieht zusammen, so dass auch hier auf längere Er- streckung die Angrenzung der unteren Teschener Schiefer an die oberen eine unmittelbare ist. Was die oberen Teschener Schiefer dieser Gegend betrifft, so sind sie, wie nahezu überall, auch hier viel weniger als wirkliche Schiefer, als vielmehr in der Form der ofterwähnten charakteristischen schaligen Kalksandsteine entwiekelt. Sie sind bei Dembina am Rande des Weichselthales, bei Bielowitzko, bei Gross-Görek und an vielen Jahrbuch der k.k. geol. Iteichsanstalt. 1887, 37, Band, 2. Heft. (C. M. Paul.) 45 344 C. M. Paul. [22] anderen Punkten gut zu beobachten. Am Südrande des Lazyer Waldes, nordöstlich von Grodzietz, sind auch Schurfbaue auf Eisensteine darin angelegt. Die Zone der Wernsdorfer Schichten ist hier in dem grossen auf den Karten mit „Rownia* bezeichneten Waldeomplexe durch Diluvien und Bergschutt derart verdeckt, dass ihre Forterstreeckung hier nur vermuthet werden kann. Deutlicher tritt sie wieder östlich bei Gross-Görek an der Oberfläche auf, um von hier südwärts am Ost- sehänge des Brennathales fortzusetzen. Der allgemeinen Drehung des Streichens nach Süd entsprechend, nimmt auch die Grenze des Godulasandsteingebirges von der Gegend östlich von Görek an einen südlichen und weiterhin gegen Brenna zu sogar südsüdöstlichen Verlauf. Südlicher, im nördlichen Theile des Ortes Brenna, tritt sie auf die westliche Thalseite über, und verläuft dann von hier in norwestlicher Richtung gegen Lipowetz. Dieser Theil des Brennathales stellt hiernach eine mit Wernsdorfer Schichten erfüllte tiefe Einbuchtung in das Godulasandsteingebirge dar. Bildungen, die dem Alttertiär zugerechnet werden müssen, finden sich im westlichen, dem Weichselthale zugeneigten Theile des hier in Rede stehenden Landstückes hier und da in einzelnen kleinen, den Kreidebildungen ganz unregelmässig auf- und angelagerten Schollen, und scheinen anzudeuten, dass das von Hohenegger supponirte tiefe, buchtförmige Eingreifen des Alttertiärs in die Thäler des karpathischen Vorlandes mindestens hier im Weichselthale sich wirklich bestätige. Solche Vorkommnisse sind z. B. ein weicher, grauer, sandiger Schiefer, der zu beiden Seiten beim Austritte des Rostropitzthales in das Weichsel- thal ansteht, ein mürber, ungleichkörniger Sandstein vom Typus des Magura- sandsteins mit Nummulitenspuren, der unmittelbar westlich bei Grodzietz an der Strasse und nordwestlich davon im Thale sich findet, ferner ein Conglomerat mit Pecten-, Ostreen- und anderen Conchylientrümmern, das bei Gr.-Görek in einer kleinen Partie über den Wernsdorfer Schichten liegt etc. Was schliesslich die Teschenitvorkommnisse dieses Landstückes betrifft, so habe ich solche, allerdings meist nur in kleinen, aus dem Culturlande herausragenden Gesteinspartien, die irgendwelche Be- ziehungen zu den Nebengesteinen nicht erkennen liessen, an folgenden Stellen beobachtet: Oestlich von Rostropitz auf der nördlichen Thal- seite; bei Wiesezont an der Ostseite des Lazinskibaches; an der Skot- schauer Poststrasse, westlich von Grodzietz nahe vor dem Abstieg in’s Weichselthal, sowie unmittelbar östlich bei Grodzietz; in dem Thäl- chen, welches östlich von Grodzietz aus dem Waldgebiete Rownia herabkommend, die Poststrasse schneidet, südlich von dieser letzteren ; endlich östlich von der Strasse von Grodzietz nach Görek. Mit Aus- nahme des Vorkommens unmittelbar bei Grodzietz, welches an der Grenze zwischen unteren und oberen Teschener Schiefern zu liegen scheint, fallen alle diese Punkte in das Gebiet der oberen Teschener Schiefer, während wir in der Gegend von Bielitz diese Eruptivgebilde vorwiegend in den unteren Teschener Schiefern auftreten sahen. Das von Hohenegger angegebene Teschenitvorkommen nördlich von Riegersdorf konnte ich nicht auffinden. [23] Beiträge zur Kenntniss des schlesisch-galizischen Karpathenrandes. 345 Als noch östlich von der Weichsel gelegen, lässt sich die Localität Perstetz dem hier in Rede stehenden Landstücke am naturgemässe- sten anreihen. Westlich bei dem genannten Orte (nordnordöstlich von Skotsehau, südwestlich von Riegersdorf) tritt mitten aus dem Löss der Weichselebene eine Insel älterer Gesteine hervor, die am Westrande aus unteren Teschener Schiefern, der Hauptsache nae ch aber aus Teschener Kalken besteht. Hohenegger zeichnete diese o ganze Partie als untere Teschener Schiefer ein, was einigermassen ben erden muss, da der Kalk hier nicht etwa als untergeordnete Einlagerung in den 'Schiefern gedeutet werden kann, sondern eine mächtige Auflagerung auf den- Selben darstellt, und auch einer für diese Gegend nich unbedeutenden Kalkindustrie zur Basis dient. Auf der Römer ‘schen Karte ist dieser Kalk bereits eingezeichnet. III. Das Landstück zwischen dem Weichselthale bei Skotschau und dem Olsathale nördlich von Teschen. Während uns die im Vorstehenden behandelten Gegenden doch immer noch vollständige Durchschnitte durch das vorkarpathische Hügelland, von der Diluvialebene bis zum Godulasandstein-Berglande ergaben, besitzt der jetzt noch zu besprechende Theil des Aufnahms- gebietes — die Gegend zwischen Skotschau und Teschen — keinerlei natürliche Begrenzung mehr. Das untereretaeische Hügelland verbreitert sich gegen Teschen zu immer mehr, die Grenze desselben gegen das Godulasandsteingebirge tritt immer mehr gegen Süden zurück ; das Gebiet, welches ich hier, der mir gestellten Aufgabe entsprechend, als noch in den Bereich des Generalstabsblattes Zone VI, Col. XIX fallend, zu untersuchen und zu kartiren hatte, begreift nun hier nicht mehr die ganze Breite der vorkarpathischen Zone untereretaeischer Bildungen, sondern nur ein Stück des nördlichen Theiles derselben. Die Zonen der Wernsdorfer Schichten und Mikuszowitzer Schichten, der Ellgother Schichten und des Godulasandsteins fallen hier schon weit ausserhalb des Untersuchungsgebietes. Was wir zwischen Skotschau und Teschen beobachten können, sind nur untere und obere Teschener Schiefer, Teschener Kalke, alttertiäre Bildungen, Teschenite, Diluvien und Flussalluvionen. Die südliche Grenze des Hauptdiluvialgebietes verläuft vom Weichselthale bei Klein-Ochab über Schimoradz, Baumgarten, Sam- lovice, Haslach und erreicht bei Marklowice das Olsathal. Nördlich von dieser Linie herrscht Löss; in den meisten bedeuten- deren Thälern sieht man denselben von diluvialem Flussschotter unter- lagert, ausserdem treten an einigen wenigen Punkten auch Spuren wahrscheinlich alttertiärer Gesteine in diesem Lössgebiete auf, so am Rande des Weichselalluviums südlich von Klein-Ochab ein mürber Schiefer, ähnlich dem von Rostropitz, im nördlichen Theile des Barchauer- waldes südlich von Brzezuwka ein weisslicher weicher Sandstein, west- lich von Brzezuwka an dem nach Pogwisdau führenden Wege eine grünliche Kalkbreceie, endlich westlich von Pogwisdau am Olsaufer wieder schieferige Gesteine. Nördlicher (ausserhalb des Untersuchungs- 45* 346 C. M. Paul. [24] gebietes) findet sich dann neogener Tegel in den Thaleinrissen als Unterlage der Diluvialgebilde. Die erwähnten, sehr vereinzelten und nur in sehr geringer Aus- dehnung an die Oberfläche tretenden Spuren von Bildungen, die mit einiger Wahrscheinlichkeit dem Alttertiär zuzuzählen sind, konnten mich nicht veranlassen, hier am Nordrande des Hügellandes nach dem Vorgange Hohenegger's eine zusammenhängende Zone von Alttertiär auf der Karte einzuzeichnen. Die Diluvialbildungen sind hier zu mächtig und typisch entwickelt, als dass eine Ignorirung derselben zulässig erscheinen könnte, es sei denn, man wollte mit principieller Vernach- lässigung aller Quartärbildungen eine „abgedeckte Karte“ im eigent- lichen Sinne herstellen, was übrigens auch Hohenegger nicht con- sequent durchführte, da er ja anderwärts weit weniger bedeutende Diluvial- ablagerungen auf seiner Karte einzeichnete. Auf Römer’s Karte ist die oben angeführte Südgrenze des Haupt- lössgebietes bereits nahezu richtig eingezeichnet, dagegen ist die punk- tirte Linie, durch welche auf dieser Karte die Grenze des nordischen Erratieums angedeutet sein soll, in dieser Gegend nicht genau zutreffend. So fand ich z. B. erratische Granite und Gneisse noch ziem- lich weit östlich von Teschen (bei Kräsna), und östlich vom Schimonadz- Mayerhofe in dem dort tief in den Löss eingeschnittenen Thälchen ein grösseres Geschiebe eines schönen Hornblendeschiefers, wie er sonst im Erraticum nicht häufig ist. Im Uebrigen finden die erratischen Geschiebe ihre Hauptverbreitung in der Nähe des südlichen Randes des Lössgebietes, sowie in den grösseren Querthälern, dem Bialka-, Weichsel- und Olsathale. Südlich von der mehrerwähnten Linie Klein-Ochab-Marklovie beginnt die Zone der untereretacischen (neocomen) Bildungen. Während in den früher besprochenen Gegenden die oberen Teschener Schiefer die herrschenden Gesteine bildeten, in denen die älteren Glieder des neocomen Complexes einzelne deutlich gesonderte, und allerdings gegen Westen immer mehr an Ausdehnung zunehmende Aufbruchszonen darstellten, sind hier zwischen Skotschau und Teschen die tieferen Glieder vorwiegend entwickelt. Wenn man von einzelnen isolirten Schollen der oberen Glieder, die auf dem Hauptgebiete der unteren liegen, sowie von einigen (namentlich bei Skotschau entwickelten) Aufbrüchen der unteren im Hauptgebiete der oberen Glieder absieht, kann man im Allgemeinen zwischen Skotschau und Teschen drei von Süd gegen Nord aufeinanderfolgende Zonen unterscheiden. Die südlichste, ausgedehnteste, besteht vorwiegend aus den unteren Teschener Schiefern: dann folgt nordwärts eine allerdings mehrfach unterbrochene und in ihrer Breite sehr wechselnde Zone von Kalken und endlich an diese nördlich sich anschliessend eine Zone von oberen Teschener Schiefern, die den Rand gegen das Diluvialgebiet bildet. Die unteren Teschener Schiefer sind, ausser sehr vielen anderen Stellen, namentlich an den Gehängen des Teschener Schlossberges gegen die Olsa gut aufgeschlossen. Ihre petrographische Beschaffenheit ist schon von Hohenegger kurz, aber deutlich charakterisirt worden. Es sind bituminöse, feinblätterige, mürbe Mergelschiefer von licht- bis [25] Beiträge zur Kenntniss des schlesisch-galizischen Karpathenrandes. 347 dunkelgrauer Farbe, ohne Thoneisensteine. Schwarze oolithische Kalke stehen nicht selten mit denselben in Verbindang. Ich habe dem nur hinzuzufügen, dass ich im nördliehen Theile der Stadt Teschen beim Friedhofe in der Freistadter Vorstadt, auch einzelne Bänke eines gelblich weissen, muschelig brechenden Kalkes diesen Schiefern eingelagert fand, der mit den eigentlichen Teschener Kalken nicht verwechselt werden darf. Die Hauptentwicklung der unteren Schiefer reieht im Olsathale nördlich bis Pastwisk, im Weichselthale bis Skotschau ; die Südgrenze dieser Zone fällt ausserhalb meines Untersuchungsgebietes. Auf der- selben liegen mehrere isolirte Schollen jüngerer Neocomglieder, so nordöstlich von Teschen, nördlich von Bobrek bei Sarkandrowitz eine Gesteinspartie, die im südlichen Theile aus Kalk, im nördlichen aus den Strzolken der oberen Teschener Schiefer besteht; bei Ogrodzon und am Helmberge bei Godzichau grössere Kalkschollen ; zwischen Ogrodzon und Kisselau eine Partie oberer Teschener Schiefer ohne Entwicklung der Kalke; endlich die südlichere Kalkpartie von Willamowitz bei Skotschau. Ausser diesen isolirten Kalkpartien sind aber, wie erwähnt, Kalke und denselben äquivalente Mergelkalke auch als Zwischenzone zwischen den Zonen der unteren und oberen Teschener Schiefer entwickelt. Diese beginnt am Willamovitzerberge bei Skotschau, ist bei Iskryezyn unter- brochen, tritt nordwestlich vom Kemski Dwör in einer ganz schwachen Spur wieder auf, verbreitert sich nördlich von Gumna sehr bedeutend gegen Süden (diese Partie fehlt auf den Karten von Hohenegger und Römer), wird dann viel schmäler, nimmt bei Zamarsk wieder eine bedeutende Breite ein und verschwindet endlich nordöstlich von Pastwisk, ohne das Olsathal zu erreichen. . Nördlich folgt dann die Zone der oberen Teschener Schiefer, die aber im Osten (bei Skotschau) noch vielfach durch Aufbrüche der älteren Gebilde unterbrochen ist. Das linke Weichselufer nördlich von Skotschau zeigt von Süd nach Nord eine viermalige Aufeinanderfolge von unteren Teschener Schiefern, Kalk und oberen Teschener Schiefern. Die Wiederkehr derselben Reihe in derselben Ordnung ergibt, dass die Dislocation hier die Form longitudinaler Verwürfe besitzt, während wir sie in den östlieheren, hier behandelten Gebieten vorwiegend in der Form einfacher Wellen mit antiklinaler Schichtstellung markirt fanden. Weiter westlich finden sich noch kleine Aufbrüche von Kalk und unteren Schiefern am Herstowskiberge bei Baumgarten und am Olsa- ufer, etwa in der Mitte zwischen Marklowitz und der Teschener Militär- schiessstätte. Sonst herrschen in dem Landstreifen, dessen Nordgrenze durch die obenerwähnte Südgrenze des Diluvialgebietes (Klein-Ochab- Marklowitz), dessen Südgrenze durch die Kalkzone (Willamowitzerberg- Zamarsk-Pastwisk) bezeichnet ist, die oberen Teschener Schiefer in allen ihren bekannten Varietäten, und zwar östlich in der Form schaliger Kalksandsteine, westlich mehr in der wirklicher Schiefer entwickelt. Die Vorkommnisse von Teschenit sind in diesem Landstücke besonders häufig und treten dieselben in allen Gliedern der Teschener Neoeomgebilde, merklich überwiegend aber in der Zone der oberen Teschener Schiefer auf. 348 C. M. Paul. [26] Die wichtigsten dieser Vorkommnisse sind wohl diejenigen am rechten Olsaufer, nördlich von Teschen, da dieselben, leicht zugänglich und in Steinbrüchen aufgeschlossen, von jeher den Petrographen einen grossen Theil ihres Untersuchungsmaterials geliefert haben. Wenn man die Stadt Teschen auf der Strasse nach Freistadt verlässt, trifft man die erste Teschenitpartie etwa nach einer Viertel- stunde bei der Einmündung des Thales von Boguschowitz in das Olsa- thal. Der Teschenit zieht von hier in einem anfangs bei 100 Meter breiten, später sich verschmälernden Zuge am südlichen Ufer des Boguschowitzerthales, südlich bei Kalembitz vorbei über 2 Kilometer weit gegen Nordost, dann löst sich der Zug durch häufige Unter- brechungen in eine Reihe von Einzelnvorkommnissen auf und ist in dieser Weise in ostnordöstlicher Richtung bis gegen Kostkowitz zu verfolgen. Diese Teschenitvorkommnisse bilden zusammen eine Linie, die, dem Schichtenstreichen folgend, nahe der Südgrenze der oberen Teschener Schiefer und parallel mit dieser sich hinzieht. Man könnte, sehr versucht sein, diese Linie als den Ausbiss eines regelmässigen Lagers anzusehen, doch ist auch die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass sie vielleicht einer parallel dem Streichen verlaufenden longitu- dinalen ‚Bruchlinie entspreche. Dass solche in der Gegend wirklich vorkommen, erweisen die oben erwähnten Verhältnisse am Weichselufer nördlich von Skotschau. Gegen Westen findet der Teschenitzug von Boguschowitz auf der segenüberliegenden (linken) Seite des Olsathales seine direete Fort- setzung in einem sehr schönen Aufschlusse, der sich südlich von Allo- dial. Ellgoth, nördlich bei der Einmündung des Kotzobenzbaches in das Olsathal, unmittelbar an der Eisenbahnlinie befindet. Man sieht hier den Teschenit direct von oberen Teschener Schiefern mit ziemlich flacher Schichtenstellung bedeckt; an der Contactlinie erscheinen diese letzteren meist in eine gelbliche oder braune, gestreifte, jaspisähnliche Masse umgewandelt. Nördlich vom Boguschowitzer Zuge findet man auf der rechten Seite des Olsathales nördlich von der Militär-Schiessstätte wieder eine grössere Teschenitpartie in einem Steinbruche aufgeschlossen ; die- selbe hat aber dem Streichen nach gegen Nordost keine weitere Aus- dehnung. Dann folgen noch südlich von Marklowitz 3 Steinbrüche im Teschenit. Alle diese Vorkommnisse sind von oberen Teschener Schiefern mehr oder weniger deutlich überlagert und sieht man auch hier den obenerwähnten gebänderten Jaspis vielfach als Contact- gesiein. Das von Hohenegger im Eocän bei Pogwisdau angegebene Teschenitvorkommen konnte ich als solches nicht constatiren. Man findet hier (westlich vom Dorfe Pogwisdau) gegenwärtig nur zahlreiche Teschenit- trümmer und Geschiebe, aber keine wirklich anstehende Teschenit- partie. Zu bemerken ist, dass der das Plateau von Pogwisdau bildende Diluvialschotter, sowie selbst der darüber liegende Löss zahlreiche Teschenitgeschiebe eingebettet enthalten. Irgend ein klares Verhältniss des Teschenits zum Alttertiär, welches für die noch immer controverse Frage nach der präeciseren Altersbestimmung dieser Eruptivgebilde von Belang wäre, ist hier durehaus nicht zu entnehmen. [27] Beiträge zur Kenntniss des schlesisch-galizischen Karpathenrandes. 349 Die sämmtlichen übrigen Teschenitvorkommnisse der Gegend, die grösstentheils schon von Hohenegger gekannt und eingezeichnet worden waren, hier des weiteren aufzuzählen, dürfte zwecklos sein; dieselben sind durchgehends kleiner und minder gut aufgeschlossen als die erwähnten und ergeben daher noch weniger Anhaltspunkte für die bei jedem derartigen Vorkommen sich aufdrängende Frage, ob man es mit Intrusivmassen oder mit Effusivdeecken zu thun habe. Dergleichen Fragen müssen übrigens für sich allein den Gegenstand eingehender, durch keinerlei Beschränkung an Zeit und Untersuchungsrayon beein- trächtigter Specialstudien bilden, und können nicht nebstbei anlässlich einer geologisch-kartographischer Aufnahme gelöst werden. Ein Rückblick auf die im Vorstehenden mitgetheilten Einzel- ‚beobachtungen ergibt, dass die von Hohenegger eingeführte Gliede- rung der das vorkarpathische Hügelland und den Nordrand der Kar- pathen selbst zusammensetzenden ceretacischen Bildungen im Allgemeinen festgehalten werden konnte. Im Detail ergaben sich allerdings mehr- fache Abänderungen und Ergänzungen, die zumeist schon bei der Schilderung der einzelnen Durchsehnitte und Localitäten ihre Erwähnung fanden. Namentlich musste die Ausdehnung, die Hohenegger seinen „unteren Teschener Schiefern“ gibt, vielfach eingeschränkt werden. Wohl verleitet durch den Umstand, dass diese Schiefergebilde ein gelbliches lehmiges, einigermassen lössähnliches Verwitterungs- produet bilden, zeichnete er häufig auch solche Diluvialgebiete, wo Schotter unter dem Lehm oder Löss auftritt, dieser also sicher Kein eluviales Product sein kann, und wo weiters gar keine Anhaltspunkte oder Wahrscheimlichkeitsgründe für die Annahme eines solchen Unter- srundes vorliegen, als untere Teschener Schiefer ein. Es ist gewiss unter Umständen berechtigt, dünne Diluvialbedeckungen , deren Unter- srund mit Sicherheit erkannt werden kann, zu ignoriren, und die letzteren auf der Karte einzuzeichnen, wie ich es ja selbst bei der alt- tertiären Zone am Nordrande des hier betrachteten Karpathengebietes mehrfach that. Eine solche Einzeiehnung muss aber auf wirklichen Aufschlüssen und Beobachtungen, nicht aber auf einer ganz willkürlichen Annahme beruhen. Ferner zog Hohenegger gewisse lichte kalkige Mergelschiefer, die genaue Aequivalente der Teschener Kalke sind, und die ich daher mit diesen letzteren vereinigte, häufig (wie z. B. nörd- lich von Gumna) zu den unteren Teschener Schiefern. Was die „Teschener Kalke“ betrifft, so bezeichnen dieselben zwar meistens das Niveau zwischen unteren und oberen Teschener Schiefern, eine eigene scharf gesonderte und continuirlich zu ver- folgende Etage konnte ich aber in denselben nicht erkennen. Die Grenzschichten zwischen den beiden Schieferniveaus sind eben nicht überall kalkig entwiekelt und man findet daher häufig untere und obere Teschener Schiefer ohne kalkige Zwischenschichte unmittelbar aneinandergrenzend, ohne dass man deshalb an solchen Stellen überall Bruchlinien oder sonstige Störungen annehmen müsste. Eine Scheidung „unterer“ und „oberer“ Teschener Kalke liess sich in meinem Gebiete 350 C. M. Paul. [28] nieht durchführen; gerade die von Hohenegger als charakteristisch für seine „unteren Teschener Kalke“ bezeichneten hydraulischen Kalke kommen allerorts in den obersten Lagen, mit den hieroglyphenführenden Kalksandsteinen der oberen Teschener Schiefer engstens verknüpft, vor. Bezüglich der „oberen Teschener Schiefer“ und „Werns- dorfer Schiehten“ glaube ich mich auf die kurzen, bei den einzelnen Localschilderungen gegebenen Bemerkungen beschränken zu sollen, da über die Faunen und Parallelen dieser Bildungen, namentlich in der letzteren, neuerer Zeit von Dr. V. Uhlig eingehende Untersuchungen angestellt und veröffentlicht worden sind.) Nach denselben entsprechen die Wernsdorfer Schichten nicht, wie bisher nach dem Vorgange Hohen- eg ger's angenommen worden war, dem Aptien, sonderndemBarr&emien und besteht eine ziemlich scharfe Scheidung zwischen der Fauna der- selben und der der oberen Teschener Schiefer. Ein Excerpt der wichtigsten Resultate dieser werthvollen Untersuchungen findet sich in den Verhandl. d. geol. R.-A. 1883, Nr. 10. Ueber den „Godulasandstein“ und die „Ellgother Schichten“ ist bei Beschreibung der Gegend von Roczyny das Nöthigste gesagt worden. Die von Szaynocha neu in die Karpathenliteratur eingeführten „Mikuszowicer Schiehten“ sahen wir in den Durechschnitten von Bukowiec, Bujakov und Lipnik im Liegenden der gewöhnlichen Werns- dorfer Schichten, in den beiden letzterwähnten Durchschnitten unmittelbar auf den oberen Teschener Schiefern. Bei Mikuszowice scheinen sie die Wernsdorfer Schichten gänzlich zu verdrängen und werden hier unmittelbar vom Godulasandsteine bedeckt. Bei Ernsdorf erscheinen sie wieder zwischen oberen Teschener Schiefern und Wernsdorfer Schichten. In anderen Theilen Schlesiens scheinen sie, wie aus den wohl kaum zu bezweifelnden Angaben Hohenegger’s geschlossen werden muss, meistens unmittelbar unter dem Godulasandstein zu liegen, und ich selbst sah sie bei einer gemeinschaftlich mit Herrn Dr. Uhlig bei Östravitza nächst der schlesisch-mährischen Grenze gemachten Excursion deutlich zwischen Wernsdorfer Schiehten und Godulasandstein liegen. Man findet sie also bald über, bald unter den Wernsdorfer Schichten. Durch einfache longitudinale Verwürfe, wie sie allerdings im Be- reiche der karpathischen Vorhügel nicht selten sind, ist diese wieder- spruchsvolle Position nicht zu erklären, für die Annahme von Irregulari- täten durch scharfe Falten fehlt die Wiederkehr derselben Schichtfolge in umgekehrter Reihenfolge, wie sie bei jeder wirklichen Falte nach- weisbar sein muss, und man müsste geradezu zu den abenteuerlichsten und willkürlichsten Hypothesen, zu der Annahme der unmöglichsten „Auswalzungen“ u. dergl. greifen, wenn man sich irgend eine Dislocations- form construiren wollte, die diesen Wechsel der Position genügend erklären sollte. Wir sind hiernach wohl zu der Ansicht gedrängt, dass die MikuszowicerSchichten denWernsdorferSchichtengegen- über überhaupt kein bestimmtes Niveau einnehmen, ') Uhlig, Die Cephalopoden-Fauna d. Wernsdorfer Schichten. Denkschr. d. K. Akad. d. Wissensch, Bd, 46 und Sitzb. d. k. Akad. 1882, Bd. 86. [29] Beiträge zur Kenntniss des schlesisch-galizischen Karpathenrandes. 351 sondern dass sie eben nur eine petrographische Abände- rung, eineFaciesder Wernsdorfer Schichten darstellen.‘ Schon Szaynocha hat auf die Aehnlichkeit hingewiesen, die zwischen den gestreiften und gebänderten Hornsteinen dieses Complexes und den Hornsteinen der oligocänen Menilitschiefer besteht, und in der That würde wohl jedes Hornsteinstück aus den Mikuszowicer Schichten, wenn es ohne weiteren Aufschluss etwa irgendwo in Ostgalizien gefunden würde, unbedenklich als aus Menilitschiefern stammend angesehen werden. Man könnte die Mikuszowicer Schichten geradezu neocome Menilitschiefer nennen. Die Analogie geht aber noch weiter; nicht nur die Bildungen selbst gleichen sich, sondern auch ihr Liegendes und Hangendes zeigen bis zu einem gewissen Grade übereinstimmende Faciesentwicklung. Unter den Mikuszowicer Schichten liegen die oberen Teschener Schiefer mit ihren hieroglyphenreichen Kalksandsteinen (Strzolkabänken), unter den Menilitschiefern die sogenannten oberen Hieroglyphenschichten, auf deren Aehnlichkeit mit den Sträolken des Neocom wiederholt hin- gewiesen wurde, so dass sogar im mündlichen Verkehre der Ausdruck „falsche Strzolka“ nicht selten für dieselben in Anwendung kam. Ueber den Mikuszowicer Schichten liegt der Godulasandstein, über den Menilitschiefern meist der Magurasandstein, zwei untereinander bekanntlich ebenfalls sehr ähnliche Sandsteinbildungen. In der Kreide wie im Alttertiär haben wir also stellenweise eine ziemlich analoge Aufeinanderfolge einer Str2olka- oder Hieroglyphenfacies, einer kieseligen oder Hornsteinfacies und einer Sandsteinfacies. °) Ob diese eigenthümliche Analogie eine blos zufällige ist oder ob derselben doch irgend eine tiefere genetische Ursache zu Grunde liegt, das will ich hier nicht zu entscheiden versuchen. Derlei Er- örterungen wären auch in der vorliegenden Mittheilung, die nur der Beschreibung eines engbegrenzten Aufnahmsgebietes gewidmet ist und von der ich alle Arten theoretischer Speeulationen a priori ausschloss, nieht an ihrem Platze. Die Sache hat aber, von allen theoretischen Erklärungsversuchen abgesehen, auch eine recht missliche praktische Seite. Sie kann nämlich die Deutung minder gut aufgeschlossener Karpathensandsteingebiete sehr erschweren, ja unter Umständen zu einer wirklichen Fehlerquelle werden. Ich glaube die Zuversicht ?) Die Anwendung des Namens „Mikuszowicer Schichten“ scheint mir, wenn auch nach dem Obigen eine scharfe Niveaubezeichnung durch denselben nicht gegeben ist, immerhin beizubehalten, da doch eine scharf markirte petrographische Ausbildungsweise eines bestimmten karpathischen Schichtgliedes damit bezeichnet ist. Wird ja doch auch der etwas schwer auszusprechende, den schlesischen Bergleuten entlehnte Ausdruck „Strzolka“ so ziemlich von allen Karpathengeologen acceptirt, um nicht immer die lang- athmige Bezeichnung: „schalige, hieroglyphenführende Kalksandsteine der oberen Teschener Schiefer“ in Anwendung bringen zu müssen. 2) Dass die Grenzen, namentlich im Alttertiär, nicht immer scharfe sind, die Menilitschiefer z. B. auch häufig ober und unter dem Niveau ihrer Hauptentwicklung in anderen Gliedern des Alttertiärs einzelne Lagen bilden, dass auch im Godulasand- stein untergeordnet hieroglyphenführende Bänke auftreten, und überhaupt noch manche andere ähnliche Einzelnheiten vorkommen, die der oberwähnten Gesetzmässigkeit zu widersprechen scheinen, ist allerdings nicht zu leugnen, doch ist diese Gesetzmässigkeit, im Allgemeinen betrachtet, doch oft genug zu constatiren, wenn sie auch bis in’s Detail nicht verfolgt werden kann. Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Band. 2. Heft. (C. M, Paul.) 46 a9 C. M. Paul. Beiträge zur Kenntniss des schles.-galiz. Karpathenrandes. 322 aussprechen zu dürfen, dass die streng analytische Methode, die wir bei unseren Aufnahmen in der Karpathensandsteinzone Galiziens und der Bukowina in Anwendung zu bringen bestrebt waren, uns wohl in den meisten Fällen vor dieser Fehlerquelle geschützt, haben dürfte; aber immerhin gibt es in dem grossen Karpathensandsteingürtel noch so manche einzelne Stellen, an denen die elementare Frage: ob Kreide oder Tertiär nicht endgiltig gelöst, oder überhaupt dermalen nicht lösbar ist. Dass wir uns bei dem in den vorstehenden Zeilen behandelten Gebiete nicht mehr auf einem so vagen Standpunkte befinden, dass die erwähnte elementare Frage hier vollständig gelöst und beseitigt ist, das ist in allererster Linie das Verdienst Hoheneggers, und ich schliesse mit der uneingeschränkten Anerkennung dieses Verdienstes, welches durch die mannigfachen Modificationen, die ich an den Angaben und Einzeichnungen des Genannten vornehmen konnte und musste, nicht beeinträchtigt wird. Bemerkungen über eine Quelle bei Langenbruck unweit Franzensbad. Von Dr. E. Tietze. (Vortrag in der Sitzung d. K. k. geol. R.-A. am 29. November 1887.) Während des vergangenen Sommers war in einzelnen Zeitungs- notizen wiederholt die Rede von einer Quelle in der Nähe von Franzens- bad, auf welche man neuerdings aufmerksam geworden sei, und welche vielleicht bestimmt sein könnte, die Zahl der heilbringenden Wässer jener Gegend zu vermehren. Andererseits erhoben sich Bedenken gegen die Ausnützung dieser Quelle, namentlich wohl von Seiten der an der Verwerthung der jetzt im Gebrauch befindlichen Heilquellen mehr oder minder direct Interes- sirten, und es wurde geltend gemacht, dass diese sozusagen älteren Queilen an Qualität und Quantität Einbusse erleiden könnten, wenn es gestattet würde, jene in der Nähe der Ortschaft Langenbruck gelegene Quelle dem Gebrauche zugänglich zu machen. Der Umstand, dass für Franzensbad ein Schutzrayon besteht, der allerdings zunächst die aus eventuellen bergbaulichen Unternehmungen für die Heilquellen drohenden Gefahren berücksichtigt, machte es ausserdem den betheiligten politischen Behörden zur Pflicht, der Sache ihre volle Aufmerksamkeit zuzuwenden, was denn auch geschah. Als ich nun vor Kurzem zur Intervention in dieser Angelegenheit aufgefordert wurde, konnte ich selbstverständlich nicht in Aussicht stellen, dass diese Intervention einer oder der anderen der hier be- theiligten Parteien von direetem und ausschliesslichem Nutzen sein würde. Da man aber nicht mehr von mir verlangte als ein rein sachliches Gutachten, so entschloss ich mich, jenem Ansuchen Folge zu geben und reiste noch während der ersten Hälfte des Monates November nach Franzensbad ab. Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Band. 2. Heft. (E. Tietze.) 46* 354 Dr. E, Tietze. [2] Wenn ich nun in dem Folgenden von dem Ergebniss meiner Wahrnehmungen und in Verbindung damit von dem Bilde, welches die, aus der ziemlich umfangreichen Literatur über die Gegend von Franzens- bad geschöpften Anschauungen entstehen liessen, Mittheilung mache, so hat dies nicht allein den Zweck einer Aufklärung des gerade vor- liegenden Falles. Es ist vielmehr damit auch die Absicht verbunden, an einem mir zufällig zugänglich gewordenen Beispiele einen Theil der Gesichtspunkte zu erläutern, welche für die Zukunft bei ähnlichen Fällen in Betracht kommen könnten. Dass aber solche ähnliche Fälle für Franzensbad zu den Wahrscheinlichkeiten gehören, das hat die bisherige Erfahrung nicht blos bei dem diesmal zu besprechenden Anlasse, sondern auch schon früher gelehrt. Es wurde so eben gesagt, dass die Literatur über Franzensbad schon ziemlich umfangreich sei, es mag deshalb zur Orientirung der diesen Ausführungen folgenden Hörer (bezüglich Leser) nützlich sein, wenn ich zuerst die wichtigsten der betreffenden Schriften nenne, ohne dass damit eine absolute Vollständigkeit angestrebt werden soll. Es kommt hierbei vorzüglich aufdie mit den Wasserverhältnissen zusammenhängenden geologischen Mittheilungen an. Rein balneologische Aufsätze, von denen man übrigens viele in der zu erwähnenden Arbeit Cartellieri’s auf geführt findet, oder rein paläontologische Daten, haben für die uns be- schäftigende Frage ohnehin kein Interesse. Wer übrigens dann noch das Literaturverzeichniss in der zu erwähnenden, theilweise von anderen Bedürfnissen ausgehenden Abhandlung von Bieber über die „Soos“ nachschlagen will, wird sich die hier zu gebende Liste leicht noch um mehrere Nummern verstärken können. (Andererseits wird man hier einiges dort nicht Genanntes finden.) | A. E. Reuss, Die geognostischen Verhältnisse des Egerer Bezirkes und des Ascher Gebietes in Böhmen. Abhandl.d.k.k. geol. R.-A. 1852, I. Bd. J. Jokely, Zur Kenntniss der geologischen Beschaffenheit des Egerer Kreises in Böhmen. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1856. J. Jokely, Die tertiären Süsswassergebilde des Egerer Landes und der Falkenauer Gegend. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1857. Carlsbad, Marienbad, Franzensbad und ihre Umgebung. Festschrift für die 37. deutsche Naturforscher - Versammlung in Carlsbad,, von verschiedenen Autoren. Prag nnd Carlsbad 1862. (Enthält eine geognostische Skizze von A, E. Reuss.) G. Laube, Skizze der geologischen Verhältnisse des Mineralwassergebietes Böhmens, Prag 1878. E. Suess, Die Heilquellen Böhmens. Vortrag, gehalten im März 1878 zu Gunsten d. deutsch-österr. Lesevereines d. Wiener Hochschule, Wien 1878, bei Hölder. H. Gradl, Das Tertiärbeck«n des Egerlandes und seine Mineralquellen. Eger 1879. G. Laube, Die Quellenverhältnisse von Franzensbad. In den „Marienbad - Franzens- bader Blättern“. Nummer vom 29. August 1879. Anonym, Mineralquellen und Badehausetablissement in Franzensbad (Eigenthümer Anton Singer). Wien, Verlag von L. Rosner, 1880. (Enthält ein Gutachten von Prof. Krej6i.) F. Karrer, Der Boden der böhmischen Bäder. Wien 1879. G. Laube, Geologische Exeursionen im Thermalgebiete des nordwestlichen Böhmens. Leipzig 1884. J Br > \ & a Franzensbad. Das Wissenswertheste über den Curort. Franzens- a R 0. Bieber, Das Mineralmoor der „Soos“. Geologisch bearbeitet. Marburg a. d. Dr. 1887. Alois John, Aus dem geistigen Leben des Egerlandes. Eger 1887. (Enthält, soweit Geologie in Betracht kommt, noch einige weitere für einen eventuellen Monographen schätzbare Literaturnachweise und ist mir erst nach Abhaltung des Vortrages zugänglich geworden.) [3] Bemerkungen über eine Quelle bei Langenbruck unweit Franzensbad. 355 Auf eine Wiederholung der Angaben, welche sich auf die Zu- sammensetzung der Gegend von Franzensbad im Allgemeinen beziehen, kann ich mich hier nicht einlassen. Man braucht ja die Ergebnisse seiner Vorgänger nicht überallbin und namentlieh nieht jeder Kleinigkeit wegen durch Reproduetionen mitzuschleppen. Die Lage des Ortes in der Nähe des westlichen Randes des von krystallinischen Gesteinen ver- schiedener Art umschlossenen Egerer Tertiärbeckens und in der Nähe des basaltischen Kammerbühls muss ich deshalb in Folgendem als bekannt voraussetzen, ebenso wie den Umstand, dass die Franzensbader Heil- quellen im Bereich des dortigen, jetzt allerdings in Folge von Bauten und Anlagen nicht mehr in seiner ursprünglichen Ausdehnung leicht erkennbaren Moores entspringen, an dessen Bildung sie wesentlich mitbe- theiligt gewesen sind. Des Weiteren setze ich als bekannt voraus, dass die Franzens- bader Heilquellen, wie sich Cartellieri ausdrückt, als „alkalische Glaubersalzsäuerlinge und zum Theil als alkalisch-glaubersalzige Eisen- säuerlinge zu bezeichnen“ sind, und dass ihre Temperatur um einige Grade höher ist als die mittlere Jahrestemperatur des Ortes. Indem ich noch die Namen der Quellen (Franzensquelle, Salzquelle, Wiesenquelle, Neuquelle, Luisenquelle, Kalter Sprudel, Loimannsquelle, Stahlquelle, Mineralsäuerling, Stephaniequelle, Herkulesquelle, Nataliequelle) nenne, glaube ich das Nöthigste zum Verständniss des Folgenden vorausge- schickt zu haben und gehe zur Beschreibung des Sachverhaltes über, wie er sich mir anlässlich meines Besuches dargestellt hat. Am nordöstlichen Rande des vom Schladabache durchzogenen Franzensbader Moores, eine schwache halbe Stunde: von Franzensbad und einige Minuten vor Langenbruck, befindet sich, nicht im Moor- srunde selbst, sondern schon auf der das Moor dort begrenzenden niedrigen Anhöhe gelegen, in der Nähe der von Franzensbad nach Tirsehnitz führenden Bahn (südlich von letzterer) eine den mir ge- wordenen Mittheilungen nach seit längerer Zeit bekannte Quelle, welche zur Zeit meiner Anwesenheit daselbst (9. und 10. November 1887) durch eine Grabung vertieft erschien. Ich werde diese Quelle bei meinen weiteren Ausführungen bis- weilen als Langenbrucker, bisweilen der Kürze und auch der Abwechs- lung wegen nach dem gegenwärtigen Besitzer als Bosse’sche Quelle bezeichnen. Durch die erwähnte Grabung war ein von senkrechten Wänden begrenztes, ungefähr 10 Schritte im Geviert messendes, gegen 13 Meter tiefes Loch hergestellt .worden, welches unten mit Wasser gefüllt war. Die Basis dieser Ausgrabung befand sich noch immer in einiger Höhe über dem Niveau des Moores. In der Richtung gegen Langenbruck zu, in der, wie es scheint, schon früher der natürliche Abfiuss der Quelle vor sich ging, bemerkte man einen ebenfalls durch frische Aushebungen vertieften Abzugscanal, in dessen oberem Theile, etwa 30 Schritte von der Quelle entfernt, ein Auftrieb von Gasen, vermuthlich von Kohlen- säure, stattfand. Durch diese Grabungen war die Zusammensetzung des weit in der Umgebung nirgends deutlich entblössten Terrains sichtbar geworden. Demnach liegt hier zu oberst eine wenig mächtige Humusschichte, 356 Dr. E. Tietze. [4] darunter ein gelber, dann ein intensiv grüner Letten, zusammen eirca 2 Meter mächtig. Darunter folgt heller Cyprisschiefer, wie er so häufig in den Tertiärgebieten dieses Theiles von Böhmen auftritt, darunter dann, an der Basis der Grube, ein grünlicher lettiger Sand bei flacher Lagerung aller Schichten. In nunmehr beschriebenen Quellbassin tritt das Wasser an einigen, nämlich etwa an 3 Stellen hervor. So lange diese Stellen nicht von einander separirt sind, ist wohl nicht zu entscheiden, ob die dortigen Wassermengen durchwegs von homogener Beschaffenheit in Bezug auf Mineralgehalt und Temperatur sind. Weil also die Möglichkeit einer Verschiedenheit der einzelnen Quellzuflüsse a priori nicht ganz auszuschliessen ist, so ist das Wasser, welches man zur Zeit meiner Anwesenheit daselbst schöpfen konnte, nur als Mischung aufzufassen und die Untersuchungen desselben durch den Geschmack oder durch die chemische Analyse (die später zu erwähnende Analyse scheint das Wasser unter gleichen Voraussetzungen verfügbar gehabt zu haben wie ich) müssen zunächst als Durchschnittsproben aufgefasst werden. Es wäre also, wenigstens principiell, nicht unmöglich, dass das Wasser der einen oder der anderen Stelle etwas gehaltreicher als dass der anderen Stellen sein könnte. Im Hinblick auf die sogleich folgende Besprechung des chemischen Befundes ist dies zu erwähnen nicht unnöthig. Ein Absatz von Eisenocker verräth einen gewissen Eisengehalt der Quelle. Auch durch den Geschmack gibt sich, wenn auch in schwächerem Grade, ein solcher Gehalt kund. Sonst schmeckt die Quelle gerade nicht nach einem Mineralwasser und würde nach meinem Dafürhalten ohne die besonderen Verhältnisse, welehe sich für dieselbe aus der Nachbarschaft des Franzensbader Curortes ergeben, eine er- höhte Aufmerksamkeit nicht verdienen. Während die Franzensbader Quellen einen stark salzigen alkalischen Geschmack besitzen, verspürt man von einem solchen bei der Bosse’schen Quelle nichts, wie nicht minder der Mangel an freier Kohlensäure auffällt, so dass das betrefiende Wasser eines angenehm prickelnden Beigeschmackes entbehrt. Laut einer mir inzwischen zur Kenntniss gelangten Analyse des beeideten Gerichtschemikers Herrn Rainer in Wien besteht?!) der feste Rückstand dieses Wassers ganz vorwiegend aus kohlensaurem Kalk und kohlensaurer Magnesia und sind Alkalien nur in sehr geringer Menge vorhanden, und zwar als kohlensaure Verbindungen. Es wird dabei ausdrücklich angegeben, dass Chlor- und Sulphatverbindungen nicht gefunden wurden, so dass entsprechend dem Eindrucke, den man schon durch das Geschmacksorgan erhält, eine prineipielle Verschiedenheit der Langenbrucker Quelle gegenüber den Franzensbader Heilquellen constatirt werden muss. ‘) Die betreffende Probe zeigte sich klar, farblos, geruchlos, von mildem Geschmack und mit wenigen Flocken von Eisenoxyd als Bodensatz. Der Gesammtrückstand von einem Liter betrug 0'4630 Gramm, davon kohlensaurer Kalk und Magnesia 0'3990 Gramm und kohlensaure Alkalien 0'063. Demzufolge bezeichnet Herr Rainer das Wasser als das einer Süsswasserquelle. (Die Franzensbader Heilquellen enthalten in 1000 Gramm 1:809—6°075 Gramm fester Bestandtheile und 831 bis 1873 Cubikcentimeter Kohlensäure, vergl. Cartellieri, ]. c. pag. 38.) [5] Bemerkungen über eine Quelle bei Langenbruck unweit Franzensbad. 357 Bei oberflächlicher Betrachtung erscheint es in der mir zur An- sicht gelangten Analyse auffällig, dass Eisen nicht nachgewiesen wurde, obschon dasselbe sich doch durch einen schwachen Geschmack ankündigt. Es wird deshalb von dem Verfasser der Analyse die Vermuthung ge- äussert, der Eisengehalt der Quelle sei bereits im Bodensatz derselben abgeschieden worden. Dies mag für den grössten Theil dieses Gehaltes auch zutreffen, da die Quelle bei ihrem geringen und offenbar sich schnell verflüchtigenden Gehalt von freier Kohlensäure einen Theil ihrer festen Bestandtheile jedenfalls bald ausscheidet und da das offenbar in Form von kohlensaurem Eisenoxydul ursprünglich gelöste Eisen bei der Berührung des Wassers mit der Luft sich früher als die entsprechenden Kalk- und Magnesiaverbindungen niederschlägt, sich in Eisenoxyd verwandelt und dem Bodensatz die eigenthümliche ockerige Färbung verleiht, die man hier, wie bei so vielen anderen Quellen beobachtet. Kleine Mengen, die sich der Beobachtung des Chemikers entziehen, können dann leicht noch durch den Geschmack erkannt werden. Um die Beschreibung des Thatbestandes zu ergänzen, muss endlich noch gesagt werden, dass nach einer von mir mit einem Badethermo- meter vorgenommenen Messung etwa 8/,° Reaumur als Temperatur für die Langenbrucker Quelle constatirt wurde, was, da nach den lehrreichen Zusammenstellungen von Cartellieri (Franzensbad in Böhmen, Franzensbad 1887, pag. 51) die Franzensbader Heilquellen Temperaturen von 10 bis über 12° Celsius besitzen, etwa den Tem- peraturen der kühleren dieser Quellen, wie etwa der Loimannsquelle (10:35) entspricht. Es kann sich nun um die Frage handeln, ob die eventuelle Be- nützung der Langenbrucker Quelle eine Schädigung der bisher be- standenen und als Heilqueilen verwendeten Franzensbader Quellen im Gefolge haben kann. Diese Frage hat ebenso gut eine geschäftliche wie eine geologische Seite. Fasst man die Sache zunächst nicht geologisch, sondern vom Standpunkt der reinen geschäftlichen Coneurrenz auf, so braucht es nicht viel, um einzusehen, dass die Bosse’sche Quelle den Franzens- bader Heilquellen keinen Abbruch thun wird, da sie nicht die Zu- sammensetzung der Franzensbader Quellen und vor Allem überhaupt, wie es wenigstens dem Nichtmedieiner scheint, keine besonderen Qualitäten als Heilquelle besitzt. Es müsste denn sein, dass (wovon vorhin die Möglichkeit angedeutet wurde) die eine der Wasserausbruchs- stellen im Quellbassin etwas an Eisen und Kohlensäure reicher wäre als die anderen und dass es gelänge, dieselbe von dem übrigen hier zusitzen- den Wasser zu isoliren. In diesem Falle hätte man zwar wenigstens eine Art von Eisensäuerling vor sich, aber doch noch keinen Franzens- brunnen. Geologisch handelt es sich aber um die Frage, ob die Wasser- abflüsse der Langenbrucker Quelle geeignet sind, eine Verminderung der Wassermengen der Franzensbader Heilquellen herbeizuführen oder ob die Existenz dieser Quelle im Uebrigen auf die Zusammensetzung der genannten Heilquellen schädlich einwirken kann. 958 Dr. E. Tietze. [6] Es ist nieht das erstemal, dass eine ähnliche Frage für Franzens- bad auftaucht. Als es sich darum handelte, die ehemals Singer’schen, jetzt, wie ich höre, im Besitze des Herrn F. Suess befindlichen Quellen (Stefaniequelle ete.) der Verwerthung zuzuführen, sprach sich in einem schriftliehen, mir zugänglich gewordenen Gutachten der jüngst ver- storbene Professor Krejci (abgedruckt in der im Literaturverzeichniss erwähnten anonymen Broschüre) im Sinne einer ziemlich weitgehenden Unabhängigkeit der verschiedenen Quellen bei Franzensbad von einander aus und befürwortete demgemäss die Zulässigkeit jener Verwerthung. Es scheint auch nicht, dass die darauf hin ausgeführten Arbeiten den älteren Quellen Abbruch gethan haben und dieses der direeten Er- fahrung entnommene Moment muss für die Beurtheilung analoger Fälle jedenfalls berücksichtigt werden. Für jene, ehemals Singer’schen Quellen (Stefaniequelle, Herkules- quelle, Nataliequelle) ) kam in ihrem Verhältniss zu den im Orte Franzens- bad selbst befindlichen Quellen noch in Betracht, dass dieselben ihren Ursprung oder besser ihren Austritt an Stellen nehmen, welche inmitten des Franzensbader Moores gelegen sind, innerhalb welches an eine Communication der verschiedenen im Bereich eben dieses Moores auf- tretenden Quellen allerdings gedacht werden kann. Das genannte Gutachten suchte deshalb auch die aus jenem Ver- hältniss sich etwa ergebenden Bedenken zu zerstreuen, indem es in Uebereinstimmung mit den Ansichten aller Fachmänner, die über Franzensbad geschrieben haben, den Ursprung der verschiedenen hier in Betracht kommenden Quellen nieht in das Moor selbst, sondern in die Tiefe unter der Tertiärformation des Eger-Franzensbader Beckens verlegte, wo aller Wahrschemlichkeit nach die in der Umrandung dieses Beckens stellenweise zu Tage tretenden phyllitischen krystallinischen Schiefergesteine vorauszusetzen sind. Das Moor bildet demnach nur ein Mittel der Communication zwischen den von unten in dasselbe ein- tretenden Quellwässern und nicht für die Quellen selbst. Wenn deshalb die letzteren in geeigneter Weise schon an der Basis des Moores gefasst sind (nur die Louisen- und die Salzquelle haben nach den mir vor- liegenden Daten?) noch unter der Fassung Moorgrund), so kann eine Verbindung der Quellen durch das Moor und eventuell eine aus dieser Verbindung resultirende gegenseitige Schädigung derselben nicht weiter angenommen werden. Sollte man aber dennoch Bedenken in dieser Riehtung hegen, so können derartige Bedenken keinesfalls für die Langenbrucker Quelle des Herın Bosse) in Betracht kommen, weil der Austritt derselben gar nicht im Bereich des Moores, sondern seitlich davon stattfindet. !) Diese drei Quellen kann man kurz auch die Heilquellen des Kaiserbades nennen, weil dieses Etablissement von ihnen versorgt wird. ?) Durch die Güte des Herrn Intendanten F.$. Hauer wurden mir auch einige der Notizen zugänglich, welche derselbe vor mehreren Jahren gemacht hatte, als es sich um die Aufstellung eines Schutzrayons für die Franzensbader Quellen handelte. ’) Es ist dies, wie ich hier beiläufig doch noch erwähnen will, nicht die einzige Quelle bei jener Ortschaft. Weiter abwärts in der nächsten Nähe des Schladabaches befindet sich bei der Mühle von Langenbruck eine andere, anscheinend qualitativ ganz ähnlich beschaffene Quelle, welche ihrerseits allerdings ganz ähnlich wie die später noch zu besprechende Süsswasserquelle des Kaiserbades der Depression des Moores entsteigt. [7] Bemerkungen über eine Quelle bei Langenbruck unweit Franzensbad. 359 Dieser Punkt einer eventuellen Beunruhigung in Folge der Absichten, die man mit der Bosse’schen Quelle haben kann, fällt also jeden- falls weg. Man könnte sogar sagen, dass die Moorgewinnung, wie sie bei Franzensbad betrieben wird, wo in der Richtung nach Langenbruck zu ziemlich ausgedehnte Abstiche bis über 10 Fuss tief gemacht werden, den in Benützung befindlichen Quellen eher zu schaden geeignet ist als die Fassung einer nicht an sich neuen, sondern nur der Benützung neu zuzuführenden Quelle. Weniger noch der Umstand, dass diese Ab- stiche sich mit Wasser füllen und dass durch die dabei hervorgerufene Entlastung des Mooruntergrundes etwa bei einigen bis dahin sozu- sagen latenten kleineren Quellzuflüssen die Disposition zum Austritt vergrössert werden könnte, als die Thatsache, dass auch neuen Kohlen- säureexhalationen Auswege geöffnet werden, muss als eine Möglichkeit der Schädigung der alten Quellen betrachtet werden. Und doch mag jene Moorgewinnung aus anderen Gründen wünschenswerth sein. Dass man sie vornimmt, beweist, dass die Quelleninteressenten zunächst noch nicht in jedem Falle allzu ängstlich auf die Conservirung der Quantität und Qualität ihrer Quellen Bedacht zu nehmen Ursache haben oder zu haben glauben. Wenn hier soeben von einer Möglichkeit der Schädigung der alten Quellen durch Eröffnung neuer Wege für Gasexhalationen und Quell- zuflüsse gesprochen wurde, so setzt dies übrigens eine unterirdisch bestehende Verbindung der verschiedenen (Quellen des fraglichen Ge- bietes voraus. Eine solche Verbindung kann, abgesehen von der durch das Moor selbst, welche wir in den meisten Fällen und namentlich in dem uns jetzt beschäftigenden als belanglos bezeichnet haben, in zweierlei Art denkbar sein und ist diesem Sinne gemäss auch von manchen Autoren, so namentlich von Laube, behauptet worden. Sie kann nämlich durch wasserdurchlässige Schichten der bei Franzensbad verbreiteten und unter anderem auch die Unterlage des dortigen Moores bildenden Tertiärformation vermittelt werden, oder sie kann bereits tiefer in den Regionen des unter dem Tertiär liegenden Phyllits durch Spalten hergestellt sein, wobei zu berücksichtigen ist, dass die Quellen, um die es sich handelt, ihrer Temperatur nach (im Vergleich zu der mitt- leren Jahrestemperatur von Franzensbad 735°.) aus Tiefen von etwa 140—190 Meter, das ist aus der Zone aufsteigen, in welcher der Phyllit vorausgesetzt werden darf.!) Es ist deshalb die Frage, ob sich sichere ‘) Selbstverständlich sind die auf der bekannten Temperaturzunahme nach unten zu basirten und hier im Anschluss an Lau be wiedergegebenen Annahmen über die Ursprungs- tiefen der Quellen nur dann verlässlich, wenn angenommen werden kann, dass eine Mischung der betreffenden Quellen mit kälteren aus geringerer Tiefe kommenden Wässern unterwegs ausgeschlossen ist. Sollte aber für alle oder einige der Franzensbader Quellen eine derartige dann sicher auch die Qualität beeinflussende Mischung angenommen werden, wozu aber, wenigstens wenn man sich eine solche Mischung ausgiebig vorstellen wollte, kein besonderer Grund vorliegt, dann würde man den Ursprung dieser Quellen sich noch tiefer, also erst recht in den Phylliten oder gar noch darunter zu denken haben. Die Franzensbader Quellen unterscheiden sich bezüglich ihres Ursprungs, wie hier anhangsweise bemerkt werden kann, von denen der benachbarten „Soos“ nach Bieber dadurch, dass letztere, die übrigens, nach der dortigen Kaiserquelle (Temperatur 18°4° C.) Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Band. 2. Heft. (E. Tietze.) 47 360 Dr. E. Tietze. [8] Anhaltspunkte für die Annahme bestimmter Spalten im Bereich dieses Phyllites finden lassen. Hier beginnen die Schwierigkeiten des Problems , denn es wäre ebenso unzulässig, vorweg zu behaupten, dass Verbindungen wie die angedeuteten nicht bestehen können, als zu sagen, dass sie unbedingt bestehen müssen. Es ist deshalb von Wichtigkeit, zu sehen, was Professor Laube als einer der besten Kenner jener Gegend über die Natur jener Verbindungen specieller denkt. Dieser Autor findet, dass die Franzensbader Quellen nicht regellos vertheilt sind, sondern bestimmten @uellenlinien angehören, indem der kalte Sprudel, Luisenquelle und Loimannsquelle einestheils, die Wiesen- und die Salzquelle anderntheils Linien angehören, die in Stunde 2 orientirt sind, während die übrigen Quellen auf Linien liegen, die zwischen Stunde 7—8 streichen. Es ist mir aber aus den Ausführungen des genannten Autors nicht klar geworden, ob er den genannten Linien eine tiefer gehende tektonische Bedeutung beimisst. In jedem Falle bleibt hier die. Frage offen, ob man es mit Spalten zu thun hat, welche das Tertiär und seine krystallinische Unter- lage gemeinsam durchsetzen oder blos die eine oder andere dieser Formationen. Spalten des Phyllits hier als wirksam anzunehmen, welche, ohne dass das Tertiär davon in Mitleidenschaft gezogen würde, durch die Decke der letztgenannten Formation nicht in ihrer Geltung bei @uellenverhältnissen beeinträchtigt würden, schiene wohl das Schwierigste. Sollte aber berechtigter Weise hier von einer tektonischen Grund- lage jener (Quellenlinien gesprochen werden dürfen, so ist für Jeden, der eine Karte der Umgebung von Franzensbad zur Hand nimmt, klar, dass etwaige das Grundgebirge durchsetzende Quellenspalten, die nach Stunde 2 orientirt sind, mit der Langenbrucker Quelle nichts zu thun haben, sofern dabei nämlich die älteren Franzensbader Quellen in Betracht kommen. Etwas anderes ist es mit den in Stunde 7—8 verlaufenden Linien, in welche man zur Noth die Langenbrucker Quelle, wenn man sie mit den nördlicheren der Franzensbader Quellen wie mit dem Franzensbrunnen verbinden wollte, hineinbringen könnte. (Von der nördlicher gelegenen Luisenquelle und dem kalten Sprudel ist, weil dieselben einer Linie in Stunde 2 folgen sollen, hier natürlich ab- zusehen.) Ich will mich aber dieser Verhältnisse weder im Sinne eines Arguments für, noch gegen die beabsichtigte Benützung der Langen- zu schliessen, aus noch grösserer Tiefe kommen, dem Granit entsteigen, der dort zudem in der Nähe am Beckenrande ansteht. Dass bei Franzensbad selbst nicht unmittelbar der Granit, sondern der Phyllit die Unterlage des Tertiärs bildet, geht aus dessen Nachbarschaft in der Beckenumrandung hervor (besonders bei Stein oberhalb Eger ist der Phyllit gut aufgeschlossen), sowie aus den roth gebrannten phyllitischen Auswürflingen, die man häufig, wie ich gleich- falls selbst zu beobachten Gelegenheit hatte, in den vulcanischen Aufschüttungen des Kammerbühl antrifft und von denen schon Palliardi in seiner zwar stellenweise sehr einbildungsreichen, aber doch vielfach, insbesondere auch durch sehr vollständige literarische Ye werthvollen Schrift (Der Kammerbühl, ein Vulcan, Eger 1863, pag. 111) geredet hat, [9] Bemerkungen über eine Quelle bei Langenbruck unweit Franzensbad. 36] brucker Quelle bedienen, weil ich der Ueberzeugung bin, dass die Aufstellung solcher Quelleniinien innerhalb eines relativ sehr engen Rayons!), wie der hier in Betracht gezogene, dem subjeetiven Ermessen des einzelnen Autors einen oft allzu freien Spielraum lässt. Wenn es wahr ist, dass sich die im Moor. bis auf den Untergrund ausgehobenen Gruben überall von unten her mit Mineralwasser füllen, wie ja Nie- mand in Abrede stellen wird, dann ist das Auftreten dieses Wassers an den jetzt als Quellen benützten Punkten innerhalb der ganzen von den Quellen beherrschten Zone nur als eine Zufälligkeit zu be- trachten. Man kann auch ganz beliebige verschiedene Quellenausfluss- punkte verbinden und wird dementsprechend verschiedene Quellenlinien construiren können. Wenn überbaupt von einer gesetzmässigen Anordnung der Franzens- bader Quellen nach einer Richtung hin gesprochen werden darf, so müsste man sagen, die Quellen liegen in einer von Nordwest nach Süd- ost verlaufenden Zone (nicht Linie). Ein Blick auf den Cartellieri- schen Plan von Franzensbad lässt dies deutlich erkennen. Will man dann die Langenbrucker Quelle mit dieser Zone verbinden, so muss man eine Umbiegung der letzteren in eine mehr westöstliche Richtung annehmen, was ja freilich zulässig wäre. Wir sehen also jedenfalls, dass der Versuch einem etwaigen Zusammenhange der Quellen in der Tiefe des krystallinischen Grund- gebirges durch Aufstellung von bestimmten Spaltenlinien nachzugehen uns nicht viel für die Beurtheilung des heut besprochenen Falles nützt. Ein wenig ‚später will ich indessen auf jenen Zusammenhang in der Tiefe noch zurückkommen. Wichtiger erscheint mir ein anderes von Prof. Laube betontes Moment. In den höheren Theilen der um Franzensbad entwickelten Tertiärbildungen ist ein zumeist allerdings etwas lettiger Sand verbreitet, in welchen die verschiedenen Quellen vor ihrem Austritt an die Ober- fläche eindringen. In dieser einigermassen wasserdurchlässigen Schicht wird wohl nieht ohne Grund eine Communication der verschiedenen Quellen angenommen. Sie könnten übrigens hier auch mit anderen aus geringerer Tiefe kommenden Quellen ihr Wasser vermischen. In jedem Falle bilden diese Sande eine Art von Wasserbehälter, welcher auf das Niveau des Wasserstandes nicht ohne regulirenden Einfluss ist. Daher rührt es wohl auch, wenn, wie ich höre, durch Pumpversuche ein Zusammenhang des Wasserstandes verschiedener Quellen erwiesen wurde. 1) Etwas Anderes ist es natürlich z. B. mit den sogenannten Thermallinien, die man in manchen Gegenden über ziemlich ausgedehnte Gebiete zu verfolgen versucht hat. Auch in etwas kleineren Bezirken lässt sich manchmal eine ziemlich gesetzmässige Anordnung der Quellen nicht verkennen. Sie muss aber deutlich genug durch das Fehlen von Quellenausflüssen zwischen den zu construirenden Linien markirt sein, um das will- kürliche Construiren der letzteren hintanzuhalten. Ich selbst habe mich bei Krynica in Galizien einst mit der Aufstellung von Quellenlinien befasst (Jahrb. d. geol. R.-Anst. 1877, pag. 55 ete.) unter Verhältnissen, welche vielleicht für solche Annahmen viel geeigneter waren als die Franzensbader, kam aber auch dort mit einer einzigen Streichungsrichtung nicht ans, was diesem wie ähnlichen Versuchen stets misslich anhaften wird, 47% 362 Dr. E. Tietze, [10] Auch die Langenbrucker Quelle muss dieser Form des Zusammen- hanges unterworfen sein. Ganz zufällig traf es sich, dass zur Zeit meiner nur zweitägigen Anwesenheit das Wasser der dem Kaiserbade gehö- rigen, nicht als Heilquelle erklärten oder benützten sogenannten Süss- wasserquelle, welche von allen Franzensbader Quellen der Langenbrucker Quelle zunächst gelegen ist und durch ihren ockerigen Absatz, sowie durch einen leichten Eisengeschmack (ohne Beimischung alkalischen Geschmacks) der Langenbrucker am nächsten zu stehen scheint, sich ziemlich plötzlich verminderte, ohne dass bei den übrigen Quellen eine ähnliche plötzliche Verminderung eingetreten wäre. (Von den allgemeinen zu gewissen Zeiten und namentlich gegen den Herbst zu erfahrungs- semäss eintretenden Wasserverminderungen der Quellen ist hier nicht die Rede. Solche Verhältnisse können auch nicht, wie man gethan hat, als Beweis für die direete Communication der Quellen betrachtet, sondern dürfen als abhängig von allgemeineren Ursachen bezeichnet werden, denen alle denselben meteorologischen Bedingungen unterworfenen Quellen eines Gebietes ausgesetzt sind.) Die erwähnte Schwächung der dem Kaiserbade gehörigen Süss- wasserquelle konnte nun sehr gut in Anbetracht der Wasserverbindung durch durchlässige Tertiärlagen eine Folge der vor einiger Zeit vor- genommenen Vertiefung der Langenbrucker Quelle sein, wenn auch die Plötzlichkeit der eingetretenen Schwächung scheinbar dagegen spricht. Die Erleichterung nämlich des Wasserabflusses auf einer Seite, kann das durch Sandlagen zwar communicirende, aber doch nicht wie in einem freien Becken unmittelbar alle Niveauverschiedenheiten ausglei- chende Wasser dazu disponiren, nach der Richtung jener Erleichterung seine Wege allmälig zu erweitern und die früheren Austrittscanäle weniger frei zu halten, was dann, wenn die Störung des Gleichgewichtszustandes der vom Wasser durchströmten Ablagerung eine gewisse Grenze er- reicht hat, unter Umständen zu einer plötzlichen Verstopfung der alten Wasserwege durch Zusammensitzen der Massen in deren Umgebung führen kann. Noch während der Zeit meines Franzensbader Anfenthaltes und unmittelbar nach dem Bekanntwerden des Ausbleibens des Wassers der Süsswasserquelle, wurde in Folge behördlicher Anordnung der Abfluss der Bosse’schen Quelle abgesperrt. Wenige Tage darauf stellte sich das Wasser der Süsswasserquelle wieder ein, wie mir nachträglich mitgetheilt wurde, und zwar ebenso plötzlich, als es verschwunden war. Dieser Umstand spricht ganz für die Richtigkeit der soeben gemachten Ausführungen. Er zeigt aber nebenbei auch, dass die gänzliche Ver- stopfung der Langenbrucker Quelle so gut wie ausschliesslich oder doch zunächst nur der vorgenannten Süsswasserquelle zu Gute kommen würde, die dann wohl gar gegen früher eine quantitative Vermehrung erfahren würde, was der Bevorzugung eines Privatinteresses zum Nachtheil eines anderen gleichzuachten wäre. Sollten jedoch, und dies kann gleich hier gesagt werden, einige der eigentlichen Heilquellen von der Ver- stopfung, sei es der Langenbrucker, sei es anderer Süsswasserquellen Nutzen zu ziehen im Stande sein, dann würde dieser Nutzen nur in der Richtung der @wantität und selbstverständlich nieht der Qualität des [11] Bemerkungen über eine Quelle bei Langenbruck unweit Franzensbad. 363 Wassers zu suchen sein, welche letztere ja dann sich verschlechtern müsste. Ist also eine Verbindung der Franzensbader Quellen im Sinne Professor Laube’s durch die Sande des Tertiärgebirges nicht zu leugnen und soll auch ferner nicht in Abrede gestellt werden, dass namentlich bei den eigentlichen Heilquellen, welehe ja sämmtlich gemein- same Eigenschaften, nämlich die von alkalischen, insbesondere schwefel- saures Natron führenden Säuerlingen besitzen, ein gewisser Zusammen- hang schon in der Tiefe auf Klüften und Spalten des Phyllits in einer für uns zunächst nicht näher zu ermittelnden Weise stattfinden kann, so darf man doch andererseits schon für die eigentlichen Heilquellen diesen Zusammenhang und namentlich den in der Tiefe nicht über- schätzen. In dieser Hinsicht ist es gewiss lehrreich, dass die betreffenden Quellen einander zwar ähnlich, aber keineswegs mit einander überein- stimmend sind, obwohl sie von einander oft sehr wenig entfernt liegen. Das frappanteste Beispiel dafür bieten der kalte Sprudel und die Luisenquelle, zwei Quellen, die im Sinne Laube’s sogar auf derselben Quellenlinie aus der Tiefe aufsteigen und die nur wenige Schritte von einander entfernt liegen, so dass sie sogar unter einem und demselben Dache gefasst sind. Während der kalte Sprudel 3506 Gramm (in 1000 Gramm) schwefelsaures Natron enthält, besitzt die Luisenquelle davon nur 2'788 und während die Summe der festen Bestandtheile bei ersterem 5'898 Gramm (auf 1000) beträgt, beträgt sie bei der letzteren nur 4°752 Gramm. Dagegen enthält die Luisenquelle etwas mehr Eisen und Kieselsäure in Lösung. Die Kohlensäuremengen des kalten Sprudels verhalten sich zu denen der Luisenquelle etwa wie 5 zu 4. Auch die Temperaturen dieser Quellen sind verschieden (11'44 und 10'870). Ebenso stellen sich für die übrigen Quellen nach Cartellieris Zusammen- stellungen, bei im Allgemeinen sich gleichbleibender Art der Bestand- theile, beträchtliche Verschiedenheiten in den Quantitätsverhältnissen heraus, wie denn z. B. der Franzensbrunnen, der nächst dem kalten Sprudel entschieden der stärkste Quell in der ganzen Gruppe bezüglich der Menge seiner Bestandtheile ist, 5190 Gramm schwefelsaures Natron (auf 1000 Gramm) enthält, während die Stefaniequelle davon nur 0'835 aufweist. Im Allgemeinen kann man sagen, dass nach Osten hin sich bei den Franzensbader Quellen eine Abnahme ihrer Qualität be- merkbar macht. Solehe Verschiedenheiten deuten doch wieder auf eine gewisse Unabhängigkeit der Quellen von‘ einander hin. Angesichts namentlich- des erwähnten Verhältnisses zwischen Luisenquelle und kaltem Sprudel scheint es schwer, unbedingt der Ansicht derjenigen zu folgen, welche eine Gleichartigkeit der Quellen in der Tiefe annehmen und meinen, dass eine gewisse Differenzirung der Zusammensetzung derselben erst durch die Berührung der Quellen mit den bei ihrem Aufsteigen durehquerten Sehichten des Tertiärgebirges stattfmde. Man kann nicht annehmen, dass dieses Tertiärgebirge, dessen einzelne petrographisch verschiedene Schiehten ja allerdings an verschiedenen Stellen des Egerer Beckens verschiedene Mächtiekeit haben, im Verlauf von wenigen Schritten 364 Dr. E. Tietze. [12] seine Beschaffenheit derart ändere, um die Qualität der Quellen so differenzirend zu beeinflussen wie beim kalten Sprudel und der Luisen- quelle. Im Gegentheil müsste die, wie ich glaube, mit Recht ange- nommene Communication der Quellen in den der Oberfläche genäherten Regionen durch tertiäre Sandlagen ausgleichend auf die Beschaffenheit der Quellen einwirken. Gewisse Verschiedenheiten der letzteren müssten also schon in grösseren Tiefen, eventuell unter dem Teertiärgebirge, das ist in der phyllitischen Gesteinszone, angedeutet sein und wenn auch dort eine Verbindung der aus der Umrandung des Franzensbader Beckens nach unten sickernden, dort mit Kohlensäureexhalationen in Berührung kommenden und sich mehr oder minder mit gelösten Stoffen anreichernden Wässer auf Spalten und Klüften statthaben mag, so kann diese Verbindung nicht wohl eine ganz freie und ungehemmte sein, da sie die angedeuteten Differenzirungen zulässt. ?) Wenn dies schon für die älteren Franzensbader Quellen, oder doch wenigstens für einen Theil derselben gilt, so kann dieser Gesichts- punkt auch auf die Langenbrucker Quelle Anwendung finden, welche, wie die Analyse ergibt, eine von den Franzensbader Wässern sehr ab- weichende Zusammensetzung hat, obschon sie, wie ihre Temperatur zeigt, aus nicht wesentlich anderen Tiefen kommt, als die Franzens- bader Quellen. Diese Tiefen bieten eben den ihnen zusitzenden Wässern nur in einer bestimmten Gegend die Gelegenheit, sich mit den Bestandtheilen dieser Quellen zu versehen und die Anreicherung der betreffenden Ge- steine der Tiefe mit diesen Bestandtheilen nimmt augenscheinlich nach Osten hin ab. Deshalb enthalten auch, wie vorhin schon angedeutet, die das Kaiserbad speisenden Quellen beträchtlich weniger fixe Be- standtheile als der Franzensbrunnen und die demselben näher gelegenen Quellen, während die Cartellieri’schen Quellen (Mineralsäuerling und Stahlquelle), sowie räumlich, also auch in ihren Bestandtheilen zwischen den inmitten des Ortes gelegenen und den Kaiserbadquellen in der Mitte liegen. Das Gesagte mag genügen, um darzuthun, dass die Langen- brucker Quelle an und für sich, sowie sie von längerer Zeit her be- stand, nicht im Stande war, den Franzensbader Quellen Abbruch zu thun. Sie that das nicht mehr, sondern sicher weniger als eine Anzahl von Quellen, welche noch heute gänzlich unbenützt ihr Mineralwasser und ihre Kohlensäure verlieren, ohne dass man an ihre Verstopfung zu Gunsten der übrigen Quellen gedacht hätte. Es sind dies z. B. die !) Dass in der That bei mehr oder minder nahe von einander hervortretenden Quellen bisweilen so bedeutende Verschiedenheiten der Eigenschaften bemerkt werden können, dass auf einen unmittelbaren Zusammenhang derselben unmöglich geschlossen werden kann, das beweisen unter Anderem die von mir beschriebenen Quellenverhältnisse in der Umgebung des Demawend in Persien (s. Jahrbuch d. geol. R.-A. 1875, pag. 129— 140). So eclatant ist der hiesige Fall allerdings nicht, denn die innige Verwandtschaft der qualitativen Eigenschaften der Franzensbader Heilquellen bei ihrer räumlichen Nähe deutet sozusagen auf eine gemeinsame, im Wesen gleichartige Ursprungsregion der Erscheinung hin, innerhalb deren sich jedoch locale Einflüsse bemerkbar machen dürften, [13] Bemerkungen über eine Quelle bei Langenbruck unweit Franzensbad. 369 Quellen, welche sich zwischen der Salzquelle und den Cartellieri- schen Quellen (Stahlquelle und Mineralsäuerling) befinden, sowie eine Anzahl von Schritten weiterhin eine Quelle bei der Eisenbahn. Diese Quellen enthalten allem Anscheine nach viel werthvollere Bestandtheile als die Langenbrucker Quelle. Würde also bei der Bosse’schen Quelle der status quo vor der dort vorgenommenen Ausgrabung wieder hergestellt sein, so liesse sich dagegen vom Standpunkte selbst der Vertretung der specifisch Franzens- bader Interessen kein begründeter Einwand machen. Da dieses Interesse in gewissem Sinne vom Standpunkt des Heilung bedürftigen Publikums aus ein allgemeines ist und die allge- meinen Interessen stets den privaten vorgehen müssen, so ist dasselbe bei allen Entscheidungen, die durch einen Widerstreit solcher Interessen hervorgerufen werden, sicher in erster Linie zu berücksichtigen und in zweifelhaften Fällen wird das Interesse des Privaten zurückstehen müssen. Wenn aber eine Schonung dieses letzteren möglich ist, ohne Nachtheil für Andere und die Allgemeinheit, so kann man billigerweise für eine solche Schonung plaidiren, sobald nur alle Massregeln zur Sicherung der Vortheile der Allgemeinheit getroffen sind. In vermittelnder Weise für eine solche Schonung einzutreten und dabei diejenigen Andeutungen zu machen, welche der Förderung des allgemeinen Interesses dienen können, ist die Aufgabe der heutigen Darstellung, soweit dieselbe nicht über die Erörterung des gerade vor- liegenden Falles als eines blossen Beispieles für ähnliche Fragen hinaus- greift. Die Langenbrucker Quelle könnte nach den gemachten Erörte- rungen den Franzensbader Quellen nur dadurch abträglich werden, dass dureh ihre Vertiefung bis auf eine tertiäre Sandschichte und durch Herstellung eines Abflusses im Niveau dieser Schichte, der bisher über einer Stelle dieser Schichte bestandene Druck aufgehoben und dadurch grössere Wassermengen als bisher daselbst zum unmittelbaren Austritt und Abfluss gebracht würden. Bei der früher betonten Bedeutung dieser tertiären Sande als eines das Niveau aller Quellen gemeinsam in- flueneirenden Wasserbehälters kommt es nunmehr vor Allem darauf an, die Niveauverhältnisse der Franzensbader Quellen mit den ent- sprechenden Thatsachen bei der Langenbrucker Quelle in Vergleich zu bringen. Es hat Cartellieri in seiner schon einigemal erwähnten neuesten Monographie über Franzensbad die Niveauverhältnisse aller bis jetzt benützten Quellen, die mittleren Höhen des Wasserspiegels, die Höhen der Quellensohlen und der Ablaufrohre auf das Genaueste zusammen- gestellt und müssen diese ohne Voreingenommenheit für gewisse Fragen gemachten Angaben wohl als zuverlässig betrachtet werden. Einige der wichtigsten dieser Daten mögen hier reprodueirt werden. Der kalte Sprudel zeigt die grössten Höhen (mittlerer Wasser- spiegel 43535 Meter, Quellensohle 45403 Meter und Ablaufrohr 435'64 Meter; letzteres höher als der mittlere Wasserspiegel, weil augenscheinlich nur für den Ueberschuss des Wassers zu Zeiten stärkeren Zuflusses bestimmt). Die Franzensquelle hat die Zahlen (in entsprechender 366 Dr. E. Tietze. [14] Ordnung) 43442, 43250, 43442. Die niedrigsten Zahlen zeigt die Suess’sche Herkulesquelle, nämlich: 452'26, 42938, 43223. Die zu- nächst niedrigen Zahlen zeigt die Stefaniequelle, nämlich: 432'34, 42929, 43231. In Bezug auf die Quellensoile ist sogar die Stefanie- quelle mit 42929 Meter die tiefste. Im Allgemeinen findet im Vergleich mit den bei Cartellieri angegebenen Zahlen nach Osten, respective Südosten zu eine Abnahme der Höhen der Wasserspiegel, der Quellen- sohlen und dementsprechend auch der Ablaufrohre statt, während die Tiefe der Quellenfassungen, das ist der Abstand der jeweiligen Terrain- oberfläche von der Quellensohle nach derselben Richtung hin zunimmt. Dieser Abstand beträgt bei dem kalten Sprudel nur 1'90 Meter, bei den drei Quellen, die das Suess’sche Kaiserbad speisen, aber schon 3:90 Meter, also nahezu 4 Meter, das heisst, man war in diesen Fällen genötligt, die Quellen viel tiefer zu fassen als bei den älteren Franzens- bader Quellen, tiefer als dies der allgemeinen Abdachung des Moor- gebietes nach Osten zu entspricht, woran freilich wohl auch der Um- stand Schuld trägt, dass man eben mit der Fassung bis unter das Moor hinuntergehen wollte oder musste. Etwaige Bedenken gegen diese Anlagen haben sich aber augenscheinlich nicht wirksame Geltung ver- schafft. Wie verhält es sich nun mit den diesbezüglichen Verhältnissen der Langenbrucker Quelle des Herrn Bosse? Dass der Zustand derselben so, wie ich ihn bei meinem ersten Besuche derselben am 9. November d. J. vor der am folgenden Tage verfügten Abdämmung ihres Abflusses antraf, nicht aufrecht erhalten werden, oder nach etwa vorgenommenen Aenderungen nicht wieder so hergestellt werden dürfe, war mir bald klar, weil augenscheinlich grössere Wasser- mengen, als diese Quelle vor ihrer Vertiefung hatte, daselbst zum Abfluss gebracht worden waren!) und weil dieses Wasser auf die Dauer in jedem Falle der Süsswasserquelle des Kaiserbades theilweise entzogen worden wäre. Die folgenden Angaben aber werden lehren, dass es deshalb noch nicht nöthig ist, die hier vielberufene erste Quelle zu verstopfen oder zu verschütten. Nach einer mir in Abschrift vorliegenden Darstellung des Civil- Ingenieurs Herrn J. Siegl aus Eger liegt die Sohle der Langenbrucker Quellenausgrabung noch 4:18 Meter über der Sohle der Stefaniequelle, also im Ganzen in einer Höhe von 433'47 Meter, das ist höher als die Sohlen aller Franzensbader Heilquellen mit alleiniger Ausnahme des kalten Sprudels, der 43403 Meter aufweist, denn schon die Quelle, welche dem kalten Sprudel mit ihrer Sohlenhöhe am nächsten steht, die Luisenquelle, hat eine solche von nur 433°36 Meter, liegt demnach um 0'11 Meter tiefer als die Sohle der neuen Ausgrabung, welche ihrerseits !) Bei einer während des verflossenen Sommers angestellten Messung soll der Abfluss hier nach der vollbrachten Grabung 18 Liter in der Secunde (das sind 1080 Liter in der Minute) betragen haben, eine ganz respectable Wassermenge, die das Aufsehen, welches die Sache erregte, ziemlich erklärlich macht, namentlich so lange man an eine eventuelle Benützung des Wassers zu directen Heilzwecken zu denken versucht war. Im Herbst war dann der Abfluss ein schon viel mässigerer. [15] Bemerkungen über eine Quelle bei Langenbruck unweit Franzensbad. 367 um nur 0'56 Meter tiefer liegt als die Sohle des kalten Sprudels. Nimmt man aber nicht an, dass die östlichsten der bisherigen Franzensbader Heil- quellen, wie die Stefanie-, Herkules- und Nataliequelle, mit ihrer beinahe um 4 Meter im Vergleich zum kalten Sprudel tiefer gelegenen Quellen- sohle den älteren Quellen schaden oder wesentlich abträglich sind, dann ist eine solche Annahme auch für die Langenbrucker Quelle nicht voll- kommen gerechtfertigt, die doch noch etwas weiter nach Osten ge- legen ist. Etwas Anderes ist es, wenn man das Verhältniss dieser Quelle zu der schon früher erwähnten, sogenannten Süsswasserquelle in Betracht zieht. Nach der bereits genannten Darstellung des Ingenieurs Herrn Sieg] liegt die Sohle der Bosse’schen Quelle 0'»7 Meter unter der Brunnensohle jener Süsswasserquelle. Bei der nicht allzu grossen Ent- fernung der beiden verglichenen Quellen war demnach eine Beeinflussung des Wasserstandes der Suess’schen Süsswasserquelle durch die Boss e- sche Quelle im Zustand ihrer Vertiefung zur Zeit meines Besuches von vorneherein denkbar. Würde man also die Sohle der Bosse’schen Quellengrube (433°47 Meter) um 0'87 Meter erhöhen, so dass dieselbe auf eine Höhe von (43434 Meter) gebracht würde, so würde dieselbe nicht allein der sogenannten Süsswasserquelle keinen Abbruch mehr thun können, sie würde sogar noch um 0°51 Meter höher als die Sohle des kalten Sprudels (43403) zu liegen kommen. Rechnet man aber mit den mittleren Höhen der Wasserstände der Quellen und zieht man den Durchschnitt aus den betreffenden Zahlen (die beiden Extreme sind kalter Sprudel 435°35 und Herkulesquelle 43226), was eine Ziffer von 433°0 Meter ergibt, so würde die Sohle der Bosse’schen Quelle sogar um mehr als einen halben Meter über dem Durch- schnitt des mittleren Wasserstandes der verschiedenen Quellen zu liegen kommen. Die genaue Höhe der früheren Abflussöffnung der Quelle über der Sohle der kürzlich von mir besichtigten Quellengrube ist mir nicht bekannt. Sie befindet sich aber nach den, was mir gezeigt wurde, sicher einige Meter über der betreffenden Grubensohle. Sollte demnach von Herrn Bosse beabsichtigt sein, die eventuelle neue Abflussröhre für die Langenbrucker Quelle in der Höhe der früheren oder doch 2 bis 3 Meter über der Sohle der von ihm veranlassten Ausgrabung anzu- bringen, so würde das, vorausgesetzt, dass sich dann die Quelle bis zur Höhe dieses Ausflussrohres überhaupt noch füllt, ein hydrostatisches Verhältniss hervorbringen, bei welchem für die übrigen Quellen kaum noch irgend etwas zu fürchten wäre. Der Quellenspiegel wäre dann beträchtlich höher als der irgend einer anderen Quelle, um die es sich handeln könnte. Es ist überhaupt auffällig genug, dass, während die Wasserspiegelhöhen der Franzensbader Heilquellen ostwärts zu an Höhe abnehmen, die Bosse’sche Quelle noch einen so hoch ge- legenen ursprünglichen Abfluss besass, trotzdem sie noch weiter öst- lich liegt. Ich würde ohne Rücksichtnahme auf dieses ursprüngliche Abfluss- verhältniss, über welches man bei einer eventuellen Neueinrichtung der Quelle keinesfalls hinauszugehen braucht, sogar die oben angegebenen Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Band. 2. Heft. (E. Tietze.) 48 368 Dr. E. Tietze. [16] Ziffern für die Höhe der neuen Abflussröhre (2 bis 3 Meter über der bewussten Grubensohle) für überflüssig hoch gegriffen halten. Es hiesse das sonst eine Quelle, die doch nun einmal bestand, ohne in der früheren Art ihres Bestehens anderen Quellen zu schaden, gänzlich ab- sperren, während eventuelle zum Schutz der übrigen Quellen zu treffende Massregeln doch nur darauf gerichtet sein können, einen gegen früher erhöhten Abfluss dieser Quelle, unter welchem (unter der wohl nur im Sinne der früheren Ausführungen begründeten Voraussetzung eines Zusammenhanges sämmtlicher Quellen) die übrigen Quellen leiden könnten, zu verhindern. Beschliesst man ferner die Benützung des Wassers der Bosse- schen Quelle in Langenbruck auf den unter den angegebenen Bedin- gungen wieder hergestellten natürlichen Abfluss zu beschränken und bestimmt man, dass in der Quelle weder gepumpt noch geschöpft werden darf, damit nicht durch solche künstliche Depression des Wasser- spiegels ein erhöhtes Zusitzen von Wasser stattfinde, so scheint mir eine weitere Zuschüttung und Absperrung der Quelle durchaus unnöthig zu sein, dann ist dem Wesen nach der Status quo vor der unternommenen Grabung retablirt und die Gefahren für Franzensbad sind dann im Hinblick auf die Langenbrucker Quelle nicht grösser als sie dureh Jeden Brunnen oder jede der Quellen, die bisher in der Umgebung dieses Ortes bestanden, gegeben waren. Bei der früher berührten durch den Mangel an Schwefel- oder Chlorverbindungen bezeichneten Zusammensetzung der Langenbrucker Quelle, das ist bei ihrem Mangel an den für die Franzensbader Heil- quellen charakteristischen Salzen sind diese Gefahren sogar geringer, als sie für jede einzelne dieser Heilquellen aus der Anwesenheit der anderen Heilquellen unter der Voraussetzung des Zusammenhanges der- selben erwachsen, weil der freie Austritt einer jeden dieser Quellen (unter eben jener Voraussetzung) den übrigen Quellen nicht allein in Bezug auf das Wasserquantum, sondern auch hinsichtlich des Aufbrauchs der als heilkräftig erkannten Beimengungen Abbruch zu thun im Stande sein könnte. In keinem Falle aber könnte man die aus dem Belassen der Franzensbad benachbarten Langenbrucker Quelle für ersteren Ort resultirenden Gefahren mit denen eines eventuellen, mehr oder minder grosse Tiefen aufsuchenden Bergbaues in demselben Sinne ver- gleichen. Was man freilich mit der dureh die angegebenen Arbeiten für Franzensbad unschädlich gemachten und im: besten Falle auf ihren früheren Wasserabfluss redueirten Quelle, die ja wohl keine Heilquelle ist, wird anfangen können, ob man dieselbe durch künstliche Zufuhr von Kohlensäure bei dem eventuell zur Versendung zu bestimmenden Wasser zu einem gerade durch den Mangel an Glaubersalz angenehmen und dabei durch seinen schwachen Eisengehalt nützlichen Trinkwasser verwenden könnte oder ob man, ihre Höhenlage benützend, das betreffende Wasser zur Deckung irgend eines anderen Wasserconsums heranziehen könnte, darüber nachzudenken ist nicht meine Aufgabe. Man hat viel von einer allmälig sich geltend machenden Abnahme der Franzensbader Quellen gesprochen, und auch ein ernsthafter Forscher [17] Bemerkungen über eine Quelle bei Langenbruck unweit Franzensbad. 369 wie Laube hat diesen Ton angeschlagen. Es mag also das seine Richtigkeit haben. Meines Wissens fehlen indessen noch Untersuchungen, welche darthun könnten, ob jener Rückgang der Heilquellen mit einer allgemeineren ähnlichen Schwächung der Quellen (nicht blos der mineralischen) im ganzen Egerer Gebiet und vielleicht darüber hinaus correspondirt oder nicht. Im ersteren Falle würde festzustellen sein, ob etwa zunehmende Entwaldung der Gegend oder meteorologische Mo- mente dabei in’s Spiel kommen und es könnte sich nicht um blos locale Ursachen der Erscheinung handeln. Doch mögen solche immer- hin vorhanden sein, wenn sie auch nicht ausschliesslich in der Be- nützunge der in der Umgebung des Curorts gelegenen Süsswasserquellen zu suchen sind. Es sei mir gestattet, zum Schluss auf die bereits in der Literatur- zusammenstellung genannte, in vieler Hinsicht recht beherzigenswerthe und mit warmer localpatriotischer Empfindung verfasste Schilderung über das Tertiärbecken des Egerlandes und seine Mineralquellen (Eger 1879) von Heinrich Gradl hinzuweisen, in welcher (in einer allerdings eingestandenermassen ganz einseitig die Interessen der Heil- quellen von Franzensbad berücksichtigenden Weise) die Gefahren, denen die betreffenden Quellen im Hinblick auf jene allmälige Abnahme aus- gesetzt sind, besonders besprochen werden. Der Verfasser dieser Sehrift kommt unter Anderem zu dem Schluss, es sei wünschenswerth, die meisten „Nicht-Franzensbader Quellen, besonders die gasreichen“ zu verstopfen. Sollte man dazu einmal im öffentlichen Interesse ge- nöthigt werden, dann ist die in vorstehenden Ausführungen so oft erwähnte Langenbrucker Quelle ihrer gegenüber den Franzensbader Quellen abweichenden Zusammensetzung und ihres anscheinend ge- ringen Gasgehaltes wegen gewiss nicht in erster Linie auf die Pro- seriptionsliste zu setzen. In derselben Schrift wird ferner das Fernhalten jeder weiteren Belastung (durch Gebäude ete.) besonders in der Nähe der Quellen, ebenso jeder weiteren Entlastung des Bodens empfohlen, um den natür- lichen Abfluss der Quellen nieht weiter zu hindern. Sollte man aber eine solche Entlastung des Bodens, z. B. durch Mooraushub, für wünschenswerth halten, so habe dies möglichst fern, und zwar östlich von den Ausbruchspunkten der Quellen, zu geschehen. Sofern bei der versuchten Fassung der Langenbrucker Quelle eine Entlastung des Bodens auf einem Raum von etwa 10 Schritten im Quadrat stattgefunden hat, ist dies ja bei der Lage der bewussten Localität östlich von den Heilquellen und in ziemlicher Entfernung von denselben geschehen. Wollte man aber, sei es in der Nähe von Franzensbad selbst, sei es im Umkreise des ganzen Schutzgebietes der Quellen, überhaupt Terrain- aushebungen vermeiden, so dürfte man auch dort weiter keine Bauten aufführen lassen, bei welchen Grundgrabungen in grösserem Umfange unvermeidlich sind, sofern nicht bei Häusern, die im Moorgebiet selbst ausgeführt werden, durch die nothwendigen Pilotirungen , welche bis unter das Niveau des Moores reichen, erst recht eine Störung der Quell- verhältnisse hervorgerufen werden kann. 48* 370 Dr.E.Tietze. Bemerk. über eine Quelle bei Langenbruck unweit Franzensbad. Alle diese Erwägungen zusammengenommen, führen zu einer milderen Beurtheilung des Falles, der sich auf die Langenbrucker Quelle bezieht, und zu der Ueberzeugung, dass einseitig vorgegangen werd würde, wollte man nur in diesem Falle die äusserste Strenge walt lassen. Sie führen allerdings auch zu der Erwägung, dass es berechtigt bleibt, wenn nach wie vor die äusserste Vorsicht zum Schutze der Heil quellen von Seiten der dazu berufenen Organe walten gelassen wird, > und dass für diese Vorsicht sich stellenweise sogar noch ein SIDSEN Wirkungskreis darbietet, als er bisher in ’s Auge gefasst wurde, Bemerkungen über eine fossile Scalpellumart aus dem Schlier von Ottnang und Kremsmünster, sowie über Cirripedien im Allgemeinen. Von A. Weithofer. Mit einer lithographirten Tafel (XV). Funde fossiler Cirripedier sind bis heute verhältnissmässig ziemlich selten, und dann auch in der grossen Mehrzahl der Fälle in nur höchst unvollständiger Weise gemacht worden. Wie es ja nach der Beschaffen- heit des lebenden Thieres nicht anders möglich ist, sind es meist nur einzelne oder wenige zusammengehörige Schalen, die sich vorfanden, und nur bei einer besonders ruhigen Sedimentirung ist es überhaupt denkbar, dass diese der Chitinhaut des Mantels lose eingelagerten Harttheile ungestört nebeneinander liegen bleiben können. Umso werthvoller erscheint daher der vorliegende Fall, wo nicht nur mehrere Individuen in mehr oder weniger vollständigem Zustande erhalten sind, sondern auch verschiedene Altersstadien vertreten erscheinen. Sie stammen aus dem Schlier von Ottnang und Kremsmünster und sind Eigenthum der naturhistorischen Museen der Sternwarte in letzterer Stadt. Herr Prof. P. Anselm Pfeiffer, Vorstand dieser Sammlung, hatte schon früher nach einem isolirten Seutum ikre Lepaditennatur erkannt, und sandte sie auf Wunsch des Herrn Prof. Dr. M. Neumayr an das paläontologische Institut der Universität, wo sie von letzterem mir zur Untersuchung anvertraut wurden. Beiden Herren sei deshalb mein verbindlichster Dank erstattet. Es waren nebst einigen losen Schalen und einem schlecht erhaltenen Balanen zwei handgrosse Stücke des bekannten, sandigen, slimmer- reichen Thones, die eine ziemlich beträchtliche Anzahl von Cirripedier- resten — offenbar eine kleine Colonie — sowie auch einige ganz unbe- stimmbare Pteropoden, die bei jedem Versuch, sie zu präpariren, sofort zerfielen, lieferten. Besagte Colonie gestielter Cirripedier enthielt nur Individuen einer einzigen zu Scalpellum gehörigen Art, die sich am nächsten Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Band. 2. Heft. (A. Weithofer.) 372 A. Weithofer. [2] noch an Scalpellum magnum Darwin!) anschliesst, sowie auch an das lebende Scalpellum vulgare Leach?), von welch letzterem es jedoch seine viel bedeutendere Grösse schon scheidet. Auch Scalpellum Molini- anum Sequenza?°) kommt ihm nahe. Die Carina (Taf. XV, Fig. 8—11) unterscheidet sich von der von Sc. Magnum durch die im Profil etwas schmäleren Interparietes, und eine kräftiger abgesetzte Leiste, die das Tectum von den Parietes trennt, sowie besonders dadurch, dass sie in der Hintenansicht nach abwärts zu viel rascher an Breite zunimmt, überhaupt weitaus nicht so schlank ist als die von Darwin, l.c. Taf. I, Fig. 15 abgebildete. Ihr unteres Ende erscheint ferner mehr abgestutzt, sowie auch jene erwähnten Leisten zwischen Teetum und Parietes unten breit vor- springend. Weniger weicht das Tergum (Taf. XV, Fig. 7) ab, das über- haupt ziemlich indifferent gestaltet ist. Sehr verschieden ist es jedoch von dem von Sc. Molinianum. Bei diesem besitzt es einen nach vorn weit vorspringenden Flügel), so dass es wie mit einer „troncatura all’ apice“ versehen erscheint, die unserem vollständig fehlt. Im Seutum (Taf. XV, Fig. 1, 3—6) lässt sich jedoch letzteres von beiden gut trennen, denn bei Sc. magnum sowohl wie bei Se. Molinianum ist das Seutum in der Gegend des Wirbels viel schmäler als an der Basis, während dies in weitaus nicht so ausgedehntem Masse bei unserem Fossil der Fall ist. Mehr oder weniger rechtwinkelig geht ferner vom Wirbel eine scharf aufgewulstete Leiste zum Hinter- rand, welcher an dem Punkte, wo er von jener getroffen wird, nach hinten vorspringt. Der Schalenrand nun von dieser Eeke zur obersten Spitze ist bei dem vorliegenden Scalpellum vollkommen geradlinig, während er bei Sc. magnum hier stark concav, bei Sc. Molinianum in Folge einer in diesem vorderen Felde auftretenden starken Leiste, die den beiden ersteren Arten vollständig fehlt, in manchmal sehr beträchtlicher Weise nach rückwärts vorspringt, ähnlich, wie es auch von der ersteren Leiste erwähnt wurde. Eine zweite, jedoch mehr durch das hier stattfindende scharfe Umknieken der Anwachsstreifen markirte Leiste geht, ebenfalls vom Wirbel, zur hinteren Eeke der Basis, so dass das gesammte Schild hierdurch einen trapezoidalen Umriss bekommt, dessen längste Seite der Vorderrand bildet. Das Supralaterale (Taf. XV, Fig. 12) besitzt eine pentagonale Gestalt, mit einem etwas über der Mitte gelegenen Wirbel. Von diesem geht nach jeder Ecke eine Leiste. Die zu der obersten und jene zu den beiden untersten Eeken verlaufenden sind so ziemlich geradlinig, während die beiden seitlichen, ähnlich wie auch die obere Leiste am Seutum, zuerst unter spitzem Winkel nach abwärts sich wenden und ‘) Ch. Darwin, A Monograph on the fossil Lepadidae, or pedunculated Cirri- pedes of Great Britain. Palaeontographical Society. London 1851, pag. 18. ’) Ch. Darwin, A Monograph on the Subelass Cirripedia. The Lepadidae, or pedunculated Cirripedes. London 1851, pag. 222. °) G. Seguenza, Ricerche Paleontologiche intorno ai Cirripedi terziarii della provincia di Messina, Napoli 1876, Parte II, pag. 10. *) Seguenza, l. c. Taf. VI, Fig. 12, [3] Eine fossile Scalpellumart aus dem Schlier von Ottnang und Kremsmünster. 373 dann erst abbiegend den seitlichen Ecken zustreben. An verschiedenen Stellen sind jedoch meist noch Zwischenleisten eingestreut. Es unter- scheidet sich also von Sc. magnum nicht wesentlich. Von Sc. Molinianum ist ein Supralaterale nicht bekannt. Das kalınförmige Carinolaterale (Taf. XV, Fig. 13—16) weicht in seiner Gestalt ziemlich von dem Carinolaterale von Sc. magnum ab, wie ein Vergleich der Figuren ergibt. Der hintere verdickte Theil scheint hier bedeutend kürzer zu sein. An der Aussenseite zeigt er stets mehrere Längsrippen, die ersteren fehlen. Das Rostrolaterale (Taf. XV, Fig. 1) ist nach innen concav gebogen und an seinem Hinterende, zum Unterschiede von Se. magnum, schief abgestutzt. Während jedoch beim Carinolaterale und so an- scheinend auch beim Rostrolaterale letzterer Species, die neuen An- wachsschichten an der Innenseite nicht bis zur Spitze gehen und — bei ersterem wenigstens der vorliegenden Art — hier sich nach Innen abbiegen, so dass ein mit dem Alter sich vergrössernder Absatz entsteht (vergl. Fig. 14 und 16), gehen diese Anwachsschichten bei unserem Fossil am Rostrolaterale stets bis zur Spitze, wodurch diese besonders bei älteren Exemplaren von oben nach unten flach gedrückt erscheint. Bei Sealp. magnum hören sie früher auf, wie Darwin’s Figur, 1. c. Taf. I, 1h zeigt, daher die Spitze natürlich scharf bleibt. Bei dem rhomboidalen Inframediolaterale (Taf. XV, Fig. 17 und 18) liegt der Wirbel dem Unterrande mehr oder weniger genähert, meist schon unmittelbar über ihm. Zu jeder Ecke geht eine erhabene Rippe, von denen die beiden oberen annähernd gerade, die beiden unteren jedoch stark bogenförmig nach abwärts gekrümmt erscheinen. Die Innenseite ist an der Carina gleichmässig kahnförmig aus- gehöhlt, am Scutum mit einer unterhalb des Wirbels gelegenen Depression für den Adductor versehen, sonst überall flach oder ganz leicht concav. Ein Rostrum konnte nicht beobachtet werden, wodurch dessen Existenz jedoch nieht geleugnet werden kann. Es schliesst sich diese vorliegende Form, die ich nach dem geehrten Museumsvorstande in Kremsmünster Scalpellum Pfeiffer! n. sp. nenne, somit an jene recenten Scalpellen an, die — Scalpellum vulgare, rutilum und ornatum — sich durch ihr rudimentäres oder noch gar nicht nach- gewiesenes Rostrum, sowie auch noch durch andere auffallende Merkmale vor einer zweiten Gruppe — Scalpellum Peronüi, rostratum und vellosum — charakterisiren. Was jedoch diesen vorliegenden Resten noch besonderes Interesse verleiht, ist, dass man an den Schalen der verschiedenen Altersstadien auch die Art ihres allmäligen Anwachsens beobachten kann, da dies keineswegs, wie Darwin schon constatirt!), jederzeit sleichmässig geschieht. Die Carina wächst Anfangs hauptsächlich nach abwärts. Ob während dieser frühen Stadien eine Interparies überhaupt schon vor- handen ist, oder ob sie nur in der Entwicklung zurückbleibt, kann ich an vorliegendem Material nicht ersehen. Auch die kleinsten Exemplare 1) Darwin, A Monograph on the Subelass Cirripedia, pag. 218. 374 A. Weithofer. [4] von etwa 3—4 Millimeter Länge scheinen stets schon eine solche zu besitzen; doch ist gerade bei diesen die Beobachtung unsicher, da sie meist mehr oder weniger verletzt sind. Im Verlaufe des Wachsthums hält nun aber die Vergrösserung nach abwärts, mit der nach aufwärts nicht gleichen Schritt, indem erstere etwas rascher vor sich geht als letztere. Die Figuren 11, 10 und 9 bringen dies sehr deutlich zur Anschauung. Das Verhältniss des Anwachsens an beiden Enden der Schale stellt sich nach Messungen an fünf gut erhaltenen Exemplaren von im Alter ziemlich weit auseinanderstehenden Individuen folgendermassen dar: A B C 1. Br 1821.10 100 : 20°5 u Ba 90:23 100 : 25°5 3... 2010089 120: 47 100: 39 a a oe 13°9:60 100 : 43 5 22:0 165:8°0 100 : 48°5 In Columne A befindet sich die totale Länge der Carina in Milli- metern (zwischen den beiden Enden in Luftlinien gemessen), in 3 das Verhältniss der ebenso gemessenen Längen vom Wirbel nach abwärts und nach aufwärts und in © eine übersichtlichere Reduction desselben auf 100. Die Exemplare 2, 3 und 5 sind auf Taf. XV, Fig. 11, 10 und 9 abgebildet. Etwas Aehnliches vollzieht sich auch am Seutum. Vom Wirbel, der ungefähr in ein Drittel des Vorderrandes liegt, gehen nach rück- wärts die bereits erwähnten zwei erhabenen Leisten aus, die an den beiden rückwärtigen Ecken endigen und von denen die obere sehr scharf ausgeprägt erscheint, während sich die untere in minderem Grade bemerklich macht, Wenn man sie aber genauer verfolgt, so wird man bei der oberen leicht, schwerer bei der unteren, eine Knickung beobachten, indem die obere Leiste unter einem Winkel von ungefähr 50° vom Vorderrande abgeht, sich später aber rechtwinkelig zu dem- selben stellt, und die untere in demselben Sinne eine schwächere Ab- lenkung erfährt. Diese Abkniekung der oberen Leiste ist nun ein wichtiger Wendepunkt in der Art des Anwachsens der Schale, indem letztere bis jetzt nur nach unten und rückwärts sich vergrösserte, die erwähnte Leiste also den Oberrand des genannten Scutum bildete, und von nun an die Anwachsstreifen auch parallel mit dieser, die nun senk- recht sich zum Vorderrand zu stellen beginnt, sich anlegen. Fig. 6, Taf. XV, stellt solch ein sehr jugendliches Seutum vor, wo eben erst die Abknickung der oberen Leiste und die erste Anlage des Vorfeldes erfolgte. Dieses Vorfeld ober der oberen Leiste ist daher erst eine spätere Zuthat, ähnlich wie die Interparietes bei der Carina. Beiden kommt wahrscheinlich eine besondere philogenetische Bedeutung zu, wie später zu zeigen versucht werden wird. . Auch am Supralaterale läss‘ sich nun ein ähnlicher Vorgang wahrnehmen. Zwar ist mein Material in dieser Beziehung zu gering, [5] Eine fossile Scalpellumart aus dem Schlier von Öttnang und Kremsmünster. 375 um dies mit Sicherheit direet nachweisen zu können, aber nachdem man einmal die Bedeutung der Abkniekung der Rippen am Scutum erkannt hat, wird es nicht Kern liegen, auch hier die bereits erwähnte Ablenkung der beiden seitlichen Leisten in ähnlicher Weise zu erklären suchen. Auch hier gehen die Anwachsstreifen mit dem inneren Theil der Leiste parallel, haben sich daher oberhalb derselben erst angelegt, nachdem unten bereits ein beträchtliches Stück des Supralaterale vor- handen war. Masse des grossen, Taf. XV, Fig. 1, in zweifacher Vergrösserung dargestellten Exemplares: Carina: Grösste Länge!) .. . „00 7%..,22. Millimeter Breite am Wirbel, im Profil . RN. 625) 5 Breite (quer) am unteren Ende . . . 5:3 2 er um Groerlaneed) NE Dee Bosse reelle R ScHhrum:/Grössterbange (Höhe)... :... .......149 r Morales. slse Sn N DeetelamaWirbel me in ng P Supralaterale: Grösste Länge . . 74 6 \ Grösste Breite (enkrecht auf 2) erstere)... 58 n ) Inframediolat: Grösste Länge Höhe) . 3°8 h Obere Breite 2-7 B Untere Breite . . 33 ei Carinolaterale: Grösste Länge?) 9:2 5 Grösste Breite . . . . 27 ; Länge des hinteren, ver- diekten Absatzes . 46 ® Bor wolareraken kanzen) un Nr 4 Hintere Breite... 1:8 Bei Gelegenheit der Besprechung der soeben behandelten Cirri- pedierreste sei es gestattet, auch einige flüchtige Blicke auf das Auf- treten dieses Crustaceenstammes zu werfen und einige Bemerkungen über seine Entwicklung hier anzufügen, die sich beim Studium des- selben mit einigem Anspruch vielleicht auf Wahrscheinlichkeit ergeben hatten. Sie werden der Natur der Sache gemäss nur auf die Hart- theile sich beziehen, da diese allein paläontologisch nur verfolgbar sind, und nur zum Schluss möge mit wenigen Worten angedeutet werden, wie sich zu den dadurch erhaltenen Resultaten die Ergebnisse der zoologischen Forschungen verhalten, die jedoch in diesem eng um- grenzten Gebiet für das Detail ziemlich spärlich sind. Ch. Darwin zählt in seiner grossen Cirripedienmonographie von recenten Rankenfüsslern zehn Gattungen auf, von denen, nebst einigen ausgestorbenen, bisher nur Zepas und das diesem nahestehende !) In der Luftlinie gemessen. ?) Supralaterale ist an diesem Exemplare keines vorhanden. Die beiden angegebenen Masszahlen sind Reductionen nach einem Supralaterale eines grösseren Exemplares (an diesem — 8'7 und 6°8 Millimeter). Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1887, 37. Band. 2. Heft. (A. Weithofer.) 49 976 A. Weithofer. [6] Poecilasma, sowie Scalpellum und FPollicipes auch fossil aufgefunden wurden; bezüglich der übrigen darf man zumeist nur wenig Hoffnung hegen, sie fossil je zu treffen, theils weil sie gar keine oder hornige Schalen besitzen, wie Anelasma, Alepas, Ibla, theils doch so zarte und kleine kalkige Hartgebilde tragen, dass deren Erhaltung kaum möglich scheint. Wenn man sich nun die Frage stellen würde, welches von den erwähnten Genera denn eigentlich das ursprünglichste, das am wenig- sten abgeänderte sei, und in welcher Beziehung die übrigen zu ihm stünden, so kann hierfür ihr geologisches Vorkommen vielleicht den ersten Fingerzeig geben. Als ältestes Cirriped — wenn man von dem räthselhaften Plumulites und Anatifopsis des Silur vorläufig absieht — ergibt sich ein Pollicipes (rhaeticus Moore) aus dem Rhätischen von Sommerset. Dieses Genus setzt im Jura!), wo ein weiteres, aus- gestorbenes , Archaeolepas Zittel, hinzukommt, fort, erreicht in der — besonders oberen — Kreide zusammen mit dem kurz zuvor auf- getretenen Scalpellum eine ausserordentliche Entwicklung und beide haben sich durch das Tertiär bis auf den heutigen Tag erhalten. In der Kreide ist auch noch eine ausgestorbene Gattung Zoricula Sowerby sowie die nahe verwandte Loriculina Dame s?)] gefunden worden, und eine dritte, in der Jetztzeit nicht mehr bekannte Form ist Seillae lepas Seguenza:) aus dem unteren Pliocän Italiens. Etwas früher — Miocän — traten endlich die beiden noch lebenden Gattungen Lepas (Tortonien) und Foecilasma (Schlier) auf. Wenn man nun die Reihe dieser nach einander erscheinenden Typen überbliekt, so wird man leicht gewahr werden, dass unter .den Schalen gewisse Veränderungen platzgegriffen haben, die nach ein und derselben Richtung vor sich. gegangen sind. Die Schalenzahl ist einer constanten Reduction unterworfen gewesen, die schliesslich bis zum völligen Schwunde führen kann. Wenigstens sprechen dafür die Ver- hältnisse bei einigen recenten Formen. Dass daneben auch aberrante Typen vorkommen, ist von vornherein zu erwarten. Die meisten Schalen — 18 bis mehr als 100 — zeigt Pollicipes, die wenigsten besitzt unter den fossil zu beobachtenden Formen Zepas mit fünf, abgesehen von einer lebenden Species, von Poecilasma (eburnea Hinds.) mit nur drei Deckstücken. Da nun Pollicipes das älteste sichere Cirriped ist, so muss es im Allgemeinen jedenfalls auch dem ursprünglichen Typus am nächsten stehen, denselben am ehesten ver- rathen können. Dass dem wohl auch thatsächlich so sei, zeigt der Umstand, dass seine Schalen die am meisten indifferenten sind und unter einander mehr oder weniger gleichmässig gebaut, in ihrer Form am wenigsten specialisirt erscheinen. ‘) Eine Zusammenstellung der jurassischen Cirripedier in Zittel’s: Bemerkungen über einige fossile Lepaditen aus dem lithographischen Schiefer und der oberen Kreide. Sitzungsber. d. k. bayer. Ak. d. Wiss. 1884, Heft 4, pag. 577. ?) Dames, Ueber Loriculina Noetlingi n. sp. von Sahel Alma am Libanon. Sitzungsber. d. Ges. nat. Freunde zu Berlin, 1885, Nr. 8, pag. 151. ’) Seguenza, Ricerche paleontologiche intorno ai Cirripedi terziarii della provineia di Messina. Napoli 1876, Parte II, pag. 22, Taf. VII. [7] Eine fossile Scalpellumart aus dem Schlier von Ottnang und Kremsmünster. 377 Dies zeigt sich ferner auch darin, dass bei diesem Genus die Schalenelemente des Capitulum in ihrer Gestalt und Grösse von denen des Stieles nicht so scharf geschieden sind, dass von ersteren zu letz- teren ein Uebergang vorhanden ist. Wenn dieser auch ziemlich rasch, auf eine schmale Zone beschränkt, bei manchen Formen sogar undeut- lich ist (Pollieipes mitella), so ist er doch bei vielen (Pollicipes sertus, polymerus, spinosus etc.) deutlich vorhanden, gegenüber dem — in der Schalenbildung — scharf abgesetzten Capitulum eines Scalpellum oder einer Lepas. Wollte man nun etwa diesen Hergang in idealer Weise nach rückwärts, in die paläozoische Zeit, sich fortgesetzt denken, so müsste man annehmen, dass einer Gleichstellung der einzelnen Täfelchen in Grösse und Gestalt zugestrebt, resp. von Formen mit gleichgetäfeltem Stiel und Capitulum der Ausgang genommen wird, ein Schluss, dessen Berechtigung allerdings noch sehr problematisch ist. Wenigstens ist es auch sehr gut denkbar, dass der Stiel von allem Anfang an mit kleineren Täfelehen ausgestattet wurde, von denen dann zu denen des Capitulum ein allmäliger Uebergang stattfand. Doch noch ein weiteres Postulat könnte man für die ursprüng- liehen Formen in Anspruch nehmen. Wie im Folgenden ausführlicher dargethan werden wird, gibt sich in dieser Reihe die Tendenz kund, von. den älteren zu den jüngeren Gliedern fortgesetzt den Wirbelder einzelnenSchalen nach abwärts zu verlegen, so dass dieser bei Pollicipes bei allen Schalenstücken ohne Ausnahme an dem obersten Punkte derselben zu liegen kommt, bei Zepas hingegen bei dreien der fünf Schalen bereits an deren tiefsten Punkte, der Basis, sich vorfindet. Man würde bei jenen Stammformen daher Deekstücke mit ersterer Structur vermuthen müssen, die wenig differenzirt Capitulum und Stiel bekleideten. Allerdings müsste letzterer wohl viel kürzer angenommen werden, was nach der Entwicklungsgeschichte a priori zu vermuthen, auch dem thatsächlichen Verhalten entspricht, indem Pollicipes, dann zum Theil Scalpellum, und so weit es bekannt, auch die mesozoischen Formen, kurze, dieke, mit oft ziemlich starken und grossen Kalkstücken bekleidete Stiele besitzen, während bei den minderschaligen Ranken- füsslern, z. B. Zepas, die Stiele zu jenem musculösen, langen und beweglichen Organe geworden sind, die als nothwendige Folge letzterer Eigenschaft auch ihre Täfelung verloren haben. Sie boten dem sie besitzenden Cirriped wohl einmal den grossen Vortheil eines besseren Nahrungserwerbes, dann und vorzüglich begünstigten sie eine für die Fortexistenz dieser Thiere so wesentliche reichlichere Brutproduction, indem zugleich mit seiner Ausbildung auch die Ovarien hier einzu- wachsen und sich auszubreiten begannen, wie es ja am lebenden Thiere bereits im sogenannten Puppenstadium beginnt, zu einer Zeit also, wo der Stiel sich noch in den ersten Anfängen seiner Entwicklung befindet. Nun hat die paläozoische Zeit aber an Cirripediern nur jene eigen- thümlichen Reste aus dem Silur (in Amerika auch aus dem Devon eitirt) geliefert, die von Barrande Plumulites, von Woodward Zurriepas “ 4% SE 378 A. Weithofer. [8] genannt wurden, und verschiedene Deutung erfahren hatten. Sie ent- sprechen zwar allerdings ziemlich gut dem oben angegebenen Schema eines solehben Ureirripeds, besitzen wenig von einander verschiedene, über das ganze Thier hin gleichmässig vertheilte, annähernd gleich grosse Täfelehen, deren Wachsthum auch an der obersten Spitze beginnt, doch immerhin ist für eine entschiedene Deutung die Sache wohl noch etwas zu unsicher. Es würde dieses Fossil dann natürlich Capitulum und Stiel vorstellen, ersteres dabei wohl nicht blos auf die obersten Täf lehen beschränkt sein, sondern tiefer herabreichen; der Stiel mag noch vielleicht sehr kurz gewesen sein. Doch darf man vorläufig auf diese isolirten paläozoischen Funde nicht viel Gewicht legen. Zweifellose Cirripedier treten erst im Rhätischen auf, allerdings zwar schon in heutiger Gestalt, und haben sich von da bis zur Gegenwart fossil nachweisen lassen. Welche Veränderungen nun mit ihnen während dieses Zeitraumes vor sich gegangen und welchen Gesetzen diese dabei gefolgt sind, soll im Folgenden in kurzen Zügen auseinanderzusetzen versucht werden. Da das fossile Material nur äusserst fragmentär erhalten ist, so bin ich dabei meist gezwungen, an der Hand recenter Arten diese Be- merkungen zu machen, was aber wohl nicht so sehr in’s Gewicht fällt, da die fossilen Formen, soweit sie vollständig bekannt sind, eine ganz ähnliche Gestaltung verrathen. Pollicipes. Pollicipes besitzt ein mit sehr zahlreichen Schalen überdecktes Capitulum, unter denen besonders Seutum, Tergum und Carina durch ihre Grösse sieh auszeichnen. Subearina, Rostrum und die Hauptlateralia sind meist bedeutend kleiner und nach unten schliessen sich ihnen noch mehrere Kränze von ähnlich gestalteten Täfelchen mit immer geringeren Dimensionen an. Der kurze Stiel ist meist stark beschuppt. Alle diese Schalen haben ein mehr oder weniger dreieckiges Aussehen und wachsen stets nur nach abwärts. Ob letzteres, wie es nach obiger Annahme allerdings nothwendig wäre, auch bei den Stieltäfelchen der Fall ist, kann ich leider nicht angeben, da dieser Factor nirgends beachtet ist, mir selbst aber eine Untersuchung in dieser Richtung nicht möglich war. An Abbildungen sind sie meist zu klein dargestellt; wo Jedoch grössere Platten vorkommen, Loricula pulchella Sow."), Lori- culina Noetlingi Dames?) kann man sehr deutlich den Apex zu ober»t sehen. Dies war auch massgebend für die Taf. XV, Fig. 19 gewählte Orientirung der Stielplatten von Scalpellum Pfeifferi. Als ein jurassischer Seitenzweig der Pollieipeden muss Archaeolepas Zittel?°) betrachtet werden, bei dem die Schalen des Capitulum einer ‘) Darwin, Fossile Cirripedien, Taf. V. ’) Dames, Ueber Loriculina Noetlingi ete., pag. 152. °») Zittel, Bemerkungen etc., pag. 581, N [9] Eine fossile Scalpellumart aus dem Schlier von Ottnang und Kremsmünster. 379 frühzeitigen Reduction in ihrer Zahl unterworfen waren. Es ist also wohl ein einfacherer, doch kaum ein minder specialisirter Typus als Pollicipes, der offenbar einen Seitenast des letzteren darstellte. Das Gleiche gilt auch von Zoricula Sow. aus dem Cenoman und Turon und der von dieser vielleicht sich ableitenden Zorzculina Dames aus dem Senon. Alle drei Genera besitzen kurze, gedrungene, starkgetäfelte Stiele mit, wie erwähnt, theilweise deutlichem oberen Apex an deren Schildern, desgleichen wie auch an den ziemlich indifferent gestalteten Capitular- schalen. Die Grenze zwischen beiden Regionen ist jedoch bereits ganz scharf gezogen, Scalpe/lum. Zur selben Zeit, wo die beiden Gattungen Zoricula und Lorieulina auftreten, zeigt der Hauptstamm einen den heutigen weitaus übertreffenden Artenreichthum, und im Gault zweigt — nach jetziger Kenntniss — mit Scalpellum simplece Darwin ein neuer Seitenast ab, der ebenfalls schon in der Kreide zu ausserordentlicher Blüthe gelangt. Dass Scalpellum mit Pollicipes sehr enge verbunden sei, hat schon Darwin gezeigt, und in der That kann man sich wohl keinen besseren Uebergangstypus denken, als ihn das sonderbare Scalpellum villosum Leach bietet. In allen Verhältnissen zeigt sich Scalpellum, und besonders in Betracht auf Pollicipes, einerseits und Lepas anderer- seits, als ein vorgeschrittenerer Typus in der Entwicklungsreihe der Cirripedien als ersteres Genus. Um dies darzulegen, ist es nothwendig, die Veränderungen an jeder Schale im Einzelnen zu verfolgen. Carina: Sie unterscheidet sich bekanntlich von der von Pollicipes durch die schlankere, weniger rasch an Breite zunehmende Gestalt und die das Teetum von den Parietes abtrennenden beiden Leisten, wodurch ihr Querschnitt eine mehr oder weniger trapezoidale Gestalt aufweist. Es ist dabei aber gewiss von Interesse, dass die älteste bis nun bekannte Form von Scalpellum auch die schmälsten Interparietes besitzt: Scalpellum simplex. Bei Pollicipes liegt der Apex stets an dem obersten Punkte der Schale und auch bei zwei recenten Scalpellum-Arten (Sc. rutilum, villosum) und einer Zahl von fossilen Species (Sc. fossula, Michelottianum, arcuatum, solidulum ete.) treffen wir dieses Verhältniss. Bei den übrigen aber befindet er sich bereits eine bedeutende Strecke unterhalb desselben, indem die stark sich entwiekelnden Interparietes vorgeschoben werden. Wie dieser Vorgang bei der Phylogenese auch im individuellen Wachs- thum, der Onthogenese, sich widerspiegelt, ist zu Anfang bei Besprechung der Carina des Scalpellum Pfeifferi ausführlicher dargethan worden. Die Anwachsstreifen setzen sich dabei natürlich am Tectum nach abwärts, an den Interparietes nach aufwärts zu an. Tergum: Dasselbe hat Pollieipes gegenüber, ausser etwa in der Form, keine wesentliche Veränderung erlitten. Seutum: Ein Fortschritt in ähnlichem Sinne wie an der Carina ist auch am Scutum zu constatiren. Bei einigen recenten, obzwar nicht denselben wie oben (Sc. ornatum, rutilum, villosum) ist auch hier das 380 A. Weithofer. [10] alte Verhältniss erhalten geblieben; ebenso bei zahlreichen fossilen Arten (Se. fossula, arcuatum , Michelottianum, Zancleanum, ete.). Aber hier sowohl wie dort kommen auch solche vor, bei denen der Wirbel bedeutend nach abwärts gerückt ist (recent: Sc. vulgare, rostratum, Peronii; fossil: Sc. magnum, tuberculatum ete.). Wie dieser Vorgang zu denken ist, lehrt wieder die oben erwähnte Entwicklung des Scalpellum Pfeifferi. Ausserdem hat es bei diesem Genus schon eine bestimmte Form erhalten, die es von den übrigen Deckstücken leicht unter- scheiden lässt. Lateralia: Diese sind nur mehr in 3—4 Paaren erhalten und haben gleichfalls sehr bedeutende Verschiebungen ihrer Wirbel erfahren. Am Supralaterale — siehe auch Scalpellum Ffeifferi — ist er manch- mal noch zu oberst (Sc. Zancleanum, fossula), doch in den meisten Fällen bereits nach abwärts gerückt, am Vorderrande oder diesen meist genähert an der Aussenfläche der Schale. Das Gleiche findet beim Inframedio- laterale statt, nur erreicht er hier oft thatsächlich auch den Basal- rand (Sc. Pfeifferi, rutilum). Auch beim Rostrolaterale wird er nach abwärts, zumeist jedoch an dem quergestreckten Schilde an die vorderste Spitze verlegt. Das Carinolaterale erfährt dasselbe im verkehrten Sinne, nur steht dies hier in engerer Correlation mit dem Auftreten einer Subcarina. Ist eine solche vorhanden, dann befindet sich der Wirbel an der oberen Spitze, oder nicht sehr weit unterhalb derselben ; fehlt sie jedoch, so tritt letzterer an die Basis der Schale und ragt in einer oft verhältnissmässig langen, bogenförmig abgekrümmten Spitze nach hinten auswärts. Rostrum: Ist ein im Verschwinden begriffenes Deckstück, wenn es auch manchmal noch ziemlich bedeutende Dimensionen erreichen kann. (Sc. Peronit, rostratum). Bei fossilen Formen ist es nur selten nachgewiesen worden \z. B. bei Zancleanum). Noch mehr gilt ersteres von der Subearina: Ihre Gegenwart kann, wie erwähnt, aus der Form und Lage der Carinolateralia erschlossen werden. So dürfte Scalpellum fossula eine besessen haben, ebenso vielleicht Scalpellum Michelottianum ; gefehlt wird es hingegen z. B. Scalpellum magnum, Scalpellum Pfeifferi haben. Alle diese Schalen unterhalb und zwischen Carina, Tergum und Scutum sind in Reduction begriffen und stellen die letzten Reste der so reichen Täfelung vor, die sich hier an dieser Stelle bei Pollicipes befand. Die Stielschuppen sind zumeist klein — bei einigen Arten aber auch von beträchtlicher Grösse (Se. ornatum, Michelottianum). Wie ihre Anwachsstreifen sich vorfinden, kann ich leider nicht angeben. Nur Seguenza bildet 1. c. vergrösserte Stieltäfelehen ab, die auch wirklich ihre Anwachsstreifen nach abwärts gerichtet zu haben scheinen. Lepas. Das jüngste Glied in dieser Entwieklungsreihe bildet offenbar Lepas und Poecilasma. Sie erscheinen erst im Mioeän, indem Zepas 11] Eine fossile Scalpellumart aus dem Schlier von Ottnang und Kremsmünster. 381 von Seguenza aus dem Tortonien von Messina !), Poecilasma aber von A. E. Reuss?) aus dem Salzthon von Wieliezka und dem Leitha- kalk von Podjarkow bei Kurowice in Galizien, sowie aus gleichalterigen Lagern aus Schlesien angeführt wird. Sie sind beide sehr nahe ver- wandte Genera und können unter einem betrachtet werden. Carina: Einen sehr befreindenden Eindruck macht, der Carina von FPollicipes oder Scalpellum gegenüber, die Carina von Lepas, so dass die Möglichkeit einer Ableitung derselben von ersterer beim ersten Anblick sehr zweifelhaft erscheinen dürfte. Sie stellt ein lang-kahn- förmiges Kalkstück vor, mit anscheinend durchwegs nach aufwärts ge- richteten Anwachsstreifen, mit einem Wirbel also am unteren Ende, wo noch ein kleines, gabelförmiges Gebilde sich nach innen zu ansetzt. Sie bietet also ein ganz verschiedenes, charakteristisches Aussehen, und doch sind wohl auch bier genau dieselben Theile zu unterscheiden, wie zwar nicht bei Pollicives, wohl aber bei Scalpellum, besonders jenen Scalpellum-Arten, die nach vorn vorgezogene Interparietes be- sitzen. Beiweitem der grösste Theil — der ganze von rückwärts sicht- bare — der Lepas-Carina entspricht offenbar den Interparietes, das ganz kleine gabelförmige Anhängsel dem übrigen Theil der Scalpellum- Carina. Der Wirbel ist also nicht ganz am Ende gelegen, sondern über ihn hinaus — hier freilich völlig nach innen gewendet — dehnt sich noch das ehemalige Hauptstück der Carina in meist ganz verkümmertem Zustande aus. Man kann den Verlauf der Anwachsstreifen deutlich ver- folgen, wie sie aus dem Obertheil der Carina — den Interparietes — am Wirbel vorbeigehen, ihn dann umziehen und wieder in die Inter- parietes auslaufen. Nun wird eben hier das Wachsthum der Schale bald sistirt, oder geht wahrscheinlich auch noch weiter, doch. viel langsamer von statten, während sie sich nach oben zu viel rascher vergrössert. Bei der gemeinen Lepas anatifera und so auch bei den meisten übrigen Lepaden ist dieses gabelige Anhangsstück sehr klein. Bei Lepas fascicularis jedoch bildet es einen relativ sehr grossen Theil der gesammten Carina, ebenso wie auch bei einigen anderen recenten Lepaditen : Foecilasma eburnea, Dichelaspis, Oxynapsıs etc. Allerdings tritt dabei eine morphologische Verschiedenheit ein, indem bei Scalpellum das Teetum schnabelförmig übergebogen ist, bei Lepas es jedoch die Interparietes wären. Doch kann wohl darauf nicht viel Gewicht gelegt werden. Seutum: In derselben extremen Weise, wie die Carina, zeigt sich bei Zepas auch das Scutum entwickelt. Auch hier ist der Wirbel bereits ganz an die Basis gerückt und liegt im vorderen, unteren Ecke der Schale. Ueberdies hat sich hier an der linken Schale eine Art Schlosszahn gebildet, der mit der rechtsseitigen Schale artieulirt. Doch auch hier scheint, nach Darwin’s Abbildung zu urtheilen, !) Seguenza,|.c. : ?) A. E. Reuss, Die fossile Fauna der Steinsalzablagerungen von Wieliezka in Galizien. Sitzungsber. d. math.-nat. Cl. d. k. Akademie d. Wiss. 1867, Bd. LV, I. Abth,, pag. 172. 382 A. Weithofer. 11 2] Lepas fascieularis wieder eine Mittelstellung einzunehmen, indem der Wirbel von der Basis entfernt am Vorderrande gelegen ist. Tergum: Wie die beiden ebengenannten ist bei Lepas in gleicher Richtung auch das dritte Schalenelement, das Tergum, vorgeschritten. Während bei keinem Scalpellum noch bemerkt werden konnte, dass der Wirbel seine Stellung an der Spitze der Schale verliesse — eine Andeutung vielleicht bei Scalpellum Molinianum — wodurch am Tergum sich also noch am zähesten die ursprünglichen Verhältnisse erhalten hätten, ist bei Zepas in diesem Sinne bereits eine Veränderung vor sich gegangen, indem der Wirbel am Hinterrande der Schale schon bis zu einem Viertel oder Drittel der gesammten Erstreckung desselben herabgezogen erscheint. Und wie Lepas fascicularis bereits in ihrer Carina und ihrem Scutum einen ursprünglicheren Typus zeigte, so ist ein Gleiches auch wieder beim Tergum der Fall. Auch hier hat der Wirbel beharrlich seine Position an der oberen Schalenspitze bewahrt, als einzige Ausnahme unter den Arten von Lepas. Die wenigen und überdies sehr fragmentär erhaltenen fossilen Vertreter der beiden Genera Lepas und Poecilasma erhalten sich, so- weit man es sehen kann, ebenso wie ihre jetzt lebenden Verwandten. Noch wären zum Schluss vielleicht einige Worte über die übrigen recenten Lepaditen anzufügen : Die Gattung Dichelaspis scheint nach ihren Schalenverhältnissen einen sehr jungen Zweig derselben darzustellen, da es nichts Anderes ist, als eine Lepas, deren Schalen im Begriffe sind, zu obliteriren. Die Carina ist zu einem ganz schmalen Streifen geworden, die Terga be- ginnen sich zu zerschlitzen, oder sind in diesem Process sogar schon sehr weit vorgeschritten und die Scuta sind durch einen tiefen Spalt in zwei oft bereits sehr schmal gewordene Hälften getheilt, die an ihrem Grunde, dem Wirbel, manchmal nieht einmal mehr durch Kalk- substanz verbunden sind. Doch dürfte die Abtrennung von Zepas schon zu einer Zeit erfolgt sein, wo bei diesem die Carina noch ein bedev- tenderes Tectum besass. Aus älterer Zeit, etwa von Scalpellum, müsste man jedoch bereits Oonchoderma ableiten, da Carina und Scuta bei diesem Verhältnisse zeigen, wie sie zwar bei Scalpellum, noch nicht aber bei Zepas vor- handen sind. Es kann natürlich a priori nicht zurückgewiesen werden, dass zu jener Zeit Formen existirt hätten, deren Schalen damals schon nach Art von Dichelaspis im Rückgange begriffen gewesen wären. Einen höchst eigenthümlichen Typus stellt weiter /öla vor. In seinen Geschlechtsverhältnissen ist er jedenfalls eine alterthümlichere Form, als die übrigen Lepaditen, mit Ausnahme nur von Scalpellum. Dem scheint auch der Schalenbau zu entsprechen; diese sind zwar auf vier (hornige Terga und Scuta) redueirt, wachsen aber trotzdem an- scheinend nur nach abwärts. Wenn letzteres so anzunehmen dem that- sächlichen Verhalte entspricht, so müssten sie noch vor Scalpellum vom Hauptstamme sich abzweigend gedacht werden. [13] Eine fossile Scalpellumart aus dem Schlier von Ottnang und Kremsmünster. 383 An eine Rückbildung, deren Annahme im Gegenfalle unvermeidlich wäre, dürfte wohl nicht zu denken sein. Doch noch ein Einwurf darf jedenfalls nicht übersehen werden, den man von Seiten der Zoologie dieser Entwieklungsreihe vielleicht machen könnte. Die Lepaditen sind bekanntlich ausschliesslich Hermaphroditen. Nur zwei Genera bilden hiervon eine Ausnahme, /bla mit chitinösen Schalen. in denen Kalk nicht zur Ablagerung gelangt und Scalpellum, indem sie zum Theil getrennt geschlechtlich sind: bla Qumingli, Scal- pellum ornatum und vielleicht auch rutilum, zum Theil aber neben den Hermaphroditen pygmäenhafte Männchen — Complemental males von Darwin genannt — vorkommen: Ibla quadrivalvis, Scalpellum vulgare, Peronii, rostratum und vellosum. Nun nimmt man nach den bis jetzt gemachten Frfahrungen allerdings an, dass der Zustand des Hermaphroditismus dem der Ver- theilung der Geschlechtsfunetionen auf zwei Individuen vorangegangen sei, darnach also der Annahme der genannten Entwieklungsreihe mit Rück- sicht auf Pollicipes und Scalpellum -— Lepas könnte man sich dann als durch Rückbildung der Männchen hermaphroditisch geworden erklären — hierdurch keine besonderen Schwierigkeiten in den Weg gelegt würden, aber die neueren Forschungen lassen wohl unzweifelhaft erkennen, dass dieser Hermaphroditismus bei den Lepaditen nur ein secundärer sei, herbeigeführt durch die sessile Lebensweise, und dass die copepoden- ähnlich gestalteten Vorfahren derselben nach Claus getrennt geschlecht- lich gewesen wären, wie es die Copepoden, „welche selbst in ihren durch Parasitismus am weitesten zurückgesunkenen Gliedern keine Spur eines früheren Hermaphroditismus mehr erkennen lassen“, heute noch sind. Pollieipes ist nun ausschliesslich Hermaphrodit. Scalpellum aber besitzt theilweise getrennte Geschlechter, theilweise Hermaphroditen mit den erwähnten „Complemental males“. Letztere selbst zeigen wieder einen höchst auffallenden Geschlechtsdimorphismus, indem jene Gruppe unter den Scalpellen (Scalpellum vulgare, nebst den getrennt geschlecht- lichen Se. ornatum und vielleicht rutilum), die sich schon durch ge- meinsame Merkmale der Hermaphroditen, wie Mangel der Subcarina, kleines Rostrum, Vierzahl der Lateralpaare, auszeichnen, auch jene sack- förmigen Ergänzungsmännchen, respective wahren Männchen, mit so ausserordentlich redueirter Organisation — keine Cirren, keinen Mund — besitzen, während die zweite Gruppe (Scalpellum Peronü, rostratum und villosum) ausgezeichnet durch die Anwesenheit einer Subcarina, eines grossen Rostrum, und, zum Theil wenigstens, durch die Dreizahl der Lateralpaare vollkommen organisirte Ergänzungsmännchen hat, welche, 3—6 Schalen tragend, im Besitze eines Mundes und der sechs Paar Rankenfüsse sich befinden. Claus ist nun geneigt, die Männchen ersterer Art als solehe von denen der getrennt geschlechtlich lebenden Arten nicht verschieden zu erachten, die sich neben den Hermaphroditen nur weiter erhalten haben, während wir letztere „als eine viel spätere und erst nach dem Untergange der früheren Männchen entstandene Form zu Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Band. 2. Heft. (A. Weithofer.) 50 384 A. Weithofer. [ 1 4] betrachten“ hätten, die „aus den Hermaphroditen durch Unterdrückung der weiblichen Geschlechtstheile abzuleiten“ wären. !) Aus den gemeinsamen, getrennt geschlechtlichen Vorfahren der Copepoden und Cirripedien hätten sich erstere also als getrennt ge- schlechtlich bleibender Zweig weiter entwickelt, während letztere mit besonderer Begünstigung der weiblichen Formen zu Hermaphroditen. wurden, neben denen sich jedoch bei einzelnen Species die ursprünglichen Männchen völlig verkümmert forterhalten hätten. Bei den rein herma- phroditischen Rankenfüsslern wären dann später durch Unterdrückung der weiblichen Geschlechtstheile aus den Hermaphroditen wieder jene — jetzt natürlich vollkommen organisirten — secundären Männchen entstanden. Während nun das Vorkommen von Männchen letzterer Art an vorliegender Entwieklungsreihe nichts zu ändern im Stande ist, kann dies in bedeutendem Maasse geschehen, wenn wir in ersteren wirklich jene ursprünglichen Männchen annehmen müssen. Es wäre ja geradezu unmöglich, dass die geologisch jüngeren Scalpellen durch den Besitz dieser sich auszeichnen würden, während die ausschliesslich herma- phroditischen, und zwar secundär hermaphroditischen Pollieipeden als ältere Formen derselben ermangeln sollten. Doch dürfte auch dieser scheinbare Widerspruch nicht so ernst- licher Natur sein. Denn, wenn man die Geschlechtsverhältnisse bei den recenten Arten von Scalpellum — und theilweise gilt dies auch von Ibla — betrachtet, so sieht man, dass innerhalb dieser einzigen Gattung neben zweierlei weiblichen Formen nicht weniger als drei in ihrer Be- deutung verschiedene Männchen vorhanden sind. Es deutet dies offen- bar darauf hin, dass wir in dieser geringen Zahl von lebenden Species nicht nur von Scalpellum, sondern auch von Pollicipes, das heute eben- falls im Rückgange begriffen ist und mit seinem ausschliesslichen Herma- phroditismus einen weiteren Geschlechtstypus darstellt, die letzten Frag- mente eines einst vielfach verzweigten Astes der Kruster vor uns haben, von denen aus wir bezüglich ihrer Organisation nur mit grosser Vor- sicht Schlüsse auf die Vergangenheit ziehen dürfen. Wenn die heutigen Pollieipeden nur Hermaphroditen sind, so ist a priori kein hindernder Grund für die Annahme vorhanden, warum sie es nicht einmal auch nicht gewesen sein könnten, dass bei ihnen also ebenso Complemental males vorhanden waren, zur Zeit wenigstens noch vorhanden waren, als die Scalpellen sich abzweigten, wie bei den heutigen Vertretern dieser letzteren, die bei ihnen im Laufe der weiteren Entwicklung nur ganz unterdrückt wurden, ganz ebenso, wie sie ja auch bei dem wahrscheinlichen Seitenast der Scealpellen, den Lepaden, völlig verschwunden sind. Die Thatsache des Vorhandenseins von Ergänzungsmännchen bei den heutigen Scalpellen könnte uns eben nur die Annahme als nothwendig hinstellen, dass jene Pollieipeden der mesozoischen Zeit, ‘) €. Claus, Untersuchungen zur Erforschung der genealogischen Grundlage des Crustaceen-Systems. Wien 1876, pag. 90. 1 5] Eine fossile Scalpellumart aus dem Schlier von Ottnang und Kremsmünster. 385 die ohnedies eine reichere Gestaltung besessen hatten (Zoricula, Archoeo- lepas) als heute, deren auch gehabt haben müssten. Auf ähnliche Weise müsste man auch einem anderen Einwurf begegnen. Es könnte nämlich weiter darauf hingewiesen werden, dass, so zahlreich auch die Kalkstücke des späteren Cirripeds sein mögen, provisorisch auf dem Mantel der Cypris nur fünf angelegt werden, während die übrigen Schalen auf je einen „small indistinet brown spot, very different from the hexagonal tissue of the primordial valves“ !), zurückzuführen wären, dass man also in dem fünfschaligen Typus auch den ursprünglichen sehen müsste. Es mag dies ja immerhin möglich sein; aus der geologischen Geschichte ergäbe sich dann aber, dass diese ursprünglichen Formen später in Folge irgend welcher feindlicher, äusserer Einflüsse eine reiche Panzerung erworben hätten, gleichwie z. B. auch die Mehrzahl der paläozoischen Fische stark bepanzert waren, sie dieses Schutzmomentes in der weiteren Entwicklung aber, wie diese, nicht mehr bedurften und es daher aufgaben, sei es, weil jene Einflüsse aufhörten, sei es, weil sie ihnen nun auf andere Weise begegnen, und die entstandenen Nachtheile durch andere Mittel — z. B. leichteren Nahrungserwerb, ausgiebigere Brutproduction — paralysiren konnten. Das Verhältniss der einzelnen Cirripedien-Gattungen zu einander liesse sich daher nach Obigem ungefähr folgendermassen zusammenstellen : Pollicipes (B alanıde) I Foeclasma, Sealpellum \ 4 Lepas pi =. N 7 7% ” ‘ -7 Foecilasmasi--""Lepas ’ + } [ ! f 1 1 I = \ I N 1 I I 1 ' ı l Lorieulina N . 2 NZoriewula---- Archeeolepas -------- 1\Darwin, AMonogr. on the subelass Cirripedia. The Lepadidae. London 1851, pag. 218: und an anderer Stelle (Ibid., The Balanidae etc. London 1854, pag. 129): „The other valves are prefigured only by brownish membrane, without the hexagonal tissue.“ Weiter u.a. noch: Balfour, Handbuch der vergl. Embryologie. Uebersetzt v. Vetter. Jena 1880, I. Bd. pag. 470; Claus ete. 50* Tafel-Erklärung. Tafel XV. Scalpellum Pfeifferi n. sp. Fig.1. Exemplar in zweifacher Vergrösserung. 2. Restaurirtes Exemplar in natürl. Grösse. Fig. 3. Rechtes Scutum, von aussen | Bie;4. 0% u „ Innen | in 2!/, der natürl. Grösse. Fig. 5. „ vorn j Fig. 6. Jugendliches $ Scutum in vierfacher Vergr. Fig. 7. Tergum, in dreifacher Vergr. Fig. 8. Carina, von hinten, zu Fig. ] gehörig, in zweifacher Vergr. Ried.) am@Brogl > N ER RE jüngeres Exemplar, zu Fig. 7 gehörig, zweif. ve Bis. nr noch jünger als Fig. 10, zweif. vergrössert. Abe Fig. 12. Supralaterale, in dreifacher Vergr. a Fig. 13. Carinolaterale, von aussen, in 2'/‚facher Vergr., zu Fig. 2 eehörig, Fig. 14. ” ” oben ” ” ” Fig. 15. ” ” innen ” ” ” Fig. 16. e sen v7 Fig. 17. Inframediolaterale, von aussen, in dreifacher Verer S zu ı Fig. 2 \ Fig. 18. 7 IHRER 5 Fig. 19. Stieltäfelchen, in sechsfacher Vergrösserung. Druck von Gottlieb Gistel & Comp. in Wien, E. Döll, Zwei neue Kriterien (I). Dal-VEL. Lichtdruck von Jaffe & Albert, Wien. Jahrbuch der k. k. Geologischen Reichsanstalt, Band XXXVII. 1887. Verlag v. Alfred Hölder, k.k. Hof- und Universitäts-Buchhändler in Wien. E. Döll, Zwei neue Kriterien (II). Tat VAL. Lichtdruck von Jaffe & Albert, Wien. Jahrbuch der k. k. Geologischen Reichsanstalt, Band XXXVII. 1887. Verlag v. Alfred Hölder, k.k. Hof- und Universitäts-Buchhändler in Wien. E. Döll, Zwei neue Kriterien (III). Taf. VII. Lichtdruck von Jaffe & Albert, Wien. Jahrbuch der k. k. Geologischen Reichsanstalt, Band XXX VII. 1887. Verlag v. Alfred Hölder, k.k. Hof- und Universitäts-Buchhändler in Wien. E. Döll, Zwei neue Kriterien (IV). Tat: IX; Lichtdruck von Jaffe & Albert, Wien. Jahrbuch der k. k. Geologischen Reichsanstalt, Band XXXVLI. 1887. Verlag v. Alfred Hölder, k.k. Hof- und Universitäts-Buchhändler in Wien. A. Hofmann, Säugethierreste aus Voitsberg und. Steieregg, Tate x: 4 pm, ER am Lichtdruck von F. Hraliezka, Wien. Jahrbuch der k. k. Geologischen Reichsanstalt. Bd. XXXVIL 1887. Verlag v. Alfred Hölder, k. k. Hof- u. Universitäts-Buchhändler in Wien. Autor gez. A. Hofmann, Säugethierreste aus Voitsberg und Steieregg. Taf. XI Autor gez. Lichtdruck von F. Hraliezka, Wien. Jahrbuch der k. k. Geologischen Reichsanstalt. Bd. XXXVI. 1887. Verlag v. Alfred Hölder, k. k. Hof- u. Universitäts-Buchhändler in Wien. A. Hofmann, Säugethierreste aus Voitsberg und Steieregg. Taf.-XIE Autor gez. Lichtdruck von F. Hrdliezka, Wien. Jahrbuch der k. k. Geologischen Reichsanstalt. Bd. XXXVII. 1887. Verlag v. Alfred Hölder, k. k. Hof- u. Universitäts-Buchhändler in Wien. Diluviale Funde in den Prachover Felsen. Woldrich „2 1 > u z.u. li d. Nat. ge ach pri Rud. Schon, f} GC Verlag v. Alfred Hölder, k.k.H Jahrbuch derkk. Geolog Taf. XI. Lith. Anst.v. Th. Bannwarth ‚Wien. Reichsanstalt Bd.XXXVI 1887. Jniversitäts- Buchhändler inWien. A.Bittner: Koninckiniden d.alp.Lias. Taf. XIV. (1) Rud. Schon, nach d. Nat. gez. u. lich. x Lith. Anst.v. Th. Bannwarth, Wien. ‚Jahrbuch derkck. Geologischen Reichsanstalt Bd.XXXVIT1887. Verlag v. Alfred Hölder, k.k.Hof-u.Universitäts- Buchhändler in Wien. + A.Weithofer:: Schliercirripedien. Taf. XV. Rud. Schön, nach d. Nat. gez. u. lich. Lith. Anst.v. Th. Bannwarth Wien Jahrbuch derkk. Geologischen Reichsanstalt Bd.XXXV111887. Verlag v. Alfred Hölder, k.k.Hof-u. Universitäts- Buchhändler in Wien. ” EVerlag von Alfred Hölder, k. k. Hof- und Universitäts-Buchhändler in Wien, Ep, RORBON RT mstrasse. 15. Berg- und. Hüttenmeäntanhens J ahrbuch der k.k. Bergakademien zu Leoben und Pribram BR und der ae ER königlich ungarischen Bergakademie zu Schemnitz. Redaeteur: Julius Ritter von Hauer, k. k. Ober-Bergrath und Professor an der Bergakademie zu Leoben. | XXXV.BAND. (Als Fortsetzung des Jahrbuches der k..k. Montanlehranstalt zu Leoben.) IV. Heft. INHALT: DW Untersuchungen von Nebengesteinen der Pfibramer Gänge, mit Rück- sicht auf die Lateral-Seeretions-Theorie des Prof, Dr. F. von Sandberger - ausgeführt in den Jahren 1834—1887 und veröffentlicht im Anftrage Seiner — Excellenz des Herrn K. k, Ackerbau-Ministers Julius Grafen von Falkenhayn. ee: Libanon R% ne Grundlinien der physischen Geographie und Geologie von 3 ıeaıttei-Syrilien. Fe = == Von See ar 2 - Dr. Carl Diener, ; Sr .. Privat-Docent an der k. k. Universität in Wien. ? it einer 7 geologischen Karte, 1 Tafel, 6 Lichtdruckbildern und 16 Textabbildungen. go; ES gr. 8%. X Pure 412 Seiten. Preis 8fl. = 16 M. Anal ink k naturhistor. Hofmuseums in Wien. Redigirt von Dr. FRANZ Ritter von HAUER, k. k. Hofrath und Intendant. Pe N Band Il, Heft 1 bis 4. Si £ SR; Fr Die „Annalen‘“ erscheinen vorerst in zwanglosen Heften; der Preis eines ‚Bandes ä 20 Bogen (& 16 Seiten) größten Lexikonoctavs, nit zahlreichen Tafeln und Illustrationen, beträgt I0 fl. = 20M. : Als Sonderabdrücke sind hieraus u. A. erschienen: N Hauer: Jahresbericht des k. k. naturhistorischen Hofmuseums für 1885 und 1886. (Mit | Tafel) Preis: 1 f.= 2M. =u% E. Kittl: Ueber die miocenen Pteropoden von Oesterreich-Ungarn. (Mit 1 Tafel.) 2 - Preis: 1A. 40 kr. = 2M. 80 Pf. ZDF. V. Goldschmidt: 2 el el des specifischen Gewichtes vom Mineralien. Preis: 40. kr. = 80 Pf. Dr. A. Brozina: Ueber > die Krı ystallform des Tellurit. (Mit 3 Figuren im Texte. ) Be 342° Preise. 60 kr... == 1’M.. 20 Pf, bier, Arthur Gehmacher: Goldsand mit Demantoid vom. alten Ekbatana und. SE Hamadan. Preis: 30 kr. = 60 Pf. Se tuetes : R Köchlin: Ueber ein neues Euklas- Vorkommen aus den österr. Tier, (Mit ZIERT, = T Tafel); Preis: If. = 2M 000. Dr. E: Pergens: Pliocäne Bryozoen von Rhodus. nit 1 Tafel.) Preis: 1fl. 60 kr. Er 3 M. 20 Pf. er SDR: Fr. Berwerth: Das Meteor vom 21. April 1887. Preis 50 kr, = 1M. Inh31t. Heft II. Die carbone Eiszeit. Von Oberbergrath Prof. Dr. >. Wang One 143 Zwei neue Kriterien für die Orientirung der Meteoriten. Von Eduard Doll. Mit vier Lichtdrucktafeln (Nr. I-IX) .... 7 SEELE 108 Ueber einige Säugethierreste aus der Braunkohle von Valıcbere und Steieregg bei Wies, Steiermark. Von A. Hofmann. Mit drei Tafeln (Nr. <-XH) 207 . Optisches Verhalten-und chemische Zusammensetzung des Andesins von Boden- - “ mais. Von Dr. Max Schuster'und Heinr. Bar. v. Foullon .. . 219 Diluviale Funde in den Prachover Felsen bei Jiein in Böhmen. Von Joh. N, Woldrich, Mit einer lith. Tafel (Nr. XII) und zwei Holzschnitten 223 Der Ausbruch des Schlammvulcans Lok -Botan am Kaspischen Meere vom 5. Jänner 1887. Von Dr. Hjalmar Sjögren . . ENTER - Die geologischen Verhältnisse der re der Puezalpe bei Corvara BEE in Südtirol. Von Emil Haug.... Rt de - Ueber Koninckiniden des alpinen Lias.. Von A. Bitt ner. Mit] Tafel | ’ r.xIv). Bemerkungen über einige Arten der Gattungen Harpoceras und Simoceras, Von a M. Vacek.... ER A SE : Einige. Bemerkungen über den hohlen” Kiel der Falciferem. Von =. Vase: "2 Ueber die Bohnerze der Villacher Alpe. Von A. W. Stelzuer ...... Beiträge zur Kenntniss des. arg Karpathenrandes. Von C. M. Paul:: : rer Bemerkungen über eine Quelle bei Langenbruck unweit Franzensbad. Von Dr. E, Tioi207, % 5% : : & EEE Bemerkungen über eine fossile Scalpellumart aus dem Schlier ‘von Ottnang und Kremsmünster, sowie über Cirripedien im Allgemeinen. ‘Von A. Weit 416 A. Bittner. [20] der Streifen des Torrenerthales eben ein Horst und nicht ein Graben, wie es auf den ersten Anblick hin scheinen möchte. Da er trotzdem täuschend einen Graben imitirt, wird er vielleicht am besten Graben- horst genannt werden können. Es ist gewiss nicht ausgeschlossen, dass solche Fälle!) sich öfters wiederholen und dass thatsächlich manches, was man bereits als Graben bezeichnet hat, eher den Namen eines Horstes verdient. Wir hätten in diesem Falle interessante Seitenstücke zum paei- fischen Ocean, den man lange Zeit für den Typus und das gross- artigste Beispiel eines Senkungsfeldes gehalten hat, der aber nach Suess eigentlich auch die Rolle eines stauenden Festlandes für die nach West geschobenen Anden darstellt?) (vergl. das Referat Dr. Tietze’s in Verhandlungen, 1885, pag. 57), also genau dieselbe Rolle, welche die mitteleuropäischen „Horste“ gegenüber den „nach Norden vordringenden“ Alpen spielen. Wir kommen also auf diesem Wege ') Schon das östlich benachbarte untere Lammergebiet (Verhandl. der geolog. Reichsanstalt, 1884, pag. 78) ist ein weiteres Beispiel eines solchen Grabenhorstes und ganz ähnliche Verhältnisse bieten fast alle grossen Werfener Schieferaufbrüche der Nordostalpen (vergl. Verhandl., 1887, pag. 97). Es dürfen diese Grabenhorste übrigens nicht verwechselt werden mit negativen Horsten, welchen Namen Tietze in Verhandl., 1885, pag. 55, für die wirklichen sogenannten Grabensenkungen vorgeschlagen hat. Man kann aber, wenn man annehmen will, dass der Torrenerthalzug zwischen den fix verbliebenen beiderseitigen Gebirgsmassen gehoben worden sei, denselben als positiven oder gehobenen Graben bezeichnen. ?) Dass der ganze mittlere Theil der südamerikanischen Cordilleren weniger als Faltengebirge, denn als Horst aufzufassen sei, verspricht übrigens neuestens G. Stein- mann (Zur Entstehung des Schwarzwaldes. Bericht der naturf. Gesellschaft zu Frei- burg i. B. 1887, IIL., pag. 56) zu zeigen. Das konnte im Sinne der hier gegebenen Auseinandersetzungen über die Bedeutung der Horste geradezu erwartet werden. Es ist das aber zugleich eine interessante Illustration zu der Thatsache, dass die Literaturnachrichten sowie in Europa und ganz „Eurasien“ auch in anderen Continenten öfters mit der Theorie und ihren Voraussetzungen nicht in Uebereinstimmung zu bringen sind. Eine noch weit merkwürdigere Illustration zu dem Thema von der Nichtübereinstimmung von in Europa zu Tage geförderten Theorien mit den An- schauungen, zu welchen manche Beobachter in entfernten Continenten gelangen, liefert neuestens C. Dutton in United States geolog. Survey, Sixth annual Report by J. W. Powell, 1884— 85, pag. 197. Es ist bekannt, dass Prof. Suess ganze Abschnitte seines „Antlitz der Erde“, so pag. 169—174, pag. 732—741, dem fernen Westen Nordamerikas gewidmet hat, nicht zum geringsten Theile unter Berufung auf die Ansichten Dutton’s und dieselben gleichzeitig bestreitend. „Der Umstand, das ganze Land müsse sich ein- mal 30.000 Fass über den heutigen Meeresspiegel befunden haben, ist allerdings befremdend, kann aber nicht entscheidend sein“, sagt hier Suess mit Beziehung auf die Conse- quenzen seiner eigenen Ansicht, dass nur Senkungen, keine Hebungen hier aufgetreten seien und er fügt hinzu, dass durchaus keine Kraft bekannt sei, welche im Stande wäre, zahlreiche grosse und kleine Gebirgsstücke einzeln und zwischen glatten Flächen vertical emporzutragen und im Gegensatze zur Schwerkraft dauernd in dieser Stellung zu erhalten. Diese rein theoretischen Erwägungen haben Dutton nicht abhalten können, seine entgegengesetzten Ansichten in dieser Frage neuestens noch schärfer folgender- massen zu präeisiren: „Die grossen Ketten und Plateaus der Rocky Mountains sind dureh vertical wirkende Kräfte gehoben worden. Horizontale Compression fehlt ganz older wo sie spurenweise vorhanden ist, resultirt sie aus der Aufwärts- bewegung des plastischen Kernes, im geraden Gegensatze zu der meist verbreiteten Meinung über Gebirgsbildung, welche die Aufwärtsbewegung zur Resultirenden einer unwiderstehlich wirkenden horizontalen Zusammenschiebung macht. Die Berge des Westens sind also nicht durch horizontale Compression gebildet, sondern durch die Wirkung unbekannter Kräfte unter ihnen gehoben worden.“ So stehen einander die theoretischen Lehrmeinungen einerseits, die Ansichten, zu denen Beobachter im Felde gelangten, andererseits diametral gegenüber. [21] Ueber einige geotektonische Begriffe und deren Anwendung. 417 eigentlich dahin, auch die Oeeane theilweise als Horste anzusehen, und zwar als ältere Horste gegenüber den jüngeren Festlandshorsten mit den auf ihnen sich entwickelnden Gebirgen oder Kettenhorsten , die auch wieder zu Horsten von kleineren Dimensionen zu zerfallen be- stimmt sind. So gelangt man auch auf speculativem Wege immer wieder zur Einheit in der Mannigfaltigkeit der Erscheinungen, und in diesem Falle speciell zu einem förmlichen Kreislaufe in der Ent- wicklungsgeschichte der „Horste“ (vergl. Suess, Ueber unterbrochene Gebirgsfaltung, pag. 6), deren Gesammtheit eigentlich nichts anderes ist als das Ganze der festen Erdrinde, 3. Was ist eine „Schaarung“? Während bei den Begriffen „Flexur“ und „Horst“ eine Definition oder sogar mehrere von einander abweichende Definitionen ohne besondere Mühe eruirt werden konnten, ist es nicht Fig. 4. so leicht, eine Erläuterung des Ausdruckes „Schaarung“ zu finden. Wir treffen den 2 Begriff in Suess’ „Antlitz der Erde“ vor- Dr fe 5: zugsweise im 7. Capitel an, welches von x / r „den grossen indischen Schaarungen“ han- Bo, / delt und er lässt sich dahin definiren, dass N i man unter „Schaarung“ eine Transversal- SENSE RE linie zu verstehen habe, in welcher zwei JA ee in gleicher Richtung vorgeschobene bogen- ra förmige Gebirgssysteme unter gegenseitigen Schleppungs- und Kreuzungserscheinungen aneinander stossen. Der transversale Charakter dieser „Schaarung“ ist offenbar das mass- gebende. Es scheint aber, als sei früher auch von Suess unter diesem Begriffe etwas ganz Verschiedenes verstanden worden, wenig- stens erschliesst man das aus Neumayr’s Erdgeschichte, deren Erscheinen überdies späteren Datums ist, als der I. Band des „Antlitz der Erde“. Hier heisst es pag. 326: „Im südöstlichen Europa verläuft eine Reihe selbstständiger Gebirge, deren Richtungen zwischen der nordostsüdwestlichen und der südostnordwestlichen liegen und welche alle auf einen Punkt südlich von der grossen böhmischen Masse convergiren. Von da an, wo sie dureh ihr Zusammentreffen gehindert sind, ihre Sonderrichtungen einzeln zu verfolgen, verlaufen sie parallel, zu dicht gedrängtem Bündel „geschaart“, ohne aber deshalb ihre Selbstständigkeit zu verlieren.“ Schaarung ist also nach Neumayr offenbar ein bündelförmiges Zusammentreten selbstständiger Einzelketten zu einem grösseren combinirten Kettengebirge, also der Gegensatz zu dem Begriffe der „Virgation“ bei Suess und demnach eine Erscheinung von ausgesprochen longitudinalem Charakter im Gegensatze zu dem transversalen Charakter der „grossen indischen Schaarungen“. Dass solche longitudinale Schaarungen, welche offenbar ganz andere Erscheinungen sind, als die transversalen indischen Schaarungen, auch dem „Antlitz der Erde“ nicht ganz fremd seien, ergibt sich aus einem Hinweise auf pag. 77! dieses Werkes, wo es heisst: „Dasadriatische Meer liegt auf der Schaarung des Apennin und des di- narischen Gebirges oder vielmehr auf dem niedergebrochenen 418 A. Bittner. [22] Westrande des dinarischen Gebirges.“ Es ist selbstredend, dass hier keine Schaarung !) vom Charakter der „grossen indischen Schaarungen*, sondern, dass hier eher eine solche, wie sie Neumayr definirt, ge- meint sein muss. Es braucht wohl kaum noch hervorgehoben zu werden, dass es unmöglich ist, die beiden hier als „Schaarungen“ angeführten Begriffe unter diesem gemeinsamen Namen zu belassen, da das nothwendig zu Verwirrungen führen müsste. Wo so viele Namen neu erfunden und Begriffe neu definirt und eingeführt werden, wird es auf einen mehr nicht ankommen. Man wird sich daher fragen müssen, ob die neuere Definition der Scehaarung als einer Linie von transversalem Charakter beibehalten werden könne. ?) Dieselbe wird übrigens von Suess in seiner neuesten Schrift: „Ueber unterbrochene Gebirgsfaltung“ ebenfalls im transversalen Sinne in einer Anwendung auf europäische Verhält- nisse wiederholt. Er weist daselbst, pag. 6, eine grosse Schaarung nach, die „Schaarung“* des „armoricanischen* mit dem „variseischen“ Gebirge, welche auf einer Linie stattfindet, die aus der Gegend zwischen Douai und Valenciennes zu dem Quellgebiete der Dordogne zieht, ganz Frankreich durchquert und zugleich die Pyrenäen von den Alpen trennt. Diese Linie, der eine ungewöhnliche tektonische Bedeutung nicht ab- zusprechen ist, tritt allerdings für den Beschauer einer geologischen Karte von Frankreich wohl deshalb weniger scharf hervor, weil sie zum Theil in den Beckenausfüllungen der Pariser Bucht, zum Theil im französischen Centralplateau verläuft. Es wird genügen, diese drei Fälle angeführt und besprochen zu haben. Sie mögen theilweise als Erklärung dafür dienen, dass die neuesten Ansichten über Gebirgsbildung so schwankender Natur sind, wie schon früher gezeigt wurde. Auf gänzlich labiler Grundlage lässt sich eben kein festes und dauerhaftes Gebäude aufführen. Die hier besprochenen Begriffe der Geotektonik stehen bekanntlich aber nur im Dienste einer grösseren Idee, deren Ausgestaltung eben durch jenes Lehrgebäude bezweckt wird; es ist die Idee des horizontalen einseitigen Schubes als Erzeuger der Ge- birge. Insoferne dieser horizontale Schub sich mit der älteren Idee einer tangentialen Spannung innerhalb der Erdrinde deckt, ist er nichts Neues. Nur insoweit, als es sich um einen horizontalen Schub handelt, der in einseitiger Weise als eine selbstthätige Kraft wirkt, können die neuesten Gebirgsbildungshypothesen behaupten, etwas Neues hervor- gebracht zu haben. Es entsteht die Frage, woher man diesen einseitigen horizontalen Schub ableitet, woher man die Gründe nimmt, die auf eine wirkliche Existenz desselben zu schliessen nöthigen. Es ist klar, dass dieselben theils aus Beobachtungen in der Natur, theils aus theoretischen Betrachtungen hergeleitet sein können. Ich habe bereits in Verhandlungen der k. k. geol. Reichsanstalt, 1885, pag. 24 ft. gezeigt, dass die drei Hauptmomente, aufwelcheSuess seine "ursprünglich ') F. v. Richthofen kennt den Begriff „Schaarung“ nicht, scheint ihn also für entbehrlich zu halten. °) Der ursprüngliche Begriff der „Sehsarnngl ist einer Erscheinung von longitudinalem Sinne entnommen: „Schaaren ist das Zusammenlaufen zweier Gänge im Streichen unterspitzem Winkel.“H, Veith, Deutsch. Bergwörterbuch, 1871, pag. 404. 2: [23] Ueber einige geotektonische Begriffe und deren Anwendung, 419 den Alpen entnommene Theorie gründete, zum Theil hinfällig, zum Theil nicht beweisend seien. Es sind dies: 1. die Abhängigkeit gewisser tektonischer Linien der Nordalpen vom Südrande des böhmischen Massivs; 2. die Art der Faltenbildung, resp. die Riehtung dieser Falten ; 3. die Gesammtgestalt des ganzen Gebirges. Punkt 1 und 2 kann man von einer Bewegung der Centralkette allein herleiten; es sind diese Erscheinungen somit nicht beweisend für eine Bewegung des Gesammtgebirges. Wir brauchen aber für die Art und Weise der Faltenbildung, resp. für die Erklärung der vor- herrschenden Neigung der Falten nach einer bestimmten Richtung über- haupt gar nicht eine nach einer bestimmten Richtung gehende Bewegung anzunehmen, sondern diese Art der Faltenbildung erklärt sich ganz einfach durch das Ausweichen der Massen nach der Richtung des geringsten Widerstandes, sobald nur die Fusspunkte der sich faltenden Massen ungleich hochliegen. Das hat bereits Heim (Bd.TI., pag. 229—36) gezeigt und Heim wendet sich hier direet gegen die Ansicht von Suess, dass aus dem vorherrschenden Ueberliegen der Falten nach einer Richtung ein Schluss zulässig sei darüber, von welcher Seite her eine einseitige Bewegung erfolgte. Nur die Bogengestalt des ganzen Gebirges isı nach Heim in dieser Riehtung massgebend. Aus der Bogengestalt auf die Einseitigkeit der Be- wegungzuschliessen, hältauch Heim für richtig (pag. 235). Es scheint also, dass auch Meim die Einseitigkeit des Schubs der Gebirge wirklich von deren Bogengestalt herleite. Auch bei F. v. Richthofen findet man ähnliche Anschauungen. Er sagt bei Besprechung seiner „heteromorphen Faltengebirge* : „Die grossen bogenförmigen Kammgebirgszüge der Erde, Alpen, Karpathen etc. haben die Eigenthümlichkeit gemeinsam, dass die von jedem von ihner eingenommene Zone zwei von einandermorphologisch wesentlich verschiedene Seiten, eine convexe (äussere) und eine concave (innere) darbietet. Dieser Unterschied beruht aufRindenbewegungen von verschiedener und zum Theile entgegengesetzter Art.“ Ich habe bereits in Verhandlungen, 1885, pag. 28, die Frage auf- geworfen, ob die Bogengestalt der Gebirge genüge, um die Idee eines einseitigen horizontalen Schubes als erwiesen hinzustellen, und ob man sich nicht vielmehr zuerst fragen müsse, aus welcher Ursache sich etwa diese bogenförmige Gestalt herleiten könne, ehe man daran denken dürfe, diese an sich unerklärte Thatsache als einzigen feststehenden Beweis für die wirkliche Existenz eines einseitigen horizontalen Schubes der Gebirge hinzustellen. Nun möchte es gegenwärtig vielleicht scheinen, als ob in dem soeben eitirten Ausspruche v. Richthofen’s eine Beant- wortung der Frage nach der Ursache der bogenförmigen Gestalt der Gebirge enthalten sei, da die Unterschiede der convexen und concaven Seiten soleher Gebirge als auf Rindenbewegungen verschiedener und zum Theil entgegengesetzter Art beruhend, angegeben werden. Aber es ist dieser Ausspruch v. Richthofen’s keineswegs eine feststehende Erklärung, sondern nur der Versuch einer solchen und insoferne derselbe seine Stütz- punkte grösstentheils den Verhältnissen der Südalpen, wie sie Suess in seinem „Antlitz der Erde“ darstellt, entnimmt, ist dieser Versuch als miss- lungen zu bezeiehnen, wie bereits oben eingehender gezeigt wurde. Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Band. 3. Heft. (A. Bittner.) 55 420 A, Bittner. [24] Wir stehen also auch heute noch vor der Frage, woher die bogenförmige Gestalt der Kettengebirge rühre? Und diese Frage kann nicht dadurch gelöst werden, dass man behauptet, das komme vom einseitigen horizontalen Schube her, während man dann sofort, wenn man nach den Beweisen für die Existenz dieses horizontalen einseitigen Schubes fragt, umgekehrt auf die Bogengestalt der Gebirge hinweist. Die Thatsache der Bogengestalt der Gebirge wird also wohl in anderer Weise als durch die Annahme eines einseitigen horizontalen Schubs erklärt werden müssen, ehe man berechtigt sein wird, sie selbst wieder als Beweis, dass ein solcher Schub existirt, zu gebrauchen; es ist nicht unmittelbar einleuchtend, dass diese Bogengestalt nur durch einen solchen Schub selbst erzeugt worden sein könne. Die in der Natur vorliegenden Thatsachen bieten uns dermalen, wie es scheint, keine genügenden Anhaltspunkte für die Annahme eines einseitigen horizontalen Schubes in der Erdrinde. Es liegt daher nahe, zuzusehen, ob theoretische Betrachtungen in dieser Hinsicht glücklicher sind. Aus der kurzen Auseinandersetzung, welche Suess bisher ge- geben (pag. 143 seines Antlitz der Erde), geht die Nothwendigkeit, einen einseitigen Horizontalschub anzunehmen, nicht hervor. Die Verringerung des Volums unseres Planeten erzeugt nach Suess Be- wegungen und diese wieder Dislocationen im festen Felsgerüste. Die Spannungen zeigen das Bestreben, sich in tangentiale und radiale Spannungen und dabei in horizontale (d. i. schiebende und fal- tende) und in verticale (d. i. senkende) Bewegungen zu zerlegen. Man beachte hier, auf welchem Wege Suess zu seinen scehie- benden und faltenden Bewegungen kommt; er Jeitet sie un- mittelbar her aus der tangentialen Spannung, aber ihr Vorhandensein als eigene, einseitig horizontal wirkende, mit Ortsveränderung der betroffenen Massen verbundene Bewegung ist durch diese Annahme weder bewiesen, noch denkbar geworden. Es liegt hier ohne Zweifel ein Sprung in der Beweisführung, eine Lücke in derselben, welche durch eine Auseinandersetzung darüber auszufüllen wäre, wie denn eine allseitig wirkende allgemeine Spannung in der Erdrinde als sich local in eine Art selbstthätiger activer, einseitiger Bewegung in eben- falls tangentialer Richtung umsetzend gedacht werden solle und könne. Einen ähnlichen Sprung in der Beweisführung finden wir bei Heim. Heim spricht beispielsweise (I, pag. 232) direct von einer Be- wegung, d. h. einem activen Drucke, im Gegensatz zum passiven Gegendrucke, der aber mit ganz genau der gleichen Kraft wirke. Wie entsteht aber diese active Bewegung?) An’ einer anderen Stelle (II, !) Bei Neumayr, Erdgeschichte, pag. 332, heisst es: „Die Faltenbildung stellt ein Zusammenschrumpfen der Oberfläche auf kleineren Raum dar, eine Zusammen- schiebung, die sich am besten unter der Voraussetzung erklärt, dass die tieferen Theile der Erde sich zusammenziehen, die äusseren dagegen annähernd ihre alte Ausdehnung behalten und sich nun falten müssen, um sich dem verminderten Volum ihrer Unterlage anzuschmiegen. Es geht daraus hervor, dass man nicht etwa inirgend einem Theile der Oberfläche eine activ nach vorwärts schiebende Kraft suchen darf, sondern auch hier nur den Zug in die Tiefe, die Schwerkraft in Betracht ziehen muss, die in horizontalen Seitendruck umgesetzt wird. Dieser Satz steht im vollen Widerspruche mit Heim’s Anschauungen vom Vor- handensein einer activ nach einer Richtung hin schiebenden Kraft und wohl auch im Gegensatze zu den Ansichten von Suess. [25] Ueber einige geotektonische Begriffe und deren Anwendung. 421 pag. 209) heisst es: „Die Hebungen (sie!) und Senkungen, welche zonenförmig in den Kettengebirgen miteinander abwechseln, sind nur durch Ausweichen der Erdrinde auf einen Tangentialschub entstanden ; sie sind primär keine Verticalbewegung, sondern Horizontalbewegung.“ Und Il, pag. 215: „Das centripetale Gewicht setzt sich in tangentialen Druck um. Die Last der Schale wirkt in der Schale als Horizontal- oder Tangentialdruck. An der schwächsten Stelle der Schale wird Zerquetschen oder Auswärtsweichen in Form einer Falte eintreten. Sobald dies begonnen, steigert sich die Falte. Die ganze Last der betreffenden Zone der Erdschale äussert sich als Horizontaldruck. Es thürmt sich nach Aussen !) eine erste, dann eine zweite, dritte ete. Kette auf. Da der Horizontaldruck (— immer noch der Druck! —) sich in einem grossen Theile der Erdrinde gleichförmig verbreiten muss, kann er gleichzeitig an verschiedenen Stellen Falten erzeugen. Die Ketten stellen sich annähernd senkrecht auf den stärksten Tan- gentialsehub“ (da ist also auf einmal — post festum — der Schub, ganz wie auf pag. 232!). Die Stelle ist vollinhaltlich eitirt, weil sie charakteristisch ist für das theoretische Zustandekommen des Tan- gentialschubes als einer activen Kraft. Bd. II, pag. 217, bringt Heim ebenfalls durch den Horizontaldruck oder Tangentialdruck die Faltenbildung zu Stande, ohne hier den Tangentialschub zu brauchen; es scheint also fast, als ob derselbe wirklich ganz über- flüssig wäre, und man sieht weder pag. 216, noch pag. 209 und an anderen Stellen ein, wozu derselbe eigentlich dient, nachdem bereits mit Zuhilfenahme des Druckes allein die Faltung perfect geworden ist. Die Sache wird sich wohl im Lichte der Suess-Heim’schen Theorie beiläufig so verhalten: Der Tangentialdruck erzeugt un- mittelbar Ausweichungen und Emporpressungen der Massen, d. h. also aufsteigende Bewegungen, welche also nicht erst durch das Zwischen- mittel einer activen Horizontalbewegung zu Stande kommen, wie Heim pag. 209 will. Würde eine solche zwischen Horizontaldruck und aufsteigender Bewegung der Massen vermittelnde Horizontalbewegung, ein solcher activer Horizontalschub, wirklich zur theoretischen Ver- ständigung über die Faltenbildung nöthig sein, so könnte er ja von Heim auf pag. 216 und auch an anderen Stellen nicht ausser Betracht gelassen werden. Es ist also nicht erwiesen, dass (nach Heim, pag. 209) die Faltenbildung der Kettengebirge primär eine Horizontal- bewegung sei; thatsächlich werden die aufsteigenden Bewegungen bei der Faltenbildung auch von Heim direet auf den tangentialen Druck zurückgeführt und die Annahme der Existenz einer zwischen diesem Druck und der aufsteigenden Bewegung. der Faltenbildung vermittelnden Horizontalbewegung bleibt auch bei Heim unverständlich und unerwiesen. Wozu dient also diese einseitige active Horizontal- bewegung, dieser einseitige Horizontalschub? Zu nichts, wenn nicht dazu, um den Schein zu erwecken, dass die neuen Gebirgsbildungs- hypothesen durch einen wesentlichen, neu eingeführten Factor von den älteren fundamental verschieden seien. Es lässt sich aber praktisch !) Nach aussen? Ueber der ersten Kette oder nach aussen von der ersten Kette, radial oder tangential? Und wenn tangential, warum? Hier ist die Stelle, wo die Entstehung der Bogengestalt der Gebirge erläutert werden muss! 59 * 422 A. Bittner. Ueber einige geotektonische Begriffe und deren Anwendung. [26] sowohl als theoretisch zeigen, dass keinerlei zwingende Gründe die Neueinführung dieses Horizontalschubes, mit dem nicht einmal die Theorie etwas anzufangen weiss, erfordern. In der That ist die Idee von der Entstehung der Gebirge durch einen einseitigen activen Horizontalschub nichts als eine theoretische Verirrung, im Wesentlichen entstanden dadurch, dass eine Anzahl von Vergleichen und Bildern, die ursprünglich dazu bestimmt waren, gewisse Erscheinungsformen der Erdoberfläche anschaulicher machen zu helfen, nach und nach mit immer grösserer Bestimmtheit dazu verwendet wurden, um das Wesen dieser Erscheinungen zu erklären. Wenn es daher beispielsweise bei Suess, Antlitz der Erde, pag. 768, heisst: „Der ganze südliche Rand von Eurasia dringt in grossen Falten gegen Indoafrika vor“, so würde es sich empfehlen, in diesen Satz das Wörtchen gleichsam einzuschieben. Dieselbe Einschränkung würde der Satz, pag. 775 vertragen: „und wieder andere Gebirge gibt es, welche über ihr Vorland hinausgedrängt sind, wie die Karpathen“ ; dasselbe gilt für Aussprüche wie (Sitzungsberichte der k. Akademie, 1886, pag. 116), dass in Mitteleuropa die faltende Kraft stets nordwärts gerichtet gewesen sei. Denn abgesehen von den Ausnahmen von dieser Regel, die Suess selbst anführt (Teutoburger Wald, Jeschkengebirge, Regensburger Gebiet), muss doch wohl auch berücksichtigt werden, dass es Forscher gibt, die auf Grund sehr ein- gehender Localstudien in diesen Gebieten durchaus nicht zu einem so bestimmten Resultate gelangt sind, sondern welche vielmehr die Frage, woher in bestimmten Gebieten Mitteleuropas die faltende Kraft gewirkt habe, ob aus Süd oder Nord, einfach vollkommen offen lassen (vergl. beispielsweise H. Loretz: Ueber die beiden Hauptstreichriehtungen im östlichen Thüringerwalde, Referat in Verhandl. d. geolog. Reichsan- stalt, 1887, pag. 74). Schon F. v. Hauer hat (in Verhandlungen 1883, pag. 185) davor gewarnt, man möge nicht überall einfach statt der hebenden Kräfte in ihrem Wesen ebenso unverständliche schiebende Kräfte ein- führen, und damit hat er in der That den einzigen Unterschied der neueren gegenüber den älteren theoretischen Anschauungen über Gebirgs- bildung vollkommen scharf und treffend hervorgehoben. Dass diese schiebenden Kräfte neuestens von Seiten der Haupt- vertreter der modernen Theorie selbst wieder ein wenig in den Hinter- grund zurückgeschoben werden und dass sich ein versteckter Rückzug zu der älteren Auffassungsweise anzubahnen scheint, das habe ich in Verhandlungen, 1886, pag. 374, zu zeigen gesucht. Es ist nicht Sache jener, welche sich von allem Anbeginne an der Discussion über diese Fragen in gegensätzlicher Weise betheiligt haben, diesen maskirten Rückzug oder diese versuchte Frontveränderung in aller Ruhe sich vollziehen zu lassen, weil sie dadurch selbst beitragen würden ihre eigene Stellung in diesen Fragen zu einer höchst ungünstigen zu gestalten. Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. Von Dr. Emil Tietze. Mit einer Kartenbeilage, bestehend aus 4 Blättern (Taf. XVI—XIX). Einleitung. Es ist ein anziehender Fleck Erde, den derjenige übersieht, der an einem sonnenhellen Tage den merkwürdigen spitzen, von Menschen- hand aufgeschütteten Koseiuskohügel westlich von Krakau erstiegen hat. Das Auge ruht gern auf der alterthümlichen, vielthürmigen Stadt, über welche majestätisch die alte Königsburg des Wawel emporragt und jenseits welcher im Osten die Niederung des dort von flacheren Ufern umgebenen Weichselthales sich ausdehnt. Weit schweift dann der Blick nach Norden über ein sanfter gewelltes Hügelland , bis er sich in den Gefilden von Russisch-Polen verliert. Im Westen ist die Aussicht freilich begrenzter. Sie wird verdeckt durch bewaldete, aus Jurakalken gebildete Berge, welehe nördlich der Weichsel fast die letzte Fortsetzung einer grösseren Reihe von pittoresken Kalkhügeln bilden, die der von Wien, Breslau oder Warschau kommende Reisende schon während der Fahrt einige Stationen vor Krakau beiderseits des Schienenweges zu beob- achten Gelegenheit gehabt hat. Im Süden jedoch, jenseits des zu Füssen des Beschauers zwischen kalkigen Hügeln fliessenden Stromes, wird man gefesselt durch ein schliesslich immer höher ansteigendes Gebirgs- land, hinter welchem im Südwesten in blauer Ferne, aber immer noch mächtig aufragend, die flachkegelförmige Gestalt der Babia göra sichtbar wird, der höchsten Erhebung des westlichen Galizien an seiner Grenz- scheide gegen Ungarn. Das ist im Wesentlichen das Gebiet, welches der Verfasser in den folgenden Seiten geologisch zu schildern sich vorgenommen hat. Man kann dasselbe eines der wichtigsten und interessantesten Galiziens nennen, einmal wegen seines mannigfachen Gehaltes an geo- logischen Bildungen, welche fast alle Epochen der allgemeinen Forma- tionsreihe vertreten, dann wegen des theoretisch so wichtigen nahen Zusammentreffens der karpathischen Schichtenaufriehtung mit dem ausser- karpathischen Gebirge daselbst, und endlich wegen seines Reiehthums Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Band. 3. Heft. (Dr. Emil Tietze,) 424 Dr. Emil Tietze. [2] an nutzbaren Gesteinen und Mineralien, in welcher Hinsicht sich kein anderer Theil Galiziens mit der Umgebung von Krakau messen kann. Der zu Kunstbauten verwendete devonische Marmor von Debnik, die Steinkohlenflötze von Jaworzno, Sierza und Tenezynek, die Eisen-, Blei- und Zinkerzvorkommnisse der an die oberschlesische Entwicklung anschliessenden Trias, die feuerfesten Thone der Gegend von Alwernia und Czatkowice, das weltberühmte Steinsalzlager von Wieliezka, die gegenwärtig so viel gesuchten Rasenerze des Diluviums zu beiden Seiten der Weichsel, die heute ungünstiger Handelsconjuneturen wegen aller- dings verlassenen, aber doch während langer Zeiträume mit Erfolg aus- gebeuteten Schwefellager von Swoszowice uud die allerdings minder- werthigen, aber doch einst ebenfalls in Angriff genommenen Eisenstein- vorkommnisse der dortigen Karpathensandsteine geben diesem Land- strich jedenfalls eine eminent praktische Bedeutung, wenngleich die für die Montanverhältnisse Galiziens sonst so bezeichnende Erdölproduetion daselbst in Ermanglung geeigneter Anhaltspunkte noch keinen Fuss gefasst hat. Auch ist die darzustellende Gegend als Umgebung der zweit- grössten Stadt Galiziens, deren politische Stellung und eulturelle Be- deutung zudem wenig oder gar nicht hinter der der Landeshauptstadt zurückbleibt, sicher schon an sich geeignet, eine grössere Aufmerksam- keit zu beanspruchen, und gleichwie ich es vor etlichen Jahren ver- suchte, die Umgebung von Lemberg (mit entsprechender Kartenbeilage) geognostisch etwas eingehender zu beschreiben, so mag diesmal als ein Seitenstück zu jener Schilderung die Gegend von Krakau Gegen- stand einer ausführlicheren Betrachtung werden. Auch hier liegt, wie sich gleich zeigen wird, ähnlich wie bei jener Darstellung der Gegend von Lemberg, die Stadt, welche im Titel der Arbeit figurirt, ziemlich excentrisch für den zu beschrei- benden Landstrich. Bei einer geologischen Arbeit indessen mussten wohl vornehmlich diejenigen Gebiete berücksichtigt werden, welche das geologische Interesse vorwaltend in Anspruch nahmen, und diese Gebiete liegen eben nicht gleichmässig um die betreffenden Städte gruppirt, bei Krakau noch weniger als bei Lemberg. Bei ersterer Stadt kommt zudem noch deren Lage in der Nähe der russischen Grenze in Betracht, durch welehe der Ausdehnung unserer Darstellung nach Norden ein selbstverständliches Ziel gesetzt wurde. Es liegt mir nun zunächst ob, in Kürze darzulegen, wann das dieser Schilderung zu Grunde liegende Beobachtungsmaterial gesammelt wurde. Der Landstrich nördlich der Weichsel zwischen Oswieeim (Ausch- witz) und Niepolumice, welcher sich bis an die russische Grenze hin erstreckt und der im Westen längs der Przemsza an preussisches Gebiet anstösst, wurde von mir, einem Auftrage der k. k. geologischen Reichs- anstalt gemäss, während, dreier Sommermonate des Jahres 1883 auf- genommen. Es umfasst derselbe ausser der nächsten Umgebung der Stadt Krakau auch noch die Umgebungen von Krzeszowice, Alwernia, Chrzanow und Jaworzno. Im Sommer des Jahres 1884 wurde mir sodann die Aufgabe zu Theil, die Gegend von Wieliezka, Dobezyce, Gdöw und Myslenice zu begehen und im Sommer 1885 hatte ich mich [3] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 425 mit denjenigen Gebieten südlich der Weichsel zu beschäftigen, welche sich um die Städte Wadowice und Andıychau gelegen befinden. In demselben Sommer hatte ich endlich noch weiter südlich ein Stück der karpathischen Erhebung bis über die ungarische Grenze hinaus zu be- reisen, bei welcher Gelegenheit auch die Babia göra in den Kreis meiner Untersuchung fiel. Im Ganzen hatte das von mir in zusammen 9 Monaten geologisch eartirte Terrain eine Ausdehnung von etwa 70 geo- graphischen Quadratmeilen, ein Umstand, der jedenfalls in Anschlag zu bringen wäre, wenn es sich um die Bewerthung der vorliegenden Arbeit vom subjectiven Standpunkte aus handeln würde. Der Leser oder derjenige, der eine geologische Karte benutzt, frägt freilich in der Regel wenig darnach, wie das Werk zu Stande gekommen ist und ob dem Verfasser im Vergleich zu der Ausdehnung seiner Arbeit viel oder wenig Zeit zu Gebote stand. Namentlich das so überaus complieirt zusammengesetzte Gebiet nördlich der Weichsel hätte einer eingehenderen Untersuchung bedurft, als ich sie auszuführen im Stande war. Hier besonders liegen aller- dings höchst werthvolle Vorarbeiten vor, es ist aber klar, dass dieser Umstand meine Aufgabe nicht blos erleichtern, sondern, so paradox dies klingen mag, gerade bei beschränkter Zeit auch in gewissem Sinne erschweren musste, insofern als dadurch die Nothwendigkeit gegeben war, den nicht überall genau localisirten Angaben der Vor- gänger möglichst im Einzelnen nachzuspüren und, sofern sie einander widersprachen, dieselben einer wiederholten Revision zu unterziehen, ehe an eine selbstständige Entwicklung meiner eigenen Arbeit gedacht werden konnte. Es braucht Zeit und Weile, ehe man sich auf der von Anderen geschaffenen Basis heimisch fühlt und um so mehr Zeit, je breiter diese Basis einerseits ist und je ungleicher das von verschiedenen Bau- leuten für diese Basis beigetragene Material zu beschaffen ist. Diese Zeit stand mir aber, wie angedeutet, nur in ungenügendem Maassstab zur Verfügung und es mag unter diesen Umständen begreiflich erscheinen, wenn es mir keineswegs in einer mich selbst befriedigenden Weise ge- lungen ist, allen den Fragen gerecht zu werden, welche das Studium eines solehen Gebietes und der darauf bezüglichen Literatur ent- stehen lässt. Zur späteren Ueberprüfung der gemachten Aufnahmen in der Natur bin ich nur in sehr beschränkter Weise gelangt. Einige Wochen des Sommers 1886 wurden zur nochmaligen Begehung des Gebirges zwischen Wadowice und der ungarischen Grenze verwendet und im Sommer 1887 mit Revisionstouren in Ostgalizien beauftragt, konnte ich der Gegend von Krakau nur einige kleinere Exeursionen widmen. Die Aussicht, in kommender Zeit die begonnene Arbeit wieder aufnehmen zu können, erscheint aber unsicher. Ein Autor, der in Bezug auf die Wahl seines Stoffes nicht selbstständig ist, muss eigene Wünsche anderen Rücksichten unterzuordnen wissen. Neue Aufgaben drängen, und es handelt sich also darum, zu geben, was man hat. Es beruhigt dabei das Bewusstsein, wenn nichts Vollkommenes, so doch vielleicht etwas Nützliches zu bieten, und ich stehe deshalb nicht an, die folgende Abhandlung sammt den Karten schon heute der Oeffentlichkeit zu über- 496 Dr. Emil Tietze. [4] antworten. Ich thue das auch ohne Rücksicht darauf, dass diese Ab- handlung selbst ihrerseits in vieler Beziehung nur ein erster, ungefeilter Entwurf ist, der im Laufe der letzten Jahre inmitten einer Reihe anderer Arbeiten entstand, dessen Ausführung aber deshalb und zum Theil auch in Folge längerer Gesundheitsstörung des Verfassers ver- zögert und der endlich der Hauptsache nach erst während der letzten Monate in beschleunigter Weise vollendet wurde, weil verschiedene äussere Rücksichten dies wünschenswerth machten. So mag denn der Literatur über die Umgebung von Krakau dieser Beitrag hinzugefügt werden, in der Hoffnung, er werde auch so, wie er vorliegt, nicht un- willkommen sein. Diese Literatur ist nicht klein. Zahlreiche Autoren haben dem zu behandelnden Gebiet zum Theil schon seit langer Zeit besondere Auf- merksamkeit geschenkt, indem sie bezüglich theils einzelner Formations- abtheilungen, theils besonderer Funde oder auch bestimmter Localitäten sich äusserten. Auch zusammenhängende Arbeiten über grössere Ab- schnitte der Krakauer Gegend liegen vor. Doch sehe ich an dieser Stelle von einer Zusammenstellung aller dieser Arbeiten und Notizen ab und behalte mir vor, im Verlaufe der Arbeit auf die betreffenden Schriften zurückzukommen. Ich wage zwar nicht zu sagen, dass der Leser dabei zu einer absolut vollständigen Uebersicht über diese Literatur gelangen wird. Es wird aber jedenfalls mein Bestreben sein, möglichst viel davon zu berücksichtigen, wenngleich namentlich die in diesem Falle kaum zu umgehende, für einen Deutschen jedoch nur mühsam zu be- nützende polnische Literatur mir besondere Schwierigkeiten bereitet hat. Auf diese Weise hoffe ich auch im Stande zu sein, eine Anzahl besonders älterer werthvoller Daten vor der allmälig unvermeidlichen Vergessenheit zu bewahren und mit unseren übrigen Kenntnissen wieder in lebendigen Zusammenhang zu bringen. Wenn ich vorhin gesagt habe, dass mir meine Aufgabe durch die bereits zahlreich vorhandenen literarischen Nachweise bei der knapp zugemessenen Zeit meiner Untersuchung im Felde nicht gerade überall erleichtert worden ist, so haben übrigens auch manche jener älteren Angaben mich zu dieser Aeusserung veranlasst. Die betreffenden Schwierigkeiten lagen aber nicht allein während der Begehungen im Felde vor. Sie wiederholten sich ähnlich während der späteren Aus- arbeitung des Stoffes, weil mir nämlich nicht alle jener älteren Angaben zur Zeit meiner Excursionen gegenwärtig waren, ich also in die Noth- wendigkeit versetzt wurde, diese Angaben nachträglich und ohne noch- malige Besichtigung der Gegend mit den eigenen Erfahrungen zusammen- zuhalten. Das liegt nun einmal in der raschen Art unserer Aufnahmen. Es wäre aber undankbar, nicht gleich hier, und schon an dieser Stelle jener Arbeiten zu gedenken, welche als überaus gründliche und genaue Fundamentalwerke mich stets auf meinen Reisen begleiteten und die als wichtige Hilfe und Stütze der Untersuchung wohl auch noch fernerhin gar manchem Geologen im Krakauer Gebiet von Nutzen sein werden. Ich meine hier die „geognostische Karte des ehemaligen Gebietes von Krakau mit dem südlich angrenzenden Theile von Galizien“ von Ludwig Hohenegger, zusammengestellt durch Cornelius Fallaux [5] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 427 (Wien 1866), nebst den dazu gehörigen Erläuterungen, welche im 26. Bande der Denkschriften der mathematisch-naturwissenschaftlichen Classe der Wiener Akademie der Wissenschaften abgedruckt sind, und ich hebe ferner hervor Ferdinand Römer’s Geologie von Oberschlesien (Breslau 1870) nebst einem Theile der von demselben Autor heraus- gegebenen Karte von Oberschlesien (die Blätter Pless und Königshütte), insofern dabei auf die Oberschlesien benachbarten Theile Galiziens in Karte und Text übergegriffen wurde. Diese Werke waren insbesondere für den nördlichen ausserkarpathischen Theil des Landes als kaum zu übertreffende Vorarbeiten von grösster Bedeutung. Wer dieses Gebiet mit der von Hohenegger und Fallaux publieirten Karte in der Hand durchwandert hat, findet es geradezu unbegreiflich, dass ein so versirter und kenntnissreicher Geologe wie Zeuschner (bekanntlich auch Zejszner geschrieben), selbst wenn er Grund zu einigen Recriminationen besass, für fremdes Verdienst so wenig Verständniss und Achtung an den Tag legen konnte, um in dieser Karte zur „ein Stück bunt bemaltes Papier“ zu erblicken, wie er dies in einem Briefe an Professor Geinitz (Neues Jahrb. 1870, pag. 769), wenn auch nur an gewisse Einzelheiten anknüpfend, gethan hat. Er hatte vielleicht ein volles Recht, sich über die geringe Theilnahme zu beklagen, welche in dem Text zu dieser Karte den älteren Autoren entgegengebracht wurde, obschon bei der überaus knappen Form dieses Textes es nicht gut möglich gewesen wäre, diesen Autoren stets im Einzelnen gerecht zu werden. Aber deshalb war es nicht nöthig, das positive Ergebniss der Hohenegger’schen Arbeit zu verkennen. Zeuschner selbst hat zweifellos bedeutende Verdienste um die Kenntniss der ehemals polnischen Landestheile und speciell auch um die der Gegend von Krakau. Er hat viel geschrieben und trotz der in diesen Schriften häufigen, jeweilig in immer wieder andere Formen gekleideten Wiederholungen derselben Angaben eine ganze Reihe wichtiger, wenn auch meist kleiner und überallhin zerstreuter Mit- theilungen publieirt. Aber er kam nicht dazu, eine zusammenhängende Darstellung dieses Gebietes zu geben. Er durfte Anderen nicht übel nehmen, dass sie thaten, was er unterlassen hatte und ein in kleineren Zügen wohl nicht fehlerloses, aber doch wenigstens für Jedermann gut benutzbares Ganze vorlegten. Man wird indessen kaum fehlgehen, wenn man den Unmuth Zeuschner’s, wie er in jenem Briefe zum Ausdrucke kam, mit diesem Gesichtspunkte in Verbindung bringt. Hat derselbe Autor ja doch auch dem Römer’schen Werke gegenüber sich verstimmt gezeigt. (Einige Bemerkungen über die geognostische Karte von Ober- schlesien in d. Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges. 1870, pag. 573.) Man wird freilich nach sehr genauen Studien in den von diesen Werken behandelten Gegenden unter Umständen zu einer Reihe neuer und vielleicht auch interessanter Ergebnisse über die bestimmtere Horizontirung einzelner Schichten oder über das Auftreten der vor- kommenden Bildungen an einigen Localitäten, wo dasselbe übersehen wurde, gelangen können, ein wesentlich anderes Gesammtbild des Baues des ganzen Gebiets aber, als dies die genannten von Zeuschner angegriffenen Forscher in ihren Karten zum Ausdruck gebracht haben, wird man schwerlich jemals construiren können. Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Band. 3. Heft. (Dr. Emil Tietze.) 56 428 Dr. Emil Tietze. 16] Es gibt nur zwei Umstände, welche heute der Benützung der schon sehr selten gewordenen Hohenegger-Fallaux’schen Karte etwas hinderlich in Wege stehen. Das ist einmal der zu kleine Maassstab (1: 144.000) und die ungenügende topographische Grundlage derselben und das ist zweitens die geringe Rücksichtnahme auf die oft mächtigen Diluvialdecken des bewussten Landstrichs, in Folge dessen es bei Ex- cursionen oft schwer fällt, die auf der Karte angegebenen Bildungen gerade an den Punkten ihres thatsächlichen Anstehens unmittelbar aufzusuchen. Die Karte ist also eine gleichsam abgedeckte. Solche abgedecekte Karten sind nun allerdings für manche Zwecke überaus nützlich, der geschultere Geologe jedoch bedarf ihrer zumeist nicht, sofern sich aus der Be- schaffenheit der Umgebung des von Diluvium bedeckten Terrains die Unterlage des Quartärs durch einfache Combination ermitteln lässt. In unserem Falle darf aber überdies bemerkt werden, dass es in einigen, obschon wenigen Fällen nicht so ganz sicher ist, was für Bildungen direct unter dem Diluvium liegen und dass ausserdem die Abdeckung auf der Fallaux’schen Karte nicht ganz consequent durchgeführt wurde. Diesem Uebelstande hat F.Römer’s Karte von Oberschlesien, auch soweit sie noch auf unser Gebiet herübergreift, entschieden abgeholfen. Doch erscheint der Maassstab selbst dieser Karte (1:100.000) noch immer etwas zu klein, um allen Bedürfnissen zu genügen und um die Ver- theilung der räumlich sehr oft nur wenig ausgedehnten einzelnen Partien der verschiedenen Formationen gebührend zum Ausdruck zu bringen. Auch umfasst diese vorzügliche Karte leider nicht das ganze hier zu besprechende Gebiet. Ausser anderen Gründen habe ich mich schon in Rücksicht hierauf entschlossen, den grössten Theil der von mir aufgenommenen Landstriche, das sind die Blätter Krakau, Chrzanow, Wadowice und Myslenice unserer Generalstabskarte, sowie den österreichischen Theil des Blattes Oswieecim im Maassstabe eben dieser Karte (1: 75.000) in Farbendruck zur Ver- öffentlichung zu bringen und von dem untersuchten Gebiet nur den bis über die Babia göra hinausreichenden Theil des von mir in seiner westlichen Hälfte aufgenommenen Blattes Maköw bei dieser Publication wegzulassen, weil dieses letztere Kartenstück, über welches übrigens die folgenden Blätter ebenfalls Mittheilungen enthalten werden, einer geeigneten und gefälligen Umgrenzung des dargestellten Terrains hinder- lich gewesen wäre. Der grösste und durch seinen Inhalt anziehendste Abschnitt meiner kartographischen Arbeit kommt in der so gewählten Form dem Publicum jedenfalls zur Anschauung und bin ich für das Zustandekommen des Farbendruckes der Liberalität der Direction der k. k. geologischen Reichsanstalt sowohl wie der Zuvorkommenheit des Herrn Verlegers zu besonderem Danke verpflichtet, wenn auch ich selbst dem genannten Zwecke schliesslich nicht unbedeutende persönliche Opfer zu bringen genöthigt war. Es handelte sich ja doch auch darum, auf neuer Grund- lage ein von der Verbindung mit fremden Gebieten losgelöstes und zu- nächst österreichischen Bedürfnissen dienendes Werk zu schaffen. Es ist aber nicht allein der relativ kleine Maassstab der durch meine Vorgänger gelieferten Karten, sowie die Beschränkung der Römer’schen Karte auf nur einen Theil des hier dargestellten Gebiets [7] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 429 oder die schwere Zugänglichkeit der Hohenegger-Fallaux’schen Karte, welche bisher einer leichteren geologischen Orientirung über die Umgebung von Krakau manchmal im Wege gewesen sein mögen, es hat auch (und dies gilt insbesondere für die Arbeit von Fallaux und Hohenegger) die aussergewöhnliche Knappheit, um nicht zu sagen Magerkeit der textlichen Mittheilungen, welche die Karten begleiteten, in dieser Hinsicht erschwerend gewirkt. Im Texte der beiden genannten Arbeiten finden sich ausgezeichnete und bei Römer sogar ausführlichere Darlegungen über die Beschaffenheit und Gliederung der einzelnen Formationen, aber namentlich die Fallaux’sche Arbeit gleicht nur einer kurzen Schlusszusammenfassung der gewonnenen Resultate und bei Römer wiederum finden sich dem naturgemässen Plane des betreffenden Werkes entsprechend die Krakauer Vorkomm- nisse stets nur im Anhange an die oberschlesischen Verhältnisse. be- rührt. Regionale Schilderungen, wie sie das Wesen einer speciellen Kartenerklärung ausmachen, sind jedenfalls von den genannten Autoren nicht gegeben worden. Eine Reihe von Localbeobachtungen über das speciellere Auftreten der einzelnen Bildungen mitzutheilen, wie sie bei der mir von der Direetion der Reichsanstalt gestellten Aufgabe naturgemäss in grösserer Zahl gemacht wurden, schien daher nicht überflüssig, sowohl für die früher schon besser gekannten ausserkarpathischen als für die früber in mancher Hinsicht ungenauer untersuchten karpathischen Gegenden. In der Wiedergabe solcher localer Daten liegt daher der Schwerpunkt und zum guten Theil auch die Berechtigung der folgenden Arbeit, die, wie ich mir nicht verhehle, oft keineswegs den Anspruch erheben kann, die Kenntniss von dem Wesen der besprochenen Bildungen selbst ein- gehender als bisher zu begründen oder so intensiv zu fördern, wie dies bei einer monographischen Behandlung einzelner Schiehtgruppen in manchen Fällen noch ganz gut möglich wäre. Zur Unterstützung des Verständnisses für diese Angaben bedurfte es aber andererseits wieder der Karte, welche diese Einzelheiten anschaulich zu machen die Aufgabe hat. Sollte also der vorliegenden Abhandlung in vielfacher Hinsicht auch nur der Werth einer Kartenerläuterung zugestanden werden, so bin ich damit ganz zufriedengestellt, weil gerade in diesem Sinne eine wesentliche Lücke unserer Literatur auszufüllen war und somit einem thatsächlichen Bedürfnisse entsprochen werden konnte. Auf Bemerkungen allgemeinen Inhalts, ähnlich wie sie in grösserem Umfange meiner Beschreibung der Gegend von Lemberg einverleibt wurden, musste ich hier grösstentheils verzichten, weil dieselben die Ausdehnung dieser Schrift allzu sehr erweitert hätten und deren von anderer Seite gewünschtes baldiges Erscheinen durch die Abfassung eines längeren theoretischen Theiles noch weiter hinausgeschoben worden wäre. Ich werde mich, sofern allgemeine Fragen nicht schon im Ver- lauf der ganzen Auseinandersetzung gestreift werden müssen, daher in dieser Richtung auf einige kürzere Bemerkungen am Schlusse der Ab- handlung beschränken. Alles in Allem genommen war es also meine Absicht, eine besonders für den Loealgeologen etwas bequemere und übersichtlichere Grundlage 56* 430 Dr. Emil Tietze. [8] für weitere Studien in dem fraglichen Gebiete zu schaffen und ich gebe mich der Hoffnung hin, dass Karte und Schrift wenigstens von dieser Seite her eine freundliche Aufnahme finden werden. Was die Eintheilung des in der folgenden Beschreibung zu bewälti- genden Stoffes anlangt, so können zuerst einige wenige Worte zur topo- graphischen Orientirung gesagt werden. Sodann wird es sich empfehlen, nach einer kürzeren, im Wesentlichen die bereits früher erreichten Kenntnisse recapitulirenden Uebersicht der an der Zusammensetzung der Gegend theilnehmenden Formationen das ausserkarpathische und das karpathische Gebiet einander gegenüber zu stellen. Sowohl geo- logisch, wie landschaftlich treten hier ziemlich scharf von einander getrennte Terrainabschnitte dem Beobachter entgegen. Im ganzen westlichen Theil des Gebietes bildet das Weichselthal ganz ausgesprochen die Grenze zwischen diesen Abschnitten. In der Nähe von Krakau indessen durchschneidet die Weichsel einen in der Hauptsache aus oberjurassischen Gesteinen bestehenden Kalkzug, welcher daselbst vom linken (nördlichen) Ufer des Stromes auch auf dessen südliche Seite übertritt, so dass die Abgrenzung der ausser- karpathischen und der karpathischen Erhebungen in dem zwischen Podgorze, Swoszowice und Wieliezka befindlichen Landstrich nicht mehr mit einer so auffälligen Terrainform, wie es das Thal eines grossen Flusses ist, zusammenfällt. Doch lässt die Configuration der Erhebungen selbst noch immer einen Unterschied erkennen, da der Karpathenrand eine leicht kenntliche Stufe bildet und selbst die relativ niedrigen Hügel, aus welchen er besteht, sich durch ihre Formen von den zumeist aus Kalk zusammengesetzten oder doch von Kalk gekrönten Höhen des ausserkarpathischen Landstriehs unterscheiden. Ich werde bei der Einzelbeschreibung mit dem ausserkarpathischen Gebiet beginnen, und zwar von Nordwest aus. Dabei sollen der leichteren Uebersichtlichkeit wegen verschiedene regional begrenzte Abschnitte gemacht werden. Ehe sodann zur Darstellung des karpathischen Theiles übergegangen wird, werden die subkarpathischen Gegenden von Swo- szowice und Wieliezka in besonderen Capiteln abgehandelt werden. Die Wichtigkeit dieser Punkte, die ausgezeichnete Stellung, die sie in der Literatur einnebmen, schien eine selbstständige und ausführlichere Behandlung derselben, namentlich was Wieliezka anlangt, zu recht- fertigen. Dann erst wird die Beschreibung der karpathischen Erhebungen an die Reihe kommen. Auch diese wird sich wie die des ausserkar- pathischen Terrains in weitere regionale Abschnitte gliedern. Es wird dabei mit der Darstellung der Verhältnisse des östlicher gelegenen Blattes Wieliezka-Myslenice begonnen und später zu der Beschreibung der Zusammensetzung des Gebirges bei Wadowice und Andrychan übergegangen werden. Hydrographische und orographische Orientirung. Eine eingehendere orographische Uebersicht über daszu behandelnde Gebiet vorauszuschicken, wie dies sonst bei ähnlichen Gelegenheiten geschieht und vielleicht auch nützlich ist, will ich gerade im Hinblick [9] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 431 auf die Kartenbeilage dieser Arbeit unterlassen, da diese Beilage selbst über Vieles besser als lange Beschreibungen orientirt. Blosse Paraphrasen von topographischen Karten, mag ihnen auch manchmal ein. gelehrtes Mäntelchen (unter dem Namen von Denudationsniveaus oder sonstwie) umgehangen werden, haben meinen Beifall ohnehin nieht. Ich will mich also auf das Nöthigste beschränken. Wie allseitig bekannt und auch hier schon mehrfach erwähnt, wird die jetzt zu beschreibende Gegend von der Weichsel in der Richtung von West nach Ost durchflossen. Bei ihrem Eintritt in den Bereich der Karte, am Zusammenflusse mit der Sola bei Oswiecim hat das Bett dieses Stromes eine Seehöhe von 228 Meter und bei der Stadt Krakau an der Brücke nach Podgorze von 214 Meter, bei ihrem Austritt aus dem Bereiche der Karte, bei Nowa wies unterhalb Niepolumice aber von 189 Meter. Dies ist der tiefste Punkt der dargestellten Gegend. Die wichtigsten Nebenflüsse der Weichsel kommen von Süden aus den Karpathen. Die Sola bei Oswiecim kommt dabei für uns kaum mehr in Betracht. Weiter östlich folgen die von der Babia göra kommende Skawa, welche unterhalb Wadowice die von oberhalb Andrychau herabfliessende Wieprzöwka aufnimmt, dann die Skawina, als deren wichtigster Zufluss die Cedronka gelten muss, weiter die bei Krakau mündende Wilga, ein ziemlich unbedeutender den karpathischen Vorhügeln entstammender Bach und endlich die Raba, deren Einmündung in die Weichsel erst ausserhalb des dargestellten Gebietes erfolgt. Diese Flüsse haben mit Ausnahme der ziemlich zahmen Wilga den eigenthümliehen, durch periodische Unbändigkeit und massenhafte Sehotterführung ausgezeichneten Charakter, der fast allen Karpathen- flüssen der Flyschzone eigenthümlich ist. Insbesondere die dem höheren Gebirge entstammenden beiden Flüsse Skawa und Raba sind hier her- vorzuheben. Von durchschnittlich viel geringerer Bedeutung sind die Neben- flüsse, welche der Weichsel von Norden aus zugehen. Der grösste unter denselben ist die Przemsza, welche die westliche Grenze des Karten- gebietes nördlich der Weichsel bildet. Ziemlich geringfügig aber erscheint der in der Gegend von Chrzanow sich bildende Chechlo-Bach und ausser diesem wäre nur noch das Rudawaflüsschen hervorzuheben, welches bei Krakau sich mit der Weichsel vereinigt. Die Erhebungen nördlich der Weichsel haben im Allgemeinen einen welligen Plateaucharakter. Kleinere Bäche, welche sich in dieses Plateau quer gegen die Richtung der Wellen einschneiden, stellen nieht allein für den Geologen wichtige Aufschlüsse her, sondern bedingen auch nicht selten, wie in der Umgebung von Krzeszowice durch den _ pittoresken Charakter ihrer Schluchten den seit lange bekannten Reiz dieser Landschaft. Dureh das zumeist longitudinal verlaufende Rudawathal und die nordwestliche Fortsetzung der entsprechenden Depression über Trzebinia hinaus werden die Erhebungen dieser Plateaulandschaft in zwei Haupt- züge geschieden. Die in der genannten Depression gelegene Wasser- scheide zwischen dem Chechlo- und dem Rudawabache erhebt sich zu etwas über 300 Meter Seehöhe. Als höchste Punkte in dem nördlichen 138 Dr, Emil Tietze, [10] der erwähnten beiden Höhenzüge können die Krzemionka (449 Meter) bei Kobylany, die Czyzöwa mala (472 Meter) bei Zary, die Ostronska göra (481 Meter) südlich von Lgota und die Ostra göra (436 Meter) bei Myslachowice angesehen werden. Als höchste Punkte aber des süd- licheren Höhenzuges, der in seinem westlichen Theile zwischen Chelmek und Alwernia der Weichsel einen ausgesprochenen Denudationssteil- rand zukehrt, müssen die Höhen von Moczydlo (397 Meter) und Plaza (406 Meter) bezeichnet werden. Als mittlere Seehöhe der Landschaft zwischen dem Weichselthal und der russischen Grenze, dem Meridian von Chrzanow im Westen und dem Meridian von Ujazd im Osten mag die Zahl von 540 Meter nicht zu hoch gegriffen sein. Etwas geringer würde die Ziffer für die mittlere Seehöhe ausfallen, wenn man die westlich und östlich an dieses Gebiets- stück angrenzenden Theile der Krakauer Gegend mit in Rechnung ziehen wollte. Die Juraberge bei Czernichow und Tyniec in der nächsten Nähe von Krakau bilden dann niedrigere, von den genannten Haupthöhen- zügen abgetrennte Erhebungen. Als eine geologisch nicht uninteressante Thhatsache darf gleich hier einer sozusagen negativen orographischen Eigenthümlichkeit der besprochenen Gegend gedacht werden, welche allerdings nur dann auf- fällt, wenn man vorher mit seinen Vergleichen über das von unserer Karte dargestellte Gebiet nach Norden zu hinausgegriffen hat. Nimmt man nämlich Römer’s geologische Karte von Oberschlesien zur Hand, so sieht man, wie der bei Krakau entwickelte Jura in der Richtung nach Olkusz und Kromolow zu das westlich gelegene ältere Gebirge in nahezu meridianer Erstreekung begrenzt. Da sich nun einzelne Partien jurassischer Gesteine noch westlich von deren Hauptverbreitung dem triadischen Schichteneomplexe aufgesetzt finden, so ergibt sich schon daraus allein, dass die Westgrenze des Jura hier keiner Ab- und Anlagerungsgrenze, sondern einer Denudationsgrenze entspricht. Nichts- destoweniger ist, wenn sich auch weiterhin in Russisch-Polen die Sache anders verhalten mag, gerade in unserem Gebiet von einem deutlich ausgesprochenen westlichen Steilrande dieser jüngeren, den anderen Bildungen aufgesetzten Formation nichts zu bemerken. Wo locale Ab- tragungen der jurassischen Decke stattgehabt haben, wie bei Tenczynek, dort kann man allerdings theilweise von einer Steilumrandung des älteren Gebirges reden. Dieser Punkt liegt aber bereits mitten im heutigen Verbreitungsgebiete der jurassischen Schichten. Weiter nördlich indessen, bei Krzeszowice, erscheinen die Höhenverhältnisse zwischen dem Muschelkalkplateau von Nowa göra und denjenigen Plateauab- schnitten, welche vom Jura bedeckt sind (von den dazwischen einge- tieften Schluchten natürlich abgesehen), in sanftester Weise vermittelt und an den westlichsten Punkten der Oberflächenverbreitung jurassischer Gesteine im Bereich unserer Karte, bei Chrzanow und Balin, erfüllen dieselben eine Depression zwischen den dortigen Muschelkalkberzen, ohne orographisch selbstständig hervorzutreten. Wenden wir uns nun den Karpathen zu, so ergibt sich als wichtigstes orographisches Moment die Gliederung derselben in eine niedrigere, vielfach lössbedeckte, hügelige Vorstufe von beiläufig zwei [11] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 433 geographischen Meilen Breite und in das dahinter manchmal ziemlich plötzlich zu bedeutender Höhe aufsteigende eigentliche Bergland. Eine Reihe der wiehtigeren Ortschaften jener Gegend, wie Andrychau, Wadowice, Kalwarya, Myslenice und Dobezyce, liegen mehr oder weniger nahe der Grenze zwischen jener Vorstufe und dem höheren Gebirge. Das genannte hügelige karpathische Vorland erhebt sich im All- gemeinen zu ähnlicher Seehöhe wie das ausserkarpathische Gebirge jenseits der Weichsel. Der Drubosz (435 Meter), die Moczurka (440 Meter) und die Mröwia göra (382 Meter) zwischen Wadowice und Mareiporeba, der Pohöw (397 Meter) bei Podehybie, der Berg von Mogilany (396 Meter), der Dzialy (407 Meter) südlich Glogoezöw und die Przewötka (399 Meter) bei Kozmice können als wichtige Höhen- punkte hier genannt werden. Dieses Vorland zeigt aber seine oro- graphische Bedeutung mit einer geologischen Erscheinung verknüpft, denn hier ist (ähnlich wie z. B. weiter westlich in der Teschener Gegend) fast ausschliesslich der Ort, wo es gelang, das Auftreten neocomer Karpathensandsteine (unter oligocäner Bedeckung) nachzu- weisen. Mächtiger, wenn auch nicht gerade zu überall sehr imponirenden Höhen, steigt südlich dahinter das System der waldbedeckten eigent- lichen karpathischen Ketten auf, zur überwiegenden Masse aus dem sogenannten Magurasandstein (theilweise auch aus Godulasandstein und einigen anderen karpathischen Formationsgliedern) bestehend. Gleich südlich von Andrychow und Choeznia gibt es Kuppen, wie den Ganezarz (802 Meter) oder die Lamana skala (934 Meter), welche das Niveau des nördlich angrenzenden Vorlandes um 500 —600 Meter überragen. Der Chelm, südlich Kalwarya, begnügt sich allerdings mit 604 Meter Seehöhe. Bei Myslenice aber steigen die Oklejna (677 Meter), der Koton (868 Meter) und. die Lysina (897 Meter) wieder zu grösserer Höhe auf. Südlich Dobezyce erreicht der Ciecien bei Wisniowa 835 Meter und die im südöstlichsten Zipfel des Kartengebietes gelegene Kostrza weist 730 Meter auf. Weiter südlich ausserhalb der Grenzen der Karte, aber noch im Bereiche des unserer textlichen Darstellung unterzogenen Gebietes ge- legen, wird dann die Erhebung der Kämme und Kuppen immer grösser, bis sie in der Babia göra das schon sehr ansehnliche Ausmaass von 1725 Meter erreicht. Das ist der höchste Punkt der beschriebenen Gegend. Die äussere Gestaltung der karpathischen Sandsteinberge ist be- kannt und in früheren Schriften bereits beschrieben worden. Es sind auch hier wie sonst langgestreckte Kämme, deren erhöhteste Punkte meist nur wenig über dem Niveau der allgemeinen Gebirgserhebung derjenigen dem Streichen der ganzen Kette parallelen Terrainzonen liegen, welchen die Kämme jeweilig gemäss ihrer Entfernung vom Karpathenrande angehören. In selteneren Fällen kommt es zur Bildung von Kuppen, wie an der Babia göra. Malerische Felsbildungen aber, wie sie in der niedrigeren Kalklandschaft nördlich der Weichsel nicht selten vorkommen, fehlen dem Sandsteingebirge fast gänzlich. 434 Dr. Emil Tietze. [12] Uebersicht der das Gebiet zusammensetzenden Formationen. Wenn es sich darum handeln würde, Mittheilungen über eine bisher gar nicht oder nur wenig bekannte Gegend zu geben, so könnte man es zwecekmässiger finden, die Uebersicht der daselbst angetroffenen Bildungen als eines der wesentlichsten Ergebnisse jener Mittheilungen an den Schluss der betreffenden Ausführungen zu setzen. Der vorliegende Fall verhält sich aber insofern anders, als die Natur und das Alter der zu besprechenden Formationen durch umfassende Vorarbeiten im Wesentlichen bereits ziemlich genau, wenigstens in den meisten Fällen, bekannt sind, und es bei einer Arbeit, wie der meinigen, fast zu den unmögliehen Aufgaben gehört hätte, durchgreifende allgemeinere Aende- rungen in den Ansichten über jene Fragen herbeizuführen. Die Erinnerung an allgemein Bekanntes wird aber logischer Weise besser vorausgeschickt als nachträglich angefügt und es wird deshalb das Zweckmässigste sein, dies auch in unserem Falle zu thun und die Formationsübersicht den Localschilderungen voranzustellen. Ich will mich dabei möglichst kurz fassen, um nicht Dinge, die an anderen Orten bereits eine vorzügliche Behandlung erfahren haben, unnöthig weiter auszuführen, als dies zum Verständniss dieser Schrift gehört. Für die Discussion mancher Punkte, bei welchen meine Auffassungen von den Ansichten anderer Autoren abweichen, musste allerdings schon hier etwas weiter ausgeholt werden. Doch wird sich dazu theilweise auch noch im Verlaufe der späteren Beschreibung genügend Gelegenheit bieten. Was zunächst die sedimentären Bildungen unseres Gebietes an- langt, so ist das Devon von Debnik bei Krzeszowice als die älteste Ablagerung der zu besprechenden Gebirgsglieder zu betrachten. Erst F. Römer hat den devonischen Charakter des Marmors von Debnik genau erkannt (Zeitschr. deutsch. geol. Ges., 1863, pag. 708—713 und Geologie von Oberschlesien, pag. 37). Das Vorkommen von Airypa reti- cularis, Pentamerus galeatus, Stromatopora polymorpha und einiger anderen Fossilien war für die Altersbestimmung entscheidend. Will man eine genauere Horizontirung vornehmen, so ist zunächst an den Stringo- cephalenhorizont zu denken. Doch kann auch Oberdevon vertreten sein. Der Kohlenkalk ist in einer etwas ausgedehnteren Partie, aber doch auch nur in der Gegend nördlich von Krzeszowice entwickelt, wo er durch Productus striatus, Pr. semireticulatus, Pr. giganteus, Cho- netes comoides, Spirigera Royssii, Rhynchonella pugnus und andere Arten bezeichnet wird. Grössere Listen von Versteinerungen aus diesem Kalke finden sich bei Hohenegger-Fallaux (l.c. pag. 8) und bei Römer (l. e. pag. 60). Die richtige Deutung dieser Ablagerung hat bereits Pusch gegeben (Geognostische Beschreibung von Polen, 1. Theil, Stuttgart und Tübingen 1333, pag. 142), wenn er auch den Debniker Marmor noch damit zusammenwarf. Verbreiteter ist bereits die productive Steinkohlenformation, die wir besonders aus der Gegend von Jaworzno, Sierza, Tenezynek, Filipowice und Zarki (zwischen Chrzanow und der Weichsel) zu nennen haben. Die Deutung dieser Formation ist seit lange unbezweifelt und [13] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau, 435 schon vor Pusch hatte man Kenntniss davon (Buch, Oeynhausen). Pusch gab aber (l. e. pag. 149) bereits sehr ausführliche Mittheilungen darüber. Die Gesteine dieser Formation sind, abgesehen von der Kohle selbst, hauptsächlich Sandsteine, seltener auch thonige Schiefer. Die Sandsteine sind grau und gelbliehgrau und nehmen, worauf Suess (Jahrb. d. geol. Reichsanst., 1864; Verhandlungen, pag. 222) aufmerksam machte, durch die Aufnahme zahlreicher Feldspaththeilchen bisweilen den Charakter einer Arkose an. Die nur selten (wie stellenweise bei Miekinia) röthlichen, zumeist jedoch dunklen Schi-fer finden sich vornehmlich in den am meisten östlich gelegenen Partien unserer Formation, wie bei Filipowice, Mie- kinia, Sanka und Tenezynek. Es sind das zum Theil diejenigen Gegen- den, in welchen durch die Nähe des Kohlenkalkes die Verbreitungs- grenze der produetiven Kohlenformation bezeichnet wird. Weil also die Schieferentwicklung in der Nachbarschaft des Liegenden der bewussten Formation vorhanden ist, könnte man in ihr selbst gegen- über der mehr durch Sandsteine bezeichneten Ausbildung derselben Formation bei Jaworzno und Dabrowa einen liegenderen Theil des productiven Carbons voraussetzen. Doch liegen noch zu wenig Anhalts- punkte vor, um so fragliche Altersunterschiede sicher zu verfolgen. Marine Conchylien, wie sie in Oberschlesien im Bereich der pro- duetiven Kohlenformation deren unteren Complex bezeichnen, sind in analoger Weise im Krakauer Gebiet nicht bekannt geworden.!) Da in diesem Gebiet die untere Abtheilung der Kohlenformation, nämlich der Kohlenkalk, entwickelt ist, so ist es mehr als wahrscheinlich, dass wir in den flötzführenden Schichtencomplexen daselbst thatsächlich nur die obere Abtheilung derselben Formation, nämlich das Carbon im engeren Sinne, vor uns haben, so dass von einem unbedingten Ver- gleich dieser Schiehteneomplexe mit den neuerdings dem Culm zuge- rechneten und somit als zeitliches Aequivalent auch des Kohlenkalkes aufgefassten flötzführenden Schichten von Mährisch-Ostrau wohl abge- sehen werden muss, sofern wir nämlich von Culm und Kohlenkalk im hergebrachten Sinne sprechen. Freilich würden nach der Anschauung von Stur (Verh. der geol. R.-A. 1878, pag. 45) die Ostrauer Schichten nur dem oberen Culm entsprechen, unter welchem dann erst der eigentliche Culm und der Kohlenkalk im früheren Sinne ihren Platz einzunehmen hätten. Die Stur’sche Eintheilung scheint also mehr eine Verschiebung der conventionellen Grenze zwischen unterem und oberem Carbon zu be- deuten, als auf eine zweifellose Parallelisirung der tieferen flötzführenden Schichten des mährisch-galizisch-oberschlesischen Beckens mit dem Culm hinauszulaufen und von diesem Standpunkte aus könnte auch für einen Theil der Krakauer Flötze noch immer an einen Vergleich mit Ostrau gedacht werden. Bei der augenblicklich bestehenden Sach- 1) Wenn in F. v. Hauer's Kartenerläuterung (Jahrb. d. geol. R.-A. 1869, pag. 491) dies dennoch. angegeben und Golonog bei Dabrowa als ein Punkt dieses Vorkommens genannt wird, so beruht dies auf einem Missverständnisse. Bei dem österreichischen Dabrowa gibt es keinen Ort Namens Golonog, dagegen bei dem in Russisch-Polen gelegenen Orte Dabrowa, wo allerdings das Vorkommen solcher Reste bekannt ist. Jahrbuch der k.k. geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Band. 3. Heft. (Dr. Emil Tietze) 57 436 Dr. Emil Tietze. [14] lage und namentlich im Hinblick auf die noch nicht ausgiebig genug von allen in Frage kommenden Localitäten bekannte fossile Flora des Krakauer Carbons mag es aber das Beste sein, die speciellere Stellung dieses Carbons als noch nicht ganz sicher bekannt, dabei aber eine etwas tiefere Stellung dieser Schichten als wahrscheinlich anzusehen. Ueber die pflanzlichen Einseblüsse unseres productiven Kohlen- gebirges haben allerdings bereits Pusch (l. c. pag. 172) und Fallaux (l.e. pag. 11) berichtet, doch nennt Fallaux die betreffende Ausbeute sehr gering und auch neuerdings ist darüber wenig in die Oeffent- lichkeit gekommen, während doch bezüglich der benachbarten und mit dem Carbon des Krakauer Gebietes zusammenhängenden Kohlenreviere Öberschlesiens und Mährens auf eine reiche von dort bekannte Flora verwiesen werden kann. Vielleicht waren in der That fossile Pflanzen hier seltener, vielleicht aber hat man nur bis vor Kurzem weniger Auf- merksamkeit auf dieselben verwendet, denn es ist klar, dass in solchen Fällen der Sammeleifer der in den Gruben beschäftigten Beamten das Meiste thun muss. Ich bekam z. B. in Jaworzno von solchen Resten nur wenig zu Gesicht, fast nur einige Stammstücke von Sigillarien. Ueber eine von mir neu aufgefundene Lagerstätte von Kohlen- pflanzen bei Szezakowa, die ich leider nicht genügend ausbeuten konnte, werde ich später berichten. Es sei auch erwähnt, dass Stur in seiner Carbonflora der Schatzlarer Schichten (1. Abth. Farne, Abhandl. der geol. R.-A., 11. Bd, Wien 1885, pag. 336) das Vorkommen von Diplothmema (Sphenopteris) Schlotheimi Bgt. und in der die Calamiten behandelnden Fortsetzung dieser Arbeit (2. Abth. Wien 1887, pag. 119 und 145) das Vorkommen von Calamites approximatus Bgt. und des 0. Suckowi von Jaworzno angibt, wonach die betreffende Kohle einer ziemlich tiefen Abtheilung des produetiven Carbon angehören würde. Das ist aber vorläufig auch Alles, was sich über die neuesten hierher gehörigen phytopaläontologischen Forschungen sagen lässt. Durch Vermittlung des Herrn Prof. Szajnocha kam mir übrigens während des Abschlusses dieser Arbeit eine briefliche Mittheilung von Herrn F. Tondera zu, welche in einer der ersten Nummern der Ver- handlungen der Reichsanstalt von 1888 zum Abdruck gelangen wird. In derselben werden 50 Arten fossiler Pflanzen aus Jaworzno, Dabrowa, Sierza und Teneynek aufgeführt und als hauptsächlich den Schatzlarer Schichten angehörig bezeichnet. Das würde (im Sinne Stur's) ebenfalls eine Vertretung der tiefsten Unterabtheilung des Obercarbons bedeuten. Da jedoch Herr Tondera auch sichere Typen der Ostrauer Schichten gefunden zu haben glaubt, so könnten auch die letzteren als in diesem Revier mitvertreten gelten. Die Zukunft wird ja wohl genauere Auf- schlüsse über alle diese Fragen bringen. Selbstverständlich wird aber die Lösung derselben nicht allein von den localen Funden und Studien, sondern auch von den allgemeineren Auffassungen abhängig sein, welche jeweilig über die Gliederung des productiven Carbon und die Bedeu- tung bestimmter phytopaläontologischer Merkmale für diese Gliederung herrschen werden. Zu mancherlei Controversen können zum Theile wenigstens die- jenigen Bildungen Veranlassung geben, welche ich mich entschlossen habe, nach dem Vorgange von Fallaux und Hohenegger zum [15] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 437 Bunten Sandstein zu stellen, wenn ich auch der Vermuthung Raum lassen muss, dass theilweise eine Vertretung des Perm dabei mit in- begriffen sein kann. Auch F. v. Hauer bat übrigens in seiner Geologie (2. Auflage, Wien 1878, pag. 355) jenen Vorgang acceptirt, trotzdem ihm die entgegenstehenden Meinungen anderer Autoren bekannt waren. Ich habe mehrere Ausscheidungen innerhalb der fraglichen Bil- dungen vorgenommen, welche allerdings bei der für sehr feines Detail noch immer nicht ganz zureichenden Grösse des Maassstabes der Karte in manchen Fällen nur schematisch durchgeführt werden konnten. Diese Ausscheidungen betreffen einmal die „Sandsteine und Thone des bunten Sandsteines“, dann die „Conglomerate des bunten Sandsteines“, den sogenannten „Karniowicer Kalk“ und gewisse „Porphyrtuffe“. Endlich kommt noch als der obersten Abtheilung des bunten Sandsteines entsprechend das „Röth“ hinzu. Abgesehen von diesem obersten Niveau, welches auch eine ganz bestimmte stratigraphische Stellung einnimmt, beziehen diese Aus- scheidungen allerdings vorwaltend sich auf petrographische Begriffe. Niveauunterschiede sollen damit weiter nicht angedeutet sein, da manche der betreffenden Bildungen nicht mit genügender Constanz anhalten und auch Wechsellagerungen vorkommen. Nur von den Porphyrtuffen könnte man vielleicht sagen, dass sie gern einen etwas höheren Horizont einnehmen. Die Sandsteine, um die es sich handelt, sind entweder grau, gelblich, röthlich, roth oder grünlich. Sie sind bisweilen ziemlich feldspathreich und nicht selten lose. Die Thone sind theils grünlich, theils rothbraun oder intensiv roth. Die Conglomerate bestehen zum Theil aus ziemlich grossen Geröllstücken. In dem nördlichsten Theile des Gebietes, nördlich der Linie Trzebinia-Krzeszowice, bestehen die Gerölle hauptsächlich aus Kohlenkalk. Weiter südlich, das ist in der Gegend westlich von Alwernia, wo ich ebenfalls Conglomerate ausgeschieden habe, nehmen besonders Quarzgerölle an deren Zusammensetzung Theil. Der von Römer sogenannte Karniowicer Kalk ist weisslich, meist krystallinisch und dolomitisch und hat von organischen Resten auffallender Weise nur Pflanzenreste geliefert. Es sind Arten zu Taenio- pteris, Neuropteris, Pecopteris und Sphenophyllum gehörig, sowie Coniferenzapfen. Dieser Kalk bildet beschränkte Partien bei Karniowice und Filipowice. Seine Stellung bietet noch manches Räthselhafte, worauf an geeignetem Orte später hingewiesen werden soll. Die Porphyrtuffe sind verwitterte, erdige Gesteine von röthlichen Färbungen. Römer (Geologie von Oberschlesien, pag. 106) sagt darüber: „In einer kaolinartigen erdigen rothen Grundmasse liegen mohngrosse oder kleinere eckige Körner eines weissen feldspathartigen Minerals, schwarze glänzende Glimmerschüppchen von zum Theil regelmässig sechsseitiger Form und sparsame, ganz kleine Körner von dunkel rauchgrauem Quarz.“ Das paläontologisch hauptsächlich durch Myophoria costata gekenn- zeichnete Röth ist in unserem Gebiet ganz vorwiegend durch gelblich- weisse, mergelige Dolomite vertreten. Bräunliche Thone, wie sie in dem benachbarten Oberschlesien häufig in diesem Niveau auftreten, treten hier ausserordentlich zurück. Würde man es in dem Krakauer ot 438 Dr. Emil Tietze, 116] Gebiete mit einer isolirten Gebirgspartie ohne Anschlussbeziehungen an die benachbarten Regionen zu thun haben, so würde deshalb im Hin- blick auf die über dem Röth folgende, durchaus kalkige und dolomitische Entwicklung des Muschelkalks der natürlichste, dem einstigen Verlauf der physikalischen Vorgänge am meisten Rechnung tragende Grenz- schnitt zwischen dem bunten Sandstein und Muschelkalk an der unteren und nicht an der oberen Grenze des Röth zu ziehen sein. Die allgemeinen Verhältnisse der Verbreitung der hier mit dem bunten Sandstein in erster Linie verbundenen Bildungen werden unge- fähr dadurch zu bezeichnen sein, dass man von Alwernia über Krze- szowice hinaus eine Linie zieht, die man als Ostgrenze des bewussten Schichtencomplexes annimmt. Nur westlich von dieser Linie treten die genannten Bildungen auf. Weiterhin werde ich noch an einigen Stellen Gelegenheit haben, die Gründe zu diseutiren, welche für die Zuweisung der Hauptmasse dieses Schichteneomplexes zum Buntsandstein zu sprechen scheinen. Hier möchte ich indessen doch schon das Wesentlichste davon kurz vorausschicken. Den Ansichten F. Römer's, die derselbe in seiner Geologie von Oberschlesien (pag. 118) und zum Theil schon früher in seinem Aufsatz über das Rothliegende der Gegend von Krzeszowice (Zeitschr. deutsch. geol. Ges , 1864) dargelegt hat und welche dann etwas später den Bei- fall Alth’s gefunden "haben (Poglad na geologie Galieyi zachodniej, in den Berichten der physiogr. Commission, Krakau 1872, pag. 96), ent- spricht der hier eingenommene Standpunkt allerdings nicht. Ich konnte mich aber doch nicht entschliessen, der Autorität Römer’s in diesem Punkt nachzugeben. Diesen Ansichten zufolge würde ein grosser Theil der betreffenden Schichten nicht zum Buntsandstein, sondern zum Perm zu zählen sein. Namentlich gehören hierher die Kalkeonglomerate der Gegend von Myslachowice, Filipowice und Miekinia, sowie die Porphyr- tuffe derselben Gegend, während die Hauptmasse der Sandsteine und namentlich die bunten Thone bei der unteren Trias belassen werden. Der Hauptgrund, den Römer für seine Auffassung geltend macht, be- zieht sich auf die Verbindung des fraglichen Schichteneomplexes mit porphyrischen und melaphyrischen Eruptivgesteinen, wie sie sonst in den mitteleuropäischen ausseralpinen Gebieten dem Rothliegenden unter- geordnet zu sein pflegen. Es handelt sich dabei um einen Analogieschluss, der gewiss schon an sich und dann auch der hohen Autorität Römer’s wegen ernste Beachtung verdient. Doch lässt sich dem gegenüber zunächst sagen, dass bei der hohen Lage, welche wenigstens ein Theil der ge- nannten Porphyrtuffe einnimmt an der Stelle, wo dieselben unmittelbar unter dem Röth auftreten, von einer Trennung der übrigen Gesteine in zwei altersverschiedene Formationen nicht mehr die Rede sein könnte. Sind die Porphyrtuffe permisch, so sind es alle Bildungen des fraglichen Schichteneomplexes, welche nördlich der Linie Krzeszowice-Trzebinia in der Verbreitungsregion jener Tuffe unter dem Röth vorkommen oder mit anderen Worten dann fehlt dort der bunte Sandstein bis auf das köth so gut wie gänzlich. Auch die Wechsellagerung der rothen T’hone und der Sandsteine, bezüglich Sande mit den Conglomeraten, wie man [17] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 439 sie bei Kwaezala und anderwärts beobachten kann, würde dafür sprechen, dass man einem innig zusammenhängenden Schichtensystem gegenübersteht, dessen Trennung vorläufig kaum mit Sicherheit durch- führbar ist. Das führt zu dem Begriff einer gewissen Einheitlichkeit der fraglichen Ablagerungen, die für die Deutung des Alters nicht gleichgiltig bleiben darf. i Diese Einheitlichkeit des ganzen Complexes drückt sieh aber auch fast überall durch die Erscheinungen der Verbreitung aus, und da scheint es nun im Hinblick auf die vorliegende Frage von Bedeutung dass dieser Schichtencomplex sich (mit alleiniger Ausnahme einer nweifel- haften Partie in Tenczynek) allenthalben an die darüber folgenden kalkigen Triasglieder anschliesst und sich den darunter liegenden Gebilden des Carbon gegenüber unabhängig verhält. Die betreffende Discordanz ist eine, wie aus den späteren Beschreibungen hervorgehen wird, ganz ausgesprochene. An manchen Orten, wie bei Miekinia liegen die uns bier interessirenden Schichten mit dem Muschelkalk so gut wie gleichförmig und ziemlich flach gelagert, während das darunter befindliche Carbon steil aufgerichtet erscheint, an anderen, wie bei Jaworzno, wo freilich, um der Wahrheit die Ehre zu geben, die oben genannten Conglomerate fehlen, gehen die mächtigen Sprünge der Kohlenformation in keiner Weise in die darüber gelagerten Vertreter der in Rede stehenden Bildungen hinauf. Es ist also eine erweiterte Lücke vorhanden zwischen diesen Bildungen und dem produetiven Carbon und diese Lücke kann am bequemsten als der Zeit des Rothliegenden wenigstens zum Theil ent- sprechend angenommen werden, wenn man auch zugeben darf, dass die obere Grenze dieser Lücke nicht nothwendig mit dem Schnitt zu- sammenzufallen braucht, den man sonst zwischen den Ablagerungen des Perm und der unteren Trias zieht und namentlich dort mit Sicherheit ziehen kann, wo die kalkige Entwicklung des Zechsteins die Trennung zweier sonst petrographisch sich nahe stehenden Entwicklungen erleichtert. Organische Reste, welche die genauere Altersbestimmung mit Sicherheit ermöglichen würden, kommen in den fraglichen Schichten kaum vor. Den verkieselten Stämmen in der Gegend zwischen Chelmek und Alwernia möchte ich keine allzu grosse Bedeutung beimessen. Die Baumflora des bunten Sandsteines ist vielleicht überhaupt noch zu wenig bekannt, um sie mit Erfolg von der des Rothliegenden trennen zu können. 'Das Lager der Araukariten von Kwaczala und Lipowiee mag trotzdem immerhin noch ganz gut als oberpermisch gedeutet werden können. Es schliesst sich aber so innig an Schichten an, welche den obigen Gründen zufolge für Buntsandstein genommen werden müssen, dass man dem letzteren bei der Bezeichnung das Vorrecht lassen muss. In dieser meiner Auffassung des hier behandelten Schichteneomplexes werde ich nicht wenig bestärkt durch die Verhältnisse, welche die analogen Bildungen in anderen Theilen Polens aufzuweisen scheinen. Im polnischen Mittelgebirge schliessen sich hierher zu beziehende Schichten, die allgemein zum bunten Sandstein gestellt werden, eben- falls an den dort darüber folgenden Muschelkalk an und liegen bei Abwesenheit des Carbon direet discordant auf devonischen Ablagerungen, wie uns Zeuschner (Zeitschr. d. deutsch. geol. Gesellschaft, 1868, 440 Dr. Emil Tietze, 1 8] pag. 739) berichtet. Als sicherer Vertreter des Perm in jener Gegend ist nur der der Reihe nach von Pusch (Karsten’s Archiv, 1839, 12 Bd.), Zeuschner (Neues Jahrb. 1866, pag. 520) und F. Römer (Zeitschr. deutsch. g. Ges. 1866, 18 Bd., pag. 681) beschriebene Zech- stein von Kajetanöow anzusehen, der indessen einen sehr geringen Flächenraum einnimmt und dessen unmittelbares Hangende und Liegende nicht ermittelt zu sein scheint. Römer hatte nun (an dem zuletzt angegebenen Orte, pag. 683) auch gewisse Kalkconglomerate und Breceien, welche gleich den Conglomeraten von Karniowice und Filipowice aus paläozoischen, hier aber der Unterlage entsprechend aus devonischen Gesteinsbrocken zusammengesetzt sind, direet mit den Conglomeraten der Krakauer Umgebung verglichen und dieselben als Rothliegendes angesprochen. Zeuschner jedoch widerspricht dieser Deutung. Das Kalkeonglomerat von Brzeziny bildet nach ihm das oberste Glied des bunten Sandsteins und wird von Muschelkalk bedeckt. Bei Bolechowice daselbst ist das Conglomerat innig mit dem dort noch mehr als im Krakauischen verbreiteten rothen Letten verbunden und an mehreren Punkten bei Kielce ruhen die Conglomerate direct über dem rothen Letten, der ja doch im Krakauischen nach dem übereinstimmenden Urtheil aller Beobachter nur dem Buntsandstein zugehört. Die Nicht- concordanz aller dieser Bildungen gegenüber dem devonischen Kalk- stein, der ihre Unterlage bildet, wird ausdrücklich hervorgehoben. Den Vergleich jener Conglomerate des polnischen Mittelgebirges mit denen des Krakauischen acceptirt Zeuscehner übrigens vollständig. „In der ganzen Umgebung bei Krakau“, schreibt er aber, „sowie auch im angrenzenden Oberschlesien ist keine Spur von Dyas erkannt worden“. Man kann bezüglich der Verhältnisse bei Kielce übrigens noch darauf hinweisen, dass auch nach den neuesten Mittheilungen von Siemiradzki (Jahrb. geol. Reichsanstalt, 1886, pag. 678) eine weitere Vertretung des Perm daselbst nicht ermittelt zu sein scheint. Handelt es sich also um Analogiebeweise, so ist die Analogie unserer fraglichen Bildungen mit dem Verhalten der verwandten Absätze in Russisch-Polen vielleicht als ebenso werthvoll anzusehen als die Analogie, welche aus dem Auftreten von Eruptivgesteinen im Bereich dieser Bildungen mit dem Auftreten von Porphyren und Melaphyren im Bereich des deutschen Rothliegenden sich ergibt. Es wird später überdies hervorgehoben werden, dass die Aehnlichkeit eines Theiles der Krakauer Eruptivgesteine mit den Quarzporphyren Deutschlands keine so eclatante ist, dass dabei von übereinstimmenden Verhältnissen gesprochen werden könnte. Endlich darf aber bei diesem Punkte der Frage auch nicht übersehen werden, dass die Verbindung des fraglichen Schichteneomplexes mit jenen Eruptivgesteinen gar nicht einmal überall so deutlich und un- zweifelhaft ist, wie sie der Literatur nach bisweilen erscheint. Die Melaphyre von Rudno und Tenczynek, die trachytischem quarz- armen Porphyre von Zalas, Sanka und Frywald, um hiermit der späteren Darstellung bereits vorzugreifen, stehen gar nicht in sichtbarem Zusammen- hange mit unseren Conglomeraten, Sandsteinen und Thonen, und was den Porphyr von Miekinia anlangt, so wird gezeigt werden, dass der- selbe älter als die Gesteine ist, um die es sich hier handelt. Die Analogie ist also keine so ganz vollkommene, wenn ich auch, wie gleich hier [19] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 441 erklärt werden soll, ziemlich überzeugt bin, dass alle die genannten. Eruptivgesteine älter als der Muschelkalk und jünger als Carbon sind. Jedenfalls darf man demnach behaupten, dass die Ansicht, welche für die Zuweisung der Hauptmasse. der sandigen , thonigen , conglo- meratischen oder tuffigen Bildungen zwischen dem Muschelkalk und dem Carbon des Krakauer Gebietes zum Perm eintritt, sich nieht auf bessere Gründe zu stützen vermag als die hier vertretene Auffassung. Annähernd dasselbe Gebiet der Verbreitung, wie der vorher be- sprochene Schichtencomplex, besitzt der nunmehr folgende Muschelkalk. Auf der Karte kommen fünf verschiedene Ausscheidungen innerhalb der Grenzen dieser Formation vor, welche sich den von Hohenegger und Fallaux angenommenen Unterabtheilungen derselben anschliessen, ohne jedoch dieselben Parallelisirungen zu acceptiren. In dieser Hin- sicht habe ich mich vielmehr an F. Römer gehalten. Der Unter- schied der Deutungen betrifft die Grenze, welche man zwischen dem unteren und mittleren, sowie zwischen dem mittleren und oberen Muschel- kalk zu ziehen hat. Nach der von mir im Römer’schen Sinne durchgeführten Ein- theilung haben wir es im Krakauer Gebiete beinahe ausschliesslich mit unterem Muschelkalke zu thun, der auf unserer Karte in weitere drei Glieder zerfällt, während bei Hohenegger und Fallaux nur das unterste dieser drei Glieder, mit dem Namen Wellenkalk oder Sohlenkalkstein belegt, als unterer Muschelkalk figurirt, die beiden höheren jedoch den mittleren Muschelkalk bedeuten sollen, während als oberer Muschelkalk in zwei Unterabtheilungen zusammengefasst wird, was bei uns mittlerer und oberer Muschelkalk genannt wird. Dass die Römer’sche Gliederung ihrerseits im Wesentlichen auf den Untersuchungen von Eck fusst, der dieselbe unter dem Titel über die Formationen des bunten Sandsteines und des Muschelkalkes in Ober- schlesien und ihre Versteinerungen (Zeitschr. deutsch. geol. Ges., Berlin 1865) veröffentlichte, dürfte allgemein bekannt sein. Ganz übertragen liess sich aber die Eck’sche sehr in’s Einzelne gehende Gliederung auf das Krakauer Gebiet nicht, wo sich, abgesehen, wie gesagt, von den Parallelisirungen, die Hohenegger-Fallaux’schen Ausscheidungen als relativ bequeme und leichter allgemein fassliche Handhaben erwiesen. Der untere Muschelkalk in dem angenommenen Sinne wird aus- gezeichnet durch eine Dolomitentwicklung, die wir mit Hoheneggerden „erzführenden Dolomit“ nennen, weil die verschiedenen Galmei-, Blei- und Eisenerzvorkommnisse des Muschelkalkes im Krakauer Ge- biete dieser Abtheilung angehören. Was von unterem Muschelkalke unter diesen Dolomiten liegt, wurde als „Wellenkalk*, was darüber liegt als „Nulliporen-Dolomit“ ausgeschieden. Man könnte dieser Auffassung nach in der Art der alten oberschlesischen Bergleute von einem Sohlengesteine und einem Dachgesteine reden, obschon gerade in Oberschlesien, wie Römer hervorhob, sich mancherlei Inconse- quenzen aus dieser Ausdrucksweise ergeben haben. Innerhalb der als Wellenkalk zusammengefassten Gebilde könnte man, was aber unterblieben ist, in vielen Fällen zwei weitere Unter- abtheilungen machen, welche dem entsprechen würden, was Eck und Römer cavermösen Kalk und Schichten von Chorzow genannt haben, 442 Dr. Emil Tietze, | [20] Der cavernöse Kalk tritt bankweise auf und ist (vergl. Römer's Geologie von Oberschl., pag. 133) eine „Schichtentolge von braunem, grauem oder röthlichem, krystallinisch späthigem, mit grösseren und kleineren Höhlungen erfülltem Kalksteine, welche unmittelbar und gleich- förmig auf den Schichten des oberen bunten Sandsteines oder Röth auf- ruht“. Da diese Schichtenfolge meist petrefaetenlos ist, so wird ihr Alter durch die Lagerung über dem Röth und unter den folgenden versteine- rungsreicheren Schichten als das eines tiefsten Gliedes des Muschelkalkes bezeichnet. Bei Libiaz sind allerdings in dem obersten Theile dieses Com- plexes nach Hohenegger und Fallaux (l. ce. pag. 15) einige Saurier- reste gefunden worden und auch an der Premsza sind nach Zeusehner (Neues Jahrb. 1837, pag. 313) einst ebensolche Reste entdeckt worden, die kaum auf einen anderen Horizont bezogen werden können, doch würden dieselben an sich allein ohne die glücklicherweise deutliche Lagerung zu einer genaueren Altersbestimmung nicht genügen. Die Mächtigkeit dieser Schiehten wird von allen Autoren als gering angegeben, was auch zutrifft, nur darf gesagt werden, dass dieselbe in der Gegend von Regulice and Alwernia zu grösserer Bedeutung gelangt. Pusch hat diesen cavernösen Kalk bereits gekannt, ihn aber als zelliges Dachgestein beschrieben (Geol. v. Pol., 1. Theil, pag. 221) und daher seine Lagerung missdeutet.!) Da das Gestein, wie Pusch hervorhebt, oft etwas zinkhältig ist, so kann es zu verfehlten Versuchen Veranlassung geben. Ueber demselben folgt nun der eigentliche Wellenkalk in deut- lichen, mässig starken Schichtbänken, die je einige Zoll bis selten mehr als 2 Fuss Mächtigkeit besitzen und oft durch dünne thonige Zwischenlagen getrennt erscheinen. Es sind dichte Kalke von bläulicher, grauer oder graugrünlicher Farbe und muscheligem Bruche. Wulst- förmige Anschwellungen auf den Schichtflächen sind bezeichnend, Beier äuies gracilis Buch., Retzia trigonella Schloth., Terebratula vulgaris Schloth., Pecten discites Broken: Lima striata Schloth., Gervillia socialis Schloth., Nautilus bidorsatus : Behloth. gehören zu den wichtigsten Arten der organischen Einschlüsse. Hohenegger-Fallaux (pag. 16) und Eek (l. e. pag. 48) haben übrigens lange Listen von Versteine- rungen gegeben, die man hierüber nachlesen kann. Der nun folgende „erzführende Dolomit*“ ist dieht oder krystal- linisch, gelblich, bräunlich oder grünlichgrau von Farbe und oft von sehr fester Beschaffenheit. Versteinerungen sind aus demselben nicht bekannt. Die Erze treten in demselben im Allgemeinen so auf, dass die Brauneisensteine im Hangenden der Galmeilager sich befinden. „Aber nicht überall,* sagt Hohenegger und Fallaux (l. e. pag. 17), „wo Galmei vorhanden ist, findet sieh Eisenstein und umgekehrt. So z. B. hat Ploki reiche Eisensteinlager, aber keinen Galmei, und an anderen Orten, wie an Stellen in Gory luszowskie, Diugoszyn etc., findet sich Galmei, aber kein Brauneisenstein.“ Uebrigens ist, nebenbei bemerkt, speciell für Dlugoszyn diese Behauptung nicht ganz zutreffend. Der Galmei kommt nesterartig, der Bleiglanz, der besonders bei Katy unweit Chrzanow auftritt, kommt im Galmeigebirge eingesprengt vor. ') Ueber die Entstehungsweise der Zellenkalke und verwandter Gebilde mag man Neminar’s Ansführungen (in Tschermak’s min. Mitth. 1875, pag. 251, im Jahrb. d. geol. R.-A.) nachlesen. [21] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau, 443 Das Hangende des erzführenden Dolomits bildet bei beschränkterer räumlicher Verbreitung der „Nulliporen-Dolomit“. Es kann sein, dass dieser Horizont immerhin in etwas ausgedehnterer Weise vorkommt, als dies die Karte angibt. Indessen steht der Umstand, dass die Oberfläche der von Muschelkalk gebildeten Erhebungen sehr wenig Aufschlüsse bietet, ' einer genaueren Feststellung in dieser Richtung sehr hinderlich im Wege. Schon Hohenegger und Fallaux, welche diese Schicht- gruppe (l. ec. pag. 17) als obere Abtheilung des mittleren Muschelkalks beschrieben, haben diese Schwierigkeiten gekannt und betont, dass oft nur aus losen, auf den Feldern berumliegenden Stücken das Vor- kommen dieses Complexes erkannt werden könne. Als das bezeichnendste Fossil, wenigstens für den grösseren Theil . der hier zusammengefassten Gesteine, darf die Schafhäutl’sche Nulli- pora annulata gelten, von welcher der für unsere Abtheilung gewählte Name abgeleitet wurde. Ueber die verwickelte Synonymik dieses Fossils, welches auch die Gattungsnamen COhaetetes, Gastrochaena, Cylindrum und Dactylopora erhielt, kann das Nothwendige bei F. Römer (Geol. v. Oberschl., pag. 142 in der Anmerkung) nachgelesen werden. Der sogenannte Himmelwitzer Dolomit Eek’s und Römer’s wird ebenfalls durch diesen Rest ausgezeichnet. Ihm entspricht jedenfalls in der Hauptsache unser Nulliporen-Dolomit. Es erschien mir jedoch nicht angezeigt, einen oberschlesischen Localnamen ohne Weiteres auf eine Entwicklung im Krakauer Gebiete zu übertragen. Eine genaue Paralleli- sirung liess sich für dieses Gebiet mit den zahlreichen Eck’schen Unterabtheilungen nun eben doch nicht consequent durchführen. Die einzelnen Aufschlüsse in Oberschlesien sind vielfach zerstreut und, wie es scheint, lassen sich ganz zusammenhängende Profile durch alle Glieder des dortigen Muschelkalks nicht überall gewinnen. Auch mag es schwer sein, mit apodiktischer Sicherheit für jede einzelne Gruppe von Bänken daselbst zu sagen, ob dieselben ein vertical von den übrigen Gruppen streng gesondertes Stockwerk oder ob sie eine blosse Facies- entwicklung anderer Gruppen repräsentiren. Bei Chrzanow und ander- wärts gibt es Andeutungen, dass auch die Eck’schen Eneriniten- Schichten, die angeblich etwas tiefer liegen sollen als der Himmel- witzer Dolomit, dort vorhanden sind. Ich habe diese Partie indessen mit der hier vorgeschlagenen Abtheilung vereinigt. Auch die von Eck sogenannten Schichten von Mikultschütz könnten in unserem Gebiete vertreten sein, wie vielleicht das Vorkommen von Spirifer fragrlis in der Gegend von Plaza und Regulice andeutet, von welchem Hohen- egger und Fallaux gesprochen haben. Römer scheint die Schiehten von Mikultsehütz und den Himmel- witzer Dolomit für einander sehr nahestehend zu halten. Er führt am Ende seiner Besprechung des letzteren die Gründe an, weshalb er die _ ersteren noch zum unteren Muschelkalke gezogen habe. Es sind dies paläontologische Gründe, die, auf das reichere oberschlesische Ver- steinerungsmaterial gestützt, für uns gleichfalls maassgebend sein können. - Daher wurde im Gegensatze zu Fallaux und Hoheneg ger der Sehnitt zwischen unterem und oberem Muschelkalk über dem Nulli- poren-Dolomit gemacht. Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Band. 3. Heft. (Dr. Emil Tietze.) 58 444 Dr. Emil Tietze. [22] Dass die zu diesem letztern gestellten Ablagerungen übrigens petro- graphisch vielgestaltig sind, geht bereits aus den Angaben der genannten beiden Autoren sehr deutlich hervor. Es heisst daselbst: „In Trzebinia, Wodna, Gory luszowskie, Bolecin, Pogorzyce u.s. w. treten über dem erzführenden Dolomit lichtgraue bis weissgraue deutlich ausge- sprochene oolithische Kalksteinbänke in abwechselnder Mächtigkeit von 6 Zoll bis 2 Fuss auf, die häufig eingewachsene Hornsteinknollen und Enerinus gracilis und Enerinus hliiformis führen. Die oolithische Bildung ist bald fein-, bald grobkörnig und herrscht bald die eine, bald die andere Bildungsart vor. Das Bindemittel ist kalkig, amorph. Gleich- werthig mit diesem Gliede stehen bei Chrzanow gegen Balin 4 Zoll bis 2 Fuss mächtige, dichte, feste, bräunliche Dolomitbänke an, in welchen, wie in den oolithischen Kalksteinbänken, Hornsteinknollen vorkommen. Bei Pogorzyce, Plaza, Regulice und Alwernia sind es rein weisse, zuckerkörnige Dolomite ohne Hornsteinknollen. Scheinbar zu einer höheren Lage gehören theils dichte, theils poröse, löcherige, krystallinische Kalksteine von gelbbrauner Farbe und sehr verschiedener Festigkeit, in welchen bei Boleein Schichten mit breccienartiger Structur auftreten.“ So verschieden die Gesteine seien, so verschieden sei auch deren Mächtigkeit. Bei der hier angenommenen Eintheilung bilden die dem mittleren und oberen Muschelkalk verbleibenden Bildungen nur sehr unbedeutende und wenig mächtige Partien, welche auf die Gegend von Jaworzno, Chrzanow und Libiaz beschränkt sind. Schon in Oberschlesien sind diese Schichten von geringer horizontaler und verticaler Ausdehnung. Im Krakauischen schrumpft aber ihre Vertretung noch mehr zusammen. Der „mittlere Muschelkalk“ wird durch nur wenige Fuss mächtige dolomitische erdige Mergel von bräunlicher Farbe und ohne Petrefacten repräsentirt. Die Deutung beruht auf der Lagerung und der Aehnlichkeit der Ausbildungsweise des mittleren Muschelkalks bei Rüdersdorf und in Thüringen. Der „obere Muschelkalk“ ist ebenfalls nur in der Umgebung von Chrzanow und Libiaz vorhanden und besteht in unserer Gegend aus meist petrefactenlosen, dolomitischen Mergeln und Kalksteinen, welche dem sogenannten Rybnaer Kalk der oberschlesischen Eintheilung Römer’s und Eck’s entsprechen. Die Mächtigkeit beträgt auch nur wenige Fuss. In Oberschlesien ist der Rybnaer Kalk nicht so arm an Versteinerungen, was vielleicht auch mit besseren Aufschlüssen zusammen- hängt. Hohenegger und Fallaux geben an, nur einige unbestimm- bare Fischzähne in unserem Gebiete beobachtet zu haben. Ich sah indesssen meinerseits in Katy bei Chrzanow unter einigen von der dortigen Bergverwaltung gesammelten Stücken ein schönes Exemplar von Ceratites nodosus, welches aus der Gegend von Chrzanow stammen sollte, wenngleich die genauere Fundortsangabe fehlt. Ceratites nodosus gehört zu den bezeichnendsten Fossilen des Rybnaer Kalkes. Eine etwas grössere, wenngleich immer noch auf die Gegend von Chrzanow eingeengte Verbreitung zeigt der Keuper. Es ist ein besonderes Verdienst F. Römer’s, die Existenz dieser Formation in Oberschlesien und den an dieses Land grenzenden Gebieten erkannt und [23] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau, 445 genauer nachgewiesen zu haben (vergl. Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges. 1862, pag. 638; 1863, pag. 694; 1867, pag. 255), nachdem Pusch, der die Stellung der betreffenden Gebilde in seiner Geologie von Polen zuerst völlig missdeutete, nicht weiter gelangt war, als für einige dieser Schichten ohne nähere Begründung die Vermuthung zu äussern (Karsten’s Archiv, 1839, pag. 155), dieselben könnten dem Keuper angehören. Die Beweise Römer's, denen sich auch einige Mittheilungen Zeuschner's zugesellten (Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges., 1866, pag. 232), und welche dann in der Geologie von Oberschlesien noch- mals übersichtlich zusammengefasst wurden, müssen für die Bildungen, die wir in unserem Gebiete übrigens nach dem Vorgange Römer’s selbst und nach den Untersuchungen von Hohenegger und Fallaux zum Keuper stellen, ausreichen. Sie beziehen sich auf eine reicher gegliederte und stellenweise durch entsprechende Fossilführung aus- gezeichnete Entwicklung, während im Krakauischen nur petrefaeten- leere Thone dieser Gesteinsgruppe bekannt sind, welche kaum der Gesammtheit der obertriadischen Bildungen Oberschlesiens entsprechen dürften. Diese T'hone sind grün, röthlich oder gelblich gefärbt und in viel geringerer Ausdehnung aufgeschlossen als man nach der Fallaux’schen Karte vermuthen sollte. Da der Lias in der Krakauer Gegend so gut wie in Oberschlesien fehlt, so gelangen wir jetzt unmittelbar zum braunen Jura, der in seiner Verbreitung ähnlich wie die früher besprochenen mesozoischen Ablagerungen auf das Gebiet nördlich der Weichsel und westlich von Krakau beschränkt bleibt und dortselbst an der Oberfläche eine keines- wegs bedeutende Rolle spielt, dem aber mannigfacher Umstände und insbesondere seiner local reichen Petrefactenführung wegen seit längerer Zeit in der Literatur ein besonderes Interesse entgegengebracht wurde. Es hätte vielleicht einer gleiehmässigen Behandlungsweise unseres Stoffes entsprochen, innerhalb der hierher gerechneten Bildungen einige Ausscheidungen von Unterabtheilungen vorzunehmen. Da indessen, wie bereits angedeutet, das oberflächliche Auftreten dieser Formation bei meist geringer Mächtigkeit der einzelnen Bildungen auf kleinere Parcellen des geologisch kartirten Gebietes eingeengt bleibt, so schien mir der Maassstab der Karte doch noch zu klein, um hierbei Unterabtheilungen anbringen zu lassen und ich habe es für zweckmässiger gehalten, mich mit einer Farbe für die betreffenden Ablagerungen zu begnügen. Die Erwägung, dass auch noch nicht alle Meinungsverschiedenheiten über die relative Stellung einzelner Absätze des fraglichen Schiehtenverbandes ausgeglichen sind, bestärkte mich überdies in jenem Entschluss. Ich werde indessen trachten, durch die folgende Beschreibung die Uebelstände, die sich aus dieser etwas summarischen Behandlungsweise ergeben könnten, auszu- gleichen. Die hier zu betrachtenden Absätze bestehen aus Thonen, Sand- steinen, Oolithen und kalkigen Mergeln. Als unterstes, aber nicht überall vertretenes Glied der ganzen Schichtenfolge dürfen die feuerfesten Thone von Mirow, Alwernia und Grojee angesehen werden, "wenn man dem Vorgange Römer’s folgen will. Eine gegentheilige Ansicht, welche sich auf die Lagerungsverhältnisse eines ähnlichen Thones bei Czatko- 58 * 446 Dr. Emil Tietze, [24] wice unweit Krzeszowice stützen zu können glaubte, wird an der geeig- neten Stelle der späteren Localbeschreibung besprochen werden. Römer theilte in Oberschlesien die Schichtenfolge des braunen Jura im Wesentlichen in drei Abtheilungen. Die unterste dieser Ab- theilungen bezeichnet er als „Schichten des /noceramus polyplocus und andere Ablagerungen von wesentlich gleichem Alter“. Darüber folgen die Schichten des Ammonites Parkinsoni, welche ihrerseits von den - Schichten mit Amm. macrocephalus bedeckt werden. Ohne nun sich über das Alter der feuerfesten Thone von Mirow genauer aussprechen zu können, handelt sie der genannte Autor provisorisch bei jener unteren Abtheilung ab. Es muss übrigens als eine nicht zu vernachlässigende Unter- stützung dieser Auffassung angesehen werden, dass die weissen feuer- festen Thone von Landsberg und Zborowsky, welche den Thonen von Mirow sehr ähnlich sind, dem sogenannten Kostezelitzer Sandstein unter- geordnet erscheinen, einer aus Sanden und Sandsteinen bestehenden Schichtenfolge, welche ihrer Lage unter den durch A. Parkinsoni be- zeichneten Schichten wegen als unteres Niveau des oberschlesisch- polnischen Dogger aufzufassen ist. Die bewussten feuerfesten Thone des Krakauer Gebietes sind ebenfalls von weisser Farbe und stehen gleichfalls mit Sanden und Sandsteinen in Verbindung. Diese letzteren Absätze sind in unserem Falle hellfarbig. Die Thone bilden mehr oder minder mächtige Ein- lagerungen in dieselben. Namentlich aber im Liegenden der Thone scheinen bei Grojee, nach den Mittheilungen von Hohenegger und Fallaux zu schliessen, sandige Bildungen noch in einiger Mächtigkeit entwickelt zu sein. Die Aufschlüsse sind durch den Bergbau gewonnen worden, durch den man die meist in der Tiefe gelegenen Thone aufsucht ihrer besonderen Verwendbarkeit wegen, die sie für die Herstellung der Muffeln in den oberschlesischen Zinkhütten besitzen. Organische Einschlüsse sind bisher in den Thonen sehr selten ge- wesen. Wenn solche vorkamen, waren es ausschliesslich Pflanzen. Römer hat (Geol. v. Oberschl., pag. 207) die früher bei Grojee gefundenen Reste beschrieben. Dieselben wurden als Calamiten und als zu Asplenites Rösserti Schenk gehörig erkannt und deuten an und für sich scheinbar auf das rhätische Alter der betreffenden Ablagerung. Die fraglichen Calamiten erinnern an Oalamites Lehmannianus Göppert. Die genannte Art von Asplenites ist in den rhätischen Bildungen weit verbreitet. Die fossilen Floren sind eben noch wenig in ihrer Continuität bekannt und bei dieser lückenhaften Kenntniss ist es naheliegend, wenn der Habitus einer neu aufgefundenen Flora zunächst auf eine derjenigen. durch ihren Reiehthum an entsprechenden Resten bekannteren Gruppen bezogen wird, die den Lagerungsverhältnissen nach überhaupt zum Vergleich herangezogen werden können. Man kennt allerdings Pflanzen des braunen Jura wie diejenigen von Scarborough, man kennt liassische Floren, die Grenzschichten von Lias und Keuper sind indessen durch eine besonders reiche Zahl von fossilen Pflanzenformen ausgezeichnet, welche durch die Arbeiten Schenk’s und anderer Autoren zur all- gemeinen Kenntniss gebracht wurden. Kein Wunder also, dass in NER [25] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 447 unserem Falle, wo a priori nur feststand, dass die pflanzenführenden Schichten jünger als Muschelkalk und älter als weisser oder höchstens als oberer brauner Jura seien !), der Vergleich so spärlicher Reste mit der rhätischen Flora recht nahe lag. Es hat aber schon Römer auf diesen Vergleich kein weiteres Gewicht gelegt, er hat daran erinnert, wie nahe z. B. Asplenites Rösserti mitteljurassischen Arten, namentlich dem A. Whitbyensis, stehe und sich schliesslich für die Unterbringung dieses Schichteneomplexes beim mittleren Jura entschieden, trotzdem er früher (Jahresbericht d. schles. Ges. für vaterländische Cultur , Breslau 1866, pag. 34) denselben als wahrscheinlich zum oberen Keuper gehörig erklärte und trotzdem Zeuschner ebenfalls (Neues Jahrb. 1869, pag. 731) ein Glied des Keupers in demselben erblickt hatte. Gegen die Zugehörigkeit der bewussten Thone zum Keuper sprechen aber vor Allem die Lagerungs- verhältnisse, welche, wie in der Einzelbeschreibung näher ausgeführt werden soll, die Zugehörigkeit derselben Bildung zum mittleren Jura sehr wahrscheinlich machen. Glücklicherweise sind übrigens die von Römer beschriebenen Pflanzenreste nicht vereinzelt geblieben. Neue Aufschlüsse wurden in der betreffenden Ablagerung gemacht und dabei ist wieder eine pflanzen- führende Schicht angetroffen worden. Ganz neuerdings erhielt die geo- logische Reichsanstalt durch die Güte des die dortigen Arbeiten leitenden Herrn F. Bartonec eine nicht unbedeutende Sammlung neuer und meist prächtig aussehender Pflanzenfunde von Grojec, welche ebenfalls auf Schichtflächen des hellen feuerfesten Thones liegen und vornehm- lich aus wohlerhaltenen Farnen bestehen. Herr Stur, der sich vorge- nommen hat, diese Reste zu beschreiben und der schon in einer der ersten Nummern der Verhandlungen der Reichsanstalt für 1888 eine vorläufige Mittheilung darüber zu geben beabsichtigt, war so freundlich, mir die Ergebnisse dieser seiner Untersuchung zur Verfügung zu stellen. Die betreffende Sammlung bestand aus folgenden Arten: 1. Ein Stammstück eines grossen Eguisetum oder eines Calamiten (vielleicht identisch mit ©. Lehmannianus bei Römer). 2. Thinnfeldia sp. nov. 3. Otenis Potockül nov. sp. 4. Oligocarpia (2?) Grojecensis n. sp. 5. Speiro- carpus Bartoneci n. sp. (Aspl. Rösserti bei Römer). 6. Speirocarpus Grojecensis n. sp. 7. Speirocarpus FPotocktli n. sp. 8. Davallia (?) recta n. sp. 9. Davallia (?) ascendens n. sp. 10. Pterophyllum cf. medianum Bean. Ausserdem liegen noch einige minder gut erhaltene Arten vor, von deren näherer Definirung vorläufig Abstand genommen wurde. Manche der erwähnten Formen erinnern nun allerdings wieder an Arten der oberen Trias oder des Lias, andere aber doch an die Flora von Scearborough , wie die unter den Nummern 5, 7, 8 und 10 aufgeführten Arten. Vor Allem aber sieht man, dass man es durchwegs mit neuen, bisher nicht beschriebenen Pflanzen zu thun hat, was doch kaum der Fall wäre, wenn diese Flora der bereits weit über Europa hinaus verfolgten und überall aueh durch weiter verbreitete Arten bezeichneten 1!) Es wird dies aus den späteren Erörterungen genauer hervorgehen. 448 Dr. Emil Tietze. [26] rhätischen Flora entsprechen würde. Die fast ausschliessliche Anwesen- heit neuer Arten bei Grojee spricht vielmehr direet dafür, dass hier die Flora eines Horizontes vorliegt, dessen phytopaläontologischer Charakter bisher noch gar nicht oder nur ungenau studirt wurde. Das letztere ist aber der Fall mit der Flora des braunen Jura überhaupt. Die wenigen bekannten Repräsentanten dieser Flora in England können noch nicht den Anspruch erheben, ein zureichendes Bild der Vegetation jener Epoche zu vermitteln. Wir haben also die Aussicht, wenn einst die hier erwähnten wichtigen Funde noch vermehrt und durch die geübte Feder eines Kenners wie Stur beschrieben sein werden, eine empfind- liche Lücke unserer Kenntniss der mesozoischen Floren geschlossen zu sehen. Ein weiteres, und zwar unbestritten zum Dogger gehöriges Glied der Krakauer Schichtenreihe wird von gewissen, theilweise conglo- meratisch ausgebildeten, manchmal losen, manchmal festen, theils hellfarbigen, meist aber bräunlichen Sandsteinen repräsentirt, welche sowohl in der Umgebung von Chrzanow als in der weiteren Umgebung von Tenezynek, bei Czatkowice und an noch einigen anderen Punkten vorkommen. Die Parallelisirung derselben mit den in Oberschlesien entwickelten sandigen Bildungen scheint auf den ersten Blick einige Schwierigkeiten zu bieten, weil in den meisten Fällen Versteinerungen aus diesem Sandstein nicht bekannt sind. Es sind auch thatsächlich ver- schiedene Ansichten über diesen Punkt laut geworden. F. Römer scheint wenigstens einen Theil unserer Sandsteine und Conglomerate am liebsten mit den darüber folgenden, von ihm als Maerocephalusschichten bezeichneten Bildungen verbinden zu wollen, wie aus dem Abschnitte seiner Geologie von Oberschlesien (pag. 230) hervor- geht, in welchem er das petrographische Verhalten der Macrocephalus- schichten schildert. Er spricht dort von weissen Quarzconglomeraten, welche nach ihren Lagerungsverhältnissen nicht wohl in ein anderes geognostisches Niveau gehören könnten. Die Grenze zwischen den ver- glichenen Bildungen mag in der That, wie er weiter ausführt, durch Ueber- gänge sogar in horizontaler Richtung stellenweise sehr verwischt sein und es spricht dies sicher für ein nieht sehr viel grösseres Alter unserer Sandsteine und Conglomerate, aber vielfach liegen die letzteren doch wohl eben so sicher tiefer als die Baliner Oolithe, wie man die kalkigen durch Arten der Macrocephalenschichten vorzugsweise charakterisirten Bildungen, die das nächsthöhere Niveau bilden, auch genannt hat. Hohenegger und Fallaux sprechen sich über das genauere Alter der Sandsteine gar nicht aus, betonen aber gleichfalls deren Uebergang nach oben in die bewussten Oolithe: „Graue bis braune, meist grobkörnige Sandsteine, die nach unten bei Benetzung mit Säure nicht brausen, nach oben durch das gegentheilige Verhalten ihr kalkiges Cement. deutlich wahrnehmen lassen, gehen in der obersten Lage in einen sandigen, mehr weniger ockerbraunen, mit Petrefacten reichlich erfüllten Kalkstein über. So das Vorkommen bei Czatkowice, Paczal- towice, Mirow und Regulice. Bei Koseielee sind es durchaus ocker- braune sandige Kalksteine. An einigen Stellen und namentlich bei Balin hat die oberste Lage oolithische Struetur.“ Es ist allerdings 1 [27] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 449 nicht zu übersehen, dass die beiden Autoren diese Sandsteine ihrerseits wieder zusammenfassen mit den sandigen Bildungen, welchen die vorher besprochenen feuerfesten Thone eingeschaltet sind. Sie sagen Jedoch ausdrücklich, dass diese Einschaltungen den tieferen Partien der ganzen sandigen Entwicklung angehören. Für die höheren Partien dieser Ent- wieklung bleibt jedenfalls bei einer vorzunehmenden Altersbestimmung der Umstand ihres directen Ueberganges in die Oolithe nieht ohne Bedeutung. Ich sage dies besonders im Hinblick auf eine Aeusserung M. N eu- mayr’s, der in seiner schönen Monographie der Cephalopoden der Baliner Oolithe (pag. 3 und 4 des Separatabdrucks) die sandigen Bildungen im Liegenden derselben der Zone des Amm. Sowerbyi zuweisen möchte. Das scheint mir indessen zu tief gegriffen, sofern dieser Deutung exclusive Geltung beigelegt werden sollte. Wenn das Schwergewicht der Fauna der Baliner Oolithe, wie es denn doch scheint, auf die Macrocephalenschichten hinweist, so dürften unmittelbar darunter folgende und innig mit ihrem Hangenden verknüpfte Bildungen das Niveau des Ammonites Parkinson! wohl wenigstens in sich begreifen, wenn auch nicht ausschliesslich repräsentiren. Es ist allerdings richtig, dass (in Oberschlesien) dieses Niveau nach Römer vorzüglich durch thonige Bildungen dargestellt wird, wie dies Neumayr auch erwähnt, das ist aber eben vornehmlich in Oberschlesien der Fall, und es liegt kein Grund zur Annahme vor, dass zwischen den bewussten Sandsteinen des Krakauer Gebietes und den Baliner Oolithen dort, wo diese Bildungen direct aneinandergrenzen, eine Absatzlücke vorauszusetzen sei. Unter diesen Umständen darf man es mit besonderer Freude zur Kenntniss nehmen, dass es den Herren Bienasz und Zuber gelungen ist, an einer in der späteren Beschreibung noch zu er- wähnenden Stelle der Umgebung von Tenezynek, wo ich selbst vorher wenigstens Belemnitenbruchstücke gefunden hatte, eine etwas grössere Zahl von Fossilien in dem sonst, wie gesagt, ziemlich versteinerungs- leer erscheinenden Sandstein zu gewinnen (Verh. d. geol. Reichanst., 1884, pag. 254). Die beiden Autoren schliessen aus ihrer Liste auf das Quenstedt’sche Epsilon des braunen Jura. Wenn wir aber dort einen Theil des Epsilons vor uns haben, der unter den Maero- cephalenschichten liegt, so kann das wesentlich nichts Anderes als der Horizont des Amm. Parkinsoni sein. Diese Deutung scheint, um eine neueste Kundgebung darüber zu erwähnen, auch Bukowski (Verh. d. geol. Reichsanst., 1887, Nr. 18, pag. 344) für wahrscheinlich zu halten. Von den zum Horizont des A. Parkinson‘ gerechneten Thonen mit Ammoniten und Belemniten, welche sich (vergl. auch Zeuschner, Zeitschr. deutsch. geol. Ges., 18. Bd., pag. 239) in den an das Krakauer Gebiet angrenzenden Gegenden gefunden haben, ist hier wenig Sicheres bekannt geworden. Spuren davon kommen indessen in einer be- schränkten Region im Gebiet nördlich von Chrzanow vor, wo diese Thone die vorerwähnten sandigen Absätze theilweise zu ersetzen scheinen. 450 Dr. Emil Tietze. [2 8] Die aus thonigen Schichten der Krakauer Gegend stammenden Exemplare des Amm. Parkinsoni, welche Neumayr (Cephal. d. Berliner Oolithe, Wien 1871, pag. 22) in der Sammlung des Wiener Polytechnikums constatirte, dürften speciell in der angegebenen Region, vielleicht in der Nähe von Balin selbst gefunden worden sein. Auch eine Angabe von Suess, welche auf ein Vorkommen derartiger Thone bezogen werden könnte, liegt vor. Sie wird in den Detailschilderungen über die Gegend von Jaworzno besprochen werden. Eine andere An- gabe, denselben Gegenstand betreffend, hat Alth gemacht. Ich will dieselbe gleich jetzt berücksichtigen. In seiner Uebersicht über die geologischen Verhältnisse West- galiziens (Poglad na geologie Galieyi zachodniej in den sprawozdanie Komisyi fizyografiezngj, Krakau 1872, pag. 120) erwähnt der letzt- genannte Autor, dass man am Wege längs der Eisenbahn von Trzebinia aus gegen die russisch-preussische Grenze zu jurassischen Thon antreffe, und zwar im Liegenden der Baliner Oolithe. Wahrscheinlich ist dabei die berühmte Fundstelle von Balin selbst gemeint. In den Thonen, welche dort von Zeuschner und Römer gänzlich zum Keuper ge- rechnet wurden, hat nun Alth zahlreiche Belemniten und namentlich den Belemnites subhastatus gefunden. Es ist wahrscheinlich, dass Alth die betreffenden Funde schon vor langer Zeit gemacht und sie erst später publieirt hat, da schon zur Zeit von Römer’s Untersuchungen in jenem Bahndurchschnitt wenig mehr zu sehen und zu sammeln gewesen sein dürfte. Doch darf ich bemerken, dass bei einer kleineren, in der Nähe der Eisenbahn daselbst von mir vorgenommenen Grabung noch Spuren solcher Thone mit Exemplaren des genannten Belemniten vorgefunden wurden, so dass die Angabe Alth’s nicht als eine grund- lose bezeichnet werden darf. Um nun auf die Baliner Oolithe selbst überzugehen, unter welchem Namen man sich besonders nach dem Beispiele Neumayr's gewöhnt hat, nicht blos die betreffenden Absätze bei Balin seibst, sondern auch alle ähnlichen Bildungen des Krakauer Gebietes zusammenzufassen, so ist darunter, wie allgemein bekannt, eine meist braunrothe kalkige Schicht zu verstehen, in welcher in der Regel kleine Körnchen von Brauneisen- stein eine oolithische Structur verursachen. Diese Schicht ist durch- schnittlich vielleicht einen Meter, bei Balin selbst vielleicht noch weniger mächtig und zeichnet sich durch einen ausserordentlichen Reichthum an Versteinerungen aus, der bereits Gegenstand verschiedener paläonto- logischer, sogleich zu nennender werthvoller Arbeiten geworden ist. Die Bryozoen, Anthozoen und Spongiarien des braunen Jura von Balin hat Reuss (Denkschr. d. kais. Akad. d. Wiss. 27 Bd., Wien 1867) beschrieben. Stomatopora Bouchardi, Berenicea diluviana Lamx., B. exilis Rss., Diastopora Lucensis J. Haime, Neuropora_ raristellata Rss., Heteropora conifera Lamz., Montlivaltia trochoides M. Edw. und Harme, Isastraea laxa Rss., Thamnastraea Defranciana Mich. sp., Jerea biceps Rss., Actinospongia ornata d’Orb. könnten zu den bezeichnenderen der 36 Species gehören, welche der Verfasser dabei anführt. Das geologische Resultat dieser Arbeit war, dass der beschriebenen Fauna nach in dem Baliner Oolith eine Mischung von Bajocien und Bathonien vorliege, [29] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 45] wie auch noch das Callovien als vertreten angenommen wurde. In letzterer Beziehung macht Reuss darauf aufmerksam, dass Schalen von Mollusken, welche an anderen Orten theils dem Bajoeien, theils dem Bathonien, theils dem Callovien angehören, von ganz denselben Species incrustirender Bryozoen überrindet werden. Die Echinodermen derselben Baliner Juraschicht beschrieb Laube in demselben Bande der Denkschriften der Wiener Akademie, in welchem die Reuss’sche Abhandlung publieirt ist. Es waren 13 Arten, von welchen wir Olypeus sinuatus, Echinobrissus chunieularis, Collyrites ringens, Hyboclipus gibberulus Ag., Holectypus depressus Ds., H. hemi- sphaericus Ag., Magnosia Desorii Lbe., Hemicidaris Appollo Lbe. hervor- heben wollen. Die Schlüsse, die aus dieser Fauna zu ziehen wären, sind ähnliche, wie sie aus der von Reuss beschriebenen gezogen wurden. Dasselbe gilt bei den Bivalven des Baliner Juras, die gleichfalls von Laube in unmittelbarem Anschluss an die vorher erwähnte Arbeit (ibidem) bearbeitet wurden und von welcher Fauna 103 Arten bekannt gegeben wurden. Pecten lens. Sow., Pecten fibrosus Sow., Lima proboscidea Sow., L. duplicata Sow., Opis Leckenbyi Wright, Ostrea Marshii‘ Sow., Inoceramus fuscus Qustd., Triyonia costata Park., Astarte modiolaris Lmk.,. Pholadomya deltoidea Sow. Gresslya gregraria Gldf. mögen hier als Beispiele für die Zusammensetzung dieser Acephalenfauna hervor- gehoben werden. Ein Jahr später (1868, 28. Bd. der eitirten Denkschriften) publi- eirte sodann Laube die Beschreibung von 52 Arten von Gastropoden aus dem Baliner braunen Jura, von welchen wir die folgenden erwähnen wollen: Natica Orythea d’Orb., Chemnitzia lineata d’Orb., Trochus dupli- catus d’Orb., Purpurina coronata Heb. u. Desl., Pleurotomaria conordea Desl., Cerithium undulatum Desl. Auch hier konnte Laube, wie schon vorher bei seiner Bivalvenarbeit, betonen, dass eine gemischte Fauna vor- liege und dass demgemäss die von anderer Seite und anderwärts aufze- stellten Unterabtheilungen des braunen Jura auf das Krakauer Gebiet eine durchgehende Anwendung nicht zuliessen. Ebenso wenig gelangte später Szajnocha (Die Brachiopoden- fauna der Oolithe von Balin bei Krakau, 41. Bd. d. Denkschr. d. math.- naturwiss. Classe der Akad. Wien 1879) für die Brachiopoden zu einem anderen Ergebniss. Terebratula balinensis Szajn., Bhynchonella varians Schloth., Rh. Ferryi Desl, Rh. palma Szajn., Ich. balinensis Suess, Wald- heimia margarita Opp., W. pala Buch, Terebratula Althi Szajn. mögen von den 45 Arten, die Szajnocha beschrieb, hier genannt werden, wobei übrigens noch in Betracht zu ziehen ist, dass der Autor mehrere Arten, die von anderen Autoren aus Baliner Schichten eitirt wurden, nicht näher berücksichtigt, da sie in seinem Material nieht vorhanden waren. Dazu gehören die von Römer in seiner Geologie von Ober- schlesien genannten Formen: Terebratula Saemanni Oppel,- T. intermedia Sow., Waldheimia Mandelslohi Oppel und die von Deslongcehamps (in seiner Monographie der jurassischen Brachiopoden) von Balin aufgeführten Formen Terebratulo globata Sow. und Waldheimiva ornitocephala Sow. Soleher Arten, die dem Autor zweifelhaft schienen, gab es 12, wobei er aller- dings bemerkt, dass sich einige derselben verinuthlich auf einige von ihm unter anderen Namen beschriebene Formen dürften zurückführen lassen. Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Band. 3. Heft. (Dr. Emil Tietze.) 59 452 Dr. Emil Tietze. [30] Zu der Zeit, als Laube und Reuss ihre hierbei berührten Monographien veröffentlichten, war die strengere Eintheilung des Jura nach Zonen gerade in Aufschwung gekommen und da jede knapp zur Herrschaft gelangte Richtung sich einigermassen unduldsam zu verhalten pflegt, konnte es nicht auffallen, dass sich Widerspruch erhob gegen die von den genannten Autoren erreichten, der Zonentheorie nicht eben günstigen Ergebnisse, wie denn z.B: Waagen (Neues Jahrbuch, 1866, pag. 572) auf Grund des vorläufigen, im Anzeiger der Akademie erschienenen Berichtes von Laube dessen Folgerungen bekämpfte. Es musste daher von besonderem Interesse sein, dass einer der geschicktesten und competentesten unter den damals jüngeren Vertretern jener Richtung, nämlich M.Neumayr, es übernahm, auf Grund einer eingehenden Untersuchung der Cephalopoden, als der für die Eintheilung des Jura wichtigsten Thiergruppe, sein auf moderner Anschauung fussendes Urtheil über die Altersfrage des Baliner Ooliths zu sprechen. Ich erwähne die betreffende Abhandlung, die seither als maassgebend für die Deutung von Balin angesehen wird, zuletzt, weil der Leser an der Hand derselben am leichtesten über die aufgeworfene Frage ins Klare kommen dürfte. Gleich hier sei aber gesagt, dass nach dieser sicher objeetiven und nicht von Antipatbie gegen die Zonen- gliederung geleiteten Untersuchung nicht weniger als fünf sogenannte Zonen in der dünnen und fast durchgehends ziemlich homogenen Ab- lagerung des Baliner Ooliths zusammen vertreten sind, ohne dass es dem Autor schliesslich gelungen wäre, den Widerspruch, den diese Vereinigung von Vertretern sonst altersverschiedener Typen vorstellt, anders als durch Vermuthungen zu erklären. Neumayr's Arbeit betitelt sich: Die Cephalopodenfauna der Oolithe von Balin bei Krakau und erschien in den Abhandlungen der geologischen Reichsanstalt (V. Bd., Wien 1871). Ich nenne auch hier wieder nur eine kleinere Anzahl der von dem Autor nachgewiesenen Arten: Belemnites Beyrichi Oppel, B. sub- hastatus Zieten, B. hastatus Blainv., B. calloviensis Opp., Nautilus callo- viensis Opp., Amaltheus Lamberti Sow., Harpoceras discus Sow., H. hecti- cum Reinecke, Oppelia aspidoides Oppel, Opp. biflexuosa d’Orb. Stephano- ceras macrocephalum Schloth., Steph. tumidum Reinecke, Steph. Herveyi Sow., Cosmoceras Jason Reinecke, Cosm. ornatum Schloth., Perisphinctes aurigerus Opp., Perisph. curvieosta Opp., Perisph. funatus Opp., Perisph. procerus Seebach, Perisph. anceps Reinecke, Aspidoceras athleta Phillips. Neumayr gab im Ganzen, gestützt auf ein Material von etwa 3000 Exemplaren von Baliner Cephalopoden, eine Liste von 66 Arten !), o !) Durch spätere Arbeiten ist diese Liste bisher wenig vermehrt worden. Doch sind seither einige Funde gemacht worden, welche zwar nicht für die Beurtheilung der Altersverhältnisse des Baliner Oolithes, wohl aber für die Kenntniss des eigenthüm- lichen Typus der betreffenden Cephalopodenfauna, und zwar sozusagen als Ausnahmen, die die Regel bestätigen, von besonderem Interesse sind. Ich erwähne hier eine Mit- theilung Uhlig’s (Verhandlungen d. geol. R.-A. 1884, pag. 201), in welcher ein zwischen Perisphinctes scopinensis Neum. und P. mosquensis Fisch. stehender Ammonit von Balin beschrieben wird, der ein vereinzelter Einwanderer aus der russischen Jura- provinz sein könnte, Besonders wichtig war aber der Nachweis zweier zu verschiedenen Arten (Ph. tortisulcatum d’Orb. und Ph. cf. Kudernatschi Hau.) gehörigen Phylloceras- formen von der Localität Czerna, da Neumayr in seiner obengenannten Monographie 2‘ [31] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau, 453 von denen 49 als für die nähere Altersbestimmung geeignet erkannt wurden. Von diesen gehörten allerdings 23 der Zone des Stephanoceras macrocephalum an, die auch bei dieser Auffassungsweise gewisser- massen den Kern der ganzen Fauna bildet, indessen konnte dies von den Gesichtspunkten der Zonentheorie aus nicht für die ausschliessliche Zu- weisung der Ablagerung zu den Macrocephalenschichten bestimmend sein. Neumayr rechnet die von ihm angegebenen Zahlen in Procente um und erhält damit für die von ihm nachgewiesenen Zonen (in der Reihen- folge von den älteren zu den jüngeren) das folgende Verhältniss: Die „Zone der Oppelia aspidoides“ ist durch 20 Procent der zur Altersbestimmung verwendeten Arten vertreten, die „Zone des Stephanoceras macrocepha- lum“ durch 47 Procent, die „Zone des Perisphinctes anceps durch 16 Procent, die „Zone des Oosmoceras ornatum“ durch 18 Procent, die „Zone des Amaltheus Lamberti“ durch 4 Procent. Durch zwei Arten würde übrigens ein noch tieferes Niveau als das der Oppelia aspidoides mit angedeutet sein (das der Oppelia fusca), wenn dieselben nicht eine grössere verticale Verbreitung besässen als sie für die übrigen Formen angenommen wird und nicht auch in höhere Horizonte hinauf- reichen würden. Da die Cephalopoden als die für scharfe Abgrenzungen der Zonen leitendsten und bezüglich ihrer verticalen Verbreitung eingeengtesten Fossilien des Jura angesehen werden, so eignete sich das von Neu- mayr verarbeitete Material wohl ganz besonders für eine derartig durch- geführte Zusammenstellung. Als Uebelstand musste indessen empfunden werden, dass die genannten fünf Zonen sich bei Krakau in der Natur nieht sehr bequem trennen lassen, wenigstens bei Balin selbst in keiner Weise. Die Schlussfolgerung, dass den betreffenden Zonen selbst des- halb eine durchgehende allgemeine Bedeutung nicht zukomme, würde dem Zonenbegriff an sich wenig entsprochen haben. Es lag also für einen Freund der Zoneneintheilung nahe die Sache wenn möglich unter einem für diese Eintheilung günstigeren Gesichtspunkt darzustellen. Auch lässt es sich ja nicht leugnen, dass man zu dem Versuch berechtigt ist, anderwärts wohl begründete Erfahrungen auch auf Gebiete anzuwenden, welche ihrerseits nicht gestattet hätten, diese Erfahrungen zu machen. Es schienen sich nun zwei Wege anzubieten, um jenen Uebel- stand zu umgehen. Man konnte, wenn nicht gerade beweisen, so doch annehmen, dass die bewussten Zonen doch in direeter verticaler Auf- einanderfolge innerhalb jener schmächtigen Schichte vorkämen und dass es bei der Gleichartigkeit des Gesteinsmaterials und der geringen Stärke der versteinerungsführenden Bank nur sehr schwer sei, nach Schichten zu sammeln, die als Unterabtheilungen gelten könnten, wie denn auch die ganze Masse der in den Sammlungen aufgehäuften Ver- steinerungen der Baliner Oolithe ohne Rücksicht auf jenen Gesichts- von dem Vorkommen dieser eminent mediterranen Ammonitengattung in der durchaus mitteleuropäisches Gepräge besitzenden Baliner Fauna noch nichts anzuführen in der Lage war. Von derselben Localität Czerna habe ich meinerseits eine Anzahl von Ammoniten mitgebracht, die ich Herın L. Tesseyre auf dessen Wunsch zur Ver- fügung stellte, worüber der Genannte (Verhandl. geol. R.-A. 1887, pag. 48) berichtet hat. Das Vorkommen von einigen Lytoceras-Formen gibt dieser von Tesseyre be- stimmten Collection eine gewisse Bedeutung, da die genannte Gattung bisher in den bewussten Oolithen ebenfalls zu fehlen schien. 59% ° 454 Dr. Emil Tietze, [32] punkt zusammengebracht worden war. Gewisse Exemplare der auf- geblähten Macrocephalen, deren Durchmesser (die Wohnkammer mitge- rechnet) weit über einen halben Fuss betragen haben muss, würden dann freilich die verticale Ausdehnung derjenigen Abtheilung der Oolithbank, die auf ihre Zone entfallen würde, an der Stelle ihres Fundortes ganz allein beherrscht haben. Speciell für solche Formen würde es dann auch zweckmässig sein, die betreffende Zone zu Ungunsten der anderen Zonen etwas grösser anzunehmen, wenn man nicht die Zugehörigkeit eines und desselben Exemplares zu verschiedenen Zonen für möglich hält. Der zweite Weg bestand in der Voraussetzung, dass man es nur mit der obersten der angedeuteten Zonen zu thun habe und dass die Fossilien der älteren Zonen sich im Bereich derselben auf secundärer Lagerstätte befänden. Man muss bei einiger Ueberlegung zugestehen, dass die gleich- zeitige Anwendung der genannten beiden Gesichtspunkte nicht wohl angeht. Ein und dieselbe Bildung kann nicht zwei verschiedene Ent- wicklungsgeschichten haben. Man darf also auch nicht glauben, dass zwei sich ausschliessende Erklärungsversuche einander verstärken, wenn sie neben einander in Anwendung gebracht werden. Nichtsdestoweniger ist dies geschehen. Neumayr hat beide Wege eingeschlagen. Er erwähnt hinsichtlich des erstgenannten Auswegs allerdings, dass Professor Suess, welcher den Fundort Balin mehrmals besuchte, „dort eine Gliederung der sehr wenig mächtigen Oolithe nicht durchführbar fand“. Er glaubt jedoch, dass daraus auf eine „wirkliche Vermengung noch nicht geschlossen werden muss“. Er weist dann darauf hin, dass die Bathformen vor- nehmlich von Balin selbst stammen, während die Kellowayformen dort in relativ geringer Individuenzahl auftreten. An anderen Fundorten, wie bei Czatkowice, Brodla, Filipowice, Regulice, Paczaltowice, Czerna sei das Gegentheil zu bemerken. Von grösstem Interesse sei der Fundort Filipowice, welcher ausschliesslich Arten des Callovien geliefert habe. Das scheine ein ziemlich vollgiltiger Beweis dafür, „dass die Bath- und Kellowayfauna auch hier nicht gleichzeitig, sondern nach einander gelebt haben“. Zur gänzlichen Vollgiltigkeit dieses Beweises möchte nach meiner Ansicht, die ich ja nur ungern einem so geprüften Kenner des Jura, wie Neumayr es ist, entgegen halte, allerdings gehören, dass die betreffenden auf eine gewisse locale Sonderung der einzelnen Bestandtheile deutenden Faunenvermischungen in der Krakauer Gegend nieht sich räumlich vertretend, sondern thatsächlich übereinander gefun- den worden wären. So scheint es denn, dass man höchstens bei der Zone des Amm. Lamberti, bezüglich welcher Neumayr erwähnt, dass das Gestein, welches die Formen derselben vorzugsweise einschliesst, eine etwas abweichende Beschaffenheit besitze (was auch zuzutreffen scheint), an eine etwas selbstständigere Stellung zu denken berechtigt wäre. Eine allzu grosse oder entscheidende Bedeutung legt übrigens Professor Neumayr seinen Argumenten für eine verticale Sonderung der Zonen innerhalb der Baliner Oolithe auch nicht bei, denn er betont ausserdem, dass „an vielen Stellen durch mechanische Ver- mischung und Aufwühlung der Schichten eine Mengung der Arten“ statt- gefunden haben mag und damit betritt er den zweiten der angedeuteten [33] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 455 Auswege. „Es ist,“ schreibt er weiter, „ein Fall, der zu häufig und zu regel- mässig immer wieder vorkömmt, dass mit der Abnahme der Mächtigkeit die Zunahme der Schwierigkeit einer Gliederung Hand in Hand geht, als dass man nicht annehmen müsste, dass hier nur eine rein mechanische Ursache wirksam ist, welche schliesslich bei sehr starker Redueirung der Mächtigkeit so bedeutenden Einfluss gewinnt, dass die Thheilungs- versuche scheitern müssen.“ Diese Theilungsversuche scheitern nun allerdings auch manchmal bei etwas mächtigeren Lagern als die Baliner Oolithe sind, und brauche ich hier blos an die sogenannten Czorstyner Kalke der Karpathen zu erinnern, welche, wie aus den Ausführungen Neumayr’s an anderer Stelle hervorgeht (Jurastudien im Jahrb. d. geol. Reichsanst. 1871, pag. 358, 493, 512), beinahe den ganzen oberen Jura umfassen. In unserem Falle lässt sich aber nicht einmal der knollige Charakter der Ablagerung hervorheben, der (wie mir jedoch nebenbei scheint) mit Unrecht unter den Beweisen für eine Umschwemmung der Czorstyner Kalke damals noch figurirte. Von einer Abrollung der einzelnen Fossilien in den Baliner Oolithen kann jedenfalls keine Rede sein. Die Erhaltung derselben ist vielmehr so gut, wie sonst in irgend einer jurassischen Ablagerung. Man sollte auch glauben, dass, wenn es sich bei den fraglichen Absätzen um so etwas wie „couches remanices“ handeln würde, das Alter der- selben dem der obersten oder jüngsten Zone entsprechen müsste, also, wenn wir von dem Lambertihorizont absehen, dem des Ornaten- horizontes. Da scheint es denn natürlich sehr auffallend, dass diesem Horizont nur 18 Procent der Cephalopodenarten dieser, was Individuen- zahl anlangt, so vorwaltend cephalopodenreichen Ablagerung ange- hören und dass ungefähr vier Fünftel der gesammten Artenzahl als Einschwemmlinge aus älteren zerstörten Bildungen betrachtet werden müssten, von denen sich in der Nähe auffallender Weise nichts mehr findet. Man sollte da doch voraussetzen dürfen, dass die Formen der Zone, in welche die Umschwemmung fällt, mehr dominiren würden, da sie sich auf ursprünglicher Lagerstätte befinden und nicht den destruc- tiven Einflüssen ausgesetzt gewesen sein würden, denen die älteren Formen vielfach hätten unterliegen müssen. Schon die geringe Mächtigkeit der Oolithe spricht ferner nicht gerade für den Absatz der letzteren aus einem wild bewegten Meer, das eine Reihe präexistirender Bildungen zu zerstören geeignet gewesen wäre, und dann wäre es auch auffallend, dass dieses Meer sich bei seiner zerstörenden Thätigkeit zumal im Hin- blick auf die effeetiv zwischen den triadischen und jurassischen Ab- sätzen bestehende Discordanz auf mitteljurassische Bildungen beschränkt haben sollte. Nicht ein Stückchen triadischen Kalkes oder anderer älterer Gesteine ist aber in den Oolithen enthalten. - Endlich, und dies ist nicht das Unwichtigste, müsste man sich auch der Nothwendigkeit bewusst werden, dass die Meinung, die älteren Horizonte des bei Balin und den dazu gehörigen Fundorten vertretenen braunen Juras seien während der Ablagerung der jüngeren Horizonte dieser Formation aufgewühlt und zerstört worden, die Annahme einer Diseordanz zwischen diesen älteren und den jüngeren Horizonten erfor- 456 Dr. Emil Tietze, [34] dern würde, eine Annahme, von der es fraglich ist, ob sie durch andere Gründe genügend !) unterstützt zu werden vermöchte. Alles in Allem genommen wird man daher wohl am besten thun, in den Baliner Oolithen eine einheitliche Bildung zu sehen, welche, wenn man sich in Schlüsse über den allgemein giltigen Werth der genannten Zonen nicht einlassen will, der Zeit nach ein Aequivalent aller dieser Zonen darstellt. Man wird aber auch keinen grossen Fehler begehen, wenn man, der vorwiegenden Vertretung der Macro- cephalenschichten in dieser Bildung Rechnung tragend, nach dem Vor- gange von F. Römer, Hohenegger und Fallaux diese Bildung kurzweg als Macrocephalenschichten bezeichnet. Es erübrigt nun blos noch zu sagen, dass Neumayr für diese Schichten oder vielmehr für diese Schieht den Namen brauner Jura (wegen der darin vertretenen Callovienformen) anzuwenden absichtlich unterlässt und eben deshalb auch den neutralen Namen Baliner Oolithe vorzieht. Da wir uns hier aber nicht mit der Frage nach der besten Abgrenzung von Dogger und Malm befassen und da thatsächlich die weisse, evident kalkige Facies des oberen Jura gerade in dem Krakauer Gebiete erst über den Baliner Oolithen beginnt, so konnte es entschuldbar erscheinen, wenn in einer vorzugsweise localgeologischen Darstellung die Bezeich- nung brauner Jura auch für die besprochenen Oolithe beibehalten wurde, um so mehr, als auf der Karte aus den früher erwähnten Bequemlichkeits- gründen auch die unter den Oolithen liegenden und keinesfalls dem Malm entsprechenden Glieder des mittleren Jura mit den ersteren unter einer Farbe zusammengezogen werden mussten. Der aus hellfarbigen Kalkmassen oder kalkigen Mergeln bestehende obere Jura hebt sich im Krakauer Gebiet sehr scharf von allen darunter liegenden Bildungen ab. Wenn dies ausgesprochen werden darf, so ist damit doch noch nicht unbedingt gesagt, dass derselbe etwa dem darunter liegenden braunen Jura gegenüber sich discordant verhalte. Local an der allerobersten Grenze der Baliner Oolithe (Zon. des A. Lamberti) zu beobachtende Uebergänge der Gesteine ?) sprechen gegen eine solche Annahme. Dennoch wäre es prineipiell nicht unmöglich, dass der obere Jura in seiner Ausbreitung weiter griffe als der mittlere. Es wäre dies, sofern eine solche Ausbreitung auf einer gleichmässigen Senkung des Gebietes oder einem Steigen des Meeresspiegels zur oberjurassischen Zeit beruhen sollte, auch denkbar, ohne dass man deshalb eine wirkliche !) Es müsste der Nachweis einer solchen Discordanz für andere und besonders relativ benachbarte Gebiete geführt werden können. Das Becken von Paris, welches möglicherweise hier genannt werden könnte, liegt dem Krakauer Jura doch etwas fern. Dort hat allerdings H£bert (Les anciennes mers et leurs rivages dans le bassin de Paris, Paris 1857, pag. 33) eine discordante Ueberlagerung des Grand Oolith durch Oxfoıdmergel wabrscheinlich zu machen gewusst, was also ungefähr hier zum Vergleich herangezogen werden könnte. Indessen handelt es sich dort auch um eine Aufeinander- folge verschieden aussehender Gesteine, wovon in unserem Falle nicht gesprochen werden dürfte. ?) Hier wäre auch zu vergleichen, was Zeuschner über gewisse helle Kalk- mergel mit chloritischen Körnern bei Bzow in Russisch-Polen (Zeitschr. deutsch. geol. Ges. 1869) mitgetheilt hat. Die Fossilien dieses Fundortes stimmen wie Römer (Geol. v. Obschl., pag. 257) hervorhebt mit solchen des braunen Jura überein, trotzdem der petrographische Charakter der Ablagerung schon an die Mergel des weissen Jura erinnert. [35] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakan. 457 (durch den paläontologischen Inhalt der verglichenen Bildungen überdies nieht nothwendig motivirte) discordante Lagerung dieser Bildungen an den Stellen der mitteljurassischen Ablagerungen anzunehmen braucht. Thatsächlich nimmt jedenfalls der weisse Jura in unserer Gegend bedeutend grössere Flächenräume ein als sie für die Ausbreitung des braunen Jura nothwendigerweise vorausgesetzt werden müssen, auch sind die Vertreter des letzteren nicht überall unter dem ersteren zu erkennen gewesen. Freilich kann das ätich dadurch erklärt werden, dass überhaupt das Liegende der oberjurassischen Absätze nicht überall sichtbar wird und dass zweitens speciell die Baliner Oolithe bei ihrer geringen Mächtigkeit bei nur etwas schlechteren Aufschlüssen leicht übersehen werden können. Es schien mir nöthig, dies vorauszuschicken, damit nicht aus einzelnen Angaben der folgenden Beschreibung allzu- rasche Schlüsse gezogen werden möchten. Es sind für den oberen Jura der beschriebenen Gegend 4 Aus- scheidungen gemacht worden, die sich im Wesentlichen ganz an das von F. Römer, sowie von Hohenegger und Fallaux gegebene Bild anlehnen. Da die Kalke von Inwald und Andrychau, welchen die oberste dieser Ausscheidungen gilt, dem karpathischen Gebiet angehören, so bleiben für das Gebiet nördlich der Weichsel und bei Krakau selbst nur noch drei Ausscheidungen übrig, die den von Hohenegger und Fallaux vorgeschlagenen Abtheilungen entsprechen, wenn ich auch dafür Benennungen der Römer’schen Karte verwendet habe. Gewisse von Römer in seiner Geologie von Oberschlesien über diesen drei Abtheilungen noch unterschiedene Horizonte, die nur ausserhalb unseres enger begrenzten Bereiches vorhanden sind oder zu sein scheinen, ent- fielen selbstverständlich bei dieser Eintheilung. Der unterste Schichtencomplex, der hier in Betracht kommt, grenzt sich im Allgemeinen am besten von den übrigen Massen ab. Er kommt nach Fallaux und Hohenegger überall in Begleitung der Macrocephalen- schichten vor, was diese Autoren veranlasst hat, die betreffenden Bildungen, wie sie selbst sagen, überall auf ihrer Karte einzuzeichnen, wenn auch nur eine derselben siehtbar war, da das Nichtsichtbarsein der andern dann schlechten Aufschlüssen zugeschrieben wurde. Im Allgemeinen besteht diese untere meist nicht allzu mächtige Abtheilung des hiesigen weissen Jura aus hellfarbigen Mergeln und Mergelkalken von oft plattiger Schichtung. Die eigentlich mergeligen Bildungen überwiegen unten, die mehr kalkigen oben. Grosse Planulaten , tellergross, ja bisweilen von dem Durchmesser kleiner Wagenräder, bedecken an manchen Stellen die Oberfläche der Schichtplatten. Als bezeichnende Fossilien dieser Abtheilung können gelten: Ammonites cordatus, A. Goliathus, A. Arduen- nensis, A. biplex, A. perarmatus, A. flexuosus. Im Allgemeinen entsprechen diese Schichten jedenfalls der Zone des A. cordatus, wie bereits Römer auseinandersetzt, der hier zwei Unterabtheilungen (zwar nicht auf seiner Karte, aber doch in seiner Beschreibung) unterschied, eine untere mergelige mit der kleinen und eine obere mehr kalkige mit der grossen Form des genannten Ammoniten. Ich habe indessen auf meiner Karte gleich den früheren Autoren diese Trennung nicht vorgenommen, da dieselbe nach den mir vorliegenden Beobachtungen schwer allgemein durchführbar war, womit nicht gesagt 458 - Dr. Emil Tietze. [36] sein soll, dass bei etwas mehr Zeitaufwand die Sache nicht hätte sehen können. Bei einem derartigen genauen Studium wäre es vielleicht auch möglich gewesen, Beiträge zur Lösung der Frage zu finden, wie es denn komme, dass in dem Niveau der polnischen „Cordatusschichten* die Zone des Amm. transversarius mit enthalten zu sein scheint, welche den gangbaren Vorstellungen zufolge doch über diesem Niveau liegen sollte. Oppel, dessen hierhergehörige Mittheilungen noch in der späteren Einzelbeschreibung näher erwähnt werden sollen, glaubte an einigen Punkten des Krakauer Gebietes allerdings eine deutlichere Ueberlagerung beider Zonen constatirt zu haben. Die Sache ist aber nicht klar, wie Römer (Geol. v. Oberschl., pag. 255) gezeigt hat. Selbst die neuesten Studien über den oberen polnischen Jura (vergl. Bukowski, Ueber die Jurabildungen von Czenstochau in Polen in den Beiträgen zur Paläontologie Oesterreich-Ungarns u. d. Orients, Wien 1887; und die Mittheilung desselben Autors über das Bathonien, Callovien und Oxfordien in dem Jurarücken zwischen Krakau und Wielun, Verhandl. geol. R.-A., 1887, pag. 343) scheinen eine allgemeiner befriedigende Trennung des Transversariushorizontes weder nach oben, noch nach unten erzielt zu haben, da sich in der‘ Entwicklung des Jura bei Krakau gegenüber der des Jura von Czenstochau Abweichungen zu ergeben scheinen, welche der allgemein giltigen Durchführung einer solchen Trennung im Wege sind. Das stellenweise Zusammenvorkommen von Fossilien der Transversariuszone mit solchen der Cordatuszone möchte darnach kaum anzuzweifeln sein. Man braucht darin kein besonderes Unglück zu sehen. Wenn nicht alle Gebiete genau in ein und dasselbe System hineinpassen, so ist am Ende dafür nicht die Natur, sondern das System verantwortlich. Das letztere kann übrigens trotzdem für eine Reihe von Fällen seine vortrefflichen Dienste leisten. _ Weiter möchte zu erwähnen sein, dass allem Anscheine nach auch die Zone des A. bimammatus in unserer unteren Abtheilung des Krakauer weissen Jura mitinbegriffen ist, wie denn übrigens von Oppel das genannte Fossil von der Localität Sanka bereits angegeben wurde. Schon in dem deutlichen Profil von Czenstochau in Russisch-Polen, welches für die Gliederung des polnischen Jura jedenfalls als Normal- profil bezeichnet werden dürfte, wenn nicht facielle Abweichungen an anderen Localitäten dessen Benützung erschweren würden, schon in . diesem besten aller polnischen Juraprofile scheint übrigens die Trennung derjenigen Lagen, die man als der Bimammatuszone entsprechend auffassen könnte, von den sicher als Repräsentanten der Cordatus- und Transversariusschichten anzunehmenden Lagen nicht sehr leicht greifbar zu sein. Im Krakauischen dürften sich einer solchen Trennung aber noch grössere Schwierigkeiten entgegenstellen. Was das Vorkommen von Schwämmen anbetrifft, auf welches die Autoren bei den Beschreibungen der oberjurassischen Ablagerungen ja ebenfalls immer einiges Gewicht legen, so kann hervorgehoben werden, dass solche der hier besprochenen unteren Abtheilung des Krakauer weissen Jura keineswegs fehlen. Einzelschwämme, namentlich wie Onemidium rimulosum , kommen jedenfalls in einigen Loealitäten, wie bei Mirow bereits in den mergeligen Bildungen dieser Abtheilung [37] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 459 vor. Einen besonderen Schwammreichthum zeigen die Cordatusschiehten zwischen Debnik und Paczaltowice, worauf schon Oppel die Auf- merksamkeit lenkte, als er die betreffenden Lagen der Transversarius- zone zuweisen wollte. Die höheren, mächtigeren und räumlich ausgedehntesten Bildungen des ausserkarpathischen Krakauer Jura kann man nach dem Vorgang F. Römer’s ihrer meist felsigen Ausbildung wegen als „Felsen- kalke“ bezeichnen. Wohlerhaltene Versteinerungen gehören in diesen Sehichten zu den Seltenheiten, wenn auch Fallaux und Hohenegger für das, was sie den mittleren weissen Jura genannt haben und was theilweise mit diesen Felsenkalken zusammenfällt, eine ziemlich lange Artenliste aufzustellen vermocht haben. Römer betont hier den Mangel geeigneter Aufschlüsse und die Schwierigkeit, etwaige Funde aus dem Gestein in genügender Deutlichkeit auszulösen. Der letztgenannte Autor hat einen „unteren“ und einen „oberen“ Felsenkalk für den polnischen Jura unterschieden und den ersteren als den Complex der Schichten mit Ahynchonella lacunosa, den zweiten als den Complex der Schichten mit Ahynchonella trilobata charakterisirt, nach den bezeichnendsten Petrefacten, welche im Bereich der Felsenkalke gefunden wurden, wobei jedoch bemerkt werden muss, dass (nach Römer selbst) die ihynchonella lacunosa, die in dem unteren - Felsenkalk nur ihr Hauptlager besitzt, sowohl bereits tiefer als noch höher im oberen Felsenkalk vorkommt. Für das Krakauer Gebiet, und zwar speciell für den ausserkarpathischen Theil desselben, fällt die Grenze dieser Abtheilungen wohl ungefähr zusammen mit der Grenze, welche Fallaux und Hohenegger für ihre Abtheilungen des mittleren und oberen weissen Jura angegeben haben. Es ist hierbei nur zu bemerken, dass die letztgenannten zwei Autoren in ihrer Beschreibung den oberen weissen Jura bei Krakau selbst, welcher dem oberen Felsen- kalk Röm er’s entspricht, mit den später zu nennenden, dem karpathischen Gebiet angehörigen Kalken von Inwald und Andrychau zusammen- gefasst haben, während doch nach der Vorstellung der übrigen neueren Autoren diese letzterwähnten Kalke einem jüngeren selbstständigen Niveau angehören würden. Will man die beiden Felsenkalke noch weiter in ihrem gegen- seitigen Verhalten charakterisiren, so darf gesagt werden, dass speciell für das Krakauer Gebiet vornehmlich der sogenannte obere Felsenkalk zur felsigen Ausbildung geneigt ist, dass derselbe ausserdem durch das nicht seltene Vorkommen von Feuersteinknollen sich auszeichnet, während der sogenannte untere Felsenkalk durch das ziemlich häufige Auftreten von Schwämmen, insbesonders der Gattung Scyphia, bemerkenswerth erscheint. (Vergleiche hier die erwähnte Liste bei Hohenegger- Fallaux.) Ausserdem scheint der obere Felsenkalk mehr zur Höhlen- bildung geneigt als der untere. Römer (Oberschl., pag. 260) erwähnt nämlich, dass „die zahlreichen zum Theile ausgedehnten Höhlen des polnischen Jura“ ausschliesslich diesem oberen Felsenkalke angehören. Was etwa im Krakauer Gebiet von Höhlen vorkommt, wie die Grotte des Wawel, passt zu dieser Behauptung ganz gut. Was nun die Lagerungsverhältnisse dieser beiden Abtheilungen betrifft, so könnte aus Römer’s Angaben allerdings geschlossen werden, Jahrbuch der k.k. geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Band. 3. Heft. (Dr. Emil Tietze.) 60 460 Dr. Emil Tietze. [38] dass der obere Felsenkalk deutlich den unteren überlagere. Es heisst daselbst (l. ce. pag. 260), dass der obere Felsenkalk ausgedehnte Fels- plateaus zusammensetze, „welche sich mit senkrechten Wänden über den durch den unteren Felsenkalk gebildeten felsigen Anhöhen erheben“. Dies sei z. B. bei Podlesie östlich von Wiodowice (in Russisch-Polen) der Fall. Da in Schwaben thatsächlich die Rhynchonella trilobata in den höheren Lagen der Sehiehten vorkommt, welche die Rhynchonella lacunosa führen, da sie, um es anders auszudrücken, ihr Lager im Quenstedt’schen Delta über dem Hauptlager der Rh. lacunosa hat, als welches das Quenstedt’sche Gamma gilt, so würde dies auch mit dem paläontologischen Verhalten der beiden Abtheilungen stimmen, soweit dies Verhalten nämlich auf das Vorkommen der beiden genannten Brachio- poden hin bestimmt werden darf. Indessen im Krakauischen ist das betreffende Lagerungsverhältniss unter allen Umständen ein weniger deutliches, so dass ich nieht anstehen würde, die beiden Felsenkalke in eine Abtheilung zusammenzuziehen, wenn ihre Trennung nicht schon dureh gewichtige Autoritäten vollzogen worden wäre. Schon F. v. Hauer (Die Geologie und ihre Anwendung auf die Kenntniss der Bodenbeschaffenheit der österr.-ung. Monarchie, 2. Auflage, Wien 1878, pag. 437) hat es ausgesprochen, dass ihm die Verbreitungs- erscheinungen dieser oberjurassischen Abtheilungen, so wie sie sich auf der Hohenegger-Fallaux’schen Karte darstellen, nicht den Eindruck von sich überlagernden Horizonten, sondern von sich vertretenden Bildungen machen. Das ist in der That auch richtig, namentlich wenn man ihr Verhältniss in dem Kalkgebiet zwischen Rybna und Zabierzow betrachtet, wo das grosse dortige Kalkmassiv durch die Grenze beider Bildungen ziemlich willkürlich in zwei Theile von ungefähr gleicher Höhe und Beschaffenheit geschieden wird. Noch auffallender aber wird die Sache, wenn man unter dem Eindruck unmittelbarer orographischer Anschauung die betreffenden Verhältnisse an beiden Thalgehängen des Rudawkathales westlich von Krakau in Betracht zieht, welches im Norden und Süden von einer Mauer jurassischen Kalkes eingeschlossen wird. Etwa in der Gegend von Rudawa und westlich Kobylany ziehen nun die Verfasser der erwähnten Karte die Grenze der beiden Kalkhorizonte quer dureh die beiden Kalkmauern hindurch, die doch ihrerseits den Eindruck völlig einheitlich in sich geschlossener, gegen das Thal abstürzender Terrassen machen. Würde bei der westöstlichen Erstreckung jenes Thales das Sehichtenfallen der Jurakalke ein ausgesprochen nach Osten gerichtetes sein, dann könnte man trotzdem in den Bildungen, welche die öst- lichen Theile der beiden. sich correspondirenden und sich gegenüber liegenden Terrassen bilden, auch Vertreter jüngerer Horizonte vermutben. Diese Voräussetzung trifft aber nicht ganz zu, wie später, wo von der Tektonik des Rudawkagebietes gesprochen werden soil, gezeigt werden wird.. Es ist nur richtig, dass allerdings die Liegendbildungen des oberen Jura der Hauptsache nach westlich des Meridians von Rudawa zum Vorschein kommen und dass der Jura östlich von Krakau unter den jüngeren Bedeekungen verschwindet, allein es kann sich in Anbetracht aller Verhältnisse dabei doch nur um eine überaus schwache Neigung jener Kalkmassen gegen Osten zu handeln. Vor Allem jedoch sieht ; ; j “ 3 [39] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 461 man in unserem Gebiete nirgends den oberen Felsenkalk eine gesonderte, sich über den unteren Felsenkalk erhebende Abstufung bilden, sondern die beiden Abtheilungen verlaufen orographisch wie petrographisch ohne deutliche Grenze ineinander. Deshalb habe ich eine solche Grenze nach sicheren Anhaltspunkten auf meiner Karte auch nicht ziehen können. Ich wollte nun in Anbe- tracht des Umstandes, dass ja thatsächlich etwas verschiedene Horizonte in dem Complex der Felsenkalke paläontologisch angedeutet scheinen und aus Rücksicht auf die Trennung derselben, die in den Karten der früheren Autoren schon vorgenommen war, von einer Vereinigung dieser Bildungen zwar absehen, aber ich hielt es für meine Pflicht, hervorzu- heben, dass mir die Ausscheidung derselben keineswegs als eine leichte und bequeme Aufgabe vorkommt. Die Sache wird übrigens noch verwickelter dadurch, dass möglicher- weise auch ein anderes Stockwerk der von Römer für den polnischen Jura vorgeschlagenen Eintheilung, nämlich die Schichten mit Rhynchonella Astieriana in der nächsten Umgebung Krakaus sich von den Schichten mit Rhynchonella trilobata nicht unterscheiden lassen. Wenigstens weisen die Beobachtungen von Alth (Poglad etc. 1. e., pag. 136) darauf hin, dass dort im sogenannten oberen Felsenkalk beide Abtheilungen in untrennbarer Weise vertreten sind. Glücklicherweise ist man wenigstens über die untere Altersgrenze der Felsenkalke ungefähr im Klaren, wodurch die weiteren Deutungsversuche der ganzen Ablagerung überhaupt in ziemlich enge Grenzen gebannt sind. Wie uns jüngst v. Bukowski (Verh. d. geol. Reichsanst. 1887, pag. 348) mittheilte, hat Michalski eine fossilführende Lage in den unteren Partien der Felsenkalke Russisch-Polens entdeckt, deren Ein- schlüsse auf die Zone des Ammonites tenwilobatus hinweisen, womit das Kimmeridge-Alter der ganzen Abtheilung festgestellt wäre. Da in Schwaben der A. tenuilobatus den Scyphienkalken angehört (vergl. z.B. Waagen, Versuch einer allgemeinen Classification der Schichten des oberen Jura, München 1865), so würde das zu dem Habitus des unteren Felsenkalks sehr gut passen. Es ist überhaupt zu hoffen, dass die in Aussicht gestellten aus- führlichen Mittheilungen Michalski's über den polnische Jura Vieles zur Klärung der hier besprochenen noch schwebenden Fragen beitragen werden und dass, ist erst die Kenntniss des deutlicher gegliederten Jura in Russisch-Polen eine noch mehr erweiterte geworden, im Krakauer Gebiet auf dieser erweiterten Basis mit mehr Aussicht auf Erfolg wird fortgebaut werden können. Hiermit wäre das Wichtigste gesagt, was über die jurassischen Absätze unseres Gebietes in diesen Vorbemerkungen betont werden muss. Es soll nur noch bezüglich der Verbreitungserscheinungen des weissen Jura schon jetzt darauf hingewiesen werden, dass diese Formationsabtheilung sich mit einzelnen Kalkhügeln schon an der Oberfläche und noch weiter unterirdisch fast bis unmittelbar an den Rand der Karpathen erstreckt und auf diese Weise in grosse Nähe der dort im Flyschgebiet auf- tretenden Juraklippen und zum Theil mächtigen Jurakalkblöcke geräth, welche, soweit sie paläontologisch charakterisirt sind, einem besonderen Gliede der ganzen Schichtreihe anzugehören scheinen. 60* 462 Dr. Emil Tietze, [40] Das, was über dieses vermuthlich jüngste Glied des Jura in unserem Gebiet, vornehmlich über den auf der Karte von mir als „tithonisch“ bezeichneten Kalk von Inwald und Andrychau gesagt werden kann, mag in den betreffenden Darlegungen der Einzelbeschreibung nachgelesen werden. Bei der Fortsetzung unserer Aufzählung der Formationsabtheilungen des Krakauer Gebietes kommen zunächst einige der in dem karpathischen Theil dieses Gebietes verbreiteten Bildungen in Betracht. Es sind das die der Kreideformation zuzurechnenden unteren Abtheilungen des karpathischen Flysch, den man ja trotz seiner oft zahlreichen Schiefereinlagerungen auch als Kar ıpat hensandstein zu bezeichnen sich gewöhnt hat. Zunächst möge der „neocome Karpathensandstein“ hier erwähnt werden, dessen Auftreten fast ganz auf die hügelige_ nördliche Vorstufe des Gebirges beschränkt bleibt. Mit dieser Ausscheidung wurden im Wesentlichen die Bildungen zusammengefasst, welche von Hohen- egger und Fallaux als untere und obere Teschener Schiefer, sowie als Teschener Kalkstein bezeichnet wurden. Auf der von diesen Autoren angefertigten Karte erscheinen jedoch von den genannten Abtheilungen beinahe auschliesslich die sogenannten oberen Teschener Schiefer als vertreten eingezeichnet, während sich die Ausscheidung der Teschener Kalke und der unteren Teschener Schiefer auf eine räumlich kleine Partie bei Witanowice (nördlich Wadowice) beschränkt. Da jedoch die Oberfläche dieser Partie thatsächlich, wie meine eigene Aufnahme con- statirte, vielfach von Löss bedeckt wird, so würde die kartographisch ausscheidbare Verbreitung der betreffenden Gebilde in Wirklichkeit einen noch kleineren Raum einzunehmen haben, wenn es überhaupt bei den heutigen Aufschlüssen so bald gelänge, eine solche Ausschei- dung durchzuführen. Mit der Unterdrückung der betreffenden Unter- abtheilungen auf der Karte geht also nicht viel verloren. Dass es übrigens nicht überall leicht ist, eine zuverlässige und wirklich brauchbare Trennung der beiden Teschener Schiefer zu bewirken, so wie dies im Gebiete von Teschen selbst ja wohl der Fall zu sein scheint, hat bereits Szajnocha (Verhandl. geol. Reichsanst. 1834, pag. 55) ausdrücklich hervorgehoben und auch F. Römer hat bei seiner Karte von Oberschlesien, welche mit dem Blatte Pless in das von uns dar- gestellte karpathische Territorium hinübergreift, auf eine solche Tren- nung verzichtet. Dunkle, bituminöse Schiefer, stellenweise mehr oder weniger mit Sandsteinbänken wechsellagernd oder auch Knauernzüge von Thon- eisenstein enthaltend, setzen die auf meiner Karte als neocome Kar- pathensandsteine zusammengefassten Gebilde zusammen. Eine besonders durch Cidariten und Belemniten bezeichnete, aus feineren kantigen Fragmenten bestehende Breceie, auf deren Anwesenheit in den oberen Teschener Schiefern schon Hohenegger (Geogn. Verhältnisse d. Nord- karpathen, Gotha 1861, pag. 26) hingewiesen hatte, spielt vornehmlich in der Gegend von Wieliezka eine nicht unwichtige Rolle als Ein- lagerung in den Schiefern. Auf den Schiehtllächen der Sandsteine fehlen nicht die für den karpathischen Flyscheomplex so bezeichnenden Hiero- glyphen, wit welchem Namen bekanntlich gewisse eigenthümliche Protu- [41] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 465 beranzen verschiedener Gestalt und unsicherer Herkunft belegt worden sind, von denen aber wohl in den meisten Fällen sicher anzunehmen ist, dass sie, wenn nicht direct, so doch indirect (z. B. als Kriech- spuren) auf Organismen zurückzuführen sind. Auch Hornsteineinschlüsse oder stark kieselige Lagen finden sich stellenweise in den hierher gerechneten Schichten vor. Einzelne kalkige Partien dürften dem Teschener Kalk Hohenegger's entsprechen. Das ist das Wesentlichste, was über die Gesteine der genannten Abtheilung zu sagen ist. Es er- übrigt nur noch ein Wort über die organischen Reste derselben. Ausser den bereits oben genannten Cidariten und Belemniten kommen auch Aptychen und Ammoniten vor und es ist ja allgemein bekannt, dass Hohenegger aus den entsprechenden Bildungen der Gegend bei Teschen eine ziemlich lange Liste aller dieser Versteine- rungen (mit Ausnahme der Cidariten) mitgetheilt bat. Die einzelnen Funde müssen trotzdem als Seltenheiten bezeichnet werden und wie Hohenegger und Fallaux in ihrer Beschreibung des Gebietes von Krakau (pag. 24) bereits betonen, ist der Mangel an Petrefacten, abge- sehen von den Einschlüssen in jenen Breceien, ein erschwerender Uebel- stand für die sichere Wiedererkennung des fraglichen Complexes. Was davon in unserem Gebiete gefunden wurde, wird im Verlauf der späteren Beschreibung erwähnt werden. Hier seien nur Delemnites bipartitus, Aptychus Didayi und Ammonites recticostatus als Hauptleitfossilien genannt. Die nun folgenden „Wernsdorfer Schichten“, die sich (nur mit noch eingeschränkterer Verbreitung) räumlich dem Auftreten des vorher beschriebenen Schichteneomplexes anschliessen, sind auch petro- graphisch dem letzteren verwandt. Doch treten Sandsteinlagerungen in denselben ausserordentlich zurück, worauf für die typischen Schichten dieses Namens in Schlesien bereits Hohenegger (Geogn. Verh. d. Nordkarpathen, 1. e. pag. 28) aufmerksam machte. Bei Kleeza, östlich von Wadowice, sind die hierher gerechneten Schiefer ausnahmsweise ziemlich mergelig, was der sonstigen Charakteristik der Wernsdorfer Schichten nicht entsprieht und worauf ich deshalb, der Speeialbeschreibung vor- sreifend, die Aufmerksamkeit lenke. Thoneisensteinflötze kommen ebenso wie in dem vorigen Niveau vor. Als besonders unterscheidend von diesem führt Fallaux (Gebiet von Krakau, pag. 25) an, dass die Wernsdorfer Schichten bei der Verwitterung überaus leicht zerfallen. Ammonites infundibulum, nebst einigen anderen Ammoniten bei Bugaj gefunden, gibt für die hier beschriebene Gegend das hauptsächliehste Leitfossil der fraglichen Bildung ab, wenn man bei so seltenen Erzfunden überhaupt von leitenden Fossilien sprechen darf. ! In der Gegend von Teschen ist es bekanntlich jahrelangen fleissigen Anstrengungen Hohenegger's und seiner Genossen gelungen, eine überaus reiche Fauna den auf den ersten Blick auch dort paläon- tologisch sehr undankbar scheinenden Wernsdorfer Schichten abzu- gewinnen. Schon im Jahre 1855 (Jahrb. d. geol. Reichsanstalt, pag. 304) hatte Hohenegger auf Grund dieser Aufsammlungen von der Zu- gehörigkeit der betreffenden Schichten zum Urgonien und Aptien ge- sprochen und später in seiner geognostischen Beschreibung der Nord- karpathen hat er diese Deutung wiederholt. F. Römer schien in seiner Geologie von Oberschlesien (pag. 282) am meisten geneigt, die 4164 Dr. Emil Tietze. [42] Wernsdorfer Schichten dem Urgonien zuzurechnen, was aber, da Urgonien und Aptien nach der Ansicht Mancher doch wohl als sich vertretende Facies angesehen werden dürfen, an dem Wesen der Deutung Hoheneggers nicht viel änderte. In seiner auf eine eingehende Neubearbeitung des Hohenegger’schen Materiales gegründeten Mono- graphie der Wernsdorfer Cephalopoden hat V. Uhlig indessen die Ansicht vertreten, dass die fraglichen Schiehten nicht dem Aptien, sondern dem Barr&mien entsprechen, also noch als eigentliches Neocom aufzufassen wären. (Denkschr. d. k. Akad. d. Wiss. Wien 1883, 46. Bd.) Von diesem modernen Standpunkte aus könnte man es viel- leicht eine Inconsequenz nennen, wenn die vorher besprochene tiefste, hauptsächlich den Teschener Schiefern parallelisirte Abtheilung unserer Flysehbildungen kurzweg als neocomer Karpathensandstein bezeichnet wurde. Ich habe mich indessen über dieses Bedenken hinweggesetzt, da besondere Unzukömmlichkeiten mir aus den auf der Karte adoptirten Bezeichnungen nicht hervorzugehen schienen. Es ist ja auch nicht aus- geschlossen, dass local einige der obersten Lagen der einfach als Neocom hingestellten Bildungen, namentlich in Gegenden, wo für eine besondere Ausscheidung der Wernsdorfer Schichten Anhaltspunkte nicht vorlagen, noch als zeitliche Aequivalente dieser letzteren gelten dürften. In diesem Falle war es vielleicht sogar zweckmässig, der einen der vorgeschlagenen Abtheilungen einen weiter umfassenden, allgemeineren Namen zu lassen, während man für die andere die specialisirtere Bezeichnung reservirte. ! Die nächstfolgenden jüngeren karpathischen Bildungen wurden auf der Karte als „Ellgother Schichten“ und als „Godula- sandstein“ ausgeschieden. Sie treten, wenigstens insofern dies auf der Karte zum Ausdruck gebracht wurde, nur im südwestlichen Theile unseres Gebietes, im Bereich des Kartenblattes Wadowice, auf, woselbst sie grösstentheils bereits dem höher ansteigenden Bergland angehören. Sofern ich bei gewissen, zu den jüngeren (alttertiären) Karpathensand- steinen gezogenen Ablagerungen einige Unsicherheit bezüglich ihrer eventuellen Zugehörigkeit zu den hier erwähnten Abtheilungen nicht beseitigen konnte, wird dies in den späteren Darlegungen erwähnt werden. Der Godulasandstein stellt eine mächtige Sandsteinentwicklung vor, welche nach einigen von Hohenegger in den äquivalenten Bildungen der Teschener Gegend aufgefundenen Ammoniten dem Gault entsprechen dürfte, womit auch sein Auftreten zwischen den Wernsdorfer Schichten und den später zu erwähnenden, der oberen Kreide zuzu- rechnenden Istebner Sehichten ungefähr stimmt. In unserem Gebiet ist meines Wissens nie eine zur Altersdeutung geeignete Versteinerung in diesem Sandstein bemerkt worden. Derselbe ist vielfach grobkörnig und in Handstücken von dem später zu nennenden Magurasandstein nicht zu unterscheiden. Nach unten zu, heisst es bei Hohenegger (Nordkarpathen, pag. 30), gehe der Godulasandstein in schieferige Lagen über. Dies ist auch in der Wadowicer Gegend zutreffend. Nur möchte ich nach der Art der Verbreitung dieser schieferigen Lagen annehmen, dass dieselben kein bestimmt abgegrenztes Niveau, sondern cine, vorwiegend | [43] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 465 allerdings auf die untere Partie des Godulasandsteines beschränkte, bisweilen aber auch höher hinaufgreifende Ausbildungsart desselben vorstellen. Ganz kürzlich hat Paul (Jahrb. d. geol. Reichsanstalt, 1837, pag. 328) angedeutet, dass »man für diese schieferige Facies des Godulasandsteines den Namen „Ellgother Sehiehten“ verwenden könne, den seinerzeit (Jahrb. d. geol. Reichsanstalt, 1877, pag. 42) Herr Paul und ich für einen Schiefereomplex im Liegenden des typischen Godula- sandsteines bei Ellgoth in Schlesien vorgeschlagen hatten. Mag immerhin, wie Paul jetzt aussagt, damals noch Manches, was in ein tieferes "Niveau gehört, mit unter jener Bezeichnung inbegriffen worden sein, mir scheint es besser, den Namen, der nun einmal existirt, wieder zu verwerthen, als die ohnehin mit Localnamen bereits fast übermässig be- lastete Karpathensandsteingeologie mit noch einer weiteren Local- bezeichnung zu beschweren. Gegen den hier eingehaltenen Weg lässt sich namentlich deshalb weniger einwenden, weil die Bezeichnung „Ellgother Schiehten“ in der Literatur bisher keine Rolle gespielt hat und folglich Verwirrungen, welche aus einer verschiedensinnigen Anwendung eines solehen Namens entstehen könnten, kaum zu befürchten sind. Auch Uhlig (Verh. d. geol. Reichsanstalt, 1887, pag. 258) hat soeben bereits in der hier befürworteten Weise sich des Ausdruckes „Ellgother Schichten“ bedient, so dass unter den gegenwärtig bei der geologischen Arbeit in den Karpathen betheiligten Forsehern eine be- friedigende Uebereinstimmung für diese Frage erzielt ist. Unter dem Namen „Istebner Schiehten“ wurde ein räum- lich im Gebiete der veröffentlichten Karte nur wenig bedeutender Gesteinszug bei Krzeszöw im Süden der Godulasandsteinentwicklung hervorgehoben, der indessen über das Gebiet dieser Karte hinaus noch in demjenigen Theile des karpathischen Terrains vorkommt, welcher in der späteren Beschreibung mitberührt werden soll, insofern diese Beschreibung auch einen Theil des hier nicht zur Veröffentlichung gelangenden Blattes Maköw in Betracht zu ziehen hat. Das Auftreten von Eisenerzen hat den hier erwähnten Schichten früher eine gewisse Bedeutung gegeben, während heute der betreffende Bergbau (wenigstens was unser Gebiet betrifft) erloschen ist. Hohenegger (Nordkarpathen, pag. 31), der den Istebner Sandstein auf Grund einiger von ihm angeführter Fossilien in’s Cenoman stellte, hat so gut wie gar keine Beschreibung von demselben gegeben. Paul und ich haben dann (Jahrb. d. geol. Reichsanstalt, 1877, pag. 43) wenigstens ein paar kurze Bemerkungen über die Petrographie dieses Sandsteines mitgetheilt, den wir in Schlesien selbst kennen zu lernen Gelegenheit hatten. Da die hier unter dem Namen Istebner Schichten zusammen- gefassten Schichten aber nicht ausschliesslich aus Sandstein bestehen, sondern auch schieferige Bildungen umfassen, so schien es besser, eben den hier vorgeschlagenen Namen statt der zu engen Bezeichnung Iste- bner Sandstein zu wählen. Die Schiefer sind meist schwärzlich, bis- weilen grünlich oder röthlich, wie dies Uhlig (Verhandl. d. geol. Reichs- anstalt, 1887, pag. 259) angab. Die Sandsteine sind oft sehr massig geschichtet, ohne dass aber dabei diese sandige Entwicklung eine besondere Mächtigkeit erreichen würde. Sie sind hellfarbig, rostbraun verwitternd, 466 . Dr. Emil Tietze. [44] . fein- oder grobkörnig und bisweilen von mürber Beschaffenheit, was in jüngster Zeit Veranlassung gab, sie mit dem später zu erwähnenden oligoeänen Ciezkowieer Sandstein zu verwechseln, welcher Irrthum durch das Auftreten sogenannter exotischer Blöcke an einigen Localitäten noch unterstützt wurde, da auch im Ciezkowicer Sandstein solche Blöcke sich finden. Ausser den massigen Sandsteinen kommen noch dünner ge- schichtete kieselige Sandsteinlagen vor. Ueber die von Hohenegger aus diesen Schichten aufgezählten Fossilien waren weniger bezüglich der Bestimmungen als namentlich bezüglich der Sicherheit ihrer Provenienz bis vor Kurzem manche Zweifel berechtigt. Sonst ‚wäre jene Verwechslung mit den Ciezkowieer Sandsteinen, welche in dem unserer Gegend benachbarten Landstrich von Saipusch für kurze Zeit zu einer Verkennung der Sachlage und zu einer Bestreitung der Hohenegger’schen Altersdeutung führte, nicht wohl vorgekommen. Paul (Verh. d. geol. R.-A. 1837, pag. 231) und Uhlig (in der oben eitirten Notiz) haben jedoch heute jenen Irrthum berichtigt und wenigstens von einem Petrefactenstück der Hohenegger- schen Sammlung mit Sicherheit ermitteln können, dass dasselbe aus dem bewussten Schiehteneomplexe stammt, dessen östlichste Fortsetzung in unser Aufnahmsgebiet hereinreieht. Das betreffende Fossil gehört in die Nähe des Ammonites peramplus. “Aber nicht in den Karpathen allein weist unser Gebiet eretaeische Bildungen auf. Es ist allerdings eine wichtige Thatsache, dass zeitliche Aequivalente des neocomen Karpathensandsteines, der Wernsdorfer Schichten und des Godulasandsteines in dem ausserkarpathischen Theil der Krakauer Gegend vollständig fehlen. Aequivalente der oberen Kreide sind aber daselbst seit längerer Zeit bekannt. Schon die älteren Autoren haben von der polnischen Kreide gesprochen und in dem Werke von Pusch (Geogn. Beschr. v. Polen, IH. Th., pag. 330 u. s. w.) ist dieselbe auch in Berücksichtigung unseres Gebietes ausführlich behandelt worden, wenn der genannte Autor auch (l. ec. pag. 338) die tertiären Gypse Galiziens und in unserem speciellen Gebiet unter Anderem den Gyps von Tonie nördlich Krakau (l. e. pag. 360) damit verband, und auf diese Weise zu irrthümlichen Vorstellungen gelangte. Später hat Zeuschner (Jahrb. d. geol. Reichsanstalt, 1850, pag. 242) speciell der „Entwicklung der oberen Glieder der Kreide- formation nördlich von Krakau“ seine Aufmerksamkeit zugewendet und diese Bildungen mit dem Pläner verglichen. Damit war wenigstens eine ungefähr richtige Vorstellung von dem Alter der fraglichen Schichten Sewonnen. | Fötterle (Jahrb. d. geol. Reichsanstalt, 1859; Verhandl. pag. 101 und '102) gab einige dürftige Mittheilungen, in welchen er eine Zwei- theilung der betreffenden Ablagerungen vorschlug, ohne bei dieser Ein- theilung die sandigen und conglomeratischen Bildungen zu berücksichtigen, welche in das Liegende der mergeligen Entwicklung daselbst gehören und bei allen späteren Autoren der Kreide mitzugezählt worden sind. Es blieb ihm die Stellung des Quarzeonglomerates, welches er bei Witko- wiee beobachtete, indessen noch völlig unklar. Seine untere Abtheilung wird als aus hellen Kalken mit Hornsteinen bestehend charakterisirt. Nun kommen ja thatsächlich in dem Krakauer Kreidemergel kieselige [45] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 467 Ausscheidungen vor, aber nicht im tiefsten Niveau, es ist auch nicht ganz verständlich, dass Fötterle hier geradezu von Kalken spricht, wo doch die Gesteinsentwicklung eine evident mergelige genannt werden muss. Hohenegger und Fallaux (l. c. pag. 25—27 des Separat- abdruckes) haben dann eine allgemein gehaltene Beschreibung der Kreide bei Krakau verfasst und drei Abtheilungen darin unterschieden, welche sie dem Cenoman, Turon und Senon entsprechend fanden. Sie hoben hervor, dass die Kreide in abweichender Lagerung dem Jura folgt und mit Sandsteinen und Quarzconglomeraten beginnt, aus welchen Bildungen unter Anderem Zxogyra columba angeführt wird. Dieselben stellen das Cenoman -vor und sind überall von geringer Mächtigkeit. Gewisse sandige Mergelschichten darüber werden als Turon angesprochen. Sie enthalten jedoch ausser Inoceramus Brogniarti und I. Lamarkii noch die Belemnitella guadrata, welche bei den genannten Autoren irrthümlich als Beweis für das turone Alter dieser überdies schwer von den höheren Mergeln unterscheidbaren und bezüglich ihres Vorkommens nicht genauer beschriebenen Absätze genannt wird. Darüber folgen dann die hellen, oft gelblichweissen „kieseligen Mergelbänke von grosser Härte, diehtem Ansehen und muscheligem Bruch“, welche mit „schmalen, grauen Mergelbänken wechseln und die senone Abtheilung vorstellen. Zuweilen werden in den kieseligen Bänken schmale Streifen von Hornsteinaus- scheidungen getroffen, die nach beiden Enden linsenartig verlaufen“. Baculites Faujasi, Inoceramus Oripsü, Micraster cor anguinum, Anan- chytes ovata und viele andere Versteinerungen werden als hier vor- kommend angegeben. Dies ist das am meisten in die Augen fallende und mächtigste Glied. Auf der Karte der genannten Autoren werden den Kreidebildungen im Krakauischen aber viel zu grosse Flächenräume angewiesen. Die Kreidebildungen auf der Ostseite des polnischen Jurazuges sind aber auch in Römer’s Geologie von Oberschlesien (pag. 346 u. s. w.) Gegenstand der Besprechung gewesen. Römer unterscheidet hierbei nur zwei Glieder, die sich auch thatsächlich jedem Beobachter als leicht unterscheidbar aufdrängen: „ein unteres chloritisch-sandiges mit Galerites subrotundus Agass. und ein oberes aus weissem Kalkmergel bestehendes mit Belemnitella mucronata, Micraster gibbus und Ino- ceramus Oripsü.“ Beide Gesteinsglieder werden dem Senon zugerechnet und nur als Unterabtheilungen dieses Stockwerkes gedeutet. Gegen diese Deutung hat sich in einer in polnischer Sprache verfassten Abhandlung Zareezny ausgesprochen (Ö Srednich warstwach kredowych w krakowskiem okregu in dem Berichte der physiographischen Commission der Krakauer Akademie, 1878), der auf Grund zweijähriger, ausschliesslich den Kreidebildungen der nächsten Umgebung von Krakau gewidmeten,, höchst fleissigen Untersuchungen mit einer neuen Classi- fication dieser Bildungen hervortrat. Das Wesentliche dieser Classification ist aber nicht allein ein Zurückgreifen auf die Annahmen von Hohen- egger und Fallaux, wonach sowohl das cenomane und turone als das senone Stockwerk daselbst vertreten seien, sondern die weitere Theilung des ganzen Complexes in vier oder fünf Horizonte, von denen je einer auf das Cenoman und Senon und die zwei oder drei mittleren auf das Turon entfallen. Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Band. 3. Heft. (Dr. Emil Tietze.) 6] 468 Dr. Emil Tietze. 146] In der Tabelle, welche der genannten Abhandlung beigegeben wurde und welche den summarischen Ausdruck dieser Ansichten vorstellt, wurden die 5 Zonen folgendermassen bezeichnet: 1. Cenoman. 2. Schichten des Inoceramus labiatus und der Terebratula semiglobosa. 3. Schichten des Inoceramus Brogniarti und der Terebratula carnea. 4. Schichten des Scaphites Geinitzi und des Ammonites peramplus, 5. Senon mit Inoceramus Quvieri und Mieraster coranguinum. Die Abtheilung 4 wird aber bei den einzelnen Loealitäten,. die nun unter die aufgezählten Rubriken gebracht werden, als gar nicht oder doch als höchst fraglich vertreten angeführt, womit die Rücksichtnahme auf dieselbe vollkommen entfällt. Der Nachweis einer solchen Lage mit den genannten, für das obere Turon oft bezeichnenden Cephalopoden wäre jedenfalls sehr wichtig gewesen, gelang aber augenscheinlich nicht. Ich werde mich bemühen, den Lesern dieser meiner Arbeitim Laufe der Einzelbeschreibung eine möglichst ausgedehnte Kenntniss von den Angaben des genannten Autors zu übermitteln. Man mag dann selbst urtheilen, inwie- weit die daraus gezogenen Schlüsse sich rechtfertigen lassen und namentlich inwieweit sie paläontologisch sicher begründet‘ sind. Zur Orientirung für das Spätere will ich aber doch einige Bemerkungen gleich hier vorausschicken. | Es lässt sich nicht leugnen, dass Formen wie Oidaris vesiculosa und die schon von Hohenegger angeführte Zrogyra columba, welche nach Zareezny in den conglomeratischen Bildungen der tiefsten Stufe der Krakauer Kreide vorkommen, auf die Anwesenheit des Cenoman hinweisen, obschon die letztgenannte Art bekanntlich zu- weilen wie in Böhmen noch in’s Turon aufsteigt. Es ist auch a priori annehmbar, dass unter der Voraussetzung, das Cenoman sei sicher nachgewiesen, das Turon nicht fehlen mag. Dass aber deshalb die Eintheilung Zareezny's ganz ohne Bedenken zu aeceptiren sei, möchte ich nicht behaupten. Vor Allem ist auffällig, wenn man sieht, in welcher Weise die Ablagerungen der einzelnen Localitäten den auf der bewussten Tabelle angeführten Horizonten untergeordnet werden, wie z. B. die sandig-con- glomeratische Bildung, welehe «die Basis der Krakauer Kreide einnimmt, von dem Autor auseinandergerissen und in verschiedene Horizonte untergebracht wird. Diese Bildung ist so sicher wie irgend etwas als eine einheitliche zu betrachten, die niebt an verschiedenen Orten ihres Auftretens in einem so kleinen Bezirk, wie die nächste Umgebung von Krakau zu verschiedenen Zeiten gebildet wurde. Zareezny aber verweist z. B. das Conglomerat, welches bei Giebultow vorkommt und dort speciell Exogyra columba führt, in's Turon, und zwar in seinen Horizont 2 der vorher gegebenen Aufzählung; bei Witkowice aber, welche Localität nur wenig von Giebultow entfernt und in demselben Thale (der Bialucha) gelegen ist, wird dieses Conglomerat, welches dort Rhyn- chonella compressa und Terebratula semiglobosa führt, in's Cenoman gestellt. Dadurch entsteht bei Giebultow eine dem Cenoman entsprechende Formationslücke, deren Existenz in einem Gebiet flacher Schichten- lagerung, wo sich der Ausbreitung der dem angeblichen Cenoman ent- sprechenden Absätze kein Hinderniss in den Weg gestellt hätte, schwer zu rechtfertigen ist. 2 uns 0 & = 2 F 2 4 ’ [47] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 469 Kein unbefangener Fachmann, das heisst kein Geologe, der nicht von der Voraussetzung ausgelit, alle irgendwo gemachten kleinsten Hori- zonte müssten sich genau in derselben Weise i in anderen Gebieten wieder finden oder im Falle dies nieht erwiesen werden könne, daselbst fehlen, wird ferner den über den Conglomeraten liegenden mergeligen Schieht- complex der Krakauer Kreide für einen lückenhaft ausgebildeten ansehen wollen, diesen Complex, der, was für Horizonte er auch immer in sich begreife, doch so ziemlich wie aus einem Guss gefertigt erscheint. Solche Lückenhaftigkeit müsste man aber nach Zareezny voraussetzen, und zwar eine Lückenhaftigkeit, welche sich womöglich an jeder Localität in einem anderen Horizonte bemerkbar macht! Nur eine dieser Lücken ist angeblich eine allgemeine. Es werden nämlich die von dem Autor beim Senon belassenen Schichten überall von den tieferen Absätzen durch das sichere oder wahrscheinliche Fehlen der Zone des Scaphites Geinitzi getrennt. Bei Witkowice aber z. B. scheint der Verfasser auch alle seine übrigen Turonhorizonte für fehlend anzusehen. Dort soll das Senon direct über dem Cenoman liegen. An anderen Localitäten, wie bei Sudöl und Giebultow, sind zwei, an noch anderen, wie bei Rudawa und Podgörze, ist wieder blos einer der vermeintlichen turonen Horizonte entwickelt. Zu welcher eomplieirten Reihe von Schlüssen über Transgressionen, Denudationen, Hebungen und Senkungen müsste das führen, wenn sich die Sache so verhielte, wie sie sich Zareezny gedacht hat, und zwar müssten diese verwickelten Vorgänge, ich wiederhole das, auch hierbei innerhalb eines durch keinerlei sonstige Störungen ausgezeichneten Gebietes und innerhalb eines winzigen Raumes stattgehabt haben, denn zu allen den Punkten, die hier zu erwähnen wären, gelangt man von Krakau aus in kürzester Frist. Die Entfernungen von Krakau, um die es sich handelt, betragen meist wenig über eine deutsche Meile. Wenn aber Jemand ein Interesse hat, die Annahme einer solchen rasch wechseinden Lückenhaftigkeit für ein kleines Gebiet zugänglich zu machen, so gehört es jedenfalls ganz direct zu seinen Aufgaben, die Vorg eänge, denen diese Unordnung der Aufeinanderfolge ihre Entstehung verdanken könnte, zu erklären. Es mag also nochmals gesagt werden, dass die Kreide der Um- gebung von Krakau nach der hier vertretenen Ansicht wohl grössten- theils senon ist, dass sie jedoch in ihren unteren, namentlich in den durch abweichende Petrographie ausgezeichneten wenig mächtigen con- glomeratischen Theilen bis in's Turon und Cenoman hinabzugreifen scheint, dies aber nicht über allem Zweifel erhaben ist und man vor Allem noch weitere Untersuchungen abzuwarten hat, ehe man eingehen- dere Unterabtheilungen in diesem Schichtenecomplex für begründet an- sehen darf. In Anbetracht aller dieser Verhältnisse habe ich mich vorläufig noch nicht entschliessen können, von den Ansichten Zareczny’s für die Unter- scheidungen auf der Karte Notiz zu nehmen. Gerade für die Karte schien es mir kein besonderer Uebelstand, wennich die „ausserkarpathische obere Kreide“, von der hier die Rede ist, vereinigt liess und im An- schluss an die Ansichten Römer’s dabei vorwaltend an eine Vertretung des senonen Stockwerkes dachte. Die Dinge, um die es sich handelt, nehmen ; 61+ 470 Dr. Emil Tietze, [48] auf der Karte einen so beschränkten Raum ein, dass es genügt, wenn eben nur in der Beschreibung der wirklichen oder angenommenen Differenzirung der betreffenden Gebilde Rechnung getragen wird. Alttertiäre Ablagerungen fehlen in unserem ausserkarpathischen Gebiet gänzlich, während sie in den Karpathen eine hervorragende Rolle spielen. Es sind dafür auf der Karte fünf verschiedene Ausscheidungen in Vorschlag gebracht worden, da sich schon bei der grossen räumlichen Ausdehnung dieser Gebilde das Bedürfniss nach Unterscheidungen stärker herausstellt. Gleich hier darf aber bemerkt werden, dass diese Aus- scheidungen nicht durchgängig vertical aufeinanderfolgenden Horizonten entsprechen, sondern theilweise nur dem Facieswechsel der betreffenden Bildungen Rechnung tragen. Ferner muss gesagt werden, dass sich die Altersgrenze derselben nach unten zu nicht genau ermitteln lässt. Dass wir das Oligocän im Bereich dieser Flyschabsätze voraussetzen müssen, darüber ist nach Allem, was über dieselben oder verwandte Bildungen in anderen Theilen der Karpathen bekannt ist, kein Zweifel möglich, inwieweit aber auch das eigentliche Eocän darin vertreten sein könne, darüber sind vor- läufig kaum Vermuthungen zulässig. Da man sich übrigens in Oesterreich vielfach daran gewöhnt hat, das Oligocän dem Eocän und nicht dem Miocän anzuschliessen, weil es an der Zusammensetzung des gefalteten Gebirges noch einen hervorragenden Antheil nimmt, so kann man für alle die zu erwähnenden Absätze zusammen auch den Ausdruck eocäner Flysch oder eocäner Karpathensandstein anwenden. Im Allgemeinen können diejenigen Absätze, die wir „obere Hieroglyphenschichten“ genannt haben, als die ältesten der hier in Betracht kommenden Schichtgruppen aufgefasst werden. Wenig dickschichtige Sandsteine mit Hieroglyphen, welche mit bunten, oft rothen Thonen verbunden sind, können als die typischen Vertreter dieser Ab- theilung bezeichnet werden. Allerdings sind manchmal auch Absätze von etwas anderem Habitus und zum Theil unsicherer Stellung hierher mitgerechnet worden, um dem Uebelstande auszuweichen immer wieder neue Namen in die Karpathengeologie einzuführen. So wurden gewisse fucoidenführende Mergel im Südosten unseres Gebietes oder gewisse dünn und dabei ziemlich gleichmässig geschichtete Sandsteine süd- westlich von Kalwarya wenigstens provisorisch hier untergebracht. Die hieroglyphenführenden Sandsteine dieser Gruppe sind nicht durchwegs so 'kieselig wie wir dies für die analogen Absätze in Ost- galizien bemerkten, wo der Name obere Hieroglyphenschichten bekannt- lich von Paul und mir zuerst angewendet wurde. Im Gegentheil kommen hier kalkige Sandsteine vor, die nicht selten an Typen der cretacischen Ropiaukaschichten Ostgaliziens erinnern. Das Genauere über die petrographische Charakteristik dieses Schichteneomplexes bitte ich indessen der späteren Einzelbeschreibung zu entnehmen. Dies gilt auch mehr oder weniger für alle anderen, sei es älteren, sei es jüngeren Glieder der Flyschzone, von denen in dieser Formationsübersicht die Rede war oder sein wird. Die „Menilithschiefer“ sind ein wohlbekannter Typus des karpathischen Oligocän, insofern sie wenigstens vorzugsweise den sicher oligocänen Bildungen der Karpathen angehören. Diesen Wechsel dünn- blätteriger, oft Fischreste führender Schiefer, deren Schiehtflächen dureh. [49] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau, 471 verschiedene Verwitterungsbeschläge bezeichnet werden, mit einzelnen Sandsteinbänken oder mit Hornsteinen, erkennt man meistens recht gut wieder. Diese Schiefer sind in unseren ersten Studien in der Sandstein- zone der Karpathen (Jahrb. geol. Reichsanst., 1877) so genau als möglich beschrieben worden. Es hatte sich aber bald herausgestellt, dass sie nicht überall ein absolut constantes Niveau einnehmen, dass sie z.B. an manchen Orten mit Gesteinstypen verquiekt auftreten, welche den oberen Hieroglyphenschiehten angehören, und es hat sich ferner herausgestellt, dass auch nicht überall sämmtliche Schiefer- varietäten, welche in ihrer Vereinigung eine typische Anfeinanderfolge von Menilithschiefern bilden, in den einzelnen Aufschlüssen mitvertreten bleiben. Diesen Verhältnissen, sowie den Verhältnissen des Facies- wechsels im Flyschgebiete überhaupt haben wir schon seit längerer Zeit unsere Aufmerksamkeit zuwenden müssen, wie bereits die „neuen Studien in der Sandsteinzone“ (Jahrb. geol. Reichsanst., 1879) an vielen Stellen der betreffenden Ausführungen beweisen. Solche Verhältnisse sind aber auch in dem diesmal zu behandelnden Gebiet zu verzeichnen, in welehem echte und wahrhaft typische Menilithschiefer sogar nur in untergeordneter Weise vorkommen. In der späteren Einzelbeschreibung soll auf diese Beziehungen Rücksicht genommen werden. . An manchen Orten ist übrigens auch eine Verwechslung gewisser, den unteren (neocomen) Karpathensandsteinen zugehörigen Schiefer mit Menilithschiefern oder oligocänen Schiefern überhaupt nicht leicht zu vermeiden. Ich bin sogar nicht sicher, ob mir dies in Gebieten, wo zusammenhängende Profile fehlen, und wo man es mit mehr oder minder vereinzelten Aufschlüssen zu thun hat, überall gelungen ist. Da in unserem Gebiet eine Reihe von schieferigen und thonigen Bildungen auftritt, welche zwar ihrer ungefähren stratigraphischen Stellung nach dem Niveau entsprechen, welches die Hauptmasse der Menilithschiefervorkommnisse einzunehmen pflegt, welche aber in ihren petrographischen Merkmalen sich oft allzuweit, und zwar nach ver- schiedenen Richtungen von dem Ausseben der Menilithschiefer entfernen, so habe ich für dieselben eine allgemeiner gehaltene Bezeichnung ein- geführt und sie „Oligocäne Schiefer und Thone im Allge- meinen“ genannt. Unter dieser Bezeichnung ist beispielsweise die Schichtfolge mit inbegriffen, welche Niedzwiedzki bei Wieliezka „Ledenicer Schichten“ genannt hat, soweit nicht unter den letzteren auch kleine Partien echter Menilithschiefer mit abgehandelt ‚waren. Auch hier war das Bestreben maassgebend, neue Localnamen möglichst zu vermeiden, da wir solche Namen in der Karpathengeologie bereits in grosser Menge mit herumschleppen, und der Aufstellung noch einiger weiterer solcher Namen ohnehin in der späteren Literatur nicht werden entgehen können. Der eigenthümliche Facieswechsel innerhalb der im Ganzen doch so eintönig aussehenden Flyschzone erschwert den Gebrauch mancher älterer Namen ja in der That für manche später zur Untersuchung gelangte Gegend und fordert zur Erfindung neuer Worte gleichsam heraus. Der „Grodeker Sandstein“ oder „Ciezkowieer Sand- stein“ ist in seinem Vorkommen auf das den höheren Bergen nördlich 472 Dr. Emil Tietze. [501 vorliegende karpathische Hügelland beschränkt. Er zeichnet sich durch eine oft lose und mürbe Beschaffenheit seiner meist massigen Bänke, durch das nicht seltene Vorkommen fester Sandsteinconcretionen in der mürberen Masse, sowie auch zuweilen durch den Einschluss fremdartiger älterer Gesteine, der sogenannten exotischen Blöcke aus. Einzelne dünne Zwischenlagen von Thon oder von dunklen Sandsteinschiefern kehren bisweilen auf grössere Entfernungen wieder und scheinen deshalb über grössere Räume constant zu sein. Dieser Sandstein ist bereits vielfach in den nördlichen Theilen der galizischen Karpathen beobachtet worden und gehört dort meist den höchsten Partien der jüngeren Karpathen- sandsteine im Hangenden der Menilithschiefer an. Vollkommen constant ist sein Niveau indessen gegenüber den oligocänen Schiefern nicht. In manchen Gegenden Westgaliziens hat man Wechsellagerungen des Sand- steines mit Schieferlagern beobachtet und für eine gewisse Ausbildungs- weise solcher Wechsellagerungen hat Uhlig vor einiger Zeit den Namen „Bonarowkaschichten* vorgeschlagen. Ohne denselben ablehnen zu wollen, glaubte ich doch andererseits in unserem Gebiet auch ohne denselben auskommen zu können. Der Name „Ciezkowicer Sandstein“ (man hat ihn der erwähnten Coneretionen wegen auch „Kugelsandstein“ genannt) hat sieh in der galizischen Geologie schon ziemlich eingebürgert. Es unterliegt indessen keinem Zweifel, dass der so bezeichnete Sandstein im Wesentlichen identisch ist mit dem „Grodeker Sandstein“ der Gegend von Teschen in Schlesien, den Paul und ich (Jahrb. d. geol. Reichsanstalt, 1877, pag. 45) genau beschrieben und bezüglich seiner relativen Stellung im - Bereich der alttertiären Karpathensandsteine, wie ich glaube, zuerst richtig horizontirt haben. !) Dem Namen Grodeker Sandstein gebührt also wohl die Priorität. Das, was man in Ostgalizien „Kliwa-Sandstein“ genannt hat, steht übrigens ebenfalls in sehr nahen Beziehungen zu der hier erwähnten Ablagerung. Im Anschluss an diese Darlegung verdient bereits hier der Um- stand einer besonderen vorläufigen Erwähnung, dass gewisse, von mir dem Grodeker Sandstein zugewiesene Sandsteinpartien südlich des Karpathenrandes von Wieliezka von Niedzwiedzki kürzlich für Albien erklärt und demzufolge dem Godulasandstein gleichgestellt worden sind. Im speciellen Theil der Arbeit werde ich Gelegenheit haben, über diese Ansicht mich auszusprechen und der Ueberzeugung Ausdruck zu geben, dass die Fossilfunde, auf welchesich Niedzwiedzki in diesem Falle stützte, wohl in der Nähe der betreffenden Sandsteine vorgekommen sind, aber unmöglich den letzteren selbst angehören können. Dass übrigens Verwechslungen des Grodeker Sandsteines mit wirklich 1) Als theilweise unrichtig muss ich übrigens eine der damals gemachten Be- merkungen heute ausdrücklich hervorheben, Wir sagten damals, dass der Grodeker Sandstein völlig dem Magurasandstein und speciell dem der Babia göra (an der Grenze des Arvaer Comitates gegen das in dieser Abhandlung beschriebene Gebiet) gleiche. Ich hatte damals die Babia göra noch nicht besucht und deshalb keine Veranlassung, mich der betreffenden von Paul gemachten Angabe nicht anzuschliessen. Die Gesteins- beschaffenheit des Sandsteines der Babia göra stimmt aber, wie ich mich später über- zeugte, keineswegs mit der des Grodeker Sandsteines genau überein. Richtig ist nur, dass der Magurasandstein in seiner stratigraphischen Stellung dem Grodeker Sandstein verglichen werden darf. [51] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau, 473 eretacischen Sandsteinen stellenweise möglich sind, haben, wie das weiter oben bereits einmal angedeutet wurde, die Erfahrungen gelehrt, welehe in Jüngster Zeit bei den Versuchen einer neuen Altersdeutung der Istebner Schichten gemacht worden sind. Es ist mir zweekmässig erschienen, diejenigen Sandsteine, welche im Gegensatze zu dem auf die karpathischen Vorhügel beschränkten Grodeker Sandstein die Hauptmasse der grösseren Erhebungen des karpathischen Theiles unseres Gebietes bilden, und welche in der Babia göra sogar den höchsten Gipfel dieses Gebietes zusammensetzen, mit dem alten, von Paul herrührenden Namen „Magurasandstein“ zu belegen. Auf der Babia göra befinden wir uns sogar hart an der Grenze der Gegend, welche für die Aufstellung dieses Namens den Typus abgegeben hat und die Babia göra selbst wurde ja von Paul aus- drücklich dem Magurasandstein zugerechnet. Der Unterschied zwischen dem Magurasandstein und dem Grodeker, bezüglich Ciezkowicer Sandstein ist übrigens nicht ausschliesslich ein in der Verbreitung und dem abweichenden landschaftlichen Verhalten beider Gebilde begründeter. Der erstere besitzt nie die dem Grodeker Sandstein oft innewohnende Neigung zu Sand zu zerfallen, sondern ist überall ziemlich fest. Auch ist er vielfach nieht in so grossmassigen Bänken geschichtet wie dieser und endlich zeichnet .er sich häufig durch das Vorkommen grüner glauconitischer Punkte aus. Wenn auch in einigen Gegenden, wovon in der späteren Beschreibung die Rede sein wird, Uebergänge bestehen zwischen beiden der Bildungszeit nach ungefähr äquivalenten Gebilden, so lässt sich doch in den meisten Fällen sicher entscheiden, ob man es mit dem einen oder dem anderen derselben zu thun habe. Viel schwieriger stellt sich die sichere Unterscheidung des Magurasandsteines dem Godulasandstein gegenüber heraus. Paläonto- logisch lässt sich bei der Versteinerungsarmuth aller dieser Absätze nichts ausrichten. Wenn auch beispielsweise bei Myslenice nach einer älteren Angabe Lill v. Lilienbach’s (Jahrb. von Leonh. u. Bronn, 1830, pag. 202) Nummuliten vorkommen, so ist ein solches Vorkommen doch ein zu vereinzeltes, um bei der grossen Masse der Sandsteine be- nutzt zu werden. Nach der blossen Gesteinsbeschaffenheit jedoch lässt sich eine solehe Unterscheidung sogar (in unserem Gebiete wenigstens) gar nicht durchführen. Dies mussten auch Hohenegger und Fallaux bereits ein- gestehen, insofern sie, allerdings ohne den damals noch nicht gebräuch- lichen Namen Magurasandstein anzuwenden und indem sie alle alt- tertiären Sandsteine zusammenfassten, es aussprachen, das Vorkommen bunter Thone zwisehen den eocänen Sandsteinbänken sei „fast das ein- zige Mittel“, um die beiden Sandsteine zu trennen (Geogn. Verh. d. ehemaligen Gebietes von Krakau, pag. 23 des Separatabdruckes). Wenn die beiden Autoren dann ausserdem noch des Auftretens der fremdartigen Gesteinsblöcke in den „Focänsandsteinen* als eines weiteren Unter- scheidungsmittels gedachten, so gilt dies doch nur im Hinblick auf den- - jenigen Theil des Sandsteines, welchen wir unter dem Namen Grodeker Sandstein angeführt haben, nieht von dem Magurasandstein, der gleich dem Godulasandstein von solehen Beimengungen frei zu sein scheint. 474 Dr. Emil Tietze. [52 Der Umstand ferner, dass die aus Godulasandstein gebildeten Kämme durchschnittlich einen scharfkantigeren, schmäleren Rücken besitzen sollen, als die Kämme, welche aus eocänem Sandstein bestehen, entspricht zwar meist der Wirklichkeit, lässt aber doch wohl dem sub- jeetiven Ermessen des einzelnen Beobachters einen zu weiten Spielraum, um als stratigraphisches Hilfsmittel verwerthbar zu sein. Was aber nun das Vorkommen jever bunten, zumeist rothen Thone oder Schieferzwischenlagen im Magurasandstein anlangt, so entsteht aus dieser Verbindung von Gesteinstypen wieder eine andere Schwierig- keit, nämlich bezüglich der Abgrenzung des Magurasandsteines gegen die mit eben solchen Thonen verbundenen oberen Hieroglyphenschichten. Nachdem in dem südlichen höher gebirgigen Theil unseres Gebietes die Menilithschiefer gar keine oder doch keine selbstständige Rolle als bestimmtes, die oberen Hieroglyphenschichten von der Masse der oli- gocänen Sandsteine trennendes Niveau spielen, so fehlt es bisweilen an sicheren Kriterien, um zu entscheiden, ob diese oder jene bunten Thone besser den Hieroglyphenschichten oder besser den Magurasand- steinen zuzurechnen seien. Ausgedehnte thonige Entwicklungen, wie diejenige von Hucisko, westlich Maköw (die zwar nicht mehr in die Grenzen der hier publieirten Karte fällt, aber in der Beschreibung noch berücksichtigt werden musste), habe ich indessen trotz der im ange- gebenen Sinne zweifelhaften Stellung ihres relativen Horizontes doch lieber zu den oberen Hieroglyphenschichten gezogen. Der Fehler, der dabei gemacht werden konnte, schien, namentlich in Rücksicht auf die eventuelle Benützung dieser Arbeit seitens technischer Kreise, geringer zu sein, als wenn ich solche Bildungen der vorläufig ja noch nicht überall unanfechtbaren stratigraphischen Exactheit zu Liebe als Magura- sandstein ausgegeben hätte. In den hypsometrisch höchsten Regionen des beschriebenen Ge- bietes an der Babia göra und den von ihr ausgehenden Kämmen treten übrigens thonige Gebilde, die als wirkliche Einschaltungen im Magura- sandstein zu betrachten wären, ganz zurück, wie hier schliesslich noch bemerkt werden darf. | Ehe wir aber diese Vorbesprechung der an der Zusammen- setzung der Flyschzone theilnehmenden Ablagerungen schliessen, ist hier der Ort, um der „exotischen Blöcke“ Erwähnung zu thun, für welche auf der Karte eine besondere Bezeichnung gewählt wurde. Bereits Hohenegger und Fallaux haben diesen Vor- kommnissen ihre Aufmerksamkeit geschenkt. Ich selbst habe, seitdem ich Gelegenheit hatte, in den Karpathen zu arbeiten, das Auftreten solcher fremdartiger Gesteinselemente im Bereiche der galizischen Flyschzone und der ihr zunächst vorgelagerten jüngeren Bildungen stets für eine überaus wichtige Thatsache gehalten, namentlich im Hinblick auf die Analogien, welche die betreffende Erscheinung in verwandten Gebieten aufweist, und in einem längeren „Zur Frage der exotischen Blöcke“ überschriebenen Artikel (in den Verhandl. d. geol. Reichsanstalt, 1885, pag. 379) habe ich noch kürzlich über diese Er- scheinung ausführlicher zu sprechen Veranlassung gehabt. Die Blöcke, um die es sich speciell in unserem Falle handelt, sind theils jurassische Kalke, theils Fragmente altkrystallinischer [53] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 475 Gesteine. Den ersteren, die zuweilen durch ihre Dimensionen eine prak- tische Wichtigkeit für die Anlage von Kalköfen erlangen und welche in einigen Fällen steinbruchsmässig abgebaut werden oder doch wurden, hat bereits die Karte von Hohenegger und Fallaux wenigstens prineipiell Rechnung getragen. Die krystallinischen Blöcke sind aber theoretisch nieht minder wichtig, wie die jurassischen es in praktischer Hinsicht sind, und deshalb wurde ihr Vorkommen ebenfalls aufgezeichnet. Es wäre sogar von einem gewissen Standpunkte aus angenehm gewesen, Kalkblöcke und krystallinische Blöcke in verschiedener Weise auf der Karte markirt zu finden. Doch durfte ich mir denken, dass gerade hier die Beschreibung der Karte bequem nachhelfen kann. Die Verwendung verschiedener Bezeichnungen für verschiedene Arten exo- tischer Einschlüsse würde consequenter Weise auch bald, und dies muss man sich klar machen, zu einer ziemlichen Mannigfaltigkeit der betreffenden Ausscheidungen führen, da diese Einschlüsse nicht überall in die beiden hier hervorgehobenen Kategorien sich eintheilen lassen, und weil beispielsweise in verschiedenen Gegenden der Karpathen sehr verschiedene Sedimentärgesteine an dem Materiale jener Einschlüsse mitbetheilist sind. Auch die krystallinischen Felsarten selbst müsste man weiter sondern. Man bekäme damit allerdings ein vielleicht sehr lehrreiches Bild von der räumlichen Verbreitung der einzelnen Felsarten und könnte zu allerhand weiteren Schlüssen über das geologische Aus- sehen des von der Karpathensandsteinzone eingenommenen Gebietes in früheren Epochen gelangen. Es wird aber dies eine der Aufgaben der Zukunft sein. Das bis jetzt gesammelte Beobachtungsmaterial ist nicht gleichmässig genug, um für Galizien den Anfang mit solchen genaueren Aufzeichnungen gerade auf der Karte zu machen. Uebrigens ist es nicht allein die räumliche Verbreitung der ein- zelnen exotischen Gesteine, welche hier interessirt, auch die ungleiche Vertheilung dieser Einschlüsse in verschiedenen Horizonten gibt zum Nachdenken Veranlassung. Bereits Hohenegger hat für die Teschener Gegend hervorgehoben (Nordkarpathen, pag. 35— 37), dass gewisse Ge- steine in dem einen, andere in dem anderen Horizonte vorwiegend ver- treten seien. Für das hier behandelte Gebiet darf jedenfalls gesagt werden, dass in den zum Neocom zu rechnenden Gebilden der Flysch- zone vorwaltend Einschlüsse jurassischen Kalkes vorkommen, während die alttertiären Absätze wie der Grodeker Sandstein sich durch das Auf- treten krystallinischer Einschlüsse auszeichnen, was sie übrigens mit den Sandsteinen der obereretaeischen Istebner Schichten gemein haben. Ablagerungen des Neogen sind in der Gegend von Krakau, mit Ausnahme des eigentlich karpathischen Gebietes allenthalben sporadisch verbreitet und liegen dort augenscheinlich in gewissen Vertiefungen, welche das Relief dieser Gegend zur Neogenzeit schon besass. Selten sind sie in einer das Studium besonders begünstigenden Weise aufgeschlossen, da mehr oder minder starke Diluvialdecken die jungtertiären Schichten grösstentheils verbergen. Nur am Karpathenrande im Bereich des schmalen Streifens, den man das subkarpathische Gebiet nennen könnte, sind neogene Absätze theils in etwas zusammenhängenderer Weise ober- flächlieh sichtbar, theils durch Bergbaue in grösserer Ausdehnung der Beobachtung zugänglich geworden, denn hier treten die Steinsalzlager Jahrbuch der k, k, geol. Reichsanstalt. 1857. 37. Band. 3. Heft. (Dr. Emil Tietze.) 62 476 Dr. Emil Tietze. [54] von Wieliezka und die Schwefellager von Swoszowice auf, deren Zu- sehörigkeit zur Tertiärformation zwar in älteren Zeiten bisweilen ver- kannt wurde, nunmehr aber seit lange unzweifelhaft sichergestellt ist. Im eigentlich karpathischen Bereich gibt es nur eine auf der Karte als neogen ausgeschiedene Partie, welehe die Schwefelvorkomm- nisse von Zielona südlich Swoszowice enthält, die aber bezüglich ihrer Zugehörigkeit zum Neogen mir nicht absolut sicher vorkommt. Mergel, Thone, Gypse, Sande und Sandsteine setzen vorwaltend das durchwegs nur marine, wenn auch nirgends im offenen Meere abgelagerte Neogen bei Krakau zusammen. Schwefel und Steinsalz nehmen, wie schon angedeutet, local an dieser Zusammensetzung theil. Das Bedürfniss nach Unterscheidungen im Bereiche dieser Ab- lagerungen lässt sich nicht abweisen. Doch geht dasselbe mehr von der Rücksichtnahme auf die faciellen Charaktere der unterscheidbaren Sedimente als von der Nothwendigkeit einer Eintheilung in verschiedene Horizonte aus. Ich glaubte deshalb und gerade im Sinne einer wesentlich faciellen Differenzirung die salz- und schwefelführenden Bildungen, welche direct südlich von Krakau den Karpathenrand begleiten, von den übrigen Neogenschichten abtrennen zu dürfen. (Auf der Karte erscheinen die- selben unter der Bezeichnung „Salzformation des Neogen mit Salz, Schwefel und Gyps“). Dass ich dieselben ihrerseits nicht noch weiter auseinanderhielt , hat seinen Grund nicht allein in dem vielfach auf ökonomische Ursachen zurückführbaren Bestreben, auf der Karte diejenigen Bıldungen von räumlich beschränktem Auftreten vereint zu lassen, welche an der Hand der Einzelbeschreibung im Be- darfsfalle sehr leicht auseinandergehalten werden können (wie dies z. B. bei den verschiedenen Absätzen des braunen Jura oder auch bei den Conglomeraten und Mergeln der Kreide der Fall war), sondern auch darin, dass nach meiner Ansicht die schwefelführenden Schichten von Swoszowice und die oberen Theile der Salzablagerung von Wieliezka so innig miteinander der Zeit nach verbunden sind, dass für diese einander räumlich sehr genäherten und eine analoge Stellung am Rande des älteren gefalteten Gebirges behauptenden Complexe eine Trennung minder nöthig erschien. In der Einzelbeschreibung soll auf diese Frage eingegangen werden. Obwohl nun den genannten subkarpathischen Schichten Gypse und Anhydrite vielfach eingeschaltet sind, hat es doch zweckdienlich geschienen, die „ausserkarpathischen Gypse“ des Krakauer Gebietes als etwas faciell Besonderes auch mit einer besonderen Be- zeichnung zu versehen. Das sind eben Gypsvorkommnisse, welche ohne Vergesellschaftung mit Schwefel und Steinsalz auftreten. Es entspricht diese Ausscheidung auch dem Hergange, der bei unseren Karten in den übrigen Theilen Galiziens üblich war und dem zufolge die podolischen Gypse stets von der Salzformation getrennt wurden. Zudem schien diese Ausscheidung auch durch praktische Rücksichten geboten, insofern die fraglichen Gypse an mehreren Punkten zu industriellen Zwecken gewonnen werden. Eine Altersverschiedenheit dieser Bildung gegenüber der Salzformation soll aber durch die vorgenommene Trennung nicht angedeutet werden. DE. ee [55] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 4717 Alles Uebrige, wie die später zu beschreibenden Bogueicer Sande, die foraminiferenführenden Thone von Krzeszowice u. Ss. w., wurde unter der Bezeichnung „Marines Neogen im Allgemeinen“ beisammengelassen. Dass das gesammte Neogen unseres Gebietes dem Mioeän angehört, darüber dürfte keinerlei Meinungsverschiedenheit obwalten. Es ist allgemein bekannt, dass Ablagerungen vom Alter der Congerienschichten bei Krakau bisher nicht nachgewiesen wurden. Dass aber auch eine Vertretung der sarmatischen Stufe in strengerem Sinne daselbst nicht stattfindet, wird ziemlich allseitig zugestanden.!) Gemäss den herr- schenden Ansichten und namentlich gemäss der Fauna, welche ins- besondere Reuss aus den Ablagerungen von Wieliezka beschrieben hat, und welche die Hauptmasse der paläontologischen Beweise für die Altersdeutung des jüngeren Tertiärs bei Krakau geliefert hat, darf aus- gesprochen werden, dass dieses Tertiär speciell der sogenannten Medi- terranstufe des Wiener Beckens entspricht. Da diese Mediterranstufe von manchen Forschern durch längere Zeit wiederum in eine obere und untere Stufe getheilt wurde, so hat man auch versucht, die galizischen Miocänbildungen in diese liintheilung hineinzupassen. Für diejenigen Fachgenossen, welche der Discussion gefolgt sind, die sich in den letzten Jahren über die Berechtigung dieser weiteren Eintheilung abgewickelt hat, brauche ich wohl nicht erst zu bemerken, dass diese Berechtigung heute äusserst zweifelhaft seworden ist und dass es namentlich für Galizien nicht angeht, jene Eintheilung anzuwenden, ohne in die gröbsten Inconsequenzen und in thatsächlichen Widerspruch mit den Verhältnissen in der Natur zu gerathen. Mein Standpunkt hierbei, sowie überhaupt bezüglich der Versuche einer Gliederung des Neogens in den österreichischen Ländern ist in zwei in der Zeitschrift der deutschen geologischen Gesellschaft (Berlin 1884, pag. 68—121 und 1886, pag. 26—138) abgedruckten Aufsätzen so eingehend begründet worden, dass ich hier leicht von einer längeren Auseinandersetzung dieses verwickelten Themas absehen kann. Was etwa dabei noch speciell für die Zwecke dieser Abhandlung zu re- eapituliren oder neu zu erwähnen wäre, wird der Leser in den ein- schlägigen Abschnitten der folgenden Beschreibung finden, namentlich in demjenigen Theile derselben, welcher die Verhältnisse von Wieliezka behandelt. Für uns sind also die mannigfaltigen Gesteinscomplexe des Jüngeren Tertiärs von Krakau nur verschiedene Erscheinungsweisen innerhalb eines einzigen Horizontes, der etwa dem Leithakalk und dem Badener Tegel des Wiener Beckens zusammen entspricht, wenn auch eine Altersverschiedenheit einzelner Theile jener Ablagerungen innerhalb dieses Horizontes ebenso selbstverständlich ist, wie etwa zeitliche Differenzen einzelner Handlungen innerhalb eines und desselben Jahr- hunderts oder in einer durch bestimmte Erscheinungen und eine Reihe gleichartiger Handlungen charakterisirten historischen Epoche selbst- verständlich sind. !) Gewisse abweichende Meinungen, die bezüglich Wieliezkas und auch bezüglich der fossilen Flora von Swoszowice vorgetragen worden sind, werden im Verlauf der diese Gegenden behandelnden Capitel erwähnt werden. 62* 478 Dr. Emil Tietze. [56] Wenn wir uns jetzt dem Diluvium zuwenden, so treten wir in die Besprechung einer allgemeiner verbreiteten und wenigstens mit einigen ihrer Glieder, sowobl im karpathischen wie im ausserkarpathischen Gebiet von Krakau vorhandenen Formation ein. In den höher an- steigenden Theilen des karpathischen Gebirges allerdings nur spärlich und in der Regel nur durch wenig ausgedehnte Flussabsätze vertreten, breiten sich dagegen die diluvialen Ablagerungen über einen grossen Theil des niedrigen karpathischen Hügellandes und der hügeligen, wie tief gelegenen Gegenden des ausserkarpathischen Gebietes aus. Die Gestalt, in welcher dieselben auftreten, ist oft so verschieden wie ihr Ursprung. Der diluviale „Schotter“, von Flussabsätzen herrührend, spielt relativ keine bedeutende Rolle, so mächtig auch local sein Auftreten sein mag. Immerhin ist es nicht ganz unnützlich, dieses Auftreten zu verfolgen, schon der bisweilen vorhandenen Beimengungen nordischer Gesteine wegen. | Viel wichtiger freilich sind die Bildungen, welche direet mit dem nordischen Glacialphänomen zusammenhängen. „Erratische Blöcke* sind sowohl nördlich der Weichsel als bis ziemlich tief in den nördlichen Theil des karpathbischen Gebirges hinein verbreitet, wenn auch ihr Vorkommen an der Oberfläche ein ziemlich sporadisches genannt werden muss. Sie liegen in dem ausserkarpathischen Gebiete sowohl auf der Höhe von Plateaus wie bei Karniowice unweit Kobylany als auch mehr oder weniger an der Basis der dortigen Erhebungen. Bei Rybna südlich von Sanka und bei Radwanowice östlich Krzeszowice befinden sich derartige Blöcke am Südabfall von jurassischen Plateaus, bei Zabierzow auf der Nordseite der dortigen Erhebungen in ziemlicher Höhe über dem Rudawkathale. Sie greifen dann über die Weichsel hinüber, wo sie beispielsweise bei Borek szlachecki unweit Skawina in grösserer Häufigkeit gefunden werden und dehnen ihre Verbreitung über das niedrige karpathische Vorland der Karpathen aus, wo sie wohl häufiger anzutreffen wären, wenn nicht eine jüngere bedeutende Lössansammlung sie den Blicken an manchen Stellen entziehen möchte. Da es wichtig ist, für diese Vorkommnisse die südliche Grenze und ihre Seehöhe kennen zu lernen, so nenne ich hier die südlichsten Punkte, an denen solche beobachtet wurden, in der Reihenfolge von Westen nach Osten und unter der Beisetzung der Seehöhen: 1. Etwas südlich von Andrychau in der Riehtung gegen Sulkowice und Zagornik zu (Höhe circa 340 Meter) im dortigen Thale. 2. Zwischen Isdebnik und Lanckorona auf der dortigen Sandsteinhöhe (Höhe circa 340 Meter). 3. bei Jawornik nördlich Myslenice, ziemlich nahe der Höhe eines Sandsteinhügels (Höhe circa 300 Meter). 4. Schlossberg von Dobezyce (Höhe des Blockvorkommens circa 330 Meter). 5. Im Thale südlich Stad- niki, östlich von Dobezyce (Höhe ca. 300 Meter). 6. Auf der halben Höhe des Berges südlich Tarnawa, im Südosten des Gebietes (Höhe eirca 370 Meter). Da in denjenigen Theilen der westgalizischen Karpathen, die Dr. Uhlig bereist hat, nordische Geschiebe noch in einer Höhe von 400—--420 Meter vorkommen (vergl. Jahrb. geol. Reichsanst., 1883, pag. 555), bei Schönwaldau in Schlesien nach Halfar solche sogar [57] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau, 479 in 1400 Fuss Höhe gefunden wurden (Römer, Geol. v. Oberschl., pag. 432), so bleiben die hier mitgetheilten Höhen immer noch mehr oder weniger unter der Maximalhöhe zurück, bis zu welcher das nordische Erratieum an den Abhängen, welche seiner südlichen Ausbreitung Grenzen setzten, hinaufstieg. Es muss aber hervorgehoben werden, dass in unserem Gebiete der zuletzt erwähnte Punkt bei Tarnawa nur für die Südgrenze des Vorkommens, und nicht für dieses überhaupt, dessen höchste beobachtete Seehöhe bezeichnet. Der vorhin auch schon erwähnte Punkt auf dem Juraplateau von Kamiowice bei Kobylany liegt mindestens ebenso hoch, wo nicht höher, da die höchste noch auf galizischem Gebiete befindliche Kuppe jenes Plateaus, die Krzemionka, bis zu 449 Meter sich erhebt und der Rand desselben Plateaus, wo ich die Blöcke fand, gewiss nicht viel unter 400 Meter geschätzt werden darf. Die erratischen Geschiebe, welches immer ihre Transportursache gewesen sein mag, müssen also jedenfalls in dem Gebiete zunächst nördlich der Weichsel Höhen von 400 Meter und darüber passirt haben, ehe sie die Karpathen erreichen konnten. Ich habe mich bereits in meiner Beschreibung der geognostischen Verhältnisse der Gegend von Lemberg (Jahrb. d. geol. Reichsanst., 1882, pag. 105) der Theorie Torell’sund Krapotkin’s angeschlossen, welche im Gegensatz zur Drifttheorie das nordische Erraticum auf eine grosse bis an die Grenzen seines Vorkommens gereicht habende Vereisung zurückführt und habe dort die Gründe auseinandergesetzt, die mich zu diesem Anschluss bestimmten. Seitdem habe ich keine Veranlassung gehabt, von dieser Ansicht abzuweichen. Ich thue das auch heute nicht, da ich im Gegentheil mehr und mehr mich von dem Werthe der betreffenden Theorie überzeugt fühle. Gerade die ungleichen Seehöhen, bis zu welchen dies Phänomen an seiner südlichen Gebirgsumrandung reicht und die sich sehr gut durch locale Verschiedenheiten in der Mächtigkeit und besonders der vordringenden Kraft eines Gletschers er- klären lassen, werden von der Drifthypothese nicht erklärt werden können. Ich will aber nicht unterlassen, darauf hinzuweisen, dass wir am ganzen Nordabfall der Karpathen, soweit dort die sporadische Ver- breitung der nordischen Geschiebe reicht, nirgends etwas finden, was einem einigermassen zusammenhängenden Stück einer Endmoräne des grossen supponirten nordischen Gletschers gleichen würde. Man sollte dergleichen doch wohl entdecken können, wenn die Gletschertheorie nach allen Richtungen hin begründet werden müsste. Bei dem heutigen Stand unserer Kenntniss bleibt aber nichts übrig, als anzunehmen, dass denudirende und zerstörende Kräfte, wie sie allerdings an den von vielen Schluchten durchfurchten karpathischen Gehängen zu gewaltiger Wirksamkeit gelangen konnten, den grössten Theil der den alten Gletscherrand bildenden Blockzone schon wieder hinweggeschafft haben. Die Spuren des nordischen Glacialphänomens beschränken sich übrigens bei Krakau so wenig wie anderwärts auf die erratischen Blöcke selbst. Auch in mancher der Schotterbildungen kommen die- selben, wie oben schon einmal angedeutet wurde, durch das Vor- kommen der betreffenden Geschiebeelemente zum Ausdruck. Ich habe indessen auf der Karte den Schotter mit und ohne nordisches Material 480 Dr. Emil Tietze. [58] nicht weiter getrennt. Wo solches Material vorkommt, wie bei Klaj oder Niepolomice, wird es an geeigneter Stelle besprochen werden. Endlich kann man sich auch der Ueberzeugung nicht verschliessen, dass wenigstens die Hauptmasse dessen, was auf der Karte als dilu- vialer „Sand“ bezeichnet wurde, in inniger genetischer Beziehung zu den glacialen Vorgängen steht, ganz wie wir das für das Sandgebiet des ganzen westlichen Galizien überhaupt aussprechen dürfen, worüber ich mich gelegentlich der Beschreibung der Gegend zwischen Rzeszow und der Weichsel bereits andeutungsweise auszulassen Gelegenheit hatte (Jahrb. d. geol. Reichsanst., 1883, pag. 290, 301). Dass ein grosser Theil des Sandes dann vielleicht als jüngerer Flugsand oder theilweise auch als Umschwemmungsproduct auf secundärer Lagerstätte liegen mag, ist dabei gleichgiltig. Es handelt sich hier um den Ursprung des Materials. In unserem Falle ist die Herkunft des Sandes ohnehin meist gar nicht zu erklären, wenn man ihn als ein von dem Grundgebirge der Gegend abgeleitetes Product ansehen wollte. Die bedeutendsten Sand- ausbreitungen finden sich bei Klaj und Niepolomice östlich von Krakau, in der Gegend von Bierzanow, bei Skawina, im Gebiet zwischen Tenezynek und Chrzanow, zwischen Sierza und Szezakowa, bei Dabrowa, sodann in den Terraindepressionen, welche sich westlich und nordwest- lich von Chrzanow zwischem dem triadischen Gebirge hinziehen, und ausserdem werden grössere Strecken in der Nähe des nördlichen Weichsel- ufers, östlich von Chelmek, davon eingenommen. Die Mächtigkeit der ganzen Bildung ist dabei oft eine sehr beträchtliche und beträgt vielfach sicher über 100 Fuss. Nur in einzelnen Fällen liegen dabei sandige ältere Bildungen direct unter dem diluvialen Sand, wie die sandigen Neogenschichten in der Nähe des Karpathenrandes südlich von Krakau, oder wie bei Jaworzno die Sandsteine der Kohlenformation oder endlich wie bei Zagorze und anderen Punkten des gegen die Weichsel gekehrten Abfalls der südlichsten triadischen Hügelreihe die sandigen Schichten des bunten Sandsteines bezüglich der Permformation. Indem sich dort stellenweise die Eluvien der vordiluvialen Absätze mit dem diluvialen Sande und dessen eventuellen Umlagerungsproducten vermischen, kann sogar die Grenze des Diluviums gegen das ältere Gebirge zu einer undeutlichen werden, wie das bei Besprechung der fraglichen Punkte gesagt werden wird. Das darf aber über die Genesis des Sandes im Grossen und Ganzen nicht irreführen. In vielen anderen Fällen nämlich, wie zum Beispiel in allen speciell um Chrzanow gruppirten Depressionen, wird die Unterlage des Sandes von grösstentheils thonigen und kalkigen Gesteinen der mesozoischen Schichtenreihe oder, wie an gewissen Punkten vermuthet werden darf, von tertiären thonigen Ablagerungen gebildet, deren Verwitterungsproducte sicher ein anderes Aussehen besitzen würden als unser Sand. Zudem ist die Verknüpfung des letzteren mit nordischem Schotter an manchen Punkten eine ganz evidente. Der „Löss“ ist besonders im Bereich der nördlichen niedrigeren Zone des karpathischen Gebietes der Karte, das heisst also im kar- pathischen Vorlande und ausserdem nördlich von Krakau im Bereich der von den dortigen obereretaeischen Schichten gebildeten Hügel sehr [59] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 481 verbreitet, erstreckt sich aber auch von dort westlich nach den Ab- hängen des Rudawkathales und findet sich endlich auch vielfach in der Gegend von Liszki und bei Alwernia. Dass ich mich bezüglich der Entstehungsursache dieses Gebildes der Richthofen’schen Theorie anschliesse, ist den Fachgenossen bekannt und habe ich bereits vielfach Veranlassung gehabt, diesen Anschluss im Hinblick auf die mir näher bekannt gewordenen Gegen- den zu begründen (vergl. Verhandl. d. geol. Reichsanst. 1878, pag. 113 und Jahrb. d. geol. Reichsanst., 1832, pag. 105—142, wo ich mich am Eingehendsten, namentlich auch über den galizischen Löss geäussert habe und endlich auch Jahrb. d. geol. R.-Anst., 1885, pag. 321, wo ich gewisse Beobachtungen im südlichen Kleinasien zur Unterstützung der erwähnten Theorie heranziehen konnte). Dass wir ferner alle Ursache haben, den galizischen Löss in allen den Gegenden, wo derselbe in räumliche Verbindung mit den nordischen glacialen Ablagerungen tritt, für Jünger als die letzteren zu halten, muss ferner, gleichviel wie wir uns den Löss entstanden denken, endlich einmal als constatirt angesehen werden, wenn es auch bei manchen Arbeiten, welche die Beziehungen des Löss zur Eiszeit erörtern, noch immer nicht berücksichtigt wird. Galizien liegt ja doch nicht im Innern von Afrika, sondern ist ein Deutschland benachbartes Gebiet und deshalb könnten deutsche Geologen den hier von verschiedenen Forschern in Uebereinstimmung gewonnenen Ergeb- nissen immerhin einige Aufmerksamkeit zuwenden. Für die hier beschriebene Gegend ist nun im Hinblick auf dieses jüngere Alter des Löss ein Verhältniss wahrzunehmen , welches sicher geeignet ist, die Annahme einer fluviatilen Entstehung des Löss wenig wahrscheinlich zu machen und dieses Verhältniss besteht in dem häufig zu beobacktenden Höhenunterschied zwischen der Lage des Löss und der Lage der diluvialen Sand- und Schotterabsätze. Während diese Absätze sich nämlich gerade in der weiteren Umgebung Krakaus überall an die jeweiligen Terraindepressionen in ihrer Verbreitung halten, bekleidet der Löss vielfach die Gehänge der Anhöhen und erscheint sogar ähnlich, wie wir das für die Gebiete des podolischen Plateaus kennen, als Decke auf der Oberfläche von plateau- artigen Erhebungen ausgebreitet. Abgesehen nun von der Schwierigkeit, die dieses deckenartige Verhalten und die damit verbundene Ueber- brückung von Wasserscheiden schon an sich für die Annahme einer fluviatilen Entstehung dieser Bildung im Gefolge hat, worüber ich mich schon in meiner Arbeit über die Gegend von Lemberg geäussert habe, kommt hier noch eine weitere solche Schwierigkeit hinzu. Dieselbe liegt in der Erwägung, dass die fluviatilen Wassermassen, welche den Löss abgesetzt haben könnten, erst nach dem vollendeten Rückzug des nordischen Eises ihre Thätigkeit aufgenommen haben müssten und dass sie bei den absoluten Höhen von bisweilen über 300 Meter, zu denen der Löss aufsteigt, Höhen, die sich oft 60—100 Meter über dem Niveau der heutigen Weichsel befinden, den allergrössten Theil unseres ausser- karpathischen Gebietes und somit auch die von dem älteren diluvialen Sand eingenommenen Depressionen bedeckt haben würden. Warum so gewaltige Fluthen, welche oft auch weit über das Niveau der jeweilig zunächst gelegenen sandigen Thalausfüllungen 482 Dr. Emil Tietze. [60] hinausgereicht haben müssten, den losen Sand nicht grösstentheils fort- gespült haben, ist schwer zu begreifen. Gesetzt aber auch, es fände sich für dieses Bedenken eine passende Erklärung und man dürfte glauben, der Sand habe wie alles Andere den jenen Löss absetzenden Gewässern einfach als Untergrund gedient, so ist es doch wieder merk- würdig, dass ausgedehnte Strecken jener Sandausbreitung vorkommen, ohne dass irgend eine Spur vorläge, die auf eine einstige Bedeckung derselben durch Löss schliessen liesse. Da müsste man also wieder zu ausgiebigen Denudationsvorgängen seine Zuflucht nehmen, welche nach der Zeit des Lössabsatzes den letzteren daselbst wieder beseitigt hätten, und zwar auch an solchen Stellen beseitigt hätten, wie zwischen Dulowa und Nieporaz, wo Wasserscheiden existiren, welche sicherlich nicht als der Ort einer ausgiebigen Denudationsarbeit anzusehen sind. Man sieht hieraus, dass die Begründung der Theorie von der fluviatilen Entstehung des Löss im Einzelnen immer wieder auf Hindernisse stösst und in einem Falle, wie dem unseren, eines com- plieirten Apparates von gewaltsamen Annahmen bedürfte, um zugänglich zu werden, selbstverständlich ohne dass ich jedoch in den hier er- wähnten Schwierigkeiten der gegnerischen Theorie einen direeten Beweis für die äolische Entstehung des Löss zu erblicken gewillt sein kann. Solche directe Beweise findet man eben bei Richthofen und Er- gänzungen dazu in den zuletzt erwähnten Mittheilungen von mir. Es ist hier aber nicht der Ort, wo ich genöthigt sein könnte, dieselben zu wiederholen. Erwähnt mag nur werden, dass die von mir gelegentlich der Beschreibung der Gegend von Lemberg jenen Beweisen beigesellte Thatsache der einseitigen Verbreitung des Löss auf der Leeseite meridional verlaufender Thäler sich auch für unser Gebiet auf’s Neue hat eonstatiren lassen. Ich gedenke in den dieser Abhandlung beizu- gebenden Schlussbemerkungen auf diesen Gegenstand zurückzukommen. Was die organischen Einschlüsse des Löss im Krakauer Gebiet betrifft, so muss die Seltenheit der sonst für den Löss charakteristischen Conebylien betont werden, ein Umstand, der mir übrigens ganz ähnlich für den Löss der Gegend von Rzeszow aufgefallen war (Jahrb. d. geol. Reichsanstalt, 1883, pag. 284), so dass man wohl deu westgalizischen Löss ganz im Allgemeinen für conchylienärmer als den ostgalizischen und podolischen wird halten dürfen. Doch kommen immerhin einzelne an Lössschnecken reichere Partien auch in unserem Gebiet vor. Der Löss im Bereich der Jurakalke scheint darin begünstigter zu sein als derjenige, der das Vorland der Karpathen bedeckt. Doch darf ich hier die Localität Chelm an der Raba als reich an Schnecken hervorheben. Auch an diluvialen Säugethierresten fehlt es im Krakauer Gebiet nicht. Pusch (Geol. von Polen, II. Th., pag. 564 und 565) erwähnte Reste von Ochsen und Hirschen von der Raba und Mammuthknochen oder Zähne von ebendort, sowie aus der Gegend von Krakau und Wieliezka, welche, wie er sich ausdrückt, im „Lehm an der oberen Weichsel“ gefunden wurden, welchen Lehm er sogar als reich daran bezeichnet. Da kann doch nur Löss gemeint sein. Auch gibt Zeuschner (Karsten’s Archiv, 1845, 19. Bd., pag. 675) ausdrücklich an, dass der Löss bei Krakau Reste von Zhinoceros tichorhinus und Elephas primi-. genius enthalte. [61] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 483 Der Schädel und die Mammuthknochen , welche an Ketten am Hauptthore der Kathedrale des Wawel hängen, sind, wie Temple nach Staszie (OÖ ziemiorodztwie karpatöw i innych gor i rownin Polski, Warschau 1315) berichtet, in der Umgebung der Stadt aufgefunden worden, doch ist ihr Fundort nicht näher bekannt. Andere Reste stammen aber aus den Höhlen des Jura und haben (vergl. Temple, Gestaltung des Bodens im Grossherzogthum Krakau, Pest 1867, pag. 41) daher mit der Lössfauna sicher nichts zu thun. Die Mächtigkeit des Löss im Krakauischen hat Zeuschner (Sitzber. d. Akad. d. Wiss., Wien 1855, 17. Bd., pag. 289) als stellen- weise 50— 100 Fuss betragend angegeben, was mir aber selbst bei Witko- wice, wo diese grösste Stärke angeblich erreicht werden soll, zu hoch geschätzt erscheint. Dass die Grenze der äolischen Lössbildungen gegen die Ver- witterungslehme nicht leicht zu ziehen ist, kann leicht eingesehen werden. Ich habe die letzteren auch nicht besonders vom Löss abge- trennt. Es muss die überwiegende Hauptmasse der auf der Karte als Löss bezeichneten Bildungen übrigens als echter Löss betrachtet werden. Als „sandig lehmiges Diluvium“ habe ich auf der Karte gewisse, theils mehr sandige, theils mehr lehmige Bildungen bezeichnet, welche in nächster Nähe von Krakau beobachtbar sind und welche, obschon sie nach Norden zu in Löss übergehen, doch schon deshalb nicht als echter Löss aufgefasst werden dürfen, weil eine Beimengung grösserer Quarzkörnchen gegen den äolischen Ursprung derselben zu sprechen scheint. Es ist nun zwar richtig, dass, weil Richthofen’s Theorie die Mitwirkung von Spülwässern bei der Lössbildung neben der atmosphärischen Action berechtigter Weise in Anspruch nimmt, sich Quarzkörner oder andere kleinere Gesteinsbrocken sehr gut in einer wirklichen, ganz nach den Erfordernissen der Theorie zu Stande ge- kommenen Lössbildung vorfinden könnten. Dergleichen wird man dann aber lieber in der Nähe eines für den Ursprung der betreffenden Par- tikeln verantwortlich zu machenden Gehänges voraussetzen als wie hier in der Nähe eines vorwiegend von echtem Löss bedeckten Terrains. Da nun die fraglichen Absätze sich um den Einfluss des Rudawa- Thales und einiger anderen kleineren Thäler in die Weichsel herum vorfinden, so dass das Material, um welches es sich handelt, nicht durchgängig aus nächster Nähe zu stammen braucht, so wird man dasselbe wohl für ein angeschwemmtes und die stellenweise Löss- ähnlichkeit desselben als von der Umlagerung von Löss herrührend halten dürfen. Mit anderen Worten, dieses Diluvium ist grösstentheils als ein umgeschwemmter Löss mit fremden Beimengungen zu be- trachten. In der Nähe von Isdebnik (zwischen Kalwarya und Myslenice) habe ich einen Thon beobachtet, der sonst nirgends in unserem Gebiet wieder angetroffen wurde. Es lag kein Grund vor, denselben nicht für diluvial zu halten und wurde derselbe deshalb als „diluvialer Tegel“ auf der Karte ausgeschieden, obschon die Altersdeutung in diesem Falle keine ganz sichere ist. Das Anschwemmungsmaterial der Flüsse, das Alluvium, wurde, wie das vorläufig für die Mehrzahl der in Oesterreich aufgenommenen Jahrbuch der k, k. geol, Reichsanstalt. 1887. 37. Band. 3. Heft. (Dr. Emil Tietze) 63 484 Dr. Emil Tietze. [62] Karten üblich ist, nicht weiter nach der selbstverständlich in ver- schiedenen Theilen des untersuchten Landstriches abweichenden Be- schaffenheit unterschieden. Es umfasst das Ueberschwemmungsgebiet der Flüsse in heutiger Zeit oder in der jüngsten geologischen Ver- gangenheit und wurde in der Karte weiss gelassen. Selbstverständlich wurden auch die „Torfbildungen“, welche besonders zwischen Niepolomice und Klaj vorkommen, hierher gerechnet. Eine besondere Ausscheidung derselben schien kaum erforderlich. Auf der schwarzen topographischen Unterlage unserer geologischen Karte sind die vorhandenen Torfstiche ohnehin durch eine besondere Be- zeichnung (bestehend aus ziegelförmig neben- und übereinandergelegten, kleinen, liegenden Vierecken) bemerklich gemacht. Dagegen wurde das Vorkommen der „Rasenerze“ besonders hervorgehoben, da dieselben neuerdings, seit man gelernt hat unter Anwendung des sogenannten Thomas-Verfahrens den Phosphorgehalt derselben für die Eisenindustrie unschädlich zu machen, in Galizien viel gesucht werden. Sie treten zumeist im Bereich der diluvialen Sande als nachträgliche Bildung auf. | Um nun die Aufzählung der unser Gebiet zusammensetzenden Bildungen zu vervollständigen, muss man noch die daselbst auftretenden Eruptivgesteine erwähnen. Nur an einem Punkte, und zwar im karpathischen Flyschzug, in der Nähe von Kalwarya findet sich auf der Karte „Granit“ ver- zeichnet. Es ist dies ein Vorkommen, welches in mancher Beziehung schon bei der Besprechung der „exotischen Blöcke“ hätte genannt werden können, von welchem aber, seiner relativen Grösse wegen, vielleicht angenommen werden darf, dass es als ein anstehender ver- einzelter Ueberrest einer alten Gesteinszone aufzufassen ist. Das Alter dieses Gesteines lässt sich schwer genauer ermitteln. Vielleicht ist es dem der Tatragranite entsprechend, mit dessen Varietäten auch die nach einzelnen Partien etwas wechselnde petrographische Natur des Granits von Kalwarya ziemlich gut übereinstimmt. Westlich von Krakau, im Bereiche der ausserkarpathischen For- mationsentwicklung bei Miekinia, Rudno, Tenezynek, Alwernia, Zalas, Sanka, Frywald und Baezyn treten dann mehrere Eruptivgesteine auf, welche schon seit längerer Zeit Gegenstand besonderer Aufmerksamkeit gewesen sind und bezüglich ihrer Benennung bis in die neueste Zeit hinein zu Controversen Veranlassung gegeben haben. Auf der Karte erscheinen dieselben als „Porphyr*, „Melaphyr“* und „Trachy- tischer Porphyr“ bezeichnet. In seinem Aufsatze über „die Eruptivgesteine aus der Umgebung von Krzeszowice bei Krakau“ (im Jahrb. d. geol. Reichsanstalt, 1885, pag. 736) hat Rudolf Zuber die Literatur über diese Gesteine sehr sorgsam zusammengestellt. Ausser den Angaben, welche in den beiden Fundamentalwerken für das Krakauer Gebiet, den wiederholt erwähnten Arbeiten von Römer und Fallaux-Hohenegger auf unseren Gegenstand sich beziehen, sind für uns besonders nennenswerth die folgenden Mittheilungen: Tschermak, Ueber Porphyre aus der Gegend von Nowa göra bei Krakau (Sitzber. d. math.-naturwiss. Classe d. Akad. d. Wiss., Wien 1865, Bd. LI, 1. Abth., pag. 471), Tsehermak, Die Bi - [63] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 485 Porphyrgesteine Oesterreichs aus der mittleren geologischen Epoche (Wien 1869,. pag. 236), F. Kreutz, Plutonische Gesteine in der Umgebung von Krzeszowice (Verhandl. d. geol. Reichsanstalt, Wien 1869, pag. 157) und Hussak, Eruptivgesteine von Krzeszowice (Verhandl. d. geol. Reichsanstalt, 1876, pag. 73). Das Gestein von Miekinia hat besonders Kreutz sehr gut be- schrieben und Felsitporphyr genannt. In der Zusammensetzung dieser Fels- art überwiegt, um die Worte des genannten Autors zu gebrauchen, „sehr bedeutend die intensiv braunrothe, ganz homogen aussehende Grund- masse“ von frischem Aussehen , welche aus einem innigen felsitischen Gemenge von Orthoklas und Quarz besteht. „In der Grundmasse liegen zahlreiche Feldspathkrystalle, die von dem dunklen Ton der Grund- masse schön und deutlich abstechen. Die häufigsten sind kleine frische, stark glänzende, farblose und durchsichtige Krystalle.“ Etwas trikliner Feldspath kommt neben dem Orthoklas auch noch vor. Schwarzer und tombakbrauner, stark glänzender Magnesiaglimmer und rauchgrauer Quarz sind ebenfalls, letzterer allerdings nicht eben reichlich , aus- geschieden. Auch Tschermak verwendet für dieses Gestein den Namen Felsitporphyr und Fallaux hat sich dem angeschlossen. Römer bezeichnet diese Felsart als quarzführenden Feldspathporphyr. Es besteht also im Wesentlichen wenigstens keinerlei Meinungsdifferenz über die Natur und die Benennung gerade dieses Gesteines unter den genannten Autoren. Ich habe mich auf meiner Karte mit dem einfachen Namen Porphyr begnügt, womit selbstverständlich keine Kritik der vorerwähnten speciellen Benennungen verbunden sein soll. Zuber hat übrigens in seiner oben angeführten neuesten Ab- handlung das Gestein unter dem Namen Syenitporphyr vorgeführt. Das Gestein von Rudno, Tenezynek und Alwernia ist von den Autoren das eine Mal als Melaphyr, das andere Mal als Porphyrit be- zeichnet worden. Es ist dicht und lässt Ausscheidungen der dasselbe ursprünglich zusammensetzenden Mineralien kaum erkennen. Seine Färbungen sind braun, grau oder grünlich, jedoch meist ziemlich dunkel. Die Grundmasse ist feldspathig und besteht, was diesen Feldspath an- langt, augenscheinlich ganz vorwaltend aus Plagioklas. Feine Magnet- eisenkörner sind nach Kreutz in der Grundmasse überall reichlich eingestreut und auch Tschermak gibt das Vorkommen von Magnetit dabei an. Ausserdem tritt Biotit und Caleit auf. Ersterer, der sich unter dem Mikroskop als zahlreich vorhanden nachweisen lässt, kommt auch manchmal in Blättchen vor, die sich mit der Lupe oder mit freiem Auge wahrnehmen lassen. Tschermak beobachtete auch schwarze Einschlüsse, welche dasselbe Aussehen wie die Olivinmeta- morphosen im Melaphyr von Fontanaz in Tirol zeigten. Websky (Anhang zu Römer’s Geol. v. Oberschl., pag. 439; vergl. auch diese Geologie selbst, pag. 111), der das dunkle Gestein des Tenezyner Thier- gartens Olivingabbro genannt hat, hat in gewissen, unter dem Mikroskop häufigen grünen oder gelblichen Körnern desselben Olivin erkannt. Ohne die letztere Beobachtung als eine allgemein irrthümliche zu bezeichnen, und indem er das Vorhandensein von Olivin als wahr- scheinlich zugesteht, meint Zuber indessen, dass die meisten dieser Körner auf Augit zurückzuführen sind. Er hat auch in den Vor- 63* 486 Dr. Emil Tietze. [64] kommnissen der Gegend von Alwernia Augitkörner nachgewiesen, welche dort vorwiegend hellbraun gefärbt sind, so dass wir auch Augit als einen weit verbreiteten integrirenden Gemengtheil der fraglichen Gesteine anzusehen hätten, ebenso wie wir Olivin oder dessen Zer- setzungsproducte als einen vermuthlich öfter vorhandenen accessorischen Gemengtheil dabei voraussetzen dürfen. Es ist dies namentlich des Augits wegen nöthig hervorzuheben, weil Tschermak „weder Augit noch Hornblende* in den von ihm untersuchten Stücken finden konnte. Fügen wir noch hinzu, dass an manchen Punkten das Gestein als Mandelstein ausgebildet ist, so haben wir das Wichtigste zu seiner Charakteristik wohl gesagt. Tschermak und Kreutz bringen dasselbe nun bei den Por- phyriten unter, wobei der letztere die Abwesenheit von Quarz durch den Namen „Quarzfreier Porphyrit“ besonders ausgedrückt wissen will. Doch hat der erstere seine Bestimmung als eine unsichere betrachtet, da die Proben, die er dazu benützte, sehr zersetzt waren. Nur „wegen der lichten Färbung“ schreibt er (Porphyrgesteine, pag. 239), „die ge- wöhnlich bei dem Porphyrit, nicht aber bei dem Melaphyr vorkommt“, habe er diese Gesteine Porphyrite genannt. Weil aber, wie oben her- vorgehoben, die Gesteine von Rudno, Tenezynek und Alwernia in der Regel dunkel gefärbt sind, so ergibt sich, dass dem genannten aus- gezeichneten Petrographen keine typischen Fundstücke dieser Gesteine zur Bestimmung unterbreitet worden sind und dies ne nicht dazu bei, uns diese "Bestimmung zugänglicher zu machen. F. Römer hat die nahe Verwandtschaft der et Felsart mit den Melaphyren des schlesischen Rothliegenden betont und dieselbe auch Melaphyr genannt, worin ihm Zuber gefolgt ist, der, wie mir scheint, . durch seine Untersuchungen auch noch Weiteres zur Unter- stützung der betreffenden Ansicht beigebracht hat. Ich selbst habe mich wenigstens durch dessen Darlegung bestimmen lassen, auf der Karte den Namen „Melaphyr“ zu acceptiren, nachdem ich ursprünglich geneigt war, mich bei Tschermak’s Bestimmung zu beruhigen. Die meisten Schwierigkeiten für die Classification bietet aber das Gestein von Zalas, Sanka und Frywald, das auf meiner Karte „tra- chytischer Porphyr“ genannt wird. Römer fand es mit dem Porphyr von Miekinia nahe verwandt und eigentlich nur durch die Färbung verschieden. Es zeigt nämlich porphyrische Aussonderungen von Feldspath in einer Grundmasse, welche im frischen Zustande graugrün, in etwas verwittertem Zustande röthlich gefärbt ist. Diese röthliche Färbung ist aber von der gesättigten braunrothen Farbe des Porphyrs von Miekinia recht abweichend. Kreutz hat in unserem Falle den Namen „Quarzfreie Orthoklas- porphyre“ vorgeschlagen. Die Grundmasse nennt er orthoklastisch, er- füllt von staubartigen feinen Biotitblättchen ; Orthoklas ist in oft fleisch- röthliehen Krystallen ausgeschieden. Plagioklase, die übrigens auch Römer bemerkt hat, sind viel seltener, aber doch vorhanden. (Es ver- dient sogar betont zu werden, dass die Plagioklase sich anfänglich bei der Untersuchung mehr hervordrängen, wie sowohl Römer als Tschermak empfunden zu haben scheinen.) Die vorkommende Horn- blende ist nach Kreutz selten und meist in Biotit verändert. [65] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 487 Tsehermak. (Porphyre aus der Gegend von Nowagora, l. c. pag. 412) hatte dagegen, wie er sich ausdrückt, die Gesteine von Zalas und Sanka vom ersten Augenblick an als Trachyte angesprochen. In seinem Buche über die Porphyrgesteine (l. ec. pag. 238) schreibt er: „Von Rybna, Zalas, Sanka und Frywald erhielt ich Gesteine, welche genau wie Trachyte aussehen und auch dieselbe mineralogische Zu- sammensetzung zeigen. Da sie aber jedenfalls ein höheres geologisches Alter als der Trachyt besitzen, so sind diese Felsarten zur Porphyr- gruppe zu rechnen.“ Deshalb nannte sie Tschermak also nicht Trachyte, sondern Orthoklasporphyre. Am Schluss seiner Auseinander- setzung kommt er jedoch ausdrücklich noch einmal auf den trachytischen Charakter dieser Gesteine zurück und vergleicht sie mit den Sanidin- oligoklastrachyten aus dem Siebengebirge. Es sind gerade diese Gesteine, mit denen sich die früher er- wähnte, bei Professor v. Zirkel in Leipzig verfasste Mittheilung Hussak'’s beschäftigte, indem er auf die Verhältnisse der Mikrostructur ein besonderes Gewicht legte. Für diesen Autor wurde der trachytische Typus der Felsart von Zalas so zweifellos, dass er daraus sogar die Folgerung ableitete, dieselbe sei viel jünger als man bisher geglaubt habe. Durch die Beschaffenheit der Grundmasse wird nach dem Ge- nannten das fragliche Gestein „völlig dem Kreise der Porphyre ent- rückt“. Bei Porphyren sei es Regel, dass die Grundmasse mikroskopisch eine feinkörnige Zusammensetzung habe, bei welcher die einzelnen Bestandtheile keine hervortretende Längsaxe besitzen. Eine durch die Lagerungsweise linear ausgebildeter Individuen ausgeprägte Fluctuations- struetur komme dabei nicht vor. Ganz anders sei die Grundmasse unseres Gesteins beschaffen, die sich der von Trachyten und modernen Laven auffallend nähere. Die Orthoklasleisten dieser Grundmasse führen die „prächtigsten Strömungserscheinungen vor Augen,“ die man sehen könne „evidenter und detaillirter noch als in den siebengebirgischen und ungarischen Trachyten“. Die Gemengtheile des Gesteins seien ferner zwar solche, die einen quarzarmen Orthoklasporphyr charak- terisiren, die Struetur der Individuen besitze aber Eigenthümlichkeiten, die sich wieder vorzugsweise bei tertiären Trachyten fänden: „Die orthoklastischen Feldspathe zeigen gewöhnlich einen sehr detaillirten Aufbau aus einander umhüllenden Zonen und sind reich an den aus- gezeichnetsten Glaseinschlüssen. Bekannt ist, dass Flüssigkeitseinschlüsse wohl kaum in den Porphyrquarzen ganz vermisst werden, die Quarze des Krzeszowicer (d. h. Zalaser) Gesteins sind aber völlig frei davon, enthalten indessen die schönsten Glaseinschlüsse in solcher Menge, wie man es bei den Quarzen der Rhyolithe wiederfindet, die ihrerseits niemals liquide Partikel beherbergen.“ Als ich nun daran ging, meine Karte zu entwerfen, was für das Kartenblatt Krzeszowice ziemlich unmittelbar nach meiner Reise in diesen Theil des beschriebenen Gebiets, nämlich noch im Verlaufe des Winters 1883—1884 geschah, lag diese hier erwähnte Publication Hussak’s als jüngste von competenter Seite ausgehende Aeusserung über die Beschaffenheit des in Rede stehenden Gesteines vor. Es war also die an sich schon durch die hohe Autorität Tschermak’s unterstützte Auffassung von dem trachytischen Wesen unseres Gesteines Be: Dr Emil Tietze. [66] von einem Jüngeren tüchtigen, unter dem Einfluss einer anderen Autorität, wie Zirkel, stehenden Petrographen, noch eingehender begründet worden und eine Widerlegung dieser Ansicht aus späterer Zeit lag nicht vor, nicht einmal ein Widerspruch gegen dieselbe. Ein soleber Widerspruch erfolgte erst, als ich in meinem ersten Entwurf einer geologischen Colorirung des Kartenblattes Krzeszowice, von welchem einige Handcopien nach Galizien gesandt wurden, den Namen Trachyt für das fragliche Gestein thatsächlich verwendet hatte, ohne übrigens noch in der Lage gewesen zu sein, die Erläute- rungen für meine Karte zu verfassen, geschweige zu veröffentlichen, aus welchen Erläuterungen der von mir eingenommene Standpunkt sich erst wirklich hätte beurtheilen lassen. Dieser Widerspruch ging von den Herren Bienasz und Zuber aus, welche in Nr. 13 der Verhand- lungen von 1884 der geologischen Reichsanstalt sich energisch gegen die Anwendung des erwähnten Namens auf meiner Karte aussprachen, allerdings-ohne damals in petrographischer Beziehung nach eigenem Geständniss neue Gesichtspunkte beibringen zu können. Es handelte sich also nur um einen Widerspruch, nicht aber um eine Widerlegung, wenigstens nicht vom petrographischen Standpunkte aus, der für mich bei der Wahl jenes Namens allein maassgebend war und bleibt. Ich frug mich da freilich, warum man erstens jenen Widerspruch nicht ausschliesslich an die richtige Adresse gerichtet hatte und zweitens, weshalb man damit nicht schon früher hervorgetreten war, ehe man noch meine Manuscriptkarte zu Gesicht bekam, in welcher ja doch in diesem Fall nur eine fremde Bestimmung wiedergegeben wurde; drittens aber frug ich noch, warum man, wenn schon einmal widersprochen werden sollte, nicht andrerseits den Schluss der eigenen petrographischen neuen Untersuchungen abgewartet hatte, welche Herr Zuber dann später in der bereits früher eitirten werthvollen Mittheilung in dem Jahrbuch der Reichsanstalt (1885) publieirte und damals als im Zuge befindlich an- kündigte, warum man also dem Widerspruch nicht die Widerlegung beigesellte. | Seitdem das Studium der mineralogisch-geologischen Wissen- schaften zu einem so ausgedehnten geworden ist, dass allenthalben eine Spe- cialisirung derselben in einzelne Fächer eingetreten ist, seitdem hat sich an den meisten Orten, wo man über Specialisten für diese einzelnen Zweige verfügt, die Gewohnheit herausgebildet, diesen Speecialisten die Unter- suchung von Öbjeeten anzuvertrauen, welche in den Rahmen der von diesen Personen eultivirten Beschäftigung hineingehören. So überlässt der Geologe gern dem Petrographen von Fach die Bestimmung und nähere Untersuchung der von ihm bei seinen Exeursionen gesammelten Gesteine oder stützt sich auf solehe Untersuchungen, wo dergleichen bereits vorliegen. Er überlässt ihm aber damit selbstverständlich auch die Ver- antwortung für die betreffenden Ergebnisse, und zwar um so vertrauens- voller, je bedeutender der Ruf der betreffenden Persönlichkeit ist. Dieser Fall findet und fand Anwendung bei der Namengebung für das Eruptivgestein von Zalas und Sanka auf meiner Karte. Dass man aber dem Geologen einen Vorwurf daraus macht, wenn die Petrographen, auf die er sich zu stützen berechtigt glaubte, nach der Ansicht der be- treffenden Kritiker sich geirrt haben, das hatte ich nicht erwartet. [67] Die geognostischen Verhältnisse der Geg-nd von Krakau. A89 Noch weniger aber hatte ich erwartet, dass ein Vorwurf bezüglich der Namengebung für die besprochenen Gesteine von einem anderen als petrographischen Gesichtspunkt erhoben werden könnte, weil ich solebe andere Gesichtspunkte, wie Altersdeutung und Lagerung, wie schon gesagt, zu besprechen noch keine Gelegenheit gehabt hatte, ein Angriff nach solcher Richtung also von vornherein mit der Insinuation verbunden sein musste, ich würde dieselben, wenn ich daran ginge, wohl ohne den Grad von Kenntniss oder Verständniss besprechen, den die Angreifer für sich in Anspruch nehmen. Etwas von einem solchen Vorwurf war aber in der Mittheilung von Bienasz und Zuber gegen mich wohl enthalten, wenn derselbe auch nur in den Anmerkungen dazu (l. e. pag. 253) deutlicher zum Ausdruck kommt. Die beiden Autoren hatten nämlich Kenntniss von den petrographischen Ansichten Tschermak’s und Hussak’s, legten jedoch das Hauptgewicht bei der Benennung der Gesteine auf die Altersverhältnisse desselben. Sie zeigten, dass dasselbe älter als brauner Jura sei und hielten deshalb die Benennung Trachyt dafür für ausge- schlossen. Den früheren Forschern, welchen, wie sie sagen, die Thatsachen, aus denen nunmehr das relative Alter der Gesteine von Zalas und Sanka gefolgert wurde, und welche erst in der allerjüngsten Zeit aufgedeckt wurden, unbekannt bleiben mussten, wollen sie aus der Nichtbeachtung der betreffenden Verhältnisse keinen Vorwurf machen. Meine Karte, als neueste diesbezügliche Publication, sagten sie aber, und das war freilich richtig, sei ja auf Bestellung jedem Fach- genossen leicht zugänglich, folglich dürfe man sich wohl auf dieselbe beziehen. Das hiess doch so viel, wie, dass jener den früheren Forschern grossmütbig ersparte Vorwurf an mir als dem Autor der betreffenden neuesten Publication hängen zu bleiben häbe. Nun ist aber klar, dass die genannten beiden Autoren kein Recht hatten anzunehmen, ich hätte mit dem Namen „Trachyt“ irgend welche Altersdeutung der damit bezeichneten Gesteinsvorkommnisse verbunden, so lange ich mich über das Alter der Krzeszowicer Eruptivgesteine überhaupt noch nicht geäussert hatte. Sie hatten wohl auch keine Ver- anlassung zu der Annahme, ich hätte Beobachtungen, welche das vor- Jurassische Alter jener Gesteine bezeugen, überhaupt nicht gemacht, da sich solche Beobachtungen ja nicht blos an dem von ihnen näher beschriebenem Punkte, sondern auch an anderen Orten anstellen lassen. Ich habe meinen Nachfolgern sicherlich noch vieles Neue im Krakauer Gebiet zu entdecken übrig gelassen und bin völlig überzeugt, dass manche an sich sogar leichter zu machende Beobachtungen daselbst von mir nicht gemacht wurden, weil meiner Ueberzeugung nach in der mir verfügbar gewesenen Zeit eine so minutiöse Begehung der einzelnen Gebietstheile, wie sie oft wünschenswerth erscheinen konnte, nicht durchzuführen war, das aber kann ich versichern, dass mir über das höhere Alter der Gesteine von Zalas und Sanka von vornherein ebenso wenig Zweifel geblieben waren wie den genannten Autoren. Wenn ich trotzdem den Namen Trachyt in diesem Falle an- wendete, so geschah dies von einem bestimmten principiellen Stand- punkte aus, den ich bereits in einer früheren Publication ausdrücklich. betont hatte, so dass ich in meiner ersten Replik. auf die Bemerkungen 490 Dr. Emil Tietze., [68] der Herren Bienasz und Zuber nicht allein mit gutem Gewissen, sondern auch mit guten Belegen betonen konnte, es sei dies kein Ver- legenheitsstandpunkt, den ich mir erst als billiges Auskunftsmittel diesen Bemerkungen gegenüber zurecht gelegt hätte (Verhandl. geol. Reichsanstalt, 1884, pag. 2839—292). Ich weiss allerdings, dass dieser Standpunkt von Vielen heute noch nicht getheilt wird und auch Herr Zuber lehnt in seinem neuesten Aufsatz jedes Eingehen auf denselben ausdrücklich ab. Ich will ihn gerade deshalb hier nochmals, und zwar etwas eingehender ausein- andersetzen. Es findet sich dann mit der Zeit doch vielleicht Einer oder der Andere, der diese Auffassung für diseussionsfähiger hält, als sie denjenigen erscheint, die an der hergebrachten Verquiekung mineralogisch-petrographischer und geologischer Gesichtspunkte bei der Benennung von Gesteinen festhalten. Als ich vor mehreren Jahren (Jahrb. geol. Reichsanst. 1880) die allgemeinen Umrisse der geologischen Verhältnisse des östlichen Bosnien zu beschreiben unternommen hatte, musste ich auf die bedeutende Ent- wicklung von Serpentinen (und gewissen damit verbundenen Diabasen, Dioriten und Gabbrogesteinen) hinweisen, welche der dortigen Flysch- zone untergeordnet sind und deren Alter keinesfalls älter als ceretacisch ist. Nun waren zwar dergleichen Serpentine aus Jüngeren Formationen schon vielfach von verschiedenen Orten und zum Theil bereits seit län- gerer Zeit in der Literatur erwähnt worden, ohne dass man aber dieser Angelegenheit in Rücksicht auf die allgemeine Geologie viel weitere Beachtung geschenkt gehabt hätte. So wie unsere Vorstellungen über die Eintheilung der sedimentären Formationen bis in die jüngste Zeit nur schwer die Erinnerung an die localen Verhältnisse abstreifen konnten, welche dem ersten intensiveren Studium dieser Formationen als Basis gedient hatten, so ging es und geht es noch bei den Vor- stellungen, welche man über die Beziehung gewisser Gesteinstypen zu dem geologischen Alter derselben besitzt. Mit einem Worte, es haftet uns unwillkürlich überall die Erinnerung an das ausseralpine Mittel- europa an. In der That aber, wie ärmlich und wenig ausgedehnt erscheinen beispielsweise die älteren Gabbro- und Serpentinentwicklungen von Zobten und bei Neurode oder Frankenstein in Schlesien oder diejenigen des Harzes im Vergleich mit der ausgedehnten jüngeren Serpentin- formation Bosniens und anderer südlicher Gebiete, besonders der Mittel- meerländer. Schon gelegentlich meiner Untersuchung des Gebirgslandes südlich Glina in Croatien (Jahrb. geol. Reichsanst. 1872), wo ich einen Vorgeschmack der später von mir in Bosnien beobachteten Verhältnisse bekommen hatte, habe ich {l. c. pag. 275) eine Reihe solcher jüngerer Vorkommnisse aus der Literatur zusammengestellt, über deren Verhält- nisse wir zum Theil durch die gewiegtesten Autoren unterrichtet sind. Würde die Geologie mit ihren Hilfswissenschaften ihren Anfangs- und Ausgangspunkt in den Mittelmeergebieten, wie in Italien, Bosnien, Griechenland oder Kleinasien, gehabt haben, so würde man es ver- muthlich mit viel mehr Recht als eine seltsame Anomalie bezeichnet haben, wenn man dann später in Deutschland ältere Serpentine auf- gefunden hätte als man jetzt ein Recht hat, die Existenz so vieler [69] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 491 Jüngerer Serpentine gegen die (in einem räumlich wenig umfassenden Gebiet abstrahirte) Regel zu finden. Gegenüber italienischen Geologen hätte man auch nicht weiter nöthig gehabt, gerade in diesem Fall sich weiter zu rechtfertigen. Vor einem deutsch lesenden Publikum schien das damals noch immer nicht ganz überflüssig. Wollte man betonen, dass in Bosnien echte Serpentine von eretacischem oder eocänem Alter vorhanden seien, so musste man also auch zu erkennen geben, dass man mit dieser Behauptung gegen die hergebrachten Anschauungen vom Alter der Serpentine nicht ohne Vorwissen einigermassen verstosse. Dies führte dann von selbst zur Vertretung eines Standpunktes, demzufolge das Alter eines Eruptiv- oder Massengesteines für dessen Benennung gleichgiltig ist und den ich (Oestliches Bosnien, 1. ec. pag. 346 des Jahrbuchs) in den folgenden Worten zusammenfasste: „Würde man nicht so häufig suchen, ein Gestein nach seinem muthmasslichen Alter zu bestimmen und würden nicht umgekehrt manchmal Gesteine verschiedener Eigenschaften nur ihrer angeblichen Alterszusammengehörigkeit wegen unter einem und demselben Namen zusammengefasst, mit anderen Worten würde man sich bei petro- sraphischen Bestimmungen nur um das Gestein und bei Altersbestim- mungen nur um die Lagerung kümmern, stünden wir bei diesen Dingen nicht so stark unter dem Einfluss der oft genug inconsequenten Ver- quiekung gänzlich verschiedener Gesichtspunkte und eines dabei unver- meidlichen Circulus vitiosus, dann würde man das Auftreten beispiels- weise von Diabasen in der Kreide einerseits und im Devon andrerseits nieht seltsamer finden, als das Auftreten von Kalken oder von Sand- steinen in beiden Formationen. Petrographen und Geologen könnten beide nur gewinnen, wenn bei der Bestimmung eines Gesteines aus- schliesslich die Art seiner Zusammensetzung, also nur der petrographische Standpunkt massgebend wäre, zumal in sehr vielen Fällen sieh über das Alter der Gesteine nichts Sicheres auf Grund der Lagerungs- verhältnisse sagen lässt.“ Ich erinnerte bezüglich des letzteren Punktes an die Andesite von Srebreniea in Bosnien, von denen wohl feststeht, dass sie paläo- zoische Schiefer durchbrechen, deren Altersgrenze nach oben zu aber einfach deshalb nieht unmittelbar festgestellt werden konnte, weil jüngere Sedimentärgebilde dort überhaupt nieht vorhanden sind. In solchen Fällen müsste man also consequenter Weise auf die Namen- gebung bei einem Eruptivgestein überhaupt verzichten , ‚während ‚man es doch ganz selbstverständlich findet von einem Sandstein oder einem Dolomit zu sprechen, auch wenn gar keine Anhaltspunkte zur Alters- deutung dieser Gesteine gegeben sind. Es kann ja ferner wohl auch vorkommen, dass man sich über das Alter eines Eruptivgesteines täuscht, dass dieses Alter später anders gedeutet wird, als dies von Seite der früheren Autoren geschah. Dann müsste dasselbe Gestein den wechselnden Phasen der Altersbestimmung stets durch Namensänderung folgen. Dass dabei sachlich kein Vortheil erzielt wird, dass solche Vorgänge nur Ver- wirrung in der Literatur anstiften können, darüber wird man sich wohl bald klar sein. Jahrbuch der k.k. geol. R.ichsanstalt. 1887. 37. Band. 3. Heft. (Dr. Emil Tietze.) 64 492 Dr. Emil Tietze. [70] Durch die Rolle, welche in der neuesten Literatur bereits an allen Ecken und Enden die sogenannten Laccolithen zu spielen beginnen, kann die Aussicht auf solehe Verwirrung, wie mir scheint, besonders deutlich illustrirt werden. Es ist ja nicht wahrscheinlich, dass man sich in jedem Falle gleich darüber einigen wird, ob man es mit einem solehen Laccolithen zu thun hat, der als jüngeres Gestein mitten zwischen älteren Ablagerungen steckt, oder ob man es mit einem Gestein zu thun habe, welches älter als die dasselbe bedeckende Schicht ist. Was für Verlegenheiten stehen da bezüglich der Nomenclatur nicht noch in Aussicht, wenn wir diese Nomenclatur von den Alters- verhältnissen des eruptiven Materials abhängig machen! Die Lacco- lithen haben uns sogar überhaupt vielfach der scheinbar sichersten Kriterien zur Erkennung des relativen Alters bei eruptiven Massen be- raubt, und ich stehe gar nicht gut dafür, dass nicht noch einmal Jemand kommt, der auch aus den Gesteinen von Zalas und Sanka Laccolithen macht, wogegen man dann mit der blossen Thatsache der Ueberlagerung derselben durch braunen Jura nicht aufkommen kann. Ich selbst werde das zwar nicht thun, aber was machen wir, wenn es dennoch geschieht? Ich komme aber wieder auf den Vergleich der petrographischen Nomenclatur zwischen Sedimentär- und Eruptivbildungen zurück. Bei den ersteren sind wir eben von vornherein ganz anders zu denken gewohnt und doch ist der Fall logisch ganz der gleiche, wie bei der Benennung von eruptiven Gesteinen. Wir sind gewohnt zu sehen, dass die sedimentären Absätze der jüngeren Formationen im Allgemeinen von minder fester Beschaffenheit sind als die der älteren Epochen, und wir haben ja wohl auch Ursache, anzunehmen, dass sich zwischen den jüngeren und älteren Eruptivgesteinen, selbst wenn sie chemisch und mineralogisch einander nahe stehen, meist ein gewisser Unter- schied der Ausbildungsweise geltend macht. Nichtsdestoweniger fällt es Niemandem ein, den relativ weichen silurischen Thon von Petersburg Thonschiefer zu nennen, nur weil die thonigen Gesteine des Silur meist in Form von Thonschiefern oder eventuell sogar vor halb krystallini- schen Schiefern auftreten. Wir kennen ja auch andererseits tertiäre Quarzite und nennen sie so, trotzdem den meisten Quarziten ein höheres Alter zukommt. Wenn es nun vorkommt, dass ein evident jugendliches Eruptivgestein gewisse habituelle oder sonstige Eigenschaften besitzt, welche gewöhnlich bei der Beschreibung älterer Eruptivgesteine genannt werden oder wenn der umgekehrte Fall eintritt, dass ein evident älteres Eruptivgestein die Charaktere aufweist, die man sonst an jüngeren Eruptionsproducten studiren kann, so wird man dem thatsächlichen Verhalten in solchen Fällen wohl am besten dadurch Rechnung tragen, dass man die Beschaffenheit des Gesteines ganz ähnlich wie bei den Sedimentärgesteinen auch im Namen kennzeichnet, ohne sich weiter an das Alter zu stossen. Man wende nicht ein, dass der innige geologische Verband mancher verschieden aussehender Eruptivbildungen eine gemeinsame Bezeichnung derselben nothwendig mache, welche den Altersverhältnissen anzupassen sei, und dass die geologische Auffassung eines Eruptivgebietes unter der gleichzeitigen Anbringung abweichender Penennungen für die ein- %_ı A Er Fe [71] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 493 zelnen Theile desselben leiden müsse. Es ist höchstens die Bequem- liehkeit für den Geologen , welcher‘ damit Abbruch geschieht, für den Aufnahmsgeologen nämlich, der sich beispielsweise durch solche Be- nennungen wie Monzonit oder Banatit bei der Kartirung gewisser Gebiete leichter über manche Schwierigkeiten hinweghelfen kann als durch Anwendung der rein petrog”aphischen Bezeichnungen, in welche Jene Sammelbenennungen aber doch wieder aufgelöst. werden müssen, wenn man die betreffenden Eruptivgebiete genauer studirt. Man wende auch weiter nicht ein, dass Gesteinsübergänge zwischen zwei völlig gleichalterigen, aber verschiedenen Eruptionsmassen inner- halb desselben Gebietes vorkommen können und dass in diesem Falle die Namengebung für den kartirenden Geologen zu Inconsequenzen führen könne. Es kommt ja unzählige Male auch bei Sedimentär- gesteinen der analoge Fall vor. Ein Mergel geht in Sandstein oder er geht in Kalk über. Auf den Karten kann man sich dabei freilich nicht überall ohne einige Willkür helfen, ein Fall, der übrigens in ähnlicher Weise auch bei raschen Wechsellagerungen abweichender Absätze ein- tritt, aber man trägt diesen Uebergängen, bezüglich jenem Wechsel in der Beschreibung Rechnung und nennt schliesslich an Stellen, wo der Uebergang zu Gunsten der einen Felsart vollständig vollzogen ist oder wo bei Wechsellagerungen das eine Element im Vergleich zu den Verhältnissen einer anderen Localität vielleicht das Uebergewicht er- halten hat, nicht mehr Mergel, was man als echten Sandstein bezeichnen muss und so fort. Zu dem Kreise der Vorstellungen, welche sich an die hergebrachte Ansicht von der Nothwendigkeit einer combinirt geologisch - petro- graphischen Nomenclatur anlehnen, gehört es wohl auch, wenn man von dieser Nomenclatur erwartet, sie könne am besten die genetischen Beziehungen der Zusammengehörigkeit zeitlich und räumlich einander nahestehender Eruptivbildungen zum Ausdruck bringen, und es könne sozusagen am besten ein wirklich natürliches System in der Petrographie geschaffen werden, wenn man nicht blos chemische und mineralogische Kriterien, sondern auch das geologische Vorkommen bei der Classi- fieation berücksichtige. Diese Vorstellung, sofern man dabei an die Vorbilder der soge- nannten natürlichen Systeme des Thier- und Pflanzenreiches denken sollte, ist aber keinesfalls gerechtfertigt. Sofern nicht mit der Art des Vorkommens bei Thieren und Pflanzen die Entwicklung bestimmter, an den Objeeten selbst sichtbarer Merkmale organisch verbunden ist, wie etwa bei Wasserbewohnern im Gegensatze zu Landbewohnern, kommen die blossen Verhältnisse des Vorkommens und der Vergesell- schaftung bei der Systematik der Organismen überhaupt nicht in Betracht, sondern gehören in das von der Systematik ganz getrennte Capitel der Biologie und man hält auch z. B. zwei Formen nicht deshalb für ver- wandt oder verschieden, weil sie Elemente derselben Fauna oder ver- schiedener Faunen sind. Selbst wenn man andererseits die einzelnen Formen im Sinne ihrer Aufeinanderfolge in verschiedenen Epochen betrachtet, gibt wenigstens prineipiell die Verschiedenheit der Form und nicht die des geologischen Alters den Ausschlag bei der Bestimmung und ihrer Stellung im System. Es soll zwar manchmal von dieser guten 64 * 494 Dr. Emil Tietze., [72] tegel abgewichen werden, aber das Prineip „andere Schicht, andere Species“ hat als solches doch noch keine allgemeine Billigung gefunden. Will man aber bei der petrographischen Namengebung zwei gleiche Dinge, blos weil sie verschiedenaltrig sind, anders benennen, so verfällt man in den eben angedeuteten Fehler mancher Paläontologen, der doch aber stets als Fehler gelten wird. Jedenfalls bleibt eine Lingula für Jedermann eine Lingula, ob sie nun im Silur oder lebend gefunden wird. Wenn also die Berufung auf die genannten Vorbilder bei der Systematik schon deshalb eine irrige ist, weil die natürlichen Systeme des Thier- und Pflanzenreichs das Vorkommen und das Alter der ein- zelnen Typen an sich nicht als Eintheilungsgrund kennen, so ist dieselbe in dem einzigen Punkte, der hier noch in Betracht kommen könnte, in dem Hinweis auf genetische Momente der Zusammengehörigkeit oder der Trennung erst recht eine verfehlte. Die natürlichen Systeme der organischen Welt mögen es als ihre Aufgabe betrachten, den verwandt- schaftlichen Beziehungen nicht allein der äusseren Form, sondern auch der Abstammung möglichst gerecht zu werden; für die anorganische Welt kann dieser Gesichtspunkt sich kaum in ähnlichem Sinne Geltung ver- schaffen, ohne die Hauptsumme unserer mineralogischen Begriffe gänzlich zu modificiren, das ist derjenigen Begriffe, mit denen die Petrographie doch schliesslich in erster Linie zu rechnen hat. Soll man etwa den Quarz, der sich aus einem feurig- flüssigen Magma ausschied, nicht für dasselbe Mineral halten wie den Quarz, der aus wässerigen Lösungen herauskrystallisirte? Man müsste ja dann vielmehr diejenigen Mineralien, welche unter Umständen auseinander durch Veränderung sich Entwickelt haben, wie das etwa bei Biotit und Hornblende oder bei Kaolin und Feldspath vorkommen kann, in ge- wissen Fällen als untereinander zunächst verwandt bezeichnen. Dahin würde die Anwendung des genetischen Prineips in der Mineralogie führen. Was aber für Mineralien gilt, gilt auch für Gesteine. Man müsste dann consequenter Weise sogar saure und basische Producte, die demselben Eruptionseentrum angehören und gleichaltrig sind, einander für näher verwandt halten, als beispielsweise basische Felsarten, welche bezüglich ihrer Entstehung zeitlich und räumlich weit auseinander- liegen. Sieht man aber dem gegenüber die Inconsequenz des heutigen Verfahrens ein und bleibt man andrerseits trotzdem dabei, solche von einander weiter abweichende Producte derselben Eruptionscentren in der Nomenclatur auseinanderzuhalten, wie dies ja bei den Porphyren und Melaphyren des Rothliegenden thatsächlich gemacht wird, dann braucht man sich auch nicht abhalten zu lassen, eventuell zwei Massen- gesteine zu trennen, die aus demselben Magma sich entwickelt haben, selbst wenn sie z. B. einem und demselben Lavastrome angehören sollten, sofern dieselben ihrer Beschaffenheit nach überhaupt unter- scheidbar sind. Je weniger sich die Petrographie ähnlich wie bisher von der Geologie in's Schlepptau nehmen lässt, desto besser wird schliesslich den wirk- lichen Bedürfnissen auch der Geologie damit gedient sein. Durch die Selbstständigkeit und Umabhängigkeit der petrographischen Bezeich- nungen wird nach meiner Ueberzeugung dem Geologen die Auffassung [73] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 495 von Eruptionsgebieten nicht erschwert, sondern erleichtert werden, weil er es dann nicht mehr mit einer verschwommenen, durch in ihrem Wesen unpetrographische Gesichtspunkte beeinflussten Systematik der Gesteine zu thun hat und namentlich, weil er weniger von Vorurtheilen, wie sie einer derartigen Verquickung heterogener Gesichtspunkte anhaften, beeinflusst wird. Ich will das noch an einigen Beispielen erläutern und erinnere an die wohlbekannten Untersuchungen von J. W. Judd in Schottland (On the aneient volcanos of the Hebrides and the relations of their produets of the mesozoie strata. Quart. joum. of tlie geol. soe. 1874, pag. 220) und über Schemnitz (On the ancient voleanos of the distriet of Schemnitz. Quart. journ. of the geol. soe. 1876, pag. 292). Auf die Angaben Judd’s bezüglich der Hebriden hat sich E. Suess in seinem Antlitz der Erde (1. Bd., pag. 204) ausdrücklich bezogen, sie also ac- ceptirtt. Was Schemnitz anbelangt, so gehören die dortigen Granite, Syenite, Grünsteine, Grünsteintrachyte und Andesite nach Judd’s Meinung sämmtlich dem miocänen Zeitalter an und bilden Theile der Reste eines immensen Vulkans, wobei die Gesteine des sogenannten älteren Habitus, welche man früher in der That auch für älter gehalten hatte, dem inneren, durch spätere Denudation blossgelegten Kerne des Vulkans entsprechen sollen. Hans Reusch hat im centralen Theile der Euganeen Syenit und Olivingabbro entdeckt (Neues Jahrb. 1884, 2. Bd., pag. 140), welche nach dessen Ansicht zwar noch nicht sicher, aber doch möglicherweise dem dortigen trachytischen Gebirge genetisch verbunden sind, wie denn dieser Autor (Ueber Vulkanismus, Berlin 1883, in der Sammlung von Vorträgen von Virchow und Holtzendorff) überhaupt sich zu der Ansicht bekennt, dass die sogenannten plutonischen Felsarten eine Tiefenfacies der vulkanischen seien. Man lese ferner nach, was Reyer in seinen interessanten vulkanologischen Studien (vergl. Jahrb. geol. Reichsanst. 1878) über das Verhalten verschiedener, zu einem und demselben Schlot gehörigen Magmen gesagt hat. Nach der Ansicht des Genannten (l. e. pag. 89) hängt die Textur eines Gesteines „eben nicht vom Alter“ desselben, sondern lediglich vom Erstarrungsdruck ab und demzufolge erscheint ihm das hohe Alter gewisser granitischer Ergüsse höchst zweifelhaft. Es liegt ganz im Sinne dieser Auffassung, wenn dann derselbe Autor am Schlusse seiner Arbeit über Predazzo sagt (Jahrb. d. geol. Reichsanst. 1881, pag. 55), „dass dieselbe Eruptionsfacies sich in verschiedenen Horizonten wiederholt“. Soll man an solchen Erscheinungen der Literatur achtlos und ohne Prüfung vorübergehen ? Ohne ein eigenes Urtheil über das Zutreffende der erwähnten Auffassungen abzugeben, glaube ich doch sagen zu dürfen, dass ein Studium in der Richtung derselben in manchen speciellen Fällen zu den lohnenden Aufgaben der Geologie gehört, und man wird nicht bestreiten, dass es eine wichtige Verpflichtung der Wissenschaft ist, auch prineipiell über die von den zuletzt genannten Autoren angeregte Frage über den inneren Bau der Vulkane in’s Klare zu kommen. Dazu muss man aber die Discussion auf einen neutralen Boden stellen, dazu 496 Dr. Emil Tietze. [74] bedarf man möglichst neutraler Ausdrücke in der Bezeichnung der Dinge, deren gegenseitiges Verhältniss erkannt werden soll. Man würde ein ganzes Forschungsgebiet gleichsam verbarrikadiren, wenn man die Natur der Gesteine durch beständige Namensänderungen nach dem jeweiligen Standpunkte der an dieser Forschung Theilnehmenden ver- dunkeln wollte. Man würde aber auch der unbefangenen Prüfung vor- greifen, wenn man mit einer den Ergebnissen der Untersuchung präju- dieirenden Nomenclatur an die Lösung so wichtiger Probleme heran- gehen wollte. Ist es da nicht besser, wenn dem Namen keinerlei Vor- urtheil bezüglich der Altersfrage anhaftet, gleichviel ob man in solehen Fällen zur Bestätigung oder zur Widerlegung der diesfalls vorgebrachten Ansichten zu schreiten sich veranlasst sieht? Uebrigens sind wir in der Emaneipation von den hergebrachten, aus der Rücksicht auf geologisches Alter und die Vergesellschaftung der Eruptivgesteine entspringenden Vorurtheilen heute thatsächlich schon etwas weiter vorgeschritten, als dies vielleicht von Zuber in Betracht gezogen wurde. Abgesehen von den Beispielen hierfür, die sich aus dem Gesagten bereits ergeben, erinnere ich nochmals an die eocänen Granite der italienischen Geologen, auf welche ich mich bereits in meiner ersten Erwiderung an Zuber berufen hatte. Ich erinnere an die jüngeren Diorite und Granite Südamerikas, über welche uns Stelzner (Beiträge zur Geologie und Paläontologie der argentinischen Republik, Cassel und Berlin 1885) kürzlich berichtet hat. Ebenso aber, wie man hier Gesteinen von altem Habitus ihren Namen belassen hat, trotz ihres jüngeren Alters, ebenso hat man in anderen Fällen auch schon das Umgekehrte gethan und Gesteinen von jJüngerem Habitus den entsprechenden Namen gelassen, auch wenn sie mit älteren Formationen dem Alter nach verbunden waren. Die Paläo- Andesite der Alpen (vergl. Dölter, Verhandl. d. k.k. geol. Reichs- anstalt, 1874, pag. 146 u. Tschermak’s Min. Mitth., 1874, pag. 89) gehören hierher, ebenso wie der Andesit von Limljani in Montenegro, den ich mit Werfener Schichten verknüpft fand und den Baron v. Foullon trotzdem aber nur Andesit nannte (Jahrb. geol. Reichsanst. 1884, pag. 61 u. 108). Auch betone ich nochmals, dass A. Geikie (On the carboniferous voleanie rocks on the basin of the Firth of Forth. In den Transactions of the roy. soc. of Edinburgh, vol. 29. Edinburgh 1879) aus carbonischen Schichten Gesteine beschrieb, die er als ganz typische Basalte zu bezeichnen nicht zögerte. Man kann diese Beispiele als thatsächliche Proteste gegen die Auffassung ansehen, zu deren Anwalt sich Herr Zuber gemacht hat, und man kann ihrer Zahl nach schliessen, dass es heute nicht mehr angeht, den Standpunkt, den ich bei der Beschreibung des östlichen Bosnien bereits dargelegt hatte und den ich durch die Benennung Trachyt für ein älteres Eruptivgestein der Krakauer Gegend mit Vor- bedacht wieder einmal markiren wollte, dass es, sage ich, heute nicht mehr angeht, diesen Standpunkt mit blossem Achselzucken zu ignoriren. Man kann aus jenen Beispielen ersehen, dass das aus der Vermischung unzusammengehöriger Gesichtspunkte entstandene System der petrographi- schen Nomenelatur heute in der Praxis bereits allenthalben durchlöchert L Ay “N [75] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 497 ist und dass damit das System selbst zur Ruine geworden ist, in der man eben noch wohnt, so lange bis nicht ein neues Gebäude aufgeführt wird. Es handelt sich aber heute gar nicht mehr ausschliesslich um einzelne Fälle, in welchen man sich Abweichungen von jenem System gestattet hat. Der Standpunkt, zu dem ich mich prineipiell hier und wiederholt früher bekannt habe, ist gerade in letzter Zeit auch schon von Anderen in seiner Allgemeinheit vertreten worden. Ich erinnere an Lagorio (Tschermak’s Miner. Mitth., 1887, Bd. S, pag. 528), der gelegentlich seiner Arbeit über die Natur der Glasbasis die Unverläss- lichkeit des Altersprineipes bei der Gesteinseintheilung am Schluss der betreffenden Ausführungen besonders hervorhob. Am schärfsten aber hat wohl M. Neumayr sich in dieser Hin- sicht ausgesprochen, als er (Erdgeschichte, 1. Theil, 1886, pag. 599 u. 600) erklärte, man habe wohl noch Schwierigkeiten zu überwinden, wenn man mit dem gegenwärtigen „Missbrauch“ radical brechen wolle, aber die Trennung übereinstimmender Eruptivgesteine nach ihrem Alter sei ein durchaus ungerechtfertigter Vorgang und bei dem zunehmenden Umfange der Petrographie werde „die Einführung des ganz heterogenen geologischen Prineips in ihrer Systematik nur die grösste Verwirrung herbeiführen* können. „Wohl muss,“ sagt Neumayr weiter, „der Geologe dem Alter der Gesteine Rechnung tragen, aber diese Berück- sichtigung ist eine von der Beschreibung und Eintheilung der Gesteine ganz unabhängige Sache.“ !) !) Neumayr benützt übrigens diese Gelegenheit, um in einer, wie mir däucht, zu weitgehenden und etwas künstlich herbeigezogenen Weise sich über die Aufnahms- geologen im Allgemeinen zu beklagen. Er sagt (l. c. pag. 600), dass das Ueberwiegen der Kartenarbeiten heutzutage auf anderen Zweigen der Geologie „laste“ und dass die praktischen Bedürfnisse dieser Arbeiten „manche theoretisch berechtigte Strebung in den Hintergrund drängen“. Das schreibt er in einer Zeit, wo die theoretischen Be- strebungen zwar nicht in der Petrographie, von der hier doch zunächst nur die Rede war, aber gerade in der eigentlichen Geologie in der ungezwungensten Weise emporwuchern. Soweit diese principiell gewiss erfreulichen Bestrebungen eine „Berechtigung“ haben, sind dieselben ja aber oft geradezu darauf angewiesen, sich auf das durch die Auf- nahmsgeologen beigebrachte Material zu stützen. Man sollte das nicht vergessen. Hätte, um ein Beispiel zu nennen, Suess, der niemals geologische Aufnahmen gemacht hat, seine Entstehung der Alper auch nur mit einem Schein von Berechtigung verfassen können, wenn ihm nicht die Arbeiten der österreichischen und schweizerischen Aufnahmsgeologen eine Handhabe für seine Speculationen geboten hätten? Es kommt allerdings bei dem letztgenannten Autor, der als der durch Geist und Wissen gleich ausgezeichnete Bannerträger der speculativen Richtung in der heutigen Geologie gelten kann, vor, dass ihm die genauer aufgenommenen und besser bekannten Gebiete der Erde für die Entwicklung gewisser theoretischer Vorstellungen weniger geeignet erscheinen, als manche vor Kurzem noch ziemlich unerforschte Landstriche und er deutet dies auch in seinem „Antlitz der Erde“ (1. Bd., pag. 774, wo von Eurasien, also implieite von Europa die Rede ist und 2. Bd., pag. 167) ganz erkennbar an, das ist aber wohl nicht ausschliesslich die Schuld der geologischen Kartenarbeiten. „Auf eine wie sonderbare Weise doch oft die Natur unsern Voraussetzungen widerspricht!“ schreibt Suess in der Entstehung der Alpen (pag. 145). Mit diesen Worten, welche, wenn es sich um die der Behandlung theoretischer Probleme entgegen- stehenden Schwierigkeiten handelt, den eigentlich schuldigen Theil viel treffender be- zeichnen, als dies Neumayr gethan hat, wird dem von Letzterem dem kartirenden Geologen gemachten Vorwurfe wohl am besten entgegen zu treten sein, Freilich nehmen die Aufnahmsgeologen gar oft ihrerseits das Recht in Anspruch, ihre eigenen Beobachtungen selbst zu interpretiren oder die Zulässigkeit der von Anderen ausgesonnenen Speculationen in den zu kartirenden Gegenden zu prüfen. Man 498 Dr. Emil Tietze. [76] Vielleicht finden es mit der Zeit die Petrographen auch bequemer, sich auf eigene Füsse zu stellen, als beständig der Geologie Concessionen zu machen, wenn sie sehen, dass einem Theil der Geologen an solchen Concessionen gar nichts mehr gelegen ist. Wenn es dann nach dem mehr oder minder übereinstimmenden Urtheil der Petrographen wirklich wahr wäre, was Becke in seinem Referat über meine Controverse mit Zuber sagte (Neues Jahrb. f. Min. 1885, I, pag. 419, Referatentheil), dass Trachyt und Porphyr ohnehin zu ein und demselben Gestein ge- hören, man ihre Trennung daher nur nach dem Alter vornehmen könne, dann würde man nur mehr nach der Priorität des Namens in diesem Falle zu fragen haben. Vorläufig habe ich mich selbstverständlich dabei zum Abwarten entschlossen und halte den Namen Trachyt für weiter verwendbar, weil mir aus den Aussagen anderer Petrographen hervorzugehen scheint, dass man noch immer einige Unterschiede in der Beschaffenheit der beiden Felsarten als vorhanden annehme. Ich könnte mir sonst wenigstens die früher erwähnte Ansicht Tschermak’s nicht erklären, dass die Gesteine von Zalas und Sanka in ihren Eigen- schaften den Trachyten näher ständen als den Porphyren. Je häufiger man freilich junge Porphyre als Trachyte oder alte Trachyte als Porphyre beschreiben wird, desto schwieriger wird es werden, den Besitzstand beider Felsarten durch rein petrographische Merkmale aus- einander zu halten. Damit hätte ich nun zu erklären versucht, warum der Name Orthoklasporphyr auf meiner Karte für die fraglichen, von hervor- ragenden Kennern für trachytisch erklärten Gebilde nicht verwendet wurde. Ich kann mich aber auch nicht entschliessen, den Namen Syenit- porphyr für die Gesteine von Zalas und Sanka zu verwenden, den Zuber für dieselben, ebenso wie für den Porphyr von Miekinia vor- schlägt. Dieser Name gründet sich auf die „zahlreichen Pseudomor- phosen nach Hornblende“, welche in diesen Gesteinen nach der mikro- skopischen Untersuchung Z u ber's enthalten sind, wie denn der vorhandene Biotit von Hornblende abgeleitet wird. Doch bemerkt der Autor (Jahrb. d. geol. Reichsanst., 1885, pag. 750 unten) ausdrücklich, dass „gegen- wärtig keine Hornblende“ mehr in den betreffenden Massen enthalten sei. Hier stünden wir auf's Neue vor einer prineipiell verschiedenen Auffassung, wenn. wir auch, wie ich völlig einräume, die betreffenden Beobachtungen Zuber’s nicht anzuzweifeln brauchen. sollte das aber nicht als Unbequemlichkeit empfinden, sondern diese erweiterte Theil- nahme an den speculativen Bestrebungen der höheren Forschung im Gegentheil mit Genugthuung begrüssen. Ich glaube auch, dass dies von Seiten mancher, sei es hervor- ragender, sei es emporstrebender Theoretiker in der That geschieht, denn, wenn es vorkommt, dass dieselben bei der Propagirung ihrer Ideen sich sogar an das grössere Publikum von Vereinen oder Zeitungslesern wenden, so legen sie sicher auch Werth darauf, dass jene Gedanken von dem zwar kleinen, aber ihnen doch näher stehenden Häuflein der Aufnahmsgeologen nicht unbesehen bei Seite geschoben werden. Sofern es aber vorkommen kann, dass die Intervention der Aufnahmsgeologen zu Meinungsverschiedenheiten über theoretische Fragen führt, so wird damit doch noch immer keine beklagenswerthe „Belastung“ der „theoretischen Strebungen“ überhaupt hervorgerufen. Die Erfahrungen der letzten Jahre haben wenigstens allen Discussionen zum Trotz eine Wachsthumsabnahme jener Strebungen noch nicht erwiesen. ut. [77] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 499 Man sollte, so glaube ich, ein Gestein nur nach den Merkmalen bestimmen, die es besitzt, nicht nach denen, die es besessen hat oder vielleicht nur besessen haben kann, denn auch daran müssen wir denken, dass jenseits der unmittelbar erkennbaren Thatsachen meist das Gebiet der Meinungsverschiedenheiten beginnt, was vielleicht nicht gerade auf unseren Fall, aber auf unsere Frage im Allgemeinen an- gewendet, so viel bedeutet, wie eine neue Quelle der Verwirrung in der Nomenelatur. Mit der Rücksichtnahme auf die Prineipien des geo- logischen Alters und der geologischen Vergesellschaftung eombinirt, kann sich daraus für die Classification der Gesteine allmälig ein kleines Seitenstück zum babylonischen Thurmbau entwickeln. Wir nennen ja doch auch, wenn wir noch so energische An- hänger des Metamorphismus sind, einen Gneiss nicht etwa Thonschiefer, weil er sich aus letzterem entwickelt haben kann, wir nennen Kaolin auch nicht Feldspath, oder Serpentin nicht Olivinfels oder Gabbro. Ist einmal eine Veränderung vollzogen, dann haben wir es auch mit einem neuen Begriff zu thun, der beanspruchen darf, selbstständig elassifieirt zu werden. Bei Uebergängen ist die Sache freilich, wie ich gern zugebe, schwieriger und man wird im Zweifel sein können, ob man den einen oder den andern Typus vor sich hat. Von einem solchen zweifelhaften Falle ist aber hier nicht die Rede. Da nun auch im Uebrigen die an sich allerdings sehr lehr- reichen und dankenswerthen Untersuchungen Zuber’s die Resultate der Hussak’schen Arbeit nicht wesentlich abzuändern geeignet sind, abgesehen davon, dass ein Theil dessen, was Hussak Glassubstanz genannt hat, nach Zuber ein kaolinartiges Zersetzungsproduet ist und nur vereinzelte Partien in der Grundmasse „grössere Mengen von durchsichtiger bräunlicher Glassubstanz“ aufweisen, so liegt für mich kein Grund vor, von dem auf die Beobachtungen Tscehermak’s und Hussak'’s gesetzten Vertrauen abzugehen. Wenn ich nun dennoch mich entschlossen habe, statt des blossen Namens Trachyt die Bezeichnung „trachytischer Porphyr“ anzuwenden, so glaube ich nach all dem Gesagten das Aeusserste gethan zu haben, um meinen galizischen Collegen eine Freude zu bereiten und um dem auch von einem so ausgezeichneten Petrographen wie Becke getheilten Standpunkt Zuber’s das Zugeständniss zu machen, welches mit den oben auseinandergesetzten Prineipien überhaupt noch vereinbar war. Was nun das Alter der hier besprochenen Krzeszowicer Eruptiv- gesteine anlangt, so sind darüber, abgesehen von den im Vorstehenden bereits angedeuteten Meinungen, die verschiedensten Ansichten laut geworden, besonders in älterer Zeit. Oeynhausen (Versuch einer geogn. Beschreibung von Ober- schlesien, Essen 1822) sprach sich (l. e. pag. 346) dahin aus, dass ver- muthlich sowohl der Kohlensandstein, als die Kalke, die man in der Nähe der besagten Gesteine antreffe, den letzteren aufgelagert seien. Am Schlusse des eitirten Buches (pag. 464) hebt der Autor indessen die Selbstständigkeit des Auftretens unserer Eruptivgesteine gegenüber den genannten Sedimentärformationen ausdrücklich hervor und erklärt ferner, dass die Krzeszowicer Porphyre, wie er alle die hiesigen verschiedenen Eruptivgesteine zusammen nennt, nicht als ein Glied des Jahrbuch der k.k. geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Band. 3, Heft. (Dr. Emil Tietze.) 65 500 Dr. Emil Tietze. [78] Steinkohlengebirges aufzufassen seien, vielmehr ein dem Vorkommen des Basalts analoges Auftreten besässen. Pusch wiederum hielt dieselben in seiner Geologie von Polen (1. Theil, pag. 184) ursprünglich für dem Steinkohlengebirge angehörig. Später in seinem Nachtrag zu diesem Werke (Karsten’s Archiv, 12. Bd., 1839, pag. 169) vertrat er die Anschauung, dass die mesozoischen Kalkgebilde des Gebietes von diesen Eruptivmassen durchbrochen wor- den seien. Zeuschner (Neues Jahrb., 1833, pag. 544) hatte eine der letzterwähnten ähnliche Ansicht und schien schliesslich (Sitzungsber. Akad. d. Wiss. math.-natuw. A., Wien 1855, 17. Bd., pag. 249) sogar geneigt, die betreffenden Eruptionen für jünger als Löss zu halten. Hohenegger und Fallaux endlich meinten, der Porphyr von Mie- kinia sei untertriadisch, die anderen Gesteine aber seien jünger. Was aber meine eigene Ansicht von der Sache anbetrifft, so geht schon aus dem Früheren hervor, dass ich die bewussten Bildungen für ziemlich alt halte. In meiner ersten Replik auf die Bemerkungen der Herren Bienasz undZuber hatte ich auch bereits Gelegenheit auszusprechen, es sei wahrscheinlich, „dass, wie schon F. Römer annahm, die ver- schiedenen älteren Eruptivgesteine der Gegend von Krzeszowice nicht wesentlich altersverschiedeg, sind“. Der Porphyr von Miekinia, die Melaphyre von Tenezynek und Alwernia, sowie die trachytischen Por- phyre von Zalas und Sanka gehören in der That wohl so ziemlich einer und derselben Epoche an, das ist dem Zeitabschnitt zwischen Carbon und Muschelkalk, ohne dass wir aber deshalb ein Recht hätten, sie für absolut gleichzeitig zu erklären. Bei der weiten Verbreitung, welche in manchen Gegenden Deutsch- lands und speciell auch in Schlesien den Porphyren und Melaphyren des Rothliegenden zukommt, würde es nahe liegen, auch für unsere Gesteine ein permisches Alter anzunehmen, und Römer hat diesem Gesichtspunkte sogar so viel Werth beigelegt, dass er umgekehrt das Alter der Ablagerungen, mit denen inbesondere der Porphyr von Miekinia sich ihm verbunden darstellte, aus der Verbindung dieser Ab- lagerungen mit den betreffenden Eruptivgesteinen gefolgert hat. Unter seinen Beweisen für die Existenz der Permformation bei Krzeszowiece spielt die Anwesenheit dieser Eruptivgesteine ja die wichtigste Rolle, worauf schon früher hingewiesen werden musste. Ich möchte dies auf einen Analogieschluss gestützte Beweisverfahren indessen für kein so absolut zwingendes halten, weil die Analogie selbst keine vollkommene ist. Da ja mehrere der früheren Beobachter in der That auf dem Standpunkt standen, dass die Gesteinsbeschaffenheit der Eruptivmassen in einem nothwendigen Connex mit dem Alter derselben stände, so brauche ich nur darauf hinzuweisen, dass die Discussion über das Alter der Gesteine von Zalas und Sanka, sowie sie, abgesehen von den letzten Erörterungen darüber, in den früheren Jahren statt- fand, sich gar nieht hätte entwickeln können, wenn diese Gesteine nicht eben doch gewisse Eigenthümlichkeiten aufgewiesen hätten. Doch will ich darauf gerade hier weniger Werth legen als auf einen anderen Punkt. Was nämlich von Porphyren im deutschen Rothliegenden auftritt, das sind ganz vorwiegend Quarzporphyre. Nun aber zeichnen sich [79] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 501 nicht allein die Gesteine von Zalas und Sanka, die man ja auch direet quarzfreie Orthoklasporphyre genannt hat, sondern auch schon der Porphyr von Miekinia durch das Zurücktreten des Quarzes und der freien Kieselsäure aus. Es ist demnach die Uebereinstimmung unserer porphyrischen Gesteine mit denen des deutschen Perm keinesfalls eine so bedeutende, und deshalb möchte ich also auch die gerade darauf gegründeten Schlussfolgerungen nicht ohne Weiteres als siltig an- erkennen, wenn ich auch, wie ich später im Verlauf der Localbeschreibung näher darthun werde, gerade beim Porphyr von Mickinia zu einer von der Römer’schen Altersdeutung kaum abweichenden Ansicht ge- langt bin. Heben wir also nach Auscheidung des eben besprochenen Gesichts- punktes die wichtigsten der uns noch verfügbaren Momente für die Beurtheilung der Altersfrage kurz hervor. Insoferne die Porphyrtuffe, welche nördlich der Linie Trzebinia- Krzeszowice auftreten, nach dem Urtheil aller Beobachter zweifellos mit den Krzeszowicer Eruptivgesteinen, insbesondere mit dem Porphyr von Miekinia in genetischer Verbindung stehen, kann der letztgenannte Porphyr nicht jünger als diese Tuffe sein. Da aber diese Tuffe vielfach ganz sicher in den oberen Theilen der unter dem Röth liegenden Schiehtenreihe vorkommen, dürfte man jenen Porphyr immer noch als möglicherweise dem Buntsandsteine zugehörig ansehen. Genauer ergibt sich aber die Sachlage aus der Beobachtung der Lagerungsverhältnisse des Porphyrs selbst. Derselbe liegt, wie gezeigt werden wird, abweichend auf der Kohlenformation und über ihm folgen ebenfalls abweichend die Gebilde des bunten Sandsteins. Er muss also der Zeit nach zwischen die genannten Formationen fallen und kann deshalb, wenn man nicht etwa auch das Zeitalter des hier kaum ver- tretenen jüngsten Carbons in Betracht ziehen will, ganz gut für permisch ausgegeben werden. Für die Gesteine von Zalas und Sanka gestaltet sich der directe Altersnachweis etwas weniger genau. Es fehlen in der Nähe derselben alle triadischen Bildungen und namentlich auch die Vertreter des bunten Sandsteins. Auch von den Porphyrtuffen konnte in ihrer Nachbarschaft nichts entdeckt werden. Somit entfällt die Möglichkeit sie mit Sicherheit als diesen Tuffen gegenüber gleichalterig oder älter hinzustellen oder sie auch nur gegenüber den triadischen Bildungen im Allgemeinen zu horizontiren. Als das Liegende dieser Gesteine ist die Kohlenformation bekannt. Abgesehen von dem Punkte bei Sanka, von welchem die Herren Bienasz und Zuber eine Ueberlagerung des trachytischen Porphyrs durch braunen Jura beschrieben haben, lässt sich bezüglich des Hangenden das Verhältniss, dass dieser Porphyr von braunem Jura bedeckt wird, auch bei Zalas beobachten. Streng genommen kann man also nur sagen, die bewussten Eruptivgesteine seien älter als brauner Jura. Der Schwerpunkt der Altersfrage liegt also hier in der Vorstellung, welche wir uns von der Zusammengehörigkeit aller der sogenannten Krzeszowicer Eruptivgesteine machen wollen. Es liegt ja auch vorläufig kein Grund vor, an einer gewissen derartigen Zusammengehörigkeit zu zweifeln, wenngleich man deshalb noch nicht alle einzelnen Vorkommnisse dieser Gesteine für untereinander absolut gleichalterig zu halten braucht. bö* 502 Dr. Emil Tietze. [80] Was den Melaphyr anbetrifft, so kann zunächst gesagt werden, dass die östlich von Tenezynek gelegene Partie desselben eine Alters- deutung auch nur in demselben ziemlich weiten Rahmen zulässt, wie bei den Gesteinen von Zalas und Sanka. Am Tenezyneker Schlossberge bei Rudno würde man schliesslich zu keinem genaueren Resultate gelangen, würde nicht dort nach Zuber (Jahrb. d. geol. Reichsanst., 1885, pag. 740) unmittelbar über demselben der rothe Porphyrtuff entdeckt worden sein, den wir von weiter nördlich her kennen. Zuber gibt an, dergleichen auch bei Poreba gefunden zu haben. Damit wäre dann die mögliche obere Altersgrenze dieser Vorkommnisse als im Buntsandstein liegend gegeben. Sehr auffällig ist indessen auch das Auftreten des Melaphyrs von Szymota bei Regulice, weil derselbe dort ganz direct unter dem unteren Muschelkalk liegt. Aus dem Vergleich der Punkte des oberflächlich sichtbaren Erscheinens der dem Bunt- sandstein oder Perm angehörigen Bildungen können wir aber entnehmen, dass dort etwas von diesen Bildungen in der Tiefe wohl noch. voraus- zusetzen ist, dass dieselben also möglicherweise in Folge der Bedeckung durch den Melaphyr den Blicken entzogen werden oder, mit anderen Worten, dass dort ein Stück Melaphyrdecke sich zwischen den Muschel- kalk und die darunter liegenden Schichten einschaltet. Wenn wir daraus einen Schluss auf das Alter des Melaphyrs ableiten, so würde er einer Zutheilung dieser Eruptivbildungen zum Perm nicht günstig sein. Auch der Umstand dass am Südfusse des aus Melaphyr bestehen- den Klosterberges von Alwernia die Araucaritensande von Kwaezala wiedergefunden wurden (vergl. Zuber |. c.), steht in gutem Einklange mit der Vermuthung, der Melaphyr jener Gegend gehöre eher dem Zeitalter des Buntsandsteins an als dem Perm, dessen einzig denkbaren Vertreter er in seinem Liegenden besitzt. Wir würden demnach die hiesigen Melaphyre für etwas Jünger als den Porphyr von Miekinia zu halten haben, bei den trachytischen Porphyren von Zalas und Sanka es aber unentschieden lassen müssen, ob dieselben den räumlich ihnen näher gelegenen Melaphyren oder dem petrographisch verwandteren Gestein von Miekinia im Alter näher gerückt erscheinen. Als die jüngsten Eruptivbildungen unseres Gebietes sind die „Leschenite“ zu nennen, welche in ihrem Auftreten ausschliesslich auf das karpathische Revier beschränkt bleiben und übrigens auch dort eine sehr untergeordnete Rolle spielen. Wir verzichten hier auf eine nähere petrographische Bestimmung dieser Gesteine, weil dieselben in unserem Gebiet viel zu zersetzt und verwittert sind, um zu einer Untersuchung einzuladen. Da mag denn der Name Teschenit, der im Grunde nicht viel besser ist als die vor- hin kritisirten Namen Banatit und Monzonit, als provisorischer Local- namen diesen wenigen Vorkommnissen gelassen werden. An denjenigen Punkten, . welche hierher gehörige Beobachtungen zuliessen, wie bei Inwald oder allenfalls bei Dobranowice (südöstlich von Wieliezka) konnte das Alter der fraglichen Gesteine als ein creta- eisches erkannt werden. Damit hätten wir die Aufzählung der Formationen erschöpft, welche das im weiteren Umfange genommene Krakauer Gebiet zusammen- setzen und wenden uns der Localbeschreibung zu. ‘ [81] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 503 Geognostische Localbeschreibung. Die Gegend von Jaworzno. Wir beginnen unsere Beschreibung mit dem Nordwesten des Gebiets, das ist mit derjenigen Gegend, welche sich zunächst östlich des Grenzflusses Przemsza erstreckt. Es ist dies vom volkswirthschaft- lichen Standpunkt aus jedenfalls einer der wichtigsten Theile unseres Gebietes. Bei Dabrowa, Jaworzno und Niedzieliska sind seit längerer Zeit Kohlenflötze des alten productiven Steinkohlengebirges als Fortsetzung des oberschlesischen Kohlenreviers bekannt. Bereits Oeynhausen (l. e. pag. 168) und Pusch haben derselben gedacht und auch Zeuschner ist in seinen älteren Mittheilungen darauf zu sprechen gekommen. Zu Zeusehner's Zeit (Neues Jahrb. 1836, pag. 340) konnten manche Flötze noch grösstentheils durch. Aufdeckarbeit gewonnen werden, da sie nur in der Mächtigkeit von höchstens 8 Klafter von anderem Material (Zeuschner schreibt Erde) bedeckt waren. Die Flötze waren damals noch wenig bekannt. Man wusste aber, dass es ihrer mehrere waren, die durch Sandstein getrennt erschienen. Das Korn desselben beobachtete man als wechselnd fein bis zur Haselnussgrösse. „Nur selten“, schreibt Zeuschner, „kommen faustgrosse Stücke vor, die aus gemeinem Quarz bestehen.“ Blaugrauer Schieferthon mit Pflanzen- resten wurde als unmittelbare Decke der Kohle ermittelt. Seither ist das Revier jedenfalls besser aufgeschlossen, wenn es auch noch keineswegs eine seinen Verhältnissen völlig angemessene Bedeutung erlangt hat. Die Gruben bei Dabrowa nämlich stehen leider seit etlichen Jahren unter Wasser). Den vorliegenden Nachrichten zufolge, scheinen aber dort bessere Flötze aufzutreten als bei Jaworzno, welches heute den Mittelpunkt der Kohlenproduction jener Gegend bildet, und wo die Qualität der Kohle im Allgemeinen etwas hinter der oberschlesischen und hinter der Kohle von Mährisch-Ostrau zurückbleibt. Die Flötze bei Dabrowa gehören nach den gemachten Aufnahmen in das Liegende der bei Jaworzno abgebauten Flötze. Bereits im Jahre 1865 (vergl. K. v. Hauer. Die fossilen Kohlen Oesterreichs. 2. Auflage. Wien 1865, pag. 245) waren zwischen Dabrowa und Jaworzno auf einer Breite von ca. 4000 Klafter mehr als 14 Flötze von 2!/, bis über 3 Klafter Mächtigkeit bekannt. Bei Niedzieliska !) Braune, vitriolhaltige Wässer fliessen daselbst aus einem Stollenmundloch aus und bekunden die unter dem Einfluss der Inundirung der Grube fortschreitende Zer- setzung der mit der Kohle und den Kohlenschiefern stellenweise verbundenen Schwefel- kiese. Hoffentlich bleibt aber diese Inundirung für die eventuelle Zukunft der Grube ohne schädliche Folgen. Bei dieser Gelegenheit kann übrigens erwähnt werden, dass Oeynhausen (l. c.) von einer warmen Quelle berichtet, welche im Jahre 1817 nahe an einem Stollenmundloch der Jaworznöer Kohlenförderung entstanden war und welche, wie sich herausstellte, von sauren vitriolischen Grubenwässern gespeist wurde, Die Wärme dieser Quelle wurde damals von einer in der Nähe brennenden Kohlenhalde abgeleitet. Doch könnte wohl auch die bei der Zersetzung der Kiese vorgekommene Erhitzung die Ursache davon gewesen sein. 504 Dr. Emil Tietze. [8 2] zeigten sich die einzelnen Flötze durch starke Zwischenmittel von 5 bis 11 Klafter Dicke getrennt. Die grösste Entfernung zweier Flötze von einander beträgt bei Jaworzno 20 Klatfter. Seit neuerer Zeit sind die Verhältnisse des ganzen Reviers noch genauer im Zusammenhange festgestellt. Ein von dem Herrn Markscheider Zufalka gefertigtes Profil, in welches mir bei meiner Anwesenheit in Jaworzno Einsicht gestattet wurde und welches von Jaworzno bis nach Nifka in Russisch-Polen geht, weist 47 Flötze mit zusammen 991/, Meter Mächtigkeit in diesem Reviere nach. Manche Flötze werden aber trotz der genügenden Mäch- tigkeit nicht abgebaut, da sie zu schiefrige Kohle enthalten. Hohenegger und Fallaux gaben an (l. ce. pag. 9), dass die Flötze dieser Gegend mit schwacher Neigung (5—10 Grad) nach Süd- osten fallen. Diese Angabe ist im Allgemeinen richtig. Schon Pusch (Geol. v. Polen, 1. Theil, pag. 163) erwähnt dieselbe Fallrichtung und gab das Streichen der Flötze in Stunde 2 bis 3 an. Desgleichen sprach Zeuschner (Neues Jahrb. 1838, pag. 45) von einem südöstlichen 8 bis 10 Grad betragenden Einfallen des Kohlengebirges bei Jaworzno und Niedzieliska. Jedoch müssen einige Einschränkungen hierbei gemacht werden, da das Streichen der Flötze ein hie und da wechselndes ist. Dieser Wechsel des Streichens ist nun merkwürdigerweise sehr häufig an Verwerfungen geknüpft, wie dies die genauen markscheiderischen Aufnahmen des Herrn Zufalka in Jaworzno zeigen, in welche ich ebenfalls Einblick nehmen konnte. Bei diesen Verwerfungen liegen die nördlichen Schollen in der Regel höher als die südlichen. Die Sprünge stehen oft sehr steil und sind die Verwerfungsebenen mit 75 Grad und darüber geneigt. Durch sie zerfällt das Kohlenfeld in eine Anzahl prismatischer Stücke, ohne dass sich eine mit den sonst die Gegend beherrschenden tektonischen Linien harmonirende Gesetzmässigkeit der Sprünge heraus- bringen liesse. Um Jaworzno herum zeigen die Sprünge eine ungefähr radiale Anordnung, ohne dass sich ein einzelner bestimmter Mittelpunkt für diese nach verschiedenen Richtungen divergirenden Sprünge ermitteln liesse. Es ruft das Ganze einen Eindruck hervor, vielleicht ähnlich dem einer Glasplatte, die Jemand mit der Faust zertrümmert hat, und welche um die Region des Aufschlages herum, von welcher die Tren- nung der einzelnen Fragmente ausgeht, in Stücke zerbrochen erscheint, deren schmälere Partien nach dieser Region hin zusammenlaufen, ohne sich aber in einem Punkte zu treffen. Von der Existenz von Verwerfungen in jener Gegend hat übrigens bereits Suess einmal Kunde gegeben (Die rothen Thone des Gebietes von Krakau, Jahrb.d. geol. Reichsanst., 1864, Verhandl., pag. 222), indem er von der in Stunde 1—2 streichenden Verwerfung bei Pechnik und von einer anderen Kluft bei Niedzieliska sprach. Es ist eine völlig zutreffende Bemerkung des genannten Autors, wenn er angibt, dass die über der Kohle folgenden Triasbildungen von den genannten Ver- werfungen unberührt bleiben, wenn auch in Oberschlesien nach Römer (Geol. 1. ce. pag. 74) an einigen Stellen die Sache sich anders verhält. Zu wünschen wäre es, wenn unter den Montanbeamten jenes Reviers sich Jemand fände, der eine genauere, rein thatsächliche Dar- [83] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 505 stellung des hier nur kurz skizzirten Sachverhaltes unternehmen und die ebenso reichen als exacten Beobachtungen, welche dort bereits gewonnen sind, der Wissenschaft nutzbar machen wollte, was ja sicher früher oder später dem praktischen Bedürfnisse ebenfalls zum Vortheil gereichen dürfte. Ueber die pflanzlichen Reste, die hier gefunden werden, ist schon in der Formationsübersicht gesprochen worden. Zu erwähnen wäre nur noch die interessante Beobachtung Zeuschner's (N. Jahrb., 1838, pag. 43), wonach die Sigillarienstämme des Kohlengebirges in Jaworzno und Niedzieliska vielfach aufrecht stehen, und zwar senkrecht, ohne dabei von der Schichtneigung beeinflusst zu werden, also mehr oder minder schräg gegen die Schichtflächen je nach dem grösseren oder kleineren Einfallswinkel der letzteren. Einige Daten über die Beschaffenheit der Kohle dieser Gegend u nach den vorhandenen Literaturnachweisen hier noch angefügt werden. s K. v. Hauer (Jahrb. d. geol. Reichsanst., 1863, pag. 149) hat Untersuchungen über die Kohle von Dabrowa gemacht, wo damals 6 Flötze in einer Gesammtmächtigkeit von 38 Fuss bekannt waren, von welchen Flötzen 3 abgebaut wurden. Darnach variirte der Aschen- gehalt von 5'4 (auf 100 Theile) bei der oberen Bank des Liegend- flötzes bis 8°2 (von 100 Theilen Kohle) bei der unteren Bank des Cockerillflötzes. Die Ziffern für die Wärmeeinheiten waren bei der Kohle von 4 untersuchten Flötzen 5949 (obere Bank des Liegend- flötzes), 5543 (untere Bank desselben Flötzes), 5475 (obere Bank des Hangendflötzes) und 5492 (untere Bank des Cockerillflötzes). Schon früher (Jahrb. d. geol. Reichsanst., 1860, pag. 279) hatte ebenfalls K.v. Hauer 10 verschiedene Kohlenproben von Jaworzno und Niedzieliska untersucht, wobei sich ein Aschengehalt ergab, der zwischen 2:6 bis 6'8 Theilen (auf 100 Theile Kohle) schwankte. Nur in einem Falle, bei der Sohlenkohle des Fr. Augustflötzes in Jaworzno betrug dieser Gehalt 104. In diesem Falle betrug auch die Zahl der Wärme- einheiten nur 4441. Sonst schwankte diese Ziffer zwischen 4712 bis 5074, woraus sich am Besten die etwas geringere Qualität dieses Productes gegenüber den Dabrowaer Kohlen ergibt. Hinzugefügt kann hier über- dies noch werden, dass die Proben von Niedzieliska ihrerseits wieder ein besseres Resultat ergaben, als die von Jaworzno selbst. Wer weitere Einzelheiten bezüglich der Beschaffenheit der ver- schiedenen Flötze zu erfahren wünscht, mag dann in dem oben schon angeführten Buche K. v. Hauer’s (Wien 1865, pag. 246—250) nach- blättern. Auch wäre hier noch die Zusammenstellung zu vergleichen, welche Peter Giermanski in den Berichten der physiographischen Commission (Krakau 1875) unter dem Titel „Rozbiör chemiezny 26 gatunköw wegli kopalnych z röznych kopalı i pokladow Galieyi“ mit- getheilt hat. Nicht ohne Interesse sind ferner die Versuche, welche man über die Vercokungsfähigkeit der Kohle von Jaworzno angestellt hat, über welche anschliessend an andere Versuche €. Freiherr v. Beust (Ver- handl. d. geol. Reichsanst., 1870, pag. 59) berichtete. Es ergab sich dabei, dass die Kohle von Jaworzno für sich allein nicht vereokt 506 Dr. Emil Tietze. [84] werden kann. Doch kann eine Mischung dieser Kohle mit der vor- züglichen Backkohle von Mährisch-Ostrau im Verhältniss von 40:60 ein noch vercokungsfähiges Gemenge darstellen. Es drückt dies Zahlen- verhältniss allerdings die äusserste Grenze für die betreffende Mischung aus, indem man von der Jaworznoer Kohle grössere Verhältnissmengen nicht nehmen darf. Bei einer Fabrikation im Grossen müsste man wohl wenigstens 70 Theile von Mährisch-Ostrauer Kohle zu der Mischung verwenden. „Für die Kohle von Jaworzno“, fährt Beust übrigens fort, „dürfte ein praktischer Nutzen aus der Vercokung mit Mährisch-Ostrauer nur in dem Falle zu erwarten sein, wenn die Möglichkeit eines grösseren Cokesabsatzes in nordöstlicher oder östlicher Richtung vorhanden wäre, wogegen in der Richtung von Jaworzno über Mährisch-Ostrau hinaus, das Verfahren sich kaum rentiren dürfte“. !) Die hier erwähnte Kohlenformation tritt nun keineswegs überall in der Gegend zwischen der Przemsza und Jaworzno zu Tage. Auf der Karte dürften die ihr zugewiesenen Räume sogar etwas übertrieben zur Darstellung gelangt sein. Das Meiste sieht man noch in der Nähe von Jaworzno selbst. Einer der besten Aufschlüsse befand sich zur Zeit meines Besuches gleich westlich der Stadt, wo kurz vorher ein Einsturz erfolgt war, in Folge dessen sich ein Sprung gebildet hatte, durch welchen zwei Theile des Gebirges aneinander verschoben worden waren. ?) In dem grössten Theil der erwähnten Gegend erscheint das ältere Gebirge durch mehr oder minder mächtige Diluvialbildungen verdeckt, und zwar sind es überwiegend Sande, welche die Oberfläche des flachen von bedeutenden Waldungen geschmückten Gebietes einnehmen. Diese Sandbedeckung wurde zwischen Jaworzno und Brzezinka (der nächst- westlich gelegenen preussischen Grenzstation) in einer Mächtigkeit von 21 Fuss durch ein Bohrloch constatirt, während an einem Punkte südlich Dabrowa der Sand nur 2 Fuss mächtig gefunden wurde, worunter dort ein 3 Fuss mächtiger Lehm als unmittelbare Auflagerung über die zur Kohlenformation gehörigen Schiefer folgt. Das diluviale Material ist zum Theil wenigstens glacialen Ur- sprungs. Die wenigen Punkte, wo eine lehmige Bildung nahe an die Tagesoberfläche tritt, befinden sich bei den zwischen Jaworzno und Dabrowa gelegenen Ziegeleien und bei einer in der Nähe von Dabrowa nordwestlich von diesem Orte befindlichen Ziegelei. Der Lehm erweist sich dort als ein richtiger Geschiebelehm, in welchem insbesondere bei der nächst Jaworzno gelegenen Ziegelgrube erratische nordische Blöcke eingeschlossen sind. ') Dass nicht alle mit dem oberschlesischen Becken zusammenhängenden Kohlen- reviere eine gleichmässig gut verwendbare Kohle besitzen, war übrigens, wie vielleicht nicht ohne Interesse ist, schon L. v. Buch bekannt, der in seiner manuskriptlichen Arbeit über Neuschlesien (eitirt nach Oeynhausen, vergl. Buch’'s gesammelte Schriften, Bd. I) angab, dass die ausseroberschlesischen Kohlen unseres Beckens ein grösseres specifisches Gewicht besitzen. ”) Ich möchte diese Verschiebung nicht mit einer der älteren eigentlichen Ver- werfungen verwechselt wissen, da sie, wie mir schien, nicht in einem den etwaigen heutigen gebirgsbildenden Tendenzen entsprechenden Vorgange begründet war, wenn auch das Facit der Erscheinung schliesslich dasselbe bleibt, wenn eine Verschiebung zweier Gebirgstheile in Folge eines Zusammenbruches von durch Menschenhand ge- schaffenen Hohlräumen, oder wenn sie auf Grund tiefer liegender Ursachen erfolgt. [85] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 507 Öestlich der Linie Niedzieliska-Jaworzno erhebt sich um etwa 66 Meter über die beschriebene sandige Ebene ein Hügelrücken, an dessen westlicher Basis sich allenthalben ein mit thonigen Absätzen verbundener rother oder röthlicher Sandstein hinziebt, der schon am Eisenbahndurchschnitt von Niedzieliska sichtbar wird, wo seine intensive Färbung auffällt, und der auch in der unmittelbaren Nähe von Jaworzno eine gewisse Bedeutung erlangt. Da derselbe petrefactenleer ist, so lässt sich das Alter desselben gerade paläontologisch nicht bestimmen. Sein inniger Anschluss bezüglich der Verbreitungserscheinungen an die nächst höheren Triasschichten macht es aber höchst wahrscheinlich, dass wir bunten Sandstein vor uns haben. | Es hat sich Suess in der schon eitirten Mittheilung über die rothen Thone des Krakauer Gebietes über dieses Vorkommen geäussert. Bei Jaworzno, schreibt er, ruhe auf dem Kohlensandstein „ein Complex von sandigen und thonigen Schichten, welche von Muschelkalk bedeckt und als die Vertreter des bunten Sandsteines anzusehen sind. Im Orte selbst bemerkt man, dass unter den Muschelkalk, welcher die Höhe oberhalb der Kirche bildet, eine ziemlich mächtige Masse von dunkel- rothem Thon einfällt, unter welchem dunkelgelb gefärbter platten- förmiger Sandstein mit kieseligem Bindemittel zum Vorschein kommt, auf dem die Kirche erbaut ist. Dieser ruht, wie es scheint, wieder auf einer Lage von rothem und lichtgrünem Thon. Es folgt nun eine 4 Fuss mächtige Bank von sehr grobkörnigem Sandstein, welcher nach unten sich nicht scharf sondert von einem feinkörnigen und lockeren, licehtgelben und roth geflammten Sandstein mit Schnüren und ovalen Geschieben von lichtgrünem Letten und mit lichten Streifen und runden Flecken, der eine schlagende Uebereinstimmung mit typischen Hand- stücken des norddeutschen bunten Sandsteines zeigt. Darunter folgen wechselnde Lagen von gelbem und dunkelrothem Sande und dunkel- rothem Letten, noch tiefer aber Knauern von rothgelbem Sandstein, wie er an der Kirche zu treffen ist.“ In sehr geringer Mächtigkeit folgen nun über diesem hier be- schriebenen Schichteneomplexe helle oder bräunliche dolomitische Mergel, welche ihrer petrographischen Beschaffenheit und ihrer Lage nach der obersten Abtheilung des deutschen Buntsandsteins, dem Röth, entsprechen, wie bereits von den früheren Beobachtern erkannt wurde, so von F. Römer, der ausdrücklich Jaworzno als einen Punkt des Vorkommens dieser Bildung nennt. Die Hauptmasse der Hügelkette besteht aber aus Gesteinen des Muschelkalkes, und zwar zunächst aus der dem Wellenkalke entspre- chenden unteren Abtheilung des unteren Muschelkalkes, worüber dann weiter nach Osten und zum Theil schon auf der Höhe des Hügelzuges Dolomite folgen, welche ich dem von Hohenegger-Fallaux so ge- nannten erzführenden Dolomit zureehne und welche beispielsweise am Wege von Jaworzno nach Szezakowa bei dem gerade östlich von Niedzieliska durch ein Kreuz. bezeichneten Höhenpunkt besser aufge- schlossen sind. Noch weiter östlich folgt dann stellenweise die oberste Abtheilung des unteren Muschelkalks, der sogenannte Nulliporendolomit, sowie vielleicht noch eine kleine Partie jüngeren Muschelkalks. Jahrbuch der k.k. geol. Reichsanstalt. 1887, 37, Band, 3. Heft. (Dr. Emil Tietze.) 66 508 Dr. Emil Tietze. | [86] Der beschriebene Höhenzug bildet den südwestlichen Flügel einer Mulde, deren nordöstlicher Flügel durch die Erhebungen bei Szezakowa vorgestellt wird, während die hypsometrisch tiefer gelegene Mulden- mitte bei den bewaldeten Localitäten Baran und Wilkoszyn oberfläch- lich ganz von diluvialem Sande eingenommen erscheint. Wie mächtig hier der Sand auftritt, ergab sich aus einem vor längerer Zeit durch das Aerar abgeteuften Bohrloch, welches sich bei Wilkoszyn nördlich der Brücke befand. Es wurden 113 Fuss Sand durch- fahren, worunter dann 1 Fuss gelber Thon, 30 Fuss blauer Thon, 1 Fuss gelber Thon, 22'/, Fuss blauer Thon, 10 Fuss 2 Zoll Sand und 7 Fuss 6 Zoll Steingemenge angetroffen wurden. Der betreffende Versuch scheint dann aufgegeben worden zu sein. Ich erhielt diese Daten in Jaworzno. Andere Daten konnte ich wenigstens auf Grund direeter Mittheilungen über jenes Bohrloch nicht bekommen. Das Bohrloch hatte den Zweck, die Kohle zu erreichen, und wurde von diesem Gesichtspunkte aus gewiss an einem sehr unzweck- mässigen Punkte angelegt. Es ist allerdings unzweifelhaft, dass sich bei Wilkoszyn in grösserer Tiefe die Steinkohlenformation befindet, da wir dieselbe, wie noch erwähnt werden wird, ausser bei Jaworzno auch noch auf der anderen entgegengesetzten Seite der erwähnten Mulde im Liegenden der Trias kennen. Es ist auch ferner zur Entschuldi- gung anzuführen, dass man über die Mächtigkeit des diluvialen Sandes an dieser Stelle keine bestimmte Vorstellung haben und noch weniger mit Gewissheit voraussetzen konnte, es würden unter dem Sande noch andere in der Gegend oberflächlich nieht bekannte Gebilde wie jene Thone angetroffen werden. Aber man hatte die Aussicht, über der Kohle noch einen grossen Theil der Mächtigkeit der triadischen Bildungen durchfahren zu müssen, die man, wie es scheint, mit dem bewussten Bohrloch noch gar nicht einmal erreicht hat. Man übersah augenschein- lich das tektonische Verhältniss, in welchem die Kalkhügel bei Szeza- kowa-Ciezkowice und bei Jaworzno zu einander stehen und glaubte wahrscheinlich einen Zusammenhang zwischen der sandigen Oberfläche der fraglichen Gegend und einer unmittelbar darunter liegenden, aus Sandsteinen und Flötzen bestehenden Kohlenformation voraussetzen zu dürfen, nach Analogie der Verhältnisse, zwischen Dabrowa und Jaworzno und bei der später zu nennenden Localität Sierza, wo ja die Sande direet auf der Kohlenformation aufruhen. Jener vermuthete Zusammen- hang ist jedoch nur ein scheinbarer, wie sich unter Anderem gerade aus den bei Wilkoszyn ermittelten Thatsachen ergibt. Die grosse Mächtigkeit des Sandes einerseits, sowie andererseits der Umstand, dass an der Basis desselben eine grösstentheils aus Thonen bestehende ziemlich mächtige Schichtabtheilung auftritt, schliessen die Vermuthung völlig aus, dass der Sand etwa aus der Zersetzung des Kohlensandsteines hervorgegangen sein könnte, selbst wenn nicht aus den Lagerungsverhältnissen die directe Auflagerung des Sandes auf den Kalken und Dolomiten der Trias hervorginge. Was aber für den Sand von Wilkoszyn gilt, hat auch auf die anderen Diluvialsande der Gegend Bezug. Eine ziemlich schwierige und wie ich bekennen muss, gegenwärtig kaum sicher lösbare Frage ist die nach dem Alter der Thone im [87] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau, 509 Liegenden des Sandes, welche durch das Bohrloch ebenfalls aufge- schlossen wurden. Es ist mir nämlich nicht ganz unwahrscheinlich, dass ein „Bohr- loch unweit Ciezkowice“, von welehem Suess in seiner nunmehr schon einigemal genannten Mittheilung über die rothen Thone der Krakauer Gegend redet, mit dem hier erwähnten Bohrloch identisch ist. Die Lage des betreffenden Punktes am Wege nach Ciezkowice jenseits des Muschel- kalkrückens von Jaworzno macht diese Vermuthung um’so zulässiger, als mir wenigstens von einem zweiten Bohrloch in dieser Region nichts bekannt ist. Aber selbst, wenn das Bohrloch, von welchem Suess sprach, ein anderes gewesen sein sollte, als das, von welchem ich soeben Erwähnung gethan habe, so würde dies für etwaige aus den Daten dieser Bohrlöcher zu ziehenden Schlüsse ziemlich belanglos sein, da es sich in beiden Fällen sicher um Aufschlüsse einer und derselben Gegend handeln würde. Suess spricht nun ebenfalls von dem Vor- kommen von Thonen in dem von ihm genannten Bohrloch und gibt diesen Thonen auch eine bestimmte Deutung, die mir jedoch nicht über jeden Zweifel erhaben scheint. Die Beobachtungen aber, die derselbe vor einigen zwanzig Jahren auf der Halde des Bohrloches machte, lassen sich leider heute, wo nichts mehr sichtbar ist, weder bestätigen, noch widerlegen. Zunächst ist auffällig, dass in den Angaben von Suess von dem mächtigen Sande der Gegend gar nicht gesprochen wurde, und dass auch die Mittheilungen über die Mächtigkeit der durchfahrenen Thone nicht mit meinen eigenen Daten übereinstimmen. Es ist übrigens mög- lich, dass von dem Sande als einer blossen diluvialen Deckenbildung bei jenen Mittheilungen absichtlich Umgang genommen wurde und für die Daten über die Mächtigkeit des Thones können schliesslich nur die beiderseitigen Gewährsmänner verantwortlich gemacht werden. Suess schreibt also: „Man traf durch etwa 60 Fuss bunte geflammte Thone und unter diesen noch etwa 100 Fuss von bläulich grünlichem Tegel mit Gypskrystallen. Auf der Halde fanden sich verkieselte Spongiarien und Bruchstücke von Belemniten im Tegel, der also als Fortsetzung des jurassischen Belemnitenthones anzusehen ist, welcher zwischen Wodna und Balin die Oolithe des braunen Jura von dem weissen Kalk- stein mit Amm. biplex trennt.“ Ich muss bekennen, dass mir die Deutung dieser Thone als juras- sisch nicht bezüglich ihrer ganzen Mächtigkeit sichergestellt erscheint. Belemnitenthone kennen wir ja aus der Gegend von Balin, wenn auch nicht gerade im Hangenden der dortigen Oolithe. Sie könnten sich bis hierher fortsetzen und wir sind ja auch in keiner Weise berech- tigt, daran zu zweifeln, dass Suess Belemniten zusammen mit Thon unter dem Material des bewussten Bohrlochs gesehen hat. Sollte nicht aber das Auftreten von Gypskrystallen in den von Suess besprochenen Thonen am liebsten auf das neogene Alter wenigstens eines Theiles der letzteren zu beziehen sein? Das Vorkommen von Gyps in dem Kra- kauer Neogen ist ja, wie wir später noch sehen werden, nichts Unge- wöhnliches. Ein tieferer Theil der durchfahrenen Thone könnte dann noch immer die Lagerstätte jener Belemniten abgegeben haben. Frei- lich wird der Gyps hier gerade als der unteren Lage des angetroffenen 66 * So b2: Ennil. ieize, [88] Sehiehteomplexes angehörig bezeichnet. Es könnten also die jurassi- schen Fossilien hier auch auf seeundärer Lagerstätte im Bereich einer neogenen Ablagerung vorgenommen sein. Ausdrücklich muss übrigens noch angefügt werden, dass dabei auch eine Verwechslung mit den in der Formationsübersicht schon genannten feuerfesten Thonen von Alwernia nicht vorliegen kann, denn erstlich ent- halten die letzteren weder Gyps noch Belemniten und zweitens hat Suess selbst ausdrücklich in der eitirten Mittheilung erklärt (einige Zeilen hinter den angeführten Worten), dass der von ihm beschriebene Tegel mit diesen feuerfesten Thonen nichts zu thun habe. Mit Sicherheit ergibt sich aus all den jetzt mitgetheilten Erörte- rungen und Wahrnehmungen nur das Eine, dass die an dem Aufbau der besprochenen Mulde betheiligten triadischen Gesteine in der Mulden- mitte bei Wilkoszyn in eine unerwartet grosse Tiefe hinabreichen, da sie doch erst unterhalb der bei der Bohrung durchfahrenen Gebilde beginnen können. Wir gehen zu der Beschreibung des zweiten Flügels jener Mulde über, welcher, wie schon gesagt, bei Szezakowa und in dessen Um- gebung beobachtet werden kann. Bei dem Dorfe Dlugoszyn westlich von Szezakowa scheinen sich die beiden Muldenflügel sehr nahe zu rücken. Der sich dort erhebende Hügel besteht oben aus erzführendem Dolomit, in dessen Bereich sich einige Galmeigruben befinden. Die Erze sind bier stellenweise von braunem eisenschüssigem Dachgestein bedeckt, welches bereits Pusch (Geologie v. Polen, 1. Th., pag. 219) erwähnt hat. Zeuschner (Neues Jahrb., 1836, pag. 341) sah hier schon vor längerer Zeit drei Schichten von kohlensaurem Zinkoxyd, welche im Streichen und Fallen dem darunter lagernden Kalk sich anschlossen und zwischen 2 und 12 Zoll Mächtigkeit besassen. Derselbe Autor erwähnt, dass diese Galmeilagen sich öfters auskeilen und in Form dünner Adern sich, wie er sich ausdrückt,’ mit dem „trennenden verhärteten Mergel“ verflechten. An der südlichen Flanke dieses Hügels treten unter den Dolomit einfallend, die Schichten des Wellenkalkes hervor. Nur in der Nähe des Dorfes Diugoszyn selbst kommt der Wellenkalk auf der Nordflanke des Hügels unter dem Dolomit hervor. Das ganze Profil des Hügels ist ein muldenförmiges, indessen eben nur bei Diugoszyn selbst einiger- massen vollständiges, wie aus den Angaben über die oberflächliche Verbreitung der unter dem Dolomit auftretenden Kalke hervorgeht. Sonst ist rings um den Hügel die diluviale Sandbedeckung eine so ausgebreitete und mächtige, dass die Liegendglieder der Schichtenfolge nicht zu Tage treten können. Am ganzen westlichen Abhang fehlt in Folge dessen der Wellenkalk und tiefere Schiehtglieder kommen bei Dlugoszyn überhaupt nicht heraus. Etwas anderes ist es schon bei Szezakowa selbst. In der Nähe der dortigen Sodafabrik befindet sich eine Ziegelei, welche ihr Material grauen Thonen entnimmt, die an der Basis der dortigen Hügelkette auftreten. Diesen Thonen sind unregelmässige Knauern und Linsen von oft röthlichem Sandstein sowohl als von Thoneisenstein in grösserer Zahl untergeordnet. In beiden finden sich nicht selten Reste fossiler Pflanzen. [ 89] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 511 Unter den von mir mitgebrachten Stücken erkannte Herr Stur einen Calamites Suckowi, eine Odontopteris und eine Sigillaria, wonach er die Gesteine, in denen die Pflanzen liegen, geneigt ist für Carbon, und zwar für älteres Carbon, zu halten. Es kann nun die Frage entstehen, ob auch die Thone selbst dieser Deutung unterzogen werden müssen oder ob die bewussten Sandsteinmassen hier in den Thonen auf secundärer Lagerstätte sich befinden. Im ersteren Falle würden Aequivalente des bunten Sand- steines, abgesehen vielleicht von etwas Röth, an dieser Stelle fehlen, was bei der weiter östlich ziemlich bedeutenden Mächtigkeit dieser Bildung immerhin auffällig ist. Ich empfehle diese Frage einer ferneren Untersuchung, glaube indessen, dass in der That unsere Thone dem grauen Thon entsprechen, den Zeuschner (vergl. oben) bei Jaworzno als zu den oberen Theilen des hiesigen Carbons gehörig erkannt hat. Ueber einer die Thone zunächst bedeckenden dünnen Gesteins- folge von dolomitischem undeutlichem Röth folgen freilich auf der Höhe sofort die Wellenkalke, deren einzelne Bänke durch thonige Zwischen- mittel gesondert sind. Aus diesen Kalken entspringt weiter östlich bei der Strasse eine sehr mächtige Quelle. Hangende Glieder der Trias sind hier kaum entwickelt. Sie sind entweder denudirt oder unter der Sandbedeckung verborgen, welche zwischen Szezakowa und Niedzieliska in das Gebiet der Triashügel eingreift, um dann sich nach der Mulden- mitte der durch die bisher besprochenen beiden Hügelreihen gebildeten Muldenflügel, nämlich nach der vorher schon erwähnten Localität Wil- koszyn, in breiter werdender Ausdehnung fortzusetzen. Am Wege von Szezakowa nach Ciezkowice sieht man am Nord- fusse der Bergmasse des Grödek unter dem nach Norden gekehrten Steilabfalle des Berges an mehreren Stellen Thone zum Vorschein kommen, welche an einem Punkte noch von grauer Farbe waren, ähnlich wie bei Szezakowa selbst, meist aber rotn gefärbt und mit sandigen Zwischenlagen verbunden sind. Das sind im letzteren Falle sicher wieder Aequivalente des Buntsandsteins. Der Röthdolomit ist hier über den Thonen oft deutlicher entwickelt als bei Szezakowa. Ueber demselben folgen die cavernösen, dolomitisch aussehenden Kalke, welche die unterste Abtheilung des Wellenkalks bilden und dann der echte Wellenkalk, welcher noch die Spitze des Grödek einnimmt. Erst weiter südlich folgen Dolomite, der erzführenden Abtheilung und dem Nulliporendolomit angehörig. Etwas westlich vom Grödek sah ich in dem direet den Wellenkalk überlagernden Dolomit ziemlich zahlreich weisse Hornsteine. Die Ebene nördlich von Szezakowa wird von überaus mächtigen diluvialen Sandmassen eingenommen, welche sich von hier weiter östlich bis nach der Gegend von Sierza fortziehen. Die Piaski genannte Fläche, über welche die Eisenbahnabzweigung nach der russischen Grenz- station Granica führt, stellte sogar bis vor Kurzem ein gänzlich vege- tationsloses Flugsandgebiet vor, welches man erst in neuester Zeit versucht hat, durch geeignete Anpflanzungen zu befestigen. In diesem Sande finden sich ziemlich häufig eigenthümlich ge- staltete Coneretionen aus zusammengekitteten Quarzkörnern bestehend. Manche Stücke zeigen ein Gewirr von sehr zierlichen Röhren, die 512 Dr. Emil Tietze. [90] man versucht sein könnte, für irgendwie organischen Ursprungs zu halten. Professor Dames, dem ich einige derselben zeigte, war geneigt, diese Röhren mit Wurzeln und Stengeln in Verbindung zu bringen, welche zu den Incrustationen Veranlassung gegeben haben könnten. Da aber von Vegetation hier in letzter Zeit keine Rede war, so könnten die Stücke sich zu einer Zeit gebildet haben, als noch die genannte Fläche ein anderes Aussehen besessen haben mag. Sie könnten aber auch von anderswoher hierher transportirt worden sein, vielleicht aus einer Gegend in Russisch-Polen, da ausserdem noch andere kleine Geschiebe in dem Sande gefunden werden, so zum Beispiel ein honig- selber Feuerstein, der, wie mir Herr Dames mittheilt, aus gewissen oberjurassischen Kalken des russisch-polnischen Gebietes stammen dürfte. Ehe wir mit der Beschreibung der bisher betrachteten Mulde in den Richtungen nach Chrzanow und Sierza weitergehen, wollen wir zur Vervollständigung des Bildes, welches die Gegend von Jaworzno bietet, noch der Erhebungen gedenken, welche in einiger Entfernung südlich von diesem Orte auftauchen, und an deren Westseite am Przemszaflusse das Dorf Jelen liegt. Es sind die Rudna göra und die Bielana göra, deren Kuppen aus erzführendem Dolomit, theilweise sogar aus etwas Nulliporendolomit bestehen, während an der Basis der Hügel ringsum Schichten des Wellenkalkes aufbrechen. An der Kirche bei Jelen zeigt sich dieser Kalk flach gelagert. Etwas weiter oben werden etwas dolomitisch aussehende Quadern darin gebrochen. Weisslich- grüne Thone erscheinen daselbst als auffällige Spaltenausfüllungen in dem Gestein, das dort noch der tieferen Abtheilung des Wellenkalkes angehören dürfte. Schrägüber von Jelein befindet sich bereits auf preussischem Ge- biete das Dorf Dziekowitz, welches Zeuschner (N. Jahrb., 1837, pag. 313) gemeint haben dürfte, als er eine kurze Mittheilung über die bei Driekowice !) an der Przemsza in Muschelkalk gefundenen Saurier- knochen gab. Auch von Szezakowa und Jaworzno wurden dergleichen Knochen namhaft gemacht. (Vergl. hier übrigens noch eine ältere Mit- theilung Zeuschner’s im Neuen Jahrbuch, 1836, pag. 341.) Zwischen Jaworzno und den genannten Hügeln muss wohl die Existenz eines Schichtensattels angenommen werden, der sich bezüglich der triadischen Gesteinsglieder, welche dort über der von Sand bedeckten Steinkohlenformation fehlen, als Luftsattel erweist, denn wenn auch an der Rudna göra eine so vollständige Reihenfolge wie zwischen Jaworzno und Wilkoszyn nicht beobachtet werden kann, so findet die Ueberlagerung der vorhandenen Schichten daselbst doch in der Weise statt, dass am Nordfusse des genannten Hügels ältere Bänke auftreten als auf der Spitze, ähnlich wie sich das umgekehrt für den Südabhang der Berge bei Jaworzno sagen lässt, so dass, im Allgemeinen betrachtet, für die Kalke und Dolomite jener Gegend sich das Bild einer Anti- clinale ergibt, wenn auch das Verhältniss bei den meist ziemlich flachen Schichtenstellungen daselbst kein auffallendes ist. Südlich von Jelen bei Ogernia und Dab herrscht auf der ganzen Nordseite des Smidrabaches ausschliesslich diluvialer Sand. ‘) Ist augenscheinlich ein Druckfehler statt Dziekowice (resp. in deutscher Schreibweise Dziekowitz). | [91] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 513 Die Gegend von Chrzanow und Sierza. Complieirter als das bisher betrachtete Stück unseres Gebietes ist bereits die Gegend von Chrzanow und Sierza zusammengesetzt. Wir betrachten hier zuerst die Fortsetzung des bei Szezakowa auftretenden Gesteinszuges in der Gegend von Ciezkowice und Sierza. Bei Sierza existirt unter einer ausgebreiteten Decke von Diluvial- sand und stellenweise auch von diluvialem Schotter, welcher letztere östlich von Sierza in einer etwas grösseren Partie auftritt, die alte Steinkohlenformation und werden die Flötze derselben seit längerer Zeit an verschiedenen Punkten ausgebeutet. Nach Carl v. Hauer (Fossile Kohlen Oesterreichs 1. e. pag. 249 und 250) beträgt der durchschnittliche Aschengehalt der hiesigen Kohle 5 Procent, der durchschnittliche Wassergehalt 17°9 Procent. Der Brenn- werth der Kohle von Sierza dürfte im Allgemeinen dem der Kohle von Jaworzno ähnlich sein. Doch scheint die Neigung der ersteren, in kleinere Stücke zu zerfallen, als ein (übrigens nicht belangreicher) Uebelstand. Der rothe dem Buntsandstein angehörige Thon, den wir zwischen Szezakowa und Ciezkowice kennen gelernt haben, setzt sich unter ähnlichen Verhältnissen bis in die Gegend von Sierza fort, insoferne er auch hier an der nördlichen Basis der südlich von Sierza aufsteigenden Hügel erscheint, wie es scheint ziemlich unmittelbar die Kohlenformation bedeckend, obgleich sich für diese Annahme ein directer Beweis nicht erbringen liess. Er wird hier von bedeutender Mächtigkeit, wie denn einer mir gewordenen Mittheilung zufolge, in einem bei Sierza gegen den Triasrücken zu abgeteuften Bohrloche gegen 50 Klafter solchen rothen Thones gefunden worden sein sollen, was selbst unter der Voraus- setzung einer durchgängig bestehenden ziemlich ausgesprochenen Schichtenneigung noch immer eine (mit den sonstigen Erfahrungen über die Stärke dieser Ablagerung verglichen) exorbitante Dieke der letzteren ergeben würde. Jedenfalls geht dieser Thon an der Hügelkette südlich Sierza zu einer ziemlichen Höhe an den Abhängen hinauf. Zwischen Ciezkowice, Sierza und Wodna folgen mit einem bei Sierza stärker ausgesprochenen südlichen Fallen alle die bisher genannten Triasglieder über dem rothen Thon. Südlich von Sierza bei Göry luszowski treten darüber noch in schmalen Zonen die jüngeren Glieder des Muschelkalks und endlich bunte (grüne und rothe), bereits dem Keuper angehörige Mergel auf, welche in der Terrainvertiefung zwischen Göry luszowski und Luszowice in der Nähe des (von letzterem Orte aus gerechnet) zweiten Kreuzes beobachtet werden, so dass hier das Profil durch die Triasschichten ein vollständiges, das heisst alle im Krakauer Gebiet überhaupt vorkommenden Glieder umfassendes ist. Der Keuper wird hier unmittelbar von mittel- und oberjurassischen Schichten bedeckt, welche die Erhebungen von Euszowice einnehmen, wobei die Bildungen der unteren Abtheilung des weissen Jura, die Cordatusschichten, die grösste Verbreitung zeigen. In dieser Gegend und bei dem benachbarten Balin befindet sich (an der Oberfläche wenigstens) das westlichste Vorkommen der jurassischen Gesteine des Krakauer Gebiets. 514 Dr. Emil Tietze. [92] Während schon bei den letztgenannten Dörfern, welche durch ihre Lage der Mittelzone der zwischen Szezakowa, Jaworzno und Chrzanow sich ausdehnenden Gesteinsmulde angehören, diluvialer Sand an verschiedenen Stellen auftritt, dehnt sich dieses Gebilde nord- westlich davon weithin aus und steht im direeten, breiten Zusammen- hange mit den Sanden von Wilkoszyn. Nur an wenigen Stellen konnte auf der Karte im Bereich dieser Sandbedeckung die Anwesenheit anderer (älterer) Bildungen verzeichnet werden. Dies geschah z. B. in der Mitte zwischen Ciezkowice und Balin östlich von der Trzebinia mit Szezakowa verbindenden Eisenbahn, wo ich auf Grund von bei einstigen Brunnengrabungen zu Tage gefördertem Material die Anwesenheit von Keuperthonen angab, aber nur in einigen kleinen Flecken, während allerdings die Hohenegger-Fallaux’sche Karte den grössten Theil des dortigen Sandterrains durchgängig mit der Farbe des Keupers bezeichnet hat, der ja freilich zwischen diesen Stellen und Göry luszowski vielfach unterirdisch vorausgesetzt werden darf. Nördlich vom westlichen Theile des Dorfes Balin und westnord- westlich vom Dorfe Luszowice befindet sich dann etwa in gleicher Ent- fernung von den beiden Dörfern der in der Literatur über den mittleren Jura vielfach genannte Eisenbahndurchschnitt, welcher seiner Zeit einen grossen Theil der reichen Fauna lieferte, welche unter dem Namen der Fauna der Oolithe von Balin allgemein bekannt ist, wenn auch die Autoren unter dieser localen Bezeichnung nicht selten altersverwandte Ablagerungen des Krakauer Gebietes überhaupt verstanden haben. Man kann in dem einleitenden Capitel über die unser Gebiet aufbauenden Formationen im Bedarfsfalle nachlesen, was über diese Volithe im Allgemeinen zu sagen wäre. Es sind dort auch die wichtigsten Arten aus diesen Ablagerungen genannt worden. Was sich von der Baliner Fauna in den Sammlungen befindet, wird wohl für lange Zeit wenigstens von der Localität Balin selbst nicht vermehrt werden, denn der Eisenbahndurchschnitt, welcher den Aufschluss der Versteinerungen geliefert hatte, war schon vor einigen Jahrzehnten, wie auch die Autoren bereits berichteten, gänzlich ver- wachsen. Ich selbst konnte durch eine kleine Grabung, die ich vor- nehmen liess, nur mehr Spuren des bewussten Ooliths mit Ammoniten, Belemniten und Pleurotomarien zu Tage fördern im Vereine mit deut- licheren Spuren thoniger Schichten, die seinerzeit hier ebenfalls ent- blösst waren und die das unmittelbare Liegende des wenig mächtigen, nur 2 bis 4 Fuss starken Ooliths bildeten. Es waren dies zum Theil (vergl. oben, pag. 28 dieser Abhand- lung) die Belemnitenthone, von welchen Alth in seinem Aufsatz über Westgalizien gesprochen hatte. Anderntheils sah ich aber auch Spuren von gelblichen Thonen, welche ich im Anschluss an die Deutung, welche Römer den thonigen Bildungen dieser Localität gab, beim Keuper lassen möchte. Bedeckt werden die genannten Oolithe von weissem Jurakalk, der unteren Abtheilung desselben angehörend, welche man, obschon hier ebenfalls in augenscheinlich geringer Mächtigkeit, gleich südlich von dem betreffenden Eisenbahndurchschnitte gegen Balin zu auf der Höhe der dortigen Felder in Stücken herumliegen sieht. Eine kleine Partie L [93] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 515 davon kommt auch nördlich von dem Durchschnitte in Spuren zum Vor- schein und ebenso ist dieser Kalk in der Nähe des Dorfes Buszowice ver- breitet, hier zum Theile ebenso wie zwischen Balin und Chrzanow bereits von einigen Bänken des nächst höheren Juragliedes überlagert, das wir auf der Karte als unteren Felsenkalk des oberen Jura ausgeschieden haben. Beim Dorfe Balin selbst verdecken diluviale Sandmassen die Grenze zwischen den jurassischen und den südlich davon gegen Katy zu folgen- den Triasbildungen, welche dort den südlichen Flügel der bisher be- trachteten Mulde darstellen und in Form eines Hügelzuges zwischen Chrzanow und Jeziorki entwickelt sind. Diese Hügel reichen den von Jaworzno und Jelen heranziehenden Triaserhebungen sozusagen die Hand, wenngleich ein nördlich vom Dorfe Byezyna in einer Terraindepression verlaufender Streifen Diluvialsandes die Zusammengehörigkeit mit den- selben oberflächlich aufzuheben scheint. An der Zusammensetzung der fraglichen Hügel nehmen die ver- schiedenen Stufen des unteren Muschelkalks theil. Namentlich ist daselbst auch der erzführende Dolomit entwickelt, innerhalb welchem bei Katy zur Zeit ein lebhafter Zink- und Bleierzbergbau stattfindet. Es wäre übrigens irrig, wenn man sich die genannte Hügel- gruppe ausschliesslich als den südlichen Gegenflügel des zwischen Ciezkowice und Wodna entwickelten mesozoischen Muldenflügels vor- stellen wollte. Die Schichtenstellung geht daselbst aus der nördlichen auch in die südliche Fallrichtung über, wie dies insbesondere Beob- achtungen in der auf der Südseite der Hügelreihe gelegenen Grube von Katy dargethan haben, so dass die Andeutung eines Schichtensattels, von welcher bei Beschreibung der Gegend südlich Jaworzno die Rede war, sich hier südlich der grossen Mulde Chrzanow-Szezakowa wieder- holt findet. Diese Vorstellung wird bestätigt durch das später noch einmal zu erwähnende Vorkommen der jüngeren Muschelkalkhorizonte und besonders durch das Wiederauftreten des Keupers an einigen Stellen auf der Südseite der mehrfach besprochenen Hügelreihe. Westlich nämlich von Chrzanow dehnt sich in der Richtung nach Dab bis an die Przemsza eine weite, fast ausschliesslich von Diluvial- sand eingenommene Fläche aus, innerhalb welcher nun in der Nähe von Chrzanow, und zwar südlich der Linie Chrzanow-Katy durch einige alte Thon- und Ziegelgruben Aufschlüsse älterer Gesteine hergestellt wurden, und in diesen theils dieht an der Strasse nach Libiaz, theils etwas nördlich davon gelegenen Gruben wurden, wie bereits Hohen- egger und Fallaux berichten (l. c. pag. 18) die Keuperthone aus- gebeutet. Uebrigens spricht auch schon F. Römer von einem Sattel in den Muschelkalkschichten zwischen Byezyna und Chrzanow (Oberschl., pag. 131). Noch muss ich, ehe wir uns dem Landstrich südlich von Chrzanow zuwenden, bemerken, dass F. Römer’s Karte bei Chrzanöw an zwei Punkten, und zwar erstens östlich von Chrzanow in der Nähe der Hauptlinie der Nordbahn und zweitens nördlich von Chrzanow in der Nähe der von Trzebinia nach Ciezkowice und Szezakowa führenden Bahn- linie Tertiärbildungen angibt. Nähere Angaben über diese Punkte fehlen aber inRömer’s Erläuterungen auch dort, wo man dieselben (wie auf pag. 383 der Geol. v. Oberschl.) voraussetzen könnte. Auf der Hohen- Jahrbuch der k.k. geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Band. 3. Heft. (Dr. Emil Tietze) 67 Sie Dr. Hmil. Tietze, [94] egger-Fallaux’sschen Karte dagegen wird an den betreffenden Punkten, wo (allerdings sehr schematisch) die Ausbreitung jurassischer Bildungen sich verzeichnet findet, von der Anwesenheit tertiärer Gesteine nichts markiit. Es ist allerdings wohl anzunehmen, dass den betreffenden Angaben der Römer’schen Karte sichere Beobachtungen irgend welcher Art zu Grunde liegen und man könnte mich daher nicht berechtigt glauben, dieselben gänzlich zu ignoriren. Ich halte mich indessen zu der Bemerkung verpflichtet, dass ich auch nicht mit einiger Sicherheit diese Beob- achtungen bestätigen kann. Ich selbst sah längs der direeten Linie zwischen Chrzanow und Wodna, an welcher Linie jene Vorkommnisse gelegen sein müssen, fast nur diluvialen Sand, in welchem hier als Seltenheiten Geschiebe von nordischem rothem Granit vorkommen. An einigen Stellen wie an der sumpfigen Wiese bei dem Eisenbahndurchlass, der sich ungefähr in der Mitte zwischen Chrzanow und der nach Szezakowa führenden Eisenbahnlinie befindet, sowie hinter letzterer Linie, an dem kleinen Bache, der dort von Wodna herabkommt, bemerkte ich aber graue sandige Thone, welche vermuthlich mit den von Römer auf- gezeichneten Tertiärgesteinen im Zusammenhang gedacht werden können. Ich habe dieselben aber mit der für den Dogger gewählten Farbe auf der Karte bezeichnet. Ein jurassisches Alter denselben zuzuschreiben, konnte man sich schon nach Fallaux’ Karte veranlasst sehen. Zu- dem schien mir der Vergleich mit den Belemnitenthonen Alth’s von Balın am nächsten liegend, wenn ich auch direete paläontologische Belege für diese Annahme nicht besitze. Möglicherweise aber haben wir hier die Thone vor uns, welche Suess in der früher besprochenen Mittheilung über die rothen Thone im Krakauischen mit den T'honen verglich, die im Bohrloch zwischen Jaworzno und Ciezkowice angetroffen wurden. Wirklicher Jura, und zwar in Form von Cordatusschichten, viel- leicht auch noch etwas jüngerer Bänke des Malm steht erst evident auf der erhöhten Terrasse von Wodna an. Die Gegend von Chelmek und Libiaz. Wir gehen zunächst noch einmal in die Nähe der preussischen Grenze zurück und betrachten das östliche Ufer der Przemsza bei Chelmek und Dab. Es liegt eine ältere Angabe von Fötterle vor (Jahrb. geol. R.-A. 1860; Verhandl., pag. 72), wonach Suess einmal bei Chelmek Zech- steinfossilien gefunden haben soll. Ich erwähne das gleich hier zu Anfang, aber mit dem Zusatze, dass das Vorkommen solcher Fossilien von keinem der späteren Autoren weder für Chelmek, noch für einen anderen Punkt des Krakauer Gebiets bestätigt werden konnte. Die sogenannte Skala bei Chelmek besteht oben aus Wellenkalk, an dessen südlicher Basis unter einer Lage von Röth-Dolomit die zum bunten Sandstein gehörigen Thone zum Vorschein kommen, obwohl die Aufschlüsse der letzteren gegenwärtig sehr undeutliche sind. Die Thone sind hier oft von grünlicher oder weisslich grauer Farbe und sollen einst gewonnen worden sein, wie man mir sagte, zu ähnlichen Zwecken wie die mitteljurassischen feuerfesten Thone von Mirow und Alwernia, , [95] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 517 wofür ich mieh aber nicht verbürgen möchte. Nördlich der Skala gegen Dab zu herrscht Sand, abgesehen von einer beschränkten Stelle südlich von Dab, wo an dem längs der Przemsza führenden Wege ein horizontal geschichteter dolomitisch aussehender Kalk auftritt, für dessen Deutung sich bestimmte Anhaltspunkte schwer finden lassen, den man jedoch gemäss den kartographischen Angaben der früheren Autoren beim Wellenkalk lassen kann, in welchem Falle er vielleicht den eavernösen unteren Partien des letzteren zugerechnet werden kann. Diluvialer Sand herrscht auch südlich und südöstlich von Chelmek bis zum Weichselthale, nur treten südöstlich vom Berge Skala an einigen Punkten neogene Gesteine an die Oberfläche. Ausser einigen unbedeutenden und schwer auffindbaren Partien in der Nähe der hier nach Krakau führenden Strasse (östlich und westlich von Paprotnik), wo nach F. Römer mariner Tegel ansteht, ist besonders eines beim Folwark Nowepole anstehenden Gypsvorkommens zu gedenken, welches zeitweise ausgebeutet zu werden scheint. Oestlich von Chelmek bei Libiaz befindet sich eine Hügelgruppe, deren einzelne aus älteren Gesteinen bestehende Erhebungen durch zwischengeschobene Sandanhäufungen isolirt werden. In der Nähe von Libiaz sind es hauptsächlich Bänke der Wellenkalkgruppe, welche an- stehend gefunden und theilweise auch in Steinbrüchen abgebaut werden. Erst nordwärts folgen jüngere Glieder des Muschelkalks. In der Nähe der Eisenbahn kommen dann sogar dolomitische Gesteine des mittleren und oberen Muschelkalks in sehr beschränkten Partien vor. Der Südabfall jener Erhebungen bei Moczydlio lässt unter dem Wellenkalke die Dolomite des Röth und schliesslich auch rothe thonig- sandige Gesteine des Buntsandsteins erkennen. Oestlich von Moczydlo ist sogar die productive Steinkohlenformation an der Basis der bisher betrachteten Formationsreihe nachgewiesen. Es bestanden hier Schächte zur Gewinnung der Kohle, welche aber gegenwärtig unter Wasser stehen. Die Hügelgruppe zwischen Moczydlo und Jaworek zeigt sogar noch auf ihrer nordöstlichen Seite bei Jaworek die Gesteine des Röth, des Buntsandsteins und der Kohlenformation. Auch dort sind einst Schür- fungen auf Kohle vorgenommen worden. Die Gegend zwischen Chrzanow und Alwernia. Von Moczydio oder Jaworek aus nach Osten auf der Strasse nach Krakau weiter gehend, übersetzt man zuerst gleich hinter Zarki den von Chrzanow kommenden, von hier bis Metkow in einem überaus sandigen Gebiet verlaufenden Chechlo-Bach, um bald darauf dicht bei der Strasse, bei der Localität Maniska wieder auf einen Punkt zu treffen, an welchem die Kohlenformation durch einen heute verlassenen Bergbau aufgeschlossen wurde. Der hier abgeteufte Schacht hat aller- dings die Kohle nicht erreicht, doch wurde die letztere durch eine Bohrung eonstatirt. Starker Wasserzufluss scheint die hauptsächliche Ursache davon gewesen zu sein, dass der Abbau hier nicht vorge- nommen wurde. Die genannten Kohlenfundorte bei Moezydlo, Jaworek und Zarki stellen in dem Gebiete unserer Karte die südlichsten bekannten Fund- 67* 518 Dr. Emil Tietze, [96] orte der Kohlenformation dar. Im Hinblick besonders auf den Umstand, dass eine gute Strecke südlich von Oswiecim bei Grojee ebenfalls die Anwesenheit dieser Formation constatirt wurde (vergl. Hohenegger- Fallaux, l.e., pag. 10 [238]), lässt sich die wohl begründete Ver- muthung aussprechen, dass auch zwischen Zarki und ÖOswieeim im Bereich des Weichselthales und vielleicht noch südlich darüber hinaus bis an den Karpathenrand hin die alte Kohlenformation unterirdisch vorhanden sei, wenn auch wahrscheinlich durch jüngere Gesteinsglieder, insbesondere durch das hier discordant in das ältere Gebirge ein- greifende Neogen ganz oder stellenweise bedeckt. Dass der Kohlenbergbau hier den schwierigen Verhältnissen er- legen ist, ist im Interesse der Wissenschaft sehr zu bedauern. Es wäre beispielsweise für die Frage des Ausmaasses der weiteren direeten süd- lichen Forterstreeckung des Carbons gegen oder unter die Karpathen hin von Wichtigkeit gewesen, zu erfahren, ob die Flötze hier an Zahl und Mächtigkeit sich mit denen von Jaworzno messen können, oder ob sie im Vergleich dazu bereits eine wesentliche Abnahme erkennen lassen. Olszewski (Berichte der physiogr. Commission der Krakauer Akademie, Krötki rys wycieczki geologiezn‘gj we Ksiestwie Krakowskiem 1878) hat einige Bohrprofile aus den Kohlenrevieren der Krakauer Gegend gesammelt, von denen dasjenige des Bohraufschlusses bei Zarki (l. e. pag. 257) vielleicht das interessanteste ist. Die betreffenden Daten sind aber gerade in obiger Hinsicht nicht ausschlaggebend. Das kleine Flötzehen von 10 Centimeter Stärke, welches da angeführt wird, braucht nicht als der Vertreter der ganzen Mächtigkeit von Jaworzno betrachtet zu werden, da das 129 Meter tiefe Bohrloch sich augenscheinlich zum grössten Theil noch im Hangenden des produetiven Gebirges bewegt hat. Doch mag der Umstand, dass ein anderes Bohrloch an der Strasse bei Lipowiee (l. ec. pag. 258) auch nur zwei 1—3 Meter starke, dazu durch mehr als 60 Meter mächtige Mittel getrennte Flötze antraf, in der That auf eine Abnahme der Flötze hinweisen. Das soeben betonte Interesse des Bohrprofils von Zarki liegt aber anderswo. Ueber den fast 54 Meter mächtigen Sandsteinen, welche zunächst über der Kohle liegen und die ja vielleicht noch theilweise dem permischen oder Buntsandsteincomplex angehören (eine nähere Charakteristik dieser Bildung fehlt leider), wird nämlich ein eigenthüm- licher Wechsel von Kalk mit relativ mächtigen Lettenschichten ange- geben. Stellt nun dieser Complex, den man ja doch an der Basis des permo-untertriadischen Südabfalls des ‘hiesigen Gebirges antraf, eine Einlagerung in das zwischen Carbon und Muschelkalk befindliche Schichtsystem vor, oder bedeutet das Auftreten des Kalkes im Bohr- profil ein stellenweises Absinken der kalkigen Trias in die Tiefe? Doch würde in letzterem Falle die Anwesenheit der starken Lettenbänke in dem Muschelkalk, wie er sonst bekannt ist, kein Analogon finden. Wir kommen nunmehr zu einer bedeutenden Entwicklung der Gesteine des Buntsandsteins, der in diesem Falle wahrscheinlich schon Aequivalente des Perm umfasst. Die betreffenden Bildungen ziehen sich von Zagorze überLipowiee, Babice nach Kwaczala am südlichen Steilabfall der hier betrachteten Hügelgruppe hin. Sie gehen dabei kaum in ihrer [97] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 519 Verbreitung nach Süden über die von der Krakauer Strasse gebildete Linie hinaus. Nur westlich von Lipowiee ist dies in geringem Grade der Fall. Doch ist es bei der stellenweise sehr losen Beschaffenheit und der in Folge dessen herrschenden leichten Zersetzbarkeit des Sand- steins dort nicht leicht, die Grenze gegen den vom Weichselthal hier her- anreichenden Diluvialsand genau zu fixiren. Fallaux (l. ec. pag. 11) schildert sehr gut das Auftreten der hierher gehörigen Bildungen bei Zagorze: „Zwischen Zarki und Zagorze ist die Entwicklung dieser Schichten am grossartigsten. Hier bedeeken anfäng- lich grobkörnige, ganz verwitterte Bänke, deren meist nussgrosse Quarz- körner wie gewaschen dem Auge sich zeigen, sämmtliches flach gelegenes Ackerland. Hierauf kommt bei gleichzeitiger merklicher Boden- erhebung nach Beobachtungen in einer westlich von Zagorze befind- lichen, tief ausgewaschenen Schlucht, eine 20 Fuss mächtige Sand- steinbank mit nesterartigen Einschlüssen eines rothen glimmerigen Schiefer- geschiebes, auf welche bräunliche und grünliche Sandsteine in ab- wechselnder Mächtigkeit von 10—2) Fuss folgen. Schon zwischen den aufgelösten, grobkörnigen und quarzreichen Sandsteinbänken werden rothe schiefrige Thone getroffen, die auch weiter hinauf in der Mächtig- keit von 3—10 Fuss mit den Sandsteinschichten wechsellagern.“ Weiter östlich in der Nähe der alten Burg Lipowiec sieht man Spuren echter Conglomerate und concretionäre, fester verkittete Sand- steinknauern , welche in die, wie erwähnt, meist losen Sandsteine ein- gelagert erscheinen. Auch trifft man hier allenthalben schon verkieselte Hölzer, welche zu derselben Art gehören, die bei Kwaeczala unter gleichen Bedingungen auftritt, und die von Göppert mit Araucarites Schrollianus verglichen wurde. Weiter nördlich im oberen Theile der vom Dorfe Plaza herabkommenden Schlucht treten dann als hangenderes Glied der ganzen Schichtenfolge rothe und graue Thone hervor, welche durch sandige Knollen oder Knauern verunreinigt sind und die sich deshalb schwer zu einem Ersatz für die jurassischen feuerfesten Thone von Alwernia in technischer Hinsicht eignen dürften, wie dies gelegent- lich meiner Anwesenheit in jener Gegend vermuthet wurde. In diesem oberen Theil der Schlucht von Plaza kommt auch, um dies nebenbei zu erwähnen, ein jüngerer, bereits von Römer (Geol. v. Öberschl., pag. 432) gekannter Kalktuff vor, der sein Material den die Höhe einnehmenden triadischen Kalkmassen verdankt. Zwischen Babice und Kwaczala ist nach Süden zu die Abgren- zung der oberflächlichen Verbreitung des bunten Sandsteins gegen die bedeckenden Diluvialbildungen eine schärfere, insoferne dort nicht mehr der den Eluvialproducten des Sandsteins oft ähnliche Diluvialsand, sondern Löss auftritt. Sobald über dem sandigen Verwitterungsterrain unserer Formation die anstehenden Schichten derselben deutlich sichtbar werden, sieht man eine mächtige Conglomeratlage auftreten, über welcher ein weiss- licher Sandstein folgt, der wiederum von einem fein conglomeratischen Sandstein bedeckt wird. Darüber kommt dann rother Thon. Es folgen abermals Conglomerate, Sandstein und Thon, so dass das Ganze einen Wechsel von Gesteinen darstellt, welche schwerlich nach ihrer petro- graphischen Beschaffenheit in zwei getrennte Formationsgruppen ein- 520 Dr. Emil Tietze. [98] getheilt werden können. Auch hier bei Kwaczala finden sich sehr häufig dieselben verkieselten Araucariten, denen wir schon bei Lipowiee begegnet sind. Die Abhänge des Gebirges sind hier von zahlreichen Erosionsrinnen durchfurcht, zwischen denen die stehengebliebenen Gebirgsrippen oft eine unglaubliche Scharfkantigkeit besitzen. Jene Araucariten, weil nach Göppert's Bestimmung zu einer permischen Art gehörig, bilden den einzigen stichhältigen Grund für die Annahme, dass die soeben betrachteten Bildungen der Formation des Rothliegenden zugezählt werden müssten. Ich kann mich indessen, wie schon in der Formationsübersicht gesagt wurde, dieser Annahme nicht anschliessen und möchte derselben höchstens das Zugeständniss machen, dass in der von uns betrachteten Schichtenreihe nieht ausschliesslich ein Aequivalent des triadischen Buntsandsteins, sondern theilweise vielleicht auch des obersten Perm zu suchen sei. F. Römer selbst gibt zu, dass die von ihm auf seiner Karte zum Perm gestellten Bil- dungen zwischen Chelmek und Alwernia im Aussehen mehr dem Bunt- sandstein gleichen. Er hat auch die Bildungen daselbst, welche unter dem Röth entwickelt sind, nicht weiter getheilt, so dass die ganze Buntsandsteingruppe bei ihm ausschliesslich ‚durch die hier zwar über- all, aber in bescheidener Mächtigkeit den Sandsteinen und Thonen auf- gelagerten, dem Röth zugehörigen dolomitischen Mergel repräsentirt wird. Die Hauptmasse des bunten Sandsteins würde sonach bei dieser Auffassung hier fehlen. Da ferner von Römer die bunten Thone, welche unter dem Röth liegen, sonst dem bunten Sandstein zugerechnet werden, und da in unserem Falle, wie für die Gegend von Zagorze schon Fallaux nachwies, solche bunte Thone mit den übrigen Gebilden der fraglichen Schichtengruppe wechsellagern, so liegt ein weiterer Grund vor, diese Schichtengruppe der Hauptsache nach dem bunten Sandstein zuzurechnen, wozu als schwerwiegender Umstand der innige tektonische Anschluss der ganzen Bildung an die darüber liegenden triadischen Schichten hinzutritt. Die Neigung unserer Schichten ist eine schwach nördliche. Ein Durehschnitt also, den man zwischen Babice über Chrzanow nach Sierza legen würde, müsste das Bild einer etwa zwei geographische Meilen breiten Mulde ergeben, deren nördlicher und südlicher Rand ent- gegengesetztes Einfallen der Schiehten und das Hervörtreten der älteren Glieder an diesem Rande aufweist, während nach der bei Chrzanow gelegenen Muldenmitte zu die Anwesenheit der jüngsten Glieder der Mulde, das ist in diesem Falle der jurassischen Gesteine, bemerkt wird, insoferne nämlich die tertiären Absätze ihres gänzlich selbstständigen Verhaltens wegen hier ausser Betracht kommen. Im Prineip dasselbe ‘Profil gewinnt man bei einem etwas westlicher gelegten Durchschnitt, nur mit der Abweichung, dass dort die sich verbreiternde Mulde durch einen secundären Schichtensattel in zwei kleinere Secundärmulden getrennt wird, wobei der Sattel aus einem Aufbruch triadischer Kalke und Dolomitmassen besteht und das jüngste triadische Glied, der Keuper, die Mitte beider Seeundärmulden einnimmt, wie wir das im Meridian von Katy und Balin gesehen haben, wo dann überdies die jurassische Aus- füllung der Muldenmitte an Bedeutung sehr zurücktritt und auf die nördliche Secundärmulde allem Anscheine nach beschränkt bleibt. , ! k [99] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 5921 Noch weiter westlich bei einem Durchschnitt zwischen Chelmek über Jaworzno nach Ciezkowice gewinnt dann der die Hauptmulde theilende Secundärsattel an Bedeutung und Breite und in der Mittel- zone seines Aufbruchs treten dann sogar die ältesten Schichten der an dem Sattel theilnehmenden Gesteinscomplexe nebst ihrer aus dem Kohlen- gebirge bestehenden Unterlage zu Tage, während die jüngeren Glieder wie Keuper und Jura in der getheilten Muldenmitte wenigstens ober- flächlich ganz verschwinden, sofern sie überhaupt unter der Diluvial- decke vorhanden sind. An der Zusammensetzung der nach Norden sich flach abdachen- den Hügelmasse zwischen Pogorzyce, Boleein und Regulice, in deren Mitte das Dorf Plaza liegt, und deren Gesteine auf der soeben be- trachteten Platte von buntem Sandstein aufruhen, nehmen fast aus- schliesslich Absätze des unteren Muschelkalkes Theil. Dieselben werden von den sandigen und thonigen Lagen des Buntsandsteines an mehreren Stellen ganz deutlich durch das wenig mächtige Röth getrennt, wie sich denn gerade bei Plaza selbst unterhalb des Dorfes ein deutlicher Aufschluss dieser Zwischenbildung befindet. (Vergl. Geol. v. Oberschl., pag. 126.) So sieht man, auf der Höhe nördlick von Kwaczala angelangt, wo sich ein kleiner Steinbruch im Röthdolomit befindet, alsbald dahinter den zelligen, dolomitisch aussehenden Kalkstein, welcher die untere Abtheilung des Wellenkalkes darstellt und ganz oben bei dem Kalk- ofen, der etwas südlich vom Meierhofe Szymota liegt, tritt dann schon der echte Wellenkalk auf. Dolomitische Partien, welche den höheren Lagen des unteren Muschelkalkes entsprechen, folgen erst weiter nördlich. Auch bei Pogorzyce sah ich nur den Wellenkalk und zunächst nördlich davon bei Borowiee trennt eine Partie eindringenden Diluvialsandes - diesen Kalk von den Dolomiten, welche südlich Chrzanow die Ufer des Chechlobaches einsäumen und grösstentheils dem erzführenden Dolomite, theilweise aber auch dem Nulliporendolomit angehören. Es bestehen im Bereich der Hügel am linken Chechloufer alte Galmei- gruben. Das dadurch aufgeschlossene, aber heute nicht weiter aus- gebeutete Erzvorkommen correspondirt augenscheinlich mit dem jenseits der westlich von Chrzanow gelegenen Keupermulde befindlichen Erzvor- kommen von Katy. Auf der Höhe sieht. man dort auch verlassene Steinbrüche, durch welche stellenweise ein an Eneriniten ausserordentlich reicher Dolomit aufgeschlossen erscheint, der wohl dem von Eck (Ueber die Formation des bunten Sandsteins und Muschelkalks in Ober- schlesien, Berlin 1865, pag. 79) als Encrinitenschichten bezeichneten kleinen Schichtencomplex entspricht. Es ist von Interesse, dieses Glied hier wenigstens sporadisch nachzuweisen, da nach Eck (l. ce. pag. 80) östlich von der Linie Biskupitz-Ptakowitz-Sowitz den Enerinitenschichten ein Theil des erzführenden Dolomits zu entsprechen scheint. Ich habe diese Schichten, wie schon in der Formationsübersicht angedeutet wurde, auf meiner Karte indessen mit dem im Sinne der Eek’schen Auffassung höher liegenden Nulliporendolsmit verbunden, um der Ausscheidung der erzführenden Dolomite unseres Gebietes den Charakter einer gewissen Einheitlichkeit zu wahren. Ueberdies wurde ich dabei der hier (abgesehen von der verschiedenen Auffassung der 522 Dr. Emil Tietze. [100] Hauptgruppen des Muschelkalkes) für die einzelnen Abtheilungen adop- tirten Eintheilung von Fallaux wohl am besten gerecht. Es ist eben, namentlich noch nicht völlig sichergestellten Parallelen gegenüber, ziemlich schwer, sich den Bedürfnissen der Localgeologie nicht einiger- massen anzupassen. Während die soeben erwähnte Triaspartie am östlichen Chechlo- ufer noch hügeligen Charakter besitzt, ist dies bei der ihr theilweise correspondirenden Partie am westlichen Ufer des Baches nicht mehr der Fall. Es ist dies eine ziemlich flache Gegend, in welcher nur durch einzelne, zum Theil durch das Bachufer, zum Theil durch die Eisenbahn, theilweise aber auch durch Steinbrüche bewirkte Aufschlüsse die Anwesenheit der triadischen Schichten eonstatirt werden kann. Der Dolomit am Flussufer, aus welchem südlich oder südöstlich der alten Bierbrauerei eine Quelle entspringt, könnte wohl noch dem erzführenden Dolomit zugerechnet werden. Die darüber folgenden bräunlichen Schichten aber stelle ich mit Fallaux zum Nulliporen- dolomit. Ebendahin bringe ich aber auch den weisslichen, dolomitischen Kalkstein, welcher inmitten der sandigen Ebene zwischen Kroczymiech und Zurawiee neuerdings für die galizische Transversalbahn gebrochen wurde. Nur an der Linie der Nordbahn selbst oder westlich davon sind dann noch bräunliche, dolomitische, wenig mächtige Mergel von erdigem Bruch und ebenfalls wenig mächtige röthliche dolomitische Mergel mit splitterigem Bruch entwickelt, welche seinerzeit durch Fallaux (l. ce. pag. 18) beobachtet wurden und die dem mittleren und oberen Muschelkalk entsprechen. Heute ist der betreffende Aufschluss im Bahneinschnitt zu undeutlich, um mit Sicherheit Beobachtungen zu ermöglichen. Doch hatF. Römer in einem kleinen, in der nächsten Nähe der Bahn unweit der alten Eisenhütte gelegenen Steinbruch die Auflagerung des oberen Muschelkalkes auf dem mittleren deutlich beob- achtet, welcher letztere dann namentlich im Eisenbahndurchschnitt bei Kroezymiech hervortrat. Da der obere Muschelkalk sich in der oberschlesischen Mulde durch das Vorkommen von Ceratites nodosus auszeichnet, so bin ich geneigt, ein im Besitz der Bergverwaltung von Katy befindliches, in einem grauen Kalke liegendes Exemplar dieser Art, welches in der Umgebung von Chrzanow gefunden wurde, als wahrscheinlich aus der Gegend der Eisenhütte stammend, anzusehen. Eine kleine Partie von braunem Jura ist ebenfalls südlich von Chrzanow in der Nähe der Eisenhütte bekannt, an dem Fahrwege, der von der Stadt nach der Eisenhütte führt, und ruht hier unmittelbar auf Muschelkalk ohne Zwischenschiebuug des Keupers. Im Bereich der Stadt Chrzanow selbst steht ausschliesslich die untere Abtheilung des oberen Jura an, wie man dieselbe auch etwas nordöstlich von Chrzanow am Wege nach Trzebinia findet. Südöstlich von Chrzanow auf der anderen Thalseite des Chechlo- baches liegt überaus malerisch auf einer Anhöhe das Dorf Koscielee. Auf der obersten Kuppe dieser Höhe liegt ebenfalls der untere weisse Jura, während der Hügel selbst hauptsächlich aus braunen kalkigen Sandsteinen des mittleren Jura besteht, deren Spuren man am Wege von Chrzanow nach Koscielee antrifft, die aber besonders südlich und [101] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau, 523 südöstlich vom Dorfe auf der Höhe durch kleine Steinbrüche aufgeschlossen sind. Die massgebenden bisherigen Beobachter Fallaux und F. Römer haben diesen Sandstein, obwohl sieh in demselben Versteinerungen nicht finden, wegen der anderwärts zu beobachtenden Verknüpfung desselben mit dem Jura von Balin den Makrocephalenschichten ange- schlossen, obschon die letzteren, sofern sie versteinerungsführend sind, der obersten Lage des Sandsteines anzugehören pflegen. In dem be- treffenden Abschnitt der Formationsübersicht habe ich indessen die Gründe auseinandergesetzt, welche für die Zuweisung dieser Sandsteine zum Horizont des Amm. Parkinson‘ sprechen. Beschränktere, theils dem mittleren, theils dem oberen Jura an- gehörige Partien finden sich dann östlich von Koseielee in hypsometrisch tieferem Niveau bei Pila, und auch weiter südöstlich bei Bolecin und zwischen Stawki und Oblaski auf der Südseite der von Chrzanow naclı Alwernia führenden Strasse sind Sandsteine des braunen Jura entwickelt. Im Uebrigen befindet man sich bei den letztgenannten Ortschaften schon am Rande oder inmitten eines ausgedehnten Gebietes von Dilu- vialsand, welches sich nordwärts bis an den Gebirgsrand bei Trzebinia und Dulova erstreckt und in dessen Wäldern der Chechlobach entspringt. Bemerkenswerth für dieses Gebiet ist nur das stellenweise Auftreten von Raseneisensteinen bei Boleein (nördlich von der Strasse) und bei Nieporaz (nördlich vom Regulicer Meierhofe). Es sind dies Rasenerze, welche übrigens, weil heute ausserhalb von Sümpfen gelegen, wenn ab- gebaut oder abgelesen, eine selbstständige Erneuerung nicht hoffen lassen. Noch wäre zu erwähnen, dass an der südlichen Thalseite der von Szymota herabkommenden, nach der Gegend der Kirche von Regulice führenden Schlucht plötzlich unter dem Muschelkalk ein den Melaphyren von Alwernia analoges Eruptivgestein hervorkommt, dessen Liegendes nicht sichtbar wird. Es ist dies dasselbe Vorkommen, dessen in der einleitenden Uebersicht über die Formationen unseres Gebietes als eines für die Altersbestimmung der Melaphyre überaus wichtigen gedacht wurde. Die Gegend von Trzebinia und Ploki. Es geht schon aus der voranstehenden Beschreibung hervor, dass der zunächst südlich der Linie Trzebinia-Dulova gelegene Landstrich nur ein diluviales Sandgebiet darstellt. Bezüglich der unterirdischen Beschaffenheit desselben darf man sich zunächst an die Anhaltspunkte halten, welehe aus der Beschaffenheit seiner Ränder hervorgehen. An einer Stelle südlich von Mloszowa, genauer gesagt südlich von der nach Krzeszowice führenden Strasse und beiderseits der Eisenbahn, bereits im Nivean der Ebene, lassen sich deutliche Spuren des dort anstehenden weissen Jura nachweisen, die höchstwahrscheinlich dem unteren Felsenkalk angehören, was im Verein mit den Beobachtungen östlich von Chrzanow bei Pila, sowie bei Nieporaz und Bolecin die Vermuthung rechtfertigt, dass jene Sandbedeekung wenigstens an ihren Rändern auf einer jurassischen Unterlage aufruht und dass sie je nach den durch das ältere Gebirge erzeugten Unebenheiten des U ntergrundes eine wechselnde Mächtigkeit besitzen wird. Jahrbuch der k.k. geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Band, 3. Heft. (Dr. Emil Tietze.) 68 594 Dr. Emil Tietze. [102] Ueberall scheint indessen die Ueberlagerung des in der Tiefe versteckten Jura durch den Sand keine directe zu sein. Fallaux und Hohenegger (l. ce. pag. 25) nehmen wenigstens an, dass sich Neogen- schichten von Osten her daselbst bis in die Nähe von Trzebinia hinziehen. Durch Untersuchungen an der Oberfläche lässt sich das allerdings nicht bestätigen, doch wurde das Vorhandensein der tertiären Bildungen durch eine Bohrung etwas weiter östlich, im Walde südlich von Wola Fili- powska (l. ec. pag. 10) ermittelt, wo man nach 70 Klaftern das Neogen noch nicht durchstossen hat. Wir betrachten aber in diesem Abschnitt vornehmlich die nördlich der Linie Wodna-Trzebinia-Dulowa gelegene Gegend bis an die russische Grenze. Die Ortschaften Myslachowice, Mloszowa, Karniowice, Ploki und Czyzöwka, können als die wichtigsten Punkte daselbst ausser den vorhin genannten gelten. Die ältesten bekannten Schichten dieser Gegend gehören der Fortsetzung der früher besprochenen, bei Sierza entwickelten Kohlen- formation an, welche noch nordöstlich von Wodna durch Bergbau auf- geschlossen erscheint. Aehnlich wie der Kohlenformation von Sierza im Südwesten die Gesteine des bunten Sandsteins aufgesetzt erscheinen, treten auch im Nordosten dieses Kohlendistriets solche Gesteine auf, so dass die Gruben von Sierza im Bereich eines flachen Luftsattels zu liegen scheinen. Doch verdient bemerkt zu werden, dass auf der Nordostseite der Linie Sierza-Trzebinia der bunte Sandstein einmal eine grössere ober- flächliche Verbreitung besitzt, als auf der entgegengesetzten Seite des Sattels, obschon er daselbst von geringerer Continuität der Erstreekung ist und in mehrere einzelnen Partien getrennt erscheint, und dass zweitens seine Gesteinszusammensetzung daselbst eine viel mannigfaltigere ist, so dass an ein Auskeilen einiger seiner Glieder, insbesondere nach westlicher Richtung hin, gedacht werden muss. Ich konnte nämlich weder von den gleich zu erwähnenden Conglomeraten, noch von den Porphyrtuffen der Gegend von Ploki und Myslachowice zwischen Ciez- kowice und Sierza etwas auffinden, woselbst der bunte Sandstein haupt- sächlich durch die früher beschriebenen rothen Thone vertreten ist. Der früher berichtete Umstand, dass bei Szezakowa das Röth und der untere Muschelkalk so gut wie direet auf grauen, zum Carbon gehörigen thonigen Bildungen aufruhen, würde mit der hier vorausgesetzten Mächtigkeits- abnahme der unteren Trias nach jener Richtung hin auch ganz gut übereinstimmen. Rothe Thone wie bei Ciezkowice sind allerdings auch östlich von Sierza noch vorhanden. Man sieht sie z. B. dort anstehen, wo sich der Weg nach Sierza von der MySlachowice mit Trzebinia verbindenden Strasse abzweigt. Durch eine Ziegelgrube wird der Aufschluss verbessert.!) Bald aber treten beim weiteren Verfolg dieser Strasse nach Myslachowice zu auch noch grobe Conglomerate auf, welche zum grossen Theile aus Kalkgeschieben bestehen. ‘) In der Nähe dieser Ziegelei wurden nach Fallaux-Hohenegger auch ll. c. paz. 10) zwei Bohrlöcher in Schichten des Buntsandsteins angeschlagen. Das Kohlen- gebirge wurde dab-i in 20—25 Klafter Tiefe erreicht. [103] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 595 Ihre Verkittung ist hier eine ziemlich lose, so dass sie in einer östlich vom Wege befindlichen Grube als Schotter gewonnen werden. Das Plateau von MySlachowice und die Ostra göra bestehen aus solehen Conglomeraten, deren Anwesenheit nebst anderen Gliedern derselben Formationsgruppe man dann auch in einigen getrennten Partien nordwestlich von Myslachowice zwischen Özyzowka und Sierza con- statirt. Auf den sanften Erhebungen bei Gaj wird das Conglomerat, wie schon Fallaux mittheilt, unmittelbar von dem Myophorienkalk des Röth bedeckt, welcher Myophorienkalk dann auch nach demselben Gewährsmann (pag. 13) durch Schürfungen am Rande der Sandfläche bei Czyzöwka ermittelt wurde. Dieser Diluvialsand erstreckt sich dann noch von Czyzöwka süd- östlich zu beiden Seiten des Plokibaches und trennt auf diese Weise die Bildungen von Myslachowice von den zum bunten Sandstein ge- hörigen Schichten bei Ploki. Doch kommt an der Basis des von Mys- lachowice herabziehenden Gehänges am Waldessaum und wenige Minuten ‚vor der Brücke über den hier stellenweise tief in's Diluvium einge- rissenen Ploki-Bach zersetzter röthlicher Sandstein zum Vorschein, zum Beweise, dass die Unterlage des Diluvialsandes hier wohl hauptsächlich von dieser Formation gebildet wird. Bei Ploki wird diese Schichtengruppe hauptsächlich durch Porphyr- tuffe vertreten, welche daselbst direct vom Röth-Dolomit überlagert werden. Abgesehen aber von letzterem sind dort die Gesteine des Bunt- sandsteins schlecht aufgeschlossen und sind die Porphyrtuffe stellen- weise nur durch die auf den Ackerfeldern und den Gehängen umher- liegenden oft stark zersetzten Gesteinsstücke erkennbar. Die jetzt von uns betrachtete Schichtengruppe zieht sich von Myslachowice fort nach Mloszowa und Karniowice. Auf der Ostseite des Thales von Mioszowa haben Porphyrtuffe eine besondere Ver- breitung. F. Römer (l. e. pag. 107) gibt an, am Wege von Mloszowa nach Dulowa an einer Stelle zwei Zoll dieke Lagen eines ganz com- pacten braunen, wie Porphyr aussehenden Tuffes beobachtet zu haben. Im Uebrigen scheinen, nach den auf den Feldern umherliegenden Geröllen zu schliessen, Conglomerate zu herrschen. Auf der Ostseite der Erhebung zwischen Mloszowa und Dulowa hat für die Oberflächenbildungen die Herrschaft des diluvialen Sandes aufgehört und wird diese Hügelflanke vom Löss eingenommen. Längs des von Psary nach Dulowa in ungefähr meridianer Rich- tung verlaufenden Thales treten ältere Gebilde nur an der Ostseite desselben auf. Der bunte Sandstein beginnt in der Nähe des nördlich von Dulowa gelegenen Meierhofes. Weiter nördlich folgen Conglomerate und Porphyrtuffe. Auch einzelne Lagen von rothem Thon kommen vor. Doch fand ich die Aufschlüsse zu mangelhaft und nicht continuirlich genug, um das von Fallaux (l. e. pag. 13) mitgetheilte Profil zwischen Dulowa und Psary in seinen Details mit Sicherheit bestätigen zu können. In der Nähe von Karniowice treten nun im Bereich dieser Ge- steine Kalkfelsen hervor, welche von früheren Beobachtern als Ein- lagerungen in die von uns betrachtete Formation aufgefasst wurden, sei es nun, dass man die letztere mit dem Buntsandstein oder mit dem 68* 596 Dr. Emil Tietze. [104] Perm verband. Für diese Deutung konnten zweierlei Dinge maass- sebend sein, die organischen Einschlüsse und die Lagerungsverhältnisse. Ich werde mir erlauben, diese Frage hier etwas mehr im Zu- sammenhang und nicht in ausschliesslichem Anschluss an die locale Darstellung zu behandeln, da die Betrachtung einer einzelnen Localität an sich allein uns in diesem Falle genügende Schlüsse zu ziehen nicht gestattet. Die organischen Einschlüsse im „Karniowicer Kalk“ sind ziemlich selten und was davon gefunden wurde, ist bisher ausnahmslos vegetabilischer Natur gewesen. F. Römer hat davon ein Verzeichniss gegeben (Geol. v. Oberschl., pag. 116 u. s. w.). Die dort aufgeführten Formen sind: Taeniopteris Roemeri Schenk, Neuropteris cf. elegans Brongn., Pecopteris sp., Sphenophyllum sp., Annularia sp. Ausserdem wurden der Gattung nach unbestimmbare Pflanzenstengel und Coniferenzapfen ge- sammelt. Die erstgenannte Art ist dem Karniowicer Kalk eigenthüm- lich, die zweite ist aus dem Buntsandstein bekannt, konnte aber nur annäherungsweise bestimmt werden und die übrigen Formen lassen, weil nicht specifisch bestimmt, einen Schluss auf das Alter nicht zu. Auch betont Römer ausdrücklich, dass die Flora durchaus eigenthüm- lich sei und mit der des bunten Sandsteins keine Aehnlichkeit habe. Die Flora des Karniowicer Kalkes bietet also keinerlei Anhaltspunkte zur bestimmten Altersdeutung. Es bleiben also die Lagerungsverhältnisse zur Beurtheilung dieser Frage übrig. Die räumliche Verbindung theils mit den Conglomeraten, theils mit den Sandsteinen der vorher beschriebenen Formation bringt den Gedanken einer thatsächlichen ursprünglichen Verbindung des frag- lichen Kalkes mit diesen Schichten allerdings sehr nahe und daraus erklärt sich auch vorzugsweise die Deutung, die unserem Kalk schliess- lich geworden ist, doch bietet sein äusseres Auftreten noch manches Räthselhafte, denn dieses Auftreten ist an den wichtigeren Punkten geradezu ein riffartiges oder klippenförmiges. Es ist dieser Kalk in mehreren Partien vorhanden, welche ich zuvörderst erwähnen will. Die bedeutendste dieser Partien befindet sich östlich von Karniowice auf der Anhöhe, welche sich zwischen dem Thal von Karniowice und dem zunächst östlich davon verlaufenden kleineren Thal erhebt. Der Kalk krönt dort diese Anhöhe in einer felsigen Kuppe. Eine zweite Partie sab Römer in einer östlichen Nebenschlucht des Karniowicer Thales, worunter augenscheinlich eins der gegen Psary zu gelegenen Thälchen gemeint ist. „Der Kalkstein,“ sagt genannter Autor, „ruht hier in einer Mächtigkeit von 6 Fuss auf rothen Sandsteinschichten auf und wird von lockeren rothen Porphyrtuffen überlagert, die ihrerseits wieder die Unterlage von weissem mergeligen Röth-Dolomit mit Myophoria fallax bilden. Grosse Blöcke des Gesteins sind durch das Wasser los- gerissen und liegen im Grund der Schlucht zerstreut. Das Gestein enthält zahlreiche unregelmässige grössere und kleinere Hohlräume , deren Wandungen mit kleinen wasserhellen Kalkspathikrystallen bekleidet sind. Pflanzliche Ueberreste kommen hier nicht selten vor.“ Es ist offenbar diese Stelle, welche für die Annahme einer näheren Altersbeziehung des Kalkes zu den Sandsteinen und Tuffen ausschlaggebend gewesen ist. Ausserdem kommen nur noch bei Filipowiee mehrere von einander isolirte [105] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 597 kleinere Partien des Kalkes vor, von denen später noch einmal die Rede sein soll. Römer schreibt nun weiterhin: „Offenbar sind die verschiedenen in der Gegend von Karniowice und Filopowice bekannten Partien des Gesteins ursprünglich in Zusammenhang gewesen und nur durch die Auswaschung der Thäler von einander getrennt worden.“ Nun möchte ich an dem einstigen Zusammenhang der verschiedenen gegenwärtig von einander getrennten Partien im Wesentlichen allerdings nicht zweifeln. Die Betrachtung aller Verhältnisse macht es mir jedoch minder wahrscheinlich, dass diese Trennung erst durch die spätere Aus- waschung der betreffenden Thäler, also lange nach Ablagerung aller daselbst vorkommenden älteren Bildungen, erfolgt sei. Würde man es mit einem horizontalen Schichtensystem zu thun haben und würden die Kalke, welche jetzt östlich von Karniowice und auch bei Filipowice auf den Höhen vorkommen, die oberste Decke des- selben gebildet haben, dann könnte an eine Trennung der einzelnen Par- tien durch Auswaschung der Thalfurchen zwischen denselben gedacht werden. Insofern man jedoch den Kalk, wie das ja doch geschehen ist, als Einlagerung in die übrigen Glieder der bewussten Perm-Buntsand- steinformation auffasst, so liegt die Sache anders, wenn man die zwar schwache, aber doch vorhandene Neigung des ganzen Schichtensystems nach Norden in unserem Falle berücksichtigt. Unter dieser Voraus- setzung nämlich müsste der Kalk allenthalben in den Thälern wiederge- funden werden können, wenn auch nicht in der genauen ostwestlichen Fortsetzung der auf der Höhe anstehenden Kalkpartien, sondern etwas nördlich von dieser Linie. Eine Auswaschung der Thäler müsste ihn, wenn er eine ursprünglich durchgehende Schicht wäre, in jedem Falle an irgend einer Stelle entblössen, so gut wie die anderen Schichten desselben Complexes. Dies ist jedoch anscheinend nicht durchgängig der Fall, trotzdem die betreffenden Kalke bei ihrer Festigkeit an den Thal- gehängen leicht erkennbar sein müssten. Will man sich also jene Kalk- absätze als wirkliche Einlagerungen in den Complex der Conglomerate, bunten Sandsteine und Tuffe vorstellen, so ist man gezwungen, ein linsenförmiges Auftreten der ersteren anzunehmen. Thut man dies nicht, so bleibt nur übrig zu der Vorstellung von Riffen oder Klippen zu greifen. An Korallenriffe kann man indessen auch kaum denken‘, da erstens Korallen in dem Karniowicer Kalk bisher nicht aufgefunden wurden und zweitens weil die aus Pflanzen be- stehenden organischen Einschlüsse desselben mit einer solchen Annahme wenig harmoniren. Würde jedoch der Kalk, der z. B. östlich von Karniowice in so augenscheinlicher Weise den Charakter einer aus seiner Umgebung herausragenden Klippe besitzt, thatsächlich eine etwa den karpathischen Klippen tektonisch verwandte Erscheinung vorstellen, dann wäre er älter als die Gesteine seiner Umgebung und dies würde wieder mit den Beobachtungen Römer’s in jener gegen Psary zu gelegenen Schlucht nicht stimmen, wo der Kalk den Sandstein deutlich überlagern soll. Unter diesen Umständen halte ich die Frage nach dem Alter des Karniowicer Kalks keineswegs für abgeschlossen, und wenn ich diese Bildung vorläufig dort lasse, wohin sie Römer gebracht hat, nämlich 528 Dr. Emil Tietze, [106] in der Nähe der von den Autoren theils zum Buntsandstein, theils zum Perm gestellten Schichten, so geschieht dies, weil meine eigenen Beob- achtungen nicht ausreichend sind, um eine Aenderung der Römer- schen Auffassung zur Evidenz zu begründen. Es scheint überdies, und dies will ich doch noch erwähnen, dass auch Alth, der nach dem Erscheinen der Geologie von Oberschlesien die hier in Betracht kommenden Punkte besuchte, jene Frage für eine schwierige angesehen hat, da er sogar so weit ging, zur Lösung derselben ein verschiedenes Alter der einzelnen Kalkpartien anzunehmen. In seiner zusammenfassenden kurzen Uebersicht über die Geologie des westlichen Galizien (Poglad na geologie Galieyi zachodniej in den sprawozdanie Komisyi fizyografiezndj. Krakau 1872, pag. 99), wo er sich übrigens der Ansicht Römer’s, die Conglomerate und Sandsteine bei Karniowice und Filopowice gehörten zum Perm, anschliesst, kommt er nämlich auch auf die Karniowicer Kalke zu sprechen. Er gelangt dabei zu der Ueberzeugung, dass es vermuthlich zwei petrographisch einander ähnliche, aber dem geologischen Alter nach verschiedene Kalke seien, welche man da zu- sammengefasst habe, nämlich eine dolomitische weisse Abart des Kohlen- kalkes und einen weissen krystallinischen Kalk, welcher letztere ein Glied der Dyas sei. Die dem Kohlenkalk zugewiesenen Vorkommnisse glaubte er am besten der weissen Abart des Kohlenkalks oberhalb Czatkowice vergleichen zu können, welcher Ort später noch genannt werden wird. Ich muss es späteren Untersuchungen überlassen, über die Ansicht Alth’s zu entscheiden. Mir ist dieselbe leider erst lange nach meiner Rückkehr aus der betreffenden Gegend bekannt geworden und konnte ich die Frage nicht mehr unter dem dadurch geschaffenen neuen Gesichts- punkte prüfen. Dass es zu einer derartigen Prüfung gehören würde, zu untersuchen, ob die für den Karniowicer Kalk bezeichnenden Pflanzenreste auf bestimmte Partien des Kalkes beschränkt sind, ist selbstverständlich. Dass aber die Vorstellung von der Klippennatur wenigstens eines Theiles jener Kalke wesentlich unterstützt werden würde, wenn diese Prüfung zu Gunsten von Alth ausfiele. brauche ich kaum noch her- verzuheben. Ich fahre nunmehr in der Schilderung der geologischen Einzel- heiten unseres Gebietes fort. Östwärts von dem erwähnten Hauptvorkommen des Karniowicer Kalkes sah ich in einigen kleinen Schluchten, welche gegen Dulowa zu verlaufen, nur Porphyrtuffe und Conglomerate. Die Porphyrtuffe nehmen hier, ähnlich wie bei Ploki, ganz oder doch hauptsächlich über dem Conglomerat ihren Platz ein. Nördlich von den bis jetzt geschilderten Gesteinsgliedern des bunten Sandsteines nehmen im Hangenden derselben und von diesen durch eine, allerdings nicht überall sichtbare Lage von Röthdolomit getrennt, die Kalke und Dolomite der Trias grössere Flächenräume ein. Den eigentlichen Wellenkalk sieht man dabei vielfach sehr deutlich mit flacher Neigung nach Norden fallen. Dem mehr ungeschichtet aus- sehenden erzführenden Dolomit sind namentlich nördlich der Linie Czyzowka-Cyliny (Ploki) und nördlich Karniowice Galmeivorkommnisse untergeordnet. Ein ausgedehnterer Bergbau existirt namentlich bei der , [107] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 5929 Montancolonie Galman am Wege von Myslachowice nach Lgota, mehr in der Nähe des letzteren Ortes. Das über dem erzführenden Dolomit folgende Muschelkalkglied jedoch ist insbesondere bei Lgota und Östrezniea verbreitet. Nach Hacquet (physikalisch-politische Reisen, 4. Theil, Nürnberg 1796, pag. 48) ist der hiesige Bergbau schon „seit undenklichen Zeiten“ im Gange. Der Silbergehalt der mit dem Galmei vorkommenden Bleierze wird damals schon besonders erwähnt. In der unmittelbaren Nähe des Dorfes Lgota selbst herrscht bereits wieder der Diluvialsand, in dessen Bereich sowohl östlich von Zgota als nördlich davon, gleich jenseits der russischen Grenze bei dem russisch-polnischen Dorfe Nesulowice kleinere Partien von weissem Jurakalk gefunden werden, welche mit Wahrscheinlichkeit dem schwammreichen unteren Felsenkalk des oberen Jura zuzu- zählen sind. Dass hier der Jura auf die Triasbildungen folgt, entspricht einer im Allgemeinen regelmässigen Anordnung der Schichtenfolge, soweit es sich eben um die Auffassung des tektonischen Verhältnisses dieser Schiehtenfolge bezüglich ihrer gemeinsamen, nach der jurassischen Zeit stattgehabten Bewegungen handelt. Der Umstand übrigens, dass hier anscheinend der braune Jura und die tiefste Abtheilung des weissen Jura fehlen, könnte die Selbstständigkeit selbst der einzelnen jurassischen Horizonte gegenüber der von ihnen vorgefundenen Unterlage andeuten. Doch möchte ich darauf weiter kein Gewicht legen, weil die besprochene Sandbedeckung des Gebietes möglicherweise gerade die tieferen Jura- glieder verdeckt. Etwas verschieden von den hier betrachteten Verhältnissen, stellen sich die Thatsachen heraus, welche man auf der Südseite der Buntsandsteinablagerung von Myslachowice und Karniowice zu beobachten Gelegenheit hat. Die mesozoischen Kalkgebilde, die längs der Linie Wodna - Trzebinia-Mloszowa -Dulowa entwickelt sind, sind allerdings zweifellos im Ganzen als Fortsetzung der gleichalterigen Schichten zwischen Sierza und Luszowice aufzufassen, das heisst der- selben Schichten, die dort den südwestlichen Flügel des flachen Luft- sattels Sierza-Ploki und gleichzeitig den nordöstlichen Flügel der Mulde von Luszowice bilden, doch fällt einmal die bedeutende Verschmälerung der einzelnen Gesteinszonen auf, welehe mit einer steileren Schichten- stellung gegen das in der Fortsetzung jener Mulde gelegene Gebiet zusammenhängt und ausserdem ist der Umstand: bemerkenswerth, dass die weisslichen Kalke des oberen Jura hier eine so selbstständige Stellung gewinnen, dass sie nicht blos am Südgehänge des betreffenden Hügelzuges, sondern in transgredirender Lagerung auch nordwärts davon, und zwar theilweise nahezu im Contact mit den Gebilden des bunten Sandsteines erscheinen. Das letzterwähnte Verhältniss tritt nördlich von Trzebinia am Wege nach Myslachowice deutlich hervor, wo man eine kleine Kuppe von unterem weissen Jura bald vor dem südlichen Steilgehänge der flach nordwärts fallenden Conglomerate des Buntsandsteines antrifft, ein Verhältnis, das an die Anwesenheit eines Bruches erinnern würde, wäre es nicht augenscheinlich, dass die jurassischen Bildungen hier den Muvschelkalk nicht im Liegenden haben, wie dies eine kleine 530 Dr. Emil Tietze. [ 108] Strecke weiter südwestlich der Fall ist.!) Die steilere Schichtenstellung aber, von der ich sprach, lässt sich schon bei Wodna erkennen, wo die dort gut entwickelten Dolomite des Muschelkalkes mit viel deut- licherer Neigung nach Süden fallen, als dies weiter westlich zwischen Sierza und Ciezkowice oder noch weiter gegen Szezakowa hin der Fall ist. Der weisse Jura bei Trzebinia ist ziemlich reich an Versteinerungen, wie dies Waagen und Oppel (Ueber die Zone des Amm. transver- sarius, München 1866, pag. 28 des Separatabdruckes) auf Grund von Hohenegger’s Aufsammlungen bekannt gemacht haben. Die genannten Autoren meinen, dass hier wohl die artenreichste Fauna der Trans- versariusschichten vorliege, welche im Krakauer Gebiet auftrete. Sie erwähnen von hier: Belemnites hastatus Bl., Bel. Argovianus K. M., Ammonites Arolicus Opp., Amm. subelausus Opp., Amm. cf. canaliculatus Mnst., Amm. Erato d’Orb., Amm. callicerus Opp., Amm. Bachianus Opp., Amm. Anar. Opp., Amm. alternans Buch., Amm. Manfredi Opp., Amm. crenatus Brug., Amm. Oegir Opp., Amm. Schilli Opp., Amm. Martelli Opp., Amm. plicatitis Sow., Isoarca cordiformis Scheuchz., Mytilus Studeri Opp., Terebratula Birmensdorfensis Escher, Ter. cf. bisuffar- cinata Schl., Ter. nucleata Schl, Megerlea runcinata Opp., Ichyncho- nella Visulica Opp., Pseudodiadema cf. Langi. Es verdient übrigens noch hervorgehoben zu werden, dass gerade in dieser Gegend der weisse Jura ziemlich schwierig von dem braunen Jura zu trennen ist. So kommen bei Trzebionka an der Basis der oberjurassischen Ablagerungen hellgraue Mergel vor, die petrographisch sehr schwer von den Schichten des Amm. cordatus zu unterscheiden sind. Eine kleine uns zur Einsicht überlassene Aufsammlung aus diesen Mergeln ergab nach den Bestimmungen von Dr. V. Uhlig die Anwesenheit von Belemnites calloviensis Opp., Ferisphinctes sp., Harpoceras hecticum Rein. (Harp. punctatum Stahl?), Holectypus sp. Diese Arten weisen auf die Vertretung des Callovien oder obersten braunen Jura hin. Der betreffende Perisphinct besitzt übrigens nähere Verwandtschaft zu Formen des untersten weissen Jura, so dass nach Uhlig’s Meinung hier vielleicht eine Grenzbildung zwischen dem mittleren und oberen Jura vorliegt. Die Gegend von Krzeszowice und Nowa göra. Es ist vorher gesagt worden, dass südlich von dem zuletzt bespro- chenen Hügelzuge sich zu beiden Seiten des Chechlopotok eine sandige Ebene ausbreitet. Dieselbe setzt sich gegen Osten hin im Süden der nunmehr zu betrachtenden Gebirgsmasse fort. Im Norden aber der Strasse, welche von Trzebinia über Dulowa nach Krzeszowice führt, kommen in dem jetzt zu beschreibenden Landstück solche Sande kaum noch in nennenswerther Weise vor. Die genannte Strasse bildet im Allgemeinen auch die Grenze zwischen dem Diluvialsand und dem Löss. Der letztere bedeckt vielfach das nördlich von derselben Strasse sich erhebende Hügelgebiet, welches die Vorstufe der noch weiter nördlich gegen die ') Nach Fallaux (pag. 10) wurde etwa 300 Klafter nordwestlich von Trzebinia ein Bohrloch angelegt, welches oberen Jura und Muschelkalk in 50 Klafter und darunter den Buntsandstein in 25 Klafter durchstiess und dann in’s Kohlengebirge gelangte. , [109] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau, 531 russische Grenze zu aufsteigenden Erhebungen bildet. Auch hier, wie so vielfach sonst in Galizien, sind es vorzugsweise die westlichen Ge- hänge der nordsüdlich verlaufenden Thäler, welche von dem Löss ein- genommen werden, während die Aufschlüsse der älteren Gesteine sich an der Ostseite der Bäche bemerkbar machen. Genauer genommen, bildet zunächst westlich von Krzeszowice der Filipowka-Bach die Grenze zwischen dem Lössgebiete im Norden und dem Sandgebiete im Süden. Der Bach selbst schliesst seine älteren Anschwemmungen auf, unten Schotter, oben Lehm. Die südlich davon, parallel mit dem ge- nannten Bache verlaufende Furche des Pazdewnik-Baches, längs welcher ein grösserer Theil der Häuser von Wola Filipowska erbaut ist, befindet sich mit ihren Alluvionen schon in eine Sandterrasse eingegraben. Verfolgt man nun den beim Dorfe Filipowice herabkommenden Bach, sowie das zunächst östlich und westlich davon gelegene Schluchtenthal aufwärts, so erhält man zwar im Allgemeinen dasselbe Bild wie bei den Bächen von Karniowice und Mioszowa, indessen er- geben sich davon doch schon einige Abweichungen. Es liegen hierüber übrigens sehr genaue Aufzeichnungen von F. Römer vor (Ueber das Vorkommen des Rothliegenden in der Gegend von Krzeszowice im Gebiete von Krakau. Zeitschr. deutsch. geol. Ges. 1864, pag. 633 u. s. w.), denen wir uns bei dieser Beschreibung anschliessen können. Etliche Minuten nördlich von der Abzweigung des von der Haupt- strasse nach Filipowice führenden Weges steht, und.zwar vornehmlich an der östlichen Thalseite, der weisse Jurakalk mit Ammonites biplex an. Es scheinen mir hier ausser den Cordatusschichten auch bereits die unteren Felsenkalke vertreten zu sein. Wenig weiterhin beobachtete Römer ebenfalls wieder an der östlichen (linken) Thalseite eine dünne Lage von braunem Mergelkalk mit Belemnites semihastatus und Schichten von losmn weissee Sand und Kies, welche zusammen dem braunen Jura entsprechen. Es ist jene dünne Lage sicher diejenige, aus welcher die in Neumayr’s Arbeit über die Cephalopoden von Balin erwähnte Fauna stammt, welche eine, wie in der Formationsübersicht gesagt wurde, etwas abweichende Mischung der Faunenelemente gegenüber der Loealität Balin enthalten soll. Darunter kommt ebenfalls nach Römer Muschelkalk zum Vorschein, der hier wohl ähnlich wie bei Dulowa nur dem Wellenkalke entspricht. „Noch höher im Thale aufwärts wird die linke Thalwand“, schreibt Römer, „durch weisse Sandstein- schichten von bedeutender Mächtigkeit, welche wahrscheinlich dem Buntsandstein angehören, gebildet.“ Nun erwähnt Römer kleine Aufschlüsse von schwarzen Kohlen- schiefern des Steinkohlengebirges, welche auch zu verschiedenen Ver- suchen auf Steinkohle Veranlassung gegeben haben. Die Localität, welche mir von Bauern als der Ort dieser Versuche gezeigt wurde, befindet sich unweit des Baches, an dessen rechtem (westlichem) Ufer auf einer etwas erhöhten Stelle, vermuthlich einer alten Alluvialterrasse. Man sieht daselbst nur noch einige sehr unbedeutende und ziemlich ver- wachsene Halden, welche der Aufmerksamkeit des Passanten sehr leicht entgehen können. Zur Zeit von Pusch war hier ein kleiner Bergbau im Betriebe (Geol. von Polen, 1. Th., pag. 169). Ein achtzehn Zoll mächtiges Flötz Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Band. 3. Heft (Dr. Emil Tietze.) 69 532 Dr. Emil Tietze. [110] war aufgeschlossen. Das Streichen desselben fand in Stunde 2 statt. Das Fallen war mit zehn Grad gegen Ost bekannt und die Beschaffen- heit der Kohle wurde als die einer Grob- und Pechkohle bezeichnet. „Fast in der Mitte des langgestreckten Dorfes,“ schreibt dann Römer weiter, „erscheint dann auf einmal ein röthliches Conglomerat, welches durch die zum Theil ausserordentliche Grösse seiner Gerölle, welche zuweilen kopfgross sind, oder selbst mehrere Fuss im Durch- messer haben, sogleich die Aufmerksamkeit auf sich zieht.“ Dasselbe bestehe, fast ausschliesslich aus abgerollten oder nur zum Theil an den Kanten abgerundeten Bruchstücken eines diehten grauen Kalksteines, der dem Kohlenkalk der Gegend von Czerna und Paczaltowice eleiche, wie denn übrigens in einigen der betreffenden Stücke Cyathophyllen und Stielsticke von Crinoiden gefunden wurden, welche wenigstens für den paläozoischen Charakter des Kalkes sprechen. Ausser diesen Kalksteinfragmenten fand Römer auch solche von dunklem Hornstein oder Kieselschiefer, jedoch ungleich seltener und nie von bedeutender Grösse. Auch diese führte der genannte Autor auf zerstörte Schiehten von Kohlenkalk zwück, weil letzterer zuweilen Knollen oder dünne Lagen von Hornstein einschliesst. Das meist röthlich, seltener weiss gefärbte Bindemittel der Gerölle ist kalkig und bestimmt die Färbung des ganzen Gesteines. „Sehr allgemein zeigen die einzelnen Rollstücke oder Geschiebe die bei Conglomeraten überhaupt so häufig und zuerst bei der Nagelfluh der Schweiz beobachtete Erscheinung, der zufolge das eine Rollstück in eine seiner eigenen Form entsprechende und wie durch Eindrücken hervorgebrachte Vertiefung hineinpasst.“ Im oberen Theile des Baches verschmälert sich das Thal, und die hier beschriebenen älteren Bildungen treten manchmal auf beiden Seiten desselben auf, wenn auch nach wie vor besonders die ‚östliche Thalseite gut aufgeschlossen ist, weil der Löss hier auf der westlichen (rechten) Thalseite ziemlich weit nordwärts reicht. An einer Stelle, an welcher die massig geschichteten Bänke des Conglomerats über den Bach streichen, bemerkte Römer dünne, einen halben Fuss mächtige Bänke eines rothen schieferigen, aber ziemlich festen Sandsteines „den hier mässig steil aufgerichteten“ Bänken des Conglomerats eingeschaltet. „Dieser Sandstein gleicht äusserlich ganz einem Sandstein der Bunt- sandsteinbildung oder des Rothliegenden, besitzt aber die Eigenthüm- lichkeit, dass das Bindemittel kalkig ist.“ Das Einfallen des Con- glomerates ist, wie noch hinzugefügt werden muss, ein nördliches, wie denn auch weiter nördlich die jüngeren Gesteine des Muschelkalkes auf der Höhe zum Vorschein kommen. Doch liegt der Muschelkalk und das hier ebenfalls auftretende Röth nieht unmittelbar auf dem Conglomerat. Nordöstlich von der Ent- wicklung des letzteren und augenscheinlich im Hangenden desselben kommt hier noch Porphyrtuff vor, der zur Zeit von Römer’s Besuch dieser Gegend durch einen Versuchsschacht aufgeschlossen war, den man hier in augenscheinlich gänzlicher Verkennung der geologischen Verhältnisse auf Galmei niedergebracht hatte. Es sind wohl vornehmlich die hier angestellten Beobachtungen an einer relativ frischer als sonst erhaltenen Partie dieses Tuffes gewesen, welche Römer zu der Ueberzeugung führten, dass der Porphyrtuff unseres [111] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 533 Gebiets mit dem Porphyr von Mickinia in engem genetischen Zusammen- hange steht. Namentlich enthält der Tuff hier die für den Porphyr von Mickinia bezeichnenden Biotitblättchen, während der Feldspath freilich meist kaolinisirt ist. Auch fanden sich grössere Stücke von zersetztem Porphyr in der Grundmasse des Tuffs, welch letzterer übrigens auch in einigen von Osten mündenden kleinen Nebenschluchten des Filipowicer Thales jenseits des Conglomerats sichtbar wird, und zwar wieder in der erdigen Beschaffenheit, in welcher wir ihn meistens finden. Das ganze Profil von Filipowice bietet, namentlich wenn wir uns dasselbe über das Plateau von Nowa göra und ÖOstrezniea hinüber bis zu dem Jura von Lgota verlängern, das Bild eines Sattels dar, dessen nördlicher Flügel überaus flach einfällt und dessen südlicher Flügel, von den alten Kohlenschächten aus gerechnet, die im Hangenden der Kohlen- formation befindlichen Glieder wieder bis zum Jura in einem kleineren Raum bei näherem Aneinanderrücken der einzelnen Schichten aufweist. Dieser südliche Schenkel des Sattels ist demzufolge auch der steilere, und so könnte man jenen Uebergang aus dem plateauförmigen Auf- bau in eine ausgesprochene schräge Schichtenstellung ungefähr gleich- bedeutend annehmen dem tektonischen Verhältnisse, welches man in neuerer Zeit als Flexur zu bezeichnen begonnen hat. Die tektonische Auffassung, zu der wir damit gelangt sind, hat aber noch ein anderes Interesse für uns, nämlich hinsichtlich der Hori- zontirung eines Theils der erwähnten Bildungen. Es handelt sich um die Gesteinscomplexe, welche zwischen dem Muschelkalk und der Kohlen- formation liegen. Nach der Auffassung Römer’s müssten wir die Con- glomerate im Norden der Kohlenformation als Perm, die Sandsteine ‚zunächst im Süden derselben als Buntsandstein bezeichnen. Es liegt aber nahe, die beiden Bildungen für äquivalent zu halten, und wenn wir uns entschliessen, in dem einen Falle Buntsandstein anzunehmen, dies auch in dem anderen zu thun. Wir haben hier einen ähnlichen Fall vor uns, wie bei dem Schichtensattel, der sich bei Sierza beiderseits der Kohlenformation befindet, dessen Verhältnisse früher auseinandergesetzt wurden und welcher ja überdies die Fortsetzung des hiesigen Sattels bildet. Auch dort sahen wir die Südflanke des Sattels bezüglich der zwischen Muschelkalk und Kohlenformation auftretenden Bildungen aus ganz anderen Gesteinen gebildet als die Nordflanke, wo ebenfalls die Conglomerate zu verzeichnen waren. In dem jetzigen Fall ist es sogar, namentlich weil in den Conglomeraten ohnehin schon Sandsteinein- lagerungen vorkommen, noch leichter, sich eine Vertretung der Conglo- merate durch Sandsteine vorzustellen, als es bei Sierza war, sich eine Vertretung der Conglomerate durch rothe Thone zu denken. Auch wenn wir nur mit Widerstreben an eine solche Vertretung glauben wollten, müssten wir uns doch wieder fragen, wo dann die Öonglomerate in der südlichen Sattelhälfte hingerathen ? Die Schwierigkeit der Annahme eines plötzlichen Auskeilens einer so mächtigen Bildung wäre keinesfalls geringer als die Annahme eines Ueberganges in eine andere Facies bei räumlicher Annäherung der verglichenen Complexe. Allem Anschein nach ist eben die Bildung der Conglomerate eine locale. Schon etwas weiter östlich bei Miekinia, wo doch Römer ebenfalls Rothliegendes annimmt, sind sie nur mehr in sehr spärlicher 69* 534 Dr. Emil Tietze. [112] Weise vorhanden. Dort müssen sie also ebenfalls bereits durch andere Absätze ersetzt worden sein. Da sie nun ihre Entstehung augenscheinlich der Zerstörung von Kohlenkalken verdanken, welche einst in der Nähe der Orte entwickelt waren, an welchen heute die Conglomerate verbreitet sind, so braucht man für diese Ursprungsgesteine der letzteren, so weit sie der Brandung ausgesetzt waren, nur einen nicht viel weiter südwärts reichenden ehe- maligen Verbreitungsbezirk anzunehmen, um auch die Localisirtheit der Conglomerate verständlich zu finden. Die Conglomerate hätten sich dann um die von ihnen nach und nach zerstörten, aus Kohlenkalk gebildeten Felsenriffe herum abgelagert. Das Hervorragen solcher Riffe zur Zeit dieser Ablagerung bedeutet aber wiederum eine ausgesprochene Discordanz des Schichtencomplexes, zu dem die Conglomerate gehören, gegenüber dem Carbon. Dass aber eine ebenso bedeutende gleichsinnige Discordanz bereits früher zwischen dem Kohlenkalk und dem productiven Carbon bestanden hätte, ist viel- leicht deshalb nicht anzunehmen, weil dann die Möglichkeit der be- treffenden Conglomeratbildung schon zur Zeit des letzteren vorhanden gewesen wäre. Die Ursachen der Discordanz fallen also aller Wahr- scheinlichkeit nach auch hier in die Zeit zwischen dem productiven Carbon und der Ablagerung der strittigen Bildungen. Das spricht wieder dafür, die letzteren eher für ein Aequivalent des Buntsandsteins, als des Rothliegenden zu halten. Allerdings hat Alth (Poglad na geologie Galieyi zachodniej, in d. Berichten d. physiographischen Commission, Krakau 1872, pag. 104) eine gegentheilige Auffassung gerade von den hiesigen Lagerungs- verhältnissen besessen, trotzdem er im Allgemeinen bezüglich der tek- tonischen Auffassung der fraglichen Schichteneomplexe (l. e. pag. 96) auf einem ganz ähnlichen Standpunkt steht, wie er jetzt von mir ver- treten wird. Zuber aber (Jahrb. geol. Reichsanst., 1885, pag. 740) beruft sich ausdrücklich darauf, dass der erstgenannte Autor „gezeigt“ habe, wie in der Gegend von Filipowice, Psary und Karniowice die fraglichen Schichten eoncordant über earbonischen Schiefern und discor- dant unter dem Muschelkalk gelagert erscheinen. Mir kommt aber vor, dass Alth dies mehr behauptet als erwiesen habe. Wie will man denn bei der flachen Lagerung des Muschelkalkes, den das über den genannten Dörfern sich erhebende Plateau bildet und bei dem flachen Einfallen der bewussten Conglomerate gegen dieses Plateau hin eine irgendwie wesentliche Discordanz dieser beiden Bildungen begründen? Und wie kann man andererseits eine Concor- danz zwischen den carbonischen Schiefern und denselben Conglomeraten als bestehend annehmen, wenn man von jenen Schiefern heute nur mehr verwitterte Stücke auf den Halden umherliegen sieht, ohne im Stande zu sein, deren Schichtenstellung zu beobachten? Mit welchem Rechte darf man die oben eitirte Angabe von Pusch in Zweifel ziehen, der zu einer Zeit schrieb, als hier noch ein Bergbau bestand, welcher thatsächliche Beobachtungen über die Lagerung der carboni- schen Schichten zuliess ? Diesen Beobachtungen zufolge war aber das Streichen und Fallen des Carbons bei Filipowice nahezu senkrecht auf dem Streichen und [113] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 535 Fallen der hier über dem Carbon folgenden Bildungen. Von einer Con- cordanz kann also da füglich nicht gesprochen werden. Wenden wir uns nun östlich, so treffen wir zwischen Filipowice, Miekinia und Krzeszowice eine ganze Reihe kleinerer Schluchten, welche, von Norden nach Süden in einem meist lössbedeckten Hügelterrain ver- laufend, sich dem in seinem Unterlaufe nach Osten ziehenden Filipowka- Bache zuwenden. Wir treffen hier bei der zunächst östlich vom Oberlauf des Filipowicer Baches vorhandenen Schlucht wieder Gesteine des von uns zum Buntsandstein gezogenen Schichtencomplexes an und auf der Ost- seite dieser Schlucht lassen sich dann diejenigen Partien des Karniowicer Kalkes beobachten , von denen schon früher bei der Besprechung der Umgebung von Karniowice vorgreifend die Rede war. Der Umstand, dass hier diese Partien in ihrer räumlichen Anordnung nicht dem all- gemeinen Schichtenstreichen folgen, sondern dass die eine nördlich von der anderen liegt, macht es wiederum wahrscheinlich, dass man es mit einigermaassen selbstständig auftretenden Massen zu thun hat, welche von den Gesteinen ihrer Umgebung umlagert werden. Man müsste sonst eine Wiederholung des Karniowicer Kalkes in getrennten Niveaus in dieser Gegend voraussetzen und unter der, wie schon früher gesagt, allerdings zweifelhaften Annahme des continuirlichen Fortstreichens dieser Ab- lagerung würde dies schwer mit den Verhältnissen bei Karniowice selbst in Uebereinstimmung zu bringen sein. In jedem Falle darf man hier nicht an eine Wiederholung einer und derselben Schicht in Folge irgend eines tektonischen Verhältnisses denken und sich etwa vorstellen, die nördlichere Partie sei der Gegen- flügel der südlichen in Folge eines Sattelaufbruchs. Das wird sofort klar, wenn man die Fortsetzung der im Filipowicer Thal vorhandenen und vorhin von dort erwähnten Kohlenformation aufsucht. Es führen aus der Mitte des Dorfes Filipowice einige, wie es scheint, allerdings bisweilen je nach den Aenderungen in den Besitzverhältnissen der Leute wechselnde und auf der Karte nicht voll- ständig verzeichnete Feldwege über die Höhen nach Krzeszowice. Zumeist südlich von diesen Wegen trifft man, allerdings nicht ohne müh- sames Suchen, an verschiedenen Stellen (aber noch westlich vom Meridian von Miekinia) eine grössere Zahl alter Kohlenschürfe, welche zum Theil in den vereinzelten kleinen bebuschten Partien dieser Gegend versteckt liegen. Dunkle Schiefer sind auf den Halden noch zu beobachten. Dies ist aber die Fortsetzung der Kohlenformation vom Dorfe Filipowice }), und da die vorher erwähnten Kalkpartien nördlich davon liegen, so gehören dieselben auch nicht zwei verschiedenen Flanken eines Sattels an, den man sich von Filipowice hierher verlängert denken kann. Fallaux und Hohenegger berichten (l. e. pag. 9), dass in dem zu Filipowice gehörigen Nebenthale ein 15zölliges Steinkohlen- flötz constatirt worden sei. Es ist hier offenbar die Partie des Carbons gemeint, welche in der Nähe der östlich vom Filipowicer Hauptthal ver- t) Auf der Karte von Hohenegger und Fallaux nimmt diese Partie der Kohlenformation einen viel zu grossen Raum ein, so dass es in diesem Falle sehr schwer wird, die Karte zu benützen und die Punkte, um die es sich handelt, in der Natur auf- zufinden. 536 Dr. Emil Tietze. 1 4 4] laufenden Schlucht aufgeschlossen war. Ob dieses Flötz übrigens mit dem 18zölligen Flötze im Dorfe Filipowice selbst identisch ist, lässt sich heute schwer ermitteln. Jedenfalls liegt es nicht im Streichen des letzteren. Die Gesteine der Buntsandsteingruppe habe ich südlich von den genannten Kohlenschürfen nieht beobachten können. Sie werden indessen wohl vorhanden und nur ungenügend aufgeschlossen sein. Vom Muschel- kalk sah ich eben daselbst auch nichts mehr, während der Jura entsprechend dem Jura von Dulowa und dem Südende von Filipowice, wenn auch nicht eontinuirlich blossgelegt, hier wieder auftritt. Vielleicht stehen wir hier schon an der Stelle, wo die Schichtenbeugung, welche wir von Wodna, Trzebinia und Dulowa her längs der entsprechenden Linie von Juravorkommnissen verfolgt haben, bereits in den Bruch überzugehen im Begriff ist, welchen wir weiter östlich in der ungefähren Verlänge- rung dieser Linie bei Czatkowice antreffen werden. Dies würde das oberflächliche Fehlen des Muschelkalkes an dieser Stelle zu erklären ım Stande sein. Das Auftreten des oberen Jura ist in der besprochenen Gegend, wie es scheint, am besten durch eine Reihe schwach erhöhter Kuppen ımarkirt, welche den südlicheren Ausläufern der hier sich von Norden her herabsenkenden Hügelrippen aufgesetzt sind und welche man von einem etwas erhöhten Standpunkt aus bei einiger Aufmerksamkeit im Streichen verfolgen kann. Doch fanden sich kleinere Aufschlüsse des Kalkes auch in den Schluchten, so an dem von dem südlichen Porphyr- berg von Miekinia herabkommenden, das Gehänge Studzianki durch- furchenden Bache auf der Ostseite ganz in der Tiefe des Rinnsales. Wenden wir uns nun nach Krzeszowice, einem kleinen Markt- flecken, der durch die Einriehtung eines im Sommer besonders von Krakau aus besuchten Bades, durch ein glanzvolles, im Besitz der Potocki'schen Familie befindliches Schloss mit reizendem Park und durch seine anmuthige Lage eine besondere Anziehungskraft besitzt und der deshalb wohl stets einen angenehmen Ausgangs- und Stützpunkt für aller Art Beobachtungen im Felde bieten wird. Schon Hacquet (Neueste physikalisch-politische Reisen in den Jahren 1794 und 1795 durch die nördlichen Karpathen. 4. Theil, Nürn- berg.1796, pag. 57), der die kalten Schwefelquellen und die damals mit Tenezyneker Kohlen geheizten Bäder von Krzeszowice besuchte, sprach sich über die Annehmlichkeit dieses Ortes sehr befriedigt aus, obschon die Zustände am Ende des vorigen Jahrhunderts hier gewiss mit den Verhältnissen von heute nicht wohl zu vergleichen sind. Unser erstes Exeursionsziel von hier aus mag Miekinia sein, damit wir an das früher Geschilderte einen sofortigen Anschluss gewinnen. Wir passiren den nördlichen Theil von Krzeszowice und biegen zunächst links (nordwestlich) von der nach Czerna führenden Strasse ab und benützen dabei vor der Hand den nach Nowa göra führenden Weg. An diesem Wege wird von F. Römer ein kleines Melaphyrvor- kommen angegeben (Geologie von Oberschl., pag. 111), welches meiner Beobachtung entging und welches auch Zuber (Eruptivgesteine von Krzeszowice. Jahrb. d. geol. R.-A., 1885, pag. 738) nicht wieder auf- 1 15] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 937 finden konnte. Man wird trotzdem wohl der Beobachtung Römer's vertrauen dtirfen, wenn man auch natürlich nicht im Stande ist, den Platz für dieses Vorkommen auf der Karte zu fixiren, da auch Römer selbst auf seiner Karte dasselbe vernachlässigt hat. Es ist übrigens durchaus wahrscheinlich, dass dieser Melaphyr sich erst jenseits (nord- westlich) der Wegtheilung findet, bei welcher der Weg von Miekinia sich von dem etwas besseren Wege nach Nowa göra abzweigt, da früher die Lössbekleidung des Terrains wohl etwas zu stark ist, um das Hervortauchen älterer Bildungen zu gestatten. Diese Wegtheilung findet ungefähr dort statt, wo der Weg nach Nowa göra den von Miekinia herabkommenden, bei Krzeszowice in den Özernabach mündenden Wasserlauf übersetzt, um in ziemlich steiler Weise auf den dortigen Vorsprung des Muschelkalkplateaus von Nowa göra hinaufzusteigen. Dort sieht man nun unten am Wasser die Schiefer der Steinkohlenformation anstehen, welche hier vielfach gestört erscheinen. Eine kleine Strecke weiter aufwärts bleibt dann der Bach ohne Aufschlüsse bis sich in der Gegend unterhalb der Porphyrbrüche von Miekinia wieder die Schiefer einstellen, die hier eine schmutzig- rothe Farbe angenommen haben. Dass diese röthlichen Schiefer wirklich noch zur Steinkohlenformation gehören und nicht schon zu dem Buntsand- stein, bezüglich zum Perm, hat F. Römer (Geologie von Oberschl., pag. 119 u. 120) überzeugend auseinandergesetzt. Ihre rothe Färbung verdanken dieselben nach dem Genannten nur dem darüber liegenden Porphyr, wobei allerdings unausgesprochen gelassen wird, ob sich der Autor diese Färbung als durch herabgefallenen Porphyrstaub bedingt oder als einer Contactwirkung entsprechend denkt. Nach meinem Dafür- halten müsste das letztere der Fall sein, wenn man überhaupt den Porphyr für die Färbung des Schiefers verantwortlich macht, da diese Färbung eine keineswegs äusserliche, sondern die ganze Masse durch- dringende ist. Der fast völlige Ausschluss aller sandigen Lagen, „wie sie doch sonst gewöhnlich mit den Schieferthonen im Kohlengebirge zu wechseln pflegen“, war bei diesen Schiefern Römer schon früher aufgefallen (Zeitschr. deutsch. geol. Ges., 1864, pag. 636). Die Erscheinungsform des Kohlengebirges ist eben hier eine der von Filipowice ähnliche und werden wir dieselbe auch noch bei Zalas und Sanka in derselben Weise antreffen. Von organischen Einschlüssen wurden hier nur spar- same Reste von Farrenkräutern gefunden. Zu beiden Seiten des hier tief eingeschnittenen Baches liegt nun auf der Höhe der in der Literatur so vielfach erwähnte rothe Porphyr von Miekinia. Wie ebenfalls F. Römer (l. e.) gezeigt hat, überlagert derselbe die Steinkohlenformation, und zwar so, dass er einer dicken Platte gleich ungleichförmig auf den steil aufgerichteten Schieferthonen ruht. Die beiden durch mächtige Steinbrüche aufgeschlossenen Porphyr- kuppen gehören einer und derselben etwas thalwärts geneigten Platte von 30 bis 50 Fuss Mächtigkeit an und sind nur durch Erosion von einander getrennt worden. Verfolgt man die Schlucht von der zwischen den beiden Porphyr- kuppen gelegenen Stelle weiter nach aufwärts, so sieht man zunächst noch die Schiefer der Kohlenformation, die hier wieder die bräunliche 538 Dr. Emil Tietze. 1 16] oder graue Färbung annehmen, welche sie unterhalb der genannten Stelle hatten, und dann kommt erst der bunte Sandstein in ganz charakte- ristischer Weise entwickelt. Theils sind es dünner geschichtete Lagen, theils, namentlich aber in der tieferen Abtheilung, massigere Bänke von grünlichen und röthlichen Färbungen. Nach oben zu schalten sich diesem Sandsteine rothe Thone von geringerer Mächtigkeit und Conglomerate ein, bis endlich die Bildung mit dem Röthdolomit abschliesst. Römer spricht hier (Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges., 1864, pag. 636) von einem 10 bis 15 Fuss mächtigen, dem Conglomerat von Filipowice vergleichbaren Kalkeonglomerat, welches er den liegenden Theilen der ganzen Ablagerung gegen die Kohlenformation zu angehörig betrachtet. Meinem persönlichen Eindrucke nach gehören die Conglo- merate indessen bedeutend höher hinauf und werden sicher noch vom Sandstein in beträchtlicher Mächtigkeit unterteuft. Da Römer indessen, wie aus seiner Beschreibung hervorzugehen scheint, seine Exeursion in dieser Gegend so veranstaltete, dass er von Nowa göra, also von oben herabkam und die betreffende Schlucht nach abwärts verfolgte, so konnte ihm leicht die Distanz zwischen den Conglomeratbänken und den Kohlenschiefern geringer erscheinen als sie in Wirklichkeit ist oder als sie wenigstens dem vorkommt, der diese Schlucht von unten nach oben begeht. Immerhin schätzt auch er die Entfernung zwischen den in Rede stehenden Bildungen noch auf 40 Schritte, welche Entfernung dann doch noch von der Mächtigkeit der unter dem Con- glomerat liegenden Sandsteine herrühren müsste. Wir sehen hier also einmal die bei Myslachowice und Filipowice so mächtigen Conglomerate auf ein Minimum redueirt, wozu noch kommt, dass auch die Grösse der einzelnen Gemengtheile desselben hier schon zumeist abgenommen hat, und. wir sehen ferner diese Conglomerate als Einlagerung in den Sandstein ausgebildet, den wir keine Ursache haben für etwas anderes als bunten Sandstein zu halten. Wir bemerken ausserdem, dass hier schon wieder Andeutungen der rothen Thone auf- treten, die uns in viel grösserer Mächtigkeit zwischen Szezakowa und Sierza von der entgegenstehenden Flanke jenes über der Kohlenformation entwickelten Sattels bekannt wurden, dessen Fortsetzung wir in der bisherigen Beschreibung stetig verfolgt haben. Das Vorkommen dieser rothen Thone, die hier wohl nicht als vollständiges Aequivalent des rothen Thones von Sierza genommen zu werden brauchen, beweist, dass die Bildungen von beiden Flanken des Sattels sich nieht ohne Vermittlung gegenüberstehen, so dass sie auch nicht als sich ausschliessende Hori- zonte gedacht zu werden brauchen. Das Einschrumpfen der Conglo- merate spricht für den rein localen, faciellen Charakter dieses Absatzes, und was den hier zur Herrschaft gelangten Sandstein anlangt, so unterliegt es keinem Zweifel, dass er der Kohlenformation gegenüber sich völlig abweichend gelagert verhält. Die ausserordentlichen Störungen der letzteren, die übrigens auch Römer aufgefallen sind, übertragen sich in keiner Weise auf den darüber liegenden Sandstein. Schon die unter dem letzteren befind- liche Porphyrplatte liegt diseordant auf den Kohlenschiefern. Es besteht also auch hier, ähnlich wie wir das z. B. bei Jaworzno sahen, eine evidente Lücke zwischen der productiven Kohlenformation und den [117] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 539 zunächst unter dem Muschelkalk , bezüglich dem Röth befindlichen Bildungen unseres Gebietes, eine Lücke, welche mit dem Fehlen des ganzen oder mindestens eines Theiles des Rothliegenden ganz gut zu erklären wäre, was wieder für die Zuweisung der Hauptmasse jener Bildungen zum Buntsandstein sprechen dürfte. Auf der Höhe von Nowa göra erscheint dann der Wellenkalk mit dem erzführenden Dolomit, welch letzterer das dortige Plateau einnimmt und sich von hier nach den vorhin schon genannten Erz- gruben von Galman fortsetzt. Seine Anwesenheit ist durch einige süd- östlich von Nowa göra in der Nähe’ des Kirchhofs neuerdings vorge- nommene Grabungen an solchen Stellen constatirt, wo die oberflächliche schwache Ackerkrume seine Anwesenheit verschleiert. Ich habe ihn deshalb hier auch auf der Karte verzeichnet im Gegensatz zur Römer’schen Karte, die hier nur Löss angibt, weil eben früher die heutigen Aufschlüsse noch nicht bestanden. Ueberdies wird derselbe Dolomit auch durch einen Steinbruch gleich nordwestlich von dem genannten Städtchen aufgeschlossen. Am oberen Beginn der von Nowa göra nach Miekinia sich herab- ziehenden Schlucht, und zwar auf der westlichen Seite derselben, bemerkt man eine kleine felsige Partie von weissem Jura, die schon dem Ver- fasser der Karte von Oberschlesien bekannt war. Sie liegt auffallender Weise ganz in demselben hypsometrischen Niveau, wie der vorher erwähnte Steinbruch im Muschelkalkdolomit, wenn nicht etwas tiefer. Desgleichen verzeichnete ich eine kleine ebensolche Partie an dem bewaldeten Abhange, über den weiter südöstlich die Krümmungen des von Nowa göra nach Kızeszowice führenden Weges herabgehen, also unweit östlich der Stelle, an welcher wir, von letzterwähntem Orte kommend, zuerst in dem Bache von Mickinia die Kohlenformation an- getroffen hatten. Dieses letztgenannte Juravorkommen lehnt sich schein- bar direct an die unter dem erzführenden Dolomit befindlichen Schich- ten des Wellenkalkes an. Es sind das kleine Denudationsreste des oberjurassischen Ueber- zuges, der augenscheinlich das ganze Muschelkalkgebiet von Nowa göra einst bedeckte und dessen Spuren weiter nördlich bei Zgota und Nesulowice wieder zum Vorschein kommen, wovon früher bereits gesprochen wurde. Diese Denudationsreste zeigen übrigens wieder so recht das discordante Verhalten der jurassischen und diesmal speciell der oberjurassischen Ablagerungen, denn ich habe nicht einmal eine Andeutung der Baliner Makrocephalenschichten und mitteljurassischen Sande unter denselben gefunden, mag auch bei dem bewachsenen Terrain leicht eine wenig mächtige Schicht übersehen werden. Das Auftreten des Jura gegen den unteren Theil der Miekinia- schlucht zu an dem dortigen Muschelkalkabhange könnte man übrigens auch versucht sein, mit einem Absinken der vom Jura bedeckten Massen an dieser Stelle in Verbindung zu bringen. Doch liegt mir der betreffende Punkt ein wenig zu nördlich, um ihn mit der früher be- schriebenen Flexur südlich von Karniowice und Filipowice und mit dem später zu nennenden Bruch bei Czatkowice in unmittelbarem Zusammen: hange zu denken. Wenn die Kohlenformation nicht nahe südwestlich davon im Bachbett, dort, wo der Weg von Krzeszowice nach Nowa göra Jahrbuch der k. K. geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Band. 3. Heft. (Dr. Emil Tietze.) 70 4 Kur \ R N R P- : Fr i ji — “2 k: B 3 e; IF ME En an) 1 he hr un] 1 Eden 0." 1 ui 540 Dr. Emil Tietze. [118] dasselbe kreuzt, noch zu sehen wäre, dann würde man jedenfalls etwas leichter mit einer solehen Vermuthung sich befreunden. Römer (Geol. v. Oberschl., pag. 131) hat die im Ganzen gewiss richtige Meinung geäussert, die Aufrichtung der Schichten des Muschel- kalkes in diesen Landstrichen sei dort, wo geneigte Lagerung bemerk- bar werde, erst nach dem Absatze des Jura erfolgt, weil jurassische Bänke noch an jener Aufrichtung theilnehmen. Man wird aber doch auch noch im Auge behalten dürfen, dass die evidente Discordanz zwischen Trias und Jura in unserem Falle die Vorstellung von vor dem be- zeichneten Zeitpunkt eingetretenen localen Störungen der erstgenannten Formation nicht allein nicht ausschliesst, sondern zu fordern scheint. Unter diesen Umständen könnten jurassische Schichten auch einmal an präexistirende Unebenheiten des alten Muschelkalkreliefs in ihrem Auf- treten gebunden sein. Bezüglich der Lagerungsverhältnisse in dieser Gegend verdienen aber noch einige andere Umstände besondere Aufmerksamkeit. Erstens habe ich in der Nähe der nun schon zweimal erwähnten Stelle, an der die Schiefer der Kohlenformation unterhalb Miekinia, dort, wo der Weg von Krzeszowice nach Nowa göra den Bach übersetzt, zum Vor- schein koınmen, keine Spur von Buntsandstein gefunden. Der Muschel- kalk scheint also dort direct auf der Kohlenformation zu liegen, was mit den etwas später zu beschreibenden Verhältnissen bei Czerna über- einstimmt. Es würde daraus zu folgern sein, dass der Muschelkalk trotz seiner weiter westlich vielfach zu beobachtenden scheinbaren Concordanz mit den Ablagerungen des Buntsandsteines, dennoch über letzteren übergreift und dass dieser letztere in seiner Verbreitung früher im Westen zurückbleibt. Jene Concordanz ist also scheinbar wenigstens keine absolute oder doch nicht überallhin ausgedehnte, und es mag der Erwähnung werth sein, dass dieser Fall zwar nicht aus der Gegend von Krzeszowice, aber von einigen anderen ausserhalb unseres Terrains gelegenen Punkten Polens (Promnik und zwischen Pierzchnica und Drugnia) bereits von Pusch (Geol. von Polen, I. Theil, pag. 280) constatirt worden ist. Der Muschelkalk, schreibt Pusch, folge in der Regel dem rothen Sand- stein in zusammenhängender und gleichförmiger Lagerung, nur auf wenigen Punkten (es sind dies die genannten) scheine er übergreifend darauf abgesetzt zu sein. (Vergl. auch d. Verhältnisse bei Szezakowa.) Man braucht nun deshalb noch nicht zu glauben, dass diese scheinbare Discordanz auf sehr bedeutenden Störungen beruhen müsse. Es genügen wohl oft sehr kleine Niveauveränderungen zwischen zwei Absätzen, um ein Uebergreifen des einen und ein Zurückbleiben des andern zu ermöglichen und höchstens unter diesem Gesichtspunkte darf der vorliegende Fall betrachtet werden. Ja es ist sogar überhaupt noch die Frage, ob wir solche Veränderungen des Festen hier anzunehmen gezwungen sind. Mit der Discordanz, welehe zwischen dem Buntsandstein und der Kohlenformation in dieser Gegend besteht, ist dies Verhältniss keines- wegs zu vergleichen. Der Muschelkalk als kalkige und deshalb wahr- scheinlich mehr pelagische Bildung, welche einer sandigen und Gerölle. führenden Küstenbildung nachfolgt, dürfte leicht sich über einen grösseren [119] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. A4l Raum ausgebreitet haben, als die vorausgängigen Absätze aus seichterem Wasser. Da wir ja anfangen, solche Transgressionen nicht mehr aus- schliesslich auf Niveauveränderungen des Festen zurückzuführen, sondern auch eventuell Verschiebungen des Meeresspiegels dabei zu beherzigen, so ist ein Uebergreifen einer Formation über die andere ohne Störung ihrer Continuität gerade so gut denkbar, wie andererseits das Zurück- bleiben einer Formation gegen die andere und in den von den Schwan- kungen des Flüssigen nicht betroffenen Regionen kann dabei sogar eine absolute Concordanz gewahrt bleiben. Solche Discordanzen der Ver- breitung sind also nicht jedesmal auch tektonische Discordanzen. Jedenfalls ist der bunte Sandstein der oberen Schlucht von Mie- kinia der in unserem Gebiete am meisten nach Osten vorgeschobene Posten dieses Schichtencomplexes. Die Verhältnisse dieser Ablagerung bieten uns dann ihrerseits noch andere wichtige Anhaltspunkte zur Beurtheilung einer für die Geologie unseres Gebietes bedeutsamen Frage. Es verdient nämlich sehr hervorgehoben zu werden, dass der Porphyr sich speciell in dem durch die beschriebene Schlucht zwischen Miekinia und Nowa göra aufgeschlossenen Profil in der Tiefe der Schlucht selbst nicht findet. Der bunte Sandstein grenzt dort direct an die Kohlenformation, ohne Zwischenschiebung des Porphyrs, und in der ganzen Reihe von Ablagerungen, welche bis zur Höhe von Nowa söra sich daselbst folgen, ist von mir nicht einmal der weiter westlich so oft hervortretende Porphyrtuff bemerkt worden. !) Das sind bei der unmittelbaren Nähe des besagten Eruptivgesteines sehr auffallende Thatsachen. Bildet nämlich der Porphyr eine mit den rothen Sandsteinen und Conglomeraten concordante plattenförmige Decke über der vor seinem Hervortreten aufgerichteten Steinkohlenformation, so sollte er zwischen diese und den Buptsandstein auch in der be- sagten Schlucht zwischengeschoben sein. Stehen ferner die erwähnten Porphyrtuffe in irgendwelchem Zusammenhang mit dem Porphyr, wie bisher allgemein und mit viel Wahrscheinlichkeit angenommen wurde, so sollten sie gerade in der nächsten Umgebung des Eruptivgesteins nicht fehlen. Dazu kommt, dass die Neigung der Porphyrplatte, soweit dies aus der Auflagerungsfläche des Porphyrs auf den carbonischen Schiefern bestimmt werden kann, eine mit der Neigung der bunten Sandsteine der fraglichen Schlucht contrastirende ist. Das Verhalten der Schichten des bunten Sandsteines ist also hier nicht allein gegenüber der. Steinkohlenformation, sondern auch gegenüber der diese bedeckenden Porphyrplatte ein discordantes und unter dieser kaum abzuweisenden Voraussetzung würde der Porphyr ) Tschermak (Porphyre von Nowa göra. Sitzber. Akad., 52. Bd., 1. Abth. Wien, 1. c. pag. 472), indem er sagt, dass der Porphyrtuff von Nowa göra einem Sand- stein gleicht, scheint allerdings das Vorkommen desselben nicht weit von hier con- statirt zu haben, doch könnten die betreffenden Proben auch aus einer anderen Richtung herstammen und brauchen nicht gerade aus der beschriebenen Schlucht entnommen zu sein. Es ist mir das Wahrscheinlichste, dass diese Proben von dort kommen, wo thatsächlich durch die bisherigen Arbeiten Porphyrtuff nachgewiesen wurde, also etwa aus den oberen Verzweigungen der Filipowicer Schlucht, welche ja ebenfalls bis in die Nähe von Nowa göra sich erstrecken. 108 542 Dr. Emil "Tietze. 1 20] älter als der Buntsandstein sein. Diese Annahme stimmt gut mit der auf anderem Wege (im Hinblick auf das Alter der übrigen Porphyre Mitteleuropas) abgeleiteten und hier schon vielfach ventilirten Meinung F. Römer's, der unsere Porphyre (wie die Eruptivgesteine des Krakauer Gebietes überhaupt) für permisch hält. Dieselbe Annahme widerstreitet aber der Meinung Römer’s insoferne, als diese Altersbestimmung nicht gleichzeitig auf die in unserer Arbeit als Buntsandstein bezeichneten Schichten ausgedehnt werden darf. Eben weil diese Schichten jünger sind als der permische Porphyr, scheint es berechtigt, sie schon der unteren Trias zuzuzählen. In den diesen Schichten untergeordneten Porphyrtuffen würden wir demnach nur ein regenerirtes und nicht ein dem Ausbruch der Porphyre gleichzeitiges Material zu erblicken haben. Wir verlassen jetzt Nowa göra, gehen nach Krzeszowice zurück und verfolgen von da aus das pittoreske Thal der Czerna aufwärts, sowohl nach der westlichen Verzweigung desselben beim Dorfe Czerna, als nach der östlichen Verzweigung desselben beim Dorfe Paczaltowice. Eine kurze Strecke oberhalb der Einmündung des Miekinia-Baches beginnt das östliche Gehänge des hier noch aus der Vereinigung der genannten Verzweigungen gebildeten Thales einen steilen und felsigen Charakter anzunehmen, während das westliche Gehänge flacher erscheint und von Löss bedeckt wird. Anfänglich haben wir es an dem felsigen Ostgehänge noch mit einer Partie von oberjurassischem Felsenkalk zu thun, der sich von dem nahen Czatkowice hier herüberzieht, bald aber wird das Gehänge von einer viel älteren Bildung beherrscht, die unter dem Namen des Kohlenkalks von Czerna und Paczaltowice seit längerer Zeit in der Literatur Erwähnung gefunden hat und bereits von Pusch richtig gedeutet wurde. Aus diesem Kalkstein brechen hier mächtige Quellen von treff- licher Beschaffenheit hervor, wie denn überhaupt auch noch weiter nordwärts der Kohlenkalk sich durch solehen Quellenreichthum aus- zeichnet. Ich eıwähne das, weil bei der in letzter Zeit wiederholt ventilirten Frage der Wasserversorgung Krakaus auch die Quellen des Czernathales genannt wurden. Dieselben verdienen jedenfalls ihrer Qualität und der von ihnen gelieferten Wassermenge wegen bei dem Studium jenes Problems eingehende Berücksichtigung. Freilich liegt das Czernathal nahe der Landesgrenze und noch ziemlich weit ausser- halb der Befestigungen von Krakau. Im Kriegsfalle könnte also die Wasserversorgung der Stadt an dieser Stelle leicht Störungen aus- gesetzt sein. | Dass die Quellen des Czernathales bei Czatkowice theilweise Kalktuff absetzen, hat schon Römer angedeutet. (Geol. v. Oberschl. pag. 432.) Der Kalkstein ist in dieser Gegend von weisser Farbe, während er in den oberen Verzweigungen des Czernathales grau oder stellen- weise auch röthlich erscheint. Er ist hier auch sehr arm an Versteine- rungen, doch hat F. Römer in dem weissen Kalk den Produetus striatus und den Pr. semireticulatus gesammelt; den letzteren fand der- [121] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau, 543 selbe Autor auch weiter oben an der Stelle, wo das Thal sich etwas unterhalb des Klosters Czerna gabelt. Bei dieser Gabelung befinden sich auf der östlichen Seite des Thales wiederum stärkere Quellen. Das Fallen der Bänke des Kohlenkalkes ist vor und bei der Thalgabelung ein deutlich südwärts gerichtetes. Verfolgt man den westlichen Zufluss beim Dorfe Czerna, so trifft man nach einiger Zeit auf der Nordostseite des Baches einen schönen Aufschluss südlich, resp. südwestlich, das ist also gegen den Bach zu geneigter Schichtplatten und auf der in grossem Umfange entblössten Oberfläche einer dieser Platten liegen massenhaft die grossen Schalen von Productus giganteus, zwischen denen, wie ebenfalls schon Römer angibt, als Seltenheit Ohonetes comordes vorkommt. Das gegenüber- liegende südwestliche Thalgehänge tritt hier weiter vom Bache zurück, ist flacher und noch bis ziemlich weit hinauf von Löss eingenommen. Das von anderen Autoren (Fallaux, Römer) auf der Westseite des Czernathales verzeichnete Vorkommen der productiven Kohlenformation konnte ich nirgends auffinden. Ehe sich der Weg aus dem Czernathal hinauf nach Nowa göra abzweigt, verengt sich das Thal allerdings und die Kalke treten von beiden Seiten an den Bach heran. Hier kommt dann der Kohlenkalk auch auf der rechten (westlichen) Seite desselben vor. Auffällig erschien mir kurz vor der erwähnten Wegtheilung eine spaltartige Schlucht auf dieser Seite. Der Kohlenkalk ist hier röthlich gefärbt und gehört diese Partie, wenn man ihr Fallen und Streichen berücksichtigt, etwas in's Liegende der vorerwähnten Productenhbank. Stücke von Dolomiten mit Eisenerzen liegen zahlreich in der Spalte herum und machen den Eindruck von einer dem Alter des Muschelkalkes angehörigen Spaltenausfüllung herzustammen, so dass die bewusste Spalte schon vor der Triaszeit geöffnet gewesen sein dürfte, aber später wohl durch jene Ausfüllungen geschlossen und heute durch Auswaschung wieder theilweise blossgelegt wurde. Steigt man aus dieser Gegend hinauf auf die Hochebene von Nowa göra, so trifft man bald den Muschelhalk nebst dem erzführenden Dolomit über dem Kohlenkalk. Der bunte Sandstein aber fehlt hier vollkommen. Das Fehlen des bunten Sandsteines, auf welches schon bei Be- spreehung des untersten Miekiniathales aufmerksam gemacht wurde, wiederholt sich auch an den anderen Abhängen des Czernathales und seines von Paczaltowice kommenden Zuflusses durchgehends, so dass man es hierbei nicht mit einer zufälligen Erscheinung zu thun hat. Sowohl wenn man aus dem prächtig bewaldeten Thal des Paczalto- wicer Zuflusses den Weg nach dem Kloster Czerna hinaufsteigt, als wenn man vom eigentlichen CÖzernathal aus auf einem schmalen Fuss- wege die Höhe erklimmt, auf welcher das genannte Kloster liegt, sieht man unmittelbar über dem Kohlenkalk die Schichten des Muschel- kalkes in abweichender Lagerung auftreten. Am letzgenannten Pfade, der bei einem Steinbruch vorüberführt, zeigt sich der Kohlenkalk nur bis zu einer Höhe, die etwa bis zu dem Dritttheil der Höhe des ganzen Gehänges reicht. Er fällt dabei deutlich nach Süden, während die über ihm folgenden Schichten des Muschel- kalkes ziemlich flach gelagert sind. 544 Dr. Emil Tietze. [122] Was von letzterem hier zuerst erscheint, sind dolomitisch aus- schende Bänke mit Einlagerungen von zweifellosem Kalkstein, die wohl der untersten Muschelkalkabtheilung, dem Wellenkalk, entsprechen. Spuren von Eisenerzen sind diesen dolomitisch aussehenden Bänken untergeordnet. Darüber folgt dann der erzführende Dolomit, dessen Erz- führung indessen hier so wenig wie anderwärts eine gleichmässige ist. Auf der östlichen Seite des Klosters Czerna vom Paezaltowicer Thale aufsteigend, sieht man ebenfalls, obschon der dortigen Wald- bedeckung wegen minder deutlich, den Muschelkalk ziemlich flach über steiler fallendem Kohlenkalk geschichtet. Hier überwiegen in den unteren Partien der erstgenannten Formation rein kalkige Absätze, welchen aber dolomitisch aussehende Bänke eingeschaltet sind. Auch hier haben die letzteren Spuren von Eisenerzen gezeigt. Es ist, alsob man es mit Vorläufern der etwas jüngeren Erzbildung zu thun hätte, und dies scheint mir nicht unwesentlich zu bemerken, im Hinblick auf das Erz- vorkommen in der früher erwähnten Spalte im Kohlenkalk von Czerna unterhalb Nowa göra, da ich dasselbe gleichfalls nicht im Stande bin, dem Niveau des erzführenden Dolomites über dem Wellenkalk zuzurechnen. Auf der Höhe des etwas unregelmässig gebuckelten Plateaus vom Kloster Czerna liegt dann noch etwas Jura über dem Muschelkalk (auch hier wieder ähnlich wie bei Egota, Trzebinia und Dulowa ohne Zwischenschiebung des Keupers). Es ist schwer, vollständige Profile durch die natürlichen Aufschlüsse zu gewinnen, und deshalb zweck- mässig, das Bild durch die bei dem hiesigen Erzbergbau gewonnenen Thatsachen zu ergänzen. Ich benütze dabei die mir von Seiten des Herrn Bergverwalter Ujhazy freundlichst gemachten Angaben. Unter der Dammerde fand man bei den Schächten den Jura, und zwar bei dem einen Schacht direet die hier fast zwei Meter mächtigen oolithischen , braunen Macrocephalenschichten von Balin, in einem anderen Schacht eine dünne Ablagerung von weissem, merge- ligem Jurakalk und darunter keine Macrocephalenschichten. Der obere Jura besteht ausschliesslich aus der tieferen Abtheilung der Cordatus- schichten mit Belemniten,, Terebrateln und kleinen Ammoniten (4. Henrici d’Orb. oder A. Delmontanus Opp.). Die betreffenden Petre- facten zeigen sämmtlich eine blassröthliche Färbung. Darunter folgte sodann sechs Meter mächtig weisser Sand und sieben Meter starker gelber Sand, welche Sande wohl den Sandsteinen des braunen Jura ent- sprechen, die wir z. B. bei Koscielee getroffen haben und die wir in Folgendem noch unter Anderem aus der Gegend von Paezaltowice und Czatkowice erwähnen werden. Das Bindemittel scheint hier nur schwächer zu sein als an anderen Punkten, an welchen der mittel- Jurassische Sandstein vorkommt. Unter den Sanden aber liegt 13 Meter mächtig der erzführende Dolomit, dessen unterste Schichte sich als erzfüihrend erwies. Es werden nämlich hier die Eisenerze abgebaut, die man am Bahnhof Krzeszowice aufgestapelt liegen sehen kann, von wo sie zur Zeit nach Witkowitz in Mähren verführt werden. Von einem abbauwürdigen 'Galmeivorkommen scheint hier niehts entdeckt worden zu sein, wenngleich die Dolomite vielfach zinkisch sind. Darunter folgt dann eine als Sohlenkalk angesprochene Kalkbank, die man schon zu dem unmittelbar über dem Kohlenkalk liegenden Wellenkalk rechnen kann. [123] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 545 Die oben erwähnten oolithischen Macrocephalenschichten, wie ich sie der Kürze wegen nennen will, sind reich an Versteinerungen, be- sonders Ammoniten, von denen man leicht auf den Halden gutes Material auflesen kann. Es ist dies um so angenehmer, als, wie früher schon erwähnt, bei Balin selbst das Sammeln heute zur Unmöglichkeit geworden ist. Herr Lorenz Teisseyre, dem ich mein aus diesen Schichten stammendes Material zur Verfügung stellte, weil er in der Lage war, dasselbe für eine grössere von ihm unternommene Arbeit mitbenützen zu können, hat (vergl. die Formationsübersicht, Seite 31 dieser Ab- handlung) in den Verhandlungen der geologischen Reichsanstalt von 1887 (pag. 48—54) eine Notiz darüber veröffentlicht, in welcher zunächst eine Liste der betreffenden Arten mitgetheilt wird, worauf dann einige derselben, wie auch einige analoge von Dr. Zareczny gemachte Funde genauer besprochen werden. Es lagen demnach Herrn Teisseyre von Czerna die folgenden Formen vor: Lytoceras Adelae Orb. sp., Lytoceras media forma Eudesianum Orb. — Adeloides Kud.., Macrocephalites Grautanus Sow. sp, Macrocephalites tumidus Rein. sp., Macrocephalites cf. macrocephalus Orb., Macrocephalites chrysoolithicus Waag. sp., Perisphinctes curvicosta Opp., Perisphinctes media f. auri- gerus Opp. — curvicosta Opp., Perisphinctes med. f. aurigerus Opp. — sub- aurigerus Teiss., Perisphinctes subaurigerus Teiss., Perisphinctes cf. Moorei Opp. sp., Perisphinctes funatus Opp. sp., Proplanulites Könighi Sow. sp. Das meiste Interesse bei dieser Aufzählung knüpft sich an den Fund von zwei Arten von Lytoceras, da diese Ammonitengattung der Fauna der Baliner Oolithe bisher fremd war. Die Entdeckung ist also ein Seitenstück zu den beiden von Uhlig aus den Baliner Oolithen nachgewiesenen Fhylloceras-Arten. Herr Teisseyre, der Gelegenheit hatte, sehr bedeutende Sammlungen aus den Baliner Oolithen, die zum Theil schon von früher her in Krakau aufgespeichert liegen, unter die Hände zu bekommen, und der bei dieser Rechnung auch das grosse von Neumayr verarbeitete Material berücksichtigte, erklärte, dass auf mindestens 10.000 Exemplare von Ammoniten der Baliner Oolithe „erst je ein Stück von Phylloceras oder Lytoceras sich findet“. Dass diese beiden Gattungen in den südlichen Distrieten des mitteleuropäischen Jura häufiger vorkommen, haben, wie Teisseyre weiter bemerkt, bereits Neumayr und Uhlig hervorgehoben. Auch fehlt die Gattung ZLytoceras, wie wiederum Neumayr gezeigt hat, in dem ausseralpinen Mitteleuropa sonst gerade dem Bathonien und Callovien. Eben deshalb ist aber bei der geographischen Lage des Krakauer Gebietes der Fund der genannten Zytoceras-Arten bei Üzerna in einer zu diesen Jurastufen in engster Beziehung stehenden Bank von besonderer Wichtigkeit. Dass die sandigen Bildungen im Liegenden der hiesigen Oolithe nicht absolut versteinerungsleer sind, geht aus einer Angabe Alth’s hervor (Pogtad, -l. ec. pag. 120), der in einem hierher gehörigen, etwas conglomeratischen Sandstein zwischen dem Kloster und dem Dorfe Czerna einen glatten Pecten auffand. 546 Dr. Emil Tietze. [124] Wir betrachten nun etwas näher das Gebirgsstück östlich der Linie Paezaltowice-Krzeszowice bis zum Zdolski potok und darüber hinaus bis Zary und Dubie. x Geht man von Krzeszowice nach Czatkowice oder nach Zbik, so sieht man das mässig hügelige Terrain daselbst ganz von Löss bekleidet. Innerhalb der genannten beiden Dörfer indessen trifft man auf weissen Jurakalk, der sich dort die steiler werdenden Lehnen hinaufzieht, und insbesondere bei Zbik und etwas hinter diesem Orte felsige Partien bildet. Er gehört der unteren Abtheilung des oberjurassischen Felsen- kalkes an und stellt augenscheinlich die Fortsetzung der jurassischen Zone zwischen Trzebinia, Dulawa und dem Süden von Filipowice dar, welehe wir schon etwas westlich von Czatkowice im Czernathal (da- selbst in unmittelbarer Nachbarschaft des Kohlenkalkes) angetroffen hatten. Wenigstens gilt dies in tektonischer Hinsicht. In dieser letzteren Hinsicht ist übrigens die jetzt betrachtete Gegend besonders interessant und verdient eine aufmerksame Beob- achtung. Durch die bier beginnende und sich auf der Höhe bis in die Nähe von Paczaltowice und Debnik fortziehende Waldbedeekung wird allerdings die richtige Erkenntniss der Verhältnisse, um die es sich handelt, vielfach erschwert, indessen liegen Anhaltspunkte genug vor, um wenigstens in grösseren Umrissen ein zutreffendes Urtheil über jene eingermassen complieirten Verhältnisse festzustellen, wenn auch gewisse Einzelheiten noch unklar bleiben. Etwas oberhalb des Dorfes Czatkowice befinden sich einige Gruben, in welchen feuerfester Thon abgebaut wird oder wurde, je nachdem die Privatverhältnisse der Besitzer oder die Conjecturen des Marktes eine solche Gewinnung ermöglichten. Der Thon gehört geologisch zu der von den neueren Beobachtern mit Wahrscheinlichkeit dem mittleren Jura zugezählten Thonbildung von Mirow und Alwernia; es sollen sogleich über dieses Vorkommen noch einige Worte gesagt werden. Auf dem Wege nun zu diesen Thongruben oder überhaupt auf die Höhe des Plateaus ober Czatkowice fand Stur schon vor längeren Jahren (Verhandl. d. geol. Reichsanst. 1870, pag. 177) süd- lich einfallenden grauen Kohlenkalk mit „zahlreichen Exemplaren des Spirifer striatus Mart. neben seltenerem Productus giganteus und ver- einzelten Arten anderer Brachiopoden“. Des hypsometrisch tiefer liegenden Jura im Dorfe Ozatkowice selbst gedenkt der genannte Autor nicht, wohl aber ist derselbe in der Römer’schen Karte richtig an- gegeben. Das Verhältniss des Kohlenkalkes zu diesem Jura ist also ein ähnliches wie in kurzer Entfernung weiter westlich am linken Thalgehänge des Czernathales, nahe von Krzeszowice, wo bei dem südlichen Fallen des Kohlenkalkes, wie wir es auch im Üzernathal kennen gelernt haben, die betreffende oberjurassische Partie ganz regelrecht in’s Hangende des Kohlenkalkes zu gehören scheint, und der letztere selbst erstreckt sich demnach vom Czernathal her in dieser Gegend ein wenig nach Osten, was an sich nicht auffällig ist, indem er ja noch weiter östlich bei Dubie und nördlich davon unter seiner Jüngeren Bedeckung wieder zum Vorschein kommt. Auf der Höhe des Plateaus angelangt und schon etwas vorher sieht man aber wieder jurassische Gesteine. Es sind dies graue und [125] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 547 namentlich braungefärbte Sandsteine, welche stellenweise in Conglo- merate übergehen und den schon aus der Gegend von Koscielec bei Chrzanow erwähnten Sandsteinen des braunen Jura entsprechen und die nicht, wie einst Pusch annahm, der über dem Kohlenkalk von ihm hier erwarteten produetiven Kohlenformation angehören. Als oberste Schichte dieser Ablagerung hat Stur in einem der hier angelegten Steinbrüche eine etwa drei Fuss mächtige Lage von ockrigem Oolith gefunden, voll von Versteinerungen der Macrocephalenschichten von Balin, welche Neumayr (il. ec. pag. 178) bestimmte. Diese Bestimmung weist eine stattliche Reihe von Formen auf, obschon Herr Stur hier, wie er sich ausdrückt, nur eine Nachlese aus Haldenstücken halten konnte, insoferne augenscheinlich früher die genannte Schichte von Jemandem speciell ausgebeutet worden war. Heute ist der schon damals aufgelassene Steinbruch ziemlich verwachsen und es bleibt nur zu hoffen, dass die, wie es scheint, von Zeit zu Zeit nach Bedürfniss in diesem Revier angelegten Steinbrüche einmal einen neuen Aufschluss der wenig mächtigen Schicht blosslegen werden. Durch die innige Verknüpfung des Sandsteines mit den Macro- cepbalenschichten, welche man, wie später erwähnt werden soll, auch noch weiter nördlich in der Fortsetzung der hier erwähnten Gebilde zwischen Debnik und Paezaltowice wiederfindet, ist jedenfalls die schon aus der Analogie des ganzen Vorkommens mit Koseielee sich ergebende Altersdeutung der besprochenen Ablagerung als mitteljurassisch sicher gegeben. Von dieser Ablagerung deutete ich also eben an, dass sie sich von hier aus weiter verfolgen lässt. Man trifft ihre Spuren in der That allenthalben in dem Walde, durch den man von hier nach Debnik geht und auch gegen Paczaltowice zu, sowie auch andrerseits in östlicher Riehtung, nämlich nördlich von Zbik, nur dass ich in der Nähe des letzteren Ortes, räumlich zwischen ihm und den oberjurassischen Felsen- kalken, das Hervortreten des Kohlenkalkes an der Oberfläche nicht mit Sicherheit wahrnahm. Dies würde allerdings erst die Analogie zwischen den auffallenden Verhältnissen von Czatkowice, wie sie Stur geschildert hat und von Zbik vollständig machen. Es ist ganz augenfällig, dass die in Rede stehenden Sandsteine bei ihrer, wie erwähnt werden muss, ungefähr horizontalen Schiehtung den Schichtenköpfen des südlich fallenden Kohlenkalkes in ähnlicher Weise discordant auflagern, wie in der Gegend des Klosters Czerna die Schichten des Muschelkalkes dies thun (dort im Vereine mit den die letzteren überlagernden mitteljurassischen Schichten). Wäre es überhaupt noch nöthig, die oben erwähnte, bierauf bezügliche Vermuthung von Pusch zu widerlegen, so würde der Hinweis genügen, dass die Schichten der produetiven Kohlenformation nicht in diesen Lagerungsverhältnissen, sondern etwa dort, wo der oberjurassische Felsenkalk von Özatkowice und Zbik ansteht oder noch weiter südlich erwartet werden müssten. Die Bedeutung dieser Lagerungsverhältnisse ist, wie ich glaube, auch von Stur in seiner sonst gewiss höchst verdienstlichen Mittheilung verkannt worden, als er die Altersbestimmung des feuerfesten 'Thones von Czatkowice im (stillsehweigenden) Gegensatze zu den Meinungen anderer Beobachter versuchte. Jahrbuch der k.k. geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Band. 3. Heft. (Dr. Emil Tietze.) 71 H48 Dr. Emil Tietze. 1 26] Das Alter des feuerfesten Thones von Czatkowice und Alwernia, sowie des Krakauer Gebietes war lange zweifelhaft und ist auch heute bei dem Mangel leitender Versteinerungen in demselben noch nicht absolut genau festgestellt, aber dennoch ging die Meinung sämmtlicher Beobachter vor Stur dahin, dass diese Thone nicht jünger als der braune Jura sein könnten. Ich recapitulire hier, der besseren Ueber- sichtlichkeit wegen, nochmals das Wichtigste von dem in der Formations- übersicht über die betreffenden Ansichten gemachten Angaben. Zeuschner hatte die besprochenen Thone sogar dem Keuper zugewiesen (Neues Jahrb. 1869, pag. 731), welcher Ansicht schon früher sogar F. Römer (43. Jahresber. d. schles. Ges. für vaterl. Cultur, Breslau 1866, pag. 54) sich zuneigte. Hohenegger und Fallaux in ihren Erläuterungen zur Karte von Krakau (pag. 19 |247]) brachten dieselbe Bildung ohne nähere Discussion der Gründe zum braunen Jura, wobei sie von der von ihnen behaupteten Wechsellagerung der unteren Schichten des mitteljurassischen Sandsteines mit den oberen Lagen der Thone auszugehen schienen. F. Römer hat dann später in seinen Erläuterungen zur oberschlesischen Karte (1870), also ziemlich gleichzeitig mit der Stur’schen Mittheilung, diese Auffassung (l. e. pag. 208) als die wahrscheinlichste acceptirt, weil nach Degenhardt’s Beobachtungen die Thone dem Muschelkalke ungleichförmig aufruhen, und weil an einigen Punkten in Schlesien ganz ähnliche Thone, dem sogenannten „Kostezelitzer (dem Niveau des Amm. Murchisonae mit Wahrscheinlichkeit zugewiesenen) Sandstein“ eingeschaltet auftreten. Darüber aber, dass die Thone von den Schichten mit Amm. macro- cephalus überlagert werden, besteht nach Römer kein Zweifel. Hier muss vor Allem und ehe ich auf eine Auseinandersetzung der Stur’schen Ansicht eingehe, darauf hingewiesen werden, dass das Vorkommen der Thone stets ein local beschränktes ist. Dies ist auch bei Czatkowice der Fall. Man kann an mehreren Stellen von hier aus auf die Höhen hinansteigen, ohne dieselben anzutreffen. Unter der Voraussetzung ihrer allgemeineren Verbreitung und bei der von mir getheilten Annahme, dass dieselben. ganz oder der Hauptsache nach unter den mitteljurassischen Sandsteinen, namentlich aber unter den Oolithen, liegen, müssten sie über dem Kohlenkalk von Czatkowice, dort, wo derselbe gegen die Üzerna zu von den Sandsteinen fast direct unter Einschiebung einer nur wenig sagenden Andeutung von Muschel- kalk überlagert wird, unter den Sandsteinen zum Vorschein kommen, ebenso wie sie an den später zu erwähnenden _Stellen, wo das Devon von Debnik von solehen Sandsteinen bedeckt wird, sich unter denselben einstellen müssten. Bei der Voraussetzung indessen, dass diese T'hone über den Macrocephalenschichten und unter dem weissen Planulaten-Jura liegen (und dies ist die Stur’sche Ansicht), müssten die Thone, wenn all- gemeiner verbreitet, bei Paczaltowice, wo der Planulaten-Jura auf weiten Strecken über den Macrocephalenschichten und den Sand- steinen liegt, zwischen den genannten Sehichtabtheilungen sicht- bar sein, was nicht der Fall ist. Ich habe die Beispiele hier ab- sichtlich aus der Nähe der jetzt specieller abgehandelten Punkte ge- wählt. Zahlreiche andere Stellen unseres Gebietes könnten ebenfalls 2 , . t j : b [1127] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 549 als Belege für die ausgesprochene Behauptung dienen. Damit wird nun erklärlich, dass es nicht leicht möglich ist, von allgemeineren Er fahrungen ausgehend, über die Stellung des Thones zu urtheilen. Bei Czatkowice scheint das Auftreten des feuerfesten T'hones, wenigstens in der Nähe der Oberfläche, auf ein kleines, nordnordöstlich vom Dorf gelegenes Gebiet eingeschränkt zu sein, welches etwas süd- lich von dem Vorkommen der nächstgelegenen Partien des besprochenen Sandsteines sich befindet. Stur hat nun die Halden der Thongruben untersucht und daselbst an keiner Stelle Spuren des Macrocephalen- Oolithes gefunden, „wohl aber Trümmer weisslichen Kalkes, der an der Luft sich gelblich färbt, Planulaten, wenn auch nur selten, enthält und das Hangende der Thone bildet“. Er hebt ferner die südlichere Lage der Thongruben gegenüber dem Oolith hervor und meint, dass sich die Thone „somit im Hangenden des ockrigen Oolithes befinden“. Der aus diesem Beobachtungsmateriale gezogene Schluss geht also dahin, dass der feuerfeste Thon zwischen dem Baliner Oolith und dem Planulaten-Jura sein geognostisches Niveau besitzt. Der vermuthliche Irrthum dieser von den Ansichten der übrigen Forscher so abweichenden Schlussfolgerung beruht augenscheinlich zunächst auf der (im Hinblick auf die bestehenden Discordanzen) sicher unriehtigen Verallgemeinerung der Anschauung, welche aus dem südlichen Einfallen des Kohlenkalkes bei Czatkowice gewonnen wurde, welche Anschauung in der Voraussetzung gipfelt, dass hier, je weiter nach Süden, desto Jüngere Schichten angetroffen werden müssten ; andererseits beruht jene Schlussfolgerung aber auf der thatsächlichen Beobachtung der schein- bar direeten Auflagerung oberjurassischer Schichten auf den Thonen. Es wurden nämlich auf den Halden der Thongruben die Spuren des Makrocephalenooliths nicht wahrgenommen, welche, wenn diese Bank zwischen den weissen Mergelkalken des oberen Jura und dem die Thone bergenden Schichtencomplex gelegen ist, hätten wahrgenommen werden müssen. Doch fällt bei der oft so sehr geringen Mächtigkeit dieser Schicht ihr Fehlen kaum in’s Gewicht. Wir haben ja soeben bei Üzerna gesehen, dass der eigentliche Oolith daselbst nicht überall vorkommt. Deshalb möchte ich daraus, dass der plattige mergelige Planulatenkalk hier unmittelbar über dem Thone getroffen wurde, was ja überdies noch auf die Unzulänglichkeit der durch die alten Halden gebotenen Anhaltspunkte und folglich auf eine ungenügende Beobachtung zurückführbar wäre, noch keinen endgiltigen Schluss auf das relative Alter der Thone ableiten. Was aber die Verwerthung der südlichen Fallrichtung des Kohlen- kalks für die Deutung der bei Uzatkowice vorkommenden Gebilde an- langt, so lässt sich ganz allein aus der topographischen Position des mitteljurassischen Sandsteines auf der Höhe über dem Kohlenkalk die Unzulässigkeit dieses Vorganges ableiten, denn Stur traf ja den Kohlenkalk, den thatsächlichen Verhältnissen entsprechend, beim Auf- stieg von Czatkowice aus vor dem Sandstein, das heisst südlich von diesem an und hätte demgemäss den mit dem Sandstein verbundenen, weiter nördlich anstehenden Makrocephalenoolith in das Liegende des Kohlenkalks versetzen und den letzteren als Zwischenbildung zwischen dem Oolith und dem weissen Jura, der en. in Czatkowice vorkommt, ansprechen müssen. % [2% 550 Dr. Emil Tietze. [128] Der feuerfeste Thon von Czatkowice kommt, und dies will ieh doch noch hinzufügen, an dem betreffenden Gehänge in einem hypsometrisch tieferen Niveau vor als der mitteljurassische, dem Oolith verbundene Sandstein, der, wie bereits auseinandergesetzt, eine Platte über dem gestörten älteren Gebirge dieser Gegend bildet. Wollte man nun wieder einseitig gewisse Elemente der Tektonik dieses interessanten Punktes herausgreifen und sich auf die fast völlige Horizontalität der Schichten jener Deckplatte berufen, so würde die hypsometrisch tiefere Lage des Thones eine geologisch tiefere Stellung desselben dem Sandstein und Oolith gegenüber zu bedeuten haben. Wir wollen dies jedoch von unserm Standpunkt aus nicht als Argument in der vorliegenden Frage verwerthen, da wir es hier bereits mit Theilen einer nach Süden abgesunkenen Masse zu thun haben. Aus dieser Absenkung erklärt sich allein das überaus auffällige Auftreten des Jura beim Dorfe Czatkowice und das sonderbare stellen- weise Vorkommen des Kohlenkalks an dem Gehänge, welches bei diesem Dorfe selbst die in der Tiefe liegenden Jurapartien mit dem auf der Höhe des Plateaus deckenförmig ausgebreiteten Jura räumlich verbindet. Die Sache ist wohl einfach die, dass bei dieser Absenkung einzelne Theile der jurassischen Massen sich noch am Gehänge in geschleppter Lage erhalten haben, während an anderen Stellen Alles zur Tiefe ging, wobei der Kohlenkalk stellenweise entblösst wurde. Die Denudation dürfte dann das Weitere bei dieser Entblössung besorgt haben. Es wurde bereits gesagt, dass der aus mesozoischen Schichten bestehende anfänglich flachere Faltenschenkel, der sich von Szezakowa, Ciezkowice und Wodna über Trzebinia hinauszieht, in seiner östlichen Fortsetzung bei Dulawa und Filipowice mehr und mehr geneigt wird. Hier bei Özatkowice, wo wir uns in der noch östlicheren Fortsetzung desselben befinden, bekommt nun dieser Faltenschenkel gegenüber dem nördlich davon sich erhebenden, in seiner mesozoischen Decke horizontal geschichteten Plateau nicht allein ganz ausgesprochen den Charakter einer Flexur, sondern geht sogar in einen Bruch über. Es ist unmöglich, das Vorkommen des oberjurassischen Felsenkalks am Fusse dieses Plateauabhanges in anderer Weise einigermassen befriedigend zu deuten. Oestlich von Czatkowice bei Zbik lassen sich die Spuren der hier beschriebenen Störung noch immer deutlich verfolgen. Auch dort liegt der obere Jura unten beim Dorfe am Fusse des Plateaus, welches oben noch von den zum braunen Jura gehörigen Sandsteinen eingenommen wird. Den Kohlenkalk traf ich dort allerdings am Rande des Plateaus nicht mehr und auch auf Römer’s Karte ist er hier nicht angegeben. Derselbe scheint erst nördlich von Siedlee wieder zum Vorschein zu kommen, aber bei Dubie noch weiter östlich grenzt der jurassische Felsenkalk wieder deutlich an den Kohlenkalk in der Weise, dass man am Eingang des dortigen Thales den ersteren im tieferen Niveau dieses Thales antrifft, während er doch weiter nördlich die Erhebungen des Kohlenkalks krönt. Der bewusste Bruch scheint hier noch ein voll- ständiger zu sein. Es ist gerade die eigenthümliche Combination von Diseordanzen, Transgressionen und directen Schichtenstörungen, welche die tektonische Auffassung unseres Gebiets ebenso interessant gestaltet als erschwert, [129] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. SHl und unter diesen Umständen dürfen wir der Divinationsgabe von Suess unsere Bewunderung nicht versagen, wenn er in seinem „Antlitz der Erde“ (I. Bd., pag. 249), allerdings ohne nähere Angabe seiner speeciellen Daten, von einer grossen Störungslinie spricht, welche sich aus der Gegend nördlich von Krakau bis in die Nähe von Myslowitz in Preussen verfolgen lasse, womit die von mir jetzt schon wiederholt besprochene Zone zwischen dem nahe bei Myslowitz gelegenen Orte Szezakowa und dem soeben beschriebenen Plateaurande augenscheinlich gemeint ist. Suess geht sogar noch weiter und spricht von einer Graben- versenkung in diesem Gebiete. Auch diese Vorstellung ist, wenigstens für einen Theil der südlich von der besprochenen Störungslinie sich erstreckenden Depression richtig, insoferne man südlich von der oberen Verlängerung des hier Krzeszowska genannten Rudawathales die Jura- schichten besonders bei Tenezynek ziemlich steil nördlich fallen sieht. Man hat es also mit einer Schiehtenmulde (Synklinale) zu thun, deren Muldenflügel bei der sonst ziemlich flachen Lagerung des Jura Flexuren entsprechen und deren nördlicher Flügel stellenweise, wie bei Czatkowice, in einem Bruche abgesunken ist. Nur hält dieser Charakter einer „Grabenversenkung“ nicht sehr lange an, insoferne, wie uns aus dem Vorhergehenden bekannt ist, weiter im Westen bei Luszowice und Szezakowa die betreffende Mulde beiderseits von sanfter geneigten Schichten begrenzt wird. Auch insofern dort die geneigten Muldenränder deutliche Faltenschenkel von Sätteln andererseits sind, ent- fällt dabei die Nothwendigkeit, durch besondere Ausdrücke, wie Flexuren und Grabenversenkung, das Verhältniss der Lagerung zu bezeichnen. Hier berühren wir auch zugleich den Punkt, bei welchem die von einem gewissen Standpunkt aus im Ganzen richtige Darstellung von Suess im Einzelnen als verfehlt bezeichnet werden muss und wo wir erkennen, dass diese Darstellung nicht auf direeten Studien, sondern nur auf einer allgemeinen, vielleicht nur durch die Betrachtung der Karten gewonnenen Anschauung fusst. Der genannte Autor meint nämlich, dass die beschriebene Synklinale vermuthlich gegen Myslowitz zu in einen Bruch übergehe, während, wie wir sahen, das gerade Gegentheil der Fall ist und der Bruch erst viel weiter östlich am nördlichen Flügel der Synklinale thatsächlich auftritt. Dass Suess aber in der That bei seiner Bestimmung der bewussten Störung fast nur das Verhalten der verschiedenen Formationen auf den bisherigen geologischen Karten im Auge gehabt haben kann, ergibt sich daraus, dass er die Natur der betreffenden Grabenversenkung aus ihrer Richtung quer gegen das „Steichen der mesozoischen Gürtel“ des oberschlesisch- polnischen Gebietes erkannte. Die Lage dieser Gürtel ist nun aller- dings, wie ein Blick auf Römer’s Karte dieser Gegenden lehrt, im Grossen eine ungefähr nordsüdliche, ebenso wie die Richtung der hier beschriebenen Störung eine annähernd westöstliche ist. Ich meinerseits musste indessen in erster Linie das Verhalten der Schichtstellungen in Betracht ziehen, ehe ich von jener Störung zu sprechen mich berechtigt glauben durfte. Ich ergreife aber mit Vergnügen eine Gelegenheit, bei welcher ich zwischen der aprioristischen Speeulation und dem Befunde der Beobachtung eine wenigstens ungefähre Uebereinstimmung zu begrüssen in der Lage bin. 552 Dr. Emil Tietze. | [130] Nunmehr begeben wir uns wieder auf das Plateau zurück und schreiten nach Norden. Auf eine längere Erstreckung herrschen in dem zunächst zu passirenden Waldgebiet ausschliesslich der Sandstein und die Sande des mittleren Jura. Es befremdet dies anfänglich im Hin- blick auf die Existenz des weissen Jura, den wir an der Zusammen- setzung der an dem Bruchrande von Czatkowice abgesunkenen Schichten einen so hervorragenden Antheil nehmen sahen. Man sucht nach einem Stratigraphisch und insbesondere auch tektonisch correspondirenden Aequivalent desselben. Endlich aber nimmt man doch mit Befriedigung wahr, dass augenscheinlich nur die spätere Denudation das heutige Fehlen des betreffenden Gesteinsgliedes verschuldet hat und dass nördlich der Linie Ozatkowice-Dubie Schichten des oberen Jura in der That die Höhe der dortigen Plateaulandschaft krönen. Insbesondere ist die Umgebung von Paeczaltowice durch die Menge der Versteinerungen bemerkenswerth, welche man hier in den Cordatusschichten sammeln könnte. Das Dorf Paezaltowice liegt in einer Terrainfurche, welche das Plateau in ostwestlicher Richtung durchzieht und welche ihrerseits von Löss eingenommen wird. Die Keller der Bauern sind hier, wie vielfach in dem ganzen in dieser Arbeit beschriebenen Gebiet, in den Löss ein- gegraben worden, da die bei diesen Grabungen erzeugten Wände ohne besondere Stütze zu halten vermögen. Nördlich von der erwähnten Terrainfurche und südlich davon wird aber der obere Jura sichtbar und steigt beiderseits zu ungefähr gleichen Höhen an. Hier von Paezaltowice haben Oppel und Waagen in ihrer Arbeit über die Zone des Ammonites transversarius (München 1866, in den geognostisch-paläontologischen Beiträgen von Benecke, 2. Heft, pag. 231) auf Grund eines kurzen Ausfluges, den Oppel hierher unter- nahm, ein Profil beschrieben, welches den Nachweis für das Vorhanden- sein jener Zone im Krakauischen liefern sollte. Es bezog sich dieses Profil auf eine damals im Betrieb befindliche Sandgrube südlich von dem genannten Dorfe. (Eine nähere Ortsangabe wurde nicht gemacht.) Der Sand dieser Sandgrube war ein gelber loser Sand, den sandigen Schichten des braunen Jura angehörig, wie sie die Höhe des Plateaus oberhalb Czatkowice nach dem Früheren einnehmen. Ueber diesem völlig versteinerungsleeren Sande folgte eine wenig mächtige, sehr fossilreiche Bank von braunem Eisenoolith mit vielen Gastropoden, Pelecypoden und namentlich Ammoniten, unter denen Amm. aspidoides Opp., Amm. macrocephalus Schloth. und Amm. Lamberti besouders erwähnt wurden. Darüber begannen helle Mergel, „in denen Versteinerungen nicht sehr häufig“ waren, mit Belemnites hastatus, Amm. cordatus und Amm. perarmatus. Das ist der Anfang des weissen Jura. In diesen Mergeln allein erbliekt Oppel die Ver- tretung der Zone des Amm. cordatus. „Die letzte anstehende Schicht endlich ist ein weicher, weisser Kalk mit vielen Spongiten und Delemnites hastatus Blainv., Ammonites Arolicus Opp., Amm. subclausus Opp., Amm. canaliculatus Buch., Amm. Erato d’Orb., Amm. Bachianus Opp., Amm. Anar Opp., Amm, plicatilis Sow., Isoarca cordiformis Scheuchz., Rhynchonella Visulica Opp.“ Diese an Cephalopoden reichen Schichten nimmt nun Oppel für h J = [131] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 553 die Zone des Amm. transversarius, während sie nach der Römer’schen Eintheilung unbedingt noch den Cordatusschichten zuzurechnen sind. Ehe ich nun in der Beschreibung der in dieser Gegend befind- lichen Bildungen fortfahre, muss ich eines negativen geologischen Charakters für dieselbe Gegend noch ausdrücklich gedenken, und dieser negative Charakter besteht wieder ähnlich wie bei Czerna im Fehlen des bunten Sandsteins und in gewissem Sinne auch in der ausser- ordentlichen Einschränkung der triadischen Bildungen überhaupt. Wohl konnte bereits die Römer’sche Karte zwischen Czatkowice und Paczaltowice am östlichen Rande des östlichen Czernazuflusses über dem Kohlenkalk noch an einer beschränkten Stelle einen schmalen Streifen von Wellenkalk verzeichnen, doch haben bisher weder meine, noch die früheren Beobachtungen an den anderen zahlreichen Stellen, wo zwischen Siedlee, Dubie, Zary und Paeczaltowice die den Kohlen- kalk direct bedeckenden Bildungen aufgeschlossen sind, den Nachweis von dem Vorhandensein des Muschelkalks zu erbringen vermocht. Es kann sein, dass jene Aufschlüsse nicht überall klar genug sind, um in der Aufeinanderfolge der verschiedenen Formationen angehörigen Kalke beispielsweise den Muschelkalk und den Kohlenkalk zu unterscheiden, wie man denn schon beim Aufstieg auf das Kloster Czerna an der für diesen Aufstieg gewöhnlich benützten Strasse ziemlich aufpassen muss, um die Sache nicht zu übersehen; aber so viel steht fest, dass wenigstens südöstlich von Paezaltowice bei Debnik, wo, wie wir sofort erwähnen werden, devonischer Marmor zum Vorschein kommt, die Sande und Oolithe des braunen Jura unmittelbar über dem Devon anstehen. Es hat also den Anschein, dass wir hier die Verbreitungsgrenze des Muschelkalkes nach Osten bereits überschritten haben. Es wird später davon die Rede sein, dass. weiter südlich bei Tenezynek und Sanka die triadischen Bildungen, welche westlich von den letztgenannten Orten ja auch noch allenthalben entwickelt sind, ebenfalls fehlen. Ob aber diese Abwesenheit des Muschelkalkes in den östlicheren Theilen des zu der Umgebung von Krzeszowice gehörigen Terrains mit seinem thatsächlichen ursprünglichen Verhalten der Verbreitung in Zu- sammenhang zu bringen wäre, ob also die ostwärts gerichtete Trans- gression dieses Gebildes über den Buntsandstein hier schon ihr Ende gefunden hat, ist schwer zu entscheiden. In Anbetracht des Umstandes, dass der Muschelkalk indessen an den östlichsten bekannten Punkten seines Auftretens noch immer ziemlich dieselbe Beschaffenheit besitzt, wie weiter westlich, dass sich also in dieser Beschaffenheit die unmittel- bare Nähe der einstigen Küste noch nicht verräth, könnte man aller- dings auch daran denken, dass durch Denudation die östliche Fort- setzung des besagten Gebildes an den Stellen, wo es fehlt, zerstört worden sei. Zunächst erübrigt uns nun das Auftreten der devonischen Ab- lagerungen kurz zu besprechen, welche bei Debnik südöstlich von Paezaltowice, nördlich von Zbik vorkommen, die früher (von Pusch) noch zum Kohlenkalk gerechnet wurden und deren Alter dann von F. Römer zuerst sicher erkannt wurde. (Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges., 1863, pag. 708.) 554 Dr. Emil Tietze. [132] Das Vorkommen ist ein räumlich beschränktes und durch einige Steinbrüche, sowie etwas nördlicher oder nordöstlicher davon durch einen Wasserriss aufgeschlossen. Es besteht aus zumeist schwarzen Kalken, die stellenweise eine Neigung zu knolliger Absonderung er- kennen lassen. Doch kommen auch andere und heller gefärbte Varie- täten des Gesteins vor, aus denen die Arbeiter ganz nette kleinere Gegenstände (wie Aschenbecher, Briefbeschwerer u. s. w.) zu verfertigen pflegen. Die Steinbrüche hier haben übrigens, wie schon die früheren Beschreiber der Gegend mittheilten, vielfach das Material für den inneren Schmuck der Krakauer Kirchen geliefert und der Debniker Marmor ist auf diese Weise in Polen berühmt geworden. Hacquet (Physikalisch-politische Reisen durch die nördlichen Karpathen. 4. Theil. Nürnberg 1796, pag. 51—56) hat sich sehr aus- führlieh über die verschiedenen Varietäten des hier gefundenen oder vielleicht besser zur Zeit seiner Anwesenheit hier verarbeiteten Marmors ausgelassen und vierzehn solcher Abarten namhaft gemacht. Da er behauptet, dass unter diesen Marmorlagen ein dunkelrother Porphyr hervorbreche, welche Notiz sich doch nur auf den von hier aus ziemlich entfernten Porphyr von Miekinia beziehen kann, so dürfte er übrigens auch (zu seiner Zeit ein höchst verzeihlicher Irrthum) mehrere der verschiedenalterigen Kalkformationen der Gegend nördlich von Krzeszo- wice zusammengefasst und unter jenen 14 Varietäten mitbeschrieben haben. Jedenfalls hat Oeynhausen später Aehnliches gethan (Ver- such einer geognostischen Beschreibung von Oberschlesien und den nächst angrenzenden Gegenden, Essen 1822, pag. 268), als er gewisse Kalkbrüche bei Nowa göra mit denen von Debnik in der Beschreibung zusammenfasste. Den eigentlichen Debniker Marmor bezeichnet aber auch Oeynhausen als zumeist schwarz von Farbe, was er bitu- minösen Beimengungen zuschreibt. Der letztgenannte Autor gedenkt auch bereits der kleinen Einsprengungen von Schwefelkies, die sich, wenn gleich selten, hier finden, und der von eisenschüssigen fetten Letten erfüllten Klüfte, welche die Arbeiter damals für ein gutes Zeichen hielten, insofern der Marmor in der Nähe dieser Klüfte von besonderer Schönheit sein sollte. Was des letzteren genauere Horizontirung in der devonischen Schichtenreihe anlangt, so hat sich Römer dahin ausgesprochen, dass er der oberen Abtheilung des Mitteldevon, das ist also etwa dem Stringo- cephalenkalk von Paffrath bei Cöln gleichgestellt werden dürfe, und mit dieser Deutung wird man sich wenigstens für die Hauptmasse des Marmors zunächst begnügen müssen. Aeusserlich bin ich durch das hiesige Vorkommen auch an diejenigen Schichten der unteren Abtheilung des Devons von Ebersdorf in Schlesien erinnert worden, welche ich in meiner Monographie dieses letzteren Devons (Paläontographica, Cassel 1870) als Ebersdorfer Hauptkalk bezeichnet und deren Alter ich als zwischen dem Stringocephalenniveau und dem nächst höheren Niveau der Rhynchonella cuboides schwankend hingestellt hatte. Römer selbst hat übrigens schon eine Angabe gemacht, welche die Anwesenheit dieses letzterwähnten, bereits dem Oberdevon ange- hörigen Horizontes wahrscheinlich macht. Er schreibt (Die Alters- bestimmung des schwarzen Marmors von Dembnik , Zeitschr. deutsch. E [133] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 151575) geol. Ges. 1565, pag. 711), dass etwa 200 Schritte nördlich von den Marmorbrüchen und südlich von einem Mühlsteinbruche,. in welchem mitteljurassische Sandsteine gebrochen wurden, ein Wasserriss sich thalabwärts ziehe, in welchem dünne, mit 30 Grad gegen Norden ein- fallende Schichten eines bituminösen und theilweise mergeligen grauen Kalksteines anstehen. In diesen Schiehten nun fand der genannte Autor nicht allein Atrypa reticularis, sondern auch eine der Rhyncho- nella cubordes ausserordentlich nahestehende Form. Ich bekenne in- dessen meinerseits hier nichts gefunden zu haben, da ich den Auf- schluss in dem betreffenden, gegen den Zdolski potok zu gerichteten Wasserriss als einen ziemlich undeutlichen bezeichnen muss, wenigstens an den Stellen zunächst unterhalb des Sandsteinbruches, die ich besuchte. Paläontologisch habe ich den bereits in der Formationsübersicht kurz recapitulirten Angaben Römer’s nicht sehr viel hinzuzufügen, was bei der von diesem Autor selbst betonten grossen Seltenheit der Versteinerungen im Debniker Marmor nicht zu verwundern ist. Doch fand ich einen Euomphalus sp. ind., der an die im Devon von Rittberg vorkommenden Euomphalen erinnert, sowie einen wahrscheinlich zu Pr. subaculeatus gehörigen Productus. Was die Lagerungsverhältnisse der in Rede stehenden devonischeu Partie anbelangt, so sind dieselben gleichfalls durch die früheren Beob- achter Römer, Hohenegger und Fallaux) bereits so weit, als dies möglich ist, festgestellt worden. Man muss mit Römer annehmen, dass der devonische Marmor vom Kohlenkalk, der rings um denselben in grösserer oder geringerer Entfernung ansteht, ziemlich direet um- geben wird, wenn auch die Berührung dieser Bildungen nieht überall sichtbar ist, weil in dem Walde südlich von Debnik die Aufschlüsse fehlen und weil nördlich und nordwestlich von Debnik die Sandsteine und Oolithe des braunen Jura in Folge ihres transgredirenden Ver- haltens direct dem Marmor auflagern. Ob nun nicht stellenweise vielleicht gerade in nordwestlicher Riehtung über dem Debniker Marmor noch Aequivalente des obersten Devons unter der jurassischen Decke ver- borgen liegen, bleibt allerdings eine offene Frage. An und für sich wäre das Auftreten solcher Absätze nicht un- wahrscheinlich, da in den benachbarten Gebieten doch überall das Oberdevon nachgewiesen wurde. In Russisch-Polen ist dasselbe schon länger bekannt und wurde neuerdings auch durch Gürich studirt (Sitzb. Akad. Wiss. Berlin 1887, pag. 899). In Mähren wurden ober- devonische Fossilien von Rzehak nachgewiesen (Verh. geol. R.-A. 1881, vag. 314). Die Fallrichtung der Schichten des Marmors ist, wo sie beob- achtbar ist, eine westliche beziehungsweise nordwestliche, wenn man von dem Nordfallen der vorher erwähnten dünnen Kalkbänke mit Ich. cuboides hier absehen will. „In dem unteren Marmorbruch“ schreibt Fallaux (l.c. pag. 7) „fallen die Schichten mit 25° streng nach West, Stunde 18, in dem weiter nördlich gelegenen Bruch wenden sich dieselben bei gleichem Einfallswinkel nach Stunde 21 und im noch nördlicher gelegenen Wassereinriss ist Stunde 22 mit 16° Fall abzu- nehmen.“ Uebrigens hat auch schon Oeynhausen (l.c.) von einem 15—20 Grad hetragenden Westfallen speciell des Debniker Marmors Jahrbuch der k.k. geol. Reichsanstalt. 1837. 37. Band. 3. Heft, (Dr. Emil Tietze.) 72 556 Dr. Emil Tietze. [134] bei einem Streichen in Stunde 2, bezüglich 11 gesprochen und die Ungleichmässigkeit des Streichens betont. Was nun das Verhalten des Kohlenkalkes im Vergleich mit diesen Fallrichtungen anlangt, so ist dasselbe ziemlich schwer, aber vielleicht - noch am besten in der nächst gelegenen Partie desselben im Zdolski- Bach oberhalb Dubie zu ermitteln. Wir begeben uns also dorthin. Dass bei Dubie selbst der jurassische Felsenkalk südlich vom Kohlenkalk ansteht, wurde schon früher erwähnt. Hier ist nur noch hinzuzufügen, dass das Steilufer des Baches bei Dubie selbst auf der Ostseite des Thales sich befindet, während auf der Westseite etwas Löss das flachere Gehänge deckt. Verfolgt man nun den Kohlenkalk von Dubie nördlich thalauf- wärts, so bieten sich zwei Wege, nämlich der im Zdolski potok selbst und dann ein Weg nach Zary, der zunächst längs einer kleinen südlich von Zary verlaufenden Schlucht führt. Im letzteren Falle zeigen sich wenig brauchbare Aufschlüsse und man sieht in der Regel nur grössere und kleinere Blöcke des Kohlenkalks in dem meist trockenen Bachbett . umherliegen. Doch beobachtete ich an einigen Stellen nordöstliches Fallen. Besser sind die Aufschlüsse im oberen Theil des Zdolski potok selbst, der dort meist beiderseits von steilen Felswänden umgeben ist. Wohl erlaubt die plumpe Massigkeit der Schichtung auch hier sogar an den entblössten Stellen nicht überall genau die Fallrichtung zu be- stimmen, allein an mehreren Punkten der Schlucht zwischen Debnik und Zary liess sich doch diese Riebtung als eine nord westliche ermitteln. Im Allgemeinen lässt sich also sagen, dass der Kohlenkalk im Hinbliek andererseits auf dessen Südfallen bei Czatkowice und Czerna zwischen der Thalerweiterung der Rudawa und der Gegend um Debnik eine oder einige Falten bildet, dass aber dabei Unregelmässigkeiten in seiner Streichungsrichtung vorkommen und dass das Devon von Debnik bei ebenfalls stattfindenden Unregelmässigkeiten des Streichens in dem Sattelaufbruch einer solehen Falte zum Vorschein kommt. Die betreffenden Störungen der paläozoischen Gebilde haben unter allen Umständen vor Ablagerung des flach darüber gelagerten braunen Jura stattgehabt; im Hinblick auf die Verhältnisse beim benachbarten Kloster Czerna, wo auch die Trias ziemlich fach über dem älteren Gebirge liegt, darf man sogar annehmen, dass die bewussten Falten sich bereits vor der Ablagerung des Muschelkalkes gebildet haben. Das harmonirt auch mit den Erfahrungen, die wir schon bezüglich der vor- triadischen Störungen des produetiven Carbon in unserem Gebiete ge- winnen konnten. Den braunen Jura, welcher, wie oben erwähnt, das Devon von Debnik unmittelbar bedeckt, sieht man gleich nördlich von den Stein- brüchen, wo er äbnlich wie bei Czatkowice theilweise conglomeratisch wird. Auch noch etwas weiter nördlich, jenseits der kleinen Schlucht, in welcher das Devon wieder hervorkommt, liegt der hier durch kleine Steinbrüche abgebaute mitteljurassische Sandstein als kleine Kuppe direet über dem Devon. Diese Sandsteine gehen nun in die Baliner. Makrocephalenoolithe über, wie das schon Römer (Zeitschr. deutsch. geol. Gesellsch. 1863, pag. 711, siehe die Anmerkung) bekannt war und wie ich durch eigene Beobachtung bestätigen kann. Nur eigneten sich [135] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 557 die Aufschlüsse zur Zeit meiner Anwesenheit in Debnik nicht zu Ä grösseren Sammlungen. Doch fand ich hier immerhin einige Ammoniten, unter denen Teisseyre den Perisphinctes curvicosta Opp. sp. bestimmte (Verh. geol. R.-A. 1887, pag. 48): Jener Uebergang des Sandsteines in den Oolith findet beiläufig >. bemerkt sicher von unten nach oben statt, scheint aber ausserdem stellenweise auch in horizontaler Richtung vor sich zu gehen, wie das k der in unserer Formationsübersicht mitgetheilten diesbezüglichen An- 3 schauung Römer’s entspricht. | Näher an Paezaltowice liegt dann der Mergel des untersten weissen Jura und der durch das überaus häufige Vorkommen grosser Planulaten, 3 z. Th. auch grobrippiger Rhynchonellen und Spongien ausgezeichnete Plattenkalk der Cordatusschichten, welcher, wie früher mitgetheilt, von Oppel und Waagen als Repräsentant der Transversariuszone auf- gefasst wurde, über dem braunen Jura. Ganz ähnliche Verhältnisse herrschen, abgesehen von dem dort e. fehlenden Nachweise des Devon, auf dem correspondirenden Plateau b Jenseits des Zdolski potok bei Zary. Von genanntem Bache ostwärts ji aufsteigend, sieht man über dem Kohlenkalk zunächst den braunen Jura und dann den mergeligen Plattenkalk. Endlich aber treten beim Dorfe selbst auch die der unteren Abtheilung des Felsenkalkes ange- BE hörigen Schichten auf, deren Aufschlüsse indessen zu wünschen übrig | lassen. Der Kohlenkalk dieser Gegend führt kieselige Einlagerungen. „Bei Dubie* schreibt Zeuschner (Neues Jahrb. 1842, pag.430) „findet sich im grauen Kalkstein eingewachsen schwarzer Hornstein in parallelen Streifen.“ Zur Vervollständigung der Charakteristik des Kohlenkalkes dieser Gegend kann auch noch angeführt werden, dass derselbe stellenweise zahlreiche Foraminiferen enthält, den Gattungen Endothyra, Clima- camnina, Tetrataxis und Archaediscus angehörig, wovon A. Rzehak eine kurze Anzeige gab. (Verhandl. des natırh. Vereins in Brünn 1882, 21. Bd., 1. Heft, Sitzungsber., pag.36. Vergl. Verh. R. A. 1884, pag. 115.) Anhangsweise ist dann hier noch mitzutheilen, dass im Zdolski- bache unterhalb Debnik mächtigere Travertinabsätze vorkommen, auf welche Römer (Oberschlesien, pag. 432) die Aufmerksamkeit lenkte. Ehe wir zur Beschreibung der südlich vom Rudawa-Thale ent- wickelten Gebilde übergehen, erübrigt uns noch die Ausfüllungsmassen - dieses Thals kurz zu betrachten. Dass das schwach hügelige Vorland nördlich vom Krzeszowka- (Rudawa-) Bache fast durchgehends von Löss z bedeckt ist, wurde schon erwähnt. Es wäre indessen ein Irrthum zu glauben, dass zunächst der obere Jura die Unterlage des Löss abgibt, obschon man in der Tiefe hier sicher den Jura voraussetzen kann. Es sind vielmehr neogene Bildungen, welche die unmittelbare Unterlage des Diluviums bilden, wie bereits Hohenegger und Fallaux auf ihrer Karte angenommen hatten, freilich unter zu grosser Verallgemeine- rung der hier zu verwendenden Beobachtungen. Uebrigens schreibt auch F. Römer (Geologie von Oberschlesien, pag. 383): „Das ganze Rudawa- 12* ee Dr. Kia Tietze [1361 Thal zwischen Trzebinia, Krzeszowice und Krakau ist bis zu bedeutender Tiefe mit blaugrauen Thonen ausgefüllt. In einem bei Krzeszowice durch den Grafen Potocki gestossenen Bohrloch hat man blaugraue Thone in einer Mächtigkeit von 70 Klafter angetroffen. Die Schwefel- quellen bei Krzeszowice nehmen aus diesen Thonen ihren Ursprung.“ Indessen hat gerade Römer in der Nähe von Krzeszowice auf seiner Karte nur ein beschränktes Vorkommen von Neogen eingezeichnet. Es ist dies der Gyps südlich von Zbik gegen Psary zu, der dort den Landleutern in früherer Zeit ziemlich bekannt war, gegenwärtig aber durch Verackerung der Aufschlussstellen fast unkenntlich geworden ist. Vermuthlieh ist dies derselbe Gyps, von welchem Pusch (Geol. von Polen, I. Theil, pag. 157) erwähnt, dass er zwischen Siedlee und Pisary kleine Hügel bilde und auf einem Letten aufliege, den jener Autor merkwürdigerweise noch zum Steinkohlengebirge rechnete, wie er denn auch die Schwefelquellen von Krzeszowice mit dem Steinkohlen- gebirge irrthümlich in direete Beziehung brachte. Es wurde dieser Gyps als schiefrig, feinkörnig und liehtbräunlich beschrieben. Ein guter Aufschluss befindet sich aber heute gleich westlich von Krzeszowice dicht bei der Eisenbahn, wo durch den Betrieb einer Ziegelei unter der Dammerde zunächst etwas dunkler Letten und sodann ein grauer Letten entblösst wird, welchen man auf den ersten Blick für versteinerungsleer erklären möchte. Um aber grössere Sicherheit über das Alter dieses Lettens zu erhalten, habe ich eine Probe davon Herrn Felix Karrer übergeben mit der Bitte, Foraminiferen darin zu suchen. Der Versuch gelang vollkommen und beifolgend gebe ich die von Herrn Karrer gemachten Bestimmungen, welche das miocäne Alter des be- treffenden Thons durchaus sicherstellen. Herr Karrer schreibt mir, dass er die ihm übergebene Probe der Schlämmung unterworfen habe und dass der nach Entfernung der feinsten Thontheile zurückbleibende Rückstand der Hauptsache nach aus feinem Quarzsande und zahllosen, gut erhaltenen Foraminiferen bestand, welche letzteren durebgehends durch ihre Kleinheit besonders bezeichnet werden. „Es ist auffallend, dass nicht eine nur etwas grössere Form aufgefunden werden konnte. Der Hauptsache nach besteht die ganze winzige Fauna aus Globigerinen, einigen Nodosarien, wenigen Rotaliden und nur einigen Arten von Polymorphiniden. Es fehlten merk- würdigerweise ganz alle Miliodeen, von denen nur ein Vertreter einer Spiroloculina in mehreren Exemplaren gefunden wurde und fehlten auch alle Nummulitiden, Amphistegina, Polystomella u. s. w. Die ganze Fauna macht so beinahe den Eindruck den eines Globigerinenschlammes, und dies sowohl als die aufgefundenen anderen Geschlechter und Arten, sowie die besondere Kleinheit der Individuen dürfte zu dem Schlusse berechtigen, dass die ganze Ablagerung in ziemlicher Tiefe erfolgte. Was das Alter betrifft, so ist wohl kein Zweifel, dass wir es hier mit einem Sediment der Neogenzeit zu thun haben und dass wir den Tegel von Kızeszowice mit dem Tegel von Baden parallelisiren können.“ Die Namen der auffallendsten Formen sind: Glandulina laevigata d’Orb. s. 8., Nodosaria Verneutlliü d’Orb. S. S., Nodosaria multicosta Neugebor. 8., Nodosaria hispida d’Orb. s. s., Nodo- sarla scabra Reuss 8., Nodosaria longiscata d’Orb. 8. 8., Pallenia bulloides Be [1137] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 559 d’Orb. sp. 8. 8s., Bulimina Budriana S. 8., Dolivina dilatata Reuss h., Orbulina universa d’Orb. n. 8., Globigerina triloba Reuss h. h., Globi- gerina bullordes d’Orb. h. h, Pulvinulina Haueri d’Orb. sp. s.8., Trunca- tulina Ungerana d’Orb. sp. 8. 8., Discorbina complanata d’Orb. sp. 8. 8., Pulvinulina Partschana d’Orb. sp. $. 8., Nonionina Saldanü d’Orb. s. S., Olavulina communis d’Orb. s. s., Plecanium, einige Arten s. s., Trilo- culina consobrina d’Orb. s. s., Spiroculina rostrata Reuss n. 8.') Dazu kommen dann vereinzelt Gehörknöchelchen von Fischen und winzige zierliche Cidaritenstacheln. Es ist, schreibt Herr Karrer weiter, kein Zweifel, dass bei sorgfältigerer weiterer Untersuchung sich obige Liste verdoppeln, ja verdreifachen würde, aber das würde an dem Hauptresultate keine Aenderung bewirken. Ob es wirklich berechtigt sein mag, aus dem zahlreichen Vor- kommen von Globigerinen auf den Tiefseecharakter dieser Ablagerung zu schliessen, bleibe indessen dahingestellt. Jedenfalls macht das Vor- kommen des Neogen im Krakau’schen und auch speciell der Schichten von Krzeszowice den Eindruck, dass wir es dort mit Absätzen in schmalen Buchten des älteren Gebirges zu thun haben, welches letztere selbst ja nirgends auf seinen Höhen von neogenen Absätzen bedeckt wird. Die Tiefen können also wohl nur mässige gewesen sein. Bedenkt man, dass Globigerinen auch in den mit dem Macigno verbundenen Partien des italienischen Miocän massenhaft vorkommen in Gesteinen, die durchaus keinen Tiefseecharakter besitzen, so wird man wohl überhaupt den Tiefseebegriff für Globigerinen enthaltende Absätze nicht so genau zu nehmen brauchen. (Vergleiche hier auch meine Ausführungen in Verhandl. 1881,.pag. 283 über den Flysch bei Bologna.) Ich theile hier noch nach den mir in Krzeszowice gewordenen Mittheilungen die Resultate einiger Bohrungen mit, welche in der Um- sebung jenes Ortes vorgenommen wurden, wodurch das Bild, welches wir von unserem Neogen haben, vervollständigt werden kann. Doch bin ich leider nicht in der Lage, für alle Angaben sichere Deutungen bei- zubringen, da mir nicht sämmtliche Proben vorlagen. An der Strasse nach Pisary, noch vor der Kreuzung dieser Strasse mit der Bahn, wurde ein Bohrloch 28 Fuss tief niedergebracht. Unter der 9 Zoll mächtigen Dammerde fand sich 3 Fuss sandiger Lehm, sodann 5 Fuss gelber Thon und 2 Fuss wieder etwas sandigerer Lehm. Es ist wahrscheinlich oder doch denkbar, dass die bis jetzt genannten Bildungen diluvial sind und dass namentlich die oberste Schicht dem Löss entspricht. Tiefer wurde eine 5 Fuss 10 Zoll mächtige Lage etwas bunteren, meist grauen Lettens gefunden und darunter kam ein durch- feuchteter wasserhaltiger Letten von 12 Fuss Mächtigkeit und von dunkler Farbe, welcher dem bei der Ziegelei direct unter der Damm- erde gefundenen Letten sehr ähnlich ist und schon zum Tertiär ge- hören dürfte. Ein anderes Bohrloch von 44 Fuss Tiefe wurde an der Grenze der Ortschaften Czatkowice, Zbik und Krzeszowice hergestellt. Man fand hier zunächst 12 Fuss gelben Lehm (Löss), sodann Lagen von schwarzem und grauem Letten und schliesslich etwas sandigen Lehm. 1) Hierbei bezeichnet s. selten, s. s. sehr selten, n. s. nicht selten, h. häufig, h. h. sehr häufig. 560 Dr. Emil Tietze. [138] Gleich nördlich von den letzten Häusern von Krzeszowice auf der Westseite des Czerna-Baches erbohrte man den gelben Lehm (Löss) in einer Stärke von 10 Fuss und fand darunter Schotter, in welchem das Bohrloch, nachdem es 5 Fuss davon durchteuft hatte, stehen ge- lassen wurde. Hier ist man sicher über das Diluvium nicht hinaus- sekommen. Der Schotter ist alter Czerna-Schotter. + Auf einer der Wiesen, welche sich östlich vom Wege nach dem Bahnhof Krzeszowice und nördlich von diesem Bahnhof befinden, wurde ebenfalls ein Bohrloch gestossen von 34 Fuss Tiefe. Oben wurde eine etwas moorige Dammerde gefunden. Stücke von Erzen, die man dabei antraf, und welche nicht etwa Rasenerze waren, sondern die den im Muschelkalk von Czerna abgebauten Eisensteinen ähnlich sehen, können nur durch einen Zufall (vermuthlich vor langer Zeit durch Menschen- hand) hierhergekommen sein. Darunter kam dann gelber Lehm oder Letten und in der Tiefe von 5 Fuss ein 2 Fuss mächtiger Flussschotter, der Sandsteine, Kalke und sogar Porphyr enthielt. zum Beweise, dass der Czerna-Bach nach seiner Vereinigung mit dem von Miekinia kommenden Bache vor Zeiten hier floss und seine Vereinigung mit dem von Filipowice kommenden Wasser unterhalb des heutigen Zusammen- flusses bewirkte. Unter dem Schotter kam dann ein hellbläulich grauer Letten, dem von der Ziegelei entsprechend und also schon tertiär. In der Tiefe der Brunnen von Krzeszowice wird stets ein übel- riechender schwarzer lsetten angetroffen. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Geruch dieses Lettens durch die Infiltration mit den Wässern der (kalten) Schwefelquellen hervorgerufen wird, welche das Bad von Krzeszowice speisen oder ob die Quellen ihren Sitz eben in dem schwarzen Letten haben. Auch ein Brunnen bei der Ziegelei zeigt unten einen schwarzen Letten. Jedenfalls hielt es schon Temple (Beschaffenheit des Bodens im Grossherzogthum Krakau, Pest 1867, pag. 55) für gewiss, „dass die immer mehr an Güte abnehmenden Schwefelquellen in Krzeszowice aus den Tertiärablagerungen des sehr eingeengten Thales entrieseln“. Was die chemische Zusammensetzung der betreffenden Wässer anlangt, so zeigen die bisherigen Analysen, wie Temple sagt, wenig Ueber- einstimmung. Nur so viel stehe fest, dass schwefelsaurer Kalk, schwefel- saures Natron und kohlensaurer Kalk die Hauptbestandtheile bilden. Die Temperaturen der Quellen werden mit 7!/;, Grad und 8 Grad R. angegeben (letztere für die Quelle bei der Kirche). Die Gegend zwischen Krzeszowice und Alwernia. Wir begeben uns jetzt auf die Südseite des Längsthales der Rudawa, wo wir zuerst wieder jurassische Kalke antreffen. Dieselben bilden, wie schon früher angedeutet, den Gegenfligel der theilweise zur Grabenversenkung gewordenen Synelinale, deren nördlichen, stark gestörten Flügel wir bei Czatkowice und Zbik näher betrachtet hatten. Diese Kalke bilden den felsigen Hügelkamm, an dessen Nord- fusse die Strasse nach Tenezynek eine Strecke lang verläuft und werden dort für mehrere im Betrieb befindliche Kalköfen benützt. Sie fallen bier steil nach Norden, wie man besonders deutlich an der Stelle des [139] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 561 Dorfes Tenezynek sieht, wo die Strasse wieder eine nordsüdliche Richtung genommen hat und folglich die ostwestlich streichenden Kalke, die wohl hier hauptsächlich dem unteren Felsenkalke angehören, im Profil sich präsentiren. Den betreffenden Bergabhang mit seiner Schichtung nimmt man übrigens schon sehr deutlich auf der Eisenbahn wahr, wenn man von Trzebinia kommend, sich Krzeszowice nähert. Auf der Westseite des Dorfes Tenezynek herrscht diluvialer Sand, der den Boden der dortigen, zum grossen Tencezyneker Thiergarten gehörigen Wälder bildet und sich an die grosse Sandentwicklung öst- lich von Chrzanow am Oberlauf des Chechlo potok anschliesst. Nur ein kleiner niedriger, aus dem oberjurassischen unteren Felsenkalk be- stehender Rücken taucht südöstlich von Wola Filipowska, in der Nähe der Grenze des Thiergartens, aus der mächtigen allgemeinen Sand- bedeekung auf und bildet die Fortsetzung der Kalkzone im Norden von Tenezynek. Im Osten aber, dort, wo sich die von Krzeszowice kommende Strasse nach dem östlichen Theile des Thiergartens (in der Richtung von Frywald) von der Tenczyneker Strasse abzweigt,, ist die Verbin- dung mit den sich gegen Nowojowa göra fortziehenden Jurafelsen weniger unterbrochen und lässt sich bis an die von Krzeszowice nach Krakau führende Strasse verfolgen, wo bei Gwozdziee noch niedrige, aber steile Kalkfelsen an dieser Strasse und in der Nähe des Krzeszöwka- (Rudawa-) Baches auftreten. Der vorher erwähnte Kalkzug, nordöstlich vom Dorfe Tenczynek, zeigt an seiner südlichen Basis die tieferen Glieder des Krakauer Jura Jedenfalls nur wenig und undeutlich entwickelt, wie denn bereits Zeuschner (Neues Jahrb. 1870, pag. 769), wenn auch mit über- flüssiger Schärfe darauf hinwies, dass dem braunen Jura in der Gegend von Tenezynek nicht die oberflächliche Verbreitung zukomme, welche man der Hohenegger-Fallaux’schen Karte gemäss hier voraussetzen könnte. | Vielmehr reicht bis nahe an den Südfuss jenes langgestreckten Hügels die productive Steinkohlenformation, welche hier wieder unter der Jüngeren Decke zum Vorschein kommt und an mehreren Stellen zum Abbau eingeladen hat. Auch hier fehlt sicher, ähnlich wie bei Zbik und Debnik, die Trias gänzlich, so dass nicht gezweifelt werden kann, die Ostgrenze dieser Formation liege im Krakauischen durch- gehends weiter westlich. Da wir uns hier doch noch nahe der Grenze des productiven Carbons gegen seine ältere Unterlage befinden und da es höchst zweifel- haft erscheint, ob die Absätze dieser Epoche von hier aus noch weiter östlich reichen !), so möchte man glauben, sich in der Nähe des Aus- gehenden der Flötzeinlagerungen zu befinden. Es wird für die Praxis auch jedenfalls gut sein, diesen Gesichtspunkt nicht ausser Acht zu lassen, um sich vor dem mit allzu sanguinischen Hoffnungen meist !) So schreibt auch Römer (Geol. von Oberschl., pag. 64) bezüglich der Ost- grenze des oberschlesisch-polnischen Kohlengebirges, dass diese Grenze „wohl in keinem Falle jenseits einer von Siewierz nach Tencezynek bei Krzeszowice gezogenen geraden Linie zu suchen ist“. 562 Dr. Emil Tietze. [140] verknüpften Schaden zu bewahren. Nichtsdestoweniger aber kommen hier noch zur Noth abbauwürdige Kohlen vor, wenn auch ganz entsprechend den eben ausgesprochenen Vermuthungen in geringerer Stärke. Schon Hacquet wusste von diesen Kohlen und Oeynhausen (Obsehl., pag. 169) gab davon die erste Beschreibung. Pusch (Geol. von Polen, 1. Theil, pag. 169) kannte hier sechs parallel und nahe aneinander liegende Flötze, die (abweichend von Jaworzno) in Stunde 10 streichen und mit zwölf Grad gegen Südwest fallen. Sie sind 9—36 Zoll mächtig, führen eine sehr gute, zwischen Schiefer- und Blätterkohle das Mittel haltende Kohle und eines von 17 Zoll Mächtigkeit sogar reine und ausgezeichnete Pechkohle. Pusch gedenkt ferner der Störungen, welchen auch diese Ablagerung unterworfen ist, und zwar „durch einen Sattel und einige Rücken“. Eines der Flötze war dem Streichen nach bis unter den benachbarten Jurakalk verfolgt worden, „wo keine Veränderung als ein etwas steileres Fallen zu beobachten war“. Olszewski (Spis mineralöw znanych z. W. Ksiestwa Krakowskiego, in den Berichten der physiographischen Commission, Krakau 1878) führt aus dem Kohlenschiefer dieses Reviers das Vorkommen von thonigen Sphärosideriten an, die übrigens auch bei Jaworzno vorkommen sollen. An der Oberfläche des Terrains ist hier, wie in den übrigen Kohlenrevieren des Krakauischen, übrigens von dem Carbon nicht viel zu sehen, abgesehen von dem Materiale der Halden. Es gibt nur eine Stelle in dieser Gegend, wo das ältere Gebirge anstehend deutlich zu beobachten ist und gerade für diese Stelle kann es zweifelhaft erscheinen, ob wir es mit echter Kohlenformation zu thun haben. Das wäre zugleich die einzige Stelle, an welcher unter Umständen zwar gerade keine Ausnahme von der oben ausgesprochenen Behauptung des Fehlens der Trias bei Tenezynek zu constatiren wäre, an welcher aber doch mög- licherweise das Vorhandensein einer dem Alter nach zwischen Jura und Carbon befindlichen, nämlich permischen Sedimentärbildung ange- nommen werden könnte. In der Nähe des Tenezyneker Bräuhauses nämlich, gleich südlich hinter der Wegtheiluug, wo sich der Weg nach Nieporaz von der Strasse nach Sanka abzweigt, sieht man gute oberflächliche Aufschlüsse von älteren Schichten. Es stehen dort meist röthliche Sandsteine, bedeckt von rothen und violetten, sandigen Schiefern, an, welche in Stunde 17 streichen und mit 14 Grad südlich fallen.) Darüber weiter südlich kommen dünne, aber grobkörnige Sandsteinschiefer und feinkörnige Conglomerate. Endlich folgt in den hier zunächst gelegenen Theilen des grossen Thiergartens, durch den der Weg nach Sanka hindurch- führt, wieder diluvialer Sand, das ältere Gebirge der Beobachtung entziehend. Alth hat nun in seiner kurzen geologischen Uebersicht von Westgalizien (Poglad na geologie Galieyi zachodndj, 1872) diese Ab- lagerung zum Perm gebracht. Die Beschaffenheit der genannten ') Olszewski (Krötki rys wycieczki geologieznej we W. Ksiestwie Krakows- kiem, Ber. physiogr. Comm. Krakau 1878, pag. 32) gibt hier allerdings ein südwestliches Fallen mit 26 Graden an, [141] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakan. 563 Bildungen und namentlich die rothe Farbe mancher Sandsteine und Schiefer kann in der That die Vermuthung aufkommen lassen, dass man hier nicht echte Kohlenformation, sondern Rothliegendes vor sich habe. Freilich darf man sich dabei an die rothe Färbung der in der Nähe von Miekinia anstehenden Kohlenformation erinnern, um sich gegenüber einer zu weitgehenden Rücksiehtnahme auf solche Aeusser- lichkeiten einige Reserve aufzuerlegen. Mehr von dem Bestreben geleitet, späteren Untersuchungen durch Hinweise in die Hände zu arbeiten, als einer bestimmten Meinung Ausdruck gebend, glaubte ich indessen die erwähnte Ansicht Alth’s ausdrücklich hier in der Beschreibung hervorheben zu müssen. Doch habe ich die bewusste Partie auf der Karte mit der für Buntsandstein und Perm bestimmten Farbe nicht besonders ausgeschieden. Dabei ist nur ausdrücklich zu beachten, dass die betreffende Ablagerung, wenn sie nicht doch noch zum Carbon gehört, als permisch aufgefasst werden müsste, weil sie in ihrem Auftreten sich an die Kohlenformation und keinesfalls an die Trias anschliesst. Jedenfalls ist die Hauptmasse der Tenezyneker Kohlenformation, wie sie durch die dortigen Grubenbauten aufgeschlossen ist, aus Ge- steinen zusammengesetzt, die ganz typisch denen der echten produetiven Kohlenformation gleichen. Das sieht man auf den Halden ganz deut- lich, wo übrigens die Schiefer dominiren, welche bei Filipowice und Miekinia den Habitus der Formation bestimmten. Geht man auf der östlich von den Tenezyneker Kohlengruben in der Richtung nach Frywald führenden Strasse bei dem dortigen Jägerhause vorbei in den östlichen Theil des Tenezyneker Thiergartens, so bewegt man sich wieder im diluvialen Sandgebiet, dessen in präch- tigen Beständen aufragende Waldbedeckung allerdings der sterilen Unterlage zu widersprechen scheint. Diese Sandbedeckung zieht sich von hier aus südlich um das von den Kohlengruben eingenommene Gebiet herum, um sich mit den ausgedehnten Sandablagerungen weiter im Westen zu vereinigen. Auf grössere Erstreckungen ist hier jeden- falls die Kohlenformation selbst in grösserer oder geringerer Tiefe als Unterlage des Sandes vorauszusetzen, da wir dieselbe später bei Rudno wieder antreffen werden, und da ferner die Trias hier fehlt und die Jurassische Decke zurücktritt. Höchstens dass eine von tertiärem Thon aus- gefüllte Bucht hier local unter dem Sande vorhanden sein könnte. Doch liegen für die Annahme dieser Möglichkeit direete Anhaltspunkte nicht vor. Verfolgt man nun den bezeichneten Weg noch immer im Bereich des Thiergartens weiter, so gelangt man unter fortwährendem Auf- steigen bald zu dem Höhenzuge der Niedzwiedzia göra, woselbst sich (im südlichen Theile des genannten Höhenzuges) ein Jägerhaus befindet. Ehe man dasselbe erreicht, bemerkt man östlich oberhalb des Weges alte Steinbrüche, welche den Sandstein des braunen Jura blossgelegt haben, vollständig übereinstimmend mit den Sandsteinen derselben Formation, die wir an anderen Punkten unseres Gebietes bereits kennen gelernt haben. Auch feinere Conglomerate kommen hier vor ähnlich wie oberhalb Ozatkowice. Der Sandstein ist nur nicht so versteinerungs- leer wie sonst (unterhalb der Makrocephalenoolithe), denn ich fand in demselben Bruchstücke von Belemniten und einen kleinen glatten Pecten. Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Band. 3. Heft. (Dr, Emil Tietze) 73 564 Dr. Emil Tietze. [142] Dieser Aufschluss des braunen Jura ist meines Wissens der beste in der östliehen Umrandung des Tenezyneker Kohlenfeldes, doch zieht sich der Sandstein jedenfalls noch eine Strecke lang weiter nördlich von dem beschriebenen Punkte fort und es lässt sich mit ziemlicher Sicherheit vermuthen, dass er der Kohlenformation daselbst meist ebenso direet aufliegt, wie bei Debnik dem Devon oder bei Paezaltowice und Zary dem Kohlenkalk, wenn auch die Formationsgrenze durch den diluvialen Sand verdeckt wird. Doch schiebt sich ausnahmsweise gerade in der Nähe jenes Aufschlusses eine andere Bildung zwischen die Kohlen- formation und den braunen Jura ein. Es ist dies ein dichter Melaphyr, der die Anhöhe westlich des beschriebenen Weges zusammensetzt und bis zum Fusse derselben, das ist also bis zu dem Niveau, welches die Tenezyneker Kohlenformation einnimmt, herabgreift, wie man aus den im Walde herumliegenden Stücken schliessen kann. Das Gestein stimmt mit demjenigen von Rudno überein, welches wir später erwähnen werden. Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass dieser Melaphyr älter ist, als der ihn überlagernde braune Jura. Doch haben wir diese Altersfrage ohnehin im Zusammenhange mit anderen Beobachtungen schon in der Formationsübersicht besprochen. Bedeckt wird der braune Jura von den Kalken des oberen Jura, und zwar zunächst von den an Planulaten reichen mergeligen Platten- kalken der Cordatusschichten und sodann von unterem Felsenkalk. Weiter nördlich auf dem Berge Parabki befinden sich Steinbrüche mitten im Walde, durch welche besonders die Cordatusschichten gut auf- geschlossen werden und eine reiche Ausbeute von Ammoniten zu liefern vermögen. Von einem Reichthum dieses Aufschlusses an Schwämmen ist mir hier nichts aufgefallen, und doch ist hier zweifellos dasselbe Niveau entblösst, welches bei Paczaltowice durch eine besonders aus- gezeichnete Vertretung der Spongien sich bemerkbar macht. Das Fallen dort auf der Höhe findet mit etwa 15 Grad nach NO. statt. Gegen das Krzeszowkathal zu dürfte es etwas steiler sein. Etwas anders verhält sich der weisse Jura weiter südlich. Geht man nämlich auf dem vorhin beschriebenen Wege, nachdem man die Steinbrüche im braunen Jura links liegen gelassen hat, weiter auf das erwähnte Jägerhaus zu, so sieht man schon bei letzterem und dann noch weiter abwärts wiederum den weissen Jura, aber in einer hypso- metrisch viel tieferen Lage als vorher die Sandsteine des braunen Jura. Die Waldbedeckung hindert einen genaueren Ueberblick der Verhältnisse und da die Kalke des weissen Jura hier nicht deutlich auf- geschlossen sind und meist nur lose, allerdings massenhaft herumliegende Stücke ihre Anwesenheit verrathen, so kann ich nicht bestimmt sagen, ob man es hier mit einem plötzlich eingetretenen steileren Einfallen der jurassischen Bildungen (vielleicht gegen SO. zu) oder mit einem Brüche zu thun hat, der die Erscheinung bewirkt. Weiterhin gegen Kopce zu verschwindet der Jura unter diluvialem Sand, um erst östlich von Kopce wieder aufzutauchen. Dieser Sand setzt sich von hier aus auch noch eine Streeke weit nördlich bis hinter den Waldesrand in der Richtung gegen das Dorf Nowojowa göra zu fort, woselbst er an der Oberfläche typischem Löss Platz macht. Nordöstlich aber von diesem Dorfe gegen die von Krzeszowice nach Zabierzöw [143] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 565 führende Strasse zu werden die flachen Abhänge nordwestlich von Mlynka wieder von Sand eingenommen, so dass der Löss des höher gelegenen Nowojowa gora vermuthlich eine partielle Bedeckung des Sandes bildet. Sehr bemerkenswerth schien mir, dass in einzelnen etwas tieferen Einrissen nordwestlich von Miynka die Spuren eines eigenthümlichen Erraticums zum Vorschein kommen, wobei besonders zahlreiche Feuer- steine und zum Theile grössere Blöcke rothen Porphyrs, ähnlich dem von Mickinia, beobachtet wurden. Öestlich von Nowojowa göra verläuft bei Miynka der kleine Borowiee-Bach, dessen linkes (westliches) Ufer von sehr sandigem Löss eingenommen wird, während auf der östlichen Seite sich wieder der Jurakalk erhebt. In einigen kleinen senkrecht zum Bach verlaufenden Wasserrissen tritt nun unter jenem untypischen Löss ein hellgrauer sehr sandiger Tegel auf, welcher dem neogenen sandigen Thon bei Kızeszowice recht ähnlich ist und mit diesem stratigraphisch verbunden werden kann, wenn auch an einer Stelle noch geschichteter Sand darunter liegt, welcher letztere dann gleichfalls dem Neogen zuzurechnen wäre. Kurz oberhalb des Teiches von Miynka steht aber am Bache, auf das linke Ufer desselben übergreifend, eine sehr kleine Partie weissen Jurakalks heraus von einer dünnen sandigen Thonlage bedeckt. Der Hügel zwischen Miynka und dem Wirthshaus Werbownica an der Strasse besteht ebenfalls aus dem unteren Felsenkalk des weissen Jura. Geht man jedoch von genanntem Wirthshause den von hier nach Kopce und Zalas führenden Weg hinauf, so sieht man in dem kleinen Wasserlaufe, den man hier zunächst antrifft, ausser anderen Schotter- gemengtheilen namentlich auch bisweilen ziemlich grosse Blöcke eines rothen, wiederum an den Porphyr von Miekinia erinnernden Eruptiv- gesteines, welches hier nirgends ansteht, denn weiter aufwärts in der- selben Schlucht trifft man nur die Felsen des unteren Felsenkalkes. Dagegen liegt auf einem kleinen Plateau zwischen dieser Schlucht und dem vorhergenannten Borowiec-Bache Diluvialschotter mit vielen dunklen Hornsteinen und wiederum mit rothen Porphyren. Es unterliegt keinem Zweifel, dass wir dieses eigenthümliche Vorkommen mit dem benachbarten, früher erwähnten Vorkommen nord- östlich von Nowojowa göra in Verbindung bringen müssen, weil dort gleich- falls Hornsteine und rothe Porphyre auftreten. Ich habe diese Bildungen auf der Karte nur mit der Farbe des Diluvialschotters bezeichnet und nicht mit der des nordischen Erraticums, weil mir die typischen Gesteine des letzteren hier nicht auffielen. Dennoch haben die betreffenden Blöcke etwas von erratischem Charakter an sich, so lange nicht der Nachweis gelingt, dass hier in der Nähe irgendwo verborgen der be- wusste Porphyr ansteht oder einst angestanden ist. An sich würde das Vorkommen von Porphyrstücken unter den Schotterabsätzen hier ja nichts besonders Auffälliges haben. da wir uns am Rande des Rudawa- thales befinden und bei einer einst höheren Lage der Thalsohle ein Transport von Gesteinen aus der Gegend oberhalb Krzeszowice bis hierher gut denkbar erscheint. Die bewussten Blöcke sind mir indessen für einen gewöhnlichen Wassertransport im Hinblick auf die zurück- gelegte Entfernung etwas zu gross. Ich empfehle meinen Nachfolgern eine hierauf bezügliche Untersuchung. 73% 566 Dr. Emil Tietze. [144] Begeben wir uns nach dieser Abschweifung wieder zurück zur Umrandung des Tenezyneker Carbongebietes, indem wir südlich von Tenczynek der Strasse nach Zalas und Sanka folgen. Bald nachdem diese Strasse den Wald des Potocki'sschen Thiergartens mit seiner dilu- vialen Sandbedeckung verlassen hat, theilt sie sich, und wir erreichen die Liguniowa göra, welche der nach Sanka führende Zweig der Strasse überschreitet. Dieser Berg besteht aus jurassischen Schichten. Auf der Höhe lagern Schichten, die zum unteren Felsenkalk gehören. Darunter folgen die mergeligen Plattenkalke der Cordatusschichten, und an dem Nordwestabhange des Berges sieht man deutlich (besonders an dem der Strasse nach Sanka parallelen Feldwege, der südlich von dieser Strasse verläuft) die Sandsteine des braunen Jura, denen hier wieder Quarzconglomerate untergeordnet sind. Die Cordatusschichten zeichnen sich hier wie an den meisten Stellen ihres Auftretens durch das zahlreiche Vorkommen von Planulaten aus. Die Sandsteine des braunen Jura aber gehen in den höheren Lagen in graue kalkig-sandige Schichten über, welche Versteinerungen führen. Wenigstens fand ich hier eine grosse Auster (Ostrea Marshü). Auffällig war an dem genannten Feldwege die Auffindung ein- zelner grosser Stücke von Melaphyr unterhalb des Sandsteines. Diesem Fund glaubte ich auf der Karte durch Einzeichnung einer ganz kleinen Partie jenes Eruptivgesteines Rechnung tragen zu sollen, denn es handelte sich ja eigentlich wahrscheinlich nicht um eine Schotter- und Blockanhäufung wie etwa bei Mlynka, wo das Vorkommen der Porphyr- brocken auf secundärer Lagerstätte zweifellos ist, sondern wohl sicher um die Spuren anstehenden Gesteins; dasselbe ist hier nur nicht so mächtig zu Tage getreten wie westlich jenseits der hier vorliegenden, das Kohlengebirge bedeckenden diluvialen Sandfläche bei Rudno, von wo die stolzen Ruinen der Burg Tenezyn herübersehen. Auch hier sprechen die Verhältnisse ähnlich wie an der Niedzwiedzia göra für eine Ueberlagerung des Melaphyrs durch den Sandstein, wenn auch die Unzulänglichkeit des Aufschlusses den Beweis zu keinem strieten macht. Wir gedachten soeben der (übrigens noch wohl erhaltenen und durch Renovationen vor dem Verfall geschützten) Ruine Tencezyn bei Rudno. Dieselbe steht auf einem gegen Osten zu ziemlich steil abfallen- den Melaphyrberge, an dessen Basis ebenfalls auf der Ostseite wieder die Steinkohlenformation auftritt, woselbst auch Grubenbaue existiren. Schon F. Römer (Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges., 18364, pag. 640) erwähnt, dass man im Jahre 1863 hier nur wenige Fuss unter dem Diluvialsande die Schiefer des Kohlengebirges und in diesen ein 55 Zoll mächtiges Flötz bei einem Versuche angetroffen habe. Die Flötze scheinen hier nach einigen mir gewordenen Angaben gegen den Mela- phyr zu zu fallen, wie das auch schon Oeynhausen (Öberschl., pag. 342) behauptet. Da der Melaphyr jünger ist als die Kohlen- formation, so könnte er sogar von den Flötzen stellenweise unterteuft werden, abgesehen etwa von den Stellen, wo der Durchbruch der Eruptiv- massen stattgefunden haben mag, wenn wir nämlich hier thatsächlich eine der Ausbruchsstellen dieser Gesteine vor uns haben, wie das Zuber (Jahrb. geol. Reichsanst. 1885, pag. 756) annimmt. [145] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 567 Zuber hat (l. ce. pag. 740) hier eine interessante Beobachtung gemacht. Er entdeckte unmittelbar über dem Mandelsteine eine Ab- lagerung von rothem Porphyrtuff „am Südabhange des Schlossberges in einem verlassenen Steinbruche“. Weil ich selbst diesen Steinbruch nicht besucht habe, bin ich übrigens nicht in der Lage zu beurtheilen, ob dieser rote Tuff in der That mit den Por phyrtuffen von Filipowice oder Karniowice identisch ist oder ob er vielleicht doch nur mit den rothgefärbten erdigen Verwitterungsprodueten des Berges zu vergleichen wäre, von denen schon Oeynhausen (l. e. pag. 341) geredet hat. Die Höhe des Schlossberges, auf welehem sich auch noch die kleine Ortschaft Podzameze befindet, fällt dann gegen Westen zu mit nur sehr mässiger Neigung ab. Dort lagern sich jurassische Bildungen unmittelbar an den Melaphyr, wie denn auch Fallaux (I. e. pag. 32) bemerkt, dass dieses Gestein bei Rudno zwischen dem Steinkohlen- gebirge "und den Makrocephalenschiehten des braunen Jura auftrete. Nur scheinen die letzteren hier wenig mächtig zu sein, denn sehr bald trifft man gegen Nieporaz w eitergehend die Spuren des oberjurassischen Plattenkalks, der noch vor Nieporaz unter der dort wieder beginnenden diluvialen Sanddecke verschwindet. Das Verhalten des Melaphyr ist also hier ähnlich, wie an den übrigen bisher betrachteten Punkten seines Auftretens. Südlich von Rudno, wo ebenfalls Sand den Melaphyr noch um- säumt, treten übrigens noch einige kleinere Kuppen desselben Eruptiv- gesteins hervor, sowie etwas südlicher auch eine kleine Partie von oberem Jura bemerkt wird. Der Melaphyr von Rudno geht in deutlichen Mandelstein über auf der Ostseite des betreffenden Berges. Bereits Oeynhausen (Ober- schlesien, pag. 340—342) und Pusch (Geol. von Polen, 1. Th., pag. 181) haben darauf aufmerksam gemacht, dass die Bauern von Rudno auf ihren Feldern nicht selten die betreffenden Mandeln ausackern, welche im Innern aus abwechselnden Lagen von Achat und violettem Amethyst bestehen. Der erstgenannte ältere Autor sah hier auch „grünlich-weissen, fetten Thon oder Steinmark“ auf Kluftflächen des Melaphyrs. Der Jura, den wir zwischen Nieporaz und Podzameze angetroffen hatten, setzt sich von dort aus südlich gegen das Dorf Grojee und darüber hinaus fort. Südlich von dem genannten Dorfe befinden sich Thongruben, in welchen der feuerfeste Thon gewonnen wird, von dem wir schon bei Czatkowice einen Repräsentanten kennen gelernt hatten. Man hat hier zur Gewinnung des Thones Schächte angelegt, die etwa 40 Meter tief sein müssen, um den Thon zu erreichen. "Unter der Dammerde liegt hier zunächst ein weisser mergeliger Kalk, der unteren Abtheilung des weissen Jura angehörig, bis zur Tiefe von 24 Meter. Darunter folgt ein wenig mächtiger bräunlicher Kalk, der höchstwahr- scheinlich den Baliner Makrocephalenoolithen entspricht, von dem ich jedoch keine Probe mehr sehen konnte, da die Schachte verzimmert sind und Proben von den Besitzern nicht aufgehoben wurden. (Selbst- verständlich verschwindet auch auf den Halden das betreffende Material leicht unter den aus dem tieferen Material entnommenen Aufschüttungen.) Unter diesem braunen Kalk folgt dann weisser und bunter Sandstein 568 Dr. Emil Tietze. [146] und Sand, welches Gebilde ganz den oft lose verkitteten und sandig zerfallenden Sandsteinen des braunen Jura bei Czerna und Paezaltowice oder bei Koseielee entspricht. In einer Tiefe von 40 Metern endlich trifft man den hier wenig mächtigen, nur 20 bis 60 Centimeter starken Thon, der seinerseits wieder von 5—6 Meter mächtigen Sanden unter- lagert wird. Darunter hat man dann gegen die Grenze von Poreba zu Melaphyr, ähnlich dem von Rudno und Alwernia, sonst aber den Muschelkalk angetroffen, welchen wir zwischen Grojee und Alwernia auch oberflächlich anstehend vorfinden werden. Dieser Umstand ist interessant, weil wir hier für die Gegend südlich von Krzeszowice und Tenezynek das östlichste Auftreten des Muschelkalkes überhaupt regi- striren müssen. Bezüglich der Stellung des feuerfesten Thones in der Schichten- folge des Krakauer Gebietes bestätigen die hier mitgetheilten Wahr- nehmungen durchaus das schon gelegentlich der Verhältnisse von Czat- kowice Gesagte. Von einer Ueberlagerung des Thones durch den weissen Jura ist hier im Sinne einer direeten Aufeinanderfolge nicht die Rede. Vor Allem aber sieht man, dass der Thon unter die Haupt- masse der Sandsteine des braunen Jura und nicht darüber gehört. Dass die hier gefundene und namentlich in letzter Zeit durch eine schöne Aufsammlung verstärkte fossile Flora der Deutung der bewussten Thone als mitteljurassisch nieht widerspricht, wurde bereits in der Formationsübersichtt am Eingange dieser Abhandlung (pag. 25 derselben) gesagt. Erst jetzt konnte man nach den vorläufigen Mit- theilungen Stur’s einen genügenden Ueberblick über diese hochinter- essante Flora gewinnen. Die zur Zeit der Römer’schen Aufnahme von hier bekannt gewordenen hierher gehörigen Funde waren für einen solchen Ueberbliek unzulänglich. Interessiren kann es übrigens, dass bereits Zeuschner von der Pflanzenführung der feuerfesten Thone unserer Gegend Kenntniss besass, wenn auch nicht bezüglich der Thone hier bei Grojee, so doch bezüglich der analogen Thone von Miröw. Er behauptete, dass daselbst Reste von Lepidodendron vorkommen (Karsten’s Archiv, 1845, pag. 625) und auf Grund dieser jedenfalls irrthümlichen Bestimmung glaubte er alle die betreffenden Thone der Steinkohlenformation zurechnen zu dürfen. Für die Karte war ich übrigens bei Grojec in einiger Verlegenheit. Bei der Wichtigkeit, welche die Gewinnung und das Vorkommen des Thones für die hiesige Gegend besitzt, wünschte ich dieses Vorkommen anzudeuten (während von Rechtswegen der an den betreffenden Stellen thatsächlich an der Oberfläche vorkommende weisse Jura hätte ange- geben werden sollen). Ich entschloss mich daher, diesen weissen Jura hier auf eine gewisse Erstreckung fortzulassen, für welehen Vorgang in diesen erläuternden Bemerkungen die Remedur gefunden werden mag. Wenn wir nunmehr in der Richtung des Thales von Regulice und Alwernia abwärts schreiten, so kommt besonders auf der Waldhöhe vor Alwernia der Muschelkalk zum Vorschein, und zwar ziemlich bald die unterste Abtheilung desselben, welche in dieser Gegend, wie es scheint, fast ausschliesslich die Vertretung der mittleren Trias übernimmt. Fallaux und Hohenegger haben übrigens an der Grenze des Muschelkalkes gegen den hier discordant hauptsächlich mit seiner oberen ET a RE [147] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 569 Abtheilung übergreifenden Jura eine schmale Zone des erzführenden Dolomits eingezeichnet. Noch ziemlich hoch an dem Gehänge, über welches hier die Strasse gegen Alwernia hinabführt, beobachtete ich übrigens auch einige Kalkbänke, die ganz mit Crinoiden erfüllt waren und vielleicht ähnlich wie gewisse Schichten südlich von Chrzanow (vergl. pag. 29 dieser Abhandlung) den Enerinitenschichten Eek’s in Oberschlesien entsprechen. Jedenfalls kommt man aber sehr bald zu typi- schem Wellenkalk , der nach unten in den von Eek in Oberschlesien sogenannten cavernösen Kalk übergeht. Diese oft zelligen und dolo- mitisch aussehenden Bänke sind oberhalb Regulice in bedeutender Mächtigkeit entwickelt, während sie doch sonst (vergl. Römer’s Geo- logie von Oberschlesien, pag. 133) gewöhnlich nur wenige Fuss mächtig angegeben werden. Dieser cavernöse Kalk ist besonders gegen den unteren Theil von Regulice zu wahrzunehmen, weil man dort gegen die liegenderen Schichten zu schreitet. Kommt man dann zu dem Berge, auf welchem in malerischer Lage das Kloster und das Städtehen Alwernia stehen, so trifft man wieder den Melaphyr, den wir in der Umgebung des Tenczyneker Kohlenfeldes kennen gelernt hatten. Auf das grösstentheils, wie schon früher erwähnt, von Löss bedeckte, westliche, flachere Thalgehänge des Regulicer Baches greift dieses Eruptivgestein ebenfalls über. Der östliche Abhbang des Thales hier aber ist steil und mit Wald bedeckt. Dagegen ist wieder der östliche Abhang des Berges von Alwernia flacher und von Löss eingenommen, so dass dort (zum Theil auch wegen der Verbauung des Terrains durch die Häuser des Ortes) die Angrenzung des Melaphyrs an die Sedimentärgesteine der Umgebung nicht untersucht werden kann. Ich bin deshalb nieht in der Lage, die aufder Hohenegger-Fallaux’schen Karte zwischen jenem Eruptiv- gestein und dem Muschelkalk angegebene Zone von buntem Sandstein . bestätigen zu können. Dieser Streifen der Karte scheint mir auf Grund theoretischer Erwägungen entstanden zu sein, und zwar obendrein auf Grund unrichtig basirter Erwägungen. Auf keinen Fall möchte ich diese Angabe zu dem immerhin für den Beschauer jener Karte denkbaren Schlusse benützen, dass der bunte Sandstein nothwendig jünger als das Eruptivgestein sei. Das wieder- spräche vor Allem dem bereits früher erwähnten Vorkommen desselben Eruptivgesteines bei Szymota westlich von Regulice, wo dasselbe ganz von Muschelkalk umgeben hervortritt, obschon dort sicher noch auf die Anwesenheit des bunten Sandsteines in der Tiefe gerechnet werden kann, insoferne wenigstens dieser Punkt in einer die Vorkommnisse des bunten Sandsteins bei Kwaczala und Filipowice verbindenden Linie liegt. Das thatsächlich beobachtbare Auftreten der dem Perm oder dem Buntsandstein zuzuweisenden Bildungen ist in dieser Gegend ein ganz anderes. Schrägüber vom Klosterberge von Alwernia kommt, wie schon gesagt, auf der entgegengesetzten Seite des Regulicer Thales abermals eine Partie von Melaphyr vor, eine Partie, welche von der des Kloster- berges augenscheinlich nur durch spätere Erosion getrennt worden ist. (Vergl. Römer, Oberschl., pag. 110 und Zuber, Jahrb. geol. R.-A. 1885, pag. 742.) Dieser Melaphyr auf der Westseite des Regulicer Thales ist durch Steinbrüche aufgeschlossen und bildet eine etwa 10 Meter 570 Dr. Emil Tietze, [148] mächtige Platte, welche (ich folge hier den Angaben Zuber’s) schwach gegen Osten geneigt ist und auf Sanden ruht, die den Sanden von Kwaczala entsprechen. Demnach treten die permo-untertriadischen Schichten bei Alwernia im Liegenden und nicht im Hangenden des Melaphyrs auf. Die östliche Neigung der bewussten Melaphyrplatte entspricht übrigens so ziemlich den gleich zu erwähnenden Schichten- stellungen des Muschelkalks bei Regulice, also den allgemeinen Regeln der Lagerung speciell in dieser Gegend. Auch am Südfusse des Klosterberges kommen jene liegenden Sande hervor, und fand Zuber hier sogar Araukariten. Die Gegend von Regulice ist ihres Quellreichthums wegen von Bedeutung, da eines der Projecte, die Stadt Krakau mit gutem Trink- wasser zu versorgen, hauptsächlich an die Quellen von Regulice anknüpft. Die bedeutendste Quelle befindet sich am oberen nördlichen Ende des Dorfes auf der östlichen Seite des Thales, welches von hier aus erst als schwächer geneigtes Thal beginnt. Die Quelle bricht aus dem Muschelkalk hervor, der hier östlich nach Stunde 5 mit schwacher Neigung (10 Grad) einfällt, also nordsüdlich streicht. Bald nördlich von diesem Punkte, den Berg hinauf liegt weisser Jura mit Seyphien über dem Muschelkalk, und ebenso sieht man die weissen Kalksteine des oberen Jura, etwas westlich davon bei dem benachbarten Meier- hofe. Der von den Autoren bei Regulice angegebene braune Jura befindet sich vermuthlich weiter südöstlich von hier. Die erwähnte Streichungsrichtung des Muschelkalkes bei Regulice bedeutet eine auffallende Abweichung von der normalen Streichungs- richtung des Krakauer Gebietes. Diese Abweichung, welche ich für eine wichtigere Erscheinung halte, herrscht aber längs des ganzen Regulicer Thales. So findet man bei der zweiten Mühle von oben an gerechnet, wiederum auf der Ostseite des Thales ein Streichen von Stunde 15!/, bei südöstlichem Fallen von 30 bis 40 Grad. Eine ähnliche, wenn auch nicht so beträchtliche Anomalie zeigt auch der Melaphyr in dieser Gegend, insofern in der Verlängerung des Vorkommens von Alwernia nicht etwa in ostsüdöstlicher, sondern in südsüdöstlicher Richtung aus dem zwischen dem Dorfe Poreba und der Weichsel sich ausdehnenden diluvialen Sandgebiet abermals ein Rücken von Melaphyr herausragt, an welchem man am Wege vom Schlosse Poreba nach Oklesna vorbeikommt. Zuber (l.e. pag. 743) glaubt auch hier einen der wirklichen Erup- tionspunkte unserer Melaphyre erkennen zu dürfen, weil das Gestein von Poreba in mächtigen, sattelförmig gekrümmten Bänken abgesondert erscheint. Senkrecht zur Bankung erscheint das Gestein zerklüftet. Auf der Westseite dieses Rückens ist noch ein kleines Vorkommen unseres permo-untertriadischen Schichteneomplexes bekannt, dessen Schichten (vergl. Olszewski, Krötki rys wyeieezki ete, l.c. pag. 32) unter einem Winkel von 10 Graden unter das Eruptivgestein einfallen, Olszewski versichert sogar hier ein Stück von Araucarites Schrollianus gefunden zu haben. Der Melaphyr von Poreba wird von Mandelsteinen begleitet und nach Zuber (Jahrb. geol. R.-A. 1885, pag 740) auch von rothen Porphyrtuffen, welche im Hangenden des Eruptivgesteins auftreten sollen. Ich habe diese Tuffe nicht beobachtet, was wohl ein Uebersehen ist. a rd u : ur5 Bin Bm { E [149] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 571 Gleichsam im Vorübergehen kann bei dieser Gelegenheit auch der Angabe von Pusch (Geol. v. Polen, I. Theil, pag. 182) gedacht werden, wonach im Walde zwischen Poreba und Zalas, das wäre also vielleicht westlich des Liguniowka-Baches ein zinkhaltiger Mandelstein anstehen soll. Ich konnte diese Partie nicht genau genug begehen, um mit Sicherheit über jene Angabe zu entscheiden. Doch erwähnt Zuber (l.e. pag. 735), dass er nicht in der Lage war, diesen Mandelstein wiederaufzufinden. Sollte indessen, so meint er, jene Behauptung von Pusceh auf wirklicher Beobachtung beruhen, so würde der Zinkgehalt des Gesteins wohl auf eine Infiltration aus zinkhältigen Triasschichten zurückzuführen sein. Von solchen Schichten ist freilich andererseits heute in jener Gegend auch nichts zu sehen. Der Muschelkalk hat etwas westlicher vermuthlich schon die Grenze seiner Verbreitung erreicht. Doch dürften ja in der Zeit vor dem Absatz des heute hier herrschenden Jura noch triadische Bänke daselbst vorgekommen sein, welehe während der liassischen Epoche durch Denudation entfernt wurden. Nördlich von Poreba und Brodla sind jurassische Schichten ent- wickelt, welche sich durchwegs als die Fortsetzung der bei Grojee angetroffenen Bildungen ıanifestiren. Von hier aus aber tritt der Jura östlich der Einmündung des Regulicer Baches in die Weichsel, zwischen Oklesna und Rusoeice in die nächste Nähe des letztgenannten Flusses heran. Es ist das diejenige Partie, in deren westlicher Hälfte sich die bekannten Thongruben von Miröw befinden, in denen ebenfalls, wie bei Grojee und Czatkowice, eine Ausbeutung von feuerfestem Thone statthat. Die Arbeiten hier sind sogar die bedeutendsten in dieser Richtung, wenn auch die Localität gerade in Folge der intensiven Förderung jetzt langsam an Wichtig- keit abnimmt gegenüber den Gebieten, deren Vorräthe noch weniger erschöpft sind. Jedenfalls waren hier die grössten Mächtigkeiten des Thonlagers entwickelt. Nach F. Römer (l. ce. pag. 206) werden in den Thongruben des Gebietes von Alwernia zwei oder drei Lagen von Thon abgebaut, deren Mächtigkeit von 20 Zoll bis 1 Klafter schwankt. Auch bei Miröw liegt der Thon in einem System von hellen Sanden und Sandsteinen, ähnlich wie bei Grojee und darf diese Vergesellschaftung mit Gebilden, die schon der Analogie zufolge dem braunen Jura zugetheilt werden müssen, wohl als Beweis für das mitteljurassische Alter des 'Thones und gegen seine Zugehörigkeit zum Keuper benützt werden. Als einen weiteren Beweis in diesem Sinne darf man betrachten, dass, wie schon bei der Besprechung des Czatkowicer Vorkommens gesagt wurde, die Thone, selbst wenn man die ihnen zunächst stehenden sandigen Bil- dungen als dem Alter nach unbestimmt auffassen wollte, sich stets an die Verbreitung des Jura halten, und dass das betreffende Schicht- system dem Muschelkalk ungleichförmig auflagert. F. Römer hat dies mit Recht betont und gibt an, dass man bei Miröw in einem alten Stollen jene Schiehtenfolge auf Porphyr und Porphyrtuffen aufruhend beobachtet habe. (Hier könnte man es mit einer weiteren Fortsetzung des vorhin erwähnten Melaphyrzuges von Alwernia und der Gegend zwischen dem Regulicer Bache und Poreba zu thun haben.) Er erwähnt ferner, dass in den Thongruben bei Poreba Jahrbuch der k.&k. geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Band. 3. Heft. (Dr. Emil Tietze.) 74 572 Dr. Emil Tietze. [150] theils Wellenkalk, theils unterster Schaumkalk die Unterlage bildet und bei Rudno wieder Wellenkalk. Das sind also überall Gebilde von etwas verschiedenem Alter, welche da von der die Thone einschliessenden Ablagerung bedeckt werden. Die Sande und Sandsteine, welche über den vorher erwähnten feuerfesten Thonen von Miröw folgen, sind anscheinend nicht gänzlich versteinerungsleer. Sie werden nach oben hin kalkig, ähnlich wie an der Liguniowa göra bei Tenezynek, wenn sie dabei auch noch immer grössere Quarzkörner führen, und in diesen kalkigen Partien fand ich eine vielleicht am besten mit Laube's Placunopsis oblonga zu ver- gleichende Muschel. Cordatusschichten, unten mergelig, oben kalkig mit Schwämmen und Ammoniten folgen dem braunen Jura und Kalke, die zum unteren Felsenkalk gestellt wurden, schliessen dann hier die Entwicklung nach oben hin ab. Die Gegend von Rusocice, Czernichöw, Sanka und Zabierzöw. Die jurassische Hügelmasse bei Mirow, Kamien und Rusoeice wird durch ziemlich mächtige, die Niederungen zwischen den einzelnen Kuppen ausfüllende diluviale Sandablagerungen in mehrere Abschnitte getheilt. Solche Sande schieben sich insbesondere bei Piaski und Kamien zwischen die Jurahügel ein. Sie umgeben auch den von Kamien und Rusoeice über Przeginia hinaus sich nach Nordosten erstreckenden Zug von Jurakalk und gehen bei letztgenanntem Dorfe, sowohl südlich als besonders nördlich von dem Berge Kajaköwka ziemlich hoch an den Berglehnen hinauf. Sie trennen aber den genannten Zug auch von den Kalkbergen bei Czernichöow und von den isolirten Jurahöhen bei Wofo- wice, welche als westliche Ausläufer der später zu erwähnenden Jura- züge von Tyniec und Bielany aufzufassen sind. Nördlich von der Kaja- köwka sind dem Sande östlich der von Przeginia nach Rybna führenden Strasse und südlich der Hauptstrasse von Alwernia nach Liszki Rasen- eisensteine untergeordnet. Ein ebensolches Vorkommen befindet sich in der sumpfigen Region zwischen Rusocice und Przeginia auf der süd- lichen Seite des dortigen Höhenrückens. Der letztere besteht hier an der Oberfläche ausschliesslich aus dem Felsenkalk des weissen Jura. Bei Czernichöw kommen darin grosse Terebrateln vor und bemerkt man daselbst auch sehr kieselige gelbliche Lagen. Von hier aus nördlich in die Gegend zwischen Brodla und Czulowek fortschreitend trifft man am südlichen Abhange der dort wieder an- steigenden Jurakalke Löss, der dort die Vertretung des Diluviums statt der Sande übernimmt, womit ich übrigens nicht die Vorstellung einer Aequivalenz hervorrufen will. Bei Rybna liegt der Löss vielmehr evident über einer anderen diluvialen Ablagerung, welche dem Sande altersverwandter sein dürfte als der Löss. In den Schluchten nämlich, die sich westlich der Kirche von Rybna von der plateauähnlichen Hügellandschaft hinabziehen, sieht man grosse erratische Blöcke von rothem nordischen Granit, so dass wir hier glaciales Diluvium zu verzeichnen haben. Westlich der Strasse von Rybna nach Sanka kommt der Bach, der durch Rybna fliesst, von der Höhe herab. Geht man nun von dem [151] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 573 genannten Dorfe aus nicht der Strasse entlang aufwärts, sondern längs dem Bache, so sieht man den oberjurassischen unteren Felsenkalk deutlich in felsigen Partien aufgeschlossen. Kurz vorher aber tritt am Ufer des Baches ein grünlicher Tegel hervor, den man wegen seiner Beschaffenheit, und wegen seiner Anlagerung an den Fuss des älteren Gebirges nach Analogie mit den übrigen Neogenvorkommnissen unseres Gebietes nördlich der Weichsel nur für neogen halten kann. Dieses Vorkommen deutet eine östliche Fortsetzung der Neogenabsätze an, die wir weiter westlich bei Chelmek kennen gelernt hatten. Die älteren Autoren sprachen hier auch von Gyps. Nach Zeuschner (Karsten’s Archiv, 19. Bd., pag. 616) würde derselbe schmale Lagen ‚im Thon bilden. Nach Temple (Beschaffenheit des Bodens im Grossh. Krakau, Pest 1867, pag. 55) kam der Gyps dicht ‘an der Strasse vor und lagerte auf dem „zellig schwammigen“ Jurakalk. Seine Aus- breitung wird als sehr unbedeutend geschildert. Weiter wäre noch für diese Localität des Auftretens einer wenig dieken Schichte von Kalktuff zu gedenken, von welcher Zeuschner (l. e. pag. 617) sagt, dass sie in der von Rybna nach Sanka führenden Schlucht den Jurakalk bedecke. Westlich vom Rybnabache und östlich von Brodla verläuft gleich- falls von Norden kommend der Rudnabach, der in der Gegend, wo die von Brodla nach Zalas führende Strasse ihn erreicht, aus zwei Quell- bächen zusammenfliesst. Südlich unterhalb dieser Stelle sind auf dem östlichen Ufer dieses Wasserlaufes wieder die unteren Felsenkalke in pittoresken Formen entblösst, während auf der westlichen Seite eine Lössdecke sich ausbreitet. Ein äbnliches Verhältniss findet weiter nord- wärts längs des westlichen der genannten Quellbäche, der den Namen Liguniöwka führt, statt. Auf der östlichen Seite dieses Thales, den Wald aufwärts gehend, fand ich Spuren von nordischem Granit. Mannigfaltiger gestaltet sich die Gebirgszusammensetzung in der zumeist bewaldeten Schlucht des östlichen Quellbaches in der Richtung segen Gluchowki hin, welche Schlucht man von dem an der Strasse gelegenen Jägerhause aus betritt. Schon die im Bachbett herumliegenden Geschiebe verrathen etwas von dieser Mannigfaltigkeit, indem man darunter ausser den Juragesteinen dunkle Kohlenschiefer und trachytische Por- phyre bemerkt, ähnlich denen, die wir bei Sanka kennen lernen werden. Ist man aus dem Bereich des oberen Jura hinaus, so sieht man etwas weiter bachaufwärts auf dem Gehänge der östlichen Thalseite einige Thongruben, in welchen der feuerfeste Thon des braunen Jura sewonnnen wird. Noch etwas weiter auf derselben Thalseite, aber tiefer unten am Bache trifft man eine alte Halde, auf welcher man die Gesteine der Kohlenformation, ähnlich wie auf den Halden von Tenezynek herum- liegen sieht. Diesen Punkt hat, wie ich sehe, bereits Zeuschner gekannt (Neues Jahrb. von Leonhard und Bronn, Stuttgart 1833, pag. 544). Nach dem Genannten wurde hier ein Schacht 20 Lachter tief abge- teuft, ohne dass man dabei auf Kohlen gestossen wäre. Man traf in den oberen Lagen Schiefer von grauer, in den mächtigeren tieferen Lagen Schiefer von schwarzer Farbe, in denen man übrigens auch keinerlei Versteinerungen antraf. Zeuschner glaubte sich deshalb 74x 574 Dr. Emil Tietze. [152] damals nicht berechtigt, eine Altersbestimmung dieser Schichten zu geben. Die Analogie der Gesteine erlaubt indessen ganz sicher den Vergleich mit der Kohlenformation von Filipowice und Tenczynek. Allem Anschein zufolge grenzt hier der vorher erwähnte braune Jura schon wieder ähnlich wie bei Tencezynek direet an die Kohlenformation ohne Zwischenschiebung triadischer Bildungen. Der Muschelkalk hat hier sicher schon sein Ende erreicht. Auch dieser Punkt ist daher von Bedeutung für die Zuweisung der bewussten feuerfesten T'hone zum jurassischen und für die Abtrennung derselben vom triadischen Schichten- complex, welchem letzteren die Thone in ihrer Verbreitung sich keines- wegs anschliessen. Nun sieht man an den Gehängen im Walde das Terrain vielfach‘ aus Sand bestehen, der hier das ältere Gebirge noch mehr maskirt, als dies ohnehin schon durch die Waldbedeckung geschieht. In diesem Sande finden sich wieder nordische erratische Blöcke, die dann auch im Bachbette herumliegen. Unsere kleine Schlucht hat also sicher vor Ab- lagerung des nordischen Materials schon bestanden und dies gibt uns einen Anhaltspunkt für die Annahme, dass auch anderwärts in unserem Gebiet die wesentlichen Züge in der Modellirung des Gebirges bereits vor dem Eintreten der Eiszeit fertiggestellt waren. Nicht ohne Interesse ist es, dass wir hier und bei Rybna als Absatzorte der nordischen Blöcke Schluchten vor uns haben, welche sich nach Süden öffnen. Abgeschlossen wird die hier besprochene Schlucht an ihrem oberen Ende von einem zersetzten Trachytporphyr !), jenseits dessen dann wieder gegen Zalas zu zunächst der braune Jura folgt. Dass sich auf der Südseite der hier erwähnten Partie von Kohlenformation, gegen die früher genannten Thongruben zu, nicht ebenfalls der Trachytporphyr einstellt, der seinen Altersverhältnissen nach zwischen der Kohlen- formation und dem braunen Jura erwartet werden könnte, hat jeden- falls seinen Grund darin, dass dieses Eruptivgestein keineswegs allgemein verbreitet ist, ebenso wenig wie die ihm im Alter nahestehenden übrigen Eruptivgesteine des Krakauer Gebietes über grössere Erstreekungen zusammenhängende Effusivdecken zu bilden: scheinen. Im westlichen Theile von Zalas steht der Trachyt wiederum, und zwar zu beiden Seiten des dortigen Baches an. Er wird flankirt und bedeckt von Jura, zunächst von den Sandsteinen des Dogger. Die hauptsächlichste Partie dieses Eruptivgesteines trifft man jedoch weiter östlich bei der Kirche und weiterhin am Wege nach Sanka. Hier sieht man ihn schon am südlichen Ufer des Baches von Zalas deutlich anstehen. Am nördlichen Ufer desselben Baches aber zieht !) Die starke Zersetzung dieses Porphyrs hebt auchZeuschner hervor (Neues Jahrb. v. Leonhard u. Bronn, 1833, pag. 542 und 543), indem er angibt, dass das Gestein in seinen oberen Lagen aus einer weichen ziegelrothen Thonmasse bestehe, in welcher schwarzer Glimmer zerstreut liege. Stellenweise zerfalle es ganz zu rother Erde. Zeuschner spricht ausserdem von einem Porphyr von Ostrowiec, welcher mit dem Porphyr der G#uchowkischlucht in Verbindung stehe. Ich kann mit dieser Angabe wenig anfangen, da ich auf den Karten den Namen Ostrowiec in jener Gegend nicht finde. Nichtsdestoweniger erwähne ich diese Angabe, weil, wie Zeuschner mittheilt, der Porphyr von ÖOstrowiec für zinkhältig angesehen wurde, was der genannte Autor allerdings nicht zu bestätigen vermochte. Es ist dies vielleicht von Interesse im Hinblick auf die früher (pag. 149 dieser Abhandlung) besprochene Behauptung von Pusch über einen zinkhältigen Mandelstein nordöstlich Poreba. [153] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau, 5 sich ein Streifen diluvialen Sandes aus der Gegend von Kopee herüber. Die Gebilde, die derselbe dort am Südfusse der Liguniowa göra bedeckt, sind aber nicht der Trachytporphyr, sondern andere Gesteine. Gleich östlich von der Strasse nämlich, in der Nähe des Heiligenbildes, kommen die Schiefer der alten Kohlenformation hervor, welche also hier südlich den trachytischen Porphyr von Sanka, nördlich den Jura der Liguniowa göra zum Hangenden haben. Etwas weiter westlich da- gegen sah ich an einer Stelle die Spuren eines grauen Tegels, ähnlich dem von Miynka. Man wäre vielleicht berechtigt, auf der Karte hier das Vorkommen von Neogen anzugeben. Am Südgehänge des Zalasbaches bemerkt man am Trachyt deut- liche Bankung bei steilem Südfallen. Dasselbe gilt auch für den Aufschluss, der beim ersten Steinbruche an der Strasse nach Sanka sich befindet. Weiterhin längs der Strasse, wo noch mehrere Steinbrüche im Betriebe sind, wird die Bankung verworren und unregelmässig. Einmal sogar wird das Streichen der Bänke ganz diametral dem sonstigen Ostwest- streichen entgegengesetzt. Auch Gangmassen sieht man. Sie sind von gleicher Beschaffenheit wie das durchsetzte Gestein, nur an den Saal- bändern mulmig und milde. Bis in die Gegend von Frywald setzt sich der Trachyt fort. Gegen Süden und Osten zu wird unser Eruptivgestein wieder von braunem Jura bedeckt und umgeben, worauf dann auf der Höhe von Sanka der obere Jura folgt. Ueber die Bedeekung des Trachytporphyres dieser Gegend durch braunen Jura, welche ganz dein früher geschilderten Verhältniss derselben Gebilde bei Zalas und oberhalb der Gluchowki-Schlucht entspricht, liegen sehr werthvolle und interessante Mittheilungen von Bienasz und Zuber vor (Verhandl. d. geol. Reichsanst. 1884, pag. 252). Die beiden Autoren sprachen besonders von dem südlichsten, zugleich am weitesten in den Berg nach Osten zn hineingetriebenen Steinbruche an der Grenze der Gemeinden Zalas und Sanka, womit nur ein Steinbruch an der Strasse nach Sanka gemeint sein kann. Sie schildern das Eruptivgestein, welches in den unteren Partien in grosse scharfkantige Blöcke bricht, nach oben aber zersetzt erscheint, hier als unregelmässig zerklüftet. Sie fahren dann fort: „Unmittelbar über den obersten Partien liegt eine wenig mächtige Sandsteinlage, welche einige Abänderungen aufweist. Zu unterst ist es ein feinkörniger, lichter, ziemlich fester und kalkarmer Sandstein mit zahlreichen, scharf abge- grenzten Rollstücken eines lichten verwitterten Eruptivgesteines, welches sich mit den oberen zersetzten Partien der Unterlage beim Vergleichen als absolut identisch erwies), und dies ist der wichtigste Beweis, dass der Sandstein weder durch das Eruptivgestein gehoben, noch durch- brochen war, sondern dass er bereits über dem erstarrten und theil- weise zersetzten Gesteine abgelagert wurde. Es handelte sich nun noch um die Altersbestimmung des Sandsteines. Derselbe wird gegen oben mehr kalkig und eisenschüssig; stellenweise wird er grobkörnig und !) Diese Beobachtung ist namentlich deshalb nicht zu unterschätzen, weil dadurch wenigstens für diese Stelle die Möglichkeit ausgeschlossen erscheint, man könne es mit einem Laccolithen zu thun haben. (Vergl. die Formationsübersicht pag. 70 dieser Abhandlung.) 576 Dr. Emil Tietze. [154] conglomeratartig, an anderer Stelle zerfällt er mit Leichtigkeit zu losem Sand. Nach längerem Suchen gelang es uns nun, in dieser Ablagerung Fossilien zu finden.“ Diese Fossilien, zum grössten Theil Zweischaler, zum kleineren Brachiopoden und auch einige Cephalopoden werden nunmehr namhaft gemacht und daraus der Schluss gezogen, dass die Ablagerung wahrscheinlich dem braunen Jura < Quenstedt's angehöre. Von den Fossilien seien hier erwähnt: Zerebratula sphaeroidalis Schloth., Lima pectiniformis Schloth., Inoceramus fuscus Quenst., Tri- gonia costata Now., Delemnites semihastatus (Quenst. Das besprochene trachyto-porphyrische Eruptivgestein hat übrigens bei Frywald noch nicht die Ostgrenze seines Auftretens erreicht. Oest- lich von Frywald verläuft das Thal von Baezyn, welches eine hydro- graphische Fortsetzung des Sankabaches vorstellt, dem oberen Theil (les zwischen Sanka und Baczyn eine Art von Viereck beschreibenden Sankabaches parallel, wenn auch mit entgegengesetzter Richtung des Wasserlaufes gegen Mniköw zu. Hier bei Baczyn befinden sich einige kleine, von Westen kommende und in den Sanka-Bach mündende Schluchten, von denen die eine den Namen Bor führt. Hier fand ich ein oberflächlich sehr unbedeutendes Vorkommen des Trachytes im Juragebiete. Das Vorkommen von Verwitterungslehm in diesem wal- digen Terrain machte es mir schwer zu entscheiden, ob sich hier noch brauner Jura zwischen das Eruptivgestein und den weissen Jura drängt. Auf jeden Fall ist der letztere hier sehr nahe und es ist nicht undenkbar, dass der wenig mächtige braune Jura hier vor dem Absatz des weissen denudirt wurde. Dagegen ist in der nächst südlich folgenden Schlucht wieder deutlich die Anwesenheit des braunen Jura zwischen dem weissen Jura und dem dort ebenfalls in einer kleinen Partie anstehenden Eruptiv- gestein zu bemerken. Dieser Punkt ist jedenfalls mit zu nennen, wenn es sich um den aus den Lagerungsverhältnissen zu führenden Nachweis handelt, dass der braune Jura jünger ist, als das bewusste Eruptivgestein. Der Masse nach sind diese Vorkommnisse indessen verschwindend und zu beiden Seiten des Thales trifft man von bier bis Mniköw fast ausschliesslich den oberen Jura an, so weit nicht auf der Ostseite von Baczyn noch etwas diluvialer Sand (mit dem Sande von Kopce zu- sammenhängend) an's Gehänge hinaufreicht. Nach dem braunen Jura, den die Karte von Hohenegger-Fallaux hier auf eine gewisse Er- streckung an der Ostflanke des Thales angibt, habe ich vergeblich gesucht. Die Gegend ist hier sehr wasserreich und könnten die Quellen von Baczyn im Bedarfsfalle zur Verstärkung der Wassermengen von hegulice herangezogen werden, da sich bei der Richtung des Thales ihre Einleitung in die von letzterem Ort aus projeetirt gewesene Haupt- wasserleitung (vergl. oben) wohl leicht bewerkstelligen liesse. Etwas unterhalb Baezyn beginnen überaus pittoreske, stellenweise sogar grossartige Felsenbildungen das Thal einzuschliessen. Wir sind hier in den Bereich des oberen Felsenkalkes des weissen Jura ein- getreten, welcher auch die Hügel bei Czulow, westlich von Mniköw, zusammensetzt. Die Grenze zwischen dem unteren und oberen Felsen- kalk ist indessen nicht leicht mit Genauigkeit festzustellen, weder hier, noch weiter nördlich gegen Nielepice zu und bitte ich deshalb die auf [155] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. A717 der Karte angegebene Grenze, schon im Hinblick auf die bereits in der einleitenden Uebersicht gemachten Bemerkungen, nur als approxi- mativ anzusehen. Am Südrande dieser Juraausbreitung, zwischen Mniköw und dem früher erwähnten Dorfe Rybna, scheint wieder ähnlich wie bei letzt- genanntem Dorfe das Neogen aufzutreten. Zeuschner und Temple sprachen bereits von Gypsen, welche bei Czufow, westlich von Mniköw, beobachtet wurden. Triehterförmige Erdeinsenkungen bei Czulöw sollen wie der erstgenannte Autor (Karsten’s Archiv, 19 Bd., pag. 617) meint, mit der Auflösung des Gypses in Beziehung stehen. Mir ist indessen bei den Gypsen der Krakauer Gegend eine ähnliche Erscheinung, wie sie für die Gypse Ostgaliziens allerdings zur Regel wird, nicht bekannt. Diese Gypse sind auch meist nieht mächtig und vor Allem bei ihrer Verbin- dung mit Thonen meist nicht rein genug, um unterirdische Höhlenbildungen zu veranlassen. Es mag deshalb Temple (l. ec. pag. 41) Recht haben, wenn er ausser den Gypsen noch die Auflösung des in der Tiefe hier jedenfalls fortsetzenden und jedenfalls zur Höhlenbildung geneigten Jura- kalkes für die genannte Erscheinung mit verantwortlich macht. Das durch diese Gypse charakterisirte Neogen setzt sich augen- scheinlich von hier weiter gegen die Weichsel zu fort. An der Strasse von Krakau nach Chrzanow, berichtet nämlich Pusch (Geologie von Polen, 2. Theil, pag. 147), habe man, als die Strasse gemacht wurde, westlich von Bielany bei Kaszöw blauen Letten und schieferigen Thon entblösst, der sicher zum „Salzgebirge“ gehöre. Auch am Fusse der Juraberge von Üzernichöw komme in der Weichselniederung bei Czernichöw, Sudkowa und Wolowice dichter und faseriger Gyps zu Tage, der dort „unter (sic!) dem Kalkstein zu liegen scheint“. Die stinkenden Schwefelquellen endlich, von denen Smierdzaca (nahe von Bielany) seinen Namen hat, werden wohl mit Recht bezüglich der ihren Ursprung bestimmenden Ablagerung einer ähnlichen tertiären Bildung zugeschrieben. Die betreffenden Gypslocalitäten bei Czernichöw sind meinen Beobachtungen entgangen. Das Neogen bei Kaszöw habe ich, da der Punkt in der Pusch’schen Beschreibung besser localisirt schien, in die Karte aufgenommen, obschon heute, wo die dortige Strasse seit einem halben Jahrhundert besteht, von dem Aufschlusse nichts mehr zu sehen ist. Bis gegen Zabierzöw zu setzen nun die Felsenkalke, die zwischen Baczyn und Mniköw anstehen, das südlich der Strasse zwischen Miynka und Zabierzöw sich erhebende Hügelgebiet fast ausschliesslich zusammen, abgesehen von unbedeutenden jüngeren Bedeekungen. Die kleine Partie von braunem Jura, welche die Hohenegger-Fallaux’sche Karte südlich von Miynka mitten im Kalkgebiete angibt, habe ich absolut nicht wieder auffinden können. Bei solchen Gelegenheiten, wie wir der- gleichen nun schon mehrere kennen lernten, empfindet man sehr lebhaft den Mangel genauerer Localschilderungen Seitens der genannten Autoren, die es, vermuthlich durch Zeitmangel und andere Umstände bestimmt, unterlassen haben, ihren Einzeichnungen Erläuterungen beizufügen. Tiefer eingeschnittene Thäler rufen im Bereiche besonders der oberen Felsenkalke die Felsenbildungen hervor, von denen die r 4 & >73 Dr. Emil Tietze. [156] Abtheilung ihren Namen hat. Der bemerkenswertheste Felsen dieser Art ist die Kmila skala, südlieh von Zabierzöw, nördlich von Szezyglice, am westlichen Ufer des von Szezyglice kommenden, in die Rudawka mündenden Baches. Dieser den Krakauern meist wohlbekannte, seltsam geformte Felsen wird etwas östlich von Zabierzöw schon von der Eisen- bahn aus sichtbar und ist mit einer Inschrift versehen. Die Sage hat sich seiner bemächtigt und weiss von dem kühnen Sprunge zu erzählen, den einst ein Reiter sammi Ross von seiner Höhe aus vollführt hat. Es verdient hervorgehoben zu werden, dass die Schichtung an diesem Felsen ein nördliches Fallen bekundet, was mit dem Umstande ganz gut harmonirt, dass nördlicn davon bei Zabierzöw Kreide- ablagerungen vorkommen, von denen wir sogleich sprechen werden. Doch muss man sich hüten, die oft entgegengesetzte Klüftung für Schiehtung anzusprechen. Bald südlich. bezüglich südwestlich der Kmila skala kommt von Westen, vom Walde Grzyböw ein kleines Thal zwischen Jurakalken herab, an dessen Ausgange auf der nördlichen Seite eine im Ganzen horizontal geschiehtete Sandablagerung erkennbar wird, die unmittelbar von Löss bedeckt erscheint. Im Einzelnen verlaufen allerdings die Sehichtflächen des Sandes etwas unregelmässig. Einige Lagen des Sandes sind fester verkittet und braun. Der Löss ober zieht sich von hier über die Anhöhen bis nach dem Dorfe Zabierzöw hinüber. In diesem Dorfe sah ich einige grössere Blöcke nordiseher Granite, so dass wir bier wieder die Spuren des Glaeialdiluviums vor uns haben, mit welchen vielleicht auch die eben erwähnte Sandbildung am Aus- gange des Grzyböwthales in einer entfernteren Beziehung steht. Unter dem Löss südlich von Zabierzöw kommt stellenweise der Jurakalk wieder zum Vorschein. Soweit aus den oberflächliehen Auf- schlüssen eine Ansicht resultiren darf, reicht er im Ganzen bis unge- fähr an die Strasse und stellt so die Fortsetzung des Kalksteilrandes dar, der sieh von hier aus mit ziemlich gleich bleibenden Höhen über Koehanow bis zum Wirthshaus Wertowniea fortsetzt. Was nun die Kreidebildungen betrifft, welche sich bei Zah an den Jura anlagern und deren Einschlüsse von hellgrauen Feuerstein- knollen bereits Zeuschner (Karsten’s Archiv, 1345, "19 Ba.., pa2. 616) gekannt hat, so sind die besten Aufsehlüsse derselben durch die Eisen- bahndurehstiehe gegeben, welche sich theils dieht beim Bahnhofe, theils etwas östlich davon befinden. Es werden dort die weissen Mergel bloss gelegt, welehe die Hauptmasse der oberen Kreide im ausserkarpathischen Gebiet von Krakau ausmachen. Die Anlagerunz an den Jura sieht man indessen beim höher gelegenen Dorfe selbst, und zwar an dessen öst- licbem und westlichem Ende. Am westliehen Ende des Dorfes ‚sieht man den Jurakalk, der in einer Zunge an einer Stelle bis nördlich von Zi der Strasse sich erstreckt, zunächst von einem grünen glauconi Sande bedeckt, worauf erst der Mergel folzt. Am östlichen Ende dasesen, © wo der Jura gleichfalls ein kleines Stück über die Strasse hinübergreift, konnte ich von einer solchen Zwischensehiebung des glauennilibeeuz Sandes nichts wahrnehmen. Im Süden der jetzt besprochenen, zwischen Sanka und REES sich ausdebnenden Gebirgsmasse breitet sich ein ziemlich ausgedehntes [157] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 579 Lössgebiet aus, welches von Rybna über Czutowek, das südliche Ende von Mniköw nach der Gegend von Morawica und Balice sieh erstreckt. Südlich Balice weicht der Löss dann hinter Werychöw diluvialem Sande, der sich zwischen Cholerzyn, wo eine Spur von oberem Jura zu Tage kommt, und Smierdzaca ausbreitet. Jenseits, südlich der sumpfigen Alluvialebene des unteren Sankathales beginnt der Löss auf's Neue und setzt die Anhöhen bei Liszki und Kaszöw zusammen, um erst noch weiter südlich, etwa bei Zagucie wieder vom Sand abgelöst zu werden. Vereinzelte kleine Juravorkommnisse tauchen dort aus dem Sande empor. Nicht ohne Interesse erscheint mir eine Angabe bei Temple (l. e. pag. 14), welche sich auf dieses die Niederungen des Sanka- und Rudawathales vermittelnde Quartärgebiet bezieht und auf welche ich daher noch speciell die Aufmerksamkeit späterer Beobachter lenken möchte. Auf Grund archäologischer Forschungen habe nämlichGrabowski ermittelt, dass die Rudawa bis zum Jahre 1327 oberhalb der Höhen von Bielany der Weichsel zufloss und erst durch ein damals neu aus- gehobenes Bett ihren gegenwärtigen, direet auf Krakau gerichteten Unterlauf erhalten habe. Das wäre also die erste Wasserleitungsarbeit gewesen, die man für Krakau unternahm. Der Fluss müsste dann einst das erwähnte Quartärgebiet zur Passage benützt haben, um sich etwa in der Gegend von Budzyn mit der Sanka zu vereinigen. Wo er sich von dem heutigen Bette abzweigte, bleibt vor der Hand ungewiss. Nach Grabowski’s Forschungen scheint dies in der Gegend von Balice der Fall gewesen zu sein. Doch würde ihm in der Richtung von Balice nach Werychöw die in ihrem höchsten Punkt etwa 40 Meter über seinem heutigen Niveau bei Balice aufsteigende Erhebung Mlynska im Wege gewesen sein. Die einem alten Flusslauf ziemlich ähnliche sumpfige Depression zwischen Olszanica und Werychöw scheint den heutigen Verhältnissen nach zu urtheilen vielleicht eher bei jener Frage in Betracht zu kommen. Die Gegend von Rudawa, Kobylany und Ujazd. Wir kehren nunmehr wieder zu den Nordabhängen des Rudawa- thales zurück, um den Anschluss an das Gebiet von Krzeszowice und Debnik nach Osten zu erlangen. Der Rand des Kalkgebirges setzt sich von Dubie, wo wir denselben schon früher kennen gelernt hatten, über Radwanowice, Kobydany, Karniowice und Bolechowice bis nördlich von Ujazd fort, wo er auf russisches Gebiet übertritt. Südlich davon dacht sich gegen das Rudawathal zu ein schwach hügeliges Lössgebiet ab, welches letztere besonders die Umgebung der Dörfer Pisary, Brzezinka, Niegoszowice und Wieckowice umfasst. Was in diesem diluvialen Gebiete von älteren Bildungen hervortritt, gehört der oberen Kreide an. Der westlichste Punkt dieses Hervortretens befindet sich beim Orte Rudawa. Schon von der Eisenbahn aus kann man hier den weissen Kreidemergel erkennen. Auch am Flüsschen Rudawa sind Aufschlüsse vorhanden. Gewisse, auf der Karte von Hohenegger und Fallaux hier angegebene, für cenoman ange- Jahrbuch der k.k. geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Band. 3. Heft. (Dr. Emil Tietze) 75 580 Dr. Emil Tietze. [158] sprochene Conglomerate konnten jetzt nicht mehr aufgefunden werden, was auch Zareezny in seiner ausführlichen Beschreibung der Krakauer Kreidebildungen bemerkt. (O Srednich warstwach kredowych w krakows- kiem okregu, in den Berichten der physiographischen Commission der Akademie von Krakau 1878.) Wir reprodueiren hier Einiges aus der Localdarstellung des senannten Autors. Darnach kommen mit schwacher Südwestneigung am Ostufer des Baches kieselige, dem Senon zugetheilte Mergel zum Vorschein und fällt der Grund des Baches stufenartig ab. Der Mergelkalk dieser Stufen ist gelblichgrau, enthält Inoceramusbruchstücke und wird von Zareczny als Turon angesprochen. Ausserdem sind bei Rudawa noch Sandsteinblöcke vorhanden, bezüglich deren Deutung sich der polnische Autor im Widerspruch mit F. Römer befindet. Der letztere schrieb (Geologie von Oberschlesien, 1. ec. pag. 349): „Bei dem Dorfe Rudawa östlich von Kızeszowice liegen in dem Bette des Baches grosse, bis 6 Fuss lange gerundete Blöcke von weissem Sandstein und an dem Ufer stehen lose weisse Sande an, aus welchen die Sandsteinblöcke als festere Concretionen offenbar ausgewaschen sind. Ganz in der Nähe stehen an dem steilen Gehänge eines Hügels, an dessem Fusse der Bach vorüberfliesst, weisse Kreidemergel mit Hornsteinknollen und mit Mieraster gibbus an. Offenbar bedecken diese Mergel den Sand mit den weissen Sandsteinblöcken. ...... Aehnliche Sandsteinblöcke, wie diese bei Rudawa, kommen nun auch weiter nördlich in dem Bereich des jurassischen Höhenzuges in ganz ver- einzelten Gruppen vor. Bei der auffallenden Verschiedenheit des Gesteins dieser Blöcke gegen den ringsum herrschenden Jurakalk hält man sie auf den ersten Blick für aus der Ferne herbeigeführte erratische Blöcke oder Findlinge, allein sehr wahrscheinlich sind sie nur die festen Ueber- bleibsel einer vorherrschend lockeren, sandigen Kreidebildung, welche ehemals an derselben Stelle anstehend war.“ Zareezny bemerkt hierzu: „Im Bette des Flusses Rudawa liegen in der That am Fusse des Hügels, an welchem man eine Kirche erbaut hat, mächtige, bis zwei Meter lange, gerundete Blöcke eines sehr festen, weissen, kieseligen Sandsteines. Die Körnchen in demselben sind sehr klein und glänzen stark. Der Bruch ist sehr ebenflächig, die Farbe inwendig milchweiss, in verwitterten Theilen gelblichgrau, die Absonderung in Bänken .deutlich , zufällige Bestandtheile sind nicht vorhanden. Auf seiner Oberfläche kann man stellenweise grössere, gerundete, bis 5 Millimeter im Durchmesser zählende Quarzgerölle sehen. Diese Blöcke liegen ohne Ordnung zerstreut in verschiedenen Niveaus am Hügelabhange und im Flussbette umher, sie werden im 3ette der Rudawa von nicht weniger mächtigen Blöcken des grob- krystallinischen erratischen Granites begleitet. Die Anhöhe, auf welcher die Kirche erbaut ist, wird im unteren Theile von senonen Kreide- mergeln oder der sogenannten Opoka gebildet. Oberhalb derselben liegt eine diehte Sandschichte, welche in der unteren Hälfte deutlich geschichtet, fast rein weiss, sehr klein- und gleichkörnig ist. Von diesen weissen Sanden sollen nun nach Römer die Blöcke des weissen Sand- steines herrühren. Durch Vergleichung der zerbröckelten und zerriebenen Bruchstücke des Sandsteines mit dem Sande habe ich mich überzeugt, 59 Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau, 581 dass vom petrographischen Standpunkte aus keine Ursache der Ver- neinung der Möglichkeit ihrer gemeinsamen Abstammung vorhanden ist. Da wir jedoch mit Ausnahme der äusseren Aehnlichkeit und des gegenwärtigen, vielleicht zufälligen Beisammenseins dieser Absätze keinen Beweis dafür haben, so scheint mir der von Römer bei dieser Ver- lautbarung gebrauchte Ausdruck „offenbar“ zu kühn zu sein. Ich sah weder in den Sandsteinen noch in den Sanden trotz fleissiger Nach- forschung eine Spur von organischen Ueberbleibseln. Die Voraussetzung, als wenn diese Schichten hier das Cenoman und dort das Turon vor- stellten, ist wegen ihrer Lagerung über der Opoka ganz unbegründet.“ Der Autor verwahrt sich aber dagegen, als ob er das Vorhanden- sein ähnlicher Kreidesande und Sandsteine in anderen von Römer erwähnten Ortschaften anzweifle. Stammen übrigens die Sandsteinblöcke von Rudawa nicht aus jenem Sande, so könnten sie immerhin einer sonst unter dem Mergel liegenden Kreideablagerung ursprünglich ange- hören und hier nach Analogie der erratischen Blöcke verstreut sein. Das Vorkommen solcher Blöcke bei Rudawa wäre an sieh nicht befremdlich, da schon weiter nördlich am Südende des Dorfes Radwanowice auf der östlichen Seite des dort in das Rudawathal mündenden Baches eine nicht unbedeutende erratische Ablagerung mit vielen rothen Granitgeschieben auftritt, von wo die Blöcke herabgekommen sein können, sofern sie nicht ursprünglich schon bei Rudawa abgesetzt wurden. Solehen nordi- schen Blöcken könnten ja sehr leicht auch unterwegs in Polen Kreide- gesteine sich beim Transport angeschlossen haben. Nur sollte man dann die bewussten Kreidegesteine in Gesellschaft der gewöhnlich herrschenden Gesteinselemente des nordischen Erraticums auch an anderen Localitäten dieser Gegend finden, was aber gerade bei Radwanowice nicht zutrifft. Deshalb glaube ich mit Römer, dass jene Sandsteinblöcke hier bei Rudawa in der That von einer in der Nähe anstehenden Ablagerung abstammen. Das eben genannte Erraticum bei Radwanowice lehnt sich direct an den gleich nördlich davon anstehenden Jurakalk an, der auf der Ostseite des Baches in Felsen hervortritt, während die Westseite noch auf eine kleine Strecke kin von Löss eingenommen wird. Der zunächst noch dem unteren Felsenkalk angehörige Jura von Radwanowice schliesst sich direet an den Jura von Dubie an und geht von hier aus zunächst bis Laczki ohne nennenswerthe Abwechslung. Im Thale von Laczki aber, an dessen Austritt in das flachere Land man noch beiderseits in hohen Felsen den oberen Jura anstehen sieht, kommen plötzlich wieder etwas tiefere Schichten zum Vorschein. Vor dem Jägerhause nämlich und bei den dortigen Fischteichen trifft man die Sandsteine des braunen Jura, die hier vermuthlich in Folge einer kleinen Wöl- bung des jurassischen Schichtensystems im Thaleinschnitte hervortreten. Verfolgt man nun von diesem Jägerhause aus den Weg östlich nach Kobydany, so trifft man in der tief eingerissenen Schlucht neben diesem Wege den Kreidemergel. Daneben aber findet man dort auch nordische Granite in zum Theil ziemlich grossen Blöcken. Nordöstlich von Kobydany gibt die Karte von Hohenegger und Fallaux bereits das Vorkommen der höheren Abtheilung des weissen Jura an und habe ich dementsprechend die betreffende Partie 75* 582 Dr. Emil Tietze. [160] nördlich Karniowice und Bolechowice bereits mit der Farbe des oberen Felsenkalkes bezeichnet, obschon auch hier von scharfen Grenzen gegen den unteren Felsenkalk nicht leicht gesprochen werden kann. Bemerkt kann andrerseits werden, dass in dieser Gegend den oberen Felsenkalken, wie mir schien, namentlich gegen den Rand des Plateaus zu stellenweise auch gelbe, stark kieselige Kalke unter- geordnet sind. Ich erwähne das besonders im Hinblick auf die Angabe Römer’s, wonach für dessen höhere durch Zhynchonella Astieriana bezeichnete Abtheilung des weissen Jura solche kieselige Kalke beson- ders charakteristisch sein sollen. (Vergl. Geol. v. Oberschl., pag. 261.) Nördlich von Karniowice sah ich auf der Höhe des Kalkplateaus wieder erratische nordische Blöcke. Der Zug von Kreidegesteinen, welchen die oben erwähnte Karte längs des Plateaurandes hier angibt, tritt jedenfalls nach meinen Wahr- nehmungen nicht. so ununterbrochen zu Tage, als er ja wohl unterhalb der diluvialen Bedeckung vorhanden ist. Erst bei Ujazd kommt wieder eine bedeutendere Partie davon zum Vorschein. Der Jura nördlich von Ujazd befindet sich schon ausschliesslich auf russischem Gebiete, die dem Jurakalk sich vorlegende Kreide dagegen vorwiegend auf galizischem. Die Grenze beider Bildungen fällt hier fast mit der Landesgrenze zu- sammen. Doch liegen die Entblössungen der Kreide ausschliesslich auf dem östlichen Ufer des hiesigen Baches, während das westliche vom Löss eingenommen wird. Ich sah nur die weissen Mergel entwickelt. Nicht gänzlich ohne Interesse sind die Diluvialgebilde weiter bachabwärts. Inmitten des Dorfes liegt ein grünlichgrauer Thon über diluvialem Schotter. Weiter bachabwärts kommen Sande vor, welche theils eisenschüssig und lose sind, theils fest verkittete, poröse Schichten vorstellen. Sie liegen ebenfalls über Diluvialschotter, werden aber von Löss bedeckt. Die Aufschlüsse befinden sich hier fortdauernd auf der Ost- seite des Baches, wo auch der Löss in höheren Wänden auftritt. Südlich von Ujazd trifft man dicht bei Brezie am Wege nach Wieckowice, an der Grenze des Diluvialgebietes gegen die sumpfige Depression des Rudawathales wieder Spuren von weissem Kreidemergel. Dagegen entging eine von Hohenegger und Fallaux südöstlich von Wieekowice näher an diesem Orte auf ihrer Karte angegebenen Partie von Kreide meiner Beobachtung. Vielleicht haben die genannten Autoren, da sie umgekehrt die Partie bei Brezie nicht verzeichnen, doch das- selbe Vorkommen, welches ich gesehen habe, gemeint und nur auf der Karte nicht genau auf dem ihm zukommenden Platze untergebracht. Die Gegend nördlich der Weichsel in der Nähe von Krakau. Diese Gegend wird oberflächlich grösstentheils von diluvialen Bildungen eingenommen, unter welchen nur stellenweise jurassische und eretaeische Schichten zum Vorschein kommen, und zwar jedenfalls in geringerem Maasse als dies die Hohenegger und Fallaux’sche Karte zum Ausdruck gebracht hat, wo besonders den Kreidebildungen eine zu ausgedehnte Verbreitung zugewiesen wurde, wie das übrigens der Tendenz jener Karte entspricht, in welcher das Diluvium absichtlich vielfach zu Gunsten der älteren Gebirgsmassen vernachlässigt wurde. [161] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 583 Nur in dem Gebiet zwischen der unteren Rudawa und der Weichsel oberhalb Krakau treten besonders Jurakalke in grösserer Ausdehnung hervor. Auch in dem östlich an die Gegend von Zabierzöw und Balice sich anschliessenden Gebiet von Szezyglicee, Rzaska und Mydlniki kommen ältere Bildungen, und zwar sowohl Jura als Kreide zum Vorschein. Die Jurakalke bei Sezyglice bilden die direete Fortsetzung der am anderen Rudawaufer an der Kmila Skala entwickelten Felsen- partien, ohne indessen landschaftlich so hervorzutreten. Bei dem genannten Dorfe selbst liegt jedenfalls Löss in grösserer Mächtigkeit. Zwischen Rzaska und Mydlniki ist im oberen Felsenkalk ein grossartiger Stein- bruch angelegt, in welchem man überaus mächtige Bänke des Kalkes in horizontaler Lagerung beobachtet. Hornsteine sind hier nicht in grosser Zahl in dem Jura eingeschlossen. An der Eisenbahn bei Rzaska ist in dortigen Durchstichen dureh- wegs weisser Kreidemergel aufgeschlossen. Von den bei Zabierzöw und anderwärts im Liegenden dieser Mergel vorhandenen Conglomeraten und sandigen Bildungen konnte ich hier nichts entdecken, vielleicht indessen nur, weil es an Aufschlüssen quer gegen das Streichen der Gesteinszone fehlt, durch welehe die Grenzregion zwischen Jura und Kreide besser zugänglich gemacht werden könnte. Von abweichenden, noch der Kreide zuzurechnenden Bildungen sah ich nur einen grünlich gefleckten Mergelkalk. Man beobachtet denselben bei dem gegen Rzaska zu gelegenen Wächterhause, wenn man von Zabierzöw kommt, an der Eisenbahn jenseits des Rudawabaches, in der Nähe des dort noch hervortretenden Jurakalks. Im Jahre 1870 hat Stur eine Exeursion hierher unternommen, um Versteinerungen zu sammeln, welche letzteren dann U. Schlön- bach (Verhandlungen der k. k. geologischen Reichsanstalt, 1870, pag. 179) beschrieben hat. Es waren die folgenden Formen: Delemnites (Belemnitella) quadratus Defr., Ammonites sp. (aus der Verwandtschaft des A. peramplus oder des A. Lewesiensis), Hamites sp. (aus der Verwandtschaft des H. ellipticus Mant.), Dentalium cf. nutans Kner, Inoceramus Cripsi Mant., Rhynchonella cf. Cuvieri d’Orb, Epiaster (Micraster) gibbus Lam. sp. (Schlüter |Verhandl. d. naturh. Ver. d. Rheinl. u. Westphalens, Bonn 1869] hebt hervor, dass diese sonst sel- tene Art in Polen relativ häufig zu sein scheine), Micraster cor anguinum Lam. sp., Offaster corculum Goldf. sp., Echinocorys vulgarıs Breyn. (Zu dieser Art bemerkt Schlönbach, dass mehrere Varie- täten von Rzaska vorliegen, nämlich Ananchytes ovata Lam., dann die von Desor als var. hemisphaerica bezeichnete Form und Ananchytes striata Lam.). Schlönbach glaubte sich nun zu dem Ausspruch berechtigt, dass die Kreide von Rzaska senon sei, und dass sie einen Horizont repräsentire, welcher älter sei, als die Kreide von Lemberg und Nagorzany, dagegen jünger als die Grünsande von Mikulince. Er schreibt weiter: „Sehr bemerkenswerth ist die ausserordent- liche Uebereinstimmung der Kreide von Rzaska mit den Schichten des Bel. guadratus, wie man sie im nordwestlichen Deutschland, in Braun- schweig und in Westphalen seit lange kannte. Würde man die galizi- 584 Dr. Emil Tietze. [162] schen Exemplare unter solche von diesen Fundorten mischen, wo die- selben Arten vorkommen, so würden sie auch nach der Gesteins- beschaffenheit kaum von denselben unterschieden werden können.“ Wir verfolgen jetzt die Aufschlusspunkte, welche sich an die kurz vorher besprochenen Jura- und Kreidevorkommnisse bei Kobylany, Bolechowice und Ujazd anschliessen. Ein derartiger Punkt befindet sich hart an der russischen Grenze nördlich von Tomaszkowice, wo sowohl Jurakalk als Kreidemergel auftritt. Ausgedehnter und wichtiger sind die Aufschlüsse bei Giebultöw, Trojanowice und Zielonki. Diese Punkte sind von Krakau aus ziemlich bequem zugänglich. Nördlich von dieser Stadt gegen Pradnik zu be- tritt man zuvor ein sandig-lehmiges Gebiet, welches man trotz mancher Aehnlichkeit kaum dem echten Löss zuweisen kann, da hier und da kleine Kiesel der betreffenden Ablagerung beigemengt sind, wie das auf dem ganzen Üzernastöwki genannten Felde wahrgenommen werden kann. Diese auf der Karte als sandig-lehmiges Diluvium bezeichnete Ablagerung, die wohl zum Theil aus umgeschwemmtem Löss entstanden ist und ein jüngeres Diluvium oder älteres Alluvium vorstellt, setzt sich auch noch etwas nördlich von Pradnik fort, bis bei Tonie nnd südlich von Zielonki der echte Löss beginnt. Der bei Giebultöw und Zielonki fliessende Bach führt auf der Karte den Namen Bialucha. Auf der östlichen Seite desselben erblickt man gleich bei den nördlichsten Häusern von Zielonki einen grossen Steinbruch, in welchem oberer Jurakalk gebrochen wird, der hier wie bei Krakau selbst dem oberen Felsenkalk angehört. Bedeckt wird der- selbe zunächst von einem sandigen, grünen, glauconitischen Gestein und schliesslich, insbesondere gegen den Bach Naranka zu, von weissen Kreidemergel. Dann treten zwischen Trojanowice und Giebultöw wieder Jurakalke auf, die ebenfalls von Kreide bedeckt werden. !) Dieses Kreidevorkommen von Giebultöw und Trojanowice ist von Zareezny (]. e.) ausführlich behandelt worden. Die tieferen, im Sommer gewöhnlich ganz trockenen und leicht zugänglichen Wasserrisse, die von der Trojanowicer Anhöhe herabkommen, boten diesem Autor Gelegen- heit genug zur Untersuchung der Sache. Unmittelbar auf dem jurassi- schen Kalkstein, welcher in dieser Gegend keineswegs continuirlich sich dem Bachufer entlang zieht, sondern in gleichem hypsometrischen Niveau auch der Kreide Platz lässt, sieht man Schichten, die von Zareczny für älter als senon gehalten werden. Besonders wird an dem von Trojanowice nach Giebultöw führenden Feldweg ein solcher Aufschluss- punkt wahrgenommen. !) Die wechselnden Phasen, welche das Project einer Wasserversorgung von Krakau durchläuft, haben in jüngster Zeit, wie ich vernehme, auch den Gedanken gezeitigt, die Grundwässer in dieser Gegend anzuzapfen und nach der genannten Stadt zu leiten. Ich bin indessen in diesem Falle nicht genügend orientirt, um zu wissen, ob es sich hier um Grundwässer über oder innerhalb der Kreide handelt. Auf jeden Fall wird das betreffende Wasser in der Qualität wohl hinter dem der Quellen von ’zerna, Baczyn oder Regulice zurückstehen. Die unmittelbare Nähe der russischen Grenze, die Lage dieser Gegend bei den letzten der nach Norden vorgeschobenen, also am meisten exponirten Befestigungen Krakaus lassen mir überdies diesen Plan als einen wenig glücklichen erscheinen, [163] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 585 Der genannte Autor schreibt: „Das Gestein ist hier im Aussehen dem Conglomerat von Podgörze sehr ähnlich, hat grosse Festigkeit und verwittert nieht leicht. Die Zahl der flachen oder unförmlich gerundeten Gerölle von grauem Quarz und gelblichgrauem Kalkstein ist gering und es überwiegt das kalkige lichtgelblichgraue, zum Theil krystallinische Bindemittel. Die Versteinerungen, welche ich hier entdeckt habe, sind nicht zahlreich aber kennzeichnend und für die Bestimmung des geolo- gischen Niveaus, welchem dies Gestein angehört, sehr wichtig. Es wurden die folgenden Arten bestimmt: Zxogyra columba, Galerites albogalerus, G. subrotundus, Rhynchonella Mantelliana d’Orb. Ausser diesen genau bestimmten Arten sah ich noch Ueberreste einer kleinen Form von Discordea, Spuren von Belemniten und kleine zu Zamna gehörige Fischzähne.“ „Ein wenig weiter nach Norden, auf der Stelle, wo man oberhalb des Weges kleine Steinbrüche sieht, hat das untere Conglomerat schon ein minder festes, mehr mergeliges Bindemittel und verwittert viel leichter. Da dasselbe nicht unmittelbar an das vorige stösst, so kann man nicht sicher bestimmen, ob es in demselben geologischen Niveau liegt oder ob es schon eine höhere Schichte desselben Stockwerkes bildet. Auf demselben liegt eine nicht sehr dieke, nicht mehr als 5 Deei- meter Stärke besitzende Schichte lichtgelblichgrauen, unregelmässig in Platten abgetheilten Mergelkalksteines, in welchem schr kleine Quarz- körnchen nur in geringer Zahl erscheinen. Mit Ausnahme der unzer- setzbaren krystallinischen Theile zerfällt das Gestein an der Luft sehr rasch. Da es recht zahlreiche organische Ueberreste enthält, so liefert es zwar eine relativ bedeutende Menge von Versteinerungen, aber ihr schlechter Erhaltungszustand reicht nieht immer zu genauen Bestim- mungen aus. Uebrigens sind es lauter Arten, welche kein Niveau der Kreide ausschliesslich kennzeichnen, wie man aus folgendem Ausweis ersehen kann: Galerites subrotundus Ag., @. elliptieus Zar, G. vulgaris, var. obtusus Zar, Holaster Bourgeoisanus d’Orb., H. carinatus d’Orb. H. n. sp. (2), Otodus appendiculatus Ag., Oxyrhina Mantelli Ag. und Belemnites sp.“ „Auf der Grenze des Königreiches Polen liegen zwei nicht sehr geräumige Gruben, in welchen ausser den obgenannten Gesteinen oberhalb derselben und unter dem senonen Felsgrunde noch eine ziemlich dieke Schicht von sandigem Mergel erscheint, weleher namentlich an den feuchten Stellen sich durch seine grünlichgraue Farbe kund- gibt. Dieser Mergel ist anscheinend einem trockenen und zerbröckelten Thon ähnlich und besteht aus Brocken von über 10 Millimeter Durch- messer, welche an der Luft zerfallen. Mit Hilfe einer Lupe kann man folgende Bestandtheile erkennen: a) Grauer erdiger Mergel am reichlichsten, b) rostbraune, gelbe und gelblichgraue Adern von eisenhaltigem Mergel- kalk, sehr weich und mürbe; e) nicht zahlreiche und kleine Körner von Quarzsand; d) schwärzlichgrüne Gerölle und Plättchen von erdigem Chlorit, manchmal in deutliche Schichten abgetheilt. Ausser- dem als gewöhnliche accessorische Bestandtheile sehr kleine Bruch- stücke von Schalthieren der Gattungen Jnoceramus und Pinna und Schwammnädelchen. Die anscheinende Dicke dieser Schicht ist sehr veränderlich, denn der Mergel zerbröckelt leicht beim Austrocknen und 586 Dr. Emil Tietze. | [164] verschüttet dann die Gegend. Insoweit ich es beurtheilen kann, beträgt seine Dieke nirgends mehr als 14 Decimeter. Das Sammeln der Petrefacten, die hier fast immer nur lauter Bruchstücke sind, erfordert eine gewisse Vorsicht. Die zugänglichen Stellen sind meist Aufschüttungen, die ausser eigenen Arten auch die senonen, von den höheren Schichten herrührenden Versteinerungen enthalten. Aus unberührten Stellen habe ich nur fol- sende Arten erhalten: Delemnitella vera d’Orb., Inoceramus Brogniarti Sow. (sehr zahlreich), Ananchytes ovata Lam. var., Micraster cor testudi- narium Ag. (ein einziges kleines Stück), ausserdem recht zahl- reiche aber unbestimmbare Bruchstücke oder Innentheile der Gattung Serpula (3 Arten), Belemnites, Pleurotomaria, Pinna, Retispongia und Ceriopora.“ „Die geologische Bestimmung des Niveaus der im Gjebultower Thale erscheinenden Schichten ist viel leichter als in anderen Ortschaften des Krakauer Bezirkes. Die Conglomerate müssen trotz der anschei- nenden Aehnlichkeit mit dem Podgorzer Cenoman zum niedrigsten turonen Horizont gezählt werden, denn sie enthalten die Arten Erogyra columba und Galerites albogalerus. Die plattenartigen Mergel- kalksteine enthalten die mit dem Mergel von Podgorze gemeinsamen Echinodermen, schliesslich müssen die grünen sandigen Mergel wegen der Gegenwart der Arten Mieraster cor testudinarium und Jnoceramus Brogniarti in das mittlere Turon gebracht werden, für welches die zweiterwähnte Art eine kennzeichnende Versteinerung ist. Es fehlt daher nur noch das oberste turone Stockwerk, welches man in den untersten (grauen) Schichten der Opoka suchen müsste, wozu aber innerhalb des Krakauer Gebietes keine genügende Gelegenheit geboten wird.“ Oestlich von Pradnik mündet in den Bialuchabach aus der Gegend von Bibice und Witkowice kommend, ein anderer Bach, längs dessen ebenfalls Kreide- und sogar an einer Stelle Juraschichten aufgeschlossen sind. Die wichtigsten Aufschlüsse befinden sich bei dem Dorfe Witko- wice, während weiter aufwärts nur unbedeutendere Entblössungen vor- kommen Auf der westlichen (linken) Thalseite bei Witkowice dehnt sich ein flaches Lössterrain aus. Lösswände, steiler gegen den Bach ab- stürzend, stehen unterhalb Witkowice, bei Görka narodowa auch auf der linken Thalseite an. Es ist dies diejenige Gegend, in welcher im Krakauer Gebiet die aufgeschlossene Mächtigkeit des Löss die bedeutendste Grösse erlangt. (Vergl. die in der Formationsübersicht bei Besprechung des Löss erwähnte hierbergehörige Angabe Zeuschner's.) Hier kommt auch eine Spur von Mioeän vor, wie zuerstZareezny (l. ec.) versichert hat. Bald aber trifft man auf Steinbrüche im oberen Felsenkalk. Der Jura in welchem hier nach Zareezuy’s Angabe Ahynchonella trilobata, Terebratella loricata, Terebratula bisuffarcinata und Okdaris Blumenbacht auftreten, wird wieder zunächst bedeekt von Conglomeraten der oberen Kreide, auf welche dann der weisse Kreidemergel folgt, so dass das Verhältniss ein ganz ähnliches wie bei Trojanowice oder Zabierzöw ist. Das grünliche Conglomerat ist nur wenig mächtig und fand F. Römer in demselben (Geol. v. Oberschl. pag. 349) ebenso wie in dem Conglomerat von Trojanowice (Ibidem pag. 351) dem Galerites subrotundus, was ihn >. a a B [165] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. Rich: (l. e. pag. 353) mitbestimmte, die unteren Conglomerate der Krakauer Kreide dem Senon zuzurechnen, .da das bewusste Echinoderm in England der unteren Abtheilung der dortigen weissen Kreide angehört. Es liegt gar kein Grund zu der von Zareezny gemachten Annahme vor, dass diese Art hier in Witkowice nicht vorkomme, und dass sich Römer bei seiner Angabe im Irrthum befunden habe. Zareezny schreibt, dies sei eine in Trojanowice und Podgörze ziemlich häufige Art, die aber nur in den höheren Niveaus in den turonen Mergelschichten erscheine, „welche in Witkowice gar nicht vorhanden sind“. Hier ist also, wie schon in der Formationsübersicht auf Grund der Zareczny’schen Tabelle erwähnt wurde, der Punkt, an welchem das Senon, sowie es dieser Autor verstanden wissen will, direet ohne Zwischenschiebung anderer Horizonte das Cenoman überlagert Die Conglomerate, welche das letzterwähnte Niveau repräsentiren sollen, führen hier nach demselben Autor die folgenden Arten: Terebratula semiglobosa , Terebratulina striatula Mant., Rhynchonella compressa d’Orb., Galerites laevis Ag. und einen zu Retispongia gestellten Schwamm. Ananchytes ovata, Micraster gibbus, Rhynchonella octoplicata, Belem- nitella mucronata gehören dann zu den bezeichnenden Fossilien der die Conglomerate von Witkowice überlagernden Mergel. Dabei kann daran erinnert werden, dass Epiaster (Micraster) gibbus von dieser Localität auch schon von Schlüter als aus der hiesigen Mucronatenkreide stammend erwähnt wurde, als derselbe seine Beschreibung fossiler Eehinodermen der oberen Kreide des nördlichen Deutschland veröffentlichte (Bonn 1869, Verh. nat. Ver. Rheinl. u. ‚Westf., pag. 240), wie denn dem Genannten von hier und einigen anderen Punkten des Krakauer Gebiets überhaupt eine Anzahl von Versteinerungen zum Vergleich vorlagen. Ehe wir diese Gegend verlassen, muss aber noch kurz eines Vor- kommens von miocänem Gyps gedacht werden, welches westlich von Zielonki oder nordwestlich von Witkowice schon seit langer Zeit bei Tonie bekannt ist. Es ist nicht recht erfindlich, weshalb Pusch (Geognostische Beschreibung von Polen, 2. Theil, pag. 412) von diesem ziemlich nahe unter der Oberfläche befindlichen Gyps annahm, dass derselbe die Kreide unterteufe. Dieser Punkt schien ihm sogar entscheidend für seine Hypothese, der zufolge die Mehrzahl der galizischen Gypse zur Kreide und nicht zum Tertiär gehören sollten. Man mag hier übrigens noch die Angaben Zeuschner’s vergleichen (O miocenieznych gypsach, Warschau 1862, pag. 2. Aus d. Bibl. Warsz. 1861), wonach der ge- schichtete Gyps dieser Localität direet unter dem Löss gefunden wurde. Etwas östlich von dem Thale von Witkowice und Bibice führt bei Wegrzee vorbei in nördlicher Richtung eine Kunststrasse über das Lössplateau. Noch weiter östlich hat der Sudolski potok, der bei Pradnik cezerwony in die Bialucha mündet, wieder einen Ein- schnitt im Lössgebiete bewirkt. Es findet sich hier wieder stellen- weise die Unterlage des Löss entblösst und tritt die Kreide am Ost- ufer des Baches am Batowicer Berg südlich von Sudol zu Tage. Die wichtigsten Aufschlüsse dieser Gegend aber sind zwischen Sudol und Batowice zu sehen, wo wieder Steinbrüche im weissen Jura angelegt sind. Auch über diesen Punkt hat Zareczny ausführlich und sogar mit einer gewissen Breite berichtet. Er schreibt: „Am westlichen Rande der Jahrbuch der k.k. geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Band. 3. Heft. (Dr. Emil Tietze.) 76 58 oo) Dr. Emil Tietze. [166] Ä \ Anhühen besteht das eingerissene linke Bachufer nur mehr in der unteren Hälfte aus dem weissen Kalkstein, die obere Hälfte bilden dieke Bänke eines harten kieseligen Conglomerates. In dem kleinen, gleich in der Nähe befindlichen Steinbruche sieht man einen nackten, bis 2 Meter Tiefe enthüllten, anscheinend an organischen Resten armen Jurafels. Wenn man aber seine angewitterte Oberfläche genau untersucht, kann man vom Felsen selbst, wie auch von den in der Nähe reichlich umher- liegenden Bruchstücken eine Sammlung von Versteinerungen erhalten, welche unansehnlich, aber an Arten relativ sehr reich ist.“ Der Autor erwähnt nun insbesondere Rhynchonella lacunosa, Rh. Astieriana, Tere- bratella loricata und bemerkt, dass die Sandsteine oberhalb des Jura- kalksteines gar keine organischen Reste enthalten. Hier hätten wir, nebenbei bemerkt, einen Beweis für die bereits früher (pag. 39 dieser Abhandlung) erwähnte Behauptung Alth’s, derzufolge Römer’s Niveau der Rhynchonella Astieriana im Jura der nächsten Umgebung von Krakau mit angedeutet erscheint. Wenig östlich von diesem Orte liegt eine geräumige, auf der Süd- und Westseite von Halden umgebene Vertiefung. Die nördliche Wand dieses Steinbruchs schildert nun Zareczny als eines der schönsten Kreideprofile bei Krakau. An der tiefsten Stelle im Stein- bruch findet sich der jurassische Kalk mit Rhynchonella Astieriana d’Orb., Terebratula bisuffarcinata Schl., Cidaris Blumenbachi Goldf., Schwämmen und Serpulen. Darüber liegen dann „graue und gelblich- ‘graue, stellenweise aschgraue, an den Kluitflächen von einem gelb- braunen Ueberzug von Eisenoxydhydrat bedeckte Schiefermergel, welche recht dünn, aber uneben geschichtet sind und beim Verwittern sehr charakteristisch in kleine plattige Bruchstücke zerfallen“. „Sie sind deutlich in Bänke abgetheilt, jedoch sind ihre Schichten weder zu den Schiehten des Jurakalksteines noch zu der Bank des unmittelbar auf ihnen liegenden harten Conglomerates parallel, sondern sie scheinen über dem abgerundeten Gipfel des Jurafelsens, welchen sie gleichsam mantelförmig bedecken, zusammenzulaufen. Innerhalb der unebenen Bänke zerfällt das Gestein in unregelmässig wellenartig ausgebogene Schiefer- schichtehen ; die Ursache dieser Erscheinung sind unförmig linsenförmige Blöcke des Mergelkalkes.“ .... „Erwähnenswerth sind noch im Schiefer befindliche grosse Gypsnester.“ ...... „Durch ihre Beschaffenheit und petrographische Zusammensetzung erinnern diese Schichten sehr lebhaft an die Beschreibung der turonen Kreidemergel aus der Gegend von Oppeln in Schlesien.“ Der Verfasser gibt hierauf Mittheilung von einer Analyse des Mergels von Sudöl, welche er mit der von Professor Löwig in Breslau ausgeführten, bei F. Römer wiedergegebenen Analyse des turonen Mergels von Oppeln vergleicht. Doch scheint mir dieser Vergleich nicht eben sehr zu Gunsten der Annahme einer besonderen Aehnlichkeit zwischen den bewussten Mergeln zu sprechen. Zareczny fährt dann fort: „Sowohl die Schiefer, wie auch die in denselben enthaltenen Mergelkalksteine sind sehr arm an Ver- steinerungen. Ich besitze von diesen Schichten die Stacheln eines Echinodermen der Art Ordaris vesiculosa Goldf., Bruchstücke von Austern, wahrscheinlich zu Ostrea hippopodium Nills. gehörig. schlecht erhaltene Schalen von Pecten der Arten P. membranaceus Nills., P. laminosus [167] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 589 Goldf., P. hispidus Goldf., das Fragment des Innentheils und den Ab- druck einer Pinna, die Bruchstücke und den Abdruck eines dünnen, nicht näher bestimmbaren Belemniten, vier kleine aber deutliche Exem- plare der Art Rhynchonella plicatilis var. octoplicata Sow., schliesslich eine bedeutende Zahl von Schwämmen verschiedener Gestalt der Art Scyphia sudolica nov. sp., welche die obersten, sehr zerbrechlichen und sehr ziegelrothen Mergelschichtchen stellenweise fast ganz einnimmt.“ Auf Grund dieser Versteinerungen betrachtet der Autor die Sudoler Mergel als ein Aequivalent des mittleren Cenoman, „wenn man auch“, wie er selbst sagt, „gestehen muss, dass sich in der Zahl der gefundenen Versteinerungen kein einziges Leitfossil befindet und die dabei repräsentirten Formen gar zu veränderlich und zweideutig sind, als dass die Möglichkeit einer anderen Deutung bezüglich des geologischen Niveaus, dem diese Schichten angehören, mit völliger Sicherheit ausgeschlossen werden könnte.“ Wie Zareczny andeutet, besitzen diese „Bruchmergel* in den obersten Partien eine trübgelbbraune Farbe und enthalten viele Schwämme. „Unmittelbar über den Schwämmen liegt eine Bank eines harten kieseligen Conglomerates, welche durchschnittlich 9 Centi- meter diek, von einer überwiegend gelbbraunen oder gelbbraungrauen Farbe ist und von länglichen, unförmigen, abgerundeten Stückchen eines trübgrauen und undurchsichtigen Quarzes zusammengesetzt wird, welche durch einen grauen kieseligen Sandstein fest verkittet sind. Wie man sich an Ort und Stelle überzeugen kann, bildet diese Bank kein ab- gesondertes 'geologisches Stockwerk und unterscheidet sich nur petro- graphisch, wie auch durch Festigkeit und Aussehen von den Sand- steinen und Sanden, welche auf ihr liegen. Ich habe es aber doch für nützlich gehalten, diese Schicht getrennt zu berücksichtigen, denn sie leistet der Verwitterung von allen Sudöter Gesteinen den grössten Widerstand und kann deshalb auch bei oberflächlicher Durchforschung der Localität leicht erkannt werden, denn sie enthält auch eine genügende Anzahl von Versteinerungen, um ihr geologisches Alter bestimmen zu können und erscheint auch in Görka narodowa, wo sie die unterste Lage der mittleren Kreideschichten einnimmt. Im unteren Conglomerate befinden sich folgende Versteinerungen: Stachelbruch- stücke von Ordaris vesiculosa Goldf., Discoidea subuculus Ag., Tere- bratula semiglobosa Sow., T. ef. striata d’Orb., Rhynchonella compressa d’Orb., Rh. Grasana d’Orb., Crinoidensäulchen, Fischzähne, wahr- scheinlich zu Otodus appendiculatus Ag. gehörig, unbestimmbare Schal- thiere und Koprolithen. Alle diese Arten befinden sich an anderen Orten im Cenoman. Für die Zugehörigkeit des unteren Conglomerates zu diesem Stockwerke der Kreide spricht besonders der Umstand, dass sich unter denselben Rhynchonella compressa befindet, welche für das Cenoman charakteristisch ist.“ Zareezny, dessen Angaben ich dem in der Formationsübersicht gegebenen Versprechen gemäss möglichst ausführlich eitire, fährt fort: „Auf der Bank des unteren Conglomerates liegt eine durchschnittlich kaum 127 Centimeter dieke Schichte von eisenhältigem Sandsteine und Sanden. Ihre Farbe verändert sich stellenweise von der lichtgrauen und gelb- braunen in eine blutrothe und dunkelbraune. Dieselbe Schicht erscheint 16.7 590 Dr. Emil Tietze, [168] jedoch an verschiedenen Orten verschieden gefärbt, was offenbar von dem Grade der Oxydirung und von der Quantität des im Gestein ent- haltenen Eisenoxydhydrat abhängt. Der Sand besteht aus stark glänzenden, grauen oder gelblichen, durchscheinenden Quarzkörnchen von sehr ver- schiedener Grösse ohne Bindemittel, welche mit einer kleinen Anzahl sehr kleiner, aber deutlicher Plättehen von weissem Glimmer vermischt sind. In Folge der Zusammenfügung der Quarzkörnchen durch ein theils eisen- hältiges, theils kieseliges Bindemittel sind mitten in den Sanden Blöcke und an manchen Stellen auch scheinbar Bänke von Sandstein entstanden; eine eisenhältige Abart desselben verwittert rasch an der Luft und zerfällt wieder in gelben oder braunen Sand, der kieselige Sandstein dagegen, besonders der von den untersten Schichten herrührende, ist hart und fest und leistet der Verwitterung lange Zeit hindurch Wider- stand, wovon man sich beim Anblick der seit einigen Jahren in der Nähe auf den Halden liegenden Fragmente leicht überzeugen kann. In der östlichen Hälfte des Steinbruches sind die Sande und Sandsteine in dünnen Streifen abwechselnd grau, gelblichgrau und dunkelroth. Die bandartige Eintheilung ist schon am westlichen Rande des Steinbruches minder deutlich. In der Nähe des Baches, wo diese Schichten auch entblösst sind, sah ich nur mehr einen gleichmässig grauen, dick- bankigen Glimmersandstein, welcher 2:32 Meter diek ist und unmittel- bar auf Jurakalkstein liegt. Die hier besprochenen Sande und Sand- steine bilden mit dem unteren Conglomerate ein zusammenhängendes Ganzes und sind sogar vom Sehen aus, besonders unter der Lupe, einem verkleinerten Conglomerat ähnlich. Sie gehören sicber auch dem Cenoman an, enthalten aber keine Spur von organischen Resten.“ Nach einer längeren Abschweifung über die Ursachen der ungleich- mässigen Vertheilung der Fossilien in der Kreide von Sudöl heisst es weiter: „Die sand- und bandartigen Sandsteine, von welchen vorher die Rede war, bedeckt in Sudöl eine Schicht grünlichgrauen Sandes, welchem zahlreiche und unregelmässig liegende Streifen losen Kieses ein eigenthümliches Aussehen gewähren. Der Kies besteht aus kleinen bis über 10 Millimeter Durchmesser habenden, abgerundeten, ge- wöhnlich länglichen, verschiedenfarbigen Quarzkörnchen; es überwiegt in denselben die trübgraue Farbe, manche Körnchen sind bisweilen fast farblos, gelblich oder röthliehgrau und am seltensten himmel- blau, sie werden besonders an der oberen Grenze der Schicht von unförmigen aber auch abgeschliffenen und genau abgerundeten Stücken von eisenhaltigem Quarz und Hornstein begleitet. Bei einer oberfläch- lichen Durchforschung des Ortes, besonders wenn man recht viel Auf- merksamkeit der allgemeinen petrographischen Zusammensetzung widmet, kann diese von Kies gebildete Schicht sehr leicht übergangen werden, in der Voraussetzung nämlich, dass das nur eine örtliche Varietät der früher beschriebenen Sande und Sandsteine sei. Eine genauere Durch- forschung des Materials, aus welchem dieser Kies entstanden ist, hat mich Jedoch überzeugt, dass derselbe viel enger mit dem folgenden oberen Conglomerat, als mit den Sandschichten, auf denen er sich nieder- geschlagen, verbunden ist.“ „Das grünlichgraue obere Conglomerat besteht in Sudol aus drei Theilen: aus dem grauen, ungleich- aber kleinkörnigen Sande, aus BR [169] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau, 59| abgerundeten Brocken verschiedenfarbigen Quarzes, welche ich schon beim Kies beschrieben habe und aus grünlich oder gelblichgrauen Meise dns Als zufällige Bestandtheile erscheinen unförmige Stücke eines nussbraunen, grünlichen oder schwarzen Hornsteines, welche oft Schwämme wie Sinkonia (pyriformis) aufbewahrt haben, schliesslich sehr zahlreiche Versteinerungen, von denen ich bis jetzt folgende bestimmt habe: Otodus appendiculatus Ag., Lamna acuminata 4g., Pscten cenomanensis d’Orb., Janira quinguecostata d’Orb , Inoceramus sp. (wahr- scheinlich J. labvatus Schloth.), Terebratula biplicata Sow., T. semiglobosa, T. phaseolina Lm., T. gallina Brgn., T. carnea Sow., Bhynchonella dimidiata Sow., Cardiaster bicarinatus d’Orb., Holaster suborbieularts d’Orb., Holaster carinatus d’Orb., Galerites laevis Ag., @G. castanea 4Ag., Discoidea sp. (2 Arten), Caratomus Althi n. sp., Ü. afjinis n. sp., Oldaris sp., ‚Siphonia pyriformis Goldf., Epiteles robusta Gein., Katispongia, en topora, unbestimmbare CUrinoidenglieder und Koprolithen.“ „Der obige Nachweis von Versteinerungen, besonders solchen wie: Terebratula biplicata, semiglobosa, Rhynchonella dimidiata, Holaster suborbicularis, Siphonia pyriformis veicht als Beweis aus, dass das obere Sudöler Conglomerat den mittleren (?) Gliedern!) der Kreide und namentlich dem obersten Cenoman oder dem untersten Turon angehört. Da es ferner sammt dem direct unter ihm liegenden Kies wegen seiner Lage für ein mit dem Podgorzer Mergel und dem Mergelconglomerat des Giebultower Thales gleichzeitiges Gebilde gehalten werden muss, so reihe ich es sammt dem letzteren in das unterste Stockwerk des Turon ein, welches durch /noceramus labiatus bezeichnet wird.“ „Auf dem oberen Conglomerat liest in Sudol eine etwa 1!/, Meter dieke Schicht trübgelblichgrauen, im Aussehen dem ausgetrockneten und zerbröckelten Thone ähnlichen Sandglauconitmergels. Die Schicht- chen sind unregelmässig kleinwellig, stellenweise von Eisenoxyd ziegel- roth gefärbt und enthalten recht zahlreiche Fragmente von Schalen der Gattungen Inoceramus und Pinna, sowie eine grosse Menge Schwamm- nädelchen. Die Schalen der Inoceramen gehören dem J. Brogniarti Sow. an. Unter dem Gipfel der im Osten vom Steinbruche gelegenen An- höhe erscheinen diese Schichten direct auf dem Jurakalk. Der Mergel hat dort eine bläuliche Farbe, ist sehr mild, aber bündig, gänzlich von Sand befreit und enthält ebenfalls Fragmente von /. Brogniarti, einer für das mittlere Turon kennzeichnenden Form.“ Eine kleinere Partie von Jura und Kreide befindet sich dann noch nordöstlich von Sudol östlich von Bosutöw ganz nahe der russischen Grenze. | Oestlich von hier sahı ich dann noch hinter Zastow am östlichen ziemlich hohen und steilen Gehänge des dortigen Baches bei Prusy den weissen Kreidemergel zum Vorschein kommen. Noch weiter östlich und auch südlich von Prusy in der Umgebung von Dojazdöw, Krzysztoforzyce, Koseielniki, Ruszeza, Wadöw, Luboeza traf ich nur Löss an, welcher gegen die Weichselniederung zu bei Pleszöw, Mogila und CzyZyny einen steilen Rand bildet. 1) Der Autor versteht unter den mittleren Gliedern der Kreide augenscheinlich nicht die mittleren Glieder dieser Formation überhaupt, sondern die mittleren Schichten der Kreide von Krakau im Sinne seiner Eintheilung dieser localen Entwicklung. 592 Dr. Emil Tietze. [170] Es verdient jedoch hervorgehoben zu werden, dass in den gegen (die Weichsel zu gewendeten Theilen dieser Gegend sicher auch neogene Absätze unter der Lössdecke versteckt liegen. Ich habe das schematisch dadurch angedeutet, dass ich auf der Karte in der Nähe von Krzeslawice bei Mogila einen kleinen Fleck mit der für das Neogen gewählten Farbe bezeichnete. Ungefähr dort mag es nämlich gewesen sein, dass im Jahre 1780 (vergl. Hrdina’s Geschichte der Wieliezkaer Saline, Wien 1842, pag. 124) einige Versuchsschächte auf Salz abgeteuft wurden. Es wurden dabei Anfangs mächtige Triebsandschichten erreicht, die vermuthlich dem dem Löss hier im Alter vorausgängigen Diluvialsande angehören. Sodann wurde aber ein Mergel angetroffen, aus welchem eine schwache Salz- soole hervorkam. Nachdem eine Tiefe von 30 Klafter erreicht worden war, wurde indessen das Unternehmen wegen der Menge des zusitzenden Wassers aufgegeben. !) Der hier genannte Ort Mogila ist derselbe, in dessen Nähe sich der zum Andenken an des Krakus unglückliche Tochter aufgeworfene Wandahügel befindet, über welchen Temple berichtet hat. (Vergl. über Gestaltung des Bodens im Grossherzogthum Krakau, pag. 43 und Untersuchungen über die ältesten Bewohner der nördlichen Karpathen- terrasse im 9. Bd. der Mitth. der geogr. Ges. Wien 1864, pag. 85.) Am Wege von Mogila nach Krakau, dort wo dieser Weg den Pradnikbach übersetzt, konnte dann nach Zeuschner noch einmal Kreide constatirt werden (Karsten’s Archiv, 19. Bd., pag. 616). Es wäre dies das der Stadt zunächst gelegene Vorkommen dieser Formation. Doch habe ich selbst davon nichts mehr gesehen. Der Aufschluss scheint inzwischen verwachsen oder verschüttet zu sein. Was nun den Gebirgstheil zwischen dem unteren Rudawathal und der Weichsel bei Krakau anlangt, so besteht derselbe in seinem Kern hauptsächlich aus oberem Jura. Geht man von Krakau über den Piasek nach Wola justowska, so befindet man sich in der von jüngerem Diluvium oder älteren Allu- vionen gebildeten Depression des Rudawathales. Gegen Wola justowska zu besteht die Oberfläche dieser Depression nur aus Lehm. An den Hügelrändern zwischen Olszanica, Wola justowska und Zwierzyniec tritt überall Löss auf. Doch treten oberhalb desselben an verschiedenen Stellen die Jurafelsen zu Tage. Immerhin ist die oberflächliche Verbreitung der letzteren hier - geringer als man nach Allem annehmen sollte. Der Löss, in den höheren Partien durch Verwitterungslehm ersetzt, nimmt besonders in den nördlichen Theilen dieser Hügelkette ein grösseres Areal ein, so (dass besonders auch die Einsenkungen zwischen Wola justowska und dem Weichselthale meist wenig Entblössungen des älteren Gebirges !) Es bezieht sich diese Angabe Hrdina’s auf denselben Punkt, von welchem schon bei Carosi (Reisen durch verschiedene polnische Provinzen. Leipzig 1781—1784, 1. Bd., pag. 157-159), als von einem Ort des Vorkommens von Stinkstein zwischen Mogida und Krzestawice die Rede ist, worauf sich dann Oeynhausen (Oberschlesien, pag. 270) berief. [171] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 593 zeigen. Im Wolski las steht der Kalk grösstenstheils nieht an. Hier sind es fast nur bräunliche Verwitterungslehme, die man antrifft. Auch am Wege von Krakau nach dem Koseiuszkohügel sah ich nur löss- ähnliche Gebilde. Viel deutlicher tritt der Kalk gegen die Weichsel zu hervor zwischen Przegorzaly und Smierdzaca. Zwischen den genannten beiden Orten steht auf einer aus solchen Jurafelsen gebildeten Anhöhe, mit seinen beiden Thürmen weithin sicht- bar als ein Wahrzeichen der Gegend, das Camaldulenser Kloster Bielany. Hier bemerkt man eine schwach westliche Neigung der Kaik- bänke; von Bielany gegen Przegorzaly zu kehrt das Fallen bei ebenfalls sehr schwachem Neigungswinkel sich um, so dass wir also zwischen den genannten Orten wohl einen Schichtensattel dnrehqueren. Das Auftreten einer ungefähr südnördlichen Streichungsrichtung, wie sie hier sich ausdrückt, ist jedenfalls bemerkenswerth. Zeuschner, indem er die Verhältnisse des Jura in der nächsten Nähe von Krakau schildert (Karsten’s Archiv, 19. Bd., 1845, pag. 609 unten), sagt, dass dort die Schichten in der Regel horizontal liegen, seltener gegen SO. fallen unter einem Winkel, der meist kaum 5 Grad betrug. Bei Smierdzaca sah ich auch Spuren von weisser Kreide am Fusse des Jura. Dieses auf der Karte von Hohenegger und Fallaux vernachlässigte kleine Vorkommen scheint übrigens schon Zeuschner (Glieder des Jura an d. Weichsel. Karsten’s Archiv, 19. Bd., pag. 616) gekannt zu haben. Dass hier in der Nähe auch Neogen am Fuss der Berge auftritt, wurde schon früher (pag. 155 dieser Schrift) angedeutet. Bei Przegorzaly befinden sich grössere Ziegeleien nördlich der Strasse im Löss, südlich davon im Alluviallehm der Weichsel. Hier sollen auch einmal neogene Thone mit Pflanzen angetroffen worden sein, die ich indessen persönlich nicht beobachtet habe. Es beruht diese Angabe auch nur auf einer mündlichen, mir nicht von competenter Seite gemachten Mittheilung und da ich in der Literatur vergebens nach einer Bestätigung dieses Datums forschte, so lasse ich die Sache auf sich beruhen. Doch möchte es vielleicht nützlich sein, künftige Beobachter darauf hinzuweisen. „Aufdem Wege von Krakau nach Przegorzaly“, schreibt Zeuschner (l. e. pag. 616, Karsten’s Archiv), „ruht auf dem Kalke eine Schicht von kleinen abgeriebenen Fragmenten von Fucoidensandsteinen, ähnlich denen, die man an dem jetzigen Weichselufer findet.“ Besonders zu erwähnen sind jetzt noch die kleinen Jurafelsen im Bereiche der Stadt Krakau selbst. Die sogenannte Skalka am Weichsel- ufer in der Vorstadt Kazimierz ist ein derartiges, übrigens höchst unbedeutendes Vorkommen. Wichtiger ist der Felsen des Wawel, auf welchem die alte Königsburg sich erhebt. Der obere Felsenkalk tritt hier besonders an der der Weichsel zugekehrten Südseite des Hügels zu Tage. Bereits Zeuschner (Karsten’s Archiv, 1. ec. pag. 610) erwähnt diesen Punkt und sagt, dass sich der Schichtenbau des Berges längs der betreffenden Aufdeckung sehr gut beobachten lasse. „Die Schichten“, schreibt er, „sind gewölbeförmig gekrümmt, von starken Spalten durchsetzt, das Gestein wie zerfressen und gebräunt.“ Das sei besonders der Fall in der unmittelbaren Nähe einer dort in dem Felsen 594 Dr. Emil Tietze. [172] vorhandenen Höhle, die den Namen Drachenhöhle führt. Dies zerfressene Aussehen schrieb der genannte Autor damals der Einwirkung sauerer Dämpfe zu, welcher Ansicht er dann etwas später (Bull. de la soec. gcol. de Fr. 1850, pag. 723) nochmals Ausdruck gab, indem er bemerkte, dass der Berg Chelm (nicht Hetm, wie im französischen Original ge- druckt steht) bei Czernichöw dasselbe Phänomen darbiete. Die Drachenhöhle des Wawel ist, wie Zeuschner richtig annimmt, eine den grösseren, in ähnlichen Jnrakalken vorkommenden Höhlen von Ojeow in Russisch-Polen prineipiell gleichwerthige Erschei- nung, denn die Neigung zur Höhlenbildung ist, wie schon in der Ein- leitung bemerkt wurde, eine dem oberen Feisenkalk zukommende Eigenthümlichkeit. Die genannte Höhle hat, wie Zeuschner ferner angibt, eine hufeisenförmige Gestalt und zwei Oeffnungen; „an beiden ist eine merkliche Zerstörung des Gesteins sichtbar“. Ob Knochen oder andere Funde daselbst vorkommen, lasse sich nicht entscheiden, da man in früheren Zeiten Erde in die Höhle geworfen und den Boden bedeckt habe. R. Temple (Ueber Gestaltung und Beschaffenheit des Bodens im Grossherzogthum Krakau. Pest 1867, pag. 41) ist übrigens der Ansicht, dass die Form der Höhle durch Menschenhand mancherlei Umgestaltung erfahren habe. Diese Drachenhöhle (smocza jama) ist mit der sagenhaften Urzeit der Stadt Krakau übrigens insoferne innig verknüpft, als hier der Sitz des Ungeheuers gewesen sein soll, welches Krakus, der Gründer der Stadt, zuerst besiegen musste, ehe er zur Errichtung der Ansiedlung schritt. Die Gegend südlich der Weichsel zwischen Tyniee und Niepof/omice bis an den Karpathenrand. Westlich von Krakau bei Tyniec macht die Weichsel eine plötz- liche Krümmung nach Norden und durchbricht damit den aus der Gegend von Sciejowice nach Tyniee hinüberstreichenden Jurakalk. Der letztere bildet nunmehr eine grössere Partie, welche bis westlich von Skotniki sieh erstreckt und von Kreidegesteinen, die aber wenig zur Geltung kommen, umgeben zu sein scheint. Gegen Sidzina zu lehnt sich an diese Bildungen das neogene Tertiär an, welches theils von Skotniki, theils von Swoszowice her bis an den Fuss der JJurahügel reichen dürfte, wenn es auch von quar- tären Ablagerungen grösstentheils verdeckt wird. In älterer Zeit bestand sogar in dieser Gegend eine dem Kloster Tyniece gehörige Saline '), zwar nicht auf Steinsalz, aber auf Soole, was den Beweis liefert, dass dieses Neogen der Salzformation von Wieliczka in der Art seiner Ablagerung verwandt ist (vergl. z. B. Zeuschner, OÖ miocenieznych gipsach in d. Biblioth. Warszawska. 1861, pag. 20 des Separatabdr.). Schon in seiner Mittheilung über die Verschiedenheit der Entstehung der Salzablagerungen in den Karpathen und in den Salzburger Alpen (Jahrb. geol. R.-A. 1850, pag. 235) hat Zeuschner übrigens die grauen Thone, aus denen die Salzquellen von Sydzina hervortraten, '‘) Schon im 12. Jahrhundert soll hier Salz gesotten worden sein (vergl. Kelb, Die Soolequellen Galiziens. Jahrb. geol. Reichsanst. 1876, pag. 190). [173] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 595 dem subkarpathischen Salzgebirge gleichgestellt. Zu sehen ist leider heute von jenen Quellen nichts mehr, wenn sie auch im Beginn des Jahrhunderts wieder entdeckt worden waren. „Vor 30 Jahren“, schreibt Zeuschner (Neues Jahrb. 1844, pag. 514), „waren starke Salzquellen in Sydzina aufgefunden worden, sind aber gegenwärtig verschüttet und nur im heissen Sommer findet man an dieser Stelle die schwarzen Thone, welche die Ufer eines kleinen Teiches bilden, mit weisser Efflorescenz von Salz bedeckt.“ In der Nähe von Sidzina wurden übrigens gelegentlich des Baues der Eisenbahn von Oswieecim nach Podgörze auch Spuren schlechter und wenig mächtiger Braunkohle gefunden. Geradeüber von Przegorzaly und dem Koseiuszkohügel treten dann am rechten Weichselufer bei Kostrze, Pychowice und Zakrzowek wiederum mehrere unterirdisch augenscheinlich zusammenhängende, oberflächlich indessen durch Alluvialterrain von einander geschiedene Kalkpartien des oberen Felsenkalkes in niedrigen Kuppen hervor. Bei Pychowice sah ich hellen Kreidemergel über diesem Kalke liegen und auch bei Zakrzowek ist das Vorkommen von Kreide bekannt geworden. Der Punkt, um den es sich dort handelt, liegt an der von Podgörze nach Kobierzyn führenden Strasse und ist von Zareczny bereits genau beschrieben worden. Es existirt daselbst ein Steinbruch im klüftigen jurassischen Kalk- stein und als Ausfüllung der Klüfte tritt hier eine Art von Breccie auf mit vielen Quarzkörnern, welche auch Versteinerungen führt. Zareczny gibt folgende Arten an: Otodus appendiculatus Ag., Oxyrhina Mantelli Ag., Lamna sp., Avicula sp., Jnoceramus sp., Janira quinquecostata d’Orb., Rhynchonella Grasana d’Orb., Ich. compressa d’Orb., Rh. plica- tilis BRömer., Terebratella Menardi d’Orb., Cidaris vesiculosa Goldf., Galerites elliptica Zareczny, Discoidea sp., sowie Schwämme aus der Verwandtschaft der Siphonia pyriformis Goldf. Weiter östlich bei der nur durch die Weichsel von Krakau ge- trennten Stadt Podgörze erhebt sich Hankirt von den Strassen nach Swoszo- wice und Wieliezka ein bedeutenderes Massiv von ziemlich horizontal und dabei meist ausserordentlich massig geschichtetem Jurakalk, dessen höchster Punkt der durch die Erinnerung an den Gründer von Krakau geweihte Krakushügel ist. Die Diekbankigkeit des Kalkes erinnert an das Vorkommen von Mydliniki. Doch ist derselbe hier durch das zahl- reiche Vorkommen von grossen dunklen Hornsteinknollen besonders aus- gezeichnet. Durch mächtige Steinbrüche ist dieser Kalk dicht neben Podgörze aufgeschlossen und neuerdings bietet auch die hier durch- führende Strecke der Transversalbahn ganz gute Entblössungen davon. Südlich vom Krakushügel gegen Wola duchacka zu befindet sich eine kleinere von der Hauptmasse des Kalkmassivs etwas getrennte und oberflächlich nur theilweise von Löss und Lehm bedeckte, Krze- mionki genannte Anhöhe. Dieser Name bezieht sich im weiteren Sinne allerdings auf die ganze hiesige Umgebung. Wir begeben uns aber auf die specieller so genannte Höhenfläche, auf welcher ein Pulvermagazin steht. Hier in der Nähe kommt mehrmals der Jura zum Vorschein. Der Verwitterung desselben ist die Anwesenheit der dort nicht selten herumliegenden Feuersteinknollen zuzuschreiben, von welcher die Jahrbuch der k.k. geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Band. 3. Heft. (Dr. Emil Tietze) 77 596 Dr. Emil Tietze. [174] Localität ihren Namen hat (Rzaezynski, Historia naturalis curiosa Regni Poloniae. Sandomir 1721, pag. 108, sagt: Ad Cracoviam in loco a silieibus dieto Krzemionki. Citirt auch Gumprecht in der An- merkung pag. 608 von Karsten’s Archiv, 19. Bd.). Ezquerra del Bay o hat diesen Kieseleoneretionen eine besondere kleine Mittheilung gewidmet (Neues Jahrb. 1834, pag. 337). Ehrenberg, Monatsber., Ak. Wiss. Berlin 1838, pag. 169 und 1843, pag. 6l, der die weisse Kruste der Feuersteine von Podgörze untersuchte, fand Infusorien darin, welche indessen nach Zeuschner (Karsten’s Archiv, 19. Bd., pag. 609) mitten in den Kieseln deutlicher sind. Nach einer an mich gerichteten brieflichen Mittheilung !) des Herrn T. Wisniowski, eines Schülers des Herrn Professor Szajnocha in Krakau, bestehen die Feuersteine des Jura bei Krakau ganz vorwiegend aus Spongiennadeln. Doch findet man auch Foraminiferen und in seltenen Fällen Radiolarien darin. An letzteren Formen sollen dagegen gewisse bei Debnik gefundene Feuersteine überaus reich sein. Man glaubt, dass diese Feuersteine ebenfalls jurassisch seien. Doch fällt der abweichende paläontologische Charakter jedenfalls sehr auf und meine ich darauf hinweisen zu müssen, dass auch der Kohlenkalk in jener Gegend Feuersteinknollen enthält, mit welchen bei lose gefundenen Stücken leicht Verwechslungen vorkommen können. Schliesslich könnte es sich aber auch um Geschiebe handeln, die weiter von Norden her in jene Gegend gekommen sind. Nach den lehrreichen Untersuchungen von Rüst (Palaeontographica, 31 Bd.) über jurassische Radiolarien scheinen sich allerdings Spongien und Räadiolarien bei der Zusammensetzung von Hornsteinen und Jaspissen zwar nicht ganz, aber so ziemlich gegenseitig auszuschliessen, das könnte also auch im Bereiche des Krakauer Jura der Fall sein. Nur ist dieser Bezirk etwas zu klein, um die Annahme ähnlicher Faciesdifferenzen statthaft erscheinen zu lassen, sofern es sich nicht, was auch wieder möglich wäre, um etwas verschiedene Horizonte innerhalb der jurassischen Entwicklung handelt. Jedenfalls wird es gut sein, alle diese Eventualitäten sich gegenwärtig zu halten. In der Nähe von Woda duchacka bei dem oben Arrahnfen Pulver- magazin befindet sich auch ein kleines Vorkommen von Kreide, über welches wir wieder Herın Zareeczny sehr genaue Angaben verdanken, die ich reprodueire, um Anderen die leichtere Auffindung dieser räumlich unbe- deutenden Ablagerung zu erleichtern, obschon man in solchen Fällen immer auf ein Undeutlicherwerden der Aufschlüsse mit der Zeit rechnen muss. Der genannte Autor schreibt: „Hinter diesem Pulvermagazin, einige Meter nach Südost, findet man eine kleine und sehr unbedeutende, von allen Seiten von Aeckern umgebene Vertiefung. Ihren durch Fels- abbrüche verschütteten Grund nebst den Wänden bildet der ober- jurassische Kalkstein, welcher die Arten Oidaris coronata, Terebratella ') Dieselbe wird in einer der ersten Nummern der Verhandlungen der geologischen Reichsanstalt für 1888 zum Abdruck gelangen. Die von Wisniowski untersuchten Exemplare von Feuersteinen stammen, soweit sie von sicher jurassischer Provenienz sind, theilweise aus den Steinbrüchen von Podgörze, also aus der Nachbarschaft von Krzemionki, theilweise allerdings auch aus den Kalkbrüchen von Mydlniki und von der Anhöhe Sikornik beim Kosciuszkohügel. 1 75] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau, 597 loricata und Terebratella bissuffarcinata enthält. Die östliche Wand erhebt sich ein wenig höher als die anderen und eben in derselben erscheinen recht gut erhaltene mittlere (?) Kreideschichten, welche an anderen Orten der Krzemionki-Gegend gänzlich verschwunden sind. Un- mittelbar auf dem Jurakalkstein liegt hier ein sehr bündiges, relativ kleinkörniges Conglomerat, dessen beinahe rein aus Kalk bestehendes Bindemittel durch seine Menge die Quantität der Quarzkörner überwiegt, weshalb man dies Gestein eher für einen von Sand und Kies verun- reinigten Kalkstein halten kann. Dasselbe zeichnet sich durch beson- dere Festigkeit aus, die Farbe ist grauweiss, an den Bruchflächen glänzen fett die Quarzkörnchen und die glasigen Flächen des rhom- boödrisch spaltbaren Caleits. Das Gestein ist in einer Länge von 12 Meter enthüllt, bildet eine durchschnittlich 3 Deeimeter dieke, sehr schwach gegen Osten geneigte Schicht und theilt sich beim Heraus- nehmen in parallelepipedische, 2 bis 9 Centimeter dieke Bruchstücke. Die Menge der Versteinerungen ist hier eine relativ bedeutende, beson- ders kommen zahlreich die Zähne von Raubfischen, wie Stücke von Rhynehonellen vor. Es wurden folgende Arten bestimmt: Pfychodus mamillaris Ag., Pt. decurrens Ag., Pt. latissimus Ag., Pycnodus com- planatus Ag., Otodus appendieulatus Ag., Oxyrhina Mantelli Ag., Lamna acuminata Ag., Odontaspis subulata Ag., Od. striatella n. sp., Ihyncho- nella Grasana d’Orb., Rh. plicatilis Röm., Ph. Cuvieri d’Orb., Rh. latissima Sow., Eh. nuciformis Sow., Terebratella Menardi d’Orb., Salenia sp., Discoidea subuculus Ag., Disc. minima Ag., Cidaris vesiculosa Goldf., Crinoidenstengel, Scyphia, wahrscheinlich sudolica Zareczny. Ausserdem befinden sich hier unbestimmbare Bruchstücke von Belemniten und zahlreiche Koprolithen, die von wenigstens drei Arten von Raubfischen abstammen.“ „Unmittelbar auf dem Conglomerate liegt an dieser Localität eine kaum 38 Centimeter starke Schicht eines gelblichgrauen Mergels. Der- selbe ist sehr deutlich geschichtet, in der oberen Hälfte weich und zer- fallend, in der unteren Hälfte übergehend in einen stellenweise klein- krystallinischen zerbrechlichen mergeligen Kalkstein, in dem die Petrefacten ein wenig besser conservirt sind. Es sind vorwiegend Reste der Gattung /noceramus und ziemlich zahlreiche, jedoch sehr schlechte Exemplare von Eehinodermen der Gattungen Discoidea und Galerites. Es wurden folgende Arten bestimmt: Jnoceramus labiatus Schloth., I. striatus Mant., Galerites elliptica Zareczny n. sp., &. abbreviata Lam., Gai. globulus Desor.; in den untersten Lagen auch Piychodus decurrens Ag., Oxyrhina Mantelli Ag. und Koprolithen. Aus diesen Schichten stammen auch wahrscheinlich die von Hohenegger angegebenen Arten: Inoceramus cordiformis Sow. (I. latus d’Orb.), I. cuneiformis d’Orb. und Galerites Bargesanus d’Orb. Der Mergel in Podgörze reprä- sentirt einen Theil des Turons, nämlich die Schichten, welche durch I. labiatus bezeichnet sind. Beim Vergleich mit den Gesteinen, welche von anderen Localitäten des Krakauer Bezirkes herrühren, zeigt er die grösste Aehnlichkeit mit den mittleren Schichten der Kalkmergel im Giebultower Thale, welche ausser den oben aufgeführten Versteine- rungen auch einige andere charakteristische Arten enthalten und eine zur Bestimmung ihres Alters viel günstigere Lage innehaben.“ Xi 598 Dr. Emil Tietze. 1 76] Wenn wir nunmehr die flachere Umgebung der Jurafelsen von Podgröze betrachten, so stellt sich uns dieselbe als ein in der Tiefe von neogenen, an der Oberfläche aber hauptsächlich von quartären Bildungen eingenommenes Gebiet dar. Einzelne kleinere Juravorkomm- nisse, welche die Karte von Hohenegger und Fallaux hier noch weiter südlich gegen Jugowice und Piaski hin angibt, konnte ich beim besten Willen nicht wiederfinden. Es ist allerdings wahrscheinlich, dass die genannten Autoren zu diesen Einzeichnungen durch irgend welche Beobachtungen oder Nachrichten veranlasst worden sind, es ist auch als sicher anzunehmen, dass der Jura, der doch etwas weiter südlich ganz am Karpathenrande noch vorkommt, in der Tiefe unter den tertiären und diluvialen Absätzen nicht fehlt, wenn auch seine oberen Schichten hier augenscheinlich vielfach denudirt worden sind, allein heute sind die Ursachen, welche zu jenen Einzeichnungen führen mochten, keinesfalls mehr sichtbar. Würde es sich um eigenthümliche Vorkomnisse von Formationen handeln, deren Fixirung, selbst wenn diese Vorkommnisse nachträglich vielleicht durch Menschenhand oder sonstwie beseitigt worden wären, von theoretischer Wichtigkeit für die Auffassung der ganzen Gegend erscheinen könnte, so liesse sich Manches für die Beibehaltung jener Einzeichnungen auf der Karte bei- bringen. Dies ist aber nicht der Fall und so habe ich mich nach einigem Zögern entschlossen, von der Uebertragung dieser Jurapartien auf meine Karte abzusehen. Was nun jene Neogenschichten betrifft, so sind zunächst die Gypse zu erwähnen, welche sich nördlich von Wola duchacka zwischen der von Podgörze nach Wieliezka führenden Strasse und dem Bahn- hofe von Podgörze befinden, und die durch einige kleine Gruben auf- geschlossen sind. Der hier gebrochene Gyps ist von grauer Farbe und erscheint in Form von Knollen, die in blaugrauem Thon liegen. Nach Zeuscehner (Karsten’s Archiv, XIX. Bd., pag. 616) sollen die Gypse von Podgörze „steil einfallende Schichten bilden“, was ich persönlich zu constatiren nicht in der Lage war. Es wäre dies ein ganz anderes Verhalten, als es sonst den Neogenbildungen ausserhalb der Karpathen eigen ist. Es scheint in dieser Gegend, indessen wohl etwas näher an der Stadt Podgörze gewesen zu sein, dass man bei Brunnengrabungen auch „dünne Lagen von Braunkohlen“ antraf, wie ebenfalls Zeuschner (Ibidem, pag. 617) mitgetheilt hat. Derselbe Autor spricht auch an einem anderen Orte (Neues Jahrb. 1844, pag. 533) von diesen Braun- kohlen, welche nebst ihren Begleitschichten „im jetzigen Weichselthale zwischen Coralrag-Felsen“ abgesetzt wurden. Vielleicht waren es diese Kohlenspuren, welche 1839 zu jenem Bohrversuche auf „Steinkohlen“ verleiteten, von welchem Temple (l. e. pag. 36) spricht, und der in der Tiefe von 28 Klaftern unfern der damaligen Steinkellner’schen Dampfmühle zur Entdeckung eines Mineral- wassers führte. Dasselbe enthielt Chlornatrium, schwefelsaure Magnesia und schwefelsaures Natron. Diese Bohrung wurde übrigens wieder verschüttet, ohne dass man von dem Wasser Gebrauch zu machen versucht hätte. Man sieht aber, dass das Neogen hier noch mit Salz Imprägnirt ist. [177] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 599 Ein weiteres Gypsvorkommen befindet sich auf der flacheu An- höhe zwischen Wola duchacka und Lagiewniki in der Nähe des letzteren Ortes. Gleichfalls neogene Absätze, aber vorwiegend aus sandigen Bil- dungen bestehend, kommen in der Nähe der Strasse nach Wieliezka noch östlich von Wola duchacka und am südöstlichen Ufer des Baches von Prokocim vor, wo auch in der Tiefe bei dem Teiche neben der Landstrasse Thone anstehen, in welchen Niedzwiedzki (Beitrag zur Kenntniss d. Salzformation von Wieliezka u. Bochnia. 1. Th. Lem- berg 1883, pag. 28) die Schalen von Ostrea digitalina und Cardita Jouanetti fand. Zeuschner(O miocenyeznych gipsach i pokfadach soli kuchennej w görne) ezesei doliny wisty przy Krakowie, pag. 4 des Separatabdr.) gibt auch das Auftreten neogener Bildungen beim Wirthshause Glinnik am Wege von Podgörze nach Wieliezka an. Ich weiss indessen nicht, welche Localität hier genauer gemeint war, da der Name jenes Wirths- hauses heute auf den Karten nicht zu finden ist. Auch westlich der Kalkerhebungen von Podgörze, zwischen diesen und den Kalkhügeln von Zakrzowek, das ist also im unteren Theil des Wilgalaufes ist Tertiär nachgewiesen. Oberflächlich ist mir dasselbe zwar nicht bekannt geworden, es scheint indessen, dass eine Angabe bei Niedzwiedzki (Wieliczka, 1. c. pag.28) sich auf ein solches von mir ja vielleicht übersehenes Vorkommen direct an der Oberfläche beziehen lässt und hat man wohl keine Ursache, an der Angabe dieses Forschers für diesen Fall zu zweifeln. Der genannte Autor sagt wenigstens ausdrücklich, dass eine bald Foraminiferen, bald Land- pflanzen führende Thonablagerung sich längs der Wilga bis nahe an die Weichsel verfolgen lasse. Jedenfalls haben Bohrversuche im Fluss- bette der Weichsel zwischen Podgörze und Krakau nach Zeuschner (Karsten’s Archiv, XIX. Bd., pag. 616) die Anwesenheit grauer Thonxe, Sandsteine und Sande ergeben, welche der Genannte den erwähnten Gypsen und der Wieliezkaer Salzformation gleichalterig findet. Diese eigenthümliche Lagerung des Miocäns, welches rings die Jurassische Erhebung von Podgörze umgibt und sich in den Depressionen zwischen dieser und den westlich und nördlich benachbarten Jurahügeln abgelagert hat, beweist deutlicher als an irgend einem anderen Punkte der Krakauer Umgebung, dass die Grundzüge der heutigen Terrain- gestältung zur Tertiärzeit für das ausserkarpathische Gebiet dieser Gegend bereits festgestellt waren. Das Neogenmeer umspülte die Jura- felsen, und die Trennung der jurassischen Platte in einzelne Stücke war bereits vollzogen, als die tertiären Gewässer sich in die Zwischen- räume zwischen den einzelnen Erhebungen hineindrängten. Waren aber die betreffenden Canäle zu jener Zeit schon vorhanden, so ist dies ein für die Geschichte des Weichselflusses selbst höchst wichtiger Umstand, denn der Fluss hatte demzufolge, als er später über das durch die tertiären Neubildungen modifieirte Land floss, nicht mehr nöthig, die Jurakalke durchzusägen. Der Durchbruch der Weichsel durch den Jura bei Krakau stellt sich auf diese Weise nicht als ein Werk des Flusses selbst dar, sondern als ein durch das Terrain bereits vorgezeichnetes Verhältniss. 600 Dr. Emil Tietze. [178] Was nun die Diluvialbildungen des zunächst betrachteten Land- strichs betrifft, so sind dieselben ziemlich einförmig entwickelt. Während südlich vom Krakusberge an der Baranöwka noch ein lössartiger Lehm den Jura bedeckt und die Oberfläche einnimmt, wird die Gegend von Wola duchacka gegen Lagiewniki zu, sowie bei Piaski wielki, Prokoeim und nördlich von Rzaka bis östlich über Bierzanow hinaus ganz von Sanden bedeckt, natürlich immer abgesehen von den spärlichen Ent- blössungen der vorgenannten Neogenbildungen. Dieser Sand geht auch westlich über Lagiewniki hinaus, grenzt aber in der Nähe von Jugowice an eine lössartige Bildung, welche zwischen Lagiewniki, Jugowice und Kurdwanow herrscht und greift dann erst bei Borek falecki wieder nach Süden zu vor, um dann erst bei Kobierzyn und Skotniki wieder dem Löss Platz zu machen, welcher hier vom Karpathenrande hin nordwärts reicht. Dagegen zieht sich derselbe Sand über Skowronek nach der Gegend der alten Schiessstätte von Zakrzowek, wo er an die dortigen Juragesteine angrenzt. Am Unterlaufe der Wilga zwischen Zakrzowek und dem Krakus- hügel tritt er aber nieht mehr zu Tage. Hier wird die Gegend vor- zugsweise von einem lehmigen Flussalluvium eingenommen, welches das Material zu mehreren Ziegeleien liefert. Diese ebene Partie wird so zu einem Seitenstück des am anderen Ufer der Weichsel bei Przegorzaly befindlichen Alluvialgebietes von Zwierzyniece und es kann fraglich erscheinen, ob das ältere Alluvium an der unteren Wilga nicht eben- falls als eine Anschwemmung der Weichsel gedeutet werden kann. Erwähnenswerth für das hier kurz skizzirte Quartärgebiet ist noch das Auftreten von Torf, welches sich von Zakrzowek bis südlich über Kobierzyn hinaus erstreckt, zum Theil von Flugsanden bedeckt. Der beste Torf dieses Gebietes kommt zwischen Zalesie und Zaborze vor und ist dort 6—7 Fuss mächtig. Unreine oder wenig mächtige Rasen- torfe sind im Thal der Wilga von Jugowice südlich bis gegen Opat- kowice zu finden, sowie nordwestlich von Sydzina. Eine nähere Be- schreibung dieser Lagen gab Ott (Torfvorkommen bei Kobierzyn und Libiertöw in der österr. Zeitschr. für Berg- und Hüttenwesen, 1872, pag. 308). Bei Skotniki treten innerhalb der erwähnten Lössausbreitung wiederum neogene Gypse hervor. Dieselben stehen vornehmlich beider- seits der nach Kobierzyn führenden Strasse östlich vom erstgenannten Dorfe an, wo kleine Steinbrüche darauf im Betriebe sind. Sie sind horizontal geschichtet und wechsellagern mit Mergeln, welche den später zu erwähnenden Mergeln von Swoszowice gleichen. An einer Stelle (nördlich der Strasse), wo die Aufschlüsse etwas tiefer gehen, überlagert der Gyps tertiären Sand, wie solcher weiter südlich in der Nähe des Karpathenrandes vorkommt. Diese Beobachtung ist nicht unwichtig im Hinblick auf die etwaigen Versuche einer genaueren Horizontirung der verschiedenen zwischen Krakau, Swoszowice und Wieliezka entwickelten Neogenabsätze. Wenn die Gypse von Podgörze, Lagiewniki, Skotniki, zu denen auch noch die Vorkommnisse von Tonie, Zbik und Chelmek nördlich der Weichsel gerechnet werden müssen, im weiteren Sinne als ausserkarpathische Analoga der subkarpathischen gypsreichen Salzformation betrachtet [179] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 601 werden können, insoferne sie wenigstens eine der Salzformation ver- wandte Facies darstellen, und wenn andererseits der bei Skotniki von Gyps überlagerte Sand seinerseits als ein Analogon der Sande von Rajsko und Kossoeice sich zeigt, welche, wie wir später noch erwähnen werden, in das Hangende der Salzformation von Wieliezka und der Swoszowicer Schwefellager gehören, so erhalten, wir das Bild einer merkwürdigen Alternanz der neogenen Absätze unseres Gebietes, ein Verhältniss, welches durch die Uebereinstimmung der den Gyps be- gleitenden Mergel von Skotniki mit den Swoszowicer Mergeln noch weiter illustrirt wird. Nimmt man hinzu, dass die Neogenabsätze des Gebietes von Krakau nördlich der subkarpathischen Randzone oft wie bei Prokoeim oder bei Krzeszowice aus sandigen, bezüglich thonigen Ablagerungen unter Ausschluss des Gypses gebildet werden und dass andererseits der Gyps von Podgörze vermuthlich so gut wie direct auf den dortigen mesozoischen Schichten aufruht, also nicht einem sicheren oberen Gliede der hier entwickelten Neogenformation entspricht, so kommt man man noch mehr zu der Ansicht von der stratigraphischen Zusammengehörigkeit und dem localen Faciescharakter der genannten Bildungen, denen also der Werth besonderer Horizonte nicht zuerkannt zu werden braucht. Bezüglich Skotniki’s ist noch zu bemerken, dass sich auf dem zersetzten Abraum der Mergel häufig weisse salzige Ausblühungen finden, dass thonige, zum Theil bereits in Verwitterungslehm überge- gangene Bildungen mit solchen Ausblühungen auch im Dorfe selbst con- statirt wurden, weshalb dort noch auf der Karte die Neogenfarbe in Anwendung gebracht wurde, was übrigens auch den Angaben der Hohenegger-Fallaux’schen Karte entspricht, wenngleich heute mir aus dem Dorfe selbst keinerlei deutliche Aufschlüsse von Tertiär bekannt sind. Die Gypse von Skotniki stellen übrigens räumlich die Vermittlung her zwischen den Gypsen von Lagiewniki und Podgörze einerseits und den salzführenden Tertiärbildungen bei Sidzina andererseits, von denen vorhin bereits die Rede war und von denen gesagt wurde, dass sie sich an die Jurakalke von Tyniec anlagern. Das Neogen liegt auch hier anscheinend direct auf dem oberen Jurakalk. Höchstens wäre stellenweise eine Zwischenschiebung von etwas Kreide möglich, wovon mir aber durch eigene Beobachtung nichts bekannt ist. Es fehlt aber trotz der Nähe der Karpathen jede Spur der dort vorhandenen alttertiären Sandsteine und Schiefer, welche überhaupt nirgends im Krakauer Gebiet über das Gebiet der karpathischen Erhebungen hinausgreifen. Der kleine Jurarücken, dessen Kalk sich durch Hornsteinein- schlüsse auszeichnet, und welcher sich westlich vom südlichen Theile des Dorfes Skotniki hinzieht, reicht dann dem ausgedehnteren Vorkommen derselben Formation bei Podgörki und Tyniee die Hand. Uns wieder nach Osten wendend und an die bereits erwähnten Diluvialsande von Bierzanow anknüpfend, kann ich noch bemerken, dass ich am Wege von Bierzanow nach Üzarnochowice sogar ein kleineres 602 Dr. Emil Tietze. [180] Geschiebe von rothem Dalaquarzit im Sande fand, was auf das nordische Material hinweist, dem die Sande dieser Gegend ihren Ursprung ver- danken. Von hier ziehen sich die Sande östlich zunächst nach Podleze fort. Gleich nordöstlich von Wegrzce beim Wirthshaus Podgora er- scheinen dann Sande, die durch Zwischenlagerung schwach iehmiger Partien deutlich geschichtet sind und vielleicht schon wieder zum Tertiär gehören. Die betreffende in der Nähe vorbeiführende Strecke der Carl Ludwig-Eisenbahn folgt von Bierzanöw angefangen bis etwas jenseits der Eisenbahnstation PodleZe der nördlichen Grenze des Diluvialsandes gegen das Gebiet der Weichselalluvionen. Oestlich von Podleze tritt die Carl Ludwig-Bahn ganz in das Sandgebiet ein, welches zwischen Niepolomice und Klaj von ausgedehnten Waldungen bedeckt wird. Zwischen Klaj und Zabierzöw erhebt sich kaum merklich über dem Niveau des Waldlandes die Debowa göra, welche aus sandigem Schotter besteht, in welchem kleine Geschiebe nordischer (glacialer) Gesteine vorwalten, die jedoch, wie es scheint, mit karpathischem Schotter gemischt sind, wodurch sich diese Ablagerung als Flussab- lagerung charakterisirt. Aus ähnlichem sandigem Schotter besteht die Wezowa göra südwestlich von Niepolomice. Im Uebrigen wird die Wald- niederung stellenweise sumpfig, so dass sich sogar nördlich der Bahn zwischen Klaj und Dabrowa ausgedehnte Torflager entwickeln können. Dies deutet auf einen undurchlässigen, lehmigeren Untergrund des Sandes hin. Aehnlich wie in dem benachbarten Oberschlesien zum Theil in sicherer Verbindung mit Torfmooren Diatomeenlager bekannt geworden sind (vergl. Ferd. Cohn, Jahresbericht d. schles. Ges. für vaterländische Cultur 1850, pag. 89 und Römer, Geol. v. Oberschl., pag. 435), so ist in jüngster Zeit auch in der Krakauer Gegend, und zwar in den soeben erwähnten Torflagern ein Vorkommen von Infusorienerde entdeckt worden. Raciborski hat dasselbe beschrieben (Pelit niepodomicki, in den sprawozdanie Komisyi fisyografiezngj, Krakau 1886, 2 Theil, pag. 45). Die lehmig-sandigen Bildungen weiter im Norden bei Wola ba- torska und Zabierzöw, welche ohne wesentliche Höhendifferenz sich an das waldige Sandgebiet anschliessen, um die in der Gegend von Nie- polomice ganz flachen Weichselufer zusammenzusetzen, gehören gewiss schon zu den Alluvionen dieses Flusses. Südlich von der hier beschriebenen Sandentwicklung erhebt sich mit deutlich terrassenartigem Abfall ein von Löss bedecktes Tertiär- gebiet. Die Grenze des Löss gegen den Sand wird hier (östlich von Bierzanöw) auf diese Weise eine sehr scharfe, da sie genau mit dem Anfang des höher ansteigenden Terrains zusammenfällt. Das unter dem Löss befindliche Neogen kommt allerdings in diesem noch immer nördlich vom Karpathenrande gelegenen Gebiets- theil nur an wenigen Punkten zum Vorschein. Im östlichen Theil der an den Sand von Klaj grenzenden Lössausbreitung von Gruszki und Dabrowa sah ich sogar keine Spur von tertiären Gebilden, obschon man dieselben im Hinblick auf das örtliche Auftreten der später zu [181] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 603 erwähnenden Schichten von Chelm an der Raba und der gleich jetzt zu nennenden Punkte sehr wohl wenigstens in der Nähe von Gruszki, Brzezie und Szaröw unter dem Diluvium voraussetzen darf. Dagegen sind deutliche Aufschlüsse zunächst zwischen Zabawa und Malawies, sowie zwischen Ochmanow und Zakrzow vorhanden, und zwar jedesmal am rechten östlichen Ufer der betreffenden dort vom Karpathenrande weiter südlich herkommenden, nach Norden fliessenden Bäche. Man kann die Excursion nach Zabawa und Malawies am.besten von Wieliezka aus machen, wo man beiderseits der Chaussdce nach Zabawa zunächst nur Löss sieht. Bei Zabawa aber sieht man, dass die Abhänge des östlichen dortigen Bachufers bedeutend steiler sind als die des westlichen, die wieder ganz von Löss eingenommen sind. _ Auf der Höhe des rechten Abhanges liegt auch Löss, aber darunter ist deutlich die Neogenformation in Gestalt von Sanden aufgeschlossen, welche in ihrem ganzen Habitus den sogenannten Bogueicer Sanden bei Wieliezka entsprechen, von denen bald die Rede sein wird. Knollige festere Partien im Sande deuten in ihrer Vertheilung die flache Schich- tung desselben an. Diese Bildungen ziehen sich in gleicher Weise bis Malawies fort. Südöstlich von ÖOchmanöw oder Malawies und ziemlich genau östlich von Przebieezany sind abermals neogene Schichten bekannt in der Nähe des Dorfes Szezyglöw. Der Hauptsache nach sind es Sande. Niedzwiedzki (Wieliezka, pag. 43) hat dieselben bereits beschrieben und erwähnt, dass unter den Sandlagen oberhalb des Dorfes Szezyglöw Schichten eines grauen plastischen Thones zum Vorschein kommen, „welcher augenscheinlich nach unten anhält und also das Vorhanden- sein einer Thonablagerung als Liegendes der Sandbildung anzeigt“. Oestlieh von der betreffenden Entblössung fand der Genannte sodann neben dem auf dem dortigen Terrainrücken verlaufenden Wege Bruchstücke von Gyps und erhielt auf seine Fragen von verschiedenen Seiten die übereinstimmende Antwort, dass „das erwähnte Gestein vor einer Reihe von Jahren auf einem nächstliegenden Grundstücke des nördlichen Ab- hanges“* des bezeichneten Rückens in wenig tiefen Gruben aus an- stehenden Gesteinen gewonnen worden sei. Er schliesst daraus, dass das Niveau der Liegendthone der sogenannten Bogucicer Sande auch hierorts durch das Vorkommen von Gyps ausgezeichnet sei. Wenn wir uns nun in das Gebiet der von Niedzwiedzki nicht unpassend so genannten Bucht von Gdöw begeben, also in jene schwachhügelige Depression, welche östlich von Lazany den Zusammen- hang des Karpathenrandes zwischen Wieliezka und Bochnia unterbricht und im Süden vom Rabaflusse begrenzt wird, so treffen wir unter der dortigen Alles überziehenden Lösshülle nur mehr an einigen Stellen nordwestlich von Niegowice auf jüngere Tertiärgesteine, und zwar ist dies zwischen den Dörfern Wiatowice und Krakuszowice der Fall. Die in der Nähe von Krakuszowice auftretenden hierhergehörigen Absätze sind Sande, denen sandigthonige, bläuliche oder graue Zwischen- lagen untergeordnet sind. Auch festere Sandsteine treten vereinzelt auf. Die verkitteten Lagen sind vielfach rostbraun gefärbt. Diese Schichten erscheinen schwach nordwärts geneigt. Doch sah ich an einer Stelle auf der Ostseite des betreffenden gegen Niegowice Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Band. 3. Heft. (Dr. Emil Tietze.) 78 604 Dr. Emil Tietze. [182] zu gelegenen Aufschlusses auch eine sogar ziemlich steile entgegen- gesetzte Neigung, über deren Bedeutung man sich jedoch bei der Isolirtheit des ganzen Vorkommens keine absolut genügende Vorstellung machen kann. Immerhin muss gesagt werden, dass wir hier uns doch schon in der nächsten Nähe derjenigen Linie befinden, welche als öst- liche Fortsetzung des Karpathenrandes zwischen Wieliczka und Lazany gedacht werden kann und welche, wie ein Blick auf die Karte lehrt, nach dem Karpathenrande südlich Siedlee jenseits der Bucht von Gdöw hinüberführt. Die Sande von Wiatowice liegen sogar eher südlich als nördlich von dieser Linie. Wir könnten also hier bereits in die Region der Störungen eingetreten sein, welche das subkarpathische Gebirge von Wieliezka und Bochnia erfasst haben und von denen weiterhin, soweit dies Wieliezka betrifft, die Rede: sein wird. Gegen Wiatowice zu sind ebenfalls die betreffenden meist hell- farbigen Sande vorhanden. Dort scheinen sich die festeren Lagen zu mehren und Niedzwiedzki bestimmte unter den nicht seltenen Austernschalen, welche in diesen Sandsteinen sich finden, die Ostrea digitalina. Dieses Vorkommen erinnerte ihn mit Recht an die muschel- führenden Breccien und Sandsteine, welche den Bogueicer Sanden bei Wieliezka eingeschaltet sind. Der Südabhang der Lysa göra zwischen Wiatowice und Niego- wice ist von grossen Lössschluchten durchfurcht. Am Westabhange des genannten Berges aber bei Wiatowice selbst kommen, zwar undeutlich aufgeschlossen , aber doch deutlich erkennbar grobe diluviale Schotter zum Vorschein, welche in das Liegende des Löss gehören und eine Fort- setzung der weiter nördlich ausserhalb des Lössgebiets bei Klaj entwickel- ten, theils sandigen, theils schotterigen Absätze vorstellen könnten. Einen Beweis vielleicht für die eventuell ziemlich raschen Facies- änderungen, denen das Neogen in unserem Gebiete unterworfen sein kann, liefern die auch noch in die Grenzen unserer Karte fallenden Schichten bei Chelm südlich Klaj, welche ich hier noch kurz er- wähnen will. Chelm liegt am rechten Ufer der Raba, dort, wo dieser Fluss die Östgrenze unserer Karte verlässt. Die Lage des erhöhten Ortes ist halb- inselförmig, weil die Raba gerade dort eine so bedeutende Krümmung nach Norden macht, dass sie östlich von Chelm höchstens 1000 Schritte von der Stelle sich befindet, an welcher sie westlich von dem genannten Orte den betreffenden Hügel zuerst erreicht hat. Schon durch dieses Verhalten des Flusses ist eine gewisse Zähigkeit der den Hügel zu- sammensetzenden Massen angedeutet. Man findet hier weisslich ver- witternde Schiefer, welche den sonst unser Neogen zusammensetzenden Schichten in keiner Weise entsprechen, ohne indessen direct an kar- pathische Gesteine zu erinnern. Würde man dergleichen aber inmitten der Karpathen antreffen, so könnte man versucht sein, etwa an eine weichere Abart von Menilithschiefer zu denken. Doch ist ihre Zugehörig- keit zum Miocän unzweifelhaft und bereits von Niedzwiedzki, der sie als „lichte Schiefer“ bezeichnet und sie seinen „Chodenicer Schichten“ zutheilt, angenommen worden. Der genannte Autor (Wieliezka, pag. 64) constatirte das südliche, meist steile Einfallen der Schiefer von Chelm, deren Streichungsrichtung eine nordwestsüdöstliche ist. - a AR [183] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau, 605 Der Löss, der die Höhe von Chelm überzieht, ist sehr reich an Lössschnecken, was ich, da letztere im Löss des Krakauer Gebietes nicht allgemein reichlich verbreitet sind, besonders hervorhebe. Nieht weit südlich von Chelm beginnen schon die Karpathensand- steine, welche dort mit einem ihrer jüngsten Glieder entwickelt sind. Ob die ganze Bucht von Gdöw bis an die Raba bei Gdöw selbst mit Neogenschichten ausgefüllt sei, lässt sich natürlich vorläufig nicht erweisen. Nothwendig scheint mir eine solehe Annahme nicht, da ebenso gut unter der Diluvialbedeckung die bei Lazany unter die letztere tauchende Grenze zwischen dem Neogen und den karpathischen Bildungen quer hindurch gehen könnte, und, wie soeben gesagt, die Störungen des Neogens bei Krakuszowice die Nähe dieser Grenze zu verrathen scheinen. Jedenfalls können die Vorstellungen , die man über diese Grenze hat, nicht ohne Einfluss auf die Beurtheilung der Fragen bleiben, welche sich auf die Möglichkeit einer Auffindung von Steinsalz in der genannten Bucht beziehen. Vorausgesetzt, dass hier überhaupt Steinsalz vorkommt, welches dann räumlich eine Zwischenstellung zwischen den betreffenden Ablagerungen von Bochnia und Wieliczka einnehmen würde, müsste man dasselbe ja doch nach Analogie mit allen anderen subkarpathischen Salzlagern gerade an jener Grenze erwarten. Deshalb scheint mir der Vorschlag Niedzwiedzkis, der (Wieliezka, 1. e. pag. 131) zur Ent- scheidung der auf das Vorkommen von Salz in der Bucht von Gdöw bezüglichen Frage „vor Allem die Vornahme einer Tiefbohrung un- mittelbar östlich neben dem Dorfe Szezyglöw“ vorschlägt, kein ganz geeigneter zu sein. Szezyglöw liegt viel zu weit nördlich von der süd- lichen Randzone des Neogens, wie man leicht einsieht, wenn man die südlichsten bekannten Punkte desselben bei Darezyce und Krakuszowice miteinander verbindet. Das blosse Vorkommen von Gyps bei Szezyglöw dürfte für die Nähe grösserer Salzmengen dort ebensowenig beweisend sein, wie bei Skotniki oder Podgörze. Die Aufzählung der jungtertiären Gebilde südlich der Weichsel ist nun mit dem Voranstehenden für unser Gebiet keineswegs erschöpft. Es handelt sich noch um die Kenntnissnahme von den mehr oder weniger unmittelbar am Karpathenrande vorkommenden Miocänmassen. Weil dieselben aber in verschiedener Hinsicht eine besondere Bedeutung beanspruchen, oder auch, weil ihre Erwähnung zum Theil sich besser an die Beschreibung des Karpathenrandes selbst anfügt, so mag man in den folgenden Capiteln das Nöthige darüber nachschlagen. Swoszowice. Es würde nahe liegen, im Anschluss an die unmittelbar voraus- gehenden Mittheilungen die räumlich an die dabei geschilderte Gegend zunächst anschliessenden Verhältnisse von Wieliezka zu betrachten. Trotzdem habe ich mich dafür entschieden, dieser Betrachtung einen kurzen Abriss über die Ablagerungen von Swoszowice westlich von Wieliezka vorauszuschicken, weil wir bei Besprechung der Salzablage- rungen Wieliezkas und der mit ihnen im Contact stehenden Bildungen genöthigt sein werden, auf das über Swoszowice zu Sagende Bezug zu nehmen und weil eine Einschaltung aller dieser jetzt zu machenden 198 606 Dr. Emil Tietze. [184] Bemerkungen in die Darstellung über Wieliezka letztere zu schwerfällig machen und dieselbe unnöthig verwirren würde. Unter anderen älteren Autoren hat auch schon Pusch in seiner Geologie von Polen (2. Theil, Stuttgart und Tübingen 1336, pag. 97 und 98) die durch ihre Schwefelablagerungen seit längerer Zeit bekannten Schiehten von Swoszowice erwähnt. Er war der Ansicht, dass die schwefelführenden Mergel westlich von Wieliezka dem karpathischen Salzgebirge angehören. Dies beweise ihre Lage im Streichen des letzteren und das Ausgehen von gemeinem Salzthon bei Swoszowice, welche letztere Angabe allerdings, sofern sie sich auf die bei diesem Orte der Oberfläche senäherten Bildungen. bezieht, seither keine Bestätigung erfahren hat. Bezüglich der Zusammengehörigkeit der hier verglichenen Schiehteomplexe war aber, wie wir sehen werden, die betreffende Annahme ganz zutreffend. Nur die Deutung des Alters jener Bildungen war bei Pusch insofern eine unrichtige, alser das ganze Schwefel- und Salzgebirge dem Karpathen- sandstein zurechnete. was schliesslich einer damals allgemeiner ver- breiteten Anschauung entsprach, insofern auch A. Bou& noch in seinem geognostischen Gemälde von Deutschland (Frankfurt a.M., 1829, pag. 269) Aehnliches gedacht zu haben scheint. ') In dieser Beziehung hatte indessen einige Jahre vor Pusch bereits Keferstein das Richtigere getroffen. (Teutschland , geognostisch- geologisch dargestellt, 7. Bd., 2. Heft, Weimar 1831, pag. 174). Auch er geht von der Annahme einer Zusammengehörigkeit Wieliezkas mit Swoszowice aus und führt dabei den Umstand in's Feld, dass an ersterem Orte die „Halda%, worunter die Bergleute den Salzthon ver- standen, „ganz ähnlichen Schwefel, wenn auch selten und nur in unbe- deutenden Massen führt“, wie er in Swoszowice vorkommt. Er spricht es aber ausdrücklich aus, dass das Steinsalzgebirge nicht unter dem Karpathensandstein liege, sondern demselben angelagert sei und dass dieses Gebirge ebenso wie die Schwefellager von Swoszowice (der Autor schreibt dabei fälschlich Schwarzowice) „der Tegelformation unter- geordnet“ sei. Unter der Tegelformation verstand man aber das jüngere Tertiär. Auch Ezquerra delBayo (Neues Jahrbuch v. Leonh. u. Br. 1834, pag. 401) war wegen des Vorkommens von Braunkohlenspuren bei Swoszowice geneigt „ein sehr jugendliches Alter“ der fraglichen Bildungen anzunehmen, insbesondere für Wieliezka, dessen Salzlagerstätten ihm nämlich in das Hangende der Swoszowicer Mergel zu gehören schienen, weil er eine östliche Neigung des Mergels zu bemerken glaubte. ‚Zeuschner, der nach seiner Gewohnheit auch bei dieser Gelegenheit für eine weitere Verbreitung seiner Ansichten sorgte, gehörte dann jeden- falls auch zu Denen, welche das Alter der fraglichen Absätze besser erkannten. In mehreren ziemlich gleichlautenden und ungefähr gleich- zeitigen Aufsätzen (Geognostische Beschreibung des Schwefellagers von ‘) An einer anderen Stelle (l. e. pag. 365) schreibt derselbe Autor allerdings: „Bei Wieliezka soll tertiärer Thon vorkommen.“ Dabei hatte er aber angenscheinlich nicht die dortige Salzformation im Auge, wie schon die Aufzählung derselben in einem ganz anderen Abschnitt des Werkes beweist. Es wird aber später in dem Abschnitt über Wieliczka erwähnt werden, dass Bou& trotzdem ziemlich früh zu richtigeren An- schauungen gelangte. [185] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 607 Swoszowice, 1850, III. Bd., pag. 171 von Haidinger's naturw. Abhandl. und Description geologique du d&pöt de soufre a Swoszowice pres de Cracovie im Bull. de la soc. g6ol. de Fr. Bd. 1849— 50, pag. 715; ver- gleiche dann noch d. z. Th. kl. Mitth.: Jahrbuch d. geol. Reichsanst. 1 Bd., 1850, pag. 235; Haidinger's Berichte d. Freunde d. Naturw., 3 Bd., Wien 1850, pag. 171 ; Anrales des mines 18 Bd., 1850, pag. 126; Jahrb d. wiss. Gesellschaft in Krakau, 2 Bd., 1850, pag. 38-53; Bulletin de la soe. des nat. de Moscou, 24 Bd., 1851, pag. 535) rechnete er diese Bildungen mit Sicherheit dem Tertiär zu, im Gegensatz zu den Karpathensandsteinen, die ihm hier durchgängig als untere Kreide galten, was jedoch, wie wir sehen werden, nur zum Theil richtig ist. Auch er stellt die Absätze von Swoszowice mit denen von Wieliezka in eine Linie und meint, dass die Existenz der bei Swoszowice zwar sehr seltenen, aber doch thatsächlich gefundenen marinen Fossilien (wie Peeien Lilli) ') nicht allein den marinen Ursprung der schwefelführenden Ablagerung, sondern auch deren Zusammenhang mit dem Absatzgebiet beweise, in welchem das Salz von Wieliczka zum Niederschlag kam. Zeuschner erwähnt überdies, dass in Folge der leichten Verwitterbarkeit der Swoszowicer Thone und Mergel die natürlichen Aufschlüsse dieser Gebilde mangelhaft sind und zieht deshalb begründeterweise zur Aufklärung der dortigen Verhältnisse hauptsächlich den Bergbau heran. Gleichzeitig mit Zeuschner beschäftigte sich Unger mit der Feststellung des Alters der bewussten Schichten auf Grund einer Auf- sammlung fossiler Pflanzen, die ihm von Zeuschner eingesendet worden waren. Er kam dabei zu dem Ergebniss, dass die betreffende Flora auf ein jüngeres Alter von Swoszowice hindeute und (nach unserem heutigen Sprachgebrauch) etwa pliocän sein könne (Haidinger's naturw. Abhandlungen. Wien, III. Bd., pag. 121—128). Später hat sich Stur mit derselben Flora befasst und in seiner bekannten Arbeit über die Flora der Süsswasserquarze (Jahrb. geol. Reichsanst. 1867, pag. 126) eine erweiterte Liste davon gegeben, welche von demselben Autor (Verh. geol. Reichsanst. 1873, pag. 202) ?) später noch etwas ergänzt wurde. Ich erwähne nach jenen Listen das Vorhandensein der Gattungen: Sequora, Myrica, Alnus, Quercus, Castanea, Carpinus, Planera, Ulmus, Populus, Laurus, Cinnamomum, Dryandroides, Elaioides, Noritinium, Apocynophyllum, Diosphyros, Acer, Rhamnus, Juglans, Carya, Rhus, Prunus und Grewia. Stur leitet aber aus der Zusammensetzung dieser Flora keines- wegs den Schluss auf ein ganz jungtertiäres Alter derselben ab, ja er hält die betreffenden Schichten nicht einmal für sarmatisch, trotzdem er in seiner Abhandlung speciell die Congerien- und Cerithienschichten bezüglich ihrer pflanzlichen Einschlüsse behandelt. Im Gegentheil legt er für die Altersbestimmung den Hauptwerth auf den von Zeuschner !) Nach Reuss (Fossile Fauna von Wieliezka, pag. 27 des Separatabdr.) würde das betreffende Fossil in die Gruppe des P. polymorphus Br. und P. adspersus Lamk. gehören. ?) In meiner Abhandlung über Lemberg (Jahrb. d. geol. R.-A., 1882, pag. 92), wo ich dieses Citat bereits beizubringen Veranlassung hatte, ist leider die Jahreszall 1874 statt 1873 in Folge eines Druckfehlers angegeben worden. 608 Dr. Emil Tietze. [186] angeführten Peeten und findet es diesem Funde gemäss unzweifelhaft, „dass diese Localität älter sei als die sarmatische Stufe trotz der grossen Aehnlichkeit ihrer Flora mit der in der genannten Stufe auf- tretenden“. Diese Deutung wird übrigens ausreichend unterstützt durch die Lagerungsverhältnisse. Die Sande von Rajsko, welche den Bogueicer Sanden bei Wieliezka entsprechen und deshalb ihrerseits, wie bekannt und wie später noch reeapitulirt werden wird, der Mediterranstufe unseres Mioeäns zufallen, liegen evident über den Swoszowicer Mergeln. Die letzteren sind demnach nicht jünger als mediterran. Sie gelten gegenwärtig indessen auch für jünger als die gleichfalls noch zum Miocän gehörige Salzformation von Wieliezka, und wenn auch diese Deutung, wie ich glaube und später beweisen werde, einer gewissen Einsehränkung fähig ist, so wird doch durch das local nachgewiesene Vorkommen von Salzthon im Liegenden der schwefelführenden Mergel sichergestellt, dass diese Mergel auch wieder andererseits nicht älter als miocän sein können. Es liegt in diesen Verhältnissen eine neue Mahnung, die fossilen Floren mit Vorsicht zu benutzen, wenn es sich um die Bestimmung des genaueren Alters einer Schicht innerhalb der neogenen Schichtenreihe handelt, wie ich das bereits bei anderer Gelegenheit (Zeitschr. deutsch. geol. Gesellsch. 1836, pag. 109) auseinandergesetzt habe. Seit Zeuschner und Unger haben sich aber ausser Stur noch sehr viele Autoren mit Swoszowice beschäftigt. Ich erwähne E. Mack (1858, Pressburg, Verein f. Naturk. II, 1. Heft, Sitzb. pag. 80—83), dann Zerenner (Zeitschr. f. Berg- und Hüttenwesen. 1862, Nr. 1 und Nr. 13), der über die Erweiterungsfähigkeit des dortigen Bergbaues schrieb. Ferner gab Ambrosz (Verh.d. geol. Reichsanst. 1868, pag. 174 und Jahrb. 291—96) genauere Mittheilungen !) über dortige Mineral- vorkommnisse, nachdem die früher in dieser Hinsicht bekannt gewordenen Daten von Zepharovich in dessen mineralogischem Lexikon ver- zeichnet worden waren. Temple’s schon einigemal eitirter Aufsatz (Pest 1867) enthält über die dortige Schwefelquelle manche schätzbare Daten. (Analysen der Quelle hatte schon Torosiewiez gegeben in verschiedenen Publicationen, 7. B. i. d. Zeitschr. Galieia, 1841, Nr. 43). Czyrnianski (Jahrb. der wiss. Gesellsch. in Krakau. 1868, IV, pag. 75—111) hat ebenfalls chemische Untersuchungen geliefert. Zepharovich (Jahrb. geol. Reichs anst. 1869, pag. 225—31) konnte einige für die Bildungsgeschichte der Swoszowicer Mineralien wichtige Thatsachen beibringen.) C. v. Hauer (Verh. d. geol. Reichsanst. 1870, pag. 5) beschrieb die Lagerstätte. Paul hat dieselbe ebenfalls besucht und gelegentlich eines Referats in den Verhandlungen der geologischen Reichsanstalt (1872, pag. 356) einige selbstständige Bemerkungen darüber verlautbart.. Stöhr gab in der !) Die von Ambrosz beschriebenen Mineralien sind Kalkspath, Gyps (der im südlichen Grubenfelde ein über 10 Klafter (?) mächtiges Gebirgsglied bildet), Schwerspath, Quarz (in Drusenräumen der Schwefelerze) und endlich der Schwefel selbst. ”) Er ging dabei von der bereits durch Zeuscehner ausgesprochenen Voraus- setzung aus, dass der Ursprung der hiesigen Schwefelablagerungen „in schwefelwasser- stoffhaltigen Qrellen zu suchen sei“. Im Anschluss an diese Mittheilung besprach Zepharoyich auch die Winkel der Schwefelkrystalle von Swoszowice. [1187] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 609 österreichischen Zeitschrift für Berg- und Hüttenwesen (1872, pag. 305 bis 307) gleichfalls eine Auseinandersetzung über die durch den Bergbau aufgeschlossenen Schichten. Schröckinger (Verh. geol. Reichsanst. 1875, pag. 68) beschrieb deutlich krystallisirten Gyps von unsrer Localität, während man früher das genannte Mineral daselbst fast nur als in fasriger Form auftretend gekannt hatte, und Vrba(in der Groth’schen Zeitschr. 1881, V. Bd., pag. 433 — 35) gab genauere Auskunft über den Baryt von Swoszowice. Joseph Schmid verdanken wir ferner eine Beschreibung der in der Grube gewonnenen Erfahrungen. (Oest. Zeitschr. für Berg- "und Hütten- wesen, 1877, Nr. 19, pag. 199, Nr. 20, pag. 214). Endlich hat Niedzwiedzki in seiner Arbeit über Wieliezka das Wesentlichste über Swoszowice zusammenzufassen gesucht, indem er sich dabei vorzüglich auf Mittheilungen des hochverdienstlichen Kenners der Grube, Herın Ambrosz, stützte, der diesem Bergbau wiederholt und namentlich auch während der letzten Zeit seines Bestehens zugetheilt war und dessen genaue Aufnahmen daselbst den späteren Besuchern vornehmlich ermöglicht haben, ein deutliches Bild von den Verhältnissen der Grube zu gewinnen. Mir selbst ist dann, und das sei gleich hier bemerkt, Herr Ambrosz ebenfalls mit Erläuterungen freundlichst an die Hand gegangen, so dass ich ihm neben der liebenswürdigen Auf- nahme, die ich bei Bergrath Mröwee daselbst fand, es hauptsächlich verdanke, wenn ich ein Urtheil über die betreffende Lagerstätte ge- winnen konnte. Ich kam nämlich zu einer Zeit nach Swoszowice, als der schon zu wenig rentabel gewordene Bergbau bereits aufgelassen war. Heute darf also die auf selbstständige Beobachtungen basirte Literatur über diesen Punkt, von der wir hier das Wesentlichste wohl mitgetheilt haben, wenigstens für die nächste Zeit als abgeschlossen betrachtet werden. Die zu Swoszowice gewonnenen Erze enthielten nämlich im Durchschnitt nur 12 bis höchstens 14 Procent Schwefel. Ihre Gewinnung erschien deshalb bei den heutigen Schwefelpreisen nicht mehr lohnend. Es bestand eine Zeit lang dann noch eine hüttenmännische Verwerthung des noch nicht verbrauchten geförderten Materials behufs Erzeugung von Schwefelkohlenstoff, in neuester Zeit ist aber auch diese letzte Thätigkeit eingestellt worden, nach einem nahezu 500jährigen, wenn auch theilweise durch lange Unterbrechungen gestörten Bestehen des dortigen Bergbaues. (Nach Stöhr, welcher [siehe oben| die geschicht- lichen Daten für unseren Fall zusammengestellt hat, war der Bergbau schon im Jahre 1422 im Betrieb.) Nach Allem, was wir nunmehr über die Swoszowicer Bildungen wissen, sind dieselben , abgesehen von ihrer stellenweisen Bedeckung durch miocäne Sande, unter einer zumeist aus Lehm, theilweise auch aus Sand und Schotter bestehenden Diluvialdecke verborgen und lassen sich in mehrere Abtheilungen sondern. Die hangenderen Mergel sind von blaugrauer Farbe und lassen sich nach Sehmid’s Mittheilungen in zwei durch eine dünne Sand- steinlage getrennte Unterabtheilungen theilen, eine obere, den eigent- lichen Hangendmergel, 16 Meter mächtig, welcher von lichterer Fär- bung ist und Lignitputzen führt, eine untere von dunklerer Färbung 610 Dr. Emil Tietze. [188] von 13 Meter mittlerer Mächtigkeit, in welcher die Schwefelführung beginnt. Die Imprägnirung dieses Mergels mit Schwefel ist eine un- regelmässige und stellt sich in der Form von Putzen, Knauern und kleineren Lagen dar. Je nachdem man nun früher einzelne dieser angereicherten Partien durch taube Zwischenmittel getrennt über einander aufgefunden hatte, sprach man von dem Vorkommen mehrerer Flötze. Dies war Jedoch ein Irrthum, wie jetzt allgemein zugestanden wird. Man kann diesen schwefelführenden Horizont nur in seiner Gesammtheit auf grössere Strecken hin festhalten. Im Einzelnen verändert sich das Vor- kommen fortwährend. Gegen den tiefer gelegenen Theil der Ablagerung, das ist nach Süden zu, soll die Imprägnation gleichmässiger und das Gestein sandiger werden, aber auch diese Veränderung findet nieht im Sinne einer weiteren Differenzirung bestimmter Flötze, sondern gegen- theilig im Sinne einer grösseren Homogenität der ganzen Ablagerung statt. Die oben erwähnte Sandsteinschicht wird nach Schmid gegen Süden zu mächtiger (bis 1!/, Meter) und geht in Conglomerat aus Brocken von Karpathensandstein über, was einem bei der zunehmenden Nähe der Karpathen ganz naturgemässen Verhältniss entspricht. - Nun folgt unter dem ersten Schwefel führenden Horizont ein Lager von Gyps, welcher mit Mergel meist ziemlich regelmässig wechsellagert. Einige locale Einschaltungen von schwefelführendem Mergel in diesen Gypsabsätzen führten zur Annahme zweier Gyps- bildungen, welche jedoch nach Schmid nicht gerechtfertigt ist. Der Gyps ist etwa 12 Meter mächtig. Darunter kommt nun der zweite schwefelführende Horizont, der etwas grössere Knauern und Nester von Schwefel führt, aber im Ganzen ein ganz ähnliches unregelmässiges Vorkommen darstellt. Eher ist noch im oberen Lager der Schwefel deutlicher gebändert und geschichtet, als hier. Endlich kommt ein ziemlich mächtiger tauber, gebänderter Liegend- mergel, welcher im südlichen Theil des Grubenfeldes auf Salzthon ruht. Dieser Salzthon ist in der Nähe des Punktes, wo der Weg nach Opatkowice vom Wege nach Wröblowice abzweigt, und zwar östlich vom Wege nach Wröblowice durch ein Bohrloch angetroffen worden in einer Tiefe, welche nach Niedzwiedzki eirca 114 Meter betrug (nach Schmid 120 Mtr., 1. e. p. 200). Was die Tektonik der Gebilde von Swoszowice anlangt, so ist dieselbe eine sehr einfache. In den untersuchten Strecken herrscht ein schwaches, 5 Grad selten übersteigendes Einfallen nach Süden , wobei aber einige leichte Wellen mit Unterbrechung dieser Richtung zu con- statiren sind. Ob das Einfallen auch ganz im Süden an der Grenze gegen die Karpathensandsteine ein südlich gerichtetes bleibt, ist durch Beobachtung nicht zu erweisen. Wahrscheinlich findet dort wohl ent- sprechend der Anlagerung an das ältere Gebirge ein Umwenden der Fallrichtung statt, sofern nämlich die Lagerung dort noch so flach bleibt wie vorher. Andernfalls müsste man an eine Ueberkippung oder einen Verwurf denken. Schmid verzeichnet eine für die Ansichten über die Genesis des Schwefels in unserem Falle nieht unwichtige Beobachtung, indem er sagt, dass die Schwefelführung gegen die Sättel zu abnimmt, gegen die [189] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 611 Mulden der eben besprochenen Wellen aber zunimmt. Wäre nun der Schwefel gleich ursprünglich beim Absatz der Schichten vorhanden gewesen, so könnte diese Erscheinung nicht eintreten., insofern die Wellen ja doch einer nachträglichen Zusammenfaltung der Absätze entsprechen müssen, welche auf die ursprüngliche Mächtigkeit derselben ohne Einfluss bleibt. Da jedoch allgemeinere Anschauungen über die Bildung des Schwefels in sedimentären Ablagerungen hier nieht ent- wickelt werden sollen, was sich mehr für eine verschiedene Schwefel- vorkommnisse zusammenfassende Arbeit eignen würde, so genügt es hier auf jene für die verschiedenen Erklärungsversuche wichtige That- sache hinzuweisen. Die bei Swoszowice vorgenommenen Bohrungen haben ausser jenem Salzthon im südlichen Felde auch im nördlichen Felde das Liegende der schwefelführenden Formation erreicht, und dies ist von besonderem Interesse, weil in diesem Falle eine südliche Fortsetzung der bei Kurdwanow im Norden von Swoszowice oberflächlich anstehenden Kalke des oberen Jura erwiesen wurde. Durch zwei Bohrungen wurde dieser Kalk das eine Mal in 48 Meter, das andere Mal in 81 Meter Tiefe erreicht, und zwar. unmittelbar unter dem Swoszowicer Liegend- mergel, ohne dass dabei der südlicher gefundene Salzthon angetroffen wurde. Das eine dieser Bohrlöcher befand sich in der Richtung gegen die Wilga zu gleich südlich von der von Swoszowice nach Krakau, beziehentlich zunächst nach Jugowice führenden Strasse, und da es mir wünschenswerth schien, das Auftreten des Jura unter den schwefel- führenden Absätzen auf der Karte zu markiren, so habe ich an diesem Punkte einen kleinen Fleck mit der jurassischen Farbe (entsprechend der für die Kalke bei Kurdwanow gewählten Colorirung) bezeichnet. Da nun hier der Salzthon, wie gesagt, im Liegenden der Mergel nicht vorkommt, so könnte dies auf eine gewisse Selbstständigkeit der Swoszowicer Mergel dem Salztbon gegenüber hinweisen. Unbedingt nothwendig ist aber dieser Schluss nicht. Aus gewissen vorhin er- wähnten Beobachtungen, wie aus der Veränderung der zwischen dem Hangendmergel und dem oberen Schwefelhorizont eingeschalteten Sand- steinbank gegen Süden zu, dann aus der Veränderung in der Vertheilung des Schwefels selbst nach dieser Richtung hin geht ja hervor, dass die ganze Ablagerung gegen den Karpathenrand hin disponirt ist gleichsam ein anderes Gesicht anzunehmen, es könnten also dort schliesslich auch die Liegendmergel des Schwefels bei unzweifelhaft zunehmender Mäch- tigkeit des ganzen Absatzes nach Süden zu (ich erinnere, dass dort der Salzthon erst in 114 Meter erreicht wurde) in ihren liegendsten Theilen die Beschaffenheit eines mit Salz imprägnirten Thones erhalten. Ob noch eigentliche Salzlager bei Swoszowice in der Tiefe vor- handen sind, lässt sich zur Zeit nicht sagen. Die Thatsache, dass etwas westlicher bei Sidzina, wie oben erwähnt, Salzquellen bestanden, welche durch lange Zeit zur Salzgewinnung Veranlassung gaben, be- gründet indessen die Vermuthung, dass der Salztkon von Swoszowice wenigstens mit Salz noch sehr stark imprägnirt sein dürfte. Die weitere Vermuthung ist jedoch ebenfalls gerechtfertigt, dass diese eventuellen Salzvorkommnisse keinesfalls so bedeutende wie in Wieliezka sein mögen, weil, wie wir später sehen werden, die obere, sogenannte Grünsalzformation Jahrbuch der k. k#geol. Reichsanstalt. 1837. 37. Band. 3. Heft. (Dr. Emil Tietze) 79 612 Dr. Emil Tietze, [190] von Wieliezka bereits viel weiter östlich verschwindet, so dass höchstens eine Fortsetzung des unteren dortigen Salzgebirges bis hierher wahr- scheinlich ist. Ferner ist doch auch zu berücksichtigen, dass weiter west- lich am Rande und im Vorlande der Karpathen echte Salzablagerungen überhaupt nicht mehr bekannt sind, wenn auch die neogenen Absätze dieser westlicheren Gebiete (wie manche der zum Schlier gerechneten Bildungen) noch Salzimprägnationen oder Gypsniederschläge aufweisen und sich damit als Ablagerungen eines keineswegs offenen Meeres documentiren. Das subkarpathische Salz hat seine Sitze im Osten von Wieliezka bis nach Rumänien hinein, westlich von Wieliezka sind von jenem Mineral wohl keine besonderen Schätze mehr zu heben. Nachdem der Swoszowicer Bergbau aufgelassen ist, besitzt der genannte Ort nur noch eine gewisse Bedeutung als Badeort, insofern die Schwefelführung des Gebirges daselbst auch auf einige Quellen von Einfluss ist, welche als kalte Schwefelquellen zum Vorschein kommen, sofern man nicht umgekehrt gerade solchen Quellen die Bildung der Schwefellager zuschreiben mag. Seit dem Erliegen des Bergbaues hat sich die Stärke jener Quellen eher gesteigert als vermindert. Es werden übrigens nicht einmal alle bei Swoszowice austretenden Schwefelquellen verwendet. So befindet sich nördlich der Allee, welche vom Bade- etablissement nach der Krakauer Landstrasse führt, eine kleine Schlucht, in welcher eine unbenützte Schwefelquelle entspringt, umgeben von vielleicht noch neogenem Sande, der hier auf den Mergeln aufruht. Solche zweifelhafte Sande kommen nebenbei bemerkt auch noch weiter westlich, nämlich bei Opatkowice östlich der Strasse, vor. Weiter nördlich aber von diesem letzterwähnten Punkte, dort, wo die Strasse die Eisenbahn kreuzt, erkennt man wieder den neogenen Mergel, der hier ausnahmsweise deutlicher an die Oberfläche tritt. Wieliczka. Nach den eingehenden Untersuchungen Hrdina’s (Geschichte der Wieliezkaer Saline, Wien 1842) fällt die „Aufdeckung oder eigent- liche Entstehung des Steinsalzwerkes zu Wieliezka in ein so hohes Alter, dass weder Urkunden, noch sonstige geschichtliche Angaben darüber aufgeführt werden können“. Aus alten Urkunden geht aber jeden- falls hervor, dass dieses Werk schon zu Zeiten der Gründung des Klosters von T'yniec, das ist unter Kasimir I, im Jahre 1044 bestanden haben muss. Wieliezka wird denn auch schon in älteren geologischen Schriften des vorigen und der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts mehrfach er- wähnt, und wir werden später Gelegenheit nehmen, uns auf solche ältere Angaben zu beziehen. Jetzt übergehen wir die meisten derselben und begnügen uns, die oben eitirte Abhandlung Hrdina’s hervorzu- heben, welche als grundlegend für alle weiteren Forschungen auf diesem zwar eng begrenzten, aber desto interessanteren Arbeitsfelde angesehen werden darf. Durch längere Zeit als Markscheider daselbst thätig, war gerade dieser Autor in der bevorzugten Lage, durch eigene Beobach- tungen wie durch das Studium der Archive ein Bild von den betreffen- den Verhältnissen zu gewinnen. Mögen seine Ausführungen in manchen [191] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 613 Punkten heute immerhin etwas veraltet sein, sein Werk ist dennoch von grossem Verdienste und verdient besser als bisher gewürdigt zu werden. | Dass aber das berühmteste unter den österreichischen und speeiell den galizischen Salzbergwerken mit seinen jährlich von einer grossen Anzahl von Besuchern angestaunten unterirdischen Wundern auch in der neueren, für eine moderne geologische Darstellung in Betracht kommenden Literatur vielfach genannt wird, ist leicht zu begreifen und insbesondere ist seit dem bekannten Wassereinbruch des Jahres 1868 den geologischen Verhältnissen der Grube und auch der ganzen Um- gebung die Aufmerksamkeit mancher Fachgenossen zugewendet worden. Obschon ich nun bei meiner heutigen Darstellung nur die Aufgabe habe, die von mir verfertigte Karte zu rechtfertigen und zu erläutern, will ich doch einer Discussion der verschiedenen, Seitens der Autoren geltend gemachten Ansichten über die Art und das Auftreten jener merkwürdigen Salzablagerung nicht ausweichen, und zwar umsoweniger, als bei der allgemeinen Verkleidung des Terrains speciell in der nächsten Nähe der Stadt Wieliezka durch jüngere Bildungen die Karte, auf welcher das Vorkommen der betreffenden Neogenabsätze nicht ignorirt werden konnte, ohnehin nur schematisch, durch theilweise Vernachlässigung des Diluviums den Sachverhalt zu markiren im Stande war. Ich würde also bei einer blossen Kartenerläuterung gerade in diesem Falle auf einige dürftige Bemerkungen mich haben beschränken müssen, während Mancher doch vielleicht, wenn auch nicht ein ab- schliessendes Urtheil über die Sache, so doch eine Zusammenfassung der Meinungen in dieser Arbeit erwartet. Eine derartige Darstellung erscheint allerdings heute als keine leichte Aufgabe. Den verwickelten Verhältnissen des geologischen Baues in diesem Falle möglichst gerecht zu werden und gleichzeitig den Knoten der sich widersprechenden Anschauungen zu entwirren, den vielfach verschlungenen Wegen der verschiedenen Autoren nachzugehen, ohne dabei selbst in eine Sackgasse zu gerathen, bei alledem aber den zahl- reichen in der Literatur allenthalben zerstreuten Einzelangaben über mehr oder weniger erwähnenswerthe besondere 'Thhatsachen thunlichst zu folgen, ohne die Uebersichtlichkeit des Zusammenhanges der Schilderung zu verlieren, das wäre als das Ziel einer solchen Darstellung zu bezeichnen. Ich will diesen Versuch wagen, wenn auch nicht gerade mit der Zuversicht, von der man erst nach Beseitigung aller Zweifel und im Vollgefühl alle Schwierigkeiten bewältigen zu können, erfüllt ist. Ehe ich aber auf die Betrachtung der durch den Bergbau und durch die damit zusammenhängenden Arbeiten hergestellten unterirdischen Aufschlüsse eingehe, scheint es mir geboten, einige Worte über die oberflächlich siehtbaren Verhältnisse der Oertlichkeit vorauszuschicken. Der grösste Theil der Bergstadt Wieliezka liegt in einer Terrain- einsenkung, welche südlich von dem nahe gelegenen Karpathenrande bei Siereza und nördlich von einem niedrigen, von Bogueice gegen Kossocice zu verlaufenden Höhenzuge begrenzt wird. Der östliche, gegen Lednica gelegene Theil der Stadt steigt höher an, weil sich hier 19% 614 Dr. Emil Tietze. [192] eine den Karpathenrand mit jenem Höhenzuge verbindende Erhebung befindet. Die erwähnte Depression wird zumeist von Löss bedeckt. Der Löss in der Umgebung von Wieliezka hat früher die Reste diluvialer Säugethiere geliefert, wie denn z.B. Keferstein (Deutschland, 7. Bd., Weimar 1831, pag. 171) den Fund von Elephantenzähnen aus dem Lehm bei Wieliezka erwähnte. (Zeuschner [N. Jahrb. 1844, pag. 527] spricht aueh von Rhinoceronten und Landschnecken.) Der Karpathen- rand wird von eretacischen und alttertiären Bildungen zusammengesetzt, welche später eingehend besprochen werden sollen. Der Höhenzug aber nördlich der bewussten Depression wird von miocänen Sanden gebildet. Zunächst wird es nun von Wichtigkeit sein, die Bogueicer Sande, wie diese Sande von den neueren Autoren genannt werden, in ihrem Auftreten kennen zu lernen, theils um den räumlichen Anschluss an die früheren Schilderungen herzustellen, theils weil diese Sande bei fast allen Arbeiten über Wieliczka eine bedeutende Rolle spielen. Das Dorf Bogueice liegt, wie aus dem Voranstehenden schon ersichtlich, nördlich von Wieliezka und hier steigt jener vorgenannte Höhenzug etwa 30 bis 40 Meter über das Niveau des bei Turöwka, einem Vororte von Wieliezka, fliessenden kleinen Baches an. Bei dem Dorfe Bogueice selbst und weiter östlich und nordöstlich ist diese Er- hebung mit Löss bekleidet. Diese Bekleidung hält nördlich an bis gegen das Dorf Czarnachowice, wo aber in dem dortigen Hohlwege Spuren eines jedenfalls schon wieder tertiären Sandes unter dem Löss hervor- treten, woraus hervorgeht, dass im Allgemeinen der ganze Hügel aus besagtem Sande besteht. Dass der Sand im genannten Hohlwege that- sächlich tertiär und nicht mit den weiter nördlich entwickelten Diluvial- sanden zu vergleichen ist, scheint mir in diesem Falle mit einiger Wahrscheinlichkeit aus seiner Höhenlage hervorzugehen, durch welche er sich von den an den Hügel angelagerten Diluvialsanden abhebt. Westlich aber von Bogueice sind jedenfalls in ausgedehnterer Weise jene neogenen Sande entblösst, von denen hier die Rede ist. Der Sand ist grösstentheils lose, wird jedoch von etwas festeren Lagen unterbrochen. Bruchstücke von Kalkschalen sind schichtenweise ın grösserer Menge vorhanden. Das Material der in den oberen Partien der Entblössungen auftretenden, etwas festeren Sandsteinlagen ist, wie Niedzwiedzki (Beitrag zur Kenntniss der Salzformation von Wieliezka und Bochnia, sowie der an diese angrenzenden Gebirgsglieder, 1. Th., Lemberg 1883) betont, feinkörnig, während sich nach demselben Autor nach unten zu zusammenhängende Sandsteinlagen einstellen, deren Material viel gröber ist, als das der Sande. Bezüglich dieser letzten Angabe will ich bemerken, dass an einem Eisenbahneinschnitt der von Wieliezka nach Bierzanöw führenden Bahn grobkörnige, etwas conglomeratische Lagen aufgeschlossen sind, welchen röthliche Thonknollen eingebacken erscheinen. Da die Babn im Ganzen dem das Sandmassiv zwischen Turöwka und Kaim durchbrechenden Bache folgt, ist dieser Einschnitt allerdings ziemlich tief gelegen und entblösst demgemäss nicht eben die hangenderen Partien der ganzen Sandablagerung, allein es darf nicht übersehen werden, dass südlich von diesem Bahneinschnitt in den tiefen Schluchten bei der nach Krakau [193] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau, 615 führenden Strasse wieder ganz ähnliche Schichten auftreten, wie wir sie auf der Höhe kennen gelernt haben. Da nun das ganze Schichtensystem, von dem wir reden, eine nördliche Neigung besitzt, so ist klar, dass die Conglomerate am Bahneinschnitt mit ihrem von dem des gewöhn- lichen Sandes abweichenden Material nicht die liegendsten Partien der ganzen Bildung vorstellen können. Die nördliche Neigung der insbesondere auch durch das Auftreten der genannten Zwischenlagen deutlich geschichteten Sande ist bereits in dem von Fötterle (Verh.d. geol. R.-A. 1868, pag. 421) gezeichneten Durchschnitt von Wieliezka angegeben worden, wenngleich mit viel zu starkem Fallwinkel, wie denn überhaupt dieser Durchschnitt den that- sächlichen Verhältnissen wenig entspricht. Niedzwiedzki hat dagegen vollkommen Recht, wenn er die Neigung der betreffenden Sandlagen als unter 5 Grad betragend angibt. Diese Neigung ist aber völlig aus- reichend, um bei der nördlich vorgeschobenen Lage jener am Eisen- bahndurchstich entblössten Conglomerate den letzteren einen Platz in der besprochenen Schichtenreihe anzuweisen, der nicht mehr innerhalb der liegendsten Theile dieser Reihe sich befindet. Das Alter der Bogueicer Sande ist durch die hier wie in der westlichen Fortsetzung derselben bei Kossocice gefundenen Versteine- rungen genügend als das der miocänen Mediterranstufe bestimmbar gewesen. Bereits Pusch, der doch sonst über Wieliezka höchst irr- thümliche Ansichten besass, hat wenigstens das tertiäre Alter gerade dieser Absätze richtig erkannt (Geologie von Polen, 2. Theil, pag. 158). Auch Lill v. Lilienbach (Ein Durchschnitt aus den Alpen mit Hindeutungen auf die Karpathen. Neues Jahrbuch 1830, pag. 206) bezeichnet schon die aus Sanden und Sandsteinen bestehenden muschel- führenden Bildungen bei Wieliezka als tertiär und führt eine Reihe von Gattungsbestimmungen an, welche in ihrer Zusammenstellung dieser Deutung entsprechen. Nach Reuss (Die fossile Fauna der Steinsalzablagerungen von Wieliezka. Sitzungsberichte der mathematisch-naturwissenschaftlichen Classe der Akad. d. Wissensch. Wien 1867, 45. Band, pag. 25) liessen sich unter jenen Versteinerungen , welche sich besonders in den Sand- steinen finden, Pecten flabelliformis Brocchi, Steinkerne von Pectunculus und ungefaltete Deckelschalen einer Auster erkennen, wonach die be- treffenden Schichten von genanntem Autor dem Leithakalk gleich- gestellt wurden. Niedzwiedzki gibt (l. c. pag. 31) das Vorkommen folgender Arten an: Cerithium lignitarum Eichwald, Turritella Archimedis M. Hörnes, Monodonta angulata Eichw., Natica helicina Broccht, Cor- bula gibba, Oliv., Fectunculus pilosus Linn., Pecten Besseri Andrz., Pecten elegans Andrz., Ostrea digitalina Dub., Ostrea Leopolitana Niedzw. Die Sande, von welchen hier die Rede ist, ziehen sich westlich bis in die Gegend von Rzaka und Rajsko fort. Südlich von Rzaka und nördlich von Baryez befinden sich bewaldete, etwas höhere Hügel, welche aus denselben bestehen. Die besten Aufschlüsse sieht man in der Schlucht, welche zwischen den letztgenannten beiden Dörfern die Hügel durehsehneidet. Es gibt dort nicht blos Sande, sondern auch Sand- steine mit sandigschieferigen Zwischenlagen. Auch Conchylien kommen daselbst vor. Unsicher aber erscheint die Angabe von Pusch (Journ. 616 Dr. Emil Tietze. [194] de geol. II. Paris, 1830, pag. 246), der sogar Elephantenzähne von hier erwähnt. Diese stammen wohl aus dem nahen Diluvium. Während die Höhe von Kossoeice, obschon augenscheinlich im Innern von denselben Sanden gebildet, ganz von Löss bedeckt wird, treten, wie schon im Abschnitt über Swoszowice erwähnt, die Sande bei Rajsko wieder an die Oberfläche. Festere Lagen eines kalkigen Sandsteines sind hier den Sanden eingeschaltet und bedingen, wie Niedzwiedzki vermuthet, durch ihre grössere Widerstandsfähigkeit die Conservirung der genannten Erhebung über der Umgebung. Auch dort kommen Bruchstücke von Austern- und Pectenschalen vor. Die Mächtigkeit der Sande ist hier am grössten und beträgt, wie Niedz- wiedzki zutreffend ausrechnet, nahezu 70 Meter. Dagegen kann ich mit dem genannten Autor nicht übereinstimmen, wenn er die weiter nördlich bei Piaski bis Wola duchacka ausge- breiteten Diluvialsande noch den Neogensanden von Rajsko und Bogueice zurechnet, da diese Sande von Piaski augenscheinlich mit den Sanden von Bierzanöw und Klaj zusammenhängen, welche durch das Vorkommen nordischer Geschiebeelemente sicher als der Quartärzeit angehörig erwiesen sind. Dass die Sande von Bogueice und Rajsko das Hangende der Salzformation von Wieliczka und der schwefelführenden Thone von Swoszowice bilden, ist an und für sich von Niemandem bezweifelt worden, der jene Punkte aus eigener Anschauung kennen gelernt hat. Wer den Steilrand der betreffenden Schichten bei Bogueice sieht mit seinen gegen Süden zu abgeschnittenen Schichtenköpfen, wird sich sogar der Auffassung nicht entschlagen können, dass diese Schichten einst weiter nach Süden über das von der Stadt und den Gruben einge- nommene Gebiet wenigstens theilweise sich erstreckt haben, ähnlich wie die entsprechenden Sande bei Raisko noch heute über die Mergel von Swoszowice hinweg bis nahe an den Rand der älteren karpathischen Bildungen heranreichen. Durch Denudation sind dann die südlicher gelegen gewesenen Sandpartien entfernt worden. Von den Autoren, die über Wieliezka geschrieben haben, hat auch meines Wissens nur PoSepny die Möglichkeit im Auge gehabt, dass die Bogueicer Sande das Liegende der salzführenden Schichten bilden könnten (vergl. Zur Genesis der Salzablagerungen. Sitzb. d. mathematisch - naturwissenschaftlichen Classe d. Akad. d. Wissensch. Wien 1877, 1. Abth., 76 Bd., pag. 210). Er meinte sie mit den Sanden dentifieiren zu dürfen, welche bei dem bekannten Wassereinbruch vom Jahre 1868 in der Tiefe der Grube im sogenannten Kloskischlage ange- | troffen und welche als Liegendsande gedeutet wurden. In der weiteren Verfolgung dieser Ideen erschienen dann Herrn Posepny die salz- führenden Ablagerungen selbst jünger als mediterran. Er glaubte für sie das Alter der sarmatischen Stufe in Anspruch nehmen zu dürfen. Die Widersprüche, welche in den Ansichten über Wieliezka herrschen, spiegeln sich eben, wie ich vorgreifend bemerke, höchst bezeichnender Weise schon in der verschiedenen Auffassung der Bogu- cicer Sande und ihres Verhältnisses zu den Sanden des Kloskischlags wieder. Fötterle (l. e.) hat gleich PoSepny die in jenem Querschlag angetroffenen Sande mit dem Sande von Bogueice identifieirt, sie aber [195] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 617 als Hangend- und nicht als Liegendsande betrachtet. Er musste deshalb consequenter Weise ein viel steileres Nordfallen des Bogueicer Sandes annehmen als dies der in der Natur thatsächlich beobachtbaren flachen Lagerung desselben entspricht. Bei der Tiefe des Kloskischlages und seiner gegenüber den Bogueicer Sanden noch immer südlichen Lage hätte sogar die Annahme eines eher südlich als nördlich gerichteten steilen Einfallens der bewussten Sande dem Gedankengange Fötterle’s nichts geschadet. Aehnlich wie Posepny hat dagegen Paul (Jahrb. geol. R. A. 1830) die Sande des Kloskischlages als Liegendsande, die Bogueicer Sande indessen ähnlich wie Fötterle als Hangend- sande gedeutet, ohne jedoch ein steiles Fallen derselben zu behaupten. Die Trennung beider Complexe ist deshalb Paul’s Verdienst. Niedz- wiedzki endlich hat die Sande des Kloskischlages mit den Bildungen im direeten Liegenden der Bogueicer Sande verglichen und in seiner Arbeit den Wassereinbruch das einemal aus dem Hangenden, das anderemal aus der veränderten Fortsetzung des Salz- gebirges abgeleitet. Diese summarische Aufzählung markanter Meinungsdifferenzen, bei welchen der Sand von Bogueice eine wichtige Rolle spielt, mag es nunmehr erst recht begründet und natürlich erscheinen lassen, dass ich die Besprechung dieses Sandes anderen Auseinandersetzungen über die Salzformation von Wieliezka vorangestellt habe. Zur Aufklärung muss aber hier noch gesagt werden, dass PoSepny seine Meinung von dem Zusammenhange der Bogueicer Sande mit den Sanden des Kloskischlages nur hypothetisch und, obwohl er Wieliezka einen kurzen Besuch machte, sicher nicht auf Grund eigenen Augen- scheines ausgesprochen hat, vielmehr selbst hervorhebt, dass ihm hierzu die Zeit mangelte. Ein so geübter Montangeologe wie er, hätte sonst gewiss die Sachlage erkannt, und es soll ihm deshalb Aus einer blossen mit allen Cautelen ausgestatteten Vermuthung kein Vorwurf gemacht werden, wenn auch der Vollständigkeit unserer Darstellung wegen auf diese Vermuthung eingegangen werden durfte. Von Interesse sind nun gewisse, grösstentheils bei Bohrungen und Brunnengrabungen gemachte Erhebungen und die diesfalls von Niedzwiedzki gegebenen Mittheilungen über die Zusammensetzung des Gebirges zunächst unter den Bogueicer Sanden. Diese Angaben beziehen sich besonders auf die Gegend knapp südlich von der durch jene Sande gebildeten Anhöhe (Niedzwiedzki, ]. ec. pag. 31—34). Bei dem Hügelvorsprunge gegenüber dem Bahnwächterhause Nr. 3 a, bei dem scharfen Umbuge der Bahn aus der westlichen in die nördliche Richtung nahm der genannte Autor etwa 6 Meter oberhalb der Bahn- trace eine gegen 2 Meter mächtige graue Thonlage wahr, welche dort den Sandschichten eingeschaltet ist. Diese Lage scheint sich gegen Bogueice zu auszukeilen, stellt aber eine erste Andeutung der Thon- schichten vor, die sonst nach unten die bewussten Sande theilweise ablösen, und welche bei den zu Wieliezka gehörigen Häusern oberhalb des Reformatenklosters gelegentlich von Brunnengrabungen in Verbindung mit Sanden getroffen wurden. Bohrungen (ich folge hier immer den Angaben Niedzwiedzkis) sind im Jahre 1879 auf dem Terrain oberhalb des Grubenquerschlages 613 Dr. Emil Tietze. [196] Kloski vorgenommen worden. Die eine derselben, ausgeführt an der Lehne unterhalb des Friedhofes an einer Stelle von ungefähr 250 Meter absoluter Höhe, traf unter einer gegen 10 Meter starken Lage gelblichen Lehms (vermuthlich Löss) zuerst 5'3 Meter bläulichgrauen, ziemlich plastischen Thon, dann einen 4 Meter mächtigen sandigen Thon, weiters eine dünne Schichte bläulichgrauen Thons und schliesslich wiederum einen stark sandigen Thon, der bis an’s Ende der im Ganzen 38 Meter tiefen Bohrung anhielt. Die gleichzeitig an etwas südlicheren und oro- graphisch etwas tieferen Oberflächenpunkten ausgeführten Bohrungen er- gaben eine Auskeilung sandiger Lagen innerhalb sandfreier Schichten in der Richtung nach Süd und Ost. Wieder eine andere Bohrung hinter dem Hause, in welchem sich zur Zeit die Apotheke befindet, erreichte in einer Tiefe von 15 Meter Thon mit Gypsbrocken und Hrdina gab in seiner Geschichte der Wieliezkaer Saline (Wien 1342, pag. 173) an, dass beim Abteufen des Schachtes Joseph im Jahre 1790 ein aschgrauer Mergei mit faserigem Gyps als Hangendes des Salzgebirges angetroffen wurde. Niedzwiedzki bemerkt nun, dass sich bei jenen Bohrungen und Grabungen sichere Anzeichen irgend einer ausgeprägten Fallrichtung nicht ergeben haben, und es ist auch thatsächlich anzunehmen, dass die Lagerung der Schichten, insbesondere in der Gegend der am Fusse der aus Bogueicer Sanden zusammengesetzten Hügel eine so gut wie flache ist, einmal weil die in unmittelbarer Nähe entwickelten Sande selbst nur eine schwache nördliche Neigung besitzen und zweitens weil bei der weiter südlich in der Salzformation selbst zur Geltung kommenden Südneigung eine, wenn auch vielleicht nur schmale Zone der flachen Lagerung zwischen den entgegengesetzten Fallrichtungen durchaus wahrscheinlich ist. Im Hinblick auf dieses Verhältniss und auf die evident höhere Lage der Hauptmasse der Bogueicer Sande kann man Niedzwiedzki beistimmen, wenn er wenigstens die unteren Partien jener Thone als Liegendes der genannten Sande auffasst und andererseits auch die Möglichkeit im Auge behält, dass dieoberen Partien derselben Thone eine veränderte, durch Uebergänge und Ineinandergreifen mit den Sanden ver- mittelte Facies der letzteren sein können. Nur darf man nicht glauben, damit ein bestimmtes stratigraphisches Niveau von mehr als streng localer Bedeutung erkannt zu haben, denn wenn auch bei Kossocice und Rajsko die Sande gleichfalls über thonigen Bildungen auftreten, so erinnere ich doch andererseits sowohl an das von mir bei Skotniki con- statirte umgekehrte Verhältniss, wonach dort Gypse mit Thonen, die den Swoszowicer Mergeln ähneln, über einer Sandbank ruhen, als auch an die innige Verknüpfung des Bogucicer Sandes mit seinen Liegend- thonen, wie wir sie an der Hand der von Niedzwiedzki gesam- melten Angaben soeben kennen gelernt haben. Auch darf nicht ausser Acht gelassen werden, dass die Thone selbst an verschiedenen Orten ihres Auftretens ungleich tief nach abwärts greifen und demgemäss auch der eigentlichen Salzformation gegenüber nicht die Bedeutung eines bestimmten überlagernden Horizontes mit sich stets gleich blei- bender Bedeutung besitzen, wie wir das sogleich noch näher ausführen werden. [197] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 619 Es hat nun Niedzwiedzki die mit Schwefellagern verbundenen Thone von Swoszowice den Thonen im nächsten Liegenden des Bogu- eicer Sandes gleichgestellt (]. e. pag. 34 oben). Ich kann mich mit dieser Anschauung auch befreunden, aber nur so weit sie nicht auf die Ge- sammıitheit der Swoszowicer T’hone ausgedehnt, sondern auf deren obere Partien beschränkt wird. Zur Unterstützung dieser selben Ansicht könnte man ja sogar noch anführen, dass auch in Ostgalizien Schwefel in den hangenderen Partien der Salzformation über der Hauptmasse des Salzthons auftritt (vergl. Berg- und Hüttenm. Zeitschr. Wien 1887, Nr. 5 über Dzwiniacz und Verh. d. geol. Reichsanst. 1887, Nr. 15 über Truskawiec), aber man darf nicht übersehen, dass Salzthon und Salzthon oft schon bei nahe von einander gelegenen Localitäten Dinge von etwas verschiedener Bedeutung sind, wie dies eben auch für Wieliezka und Swoszowice behauptet werden darf, wo dementsprechend auch die den Salzthon zunächst bedeckenden Gebilde eine wechselnde Bedeutung besitzen. Kommt ja doch zu Wieliezka selbst, wie später noch angeführt werden soll, Schwefel vor, aber in der Salzformation selbst und nicht in den dieselbe bedeckenden Schichten. Wir wollen nunmehr zu der Beschreibung der Salzlagerstätte selbst übergehen, nach welcher Darstellung dann auch die eben gemachten Andeutungen verständlicher werden dürften, als sie dies nach einer zum Theil der Entwicklung unseres Gegenstandes vorgreifenden Aus- einandersetzung sein können. Wenn ich auf der Karte nur die an der Oberfläche sichtbaren Ausbisse der Salzformation von Wieliezka hätte verzeichnen wollen, dann hätte ich, wie schon früher angedeutet, bei dem Fehlen solcher Ausbisse die Einzeichnung der ganzen Formation überhaupt unterlassen müssen. Es wäre aber doch misslich gewesen, eine so wichtige Ab- lagerung von der kartographischen Darstellung ganz auszuschliessen und deshalb habe ich mich nicht gescheut, hier ähnlich wie in einigen früher berührten Fällen (z. B. beim braunen Jura von Grojee unweit Alwernia oder bei der Kohlenformation von Maniska) eine kleine In- consequenz zu begehen und die Ausdehnung der Salzformation ungefähr soweit ersichtlich zu machen, als dieselbe unterirdisch durch den Gruben- bau aufgeschlossen ist, indem im Uebrigen im Bereich der weiteren Fortsetzung der bewussten Formation die Oberfläche mit der Farbe der dort thatsächlich sichtbaren diluvialen Bildungen (des Löss) bezeichnet wurde, sofern nicht in besonderen Fällen (wie in der Gegend von Kossocice) wieder ein Abweichen von diesem Vorgange motivirt erschien. Die Längenausdehnung des ganzen unter der Stadt sich hin- ‘ziehenden Grubenbaues in östlicher Richtung beträgt, wie bereits Niedzwiedzki ausspricht (l. e. pag. 83) beinahe 3°6 Kilometer, die Breite in der Mitte bis über 0'8 Kilometer. „Was die Ausdehnung in die Tiefe anbetrifft“ (ich fahre hier mit den Worten Niedzwiedzki's fort), „so bewegt sich der Bergbau in 7 Haupthorizonten, welche in der Reihenfolge von oben an aufgezählt: Bono (I), August (I), Franz (III), Albrecht (IV), Rittinger (V), Jahrbuch der k.k. geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Bd. 3. Heft. (Dr. Emil Tietze.) 80 620 Dr. Emil Tietze. [198] Oesterreich (VD) und Regis (VII) heissen. !) Der oberste davon hat eine mittlere Tiefe von 60 Meter, der untere eine solche von 245 Meter unter dem Tagkranze des im Ganzen 254 Meter tiefen Franz Joseph- Schachtes, welchem Tagkranze eine Höhe von 235 Meter über dem Meere zukommt. Der Sumpf des zwischen dem Elisabeth- und dem Josephschachte gelegenen Grubenschachtes Austryak liegt als absolut tiefster Punkt des ganzen Grubenbaues 286 Meter unter dem Tagkranze des Franz Josephschachtes, demnach 51 Meter unter dem Meere.“ 2) Durch diese Angaben mag eine ausreichende Vorstellung von der Ausdehnung des berühmten Bergwerkes vermittelt werden, dessen zum Theil immense Hohlräume (Kammern genannt) ?), dessen unterirdischer salziger See, dessen in Steinsalz ausgehauene Betkapellen u. s. w. stets von den Reisenden bewundert werden,. namentlich wenn eine glänzende Beleuchtung der verschiedenen Räume, wie sie bei gewissen Anlässen stattfindet, für den solchen Anblickes ungewohnten Beschauer den Eindruck des Ganzen zu dem einer fremdartigen Feenwelt macht. Die Gesteine, welche in diesem Bergbau angetroffen werden und namentlich auch die verschiedenen Ausbildungsweisen des Salzes haben von den Bergleuten, welche ein für oft kleinere Unterschiede der be- wussten Gebirgsarten durch Uebung sehr geschärftes Auge erlangt baben und denen natürlich auch im Interesse des Abbaues selbst daran gelegen ist, solchen Verschiedenheiten, die theilweise mit den Lagerungs- verhältnissen zusammenhängen, zu folgen, zahlreiche Namen erhalten. Schon Hacquet (Phys.-polit. Reisen. 4. Th. Nürnberg 1796, pag. 85 u. s. w.) hat eine Anzahl solcher Namen publieirt. Besonders vollständig ist aber die darauf bezügliche Zusammenstellung Hrdina’s, dem ich in den folgenden Zeilen vornehmlich folge. Doch kann auch Zeuschner (Geogn. Beschreibung des Salzlagers v. Wieliezka. N. Jahrbuch, 1844) dabei verglichen werden. Das ziemlich reine Szybiker Salz ist grobkömig und von weisslichgrauer Farbe. Seine Verunreinigungen betragen nach Niedzwiedzki (l. e. pag. 86) unter ein Procent, nach Hrdina (l. ce. pag. 108) höchstens 1!', Procent und bestehen vorwiegend aus Gyps und Thon. Sie sind für das Auge nicht wahrnehmbar. Der Name kommt nach Hrdina’s einleuchtender Erklärung von szybikowa söl (Schacht- salz) her, da dasselbe zu der Zeit, als der anfangs auf die oberen Mittel beschränkte Bergbau tiefer ging, an der Basis der Schächte ge- funden und abgebaut wurde. Das Spizasalz ist mittel- bis klein- krystallinisch. „Sehr charakteristisch“ (vergl. Niedzwiedzki, l. e.), „sind für diese Salzvarietät seine wenn auch in wechselnder Menge, so doch fast immer in recht gleichmässiger Weise als einzelne Körnchen oder Stäubchen vertheilten Beimengungen, welche an dünneren Stellen der . !) Die bei den Bergleuten übliche Nummerirung der Horizonte ist nicht genau dieselbe, insofern einer der obersten Horizonte nicht besonders als Haupthorizont gezählt wird. In diesem Sinne gilt z. B. der Rittinger Horizont als vierter und nicht als fünfter Haupthorizont. ?) Zu einem ähnlichen Resultat über die Tiefe des Bergbaues unter dem Meeres- spiegel gelangte bereits Beudant (Journal dephysique. 1819, 88. Bd,, pag. 322, vergl. auch Keferstein’s Teutschland, 2. Bd., Weimar 1822, pag. 169). ®) Ihrer Grösse wegen besonders erwähnenswerth ist die Kammer Michalowitz. [199] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 621 durchscheinenden lichtgraulichen Salzmasse als opake Punkte hervor- treten. Den bei Weitem vorwiegenden Theil dieser Verunreinigungen des Spizasalzes bilden abgerundete Quarzkörner; diesen gesellen sich aber nicht selten auch noch organische Kalkschalen — winzige ganze und Detritus von grösseren — hinzu, sowie bis ein paar Millimeter breite, wie abgerollt aussehende schwarzgraue Scheibehen, wahrschein- lich Detritus eines T'hongesteines.“ Den Namen hat man von dem spiessigen, splitterigen Bruche dieses Salzes herleiten wollen. Hrdina (l. e. pag. 105) mag aber Recht haben, wenn er meint, dass in Wieliezka eingewanderte Zipser Bergleute (Spiski Gormiei oder auch Görmieci ze Spisa) dieses Salz entdeckten, welches dann nach ihnen benannt wurde. Das grosskrystallinische Grünsalz hat seinen Namen von der Farbe und ist in seinen Beimengungen namentlich in den oberen Mitteln mehr thonig als sandig. Kugeliger Gyps oder Anhydrit findet sich ein- gesprengt und manchmal kommen in demselben auch Geschiebe von Sandstein, Kalkstein, Mergel, nach Hrdina (l. c. pag. 100) sogar von Granit vor.‘) Durch Zunahme fremder Bestandtheile und namentlich der thonigen Massen geht dieses Salz oft in regelmässiger Begrenzung in taubes Gestein über. Das sind die drei Hauptarten des Salzes, deren Kenntniss für die Lagerungsverhältnisse der ganzen Formation wichtig ist. Ausserdem gibt es verschiedene Abarten des Salzvorkommens. Das Krystallsalz (oczkowata) kommt sowohl mit dem Szybiker als mit dem Grünsalz vor, weil diese groben krystallinischen Varietäten naturgemäss zur Ausscheidung grösserer Krystalle disponirt sind. Im Museum der geologischen Reichsanstalt befinden sich an einer seiner Zeit für die Wiener Weltausstellung von 1373 bestimmten, später in das Eigenthum der Reichsanstalt übergegangenen grossen Salz- pyramide solche Würfelkrystalle von besonderer Reinheit und Grösse (zum Theil von über 20 Centimeter Seitenlänge) angebracht. 'Dieselben bilden eine zusammengewachsene Gruppe und stammen aus der Grotte Erzherzogin Gisela. Uebrigens sprach bereits Zeuschner (Neues Jahrb. 1833, pag.58) von Salzkrystallen (Hexaedern mit abgestumpften Eeken), welche er in Drusenräumen des Grünsalzes frei gewachsen beobachtet hat. Diese Drusenräume hatten die Ausdehnung einiger Cubikfusse und waren von unregelmässig runder Form. Das Adlersalz istein durchsichtiges weisses kleinkörniges Krystall- salz, welches als Kluftausfüllung im Bereich der Szybiker Salzlager vor- kommt und für den Hof und Adel Polens gewonnen wurde, weshalb die Tonnen, in die man es verpackte, mit dem polnischen Adler bezeichnet wurden. Mohnsalz (Makowica) und Samensalz (Siemlarka) sind Abarten des Spizasalzes, welche ihrer Unreinheit wegen nicht abbauwürdig sind. Den Stücken des ersteren geben Sand- und Steinkohlenkörner ein Aus- !) Auch Zeuschner gedenkt (Neues Jahrb. 1844, pag. 529) des Vorkommens abgerundeter Stücke von Granit im Salzgebirge, und zwar im Neubau Seeling. Er beschreibt diesen Granit als aus weissem grobkörnigen Feldspath, silberweissem Glimmer und gemeinem Quarz bestehend. Es ist dies ein Mineralgemenge, welches mir auch aus den altkrystallinischen Gesteinen der exotischen Blöcke des benachbarten Karpathen- randes bekannt ist. 80* 622 Dr. Emil Tietze. [200] sehen, als wenn sie mit Mohn bestreut wären; das zweite zeigt sich aus Salzkörnern gebildet, welche „den Körnern des Hanfsamens ähnlich“ sind und ist durch Thon verunreinigt. Ebenfalls mit dem Spizasalze, aber mehr gegen die Nähe des (tieferen) Szybiker Salzes zu, kommt das Perlsalz (Jarka) als graue oder gelbliche Kluftausfüllung vor. Stücke davon zerfallen bei einem Hammerschlage in runde perlenähnliche Körner. Als Büschelsalz bezeichnet man gewisse Efflorescenzen der Salzthone, und Kothsalz (Btotnik) heisst ein Gemenge von Salz mit vielem Thon. Es geht in den sogenannten Zuber über. Eissalz heisst eine milchweisse Abänderung des Grünsalzes und Knistersalz (trzaskoca oder trzaskajaca söl) ist eine bituminöse Varietät ebenfalls des Grünsalzes, welche durch Reibung mit harten Körpern oder durch Auflösung in Wasser zum Knistern und zu kleinen Explosionen gebracht werden kann. Das Vorkommen desselben ist ein beschränktes, nichtsdestoweniger aber interessantes. Keferstein hat demselben eine besondere Mittheilung gewidmet (Schweigger-Seidel, Jahrb. d. Physik, 1830, 29 Bd., pag. 252) und Heinrich Rose (Poggendorf’s Annalen, 48. Bd., pag. 351) hat eine genauere Untersuchung darüber an- gestellt. Er fand, dass ein Loth desselben einen Cubikcentimeter compri- mirten Gases enthält, welches aus Wasserstoff, Kohlenoxyd und vornehmlich aus Sumpfgas, also Kohlenwasserstoff zusammengesetzt ist. Auch Bou& schrieb über dieses Vorkommen (Sur le sel deer&pitant de la Galicie. Journ. de geologie. Paris 1830, pag. 98), welches nicht minder von Zeuschner (Neues Jahrb. 1844, pag. 520) besonders hervorgehoben wurde. Dieser Gehalt von Kohlenwasserstoff, welcher dem oft bitumi- nösen Salzgebirge zuweilen eigen ist, und der beim Knistersalze nur gewisser sonderbarer Erscheinungen wegen besondere Aufmerksam- keit erregt, erscheint bei den Beziehungen, die sich fast in allen Petroleumgegenden zwischen Salz und Kohlenwasserstoff ergeben !), von theoretischer Wichtigkeit. Bei dieser Gelegenheit mag deshalb erwähnt werden, dass, wie Zeuscehner angibt (Neues Jahrb. 1844, pag. 535) die Luft in der Grube bisweilen durch aus dem Steinsalz ausströmende Kohlenwasserstoffgase verdorben wird. Es geschieht das zum Glück selten. „Bei Oeffnung von Spalten treten aber gewöhnlich sehr be- deutende Quantitäten von Gas hervor, die mit der Zeit sich verlieren.“ Diese Erscheinung ist schon lange bekannt. Bereits Guettard in seinem Memoire sur la mine de sel de Wieliezka (M&m. de l’acad. Paris 1762) hat davon berichtet. Keferstein (Teutschland, 7. Bd., pag. 168) spricht davon und auch Pusch (Geologie von Polen, 2. Th., pag. 125) hat diese Erscheinung gekannt, betont indessen, dass sie nicht häufig sei und mit den ähnlichen Phänomenen in den Marmaroscher Salzgruben verglichen werden könne. Dort sei der Gaszufluss aller- dings ein so constanter, dass er bei Szlatina zur Beleuchtung der Grube verwendet werden könne. Abgebaut werden nur solche Salzmassen, deren Verunreinigung nicht über 4 Procent beträgt. Es ergibt sich daraus, dass ziemlich bedeutende Mengen des Salzreichthums hier vorläufig unbenützt bleiben. ') Das Wasser aller Petroleumschächte ist salzhältig. [201] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 623 Wollte man Laugwerke einrichten, so könnte die Saline für eine be- deutend längere Zeit ausreichen, als dies jetzt in Aussicht zu nehmen ist. Da es aber in Galizien an solehen Laugwerken anderenorts nicht fehlt, es vielmehr gerade darauf ankommt, durch einige der betreffenden Salzbergwerke auch den Gewinn fester Stücke zu betreiben, so ist die Auslaugung der Wieliezkaer Salzmassen wenigstens vorläufig nicht in Aussicht zu nehmen. Von den übrigen Gesteinen, welche mit den hier erwähnten Salz- arten verbunden vorkommen, ist zuerst der meist graueSalzthon (Halda) zu nennen, welcher durch wechselnde Beimengungen von Sand, Glimmer- schüppehen (häufig Gypsschüppchen) und Steinsalz ausgezeichnet ist. Letzteres ist aber nicht immer als Gemengtheil vorhanden, hier ebenso- wenig wie in den entsprechenden Bildungen Ostgaliziens, wo übrigens auch, sofern dieselben an der Oberfläche anstehen, was bei Wieliezka wenig der Fall ist, die Auslaugung durch die Atmosphärilien jenen Gehalt entfernt haben mag. Salzmergel nennt Niedzwiedzki eine mit Säuren brausende Abart des Salzthons. Insbesondere werden auch die braunrothen und srünlichen Partien der Thone (l. ec. pag. 99) als Mergel bezeichnet. Den Namen Zuber gebraucht man für ein Mischgestein von Thon und Salz, welches Niedzwiedzki nicht unpassend auch Salz- brocekenthon nennt. Durch Verschwinden der Steinsalzbrocken geht der Zuber in gewöhnlichen Salzthon über, während er andererseits den Uebergang in das Steinsalz, und zwar vornehmlich in das Grünsalz vermittelt, in dessen Nachbarschaft er vorzukommen pflest. Salzsandstein nennt Niedzwiedzki (l. c. pag. 85) einen in der unteren Abtheilung des Gebirges vorkommenden Sandstein, dessen Bindemittel Steinsalz ist. Das Vorkommen desselben ist ganz zweifellos. Wenn dagegen derselbe Autor behauptet, dass die früheren Angaben von Pusch (Beschreibung von Polen, 2. Theil, pag.635) und Hrdina (l. e. pag. 96 und 134) über das Vorkommen anderer mehr gewöhn- lieher Sandsteine im Bereich der Salzformation irrthümlich seien, so möchte ich ihm darin nicht beipflichten. Es geht hier wohl ähnlich wie mit dem Salzthon, der ja auch nicht überall einen gleich starken Gehalt an Salz besitzt. Ausser diesen Gesteinen kommen, wie in einer Salzablagerung selbstverständlich ist, auch Gypse und Anhydrite vor, welche stellenweise mehr oder weniger mit Thon verunreinigt oder verbunden sind. Der mit dem Salzthon der Szybiker Salze vorkommende Gyps ist von bandartig verworrener oder auch nierenförmiger Structur und wird Bandgyps oder Gekrösstein (pierre de trippes) genannt. Endlich wäre noch eines theoretisch nicht unwichtigen petro- graphischen oder mineralogischen Factums zu gedenken, nämlich des Vorkommens von Schwefel im oberen Theil der Salzformation, dessen bereitsLillv. Lilienbach (Jahrb. von Leonh. und Br. 1830, pag. 204) gedenkt und den Hrdina (l. ce. pag. 136) im Neubau Seeling aus- drücklich anführt. (Vergl. auch Zeuschner, Neues Jahrb. 1844, pag. 529.) Von den meisten der hier aufgeführten Gesteinsarten, insbeson- dere von den verschiedenen Varietäten des Salzes konnte ich Proben 624 Dr, Emil Tietze. [202] nach Wien bringen, deren Bestimmung der jüngst verstorbene, als Markscheider höchst ausgezeichnete und auch sonst vortreftliche Kenner der dortigen Grube, Bergrati Leo Schreiter vorzunehmen so freundlich war. Was nun die Lagerungsverhältnisse der soeben genannten Gesteine anlangt,, so kann man mit Niedzwiedzki (l. ec. pag. 55 und später pag. 84 ete.), der sich hier im Wesentlichen in Uebereinstimmung mit früheren Autoren, wie Paul und Hrdina und mit den herrschenden Anschauungen der in Wieliezka thätigen Montanbeamten befindet, in dem ganzen Salzgebirge zwei Hauptabtheilungen unterscheiden. Niedzwiedzki hat dieselben gut und mit besonderem Nachdruck präeisirt. Die untere Abtheilung umfasst demgemäss das geschichtete Salzgebirge, dem die flötzförmig entwickelten Bildungen des Szy- byker und Spizasalzes angehören, die obere Abtheilung ist undeutlich oder gar nicht geschichtet. Ihr gehört die überwiegende Masse des Grünsalzes an, welches in mächtigen, mehr oder minder unregelmässig begrenzten Gebilden, den sogenannten Grünsalzkörpern auftritt, deren Abbau in erster Linie zu den bereits erwähnten grossartigen Hohl- räumen oder Kammern Veranlassung gab, welche das Innere des dortigen Bergbaues so besonders auszeichnen und sein Aussehen von dem eines gewöhnlichen Flötzbergbaues einigermassen abweichend ge- stalten. Man hat deshalb diese obere Abtheilung auch bisher stets das Grünsalzgebirge genannt, welchen Namen Niedzwiedzki, weil das Vorkommen dieser Salzart nicht absolut auf die oberen Regionen beschränkt bleibt, durch das Wort Salztrümmergebirge zu er- setzen versucht hat. Die Mächtigkeit der einzelnen Glieder, insbesondere des Grünsalz- gebirges und der im Hangenden desselben entwickelten, dem unmittel- baren Liegenden des Sandes von Bogueice entsprechenden zumeist tauben Absätze mag im Verein mit den früher beigebrachten Angaben über die Tiefe des Bergbaues überhaupt durch folgende Zahlen an- schaulich gemacht werden, bei welchen allerdings auf die Neigung der Schichten keine Rücksicht genommen ist, insofern speciell im Grün- salzgebirge eine solche Neigung bei der verworren unregelmässigen Art seines Auftretens nicht direet beobachtet werden kann. Es liegt der Tagkranz des Schachtes Joseph 249. 673 Meter über dem Meeresspiegel der Ostsee. Das Grünsalzgebirge wurde daselbst in ungefähr 200 Meter Seehöhe angefahren, so dass die Mächtigkeit der über demselben vorhandenen Massen für die Schiehtabteufung in runder Ziffer 50 Meter betrug. Das geschichtete Salzgebirge wurde mit dem- selben Schachte in 109. 235 Meter Seehöhe erreicht, so dass das Grün- salzgebirge hier eine Dicke von ungefähr 90 Meter aufwies. Der Tagschacht Franeisei liegt 241. 761 Meter über der Ostsee. Das Grünsalzgebirge wurde hier in 209. 631 Meter über dem Meere erreicht. Die Stärke der im Hangenden desselben vorhandenen Partien betrug also nur etwa 32 Meter. Das geschichtete Salzgebirge aber wurde dabei in 180. 185 Meter Seehöhe erreicht. Die Mächtigkeit des Grünsalzgebirges bezifferte sich also auf etwas weniger als 30 Meter. 1203] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 625 Nach Hrdina (l.c. pag. 159) wurde beim Abteufen des Schachtes Daniefowiez ein Grünsalzkörper bereits in 12 Klafter, also weniger als 24 Meter Tiefe erreicht. Die hier erwähnten drei Schächte sind derart angeführt, dass der zuletzt genannte der östlichste und der zuerst genannte der westlichste unter denselben ist. Es ergibt sich bereits aus dieser Zusammenstellung die von den Montanisten in Wieliezka stets betonte Thatsache, dass das Salzgebirge als solches mit seinen productiven Mitteln nach Westen hin sich senkt. Dass diese Senkung nicht ausschliesslich von den Einfallsverhältnissen der Formation abhängt, wird sogleich gesagt werden. Niedzwiedzki, der sich (l. e. pag. 112) auf den Umstand beruft, dass die von dem ersten, stellenweise weniger als 60 Meter tiefen Horizont der Grube zurückgebliebenen Kammern manchmal ziemlich hoch über diesen Horizont hinaufreichen, hat also Recht, wenn er der Angabe Fötterle’s (in den Verhandl. d. geol. Reichsanst. 1868, pag. 422) widerspricht, dass der Salzthon allerseits von einem salzleeren bläulichen Tegei in der Mächtigkeit von etwa 60 Klaftern überlagert werde, denn diese Angabe entspricht in keiner Weise, nicht einmal local den wirklichen Verhältnissen. Es ist nun wichtig, zu wissen, wie die über dem Hangenden des Salzgebirges unmittelbar bei oder in Wieliezka vorhandenen Bildungen aussehen und wie sie sich zu den nördlich davon im unmittelbaren Liegenden der Bogueicer Sande vorhandenen und vorhin beschriebenen Bildungen, bezüglich wie sie sich auch zu den von manchen Autoren als Hangendes der ganzen Salzformation aufgefassten Mergeln von Swo- szowice verhalten. Wir folgen dabei Hrdina’s (l. e. pag. 170—175) Angaben über die bei dem Abteufen der Schächte Joseph und Franz durehfahrenen Schichten. Darnach kommen dort entsprechend den ober Tags zu machenden Beobachtungen unter der Dammerde zunächst lössartige Absätze vor. Dieser Löss scheint nach unten zu sich entweder mannigfach zu verändern oder anderen vielleicht mehr fluviatilen Bildungen mit ockerigen Beimen- sungen Platz zu machen. Diese Massen zusammengenommen scheinen die Mächtigkeit von nur wenigen Klaftern zu erreichen und bedecken eine von Hrdina Triebsandschichte genannte Ablagerung, welche wasser- hältig ist und Geschiebe führt. Da unter diesen Geschieben ausser Sandstein- und Kalkstücken auch „Granittrümmer“ angegeben werden, so darf man hier mit einigem Recht eine mit dem nordischen erratischen Diluvium zusammenhängende Bildung vermuthen, welche hier wie anderwärts in Galizien vom Löss bedeckt wird. Dieser Triebsand ist in der Gegend des Josephschachtes 1 Klafter 4 Fuss mächtig. Vielleicht zusammen mit einigen local noch darunter liegenden wenig mächtigen Absätzen, wie z. B. einer Torferde, die beim Josephschachte unter dem Triebsand angetroffen wurde, haben wir bis jetzt Diluvium vor uns gehabt, welches mit den Schichten unter den Bogucicer Sanden nichts zu thun hat. Erst dann werden verschiedene Letten und Mergel, zum Theil Geschiebe führend , angeführt, welche bereits zum Neogen gehören «dürften und die in einer Mächtigkeit von etwa 15 Klafter den darunter 626 Dr. Emil Tietze. [204] kommenden Salzthon bedecken. ') Es ergibt sich daraus, dass die Mächtigkeit der über der Salzformation liegenden, petrographisch wenn man will nicht direet sich ihr anschliessenden Gebilde eine relativ geringe ist und dass man dieselben zwar mit den in Bezug auf Salz- führung tauben Swoszowicer Mergeln vergleichen kann, aber keinen Grund hat, sie denselben zu parallelisiren. Eine sichere petrographische Uebereinstimmung mit den Swoszowicer Mergeln geht aus Hrdina’s Beschreibungen nieht hervor und das Auftreten von Geschieben passt auch nicht besonders zu Swoszowice. Will man also glauben, dass die mächtigen Swoszo wicer Mergel sich bei Wieliezka modifieirt haben, so steht vor der Hand auch nichts dem weiteren Glauben im Wege, dass diese Modification daselbst theilweise schon wie Salzthon aussieht, das heisst, dass ein Theil des letzteren einschliesslich der davon umhüllten Grünsalzkörper ein Aequivalent der Swoszowicer Mergel ist. Die wirre Beschaffenheit des Grünsalzgebirges selbst gibt uns nun noch zu manchen Erörterungen Anlass. Reuss hat (l. e. pag. 32 und 33 des Separatabdruckes) die Ansicht seäussert, dass während der Salzbildung in Wieliezka neue, wie er meinte, plötzliche Zufuhren von Meerwasser im Stande waren, die aus der gesät- tigten Salzlösung daselbst bereits niedergeschlagenen Salzmassen oft auf’s Neue aufzulösen und dadurch Unregelmässigkeiten der Ablagerung zu ver- anlassen. Die oftmalige Wiederkehr von Gyps und Anhydrit finde in solchen Verhältnissen, welche stets einen verschiedenen Grad der Concentrirung der betreffenden Gewässer hervorriefen, eine genügende Erklärung. „Auch die zerstückte, trümmerartige Beschaffenheit des Grünsalzes von Wieliezka dürfte viel eher durch solche Vorgänge, besonders durch eine spätere theilweise Wiederauflösung der sehon gebildeten Salze zu erklären sein, als durch eine consecutive mechanische Zertrümmerung des Salzlagers, worauf schon Schafhäutl im Allgemeinen hingedeutet hat.“ Dass die Veränderungen in der Concentration des die Salzlager abgesetzt habenden Meeres nicht genau in der von Reuss vermutheten Weise durch Ueberfluthen absperrender Dämme vor sich gegangen sein können, schon weil solehe springfluthenartige Ueberschwemmungen der Beckenränder, die ja doch nicht überall gänzlich flach waren, zu den seltenen und localen und daher nicht massgeblichen Factoren für die Beeinflussung der Absatzbecken gehören, scheint mir indessen ziemlich aus- gemacht. Dass dabei insbesondere kleinere klimatische Aenderungen und die damit verbundenen wechselnden Zufuhren von Süsswasser vom Lande aus im Spiele sein konnten, dass vielleicht auch gewisse Niveauver- änderungen des Meeresspiegels eine grössere oder geringere Zufuhr von minder gesättigtem Meerwasser in das theilweise isolirte Meeres- becken , welches den Salzabsatz besorgte, im Gefolge haben konnten, ohne dass eine völlige Absperrung dieses Beckens stattfand, das Alles habe ich theils ausführlich auseinandergesetzt, theils angedeutet in meiner !) Die hier im Schachte Franz vorgekommenen Granitgeschiebe könnten dem- nach bereits den fremdartigen krystallinischen Gesteinen der Karpathen entstammen, von denen in der Literatur schon oft die Rede war. Leider lassen sich freilich aus der blossen Bezeichnung des Gesteines als Granit ohne beschreibenden Zusatz vollkommen sichere Schlüsse nicht ziehen, während doch sonst der erratische Granit dieser Gegenden mit seinem rothen und der exotische Granit der Karpathen mit seinem meist weisslichen Feldspath ziemlich leicht zu unterscheiden sind. [205] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 627 Beschreibung der Umgebung von Lemberg (Jahrb. d. geol. R.-A. 1882, pag. 79—84), welcher Beschreibung ich mich damals veranlasst fand, eine Reihe von allgemeineren Ausführungen über galizische Geologie an- zuhängen. Dass aber den von Reuss in dieser Sache entwickelten Gedanken dennoch viel Richtiges innewohne, das habe ich ebenfalls gefühlt und so lassen sich manche Erscheinungen, welche in den von Reuss behaupteten „Regenerationen der Salzmasse“ ihren Ausdruck finden, in dessen Weise, vorbehaltlich jener von mir vorgeschlagenen Modificationen, sehr wohl erklären. Es sind das eben die Erscheinungen, welche Niedzwiedzki bewogen, dem Grünsalzgebirge den Namen. Salztrümmergebirge beizu- legen und die schon Hrdina bestimmt hatten (l. e. pag. 143), diese Grünsalzkörper als „Trümmersalz“ zu bezeichnen, welches nach ihm angeblich „blos aus grossen und kleineren Trümmern eines zerstörten mächtigen Flötzes besteht, deren scharfkantige Umrisse oft den Zu- sammenhang mit den nächst liegenden Körpern erkennen lassen, wenngleich nicht aller Orten diese Erscheinung immer ausnehmbar ist“. Der Zuber oder Salzbrockenthon illustrirt ebenfalls ähnliche Annahmen und das bereits sowohl von Hrdina als Niedzwiedzki betonte Vorhandensein von Geschieben im Salztrümmergebirge weist auf zeit- weise stärkere Fluthen hin, welche den ruhigen Gang des Absatzes der Grünsalzbildung unterbrachen. (Letzterer Autor erwähnt „bis ein paar Meter grosse Sandsteinblöcke, welche gewöhnlich einzeln, doch stellen- weise auch gehäuft im Salzthon eingeschlossen“ sind und dem später zu nennenden Ciezkowicer Sandstein!) entsprechen). Ausserdem mögen jedenfalls auch spätere chemische Processe, welche nach Trockenlegung der Ablagerung eintraten, eine Rolle bei der Ver- änderung des Grünsalzgebirges gespielt haben. Partielle Auflösungen des Salzes, Umwandlungen von Anhydrit in Gyps und dadurch hervorge- rufene Volumveränderungen wären hier besonders im Auge zu behalten. Jedenfalls darf nicht übersehen werden, dass dıe im Liegenden des Salztrümmergebirges befindlichen geschichteten Bildungen der Spiza- salz- und der Szybiker Salzformation von den Vorgängen, welche das undeutlich oder ungeschichtete Grünsalzgebirge berührten, nur so weit in Mitleidenschaft gezogen wurden, als diese Vorgänge tektonisch waren, dass sie aber im Uebrigen gerade in dem vorher betonten Sinne davon grossentheils unberührt blieben, wenn auch Hrdina (l. e. pag. 144) davon spricht, dass „Trümmer der älteren Spizagebirgsart“ (also wohl nieht oder nicht immer das Spizasalz selbst) oft als Geschiebe in den Grünsalzkörpern vorkommen. Es kann sich da um locale Zer- störungen einzelner Partien der oberen Theile des geschichteten Salz- gebirges handeln, aber in der Hauptsache nicht um die Zerstörung des letzteren im Allgemeinen, sonst wäre uns dasselbe ja nicht im Wesentlichen erhalten geblieben. Mit anderen Worten, das jüngere, ungeschichtete Grünsalzgebirge mit seinen mächtigen Salzkörpern ist nicht als eine Regeneration und Um- lagerung der älteren Salzablagerungen zu betrachten, sondern zunächst ) Niedzwiedzki schreibt Albiensandstein. Ueber die hier zwischen dem ge- nannten Autor und mir bestehende Meinungsverschiedenheit werden die folgenden Capitel Aufklärung bringen. Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Band. 3. Heft. (Dr. Emil Tietze.) &1 628 Dr. Emil Tietze. [206] als ein selbstständiges Ganze (wenn auch nur im localen Sinne) mit primär selbstständigem Salzgehalte. Die Veränderungen, denen es unter- worfen war, haben sich der Hauptsache nach mit dem eigensten Material dieses Gebirges zum Theil während, zum Theil vielleicht auch nach der Zeit seines Absatzes vollzogen, und namentlich so weit dabei eventuelle Aenderungen nach dem Absatz in Betracht kommen, geht es damit wohl ähnlich wie mit gewissen breceienartigen in den älteren Formationen der Alpen verbreiteten Kalken, deren einzelne in der Wiederverkittung erkennbare Stücke wohl meist nicht einer der Bildung des betreffenden Kalkes vorausgängigen Epoche angehören. Mit noch anderen Worten, das Salz des Grünsalzgebirges befindet sich in seinem Verhältnisse zu den älteren Salzablagerungen von Wieliezka keineswegs auf secundärer Lagerstätte, wenn auch im Einzelnen innerhalb des Salztrümmergebirges selbst durch Wiederauflösungen und Neubildungen derselben Salztheile solche Umlagerungen sich vielfach vollzogen haben. Das zu sagen schien nicht überflüssig, damit das Vorangegangene nicht theilweise missverstanden werde. Ganz aufgeklärt ist aber durch alle diese Bemerkungen das merkwürdige Verhalten des Salztrümmergebirges noch immer nicht. Wenn Hrdina gemeint hat, dass die Gebirgsstörungen , von welchen Wieliezka betroffen wurde, den ursprünglich deutlicheren Zusammen- hang des „Trümmersalzes“ aufgehoben hätten, dass dieses Salz am Ende gar zusammenhängende Flötze oder Lagen gleich den tieferen Salzen gebildet baben könnte, so darf man sich billigerweise fragen, warum eben diese tieferen Salze, die doch unter allen Umständen die tektonischen Schicksale des Grünsalzes getheilt haben müssen, nicht in derselben Weise ausser Zusammenhang gebracht wurden. Die Lage des Neogens von Wieliczka inmitten einer orographischen Vertiefung schliesst ja etwaige Vermuthungen von Rutschungen, denen die oberen hangen- deren Partien anderenfalls unterworfen gewesen sein könnten, voll- ständig aus. Ausserdem ist die Ausdehnung und Grösse mancher Grünsalz- körper bei der unregelmässigen Gestalt und Vertheilung derselben nicht leicht zu verstehen, wenn man sich dabei vor Augen hält, dass sich rings um dieselben, wenn auch durch Uebergänge des Salzgehaltes ver- mittelt, mehr oder minder taubes Gestein befindet. Es liegt hier im Einzelnen das Problem vor, welches sich an das Auftreten stock- förmiger Salzkörper überhaupt knüpft. Man möchte fast glauben, dass der chemische Salzabsatz an denselben Stellen oft auf einen relativ kleinen Raum im horizontalen Sinne eingeschränkt blieb und dort durch längere Zeit fortdauerte, während in der Umgebung die rein mecha- nische Sedimentbildung überwog, bis sie dann am jeweiligen Ende des betreffenden Zeitabschnittes über dem auf solche Weise entstandenen Salzkörper sich vereinigte oder zusammenzog. Solcher Stellen müsste es dann bei Wieliczka viele gegeben haben, und zwar ohne irgend welchen gesetzmässigen Parallelismus, so dass die entsprechende Salz- bildung an dem einen Orte früher begann oder aufhörte, als an anderen. Doch lassen sich die Gründe für eine derartige Bevorzugung einzelner Stellen inmitten eines doch kleinen Absatzbeckens ohne eine erkennbare ursprüngliche oder während der Salzbildung bestehende, Re en [207] Die geognostischen Verhältnisse; der Gegend von Krakau. 629 solche besondere Isolirungen hervorrufende topographische Gliederung nicht einsehen, und das bereits besprochene Vorhandensein von oft grösseren Geschieben im Salztrümmergebirge spricht für sich allein schon gegen eine Art der Entwicklung, welche grosse Ruhe und loecale Stabilität der Verhältnisse durch gewisse Zeiten hindureh voraussetzen würde. Das Auftreten der Grünsalzkörper ist in gewissem Sinne auch das colossaler Concretionen. Murchison (Geology of Russia in Europe, London 1845, Vol. I, pag. 291), der vermuthlich das geschichtete Salz- gebirge von Wieliezka nicht näher zu beobachten Gelegenheit fand, hat in der That diesem Gedanken ganz bestimmten Ausdruck gegeben, indem er die ganzen dortigen Salzabsätze als „simply great coneretions subordinate to thick masses of celay“ bezeichnete. Wenn aber die Existenz beispielsweise von Feuersteineoncretionen im Kalk (eine Erinnerung, die uns bei der Nachbarschaft der dadurch aus- gezeichneten oberjurassischen Kalke von Podgorze u. s. w. sehr nahe liegt) voraussetzt, dass die Kalkmasse, welche vielleicht einst den Platz der Feuersteine einnahm, dureh die letzteren jeweilig verdrängt wurde, so müsste ein gleicher Vorgang auch bei dem Salzthon und den anderen das Grünsalz umgebenden Gesteinen stattgefunden haben. Im Kleinen wird das sicher bei der Bildung von Salzkrystallen in der Thonmasse oft genug erfolgt sein, für eine Verdrängung der Gesteinsmasse jedoch in so grossartigem Maassstabe durch Concentration des Salzgehaltes, wie das hier geschehen sein müsste, dafür fehlt uns jeder Vergleich. Wir müssen also die Modalitäten der Grünsalzbildung vielfach noch als offene Frage belassen, wenn auch über den sedimentären Ursprung der ganzen Ablagerung und speciell über ihren marinen Charakter kein Zweifel obwaltet im Hinblick auf die wohl begründeten allgemeinen Auffassungen über die Entstehung der Steinsalzlager, denen ich im Verein wohl mit der Mehrzahl der Fachgenossen anhänge, und im Hinblick auf die marinen Versteinerungen, welche bei Wieliezka zum Theil im Steinsalz selbst gefunden worden sind, wie besonders schon Reuss hervorhob. !) Bei der nunmehr genügend betonten Unregelmässigkeit und Un- geschichtetheit des Salztrümmergebirges liegt es auf der Hand, dass Ansichten über die Tektonik der ganzen Salzablagerung aus dem !) Hier mag daran erinnert werden, dass nach Reuss (pag. 30 des Separat- abdruckes 1. c.) der Erhaltungszustand der Fossilien im Steinsalz ein anderer ist als - im. Salzthon. Die vorwiegende Menge besonders der sehr zerbrechlichen Foraminiferen und Ostracoden wurde im Salzthon gefunden. „Im Steinsalz sind nur die stärkeren Widerstand leistenden kieselschaligen oder mit compaeter porzellanartiger Schale ver- sehenen erhalten, sowie jene, welche überhaupt eine diekere, dem Kugeligen sich mehr nähernde Schale besitzen. Ebenso {rifft man im Steinsalz nur kleine dickschaligere Gastropoden und Bivalven, letztere besonders mit beiden vereinigten Klappen, wodurch in den meisten Fällen die Untersuchung des Schlosses vereitelt wird. Von den übrigen sind im Salze fast stets nur unbestimmbare Trümmer vorhanden. Aus dem Salzthon aber, in welchem sie öfters noch im Zusammenhange liegen, lassen sich die vereinzelten durch Caleination sehr zerbrechlich gewordenen Schalen nur sehr selten vollständig auslösen. Uebrigens ist bei den im Steinsalze eingebetteten Fossilarten die chemische Einwirkung der concentrirten Salzlösung auf die Schalensubstanz nicht ausser Acht zu lassen, denn man findet dieselbe nicht selten an der Oberfläche rauh, glanzlos, ange- fressen, ja selbst tief erodirt, durchlöchert und auf mannigfache Weise unkenntlich gemacht.“ 8l* 630 Dr. Emil Tietze. [208] Verhalten dieses Trümmergebirges an und für sich nicht gewonnen werden können. Solche Ansichten können nur aus dem Verhalten des unter dem Grünsalzgebirge folgenden geschichteten Salzgebirges abgeleitet werden, wobei dann natürlieh das Hangende des letzteren mit berücksichtigt, aber als Ganzes zusamınengefasst werden muss, so dass es in den Profilen gewissermassen nur die Rolle einer einzigen dieken, überaus mächtigen Bank spielt oder zu spielen hat. In den bisherigen Berichten herrscht, wie das nach den leicht anzustellenden Beobachtungen denn nicht anders sein kann, allgemeine Uebereinstimmung darüber, dass die geschichteten Theile des Salz- gebirges ein ungefähr südliches Fallen aufweisen. Es wird aber auch bisweilen und namentlich von den Bergleuten selbst betont, dass die Gesammtheit der Salzformation sich nach Westen zu abdache. Allgemein wird ferner zugestanden, dass südlich von der Salz- formation mit dem daselbst aufsteigenden Karpathenrande ältere, das heisst der miocänen Salzformation im Alter vorausgängige Bildungen auftreten, welche scheinbar in das Hangende der in der Grube auf- geschlossenen Gebilde zu stehen kommen, wenn auch, wie später näher auseinandergesetzt werden wird, über die bestimmtere Deutung einiger dieser älteren Bildungen Meinungsverschiedenheiten obgewaltet haben. Wie nun aber diese hier erwähnten allseitig anerkannten That- sachen unter einander in Beziehung zu bringen seien, darüber gehen die Ansichten der Autoren vielfach auseinander. An und für sieh ist, um zunächst das Einfallen der Schichten zu besprechen, ein gleichzeitig nach Süden und nach Westen gerichtetes Fallen einer bestimmten Schichtfläche nieht denkbar, es würde nur eine Resultante aus beiden Richtungen geben können und das wäre eine südwestliche Fallrichtung, wie ich sie auch thatsächlich an einigen Stellen in der Grube persönlich beobachtete, wie z. B. in der Nähe des Schachtes Gursko im Herizonte Erzherzog Albrecht, wo das Streichen in Stunde 8 verläuft. Hrdina (l. e. pag. 137 und 138 oben) spricht von zweierlei Streichen, welches für Wieliezka gelte, von einem „Partieularstreichen*“ nach Stunde 20, 6!/, Grad und von einem „Hauptstreichen“ nach Stunde 19, 8 Grad. Das südliche Fallen der Schichten, welches er als ein gegen die Karpathengehänge zu widersinniges bezeichnet, erwähnt er einige Seiten früher (pag. 134 und 1355), indem er bemerkt, dass dieses Fallen auch den Schichten der Karpathen selbst eigenthümlich und ausserdem „sogar in den tiefsten Punkten der Grube noch deutlich ersichtlich“ sei. Man sieht, dass das sogenannte „Partieularstreichen“ Hrdina’s (Stunde 20 —= St. 8) mit dem von mir selbst in der Grube gesehenen Streichen zusammenfällt. Dies muss als das wirkliche Streichen der Schichten (wenigstens in vielen Fällen) angenommen werden. Das „Hauptstreichen“ in Stunde 19 (= St. 7) bezieht sich augenscheinlich auf die Richtung der Längserstreckung der Salzablagerung in ihrer Gesammtheit. Es ist dasselbe der rein ostwestlichen Richtung viel mehr genähert und stimmt mehr zu dem allgemeinen Verlauf der kar- pathischen und subkarpathischen Höhenzüge gerade dieser Gegend, dem gegenüber das mehr nordwest-südöstliche Streichen der einzelnen [209] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 63 Schichten der Salzablagerung die Rolle einer loealen Abweichung spielt. Gebirgsstreichen und Längserstreckung der Salzformation fallen also hier mit dem Schichtenstreicehen im Einzelnen nicht ganz zusammen, ein Fall, wie er öfters auch anderwärts vorkommt, was ich selbst in den letzten Jahren mehrfach zu betonen Gelegenheit fand, der aber hier bei Wieliezka auf den ersten Bliek merkwürdig genug erscheint. Wenn nämlich in ähnlichen Fällen die Axen von Gebirgsketten eine andere Richtung zeigen als die Streichungslinien der Schichten, so muss angenommen werden, dass die Ursachen, welche die Kamm- linien bestimmten, später wirksam waren als diejenigen, welche dem Schichtstreichen zu Grunde liegen. Dieser Gesichtspunkt fällt hier weg da die evident älteren karpathischen Bildungen der Umgebung wenig Be zum grossen Theil ein den Richtungen der Höhenzüge entsprechendes annähernd ostwestliches Streieben besitzen, wenn auch manchmal die weiter im Osten bestimmend auftretenden nordwest-südöstlichen Linien noch vorkommen. Mit einer solehen Reminiscenz sozusagen an die ostgalizischen Streichungsrichtungen können wir es ja bei Wieliezka übrigens zu thun haben. Nun aber bildet die Salzformation Wieliezkas überhaupt keinen Höhenzug, sondern tritt in der Tiefe auf, es kann also gerade dort auch nicht von durch spätere Ereignisse bedingten Kammlinien ge- sprochen werden. Die Abweichung des Hauptstreichens der Formation von dem Particularstreichen muss demnach wohl in anderer Weise erklärt werden, und diese Erklärung kann meinem Dafürhalten nach, so seltsam dies klingt, nur in den eigenthümlichen Verhältnissen der Faecies- änderungen des Neogens von Wieliezka gesucht werden. Bei dem Worte Hauptstreichen ist "nämlich nicht sowohl an das Streichen der bewussten Neogenablagerung als solches zu denken, als an die Axe der Erstreckung des Salzes nd diese beiden Riehtungen brauchen allerdings nicht zusammenzufallen. Der Absatz des Salzes hat in der Nähe des Karpathenrandes längs einer Zone stattgefunden , die gerade hier etwa in Stunde 7 sich erstreckte. Andere mehr oder minder salzfreie Ablagerungen kamen gleichzeitig zur Bildung, theils ausserhalb jener Zone, theils in der Fortsetzung derselben. Die Action der Gebirgs- faltung aber trat hier selbstverständlich nach erfolgter Ablagerung des Salzes sowohl als der dasselbe zeitlich vertretenden Bildungen ein und wirkte unbekümmert um die Natur und die räumliche Vertheilung der Massen, aus denen das zu faltende Schichtmaterial bestand, schräg gegen die Längenaxe der Salzablagerung. Wäre das Material, aus welchem das Neogen dieser Gegend besteht, über grössere Erstreckungen hin ganz gleichförmig, würde nicht local durch die stärkere Salzausscheidung eine Faciesänderung im Bereich dieser Formation hervorgebracht worden sein oder würde diese Salzausscheidung eine allgemeinere, weitergehende sein, so würde man von verschiedenen Streiehungsrichtungen , von einem „Haupt- streichen“ und „Partieularstreichen* bei Wieliezka zu reden gar nicht veranlasst worden sein. Allzu bedeutend ist ja die Abweichung jener Streichungslinien überdies nicht, insofern sie nur eine Compassstunde beträgt. Auch lässt sich nicht plos annehmen, dass weiter westlich das Schichtenstreichen 632 Dr. Emil Tietze. | [210] der im Zusammenhange mit Wieliezka befindlichen Neogenbildungen sich wieder mehr den allgemeinen Verhältnissen der Gegend anpasst, es lässt sich auch direet nachweisen, dass ziemlich bald Aenderungen dieses Streichens eintreten, wie denn gewisse Mergel bei Kossoeice, von denen bald gesprochen werden soll, ein Streichen in Stunde 17 erkennen liessen. Die bewusste Abdachung des Salzes nach Westen zu trotz an- geblich südlichen Schichtenfalles wird theilweise ‚jedenfalls durch den nunmehr erörterten Umstand erklärlich, dass das eigentliche Schichtenfallen kein rein südliches, sondern entsprechend der nicht rein ostwestlichen Streichungsrichtung der Schichten ein dem südwestlichen genähertes ist. Ganz ist die Frage aber damit noch nicht abgethan, eben weil sich das Auftreten des Salzes von der Streichungsrichtung der Schiehten nieht vollkommen abhängig erweist. Es macht doch einen eigenthümlichen Eindruck, wenn man liest und hört, das betreffende Salzgebilde habe eine annähernd ostwest- liche Längserstreckung oder gar eine solche Streichungsriehtung, es falle aber deutlich und zusehends gegen Westen zu ab, und es frappirt, wenn man überdies diese Angaben scheinbar durch die Thatsachen bestätigt findet. Wir konnten ja diese Thatsachen bereits früher illustriren durch den Hinweis auf die bei den Schächten Joseph, Fran- eisei und Danielowiez gemachten Beobachtungen. Man kann kaum daran zweifeln, dass bei Wieliezka Störungen sozusagen verschiedener Ordnung wirksam gewesen sind und dass ausser den Druckkräften, welchen das Streichen und Fallen der Schichten sein Entstehen verdankt, auch solche Kräfte wirksam waren, denen eine Empor- stauung der ganzen Masse des Salzgebirges in der Gegend der östlichen Grubenstrecken, also gegen Lednica zu, zugeschrieben werden darf und die daselbst eine Art meridian streichenden Sattels hervorbrachten. Dort steigt das untere geschichtete Salzgebirge näher gegen die Ober- fläche empor und während die Hauptmasse des bekannten Grünsalz- gebirges von da aus allerdings im Westen bleibt, kennt man doch andererseits deutliche Spuren desselben Gebirges auch im Osten, in den östlieben Partien des Horizontes Baum, und zwar mit einem Absinken nach östlicher Richtung. Für die theoretische Auffassung gerade dieses Verhältnisses ist es ziemlich gleichgiltig, ob das Grün- salzvorkommen in der Richtung gegen Lednica zu mehr oder weniger denudirt oder sagen wir unverfänglicher redueirt erscheint oder nicht. Wiederholt habe ich in anderen Schriften darauf hingewiesen, dass unter der Voraussetzung, die Faltungen der Gebirge seien durch Contraction der Erdrinde hervorgerufen, sieh neben den regelmässigen Wellen des eigentlichen Faltenwurfes auch Zusammenpressungen in der Riehtung des Streichens bemerkbar machen müssen. Diese auf die Richtung des Faltenwurfes mehr oder weniger senkrechte Druckwirkung kann sich in einer oft bis in’s Minutiöse gehenden Zerknitterung des Schichtenstreichens äussern, wie sie gerade auch in den Karpathen schon von mir nachgewiesen wurde, sie könnte aber auch regional gewisse Complexe in ihrer Gesammtheit und ohne deren Schichtstellung im Einzelnen zu verändern erfasst haben und ein solcher Fall scheint hier vorzuliegen. - [211] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 633 Aber auch damit sind wir noch nicht am Ende einer Betrachtung angelangt, welche die Ursachen der eigenthümlichen Abnahme des Steinsalzes im Westfelde Wieliczkas in den höhergelegenen Partien des Gebirges zu ermitteln sucht. Die Thatsachen, welche gelegentlich der schon einige Seiten vor- her kurz erwähnten Kossoeicer Bohrung festgestellt wurden, werden, glaube ich, auch noch unter einem von den soeben angedeuteten Ver- hältnissen ganz abweichenden Gesichtspunkte dazu beitragen, das be- treffende Problem in anschaulicher Weise lösen zu helfen. Einige Worte über die Ursache und die Art der Anlage dieses Bohrloches mögen indessen der Mittheilung der betreffenden Wahr- nehmungen zur besseren Orientirung zunächst vorangehen. Man hegt in Wieliezka und auf Seite der mit der Oberaufsicht des dortigen Bergbaues betrauten Behörden berechtigter und begreiflicher Weise den Wunsch, die Zukunft dieses Bergbaues zu sichern und so hat sich das Bedürfniss nach einer genaueren Kenntniss des Terrains in der Umgebung der Grube naturgemäss herausgestellt. Diesem Be- dürfniss entsprach es, dass man die Intervention des Herrn Professor Niedzwiedzki in Anspruch nahm, der an Ort und Stelle ober und unter Tages jene eingehenden Studien vornahm,, deren Frucht wir in der nunmehr schon oft eitirten Arbeit desselben über Wieliezka zu erkennen haben. Der Genannte kam dabei (]. e. pag. 113) auch zu der Ueberzeugung, es sei „unzweifelhaft, dass das Salzgebirge sich über den Josephschacht nach Westen hinaus in seiner Gesammt- mächtigkeit ungeschmälert fortsetzt“. Um jedoch über diese supponirte westliche Fortsetzung des Salzgebirges eine „thatsächliche Aufklärung“ zu gewinnen, schien es nöthig, eine Bohrung vorzunehmen und wurde demgemäss ein Vorschlag mit genauer Angabe des Angriffs- punktes erstattet und angenommen. Der Punkt wurde derart bestimmt, dass er vom westlichsten Orte der Wieliezkaer Grube nach Stunde 7 gelegen war und dabei einen Abstand von circa 600 Meter von der vermutheten Linie der An- grenzung der Karpathensandsteine an die Salzformation besitzen sollte, in einer Entfernung von nahezu 1’4 Kilometer vom westlichsten Gruben- orte. Er befindet sich östlich von den Dörfern Baryez und Kossoeice an der Ostseite des Malowkabaches, eines kleinen, hier in einer flachen Terraineinsenkung nördlich verlaufenden, erst beim Eintritt in den Bereich der hügelbillenden Kossoeicer Sande in ein engeres Thalbett eingeschlossenen Gewässers. Man gelangt dorthin auf der von Wieliezka nach Swoszowice führenden Strasse, indem man vor Baryez rechts ab- biegt. Es befindet sich dieser Punkt, wie weiter hervorgehoben werden darf, zwischen den Mittelpunkten des Swoszowicer und des Wieliezkaer Grubenbaues, etwa so gelegen, dass er von dem ersteren ungefähr doppelt so weit entfernt ist, als von dem letzteren. Die Bohrung wurde derart ausgeführt, dass zuerst ein 20 Meter tiefer Schacht abgeteuft wurde und dann erst von der Sohle desselben aus weiter mittelst Bohrers vorgegangen wurde. Ich besuchte den Ort dieser Arbeit zu einer Zeit, als der Schacht und ein Theil der Bohrung bereits bestanden, im Jahre 1884, und konnte constatiren, dass die Hauptmasse der damals herausgeförderten Gesteins- und Bohrproben 634 Dr. Emil Tietze. [21 2] den Charakter der Swoszowicer Mergel besass, sowie dass auch in dem Vorkommen fossiler Blätter eine Andeutung der Swoszowicer Flora zu finden war. Ein Jahr später gab Niedzwiedzki selbst (Verhandl. der geolog. Reichsanst. 1885, pag. 331) einen Bericht über die Ergeb- nisse der Bohrung, wie sie sich ihm damals darzustellen schienen. Er sagte dort, dass unter dem Quartär in der Abteufung ein grauer, zum Theil mergeliger Thon angetroffen wurde, welcher durch parallele Ein- streuungen von Sand und Glimmerschüppchen stellenweise dünnschichtig erschien und etliche feste Mergelknauern eingelagert enthielt. „In diesem Thone“, so fährt er fort, „fanden sich aber spärliche Land- pflanzenreste, nämlich Stengel und Blätter von Laubbäumen, in geringer Zahl auch Foraminiferenschalen vor, welche den Gattungen Globigerina, Polymorphina und Truncatulina angehören. Seiner Beschaffenheit, sowie seiner stratigraphischen Lage nach (als Liegendes von Sanden, welche denen von Rajsko und Bogueice entsprechen) ist somit der Thon des Bohrschachtes als eine östliche Foıtsetzung des bei Swoszowice schwefelführenden, thonigmergeligen Schichtensystemes anzusehen.“ Es herrscht also zwischen den Ansichten des genannten Autors und den meinigen in dieser Beziehung keine Verschiedenheit. Da man nun in der damals erreichten, bereits recht bedeutenden Tiefe auch Salzthon und Spuren von Salz unter dem Swoszowicer Mergel angetroffen hatte, glaubte Niedzwiedzki auch noch weiter in seinen Schlussfolgerungen gehen zu dürfen und meinte, dass damit „das Fortstreichen des Wieliezkaer Salzlagers bis nach Kossoeice hin ganz zweifellos constatirt und die künftige Ausdehnung des Wieliezkaer Bergbaues nach dieser Richtung hin gesichert“ sei. Es wird sich in- dessen zeigen, dass dieses Fortstreichen der Salzlager in der That nur cum grano salis behauptet werden darf, wenn man darunter, sowie es ursprünglich vermuthet wurde, die „ungeschmälerte Gesammtmächtig- keit“ derselben versteht. Die Bohrung ist nämlich inzwischen zu Ende geführt worden und hat das Liegende der neogenen Schichtengruppe an dieser Stelle erreicht, so dass sich heute ein völliger Ueberblick über die Sachlage gewinnen lässt. ' Man gelangte bei der Kossoeicer Tiefbohrung in eine Tiefe von 332'64 Meter, die durchfahrenen Schichten sind laut offieiellen Mit- theilungen die folgenden: a) 0‘40 Meter Dammerde, 5) 2:30 Meter gelber Thon mit Wurzelfasern (Löss), c) 1 Meter weisslichgrauer, wie Kreide abfärbender Thon (bezüglich Mergel), d) 1'30 Meter stark sandiger, etwas eisenschüssiger grauer Thon, e) 91'29 Meter bläulichgrauer Thon mit wenig Sand und mit Knauern von grauem Mergel und feinkörnigem Sandstein, ‚# 3'553 Meter sehr feinkörniger, thoniger Sand mit wenig Glimmer und zerriebenem fossilem Holze, g) 8:30 Meter bläulichgrauer Thon mit wenig Sand und mit Knauern von grauem Mergel und fein- körnigem Sandstein (übereinstimmend mit der früheren Lage von 91'29 Meter), A) 3'64 Meter sehr feinkörniger, thoniger Sand u. S. w. (wie oben bei 3°53 Meter), ) 92:28 Meter bläulichgrauer Thon mit wenig Sand u. s. w. (wie oben bei 91'29 Meter), %) 4:95 Meter gypsführende Lagen von Thon, mürben Sandsteinen und vorwaltend Sand, 2) 10:09 Meter Salzthon, dunkelgrau mit sichtbaren Körnern von Steinsalz, Gyps und nz [213] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 635 Anhydrit, m) 6'92 Meter Szybiker Salz mit Anhydrit und wenig Thon, n) 5:50 Meter Anhydrit und Thon vorwaltend, 0) 3°80 Meter Szybiker Salz mit Anhydrit und wenig Thon, p) 2:20 Meter Salzthon, dunkelgrau, mit sichtbaren Körnern von Steinsalz, Gyps und Anhydrit, g) 13'80 Meter Szybiker Salz, theilweise grün mit Anhydrit und Thon, r) 670 Meter Salzsandstein, dann schwärzlichgrauer Salzthon mit Anhydrit, s) 2:77 Meter Grünsalz, &) 671 Meter schwärzlichgrauer Salzthon mit Anhydrit, u) 54'28 Meter grünlichgrauer Salzthon, v) 10'38 Meter Kalkstein mit Quarzknollen. Ich habe durch die Güte des Herrn Ingenieur Fauck Gelegen- heit gehabt, Bohrproben der durchfahrenen Schichten zu bekommen. Auch das hohe k. k. Finanzministerium als Oberbehörde des Salinen- wesens sendete eine Anzahl wohl ausgewählter und deutlicher Proben zur Ansicht an die Direetion der geologischen Reichsanstalt, durch deren Vermittlung mir dieselben während einiger Tage zugänglich ge- macht wurden und ich konnte auf diese Weise das durch das Bohrloch hergestellte Profil genau controliren und mich namentlich über die Natur des im Liegenden der Salzformation gefundenen Kalksteins unterrichten. Die Constatirung desselben ist eines der wichtigsten Ergebnisse der Bohrung, denn es kann keinem Zweifel unterliegen, dass wir es hier mit oberjurassischem Kalk zu thun haben, wie er bei Krakau und Podgorze oder in der Nähe des Karpathenrandes bei Kurdwanöw an- steht und wie er bei Swoszowice gleichfalls im unmittelbaren Liegenden des dortigen Neogen angetroffen wurde. Die unterirdische Fortsetzung desselben bis in die Gegend von Wieliezka ist damit erwiesen, ebenso die Thatsache, dass zwischen Wieliezka und Swoszowice in nächster Nähe der karpathischen Vorhügel, an welche das dortige Neogen im Süden sich anlehnt, nur einige 100 Meter von dieser Grenze weiter nördlich die Gebilde des Karpathensandsteines bereits verschwunden sind. Da die Mächtigkeit des Kalkes bei Kossocice mit 10'38 Meter noch nicht durchfahren wurde, so ist auch die Vermuthung wohl aus- zuschliessen, als ob man es dort nur mit einem der grösseren Blöcke zu thun haben könnte, wie sie bisweilen in den karpathischen und subkarpathischen Formationen als fremdartige Einschlüsse vorkommen. Des Weiteren ergibt sich aber, dass es durchaus rationell war, das Bohren an dieser Stelle einzustellen, nachdem in solcher Weise ältere Ablagerungen unter der Salzformation angetroffen worden waren. Von theoretischem sowohl als praktischem Interesse sind aber auch die Schlüsse, welche sich aus den über die neogene Schichten- folge in dem Bohrloch gewonnenen Daten ziehen lassen. Zunächst kann daraus geschlossen werden, dass das eigentliche Salzgebirge hier in 20949 Meter Tiefe unter der Oberfläche an- getroffen wurde, und dass dasselbe bis zu einer Tiefe von 322'26 Meter anhielt, also im Ganzen 11277 Meter Mächtigkeit hatte. Auffällig dabei ist das wenig mächtige Vorkommen einer mit dem Grünsalz petrographisch übereinstimmenden Salzgattung (s), wozu noch kommt, dass dieses Grünsalz hier nicht über, sondern unter dem Szybiker Salz angetroffen wurde. Es widerspricht aber diese Beobachtung nicht nothwendig der sonst für Wieliezka im Allgemeinen geltenden Jahrbuch der k,k, geol, Reichsanstalt. 1887, 37, Band. 3. Heft. (Dr, Emil Tietze.) 8% 636 Dr. Emil Tietze. [21 4] Regel, dass die Grünsalzkörper in ihrem grossmassigen Auftreten das Hangende des Szybiker Salzes bilden, da es sich hier eben nur um eine wenig mächtige Schicht handelt und auch sonst bisweilen etwas Grünsalz unter den anderen Salzabsätzen angetroffen wird. Will man also nicht aussergewöhnliche Störungen bei Kossoeice annehmen, wozu kein Grund vorhanden ist, so kann das dort angetroffene Grünsalz keines- falls dem echten Grünsalzgebirge, welches man Salztrümmergebirge ge- nannt hat, als entsprechend bezeichnet werden. Wollte man aber in einer entgegengesetzten Weise, für welche eine genügende Erklärungsart zu finden Andern überlassen bleiben müsste, dieses Vorkommen dennoch als den Repräsentanten des von oben dort in das Liegende hinein- gepressten Salztrimmergebirges ansehen, so würde das zum Mindesten bedeuten, dass dieses Gebirge hier eine relativ verschwindend kleine Mächtigkeit besitzt. Es geht also aus dem durch die Bohrung hergestellten Aufschlusse des Weiteren hervor, dass das ungeschichtete Salztrümmergebirge Wieliczka’s bei Kossoeice ganz oder so gut wie ganz verschwunden ist, und dass nur das geschichtete untere Salzgebirge bis dorthin sich fort- setzt. Selbst dieses aber ist nicht vollständig entwickelt, da die sonst im Hangenden des Szybiker Salzes noch auftretenden Spizasalzlagen hier gar nicht mehr nachgewiesen werden konnten. Von einem Fort- streichen des productiven Salzgebirges in senmer Gesammtheit bis nach Kossocice, sowie das vorausgesetzt wurde, kann also keine Rede sein. Das Fehlen der Spizasalze scheint auch anzudeuten, dass es nicht einmal zulässig wäre, den über dem Szybiker Salze von Kossoeice vorhandenen Salzthon ganz oder theilweise für einen redueirten Vertreter des Grünsalzgebirges zu halten, eben weil ja sonst die Spizasalze noch unter- oder innerhalb dieses Salzthones auftreten müssten. Wir haben ein wenig weiter oben gesagt, es sei kein Grund vorhanden, in der Gegend der Bohrung so aussergewöhnliche Störungen des Gebirges anzunehmen, dass in Folge derselben etwa ein durch die Schicht s dargestelltes auf 2:77 Meter Mächtigkeit reducirtes Grünsalzgebirge in der Nähe des. liegenden Jurakalkes unter das dortige Szybiker Salz hineingepresst worden sei. Man würde auch in der That bei dieser Vorstellung zu einem ziemlich unlösbaren Problem gelangen und die erzielten Aufschlüsse nieht mehr rationell zu deuten vermögen. Damit braucht jedoch keineswegs gesagt zu sein, dass das Bohrprofil, wie es oben geschildert wurde, ein (abgesehen von der dortigen südlichen Schichtenneigung) gänzlich ungestörtes Schichten- system aufgeschlossen habe. Um Missverständnissen in dieser Hinsicht vorzubeugen, wird es gut sein, nochmals einen Blick auf die Auf- einanderfolge der angetroffenen Bildungen zu werfen. Was dort am meisten auffallen muss, sind die beiden mächtigen, petrographisch ganz übereinstimmenden 'Thonentwicklungen, e und 2, welche merkwürdigerweise eine so gut wie absolut gleiche Stärke besitzen (e = 91'29, © = 92:28 Meter) und durch einige Zwischen- mittel getrennt übereinanderliegen. Von den drei Schichten nun, welche sich zwischen diesen grossen Thonmassen einschieben, sind wiederum die oberste f und die unterste 7, also die den Thonen zunächst an- ER [215] Die geognostischen Verhältnisse der Gegehd von Krakau, 637 liegenden, in Beschaffenheit und Mächtigkeit durchaus übereinstimmend und bestehen aus sehr feinkörnigem, etwas thonigem Sande (f = 3°53 Meter und % = 3°64 Meter stark). Nun ist es schwer, bei diesen Ueber- einstimmungen an eimen blossen Zufall zu glauben. Diese Schichten geben vielmehr zunächst für sich allein betrachtet und im Hinbliek auf ihre südliche Neigung uns das Bild einer flach schief gelagerten Mulde, welehe einer nach Norden überschobenen Falte entsprechen würde. Wir würden es in diesem Falle nicht .mit einer Aufeinanderfolge ver- schiedener, sondern mit einer Wiederholung derselben Lagen zu thun haben; die Sande f und % würden in das ursprüngliche Hangende der Thone gehören und die Schichte g ihrerseits (mit halbirter Mächtig- keit) das ursprüngliche Hangende der ganzen miocänen Ablagerung vorstellen, soweit sie hier aufgeschlossen ist. Die Schichten unter den Thonen « von % an abwärts würden aber das thatsächliche ursprüng- liche Liegende der blaugrauen Thone bilden, welches sich oberhalb der mit © identificirten Thone von e nur deshalb nicht wiederfindet, weil dieser nach oben gekehrte Theil der bewussten schiefen Mulde der Zerstörung durch Denudation ausgesetzt gewesen sein dürfte, eine Vorstellung, welche gewiss nichts Widernatürliches an sich hat. Der einzige Punkt, welcher bei dieser Darlegung etwas zweifel- haft bleiben könnte, betrifft die Aequivalenz der Schichten e und d, welche hypsometrisch über den Thonen von e liegen. Es sind dies Mergel und sandige Thone, deren der Oberfläche genäherter, unmittelbar von Löss bedeckter Theil, wie mitgetheilt wurde, eine weissliche Färbung besitzt, was vielleicht von den einst (vor dem Absatz des Löss) wirksamen Einflüssen der Atmosphärilien herrührt. Es ist indessen nicht gar zu schwer, diese beiden Lagen mit der unter den Thonen von © folgenden Lage k zu vergleichen, welche aus Thonen und Sanden besteht und welche im Wesentlichen nur durch etwas Gypsführung sich von den Lagen c und d unterscheidet. Bei der leichten Löslichkeit des Gypses könnte derselbe aber aus den letzterwähnten Lagen bei deren grösserer Ex- ponirtheit hinweggeführt worden sein. Eine besondere Schwierigkeit gegenüber der Annahme einer schiefen Faltung des ganzen miocänen Schichteomplexes an dieser Stelle erwächst aus dem Versuch einer Parallelisirung von % mit ce und d keinesfalls. Dass eine solche An- nahme aber mit den übrigen Lagerungsverhältnissen bei Wieliezka nicht nur nicht im Widerspruch steht, sondern umgekehrt ganz gut harmonirt, wird aus dem Späteren ersichtlich werden. Wir haben dies Ergebniss indessen hier gleichsam nur nebenbei gewonnen, weil wir nun einmal mit der Deutung des Bohrprofils von Kossoeice beschäftigt waren. Wir führen die Discussion jetzt wieder auf den Kern der Frage, die uns zunächst beschäftigte, zurück. Es handelte sich um die Abdachung des Salzgebirges gegen Westen zu und um die Eruirung der Ursachen, welche dieser Erscheinung zu Grunde liegen, bezüglich der Thatsachen, die mit ihr verbunden sind. Wir können diese Discussion fortsetzen, unbekümmert um die grössere oder geringere Berechtigung der soeben aufgestellten Anschauung von der Existenz einer liegenden Falte bei Kossoeice und auf rein that- sächliche Momente gestützt. 82* 638 Dr. Emil Tietze. [216] Abgesehen von alldem vorher Gesagten gibt ein Vergleich der Zahlen, welche bei den früher erwähnten Schächten und der jetzt besprochenen Bohrung die jeweilig von den einzelnen Gliedern eingenommenen Tiefen bezeichnen, manche wichtige Aufschlüsse.. Wir erwähnten, dass beim Schachte Daniedowiez das Grünsalz in wenig mehr als 20 Meter Tiefe erreicht wurde, beim Schachte Franeisci aber in 31 Meter und noch weiter westlich, beim Schachte Joseph, in etwa 50 Meter. Bei der hiesigen Bohrung wurde das Salzgebirge (allerdings ohne dass das Grünsalz- gebirge vorkäme) in 209 Meter Tiefe angetroffen. Wenn man also das Antreffen des Salzes für sich allein in Betracht zieht, ohne Rücksicht auf die Natur und Art der angetroffenen Salze, so muss dies den Ein- druck verstärken helfen, dass das Salzgebirge sich von Wieliezka aus nach Westen abdacht, wie stets behauptet wurde. Es ist aber wohl jetzt schon klar, dass wenigstens, was das Kossocicer Bohrloch anlangt, diese Abdachung durch die Art der Gebirgs- oder Schichtenneigung jedenfalls nicht allein hervorgerufen, sondern zwischen dem Josephschacht und dem Bohrloch wesentlich auch durch ein Ausgehen des Salzes selbst mitvermittelt wird. Mit anderen Worten: jene Abdachung wird zu einem grossen Theile ihres Betrages nur als eine scheinbare zu bezeichnen sein, bedingt durch das Fehlen des Grünsalz- und Spiza- salz-Gebirges bei Kossoeice. Vergleichen wir weitere Zahlen. Beim Schachte Franeisei wurde, wie auch schon früher gesagt, das geschichtete Salzgebirge in etwa 1°0 Meter Seehöhe oder ca. 60 Meter Teufe gefunden, dasselbe beim Schachte Joseph in eirca 109 Meter Seehöhe, oder in etwa 140 Meter Teufe, noch westlicher im Kossoeicer Bohrloch aber in 209 Meter Teufe. Da sehr wesentliche Höhendifferenzen zwischen den Tagesober- flächen der genannten Punkte nicht bestehen, so ergibt sich, dass aller- dings auch das geschichtete Salzgebirge bei Kossocice tiefer hinab- zugreifen scheint, als beim Josephschachte, obschon hier die Neigung geringer ausfällt, als wenn wir noch die 90 Meter betragende Mäch- tigkeit des Grünsalzgebirges beim Josephschachte für die angebliche Abdachung der salzführenden Schichten im Ganzen mit in Anschlag bringen würden. Es bleiben für die beträchtliche Entfernung (über 2 Kilometer) der beiden Punkte hier nur mehr 70 Meter scheinbaren Gefälles übrig. Nun aber muss doch wiederum daran erinnert werden, dass bei Kossoeice selbst das geschichtete Salzgebirge nach oben hin nicht vollständig ist, dass ihm die Spizaflötze und deren Zwischenmittel fehlen. Wenn wir uns diesen Theil des Gebirges noch binzu denken würden und dabei erwägen wollten, dass die Spizaflötze selbst bis- weilen bis zu 8 Klafter Mächtigkeit anschwellen können (vergl. Hrdina, l. c. pag. 105), was eine Vorstellung von der stellenweisen Stärke dieses Schichteneomplexes gibt, so kommen wir dazu, für die Liegend- partien der Wieliezkaer Salzlager, das ist für den Schichteneomplex des Szybiker Salzes eine beträchtliche und auf grössere Strecken an- haltende Abdachung nach Westen hin gar nicht mehr voraussetzen zu müssen, wenn auch,im Gebiete des bisherigen Grubenbaues (wie der Vergleich der Verhältnisse vom Joseph- und Franeiseischacht zeigt) local gerade im geschichteten Salzgebirge noch Anhaltspunkte für eine solehe Abdachung sich zu finden scheinen. [217] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 639 Dabei mag freilich noch zu berücksichtigen sein, dass in Folge kleinerer localer Abweichungen des Streichens, wie sie fast in allen gestörten Gebirgen vorkommen, oder auch in Folge local etwas ver- schieden steiler Fallwinkel die Tiefen, in welchen man mit einer Reihe von entsprechend dem Durchschnittsstreichen angelegten Schächten einzelne Schichtgruppen erreicht, nicht stets dieselben bleiben. Würde der Unterschied der Seehöhen, in weichen das geschichtete Salzgebirge im Franeiseischachte (180 Meter) und im Josephschacht (109 Meter) erreicht wurde, einer thatsächlichen dauernden Neigung dieses Gebirges nach Westen zuzuschreiben sein, dann hätte man jedenfalls bei Kossoeice die Szybiker Flötze in beträchtlich grösseren Tiefen antreffen ' müssen, als dies geschehen ist. Zugegeben selbst, dass bei Wieliczka eine Combination der dem südlichen Schichtenfall daselbst entsprechenden Störung mit einer mehr oder weniger quer gegen das Streichen stattgehabten Aufwölbung vor- komme, so liegt, wie jetzt aus dem Befunde des Kossocicer Bohrloches hervorgeht, noch immer kein Grund zu der Annahme vor, dass diesem Verhältnisse eine Art von Fernwirkung weit nach Westen zuzuschreiben sei und die Anomalie des Einfallens ganzer Schichteomplexe , welches senkrecht auf dem Einfallen der einzelnen Schichten dieses Complexes stünde, erscheint durch die vorangegangenen Betrachtungen, wenn nicht ganz beseitigt, so doch wesentlich abgeschwächt. Damit und mit der bereits früher versuchten Auflösung des Widerspruches, welcher in der von Hrdina gemachten Unterscheidung von Haupt- und Particular- streichen zu liegen schien, sind, wie ich glaube, zwei wesentliche Schwierigkeiten für die Auffassung der Lagerungsverhältnisse von Wieliezka beseitigt. Wir haben also gesehen, dass sich ein Theil des geschichteten unteren Salzgebirges in der Richtung gegen Swoszowice bis nach Kossoeice fortsetzt und wir haben ebenso gesehen, dass das obere Salz- gebirge, einschliesslich sogar der noch zur unteren Abtheilung gehörigen Spizasalze, nicht bis dahin fortsetzt. Die Frage entsteht nun dringender, was aus diesem oberen Salzgebirge im Westen geworden ist. Es sind jedoch im Prineipe nur zwei Möglichkeiten ihrer Lösung vorhanden. Entweder das obere Salzgebirge ist ein in seinem Alter durchaus selbstständiger, mit keiner anderen Bildung der Umgebung gleich- zustellender Schiehteneomplex. In diesem Falle hat sich derselbe bis zu dem Bohrloch hin im Streichen ausgekeilt und wird von der Ge- sammtmasse der Swoszowicer Mergel, die wir dort kennen gelernt haben, als von einem jüngeren Schichtgliede in dem Zwischenraum zwischen Kossoeice und Wieliezka längs seiner oberen, dann westlich geneigten Endfläche bedeckt. Oder dieses Gebirge ist im Verlaufe des Streichens in jene Mergel übergegangen, und deshalb im Wesen wenigstens mit einem Theil derselben völlig gleichalterig. Dieser Ueber- gang braucht aber nicht in allen Höhenlagen gleichmässig schnell statt- zufinden. Er kann in den höher gelegenen Partien rascher, in den unteren langsamer, oder genauer gesagt, erst in grösserer Entfernung von Wieliezka erfolgen, so dass mehr oder minder allmälig die Facies des 640 Dr. Emil Tietze. [218] eigentlichen Salzgebirges von der (in Bezug auf Salzführung) absolut tauben Facies der Swoszowieer Mergel von oben nach unten zurück- gedrängt wird, je weiter man westlich vorschreitet. Das gäbe im rein thatsächlichen Sinne oder für die Praxis allerdings annähernd dasselbe Bild wie im Falle einer Auskeilung, abgesehen davon, dass die Grenz- fläche beider Bildungen vielleicht im Einzelnen etwas verschieden ge- staltet wäre; für die theoretische Auffassung aber bedeutet dies einen grossen Unterschied. Dass die Swoszowicer Mergel ihrerseits keine unveränderliche Ablagerung sind, geht ja schon daraus hervor, dass ihre Schwefel- führung bei Kossocice bereits aufgehört hat. So wenig man sich also daran bei ihrer Identifieirung stösst, so wenig braucht man sich an ihrem Mangel an Salzführung bei einem Vergleich mit dem oberen Salzgebirge zu stossen. Würde man aber andererseits auf das Vorkommen von Schwefel selbst einigen Werth legen, so wäre ja darauf zu ver- weisen, dass sich in der oberen Salzformation von Wieliezka ebenfalls etwas Schwefel gefunden hat. (Vergl. Seite 201 dieser Abhandlung.) Das wäre eine Reminiscenz an die Swoszowicer Verhältnisse. Auch die Gleichstellung der Swoszowicer Mergel mit gewissen Gypsen, wie sie Niedzwiedzki vornimmt, spräche für jene Varia- bilität, das heisst sozusagen für die Fähigkeit der bewussten Mergel in andersartige Bildungen überzugehen. Vor Allem darf aber behauptet werden, dass die Vorstellung, auch das Salzgebirge andrerseits gehe in abweichende Bildungen über, an und für sich eine ganz natürliche ist. Welche Ansichten immer man über die Stellung der galizischen Salzformation haben mag, sie ist in jedem Falle nur eine locale Facies anderer Neogenbildungen und muss je nach den Verhältnissen rasch oder langsam in dieselben übergehen, wenn letztere den ersteren direct benachbart sind. Speciell für Galizien kann man nach den Auseinandersetzungen der letzten Jahre diese Anschauungen im Prineipe nicht abweisen, weshalb ich mich hier dabei weiter nicht aufhalte. Es gibt aber schon im Bereiche des Grubenbaues von Wieliezka genug Anhaltspunkte dafür, dass Aenderungen in der Beschaffenheit einzelner Theile der Formation je nach der Oertlichkeit vorkommen können. Bekannt ist den Bergleuten seit lange, dass die Reinheit der dem Szybiker Salze entsprechenden Lager nicht überall gleiehmässig ist. In den westlichen Grubenstrecken, wie im westlichen Theile des Längenschlages Szesezen, hat sich besonders eine Verschlechterung dieser sonst so werthvollen Lagen ergeben und damit würde auch der Um- stand übereinstimmen, dass die in der Kossoeicer Bohrung angefahrenen Szybiker Flötze allem Anscheine nach (gemäss den Proben und den mir bekannt gewordenen Urtheilen nach) ein minderwerthiges Produet liefern würden. Da die Salzlager indessen ihrer ganzen Entstehung zufolge den Typus des Localisirten an sich tragen, so wäre freilich die Möglich- keit nicht auszuschliessen, dass selbst innerhalb einer solehen minder- werthigen, oder an Werth nach einer bestimmten Richtung hin ab- nehmenden Region immer wieder reinere Theile der Flötzausbreitung sich einstellen, was dann den jeweiligen Versuchen zu ermitteln übrig N an [219] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 641 bleibt. Immerhin aber lassen die heutigen Erfahrungen bereits über- sehen, dass selbst in der am meisten nach Westen zu anhaltenden unteren Region des Salzgebirges nach dieser Richtung hin ein Wechsel der Verhältnisse sich vorbereitet. Dass auch die Spizaflötze einer Aenderung unterliegen können, ist ebenfalls durch den Grubenbau erwiesen, und zwar gilt dies besonders für die dem Karpathenrande sich näbernden Partien. Nach Niedzwiedzki (l. e. pag. 155) wird „die petrographische Beschaffenheit“ des unteren Salzgebirges in dieser Richtung „sehr bedeutend“ alterirt, „besonders durch das Zurücktreten — Auskeilung und petrographischer Ueber- gang — der am Nordrande so mächtigen Spizasalzlagen und durch Einschiebung einer Schichte des Salzsandsteines“. Es sind das Aende- rungen, welche den vorher besprochenen Abweichungen des Swoszo- wicer Neogengebirges gegen den Karpathenrand zu ziemlich analog sind. Theilweise, wenn auch, wie ich gleich hier bemerke, nicht ganz, hängt mit diesen Aenderungen auch der Umstand zusammen, dass die Region gegen den Karpathenrand hin wasserdurchlässiger wird, weshalb man die dorthin vorgeschobenen Feldorte verlassen und abdämmen musste. ‘Der Querschlag Maylath (eirca 600 Meter südlich vom Franz Joseph- schachte) sowie der Querschlag Appelshofer (circa 200 Meter süd- lich vom Josephschachte) sind noch heute durch das Zusitzen von Wasser bekannt, und auch im Felde südlich vom Schachte Gursko ist Wasser angetroffen worden. Man verzichtet deshalb auch auf eine weitere Erforschung dieses ohnehin tauben Gebirges. Was für den südlichen Rand gilt, ist in ähnlicher Weise auch für die nördliche Seite des Salzgebirges und insbesondere für dessen obere Abtheilung zu constatiren. Wir folgen hier am besten der Dar- stellung Niedzwiedzkis. Derselbe schreibt (l. e. pag. 112): „An der Nordflanke des Bergbaues führen die nach Nord vorspringenden Querstrecken ganz allmälig aus salzreichem Trümmergebirge in einen salzarmen oder fast salzleeren, aber sonst demjenigen des Salzgebirges absolut gleichen Thon. Da von dieser Seite auch Süsswasserquellen her- kommen, so ist in der Richtung nach Norden eine mehr oder weniger vollständige allgemeine Abnahme der Salzeinschlüsse innerhalb des Thones anzunehmen, bis er in ein die Liegendthone der Bogueicer Sande. regelmässig unterteufendes Schichtensystem von gewöhnlichen Thonen und dazwischen lagernden Sanden übergeht, welches in seiner südlichen Fortsetzung nur deshalb salzführend ist, weil es hier über Salzlagern zu liegen kam!) und am Karpathenrande seine regellose Structur und seine unregelmässige Vertheilung nur in Folge der von letzterem ausgehenden Pressungen erhielt.“ Ferner sagt derselbe Autor (ibidem), es sei wohl möglich, „dass die obersten, sehr salzarmen oder fast salzleeren Partien des ungeschichteten Salzthones, vor Allem der !) Dieser Passus bezieht sich vermuthlich auf die bei Niedzwiedzki ander- wärts sich findende Vorstellung, dass das obere Salzgebirge seinen Salzgehalt dem unteren geschichteten Gebirge verdankt. In der Verfolgung dieser Idee müsste man sich freilich fragen, warum anderwärts wie in Kossoeice und vielleicht auch sogar in Swoszowice das dort vorhandene untere Salzgebirge nicht ebenfalls zur Entstehung eines oberen Salzgebirges Veranlassung gegeben hat. 642 Dr. Emil Tietze. [220] durch das Auftreten der bunten Mergel markirte Gesteinszug an der Südflanke des Bergbaues bereits den ganz unmittelbar unter den Bogu- cicer Sanden folgenden gypsführenden Thonen entsprechen“. Wenn wir hier von den bunten Mergeln absehen, die in ihrer Stellung zweifelhafter und wohl kaum den Thonen direct unter den Bogueicer Sanden gleichzustellen sind, so lässt sich gegen die eitirten Ausführungen nichts einwenden und wir erhalten, worauf ich Werth lege, in Uebereinstimmung mit Niedzwiedzki ein Bild von der Variabilität namentlich der oberen Abtheilung des Salzgebirges nach verschiedenen Seiten hin. Noch ein anderer Umstand aber kommt bei der jetzt aufge- worfenen Frage, wie ich glaube, als schwerwiegend in Betracht. Würden nämlich die Swoszowicer Mergel einen gesonderten oberen Horizont dem Grünsalzgebirge gegenüber vorstellen, so müsste ihre Grenze gegen das letztere als eine Anlagerungsgrenze gedacht werden. Gerade dieses Salzgebirge mit seinen reichlich der Auflösung und Zer- störung ausgesetzten Bestandtheilen müsste als eine Art von erhöhter Kuppe zur Zeit der Anlagerung jener Mergel mit einem Absturz gegen das die Mergel absetzende Meer aufgeragt haben und es ist schwer zu begreifen, wie es zu dieser Form gekommen sein sollte, selbst wenn man, wie es dann ebenfalls unvermeidlich wäre, eine deutliche Discor- danz zwischen den beiden verglichenen Absätzen voraussetzen würde. Sollte man nun glauben, dass die westliche Fortsetzung dieser Anhäufung von Material vor dem Absatz der bewussten Swoszowicer Mergel denudirt worden sei, um für den Absatz dieser Mergel_Platz zu schaffen? Oder sollte man zu der gewiss widersinnigen Annahme greifen, dass sich eine solche Kuppe oder ein soleher Buckel zur Zeit der Bildung des Grünsalzgebirges und der Spizaflötze selbstständig (etwa nach Art der Riffkalke) nach und nach erhöht habe, dass dabei diese Materialanhäufung nach oben gewachsen sei, während eine im Westen derselben liegende Depression von Absätzen frei blieb? Dies Alles ist offenbar unzulässig und so steht allein der An- nahme einer directen faciellen Verknüpfung der Swoszowicer Mergel und des oberen Theiles des Wieliezkaer Salzgebirges keine Schwierig- keit entgegen. Fügt man sich aber diesem Gedanken, dann dürfen wir in den Salzthonen, welche unter dem Swoszowicer Mergel zu Swoszo- wice selbst erreicht worden sind, bei der Mächtigkeit dieser Mergel daselbst und im naheliegenden Hinblick auf die Verhältnisse des Kosso- cicer Bohrloches ebenfalls nur eine Vertretung des unteren oder untersten Wieliezkaer Salzgebirges erwarten und dortselbst höchstens das Vor- kommen von Szybiker Flötzen voraussetzen, wobei noch sehr fraglich bleibt, ob dieselben, wenn überhaupt noch in genügender Ausdehnung und Mächtigkeit vorhanden, eine abbauwürdige Reinheit aufweisen könnten. Dass auch nach Osten hin eine Modification des oberen Salz- gebirges wenigstens im Bereich des Grubenbezirkes stattfindet, ergibt sich vielleicht aus der Abnahme der Mächtigkeit des genannten Complexes nach dieser Seite zu, wie denn schon beim Franeiseischachte die Stärke der Grünsalzformation nicht mehr so bedeutend ist, wie beim Josephschachte. Doch fehlen vorläufig östlich vom Grubenbaue die Aufklärungen, welche wir für den Westen durch das Bohrloch von Kossocice gewonnen haben. [221] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 645 Wenn nun die unter den Bogueicer Sanden liegenden gypsführenden Thone einerseits, wie Niedzwiedzki ja doch meint, den Swoszowicer Mergeln entsprechen, während sie andererseits einem Theil des unge- schiehteten Salzgebirges oder dessen Salzthonen, wie wir soeben gesehen haben, nach desselben Autors Meinung äquivalent sein dürften, so ergibt sich (die Richtigkeit der diesbezüglichen Annahme vorausgesetzt), dass das obere Salzgebirge wenigstens theilweise auch seinerseits den Swoszowicer Mergeln correspondiren muss. Diese Vorstellung wird wesentlich unterstützt durch die That- sache, dass die über dem Grünsalzgebirge bei Wieliezka selbst ent- wickelten Bildungen, soweit man sie bei der Annahme einer strati- graphischen Ueberlagerung des Salzgebirges durch den angeblichen Swoszowicer Horizont als Aequivalente des letzteren auffassen dürfte, eine verschwindend geringe Mächtigkeit besitzen (z. B. beim Josephschachte) gegenüber der nur wenige Kilometer weit entfernten Entwicklung der Swoszowicer Mergel bei Kossoeice, welche nebst ihren Zwischenlagen in dem dortigen Bohrloche erst in der Tiefe von mehr als 200 Meter durch- fahren wurden, während andererseits das 90 Meter mächtige Grünsalz- gebirge des Josephschachtes daselbst verschwunden ist.!) Es ist schwer zu glauben, dass ohne facielle Uebergänge ein derartiges Sichauskeilen nicht blos der einen, sondern aller beiden Bildungen in entgegengesetzter Richtung stattfinden könnte, namentlich wenn wir sehen, dass sowohl im Hangenden als im Liegenden der fraglichen Schichteneomplexe die Mächtigkeiten der damit zunächst verbundenen Ablagerungen keine so wesentliche Veränderung erleiden, wie man dies für die Sande von Kossoeice und Boguceice einerseits und die Szybiker Salzgruppe anderer- seits mit Sicherheit behaupten darf. Wie besonders ein Vergleich zwischen den Verhältnissen von Kossoeice und denen von Wieliezka ergibt, nehmen ja die Swoszowicer Mergel einerseits und das Salztrimmergebirge andererseits zwischen dem geschichteten Salzgebirge und den Bogueicer Sanden eine jedenfalls vollständig correspondirende Stellung ein. Wir wiederholen demnach als das Ergebniss dieser Auseinandersetzung, dass die bewussten Mergel nur eine Facies des oberen ungeschichteten Salzgebirges sind. Alles drängt aber auch zu der Ueberzeugung von einer zunehmenden Verarmung des Salzgebirges von Wieliezka nach Westen zu hin. Wir kommen jetzt zu einem weiteren, schwierigen Theil unserer Aufgabe. Wir haben das Material, aus welchem das Schichtensystem von Wieliezka erbaut ist, in seiner wechselnden Beschaffenheit und in den Beziehungen seiner gegenseitigen Lagerung betrachtet, wir haben auch schon im Allgemeinen das Streichen und Fallen der betreffenden Absätze erörtert, aber es wurden die Beziehungen dieser Lagerung zu !) Würden wir, was allerdings nicht unbedingt zu erweisen ist, diese Mächtigkeit von 90 Meter für die einfache Stärke des Grünsalzgebirges daselbst halten, ohne Rück- sichtnahme auf eventuelle Wiederholungen derselben Lagen, dann würde diese Mächtigkeit sehr gut übereinstimmen mit der gleichfalls eirca 90 Meter betragenden Stärke der Swoszowicer Mergel bei Kossocice, sofern wir dieselben dort im Sinne von pag. 215 dieser Arbeit als sich wiederholend betrachten wollen. Doch sei dies nur nebenbei angemerkt, Jahrbuch der k.k. geol. Reichsanstalt..1887. 37. Band. 3, Heft. (Dr. Emil Tietze) 83 644 Dr, En Tietze, [222] dem Gesammtaufbau der Umgebung dieser Ablagerungen noch wenig berührt. Es handelt sich dabei darum, über die Art der Störungen des Salzgebirges einige Klarheit zu gewinnen, sich die Frage vorzulegen, ob Faltungen, ob Brüche vorkommen, ob und wie die tieferen Miocän- schichten unterhalb der Bogueicer Sande oder überhaupt in der nörd- lichen Richtung gegen die Weichsel zu geneigt sein mögen, und in welcher Weise die Salzformation sich an die ihr im Alter voraus- gängigen Karpathensandsteine anschliesst. Gerade hierbei stossen wir jedoch auf sehr differirende Ansichten der Autoren, wie am deutlichsten schon aus der einen gleich vorweg zu nennenden Thatsache hervor- gehen mag, dass dieselben in bestimmten einzelnen Fällen nicht einig darüber sind, ob sie das Hangende oder das Liegende der Salzformation vor sich haben. Die alte Beschreibung Hrdina’s verdient wie in anderen Dingen, so auch hier noch die höchste Beachtung. Der „geognostische Durch- schnitt der Wieliezkaer Saline zur allgemeinen Uebersicht der. Salz- formationen* (Tafel I des Buches) gibt ein, wie mir scheint, in seinen wesentlichen Zügen von den neueren Darstellungen kaum übertroffenes Bild des Sachverhaltes, wenn man darin auch eine Wiedergabe gerade derjenigen Vorstellungen vermissen mag, die sich auf die Lagerung der Salzformation nördlich und südlich von den Grubenaufschlüssen beziehen könnten, also auf Verhältnisse, deren Ermittlung für die gegenwärtige Betrachtung von besonderer Wichtigkeit ist. Das mag etwas widerspruchsvoll klingen. Indessen hängt für eine solche Ermittlung doch unendlich viel von der Auffassung ab, welche man zunächst aus den der Beobachtung zugänglichen Aufschlüssen geschöpft hat und diese Aufschlüsse bietet eben die von Hrdina so genau studirte Grube. !) Die Salzformation zeigt demnach besonders in Hinblick auf ihre tieferen geschichteten Partien ein System von schräg gestellten, nach Norden überschobenen Faltungen bezüglich Kniekungen, oder wenn man sich anders ausdrücken will, sie weist eine derartige Hauptfalte auf, welche dem vonHrdina so genannten gleich nochmals zu erwähnenden Salinenrücken entspricht, und sie zeigt (gegen den Karpathenrand zu) einige in demselben Sinne geformte Nebenfalten. Das gleichsam sack- förmige Eingreifen des Grünsalzgebirges in die tieferen Partien, das local vorkommende Auftreten des Grünsalzes im scheinbaren Liegenden der geschichteten Salze, welches ja so völlig dem Auftreten der ganzen Salzformation selbst im scheinbaren Liegenden der vormioeänen Kar- pathensandsteine entspricht, erhält damit eine genügende Erklärung. Man hat seit längerer Zeit drei Salzgruppen in der Grube unter- schieden, welche von Norden nach Süden aufeinanderfolgen und unter einander parallel ungefähr ostwestlich streichen und die jeweilig eine ähnliche Reihenfolge von Salzablagerungen aufweisen. Es erscheint (Hrdina, l.c. pag. 138) „in jeder Gruppe das Grünsalz in der obersten, das Spizasalz in der mittleren und das Szybiker Salz in der untersten !) Ich habe von einer Wiedergabe des Hrdina’schen Profils hier abgesehen, da das später (pag. 228 dieser Arbeit) copirte Profil von Paul im Wesentlichen genügen wird, um zu einer wenigstens principiellen Uebersicht der Auffassung Hrdina’s zu verhelfen, BR) EBEN, [223] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau, 645 Schichte. Bei der dritten untersten!) Gruppe dieser Saline ist ein Rücken wahrnehmbar, welcher seinen Zug gegen Westen dem Haupt- streichen (St. 19) nach gleichförmig“ beobachtet. Hrdina fährt fort: „Dieser (Rücken) mag auch nur durch einen gewaltigen Hub der ganzen Saline entstanden sein, wodurch das Zerreissen des ganzen Salzgebildes erfolgte; daher die grosse Verdrückung sammt Verschiebung der Salz- lagen blos dieser gewaltigen Hebung und Trennung des ganzen Salz- gebildes zugemuthet werden dürfte.“ Wir bekommen demnach des Weiteren die Vorstellung, dass die überschobenen Falten des Salzgebirges wenigstens theilweise Zer- reissungen ausgesetzt gewesen sind oder mit anderen Worten, dass sich bei jeder Falte die Tendenz zu einem Längsbruch am nördlichen Flügel derselben documentirt hat. Dass übrigens diese Tendenz nicht durch- gängig zum Ausdrucke gekommen ist, dass in der That die Kniekungen sich theilweise noch im Zusammenhange erhalten haben, davon wird später noch die Rede sein. Von den theoretischen Ansichten Hrdina’s über die Kräfte, welche die beschriebenen Störungen verursacht haben könnten, von der Meinung, dass der „durch einen gewaltigen Hub“ entstandene Salinarrücken seinerseits die übrigen tektonischen Ver- änderungen im Gefolge gehabt haben könne, müssen wir hier natürlich » absehen. Diese Vorstellungen von von unten hebenden Kräften, denen die Faltung ihr Entstehen verdanken sollte, gehören zu dem Gewande der Zeit, in welcher der Autor schrieb. Sie ändern aber nichts in der Darstellung des thatsächlichen Befundes. Es ist nicht ganz verständlich, warum spätere Schriftsteller die hier, soweit ich mich referirend verhalten habe, allerdings in etwas modernisirter Form wiedergegebenen Anschauungen Hrdina’s nicht genügend beachtet haben, da ja doch der sachliche Gehalt derselben sich so unwiderstehlich Geltung verschafft, dass z. B. noch heute die Montanisten von den verschiedenen Salzgruppen genau so sprechen wie zu Hrdina’s Zeiten und vorher. Es mag indessen die Darstellung des genannten, ausgezeichneten Markscheiders vielfach in Vergessenheit gerathen sein. Zeuschner, der im Jahre 1844 (Neues Jahrb., pag. 513) eine „geognostische Beschreibung des Salzlagers von Wieliezka“ veröffentlichte, erwähnt die 2 Jahre vorher erschienene Abhandlung Hrdina’s nicht mit einem Wort und in einem späteren Artikel „OÖ mioceniezych gipsach i pokladach soli kuchenn&) w görnej ezesci doliny wisty przy Krakowie“ (in der Bibliotheka Warszawska, 1862) gibt er (pag. 6 des Separatabdrucks) ein Profil der Lagerstätte, welches den Schichtenbau derselben als einen ziemlich einfachen Sattel darstellt. Als später Reuss seine überaus wichtigen paläontologischen Untersuchungen über die Fauna der hiesigen Salzlagerstätte veröffent- lichte, welche in ihrer Art gerade so grundlegend sind, wie das Buch von Hrdina in tektonischer Hinsicht, hatte er freilich keine Veranlassung, sich mit den complieirteren Fragen des Schichtenaufbaues unserer Localität zu befassen. Für ihn war es also ganz entschuldbar, wenn 1) Es ist hier die nördlichste Salzgruppe gemeint, weil bei dem Südfallen der Schichten dieselbe natürlich die unterste Lage einzunehmen scheint. 83* 646 Dr. Emil Tietze. [224] er die darauf bezügliche Literatur nicht weiter berücksichtigte. Der am 23. November 1868 in dem nach Norden vorgetriebenen Kloski- schlage erfolgte Wassereinbruch, der damals (etwa ähnlich wie später das Versiegen der Teplitzer Quelle) auch das grössere Publikum be- sonders in den österreichischen Ländern in Spannung versetzte, hat dann aber das Interesse für die Lagerung des Wieliczkaer Salzes wieder belebt und bald liessen Stimmen verschiedener Fachmänner theils vom technischen, theils, was uns hier ausschliesslich angeht, vom geolo- gischen Standpunkte aus sich über die Katastrophe und über Wieliezka vernehmen. Aber auch aus diesen Stimmen hören wir eine Berück- sichtigung der Hrdina’schen Arbeit nicht heraus. Baron v. Hingenau erstattete (Verhandl. d. geolog. Reichsanst. 1868, pag. 398) alsbald der geologischen Reichsanstalt einen vorläufigen Bericht. Besonders aber war es Fötterle, der ebendaselbst (ibidem, pag. 421) sich nach Einblick in die Sachlage ausführlicher äusserte. Gleich hier kann eingeschaltet werden, dass auch Ami Bou& zu der Sache Stellung nahm und dem französischen Publikum eine ein- gehendere Mittheilung über das Ereigniss zukommen liess (Annales des voyages, Paris 1869, pag. 117). Er schien anzunehmen, dass man eine Spalte angetroffen habe, welche mit der Weichsel communieirte. Wie pessimistisch man damals die Lage beurtheilte, geht vielleicht daraus hervor, dass Bou& ernstlich die Frage aufwarf, ob nicht an Stelle Wieliezkas zwischen dieser Stadt und Bochnia ein neues Salz- werk anzulegen sei. In seinen Ansichten über die Lagerungsverhältnisse zeigte sich übrigens der genannte Autor wohl durch die von Fötterle ausgesprochenen Meinungen vielfach beeinflusst. Wir müssen die letzteren mit einigen Worten skizziren. Fötterle’s Darstellung, die durch eine derselben beigegebene Zeichnung unterstützt wird, läuft nun sonderbarer Weise ähnlich wie bei Zeuschner darauf hinaus, dass das Salzgebirge von Wieliezka eine einfache Wölbung bildet, deren Schichten nach Norden wie nach Süden abfallen. Die Grenze gegen die südlich fallenden Karpathen- sandsteine wird derart gedacht, dass das Salzgebirge dort einfach an einer steilen, südlich fallenden Fläche sich ‚abstösst. Man erhält so den Eindruck, als ob im Süden das ganze Jüngere Salzgebirge mit seiner fertigen Wölbung schräg unter die älteren Karpathensandsteine hinein- gepackt worden wäre. Im Norden aber wird unter den Bogueicer Sanden ein so steiles, nördliches Fallen angenommen, wie es aus den beobachtbaren Thatsachen absolut nicht gefolgert werden kann. Von dem Wassereinbruch wurde angenommen, dass er aus den nörd- lichen Hangendschichten oberhalb des eigentlichen Salzgebirges gekommen sei. Um diese Annahme zu ermöglichen, war es freilich nöthig, in jener Gegend ein steiles Nordfallen der Schichten voraus- zusetzen. | Es scheint nun, als ob diese Darstellung nicht ganz ohne Einfluss auf eine bald darauf erfolgte Mittheilung geblieben wäre, welche Suess zu geben sich veranlasst glaubte, als er gleichfalls in die Discussion über die damalige Tagesfrage eingriff. (Ueber die Lagerung des Salzgebirges bei Wieliezka. Sitzungsber. d. Akad. d. Wiss. Wien 1868, Math.- naturw. Cl. 1868, 58. Bd.) [225] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 647 Auch Suess spricht von einer ausgeprägten Wölbung bei Wieliczka, und zwar eben nur von einer Wölbung und führt auch Fötterle mit als Gewährsmann für diese Voraussetzung an. Doch muss anerkannt werden, dass die betreffende Annahme hier nur ganz im Allgemeinen gemacht wurde und dass nicht der Zwcek verfolgt wurde die Form dieser Wölbung im Besonderen festzustellen, sondern dass beabsichtigt wurde das Vorhandensein der bezeichneten Störung vielmehr einer ällgemeineren Erfahrung als einzelne Thatsache unter- zuordnen. Der Autor hebt nämlich die anticlinale Faltung der schweize- rischen und bayerischen Molasse hervor und spricht die Störungen der Miocänschichten am Nordrande der Karpathen als Analogon der vor- genannten Faltung an. Das Auftreten jurassischer Klippen in Mähren zwischen Ernstbrunn und Polau wird dabei als ein räumlich ver- mittelndes Bindeglied jener Störungen und demnach als eine westliche Fortsetzung der Aufrichtung der Schichten des Wieliezkaer Salzgebirges gedacht, welcher Auffassung gerade in Bezug auf die Polauer Berge allerdings F. v. Hauer (Jahrb. d. geolog. Reichsanst. 1869, pag. 8) und Neumayr (Die Klippe von Czetechowitz. Jahrb. d. geolog. Reichs- anst. 1870, pag. 551) widersprochen haben. Bezüglich des Wasserein- bruches aber wurde gesagt, dass „der unheilbringende Stollen den nördlichen Flügel der Antielinale des karpathischen Molassenlandes durchstossen“ habe. So wenig aber sich gegen eine Analogie zwischen der einen That- sache, dass das Jüngere Tertiärland am Nordrande der Alpen gefaltet ist und der andern Thatsache, dass das Jüngere Tertiärland auch zunächst dem Nordrande der Karpathen gefaltet ist, vorbringen lässt, so wenig darf man sich andererseits verhehlen, dass damit für die Beurtheilung der Verhältnisse von Wieliezka selbst nicht allzuviel gewonnen ist, und auch in praktischer Beziehung, also beispielsweise , wenn es sich um Vermeidung von Wassergefahren handelt, wird es nicht viel helfen, wenn man weiss, dass der Mont Saleve bei Genf in ähnlicher Weise gefaltet sein soll, wie die salzführenden Schichten am Karpathenrande. An den Mont Saleve knüpfte nämlich Suess bei seiner Dar- stellung ganz besonders an: Es besteht dort eine bedeutende Verengung des Molassenlandes zwischen den Alpen und dem ausseralpinen, schweize- rischen Juragebirge, welche in der That sehr ähnlich ist der Lage des miocänen Gebietes zwischen dem Krakauer Jura und den Karpathen. Wieliczka aber liegt „nahe an der engsten Stelle zwischen den karpathischen und ausserkarpathischen Bergen“. Es lag also vielleicht nahe, sich den „Seitendruck“, der die Aufwölbung der betreffenden Antielinalen bedingte, an solchen Stellen, wo die gepressten Schichten- complexe nur wenig Raum zwischen dem Widerlager und der pressenden Masse zur Verfügung hatten, als besonders wirksam vorzustellen. Um einer missverständlichen Auffassung vorzubeugen, sei indessen darauf hingewiesen, dass die seitherigen Erfahrungen in Ostgalizien, wo das ausserkarpathische Gebirge wenigstens oberflächlich keineswegs nahe an den Karpathenrand herantritt, stellenweise mindestens ebenso starke Störungen der Salzformation erwiesen haben, als sie bei Wieliczka vorkommen. Ferner wurde bei der doch schon weiter vom Krakauer Jura 648 Dr. Emil Tietze. [226] entfernten Saline Bochnia nach der von Suess selbst eitirten Abhand- lung Hauch's (Jahrb. d. geolog. Reichsanst. 1851, pag. 30) die Neigung der Schichten mit 70—75° gegen Süden beobachtet, also viel steiler als das Schichtenfallen bei Wieliezka. Unter der Voraussetzung einer überkippten Schichtenfolge bei letzterem Orte würde freilich die dortige flachere Lagerung einer weitergehenden Störung entsprechen als die steilere Lagerung bei Bochnia, doch konnte dieser Gesichts- punkt im Rahmen der von Suess angeführten Daten nicht in Betracht kommen und jedenfalls darf nicht übersehen werden, dass andererseits gerade an der allerschmalsten Stelle zwischen den karpathischen und den ausserkarpathischen Bergen bei Swoszowice, wie wir früher ge- sehen haben, die Lagerung eine von der horizontalen meist nur wenig abweichende ist. Trotz dieser. Bedenken aber ist die Mittheilung von Suess eine wichtige für uns, denn sie legt Zeugniss ab dafür, dass die tektonischen Erscheinungen von Wieliezka wenigstens in der Hauptsache von den eigentlich gebirgsbildenden Kräften verursacht wurden und dass „ein äusserer mechanischer Druck“ den dortigen Schichtenstörungen zu Grunde liegen müsse. Ausdrücklich betont Suess, „dass die Wölbung des Salzgebirges nicht irgend einem chemischen Vorgange zuzuschreiben ist“. In diesem Sinne also war die Betonung der Analogie mit der Faltung der Molasse am Alpenrande nicht so ganz überflüssig und im Hinblick auf gewisse theoretische Vorstellungen, zu welchen beispiels- weise PoSepny bei seinen Studien im Salinargebiete Siebenbürgens (Jahrb. d. geolog. Reichsanst. 1871) bezüglich der Art der Störungen im Bereich von Salzlagerstätten gelangte, kann dies besonders hervor- gehoben werden. !) Auch können diese Ansichten in gewissem Sinne Denen vorge- halten werden, welche die Tektonik des Wieliezkaer Salzgebirges sich gleichsam unabhängig von der Tektonik der benachbarten Gebirgs- ınassen vorstellen, wie dies in der Consequenz der vorher besprochenen Darstellung Fötterle’s liegen würde und wie dies (ich sage das vor- greifend) in der Consequenz der alsbald auch für diese Frage zu er- wähnenden Darstellung Niedzwiedzki's gelegen scheint. Denn wenn man in den betreffenden Auseinandersetzungen fast jeglichen Hinweis darüber vermisst, wie man sich das Verhältniss der Störungen im salzführenden Miocän zu denen des angrenzenden Gebirges eigentlich zu denken habe, so darf man wohl zu der erwähnten Folgerung jener Unabhängigkeit gerade im Sinne der genannten Autoren gelangen, um- somehr, als Niedzwiedzki gegen (von Paul) ganz bestimmt aus- gesprochene Vorstellungen über jenes Verhältniss polemisirt. ') PoSepny wurde, wenn ich recht verstehe, zu der Annahme geführt, dass an den Störungen der Salzablagerungen Siebenbürgens und vielleicht der Salzgebirge über- haupt in erster Linie chemische Processe, Volumsveränderungen und dergleichen be- theiligt seien, dass diese Störungen oft mehr als Aufquellungen und von der eigenen Masse hervorgerufene Zerrungen des Gebirges, denn als Aufwölbungen und Faltungen zu betrachten seien. So beherzigenswerth nun auch Vieles in den Ausführungen des genannten Autors ist, so dispensiren dieselben doch nicht von dem Versuch den Erschei- nungen nachzuspüren, welche den zweifellos neben dem Chemismus wirksam gewesenen tektonischen Kräften zugeschrieben werden können. D e a. TE [227] Die geognostischen Verhältnisse der. Gegend von Krakau. 649 Indem Suess am Schluss seines Aufsatzes ganz ausdrücklich an das von Alth und Anderen schon damals besprochene (übrigens von Niedzwiedzki so gut wie von Fötterle gekannte), oft „wider- sinnige“, südliche Einfallen der Karpathensandsteine am Nordrande der Karpathen erinnert, was seitdem durch unsere Arbeiten in Galizien allenthalben bestätigt wurde, und indem er damit das südliche Fallen der Schichten in der Grube von Wieliezka in Verbindung bringt, zeigt er in nicht misszuverstehender Weise, dass nach seiner Auffassung die Tektonik des Salzgebirges von den karpathischen Störungen be- herrseht wird. Nachdem so die Discussion über die betreffende Katastrophe in der Literatur sich abgespielt hatte, war es in der Grube gelungen, das eingedrungene Wasser zu bewältigen, insbesondere weil das letztere sich seinen Zufluss selbst verstopft und verschlämmt hatte. Doch war sozusagen eine gewisse Reizbarkeit der verletzten Stelle zurückgeblieben. Es war denn auch eine ähnliche Veranlassung, welche ungefähr ein Decennium nach den Verlautbarungen von Fötterle und Suess eine neue geologische Begutachtung der Lagerungsverhältnisse von Wieliezka herbeiführte. Im Jahre 1879 hatten sich die Wassereinbrüche im Kloski- schlage wiederholt und Paul unternahm es, ein Urtheil über die Position der Gebirgsmassen, aus denen das Wasser gekommen war, auszusprechen (Ueber die Lagerungsverhältnisse in Wieliezka. Jahrb. d. geolog. Reichsanst. 1880, pag. 687). Als auffälligster Unterschied zwischen seiner Auffassung gegen- über den zuletzt genannten früheren Autoren erscheint der Umstand, dass Paul die Ursache der Wassereinbrüche „nicht in der Anritzung der Hangendsande, sondern in der Anritzung des Liegenden des Salz- thons* zu erkennen glaubte. Um diese Auffassung zu beweisen, gab der Genannte ein von kurzen, aber klaren Erläuterungen begleitetes Profil quer durch die von dem Grubenbau aufgeschlossenen Massen, welches uns im Wesentlichen zu der alten Anschauung Hrdina’s zurückführte und es ist ein nach meinem Dafürhalten unleugbares Ver- dienst, dass damit die verwirrende Darstellung Fötterle’s eine ge- eignete Widerlegung fand, wenn auch über gewisse Einzelheiten der Paul’schen Darstellung sich streiten liess, namentlich was die Auf- fassung gewisser in einem späteren Capitel genauer zu besprechenden Bildungen des karpathischen Randes anlangte, welche der Autor noch der Salzformation zuzählen zu dürfen glaubte. Es würde das Verdienst Paul’s und seiner theilweisen Reconstruetion von Hrdina’s Profil selbst dann nicht abzuleugnen sein, wenn der erstgenannte Autor sich gerade in der Auffassung der Verhältnisse des Kloski-Schlages nicht ganz in Uebereinstimmung mit den Thatsachen befinden sollte, denn dieser Punkt mag für die damals zunächst behandelte Frage von ernster Bedeutung gewesen sein, für das Urtheil über den Gesammtbau der Salzformation Wieliezkas bezeichnet derselbe nur ein einzelnes Moment, welches für die Darstellung der allgemeinen Sach- lage nur secundäre Wichtigkeit beanspruchen kann. Umstehend erlaube ich mir das Paul’sche Profil zu reproduciren, um dem Leser die bisherigen und die kommenden Theile dieser tektoni- schen Ausführungen anschaulicher zu machen. oo" a — Durchschnitt durch das Salzgebirge von Wieliezka (nach Pau). es | 3 & 95 } & ” S Na N ä u R. | 3 | = Die nordwärts zugespitzten Lagen unmittelbar unter dem „Salzthon mit Grünsalzkörpern“ zeigen die Spizasalzlager an. 650 ae 5 [229] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 651 In einem Punkte ging Paul sodann über Hrdina hinaus, indem er nämlich eine Consequenz aus den in der Grube beobachteten Schichten- störungen zu ziehen und einen Anschluss derselben an die Tektonik der benachbarten Karpathensandsteingebilde herzustellen versuchte. Gemäss seiner Auffassung jener Störungen als spitz nach oben gezogener, nordwärts überkippter Falten wurde für die Liegendschichten des Salz- gebirges am Karpathenrande eine Umbiegung nach aufwärts vorge- nommen. Das widersinnige südliche Einfallen des Salzgebirges unter die gleichfalls südlich fallenden Karpathensandsteine schien damit am Besten erklärt, dass man dem Karpathenrande zunächst auch das Auf- treten der älteren Theile der Salzformation annahm, welche dort in überstürzter Stellung die jüngeren Theile dieses Miocäns bedeckten, ähnlich wie zwischen je zwei der oben erwähnten „Salzgruppen“ das Jüngere Grünsalzgebirge stellenweise unter die älteren Salze zu liegen kommt. Auch war mit dieser Darstellung den Bedürfnissen Derjenigen Rechnung getragen, welche sich gern eine Vorstellung über die Art der ursprünglichen Anlagerung der Salzformation an den Karpathen- sandstein gemacht hätten, da man nach anderen Darstellungen, wie derjenigen Fötterle’s, eine unmittelbare Berührung der jüngeren Schichten des Salzgebirges mit dem Karpathensandstein annehmen musste, ohne über das Wie und Warum dabei eine Aufklärung zu be- sitzen. Prineipiell, unter der Voraussetzung einer Verwerfung, wäre eine solche Berührung anzunehmen ja möglich gewesen. Ueber die mögliche Natur einer solchen Verwerfung lagen aber nicht einmal Vermuthungen vor. Es ist stets der Vortheil einer klaren Hypothese, welche an beob- achtete Thatsachen sich anschliesst, dass sie die weitere Discussion des betreffenden Gegenstandes erleichtert. Das ist sogar der Fall, wenn die Beobachtungen selbst später wieder theilweise etwas verschieden dargestellt werden, wie wir das in dem vorliegenden Falle sehen werden. Man ist aber einer solchen Hypothese gegenüber in der Lage, das Für und Wider abzuwägen und gelangt damit leichter zu positiven Schlüssen und zu der Ausscheidung unbrauchbarer Annahmen als einer ver- schwommenen Darstellung gegenüber, deren Ziele unfassbar bleiben, weil sie auf eine Verknüpfung der Thatsachen zu einem Gesammtbilde verzichtet hat. Es ist sogar evident, dass es, je fleissiger und zahl- reicher diese Thatsachen zusammengetragen sind, desto schwerer wird, den Faden zu finden, an welchen sich dieselben anreihen lassen, wenn derjenige‘, der sich mit ihrer Sammlung befasst hat, und der deshalb dazu am Berufensten gewesen wäre, es an Hinweisen für eine solche Combination fehlen lässt. !) !) Man wird mir meiner ganzen Vergangenheit nach wohl nicht vorwerfen, dass ich damit dem Hypothesenmachen an sich das Wort rede. Die Verquickung von Hypo- thetischem mit Thatsächlichem in einer Weise, die dem Leser die Unterscheidung erschwert, oder die Aufstellung von Hypothesen, die direct bekannten Thatsachen widersprechen und deshalb auf eine nach Belieben vorgenommene Auswahl von Beob- achtungen sich stützen, wird schwerlich gebilligt werden können und wird um so eher zur Kritik herausfordern, je höher das wissenschaftliche Ansehen und der Einfluss der Autoren geschätzt werden darf, welche für die dem Grade dieses Ansehens entsprechende allgemeine Verbreitung der betreffenden Ansichten verantwortlich gemacht werden dürfen. Jahrbuch der k.K. geol. Reichsanstalt, 1887, 37. Band. 3. Heft. (Dr, Emil Tietze.) 84 652 Dr. Emil Tietze. [230] Wir werden vielleicht am Besten thun, wenn wir die Ausführungen, welche später Niedzwiedzki in seiner schon mehrfach erwähnten Monographie über Wieliezka betreffs der Lagerung der dortigen Salz- formation in ihren Beziehungen zu den jetzt erörterten Fragen verlautbart hat, im unmittelbaren Anschluss an die Paul’sche Auffassung besprechen. Sind jene Ausführungen doch im Wesentlichen der Bekämpfung dieser Auffassung gewidmet. Indem wir des Weiteren an den geeigneten Stellen der Widerlegungen gedenken wollen, welche die betreffenden Theile der Niedzwiedzki'schen Schrift bereits hervorgerufen haben, wird es in obigem Sinne am Leichtesten werden, uns über die wichtigeren Thatsachen zu orientiren und uns dasjenige Bild der Verhältnisse hervorzurufen, welches den Thatsachen am meisten zu entsprechen scheint, wenn wir auch von vornherein darauf verzichten müssen, alle Partien dieses Bildes in einer gleich deutlichen Beleuchtung zu betrachten. Lassen wir aber der Discussion des zwischen Paul und Nied- zwiedzki entstandenen Streitfalls und den näheren Erörterungen der Ansichten des Letzteren zur Vorbereitung des Lesers eine kurze allge- meinere Betrachtung vorausgehen. Die Lehren über die Wirksamkeit des Lateraldruckes bei der Faltung waren selbstverständlich bei der Abfassung von Niedzwiedzkis Schrift schon so allgemein verbreitet, dass sich ein Schüler von Suess denselben nicht ganz entziehen konnte. So heisst es denn in der That, (l. ce. pag. 94) bei Niedzwiedzki, dass die (wie auf der Seite vorher sesagt wird von den Karpathen ausgehende) „laterale nach Norden gerichtete Druckkraft eine Einbiegung, zum Theil auch eine Zusammen- biegung des salzführenden Schichtensystems*“ verursacht habe. Dennoch aber steht dieser Satz, wenn man ihn im Zusammenhange mit den übrigen Ausführungen der genannten Arbeit betrachtet, ich kann nicht anders sagen, ziemlich unvermittelt da, denn man vermisst dort durch- wegs den Versuch, die Störungen des Salzgebirges in einen inneren Zusammenhang mit der Tektonik der Karpathen selbst zu bringen. Es ist, als ob der Autor die Karpathen als etwas Ganzes und zur Zeit der Zusammenpressung des Salzgebirges in sich absolut Fertiges dem letzteren gegenübergestellt hätte, wie man sich etwa, um im Sinne der bekannten Ansichten von Suess über den seitlichen Schub der Gebirge zu bleiben, zur Noth ein stauendes Massiv, nicht aber Gebirgs- massen vorstellen könnte, welche in einer über ihre Vorlagen randlich weitergreifenden und gerade deshalb einen seitlichen Druck ausübenden Bewegung begriffen sind. Gleich hier sei es deshalb gesagt, dass die Auffassung Niedzwiedzki's auf einem Missverständniss der Suess’schen Ansichten über den lateralen Schub beruht, welchen Ansichten die Darstellung Paul’s in viel höherem Grade Rechnung trägt. Es war eben schwer, gleichzeitig diese Ansichten zu bekennen und doch dabei die Fötterle’sche Wölbung zu retten, welche von Suess seinerzeit wohl nur ganz im Allgemeinen im Sinne einer Faltungserscheinung überhaupt acceptirt worden war. Ich habe den Eindruck, dass die mühsamen Bestrebungen Niedzwiedzki's an diesem Zwiespalt gerade in der vorliegenden Frage gescheitert sind. Dies vorausgeschickt können wir in die Einzelheiten der Sache eingehen. [231] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 653 Von dem Begriff einer solchen Wölbung des Salzgebirges geht Niedzwiedzki nämlich unbedingt aus, wie seine (l. ec. pag. 94) mit- getheilten schematischen Querprofile durch das Ostfeld und Westfeld von Wieliezka beweisen. Er spricht auch wenigstens im Hinblick auf das Ostfeld davon, dass dort das Salzgebirge „in seiner Gesammt- mächtigkeit zu einer Kuppelform aufgewölbt“ sei, „deren volle Regel- mässigkeit nur durch das Fehlen des Scheitels und des Nordflügels der obersten Schichtenglieder alterirt wird“, welche also nach seiner Ansicht „blos in Folge einer nachherigen Zerstörung abhanden gekommen sein dürften“. Die unterste Abtheilung des ganzen Schiehtensystems verbleibe aber auch im Westflügel der Grubenaufschlüsse in der Gewölbeform. (Es sei hier die Bemerkung eingeschaltet, dass ich meinerseits gegen die Annahme von Denudationen in den oberen Partien des Wieliezkaer Östflügels nichts einzuwenden habe, es steht dieser Umstand als neben- sächlich jedoch in keinem directen Zusammenhange mit der jetzigen Besprechung, ausser man wollte sagen, dass ein Durchschnitt durch das Ostfeld sich eben deshalb weniger zur Erläuterung der tektonischen Erscheinungen von Wieliezka eignet.) Auf Tafel IV der kartographischen Beilagen seiner Arbeit hat dann Niedzwiedzki einen nordsüdlichen, durch den Franz Josef- schacht gelegten Querschnitt mitgetheilt, der wohl die Quintessenz seiner Ansichten über die Lagerung von Wieliezka versinnlicht. Ich sage die Quintessenz seiner Ansichten, denn soviel Detail auch dabei ge- geben werden mag, so besteht doch schliesslich ein derartiges Profil selbstverständlich nicht aus puren Beobachtungen und ohne Com- bination geht es dabei nicht ab. Es ist von Interesse, diesen Quersehnitt, den ich zur Bequemlichkeit des Lesers umstehend in Verkleinerung mir wiederzugeben erlaube, mit gewissen Aeusserungen des dazu ge- hörigen Textes zu vergleichen. Zunächst fällt in diesem Durchschnitt gegenüber den vorher erwähnten mehr schematischen Durchschnitten desselben Autors auf, dass darin thatsächlich eine mehrmalige Wiederholung der südlich fallenden Lagen des Salzgebirges angedeutet wird und dass dabei ein jeweiliges Auftreten von Grünsalzgebirge in Form eines sozusagen sackförmigen Hinabgreifens unter das geschichtete Salzgebirge ver- zeichnet wird, derart, dass man von Süden nach Norden horizontal vor- schreitend immer wieder auf's Neue aus dem geschichteten unteren Salz- gebirge in das ungeschichtete obere oder Grünsalzgebirge gelangen kann. Die Vorstellung einer einfachen Wölbung, wie sie in jenem schematischen Durchschnitte (l. e. pag. 94) zum Ausdruck kam, reimt sich damit nicht zusammen. Es liegt darin vielmehr eine unvermeidlich gewesene sach- liche Concession an die Thatsachen , welche Hrdina und Paul zur Zeichnung ihrer Aufeinanderfolge von nach Norden überschobenen Schichtensätteln veranlassten. Die Deutung dieser Thatsachen im Sinne der Genannten wird von Niedzwiedzki allerdings nicht getheilt. Ueber das, was nun der Letztgenannte selbst glaubt, muss man sich aus verschiedenen Stellen seiner Schrift Rath erholen, wobei sich freilich zeigt, dass es dem Autor nicht gelungen ist, irgend einer Auf- fassung ganz consequent gerecht zu werden. Wenn man gewissen Sätzen auf pag. 95 dieser Schrift folgen will, so scheint es, dass der Autor DA 654 Dr. Emil Tietze. [232] die früher erwähnten sogenannten Salzgruppen, in welchen sich die südlich fallende Schichtenfolge wiederholt, für thatsächlich übereinander- folgende Gebirgsglieder hält. Er bezeichnet dort die von Hrdina und den = en :.© | SEK & A j F . 8 2 ygroges yorasoy wwerg (INZPOIMZPOLN Yoeu) Jyoeyosposof ZUBLT UP Toqn ByZoroıM UOA SOdırgeszges Sop YTUyosyamd yrseprgfizs TE = Bergleuten sogenannte dritte Salzgruppe als unterste Abtheilung des ganzen Schiehtensystems, während er in der ersten Salzgruppe die obersten Schiehtenglieder erblickt. Er sieht also in jenen Salzgruppen nicht ein [233] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau, 655 mehrmaliges Wiederauftreten derselben Absätze, sondern eine Wieder- holung ähnlicher Bildungen in zeitlich von einander geschiedenen Lagen, ähnlich wie wenn wir z. B. in den Ostkarpathen die so häufig in nord- südlichen Durchschnitten zu beobachtende Wiederholung von Ropianka- schichten, Jamnasandstein, oberen Hieroglyphenschichten, Menilitschiefern und noch jüngeren Sandsteinen für den Ausdruck einer fortlaufenden Reihenfolge halten würden, innerhalb deren dann jedes einzelne Glied nicht in Folge von Störungen, sondern auf Grund einer jedesmal anderen Bildungszeit wiederkehren würde. Öonsequenter Weise hätte Niedzwiedzki dann allerdings nicht bei seiner Eintheilung des Salzgebirges die Szybiker-, Spiza- und Grün- salzlager als von unten nach oben aufeinanderfolgende Bildungen behandeln dürfen, wie er dies dennoch gethan hat, indem er, wie schon früher mitgetheilt wurde, die erstgenannten Salzlager mit ihren Zwischen- mitteln als geschichtetes unteres Salzgebirge dem Grünsalzgebirge als der ungeschichteten oberen Abtheilung des ganzen Complexes gegenüber gestellt hat. i Er ging sogar an einigen Stellen seiner Schrift noch weiter. Pag. 103 schrieb er, dass das Salztrümmergebirge nicht nur als Bedecekung des geschichteten Salzgebirges erscheine, sondern auch zum Theile als dessen seitliche Umfassung. „An der Südflanke des Bergbaues ist das letztgenannte Verhältniss“, so fährt er fort, „wohl nur in der Weise ausgebildet, dass das Salztrümmergebirge hier dem zufolge seiner Fallrichtung in die Tiefe sich senkenden Schichtensystem folgt, wobei also das erstgenannte immer nur die obersten Lagen des letzteren bedeckt. An der Nordflanke der Salzablagerung hingegen reicht das Salztrümmergebirge, die nördlichen Endigungen des grösseren oberen Theiles des Salzschichtensystems gleichsam umfassend, an diesem vorbei tief hinunter bis zur Berührung mit den tiefsten Partien der dritten Salzlagergruppe und dringt ausserdem von dieser Seite her sogar zwischen einzelne auseinanderklaffende Partien des geschichteten Salzgebirges hinein, so dass es auf diese Weise örtlich unter dem Steinsalzlager zu liegen kommt.“ Jeder Kenner der über Wieliczka vorhandenen Literatur erblickt hier doch sofort wenigstens in groben Umrissen das von Hrdina und Paul gegebene Bild wieder und da an dieser Stelle doch wieder das Jüngere Alter des Grünsalzgebirges festgehalten zu werden scheint, so ist der Widerspruch mit der auf pag. 95 vertretenen Annahme einer einfachen Wölbung recht sehr empfindlich. Auf pag. 106 heisst es sogar ausdrücklich, dass verschiebender Gebirgsdruck und tektonische Störungen „das Einsinken des Salztrümmer- gebirges an der Nordflanke des Salzschichtensystems und das seit- liche Eindringen des ersteren in das letztere verursacht haben dürften“. Diesen Passus könnte mit wenig veränderter Stylisirung auch Paul geschrieben haben. Die Fötterle’sche Wölbung oder die einfache Antielinale, die man (wie schon gesagt, wahrscheinlich mit nur theilweisem Recht) aus der Suess’schen Besprechung des Mont Salöve für Wieliezka herauslesen könnte, ist hier schon gar nieht mehr kenntlich. 656 Dr. Emil Tietze. [234] Dass eine Darstellung, deren einzelne Theile sich untereinander in einem solchen Zwiespalt befinden, nicht wohl zur Klärung der Meinungen beitragen kann, ist ziemlich einleuchtend. Man kann aber auch nicht einmal sagen, dass wir es hier mit einer Abhandlung zu thun hätten, welche gleichzeitig verschiedene Auffassungen dem Leser zur beliebigen Auswahl bietet, denn die Tendenz der Niedzwiedzki'schen Schrift bleibt dabei doch immer eine direct gegen die Ausführungen von Hrdina und Paul gerichtete, "was jene Widersprüche um so greller hervortreten lässt. Die Erläuterung des schon erwähnten Querschnittes durch den Franz Josefschacht, welche den dritten und letzten selbstständigen Ab- schnitt (erschienen Lemberg 1884) der hier besprochenen Schrift bildet, befasst sich sogar insbesonders am Schlusse eingehend mit der Wider- legung der Ansichten jener beiden Autoren. Niedzwiedzki schreibt dort, pag. 151, dass die „Fehler Hrdina’s den markantesten Inhalt“ des Paul’schen Durchschnitts bilden und fährt fort: „Die von Hrdina irrthümlich construirten scharfen Krümmungen der Spizasalzschichten erscheinen als Grundlage und zugleich als Illustration der Annahme Paul’s, dass das Salzschichtensystem Wieliczkas ein sehr schönes und eclatantes Beispiel der Erscheinung von mehrfachen, nach Norden über- neigten, scharfen Schichtensätteln, analog «denjenigen der Karpathen- sandsteine biete, welcher Annahme, wie wohl aus meiner Darstellung ersichtlich sein dürfte, die thatsächlichen Verhältnisse geradezu wider- sprechen.“ Wollen wir hier zunächst von der spitzen oder „scharfen“ Form der Faltungen des geschichteten Salzgebirges ganz absehen und nur das Wesen der Sache, diese Faltungen oder Krümmungen an sich im Auge behalten, so ist aber schon aus den im Vorstehenden mitgetheilten Stichproben der Niedz wiedzki'schen Schrift genügend klar, dass diese Darstellung, sobald sie nicht mehr mit der Aufstellung allgemeiner Thesen sich befasst, sondern in's Einzelne geht, das Vorhandensein von Erscheinungen zugestehen muss, welche mit dem Erscheinen solcher Falten in Zusammenhang gebracht werden können, wobei zunächst nur dahingestellt bleiben könnte, ob diese Falten noch ganz im Zusammen- hange bestehen oder sich in Längsbrüche verwandelt haben. Trotzdem aber bezeichnet Niedzwiedzki (l. e. pag. 150) die Einzeichnung der Lagen des geschichteten Salzgebirges „in einer aufgerichteten und nach Süden halbmondförmig gekrümmten Lage“, womit die den scharf nach Nord geknickten Sätteln des Gebirges entsprechenden einseitig nach Süden sich senkenden Mulden desselben gemeint sind, als „die bedeutendste Unrichtigkeit des Hrdina’schen Durchsehnitts“. Auch heisst es daselbst, dass in Folge missverständlicher Auffassung von Grubenkarten, wobei die Richtung abgebauter Strecken und Durch- brüche mit der Position der Salzschichten verwechselt wurde, „die sichelförmig aufrecht stehenden Spizasalzschichten entstanden“ seien, was „eine wohl kaum zu entschuldigende Sinnlosigkeit genannt“ wird. In einer vor Kurzem aufdie AngriffeNiedzwiedzki's erschienenen Entgegnung Paul’s (Jahrb. d. geol. Reichsanst. 1887, pag. 115) hat der letztere es bereits ausgesprochen, dass es beinahe überflüssig sei, sich Hrdina’s anzunehmen. Es sei schwer zu glauben, dass dieser [235] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 657 durch lange Zeit in Wieliezka als Markscheider thätig gewesene Fach- mann überall in den Grubenkarten eingezeichnete Schächte, Strecken oder Durcehbrüche mit Salzflötzen verwechselt habe und dass er überhaupt Grubenkarten nicht zu lesen verstanden habe. Wenn aber Niedzwiedzki behauptet, dass nirgends in der Grube Verhältnisse zu sehen sind,. wie sie der von Paul acceptirten Hrdina’schen Darstellung entsprechen, so möchte ich denselben an die Beobachtungen zwischen dem Franz Josefschachte und dem Grubenschachte Albrecht erinnern, auf welche er selbst (l. e. pag. 143) zu sprechen kommt. Das dortige Gebirge gehört nach ihm dem Salztrümmergebirge an, „welches in dieser Lage sich offenbar in Folge einer Einsenkung befindet“. Einsenkung oder Einfaltung kommt hier wohl so ziemlich auf dasselbe hinaus. Nun treten dort aber in das Grünsalzgebirge gleichsam hineingekeilt auch Spizasalzlager auf, welche Niedzwiedzki natürlich in seine Auf- fassung nicht passen. Er giaubt deshalb, dass dieselben (l. e. pag. 144 oben) ganz einfach „als Bestandtheile des Salztrümmergebirges ange- sehen werden können“, welche Deutung nunmehr die in den Quer- schlägen Kloski und Colloredo durchfahrenen Spizasalzlager bekommen müssten, deren Auftreten ganz der theoretischen Vorstellung Hrdina’s entspricht. Niedzwiedzki kann also keineswegs behaupten, dass Beob- achtungen, wie sie der Erwähnte dargestellt hat, sich in der Grube nicht machen lassen, er kann nur sagen, dass er es für gut findet, dieselben umzudeuten, und zwar muss er gerade in diesem Falle dies von seinem Standpunkte aus sagen, wo er die nördlich jenseits der betreffenden Spizalager auftretenden Salzthone der beiden Querschläge als Theile seines Salztrümmergebirges betrachtet, wie ich beiläufig erwähnen will, im Gegensatze zu Paul, der dort, worüber sich streiten lässt, das wirkliche und nicht das scheinbare Liegende der bewussten Salze vermuthete (vergl. 1. ©. 1887, pag. 116). Die Vorstellung, dass das geschichtete Salzgebirge gleichsam in schräg nördlich aufwärts gerichteten spitzeren Zungen in das Salz- trümmergebirge von unten hineingreife und dass umgekehrt dement- sprechend das Grünsalzgebirge in breiteren süidwärts gerichteten Zungen schräg in das geschichtete Salzgebirge und local unter dasselbe von oben hinabgreife, wurde übrigens auch noch in jüngster Zeit von einem überaus tüchtigen und mit den Verhältnissen der Grube gewiss sehr vertrauten Montanisten, von dem kürzlich vorstorbenen Bergrath Leo Schreiter getheilt. Man wird diesem durch seine Gewissenhaftigkeit bekannten Manne aber bei seinen markscheiderischen Arbeiten sicher nicht nachsagen, dass er sich ohne eigenes Urtheil an eine fremde Ueberzeugung, wie diejenige seines einstigen Vorgängers Hrdina gebunden haben würde, wenn ihm dies nicht den Thatsachen ent- sprechend vorgekommen wäre. Ich hatte Gelegenheit, da ich bei meinen Besichtigungen der Grube einigemal den Vorzug hatte, von Herrn Schreiter persönlich begleitet zu werden, diese seine Ueberzeugung kennen zu lernen. Besonders lehrreich in Bezug auf die vorliegende Frage erschienen mir die Aufschlüsse in der zu dem dritten Horizonte Erzherzog Albrecht (es ist dies der vierte in der Niedzwiedzki'schen Schreibweise, 658 Dr. Emil Tietze. [236] vergl. oben pag. 197 dieser Arbeit) gehörigen Strecke Wiesiolowski, wo man das geschichtete Salzgebirge genau in der von Hrdina und Paul beschriebenen Art in schiefen, scharf und geradezu spitz gekniekten Sätteln bei südlichem Schichtenfallen beider Flügel des Sattels anstehen sieht. Dort kann auch nicht einmal von Verwerfungen an der Nord- seite der Sättel die Rede sein. Die letzteren haben hier den völligen Zusammenhang ihrer einzelnen Theile bewahrt. Angesichts solcher That- sachen, wo uns ein nicht etwa aus der Combination der Beobachtungen in verschieden übereinander liegenden Grubenstrecken gewonnenes, sondern ein durch unmittelbare Beobachtung wahrnehmbares Bild vor Augen tritt, wird es schwer zu verstehen, wie man behaupten kann, Verhältnisse, wie sie Hrdina und Paul gezeichnet haben, kämen in der Grube überhaupt nieht vor. Erinnern wir uns nun noch einmal der schon gelegentlich der Besprechung der benachbarten Bohrung von Kossocice (pag. 215 dieser Arbeit) wahrscheinlich gemachten nordwärts gerichteten Ueberschiebung der dortigen, das Grünsalzgebirge vertretenden Mergel, so sehen wir, dass auch die Verhältnisse ausserhalb der Grube (im Streichen der hiesigen Absätze) die hier vertheidigte Anschauung unterstützen. Ich halte demnach dafür, dass die Annahme einer mehrfachen auf tektonische Störungen zurückzuführenden Wiederholung der einzelnen Abtheilungen des Salzgebirges in Wieliezka eine durchaus begründete sei und dass die Darstellungen von Hrdina und Paul, soweit sie diesen Punkt betreffen, dem Sachverhalt am Besten gerecht werden.!) Meinungsverschiedenheiten können höchstens entstehen, wenn man die Art und Weise näher ermitteln will, wie der Anschluss der also gefalteten nach Nord tiberkippten Salzformation an deren südlicher Grenze an die Gebilde des Karpathensandsteins stattfindet, weil nach dieser Seite zu die Grubenaufschlüsse uns theilweise im Stich lassen. Bereits im Jahre 1834 nach meinem ersten im Herbst 1883 statt- zehabten Besuch von Wieliezka hatte ich Gelegenheit in den Mit- theilungen über den Karpathenrand bei Wieliezka (Beitr. zur Geol. von Galizien. 2. Folge im Jahrb. d. geol. Reichsant. 1884, speciell pag. 172—174) mich über die jetzt zur Besprechung kommende Frage zu äussern und ich sehe beute keine Veranlassung, von den Grundzügen meiner damaligen Auseinandersetzung abzuweichen. Des Zusammen- hangs und der besseren Verständlichkeit der jetzigen Darstellung wegen will ich aber die für mich leitend gewesenen Ideen nochmals kurz erwähnen, woran sich dann noch einige weitere Zusätze anschliessen lassen. Im Hinblick auf das südliche Einfallen der jüngeren Salzformation gegen die älteren karpathischen Massen zu, schienen mir überhaupt ') Auch Dr. Uhlig, der mich einmal in Wieliczka gegen das Ende der Zeit meiner Aufnahme der dortigen Gegend besuchte, und mit dem ich die Grube befuhr, um die principiell wichtigsten Dinge daselbst nochmals in Gesellschaft eines unparteiischen Beobachters zu sehen, hat sich für diese Auffassung gewinnen lassen, wie dessen Durch- schnitt von Wieliczka in Neumayr’s Erdgeschichte (2. Bd,, pag. 727) beweist. [237] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 659 nur zwei Möglichkeiten der Erklärung gegeben, weil diese Möglich- keiten prin eipiell völlig das erschöpfen, was die Wissenschaft gegen- über dem scheinbaren Einfallen jüngerer Schichten unter ältere Ab- lagerungen zu sagen vermag, sofern jenes Einfallen eben ein wirk- liches, tektonischen Vorgängen entsprechendes Sehichtenfallen genannt werden kann.!) Ich schrieb: „Entweder stossen die Schichten der Salzformation gegen das ältere Randgebirge mit einer Verwerfungs- kluft ab, welche das Verhältniss der ursprünglichen Anlagerung aufhob, wobei es nur auffällig wäre, dass jene Verwerfung sich genau an die ursprüngliche Ablagerungsgrenze gehalten haben sollte, oder das südwärts gerichtete Einfallen dieser Schichten ist dort, wo es allgemein stattfindet, auf eine Ueberkippung der dem Karpathen- rande zunächst befindlichen Theile der Ablagerung zurückzuführen in dem Sinne, dass wir die Tektonik der Salzformation auf schief- gestellte nach Norden überschobene Faltungen zu redueiren haben.“ Diesen Gedanken wieder aufnehmend und betonend, dass an sich beide Eventualitäten für den Kenner der karpathischen Verhältnisse nach den vorhandenen Analogien gleich gut denkbar seien, schrieb ich etwas weiter: „Eine andere Frage aber ist, wir wiederholen es, nicht zu stellen, denn wir können doch unmöglich der Salzformation einen besonderen tektonischen Aufbau für sich allein, ganz unabhängig von den Gesetzen der karpathischen Gebirgsbildung überhaupt zusprechen. Bei der Beurtheilung tektonischer Verhältnisse darf man aber niemals weder einen einzelnen Schichteneomplex, noch ein beliebig abgegrenztes Stück Land oder Gebirge auf den Isolirschemel setzen, wenn man nicht zu groben Willkürlichkeiten in den Schlussfolgerungen gelangen will oder wenn letztere überhaupt verständlich sein sollen.“ Ich schrieb das im Hinblick auf die früher erschienenen Anfänge der Niedzwiedzki’schen Publication, da mir schien, als verziehte dieser Autor überhaupt darauf, sich eine Vorstellung von dem Ver- hältniss der Grenzen zwischen dem Karpathensandstein und dem Miocän bei Wieliczka zu bilden und als sei ihm dieses Verhältniss einiger- massen gleichgiltig. Doch gab ich der Hoffnung Ausdruck, der damals noch in Aussicht stehende letzte Theil der Schrift werde die erwünschte Aufklärung über die positiven Ansichten des Verfassers in jener Frage bringen. Inzwischen liegt nun dieser Theil in Gestalt des schon erwähnten Durehschnittes über den Franz Josefschacht vor, die betreffende Auf- klärung aber wird darin vermisst. Wir finden dort statt derselben nur Negationen und die Behauptung, dass die Sache sich eben nicht so verhalte, wie sie Paul aufgefasst hat. Die Stelle, die uns noch immer den besten Aufschluss über die Gedanken Niedzwiedzki's gibt, befindet sich im zweiten Theil von dessen Schrift auf pag. 111. Es wird nothwendig werden, näher auf 1) Die einzige Form der Erklärung für eine theilweise selbstständige und von der Tektonik der Umgebung in mancher Beziehung unabhängige Art der Störungen der Salzgebirge könnte in der Verfolgung der früher erwähnten Ideen Posepny’s über die transilvanischen Salzlagerstätten gesucht werden. In dieser Richtung bewegen sich indessen die Niedzwiedzki’schen Ausführungen nirgends und es liegt keine Ver- anlassung vor, diesen Ausführungen bei unserer Discussion eine Begründung unter- zuschieben, welche dem Autor ferngelegen ist. Jahrbuch der k. k, geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Band. 3. Heft. (Dr. Emil Tietze.) 85 660 Dr. Emil Tietze. [2 38] diese Stelle einzugehen. Es erscheine, meint der Autor, „die so oft be- hauptete wirkliche Ueberlagerung oder gar‘ Ueberkippung des Kar- pathensandsteines über das Wieliezkaer Salzgebirge vorderhand noch nicht erwiesen“. Man sei somit nicht berechtigt, ein anderes Anlagerungs- verhältniss zwischen den genannten Gebirgsgliedern anzunehmen als das einfachste und somit nächstliegende, „dass die südfallenden Lagen des Salzgebirges an der steil nach Nord geneigten karpathischen Böschung, die gleichfalls aus südlich geneigten Schichten aufgebaut ist, diseordant abstossen“. Gleichsam als Erläuterung dieser Auffassung heisst es darauf, eine eigentliche Ueberkippung der ursprünglichen Anlagerungs- fläche könne schon in Rücksicht auf den Umstand nicht vorausgesetzt werden, dass die gesammte Salzformation, wie die darin eingeschlossenen Blöcke des (später noch genauer zu besprechenden) Mietniöwer Sand- steines erweisen, „am Fusse eines demnach bereits bestehenden oro- graphischen Karpathenrückens und nicht als concordantes Hangende der denselben zusammensetzenden Schichtenfolge zur Bildung gelangt ist“. Die Ansicht Niedzwiedzkis über die vorliegende Frage lässt sich also, sofern es überhaupt möglich ist, von der ersteren ein Bild zu gewinnen, dahin zusammenfassen, dass weder eine Verwerfung noch eine überkippte Schichtenstellung, sondern einfach eine discordante Anlagerung der Salzformation an die älteren Karpathensandsteine an dem merk- würdigen Lagerungsverhältnisse dieser Bildungen Schuld sei. Dass sich nun aber jüngere Schichten, welebe an ältere Gebirgsmassen diseordant ange- lehnt erscheinen, wohl in der Regel nicht ursprünglich mit einer bis gegen 30 Grad betragenden widersinnigen Neigung an das ältere Gebirge anlagern dürften, ist leicht zu begreifen und auch Niedzwiedzki selbst schreibt ja ganz im Suess’schen Sinne die Störungen der Salz- formation, zu denen er auch jene Neigung rechnet, einem lateralen Drucke zu. Er muss sich also wohl die Karpathen, von denen dieser Druck auch nach seiner Meinung ausging, der Salzformation gegenüber als untheilbares, selbst innerlich unbewegliches Ganzes gedacht haben, dessen nördliche en bloc erfolgte Verschiebung in der vor- liegenden Salzformation eine von der Tektonik der Karpathen ganz unabhängige in ihrer Art selbstständige Aufwölbung hervorbrachte, die ihrerseits ganz analog der von Fötterle seiner Zeit gezeichneten Wölbung ohne jede Vermittlung an der Anlagerungsgrenze mit ihren Schiehtbänken an das ältere Gebirge widersinnig anstösst. Mit anderen Worten, Niedzwiedzki setzt thatsächlich die Salzformation Wieliezkas tektonisch auf den Isolirschemel und fasst sie als eine von dem inneren Bau der benachbarten Massen gänzlich unabhängige auf. Ehe wir auf diese Auffassung und Alles, was daran hängt, näher eingehen, wird es nicht unpassend sein, die Argumente, welche der genannte Autor den gegentheiligen Ansichten von Paul gegenüberstellt, etwas näher anzusehen. Diese Ansichten bezeichnet er am Schluss seiner Schrift (l. e. pag. 151) nicht blos als der thatsächlichen Begründung entbehrend, sondern als „gegenüber den sonstigen constatirten tektoni- schen Verhältnissen unmöglich“. „Denn“ fährt er (pag. 152) fort, „es nähert sich das Salzschichtensystem an seiner Südflanke im Südfallen verbleibend bereits dermassen dem altkarpathischen Rande, dass kein Platz mehr vorhanden ist für eine noch so steil rückge- [239] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 661 bogene Falte der ganzen Salzschichtenfolge, mit welcher deren Liegendes noch an die Oberfläche heraufkommen könnte.“ Kurz vorher (pag. 149) beruft sich Niedzwiedzki übrigens darauf, dass er schon auf pag. Ill seiner Arbeit hervorgehoben habe, dass das Hineinreichen des Salzgebirges unter den Karpathensandstein „keineswegs den that- sächlichen Verhältnissen“ entspricht. Der Leser, der nun die oben schon eitirte Seite 111 aufschlägt, um die nähere Begründung dieser Schlussbehauptungen zu erfahren, wird ganz eigenthümlich überrascht, wenn er dort wörtlich noch Folgendes liest: „Wenn man von den südlichsten Endpunkten auch der tiefsten Grubenstrecken lothrechte Linien hinauf ziehen würde, so kämen deren Endpunkte an der Oberfläche ausnahmslos noch nördlieh von der evidenten oder vermutheten oberflächlichen Grenzlinie zwischen dem Salzgebirge und dem karpathischen System zu liegen und nicht, wie man dies aus den Durchschnitten von Hrdina und Fötterle schliessen müsste, süd- lich von der genannten Grenzlinie. Es ist sogar noch genügend Zwischenraum vorhanden, dass die karpathische Randfläche mit einer nicht aussergewöhnlich steilen Neigung nach Norden unter die gesammte Salzablagerung einfalle.* Der Widerspruch, der darin besteht, dass einmal (l. c. pag. 152) das aufgeschlossene Salzgebirge ganz nahe an den Karpathenrand reichen, das anderemal (l. ec. pag. 111) wieder noch ziemlich weit von demselben entfernt bleiben soll, dass in dem einen Satze behauptet wird, es sei keinerlei Platz für eine noch so steil rückgebogene Falte des Salzgebirges vorhanden, während in dem anderen Satze gesagt wird, es sei genug Platz für eine gar nicht einmal steile Umfaltung des karpathischen Randgebirges in dem Zwischenraum zwischen dem letzteren und den südliehsten Aufschlüssen vorhanden, dieser Widerspruch kennzeichnet am Besten die sachliche Seite der Beweisführung des Autors und scheint anzu- deuten, dass es demselben hauptsächlich nur darum zu thun war, die Ansichten Paul’s zu negiren, wobei er seine Gegengründe unter dem Einflusse einer während der Abfassung seiner Schrift nach Bedürfniss wechselnden Laune hervorholte. Der Umstand wiederum, dass Niedzwiedzki es für möglich hält, dass das karpathische Randgebirge sein Fallen umkehre und unter das Salzgebirge einfalle mit einer der südlichen Neigung des letzteren entgegengesetzten Neigung (in welchem Falle das jüngere Schicbten- system mit diametral entgegengesetzter Fallrichtung seiner Bänke auf den breiten Flächen des älteren Schichteomplexes stehen würde), dieser Umstand beweist auf’s Neue, wie unabhängig ıhm die Tektonik der älteren Massen von der der jüngeren in diesem Falle erscheint und wie sehr er von dem Glauben befangen ist, der von der Richtung der Karpathen herkommende Lateraldruck habe lediglich mit der Salz- formation sich befasst, sogar ohne auf die noch nördlich vom heutigen (oberflächlich sichtbaren) Karpathenrande vorausgesetzten karpathischen Bildungen eine sichtbare Wirkung auszuüben. Man sieht hieraus auch nebenbei, dass Niedzwiedzki gerade kein unbedingter Anhänger der bekannten Suess’schen Ansichten von einer randlichen Ueber- schiebung der alpin-karpathischen Massen nach Norden ist, weil er sich schliesslich die am weitesten nördlich vorgeschobenen von der Salz- 85 * 662 Dr. Emil Tietze. [240] formation verhüllten karpathischen Gebilde mit nördlicher Fallrichtung vorstellt, sogar speciell in einer Gegend, in welcher das widersinnige südliche Fallen der verschiedenen Bildungen jenen Ansichten zur besonderen Unterstützung gereichen könnte. Um Missverständnissen vorzubeugen, braucht man hier wohl übrigens nicht des Längeren auseinanderzusetzen, dass gegen das Vor- handensein des Karpathensandsteines wenigstens unter den südlichen Theilen der besprochenen Salzformation überhaupt nicht das Geringste einzuwenden wäre, ja dass eine derartige Annahme sogar ganz im Sinne der Paul’schen Auffassung liegt. Wir sträuben uns nur gegen Nied- zwiedzki's Vorstellung von der Art dieses Vorhandenseins. Wie weit der Karpathensandstein übrigens nach Norden reicht, wo seine Grenze ‘wollte man die gesammte Salzformation sich wegdenken) oberflächlich an den Krakauer Jura unterhalb von Wieliezka oder Bogueice anstossen würde, das ist eine vorläufig nicht Zu beantwortende Frage, die übrigens gerade mit den gegenwärtigen Erörterungen nicht viel zu thun hat. Handelt es sich nunmehr darum, direet auf die Discussion der Vermuthungen überzugehen, die man über die Verhältnisse des nicht oder ungenügend aufgeschlossenen Zwischenraumes zwischen dem der Beobachtung zugänglichen Theile der Salzformation und dem Kar- pathenrande haben kann, so liegt es nahe, das, was man bei Wieliezka selbst nicht haben kann, in möglichst grosser Nähe davon aufzusuchen, um auf diese Weise zu Beobachtungen zu gelangen, denen ein gewisser Werth der Analogie beizumessen ist. Einen derartig verwendbaren Aufschluss glaubte ich schon im Jahre 1883 östlich von Wieliczka bei Przebieezany aufgefunden zu haben, worüber ich in den Beiträgen zur Geologie von Galizien (1884) Bericht erstattet habe. Da sich die betreffenden Beobachtungen räumlich denen anschliessen, welche in dem späteren Capitel über den Karpathen- rand bei Wieliczka Platz finden werden, so werde ich dort auf die- selben zurückkommen. Hier sei vorgreifend erwähnt, dass die Salzformation dort in Contact mit den karpathischen Liegendschichten zu sehen ist, und dass sie mit diesen zusammen eine Reihe von wellenförmigen Störungen durchmacht. Sie stösst an die älteren Bildungen daselbst auch nicht mit einer Bruchlinie au, sondern verhält sich zu denselben wie eine regelmässig überlagernde Formation. Des Weiteren darf als für unsere Frage bedeutsam hervorgehoben werden, dass die Miocänformation weder bei Wieliczka selbst, noch östlich und westlich in der Nähe dieser Stadt am Karpathenrande zunächst an die ceretacischen Glieder der Karpathensandsteine anstösst, wie dies Niedzwiedzki zu vermuthen scheint, sondern dass sie überall zunächst alttertiäre Absätze des karpathischen Schichtensystems vor sich hat. Wir begegnen solchen alttertiären Bildungen, wie später eingehender auseinandergesetzt werden wird, bei Przebieezany, Tomaszko- wice, Lednice, Klasno und auch südlich von Kossoeice, wo sie überall den äussersten der Salzformation zugekehrten Theil des Karpathen- randes einnehmen, während die zur Kreide gehörigen Bildungen erst etwas weiter südlich angetroffen werden. Die Störungen am karpathischen Rande entsprechen wohl ungleich starken Druckwirkungen und sind nicht überall gleich intensive. In den 5 Seal [241] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend’ von Krakau. 663 Fällen jedoch, wo es zur wirklichen Ueberkippung gekommen ist, wie im Angesichte von Wieliezka selbst und südlich von Kossoeice fällt der alttertiäre Schiehtencomplex unter die eretacischen Schichten ein, genau so wie die Salzformation unter jenen alttertiären Complex einzufallen scheint. Liegt es da nicht ungemein nahe, zu vermuthen, dass die Salz- formation an jener Ueberkippung theilnimmt? Der Umstand, dass zunächst der Salzformation auch diejenigen Schichten des karpathischen Systems auftreten, die ihrem jüngeren Alter zufolge jener Formation am nächsten stehen, lässt übrigens auch vermuthen, dass die von Nied- zwiedzki behauptete Discordanz der Salzformation gegen das ältere Gebirge, womit er die tektonischen Beziehungen zwischen den verglichenen Bildungen allein erklären will, keineswegs so gar bedeutend sein kann. Ich habe mich über die Frage der Discordanz der subkarpathischen Salzformation gegenüber den Karpathensandsteinen schon wiederholt ausgesprochen (vergl. Jahrb. d. geol. R.-A. 1877, pag. 128 und Jahrb. 1882, pag. 71 und 91, sowie Verhandl. d. geol. R.-A. 1878, pag. 323), zuletzt in eben jener vorläufigen Mittheilung über Wieliezka (!. e. pag. 172 und 173), bin aber, wie es scheint, nicht überall vollkommen verstanden worden. Ich wüsste heute indessen kaum meine Ansicht darüber wesent- lich anders zu formuliren als dies früher geschah. Auf der einen Seite ist es ganz sicher, dass eine Art von Dis- cordanz durch die Verbreitung der verglichenen Bildungen angedeutet ist. Darauf ist bereits in früheren Jahren gebührend hingewiesen worden und es ist demnach in dieser Hinsicht von Niedzwiedzki durchaus kein neuer Gesichtspunkt aufgestellt worden , als er eine für die Salz- formation von ganz Galizien geltende Thatsache auf die speciellen Ver- hältnisse von Wieliezka zu übertragen versuchte. Bereits Murchison (vergl. Ueber den Gebirgsbau in den Alpen, Apenninen und Karpathen, bearbeitet von Leonhard, Stuttgart 1850) sprach von dem grossen „Hiatus“, der in den Nordalpen zwischen Flysch und Molasse nachzuweisen sei und es läge Ja von vorneherein nahe, einen solchen Hiatus auch am Nordrande der Karpathen in analoger Weise anzunehmen. Der Umstand, dass selbst die jüngsten der eigent- lich karpathischen Bildungen noch im Inneren des Gebirges auftreten und allenthalben an den Faltungen desselben mit theilnehmen, ja, dass sogar vielfach die höchsten Sandsteinkämme aus den zum Oligocän ge- hörigen Magurasandsteinen bestehen, wie in Ostgalizien die Ozerna Hora oder in dem diesmal zu beschreibenden Gebiete die Babia göra, und der weitere Umstand, dass andererseits die Miocänschichten fast durch- gängig eine randliche Stellung diesen Massen gegenüber einnehmen, dass sie in Folge dessen an den oft vielfachen Wiederholungen der verschiedenen Abtheilungen der Sandsteinzone im Inneren des Gebirges nicht mehr mitbetheiligt sind, begründet die Annahme jener Discordanz und beweist, wie ich mich schon früher ausdrückte, „dass die Salz- formation bei ihrer Ablagerung bereits eine über den damaligen Meeres- spiegel hervorragende Uferlandschaft vorfand und dass diese Uferland- schaft durch die Region des heutigen älteren karpathischen Gebirges im Wesentlichen bezeichnet wird“. Es hat in der karpathischen Region am Ende der Oligocänzeit eine Aeusserung der gebirgsbildenden Kräfte stattgefunden, bevor die Salzformation zum Absatz gelangt war, 664 Dr. Emil Tietze. [242] Auf der anderen Seite darf man die Bedeutung dieser Dislocation nicht übertreiben. Eine Menge von Erscheinungen, : auf die hier nicht der Ort ist, näher einzugehen, spricht dafür, dass die karpathische Region nicht etwa blos am Ende der Oligocänzeit von Störungen heim- gesucht wurde, sondern dass schon lange vorher die faltenden und gebirgsbildenden Kräfte daselbst ihr Spiel trieben, sowie sie es nach der Oligocänzeit noch fortgesetzt haben. Es wäre jedenfalls ein schwerer Irrthum, zu glauben, dass die Karpathen beim Beginn des Absatzes der Salzformation und der Miocänschichten überhaupt schon in ihrer heutigen Gestalt aufgeragt hätten. Sie waren da, aber nicht fertig. Die Störungen, denen die karpathischen Massen ausgesetzt waren, hatten gegen das Ende der Oligocänzeit, wo sie vielleicht sogar an Intensität zugenommen hatten, einen solchen Ausdruck erreicht, dass das karpathische Gebiet zum grössten Theile trocken gelegt war, aber zwischen einem blsssen Hervorragen über die Meere des Miocäns und einer Aufthürmung der heutigen Ketten liegt noch ein weiter Spielraum, und mindestens ebenso gut wie jede andere Vermuthung liegt der Gedanke nahe, dass die einer Fortsetzung der Faltungs- und Störungs- erscheinungen entsprechende Aufthürmung der Sandsteinzone zu ihrer heutigen gegen das Innere des Gebirges zu ja nicht unbeträchtlichen Höhe noch während und nach der Zeit der miocänen Absätze fort- gedauert habe und dass das in den Störungen des miocänen Randgebirges ausgesprochene Weitergreifen des lateralen Schubes nach Norden wenigstens stellenweise zumal in den Randgebieten auch noch mit einer Verstärkung der bereits früher vorhandenen Störungen des kar- pathischen Complexes Hand in Hand ging, sei es nun, dass diese Verstärkung theilweise einen mehr hypsometrischen Ausdruck fand oder theilweise sich mehr in blossen Veränderungen der Schichtenneigung äusserte. Wir dürfen dabei wieder auf die Analogie mit den Alpen ver- weisen, wo doch sichere Miocänablagerungen im Bereich und im Innern derselben noch von lebhaften Störungen mitbetroffen wurden. Der Altersunterschied zwischen den jüngsten oligocänen Gliedern des Karpathensandsteines und dem Mioeän oder speciell der Salz- formation ist jedenfalls ein sehr gerivger. Das müsste namentlich von Denjenigen anerkannt werden, welehe, wie Niedzwiedzki, in der Salzformation eine Vertretung älterer Miocänschichten, und zwar der sogenannten ersten Mediterranstufe erblicken. Es kann also eine sehr wesentliche zeitliche Lücke zwischen Bildungen, die beispielsweise dem )iezkowicer Sandstein gleichzustellen sind (und solche Bildungen kommen speciell bei Wieliezka vor, wie nachher auseinandergesetzt werden soll) und den tiefsten Schichten der Salzformation kaum geben. Die petrographische Verknüpfung, wie das schon zu wiederholtenmalen in früheren Publieationen von mir und Anderen betont wurde, zwischen den verschiedenen Bildungen des karpathischen Sandstein- und Schiefer- gebirges und den Sandsteinen und Thonen der Salzformation ist ausser- dem eine ausserordentlich grosse, und in diesem Umstande liegt bei dein Fehlen anders gestalteter Zwischenbildungen die Aufforderung an eine ziemliche Continuität des Absatzes für alle die verglichenen Bil- dungen zu denken. A bi u: Er [243] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 665 Wenn nämlich in einem einst ganz vom Meer bedeekten Gebiet zu einem gewissen Zeitpunkte grössere Strecken trocken gelegt und über das Meeresniveau erhoben erscheinen, so kann in den diesen Strecken benachbarten Regionen doch noch der Absatz fortdauern, und zwar in vielfach ähnlicher Weise wie früher in den nunmehr trocken gelegten Gebieten. Wenn diese Trockenlegung zudem keine ganz plötzliche ist und wir haben für die meisten geologischen Vorgänge bekanntlich keine Veranlassung, an solche Plötzlichkeit zu denken, so wird sich an den dem Meere überlassenen Stellen nicht einmal eine schroffe Grenze der späteren Absätze gegen die früheren constatiren lassen. So wird man zwar für die betreffenden Ablagerungen sehr wohl von einer Discordanz (nicht im Sinne eines discordanten Uebergreifens, sondern eines discordanten Zurückbleibens) reden können, ohne aber damit nothwendig die Vorstellung von einer prineipiell ganz ver- schiedenen Lagerung verbinden zu müssen. So ungefähr kann man sich ganz im Allgemeinen das Verhältniss der karpathischen Regionen zu dem subkarpathischen Mioeän vorstellen. Man wird also, wie ich mich (Jahrb. d. geologischen Reichs- anst. 1584, pag. 172) ausdrückte, ohne Weiteres die Eventualität im Auge behalten dürfen, „dass die Salzformation bei ihrer Ablagerung bereits eine über den damaligen Meeresspiegel hervorragende Uferlandschaft vorfand , dass diese Uferlandschaft durch die Region des heutigen älteren karpathischen Gebirges im Wesentlichen bezeichnet wird und dass somit ein gewisser, wenn auch wohl noch nicht entfernt mit dem Maassstabe der heute sichtbaren Störungen zu messender Grad der Dislocation für die Region des Randgebirges zur Zeit des Absatzes der Salzformation bereits bestand“. Man wird aber auch in Erwägung ziehen dürfen, dass die Vorstellung „einer ursprünglich nur schwach und flach hervortretenden Anschwellung des heutigen karpathischen Terrains, welche zwar zur Trockenlegung desselben führte, durch welche aber die Continuität der Absätze in den noch etwas tiefer gelegenen inundirt gebliebenen Gebieten der subkarpathischen Tertiärzone nicht unterbrochen zu werden brauchte‘, nicht einmal die Voraussetzung einer wesentlichen Lücke zwischen den obersten Karpathensandsteinen und der Salzformation nothwendig macht. Zur Unterstützung dieses Gedankenkreises kann die Thatsache herangezogen werden, dass die subkarpathischen Miocänbildungen, zu denen unsere Salzformation mitgehört, keineswegs überall ängstlich genau auf den Nordrand des Gebirges beschränkt bleiben, sondern stellenweise südlich in das letztere hineingreifen, bezüglich in heute isolirten Partien innerhalb desselben noch ausnahmsweise vorkommen. Ich erinnere vorgreifend an die später zu erwähnenden, übrigens bereits lange bekannten und in den Darstellungen von Swoszowice in der Regel mitbehandelten schwefelführenden Ablagerungen von Zielona !), {) Ich muss allerdings der Wahrheit gemäss bekennen, dass mir die Zugehörig- keit dieser Localität zu den Swoszowicer Schichten oder überhaupt zum Miocän nicht so sicher erscheint wie Anderen, wenn ich auch auf der Karte vorläufig der herge- brachten Deutung mich angeschlossen habe. Sollten wir es dort mit einem Vorkommen von Schwefel in den Karpathensandsteinen zu thun haben, so würde dies jedoch anderer- seits einen neuen Beleg für die innige, durch gleichartige physikalische Verhältnisse 666 Dr. Emil Tietze. [244] ich erinnere an das Miocän von Grödna dolna und an die Herrn Uhlig geglückte Auffindung mariner Miocänabsätze bei Sandec. Diese zum Theil ja doch sicher marinen Vorkommnisse beweisen, dass zur Miocänzeit unmöglich das Flyschgebiet so weit über das Meer oder besser über das Absatzgebiet der marinen ausserkarpathischen Neogen- bildungen hervorgeragt hat wie heute und dass der Rand der Flyseh- zone an gar manchen Stellen noch überfluthet wurd. Daran wird auch gar nichts geändert durch die Thatsache, dass die Lagerung des Miocäns von Sandee thatsächlich eine discordante gegenüber den älteren Flyschbildungen zu sein scheint, denn es handelt sich nicht um die von vorneherein zugestandene Discordanz des Mioeäns gegenüber dem Flysch, sondern um die Bedeutung, welche dieser Discordanz für die Auffassung der späteren, gemeinsamen Störungen zukommen daıf. Um nun von diesen Betrachtungen die Nutzanwendung auf unseren Fall zu machen, so ergibt sich, dass man sich die Ueberkippung der Salzformation am Karpathenrande bei Wieliczka, wenn eine solche stattfand, allerdings nicht genau im Sinne der ja übrigens nur schema- tischen Zeichnung Paul’s vorzustellen braucht, wo Miocän und Flysch concordant dargestellt werden ; aber es liegt auch kein Grund vor zu der Annahme, dass zwei mit einer gewissen Discordanz zu einander sich verhaltende Schichteneomplexe nicht durch eine auf beide gleichzeitig und gleichsinnig wirkende Kraft ganz in prineipiell derselben Weise aufgerichtet und gestört sein könnten. Wir sind ja heute schon berechtigt, von Discordanzen innerhalb des Flyschgebietes selbst zu sprechen, namentlich dort, wo die Schichtenreihe desselben wie bei unmittelbarer Auflagerung oligoeäner auf alteretacischen Bildungen eine lückenhafte ist und doch müssen wir den gleichartigen Charakter der Störungen anerkennen, von welchen die verschiedenalterigen Flyschabsätze dann gemeinsam betroffen wurden. Mit anderen Worten, die Annahme einer Discordanz, wie sie Niedzwiedzki für allein ausreichend hält zur Erklärung des schein- baren Einfallens des Miocäns unter die Karpathensandsteine von Wieliezka lässt das Wesen der Auffassungen, die man sich über dieses Verhältniss bilden kann, eigentlich unberührt und bedingt höchstens eine gewisse Complication in den Modalitäten derselben. Die Frage bleibt also nach wie vor, ob wir es in diesem Falle mit einer blossen Ueberkippung oder mit einem Verwurfe zu thun haben. Direct lässt sich dieselbe nicht so leicht lösen. Doch wäre diese Lösung in unserem Falle nieht einmal von prineipieller Bedeutung. Es liegen in der ziemlich plötzlichen Austaubung der Wieliezkaer Absätze gegen Süden zu und in der etwas unvermittelt auftretenden, bereits früher berührten Wasserführung des Gebirges nach dieser Richtung hin Anzeichen vor, dass dort stellenweise vielleicht sogar eine bruchartige Störung vorhanden ist. Zu einem vollgiltigen Beweise genügen diese Anzeichen allerdings nicht. herbeigeführte Verknüpfung der Karpathensandsteine mit dem dem Karpathenrande zunächstgelegenen Miocän abgeben, welche sich ja beispielsweise auch in dem bekannten Vorkommen von Salzquellen im Bereich der Sandsteinzone manifestirt, welche Salz- quellen als Vorläufer der in der Salzformation des Miocäns zur Herrschaft gelangten Charaktere betrachtet werden können. [245] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakan. 667 Indessen selbst, wenn wir zu der Annahme eines Bruches greifen, der hier dem Karpathenrande parallel verlaufen würde, so würde dies im Wesen der Sache nicht viel ändern, denn ein solcher Bruch wäre ein Längsbruch, der seinerseits nur als eine Folgeerscheinung der über- stürzten Faltung gelten dürfte, wie das bei den Längsbrüchen der Karpathen allenthalben der Fall ist. Man kann hier auch vergleichen, was Suess (Antlitz der Erde, I. Bd., pag. 148 u. 149) über die Scehuppenstructur gewisser Gebirge gesagt hat. Die Störungen in der nächsten Nähe von Wieliezka sind nach Allem, was wir wissen, intensiver gewesen, als an etwas entfernteren Stellen des dortigen Karpathenrandes, wie solehe Ungleichmässigkeit in analoger Weise bei dem Verlauf so vieler Störungen auch anderwärts beobachtet werden kann, aber nichts berechtigt uns vorläufig, zu glauben, dass sie auch der Art und nicht blos dem Grade nach verschieden von den Faltungserscheinungen,, beispielsweise bei Przebieczany gewesen seien, wo die Energie der tangential wirkenden Kräfte es nicht einmal zu einer regelrechten Ueberkippung der dort am Rande des Gebirges entwickelten Schichten gebracht hat. Mit der Annahme einer Ueberkippung bei Wieliezka würde auch das Auftreten der schon einigemal kurz erwähnten rothen Thone oder Mergel im scheinbaren Hangenden der Salzformation gegen den Karpathen- rand zu sehr gut übereinstimmen. Diese Thone fehlen den hangenden Partien der nördlicher gelegenen Salzgruppen. Sie nehmen an den dort aufgeschlossenen Wiederholungen der jeweilig sich ähnelnden Schichten- complexe nicht Theil. Das beweist (allerdings nur unter der Voraus- setzung, dass jene Wiederholungen im Sinne Paul’s und Hrdina’s schiefen Faltungen entsprechen), dass diese rothen Mergel nicht als normale Hangendgebilde der Salzablagerung zu betrachten sind, während nichts der Annahme im Wege steht, dass sie zu den tauben und des- halb nicht weiter aufgeschlossenen Liegendgebilden unter den ver- schiedenen Salzgruppen gehören. Niedzwiedzki hat (vergl. übrigens dessen Profil), diese rothen Thone indessen den jüngsten Gliedern des hiesigen Salzgebirges zugereehnet und sie mit den Thonen verglichen, welche unmittelbar unter den Bogueicer Sanden, im Hangenden des Grünsalzes vorkommen. Mit diesen letzteren Thonen stimmen aber die rothen Mergel petrographisch nicht überein, während andererseits in der Nähe von Wieliezka wie bei Tomaszkowice ganz analoge rothe Thone an der Grenze des oligocänen Sandsteins gegen die miocäne Salzformation liegen, denen deshalb sicher ihr Platz unter der Hauptmasse der letzteren zugewiesen werden muss. Auch in diesem Falle scheint also die Theorie, dass die Salzformation bei Wieliezka eonform den tektonischen Ver- hältnissen der Karpathen gestört ist, den durch Beobachtung ermittel- baren Thatsachen am Besten sich anzupassen. Wenn uns demnach die Wahl gelassen wird, zwischen den An- sichten, welche Paul einerseits und Niedzwiedzki andererseits über die tektonischen Beziehungen des Miocäns und des Flysch bei Wieliezka verlautbart haben und wir uns vergegenwärtigen, dass es dem letzteren nicht gelungen ist, die Unmöglichkeit der Annahmen des ersteren zu erweisen, so kann es nicht zweifelhaft sein, dass wir uns der Auffassung anschliessen, welche sowohl der Summe unserer Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Band. 3. Heft. (Dr. Emil Tietze.) 86 668 Dr. Emil Tietze. [246] Erfahrungen über die Tektonik der nordwärts überschobenen (oft in jrüche übergehenden) Falten der karpathischen Flyschzone entspricht, als auch der (allerdings im Gegensatze zu Niedzwiedzki) aus dem Verhältniss der verschiedenen Salzgruppen gefolgerten schiefen Faltung der Salzformation selbst gerecht wird. Aber nicht blos über diese Beziehungen der Salzformation zu ihrem südlichen Rande haben sich Differenzen bei den Autoren ergeben, auch über die Verhältnisse, welche in den nördlichsten Theilen des durch die Grube aufgeschlossenen Schichteneomplexes herrschen, be- stehen von einander abweichende Ansichten. Die Frage liegt hier nur insofern anders, als es sich dabei nicht wieder um Erörterung des Aussehens einer Anlagerungsgrenze an älteres Gebirge handelt, denn dieses ältere Gebirge, unter welchem bier in erster Linie der Jurakalk zu verstehen wäre, ist (obschon vielleicht in der Tiefe vorhanden) doch in seiner Eigenschaft als ehemalige Küstenbegrenzung erst ziemlich weit von Wieliezka in den Höhen von Podgorze vorauszusetzen. Im Wesentlichen lassen jene Differenzen der Autoren sich vielmehr durch die verschiedenen Ansichten bezeiehnen, welche man über die Ursachen und die Provenienz der Wassereinbrüche im Kloskischlage gewonnen hat. Der Kloskischlag ist ein vom Franz Josephschacht aus im sechsten Horizont Niedzwiedzki’s also in sehr bedeutender Tiefe nach Norden vorgetriebener Querschlag. Es scheint, dass man Ende der Sechziger- Jahre die Absicht hatte, mit demselben das Hangende des Nordflügels der als Antielinale gedachten Salzablagerung aufzusuchen in der Hoffnung, daselbst möglicherweise Kalisalze aufzufinden, wie sie in Stassfurt damals so zur Geltung gekommen waren. Warum man dann nicht lieber gleich einen Querschlag eines höheren Horizontes benützte, da doch keinerlei Beobachtung zu der Annahme eines besonders steilen Nordfallens des Gebirges in jener Gegend veranlassen durfte, ist nicht klar. Wie dem auch sei, jedenfalls traf man statt der erhofften Kali- salze auf Sande mit reichlichem Wasser und es erfolgte die bekannte Katastrophe. Fötterle hatte nun die Meinung geäussert, es seien mit diesem Querschlage die Hangendsande von Wieliezka erreicht worden. Inso- fern man darunter die Bogueicer Sande verstehen will, ist dies bei der keineswegs so weit nach Norden vorgeschobenen Lage des Endpunktes des Kloskischlages eine directe Unmöglichkeit und wenn man ein noch so steiles Nordfallen dieser Sande voraussetzen wollte, was überdies, wie wir wissen, der Wirklichkeit in keiner Weise entspricht. Ich habe mich darüber schon früher (pag. 193 dieser Abhandlung) geäussert. Paul widersprach also (Jahrb. der geolog. Reichsanstalt, 1880, pag. 639) jener Meinung mit völligem Rechte und hob überdies noch hervor, dass durch den Kloskischlag eine südwärts geneigte Lage von Spizaflötzen durchfahren wurde. Da nun der Schlag weiter nord- wärts getrieben worden war, so kam er zu dem Schlusse, dass das bewusste Einbruchswasser nicht aus Hangendschiehten, sondern aus sandigen Liegendschiehten des Salzthons hervorgetreten sei. Er stützte diesen Schluss ausserdem noch dureh den Umstand, dass ein in einem [247] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau, 669 höheren Horizont befindlicher und weiter nach Norden getriebener Querschlag, Namens Grubenthal, nicht auf Wasser gekommen sei, was der Fall hätte sein müssen, wenn die von Fötterle wiedergegebene Auffassung den Thatsachen entsprechen würde. Auch in dieser Hinsicht erklärt aber nun Niedzwiedzki, mit Paul nicht einverstanden zu sein. Einmal weist er darauf hin, dass Paul bezüglich der Bezeichnung jenes höheren und weiter nach Norden getriebenen Querschlages sich geirrt habe. Doch ist dieser Einwand, wie Paul neuerdings hervorhebt (Jahrb. d. geolog. Reichsanst. 1887, pag. 114), wenig bedeutend, da Niedzwiedzki selbst sich genöthigt sah, einen anderen der höher gelegenen Querschläge, den Querschlag Colloredo nämlich, ebenso weit nach Norden reichen zu lassen als den Kloskischlag. Das würde für die obgenannte Beweisführung Paul’s denselben Werth haben, wie die von Letzterem irrthümlich, in Folge einer Namensverwechslung herbeigezogenen Verhältnisse des anderen Querschlages. Aber auch den Hauptpunkt der Paul’schen Argumentation, die Bezugnahme auf die bereits von Hrdina verzeichneten, südlich ge- neigten Spizasalze des Kloskischlages greift Niedzwiedzki an, indem er ganz einfach die Anwesenheit dieser Salze in Abrede stellt. Er beruft sich darauf, dass der im berg- und hüttenmännischen Jahrbuch (23. Bd., Wien 1875) abgedruckte amtliche „Bericht über den Einbruch von Süsswässern in Wieliezka“ von dem Auftreten von Spizasalzen im Kloskischlage niehts mittheile. Da Paul gerade auf diesen Angriff nicht reagirt hat, so möchte ich mir erlauben, hier seine Vertheidigung bis zu einer gewissen Grenze hin zu übernehmen. Dabei ist erstlich zu bemerken, dass jener amtliche Bericht, wie Niedzwiedzki selbst hervorhebt (1. ec. pag. 141) „keine präeise Aufklärung über die hier in Betracht kommenden geologischen Ver- bältnisse* bietet und viel zu mager gehalten ist, um aus demselben ein directes Argument gegen die alte Hrdina’sche Angabe zu ent- nehmen. Zweitens ist die betreffende Grubenstrecke, wie ebenfalls Niedzwiedzki (ibidem) selbst betont, heute für Untersuchungen wenig geeignet, da sie verschalt ist und überdies Verschlämmungen und Verrutschungen die Beobachtung erschweren. Man hat also, sobald man Hrdina sonst für zuverlässig hält, keinen Grund, an dessen An- gabe in diesem Punkte zu zweifeln und Paul hatte gewiss Recht, sich auf dieselbe zu stützen. Drittens kann die Anwesenheit der Spizasalze in dem ziemlich genau über dem Kloskischlage gelegenen bereits erwähnten Querschlag Colloredo nicht geleugnet werden. Dort trifft man vom Franz Joseph- schachte nordwärts gehend, zunächst Grünsalz und Salztrümmergebirge, und dahinter, bezüglich darunter gegen das Ende der Strecke zu „eine über 15 Meter mächtige Steinsalzlage mit ONO.-Streichen und stark geneigtem SOS.-Fallen, welche zum Theil aus reinem, zum Theil aus stark mit Thon verunreinigtem Spizasalze besteht.“ (Vergl. Nied-- zwiedzki am selben Orte.) Dahinter folgt wiederum Salztrümmer- gebirge. Bereits Hrdina kannte dies Verhältniss, wie aus dessen Profil (1. ec. Taf. I) hervorgeht und seine Beobachtungen im Kloskischlage und 80* 670 Dr. Emil Tietze. [248] Colloredoschlage verbindend, zeichnete er mit Recht die betreffende Spizaformation als eine von dem höheren Horizonte nach dem tieferen Horizonte der Fallrichtung gemäss fortlaufende Lage ein. Wenn Hrdina sich bezüglich der Spizalager im Colloredoschlage nicht geirrt hat, warum sollte er, der doch gewiss die hauptsächlichsten Salzvarietäten Wieliezkas kannte, im Kloskischlage sich darüber getäuscht haben ? Es berechtigt also Herrn Niedzwiedzki nichts zur einfachen Negirung der hierauf bezüglichen, von ihm nicht eontrolirten Behauptung seines Vorgängers und noch weniger hat er ein Recht, die Spizasalze des Querschlages Colloredo als einen grossen Einsehluss oder als einen integrirenden Bestandtheil des Grünsalzgebirges anzusehen, wie er dies (l. e. pag. 144 oben) thut, obwohl er doch sonst die Spizalager dem unteren Salzgebirge zurechnet. In seiner (Niedzwiedzkis) Zeichnung übrigens (Taf. IV)!) trägt er thatsächlich dennoch "der Hrdina’schen Auffassung Rechnung und es figurirt im Kloskischlage das vom Colloredoschlage sich mit südlicher Neigung herabsenkende Spizasalz ohne Weiteres. Wir haben hier eben eine jener ziemlich spitz nach Norden ausgezogenen und schräg gestellten Faltungen- vor uns, ohne deren Annahme die Verhältnisse in der Grube ein chaotisches Wirrsal bleiben. Die Annahme einer solchen Falte, deren Basis mit dem tieferen geologischen Niveau der Szybiker Salze uns hier verborgen bleibt, weil wir letztere erst in einem hypsometrisch tieferen Niveau erwarten dürfen, kann übrigens nur unterstützt werden, wenn wir bei Nied- zwiedzki lesen, dass in dem nördlichsten Theile des Kloskischlages das Grünsalzgebirge vorkommt, ähnlich wie im Colloredoschlage nördlich im scheinbaren Liegenden der Spizasalze Grünsalz gefunden wird. Hiermit aber sind wir an dem Punkte angelangt, wo ich die Vertretung der Paul’schen Ansichten aufgebe und mich der Meinung des Herrn Niedzwiedzki zuwende. Der Kloskischlag, indem er die Spizasalze durchfuhr, ist in der That damit in jüngeres Gebirge gelangt und der dort erfolgte Wasser- einbruch erfolgte aus Schichten, die bei normaler Lagerung das Han- gende und nicht das Liegende "des geschichteten Salzgebirges gebildet haben würden, obschon bei der ganzen Lage des betreffenden Punktes dabei keineswegs an die hangendsten Partien jenes Gebirges, am aller- wenigsten an Bogueicer Sande gedacht werden kann. Auf das Material, welches bei dem Wassereinbruche herbei- geschwemmt wurde und über welches sich Paul undNiedzwiedzki verbreiten, lege ich für diese Frage nur einen beschränkten Werth, da mir dasselbe zu wenig bezeichnend erscheint. Ob sich Kiesel darunter befanden, welche den Einschlüssen der dem Salzgebirge im Alter voraus- gängigen, später zu nennenden Tomaszkowicer Sande ähnlich waren, wie Paul angibt und Niedzwiedzki bestreitet, ist ziemlich gleich- giltig. Solche Kiesel können überall in den sandigen Absätzen dieser Gegend vorkommen. Bezüglich der rothen Thone aber, welche nach Paul die Nähe des Liegenden der Salzformation andeuten, wofür (Ausnahmen zugelassen) in der That auch Vieles spricht, wenn man ') Vergleiche das von mir reprodueirte Profil dieses Autors. [249] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. (ri die Verhältnisse des Karpathenrandes in Betracht zieht, hat Paul ja selbst erklärt, er habe solebe Thone unter dem hervorgesehlämmten Material nicht bemerkt (Jahrb. 1850, pag. 602 oben). Es ist also über- flüssig, dass Niedzwiedzki (l. e. pag. 143 oben) gegen die Folge- rungen polemisirt, die man „von anderer Seite“ mit „dem Auftreten der rothen Thone bei der Wassereinbruchsstelle“ verbunden habe. Dagegen erscheint mir das betreffende, vorwiegend sandige, übrigens noch etwas Gyps und Anhydrit führende Material am End- punkte des Kloskischlages von einiger Bedeutung für die Vorstellungen, die wir uns über die Beschaffenheit des Miocängebirges in der nörd- lichen Fortsetzung von Wieliezka machen können. Bezüglich dieser Vorstellungen bin ich in der angenehmen Lage, mich wenigstens bedingungsweise gewissen von Niedzwiedzki über die Ursache des Wassereinbruchs geäusserten Ansichten anzuschliessen. Bei der stellenweisen Unbestimmtheit dieses Autors und nament- lich bei der unvollkommenen Harmonie, welche zwischen den Aus- führungen desselben besteht, kommt es allerdings darauf an, wie man selbst diese Ansichten interpretiren will und besonders wo man dieselben in dessen Buche nachschlägt. Ich muss deshalb für diese Auseinander- setzung etwas weiter ausholen. Niedzwiedzki legt (l. e. pag. 145) Werth darauf, dass sich die einbrechenden Wässer nach einiger Zeit einen um 40 Meter höher als die ursprüngliche Einbruchsstelle gelegenen Ausbruchsort aufsuchten und dass obertägig senkrecht über dem Ende des Kloskischlages ent- standene Bodensenkungen Zeugniss von bedeutenden, oberhalb der Einbruchsstelle stattgehabten Einstürzen ablegten. Er nimmt deshalb an, „dass das Wasser in den Querschlag Kloski durch Oeffnung einer ur- sprünglich sehr engen Spalte gelangte, welche zu einer oberhalb und nördlich vorliegenden, wasserführenden, sandig-thonigen Lage eines an das salzführende von Norden her seitlich anstossenden Schichtensystems reichte und späterhin durch die Stosskraft des in Bewegung gesetzten Wassers ausgeweitet worden ist.“ Dieses Schichtensystem stellt er sich als mit den Bogueicer Sanden enge verbunden und als mit denjenigen sandig-thonigen Bildungen identisch vor, welche direet unter den genannten Sanden und über dem Grünsalze . folgen. Er vergleicht es (l. e. pag. 146) deshalb auch mit dem Niveau der gleichfalls oft wasserführenden Swoszowicer Mergel, welche ja doch nach seiner Auffassung ebenfalls in das Hangende des ganzen Salzgebirges gehören. Man kann sonach nicht im Zweifel darüber sein, dass Nied- .zwiedzki im Sinne dieser Darlegungen das Wasser des bewussten Einbruchs als aus dem Hangenden der Salzformation stammend be- trachtet und dass er somit der in dieser Beziehung von Fötterle geäusserten Meinung sich einigermassen nähert. Erinnern wir uns nun aber noch daran, dass die mit den liegenden Partien der Bogueicer Sande verknüpften und anderseits über dem Grünsalzgebirge folgenden Bildungen bei Wieliczka selbst eine sehr geringe Mächtigkeit besitzen, so müsste man bei der respectablen Teufe des Kloskischlages eine ausserordentlich steile Schichtenstellung der Bo- gueicer Sande und der ihr unmittelbares Liegende bildenden Schichten 672 Dr. Emil Tietze. [250] voraussetzen, wenn man die Gebilde des Kloskischlages in dieser Weise mit den Bogueieer Sanden in Zusammenhang bringen wollte. Nach den von mir schon früher (pag. 195 dieser Abhandlung) gemachten Andeutungen würde dies allen thatsächlichen Erfahrungen widersprechen. Ich spreche indessen hier blos von der nothwendigen Consequenz der betreffenden Darlegungen Niedzwiedzkis, soweit wir dieselben bis jetzt verfolgt haben. Der genannte Autor selbst hat diese Consequenzen nicht gezogen, sondern ist gleichsam nebenher und unabhängig von jenen Darlegungen zu Vorstellungen gelangt, denen ich mich in gewissen wesentlichen Punkten ohne Weiteres fügen kann. Nach den bisher berührten Aeusserungen Niedz wiedzki's über die Stellung der Schichten, aus denen der Wassereinbruch erfolgt sein sollte, war ich einigermassen überrascht, in dessen Buche unmittelbar dahinter (l. e. pag. 146) folgenden Satz zu lesen: „Der besprochene Wassereinbruch erfordert demnach nicht nur keineswegs die Annahme eines Einschnittes in eine vom Ende der Kloskistrecke in nördlicher Richtung heruntersteigende oder daselbst in derselben Richtung auf- steigende wasserführende Schichte, einer „Anritzung“ des Hangenden oder des Liegenden des Salzgebirges, sondern es sprechen sogar ge- wichtige Umstände direct sowohl gegen die eine als auch gegen die andere dieser Voraussetzungen.“ — Da wird allerdings die Idee eines Wassereinbruches aus dem Hangenden wieder gründlich abgethan und man frägt sich auch, was dann die vorher besprochene aus dem Han- genden nördlich oberhalb der Einbruchsstelle kommende Spalte noch für eine prineipielle Bedeutung haben könnte. Der Autor geht aber bald darauf noch etwas weiter in der Beseitigung eines Theiles seiner in früheren Theilen der Schrift entwickelten Ansichten. Derselbe meint nämlich, dass im Norden unter den Bogueicer Sanden ein aus Thonen und Sanden bestehendes miocänes Schichtsystem ausge- bildet sei (l. ec. pag. 148), welches bereits eine sehr salzarme und später auch ganz salzleere Fortsetzung des Salztrümmergebirges vorstelle. „An der Nordflanke des Bergbaues“, sagt dieser Autor sogar schon an einer früheren Stelle (l. ec. pag. 112), „führen die nach Nord vorspringenden Querstrecken ganz allmälig aus salzreichem Salztrümmer- gebirge in einen salzarmen oder fast salzleeren, aber sonst demjenigen des Salzgebirges absolut gleichen Thon. Da von dieser Seite auch Süss- wasserquellen herkommen, so ist in der Richtung nach Norden eine mehr oder weniger vollständige allgemeine Abnahme der Salzeinschlüsse innerhalb des Thones anzunehmen, bis er in ein die Liegendthone der Bogueicer Sande regelmässig unterteufendes Schichtsystem von gewöhnlichen Thonen und etwa dazwischen gelagerten Sanden übergeht.“ Eine bessere Bestätigung meiner Ansichten über den Facieswechsel der bei Wieliezka entwickelten Bildungen kann ich mir nicht wünschen, und ich habe deshalb auf den letzterwähnten Passus mich schon vorher (pag. 219 dieser Abhandlung) berufen müssen. Wenn die thonig-sandigen Partien im direeten Liegenden der Bogueicer Sande einmal ein Aequivalent der Swoszowicer Mergel sein sollen, wie das ja behauptet wurde, und wenn andererseits eben diese thonig-sandigen Partien local soweit hinab- greifend gedacht werden, dass sie auch eine „Fortsetzung des Salztrümmer- [251] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 673 gebirges“ vorstellen können, so lässt sich aus Niedzwiedzki's eigenen Aeusserungen darthun, dass auch er die Swoszowicer Mergel nicht immer als ein dem Salztriimmergebirge gegenüber jJüngeres Sehichtsystem zu betrachten Veranlassung hat. Ich bin also mit der oben erwähnten Auffassung völlig einver- standen und glaube nur nicht, dass das Fehlen des geschichteten Salz- gebirges im Liegenden dieser nördlichen salzleeren Fortsetzung des Salz- friimmergebirges die Ursache des genannten Verhältnisses ist, wie der Autor w eiterhin behauptet, ich elaube dies wenigstens nicht im Sinne Niedzwiedzkis, der sich in manchen Stellen seiner Arbeit, wie wir schon erwähnten, dahin ausspricht, dass das Salztrümmer- gebirge seine Salzmassen der Zerstörung des geschichteten Salzgebirges verdanke (vergl. hier die weiter oben gegen diese Vorstellung erhobenen Einwände) und der gerade deshalb der Meinung ist, dort, wo die Aequivalente des Grünsalzgebirges andere Salze nicht im Liegenden hätten, könnten sie selbst natürlich nieht salzführend sein. Der Salzabsatz bei Wieliezka scheint eben vorzugsweise auf die Nähe der karpathischen Ufer des Miocäns urprünglich beschränkt gewesen zu sein, für das obere Salzgebirge so gut, wie für das untere, und es gilt hier im Besonderen, was für das ganze galizische Miocän im Allgemeinen gilt. Wir haben ja gar keine Veranlassung, anzunehmen, dass es Aequivalente des älteren geschichteten Salzgebirges nordwärts von Wieliezka nicht mehr gibt. Wir können uns aber sehr gut vor- stellen, dass dieselben dort doch bald oder später gleichfails aus mehr oder weniger salzarmen Schichten bestehen, mögen dies nun Sande, Thone oder Gypse sein. Bei der für die westliche Fortsetzung des Wieliezkaer Miocäns erwiesenen grösseren Constanz der unteren Salzgruppe ist es sogar nicht ausgeschlossen, dass auch nordwärts diese Gruppe über einen etwas grösseren Raum hin ihren Salzreichthum theilweise bewahrt. Wir stehen also hier wieder vor den schon früher berührten Er- scheinungen des Facieswechsels, der für die Fortsetzungen eines jeden Salzgebirges eigentlich etwas von selbst Gegebenes ist. Ein solcher Facieswechsel erkläit zur Genüge auch die Wasserverhältnisse, mit denen die Grube rechnen muss. Salzgruben pflegen trockener zu sein, als andere Gruben. Bezüglich ick hat das bereits Fichtel in seinen mineralogischen Bemerkungen von den Karpathen (Wien 1816) betont. (Vergl. auch Keferstein, Teutschland, II. Bd., pag. 168 und 179.) Die hygro- skopischen Eigenschaften des Salzes selbst helfen gegenüber kleineren und vertheilteren Wasserzusickerungen eine solche Trockenheit herzu- stellen. Die mit dem Salz stets innig verbundenen Thone aber machen die ganze Ablagerung für von aussen kommendes Wasser überhaupt schwer zugänglich. Gehen solche Thone indessen in ihrer, sei es horizontalen, sei es vertiealen Fortsetzung in andere Gesteine über, stellen sich sandige und durchlässige Lagen in denselben ein, so tritt auch Wasser auf. Wenn der Grubenbau also in die Nähe solcher wasserführender Lagen geräth, so dürfte man in den meisten Fällen auch am Ende des abbauwürdigen Salzes (wenigstens für den betreffenden Horizont) angelangt sein, und umgekehrt wird man, geht das Salz zu Ende, die Nähe des Wassers befürchten müssen. 674 Dr. Emil Tietze. [252] So kommt es, dass Wieliezka, sowohl im Hangenden und Liegen- den, als auch in seinen seitlichen Fortsetzungen von wasserführendem Gebirge umgeben ist, mag auch die Hauptmasse des Salzes selbst und insbesondere der Grünsalzkörper durch eine Thonumhüllung in den dem Salz zunächst benachbarten Partien vor der Auflösung ziemlich geschützt worden sein. !) Von dem eigentlichen Hangendwasser hat die Grube wohl nicht viel zu fürchten. Die Sande von Bogueice fallen in einer von Wieliezka abgewendeten Richtung und die direet über der Grube befindlichen Hangendgebilde des Salzes sind relativ von geringer Mächtigkeit. Immerhin nimmt Niedzwiedzki an (l. e. pag. 108), dass die Süss- wasserquelle „Taras“, von welcher das Trinkwasser für die Grube weithin geleitet wird und welche etwa 300 Meter östlich vom Franz Josephschachte in nur 50 Meter Tiefe unter der Oberfläche entspringt, ihr Wasser aus einem Spaltwege aus sandigen Schichten von Norden her bezieht. Doch sind gerade die oberen Glieder der Salzformation, wie Niedzwiedzki ebenfalls hervorhebt, „dermassen von unge- schichtetem Salzthon umhüllt, dass sie keinen Wasserzufluss erhalten können“. Da sich übrigens der Bergbau nicht von unten nach oben, sondern von oben nach unten entwickelt, bezüglich entwickelt hat, so ist oder war das von oben herkommende Wasser a priori jedesmal eine bekannte Grösse. „Das untere Salzgebirge“, schreibt Niedzwiedzki weiter, „ist schon in Folge seines schichtenmässigen Aufbaues als ein für Wasser- führung geeignetes zu erklären.“ Noch weiter im Liegenden scheint aber die Wasserführung zuzunehmen. Schon Keferstein (Teutschland, II, pag. 266) spricht von süssen Wässern, die aus der Sohle von Wieliezka hervortraten, und Hrdina hat wiederholt vor Beleidigung des Liegenden gewarnt. Da das zu gewissen Zeiten im Liegenden der sogenannten dritten Salzgruppe angetroffene Wasser nicht oder nur wenig salzig war, so darf man schliessen, dass die Schichten, welche es führten, in Bezug auf Salzführung bereits taub waren und man darf auch des Weitern annehmen, dass dies Wasser nicht auf schräg dureh das Salz- gebirge setzenden Spalten in jene Regionen gelangt‘ ist. Mit einer Spalten- oder Bruchbildung hängt höchstens nach den früher gemachten Ausführungen die Wasserführung der südlichsten Streckenbauten zusammen, wo übrigens bei der von mir für wahrscheinlich gehaltenen Ueberstürzung des ganzen Schichteneomplexes auch die Nähe der im geologischen Sinne liegenden, das heisst älteren, tauben Ablagerungen in Betracht kommt. Am gefährlichsten, wie ja auch die Praxis gelehrt hat, sind jeden- falls die Wässer, welche im Norden der Salzablagerung aus denjenigen Schichten stammen, die man, im Allgemeinen gesprochen, weder als Hangendes noch als Liegendes, sondern mehr als die dem Ablagerungs- alter nach mit dieser identischen aber tauben Fortsetzung der Salz- formation ansehen kann. Es bedarf gar nicht der von Niedzwiedzki ') Mit diesem Schutz hängt das Fehlen von salzigen Quellen bei Wieliczka, nebenbei bemerkt, augenscheinlich zusammen. Alth (Pogladna Zröd/a solne i naftowe etc. in den Ber. d. physiogr. Comm. 1870, pag. 4 des Separatabdr.) hebt diesen Umstand besonders hervor, im Gegensatz zu den Verhältnissen Ostgaliziens, wo relativ zahlreiche Salzquellen im Bereich der Salzformation entspringen, EL ER OR URN OW EEE [253] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 67 bei Besprechung des Weassereinbruchs im Kloskischlage wiederholt (pag. 108 und 145) vorgeschlagenen und in ähnlicher Weise früher auch schon von Boud gemachten Annahme von Spalten, welche das Wasser von oben her in die Grube führten, es genügt vielmehr der Hinweis auf die an Durchlässigkeit zunehmende Beschaffenheit des Gebirges nach jener Seite hin, um die stattgehabten Vorgänge erklärlich zu finden. Nur der Umstand, dass man mit der Idee eines möglichen Facieswechsels bei den Forterstreckungen des Salzgebirges sich früher zu wenig befreundet zeigte, macht es erklärlich, dass man die wasserführenden Schichten immer nur im Hangenden oder Liegen- den dieses Gebirges gesucht hat und dass man über die damit gegebene Alternative nicht hinauskam. Man erinnert sich vielleicht, dass Angesichts der grossen und bezüglich der Quantität in ihrer Provenienz räthselhaften Wassermassen, welche bei der Katastrophe im Kloskischlage den Horizont Haus Oester- reich bedrohten, auch direct von einem Einbruche der Weichsel in die Grube gesprochen wurde. Bou& hat (vergl. oben pag. 224 dieser Ab- handlung) eine derartige Vermuthung sogar ohne Weiteres veröffentlicht. Sofern wir uns nun die Thatsache vergegenwärtigen, dass unser Miocän thatsächlich über das Weichselthal nördlich hinausgreift und unterhalb des Weichselalluviums vorhanden sein muss und sofern wir die Möglichkeit zulassen müssen, dass auch mehr oder minder sandige, wasserdurchlässige Lagen dieses Tertiärs daselbst vertreten sein könnten, hat jene damalige Vermuthung immerhin als theilweise discutirbar oder nicht als gänzlich des Sinnes entbehrend zu gelten. Einen grossen Werth lege ich derselben freilich nicht bei, weil es sich dabei doch nur um Infiltrationen aus dem Grundwasser des Flusses handeln könnte. Es ist die grösste Wahrscheinlichkeit dafür vorhanden, und dies scheinen auch alle bisherigen Beobachter zuzugeben, dass die Störungen, von denen die Salzformation in der Nähe des karpathischen Randes bei Wieliezka betroffen wird, weiter nördlich sich beruhigen. Dafür spricht die Analogie mit den allgemeinen Verhältnissen des galizischen Miocäns, welches überall. nur am Karpathenrande zusammengefaltet erscheint und dafür sprechen auch die flachen Lagerungen der Bogueicer Sande und der Tertiärpartien, welche sonst im ausserkarpathischen Theil unseres Gebietes und namentlich auch bei Prokocim bei den Miocänabsätzen wahrgenommen werden. Wir wissen, dass es höchstens bei den Gypsen von Podgorze zweifelhaft ist, ob dort nicht wieder . steilere Schichtung auftritt. Dieselben liegen aber unmittelbar am Rande des dortigen älteren Gebirges in der Nähe des Jurakalkes, und könnten die angeblichen Störungen dort auch durch ganz locale Einflüsse be- dingt sein. In jedem Falle stellen sich die Bogueicer Sande mit ihren Fortsetzungen nach Osten und Westen als ein zunächst mit den Aequi- valenten des hangenden Theils des Salzgebirges ziemlich innig ver- knüpftes Schichtglied dar und deshalb mag auch für diese Aequivalente selbst, soweit sie unter der Decke dieser Sande verborgen sind, eine flache Lagerung vorausgesetzt werden, welche durch Uebergänge mit der weiter südlich vorhandenen Faltung vermittelt wird. Selbst unter der Voraussetzung einer bis gegen die Weichsel zu anhaltenden schwachen nördlichen Neigung des Miocäns, einer Voraus- Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1887, 37. Band. 3, Heft. (Dr. Emil Tietze.) 87 676 Dr. Emil Tietze. [254] setzung, die bei der dortigen Nähe des den Karpathen entgegenstehenden anderen Ufers dieser Absätze gar nicht einmal sicher ist, könnte man sich ganz gut vorstellen, dass die in den wasserdurchlässigen Lagen dieser Formation sich ansammelnden Wässer, mögen sie nun theilweise von einer Infiltratiov aus dem Grundwasser der Weichsel herrühren oder anderswoher stammen, einen genügenden hydrostatischen Druck ausüben, um im Falle der Aufhebung dieses Druckes durch Anzapfung einer solchen sandigen Lage in einem tieferen Horizont, wie der Kloski- schlag, mit Gewalt hervorzubrechen. Die südlichen Neigungen, welche dann im Bereiche der Grube herrschen, tragen aber obendrein nicht dazu bei, die Tendenz zu solehen Ausbrüchen zu verringern. Wenn soeben von einem schliesslichen Aufhören des Südfallens der Salzformation und von einer im Norden von Wieliezka vorauszu- setzenden Anpassung der tektonischen Verhältnisse derselben (bezüg- lich ihrer Aequivalente) an die flache Lagerung der Bogueicer Sande gesprochen wurde, so möchte ich doch andererseits das Missverständniss vermieden sehen, als ob ich dabei vollinhaltlich den Ausführungen Paul’s mich anschliessen möchte, welche derselbe (Jahrb. d. geol. Reichsanst. 1880, pag. 690 unten) über diesen Punkt gemacht hat. Es könnte ja dieses Missverständniss um so leichter entstehen, als ich sonst in dieser Darstellung wiederholt Gelegenheit genommen habe, mich mit dem Wesen der Auffassung Paul’s über Wieliezka einver- standen zu erklären. Mir gefällt nämlich nicht ganz die Form, in welcher Pa ul auf seinem Profil in der Gegend zwischen dem Franz Josephschachte und Bogueice eine flache Gypslage über dem gefalteten Salzgebirge eingezeichnet hat, welche sich dort als eine Art von discordanter Decke präsentirt. Für eine solche Discordanz eines oberen Gypshorizontes liegt keinerlei that- sächlicher Anhaltspunkt vor und würde man eine solche annehmen, dann hätte man auch weiter kein Recht, von einer bei Bogueice überein- stimmenden Lagerung der noch über dem Gyps folgenden Bogueicer Sande und der unter dem Gyps folgenden Fortsetzung der Salzformation zu reden. Paul kann sich hier nur auf die Resultate zweier Bohrungen berufen, welehe im Sommer 1879 ausgeführt wurden!) und von denen die eine in der nächsten Nähe des Franz Josephschachtes befindliche in der Tiefe von 10 Meter einen Gyps erreichte, während die zweite 136 Meter nördlich davon angelegte Bohrung „diesen“ Gyps im 17. Meter . traf, woraus dann auf ein „flach nördlich einfallendes Gypsniveau“ ge- schlossen wurde. Nun bestimmen aber zwei Punkte allein noch nicht die Lage einer Ebene. Wenn man also auch annehmen will, dass der in beiden Fällen angetroffene Gyps genau derselben Schicht angehöre, was bei der Aehnlichkeit so vieler Gypse untereinander nicht genau zu erweisen ist, hat man demnach noch keinen Grund zu der Annahme, dass das betreffende Gypsniveau nicht zwischen den genannten Punkten noch von Störungen und Biegungen verschiedener Art betroffen sein kann. ') Es sind das vermuthlich theilweise dieselben Bohrungen, von welchen später Niedzwiedzki (vergl. oben pag. 196 dieser Abhandlung) geredet hat. Weun aber die nördlicher gelegenen Versuche beim Friedhofe und der Apotheke thatsächlich auf flache Lagerung hinwiesen, so braucht man sich dies Verhältniss nicht bis zum Franz- Josephschachte fortsetzend zu denken. [255] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 677 Damit wäre nun so ziemlich erschöpft, was ich im Augenblick auf Grund einer kritischen Beleuchtung der mir bekannt gewordenen Daten über die Lagerungsverhältnisse von Wieliezka, soweit sie nicht den später zu besprechenden karpathischen Rand betreffen, auszusagen vermag. Doch könnten sich hieran noch einige Bemerkungen anschliessen lassen, welche die Pläne betreffen, welche man zur Sicherung der Zukunft des dortigen Bergbaues in Aussicht nehmen kann. Nach dem Gesagten ist es begreiflich, dass der Bergbau im Hinblick auf die Wassergefahr alle Ursache hat, die Ueberschreitung der Grenzen der Salzablagerung zu vermeiden. Man hat das bis jetzt, wie auch Niedzwiedzki (l.e. pag. 109) erklärt, übrigens noch nirgends im vollen Sinne des Wortes gethan, sich aber vielfach diesen Grenzen ge- nähert. Dennoch machen die Anforderungen, welche an Wieliezka gestellt werden, es nöthig, bei Zeiten die möglichste Vorsorge zu treffen, damit der Betrieb in Zukunft aufrecht erhalten werden könne. Zu diesem Behufe ist es wünschenswerth, die Beschaffenheit des Gebirges in der Umgebung der Grube besser kennen zu lernen, und um nicht durch leichtsinniges Vorgehen vom Inneren der Grube aus und durch riskirtes Vorstossen einzelner Strecken nach den unbekannten Regionen hin die Wassergefahr muthwillig heraufzubeschwören, entschliesst man sich zu Untersuchungen seitlich der Grube, welche die Fortsetzung oder Nichtfortsetzung der Salzlagen feststellen sollen. Solche Unter- suchungen können durch Bohrungen bewerkstelligt werden oder durch das Abteufen von Schächten, eventuell dann auch durch Anlage von horizontalen Streckenbauten von irgend welchen Punkten aus, die die Schächte in der Tiefe erreicht haben können. Im letzteren Falle würde sozusagen ein selbstständiger kleinerer Grubenbau sich entwickeln, von dessen Erfahrungen man abhängig machen könnte, ob man denselben in seiner Isolirung belässt oder ob man seine Verbindung mit dem Hauptbau herstellt. Zur Inangriffnahme solcher selbstständiger Baue ist es bis jetzt in neuerer Zeit wenigstens nicht gekommen. (Ueber die alten sächsischen Baue nordwestlich von Wieliezka habe ich leider Näheres nicht erfahren können.) Dagegen ist das oben ausführlich besprochene Kossoeicer Bohrloch einer der hierher gehörigen Versuche. Wir kennen nunmehr das Ergebniss desselben und wissen, dass es sich in jener Gegend nur. mehr um die eventuelle Ausbeutung des unteren Salzgebirges handeln kann, dessen Werth allerdings in keiner Weise zu unterschätzen ist. Neue Bohrlöcher in derselben Gegend würden gewiss manche unsere Kenntniss ergänzende Daten liefern. Da es sich aber nieht mehr aus- schliesslich um die Constatirung des Vorhandenseins, sondern um die Feststellung der Abbauwürdigkeit der betreffenden Salzlagen handelt, so scheint vielleicht Manchem der Zeitpunkt gekommen, daselbst gleich mit einem Schachtbau zu beginnen, sofern man nämlich die Kosten einer derartigen Anlage nicht scheut. Dass man diesen Schacht nieht weit nördlich von dem genannten Bohrloche abteufen müsste, sondern lieber südlich, ist im Hinweis auf 87* 678 Dr. Emil Tietze, |256 ] die besprochene Austaubung des Gebirges in nördlicher Richtung klar. Dass man umgekehrt im Süden der allzu grossen Nähe des Karpathen- sandsteines auszuweichen hat, ist ebenfalls selbstverständlich. Bestimmte Erwartungen bezüglich der Reinheit des anzutreffenden Salzes lassen sich natürlich nieht aussprechen. Unmöglich ist es übrigens nicht, dass südlich von dem genannten Bohrloche auch die Aequivalente des oberen Salzgebirges, als welche ich die dortigen Swoszowicer Mergel betrachte, sich wieder etwas mehr anreichern und dass dort noch einige kleinere Grünsalzkörper über dem unteren Salzgebirge angetroffen werden. Ein derartiger Versuch wird für die Zukunft des Bergbaues auf dem West- felde entscheidend sein. Voraussichtlich aber wird man bei dem süd- lichen Schichtenfallen in der Gegend des Kossoeicer Bohrloches in ziemliche Tiefen gehen müssen, ehe man auf die Szybiker Salze stösst. Nach Süden zu ist die Erweiterung des Bergbaues über die jetzigen Endpunkte der südlichsten Strecken hinaus als beinahe gänzlich ausgeschlossen zu betrachten. Will man dort Bohrungen oder neue Schachtanlagen vornehmen, so werden dieselben indessen zweifellos vom rein wissenschaftlichen Standpunkt aus sehr interessante Resultate liefern. Nach Norden zu sind, wie wohl bewiesen wurde, die Hoffnungen ziemlich geringe. Da aber die Begrenzungen des Absatzraumes der salzführenden Bildungen hier nicht so scharfe waren als südwärts gegen den karpathischen Gebirgsrand hin, so ist ein urplötzliches Verschwinden des Salzes nach dieser Richtung, in welcher ja doch weiterhin noch die geologisch-genetisch dem Salze so verwandten Gypse von Podgorze und Tonie auftreten, nicht gerade unbedingt anzunehmen. Doch dürften Verunreinigungen des Salzes dort eine immer grössere Rolle spielen, je weiter man sich nordwärts mit seinen Arbeiten setzt, und schliesslich kommt es ja dem Bergbau nicht darauf an, ein blos mit Salz und Salzausscheidungen durchsetztes Gebirge, sondern wirkliches Salz zu erhalten. Am ehesten mag, wie schon vorher einmal angedeutet, bei der anscheinend grösseren Constanz der unteren Salzablagerung die Hoffnung auf die Erreichung von Szybiker Salzen in der Tiefe daselbst berechtigt sein. Es sind in nördlicher Richtung zunächst zwei Bohrungen projectirt, von welchen selbstverständlich die am wenigsten nordwärts zu ver- legende, in der Nähe des Reformatenklosters, als die etwas hoffnungs- reichere bezeichnet werden kann. Niedzwiedzki hat dieselbe bereits in seinem Buche als im Plane liegend erwähnt. (Genauer ist mir das unter Mitwirkung des Herrn Professor Niedzwiedzki für die Untersuchung der Umgebung der Grube fest- gestellte Programm nicht bekannt. In jedem Falle aber dürfte man lebhaft befürworten, dass eine oder einige Bohrungen auch im Osten der Grube zur Ausführung gelangen. Man könnte dafür einen Punkt nördlich der von Wieliczka nach Gdöw führenden Strasse zwischen Lednica und Przebieezany, in der Nähe des letzteren Ortes auswählen. Bereits Niedzwiedzki hat (l. e. pag. 114) einen derartigen Vorschlag gemacht und „eine Stelle in der westlichen Umgebung der Häusergruppe Zwoölka etwa 500 Meter rein westlich von der kleinen südlich der Häusergruppe befindlichen Andachtsfigur“ als besonders geeignet be- zeichnet. Er hielt sich also etwas westlicher und dabei wohl auch in [257] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 679 einer etwas nördlicheren Zone, als ich mir bei der Vorlage der betreffen- den Frage vorstellte. Jedenfalls wird eine dem allgemeinen Streichen folgende Unter- suchung einer Lagerstätte, wenn es sich um neue Aufschlüsse der letzteren handelt, zumeist rationell: sein, und hat man bei Kossoeice eine Untersuchung dem Streichen nach Westen folgend vorgenommen, so sollte man nicht unterlassen, dem Streichen bei Przebieezany auch nach der entgegengesetzten Richtung nachzugehen. Wollte man dagegen vielleicht einwenden, dass die Salzlager Wieliezkas im Osten höher ausstreichen und sich daselbst mehr der Oberfläche nähern als im W.esten, was ja ähnlich auch in Bochnia der Fall ist, so liegt doch in dem heute verfügbaren Beobachtungsmaterial noch kein genügender Grund für die Annahme vor, dass man etwa noch weiter nach Osten gehend schliesslich nur liegendes Gebirge an- treffen könne. Man ist eben über die Verhältnisse jenseits der östlichen Strecken des Horizontes „Baum“ kaum genügend orientirt. Ueber die Verhältnisse im Horizonte Baum selbst hat aber Nied- zwiedzki (l. ec. pag. 113—114) sehr werthvolle Mittheilungen gemacht, welche ihn ebenfalls zu der Ueberzeugung führten, dass der Annahme einer weiteren östlichen Fortsetzung des Salzgebirges „keine stratigraphischen Momente von entscheidender Bedeutung“ entgegenstehen, ja, dass möglicher- weise das Salzgebirge dort seine ganze Mächtigkeit wieder gewinnen könnte. Das letztere scheint mir nebenbei bemerkt allerdings nicht wahr- scheinlich, weil hier die Schichten zu flach liegen und deshalb der nicht allzubreite Raum zwischen dem älteren Karpathenrande und den Aequivalenten des Bogueicer Sandes einer sehr bedeutenden Mächtigkeit der eventuell aufzuschliessenden Bildungen nicht entsprechen kann. Die Längsstrecke „Baum“, welehe der östlichste Streckenbau der Grube überhaupt ist, gabelt sich in zwei Strecken, von denen die eine nach SOS., die andere nach NO. gerichtet ist. Der erstgenannte Zweig führt nun nach Niedzwiedzki durch eine Spizasalzlage, welche „nachher untertaucht und einer regellosen Durchwachsung von Salzthon und Anhydrit Platz macht“. In der zweitgenannten Abzweigung findet man das Spizasalz anfänglich in fast horizontaler Lagerung. Dann senkt sich dasselbe östlich und wird von typischem Salztrümmergebirge bedeckt. Des zusitzenden Wassers wegen wurden beide Strecken an ihren Enden verdämmt und kann also das Gebirge auch hier vom Bergbau selbst aus nicht weiter untersucht werden. Wenn es nun auch nicht gerade nothwendig ist, dass hier die ganze Mächtigkeit des Salztrümmergebirges wieder erscheint, so ist doch durch die erwähnten Aufschlüsse des letzteren Existenz überhaupt auch im Osten erwiesen. Sollte aber dennoch das Vorkommen dieses Grünsalzgebirges nur ein sporadisches oder sollte es ein wenig mächtiges sein, sollte also das liegende Gebirge von Wieliezka hier sich noch immer nahe der Oberfläche halten, so hat man ja den Vortheil, mit einer eventuellen Bohrung daselbst nieht tief hinabgehen zu müssen und Zeit wie Geldaufwand dabei würden erheblich redueirt erscheinen, wenn die Bohrung ein direct praktisches Resultat nicht ergibt. Wenigstens die tieferen Glieder des Salzgebirges sind aber wohl in jenen östlicheren Localitäten noch vorauszusetzen und dass salz- 680 Dr. Emil Tietze. [258] führende Schichten bei Pırzebieezany nicht ganz fehlen (mögen sie nun rein oder verunreinigt sein), dafür spricht die ziemlich stark salzhältige Quelle, welche in der Nähe dieses Ortes nördlich der Strasse schon seit lange bekannt ist. Müssen wir uns also auch mit dem Gedanken vertraut machen, dass die Zukunft des Wieliezkaer Bergbaues nicht gerade auf unabseh- bare Zeiten hinaus gesichert ist, so ist doch noch immer die Hoffnung auf einen weiteren Aufschwung desselben für die zunächst kommende Epoche nicht auszuschliessen. Ist aber einst der Augenblick gekommen, an welchem nicht mehr mit Vortheil an die rein bergmännische Ge- winnung der Reichthümer dieses merkwürdigen Ortes gedacht werden kann, so wird damit noch immer nicht nothwendig ein gänzliches Ver- lassen der Lagerstätte verbunden sein. Viel grösser als die Mengen des geförderten oder noch förderbaren Steinsalzes daselbst sind sicher die Massen von Salz, welche dereinst durch Auslaugung des Gebirges noch gewonnen werden könnten. Es wurde ja schon gesagt, dass man Salz- massen, die über vier Procent Verunreinigung haben, gar nicht zum Abbau bestimmt. Es würde sich also in einem solehen Falle gar nicht allein um die Auslaugung von mit Salz imprägrirten Thonen und der- gleichen handeln, sondern um die Aufschliessung von Absätzen, welche mineralogisch und geologisch gesprochen noch immer als wirkliches Steinsalz aufzufassen sind. Hoffentlich ist dieser Augenblick übrigens noeh sehr fern, ich sage hoffentlich, weil dann allerdings an eine Verlegung der Stadt an einen Platz gedacht werden müsste, welcher sich ausserhalb des den Salzablagerungen correspondirenden Gebietes der Oberfläche befindet, und weil eine solche Verlegung selbstverständlich mit sehr vielen Un- zukömmlichkeiten verknüpft wäre, die man vermeidet, so lange man irgend kann. i Heute jedoch, das darf man kühnlich behaupten, liegt ein triftiger Grund zur Beunruhigung in dieser Beziehung noch nicht vor. Am Aller- wenigsten aber kann ein soleher Grund in der Vorsicht und Voraussicht gefunden werden, von welcher die maassgebenden Factoren in dieser Angelegenheit geleitet werden, und welcher hier in rein akademischer Weise Ausdruck verliehen wurde. Am Schluss dieses Capitels über Wieliezka liegt es mir ob, der organischen Reste zu gedenken, welche man in der dortigen Salz- formation gefunden hat.!) Diese Reste sind theils pflanzliche, theils thierische. Letztere sind natürlich wichtiger, weil sie vor Allem bezüg- lich der marinen Art der Entsteliung des Salzes und bezüglich der Altersfrage Auskunft geben. Die ersteren bieten indessen auch einiges Interesse. Sie kommen vorwiegend im Spizasalze vor. !) Dieser Abschnitt wäre in mancher Beziehung vielleicht zweckmässiger den anderen Abschnitten dieses Capitels vorangestellt worden. Es fehlte mir indessen wie überall (vergl. die Einleitung Seite 4) so auch hier die Zeit zu einer entsprechenden Umarbeitung dieses Theiles meiner Abhandlung, die ich dem Druck übergab, ohne an der Eintheilung des ersten Entwurfes etwas zu ändern, RE [259] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 681 Die Betrachtungen über die Entwieklung unserer Kenntniss sowohl der animalischen als der pflanzlichen Reste geben uns, combinirt mit der Erwähnung der wichtigeren stratigraphischen Mittheilungen, zugleich ein Bild von der geschichtlichen Entwieklung unserer Vorstellungen über die stratigraphische Stellung der in Rede stehenden Salzformation und schon aus diesem Grunde mag es gerechtfertigt sein, bei jenen Betrachtungen einigermassen ausführlich zu werden. Ich beginne mit der kleineren Partie der Literatur, welche den fossilen Pflanzen ge- widmet ist. Schon Graf Sternberg (Versuch einer Flora der Vorwelt, Regens- burg, 1825) gedachte der Frucht eines Juglans aus dem Steinsalz von Wieliezka und machte (l. e. IV. Heft, pag. 24) auf die in den Salz- thonen des Spizasalzes gefundenen Holzstücke aufmerksam. Er zeigte sich bereits sehr geneigt, das Salz mit der Braunkohlenformation, also mit dem Tertiär zu verbinden. Wenn er dasselbe dennoch (l. e. pag. 26) der „älteren Braunkohle unter der Kreide“ zurechnete, so lag das an der von Sternberg selbst sehr beklagten Unsicherheit, in der man sich damals noch über die fundamentalsten Fragen betreffs der Lagerungs- verhältnisse Wieliezkas befand. Reuss (Haidinger's naturw. Abhandl. 1847, II. Bd., pag. 16) erwähnte das Vorkommen von Coniferenzapfen daselbst. Göppert (Arbeiten der schlesischen Gesellsch. für vaterl. Cultur, Breslau 1847, pag. 73) beschrieb ähnliche Reste und auch wieder fossiles Holz von dort, und Unger hat (Denkschr. d. Akademie d. Wissensch. in Wien, I. Bd., pag. 311) eine grössere Zahl von Arten (15 Species) als der Flora des Salzstockes angehörig bekannt gemacht. OÖ. Heer in seiner tertiären Flora der Schweiz (III. Bd., Winter- thur 1859) gab eine Zusammenstellung der Flora der von ihm soge- nannten karpathischen Insel und hielt diese Flora für älter als die von Swoszowice, worauf indessen bei etwaigen stratigraphischen Deutungen bei der, wie ich nunmehr glaube, bewiesenen Altersverwandtschaft der Swoszowiecer Mergel mit den Ablagerungen von Wieliezka kein so un- bedingtes Gewicht zu legen ist. Will man sich indessen daran halten, dass die dem Grünsalz entsprechenden Swoszowicer Mergel auch nach der hier vertretenen Auffassung etwas jünger sind, als gerade die Ab- lagerungen des Spizasalzes, so lässt sich dagegen freilich nichts ein- wenden. Man wird sich nur stets vergegenwärtigen müssen, dass die tertiären Floren überhaupt zum Beweise kleinerer Altersunterschiede nicht ausreichen und speciell für Wieliezka wird man noch in Betracht ziehen dürfen, dass die sogenannte Flora des Salzstockes nicht noth- wendig in ihrer Totalität eine der näheren Umgebung des dortigen Miocänabsatzes angehörige zu sein braucht, woraus sich dann leicht das Vorkommen von Typen erklärt, welche, weil sie vielleicht auf ein etwas wärmeres Klima hinweisen, als die bis jetzt bekannten Formen von Swoszowice, für Beweise auch eines etwas höheren Alters ge- nommen werden könnten. Ich habe dies in meiner Arbeit über Lem- berg (Jahrb. d. geolog. Reichsanstalt, 1882, pag. 90 u. 91) bereits aus- einandergesetzt. Dies geschah vornehmlich auch unter Hinweis auf eine Mittheilung Stur’s, der (Verhandl. der zeol. Reichsanst. 1873, pag. 6—10) eine 682 Dr. Emil Tietze. [260] Revision und Ergänzung der Unger’schen Bestimmungen bezüglich der Flora von Wieliezka vorgenommen hatte. Gemäss dieser Mittheilung besteht die genannte Flora im Wesentlichen aus Carya-Nüssen, aus Föhrenzapfen, welche theilweise von Eichhörnchen benagt erscheinen und aus Trümmern von verrottetem Buchen- und Birkenholze, welches letztere nur an einem der untersuchten Stücke noch die Rinde be- halten hatte. „Jede Spur von Blättern fehlt, ja selbst die Nadeln der Föhren mangeln gänzlich in der Salzmasse.* Die fraglichen Reste sind also, wie ich (l. e.) bemerkte, wohl grösstentheils solche, „die mehr oder minder lange auf dem Meere flottirten und unter Umständen von sehr weit her eingeschwemmt sein könnten“. Doch meint Stur allerdings, dass Zapfen nicht so lange sich über Wasser halten können, als dies Blätter oder Nadeln hätten thun können. (Gerade bei abge- nagten Zapfen wäre aber doch ein längeres Flottiren nicht so un- möglich.) Wie sich übrigens des Weiteren ergibt, kann man, wenn man die vorher genannten Elemente der Flora allein in Betracht zieht, kaum von einem besonders südlichen Typus der letzteren sprechen. Der einzige Fund, der in dieser Hinsicht auffällig ist, gehört der erst von Stur in der Flora von Wieliezka erkannten Palmengattung Kaphia an, während der betreffende Rest von Unger früher zu Quercus gestellt worden war. Doch ist die Bestimmung Stur’s, wie er selbst angibt, nur eine vorläufige. Jedenfalls passt eine Palme nur schlecht in die andere im Spizasalz vertretene Pflanzengesellschaft hinein t) und bier wäre also in erster Linie an eine Einschwemmung von fern her zu denken, während die Coniferenzapfen, gleichviel ob sie durch längere oder kürzere Zeit sich schwimmend befunden haben, höchst wahr- scheinlich aus der Nähe stammen, wie ich das auch bereits in meinen hierauf bezüglichen Bemerkungen meiner Arbeit über Lemberg aus- gesprochen und durch weitere Gründe zu belegen versucht habe. Die fossilen Pflanzen des Salzgebirges können uns also, falls ein Bedürfniss dazu vorliegt, über den specielleren Horizont, welchen das- selbe in der tertiären Schichtenreihe einnimmt, nicht genügend orientiren. Wir wollen indessen wenigstens registriren, dass Wieliezka nach Heer wahrscheinlich in die helvetische Stufe gehört, während er Swoszowice der Oeninger Stufe zuweist. Immerhin aber genügt schon diese Flora allein, um im Allgemeinen den miocänen Charakter der sie beherber- genden Schichten festzustellen. Diese jetzt allgemein geltende Altersdeutung wird bekanntlich auch durch die fossile Fauna von Wieliezka ausreichend begründet. Doch darf bei dieser Gelegenheit hervorgehoben werden, dass es in den ersten Decennien dieses Jahrhunderts noch gar nicht als ausgemacht galt, ob man es bei Wieliczka überhaupt mit tertiären Schichten zu thun habe. Wenigstens wurden die entsprechenden Ansichten immer wieder bestritten und es mag gerade deshalb von einigem Interesse sein, wenn wir uns die wichtigsten Momente der geschichtlichen Entwicklung unserer Kenntniss von dem geologischen Alter der Salzformation in’s ') Stur hebt selbst das Widerspruchsyolle in der betreffenden Vergesell- schaftung hervor, [261] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 683 Gedächtniss zurückrufen. ) Wir werden dabei sehen, dass die Ver- knüpfung, in welcher die Salzbildung mit den Karpathensandsteinen zu stehen schien, manchmal sehr wesentlich der richtigen Deutung geschadet hat, ebenso wie natürlich auch die widersinnige Lagerung des Salzes vielfach irreführen musste. Die organischen Reste mussten schliesslich den richtigen Entscheid herbeiführen. Die älteren Arbeiten von Fichtel und Schindler (Geogn. Bemerkungen über die karpathischen Gebirge, Wien 1815) enthalten noch nichts Bestimmtes über die Art, wie die Altersverhältnisse bei Wieliezka aufzufassen seien. Da jedoch Fichtel (Mineral. Bemerkungen von den Karpathen, Wien 1816, pag. 26) glaubt, dass dort in der Tiefe ein „nicht durchzusetzender Salzstock* vorhanden sei, der mit dem siebenbürgischen Salz unterirdisch zusammenhänge, so erhellt, dass dieser Autor das Salz für älter als den Karpathensandstein halten musste. Im Jahre 1819 veröffentlichte Beudant im Journal de physique (LXXXVIN. Bd., pag. 322) sein M&moire sur les environs de Wieliezka (vergl. darüber auch desselben Autors Notice sur le depöt saliföre de Wieliezka, Paris 1819 im Bulletin des sciences par la soci6t& philomatique, sowie Keferstein’s Teutschland, II. Bd., Weimar 1822, pag. 166), wodurch, wie es scheint, die betreffende Frage in Fluss gebracht wurde. Der Autor verglich den Karpathensandstein mit dem Buntsand- stein Thüringens, fand, dass das Salzgebirge denselben unterteufe und zwischen demselben und dem Kalke der Weichselgegend gelagert sei, eine Vorstellung, welche, abgesehen von dem Vergleich mit dem bunten Sandstein, allerdings bei allererster Betrachtung der Sachlage sehr leicht entschuldbar sein mag. Bald darauf aber brachte derselbe Autor in seinem Werke Voyage en Hongrie (III. Bd., Paris 1822, pag. 231) die Salzlager der Karpathen, unter denen er Wieliezka ausdrücklich namhaft macht, nur mehr mit Vorbehalten bei seinen „terrains secon- daires“ unter. Oeynhausen hielt in gewissem Sinne dann ganz richtig das Salz von Wieliezka für dem Karpathensandstein aufgelagert (Geogn. Beschreibung von Oberschlesien, 1822, pag. 75 und 76), glaubte jedoch dasselbe auch von dem „Krakauer Kalkstein“, den er für Jünger ansah als den zur „Grauwacke“, gerechneten Sandstein. Kesierstein (1... pas: 118) machte aber, bereits.anf den Charakter der organischen Einschlüsse des Salzgebirges aufmerksam und neigte sich der Annahme zu, dieses Gebirge sei tertiär. Die Stellung der scheinbaren Hangendsandsteine (der Karpathensandsteine) wurde dabei ganz aus dem Spiel gelassen. Dagegen hielt Lill v. Lilienbach, durch die überstürzte Lagerung verführt, die Steinsalzgebilde für die Unterlage der karpa- thischen Sandsteinformation und meinte, dass dieselben ihren Platz „in den obersten Schichten der gemischten alten Kalksteinformation oder ) Für Liebhaber alter Literatur kann ausser den hier zu nennenden Arbeiten auch noch auf das Verzeichniss bei Pusch (Geol. von Polen, I. Th., pag. 9) hingewiesen werden, dessen Inhalt freilich für uns theilweise ausser Betracht bleiben kann. Auch konnte ich mir einige der dort genannten Artikel nicht verschaffen. Jahrbuch der k, k. geol. Neichsanstalt. 1887. 37. Band. 3. Heft. (Dr. Emil Tietze.) 88 684 Dr. Emil Tietze. [262] zwischen dieser und dem darüber gleichförmig gelagerten bunten Sand- stein“ einnehmen (Die Steinsalzgebilde in den Alpen und den Nord- karpathen, eine geognostische Parallele, in Prechtl’s Jahrbüchern des k.k. polytechnischen Instituts in Wien, 1825, VI. Bd., pag. 166). Der- selbe Autor publieirte sodann im I. Jahrgang von Leonhard und Bronn’s Jahrbuch der Mineralogie (Heidelberg 1830) einen Durch- schnitt aus den Alpen mit Hindeutungen auf die Karpathen, in welchen er seine Ansichten allerdings bereits einschränkte, sich aber doch noch mit grossem Bedenken gegen die Zutheilung der karpathischen Salz- lagerstätten zum Tertiär äusserte, wie sie von Bou& soeben ange- nommen worden war. Er gibt eine innige Verknüpfung jener Lager- stätten mit tertiären Gesteinen zu, sieht "aber andererseits noch keine Möglichkeit, sie von den Karpathensandsteinen zu trennen. „Gibt es vielleicht“, so ruft er am Schlusse der hierher gehörigen Betrachtung aus, „zwei Salzbildungen in den Karpathen? Oder ruft der Contact zweier verschiedener Gebirgsformationen unter gewissen Umständen eine so räthselhafte, ineinandergreifende Vermischung geognostischer und geologischer Merkmale hervor ?* Inzwischen hatte sich auch, wie schon angedeutet, der hochver- diente A. Boue& mit dem Gegenstande befasst. In seinem geognostischen Gemälde von Deutschland (Frankfurt a. M. 1829, pag. 269) rechnet er zwar unsere Salzformation noch zu seiner „unteren Sand- und Kalk- flötzreihe des südöstlichen Europas“, in welcher jedenfalls noch notorische Flyschbildungen und andere ältere Schichten figurirten, indessen noch . in demselben Jahre (Mineralogische Zeitschr. 1829, 10. Heft) scheint er schon zu der Vorstellung von dem tertiären Alter der galizischen Stein- salzlager gelangt zu sein. Bald darauf publieirte er sein Apercu sur le sol tertiaire de la Galicie (Bulletin de la societe geologique, 1830, T. I, pag. 15, wo ein Auszug daraus, vergleiche hier die ausführlicheren Angaben Journal de geolog. T. I, pag. 337 u. T. II, pag. 1—21), in welchem diese Vorstellung ganz bestimmten Ausdruck findet. Freilich vermischte er noch irrthümlich die südlich von Wieliezka ansteigenden Bildungen mit dem Tertiär der Salzformation, indem er nur die jurassischen Kalke von Sygneczöw, von denen später die Rede sein wird, als solche erkannte und von dieser Verbindung ausnahm. Für ihn ging die Molasse sogar bis in die Gegend von Myslenice, wo er erst den Karpathensandstein beginnen lässt, so dass das niedrige kar- pathische Vorland in seiner Stellung damals noch völlig verkannt wurde und so auch hier vermuthlich das Lagerungsverhältniss der Salzformation gegenüber dem benachbarten Karpathensandstein sich als ein Hinder- niss der richtigen Deutung erwies. Die Ideen von einer Zugehörigkeit des subkarpathischen Salzes zum Tertiär hatten damals aber doch schon solche Bestimmtheit er- reicht, dass Keferstein (Teutschland, 1831, VI. Bd., pag. 175) den Vergleich der Gegend von Wieliezka mit der von Baden und Wien anstellen und sogar mit der Vermuthung verknüpfen konnte, es dürfte der Tegel bei letzteren Orten steinsalzführend sein. Pusch (Geol. von Polen, 1836, II. Th., pag. 164) fasste das Salz- gebirge dann trotzdem w ieder direct als einen integrirenden Bestand- theil der Karpathensandsteine auf und da ihm diese ursprünglich [263] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau, 685 wenigstens als liassisch galten, so entfernte er sich mit seiner Darstellung allerdings von Neuem sehr weit von der Wahrheit. Er stand dabei ähnlich wie früher Lill unter dem Einfluss der Vorstellung, dass die alpinen und karpathischen Salzlagerstätten gleichalterig seien (l. ce. II. Th., pag. 175). In dem Anhang: seines Werkes fasste er dann aller- dings die Karpathensandsteine für jünger auf als die jurassischen Kalk- steine an der Weichsel, zu der Annahme eines tertiären Alters der Salz- formation gelangte er aber trotzdem noch nicht. Bei dem Einfluss, den ein Werk von so zusammenfassender Art, wie das von Pusch, leicht erlangen konnte, war damit die Möglichkeit eines gewaltigen Rückschritts gegeben. Bou& hielt indessen an seiner Ansicht von dem iertiären Alter der galizischen Salzformation fest (vergl. Bulletin de la soc. geol. de Er, 1833 u. 1854, IV. Bd., pag. 72 u. 8. w.). Eine wesentliche Stütze konnte dieselbe jedenfalls durch Bronn gewinnen, der in seinen Notizen über das Vorkommen der Tegel- formation und ihrer Fossilreste in Siebenbürgen und Galizien nach den von Herrn J. v. Hauer erhaltenen Mittheiluingen (Neues Jahrb. für Min. 1834, pag. 653) die Fossilien Wieliezkas zum mittleren Tertiär oder der „Tegelformation“ brachte, und im Jahre 1843 (Neues Jahrbuch, pag. 568) betonte Philippi, wenn auch auf Grund ziemlich schlechten, ihm von Zeuschner zugeschickten Materials aus dem Spizasalze eben- falls den tertiären Charakter der dortigen Fauna. Zeuschner selbst konnte sich dann (N. Jahrb. 1844, pag. 515) bereits auf Philippi berufen, und wenn des Letzteren Bestimmungen auch später von Reuss als zumeist unsicher erkannt wurden, so haben sie doch jedenfalls dazu beigetragen, die Annahme eines tertiären Alters für Wieliezka allgemein zugänglich zu machen. Zeuschner hat übrigens in der erwähnten Abhandlung das Verdienst, darauf hinge- wiesen zu haben, dass von den früheren Beobachtern, welche das Alter von Wieliezka mehr oder minder richtig erkannt hatten, die Trennung der Salzformation von den benachbarten Karpathensand- steinen nicht so durchgeführt wurde, wie dies hätte sein sollen. In demselben Jahre, in welehem Zeuschner’s Publication erschien, trat übrigens auch Beyrich mit seiner Epoche machenden Arbeit über Oberschlesien hervor (Karsten’s Archiv, 18. Bd.) und zeigte, dass die Ansichten von Pusch über die galizische Salz- formation nur einen Theil des grossen Irrthums bildeten, in welchem sich Pusch über die Karpathen im Allgemeinen befand. Heute ist die Altersfrage für Wieliezka in ihrer Allgemeinheit jedenfalls schon lange als abgeschlossen zu betrachten, namentlich seit man durch die Untersuchungen von Reuss die fossile Fauna der dortigen Salzablagerung eingehend kennt. Bereits im Jahre 1848 hat der genannte Autor eine grössere Zahl von Formen aus dieser Ablagerung in verschiedenen Publicationen an- zuführen vermocht (Sitzungsber. d. Akad. d. Wissensch. Wien, pag. 173; Berichte über die Mitth. von Freunden der Naturwissensch. in Wien, 3. Bd., pag. 419, vergl. dann ferner den ersten Band der Denkschriften der Wiener Akademie, pag. 365 und G. Bischofs Lehrbuch d. phys. und chem, Geol., 1. Auflage, 2. Bd., pag. 1671). Eine diese durch lange 88* 686 Dr. Emil Tietze. [264] Zeit verfolgten Studien zusammenfassende Arbeit, auf welche wir schon früher einigemal hinweisen mussten, erschien dann bekanntlich 1867 unter dem Titel: „Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka“ in den Sitzungsberichten der mathematisch-naturwissenschaft- lichen Classe der Wiener Akademie und in dieser Abhandlung konnten nicht weniger als 247 fossiler Thierspecies aufgeführt werden, welche theils aus dem oberen Salzgebirge und dem Salzthon, theils aus dem geschichteten Salzgebirge der besprochenen Localität stammten. Freilich waren darunter 60 Procent Foraminiferen, also Formen, welche beim gewöhnlichen Sammeln der Aufmerksamkeit leicht ent- gehen. Auch 10 Procent Ostracoden und 8°4 Procent Bryozoen befanden sich darunter, während die auffälligeren und wichtigeren Reste der Bivalven und Gastropoden nur 95, bezüglich 15 Procent der Gesammt- heit der Fauna ausmachten. | Ich führe in dem Folgenden eine Anzahl der wichtigeren Arten auf. Olavulina communis d’Orb., Quingueloculina triangularis d’Orb., Nodosaria Adolfina d’Orb., Uvigerina urnula d’Orb., Textilaria pecti- nata Itss., Globigerina bulloides d’Orb., Amphistegina Hauerina d’Orb., Polystomella erispa Lam. mögen als Vertreter der Foraminiferen genügen. Als Vertreter der Zweischaler können genannt werden: Cordula gibba Ol. sp., Ervilia pusilla Phil., E. podolica Eichw., Cardium papilosum Poli., Solenomya Doderleini May., Cardita scalaris Sow., Venus mar- ginata Hörn., Nucula nucleus L. sp., Lucina exigqua, Leda fragilis, Pecten denudatus Rss., Pecten scabridus IRtss., Modiola Hörnesi Rss. Als Vertreter der Gastropoden seien erwähnt: Bithynia Frauenfeldi Hörn. sp., Turbonilla pusilla Phi. sp., T. brevis Rss., Cerithium scabrum Öl. sp., Ringicula buccinea Breh. sp. Reuss macht in seiner Petrefactentabelle übersichtlich, welche Formen im Steinsalz, welche im Salzthon vorkommen. Es ergibt sich dabei, dass im Salzthon allein 125, im Steinsalz allein 75 und in beiden Gebilden zugleich 74 Arten gefunden wurden. Ganz klar ist es nicht, ob die Unterscheidung zwischen Salzthon und Steinsalz hier einem kleineren Altersunterschied entsprechen soll oder kann. Doch ist es in höherem Grade wahrscheinlich, dass unter den Steinsalzarten vor- wiegend solche des Spizasalzes und unter den Salzthonarten vorwiegend solche aus den Thonen des Salztrimmergebirges verstanden werden dürfen. Niedzwiedzki wenigstens hat dies so aufgefasst, wie wir sogleich sehen werden. P Was nun den Schluss anlangt, den Reuss aus dem Vergleich der von ihm beschriebenen Fauna mit denjenigen anderer Localitäten z0g, so ist bekannt und auch in den letzten Jahren mehrfach unter Zustimmung besprochen worden, dass der genannte Autor Wieliezka mit dem Badener Tegel und dem Leithakalk in eine Stufe stellte. Damit war das genauere Alter der Salzabsätze bestimmt. Man wusste, dass dieselben mit den Bildungen des Wiener Beckens parallel sind, das heisst mit Schichten, die, um die jetzt in Uebung gekommene Ausdrucks- weise anzuwenden, älter als sarmatisch und jünger als aquitanisch sind. Sofern man aber im Verlauf der Weiterentwieklung unserer Tertiär- geologie geneigt war, innerhalb der letztangedeuteten Grenzen weitere Unterabtheilungen zu machen, sprachen die das Alter der Salzbildung [265] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 687 betreffenden Folgerungen von Reuss für einen Vergleich Wieliezkas mit derjenigen Schichtengruppe, welche man als die Leithakalkstufe des Wiener Beckens betrachtete, wie dies kürzlich beispielsweise von Hilber und Uhlig besonders anerkannt worden ist. Die Anschauungen von Reuss gaben auch nur der zuletzt be- rührten Specialfrage wegen zu abweichenden Ansichten Veranlassung. Die Bildungen zwischen der aquitanischen und der sarmatischen Stufe hatten von E. Suess den Namen Mediterranstufe erhalten und waren in zwei Unterabtheilungen gebracht worden. Jene abweichenden An- sichten machten sich nun insofern geltend, als manche Autoren die Wieliezkaer Salzformation nicht sowohl den inneralpineov marinen Neogenschiehten gleichstellen wollten, wozu die Studien von Reuss direet aufforderten, als vielmehr denen des ausseralpinen Wiener Beckens und speciell dem sogenannten Schlier mit welchem die Salzformation sich durch facielle Aehnliehkeit verbunden zeigt. Da nun bekanntlich der Schlier und die Hauptmasse der Absätze des ausseralpinen Wiener Beckens von manchen Tertiärforschern nach dem Vorgang von E. Suess für älter als der Badener Tegel und die Leithakalke angesehen wurden, indem die letztgenannten Tegel und Kalke der sogenannten zweiten, der Schlier und gewisse Bildungen des ausseralpinen Beckens aber der sogenanten ersten Mediterranstufe angehören sollten, so wurde auch die Salzformation von diesen Forschern der ersten, das ist untersten Mediterranstufe zugetheilt. Erst in den die Salzbildungen überlagernden Bogueicer Sanden glaubte man dann die Repräsentanz der oberen Stufe erblicken zu dürfen. Auch Niedzwiedzki hat noch diesen Standpunkt vertreten (l. e. pag. 115 u. s. w.), allerdings nach meinem Dafürhalten nicht sehr glücklich.) Von den 30 speeifisch unzweifelhaft bestimmbaren Molluskenarten des oberen Salzthones schreibt er, gehören 29 Formen an, die im Leithakalkhorizonte gefunden werden, während die dreissigste (Zrrillia podolica nämlich) der sarmatischen Stufe sonst eigen ist. Dennoch aber schliesst er, dass diese Fauna der ersten Mediterranstufe zugerechnet werden müsse, weil der Fecten denudatus eine ausgezeichnete Schlierform sei und deshalb vorzugsweise die untere Stufe eharakterisire, wenn er auch höher hie und da vorkommen könne. Es wird wohl also diese eine nicht einmal ausschliesslich auf die an- gebliche erste Stufe beschränkte Art für wichtiger gehalten, als die ganze übrige Fauna zusammengenommen. Noch minder stichhältig sind dann die Gründe, welche für die Gleichstellung des geschichteten Salzgebirges mit der ersten Mediterran- stufe sprechen sollen, wobei Niedzwiedzki ebenfalls die Folgerungen von Reuss bekämpft. Die Argumentation Niedzwiedzkis läuft nämlich hier darauf hinaus, dass man eigentlich Sicheres über eine solche Gleichstellung nicht sagen könne, und dass also auch Reuss !) Es kommt hier nur das Hauptwerk des genannten Autors über Wieliczka in Betracht. Eine kleinere Mittheilung Niedzwiedzki's, betitelt: Zur Kenntniss der Fossilien des Miocäns bei Wieliezka (Sitzber. d. Akad. d. Wiss., 1. Abtheilung, Wien 1886) enthält nur die Beschreibung und Abbildung einiger weniger, darunter zweier neuer Arten (Modiola solitaria und Turritella Rabae), hat aber auf die vorliegende Frage weiter keinen Bezug. 688 Dr. Emil "Tietze. [266] Unrecht gethan habe, hier eine Parallele mit den Bildungen des inner- alpinen Beckens vorzunehmen. Am Schlusse dieser Argumentation schreibt Niedzwiedzki (l. e. pag. 124) wörtlich: „In Berücksichtigung aller der über die Be- schaffenheit der Spizasalzfauna vorgeführten Umstände, habe ich die Ueberzeugung gewonnen, dass dieselbe für die Entscheidung der Frage, welcher der beiden Mediterranstufen das Wieliezkaer Salzschichten- system zugetheilt werden müsse, entweder gar keinen Werth hat oder ihr wenigstens blos ein geringeres Gewicht beizulegen sei, als es das Lagerungsverhältniss des geschichteten zu dem ungeschichteten und der paläontologische Charakter des letzteren verdienen.“ Wie es mit dem paläontologischen Charakter des letzteren und mit der Beweiskraft des Peeten denudatus aussieht, haben wir schon gesehen und wenn der faunistische Charakter des unteren Salzgebirges anderer- seits für die ganze Frage, um die es sich handelt, nach Niedzwiedzki überhaupt nichts beweist, so beweist derselbe jedenfalls auch nichts für die Zuweisung der Spizasalze zur ersten Mediterranstufe, er beweist aber, wie das in letzter Zeit an anderen Orten für ähnliche Fälle wiederholt berührt worden ist, vielleicht auf's Neue, dass man mit der paläontologischen Unterscheidung der beiden Stufen überhaupt nicht zurechtkommt. Dass aber das geschichtete Salzgebirge unter dem unge- schichteten und dass dieses wieder unter den Bogueicer Sanden liegt, könnte mit der ganzen Stufenfrage überhaupt erst dann etwas zu thun haben, wenn eben thatsächlich die für die vorgeschlagene Trennung der beiden Stufen als maassgebend bezeichneten paläontologischen Charaktere den einzelnen Miocängliedern unseres Gebietes correspon- dirend ihrer Aufeinanderfolge eigenthümlich wären. Warum nimmt Niedzwiedzki bei seiner Beweisführung auf die sonst den sarmatischen Schichten angehörigen Arten der Wieliezkaer Fauna keine Rücksicht? Zrvillia podolica geht durch die ganze Salzablagerung hindurch und ausser dieser Form (vergl. wieder Niedzwiedzki, l. e. pag. 123) kommen noch Dithynia Frauenfeldi, B. immutata und Planorbis Reussi speciell im Spizasalz, also im unteren Salzgebirge vor. Wenn man nur bestimmte Arten nach subjeetivem Er- messen zur Altersbestimmung benützen will, so könnte sich ja Niedzwiedzki gerade so gut der früher erwähnten Auffassung PoSepny's bezüglich eines angeblich sarmatischen Alters von Wieliezka anschliessen, als er jetzt auf Grund des Pecten denudatus die ganze Ab- lagerung der ersten Mediterranstufe zuweist. Es heisst allerdings bei ihm (l. e. pag. 115 unten), dass Arten wie Zrvellia podolica nichts anderes zu bedeuten haben, als eine durch abweichenden Salzgehalt des Meeres bedingte Faciesähnlichkeit der Salzformation mit den sar- matischen Ablagerungen. Damit ist jedoch gerade wieder angedeutet, dass wir eben mit faciellen Eigenthümlichkeiten bei der Zusammensetzung der Fauna in diesem Falle zu rechnen haben, dass also am Ende solche Arten wie der Peceten denudatus auch nur unter dem Gesichtspunkte dieser Eigenthümlichkeiten zu betrachten wären. Dass aber trotzdem und trotz der abweichenden physikalischen Bedingungen des Absatzes die Uebereinstimmung der Fauna von Wieliezka mit der Fauna des inneralpinen Wiener Beckens noch eine so grosse ist, wie das Reuss [267] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 689 hervorheben konnte, spricht doch :wohl dafür, dass wir es hier mit im Alter sich sehr nahestehenden Ablagerungen zu thun haben. Dem mährischen und dem österreichischen Schlier mag ja die galizische Salzformation bei alledem ebenfalls ganz enge altersverwandt sein. Die Frage ist in diesem Falle nur, ob speciell diese Schlier- bildungen von dem Badener Tegel so altersverschieden sind wie be- hauptet wurde. Diese wenigen Bemerkungen mögen übrigens an dieser Stelle genügen, um die Ablehnung der von Niedzwiedzki in die Diseussion über Wieliezka ausgesprochener als je hineingetragenen Stufentheorie zu motiviren. Den verehrten Fachgenossen sind meine Ansichten über die Berechtigung oder vielmehr Nichtberechtigung der Zweitheilung unserer mediterranen Mioeänschichten, sowie sie bisher angenommen wurde, ohnehin bekannt. Ich bitte aber im Bedarfsfalle meine Schriften über die Versuche einer Gliederung des unteren Neogen in den öster- reichischen Ländern (Zeitschr. d. deutschen geologischen Gesellschaft, Berlin 1884 und 1886) nachzuschlagen,, wo diese Frage so eingehend erörtert wurde, dass ich hier auf eine weitere Besprechung derselben verzichte. Auch die galizischen Verhältnisse und speciell die von Wieliezka wurden dort bereits besprochen (I. ce. 1886, pag. 70—77). Das gestattete mir, mich für diesen Punkt heute relativ kurz zu fassen. Es ist ebenso bekannt, dass diese meine Ansichten in Wien mannigfache Zustimmung erfahren haben und dass namentlich auch Dr. Bittner zum Theil von anderen Bedürfnissen ausgehend zu ganz ähnlichen Ergebnissen gelangt ist. Besonders hervorheben möchte ich aber, dass neuestens auch Gümbel (Die miocänen Ablagerungen im oberen Donaugebiete, Sitzungsber. d. math.-naturw. Cl. der bayr. Akad., München 1887) nach eingehendem Studium der oberösterreichischen und bayerischen Miocänablagerungen Anschauungen ausgesprochen hat, welche der bisher vielfach geltenden Eintheilung unserer Mediterran- schichten nichts weniger als günstig lauten und die hoffentlich dazu beitragen werden, auch den in diesem Punkte heute noch wider- strebenden Forschern den Satz zugänglich zu machen, dass die Gliederung des österreichischen Miocäns zwischen der aquitanischen und der sarma- tischen Stufe in dem seiner Zeit von Suess vorgeschlagenen Sinne undurchführbar geworden ist. Wenn speciell der einst so vielfach von den Vertretern der Stufentheorie eitirte Schlier von Ottnang, wie Gümbel nachweist, den allerobersten Schichten dieses Miocäns angehört. dann wird es in Zukunft schwer sein, die doch stets mit dem Schlier in erster Linie (namentlich bei Suess noch in neuester Zeit) verbundene Salzformation für ein ausschliessliches Aequivalent gerade der unteren Abtheilung desselben Miocäns zu halten, sei es nun. dass man dabei im Sinne von Suess an ein ganz bestimmtes höheres Niveau der unteren Mediterran- stufe oder im Sinne anderer Autoren mehr oder weniger an die Ge- sammtheit dieser imaginären Stufe denkt. Ist der Schlier aber überhaupt kein bestimmtes Niveau, wie das in besonderen Fällen ja sogar schon Anhänger der bewussten Theorie ausgesprochen haben und wie das neuestens auch wieder aus Gümbel’s Ausführungen hervorgeht, sondern ist der Schlier eine in verschiedenen Horizonten wiederkehrende 690 Dr. Emil Tietze. [268] Facies, dann kann die Salzformation von Wieliezka auf Grund ihrer äusserlichen Verwandtschaft mit dem Sehlier auch nicht weiter im Rahmen der bisher beliebten Eintheilung speciell elassifieirt werden. Dann kann diese Formation in Verbindung mit den Bogueicer Sanden ganz gut ungefähr das ganze sogenannte mediterrane Miocän, oder anders aus- gedrückt, den Complex der angeblichen beiden Mediterranstufen zu- sammen vorstellen, ohne dass man genöthigt wäre, für die local ja durehführbare Gliederung dieser Absätze nach unpassenden, einem unbewiesenen allgemeinen Schema entlehnten Parallelen zu suchen. Der Karpathenrand bei Wieliczka und Swoszowice und das karpathische Vorland nördlich der Raba. In hohem Grade verwickelt sind die Verhältnisse, welche der Geologe am Nordrande der karpathischen Sandsteinzone bei Wieliezka zu entziffern hat. Die Schwierigkeit dieser Entzifferung wird noch vermehrt durch die an vielen Stellen vorhandene jüngere Lehmbedeckung der Berge, insofern dieses Umstandes wegen die einzelnen Aufschlüsse der älteren Gesteine oft schwer mit Sicherheit untereinander in Ver- bindung gebracht werden können. Ausser den Bildungen der miocänen subkarpathischen Salzforma- tion nehmen eretacische und oligocäne Sandsteine und Schiefer an der Zusammensetzung des betreffenden Gebietsabschnittes theil, wie dies ganz im Allgemeinen schon seit den Untersuchungen von Hohenegger und Fallaux bekannt ist. Im Einzelnen sind freilich die Meinungen der Forscher über die Art der Verbreitung und des Zusammenhanges der verschiedenen hier auftretenden Schichteneomplexe, sowie auch über das für jeden besonderen Aufschluss anzusprechende Alter bis auf den heutigen Tag vielfach auseinandergehend. Es stellt sich dabei der eigenthümliche Fall heraus, dass für gewisse Punkte selbst glückliche Funde von Versteinerungen nicht hingereicht haben, die Ansichten über diesen Gebirgstheil völlig zu klären und in Uebereinstimmung zu bringen. Die bedeutendsten Schwierigkeiten in dieser Richtung haben sich für das zunächst östlich von Wieliezka sich erhebende Hügelgebiet er- geben. Wir wollen indessen unsere Schilderung weiter westlich beginnen, weil es ohnehin schwer ist, den localen Zusammenhang in der Dar- stellung aufrecht zu erhalten und weil bei einem vorzeitigen Heraus- greifen einzelner Punkte die Anknüpfungen an die Gesichtspunkte einer die räumliche Aneinanderfolge berücksichtigenden Schilderung noch leichter verloren gehen. Wir werfen zunächst einen Blick auf die südlich von Sidzina und Swoszowice sich erhebende Hügelmasse in der Gegend von Libertöw, Ga) und Mogidany. Hier sind schon seit längerer Zeit mesozoische Bildungen des Karpathensandsteines bekannt, die wir jetzt zur unteren Kreide stellen, während sie anfänglich für jurassisch erklärt wurden (vergl. Zeuschner, Neues Jahrb. 1844, pag. 515). Aus den mit dunklen Schiefern und Sandsteinen verbundenen Conglomeraten oder, wie man besser sagen würde, Breecien am nörd- lichen Abhange des Hügelrückens beim Dorfe Libertöw führteZeuschner damals Ammoniten, Aptychen. Terebrateln, Cerioporen, Belemniten, [269] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 691 Pectens, Crinoidenstiele, Cidariten und Fischzähne an. Diese Breceien führen schwarze Kiesel und kleine Kohlenstückchen. Ganz richtig ver- band der genannte Autor diese Ablagerung mit der später zu nennenden Localität Garbadki bei Wieliezka. Wir haben es hier mit den neocomen Breccien zu thun, auf welche Hohenegger und Fallaux als auf eine Leitschicht der älteren Karpathensandsteine dieser Gegend besonders aufmerksam machten. (Ehemaliges Gebiet von Krakau pag. 24 und Nordkarpathen pag. 26 oben.) In neuester Zeit hat Szajnocha, dem beim Studium der Krakauer Sammlungen auch einiges paläontologisches Material aus den Karpathen in die Hände kam, von Libertöw eine Hamulina Uhligi beschrieben (Przyezynek do znajomosei fauny cefalopodöw z karpackiego piaskowea, Krakau 1884). Das Stück lag auf einem Sphärosiderit, dessen Unter- seite mit Hieroglyphen geschmückt war. In der westlichen Fortsetzung des Libertöwer Berges bei Korabniki sah ich das Terrain ausschliesslich mit Lehm bedeckt, obschon dort sicher auch der neocome Karpathensandstein vorausgesetzt werden kann. Die Diluvialdecke verhindert auch die Constatirung der nördlich dem Neocom zunächst vorgelagerten Schichten. Die Entfernung bis zu dem Neogen von Sidzinia und ÖOpatkowice ist eine ziemlich grosse, und es ist daher nicht ausgeschlossen, dass in diesem Zwischenraum auch alttertiäre Bildungen vorkommen. Die Aufschlüsse sind hier überhaupt theils so mangelhaft oder so spärlich, dass in der Hohenegger-Fallaux’schen Karte die Um- gebung von Libertöw einfach als Diluvialgebiet eingetragen ist, obschon. gerade die genannten Autoren die Farbe für das Diluvium auf ihrer Karte sonst relativ sparsam verwendet haben. Das Neocom ist jedenfalls auch in der Nähe von Gaj vorhanden, von wo mir lose gefundene Stücke mit Fragmenten von Ammoniten- schalen vorliegen, die theilweise vielleicht nach einer freundlichen Be- stimmung Dr. Uhlig’s zu Silesites vulpes gehören, doch sind die dortigen Aufschlüsse nicht gut. Auch westlich von Chorowice, nördlich von Buköw, besteht der dortige Abhang aus neocomen Sandsteinen, welche sich von da bis in die Gegend von Radziszöw erstrecken. Südlich von Gaj aber kommt schon vor Mogilany ein mürber massiger Sandstein zum Vorschein, dem einzelne schieferige Zwischen- lagen untergeordnet sind. Er fällt schwach südlich. Aehnliche Sand- steine werden, worauf mich Professor Szajnocha aufmerksam machte, östlich von Mogilany gebrochen. Sie setzen den oberen Theil der ganzen dominirenden Höhe zusammen, auf welcher das genannte Dorf erbaut ist und liegen augenscheinlich auf den früher erwähnten Neocomsand- steinen und Schiefern. In dieser Gegend stellen sie den am weitesten nach Norden vorgeschobenen Posten der nicht unbedeutenden oligocänen Sandsteinentwicklung vor, die wir bald als einen grossen der neocomen . Randzone der Karpathen weiter südlich aufgelagerten Zug kennen lernen werden, der dann südlich von Mogifany beginnt. Zu erwähnen ist noch, dass westlich der Strasse, die von der Höhe von Mogidany südwärts herabführt, sich Steinbrüche befinden. Man sieht daselbst oben den mürben massigen Grödeker Sandstein, darunter Jahrbuch der k.k. geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Band. 3. Heft. (Dr. Emil Tietze.) 89 692 Dr. Emil Tietze. [270] eine Schicht schwarzen T'hones, unter welcher sodann ein festerer Sand- stein kommt, der wohl schon wieder zum Neocom gehören könnte. Auch westlich davon gegen Kulerzöw zu kommen Spuren der älteren Bildungen vor. Es entspricht das Auftreten solcher tieferer Schichten im Norden und Süden des mürben Sandsteines der in dieser Gegend ziemlich flachen Lagerung desselben. Zeuschner (Neues Jahrbuch für Min. 1844, pag. 515) fand im Sandsteine des südlichen Abhanges des Berges von Mogifany den Fucoides Targiont und schloss daraus auf das vortertiäre Alter der be- treffenden Ablagerung. Würde dies nun auch gemäss den heutigen Ansichten über die Bedeutung der Fucoiden für die Altersdeutung der Flyschgebilde nicht mehr zulässig sein, so kann doch von jener Ver- muthung, als von einer an sich wahrscheinlich richtigen hier Notiz genommen werden, insofern sie sich auf die Schichten im Liegenden des mürben Sandsteines zu beziehen scheint. Uebrigens mag Zeuschner auch noch direetere Anhaltspunkte für das Neocom von Mogilany besessen haben, da er in einer anderen Schrift (Geologia do latwego pojecia zastowandj, CitatnachSzajnocha) den Ammonites recticostatus von dort aufführt. Hier bei Mogifany scheint auch einst ein grösserer exotischer Block, ähnlich dem später zu erwähnenden Jurablocke von Sygneezöw, existirt zu haben (vergl. Jahrbuch für Min. von Leonh. und Br. 1832, pag. 408). In seinem kurzen Bericht über eine nach der Babia göra unternommene Reise spricht nämlich Zeuschner von einer Kalk- einlagerung in den mürben Sandstein von Mogidany und erinnert dabei ausdrücklich an den Jurablock von Sygneczöw, den er sich in der Streichungsfortsetzung der Absätze von Mogifany gelegen denkt. Die letztere Annahme ist allerdings wohl insofern einzuschränken, als die Gesteine, welche den Jura von Sygneczöw umschlossen, ganz anders beschaffen sind als der mürbe Sandstein von Mogilany. Doch gehören beide Punkte immerhin einer und derselben räumlichen Zone an. Wenn also Krejci (Skizze einer Orographie des nordwestlichen Karpathengebirges, siehe den Jahresbericht der böhmischen Oberreal- schule in Prag für das Schuljahr 1858, pag. 11) Libertöw und Glo- goczöw bei Mogilany als Fundorte fremdartiger, dem Jura angehöriger Blöcke nicht nur im Karpathensandstein überhaupt, sondern speciell im Neocomschiefer nennt, so kann damit der von Zeuschner ange- gebene heute verschwundene, weil vermuthlich abgebaute Block nicht wohl gemeint gewesen sein. Nur für Glogoczöw, wo nach meiner Beob- achtung der Ciezkowicer Sandstein herrscht, könnte eine Verwechslung vorliegen. Doch steht dem eben wieder: die Angabe Krejei’s von dem Funde der Blöcke im neocomen Schiefer entgegen und andererseits würde Zeuschner doch kaum Mogilany als Fundort seines Kalk- gesteines angegeben haben, wenn er das allerdings benachbarte Glo- goeczöw gemeint hätte. Es scheint sich demnach Krejdi’s Mittheilung auf andere, vielleicht unbedeutende Funde ähnlicher Blöcke an Locali- täten zu beziehen, die mit der Zeuschner'schen Localität nicht identisch sind. Daraus würde sich dann ergeben, dass Jurablöcke in der beschriebenen Gegend überhaupt in einiger Häufigkeit zerstreut vor- kamen. jedenfalls häufiger, als dies die Fallaux’sche Karte der Gegend I ENTER [271] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 693 von Krakau zum Ausdruck bringt, welche südlich von Swoszowice der- gleichen Vorkommnisse überhaupt nicht aufführt. Ich selbst war leider nicht in der Lage, den Angaben Zeuschner's und Krej£i’s auf meiner Karte Rechnung zu tragen und es ähnlich zu machen wie bei dem später zu nennenden Kalke von Sygneezöw, weil die erwähnten Angaben in diesem Falle sich kaum auch nur mit an- nähernder Sicherheit auf bestimmte Oertlichkeiten übertragen lassen. Aber ich hätte dies gern gethan der Wichtigkeit wegen, welche die Verfolgung aller derartigen Blockspuren für die ideale Reconstruction der Verhältnisse des Karpathengebietes zur Zeit während und vor der Ab- lagerung der Flyschgebilde besitzt. Deshalb mussten jedoch die betreffenden Angaben wenigstens in dieser Beschreibung einen kleinen Platz ein- geräumt erhalten. Begeben wir uns jetzt zunächst wieder nach Swoszowice, um von dort aus aufs Neue, aber in einer etwas anderen Richtung gebirgs- wärts vorzudringen, etwa über Wröbfowice hinaus. Hier empfinden wir bald wieder die Anwesenheit der Diluvial- decke, welche südlich der Linie Swoszowice-Rajsko bei Wröblowice entwickelt ist, als einen Uebelstand. Hohenegger und Fallaux zeichnen auf ihrer Karte südlich von Wröblowice zunächst einen schmalen Streifen von Eocän und sodann Wernsdorfer Schichten ein. Ich habe aber nicht ermitteln können, worauf das beruht. Die den Aufschlüssen des Neogens am nächsten gelegenen karpathischen Bildungen sah ich dort südöstlich von Rajsko am Wege von Kossoeice nach Strzalkowice, wenig nördlich von letzterem Orte. Es sind graue Schiefer, die bei dem mangelhaften Aufschlusse wenig Charakteristisches bieten und die ich vorläufig dem Oligocän zugewiesen habe. Sie liegen noch in der ziemlich flachen Depression, die sich zwischen Wieliczka und Rajsko erstreckt. Erst südlich von Strzafkowice und Wröbdfowice steigt der im oro- graphischen Sinne so zu nennende, eigentliche Karpathenrand bei Sobonio- wice, Targaniowice und Zbydniowice rückenförmig an und hier treffen wir auf neocome Gesteine, welche dann längs der ganzen östlichen Forterstreckung des genannten Rückens über Wieliczka hinaus zu ver- folgen sind. Südlich von diesem sehr ausgesprochen als orographische Einheit bervortretenden Höhenrücken, wie er sich aus der Gegend von Zbydnio- wice über Siereza und Choragwica bis Lazany hinzieht und dessen nähere Beschreibung im weiteren Verlauf dieser Mittheilungen folgt, dehnt sich ein Streifen von Hügelland aus, welches als eine relative Depression zwischen dem obgenannten Rücken und einem zweiten deutlich entwickelten ostwestlich streichenden Höhenzuge erscheint, der westlich von Swiatniki beginnt und sich östlich bis Hucisko verfolgen lässt. Die Bildungen, welche die Hügel in jener relativen Depression zusammensetzen, sind vielfach schieferig, während der erwähnte südliche Höhenzug aus den mürben Sandsteinen besteht, die wir schon bei Mogilany angetroffen haben. Diese kurzen Bemerkungen seien zur all- gemeinen Orientirung für die folgenden Seiten dieses Abschnittes voran- geschickt, in welchen wir zunächst das südlich von Swoszowice und Rajsko befindliche karpathische Vorland bis zum Höhenzuge von Swiatniki näher beschreiben wollen, worauf wir im Allgemeinen den 89 694 Dr. Emil Tietze. [272] genannten Höhenzug ostwärts verfolgen wollen, um sodann in die Gegend von Wieliezka zurückzukehren und den ebensowohl durch den Gebirgsbau wie durch die Literatur verwickelt erscheinenden Verhält- nissen des dortigen Karpathenrandes unsere Aufmerksamkeit zuzu- wenden. Die Beschreibung des südlich vom Höhenzuge Swiatniki-Hueisko gegen die Raba zu gelegenen Gebietes kann dann dieses Capitel beschliessen. Wendet man sich nun von Swoszowiee und Wröblowice aus südwärts, so folgt man, um in das Gebiet südlich des Höhenrückens von Zbydniowice zu gelangen, am besten der Terraineinsenkung zwischen dem genannten Rücken und dem westlich davon aufsteigenden, schon vorher erwähnten Höhenrücken von Libertöw, der seinerseits als eine Art Fortsetzung des ersteren aufgefasst werden darf. Diese Terrainsenkung wird von dem Wilgabache benützt, um aus dem karpathischen Gebiet herauszutreten. Sie ist einige Kilometer breit, wenn das eigentliche Thal des bier aus der ostwestlichen in eine süd- nördliche Richtung übergehenden Baches auch an und für sich eine besondere Breite keineswegs besitzt. Auf diese Weise gewinnt man keinesfalls den Eindruck, als ob der schwache Bach sich hier mit Mühe einen Ausweg durch den Karpathenrand erkämpft hätte, sondern als ob ihm dieser Ausweg schon ursprünglich durch eine Lücke dieses Randes vorgezeichnet gewesen wäre. Dies ist vielleicht auch im Hinblick auf die später zu nennenden Schwefellager von Zielona zu erwähnen von Interesse, insofern wir nämlich diese Absätze uns mit den schwefel- führenden Schichten von Swoszowice dem Alter und dem Absatzbecken nach verbunden denken wollen. Jedenfalls ist die erwähnte Lücke breit genug, um die Entwicklung zweier kleiner Bäche zu gestatten, welche im Bereiche derselben von Süden kommend in die Wilga einmünden, während letztere die hervor- gehobene Aenderung in der Richtung ihres Laufes vollzieht. Es sind das der aus der Gegend von Gaj kommende Mokrzecbach und der Bach von Lusina. Ueber das zu diesen Wasserläufen gehörige Gebiet mögen einige kurze Bemerkungen noch am Platze sein. Den Mokrzecbach nach aufwärts zu. verfolgen haben wir keine Veranlassung mehr, da die wenigen Worte, welche über die Gegend von Gaj zu sagen waren, schon oben gesagt wurden. Es wäre hier jedoch zu erwähnen, dass ich bei einer hierher in Begleitung des Herrn Ambrosz vorgenommenen Excursion, dort, wo der Weg von Lusina nach Opatkowice den Bach übersetzt, Stücke von Schwefel und schwefel- führenden Mergeln beobachtete, welche Spuren leicht auf eine Forter- streckung der Schwefellager von Swoszowice bis in den Bereich der Gegend jenseits der Wilga hätten deuten können. Gerade im Hinblick auf Zielona wäre das von Interesse gewesen. Herr Ambrosz machte mich jedoch darauf aufmerksam, dass einmal am westlichen Gehänge der Lysa göra bei Wröblowice Schwefelerze gegraben worden seien, und dass von dort aus die Erze westlich gegen die Strasse von Krakau nach Mogi- fany zu geführt worden seien und die betreffende Stelle am Mokrzec- bache am Wege des Transyortes der Erze gelegen haben dürfte. In N; % [273] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 695 diesem Falle wären die betreffenden Stücke allerdings einfach von Menschenhand verschleppte. Doch muss ich gestehen, dass mir der Gedanke eines Transportes von Schwefelerzen der Lysa göra zuerst über die Wilga und dann über den Mokrzeebach hinüber nach Westen, nicht in der direeten Richtung nach Krakau zu und mit Umgehung des Ortes Swoszowice eigenthümlich genug vorkam. Ich empfehle also die Sache einer weiteren Prüfung. Was nun den Lusina- oder Laznikbach anlangt, so besitzt derselbe in seinem ganzen nördlichen unteren Theil sehr flache Ufer und zeigt keinerlei Aufschlüsse. Karpathische Gesteine treten erst im Bereiche seiner obersten Quellenzuflüsse bei Dobroezyny und Konary auf. Nach Dobroczyny gelangt man am besten, wenn man den auf dem Rücken östlich Lusina verlaufenden Weg einschlägt. Bei dem dortigen Meier- hofe und bei dem in der Nähe befindlichen Walde sieht man Spuren eines losen, zu Grus zerfallenden Sandsteines, der augenscheinlich dem Ciezkowicer (Grödeker) Sandsteine entspricht. Man verlässt nun die Höhe von Dobroczyny und steigt in das obere Lusinathal herab, um jenseits gegen das Dorf Konary zu wieder aufwärts zu gehen. Dort sieht man dann Spuren von rothen Thonen. Auf der Höhe von Konary liegt Löss oder Verwitterungslehm. Man steigt nun abermals in das die Höhe von Konary östlich in einem Bogen umfassende Thal herab und dann beginnt der definitive Aufstieg auf die westliche Verlängerung des Höhenzuges von Swiatniki, welche hier mit der gerade südlich von Konary gelegenen Erhebung Görki die Seehöhe von 377 Meter erreicht und aus Ciezkowicer Sandstein besteht. Beim Aufstieg auf den Görki kommen nun abermals Thone zum Ausbiss. Dieselben sind hier blau- grau gefärbt und gehören dem ersten Augenschein nach in das Liegende des genannten Sandsteines, wenn sie demselben nicht etwa seitlich angelagert sind. Von den dem Neocom zugerechneten schwarzen Schiefern, die wir sonst noch in dem benachbarten Gebiete zum Theil auch in Verbindung mit rothen Thonen kennen lernen werden, sah ich bei Konary nichts. Ich habe die betreffenden thonigen Gebilde daher jedenfalls vom Neocom abgetrennt und provisorisch bei den oligocänen Schiefern untergebracht. Unterlassen möchte ich übrigens nicht, darauf hinzuweisen, dass mir die Thone von Konary eine gewisse Aehnlichkeit mit den Ge- bilden zu haben scheinen, welche mit dem Schwefelvorkommen von Zielona verknüpft sind. Ich habe beide Punkte trotz ihrer Nähe im Laufe meiner Exeursionen allerdings nicht unmittelbar hinter einander kennen gelernt und andere Eindrücke drängten sich zwischen diejenigen, die ich an diesen Localitäten zu etwas verschiedenen Zeiten empfing. Ich habe auch die Partie zwischen Zielona und Konary zu besuchen keine Zeit gefunden und kann daher die Vermuthungen, welche mir in Betreff jener Aehnlichkeit aufstiegen, zur Zeit weder klarer beweisen noch mit Sicherheit als unmögliche bezeichnen. Eben deshalb aber hebe ich die Sache hier hervor, weil dadurch vielleicht Jemand, ‚der in Zukunft sich für die Frage des Verhältnisses zwischen Zielona und Swoszowice interessirt, auf einen für die Beurtheilung dieser Verhältnisse möglicherweise wichtigen Punkt hingewiesen wird. Auf der Höhe von Görki angelangt, können wir vorläufig auf ein weiteres Verfolgen des dortigen, in massigen Schichtbänken auf- 696 Dr. Emil Tietze. | | [274] tretenden losen Sandsteines verzichten, Es dürfte aber nicht ohne Interesse sein, zu erwähnen, dass östlich vom Görki gegen Swiatniki zu, dicht bei der Theilung des einerseits nach Swiatniki, andererseits nach Siepraw führenden Weges sich eine Ziegelei befindet, welche den dort bis zu dieser Höhe hinaufreichenden Löss als Material benützt. Wer möchte an dieser Stelle an diluviale Flussabsätze denken!? Wir kehren nunmehr wieder zur Wilga zurück um von dort einen neuen Vorstoss zu machen. Hat man südlich von Swoszowice am Wege nach Swiatniki nei: Thal der Wilga überschritten, so steigt man auf die Höhe von "Wrzaszo- wice empor. Auf den Ackerfeldern, westlich vom Wege an dem steilen Östabhange der kleinen, vom Meierhof Dobroczyny herabkommenden Schlucht sieht man einige Steingruben eröffnet, durch welche ein grob- körniger Sandstein mit Kohlenfragmenten zugänglich gemacht wird. Die petrographische Eigenthümlichkeit dieses Sandsteines spricht im Hinblick auf die später genauer zu erörternden Eigenschaften der Ge- steine um Wieliczka für seine Zutheilung zum Neocom. Von eocänen Absätzen, wie sie die Fallaux’sche Karte hier angibt, konnte nichts wahrgenommen werden. Der Südabhang des Hügels, auf dem Wrzaszowice steht, ist mit Löss bedeckt. Man überschreitet eine kleine Schlucht, um jenseits der- selben vor dem definitiven Aufstieg nach Swiatniki nochmals einen Hügel zu passiren, östlich vom Meierhofe Zielona. Hier befindet sich nun der merkwürdige Punkt, an welchem vor längerer Zeit auf Schwefel segraben wurde. Die Halden sind noch sichtbar und was man von den daselbst anfgespeicherten Gesteinsprodueten sieht, scheint doch nur theilweise die Ansicht der Montanbeamten in Swoszowice oder der Autoren (wie Schmid) zu bestätigen, dass hier die schwefelführende Neogen- bildung von Swoszowice vertreten sei. Die bunten Thone, die man hier antrifft, sind jedenfalls eine auf den Halden des Swoszowicer Bergbaues nicht zu bemerkende Erscheinung. Der Umstand, dass etwas weiter östlich in der Tiefe des von Swiatniki herabkommenden, nach Norden zur Wilga führenden Thales Schwefelquellen zum Vorschein kommen, hängt mit diesem Schwefelvorkommen augenscheinlich zusammen und bildet allerdings eine weitere Analogie mit den Verhältnissen von Swoszowice, gibt aber keinen Beweis für die Altersdeutung ab. Es sind nur zwei Fälle bei der Deutung dieser Bildungen denkbar. Entweder man nimmt an, dass eine der älteren karpathischen Forma- tionen hier schwefelführend auftritt, und dass mit dem Schwefel auch theilweise die Gesteine ausgebildet sind, welche dieses Mineral in der Neogenformation begleiten, oder die bewusste Ablagerung stimmt zeit- lich in der That mit dem Vorkommen des kaum eine Meile entfernten Swoszowice überein. Gegen die erstgenannteVermuthung spricht der Mangel an sicheren Analogien im Gebiete der Karpathensandsteine, obschon, wie man immer wieder betonen darf, die physikalischen Verhältnisse bei der Ablagerung der Karpathensandsteine eine gewisse Aehnlichkeit mit den Verhältnissen im Absatzgebiete des subkarpathischen Neogen während der Bildung der Salzformation gehabt haben müssen, in dem [275] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 697 Sinne, dass die Entstehung dieser Salzformation nur einer Steigerung des Charakters jener Verhältnisse correspondirt. Gegen die zweite Ver- muthung spricht ausser der nicht durchgängigen Gesteinsübereinstimmung nur der Umstand, dass eine direete räumliche Verbindung der Schwefel- ablagerung von Zielona mit dem Neogen von Swoszowice nicht nach- weisbar ist, und dass die Gegend von Zielona schon inmitten der Sandsteinzone liegt. Allein einmal lässt sich auch umgekehrt die völlige Isolirtheit des Schwefelvorkommens von Zielona nicht zur Evidenz beweisen, insoferne unter der Lössbedeckung dieses Gebietes gegen Lusina zu eine Verbindung immerhin denkbar wäre und zweitens ist das stellenweise Hereingreifen neogener Bildungen bis weit in die Zone der diesen vorausgängigen Absätze durch andere Beispiele (Sandec) erwiesen, so dass man schliesslich gerade von diesem Standpunkt aus mit einiger Beruhigung die Localität Zielona dem Neogen zutheilen könnte. Die schon genannte von Swiatniki in nördlicher Richtung zwischen den Dörfern Wrzaszowice und Ochojno der Wilga zulaufende Schlucht ist auf ilrer westlichen Seite grösstentheils mit Löss bedeckt, am öst- lichen Thalgehänge dagegen kommen namentlich geradeüber von Wrzaszowice ältere Gesteine zum Vorschein. Einige kleine Steinbrüche sind dort an dem bewaldeten Abhange nordwestlich von Ochojno dolne angelegt, durch welche der grobkörnige Sandstein mit Kohlenfragmenten entblösst wird, den wir zum Neocom rechnen. An einer Stelle sieht ‘ man diesen Sandstein mit Schieferthonen wechselilagern, die theils schwarz, theils grau sind und allerdings etwas abweichend aussehen gegenüber den Schiefern, die sonst in dieser Gegend mit dem Neocom verbunden sind. Diese Schichten, deren Fallen bei mässiger Neigung nach SSO. stattfindet, stehen wohl im unmittelbaren Zusammenhange mit den Sandsteinen am Westabhange von Wrzaszowice. Im Bache selbst sind allerdings keinerlei Aufschlüsse älterer Gesteine zu sehen. Ein Profil dieser Alles verdeekenden Alluvionen ist, nebenbei bemerkt, kurz vor der Einmündung des Baches in die Wilga deutlich entblösst. Man sieht dort zu unterst Sand, auf welchen abwechselnd Silt und Schotter folgen. Weiter südlich, dort, wo der Bach unterhalb Swiatniki von der Berglehne Podstronie aus zwei Quellzuflüssen zusammenläuft, trifft man in der unmittelbaren Nähe dieses Zusammenflusses (einige Minuten öst- lich vom Wege) wiederum Sandstein. Hier sind den Bewohnern seit längerer Zeit Kohlenspuren bekannt, welche auf der linken Seite des östlichen Zuflusses durch etliche Spatenstiche leicht sichtbar gemacht werden können. An eine Abbauwürdigkeit dieser Kohle ist indessen nicht zu denken, trotzdem ihre Qualität eine recht gute ist, da sie nach der auf meine Bitte vorgenommenen Untersuchung v. John’s 6000 Calorien aufweist. Das ist mehr, als man vielleicht bei einer cretacischen Kohle erwarten sollte. Trotzdem ist die Kohle nicht älter. Wir haben hier einen festen kalkhaltigen, auch etwas weiss geäderten Sandstein vor uns, in welchem theils einzelne Kohlenfragmente eingeschlossen sind, ähnlich wie im Sandsteine von Wrzaszowice (nur dass der Sandstein hier feinkörniger ist) und welcher anderntheils mit unregelmässigen Partien der Kohle gleichsam verwachsen oder von derselben durchzogen erscheint. Es ist unmöglich, ein Stück Kohle zu 698 Dr. Emil Tietze. [276] erhalten, welches nicht mit grossen Partien von Sandstein so iunig verbunden wäre, dass eine bequeme Trennung beider Substanzen unthunlich wird. Diese Art des Vorkommens ist theoretisch insoferne interessant, als sie die Annahme unterstützt, dass die an verschiedenen Loecalitäten der hiesigen Gegend im Neocom fragmentarisch vor- kommenden Kohlen keiner vorcretacischen Ablagerung angehören, sondern ähnlich wie die Kohlenschmitze im oligocänen Sandstein von Mietniow und anderen Orten in ihrer Bildungszeit den betreffenden Sandsteinen ganz oder nahezu gleichalterig sind. Die den hier genannten Neocomschichten von Swiatniki, Ochojno und Wrzaszowice östlich zunächst sich anschliessenden Bildungen findet man bei Rzeszotary und Gotkowice aufgeschlossen. Bei letzterem Ort befinden sich die Aufschlüsse vorzugsweise am südlichen Gehänge der Wilga, wo einige Regenschluchten das Terrain entblössen, während man am Nordgehänge des Baches weniger deutliche Spuren anstehenden Gesteins erblickt. Bei Rzeszotary sah ich Entblössungen nur auf der Nordseite des Dorfes, ebenfalls vorzugsweise auf der Südseite der dortigen flachen Schlucht. In beiden Fällen trifft man dunkle Schiefer, denen bei Golkowice noch etwas röthliche Thone untergeordnet sind, und welche ich keine Veranlassung habe, von den neocomen Schichten der Umgebung abzutrennen. Ueberdies liegen mir von Rzeszostary aus einer alten Hohenegger’schen Aufsammlung Belemniten vor, von Gofkowice aber stammt eine kleinkörnige Breceie mit verschiedenen Zweischalen, Apt. Didayi und Belemnites bipartitus. Aehnliche Schiefer und auch Sandsteine trifft man schlecht ent- blösst nördlich Podstolice. Aus den Gesteinen dieser Localität kenne ich eine kleine Patella und nicht näher bestimmbare Ammoniten, die der ebengenannten alten Sammlung angehören und die das cretacische Alter dieser Bildungen wohl sicherzustellen geeignet sind. Die Ammoniten liegen in den dünnen Schiefern. Sonst wird das dortige Gebiet allenthalben von einer dünnen Lössdecke bekleidet. Mächtiger wird der Löss übrigens östlich von Rzeszotary zwischen Janowice und Bugaj. Steigt man nun von der vorher beschriebenen Localität nördlich Swiatniki aus, wo die Kohlen gefunden wurden, sei es auf der Strasse, sei es weiter östlich nach Swiatniki empor (einem hübsch gehaltenen grossen Dorfe mit weithin sichtbarer Kirche), so sieht man bald einen massig geschichteten, grusig verwitternden Sandstein, der fast alle Eigenschaften des später zu beschreibenden Tomaszkowicer und des Mietniower Sandsteines in sich vereinigt, und deshalb dem Grödeker (Ciezkowicer) Sandstein gleich gestellt werden muss. Bald trifft man noch an der Lehne eine Ablagerung grauer Schiefer, welche jedoch nach oben zu wieder demselben Sandstein Platz machen, also als Ein- lagerung in den Sandstein (bei schwach südlichem Fallen) aufzufassen sind. Festere Partien des Sandsteines wechseln mit ganz losen ab, und zwar in ganz unregelmässiger Weise. Oestlich von Swiatniki verläuft längs des Rückens ohne bedeutende Höhendifferenzen ein Weg bis zur Strasse, welche von Wieliezka nach Dobezyce führt und längs dieses Weges oder etwas seitlich davon trifft man fast überall die Spuren desselben Sandsteines. Der bewusste ee Da na [277] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 699 Rücken ist vielfach bewaldet, wie sich denn der von diesem Sandstein gelieferte Boden überhaupt vornehmlich zur Waldeultur oder vielleicht richtiger zu keiner anderen Cultur eignet. Jene Aufschlüsse sind insbesondere am Nordabhange des Rückens deutlicher. Man sieht dergleichen z. B. an dem nach Rzeszotary ab- zweigenden Wege, dann an dem von Janowice kommenden Wege im Walde Brzezyna. Hier beobachtet man deutlich die flache Schiehtung des massigen mürben Sandsteines bei schwacher südlicher Neigung. Die Mächtigkeit der einzelnen Bänke beträgt hier 1—2 Meter. Dazwischen sieht man dünne, spaltbare, sandige Schiefer mit kohligen Spuren, welche augenscheinlich den kohligen Sandsteinschiefern entsprechen, die bei Mietniow in dem dortigen massigen Sandstein vorkommen, wo- von später die Rede sein wird. Weiter östlich erblickt man denselben Sandstein in der Gegend von Byszyce und Gorzköw am Wege nach Kosmice wielkie. Auch hier ist er besonders am nördlichen Abhang sichtbar. Er setzt auch die Höhe der Przewötka zusammen und zieht sich von da herüber zur oben genannten Kunststrasse Wieliezka-Dobezyce, welche in einer kühnen Serpentine den östlichen Ausläufer der Przewötka bewältigt. Am Nordabhang dieses Ausläufers, dicht bei der Strasse , beobachtete ich ein Streichen des Sandsteines in Stunde 7!/, bei südlichem Fallen, wenige Schritte östlich der Strasse jedoch sieht man ein Streichen in Stunde 11 bei steilem westlichen Fallen, zum Beweise, dass trotz der allgemeinen, gerade in diesem Zuge ruhigeren Lagerung des besprochenen Sandsteines doch stellenweise stärkere Störungen vorkommen können. In dieser Gegend entspringt die Wilga. Die Quellschluchten der- selben westlich von der Strasse bieten im Allgemeinen wenig Auf- schlüsse, der Fluss besitzt schon anfänglich dem von ihm durchschnittenen Terrain gegenüber den zahmen Charakter, der sich hier wie später durch Wiesengründe, welche sein Thal ausfüllen, manifestirt. Doch sieht man namentlich an den Ostabhängen der betreffenden kleinen Schluchten Spuren von Sandstein in herumliegenden Stücken, welche wohl noch zu demselben Oligoeänsandstein gehören, der den beschriebenen Rücken zusammensetzt. Dass dann weiter gegen Kozmice wielkie und Janowice zu neocome Gesteine auftreten, wird später noch besprochen werden. Es liess sich aber nicht genau ermitteln, ob diese neocomen Sandsteine und Schiefer hier ähnlich wie bei Swiatniki bis an den Fuss des oli- gocänen Sandsteinrückens herangehen oder nicht. Löss und Ver- witterungslehm verhindern eine Strecke lang die Beobachtung der älteren Gebilde.e Im Hinblick auf die Verhältnisse, welche östlich von der oft genannten Strasse in dem Bereich der Dörfer Pawlikowice und Raciborsko zu beobachten sind, ist es indessen wahrscheinlich, dass Schichten der älteren Karpathensandsteine unter der diluvialen Bedeckung am Fuss des Sandsteinrückens noch vorhanden sind. Oestlich nämlich der Ortschaften Roznowa und Taszyce entspringt ein kleiner Bach, der von Norden nach Süden der Strasse von Wie- liezka nach Dobezyce ungefähr parallel verläuft und erst vor dem An- stieg der genannten Strasse auf den besprochenen Sandsteinrücken der Przewötka sich mit dem östlichen Quellbach der Wilga vereinigt, um dann mit dieser vereint eine nordwestliche Richtung einzuschlagen und Jahrbuch der k.k. geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Band. 3. Heft. (Dr. Emil Tietze.) 90 700 Dr. Emil Tietze. [278] von der Strasse übersetzt zu werden. Während nun die Westseite dieses Baches durchgängig von Löss bedeckt wird, zeigt seine Ostseite mancherlei Aufschlüsse. In der Nähe von Pawlikowice erblickt man dunkle Schiefer, welche augenscheinlich den weiter westlich in dieser Gegend entwickelten Schiefern entsprechen, über welche ich schon früher berichtet habe. Südlich vom Meierhof sieht man einmal ein nördliches Einfallen dieser Schiefer, was ich bei der relativen Seltenheit dieser Fallrichtung be- sonders erwähne. Während am Wege von Mietniöw nach dem auf einer Höhe gelegenen Meierhofe von Raciborsko nur Löss zum Vorschein kommt, abgesehen von einem kleinen Neocomaufschlusse am Südabhange des Rückens von Mietniöw, trifft man westlich vom genannten Meierhofe nach dem besprochenen Bache zu sofort wieder die Ausbisse der dunklen Schiefer und Spuren von rothen Thonen. Ich sah hier ein Streichen in Stunde 7 bei südlichem Fallen. Südlich dagegen vom Meierhofe beim Abstieg in das den östlichen Zufluss der Wilga bildende Thal kommen rothe Thone hervor, welche von dünnschichtigen Sand- steinen bedeckt werden, mit welchen letzteren thonige Zwischenlagen abwechseln. In ähnlicher Weise sieht man auch weiter westlich mehr in der Nähe der Strasse zwischen den dort zusammenfliessenden Bächen theilweise rothe Thone, theilweise Sandsteine und sandige Schiefer anstehen, welche wenigstens was die rothen Thone anlangt, etwas den alttertiären Schichten unseres Gebietes gleichen, keinesfalls aber genau den Neocomschichten von Wrzaszowice oder den bald zu be- schreibenden Bildungen von Wolica u. s. w. ähnlich scheinen. Es spricht aber auch kein direeter Grund gegen das neocome Alter dieser Absätze. Man kann ihre Deutung für zweifelhaft halten; doch darf man darauf hinweisen, dass in ihrer östlichen Streichungsfortsetzung wieder aus- gesprochene Neocomtypen vorkommen. Geht man nämlich vom Meierhofe Raciborsko ostwärts in der Richtung nach Grajow zu, so kommt man, nachdem von links (von Norden) her der Weg von Choragwica eingemündet hat, zu einer Heiligensäule oder Andachtsfigur, bei welcher ein Weg sich nach Süden abzweigt in der Richtung nach der Localität Podlesie zu. Schon bei der bewussten Figur kommen unter dem die Höhe bedeckenden Löss dunkle Schiefer heraus. Deutlichere Aufschlüsse findet man jedoch, wenn man den eingeschlagenen Weg nach Süden wieder verlässt und sich, einen westlich führenden Feldweg für eine kurze Strecke be- nützend, den waldumgebenen Schluchten zuwendet, welche die Quellen des in die Raba fliessenden Rudnikbaches beherbergen. Man bemerkt hier beim ersten Wasserriss, den man antrifft, dunkle, glimmerpunktige Schiefer ganz ähnlich denen bei der genannten Heiligensäule, welchen zum Theil massigere Bänke eines meist grauen und feinkörnigen, stellenweise aber auch grobkörnigeren Sandsteins eingelagert sind. Am oberen Ende des Wasserrisses fallen die Schichten nordwärts, am unteren Ende indessen und überhaupt längs der Hauptausdehnung der Schlucht steil südwärts bei ostwestlichem Streichen. Die Sandsteine führen stellenweise Kalkspathadern, was diesen Schichten einen den Neocomsandsteinen durchaus ähnlichen Habitus gibt. Die Verbindung [279] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 701 derselben mit den schieferigen Gesteinen, die bei Raeiborsko in ihren Streichen anstehen, ist mehr als wahrscheinlich, mit weleher Annahme auch der Charakter wenigstens der Schiefer übereinstimmt. Gleich südlich von diesem Aufschlusse trifft man im Gorny las und in dem Walde, welcher sich westlich nach der Przewötka hinzieht, wieder den massigen, meist mürben Grödeker Sandstein. Derselbe ist auch in dem Quellzufluss des Rudnikbaches gut aufgeschlossen. Er lässt sich andererseits nach kurzer Unterbrechung durch Lössbedeckung ver- folgen bis in die Gegend des südöstlich von hier gelegenen Huecisko. Während der Bergrücken westlich vom Nizowabache bei Grajow und Zakowa ganz mit Löss bekleidet ist, kommen am Südgehänge der kurzen Schlucht, welche südlich vom Meierhof Hueisko nach dem Nizowa-Bach führt, wieder Aufschlüsse dieses Sandsteines vor, der sogar in einem kleinen Steinbruch daselbst abgebaut wird. Seine Lagerung erweist sich an dieser Stelle ziemlich flach. Besondere Aufmerksamkeit verdient hier eine Zwischenlage von rothem Thon. Weiter nach Osten lässt sich der massige Sandstein im directen Zusammenhange mit dem Rücken von Swiatniki nicht mehr verfolgen. Es ist auch deshalb nicht ganz correct, wenn Niedzwiedzki (l. ce. pag. 20) die Erstreckung dieses Rückens durch die Ortschaften: Swiatniki, Bugaj, Lazany orientirt, insoferne ein direeter Zusammen- hang desselben mit der Localität Lazany weder orographisch, noch geologisch besteht, ebenso wie es nicht ganz entsprechend ist, zu sagen (l. c. pag. 17), dass der Sandstein von Choragwica „über Raci- borsko hin in einen ununterbrochenen Zusammenhang stehe mit den diekbankigen und Conglomeratschichten, aus denen der breite Berg- rücken Swiatniki-Lazany aufgebaut erscheint“. Wir sahen ja die Gegend von Raciborsko grösstentheils aus Schiefern zusammengesetzt, welche die Sandsteine unterteufen. Wir versetzen uns nunmehr wieder in die Gegend von Wieliezka und suchen dort zunächst einen Punkt des Karpathenrandes auf, welcher bezüglich seines geologischen Alters sicher fixirt ist. Es ist dies die Localität Garbadki. Sehon Zeuschner war so glücklich, hier Fossilien zu finden. Er erwähnt dies in einigen seiner älteren Abhandlungen. Beispielsweise spricht er davon in seiner hier schon mehrfach eitirten geognostischen Beschreibung des Salzlagers von Wieliezka (N. Jahrb. f. Miner. 1844, pag. 516). In einem mürben, fast zu Grus zerfallenden Conglomerate, welches mit Schieferthon und Sandstein wechsellagere und gegen Süden steil einfallende Schichten zeige, gibt er an, zahlreiche Fossilien gefunden zu haben, unter denen Aptychus lamellosus, Belemnites bipartitus, eine Ceriopora und eine Serpula namhaft gemacht werden. Da der Name Garbadki auf der Karte nicht vorkommt, will ich die Lage der Oertlichkeit näher beschreiben und bemerke, dass mir dieselbe von dem ortskundigen verstorbenen Bergrath Schreiber in Wieliezka auf mein Verlangen gezeigt wurde. Sie befindet sich eine schwache halbe Meile westlich von Wieliezka am Nordabhange des früher bereits besprochenen Höhenrückens Zbydniowice-Lazany, an dessen Fusse die Bergstadt liegt. Man gelangt dorthin an dem die 90* 09 Dr. Emil Tietze. [280] Strasse von Wieliezka nach Baryez kreuzenden Wege, der von Krzysz- kowice nach Siereza und Sygneczöw führt und am Ostrande eines süd- lich von Baryez ansteigenden Wäldchens vorbeikommt. Etwa in der Gegend dieses Wäldchens finden sich auf halber Höhe des Berges am Abhange Spuren von Menilitschiefern. Der Name Garbadki bezieht sich nun auf das mit dem genannten Wege erreichte Gehänge, welches unterhalb etwa der westlichsten zu Siereza gehörigen Häusergruppe sich befindet. Etwas tiefer als der Weg verläuft östlich von demselben eine Schlucht. Gegen diese Schlucht zu trifft man die nöthigen Aufschlüsse. Ein jetzt nicht mehr im Betrieb stehender und deshalb allmälig der Verschüttung entgegengehender Steinbruch hat hier sandige Schiefer mit Kalkspathadern, dünnschichtige festere Sandsteine und gröbere Sandsteine mit Einschlüssen von Kohlenbrocken aufgeschlossen, über welchen Bildungen jener mürbe, zu Grus zerfallende Sandstein liegt, in welchem Zeuschner die obengenannten Versteinerungen fand und den Hohenegger als übereinstimmend mit einer in den sogenannten „oberen Teschener Schiefern“ Schlesiens vorkommenden Breceie er- kannte. Die betreffenden Versteinerungen sind hauptsächlich Cidariten, Stacheln, Bruchstücke von Brachiopoden, Belemniten (B. bipartitus) und Aptychen (A. Didayı), wie Niedzwiedzki (l. e. pag. 12) vor Kurzem bestätigt hat. Ich habe diesen Punkt einigemale besucht und bei einer in Gemeinschaft mit Dr. V. Uhlig hierher unternommenen Excursion wurden alle diese organischen Einschlüsse ebenfalls bemerkt, so dass also hier ein Punkt vorhanden ist, der ohne Widerspruch von jedem Besucher der unteren Kreide zugerechnet wird. Im nördlichen Theil des Steinbruchs, wo der genannte mürbe Sandstein eine hypsometrisch tiefere Position einnimmt, erschien das Fallen der Schichten steil nördlich, im südlichen etwas minder steil südlich. Auf der höheren Südseite des Steinbruches sah ich über dem mürben Sandstein auch noch dunkle Schiefer liegen. Niedzwiedzki gibt darüber dann noch folgende Schichtglieder an: feinkörnigen, kalkigen, festen, dunkelgrauen Sandstein, gelbbraun verwitternd und fucoidenführend , ferner ungleichmässig grobkörnigen , lichtgrauen, mässig festen Sandstein mit Kalkspathadern und endlich einen grob- körnigen Sandstein mit vorwiegend kieseligem Bindemittel. Es handelt sich da übrigens nur um unbedeutende Lagen, da die Hauptmächtig- keit der ganzen, soweit sie entblösst ist, etwa 10 Meter mächtigen Schiehtenfolge von den vorher beschriebenen Gesteinstypen gebildet wird. Steist man aber bis fast zur Höhe des Rückens hinauf, so sieht man am oberen Ende des erwähnten Wäldchens einen fast verwachsenen alten Steinbruch, in welchem man, wenn auch mit grösserer Mühe, eben- falls Petrefacten gleich den vorher besprochenen sammeln kann. Es ist anzunehmen, dass die oberen Theile des Nordabhanges des Rückens von Siereza in dessen grösserem westlichen Theile aus den- selben unteren Karpathensandsteinen bestehen, da die letzteren auch noch mehr in der Nähe von Wieliezka westlich der vom Edelsitze Siereza nach der Vorstadt Klasno führenden Pappelallee durch einen alten Steinbruch aufgeschlossen sind. Die Verhältnisse ändern sich aber etwas weiter östlich. Zu Zn [281] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 103 An der südlich der Vorstädte Klasno und Klosow nach der Höhe des langgestreckten Derfes Siereza zu aufsteigenden Berglehne kommen gerade nicht allzu deutliche Ausbisse röthlicher Thone und dunkler Schieferthone vor, welche durch Zwischenlagen eines grobbankigen Sand- steines unterbrochen werden. Niedzwiedzki hielt diese thonigen Ge- bilde anfänglich für tertiär und seinen später zu erwähnenden Lednicer Schichten entsprechend. Die Sandsteine aber betrachtete er als von oben hinabgefallene Blöcke einer von ihm für mittlere Kreide gehaltenen Bildung, an welche also die tertiären Thone nur angelagert oder ange- presst hätten gedacht werden können. Aus dem Nachtrage zu seiner Arbeit über die Salzformation von Wieliezka und Bochnia (pag. 129 und 130) geht aber hervor, dass er später dieselben Sandsteine als thatsächliche Ausbisse anstehender Schichten und somit als in Wechsellagerung mit den Schiefern und Thonen befindlich auffasste, worin ich mit ihm vollkommen übereinstimme. An herabgefallene Blöcke kann man beim Anblick dieser Ausbisse in der That nicht denken. Anders verhält es sich mit der Deutung dieser Bildungen. Da möchte ich der älteren Auffassung Niedzwiedzki’s den Vorzug geben. Die betreffenden Thone und Schiefer stimmen so gut mit den in der Nachbarschaft entwickelten Lednicer Schichten überein, mit denen sie sich überdies ihrem Auftreten nach so leicht verbinden lassen, dass eine Trennung von denselben geradezu erkünstelt wäre. Wollte man eine solche Trennung dennoch versuchen, so bliebe dafür die subjective Willkür der Beobachter die einzige Richtschnur. Wir stehen hier vor einer der Unzukömmlichkeiten, zu welchen Herrn Niedzwiedzki die von ihm vorgeschlagene Deutung des später zu erwähnenden Sand- steines von Mietniöw nothwendig führen musste. Da nämlich dieser letzterwähnte Sandstein von diesem Autor für den Repräsentanten des Albien bei Wieliezka angesehen wird und da ferner die Sandsteine von Klasno und Klosow dem Sandsteine von Mietniow zweifellos sehr ähnlich sind, so musste das tertiäre Alter der Schiefer und Thone von Klasno dem vermeintlich cretacischen Alter ihrer Zwischenlagen zum Opfer gebracht werden. Freilich ist die Deutung der fraglichen rothen Thone auch noch mit einer anderen wichtigen Frage verknüpft, in welcher die An- sichten Niedzwiedzkis von denen anderer Autoren differiren. Es ist diese Frage bei der voranstehenden Besprechung der Lagerung der Salzformation bereits berührt worden. Sind nämlich jene Thone mit sammt den ihnen eingelagerten Sandsteinen oligocän, so nehmen sie bei ihrer räumlichen Zwischenstellung zwischen der Kreide von Siereza und dem Miocän von Wieliezka genau den Platz ein, der ihnen im Sinne der Annahme einer überstürzten Schichtenfolge am dortigen Karpathen- rande zukommt und von einem directen An- oder Abstossen der Miocän- schichten an die Kreide ist dann berechtigter Weise nicht mehr zu sprechen. Es gewinnt deshalb den Anschein, als hätte Niedzwiedzki auch seinen Ansichten über die Lagerung der Salzformation zu Liebe bier seinem ersten riehtigeren Eindrucke von der Sache nachträglich - Unrecht gethan. Was die Schichtenstellung der von mir also für oligocän gehal- tenen Gebilde von Klasno und Klossöw anlangt, so ist das Fallen der- 704 Dr. Emil Tietze. [282] selben bei Klasno grösstentheils südlich gebirgswärts anzunehmen. Doch sah ich oberhalb Klasno gleich unter der Höhe von Siereza auch einmal eine entgegengesetzte Richtung. Bei Klossöw ist die Lagerung schwieriger zu ermitteln. Die Aufschlüsse sind dort grösstentheils so schlecht, dass z. B. die rothen Thone mir zuerst entgangen waren und erst durch die frische Vertiefung eines Strassengrabens bemerkbar wurden. Es werden diese Bildungen auch baid weiter östlich gegen Lednica zu in der Nähe der Dobezycer Chaussee, dort, wo dieselbe den Berg hinabführt, um sich mit der Strasse nach Gdöw zu verbinden, von Löss überdeckt. Der Löss zieht sich auch längs des ganzen Höhenrückens von Siereza hin. Er ist merkwürdiger Weise auf dieser Höhe stellenweise _ so mächtig, dass man südlich der Dorfstrasse (aber immer noch fast ganz auf dem Rücken der Erhebung) eine Ziegelei in ihm angelegt hat. Er nimmt auch weiter südlich die Hochflächen bei Roznowa und Taszyce ein, über welche die Landstrasse nach Dobezyce führt. Das Gebiet westlich dieser Landstrasse und südlich des Höhen- rückens von Siereza wird von mannigfachen Furchen durchzogen, deren unbedeutende Gewässer zwischen meist flachen Böschungen der Wilga zufliessen. Die nicht allzu seltenen, aber freilich nicht zusammen- hängenden Aufschlüsse in diesem Gebiete lassen nun einige interessante Einblicke in die Zusammensetzung der karpathischen Randzone zu, worüber wir jetzt berichten müssen. Vor Allem ist hier von Bedeutung die Westflanke des Hügels, auf welchem das Dorf Wolica steht. Einige sehr kleine Bäche laufen von Sygneczöw und vom Rücken von Siereza herkommend zwischen Wolica und Janowice in die Wilga und helfen den genannten Abhang bilden, auf dessen nördlichem Theil die Spuren verlassener Steinbrüche sichtbar sind, während am südlichen Theil desselben, also gegen die Wilga zu, gegenwärtig grössere Steinbrüche im Betriebe stehen. Die Sandsteinbänke, die hier aufgeschlossen sind, erscheinen meist nicht über 1 bis 1!/, Fuss mächtig und alterniren mit dunklen Schiefern. Dieses Schichtensystem entspricht dem von Garbatki her uns schon bekannten, nur dass die oberen grusigen Sandsteine hier nicht bemerkt wurden. Die Sandsteine sind fast durchgängig sehr fest, in ihren unteren Lagen oft grobkörnig und enthalten dann Einschlüsse von kleinen Kohlenbrocken. In den höheren Lagen des Sandsteines sah ich auch vereinzelt Andeutungen von Hieroglyphen. Daselbst fanden sich auch Spongiten. Was aber dort besonders auffiel, waren graue Hornsteine, welche in grösseren knollenartigen Partien, aber nicht immer mit scharfer Abgrenzung in dem Sandsteine liegen. Die Schiefer sind theils annähernd dünnblätterig und dann besonders dunkel gefärbt, theils ent- halten sie zahlreiche Einschlüsse von grösseren Quarzkörnern und Kieseln, die in der schieferigen Masse wie eingebacken erscheinen, theils sind sie sandig und von Kalkspathadern durchzogen, oder sie entwickeln sich zu schieferigen Sandsteinen von etwas krummschaliger Structur, obschon sie dabei nicht so glimmerig sind wie die echte sogenannte Strzolka, die sonst für die neocomen Karpathensandsteine so bezeichnend ist. Zum karpathischen Neocom dürfen wir nämlich diese Schichten von Woliea ohne Weiteres stellen, da sie mit denen von Garbatki völlig. übereinstimmen. Auch alle früheren Beobachter haben diese Auffassung [283] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau, 1705 gehabt. Wer blos die Petrographie der unteren Karpathensandsteine bei Wieliezka studiren will, dem wird sogar der jetzt beschriebene Punkt als der am meisten typische empfohlen werden dürfen. Ich darf aber die Besprechung dieser Aufschlüsse bei Sygneezöw und Wolieca nicht abschliessen, ohne vorher eines merkwürdigen Vor- kommens von jurassischem Kalkstein in dieser Gegend zu gedenken, welcher in der älteren Literatur vielfach genannt wird, heute aber an- scheinend bis auf die letzte Spur vertilgt ist. Bereits v. Lill hat desselben gedacht und Pusch in seiner Geologie von Polen hat ihn ebenfalls beschrieben und ihn augenschein- lich ganz richtig (2. Theil, pag. 27) mit den Kalken von Inwald, An- drychau und Stramberg verglichen, welchen letzteren er allerdings ihrer eigenthümlichen Verbindung mit dem Karpathensandstein wegen nicht den richtigen Platz anwies, obschon er betonte, dass man die- selben leicht mit Jurakalksteinen verwechseln könne. „Das Lager von Sygneezöw“, schreibt Pusch (2. Theil, 1. e. pag. $1) „ist nicht sehr weit erstreckt und nicht mächtig, ganz weiss, höchst feinkörnig oder ganz dicht und zugleich etwas (aber sehr feinkörnig) oolithisch. Beim ersten Anblick muss man glauben, dass man wirk- lichen gemeinen Jurakalkstein vor sich habe, aber es treten in seiner Nähe die blauen Kieselkalke und in seinem Hangenden die gewöhn- lichen schieferigen Sandsteine und schieferigen Thone der Nordkar- pathen auf und seiner Stellung nach muss er im Hangenden des Wieliezkaer Steinsalzes liegen. Er ist daher auch älter als Jurakalk, der über dem karpathischen Sandstein- und Salzgebirge liegt und gehört vielmehr zu den ältesten Gliedern dieser Bildung. Zahlreiche Zoophyten und darunter eine schöne Art von Caryophilleas oder Lithodendron und zahlreiche Muscheln, unter denen schöne Pectiniten sich häufig finden, zeichnen ihn vorzüglich aus. Ein ähnlicher Kalkstein, höchst feinkörnig und zugleich grobsplitterig, aber theils röthlich, theils von Chlorit licht- berggrün gefärbt, ohne Versteinerungen und kleine Partien von feuer- steinartigem Hornstein einschliessend, kommt im Karpathensandstein bei Siepraw, nicbt weit entfernt von Sygneczöw, vor.“ Bou& fasste im Gegensatz zu dieser Darstellung den Kalk als den Sandstein durchbrechend auf, womit er jedenfalls als eine dem Karpathensandstein gegenüber selbstständige Bildung bezeichnet wurde. Das geht schon daraus hervor, dass er den Kalk ganz richtig als jurassisch, den Sandstein allerdings weniger richtig als tertiär deutete. (Bull. de la Soc. geol. de Fr., I. Bd., 1830, pag. 17.) Auch Zeuschner gedenkt (Neues Jahrb. 1844, pag. 516) dieses Kalksteines, den er aber ohne Weiteres zum Jura stellt, und Beyrich kommt in seiner Arbeit über die Entwicklung des Flötzgebirges in Schlesien (Karsten’s Archiv, 1844, pag. 63, 64, 65, 68, 77) wieder- holt auf denselben zu sprechen. Er bezeichnet ihn einerseits als die Fortsetzung des Krakauer weissen Jura, andererseits vergleicht er ihn auch mit den Vorkommnissen von Inwald und Andrychau. Er sagt dabei (pag. 64) ausdrücklich, der Kalk werde „ganz von Sandstein- massen umgeben“. Ein Jahr später (Karsten’s Archiv, 19. Bd., pag. 626) sprach Zeuschner allerdings wieder davon, dass der Kalk von Sygneezöw „unzweideutige Schichten“ im Fucoidensandstein bilde. 706 Dr. Emil Tietze. [28 4] Das gänzliche Verschwinden des Kalkes in Folge des mit ihm vorgenommenen Abbaues beweist allerdings, dass Beyrich die Lagerungsverhältnisse desselben richtiger aufgefasst hatte. Der Kalk von Sygneezöw war augenscheinlich nichts anderes als das, was wir heute in dem Hauptklippengebiet der Karpathen eine Blockklippe nennen würden und gehörte zu derselben Kategorie von Erscheinungen, die wir später, z. B. bei Besprechung der Gegend nördlich Wadowice, berühren werden, wo noch heute Blöcke jurassischen Kalks steinbruchs- mässig gewonnen werden. Weil aber das Auftreten so grosser exotischer Blöcke für verschiedene Probleme der Karpathengeologie ein besonderes Interesse besitzt, so glaubte ich die Erinnerung an den Kalk von Sygneezöw nicht allein aus der Literatur hervorholen, sondern auch dadurch fixiren zu sollen, dass ich in der Gegend der alten Steinbrüche zwischen Sygneezöw und Wolica das für die exotischen Blöcke auf der Karte benützte Zeichen anbrachte. Ich kann natürlich nieht dafür einstehen, dass ich genau die Stelle errathen habe, an welcher sich der bewusste Kalk befand. Es handelt sich aber hier wohl doch nur um eine annähernde Feststellung. Vielleicht kann indessen einer unserer polnischen Collegen durch Be- fragen alter Leute in jener Gegend den betreffenden Punkt genauer ermitteln. Nach Niedzwiedzki (Wieliezka, 1. c. pag. 14) würde der bewusste Kalk übrigens westlich von dem Steinbruch von Wolica vor- gekommen sein, und ausserdem hebt der genannte Autor hervor, dass stellenweise in den thonig-schiefrigen Lagen zwischen den Sandstein- bänken (es Steinbruchs sich noch heute kleinere Jurablöcke finden. Ein etwas kleinerer Aufschluss ganz ähnlicher Schichten, wie die- jenigen, welche bei Sygneezöw jenen Kalk umschlossen, befindet sich in einem Steinbruch östlich von Wolica gegen Roznowa zu. Dieser Stein- bruch liegt unweit südlich desjenigen östlichen Theiles von Siereza, der sich südlich von Klasno erstreckt. Von dem Rücken von Siereza herabgehend, trifft man bald auf eine flache Terrainfurche, die von Osten sich herabzieht, um sich dann zwischen Wolica und Taszyce südlich gegen die Wilga zu wenden. An der Südseite dieser ostwestlich verlaufenden Schlucht liegt der Steinbruch. Das häufige Auftreten dunkel- grauer Schiefer mit deutlichen Fucoiden bildet den wesentlichsten Unter- schied gegenüber dem westlich Wolica entblössten Schichtensystem. Sonst sind die Gesteine beider Localitäten sehr übereinstimmend. Wenn man die im Allgemeinen mit einem Lössüberzuge bekleidete Anhöhe südlich über dem zuletzt genannten Steinbruche erstiegen hat, so erblickt man oben, aber schon etwas mehr am jenseitigen südlichen Abhang Ausbisse von dunklen Schiefern, etwas weiter abwärts aber wieder Löss. Es zieht sich nunmehr etwa von dem nördlichsten Theil des Dorfes Taszyce ausgehend, eine neue Terrainfurche westwärts hinab, um in den früher genannten nordsüdlich nach dem Wilgathal gerichteten Bach zu münden. Auf der Südseite dieser Schlucht konnte ich zwar keine deutlichen Ausbisse anstehender Gesteine bemerken, doch liegen auf den Ackerfeldern Gesteinsstückehen einer Schieferbildung herum und unter diesen Gesteinsstückchen kommen deutlich weiss und schwarz gestreifte Hornsteine vor, wie sie für die oligocänen Menilit- schiefer der Karpathen in Schlesien und ganz Galizien charakteristisch [285] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 7107 sind. Man darf diese Schiefer mit den unmittelbar vorher genannten des jenseitigen Abhanges ohne Weiteres zusammenfassen. Da die Neocomschichten zwischen Wolica und Roznowa ähnlich denen westlich von Wolica südöstlich fallen, so gehören diese Schiefer in das Hangende des vorher beschriebenen Neocom, Man könnte nun versucht se’n, da ja sonst im karpathischen Vorland vielfach die oligocänen an die cretacischen älteren Bildungen direet angrenzen, in den vorerwähnten Schiefern eine Vertretung der Menilit- schiefer zu erblicken. Ich habe auch eine Zeit lang diese Annahme als möglich festgehalten. Doch hat mich immer wieder die Petrographie dieser Gesteine dabei stutzig gemacht. Die Gesammtheit der für die Menilitschiefer, namentlich Ostgaliziens charakteristischen Schiefertypen in ihrer von mir und Anderen oft beschriebenen Vergesellschaftung findet sich hier jedenfalls nicht. Vor Allem sind auch die inwendig bräunlichen, aussen von weisslichen Beschlägen eingehüllten Schiefer, welche sowohl dort als auch in der Gegend von Teschen die Menilit- schiefer bilden helfen, hier gar nicht vertreten. Wollte man einen Ver- gleich mit den schlesischen Gebilden riskiren und durchaus dabei an Eocän denken, so würde man am ehesten noch an die von Paul und mir erwähnten dunklen Schiefer zwischen Wendrin und Bistritz erinnern dürfen (Studien in d. Sandsteinzone der Karpathen. Jahrb. d. geolog. Reichsanst. 1877, pag. 45); doch liegt eine Nöthigung dazu nicht vor. Die übrigens nicht allzu häufigen gestreiften Hornsteine würden also der einzige Anhaltspunkt für die Unterbringung der betreffenden Schichten in der Nähe der Menilitschiefer bleiben. Nun aber haben sich neuerdings die Ansichten über die Be- deutung solcher Hornsteine für die Wiedererkennung der oligocänen Menilitschiefer wesentlich geändert. Bereits im Jahre 1884 (Verhandl. d. geol. Reichsanst., pag. 55) konnte Szajnocha einen eigenthümlichen eretacischen Schichteneomplex aus der Gegend von Saybusch beschreiben, der sich durch gestreifte Hornsteine auszeichnete und den er Mikuszo- wicer Schichten nannte. Ganz kürzlich (Jahrb. d. geol. Reichsanst. 1887, pag. 350) hat Paul diese Bezeichnung aufgegriffen und aus den schlesischen Karpathen weitere Belege dafür beigebracht, dass in jenen Gegenden thatsächlich gestreifte Hornsteine, wie er sie nennt, mit dunklen Schiefern verbunden auftreten, welche dort ungefähr den soge- nannten Wernsdorfer Schichten, also einem höheren Horizont des kar- pathischen Neocoms, zufallen, ohne indessen ein ganz constantes Niveau innerhalb des letzteren einzunehmen. Was ich in Folge freundschaftlicher Mittheilung des Herrn Paul von den genannten Hornsteinen zu Gesicht bekam, hatte allerdings mehr das Aussehen feiner, dunkel und hell gestreifter, stark kieseliger Sandsteine, wie sie freilich in manchen Gegenden ebenfalls innerhalb des Menilitschiefers gefunden werden, als das jener schwarz und weiss gebänderten Hornsteine, wie sie für die genannte oligocäne Schicht- gruppe als typisch gelten. Immerhin sagt Paul mit einigem Recht, dass man wohl fast ein jedes Hornsteinstüick aus den Mikuszowicer Schichten, „wenn es ohne weiteren Aufschluss etwa irgendwo in Ost- galizien gefunden würde, unbedenklich als aus den Menilitschiefern stammend“ ansehen würde. „Man könnte,“ so fährt er fort, „die Miku- Jahrbuch der k.k. geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Band. 3. Heft. (Dr. Emil Tietze.) 9] 708 Dr. Emil Tietze., [286] szowicer Schichten geradezu neocome Menilitschiefer nennen.“ Nach der Mittheilung Paul’s kommen übrigens auch rothe Thone in Verbindung mit diesen Schichten vor, was ich im Hinblick zwar nicht auf den gegen- wärtig in Rede stehenden Aufschluss, aber auf die damit zweifellos ver- wandten und in der Streichungsfortsetzung desselben gelegenen, oben bereits erwähnten Schiefer von Gofkowice zu betonen für nöthig halte. Sind wir durch diese Betrachtung schon in dem Verdacht bestärkt worden, dass wir hier thatsächlich einen älteren karpathischen Schicht- complex vor uns haben, so machen uns die hier glücklicherweise deutlicheren Lagerungsverhältnisse diesen Verdacht zur Gewissheit. Die dunklen Schiefer, denen die gestreiften Hornsteine angehören, setzen sich fort am linken östlichen Ufer des schon genannten zwischen Kozmice wielkie und Janowice in die Wilga mündenden Baches. Längs dieses Baches werden die Aufschlüsse bald besser und lassen endlich ein überaus lehrreiches Verhältniss erkennen. Man sieht die südlich mit mässiger Neigung einfallenden, mit einzelnen festen, dunklen, nie mehr als zwei Zoll dieken kieseligen Lagen ab- wechselnden dünnschichtigen schwärzlichen Schiefer direct überlagert von grauen Neocomsandsteinen, welche die Höhe des betreffenden Abhanges einnehmen und daselbst durch einige ältere Steinbrüche aufgeschlossen sind. Gegen die Wilga zu treten die Neocomsandsteine, welche mit den früher beschriebenen Sandsteinen von Wolica und Sygneczow ziemlich gut übereinstimmen, bis in das Bachniveau herab, während die dunklen Schiefer verschwinden. Am jenseitigen (linken) Ufer der Wilga etwas südöstlich unter Janowice sind diese Neocomsandsteine ebenfalls deutlich durch einen kleineren Steinbruch aufgeschlossen. Weitere, wenn auch schlechtere Aufschlüsse befinden sich dann bei Kozmice wielkie, von wo mir aus Hohenegger's alter Sammlung Belemniten vorliegen, und auf der im Allgemeinen von Löss bedeckten Anhöhe von Janowice. Grade | hier wurde nach einer Mittheilung Professor Szajnocha’s südlich vom Herrschaftshofe auch ein Ammonit gefunden, den der genannte Autor (Przyezynek do znajomosci fauny cefalopodöw z Karpackiego piaskowca im 11. Bd. von Rospr. i sprawozd. Akademii Umiejetnosei, Krakau 1884) zu Macroscaphites Ivanıi Puzos stellt, während Uhlig (vergl. dessen Beiträge zur Geologie d. westgalizischen Karpathen im Jahrb. d. geol. Reichsanst. 1883, pag. 459, und das Referat in den Verhandl. d. geol. Reichsanst. 1885, pag. 98) das betreffende Stück lieber als Ammonites recticostatus bestimmen möchte. Es kann uns gleichgiltig sein, wer hier Recht hat. Jedenfalls haben wir es mit einem alteretacischen Fossil zu thun und damit wird das übrigens auch bereits von Niedzwiedzki (Wieliezka, 1. e. pag. 7) anerkannte neocome Alter der betreffenden Schichten von Janowice genügend erwiesen. Folglich sind auch die zwischen dem Neocom von Janowice und dem Neocom von Wolica vorhandenen Schiefer als neocom anzusprechen und damit erscheint die Deutung für alle ähnlichen, theils bereits erwähnten, theils noch zu nennenden Schiefer zwischen dem Höhenrücken Zbydniowice-Lazany und dem Hügelzuge Swiatniki-Hucisko gegeben, sofern dieselbe nicht schon aus den Ammoniten von Podstolice folgt. Niedzwiedzki spricht von „Lednicer Schichten“ bei Taszyce, worunter er die hier beschriebenen zum Theil ja auch auf der Anhöhe 7 x FR ie i Da ae Ya une an nn u nn Aa nn [287] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 709 östlich gegen Taszyce zu noch ausbeissenden Schiefer oder die östlich von Taszyce bei Pawlikowice vorkommenden dunklen Schiefer gemeint haben kann. Da nun die Lednicer Schichten von ihm in’s Oligocän gestellt werden, so würde das im Widerspruch mit der hier vorge- schlagenen Deutung stehen. Ich bin nun sehr entfernt, dem genannten Autor auf Grund dieser Meinungsverschiedenheit einen Vorwurf zu machen, da hier einer der Fälle vorliegt, in denen thatsächlich, wie ich an mir selbst erfahren babe, ein Schwanken der Ansichten für einige Zeit denkbar ist, so lange man nur aus petrographischen Ver- gleichen ein Urtheil zu schöpfen sucht. Wollte man im Hinblick auf die geschilderten Lagerungsver- hältnisse dennoch das oligocäne Alter der bewussten Schiefer vertreten, so wäre man genöthigt, in dem Profil zwischen Wolica und Janowice eine sehr flach liegende schiefe Falte zu erblicken und die über dem Schiefer folgenden Neocomsandsteine für überkippt zu halten. Gegen die Zulässigkeit einer solehen Annahme spricht aber mit Bestimmtheit der Umstand, dass dann die Reihenfolge der in dieser Gegend ent- wickelten karpathischen Glieder im Profil jener Falte eine höchst unvollständige wäre. Vor Allem würden die von uns als solche auf- gefassten Vertreter des Ciezkowicer Sandsteines, welche, wie jetzt schon hervorgehoben werden muss, sowohl nördlich als südlich von der be- treffenden Schieferzone vorkommen, daselbst fehlen. Sie müssten, weil sie das jüngste unserer karpathischen Schiehtglieder bilden, als schein- bare Einlagerung in der Mitte der Schiefer erscheinen. Sie dürften aber auch nicht fehlen, wenn sie, wie das Niedzwiedzki meint, in’s Albien gehören. In diesem Falle müssten sie beiderseits die Schiefer umfassen und dieselben von den Neocomsandsteinen trennen. Wir gehen nun über zur Beschreibung der östlich der Linie Wieliezka-Taszyce befindlichen Aufschlüsse, durch welche südlich der Strasse von Wieliezka nach Gdöw ältere Gesteine blossgelegt werden. Der Rücken von Siereza setzt sich östlich von Roznowa nicht mehr in genau östlicher Richtung fort, sondern verläuft über Mietniöw, Choragwica, Strozina gegen Lazany zu in mehr südöstlicher Richtung. Im Hinblick auf die Verhältnisse der Salzformation von Wieliezka ist es vielleicht nieht uninteressant hervorzuheben, dass diese Formation sich gerade dort an die Karpathen angelagert befindet, wo die beiden Richtungen des Kärpathenrandes sich kreuzen. Der Nordostabhang des Rückens zwischen Wieliezka und Lazany ist nun topographisch viel mehr gegliedert als der Nordabhang des Rückens bei Zbydniowice und Siereza. Er ist von zahlreichen Erosions- furchen durehschnitten, welche sich in einer Anzahl kleinerer Bäche vereinigen. Hat man auf der Strasse nach Gdöw die Häuserreihe von Lednica dolna passirt, so gelangt man an den ersten dieser kleinen Bäche. Dort, wo die Strasse denselben überschreitet, ist gar nichts zu sehen. Südlich aufwärts gehend trifft man aber bald Spuren blaugrauer Thone, welche ähnlich wie die später bei Tomaszkowice und Przebieezany der Strasse zunächst gelegenen Thone noch der miocänen Salzformation zu- 3h% 710 Dr. Emil Tietze. [288] gerechnet werden müssen Sie werden hier am rechten östlichen Ufer des Baches, an welchem die Aufschlüsse deutlicher sind, von Diluvial- schotter überlagert, in "relchem ich ausser Rollstücken von Karpathen- sandstein auch Stücke von Gneiss fand, welcher letzterer mit den krystallinischen Felsarten des nordischen erratischen Diluviums nicht übereinstimmt und daher augenscheinlich den exotischen Blöcken ent- stammt, welche in dieser Gegend den Karpathensandsteinen eingelagert sind. Auf der westlichen Seite des Baches herrscht Löss. Etwas weiter aufwärts werden die Gehänge des Baches höher und steiler und erscheinen von Baumgruppen geziert. Hier kommen mit einem deutlich südlich gebirgswärts gerichteten Einfallen bräunliche, dunkelgraue und schwärzliche Schiefer an die Oberfläche, welehe bis- weilen stark kieselig werden und in prismatische Stücke zerfallen. Am Grunde des Einrisses treten Quellen hervor, welche einen eisen- schüssigen rothen Schlamm absetzen, eine Erscheinung, die mich sehr an die Eisenquellen im Bereich der Menilitschiefer Ostgaliziens erinnerte. Oberhalb dieses Einrisses verläuft der Bach ganz flach inmitten einer Wiese ohne irgend wie erhöhte Ufer. Aufechlüsse sind in Folge dessen dort nicht vorhanden. Doch kommen gleich östlich seitlich von dieser Stelle an einem von Lednica görna und Mietniow führenden Wege rothe Thone zum Vorschein, welche im Verbande mit den dunklen Schiefern auftreten. Diese Schiefer und Thone hat auch Niedzwiedzki beobachtet (l. e. pag. 38), der diesen Schichtencomplex, in welchem er auch eine dünne Lage von Thoneisenstein fand, zum Typus seiner oligocänen Lednicer Schichten (l. e. pag. 40) macht. Leider ist trotz der unmittelbaren Nähe der miocänen Thone die Art der Anlagerung derselben an das Oligocän nicht zu ermitteln. Wir setzen nunmehr unseren Weg auf der Strasse Wieliczka-Gdöw bis zum nächsten Bache fort, welcher vor dem Hügel, auf dem der Meierhof von Tomaszkowice steht, die Strasse kreuzt und von den Schluchten bei Mietniöw und Choragwica herabkommt. Die Aufschlüsse, welche man an diesem Bache und in seiner Nähe vorfindet, haben in der geologischen Literatur über die Umgebung von Wieliczka eine besondere Bedeutung erlangt. Sie erfordern deshalb eine etwas eingehendere Besprechung. Zunächst dicht bei der Strasse kommen am rechten (östlichen) Bachufer zwar undeutlich aufgeschlosseze, aber bei aufmerksamer Be- trachtung doch sichtbare Spuren von blaugrauen Thonen heraus, welche den Thonen der Salzformation entsprechen. Bei meinem ersten Besuche dieser Gegend im Herbst 1883 hatte ich diese Spuren übersehen. Was hier am meisten in die Augen fällt, ist der Aufschluss eines losen Sandsteines ein paar Minuten weiter bachaufwärts, oberhalb der Ver- einigung des betreffenden Baches mit einer westlich von links ein- mündenden, im Löss verlaufenden kleinen Schlucht. Dieser lose Sand- stein ist seinerzeit irrthümlich gleich dem gesammten Karpathensand- steine dieser Gegend von Oeynhausen für Grauwacke gehalten, aber doch schon sehr gut beschrieben und ganz zutreffend mit dem mürben Sandstein von Mogidany und Glogoczöw verglichen worden (Geogn. Beschr. v. Oberschl., Essen 1822, 8. 59, pag. 75). Paul und später Niedzwiedzki haben ihn als Tomaszkowicer Sandstein bezeichnet. de [289] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 111 Ehe man aber den Aufschluss dieses Sandsteines erreicht, kommen im Bachbette selbst Spuren von rothen, seltener auch grünlichen Thonen zum Vorschein, welche man auf der der Strasse zugekehrten Nordseite des aus Sandstein bestehenden Hügels deutlich weiter verfolgen kann. Diese rothen Thone befinden sich hier also sicher zwischen dem, wie wir sehen werden, als oligocän aufzufassenden Sandstein und der Salz- formation, was im Hinblicke auf die Verhältnisse von Wieliezka zu betonen nöthig ist. Der bewusste Sandstein selbst ist vorwiegend am östlichen .Ufer des Baches und dort sogar in steilen Abstürzen zum Theil durch Steinbruchsarbeiten entblösst. Auf das lössbedeckte west- liche Ufer setzt er nur im Bachniveau selbst in geringerer Ausdehnung und schlechter entblösst hinüber. Er ist sehr steil geschichtet, bei süd- lichem Fallen der in Stunde 4'/, streichenden Schichten. Einzelne Partien sind härter; theils bilden sie dabei festere Schichten , theils concretionär verkittete Massen in dem losen Gesteine, welches vielfach fast in lockeren Sand übergeht, so dass man die Mühe, hier einen Steinbruch anzulegen, nur der Nähe der Strasse wegen begreift. Ein- zelne Lagen sind grobkörniger und stellenweise kommen hier auch Blöcke krystallinischer Felsarten als exotische Einschlüsse vor, wie denn dergleichen Einschlüsse im Ciezkowicer Sandstein überhaupt sich stellen- weise anhäufen. Jenseits, südlich des beschriebenen Sandsteins, kommt abermals, wie ich schon früher (Jahrb. geol. Reichsanst. 1884, pag. 165) bemerken konnte, ein rother Thon zum Vorschein, ganz ähnlich demjenigen, den man direct nördlich an den Sandstein angrenzen sieht. Der letztere stellt so gewissermassen eine Einlagerung in die rothen Thone vor. Dass diese Thone, soweit sie im Liegenden des Sandsteins auftreten, nicht mehr als miocän bezeichnet werden dürfen, bedarf wohl keiner Erörterung. Für den Hangendthon aber kann es schliesslich gleichgiltig sein, wohin man denselben bringt. Er befindet sich an der Grenze zwischen Miocän und Oligocän, und nimmt so vermuthlich eine ähnliche Stellung ein, wie die rothen Thone, welche im Süden von Wieliezka in Folge überkippter Lagerung im scheinbaren Hangenden des Salz- gebirges vorkommen. Wenigstens brauchen die beiden zuletzt ver- glichenen Bildungen zeitlich nicht weit auseinander zu liegen. Hat man nun den fraglichen rothen Thon passirt, so beschränken sich die Aufschlüsse wieder auf das Bachbett und seine unmittelbaren Ufer. Zunächst erblickt man braune, weisslich verwitternde Schiefer, welche in mancher Hinsicht an die schlesischen Menilitschiefer erinnern. Diese Aehnlichkeit wird noch vermehrt durch das Auftreten von Fischresten !) in den Schiefern. Ich sammelte in einigen bestimmten Lagen ziemlich zahlreiche Schuppen, welche aber merkwürdigerweise sämmtlich parallel ') Es mag hier angemerkt werden, dass schon Lill v. Lilienbach (Jahrbuch für Mineralogie von Leonhard und Bronn, 1830, pag. 205) von Fischabdrücken aus dem Karpathensandstein bei Wieliezka spricht, als deren Lager er die mit bituminösen Schiefern wechselnden Hornsteinschichten bezeichnet, welche nach ihm längs der ganzen Karpathenkette in der Nähe des Steinsalzes verbreitet sind und in welcher wir zwanglos unsere heutige Abtheilung der Menilitschiefer wiedererkennen dürfen. Ich bin aber nicht in der Lage, zu sagen, ob der Lill’sche Fundort mit der hier von mir beschriebenen Localität übereinstimmt. 712 Dr. Emil Tietze. [290] gewissen, durch den Schlag mit dem Hammer entstandenen Kluftflächen lagen, welche zur Schiehtung der Schiefer nahezu senkrecht standen. Diese Schichtung erscheint als eine sehr steile, bei einem Streichen in Stunde 11. Da im Allgemeinen ostwestliche Streichungsriehtungen in unserer Gegend herrschen , während das Streichen in Stunde 11 ein beinahe nordsüdliches ist, so liegt hier die Vermuthung nahe, dass die Schichtung der Schiefer eine falsche sei, und dass die ursprüngliche Schichtung der jetzt sichtbaren entgegengesetzt, also ungefähr ostwestlich zu denken sei. Die Stellung des Tomaszkowicer Sandsteines zwischen diesen Menilitschiefern, wie ich sie auf der Karte genannt habe, und dem Mioceän spricht jedenfalls zu Gunsten der von mir gleich anfangs vertretenen Ansicht, dass jener Sandstein einem der jüngeren oder Jüngsten Horizonte in der Flyschreihe entspricht. Dass er jedoch andererseits noch zu dieser Reihe gehört und nicht etwa als liegender Theil der Salzformation aufzufassen ist, wie Paul ursprünglich (l. e. Jahrb. d. geol. Reiehsanst. 1880) meinte, wird durch seine Ueberein- stimmung mit den in ausgedehnter Weise im karpathischen Vorlande unseres Gebietes entwickelten Ciezkowicer Sandsteinen genügend er- wiesen. !) Gleich . südlich hinter diesen Schiefern treten dünnblätterige schwarze‘ Schiefer auf, in welchen stellenweise röthliche Hornsteine ausgeschieden sind. Solche schwärzliche Schiefer sind dann eine ziem- liche Strecke lang aufgeschlossen und wechseln mit rothen Thonen einigemale ab. Diese letzteren lassen bei den nächsten Häusergruppen sich auch an der Berglehne östlich vom Bache verfolgen und sind nich blos im Bachbette aufgeschlossen. Weiter bachaufwärts in den oberen Verzweigungen des Baches liegen in dem letzteren ausschliesslich Stücke und Platten eines festen Sandsteines umher, welcher theilweise Fucoiden führt und theilweise ähnlich in Horsstein übergeht, wie die Neocomsandsteine von Woliea. Auch sah ich einzelne Blöcke, welche breitere, Pflanzenstengeln ähn- liche Abdrücke aufwiesen. Der Charakter dieser Sandsteine ist durchaus der der älteren Karpathensandsteine, die wir bei Wolica und Sygneezöw kennen gelernt haben. Noch wäre des Umstandes zu gedenken, dass exotische Blöcke theils krystallinischen, theils kalkigen, vermuthlich jurassischen Ge- steinen angehörig, nicht selten im Bachbette gefunden wurden. Während die letzteren aber den hier als neocom bezeichneten Sandsteinen anzu- gehören scheinen, treten jene krystallinischen Gesteine vornehmlich im 1) Es hat sich mein College Paul (Jahrb. geol. Reichsanst. 1887, 1. Heft) etwas unmuthig darüber geäussert, dass ich bei meiner ersten Besprechung der Verhältnisse von Wieliczka (Jahrb. geol. Reichsanst. 1884) seinem Irrthum in diesem Punkte eine, wie er meinte, zu grosse Wichtigkeit beigemessen hätte, und dass ich Niedzwiedzki insoweit Recht gab, als der Letztere den Tomaszkowicer Sandstein dem vormiocänen karpathischen Randgebirge zutheilte. Es sei, meint Paul, für seine theoretische Auf- fassung der Verhältnisse von Wieliezka gleichgiltig, ob man diesen Sandstein als unterstes Miocän oder als oberes Oligocän darstelle. Das ist aber doch nur bis zu einem gewissen Grade richtig, und in jedem Falle wünschte ich frei von jeder persönlichen Theilnahme einen rein sachlichen Standpunkt einzunehmen, 2 une PRRN [291] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 113 Bereiche der früher erwähnten Schiefer auf. Doch ist es nicht leicht, die Provenienz soleher Blöcke in jedem Falle genau zu bestimmen. Es scheinen beide Formationsglieder sich durch das Vorkommen solcher Einschlüsse auszuzeichnen, wenn wir auch sonst im Allgemeinen die krystallinischen Gesteine vorwiegend in den jüngeren Abtheilungen des Karpathensandsteines eingebettet finden. Ganz ähnliche Beobachtungen ' hat Niedzwiedzki gemacht. Er schreibt (l. e. pag. 40): „In den obersten Theilen des Baches, welcher bei dem Tomaszkowicer Sand- stein vorbeizieht, sind keine deutlichen Entblössungen zu beobachten, man bemerkt nur zahlreichere runde Blöcke von Jurakalk und von alten Feldspathgesteinen (Gneiss, Granit und Porphyr), von welchen letzteren einzelne grössere Blöcke auch am unteren Laufe des Baches zu finden sind. Die Lage selbst, aus welcher diese Blöcke stammen, habe ich nicht entblösst vorgefunden.“ Es ist sehr zu bedauern, dass die Aufschlüsse in dieser Gegend nicht besser untereinander im Zusammenhange stehen. Das empfindet man namentlich, wenn man vom oberen Theil der bisher verfolgten Schlucht östlich abbiegt, in der Richtung nach Mietniöw. An dem Ab- hange, auf dem man sich hier bewegt, ist stellenweise nichts enthlösst. Nach einer Weile kommt man jedoch zu einem zwischen seinen Halden versteckt gelegenen Steinbruche, der auf Mietniöwer Grund und Boden gelegen und, wie Niedzwiedzki beschreibt‘, etwa 600 Meter nord- westlich von der Triangulirungspyramide von Choragwica entfernt ist. Hier wird ein Sandstein gebrochen, welcher seit den Untersuchungen Niedzwiedzkis als Sandstein von Mietniow in der Geologie von Wieliezka eine wichtige Rolle spielt. Der Sandstein ist in 2—4 Fuss mächtigen Bänken geschichtet, er ist durchschnittlich fester als der Sandstein von Tomaszkowice. Doch kommen auch hier sandige Partien vor und deutlich kann man beob- achten, dass dies nicht blos alternirend stattfindet, sondern dass inner- halb ein und derselben Schichte Uebergänge von fast losem Sand zu hartem Sandstein stattfinden. Zwischen den mächtigen Sandsteinbänken liegen sehr dünnschichtige, weiss und dunkel gestreifte sandige Schiefer eingeschaltet, in welchen wiederum feine Lagen von Glanzkohle ent- halten sind. Es ist das die „glänzende Schwarzkohle“, von welcher Niedzwiedzki (pag. 16, Zeile 1) spricht. Die Lagerung ist ziem- lich flach bis auf eine schwache Neigung nach dem Gebirge zu; genauer gesagt findet das Streichen in Stunde 9, das Fallen nach SW. statt. Das ist der für Jedermann sichtbare Thatbestand in diesem Steinbruche, wie ich ihn bei wiederholten Besuchen, von denen ich den letzten in Gemeinschaft mit Dr. V. Uhlig ausführte, vorfand. Diesen Sandstein von Mietniow nimmt nun Niedzwiedzki zum Typus seines Albiensandsteines, der nach den Ausführungen des- selben Autors in dem Hügellande südlich von Wieliezka eine grosse Verbreitung besitzt und mit dem Sandstein von Tomaszkowice, sowie mit dem früher auch von uns bereits erwäbnten Sandstein von Swiatniki übereinstimmt. Ich habe anfänglich, ehe ich den Sandstein von Mietniow gesehen hatte, bei Besprechung des Sandsteines von Tomaszkowice (Jahrb. 1884, 1. e. pag. 166) an dieser Uebereinstimmung gezweifelt, da ich den Tomaszkowicer Sandstein für oligoeän halten 714 Dr. Emil Tietze. [292] musste, ihn also nicht mit einem Sandstein identifieiren konnte, der nach den Mittheilungen Niedzwiedzki's als cretacisch angesprochen werden durfte. Jetzt, wo ich durch den persönlichen Augenschein über diese Frage belehrt bin, ziehe ich diesen Zweifel zurück. Der Sandstein von Mietniöw gehört in der That denselben Ablagerungen an, wie der von Tomaszkowice und entspricht überhaupt einer in dem Gebirgsstück zwischen Wieliezka und dem Rabathale sehr verbreiteten und auch sonst in dem von mir besuchten Gebiete vielfach vorkommenden Sandstein- bildung. Die Nichtanwesenheit der kohligen Sandsteinschiefer im Sand- stein von Tomaszkowice und der etwas losere Charakter des Sandsteines an letzterem Orte kommen für mich heute umsoweniger in Betracht, als ich mich in anderen Theilen des Gebietes davon überzeugte, dass der betreffende Sandstein nicht überall die ganz gleiche Festigkeit und dieselben Einschaltungen besitzt, dabei aber doch immer durch die ungleichmässig feste Verkittung seiner Körner und auch in sonstigen Merkmalen vielfache Uebereinstimmung aufweist. Aber eben weil ich Herrn Niedzwiedzki diese Ueberein- stimmung zugebe, kann ich mich mit seiner Deutung der betreffenden Sandsteine als cretacisch nicht befreunden, obschon diese Deutung sich scheinbar auf die sichersten paläontologischen Belege stützt, auf die Funde von Ammoniten und Inoceramen. Die Sache verhält sich fol- gendermassen. | Niedzwiedzki beschreibt (l. ec. pag. 15 und 16) die Zwischen- lagen des Sandsteines von Mietniöow als „dünne schwarze Thonlagen mit hier und da eingesprengten winzigen Schmitzen von glänzender Schwarzkoble“. Er fährt fort: „In diesen thonigen Zwischenlagen des diekbankigen Sandsteines fand ich nun kleine Bruchstücke von Ammo- nitidenschalen, und nachdem ich darauf hin den umliegenden Halden- schutt sorgfältig durchsucht, war ich so glücklich, ausser weiteren Bruchstücken von unbestimmbaren Ammonitiden auch einen, wenn auch stark beschädigten, aber doch mit Resten der faserigen Schale ver- sehenen und also ganz unzweifelhaften Inoceramus aufzufinden.“ . Herr Professor Niedzwiedzki, der übrigens, soweit ich das einem Gespräche mit ihm zu entnehmen glaube, alle seine Funde hier auf den Halden und nicht im anstehenden Gestein gemacht hat, hatte die überaus grosse Freundlichkeit, mir seine Belegstücke zuzusenden. Aus der Betrachtung dieser letzteren ergab sich nun, dass die Gesteine, in welchen jene Petrefacten enthalten sind, durchaus nicht überein- stimmen mit den im Steinbruche aufgeschlossenen Bildungen, das heisst, dass sie weder dem Sandsteine von Mietniöw, noch seinen mit Sicher- heit als Zwischenlagen aufzufassenden Einschaltungen entsprechen, wie ich nach sorgfältiger Prüfung in Uebereinstimmung mit Herrn Uhlig versichere, welchem letzteren ich die Aufschlüsse von Mietniöw ebenso wie die von Niedzwiedzki übersandten Stücke zeigen konnte. Der kleine von diesem Autor (l. ec. pag. 16, Zeile 7) erwähnte Jnoceramus liegt in einem sehr feinkörnigen, festen, gelblich- oder bräunlichgrauen Sandstein, der weder der Färbung, noch dem Korne nach mit dem Sandsteine von Mietniow oder seinen Einschaltungen übereinstimmt. Die Funde von Ammonitiden betreffend, so liegen nach den zur Ein- sicht übersandten Stücken dieselben in einem feinkörnigen, theils grauen, [293] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 715 theils schwärzlichen Sandstein, in welcheın auch kleine schwärzliche Schieferthonklümpchen eingeschlossen erscheinen. Die schwärzlichen und die grauen Partien sind zum Theil scharf gegeneinander abgegrenzt, so dass das Ganze den Eindruck einer Breeecie macht, so weit die kleinen, mir vorgelegten Gesteinsproben dies zu erkennen erlauben. Die betreffenden Ammonitenreste bestehen theils aus weissen Schalen- bruchstücken, theils aus Abdrücken. In den wirklichen Zwischenlagen des Sandsteines konnten trotz langem sorgfältigen Suchen solehe Reste nicht gefunden werden und diese Zwischenlagen haben, wie ich nochmals wiederhole, nicht die entfernteste Aehnlichkeit mit den versteinerungsführenden Sandsteinen, so dass wir diese letzteren nicht als zu dem Sandsteine von Mietniöw gehörig betrachten können. Merkwürdiger Weise passt aber Niedzwiedzki’s Beschreibung der fraglichen Zwischenlagen weder auf die von ihm gesammelten Haldenstücke, noch auf die Gesteine der Zwischenlagen selbst. „Als dünne schwarze Thonlagen mit hier und da einge- sprengten winzigen Schmitzen von glänzender Schwarzkohle* bezeichnet Niedzwiedzki diese Lagen. Gebänderte Sandsteinschiefer mit Kohlenschmitzen sind thatsächlich vorhanden und die Ammoniten und Inoceramen liegen wiederum in anderen Gesteinen, in Sandstein- varietäten, welche von Kohlenschmitzen keine Spur aufweisen. Da, wie wir später sehen werden, bei Choragwieca allerdings schwärzliche Thone mit Ammonitenschalen gefunden wurden, so scheint der genannte Autor die Charakteristik der betreffenden Lagen von Choragwiea auf die der Zwischenlagen des Sandsteines von Mietniöow übertragen und dieselbe durch die Erwähnung der Kohlenschmitze vervollständigt zu haben. Im Sinne seiner Auffassung war das Versehen verzeihlich, er hielt die betreffenden Ablagerungen südlich von Choragwica und im Steinbruche von Mietniöw für identisch und gab eine, die Merkmale beider ver- bindende Besprechung, und da er, woran nicht zu zweifeln, in der Nähe des Steinbruches von Mietniöw thatsächlich eretacische Versteinerungen gefunden hatte, deren Provenienz allerdings vorläufig noch nicht völlig aufgeklärt ist, so handelte er vollkommen bona fide. Die Verwirrung, die dadurch angerichtet wurde, ist freilich eine etwas böse, ich musste mich also der peinlichen Aufgabe unterziehen, dieselbe zu beleuchten und zu zeigen, dass die für das Kreidealter jenes Sandsteines vorge- brachten Beweise nicht giltig oder doch nicht ausreichend sind. Der Sandstein von Mietniöw darf also, wie das Niedzwiedzki selbst thut, mit dem Sandstein von Tomaszkowice zwar identifieirt, muss aber eben deshalb gleich diesem dem Oligocän zugezählt werden. Dasselbe Schicksal trifft den Sandstein von Choragwica. Die Höhe des Rückens von Mietniöw ist ähnlich wie vielfach die Höhe des Rückens von Siereza von Löss bedeckt. Etwas weiter südöstlich bei dem gleichfalls auf der Höhe des Rückens gelegenen Dorfe Choragwica indessen, an dessen östliehem Ende in der Nähe des Meierhofes der höchste dominirende Punkt des ganzen Riückens (436°2 Meter) durch eine Triangulirungspyramide gekrönt ist, kommt ein meist loser Sand- stein hervor, welcher mit dem Sandstein von Tomaszkowice und Mietniöw übereinstimmt, wie dies auch Niedzwiedzki ausspricht. In der Nähe der genannten Pyramide erscheint übrigens dieser Sandstein etwas Jahrbuch der k. K. geol. Reichsanstalt, 1887. 37. Band. 3. Heft. (Dr, Emil Tietze.) 9% 716 Dr Eual Wehe, [294] dünnschichtig, wie das bei den hierher gehörigen Sandsteinen auch sonst in unserem Gebiete trotz ihrer im Allgemeinen massigen Ausbildungs- weise bisweilen vorkommt. Dieser Sandstein setzt sich nun von Choragwica aus weiter nach Osten fort in der Region des Wielki las bis südlich von Biskupiee in die Gegend von Strozina, wenn auch seine Verbreitung hier bisweilen (und sogar auf dem Gebirgsrücken selbst) durch einen dünnen Lössüberzug maskirt erscheint. Wie unregelmässig dabei das Streichen des Sandsteines im Einzelnen ist, ersah ich gleich westlich von Strozina an den Aufschlüssen, die dort im Walde vorhanden sind und welche aus quer über den Weg streichenden Schichtköpfen bestehen. Dort constatirte ich einen Wechsel des Streichens in sehr kurzen Zwischen- räumen, von Ost nach West fortschreitend in folgenden Richtungen : Stunde 11, 10, 8, 6!/,, 6, 8. Diese Thatsache mag für die Beobach- tungen in isolirten Aufschlüssen insoferne zur Vorsicht mahnen, als man solehen vereinzelten Streichungseonstatirungen kein allzugrosses Gewicht beizulegen hat. Auch hier bei Choragwica glaubt Niedzwiedzki paläonto- logische Belege für seine Deutung der betreffenden Sandsteine als eretacisch gefunden zu haben. Er schreibt (l. e. pag. 16 u. 17): „An der südlichen Abfalllehne des Mietniöwer Rückens, an einer Stelle, die von dem letztangeführten Steinbruche in Mietniow 1'5 Kilometer süd- lich entfernt ist, haben nämlich, wie schon so eft in den Karpathen, wieder einmal grössere Trümmer von Steinkohle trotz Abmahnungen von competenter Seite zu einer bald wieder aufgelassenen Schurfanlage Veranlassung gegeben. Man hat unmittelbar neben dem Fahrwege, welcher von dem Meierhofe von Choragwica nach Süden herabführt, einen Schacht abzuteufen begonnen und dabei dicke Lagen eines dem Mietniöwer gleichen Sandsteines durchfahren, welche durch schwarze thonige Zwischenmittel abgesondert waren. Aus einem solchen grösseren Thonschmitze wurden nun durcheinandergequetschte Bruchstücke von verhältnissmässig grossen Schalen heraufgebracht, welche zum Theil noch mit schillernder Perlmuttersubstanz versehen, stellenweise gut ausgeprägte, stark zerschnittene Lobenzeichnungen erkennen liessen, also ganz unzweifelhaft Ammonitiden angehören.“ Auch von diesen Stücken wurden mir durch Herrn Niedzwiedzki Proben zugesendet und ich erhielt auch ein von demselben Schurfschacht herrührendes grösseres Ammonitenbruchstück durch Hermm Bergrath L. Scehreiter in Wieliczka. Der Ammonitidencharakter der Ver- steinerungen ist zweifellos. Auch liegen die weissen, zum Theil noch glänzenden Schalen, die in ihrer Beschaffenheit den Schalen von Mietniöw sehr ähnlich sind, in einem schwärzlichen Thon, wie es Niedzwiedzki beschreibt und wie er es irrthümlich auch für die Ammonitenbruchstücke von Mietniow und für die Zwischenlagen des dortigen Sandsteins angibt. Was aber durchaus nicht über allen Zweifel erhaben ist, ist die Zwischenlagerung dieses ammonitenführenden Thones zwischen den Oligocänsandsteinen von Choragwica, und darauf käme es eben an. Um diesen Zweifel zu begründen, will ich zunächst nur daran erinnern, dass gerade das Vorkommen von Kohlenbruchstücken in den Sandsteinen dieser Gegend für die Neocomsandsteine vielfach bezeichnend | [295] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 717 ist und doch ist nur von solchen Kohlentrümmern bei Niedzwiedzki die Rede und nicht etwa von Kohlenschmitzen ähnlich denen, wie sie in den Zwischenlagern bei Mietniöw vorkommen. Ausserdem kann ich hinzufügen, dass ich in der That auf der Südseite des Rückens von Mietniow Neocomsandsteine steinbruchsmässig aufgeschlossen gefunden habe. Dieselben waren durchaus von der Beschaffenheit der Sandsteine von Woliea und Janowice, aber nicht von der des eigentlich so zu nennenden, oben auf der Höhe anstehenden Sandsteins von Choragwica. Die grosse Nachbarschaft beider Bildungen in diesem vielfach gestörten, vielfach wiederum bedeckten Terrain lässt Verwechslungen übrigens sehr natürlich erscheinen. Das ist meine Ansicht von einer Sache, die zu bespreeben für mich einigermassen peinlich war, weil ich die besonderen Verhältnisse dieses Falles völlig würdige und "vollkommen von dem guten Glauben Nied- zwiedzki's überzeugt bin, so dass ich erst nach langem Schwanken mich entschliessen konnte, dessen Meinung abzulehnen, das heisst, nach- dem jch unter Abwägung aller Gründe mich davon über zeugt hatte, dass diese Meinung & eänzlich unaeceptabel sei und in ihren Consequenzen unserer Karpathensandsteingeologie nicht zum Vortheil gereichen würde. Es soll übrigens nicht verkannt werden, dass Niedzwiedzki selbst bezüglich der von ihm vorgeschlagenen Deutungen keine absolute Sicherheit besass, dass er z. B. (pag. 19) erwähnt, er habe für diesen sogenannten Albien-Sandstein „von allem Anfange an nur noch die Möglichkeit einer Zutheilung desselben zum Untertertiär im Auge be- halten“. Diese Annahme könne allerdings nur dann in Betracht gezogen werden, wenn es sich herausstellen sollte, dass von den massigen, grob- körnigen, lichten Sandsteinen, welche in dem nächstliegenden kar- pathischen Randgebirge so sehr verbreitet sind, ein Theil dem Unter- tertiär angehöre, „was natürlich nicht als ganz unmöglich bezeichnet werden kann“. Die Unsicherheit des genannten Autors bezüglich der zwischen Choragwica, Mietniow und Tomaszkowice aufgeschlossenen Schichten lässt sich übrigens auch noch durch einen anderen Umstand illustriren, den ich in meiner ersten Abhandlung über Wieliezka (l. ec. pag. 167 |5]) schon erläutert habe und daher hier nur mehr kurz berühren will. Die bunten Thone und dunklen Schiefer nämlich, welche in der Nähe des Tomaszkowicer Sandsteines auftreten, wurden auf pag. 39 der Niedzwiedzki’schen Arbeit als oligocäne „Lednicer Schichten“, auf pag. 20 derselben Arbeit aber (vergl. die dortige Zeichnung) als Neocom hingestellt. Auf pag. 6 seiner Arbeit behauptet Niedzwiedzki ja auch, dass an der Zusammensetzung des Karpathenrandes bei Wieliezka überhaupt nur cretaeische Bildungen theilnehmen !) und doch ist er selbst es gewesen, der in eben dieser Arbeit seine „Lednicer Schichten“ als einen eigenthümlichen Typus des Oligoeän in die Karpathengeologie einzuführen versuchte. !) Er schreibt dort wörtlich: „Es hat sich vor Allem im Gegensatz zur bisherigen Annahme als unzweifelhaft herausgestellt, dass der ganze karpathische Rand- streifen von Swoszowice bis weit über Bochnia hinaus aus Gliedern eines und desselben Schichtenzuges zusammengesetzt erscheint, welcher in seiner Totalität den unteren bis mittleren Gliedern der Kreideformation (Neocom bis inclusive Gault) angehört.“ y92* 718 Dr. Emil Tietze. [296] Auf die Strasse nach Gdöw zurückgekehrt und weiter nach Osten fortschreitend, gelangen wir beim Dorfe Przebieezany zu zwei neuen Bächen, welche uns Aufschlüsse darbieten. Der erste westlichere dieser Bäche bildet die Gemeindegrenze zwischen Tomaszkowice und Prze- bieezany, so dass die auf seinem linken Ufer stehenden Häuser noch zu Tomaszkowice gehören. Ueber die Beobachtungen, die man hier machen kann, habe ich mich zum Theil schon früher (Jahrb. geol. Reichsanst. 1884, pag. 169) geäussert. Ich muss der Vollständigkeit wegen das Wesentliche davon hier reprodueiren. Bei der Brücke, welche über den letztgenannten (westlicheren) Bach führt, stehen am Bachrande graue, flach geschichtete Thone an, deren Aussehen durchaus das der neogenen Salzthone ist. Eine sehr schwache Neigung nach Süden ist bei diesen Thonen zu bemerken, welche aber nicht lange anhält, weil bald etwas südlicher bachauf- wärts das unmittelbare Liegende der Thone hervorkommt. Ohne dass man nämlich an jedem Punkte die Neigung der Thonschichten genau ablesen könnte, verfolgt? man doch die Anwesenheit dieser Bildung ganz deutlich bis zu dem Punkte, wo ein grauer mürber Sandstein direet unter den Thonen hervortritt. Dieser Sandstein hat stellenweise einen grünlichen Anflug und führt stets in ziemlich gleichmässiger Ver- theilung feine glänzende Schüppchen von Gyps. Er ist nicht nur ausserordentlich ähnlich gewissen Sandsteinlagen, die man anderwärts in Galizien in der Salzformation sieht, so dass er seinem ganzen Habitus nach am besten als zu dieser Formation angehörig angesprochen werden darf, sondern er stimmt auch genau überein mit dem Sandsteine, welcher durch die Grubenbaue in Wieliezka im sogenannten „Rittinger Horizonte“ angetroffen wurde, wie ein Vergleich mit Proben aus diesem Horizonte sofort ergab. Eine kleine Streeke weiter bachaufwärts fangen diese Sandsteine sammt den sie überlagernden Thonen an, wellige Biegungen anzu- nehmen. Die Breite dieser Wellen ist sehr gering, die Wellen selbst aber sind sehr scharf ausgeprägt. Endlich kommt bei diesen Biegungen auch das unmittelbare Liegende des mürben Sandsteines zu Tage, und zwar sind dies oligocäne Schichten. Es sind dunkle Schiefer, welchen zum Theil ähnlich wie bei Lednica kieselige Lagen eingeschaltet sind und die auch mit mürben Sandsteinbänken in Verbindung stehen, welche, abgesehen von der geringen Massigkeit, an den Sandstein von Tomasz- kowice erinnern. Auch eine Conglomeratlage wurde an der Grenze gegen die Salzformation sichtbar und ausserdem zeigte sich, dass der zwar undeutlich, aber immer noch erkennbar entblösste Nordschenkel des kleinen Sattels, welcher hier aufgeschlossen ist, etwas steiler er- scheint, als der südlich fallende Schenkel. Dahinter weiter südlich meinte ich bei meinem ersten Besuch dieser Localität auf’s Neue die mürben Sandsteine und Thone der Salzformation zu erkennen und fand thonige Gebilde noch bis zu dem Punkte anstehend, an welchem die durch den Bach geschaffenen Entblössungen überhaupt zu Ende sind, das heisst, wo der Bach aus dem höheren Niveau eines weiter südlich sich ausdehnenden Wiesengrundes mit einem kleinen Wasserfall in die von ihm gegrabene Schlucht hineinstürzt. Als ich indessen mit Herm Dr. Uhlig diesen Punkt nochmals besuchte, schien es uns, als [297] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau, 719 ob diese thonigen Gebilde aufgeweiehten Oligoeänschiefern angehören würden. Jenseits südlich dieser Unterbreehung des Profils sind die Auf- schlüsse weiter aufwärts im Bache sehr schlecht. Doch hat schon Nied- zwiedzki daselbst Spuren von Sandsteinen und schwarzen Schieferthonen gesehen, aus welchen exotische, in der Bachrinne verstreute Blöcke her- stammen (l. e. pag. 40), unter welchen er so glücklich war, auch einen schwarzgrauen Kalkstein mit Produetus cf. giganteus zu finden, so dass also auch (resteine des Kohlenkalkes, wie er bei Krzeszowice vorkommt, sich daselbst finden würden. Doch bleibt für letzteren Fund immerhin zweifelhaft, ob er nicht als ein diluviales Erraticum aufzu- fassen ist. Es ist wohl wahrscheinlich, dass diese letzterwähnten Sandsteine und Schiefer ebenfalls zum Oligoeän gehören, obschon N iedzwiedzki dies im Zweifel lässt, für die -weiter nördlich unterhalb des besprochenen Wasserfalles aufgeschlossenen Schichten im Liegenden der Salzformation ist es aber jedenfalls sicher, dass sie dem Oligocän zugewiesen werden müssen. Sie stimmen eines Theils mit den bei Lednica entblössten Oligocänschichten überein und sind andern Theils ganz ähnlich den aus anderen Theilen Westgaliziens bekannten, von Uhlig sogenannten Bonaröwkaschichten, wie ich das den Uhlig’schen Beschreibungen ge- mäss gleich anfänglich erkannte und wie mir Herr Uhlig bei unserem gemeinsamen Besuch dieser Gegend bestätigte. Dagegen ist die Ueber- einstimmung dieser Schiefer mit den Sandsteinen und Schiefern des Steinbruchs von Biskupice nicht so gross, wie ich zuerst behauptete. Das geschwärzte Aussehen der Biskupicer Schichten nach einem Regen- guss liess mich diesen irrthümlichen Vergleich machen, der aber für die aus dem Profil von Pırzebieezany zu ziehenden Folgerungen ohne Belang ist. Das Wichtigste an diesem Profil ist, dass wir hier wieder einen Punkt kennen lernen, an welchem das direete Aneinandergrenzen der miocänen Salzformation an die älteren karpathischen Schichten beob- achtet werden kann. In der vorher beschriebenen Tomaszkowicer Schlucht, am Bache von Lednica, in der später zu nennenden Odrijöwschlucht, oder bei Klosöw und Klasno sehen wir überall die Gesteine der Salzformation an diese älteren Schichten herantreten, wie man in den erstgenannten Fällen an Tagaufschlüssen wahrnehmen, in der Nähe der Stadt Wieliezka selbst allerdings nur aus der Lage der Grubenbauten schliessen darf. Hier haben wir nun abermals eine Stelle, welche mit zweifelloser Sicherheit hat erkennen lassen, welche Abtheilung der karpathischen Schiehten zunächst als Unterlage der Salzformation bei Wieliezka anzu- nehmen sei. Wir sehen jetzt, dass dies oligocäne Bildungen sind, und da auch an den übrigen genannten Localitäten die der Salzformation räumlich zunächst gelegenen Schichten derselben Oligocänformation angehören, so erscheint einerseits die Behauptung Niedzwiedzki’s widerlegt, dass die Salzformation bei Wieliezka unmittelbar an eretacische Gesteine anstosse, und andererseits die ältere Meinung von Hohenegger und Fallaux gerechtfertigt, welche einen Streifen Eocänbildungen sich 720 Dr. Emil Tietze. [298] zwischen Kreide und Miocän am Karpathenrande eingeschoben dachten. Es zeigt sich auch, dass die Lagerung des Miocäns und Oligoeäns wenigstens insoweit eine annähernd übereinstimmende ist, als die Schichten beider Abtheilungen gemeinsam von denselben Biegungen betroffen werden. Hat man den Grenzbach zwischen Tomaszkowice und Przebieezany passirt und geht man auf der Ländstrasse weiter nach Osten, so trifft man am südöstlichsten Ende von Przebieezany wieder einen Bach, der von den westlichen Gehängen der Höhe von Biskupice herabkommt. Hier stehen gleich in der-Nähe der Brücke dieselben grauen Thone der Salzformation an, welche wir am Südwestende von Przebieezany getroffen haben. Weiter bachaufwärts sind aber auf eine längere Strecke keine Aufschlüsse vorhanden, durch welehe man die wahrscheinlich hier herüberstreichenden Lednicer- oder Bonaröwkaschichten con- statiren könnte. Die Strasse übersteigt nun einen hohen zum Theil mit Gebüsch bekleideten Rücken, der sich von der Höhe von Biskupice nördlich herabzieht. Am Wege, der ziemlich von der Höhe dieses Rückens südlich nach Biskupice abzweigt, kommen sehr bald Spuren von rothen Thonen zum Vorschein, zum Beweise, dass hier die vorher am Bach- ufer vermissten Lednicer Schichten thatsächlich anstehen, wenn nieht die Thone am Ende gar schon den rothen Liegendthonen der Salzformation angehören. Sonst ist die Höhe bis in die Nähe des Dorfes von Löss bedeckt. Ehe man jedoch in das Dorf eintritt, kann man sich einige Schritte westlich zu einem Steinbruch begeben, welcher am nordwest- lichen Ende des Dorfes diejenigen Schichten entblösst, welche dort die weithin sichtbare Kuppe von Biskupice zusammensetzen. Die Schichten, welche man daselbst sieht, lassen sich nicht ganz leicht deuten, wie ich schon bei meiner ersten Aeusserung über die- selben (l. e. pag. 168) betonte. Ich beging aber damals den Irrthum, sie mit Uhlig’s Bonaröwkaschichten zu identifieiren, die mir nur aus der Beschreibung und nicht aus eigener Anschauung bekannt waren. Zudem zeigten sie keine besondere Aehnlichkeit mit den ceretacischen, unteren Karpathensandsteinen Ostgaliziens, welche mir in Erinnerung waren. Die Ausbildungsweise der neocomen Sandsteine bei Wieliezka selbst war mir damals noch nicht durch den Augenschein bekannt, sonst hätte ich allerdings gewisse Aehnlichkeiten zwischen diesen Sand- steinen und den Schichten von Biskupice nicht verkennen können, welche letzteren aus dünner geschichteten festen kieseligen Sandsteinen stellen- weise mit Fucoiden, sowie aus dunklen und hie und da auch grauen oder lichtbläulichen Schiefern bestehen. Strzolkaartige Lagen, von denen Niedzwiedzki (pag. 18) spricht, konnte ich aber nicht bemerken. Auch sind Spuren von Hieroglyphen äusserst selten. Die Mächtigkeit der einzelnen, leicht in prismatische,. kantige Stücke zerfallenden Sand- steinbänke beträgt selten :mehr als 2 bis 6 Zoll, ist also auch geringer als durchschnittlich bei den unzweifelhaft zum Neocom gehörigen Sand- steinen von Wolica, Sygneezöw u.8s. w. Wenn ich nun heute diese Schichten dennoch mit Niedzwiedzki zur Kreide stelle, so geschieht dies mit einigem Vorbehalt, da sie keinesfalls eine ganz typische Ent- wicklung der karpatbischen Kreide dieser Gegend vorstellen. Ihre [299] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 721 Lagerung ist, wie Niedzwiedzki bereits hervorhebt, etwas verworren, doch lässt sich im Allgemeinen ein Einfallen nach SW. bemerken. Umgeben werden diese Schichten von Biskupice rings von sicher oligocänen Gebilden, ohne dass indessen die betreffenden Grenzen scharf zu beobachten wären. Von den rothen Thonen nördlich am Wege nach Biskupice wurde schon gesprochen. Geht man von dem beschriebenen Steinbruch nach Westen abwärts gegen den Bach zu, so trifft man sehr bald auf die massigen Bänke des losen, mürben Grödeker Sandsteines, während östlich vom Steinbruch rothe Thone vorkommen, die man in der Nähe der Dorfstrasse sehr deutlich wahrnimmt. Verfolgt man die Dorfstrasse weiter südlich in der Richtung nach Sulöw zu, so sieht man bald Spuren des Grödeker Sandsteines, Schiefer mit bläulichweissen Verwitterungsbeschlägen, ganz entsprechend den Menilitschiefern mit Fischresten, die wir in der Nähe des Tomaszkowicer Sandsteines kennen lernten und dunkle Schiefer, wie sie im Verein mit den genannten Gesteinsvarietäten die Lednicer Schichten zusammensetzen, bis weiterhin ausserhalb des Dorfes in der östlichen Verlängerung des Wielki las wieder der Grödeker Sandstein ausschliesslich zu herrschen scheint. Die bewussten, vielleicht eretacischen Schichten des Steinbruchs von Biskupice stellen demnach unter der Voraussetzung ihres höheren Alters nur eine ältere Kuppe vor, welche von jüngeren Gebilden um- lagert wurde. Cretaeische Bildungen treten in dieser Gegend wohl erst wieder jenseits des von Choragwica herüberstreichenden Höhenrückens in der Nähe von Sulow auf, vermuthlich als Fortsetzung der südlieh Mietniow und Choragwica constatirten neocomen Gebilde Doch wurden von Hohenegger und Fallaux die Gesteine bei Sulöw selbst noch als zum Eocän (also Oligocän) gehörig gedeutet. Sie sagen (pag. 28), dass die conglomeratischen Sandsteine mit exotischen Blöcken sich dort an der Grenze des Neocom fortziehen und auch am Fahrwege etwas ober- halb des Dorfes durchstreichen. Die Aufschlüsse sind hier übrigens schlecht, das Neocom ist in der Nähe des Stawiskabaches anzunehmen. Wir werden es weiterhin östlich von Dobranowice deutlicher ent- wickelt finden. Die Ammonitidenschalen, welche Niedzwiedzki (l. e. pag. 18) bei Sulöw beobachtete, habe ich nicht zu Gesicht bekommen. Ich weiss nicht, welche Bewandtniss es damit hat, und in welchem Ver- hältniss die Thonlagen, in denen sie eingeschlossen sein sollen, zu den übrigen Gebilden dieser Gegend stehen. Unsere Begehung längs der Strasse nach Gdöw fortsetzend, finden wir wieder Aufschlüsse in einer Schlucht südwestlich von Trabki in der Richtung nach Strozina und Sulöow zu. Man sieht dort bunte Thone, dunkle Schiefer und feinkörnige, stellenweise stark verwitternde Sand- steine, welche Schichten in Stunde 4 streichen und mit etwa 40 Grad südöstlich fallen. Diese Bildungen dürften oligocän sein, welcher Ansicht auch Niedzwiedzki (im Nachtrag zum zweiten Theil seiner Arbeit pag. 150) ist. Die nächsten Entblössungen treffen wir vor der Höhe von Lazany am Bache Odrijöw, der sich nördlich der genannten Höhe in der Richtung nach Darezyce zu hinzieht. Wenige Schritte jenseits dieses 7122 Dr. Emil Tietze. [300] Baches, auf dessen rechter Thalseite steht schon etwas auf der Höhe ein einsames Wirthshaus, Namens Rzym (Rom), welches in der bekannten, an die Faustsage erinnernden polnischen Legende vom Twardowski, eine Rolle spielt, denn hier soll Twardowski vom Teufel geholt worden sein. Gleich nördlich oder nordöstlich unterhalb dieses Wirths- hauses sind am rechten (südöstlichen Ufer) des Baches tertiäre Sand- Jagen sichtbar, welche äusserlich den Sanden von Bogucice bei Wieliezka entsprechen. Rostbraune, etwas fester verkitteie Partien fallen inmitten des hellfarbigen Sandes auf. Das linke Thalgehänge wird von Löss bedeckt. Auf der anderen Seite aber der Strasse weiter bachaufwärts kommen unter der diluvialen Decke zunächst graue, der Salzformation angehörige Thone in schwachen Ausbissen zum Vorschein, äbnlich denen von Przebieezany. Weiter hinauf folgen schwach glimmerige Sandsteine von feinkörniger Beschaffenheit, welche stellenweise sogar krumm- schalige Bruchflächen aufweisen und welche mit dunkelgrauen Schiefern abwechseln. Sie streichen in Stunde 9 und fallen mit 30 bis 50 Grad nach SW. Die Ausbisse der dunklen Schiefer setzen sich im Streiehen fort bis auf die Höhe des Dorfes Lazany, wo sie neben der Kirche noch ganz deutlich beobachtet werden. Ich halte vorläufig diese Schiefer für übereinstimmend mit den Oligoeänschiefern bei Lednica, die Sand- steine deuten wohl den Sandstein von Tomaszkowice an, das heisst nicht in dessen selbstständiger und typischer Entwicklung, sondern in der Form der Einschaltungen im Schiefer, wie sie in Uhlig’s Bonaröwka- schichten vorkommen. Diese Deutungen dürften auch der Ansicht Niedzwiedzkis über die Bildungen der Odrijoöwschlucht im Allgemeinen entsprechen, wenn auch dessen Beschreibung (pag. 42, vergl. auch Nachtrag) mit der von mir gegebenen nicht ganz übereinstimmt, insoferne der genannte Autor einmal den tertiären Sand beim Wirthshause Rzym nicht erwähnt und sodann eine andere Reihenfolge der angetroffenen Gesteinsglieder angibt. Er spricht nämlich davon, dass er zuerst steil aufgerichtete, den Lednicer Schichten entsprechende Sandsteine mit Schiefern und erst weiter bachaufwärts horizontal liegende Thone, ähnlich denen von Przebieezany getroffen habe. Ich bin nicht in der Lage, zu erkennen, worauf die Differenz unserer Beobachtungen zurückzuführen ist. Bemerken will ich nur, dass auch in dieser ‚schlucht die Annäherung des neogenen Thones an das Oligocän räumlich eine grosse ist, ohne dass jedoch die Lagerungsverhältnisse an der Grenze beider Schichtabtheilungen klar ersichtlich wären. Auf der Höhe des kückens von Lazany in der Nähe der Trian- gulirungspyramide westlich vom Dorfe ist ein conglomeratischer Sand- stein mit Kohlenbrocken vorhanden, welcher ganz derjenigen Sandstein- conglomeratvarietät entspricht, welche im Neocom von Wolica sich durch Kohlenfragmente auszeichnet. Hier nehme ich daher bereits die Anwesenheit älterer Karpathensandsteine an. Letztere sind dann auch weiterhin am östlichen Thalgehänge des Nizowabaches verbreitet und stehen die Aufschlüsse daselbst mit den eonglomeratischen Sandsteinen der Höhe von Lazany nahezu in Verbindung, insoferne nur eine dünne Decke von Verwitterungslehm diese Verbindung stellenweise maskirt. Am Waldwege, welcher von [301] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend: von Krakau. 123 der Höhe des Rückens am östlichen Gehänge der in der Richtung nach Dobranowice verlaufenden, in den Nizowabach mündenden Schlucht hinabführt, liegt dicht beim Wege, schrägüber südöstlich vom Dorfe Sulow ein verlassener kleiner Steinbruch. Daselbst sieht man graue Sandsteine und kalkig-kieselige Sandsteine mit Auswitterungen von Petre- facten, unter welchen deutliche Belemniten besonders in die Augen fielen. Hier in der Nähe beginnt auch schon das Auftreten von Teschenit, welches bereits in der Karte von Hohenegger und Fallaux ver- zeichnet ist. Etwas weiter gegen den Bach zu am Waldesende erscheint dieses Eruptivgestein massenhafter entwickelt. Man muss indessen etwas vom Wege abweichen, um die betreffende Beobachtung zu machen. Weiter das Thal nach Süden verfolgend, trifft man zunächst an einer Stelle im Bachbette selbst fast senkrecht gestellte dunkle Schiefer mit festen Sandsteinbänken, welche in Stunde 9!/, streichen. Noch etwas weiter thalabwärts befindet sich auf der linken (östlichen) Seite des Baches bei Wola dobranowska am Abhange eines bewaldeten Berges ein grosser Steinbruch. Dunkle Schiefer, abwechselnd mit festen, meist feinkörnigen Sandsteinen treten hier auf. Die Bänke des letzteren haben selten mehr als !/;, Meter Dicke. In der Regel lassen sich Platten von etwa !/;, Fuss Dicke gewinnen, die sich sehr gut zu Trottoir- platten verwenden liessen. Das Streichen dieser Schichten ist ein etwas wechselndes, doch schien es meist in Stunde 4 bei südöstlichem Ein- fallen zu verlaufen. Hieroglyphen und Fucoiden sind in diesen Bil- dungen sehr selten. Uebrigens lässt sich die allgemeine Aehnlichkeit mit den neocomen Sandsteinen und Schiefern der näheren Umgebung von Wieliezka nicht verkennen. Noch weiter südlich am Ostgehänge des Thales beim Dorfe Nizowa werden die Aufschlüsse undeutlich. Doch scheinen die Spuren der Sandsteine und Schiefer, welche man dort bemerkt, noch dem Neocom anzugehören. Südlich von Lazany und ostwärts von Nizowa, in der Umgebung der Dörfer Stawkowice, Sosnowki und Grzybowa herrscht, soviel ich beurtheilen konnte, nur Löss, so dass man zwischen Lazany, Bilezyce und Gdöw keine die Strasse kreuzende Schlucht mehr antrifft, in welcher ältere Gesteine zu Tage treten würden. Die Verbreitung des massigen oligocänen Ciezkowicer oder Grö- deker Sandsteins sahen wir also nach Osten zu zunächst durch die älteren Gesteine von Wola dobranowska und später durch die quartären Ausfüllungsmassen der Bucht von Gdöw begrenzt und diese oberfläch- liche Unterbrechung hängt in der That wohl auch grösstentheils mit einem Verschwinden der bewussten Ablagerung selbst, wenn auch nicht noth- wendig der karpathischen Bildungen überhaupt, zusammen. Da nämlich der genannte Sandstein vielfach die oberen Theile der Höhenzüge ein- nimmt, während in den hypsometrisch tieferen Partien die älteren karpathischen Schichten aufzutreten pflegen, so mag er im Gebiete der Niederung von Gdöw durch Denudationsvorgänge grösstentheils entfernt worden sein, wenn sich gleich Näheres darüber bei der diluvialen Bedeckung dort nicht ermitteln lässt. Doch lässt er sich dafür südlich der Linie Swiatniki-Hucisko bequem bis an das Thal der Raba verfolgen, worüber wir uns jetzt noch kurz zu orientiren haben. Jahrbuch der k.k, geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Band. 3, Heft. (Dr. Emil Tietze.) 93 724 Dr. Emil Tietze. [3 02] Wir werden dabei von Gdöw aus die Strasse längs der Raba westwärts verfolgen und, wo es nöthig wird, seitliche Ausblicke nach den nördlich davon aufsteigenden Hügelmassen zu gewinnen versuchen. Bei Domoniöow und zwischen diesem Dorfe und Grzybowa sieht man nur Löss. Die ersten Andeutungen des Grödeker Sandsteines erscheinen bei Kunice. Dort, wo dann westlich von Winiary die Raba dicht an das Gebirge und somit an die Strasse herantritt, sind die Aufschlüsse besser. Hier sind auch stärkere Störungen wahrnehmbar. Bei einem Streichen in Stunde 10!/, fallen die Bänke des hier festeren Sandsteines mit 33—46 Grad südwestlich. Aber noch vor Dziekanowice findet eine Aenderung des Fallens nach NW. statt und im Liegenden des Sandsteines treten beim Rudnikbache dunkle Schiefer auf. Auf der Ostseite des genannten Baches ziehen sich die Spuren des Sandsteines bis gegen Huecisko hin, wo wir mit seinem Vorkommen schon bekannt geworden sind. Beim Dorfe Dziekanowice selbst, an der Strasse, welche von Wieliezka kommend ın das Rabathal hinabführt, um sich mit der von Gdöw kommenden Strasse zu vereinigen, streicht der massige, an dieser Stelle wieder mürbe Sandstein in Stunde 8 und fällt mit 35 Grad südwestlich. Er wird nach unten, das heisst gegen sein Liegendes zu, schieferig, dünnschichtig und enthält schliesslich Einlagerungen eines schwarzen sandigen Schiefers, welcher eine grosse Aehnlichkeit mit dem Schiefer im Sandstein von Mietniow besitzt. Auf der Strasse nach Wieliezka fortgehend, sieht man, einmal auf der Höhe von Dziekanowice angelangt, nur mehr Löss. Erst in der Nähe des Meierhofes von Janköwka ist wieder der Sandstein durch einen kleinen Steinbruch entblösst. Sein Vorkommen schliesst sich hier schon an das auf dem Rücken von Przewötka an. Setzen wir jedoch unseren Weg auf der Strasse von Gdöw nach Myslenice fort. In der Alluvialebene der Raba trennt sich der Weg nach Dobezyce von der genannten Strasse. Die letztere verlässt bald darauf für eine kürzere Strecke die Thalebene, um auf die Hügel des linken Flussufers hinaufzusteigen und gerade an diesem Punkte zweigt sich auch ein Weg nach Stojowicee ab, welcher über Gorzkow und Kozmice nach Siereza und somit nach Wieliezka führt, ein Weg, der bei trockenem Wetter eine ebenso bequeme Verbindung zwischen der letzteren Stadt mit Dobozyce bildet, wie die Kunststrasse über Dzie- kanowice. Auf diesem Wege sieht man bis Gorzkow fast nur Löss, doch kommt bald nördlich hinter Stojowice der massige Grödeker Sandstein zum Vorschein, welcher sich längs des Südgehänges des Thales von Nowawies hinzuziehen scheint und welcher übrigens ver- mutblich auch die Unterlage des Löss bei Gorzkow bildet, in dessen Umgebung er dann wieder zu Tage tritt. Die Schlucht indessen, welche nördlich des Weges nach Stojowice bei Wegielnica sich befindet, bietet in ihrem oberen von einem kleinen Gebüsch umgebenen Theil Aufschlüsse anderer Gesteine dar. Es sind zunächst rothe Thone und dunkle Schiefer mit Sandsteinlagen. Die letzteren dominiren dann im obersten Theil der Schlucht. Sie sind fest und enthalten schlechte quarzige Sphärosiderite, welche einst, wie man mir sagte, nach Zakopane zur Verhüttung gebracht wurden. Ich bin provisorisch geneigt, in diesen Sandsteinen ein ungefähres Aequivalent [303] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 1735 der oberen Hieroglyphenschichten zu erblicken, halte indessen auch die Annahme eines neocomen Alters derselben nicht für ausgeschlossen. Der vorher erwähnte Gebirgsvorsprung, welchen die Strasse nach MysSlenice übersteigt, besteht aus dem massigen Oligocänsandstein, der an dem Steilufer der Raba zum Vorschein kommt, während die Höhe längs der Strasse von Löss eingenommen wird, der auch die Höhe von Brzacowice bedeckt. Südlich aber von diesem Orte, wo die Strasse wieder in das Thal der Raba herabgestiegen ist, kommt der Grödeker Sandstein am Rande des Gebirges auf’s Neue in Sicht. Ehe hier, kurz vor Droginia, die Strasse auf das rechte Ufer der Raba übertritt, er- blickt man namentlich auf dem Ostgehänge einer kleinen, hier herab- kommenden Schlucht grüne Mergel mit Sandsteinzwischenlagen, welche in Stunde 10 streichen und nach NO. einfallen, so dass sie jedenfalls in das Liegende des mürben, massigen Grödeker Sandsteines gehören, der, wie gesagt, etwas weiter östlich beobachtet wurde. Diese grünen Mergel und Sandsteine halte ich ebenfalls für eine Vertretung der oberen Hieroglyphenschichten. Der Grödeker Sandstein aber bleibt geradeüber von Droginia noch weiterhin am linken Rabaufer herrschend, welches er in felsigen Partien bildet. Wir erreichen wieder einen guten Aufschluss desselben kurz hinter der nächsten Brücke über die Raba, wo die Strasse wiederum vor Dolnawies auf das linke Ufer des Flusses übertritt. Hier befindet sich ein Steinbruch, welcher Bänke des ziemlich groben, immer noch mürben Sandsteines von 2—3 Meter Dicke blosslegt, welche mit 17 Grad südwestlich fallen und von schwärzlichen Lagen eines Sand- steinschiefers unterbrochen werden, welcher vollkommen übereinstimmt mit dem dünngeschichteten dunklen Sandsteinschiefer von Dziekano- wice, den wir seinerseits wieder mit den Zwischenlagen des Sandsteines von Mietniöow verglichen haben. Diese Sandsteinpartie erstreckt sich, wenn auch theilweise von Löss bedeckt, fort bis in die Gegend von Borzeta und Zakliezyn. Zwischen Borzeta und Zakliezyn zieht in nordwest-südöstlicher Richtung eine Sehlucht herab, welche schrägüber von Droginia in die Raba mündet. Hier sind wieder bessere Aufschlüsse zu beobachten. Insbesondere kommen auf der Nordseite dieser Schlucht am Gehänge von Kamionka mächtige Felsen zum Vorschein, welche aus einem massig geschichteten Sandstein bestehen, der in Stunde 18—19, also nahezu ostwestlich streicht und mit 25 Grad nach Norden fällt. Dieser Sandstein, der hier auch Veranlassung zur Anlage eines Steinbruches gegeben hat, ist be- trächtlich fester als es die massigen Oligocänsandsteine dieser Gegend sonst sind und scheint damit einen Uebergang anzudeuten , zwischen den losen grob und diek geschichteten Grödeker (Ciezkowicer) Sand- steinen des nördlichen karpathischen Vorlandes und den festen, aber minder diek geschichteten jüngeren Karpathensandsteinen (Magura- sandsteinen), welche, wie wir sehen werden, die höher ansteigenden Berge südlich der Raba zusammensetzen. Durch seine Dickschichtigkeit und Massigkeit schliesst er sich den Grödeker Sandsteinen, durch seine Festigkeit und die Beschaffenheit des Kornes den Magurasandsteinen an. Feste Grenzen zwischen ihm und den loseren Sandsteinen der Umgebung lassen sich nicht bestimmen. Wir gelangen jetzt über- 93* 796 Dr. Emil Tietze. [304] haupt in eine Gegend, die durch einen raschen Facieswechsel sich auszeichnet. Westlicb von dem genannten Steinbruche sah ich im Bächbäle auch grün gefärbte feste Sandsteine mit Hieroglyphen. Dieselben waren mit thonigen Schichten verbunden und liessen sich wohl am besten als obere Hieroglyphenschichten deuten, welche in das Liegende der vor- erwähnten Sandsteine gehören. Auf der Höhe zwischen Zakliezyn und dem nördlich davon ge- legenen Meierhofe Kaweczyn kommen Spuren mürber, aber dünner geschichteter Sandsteine vor. Beim Meierhofe Kaweczyn jedoch, beim Abstieg nach dem Thale von Siepraw sieht man dünngeschichtete graue Letten, denen eisenschüssige sandige Partien untergeordnet sind, und welche nach oben, nach der Höhe von Zakliezyn zu, in einen grusigen, aber nicht übertrieben massigen Sandstein übergehen. Es ist nieht zu bezweifeln, dass dieser grusige Sandstein dem Grödeker Sandstein ebenfalls gleichzustellen ist, dem er, abgesehen von der etwas geringeren Massigkeit, in Korn und Bindemittel durchaus gleicht. Die Gegend zwischen dem ostwestlich verlaufenden Sieprawbache und der Raba, die wir hier betreten haben, bietet noch an einigen anderen Stellen Gelegenheit zu interessanteren Beobachtungen. Zunächst kommt westlich von Kaweezyn auch noch an anderen Stellen des Südgehänges des Sieprawbaches der massige lose Grödeker Sandstein an die Oberfläche, so z. B. am Berge Dziafy, wo der Weg von Zawada nach Swiatniki über die betreffende Entblössung hinwegführt und weiter hin gegen Glogoezöw zu. Auf den Höhen um Zawada herum lagert zwar überall eine Lössdecke, doch tritt gegen den Skawinkabach und bei Krzyszkowice das ältere Grundgebirge an einigen Stellen hervor. Es besteht hier aus weichen thonigen Gesteinen, ähnlich denen, die wir bei Kaweczyn kennen lernten. Wenn man z. B. von Kızyszkowice kommend den Hügel hinauf- steigt, welcher das Thal der Krzyszkowanka von dem Sieprawbache trennt, so sieht man dicht bei dem nach Siepraw und Swiatniki führenden Wege (besonders wenn man das Glück hat, zu frischen Grabenaushebungen neben dem letzteren zu kommen) ziemlich weiche, schieferige Thone von gelblicher und bräunlicher Farbe, welche in Stunde 3 streichen. In der Näbe des Meierhofes Wolöwka kommen ähnliche Thone allenthalben vor. Sie wechsellagern daselbst mit mürben Sandsteinen, streichen in Stunde 4'/, und fallen südöstlich. Auch süd- lich von Zawada sind solche Thone vorhanden, die bisweilen im natür- lich durchfeuchteten Zustande sogar die Neigung haben, plastisch zu werden. Niemand würde auf den ersten Blick bei diesen schieferigen Thonen die Zugehörigkeit zu unseren karpathischen Oligocänbildungen vermuthen, da ihre petrographische Beschaffenheit mit derjenigen der Schiefer- und Thonbildungen dieser Schichtenabtheilung bei Wieliezka z. B. so wenig übereinstimmt und da diese Thone noch weniger dem Grödeker Sandstein von Swiatniki oder Dziekanowice vergleichbar er- scheinen, und doch sind dieselben ganz augenscheinlich gerade mit diesem Sandstein im innigsten Verbande zu denken. Sie treten nicht allein in der Fortsetzung derselben auf, indem sie die Sandsteinpartien von Javornik, Glogoezöw, Siepraw und Droginia untereinander ver- } [305] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 797 binden, sondern sie wechsellagern, wie wir sahen, auch mit solchen Sandsteinen. Diese Wechsellagerung ist hier prineipiell nichts anderes, als die Einlagerung einer weichen thonigen Schichte weiter östlich im Sandstein von Hueisko; während aber dort der Sandstein überwiegt, herrschen hier die thonigen Elemente vor. Was die schon kurz erwähnte Partie des massigen Grödeker Sand- steines nördlich dem Wege von Myslenice über Rudnik nach Isdebnik anlangt, welche zwischen Javornik und Kızywaczka entwickelt ist, so bildet sie den südlichsten, noch zum niedrigeren Hügelvorlande der Sandsteinzone gehörigen Höhenzug, den man am Wege von Swoszowice nach Myslenice antrifft, in welchem Hügellande das Auftreten des Grödeker Sandsteines einen so bezeichnenden Zug der Landschaft aus- macht. An der Strasse ist der Sandstein gleich nördlich vom Meierhofe von Javornik entblösst. Er ist dort mit mürben, sandigen, etwas glim- merigen Schiefern verbunden, welche ein Streichen in Stunde 3 und ein ziemlich steiles Schichtenfallen nach SO. aufweisen. Hier in der Nähe fanden sich auch Spuren nordischen Glacialdiluviums in Gestalt kleinerer Blöcke von rothem skandinavischem Granit. Es sind die südlichsten beobachteten derartigen Spuren auf dieser Meridianlinie. Ihre Seehöhe beträgt etwa 300 Meter. Das Bergland südlich der Raba. Wenn wir nunmehr das südlich der Raba gelegene Bergland, so weit es auf dem Blatte Wieliezka der Generalstabskarte dargestellt ist, näher beschreiben wollen, müssen wir zunächst berücksichtigen, dass der Rabafluss eine scharfe Grenze zwischen dem niedrigeren Vor- lande und dem höher ansteigenden Berglande der Sandsteinzone nicht bildet, dass er namentlich oberhalb Myslenice, wo er aus der südnörd- lichen in die mehr westöstliche Richtung umbiegt, noch inmitten des höheren Berglandes verläuft, so dass die westlich und südwestlich Myslenice zunächst gelegenen Erhebungen ihrem orographischen und geologischen Charakter gemäss nicht mehr bei der Besprechung des Vorlandes abgehandelt werden durften, sondern erst jetzt zur Erwähnung gelangen können. | ‘ Auf diese Weise muss der zwischen Rudnik und Gornawies sich erstreckende Bergzug der Barnasiöowka, westlich von Myslenice, zum höheren Berglande der Sandsteinzone gerechnet werden. Geht man von Gornawies oder von Bysina über die Barnasiöwka nach Rudnik, so fällt die Anwesenheit meist grünlicher, fester kieseliger, oft quarzitischer Sandsteine auf, welche stellenweise mit meist undeutlichen Hieroglyphen auf den Schichtflächen bedeckt sind. Dem Aussehen nach darf man diese nicht diek geschichteten Sandsteine ohne Weiteres den oberen Hieroglyphenschichten Ostgaliziens vergleichen. Auf der Höhe des Berg- zuges zeigen die Sandsteine keine Hieroglyphen mehr, sind aber noch grünlich in Folge von Beimengungen grüner glaukonitischer Körnchen. Es ist dies eine Ausbildungsweise der Sandsteine, die wir noch viel- fach im Berglande des südlichen Theiles unserer Karte antreffen werden. Am Nordabhange des Gebirges, aber noch immer in der Nähe der Kammhöhe, sah ich ein ostwestliches Streichen der Sandsteine bei 128 Dr. Emil Tietze. [306] nördlichem Fallen, so dass also die den oberen Hieroglyphenschichten zugetheilten Schichten des unteren Südgehänges in’s Liegende der auf der Höhe entwickelten Sandsteine gehören würden. Freilich konnte ich an den von mir besuchten Stellen des Südgehänges keine Aufschlüsse beobachten, welche dort die Natur des Fallens und Streichens hätten erkennen lassen. Es werden aber später noch andere Thatsachen ge- nannt werden, aus denen hervorgeht, dass das Thal von Gornawies längs eines Sattelaufbruches verläuft, dessen Nordflügel die Barnasiowka ist, so dass also die hier beobachtete Ueberlagerung der oberen Hiero- glyphenschichten durch den grünpunktirten festen Sandstein, den wir mit dem Namen Magurasandstein belegen wollen, keiner Störung oder Ueberschiebung entspricht. Ungefähr auf der halben Höhe des Nordgehänges der Barnasiöwka macht man eine merkwürdige Beobachtung. Dieses Gehänge stuft sich gegen das Thal von Rudnik zu in roh terrassenförmigen Formen ab. Bei der zweiten dieser Abstufungen kommt nun ein Sandstein zum Vor- schein, der durch seine Diekschichtigkeit, sein Korn und seine mürbe Beschaffenheit sofort an den häufig erwähnten Grödeker oder Ciezko- wicer Sandstein erinnert. Es kann auch nicht bezweifelt werden, dass wir es mit dieser Bildung hier zu thun haben und dass die orographische Gliederung des besprochenen Gebirgsabhanges mit der leichten Verwitter- barkeit und der geringeren Festigkeit dieses Sandsteines im Vergleich zu der Beschaffenheit des den Gebirgskamm bildenden Sandsteins im Zusammenhang steht. Hinzufügen muss ich, dass der mürbe Sandstein an der ziemlich nordwestlich von dem Gipfel der Barnasiowka gelegenen Stelle des Weges, wo ich ihn zuerst deutlich antraf, ein ungefähr nord- südliches Streichen bei westlichem Schichtenfalle auswies, während sich erst weiter thalabwärts mehr ostwestliche Streichungsrichtungen einstellten. Würde nicht in anderen Fällen die scharfe Trennung des Grödeker und des Magurasandsteines Schwierigkeiten verursachen, so würde man hier, wo man die beiden petrographisch und durch die Art ihrer Schichtung so verschiedenen Sandsteinentwicklungen in nächster Nähe bei einander hat, auf die Vorstellung kommen, man habe es mit zwei verschiedenen Niveaus der Sandsteinzone zu thun, umsomehr, als die merkwürdige plötzlicbe Abweichung der Streichungslinien den Gedanken einer solchen Trennung in gewisser Weise unterstützt. Man würde dann dem Grödeker Sandstein seinen Platz im Hangenden des Magurasand- steins anweisen und womöglich eine Discordanz zwischen den beiden Bildungen annehmen wollen. Es darf aber doch nicht verschwiegen werden, dass auf dem genannten, waldbedeckten Abhange die Aufschlüsse keine lückenlosen sind, so dass ein ‘unmittelbarer Contact der beiden Sandsteine nicht beobachtet werden konnte, es ist also immerhin nicht ganz unmöglich, dass sowohl das petrographische als das tektonische Auftreten beider Bildungen an ihrer Grenze durch Uebergänge einiger- massen verknüpft wird. Bei Rudnik und längs der Strasse nach Tarnöwka trifft man dann wieder auf Löss, der sich von hier nach Polanka und Zawada zu fortzieht. Geht man von Polanka in gerade südlicher Richtung nach Myslenice, so trifft man schon in der Nähe der letztgenannten Stadt in der Schlucht südlich von dem am Wege stehenden Kreuze etwa in der Mitte zwischen [307] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 729 dem der Stadt genäherten Theil von Dolnawies und Tarnöwka dunkle, thonige Schiefer mit Spuren von bunten Thonen, welche vielleicht den Lednicer Oligoeänschiefern des Gebietes von Wieliezka entsprechen. Doch lässt sich, ganz objectiv betrachtet, auch eine gewisse Aehnlichkeit dieser Schichten mit der schiefrig-thonigen Ausbildung des Neocoms südlich Wieliezka nicht abstreiten. Diese Gesteinspartie, welche übrigens sehr schlecht und undeutlich aufgeschlossen ist, liegt in der Fortsetzung der Zone der oberen Hiero- glyphenschichten von Gornawies und Bysina und könnte im Falle ihrer Verwandtschaft mit den Lednicer Schichten ein local jene Zone über- lagerndes Glied vorstellen, wenn es nicht in dieser Gegend überhaupt sehr schwer wäre, die sich vertretenden Facies und die vertical auf- einanderfolgenden Niveaus im Bereich der jüngeren Karpathensandsteine und der dazu gehörigen Schiefer auseinanderzuhalten. Jedenfalls treten keine den Lednicer Schichten oder den Menilitschiefern entsprechenden Bildungen zwischen den oberen Hieroglyphenschichten von Gornawies und den dortigen Magurasandsteinen auf. Ich habe es deshalb vor- gezogen, die Schiefer zwischen Dolnawies und Tarnöwka bei den oberen Hieroglyphenschichten zu lassen, betone aber nochmals ausdrücklich das Unsichere und Provisorische dieser Deutung, Südlich des durch eine zwischen Jasienica und Bysina gelegene Wasserscheide ausgezeichneten Längenthales von Gornawies kommen an dem nördlichen Abhange der Sularzowa rothe, grüne und bräunliche Thone in den meisten tieferen Schluchten und Wasserrissen zum Vor- schein, denen Sandsteinzwischenlagen untergeordnet sind. Nach der Höhe zu werden die Sandsteine herrschend und sind durch grüne, glauconitische Punkte ausgezeichnet, wie nördlich geradeüber an der Barnasiöwka. Ueber die Zusammensetzung der Bergmasse der Sularzowa und ihrer Ausläufer gibt auch der Weg südlich von Myslenice längs des linken Ufers der Raba einigen Aufschluss. Gleich südlich der Stadt bei der Strassenbiegung, schon angesichts des Flusses, wird ein massig geschichteter, gröberer, fester Sandstein steinbruchsmässig abgebaut. Sein Fallen ist südwärts gerichtet. Dieser Sandstein stellt ähnlich wie der Sandstein von Borzeta ein Mittelding zwischen dem massigen, mürben Grödeker und dem festen, weniger massigen Magurasandstein vor. Ich habe ihn auf der Karte nicht allein der Massigkeit seiner Bänke, sondern auch seines helleren Aussehens wegen noch zu dem ersteren gestellt. In den nächsten Schluchten an der Strasse treten bunte, zumeist rothe Thone auf, welche ihrerseits deutlich an einigen Stellen bei süd- lichem Fallen von dem massigen Sandstein überlagert werden. Der zumeist grobkörnige, massige Sandstein herrscht dann längs der Strasse noch weiter, jedoch kommen dort, wo die Strasse plötzlich einer Fluss- biegung entsprechend aus der nordostsüdwestlichen Richtung in die nordsüdliche einlenkt, wieder thonige Schiefer heraus, etwa ähnlich denen, die nördlich Myslenice am Wege nach Polanka beobachtet wurden. Das Streichen ist hier in Stunde 7 verlaufend, das Fallen noch immer südlich. Im Thal des kleinen Mikoszezebaches scheinen wieder Thone und Schiefer aufzutreten. Doch sieht man am Bergvor- 7130 Dr. ‘Emil Tietze. [308] sprunge der Nychowka abermals deutlich den festen massigen Sandstein, der hier wieder in grösseren Blöcken zum Absturz gelangt. Bei Stroza aber an der Thalecke, bei welcher der von Trzebunia aus Westen kommende Bach sich mit der Raba vereinigt, wird der Sandstein schieferig oder doch dünnschichtig und schüttig. Diese Schichten sind sehr steil nach Süden geneigt. Es war mir nicht ganz leicht, die soeben besprochenen Sandsteine auf der Karte unter die gewählte Eintheilung unterzubringen. In keinem Fall ging es ohne Inconsequenz dabei ab. Wenn am Nordgehänge der Barnasiowka die Grenze zwischen der Facies des Magurasandsteins und des Grödeker Sandsteins noch einigermassen leicht zu ziehen war, ist das hier nicht der Fall. Die massigeren festen Sandsteine zu beiden Seiten des Mikoszezebaches stehen in einem unleugbaren Zusammenhang mit den etwas minder massig geschichteten, festeren Sandsteinen auf der Höhe der Sularzowa. Sie setzen auch evident hinüber auf das andere Rabaufer, wo die Magurasandsteine am Berge Oklejna und in dessen Umgebung ganz typisch entwickelt sind. Andererseits wird man sagen, dass es nicht gut angeht, diese Sandsteine von denen zu trennen, die zunächst südlich von Myslenice entwickelt und durch den genannten Steinbruch aufgeschlossen sind. Dennoch habe ich eine solche Trennung auf der Karte vorgenommen, da es eben nicht gut angeht, Faciesüber- gänge auf einer Karte zum Ausdruck zu bringen. Es wird für den- jenigen, welcher eine geologische Karte an der Hand eines geschriebenen Commentars zu lesen versteht, eine Unzukömmlichkeit aus diesem Vor- gange auch nicht entstehen. Durch das südliche Fallen der (sozusagen also noch nicht ganz echten) Magurasandsteine in der Gebirgsmasse der Sularzowa wird im Vergleich mit dem Nordfallen der Schichten an der Barnasiowka für die ostwestliche Thallinie Jasienica-Gornawies dargethan, dass dieselbe in der Längsaxe eines Luftsattels gelegen ist, längs welcher die oberen Hieroglyphenschichten entblösst werden. Schwieriger ist die Erklärung des Auftretens der von mir zu dieser Schichtenabtheilung gerechneten Thone und Schiefer, welche südlich von der Zone Jasienica-Gornawies an einigen Stellen längs der Raba beobachtet wurden. Es wurde aber schon gesagt, dass dort. wo sich ein Lagerungsverhältniss erkennen lässt, die betreffenden Thone unter dem Sandstein liegen. Ob nun ihr Wiederauftreten hier mit kleinen Verwerfungen zusammenhängt oder auf anderen Schichtenstörungen beruht, bin ich nicht in der Lage zu entscheiden. Die schieferigen Sandsteine an der Thalecke bei Ströza rechne ich noch zum Magurasandstein. Im Bereich der bisher beschriebenen Wegstrecke war es wohl, dass im vorigen Jahrhundert der Mühlsteinbruch im Betriebe war, von welchem Hacquet (Neueste physikalisch-politische Reisen, Nürnberg 1'796, 4. Bd., pag. 103) gesprochen hat. Der Bruch soll nämlich eine Stunde oberhalb Myslenice auf einer Anhöhe Namens Struk bestanden haben. Das Gestein wurde als ein Quarzconglomerat geschildert, welches durch einen eisenschüssigen, röthlich-weissen oder blauen Thonmergel verbunden sei. (Vergl. auch Oeynhausen’s Oberschlesien 1. ec. pag. 78.) Leider ist eine andere, ungleich wichtigere ältere Angabe weniger genau localisirt worden. Es ist dies die Angabe Lill v. Lilienbach's [309] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 1731 (Neues Jahrb. 1830, pag. 202, vergl. auch Boue, Journ. de g6ol. 1830, pag. 338) über das Vorkommen von Nummuliten bei MySlenice. Die- selben sollen „in einem etwas grobkörnigen, mit vielen Quarzbrocken gemengten Sandsteine“ vorgekommen sein. Vielleieht war damit das- selbe Quarzeonglomerat gemeint, welches Haequet in jenem Mühl- steinbruche aufgeschlossen fand. Vielleicht lag aber der Lill’sche Fundort auch in einer ganz anderen Richtung von MySlenice aus. Das lässt sich heute nicht mehr entscheiden. Eine solche Entscheidung wäre aber gewiss für die Sicherheit der Deutung ganzer Gesteins- complexe dieser Gegend von grösster Wichtigkeit. Ich selbst muss leider bekennen, dass ich, ohne so glückliche Funde zu machen, die hiesigen Berge durchstreifte, In jedem Falle aber gewinnt die Annahme, dass wir hier bei Myslenice thatsächlich alttertiäre Magurasandsteine und nicht etwa Godulasandsteine vor uns haben, durch jene Lill’sche Angabe sehr an Gewicht. Der Weg von Ströza nach Trzebunia, den wir in dem westöstlich verlaufenden Thale des Trzebuniabaches jetzt einschlagen wollen , ist nicht ganz ohne Interesse, insoferne hier zunächst an mehreren Stellen, insbesondere auf der Südseite des Baches, massig geschichtete , feste Sandsteine aufgeschlossen sind, die überall nach Süden fallen. An dem Punkte, an welchem der Weg den Fluss übersetzt, um auf die Südseite des Thales überzutreten, streichen die Schichten genau ostwestlich. Bald westlich dahinter wird das Thal etwas breiter, die Sandsteine treten zurück, zum Theil maskiren diluviale Schotterterrassen das an- stehende Gestein (ohne indessen einen grossen Raum der Breite nach zu oceupiren), hinter denselben jedoch treten insbesondere südlich von Trzebunia an den niedrigeren Theilen der Bergabhänge thonige Bildungen auf. Diese Thone sind theils blaugrau, theils auch roth und enthalten Lagen krummschaliger, glimmeriger Sandsteine, welche der sogenannten Strzolka der neocomen Sandsteine Schlesiens und der Ropiankaschichten Östgaliziens sehr ähnlich sehen. Wenn ich mich trotzdem entschlossen habe, diese Gebilde nicht im Neocom, sondern bei den oberen Hiero- glyphenschichten unterzubringen, so geschah dies im Hinblick auf das Fehlen einiger gerade für die Gegend von Wieliezka bezeichnender Gesteinstypen des Neocom und in Rücksicht auf die Verhältnisse in den östlicheren Theilen Westgaliziens, wo von unseren Geologen, insbesondere von Uhlig, ganz ähnliche Bildungen ohne Bedenken zu den oberen Hieroglyphenschichten gerechnet wurden. Am Wege von Trzebunia nach Wieeiorka sieht man dann die Sand- steine, welehe südlich im Hangenden der besprochenen Thone sich befinden. Dieselben sind theilweise in massigen Bänken geschichtet, deren Schiehtenköpfe bei steiler Stellung der Schichten in Folge ihrer Festigkeit gleich Mauern über die Abhänge hervorragen. Diese Sand- steine setzen sich über die Balinka nach dem Koton fort, obschon sie diese ziemlich hohe Bergmasse nicht ausschliesslich bilden. Etwas westlich nämlich vom höchsten Gipfel des Koton gegen die kleine Ansiedelung Smietanowka zu herrschen feinkörnige, sandige Schiefer, welche ich indessen ebensowenig wie früher die schieferigen Sandsteine bei Ströza von dem Magurasandstein zu trennen Veranlassung fand. Auch‘ diese Schiefer fallen südwärts. Jahrbuch der k.k. geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Bd. 3. Heft, (Dr. Emil Tietze.) 94 732 Dr. Emil Tietze. [310] Am linken Ufer der Raba von Ströza bis Peim aufwärtsgehend hofite ich gleichfalls einen gewissen Einblick in die Zusammensetzung der mit dem Koton verbundenen Gebirgsmassen zwischen der Raba und dem Trzebunjabache zu gewinnen. Dieser Weg enttäuscht jedoch durch meistens undeutliche Aufschlüsse. Was ich sah, ist etwa Folgendes: Gleich südlich vom Strözabache trifft man deutlichere Spuren der oberen Hieroglyphenschichten (indessen mit wenig Hieroglyphen), welche aber sofort weiter südlich von einem massig geschichteten, grobkörnigen Sandstein überlagert werden. Dann kommen am Bache Mirköwka wieder dünn geschichtete. glimmerige, zum Theil krummsehalig sich absondernde Sandsteine zum Vorschein, welche mit rothen und grünen Thonen zu einem Ganzen verbunden sind und in Stunde 8!/, streichen. Sie dürfen mit demselben Recht, aber auch mit demselben Vorbehalt wie die Thone und strzolkaartigen Sandsteine von Trzebunia den oberen Hieroglyphenschichten zugerechnet werden. Südlich davon bei dem Bergvorsprung, der südlich von Zaladköwka an die Raba herantritt, treten wieder diekschichtige Sandsteine auf, die man auch deutlich schrägüber auf der anderen Seite des Flusses ausnimmt. Noch weiter südlich sieht man dünnschichtigere Sandsteine, darunter solche mit Kalkspathadern. Ueberhaupt scheinen in der Richtung nach Peim zu mehr schiefrige Gesteine zu herrschen, welche indessen längs der Strasse nur wenig .aufgeschlossen sind. Bei Peim selbst sieht man bessere Aufschlüsse. Hier stehen längs des Baches schwarze Schiefer an, die ich in Ermangelung sicherer Anhaltspunkte vorläufig dem Oligocän zugewiesen habe. Meinem ursprünglichen Eindrucke folgend, würde ich diese Schiefer von Peim allerdings lieber zum Neocom gebracht haben, da sie mit den neocomen Schiefern südlich von Wieliezka oder auch mit den Wernsdorfer Schichten Schlesiens jedenfalls mehr Aehnlichkeit haben, als mit allgemeiner bekannten oligoeänen Schiefertypen, etwa die schwarzen Schiefer der Uhlig’schen Bonaröwkaschichten ausgenommen, sofern die letzteren nämlich wirklich überall oligocänen Alters sind. Ich wollte mich indessen mit meinen Deutungen ohne zwingenden Grund nicht in allzugrossen Gegensatz zu den Auffassungen meiner Collegen in den benachbarten Gebieten setzen. Das am rechten Ufer der Raba gelegene Gebiet zerfällt, so weit es uns bier interessirt, durch die südnördliche Lage des Krzyworzeka- thales zwischen Wierzbanowa und Dobezyce ziemlich naturgemäss in zwei ungleiche Abschnitte, von welchen wir zunächst den westlichen zwischen jenem Thal und der Raba gelegenen kurz besprechen. Hier erhebt sich der im Ganzen sehr einförmig zusammengesetzte, bewaldete Gebirgszug, der im Nordwesten mit der Oklejna beginnt und im Südosten mit der Lysina, der höchsten Erhebung (397 Meter) in dem Bereich des Kartenblattes Wieliezka, endet. Der Gipfel Sliwnik liegt am Verbindungskamm zwischen Oklejna und Lysina und der Gipfel Kamienik ist der Lysina nach Norden zu vorgelagert. Alle diese Gipfel bestehen aus dem schon genannten, oft grünlich punktirten, nicht dick- schichtigen festen Sandstein. Der längste und tiefste Thaleinschnitt in [311] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 133 diesem Zuge befindet sich auf dessen Nordseite bei den Dörfern Poreba und Trzemesna. Hier treten einige Bildungen auf, welche die Monotonie des Terrains unterbrechen. Gleich oberhalb Poreba an den unteren Ab- hängen der Lysina und in der Gegend des kleinen zwischen dem Kamienik und der Lysina herabkommenden Lysinabaches sieht man bunte, meist rothe Thone, welche den ähnlichen Bildungen an der Raba oberhalb Myslenice entsprechen und zwischen Poreba und Trzemesna trifft man unmittelbar an den Ufern des Baches dunkle sandige Schiefer, die ich mir provisorisch erlaubt habe als zur Gruppe der unteren Karpathensandsteine gehörig anzusprechen. Dieselben gehen vielfach über in dunkle, dünngeschichtete, krumm- schalige Sandsteine mit Kalkspathadern. Sie streichen in Stunde 5 und fallen südlich. Zu erwähnen sind dann noch braune, thonige Gesteine vom oberen linken Ufer des Baches gegen Sliwnik zu, die ich mit den erwähnten bunten Thonen in Zusammenhang bringe. Das Streichen des Sandsteines der Lysina fand ich in Stunde $8!/, mit südwestlichem Fallen. Die niedrigere Landschaft nördlich von dem erwähnten Gebirge besteht grösstentheils aus massig geschichteten Sandsteinen von etwas loserem Korn, die den Oligocänsandsteinen nördlich der Raba mehr oder weniger gleichen. Nördlich vom Oklejnaberge gegen Osieczany zu ist die Grenze zwischen der Sandsteinfacies des höheren :Gebirges und der Sandsteinfacies des Hügellandes schwer zu ziehen. Nördlich vom Kamienik dagegen ist dieselbe sehr gut gegeben durch die bei Zasan zwischen Trzemesna und Lipnik sich ausbreitende Einsenkung, welche von bunten Thonen mit Einlagerungen eingenommen wird, die den Sandsteinen der oberen Hieroglyphenschichten durchaus ähn- lich sehen. Ein etwas anderer Schiehteneomplex wird südlich des Einflusses der Zasanka in den Lysina potok ganz am unteren Ende des Dorfes Trzemesna beobachtet. Am rechten Ufer des letztgenannten Baches be- findet sich hier ein schöner Aufschluss, durch welchen vielfach gebogene und gestörte Lagen entblösst werden, die in mancher Beziehung an Menilitschiefer erinnern. Als solehe habe ich sie auch auf der Karte bezeichnet, weil mir kein anderes Mittel blieb, dieselben von den bunten, thonigen Gesteinen ihrer Umgebung zu unterscheiden. Typische Menilitschiefer sind es indessen nicht. Sandige Schiefer zum Theil mit kohligen Spuren, zum Theil aber auch mit Hieroglyphen, sind dieser Bildung vielfach untergeordnet, und da diese sandigen Schiefer bis- weilen auch grünliche Gemengtheile haben, so werden gewisse Lagen manchen Einschaltungen der oberen Hieroglyphenschichten nicht un- ähnlich. Es ist sozusagen mehr der Gesammthabitus der ganzen Ent- blössung, welcher an die Entblössungen der Menilitschiefer erinnert. Inmitten eines karpathischen Neocomgebietes weiter im Westen, wie etwa in Schlesien, würde man indessen auch versucht sein, dabei an Wernsdorfer Schichten zu denken. In jedem Fall erscheinen diese Ablagerungen schon durch ihre Lage mit den von mir zu den oberen Hieroglyphenschiehten gerechneten bunten Thonen von Zasan ziemlich enge verbunden, wenn auch ein unmittelbarer Contact mit denselben nicht wahrgenommen werden konnte. 94 * 734 Dr. Emil Tietze. [312] Gleich weiter nördlich am Nordufer der Zasanka beginnen die mürben, massigen Oligocänsandsteine, die zunächst an der Mündung der Zasanka steil nordwestlich fallen. Dann thalabwärts wird die Schichtenstellung zunächst anscheinend flacher. Bei Leki wird das niedrigere westliche Ufer von lössartigem Lehm eingenommen und erst gegen Banowice zu tritt der massige Sandstein wieder an beiden Ufern auf. Man sieht dort gute Aufschlüsse beim Bache selbst und erkennt nordsüdliches Streichen der Bänke bei westlichem Fallen. Die Wadaskowa göra, sowie überhaupt alle die bewaldeten Höhen nördlich von Zasan bestehen ganz aus dem bezeichneten Sandstein, der dort in der Regel nach Stunde 7 streicht und auch die in der Richtung nach Dobezyce zu verlaufenden Rücken zusammensetzt. Einige Thalschluchten wie, die Burletka, und der von Kornatka kommende Olszaniecki potok, sind hier ın die Sandsteinmasse einge- rissen. Dieselben haben ihre steileren Gehänge auf der Ostseite, auf weleher der Sandstein zum Vorschein kommt, während die flachere Westseite von Löss bedeckt erscheint, der übrigens westlich Kornatka auch auf der Höhe des Rückens auftritt. Das Liegende des oft noch ziemlich mürben Sandsteines ist am Grunde jener Schluchten meist nicht aufgeschlossen. Nur am obersten, südlichsten Ende der Schlucht von Burletka beobachtet man sandige dunkle Thone mit Sandsteinzwischenlagen, welche letztere stellenweise auch Hieroglyphen führen. Sie streichen dort in Stunde 3—4 mit öst- lichem Fallen. Die Auflagerung des Sandsteins der Höhen auf diesen Aequivalenten der oberen Hieroglyphenschichten ist unzweifelhaft und deutlich. Bei Kornatka habe ich einen derartigen Aufbruch etwas älterer Schichten nicht bemerkt. Doch muss ich bekennen, dass ich den dortigen Bach nicht bis in seine obersten Verzweigungen verfolgt habe. Damit ist unsere Beschreibung wieder in der Nähe der Raba, und zwar in der Umgebung von Dobezyce, angelangt. Das Städtchen Dobezyce liegt zum grossen Theil am Fusse eines von einer malerischen Ruine gekrönten Sandsteinberges in der Alluvial- ebene der Raba. Die östliche Fortsetzung der Ortschaft längs der nach Wisniowa führenden Strasse befindet sich auf der niedrigen, hier von diluvialen Lehmen eingenommenen Wasserscheide zwischen der Raba und dem unteren Theil des Krzyworzekabaches, nach Südosten hin liegt auf der Höhe des Berges die Vorstadt Przedmiescie, welche durch eine neben dem alten Castell vorbeigehende fortlaufende Häuserreihe mit der tiefer gelegenen Stadt verbunden wird. Gleich beim Beginn des Aufstieges von der Stadt nach dem Castellberge kommen die Sandsteine, aus denen der letztere besteht, zum Vorschein. Sie streichen hier meist nach Stunde 3 und fallen nordwestlich. In ihrem Liegenden treten südlich von der Ruine grüne und rothe Thone auf, welche sich einerseits westlich zur Raba hinab- ziehen, andererseits aber eine Strecke weit auch auf der Höhe anhalten, bis sie am östliehen Ende der oberen Stadt wieder von südöstlich fallenden Sandsteinen abgelöst werden, deren Streichen sich dort aber mehr der ostwestlichen Richtung nähert. Es stellt sich heraus, dass das Vorkommen der Thone hier einen Sattelaufbruch entspricht. [313] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 1735 An einigen Stellen auf der Höhe von Dobezyce beobachtete ich kleinere Blöcke oder Stücke von rothem, erratischem Granit. Öestlich von Dobezyce liegt auf der letzten Anhöhe, die den Krzyworzekabach von dem Rabathal scheidet, das Dorf Skrzynka, wo wieder, obgleich meist nur wenig entblösst, der massige, mürbe Grödeker Sandstein mit südöstlichem Fallen bemerkt wird. Südlich von Dobezyce und Skrzynka ist das Thal der Krzyworzeka eine Strecke lang bis oberhalb der Ansiedelung Czaslaw ganz in solchen Sandstein eingeschnitten, der hier beiderseits des Baches sichtbar wird. Hinter der Brücke, über welche der sich nach Raciechowice abzweigende Weg führt, trifft man am westlichen Thalgehänge einen Steinbruch, in welchem der diesmal etwas festere Sandstein besonders gut aufge- schlossen wird. Er streicht dabei in Stunde 4 und fällt mit 45 Grad südwärts. Die einzelnen Bänke erreichen hier eine Mächtigkeit von 2 Meter und darüber. Thonige Zwischenlagen erinnern ganz auffällig an die Verhältnisse, die wir von Hucisko her kennen. Südwärts gegen Wisniowa zu erweitert sich das Thal beträcht- lich, augenscheinlich in Folge des Herüberstreichens der thonigen und schieferigen Bildungen, die wir an der Zasanka kennen gelernt haben. Doch gibt es weder längs der unteren Hälfte des langgestreckten Dorfes Wisniowa, noch bei Glichöw und Lipnik Aufschlüsse vordulivialer Schichten. In der Umgebung des oberen Theiles von Wisniowa findet man wohl an den Anhöhen auf der westlichen Thalseite Andeutungen an- stehender Gesteine, die die Forterstreckung der oberen Hieroglyphen- schichten bis in dieses Gebiet nicht unwahrscheinlich machen, deutlichere Entblössungen sah ich aber erst oberhalb des Zusammenflusses der beiden Quellbäche der Krzyworzeka am westlichen dieser Bäche, der den Namen Kobielniki potok führt. Nachdem man im Bachbett an einigen Stellen Sandsteinbänke von mässiger Mächtigkeit angetroffen hat, welche ich mir noch zur Masse des weiter östlich gelegenen, aus Magurasandstein bestehenden Berges Ciecien gehörig denke, erblickt man an der Swinna göra auf ‘ der Ostseite des Baches plötzlich dünnblätterige, scharfkantig brechende, kieselige Schiefer mit weissen Verwitterungsbeschlägen und schwarzen, eingeschalteten Hornsteinlagen, welche in Stunde 7 streichen und steil nach Süden fallen. In diesem Fall kann nicht daran gezweifelt werden, dass wir es mit Menilitschiefern zu thun haben, wenn wir auch nicht gerade die Vereinigung sämmtlicher diesen Schiefern eigenen Gesteins- varietäten vor uns sehen und es darf bemerkt werden, dass auch die äussere Gestalt der Swinna göra, die sich als relativ niedrige, aber doch spitze Kuppe präsentirt, völlig an den Charakter der Menilit- schieferberge erinnert, der dem mit den ostgalizischen Verhältnissen vertrauteren Geologen so wohl bekannt ist. Weiter südlich an der Fortsetzung unseres Weges nach Weglowka und somit an die Grenze, welche unserer Beschreibung durch den Abschluss der Karte gesteckt ist, kommen zunächst glimmerige Hiero- glyphensandsteine mit blauen Letten und sodann rothe Thone hervor, bis schliesslich auf der Passhöhe und jenseits.bei den ersten Häusern von Weglowka theils etwas gröbere Sandsteine mit weisslichen, kalkigen 736 "Dr. Emil Tietze. [314]. Einschlüssen, theils feinkörnige, im frischen Zustande sehr feste Sand- steine mit grünlichen Punkten gefunden werden. ‚Letztere sind durchaus vorherrschend und stellen, wie nicht anders zu erwarten war, die Fort- setzung der Magurasandsteine der Lysina dar. Etwas südlich der Pass- höhe trifft man sogar auf mehr intensiv grüngefärbte Sandsteine. Alle diese Sandsteine sind nicht massig geschichtet. Jene glimmerhaltigen Hieroglyphensandsteine, die bei Kobielniki in Gesellschaft von blauen und rothen Thonen auftreten, würde man ihrer petrographischen Beschaffenheit nach in anderen Fällen gern den cretacischen Ropiankaschichten beizählen. Da indessen die oberen Hiero- glyphensehichten bei dieser Deutung unter den Magurasandsteinen nicht vertreten wären, da ferner nach der Mittheilung Uhlig’s die oberen - Hieroglyphenschichten der östlich an die hier beschriebenen Gebiete. angrenzenden Gegenden bisweilen auch einen Habitus aufweisen, der dem der echten Ropiankaschichten ähnlich ist, so mag; in Ermange- lung von Profilen, welche derartige zweifelhafte Vorkommnisse mit Sicherheit den tieferen Gliedern der Sandsteinzone zuzuweisen gestatten, die hier vorgeschlagene Deutung einen gewissen Grad von Wahr- scheinlichkeit für sich haben. | { nn He En, Indem wir jetzt auf das rechte Ufer der Kryworzeka übergehen und damit die Beschreibung des östlichen Theiles der südlich von der Raba gelegenen Landschaft beginnen, brauchen wir uns nicht gleich aus der Gegend von Wisniowa zu entfernen. Oestlich vom Thal von Wisniowa erhebt sich ein nicht unbedeutender Bergzug von auffallender Weise nordsüdlicher Richtung zwischen den oberen Läufen der Bäche Krzyworzeka und Stradomka. Er gipfelt im Süden in dem 835 Meter hohen Ciecien und läuft im Norden’ mit dem charakteristisch geformten Grodzisko aus. Diese Berge bestehen fast durchgängig aus demselben Sandstein, der weiter westlich den Zug der Oklejna und Lysina zu- sammensetzt. Bei Wierzbanowa, wo die Wasserscheide zwischen den Quellbächen der Stradomka und Kryworzeka sich erhebt, stehen diese Sandsteine in Verbindung mit den von Weglowka aus ihnen die Hand reichenden Gesteinsbänken des Lysinazuges. Am Berge Grodzisko süd- lich von Raciechowice, also mehr in der Nähe der Sandsteinentwicklung von Dobezyce, werden die Bänke unseres Sandsteins etwas diekschich- tiger und der Sandstein selbst wird etwas mürber und sogar stellen- weise grobkörniger als am Ciecien ; das scheint eine gewisse Annäherung. an den Typus des Grödeker Sandsteines zu bedeuten. Sehr auffällig ist, wie schon gesagt, die ungefähr meridionale Erstreekung des erwähnten Gebirges. Es Jässt sich nicht, überall nach- weisen, dass dieser Umstand ‚mit dem Schichtenstreichen in demselben in directer Beziehung steht, da namentlich am Ciecien der Gehänge- schutt fast allseitig die Schichtenköpfe überdeckt, sofern nieht die zwar meist ziemlich elend aussehende, aber doch vorhandene Bewaldung des Berges schon an sich eine nähere Beobachtung erschwert. Dennoch balte ich dafür, dass jene Erstreckung keine ganz zufällige, etwa blos durch die Art der späteren Denudation bedingte sei. Zwischen den Ort- schaften Dabie und Smykan tritt nämlich die besprochene Sandsteinmasse [315] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Kr.kan. 137 auf das rechte Ufer der Stradomka hinüber, welche hier deshalb einen ziemlich eingeengten Thalweg besitzt. Hier bieten sich vielfach bessere Aufschlüsse dar, welche die ausgesprochene Vermuthung theilweise bestätigen. Gleich südlich von Dabie fällt der hier ähnlich wie am westlich benachbarten Grodzisko ziemlich massige Sandsteine nordöstlich. Bald aber trifft man am rechten Ufer des Baches eine vom Walde Kramarka herabkommende Schlucht, in welcher man wechselnde Streichungsrichtungen zwischen Stunde 10!/,—1 bei östlichem Fallen, also im Durchschnitt meridionale Erstreckung der Schiehtbänke wahr- nimmt. Später wird das Fallen ein umgekehrtes. Gehen wir von hier aus die Sn euka aufwärts, so finden wir an einigen Stellen dem Sandstein dunkle Schiefer oder doch sandige Schiefer mit kohligen Spuren, wenn auch in geringer Mächtigkeit, ein- gelagert. Es sind das Andeutungen der Einschaltungen, die wir in den nördlich der Raba entwickelten massigen Oligocänsandsteinen wieder- holt kennen gelernt haben und auf diese Weise dürfen die hier ent- wickelten Sandsteine als ein Bindeglied zwischen der das Gebirge be- herrschenden Entwicklung der Magurasandsteine und der das Hügelland beherrschenden Entwicklung des Grödeker Sandsteins betrachtet werden. Etwas weiterhin, ungefähr schrägüber dem Berge Dzialy, sah ich an einer. Stelle, wo graue Schiefer dem Sandstein eingelagert sind, ein Streichen in Stunde 2 bei einem südlichen Fallen von 50 Graden. Der Sandstein tritt dann bald vom Bache mehr zurück und es erheben sich am linken Ufer des letzteren deutliche Diluvialterrassen. Diluviale Bildungen, oberflächlich zumeist aus lössartigem Bear bestehend, nehmen dann bei Szezyrezyce sowohl das höhere linke, als das beträchtlich niederigere rechte (östliche) Thalgehänge ein. Doch fand ich in einer flachen Schlucht nördlich Szezyrezyce in der Richtung gegen Abramowice zu Hieroglyphenschichten , welche wohl am passendsten bei den oberen Hieroglyphenschichten unterge- bracht werden, obschon sie in mancher Hinsicht an Ropiankaschichten erinnern. Am südlichen Ende von Szezyrezyce sieht man geradeüber von dem dortigen Wirthshause am linken Bachufer nicht sehr dünnschichtige, thonige Schiefer mit einzelnen eingelagerten Sandsteinbänken, welche in Stunde 10!/, —11'/, streichen und südwestlich fallen. Die Schiefer sind grau und zeigen muscheligen Bruch. Einzelne Lagen weisen auf den Sehichtflächen. Wülste auf. Aehnliche Bildungen kommen dann auf der Ostseite des Thales bei Raciborzany vor. Es ist das ein Typus von Oligoeängesteinen, wie er in analoger Weise vielfach gerade im, Süd- osten unseres Gebietes entwickelt ist und den wir weiterhin noch be- sprechen werden. Ich halte diese Schiefer für jünger als die vor- erwähnten Hieroglyphenschichten. Mit den letzteren sind dann wieder die Bildungen zu targlbichen; : welche in verschiedenen Wasserrissen bei Skrzydlna und Przenosza am Wege nach Wierzbanowa (und Wisniowa) hervortreten. Hier sieht man krummschalige Sandsteine und Kalkspathadern, dunkle Schiefer und rothe Thone, also Gesteine, welche den vom Kobielniki potok ober- halb Wisniowa beschriebenen Gebilden entsprechen, mit welchen sie zweifellos unter der Magurasandsteinbedeckung im Zusammenhang 138 Dr. Emil Tietze. [31 6] stehen. An einer Stelle beobachtete ich hier ein steiles südliches Ein- fallen mit ostwestlichem Streichen. Wir wenden uns wieder etwas nordwärts nach Raciechowice, dort befinden wir uns in einem Schiefergebiet, welches sich als relative Depression zwischen den Sandsteinbergen des Grodzisko im Süden und des Skrzydlo las im Norden landschaftlich gut markirt. Die besten Aufschlüsse jener Schichten sah ich an dem Wege von Raciechowice nach dem Krzyworzekathal hinab, welcher Weg bei der schon früher einmal genannten Brücke sich mit der von Wisniowa nach Dobezyce führenden Strasse vereinigt. Man sieht hier dunkle, ziemlich dünn- blätterige Schiefer, welche, sofern sie nicht neocom sind, nur den dunklen Oligoeänschichten nördlich der Raba, d.h. den Schiefern der Lednicer Schichten Niedzwiedzkis, entsprechen können. In der Nähe von Raciechowice streichen dieselben in Stunde 4 bei südöst- lichem Fallen, etwas westlich weiter unten in Stunde 101/, bei süd- westlichem Fallen, dann weiter hinab in Stunde 3 bei oft und in kurzen Intervallen wechselnder Fallrichtung. Kleinere Aufschlüsse derselben Schiefer finden sich noch gelegentlich der Begehung des Terrains zwischen Raciechowice und den Meierhöfen Zarebki und Wolica, während die Ostflanke des Gebirgsüberganges von Raciechowice bei Komarniki und Dabie von diluvialen Lehmen bedeckt erscheint. In der Gegend von Komarniki sah ich unter den zur Strassenbeschotterung verwendeten Steinen auch nordische erratische Geschiebe , welche, so weit ich das durch Erkundigungen ermitteln konnte, aus der Stradomka stammten. Die Sandsteine der Erhebungen nördlich von Raciechowice be- ginnen ganz in der Nähe des Dorfes. Schon unmittelbar oberhalb des Schlosses am Wege nach dem Dorfkirchhof sieht man dieselben anstehen. Sie erweisen sich als massig geschichtet und ziemlich mürbe und lose, so dass sie, da sie sich im Hangenden der Schiefer befinden, ihrer Stellung und Beschaffenheit nach ganz gut mit dem Grödeker oder Ciezkowicer Sandstein übereinstimmen, indem sie sich von dem letzteren nur durch das hier nicht deutlich zu beobachtende Vorkommen kugeliger, fester conceretionirter Partien unterscheiden. Diese Sandsteine bilden zunächst einen nur durch geringe Höhen- differenzen ausgezeichneten Kamm, der sich in östlicher Richtung von hier aus über Kwapinka hinaus bis in die Gegend westlich von Lapanöw fortzieht. Es darf constatirt werden, dass stellenweise, wie man das schon bald ober Raciechowice bemerkt, Zwischenlagen von rothen Thonen in diesem Sandstein sich bemerkbar machen. Dieselben waren jedoch nicht mächtig und ausgedehnt genug, um auf dieselben bei der Karte Rücksicht nehmen zu können. Ebenso wenig konnte das bezüglich der Spuren von Schiefern geschehen, die augenscheinlich ebenfalls als Einlagerungen am Wege nach Sosnowa auf der Kammhöhe vorkommen. Unser Sandsteinzug dacht sich gegen den Unterlauf der Krzyworzeka und gegen die Raba zu ab. Am südlichen Ufer der Krzyworzeka, schrägüber von Skrzynka, befinden sich in dem dort etwas härteren Sandstein Steinbrüche. Die unbequeme Lage der letzteren wird durch die bessere Beschaffenheit des Gesteins ausgeglichen. [317] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 7139 Etwas weiter östlich in der Gegend zwischen Stadniki, Kedzierzynka, Strzyszowa und Mierzen ist das Hügelland wieder mit Löss bedeckt. Oberhalb Stadniki in dem kleinen Bach bei Kedzierzynka sah ich wieder zweifellose nordische Geschiebe. Nicht uninteressant sind die Verhältnisse des Gebirgsabfalles gegen die Raba zu zwischen Stadniki und Zreezyee. Gehen wir zu- nächst die kleine Schlucht aufwärts, die von der Kedzierzynka unter- halb Stadniki nach der Höhe von Stryszowa führt. Hier erblieken wir dunkle Schiefer mit Hieroglyphenschichten, welche mit rothen und grünen Thonen in enger Verbindung stehen, Bildungen. die ich auf der Karte als obere Hieroglyphenschichten bezeichnet habe. Das Streichen dieser Schichten wechselt zwischen Stunde 6 und Stunde 3. Das Fallen ist ebenfalls ein verschiedenes. Einer Lage des grünen Thones finden sich Knollen von Schwefelkies in nicht ganz unbedeutender Menge eingebettet. Dieses Schichtensystem ist wohl älter als die jetzt zu beschrei- benden sandigen Bildungen der Sypka gora, wenn auch der directe Contact mit den letzteren dureh Löss etwas verdeckt wird, und wenn auch die Fallrichtung der letzteren dem zu widersprechen scheint. Der Nordabfall der Sypka göra stellt ein altes Steilufer der Raba dar. Er ist buschig bewaldet und bietet deshalb meist keine deutlichen Aufschlüsse dar. Dennoch befindet sieh im östlichen Theil des Berges ein tiefer Einriss, durch welchen die hier auftretenden Bildungen bloss- gelegt werden. Dieselben bestehen aus einem System meist dünner sehr sandiger Schichten mit thonigen Zwischenlagen. Meist hat man ganz lose Sande vor sich, in welchen sich vereinzelt fester verkittete Sand- steinkugeln finden. Diese Lagen fallen mit durchschnittlich etwa 30 Grad südwärts. Was hier auffällig wird, ist das Vorkommen kleiner Sehmitze und Nester von äusserlich glänzend schwarzem Lignit. Derselbe wird häufig vom Wasser ausgewaschen und die deshalb lose umherliegenden Stücke werden von den Schmieden der Umgebung bisweilen gesammelt und verwendet. Eine grössere Bedeutung besitzt aber dieses Vorkommen keineswegs. Doch ist es theoretisch nicht ganz unwichtig, insoferne es zeigt, wie die kohligen Zwichenlagen der Oligocänsandsteine bei Wieliezka (Mietniow) sich in gleichalterigen Bildungen unter Umständen zu einem wirklichen Kohlenvorkommen ausbilden können. Andererseits ist bezüglich der Sypka göra interessant, dass der Grödeker Sandstein auch noch südlich der Raba die Form loser Sande stellenweise anzu- nehmen im Stande war. Bei Zreezyce und Zagorzany herrscht dann wieder Löss. Südlich Zagorzany am Wege nach Lubomierz passirt man die östliche Fort- setzung des vorhin erwähnten, von Raciechowice und Kwapinka her- beiziehenden Sandsteinrückens. Am Nordabhange desselben kommen hier im Liegenden des Sandsteins bunte, zum Theil bläuliche, zum Theil gelbe und rothe Thone zum Vorschein, dort, wo der Weg bereits den bewaldeten Rücken erreicht hat. Ich habe dieselben den oberen Hieroglyphenschichten beigezählt. Am Südabfall desselben Rückens treten bei Lubomierz aus der Lössbedeekung des Gebietes gelbliche und bräunliche schieferige Sandsteine und sandige Thone hervor, Bildungen, die ziemlich an die früher erwähnten Schichten von Szezyrezyce und Raeiborzany an der oberen Stradomka erinnern. Jahrbuch der k.k. geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Band. 4. Heft. (Dr. Emil Tietze.) 95 740 Dr. Emil Tietze, [318] Von hier aus westlich uns gegen Raciechowice zurückwendend, gelangen wir zunächst nach Gruszöw, wo an der nördlichen Thalseite des dort in die Stradomka mündenden Baches sehr massig geschich- teter, ziemlich mürber Grödeker Sandstein ansteht. In minder deutlicher Weise sind daselbst auch sandige glimmerige Schiefer entblösst, die ich aber von dem Sandstein zu trennen keine zwingende Veranlassung hatte. Oberhalb Gruszöw gegen die Höhe von Kwapinka zu sieht man nur Löss. Dagegen kommen südwestlich von Gruszöw in der Nähe der Mühle von Sawa im Stradomkabache wieder die massigen Oligoeän- sandsteine zum Vorschein, welche dort in Stunde 7 streichen und südlich einfallen. Zwischen diesem Punkte und Raciechowice sah ich nur am steileren Ostgehänge der auf den Karten mit dem Namen Ka- pielniezna bezeichneten Schlucht noch Spuren von Sandstein, der dort wieder einer fester verkitteten Varietät angehört, welche in mancher Beziehung an die weiter südlich entwickelten Sandsteine des Grodzisko erinnert. Von den nördlich der Stradomka zwischen diesem Bach und dem Rabaflusse befindlichen Hügelmassen bleibt mir nunmehr nur noch die- jenige Partie zu beschreiben übrig, welche sich östlich und nordöstlich von der von Gdöw nach Lapanow führenden Strasse befindet. Ich habe dieses schluchtenreiche Gebiet nach verschiedenen Richtungen durch- streift und dasselbe ganz vorwiegend aus massigen mürben Oligoeän- sandsteinen zusammengesetzt gefunden, welche vielfach von Löss überdeckt werden. Nur am Absturz gegen das Rabathal bei Kleezany sah ich anscheinend südlich fallende dunkle Schiefer mit dünnschichtigen grünlichen Hieroglyphensandsteinen, die ich als zu den oberen Hieroglyphenschichten gehörig anspreche. Sonst ist gerade hier auch der Nordabfall der jetzt betrachteten Hügelmasse vorwiegend von Löss eingenommen, der bei Podolany in der Nähe der oben erwähnten Strasse ansteht, ebenso wie weiter östlich bei Niewariöw, Podgrodzie und Dabrowica. Im Hangenden jener oberen Hieroglyphenschichten sieht man noch bei Kleezany selbst Spuren des massigen Grödeker Sandsteins; desgleichen auf der Höhe von Jakubowska und gleich südlich von Jaroszöwka, wo er südlich einfällt. Grobkörnige, nahezu conglomeratische Lagen sind hier wie überall zwischen der Raba und Stradomka viel verbreitet. Auch in der Waldschlucht östlich von Jaroszöwka ist eine derartige Entblössung wahrzunehmen, sowie Spuren davon auch in dem steilen Lösseinriss zwischen Niewariöw. und Jaroszöwka bemerkt werden, obschon dort nur in der tieferen Partie der Entblössung Andeutungen von Kieseln zum Vorschein kommen, die aber wohl auf die Zersetzung des in der Nähe befindlichen Conglomerats zurückgeführt werden dürfen. In ähnlicher Weise wie bei Jakubowska schimmert dann der Sandstein noch an mehreren Stellen unter der Lössdecke durch. Von der Höhe, über welche die oben erwähnte Strasse zwischen Zagorzany und Lapanöw führt, zieht sich namentlich ein bedeutenderer Einriss nordwärts hinab (bald nachdem man von Gdöw kommend den ersten höchsten Punkt der Strasse erreicht hat). Hier ist der mürbe Sandstein ebenfalls entblösst. Er ist dabei minder conglomeratisch und wechselt hier vielfach mit dunkelgrauen sandigen Schieferlagen, die [319] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 741 zuweilen auch flach krummschalig werden, eine für dieses Gebiet etwas ungewöhnliche Art der Einschaltung fremder Schichtelemente in den Sandstein. Weiterhin herrscht an der Strasse gegen Lapanow zu Löss. Bessere Aufschlüsse sieht man wieder an der Stradomka zwischen Lapanöw und ihrer Einmündung in das Alluvialgebiet der Raba. Gleich östlich von Lapanöw ist hinter der Brücke über die Stradomka der massige ÖOligocänsandstein an der rechten Thalseite dureh einen Steinbruch aufgeschlossen. Später sieht man ihn bei Wieruszyce mit mässiger Neigung südlich fallen. Hinter der Bergnase von Wieruszyee folgt am östlichen Abhange des betreffenden Berges etwas Löss. Bei Wola wieruszycka tritt das Gebirge mit seinen Sandsteinen wieder näher an den hier südnördlich verlaufenden Fluss heran. Die Sandsteine sind hier ebenfalls massig, mürb .und fallen mit wenig steiler Neigung südlich. Nochmals wird dann das zurücktretende Gehänge der linken Thalseite des Baches von Löss eingenommen, bis bei Chrostowa wiederum der Sandstein erscheint, der hier ganz deutlich durch Wechsel- lagerung mit dünnschieferigen Lagen in Verbindung steht. Vor dem Kreuz von Chrostowa bekommt er ein nordwestliches Fallen, von dem ich nicht anzugeben vermag , ob es mehr als locale Bedeutung besitzt. Im Dorfe selbst ist der Sandstein noch vorhanden. Erst bei Dabrowiea folgt typischer Löss. Das rechte Ufer des Baches zeigt auf der ganzen jetzt geschilderten Strecke denselben Sandstein, dem erst noch weiter nördlich gegen die von Gdöw nach Bochnia führende Strasse zu obere Hiero- glyphenschichten folgen. Wir begeben uns jetzt in das Gebiet am rechten Ufer der Stra- domka, welches südlich der Linie Gruszow-Lapanow gelegen ist. Von dem Auftreten des massigen Oligocänsandsteins bei Lapanow haben wir schon gesprochen. Von Lapanöw den Tarnawabach aufwärts gehend, haben wir bis zum Dorfe Tarnawa beiderseits des genannten Baches lössbedeckte ziemlich flache Gehänge. Oestlich davon treten in der Gegend von Zbydniow Spuren der oberen Hieroglyphenschichten als Fortsetzung der Bildungen auf, die Uhlig weiter im Osten im westlichen Theil des Blattes Bochnia unter diesem Namen ausgeschieden hat. Hier in der Nähe von Zbydniow finden sich auch Schiefer mit Fischresten, welche den Menilitschiefern zu vergleichen sind. Jenseits des Einflusses des kleinen Przeginia potok erhebt sich das Gebirge höher und hier tritt wieder der massige mürbe Grödeker Sandstein in grosser Entwicklung auf, den ganzen gegen Tarnawa zu gekehrten bewaldeten Abfall der Höhe zusammensetzend. Etwa bis zur halben Höhe des Berges (von Tarnawa aus gerechnet, das ist bis etwa 370 Meter Seehöhe) finden sich hier erratische nordische Blöcke, zumeist aus rothem Granit, seltener auch aus grünen dioritischen Gesteinen bestehend, welche eine für dieses Gebiet relativ noch immer ganz an- sehnliche Grösse bis zu 5 Cubikfuss erreichen. Weiterhin am Wege von der Höhe des Berges über Rybie stare nach Rybie nowe sieht man Schiefer mit bunten Thonen. Rothe 'Thone ‚beginnen bald nach den zu Rybie stare gehörigen Häusern. Sie machen dunklen sehüttigen Schiefern Platz. Dann kommen blaue Thone mit Hieroglyphensandsteinen. Endlich sieht man zwischen dem Meierhof und der Kirche von Rybie nowe hellgraue Mergel, die in Stunde 7!/, streichen 95 * 742 Dr. Emil Tietze. [320] und südlich fallen. Desgleichen sieht man dort auch Fleckenmergel und wiederum Spuren röthlicher 'Thone. but Ich muss gestehen, dass dieser Schiehteneomplex mich in mancher Beziehung sehr an cretaeische Ropiankaschichten erinnert hat. Herr Uhlig weiss jedoch aus dem östlich benachbarten Gebiet, welches er aufgenommen hat, Gründe anzuführen, welche ihm.für die Zutheilung der direeten Fortsetzung unserer Schichten zu den oberen Hieroglyphen- schiehten sprechen. (Vergl. Verhandl. d. k. k. geol. Reichsanst., 1384, pag. 319.) Die Partie bei Rybie nowe fällt ohnehin zum Theil bereits in das Gebiet des Herrn Uhlig. Ich habe mir also dessen Deutung gefallen lassen. { i Es kann als Reminiscenz erwähnt werden, dass die Fueoiden- mergel bei Rybie bereits Zeuschner bekannt waren (vergl. Neues Jahrb. 1836, pag. 353). Derselbe erwähnt hier zwei Mergellager, denen er die sicher sehr übertriebene Mächtigkeit von 100 Fuss ım dem einen und mehr als 1000 Fuss in dem anderen Falle beimisst. Das erste nördlichere (minder mächtige) Lager bestehe aus schieferigem Kalkmergel, das zweite habe blutrothen Thon im Liegenden , der sich in Kalkmergel umbilde. „Stellenweise sondern sieh Schichten von reinem Kalkstein, seltener Kieselschiefer aus.“ Das südwestliche Ein- fallen betrage 15 Grad. BEIM. Von den andesitischen Eruptivgesteinen, welche Uhlig in dieser Gegend, aber etwas weiter östlich auffand, habe ich im Bereiche: des hier dargestellten Gebiets nichts mehr wahrgenommen. Die höheren Kuppen seitlich der Kirche von Rybie nowe bestehen aus grobbankigem Sandstein, der zum Theil feinkörnig, zum Theil eON- glomeratisch ist, und den wir provisorisch zum Magurasandstein rechnen. Ebenso provisorisch reehne ich zum Magurasandstein den Sand- stein, der die bis zu 730 Meter Seehöhe sieh erhebende Kostrza ZUu- sammensetzt, einen höchst charakteristisch geformten Berg mit trapezo- idalen Conturen, den man schon von weither im östlichen Theil unseres Gebietes bemerkt und der beispielsweise schon von den Höhen zwischen Wjeliezka und Lazany aus die Aufmerksamkeit des Beschauers als ein landschaftlich merkwürdiger Punkt fesselt. Die Kostrza besteht der Hauptsache nach unten aus festen, kieseligen, zum Theil glauconitischen Sandsteinen, die nirgends massig geschichtet sind. Etwas höher liegen im frischen Zustande dunkle, fein- körnige, ebenfalls nicht schr diekschichtige Sandsteine und ganz, oben auf der Höhe traf ich ein festes Quarzeonglomerat. Diese Aufeinander- folge erinnert, wenn man will, etwas an die Verhältnisse des Godula- sandsteines in Schlesien, wo ebenfalls ein Quarzeonglomerat die be- treffende Bildung abschliesst (Jahrb. geol. R.-A. 1877, pag. 43). Aehnlich wie die Kostrza ist die südwestlich davon gelegene, etwas niedrigere Swinna göra zusammengesetzt. Die schmale Depression zwischen den beiden Gipfeln lässt aber das Auftreten älterer Schichten erkennen. Man trifft dort blauen Letten, glimmerhaltige blaugraue Sandsteine, etwas seltener auch grüne Sandsteine und Sandsteine mit verkohlten Pflanzenresten. Nicht selten sieht man hier auch Hiero- siyphen auf den Schiehtplatten. Es ist dies wieder ein Schichtensystem, wie ich es unter Umständen in Ostgalizien ohne Weiteres den Ropianka- [321] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 7143 schichten zugezählt haben würde. Nimmt man jedoch im Anschluss an die Deutungen, welche die weiter östlich gelegenen Gebiete durch die Aufnahmen Uhlig’s erfahren haben, den Sandstein der Kostrza für Magurasandstein, so liegt es am nächsten, die fraglichen Bildungen für obere Hieroglyphenschichten zu halten. Beiläufig sei erwähnt, dass sich hier einige Schächte auf Petro- leum befinden, welche indessen, nachdem das gesuchte Produet nicht entdeckt wurde, wieder dem Verfall preisgegeben wurden. Es ist nicht zu leugnen, dass die Beschaffenheit der Gesteine an dem betreffenden Punkte durchaus eine solche ist, wie wir sie in anderen galizischen Petroleumrevieren kennen, es ist aber damit doch nur eine der Vor- bedingungen erfüllt, die man in den Karpathen an eine auf Oel- sewinnung berechnete Unternehmung stellt. Das Auftreten angemessener Spuren von Erdöl an der Oberfläche der Umgebung dieses Punktes würde doch ausserdem noch erwünscht sein, zumal es sich hier um ein neues, überhaupt erst aufzuschliessendes Revier handelt. In einem betreffs seiner Oelführung bereits bekannteren Revier mag man immer- hin für bestimmte Punkte von dem Vorkommen oberflächlicher Oel- spuren absehen und sich mit anderen Kriterien begnügen; in einem Gebiet, wo über die Anreicherung einzelner Schichtencomplexe mit Petroleum noch gar keine Erfahrungen vorliegen, liegt der Fall jeden- falls anders. Die Bildungen südöstlich der Kostrza in der Umgebung des Bed- narkathales rechne ich ebenfalls noch zu den oberen Hieroglyphen- schichten, während die zum Theil schon ausserhalb unseres Gebietes ansteigenden höheren Berge südlich der Bednarka wieder aus Magura- sandsteinen bestehen. Mamnigfaltiger gestalten sich die Verhältnisse etwas weiter westlich bei Wilkowisko. Im oberen Theil des Dorfes sieht man zum Theil weiss verwitternde Schiefer mit Einlagerungen von oft ziemlich grossen Sphärosideritknollen. Diese Schichten erinnern an Menilitschiefer, obschon sie denselben nicht gerade typisch gleichen. An den Gehängen südlieh von Wilkowisko streichen sehr steil gestellte schwärzliche Schiefer, die das Aussehen der Oligocänschiefer der Gegend von Wieliezka besitzen, ostwestlich. Südlich vom westlichen Ende des Dorfes sieht man den kleinen Hügel Hajoöwka aus groben Conglomeraten bestehen. Ich habe dieselben auf der Karte dem Magurasandstein zugesellt. Sie stellen indessen eine jedenfalls ungewöhnliche Facies desselben vor. Nördlich von Wilkowisko stehen nördlich fallende dunkle Schiefer an, welche sich durch helle Verwitterungsbeschläge auszeichnen und in denen ich nicht selten Fischschuppen auffand. Diese Schiefer musste ich als Menilitschiefer auf der Karte ausscheiden, obschon ich das Auftreten von Hornsteinen in denselben nicht constatiren konnte. Es ist ja gerade in diesem Falle nicht allein wahrscheinlich , sondern so gut wie gewiss, dass die Schiefer, die ich in der Umgebung mit der Farbe der Oligoeänschiefer im Allgemeinen bezeichnet habe, ihrer strati- graphischen Stellung nach von den Menilitschiefern nicht zu trennen sind, es schien aber doch wünschenswerth, die den Menilitschiefern ähnlichsten Partien besonders hervorzuheben. 744 Dr. Emil Tietze. [322] Auf der Höhe nördlich vom Dorfe, auf welcher der Meierhof steht, herrscht wieder im Hangenden der genannten Menilitschiefer ein mürber diekbankiger Sandstein, der dem Grödeker Sandstein entspricht. Es ist das südlichste Vorkommen dieses Gesteinstypus in unserem Kartengebiet und das Hereinreichen des letzteren bis in diese Gegend, welche, wie ein Blick auf die Karte lehrt, bereits mit der Verbreitungs- zone der festeren Magurasandsteine zusammenfällt, scheint auffällig genug. Begeben wir uns nun noch einmal nach Tarnawa zurück, um von hier aus in die westlich und südwestlich von diesem Dorfe gelegene Gegend vorzudringen. Da sehen wir zunächst den dickschichtigen mürben Sandstein, welcher den Berg südlich Tarnawa zusammensetzt, auch jenseits westlich des Tarnawabaches in der Gegend von Slupia wieder auf- treten. Oestlich von letztgenanntem Dorfe bildet er beiderseits dieht an den Bach herantretend, eine pittoreske bewaldete Thalverengerung. Einzelne Bänke nur sind etwas fester als gewöhnlich. Sein Streichen ist in Stunde 7. Sein Fallen ist ein im Ganzen nördliches, unbeschadet einiger Kniekungen. Wenigstens ist dieses nördliche Fallen schrägüber vom Koniski las in der Nähe der Südgrenze des Auftretens des Sand- steins deutlich. Auf diese Weise erscheint der letztere mit Sicherheit in dem Hangenden gewisser Bildungen, welche zwischen SAupia und Sadek am linken Ufer des Wilkowisko potok anstehen, kurz ehe dieser Bach sich mit dem von Rybie kommenden Rybski potok vereinigt, um dann nach der Vereinigung Tarnawabach zu heissen. Diese tieferen Bildungen im Liegenden des genannten Sandsteines bestehen aus blauen und grünlichen Thonen mit sehr kalkreichen, weiss- aderigen blauen Sandsteinen, welche hie und da auch Hieroglyphen führen. Ich habe mich nicht entschliessen können, auch dieses Vor- kommen noch zu den oberen Hieroglyphenschichten zu stellen. Seine Aehnlichkeit mit den eretacischen Ropiankaschichten schien mir zu aus- gesprochen, um eine Vereinigung mit denselben abzulehnen, obschon natürlich die unmittelbare Ueberlagerung der fraglichen Schichten durch oligoeäne Sandsteine mehr der erstangedeuteten Annahme das Wort reden würde. Mag immerhin die vorgeschlagene Deutung als inconse- quent ausgelegt werden, es schadet ja nichts, auch auf der Karte durch das Verlassen eines einseitigen Standpunktes die Zweifel zu markiren, die ich bezüglich mancher zunächst den oberen Hieroglyphenschichten zugerechneten Bildungen im südlichen Theil des in dieser Arbeit be- schriebenen Gebietes noch hege. Anders sehen jedenfalls die Bildungen aus, welche auf der Nord- seite des vorher geschilderten Sandsteinzuges in Bacheinrissen zum Vorschein kommen und die ihrerseits ebenfalls in das Liegende des Sandsteins zu gehören scheinen. Bei der ersten nördlich der erwähnten Thalverengerung in den Tarnawabach einmündenden Schlucht sieht man Schiefer, zu welchen in den höheren Theilen der Schlucht sich rothe Thone gesellen. Noch bessere Aufschlüsse finden sieh in einer weiter nordwestlich gelegenen in der Richtung nach den östlichen Häusern von Grabie zu verlaufenden Schlucht. Dort sieht man dunkelbräunliche und auch grünliche Schiefer mit meist grünlichen Sandsteinen abwechseln. In derselben Schlucht weiter nordwärts, noch ehe man in das Gebiet u u [323] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 145 der Lössbedeckung von Grabie eintritt, führen die dort oft etwas mäch- tiger werdenden, zum Theil auch eonglomeratische Ausbildung zeigenden, immer noch grünlichen Sandsteine auch Hieroglyphen. Dieses Schichten- system kann man nicht allein seiner Lagerung, sondern auch seiner Gesteinsbeschaffenheit nach ganz ‘wohl zu den oberen Hieroglyphen- schichten rechnen. Der genannte Sandsteinzug erstreckt sich dann in nordwestlicher Richtung über Kepanow, wo er theilweise von Löss verkleidet wird, bis in die Gegend westlich von Pod4ubomierz an die Stradomka schräg- über von Gruszöw und Sawa. Im Walde nördlich von Zerosfawice wird der Sandstein etwas conglomeratisch. In der Schlucht, die sich in südwestliecher Richtung von diesem Walde gegen Kawec hinaufzieht, treten dann dünner geschichtete, zum Theil festere, kieselige Sandsteine mit Schieferzwischenlagen auf. Die- selben streichen an einer Stelle in Stunde 4, bald darauf aber in Stunde 7, immer aber haben dieselben eine südliche Fallriehtung , so dass sie scheinbar oder wirklich in das Hangende des nördlich von ihnen entwickelten Sandsteines gehören. In der gerade östlich von Kawee und nordnordöstlich von Zerosfawice verlaufenden kleinen Schlucht sah ich dagegen braune, oft weisslich verwitternde Schiefer, in denen ich den Flossenstachel eines Fisches fand. Diese Schiefer erinnern an gewisse Varietäten der Mecnilitschiefer, zu welchem Ver- gleich auch das Vorkommen von Fischresten ganz gut passt, doch fehlt ihnen noch Manches, um als echte Menilitschiefer angesprochen werden zu können. Es scheint demnach, dass die letzteren in dieser Gegend durch petrographisch verschieden entwickelte Gebilde vertreten werden, innerhalb welcher sich nur stellenweise einige Anklänge an den echten Typus dieser Schichtengruppe wiederfinden. Eng mit diesen Schichten verbunden scheinen die gelben feinkörnigen Sandsteine zu sein, welche näher an Zerosfawice auf der Höhe unweit des Meierhofes mit sandigen Thonen auftreten (ähnlich den Ablagerungen, die wir bei Lubomierz nördlich von der Stradomka kennen lernten), und welche bei stets südlichem, oft steilerem Fallen in mannigfachen Spuren zunächst bis in die Gegend von Lasoecice sich verfolgen lassen. Hier findet ihr Streichen in Stunde 7 statt. Während ich diese Bildungen aus mancherlei Gründen zum Oligocän rechne, habe ich mich ent- schlossen, wenigstens provisorisch die blauen Letten und dunklen Schiefer, welche in dem tieferen Wasserriss nördlich von Lasoeice und östlich von Zerosfawice hervorkommen, noch den neocomen Karpathensandsteinen beizuzählen, ähnlich wie das mit den Gesteinen südlich von Sfupia geschah. Von Lasoeice haben wir nicht mehr weit zum Meierhofe von Stupia, der auf freier aussichtsreicher Höhe etwa in der Mitte zwischen den genannten beiden Dörfern liegt. Hier wurden kürzlich dünnplattige Sandsteine mit Schiefern gebrochen, während etwas südlich davon auf den Aeckern ebenfalls Sandsteine vorkommen, in deren oberen Lagen Kalkknollen liegen. Diese Bildungen zu classifieiren ist nicht leicht. Ich habe dieselben vorläufig noch mit der Farbe des in der Nähe von Stupia entwickelten Grödeker Sandsteines bezeichnet, obschon sie sich von demselben durch die geringere Dieke der einzelnen Bänke und Ak Dr rl Tieize, [324] die grössere Festigkeit des Bindemittels unterscheiden. Das Vorhanden- sein jener Kalkknollen, welche vermuthlich Jurassischen Ursprunges sind, hat am Abhange gegen Krasne zu Veranlassung zur Entstehung eines recenten Kalktuffs gegeben. Die Sandsteine und sandigen Thone von ziemlich weicher Be- schaffenheit, welche bei Zerosfawice und Lasocice vorkommen , setzen sich von hier aus unterhalb Kawee, Bojanezyce und Krasne bis in das Thal der Sawka fort, an dessen reehtem westlichen Ufer sie bis in ziemliche Höhe hinauf anstehen. Das letztere ist namentlich in der Gegend des Dorfes Krasne der Fall. In dieser Gegend ist eine Veränderung der Streichungsrichtungen bei diesen Schichten wahrzunehmen. In der Nähe des Dorfes selbst sieht man das Streichen noch in Stunde 8, also nicht sehr verschieden von dem Streichen bei Lasocice, doch ist hier das Fallen ein umgekehrtes, das heisst nach NO. gerichtetes. Am Wege jedoch nach Göra $wietego Jana gegen die Sawka zu constatirt man ein Streichen in Stunde 2 bei östlichem Fallen. Endlich weiter nördlich an der Sawka bei Bojanezyee streichen dieselben Schichten in Stunde 3 und fallen wieder westlich, bezüglich nordwestlich. Am westlichen Ufer der Sawka gegen Göra $wietego Jana und Krzestawiece zu herrseht Löss. Doch ist vorauszusetzen, dass unter demselben jene oligocänen Bildungen bis in die Gegend von Szezyrezyce und Raciborzany fortsetzen, um sich daselbst mit den früher von dort beschriebenen ganz ähnlichen sandisthonigen Ablagerungen 'zu ver- einigen. Dafür spricht auch das räumlich vermittelnde Auftreten dieser Schichten auf der Ostseite der oberen Sawka bis Dobraniöw hin und bald dahinter das Wiederauftreten derselben Schiehten bei Janowice. Andererseits, nach Südosten zu, reichen dieselben Bildungen bis in die Nähe von Wilkowisko und an den Fuss der Kostrza. Man trifft sie bereits am rechten, östlichen Ufer des Wilkowiskobaches bei Mstöw, wo die feinkörnigen, hier schwach glimmerigen Sandsteine in Schiehten von 2—3 Zoll Mächtigkeit mit den sandigen 'Thonen wechsellagern und südwest-nordöstlich (in Stunde 15) streichen bei südöstlichem Fallen. Sie setzen von hier aus an demselben Ufer des Baches über Jodfownik hinaus fort. Doch konnte ich ihr näheres Verhältniss zu den bei Wilko- wisko entwickelten, fisehführenden Schiefern und Grödeker Sandsteinen nicht mit Sicherheit ermitteln. Auf der Höhe von Sadek verschwinden sie unter einer, wie es scheint, nur schwachen lössartigen Decke, um bei den Dörfern Ryje und Kostrza, am Fusse des letztnamigen Berges, wieder aufzutauchen. Sie streichen dort anfänglich (wenn man von Sadek kommt) in Stunde 10 mit nordwestlichem Fallen, bald darauf aber in Stunde 12 mit westlichem, das ist jedenfalls von den Sand- steinen der Kostrza abgewendetem Fallen. Das karpathische Hügelland bei Wadowice. Aehnlich wie für das auf dem Blatte Wieliczka der Generalstabs- karte dargestellte Terrain lässt sich für das Gebiet des westlich daran anstossenden Blattes Wadowice im Allgemeinen eine Unterscheidung zwischen dem niedrigeren hügeligen Vorlande der Karpathen und dem höher aufsteigenden, mehr oder weniger gebirgigen Gebiete im Süden [325] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 747 machen, obschon diese Unterscheidnng nur im Westen des die Gegend von Wadowice durchziehenden Skawaflusses mit grösserer Bestimmtheit durchgeführt werden kann. Im Osten des genannten Flusses gegen die Skawinka zu ist die orographische Differenzirung des Hügellandes und des Gebirgslandes minder unvermittelt. Man wird aber einer natur- gemässen Eintheilung des auf dem Blatte Wadowice dargestellten Terrains ziemlich nahe kommen, wenn man die ihrer allgemeinen Richtung nach ostwestlich verlaufende, über Izdebnik, Kalwarya und Wadowice führende Kunststrasse von Myslenice nach Andrychöw als un- getähre Grenzlinie zwischen dem subkarpathischen Vorlande und dem karpathischen Gebirgslande gelten lässt. Auf diese Weise gliedert sich das Gebiet des Blattes Wadowice in zwei annähernd gleich grosse Theile, einen nördlichen und einen südlichen, von welchen der nördliche, ähnlich wie die Gegend zwischen Wieliezka und Dobezyce durch das häufigere Auftreten untercretaeischer Bildungen, durch die Entwicklung der Oligo- cänsandsteine in der Facies des Ciezkowicer Sandsteines, sowie durch die vielfache Bedeckung des Gebietes mit Löss sein Gepräge erhält, während der südliche ähnlich wie die Gegend südlich vom Rabaflusse durch das Auftreten des Magurasandsteines hauptsächlich gekennzeichnet wird, wozu dann dort besonders in der westlichen Partie noch die Erscheinung von Bildungen tritt, welche nach dem Vorgange der älteren Autoren zu dem mitteleretacischen Godulasandstein gerechnet wurden. Wir beschäftigen uns zunächst mit dem in der angegebenen Weise definirteu nördlichen Hügellande, welches im Norden bis an die Tbalebene der Weichsel bei Zator und Skawina reicht und beginnen im Nordosten bei Skawina unsere Beschreibung. Geht man von der letztgenannten kleinen Stadt westlich zunächst nach Borek szlachecki, so sieht man auf dieser stellenweise von verküm- merten Kieferwaldungen eingenommenen Strecke fast nur diluvialen Sand, der sich hügelwärts bis in die Gegend dicht nördlich von Rzozöw er- streckt. Südlich von Borek sah ich nicht selten erratische Blöcke des nordischen Glacialdiluviums, welche wie überall in dieser Gegend aus rothem Granit und aus Grünstein bestehen. Ein ähnliches Vorkommen derartiger Blöcke soll nach mir gewordenen Mittheilungen auf der Ost- seite der Skawinka, am Nordabhange des Berges Wycesyszezek zu er- wähnen sein. Doch konnte ich dort nichts dergleichen finden. Das Auftreten des Diluvialsandes beschränkt sich im Uebrigen in dieser Gegend auf vereinzeltere Flecke am äussersten Nordrande der südlich der Strasse von Skawina nach Zator sich erhebenden Hügel, wo ich beispielsweise westlich von Wielki Drogi und nördlich von Trzebol dergleichen antraf. Zwischen Rzozöw und Skawina hat sodann Herr Dr. Hilber an einigen räumlich beschränkten Stellen miocäne Tegel hervortreten sehen. !) Hier wäre also eine Fortsetzung der Gebilde von Swoszowice und Sidzina anzunehmen, wenn mit dieser Fortsetzung auch nicht noth- 1!) Der Genannte hat im Sommer 1884 in einigen westgalizischen und schlesischen Gebieten Untersuchungen über quartäre und jungtertiäre Bildungen gemacht und seine Ergebnisse kartographisch eingezeichnet. Diese manuscriptlichen Einzeichnungen, soweit sie sich auf die Gegend zwischen Zator und Skawina bezogen, lagen mir vor. Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1837. 37. Band. 4. Heft. (Dr. Emil Tietze.) 96 748 Dr. Emil Tietze. [326] wendig eine Uebereinstimmung aller mineralogischen Charaktere ver- bunden sein muss. Westlich der Skawinka trifft man die ersten echt karpathischen Gebilde bei Goluchowice, wo Sandsteine mit Einschlüssen von grauem Hornstein anstehen, welche durchaus den hornsteinführenden Neocom- sandsteinen der Gegend von Wieliezka ähnlich sind. Die Aufschlüsse daselbst sind indessen unbedeutend und beschränken sich auf den Nord- rand des dortigen Höhenrückens. Sonst herrscht ringsum, sowohl west- wärts nach Krzeein und Sosnowice zu, als nordwärts nach Zelezyna und Rzozöw zu, als südwärts bei Jurezyce und Polanka Haller nur Löss, welcher auch die ostwärts nach dem Thale der Skawinka sich verflachenden Abhänge einnimmt. Er Etwas besser sind im Allgemeinen die Aufschlüsse bei Radziszöw. Westlich von diesem beiderseits der Skawinka gelegenen Dorfe erblickt man in der Mogilka genannten Schlucht zunächst Spuren von rothen Thonen, welehe möglicherweise den rothen Thonen des Oligocäns zu- zurechnen sind, die in der Gegend von Wieliezka uns bekannt geworden sind. Wenigstens konnte ich eine Verbindung dieser Thone mit sicheren Neocomschiefern, wie wir sie beispielsweise bei Podstolice oder Gofko- wice kennen gelernt haben, nicht feststellen. Südlich der Mogilka erhebt sich der bis zu 336 Meter Seehöhe. ansteigende Rücken Kielek, der wiederum aus Hornsteine und Fucoiden führenden Neocomsandsteinen mit zwischengelagerten Schiefern besteht. Einige in der Nähe des obersten Kammes befindliche Steinbrüche ver- _ mitteln den Aufschluss dieser Gesteine, deren Zusammengehörigkeit mit dem Neocom bei Wieliezka keinem Zweifel unterliegen kann. Es ist übrigens nur die Nordseite, bezüglich Nordwestseite des Kielek, welche sich sicher aus Neocom zusammengesetzt zeigt. Verfolgt man von Radziszöw in gerader Linie südwärts gehend, sei es an der Bahn, sei es an der Strasse, das westliche Gehänge der Skawinka, so er- bliekt man unter der die Ostgehänge des Kiefek bekleidenden Lössdecke allenthalben wieder rothe Thone hervorlugend. Die Eisenbahn schliesst dieselben sogar an einigen Stellen sehr deutlich auf. Ehe man in das Thal der Cedronka gelangt, welches etwas unterhalb Wola Radziszöwska in die Skawinka mündet, übersteigt der Weg noch einen mit einer der hier zu Lande sehr häufigen Betstationen gekrönten Hügel, an dessen Nordabhange ebenfalls noch immer der rothe Thon herrscht. Auch hier liess sich eine Verknüpfung desselben mit Neocomschiefern nicht beobachten. Der Gipfel dieses Hügels und dessen Südabhang besteht dagegen aus mürbem,, stellenweise fast zu losem Sande zerfallendem Sandstein mit sandig-thonigen Zwischenlagen , ein Gebilde, welches vollkommen mit dem Ciezkowicer Sandstein übereinstimmt, wie wir ihn zwischen Wieliezka und Dobezyce so vielfach angetroffen haben. Zu bemerken ist hier noch der Fund von rothen, nordischen, erratischen Graniten, welche in kopfgrossen Stücken an demselben Abhange gegen die Cedronka zu, aber noch in der Nähe des Gipfels, umherliegen. Die soeben erwähnten oligocänen Sandsteine nehmen weiter west- wärts noch den ganzen Nordabhang der hier bei Wola Radziszöwka Be FR [327] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 749 ungefähr westöstlich verlaufenden unteren Cedronka ein und sind in der Nähe der dort verlaufenden Bahnlinie stellenweise durch kleine Steinbrüche aufgeschlossen. Doch zeigt sich die Gesteinsbeschaffenheit dieses Formationsgliedes hier meist etwas verändert. Die Sandsteine sind vielfach fester als der gewöhnliche Ciezkowicer Sandstein, weshalb sie sich auch zu den Zweeken des Bahnbaues eigneten. Sie enthalten auch etwas Glimmer und Spuren von Nulliporen. Der durch die letzteren angedeutete, meist freilich nur geringe Kalkgehalt mag zur grösseren Verfestigung der Sandsteine beigetragen haben. Immerhin ist die Ver- witterbarkeit der letzteren noch gross genug und man findet Partien, die ganz zu Sand zerfallen. Zum Theil sind die Bänke hier sehr diek- schichtig, was ebenfalls noch dem Charakter des Cieäkowieer Sand- steines entspricht. Das Fallen ist bei ziemlich rein ostwestlichem Streichen südlich gerichtet, so dass sich diese Bänke im Hangenden der nördlich davon befindlichen, ebenfalls südlich fallenden Neocom- schichten des Kiefek befinden. Doch lässt sich von einer thatsächlichen Coneordanz beider Schichtensysteme nicht sprechen, da das Auftreten der den Ciezkowicer Sandsteinen hier dem Alter nach nahe verwandten rothen Thone in der Mogilka und gleich südlich von Radziszöw auf eine Umlagerung der als Erhebung älteren Neocompartie des Kiefek durch die oligocänen Gebilde schliessen lässt. Bezüglich der Verbreitung der rothen Thone um den Kielek herum wäre übrigens noch zu erwähnen, dass ich dieselben auch direet südlich der höchsten Erhebung des Kielek in jenen Schluchtverzwei- gungen fand, welche sich westlich von dem vorhin erwähnten Kapellen- berge, über den der Weg von Radziszöw nach Wola Radziszöwka führt, zu einem unbedeutenden Bächlein vereinigen. Sie bilden dort die un- mittelbare westliche Fortsetzung der auf der Nordseite des Kapellen- berges entwickelten Thone. Doch ist ihre Anlagerung an das Neocom wegen der das Gehänge einnehmenden Lössbedeekung nicht unmittelbar wahrzunehmen. Ehe wir aber diese Gegend verlassen, müssen wir noch einen kleinen Abstecher auf die rechte Thalseite der Skawinka unternehmen. Der Weg von Skawina nach Radziszöw führt an dieser Thal- seite entlang. Die niedrige Erhebung der Lysa göra, an welcher man dort zunächst vorüberkommt, besteht oberflächlich, soweit ich beurtheilen konnte, nur aus Löss. Es ist möglich, dass das Neocom von Libertöw, welches gerade östlich von hier entwickelt ist (vergl. pag. 268 dieser Arbeit), sich unter der Lössbedeekung bis hierher erstreckt. Sicher aber ist dies nicht, weil westlich geradeüber am anderen Ufer der Skawina, wie vorher erwähnt, schon neogene Absätze bekannt sind. Dagegen lassen sich neocome Bildungen etwas weiter südlich am Nordabhange des Berges Wyezyszezek sehr deutlich beobachten. Einige kleinere Steinbrüche vermitteln daselbst die Entblössung von Sand- steinen, welche den Gesteinen von Wrzaszowice südlich Swoszowice vollkommen gleichen. Zudem bildet das hier erwähnte Vorkommen die direete Fortsetzung der Neocompartie nördlich von Buköw und bei Chorowice (siehe pag. 269 dieser Abhandlung). Aus Hohenegger's alter Sammlung liegt mir von Radziszöw ein Exemplar von Ostrea cf. Boussingaulti d’Orb. vor. Allerdings lässt sich nicht entscheiden, ob 96 * 750 Dr. Emil Tietze. [328] dasselbe vom Wyezysezek oder vom Kiefek auf der anderen Seite des Flusses stammt. Die Gehänge, welche das Dorf Radziszöow dann direet östlich überragen, zeigen allerdings wieder wenig Aufschlüsse. Doch gewahrt man ab und zu unter einer augenscheinlich aus Verwitterungslehm bestehenden Decke Spuren von sandig-thonigen Bildungen von zum Theil dunkler Farbe. ich halte diese Bildungen für das sandig-lehmige Aequivalent des Ciezkowicer Sandsteins, wie wir es in der Gegend von Myslenice kennen gelernt hatten und die dunklen Färbungen für Spuren von schwärzlichen Schieferlagen oder für Andeutungen der kohligen Ein- lagerungen, die wir sogleich kennen zu lernen Gelegenheit finden werden. Weiter südlich finden wir nämlich im Walde Bronaezowa etliche tiefe Einrisse, durch welche eine Ablagerung von gelblichem Lehm und grauem Schieferthon mit zwischengelagerter, wenig mächtiger Kohle entblösst wird. Diese Kohle ist '—1 Fuss mächtig und liegt mit wenig wechselnder Neigung ziemlich flach. Ich wurde auf das Vor- kommen dieser Kohle bereits im Sommer 1884 durch den damaligen Bergverwalter von Swoszowice, Herrn Ambrosz, aufmerksam gemacht, der sich auch behufs weiterer künstlicher Aufschlüsse derselben einige Mühe gab. Indessen berechtigt nichts zu der Vermuthung, dass hier ein abbau- würdiges Lager vorkommt, ebensowenig wie auf der linken Seite der Skawinka, wo, wie ich bei dieser Gelegenheit nachtragen will, in der Nähe der südlichen Häusergruppe des dort gelegenen Theiles von Radziszöw anlässlich des Eisenbahnbaues ebenfalls Spuren solcher Lignite entdeckt wurden. Dort befindet sich nämlich ein lehmiges, wasserreiches Rutsch- terrain. Zur Befestigung und zum Schutz des Bahnkörpers war man genöthigt gewesen, eine Anzahl tiefer Schlitze zu graben , welche die Entwässerung dieses Terrains vermitteln sollten und dabei hatte man in 8 Meter Tiefe solche Kohlen gefunden. In jedem Fall ist auch die Ausdehnung dieses durch schwache Kohlenführung ausgezeichneten Gebiets keine grosse. Ebenso wie süd- westlich von Radziszöw nieht allein das Auftreten der Neocomschichten des Kiefek und schon das Erscheinen der rothen Thone am Fusse des- selben den kohlenführenden Thonen eine Grenze setzt, ebenso thun dies südöstlich von Radziszöw einestheils wiederum rothe Thone, welche stellenweise an den Abhängen der Bronaezowa in einzelnen Einrissen sichtbar werden und anderntheils Sandsteine, welche in geringer Ent- fernung von den geschilderten Entblössungen des kohlenführenden Thones in dem von der Bronaczowa lerabkommenden Bache anstehen. . Diese hier grobkörnigen Sandsteine haben die Tendenz zu losem Grus zu verwitiern und sind zumeist massig geschichtet, zeigen also Eigenschaften, welche oft dem Ciezkowicer Sandstein zukommen, wie sie denn auch thatsächlich zu der Verlängerung des uns bereits aus der Gegend zwischen Swoszowice und Myslenice bekannt gewordenen Zuges des Ciezkowicer Sandsteins gehören. Sie fallen bei ostwestlichem Streichen etwas flach südlich. An ihrer Basis treten festere, dünner geschichtete Sandsteine und Schiefer hervor, welche stellenweise Kohlen- partikeleben enthalten. Diese Gesteine machen übrigens den Eindruck, mit dem typischen Ciezkowicer Sandstein eng verbunden zu sein. Tu in er ee Aula a ruhe FL ne ei Te eo u nr al zn a irn a Le A nl a nd alickın Mann ale arm han ln hu I Een [329] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 751 Trotz dieser Nähe des letzteren und der rothen Thone lässt sich in dem dicht bewaldeten Gebiet sehr schwer das genauere Verhältniss der kohlenführenden Lehme zu den genannten Bildungen feststellen. Kein Zweifel, dass diese Lehme sehr jung aussehen, so dass man ihnen ein jungtertiäres oder gar noch jüngeres Alter geben möchte, und dass man geneigt ist, sie für eine Anlagerung an die Sandsteine und rothen Thone zu halten, in deren Streichungsfortsetzung sie übrigens theil- weise gelegen sind, indessen liegt für eine derartige Annahme doch kein zwingender Grund vor, und wer die von mir früker geschilderten Verhältnisse bei Krzyszkowice persönlich beobachtet hat, wird die Möglichkeit zugestehen, dass solche ganz jung aussehende thonige Ge- steine in ein Niveau gehören können, welches zum Theil mit dem des Ciezkowieer Sandsteins zusammenfällt. Wir werden später in der Ge- gend von Babice bei Rokow ähnliche, obschon nicht kohlenführende Bildungen nochmals antreffen. Nach dieser Abschweifung wollen wir wieder auf das westliche Ufer der Skawina zurückkehren. Westlich der Neocompartien vom Kielek und von Gofuchowice kommen in dem nördlich der unteren Cedronka sich ausbreitenden hügeligen Lössgebiet noch an einigen Stellen Aufschlüsse älterer, eben- falls neocomer Schichten vor. So sieht man auf dem lössbedeckten Rücken fahrend, über welchen der Weg von Gofuchowice nach Przytkowice führt, einige Schluchten bald westlich hinter Grabie nach Sosnowice hinab- ziehen und in diesen Schluchten sieht man dunkle Schiefer mit hiero- glyphenführenden dünnen Sandsteinbänken anstehen, ein Schichten- system, welches schon an die Neocomschiefer von Garbadki bei Wieliezka erinnert, während ich weiter nördlich bei Sosnowice und Pobiedr nichts als Löss zu sehen bekam. Fernere Ausbisse des Neocom erblickt man bei Przytkowice theils im Dorfe selbst und in dessen Nähe, theils etwas westlich davon gegen Paszka zu am Berge Judka, wo sogar ein Steinbruch existirt. Man sieht dort blaugraue, oft sehr kieselige Sandsteine mit Hornsteinen und mit Zwischenlagen dunkler Schiefer, Bildungen, die vollständig dem Neocom bei Wieliczka entsprechen und in keinem Falle mit Menilitschiefern verwechselt werden dürfen, wie v. Dunikowski (Kosmos, Lemberg 1885, pag. 196, Studya geologiezne w Karpatach) gethan hat. Das blosse Vorkommen von Hornsteinen, die zudem ein ganz anderes Auftreten zeigen, als in den Menilit- schiefern, begründet noch keine Verwandtschaft dieses Schichtensystems mit den Menilitschiefern. !) Aehnliche Bildungen, wenn auch ungünstiger aufgeschlossen, setzen den gegen die Cedronka zugekehrten Abhang bei dem Dorfe Leneze görne zusammen. Erst dort, wo zwischen Zarzyce wielkie und Podolany die Cedronka ein kleines Stück weit die Richtung nach Norden nimmt, treten in Stunde 19 ostwestlich streichende und südlich fallende Ciezko- wicer Oligocänsandsteine auf, welehe gegen die kieseligen, oft in pris- 1) Dass übrigens Verwechslungen oligocäner und neocomer Bildungen in unserem Gebiete zu den entschuldbaren Irrthümern gehören, geht aus den bisherigen Ausführungen wohl schon hervor. Die Rolle, welche der eigenthümliche Typus der Mikuszowicer Schichten in den westgalizischen Karpathen spielt, war zur Zeit, als Dunikowski die eitirte Arbeit verfasste, auch noch nicht genügend bekannt. 752 Dr. Emil Tietze. [330] matische Stücke zerfallenden Neocomsandsteine zu von einer kleinen Partie rother Thone begleitet werden. Etwas rother Thon kommt auch noch schrägüber Zarzyce made südlich von Podolany zum Vorschein. In dieser Gegend fand ich auch kleinere Geschiebe von rothem - Granit, weshalb das Auftreten nordischen Glacialdiluviums daselbst. wenigstens schematisch auf der Karte angedeutet wurde. Begeben wir uns auf das rechte (südliche) Ufer der Cedronka, so treffen wir Spuren neocomer Gesteine östlich von Podolany bei Podehybie am Nordabhang der Höhe, welche von dem dortigen Meierhof gekrönt wird. Doch bedeeken Löss oder Verwitterungslehm einen Theil des fraglichen Abhanges. Im Sinne der Hohenegger-Fallaux’schen Karte und der von Fallaux dazu gegebenen Erläuterungen (l.c. pag. 25) müsste man die hiesigen Gesteine, sowie die vorher erwähnten eretaeischen Bildungen von Leneze und Przytkowice zur unteren Abtheilung des Godulasandsteins bringen. Allein mir schienen dieselben näher verwandt mit den Neocomgesteinen, die bei Radziszöow und südlich von Wieliezka anstehen. Es liesse sich also vielleicht über die genauere Deutung der- selben streiten, wobei übrigens zur Beruhigung dient, dass die betreffende Meinungsverschiedenheit, nach dem Maassstab der Karpathensandstein- geologie gemessen, keine bedeutende ist. Die genannte Höhe von Podehybie selbst wird oberhalb der Kreide von mürbem Ciezkowicer Sandstein eingenommen, der sich von hier aus ostwärts bis zu den Bergen Pohow und Ostra göra zur Skawinka hin- zieht, auf seiner östlichen Abdachung zwischen der untersten Cedronka und der Skawinka von eehtem Löss bedeckt, den man am Wege von Wola Radziszöwka nach Kızywaczka an einigen Stellen sehr gut ent- blösst findet. Nordwärts von der Ostra göra zieht sich dagegen der oligocäne Sandstein bis an die Cedronka bei Wola Radziszowka hinab, wo er am rechten Bachufer in massigen Schichten und von thonigen dazu gehörigen Lagen bedeckt aufgeschlossen erscheint. Ehe wir die Gegend von Wola Radziszowka ganz verlassen, mag noch erwähnt werden, dass eine Strecke oberhalb der dortigen Kirche, also gegen Podehybie zu am rechten Ufer des Baches der Steilabfall einer Diluvialterrasse entblösst ist, wodurch die Zusammen- setzung der letzteren sichtbar gemacht wird. Man sieht an der Basis der Terrasse Sand, darüber einen zum Theil sehr groben Schotter und zu oberst einen ziemlich fetten Thon oder Silt. Der Ciezkowicer Sandstein, der den Pohöw und die Ostra göra bildet, setzt überhaupt den ganzen Gebirgsabschnitt zwischen der Cedronka und der von Mogifany kommenden Strasse von Krzywaezka bis Brody vorzugsweise zusammen. Gegen die Skawinka zu, etwa in der Strecke, die der Linie zwischen Krzywaezka und dem Schlosse von Izdebnik am jenseitigen Ufer entspricht, sieht man diese Sandsteine in dem schluchtenreichen und deshalb mühsam zu begehenden Gebiet wieder- holt zum Vorschein kommen. Etwas festere Partien werden ungefähr schrägüber von Biertowice durch einen Steinbruch aufgeschlossen und auch am Wege, der vom Schlosse Izdebnik nach Zarzyce male führt, konmt derselbe Sandstein allenthalben zum Vorschein, insbesondere längs des südlichen Theiles dieses Weges. [331] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 153 Hat man aber die Wasserscheide zwischen Cedronka und Skawinka auf diesem Wege überschritten, so trifft man in der Einsenkung zwischen dieser Wasserscheide und der Erhebung von Podehybie schon auf dem Wege nach letzterem Meierhof Ausbisse von rothen Thonen, welche sich ‘von hier aus unterhalb des Pohöw-Rückens bis nach den Schluchten zu verfolgen lassen, welche südöstlich vom Pohöw nach der Skawinka zu orientirt sind. Andererseits zieht sich. der rothe Thon auch hinab nach der Cedronka bei Zarzyce male, indem er durch die Art seiner Verbreitung sehr deutlich das hier überall berrschende ziemlich genau ostwestliche Streichen zum Ausdruck bringt. Aufschlüsse des Ciezkowicer Sandsteines sieht man sodann viel- fach bei Izdebnik. Derjenige Theil der mehrfach erwähnten Strasse von Mogidany nach Kalwarya, welcher sich zwischen der Zufahrt zum Schlosse von Izdebnik und der Kirche desselben Dorfes befindet, bietet auf seiner nordwestlichen, dem hier vorläufig beschriebenen Gebirgsstück zugekehrten Seite allerdings keinen Ausblick auf Entblössungen des Sandsteins, da sich eine dünne Lössdecke über die flacheren Gehänge daselbst am linken Bachufer lagert, dagegen tritt längs der südöstlichen Seite dieses Strassenstückes, soweit dasselbe am rechten Bachufer ver- läuft, der Sandstein hervor. Beiderseits der Strasse, insbesondere aber auf der südlichen Seite derselben sieht man dann diesen Sandstein in massigen Bänken westlich oberhalb der Kirche von Izdebnik. Auf der Höhe zwischen Izdebnik und dem Wirthshaus Sulca verlieren sich aller- dings die Aufschlüsse und auch westlich des genannten Waldwirths- hauses auf der Höhe, die man zwischen diesem und Brody passirt, ist nichts zu sehen, doch ist die Zugehörigkeit dieser Höhe zum Ver- breitungsgebiet des besprochenen Sandsteines sehr wahrscheinlich, höchstens dass einige Partien oligocäner Schiefergesteine dort noch vor- handen sein mögen, was sich indessen an den von mir gesehenen Stellen nicht mit Sicherheit ermitteln liess. Jedenfalls gehört die Höhe Na Piasku bei Zebrzydowice noch hierher, und ebenso sieht man am Wege zwischen dem Wirthshause Sulca und dem Dorfe Zarzyce wielkie allenthalben den Ciezkowicer Sandstein. Bemerkenswerth ist, dass dieser Sandstein dort, wo bei letztgenanntem Dorfe sich am rechten (östlichen) Ufer des kleinen daselbst in die Cedronka mündenden Baches ein Steinbruch befindet, nördliches Fallen aufweist, welches indessen noch weiter nördlich wieder in eine südliche Fallrichtung übergeht, wie wir das schon von den kleinen Sandsteinpartien am anderen Ufer der Cedronka südöst- lich von Leneze wissen. An der Na Piasku genannten Höhe habe ich ungefähr entsprechend der hierauf bezüglichen Eintragung in der Fallaux’schen Karte das Vorkommen exotischer Blöcke verzeichnet, vermisse aber leider in meinen Notizen die näheren Angaben darüber. Um nunmehr die Beschreibung des westlich der Linie Kalwarya- Pobiedr befindlichen, bis an den Skawa-Fluss zwischen Wadowice und Zator reichenden Theiles unseres Gebietes zu beginnen, wollen wir zu- nächst die Cedronka bei Brody übersetzen und uns von dem am linken 754 Dr. Emil Tietze. [332] Ufer der Cedronka gelegenen Bahnhof Kalwarya nach Paszka begeben und sodann die Höhen zwischen hier und Roköw besuchen. Man sieht auf der westlichen Seite der hier noch südnördlich verlaufenden Cedronka lange Zeit ausschliesslich Löss bis etwa hinter der Gegend schrägüber dem Kloster von Zebrzydowice. Erst am Süd- gehänge der von der Ansiedlung Bienköwka herablaufenden flachen Schlucht entdeckte ich Spuren von zum Theil rothen T'honen, die dann weiter nördlich noch einigemal auftauchen. An dem von Stanisfaw herab- ziehenden Rücken jedoch erblickt man in einigen unbedeutenden, durch Localbedürfnisse der Bauern veranlassten Grabungen den Ciezkowicer Sandstein aufgeschlossen, der sich von hier aus westwärts nach der Mrowia göra hinzieht, um sich von dort aus wieder südwärts nach der Gegend von Uzarna zu erstrecken, so dass die Hauptmasse des Gebietes zwischen Paszka und Roköw davon beherrscht wird. Auch der Weg vom Dorfe Kleeza dolna nach der Mrowia göra ist lehrreich. Anfangs trifft man auf demselben allerdings nur Löss, aber schon am Berge Kleeza kommt der Sandstein hervor, der auch in den Waldparcellen südlich des genannten Berges aufgeschlossen erscheint, und von hier bis zum Gipfel der Mrowia göra kann man allenthalben die Spuren des theils zu Sand, theils in seinen gröberen Lagen auch zu Kies zerfallen- den Sandsteins beobachten. Derselbe bedeckt übrigens ältere Schichten, welche namentlich gegen den Skawa-Fluss zu hervortreten, während andererseits die vorhin beschriebenen Neocombildungen von Przytkowice in sein Liegendes gehören. Im Vorübergehen erwähne ich bei dieser Gelegenheit, dass mir auch aus der Gegend zwischen Barwald und Kalwarya, und zwar aus einer Schlucht nördlich vom Folwark Czarna dunkle kieselige Sand- steine gezeigt wurden, die möglicherweise zum Neocom gehören. Ich habe dieselben zwar anstehend nicht auffinden können, mache indessen hier auf die Sache aufmerksam, wie ich auch auf der Karte dieser Angabe Ausdruck zu geben versuchte. Gleich unterhalb des neuen Schlosses von Kleeza dolna stehen aber am östlichen rechten Ufer des dort verlaufenden kleinen Baches sicher alteretacische Schichten an. Dieselben bestehen aus blaugrauen Mergelschiefern, welche von helleren und dichteren, dickschieferigen Mergeln überlagert werden, über denen dann wieder mehr sandige Schiehten folgen. Dieser Schiefercomplex fällt an der besagten Stelle nordöstlich. Fallaux und Hohen,egger hahen ihn auf ihrer Karte des Gebietes von Krakau den Wernsdorfer Schichten zugetheilt, ohne indessen im Text zu dieser Karte besondere Gründe dafür anzuführen. Mit den später zu beschreibenden Schiefern von Bugaj bei Kalwarya, von wo Wernsdorfer Petrefaeten angeführt werden, haben die er- wähnten Mergel indessen keine besondere Aehnlichkeit. Doch mag es in Ermangelung weiterer Anhaltspunkte bei der angegebenen Auf- fassung bleiben. Die festen hornsteinführenden Sandsteine, welche weiter nördlich gleich östlich von Roköw auf der linken Thalseite des Wysokabaches anstehen, gehören gemäss der Fallrichtung der vorerwähnten Schiefer von Kleeza in das Hangende der letzteren, obschon sich bei dem Zwischenraume, welcher die betreffenden Aufschlusspunkte trennt, nicht Zn a en al nd 2 nn er) a id nn | | [333] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 755 mit Sicherheit ein Schluss auf die Altersfolge aus den Lagerungsver- hältnissen machen lässt. Diese Schichten sind von Fallaux und Hohenegger dem Godulasandstein zugewiesen worden. Ich habe dieselben bei der tieferen Abtheilung des Godulasandsteins, den Ellgother Schiehten untergebracht. Sie setzen sich am Südufer des Wysokabaches eine Strecke lang bachaufwärts fort. In der Schlucht zwischen der Eysa göora und der Radocka göra kommen am Fusse des letzteren Berges Spuren mergeliger Schiefer darunter hervor. Doch habe ich trotz aller Nachforschungen die ausgedehnte Partie Wernsdorfer Schichten nicht finden können, welche die Karte von Fallaux-Hohenegger und nach dieser die Römer’sche Karte von Oberschlesien, westlich von Wysoka einzeichnen und muss ich deshalb mich begnügen, jene eben erwähnten Schiefer dafür gelten zu lassen. Die Sandsteine, welche sich nördlich von dem von Wysoka kommenden Bache befinden, zeigen einen etwas anderen Charakter als die Bildungen zunächst südlich davon, und ich kann mich nicht gerade ganz leichten Herzens entschliessen, auch diese nach dem Vor- gange von Hohenegger und Fallaux zum Godulasandstein zu stellen, wie auf der erwähnten Karte geschehen ist. Es ist zwar richtig, dass die Sandsteine der Moczurka nördlich Wysoka und östlich des Berges, der sich zwischen Babice und Egota erhebt, stellenweise ziemlich fest und verkieselt aussehen, wodurch sie sich von dem Oligoeän- sandstein des nördlichen Randgebietes der Karpathen in diesen Gegenden unterscheiden, indessen trifft man daselbst doch wieder Plätze, wo ein Zerfallen des Sandsteins zu losem Sande stattfindet, ähnlich wie beim Ciezkowicer Sandstein. Ich sah das z. B. an einer Schlucht, die vom Hegerhause von Nowa wies nach dem Thale hinabführt, in welchem sich die letztgenannte Ansiedlung befindet. Eine scharfe Grenze gegen die sicher aus Ciezkowicer Sandsteinen bestehende, auch auf den genannten Karten als Eocän angegebene Mrowia göra war überdies seitens der von der Moezurka dort hinüberreichenden Sandsteine nicht zu finden. Dazu kommt noch die Verbindung der hier in Frage stehenden Sandsteine mit rothen Thonen, worin nach Fallaux’ Angaben der äusserlich fassbarste Hauptunterschied zwischen den Albien- und den Eocänsandsteinen unseres Gebietes liegen soll, so dass ich hier in nicht geringe Verlegenheit mich versetzt sehe und der Deutung der älteren Auteren nur ungern nachgebe. Solehe rothe Thone sieht man gleich östlich der Moezurka bei Nowa wies noch auf dem Bergkamme, längs dessen der Weg nach Stanisfaw görny führt und man durchkreuzt dieselben sodann am Wege von der Mröwia göra nach dem Drabosz ebenfalls in der Nähe von Stanistaw görny auf der Wasserscheide zwischen der Cedronka und der Skawa, von wo sie sich noch ein Stück weit östlich ziehen. Westlich der genannten Wasserscheide sind sie auch bei der Ansiedlung Nowa wies zu sehen bis zum südöstlichen Abhange der Trawna göra. Auf der linken Thalseite der Schlucht von Nowa wies entdeckt man im Walde versteckt übrigens auch röthliehbraune Schiefer, welche hier auffallender Weise ziemlich flach gelagert zu sein scheinen. Sie erinnern etwas an gewisse Varietäten der Menilitschiefer, stimmen aber Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Band. 4. Heft. (Dr. Emil Tietze) 97 756 Dr. Emil Tietze. [334] doch noch besser mit den Gebilden der Wernsdorfer Schichten überein, zu denen ich sie denn auch gestellt habe. Etwas auffällig kann es scheinen, dass diese schieferigen und thonigen Bildungen sich nach keiner Seite hin fortsetzen. Mit den rothen Thonen könnten sie allenfalls durch Uebergänge verbunden sein, da sich ein ungenügend aufgeschlossenes Terrain zwischen den beiden Ablagerungen befindet, in welchem solche Uebergänge verborgen sein könnten. Gegen die zwar überlagernden, z. Th. jedoch in hypsometrisch tieferer Lage auftretenden Sandsteine zu muss die Abgrenzung indessen wohl eine seitwärts unvermittelte sein, da sich die Spuren der letzteren in nächster Nähe der Schiefer befinden. Jedenfalls sah ich in der Schlucht zwischen der Moezurka und der Trawna göra zunächst unterhalb Nowa wies nur Sandsteine die Abhänge bilden. Bei einigem Nachsuchen findet man sowohl am Süd- abhange der Trawna göra, als am Nordabhange der Moczurka, wo dies allerdings etwas schwieriger ist, recenten Kalktuff, der namentlich an der Trawna göra auch die dort kieseligen festeren Sandsteine über- zieht. An dem unteren Abhange der Moczurka muss man zu diesem Zwecke einige moorige, mit Torfmoosen besetzte Stellen inmitten des Waldes aufsuchen und eventuell einige kleine Grabungen veranstalten. Es ist mir in diesem Falle wahrscheinlich, dass der Tuff weniger auf einen ursprünglichen besonderen Kalkgehalt des Sandsteines, als auf die Anwesenheit exotischer Jurakalkblöcke im Sandsteine zurückzu- führen ist. Ich fand wenigstens solche Blöcke eines hellgrauen Kalkes etwas weiter westlich an dem steileren Nordabhange der Moezurka in den Schluchten, die sich gegen Ygota hinabziehen. Diese Blöcke haben hier eine Grösse von 1—3 Cubikfuss und liegen daselbst theilweise im Sandstein, welcher stellenweise thoniger und dünnschichtiger wird, stellenweise aber fest verkieselt bleibt, theils in dem Verwitterungs- lehm, der das Sandsteingebirge dort hie und da überzieht. Nun ist es allerdings richtig, dass ich an der Stelle, an der ich die Blöcke sah, keinen Kalktuff beobachtete, und dass ich umgekehrt an den Stellen, an welchen ich Kalktuff fand, keine Blöcke eonstatirte. Letztere könnten indessen dort immerhin in der Nähe verborgen sein, während die Abwesenheit geeigneter Quellen an dem Platze, wo die Blöcke liegen, den Mangel einer Kalktuffbildung daselbst erklärt. Ein wenig weiter abwärts von der Stelle, wo die Kalkblöcke gefunden wurden, bereits unterhalb der steiler ansteigenden Gehänge, aber noch innerhalb des Waldes kommen schwarze Schiefer hervor, welche den in den neocomen Schichten bei Wieliezka auftretenden schwarzen Schiefern ähnlich sehen und die mich ausserdem ganz be- sonders an die Wernsdorfer Schichten bei Bugaj erinnern, von welchen etwas später die Rede sein wird. Auch Hohenegger und Fallaux haben in dieser Gegend, wenn auch nur schematisch, das Vorkommen von Wernsdorfer Schichten angegeben, zu welcher Abtheilung ich denn auch die hier erwähnten Bildungen gebracht habe. Diese Schiefer sieht man übrigens auch in der Einsattelung, welche westlich der Haupt- erhebung der Moczurka sich zwischen dieser und den bei Ygota und Babice sich aufbauenden Bergen befindet. Kay - e en [335] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 757 Am Südabhange der letztgenannten Berge, in der Richtung nach - Roköw zu, kommen unter einer schwachen Lage von Verwitterungs- lehm schwarze thonige, ziemlich weiche Bildungen vor, welche den früher (pag. 328 dieser Abhandlung) erwähnten Schichten auf der Ostseite des Dorfes Radziszöw sehr ähnlich sind. In der westlichen Streichungsfortsetzung jedoch dieser dem Aus- sehen nach so jung scheinenden Absätze treten am Skawathale bei Witanowice auf der Südseite des dort in die Skawa mündenden Baches gegen die nach Tomice führende Brücke zu dunkle Schiefer in Ver- bindung mit rothen Thonen auf, ein Schichtenverband, der ebensowohl dem der Lednicer Schichten als dem der Neocomschiefer bei Wieliezka entsprechen könnte. Einen sicheren Anhaltspunkt für die Deutungen der Karte von Fallaux undHohenegger, welche theils das hier in Frage kommende Gebiet noch zum Neocom gestellt, theils für einzelne Partien desselben ein eocänes Alter vorausgesetzt haben, habe ich nicht finden können. In keinem Falle lassen sich hier zwei differente Formationsabtheilungen nachweisen. Auch entsprechen die mit rothen Thonen verbundenen Schiefer, welche man, wie angegeben wurde, zwischen der Skawabrücke und dem von Witanowice kommenden Bache sieht, nieht eben sehr den Schilderungen, welche gerade die genannten beiden Forscher von dem karpathischen Neocom entworfen haben. Es tritt hier einer der Fälle ein, in denen es schwer wird, sich für eine bestimmte Angabe auf der Karte zu entscheiden, und bei welchen ich deshalb gern den Deutungen der Vorgänger mich anpassen möchte. Da aber gerade hier, wie angedeutet, Fallaux und Hohenegger zweierlei Deutungen gleichzeitig auf ihrer Karte zum Ausdruck gebracht haben für Bildungen, die ich als zusammengehörig betrachte, so bin ich nicht in der Lage, jenen Ausweg zu betreten und Anderen die Verantwortung für Auf- stellungen zu überlassen, die ich weder zu bestätigen, noch zu wider- legen vermag. Ob ich aber gut daran gethan habe, auf meiner Karte für die besprochenen Schichten die Bezeichnung für oligocäne Schiefer zu wählen, will ich Anderen zur Entscheidung überlassen. Siidlieh von den zuletzt erwähnten Aufschlüssen herrscht auf den flachen Gehängen nördlich von Roköw und westlich von Babice, so weit ich das beurtheilen konnte, ausschliesslich Löss. Zu den Sandsteinzügen, welche nach der Karte von Fallaux und Hohenegger dem Godulasandstein und somit der Kreide über- wiesen werden, gehört auch die bereits erwähnte Trawna göra und der Drabosz, welche sich nördlich der zuletzt beschriebenen, um die Moezurka und die Mröwia göra gruppirten Erhebungen befinden und dort die nördlichsten Vorposten der karpathischen Berge überhaupt bilden. Dieselben etwas kieseligen, meist festeren, aber doch sandig verwitternden Sandsteine, welche wir bereits unterbalb Nowa wies am Südgehänge der Trawna göra kennen gelernt haben, sieht man auch an dem nordwestlichen Vorsprung des bezeichneten Berges unterhalb Xgota, dort wo der von Ygota kommende Bach dicht an den daselbst be- waldeten Berg herantritt. Der Sandstein ist dort, soweit die nicht bedeutenden Aufschlüsse dies zu beurtheilen gestatten, ziemlich dick- bankig. I7r 158 ; Dr. Emil Tietze, 1336] Auf der Westseite des Baches beim Meierhofe Kgotki und nörd- lich davon ist Alles mit Löss bedeckt. Nur gleich nördlich von dem genannten Meierhofe sieht man auch eine Partie Diluvialschotter, der aber deutlich vom Löss überlagert wird, hervorkommen. Der Drabosz ist nur die östliche Fortsetzung der Trawna göra und zeigt dieselben Sandsteine wie letzterer Berg. Doch kommen auf der Passhöhe, über welche der Weg von Nowa wies, bezüglich Stanislaw gsorny nach Kopytöwka führt, das ist an der Einsattlung zwischen dem Drabosz und der Trawna göra, rothe und grüne Thone zum Vorschein. Desgleichen sieht man rothe Thone am Nordostabhange des Drabosz an dem Wege, der dort von der Höhe des Kammes nach Paszköwka führt. In der Nähe des letztgenannten Dorfes und bei Kopytöwka konnte ich dann nur mehr Löss beobachten, der von hier aus alle Höhen bis an die Thalebene der Weichsel bedeckt. Halten wir nun im Arschluss an die älteren Autoren die Zugehörig- keit der jetzt besprochenen Sandsteine zum Godulasandsteine aufrecht und nehmen wir für die rothen Thone unseres Gebietes ebenfalls im Anschluss an diese Autoren ein im Allgemeinen jüngeres Alter an, so bleibt nichts übrig als das Auftreten der bunten T'hone in diesem Falle durch eine discordante An- und Auflagerung zu erklären. Nördlich der Erhebung Drabosz-Trawna göra hat die Karte von Hohenegger und Fallaux überall neogenes Tertiärland angegeben, F. Römer dagegen jedenfalls richtiger das Auftreten des Neogen auf die Umgebung der Bäche bei Mareiporeba beschränkt. Viel ist davon keinesfalls zu sehen, da das Terrain bis nach Brzeznica hin- über fast ausschliesslich von typischem Löss bedeckt wird. Der von Ygota kommende, die Trawna göra oder vielmehr deren Ausläufer in einem Bogen umspannende Bach zeigt oberhalb seiner Vereinigung mit dem von Marciporeba kommenden Bache an seinem rechten (dort südlichen) Ufer noch einmal deutlichere Aufschlüsse, welche man schon von der auf der Höhe zwischen TIuezan und Kgota führenden Strasse von Brzeznica nach Witanowice bemerkt. Es ist hier ein Wechsel von horizontal gelagerten Sanden mit zum Theil sehr grobem Schotter entblösst, in welchem letzteren kar- pathische Gesteinsvarietäten (Schiefer und Sandsteine) stellenweise sogar in grösseren Blöcken vorkommen. Dem ersten Anscheine nach möchte man den Schotter für diluvial halten. Freilich fällt darin die Abwesenheit erratischer Diluvialgesteine (rother Granite ete.) auf, welche wohl vorhanden sein müssten, wenn die betreffende Ablagerung während oder nach der Eiszeit entstanden wäre, doch ist es schwer, solchen negativen Beweisen, die durch einen später gemachten Fund leicht um- gestossen werden können, allzuviel Gewicht beizulegen. Wichtiger ist jedenfalls das Auftreten von Austernschalen in dieser Ablagerung, sofern nämlich die betreffenden Schalen hier auf primärer Lagerstätte sich befinden. „Bei Mareiporeba, eine Meile nordöstlich von Wadowice in Galizien“, schreibt F. Römer (Geol. von Oberschl., pag. 383), „treten thonige Schichten mit Sandsteinen und Conglomeraten wechsellagernd auf, Die Conglomerate schliessen in grosser Häufigkeit Austernschalen ein.“ Demzufolge muss man wohl die hier entwickelten Bildungen für eine eigenthümlich entwickelte Facies unseres marinen Neogens ansprechen. [337] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 1759 Die freie Klappe der hier vorkommenden Auster ist glatt, die andere Klappe zeigt radiale Falten. Römer bestimmt das Fossil deshalb als Ostrea cymbula Lam. Hilber, der, wie schon einmal gesagt (vergl. pag. 325 dieser Arbeit), vor mir diese Gegend’ besuchte und dabei gleichfalls auf die erwähnten Schalen aufmerksam wurde, glaubt, dass dieselben zu der (mit O. cymbula identischen) Ostrea digitalina gehören. Geht man nun von hier aus nördlich über den vorerwähnten Berg- rücken nach der Schlucht von Tluezan, so trifft man jenseits der den südlichen Abhang und die Höhe des Rückens einnehmenden Lössdecke (deren Material dort gleich in der Nähe der Strasse zu einer Ziegel- gewinnung Veranlassung gibt) wieder auf ältere Gesteine, welche an einigen Stellen des Südgehänges der Tluezanschlucht hervortreten. So sieht man geradeüber dem Meierhofe in der Nähe des Baches Spuren von Schiefern und dünnschichtigen, etwas glimmerigen Sandsteinen, in welchen augenscheinlich kleinere exotische Blöcke vorkommen, da ich ein derartiges Stück, aus weisslichem Gneiss bestehend, hier auflas. !) An dem Wege wiederum, der weiter westlich von der Höhe der ge- nannten, nach Witanowice führenden Strasse durch ein kleines Wäld- chen in der Richtung gegen die Kirche von Tluezan führt, erblickt man unter der Lössbedeekung Thone von zum Theil dunkler Farbe mit Schotterlagen, die möglicherweise neogen sind und darunter folgen Spuren von dunklen, dünngeschichteten Kalksandsteinen mit mergeligen Schiefern,. welche letzteren Bildungen ich sammt den vorher erwähnten glimmerigen Sandsteinen nur für neocom halten kann, wie denn sowohl Hohenegger und Fallaux, als auch F. Römer auf ihren Karten bei Tluezan Neocom angegeben haben. Auf den genannten Karten erscheint dieses Neocom sogar im Zusammenhange mit dem gleich zu erwähnenden Neocom von Wozniki und Witanowice, ein Zusammenhang, der höchst wahrscheinlich auch im Gebirgsinnern besteht, an der Oberfläche jedoch entschieden durch die über das ganze Hügelgebiet zwischen den genannten Orten ver- breitete Lössdecke aufgehoben wird. Die Neocomgesteine von Witanowice und Woäniki sind haupt- sächlich am rechten Skawaufer zwischen den genannten beiden Dörfern aufgeschlossen. Sie bestehen aus theils blaugrau, theils dunkelgrau gefärbten Sandsteinen mit dunklen, oft schwärzlichen, schieferigen Zwischenlagen, sowie aus Conglomeraten. Die Sandsteine sind meist nicht sehr diekschichtig, sie führen Kalkspathadern und stellenweise auch Hieroglyphen. Sie sind meist feinkörnig und fest und an mehreren Stellen können davon sehr hübsche Platten gewonnen werden. Die conglomeratischen Lagen sind stellenweise ziemlich mächtige. Das Streichen dieser Schichten ist ein im Allgemeinen durchaus ostwest- liches, bei einem südlichen Fallen von 40—50 Graden. Doch kommen im Streichen auch Unregelmässigkeiten vor, wie denn Dunikowski (Studya geologiezne w Karpatach im Kosmos. Lemberg 1885, pag. 34) hier auch nordwest-südöstliche Richtungen in Stunde 7 bis Stunde 10 1) Es muss hervorgehoben werden, dass auch auf der Fallaux’schen Karte bei Tiuczan das Vorkommen exotischer Blöcke markirt ist. Bemerkenswerther Weise lernen wir aber hier eine Stelle kennen, an welcher die exotischen Einschlüsse in den älteren Karpathensandsteinen unseres Gebietes altkrystallinischen Gesteinen angehören. 17160 Dr. Emil Tietze. [338] beobachtet hat. Mit der Annahme des neocomen Alters dieser Bil- dungen stimmt nicht allein deren Gesteinsbeschaffenheit überein, es kommt hier auch, wie bereits Fallaux und Hohenegger angaben, die Belemniten, Aptychen und Cidariten führende Brecceie vor, welche nach diesen Autoren im Krakauer Gebiete das untrüglichste Kennzeichen der unteren Karpathensandsteine bildet. Ein etwas conglomeratischer Sandstein umschliesst in der Nähe von Wozniki (wenn man von Witanowice kommt, noch vor den ersten Häusern des Dorfes) einen immensen Block oberjurassischen Kalkes, welcher hier steinbruchsmässig gewonnen wird und auch noch bei den ersten Häusern von Wozniki kommt zahlreiches Kalkgerölle zum Theil in ansehnlicheren Blöcken in dem Sandstein vor. Gelbliche, meist etwas minder feste, mittelkörnige Sandsteine stehen auch oberhalb Witanowice beiderseits des Weges nach Brzezniea an. Sie enthalten an einer in der Richtung nach Wozniki zu gelegenen Stelle ebenfalls oberjurassische Kalkblöcke. Man findet dergleichen noch mit Leichtigkeit, doch ist die Hauptmasse derselben heute schon abgebaut und wurde deshalb der auf dieses Vorkommen hin gegründete Kalkofen ausser Betrieb gestellt. Die einstige Existenz anstehender oberjurassischer, und zwar speciell tithonischer Kalke (mit Inwald und Andrychau übereinstimmend) in dieser Gegend wird durch die genannten Funde, namentlich im Hinblick auf die Grösse einzelner Blöcke, wohl unzweifelhaft erwiesen. Für eine weitere Gliederung der neocomen Bildungen bei Wozniki und Witanowice in dem Sinne, wie ihn die Karte von Hohenegger und Fallaux vornimmt, ergaben sich mir keine Anhaltspunkte, denn es schien mir kein Grund vorzuliegen, die Sandsteine, welche oberhalb Witanowice beiderseits des Weges nach Brzeznica vorkommen, für ein sicheres Aequivalent der sogenannten unteren Teschener Schiefer zu halten und sie den oberen Teschener Schiefern am Skawaufer gegenüberzustellen. Auch F. Römer hat diesen Unterschied auf seiner Karte fallen lassen. Das Neocom von Woiniki zieht sich in ziemlich undeutlicher Weise aufgeschlossen gegen Zygodowice fort, wo es vornehmlich am Südgehänge des dortigen Baches vorzukommen scheint. Zwischen Zygodowice und Wozniki sind dann abermals jurassische Kalkgerölle bekannt, wie denn auch bereits Hohenegger und Fallaux das Vorkommen exotischer Blöcke daselbst vermerkten. Die hier genannten Localitäten Witanowice, Wozniki und Zygodo- wice haben, wie ich noch hervorheben muss, auch einiges paläontologisches Material für die kleine alte Hohenegger’sche Sammlung geliefert, von welcher hier schon mehrfach die Rede war, und welche sich gegen- wärtig im Besitze der Reichsanstalt befindet.) Aus Witanowice, und zwar aus den dünnblätterigen dortigen Schiefern liegen mir nicht näher bestimmbare Ammoniten und Aptychus angulicostatus vor. Von Wozniki stammen Exemplare von Belemnites bipartitus, Belemnites dilatatus, !) Es sind dies durchgängig sehr unscheinbare Stücke von geringem rein paläonto- logischem, aber desto grösserem stratigraphischem Werthe, welche seiner Zeit für Hohenegger und Fallaux einen Theil der Anhaltspunkte zur Construction ihrer Karte lieferten und die über Vermittlung des Herrn Dr. Uhlig und durch die Freund- lichkeit des Herrn Professor Zittel an uns gelangten, SO a ae Te St DS wu En ld a a nn nd . EEE a: x & [339] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau, 761 kleinere Zweischaler (zu den Gattungen Zeda und Astarte gehörig); ferner Cidariten und Pentacriniten, welche Versteinerungen vornehmlich in einer kleinkörnigen Breccie enthalten sind. Von Zyg odowice endlich kann Aptychus Didayı angeführt werden. Auch Cidariten kommen da- selbst vor. Nördlich der Linie Wozniki-Zygodowice herrscht wieder allenthalben Löss , unter welehem nur noch stellenweise ältere Bildungen hervortreten. "Dies ist z. B. der Fall am Wege von Wozniki nach Bachowice, wo mürbe Sandsteine auftauchen. Ganz zutreffend hat diese beim Bache Carzewka zu beobachtenden Sandsteine Dunikowski als oligocäne Ciezkowicer Sandsteine bezeichnet (l. ec. pag. 33). Südöstlich von Bacho- wice am Wege, der in der Richtung gegen Zygodowice führt, kommen sodann Thone mit schwarzen kohligen Zwischenlagen auf der dortigen Anhöhe zum Vorschein, welche an die weichen thonigen Bildungen der Gegenden von Radziszöw und Babice bei Roköw erinnern und so wie diese zum Oligocän gehören werden. Noch weiter östlich in den Schluchten des Bachowski fas treten dann wieder Spuren von Sand- steinen auf, welche, da das Werk von Hohenegger und Fallaux von hier die Funde von Nummuliten angibt, ebenfalls zum Oligoeän oder Eocän zu rechnen sind. Ich fand solche Sandsteinspuren übrigens nicht allein in dem Schluchtensystem, welches seinen Abfluss in der Richtung nach Bacho- wice nimmt, sondern auch in dem oberen Theil der Schlucht, welche westlich vom Dorfe Ryezöw die Strasse von Zator nach Skawina kreuzt. In dem waldigen Einriss östlich unterhalb der Häuser von Wröblöwki liegen derartige Steine in ziemlicher Menge im Bachbett. Ohne die erwähnte Angabe würde man freilich im Zweifel sein, ob man hier alttertiäre oder nicht vielmehr cretaeische Sandsteine . vor Augen hat. Nach F. Römer (Geol. von Oberschl., pag. 360) liegen die Nummuliten von Bachowice übrigens in „breeeienartigen Kalk- schichten“. Da derartige Gesteine meiner Beobachtung hier leider ent- gingen, so wird man den oben angedeuteten Zweifel nicht ganz unver- ständlich finden. Ausserdem sind dann in dem gegen das Weichselthal hin sich abdachenden Gebiete fast nur noch Neogenbildungen zu erwähnen, welche, wie die F. Römer’sche Karte angibt, an einigen Stellen an den östlichen Thalgehängen der Bäche von Spytkowice, Pofwies und westlich von Ryezöw (unterhalb Wröblöwki) vorkommen. Dass der Bach von Spytkowice noch ziemlich zahlreich Sandstein- geschiebe mit sich bringt, darf nicht irrefübren, da dieselben aus dem Bachowski las oberhalb Bachowice herstammen. Bei der Kniekung der auf dem lössbedeckten flacheren linken Ufer dieses Baches nach Bachowice führenden Strasse indessen, dort, wo dieselbe plötzlich nahe an den Bach herantritt, sieht man in letzterem entschieden die Spuren von blaugrauem Thon, der unter den gegebenen Verhältnissen nicht anders als als Neogen gedeutet werden kann. Auch am östlichen Skawaufer bei Laskowa und Grodzisko komnit nach Römer Neogen vor. V. Hilber beobachtete daselbst etwas nörd- lich von Grodzisko Mergelschiefer, die in Ermanglung anderer Anhalts- punkte zum jüngeren Tertiär zu ziehen sind. Ich selbst fand indessen 162 Dr. Emil Tietze. [340] hier die Aufschlüsse grösstentheils sehr schlecht und undeutlich, wozu noch kommt, dass das betreffende Steilufer ungenügender Communi- cationen wegen sehr schwer an genügend viel Punkten angegangen werden kann. Zwischen Grodzisko und Bachowice befindet sich ein kleines Schluchtensystem, welches nördlich von Czarze gegen das Skawathal ausmündet. Dort fand ich als Unterlage des Löss eine Schotterablagerung, welche zum Tertiär zu rechnen ich keinen Grund habe. Es scheint ein altdiluvialer Skawaschotter zu sein. Es bleibt uns jetzt von dem nördlich der Strasse von Izdebnik nach Andrychau gelegenen subkarpathischen Gebiet nur noch das westlich der Skawa gelegene Terrainstück zur Beschreibung übrig. Einen Theil davon lernen wir längs der Strasse von Wadowice nach Zator kennen, namentlich wenn wir hier und da etwas seitlich von dieser Strasse abweichen wollen. Bei Tomice und bis in die Nähe von Radoeza gibt es nur Löss. Um Radocza herum treten aber ältere Bil- dungen auf. Gleich am unteren Ende der kleinen Thalfurche, um welche sich die Häuser des Dorfes gruppiren, wenige Schritte von der Strasse entfernt, treten im Bache und neben demselben Sandsteine auf, die in Stunde 22 streichen, und welche ihrer Beschaffenheit nach zum Neoecom, wohin die älteren Autoren den grössten Theil der hiesigen Bildungen stellten, wenigstens ohne wesentliches Bedenken gezählt werden könnten. Dann ist eine Strecke lang weiter bachaufwärts gar nichts zu sehen als Lehm, der hier übrigens mehr die Beschaffenheit von Verwitterungslehm als von echtem Löss zeigt. Nur die Schotter- führung des Baches beweist, dass noch weiter oben anstehendes Gestein wieder entblösst sein muss. Oberhalb der Kirche theilt sich der Bach. Der nördliche Zufluss desselben zeigt keine sicheren Aufschlüsse, der südliche Zufluss hingegen entblösst (wenn auch ausschliesslich im Bach- bett selbst) Sandsteine, die oft fest und kieselig sind, oft aber auch Kalkspathadern führen und die mit bläulichen und rothen Thonen in Verbindung stehen. Hieroglyphen konnte ich auf den Schichtflächen nicht beobachten. Man könnte bezüglich der Beschaffenheit dieser Bildungen im Zweifel sein, ob man es hier (trotz des Fehlens oder doch der wahr- scheinlichen Seltenheit der Hieroglyphen) mit oberen Hieroglyphen- schiehten oder mit eretacischen Gebilden zu thun habe. Das Aussehen der Schichten erinnert vielfach an die ostgalizischen Ropiankaschichten und auch die rothen Thone würden uns weiter im Osten in der ent- sprechenden Deutung nicht stören. Paul und ich haben jedenfalls wiederholt darauf hingewiesen, dass solehe Thone in allen Horizonten der karpathischen Flyschreihe vorkommen können, und auch im Ver- lauf dieser Arbeit haben wir Gelegenheit gehabt, sicher eretacische Bildungen wie gewisse Schiefer südlich des Rückens von Siereza bei Wieliezka in Verbindung mit dergleichen Absätzen kennen zu lernen. Andererseits haben gerade für unsere Gegend Hohenegger und Fallaux das Auftreten soleher rother Thone als Andeutung jüngeren geologischen Alters für die karpathischen Formationsabtheilungen auf- gefasst und auch der Eine oder der Andere unserer jüngeren Forscher [341] Die geognostischen Verhältnisse der Ge&end von Krakau. 763 scheint mir geneigt, das Vorkommen der fraglichen Facies nur im Bereich der alttertiären Flyschmassen anerkennen zu wollen. Anscheinend besser begründete Ergebnisse unserer bisherigen Karpathenforschung werden-auf diese Weise immer wieder in's Wanken gebracht. In solchen zweifelhaften Fällen ist es vielleicht rathsam , die Deutungen der früheren Autoren gelten zu lassen, und da diesen Deutungen zufolge das betreffende Gebiet allen rothen Thonen zum Trotz auf der Karte von Hohenegger und Fallaux als zum Neocom gehörig erscheint, so mag es auch jetzt beı dieser Annahme verbleiben. Die Lagerungsverhältnisse geben uns hier auch keinen weiteren Aufschluss, denn die Liegendbildungen des fraglichen Sehichtencomplexes sind nicht sichtbar und das discordante Hangende wird von oligocänen Sandsteinen gebildet, so dass nur von diesem Gesichtspunkte aus be- trachtet die beiden vorher erwähnten Eventualitäten fast in gleicher Weise Geltung behalten dürften, höchstens dass die augenscheinliche Discordanz der gleich zu erwähnenden jüngeren Sandsteine für diejenige Annahme spricht, welche den fraglichen Absätzen ihren Platz im Neocom anweist. Auf der Höhe zwischen den vorher genannten beiden Zuflüssen des Baches von Radoeza herrscht ein mittelkörniger mürber Sandstein, der ganz dem oligoeänen Ciezkowicer Sandstein gleicht. Denselben Sandstein, deutlicher aufgeschlossen, sieht man dann auch an der Strasse zwischen Radoeza und Graboszyce. Diejenigen Lagen desselben, welche kohlige Partikelchen führen, erinnern ebenfalls deutlich an die ähnlichen anderwärts beobachteten Zwischenlagen des oberen Oligoeänsandsteines im nördlichen karpathischen Vorlande. Es ist zweifellos, dass diese Sandsteinpartie als westliche Fortsetzung des oligocänen Sandsteines aufgefasst werden muss, den wir auf der anderen Seite der Skawa bei Bachowice kennen gelernt haben und der dort gleichfalls im Norden eretaeischer Bildungen (trotz des südlichen Einfallens der letzteren) auftritt. Hohenegger und Fallaux, denen hier F. Römer gefolgt ist, haben die Grenzen zwischen dem alttertiären und dem eretacischen Karpathensandstein auf ihrer Karte anders gezogen, als ich dies bewerk- stelligt habe. Bei den Genannten zieht sich nördlich der Hauptmasse des Dorfes Radocza noch ein Streifen untereretaeischer Schichten bis an das Skawaufer herüber. Ich kann das nicht bestätigen und eben- sowenig konnte ich das Vorkommen von Teschenit wieder entdecken, welches am östlichen Ende des erwähnten cretacischen Streifens am Rande des Skawathales eingezeichnet ist. Herrn v. Dunikowski ging es hier geradeso wie mir, worüber derselbe sich in seinem diese Gegend behandelnden Aufsatz (im Lemberger Kosmos 1. e.) besonders vernehmen liess. Bei der wenigstens für diese Gegend ungenügenden topographischen Grundlage der früheren geologischen Karten lässt sich nicht einmal mit Exactheit der Punkt bestimmen, an welchem jenes Vorkommen zu vermuthen und auf unsere heutige Generalstabskarte einzutragen wäre. Jedenfalls ist es auf der einen Seite ebenso unwahrscheinlich, dass uns Neueren der fragliche Teschenit entgangen sein könnte, wenn er wirklich vorhanden wäre, alses unwahrscheinlich ist, dass die früheren Jahrbuch der k.k. geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Band. 4. Heft. (Dr. Emil Tietze.) 98 764 Dr. Emil Tietze. [342] Autoren dies Gestein hier vermerkt hätten, ohne es gesehen zu haben. Ver- muthlich war es ein den Sandsteinen eingelägerter Block oder doch eine sehr beschränkte Partie, welcher oder welche bei der späteren Anlage der Kunststrasse, die heute hier vorüberführt, abgebaut wurde und heute als verschwunden gelten kann. Ich habe deshalb auf eine Wiedergabe der betreffenden Angabe für meine Karte verzichtet, mache aber nichtsdestoweniger auf die ältere Beobachtung aufmerksam, da dieselbe bei einer etwaigen Zusammenstellung der verschiedenen Teschenitvorkommen in den westgalizischen Karpathen nieht übergangen werden darf. Weiter nördlich sieht man dann noch vor dem Dorfe Graboszyce am linken Skawaufer, an welches der Fluss in seiner gegenwärtigen Phase dicht herantritt, horizontal geschichtete Bildungen in ziemlicher Höhe entblösst, und zwar zu unterst Schotter, dessen Geschiebe sich hier durch rostgelbe dünne Ueberkrustungen auszeichnen und darüber Sand. Unbefangener Weise kann man diese Bildungen nur für diluviale Absätze des Skawaflusses halten. Doch hat Hilber (sicher nicht ohne Grund) an dieser Stelle das Vorhandensein von Tegel eingezeichnet, bezüglich dessen mir der Genannte auf mein Befragen die Auskunft gab, dass er einen Anhaltspunkt für die Altersdeutung nicht besitze. Ich setze nun als wahrscheinlich voraus, dass sich hier unter günstigen Verhältnissen (bei niedrigem Wasserstande) der Tegel unter jenem Schotter beobachten lässt und habe dieser Annahme durch Einzeichnung von einer kleinen Partie Neogen im Liegenden des Diluviums Rechnung getragen. Auf der Höhe von Graboszyce liegt Löss, der von hier aus bis Zator anhält, woselbst sich fast überall in der Umgebung des Städtehens deutliche Aufschlüsse der genannten Ablagerung befinden. Die ausser- ordentliche Fossilienarmuth dieses sonst völlig typischen Löss verdient besonders hervorgehoben zu werden. Derselbe zieht sich von hier aus in einer durchschnittlich 15 bis 20 Meter über dem Weichselthal sich erheberden Terrasse über Przeeiszöw und Dwory zunächst bis nach Öswieeim fort, wo er in einem unterwaschenen Steilabsturz das rechte östliche Ufer des Solaflusses bildet, um sich jenseits der Sola wieder zu ähnlichen Höhen zu erheben. Die alte Burg von Oswiecim (Au- schwitz), welche dieser Stadt in einiger Entfernung (von der Nordbahn- strecke aus gesehen) ein einigermassen pittoreskes Ansehen verleiht, und an welcher man beim Ueberschreiten der dortigen Solabrücke vorbei- kommt, steht auf dem äussersten Vorsprung der genannten Lössterrasse gerade dort, wo das Thal der Sola mit der Thalebene der Weichsel sich unter einem annähernd rechten Winkel schneidet. Bei dieser Gelegenheit will ich noch anführen, dass in der Alluvialebene der Weichsel, westlich von Zator gegen Przeeiszöw zu und auch noch westlich von Przeeiszöw an einigen Stellen Rasen- eisensteine von guter Beschaffenheit vorkommen, welche seit einigen _ Jahren ausgebeutet werden. Die Erze sind hier in einem thonigeren Zwischenmittel eingebettet, als die meisten Rasenerzvorkommen auf dem linken Weichselufer. Sie sind deshalb hier weniger durch Sand verun- reinigt als dort. [343] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakan. 765 Wir kehren aber wieder mehr nach Süden in das karpathische Vorland zurück. Eine Fortsetzung der zwischen Radoeza und Grabo- szyce entwickelten oligocänen Sandsteine sieht man am rechten (öst- lichen) Ufer des Frydrychowkabaches. Dort kommen zunächst bei Frydrychowice stellenweise grobkörnige, oft lose Sandsteine zum Vor- schein, welche ganz dem Typus des Ciezkowicer Sandsteines ent- sprechen. Kleinere Tegellagen liegen zwischen den Sandsteinbänken. Besonders deutlich sind diese Gebilde in einem kleinen Steinbruche schrägüber der Dortkirche aufgeschlossen. Hier kommen auch Nulliporen in dem Sandsteine vor, der eben deshalb eine etwas grössere Festigkeit an dieser Stelle zu besitzen scheint, was zur Anlage des Steinbruches eingeladen haben mag. Auch weiter nördlich bei Przybradz kommen noch Sandsteine am östlichen Bachufer vor, z. B. schrägüber von dem Folwark,, welches an der nördlichen Ausspitzung des zwischen der Frydrychöwka und der Wieprzöwka gelegenen Hügelgebietes sich befindet. Man sieht dort teinkörnige grüne Sandsteine und Spuren von Schiefern und auch noch weiter nördlich, gegenüber der grösseren Kapelle, dort wo der direet über die Hügel führende Weg von Przybradz nach Wadowice am öst- lichen Bachabhange hinaufgeht, sind Sande und Sandsteinstücke wahr- zunehmen, von denen die ersteren aus der Zersetzung des Ciezkowicer Sandsteines hervorgegangen sein dürften, während .die letzteren deut- lich an die gleichfalls oft rostigen Lagen des bei Frydrychowice an- stehenden Sandsteines erinnern. Für die erwähnten grünlichen Sand- steine von Przybradz weiss ich kein rechtes Analogon aus dem Bereiche der sonstigen Verbreitung des Ciezkowicer Sandsteines anzugeben. Sie erscheinen fremdartig, ähnlich den vorhin erwähnten, östlich von Bachowice vorhandenen Nummulitensandsteinen oder Breecien. Ich lasse sie indessen gleich diesen provisorisch noch beim Grödeker oder Ciezkowicer Sandstein, dem sie innig verbunden zu sein scheinen. Auf der Höhe zwischen Przybradz und Wadowice sieht man fast ausschliesslich Löss. Doch kommen genau westlich von Tomice, nörd- lich von der dort am Wege befindlichen Andachtsfigur, Spuren von rothen Thonen zum Vorschein, welche als die westliche Fortsetzung der thonigen Oligocängebilde zwischen Roköw und Witanowice gedeutet werden können. Noch wäre aber zu erwähnen, dass südlich von Frydrychowice und südwestlich von dem Meierhofe Wielki dwör Spuren von festeren Sandsteinen und grauen Hornsteinen beobachtet wurden, welche der neocomen Kreide angehören dürften. Doch kam ich dort bei Regen- wetter vorüber und der aufgeweichte lehmige Boden liess damals nur schwer eine nähere Begehung zu, weshalb die hier gemachte und auch auf der Karte zum Ausdruck gebrachte Angabe noch der Bestätigung bedarf. In den waldigen Schluchten zwischen Wielki dwör und dem Wirthshause Stawki sah ich nur Löss. Das Hügelgebiet zwischen der Frydrychöwka und der Wieprzöwka, nördlich von Inwald, lässt übrigens an einigen Stellen das Hervor- treten theils oligoeäner, theils alteretacischer Bildungen erkennen. Am östlichen Theile der Zagöra sieht man sowohl an einigen Feldwegen, als auch besonders in der baumbewachsenen Schlucht, 98* 766 Dr. Emil Tietze, [344] welche zu einer kleinen, noch zu Inwald gehörigen Häusergruppe führt, südlich fallende dunkle Schiefer und Sandsteine mit Kalkspathadern, welche durchaus den Habitus der neocomen Gesteinsglieder unseres Gebietes tragen. Weiter nördlich am waldigen Ostgehänge der Anhöhe Studliköw erblickt man nur Lehm, aber an dem Bache zwischen den An- höhen Studliköw und Zagöra treten mergelige weissliche Schiefer hervor, welche einer kalkhaltigen Ausbildung der Menilitschiefer entsprechen, wie wir sie ähnlich noch bei Chocznia kennen lernen werden. Etwas weiter bachaufwärts stellen sich übrigens an einem der niedrigen, und zwar dem nördlichen Thalgehänge auch die braunen, weisslich ver- witternden Schiefer ein, die wir sonst in den Menilitschiefern auftreten zu sehen gewohnt sind. Hornsteine, schwarze oder gestreifte sah ich in- dessen hier nicht. An dem Feldwege, der westlich der Kuppe von Zagöra nach Andrychau führt, wifft man dann noch Spuren mürben Sandsteines, der wohl sicher oligocän ist. Weiter gegen Wieprz zu kommen dann Spuren von rothen Thonen unter der Lössbedeckung hervor und am rechten, stellenweise steileren Ufer der Wieprzöwka sieht man den Löss auf diluvialem Flussschotter liegen. Westlich der Anhöhe Kuekon in der Nähe des Wirthshauses Twierdza hat Herr Dr. Hilber sodann eine kleine Partie grünen Lehms entdeckt, den er zum Neogen rechnet. Der hauptsächlichste Unterschied der hier von dem Gebietsstück zwischen der Wieprzöwka und der Frydrychöwka gegebenen Darstellung gegenüber der geologischen Karte von Hohenegger und Fallaux beruht, wie ein Vergleich mit jenen Publicationen bald zeigen dürfte, auf der Zuweisung eines Theiles der dort anzutreffenden Schichten zum Neocom, ein Vorgang, den, wie ich glaube, die petrographische Be- schaffenheit der betreffenden Bildungen völlig rechtfertigt. Dass tertiäre Absätze hier ausserdem vorkommen, bleibt ja dabei unbestritten und geht aus den obigen Bemerkungen auch hervor. Sie sind schon seit langer Zeit bekannt, wie denn Zeuschner (Neues Jahrb. für Min. 1845, pag. 85) bereits vor mehr als 40 Jahren von einem tertiären Thon mit Fischabdrücken gesprochen hat, den man bei Inwald entdeckt habe. Vielleicht bezieht sich diese Angabe auf die von mir erwähnten Menilitschiefer. Man darf jedoch nicht das ganze Vorland von Inwald für tertiär halten. Was die Gegend westlich der Wieprzöwka anlangt, so habe ich dieselbe bis auf ein kleines Stück nördlich von Andrychau nicht per- sönlich begangen. Es that dies jedoch Herr Hilber, welcher süd- westlich von Gieraltowice, sowie bei Pietrowice neogene Schichten an den Rändern der dortigen Wasserläufe verzeichnet hat. Im Uebrigen ist diese ziemlich flache Gegend nach Hilber ausschliesslich von Löss bedeckt. Die Partie von Eocängesteinen und speciell auch von. Menilit- schiefern, welche die Hohenegger-Fallaux’sche Karte geradeüber von Wieprz angibt, konnte nicht aufgefunden werden. Auch Erkun- digungen in dieser Richtung blieben erfolglos und so darf wohl ange- nommen werden, dass Daten, die heute gänzlich unzugänglich oder ° uncontrolirbar sind, der betreffenden Karte für diesen Fall zu Grunde gelegt wurden. [345] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau, 767 Der östlich der Skawa gelegene und die südliche Umgebung von Kalwarya und Lanckorona umfassende Gebirgstheil. Die in diesem Abschnitt darzustellende Gegend schliesst sich westlich an die Gebirgsmassen an, welche in dem Capitel über das Bergland südlich der Raba besprochen wurden. Wir kehren zunächst in die Gegend von Izdebnik zurück, um von da eine Exeursion in der Richtung nach Sulkowice und Go&eibia zu machen. Auf den Anhöhen um Sulkowice herrschen Löss und Verwitterungs- lehm. Doch sah ich auf der westlichen Thalseite des das Dorf durch- fliessenden Baches an einigen Stellen Spuren dunkler Schiefer auf- tauchen, welche ich dem Oligocän zurechne, weil etwas weiter östlich sicher dem Oligocän angehörige Schieferbildungen beobachtet werden können. Verfolgt? man nämlich den nach dem Jägerhause Go$eibia führenden Bach aufwärts, so hat man östlich Gebirgsabhänge in Sicht, welche der westlichen Fortsetzung des nördlich der Linie Myslenice- Jasienica sich erhebenden Rückens der Barnasiowka entsprechen, dessen Sandsteine, soweit sie die höheren Theile des Rückens zusammensetzen, wir zum Magurasandstein gebracht hatten (siehe oben pag. 305 dieser Abhandlung). Am unteren Theile des westlichen Abhanges dieser Berg- masse sieht man nun am rechten Ufer des Baches wieder dunkle Schiefer anstehen. Etwas weiter südlich an dem Bergvorsprunge zwischen den von Jasienica und von Goseibia kommenden Bächen treten dann Schiefer auf, welehe ganz deutlich den Habitus von Menilitschiefern besitzen, weshalb ich nicht zögere, die daraus sich ergebende Alters- deutung auf die minder typischen Schiefer der Umgebung zu übertragen. Man sieht hier nicht allein verschiedene Varietäten dunkler Schiefer mit den für die Menilitschiefer charakteristischen hellen Ver- witterungsbeschlägen, auch schwärzliche Hornsteinschichten kommen vor. Diese Bildungen fallen südlich und ruhen auf thonigsandigen Gesteinen von bläulicher und grünlicher Farbe, welche wohl zu den oberen Hiero- glyphenschichten gehören, die, wie früher schon bemerkt, beiderseits der zwischen Myslenice und Jasienica bestehenden Längsthalanlage sich entwickelt finden. Wo in dieser Gegend sich die schmalen Kohlenschichten befinden mögen, welche Pusch (Geogn. Beschr. von Polen, 2. Theil, pag. 641) bei Sutkowice beobachtet hat, konnte ich nicht ermitteln. Noch weiter südlich beim Jägerhause Goseibia kommen dann mächtig entwickelte Sandsteine vor, welche wegen ihrer deutlichen Lagerung über den Menilitschiefern getrost zu den Magurasandsteinen gestellt werden dürfen, ein Umstand, der für die Deutung der ganzen, süd- lich von Myslenice entwickelten Sandsteine von grösster Bedeutung ist. Ein von Westsüdwest nach Ostnordost gehendes Streichen ist für die bald zu stattlichen Bergen sich erhebenden Magurasandsteine süd- lich von Goseibia die Regel. Beim Jägerhause dieses Namens streichen die zum Theil mächtigen Bänke des ziemlich festen Sandsteines in eben dieser Richtung oder genauer gesagt in Stunde 41/,—4°/,, bei nicht steilem Südfallen. Da kündigt sich also schon ganz deutlich die für die Erstreckung der Flyschzone Mährens geltende, von der der galizischen Karpathen so abweichende Richtung an. 768 Dr. Emil Tietze. [346] Das bewaldete Gebirge zwischen Goseibia und Trzebunia bietet nun wenig Abwechslung, doch kommen im Bereiche des Goseibia Las in der von Osten herablaufenden Schlucht eine ziemliche Strecke lang sandig-thonige graue Schiefer zum Vorschein, welche durchaus nicht dünnspaltig sind und deshalb mit Menilitschiefern nicht verglichen werden können. Die Lagerungsverhältnisse lassen es hier unentschieden, ob man es mit einer Einschaltung in die Masse des hier oft intensiv grün gefärbten Magurasandsteines zu thun habe oder mit einem Aufbruch von Schiefern, welche dem Magurasandsteine im Alter vorausgehen. Die petrographische Nichtübereinstimmung der fraglichen Schiefer mit den Gebilden der Menilitschiefer oder der oberen Hieroglyphen- schichten würde gegen die letztere Annahme sprechen und das Auf- treten der Schiefer ganz inmitten eines Sandsteingebietes könnte sich mit der ersteren Annahme vereinigen lassen. Indessen kommen weiter west- lich bei Harbutowice und Paleza (das ist in der ungefähren Streichungs- fortsetzung der hier besprochenen Gebirgsmassen) so evident die dem Magurasandsteine vorausgängigen Bildungen unter jenem Sandsteine hervor, dass die Annahme, man habe es hier mit einer besonderen localen Ausbildungsweise, etwa der oberen Hieroglyphenschichten zu thun, eben- soviel Berechtigung hat, wie die Annahme, man habe eine besondere schieferige Ausbildungsweise eines Theiles des Magurasandsteines vor sich. Ich habe deshalb provisorisch die fraglichen Bildungen auf der Karte mit der Farbe der oberen Hieroglyphenschichten bezeichnet, wenn sich auch, wie wir sehen werden, ihr Zusammenhang mit den schieferigen Absätzen von Paleza an der Oberfläche nieht direet nachweisen lässt. Zu erwähnen ist noch, dass an einigen Stellen der genannten Schlucht Ausschwitzungen von Kalkmilch bemerkt werden. Hat man dann den nach Norden im Gosecibia Las (entsprechend der südlichen Schichtenneigung) ziemlich steil abfallenden Rücken der Babica überschritten, so trifft man nach den westlichen Theilen des Thales von Trzebunia hinabsteigend am unteren Theile des Gehänges Stoneezna wieder rothe Thone und bläuliche, dünngeschichtete Sand- steine, welche den früher erwähnten, weiter östlich im Trzebuniathal entwickelten oberen Hieroglyphenschichten entsprechen und mit diesen in Verbindung stehen. Das Terrain ist hier sehr verwachsen und ich konnte die Schiehtenstellung dieser Gebilde nicht genau ermitteln. Der Umstand aber, dass die jenseitigen Berge weiter südlich wieder süd- liches Fallen der Sandsteinbänke zeigen, sowie die einem solchen Fallen entsprechende flachere Gehängeneigung des Abhanges Sioneezna bestimmt mich auch hier ein südliches Fallen vorauszusetzen, was uns wohl zur Annahme einer schiefen Faltung in dieser Gegend zwingt, wenn wir nicht an eine Verwerfung am Südgehänge der Babica denken wollen, der zufolge die dem Magurasandstein vorausgängigen Gebilde dort wieder im scheinbaren Hangenden des Sandsteins auftauchen. Der Magurasandstein tritt, wie schon in einem früheren Abschnitt geschildert wurde, zwischen Trzebunia und Wieeiörka wieder auf und ebenso sah ich ihn überall zwischen Trzebunia und Bogdanöwka. Er zieht sich von da südwestlich weiter zunächst bis in die Gegend nörd- lich von Maköw, weleher Ort bereits ausserhalb der von mir mitge- theilten Karte gelegen ist. [347] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 169 Nur im Vorübergehen will ich erwähnen, dass ein Gerücht, wo- nach bei Bogdanöwka Petroleumquellen vorkommen sollten, sich als unbegründet erwies, insofern die sumpfigen Plätze, um die es sich dort handelte (in der Nähe eines relativ zahlreich mit Birken durch- mischten Waldtheiles), nur das bekannte zackige irisirende Häutehen eisenhältiger Wässer aufwiesen. Ueberdies war dieser Punkt auch schon ausserhalb meines Aufnahmsgebietes, und zwar noch ganz im Bereich des Magurasandsteins gelegen, welcher den bisherigen Erfahrungen nach gerade kein Ort für Petroleumführung ist. Von Bogdanöwka ging ich über die aus Magurasandstein be- stehende Parszywka nach Kruzlowka und von dort wieder über die Babica nach Goseibia zurück, wobei ich den westlichen Theil des Goseibia Las passirte. Es war bei dieser Gelegenheit, dass ich mich davon überzeugte, dass die Schiefer im östlichen Theil des Goseibia Las nach Westen nicht direet oder wenigstens nicht an der Oberfläche fortsetzen. Die Häuser von Kruzlöwka liegen am westlichen Abhang der zwischen dem Jachöwkabache und dem Bache von Trzebunia befind- lichen, niederigen Wasserscheide.e Das nach Osten sich abdachende Thal des Trzebuniabaches und das nach Westen oder vielmehr nach WSW. verlaufende Thal der Jachöwka, in dessen oberem Theile gleich unterhalb Kruzlöwka das Dorf Bienköwka liegt, gehören einer gemein- samen Längsthalanlage an. Es ist deshalb nicht zu verwundern, dass die im Trzebuniathal vorhandenen, den oberen Hieroglyphenschichten zugezählten Bildungen nach Bienköwka zu fortsetzen. Ich sah die letzteren in Verbindung wieder mit rothen Thonen auf der genannten Wasserscheide. Nur verdient hier Erwähnung, dass daselbst im Bereich der betreffenden Bildungen und dieselben überlagernd eine kleinere Partie von Magurasandstein als isolirter Denudationsrest auf dem süd- lichen Theil der Wasserscheide stehen geblieben ist, woselbst er eine kleine Kuppe bildet. Da wir schon einmal in dieser Gegend uns befinden, so können wir das Jachöwkathal gleich eine Strecke lang abwärts verfolgen. Die Form der beiderseitigen Thalgehänge lässt eine Forterstreckung der weicheren Bildungen, wie sie in den oberen Hieroglyphenschichten vorkommen, daselbst voraussetzen. Doch ist leider meist nicht viel längs des Baches aufgeschlossen. Dagegen kann man in einigen kleinen seitlichen Schluchten sich die Ueberzeugung von der allgemeinen Zu- Jässigkeit jener Voraussetzung verschaffen und daraus das Uebrige combiniren. Es sind aber nieht überall die Thone und Sandsteine der oberen Hieroglyphenschichten, mit denen man es bei Bienköwka zu thun hat. Geht man nämlich in die Schluchten bei der mit dem Namen Niemezöwka bezeichneten Häusergruppe auf der Nordseite des Baches (ich gelangte dahin auf dem Wege von der nördlich davon auf dem Sandsteinrücken gelegenen Colonie Hniöwka), so sieht man Schiefer, welehe in ihrem Habitus ziemlich an Menilitschiefer erinnern, ohne dass jedoch Hornsteinbänke denselben eingelagert gefunden worden wären. Statt derselben sind nur stark kieselige Sandsteine vorhanden. Es macht den Eindruck , als ob diese den Menilitschiefern äusserlich jedenfalls 770 Dr. Emil Tietze. [348] . nahe stehenden Gebilde, welche ich auf der Karte auch thatsächlich unter dem Namen dieser Schiefer ausgeschieden habe, die bunten Thone und die denselben untergeordneten Sandsteine von Kruzlöwka und Trzebunia einfach vertreten würden. Dieser Umstand verstärkt die Deutung jener Thone als in diesem Fall zu den oberen Hieroglyphen- schichten gehörig und hilft die Vermuthung beseitigen, als ob man bei Trzebunia cretacische Ropiankaschichten vor sich habe. Die erwähnten Schiefer liegen direct auf den gleichfalls südlich fallenden Sandsteinen, welche den Bergrücken Bienkowski, eine west- liche Verlängerung der Babica, zusammensetzen. Die Ueberlagerung ist bei Niemezöwka deutlich wahrzunehmen. Da nun der Magurasand- stein im Grossen und Ganzen jünger ist als die oberen Hieroglyphen- schichten und als die Menilitschiefer und da andererseits, wie später gezeigt werden wird, auf dem Nordabhange des Bienkowskirückens im Liegenden des Sandsteines abermals ähnliche Schiefergebilde auftreten, so stellt sich der bewusste Sandsteinrücken als eine schiefe, nach Nord überschobene Einfaltung in die schieferigen Gebilde seiner Unterlage heraus und die Menilitschiefer nebst den in ihrem scheinbaren Liegenden befindlichen Sandsteinen bei Niemezöwka sind überkippt. Aus diesem Grunde ist auch die Annahme einer Verwerfung‘ bei Kruzlöwka, wie wir sie vorhin als denkbare Eventualität hingestellt haben, um die dortigen Lagerungsverhältnisse zu erklären, nicht sehr wahrscheinlich. Wir kehren wieder nach Izdebnik zurück und machen von dort einen Ausflug nach Jastrzebia, welcher Ort direet südlich vom Dorfe Izdebnik liegt. Wir passiren dabei zunächst die Zone der oligocänen, mürben Ciezkowicer Sandsteine, welche vorzugsweise am rechten (öst- lichen) Ufer des Jastrzebia potok zu Tage treten, während auf der westlichen Thalseite Lössbedeckung vorkommt. In der näheren Um- gebung des Meierhofes von Jastrzebia sieht man sogar nur Löss. Süd- lich aber vom Meierhofe den Bach aufwärts gehend trifft man nach einigen Minuten auch südwärts fallende festere Sandsteine und bald darauf blaugraue, sandig-thonige Schiefer, Gebilde, welche in ihrem Habitus mit den eocänen und oligocänen Gliedern des Karpathen- sandsteins nicht übereinstimmen und die ich vorziehe beim Neocom unterzubringen, wozu mich auch der Umstand bestimmt, dass etwas weiter östlich, wie wir bald sehen werden, in der Streichungsfortsetzung der betreffenden Gebilde Schichten auftreten, die mit grösserer Sicher- heit dem Neocom zugetheilt werden dürfen. Es kann auch hier wieder hervorgehoben werden, dass die öst- liche Uferseite des Baches die besten Aufschlüsse bietet. Dort, wo der Bach weiter oben im Walde Grobie aus verschiedenen kleinen Rinn- salen zusammenfliesst, werden die Aufschlüsse übrigens schlecht und verschwinden sogar wenigstens an den zugänglichen Stellen gänzlich, so dass nur der theilweise mit Silt abwechselnde oder von diesem bedeekte quartäre Schotter auf die Gesteinszusammensetzung des Ge- hänges Grobie einen Schluss erlaubt, dem zufolge ich die Höhe hier als aus Magurasandstein bestehend annehme. Oestlieh vom Jastrzebiabache, jenseits des Gehänges Görska be- finden sich (nordwestlich von Harbutowice) die Quellschluchten des [349] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 7 kleinen Baches Ubionka, welcher sieh etwas weiter nordöstlich mit dem kleinen Bache von Sulkowice vereinigt. Hier sieht man Schiefer mit krummschaligen, glimmerigen, dunklen, Kalkspathadern führenden Sandsteinen aufgeschlossen, welche nahezu ostwestlich (in Stunde 18!/,) streichen, meist sehr steil, bisweilen vertical aufgerichtet sind und, soweit sich stellenweise doch eine Neigung erkennen lässt , südwärts fallen. Man beobachtet an einer Stelle, wele he schon mehr in der Nähe des Punktes liegt, an welchem der Bach aus der südnördlichen in die westöstliche Riehtung übergeht auf der rechten Bachseite (etwas in der Höhe) auch sehr kalkige er mit Crinoidengliedern, welche in ge- wissem Sinne sehr an den Teschener Kalk erinnern und die dort mit 670 südlich fallen. Auch Sandsteine mit verkohlten Pflanzenspuren kommen vor. Es unterliegt kaum einem Zweifel, dass dieses Schichtensystem allen petrographischen Analogien nach als zum Neocom der Sandstein- zone gehörig anzusprechen ist. In diesen Schichten kommen auch Knollen von Sphärosideriten vor und ausserdem findet man hier Einschlüsse von zum Theil ziemlich ansehnlichen exotischen Blöcken. Ich sah einen oberjurassischen Kalk ähnlich wie er am Nordabhange der Moezurka bei Kgota vorkommt und ein anderes graues, mergeliges Gestein unter diesen Einschlüssen. Krystallinische Felsarten konnten aber hier nicht beobachtet werden. Bezüglich der Eisensteine von Harbutowice hatte Herr v. John die Güte, eine Analyse zu machen, welche ergab, dass der Gehalt derselben an metallischem Eisen 56°20 Procent beträgt. Die Analyse weist die folgenden Werthe auf: Kohlensaures Eisenoxydul . . . . . 74:98 Procent Thonerde .. ....: arten el AnuE allieie ee Kalk N rg er Kohlensaure Macnesia, «..% z,. -00sllre LE197 u in Salzsäure ‚unlösliche ‚Theile... '-.- ...1,0:95,.) „ " 100:07 Procent Ausserdem waren noch geringe Mengen von Mangan, Schwefel, Phosphor und organischer Substanz vorhanden. Die Sandsteine und Schiefer, welche gleich westlich oberhalb des Meierhofes von Harbutowice auf der Höhe der dortigen Berglehne anstehen, zeigen keinen so ausgesprochen neocomen Habitus, ich habe sie jedoch auf der Karte noch zum Neocom gezogen, da sie von den südwärts davon entwickelten Magurasandsteinen abweichen. Diese Magurasandsteine streichen im Dorfe Harbutowice oberhalb des Meierhofes über den Bach und weisen dort eine ziemlich flache, südliche Neigung auf. Dort, wo der Weg von Harbutowice nach Paleza hinüberführt, treten längs der ganzen Wasserscheide zwischen den betreffenden Bächen grüne und rothe Thone mit Sandsteinzwischenlagen auf. Es sind obere Hieroglyphenschichten. In einem Wasserriss, welcher gerade auf der Höhe des Gebirgsüberganges passirt wird, sammelte ich auch ein Stück weissen exotischen Granites von übrigens geringer Grösse. Dieses Vorkommen ist indessen theoretisch nieht uninteressant, wenn Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Band. 4. Heft. (Dr. Emil Tietze.) 99 772 Dr. Emil Tietze. [350] man erwägt, wie relativ nahe die soeben erwähnten Blöcke von kalkigen Gesteinen im Neocom von Harbutowice sich befinden. Dieselben den oberen Hieroglyphenschichten angehörigen Gesteine ziehen sich in grösserer Ausbreitung von Paleza nach Baezyn und Budzöw zu beiden Thalseiten fort und sie gehen auch östlich von Baczyn in das Seitenthal hinein, welches von Hniöwka herabkommt. Dort gibt es namentlich in den bewaldeten Seitenschluchten der süd- lichen Thalseite Aufschlüsse, durch welche südlich fallende, meist nicht sehr dünnblätterige thonige Schiefer entblösst werden, welche an einigen Stellen, wo die Dünnschichtigkeit zunimmt, eine ziemliche Aehnlich- keit mit Menilitschiefern zeigen, also mit denjenigen Schiefern, welche jenseits des hier aufsteigenden Magurasandsteinrückens Bienkowski bei Niemezöwka auftreten. Der Weg von Izdebnik über Lanckorona (Landskron) nach Budzöw wird uns nunmehr über die Beschaffenheit der zunächst weiter west- lich gelegenen Aufschlüsse unterrichten. Wir können vom Dorfe Izdebnik aus auf dem nächsten Wege über die Höhe Pod Zamkiem nach Lanckorona gelangen und haben auf der genannten Höhe Gelegenheit, an einigen Stellen den hier überall anstehenden Ciezkowicer Sandstein zu beobachten. An diesem Wege sah ich auch einige kleine Stücke von rothem nordischem Granit, also glaciales Erraticum. Ein anderer Weg verlässt weiter westlich die Strasse von Izdebnik nach Kalwarya beim Waldwirthshause Sulca und führt von dort direet südlich nach dem Berge, auf welchem Lanckorona liegt. Auch hier sieht man im Walde zunächst allenthalben die Spuren des Ciezkowicer Sandsteines, wenn auch bisweilen nur aus dem losen Sand, in welchen die mürberen Partien dieses Sandsteines zerfallen, auf die geologische Beschaffenheit des Untergrundes geschlossen werden kann. Auf der Höhe nördlich vor dem steileren Berge angelangt, auf welchem die Ruine des Schlosses Landskron steht, findet man dann rothen Thon, den ich in diesem Falle den rothen Thonen beizählen möchte, welche bisweilen mit dem Ciezkowicer Sandstein verbunden sind, die ich aber dennoch, weil dies bequem anging, besonders ausgeschieden und mit der für die oligocänen Schiefer und Thone im Allgemeinen gewählten Farbe bezeichnet habe. Sodann beginnt auf gewundenem Wege der Anstieg auf den Castellberg. Hier steht ein Wechsel von grauen und grünen Schiefern mit festen kieseligen, ziemlich dünnschichtigen Sandsteinen an, welche Schichten in Stunde 5 streichen und südlich fallen. Dieser Fallrichtung entsprechend ist die hier von uns angegangene Nordseite des Berges beträchtlich steiler als der später zu besprechende Südabhang desselben Berges. Die Karte von Hohenegger und Fallaux hat dieses Schichten- system zum mitteleretacischen Godulasandstein gebracht und in der That gleicht dasselbe durchaus der unteren Abtheilung des schlesischen Godulasandsteines, welche Herr Paul und ich im Jahre 1877 (Jahrb. geol. Reichsanst., pag. 43) mit dem Namen der Ellgother Schichten benannt haben, nach der Localität Ellgoth, bei welcher diese Bildungen be- sonders gut aufgeschlossen sind. Für die Deutung der Schichten am [351] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 73 Landskroner Schlossberg als einem älteren Schiehteneomplex angehörig spricht auch der Umstand, dass Uebergänge aus den oligoeänen Ge. bilden der Umgebung in diese Schiehten nirgends zu finden sind (und es gibt derartige Oligoeänbildungen , wie wir sogleich sehen werden, auf der Südseite des Schlossberges ebenfalls), während doch anderwärts derartige Uebergänge zwischen den den oberen Karpathensandsteinen zugerechneten Ahlayerunzen nicht selten eonstatirbar sind. Der im Anfange dieses Jahrhunderts noch kahle, gegenwärtig wieder aufgeforstete Südabhang des Schlossber ges bietet abwärts bis zu der etwas unterhalb des Gipfels gelegenen Stadt hin wenig Aufschlüsse. Erst etwas oberhalb der Kirche kommen Schiefer hervor, die einen von den bisher erwähnten Gebilden abweichenden Habitus haben und in denen ich Sandsteinzwischenlagen nicht fand. Es sind dunkle Schiefer, ziemlich dünnblätterig und mit Spuren von Verwitterungsbeschlägen. Sie erinnern stellenweise etwas an Menilitschiefer. Andererseits lässt sich eine gewisse Aehnlichkeit derselben mit den weiter westlich bei Bugaj, unweit Kalwarya entwickelten Schiefern der untereretaeischen Wernsdorfer Schiehten nicht in Abrede stellen. Ich habe mich auch für die Deutung derselben in diesem Sinne entschieden, obgleich wir uns an dieser Stelle im scheinbaren Hangenden der Ellgother Schichten befinden. Indessen stehen wir hier nicht minder im Bereich der öst- lichen Streichungsfortsetzung der Schiefer von Bugaj, deren eretaeisches ‘Alter durch Versteinerungen genügend festgestellt erscheint. Bei den südliehsten Häusern von Landskron treten dann übrigens die massig geschichteten mürben Ciezkowicer Sandsteine wieder auf, welche einem, von hier bis in die Gegend des Jastrzebiabaches fort- setzenden Zuge angehören, so dass also die Kreideschichten des Lands- kroner Schlossberges nach Osten zu ganz von oligocänen Gebilden umlagert werden. Das charakterisirt deutlich die Discordanz, welche zwischen den cretacischen und den alttertiären Bildungen unseres Gebietes herrscht. Weiter südlich am Wege nach Lesnica kommen in der Nähe der Kapelle und der dortigen Wegtheilung (es führt dort ein Weg in der Richtung nach Paleza ab) rothe und grüne Thone zum Vorschein, welche ich theils ihrem Gesteinscharakter, theils den neueren Ansichten über das Gebirge südlich von Bochnia zu Liebe den oberen Hiero- glyphenschichten zuweise. Ein kleiner Vorbehalt kann aber nicht schaden. Noch weiter südlich gegen Lesnica zu sieht man blaugraue, zum T'heil krummschalige Sandsteine mit Kalkspathadern und etwas Glimmer, welche völlig an die Strzolka der Ropiankaschichten, bezüglich der Teschener Schiefer erinnern, und welche auch ihrer topographischen Lage nach, in Berücksichtigung der hier allgemeiner herrschenden ost- westlichen Streiehungsriehtung, als die westliche Fortsetzung der zum Neocom gerechneten Bildungen von Jastrzebia und Harbutowice gelten könnten. Doch muss bemerkt werden, dass hier local bereits eine andere Streichungsrichtung (in Stunde 3) bei südöstlichem Fallen vorkommt. In Ermangelung anderer Anhaltspunkte rechne ich auch zur Kreide noch die Sandsteine, welehe man unten im Thale von Lesnica selbst beobachtet, und welche Bänke von mässiger Dieke bilden. Dieselben sind 99* 174 Dr. Emil Tietze. [352] meist feinkörnig, im frischen Zustande blaugrau, dabei aber grün punktirt, in welchem Falle sie sich freilich im Handstück von oligoeänen Magura- sandsteinen wenig unterscheiden. Doch verdient hervorgehoben zu werden, dass in. der alten Aufsammlung von Hohenegger und Fallaux sich ein von Lesnica stammender Ammonit befindet, der allerdings aus den schieferigen Bildungen daselbst herzurühren scheint. Weiter südlich strecken in der Nähe des Meierhofes Skawinki thonige , ziemlich weiche Schiefer mit ‘hellen Verwitterungsbeschlägen und eingeschalteten festeren Lagen ihre Schichtenköpfe hervor. Im Kleinen zeigen dieselben einige Biegungen der Streichungslinie. Im Grossen und Ganzen lässt sich jedoch für die deutlich siehtbaren Stellen ein Streichen in etwa Stunde‘ 10 bei südwestlichem Fallen hier annehmen. Auch noch weiter oberhalb (südlich) kommen graue, bröckliche, ziemlich weiche Schieferthone heraus. Ich habe alle diese Gebilde zu meiner Abtheilung der oligocänen Schiefer im Allgemeinen gestellt, da sie einer bestimmten Ausbildung »sweise derselben nicht ent- sprechen. Die erwähnten Verwitterungsbeschläge bezeichnen einen leisen Anklang an die Charaktere der Menilitschiefer, während die weichere thonige "Beschaffenheit der Schiefer an die Charaktere der Thone erinnert, welche sich in der Gegend nordöstlich von Myslenice aus dem oligoeänen Sandstein entwickeln. Noch etwas höher an dem Wege, der nach Zachelma über das Gebirge führt, sieht man dann dünnschichtige, etwas grünlich gefärbte ' Kalksandsteine mit weissen Adern anstehen, die indessen nicht lange anhalten und auf der Passhöhe, welche in der östlichen Verlängerung des Chelmzuges gelegen ist, erblickt man rothe Thone, welche von hier aus weit südlich bis Zachelma anhalten und auch bei dieser Ort- schaft selbst noch vorkommen. Doch treten bei den nördlichsten Häusern des Dorfes in der Nähe der dortigen Kapelle, insbesondere am öst- lichen Ufer des daselbst fliessenden Bächleins, Sandsteine hervor, welche wohl als eine etwas verschobene Fortsetzung des Sandsteinzuges auf- gefasst werden dürfen, der weiter westlich den Kamm des Chelm zu- EN: Diese Sandsteine des Chelm sind theils feiner, theils srob kurt und enthalten grüne, glauconitische, sowie weissliche, wohl aus der Zersetzung von Glimmer oder Feldspath herrührende ‚ Punkte. Sie entsprechen bereits so ziemlich der Beschaffenheit des Magurasand- steines. Beiderseits des unteren Theiles des Zachelmathales sieht man dann theils grüne Schiefer, theils grüne Mergel der oberen Hiero- glyphenschichten. Diese Schichten stehen auch weiter abwärts längs des von Paleza kommenden Paleezkabaches zu beiden Seiten des letzteren an, zwischen Budzöw und Zembrzyce, wo sich am rechten nördlichen Ufer nament- lich zwischen den Localitäten Blazöwka und Lachöwka, sowie am linken Ufer, insbesondere gegen Zembrzyce zu theils direet am Bache selbst, theils in kleinen seitlichen Schluchten entsprechende Aufschlüsse befinden. Ein grosser Theil des Hügelgebietes zwischen dem Paleezkabache und der Erhebung des Chelm wird jedenfalls von denselben Schichten gebildet, wenn sich auch auf einzelnen Kuppen noch Sandsteinmassen [353] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 7175 vorfinden, die zum Magurasandstein gerechnet werden dürfen. Jeden- falls sieht man die Spuren der oberen Hieroglyphenschiehten noch in den Schluchten von Rojköwka. Der meist geradlinige, durch den Wald führende Weg von letzterem Orte auf den Chelm hinauf ist allerdings gänzlich ohne Aufschlüsse und steinlos. Aber eben deshalb, weil man dort keinerlei Steine herumliegen sieht, ist die Voraussetzung berechtigt, dass ausschliesslich weiche Thone die Zusammensetzung dieser Partien übernehmen, und da wir etwas weiter östlich bei Zachelma die An- wesenheit rother Thone bemerkt haben, so bin ich geneigt, die letzteren als hier fortsetzend zu denken. Erst kurz unter der Kammhöhe des Chelm beginnen die denselben bildenden Sandsteine sich zu verrathen. In jener Annahme der Existenz der rothen Thone am Südgehänge des Chelm wurde ich bestärkt, als ich etwas weiter westlich (beim Herab- steigen vom Ohelm nach Zembrzyce zu), etwas östlich der nordöstlichen Häusergruppe von Mariöwka, die rothen Thone anstehend fand. Die Erhebung westlich von Mariöwka gegen den Skawafluss zu scheint aber wieder grösstentheils aus Magurasandstein zu bestehen. Da wir übrigens schon in der Gegend von Budzöw bei unserer Besprechung angelangt sind, so will ich gleich erwähnen, dass gleich südlich von Budzöw an der Bergecke, welche zwischen dem Paleezka- bache und dem von Bienköwka kommenden Jachöwkabache, nahe der Einmündung des letzteren in den ersteren gelegen ist, sehr deutliche Aufschlüsse der daselbst hauptsächlich aus grünen Mergeln bestehenden oberen Hieroglyphenschichten beobachtet werden und dass auch nocb etwas weiter aufwärts im Jachöwkathale, insbesondere in der schmalen Schlucht zwischen den Localitäten Celechöowka und Stupniöwka sich ähnliche Aufschlüsse befinden. Dort, wo bei Jachöwka der Lauf des Baches eine ziemlich rechtwinkelige Beugung macht, treten dann wieder die Magurasandsteine unmittelbar an den Bach heran. Ueber die Verhältnisse oberhalb jener Beugung, also bei Bien- kowka, wurde vorher schon berichtet. u — - Wir kehren nunmehr an die Strasse von Kalwarya nach Wado- wice zurück und beginnen unsere Excursionen bei Kalwarya. Der Gebirgszug, weleher sich zwischen der letzteren Stadt und dem alterthümlich gebauten Schlosse von Barwald zunächst südlieh jener Strasse erhebt, besteht zur Hauptsache aus oligocänem Ciezko- wieer Sandstein der sich hier als die westliche Fortsetzung des bei Izdebnik "entwickelten gleichartigen Sandsteins darstellt. Der genannte Sandstein wird stellenweise in Steinbrüchen abgebaut, da er hie und da eine etwas festere Consistenz gewinnt und andererseits doch noch mürbe genug ist, um sich leicht bearbeiten zu lassen. Ein soleher Steinbruch befindet sich in der Nähe der Strasse, die von der Stadt zum hochgelegenen weit sichtbaren Kloster führt, ein anderer ist im Walde nordöstlich von der auf der Höhe befindlichen Localität Puszeza gelegen. Hier sieht man steilere Schiehtenstellung bei südlichem Fallen. Ein weiterer Steinbruch liegt in der Sehlucht nord- westlich von Puszeza. Hier sind die grossmassigen Bänke horizontal geschichtet, was den Abbau an dieser Stelle erleichtert. 776 Dr. Emil Tietze, [354] Endlich lernte ich noch einen Steinbruch bereits in der Nähe des Schlosses Barwald kennen, unweit der Stelle, wo der von Zakrzöw kommende Bach die Strasse erreicht und wo die Betstationen für die von Westen kommenden Wallfahrer auf den Kalwarienberg beginnen. Hier gewinnt der Sandstein ein etwas anderes Aussehen. Er ist noch ziemlich diekschichtig, aber doch nieht mehr so sehr grossmassig wie unterhalb Puszeza und jedenfalls fester verkieselt. Er enthält ferner sandig-schieferige oft grünliche Zwischenlagen, in denen stellenweise Kohlenbroeken vorkommen. Die Differenz zwischen diesem Gestein und dem Ciezkowicer Sandstein ist wohl zu gross, um bei der Nähe der verglichenen Bildungen die Annahme zu gestatten, dass wir hier nur eine Modification des letzteren vor uns haben. Freilich tritt auch ın der Umgebung von MySlenice, wie wir früher sahen, der petrographisch vom Ciezkowicer Sandstein abweichende und ihm doch so altersverwandte Magurasandstein sehr nahe an den letzteren heran, indessen haben wir in unserem Falle gleich südlich von dem besprochenen Zuge des Jüngeren oligocänen Sandsteines nach der neuerdings von Dunikoweski (l. e.) bestätigten Angabe von Fallaux und Hohenegger das Auftreten von Godulasandstein zu verzeichnen, der, wie schon Dunikowski angibt, hier in massigeren Bänken vorkommt, also nicht speciell den Ellgother Schichten angehört. Da ich mich nun in Ermangelung von Gegengründen dieser Annahme anschliesse, so scheint es wohl zweck- mässig, auch den Sandstein des genannten Steinbruchs östlich von Barwald dem mitteleretacischen Godulasandstein zuzuweisen. Gleich südlich vom Kloster Kalwarya schieben sich, wie bereits Dunikowski angab, rothe Thone zwischen den Ciezkowicer Sand- stein und die Kreide, also ähnlich wie auf der Nordseite des Berges von Landskron, wovon etwas weiter oben die Rede war. Ihrer Zwischen- stellung nach könnte man bei diesen Thonen auch an eine Vertretung der oft durch rothe Thone ausgezeichneten oberen Hieroglyphenschichten denken. Da jedoch für diese Annahme sich sonst kein Grund auffınden liess, so habe ich vorgezogen, dieselben mit der Farbe zu bezeichnen, die ich für die thonig-schieferigen Bildungen des Oligocän im Allgemeinen gewählt habe. Auf der vom Kloster aus in der Höhe nach Süden (nach Stronie) sich hinziehenden Strasse weiter fortschreitend trifft man nun zunächst dunkle von Kalkspath durchzogene Schiefer an, die ihrem petrographischen Habitus nach der unteren Kreide oder der tieferen Abtheilung des Godula- sandsteins zugerechnet werden können. Auf der Erhebung westlich dominirt aber der Godulasandstein, den man bald auch auf der Strasse selbst, dort wo diese höher ansteigt, zu sehen Gelegenheit hat. Weiter südlich kommt man zu einer Wegtheilung, indem hier ein Weg südlich um den Kalwarienberg herum nach Barwald abzweigt und bald ist strzolkaähnlicher Sandstein mit dunklen Schiefern entblösst, den man wieder der unteren Kreide zurechnen kann. Man sieht diese Bildungen also an der Wasserscheide, welche die östlich nach Bugaj und die westlich nach Barwald fliessenden Gewässer trennt. Für die Strasse bedeutet diese Wasserscheide indessen keine Erhebung, da dieselbe nur einen niedrigen Querriegel vorstellt, der den Berg von Kalwarya mit der Erhebung verbindet, welehe im Osten bei [355] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. wÄrdei Lesnica beginnend sich nördlich des Thales von Zakrzöw und Stryzow binzieht und auf deren Höhe nordöstlich von Zakrzöw und nordwestlich von Stronie eine sogenannte Owezarnia steht. Südlich der Strasse, die vom Kloster Kalwarya nach Landskron führt und östlich von dem soeben beschriebenen Wege gelangt man in ein verzweigtes System von Schluchten. Wir befinden uns hier bei dem Dorfe Bugaj. Die Verbindungsstrecke Skawina-Sucha der Trans- versalbahn passirt hier in ziemlicher Höhe über dem Cedronkathale jene ‘Schluchten und musste der Bahnkörper theils dureh Terrainabstiche auf den zwischen den Schluchten sich erhebenden Rücken, theils durch zum Theil bedeutende Dammaufschüttungen, mit Wasserdurchlässen bei den Schluchten selbst hergestellt werden. Es sind auf diese Weise ausser den natürlichen Aufschlüssen dieser Gegend auch noch künstliche Aufschlüsse hergestellt worden. Dies vorausgeschickt, erwähne ich, dass sich hier allenthalben schwärzliche, südlich fallende Schiefer zeigen, welche von Hohen- egger und Fallaux (pag. 25) zu den Wernsdorfer Schiehten gerechnet worden sind. Den Schiefern sind Lagen von Thoneisenstein untergeordnet, auf welche hier früher ein Bergbau getrieben wurde. Auf den Halden dieses Bergbaues geben die genannten Autoren an Ammonites infun- dibulum d’Orb., A. recticostatus d’Orb. und A. Hopkeinsi Forbes ge- funden zu haben, was die Altersdeutung ermöglicht. Die Eisensteine, die ich selbst noch sah, scheinen ziemlich geringhältig zu sein. Etwas südlich von den alten Bauen an dem Eisenbahndurchstich, der gleich hinter dem eine Schlucht übersetzenden grossen Eisenbahn- damm kommt, welcher letztere bald nach Eröffnung der Balın einer grossen Rutschung ausgesetzt war, fand ich bald ein kleines Kohlennest im Schiefer, ein Vorkommen, welches durchaus nicht die Form eines ein- geschwemmten Kobhlenblockes hatte, sondern sicher in seiner Entstehung den Schiefern gleichzeitig war, was ich im Hinblick auf gewisse früher erwähnte kleinere Kohlenvorkommen im älteren Karpathensandstein (wie von Swiatniki) hier hervorhebe. Dahinter sah ich auf beiden Seiten des Durchstichs einen schmalen Gang (oder Lager) von stark zersetztem Teschenit. Die Sandsteine, welche dann westlich weiter oben durch kleine Steinbrüche gegen die Höhe zu aufgeschlossen sind, auf welcher die Strasse vom Kloster nach Zakrzöw eine Biegung macht, sind theils mittel- theils grobkörnig und enthalten auch Kohlenpartikelchen einge- schlossen. Ich habe dieselben noch zum Godulasandstein, der die Höhe zusammensetzt, gezogen. Von jenem Eisenbahndurchschnitt östlich abwärts gehend sieht man unterhalb einer der Kapellenreihen, welche als Stationen für die Wallfahrer dienen, und zwar genauer gleich unterhalb des nach Lesnica führenden Weges bei einem kleinen am rechten (südlichen) Bachufer befindliehen Wäldehen plötzlich Granite zum Vorschein kommen. Ueber das merkwürdige Auftreten dieses Gesteins hier inmitten der galizischen Flyschzone habe ich bereits in einem meiner Reise- berichte (Verhandl. geol. R.-A. 1885, pag. 300) ausführlicher be- richtet, doch will ich hier der Vollständigkeit der Darstellung ke auf das damals Gesagte noch einmal zurückkommen. 178 Dr. Emil Tietze. ° [356] Der Aufschluss des Granits lässt sich längs des betreffenden Baches auf eine Strecke von 10—12 Klafter verfolgen. es darf aber hervorgehoben werden, dass sich dieser Aufschluss nicht etwa land- schaftlich durch eigenthümliche Felsformen oder dergleichen besonders aus- zeichnet, sondern ausschliesslich durch das Einschneiden des Baches bewirkt wird. Was die Gesteinsbeschaffenheit des fraglichen, sehr frischen Granits anlangt, so besteht dieselbe, wie ich in meinem Reisebericht sagte, aus Quarz, dunklem Glimmer und blassröthlichem oder weissem Feld- spath, von welchem bisweilen einzelne grössere Krystalle gleichsam porphyrisch in der kleinkörnigen Grundmasse ausgesondert liegen. Die weissliche Varietät dieses Gesteins zeigt sich dabei mit der blassrothen Abart desselben innig verbunden und der Quarz der letzteren lässt eine dunkel blaugraue Färbung erkennen. Es braucht kaum besonders hervorgehoben zu werden, dass wir es hier nicht mit einem grossen Block des nordischen Erratieums zu thun haben, von welchem ja Spuren bis in diese Theile des karpathbi- schen Gebietes hinein zu finden sind, wie schon die Funde östlich von Landskron beweisen. Schon die petrographische Beschaffenheit des Granits, der, wie schon in der Formationsbeschreibung (pag. 62 dieser Arbeit) gesagt wurde, den Tatragraniten ähnelt, schliesst einen Ver- gleich mit den wohlbekannten dunkelrothen Graniten und den übrigen Gebilden des nordischen Glacialdiluviums aus, ganz abgesehen davon, dass nordische Blöcke von solehen colossalen Dimensionen sich am galizischen Karpathenrande nirgends finden. Ganz augenscheinlich gehört das erwähnte Vorkommen vielmehr zu den sozusagen autochthonen krystallinischen Gesteinen, welche sich an verschiedenen Stellen längs der ganzen schlesisch - galizischen Flyschzone finden, mit ähnlichen Vorkommnissen im Bereich des alpinen Flysch in Vergleich zu bringen sind, und auf welche bei Besprechung der sogenannten exotischen Blöcke wiederholt die Aufmerksamkeit der Fachgenossen gelenkt wurde. Leider lässt sich ein direeter Contact des Granits mit den Schiefern der Umgebung nicht beobachten, da die Aufschlüsse zunächst ober- oder unterhalb des Granits nur die die letzteren auch oberflächlich bedeckenden Verwitterungslehme blosslegen, doch sah ich etwas nord- westlich von der beschriebenen Stelle gegen die Kapellen zu einen Block desselben Gesteins von einigen Cubikmetern Grösse aus den Schiefern herausragen. Ich wurde auf dieses interessante Vorkommen von Herrn Herr- schaftsdireetor v. Seeling in Izdebnik aufmerksam gemacht. Doch finde ich nachträglich, dass bereits v. Dunikowski von diesem Granit gewusst hat, denn derselbe schreibt (l. e. pag. 75), dass in Bugaj selbst, beiläufig zwischen den beiden Kapellenzügen, wieder ein Zug von Ciezkowieer Sandstein auftrete, der am Bache zahlreiche und riesige Granitblöcke enthalte. Trotzdem ich nun von dem Ciezkowicer Oligoeänsanilstein hier absolut nichts gesehen habe und trotzdem ich, wie auch schon angedeutet, nicht zahlreiche Granitblöcke an der betreffenden Stelle wahrnahm, sondern einen zusammenhängenden Aufschluss von Granit, der mir sogar die Idee nahelegt, dass wir es hier mit einer anstehenden Klippe von [357] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 779 Granit zu thun haben könnten, glaube ich doch, dass es dieselbe Stelle ist, welche Dunikowski und ich besucht haben. Ich überzeugte mich davon bei einer nochmaligen genauen Begehung dieses Gebietes im Sommer 1887, wo ich ein zweites derartiges Vorkommen nirgends auffinden konnte, ebensowenig wie Spuren des Ciezkowicer Sandsteins, so dass ich fast auf die Vermuthung gebracht wurde, Dunikowski habe den an einer Stelle über dem Granit entblössten Aufschluss von gelbem Diluviallehm mit besagtem Sandstein verwechselt. Man sieht indessen, dass der genannte Autor darin mit mir über- einstimmt, dass er den bewussten Granit für ein den karpathischen Bildungen direet oder indireet zugehöriges Gestein hält, nur bin ich der Meinung, dass dieses Gestein im Bereiche der eretacischen Werns- dorfer Schichten und nicht im Oligocän auftritt. Was das Auftreten des hier geschilderten exotischen krystallini- schen Gesteins besonders bemerkenswerth macht, ist eben seine Grösse und Masse, mit welcher selbst die meisten der grösseren Blöcke des bekannten Habkerengranits der Schweiz sich nicht entfernt messen können. Von der Grösse des bewussten Granitblockes oder dieser Granit- klippe von Bugaj erhält man eine Vorstellung, wenn man erfährt, dass man bei dem Bahnbau in der Nähe, nach Mittheilung des be- theiligten Ingenieurs, über 100 Cubikmeter des Gesteins zu Bau- quadern u. s. w. entnommen hat, ohne dass man dabei dem äusseren Ansehen nach eine wesentliche Verminderung der hervortretenden Masse bewirkt hätte. Ein weiteres Entnehmen des Materials wurde auch nur aufgegeben, nicht weil die noch zu gewinnende Quantität zu unbedeutend erschienen wäre, sondern weil die Bearbeitung des Gesteins im Vergleich zu den bequemer verwendbaren Sandsteinen, die man im Gebirge zwischen Kalwarya und Barwald brach, gerade für die Zwecke des Bahnbaues zu mühselig war, so vortrefflich es sich auch sonst für solche monu- mentale Arbeiten (Grabsteine u. s. w.) verwenden liesse, für welche man jetzt in Krakau den Granit der viel entlegeneren Tatra herbeizieht. Es kann sich bei dem besprochenen Vorkommen nur um die Frage handeln, ob wir es hier mit einer anstehenden Klippe einer älteren Felsart oder mit einem ungeheuren Block zu thun haben. Direct durch Beobachtung war diese Frage nicht zu entscheiden, ich bin aber fast geneigt, die erstgenannte Eventualität für die wahrscheinlichere zu halten, da im zweiten Falle die ziemliche Isolirtheit des Vor- kommens inmitten der Schiefer schwer zu erklären wäre. Man sollte nämlich meinen, dass dann auch kleinere Blöcke in grösserer Zahl in der Umgebung der betreffenden Localität bemerkt werden müssten, während ich doch nur einen solchen kleineren Block zu Gesicht be- kam. Das schliesst zwar nicht aus, dass oberflächlich etwa in den benachbarten Waldparzellen versteckt oder mehr in der Tiefe durch Nachgrabungen sich noch etliche soleher kleinerer Blöcke könnten finden lassen, aber ich erhielt doch bei meinen wiederholten Begehungen dieser Gegend den Eindruck, dass dies nicht oft geschehen werde. Es ist auch vielleicht in gewissem Sinne gleichgiltig, wie wir die vorliegende Frage beantworten, denn ein Block von so enormen Dimen- sionen, wie es der Granit von Bugaj sein .müsste, kann nicht leicht Jahrbuch der k.k. geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Bd. 4. Heft. (Dr. Emil Tietze) 100 ‘ 180 - Dr. Emil Tietze. [358] von weither an Ort und Stelle gebracht worden sein, so dass wir in gleichzeitiger Betrachtung der verschiedenen Gesichtspunkte, die ich schon bei früheren Gelegenheiten über die exotischen Blöcke der Kar- pathen auseinandergesetzt habe, immer wieder zu der Idee eines alten Gesteinswalles geführt werden, der mannigfach zusammengesetzt an der Stelle eines Theiles der heutigen Sandsteinzone sich befand und bei der Ablagerung des Flysch theils verdeckt, theils zerstört wurde. Wir verlassen jetzt diesen merkwürdigen Aufschluss, um uns in das südlichste Schluchtsystem von Bugaj zu begeben, wo dunkle Schiefer mit krummschaligen, glimmerigen Kalksandsteinen anstehen, welche bereits mehr den Charakter der Teschener Schiefer als der Wernsdorfer Schichten an sich tragen und daher zum eigentlichen Neocom gerechnet werden sollten. Auch weiter bei Lesniea kommen noch ähnliche Schiefer vor, aus denen sogar, wenn einer in den Auf- sammlungen von Fallaux und Hohenegger befindlichen Etiquette Glauben geschenkt werden darf, ein Ammonit vorliegt, der freilich eine nähere Bestimmung kaum zulässt und daher für die Unterscheidung zwischen den verschiedenen hier in Betracht kommenden Horizonten der unteren Kreide belanglos ist. Ich habe mich indessen doch be- wogen gefunden, die zuletzt erwähnten Bildungen sämmtlich .schon von den Wernsdorfer Schichten zu trennen und sie dem eigentlichen Neocom zuzuweisen, wenn auch Fallaux und Hohenegger gerade hier von Teschener Schichten auf ihrer Karte nichts angaben. Auf den Umstand, dass südlich von Kalwarya den Teschener Schiefern zu parallelisirende Gebilde vorkommen, hat übrigens bereits Dunikowski aufmerksam gemacht. Zwischen Lesnica und dem Bahnhof Stronie befindet sich ein grosser Damm und ein grosser Eisenbahneinschnitt, wo kalkspathhältige Schiefer und Sandsteine von strzolkaartiger Beschaffenheit entblösst worden sind. Die Sandsteine sind etwas glimmerig und -bilden meist nur mittelmässig starke Bänke, die nach Süden fallen. Auch diese Ab- lagerungen kann man vielleicht noch dem Neocom zutheilen. Etwas anders sind die Ablagerungen beschaffen, welche den Rücken bei der früher genannten Owezarnia nördlich Stronie und Zakrzöw zusammensetzen. Von Bugaj aus auf dem Wege von Kalwarya nach Zakrzöw zu der genannten Owezarnia hinaufsteigend, sieht man bereits dünngeschichtete Sandsteine mit Kalkspathadern, welche freilich mit den soeben erwähnten Schichten des Eisenbahndurchschnittes zwischen Lesnica und Stronie im Einzelnen eine gewisse Aehnlichkeit haben, aber doch im Gesammthabitus, in der Art ihres Schichtenver- bandes davon abweichen, was sich namentlich in der gleichmässigen Dünnschichtigkeit der meisten Lagen documentirt. Oben auf der Höhe bei der Owezarnia selbst sieht man dunkle, rostbraun verwitternde Schiefer. Von dieser Höhe aus längs des Kammes ostwärts gegen Lesnica schreitend gelangt man bald an ein kleines Gebüsch und hier trifft man wieder dünnschichtige, fast schieferige Sandsteine, welche weiter östlich bis tief gegen Leänica zu anhalten. Hier sieht man dann auch einige von dem gewöhnlichen Südfallen abweichende Fallrich- tungen, indem man gegen Lesnica ein westliches und in derselben Richtung schon ziemlich tief sogar ein nördliches Fallen wahrnimmt. [359] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakan. 781 Das letztere wird etwas nördlich oberhalb des östlichen Theiles von Lesnica beobachtet. Für diese Ablagerungen habe ich gerade keinen besonderen Grund von der Deutung der Fallaux’schen Karte, die hier überall das Alttertiär angibt, abzuweichen, obschon mir direete Beweise für ein eocänes oder oligoeänes Alter dieser Bildungen nicht vorliegen. Die Schiefer bei der Owezarnia könnten beispielsweise noch ebenso gut zu den Wernsdorfer Schichten gezogen werden. Ich habe für alle diese Gebilde auf meiner Karte die Farbe der oberen Hieroglyphenschichten gewählt, selbstver- ständlich ohne damit nach dem oben Gesagten ausdrücken zu wollen, dass wir es hier mit typischen Bildungen dieser Art zu thun haben. Dasselbe gilt für die südlich fallenden schieferigen Sandsteine und sandigen Schieferthone, die man von der Owezarnia südöstlich gegen den Bahnhof von Stronie hinabgehend antrifit. Am Bahneinschnitt gleich nördlich der Station Stronie sieht man sogar wieder die rost- braunen Schiefer, denen hier graue sandige Schieferthone, sowie Sand- steine untergeordnet sind, welche kleine Einschlüsse von Thon führen und verwittert braun aussehen. Diese Schichten sind hier mehrfach gewunden und fallen im Ganzen vorwiegend ostsüdöstlich. Wenn es freilich nach dem Vorgange von Fallaux und Hohen- egger berechtigt war, die rostbraunen Schiefer bei Wysoka nördlich der Moczurka den Wernsdorfer Schichten zuzutheilen, so wäre der gleiche Vorgang auch hier zulässig, da sich in der That kaum ein Unterschied in der Beschaffenheit der hier verglichenen Bildungen be- merken lässt. Ich halte mich für verpflichtet, auf solche Unsicherheiten besonders aufmerksam zu machen. Die Gegend zunächst südlich von Barwald und Kalwarya ist in dieser Beziehung mehr als schwierig und diese Schwierigkeit wird erhöbt durch den Mangel eines orientirenden, gut zusammenhängenden Profils, der auch durch den Umstand nicht aufgewogen wird, dass es mir bei besonderer Aufmerksamkeit gelang, eine Menge kleinerer isolirter Aufschlüsse in diesem Gebiete aufzufinden. Die Gegend, besonders zwischen Barwald einerseits, Zakrzöw und Strzyszow andererseits, wird vielfach, wenn nicht von typischem Löss, so doch von Verwitterungslehm bedeckt, indessen treten doch an mehreren Stellen die Gesteine des Grundgebirges hervor. Dies ist der Fall etwas westlich von der früher genannten (nördlich Stronie gelegenen) Owezarnia auf der Höhe des Bergrückens, über welchen dort der Feld- weg nach Barwald führt, und zwar genauer gesagt bei dem dort be- findlichen kleinen Walde. Es sind hier und in den kleinen Schluchten bei Lepionka (noch etwas westlicher als vorgenannter Punkt) fein- körnige, wenig diekschichtige‘ Sandsteine mit sandig - schieferigen Lagen vorhanden, welche jedenfalls mit dem Sandstein verbunden ge- dacht werden müssen, den wir zwischen jener Owezarnia und Lesniea angetroffen hatten. Auch nordwestlich von Lepionka beim Meierhof Chliwna gibt es kleine Aufschlüsse. Desgleichen findet man. nördlich von Strzyszow zu der dortigen (mit der früher genannten nicht zu ver- wechselnden) Owezarnia aufsteigend ziemlich flach südlich fallende dünn- schichtige Sandsteine und Sandsteinschiefer, welche bis in die Nähe der Owezarnia anhalten und von uns wie alle die letztgenannten Auf- schlüsse dem Eocän zugetheilt werden. 100* 182 Dr. Emil Tietze. [360] In den östlichen Verzweigungen der Schlucht hingegen, welche aus der Nähe von Chliwna nordwärts sich gegen das Schloss von Barwald hinabzieht, trifft man Sandsteine, welche Brocken von Glanz- kohle enthalten und die den Neocomsandsteinen der Gegend von Wieliezka sehr gleichen, weshalb ich sie auch zu der genannten Formation auf der Karte gebracht habe. Schon Pusch (Geogn. Beschr. von Polen, 2. Theil, pag. 641) gab an, dass in der Gegend von Barwald unabbauwürdige Kohlen gefunden wurden. Möglicherweise bezog sich diese Angabe auf den soeben be- schriebenen Punkt. Etwas weiter thalabwärts in derselben Schlucht und ebenfalls auf der Ostseite der letzteren gibt es hellgraue dünner geschichtete Mergel- schiefer, welche dort mit südlichem Fallen anstehen. Diese Schiefer erinnern im Aussehen vielfach an die vonHoheneggerund Fallaux zu den Wernsdorfer Schichten gebrachten Mergelschiefer von. Kleeza, von denen bereits die Rede war. Auf der Karte mögen sie deshalb mit diesen gleichgestellt werden. Gleich östlich vom Meierhof Zakrzöw befindet sich am südöstlichen Ufer des von Stronie kommenden Baches ein Aufschluss blaugrauer, dünnschichtiger Sandsteine mit schieferigen Zwischenlagen, welche Schichten in Stunde 5 streichen und südlich fallen. Unterhalb südlich des genannten Meierhofes aber dicht an der Zufahrt zu dem letzteren sieht man ähnliche Sandsteine mit sehr wiel weissen Kalkspathadern. Die petrographische Beschaffenheit dieser Gebilde spricht für ihre Zu- weisung zur Kreide und speciell zum Typus der sogenannten Ropianka- schichten. Nimmt man hinzu, dass dieselben doch augenscheinlich im Zusammenhange mit den analogen Ablagerungen von Lesnica stehen, aus denen nun eınmal, ob mit Recht oder Unrecht lässt sich nicht entscheiden, ein Ammonitenfund aus der Hohenegger-Fallaux’schen Sammlung !) namhaft gemacht wurde, so lässt sich jene Deutung immer- hin gerade so gut rechtfertigen, als die Zuweisung dieser Schichten zum Eocän, wohin sie auf der Fallaux’schen Karte nebst allen an- gsrenzenden Gebieten im Westen und Süden gebracht wurden. Diesem Vorgange, den Fallaux auf seiner Karte befolgt hat, habe ich mich daher nur bezüglich der minder typisch den Ropianka- schichten ähnlichen Ablagerungen angeschlossen, die wir als dünn- schichtige Kalksandsteine in der Nähe der beiden Owezarnien kennen gelernt haben und die wir dann weiter westlich von Zakrzöw bei Strzyszow bemerken. Besonders im westlichen Theile von Strzyszow, so- wie in der Nähe des Bahnhofes von Strzyszow, sowie ferner am Wege von Strzyszow nach Lekawica, auf der ersten Höhe, die man auf diesem Wege passirt, kommen blaugraue und bräunlichgraue, fein- körnige, plattige Sandsteine mit schieferigen Zwischenlagen vor, welche als eocän (im weiteren Sinne) bezeichnet und auf der Karte provi- sorisch den oberen Hieroglyphenschichten angereiht wurden, deren Typus sie freilich nicht entsprechen. Doch erinnern sie ein wenig an eine andere Facies des ostgalizischen Eoeäns. ') Auffällig bleibt aber hier der Widerspruch, in welchen: sich die kartographische Darstellung der genannten Autoren mit den Belegstücken der.betreffenden Arbeit befindet. [361] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 17133 Schon in unseren früheren Arbeiten über Karpathensandsteine, ins- besondere aber in den „neuen Studien“ (Jahrb. 1879, pag. 288) und neuerdings wieder in meinen Notizen aus dem nordöstlichen Ungarn (Verhandl. der geol. Reichsanst. 1885, pag. 338) wurde darauf hinge- wiesen, dass gewisse Ablagerungen der eocänen bezüglich oligocänen Sandsteine der. Strzolka und den Sandsteinen der unteren Abtheilung des karpathischen Flysch sehr ähnlich werden können. Der Ausdruck falsche Strzolka oder Pseudostrzolka ist theils von Anderen, theils von mir zur Bezeiehnung jener jüngeren Bildungen verwendet worden. Es ist klar, dass die Unterscheidung der echten und der falschen Strzolka sehr schwer werden muss, wenn zufällig beide Bildungen unmittelbar aneinander grenzen, ohne Zwischen- schiebung der sie sonst dem Alter nach trennenden Gesteinsglieder. Es ist ebenso klar, dass bei discordanter Auflagerung des jüngeren Kar- pathensandsteines über dem älteren ein solcher Fall direeter Berührung leicht eintreten kann. Möglicherweise haben wir in unserer Gegend einen solchen Fall vor uns. Wenigstens weiss ich gewisse Verhältnisse in der Gegend von Strzyszow, Zakrzöw und Stronie nicht anders zu erklären, wenn ich die auf der Karte selbst vorgenommenen Aus- scheidungen rechtfertigen will. Es handelt sich jetzt zunächst darum, die südlich der Linie Stronie-Zakrzöw entwickelten Bildungen kennen zu lernen, welche den Nordabhang des Chelmzuges ausmachen. Geht man von Stronie südlich hinauf auf dem Wege nach Zachelma, so erblickt man zuerst dünnschichtige, in Stunde 5 streichende und sehr flach südlich fallende Sandsteine, die man besonders in einem der seitlichen Einrisse rechts (westlich) vom Wege aufgeschlossen findet. Sie sind feinkörnig und enthalten etwas Glimmer. Darüber kommen etwas grünliche Mergel mit dünnen Sandsteinzwischenlagen , welche Schichten man sämmtlich den oben erwähnten Gebilden von Zakrzöw gleichstellen kann und auf der obersten Höhe des gegen Stronie vor- geschobenen nördlichsten Vorberges des Chelm kommt ein Sandstein in Bänken bis zu 1 Meter Mächtigkeit vor, immer noch feinkörnig mit etwas feinen Glimmerschüppchen. Er führt zuweilen Thonklümpehen und ausserdem kohlige Spuren auf den Schichtflächen der dünneren Zwischenlagen, welche in diesem Falle an gewisse Zwischenlagen des Ciezkowiecer Sandsteins erinnern. Man begeht keinen wesentlichen Fehler, wenn man diesen Sandstein, der weder echter Ciezkowicer, noch echter Magurasandstein ist und der andererseits, abgesehen von der grösseren Mächtigkeit seiner Bänke, auch den Sandsteinen der darunter liegenden alttertiären Bildungen ähnlich ist, mit dem Magura- sandstein auf der Karte vereinigt lässt, da man nicht für alle, sei es in verticalem, sei es in horizontalem Sinne intermediären Bildungen besondere Bezeichnungen einführen soll. Weiter westlich kann man die Höhe des eigentlichen Chelm am besten erreichen, wenn man südlich von Strzyszow den Weg hinaufgeht, dessen Ausgangspunkt geradeüber von dem oben auf dem nördlichen Bachufer gelegenen Schlosse liegt. Noch in der Nähe des Dorfes dicht neben dem Wege befindet sich daselbst ein relativ ziemlich tiefer Wasserriss, in welchem dunkle Schiefer, eine kleine Partie rother Thone 184 Dr. Emil Tietze. [36 2] und insbesondere durchaus der Strzolka ähnliche Sandsteine auftreten. Hier wurden auch Hieroglyphen gefunden. Dieser Schiehteneomplex gleicht in seiner Gesammtheit ganz derjenigen Ausbildungsweise der oberen Hieroglyphenschichten, welche wir in den Gebirgsgegenden süd- lich von Dobezyce und Myslenice kennen gelernt haben. Bald gelangt man nun auf einen 410 Meter hohen Vorberg des Chelm , dessen Oberfläche ganz von Verwitterungslehm bedeckt ist, während weiter südlich am Walde der Magurasandstein beginnt, der, wie wir früher schon sahen, als wir die Exeursion von Süden, von Budzöw aus nach dem Chelm beschrieben, die Höhe dieses Bergzuges zusammensetzt. Es verdient jedoch erwähnt zu werden, dass etwas weiter südöstlich und noch ehe man die Höhe des Chelm erreicht hat, grünliche, schüttige Schiefer über den Weg streichen, welche eine Einlagerung in den Magurasandstein vorzustellen scheinen. Weiter darf endlich erwähnt werden, dass am Abfall des Chelm gegen Dabrowka zu die Aufschlüsse des Grundgebirges verschwinden, insofern dort eine bereits dem Löss ähnliche Lehmdecke die älteren Schichten der Beobachtung entzieht. Von den östlich der Skawa befindlichen Theilen unseres Gebietes bleibt uns nunmehr nur noch das zwischen Barwald, Kleeza und Dabrowka liegende Stück Land kurz zu betrachten übrig. Bei Barwald selbst, und zwar am östlichen Ufer der Schlucht, die man mit der Strasse von Wadowice kommend vor der Barwalder Kirche passirt, sieht man rostbraun verwitternde Schiefer ähnlich denen an der Moczurka, die wir mit demselben Recht wie diese den Werns- dorfer Schichten zuweisen. Für diese Deutung spricht insbesondere noch der Umstand, dass die von Hohenegger und Fallaux als Wernsdorfer Schichten bezeichneten Schiefer südlich vom Berge von Gorzen am linken Skawaufer völlig mit den hier erwähnten Schiefern übereinstimmen. Als ein räumliches Verbindungsglied dieser beiden Schieferpartien können dann die Schieferspuren aufgefasst werden, welchen man auf der östlichen Seite des kleinen von Lekawica kommenden ungefähr in der Mitte zwischen Kleeza gorna und dem Dorfe Barwald nach Norden fliessenden Bache begegnet. | An demselben Bache weiter südlich, dort, wo er von dem Wege nach Lekawica übersetzt wird, beobachtet man blaugraue schieferige, vollkommen der neocomen Strzolka ähnliche Kalksandsteine, die ich auch thatsächlich zum Neocom gestellt habe. Es wäre leicht gewesen, diese Bildungen auch an die oft mit der Pseudostrzolka vergleich- baren Schichten nördlich von Strzyszow und Zakrzöw anzuknüpfen, in- dessen im Angesicht der benachbarten Erhebung von Na Lenii, die auf der Fallaux’schen Karte als Godulasandstein bezeichnet wird, schien es angezeigt, die Ablagerungen am Fusse dieser Erhebung zur Kreide zu rechnen. So kann man auch die Sandsteine, welche in einem Stein- bruch auf der kleine Kuppe gleich im Norden der Quelle des besagten Baches gebrochen werden, als ein Verbindungsglied zwischen dem Godulasandstein von Na Lenii und dem Godulasandstein von Kalwarya und Barwald betrachten, während andererseits die Schiefer, denen man weiter südlich näher an Lekawica begegnet, und die man besonders an dem nördlich von Lekawica nach Gödebiowka abzweigenden Wege u eh [363] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 185 sieht, wieder mit den Wernsdorfer Schiehten zu vereinieen sind, inso- ferne sie den soeben genannten Schiefern von Barwald und südlich Gorzen ähnlich sehen und insofern auch für sie die Nähe der Erhebung von Na Lenii über dem Niveau der Schiefer auf die Deutung Einfluss nimmt. Gesteine der unteren Kreide scheinen auch überall den Nord- abhang von Na Lenii bei Kleeza görna und Jaroszowice zu begleiten, wenn es auch dort nicht überall leicht ist, unter der Lössbedeekung ihr Vorhandensein zu eonstatiren. Bei Kleeza görna haben übrigens ganz kürzlich vorgenommene Grabungen etwas im Norden des dortigen Schlosses die Anwesenheit blauer Kalksandsteine aufgedeckt. Die Ein- zeichnung der unteren Kreide musste hier etwas schematisch erfolgen. Der Godulasandstein beginnt südlich von Kleeza görna und Jaroszo- wice mit dem stärkeren Ansteigen des bewaldeten Gebirges und ist derselbe daselbst an einigen Stellen durch kleine Steinbrüche aufge- schlossen. Hier kann man sich mit dem Gedanken, thatsächlich den mitteleretacischen Godulasandstein vor sich zu haben, auch ganz wohl befreunden, denn die Gesteinsbeschaffenheit der dort vorfindlichen Bänke liesse höchstens noch der Erinnerung an den Magurasandstein Raum. Anders verhält sich die Sache, wenn man von Lekawiea aus, beispiels- weise in der Richtung nach dem Jägerhause zu, die Höhen der Wercho- wina oder von Na Lenii zu ersteigen beabsichtigt. Dort glaubte ich Anfangs den losen Ciezkowicer Sandstein vor mir zu haben ; Conglomerate sind hier damit verbunden. Erst weiter oben werden die Sandsteine fester und nehmen den Charakter an, den wir weiter westlich am IXowiee und bei Ponikiew in den dort dem Godulasandstein zugewiesenen Ablagerungen kennen lernen werden. Immerhin sind solche Thatsachen wie jene Anklänge an den Typus des Ciezkowicer Sandsteins nicht geeignet, ganz die Zweifel zu zerstreuen, die sich bezüglich der Deutung der Karpathensandsteine gerade hier in Westgalizien vielleicht mehr als anderwärts aufdrängen. Zwischen den Kuppen Werchowina und La Lenii zieht sich westlich gegen das Skawathal hinab eine Schlucht zu der An- siedlung von Golebiöwka. In den tieferen Theilen dieser Schlucht ist ein Wechsel von festen Sandsteinen und Schiefern aufgeschlossen, welcher evident von den darüber lagernden Sandsteinen abweicht. Diese Schichten können ihrem Habitus und ihrer Lagerung nach nur der tieferen Abtheilung des Godulasandsteins, den sogenannten Ellgother Schichten angehören, selbstverständlich immer unter der Voraussetzung, dass wir durch den Anschluss an die Auffassung von Hohenegger und Fallaux bezüglich des Godulasandsteins überhaupt hier keinen Fehler begangen haben. Der westlich der Skawa und zwischen den Strassenlinien Wadowice- Andrychau und Sucha-Slemien gelegene Gebirgstheil. Der jetzt zu besprechende Gebirgstheil umfasst der Hauptsache nach die im südwestlichen Viertel des Generalstabsblattes Wadowice dargestellte Gegend und greift südwärts nur wenig darüber hinaus bis an die von Sucha nach Saibusch führende Strasse, die etwas nördlich 786 Dr. Emil Tietze, [364] vom Dorfe Slemien das Terrain des Generalstabsblattes Maköw ver- lässt. Es schien mir nicht naturgemäss, die textliche Darstellung dieses Gebietes genau mit der südlichen Kartengrenze abzuschliessen. Längs der Strasse von Wadowice nach Andrychau fahrend be- findet man sich noch im lössbedeckteu karpathischen Vorlande und an der Strassenlinie selbst wird man vergebens nach einen Aufschluss älterer Gebirgsarten suchen. Dasselbe scheint auch für die etwas ab- weichend davon gezogene neue Trace der von Bielitz kommenden über Andrychau nach Wadowice zu führenden Eisenbahn zu gelten, wie ich aus den Proben einiger Grabungen schloss, welche die Ingenieure daselbst behufs besserer Erkennung des Terrains hatten vornehmen lassen. Ausgeschlossen ist es jedoch nicht, dass bei den jetzt in Angriff genommenen thatsächlichen Herstellungsarbeiten der beim Erscheinen dieser Abhandlung vermuthlich schon nahezu fertig gestellten Bahn so- wohl auf dieser Strecke als weiterhin zwischen Wadowice und Kalwarya lehrreichere Aufschlüsse hergestellt werden. Ich konnte bei meiner Arbeit natürlich auf diesen Fall keine Rücksieht mehr nehmen. Dass hier allenthalben in nicht zu grosser Tiefe unter dem Löss die karpathischen Formationen vorhanden sind, darf bei der Nähe des südlich von der genannten Strasse bald höher ansteigenden Gebirges von vorneherein erwartet werden und wird auch thatsächlich durch eine Reihe von Punkten erwiesen, an welchen das ältere Gestein durch die Lössdecke durchsehimmert. Dies ist zum Beispiel gleich südlich von Wadowice der Fall, auf dem Hügel, auf welchem sich einst die Militärschiessstätte befand. Hier sieht man besonders an den Rändern des nach Osten abfliessenden Schluchtensystems, welches man auf dem Wege nach der Lysa göra fort- schreitend etwa in der Mitte der Hügelmasse zwischen dem westlichen Theile von Wadowice und Gorzen dolny passirt, Ausbisse theils braun verwitternder, dunkler dünner Schiefer, theils dünner Sandsteinlagen. Auch gestreifte dunkle Hornsteine kommen hier vor. Ich habe diese Schiefer als oligocäne Schiefer im Allgemeinen classifieirt. Sie passen ganz gut in den Rahmen der Bildungen, die man bei Wielicezka als Lednicer Schichten bezeichnet hat. Das Auftreten gestreifter Hornsteine bedeutet sogar eine Annäherung an den Typus der Menilitschiefer, denen die beschriebenen Schichten sonst weniger bestimmt ähnlich sehen, als gewisse Bildungen, denen man etwas mehr westlich bei Choeznia be- gegnet. An dem Abhange nämlich, welcher sich in der Gegend der Einmündung der Konöwka am östlichen Ufer des Thales von Chocznia, südlich der Strasse nach Andrychau befindet, treten wiederum schiefrige Bildungen auf. Diese Schiefer unterscheiden sich von echten Menilit- schiefern nur durch eine theilweise kalkige Beschaffenheit und gleichen durchaus den weisslich verwitternden Menilitschiefern nördlich von Inwald und östlich von Wieprz, welche wir früher schon kennen gelernt haben. Fallaux (Ehemaliges Gebiet von Krakau, pag. 28) und F. Römer (Geol. v. Oberschl., pag. 362) haben.dieses Vorkommen übrigens bereits erwähnt. Weniger typisch entwickelt und daher nur den oligocänen Schiefern im Allgemeinen beizuzählen sind dann die Spuren von mit Sandstein verbundenen Schiefern, die etwas südlich von der zuletzt beschriebenen [365] Die geognostischen Verhältnisse der Gegeud von Krakau. 137 Localität am Berge Dziaf und an den diesen Berg einschliessenden Bächen gefunden werden. Dieselben sind übrigens nur schlecht auf- geschlossen. Geht man jedoch am Konöwkabache noch weiter südlich etwa bis in die Gegend, wo dieser Bach, aus seinen Quellsehluchten zusammen- fliessend, eine südnördliche Riehtung nimmt und wo der auf der Höhe von Wadowice über die alte Schiessstätte führende Weg nach der Lysa göora am nächsten an den Bach herankommt, so findet man dort das östliche Ufer der Konöwka als Steilufer mit "suten Aufschlüssen. Daselbst beobachtet man dunkle Sandsteinschiefer mit Kohlenspuren, welche in vieler Hinsicht an die neocomen Schiefer von Witanowice erinnern, denen schwarze thonigere und etwas dünnblätterigere Schiefer verbunden sind. In diesen Schiefern muss ich wohl die Vertretung des Neocom annehmen. Doch fand ich hier als Bachgeschiebe einen deutlich gestreiften Hornstein, wie man ihn sonst in den oligocänen Menilitschiefern zu finden gewohnt ist. Derselbe konnte nicht wohl von wo anders als aus dem Terrain weiter südlich stammen, wo ich in einigen der oberen Schluchten des Baches (indessen noch unterhalb des höher ansteigenden Gebirges und in der nächsten Vorregion desselben) ungefähr westlich von Zawadka schwarze Schiefer mit Spuren von rothen Tbonen erblickte. Diese Bil- dungen, welche ihren Lagerungsverhältnissen zufolge im Hangenden des eben erwähnten Neocom und im Liegenden des noch weiter südlich ansteigenden Godulasandsteines auftreten, können den alteretacischen Schieferbildungen im Süden des Rückens von Siereza bei Wieliezka verglichen werden, in denen ja ebenfalls die Auffindung gestreifter Hornsteine gelang (vergl. pag. 255 dieser Abhandlung). Sie wurden deshalb auch von mir den unteren Karpathensandsteimen beigezählt, gleich ähnlichen mit rothen Thonen verknüpften Schiefern, welche man ‘(übrigens schlecht aufgeschlossen) etwas weiter östlich am nördlichen Abhange der Terrainvertiefung von Zawadka findet. Schon einigemal habe ich auf die neuerdings wieder mehr hervor- getretene Vorstellung hingewiesen, dass die rothen Thone im Bereiche der karpathischen Flyschgebilde vorzugsweise der oberen Abtheilung dieser Gebilde angehören, wobei ich betonte, dass für unser ganzes gegenwärtig zu beschreibendes Gebiet Fallaux schon früher den rothen Thonen eine ebensolehe Bedeutung beigemessen hat. Dieser Umstand des Auftretens rother Thone, vielleicht verbunden mit jenem Vorkommen gestreifter Hornsteine, mag in der That den letztgenannten Autor bewogen haben, auf seiner Karte entgegen anderen Erwägungen für die fraglichen Schichten ein eocänes Alter anzunehmen. Zu diesen anderen Erwägungen gehört jedoch, wie schon ange- deutet, vornehmlich, dass der bald weiter südlich ansteigende Godula- sandstein sich anscheinend über den besprochenen Bildungen erhebt, obschon eine direete Ueberlagerung allerdings nicht nachweisbar ist, vielmehr eine schlecht aufgeschlossene Terrainzone sich noch zwischen den dunklen Schiefern mit rothen Thonen und dem Godulasandstein befindet. Erst in dieser Zone hätten wir in Uebereinstimmung mit der Karte von Fallaux und Hohenegger die älteren Kreideglieder er- warten dürfen. (Ich sah hier sogar in einem oberen Zuflusse der Jahrbuch der k.k. geol. eichsanstalt. 1887. 37. Band. 4. Heft. (Dr. Emil Tietze.) ]O1 788 Dr. Emil Tietze. [366] Konöwka etwas grössere Gesteinsblöcke, die den Teschener Kalken glichen.) Zu jenen anderen Erwägungen gehört ferner, dass am östlichen Ausgange der Terrainsenkung von Zawadka, am Abfall gegen die Skawaniederung wieder Schiefer auftreten, die ihrer petrographischen Beschaffenheit nach am besten zu den Wernsdorfer Schichten gerechnet werden müssen, wohin sie auch auf der Fallaux’schen Karte gestellt wurden, und dass diese Schiefer anscheinend in der direeten Streichungs- fortsetzung der Schiefer mit den rothen Thonen und den gestreiften Hornsteinen sich befinden. Es zeigt sich also, dass wir auf die von Manchen behauptete Exelusivität der rothen Thone in den jüngeren Flyschgliedern für das westliche Galizien ebenso verzichten müssen, wie wir auf dieselbe weiter östlich bereits lange verziehtet haben. Einige Schwierigkeit bei der Untersuchung dieser Gegend bereitet übrigens der Umstand, dass hier wie weiter nördlich im karpathischen Vorlande die Aufschlüsse sehr sparsam gesät sind. Das Gebiet ist meist mit Lehm bedeckt, den man in diesem Falle wohl als Verwitterungslehm bezeichnen muss, wenn ich auch auf der Karte zwischen diesem und dem Löss weiter nördlich eine Grenze zu ziehen nicht vermochte. An einigen Stellen bemerkte ich übrigens zwischen dem gelben Lehm und dem Schiefer in der oberen Schluchtenregion der Konöwka noch eine mehr bläuliche Thonablagerung, die ich nach der Art ihres Vorkommens auch nur als zu den eluvialen Bildungen gehörig auffassen darf. Etwas weiter westlich gehend treffen wir bei Chocznia auf den Choezenkabach. !) Die auf dessen östliches Ufer beschränkten Aufschlüsse älterer Bildungen sind meist undeutlich, abgesehen von der Entblössung von Menilitschiefern, die sich in der Nähe der Andrychauer Strasse befindet und von der wir schon gesprochen haben. Deshalb ist auch die Einzeichnung der oligocänen Schiefer weiter südlich mehr eine summarische und theoretisch eonstruirte, als auf durchgängigen Beob- achtungen beruhende. Deutlichere Aufschlüsse sah ich erst in der Nähe des Meierhofes Soltystwo, der im südlichen Theile des Dorfes gelegen ist. Am Wege nämlich, der von hier nach den Aeckern an der oberen Konöwka führt, bemerkt man bald oberhalb des Meierhofes schwärzliche schüttige Schiefer, die man füglich den Wernsdorfer Schichten anreihen kann. Diesen Schiefern sind zum Theil grosse Knollen von Spatheisenstein untergeordnet, wodurch sie sich von den eocänen Schiefern des kar- pathischen Vorlandes unterscheiden. Wir werden später allerdings das Vorkommen von Eisensteinen in Bildungen kennen lernen, welche den oberen Hieroglyphenschichten angehören dürften, das Aussehen der betreffenden Eisensteine selbst ist aber dabei ein verschiedenes. Die Eisen- steine von Choeznia entsprechen viel mehr denen von Bugaj oder Harbutowice, also denen eretacischer Schichten, so dass ich auch hierin einen Anhaltspunkt für die im jetzigen Falle vorgeschlagene Alters- deutung zu besitzen glaube. ‘) Bei Römer und auf der Hohenegger-Fallaux’schen Karte wird dieser Bach mit dem Namen Kaczyna belegt, die Konöwka aber auf letzterer Karte als Opustka bezeichnet. [367] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau, 7189 Herr Baron v. Foullon hat die Güte gehabt, von dem be- treffenden Mineral eine Probe zu analysiren und fand Folgendes: In Säure unlöslicher Rückstand (rein weiss) . 542 Procent TERLDE 0 a u h Sack ee n BC 200 ln a ee Te EL N a a EEE ee ee ed e Der Rest wird vornehmlich dureh Kohlensäure gebildet, ausserdem ist etwas Wasser und eine ziemlich reichliche Menge organischer (kohliger) Substanz vorhanden. Auf Schwefel und Phosphor wurde nieht geprüft. Kalk und Magnesia sind an Kohlensäure gebunden und entsprechen Mengen von 12°95 Procent Kalkcarbonat, resp. 985 Procent Magnesium- carbonat. Das Eisen ist ebenfalls fast ausschliesslich als Carbonat vor- handen und würden die 46°87 Procent Oxyd 6795 Procent kohlensaurem Eisenoxydul entsprechen. Evident der Kreide und nicht dem Eoecän, wie dies Fallaux that, muss ich ferner die schlechten Aufschlüsse zurechnen, welche man zwischen Choeznia und Inwald an einigen Punkten beobachtet. Dies gilt besonders für den Nordabhang der Tobeowa göra, da die dortigen grauen schieferigen Sandsteine und Sandsteinschiefer mit Kalkspath- adern ganz das Aussehen von Teschener Schiefern besitzen. Das von Fallaux auf seiner Karte angegebene, angeblich mitten im Eoeän auftretende kleine Teschenitvorkommen, eine kleine Strecke östlich vom Schlosse Inwald, habe ich nieht wieder auffnden können. Doch liess ich diese Angabe, abgesehen von der für die benachbarten Sedimente gewählten Deutung, so wie sie war, auf der Karte bestehen, da ja wohl seinerzeit ein Grund dafür vorgelegen sein wird. Im Uebrigen besteht die Gegend zwischen Chocznia und Andrychau, wie schon aus einer früheren Bemerkung hervorgeht, oberflächlich ganz aus Löss, der besonders östlich der Tobeowa göra deutlich beobachtet werden kann. Wir könnten nun gleich in die Beschreibung des höher ansteigenden Gebirges eintreten, wenn vorher nicht noch ein Berg zu erwähnen wäre, der gleichsam als isolirter Vorposten dieses Gebirges sich noch im Vor- lande desselben erhebt. Es ist dies der Kapellenberg von Gorzen, süd- lich Wadowice, den die Karte von Fallaux und Hohenegger als zum Godulasandstein gehörig bezeichnet hat, woran hier weiter nichts geändert werden soll. Dieser Berg liegt nordöstlich von Zawadka, wird im Osten vom Skawathal und im Westen und Norden von einem kleinen Bache be- grenzt. Am linken (westlichen) Ufer dieses Baches ist nur Löss zu sehen, während man am östlichen Ufer stellenweise einen hellblaugrauen Sand- stein mit vereinzelten Spuren von Hieroglyphen antrifft. Am Ostabhange des Berges aber, gegen das Skawathal zu, sieht man vornehmlich grob- körnige Sandsteine und gröbere Conglomerate, welche gewissen, weiter südlich im Hauptbereiche des Godulasandsteines entwickelten Absätzen durchaus ähnlich sind. Auch feinkörnige, wenig massige Lagen eines gelben Sandsteines treten hier auf. Die besten Aufschlüsse befinden sich aber an den waldfreien Stellen, nahe der Höhe des Berges, nördlich 101* 790 Dr. Emil Tietze. [368] von der Kapelle, wo grössere Steinbrüche bestehen. Der dort ab- gebaute Sandstein ist in frischem Zustande blaugrau und entbält viel- fach grüne Partikelehen. Er wechsellagert mit Conglomeraten, in denen viele Gemengtheile aus krystallinischen Felsarten bestehen, ein Finger- zeig bezüglich der Felsarten, die zu den Sandsteinbildungen der Gegend das Material geliefert haben. Stellenweise sieht man aber auch Sand- steine mit Kohlenpartikeichen oder mit Kalkspathadern. Endlich sind auch dünnspaltige Sandsteinschiefer dem fraglichen Schichtensystem eingeschaltet. Die Schiehtung streicht ostwestlich und fällt mit durch- schnittlich 15 Grad nach Süden. Einzelne Bänke sind sehr massig, die meisten aber von geringerer Mächtigkeit. Geht man nun südlich in das Hauptgebiet der Godulasandsteine und somit auch der höher ansteigenden Berge hinein, so bietet zunächst der schotterreiche Bach von Ponikiew, der im Allgemeinen einem in die Skawa mündenden Längenthale folgt, einige Entblössungen. Be- sonders im unteren östlichen Theile desselben und hier wieder nament- lich am rechten Ufer sind massig geschichtete, eonglomeratische Sand- steine entwickelt, welche ostwestlich streichen und südwärts, bezüglich etwas nach SSW. fallen. Stellenweise wird dies Conglomerat, welches sowohl dem vom Gorzen-Berge ähnelt, als auch, wie man sich nicht verhehlen kann, den dem Magurasandstein zugewiesenen Conglomeraten der Kostrza bei Rybie unweit Limanowa (vergl. pag. 320 dieser Arbeit) petrographisch nahekommt, sehr mürbe und neigt zum Zerfall. Ganz ähnliche Gesteine (Conglomerate und grobe Sandsteine) herrschen nörd- lich vom Ponikiewbache am Berge Ifowiec. der sich südlich von Zawadka befindet. Nur oben in der Gipfelregion dieses Berges beobachtet man auch feinere, zum Theil grünlich punktirte, gelbliche Sandsteine. Im oberen Theile des Baches werden die Aufschlüsse an den Ufern schlechter. Dagegen bietet der von Ponikiew direet nach Wado- wice führende Weg über die Lysa göra wieder einen Einblick in die Zusammensetzung des Gebirges. Wir hatten denselben von Norden her kommend bereits bis in die Gegend der oberen Zuflüsse des Konöwka- baches verfolgt, soweit letztere noch in der Region des Fusses der Lysa göra gelegen sind. Von dort aus südlich fortschreitend kommt man an einigen Stellen etwas seitlich vom Wege zu kleinen Stein- brüchen, durch welche Sandsteine in 2—3 Fuss mächtigen Bänken mit dunklen Schiefern wechselnd aufgeschlossen werden. Die Schiefer sind theils weich und thonig, theils sandig und führen dann Glimmerblättchen. Auch kommen deutliche Hieroglyphen auf dünneren, 4—5 Zoll dieken Sandsteinschichten vor. Der Südabhang aber der Lysa göra gegen Ponikiew zu ist ganz schieferig und entsprechen diese Schiefer sowohl wie die ganze Schiefer- und Sandsteinentwicklung der Lysa göra überhaupt am besten dem Typus der Ellgother Schichten. Berücksichtigt man, dass die Lysa göra bei der nahezu ostwest- lichen Streiehungsrichtung, die in dieser Gegend herrscht, ungefähr in die Fortsetzung des früher genannten, östlicher gelegenen Berges Howiee fällt, ja dass diese Berge ganz direct zu einem und demselben Gebirgs- kamm gehören, so wird die Vermuthung erweckt, dass die Ellgother Schichten nicht ausschliesslich ein unteres Glied des Godulasandsteins bilden, sondern unter allgemeiner Wahrung ihrer im Allgemeinen - [369] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 791 € tieferen Stellung stellenweise auch höher hinaufgreifen und die aus- gesprochenere Sandsteinentwicklung der Hauptmasse des Godulasand- steins petrographisch zu ersetzen vermögen. Weiter westlich, wenn man das Profil des Baches von Choeznia oberhalb der Meierei Softystwo in das Gebirge hinein über Kaczyna bis zum Gipfel des Ganezarz verfolgt, beobachtet man eine noch grössere Ausdehnung der Ellgother Schichten. Die Aufschlüsse beginnen gleich beim Eintritt in das höhere Gebirge, das ist beim Wirthshaus Kawköwka, wo am östlichen Ufer des Baches ein grösserer Steinbruch angelegt ist. Im Liegenden der durch den Steinbruch entblössten Schichten sieht man dunkle, schüttige, zum Theil etwas glimmerige Schiefer mit kleineren Sandsteinzwischenlagen. Diese Bildungen dürften noch den Wernsdorfer Schichten zufallen. Im Steinbruch ist ein Schicht- system sichtbar, welches aus Schiefern und Sandsteinen besteht. Die Schiefer sind theilweise noch den Liegendschiefern ähnlich. Die Sand- steinzwischenlagen jedoch, welche hier abgebaut werden, sind stärker und !/,—2 Fuss diek. Diese Schichten, in denen auch Lagen mit Hieroglyphen vorkommen, fallen hier und weiterhin flach südlich. Erst im oberen Theil der Ansiedlung von Kaezyna beobachtet man einige Kniekungen, in Folge deren das Fallen dort einigemale wechselt. Die Abhänge des Ganezarz bestehen dann aus Sandsteinen, die denen vom Berge Iowiec ähnlich sind. Complieirter werden die Verhältnisse noch weiter westlich im Süden von Inwald und Andrychau, wo die seit langer Zeit von dort bekannten, dem Tithon angehörigen Nerineenkalke auftreten. Der Ab- bau derselben durch Steinbrüche findet hauptsächlich am Nordgehänge des Berges Wapienica bei Inwald statt. Der Weg von Inwald nach Zagornik durchschneidet diese Kalkzone und führt über das Gebirge, indem er zunächst einer kleinen Schlucht folgt. Sowohl östlich als westlich von dieser Schlucht, namentlich aber in ersterer Richtung ziehen sich die Aufschlüsse des Kalkes eine Strecke lang fort. Schon sehr lange sind diese vornehmlich durch das Vorkommen von Nerinea Bruntrutana, N. Mandelslohi, Diceras arietina und von Brachiopoden ausgezeichneten Kalke bekannt und wiederholt ist ihrer in der Literatur Erwähnung geschehen. Bereits Bou& (Observations sur les Alpes et les Carpathes. Journal de geologie. 1830, Tom. I, Nr. 125) hielt sie für jurassisch und es war für die damalige Zeit jedenfalls ein sehr geringer Fehler, als er sie direct und ohne weitere Einschränkung mit dem Krakauer oberen Jura verglich. Zeuschner's erste hierauf bezügliche Ansicht (Ueber die Syenite und Diorite von Cieszyn im Neuen Jahrb., 1854, pag. 17), der zufolge diese Kalke ein Glied des Karpathensandsteins darstellen sollten, be- deutete dem gegenüber einen Rückschritt, der dann 10 Jahre später durch Beyrich (Flötzgebirge in Schlesien in Karsten’s Archiv, 1844, XVIH. Bd.) und schliesslich auch durch Zeuschner selbst (in einer gleich zu nennenden Arbeit) wieder beseitigt wurde. Hohenegger (Haidinger's Berichte über die Mitth. von Freunden der Naturw., Wien 1850, VI. Bd., pag. 110) stand dann einige Zeit später im Wesentlichen auf dem bereits durch Professor Beyrich geschaffenen Standpunkt, als er den Inwalder Kalk mit dem von Stram- 192 Dr. Emil Tietze. [370| berg als nahe zusammengehörig darstellte. Auch sprach er von der Ueber- lagerung desselben durch Teschener Schiefer, welchen letzteren Stand- punkt er übrigens in seiner Karte der schlesischen Karpathen auf- gegeben hat, da er hier ebenso wie später Fallaux den Godula- sandstein unmittelbar auf die Inwalder Kalke folgen liess. ‘In seiner zu jener Karte gehörigen Arbeit über die geognostischen Verhältnisse der Nordkarpathen (Gotha 1861) betonte Hohenegger, wie gleich hier erwähnt werden mag, dann hauptsächlich die Unzulässigkeit der Vorstellung, dass der Inwalder Kalk sich in einem von dem einstigen Meere des Krakauer Jura getrennten Becken abgesetzt haben könne. In den bisher näher erwähnten Publieationen wurde übrigens eine genauere Localbeschreibung der jetzt in Rede stehenden Gegend nicht gegeben. Die ausführlichsten Mittheilungen über Inwald und Andrychau verdanken wir jedenfalls der vorher nur kurz berührten, einige Jahre nach Beyrich’s Abhandlung über Schlesien verfassten Arbeit von Zeuschner. Es ist dies die schon im April 1849 vorgelegte „geo- snostische Beschreibung des Nerineenkalkes von Inwald und Roezyny* (im dritten Bande von Haidinger’s naturw. Abhandl., Wien 1850, pag. 133), wo der Autor ausdrücklich, allerdings im Gegensatz zu seiner früheren Ansicht, erklärt, dass dieser Kalk jurassisch, aber jünger sei als der Krakauer weisse Jura. In dieser Abhandlung werden auch bereits einige Fossilien des Inwalder Kalkes näher bekannt gemacht, und ausserdem hat Zeuschner noch in einer folgenden Arbeit, in seinen paläontologischen Beiträgen zur Kenntniss des weissen Jurakalkes von Inwald bei Wadowice (Abhandl. der böhm. Gesellsch. der Wissensch., Prag 1857) sich mit den organischen Einschlüssen der fraglichen Ab- lagerung beschäftigt. | Kurz zuvor hatte übrigens Peters eine Auseinandersetzung über die Nerineen des oberen Jura in Oesterreich geliefert (Sitzungsberichte d. Akademie d. Wissensch., Wien 1855, XVI. Bd., pag. 339), in welcher er auf die Verwandtschaft des Inwalder Kalkes mit dem Plattenkalk bei Hallstadt hinwies. Zur Zeit als Römer seine Geologie von Ober- schlesien (Breslau 1870) herausgab, glaubte deshalb dieser Autor gerade im Anschluss an Peters bereits mit Bestimmtheit aussprechen zu dürfen, dass der Inwalder Kalk ähnlich wie der Stramberger Kalk eine alpin-karpathische Bildung sei, welche sich von den nordwärts davon entwickelten Jurabildungen in Deutschland und Polen durchaus unterscheide. Die heute allgemeiner adoptirte genauere Horizontirung des In- walder Kalkes erfolgte übrigens durch Zittel, der in seiner Arbeit über die Fauna der älteren cephalopodenführenden Tithonbildungen (Paläontologische Mittheilungen aus dem Museum des bayerischen Staates, II. Bd., pag. 295, gleichzeitig als Supplement der Paläontographieca, Cassel 1870) die Aequivalenz der untertithonischen Kalke von Palermo mit Inwald nachwies, wonach dieser Kalk etwas älter als der Stram- berger Kalk ist und wohl der Zone der Terebratula moravica entspricht. Immerhin hätten wir es demnach in unserem Falle noch mit der titho- nischen Stufe zu thun, also mit Schichten, die man für etwas jünger als den ausserkarpathischen Jura von Krakau halten dürfte. Diese Auffassung [371] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakan. 193 würde nun der oben angedeuteten Ansicht Hohenegger's von einem einstigen direeten Zusammenhange der Absatzräume des Krakauer und des Inwalder Jura nicht eben unbedingt das Wort reden, ganz abgesehen von der durch Römer betonten faciellen Verschiedenheit der beiden Jurassischen Entwieklungen, die hier verglichen werden. Dennoch lässt sich der erwähnten Ansicht Hohenegger's im Hinbliek auf die eigen- thümlichen Verbreitungserscheinungen der jurassischen Gesteine unseres Gebiets, wie beispielsweise auf die nördlich vorgeschobene Lage der grossen exotischen karpathisch-jurassischen Blöcke von Wozniki und Sygneezow einerseits und auf die weit südwärts gerückte Position der unterirdischen Fortsetzung des Krakauer Jura unter dem subkarpathischen Neogen von Swoszowice und Wieliezka andererseits , vielleicht noch eine oder die andere gute Seite abgewinnen, womit wir uns aber hier nicht auf- halten wollen. Uebrigens kann bei dieser Gelegenheit daran erinnert werden, dass nach Herbich’s Mittheilungen über das Szeklerland (Pest 1878, pag. 189), (vergl. auch Neumayr, Verhandl. geol. Reichsanst. 1878, pag. 272) die, wie wir gesehen haben, in den oberen Lagen des Krakauer Jura vorkommende Zehynchonella Astieriana in Siebenbürgen in Gemeinschaft mit Terebratula moravica dem dortigen Tithon angehört und dass durch solche Thatsachen eine Art von Vermittlung zwischen den hier verglichenen Horizonten des obersten Krakauer Jura und des be- sprochenen Nerineenkalks angedeutet wird. Auch scheint mir, nach den neueren Erfahrungen in den Alpen zu urtheilen, der Werth der Nerineen für genauere Altersbestimmungen etwas herabgedrückt zu sein. Bezüglich der geologischen Verhältnisse folgen wir am besten im Allgemeinen der Beschreibung Zeusehner’s (in dem in Haidinger’s naturw. Abhandl. abgedruckten Aufsatz). Derselbe schreibt (l. e. pag. 134): „Der Inwalder Kalkfelsen, der sich von Osten nach Westen beiläufig 3000 Fuss in die Länge und 100 Fuss in die Breite erstreckt, liegt unmittel- bar an der ersten Erhebung der Bieskiden gegen Süden. Schon aus der Form erkennt man, dass die weissen, zackigen Felsen nicht aus Kar- pathensandstein bestehen können, der zur Felsenbildung so wenig ge- eignet ist und blos in abgerundeten Formen hauptsächlich erscheint.“ Weiter heisst es (pag. 136): „Der diehte Kalkstein ist gelblichweiss, hat einen unebenen, splitterigen, selten muscheligen Bruch; an manchen Stellen finden sich kleine Drüsen mit Kalkspathkrystallen ausgekleidet ; gewöhnlich das erste stumpfe Rhomboöder auf der sechsseitigen Säule aufgesetzt; fremde Mineralien finden sich nicht beigemengt. Am östlichen Ende dieses Kalkzuges wird das Gestein weniger homogen; es besteht aus unförmlichen Stücken von sehr verschiedener Grösse, die durch einen grünen Mergel verbunden sind. Fast nirgends hat dieser Kalk- stein einen vollkommen ausgebildeten Sehiehtungsbau, wohl aber sehr viele Absonderungen, die der Länge nach gestreift und öfters 10 bis 12 Fuss lang sind. Diese Absonderungen bilden niemals gerade Flächen, sondern sind gebogen. Es sind dies ausgezeichnete Rutschflächen, die bei der Emportreibung des Kalkes entstanden sind. Nur an einem Punkte, und zwar in der Mitte des Hauptbruches, zeigen sich deutliche Schichtenabsonderungen, die gegen Norden unter einem Winkel von 80° geneigt sind und öfters auf dem Kopfe stehen. Ihre Dicke ist 17194 Dr. Emil Tietze. [372] sehr verschieden und variirt von 3—6 Fuss.“ Ausserdem beschreibt der Autor noch ein mit diesem so gut wie versteinerungsleeren Kalkstein vorkommendes Kalkconglomerat, welches aus abgerundeten und ge- glätteten Bruchstücken des eben beschriebenen Kalksteins besteht und welches „die Lagerstätte unendlich vieler Versteinerungen ist, die ebenfalls wie die Bruchstücke häufig abgerieben erscheinen und einen der ausgezeichnetsten Fundorte für die Nerineen abgeben. Wahr- scheinlich bildet das Conglomerat im weissen Kalk- steine eine dünne Schichte, die nur von Zeit zu Zeit durch die Steinbrüche aufgedeekt wird“. Einen solehen Zeitpunkt scheine ich nun bei meinen wiederholten Besuchen dieser Localität leider nicht getroffen zu haben. Alles Suchen nach den Nerineen war vergeblich und soweit ich Erkundigungen ein- zuziehen vermochte, erinnerten sich wohl ältere Arbeiter, dass früher hier Versteinerungen gefunden wurden, seit langer Zeit indessen sei dies nicht mehr der Fall gewesen. Ich gewann also den Eindruck, dass, wenn nicht ein glücklicher Zufall zu Hilfe kommt, der paläonto- logische Fundort Inwald heute als abgebaut und verschwunden zu be- zeichnen ist. Die Sandsteinzone der Karpathen gehört bekanntlich grossentheils zu den sehr kalkarmen Gebieten und wo sich daselbst ein Kalkvorkommen erkennen lässt, fällt es in raschem Tempo dem industriellen Bedarf zum Opfer. Dies Geschick scheint auch dem Inwalder Kalkvorkommen etwas mitgespielt zu haben. Wohl reicht die heute dort vorhandene Kalkmenge sicher noch für recht lange Zeit, sogar bei dem gesteigerten Bedarf aus, der sich vermuthlich bald nach Vollendung der Eisenbahn von Andrychau nach Wadowice herausstellen wird, indessen ist daselbst jedenfalls seit den letzten Jahrzehnten sehr viel Material entfernt worden. Man braucht nur an die Schilderung Zeuschner's von den weissen zackigen Klippen zu denken, welche diesem Beobachter schon aus der Entfernung auffielen und diesen Sachverhalt mit dem Eindruck von heute zu vergleichen, um dies zu verstehen. Auch heute erkennt man freilich schon in einiger Entfernung, dass am unteren Gehänge der Wapienica ein besonderer und augenscheinlich wichtiger Aufschluss vorhanden ist, allein von zackigen Klippen und Felsen bemerkt man nichts mehr, es sind allein die Steinbrüche, die hier natürlich wie überall ein abweichendes Aussehen der Gehänge bedingen, und höchstens wird man durch die weissliche Färbung der Entblössungen darauf auf- merksam, dass hier eine von den Karpathensandsteinen abweichende Bildung auftritt. Bei solchen Veränderungen wäre es nicht auffallend, wenn auch die durch das Vorkommen der Nerineen ausgezeichneten, schon ursprünglich sehr beschränkt gewesenen Partien des Kalkes gänzlich abhanden gekommen wären. Doch kann ja in längerer oder kürzerer Zeit der fortschreitende Abbau wieder eine solche Partie bloss- legen. Dies braucht nicht ausgeschlossen zu werden. Was nun die sonstigen Bedingungen des Auftretens des Inwalder Kalkes anbetrifft, so ist seit langer Zeit bekannt, dass in unmittel- barer Berührung mit dem Kalk ein Eruptivgestein vorkommt, welches später von Hohenegger und Fallaux mit den Tescheniten ver- einigt wurde. Leider ist der Zustand desselben, wie schon frühere [373] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau, 795 Beobachter, insbesondere Zeuschner (l. e. pag. 135) hervorheben, ein überaus verwitterter und zersetzter, so dass es „unmöglich ist, ein grösseres Bruchstück davon zu erhalten“. Bei den am stärksten zer- setzten Partien des Gesteins verschwindet sogar seine grüne Farbe, „eine gelblichbraune erscheint, und was übrig bleibt, ist kaum von festem Lehm zu unterscheiden‘. Dieser Teschenit nimmt nun räumlich eine Zwischenstellung zwischen dem Kalk und den südlich darüber folgenden Sandsteinen ein. Da, wie vorgreifend bemerkt werden muss, die Lagerung des Sand- steines dem Kalk gegenüber keine gleichförmige ist, das Fallen beider Bildungen vielmehr im entgegengesetzten Siune stattzufinden scheint, so könnte aus jener Zwischenstellung an und für sich noch kein Schluss auf das Alter des Teschenits gezogen werden. Unter der Vor- aussetzung, dass das von Zeuschner erkannte nördliche Einfallen des Kalkes keiner Ueberkippung entspricht, müsste man sogar für denkbar, wenn auch nicht für nothwendig halten, dass das in Zeuschner's Profil südlich von den Kalkklippen auftretende Eruptivgestein älter als der Kalk sei. Dem widersprechen jedoch die allgemeinen Vorstellungen, welche man sonst über das Alter der Teschenite gewonnen hat und denen zufolge das Auftreten dieser Eruptionen in die Zeit der Ablagerung des Karpathensandsteines, vornehmlich aber in’s Neocom fällt. Dem wider- spricht auch die bei dem gegenwärtigen Stande der Entblössungen in den Steinbrüchen siehtbare Lagerung. In dem Hauptsteinbruch sieht man den Kalk ganz augenscheinlich von Teschenit bedeckt. Deshalb halte ick den letzteren für jünger als den tithonischen Kalk, ohne mich deshalb dem Eindruck zu verschliessen, dass gerade hier der Jura- kalk und Teschenit den bedeckenden Karpathensandsteinen gegenüber ein tectonisches Ganze. bilden. Wie sich diese beiden Bildungen dem Neocom gegenüber ver- halten, ist nicht direct zu ermitteln, da Teschener Schiefer und sonstige neocome Karpathensandsteine in unmittelbarer Berührung mit den Kalk- felsen nicht beobachtet werden konnten. Zeuschner hat im Norden am Abhang des Gebirges das Vorkommen von Lehm angegeben. Auch Hohenegger zeichnet in dem Profil Nr. IV der seiner Arbeit über die schlesischen Nordkarpathen beigegebenen Profiltafel das Vorkommen von Diluvium als zunächst an den Kalk im Norden angrenzend. Auf dieser Seite ist also das Verhältniss des Kalkes zu den anderen karpathischen Bildungen gar nicht wahrnehmbar und im Süden sind es Godulasandsteine, welche den Abhang über dem Kalk zusammen- setzen, also jüngere Schichten als die neocomen Ablagerungen. Hohenegger und Fallaux haben eine vom Diluvium nur ver- deckte Anlagerung des Eocän an den Inwalder Kalk von Norden her vorausgesetzt und haben dieser Vorstellung auch auf ihren das Diluvium grösstentheils nieht berücksichtigenden Karten Ausdruck gegeben, der Erstgenannte auch in dem bereits erwähnten Profil. Dieser Ansicht kann ich jedoch nicht einmal als hypothetisch nächstliegend beipflichten. Was ich zunächst nördlich von dem hiesigen Gebirgsrande aus der Diluvialbedeekung hervortreten gesehen habe, wie insbesondere die Gesteine der Tobcowa göra lässt sich eben als neocom auffassen und Jahrbuch der k.k. geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Band. 4. Heft. (Dr. Emil Tietze.) ]02 796 Dr. Emil Tietze. [374] wie schon aus dem bei früherer Gelegenheit über die Gegend von Inwald Gesagten hervorgeht, scheint mir, dass Hohenegger und Fallaux dort überhaupt dem Eocän eine zu grosse Rolle zugewiesen haben. Es ist richtig, dass wir auch bei Andrychau eine Partie von alttertiären Thonen an den Gebirgsrand und bis in die nächste Nähe der dortigen, dem Inwalder Vorkommen entsprechenden Kalke werden herantreten sehen, und man muss zugestehen, dass ein solches dis- cordantes Heraudrängen der eocänen Bildungen an ältere Schichtglieder in unserem Gebiete vielfach stattfindet, also auch hier stattfinden könnte; diese blosse Möglichkeit hat aber zunächst keine entscheidende Bedeutung und es liegt jedenfalls sehr nahe, am Fusse und im Liegen- den des Godulasandsteines der Wapienica vor Allem und in jedem Falle die älteren Kreidebildungen zu vermuthen, die ja auch sonst diesen Gebirgsrand begleiten, gleichviel ob nun, wie möglich, aber nicht erwiesen, hier stellenweise noch eocäne Bildungen auf jener Kreide darauf liegen oder nicht. In diesem Punkte verdient also das Profil bei Hohenegger eine Berichtigung oder doch Ergänzung. Was nun die im Süden sich erhebenden Bildungen der Sandstein- zone anlangt, so bestehen dieselben aus dunklen Schiefern und festen kieseligen Sandsteinen, wobei die Sandsteine einige Fuss starke Ein- lagerungen im Schiefer vorstellen. Sie prävaliren am Kamme der Er- hebung. Diese Schiehten müssen mit den Ellgother Schichten also mit der zumeist auf die untere Abtheilung des Godulasandsteins beschränkten, aber auch darüber hinausgreifenden, mehr schieferigen Facies dieses mittleren karpathischen Kreidegliedes verbunden werden. Wie bereitsZeuscehnerangab, fallen diese Schichten nach Süden, also von dem Inwalder Kalk ab und entgegengesetzt dessen nördlicher Fallriehtung. Das Bild, welches wir nunmehr von dem teetonischen Auftreten dieses Kalkes gewinnen, ist das einer Klippe, welche über die in ihrer tieferen Umgebung unterirdisch vorauszusetzenden Neocombildungen her- vorragt und von den jüngeren Schichten des Godulasandsteins umhüllend bedeckt wurde. Die spätere Blosslegung des Kalkes, welche ohnehin nur eine einseitige ist, muss durch Denudation des Godulasandsteins hervor- gerufen sein. In jeden Falle ist die absolute Discordanz des Inwalder Kalkes gegenüber den ihn umgebenden Karpathensandsteinen sehr zu beachten. Eine geringe Strecke weiter westlich finden wir die Fortsetzung unseres Kalkzuges an der Panska göra bei Andrychau. Es ist dies augen- scheinlich derselbe Berg, welcher bei Zeuschner (in Haidinger's Abhandl. 1. ec. pag. 140) den Namen Lanckorona führt. Wie bereitsZeuschner angibt, steht auch hier der Kalk in unmittel- barer Berührung mit einem Eruptivgestein, welches von dem genannten Autor als ein Granit bezeichnet wurde, der aber „im Allgemeinen wenig Aehnlichkeit mit Granit“ besitze, während Hohenegger undFallaux dasselbe Gestein, welches übrigens ähnlich wie das Inwalder Eruptiv- gestein sehr zersetzt ist, bei den Teescheniten mit Recht untergebracht haben. Zeuschner zeichnet zwei Profile von dem Schichtenbau in zwei einander benachbarten Kalksteinbrüchen und in beiden Profilen erscheint [375] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 7197 das Eruptivgestein als Decke über dem Kalk, was mit dem Ver- hältniss zwischen Kalk und Teschenit, so wie es sich aus den heute sichtbaren Aufschlüssen bei Inwald ergibt, gut übereinstimmt. Zu bemerken ist dabei nur noch, dass in dem einen Steinbruche ein Einfallen der Kalkbänke unter 70 Grad nach Südwesten zu sehen war, und dass das Eruptivgestein daselbst über die Schiehtenköpfe hin- weg sich ausbreitete, während in dem anderen Steinbruch wellenförmig gebogene Lagen des Kalksteines in scheinbar mehr eoncordanter Weise von dem Teschenit bedeckt wurden. Dem erstgenannten Profil wird man bei der Feststellung des relativen Alters des Eruptivgesteines selbstver- ständlich mehr Wichtigkeit beimessen dürfen, und so ergibt sich der Schluss, dass die jurassischen Kalke hier theilweise bereits Störungen unterworfen gewesen sind, ehe der Teschenit hervorbrach. Da aber der letztere auch hier wieder wie bei Inwald sich eng mit den Kalken verknüpft zeigt, so dürfte er andererseits auch vor der Ablagerung der ältesten diese Klippe zunächst umgebenden Bildung, das ist des Godula- sandsteins, hervorgetreten sein. Das untereretacische Alter der hiesigen Eruptivgesteine wird damit erwiesen. So deutlich, wie Zeuschner sie beschreibt und-abbildet, sind heute die Beziehungen zwischen dem Kalk und dem Teschenit allerdings nicht mehr zu sehen, aber eben deshalb müssen wir Zeuschner dankbar sein, dass er uns die Beobachtungen, die man bei dem damaligen Stande der Arbeiten auf der Parska göra anstellen konnte, in ein- gehenderer Weise überliefert hat. Des Weiteren hat Zeusehner bemerkt, dass der Kalk von An- drychau von dem von Inwald verschieden sei. Dies ist schon insofern völlig richtig, als der Kalk von Inwald nur sehr undeutlich geschichtet ist, während der Kalk von Andrychau eine deutliche Absonderung nach Bänken verräth und auch mergelige Lagen in grösserer Häufigkeit enthält. „Der Kalkstein des Berges Lanckorona“, schreibt Zeuschner, „ist derb von hellgrauer Farbe, theilt sich in dünne gewöhnlich 1 bis 2 Fuss dieke Schichten, welche gesondert vorkommen und mit dem dunkleren, fast schwärzlichen schieferigen Mergel abwechseln.“ Ueber- dies gebricht es hier ganz an Versteinerungsfunden. Trotzdem ist es vorläufig schwer, die benachbarten Kalkklippen von Inwald und Andrychau prineipiell auseinanderzuhalten. Man darf sie wohl der bisherigen Ge- pflogenheit gemäss als zu einem und demselben oberjurassischen Stock- werk gehörig zusammenfassen, so lange bis nicht entscheidende Petre- factenfunde eine kleine Altersdifferenz zwischen ihnen ergeben haben. Doch muss man eben ihrer Verschiedenheit wegen den Gedanken zu- lassen, dass man es mit etwas höheren oder tieferen Lagen innerhalb jenes Stoekwerkes zu {hun habe und darf für künftige Untersuchungen die Möglichkeit nicht aus den Augen verlieren, dass insbesondere gewisse gleich zu nennende Hornstein führende Partien einer obersten Tithon- bildung entsprechen, zu welcher Vermuthung das Aussehen dieser Bil- dungen einiges Recht zu geben scheint. Bei dieser Gelegenheit will ich erwähnen, dass ich auch dem bereits ausserhalb meines Aufnahmsgebietes, südwestlich von Andrychau gelegenen Kalke von Roczynny einen Besuch abgestattet habe und dort nördlich von einem minder deutlich oder doch minder dünn 102* 798 Dr. Emil Tietze. [376] geschichteten Kalke dünner geschichtete Hornstein führende mergelige Kalke antraf, was auch Herr Paul, in "dessen Untersuchungsfeld Roczynny fällt, zu bestätigen im Stande ist. Dort stossen also die beiden Kalkbildungen direet zusammen. Doch führen leider die Lagerungs- verhältnisse auch dort nicht zur unbedingten Gewissheit über das relative Alter jener Bildungen. Die beiden zusammengehörigen Kalkablagerungen schieben sich (vergl. Paul’s Beiträge zur Kenntniss des schlesisch- galizischen Karpathenrandes. Jahrb. geol. R.-A. 1837, pag. 329) zwischen ceretaeische Schichten ein und zeigen demgemäss bei Roczynny ganz ähnlich wie der Jura bei Inwald und Andrychau ein klippenartiges Verhalten. Die Aufeinanderfolge der einzelnen Schichten einer Klippe ist aber, wie bekannt, mit der Aufeinanderfolge und der örtlichen Position der Schichten der Klippenhülle nicht in Concordanz zu bringen. Der Kalk von Andrychau steht jedoch nicht allein auf der Höhe der Panska göra an, sondern auch am südlichen Abhange dieses Berges, dort wo der Weg von Andrychau nach Zagormik vorüberführt. An dieser Stelle führt der Kalk auch stellenweise Hornsteine. Ueberall ist er stark gewunden und« sind die Schichten gleichsam gedrückt und gequetscht. Doch lässt sich im Allgemeinen ein vorwiegendes südliches Einfallen erkennen. Dieses Einfallen ist dem des Kalkes von Inwald entgegengesetzt. Es ist also die Vermuthung berechtigt, dass man es bei Andrychau entweder mit dem Gegenflügel.der Schichten von Inwald zu thun habe, oder dass es hier Schichten desselben Flügels der betreffenden Anti- clinale sind, welche einer bis zur Ueberkippung gediehenen, local stärkeren Faltung unterworfen wurden. Im Hinblick auf die mehr südwestliche als südliche Fallrichtung der Andrychauer Kalkbänke und angesichts des Umstandes, dass die letzteren nicht nordwestlich, sondern westlich vom Inwalder Kalk, das heisst nicht in dessen unzweifelhafter Streichungs- fortsetzung auftreten, ist erstgenannte Vermuthung die wahrscheinlichere. Im Anschluss an diese Betrachtung muss aber darauf hingewiesen werden, dass des Weiteren auch der Kalk von Roczynny selbst unter der Voraussetzung einer rein ostwestlichen Streichungsrichtung der hiesigen Kalkklippen nicht in der westlichen Fortsetzung der Inwald-Andrychauer Kalke liegt, sondern südlicher, so dass er streng genommen einem Parallel- zuge der letzteren angehört. Die Analogie seines Auftretens mit dem Vorkommen des Inwalder Kalkes liegt nur darin, dass er ebenfalls am nördlichen Fusse des höher ansteigenden Sandsteingebirges vorkommt und nach Süden zu ebenfalls von Godulasandstein bedeckt wird. Das hängt aber damit zusammen, dass südwestlich von Andrychau und west- lich der Linie des Wieprzöwka-Baches das Gebirge überhaupt weiter nach Süden zurücktritt, so dass der östlich vom genannten Bache durch die Wapienica und Panska göra gebildete Gebirgsrand westlich von diesem Bache eine unmittelbare orographische Fortsetzung nicht findet. An eine Querverschiebung längs der Wieprzöwka möchte ich deshalb noch nicht unbedingt denken, weil ein derartiges Verhältniss erst durch andere gegenwärtig mangelnde Beobachtungen erwiesen werden müsste. Auszu- schliessen ist aber eine darauf bezügliche Vermuthung nicht und ich empfehle diese Frage meinen Nachfolgern zur Untersuchung. [377] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 1799 Zum Schlusse der Betrachtung jener merkwürdigen Kalkklippen möchte ich nur noch die Thatsache hervorheben, dass sich in dem Kalke nirgends Spuren von Contaetbildungen mit dem benachbarten Teschenit gezeigt haben. Auch Zeusehner und die anderen Beob- achter sprechen nicht von besonderen Mineralvorkommnissen daselbst. Wir fahren nunmehr in der Beschreibung der nachjurassischen Ablagerungen dieser Gegend fort. Am westlichen Abhange des Panska göra gegen das Städtchen Andrychau zu treten Spuren von rothen Thonen zu Tage, welche man wohl am natürlichsten sich mit den rothen Thonen nördlich von der Stadt gegen Wieprz zu in Verbindung denkt und deshalb dem Eocän zutheilt, umsomehr als solche Thone in den schieferigen Partien des Godulasandsteins, wie sie auf der Höhe des Panska göra östlich von den Kalken wahrgenommen werden, gänzlich fehlen. Es ist dies wieder eine Thatsache, welche für die Discordanz des Eoeäns, bezüglich Oli- gocäns gegenüber den älteren karpathischen Bildungen spricht, denn hier würde man sonst berechtigt sein, im Osten und Westen des Kalkes gleichartige und gleichalterige Umhüllungsbildungen vorauszusetzen. Sehr auffällig ist nun das Auftreten gewisser schwärzlicher Schiefer in der Umgebung des Dorfes Zagornik auf der Südseite von Panska göra und Wapienica, wohin wir uns jetzt begeben. Diese Schiefer, die man am besten in den Hügeln aufgeschlossen findet, welche den ' südlichen und südwestlichen Fuss der Wapienica bilden, sind weder mit dem aus Schiefern und Sandsteinen bestehenden Complex der ElIl- gother Schichten identisch, die man hier zunächst noch voraussetzen sollte, noch mit oligocänen Schieferbildungen, an deren discordantes Uebergreifen man hier denken könnte; ihr Typus stimmt vielmehr am meisten mit dem der Wernsdorfer Schichten überein, und ich habe dieser Aehnlichkeit auch auf der Karte Rechnung getragen, wenn auch die teetonische Deutung bei dieser Auffassung Schwierigkeiten macht. Wir haben ja übrigens auch schon anderwärts, z. B. bei Lanckorona, Aequivalente der Wernsdorfer Schichten im scheinbaren Hangenden des Godulasandsteins gefunden. Man muss in dieser Beziehung nicht gleich Alles erklären wollen. Wenn wir nunmehr den Weg von Andrychau nach Rzyki auf- nehmen, so bewegen wir uns zunächst in dem hier noch ziemlich breiten Quartärgebiet längs des Rzyki potok. Dasselbe bietet nichts Auffälliges ausser dem ganz beschränkten Vorkommen rother nordischer Granite in einigen kleinen Blöcken. Diese Sache hat auch nur theore- tisches Interesse in Bezug auf die Südgrenze der Verbreitung des Erraticums. Was nun die anstehenden Bildungen im Gebiete jenes Baches an- langt, so bestehen sie, abgesehen von den den Wernsdorfer Schichten zugezählten Partien von Zagornik auf eine grössere Erstreckung hin aus Ellgother Schichten. f Ein besonders guter Aufschluss davon befindet sich auf der reehten (östlichen) Thalseite schrägüber vom Jägerhause von Rzyki. Die Schiehten fallen hier deutlich nach Süden mit nicht allzusteilem Winkel, wenn sie auch einigemal auf kurze Distanzen scharf geknickt erscheinen. Es sind kieselige Sandsteine, die oft in scharfkantige Stücke zersplittern, 800 Dr. Emil Tietze. [378] zum Theil glimmerig, zum Theil auch grün punktirt sind und welche Hieroglyphen führen. Die Zwischenlagen bestehen aus dunklen Schiefern. Ganz äbnliche Bildungen stehen am unteren Theil des Ryta potok an, wo die Schiefer indessen überwiegen und die Sandsteinzwischenlagen dünnschichtiger werden, indessen immer noch Hieroglyphen führen. Ebenso zeigt der Bach von Bolecina, der gleich dem Ryta potok dem Rzyki potok tributär ist, Aufschlüsse, die dem beim Jägerhause sehr ähnlich sind. Auch hier sind übrigens die Aufschlüsse vorwiegend auf das östliche Ufer beschränkt und das Fallen ist ein südliches. Aehnliche Bildungen stets südlich fallend, halten noch oberhalb Rzyki an bis Fryszowice und Mydlarze, wo sie also sogar bis an den Südabfall des vorhin gelegentlich der Darstellung der Verhältnisse des oberen Choeznia- baches genannten Ganezarz gehen, der seinerseits aus dem eigentlichen Godulasandstein besteht. Dieser durch schieferige Zwischenlagen nicht mehr oder nur wenig unterbrochene Godulasandstein setzt nun auch den ganzen höher ansteigenden Kamm des Beskid mit den Bergen Jaworzyna, Potrojno, Turon und Leskowiee zusammen, welche mit dem Ganezarz zusammen halbkreisförmig das Gebiet der vorgenannten Bäche umgeben und steht auch im direeten Zusammenhange mit dem Godulasandstein, der die Gipfel südlich von Ponikiew, wie die Berge Magörka und Zjar bildet. Von hier setzt er sich bis an das Ufer der Skawa bei Swinna Poreba fort, wo an der von Wadowice nach Sucha führenden Strasse viele Aufschlüsse südlich fallender Schichten sich befinden, welche häufig in ähnlicher Weise conglomeratisch werden, wie die Sandsteine des Berges von Gorzen. Diese Gesteinszone reicht ungefähr bis in die Gegend von Jasz- czurowa, wo eine deutliche diluviale Schotterterrasse die Aufschlüsse längs der Strasse unterbricht, welche sich auch eine Strecke weit südlich im Bache von Jaszezurowa fortzieht. Doch weiter den Bach hinauf kommen gegen die Magörka zu feinkörnige Sandsteine vor, während auf der Südseite des Baches in der Nähe des Weges gegen Tarnawa gorna ziemlich grobe Conglomerate auftreten. Dieselben mögen wohl noch zum Godulasandstein gehören. Etwas anderes ist es wohl schon mit den dünner geschichteten Sandsteinen, welche an der Brücke zwischen der Hauptstrasse und Jaszezurowa anstehen, über welche der Weg nach dem letztgenannten Dorfe und Meierhofe führt. Diese Sandsteine sind theils fein glimmerig, theils sehr fest und kieselig, aber immer feinkörnig. Sie stehen in Verbindung mit sandig-thonigen, nicht eben dünnblätterigen Schiefern und stehen in gleicher Weise an dem Hügel von Mucharz an, dort wo die Strasse nach diesem Dorfe und seiner hoch gelegenen, weithin sichtbaren Kirche hinaufführt. Diese Bildungen zeigen eine gewisse Verwandtschaft mit den Sandsteinen bei Strzyszow und Stronie auf der anderen Seite der Skawa und mögen wohl schon zum Eocän gehören. Auf der Höhe des Berges von Mucharz, insbesondere am Gipfel Upalisko befinden sich Steinbrüche, durch welehe grobkörnige, nicht sehr feste Sandsteine aufgeschlossen werden, welche Stunde 7 bis 8 streichen und südlich fallen. Dieselben enthalten öfters Spuren von ehe un U an [379] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 801 Nulliporen, wodurch im Hinblick auch auf die erwähnte etwas losere Beschaffenheit des Sandsteines eine Beziehung mit dem Niveau oder besser der Facies der oligoeänen Ciezkowicer Sandsteine angedeutet wird, welche, wie besonders und zuerst Uhlig hervorhob (z. B. Verh. d. geol. Reichsanst. 1884, pag. 337), sich nieht selten dureh Nulliporen auszeichnen. Weit entfernt davon, die Nulliporen prineipiell für strati- graphisch beweiskräftig anzusehen, werden wir doch gerade unter Be- rücksichtigung der localen, westgalizischen Verhältnisse in unserem Falle geneigt sein, in dem Vorhandensein der Lithothamnien einen Hinweis auf das jüngere Alter der Sandsteine zu erblicken. Etwas südlicher trifft man in der Nähe der Strasse in der Schlucht zwischen dem vom dortigen Kreuz nach Zalas führenden Wege und dem Wirthshaus Borowina oligocäne Schiefer, und in der nach Skawce zu orientirten Schlucht hinter dem genannten Wirthshause sieht man besonders am Südgehänge feinkörnige dünnschichtige Sandsteine. Die soeben genannten Schiefer streichen auch in die Gegend nördlich Zalas hinüber. Bei Zalas selbst trifft man (besonders durch die Strassengräben aufge- schlossen) dünngeschichtete, etwas krummschalige Sandsteine mit Kalk- spathadern von grauer Farbe und ziemlich feinkörniger Beschaffenheit. Dieselben gleichen der sogenannten falschen Strzolka des oberen Karpathensandsteines. Am Wege endlich von Sleszowice gorna nach Tarnawa gorna sieht man am südlichen Ufer des dortigen Baches graue, thonige, nicht blätterige Schiefer, die vorläufig ebenfalls nur den oberen Karpathensandsteinen zugezählt werden können, wenngleich sie keinem der bestimmter ausgeprägten Typen derselben entsprechen. Verfolgt man diesen Bach abwärts gegen Tarnawa dolna zu, so trifft man an der Ecke, gerade südlich vom höher gelegenen Folwark Tarnawa massig geschichtete, zumeist grobkörnige Sandsteine. Weiter- hin sieht man jedoch diese Sandsteine abwechseln mit rothen und grünen Thonen. Solche grüne Thone sieht man auch in Verbindung mit den nördlich fallenden grobkörnigen, massigen, festen Sandsteinen bei den Steinbrüchen, welche an der Sucha-Wadowicer Strasse gleich nördlich der Einmündung des Tarnawabaches in die Skawa sich be- finden. Dieses Schichtensystem beginnt von Norden aus gerechnet an der Strasse übrigens bereits bei Skawce, wo gleich südlich der Eisen- bahnstation ein mit nördlichen und südlichen Fallrichtungen gebogener, massig geschichteter, etwas conglomeratischer Sandstein vorkommt, der von rothen Thonen überlagert wird und der auch Einlagerungen dieses Thones enthält. Diese Sandsteine unterscheiden sich in der That, sowie dies Fallaux für die eocänen Sandsteine unseres Gebietes im All- gemeinen angedeutet hat, ‚durch die innige Verknüpfung mit den bunten Thonen von den sonst sehr ähnlichen Godulasandsteinen. Sie stellen im Uebrigen ganz einen der Typen der oligocänen Magurasandsteine vor, zu denen wir sie denn auch rechnen. } Von Tarnawa dolna die Skawa aufwärts zunächst bis Sucha hat man überall dieselben Sandsteine und die bunten Thone neben sich. Die letzteren sind theilweise den Sandsteinen eingelagert, theilweise scheinen sie die Fortsetzung der auf dem anderen Skawaufer bei Zembrzyce im Liegenden des Magurasandsteines befindlichen, den typischen oberen Hieroglyphenschiehten ähnlichen Bildungen zu sein, 802 Dr. Emil Tietze. [380] In der Nähe von Sucha, und zwar bei der über die Skawa führenden Brücke und neben der nach Makow führenden Bahnlinie sieht man aber in unzweideutiger Weise, dass die rothen Thone wirkliche Zwischenlagen im Magurasandstein bilden können. Die Sandsteine zwischen hier und Makow sind grösstentheils fein- bis mittelkörnig und fallen meist südlich. Man hat es hier mit den Südgehängen der Sandsteinberge zu thun, welche wir früher (gelegentlich der Beschreibung der Gegend im Süden von Lanckorona) südlich vom Jachowkathale kennen gelernt hatten. Doch treten unweit Sucha bald östlieh von der genannten Brücke in einer kleinen Schlucht nördlich der Strasse obere Hieroglyphenschichten, aus Thonen und grünen, Hieroglyphen führenden, dünnschichtigen Sandsteinen bestehend, mit Thoneisensteinen auf. Die letzteren scheinen schlecht und wenig abbauwürdtg zu sein. Es erübrigt uns nun, um die Beschreibung des Kartenblattes Wadowice zu vervollständigen, nur noch das Nöthigste über die in der Gegend von Krzeszow (westlich und nordwestlich von Sucha, süd- westlich von Skawce) gemachten Beobachtungen mitzutheilen, wobei ich, um die Sache abzurunden, genöthigt sein werde, etwas über die südliche Kartengrenze bis in die Gegend von Kukow und den unteren Lauf der Strzyszawka hinauszugreifen. Der Berg Lenartowa, nordwestlich Sucha, besteht der Hauptsache nach aus Magurasandstein. Doch kommen an seinem Südfusse, insbe- sondere aber im Südwesten ziemlich typische obere Hieroglyphen- schichten vor. Dort sind auch rothe Thone vorhanden, die ihrerseits wieder auf Sandstein liegen. Da diese rothen Thone am Südwestfusse des Berges augenscheinlich mit den oberen Hieroglyphenschichten zu verbinden sind, so würden daselbst zwei im Alter etwas verschiedene alttertiäre Sandsteine vorkommen. Die Aufschlüsse befinden sich hier alle auf dem nördlichen Ufer des Baches. Die rothen Thone sieht man hier schon von Weitem. Verfolgt man nun die Strasse nach Saipusch weiter, so trifft man bald bei der Brücke von Kuköw am Bachufer bunte, das heisst bräun- liche, bläuliche, grüne und rothe Thone mit einzelnen festen Lagen. Bei Kuköw aber kommen auch Sandsteine hervor, die bald feiner, bald gröber und bisweilen grünlich punktirt sind. Sie bilden einige kleinere Kuppen. Etwas hinter Kuröw zweigt ein guter Fahrweg nördlich nach Krzeszöw ab. Er folgt anfangs dem Sikoröwkabache in einer flachen Gegend ohne Aufschlüsse. Wir verlassen denselben dort, wo er sich von diesem Bache abwendet und folgen gerade dem genannten Bache bis in die Nähe des dortigen Jägerhauses, wobei wir ein ziemlich felsiges Sandsteingebiet passiren. Von der Gegend dieses Jägerhauses angefangen bis zum Tarnawabache bei Tarnawa görna ziehen sich nun über die Karanezykowa in südwest-nordwestlicher Richtung die Halden der alten Eisensteinbaue hin, welche vorzugsweise die kürzlich aufge- lassenen Hüttenwerke von Sucha mit Erzen versahen.!) Die hier !) Die dort verhütteten Erze hatten einen Eisengehalt von 16—24 Procent. (Die Eisenerze Oesterreichs, eine im k. k. Ackerbauministerium verfasste Uebersicht. Wien 1878, pag. 283, vergl. auch K. v. Hauer, die Eisenerzyorkommen in der österr. Monarchie, Wien 1863, pag. 130.) [381] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 803 vorkommenden Gesteine sind dunkle weiche Schiefer und diesen einge- lagert grobe Sandsteine mit grossen gelbweissen Punkten, sowie grüne dünnschichtige Hieroglyphensandsteine. Manche Schiefer sind sandiger und glimmerig. Gegen das Hangende zu stellen sich auch Spuren von rothen Thonen ein. Solche rothe Thone sieht man dann auch noch auf der Höhe der Strasse zwischen dem Dorfe Krzeszöw und Tarnawa görna. Alles fällt südlich, bezüglich südöstlich und streicht in Stunde 16—17. Das Hangende wird an der Karanezykowa von festen und feinkörnigen Sandsteinen gebildet. Die Eisensteine, die hier vorkommen, sind von sandigerer Beschaffenheit als die eretacischen Eisensteine von Harbuto- wice. Das Liegende der ganzen Ablagerung wird nordwestlich davon von dem nahen Godulasandsteine gebildet. Diese Gebilde sind auf der Karte mit der Farbe der dem Cenoman zugetheilten „Istebner Schichten“ bezeichnet worden. Sie spielen in der Literatur bereits eine gewisse Rolle. Fötterle, der die Karpathen- sandsteine unseres Gebietes in seiner summarischen Weise besprach, erwähnte (Verhandl. der k. k. geol. Reichsanst., 1859, pag. 122) die Teschener Schiefer des Gebietes und fuhr im Anschlusse daran fort: „Diesen Schiefern folgen glimmerreiche Quarzsandsteine mit kalkigem Bindemittel von dem feinsten Korn bis in’s grobe Conglomerat wechselnd ; sie sind meist in mächtigen, bis zu 5—6 Fuss dicken Bänken geschichtet, zwischen den einzelnen Bänken oft dünne Schieferlagen einschliessend ; zwischen diesen Sandsteinen sind hin und wieder mächtige Complexe von weissgrauen Schiefern eingeschlossen, welche Träger von Thon- eisensteinflötzen sind, wie zwischen Kamesznica, Slemien, Krzeszow, Sleszowice und Strzyszöw. Diese Abtheilung ist die in den Karpathen am meisten entwickelte und verbreitetste und gehört nach den Fossilien von Kamesznica dem Albien an. An den Schichtungsflächen finden sich auch regelmässig wiederkehrende, gewundene, wulstartige Erhebungen, welche einen organischen Ursprung verrathen.* Diese Angaben sind im Vergleiche mit den thatsächlichen Ver- hältnissen insoferne etwas unklar, als man nicht recht erkennt, welche Stellung Fötterle den allerdings erst später von Hohenegger so genannten, aber doch zur Zeit von Fötterle’s Reise schon vorhanden gewesenen Godulasandsteinen zuweist, welche doch gerade für Krzeszöw und auch für Kamesznica deutlich das Liegende der Eisensteine führenden fraglichen Schichten bilden und sich als ganzes Gebirge in grosser Breite zwischen die neocomen Schiefer und die hier besprochenen Bildungen einschieben. Was nun die bewussten Fossilien anlangt, so lagen darüber leider bis vor Kurzem bestimmter localisirte Angaben nicht vor. Wir waren dieserhalb nur auf Hohenegger's Darstellung in seinen Erläuterungen zur geognostischen Karte der Nordkarpathen angewiesen (]. e. pag. 31), welcher Autor die betreffenden Ablagerungen als Istebner Sandstein bezeichnete und zum Cenoman rechnete. Er schrieb, nachdem er vorher den Godulasandstein besprochen hatte: „Beinahe noch schlimmer steht es mit. den Nachweisen für diese Stufe. Es sind dies Sandsteine, welche sich an der ungarischen Grenze hin südlich an den Zug der Godula- sandsteine anschliessen, ähnlich wie diese zusammengesetzt sind und auch eine mächtige Conglomeratschichte und den fünften Zug von Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Band. 4. Heft. (Dr. Emil Tietze.) 103 504 Dr. Emil Tietze. [382] Karpathensphärosiderit enthalten..... Für den Bergbau ist diese Abtheilung in Galizien sehr wichtig, da die erzherzoglichen Eisenwerke in Wegierska Görka, sowie die Eisenwerke zu Maköw, Sucha und tiefer in Galizien, vorzugsweise diesen fünften Zug zu Eisen verarbeiten.“ Darauf werden einige Funde von Cephalopoden angeführt, welche die Bestimmung als Cenoman unterstützen sollen. Doch geschieht diese Anführnng in Bausch und Bogen ohne specielle Namhaftmachung der Localitäten für die einzelnen Funde. Es könnte deshalb zweifelhaft bleiben, wo und in welcher Weise jene Cephalopoden vorkommen. Was aber den engen Anschluss der be- treffenden Schichten an die Godulasandsteine anlangt, so ist allerdings der räumliche Zusammenhang beider Bildungen nicht zu verkennen, doch ist andererseits der Gesammteindruck der beiden Schichteneomplexe meist ein verschiedener. Eine grössere Aehnlichkeit der Gesteine besteht zudem mehr mit den Ellgother Schichten als mit dem eigentlichen Godulasandstein, der doch hier überall zunächst benachbart ist, und wenn auch andererseits gewisse Sandsteinlagen des hier in Rede stehenden Schichtensystemes mit denen des echten Godulasandsteines sehr verwandt erscheinen, wie namentlich die Sandsteine der hangenden Partien der Istebner Schichten von Krzeszöw und auch von Wegierska Görka den Godulasandsteinen dort ziemlich ähnlich sehen, so darf nieht vergessen werden, dass nach dem Zeugniss vonFallaux undHohenegger diese Aehnlichkeit andererseits auch zwischen den Godulasandsteinen und den Eocänsandsteinen eine ganz allgemeine ist. Dagegen ist das in den Godulasandsteinen und ihrer schieferigen Ausbildung nie beobachtete Vorkommen von rothen Thonen sicherlich ein unterscheidendes Merkmal unserer Schichten den ersteren gegenüber und auch das in der Nähe von Wegierska görka (westlich Saybusch) wahrzunehmende Auftreten von exotischen krystallinischen Blöcken in unseren Schichten begründet eine Trennung in gewissem Sinne. Wenigstens ist im Godulasandstein von dem Vorkommen solcher Blöcke nichts bekannt geworden. Ich habe mich bei einigen, in Gesellschaft des Herrn Dr.v. Tausch unternommenen Excursionen in der Saybuscher Gegend und speciell bei Ausflügen nach Kamesznica und Wegierska görka davon überzeugt, dass die bei Kızeszöw in der Umgebung der dortigen Eisensteinbaue ent- wickelten Schichten mit den Schichten von Kamesznica und Wegierska görka vollkommen übereinstimmen. Was für die einen gilt, gilt für die anderen und ist Kamesznica cenoman, dann ist es Krzeszöw auch, ist aber Krzeszöw alttertiär, dann ist es auch Kamesznica. Nun ist aber an einem zwischen diesen beiden Localitäten gelegenen der betreffenden Gesteinszone benachbarten und seiner Beschaffenheit nach angeblich eben- falls hierher gehörigen Punkte am Bredowbache nordöstlich Saybusch jüngst durch Tausch (Verhandl. geol. Reichsanst., 1886, pag. 318) der Fund von Nummuliten gemacht worden, was im Vereine mit den oben erwähnten, aus der Beschaffenheit der Ablagerung selbst gezogenen Schlüssen die Deutung der ganzen Zone als eocän zu unterstützen schien. Erkundigungen, welche von dem genannten Herrn bei den Werksbeamten in Wegierska görka und von mir an entsprechender Stelle für Krzeszöw in Sucha einge- zogen wurden, ergaben überdies, dass den betreffenden, theilweise schon vor langer Zeit bei jenen Bergbauen beschäftigt gewesenen Herren [383] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 805 von dem Vorkommen von Fossilien und speeiell von Ammoniten nichts bekannt geworden war. Da nun die Aufsammlungen Hohenegger’s und Fallaux’s zum Theil nicht von diesen Forschern selbst gemacht worden sind, sondern auch von ‚anderen Personen herrühren, die in ihrem Auftrage handelten oder deren Aufsammlungen von den Genannten übernommen wurden , so Jag immerhin die Möglichkeit eines Irrthums vor, in der Weise, dass durch ungenaue Fundortsangaben, Etiquetten- verwechslungen und dergleichen Hohenegger getäuscht worden sein konnte. Mir selbst wurden indessen durch gütige Vermittlung des Herrn Professor v. Szajnocha in Krakau zwei Ammoniten aus der zur Zeit in München befindlichen Hohenegger’schen Sammlung zugänglich, welche aus einer alten Sammlung in Maköw stammten und aus dieser in die Hohenegger’sche Sammlung übergegangen waren. Die Stücke gehörten zu cf. Acanthoceras Mantelli Sow. und zu Hoplites cf. Renau- xianus d’ Orb. (vielleicht nach Dr. Uhlig’s Meinung zu Hopl. Deluei Brogn. gehörig), das ist zu den beiden Arten, welehe Hohenegger an der Spitze seiner kleinen Fossilienliste der Istebner Schichten anführt. Sie hätten nach der Meinung Szajnocha’s, die er mir brieflich mit- theilte, aus Krzeszöw stammen können, eben weil sie aus jener, einst in dem benachbarten Maköw aufbewahrten, vermuthlich von einem Berg- beamten gemachten Sammlung in die Hohenegger’sche Sammlung übergegangen waren. Das war aber doch nur blosse Vermuthung. Nach den an den Stücken noch erhaltenen Originaletiquetten stammt die erst- genannte Form (soweit sich das bei der ziemlich unleserlichen Sehrift entziffern lässt) aus einem Orte Namens Skiwatzka bei Selowie (?) in Galizien, die zweite aus Szawinka bei Sadnenig (??), welche Orte mir nicht bekannt sind. Wenn vorausgesetzt werden durfte, dass die anderen Hohenegger'schen Stücke der Istebener Schichten aus ähnlichen Quellen stammen sollten, so stand es mit den Beweisen für das cenomane Alter dieser Schichten anscheinend nicht zum besten. Dazu kam (vergl. die Formationsübersicht, pag. 44 dieser Arbeit) eine gewisse Aehnlich- keit mancher Partien der fraglichen Absätze mit dem Ciezkowicer Sandstein, auf welche Aehnliehkeit besonders Herr Uhlig auf- merksam wurde. Es war also kaum zu verwundern, dass sich Zweifel erhoben, ob denn überhaupt der Complex der Istebner Schichten im Sinne Hohen- egger’s als obereretacisch aufzufassen wäre. Diesen Zweifeln hat auch der Jahresbericht des Directors der geologischen Reichsanstalt (Verhandl. 1887, Nr. 1, pag. 10) auf Veranlassung des Herrn v. Tausch Ausdruck gegeben, wenn auch dieser Ausdruck, wie mir bekannt, von Seiten des Letztgenannten nicht ohne Widerstreben und Zögern in Vorschlag gebracht wurde. Dennoch hat hier schliesslich die alte Meinung Hohenegger's gesiegt. Herr Paul blieb stets geneigt an derselben festzuhalten (vergl. dann Verh. geol. R.-A. 1887, pag. 231) und auch V. Uhlig hat in einem seiner letzten Reiseberichte (Verhandl. geol. Reichsanst., 1887, pag. 258) einer nunmehr geänderten Auffassung der Sache Rechnung getragen. Er erwähnt, dass er in der Münchener Staatssammlung, wo die Hohenegger’schen Belegstücke aufbewahrt werden, allerdings die 103 * S06 Dr. Emil Tietze. [384] Fossilien der Istebener Schichten meist als schlecht erhalten und keine genauen Fundortsangaben tragend erkannte, dass aber ein Ammonit davon eine Ausnahme mache. Derselbe stamme von Tichanee bei Alt- hammer, wo Schiehten vorkommen, die nicht allein Hohenegger selbst als Istebner Schichten bezeichnet, sondern die auch mit den betreffenden Ablagerungen anderer Localitäten übereinstimmen. Wie Herr Uhlig versichert und wie bereits in der Formationsübersicht erwähnt wurde, steht der genannte Ammonit dem A. peramplus sehr nahe. Somit können wir auch bei Krzeszöw ein ceretacisches Alter der dortigen Schichten beruhigt annehmen. Das Auftreten von Nummuliten führenden Sandsteinen oder von Menilitschiefern, wie ich es selbst in der Umgebung von Saybusch in räumlicher Verbindung mit den Istebner Schichten in Gesellschaft des Herrn Dr. v. Tausch constatirte, muss also wohl auf einer Einfaltung dieser jüngeren Bildungen in die älteren beruhen, ähnlich wie dies für. die Gegend von Rzegocina (östlich ausserhalb unseres Terrains) von Uhlig vor Kurzem nachgewiesen wurde, oder die jüngeren Absätze bilden daselbst kleine Lappen übergreifender Partien auf den Istebner Schichten. Die Gegend von Slemien, Strzyszawa und Koszarawa. Wir machen nunmehr einige Ausflüge südwestlich und westlich von Sucha und wollen dabei zuerst links von der Strasse in das Thal der Strysza wa einbiegen. Wir bewegen uns dabei zwischen aus Magura- sandstein gebildeten Bergen. Doch zeigt sich im Thal selbst lange Zeit keinerlei Aufschluss. Erst im obersten Theile des Thales am süd- lichen Ende des Dorfes beginnen die Sandsteinbänke hervorzutreten, die man dann obne Abwechslung an den Gehängen des Waldes Roztoki und des Berges Solniska verfolgen kann. Etwas interessanter gestaltet sich die Besichtigung des zunächst westlich davon gelegenen Thales von Lachowice. Am Eingange dieses Thales trifft man auf der rechten östlichen Seite desselben, zumal in der Nähe des Bahnhofes, gut aufgeschlossen, grossbankigen Magura- sandstein. Auf der linken Seite und weiter hinauf beiderseits herrschen Schichten, die den deutlichen Typus der oberen Hieroglyphenschichten besitzen, grünliche Sandsteine mit Hieroglyphen und bunten, hier zu- meist grünlichen Thonen. Besonders gut sind diese Bildungen auf dem linken Thalgehänge unterhalb der Einmündung des Moeznankabaches auf- geschlossen. Hier sah ich auch nieht allzu selten Thoneisensteine der er- wähnten Ablagerung untergeordnet, welche dadurch, wie auch im Uebrigen der Eisensteine führenden Ablagerung gleich östlich von Sucha sich sehr verwandt zeigte. Die obersten Kuppen der betreffenden Berge scheinen dagegen wieder aus einem dem Magurasandstein ähnlichen Sandstein zu bestehen. Die Eisenbahn tritt in das Thal des Lachowicer Baches von Kurow kommend ein, ohne gerade direet dem Niveau des Kurowka- Baches zu folgen, weleber oberhalb der Moeznanka in die Lachowka mündet. Sie verläuft am Südgehänge dieses Baches und dort sind behufs ihrer Anlage einige sehr schöne Einschnitte hergestellt worden, durch | F [385] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 807 welche wieder die oberen Hieroglyphenschichten blossgelegt werden. Aber auch gute natürliche Aufsehlüsse sind hier in der Nähe vorhanden, unter Anderem auch am nördlichen Bachufer, wo sich grosse Steilwände über der mit Schotter erfüllten Thalsohle erheben, die nur, weil im Walde versteckt, etwas schwerer zu finden sind. Diese oberen Hieroglyphenschichten setzen sich von hier nach der Gegend von Kuröw fort, welches Dorf in einer der Lachöwka parallelen, obschon eines selbstständigen Entwässerungssystems ermangelnden, durch die Weichheit der Gesteinsmassen bedingten Terraindepression gelegen ist. In der Nähe von Kuköw, wobin wir vorhin bereits an der Strasse von Sucha nach Saybusch gelangt waren, beobachtet man auf der jenseits der Strasse gelegenen Thalseite an dem Wege nach Kuröw rothe Thone, welche den bunten Thonen bei der früher genannten Brücke (vergl. Seite 380 dieser Arbeit) correspondiren. Die bald feineren, bald gröberen, oft grün punktirten Sandsteine nördlich von Kuköw setzen sich jenseits der Strasse ebenfalls fort und bilden einen zunächst zwischen Kocon und Kuröw verlaufenden Höhenzug. Sie fallen mit südöstlicher Neigung schrägüber von Kuköw deutlich unter die soeben genannten Thone ein. Bei Kuröw stehen vielfach diese rothen Thone an, und sind ins- besondere auf der rechten südöstlichen Seite des Baches Kuröwka mit den oberen Hieroglyphenschichten ähnlichen Gesteinen verbunden. Am Wege nach Kocon sieht man aber vor der Ersteigung des dortigen Sandstein- rückens bei Jezowski dziaf vorwiegend die rothen Thone, die sich als Fortsetzung der Thone von Kuköw und im Westen der Lenartowa darstellen. Eine ganz besonders auffallende Verbreitung erlangen dieselben aber südwestlich von hier bei dem Dorfe Hueisko, und zwar haupt- sächlich auf der südöstlichen Seite des dortigen Thales, dort, wo die Eisenbahn verläuft und die Bahnstation Hucisko sich befindet. In der weiteren Streichungsfortsetzung des Gebirges gegen Pewel zu schränkt sich dann diese Entwicklung wieder ein. Wir kehren jetzt nochmals in die Gegend der Strasse von Sucha nach Saybusch zurück, dorthin, wo westlich von Kuköw ein Sandstein- zug von der Strasse schräg verquert worden war und treffen im Norden dieses Sandsteinzuges, zunächst auf der Nordostseite des Sandsteinberges Wajdow gron am Ufer des Baches ziemlieh dünnschichtige, stark glimmerige Bänke mit wenigen Hieroglyphen. Diese dünnschichtigen Sandsteine sind gelblich gefärbt und schwach krummschalig. Sie erinnern sehr an den einst von Paul so genannten Typus der Belo- veszaschichten, welche, wenn auch durchaus nicht zu den höchsten, so doch zu den höheren Gliedern des Karpathensandsteines gehören. Weiterhin gegen Las zu kommen blaugraue Schichten mit Kalk- spathadern und Hieroglyphen vor, welche stellenweise mit rothen Thonen verbunden sind, während nördlich der Strasse mit gleichfalls südlichem Ein- fallen sich theils mittelkörnige, weisse und gelblich punktirte, meist Jedoch aber glitzernde seharfkörmige Sandsteine einstellen. Die schieferigen Bildungen von Las setzen sich breiter werdend nach der Gegend von Slemien fort. Sie zeigen petrographisch, besonders bei Las selbst, eine grosse Aehnlichkeit mit den Ropiankaschichten. Doch kann hier nicht wohl an ein tieferes eretacisches Niveau gedacht werden, sondern nur 808 Dr. Emil Tietze. [386] an einen Horizont, welcher über dem Godulasandstein folgt, den wir nörd- lich davon anstehend kennen. Ich habe sogar die zunächst nördlich der Strasse vorkommenden, in der Fortsetzung der Schichten von Krzeszöw befindlichen Sandsteine, um einen besseren Anschluss an die neueren Auffassungen von Dr. Uhlig und Dr. v. Tausch in der Say- buscher Gegend herbeizuführen, noch zum Cenoman, bezüglich zu den Istebner Schichten gestellt, wenn auch die Grenzen dieser Sandsteine gegen den noch etwas weiter nördlich die dortigen höheren Kämme bildenden Godulasandstein nicht mit der Schärfe und Sicherheit gezogen werden konnten, wie weiter westlich oder östlich. Sind aber die Sand- steine nördlich der Strasse jungeretaeisch, dann können die Schiefer, Sandsteinschiefer und Thone von Las und Slemien nicht älter sein und dürfen unter diesen Umständen im Hinblick auf ihr Aeusseres am besten den oberen Hieroglyphenschiehten beigezählt werden. Uebrigens ist dies ganz besonders der Fall bei den Bildungen, welehe man in den kleinen Schluchten gleich in der Nähe der Strasse am westlichsten Ende des Kartenblattes Maköw antrifft. Wenn man von SlIemien südlieh nach Pewel wielki geht, so überschreitet man die südwestliche Verlängerung des Sandsteinrückens zwischen Kocon und Kuröw. Die Sandsteine beginnen auch sehr bald südlich von Siemien noch unterhalb der Nowa göra genannten Anhöhe. Wenig nördlich vom Gipfel dieser Anhöhe trifft man dann einen schmalen Streifen rother Thone, welche sich hier als Einlagerung in den Magura- sandstein bezeichnen lassen, da zwischen der Nowa göra und dem süd- lich davon folgenden etwas höheren Rücken wieder ausschliesslich Sand- steine herrschen. Bald aber kommen südlich davon wieder rothe Thone, die hier deutlich mit grünen Thonen und grünlichen Sandsteinen ver- bunden sind, eine Gesteinsentwieklung, welche sich von hier südwestlich bis Pewel maly am Koszarawabache hinabzieht. Der durch die Gipfel Baköw und Zwalisko bezeichnete Rücken besteht dagegen wieder vor- wiegend aus Magurasandstein, der sich von hier bis Pewel wielki am Pewelbache erstreekt. (Der letztere mündet zwischen Pewel wielki und Pewel mady in die Koszarawa.) Von ‘Hueisko aus (das heisst vom Bahnhofe aus) hinüber nach der Koszarawa gehend bleibt man bis in die Nähe des Gebirgsrückens im Bereich der schon beim Bahnhofe anstehenden rothen Thone, welchen nur an einer Stelle des Gehänges Spuren grünlicher Sandsteine mit Hieroglyphen eingelagert sind, bis auf der Höhe des Berges Wytrzyszezon der Magurasandstein auftritt. Dies scheint aber zunächst nur eine ver- einzelte Auflagerung zu sein, denn bald dahinter beginnen wieder die rothen Thone. Dann erst kommen an dem Koszarawski gron genannten Rücken im Streichen ausgedehntere Sandsteinmassen zum Vorschein. Begibt man sich nun in den obersten Theil des Koszarawathales nach Cicha, so sieht man daselbst an dem Bachufer etwas östlich von der nach Strzyszawa führenden Strassenabzweigung dunkle, stellenweise bräunliche, thonige Schiefer, theilweise mit weisslichen, kalkigen Be- schlägen, welche nur wenig festere Zwischenlagen mit seltenen Hiero- elyphen enthalten. Bald folgen wieder Sandsteine und dahinter unter der Klause nochmals die genannten Schiefer. Ueber diesen folgt dann mit südlicher Neigung der den Jalowiee zusammensetzende Magurasandstein, rc [387] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 809 der sich, nebenbei bemerkt, von dort in einem nordsüdlich sich erstrecken- den Bergkamme ohne Unterbrechung bis zur Babia göra fortsetzt. Die Schiefer von Cieha scheinen einem etwas abweichend aus- gebildeten Aufbruch der unter dem Magurasandstein entwickelten oligocänen oder eocänen Schiefer anzugehören, welche hier wohl die Menilitschiefer und die oberen Hieroglyphenschichten zusammen ver- treten, wie sie denn auch an beide gewisse Anklänge zeigen, durch die weisslichen Beschläge an die ersteren, durch das Vorkommen von Hieroglyphensandsteinen an die letzteren. Schieferige Bildungen mit Sandsteinen von einem den oberen Hieroglyphenschichten ähnlieherem Typus treten auch weiter abwärts an der Koszarawa am rechten Ufer dieses Baches in der wahrscheinlichen Fortsetzung der Schiefer von Cicha auf, während am linken Ufer des Baches die älteren Bildungen durch diluviale Schotterterrassen bedeckt werden. Im unteren Theil des Dorfes Koszarawa tritt der Sandstein des Berges Lasek, der die Fortsetzung des Koszarawski gron bildet, wieder bis nahe an den Bach heran und dehnt sich von hier bis in die Gegend von Przyboröw aus. Die Babia göra. Dieser Berg stellt mit den von ihm ausgehenden Kämmen die ausgedehnteste und mächtigste Entwicklung des Magurasandsteines unseres Gebietes vor. Namentlich ist unter jenen Ausläufern bemerkens- werth die gegen das Skawathal zwischen Makow und Jordanow zu gerichtete, zum Theil aus recht hohen Bergen, wie die Polica (1567 Meter) und der Naroze (1063 Meter), gebildete Sandsteinkette, welche zwischen den Thälern der Skawieca und Bystra verläuft. Obwohl diese Kette sammt Umgebung grossentheils in das Auf- nahmsgebiet des Herrn Bergrath Paul fällt, will ich doch einige kurze Angaben darüber, namentlich über die auch von mir, und zwar gemein- schaftlich mit Herrn Paul von Maköw aus besuchte Gegend von Sidzina im oberen Bystrathale machen, weil dies die Uebersichtlichkeit des Bildes der um die Babia göra vertheilten Massen erhöht. Ich übergehe die Erwähnung der Sandsteine und Schiefer bei Ösielee und Jordanöw, welche von Herrn Paul auf dessen Karte sämmtlich dem Eocän zugetheilt wurden (vergl. allenfalls auch Verh. d. geolog. Reichanst. 1886, pag. 134). Bemerkenswerth ist höchstens das Vorkommen einer Breccie bei Osielec, welche aus kleinen, meist scharfkantigen Fragmenten von Quarz und grünem chloritischen Schiefer besteht und in welcher sich deutliche Nummuliten finden. Das Vorhandensein alttertiärer Ablage- rungen in diesem Gebirge wird damit auch direet und paläontologisch erwiesen. Etwas genauer bin ich aber das Terrain erst bei Sidzina zu be- schreiben im Stande. Oberhalb der Kirche von Sidzina trifft man am Bachufer kalk- hältige Hieroglyphensandsteine mit wenigen Lagen von Schieferthonen. Weiter südlich, dort wo die westliche Fortsetzung des Berges Wostojöw an den Bach gerade unterhalb des Zusammenflusses der beiden Quell- bäche desselben herantritt, sieht man südlich fallende, dieker geschichtete 810 Dr. Emil Tietze, [388] Sandsteine, worauf sofort mergelige, blaue Schiefer folgen, in denen man versucht ist, nach Fucoiden zu suchen, die ich aber nicht fand. Wir verfolgten von hier aus den östlichen Quellzufluss des Baches nach Mala Sidzinka, wobei man sich zunächst mehr im Streichen der Schiehten bewegt. Erst südlich von Mala Sidzinka, am Wege nach der nahen ungarischen Grenze durchquert man wieder die Schichten und bekommt dabei an den kleinen vom Grenzkamme herabkommenden Wasserlaufe bessere Aufschlüsse. Dieselben zeigen eine Verbindung von Hieroglyphenschichten mit den vorher genannten blauen Schiefern und einigen anderen Schiefertypen, die an die bekannten Smilnoschiefer erinnern. Auch Sandsteinbänke finden sich als Einlagerung zwischen dien Schiefern. Einmal, noch in der Nähe von Mala Sidzinka, bemerkt man dabei eine nördliche Fallrichtung. Doch tritt gegen den Grenz- kamm zu bald wieder das normale südliche Fallen ein. Wir werden die Fortsetzung dieser Bildungen, wenn auch schon etwas im Aussehen verändert, später am Südabfalle der Babia göra kennen lernen. Die Gegend von Sidzina ist auch schon in der früheren Literatur erwähnt worden, und zwar in einer der zahllosen kleineren Mittheilungen Zeuschners (Ueber die Verbreitung des Löss in den Karpathen zwischen Krakau und Rima Szombath, Sitzungsber. der Akademie der Wissensch. d. math.-naturw. Olasse. Wien 1855, XVII. Bd., pag. 289). Es heisst daselbst: „Der Karpathensandstein bei Sidzina ist auf eine eigenthümliche Weise entwickelt. Es sind graue feste Sandsteine, die ganz dicht aussehen, wie eine homogene Hornsteinmasse und mit harten grauen Mergelschiefern wechsellagern. Der diesen Ort durch- fliessende reissende Gebirgsbach hat sehr schön die Wechsellagerung dieser beiden Gesteine aufgedeckt. Man beobachtet hier sechsmal die Aufeinanderfolge des Sandsteins und Mergels, von denen jeder 60 bis 10V Fuss mächtig ist. Alle. diese Schichten fallen gegen Südwest hora 10 unter 40 Grad. Ob die Sandsteine und Mergel von Sidzina rein Neocomien sind oder eocänen Gebilden angehören, vermag ich nicht zu entscheiden. In der ganzen Umgebung hat sich auch nicht die mindeste Spur eines organischen Ueberrestes gefunden.“ Der Gedanke, dass wir hier möglicherweise Kreide und gar ältere Kreide vor uns hätten, ist heute allerdings auszuschliessen. Von dem vielen Löss, den Zeuschner zwischen hier und Wado- wice gefunden haben will, habe ich zu sprechen keine Veranlassung. Wohl kommt hie und da etwas von lehmigen Verwitterungsproducten im Bereich des oberen Skawalaufes vor, aber im Ganzen ist dieses Bergland nichts weniger als ein Lössgebiet. Auf der Karte, soweit sie mich noch anging, nördlich von Sucha nämlich, habe ich jedenfalls überall mit gutem Rechte direet das Grundgebirge ausgeschieden. Doch ist es andererseits zutreffend, südlich von Maköw bei Biala, sowie in einem beschränkten Gebiet bei Bystra und dem unteren Theil von Sidzina den Löss als vorhanden anzunehmen, wie dies Paul auf dem ihm zugewiesenen Stücke des Blattes Maköw auch gethan hat. Geht man nördlich des Poliea-Zuges von Maköw aus über Skawica nach Zawoja, so hat man es ausschliesslich mit Sandsteinen zu thun, welche besonders bei Skawiea in wohlgeschichteten dieken Bänken über den Fluss streichen, weil dort der letztere einige Krümmungen macht, [389] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau, 811 welche nicht so wie sein sonstiger Lauf dem Streichen der umgebenden Sandsteinzüge folgen. Geht man von Zawoja den (westlichen) Hauptzufluss der Skawiea aufwärts in die Quellregion derselben, also etwa zu der in dieser Gegend hochberühmten dieken Tanne (gröba ledniea) '), so bewegt man sich fast ohne Unterbrechung im Bereiche des Magurasandsteines, besonders wenn man nur das westliche Ufer des Baches und dessen oberste Region in’s Auge fasst. Bei dem Hegerhause indessen, in dessen Nähe der Marköw potok in die Skawiea einmündet, bemerkt man eine kleine Abwechslung in dieser Eintönigkeit. An den Ufern nämlich des genannten Baches stehen grüne, dünner geschichtete Sandsteine mit Hieroglyphen und mit grünen Thonen wechsellagernd an, deren Lagerung eine sehr gestörte ist, was sich hier besonders im raschen Wechsel des Streichens kundgibt. So streichen diese Schichten bei der Mündung des Baches in Stunde 10 mit nordöstlichem Fallen, etwas weiter hinauf in Stunde 4 mit süd- östlichem Fallen, noch etwas höher beobachtet man ein rein ostwest- liches Streichen mit südlichem Fallen. Diese Schichten haben ganz den Typus der oberen Hieroglyphenschichten an sich. Ihr Auftreten ist insofern ein eigenthümliches, als sie rings von den Sandsteinen umgeben werden und keinem oberflächlich fortstreichenden Zuge angehören. Gerade dieser Umstand spricht aber bei der ziemlich achtbaren Mächtig- keit der betreffenden Bildungen dafür, dass die letzteren hier nicht etwa eine Einlagerung im Magurasandstein vorstellen, sondern als ein zufällig blossgelegter Aufbruch älterer, das heisst dem Magurasandstein vorausgängiger Schichten zu betrachten sind. Bei der Besteigung der Babia göra von Zawoja aus folgt man dem genannten Marköw potok eine Strecke lang, um sich dann seit- lich davon nach oben zu wenden. Man bekommt oberhalb jenes be- schränkten Vorkommens oberer Hieroglyphenschichten wieder nur Sand- steine zu sehen, die meist feinkörnig und grün punktirt sind, ähnlich den Sandsteinen südlich von Myslenice. Manche Lagen aber sind gröber und enthalten ähnlich wie die vorher genannten Nummnliten führenden Breccien von Osielee Gemengtheile von Chloritschiefer, wodurch die Herkunft dieser grossen Sandsteinmassen von altkrystallinischen Ge- steinen wenigstens theilweise bewiesen wird. Man erreicht den hier die Grenze zwischen Ungarn und Galizien bildenden Kamm etwas westlich vom Gipfel der Babia göra. Geologisch ist auf diesem Wege nichts Besonderes zu bemerken. Auf dem genannten Gipfel selbst fällt aber die dünnplattige Beschaffenheit der Sandsteine auf und noch mehr das durchaus von den normalen Streiehungsriehtungen dieser Gegend abweichende Streichen der den Gipfel zusammensetzenden Gesteinsplatten, welches Streichen theils rein nordsüdlich, theils in Stunde 2 stattfindet, bei westlichem Schichtenfallen. Der Berg ist, wie bei seiner orographischen Bedeutung natürlich, schon einige Male Gegenstand auch geologischer Ausflüge gewesen. !) Dieser Baum hat noch in der Höhe von 4 Fuss über dem Boden einen Um- fang von 22 Fuss und wird erfreulicher Weise von der Forstverwaltung geschont. In seiner Nähe, weiter abwärts, befindet sich noch ein anderer dicker Stamm von etwas geringerem Umfange und Durchmesser. Jahrbuch der k.k. geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Band. 4. Heft. (Dr. Emil Tietze.) 104 a9 Dr. Emil Tietze. [390] Zeuschner in seiner Miaelung über eine Reise nach der Babia göra (Jahrb. von Leonhard, 1832, pag. 408) hat aber Näheres über die Zusammensetzung des Berecs nieht gesagt. Er erwähnt nur, dass derselbe aus Karpathensandsteinen bestehe. Temple (Der Gebirgs- stock Babia göra in den galizischen Bieskiden, Mitth. der k. k. geogr. Ges., Wien 1876, pag. 143), der eine interessante Auseinandersetzung über den vermuthlichen Ursprung des Namens des Berges gab, welchen Namen er mit einer gottesdienstlichen Verehrung Baal’s in heidnischen Vorzeiten in Verbindung brachte, hat indessen auch den Sandsteinen daselbst einige genauere Aufmerksamkeit geschenkt. Er unterschied einen weissen Sandstein, dann einen kleinkörnigen, gelblichen, glimmerlosen, einen liehtgrauen, feinkörnigen, glimmerreichen, zuweilen keine Thongallen enthaltenden Sandstein, ausserdem noch einen weissen kleinkörnigen, aber glimmerigen Sandstein und schliesslich einen grobkörnpigen Sandstein mit grossen Glimmerblättehen. „Da aber diese Sandsteinsorten meistentheils und vielfach mit einander wechsellagern und dadurch eine gesonderte Scheidung nahezu unmöglich machen, so lässt sich im Allgemeinen nur so viel sagen, dass die diehten grünlichen, kieselschieferartigen Sandsteine die tieferen, die weissen und gelblichen Sandsteine die höheren Lagen des Gebirgs- stockes einnehmen.“ Ich erwähne diese Angaben übrigens nur der literarischen Vollständigkeit wegen. Es lag nahe, sich an der Babia göra nach Glaeialspuren umzu- sehen. Die Höhe des Berges (1725 Meter) und die ziemlich bedeutende Erstreekung der mit diesem Berge im Zusammenhang stehenden Kämme von ebenfalls bedeutender Erhebung würden hier die Entwicklung wenigstens kleinerer Gletscher während der Eiszeit voraussetzen lassen. Doch konnte ich keine entsprechenden Beobachtungen machen, obwohl ich, soweit die kurz bemessene Zeit es gestattete, auf die betreffende Frage aufmerksam war. Dieses negative Resultat beweist indessen nicht viel und ich möchte die Sache deshalb einem zukünftigen Special- studium anheimstellen. Der Abstieg von der Babia göra, sei es in der Richtung nach Bad Polbora oder nach Lipnieza zu, ist im Ganzen minder steil als der Anstieg auf der nördlichen Seite von Zawoja aus, was mit der im Allgemeinen trotz der gerade auf dem Gipfel des Berges eonstatirten. Abweichungen doch südlichen Fallriehtung der Schichten zusammenhängt. Nichtsdestoweniger ist der Abfall des Berges, so lange der Sand- stein anhält, noch steil genug, und erst dort, wo der letztere anderen Gebilden Platz macht, wird das Terrain flacher. Besonders deutlich ist dies markirt bei der kleinen Häusergruppe Lachowe, am Wege nach Bad Polhora. Bis Lachowe reicht der Sandstein. Von dort aus führt ein schnurgerader Weg durch den Wald über ein sanft geneigtes Ge- hänge bis an den VonZowee potok,, jenseits dessen das genannte Bad liegt. Das ist nieht mehr die Beschaffenheit eines aus Magurasandstein bestehenden Gebietes; hier lassen sich vielmehr bereits als Unterlage des Waldbodens die Schiefer und schieferigen Sandsteine voraussetzen, die wir bei Polhora und auch, wie bald erwähnt werden soll, östlich von Lachowe kennen zu lernen Gelegenheit haben. [391] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 813 Am rechten Ufer des Vonzoweebaches, nämlich gleich unterhalb der Stelle, wo der von Lachowe kommende Weg nach Bad Polhora den Bach übersetzt, befindet sich ein Aufschluss dünner mergeliger, weisslich verwitternder Schiefer, welche dort südwärts fallen. Dieselbeu Schiefer sieht man dann aueh "auf den Hügeln in der unmittelbaren Nähe des genannten Bades. Eine Strecke den Bach nach Norden auf- wärts schreitend,, trifft man, obschon nur undeutlich aufgeschlossen, graue weissgeaderte Sandsteine , etwa vom Typus der sogenannten Pseudostrzolka , sowie Sandsteine , welche in mancher Hinsicht an die der oberen Hieroglyphenschichten erinnern, wodurch die Deutung der Strecke zwischen Lachowe und Bad Polhora , wo Aufsehlüsse "nicht existiren, als nicht mehr zum Magurasandstein' gehörig bestätigt wird. Geht man von Lachowe östlich gegen Skarezak zu, so trifft man an dem zwischen den beiden Quellbächen des Zagörkaflusses sich er- hebenden Bergvorsprunge, über welchen der Weg führt, wieder die weissen Schiefer von Polhora. Dieselben setzen sich bis in die unmittel- bare Nähe von Skarezak fort. Sie fallen dort südlich, wie man an einigen Punkten gleich südwestlich von Skarezak sieht. Hier grenzen die Schiefer wohl so gut wie unmittelbar an die Sandsteine der Babia göra, welche letzteren gleich oberhalb Skarezak und östlich davon bei Wilezek beginnen. Auf dem Rücken zwischen Skarezak und Wilezek beginnen die hellen Schiefer am Ende des Waldes und halten von da ziemlich weit südwärts an. So besteht der Berg Vejdov gronj bei Privarowka, nord- westlich von Lipnieza bis zur Spitze aus Schiefern, theils von der weisslichen Varietät wie bei Polhora und Skarezak, theils von einer sandigen oder sandsteinartigen Varietät. Erst auf der Südseite des ge- nannten Berges herrschen etwas mehr eigentliche Sandsteine, die hier als Einlagerung in das System der Schiefer aufgefasst werden müssen. Die weisslichen Mergelschiefer mögen sich von hier aus noch weiter nach Osten fortsetzen, da die hellen Schiefer, die wir früher bei Sidzina zu sehen bekamen, denselben entsprechen dürften. Nur scheint dieser Gesteinstypus dort an Mächtigkeit und Bedeutung abge- nommen zu haben und durch sandigere Bildungen theilweise ersetzt worden zu sein. Südlich vom Vejdöw gronj ändert ‘sich die Zusammensetzung des Gebirges. Iu einer etwa in der Mitte zwischen jenem Berge und der Szadlowa rola gelegenen Schlucht (westlich von Roztoki) trifft man deutliche Hieroglyphensandsteine von grünlicher Farbe, die hier mit blauen und grünen T'honen in Verbindung stehen. Auch auf der Szad- lowa rola sieht man dieselben Schichten. Doch ist auch hier die Süd- seite etwas reicher an Sandstein, der indessen keinesfalls mächtig ent- wickelt erscheint. Man scheint es hier wie am Vejdow gronj mit einigen verhältnissmässig vielleicht nicht allzu mächtigen Sandsteinbänken zu thun zu haben, welche in Folge der südlichen Schichtenneigung die oberflächliche Beschaffenheit der Südgehänge dieser Berge auf eine grössere Ausdehnung hin bestimmen. Bei Rapcsicza und nördlich davon gegen den Zagörka Bach zu, sowie in dem südlich von Bad Polhora zwischen Rapesieza und der Polhoranka gelegenen, kahlen Hügelgebiet kommen allenthalben rothe, 104 * 814 Dr. Emil Tietze. [392] blaue und grüne Thone vor, denen blaugraue Sandsteine mit Kalk- spathadern untergeordnet sind. Besonders gute Aufschlüsse davon befinden sich in der meist ziemlich trockenen Schlucht, welehe südlich vom Bade Polhora beginnend jenes Hügelgebiet theilt, indem sie sich zwischen den Bächen Polhoranka und Bistra!) abwärts zieht. Nördlich Rapesieza aber an dem westnordwestlich der Szadlowa rola befindlichen bebuschten Hügel sieht man auch grünliche Hieroglyphensandsteine mit den Thonen verbunden. Man wird in Anbetracht aller Umstände die Thone und Sandsteineinlagerungen darin, welche hier besprochen wurden, den oberen Hieroglyphenschichten zuweisen dürfen, Die weiss- lichen Schiefer von Polhora und Skarezak aber könnte man als ein besonderes, wenn auch von den übrigen schieferigen Bildungen nicht allzu streng geschiedenes Niveau betrachten, welches sich zwischen die oberen Hieroglyphenschichten und die Magurasandsteine einschiebt. Bei der allgemeinen südlichen Fallrichtung in unserem karpathischen Gebiet, würde dann natürlich die Schiehtenfolge südlich der Babia göra eine überkippte sein, eine Annahme, die ja bei der Häufigkeit der- artiger Lagerungsverhältnisse in der Karpathensandsteinzone prineipiell nichts gegen sich haben kann. Bezüglich der weisslichen Schiefer wäre allerdings noch zu bemerken, dass dieser Typus im Norden der Babia göra nicht wahrgenommen wurde, so dass er dort durch die anderen thonig-schieferigen Bildungen mitvertreten erscheint. Seine Ausscheidung hat also nur locale Bedeutung, wenn sie auch schon deshalb nicht unterlassen werden darf, weil wir darin Anklänge an die hell ver- witternden Menilitschiefer und namentlich an die mergeligen Varietäten derselben wahrnehmen, welche am Nordrande unseres Karpathenstücks bei Andrychau und Choeznia vorkommen. Alle die hier genannten Schichten setzen sich nach der Gegend des Dorfes Polhora und gegen Szihelne zu fort. Am Soltyski potok beim Dorfe Polhora (nicht mit dem gleichnamigen benachbarten Bade zu verwechseln) sieht man die oberen Hieroglyphenschichten in Ver- bindung mit schmutzig gefärbten thonigen, weicheren Schiefern. Die Berge Visoka und Hradek beiderseits der Polhoranka enthalten wieder häufigere Sandsteinbänke. Dort, wo die von Saybusch über das Gebirge kommende Strasse die Polhoranka trifft, an der Ecke, die vom letztgenannten Bache mit dem Pisetnica-Bache, am Einflusse desselben gebildet wird, stehen wieder die weisslich verwitternden Polhoraschiefer an, während weiter westlich in der Richtung nach dem Jägerhause Na Klinie zu am Glinabache grünliche obere Hieroglyphenschichten mit sehr deutlichen und schönen Hieroglyphen wahrgenommen werden, sowohl südlich als besonders nördlich von der Strasse. Doch muss bemerkt werden, dass jenseits gleich unterhalb Na Klinie dünnschichtige Sandsteine vom Typus der Pseudostrzolka auftreten. Die Strasse überschreitet nun den 809 Meter hohen Pass, der im Nordosten des aus Magurasandstein bestehenden Berges Pilsko die tiefste Einsenkung zwischen diesem Gipfel und den Kämmen bildet, welche westlich der Babia göra mit dieser letzteren Bergmasse zusammen- !) Letzterer Bach bildet die Fortsetzung des vorher genannten VonZowec potok. a u m Du [393] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakan. 815 hängen. Der Pass auf seiner Höhe zeigt keine Aufschlüsse. Er mag wohl aus Sandstein bestehen gleich den besagten Kämmen, die von hier gegen die Madralowa 'zu eine nordöstliche, von dort nach der Babia gora zu eine südöstliche Richtung verfolgen, um so in einem grossen Halb- kreise das Zuflussgebiet der Polhoranka zu umfassen. Aber bald jenseits des Passes gegen die Glina-Klause zu sieht man im kleinen Quellbach der Glina dünnschichtige Sandsteine vom Typus der Pseudostrzolka und geht man bei der Glina-Klause selbst im Westen unterhalb der Strasse in dem dortigen Schluchtensystem aufwärts, so trifft man Schiefer und rothe Thone, während östlich der Strasse nur Magurasandstein vorkommt. Dieser Sandstein hält dann nördlich abwärts am ganzen galizischen Abstieg des Passes an und bildet in Folge seiner massigen Bankung felsige Partien im Bachbett seitlich der Strasse, wo er das Flüsschen zu hübschen kleinen Cascaden nöthigt. Auch bei Korbielöw und KrzyZowa herrschen trotz der hier schon sanfter werdenden Gehänge noch die- selben Sandsteine. Erst am obersten Ende von Jelesnia beginnen sandige Schiefer. Es erübrigt mir bier noch der Vollständigkeit wegen an die kleinen Mittheilungen von Paul und Mojsisovies über die Umgebung von Polhora in den Verhandlungen der geologischen Reichsanstalt von 1867, pag. 214 u. 215, zu erinnern, welche Aufsätze indessen nichts Genaueres über die Geologie gerade der hier beschriebenen Gegend enthalten. Paul sagt nur, dass der eocäne Sandstein daselbst Ein- lagerungen lichter Schiefer enthalte, „welche namentlich bei Polhora sämmtliche niedrigere Plateaus und Gehänge zusammensetzen, während die höheren bewaldeten Züge aus festem Quarzsandstein, der stellen- weise in Quarzconglomerat übergeht, gebildet werden“. Die Angaben von Mojsisovics aber beziehen sich nur auf die Sandsteinumgebung der jurassischen Klippen im südlicheren Theile der Arva, der hier nieht mehr in Betracht kommt. Damit wäre die Localbeschreibung des von mir besuchten Gebietes auch für das Gebirge südlich von Krakau zu Ende geführt. Nachtrag zur Localbeschreibung. In der Formationsübersicht (pag. 61 dieser Arbeit) wurde eines provisorisch zum Diluvium gestellten Thones in der Gegend von Izdebnik gedacht, welcher gelegentlich der vorangehenden Localbeschreibung etwa auf pag. 331 oder 345 der Abhandlung hätte nochmals erwähnt werden sollen, was jedoch in Folge eines Uebersehens unterblieb. Der betreffende Thon findet sich südlieh vom Schlosse Izdebnik zwischen den Dörfern Izdebnik und Biertowicee am Südabhange einer ostwärts verlaufenden Schlucht im Walde, welcher sich östlich des auf der dortigen Anhöhe befindlichen, nach Sulkowice führenden Weges hinzieht. Es ist ein bläulicher Tegel, der sich eventuell zur Erzeugung von Töpferwaaren eignen würde. Oberflächlich ist er wenig aufgeschlossen, durch eine Bohrung wurde er indessen bis zu einer Tiefe von 30 Meter als vor- handen constatirt. Sein Aussehen erinnert mich etwas an den diluvialen Tegel von Sadowa wisznia westlich Lemberg. Natürlich bleibt auch die Mögliehkeit nicht ausgeschlossen, dass wir es hier mit einem isolirten 816 Dr. Emil Tietze. [394] Mioeänabsatz zu thun haben, welcher gleich dem Mioeän von Sandee sich südlich vom Karpathenrande abgelagert hat. Da Versteinerungen aber hier zu fehlen scheinen, so wird sich diese Frage schwer entscheiden lassen. Leider sind mir die von dort mitgebrachten Proben abhanden sekommen. Sonst hätte sich vielleicht eine Schlämmung derselben und eine Prüfung auf einen eventuellen Gehalt an Foraminiferen vor- nehmen lassen. Schlussbemerkungen. Gemäss den bereits in der Einleitung gemachten Andeutungen will ich am Schlusse dieser Abhandlung bezüglich der in der voran- stehenden Localbesehreibung erwähnten Thatsachen nur einige wenige Punkte von allgemeinem Interesse kurz zusammenfassen und dabei Fragen von weiter reichender, über das Locale hinausgehender Bedeu- tung nur gleichsam im Vorübergehen streifen, da sich mir zur Erörterung derselben voraussichtlich noch anderwärts Gelegenheit bieten wird. Von einer Recapitulation der stratigraphischen Verhältnisse der Gegend können wir hier absehen, da eine derartige Darstellung schon in der der Localbeschreibung vorangeschiekten Formationsübersicht ent- halten ist. Ich möchte dafür noch einmal die wichtigsten Momente des tektonischen Aufbaues hervorheben, soweit dieselben durch die Art der Aufeinanderfolge der einzelnen Schichtencomplexe, durch deren Ver- breitung und durch Störungen der ursprünglichen Gleichgewichtslage der betreffenden Gebirgsmassen bedingt sind. Bezüglich der Aufeinanderfolge der einzelnen Schichtgruppen missen wir noch einmal die Discordanzen zwischen denselben, insoferne solehe vorkommen, uns im Zusammenhange vergegenwärtigen, eine Betrachtung, welche übrigens mit der Berücksichtigung der Verbreitungs- erscheinungen vielfach zusammenfällt. Was dabei zunächst die sicher paläozoischen Gebilde unseres Gebietes anlangt, so liess sich über das Verhältniss der devonischen Kalke von Debnik zu den dieselben umgebenden Kohlenkalken nach dem mir zugänglichen Beobachtungsmaterial nicht viel Sicheres aus- sagen. Wir konnten nur vermuthen, dass die devonischen Schichten an der Stelle ihres Auftretens dem Aufbruch einer Wölbung des Kohlenkalkes angehören und wir sahen, dass dieser ganze ältere Complex von sehr verschiedenen und rasch wechselnden Fall- und Streichungslinien beherrscht wird, wie wir denn südliche, westliche und nordöstliche Fallrichtungen dabei constatiren mussten. Ob jedoch der Absatz des Devons und des Kohlenkalkes ein concordanter war, ver- mag ich nicht zu entscheiden. Sollte dies aber der Fall gewesen sein, so müssten wir annehmen, dass keinerlei Lücke zwischen diesen Bildungen existirt und dass auch das oberste Devon, also etwa der Clymenienhorizont in jener Gegend noch irgendwo unter der jüngeren mesozoischen Bedeekung oder sonstwie aufgefunden werden könne. Bei der gänzlichen Verschiedenheit der physikalischen Bedingungen, unter welchen die Bildung der productiven Carbonschichten gegenüber der Bildung des Kohlenkalkes stattgehabt haben muss, ist von vorn- e) u u A u DL ee ln ln a Du ln a a na bin n nn 25 Qu En Lu LU Oh ma. 1395] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 817 herein die Annahme einer Art von Discordanz zwischen diesen beiden Abtheilungen der Kohlenformation nicht abzuweisen. Es wäre dies nur die Consequenz aus den Veränderungen, welche aus der Abnahme des pelagischen und der Ueberhandnahme des Festlandscharakters zu jener Zeit für unser Gebiet sammt weiterer Umgebung a priori zu folgern sind. Es fehlt indessen an directen Beobachtungen , aus denen man sich über die Art der Aufeinanderfolge der verglichenen Schichtab- theilungen eine genaue Vorstellung machen könnte. Nur so viel lässt sich sagen, dass die genannte etwaige Discordanz nicht nothwendig einer bedentenden Störung entsprechen muss und dass sie keinesfalls auf eine Transgression des produetiven Carbons über den Kohlenkalk, sondern umgekebrt auf eine Einengung des Absatzbeckens zurück- geführt wer den darf. Das produetive Carbon des mährisch-oberschlesisch- polnischen Beckens mit seinen so gesuchten Flötzeinschaltungen erreicht hier in unserer Gegend augenscheinlich seine östliche Grenze (vergl. pag. 139 dieser Abhandlung). Endlich soll hierbei noch in Erinnerung gebracht werden, dass unser productives Carbon (siehe pag. 14) seinen pflanzlichen Einschlüssen nach eher den älteren als den jüngeren Gliedern des oberen Carbon angehört, eine wesentliche Lücke demnach zwischen dem Kohlenkalk und den flötzführenden Sehiehten nicht zu bestehen scheint. Eine solche Lücke existirt aber augenscheinlich zwischen den letzteren und den nunmehr folgenden von mir hauptsächlich dem Bunt- sandstein und nur in seinen tiefsten T’heilen eventuell dem Perm zu- gewiesenen Schichten, wie wiederholt auseinandergesetzt wurde. Ist es ja doch gerade diese Lücke und die handgreifliche Diseordanz dieser Schichten gegen alle älteren Bildungen, welehe mich zum Anschluss an die betreffende von Hohenegger und Fallaux vorgeschlagene, später auch von F. v. Hauer und nicht minder wie es scheint von Suess (Antlitz d. Erde, I, pag. 248 und 249) acceptirte Altersdeutung bestimmte (vergl. hier pag. 16—19, 98, 111, 112, 116 dieser Arbeit). Ueber den grossentheils flach gelagerten Gliedern der Buntsand- steingruppe sahen wir fast überall mit gleiehförmiger Lagerung die kalkige und dolomitische Entwicklung des Muschelkalks auftreten. Wir durften indessen nicht übersehen, dass nichtsdestoweniger der Muschel- kalk auch an einzelnen Stellen vorkommt, wo die ihm zunächst voraus- gehenden sandigen, conglomeratischen und thonigen Bildungen fehlen oder sehr wesentlich eingeschrumpft sind. Ich erinnere an die Verhält- nisse ‚östlieh von Miekinia bei Ozerna, sowie an die ziemlich directe Ueberlagerung der Kohlenformation von Szezakowa durch Muschelkalk (pag. 118, 121 und 89 dieser Schrift). Es scheint demnach in unserem (ebiete (sowie auch in gewissen Theilen Russisch-Polens, worauf unter Bezug auf gewisse Ang gaben von Pusch hingewiesen wurde) eine Trans- gression des Muschelkalkes über den Buntsandstein stattgefunden zu haben. Das dürfte aber weniger mit einer Veränderung der Lagerung vor Absatz des Muschelkalkes in den von beiden Formationen gemein- sam beherrschten Localitäten, als mit einer grösseren Ausdehnung des Meeres zur Zeit des Muschelkalkes, das heisst mit einer etwas weiter gehenden Ueberfluthung der in Frage kommenden Gebiete zu- sammenhängen. Dabei ist noch mit der Wahrscheinlichkeit zu rechnen, 818 Dr. Emil Tietze. [396] dass die Ausbreitung des Muschelkalkes nach Osten einst stellenweise eine grössere gewesen sein dürfte, als sie sich heute der Karte gemäss darstellt, weil die Mächtigkeit eines Theiles der östlicher gelegenen heutigen Vorkommnisse wie bei Alwernia noch eine so bedeutende ist, dass man sich ein natürliches, das heisst ursprüngliches, baldiges Ausgehen der bewussten Absätze nach dieser Seite hin nicht so leicht vorstellen kann. Das führt uns zu einer ebenso merkwürdigen als wichtigen Be- trachtung. Wer die heutigen Verbreitungsverhältnisse der verschiedenen Sedimentärformationen unseres Gebietes im Zusammenhange mit den angrenzenden Landstrichen von Oberschlesien und Russisch-Polen, z. B. auf der Römer'schen Karte von Oberschlesien überbliekt, erkennt leicht, dass es zu den grossen Zügen dieses Bildes gehört, dass die Jüngeren mesozoischen Gürtel über dem von der Kohlenformation und der sonstigen paläozoischen Unterlage eingenommenen Raume sich je Jünger je weiter ostwärts folgen, unbeschadet der oft eintretenden Auflösung der Gürtel in einzelne Partien, deren Zusammenhang dann (wie nament- lich beim oberschlesischen Muschelkalk) bisweilen aufgehoben erscheint. Wir glauben keinem Widerspruch zu begegnen, wenn wir die west- lichen Ränder der erwähnten Formationsgürtel als Denudationsränder bezeichnen. Der westliche Rand des oberen Jura in Russisch-Polen scheint sogar nach den darüber vorliegenden Schilderungen den Charakter eines Steilrandes anzunehmen, prineipiell ähnlich dem Denudationssteil- rande der schwäbischen Alp. Nun aber hätten wir die Ostgrenze der Verbreitung unseres Muschelkalkes ebenfalls als einen Denudationsrand zu betrachten, welcher sich jedoch in der Zeit vor der Ablagerung der jurassischen Schichten unseres Gebietes gebildet haben muss. In gewissem Einklang mit dieser Vorstellung steht auch der Umstand, dass die oberen, allerdings wenig mächtigen Glieder der mittleren Trias, sowie der Keuper hier im Osten zurückbleiben und sich in ihrer Verbreitung auf die weiter west- lich gelegenen Partien der durch einen Seeundärsattel getheilten Mulde von Chrzanow beschränken, wie das der Regel entspricht, nach welcher bei theilweise denudirten, mehr oder minder flach über einander ge- laeerten Gebirgsmassen die jüngeren Glieder stets weiter rückwärts hinter dem Denudationsrande der älteren angetroffen werden. Wir erkennen also, dass in der festländischen durch das Fehlen des Lias gekennzeichneten Periode, welche dem Absatz der Trias in unseren Gegenden folgte, die Denudationsvorgänge daselbst ihre Arbeit von der entgegengesetzten Seite her bewirkt haben, als von derjenigen Seite aus, von welcher her sie heute thätig erscheinen, indem sie dabei der Gesammtheit der vor- und nachliassischen Bildungen gegenüber- stehen. Die jüngeren Bedeckungen haben dieses interessante Verhältniss nicht völlig zu verschleiern vermocht, da sie selbst inzwischen bereits vielfach abgetragen wurden, und anderseits gelang es auch den späteren Störungen, durch welche die ostwestlich streichenden Faltungen zwischen der Przemsza und der Gegend bei Krzeszowice hervorgerufen wurden, keineswegs jene ursprünglichen Anlagen gänzlich zu ver- wischen. x Zn au [397] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 819 Es stellt sich auf diese Weise, man möchte fast sagen, eine Art von flacher Schaukelbewegung für dieses Gebiet heraus, welehe diesem ab- wechselnden Eingreifen der Denudationsvorgänge zu entsprechen scheint, insofern die Denudation doch stets auf der der Schichtenneigung entgegen- gesetzten Seite ihren vorzüglichsten Angriffspunkt zu besitzen pflegt. Das Zurückbleiben !) des Keupers in seiner Verbreitung hinter der des Muschelkalkes kann daneben allerdings auch schon (ganz im Allgemeinen betrachtet) als der Ausdruck des Rückzuges der Gewässer angesehen werden, welcher Rückzug die festländische Liaszeit für die polnisch-oberschlesischen Regionen vorbereitete. Das zwar nicht für unser engeres Gebiet, aber doch für die benachbarten Landstriche bekannte Auftreten von Kohlen und Landpflanzen in den Keuperabsätzen deutet auch schon zur Genüge an, dass das feste Land um diese Zeit an Terrain gewinnt. Eine neue Transgression beginnt mit dem braunen Jura. Noch sind es vielfach sandige und conglomeratische Gesteine, welche die Absätze dieser Transgression einleiten, zum Beweise, dass das Meer anfänglich noch nicht zur vollen Herrschaft über das Gebiet gelangte, und auch die eigenthümliche Flora der T'hone von Mirow und Grojec bekundet noch immer die Nähe des festen Landes oder doch von Inseln. Aber schon in den obersten Theilen des braunen Jura beweist die cephalopodenreiche Schichte der Oolithe von Balin mit ihren zahl- reichen wohlerhaltenen Versteinerungen eine ungestörtere Herrschaft des Meeres, wenn auch das stellenweise Fehlen dieser freilich auch leicht zu übersehenden Bank etwas Auffälliges an sich haben mag. Mit den Kalken des weissen Jura ist dann jedenfalls der pelagische Typus unseres Gebietes zur Zeit der Ablagerung dieser Kalke ein evidenter geworden. Marine oberjurassische Bildungen treten aber nicht allein bei Krakau und Krzeszowice, sondern auch im Bereieh der beschriebenen karpathischen Landstriche auf. Die Facies der letzterwähnten ist von der der erstgenannten etwas verschieden. Nichtsdestoweniger beweisen diese Ablagerungen, dass die Schicksale der Gegenden nördlich und südlich der Weichsel gegen das Ende der Juraperiode einander ähn- licher gewesen sind als während der nächstfolgenden Zeiten. Wir wissen Ja, dass Hohenegger (vergl. pag. 370 u. 371 dieser Abhandlung) sich sogar direct für die Annahme eines den Juravorkommnissen von Inwald und Krakau gemeinsamen Absatzbeckens ausgesprochen hat, wenn wir uns auch andererseits mancherlei Bedenken, welche von einer solehen Annahme zu überwinden wären, nicht verhehlen dürfen. Vielleicht bietet sich mir noch anderwärts Gelegenheit, auf diese keineswegs geklärte Frage zurückzukommen, weshalb heute von einer weiteren Aus- einandersetzung derselben abgesehen werden mag. ') Eine Abweichung von dieser Regel würde nur durch das von Zeuschner (N. Jahrb. 1870, pag. 768) behauptete Auftreten von „schwärzlichrothem Keuperthon“ bei Tenezynek gegeben sein, insoferne dort der Keuper ganz ausserhalb der Grenzen der übrigen Triasschichten direct auf der Kohlenformation lagern würde. Diese Behauptung Zeuschner’s beruht aber jedenfalls auf einem Irrthum, wie denn der genannte Autor auch die rothen Lagen im Sandstein, der beim Tenezyneker Bräuhause ansteht (vergl. pag. 140 dieser Arbeit), seiner Darstellung nach zu schliessen ebenfalls ohne jeden zureichenden Beweis als Keuper gedeutet hat. Jahrbuch der k.k. geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Band. 4. Heft. (Dr. Emil Tietze.) 105 8920 Dr Emil Tietze. [398] So viel steht jedenfalls fest, dass die als tithonisch bezeichneten Absätze von Inwald, Andrychau und Roczyny relativ bald nach ihrer Ablagerung einer ziemlich intensiven Störung ausgesetzt waren, wie ihr klippenförmiges Auftreten inmitten der eretacischen Bildungen jener Gegend beweist, und wie dies nicht minder aus dem Vorhandensein oberjurassischer Blockklippen, wie wir sie bei Wozniki und Sygnecezow kennen lernten, hervorgeht. Die Bildung soleher Blockklippen wäre eben nieht möglich gewesen, wenn die sie umhüllenden Neocomschichten in ruhiger Continuität sich über dem Jura abgelagert hätten. Schon wiederholt habe ich mich .bei früheren Gelegenheiten für die Annahme eines älteren Gesteinswalles ausgesprochen, welcher in der nördlichen äusseren Region der Karpathen einst vorhanden gewesen sein muss, gleichviel, ob wir uns nun diesen Wall als eine ununter- brochen fortlaufende Erhebung oder als eine mehr oder minder zerstückte Gebirgs- bezüglich Inselreihe vorstellen wollen (vergl. besonders Ver- handl. geol. Reichsanst. 1885, pag. 379). Es mag hier unterlassen werden, zu erörtern, seit wann dieser Wall möglicherweise hier und da in der bezeichneten Region angedeutet sein konnte ; jedenfalls haben während der Flysch- und dann während der Mioeänzeit oberjurassische Gesteine an seiner Zusammensetzung einen hervorragenden Antheil genommen, wie dies aus der Natur der Zerstörungsproducte jenes Walles, als welche wir die exotischen Blöcke betrachten, unzweifelhaft hervorgeht. Der Hauptaet der Aufriehtung jenes Walles, als dessen anstehende Reste in unserem Gebiete eben die genannten Kalkklippen (vielleicht neben dem Granit von Bugaj) anzusehen sind, scheint demnach in die Zeit unmittelbar nach der Ablagerung des obersten Jura zu fallen und mit den Störungen iden- tisch zu sein, durch welche die Diseordanz der besprochenen Klippen gegen die Flyschbildungen der Kreidezeit bewirkt wurde. In ähnlicher Weise hat ja auch die Erhebung der südlichen und par excellence so genannten Klippenzone der Karpathen (wie am Penin) nach dem Absatz des obersten Jura und vor der Ablagerung der dortigen neocomen Klippen- hülle stattgehabt, ohne dass von einer späteren, einem Eruptionsvorgange ähnlichen Durchspiessung der Karpathensandsteine durch die jurassischen Kalke im Sinne Neumayr's daselbst die Rede sein kann. (Vergl. meine Arbeit über Lemberg, pag. 64 [70] derselben.) Die erwähnten Störungen fallen übrigens allem Anscheine nach mit einer wesentlichen oder lang andauernden Unterbrechung des Ab- satzes im karpathischen Bereich nicht eben zusammen, sonst würden wir ja das Vorkommen neocomer und anderer eretacischer Schichten daselbst nicht zu verzeichnen haben. Nunmehr stellt sich jedoch für das ausserkarpathische Gebiet unserer Karte, mit welchem wir uns vorläufig ja doch vorzugsweise be- schäftigt haben, eine neue Formationslücke heraus, die indessen einer Zeit des Absatzes in den karpathischen Theilen entsprieht. Die älteren eretacischen Bildungen der Karpathen fehlen den Gegenden nördlich vom Karpathenrande gänzlich. Während die verschiedenen dem Neocom zu- gewiesenen Schichten, sowie der Godulasandstein in der Gegend von Wie- liezka und Wadowice zum' Absatz gelangten, herrschte nördlich der Weichsel abermals eine ausgesprochene Festlandsperiode, welche erst mit der Zeit der oberen Kreide wieler einem anderen Zustande Platz machte. [399] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 891 Das Meer nahm nun auf’s Neue von manchen Theilen Galiziens Besitz. Es ist dies die Zeit jener grossen allgemeinen Transgression, auf welche Suess bekamntlich schon in seiner Entstehung der Alpen die Aufmerksamkeit gelenkt hat. h In unserem Falle kann allerdings noch zweifelhaft bleiben, ob diese Tranusgression bereits mit der cenomanen Stufe begann oder "erst etwas später eintrat, da die Differenz, welche zwischen den Auf- fassungen von F. Rö mer einerseits, Fi allaux und Zar gezny anderer- seits in diesem Punkte besteht, zur Zeit noch nicht völlig als beseitigt bezeichnet werden darf. ‘Jedenfalls wird die Ablagerung der Kreide in unserem Gebiet zumeist durch eine sandige oder conglomeratische Bildung eingeleitet, was ganz den Vorstellungen entspricht, die wir über den "Beginn einer neuen marinen Aera in einem bis dahin trocken gewesenen Gebiet haben können, wie wir denn einen analogen Vorgang auch bei der vorausgängigen Transgression des Jura constatiren durften. Zur Zeit, als das jüngere Kreidemeer in die Krakauer Gegend eindrang, waren indessen im Bereich der dem Alter nach der Kreide vorausgängigen Bildungen nicht blos Niveauveränderungen von allgemeiner und gleichmässiger Natur, sondern auch speciellere, locali- sirtere Störungen eingetreten. Wohl liegt an manchen Punkten wie z. B. direet nördlich von Krakau die Kreide anscheinend ganz concor- dant über dem dort flach gelagerten Jurakalk. Anderwärts indessen wie bei Zakızowek südlich der Weichsel finden wir dieselbe bereits als Ausfüllung von Spalten, die sich früher gebildet haben müssen. Vor Allem aber darf hier an die ungefähr westöstlich verlaufende Doppel- mulde von Chrzanow, sowie besonders an jene merkwürdige bereits von Suess geahnte Störung erinnert werden, welche sich aus der Gegend des Rudawathales bis gegen Szezakowa hinzieht und deren Verlauf wir in der Einzelbeschreibung möglichst eingehend verfolgt haben (vergl. über diese Verhältnisse z. B. pag. SS, 90, 93, 98, 99, 114, 128, 129 der Abhandlung). An dieser Störung sahen wir die Glieder der Trias und des Jura gleichsinnig theilnehmen. Sie ist nach dem Absatz des letzteren eingetreten, aber es liegt keinerlei Anzeichen dafür vor, dass die Kreide davon noch mitbetroffen wurde. Es ist also nicht undenkbar, dass diese Störung nebst den anderen ihr verbundenen Faltungserscheinungen der Umgebung von Chrzanow bezüglich ihres Ursprungs zeitlich zusammenfällt mit dem ersten Act der Aufriehtung der jurassischen Klippen von Inwald und Andrychau. Die Richtung dieser Störung und jener Faltungen ist überdies eine den karpathischen Stör ungslinien ziemlich angepasste und weicht jeden- falls ab von den mehr meridionalen Streichungslinien des Muschelkalkes und des Jura, die wir (vergl. pag. 148 und 171. dieser Arbeit) an anderen Stellen des Gebietes nördlieh der Weichsel angedeutet fanden und welche den sonstigen Eigenthümlichkeiten unseres ausserkarpathi- schen Terrains besser als die eben besprochenen Linien angepasst er- scheinen, vielleicht weniger, wenn man dieses Terrain für sich allein als namentlich , wenn man 'es etwa im Sinne von Suess im grossen Zusammenhange mit den benachbarten Landstrichen Polens und Ober- schlesiens betrachtet. 105* 822 Dr. Emil Tietze. [400] Wir hätten es demnach im Bereiche unserer mesozoischen Kalk- hügel mit dem Zusammentreffen verschiedener Bewegungsriehtungen zu thun. Die betreffenden Bewegungen aber würden sich wenigstens der Hauptsache nach vor dem Absatz der oberen Kreide vollzogen haben. Dieselbe liegt jedenfalls bei Rudawa, Zabierzöw, Kobylany, Brzezie und Ujazd inmitten der jurassischen Synclinale, als ob sie die durch letztere bedingte Terrainvertiefung bereits vorgefunden hätte. Auf die Höhen der Plateaus zu beiden Seiten dieses Thales sahen wir die eretacischen Schichten aber nicht hinaufsteigen. Gesetzt aber auch, man wäre in der Lage, dergleichen zu constatiren, so würde damit der Verdacht, dass die Kreide hier bereits bestehenden Unebenheiten des Reliefs sich angepasst habe, noch immer nicht beseitigt sein, sofern man diese Formation nicht an der Zusammensetzung der Flanken jener Synclinale conform den dortigen Schichtenstellungen direct. betheiligt sehen kann. Auch bei Smierdzaca westlich Biefany liegst der Kreidemergel am Fusse der dortigen Juraberge: gewisse Hauptgrundzüge der Ober- flächengestaltung unseres ausserkarpathischen Gebietes dürften also vor der obereretacischen Epoche bereits angedeutet gewesen sein. Obercretaeische Ablagerungen hat aber auch unser karpathischer Gebirgstheil aufzuweisen, wenn auch in räumlich beschränkter Aus- dehnung. Es sind dies die Istebner Schichten, welche in ihrer Verbreitung an die Südgrenze der Hauptmasse des der mittleren Kreide zugehörigen Godulasandsteines gebunden erscheinen. Inwieweit ganz oder theil- weise zwischen diesen nach den bisherigen Annahmen zum Cenoman gehörigen Schichten und der ausserkarpathischen oberen Kreide ein Synchronismus besteht, lässt sich schwer entscheiden. In jedem Fall ist der Faciesunterschied dabei bemerkenswerth. Am besten würden die Istebner Schichten natürlich noch mit den sandigen oder conglomera- tischen liegenden Partien der Kreide von Witkowice oder Trojanowice zu vergleichen sein, insofern in beiden Fällen wenigstens sandige Ent- wieklungen vorliegen. Ganz aber stimmt der Vergleich nicht und weitere Schlüsse lassen sich zunächst nicht daraus ziehen. Immerhin liegt bier noch eine Art vom Berührungspunkt vor zwischen der geologischen Geschichte der beiden durch den heutigen Karpathenrand getrennten Gebiete. In der alttertiären Zeit gehen die Schicksale dieser Gebiete wieder auseinander. Nach dem Absatz der Kreide bleibt der ganze ausserkarpatbische Theil Galiziens bis zur Mioeänzeit Festland, während im karpathischen Bereich mächtige Sand- stein- und Schieferbildungen zur Ablagerung gelangen. Es ist nicht ganz feststehend, ob in allen Theilen der Karpathen ältere eocäne Schichten auftreten. Sicher aber ist, dass jungeocäne und oligocäne Schichteneomplexe daselbst wie überall, so auch in unserem Gebiete eine grosse Rolle spielen. In denjenigen Landstrichen des von unserer Beschreibung be- handelten Gebietes südlich der Hauptentwicklung des Godulasandsteines und der Istebener Schichten, also in der gegen die Babia göra zu gelegenen Gegend, welche auf der von mir publieirten Karte nicht mit dargestellt wurde, folgen die alttertiären Schichten, anscheinend ziemlich regelrecht auf den cretacischen Karpathensandstein. Das möglicherweise [401] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 8923 auf Discordanz beruhende Uebergreifen von Menilitschiefern über die Istebner Schiehten, wie es in der Fortsetzung der betreffenden Gesteins- zone jenseits Saybusch stattzufinden scheint (vergl. pag. 384 dieser Arbeit), lässt indessen bezüglich jener regelrechten Auflagerung einige Zweifel aufkommen. Ausgesprochener jedenfalls verhält sich die Sache weiter im Norden. Hier erkennt man, dass thatsächlich eine nicht unbeträchtliche Discordanz zwischen den beiden Hauptabtheilungen des Flysch besteht. Am Fusse des Steilrandes der aus Godulasandstein, bezüglich aus Eligother Schichten gebildeten Berge zwischen Andrychau und Wado- wice sahen wir die älteren karpathischen Kreidebildungen hervortreten und wir wissen, dass Anzeichen dafür vorliegen, dass die mittelereta- eischen Sandsteine sich einst allgemeiner weiter nördlich ausbreiteten, als dies heute der Fall ist. An ihrer Stelle bedecken indessen gegen- wärtig alttertiäre Sandsteine und Schiefer vielfach unmittelbar die neoco- men Karparthensandsteine. Dies gilt besonders für die Hauptverbreitung der den Ciezkowicer Sandsteinen zugewiesenen Bildungen. Selbst aber wenn wir diese letzteren im Sinne Niedzwiedzki's zum Albien rechnen wollten, bleiben uns noch die Menilitschiefer von Wieprz, Chocznia, Biskupice und Tomaszkowice übrig, welche eine derartige Rolle, wie die angedeutete, übernehmen. Es ist also an solchen Stellen zweifellos eine Lücke vorhanden zwischen dem Oligocän und dem Neocom oder doch der Kreide überhaupt. Diese Lücke braucht in unserem Falle nicht durchgängig einer Trockenlegung des betreffenden Landstriches zur mittleren und oberen Kreidezeit zu entsprechen. Sie bedeutet zunächst wohl nur, dass die diesen Perioden entsprechenden Absätze daselbst nachträglich wieder entfernt worden sind und wir können es dahin gestellt sein lassen, ob dieser Vorgang noch anı Ende der Kreideperiode oder zu Beginn der älteren Tertiärzeit wirksam gewesen ist. Dass aber solche Vorgänge überhaupt zur Wirksamkeit gelangen konnten, dieser Umstand beweist anderseits, dass trotz aller im Allgemeinen bestehenden Con- tinuität in der Analogie der Absatzbedingungen des Karpathensand- steines vom Neocom bis in’s Oligocän hinauf, dennoch während dieses Zeitraums Niveauveränderungen sich abgespielt haben. Dieser Zeitraum, insofern er mit der Periode der Flyschbildung überhaupt zusammenfällt, ist aber auch noch aus einem anderen Grunde bedeutsam für die Geschichte des karpathischen Abschnitts unseres Gebietes. Während derselben Epoche nämlich bat sich der grösste Theil jener allerdings noch zur Mioeänzeit fortgesetzten Vorgänge ab- gespielt, die zur Zerstörung des oben (pag. 398 dieser Arbeit) bereits besprochenen älteren Gesteinswalles führten, dessen Aufrichtung am Schlusse der Juraperiode zwar vielleicht nieht überall erst begann, aber doch zu besonders intensivem Ausdruck gelangte. In diesen Zeitraum fällt mit anderen Worten die Bildung eines grossen Theiles der exotischen Blöcke. Es ist nun in der einleitenden Formationsübersicht (pag 53) und später noch in dieser Abhandlung davon die Rede gewesen, dass die aus jurassischen Kalken bestehenden derartigen Blöcke relativ häufiger in den neocomen Flyschbildungen vorkommen als in den jüngeren 324 Dr. Emil Tietze. [402] Karpathensandsteinen und dass umgekehrt die von altkrystallinischen Felsarten herrührenden exotischen Blöcke ihrerseits durchschnittlich mehr in den obereretaeischen und alttertiären Karpathensandstein ge- funden werden als in den alteretacischen Sandstein- und Schiefer- bildungen. Auf den ersten Blick scheint dieser Umstand etwas Auf- fälliges und Widerspruchsvolles an sich zu haben. Ich glaube indessen, dass gerade diese Thatsache mit der hier bezüglich der Provenienz und der Geschichte der exotischen Blöcke vertretenen Meinung sehr gut übereinstimmt. Bestand nämlich der supponirte Gesteinswall oder Klippenzug in seinem Kern aus jenen altkrystallinischen Felsarten und bestand er an seiner Oberfläche vielfach, wenn auch wohl nicht überall, aus den besagten jurassischen Kalken, so musste die während der Neocomperiode eingetretene Zerstörung dieses Gesteinszuges zuerst die jurassischen Deckgesteine der älteren Felsarten angreifen, ehe die letzteren selbst an die Reihe kommen konnten, was erst während der postneocomen Zeit in bedeutenderem Maassstabe erfolgte. Solehe Vorkommnisse wie der Granit von Bugaj (pag. 356 dieser Arbeit) liefern freilich den Beweis, dass auch während der Ablagerung der älteren Kreide wenigstens stellenweise das alte Gebirge in jener Zone bereits entblösst war. (Dieses alte Gebirge dürfte ja überhaupt einen wesentlichen Theil zu dem Material der Sandsteinzone geliefert haben und musste demgemäss dann besonders zur Zeit des Absatzes der Godulasandsteine, die so viele altkrystallinische Elemente enthalten, schon vielfach der Zerstörung zugänglich gewesen sein.) Auf diese Weise gestatten also die Eigenthümlichkeiten in der Verbreitung und Vertheilung der exotischen Blöcke schon heute mancherlei Schlussfolgerungen, obschon das besagte Phänomen noch lange nicht die Aufmerksamkeit, die es verdient, gefunden hat. Hoffen wir demnach, dass das Studium dieser Erscheinung bald ein aufmerksameres wird und hoffen wir namentlich, dass die Frage nicht durch Herbeiziehung bedenklicher Hypothesen verwirrt werde. Dass ich zu diesen letzteren den Versuch rechnen würde, neocome und alttertiäre Eiszeiten zu con- struiren, brauche ich nach den von mir über diesen Punkt schon in früherer Zeit gemachten Aeusserungen nicht weiter auseinander zu setzen. Wir haben aber noch immer einige Worte über die Störungen zu sagen übrig, von denen das Krakauer Gebiet betroffen wurde, und zwar handelt es sich dabei um Niveauveränderungen, welche einen wichtigen Einfluss auf das Aussehen dieser Gegend zu nehmen be- rufen waren. Solche bedeutsame Niveauveränderungen, und zwar diesmal sicher mit der Faltung des Gebirges zusammenhängend, traten dann wieder am Ende der Oligoeänzeit ein, als das karpathische Gebiet trocken gelegt und das Meer auf den Saum desselben reducirt wurde bei gleichzeitiger Ueberfluthung von Theilen des ausserkarpathischen Gebietes, wie ich das schon in meiner Arbeit über Lemberg (Jahrb. geol. R.-A. 1882) auseinandergesetzt habe. Inwieweit wir dabei von einer Discordanz zwischen den karpathi- schen Bildungen und den Miocänabsätzen sprechen dürfen und namentlich [403] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 895 welche Bedeutung einer solchen Diseordanz beizulegen sei, wurde diesmal in dem Capitel über Wieliezka ausführlich dargelegt (pag. 241 bis 244 der Abhandlung). Dort wurde auch betont, dass die Kräfte, welche die Faltung der Karpathen hervorbrachten, in und nach der Mioeänzeit noch fortgewirkt haben, da das Miocän am Karpathenrande noch ganz im Sinne der karpathischen Faltungen gestört ist. Im ausserkarpathischen Gebiet liegen die Mioeänschichten fast überall flach. Sie erfüllen daselbst die Niederungen zwischen den prä- existirenden Höhen. Es konnte auch (pag. 177 dieser Abhandlung) gesagt werden, dass diese Thatsache für die Geschichte des Weichselthales und für den scheinbaren Durchbruch der Weichsel dureh die jurassi- schen Kalkberge bei Krakau von entscheidender Bedeutung sei, inso- ferne der Fluss sein Thal daselbst bereits zwischen den älteren Er- hebungen vorgezeichnet fand. Er hatte nur die schon vorhandenen Vertiefungen zwischen den Kalkbergen zu benützen und brauchte die Ausnagung der Kalkmassen nicht seibst zu besorgen. Ueber die Schicksale unseres Gebietes zur Diluvialzeit brauche ich mich hier im Allgemeinen nicht weiter auszulassen. Was über das Glacialdiluvium und die damit zusammenhängenden Bildungen zu sagen wäre, ist bereits in der Formationsübersicht besprochen worden. Nur einige Worte mögen noch bezüglich des Löss hier angefügt werden. Am Schlusse meiner geognostischen Beschreibung der Gegend von Lemberg habe ich (pag. 105—142 der betreffenden Arbeit) eine längere Auseinandersetzung über den galizischen und insbesondere den podolischen Löss gegeben. Bei dieser Gelegenheit wurde auf eine eigen- thümliche Eıscheinung hingewiesen, der ich unter der Bezeichnung Einseitigkeit der Lössablagerungen (l. e. pag. 126) einen besonderen Ab- schnitt jener Auseinandersetzung widmete. Es handelte sich um die Thatsache, dass längs meridional verlaufender Thäler der Löss regel- mässig das Westgehänge derselben einnimmt, während das steilere Ostufer der betreffenden Bäche und Flüsse den Aufschluss der unter dem Löss liegenden älteren Bildungen darbietet. Ich zeigte ausführlich, dass diese Erscheinung keine auf die Lemberger Gegend oder Galizien überhaupt beschränkte sei, sondern dass sie in analoger Weise auch in anderen Gegenden Mitteleuropas sich wahrnehmen lasse. Ich schloss daraus, dass ihr ein von localen Verhältnissen unabhängiges, allgemeines Gesetz zu Grunde liegen müsse und fand dieses Gesetz in der Annahme eines Vorwaltens westlicher Luftströmungen zur Zeit der Ablagerung des Löss. Dieser Annahme zufolge würde der Löss unter der Voraussetzung seines subaörischen oder aeolischen Ursprungs die windgeschütztere Ostseite der Erhebungen, das ist also die West- flanke der Thäler bei seinem Absatz bevorzugt haben, während die Ostseite der Thäler, das ist die dem Wind ausgesetztere West- seite der correspondirenden Terrainerhebungen mehr der Denu- dation durch die atmosphärischen Strömungen ausgesetzt sein musste. Da mir andere Erklärungen der bewussten Erscheinung nicht annehmbar vorkamen, so erblickte ich rückschliessend in dieser Er- scheinung selbst einen neuen Beweis für die aeolische Natur der Lössabsätze. 896 Dr. Emil Tietze. [404| In dem diesmal geschilderten Abschnitt Westgaliziens konnte allenthalben, wieder ein ähnliches Verhalten der Lössverbreitung eonstatirt werden. Es tritt hier nur noch die eine theilweise Modification derselben ein, dass in dem karpathischen 'Vorlande nicht selten auch die Südseite der einzelnen Höhenrücken gegenüber d‘ Nordseite der- selben von den Lössabsätzen bevorzugt erscheint, w.s in Verbindung mit der auch dort noch erkennbaren längs Meridionalfureb :n herrschenden Einseitigkeit der Lössverbreitung auf ein locales Vorwaälten nicht mehr rein westlicher, sondern durehschnittlich nordwestlicher Luftströmungen hindeuten könnte. Ich habe an den geeigneten Stellen der Localbe- schreibung öfters diese Verhältnisse berühren müssen. Die letzteren treten übrigens auch auf der Karte sehr deutlich hervor, worauf ich hier vorzüglich verweise. Ich habe nun keine Veranlassung, heute von mei u früher ausge- sprochenen Ansichten !) abzuweichen, trotzdem dieselben verschiedenen Widerspruch erfahren haben, insbesondere von Seiten der Herren Hilber und Uhlig. Ich erkläre dies ausdrücklich, damit nicht mein Schweigen !) Man hat bisweilen Herrn Lomnicki direct als denjenigen angeführt, der zuerst auf die fragliche Erscheinung hingewiesen habe, und zwar im Jahre 1880, wäh- rend ich erst im Jahre 1881, also scheinbar ein Jahr später, diesen Gegenstand berührte. Ich ergreife also die hier gebotene Gelegenheit zu einer thatsächlichen Richtigstellung. Thatsache ist, dass der Genannte in dem, wie die officielle Bezeichnung ver- merkt, am 31. December 1580 ausgegebenen letzten Hefte des Jahrb. 1880 der geologischen Reichsanstalt einen kleinen, vornehmlich die Gegend der Zlota Lipa und Strypa be- handelnden Artikel veröffentlichte, an dessen Schluss (pag. 592 des Jahrbuchs) folgender Passus vorkommt: „Als eine Eigenthümlichkeit in der Configuration der Thäler, die mit der Lehmbildung im innigsten Zusammenhange steht, ist der Umstand hervor- zuheben, dass die am linken Ufer sämmtlicher Flüsse und Bäche ansteigenden Ge- hänge überwiegend steil abfallen, dagegen vom rechten Ufer an gewöhnlich sehr sanft gegen das Plateau sich erheben und hier eben die Lössbildungen am mächtigsten ent- wickelt erscheinen,“ Jeder, der mit der Praxis bei der Herausgabe unseres Jahrbuches durch eigene Erfahrungen vertraut ist, wird nun zugestehen, dass am 11. Januar 1881 das betreffende Schlussheft des Jahrganges 1830 unseres Jahrbuchs noch kaum in den Händen der Leser dieser Zeitschrift sich befinden konnte und dass im besten Falle in der an diesem Tage stattgehabten Sitzung der geologischen Reichsanstalt ein Exemplar des Heftes den Anwesenden vorgelegt werden konnte. In eben dieser Sitzung (Verh. d. geol. R.-A. 1881, pag. 37—40) legte ich aber meine Aufnahme der Umgebung von Lemberg den Anwesenden fertig colorirt vor, unter Hinweis auf die wichtigsten Ergebnisse dieser Aufnahme und bei dieser Gelegenheit entwickelte ich bereits in einem ausführ- lichen, in dem betreffenden Berichte zwar knapp, aber doch in seinen wesentlichen Momenten wiedergegebenen Vortrage meine etwas später sehr ausführlich dargestellten Ansichten über die Eigenthümlichkeiten der Verbreitung des galizischen Löss. Mit Herrn Lomnicki, mit welchem ich im Verlaufe des Sommers 1880, ehe derselbe nach der von ihm in jenem Artikel beschriebenen Gegend abreiste, mehrfach im angenehmsten Verkehr war, habe ich gewiss keine Veranlassung, einen weder von ihm, noch von mir gesuchten Prioritätsstreit über diese Angelegenheit zu beginnen. Für Andere wird es aber nicht schwer sein, zu erkennen, dass hier von einer Priorität des Einen oder des Andern von uns Beiden auch im streng formalen Sinne im Wesentlichen nicht die Rede sein könnte, selbst wenn die betreffenden Enuneiationen sich inhaltlich decken sollten. Letzteres ist indessen nicht ganz der Fall. Lom- nicki spricht in jenem eitirten Passus, wie man sieht, von einer Abhängigkeit der Lössanhäufungen vom rechten oder linken Ufer der Bäche und Flüsse, Für meine Ausführungen ist dieser Hinweis gleichgiltig, denn bei meinen Ansichten handelt es sich um einen Unterschied zwischen den westlichen und östlichen Thalgehängen, gleich- viel, ob diese Gehänge dem rechten oder linken Ufer der betreffenden Wasserläufe entsprechen, [405] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 827 als Zustimmung gedeutet werde und behalte mir vor, gelegentlich auf jene Entgegnungen genauer zurückzukommen. Nur einen Punkt will ich gleich hier kurz hervorheben. Ausdrücklich hatte ich (Jahrb. geol. R.-A. 1882, pag. 136) betont, dass das Verhöltniss der ungleichen Gehängeneigungen durch die Art, wie der Löss swh absetzte, herbeigeführt wurde, nicht aber umgekehrt für die Art .:s Lössabsatzes bestimmend wurde. Gerade das wird aber von den Gegnern meiner Anschauung bestritten und hier suchen ihre Erwiderungen den Ansatzpunkt zur Stellungnahme gegen die obige Theorie zu finden. Hilber!) meint, dass die geschilderte Erscheinung eine Folge von präexistirenden ungleichmässigen Böschungen sei und Uhlig (Jahrb. geol. R.-A. 1384, pag. 210) sagt, man müsse vor Allem die Asymmetrie der Böschungen des Grundgebirges erklären, wenn die betreffende ıscheinung nach allen Seiten hin als erörtert gelten solle. Er geht dabei von der unbestreitbaren Thatsache aus, dass die Asym- metrie der Thalböschungen auch dann besteht, wenn man sich den Löss gänzlich wegdenken wolle. Man werde dann auf der Ostseite eine steile Böschung finden, während die Westseite flacher und an- fänglich jedenfalls niedriger erschemen werde. Erst in grösserer Ent- fernung von der jetzigen Thalsohle würden sich die Höhendifferenzen der Gehänge ausgleichen. Der Thatbestand der Asymmetrie des Grundgebirges ist nun aller- dings unbestreitbar. Es ist auch sicher, dass, wie ich selbst seiner Zeit genügend hervorhob, die Thäler im Ganzen zur Zeit der Lössbildung schon vorhanden waren. Trotzdem wurde in den eitirten Ausführungen, wie mir däucht, Ursache und Wirkung durchaus verwechselt, weil man nicht einsah, dass ausser der Anhäufung des Löss noch andere spätere Veränderungen in jenen Thälern wirksam sein konnten, ja dass dieselben durch diese Anhäufung geradezu hervorgerufen werden mussten. Es ist ja nicht schwer, einzusehen, dass zur Zeit des Beginnes der Lössbildung die Thäler anders aussehen mussten als sie heute aus- sehen, dass sie vorhanden waren, aber nicht so vorhanden waren, wie wir sie gegenwärtig finden. Wir können uns prineipiell sehr gut vor- stellen, dass zu jenem Zeitpunkt bei allen den Thälern, um die es sich handelt, die Gehängeneigungen beiderseits die gleichen waren, dass der betreffende Wasserlauf dabei durchschnittlich die Mitte zwischen seinen Thalböschungen einhielt. Wurde nun aber die eine Böschung durch den Niederschlag erdigen Materials mehr und mehr verhüllt und dabei gegen den Wasserlauf zu so zu sagen weitergebaut, so wurde dieser Wasserlauf zu einer Verschiebung und zum Verlassen seiner mittleren Lage genöthigt. Indem er so mehr und mehr gegen die andere (in unserem Falle die östliche) Thalseite gedrängt wurde, musste er dort auch ein steileres Ufer erzeugen und dieses steilere östliche Ufer entspricht deshalb nicht nothwendig einer ursprünglichen Asymmetrie der Böschungsverhältnisse. !) Von den hierhergehörigen Aufsätzen Hilber’s sind zu vergleichen: Verhandl. geol. R.-A. 1881, pag. 97; Jahrb. 1882, pag. 322 und die nicht gerade leicht ver- ständlich geschriebene Abhandlung über asymmetrische Thäler in Petermann’s Mitth. 1886, pag. 171. Jahrbuch der k.k. geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Band. 4. Heft. (Dr. Emil Tietze.) 106 898 Dr. Emil Tietze. 1406] Dadurch , dass gleichzeitig mit diesem Vorgange auch eine weitere Vertiefung der Thalsohle bewirkt wurde, musste jener Vorgang selbst sogar eine relativ immer zunehmende Steigerung erleiden und das Missverhältniss der beiden Gehänge wurde mit der Abdrängung des Wasserlaufes nach stets einer und derselben Seite hin naturgemäss ein immer bedeutenderes. | Die steile Neigung der Ostgehänge unserer galizischen Flüsse braucht demgemäss nicht einem ursprünglichen Verhältniss, sondern kann beruhigt einer nachträglichen Erosionswirkung zugeschrieben werden, welche mittelbar durch den Lössabsatz auf dem andern Gehänge und die dadurch dort hergestellte Verflachung der Böschungen hervorgerufen wurde. Der Umstand, dass dann die Entfernung vom Wasserlauf bis zur gleichen Höhe am westlichen flachen Gehänge eines Thales grösser ist, als bis zu den oberen Theilen des östlichen Steilgehänges ist dabei ganz selbstverständlich und bedarf keiner besonderen Erklärung. Man hat also wobl ganz übersehen, dass die Lage des Wasserlaufes in unserem Falle wie in vielen anderen eine veränderliche ist und sein muss. Da nun, wie die Erfahrung gelehrt hat, die Ansichten in der berührten Frage von mancherlei Missverständnissen beeinflusst waren, so will ich zur Vermeidung weiterer Undeutlichkeiten gleich hier noch einen eigentlich selbstverständlichen Umstand hervorheben, welcher bei der Art, wie Lössabsätze an zwei ungleichen Thalrändern sich dar- stellen können, ebenfalls in Betracht kommt. Indem nämlich in jenen meridionalen Thalstrecken die Wasserläufe in der angegebenen Weise mehr und mehr nach Osten gedrängt wurden oder unter der wahrscheinlichen Voraussetzung der Fortdauer ähnlicher Bedingungen noch heute werden, können sie sogar die ihr östliches Ufer bildenden Hügelmassen mit der Zeit soweit ansägen, dass das betreffende Steilufer über die Region der ursprünglichen Kammlinien oder Wasserscheiden der in Frage kommenden Erhebungen hinaus ver- schoben wird. Hat sich nun im Laufe der Zeit auf der jenseitigen öst- lichen, einem zweiten östlicher gelegenen Parallelthale zugewendeten Böschung einer solchen Erhebung ebenfalls Löss abgesetzt, so wird das östliche Ufer des zuerst betrachteten Wasserlaufes auf seiner Höhe über den älteren, dieses Ufer zusammensetzenden Schichteomplexen sogar eine selbstständige Lösswand aufweisen können. Dadurch wird der Eindruck hervorgerufen werden können, als ob der Löss in gewissem Sinne auf beiden Thalseiten mit der gleichen Disposition des Nieder- schlages zum Absatz gelangt sei und man wird ohne Berücksichtigung der soeben erwähnten Momente die Verschiedenheit in der Art dieses Absatzes nur der angeblich ursprünglichen Verschiedenheit der Gestalt beider Ufer zuzuschreiben geneigt sein. Damit scheinen mir gewisse zum Theil im Anschluss an Hilber von Uhlig (l. e. pag. 209) hervorgehobene Fälle der Lössverbreitung auf beiden Ufern von meridional verlaufenden Flüssen prineipiell erklärt zu sein, wenn auch gerade das von dem letztgenannten Autor gezeichnete Profil des Bugflusses bei Sokal in dieser Beziehung noch einige Schwierig- keiten bietet, unter der Voraussetzung nämlich, dass die Art, wie die Anlagerung des Löss an seine Unterlage am östlichen Ufer des Bug [407] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 829 auf jenem Profil gezeichnet ist, einer thatsächliehen Beobachtung ent- spricht und nicht blos einer willkürlichen theoretischen Auffassung des Autors Ausdruck verleiht. Meine verehrten Herrn Gegner in dieser Frage hatten übrigens die Aufgabe, jene angebliche ursprüngliche Verschiedenheit in der Be- schaffenheit der Ufer meridionaler Wasserläufe zu erklären. Sie haben dies auch gefühlt und namentlich Hilber hat hierauf bezügliche Ver- suche unternommen. Diese Versuche scheitern aber an der unleugbaren Thatsache, dass die hier erörterte Erscheinung sich in den ver- schiedensten Gebieten, und zwar in Gegenden von gänzlich heterogener Zusammensetzung und Tektonik wiederholt, also unmöglich einer bestimm- ten Art des geologischen Aufbaues gewisser Gebiete entsprechen kann. Das ging bei einiger Aufmerksamkeit wohl übrigens schon aus meinen ursprünglichen Bemerkungen über diese Frage hervor. Die damals geschilderten Gegenden des östlichen Galizien, die damit ver- glichenen Gebiete Böhmens, Mährens, Schlesiens und Nordungarns können gewiss nicht gemeinsam unter denselben Gesichtspunkten stratigraphischer und tektonischer Art zusammengefasst werden. Diesen schon früher zum Vergleich herangezogenen Gegenden könnte ich nun noch gemäss eigener Anschauung den Nordabhang des wiederum ganz abweichend zusammengesetzten Rosaliengebirges zwischen Wiener-Neustadt und Pitten hinzufügen, wo ebenfalls an allen den kleinen gegen die Leitha zu mehr oder weniger nordwärts verlaufenden Thälchen dasselbe Ver- hältniss der einseitigen Lössverbreitung bemerkt werden kann, auf welches ich zuerst in der Gegend von Lemberg aufmerksam wurde. Vor Allem aber darf doch nicht ausser Acht gelassen werden, dass es in Galizien selbst sehr von einander verschiedene Gebiete gibt, welchen trotz dieser Verschiedenheit jene Erscheinung gemeinsam ist. Würde dies noch eines Beweises bedürfen, so wäre derselbe durch die Verbreitungsverhältnisse des Löss in den diesmal besprochenen Landstrichen gegeben. Weder der ausserkarpathische Theil des Krakauer Gebietes, noch die karpathischen Gegenden im Süden dieser Stadt weisen mit der Zusammensetzung und der Tektonik des podolischen Plateaus bei Lemberg eine besondere Achnlichkeit auf; die vorwaltende Beschränkung des Löss indessen auf die westliche Seite nordsüdlich verlaufender Thäler ist neben der Neigung dieser Ablagerung Ueber- züge von Hochflächen zu bilden allen diesen Landstrichen gemeinsam. Die wechselnden Richtungen des Schichtenfalles spielen daher keine irgendwie markant hervortretende Rolle. Flache Gebiete, Thäler, in deren Umgebung gestörte Schichten vorkommen, Gegenden mit nörd- lichem oder mit südlichem Schichtenfallen, sie alle sind demselben Gesetze unterworfen und in dem Thale von Czerna oberhalb Krzeszo- wice lernten wir auch einen Fall kennen, in welchem die Lagen des dort das nordöstliche Ufer des Baches bildenden Kohlenkalks mit einer gegen den Bach zu gewendeten Neigung entblösst sind, während die entgegengesetzte Seite des Thales von Löss eingenommen wird, dessen Ablagerung hier also keinesfalls auf derjenigen Seite des Thales statt- fand, welche im Sinne gewisser Aeusserungen Hilber’s über die an- gebliche Bedeutung der Schichtenneigungen für diesen Fall zum Löss- absatz besonders prädestinirt erscheinen könnte. 106* 830 Dr. Emil Tietze. [408] Diese wenigen Bemerkungen dürften vorläufig hinreichen, um die Ablehnung der Einwände zu motiviren, welche gegen meinen Er- klärungsversuch der Einseitigkeit der Lössverbreitung in gewissen Thalstrecken vorgebracht worden sind. Ich habe mich in diesen Schlussbemerkungen im Wesentlichen darauf beschränkt, nochmals die Momente tektonischer Art hervorzu- heben, welche zunächst für die Localgeologie von Bedeutung erscheinen. Wollte man weiter gehen, so könnten allerdings auch noch einige all- gemeinere Gesichtspunkte geltend gemacht werden, welche sich aus der Betrachtung des Krakauer Gebietes und im Hinblick auf die dasselbe behandelnde Literatur ergeben. Hier mag es vorläufig genügen, Einiges davon anzudeuten, das heisst auf die betreffenden Themata aufmerksam zu machen, ohne sie gerade allzu weitläufig zu behandeln. Zunächst darf betont werden, dass wir uns in unserem karpathi- schen Gebiet in der bedeutsamen Region befinden, in welcher das die galizischen Karpathen beherrschende NW.—SO.-Streichen in die ent- gegengesetzte NO.—SW.-Richtung übergeht. Für die Karpathen im All- gemeinen ist diese Region äusserlich auffallend gekennzeichnet erstlich durch die Vorlage der in unserem ausserkarpathischen Gebiet befind- lichen zumeist aus mesozoischen Kalken bestehenden Hügel, welche im Sinne von Suess einen Theil der „sudetischen Scholle* bilden, und zweitens durch das Auftreten ausgedehnterer älterer Massen im Süden der Sandsteinzone auf dem Gebiete Nordungarıs. Ein Blick auf F. v. Hauer’s geologische Uebersichtskarte lässt dies sehr gut erkennen. In dieser Region des Streichungswechsels spricht sich nun aller- dings die mittlere Richtung der dadurch verbundenen Streichungslinien, das ist die reine ostwestliche Richtung an verschiedenen Stellen sehr gut und deutlich aus, wie das von einer Resultante aus zwei ver- schiedenen Erstreckungen nicht anders erwartet werden kann, allein im Einzelnen ist dennoch allenthalben das gemischte Auftreten der ver- schiedenen Streichungslinien zu verzeichnen, wie aus dem Vergleich der Angaben der karpathischen Localbeschreibung vielleicht hervorgehen dürfte. Im Südwesten des Gebietes nehmen jedenfalls die mährischen nordost-südwestlichen Riehtungen überhand, während mehr im Osten häufigere Reminiscenzen an die ostgalizischen Streichungslinien vor- kommen. Wäre es heute noch nöthig, die alte Beaumont'sche Ansicht von dem Zusammenhange des Alters der Gebirge mit bestimmten Streichungslinien zu widerlegen, so würde unser karpathisches Gebiet eine classische Gegend für solche Widerlegungen werden können. Wir stehen aber heute daselbst unter dem Eindruck anderer neuerer Hypothesen. Ich meine die Ansichten, welche Suess über das Verhältniss der sudetischen Scholle zu den karpathischen Faltungen entwickelt hat. Man weiss, dass dieser Autor den Kettengebirgen eine in Folge des tangentialen Schubes eintretende Ortsveränderung über weite Strecken hin zuschreibt. Demzufolge würden die Karpathen in Mähren und Westgalizien weit über jene alte Scholle hinüber geschoben worden sein und der heutige Nordrand der Karpathen würde nicht die [409] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau, S31 ungefähre Lage einer alten Ufergrenze für die karpathischen Ablage- rungen bezeichnen, sondern nur der momentanen Phase des Vorrückens der Sandstein- und Flyschzone entsprechen. So schreibt Suess (Entstehung der Alpen, Wien 1875, pag. 23) ganz direet bezüglich der Gegend von Krakau: „Vor uns liegt ein Hügelland, in welchem auf paläozoischen Ablagerungen die Trias, auf dieser der mittlere und obere Jura, dann die mittlere und obere Kreide liegen. Die Kreideablagerungen sind wenig gestört, in grösseren Schollen ausgebreitet. Im Wesentlichen tragen sie den Charakter mitteldeutscher Kreideablagerungen an sich und die tieferen Glieder fehlen wie in Schlesien, Böhmen und Sachsen. In unmittelbarer Nähe, stellenweise nur durch ein Flussthal getrennt, erheben sich die Aussenketten eines Gebirges, dessen Schichten verbogen und zerknittert sind“ und eine „ganz andere Beschaffenheit der Gesteine der Kreideformationen zeigen“. „Wo war,“ fährt nun Suess fort, „das Nordufer des karpathi- schen Kreidemeeres? Wo war die nördliche Ablagerungsgrenze der mächtigen karpathischen Schichtenreihe aus dem Alter des Septarien- thones, welche ihre Schichtenköpfe dem Hügellande von Krakau und der galizischen Ebene zukehrt?“ Er vergleicht dann (eine Seite später) den alpinen Flysch mit dem karpathischen in Bezug auf deren nörd- liches Vorland und sagt: „Nirgends trifft man an den entgegengesetzten älteren Gebirgen eine Spur der mächtigen Flyschzone der Alpen und Karpathen, welche uns irgend eine Andeutung über die Lage oder den Umriss des ursprünglichen Absatzraumes dieser mächtigen Schichten- folge geben würde. Das nördliche Ufer des Flyschmeeres muss irgendwo südlich von dem jetzigen Aussenrande des Gebirges gelegen gewesen sein, in einer Gegend, welche seither eben durch die Bildung jener grossen Gebirge gänzlich ver- ändert worden ist. Die Flyschzone selbst gleicht einem zusammen- geknitterten Streifen, der in seiner gegenwärtigen Lage auch nicht annähernd die ursprüngliche Region seiner Bildung er- kennen lässt.“ Suess hat sich nun insbesondere auf die gegen die Karpathen nach Süden offene Form der grossen, archäisch-paläozoischen Mulde be- rufen, welche auf jeder Karte von Mähren und Schlesien hervortritt und deren innere, den Karpathen genäherten Theile von der Stein- kohlenformation eingenommen werden. Er denkt sich den jenseitigen Rand dieser Mulde unter den Karpathen verborgen. Schon in der Entstehung der Alpen (l.c) macht er ausserdem darauf aufmerksam, wie man die Fortsetzung der Krakauer Absätze „deutlich in eoncentrischen Zonen weit gegen Nordost“, besonders auf Römer’s Karte verfolgen könne, „mit einem Streichen, welches mit jenem der Karpathen nichts gemein hat“. Dieser Gedanke wurde dann im Antlitz der Erde weiter verfolgt (pag. 244—252). Es wurde dort direet ausgesprochen, dass das schlesische Kohlengebirge sich unter die Karpathen fortsetzt, dass zwischen Weisskirchen und Krakau die verschiedenen Zonen der sudetischen Serie unter diesem Gebirge ver- schwinden, dass Carbon, Trias, Jura und Kreide von Norden her unter die Karpathen hinabsinken. Dieses Gebirge aber habe die ihm ent- gegenstehende ältere Scholle überwältigt. 832 Dr. Emil Tietze. [410] Das sind aber doch mehr Vermuthungen als sichere Ergebnisse. Direet lässt sich jedenfalls nur schwer beweisen, dass alle die ge- nannten Absätze sich in der That einst sehr viel weiter südwärts er- streckt haben. Man braucht sich die Umrandungen der Becken der verschiedenen Epochen, die hier in Betracht kommen, zunächst doch wohl nicht gleichmässig weit, etwa proportional ihrer heutigen Er- scheinung auf der Karte, nach dieser Richtung ausgedehnt vorzustellen. Auch ist nicht ausgemacht, dass diesen Beeken ursprünglich eine an- nähernd regelmässige, schon äusserlich muldenförmige Umgrenzung zuzuschreiben wäre. Wir wissen ja, dass in den mährischen und schlesischen, so gut wie in den galizischen Karpathen Spuren einst Jedenfalls anstehender altkrystallinischer Gesteine unter den exotischen Blöcken aufbewahrt worden sind, und es muss doch einigermassen die Frage in Betracht gezogen werden, ob nicht diese alten Gesteine der Verbreitung wenigstens mancher der vorjurassischen Absätze gegen die heutige karpathische Region eine Grenze zu ziehen im Stande waren. Würde aber dennoch aus der Art der heutigen Verbreitung der von Suess erwähnten Formationen der sudetischen Scholle mit Sicher- heit der Schluss hervorgehen, dass dieselben Formationen in der Gegend der jetzigen Karpathen einst ebenfalls zum Absatz gelangt sind, so würde daraus noch immer nicht felgen, dass sie dort in einer Lage verharren, welche der Art der Lagerung dieser Bildungen ausserhalb der Karpathen noch immer eonform ist, und dass demzufolge der Flysch sich nicht auf einem Theil des ehemaligen Gebietes dieser Schichten abgesetzt haben könne, sondern nachträglich von aussen her auf die- selben mit einer ihm eigenthümlichen Tektonik gleichsam aufgepackt worden sei. Es sind das überdies Alles keine Vorstellungen, welche aus den sonstigen Ansichten von Suess mit Nothwendigkeit sich folgern lassen würden. Diesen Ansichten gemäss ist in Europa so Vieles eingestürzt, so Vieles Andere in einer von der ursprünglichen Form abweichenden Art nur als „Horst“ erhalten, dass man nicht einsieht, warum gerade die mährisch-schlesische Mulde noch in ihrer intacten Gestalt sich er- halten haben sollte. Die Böschung eines durch Absinken der Um- gebung vor der Zeit des Flysches entstandenen Horstes kann ja dann in dieser Zeit selbst als Uferrand figurirt haben. Ein solcher Uferrand kann dann wiederum später, als der Flysch gefaltet wurde, von den nächst gelegenen Flyschpartien überschoben worden sein, etwa wie ein Meeresufer von den Wellen der Brandung eine kleine Strecke breit genetzt wird. Mehr jedoch ist im Sinne dieser Anschauung anzunehmen nicht nöthig, denn selbst im Angesicht einer Flachküste läuft das Meer (um diesen von Suess selbst [Entstehung d. Alpen, pag. 22] gelegentlich der besprochenen Frage gemachten Vergleich festzuhalten) nieht über das Land in einer Weise bergauf, dass es unter Aenderung seiner ursprüng- lichen Gleichgewichtslage auf weiten, über dem sonstigen Meeresspiegel gelegenen Strecken dauernd verbleibt, das heisst unter völliger Con- servirung soleher Landstreeken sein Ufer vorschiebt. Es mag also beispielsweise die Steinkohlenformation immerhin an manchen Stellen wie südlich von Oswieeim oder zwischen Karwin und Teschen noch ein Stück weit unter der Flyschdecke vorhanden sein. [411] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 833 Dass sie aber gleichsam ungestört bis zu ihrem ursprünglichen Ablage- rungsende unter dieser Decke fortsetzt und dass dieses Ende dabei meilenweit südlich von dem heutigen Karpathenrande sich befindet, dafür lässt sich schwer weder ein Beweis, noch ein Wahrscheinlichkeits- gutachten durch blosse Speculation erbringen. Vor Allem aber steht die Idee einer weitgehenden Ortsveränderung und Wanderung der Kettengebirge in einem gewissen Widerspruch mit den Ansichten, welehe Suess über das mechanische Wesen der Aufthürmung von Kettengebirgen durch seitlichen Schub ausgesprochen bat. Die sich faltenden Gebirge sollen sich ja doch diesen Ansichten zufolge an gewissen alten, ihrer Aussenseite vorliegenden Schollen stauen. (In unserem Falle würde die sudetische Scholle diese Rolle übernommen haben.) Diese Schollen bilden also die Widerlage für die durch Zusammenpressung der Faltung ausgesetzten Massen. Nimmt man aber an, dass die letzteren ohne Weiteres auf meilenweite Entfernungen über die alte Scholle hinwegwandern, so hat die letztere aufgehört, Widerlage zu sein und ist zur Unterlage geworden, welcher eine stauende Thätigkeit im Sinne eines mechanischen, vertical aufstrebenden Hindernisses nieht mehr beigemessen werden kann. Nimmt man hinzu, dass ebenfalls im Sinne der Ansichten von Suess auf der der stauenden Scholle entgegengesetzten Seite, das heisst auf der von Suess sogenannten Innenseite der Gebirge sich eine durch Einstürze bezeichnete Region der Lockerung und Zerrüttung be- finden soll, so dass, wie ich schon bei einer früheren Gelegenheit (Jahrb. d. geol. R.-A. 1882, pag. 729) sagte, der gebirgsbildende Druck von der Seite so zu sagen eines Loches ausgeht, so stehen die zu- sammenzufaltenden Massen nach dieser Theorie bezüglich der Ursachen des wirksam gedachten Druckes buchstäblich auf beiden Seiten in der Luft, das heisst es fehlen vorn und hinten, auf der Innen- wie auf der Aussenseite der Ketten die mechanischen Bedingungen für einen Zu- sammenschub, dessen Resultat der Faltenwurf der Gebirge sein soll. Die Ansichten, die wir hier berührt haben, widerstreben demnach den Grundgesetzen der Mechanik. Nur einem von vornherein mehr zur Bewunderung als zur Kritik auf- gelegten Publicum vermochte also die in der Form ja stets gewinnende Darstellung von Suess die Theorie des tangentialen Schubes in der Art, in der sie gegeben wurde, so erfolgreich zugänglich zu machen, wie dies allenthalben geschehen ist. Die Neigungen aber des wissen- schaftlichen, so gut wie des grossen Publieums sind wechselnde. Was die Laune des Augenblicks sich gefallen lässt, kann die nächste Stunde beseitigen. Man wird deshalb, ich zweifle nicht daran, jene Theorie über kurz oder lang auch wieder, wenn nicht verlassen, so doch vielfach modifieiren. Ausübende Theoretiker wie Auditorium werden dann in dem Schicksal dieser Hypothese eine Lehre für die Zukunft erblicken dürfen. Die Frucht dieser Lehre braucht aber keineswegs Entmuthigung zu sein. Stets auf’s Neue wird der hochfliegende Geist idealer Forscher den äussersten Zielen der Erkenntniss zustreben. Man wird aber viel- leicht für einige Zeit wieder mehr den Boden respectiren, von welchem aus solcher Flug unternommen wird. 834 Dr. Emil Tietze. Ä [412] Dieser Boden für die Entwicklung der weitausblickenden specula- tiven Geologie ist und bleibt aber die locale Forschung. Auf diesem Boden können Speculationen ebensogut zerschellen als neue Kraft schöpfen. Aus beiden Gründen sollte man sich der Geringsehätzung der Local- forschung mehr enthalten als dies bisweilen geschieht (vergl. die An- merkung auf pag. 75 dieser Abhandlung). Wir bedürfen im Gegentheil einer aufmerksamen Pflege der letzteren heute vielleicht mehr als je, wenn nicht eine kommende Generation nach der anderen, speeulativen Richtung hin in einen Zustand der Uebersättigung gerathen soll, in welchem sie endlich sogar für das Gute und Schöne der rein theoretischen Bestrebungen den Maassstab richtiger Würdigung verliert. Ein solches Extrem wäre sicher ebenso zu beklagen wie die hochfahrende Exelu- sivität speeulativ angelegter Köpfe, denn nur das harmonische Zusammen- wirken aller Kräfte führt schliesslich zu dem Ziele, das uns zu erreichen überhaupt vergönnt sein mag. [413] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 235 an-h,anl.t: Seite Einleitung . . . . . ee ae ee Hydrographische und E uische entirung en ee Uebersicht der das Gebiet zusammensetzenden Formationen . . ..... 2—- 80 Devon . a N nr ae er See ee ea Kohlenkalk RER HRS ne ae urn are ee Be Productive Kohlenformation. EERR ee ie 1lE! Bunter Sandstein (bezüglich theilweise "Perm) N ee ae N u Karel ee re oe... DB Keuper . en EN TER E 3 TErinnge JENE SL, Seo ee EN N enn.. FEDY NOTEN LTE RR a Kreideformation . . ee ee Fee Alttertiäre Ablagerungen a eh ea EROTISCHE WB Io CK a de en ee VEREIN ee ee oil! Allnaninne ge N are el er a (one. No Eruptivgesteine . . N 0. el), Das Altersprincip bei der Nomenclatur der Eruptivgesteine or an Geognostische Localbeschreibung -. -. -. - - 2-2 2.22 0022 2.0 .81—394 Die Gegend von Jaworzuno ...... : .. 81— 9% Kohlenformation und Diluvium bei Jaworzno, Dabr Niedzieliska . . 81— 84 Die Gegend bei Diugoszyn, Szezakowa und Ciezkowice en Dies@esend von Chrzanow und Sierza.. ... “1... 20.0 0 2 „rIF- 4 DEE En LPT ee ae ae ae 10 Sättel und Mulden . . . ende Die Gegend von CHelek Be Tibiez. Pa REDE an on en ln; Die Gegend zwischen Chrzanow und Wdrute ee : Kioelemehei Jaworek und Zarkı . . ... .. 0 %.000 0.0008 a ee Dre ber nie arte re ee ee Muschelkale.. «,=\ +... ER RER I ae 2 99 Die Gegend von Drsichinie nd Ploki ER ERS REN? .101— 108 Sand und seine Unterlage . . - ... 101—102 Buntsandstein und andere Bildungen bei Mystachowice , Ploki und Gaj 102—103 Kal Banmiowacer 2 er 2103106 Lgota, Galman.. . . TR RT Jura bei Trzebinia und Trzebionka . . 2 22.2.2... 20. . 107-108 Jahrbuch der k.K. geol. Reichsanstalt. 1887. 37. Band. 4. Heft. (Dr Emil Tietze) 107 836 Dr. Emil Tietze. [414] Seite Die Gegend von Krzeszowice und Nowa göra 1082-138 Thal von Filipowice und Kohlen daselbst 108-114 Krzeszowice, Miekinia, Nowa göra .„114—120 Czernathal und Umgebung . yo; .120—123 Gegend von Czatkowice, Dubie, Debnik, Paczaltowice und Zary- . 124—135 Ausfüllungsmassen des Rudawathales “ „135—138 Die Gegend zwischen Krzeszowice und Alwernia, . 133—150 Tenezynek, Kohle und Jura daselbst 133—142 Eigenthümlicher Schotter bei M/ynka . 143 Melaphyr von Rudno z . 143— 144 Feuerfeste Thone von Grojee . : . 145 —-146 Gegend von Alwernia, Regulice und Miröw 2 . 147—150 DieGegend von Rusocice, Czernichöw, Sanka und Zabierzöw 150—157 Kalkberge bei Rusocice und Czernichöw. Rasenerze bei Przeginia, Nor- dische Blöcke bei Rybna 190 Neogen bei Rybna „1sl Die Gluchowkischlucht Nee . 151—132 Zalas, Sanka, Frywald und Baczyn k . 152— 154 Gypse bei Czulöw und Ozernichöw ..155 Zabierzöw . . ‚ADD Alter Flusslauf der Rudawa a ERITID: BEIBIENETZON AutT en, Die Gegend von Rudawa, Koby!any und Ujazd.. . 157—160 Kreide von Rudawa und Erraticnım von Radwanowice . ..157—159 Laczki, Kobylany, Kreide von Ujazd und Brzezie ak 159-160 Die Gegend nördlich der Weichsel in der Nähe von Krakau. 160—172 Kreide von Rzaska . . 161 Giebultöw, Trojanowice, Witkowice, "Sudol . ..162—-169 Krzestawice und Mogila 410 Die Gegend ziehen dem unteren Rudawathal und der Weichsel . 140 Die Gegend südlich der Weichsel zwischen Tyniec und Niepofomice bis an den Karpathenrand . 172—183 Salzquellen von Sydzina „18 Pychowice, Zakrzowek a Jura und Kreide bei Podgorze . 276 Tertiär in der Umgebung von Podgorze, Der 'Weichseldurchbruch bei Krakau ist kein Werk des Flusses selbst . 176—177 Quartäre Bildungen, Gyps von Skotniki . ß . 177—179 Die Gegend von Bierzanow, Niepofomice, Klaj, aa Malawies bis zur Bucht von Gdöw . a : . 179—183 Swoszowice. . 183—190 Wieliczka 3 s { i . 190— 268 Einleitung zu diesem Capitel, Beide be Auen Hr at . 190—191 Die Bogueicer Sande und ihre unmittelbaren Liegendschichten „191-197 Ausdehnung des betreffenden Bergbaues, Beschreibung der daselbst auf- geschlossenen Gesteine, insbesondere der Salzvarietäten . . . . . . 197—202 Beginn der Discussion der Lagerungsverhältnisse. Abtheilungen des Salz- gebirges, im Auftreten des Salztrümmer- oder Grün- salzgebirges . . . . ... 202—207 Streichen und Fallen. Der Umstand, "dass angeblich‘ gleichzeitig ver- schiedene Richtungen des Streichens und Fallens bemerkbar sind, wird erläutert und die Erfahrungen, welche man beim Bohrloch von Kossoeice gewann, werden zu dieser Frage in Beziehung gesetzt. . . . - » . 207—R1T Oberer Jura im Liegenden des Salzgebirges . . . 2 ee Facielle Veränderungen im Bereich des Salzgebirges und "seiner Fort- setzungen, Uebergang des oberen Salzgebirges in die Swoszowicer Mergel- und Verarmung jenes Gebirges gegen Westen hin .. .......217—221 [415] Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. 837 Seite Speciellere Erscheinungen bei den Lagerungsverhältnissen, Besprechung der abweichenden Ansichten der Autoren hierüber; die sogenannten Salz- gruppen; die Wiederholungen der einzelnen Abtheilungen des Salz- gebirges sind auf Störungen im Sinne schiefer Faltung zurückzuführen 221—236 Anschluss dieser Störungen an die karpathische Tektonik mit Rücksicht auf eine eventuelle Discordanz des Miocäns gesen die karpathischen Bildungen. Die Bedeutung jener Discordanz wird auf das richtige Maas zurückgeführt . . . . u rn Die Verhältnisse am Nordrande. des Bergbaues und die Wasserführung des Gebirges . . . a An Nothwendigkeit, die Umgebung des Bergbaues durch weitere Aufschluss- arbeiten genau kennen zu lernen und Besprechung hierauf bezüglicher Projecte.. ..... „. . 255— 258 Besprechung der organischen Reste des Salzgebirges und der Ansichten, welche im Laufe der Zeit über das Alter dieser Ablagerung laut ge- wordenssind...". 7. Be ee ee ee Der Karpathenrand bei W ieliczka Haa Sw oszowice und das Kanpathınche Verland nördlich der Raba . . ...... 2.2. 268305 Gegend von Libertöw, Gaj, Mogilany und Strzalkowicee . . . 2... .26822 Gegend am Mokrzec-Bache und bei Konary .. 2 Gegend von. Wrzaszowice, Zielona (Schw efelvorkommen) Ochojno, Rzeszotary, Golkowice und Swiatniki . . . ee ni, Quellgebiet der Wilga, Gegend von Pawlikowice, Raciborsko und Grajow 276—279 Der Karpathenrand in unmittelbarer Nähe von Wieliczka bei Siercza, Wolica, Sygneezöw, Janowice und Kozmicee . . » : 2.2. 2.2.2. ..279—287 Die südlich der Strasse nach Gdöw gelegene Gegend von Lednica, Tomaszko- wice, Mietniöw, Choragwica, Biskupice und Dazany. .. 287-301 Die Gegend südlich der Linie Swiatniki-Hucisko bis an die Raba bei Dziekanowice, Stojowice, Borzeta, Siepraw und Krzyszkowice. . . . 301—305 Dirsaperslaindssutliehrder Baba . 2. . 2... 2 0 ee ala Die Umgebung von Myslenice am linken Rabaufer bis Wieciorka und Peim 305 —310 Die Gegend zwischen der Raba und der Krzyworzeka mit der Stadt Dobezyce 310—314 Die Gegend östlich der Krzyworzeka, das ist das Gebiet um Raciechowice und Zagorzany, sowie das Wassergebiet der Stradomka bei Szezyrzyce und Lapanow bis zur Kostrza . . . Re u u. — are: Das kapathische Hügelland bei or Tetra ie Die Gegend von Skawina, Radziszöw, Izdebnik etwa bis zur Linie Kalwarya- Pobiedr . . . . vet. 8RA—B8l Das Hügelgebiet zwischen Ietztgenannter "Linie und der "Skawa bei Wadowice und Zator .. . . 331— 340 Die Gegend längs der Strasse von Wadowice nach Zator und Oswiecim 340— 342 Die Gegend nördlich Andrychau an der Frydrychöwka und der Wieprzöw ka 345--344 Der östlich derSkawa gelegene unddiesüdliche Umgebung von Kalwarya und Lanckorona umfassende Gebirgstheil 345—363 Die Gegend südlich von Izdebnik und Landskron bis jenseits, der Linie Bew -Bienköwka . . . € 345353 Die Gegend von Kalwarya und Burma 5 zum chen una der "Skawa 353 —363 Ro Bra a 000 Der westlich der Skawa und zwischen den Strassenlinien Wadowice-Andrychau und Sucha-Slemiehn gelegene Ge- en race mare Oligocäne Schiefer bei Wadowice und Choczuia . . 2 2 2 2.2.2.0.... 964 Neocom an der Konöwka und bei Choczuia . . Nr 365367 Kapellenberg von Gorzen und der Godulasandstein weiter südlich . .. . 367369 Kalke von Inwald und Andrychau . . .. RE es.” Das Gebirge südlich von Andry ehau. bis zur "Gegend v von ı Mucharz und Sneha,. .. ae eo ae Istebner Schichten bei Krzeszöw © 2 2220222. . 880-384 10%* 838 Dr. Emil Tietze. Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. [41 1 Die Gegend von Slemien, er und Koszarawa . Die Babia göra. Nachtrag zur Looatbesehr u hetrertena Her Megslsnk lich von Izdebnik "209 ao Schlussbemerkungen ..- = ua and a Val ee re nen Die Discordanzen und Störungen in dem beschriebenen Gebiet . . . .394—403 Alter östlicher Denudationsrand des Muschelkalks. . . . ; 396397. Einseitigkeit der Lössverbreitung an Thälern, kurze Discussion der gegen die darauf bezügliche Tone des Verfassers erhobenen Einwände . 403408 Verschiedenheit der Streichungsrichtungen im karpathischen Theil des Gebiets . 3 . 408 Ansichten von Sneosa Aber daR Erhalten der Sudekischen Scholle? zu den karpatischen Fältungen N Sr IE RENT a Inhaltsangabe. vn. TR U a a Berichtigung einiger Druckfehler. 2 4 Seite 1, Zeile 3 lies: Kosciuszkohügel statt Kosciuskohügel. i „ 75, in der Anmerkung Zeile 5 von unten lies: den kartirenden statt dem kartirenden. K „ 109, Zeile29 lies: losem, weissem Sand statt losmn weissee Sand. Se „ 147, „ 16 von unten lies: widerspräche statt wiederspräche. 4 »„ 227, „ 7 von unten lies: erster Bedeutung statt ernster Bedeutung. , »„ 252, „ 2 von unten lies: identische aber taube statt identischen aber tauben. n„ 325, „ 35 lies: Wyezyszezek statt Wycesyszezek. se Druck von Gottlieb Gistel & Comp. in Wien. 838 Dr. Emil Tietze. Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Krakau. [ Die Gegend von Slemienh, reg und Koszarawa . Die Babia göra . Nachtrag unse these A betrerrend den Tegelsüd- lieh von. Tadepnik er mE u 7 Fra aa ER . 397 — 0 . 393 — 394 Schlussbemerküngen 0:6 aa EN ah elle . 394-412 Die Discordanzen und Störungen in dem beschriebenen Gebiet . . . . 394—403 Alter östlicher Denudationsrand des Muschelkalks. . . . & 396397 Einseitigkeit der Lössverbreitung an Thälern, kurze Discussion der gegen die darauf bezügliche Theorie des Verfassers erhobenen Einwände ‚03108 Verschiedenheit der Streichungsrichtungen im karpathischen Theil des Gebiets : { . 408 Ansichten von ne BHbr das Fan alisies der sudekischen Scholle” zu den Kärpatischen "Faltangen ar = SE BO . 409 — ME Inhaltsangabe... nr... Rn. LTE ENSE IREEER TEE 413-416 Berichtigung einiger Druckfehler. ie 2 Seite 1, Zeile 3 lies: Koseiuszkohügel statt Kosciuskohügel. ES „ 75, in der Anmerkung Zeile 5 von unten lies: den kartirenden statt dem kartirenden. | „109, Zeile 29 lies: losem, weissem Sand statt losmn weissee Sand. te „ 147, „ 16 von unten lies: widerspräche statt wiederspräche. ra „ 227, » 7 von unten lies: erster Bedeutung statt ernster Bedeutung. e. „252, „ 2 von unten lies: identische aber taube statt identischen aber tanben. »„ 825, „ 35 lies: Wyezyszezek statt Wyesyszezek. 2 Druck von Gottlieb Gistel & Comp. in Wien. Blatt 1. Rufsland > "OrdWachh N; Pgremi Galizien Jahrbuch derk.k. Beologischen Reichsanstalt.Bd. XXXVII. 1887. Yarlag von Alfred Hölder.k.k Hof u Universiläts-Buchhändler in Wien vode’ Pr} p y : I r ; & zu er Malsstab 1°” — — rn = = ) u - — 4 J mn un a u un me K.k, DÜNEN Institut Varvielfaltigung vorbehalten l Tafel XV. ‚Russland _Alluvium 2 Raseneisenstein 3 Löss Sand Diluvium 6 |] Schotter I z Nordische Blöcke Ni en } £ EN E Er i \uard. Mae) EN 2 ) = x ai 7 Neogen im Allgemeinen y > T 6 x ? G IN 2 10 Aufserkarpathische Gyps führende Schichten 7] Obere Kreide 25 Oberer Felsenkalk Oberer 1 u Unterer felsenkalk 27 Cordatusschichten 28 | Brauner Jura 29 Keuper(obere Trias) so [NINE Oberer Muschelkalk 31 a Mittlerer 32 ] Nulliporen Dolomit 33 ErzführenderDolomit » u] Wellenkalk 35 Röth 0 | Porphyrtuffe des unteren Muschelkalk des bunten Sandsteins (resp.Perms) 37 Gonglomerate 38 Sandstein und Thon DEIENTT 39 Karniowicer Kalk 40 Productive Kohlenformation 4 Kohlenkalk + Devon Kaka SE Re) eh z ARE & — 3 = / hr / Ju : GE, LUMEN N Thidsköwick Rh 7 =>: x ; x a, B) RR ] \ R Porphyr Melaphjr E> Trachytischer Porphyr 380 I Terrainschraffirung v. Lieut, Heimbach Jahrbuch der k.k. Geologischen Reichsanstalt.Bd. XXXVIl. 1887. erlag von Alfred Hölder.k.k. Hof: u. Universitäts-Buchhändler in Wien Mafsstab fen 15p" sende n ’ F we Ep 2 el m _ zZ zo u BE TEH RT [u en >= er eusinite K.k. militän-geoßralisches Jnstitut Vervielfältigung vorbehalten Blatt I. Farben Erklärung. 1 I 24 Alluvium Tithonischer Kalk 25 Rasenerze Oberer Felsenkalk Tss Unterer Felsenkalk Oberer Jura Sandig lehmige Anschwemmungen Cordatus Schichten RE] = Sand Brauner Jura Diluvium Eu] s En Schotter HIHI 30 mm Oberer Muschelkalk ege Se BE 8” Mittlerer Muschelkalk Nordische erratische Blöcke > El] 9 | Nulliporen Dolomit Marines Neogen im Allgemeinen 33 Erz Unterer 3 .. (Muschelkalk 10 Er Oberes Erzführende Dolomite Ausserkarpathische Gyps führende Schichten Monslo [2J + A Wellenkalk Salzformation des Neogen mit Salz,Schwefel u.Gyps 35 Grodeker (Ciezkowicer) Sandstein i 36 Porpäyrtuffe Magurasandstein 37 44 UnteresTerkiär Conglomerate Buntsandstein SE = dP Dligocäne Schiefer im Allgemeinen [(O!igocän u.Eocän) 38 Sasse Sandstein u. Thon Menilitschiefer 39 1 Karniowicer Kalk | 5 Obere Hieroglyphenschichten “oe Productive Kohlenformatio stebner Schichten LINIE Jstebner Schich “I Kohlenkalk 18 Ausserkarpathische obere Kreide EZ Devon 19 ha Godula-Sandstein R Kreide Porphyr + Ellgother Schichten Tarer Melaphyr 21 Eruptiv Se) 45 pt Wernsdorfer Schichten Er" Gesteine Trachytischer Porphyr Neocomer Karpathensandstein Teschenit Exotische Blöcke Granit I. oKrakau L Chrzanow o oO. Krzezsowice " oWieliczka Mm. oWadowice IN Andrichau Myslenice Jahrbuch derk.k. Geologischen Reichsanstalt. Bd Verlag von Alfred Hölder, k.k.Hof-u. Universltäts-Buchhänd Malsstab 1:75000 Mi = — £ 2 —r Kık.militär. geografisches Jnstitul Vervielfältigung vorbehalten Jahrbuch der k.k. Geologischen Reichsanstalt. Bd XXAVIL. 1887. Verlag von Alfred Hölder, k.k. Hof-u Universitäts-Buchhändler inWien Terrainschraffirung v.Lieut, A, Mes; Mafsstab 1°” =750 oder 100Sth“ zu yooo : un de Kern = =; „ee u Kık. mililär. geografisches Jnstitut Vervielfältigung vorbehalten. | Alluvium Löss 5 Sand Schotter 4 Diluvialer Tegel +++ + Bi Eee Erratische Blöcke 9E Neogen im Allgemeinen . 6rodeker (Liezkowicer) Sandstein Mess Magura Sandstein N | Dligocäne Schiefer u.Thone im Allgemeinen H Menilitschiefer v EEE Obere Hieroglyphenschichten 17 Jstebner Schichten v EEE Weisse Kreide 19 Godula Sandstein Kreide 20 Ellgother Schichten Wernsdorfer Schichten Neocomer Karpathensandstein 23 | 090980 Exotische Blöcke = MIN Tithonischer Kalk Oberer | Jura Oberer Felsenkalk | Unterer Felsenkalk Teschenit + Granit Galizien Tafel XIX. ; 2 Hewi 7 # 2 3 i% ; EN : IN“ 4. i K Alluvium u EAN > : “ Löss ee SE di DI | ER x Bet B j { 22 a ö ei Vroiktke.dl. i 5 Z Sand Schotter 8 ++++ +++ Erratische Blöcke Marines Neogenim Allgemeinen 11 Salzformation des Neogen mit Salz Schwefel u.Gyps Grodeker (Ciezkowicer) Sandstein 1 Magura Sandstein 14 Oligocäne Schiefer im Allgemeinen see Menilitschiefer 1 Obere Hieroglyphenschichten Ye Weisse Kreide 22 Neocomer Karpathensandstein . 23 [8% | Exotische Blöcke 25 Oberer Jurakalk 46 Teschenit - - - or: ä Et = E = u: 3 38“ 308 2 ’ E IK 2 EIS 3 8 8 E BE 3 ; ER: E B 333 g SEhrifEUGERIApEWHURerauer, j ericn IE Terrainschraffirung v. überit. Hei Jahrbuch der k. k Geologischen Reichsanstalt. Bd. XXXVIl. 1887 Nuchteüue 188% Verlag von Alfred Hölder, k.K.Hof-u Universitälsbuchhändler in Wien —# 1 N 2 er = % tr pe ä = 2 _pso Metar 00 Schritte K.k.militar $eografischas JnsuLut Vervielfältigung vorbehalten 2 N he Karte der U = von 4 Geolosise Aufgenommen im Auftrage der k. | k.geolopisc D: EM im Mafsstabe 1: 75000. Blatt I. Tafel XV. a Rn. cr ? R a Re N 5 = U oraeR ; 4 % re Galizien ol. Schrift u. Gerippe v. Oberit. Schuberth Ze slori.Nachdt. Ai, =”, | Ninprzenezyogs: E & \# ! Sn EN ZiE L x. Jgolomü 2 IQ T DE Balizien are —— naue | _ x = Sumatur für „erhaltene Fahrroege — alıe )** S Jahrbuch der k.k. Geologischen Reichsanstalt. Bd. XXXV1l.1887 Verlag von Alfred Hölder.kik.llof u.Universitäts-Buchhändlerin Wien 11880 Terrainschraffirung v.Obenit. Lamp Darhträge. 188% Yalsstab 1%750” oder 1000° = & p 2 N yofm on m m en as on zu _ 40 zu poc0 ga 7seo Mater — — —— = 4 + 5 = Mn Tas 22 eo oo Toos Hoan men wos moo NoanoSchntie K.k.militän geografisches Institut. Vervielfältigung vorbehalten * \ { 4 £% FU So z ( | obtedglih- \ \ ni Nibzl. Larzııcd Bee! Alluvium Sandig ehmiges Diluvium ii = Sand 6 Schotter g Neogen im Allgemeinen 10 Ausserkarpathische Gyps führende Schichten 18 Obere Kreide 25 Oberer Felsenkalk (Jura) ;; Heft 2 ud IV. Ueber die a der Kalksteine der Berranächen & De F 12. Friedrich Katzer in Prag... ; n Am Ueber einige geotektonische Begriffe und d Die geognostischen Verhältnisse der Mir einer ee a aus Es Blatter CALIF ACAD OF SCIENCES LIBRARY 3 1853 10006 0479 |