-. Saiasi- mer ik 2 iR N) N En be be Dr a a Ir u a ie ei Dar Terre or ee u 7 = # “ v A TI u nie Free ENK aR Gr N “ “ IE) 1 e.n,elei si Paie % Poinleeathl L “e erurnbblh ter. £) ie I N “ Brauch, heut srurkn ein azacıte KCeLhLeb “ Die 0) a6 EISEN k { A Dube h “ EHER “ LTLPALh OL 6 Batge NLDLLhATLLILELD, Li a] uf Klein, hu “ 2 s Int Zeh * AEae uoLn te PuleLdLrE wie “ In BO FE x er en un u r urn vr rn -.— nn ms einen ne PR We SEP Sa LIATET TEE [' ” “ wur F v nut & ir: ‚® Pe meer 7619 IE: „ .. % “ * * RR. “ine uw SL -. nu em | - mem ..- ... Bulle, “ =” „ner « eo... * # en ner nenne .. une - mn nn nn [3 vie,® Lauer ”. URELHLTOTULET ENGE ONCE I Ib» .en - 2 were a were . war » en ne .- ” [ic He . ® Krarurn, N Calıfonnia Arademy f ds RECEIVED BY EXCHANGE 125% h Digitized by the Internet Archive in 2011 with funding from | California Academy of Sciences Library http://www.archive.org/details/jahrbuchderka611911unse JAHRBUCH DER KAISERLICH-KÖNIGLICHEN bRULUGISCHEN REICHSANSTALT — YiN « BLRIEVS N ANEREST Zr mis: pr av Pan Zuge. 42 LXI. BAND 1911. Mit 35 Tafeln. Wien, 1911. Verlag der k. k. Geologischen Reichsanstalt. In Kommission bei R. Lechner (Wilh. Müller), k. u. k. Hofbuchhandiung I. Graben 31. tteilungen 4 Er ind für den Inhalt ihrer Mi ın S e Autoren alle i D / ImnhaFtt. Seite Personalstand der k. k. geologischen Reichsanstalt (Ende Dezember 1911). . V Korrespondenten der k. k. geologischen Reichsanstalt 1911 . . ......VMI Heft 1. Die Schichtfolge und der Bau des Jaggl im oberen Vintschgau. Von W. Hammer. Mit 2 Tafeln (Nr. Iund II) und 5 Zinkotypien im Text .. 1 Neue Pteropoden des älteren Paläozoikums Mittelböhmens. Von J. V. Zelizko. Mit zwei Lichtdrucktafeln (Nr. III und IV). ..... 41 Das metamorphe Diorit- und Gabbromassiv in der Denk von Zöptau (Mähren). Von Franz Kretschmer, Bergingenieur ia Sternberg. Mit einer Tafel (Nr. V) und drei Zinkotypien im Text .... E 53 Über Gneise der Ötztalermasse. Von Dr. Guido Hradil in Inhahruek. Mit einer Lichtdrucktafel (Nr. VI) und einer Zinkotypie im Text . .. . 181 Heft 2. Die Diluvialterrasse zwischen Hirt und Zwischenwässern in Kärnten. Von F. Toula. Mit drei Tafeln (Nr. VII-IX) und zwei Zinkotypien im Texas. 2. eu © el) Die gefalteten Daranhliten von A bei Eros in Kanten Een Franz Toula. Mit zwei Tafeln (Nr. X—XI) und zwei Zinkotypien im Text 215 Zur Stratigraphie und Tektonik des Vilajets Skutari in Nordalbanien. Von Dr. Franz Baron Nopcsa. Mit einer Übersichtskarte (Tafel Nr. XII), zwölf Tafeln mit geologischen Landschaftsbildern (Nr. XIII—XXAIV) und sieben Zinkotypien in Text. . ... ERSTES 022) Die Umgebung von Aspang am Wechsel (Niederbeierreich, Portserapkisch und geologisch untersucht von P. Steph. Richarz, 8. V.D. Mit einer Lichtdrucktafel (Nr. XXV) und vier Zinkotypien im Text . . . 285 Geologie des Idrianer Quecksilberbergbaues. Von Dr. Franz Kossmat. Mit zwei Tafeln (Nr. XXVI—XXVII) und sieben Zinkotypien im Text. .. 339 Heft 3 und 4. Die Quarzphyllite in den Rhätschichten des mittleren Gschnitztales. Von Dr. Fritz Kerner v. Marilaun. Mit 12 Textillustrationen. .. . 385 Zur Petrographie der Stubalpe in Steiermark. Ein Beitrag zur Be der kristallinen Umrandung des Grazer Beckens. Von Hans Leit- meier in Wien. Mit einer Tafel (Nr. XXVTIII) und zwei Zinkotypien Ta Vasb N RE EB Rh ee une > DA IV Nachträge zur jungtertiären (pliocänen) Fauna von Tehuantepec. Von Franz Toula. Mit einer Tafel (Nr. XXIX) und zwei Zinkotypien im Text . Die jungtertiäre Fauna von Gatun am Panamakanal. Von Franz Toula. 11.-Reil. Mit 2. Tafeln (Nr. XXX] WAIXXXTIN) re - Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen vom Allgäu zum Br Von Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. Mit drei Tafeln (Nr. XXXII—XXXIV) und 50 Textbildern . ß Die tektonischen Verhältnisse der beskidischen Oberkreideablie ine im nordöstlichen Mähren. Von Dr. Heinrich Beck. Mit einer geologischen Übersichtskarte (Taf. Nr. XXXV) und 29 Zinkotypien im Text) a Verzeichnis der Tafeln. I—II zu: W. Hammer. Die Schichtfolge und der Bau des Jaggl im Vintschgau " a III—IV zu: J. V. Zelizko. Neue Pteropoden des älteren Paläozoi- kums Mittelböhmens sun... 2. 1... Sn V zu: Franz Kretschmer. Das metamorphe Diorit- und Gahbromassiv. von Zöptau N. 2 Ne Dia ee 8 vi zu: Guido Hradil. Gneise der Ötztalermasse . SR VII—IX zu: F. Toula. Diluvialterrasse zwischen Hirt und Zwischen- wässernFin“Karnteneer X—XII zu: ". Toula. Die gefalteten Quarzphyllite von Hirt . xIM—XXIV zu: Dr Franz Baron Nopcsa. Zur a und Tektonik von Nordalbanien i xXXV zu: P. Stephan Richarz. Die Vals von Au am Wechsel . ei XXVI-XXVI zu: Dr. F. Kossmat. Geoibgr des Idrianer Quecksilber- bersbaues ......12.2 a N 2. XXVIII zu: H. Leitmeier. Zur Be der Stubalpe in Steiermark su... ee XXIX zu: F. Toula. Nachträge zur jungteitiären Fauna von Tehuantepec XXX-—XXXI zu: F. Toula. Die jungtertiäre Fauna von Gatun .. .. XXXII—XXXIV zu: OÖ. Ampferer und W. Hammer. Geologischer Quer- schnitt durch die Ostalpen. . .... a > ERERERUYV zu: H. Beck. Die tektonischen Verhältnisse der beskidi- schen Oberkreide in NO-Mähren , Seite 473 487 ösl Seite Personalstand der k. k. geologischen Reichsanstalt. Direktor: Tietze Emil, Ritter des österr. kaiserl. Ordens der Eisernen Krone III. Kl., Besitzer des kaiserl. russischen Skt. Stanislaus-Ordens II. Kl., des Komturkreuzes II. Kl. des königl. schwedischen Nordsternordens und des Kommandeurkreuzes des Sternes) von Rumänien, Ritter des portugiesischen Skt. Jakobsordens und des montenegrinischen Danilo-Ordens, Phil. Dr., k. k. Hofrat, Mitglied der kaiserl. Leop. Carol. deutschen Akademie der Naturforscher in Halle, Ehrenpräsident der k. k. Geogra- phischen Gesellschaft in Wien, Ehrenmitglied der Societe geo- logique de Belgique in Lüttich, der Societe Belge de Geologie, de Paleontologie et d’Hydrologie in Brüssel, der Geological Society of London, der königl. serbischen Akademie der Wissenschaften in Belgrad, der uralischen Gesellschaft von Freunden der Natur- wissenschaften in Jekaterinenburg, der Gesellschaft für Erdkunde in Berlin, der rumänischen Geographischen Gesellschaft in Buka- rest, der schlesischen Gesellschaft für vaterländische Kultur in Breslau und des Naturh. und Kulturh. Vereines in Asch, korre- spondierendes Mitglied der Geographischen Gesellschaft in Leipzig, der kgl. Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen, der Geological Society of America, der Gesellschaft Antonio Alzate in Mexiko etec., III. Hauptstraße Nr. 6. Vizedirektor: Vacek Michael, III. Erdbergerlände Nr. 4. Chefgeologen: Teller Friedrich, Offizier des kais. österr. Franz Josef-Ordens, Phil. Dr. hon. causa, k. k. Bergrat, korr. Mitglied der kais. Akademie der Wissenschaften, II. Schüttelstraße Nr. 15. VI Geyer Georg, Ritter des kais. österr. Franz Josef-Ordens, III. Hörnes- gasse Nr. 9. Bukowski Gejza v., III. Hansalgasse Nr. 3. Rosiwal August, a. o. Professor an der k. k. Technischen Hochschule, III. Kolonitzplatz Nr. 8. Vorstand des chemischen Laboratoriums: Unbesetzt. Ober-Bibliothekar: Matosch Anton, Phil. Dr., kais. Rat, Besitzer der kais. ottomanischen Medaille für Kunst und Gewerbe, III. Hauptstraße Nr. 33. Geologen: Dreger Julius, Phil. Dr., k. k. Bergrat, Ehrenbürger der Stadt Leipnik und der Gemeinde Mösel, III. Ungargasse Nr. 71. Kerner von Marilaun Fritz, Med. U. Dr., XIII. Penzingerstraße Nr. 78. Chemiker: Eichleiter Friedrich, III. Kollergasse Nr. 15. Adjunkten: Hinterlechner Karl, Phil. Dr., XVIII. Klostergasse Nr. 37. Hammer Wilhelm, Phil. Dr., XIII. Waidhausenstraße Nr. 16. Schubert Richard Johann, Phil. Dr., II. Schüttelstraße Nr. 77. Waagen Lukas, Phil. Dr., III. Sophienbrückengasse Nr. 10. Ampferer Otto, Phil. Dr., II. Schüttelstraße Nr. 77. Petrascheck Wilhelm, Phil. Dr., III. Geusaugasse Nr. 31. Assistenten: Trener Giovanni Battista, Phil. Dr., II. Kurzbauergasse Nr. 1. OÖhnesorge Theodor, Phil. Dr., III. Hörnesgasse Nr. 24. Beck Heinrich, Phil. Dr., IH. Erdbergstraße Nr. 35. Vetters Hermann, Phil. Dr., Privatdozent an der k. k. montanistischen Hochschule in Leoben, XVII. Hernalsergürtel Nr. 11. Für das Museum: Zelfzko Johann, Amtsassistent, III. Löwengasse Nr. 37. VII Für die Kartensammlung: Zeichner: Lauf Oskar, I. Johannesgasse 8. Skala Guido, III. Hauptstraße Nr. 81. FieB Otto, XVII. Antonigasse 53. . Für die Kanzlei: Girardi Ernst, Ritter des kais. österr. Franz Josef-Ordens, k. k. Oberrechnungsrat, III. Geologengasse Nr. 1. In zeitlicher Verwendung: : Girardi Margarete, III. Geologengasse Nr. 1. Diener: Laborant: Unbesetzt. Amtsdiener: Palme Franz, Ill. Rasumofskygasse Nr. 23, Ulbing Johann, Besitzer des silbernen Verdienstkreuzes, 11I. Rasumofskygasse Nr. 23, Wallner Mathias, III. Schüttelstraße Nr. 55. Präparator: Spatny Franz, III. Rasumofskygasse Nr. 25. Amtsdienergehilfe für das Museum: Kreyca Alois, III. Erd- bergstraße 33. Amtsdienergehilfe für das Laboratorium: Felix Johann, II. Lechnerstraße 15. Kr #6 je er A s i 2 f i 0 * RN " he MEN Du vn | | er Korrespondenten der k. k. geologischen Reichsanstalt 1911. Dr. Gustav Edler von ATtthaber,® o. Professor der Paläontol an der Universität Wien. Y # rl Dr. Friedrich König in München. Bi Ar aa hi Eduard Lakom, k. u. k. Hauptmann im Geniestabe, Trient. bi Pi Dr. Adalbert Liebus, k. k. Professor an dem Deutschen Altstädter Gymnasium in Prag. =: Die Schichtfolge und der Bau des Jaggl im oberen Vintschgau. Von W. Hammer. Mit 2 Tafeln (Nr. I und II) und 5 Zinkotypien im Text. Einleitung. Am Westrande der Otztaler Alpen südöstlich vom Passe Reschenscheideck steht zwischen den dunkelgefärbten, begrünten Ur- gebirgsbergen ein breiter, stumpfer Felsberg mit kahlen grauen Wänden und lichten Schutthalden, welcher jedem, der hier von der Etsch zum Inn reist, darob auffällt. Er wird von den Anwohnern Jaggl geheißen, ist in den Karten teils auch mit diesem Namen, öfter aber als Endkopf eingetragen und ist einer der Reste einer teilweisen ehe- maligen Uberdeckung der Tiroler Zentralalpen mit Triassedimenten. Seine Tiefenlage gegenüber dem Grundgebirge hat ihn von der Erosion bewahrt. Während die umliegenden Gipfel im Grundgebirge sich bis nahe 3000 m erheben, erreicht der Jaggl nur 2652 m Höhe, anderseits reichen seine Triasschichten bis zur Talsohle am Grauner See (1474 m) herab. Diese Lage findet ihre Erklärung in der tektonischen Geschichte des Berges. Wie bei den meisten Triasinseln der Tiroler Zentralalpen war auch hier A. Pichler der erste, welcher ihr als Geologe seine Aufmerksamkeit zuwandte, indem er die Schichtfolge des Jaggl klar- zulegen suchte!). Dann hat G. Stache als Aufnahmsgeologe der Wiener Reichsanstalt den Jaggl zuerst kartiert und 1877 gelegentlich der Schilderung der Eruptivgesteine an der oberen Etsch auch die Trias des Jaggl beschrieben und ein Profil der „Grauner Wände“ beigegeben 2). Auf eine Schichtgliederung wurde verzichtet. Dann hat C. W. v. Gümbel den Jaggl besucht und sich über die strati- graphischen Verhältnisse desselben geäußert). Ein in knappster Kürze 1) A. Pichler, Der Ötztaler Stock in Tirol. Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1864, pag. 436 u. ff. 2) G. Stache u. ©. John, Geognost. u. petrogr. Beiträge zur Kenntnis älterer Eruptiv- und Massengesteine der Mittel- u. Ostalpen. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1877, pag. 143 u. ff. 3 C. W. Gümbel, Geologisches aus Westtirol und Unterengadin. Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1887, pag. 291 u. ff. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Band, 1. Heft. (W. Hammer.) 1 % 2 W. Hammer. [2] gegebenes Profil der Trias am Endkopf enthält W. Schillers!) Arbeit über die Piz-Ladgruppe nach den Angaben Deningers. Endlich hat in den letzten Jahren R. Lachmann den Jaggl zum Gegenstand seiner Dissertation gewählt und neben einer eingehenden Schilderung auch eine Karte im Maßstab 1:20.000 veröffentlicht 2). Es möchte sonach scheinen, daß der Jaggl bereits hinreichend unter- sucht und beschrieben wurde. Doch haben sich bei der geologischen Neu- aufnahme des Blattes Nauders der Österr. Spezialkarte, auf welchem der Jaggl liegt, seitens des Verfassers so beträchtliche Verschieden- heiten in der Auffassung sowohl als in der Kartenzeichnung gegen- über Lachmanns Darstellung ergeben, daß es erlaubt sein möge, eine nochmalige eingehende Arbeit über dieses interessante Trias- vorkommen vorzulegen. I. Das kristalline Grundgebirge. H Die Triasscholle des Jaggl ist in die kristallinen Schiefer der Ötztaler Alpen eingebettet. Es soll hier nicht auf eine weitergehende Schilderung dieser eingegangen werden; dieselbe wird nach Abschluß der Aufnahmen im ganzen kristallinen Bereich der westlichen Otz- taler Alpen auf den Spezialkartenblättern Glurns-Ortler und Nauders gesondert gegeben werden. Hier sollen nur einige Angaben über die nächste Umgebung des Jaggls angeführt werden. Es sind in der Hauptsache nur zwei kristalline Schiefer, welche hier größere Ausdehnung gewinnen und zwar zwei Gmeisarten, die eine magmatischen, die andere sedimentären Ursprungs. Von St. Valentin auf der Haide bis zum Hengst transgrediert der ° Verrucano über einer ausgedehnten Masse von Örthogneisen, welche sich über das ganze obere Plawenertal, das Großhorn und seine Aus- läufer, den Habicherkopf und einen Teil des Hengst und Angerlekopfes erstreckt. Es sind graue Augengneise, muskovit- und biotitführend, in denen auf der Plawener Alpe eine nahezu ungeschichtete von zahlreichen, bis zu 4 cm langen, grauen Kalifeldspatkristallen er- füllte porphyrgranitische Abart sich heraushebt, ohne aber scharf getrennt zu sein von den Augengneisen. Eine zweite Abart des Augen- gneises zieht als schmales Band der Verrucanogrenze entlang; sie ist durch die rötliche Farbe der Feldspataugen und den lebhaft grünen Serizitbelag der Schieferungsflächen gekennzeichnet. Es sei betreffs der chemischen und petrographischen Eigenschaften dieser Gesteine auf die Abhandlung „Augengneise und verwandte Gesteine des oberen ) W. Schiller, Geolog. Untersuchungen im östl. Unterengadin. II. die Piz-Ladgruppe. Berichte der naturf. Gesellschaft zu Freiburg i. B. Bd. XVI, 1906, yag. 117. ?) R. Lachmann, Der Bau des Jackel im Obervintschgau (V. u. VI. Teil) Inaugural-Dissertation. Gedruckt bei W. Pilz-Berlin 1907. — R. Lachmann, Der Bau des Jackel im Obervintschgau. Beiträge zur Paläont. u. Geologie Österreich- Ungarns u. des Orients. Band XXI. Wien u. Leipzig 1908, pag. 1 u. ff. mit Karte und Profilen. [3] Die Schichtfolge und der Bau des Jaggl im, oberen Vintschgau. 3 Vintschgau* von C. v. John und dem Verfasser in diesem Jahrbuch 1909 verwiesen, in welcher auch gegenüber Lachmanns Beschreibung Stellung genommen wird, der das Gestein von der Plawener Alpe als Quarzdiorit bezeichnet, obwohl doch schon die vielen Alkali- feldspate eine derartige Zuordnung unwahrscheinlich machen. Chemisch entspricht es den Alkaligraniten oder den alkalireichsten Alkali- kalkgraniten, keinesfalls aber einem Diorit. Wegen der unscharfen Abgrenzung wurde auf eine besondere Ausscheidung des Porphyr- granits in der hier beigegebenen Karte verzichtet. Am Westhang des Hengst begleitet die Verrucanogrenze ein Muskovitgranit welcher im orographisch tieferen Teil eine pegmatitische Struktur annimmt und gleichzeitig eine schwach rötliche Färbung der Feldspate zeigt, ähnlich dem genannten Augengneis. Gegen den Kamm zu geht er in kleinkörnigen weißen Muskovitgranit über. Lager von letzterer Art stecken auch in größerer Zahl in den Paragneisen des Poschen- und Riglbachtales. Der Verrucano grenzt im mittleren und im untersten Teil des Poschenbachgrabens an solchen Granit, dazwischen schiebt sich Paragneis ein. Weitere solche Granite wurden schon von Lachmann aus dem Riglbachtale beschrieben. Der Paragneis, welcher den Rücken zwischen Poschen- und Riglbach aufbaut, erstreckt sich mit großer Einförmigkeit über die östlich des Jaggl liegenden Kämme zwischen Langtaufers und Plarail; er breitet sich auch am Graunerberg, nördlich des Jaegl, aus, Zur gleichen Gneisart ist der kristalline Schiefer des Arluiberges zu rechnen. Dem Streichen der Schichten entsprechend setzt er sich in die Elferspitzgruppe, westlich des Jaggl, fort. Es ist ein Biotit- plagioklasgneis, welcher auch Muskovit enthält, durch dessen örtliche Anreicherung auch Übergänge in Zweiglimmergneis hervorgehen, und durchwegs glimmerreich ist. Dabei treten meistens die Feldspate als kleine Körnchen (0'5 bis zu 3 mm) im Querbruch hervor, weshalb man das Gestein als körneligen Gneis oder Perlgneis bezeichnen könnte. Mi- kroskopisch ist für diesen Gneis die innige Durchwachsung von Quarz und Feldspat charakteristisch, sowie der selten fehlende, aber nie be- bedeutende Gehalt an Staurolith und Granat. Am Arluiberg (im Steinbruch) ist der Gneis so quarzreich und feldspatarm, daß man eher von einem Gneis- glimmerschiefer sprechen könnte (auch Granat und Staurolith fand ich hier im Dünnschliff nicht) im allgemeinen ist aber der Feldspat- gehalt, wie schon mit freiem Auge erkenntlich, ein beträchtlicher. Diese Gneise verbreiten sich gegen SO über die Eilferspitz- sruppe bis zum Watles ober Schlinig. In der Elferspitzgruppe werden sie von zahlreichen Gängenporphyritischer Gesteine durchschwärmt, welche von Stache und John!) als Quarzporphyre und Labrador- porphyre beschrieben wurden. Ein paar dieser Gänge finden sich auch noch östlich des Seentales, nämlich einer bei Arlund und zwei am Arluiberg. Neben der Reichsstraße bei P. 1490 setzt ein etwa 60—80 m mächtiger Gang eines schwärzlichen porphyrischen Gesteins ein, das über den Hang hinauf bis zu der mit Glazialschutt bedeckten Wiesen- Djelniec: 1 4 Ww. Hammer. [4] terrasse streicht. Es wird im Süden nur durch einen schmalen Streifen von Gneis von einem parallel verlaufenden zweiten Gang getrennt, welcher ebenfalls bis zur Wiesenterrasse reicht. Ober dieser ist nur mehr ein Gang — von einem kleinen zerquetschten Vorkommen am Grauneralmwege, das vielleicht einem zweiten noch entspricht abgesehen — durch eine Reihe getrennter Aufschlüsse über den Waldhang hin weiter zu verfolgen. Im Marbeltal ist der Gang dann wieder zusammen- hängend quer über das Tal hin aufgeschlossen. Während das Gestein des nördlichen Ganges am Westhang von Arlui die unveränderte massige Struktur besitzt, ist der benachbarte südliche Gang und die ganze weitere Erstreckung bis zum Marbeltal geschiefert. Am stärksten ist dies im Marbeltal unmittelbar an der Bruchlinie gegen die obere Rauhwacke der Fall. Hier ist das Eruptivgestein in einen serizitischen Schiefer umgeformt, welcher nur durch die darin steckenden kleinen Porphyrquarze noch die Herkunft erkennen läßt. In den Dünnschliffen sind alle Übergänge vom unveränderten Ganggestein zu dem fein- schiefrigen Serizitschiefer, welcher noch zertrümmerte Reste der Feldspateinsprenglinge und der Quarzeinsprenglinge enthält, zu ver- folgen. Der Verlauf der Grenzflächen des Ganggesteines (sowie seine Schieferungsflächen) sind parallel der Schieferung des Gneises. Eine Umwandlung letzterer am Kontakt wurde nicht beobachtet. Das Gestein besitzt makroskopisch eine dichte Grundmasse von schwärzlicher Farbe, aus der in größerer Zahl Einsprenglinge von glasigem Quarz in gerundeten Körnern (Größe 2—3 mm) hervor- treten, während die Feldspateinsprenglinge von ähnlicher Größe sich nur undeutlich abheben. Die randlichen Teile am nördlichen Lager an der Westseite des Arlui entbehren der Quarzeinsprenglinge nahezu ganz und sind dagegen sehr reich an kleinen Feldspateinsprenglingen. Die dunklen Gemengteile treten makroskopisch nicht hervor. Unter dem Mikroskop zeigt sich, daß die Menge der Feldspat- einsprenglinge weit größer ist als man mit unbewaffnetem Auge er- wartet. Während die Quarzeinsprenglinge, welche durch magmatische Resorption vollständig abgerundet sind, bis zu eirunden oder kugeligen Körpern, sehr dünn gesät sind, erfüllen die Feldspateinsprenglinge in großer Zahl die Grundmasse in gut ausgebildeten Kriställchen. Es sind stark verzwillingte (Albit- und Periklingesetz nebeneinander, oft auch Karlsbader Gesetz) Andesine, manchmal mit einer sehr wenig saureren schmalen Randzone. Orthoklas, den Stache und John angeben, fand ich nicht. Außerdem sind kleine Kristalle von Horn- blende in geringer Zahl als Einsprenglinge ausgeschieden, in Um- wandlung in Biotit begriffen. Biotit, auch an Menge gering, nimmt eine Mittelstellung zwischen Einsprenglingen und Grundmasse ein, welch letztere grobkörnig, holokristallin erscheint im Dünnschliff und haupt- sächlich aus (stark zersetztem) Feldspat besteht. Quarz vermochte ich nicht sicher zu konstatieren. Das Gestein kann seiner Zusammensetzung und Struktur nach also zu der Gruppe der Dioritporphyrite gestellt werden, womit auch die von John ansgeführte Analyse (Stache und John I. 240) über- einstimmt, undals Quarzporphyrit bezeichnet werden. Die genannten [5] Die Schichtfolge und der Bau des Jagel im oberen Vintschgau. or Autoren führen ihn als „schwarzen Quarzporphyr von Arlui (und Mallag)“ an. Die Neuaufnahme der Elferspitzgruppe (Zwölferspitz- gruppe bei Stache) hat deutliche Belege dafür erbracht, daß diese Gänge nicht Ergüsse porphyrischer Gesteine, sondern Gänge von jüngerem Alter als die Gneise sind, welche von den Porphyriten an mehreren Stellen deutlich durchbrochen werden; dementsprechend wurde das Gestein unter die Ganggesteine eingereiht. Ich hoffe in Bälde die Ergebnisse jener Neuaufnahme in einem eigenen Artikel bekanntgeben zu können. Den Biotitplagioklasgneisen des Graunerberges sind mächtige Lager von Amphibolit eingeschaltet, welche durch die ganze Nord- seite des Langtauferer Tales bis in die inneren Bergzüge der Ötztaler Alpen sich verfolgen lassen. In der Berggruppe der Klopairspitz durchdringt außerdem eine ausgedehnte Intrusivmasse tonalitischer Art die Gneise in vielfacher Verzahnung mit dem Gneis. Das Streichen der Paragneise im Gebiete rings um den Jaggel ist, von kleinen Schwankungen abgesehen, ONO; nur an der Ostseite des Jaggl, im Poschenbachgraben, passen sie sich dem NS-Streichen der Verrucano-Triaszone in den anstoßenden Teilen an. Die Augen- gneise streichen vorwiegend NO, ebenfalls am Rande mit Einlenkung in das Streichen des Verrucano. Die Plagioklasgneise fallen in der sanzen Eiferspitzgruppe und am Graunerberg und Arlui nahezu ausnahmslos nach NNW ein; die Augengneise fallen gegen SO, be- ziehungsweise O ab und ebenso auch die Paragneise am Ochsenberg. Es wurde oben schon die Verschiedenheit der Gesteinsbe- stimmungen im kristallinen Gebiete zwischen Lachmann und mir erwähnt; ebenso kann ich mich ihm nicht anschließen, wenn er bei dem Augengneis mit den roten Feldspataugen diese roten Feldspate als Plagioklase anführt, während nicht nur aus der nicht zu ver- wechselnden Mikroklingitterung, sondern auch aus dem Kaligehalt des Gesteines in der Analyse die Bestimmung als Kalifeldspat mit Sicherheit hervorgeht. In der Auffassung der ganzen Orthogneise der Plawener Masse als einheitliche Eruptivmasse mit der Um- wandlung des größten Teiles derselben in Alkalifeldspatgneise stimmen unsere beiderseitigen Darstellungen überein. In der Karte Lachmanns sind diese Orthogneise zu weit nach NO fortgesetzt, da der Höhenrücken des Öchsenberges bereits aus Paragneisen besteht und die Augengneise am Angerlekopf enden. Dagegen haben die Muskovitgranite eine bedeutend stärkere Verbreitung im im Rigl- und Poschenbachtal als auf Lachmanns Karte ersichtlich. Die Schiefer vom Arluiberg und zwischen Poschenbach und Riglbach werden bei Lachmann als (Biotit-)Serizitphyllit aufgeführt, eine Bezeichnung, welche mir irreführend erscheint, weil dieses Ge- stein keineswegs einen phyllitischen, sondern den Habitus hoch- kristalliner Glimmerschiefer oder Glimmergneise besitzt und auch — von dem durch örtlichbegrenzte tektonische Einwirkungen in der un- mittelbaren Nachbarschaft der Arluier Bruchlinie hervorgerufenen und daher für eine Bezeichnung des ganzen Gesteines durchaus unverwend- baren Serizitgehalt abgesehen — keinen Serizit enthält, wie dies Lach- mann selbst im wesentlichen zugibt, sondern wohlentwickelte Blättchen 6 W. Hammer. [6] von Biotit und Muskovit, anderseits aber im Gebiete der oberen Etsch Serizitphyllite, welche wirklich dieser Bezeichnung petrographisch genau entsprechen, als Vertreter des Verrucano auftreten. Besser ist der Name Phyllit bei dem Gestein an der Bergecke südlich Dörfl berechtigt, den Lachmann als Zweiglimmerphyllit aufführt, doch handelt es sich auch hier meines Frachtens nur um eine ganz beschränkte (Quetschzone im Orthogneis, wie eine solche auch am Südfuß des Großhorns auftritt und dort zur Bildung eines engbegrenzten Vor- kommens von Serizitgneis geführt hat. II. Schichtfolge des Jaggl. Verrucano und Buntsandstein. Wie im ganzen weiten Umkreis von Westtirol und Ostschweiz, breitet sich auch hier zwischen dem kristallinen Grundgebirge und der Trias eine Folge klastischer Gesteine aus. Ihre Basis, unmittelbar auf den Gneisen liegend, bildet eine grobkörnige, lichtgrüne oder grüngraue Arkose, welche stellenweise in Menge Quarzgerölle führt; am Pleißköpfl beobachtete ich auch Bruchstücke rotgefärbter Feldspate in ihr, wie sie in gleicher Weise den hier transgredierten Augengneisen eigen sind. Eine Lage der grünen Arkosen am Pleißköpfl zeigt neben den roten Feldspattrümmern glasige Qnarze, beide ähnlich wie Einsprenglinge in porphyrischen Gesteinen, hier in dem feinkörnigen grünen Grundgemenge steckend; - sie besitzt rotgelbe Verwitterungsfarbe. Höher oben kommen gelbe, etwas weniger grobkörnige Arkosen mit feinen Glimmerschüppchen . auf den Bankungs- oder Schieferungsflächen vor. Das Korn verfeinert sich nach oben zu immer mehr. Es folgen grüne bis grüngraue Serizitquarzitschiefer, tafelig brechend. Dann nahe der oberen Grenze der ganzen Gesteinsgruppe treten weiße oder lichtgraue, feinkörnige Quarzsandsteine auf, bräunlich und gelb anwitternd, dickbankig bis tafelig, oft von quarzitisch dichtem Gefüge und auch oft mit feinen Glimmerschüppchen auf den Spaltflächen. Dann beginnt ein Gehalt an Kalk (oder Dolomit) sich einzu- stellen. Es sind gelblich verwitternde, lichte, kalkige Arkosen oder kalkige Sandsteine, stellenweise stark geschiefert und mit Serizit auf den Schieferungsflächen, ferner beobachtete bereits Lachmann in dieser Zone Bänke, welche noch Quarz und Feldspat nach Art der Arkosen enthalten, daneben aber bereits kleine Crinoiden- stielglieder, Gesteine, welche bereits schon eher zum Muschelkalk zu rechnen sind. Wir haben also ein gutes Beispiel einer kontinuierlichen Ab- lagerungsreihe bei fortschreitender positiver Strandverschiebung. Es ist schwer, in einer solchen Reihe Schichtgrenzen zu ziehen. Die Bezeichnung Verrucano und Buntsandstein entspricht dem aus Analogie mit anderen Gebieten gewonnenen Brauche ohne Anspruch auf strenge Richtigkeit. Der Umstand, daß in den hangendsten sandigkalkigen [7] Die Schichtfolge und der Bau des Jaggl im oberen Vintschgau. 7 Gesteinen bereits Triasfossile sich einschalten und keine Sedimentations- lücke zu beobachten ist, gibt im Jagglgebiete der Bezeichnung Bunt- sandstein für den oberen, vorwiegend aus Quarzsandstein bestehenden Teil eine gewisse Berechtigung. Böse!) glaubt ja, daß der ganze gleiche Schichtkomplex im Engadin als Buntsandstein anzusprechen sei. Es sei diesbezüglich auf die in den Verhandl. d. k.k. geol. R.-A. 1907 (pag. 373 u. f.) gegebenen Ausführungen verwiesen. Petrographisch lassen sich hier jedenfalls zwei Gruppen ganz gut unterscheiden — die grünen Arkosen einerseits und die lichten Quarzsandsteine ander- seits — und dieser Gruppenabteilung wird durch die Bezeichnung Verrucano und Buntsandstein Ausdruck verliehen, ohne gleichzeitig eine sichere stratigraphische Teilung damit zu geben. Lachmann widmete dem Verrucano ein eingehendes Studium, welches zu der Aufstellung eines theoretischen Schemas führte, in welchem die Gesteine einerseits nach der ursprünglichen Zusammen- setzung — Endglieder Kaolin und reine Quarzgesteine — anderseits nach der Umwandlung durch hydrostatischen, beziehungsweise ge- richteten Druck geordnet sind und eine gute Übersicht über die feineren Unterarten der Verrucanogesteine bietet, wobei er aber auch selbst auf Fehlerquellen aufmerksam macht, welche einer praktischen Anwendung im einzelnen sich entgegenstellen können. Eine der wesentlichsten scheint mir aber darin zu liegen, daß der Muskovit dieser Gesteine meines Erachtens ganz oder größtenteils primären Ur- sprungs ist und nicht ein Produkt der Metamorphose -unter hydrosta- tischem Druck, wie Lachmann annimmt. Beieiner über Glimmergneisen transgredierenden Schichtbildung ist ein beträchtlicher Gehalt an dem sehr bestandfähigen Muskovit notwendig zu erwarten. Der Serizit dagegen kann gewiß als Umwandlungsprodukt angesehen werden, welches besonders in Zonen starken, gerichteten Druckes erscheint; sein Auftreten in der Verrucanozone des Jaggl wird mit den inten- siven Faltungen derselben, oft aber auch mit ganz örtlich beschränkten Druckdifferenzen und kleinen Verschiebungen zusammenhängen, wie solche auch weitab von der Verrucanogneisgrenze im Kristallinen auf- treten (Serizitgneis auf der Plawener Alpe). Der Unterschied der ursprünglichen mineralischen Zusammen- setzung, der in der Ordinatenachse von Lachmanns Diagramm an- geordnet ist, scheint mir das Hauptmoment des Gesteinswechsels zu sein. Bei der Zusammensetzung des Grundgebirges aus verschiedenen Gneisen und Glimmerschiefern muß infolge des Tiefergreifens der Erosion und dem Wechsel der Strandlinie das Abschwemmungs- material einem häufigen Wechsel in dem Vorhandensein oder Fehlen, beziehungsweise dem relativen Mengenverhältnisse von Feldspat, Quarz und Glimmer unterliegen. Ich möchte daher die auf der rechten Hälfte von Lachmanns Tabelle eingereihten Gesteine (Muskovit- sandstein, Muskovitphyllite und -quarzite) alle auf primäre und nicht auf sekundär entstandene Verschiedenheit zurückführen. Würde am Jaggl durch hydrostatischen Druck, ausgehend von der früher über- !) E. Böse, Zur Kenntnis der Schichtenfolge im Engadin. Zeitschrift d. Deutsch. geol. Ges. 1896, pag. 557. 8 W. Hammer. [8] lastenden Gebirgsmasse, eine Umwandlung des Verrucano erfolgt sein, so müßten bei der geringen Größe der Triasscholle im Verhältnisse zu dem ganzen Gebirge alle Verrucano- und Triasgesteine eine an- nähernd gleich starke derartige Metamorphose erlitten haben, was aber nicht der Fall ist. Lachmann schätzt die Mächtigkeit des Verrucano auf 200 m, jene des Buntsandstein auf 280 m — eine Schätzung, die wohl zu hoch gegriffen ist, da die großen Flächen, welche sie auf Karten und im Felde einnehmen, größtenteils auf Zusammenfaltung zurückzuführen sind. Ich möchte beide zusammen auf höchstens 200 m schätzen. Muschelkalk. In der über dem Sandstein folgenden Stufe der Schichtenreihe treten starke Schwankungen in der Mächtigkeit der sich beteiligenden Gesteinsarten auf, welche bis zu einer Annäherung an Heteropie führen. Der Saum von Verrucano und Sandstein, welcher die Trias- scholle im Süden und Osten umrahmt, wird hin und hin von einer Zone dieses untertriadischen Horizontes begleitet. Er taucht am unteren Ausgang der Schlucht des Vivanibaches aus den weitgespannten Schutthalden auf, welche den Fuß der Wände umkleiden, und bietet hier folgendes Profil: Quarzsandstein. Hellgrauer Dolomit, wenige Meter. Dunkelgrauer dolomitischer Kalk mit Enerinitenstielgliedern, etwa 6 m. Grauer Dolomit mit knolliger Oberfläche. Dunkelgrauer Dolomit, etwa 10 m, und schließlich eine mächtigere Folge von Rauhwacke mit etwas Gips und lichtem, porösem Dolomit, der oft dünnschiefrig ist und dann einen feinen glimmerigen Überzug auf den Schieferungsflächen trägt, manchmal auch blaßrötlich gefärbt. Diese Gesteinsgruppe, hier schätzungsweise 50 m mächtig, zieht nun, intensiv in kleine Falten gelegt, unter die Wände des Pleis- köpfls und schwingt sich in der Südwand desselben in kühnem Faltenschwung jäh empor zum Grat. Es erscheinen hier wieder die- selben Gesteine wie oben angeführt; rötliche, dünntafelige Kalke, in klirrende Tafelscherben zerfallend, stehen am Wandfuß und den gegen SW vorgeschobenen Köpfchen in der Krummholzregion an; in ihnen fällt nahe der oberen Grenze stellenweise eine festere, weißliche, dicke Bank auf. In der Fallinie unter den Gipfelköpfen sind am Fuß der Südwand Rauhwacke und Gips erschlossen und gaben Anlaß zur Bildung einer kleine Höhle am Wandfuß. In dem zwischen Halden sich abwärts erstreckenden, latschenbesetzten Felsrücken stehen encrinitenführende Dolomite an und eine feinkörnige Crinoidenbreccie und über den der Übergangszone zu den Quarzsandsteinen angehörigen [9] Die Schichtfolge und der Bau des Jaggl im oberen Vintschgan. 9 kieseligen lichten Kalken lichtgraue Dolomite, stellenweise in Rauh- wacke übergehend, welche hier auch von Gipsadern durchzogen ist und darüber dunklere dolomitische Kalke mit knolliger Oberfläche, weißadrig und bräunlich oder gelblich anwitternd. Die Aufeinander- folge der Gesteine ist bei der intensiven enggepreßten Faltung schwer in jeder Einzelheit aufzuklären, doch stimmt sie in den Hauptzügen mit der oben gegebenen Folge überein: über dem Sandstein die lichten Dolomite, dann Knollenkalk und Encrinitendolomit und als oberer Teil die rötlichgrauen Kalkschieferr und Rauhwacke mit Gips; die Mengenverhältnisse sind auch noch ähnlich, die rötlichen Kalkschiefer sind etwas stärker entfaltet, der lichte unterste Dolomit geht hier auch in rauhwackige Formen über. Die dunkelgrauen Dolo- mite nehmen am Pleißköpfl oft eine sehr feinkristalline Struktur an bei großer Härte. Am Grat und an der Nordseite des Pleißköpfl stehen ebenfalls dieselben Gesteine an, bieten aber kein geschlossenes Profil durch alle Glieder. Am großartigsten entfaltet sich diese Schichtgruppe jenseits des Vivanibaches am Hengst, der an beiden Seiten gut aufgeschlossene Profile bietet. Der lichte Dolomit an der Basis fehlt hier. Nur ober der Grauneralpe, am Westfuße des Hengst, schiebt sich noch eine Lage weißlichen Dolomits zwischen die serizitisch-kalkig-quarzitischen Schichten und die Knollenkalke. An der Westseite und an der Nord- seite des Hengst bildet das erste Glied über den quarzitisch- kalkigen Grenzgesteinen ein grauer Dolomit, undeutlich gebankt und gelblich anwitternd, welcher braune oder rote Hornsteinknauern enthält. An der Ostseite des Hengst liegt über den kalkigen Arkosen und Sandsteinen kein Hornsteindolomit, sondern gleich der Knollen- kalk beziehungsweise Knollendolomit; in diesem wechseln dünne (3—5 cm) und dickere Bänke (2—5 dm), welche teilweise einen gelblichbräunlichen, tonigen Belag tragen und an der Oberfläche mit rundlichen, flachen Knollen bedeckt sind, welche sofort an ver- drückte Ammoniten erinnern. Es gelang mir aber trotz alles Suchens nicht, ein sicher als Ammonit zu bestimmendes Stück zu finden. Daneben sind manche Bänke mit geraden oder gekrümmten länglichen Wülsten bedeckt, welche sich auch herauslösen lassen und ebenso wie jene an Ammoniten, hier an Orthoceren erinnern. Diese Knollen- kalke sehen täuschend dem obersten Horizonte des Muschelkalkes im Karwendel ähnlich, wie sie am Kerschbuchhof bei Innsbruck an- stehen und hier und in benachbarten Fundorten Ammoniten der Zone des Ceratites trinodosus geliefert haben. An der Nord- und West- seite breiten sich Knollenkalke über dem Hornsteindolomit aus, meist mit kleinknolliger Struktur, in ihnen finden sich bereits mehrfach Encriniten und aus ihnen geht nach oben ohne Abgrenzung schwärz- licher, braun verwitternder, dickbankiger bis ungebankter Dolomit hervor, der erfüllt ist von zahllosen Encrinitenstielgliedern. Die Stielglieder sind kreisrund, haben einen Durchmesser von 2—8 mm und eine Höhe von 1—2 mm — die breiteren sind die Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Band, 1. Heft. (W. Hammer.) 9 10 W. Hammer. [10] niedrigeren — und grenzen mit einer ineinandergreifenden kleinwelligen Grenzlinie aneinander. Auf der Fläche ist fast immer der Zentral- kanal zu sehen, außerdem an besser erhaltenen Stücken Radialrippen, welche erst am Rande sich kräftig herausheben, seltener von der Mitte ausgehende zahlreiche feine Rillen. Sie entsprechen nach Literatur und Vergleichsmaterial aus dem Museum der Reichsanstalt genau den anderwärts aus dem Muschelkalk als Encrinitenstielglieder beschriebenen Fossilien. Er breitet sich besonders an den Südhängen des Jaggl ober der Grauneralpe aus, durch seine dunklere Färbung und die klotzigen Verwitterungsformen auf weithin von den anderen lichteren Trias- gesteinen sich abhebend. Der Encrinitendolomit ist sehr fein kristallin und von bedeutender Härte. G. Stache gibt an, daß er in dem Encrinitendolomit Retzien gefunden habe, deren Zuordnung zu triadischen Arten ihm aber zweifel- haft erscheint. Auch die Crinoidenstielglieder schienen ihm eher paläo- zoischen als triadischen Crinoiden zuzugehören. Leider hat keiner der nachfolgenden Untersucher mehr die Retzien gefunden. Stache läßt jener Funde wegen die Zugehörigkeit der Jagglgesteine zur Trias in Frage und verzichtet auf eine Gliederung der Schichtfolge. Die Mächtigkeit der eben beschriebenen Schichtglieder am Hengst ist infolge der starken Faltung und Zerreißung schwer anzugeben, doch ist sie jedenfalls bedeutend größer als am Pleißköpfl. Der Encrinitendolomit dringt in einem stumpfen Keil zwischen die Dolomit- und Kalkschichten des Jaggl hinein, wie aus der tek- tonischen Darstellung und den Profilen ersichtlich ist, und wird in diesem vordringenden Teil von blaßrötlichen und rötlichgrauen Kalkschiefern unter- und überlagert. Es sind Kalkschiefer von sehr feinkristalliner bis dichter Struktur mit winzigen Glimmerschüppchen auf den Spaltflächen, in dünne, ebentafelige, klirrende Scherben zer- brechend, die gleichen, wie sie auch am Pleißköpfl anstehen; sie wurden von Pichler als eipollinähnlich bezeichnet, sind aber doch noch weit weniger kristallin als diese. In der hangenden Lage von Kalkschiefern schieben sich an der oberen Grenze einige festere Bänke eines lichtgrauen, porösen Dolomits ein, deren oberste als 5 m mächtige Felsbank weithin hervortritt. Darüber folgt noch eine schmächtige Lage von Kalkschiefer, dann der Diploporen- dolomit. Am Ende des Keiles von Enerinitendolomit vereinen sich der obere und der untere Kalkschiefer zu einer mächtigen Stufe, in deren mittleren Teil eine gelbe rauhwackigbrecciöse Bank ansteht, welche den an der Nordseite des Jaggl in gleicher Lage auftretenden Rauhwacken entspricht (siehe unten). Die Kalkschiefer ziehen als breites Band in die Westhänge des Jaggl fort, ohne noch einmal andere Gesteine der unteren Trias er- scheinen zu lassen. Es treten am Hengst-Jagglmassiv also dieselben Gesteine der unteren Trias in der gleichen Reihenfolge in größerer Mächtigkeit auf, wie sie am Pleißkopf in kleinerem Maße mit einander vereint zwischen Sandstein und Diploporendolomit sich einschalten. [11] Die Schichtfolge und der Bau des Jaggl im oberen Vintschgau. all Die Verrucanozone verläuft vom Hengst dem Poschenbach ent- lang abwärts bis Pedroß im Langtauferer Tal; die linke Talseite wird von den Gesteinen der Muschelkalkgruppe eingenommen. Die gleichen kleinen Schleppfalten erscheinen hier wieder wie am Fuße des Pleißköpfl und dies zusammen mit der dichten Bewaldung der Gänge verhindert es fast ganz, geschlossene Schichtreihen aufstellen zu können. Das herrschende Gestein über den quarzitisch-kalkigen Grenzniveaus ist der dunkelgraue, dickbankige bis massive Encriniten- dolomit. Im unteren Teil des Baches schiebt sich vielleicht zwischen beide stellenweise wieder ein lichtgrauer Dolomit ein, doch ist es in dem Waldgehänge meist nicht sicher, ob man sich nicht schon im überkippten Schenkel der nächsten kleinen Falte und damit im Hangenden des Cri- noidendolomits befindet. An einer Stelle, die schon stark an die Nordseite hinausgerückt ist, beobachtete ich über dem Quarzsandstein zunächst noch die serizitisch belegten kalkigen Schiefer, wie sie auch auf der Grauneralpe in diesem Niveau erscheinen, dann ein paar Bänke eines gyroporellenführenden dolomitischen Kalkes und dann die mächtigen Crinoidendolomite. Steigt man an den felsigen Waldhängen vom Poschenbach in die Nordseite hinaus, so sieht man, daß hier wieder wie auf der Grauner- alpe Kalkschiefer die Encrinitendolomitmasse umschließen: In einer mächtigen Wandstufe ziehen blaßrötliche bis weiße, etwas glimmerhaltiget), dünntafelige Kalke und Kalkschiefer, wechselnd mit porösem, hell- gelblichgrauem Dolomit, der auch meist dünnbankig bis dünnschiefrig, selten dickbankig ist, durch den Wald herab, die Westgrenze der Enerinitendolomite bildend; an ihrem Fuße kommt infolge neuer- licher Auffaltung noch einmal ein kleiner Kopf von Encrinitendolomit heraus, westlich dessen wieder die Kalkschiefer emporgefaltet sind, die dann an Diploporendolomit stoßen. Ebenso lagern im Hangenden der Poschenbach-Encrinitendolomite ober der Waldgrenze wieder die rötlichgrauen, dünntafeligen Kalke; beide Kalkschieferzonen vereinen sich in der Nordwand zu dem den Jaggl umgürtenden Band. In dem Zwickel der sich vereinenden Kalkschieferzüge tritt in beträchtlicher Mächtigkeit Rauhwacke auf, durch poröse Kalkbänke mit den Kalkschiefern verbunden und randlich auch mit Kalkschieferbänken wechsellagernd. In der Nordwand ver- ringert sich die Mächtigkeit der Rauhwacke rasch, doch ist sie als schmales Band bis an die Westseite des Berges zu verfolgen und auch dort läßt die Teilung der Kalkschieferaufschlüsse in zwei Wandstufen mit dazwischenliegender Schuttterasse vermuten, daß unter dem Schutt noch das Rauhwackenband sich fortsetzt, da auch in der Nordwand die Rauhwacke als schmale Terasse zwischen den beiden Wandstufen der Kalkschiefer durchzieht. Die Kalkschiefer, welche die Südwand des Jaggl durchziehen, ober dem Encrinitendolomit, erreichen den Sattel zwischen Hengst und Jaggl: hier und in der Fortsetzung gegen Osten unter beide Berge hinaus entfalten sich im engsten Verband mit den Kalkschiefern 1) Der Muskovit ist in manchen Lagen in kleine Nester von feinen Schüpp- chen geschaart. 9F 12 W. Hammer. [12] wieder Rauhwacke und Gips stärker, während die Kalkschiefer an Mächtigkeit zurücktreten, ähnlich wie am Ausgang der Vivani- bachschlucht. Die Vorkommen von Gesteinen dieser Stufe auf der Hochfläche des Jaggl und ihrem Ostabbruch befinden sich an Stellen so starker Störung, daß sie sich zu einer stratigraphischen Gliederung nicht heran- ziehen lassen. Sehen wir also von der Verschiedenheit der Mächtigkeit ein- zelner Glieder und kleineren faziellen Schwankungen ab, so ergibt sich aus dem ganzen folgende Gliederung von unten nach oben: Kalkig-quarzige Übergangsgesteine zwischen Buntsandstein und Muschelkalk, teilweise mit Crinoiden. Lichtgrauer Dolomit (örtlich beschränkt). Knollenkalke und Enerinitendolomit, lokal an der Basis Hornsteinkalk. Lichtrötliche Kalkschiefer, Rauhwacke uud Gips (Bänke porösen, lichten Dolomits lokal). Es fällt schwer, diese Folge mit Lachmanns Gesteinsreihe der anisischen (und ladinischen) Stufe im einzelnen gleichzustellen, da bei Lachmann meist nicht angegeben wird, an welcher Stelle das betreffende Gestein beobachtet wurde und daher eine Verwechs- lung mit ähnlichen Gesteinen anderer Horizonte eintreten kann. Uber den serizitisch-kalkigen UÜbergangsgesteinen liegt auch in Lachmanns Reihe ein lichter („schneeweiß bis grau“) Dolomit, in dem er unbestimmbare Korallenreste fand. Darüber folgt bei ihm ein „bläulichschwarzer Kalkstein“ vön außerordentlich feinem Korn, der dem Niveau der Knollenkalke etc. entsprechen dürfte. Im Hangenden kann Nr. 3 in Lachmanns Profil „gelbe, feingeschichtete und leicht verwitternde Kalke, die teilweise Rauhwackenstruktur annehmen“ mit maximaler Mächtigkeit von 30 m dem Horizonte der rötlichen, in größeren Felsabsätzen im großen auch gelblich anwitternden Kalk- schiefern und den begleitenden gelben Rauhwacken gleichgesetzt werden. Das Band von Kalkschiefern, welches den Dolomit der obersten Wände am Jaggl rundherum unterteuft, wird von Lachmann aber zu der karnischen Stufe gestellt und als den Schichten im Marbeltal äquivalent betrachtet. Diese rötlichen, eipollinähnlichen Kalkschiefer sind aber lithologisch vollkommen denen in der Schichtfolge unter dem Pleißköpfl und in der Vivanibachschlucht gleich und an diesen Stellen sind sie mit den Crinoidendolomiten zu einer einheitlichen Schicht zwischen Sandstein und Gyroporellendolomit vereint, gehören hier also sicher zum Muschelkalk; aber auch am Südgehänge und am Nordostgehänge des Jagg] liegen sie ebenfalls unmittelbar auf dem En- erinitendolomit; die Encrinitendolomit-Kalkschieferzone am Jaggl-Hengst ist aber auch direkt die Fortsetzung jener vom Pleißköpfl. Es liegt also kein Grund vor, die Kalkschiefer („Glimmerkieselkalk“ bei Lachmann) am Jaggl anders in der Schichtfolge einzureihen als am [13] Die Schichtfolge und der Bau des Jaggl im oberen Vintschgau. 13 Pleißköpfl; in den karnischen Schichten des Marbeltales treten keine gleichen Glimmerkalke auf und wie, im tektonischen Teil gezeigt werden soll, muß auch aus dem Bau des Gebirges kein Schluß auf eine Aquivalenz der Marbeltalschichten und jenes Kalkschieferbandes gezogen werden. Daß an dem letzteren von der Südwestkante des Jaggl bis zu der Nordostkante kein Encrinitendolomit mehr erscheint, sondern nur die Kalkschiefer, wird auf tektonische Vorgänge zurück- geführt werden, es könnte dabei aber auch heteropische Differenzierung mit im Spiele sein. Diploporendolomit. Uber dem Muschelkalk folst als weiteres Glied der unter sich konkordanten Triasschichten des Jagg] eine ungefähr 400 m mächtige Masse dickbankigen Dolomits. Es wechseln mehrmals übereinander mäßig hellgraue und dunkelgraue bis schwärzliche Lagen — zum Beispiel beim Aufstieg durch die „Wände“ zum P. 1962 zählte ich einen 10—12 maligen Wechsel — von denen manche auch beträchtlich kalkig sind; die dunkelgraue Färbung überwiegt; die Anwitterung ist meist heller grau, die Schutthalden leuchten weithin hervor aus den dunklen Felswänden. Die Struktur ist eine fein zuckerkörnige bis dichte. Ein schwach bituminöser Geruch ist nicht selten. Dieser Dolomit enthält in vielen seiner Bänke massenhaft Reste von Diploporen, welche stellenweise im Dünnschliff noch den feineren Bau erkennen lassen. Die Höhe der Ringglieder beträgt 0-8—1'5 mm (bei der Mehr- zahl der Röhrchen 1 mm), ihr Durchmesser 2°5--45 mm bei Vor- herrschen von 3 mm Durchmesser. Die Ringe sind äußerlich scharf abgesetzt voneinander, aber ohne breite oder tiefe Rinnen. Im Dünn- schliff erscheint die Grenze als starke Einkerbung. In jedem Glied sind zwei Reihen von Kanälchen und zwar, soweit erkennbar, wenige und große Kanälchen. Verglichen mit Gümbels!) Angaben geht daraus hervor, daß sie in die Gruppe der Gyroporella annulata gehören, und zwar stimmen die besterhaltenen Exemplare am nächsten mit der Gyroporella macrostoma Gümbel überein, welche im Mendola- dolomit vorkommt. Nur die Ringfurchen scheinen bei dieser nach Gümbels Zeichnung nicht so tief zu sein. Gyroporella annulata stimmt in der Größe ziemlich gut, sie hat aber viele und kleine Kanälchen. Einzelne der besonders kleinen Exemplare könnten viel- leicht zur paueiforata gehören, doch ist auch bei solchen die Ring- höhe nahe bei Imm. Gümbel selbst gibt an, daß er Gyroporella pauciforata am Endkopf gefunden habe, doch mangelt eine nähere Fundortangabe, so daß diese Gyroporellen sowohl aus dem hier Diploporendolomit genannten Gestein als auch aus dem Muschelkalk sein können, in dem ich im Poschenbachtal auch eine Bank mit (schlecht erhaltenen) Gyroporellen fand. Auch nach der Beschreibung von E. W. Benecke?°) sind die !, Abh. d. bayr. Ak. d. Wiss. 1872. ?) E. W. Benecke, Über die Umgebung von Esino. Geogn.-paläontol. Bei- träge Bd. II., 3. Heft, pag. 296 u. ff. München 1876. 14 W. Hammer. [114] vorliegenden Diploporen zur Gruppe der annulatu zu stellen, und zwar zu der Unterart mit geneigten Kanälchen. Nach Beneckes Zeichnung besitzen aber die Esinogyroporellen keine Außenfurchen. Keinesfalls stimmen die Diploporen des Endkopf mit der Gyrop. vesiculifera des Hauptdolomits überein. Sonstige bestimmbare Versteinerungen wurden in diesem Dolo- mit bisher keine gefunden. Der Diploporendolomit bildet den Westgipfel des Pleißköpfl und seine Westabhänge, und seine Fortsetzung nach Norden sind die hohen kahlen Wände, welche die Reichsstraße südlich Graun beherrschen: die Grauner Wände genannt. Seine Stellung zwischen Muschelkalk und oberer Rauhwacke, welche hier außer Zweifel steht, berechtigt, zusammen mit der Art der Gyroporellen ihn als Dolomit der ladinischen Stufe, also dem nordalpinen Wettersteinkalk als alters- gleich, anzusehen. Eine zweite größere Dolomitmasse bildet den höchsten Teil des Jaggl über dem Gürtel von rötlichen Kalkschiefern. Lachmann sieht diesen Dolomit als verschieden von dem Diploporendolomit, und zwar als einen Vertreter des Hauptdolomits an. Dieser Dolomit ist petrographisch vollkommen gleich dem hier beschriebenen; der Wechsel der Färbung und die Struktur stimmen überein; er führt aber auch die gleichen Gyroporellen wie der untere Dolomit, wie mit Hilfe der aus dem anstehenden Gestein in Menge erhältlichen Proben leicht festgestellt werden kann. Außerdem wurde bereits dar- gelegt, daß die unterlagernden Kalkschiefer dem Muschelkalkniveau ange- hören. Ich vermag daher — nachdem ich, angeregt durch Lach- manns Deutung, auch im Felde die Gesteine nochmals einer be- sonders darauf gerichteten Betrachtung unterzog — keinen Grund aufzufinden, um diesen oberen Dolomit am Jaggl in ein anderes Niveau zu stellen als den unteren. Die Lagerungsverhältnisse ergeben bei der einen wie bei der anderen Deutung eine intensive Faltung und Schollung mit flachliegenden Störungsflächen und bieten kein Kriterium für die Altersbestimmung außer höchstens jenes eben an- geführte der Unterlagerung durch die Kalkschiefer des Muschelkalk- niveaus. In den Südwänden des Jaggl fällt nahe dem oberen Rande der- selben eine Bank im Dolomit durch ihre lichte Färbung auf. Steigt mau von oben an die Stelle hin, so trifft man zwei je I—2 m mächtige Bänke lichtgrauen Dolomits, welcher in Menge die auch im oberen Dolomit überall verbreiteten Gyroporellen und außerdem Hohlformen von Turmschnecken von ein paar Zentimeter Länge enthält, die nicht weiter bestimmbar sind. Obere Rauhwacke. Der Diploporendolomit der Grauner Wände wird im Norden im Arluiwald und im Marbeltal sowie in dem Murgraben außerhalb der Grauner Alpe von einer mächtigen Serie rauhwackiger Gesteine überlagert. Es sind gelbliche, kalkige Rauhwacken, Zellendolomit und Gips, ferner besonders mächtig graue, poröse, in Rauhwacke über- [15] Die Schichtfolge und der Bau des Jaggl im oberen Vintschgau. 15 gehende Dolomite mit fein verteiltem Gehalt an Gips, welcher im Anschluß an Lachmann gut als Gipsdolomit bezeichnet werden kann. Ein gering mächtiger, aber charakteristischer Bestandteil sind hellbräunliche, hellgelb verwitternde kalkige Tonschiefer, in dünnen, mild sich anfühlenden Täfelchen brechend. Sie kommen sowohl im Marbeltal und in den Rauhwacken am Nordrande der Grauner Wände als auch in der Mure außerhalb der Grauner Alpe vor, wurden dagegen nirgends in der Muschelkalkserie beobachtet. An den ersteren beiden Orten liegen sie in den tiefsten Teilen der oberen Rauh- wacke, nahe der Hangendgrenze des Gyroporellendolomits, und sind von sehr geringer Mächtigkeit, in der Mure außerhalb der Grauner Alpe liegen sie höher oben in den Rauhwacken und sind etwa 3 m mächtig. In diesem Profil erscheint auch eine rötlich anwitternde Dolomitbreccie im oberen Teile. Sie findet sich nach Lachmann auch im Marbeltal. Eine durch alle Profile gleichbleibende Reihenfolge der einzelnen Gesteinsarten ist nicht vorhanden. Während der untere Rauhwacken- horizont eine Mächtigkeit von höchstens 20 m erreicht, steigt dieselbe hier sicher über 100 m. Lachmann schreibt den „Rauhwacken der karnischen Stufe“ eine Gesamtmächtigkeit von 240 m zu, wobei aber die lichtrötlichen (gelblichen) Kalkschiefer miteinbezogen werden; nach meinen Erfahrungen ist für den unteren Rauhwackenhorizont die Verbindung mit den lichtrötlichen, glimmerführenden Kalkschiefern charakteristisch (Pleißköpfl), während solche den oberen Rauhwacken im Marbeltal -Grauner Wände und außerhalb der Grauner Alpe voll- ständig fehlen, wogegen die gelben Kalktonschiefer nur im oberen Rauhwackenhorizont vorkommen. Der Kalkschiefergürtel um den oberen Teil des Jaggl enthält nirgends Gesteine der oberen Rauhwacke, sondern dese zieht, wie im tektonischen Teil gezeigt werden wird, in einem durch eine Dolomitplatte davon getrennten Band unter ihm durch. Lachmann glaubt den Angaben Pichlers entnehmen zu können, daß dieser in der oberen Rauhwacke des Marbeltals Cardita crenata (suberenata der neueren Namengebung) gefunden hat, doch scheint mir aus der Stelle in Pichlers Schrift nicht hervorzugehen, daß er sie hier gefunden hat, sondern daß er nur das Niveau be- zeichnen will, in welchem er anderweits dieses Fossil fand !). !) Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1864, pag. 438. Profil des Jackl: „4. Die Kalke und Dolomite des eigentlichen St. Cassian, für welche ich bereits früher Cardita crenata nachwies und die ich unter der Kollektivbezeichnung des mittleren Alpen- kalks zusammengefaßt. aümbels Partnachschi.hten bilden einen Teil dieses Komplexes. 5. Oberer Alpenkalk oder Hallstätter Kalk, lichtere, fast marmorartige Gesteine mit Glimmerblättchen wie Cipollin. Doch lassen sich trotz der Metamor- phose einige dem oberen Alpenkalk eigentümliche Korallen nicht verkennen, so wie ich bei 4. die bekannten Stielglieder von Encrinus fand.“ 4 entspricht also offenbar dem Encrinitendolomit und wabrscheinlich auch noch dem Diploporen- dolomit, aber nicht der oberen Rauhwacke und in der Anführung der Cardita crenata drückt sich uur die damalige Anschauung von der Zusammengehörigkeit "von Cardita-Schichten und Partnachschichten aus. Pichler macht auch sonst in den sehr knapp gehaltenen Angaben über den Jackl keinerlei Erwähnung eines Cardita-Fundes. 16 W. Hammer. [16] Die Lagerung des Horizonts über dem Diploporendolomit, im Vergleich mit der Stratigraphie der umliegenden Triasbezirke, spricht gleichwohl dafür, daß hier Aquivalente der Raibler Schichten vorliegen. Vergleich mit benachbarten Triasgebieten. Der Verrucano des Jaggl schließt sich völlig dem des Münster- tales an mit jenen Unterschieden, welche durch den Einfluß des Untergrundes gegeben sind. Da er hier größtenteils über Granitgneis transgrediert, entspricht er am meisten dem der Nordseite des Münstertales; die violett und grün gefleckten serizitischen Schiefer der Südseite des Münstertales fehlen hier und Serizitphyllite sind selten. Gegenüber dem Glarner Gebiet besteht hier ebenso wie im Münstertale der Unterschied im Mangel der polygenen Konglomerate und der Eruptivgesteine. Bei den Ablagerungen der Trias zeigt sich zunächst eine weit- schende Übereinstimmung mit der Schichtfolge der Engadiner Dolomite, zunächst besonders mit der Lischannagruppe, wie dies schon Schiller!) auf Grund von Deningers Profil erkannt hat. Von den Gesteinen des Muschelkalks kehren die dunkelgrauen, encrinitenführenden Dolomite sowohl in der Lischannagruppe als auch in den Triasresten des Sesvennastockes wieder, auch hier in dem unteren Teil des Muschelkalkes und ebenso finden wir beiderseits des Avignatales (Sterlex, Arundakopf) und am Piz Lad bei Nauders die rötlichgrauen Kalkschiefer, welche an letzterem Fundort nach Schiller auch Encriniten enthalten, was bei ihrer petrographischen Gleichheit und der gleichen Vergesellschaftung mit den anderen Muschelkalk- gesteinen ein neuerliches Argument zugunsten der Einreihung des Kalkschiefergürtels am Jaggl in den Muschelkalk bildet. Ebenso sind die Kieselknollenkalke und die Kalke mit wellig-knolliger Oberfläche im Lischannagebiet ebenfalls in diesem Niveau enthalten. Im einzelnen treten viele kleine Schwankungen in dem ganzen Gebiete auf — zeist ja doch schon der enge Bereich des Jaggl beträchtliche Schwankungen in der Zusammensetzung auch dieser einzelnen charakteristischen Gesteine. So wurden von Schiller und mir an manchen Stellen des Lischanna-Münstertalgebietes schwarze Kalk- schiefer und schwarze, mergelige Schiefer beobachtet. welche dem Endkopf fehlen; die lichten gelblichen, gutgebankten Kalke des Schlinigtales kehren am Jaggl auch nicht wieder und fehlen auch am Piz Lad; mit dem Detailprofil dieses letzteren herrscht am Jaggl am meisten Übereinstimmung. Rauhwacken und Gips im oberen Teil des Muschelkalkes am Jaggl finden in der Lischannagruppe höchstens in Lagen porösen, gelblichen Dolomits eine Andeutung; wo im letz- teren Gebiet eine „untere Rauhwacke“ entwickelt ist, liegt sie zwischen dem Buntsandstein uud der Basis der Muschelkalke — dem 1) W. Schiller, Geologische Untersuchungen im östlichen Unterengadin, II. Piz Lad-Gruppe. Bericht d. naturf. Gesellschaft zu Freiburg i. B., Bd. XV, pag. 116 u. ff. [17] Die Schichtfolge und der Bau des Jaggl im oberen Vintschgau. 17 Niveau der Reichenhaller Schichten (Myophorienschichten) gemäß. Vielleicht entspricht dieser „unteren Rauhwacke* der lichtgraue, manchmal auch etwas poröse Dolomit, welcher den Muschelkalk des Jaggl einleitet. Uber dem Muschelkalk breitet sich im ganzen Engadin-Münster- talgebiet eine mächtige, gut gebankte Dolomitmasse aus, analog dem Diploporendolomit des Jaggl. Im Val Plazöl im unteren Münstertal fand ich die Gyroporella annulata, ebenso gibt sie Schiller in der Lisehannagruppe an. Im Niveau der Raibler Schichten ist besonders die Entwicklung im Münstertal der des Jaggl ähnlich: Rauhwacken mit Gips treten mächtig hervor. Daneben finden sich im Profil an der Nordseite des Umbrail-Piz Lad wieder die gleichen gelben, kalkigen Tonschiefer wie am Jaggl. Auch noch im Scarltal wird durch die Rauhwacken und porösen Dolomite (mit Gips?) die Ähnlichkeit hervorgehoben. Dagegen tritt auf der Inntalseite teilweise eine ganz fremdartige Ausbildung ein in Gestalt bunter Kieselschiefer, roter Tonschiefer und Sandsteine (ober Plan da Fontanas, am Eingang ins Scarltal). Für die Raibler Schichten des Münstertales konnie Dr. A. Spitz nach seiner freundlichen, mündlichen Mitteilung das Alter derselben durch Fossilfunde sicherstellen, während es an den anderen Stellen bloß aus der Lagerung zu den Dolomiten geschlossen wird. Der Umstand, daß sowohl hier als am Jaggl die gelben, kalkigen Tonschiefer ein charakteristisches Glied derselben bilden, legt es nahe, diese gleichen Schiefer, welche in den Schichten an der Basis des Ortlers auftreten, als einen Anhalt für die Zuordnung auch dieser Schichtgruppe zu den Raibler Schichten zu erfassen, so daß hier also doch im Sinne von Frechs Stratigraphie des Ortlers eine Trans- sression der Obertrias statt hätte. Allerdings stimmen die anderen Bestandteile der Ortlerbasisschichten wenig mit den Raibler Schichten des Engadin und Jaggl überein. Fassen wir das Ergebnis des Vergleiches zusammen: die Schicht- folge des Jaggl gehört zum Faziesbezirk der Unterengadiner Dolomiten und Münstertaler Alpen und schließt sich damit der Triasentwicklung der Nordtiroler Kalkalpen an. Die Trias, welche östlich jenseits der Otztaler Gruppe im Wipp- tal sich ausbreitet, weist dagegen bedeutende Verschiedenheit auf gegenüber der Jagglschichtfolge; es fehlt im Wipptal die mächtige Entwicklung der unteren und größtenteils auch der mittleren Trias. Nur an der Saile scheinen Raibler Schichten noch entwickelt zu sein und mündlichen Mitteilungen von Herrn Dr. F.v. Kerner zufolge wird wahrscheinlich auch an der Nordseite des Gschnitzer Tales der = Hauptdolomit noch von Raibler Schichten und einem tieferen Dolomit unterlagert. Rhät überdeckt an den Kalkbergen des Wipptales in mächtigen Schichten von Glimmerkalk und Pyritschiefern den Haupt- dolomit, während im Lischannagebiet der Lias direkt über dem Haupt- dolomit transgrediert. Nur der Südrand des ganzen Engadin-Ortlertriasbereiches nähert sich durch die stärkere Ausbildung des Rhät, und wenn man jener oben gegebenen Andeutung folgend die Ortlerschichtfolge mit Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Band, 1. Heft. (W. Hammer.) 3 18 W. Hammer. [18] Raibler Schichten beginnen läßt, auch durch den Mangel der unteren Trias der Wipptaler Fazies — Frechs zentralalpiner Fazies — eine Annäherung, von der auch bereits in Frechs Schriften (Lethaea, Ge- birgsbau der Tiroler Zentralalpen) zu lesen ist. Es ergibt sich dadurch im oberen Vintschgau ein Übergang von der zentralalpinen zur nordalpinen Entwicklung. Die Dolomite sind im Engadin und am Jaggl kaum mehr kristallin als in den Nordalpen, wo der Hauptdolomit ja auch häufig eine sehr feinkristalline („zuckerkörnige*) Struktur besitzt. Die Kalkschiefer scheinen leichter eine etwas bessere Auskristalli- sierung einzugehen, insofern sowohl im Wipptaler als im Engadin- Jagglgebiet hier die Kalkschiefer des Muschelkalkes, dort die rhätischen Glimmerkalke eine vollständigere Kristallisation der Bestand- teile zeigen. Die Glimmerkalke des Wipptales sind übrigens bedeutend mehr cipollinartig als die Kalkschiefer am Jaggl. Die Knollenkalke und der Hornsteinkalk sind dagegen gar nicht metamorph. Eine Abhängigkeit der Metamorphose der Kalke und Dolomite von der Lage des Gesteins zu den Störungsflächen oder der Faltungs- intensität besteht nicht. So ist zum Beispiel der Diploporendolomit zwischen der den Jaggl durchschneidenden horizontalen Schubfläche und den karnischen Rauhwacken ganz gleich wie in der oberen und unteren Dolomitplatte; anderseits sind die Kalkschiefer an allen Stellen, sowohl über dieser Schubfläche als an der Basis der ganzen Jagglscholle gleich und ebenso gleich in Vorkommen am Fuße des Piz Lad und im Avignatal. In den Kalkschiefern kann übrigens der srößte Teil der feinen Glimmerschüppchen auch durch Einschwemmung aus dem nicht allzufernen kristallinen Festland hineingekommen sein; nur selten, wie zum Beispiel an der Nordostseite des Jaggl, findet man etwas größere, in kleine Nester gescharte Muskovit- blättchen, welche entschieden eher als Produkte einer Metamorphose angesehen werden können. III. Bau des Jaggl. 1. Der Verband der jüngeren Schichten mit dem Grund- gebirge. Die dem kristallinen Grundgebirge nächstliegende Schicht, der Verrucano, ist eine grobkörnige Arkose, das heißt die Wiederverkittung der bei der Erosion auseinandergelösten Teile des Gneises. Wie im Münstertal, dort, wo der Verrucano über dem Granitgneis liegt, die Arkosen den Hauptbestand des Verrucano ausmachen, während im Ciavalatschkamm der Transgression über Phyllitgneis die Serizit- phyllite und die serizitischen Schiefer des Muranzatals entsprechen, so bedingt der Granitgneis, welcher von St. Valentin bis zum Hengst den Verrucano unterlagert, die Arkosen des Verrucano in diesem Gebiet. Auch im Poschental trifft man an der Grenze gegen den Verrucano noch mächtige Granitgneislager in den kristallinen Schiefern. [19]. : Die Schichtfolge und der Bau des Jaggl im oberen Vintschgan. 19 Daß es aber tatsächlich der zunächstliegende Granitgneis war, der das Material lieferte, wird dadurch bekräftigt, daß in der Arkose am Pleißköpfl auch wieder die rötlich gefärbten Feldspate sich finden, welche den unmittelbar angrenzenden Augengneis von allen übrigen unterscheiden. In der ganzen Zone von Valentin bis Vivanital ist auch die Grenze von Verrucano und Augengneis so unscharf als es einem der- artigen ungestörten Transgressionsverhältnis entspricht, da die wieder- verkitteten Bestandteile des Gneises in geschiefertem Zustand und unter Serizitneubildung dem Ausgangsgesteine sehr ähnlich werden müssen. Gleiches wurde im Münstertal beobachtet. An der Ostseite des Hengst und Poschenbachgrabens fehlen geeignete Aufschlüsse, da die Grenzlinie gerade in die Zone des Moränen- und Bach- schuttes fällt. Infolge dieser Beziehungen des Verrucano zum Grundgebirge läßt sich ein Heranschieben des Trias-Verrucanoblocks aus der Ferne über das Grundgebirge hin nicht annehmen. Wohl aber haben Bewegungen in vorwiegend vertikaler Richtung einen Teil dieser Grenze betroffen. Am Nordwestrand stößt die obere Rauhwacke, beziehungsweise der Diploporendolomit ohne Zwischenlagerung älterer Trias oder des Verrucano unmittelbar an die kristallinen Gesteine des Arluiberges. Im Marbeltal stoßen die nahezu schwebend liegenden, schwach SO fallenden Bänke der oberen Rauhwacke an einer steil bergeinfallenden Fläche mit den ebenfalls steilstehenden kristallinen Gesteinen zu- sammen, und zwar mit einem Lagergang von Quarzporphyrit, der an seinem nördlichen Rande noch die normale porphyrische Struktur zeigt, gegen den Bruch zu aber so heftige Druckschieferung erlitten hat, daß er zu einem blätterigen Serizitschiefer mit Porphyrquarz- körnern geworden ist. Dabei liegen die randlichen schieferigen Teile flacher, sind also wohl bei der Bewegung an dem Bruch geschleppt worden. Lachmann gibt an, daß er an der Grenzfläche auch Stück- chen des hier sonst nicht vorkommenden Muskovitgneises gefunden habe und ich beobachtete Trümmer eines zerquetschten Ortho- Muskovitgneises am Grauneralpweg an dieser Grenze. Die Bruchlinie verlauft mit SSW-Streichen vom Marbeltal über den Arluiwald bis zur Reichsstraße südlich Graun. Im Arluiwald ent- fernt sich der Porphyritgang vom Bruch, anderseits taucht unter den Rauhwacken noch ein Blatt Diploporendolomit empor und der Bruch trennt am Westhang diesen von den über dem Porphyrit liegenden Gneisglimmerschiefern, welche zu einer engen Knickfalte zusammengeschoben sind, ein Vorgang, der vielleicht auch mit der Bewegung an der Bruchfläche in Zusammenhang steht, da die zum srößeren Teil ebenso wie auf den Arluiwiesen steil NW-fallenden Schiefer erst knapp am Rand plötzlich in ein steiles SO-Fallen ab- geknickt sind. Stache gibt in seiner Manuskriptkarte hier Verrucano im Liegenden der Trias an, doch ist das Gestein bis zum Dolomit hin deutlicher Gneisglimmerschiefer und auch die grünlichen Schiefer, welche am südwestlichen Ende der ganzen Grenzzone nahe neben der Reichsstraße einen kleinen Hügel bilden, sind intensiv verquetschte, 9% [77 = Henost al =) : TEN j 5 = E Viranibach Dr ea X “. | Grauner Wände TRIER 3 Fig. 1. Maßstab: 1:18.750. = gan — Piotitplagioklasgneis und Zweiglimmergneis. — au = Augengneis. — rau = Augengneis mit rotem Feldspat. — a Mg —= Muskovitgranit. — x — Porphyrit. — v — Verrucano. — b — Quarzsandstein. — e — Encrinitendolomit und Knollenkalk. — k = Kalkschiefer und untere Rauhwacke. — d = Diploporendolomit. — 0" — obere Rauhwacke. [21] Die Schichtfolge und der Bau des Jaggl im oberen Vintschgau, 91 serizitische und an Rutschflächen zerblätterte Gneisglimmerschiefer, verschieden von den Serizitgesteinen des Verrucano. Lachmann bezeichnet das Gestein als Serizitquarzit und reiht es ebenfalls in das kristalline Grundgebirge ein. Es ist hier am Nordwestrand also die Triasscholle an einer steil SO einfallenden Fläche abgesunken gegenüber dem Grundgebirge, so daß Verrucano und untere Trias nicht mehr zutage kommen, sondern der Diploporendolomit, beziehungsweise die obere Rauh- wacke am kristallinen Gebirge abstoßen. Am Westabhang des Hengst verlauft die Verrucano-Gneisgrenze vom Kamm in Westsüdwestrichtung gerade über den Berghang herab bis ins Tal, während der Buntsandstein und Crinoidendolomit eine segen SO sich öffnende, liegende Kniefalte bilden (siehe Fig. I), so daß zu erwarten wäre, daß auch die Verrucano-Gneisgrenze dieser Einfaltung gemäß gegen NW sich vor und wieder zurück bewegen würde. Es sieht also sehr danach aus, daß auch hier ein Bruch auftritt. Vom Hengst bis Dörfl ist die Transgressionsgrenze erhalten ge- blieben. Im Poschenbach ist die Grenze fast hin und hin überschüttet oder verwachsen; irgendwelche Anzeichen eines Bruches fehlen, die Schichtfolge vom Gneis über Verrucano, Buntsandstein zum Trias- dolomit ist vollständig, die Diskordanz im Streichen, welche zwischen dem südlichsten Teil der Ostwände des Hengst und dem nächsten Urgebirgsrücken jenseits der trennenden Halde besteht, kann durch die transgressive Lagerung erklärt werden, vielleicht daß auch noch der Bruch an der Westseite des Hengst sich ein Stück weit über den Berg herüber fortsetzt. Im Poschenbachgraben herrscht wieder Ubereinstimmung des regionalen Streichens. Ebenso streichen auf der Strecke Vivanibach—Dörfl Gneis und Verrucano-Trias überein- stimmend, der gemeinsamen letzten Auffaltung entsprechend. Ich stehe mit der Anschauung von der Bodenständigkeit der Verrucano-Triasscholle des Jaggl im Widerspruch zu Lachmann, welcher die Grenzfläche von Verrucano und Gmneis als eine Über- schiebungsfläche ansieht, auf welcher die Jagglscholle von Osten her kam. Soweit sich die angeführten Gründe auf die Störungslinie im Nordwesten beziehen, wie das Zusammenstoßen von oberer Rauhwacke und Kristallin, sind wir in Übereinstimmung, nur läßt sich an der Dislokationslinie des Arluiberges nicht weiter fest- stellen, ob es ein steilstehender Bruch oder eine später aufgerichtete Uberschiebungsfläche ist. Daß der Verrucano im Südost über kristallinen Schiefern verschiedener Art liegt — Augengneis vorwiegend, im Poschenbach auch Zweiglimmergneis und Muskovitgranit — entspricht dem Charakter der Transgression. Wenn Lachmann aus dem Poschental (in Lachmanns Text steht irrtümlich Riglbachtal) ein schräges Verlaufen des Buntsandsteins gegen eine senkrechte Trennungs- fläche beobachtet haben will, so muß ich diesbezüglich auf die beider- seitigen Karten verweisen, aus denen hervorgeht, daß Lachmann durch den ganzen Poschenbachgraben hinab das durch zahlreiche Auf- schlüsse leicht ersichtliche Fortstreichen des Verrucano und Bunt- sandstein längs der Grenze übersehen zu haben scheint, da er auf 29 W, Hammer. [22] seiner Karte von 2400 m an — also vom oberen Ende des Grabens — bis zum Karlinbach hinab keinen Verrucano oder Buntsandstein einzeichnet, sondern die anisisch-ladinischen Gesteine an den Gneis stoßen läßt, was die Schlußfolgerung einer Dislokationslinie her- vorruft. Aber auch am Osthang des Hengst ist von einem solchen Abschneiden nichts zu sehen, Verrucano, Buntsandstein und Muschel- kalk sind einheitlich gefaltet — zwischen ihnen und dem Gneis aber liegt Moräne und Haldenschutt. Ein wichtiges Argument zugunsten Lachmanns Ansicht ist die Angabe, daß er am Pleißköpfl an der Grenze eine Reihe von Blöcken eines Quarzits gefunden habe, der nirgends aus dem weiteren Gebiet des Jaggl bekannt sei, Blöcke, welche Zeichen intensiver mechanischer Beanspruchung zeigen. Nachdem ich die Grenzzone am Pleißköpfl schon vorher kartiert hatte, beging ich sie nach Erscheinen von Lachmanns Arbeit noch zweimal und suchte sie auf das sorgfältigste ab — aber mit negativem Ergebnis rücksichtlich Lachmanns An- gaben !). Ich fand einen Block, der mir auf Lachmanns Beschreibung zu passen schien: ein schwärzliches Schiefergestein mit reichlichen Quarznestern im Querbruch, teils weißer Quarz, teils glasig durch- sichtiger und daher im Gestein dunkel erscheinender Quarz. ähnlich den Quarzen im Verrucano; dazwischen Flasern eines schwärzlichen, feinschieferigen, dichten Gemenges, das auf den Schieferungsflächen verdrückte, geschwärzte oder rostige Muskovitflasern zeigt, seltener Aggregate besser erhaltener, silbrig glänzender Muskovite und dann einem zerdrückten Phyllitgneis ähnlich sehend. Eine Fläche trug einen unvollkommen entwickelten Harnisch. Sieht also das Gestein mikro- skopisch manchen Quetschzonen in Gneisen ähnlich, so ergab die mikroskopische Untersuchung, daß die in Serizitflasern eingebetteten Aggregate größerer klastischer Quarze ganz dem Dünnschliffbilde der Schliffe aus dem Verrucano entsprechen. Es entspricht dieses Gestein allem Anschein nach einer lokalen Quetschzone an der Basis des Ver- rucano, welche vielleicht ein Ausläufer der Verwerfung am Hengst ist, aber es besteht keinerlei Veranlassung oder Notwendigkeit, darin den Zeugen für eine ortsfremde Herkunft des Jaggl zu erblicken. Außer diesem Block fand ich mehrfach Quarzknollen bis zu Kopfgröße und noch größere, milchweiß, rötlich oder grau, mit Sericitschiefer- schuppen umhüllt oder solche einschließend, welche allenfalls Lach- manns Blöcken entsprechen könnten. Es finden sich alle Übergänge von ihnen bis zu den kleinen Quarzgeröllen der Verrucano und ich vermag darin keine Zeugen tektonischer Vorgänge zu erblicken; sie lassen sich als aus den Gneisen stammende Gerölle ungezwungen auffassen. !, Herr Dr. Lachmann hatte die Freandlichkeit, mir brieflich mitzuteilen, daß er einen solchen am Grat befindlichen Block durch ein eingemeißeltes Kreuz gekennzeichnet habe, doch vermochte ich leider auch dieses nicht wiederzufinden, was wohl durch die Verwitterung oder durch Abrollen des blockigen und von Menschen und Weidevieh öfters begangenen Kammes erklärt werden kann. In dem Briefe versicherte mir Herr Dr. Lachmann, daß die Blöcke sicher nicht ident sind mit dynamometamorphiren Verrucano, so daß also der nachfolgend beschrie- bene Block doch nicht den Lachmannschen eutsprechen würde. [23] Die Schichtfolge und der Bau des Jaggl im oberen Vintschgau. 23 Die Grenzzone ist leider über den ganzen Pleißkopf weg nirgends derart aufgeschlossen, daß man Verrucano und Gneis unmittelbar aneinandergrenzen sieht, es bestätigte sich mir aber bei dieser Nach- sicht der früher gewonnene Eindruck, daß diese Grenze (besonders am Kamm, wo die Gesteine einander am nächsten rücken) eine unscharfe ist, aus der Zerfallsoberfläche des Gmneises in die Aufarbeitungs- produkte übergehend. Wenn Lachmann weiters in den Verrucanoschichten Stücke gefunden hat, welche auf zwei Richtungen des Druckes schließen lassen, so kann darin doch kein Argument für eine Heranschiebung aus der Ferne und nachträgliche Faltung entnommen werden, sondern nur eine zweimalige (auch aus verschiedenen Richtungen kommende) mechanische Beanspruchung ; die Transversalschieferung, welche an manchen Teilen des Verrucano sehr schön ausgeprägt ist, entspricht der Belastung durch das übergeschobene kristalline Gebirge und der Auffaltung. Als weiteres Argument gibt Lachmann die Serizitisierung der Feldspate an und da diese „an eine Fläche geknüpft ist, so kann auch hier nur eine in der Fläche wirkende Ursache, wie sie die Uberschiebung ist, als Erklärung herangezogen werden. Eine Seriziti- sierung wäre nur im Muldentiefsten, das heißt auf einer Linie mög- lich, in der die Wirkungen der faltenden Kräfte ihr Maximum zeigen.“ Demgegenüber möchte ich bemerken, daß die am meisten serizithaltigen Gesteine des Verrucano, die Serizitquarzitschiefer, im oberen Teile derselben und nicht an der Basis (der „Zwischenfuge*) liegen und daß bei so intensiver überkippter Faltung doch ebenfalls eine Wirkung in der Fläche eintritt. Einen letzten entscheidenden Beweis sieht Lachmann in dem außerordentlich verwickelten Bau der Triasscholle, gegenüber dem der kristalline „Unterbau durch Risse so gut wie gar nicht zerlegt ist“. Aus der Kompliziertheit des Baues allein ist auf die Art desselben doch wohl kein Schluß zu ziehen — komplizierte Verhältnisse können sicher ebenso durch Faltung autochthonen Gebietes entstehen; was aber den Gegensatz von triadischem „Oberbau“ und kristallinem „Unterbau“ betrifft, so liegt dieser vor allem in der verschiedenen Art begründet, mit welcher Gneise und Glimmerschiefer einerseits und nicht oder wenig metamorpher Kalk und Dolomit anderseits, vor- sefaltetes Grundgebirge und jüngeres Deckgebirge auf gebirgsbildende Einflüsse reagieren. Auch ist hier zu bedenken, daß unsere Kennt- nis der Tektonik des kristallinen Grundgebirges eine weit schlechtere als jene des Deckgebirges ist, dessen Schichtfolge besser bekannt ist, Zweifellos entziehen sich zahlreiche Dislokationen des kristallinen Bereiches unserer Kenntnis. Nach allem dem oben gesagten erscheint mir demnach der Be- weis für den Schubmassencharakter des Jaggl und seine Herkunft aus Osten nicht erbracht. Was die Herkunft aus dem Osten anbelangt, so würde diese zwar mit der Bewegungsrichtung der Faltung im Jaggl in Uberein- stimmung gebracht werden können, aber es wird kaum gelingen, eine „Wurzel“ für eine solche Schubmasse aufzufinden. Im ganzen inneren 24 W. Hammer. [24] Ötztaler Massiv fehlen Triasschichten völlig und die Richtung der Faltenzüge im Innern des Gebirges, NO bis O, stimmt wenig zu einer solchen Annahme; die Trias des Wipptales an der Ostseite der Otztaler Gruppe ist beträchtlich verschieden von der des Jaggl, wie früher auseinandergesetzt wurde. Der Jaggl besitzt eine Meereshöhe von 2652 m und die Triasschichten reichen an seiner Westseite bis zum Talboden in 1490 m herab; die umliegenden Gipfel im kristallinen Gebirge dagegen erheben sich alle nahe bis 3000 m, so daß also die Triasscholle des Jaggl tief ein- gesenkt in das kristalline Gebirge erscheint. Zunächst kann dafür namhaft gemacht werden, daß die Sedimente des Jaggl bei ihrer Ablagerung bereits tiefer lagen als das umgebende kristalline Fest- land, dessen Erosionsprodukte im Verrucano und Buntsandstein da- liegen — vielleicht ist auch der Glimmergehalt der Kalkschiefer auf Einschwemmung zurückzuführen. Des weiteren ist an der Bruchlinie im NW das jüngere Gebirge gesenkt im Verhältnis zu den Glimmer- schiefern des Arluiberges oder letztere gehoben. Diese Dislokation läßt sich nach beiden Seiten hin nicht weiter verfolgen, sie ver- schwindet unter den Alluvionen der Täler und altem Moränenschutt. Endlich ist die Jagglscholle von Osten und Südosten her gefaltet und dabei das Grundgebirge in die Höhe des Jaggl empor und darüber hinauf bewegt worden. Der Bau des Jaggl, Pleißkopf und Hengst. a) Die untere Dolomitplatte und ihr Liegendes. Den wuchtigen Sockel von Jaggl und Pleißkopf bildet der bis zu 400 m mächtige Gyroporellendolomit, am Pleißkopf taucht unter ihm noch Muschelkalk und Verrucano auf. (Siehe Tafel I.) Der Diploporendolomit umgürtet den Berg mit einer düsteren, hohen Wand- stufe, oberhalb welcher erst die flacheren Hänge des Arluiwaldes sich ent- falten. Vom Westgipfel des Pleißkopf fällt er steil nach NW ab, ver- flacht sich stark im unteren Vivanital — stellenweise ist außerhalb der Grauner Alpe O-Fallen zu beobachten — um dann nördlich des Vivanibaches wieder etwas steilere Neigung anzunehmen. Am Nord- ende der Grauner Wände senkt er sich rasch flexurartig zur Tiefe. Einer Störung, welche hier auftritt, sei später gedacht; ein kleiner Teil des Diploporendolomits nur mehr setzt sich in flach muldenförmiger Lage an der Talsohle neben der Reichsstraße gegen Norden fort und erhebt sich, eine steile Felsmauer im Waldgehänge bildend, längs der Arluistörungslinie bis zu den Arluimähdern, wo er endlich von der Störungslinie abgeschnitten wird. Im Bereiche des Arluiwaldes ist der Dolomit von der oberen Rauhwacke bedeckt und erst jenseits des Marbeltales reicht er wieder bis zu den hohen Schutthalden ober dem Karlinbach herab. Er formt hier den krummholzdurchzogenen unteren Teil der Nordwände des Jaggl. Uber dem Marbeltal hin steht die mächtige Dolomitmasse in Zusam- menhang mit Vivanital und Pleißkopf. Das Streichen der Dolomit- platte ist am Pleißkopf nahe dem Liegenden NNO bis fast NS, im [25] Die Schichtfolge und der Bau des Jaggl im oberen Vintschgau. 9 Vivanital NO und zwischen ihm und dem Langtauferer Tal wieder näher an NNO, bis am Ostrand gegen den Muschelkalk wieder nahezu NS-Streichen eintritt. Das NW-Fallen herrscht auch im ganzen nörd- lichen Teil; in jähen Plattenschüssen sinkt der Dolomit unter die Rauhwacke des Marbeltales hinab, während der schmale Gegenflügel am Arluiberg SO fällt. Gegen den Muschelkalk des Poschenbach zu stellt sich ONO-Fallen ein, so daß in Kombination mit dem O-Fallen bei der Grauner Alpe sich eine Aufwölbung der Dolomitplatte am Jaggl ergibt, der im NW die Mulde der Rauhwacken gegenübersteht. Mit dem Aufschwung der Dolomitmasse im Süden kommt unter ihr der Muschelkalk, Buntsandstein und Verrucano an die Oberfläche. Zuerst erscheinen sie in zwei kleinen, von Unterfaltungen begleiteten und gegen NW überkippten Antiklinen am Ausgang der Vivanibach- schlucht, dann taucht der Dolomit an dem Krummholzrücken, der den inneren Talaiwald gegen N abgrenzt, wieder tief herab und erst südlich desselben schwingen sich die Verrucano-Muschelkalkgesteine wieder aus der Tiefe heraus und rasch bis zum Gipfelkamm des Pleißkopf empor (siehe Fig. 1). An den im Krummholz steckenden Felsköpfen und besser noch an den Gipfelwänden ist weithin zu sehen, wie sie mehrere eng zusammengepreßte, sehr steilstehende oder etwas nach WNW überkippte Falten bilden, welche ebenso wie am Vivanibach im Dolomit rasch ausklingen und einem gleichmäßigen, steilen NW-Fallen Platz machen; zahlreiche kleine Brüche und Spalten durchsetzen den bröckligen, dickbankigen Dolomit. An diesen eng- gepreßten Falten beteiligen sich nur der Muschelkalk und der Bunt- sandstein (lichte Quarzsandsteine, an einer Stelle auch noch die grünen Serizitquarzitschiefer), der eigentliche Verrucano tritt nicht mehr in die Antiklinalen ein; in ihm stellt sich ebenso wie im Dolomit rasch eine ziemlich gleichmäßige steile Schichtstellung ein. Am öst- lichen Pleißkopf biegen sich seine Schichten am Kamm sgarben- artig auseinander. Seine tiefsten Lagen fallen sehr steil unter die Gneise ein. Das Streichen ist am Pleißkopf und in seinen Südwänden NS. Gegen den Gneis zu dreht es sich wieder gegen NNO und im Gneis selbst dann in NÖ herum. Die steil OSO fallenden Bänke des Verrucano werden von einer feinen, flach WNW fallenden Transversal- schieferung durchschnitten. Die Verrucanogneisgrenze streicht vom Pleißkopfkamm gegen Süden unter den Schafpleissen durch fort in das breite Schuttkegel- tal gerade östlich über St. Valentin, wobei der Verrucano immer ziemlich steil gegen O unter den Augengneis einfällt. Der bewaldete Rücken südlich des Pleißkopf besteht bis 2000 m hinauf aus Verrucano, wobei zu eberst die grobkörnigen Arkosen, im mittleren Teil (bei dem Waldsattel 1812 ») Serizitquarzitschiefer und zu unterst ober St. Valentin wieder die Arkosen anstehen, während an der dem Pleiß- kopf zugekehrten Seite am Fuß noch Quarzsandsteine, die schon zum Buntsandstein zu rechnen sein dürften, anstehen; dabei ist die Lagerung im untersten Teil flach O fallend (NS-Streichen); es kommt also im Verrucano noch die Form der im OÖ steil aufgebogenen und etwas überkippten Mulde, wie am Pleißköpfl, zum Ausdruck. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Band, 1. Heft. (W. Hammer.) 4 96 W. Hammer. [26] Im mittleren Talaiwald — dem Bergrücken über Dörfll — zerteilt sich die Verrucanozone in zwei Streifen. Unter, zwischen und über ihnen liegt Augengneis, die ganze Schichtfolge streicht NO und fällt mäßig steil bergein. Schon am Pleißkopf ist der Augengneis, welcher zunächst am Verrucano liegt, durch den grünen Serizitbelag der Schieferungs- flächen und die rötliche Färbung der großen Kalifeldspate ver- schieden von der übrigen Masse des Augengneises, welcher das Groß- horn und den Habicherkopf bildet. Wie aus der Arbeit über die „Augengneise des oberen Vintschgau* (Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1910) zu ersehen ist, besteht auch in der chemischen Zusammensetzung ein gewisser Unterschied zwischen dem Gneis mit roten Feldspataugen und dem „Plawener Gneis“. Diese nicht sehr mächtige Gneiszone begleitet den Verrucano bis Dörfl, und zwar sind die zwei Verrucanolagen “ im mittleren Talaiwald oben und unten von diesem Gneis begleitet. Der obere Verrucano endet bereits an dem nordwestlichen Wald- kamm, der begleitende Gneis mit rotem Feldspat aber läßt sich noch weiter durch das ganze Waldgehänge ober Dörfl verfolgen. Obere und untere Zone sinken schließlich unter den weitgespannten Schutt- kegel ober den Fischerhäusern und tauchen nicht wieder auf. Die Verrucano-Muschelkalkzone des Pleißköpfls setzt sich über das Vivanital weg zum Hengst fort und streicht dann ins Poschen- bachtal hinab. Dieser Teil wird bei der Besprechung der oberen Teile des Jaggl folgen. b) Das Hangende der unteren Dolomitplatte. Die muldenförmige Einbiegung der Doiomite im Nordwesten wird von der oberen Rauhwacke ausgefüllt. Im Marbeltal ist ihre muldige Zusammenbiegung gut zu überblicken; am Fuße der Wände des Jaggl lehnen die dickbankigen Rauhwacken und Gipsdolomite steil aufgebogen an den Platten des Dolomits, von den Wasserrinnen in einzelne hochragende Zungen zerteilt, an den kleinen brüchigen Seitengraten am Fuße der Wände aber und an den das Tal im Westen abschließenden Wänden fallen sie, von kleinen sekundären Fältelungen gekräuselt gegen SO ein, der Nordschenkel der Mulde ist demnach bedeutend mächtiger als der Südschenkel, so daß die‘ kleinen Faltungen vielleicht als Schleppfaltungen an Verschiebungen innerhalb des Nordschenkels zu deuten sein werden. Auch in der Fortsetzung der Mulde gegen SW ist der Nord- schenkel weit mächtiger als der Südschenkel, welche beide steiles Ein- fallen gegeneinander zeigen. In den Felshängen über der Reichsstraße, südlich von Graun, geht die Rauhwackenmulde schließlich in die Luft aus. Dabei zeigt sich hier eine eigenartige Störung. (Siehe Fig. 1 u. Taf. II.) Der Diploporen- dolomit der „Wände“ senkt sich rasch gegen NW herab, er steht aber in seinen oberen Bänken nicht direkt in Verbindung mit der mulden- förmigen Dolomitplatte, welche die Rauhwackenmulde unterlagert, sondern hier schiebt sich eine Partie der Rauhwacke dazwischen, so daß der oberste Teil des Dolomits spornartig in der Rauhwacke aus- [27] Die Schichtfolge und der Bau des Jaggl im oberen Vintschgau. 27 keilt. Leider verdecken die großen Schutthalden das südliche Ende dieser Störung. Isoliert liegt weiter südlich am Fuße der Halden noch ein Felsköpfchen aus breceiösem Dolomit, Rauhwacke und etwas lichtgrauen porösen Dolomits (OW streichend und ziemlich steil S fallend), das vielleicht ein abgetrennter Rest des nördlichen Rauh- wackenkeiles ist, wenn es nicht schon der unteren Rauhwacke angehört. Unter der Mulde der oberen Rauhwacke steigt, wie oben be- schrieben, steil aufgebogen im Südost der Diploporendolomit herauf und der sattelförmigen Wölbung entsprechend trifft man in dem höheren Gehänge des Endkopf wieder die durch die Erosion abge- trennte Fortsetzung des Rauhwackenhorizontes. Zwischen 2100 und 2200 m Höhe zieht ein Gürtel von Rauhwacke von der Nordwestkante an durch das westliche Gehänge bis ins Vivanital. Sowohl über den Wänden des Marbeltales als auch im Vivanital finden sich in ihm die charakteristischen gelben, kalkigen Tonschiefer. In den Wänden ober dem Marbeltal ist die Mächtigkeit gering, der Rauhwackegürtel endet hier nahe der Nordwestkante. Die Platten des Diploporendolomits fallen, ohne in die flachere Lage der Rauhwacke und der darüberfolgenden Schichten einzubiegen, von der Rauhwacke so unvermittelt steil nach NW ab, daß es den An- schein einer bruchweisen Abknickung gewinnt. In den Westhängen des Jaggl ist der Gürtel der oberen Rauhwacken schlecht aufge- schlossen, doch läßt er sich, bald in Rinnen, bald auf den dazwischen- liegenden Krummholzrücken aufgeschlossen, hin und hin verfolgen bis an die Bergkante gegen das Vivanital, wo er dann in dem großen Muranrißgebiet außerhalb der Grauner Alpe in voller Mächtigkeit schön aufgeschlossen ist. Hier fällt der unterlagernde Dolomit gegen Östen ein, bildet also einen antiklinalen Gegenflügel zu den NW fallenden Platten im Marbeltal, und zwar fällt er in Ausflußgraben der Mure steil gegen O und biegt kurz unterhalb der Basis der Rauh- wacken plötzlich in flaches O-Fallen ab, welches auch die Rauwacken- schichten beibehalten. Mit diesen Aufschlüssen außerhalb der Grauner Alpe endet dieser Gürtel im Süden. h Uber ihm liegt nun wieder dunkelgrauer Dolomit zunächst. Über dem Marbeltal und in den Westhängen ist er breceiös und splitterig, weiter gegen Süden wird er deutlicherdickbankig und überlagert dergestalt auch in der Mure außerhalb der Grauner Alm die obere Rauhwacke, gegen Osten mit mittlerer Neigung abfallend. (Fig. 2 links unten.) In der Wandzone ober der Mure selbst aber noch ändert sich plötzlich das Fallen; an einer gegen O abfallenden Fiäche stoßen auf jene ÖOst- fallenden Bänke mit ähnlicher Neigung gegen WNW-Fallende des gleichen Dolomits; und dieser bildet nun den untersten senkrechten Abfall der Südwände des Jaggl über der Grauner Alm. Hier ent- halten die dieken Bänke des dunkelgrauen Dolomits massenhaft Gyroporellen, welche in den gut erhaltenen Stücken als zur Gruppe der annulata gehörig sich erweisen. Es besteht diese mittlere, dünne Dolomitplatte — ihre Dicke von der Obergrenze der Rauh- wacke bis zur Schubfläiche im Hangenden ohne Rücksicht auf die Neigung der Bänke gemessen, beträgt im Süden höchstens 100 m, im 4* 28 W. Hammer. [28] Nordwest etwa DO m — also aus demselben Gyroporellendolomit wie die obere und untere. c) Die obere Dolomitkuppe und die Falten und Überschiebungen des Muschelkalk-Verrucanozuges Hengst-Poschenbach. Die mittlere Dolomitplatte endet nach oben an einer flach- liegenden Schubfläche, welche auf der Grauner Alpe in modellartiger Klarheit schon von weitem zu erblicken ist: Die WNW fallenden Dolomitbänke, welche die Wandstufe ober der Grauner Alpe bilden, werden im obersten Teil derselben glatt abgeschnitten und darüber legen sich in anscheinend schwebender Stellung die dünntafeligen lichten Kalkschiefer des Muschelkalkes. Die Trennungsfläche ist von seltener Schärfe — keine Vermengung der Gesteine in einer umfang- reicheren Reibungsbreccie ist eingetreten, sondern der Dolomit ist nur in nächste Nähe der Grenzfläche in eine festgepreßte brecciöse und etwas lichtere Form umgestaltet und gleich darüber beginnen die Tafelsätze der Kalkschiefer. Die Schubfläche streicht taleinwärts unter die Weidehänge der Alpe aus. Die Kalkschiefer bilden einen zweiten, höher als das Rauh- wackenband gelegenen Gürtel in mittlerer Höhe des Jaggl. Sie sind zusammenhängend unter den Gipfelwänden hin an der Westseite zu verfolgen — die weiße Farbe der Halden rührt hier mehr von ihnen als vom Dolomit her — dann streichen sie durch die Nordwände durch und enden erst in den Waldhängen über dem Poschenbach. Sie fallen sehr flach gegen N im Süden, gegen NW in den Nordwänden, so daß ihre obere Grenze von 2400 über der Grauner Alm auf 2270 an der Nordseite herabsinkt. An den Südhängen des Jaggl spaltet sich der Kalkschiefer- gürtel. Der obere Teil streicht zum Sattel zwischen Jaggl und Hengst. An seiner oberen Grenze tritt eine festere dicke Bank porösen licht- grauen Kalkes hervor, von ein paar dünneren gleicher Art unterlagert, welche gegen Osten zu mächtiger wird und sich aus der sonst flacheren Lagerung steil aufrichtet, aus der ONO-Streichrichtung mit, N-Fallen beim Sattel in die NS-Richtung umbiegt und hier gegen OÖ fällt, also überkippt wird. Der untere Teil der Kalkschiefer verläuft entlang der Schub- fläche und endet an den begrünten Schuttkegeln, welche dem Fuß des Hengst entspringen. Sie fallen flach bergein und streichen WNW. Zwischen die Aste der Kalkschiefer schiebt sich ein stumpfer Keil von Encrinitendolomit ein, in klotzigen von Grasbänder durch- zogenen dunklen Felsen sich gut von den lichten Schieferbändern ab- hebend. Dieser Encrinitendolomit reicht bis zu den Hängen des Hengst, wird dort von Knollenkalk und Hornsteindolomit umsäumt, dann folgen gegen SO zu der Buntsandstein, der Verrucano und endlich die Gneise. Die Knollenkalke und Buntsandstein- Verrucano bilden im oberen Gehänge eine gegen WNW sich öffnende liegende Mulde, in deren Kern der Encrinitendolomit eintritt; tiefer am Hang folgt eine bereits teilweise unter die Schuttkegel fallende gleichgebaute Antikline, welche der TER NN NN NN) ZN N) \ NN In: 167 / ul! IN el A [ ER tl EN \ NS EN = \ = Z NY: N - un 1 A ER N SUN kei Nez N N \% RN, RI S —_ Ir DIS NIS IR S Na DIN Südseite des Jaggl, gesehen vom Abhang des Pleißköpfl. Fig. 2. Diploporendolomit. Kalkschiefer und untere Rauhwacke. — D — Enerinitendolomit, — % Quarzsandstein. — e b or = obere Rauhwacke. 30 W. Hammer. [30] Vorwölbung des Encrinitendolomits zwischen die Kalkschiefer entspricht. Am Fuß des Gehänges — am Ausgang der vom Sattel kommenden Rinne — tritt eine neuerliche kleine, gegen WNW überkippte und zerrissene Antiklinale im Buntsandstein ein. Wir befinden uns hier in der Fortsetzung der Verrucano- Muschelkalkzone, welche am Pleißköpfl die intensive Faltung zeigt; das Ausmaß der Faltung ist bedeutend gewachsen, die am Pleißkopf saiger stehenden oder wenig nach W übergebogenen Falten haben hier zu großen liegenden Falten sich entwickelt. Im Anschluß an die Schicht- folge des Muschelkalkes im Vivanischlucht-Pleißkopf-Südwandbereich, wo auch die Kalkschiefer über dem Encrinitendolomit liegen, fasse ich auch hier den Encrinitendolomit als den inneren, die Kalkschiefer als den äußeren Teil auf und deute das Kalkschieferband um den Jaggl herum als eine liegende Falte, deren Kern — der Enceriniten- dolomit — zurückgeblieben ist, während der äußerste Teil der Schicht- folge weiter in die Faltungsrichtung fortgezerrt und zu einer an- scheinend einfachen Kalkschieferlage zusammengelegt wurde. Zwischen den sich aneinanderlegenden Schenkeln aus Kalkschiefer liegt eine rauhwackig-breceiöse Bank. Im unteren Ast der Kalkschiefer ober der Grauner Alpe ist der Kalkschiefer an der Grenze gegen den Crinoiden- dolomit stellenweise stark brecciös ; auch noch im Bereich des Encriniten- dolomits müssen Abhebungsbewegungen an der Grenze stattgehabt haben. Eine Bestätigung findet diese Deutung nun im Nordostgehänge des Jaggl. Auch hier spaltet sich der einheitliche Kalkschiefer- sürtel in zwei Streifen; das Kalkschieferband setzt sich einerseits in gleicher Höhe fort bis an die Ostseite des Jaggl, anderseits zieht ein breiter Zug von Kalkschiefer, NO streichend und steil SO fallend, eine hohe Wandstufe bildend, durchs Gehänge abwärts bis zu den Schutthalden am Fuß des Berges; zwischen beiden Asten liegt hier, wie auf der Grauner Alm, Encrinitendolomit, welcher die Wand- stufen in dem steilen Waldgehänge an der untersten NO-Kante des Berges bildet. Auch hier finden aber im Liegenden des unteren Bandes neuerliche kleine Aufwölbungen (mindestens drei) mit intensiver Faltung der Kalkschiefer in gegen W überkippten geschlossenen Falten statt. Im Kern der ersten solchen Falte kommt nochmals der Encriniten- dolomit und die Grenzgesteine gegen den Buntsandstein in einem kleinen Felsköpfchen am Fuß der größeren Wände zum Vorschein. Schließlich legen sich die Kalkschiefer auf die Platten des Diploporendolomits, der hier steil O fällt. Auch der obere Ast der Kalkschiefer weist kleine liegende Fältelungen auf. Im Zwickel der auseinandertretenden Kalkschieferzonen liegt Rauhwacke — wie oben schon beschrieben steht sie in engstem Verband mit den Kalkschiefern — und setzt sich rasch sich verschmälernd auch in den Kalkschiefergürtel der Nordseite fort — vielleicht bis zu der Rauhwackelage in der Süd- wand, so daß also die Kalkschieferzone in zwei durch eine Rauh- wackenlage getrennte aufeinanderliegende Schichten zerfällt. Der Encrinitendolomit liegt im NO-Gehänge flach, während die Kalkschiefer steil abfallen, es dürfte also hier eine starke Abhebung der aufeinanderfolgenden Schichtgruppen oder vielleicht auch ein späterer Bruch die Ursache sein. Die Schichtfolge und der Bau des Jaggl im oberen Vintschgau. 31 [31] "INITMUNEY 91990 = .10 -tmojopusaodordıg = p — '39rayney arsyun — y pun dajaıgasyey — ‘u94s0PAoN UOA [SSeF sap FyoIsuYy y — yeyuajfouy pun NWwojopuanurmug —= 9 'E 'SId 2 I Mm N m ZEN os DD W. Hammer. [32] Im ganzen sehen wir also hier im NO wieder die gleichen liegenden Falten der Kalkschiefer, welche sich öffnen und einen breiten Kern von Encrinitendolomit umschließen, die gegen N weiterstreichende Falte von den Südhängen des Jaggl, welche hier im NO wieder von der Erosion eröffnet wird. Im „Liegenden“ des Encrinitendolomits der NO-Kante, im Poschen- bachtal, folgt wieder Buntsandstein und Verrucano: das nördliche Ende der Zone des Pleißköpfl. An dem linksufrigen Gehänge des Poschenbachgrabens sieht man von der Mündung bis zur Waldgrenze hinauf dreimal den Buntsandstein in flacher Lagerung weit in den Encri- nitendolomit hinein vorgreifen, mehrere kleinere Vorwölbungen liegen da- zwischen. Es sind die zusammengepreßten überkippten Faltungen der Pleißkopfzone, hier mehrfach bis zur liegenden Stellung überkippt. Im unteren Teil des Baches ist einmal die Synklinalumbiegung des Muschel- kalkes gut erhalten zu sehen; im übrigen läßt die Waldigkeit des Ge- hänges das Faltenbild nicht so leicht überblicken wie dort. Auch hier treten die grünen Arkosen des Verrucano nicht mehr in die Falten- schlingen ein. Deutlicher tritt dieser Bau in die Erscheinung im obersten Teil des Poschenbachtales, an der Ost- und Nordostseite des Hengst; am unteren Teil seiner Nordostkante erscheint eine große, gegen W weit offene Synklinalumbiegung mit Buntsandstein außen, Knollenkalk und Enecrinitendolomit im Innern, im oberen Teil eine zweite und am Rand der Kammfläche eine dritte; auch hier jedesmal nur mit Buntsand- stein. Erst im südlichen Teil des Hengst kommen dann auch die Arkosen des Verrucano zur Höhe herauf und sind hier auch in steil empor- gewölbte Falten mit dem Buntsandstein verknüpft. Gleichzeitig sind beide von ausgeprägter Transversalschieferung betroffen; die steil aufsteigenden Bänke werden von einer flach bergeinfallenden feinen Schieferung durchschnitten. Das Streichen am Hengst ist NS und auch im unteren Poschenbachgraben ist das die herrschende Streichungs- richtung. Die Nordseite und die Hänge gegen den Sattel liegen ganz im Enerinitendolomit, während die Gipfelfläche von Verrucano und Bunt- sandstein überdeckt wird und herumliegende Gneisblöcke deuten darauf, daß auch der Gneis sich einst noch darüber wölbte. Damit ist der Anschluß an die früher gegebene Darstellung des Pleißkopf in Vivanitales erreicht. Die mittlere dünne Dolomitplatte, welche unter der Schub- fläche liegt, läßt sich in den Nordwänden nach dem Verschwinden der Zone von oberer Rauhwacke nicht mehr deutlich von der unteren Dolomitplatte trennen, vielleicht keilt sie bald darauf unter dem Kalkschieferband aus. Das entscheidende Gehänge besteht aus kaum zugänglichen Pattensteilhängen. Uber dem Kalkschiefergürtel baut sich dann der Gipfelkopf des Jaggl auf. Er erhebt sich in steilen Felshängen und Wänden über den schuttigen Steilhängen der Kalkschiefer und trägt ein weites, flaches, von Weide überzogenes Gipfelfeld. Diese Felsmasse ist eine dritte, die obere Dolomitplatte aus demselben dunkelgrauen, seltener helleren, dickbankigen Dolomit und dolomitischen Kalk mit [33] Die Schichtfolge und der Bau des Jaggl im oberen Vintschgau. 33 Gyroporella annulata wie die beiden unteren Platten. Die Neigung der Dolomitbänke ist im allgemeinen gegen NW gerichtet, doch ist eine schwache Wölbung dadurch ausgedrückt, daß sie in den nördlichen Partien mehr gegen N fallen, in den westlichen gegen NW, Das Fallen ist in der Südwand steil, im ganzen übrigen Teil aber flach. Zwischen den Dolomitbänken der Südwand und den unterlagernden Kalkschiefer besteht eine schwache Diskordanz, indem die ersteren sich rascher in die Höhe biegen als die letzteren. d) Das Gipfelfeld des Jaggl und der Ostabhang desselben. Der Diploporendolomit der oberen Platte biegt sich im Süd- osten stark in die Höhe. Ebenso wurde oben angeführt, daß die festen Bänke im Hangenden der Kalkschiefer sich am Sattel in dieser Richtung steil in die Höhe drehen, gegen NS einschwenken und eine leichte UÜberkippung gegen W erleiden; beides sind Anzeichen einer neuerlichen liegenden Falte, welche aus der Verrucanotriaszone heraus sich gegen Westen vorstreckt und das Gipfelfeld des Jaggl bedeckt. Allerdings ist diese nur bruchstückweise erhalten, teils weil sie an der Erosionsgrenze liegt, mehr noch aber, weil sie ebenso wie die untere von Schubflächen begleitet wird. Fig. 4. Gipfelfläche des Jaggl, gesehen vom Hengst. b = Quarzsandstein. — e = Encrinitendolomit. — k —= Kalkschiefer und untere Rauhwacke. — D — Diploporendolomit. Auf dem Diploporendolomit liegen am Westrand des Gipfelfeldes und quer durch den nördlichen Teil desselben zunächst rötliche Kalk- schiefer (auch mit einigen lichtgrauen festeren Kalkbänken im Hangenden, wie in den Südwänden) NS streichend und ziemlich steil O fallend in einer Stärke von etwa 30 m. Nahe der SW-Kante enden sie und im oberen Rande der Südwände liegt auf dem Diploporendolomit der weißliche Quarzsandstein der Buntsandsteinstufe. Dieser senkt sich einerseits über die flache Abdachung bis zum Sattel JaggI—Hengst Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Band, 1. Heft. (W. Hammer.) 5 34 W. Hammer. [34] hinab, anderseits zieht er im Westen um die Gipfelhöhe herum und breitet sich zwischen ihm und dem Kalkschieferstreifen im Norden aus bis zum Ostrand des Gipfelfeldes. Zwischen Kalkschiefer und Buntsandstein schiebt sich aber in diesem nördlichen Teil noch ein schmaler, kurzer Streifen von jenem gelben Tonschiefer, wie er in der oberen Rauhwacke auftritt, und darüber — beide sind in dem obersten Ende der gegen Pedroß hinabziehenden Rinne aufgeschlossen und östlich davon — Encerinitendolomit. Die Gipfelhöhe wird von einem dunkelgrauen feinkristallinen Dolomit mit knolliger Oberfläche eingenommen. Er sieht in manchen Stücken zwar auch dem Diplo- porendolomit ähnlich, doch nach seinem gesamten Habitus, beson- ders der knauerigen oder knolligen Oberfläche wegen, schließlich auch wegen des weiter östlich damit zusammenhängenden Vorkommens, scheint er mir entschieden eher dem Knollenkalke des Hengst, be- ziehungsweise dem Crinoidendolomit zu entsprechen. Encriniten fand ich, trotz Suchens, hier keine, da ein Stückchen, welches zahlreiche solche enthielt, mir wegen der etwas abweichenden Gesteinsart und der plötz- lichen Menge von Crinoiden, sehr den Verdacht erweckte, daß es von irgendwelchen der nicht seltenen Besucher dieses Aussichtsberges von weiter unten mit heraufgetragen und liegen gelassen wurde. Wohl aber sehen einzelne starkkristalline Lagen der kleinkörnigen Crinoiden- breccie vom Pleißkopf ähnlich. Am Westrand des Gipfelfeldes streicht der Gipfeldolomit WNW und fällt flach NNO. Er zieht vom Gipfel in breitem Streifen bis zum Ostrand der Gipfelfläche, wo er plötzlich steil mit NS-Streichen gegen Osten in die Tiefe bricht, gegen unten aber wieder flacher ausläuft. Unter ihm taucht gegen den Sattel zu am ÖOsthang wieder der Buntsandstein des Gipfelfeldes hervor, das Östende des den Gipfel umgürtenden Bandes. Nahe ober dem Sattel ist hier noch an einer Stelle ein Erosionsrest des aufliegenden Dolomits in einer kleinen Klippe erhalten und hier enthält der Dolomit noch Enceriniten. Da diese Dolomitklippe dem Anschein nach ein nur durch die Erosion abgetrennter Teil des Gipfeldolomits ist, sehe ich in seinem Encrinitengehalt ein Argument für die Zu- ordnung jenes. Die flacheren Bänke des Gipfeldolomits gehen an dem Ostabhang in die Luft aus und unter ihnen kommt der eben genannte Buntsand- stein noch zum Vorschein, aber nur im südlichen Teil, gegen Norden zu verdecken die Halden alles. Noch tiefer am Hang taucht dann wieder in einzelnen Felsriffen zwischen den Halden die „obere Dolomit- platte* hervor, NO streichend und sehr steil NW fallend, und unter sie hinein ziehen die rötlichen Kalkschiefer des Sattels, begleitet von Rauhwacke und Gips. Am Nordende der ÖOstflanke stehen noch die rötlichen Kalkschiefer an und höher darüber Rauhwacke und Gips, anscheinend über den Gyroporellendolomit hinaufreichend, vielleicht infolge einer Verwerfung, der Zusammenhang ist durch Schutt verhüllt. Alle diese Schichten der Ostseite schneiden gegen N an einem Bruch ab, der dem bei P. 2101 einmündenden Seitengraben des Poschen- bachs in NO-Richtung gegen den Poschenbach hinab folgt. Die von Süden in die obersten Endigungen des Grabens hineinstreichenden Kalkschiefer, Rauhwacke und Dolomit enden hier plötzlich und an der [35] Die Schichtfolge und der Bau des Jaggl im oberen Vintschgau. 35 anderen Grabenseite steht vom Rand des Gipfelfeldes bis hinab zu dem Kalkschiefergürtel unter der oberen Dolomitplatte nur Diploporen- dolomit an. Hier enden auch am Gipfelfeld die Kalkschiefer. Unter den Kalkschiefern und Rauhwacke der Ostseite liegen dann der Schichtfolge gemäß die Encrinitenhältigen Dolomite und Knollenkalke des Muschelkalkes bis hinab zum Verrucano am Poschenbach. Eine Fortsetzung jenes Bruches gegen SO über das Gipfelfeld beobachtete ich nicht, die Süd- und Westwände zeigen nichts von einem solchen. 3. Zusammenfassung. Die Trias des Jaggl ruht in einer Schale von Verrucano, welche einen flachen Boden und einen steilen Ostrand besitzt. In den über dem Verrucano folgenden Schichten macht sich eine intensive Faltung geltend. Muschelkalk und Buntsandstein sind am Fuße des Pleißkopf und im Poschental in enggepreßte Falten gelegt, welche Überkippung gegen Westen erlitten haben. Dabei tritt mehr- fach die Erscheinung ein, daß eine saiger stehende Falte oben in fast rechtwinkliger Abbiegung in liegende Stellung übergeht. Die Form erinnert an die Falten des Mt. Joly. Dieser Vorgang vollzieht sich dann in der Hengst-Jaggl- masse im großen; die untere Trias richtet sich am Pleißkopf hoch senkrecht auf und am Hengst und Jaggl biegen sie in große, horizontal liegende Falten um, welche durch den ganzen Berg durchgreifen. Dabei ist die Wirkung des Faltungsvorganges auf die ver- schiedenen Schichtglieder eine verschiedene, je nach der Ge- steinsart. Während die weniger mächtige Folge von Kalkschiefer, Rauhwacke und Encrinitendolomit, ja selbst zum Teil noch der harte Quarzsandstein weiche Faltenbiegungen ausführen, folgt die mehrere hundert Meter mächtige Dolomitplatte diesen Bewegungen nicht in gleicher Weise; sie sperrt sich als starrere Platte, nur weiter- seschwungene Faltenbiegungen macht sie mit, wo dies nicht mehr möglich ist, tritt Ablösung und Zertrümmerung ein. Auch die Arkosen des Verrucano gehen nicht in den engen Faltenwurf ein, die Aus- bildung der Serizitquarzitschiefer zwischen Verrucano und Buntsand- stein kann als Anzeichen von Differentialbewegung in dieser Zone an- gesehen werden. Bezeichnet man die Schichtfolge des Jaggl mit den fortlaufenden Zahlen, vom Verrucano mit 1 beginnend, bis zur oberen Rauhwacke als 5, so ergibt sich für den Aufbau des Jaggl von der Talsohle im Westen bis zum Gipfel folgendes Schema: EB ee ar a wobei zwischen dem vorletzten 3 und 2 noch ein kleiner Rest von 5 (und 3) liegt; die Zahlengruppen mit 4 sind der Reihe nach die untere, mittlere und obere Dolomitplatte. Man sieht die liegende Antiklinale der Kalkschiefer in der Mitte als vollständiges Faltenglied, während die Gipfelantiklinale ganz unvollständig ist, da der Rest von Ton- schiefer der oberen Rauhwacke, welcher zwischen Kalkschiefer und 5* 36 W. Hammer. [36] Buntsandstein liegt, zeigt, daß hier nicht 'eine einfache Antiklinale, sondern eine mehrfache Zerreißung und ein Fehlen des Liegend- schenkels vorliegt. Aber auch die unteren Teile sind nicht so glatt, wie das Schema vortäuscht, verbunden; die Dolomitplatten haben fast überall zu Ablösungen Ursache gegeben. Schon in der unteren Platte sind zwischen Dolomit und oberer Rauhwacke tektonische Diskordanzen vorhanden; die mittlere Platte ist im Hangenden glatt abgeschnitten durch eine deutliche Schubfläche und im Innern von Schnittflächen (urchquert; die obere Platte endlich zeigt im Liegenden schwache tektonische Diskordanz, im Hangenden ist neuerlich eine Schubfläche. Die Dolomitplatten haben sich also bei der Faltung als selb- ständige, starre Einheiten von den enggefalteten Untertriasschichten abgelöst. Bei der liegenden Antiklinale in der Mitte des Berges sind die Encrinitendolomite in dem gegen O sich öffnenden Kern zurückge- blieben, während die darüberliegenden Kalkschiefer beider Antiklinal- schenkel noch weit darüber hinausgezerrt und aneinandergepreßt wurden. Diese vorgezerrte liegende Falte ist zwischen die beiden Dolomitplatten eingekeilt. Daß die Schubflächen nicht älter als die Faltung sind, zeigt einerseits die Abhängigkeit ihrer Lage vom Faltenbau — sie dringen auch nicht durch die Schale oder durch das Grund- gebirge —- anderseits der Umstand, daß die Schubfläche über der mittleren Platte nahezu horizontal und eben ist; wäre nachträglich Faltung eingetreten, so müßte sie von dieser stark verbogen worden sein. Sie stehen mit der Faltung in Beziehung. Die Ursache für die völlige Niederlegung der Falten und ihre Zerreißung an Schubflächen kann in dem Umstande gesehen werden, daß die Triasscholle von dem Gneisgebirge völlig über- wältigt und letzteres darüber weggeschoben wurde. Eine Spur dieses Vorganges ist auch die mehrfach beobachtete flachliegende Transversalschieferung steilstehender Schichtbänke. Es führt dies weiters zur Annahme, daß die Bruchlinie im NWäälter ist als die Faltung, so daß zuerst an dieser eine Versenkung der Trias stattfand und so die Überwältigung erleichtert wurde. Der untere Teil der Jagglmasse fand an dem kristallinen Gegenflügel ein stauendes Hindernis (Rauhwackenmulde im Marbeltal), in den höheren Teilen konnte sich die faltende Bewegung in der Horizontalen freier entfalten, es erfolgte Umbiegung der steil von unten aufsteigenden Falten in die wagrechte Lage und Zerreißung an Schubflächen. Die Streichungsrichtungen am Jaggl, Hengst und Pleißkopf sind im östlichen und südlichen Teil vorwiegend nahe an NS, gegen die Bruchlinie von Arlui hin stellt sich allerort NO-Streichen ein, das heißt eine dem Verlauf des Bruches sehr nahe kommende. Die über- kippten Falten der Muschelkalk-Verrucanozone, auch die Gipfel- antiklinale sind gegen Westen bewegt. Diese Richtung kann für die Faltung am Jaggl als die vorherrschende angesehen werden, wobei [37] Die Schichtfolge und der Bau des Jaggl im oberen Vintschgau. 37 die NO-Richtung der Marbeltalmulde als Beeinflussung durch die Richtung des Arluibruchs gedeutet werden könnte. Das angrenzende Grundgebirge zeigt nur in den nächst- benachbarten Teilen (Poschenbach—Hengst, Pleißkopf) eine gleiche Streichrichtung, die weitere Umgebung hält das für den weiteren Bereich von Langtaufers, Planail und Rojen typische ONO-Streichen inne. Am Arluiberg herrscht bis zum Bruch ONO-Streichen im Kristallinen ; die Faltung, welche dem Jaggl seinen Bau gegeben hat, hat das Grundgebirge nur in beschränktem Umkreis mitgeformt. Im Westen des Jaggl sind die Otztaler Alpen an der Piz Lad- Schlinig-Uberschiebung auch auf die Trias-Jurasedimente der Lischanna- gruppe hinaufgeschoben. Hier ist völlige Unabhängigkeit der Trias- falten und der Faltungsrichtungen des Grundgebirges: Überschiebung. Die Lischannagruppe selbst zeigt Faltung gegen NW und bildet, wie A. Spitz’ vorläufigen Berichten !) zu entnehmen ist, das nördliche Ende eines weitgespannten Faltenbogens, der vom Ortler über die Ofen- paßgruppe zum Lischanna reicht und der Ausdruck einer gewaltigen Westbewegung in diesem Teil der Ostalpen ist. Auch für die Schliniger UÜberschiebung wurde an anderer Stelle?) eine W- oder WNW-Bewegung angenommen. Der Bau des Jaggl gliedert sich diesem System westlicher Bewegung an. Die Tektonik der von dem Otztaler Gneis überwältigten Lischannagruppe zeigt viel Ähnlichkeit mit dem Jaggl in den bis zum Flachliegen überkippten Falten und den durchschneidenden Zer- reißungsflächen der höheren Teile gegenüber den weniger überstürzten Faltungen der tieferen Partien. So zeigt zum Beispiel das Profil des Schalambert eine ähnliche oben und unten schräg zur Schichtung von Schubflächen abgeschnittene Dolomitplatte wie die mittlere am Jaggl. Die oben angeführten Beziehungen zwischen Jaggl und Engadiner Triasgebirge ermöglichen eine Deutung, auf welche mich mein lieber Freund Dr. OÖ. Ampferer aufmerksam machte: Man könnte die Triasscholle des Jaggl als das östliche Ende der Lischannafalten, die letzte Muldenumbiegung gleichsam ansehen, welche hier durch ein Emporsteigen an der Arluibruchlinie aus seinem tiefen Grabe unter den Ötztaler Gneisen wieder an die Oberfläche kommt. Die Verrucanozone des Pleißkopf läuft bis Dörfl gegen Süden, ihre Ver- längerung fällt in das Etschtal zwischen St. Valentin und Glurns; es wäre also denkbar, daß die Arluilinie sich diesem Tal entlang fortsetzt bis Schleis mindestens, wo die Schlinigerüberschiebung das Etschtal trifft, und der östliche Flügel gehoben wäre (oder der west- liche gesunken), am Arlui würde sie zunächst gegen NNO und dann über NO in das ONO-Streichen der Gneise einbiegen und in diesen verschwinden. Nach Norden setzt sie sich nicht fort, da die Gneise von Rojen und Elferspitz deutlich zum Grauner Berg und von hier an die Nordseite des Langtauferertals sich ununterbrochen fortsetzen ) A. Spitz, Akademischer Anzeiger. Wiener Akademie, mathem.-naturw. Kl., 7. Nov. 1907 und 11. Nov. 1909. 2) Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1908, 98 u. ft.. 1.38] W, Hammer, 98 Inntal bei Remüs. Äußerer Nockenkopf. Rojental. Talboden von Graun. Jaggl. Schwarz: Kristallines Grundgebirge. — Weiß: Verrucano, Trias und Jura. — Punktiert: Alluvium. Maßstab: ungefähr 1:82.500. [39] Die Schichtfolge und der Bau des Jaggl im oberen Vintschgau. 39 (über das Seental weg ist der Zusammenhang am Reschenscheidek un- unterbrochen erhalten) auch der Schwarm der Porphyritgänge setzt sich zum Arluiberg fort. Auf der Strecke St. Valentin—Schleis liegen keine Zeichen einer Bruchlinie vor; am rechten Ufer streichen die Biotit-Plagioklasgneise des Watles aus mit Amphibolitlager, welche allerdings NNO streichen; das linke Ufer nimmt größtenteils die Augengneismasse von Plawen ein, doch stehen zwischen Plawen und St. Valentin zwei kleine Amphibolitlager an, welche man als Ausläufer der mächtigen Lager der anderen Seite ansehen kann. Zwischen Plawen und Mals stehen teils wieder Zweiglimmergneise mit An- näherung an die Watlesgneise an, teils Augengneis, ersterer mit NNO- Streichen. f Die Aufschiebung der Otzgneise über die nördliche Lischanna- gruppe (Schalambert—Piz Lad) reicht mindestens bis ins Rojental, wo in der Taltiefe Trias und Lias wieder unter dem Gneis hervor- schauen?). Nimmt man die oben skizzierte Verbindung nicht an, so stand die Jagglscholle jedenfalls über die Gneise des Rojentales weg in Ver- bindung mit der Engadiner Trias; der Zusammenhang wurde durch die große Überschiebung an der Landesgrenze zerrissen, der auf den vor- geschobenen Gneisen liegende Teil in gleicher Richtung wie die Schub- bewegung überfaltet und nur durch diese Einhüllung in den Gneis von der völligen Erodierung geschützt, welcher der ganze andere vom Aufschub in die Höhe getragene verbindende Teil der Trias- decke zum Opfer fiel. Der Piz Lad bei Nauders, welcher zwischen der dem Zug jüngerer Gesteine (Tithon, Lias) im Hangenden ab- schneidenden Schubfläche in den Gneis eingekeilt ist, könnte vielleicht als Verbindungsstück zwischen dem Jaggl und den unter der Schubfläche liegenden Triasfalten aufgefaßt werden. Auch bei der letzteren Auffassung ist übrigens der gegen W sich öffnende Muldenbau des Jaggl das Westende der Engadiner Triasfalten; im einen Falle durch Bruch und Ver- tikalbewegung, im anderen durch die Überschiebung und die Erosion abgetrennt und die Triasdecke stand im ersteren Falle unter dem Gneis der Elferspitzgruppe durch, im zweiten über demselben weg ehemals in Verbindung mit jener des Engadin. !) Siehe Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1910, pag. 64. 40 II. III. W. Hammer. [40] Inhaltsverzeichnis. Seite Einleitung. 4. rasan2UN TRR Bei AR lr: . Das kristalline Grundgebirge. . ..... a RE 2 Sehichtfolge desIagel.. 2.0 oe Ser ne Verrucano-,und "Buntsandsteine‘.’ ... . 2 2 u. rue 6 Mnechelkallke — "7 We Ce 8 Diploperendolomit wenn. a ee 13 VberesRaulwackekee ee R . Vergleich mit benachbarten Triasgebieten. .. .... 16 Baurdes Jagel 7.0. 3 ZN no Ba a 18 1. Verband der jüngeren Schichten mit dem Grundgebirge .. ..... 18 2. Der. Bau des Jaggl,. WeiBkopf und Hengst .;,..,., „ren or. orme 24 a) Die untere Dolomitplatte und ihr Liegendes!. ..... 2.2... 24 b) Das Hangende der unteren Dolomitplatte .. . 2.2 2 220... 26 c) Die obere Dolomitkuppe und die Falten und Überschiebungen des Muschelkalk-Verrucanozuges Hengst—Poschenbach . . . 2...» . ‚28 d) Das Gipfelfeld des Jaggl und der Ostabhang . . . . 2 2... 1.38 Br. ZUBAMMIENfASBUng, „nice Tan Tab er deren tun sl ee 35 Neue Pteropoden des älteren Paläozoikums Mittelböhmens. Von J.V. Zelizko. Mit zwei Lichtdrucktafeln (Nr. III und IV). Vorwort. Das ältere mittelböhmische Paläozoikum, namentlich die unter- silurischen Schichten der Bande D—d,, weisen, wie bekannt, zahl- reiche Fossilarten auf, deren Anzahl durch jede neue Aufsammlung oder Untersuchung eine Vermehrung erfährt. Im Laufe einiger Jahre wurde in den mehr weniger bekannten Fundstellen eine Reihe von neuen Arten festgestellt, so daß die Fauna des Barrandeschen epochalen Werkes „Syst&me Silurien“ durch die Arbeiten verschiedener Forscher stets vervollständigt wird. Da ich mich schon seit Jahren mit Studien über die Fossilien einiger neuer Fundorte des böhmischen Paläozoikums befasse, konnte ich in demselben gleichfalls eine Reihe von Arten, welche bisher noch nicht bearbeitet und beschrieben wurden, konstatieren. In der vorliegenden Arbeit möchte ich zunächst einige neue Pteropoden behandeln !), die ich bei der Bestimmung des Materials in den folgenden Museen und Sammlungen gefunden habe: Im mineralogisch-geologischen Institut der böhmischen technischen Hochschule in Brünn, im historischen Museum der Stadt Pilsen, im städtischen Museum in Rokycan, in der großen Sammlung des Herrn H. Schück in Prag und schließlich im Museum der k. k. geologischen Reichsanstalt in Wien. Den Herren Prof. J. J. Jahn in Brünn, Prof. C. Ritter von Purkynd in Prag, Prof. B. Horäk in Rokycan sowie H. Schück in Prag, die mir dieses Material zur Bearbeitung gefälligst geliehen haben, spreche ich an dieser Stelle meinen herzlichsten Dank aus. Zu besonderem Danke bin ich auch dem Herrn Hofrat Prof. Ad. Hofmann in Pfibram für seine wiederholten Bemühungen um die Herstellung reproduktionsfähiger Aufnahmen der zu beschreibenden Objekte verpflichtet. 1) J. V. Zelizko: Predb&änä zpräva o nekterych novychptero- podech starSihopalaeozoikastrednich Cech. (Vöstnik der Königl. böhm. Ges. d. Wiss., Prag 1909.) Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Band, 1. Heft. (J. V. Zelizko. 6 42 J. V. Zelizko. [2] Beschreibung der Arten. In diesem Teile beschreibe ich zehn Pteropodenarten, von welchen acht überhaupt, die übrigen zwei jedoch nur für den be- treffenden Horizont, aus welchem sie stammen, neu sind. Conularia imperialis Barr.'). Taf. IV, Fig. 2a, 2b, 3a, 3b, 4a, 4b. 1867. Conul. imperialis Barr. Syst. Silur. III. Pl. 16. Fig. 12—17. 1900. Conularia imperialis Barr. Perner, Miscellanea silurica bohemiae I. Bei Revision der Sammlungen im Museum der k. k. geolog. Reichsanstalt fand ich einige Gesteinsbruchstücke, welche Lipold im Jahre 1861 in seinem Aufnahmsgebiete in der Umgebung von Rokycan gesammelt hatte. Es ist dies ein typischer, schmutzigrötlicher, glaukonitischer Grauwackensandstein (Tuffit) der Krusnä Hora-Schichten D—d, „, mit einer Menge von Obolusschalen ?). Als Fundort wurde auf dem Musealzettel der Berg Cilina (öst- licher Fuß bei Ejpovic) bezeichnet. Bei näherer Untersuchung des erwähnten Gesteines und nach dem Zerschlagen einiger Stücke fand ich nebst Obolus einige Partien der Schale von Conularia, deren gut erhaltene Skulptur (im negativen Abdrucke) schon mit bloßem Auge bemerkbar war. Die Skulptur der Innenseite erscheint unter der Lupe so, als ob sie aus dickem, sich kreuzendem Netzwerke von runden Öffnungen und länglich- runden Ecken zusammengesetzt wäre. Der positive Wachsabdruck weist sodann die einzelnen Schalenpartien mit runden und regel- mäßig aufgestellten Wärzchen geziert, auf. Dieselben sind gleichfalls mit bloßem Auge gut ersichtlich, sie fließen aber nirgends zusammen, um etwa längliche Leisten zu bilden, wie es bei einigen anderen Conularien der Fall ist. Auf Grund der beiden Abdrücke dieser gut erhaltenen Skulptur der einzelnen Partien der Conularienschale kam ich zu dem Resultat, daß unser Exemplar mit Conularia imperialis Darr. identisch sei?°). Diese Art wurde bisher nur aus der Bande D—dg bekannt. Das Vorkommen von Con. imperialis ist für die Fauna der Krusnä Hora-Schichten sehr wichtig, denn es ist bei uns das erstemal der Fall, daß die Conularıa im Kambrium (= Olenus-Stufe), zu welchem 1) Siehe meinen Aufsatz: Über das erste Vorkommen von Conularia in den Kru$nä Hora-Schichten (D—-d,») in Böhmen (Verhandl. d. k. k. geolog. R.-A. Nr. 6, 1906), wo ich auch diese Art beschrieben, aber nicht abgebildet habe. ?) In meinem Aufsatze wurde irrtümlicherweise Lingula lamellosa angeführt, was hiermit richtiggestellt sein wolle. ®) Namentlich die vergrößerten Schalenpartien Fig. 16 und 17, Pl, 16, des ;jarrandeschen Werkes (Vol. III) stimmen mit unseren Abbildungen. überein. [3] Neue Pteropoden des älteren Paläozoikums Mittelböhmens, 43 manche Autoren die angeführten Schichten heutzutage rechnen, zum Vorschein kam). Conularia Lipoldi Zel. Taf. IV, Fig. 5. Im Museum der k. k. geologischen Reichsanstalt befindet sich eine interessante Conularia, die ursprünglich von Lipold als Conu- laria grandis? bestimmt wurde ?). Auf dem Musealzettel aus dem Jahre 1859 ist als Fundort Sv. Dobrotivä (Scta. Benigna) bei Komorau („Kariseker Eisenstein- bergbau*) erwähnt. Diese Versteinerung stammt daher aus einem alten Schacht der „Veronika-Zeche‘. Auch in seiner späteren Publikation 3) spricht Lipold über das Vorkommen dieser Conularia, die er aber mit keinem Fragezeichen anführt. In jüngerer Zeit schreibt über sie auch Perner*), indem er vermutet, daß die von Lipold als Conularia grandis angeführte Art mit Conularia imperialis identisch sei. Um allen möglichen Irrtümern vorzubeugen und Sicherheit be- züglich der richtigen Bestimmung der Versteinerung zu gewinnen, habe ich diese einer neuen Untersuchung unterzogen. Daß diese Art vollkommen neu ist und zu keiner der oben an- geführten zwei Arten gehört, ist auf den ersten Blick ersichtlich. Die Zuständigkeit zu der neuen Art verrät sie durch ihren Habitus, denn ihre Schale entbehrt fast vollständig der charakteri- stischen Struktur. Nur auf einer Seite der Schale zeigen sich einige wenige mit Medialfurchen parallellaufende Wärzchen sowie auch einige spärliche, nur unter der Lupe sichtbare Querstreifchen. Sonst ist die Schale glatt und glänzend, von ähnlichem Mattglanz wie wir ihn auch zum Beispiel bei einigen Hyolithen oder Fragmenten von Phyllocariden, Lamprocaris micans beobachten können. Ihre Größe kann man nicht genau feststellen, da die Mündung unvollständig erhalten ist; auch die Spitze ist abgebrochen. Allem Anscheine nach war es ein Exemplar von verhältnismäßig ziemlich breiter Mündung, beiläufig 40 mm, welches eine Länge von 65— 70 mm erreichte. !) Wie bekannt, erwähnt Walcott aus dem amerikanischen Kambrium die Art Conularia cambria. (New Forms Upper Cambrian Fossils. United States National Museum. Proceedings Vol. XIIL, Pl. XX, Fig. 13, 1890, p. 270, Washigton 1891). — Siehe auch Holm: Sveriges Kambrisk-Siluriska Hyolithidae och Conularidae (Sveriges geologiska Undersöknig. Afhandlingar och uppsatser. Sor. C. No. 112. Stockholm 1893). 2) SieheJ.V. Zelizko: Überdaserste Vorkommen von Conularia etc. (Verhandl. d. k. k. geolog. R.-A. Nr. 6, p. 129, 1906.) ®)Die Eisensteinlager der silurischenGrauwackenformation in Böhmen. (Jahrbuch d. k. k. geolog. R.-A. Bd. XIII. p. 389, 1863.) +) Miscellanea silurica bohemiae. Prispevky k poznäni öes- keho siluru. (Bd. I, p. 8. Prag 1900.) 6* 44 J. V. Zelizko. [4] Diese Conularia ist auch ein wenig deformiert und der Spitze zu umgebogen, so daß der obere Teil von dem Gesteine abgeht. Der Querschnitt bildet ein Achteck. Das Fossil kommt in dem Komorauer rötlichbraunen dunklen Schiefer der Bande D—d,3 vor. In diesem Gesteine zeigen sich auch lichte Glimmerschüppchen und weißliche Lingula-Schalen }). Conularia Jahni Zel. Taf. II, Fig. 2a, 2b. Ein unvollständiges, einigermaßen gedrücktes Exemplar, aber mit gut erhaltener Skulptur. Seine Länge beträgt 44 mm und seine weiteste Breite 23 mm. Parallel mit der Medialfurche zieht zur Spitze der Schale eine Reihe regelmäßiger, mit bloßem Auge gut konstatierbarer Rippen, welche der Spitze zu immer schwächer werden. Unter der Lupe zeigt sich, daß diese Rippen aus ungleich abgerundeten Wärzchen bestehen, welche vielfach ineinanderfließen, indem sie der Spitze der Schale zu längliche Leisten bilden. Von diesen entfallen auf 5 mm 12 bei der Mündung, bei der Spitze aber schon 20. Die Granu- lation ist nur am unteren Ende der Schale mit bloßem Auge sichtbar. Infolge des Umstandes, daß die Wärzchen ineinanderfließen, bilden sie in regelmäßiger, entweder wagrechter oder wellenförmiger Reihung keine Querstreifen über die Schale, wie man es bei anderen Arten wahrnehmen kann. Einigermaßen ähnliche, mit der Medialfurche parallele Rippen weist Conularia grandissima Barr. auf, welche in der Bande D—d,, D—d, und E—e, vorkommt ?). Bei dieser ist noch das gekreuzte Netzwerk mit Wärzchen und angrenzenden keilförmigen Verzierungen charakteristisch. Unser Exemplar aber entbehrt aller Nebenverzierung. Vor- kommen: Särka D—d;,®?) (Sammlung des Herrn Schück in Prag‘). !) Die Wärzchen sind allerdings von untergeordneter Bedeutung. Allem Anscheine nach konnte die ursprüngliche Oberflächeskulptur, welche wahrschein- lich aus feinen Querstreifchen bestand, am besten nur auf der Schale jüngerer Individuen, als dies bei unserem Exemplar der Fall ist, erhalten bleiben, wovon ich mich unlängst bei der Untersuchung einiger im böhmischen Landesmuseum und auch beim Herrn Prof. Klou&ek in Prag befindlichen und gleichfalls aus der Bande D—d,8 stammenden Conularien überzeugt habe. Diese zähle_ich des- gleichen zur Art Conularia Lipoldi. 2) Syst. Silar. Vol. IIL, p. 40—41, Pl. 3, Fig. 1—-11; Pl. 7, Fig. 6—7. s) J. V. Zelizko: Untersilurische Fauna von Särka bei Prag. (Verhandl. d. k. k. geolog. R.-A. Nr. 8, 1907.) *) In der Sammlung des Herrn Prof. Kloutek in Prag befindet sich von Särka ein ähnliches, gleichfalls zu dieser Art gehöriges Exemplar, welches gut erhaltene und dichter granulierte Längsrippchen aufweist. Der Querschnitt bildet einen Rhombus mit konvexen Flächen, in ähnlicher Form, die zum Beispiel auch bei Con. anomala Barr, oft vorkommt. [5] Neue Pteropoden des älteren Paläozoikums Mittelböhmens,. 45 Conularia Barrandei Zel. Taf. III, Fig. 3a, 35. Es wurde nur ein einziges Exemplar gefunden, dessen Mündung teilweise abgebrochen ist und teilweise in einer Quarzitkonkretion steckt; die Spitze fehlt ebenfalls. Die Vorder- und Hinterfläche der Schale ist unten 22 mm breit, mäßig konkav und mit einer einfachen, engen Medialfurche versehen. Beide Seitenflächen der Schale sind an der Mündung 12 mm breit, einigermaßen konvex; in der Mitte jeder Fläche befindet sich ebenfalls eine längliche, enge Furche. Das ganze Exemplar mochte zirka 40 mm hoch sein. Beide Seitenkanten der Vorder- und Hinterfläche der Schale durchläuft eine längliche tiefe Furche, welche an beiden Flächen der betreffenden Schale länglichrunde, ziemlich breite Leisten bildet, die sich von der Mündung bis zur Spitze verjüngen. Die Verzierung besteht, wie bei Conularia Jahni, ebenfalls aus regelmäßigen, mit der Medialfurche parallellaufenden Rippen, welche der Spitze zu immer feiner ausgebildet werden. Auch unter der Lupe erscheinen diese Rippen aus ungleichen, rundlichen, stellenweise in länglichen Leisten ineinanderfließenden Wärzchen zusammengesetzt, von welchen an dem unteren Ende 30, bei der Spitze schon 40 auf 5 mm entfallen. Der Querschnitt zeigt ein Rechteck mit konvexen Seitenflächen. Durch die bei weitem feinere Skulptur, zum Teil auch durch die Form und die erwähnten länglichrunden Leisten an den Seiten- kanten, würde sich das hier beschriebene Exemplar von der Con. Jahni unterscheiden. Vorkommen: Vosek D—d;;. (Städtisches Museum in Rokycan.) Conularia Purkynei Zel. Taf. III, Fig. 1a, 15. Dieses mäßig konvexe Exemplar, dessen Spitze teilweise abge- brochen ist, mißt 65 mm in der Länge und 20 mm in der Breite. Es wurde nur ein negativer Schalenabdruck mit gut erhaltener Skulptur gefunden. Diese besteht aus scharf hervortretenden Quer- rippen, welche namentlich an dem unteren Ende der Schale durch tiefe Furchen voneinander getrennt sind, so daß sie die Oberfläche sehr rauh erscheinen lassen. Die erwähnten Rippen und Furchen, welche sonst einfach und ohne Verzierungen sind, werden, je mehr sie der Spitze zulaufen, immer feiner und seichter. Bei der Mündung entfallen von diesen 15—17, bei der Spitze 283--30 auf 5 mm. Stellen- weise fließen auch zwei Rippen in eine länglichrundliche Leiste zu- sammen. In dem böhmischen Untersilur wurden bisher zwei Conularien- arten gefunden, welche ähnliche verzierungslose Rippen und Furchen aufweisen. 46 J. V. Zelizko. [6] Die erste Art ist Conularia robusta, von welcher ein unvollständiges Exemplar Barrande aus der Bande D—d,, von Vosek!) erwähnt und welche breite und flache, einigermaßen länglichrundliche, nebst- dem noch mit parallelen, dichten und feinen Streifchen verzierte und nur durch eine enge Furche voneinander getrennte Rippen, aufweist. Die zweite, gleichfalls unvollständig, ist Conularia sculpta, welche Perner aus der Bande D--d,s von Karisek beschreibt, wo er dieselbe zusammen mit Conularia imperialis festgestellt hat ?). Abgesehen von der Größe dieses angeführten Exemplars, das beiläufig 20 cm lang war, besteht die Skulptur aus glatten, wellen- förmig und gleichmäßig situierten Querstreifehen, von welchen 5—6 auf 1 mm entfallen. Es weist daher die Schalenoberfläche eine bei weitem feinere Skulptur auf als Conularia Purkynei, Vorkommen: Quarzitkonkretionen von Sirä-Cekov D—d;7 3). (Historisches Museum in Pilsen.) Conularia Hofmanni Zel. Tai. III, Fig. 50,55, 65 Taf IV, Fig, 1%: In meiner Publikation über die Fauna der Bande D—d,, aus dem neuen Fundorte von Lhotka bei Beroun), führte ich unter den Pteropoden auch eine Art Conularia bohemica Barr. an, welche in dem erwähnten Fundort in gut erhaltenen Exemplaren und ver- schiedenem Entwicklungsstadium zahlreich zu treffen ist. Als ich mich später mit dem Studium einiger neuer Conularien befaßte, unterzog ich die genannte Art einer gründlichen Untersuchung und fand bei einigen Stücken, die mir nach Veröffentlichung der oben- genannten Arbeit nachträglich von Lhotka eingesendet wurden, daß es sich um eine neue, interessante, von den Barrandeschen Arten in mancher Beziehung abweichende Art handelt. Auf den zahlreichen Fragmenten, als auch auf den einzelnen mehr weniger gut erhaltenen Exemplaren kann mit bloßem Auge be- obachtet werden, daß die Skulptur der Schale, angefangen von dem unteren Ende bis zur Spitze, aus gleich großen, gleichmäßig und dicht aneinander situierten Wärzchen besteht. Unter der Lupe sind diese Wärzchen eiförmig oder oval, senkrecht übereinander von der Mündung bis zur Spitze gereiht. Ihr Sinus ist wellenförmig und nicht einmal an den kleineren Stücken, welche eine feine Skulptur aufweisen, kann wahrgenommen werden, daß einige senkrechte Wärzchen ineinander fließen und infolgedessen längliche Leisten bilden würden, wie dies zum Beispiel bei Conularia Jahni zu sehen ist. !) Syst. Silur. Vol. IIL. p. 51, Pl. 16, Fig. 10—11. ?) Miscellanea silurica bohemiae. Pfisp&vky k poznäni Ges- keho siluru. (Bd. I, p. 6, Prag 1900.) 5) J. V.Zelizko: Nove pfisp&vky k poznäni fauny päsma D-dy stredodeskeho siluru. (Vestnik d. König]. böhm. Ges. d. Wissensch. Prag 1905.) 4) Über das neue Vorkommen einer untersilurischen Fauna bei Lhotka. (Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. Nr. 3, 1903.) [7] Neue Pteropoden des älteren Paläozoikums Mittelböhmens. 47 Durch die gleichmäßige Situierung der Wärzchen auf den Schalen- flächen entstand in der Länge und Breite ebenfalls eın gleichmäßiger, den Abstand zwischen den einzelnen Wärzchen bildender Raum, wie auch an einigen Exemplaren von Conularia exqwisita Barr.!) und Con. imperialis Barr.*) zu bemerken ist. Diese beiden Arten weisen aber durchweg rundliche Wärzchen auf; bei der ersten Art zeigen sich diese erst bei starker Vergrößerung und bei der anderen Art sind sie auf der Schalenoberfläche sehr schütter zerstreut. Bei Conularia bohemica erscheinen auch bei einigen Stücken nur rundliche Wärzchen ?), welche aber in der Reihe enger nebeneinander als übereinander situiert sind, so daß sie auf der Schalenfläche quasi Querfurchen %), stellenweise noch mit eigenartigen Verzierungen bilden 5). Ahnliche Skulptur, aber nur aus eiförmigen Wärzchen bestehend, kommt bei starker Vergrößerung auch bei einer kleineren Art, Con. tenella®) vor, welche Barrande aus der Bande D—d, von Liben an- führt. Das engere Ende dieser eitörmigen Wärzchen läuft hier noch in ein längliches Spitzchen aus, so daß das eine Wärzchen mit dem anderen in der Richtung von der Mündung bis zur Spitze perlen- artig verbunden ist. Die Abdrücke der inneren Schalenfläche von Conularia Hof- manni sind gleichfalls mit bloßem Auge gut sichtbar. Unter der Lupe erscheint die Skulptur als ein gekreuztes ineinanderfließendes Netz- werk mit ovalen Öffnungen in der Mitte. Bisher kam sie nur in dem schwarzen Schiefer der Bande D—d,y bei Lhotka und unlängst auch bei Pilsenetz’) vor. Dieselbe ist oft infolge des Schichtendruckes an einigen Stellen der Schale deformiert. (Sammlungen des mineralogisch - geologischen Instituts der böhmischen technischen Hochschule in Brünn und der k. k. geolog. Reichsanstalt in Wien.) Conularia defecta Zel. Taf. III, Fig. 4. Ein beiläufig 40 mm breites Bruchstück, welches auf den ersten Blick an einen Schalenrest einer gewölbten Bivalve mit konzentrischen Rippen erinnert. Bei näherer Untersuchung aber nehmen wir wahr, daß dieses Fragment einer Conularia, welche eine eigentümliche Schalenornamentik aufweist, angehört. IUSyStrSTılur. Voll, p. 37, Pl.4, Fig. 4, Pl. 14, Pig. 19. 2) Ibid. p. 42, Pl. 16, Fig. 16—17. bid.p: 35, Pl. 1, Fi, *) Ibid. p. 35, Pl. 1, Fig. 4—5. Drlbid.,9435, BJ: 1, Eig.:6, 14 °) Ibid. p. 54, Pl. 4, Fig. 15—18. ?) J. V. Zelizko: Faunistische Verhältnisse der untersi- lurischen Schichten bei Pilsenetz in Böhmen. (Verhandl. d. k. k. geolog. R.-A. Nr. 3, 1909.) 48 J. V. Zelizko. [8] Die Spitze und der größere Teil des unteren Endes fehlt. Des- gleichen ist die Medialfurche nicht erhalten. Dort, wo sich die konzentrischen, gut erhaltenen Rippen be- finden, sind diese glatt, mattglänzend und hornähnlich. Sie sind auch länglichrund und nicht gefurcht. Die Rippen und Furchen entbehren hier vollständig der Granulation und jedweder Verzierung. Die die einzelnen Rippen voneinander trennenden Furchen nehmen an dem unteren Schalenende einen um etwas breiteren Zwischenraum ein als die Breite der einzelnen Rippen beträgt. Bei der Spitze, wo die ursprüngliche Epidermis größtenteils fehlt, zeigt auch der Kern Spuren von konzentrischen Rippen. Erst an diesen kann mittels Lupe beobachtet werden, daß sie aus rund- lichen Wärzchen bestanden haben. Dieses Exemplar erinnert, insofern es sich um die einfache, an dem unteren Schalenteile befindliche Skulptur handelt, einiger- maßen an Con. robusta, Con. sculpta und Con. Purkynei, bei welchen aber die Spuren einer Granulation, welche bei Conularia defecta auf dem Kern in der Richtung gegen die Spitze zu erscheinen, fehlen, Unser Fossil gehörte allem Anscheine nach irgendeinem größeren Exemplare an. Durch eine ebenfalls stark nach vorn gewölbte Schale ist Con. solitaria, welche Barrande aus der Bande #—e, von Dlouhä Hora anführt !), als auch von Noväk beschriebene Con. Duslü aus der Bande D—d, von Zahofan ?), gekennzeichnet. Die Schalenskulptur dieser beiden Arten ist freilich verschieden. Vorkommen: Särka D—d,;°). (Sammlung des Herrn J. Schück in Prag.) Conularia Perneri Zel. Taf. IV, Fig. 6a, 65, 6c, 6d. Wie aus der Abbildung in natürlicher Größe als auch in der Ver- srößerung ersichtlich ist, besteht die Schalenskulptur aus mehr weniger wellenförmigen Querstreifehen, die in größter Breite 0°5 mm messen und stellenweise durch eine enge Furche abgeteilt sind. Diese Streifehen, als auch die Furchen, welche sich in der Richtung zur Spitze allmählich verengen, zeigen unter der Lupe noch dichte Längsstreifchen, ähnlich jenen, welche auch zum Beispiel bei vergrößerten Partien von Conul. nobilis, die aus der Bande d,, d, und d, bekannt ist, erscheinen ®?). Bei dieser Art sind übrigens die Längs- streifchen schon mit freiem Auge sichtbar. Bei unserer Conularia ist auch der Umstand interessant, daß sie in dem schwarzen bituminösen Kalkstein der Bande ff, bei !) Syst. Silur. Vol. III. Pl. 6, Fig. 15—16. ?) Revision der paläozoischen Hyolithiden Böhmens. (Abhandl. d. königl. böhm. Ges. der Wissenschaften VII. Folge, 4. Bd.; mathem.-naturwiss. Kl. Nr. 6, Taf. VI, Fig. 37—38, Prag 1891.) 5) J. V. Zelizko: Untersilurische Fauna von Särka bei Prag. (Verhandl. d. k. k. geolog. R.-A. Nr. 8, 1907.) % Syst. Silur, Pl. 7, Pig. 4,2P1.'6, Big: 14. [9] Neue Pteropoden des älteren Paläozoikums Mittelböhmens. 49 Kosof (im Cernä rokle-Bruche) vorkommt, von wo bisher keine Conularia näher beschrieben wurde. Noväk führt zwar in dem tabellarischen Verzeichnisse seiner Studie !) aus derselben Bande Conularia sp. ind. an, die er aber im Text nicht näher beschreibt. Conularia Proteica Barr. 1854. Conul. Proteica Barr. Jahrb. v. Leonh. u. Bronn, I, p. 2. 1365. Conul. Proteica Barr. Def. d. Col. JII, p. 41. 1867. Conul, Proteica Darr. Syst. Silur. Vol. III, p. 48, Pl. 5-6. 1906. Conul. Proteica Barr. Aelizko, Geologieko-palaeontologicke pom£ry nej- blizsiho okoli RoZmitälu (Rozpravy und Bulletin der böhm. Franz Joset- Akademie). Aus demselben Fundorte wie die vorige Art stammt ein Fragment mit ausgezeichnet erhaltener Schalenornamentik, welches im böh- mischen Landesmuseum in Prag aufbewahrt ist. Dieses Fragment gehört entschieden zu Con. Proteica, welche Barrande zwar aus verschiedenen Etagen des älteren mittel- böhmischen Paläozoikum anführt, welche aber aus der Bande F—f, bisher unbekannt war ?). Unser Exemplar stimmt mit jenen, die Barrande beschreibt, vollständig überein ?). Hyolithus Ejpovicensis Zel. Taf. IV »Eig..7a 7b,.'%c. Dieses große Exemplar habe ich bei der Bestimmung des Materials festgestellt, das ich im Jahre 1905 in dem schwarzen Schiefer der Bande D—d,, bei Ejpovic gefunden habe ®). !) Zur Kenntnis der Fauna der Etage F-f, in der paläo- zoischen Schichtengruppe Böhmens. (Sitzungsber. der böhm. königl. Ges. der Wissenschaften. Prag 1886.) ®) Barrande führt diese Art aus der Bande D—d,—Ee, und G—g, an, was wahrscheinlich unrichtig ist, da uns eine fossile Form, welche vom Untersilur bis zum Mitteldevon reichen würde, unbekannt ist. Deshalb ist es aber nicht un- möglich, daß Con. Prooteica, die gut bestimmbar ist, von der Etage D bis in die Bande F—f, vorkommen könnte. Die von mir beschriebene Conul. Proteica von Voltusbei RoZmitäl (Geologicko-palaeontologieke pom&rynejblizsSiho okoli RoZmitälu, Rozpravy und Bulletin der böhm. Franz Josef-Akademie 1906) wurde nur provisorisch in die Bande D—d,y eingereiht, wie auch aus den Schluß- folgerungen, wo ich unter anderem folgendes ausführe: „Mit der genauen Bestimmung des Horizontes wird wohl abgewartet werden müssen, solange nicht die aus- schließlich in D—d,y vorkommenden Arten festgestellt werden...“ ersichtlich ist. Jedenfalls wäre es einmal notwendig, alle im böhmischen Landesmuseum befind- lichen Barandeschen Originale und Doubletten dieser Art zu vergleichen. Syst. .Sil..Volı IIL,«P1..5,,6. %) Siehe J. V. Zelizko: Zur Paläontologie der untersilurischen Schichten in der Gegend zwischen Pilsen und Rokycan. (Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. Nr. 16, 1907.) Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Band, 1. Heft. (J. V. Zelizko.) 7 50 J. V. Zelizko. [10] Bei oberflächlicher Untersuchung hielt ich anfangs das betreffende Stück, dessen Form nur im Kern erhalten blieb, für einen defor- mierten Orthoceren oder für eine knebelförmige Konkretion, welche in dem erwähnten Schiefer häufig vorkommen. Bei eingehender Untersuchung aber hauptsächlich des negativen Abdruckes, fand ich, daß es sich hier um einen Hyolithen handeit. Die Spitze und ein Teil der Mündung sind abgebrochen. Das sanze Exemplar war zirka 80 mm lang und 25 mm breit. Anläßlich der Präparation brach dieses Stück nächst der Mündung, so daß sein Querschnitt in elliptischer Form erschien. Die durch- schnittliche Dicke des Gehäuses maß bei der Mündung zirka 10 mm. Was die Schalenskulptur anbelangt, ist diese nur bei der Mündung des negativen Abdruckes in Form von einfachen, feinen, konvexen Querstreifehen erhalten, welche stellenweise schon mit freiem Auge bemerkbar sind. Dieselbe Skulptur fand sich auch bei zwei großen Hyolithen von Sv. Dobrotivä (= Scta. Benigna), welche im Museum der k. k. geologischen Reichsanstalt liegen und welche Barrande als Hyolithus elegans? ursprünglich bestimmt hat. Einer von diesen Hyolithen wurde von Barrande zu seinem Werke als Original benützt). Noväk führt später, wie bekannt, die betreffende Art unter dem Namen Hyolithus Benignensis an?), da Hwyol. elegans einerseits kleiner ist, anderseits auch eine divereierende Schalenornamentik aufweist und seine Verbreitung beschränkt sich ausschließlich auf die Bande D—d,°). Hyol. Benignensis ist fast von derselben Länge wie Ayol. Ejpo- vicensis. Der erstere verjüngt sich allmählich von der Mündung zu einer gedehnten Spitze, wogegen der letztere sich der Spitze zu fast un- vermittelt verenst, was ihm eine robuste Form verleiht. Die uns bisher bekannten zwei Exemplare von Hyol. Benig- nensis sind vollständig gequetscht und infolgedessen läßt sich ihr Querschnitt nicht Konstatieren. Die Barrandeschen Originale sind außerdem in der Nähe der Spitze mit ähnlicher Gliederung abgeschlossen ®), wie wir sie bei den Orthoceren zu sehen pflegen und was wir auch bei den kleinen Hyolithen von Pilsenetz jüngst festgestellt haben’). Dieser Umstand fehlt gleichfalls bei unserem Fxemplar. Als einer der größten Hyolithen, welcher in der Bande D—d;y vorkommt, gilt der von Noväk beschriebene und von Vosek und Mauth herstammende Hyolithus giganteus®). Syst. Blur. Vol. LII,-Bl./15,-Eiesssp: ?) Revision der paläozoischen Hyolithiden Böhmens, p. 12. 3) Ibid. p. 17, Tab. VI, Fig. 22—23. #) Syst. Silur. Vol. II, Pl. 15, Fig. 34—55. 5) Zur Frage über die Stellung der Hyolithen in der Paläontologie. (Zentral- blatt f. Miner., Geologie u. Paläont. Jg. 1908, Nr. 12, p. 362—365.) 6) Revision der paläozoischen Hyolithiden Böhmens, p. 19, Taf. IV, Fig. 40—50. [11] Neue Pteropoden des älteren Paläozoikums Mittelböhmens. Hl Übersicht der in den vorliegenden Blättern in Betracht gezogenen Pteropoden. Art a un Q iS iS re — ri m 1 | Conularia imperialis Barr. + - I - | - 7 — 2 | Conularia Lipoldi ZEN AR + - == 3 | Conularia Jahni Zel. . . . — — == = = = 4 | Conularia Barrandei Zel. . — — - = = — 5 | Conularia Purkynei Ze — = = == ni 6 | Conularia Hofmanni Zel. .| — _ ar — _ = 7 \ Conularia defecta Zi. ad >= =F == = Em: 8 | Conularia Perneri Zei... . . >> E77 ip 9 | Conularia Proteica Barr. .| — | — —_— _ un 10 | Hyolithus Ejpovicensis Zel..|| — a m Bis ni | Eee me ern 52 3. V. Zelizko. [12] Erklärung zu Tafel III. Fig. 1a, 15. Conularia Purkynei Zel. — Natür). Größe. Quarzitkonkretionen D—d,y, Sirä-Cekov (Historisches Museum in Pilsen). Fie. 2a. Conularia Jahni Zel. — Natürl. Größe. Quarzitkonkretionen D-d,y, Särka (Sammlung des Herrn Schück in Prag). Fig. 25. Dasselbe Exemplar, vergrößert. Fig. 3a. Conularia Barrandei Zel. -- Natürl. Größe. Quarzitkonkretionen D—d,y, Vosek (Städtisches Museum in Rokycan). Fig. 35. Querschnitt desselben Exemplars. Fig. 4. Conularia defecta Zel. — Natürl. Größe. Quarzitkonkretionen D—d,y, Sarka (Sammlung des Herrn Schück in Prag). Fig. 5a. Conularia Hofmanni Zel. — Natürl. Größe. Schiefer D—-d; 7, Lhotka bei Beroun (Museum der k. k. geolog. Reichsanst. in Wien). Fig. 5b. Dasselbe Exemplar, vergrößert. Fig. 6. Conularia Hofmanni Zel. — Ein einmal vergrößertes \ixemplar. Schiefer D—d,y, Lhotka bei Beroun (Museum der k. k. geolog. Reichsanst. in Wien). Er Erklärung zu Tafel IV. Fig. 1a. Conularia Hofmanni Zel. — Natürl. Größe. Schiefer D—d;y, Lhotka bei Beroun (Sammlung des geologischen Instituts der böhmischen tech- nischen Hochschule in Brünn). Fig. 15. Dasselbe Exemplar, vergrößert. Fig. 2a, 3a, 4a. Conularia imperialis Barr. — Natürl. Größe. Grauwacken- sandstein der Krusnä Hora-Schichten D— d,», Öilina bei Ejpovic (Museum der k. %, geolog. Reichsanst. in Wien). Fig. 2b, 35, 4b. Vergrößerte Partien. Fig. 5. Conularia Lipoldi Ze. — Natürl. Größe. Schiefer der Komorauer Schichten D—d,%, Karizek (Museum der k. k. geolog. Reichsanst. in Wien). Fig. 6a. Conularia Perneri Zel. — Natürl. Größe. Schiefer F—f, Kosor (Museum der k. k. geolog. Reichsanst. in Wien). Fig. 65. Dasselbe Exemplar, vergrößert. Fig. 6c, 6d. Vergrößerte Partien der Oberfläche. Fig. 7a. Hyolithus Ejpovicensis Zel. — Natürl. Größe. Schiefer D—dr, Ejpoviec (Historisches Museum in Pilsen). Fig. 7b. Querschnitt desselben Exemplares. Fig. 7c. Vergrößerte Partie der Oberfläche. Das metamorphe Diorit- und Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau (Mähren). Von Franz Kretschmer, Bergingenieur in Sternbere. Mit einer Tafel (Nr. V) und drei Zinkotypien im Text. Einleitung. Wohl sind die Publikationen über die schönen und interessanten Mineralien der Zöptauer Gegend sehr zahlreich, und zwar haben sich insbesondere um die Erforschung derselben F. Kolinati, J. Melion, Bonny de Websky. V. v.’Zepharovich, G. vom Rath, V. Neuwirth verdient gemacht. Auch Verf. hat seinen mehrjährigen Schürfungen auf die Zöptauer Mineralien eine Abhandlung gewidmet !). Jedoch über die Petrographie und Geologie dieses Gebietes, über die stratigraphischen und noch viel weniger die tektonischen Verhältnisse dieser Gegend finden wir kaum irgendwelche Studien, gewöhnlich kommt es über eine kursorische Aufzählung der im gedachten Gebiete vorkommenden Gesteinsarten nicht hinaus. Bereits im Jahre 1857 haben meine hochverehrten Freunde Prof. Dr. Fr. Becke und der der Wissenschaft leider so früh ent- rissene Dr. Max Schuster mit ihrem in der k. k. geologischen Reichsanstalt in Wien am 15. Februar d. J. gehaltenen Vortrag °) hervorgehoben, wie verhältnismäßig wenig das mährisch-schlesische Grenzgebiet, speziell die Gegend zwischen Zöptau, Karlsbrunn und Freiwaldau (Schlesien), bisher von den Geologen beachtet wurde. Dieser kurze Vortrag befaßt sich indes bloß im Allgemeinen mit der Petrographie der fraglichen Gegend und berührt die geologischen Verhältnisse lediglich in kurzen Umrissen; dessenungeachtet sind diese Ausführungen als wichtige Bausteine für das geologische Ge- bäude der gedachten Bezirke anzusehen. Leider sind demselben hier nun keine weiteren Werksteine hinzugefügt worden, so daß der fragliche geologische Bau noch im gänzlich unfertigen Zustande einem Torso gleicht, denn in Prof. Fr. Beckes vortrefflichem „Be- richt über den geologischen Bau des Altvatergebirges“ °) wird das Zöptauer Terrain nur mit wenigen Worten kursorisch gestreift, während !) Tschermaks Min. u. petrogr. Mitth. 1895, XIV, pag. 183. 2?) Separatabdr. d. Verhdl. d. k. k. geol. R.-A. 1887, Nr. 4. ®) Sitzungsber. d. k. Akad. d. Wiss. Bd. CI, Abth. I, 1892. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Band, 1. Heft. (Fr. Kretschmer.) 54 Franz Kretschmer. [2] die für später in Aussicht gestellte „eingehende Schilderung“ des dort bloß kurz skizzierten Gebietes bisher noch nicht erschienen ist. Der Verfasser hat als Chefingenieur des gesamten Bergbaues der Zöptauer und Stefanauer Bergbau- und Eisenhütten-Aktiengesellschaft während seines 14jährigen Aufenthaltes in Zöptau Gelegenheit gehabt, sich mit dem Studium der geologischen Verhältnisse der Umgebung von Zöptau eingehend zu befassen, und zwar dies um so mehr, als seinem Ressort als Anhang auch die zahlreichen für hüttenmännisch- pyrotechnische, sowie Hochbauzwecke betriebenen Steinbrüche an- gehörten. Indem der Verfasser die Frucht seiner langjährigen Studien der Öffentlichkeit übergibt. glaubt derselbe nicht unberufen zu sein im Nachfolgenden ein zutrefftendes Bild von den petrographischen und Lagerungsverhältnissen der gedachten Gegend auf Grund lang- jähriger Erfahrungen und Beobachtungen entwerfen zu können. Die hier vertretenen Anschauungen weichen jedoch so sehr von den landläufigen Vorstellungen über das fragliche Gebiet ab, daß der Verfasser erst im Laufe der Feldesaufnahmen und der mikroskopisch-optischen sowie der chemischen Untersuchungen sich dieselben aneignete, als sich die Tatsachen immer mehr häuften, so daß an der Richtigkeit der folgenden Ergebnisse kein Zweifel übrig blieb. Es liegt mir jedoch fern, eine erschöpfende Darstellung der komplizierten geologischen Verhältnisse der Umgebung von Zöptau geben zu wollen, vielmehr soll mit dieser Arbeit nur ein Gebäude im Rohbau geschaffen werden, dessen Ausbau weiterer Forschungsarbeit vorbehalten bleibt. I. Generelle Übersicht der orographischen und petro- graphischen Verhältnisse. Das zunächst in Frage kommende Terrain erscheint in ein- facher Weise geographisch festgelegt durch das Mertatal sammt seinen Seitentälern, vom Kiesgraben an der Kriechlehne beginnend, bis zur Einmüdung des Mertaflusses in den Teßfluß bei Petersdorf, während die westliche Begrenzung durch das Teßtal gebildet wird. Das Mertatal hat sich in seinem Unterlaufe zu einem isoklinalen Längstal ausgeweitet, dagegen der Oberlauf noch ein tektonisches Tal vorstellt, das der großen Längs- und Querklüftung im Ziekzack folgt. Gegen Nordwest wird das Mertatal flankiert durch den SW-—NO streichenden Höhenzug vom Schwarzenstein und Steinigberg (617 m ü. M.), Hinterberg (627 m), Kahlhübel (707 m), Erzberg (914 m) und der Hüttelkoppe (1210 m); gegen Südost flankieren das Tal die un- sefähr parallellaufenden Erhebungen Rauhberstein (790 m), Storch- berg (671 m), Dürerberg (824 m), Spitzigstein (955 m) und Kriech- lehne (1183 m). Auf dem Talboden liegen die Gemeinden Ober- Petersdorf, Zöptau mit Kolonie Stettenhof, Wermsdorf mit Kolonie Sensenzipfel und den Fraktionsgemeinden Freiheitsberg, Siebenhöfen und Schwagersdorf. Dagegen gehört die Nachbar- gemeinde Marschendorf bereits zum Flußgebiete der Teß. [3] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 55 Die petrographische Zusammensetzung dieses Terrains ist eine sehr mannigfaltige und komplizierte, und zwar erlangen auf diesem Terrain die größte Verbreitung Hornblendegneise, manniefaltige Amphibolite, und zwar vorherrschend Feldspatamphibolite und Hornblendeschiefer (nach Maßgabe des alten petrographischen Systems); dagegen sind untergeordnete Gebirgsglieder: Massige und gangförmige Hornblendeplagioklasgesteine (Schwarzenstein, Bienergraben u. a. O.), schiefrige Biotitgneise als Einlagerungen des Hornblende- gneises, Topfsteinmassen mit Chloritschiefer am Storchberg (Zöptau), am Hausberg und der Hüttellehne (Wermsdorf); ferner treten am Kahlhübel, Köhlerstein und Erzberg nördlich Marschendorf mächtige Injektionen von Massengranit auf, außerdem wird speziell der Hornblendegneis von zahlreichen Gängen saurer Gesteine von peg- matitischem und aplitischem Habitus durchtrümmert. Schon Fr. Becke und Max Schuster haben in dem eingangs- erwähnten Vortrag die mit den Hornblendegneisen zusammen vor- kommenden massigen Gesteine als Diorite aufgefaßt, auch haben sie die Ahnlichkeit gewisser Amphibolite unseres Gebietes mit Gabbro- gesteinen hervorgehoben so wie sie auch die Abstammung der übrigen Amphibolite von Augitgesteinen wahrscheinlich machten. Auch Bergrat M. V. Lipold hat die hier in Betracht kommende Gegend in seiner Abhandlung „Geologische Verhältnisse des Süd- und Ostabfalles der Sudeten“ !) kurz berührt und unsere Gesteine als Amphibolgesteine, und zwar Hornblendegeneis und Hornblende- schiefer in Wechsellagerung mit Phyllitgneisen, Urtonschiefern, Chlorit- und Talkschiefern unterschieden. Dagegen unterscheidet Dr. J. Melion?°) neben Hornblendegneis Diorite, welche er nach dem alten petrographischen System zu den Grünsteinen stellt, ferner Hornblendegesteine (Amphibolit) und Horn- blendeschiefer, ohne sich jedoch mit den Lagerungsverhältnissen und noch viel weniger mit der Herkunft der Amphibolite zu befassen. Endlich hat V. Neuwirth neuerdings in seiner Abhandlung „Die paragenetischen Verhältnisse der Minerale im Amphibolitgebiet von Zöptau“?) ohne jede nähere Begründung die Behauptung aufge- stellt, daß Diorite in dem gedachten Terrain nirgends vorkommen, ohne aber der Frage über die stratigraphische Stellung und Herkunft dieser Massengesteine irgendwie näherzutreten, welche er insgesamt einfach unter die Amphibolite subsummiert. Auch bezüglich der übrigen und typischen Amphibolite finden wir keine Andeutung über deren Erscheinungsform oder Abstammung. Durch die folgenden Ausführungen dieser Arbeit soll dargetan werden, daß die in der Umgebung von Zöptau herrschenden, bisher als Hornblendegneise schlechtweg gedeuteten Gesteine richtig Amp hi- pbolplagioklasgesteine sind, die ihre Vertreter unter den Dioriten haben, daß die massigen und grobkörnigen Amphi- bolgesteine, bisher verschieden als Diorite und Amphibolite bezeich- !) X. Jahresbericht des Werner-Vereins in Brünn 1860. ?) Mährens und Österr.-Schlesiens Gebirgsmassen. Brünn 1895. 3) Zeitschrift d. mähr. Landesmuseums, VI, 2, 1906. 56 Franz Kretschmer. [#] neten Gesteine sowie die mit ihnen zu einem Gesteinskörper ver- bundenen sogenannten Hornblendeschiefer richtig metamorphe Gabbrogesteine sind, die alle durch allmähliche Über- sänge der Struktur und des Mineralbestandes eine un- trennbare geologische Einheit bilden. Neuerdings hat Prof. Dr. W. Bergt!) vortreffliche Studien von dem Gabbromassiv im bayrisch-böhmischen Grenzge- birge ausgeführt und kommt derselbe zu dem Ergebnis, daß der von den älteren Geologen, speziell von Lidl, als Hornblendeformation bezeichnete böhmische Teil der fraglichen Gebiete wohl größtenteils aus Hornblendegesteinen zusammengesetzt ist, und zwar nach dem alten petrographischen System sogenannten Dioriten, Amphiboliten und Hornblendeschiefer, daß diese jedoch richtig Hornblendegabbros sind, „es wäre unrichtig und unzweckmäßig, ihnen den Namen Gabbro zu nehmen.“ In dem gedachten Bezirk erlangen überdies typische Augitgesteine eine allgemeine und ausgedehnte Verbreitung, es sind dies hauptsächlich grobkörnige Gabbros, wozu sich noch Pyroxen- sranulite gesellen. Pyroxen- und Hornblendegabbro und die Amphi- bolite sind durch allmähliche Übergänge verbunden, demzufolge für den größten Teil der „Hornblendeformation“ der Name Gabbro re- klamiert wird. Bezüglich der Struktur schieferiger und flaseriger Pyroxen- und Hornblendegesteine geht aus der Darstellung hervor, daß dieselben in ihren mikroskopischen Einzelheiten so sehr den Eindruck der Ungestörtheit, der Ursprünglichkeit machen, daß man geneigt ist, sie als erstarrte Flußbewegungen oder als Wirkungen eines noch vor der Erstarrung tätigen Druckes anzusehen. Zu ähnlichen Ergebnissen ist später Johannes Uhlig (Dresden) in seiner bemerkenswerten Abhandlung „Die Gruppe des Flaser- gabbro im sächsischen Mittelgebirge“ ?) gelangt, dessen Hauptmasse aus feinkörnigen Hornblendeplagioklasgesteinen gebildet wird, worin die typischen Gabbros nur als geringmächtige Linsen einge- schaltet sind, wobei letztere mit den ersteren durch alle möglichen Übergänge verbunden erscheinen. Auch Uhlig trachtet den Nach- weis zu erbringen, daß die Strukturverhältnisse der Gesteine der Flasergabbrogruppe auf Druckvorgänge im erstarrenden Magma hin- weisen, daß die Vorgänge auch den Chemismus der Mineralbildung soweit beeinflussen, daß an Stelle der Pyroxene der normalen Gabbros, Hornblendemineralien sich ausbildeten und damit an Stelle der nor- malen Gabbros, Hornblendegabbros (im engeren Sinne) und sogenannte Amphibolite entstanden sind. Demzufolge erscheint auch Uhlig die von Bergt vorgeschlagene Bezeichnung der Amphibolite als Horn- blendegabbro durchaus angemessen, außerdem wird für die schieferigen Varietäten die Bezeichnung „schieferiger Hornblendegabbro“ empfohlen. In vorstehenden Darstellungen erscheint es auffällig, daB über die von Becke und Grubenmann begründete kristallobla- stische Struktur der bisher zu den kristallinen Schiefern gezählten !) Sitzungsberichte d. k. Akad. d. Wiss. Berlin 1905, XVIII, pag. 402 und 1906, XXII, pag. 432. ?) Zeitschr. d. Deutschen geol. Ges. 59. Bd., pag. 45, 1907. [5] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau 57 Amphibolite keinerlei Erwähnung geschieht? Ist doch gerade in dieser Struktur der grundlegende Unterschied zwischen den kristal- linen Schiefern einerseits und den Erstarrungsgesteinen sowie den Sedimentgesteinen anderseits gelegen, weshalb die Forschungsergeb- nisse Bergts und Uhligs mit der neuen Petrographie im Wider- spruche stehen, welch letzterer in den Amphiboliten und vielen kri- stallinnen Schiefern Produkte der dynamometamorphen Gesteinsum- wandlung sieht. Wenden wir uns wieder dem Zöptauer Massiv zu, so muß zu- nächst hervorgehoben werden, trotzdem daß die Beschreibungen Uhligs von den Gesteinen der sächsischen Flasergabbrogruppe auf unsere Zöptauer Hornblendeplagioklasgesteine in einem gewissen Sinne passen, beziehungsweise damit übereinstimmen, kann ich mich den Anschauungen Uhligs bezüglich unserer Gesteine den früher soge- nannten Dioriten, Amphiboliten und Hornblendeschiefern nur zum Teil anschließen, und zwar betrachtet Verfasser die massigen und sangförmigen Hornblendeplagioklasgesteine mit zyklopisch-gabbroider Struktur, die ohne Spuren von Schieferung nur richtungslose Zerklüf- tung erkennen lassen als Hornblendegabbro, während die übrigen hierher gehörigen Gesteine als dynamometamorphisch umgewandelte Gabbros oder Amphibolite angesehen werden. Im weiteren Verfolge bin ich auch bezüglich der Nomenklatur anderer Meinung als Uhlig, denn ein so ausgedehntes Gesteinsmassiv bedarf der Gliederung nach den durch Mineralbestand und Struktur im Felde makroskopisch leicht zu unterscheidenden Typen. Um die folgenden Auseinandersetzungen nicht durch allerlei Namen zu belasten, wurden auf Grund unten folgender mikroskopischer Untersuchungen sowie der diesfälligen chemischen Analysen nachstehende Bezeichnungen gewählt, wobei im Anschlusse an bisherige Namen solche neue überflüssig schienen. Es werden demzufolge unterschieden: Hornblendegabbro von großkörnigem zyklopisch - gabbroidem Gesteinsgewebe und massigem, richtungslos zerklüftetem Gesteinsbau ; Gabbroamphibolit richtungslos grobkörniges (granoblastisches) Gewebe von dickbankigem bis plattigem Gesteinsbau; Gabbroschiefer von feinkörnig-faseriger Textur, grobschieferiger Struktur und endlich Prasinit, dichte Textur, feinschieferige und vielfach gefältete Struktur. Hierzu kommen noch Hornblendite, sroßindividualisierte oder feinkörnige Massen, in Form plumper Linsen oder Stöcke wollsackähnlicher Blöcke sowie als unförmliche kubikmetergroße Kugeln den vorgenannten Gesteinen inneliegend. Diese metamorphosierten Gabbrogesteine sind untereinander durch allmähliche Übergänge verknüpft und bilden zusammen mit den Dioritgneisen eine geologische Einheit. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Band, 1. Heft, (Fr, Kretschmer.) 8 58 Franz Kretschmer. [6] Verbreitung der Dioritgneise. (Hierzu geologische Kartenskizze Tafel V.) Die Hauptmasse des Amphibolplagioklasgneises be- findet sich an der Südwestflanke unseres Gewölbes im Petersdorfer Traußnitzwalde, und zwar am Butterhübel, Harbichstein und Reimer- stein sowie am ÖOplustilberg, übersetzt hier das Mertathal, beherrscht einen Teil des Steinigberges sowie den Fellberg, zieht von hier gegen den Schinderhübel, Vorder- und Hinterberg bei Marschendorf, setzt die Ausläufer des Kahlhübels, des Köhlersteins als auch des Erz- berges zusammen. An den Gehängen der letzteren Bergeshöhen gegen Marschendorf war der Dioritgneis einer weitgehenden Vergrusung unterworfen oder er ist gänzlich zu Sand zerfallen, wie dies bei Massengraniten vorzukommen pflegt; insbesondere ist dies am Vor- derberge der Fall, wo der Biotitplagioklasgneis vorherrschend wird. Letztere Gneisvarietät ist auch an den nördlichen Gehängen des Erzberges dominierend, wo sie sich jedoch im frisch erhaltenen Zustande vorfindet, während der Amphibolplagioklasgneis erheblich zurücktritt oder ganz aus der Gesteinsreihe verschwindet. Der Oplustilberg, welcher an der Einmündung des Zöptauer- baches in den Mertafluß aus der Talsohle sich steil erhebt, besteht gänzlich aus großblockigem und dickbankigem Dioritgneis, der bald dunkelfärbig an Hornblende reich in Gabbrogneis übergeht, bald hellgefärbt feldspatreich ist; in der ersteren Varietät reichert sich der schwarzbraune Biotit lokal stärker an, während die letztere gewöhnlich glimmerarm erscheint. Der Feldspat ist vorherrschend Plagioklas, insbesondere in der hornblende- und biotitreichen Varietät, dagegen in der biotitarmen neben Plagioklas auch Orthoklas nebst Quarz in das Mineralgewebe eintritt. Solcherart zusammen- gesetzte Dioritgneise setzen bis zum Reimerstein (gewöhnlich Parapluieberg genannt) fort, wo sie feldspatreich und biotitarm hell- farbig als Quarzdioritgneise anzusprechen sind, sie lassen sich bis zum benachbarten Harbichstein verfolgen, wo sie Schlieren von Gabbroamphiboliten aufnehmen, welch letztere auf zahlreichen Klüften sekundär körnigen Pistazit mit Drusen säulenförmigen Epidots nebst glasigem Quarz, Albit und Periklin ete. führen. Bei der soge- nannten Grotte am Oplustilberg fand ich einen relativ geringmächtigen Lagergang von großkörnigem massigem polyedrisch zerklüftetem Hornblendegabbro. Die Dioritgneise des Steinigberges, des Fellberges und der Hohenwarte sind instruktiv durch den Bienergraben aufge- schlossen, sie sind hier reich teils an Hornblende, teils an Plagioklas ; die darin enthaltenen Schlieren von Biotitplagioklasgneis sind sehr dünnschieferig, stark gequetscht und verwittert. Zwischen diesen Gneisen erscheinen ungefähr 5 bis 6 m mächtige ganzförmige Injektionen von großindividualisierttem massigem Hornblende- gabbro besonders auffällig, Am Grabenschluß ist ein großindividua- lisierter beryllführender Pegmatitgang zu Tage ausge- waschen, Die in Rede stehende Dioritgneiszone wird insbesondere in [7] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 59 der Umgebung von Marschendorf von zahlreichen beryll- führenden Pegmatitgängen, speziell am Schinderhübe], von den bekannten chrysoberyllführenden Pegmatitgängen durchsetzt, welche weiter unten zur ausführlichen Besprechung ge- langen werden. Dieselbe wird außerdem am Erzberg, Köhlerstein und Kahlhübel vom Granit aplitischer Fazies durchbrochen, welcher, wie wir weiter unten sehen werden, zum Granitit gehört. Von dem in Rede stehenden großen Gneiskörper abgesondert, erhebt sich am rechten Mertaufer. und zwar am oberen Ende der Kolonie Sensenzipfel, ein Spezialmassiv von Amphib.ol- plagioklasgneis beschränkter Ausdehnung, welches die vordere Hüttellehne und den Hausberg zusammensetzt. Die daselbst zu Tage anstehenden hochstrebenden Felsmassen werden im Volksmunde „die Schwefelsteine“ genannt. Die Bänke sowohl als auch die hellen und dunklen Schlieren dieses isolierten Gneiskörpers zeigen denselben mannigfaltigen Wechsel dioritisch-gabbroider Gesteine, wie wir die- selben im Hauptmassiv kennen lernten, von denen sie sich in keiner Weise unterscheiden. Verbreitung der Gabbrogesteine. (Siehe das geologische Übersichtskärtchen Tafel V.) Vom Fellberg gegen SW stößt man auf dem Steinigberg sowie dem Schwarzenstein und Mittelstein an die dortige hoch- wichtige Reihe von Gabbrogesteinen. Die wildzerissenen Felspartien auf den Scheiteln der beiden letztgenannten Berghöhen bestehen ganz aus massigem, richtungslos zerklüftetem und richtungslos körnigem Hornblendegabbro. Die Gesteinsreihe des Schwarzenstein und seiner südwestlichen Ausläufer ist instruktiv aufgeschlossen durch die Einschnitte an der Eisenbahnstrecke vom unteren Ende des Zöptauer Bahnhofes bis zur Mertabrücke oberhalb der Station Petersdorf, welchem Profil wir nun folgen wollen. Der schwarze Hornklendegabbro vom Schwarzenstein hält an seinem Fuße bis zur herrschaftlich Wiesenberger Försterei an, wo eine vorspringende Nase dieses Gesteins mit dem Bahneinschnitt durchbrochen wurde. Er übergeht hier und dort in großindividualisierte Hornblendite worin die Menge des Plagioklases stark zu- rücktritt. Von speziellem Interesse sind stark gequetschte flaserige Hornblendegabbros, worin die Plagioklas- und Hornblendeaggregate parallel gedrückt und flaserig gestreckt erscheinen, die dann infolge dieser Kohäsionsänderung mehr oder weniger zu grusigen und sandigerdigen Massen zerfallen sind, was sonst bei unseren Gabbro- gesteinen gar nicht vorkommt. Es ist dies übrigens der einzige mir bekannte Fall, daß die Gabbros hiesiger Gegend flaserige Struktur annehmen. Nun folgt talabwärts eine zirka 20 m breite eingeklemmte Partie von Glimmerschiefer, die, wie wir später sehen werden, von oben herah in die Massengesteine versenkt wurde. Auf gedachte Schiefer legen sich grobkörnige Gabbroamphibolite mit ausge- g* 60 Franz Kretschmer. [3] zeichneter Parallelstruktur dickbankiger und plattiger Absonderung, welche gegen das Hangende stetig feinkörniger und dünnschieferiger werden. Diese Amphibolite von ansehnlicher Mächtigkeit sind viel- fach gebändert, indem helle Plagioklasbänder mit dunklen Amphibol- bändern wechsellagern, oder es sind Plagioklaslinsen mit Amphibol umflochten. Dieses Gestein nimmt dicht oberhalb der Brettsäge des Zöptauer Eisenwerkes eine mächtige eingeklemmte Quarzitpartie auf, die, wie später begründet werden wird, ebenfalls der einstigen Schieferhülle angehörte. Unterhalb des erwähnten Sägewerkes lagert sich der Quarzit mächtiger ein, worauf dann zersetzte Amphibolite und dichte Prasinite (Grünschiefer) in den Gesteinsverband ein- treten. Das allgemeine Streichen dieser Gesteine, soweit sie Bankung, beziehungsweise Lagerung erkennen lassen, ist 2 h, das Einfallen 20 h unter 50 bis 65° konstant anhaltend. Auf der gegenüberliegenden Talseite, im Traußnitzwalde, und zwar nächst dem Reimerstein, durchbricht den Dioritgneis an der Grenze gegen den Quarzdioritgneis ein ungefähr 15—20 m mächtiger Lagergang von Hornblendegabbro, dessen massiger zentraler Kern gegen die Grenzflächen hin von plattigen Amphiboliten be- gleitet wird. Fin ähnlicher Gang wurde auch am Butterhübel (Laßwirtschaft) konstatiert, woselbst ein anorthositähnlicher Gabbro sowie auch Hornblendit mit einbricht. Der Gabbro stellt auch hier ein regellos zerklüftetes grobkörniges Massengestein vor, das höchst fest und spröd, hellklingend und leicht nach ver- steckten Lassen zersprengbar ist. In den Hammerbüscheln, also am Südende des Massivs, entsendet dasselbe gangförmige Apophysen von Gabbro und Gabbroamphibolit in die von SSW vorstoßende Glimmerschiefer-Quarzitzone, wo in der dort ausgedehnten Kontakt- zone in ansehnlicher Verbreitung Kontaktgesteine ausgebildet wurden, welche im Abschnitt „Schieferhülle* näher betrachtet werden sollen. Weiter in das Liegende vorkommend folgen nun die Gabbro- amphibolite an den östlichen Abhängen des Traußnitzwaldes gegen Rabenseifen und ZRudelsdorf; ferner die Gabbroschiefer westlich Rudelsdorf, am Viebich, SSW der Zöptauer Kirche, am Pfarrerb und Schulerb, NNO dieser Kirche, wo sie jedoch mit Amphibol- pyroxengneisen, Amphibolbiotitgneisen und den daraus durch Ver- witterung entstandenen Glimmergneisen wechsellagern, welche Ge- steine am Richterberg südlich der erwähnten Kirche in ähnlicher Wechsellagerung sich wiederfinden. Eine verbreitete und dominierende Stellung erlangen die Gabbroamphibolite und Gabbroschiefer im Riede, vorderer Schillerhau, weiter gegen SO auf der LaB- koppe und dem Bischofserb. Diese mächtige Amphibolit- Gabbroschieferzone findet ihre Fortsetzung gegen NO am Grillen- berg, östlich Wermsdorf, weiterhin am Hausberg, auf der vorderen und hinteren Hüttellehne bereits am Rechtsgehänge des oberen Mertatales.. Das allgemeine Streichen dieser Gesteine in dem ge- dachten Terrain ist innerhalb der Kompaßstunden Ih, 2hbis3 h schwankend, das Einfallen erfolgt durchweg 19 h, 20 h bis 21 h unter So50, bis’ 59% [9] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 61 Die Gabbroschiefer dieses Bezirkes sind insbesondere durch häufige Einschaltungen von vichtungslos-körnigem Gabbroamphibolit in Platten bis zu 10 und 15 cm Stärke herab bemerkenswert. ein Be- weis für die innige Verknüpfung der erwähnten Gesteinstypen; denselben sind ferner aus zahlreichen Punkten ihres weiten Ver- breitungsbezirkes massige Hornblendegabbro, insbesondere aber Hornblendite als plumpe Linsen und unförmliche Kugeln eingeschaltet. In dieser Zone der Gabbrogesteine sind ferner besonders hervor- zuheben, und zwar gegen ihren Außenrand hin, die Topfsteinlager am Storchberg, am Hausberg oberhalb dem Sensenzipfel und auf der vorderen und hinteren Hüttellehne, woselbst sie die größte Mächtigkeit erlangen. Die Topfsteinkörper am Kargerberg nördlich Siebenhöfen, und jene am Kupferberg westlich Wermsdorf, fallen bereits in die Innenzone der Gabbroamphibolite. Ein geologisch wichtiger Punkt ist der in das Teßtal vorge- schobene, aus dem Terrain scharf kegelförmig herausmodellierte Mattenberg nächst Marschendorf, dessen Westabhang aus Chloritschiefer, Strahlsteinschiefer und chloritisiertem Gabbroschiefer besteht, dagegen die Hauptmasse des Berges aus typischem Gabbroschiefer zusammengesetzt ist, worin sich form- lose Linsen von großindividualisiertem strahligem Hornblende- gabbro finden. Auf der Spitze des Bergkegels hat Verfasser sehr feste Felsblöcke eines massigen, dabei jedoch feinkörnigen Horn- blendits anstehend angetroffen. Am Osthang geht der Gabbro- schiefer in granoblastisch-körnigen Gabbroamphibolit über, um in der Einsattlung zwischen Mattenberg und Schinderhübel dem am Aus- gehenden gänzlich vergrusten Dioritgneis Platz zu machen, welcher nicht nur durch die häufigen amphibolitischen, sondern hier auch zahlreiche aplitische Schlieren ausgezeichnet ist. Am Steinhübel und dem Vorderberge (auch Butterhübel genannt), nördlich Marschendorf, sind ebenfalls Gabbroamphibolite ver- breitet, darin finden sich Einschaltungen von Gabbroschiefer, Strahl- steinschiefer und feinkörnige massige Hornblendite, letztere als plumpe Linsen und Stöcke. Weiter gegen NO fortschreitend gelangen wir zu den Gabbroamphiboliten mit ihren wichtigen Kontaktbildungen am Kahlhübel, darin sind tiefschwarze massige Hornblendegabbros ein- gebettet. Diese Gesteine werden hier von Granitit durchbrochen, welcher am Kahlhübel sowohl als auch am Köhlerstein sowie am am Erzberg in nackten Felsmassen zu Tage tritt. An den Gehängen des Stein- und Butterhübel sowie seiner südwestlichen Ausläufer gegen Marschendorf herrschen aber überall Amphibolplagioklasgneise, speziell das ganze Westgehänge wird von stark vergrusten Biotitplagioklas- gneis gebildet, dagegen dominieren auf den Scheiteln des Stein- und Butterhübel, gleichwie am vorerwähnten Mattenberg, überall die ge- nannten Gabbrogesteine. Ähnliche Verhältnisse wurden am Hofstein, nordöstlich Stettenhof, sowie auf dem benachbarten Storchberg fest- gestellt: überall herrschen auf den Scheiteln die Gabbro- gesteine, dagegen an den Gehängen die Dioritgneise zum Vorschein kommen. op) DD Franz Kretschmer. [10] Verbreitung der angrenzenden Quarzite, Glimmerschiefer und Schiefergneise. (Siehe geologische Kartenskizze Taf. V.) An der südwestlichen Spitze der Ausläufer des Schwarzensteins, oberhalb der Einmündung der Merta in die Teß, legt sich auf die beschriebenen Gabbrogesteine jene restliche Glimmerschieferpartie, welche bereits Prof. F. Becke beschrieben und gezeichnet hat!) und welche aus echten Glimmerschiefern und Phylliten sowie unter- geordneten Amphiboliten und Grünschiefern besteht, die von anderen basischen Eruptivgesteinen abstammen. Die Fortsetzung davon, in demselben stratigraphischen Niveau, fand ich auf den Gehängen des Steinigberges (bereits auf der Marschendorfer Seite) gegen den Teßfluß, wo diese Gesteine am Kontakt mit den Gabbroamphiboliten vom Schwarzenstein durch die daselbst konstatierten Kontaktgebilde bemerkenswert erscheinen. — Eine wichtige, aus Quarziten und Glimmerschiefern bestehende Gesteinszone ist am benachbarten Weißensteinin den dortigen Gabbrogesteinen eingeklemmt. — Eine ähnliche Quarzit- und Glimmerschieferpartie findet sich ferner am Kupferberg dicht westlich Wermsdorf inmitten von Gabbroschiefern und Amphiboliten. Beide letzgenannten Quarzitschollen werden von hochwichtigen endogenen und exogenen Kontakterschei- nungen begleitet. Weiter unten wird diesbezüglich und ferner auch der Nachweis erbracht werden, daß alle diese Quarzit- und Glimmer- schieferpartien die Überreste einer einstigen zusammenhängend über dem dioritisch-gabbroiden Massiv ausgebreiteten Schiefer- hülle vorstellen, die bisher von der gewaltigen Thalerosion und Denudation verschont geblieben sind. Die mächtige, hauptsächlich aus Quarziten Glimmerschiefern, untergeordneten Phylliten sowie Amphiboliten bestehende Glimmer- schieferzone des Traußnitzwaldes setzt zunächst den über- ragenden Rauhbeerstein und seine südwestlichen und nordwest- lichen Ausläufer auf Petersdorfer und Zöptauer Terrain zusammen. Am Eingange zum Schebekgrunde, in den Hammerbüscheln und an dem Südgehänge des Krebsgrundes greifen mehrfach Quarzite und Glimmerschiefer in die dortigen Dioritgneise und Gabbroamphibolite fingerförmig ein, so daß scheinbar eine wiederholte Wechsellagerung der ersteren mit letzteren Gesteinen entsteht. Überall im Kontakt des Gabbro mit dem Glimmerschiefer kommt es zur Ausbildung wichtiger endogener und exogener Kontaktgesteine, welche im Artikel „Schieferhülle“ Gegenstand eingehender Untersuchung sein werden. Von Rudelsdorf weiterhin gegen NO vordringend, auf dem Rabenstein, der Viebichkuppe, dem Rabenberg, in der Umgebung der Kolonie Freiheitsberg, am Dürrenberg, im Seifengrund, am Katzenkopf, im Grasgrund, am Spitzigstein werden die Gesteine der Glimmer- schieferserie durch mannigfaltige Schiefergneise, vorherrschend ') Sitzungsbericht d. k. Akad. d. Wiss. CI. Abt. I, 1892, Taf. 1. [11] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 63 aber Chloritgneise ersetzt. Denselben Gesteinen der Chloritgneis- gruppe begegnen wir im „Schlafwinkel“ und im Kiesgraben des oberen Mertatales sowie auf der hinteren Hüttellehne, als auch am Hüttelberg, wo diese Schieferserie zu großer Mächtigkeit gelangt. Auffällig ist es, daß in dieser Gesteinszone die Neubildungen der normalen Kontaktmetamorphose fehlen, während derlei Gebilde in der Glimmerschieferzone überall, wo sie mit den Gabbro- gesteinen in Berührung tritt, nirgends fehlen. Amphibolite und Grünschiefer führt nieht nur die Glimmer- schiefergruppe, auch die Chloritgneisgruppe hält solche in mehreren Zügen und ansehnlicher Mächtigkeit eingeschlossen. Diese letzteren Amphibolite sind von den früher betrachteten Gabbroamphiboliten zu- folge großer Ähnlichkeit schwer zu unterscheiden; dessenungeachtet stammen dieselben von anderen basischen Eruptivgesteinen ab, wie wir weiter unten sehen werden. Uberblickt man die oben geschilderte Verbreitung der Gesteine in der Umgebung von Zöptau, so ist vor allem ein mächtiger zentraler Kern von Dioritgneis zu konstatieren, auf diesen legen sich an der Peripherie Hornblende- gabbros, weiter nach außen Gabbroamphibolite und schließlich Gabbroschiefer in der Weise, daß massige Gabbros an der Nordwestflanke, dagegen Gabbroschiefer an der Südostflanke des Gneisgewölbes zur Ausscheidung kamen. In der randlichen Zone des gedachten Dioritgabbromassivs liegen nun an der Südostflanke jene Topfsteinstöcke, welche, wie weiter unten der Nachweis erbracht werden wird, von Pyroxeniten abstammen. Die gedachten Eruptiv- gebilde werden teils von einer Schiefergneishülle, teils von einer Glimmerschieferhülle umschlossen, welche einstens überall ausgebreitet war, wovon heute nur noch zahlreiche Überreste dieser Decke am Süwestflügel erhalten geblieben sind, während die Scheitelkalotte dieser Bildungen fast gänzlich abgetragen ist; gleichwohl haben sich dessenungeachtet auch im zentralen Teil einzelne tiefer eingeklemmte Relikte dieser Schieferhülle erhalten. Der zentrale Dioritgabbrostock erscheint generell in seinem südwestlichen Teil nach 1 h 10 gd, dagegen im nordöstlichen nach 3 h O gd gestreckt und reicht von den Gehängen des Krebsgrundes (im Traußnitz) sowie den südöstlichen Ausläufern des Rauhbeersteins bis an den Hüttelberg im oberen Mertatal auf 10 km Länge, dagegen seine Breite vom Rabenberge (Ober-Zöptau) bis zum Mattenberge am Linksgehänge des Teßtales auf 45 km sich erstreckt. Das Einfallen der Gesteinsbänke und Schlieren ist durchweg 21 h 0 gd, beziehungs- weise 19 h 10 gd unter steilen Winkeln 45 bis 60° schwankend. Aus diesen Lagerungsverhältnissen ist zu ersehen, daß die metamorphe Dioritgabbroformation in der Umgebung von Zöptau ein symmetrisch gebautes schiefliegendes Gewölbe formt, worin die Dioritgneise die große Mitte beherrschen. Die peripherischen Hornblendegabbro und Gabbroamphibolite des Schwarzenstein an der Nordwestflanke finden ihre südöstliche Gegenflanke in den Gabbro- schiefern der Petersdorfer und Zöptauer Traußnitz und Viehbich, südlich Zöptau ; dienach außen folgenden Glimmerschiefer und Quarzite 64 Franz Kretschmer. [12] des Rauhbeerstein und seiner Ausläufer haben ihren komplementären Gegenflügel am Steinigberg und den Ausläufern des Schwarzenstein sowie in der Gabel zwischen Teß und Merta. Das gedachte Gewölbe ist bei seiner Aufpressung gleichzeitig gegen SO überkippt, wie dies durch das Profil Fig. 1 und 2 auf Taf. V dargestellt erscheint, welches die in Rede stehenden tektonischen Verhältnisse naturgetreu wiedergibt. Aus den Ergänzungskurven ist der Zusammenhang der einzelnen Formationsglieder, beziehungsweise Gewölbteile zu erkennen, gleichzeitig aber zu ersehen, welche gewaltige Massen durch die Denudation und Erosion seither davon abgetragen wurden! Das in Rede stehende Gewölbe deckt ungefähr einen Flächen- raum von rund 45 km?;, es ist somit wohl nur ein relativ kleines Massiv, das uns hier beschäftigt, allein dasselbe bildet ein sehr in- struktives Beispiel einer dioritisch-gabbroiden und pyroxe- nitischen Gesteinsfamilie, die einer weitreichenden Metamorphose zu kristallinen Schiefern anheim- gefallenist. Wie wir den folgenden Kapiteln entnehmen werden, weist ein dioritisches Magma nach der basischen Seite auf Spaltungsprodukte über Hornblendegabbro bis zu den ultrabasischen Pyroxeniten; nach der sauren Seite zu granitischen Massengesteinen sowie pegma- titischen und aplitischen Ganggesteinen hin. Die Ausscheidungsfolge dieser Differentiationsprodukte des gemeinsamen Magmas war eine umgekehrte, und zwar ist der Dioritkern zuerst auskristallisiert, worauf die peripherischen Gabbrogesteine nachfolsten, die zum Teil in den Diorit eindrangen, während die Gabbrogesteine von den Pyroxeniten durchbrochen wurden. Damit im Zusammenhange steht auch die Korngröße dieser Eruptivgebilde, und zwar sind allgemein die feinkörnigen und dichten Gesteine in deräußeren Schale als Gabbroschiefer und Prasinite, deren Mineralbestand nur u. d. M. auf- gehellt werden kann, gegen das Innere grobkörnige Amphibolite und großindividualisierte Hornblendegabbro verteilt, während die diekbankigen und massigen Dioritgneise ebenfalls ein srobkörniges Gefüge darbieten sowie dies den Abkühlungs- und Druckverhältnissen einer aus dem Schmelzfluß erstarrenden und be- wegten Masse normalerweise entspricht. Durch unten folgende Auseinandersetzungen soll gezeigt werden, daß es in der Schieferhülle des in Rede stehenden Dioritgabbro- massivs zur Ausbildung von Kontakthöfen kam, die durch ihre Stau- rotith-Disthen-Granatglimmerschiefer sowie andere endomorphe und exomorphe Kontakterscheinungen ausgezeichnet sind. Dadurch erhält die Anschauung, daß das Dioritgabbrogewölbe in der Umgebung von Zöptau aus metarmorphierten Intensivgesteinen aufgebaut ist, eine wichtige Stütze. R Nach dieser generellen Übersicht der geologischen Verhältnisse sollen nun die einzelnen Teile des in Rede stehenden Gewölbes einer eingehenden Untersuchung und Schilderung in der Reihenfolge unter- worfen werden, daß zuerst der zentrale Dioritkern, dann die peri- pherischen Gabbrogesteine und zuletzt der Schiefermantel zur Dar- stellung gelangt. [13] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 65 II. Der zentrale Dioritgneiskern und dessen Gang- gesteine. 1. Amphibolplagioklasgneis mit Schlieren von Biotitplagio- klasgneis. Der Amphibolplagioklasgneis in der Umgebung von Zöptau ist makroskopisch ein Gemenge von Feldspat (meist Plagioklas neben wenig, Orthoklas) und schwarzgrüner Hornblende, häufig stellt sich Biotit ein, offensichtlich in Gesellschaft und Vertretung der Hornblende, der Quarz ist selten oder fehlt ganz. Das Gesteins- gewebe ist körnigstreifig oder körnigflaserig, grano- blastisch, der Gesteinsbau ist gewöhnlich grobschieferig, grobklotzig und massig. U. d. M. zeigt die Hornblende überwiegend dicke und lange Prismen der Form © P (110), wozu sich da und dort oP » (010) gesellt, die Endigung ist unregelmäßig oder zackig, selten sind die Endflächen — P (111) vorhanden; mit vollkommener Spaltbarkeit nach (110), selten nach der Schiefendfläche (001). Durch orthopinakoidale Ablösung entsteht eine lamellare Zusammensetzung der Hornblende, ebenso häufig sind kompakte körnige Aggregate derselben. Die Prismen sind in der Regel parallel oder garbenförmig zusammengefügt, aber auch kreuz und quer wirr gelagert. Die Farbe ist im auffallenden Licht tief schwärzlichgrün bei starkem Glasglanz, im durchfallenden hellgrün bis blaugrün. Neben der Hornblende findet sich langprismatischer hellgrüner, stark glasglänzender Aktinolith; derselbe tritt als Neu- bildung zwischen den Hornblendeaggregaten und im Plagioklas einge- schlossen auf. — Der Augit ist, wo er vorkommt, schwärzlichgrün bis rabenschwarz, im durchfallenden Licht olivengrün bei starkem Glas- glanz, Bruch muschelig, teils als Hornblendekern, teils als zahlreiche Einzelkristalle eingewachsen, gewöhnliche Form + 2 P, oder die Komb.- Form © P. P © von schalenförmigem Aufbau in verschiedenen Farben- tönen, da und dort ruinenartig ausgezackte Wachstumsformen. Solche -Augiteinsprenglinge wurden insbesondere schön in dem frischen Diorit- gneise des Topfsteinbruches am Storchberg (Zöptau) und am Steinig- berg (Petersdorf) gefunden; zumeist ist jedoch der Augit kurzpris- matisch und körnigblätterig, so zum Beispiel am Reimerstein und Har- bichstein (Traußnitzwald) usw. — Der Plagioklas ist in rundlichen Körnern oder auch in dicken Tafeln zuweilen mit kristallographischer Begrenzung sowie auch zarter Lamellierung versehen und in reich- licher Menge vertreten, da und dort mehr oder weniger epidotisiert. Der Orthoklas, der nur eine untergeordnete Rolle spielt, zeigt nur runde Körner, selten einfache Kristalle, er fehlt des öfteren ganz. — Der Biotit tritt in der Regel dort auf, wo die Hornblende fehlt oder selten ist, er hat sich auf Kosten der letzteren gebildet und kommt in sattbraunen metallisch glänzenden Lamellen vor, welche gewöhnlich annähernd parallel gelagert sind.. Scharfkantige größere und kleinere Oktaöder von Magnetit und Körner mit Metallglanz sind der Gesteinsmasse reichlich eingestreut. Die Oktaöderflächen Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Band, 1. Heft. (Fr. Kretschmer.) 9 66 Franz Kretschmer. [14] sind zuweilen treppenförmig überhöht, die Kristalle parallel verwachsen oder verzwillingt, sie werden häufig bis erbsengroß. Im Dünnschliff bemerkt man vorwiegend Plagioklas und Hornblende, ersterer in krystallographisch bestimmten Schnitten und heterometrischen Körnern meistens wasserklar und farblos, nur an wenigen Stellen durch Flüssigkeitseinschlüsse getrübt, mit zarter und breiter Zwillingslamellierung nach dem Albitgesetz, auch gitter- förmige Streifung nach Albit- und Periklingesetz ist da und dort regelmäßig ausgebildet zu beobachten, jedoch sind häufig Körner und Tafeln zu sehen, die jeder Zwillingsstreifung entbehren. Nach der in Schnitten L a gegen die Zwillingstrace gemessenen Auslöschungs- schiefe = 76° gehört der Feldspat in die Oligoklas-Andesinreihe. Stets ist inverse Zonenstruktur bemerkbar, der Kern besteht aus basischem Oligoklas, die Hülle aus Andesin; einzelne Körner sind 5—10mal größer als die übrigen, sie enthalten Einschlüsse von Quarz. — Hornblende ist durchsichtig hellgrün bis blaugrün, in den Quer- schnitten durch die prismatische Spaltung nach (110) mit dem X 124° gekennzeichnet, Querabsonderung bei langprismatischer Ausbildung da und dort bemerkbar. Der Pleochroismus der Hornblende ist: c dunkel- blaugrün, b grasgrün, a grünlichgelb, die Absorption c=b>a. Häufig wird helles Zentrum, dunkler Rand, niemals der umgekehrte Fall be- obachtet. Die Hornblende ist zuweilen mit Plagioklas poikilitisch verwachsen; ihre Auslöschungsschiefe, beziehungsweise die Größe des Winkels e :c wurde mit 18 und 19° gemessen. Y—x = 0'023; Dispersion der Achsen deutlich <> v um die Mittellinie a; Achsenwirkel 2V = 66°, — Der Pyroxen zeigt vollkommene prismatische Spaltung nach © P (110) und merklichen Pleochroismus bläulichgrün, gelblichgrün und graugrün. Bei eingeschobenem Polarisator und Drehen des Präparats ist Farben- wechsel zwischen braun, violett bis gelbraun und braungelb zu be- obachten. In Querschnitten sind die rechtwinkeligen Spaltrisse nach dem Augitprisma gut sichtbar. Die Hornblende ist mit dem Pyroxen parallel und unregelmäßig verwachsen. Die Auslöschungsschiefe e:c auf Schnitten nach der Symmetrieebene wurde gegen die Spaltrisse mit 33° festgestellt. — Akzessorisch : Titanit farblose bis graue, reliefartig hervortretende Körner, Magnetit schwarz opak, zum Teil Titano- magnetit mit Leukoxenhülle; Apatit in einzelnen Körnern sparsam. vorhanden; noch ist Epidot zu erwähnen, der in einzelnen spärlichen, mit Hornblende verwachsenen Körnern auftritt. Die Mengung der obigen Mineralien ist bald eine gleichmäßige, bald wechseln helle Feldspatlagen mit dunklen Lagen der Hornblende nebst Pyroxen miteinander ab, im ersteren Falle ist das Gestein grau meliert, im zweiten weiß und schwarz gestreift oder gefleckt. Der planparallele und schichtenähnliche Aufbau kristalliner Schiefer greift jedoch nirgends durch, vielmehr erscheint der für Eruptiv- sesteine charakteristische striemige und schlierenartige Ver- band dunkler basischer und heller saurer Gesteinspartien überall bewahrt. Es lassen sich im großen und ganzen drei Varietäten des Amphibol- plagioklasgneises unterscheiden, welche miteinander durch mannig- faltige Übergänge zu einem Gesteinskörper verknüpft sind, und zwar: [15] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 67 aJGraumelierteAmphibolbiotitgneise,worin Hornblende reichlich vorhanden, während Biotit sparsam eingestreut ist, dagegen der Plaeioklas vorwiegend erscheint. Durch Zunahme des Biotits auf Kosten der Hornblende übergeht diese Varietät da und dort in Biotitplagioklasgneis. b) Dunkle Amphibolpyroxengneise, reich an Hornblende nebst Pyroxen, dagegen biotitarm, worin jedoch der Biotit selten ganz fehlt und der Plagioklas sparsamer als sonst erscheint. Die Menge der Hornblende und des Plagioklases ist schlierenförmig größeren Schwankungen unterworfen. c) Helle Amphibolplagioklasgneise mit viel Plagioklas, dem sich Orthoklas und Quarz zugesellen, Hornblende gegen Biotit vorherrscht. Gegen die Randpartien des Gneisstockes hin, zum Bei- spiel am Reimerstein, verschwindet die Hornblende mehr oder weniger ganz und es bildet sich ein biotit- und hornblendearmer Plagioklas- gneis aus, in welchem Orthoklas und Quarz konstant zunehmen. Die Varietäten sub «) und 5) sind es, welche hauptsächlich den zentralen Gneiskern zusammensetzen. An einzelnen Lokalitäten, ins- besondere da, wo sekundäre Zeolithe auf den Strukturflächen vor- kommen, ist im Amphibolgneis, und zwar in seinem Plagioklas gelb- grüner Epidot angehäuft, der sich auf Kosten des letzteren ge- bildet hat, und zwar erscheint derselbe zumeist in Körnern oder er zeigt gutentwickelte, nach der Orthodiagonale langgestreckte Prismen ohne Endflächen; er ist auch in einzelnen Körnern mit Hornblende verwachsen und sind solche Gesteine füglich als Amphibolepidot- gneise zu bezeichnen. Mit der Zunahme des Biotits stellt sich eine stärker flaserige, wellige und mannigfach gewundene krummschieferige Struktur ein. Daß die Biotitflasern öfter eine Art Transversalschieferung in unserem Amphibolplagioklasgneis hervorrufen, darauf haben schon F. Becke und M. Schuster!) aufmerksam gemacht. Man sieht nämlich die einzelnen Hornblendeindividuen in symmetrischer Lage zur Schieferungsfläche, abwechselnd nahezu gleichzeitig aufblitzen, während die an der Oberfläche liegenden Biotitblättchen untereinander wieder gleichzeitig, aber in einer von der vorigen verschiedenen Stellung erglänzen oder eine zusammenhängende, aus der Ebene der Schieferung heraustretende Fläche für sich bilden. Auf diese jüngere Biotit- schieferung sei hier besonders aufmerksam gemacht, weil sie bei der Darstellung der tektonischen Verhältnisse zu berücksichtigen sein wird. Die chemische Analyse der vorherrschend vertretenen, oben sub «) beschriebenen Varietät des Amphibolplagioklasgneises, ausgeführt durch den Chefchemiker Herrn Romuald Nowicki am bergmännisch- chemischen Laboratorium der Witkowitzer Steinkohlengruben zu Mährisch-Ostrau, ergab folgende prozentische Zusammensetzung: ®) L. ce. pag. 4. g* 68 Franz Kretschmer. 1 6] I: Prozent Kreselsaure’. ir... 20 WR Se een, N Tiransauro., ee Pan VErDmDIYA u Mrs seinen TODErAE, irre nt, Urn, aha: ah re Eisenowd;l nal ee Eisehoxyail’s 147. acbliüinilt R Bin Wan Manganoxydul x, ...,.. .. . .STONWIR ES Kalkerdor a da aha ee Magiesiäiaunkl: wellsaonun had). ben aihibihe Kali ind Neon! pr mais Bros GIINVerlUSEHL Wauser] . we ann KT APISAAARRDRAENN PIOSNROLSAUEE 001 namen ihren Sara a Zusammen . . . 100:00 Die Durchschnittsprobe wurde dem Steinbruche am Fellberg, unterhalb der Hohenwarte (zu Petersdorf), entnommen.. Die Interpretation der chemischen Analyse läßt uns Gesteine gleicher Zusammensetzung unter den Dioriten finden, und zwar solche, die zu den quarzfreien Hornblendedioriten gehören, womit auch das Ergebnis der mikroskopisch-optischen Untersuchung überein- stimmt. Die chemische Konstitution zeigt, daß diese Gesteinsart mit dem. quarzfreien syenitischen Typus der Tiefengesteine parallel geht, seine Proportion &0,:R,0,:RO=22:1:11 und RO:RO=1:55 sich den Dioriten an deren basischem Ende nähert und mit dem Amphibolbiotit-Diorit vom Schwarzenberg (Vogesen) amı nächsten verwandt ist. Gemäß der unten folgenden Tabelle (pag. 114) erhalten wir auch nach Osann!) die Gesteinsformel S;3 Ay Cu Sız welche seinem Typus Schwarzenberg mit der Typenformel S57 Ag Cy5 fıgs am nächsten steht. Der grobklotzige und dickbankige, stellenweise auch massige Gesteinsbau erinnert ebenfalls an Massengesteine., Die körnigflaserige Gneisstruktur ist wohl auf eine Prädisposition fluidaler Phänomene zurückzuführen, da unter dem Mikroskop nichts von Druckvorgängen zu sehen ist, die das verfestigte Gestein betrafen, wie dies beispielsweise bei den weiter unten zu betrachtenden Gabbroschiefern nachweisbar ist. Die Druckprozesse müssen sich bereits im erstarrenden Magma abgespielt haben. Hierbei hat ein langsam wirkender Seitendruck senk- recht zur Flaserrichtung auf die in Aufpressung be- griffene hinreichend plastische Intrusivmasse mit- gewirkt, welche deshalb keine Anzeichen mechanischer Zertrümmerung ) Tsehermaks Min.-petr. Mitt. 1900, XIX, pag. 351-—-469. [17] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiy in der Umgebung von Zöptau., 60 zurückließ. Wegen dieser in den großen geotektonischen Massen- bewegungen begründeten Druckkräfte kam es nicht zu einem rich- tungslos körnigen Gesteinsgewebe, vielmehr die Gesteinskomponenten, insbesondere aber die Hornblende und der Biotit sich mehr oder weniger parallel und flaserig anordneten. | Nach Maßgabe dieser Untersuchungen kommen wir: zu dem wohl- motivierten Schlusse, daß die sub a) und c) angeführten Amphibol- plagioklasgneise aus. Flaserdioriten hervorgegangen sind, die in den Randpartien des. Massivs stetig plagioklasreicher, horn- blende- und biotitärmer werden, bis’ sich gegen den Außenrand Quarz und saure Feldspate immer mehr anreichern. Solche quarzführende, saure, kristalline Schiefer leiten ihre Herkunft von Quarzglimmerdioriten ab. ‘Nach der basischen Seite führt der schlierige Magmenzerfall zu den oben sub b) angegebenen schwarzgrünen Amphibolpyroxengneisen, welche als basische Differentiationen desselben dioritischen Magmas aufzufassen sind, jedoch ‘die mineralische sowie die chemische Zusammensetzung von Flasergabbros, beziehungsweise der daraus hervorgegangenen Gabbro- gneise besitzen. Durch die Mannigfaltigkeit in der Entwicklung dieser Gesteine wird uns die Spaltungsfähigkeit desselben Magmas so recht deutlich vor Augen geführt. Demnach repräsentieren die hellen biotit- und hornblendearmen Plagioklasgneise die salische, dagegen die schwarzen Amphibolpyroxengneise die femische Ausbildungs- form des dioritisch-gabbroiden Magmas. Aus: diesen Ausführungen geht weiter hervor, daß wir es in der Umgebung von Zöptau mit einer flaserigen, metamorphen Gneismasse zu tun haben, die ur- sprünglich aus Flaser-Amphiboldioriten mit Schlieren von Flasergabbro bestand und dabei randlich zu Quarzglimmer- diorit differenzierte. Die Randzone quarzführender, von Quarzglimmerdioriten ab- stammender hornblende- und. biotitarmer Plagioklasgneise finden wir nicht nur am Südostrande im Traußnitzwald entwickelt, sondern auch am gegenüberliegenden Nordwestrand des Gneisgewölbes ver- treten, und zwar in der: Einsattlung zwischen Schinderhübel und Mattenberg bei Marschendorf. Hier sind in: dem vergrusten Gneis neben Schlieren von feldspatarmem Hornblendit, aus blau- grüner, sgroßindividualisierter Hornblende bestehend, noch zahlreiche biotitaplitische: und pyroxenaplitische Schlieren ausge- schieden, woraus ihr S8i0,-reicher Charakter hervorgeht. Diese Schlieren sind in der Regel nur 0'3 bis 0'5 m, seltener 1'0 m und darüber mächtig, sie keilen rasch im Streichen und Fallen aus, um alsbald wieder einzusetzen. Auf der Köhlerwirtschaft (Marschendorf) ist eine solche, aus Gabbroamphibolit bestehende, im Gabbro- gneis anstehende Schliere durch ihren Gehalt an kurzprismatischen und tafeligen pechschwarzen Augit der: Form &P(100).o P (001) oder ohne terminale Begrenzung sowie zahlreiche Kristalle von braun- schwarzem Titanomagnetit bemerkenswert. In den amphibolitischen Schlieren ist Titanit. und Rutil akzessorisch, letzterer in fuchs- roten, prismatischen Kriställchen und eiförmigen Körnchen,. randlich in gelblichen und grünlichen’ Leukoxen umgewandelt. 70 Franz Kretschmer. 118] Schlieren von Biotitplagioklasgneis. Mit den zentralen Dioritgneisen in inniger Verbindung kommen örtlich untergeordnete, gering mächtige Einlagerungen von schieferigem Biotitplagioklasgneis vor, der durch seine ausgezeichnete Parallelstruktur und Flaserzug auffällig ist. Solcher Schiefergneis findet sich schlierenförmig im Bienergraben (Petersdorf), Pfarrerb (Zöptau), Schinderhübel (Marschendorf) u. a. z. OÖ. allenthalben ver- breitet, wo er sich da und dort in Muskovitgneis umwandelt; er trägt gewöhnlich starke Spuren von Quetschung an sich und damit im Zusammenhang am Tage bis tief in das Gebirgsinnere weitgehender Desaggregation unterworfen und bis zur völligen Unkenntlichkeit zu srusigen und erdigen Massen verwittert. Bei näherer Unter- suchung findet man jedoch, daß dieser desaggregierte Schiefergneis nichts anderes ist als ein stark gequetschter und modifi- zierter Flaserdiorit, bestehend aus saccharoiden Feldspaten, ein- zelnen glasigen Quarzkörnern, denen Spaltbarkeit fehlt, während der Biotit nach seinem Verhalten auf Kosten der Horn»n- blende gebildet wurde. Amphibolgneis und Biotitgneis sind durch sukzessive Übergänge miteinander innig verknüpft, beide stehen da und dort derartig in Wechsellagerung, daß bald amphibolreiche, bald biotitreiche Streifen und Bänder aufeinanderfolgen oder mit- einander flaserig verflochten sind. Der Biotitplagioklasgneis bildet im herrschenden Amphibolgneis unregelmäßige, von der Bankung und Klüftung unabhängige Schlieren und Zonen, die ihren heutigen Mineralbestand und die Struktur durch Quetschung des ursprüng- lichen Flaserdiorits erworben haben. Am Nordabhang des Erzberges oberhalb Siebenhöfen dominiert dagegen der Biotitplagioklasgneis, welcher hier vollständig frisch erhalten ist, gleichzeitig die Einschaltungen von Amphibol- plagioklasgneis stetig geringer werden. Das Geistein ist hier sehr biotitreich, daneben findet sich auch etwas Muskovit, es enthält namentlich im Plagioklas reichlich Magnetit eingesprengt, führt ak- zessorisch Granat, die Hornblende ist wohl in größeren Individuen, aber nur spärlich zu sehen. Ein anderer Biotitgneis dieser Lokalität ist durch mehr Muskovit, viel Granat sowie durch einzelne pechschwarze Orthitkristalle bemerkenswert. Es ist jedoch möglich, daß dieser Mineralbestand an den nahen Granititkontakt gebunden ist? 2. Basische 6anggesteine in den oberen Etagen des Diorit- sneiskernes. Unter den Gesteinen des zentralen Gneisgewölbes beobachtet man in dessen höheren Etagen sowohl an der nordwestlichen Flanke (Bienergraben, Petersdorf) als auch am südöstlichen Flügel (Oplustil- berg, Reimerstein und Butterhübel im Traußnitz) gewöhnlich 4—-6 m, jedoch auch darüber mächtige Injektionen von dunklem, richtungslos zerklüftetem massigem Hornblendegabbro. Seine große individua- lisierte Hornblende besteht vorwaltend aus verworren gelagerten Aggregaten parallel verwachsener Säulen der Form © P (110), ferner [19] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 71 aus breittafeliger, nach der Querfläiche © Pw polysynthetisch ver- wachsener sowie auch kompakter Hornblende, häufig mit randlicher und terminaler Zerfaserung in Aktinolithaggregate; ihre Farbe ist im durchfallenden Lichtblaugrün, im auffallenden schwärzlichgrün bei starkem Glasglanz. — Der farblose basische Plagioklas der Labrador- Bytownitreihe bildet Aggregate in Form von Leisten, Trümmern und Nestern, zwischen den Hornblenden mehr oder weniger reichlich verteilt, wodurch das Gestein dunkelgrau meliert erscheint. Orthoklas ist nur untergeordnet, Quarz fehlt ganz. Die vorherrschende gemeine Hornblende ist mit mehr als 50-—-60°/, an dem Gesamtbestande be- teiligt. — Die Struktur dieser Ganggesteine ist durchweg eine zyklopisch- gabbroide, zum Teil dadurch porphyrähnliche, daß die Zwischenräume, welche die großen Hornblendesäulen übrig lassen, durch ein fein- körniges Gewebe von Labrador-Bytownit und kleinen Hornblende- säulchen ausgefüllt werden. Durch Zurücktreten des Plagioklases übergehen diese Horn- blendegabbros in großindividualisierte, schwarzgrüne, srobklotzige und massige Hornblendite, welche vorwaltend aus verworren gelagerten Aggregaten großer, parallel verwachsener, häufig zerbrochener, beziehungsweise ausgefaserter Hornblende- säulen zusammengesetzt sind, die 10—15 mm Länge und 3-5 mm Dicke erreichen. Dagegen ist der farblose, basische und feinkörnige Plagioklas auf sporadische, zwischen die großen Hornblendeindividuen eingeklemmte Leistchen, Trümmerchen und Nestchen beschränkt. Nachdem sich diese Ganggesteine von den, Massengesteinen des Hornblendegabbro an der Peripherie des Gneisgewölbes in keiner Weise unterscheiden, so sollen sie erst weiter unten zusammen mit den anderen Gabbros mikroskopisch und chemisch näher betrachtet werden, worauf hiermit hingewiesen sei. 3. Granititdurehbrüche nördlich Marschendorf. Allgemeine Verbreitung gewinnt nördlich Marschendorf am Hinterberg und Kahlhübel, am Köhlerstein sowie auf dem gewaltigen Erzberg bei Wermsdorf ein typischer, erbsgelb ge- färbter feinkörniger Granitit, der dort teils in zerrissenen Felsmassen zu Tage ansteht, teils durch ausgedehnte Blockanhäufungen seine An- wesenheit verrät. Es ist ein Massengestein in durchgreifender Lagerung gegenüber den Diorit- und Gabbrogesteinen, die es in mehreren Stöcken durchbricht, seine Komponenten sind makroskopisch-rötlicher Orthoklas, weißer Plagioklas und Quarz, während Glimmer, und zwar Biotit, mehr oder weniger sparsam sowie richtungslos verteilt erscheint, dagegen der Muskovit selten ist oder ganz fehlt. Sehr bemerkenswert ist der reichlich eingestreute, schwarzbraune, titanhaltige Magnetit, welcher darin in zahlreichen kleinen Kristallen der Form O (111) oder in Körnern eingewachsen ist. Diesen reichlichen und konstanten Gehalt an Magnetit möchte ich mit dem Gabbrokontakt in Verbindung bringen? Allgemein ist Neigung zu aplitischer Aus- bildung zu bemerken. 79 Franz Kretschmer. - \ a [20] U. d. M. zeist der Quarz undulöse Auslöschung, von Alkali- feldspaten sind neben Orthoklas, Mikroperthit und Mikroklin vertreten; mikroschriftgranitische, das heißt granophyrische Ver- wachsung ist keineswegs selten, sie nimmt zuweilen myrmekitische Gestaltung. an. Der Plagioklas, der sich durch zarte Zwillings- lamellen auszeichnet, gehört nach seiner symmetrischen Auslöschungs- schiefe von 12° in die Oligoklas-Andesinreihe, . derselbe: ist nach Albitgesetz sowie nach dem Periklingesetz verwachsen, gegitterte Plagioklaskörner häufig; der.Biotit ist stark pleochroitisch: hellgelb bis grünlichschwarz. Akzessorisch finden sich Zirkonkriställchen. Es sind vorwaltend feldspatreiche Varietäten vertreten, doch kommen untergeordnet auch quarzreiche vor. In einer anderen gleich untergeordneten Varietät dieser Granitite am Erzberg beteiligen sich als Komponenten: Vorwaltend trübweißer saccharoider ‘Oligokläs, reichlich Quarz und Muskovit, während Orthoklas zu fehlen scheint, ferner ist Pyroxen sparsam eingestreut. ‚Wer Plagioklas zeigt häufig Umwandlung zu, Muskovit. Der in Rede stehende Granitit wird wegen seiner großen Härte als Straßenschotter in der Umgebung von. Zöptau vorteilhaft verwendet. In nicht langer Zeit werden. die einstigen massenhaften Blockwerke davon aufgearbeitet sein und nichts, mehr daran erinnern, daß in dem ausgedehnten Waldboden Granitit ansteht. Speziell am Kahlhübel durchbricht der Granitit jene elundslie aus peripherischen Gabbrogesteinen, und zwar richtungslos grob- und feinkörnigen, massigen Hornblendegabbro . und diekplattigen Gabbro- amphibolit bestehende Scheitelkalotte, die auch hierorts teils auf dem Dioritgneiskern lagert, teils in demselben eingefaltet ist. _ Schon F, Becke und M. Schuster!) haben das Vorkommen von Granit am Erzberg bei Wermsdorf festgestellt, den sie als echten biotit- und muskovitführenden Granit bezeichnen; derselbe ist jedoch nach Maßgabe obigen Befundes tatsächlich ein Granitit. A. Endomorphe Kontakterscheinungen im Granitit, am Gabbro. An den Abhängen des Köhlersteins erscheint der an den Gabbrokontakt- gebundene Granitit schwarzgrün und sch warz- braun ge sprenkelt, indem er‘sich :mit den Komponenten des Gabbro versieht, hauptsächlich aber mit schwarzem und olivgrünem Augit, der zuweilen mit-braunem Biotit parallel verwachsen ist; in seiner Nähe haben sich gewöhnlich größere und scharfe Magn etit- Oktaeder ausgebildet, sporadisch tritt orangegelber Granat (Hessonit) hinzu. Dort. wo der Augit verschwindet, übernimmt Biotit seine Stell- vertretung. Zuweilen sind die Augite und Biötite zubis2cmgroßen runden Nestern zusammengehäuft, daß dann das Gestein schwarz- fleckig erscheint. In der Umgrenzung ‘der Augite machen sich gelegentlich pyramidal- prismatische Flächen ‚geltend, doch kommen darunter auch unregelmäßige Körner und blätterige, dem Diallag ähn- liche Aggregate vor. In den Pyroxennestern sind Masenetit- Oktasder [21] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 7: ww reichlicher eingestreut, gelegentlich findet sich darin auch Hornblende. Solche Augitgranitite sind in der Regel feldspat-, beziehungs- weise plagioklasreicher und quarzärmer. Am Kahlhübel ist der Granitit ebenfalls zu Tage anstehend, wo er unmittelbar an Hornblendegabbro und Gabbroamphibolit grenzt, dort werden überall in der Grenzzone jene vorbeschriebenen Produkte der endogenen Kontaktmetamorphose gefunden, und zwar der Pyroxen- sranitit. worin Augit als wesentlicher Gemengteil, Hornblend e, Biotit und Granat als Nebengemengteile vertreten sind, derselbe übergeht rasch ineinen mit Biotitüberreichlich gemensten melanokraten Biotitgranitit. Die bereits oben mitgeteilte Beobachtung, daß sich im Pyroxengranitit der Plagioklas auf Kosten des Quarzes anreichert, wird hier neuerdings bestätigt. Auch hier ist jene rote Granititvarietät häufig zu sehen, die sehr reichlich hessonitähnlichen Granat fast ausschließlich in rundlichen Körnern führt, lediglich mit Tendenz zur Ausbildung von © OÖ und sich durch schwarzbraunen, opaken, titanhaltigen Magnetitder Form Ound @ O in einzelnen Kristallen sowie Aggregaten und als Zwillinge nach dem Spinellgesetz auszeichnet. Am Westhang des Erzberges (gegen Aschergrund) kommt eine ähnliche kontaktmetamorphe blutrote Granitit varietät vor, die mit orangeroten Granatkörnern förmlich gespickt ist, anstatt des Biotits schmutziggrünen Augit und einzelne eingewachsene Körner von metaliisch glänzendem Magnetit enthält. Der Granat gehört teils zum Almandin, teils zum gemeinen Granat, seine scharfen Kristalle sind in den Formen © VO (110), 202 (211) und die Komb.-Form & 0. 202 ausgebildet. Der Magnetit zeigt vorwiegend scharfe O (111) oder verzerrte © Oo (100), auch Zwillinge, nach Spinellgesetz zuweilen in polysynthetisch lamellarer Verwachsung. B. Exomorphe Kontaktgebilde in den durchbrochenen Gabbrogesteinen am Granitit. In der Nähe der soeben geschilderten endomorphen Pyroxen- granitite erfolgt in den Gabbrogesteinen Umwandlung der Horn- blende zu Aktinolith und Chlorit sowie in körnige und grobß- individualisierte Aggregate von Epidot und Quarz, die basischen Plagioklase werden azider, indem sich daraus ein Gemenge von trübweißem Albit und fleischrotem Orthoklas entwickelt, hierzu gesellt sich spärlich neugebildeter Augit. Gleichzeitig mit dieser Kristallisation geht eine Öffnung von Hohlräumen im Gestein vor sich, an deren "Wandungen schöne Drusen von Periklin und Adular in wohlgebildeten Kristallen auftreten. Am Kahlhübel nördlich Marschendorf nehmen die Gabbro- amphibolite im Granititkontakt mehr oder weniger glasigen Quarz auf, der Labradorit geht teils der Epidotisierung entgegen, teils wurden ganze Lagen davon in feinkörnigen Klinozoisit umkristalli- siert, worin man außer schwarzgrüner Hornblende hell schmutzig- grünen Augit und einzelne größere Magnetitkristalle erkennt. — Andere Stufen führen reichlich Biotit, der sonst in unseren Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Band, 1. Heft. (Fr. Kretschmer.) 10 74 Franz Kretschmer. [22] Amphiboliten fehlt, ebenso nimmt lauchgrüner neugebildeter Augit auf Kosten der Hornblende zu; auch findet sich da und dort eisen- schwarzer, braunverwitternder Magnetit eingestreut, stellenweise stärker angehäuft. In derselben Lokalität wurde im grobkörnigen Hornblendegabbro zuweilen rotbraune Färbung der gewöhnlich schwarzgrünen Hornblende sowie eine reichliche Neubildung von hyazinthrotem Granat nebst etwas fuchsrotem Rutilin Körnchen am Granititkontakt festgestellt. Die Gesteinspartien, welche die Kontakt- sebilde enthalten, sind zugleich durch starken Fettglanz auffällig. — An dieser Stelle muß auch der wichtigen Kontaktbildungen in der nordöstlichen Fortsetzung der Amphibolitgranititgrenze gedacht werden, welche am Kahlhübel (Gabrielwirtschaft) durch den Hütten- ingenieur Emil Nickmann unter einem plangeackerten Acker aufge- schürft wurden. Der Gabbroamphibolit ist ingroßindividualisierte graugrüne Massen von glas- und perlmutterglänzenden Pyroxen (Diopsid) umgewandelt; darin werden Neubildungen von körnigem Pistazit im Gemenge mit breitstengeligen hellgraugrünen perlmutterglänzenden Diopsid und strohgelben Klinozoisit ge- funden, hierzu gesellt sich Quarz, spärlich Plagioklas und Granat, schwarzockeriger Ilmenit, da und dort in Leukoxen um- gewandelt; der Diopsid erscheint oft als Kern im Innern des Pistazit; in zahlreichen Drusenräumen bildet letzterer nach der Symmetrie- achse mehr oder weniger langgestreckten Säulen ; in der orthodiagonalen Zone von © Po (100).0 P(001). Po (101). - Fo (102) und an den freien Enden von P(l11}. Po (Oll) begrenzt; auch der Diopsid formt zuweilen größere, schlanksäulige, stark zerfressene quadratische Prismen ; akzessorisch sind in diesen Drusen Bergkristall, trübweißer Periklin und Albit, Ilmenit. Der Klinozoisit bildet selbständige Drusen zahl- reicher kleinster farbloser Kristalle, die nach der Symmetrieachse nur wenig gestreckte gedrungene Säulen formen, gewöhnlich eine, zu- weilen auch zwei freie Enden zeigen; am häufigsten herrschen in der orthodiagonalen Zone» P» (100).0 P (001). P« (102), dagegen an den freien Enden © P (110). Po (Oll) oder Po (011). P (111), oft schließ- das Ende einfach mito Po (010)ab; außerdem Zwillinge nach ao Po (100). — In ähnlicher Art war der Hornblendit des Gabbro- schiefers am Steinhübel (nördlich Marschendorf) fast ausschließ- lich bestehend aus schwarzgrüner, säuliger Hornblende mit spär- lichem Plagioklas, einer Umwandlung zu weißgrünem, perlmutter- vlänzendem kurzsäuligem und derbem Pyroxen (Diopsid) unterworfen, woselbst ansehnliche Massen davon gefunden wurden und worin noch vielfach formlose Relikte der Hornblendite er- halten sind, durch Ubergänge mit dem neugebildeten Diopsid verknüpft; auch im Diopsid finden sich noch Reste strahliger Hornblende. — Andere Stufen derselben Hornblendite zeigen ein gesintertes Gemenge von vorwaltendem weißgelbem bis farblosem Klinozoisit nebst säuligem Epidot, ferner Diopsid derb und in Kristallen sowie in feinfaserigen asbest- äbnlichen Aggregaten nebst Quarz und spärlichem Plagioklas, in [23] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 75 welchem Mineralgemenge noch Relikte von Hornblende und der daraus entstandene Aktinolith enthalten sind; außerdem sind darauf hydroxylreiche Mineralaggregate festgestellt worden von äußerst fein- blätterigem Chlorit sowie Überrindungen von schneeweißem, gsarbenförmigem Desmin. Diesbezüglich ist zu bemerken, das auf großindividualisierter blaugrüner Hornblende sich zunächst eine Kruste von Klinozoisit nebst etwas Diopsid und Albit gebildet hat, worauf die Desminbüscheln angeschossen sind. Während die Massen von Pyroxen und Klinozoisitsinter auf die exogene Kontaktmetamor- phose des nahen Granitits hinweisen, sind Chlorit und Zeolithe in der metasomatischen Periode entstanden. Auf dem Hofberge, eines Ausläufers des Erzberges gegen den Niederhof lagern auch hier auf dem Dioritgneiskern die peripheren Gabbrogesteine, bestehend aus Gabbroamphiboliten Gabbroschiefern und großindividualisierten Hornblenditen. Gegen den Erzberg aufwärtsschreitend fand Verf. auf den dortigen Steinhalde, stetig zunehmend zahlreiche Trümmer eines orangeroten Granathorn- felses mit Gabbroschiefer verwachsen und schließlich in solcher Menge umherliegend, daß er, vermutlich mit den übrigen Gesteinen im Verbande, im Untergrunde ansteht. Der feinkörnige Granatfels läßt u. d. M. Hornfelsstruktur und folgende Komponenten erkennen: Vorwiegend orangeroten Granat (Hessonit), weißen, spatigen Labra- dorit, lokal mehr oder weniger glasigen Quarz; hierzu kommen zahlreiche flaschengrüne Finsprenglinge von Augit und spärlich hellgrünem Diopsid. Dieser Mineralbestand bildet ein inniges Ge- menge rundlicher Körner; deutliche Kristalle speziell von Quarz nur in Drusenräumen vertreten. Andere Stufen zeigen den basischen Plagioklas zuEpidot und Klin ozoisit umkristallisiert; neben Pyroxen ist strahlige Hornblende und Aktinolith zu be- merken; oder die Gesteinstrümmer sind von 5 bis 15 mm breiten Bändern unversehrten Plagioklases durchsetzt, welcher mit zahlreichen langgestreckten Schmitzen von Augit und zahllosen Körnern von angehäuftem Magnetit eingesprengt erscheint. Der den Stufen anhaftende Gabbroschiefer enthält ebenfalls zahlreiche Hessonite, Epidot und Quarz eingewachsen. Zweifel sind wohl kaum berechtigt, daß das Gestein aus dem nahen Granatitkontakt des Hofberges herstammt, womit die Granitisierung des Plagioklases, die Ausit- und Diopsidbildung sowie die des Quarzes im Zusammenhange steht. Das Substrat dieses Granathornfelses bestand in einem leuto- kraten anorthositähnlichen Gabbrogestein, dessen breite Labradorit- bänder unter dem Einflusse der granitischen Kontaktmeta- morphose größtenteils granatisiert, teils epidotisiert wurden, was durch die zahlreichen Übergänge zwischen intaktem und dem kontaktmetamorphisch verändertem Gestein zweifellos nachgewiesen wird, In seiner Abhandlung „Die paragenetischen Verhältnisse der Minerale im Amphibolitgebiet von Zöptau* beschreibt V. Neuwirth)) eine Mineralassoziation von Granat (Hessonit) mit Quarz, Hornblende, !) Zeitschr, d, mähr. Landesmuseums VI, Bd, 1906, pag. 156. 10* 716 Franz Kretschmer. [24] Orthoklas, Epidot und Asbest im Hornblendegneis des Hofberges. Das Gestein hat nicht diese, sondern bestimmt die oben angegebene Zu- sammensetzung, es kommt auch nicht im Hornblendegneis vor; seinen kontaktmetamorphischen Ursprung hebt indes auch Neuwirth hervor. So mannigfaltig und ausgebreitet die Kontakterscheinungen an den Gabbrogesteinen sind, so selten finden sie sich an den darunter- liegenden Dioritgesteinen, weil ihr Kontakt deshalb unzugänglich ist. Dessenungeachtet ist es dem Verf. gelungen, auf dem unteren Hofberge kontaktmetamorphisch veränderte Diorit- gneise festzustellen, welche ebenfalls aus dem Granititkontakt her- rühren, und zwar ist deren Olisoklas-Andesin zu farblosem bis hell- gelblichem Klinozoisit und Quarz, dagegen die Hornblende zu hellgrünem Pyroxen (Diopsid) umgewandelt, akzessorisch ist Granat (Hessonit); ferner finden sich in dem Gesteinsgemenge noch da und dort Relikte des Plagioklases sowie der Hornblende, beziehungsweise ihres Aktinoliths. 4. Saure Ganggesteine des Dioritgneiskernes. Diese Gesteine sollen hier der Gegenstand eingehender Schilderung sein, weil sie nicht nur durch die Führung seltener Mineralien, als auch speziell durch ihren Reichtum an Alkalifeldspaten ausgezeichnet sind und darum in neuester Zeit für technologische Zwecke, und zwar insbesondere wegen ihrem hohen Alkaligehalt (10—15°/,) in der Glas- fabrikation zur Erzeugung von Flaschenglas zur Mitverwendung ge- langen. In geologischer Hinsicht ist hervorzuheben, daß es teils Lager- gänge, teils Kreuzgänge im Dioritgneiskern sind, auf denen gedachte Feldspatgesteine einbrechen; nur die zunächstfolgenden Gänge am Radersberg bieten exzeptionelle Lagerungsverhältnisse dar, wie wir gleich sehen werden, A. Pegmatitdurchbrüche am Radersberg bei Phillipstal. An der Grenze unseres Diorit- und Gabbromassivs gegen die schieferigen Biotitgneise des Teßtales (Beckes Teßgneis) sind am Radersberg gewaltige Pegmatitmassen aufgebrochen, welche daselbst entweder zu Tage anstehen oder in aus- sedehnten Blockanhäufungen das bergige Terrain bedecken. Allem Anscheine nach sind es mehrere kolossale Lagergänge, die vom Aschergrund über den Scheitel des Radersberges bis in die so- senannte Wolfsgrube an dessen Nordostabhang hinwegsetzen, deren richtungslos großklüftige Felsmassen kammförmig aus ihrer Um- gebung aufragen, daran östlieb die blaugrünen Gabbroamphi- bolite, westlich diekschieferige „Teßgneise“ diskordant anstoßen. Das generelle Gangstreichen wird sowohl am Südwesthang als auch dem Nordwesthang des Radersberges von einer ausgedehnten Felsen- meerbildung begleitet, welche durch die fleißigen Hände der Land- leute allmählich verkleinert wird. Die petrographische Zusammensetzung des Radersberger Pegmatits ist eine mannigfaltige, teils sind es turmalinführende Pegmatite, [25] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 77 _ teils magnetitreiche Muskovitpegmatite. Ihr Mineralbestand ist allgemein damit charakterisiert, daß großindividualisierter gelb- licher und fleischroter Orthoklas, saccharoider weißer Plagioklas, rauchtopasähnlicher Quarz und silberweißer Muskovit zumeist in srößeren Tafeln von ausgezeichneter Spaltbarkeit, ihre wesentlichen Komponenten bilden; hierzu gesellt sich häufig brauner, stark pleo- chroitischer Biotit in großen Tafeln als gelegentlicher Nebengemeng- teil, vielleicht an den Amphibolitkontakt gebunden. Als Akzessorien treten auf: Turmalin, kleine Granaten und Magnetit in derben Massen und Kristallen, ferner Ilmenit,nach Kolenatiund OÖborny!) auch Spodumen, derb hellgrün „im Feldspat sowie auch im Quarz des Granits eingewachsen“, soll riehtig heißen im Pegmatit. Charak- teristische schriftgranitische Verwachsung von Orthoklas und Quarz ist eine allgemeine Erscheinung innerhalb dieser Pegmatitmassen. Die erbsgelben Orthoklase sind in wallnuß-, hühnerei- und bis faust- großen Kristallen ausgebildet und man kann schon makroskopisch er- kennen, daß sie keineswegs homogen sind, vielmehr Perthit häufig darin verbreitet ist. U. d.M. wird man sodann gewahr, daß unregel- mäßige Teile dieser großen Orthoklase zum Mikroklin und Mikro- klinperthit gehören. — Der Turmalin ist gewöhnlich als schwarze rhombo&drischen Säulen im Quarz einzewachsen oder aber die Stelle des Glimmers vertretend; häufig große zerbrochene und durch Quarz wieder verkittete Kristalle. — Der Granat ist im Orthoklas ein- gewachsen, hirsekorngroß, gelbbraun gefärbt und durchsichtig bis dureh- scheinend, er besitzt die Form & O (110), meistens aber 202 (211), Speziell im Kontakt mit dem Gabbroamphibolit fand ich den Pegmatit mit honiggelbem und orangerotem Hessonit förmlich gespickt, ferner durch Hämatitschüppchen gänzlich blutrot gefärbt; auch stellte sich dann dort eine reichliche Biotitbildung ein. — Der Magnetit ist gewöhnlich in eisenschwarzen, stark metallisch glänzenden, erbsen- sroßen Kristallen im Pegmatit eingewachsen, die mitunter die Größe einer Haselnuß erreichen, oft sind sie mit Muskovitschuppen bedeckt; ihre Form ist @0(110).O (111), erstere Flächen parallel den Komb.-Kanten von (111) deutlich gerieft, als Folge oszillatorischer Kombination von O (111) mit © O (110); dazu kommt eine zu den Okta@derflächen parallele schalige Absonderung, welche den lamellaren Bau noch wahrscheinlicher macht. Die derben Massen des Magnetits sind entweder kleinere oder größere Körner oder bis faustgroße Stücke von mattem Glanze, die gern zu Limonit verwittern. — Ilmenit in Körnern und undeutlichen Kristallen reichert sich lokal in größerer Menge an, das Gestein ist dann damit völlig imprägniert und braunschwarz gefärbt. — Von hier stammen mit großer Wahrschein- lichkeit die von Kolenati mit der Fundortangabe „Wiesenberg“ angegebenen „im Granit eingewachsenen“ seltenen Mineralien Fergu- sonit und Tantalit; ersterer in XX der Form P.o P und in läng- lichen Körnern 11, 4 oder 13 mm lang, 0'5, 2:2 bis 55 mm dick, letzterer prismatisch nach der Komb.-Form 5 m a: ro ER ol 0, !) Verhandl, des naturf, Vereines in Brünn, 78 Franz Kretschmer. [26] 4:4 bis 6°6 mm lang, 2°0 bis 2:5 mm dick. Man hat diese Fest- stellungen Kolenatis vielfach bezweifelt, allein es ist nicht ausge- schlossen, daß die großartigen Pegmatitmassen am Radersberg, die lokal stark erzführend sind, außer Magnetit und Ilmenit auch noch die erwähnten seltenen Erze enthalten, sind doch solche Pegmatite gewöhnlich der Sitz vieler seltener Mineralien. Allerdings gehört dazu einiges Finderglück. B. Beryliführende Muskovitpegmatitgänge. Es sind dies hauptsächlich Lagergänge, welche die Diorit- sneise in der Richtung des allgemeinen Streichens durchbrechen, selten in die peripherischen Gabbrogesteine fortsetzen; sie unterscheiden sich von den vorigen nicht nur durch die abweichende Mineralführung, sondern vielmehr durch ihre weitaus geringere Mächtigkeit und streichende Ausdehnung. Die Struktur dieser Ganggesteine ist durchweg eine grob- bis großkörnige, pegmatitische und schriftgranitische, es sind zumeist grobklotzige und massige Ganggesteine, die nur noch lokal ihre ursprünglich miarolitische Lockerheit der Gefüge in geringem Maße erkennen lassen. Der gewöhnliche Mineralbestand dieser prächtigen Pegmatite ist: Strohgelber bis rostgelber, perlmutterglänzender Ortho- klas nebst mikroskopisch lamelliertem Mikroklin, weißer bis farb- loser, matt schimmernder Plagioklas, der meist zum Oligoklas ge- hört, rauchtopasähnlicher, stark fettglänzender körniger und splitteriger Quarz; ferner weißer gelblicher und grünlicher Muskovit, der in bis 3 m? großen Blättern oder zu dick lamellierten Kristallen geformt, zwischen die übrigen Gemengteile eingeklemmt erscheint; dagegen ist Biotit selten. Der Orthoklas ist zum Teil rosenroter Adular, der- selbe zeigt häufig perthitische Verwachsung von Orthoklas und Albit; der Oligoklas ist zum Teil idiomorph begrenzt, als nach M tafelförmige Individuen ausgebildet mit Albit- und Periklinverwachsung. Die in Rede stehenden alkalifeldspatreichen Muskovit- Pegmatit- gänge sind besonders durch die darin einbrechenden prächtigen Berylle ausgezeichnet, und zwar bieten diese Kristalle nur die ein- fache Komb.-Form oo P (1010) mit OP (0001) dar, jedoch fehlt das basische Pinakoid häufig, so daß die Endigung unregelmäßig erscheint; die Prismen sind bis 50 und 60 mm lang, 10 und 20 mm dick, selten durchsichtig, zumeist durchscheinend (Aquamarin); während der mit- vorkommende, weit häufigere gemeine Beryll undurchsichtig, höchstens kantendurchscheinend ist; die Farben sind bei mehr oder weniger starkem Glasglanz gelbgrün und seladongrün, oft ins Hellblaue spie- lend. An den stärker gefärbten Kristallen prächtiger Pleochroismus, und zwar parallel der Hauptachse blau, senkrecht dazu grün. Der Basis (0001) geht ein deutlicher Blätterbruch parallel, nach welchem die lJangprismatischen Kristalle häufigzerbrochen und später durch Quarz- masse wieder verkittet wurden. Die Berylisäulen sind überdies oft rissig und längsgestreift sowie mit Muskovitschuppeu bedeckt. — Als weitere akzessorische Begleiter wurden auf diesen Gängen da und dort gefunden: Rotbrauner gemeiner Granat, undurchsichtig, und karmoisinroter Almandin durchsichtig, welche hirse- und hanfkorn- [27] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 79 groß sind und die einfachen Formen ® O0 (110), 202 (211) darbieten und dadurch an die Granaten im chrysoberyllführenden Pegmatit des Schinderhübels (Marschendorf) erinnern. — Hornblende, die zum Aktinolith gehört, wurde hier und dort eingesprengt gefunden, und zwar in schwärzlichgrünen scharfkantigen Säulen der Komb.-Form or (110).oPw (010), — P (111) auch in blätterigen, beziehungs- weise tafelförmigen Aggregaten. — Andere seltenere Begleiter sind schwarzer Turmalin (Schörl) und Spinell, ferner blätteriger Magnetit und lokal zahllose schwarzbraune Körnchen von Ilmenit. Bisher sind solche beryliführende Muskovit-Pegmatiteänge an den folgenden Punkten des zentralen Dioritgneisstockes konstatiert worden, welche nun in der Reihenfolge von Nordwest gegen Südost fortschreitend angeführt werden sollen: a) Ein bisher gänzlich unbekannter Muskovit-Pegmatitgang wurde unterhalb dem Mattenberge (Marschendorf), und zwar östlich desselben auf den Ackerparzellen des Grundbesitzers Rotter gefunden, woselbst der Pegmatit durch eine besonders großindividuali- sierte Beschaffenheit und viele große Muskovittafeln bemerkens- wert erscheint. Berylle jedoch hat man daselbst nur spurenweise be- obachtet. b) Neuer Fundort oberhalb dem Wirtschaftshause des Landwirtes Gabriel in Ober-Marschendorf, auf dem Gemeindeviehbich unterhalb des sogenannten Steinhübels. Von hier stammen die neuestens bei Marschendorf gefundenen zahlreichen wohlgeformten Kristalle gemeinem Berylis, welche in viele Mineralien- sammlungen gewandert sind. Es setzen daselbst zwei ungefähr 6—10 m voneinander entfernte Parallelgänge ein, welche auf längere Erstreckung als Kämme aus dem umschließenden Nebengestein emporragen, ihre Mächtigkeit schwankt von 1°5 bis 20 m, ihr Streichen ist 53h und das Einfallen nach 21h unter X 60°; dem gleichen Streichen folgt der plagioklasreiche Dioritgneis, der beide Gänge im Hangenden und Liegenden umschließt; sein Einfallen ist ebenfalls gegen NW unter X 60° gerichtet, derselbe enthält außer den normalen Gemengteilen etwas Quarz und Biotit als Nebengemeng- teile und erscheint teilweise, insbesondere aber in dem Mittel zwischen beiden Gängen mehr oder weniger verwittert und bis zu Grus zerfallen. Der Hangendgang konnte vom Viehbich gegen SW bis in den Garten des Wirtschaftshauses des Landwirtes Gabriel, dem Streichen nach auf ungefähr 150 m Länge, jedoch abnehmender Mäch- tigkeit verfolgt werden; dagegen ist der Liegendgang im Streichen kürzer, er scheint nur am Viehbich vorhanden, es ist jedoch wahr- scheinlich, daß er in der unterhalb des Feldweges angrenzenden Acker- parzelle gegen NO fortsetzt. Die Ausfüllung beider Gänge zeigt den oben festgestellten Mineralbestand und bleibt bezüglich der in Rede stehenden Lokalität nur noch hervorzuheben, daß der Orthoklas vielfach fleischrot gefärbt und zum Teil als Adular in mitunter bis 6 cm großen Kri- stallen der Komb.-Form © P (110). Po (101). OP (001), Basis so Franz Kretschmer. [28] und Hemidoma im Gleichgewicht, welche infolge ihrer an Spaltblättchen beobachteten Lamellierung zum Mikroklin zu stellen sind. In den miarolitischen Räumen sind zahllose Albite und Peri- kline nach dem Albit- und Periklingesetz zu förmlichen Kristall- stöcken verwachsen. 2 c) Am Ostabhang des Vorderberges nördlich Marschen- dorf gegen den Hofgraben wurde an der Grenze der Gabbrogesteine und Amphibolgneise ebenfalls ein weiterer Pegmatitgang aufgefunden, dessen nordöstliches Streichen durch die großen Blockanhäufungen längs des dortigen Feldweges markiert ist. Auch dieses Pegmatit- vorkommen führt nur kleine Berylle, dagegen zuweilen Biotit und Ilmenit; letzterer ist schwarzbraunen, metallisch glänzenden un- deutlichen Kriställchen und deren Aggregaten lokal in erheblicher Menge angereichert, dagegen ist Magnetit seltener und in scharf- kantigem Oktaäder vertreten. d) Ein altbekanntes Vorkommen beryliführenden Pegmatits ist im Scheibengraben gelegen, welcher vom Marschendorfer Nieder- hof gegen den Hinterberg zieht. Hier hat der Verf. schon früher wiederholt Berylle in den auf der Grabensohle lose umherliegenden großen Pegmatitblöcken gewonnen, welchen Fundpunkt später V. Neu- wirth!) beschrieben hat. Am Linksgehänge des Scheibengrabens, unfern des Graben- schlusses im herrschaftlichen Jungwald, muß man nach Maßgabe der dort zu Tage anstehenden und umherliegenden Pegmatitmassen auf die Anwesenheit vondreiGängen schließen, die im Diorit- gneis aufsetzen und durch ungefähr 8 m mächtige Zwischenmittel voneinander getrennt sind; sie streichen NO—SW und lassen sich vorerst auf ungefähr SO m im Streichen verfolgen, sie übersetzen je- doch den Scheibengraben und streichen in den Ackerparzellen des Rechtsgehänges weiter fort, wo dieselben unter einer 03 bis 0:5 m mächtigen Ackerkrumme durch den Ackerpflug sowie Nachgrabungen konstatiert worden sind, demzufolge das Gesamtstreichen auf 150 m, dagegen ihre Mächtigkeit auf 1'5 bis 25 m geschätzt werden darf. Die obenerwähnten längs des Scheibengrabens umherliegenden Pegmatitblöcke stammen jedenfalls von hier. Diese durch ihren Reichtum an Alkalifeldspaten aus- gezeichneten und deshalb praktisch wichtigen drei Pegmatitgänge verdienen eine nähere Untersuchung. Die gedachten, stark perl- mutterglänzenden, meist blendendweißen Alkalifeldspate bestehen größtenteils aus Orthoklas-Perthit und Mikrolin-Perthit, in dem gelblichweißer Orthoklas und farbloser und grauer Albit oder Mikroklin und Albit in millimeterstarken, mit der Kante o P(P):» P(l) parallelen Lamellen in unzählbarer Folge miteinander abwechseln und auf den Spaltflächen eine da und dort schon makroskopisch deutlich sichtbare Streifung hervorbringen. Daneben finden sich Stücke dichten Ortoklases sowie solche von Mikroklin; letztere lassen öfters schon makroskopisch die charakteristischen Gitterlinien wahr- ') Tschermaks Min.-petr. Mitt. Bd. XXI, 1902, pag. 350. l [29] Stratigr. Untersuchnngen im griechischen Mesozoikum und Paläozoikum. 81 nehmen. — Der Plagioklas, gewöhnlich ein zuckerkörniger Oligoklas, ist spärlich vertreten und drängt sich zwischen die Kalifeldspate, nur lokal nimmt er derart zu, daß er vorwiest. Solcher Plagiokas- Pegmatit ist dann oft reichlich mit kleinen, aber scharfen kolumbin- roten Granaten (Almandinen) der Form 202 (211) und « O0 (110) gespickt, akzessorisch finden sich grün durchsichtige Spinelle. In den Drusenräumen bilden trübweiße, porzellanähnliche Perikline in polysynthetischen Zwillingsbildungen keineswegs seltene Gruppen. — Der rauchtopasähnliche Quarz ist vorwiegend schriftgranitisch mit den Alkalifeldspaten verwachsen. Verf. beobachtete eine vielfach wiederholte lagenförmige Anordnung von Quarzstengeln mit Perthit- und Mikroklinperthit - Aggregaten, deren annähernd nach P parallele Lamellen von Kali-, beziehungsweise Natronfeldspat nahezu senkrecht stehen auf der Längserstreckung der Quarz- und Feldspatstengeln, wobei sich der Quarz da und dort an den Perthitlamellen der Spaltfläche nach M abgeformt hat und dann ebenfalls gestreift erscheint. — Der Muskovit ist wohl vorwiegend in schuppigen Aggregaten, öfters aber auch in Kristallen ausgebildet, die zumeist von oP(001).oP (110). oP& (010) und anderen Formen begrenzt und zwischen Quarz und Feldspat eingewachsen sind, ihr Habitus ist gewöhnlich tafelförmig hexagonal, dabei lassen sie ausge- zeichnete Spaltbarkeit nach oP erkennen. Oft lagern viele Individuen in abwechselnder Zwillingsstellung übereinander und bilden ge- riefte Prismen, andenensich später der Quarzin Gegen- wachsungsflächen abgeformt hat und dadurch eben- falls pseudomorph gerieft erscheint. Die hexagonal tafeligen Kristalle zeigen auf oP(001) trianguläre, treppenähnliche Zeichnung durch schmale Flächen oder dieselbe ist deutlich parallel gestreift und dabei abgetreppt, auch nach solchen und ähn- lichen Gleitflächen abgetrennt. Auf der Basisfläche metallartiger Perl- mutterglanz, die übrigen Flächen rauh, glanzlos und matt. Die elastisch biegsamen Lamellen sind öfters wellig gebogen, mild, farblos, silber- wejß, besonders grünlich, zuweilen bräunlich, aber keineswegs in dunklen Tönen, häufig zu dicken Paketen vereinigt oder zu kugeligen Aggregaten gruppiert. — Akzessorisch eingewachsen sind hier die bereits oben beschriebenen Berylle, und zwar sowohl Aquamarin (seladongrün, durchsichtig) und gemeiner Beryll (strohgelb, un- durchsichtig), ferner Turmalin (Schörl) in längsgestreiften Prismen ohne terminale Begrenzung und in körnigen Aggregaten, Spinell in grün durchsichtigen, scharfen Oktaödern und Körnern, Pleonart in schwarzen und durchsichtigen Körnern, Granat als Almandin und gemeiner Granat; hierzu kommt noch spärlich Magnetit und Ilmenit. — Auf der Terrainwelle, die südwestlich an den Scheibengraben grenzt, wurde außerdem das Durchstreichen von drei Quarzgängen in der Richtung SW-—NO beobachtet, die wohl stets glasigen Quarz, jedoch nur untergeordnet Feld- spate, Epidot, Diopsid sowie auch Kalzit führen, akzessorisch ist Rutil und Ilmenit. Diese Lagergänge sind wohl als eine quarzige Fazies unserer Pegmatitgänge aufzufassen. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Band, 1. Heft. (Fr. Kretschmer.) 11 89 Franz Kretschmer. [30] e) Einem wichtigen Pegmatitgang begegnen wir ferner im Bienergraben (Petersdorf) am Fuße des Fellberges westlich Stettenhof, wo wir zunächst auf der Grabensohle auf bis kubikmeter- große Blöcke der weißen, großkörnigen, massigen Pegmatite stoßen, wovon jedoch seither ein großer Teil zersprengt und als Beryllistufen in die Mineraliensammlungen gewandert ist. Am Grabenschluß stoßen wir jedoch sehr bald auf den zu Tage ausgewaschenen, im verwitterten Dioritgneis anstehenden Pegmatitgang, der ungefähr 2 bis 3 m mächtig und allem Anscheine nach ebenfalls parallel dem allgemeinen Streichen gerichtet ist. Die mikroskopische Untersuchung dieses beryliführenden Peg- matits ergab als wesentliche Gemengteile undulös auslöschenden Quarz, Orthoklas, Plagioklas und Muskovit, akzessorisch Granat (Almandin) der Form 202 (211) und Spinell in grün durch- sichtigen Körnern. Der Plagioklas wurde nach Beckes Methode auf Grund des Lichtbrechungsvermögens bestimmt, und zwar ergab der Vergleich mit Quarz in Parallelstellung in Kreuzstellung > 0, erg O0, Diese Bestimmung wie auch die symmetrische Auslöschung auf M, die im Maximum + 6° betrug, führt auf Oligoklas, dessen Lamellen oft stark gebogen sind. Neben diesem Feldspat wurden auch Körner von Mikroklinperthit gefunden ; Spaltblättchen nach (001), die also kein Achsenbild geben, zeigen eine Auslöschung gegen die Spalt- risse nach (010) von 15° als sicherstes Unterscheidungsmittel gegen Orthoklas. Von hier stammen die größten und schönsten Berylle, welche seither bei Zöptau und Marschendorf auf den gedachten Peg- matitgängen gefunden wurden und viele Sammlungen zieren; seine hexagonalen Säulen erreichen die Länge von 8 bis 10 cm, während die Dicke bis 2 cm beträgt; bei starkem Glasglanz, seladongrürer und blaugrüner Farbe, sind sie durchscheinend bis halb durch- sichtig. Verf. hat dieses Vorkommen bereits früher öffentlich bekannt gemacht). f) Auch am Oplustilberg oberhalb dem Zöptauer Walzwerk Leopoldinhütte, jedoch schon auf den dortigen Ackerparzellen im Riede Sommerlahn (Petersdorf), beißt ein Muskovit-Pegmatitgang, der Berylle führt, in dem dortigen Dioritgneis in der Ackererde zu Tage aus. g) Unterhalb dem Reimerstein (Parapluiberg) im Peters- dorfer Traußnitz, und zwar auf dessen Südwestabhang gelegenen Feld- parzellen des Ansassen Sedlaczek wurden Pegmatitblöcke, die Berylle führten, ausgeackert, welch letztere J. Melion?) beschrieben hat. Jedenfalls dürften diese Pegmatitblöcke von dem Ausbiß eines hier !) Tschermaks Min.-petr. Mitt. Bd. XIV. 1894, pag. 187. 2) Tschermaks Min.-petr. Mitt. Bi. XXII, 193, pag. 78. [31] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 83 durchsetzenden Pegmatitganges vom Ackerpflug abgerissen und dann ausgegraben worden sein. Von den angeführten beryliführenden Pegmatitgängen zu Marschendorf rühren wohl jene seltenen Mineralien Fergusonit, Tantalit und Wolframit her, die Fr. Kolenati!) mit der Fund- ortangabe Marschendorf angegeben hat, ferner dürfte auch der Columbit von Marschendorf hierher gehören, der sich in der Breslauer Universitätssammlung befindet‘). Ob die seither laut- sewordenen Zweifel an Kolenatis Angaben in jedem Falle berechtigt sind, sei dahingestellt; es ist jedoch möglich, daß die lokal mit Ilmenit stärker imprägnierten Partien der gedachten Pegmatitgänge außer diesem Titanat auch noch andere Erze, und zwar Niobate und Tantalate etc. enthalten. Sind doch Pegmatitgänge geradezu die Heimat der obgenannten und anderer seltener Mineralien; ohne fleißiges Abstufen und Untersuchen kann daher nicht abgeurteilt werden. Außer den oben angeführten Pegmatitgängen ist noch eine srößere Anzahl. schwächerer und. kürzerer solcher Lagergänge in dem Dioritgneismassiv. bekannt, welche jedoch be- züglich ihres Mineralbestandes sich von den großen Gängen in keiner Weise unterscheiden. Es ist wohl naheliegend, daß die Zahl dieser Pegmatitgänge mit den oben angeführten lange nicht erschöpft ist, vielmehr ein großer Teil derselben wegen der im Terrain herr- schenden Acker- und Waldbedeckung unserem Auge verborgen bleibt. Auf die in Rede stehenden Pegmatitgänge einen Rückblick werfend, erkennt man, daß sie sowohl an der nordwestlichen als auch südwestlichen Flanke und näher dem Zentrum des Dioritgneiskernes einsetzen und zu der Annahme berechtigen, daß der letztere zur Gänze davon durchtrümmert wird. Schließlich sei auch hier gleich auf den Gegensatz hingewiesen, der zwischen den geschilderten beryllführenden Pegmatit- sängen und den benachbarten chrysoberyllführenden Pegs- matitgängen am Schinderhübel (Marschendorf) herrscht; während erstere, wıe wir gesehen haben, Lagergänge sind, folgen letztere dem Kreuzstreichen und sind teils Kreuz-, teils Quergänge. Beide Gangsysteme gehören jedoch dem zentralen Dioritgneis an. Mehrfache Gründe sprechen dafür, daß die Kreuzgänge als das ältere, unmittelbar im Gefolge der Granititdurchbrüche am Erzberg aufgerissene und gefüllte, die Lagergänge aber das jüngere, später gefüllte Spaltensystem anzusehen ist. C. Chrysoberyliführende Sillimanitpegmatitgänge am Schinderhübel bei Marschendorf. Diese Gänge hat Verfasser bereits früher mit der obenzitierten Arbeit?) in dem Kapitel „Das Chrysoberylivorkommen von Marschen- !) Mineralien Mährens u. Österr.-Schlesiens, Brünn 1854, pag. 61 u. 63. 2) Schirmeisen, Verzeichnis mähr.-schles, Mineralien, Jahresbericht des Lehrerklubs in Brünn 1903. EIN. Er P3E.H183, 11= 84 Franz Kretschmer. [32] dorf“ kurz geschildert. Dieselben durchbrechen den am Schinder- hübel herrschenden Amphibolplagioklasgneis mit seinen Schlieren von Biotitplagioklasgneis und Einlagerungen von plattigem Gabbroamphibolit; das allgemeine Streichen dieser Gesteine ist h 2, das Fallen h 20 unter X 50% Von diesen Gängen kann man auf der Acker- parzelle Nr. 1252 des Landwirtes Franz Hamp, Nr. Cons. 51, in Marschendorf, welche unterhalb des Schinderhübelweges Parz. Nr. 1897 gelegen ist, sechs Hauptgänge neben zahlreichen schwächeren Gängen zählen, die 0°3 bis 0°6 m mächtig sind und in Abständen von 2:5, 5°5 und 140 m aufeinanderfolgen, sie streichen h 5, fallen h 11 unter X 50°. Oberhalb des gedachten Feldweges, auf der benachbarten Ackerparzelle Nr. 1257 sind weitere vier soleher Pegmatitgänge zu unterscheiden, die 1:0, 2:0 und 0'5 m in der Mächtigkeit schwanken und in Abständen von 20, 12 und 4m hintereinander folgen, sie durchbrechen den Hornblendegneis nach h 8, dagegen ihr Einfallen h 14 ist, unter X 50° geneigt. Die gedachten Kreuzeänge übersetzen den erwähnten Schinderhübelweg und finden ihre Fortsetzung gegen NW in den angrenzenden Ackerparzellen des Bauerngrundes Nr. Cons. 54. Unter den Pegmatiten, welche die Gänge am Schinderhübel aus- füllen, sind folgende durch ihre Mineralführung charakteristische Varietäten zu unterscheiden: a) Pyroxenpegmatit; b) Muskovitpegmatit (beryliführend); c) Sillimaritpegmatit (chrysoberyll- und beryllführend). Diese Modifikationen sind miteinander durch rasche Übergänge verknüpft und brechen fast auf allen Pegmatitgängen des Schinder- hübels in unregelmäßiger Verteilung ein. ad a) Vorherrschend auf den Gängen ist der Pyroxen- pegmatit ein weißes, grüngesprenkeltes, mittelkörniges Gestein, das die Hauptmasse der Gänge bildet, es enthält neben Orthoklas und Perthit viel zuckerkörnigen Plagioklas, rauchgrauen bis farb- losen Quarz, worin hellgrüner bis flaschengrüner Augit in unregel- mäßiger Verteilung als körnige, blätterige sowie haufenförmige Aggre- gate eingesprengt ist oder die Gesteinsmasse in Adern durchzieht; außerdem sind silberglänzende Muskovitschuppen unter diese wesent- lichen Komponenten sparsam eingestreut. An akzessorischen Gemeng- teilen ist dieser Pegmatit arm, es finden sich da und dort Almandin, gsemeiner Granat und faserigstengeliger Sillimanit. ad d) Hinsichtlich der Masse rückt in den Gängen der quarz- reiche Muskovitpegmatit an zweite Stelle. Darin nehmen die wesentlichen Gemengteille Plagioklas nebst Orthoklas und Perthit mit rauchtopasähnlichem Quarz, zumeist schrift- sranitisch verwachsen, grobkörnige und riesenkörnige Struktur an, wozu sich 1—3 cm große Muskovittafeln in dicken Paketen ge- sellen. Solcher Pegmatit führt in der Regel Beryll gewöhnlich im Quarz eingewachsen, Sillimanit und Augit sind sparsam vertreten, während Ohrysoberyll fehlt. Hierher gehört auch jene untergeordnete [33] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 85 Pegmatitmodifikation glimmerreichen Muskovitpegmatits, welcher durch seine große Menge silberglänzender Muskovitschuppen auffällt und durch große Biotittafeln sowie vollständig durch- sichtige karmoisinrote, 1—3 mm große Almandine der einfachen Formen » O0 (110), 202 (211), ferner der Komb.-Formen 202 (211). > 0% (100), 202 (211). 0(110), @0 (110). (111). 0 & (100) bemerkenswert ist. ad ce) Von besonderem Interesse ist jedoch im vorliegenden Falle der Sillimanitpegmatit, ein im frischen Zustande weiß- liches, lebhaft glitzerndes, im Längsbruch dünnflaseriges, im Querbruch grobkörniges und grobschieferiges Gestein; dasselbe ist durch das gewöhnlich parallel zur Schieferung verteilte weißliche und seidenglänzende Fasermineral ausgezeichnet, das daselbst zu Strähnen angeordnet. meist scharfe Querabsonderung zeiet, sich um die Feldspat-, Quarz- und Granatkörner wellig herumschmiest, wodurch die flaserige Gesteinsstruktur bedingt wird. — Den vorherr- schenden Gesteinsgemengteil bilden mannigfaltige Feldspate, worunter der Orthoklas zuweilen in daumengroßen rauhflächigen Kristallen (7 2x P) vorkommt; hierzu kommt mehr oder weniger Quarz, meist Körneraggregate, zum Teil rauchtopasähnlich, selten jedoch schriftgranitisch verwachsen, weit häufiger in parallelen Lagen selbständig ausgeschieden. — Der Muskovit meist als schuppige Aggregate, die zum Teil in Serizit umgewandelt sind, dabei letzterer infolge fortschreitender Umwandlung auf Kosten der Feldspate in der Regel auf den Schieferungsflächen zunimmt. Neben diesen kleinen Muskovitschuppen bemerkt man I—3 cm große Muskovitplatten von ausgezeichneter basischer Spaltbarkeit, welche dicke Lamellen- pakete bilden und mitunter kristallographische Umrisse erkennen lassen. — Die Assoziation akzessorischer Mineralien dieser Pegmatit- varietät ist folgende: Chrysoberyll parallel den Flasern einge- wachsen in einfachen Kristallen und komplizierten Zwillingen, Beryll der Form & P (1010) ohne Endfläche im Quarz eingewachsen, oft mehr- fach zerbrochen; durchsichtiger blauer Spinell, Chlorospinell sowie Pleonast. scharfe O (111) und O (111). 0x (100) im Silli- manit und Chrysoberyll eingesprengt; gemeiner Granat und Almandin der oben sub 5) angeführten Formen; Magnetit scharfe OÖ (111) auch in Kombination mit & O & (100) und © OÖ (110) und Ilmenit; spärlich Augit sowie Aktinolithkriställchen. Der mikroskopische Befund ergab ein körniges Aggregat von zwillingsstreifigem Plagioklas, Mikroklinperthit und Orthoklasperthit, und zwar ist der Plagioklas vorwiegend nach dem Albitgesetz breit lamelliert, selten auch nach dem Periklingesetz verwachsen und gitterförmig gestreift. Die Zwillingslamellen sind öfters wellig gebogen, zerbrochen und verschoben, sie keilen häufig in feinsten Linien aus und machen ungestreiftem Plagioklas Platz; derselbe gehört nach Maßgabe der Auslöschungsschiefe in Schnitten L P und M = + 20° bis + 15° schwankend zum Oligoklas, entsprechend Ab,, Anzy- -- Neben Orthoklas werden zahlreiche Mikrokline beobachtet, die 86 Franz Kretschmer. - B4 sich durch feine Gitterlinien auszeichnen sowie außerdem durch die Auslöschungsschiefe auf P (001), die zwischen 15—170 schwankt, vom Orthoklas sicher unterscheiden. Sowohl der Orthoklas als auch der Mikroklin sind reichlich mit Albit durchwachsen, welcher in Form schmaler und. breiter Bänder oder Flammen sowie unregel- mäßiger Flecken auftritt, die mehr oder weniger parallel laufen, häufig auskeilen und wieder einsetzen, alsdann Teilen Raum geben, die auch u. d. M. als homogener Feldspat (Orthoklas) erscheinen. Die Albitlamellen sind durch ihre stärkere Lichtbrechung und die höheren Interferenzfarben erkennbar. Solcher Perthit und Mikroklinperthit bilden wesentliche Gemengteile der in Rede stehenden Pegmatit- varietät, welche häufig ein geradezu feinfaseriges Aussehen haben. — Der Quarz erscheint als rundliche und eckige Körner, da und dort mit quadratischen Konturen; Druckphänomene äußern sich in undulöser Auslöschung und deutlicher Zweiachsigkeit, welche Er- scheinungen der Kataklase steilenweise bis zur Entwicklung von Mörtel- struktur fortschreiten; derselbe tritt an Menge gegen die Feldspate erheblich zurück. — U. d. M. ist ferner zu sehen, daß sich der Muskovit zwischen den Feldspat- und Quarzkörnern hindurchzieht ; seine Lamellen sind vielfach gebogen, geknickt oder aufgeblättert und an den Rändern in fortschreitender Serizitisierung begriffen. Auch die Feldspate sind randlich zu sehr zartschuppigen Aggregaten von Serizit umgewandelt, die zwischen den Feldspatkörnern hinziehen. Oft schreitet dieser Prozeß am Feldspat und Muskovit soweit vor, daß Serizit in zartschuppigen Aggregaten die Strukturflächen der Sillimanit- pegmatite bedeckt. Besonders hervorzuheben ist der interessante Fall einer optischen Orientierung von Muskovit und Plagioklas dergestalt, daßbeideihre Spaltbarkeit nach der Basis genau parallel haben, was für gleichzeitige Bildung spricht. — An akzes- sorischen Gemengteilen wurden u. d. M. beobachtet: Sillimanit in feinstrahligen und bartförmigen Aeggregaten, die sich mit vereinzelten Disthensäulchen gern am Feldspat ansiedeln oder häufig zwischen Quarz und Feldspat eingeklemmt sind; ferner stark lichtbrechende, plastisch hervortretende Granatkörner und kleinste, grün durch- sichtige Spinelle, kleinste hellgelbliche Chrysoberylle und hier und dort in der Nachbarschaft des Muskovits braune Biotit- täfelehen. — Der größte Teil jenes obenerwähnten, einen wesent- lichen Gesteinsgemengteil bildenden Faserminerals ist in den Dünnschliffen herausgerissen worden, daher dort nur in den ange- führten Relikten vertreten. Dieses parallelfaserige und -stengelige Aggregat unserer Pegmatitvarietät besteht zum größten Teil aus Sillimanit, dessen Brechungsquozient = 1'660 gefunden wurde, während seine Fasern gerade Auslöschung zeigen und die Haupt- richtung optisch positiv ist. Daneben erscheint der Disthen spärlich vertreten, welcher gegenüber dem Sillimanit durch seine höhere Liehtbrechung und schiefe Auslöschung auffällt, welch letztere im Maximum mit 27° gemessen wurde und dem auch seine charak- teristische Absonderung nach der Basis nicht fehlt. — In den großen Muskovitplatten sind durch die ganze Platte gehende [35] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 87 Sillimanitfasern zubemerken, die sich unter X 90, 60 und 30° schneiden. Der Sillimanit umfließt die Chrysoberyliplatten; die Fasern des ersteren sind Ööfters.genau parallel mit der Zwillingsstreifung des letzteren. Die Aggregate beider Faserminerale erscheinen an ihrer Oberfläche in der Umwandlung zu äußerst zartschuppigem Serizit begriffen !), Der Sillimanit wurde irüher von Hruschka?°) als Fibrolith (Faserkiesel) angesehen; auch E. Kolenati?) hat ihn dafür gehalten und mit dem Quarz vereinigt, derselbe führt auch den Disthen, und zwar irrigerweise als Buchholzit an. Leider haben auch neuere Forscher gedachte Faserminerale als „Faserquarz“ bestimmt. Zufolge der Unter- suchungen Des Cloizeaux’ sind jedoch Faserkiesel, Fibrolith und Buchholzit lediglich Varietäten des Sillimanits. Verbiegungen, Zerbrechungen und Verschiebungen der Feldspat- und Muskovitlamellen, Zweiachsigkeit des Quarzes, undulöse Aus- löschung desselben und der Feldspate, stellenweises Fortschreiten dieser Erscheinungen bis zur Entwicklung von Mörtelstruktur, Bildung von Sillimanit und Disthen, Gleitflächen am Muskovit und Chrysoberyll, zerbrochene Berylle und COhrysoberylle, Serizitisierung des Muskovit, der Feldspate und des Sillimanit, die Schiefrigkeit der Gang- masse, Rutschflächen in derselben, dies alles weist auf intensive Druckvorgänge hin, in deren Folge Gleitungen, Rutschungen und Zertrümmerungen in der Gangmasse eintraten. Diese Kataklase, beziehungsweise Druckstruktur weist daraufhin, daß auf den in Rede stehenden Pegmatitgängen noch Massenbewegungen stattgefunden haben, als das Werk der Gangausfüllung bereits vollzogen war. Jeden- falls ist es sehr charakteristisch, daB der seltene Chrysoberylli auf solche Quetschzonen der Pegmatitgänge beschränkt ist. Oberhalb dem Schinderhübel, gegen den Kahlhübel hin, fehlen Pegmatitgänge, dagegen durchbrechen an der Stelle mächtige Aplitgänge das Gebiet des zentralen Dioritgneises. Der Aplit ist erbsgelb gefärbt, aus einem auffällie gleichförmigen kleinkörnigen Gemenge von vorwaltend rötlichkem Orthoklas, wenig Quarz, relativ spärlichem Muskovit bestehend, dem sich ebenfalls spärlich richtungslos verteilte Biotittafeln beigesellen; gemeiner Granät, zuweilen auch Almandin, sind häufige Übergemengteile. Dieser Gangaplit nähert sich bezüglich seiner Komponenten und Struktur dem Granitit vom Kahlhübel, jedoch fehlt hier die Erzführung, dort die Granatführung. Die Dioritgneise werden nebstdem von anderen zahlreichen Aplitgängen durchtrümmert, so zum Beispielam Fellberg, ober- halb Marschendorf, am Hofstein, oberhalb Stettenhof, die als vor- waltende Gemengteile Plagioklas nebst Orthoklas enthalten und worin der Quarz hinsichtlich seiner Menge an zweite Stelle tritt. Der Feldspat setzt sich häufig in einen zartschuppigen M us- !) Über den Chrysoberyll und seine Zwillingsbildungen sowie dessen Be- gleiter hat Verfasser eine Kurze zusammenfassende Monographie veröffentlicht in Tschermaks Min,-petr. Mitt. (derzeit im Druck). 2) Mitteil. d. mähr.-schles. Ackerbaugesellschaft. Jahrg. 1826, Nr. 34. %) Mineralien Mährens und Schlesiens. Brünn 1854, pag. 28 und 43, 88 Franz Kretschmer. [36] kovit um, der im Gestein regellos verteilt ist; akzessorisch sind Einsprenglinge von hellgrüänem Diopsid oder pechschwarzem Augit und grünlichem als auch braunem Biotit. Zuweilen werden darin pechschwarze kleine Augite von tafeligeem und pyramidalem Habitus beobachtet, die auch mit Biotit parallel verwachsen, nach des letzteren Basis und des ersteren Po (100); zwischen den Aueiten sitzen kleinste Almandinkriställchen. Die tafeligen Augite besitzen die Form P (111) © £P (110) © P » (100), wobei das Pinakoid vorherr- schend, die tafelige Ausbildung bedingt. Bezüglich der Altersverhältnisse des Granitits und seines Ganggefolges der beryliführenden Lagergänge sowie der chrysoberyll- führenden Kreuzgänge von Pegmatit untergeordnet Aplit, muß her- vorgehoben werden, daß die dioritischen Hornblendegneise sowie die Gabbrogesteine jedenfallsälter sind alsder Granitit nördlich Marschendorf am Kahlhübel, Köhlerstein und Erzberg, weil letzterer sowohl die zentralen Dioritgneise als auch die peripherischen Gabbrogesteine durchbricht und diese von zahl- reichen mannigfaltigen Pegmatit- und Aplitgängen, welche zur Gang- sefolgschaft des Granitits gehören, durchträmmert werden. Niemals kommt es jedoch vor, daß umgekehrt Gabbros oder deren Gangge- steine die gedachten Granite, Pegmatite und Aplite gangförmig durchdringen würden. Diese Beziehungen von Granitit einerseits und Gabbrogesteinen und Dioritgneis anderseits werden auch bestätigt durch die Tatsache, daß die besser bekannten Pegmatit- und Aplit- sänge des Schinderhübels bei Marschendorf häufig Trümmer und Schollen der benachbarten Gabbrogesteine als Einschlüsse enthalten. Wie wir oben gesehen haben, waren die Gabbrogesteine fast überall am Kontakt des Granitits intensiver Beeinflussung unterworfen, so daß im Gabbro mannigfaltige Mineralneubildungen der exogenen Kontaktmetamorphose hervorgerufen wurden sowie sich auch der Granitit vielfach mit den Materialien des Gabbro versah und endo- morphe Kontaktprodukte erzeugte. Bei dem Umstand, daß die Granitite nördlich Marschendorf ihre ursprüngliche richtungslos granitische Struktur vollkommen be- wahrt haben, also am wenigsten dynametamorpbisch beeinflußte Gebirgs- glieder sind, liegt ein fernerer Beweis dafür, daß sie die jüngsten Glieder in der Reihe eruptiver, beziehungsweise pneumatolytischer Massen- und Ganggesteine sind und zu einer Zeit durchbrachen, als die Massenbewegungen in der Hauptsache zur Ruhe gekommen waren. D. Sekundäre Neubildungen auf Strukturflächen des zentralen Dioritgneises. Auf den Klüften und Strukturflächen des Amphibolplagioklas- gneises, gewöhnlich dort, wo derselbe als Epidot-Hornblende- sneis ausgebildet ist, sind Zeolithe, insbesondere Chabasit, häufig. Besonders schön kristallisierte Zeolithe hat Verf. bereits früher aus dem Steinbruch unterhalb der Hohenwarte am Fellberg (Peters- [137] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 89 dorf beschrieben ), wo Chabasit, Desmin, Heulandit und Thomsonit zusammen vorkommen, begleitet von Epidot, Aktinolith, Titanit und Kalzit. An anderen Orten, so zum Beispiel auf der Tinzwirtschaft (Marschendorf), wurde im dortigen plagioklasreichen Amphibolgneis an dessen Strukturflächen der Plagioklas in ein drusiges Aggregat von Epidot und Klinozoisit nebst Quarz, die Hornblende zu Aktinolith und Asbest umgewandelt gefunden; gleichzeitig zeigten sich in den Drusenräumen zahlreiche schneeweiße Desmin- garben kreuz und quer angeschossen. Solche Amphibolplagioklas- gneise fand ich auch im Innern der Stufen epidotführend, sehr porös, voll von Drusenräumen, worin sich allüberall Desmin- büscheln angesiedelt haben. Diese Erscheinungen sind wohl auf die Tätigkeit von Thermalquellen zurückzuführen. — Aus dem Grund- bachgraben bei Siebenhöfen beschrieb Prof. F. Becke ebenfalls kleine Kristalle von Chabasit in Drusenräumen des „Amphibolgneises“. III. Peripherische Gabbrozone. Wie nicht anders zu erwarten, bilden die peripherischen Gabbro- gesteine keineswegs eine durchaus einheitliche und geschlossene Masse am Scheitel oder an den Flanken des Gneisgewölbes. Man kann anfänglich gegen den Scheitel hin sowie gegen die Flügel vor- kommend eine mehrfache Wechsellagerung von Dioritgneis und Gabbrogesteinen beobachten, worauf der Dioritgneis ausfällt und massiger Gabbro mit Gabbroamphibolit und Gabbroschiefer wechsel- lagert, bis auch der Amphibolit in der Gesteinsreihe ausbleibt und endlich in den äußeren Teilen der Flanken die Gabbroschiefer nebst Prasinit alleinherrschend werden. Diese Wechsellagerung ist bloß eine scheinbare und beruht auf Einfaltungen und Versen- kungen der Gabbroamphibolite in den Gneiskörper, worauf die Erscheinung hinweist, daß innerhalb der Scheitelkalotte die Amphi- bolite und Gabbroschiefer die Höhen beherrschen, während in den dazu führenden Tälern, Gräben und sonstigen Erosionsfurchen die dioritischen Gneise lagern, denen also die Tiefe gehört. Als weitere Folge der Intrusion läßt der Gabbro und seine Amphibolite vielfach Diskordanz gegen die Dioritgneise erkennen oder aber es befinden sich erstere gegen letztere in durchgreifender Lagerung, sowie wir auch weiter unten echte Gänge des Gabbro im Diorit kennen lernen werden, wobei auf die bereits oben angeführten Gabbroinjektionen des zentralen Dioritkernes hinge- wiesen sei. An den äußeren Flanken, wo bereits die Gabbroschiefer herrschend sind, sehen wir eine Gruppe von Topfsteinstöcken in sporadischer Verteilung, welche sich als eine ultrabasische Fazies der Gabbroreihe darstellen. !) Zentralb]. f. Min., Geol. u. Petr. Jahrg. 1905, pag. 609-615. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Band, 1. Heft. (Fr. Kretschmer.) 12 90 Franz Kretschmer. [3 8] Die an den breiten Flanken des zentralen Gneisstockes auf- tretenden Gesteine der Gabbroreihe bieten folgende Gliederung dar: Nordwestflanke: Siidostflanke: Basische Gesteine: 1. Hornblendegabbro, Massenge- 1. Gangförmige Hornblendegabbro stein von richtungslos grob- und Hornblendite, richtungslos körniger Struktur (Schwarzer- körnig, massig. stein). [86) 2. Gabbroamphibolite grobkörnig, . Körnige Gabbroamphibolite dickbankig und plattig. srobgefügt, zumeist plattig, ge- streift und gebändert. 3. Gabbroschiefer körnig, dick- 3. Gabbroschiefer, lokal plumpe schieferig. Linsen und Kugeln von Horn- blendit enthaltend, unterge- ordnet epidotisierte und chlori- tisierte Gabbroschiefer in Chloritschiefer und Strahlstein übergehend. 4. Prasinite (Grünschiefer) dicht, 4. Prasinite (dichte Grünschiefer). erob- und feinschieferig, schein- bar phyllitähnlich. _ 5. Saure Ganggesteine von peg- matitischem und aplitischem Habitus. Ultrabasische Fazies der Gabbroreihe: 5. Tremolittopfstein am Berge 6. Topfsteinstöcke mit Talkschiefer Schwarzerstein. von Pyroxeniten abstammend (Storchberg, Hausberg, Hüttel- lehne etc.). — 7. Chloritschieferschale der Topf- steinstöcke, extrembasisches Glied der Gabbroreihe (Spal- tungsprodukt des Pyroxenit). Hieran schließen wir nun die eingehende Betrachtung der petro- graphischen Charaktere und stratigraphischen Verhältnisse obiger Glieder der Gabbrozone, wie folgt: 1. Hornblendegabbro. Ein schwarzes grobkristallines Gestein, das makroskopisch aus großen Hornblendeindividuen und weißem Plagioklas als ausschließlichen Gemengteilen besteht. Die Hornblende ist im auf- fallenden Lieht schwarzgrün, im durchfallenden hellgrün und blaugrün, fast niemals braun, mit starkem Glasglanz auf den Spaltflächen; in [39] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 9] drei Aggregationsformen, und zwar kurz und lang säulenförmig nach dem charakteristischen Spaltungsprisma & P (110), zumeist ohne terminale Begrenzung oder durch parallele Verwachsung nach o P breittafelige sowie häufig nur kompakte körnige Aggregate; Spalt- barkeit nach o P selten, grobe Spaltrisse lc fehlen bei den längeren Prismen niemals. Das Gestein zeigt ferner deutliche Zerreißungen seiner großen Hornblendeindividuen, zwischen denen sich dann neu- gebildeter hellgrüner Augit angesiedeit hat. Fast überall durch die ganze Gesteinsmasse beobachtete ich Fortwachsungen einer hellgrünen Hornblende um die schwarzgrünen säulenförmigen, blätterigen und kompakten Hornblenden gegen den Plagioklas hin; diese Fortwachsungen sind breitstengelig, teils dem Aktinolith oder Tremolit ähnlich oder teils feinfaserige, smarag- ditähnliche Nädelchen. — Der Plagioklas schneeweiß, u. d.M. farblos, zumeist nur in rundlichen, eckigen Körnern oder in breiten Tafeln, niemals in den schmalen Leisten der Diabase, und bildet ent- weder für sich allein oder häufig mit darin suspendierten Hornblende: säulchen ein körniges Grundgewebe; derselbe füllt stets nur die Räume zwischen den vorwiegenden und großen Hornblendeindividuen aus, so daß es den Anschein gewinnt, als wären die letzteren vor dem kleinkörnigen Feldspataggregat gewachsen. — Der Orthoklas bildet dort, wo er vorkommt, nur einen akzessorischen Gemensteil, während der Quarz ein seltener Gast ist. F. Becke und M. Schuster haben bereits in dem eingangs erwähnten Vortrage !) hervorgehoben, daß der Habitus dieser Gesteine an gewisse Smaragditgabbros aus dem niederösterreichischen Waldviertel erinnert. Der Dünnschliff (hergestellt von der am Scheitel des Schwarzenstein anstehenden Felsmasse) läßt erkennen, daß die Horn- blende stark pleochroitisch ist, und zwar: a hellgelb, b grasgrün, c blaugrün, daher Absorption c>b>a; in Querschnitten dicht ge- drängte gitterförmige Rißsysteme nach dem Hornblendeprisma X 124°, in Längsschnitten breite Spaltrisse nach (110); auch zahlreiche ein- zelne langsäulige Individuen mit hellgrünem Kern und dunklem Rand, grobrissige Querabsonderung senkrecht c, teils parallel ver- wachsen, auch wirr gelagert, häufig an den Polen besenförmig ausgefasert. Die Auslöschungsschiefe ergab im Mittel zahlreicher Messungen Xc:c=14 bis 15%. Doppelbrechung in dem Gestein vom Schwarzenstein y—x = 0'0245 in der dunklen und 0'028 in der hellen Hornblende gemessen. Die Achsenwinkel im hellen Anteil 2Va= 172°, im dunklen 6—8° größer; Dispersion nicht sehr merklich. Dadurch, daß die Hornblende häufig Einschlüsse von Diopsid und Plagio- klas enthält, wird Siebstruktur ausgebildet; dieselbe wiegt gegen die Plagioklase mehr oder weniger vor und macht ungefähr 60%, der Gesteinsmasse aus. — Der Plagioklas besteht aus kleinsten Körnern sowie auch Täfelchen scharfer Kristallbegrenzung, es sind lamellenfreie Durchschnitte, also nicht verzwillingte Individuen; in anderen Schliffpartien wurden jedoch häufig größere polysynthetisch u 8 Sa er. 10 12* 9 Franz Kretschmer. [40] nach dem Albit- und Karlsbader Gesetz verzwillingte Individuen be- obachtet. Der mehr oder weniger getrübte Plagioklas ist nach Maß- gabe der an Schnitten senkrecht M und P an den Albitzwillingen gemessenen Auslöschungsrichtung im Mittel= 32° ein Labradorit mit Abyg Ang. In einem anderen Schliffe wurden an den Schnitten 2 zu a die Auslöschung gegen die Trasse der Zwillingslamellen = 60° gemessen, demzufolge ist es Labradorit, dessen Achsenwinkel 2Vy=86°, Lichtbrechung hoch gefunden wurde. Man erkennt, daß der außerordentlich feinkörnige Feldspat durch Umkristallisieren aus größeren Individuen entstanden, von denen stellenweise noch Reste vor- handen sind, deren inverse Zonenstruktur nur hier und dort bemerk- bar ist. — Orthoklas scheint nur in wenigen größeren Durchschnitten vorhanden; Quarz, farblos, hell, kommt ebenso selten vor. — Häufig ist Titanit in ziemlich großen farblosen bis lichtgrauen, stark licht- brechenden Körnern von rauher Oberfläche. Außerdem bemerkt man Magnetit, titanhaltiges Magneteisen als auch Ilmenit, was sich aus der Häufigkeit der Umwandlung in Leukoxen und den Limonit- höfen ergibt; akzessorisch ist ferner Apatit und Pyrit. Epidot bildet zuweilen unregelmäßige Partien in der Hornblende, von deren Spalt- rissen ausgehend; derselbe ist deutlich pleochroitisch, farblos und zitronengelb. Glimmer und Granat fehlen gänzlieh. Eine Probe des Hornblendegabbro, abgeschlagen von dernackten Felsmasse am Scheitel des Schwarzenstein (von wo auch die Schliffe stammen), sandte ich an das chemische Laboratorium der Witkowitzer Steinkohlengruben zu Mähr.-Ostrau und es ergab die durch den Chefchemiker Herrn R. Nowicki ausgeführte Analyse folgende prozentische Zusammensetzung: 1. Prozent Kieselerdei\) „u. Hi TEILTE WE 7.10 Titansäurentoll sb dia Sinai, as erBp Donenden. {UI} 19R eirileaa adla)d. (SE Chromosyd mnnanniied, aa ern ahel Be Hisendeydı ADSANaE. Bin DROMERTTE 2:10 Bisenosydul müh- na „auid. 192758. Tun Bett Maneaoxydulinyıa "ar ergk ttarlza Ban Kalkerdei Biulandsgpl SCHERE STEH Maskesa buy zollehbstab U. CHEN U Re Kalıtmad Natron! kt A il ee Glühverlust (Wasser) a... ; an, NE Phosphorsäufe IV iu. zdrki. Jo Zusammen . . . 100.00 Dieses Ergebnis weist unverkennbar darauf hin, daß diese Gesteine tatsächlich die basische Zusammensetzung der Gabbros und nicht diejenige der allgemeinen saureren Diorite haben, welch erstere sich an das basische Ende der letzteren anreihen, deren chemischer Charakter durch die Proportion 830,:R,0,:RO = [41] Das metamorphe Diorit u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau 93 2:7:1'0:1'8 sowie durch das Verhältnis RO:R,O0=1:12'9 ausge- drückt wird und demzufolge dem Hornblendegabbro von Linden- fels im Odenwald sowie dem sächsischen Flasergabbro nahesteht. Nach Maßgabe unten folgender Tabelle ergab die Berechnung nach Osanns Methode die Gesteinsformel Sp A Cas Jıs, woraus sich die Übereinstimmung mit seinem Gabbrotypus Kee- wenaw und Bagley Creek ergab, für welch letztere die Typen- formel 549.5 Ay Cs fi; gilt. Die Zöptauer Hornblendegabbros sind fast ausschließlich rich- tungslos grobkörnige Massengesteine, selten nehmen sie flaserige Struktur an. Solche Flasergabbros fand Verf., wie bereits oben erwähnt, am Ostfuße des Schwarzenstein, unterhalb dem Bahnhof Zöptau. Die gedachten Hornblendegabbros übergehen außer- dem lokal durch Zurücktreten der Plagioklase in massige, schwarze Hornblendite, ähnlich den oben angeführten des zentralen Gneisprofils (siehe pag. 114), jedoch sind hier die Horn- blendeprismen höchstens 5—10 mm lang und 3 mm dick, also um vieles kleiner als dort. Die Struktur des Hornblendegabbro ist grobkörnig, gabbro- ähnlich, ohne zur ophitischen Struktur der Diabase hinzuneigen. Die zentralen Teile der Gabbromassen sind infolge langsamer Ab- kühlung großkörnig geworden, wobei die Hornblendeindividuen besonders groß gewachsen sind, dagegen der Plagioklas zu einem feinkörnigen Grundgewebe zerfallen ist, wodurch sich eine porphyrähnliche Struktur entwickelt hat, die jedoch mit der echten porphyrischen Struktur, wie sie zum Beispiel bei den Diabasen vorkommt, gar nichts gemein hat, denn in unserem Gestein bildet einfeinkörnigesPlagioklas-Hornblendeaggregatlediglich eine Art Füllmasse zwischen den vorherrschenden, unmittel- bar nach der Gesteinsprägung großgewachsenen Hornblenden. Dadurch, daß die großen Hornblendeindividuen von kleinen, im Plagioklas suspendierten Hornblendestengeln in mehr oder weniger paralleler Anordnung umflossen werden, kommt lokal eine Fluidalstruktur zustande, wie sie häufig bei Tiefengesteinen auftritt. Solche Gesteine bilden das Endglied der Gabbroreihe gegen die Amphibolite, weil durch die Kristallisationskraft der Hornblende die Gabbrostruktur nicht ausgeprägt, vielmehr durch eine porphyrähnliche ersetzt wurde, für welche uns bisher ein Terminus fehlt. Es liegt eine Umprägung der Struktur dureh Umkristallisieren des Mineralbestandes bei Er- haltung des chemischen Bestandes in den letzten Phasen der Er- starrung vor. Nachdem die geologische Erscheinungsform der in Rede stehenden Hornblendegabbros diejenige massiger Ganggesteine ist, deren porphyrähnlich struierter Kern in der Regel von randlich rascher ab- gekühlten und stark gequetschten, demzufolge weniger grob- körnigen bis feinkörnigen, granoblastisch struierten Amphiboliten mit primärer Druckschieferung begleitet wird, so erscheinen diese ein und demselben Gesteinskörper angehörenden 94 Franz Kretschmer. [42] Gesteine als Erstarrungsgesteine, die keineswegs stofflich, lediglich strukturell beeinflußt, das heißt randlich zu kristallinen Schiefern, speziell Amphiboliten geworden, welche mit dem gabbroiden Kern dureh allmähliche Übergänge verknüpft sind. Die größte Mächtigkeit erlangen die richtungslos grobkörnigen und zerklüfteten Hornblendegabbros am Schwarzenstein und dem benachbarten Mittelstein, an der Nordwestflanke unseres Diorit- gneisgewölbes, wo der größte Teil dieser Berge daraus besteht. Seine hier zu Tage anstehenden Felsmassen werden von einem Trümmerfeld zahlloser, viele Kubikmeter großer Felsblöcke von Hornblendegabbro umgeben. Dieses große, wahrscheinlich unter Mitwirkung von Eis- massen entstandene Blockwerk setzt dem Gebirgskamm entlang bis am Steinigberg fort und verrät den darunter anstehenden Gabbro. Ein großer Teil dieser gegen Verwitterung äußerst widerstandsfähigen Felsblöcke ist unter der kultivierenden Menschenhand seither ver- schwunden und für Bauzwecke und als Straßenschotter zur Verwendung gelangt. Gegen die der Schieferhülle angehörenden Glim- merschiefer und Quarzite des Weißenstein in seinem Liegenden sowohl als auch dieselben Gesteine im Hangenden wird der Gabbro feinkörniger und übergeht peripherisch als Folge von Pressung und schneller Abkühlung in Gabbroamphibolit und Gabbro- schiefer, wobei gedachte Hüll- und Schollengesteine als Abkühlungs- flächen wirkten. Am Butterhübel und in den Hammerbüscheln des Pe- tersdorfer Traußnitz wird der Dioritgneiskern von mehreren Lagergängen des Hornblendegabbro durchbrochen, wie bereits oben berichtet wurde. Diese gangförmigen Massen erreichen bisweilen eine Mächtigkeit von 20 m und darüber, sie werden gewöhnlich auch hier sowohl am Hangenden als auch Liegenden von plattigen und schie- ferigen Gabbroamphiboliten begleitet, deren Strukturformen durch die Faktoren: rasche Abkühlung und größerer Druck gegen die Saalbänder hin, bedingt worden sind. An dem bekannten Fuchsitfundort im Traußnitz kommt ein massiger bis dickplattiger Gabbro vor, der sich dem Anorthosit nähert, er ist einleutokrates Gestein, zusammengesetzt vorwiegend aus körnigem, in miarolitischen Räumen isometrisch auskristallisiertem Labradorit und einer strahligen und schilfigen schwarzen Horn- blende, welcher an Menge nur eine zurücktretende untergeordnete Rolle zufällt. Schließlich muß hervorgehoben werden, daß der Gabbro in unserem Gebiete in petrographischer Beziehung eine artenarme und nach dieser Richtung beschränkte, auffällig gleichmäßige Entwicklung zeigt, demzufolge neben dem Hornblendegabbro andere Gabbroarten fast gänzlich fehlen. Es liegt hier eine auch in anderen Gabbro- gebieten wiederkehrende Erscheinung vor, daß die Pyroxenmineralien mehr oder weniger vollständig durch Hornblendemineralien vertreten werden, wobei jedoch die zum Teil primären Hornblendegesteine genau die gleiche, sonstige Beschaffenheit, genau dieselbe Struktur, genau denselben Mineralbestand aufweisen wie die reinen Pyroxen- gesteine. Es gebührt ihnen demzufolge der Name Gabbro. [43] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 95 2. Gabbroamphibbolite. Es sind dies grüngraumelierte, grob- und mittel. körnige Hornblendeplagioklasgesteine, die sich vom Hornblendegabbro weniger durch den Mineralbestand, vielmehr nur durch die Struktur insofern unterscheiden, daß neben der herr- schenden granoblastischen Struktur häufig die Tendenz zu paralleler Anordnung der Komponenten hervortritt, wodurch ihr plattiger und schieferiger Gesteinsbau herausgebildet wird. Lokal ist die Struktur durch die Wiederkehr der Hornblende im feinkörnigen Plagioklasaggregat porphyroblastisch. Hornblende und Plagioklas halten sich bezüglich ihrer Menge das Gleichgewicht, wodurch das Gestein grün und weiß gesprenkelt erscheint und insbesondere im Querbruch eine grieskörnige Textur darbietet, bis in der extremen Form durch eine band- und streifenförmige Anordnung hornblendereicher und plagioklas- reicher Lagen das Gestein auf schwarzgrünem Grunde weißgestreift oder gebändert erscheint. Bisher hat man diese Gesteine als Amphibolite schlechtweg und als Feldspatamphibolite im besonderen bezeichnet, während man die massigen Glieder für Diorite hielt. Mikroskopisch gleicht die Hornblende derjenigen in den Hornblendegabbros, jedoch besitzt sie nicht mehr die Kristallisations- kraft wie dort, demzufolge ihre Individuen hier weit kleiner ausge- bildet sind, sie erscheinen im auffallenden Licht schwarzgrün, im durchfallenden hellgrün mit starkem Glasglanz auf den Spaltflächen; gewöhnlich kurz- und langsäulenförmig nach der Form o P (110), auch der Komb.-Form © P (110). Po» (010), oder nach oo P(110).© Po (010). Po (100).o P (001), parallel verwachsen, ferner tafelförmig © P«& (100) polysynthetisch verwachsene Pakete, außerdem kompakte dichte Aggregate. Häufig werden beobachtet aktinolithische und smaragditähnliche Faserbüscheln auf den Strukturflächen, die daselbst handgroße eisblumenähnliche Zeichnungen dureh längs voraneilende Hornblendesäulen hervorbringen. Die Hornblendeindividuen lassen selten terminale Begrenzung erkennen, sondern zeigen gewöhnlich Zerreißungen, Aufblätterungen und Ausfranzungen an den Enden. — Der Plagioklas ist feinkörnig, zumeist farblos bis weiß, selten bläulichgrau, er bildet gleichmäßige eckige Körner und säulige Kriställchen, die Zwischenräume der Hornblende ausfüllend. Akzessorisch treten in den Gabbroamphiboliten auf: hier und dort wenig Quarz, spärlich Rutil, wenig Apatit, auch gelbliche Muskovit- schuppen, die aus Plagioklas entstanden, Magnetit und Ilmenit. Im Dünnschliff (vom Richterberg gegenüber der Zöptauer Kirche) sieht man, daß sich Hornblende und Plagioklas je zur Hälfte an der Gesteinszusammensetzung beteiligen; sie sind sehr. ungleichkörnig, erstere in größeren, letztere in zehnmal kleineren Körnern; die Menge des’ Quarzes ist nicbt unbeträchtlich, Parallelstruktur erscheint nur wenig angedeutet. Der Plagioklas zeigt überwiegend eine fein- bis breitlamellierte Zwillingsstreifung nach dem Albitgesetz oder 96 Franz Kretschmer. [44] auch nur kleine isometrische Körner ohne Lamellierung; derselbe steht häufig mit Quarz in poikilitischer Verwachsung und ist zuweilen parallel der Plattung gedrückt. Die Auslöschungsschiefe senkrecht M und P wurde an der Trace der Albitzwillinge mit= 30° im Miittel- werte gemessen und gehört der Feldspat daher zum Labradorit mit (Ab,,An;,;). — An einem anderen Schliff wurde ein basischer Oligoklas bis Andesin festgestellt, oft mit inverser Zonenstruktur, und zwar hat man in einem Schnitte 1 beobachtet: Auslöschungs- schiefe gegen P Kern +3°5%, Hülle — 4° entsprechend 25—35%%, Anorthitgehal. — Die Hornblende ist durch ihren starken Pleochroismus a hellgelb, b grasgrün, c blaugrün, demnach Absorption c>b5b>a, ferner durch die prismatischen unter X 124° sich schnei- denden Spaltrisse Lc und durch die prismatische Absonderung parallel (100) charakterisiert, da und dort steigert sich die Spaltung bis zur randlichen Zerfaserung; außerdem ist die Hornblende mit Diopsid und Plagioklas poikilitisch verwachsen, hier und dort förmlich damit gespickt. Optische Orientierung: Aus- löschungsschiefe ce = 16°; Axenwinkel 2 Va = 54—59°, deutliche Dispersion s >uuma, Doppelbrechung —a#=0:025. Dispersion der Mittellinien nicht wahrzunehmen. — Die Menge des Quarzes ist nicht unbeträchtlich, welcher hell sowie durch die poikilitische und gsranophyrische Verwachsung mit Plagioklas bemerkenswert erscheint. Akzessorisch Titanit stark lichtbrechende, kleine Körner, rauher Oberfläche, reliefartig hervortretend. Epidot in einigen Körneraggre- gaten als Einschlüsse im Feldspat, daneben auch in Hornblende; Biotit spärliche Schuppen in der Nähe der Hornblende. Erze spär- lich vertreten, und zwar Magnetit und Ilmenit oder Titano- magnetit, beide letztere gewöhnlich mit Leukoxenrand und Limonithof. Kelyphitische Strukturen fehlen. Der Gabbroamphibolit von der Chrysoberyllfund- stätte bei Marschendorf erscheint im Dünnschliff porphyroblastisch, die Hornblende meist nicht idiomorph begrenzt, Pleochroismus wie im vorigen Gestein, Auslöschungsschiefe e :c im Maximum 179%, — Der häufige Feldspat ist verzwillingt nach dem Albit- als auch Periklingesetz, die Auslöschungsrichtung La mit der Zwillingstrace der Albitlamellen = 58°; demzufolge er der Labrador-Bytownit- reihe angehört. An Stelle des Plagioklases entwickelt sich jedoch vielfach ein lebhaft polarisierendes Aggregat von Epidot, Zoisit und Muskovit. — In anderen hierhergehörigen Amphiboliten erscheint u.d. M. der Plagioklas ebenfalls allenthalben in Muskovit, Zoisit und Epidot umgewandelt, Zwillingslamellen sind vielfach angedeutet, seine Neubildungen lassen auf basischen Charakter schließen. Es ist eine häufige Erscheinung, daß die Gabbroamphibolite in der Umgebung von Zöptau lokal mehr oder weniger weit fortgeschrittener Umwand- lung zu obigen Neubildungen (gleichwie am Schinderhübel) anheim- gefallen sind, auch wenn sie makroskopisch noch ein frisches Aus- sehen bewahren. Von Ubergemengteilen der Gabbroamphibolite in größeren Bestandmassen werden häufiger gefunden: Epidot (Pistazit), Zoisit und Prehnit als Vertreter des Feldspates; Aktinolith, Pyroxen [45] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 97 | (Diopsid), Biotit und Chlorit als Vertreter der Hornblende, Kalzit zum Teil sekundär; Granat und Muskovit fehlen. h Indem der Plagioklas stetig abnimmt, werden auch hier rasche Übergänge in massige, richtungslos körnige Hornblendite herge- stellt, welche hauptsächlich aus einem großkristallinen Ageregat dieker und schlanker, schwarzgrüner oder lauchgrüner Bornblendesäulen besteht, wodurch das Gestein eine schwarz- und lauchgrünmelierte Färbung erhält. Plagioklas dürfte mit kaum mehr als 10°/, an der Gesteinsmasse beteiligt sein. Uber den chemischen Charakter der Gabbroamphibolite gibt folgende im Laboratorium der Witkowitzer Steinkohlengruben durch Herrn R. Nowicki ausgeführte chemische Analyse Aufschluß. Die Probe wurde gleich dem obigen Dünnschliff am Richterberg süd- lich der Zöptauer Kirche geschlagen und ergab folgende prozentische Zusammensetzung: II. Prozent ReRel ante a Aran EEE IT AAN 28:05 EA? ae as 1 EN Ted u BE Dr omoxvdr en, ES MIR FOSDUL TIREDOR YO 0 en. 10. AM eeN., DE ESTER SL NE u A rc RE. ehe >> EIERN I ee a Re 1 Kokerden an. 077 00 De. KEERIDER AEO TUN De er pen 50 MEEIER „DNA ATIPR SAAEESDRSE & NEAR RER, Ira UNdENNALTOnET N. "3 Ama RIED AR EL BIURVETDISEELWESSET] „SPA. 7 BERSISRSESALAN SEEak A NN a Be a ch AR Zusammen . . . 100.00 Durch die Vergleichung ergibt sich, daß unser Gabbroamphipbolit mit dem oben angeführten Hornblendegabbro eine angenähert gleiche chemische Zusammensetzung besitzt; dieselbe ist identisch mit dem chemischen Charakter derjenigen Amphibolite, welche von Tiefenge- steinen der Gabbroreihe abstammen, und zwar werden die chemischen Verhältnisse ausgedrückt durch die Proportionen 8:1.09::.Ro05,:B0O=15:1:2:5 sowie durch %, 0:RO=1:17:6, wodurch unser Gestein dem normalen Gabbroamphibolit von Oppenau im Schwarzwald sowie den Amphi- boliten der sächsischen Flasergabbrogruppe nahezu gleich charakterisiert erscheint. Nach Osanns Klassifikation ergibt sich dafür die Gesteinsformel Sg % 65 S1 ist also nahezu identisch mit dem Gabbrotypus Keewenaw, wofür die Typenformel s,; a, c; fi gilt, welche sich auch für den Zöptauer Hornblendegabbro angenähert ergeben hat. Demzufolge sind die hier betrachteten Amphibolite sowohl nach ihrem mineralischen Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Band, 1. Heft. (Fr. Kretschmer.) 13 98 Franz Kretschmer. [46] und strukturellen als auch chemischen Bestande als die metamor- phische Fazies des Hornblendegabbro zu betrachten. Ihre breiteste Entwicklung erlangen die Gabbroamphibolite an der nordöstlichen Flanke, und zwar auf der Hüttellehne zwischen Schwagersdorf und dem Sensenzipfel, am Kargerberg oberhalb Sieben- höfen, am Kupferberg und Hofberg westlich, Grillenberg und Hangen- stein östlich Wermsdorf; ferner am Storchberg bis in den Bischofs- graben hinab nächst Zöptau; kleinere Komplexe befinden sich in der Schwarzensteingruppe sowie im Traußnitzwald westlich Rudelsdorf auf den beiden entgegengesetzten Flügeln der zentralen Gneismasse. Sie dominieren vielfach die Anhöhen sowie die von diesen aus- laufenden Rücken, während in der Tiefe, das heißt den dazuführenden Tälern, Gräben und sonstigen Erosionsfurchen die Diorit- gneise herrschen, was damit zusammenhängt, daß die Gabbro- gsesteine die äußere Kalotte des Gneisgewölbes auf- bauen. Es ist also etwas Selbstverständliches, wenn wir diese Gesteine meist am Gewölbscheitel antreffen und dann dort den zentralen Gneiskern vermissen, welchen wir sicherlich darunter ver- muten dürfen. Die Gabbroamphibolite stehen sowohl nach unten hin mit den zentralen Dioritgneisen anfänglich scheinbar in viel- facher Wechsellagerung, bis sie nach außen gegen die Flanken end- lich die Oberhand gewinnen. Umgekehrt ist das Verhalten nach oben, wo sie mit den im Hangenden folgenden Gabbroschiefern in inniger Verknüpfung stehen, so daß sie sich als schwache, kaum 3 bis 5 cm dicke Platten herab, dem Gesteinsverbande immer wieder einschalten, ‘bis sie endlich gänzlich daraus verschwinden und die Gabbroschiefer die Alleinberrschaft antreten. Abnahme der Feldspate, parallel struiertes, der fortschreitenden Verdichtung entgegengehendes Korn, vollkommene Schieferstruktur führen teils durch rasche, teils allmähliche Übergänge zu dem 3. Gabbroschiefer. Früher hat man diese ausgezeichnet geschieferten Gesteine ungeachtet ihres Gehaltes an basischem Plagioklas einfach zu den Hornblendeschiefern gestellt, wohin sie jedoch nicht gehören, seitdem man übereingekommen, lediglich aus Hornblende bestehende Schiefer so zu benennen. — Im frischen Zustande sind es lauch- srüne bis schwarzgrüne, dicekschieferige, nach obenhin dünnschieferige Gesteine, die zumeist schon makroskopisch ein Aggregat wirr gelagerter und dicht aneinander gescharter schlanker Hornblendesäulen erkennen lassen, worin der Plagioklas meist in tafelförmigen Kristallen eingestreut erscheint. Die Horn- blende ist schwarzgrün im auffallenden, grasgrün im durchfallenden Licht, sie läßt häufig die Umrisse von P(110) meist für sich allein und in Kombination mit o Po (010) erkennen ohne terminale Begrenzung, gewöhnlich sind die Kristalle daselbst stark ausge- fasert oder aufgeblättert und sehen dann oft wie zerbrochen aus; daneben zeigen sich auch etwas blätterige und kompakte Hornblendeaggregate, die alle kreuz und quer gelagert und mit- [47] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 99 | einander verfilzt erscheinen. An den säuligen und blätterigen Aggre- gaten ist randliche Aktinolithbildung sehr oft zu beobachten, insbesondere aber auf den Schieferungsflächen; an manchen Stufen ist diese Erscheinung allgemein und schreitet bis zur Asbest- bildung vorwärts. — Die Feldspate beherbergen nadelige und säulige Einschlüsse von Aktinolith oder sie sind zu Epidot um- gewandelt, wodurch da und dort epidotisierte, zeisiggrüne Gabbro- schiefer ausgebildet werden. — Die Textur ist vorherrschend fein- körnig mit ausgesprochener Neigung nach faseriger Ausbildungs- weise, indem sich die Hornblendeindividuen mehr oder weniger mit ihren Längsaxen parallel zur Schieferung richten. Im Dünnschliff zeigte der Gabbroschiefer am Pfarrerb (Zöptau) eine lagenweise Anordnung parallel zur Schieferung gestreckter und gedrückter, zum Teil auch zerquetschter Mineralfragmente, bestehend vorwiegend aus gemeiner Hornblende und etwas Plagioklas. — Die Hornblende bietet dieselben Aggre- gatformen wie oben beschrieben dar, jedoch. sind die Individuen flach ausgewalzt, die Säulen zerbrochen und die einzelnen Teile parallel zur Schieferung verschoben. Der Pleochroismus und die Absorption folgen dem Schema c blaugrün = bgrasgrün >a hellgelb; die Aus- löschungsschiefe c:c beträgt im Maximum 17°. Einschlüsse von Diopsidnurklein und spärlich. — Der Plagioklas ist teils in dünne Lagen ausgezogen, die Individuen zur Schieferung parallel gedrückt und zerborsten, teils gänzlich zertrümmert und die Körner auseinander- gezerrt. Derselbe gehört nach Maßgabe der an der Trace der Albit- zwillinge gemessenen Auslöschungsschiefe =29° zum Labradorit (Ab, An;,) und ist teils farblos, selten getrübt und läßt deutliche Zwillingslamellierung erkennen, zuweilen ist er jedoch mehr oder weniger stark verwittert und zu Muskovit umgewandelt. — Von Eisen- erzen sind vertreten: Titanhaltiger Magnetit, ferner Ilmenit, denen die Leukoxenkerne sowie die Limonithöfe selten fehlen, hierzu gesellt sich noch da und dort eine Schale von blutrotem Hämatit um das Ilmenitkorn. In Vertretung der Eisenerze erscheint bräunlich gelber Rutil, ferner akzessorisch Titanit in farblosen, stark licht- brechenden Kristalloiden, Apatit in Körnchen spärlich, Epidot gelb auf Spaltrissen der Hornblende. — Das Gestein macht auch im Schliff den Eindruck, daß dieser stark gestreckte und ausgewalzte Gabbroschiefer Umkristallisation des Ursprungsmaterials nur im unter- geordneten Maße erlitten hat, denn sowohl die größtenteils primäre Hornblende als auch der Plagioklas sind meist frisch erhalten, nicht umgewandelt. H. Graber!) hat den Gabbroschiefer von der Pyroxen- fundstätte am Pharrerb (Zöptau) bereits früher untersucht und fand im Dünnschliff große, von einer hellgrünen Hülle umgebene säulenförmige Durchschnitte und dazwischen eine ebenfalls aus kleinen Säulchen von Hornblende bestehende Zwischenmasse, da und dort tritt, Feldspat an deren Stelle. Die Auslöschungsschiefe auf © P (110) wurde mit 12°, der Axenwinkel an einem Durchschnitt senkrecht auf ') Tschermaks Min.-petr. Mitt. XIV. Bd., 1894. pag. 265—268. 13* 100 Franz Kretschmer. [48] die Symmetrieebene 2 V/=78° gemessen, bezogen auf den mittleren Brechungskoöffizienten ß = 1'635. Die grüne .Hülle ist deutlich pleochroitisch c blaugrün, b grasgrün, a farblos, demnach die Absorption c>b>a; es liegt also auch in diesem Falle gemeine Hornblende vor. Das Gesteinsgewebe ist mittel- bis feinkörnig, niemals schreitet die Verdichtung des Kornes soweit vor, daß man die dichtgedrängten Hornblendeindividuen nicht mehr makroskopisch zu unterscheiden vermag. Eine Probe des typischen Gabbroschiefers vom Pfarrerb (Zöptau) wurde an dem chemischen Laboratorium der Witkowitzer Steinkoblengruben der chemischen Analyse unterworfen und ergab folgende prozentische Zusammensetzung: IV. Prozent BRECHEN. Si N a a ARE IEanSpereBia Klone. „ai RETRO Ponenne un a Die. MOSE TAMNETERER CHEOIRORTRI ANREISE Pisemiagab U FRANTI. DR UN 2 Eisenoxydul RUTREN a EEE Manbanoxyaula 4.’ 10 zu WEMIE USE REDE Kalkerde SEE: TUN. HQMTIERLINEN, BO (> JERBD Mägnesia eh ana NRMRKEHTIRTIRMEE MER Kal und Natron BORBUMN Pa FRE AIRES Githrerlust (Wasser) MU 101 20V Phosphötsätfe 4, WR 2NO NIE) ER IS Zusammen . . . 10000 Aus diesem chemischen Bestande ist ersichtlich, daß unsere Gabbroschiefer, welche bisher immer als Hornblendeschiefer angesehen wurden, nicht die chemische Zusammensetzung dieser letzteren, viel- mehr diejenige feldspatiger basischer Amphibolite besitzen, so zum Beispiel der Amphibolit von Langenlois (Niederösterreich). Das Verhältnis &0,:R,0,:RO=2%2:1:1'1l im Dioritgneis ist bis zu der Proportion 8i0, :B,0,:RO=214:1:1'9 in unseren Gabbro- schiefern fortgeschritten, dagegen ist das Verhältnis ,0:RO=1:301. Die bedeutende Zunahme der Monoxyde auf Kosten der Sesquioxyde steht mit der Zunahme der Hornblenden in diesen Schiefern im Zusammenhange, gleichwie die Abnahme der Ton- erde auf der Abnahme der Feldspate beruht. Daß die Gabbroschiefer einer chemischen Metamorphose unterworfen worden wären, dagegen liegst in der Abnahme des Tonerdegehaltes ein Gegenbeweis, weil letztere als beständigste Basisehereine Anreicherung erwarten ließe, was ungeachtet der zunehmenden Basizität der Feldspate nicht der Fall ist. — Das Substrat dieser Schiefer finden wir unter den Tiefengesteinen nach Osanns Klassifikation im Typus Molkenhaus, welchem dieTypenformel 3.5 4 Ca fı7 entspricht und die gemäß unten folgender Tabelle (pag. 114) unserer Gesteins- [49] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 101 \) formel für den Zöptauer Gabbroschiefer Ss 5 Cs Sir sehr nahe steht. Die Osannschen Gesteinstypen Bayley Creek und Keewenaw, welche mit unserem Gabbro und Gabbroamphibolit so nahe übereinstimmen, sind teils Gabbrodiorite, teils normale Gabbros schlechtweg, während der mit unserem Gabbroschiefer nahe verwandte Typus Molkenhaus Olivingabbros umfaßt. Es sind dies durchweg basische Typen der Gabbrofamilie. — 4. Einschlußmassen und Übergangsglieder der &abbroschiefer, Hornblendite, Strahlstein, Klinochlorschiefer. So wie die Gabbroamphibolite entwickeln auch die gröber- körnigen Gabbroschiefer durch Zurücktreten des Plagioklases massige feldspatarme bis feldspatfreie Hornblendite, die in den Schiefern plumpe Linsen und kleine Stöcke etc. formen und sporadisch verbreitet sind. Ich halte dafür, daß diese gröberkörnigen wohlgeformten Gesteinspartien unter anderen Bedingungen entstanden sind als die feinkörnigen Amphibolitgesteine ihrer Umgebung; es sind dies wahrscheinlich frühere Ausscheidungen, beziehungsweise Fest- werdungen, die dann eine parzielle Wiederauflösung erfahren haben, wobei sie mit dem umschließenden Gestein innig verschweißt wurden und so die Kugeln, Blöcke und sonstige Leutikulärmassen von Horn- blendit zur Ausbildung kamen. | Die gewöhnlich großindividualisierte schwarzgrüne Horn- blende des Hornblendits zeigt lokal große Neigung, sich in hell- grünen, durchsichtigen Aktinolith umzuwandeln, seltener und weniger durchgreifend wird der letztere auf den Strukturflächen in grünlichen und weißen, perlmutterglänzenden, schuppigen Talk über- geführt; akzessorisch sind Rutil, Leukoxen, kleinste Almandine. Solche zur Hälfte aus Aktinolith bestehende Hornblendite kommen am Mattenberg bei Marschendorf u. a. a. O. vor. Am Mattenberg, Steinhübel, Butterhübel, nächst Marschendorf, am Hofberg bei Wermsdorf sowie auch am Storchberg nördlich Zöptau bilden in den dortigen Gabbroschiefern und Gabbroamphiboliten sroßindividualisierte ‚Strahlsteinschiefer linsenför- mige Einlagerungen. Übergänge von den letzteren zu den Hornblenditen und den vorhin angeführten Gesteinen und deren Relikte sind Beweise dafür, daß diese Strahlsteinschiefer durch Umkristallisierung aus den Hornblenditen hervorge- gangen sind. Am Mattenberge beobachtete ich außerdem einen direkten Zerfall der dortigen feinkörnigen und höchst festen massigen Hornblendite in feinblätterigen, milden und weichen Rlinochlor- schiefer. Infolge Umwandlung des Plagioklases und zum Teil auch der Hornblende in zeisiggrünen und pistaziengrünen Pistazit und Epidot wurden bei fortgesetzter Anreicherung epidotisierte Gabbroschiefer ausgebildet; dies ist. insbe- sondere in der Nähe gewisser Epidotklüfte der Fall, so zum Beispiel 102 Franz Kretschmer. [50] am Pfarrerb und Viehbich (Zöptau) u. a. a. O. Am Jackwirtsberge (Zöptau) hat man Gabbroschiefer beobachtet, worin fast aller Plagioklas (insbesondere der äuf Adern und Klüften) in zeisig- grünen Pistazit umgewandelt erschien, dagegen die Hornblende intakt blieb. Zum Unterschiede von dem säulenförmigen Epidot erscheint der derbe Pistazit parallel-, radial- oder verworrenstängelig, radial- und diskordantstrahlig, krumm- und ver- worrenfaserig als auch körnig, er kommt auf Klüften, Nestern und Adern der Gabbroschiefer und Amphibolite vor, in seinem Gefolge befindet sich der Epidot. 5. Prasinit!) (Grünschiefer 2). Durch fortschreitende Verdichtung des Kornes, insbesondere an den Rändern unseres Massivs, übergehen die Gabbroschiefer in feldspatige Prasinite (Grünschiefer), in denen die Gemengteile makroskopisch nieht mehr zu unterscheiden sind und mehr oder weniger dünnschieferig erscheinen. In diesen Prasiniten sind sowohl die Hornblendesäulen als auch die Plagioklaskörner ge- wöhnlich- zur Schieferungsebene parallel gequetscht und zeigen ausgezeichnete Parallelstruktur und Fältelung; die papierdünnen, lauchgrünen, hornblendereichen und weißen plagioklas- reichen Schieferlamellen wechseln in unendlicher Folge miteinander ab, die des Öfteren vielfach gekröseartige Windungen darbieten. — U. d. M. läßt ihre Hornblende prismatische Spaltbarkeit, öfters Absonderung nach der Basis, Axenfarben und Auslöschungsriehtung wie bei den Gabbroschiefern erkennen. sie ist an den Schieferungs- flächen in Aktinolith umgewandelt. — Der Feldspat besitzt feine Zwillingslamellierung, die auf sauren Charakter schließen läßt, er gehört nach der Auslöschung der Trace der Axenebene La zu den albitischen Zwillingslamellen = 80° in die Oligoklas-Andesin- reihe. Der Feldspat läßt jedoch häufig undulöse Auslöschung beobachten, weil stark gequetscht und verwittert; er ist oft zu Leisten von Epidot und in Muskovit umgewandelt. Die Menge desselben ist eroßen Schwankungen unterworfen; manche Varietäten sind arm daran und enthalten kaum 10%,, in anderen steigt sie bis etwa 50%. Akzessorisch ist Ilmenit in Körnern, Rutil in Blättchen und Nädelthen. 6. Untergeordnete Einschlußmassen und Mineralien des Gabbroschiefers. Bei fortgeschrittener Umwandlung und unter geeigneten Be- dingungen, erfolgt die Ersetzung des Plagioklases im Gabbroschiefer durch die Ausbildung zuckerkörniger bis dichter Aggregate von asch- grauem und weißem Zoisit. Derselbe ist radial- und büschelstengelig, !) Diese Benennung wird hier im Sinne Zamboninis angewendet, siehe dessen Abhandlung: Uber die metamorphosierten Gabbro der Rocca Bianca im Susatale. Neues Jahrb. f. M., G. u. P. 1906, 1I, pag. 115. 2) Siehe E. Weinschenk, Spezielle Gesteinskunde. II. Aufl. 1907, pag. 325. [51] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 103 auch gelblichgrün und schmutziggrün und hellrot, er kommt ferner als säulenförmige Kristalle erbsgelb und graulichweiß vor. Die rosenroten Varietäten davon wurden früher irrtümlich als Rhodonit beschrieben, bis F. Slavik den Nachweis erbrachte, daß es dichter Zoisit (Thulit) sei. (Marschendorf und Wermsdorf.) — Pyroxen derb, körnig, lauchgrün, als große Nester und Trümmer mit Drusen von Diopsid XX und Quarz XX sowie Aktinolith. (Oberhalb Pfarrerb-Zöptau im Hornblendegneis.) Massen von derbem körnigem PyroxeninNestern und Butzen, darin Diopsid in XX und derb; Malakolith derb, stengelig, oft in Talk übergehend, Apatit den Malakolith durchtrümmernd, hier auch dichter und blätteriger Spargelstein (Marschendorf). — Prehnit in XX, erbsgelb, in kamm- und linsenförmigen sowie knolligen und körnigen Aggregaten, als Leisten, Streifen und Schnüre ; solche sind häufig im Gabbroschiefer zu finden, so zum Beispiel Pfarrerb, Storchberg (Zöptau). Überhaupt ist Prehnitisierung und Zoi- sitisierung der Feldspate in den Schiefern eine häufig wiederkehrende Erscheinung. — Quarz derb und weiß, pyramidal-prismatisch, aber auch farb- los als Bergkristall zum Teil in gestörter Entwicklung mit oberen und unteren Trapezoidern. — Feldspate, und zwar Orthoklas gelblichweiß und fleischrot; Adular farblos, rosenrot, Albit und Periklin, farblos, bläulich- weiß, schneeweiß, letzterer porzellanähnlich, sind häufige akzessorische Einschlüsse oder sie sind in größeren Bestandmassen selbständig aus- geschieden. Nach Kolenati fieischroter Ortboklas in Drusen auf Akti- nolith (?) zu Marschendorf, die Kristalle 8 X 5 mm groß der Komb.- Form © £.Po. Weitere akzessorische Gemengteile der Gabbroschiefer sind: Apatit als farblose Körner, Rutil selten, insbesondere auf den Strukturflächen verteilte kleine, nadeiförmige, diamantglänzende, co- chenillrote XX; Kalzit derb und in XX; Pyrit in Hexaödern sowie Pseudomorphosen von Göthit nach letzteren, zum Teil noch mit erhaltenem speisgelbem Kern. Es sind bekannte Tatsachen, daß Pistazit, Pyroxen, Aktinolith und Chlorit größtenteils auf Kosten der Hornblende des Gabbhro- schiefers gebildet wurden, wobei überdies Kalzit und Quarz aus- geschieden sind; dagegen die basischen Plagioklase rück- sichtlich ihres Gehaltes an Na A! Si, O, zu Albit und Periklin um- kristallisierten, wobei auch etwas Adular und Orthoklas gebildet wurde,während ihr Anorthitgehalt = Ca Al, Si, O, sich in Zoisit, Epidot und Prehbnit umwandelte, wobei ebenfalls Quarz und Kalzit zur Ab- scheidung kamen. — | 7. Sekundäre Kluftausfüllungen des Gabbroschiefers. Auf diesen epigenetischen, gang- und nestförmigen Hohlraum- ausfüllangen kommen jene altbekannten herrlichen Mineralien von Zöptau und Umgebung vor, deren edle Steinpracht in vielen öffentlichen und pri- vaten Mineraliensammlungen Österreichs und Deutschlands unser Auge 104 Franz Kretschmer. [52] entzückt, demzufolge wiederholt der Gegenstand eingehender Unter- suchung und Beschreibung waren). Dieselben kommen in folgenden Assoziationen auf mannigfaltigen Längs-, Quer- und Diagonal- klüften und anderen unregelmäßig gestalteten Hohlräumen vor, und zwar am „Pfarrerb“ und „Viehbich“ sowie am „Richter- erb“ zu Zöptau: 1. Ausfüllung mit vorherrschenden Epidot-, Aibit- und Adu- larkristallen zu prächtigen Drusen und Gruppen verbunden, während rostbrauner Ton die restlichen Zwischenräume ausfüllt; akzessorisch sind : Titanit XX, Ilmenit, Bergkristall, Aktinolith, Tremolit und Asbest. 2. Klüfte, worin derber Prehnit eine Matrix bildet, in welcher jene prachtvollen Drusen und Gruppen bis 14 cm langer und 41/, cm dicker Epidotkristalle eingewachsen sind, dazwischen rostbrauner plastischer Ton aile Kristalle überdeckt; akzessorisch sind hier präch- tiger Apatit XX, Titanit XX und Asbest. (Pfarrerb.) 3. Jene Klüfte, an deren Wänden die Assoziation von vorwal- tendem Epidot nebst Adular aufgewachsen ist; daneben erscheinen akzessorisch kleine Albite und Perikline sowie Nester von Asbest und von durch Pistazit grüngefärbtem Quarz, während rostbrauner Ton und graublauer Sand den übrigen Kluftraum ausfüllt. Dieser Sand ist durch die darin zahlreich eingestreuten kleinen und großen losen Titanitkristalle ausgezeichnet. (Viehbich.) Der Gabbroschiefer, welcher unmittelbar die Klüfte begrenzt, ist teils in mehr oder weniger hohem Grade epidotisiert, teils 1) Wichtigere Literatur über die Mineralien von Zöptau und Umgebung: F. Kolenati: Mineralien Mährens und Osterr.-Schlesiens. Brünn 1854. J. Melion: Über die Mineralien Mährens und Österr.-Schlesiens. Mitt. d. k. k. Akad. Gesell. Brünn 1855. V.v. Zepharovich: Mineral. Lexikon (I. Bd. 1859, II. Bd. 1873, III. Bd. 1892). — Epidot von Zöptau (Sitzb. d. böhm. Gesellschaft der Wiss. in Prag 1865, 2, 5.) Oborny: Verh. d. naturforsch. Vereins. Brünn. II. u. III. Bd. 1864 u. 1865. H. Daubrawa: Zeitschr. f. d. gesamten Naturwiss. 1874, 9, 37. R. Freyn: Verh. d. naturf. Vereins. Brünn 1877, 252. G.v. Rath: Mineralien von Zöptau. Sitzb. d. niederrh. Gesell. in Bonn 1880, 37. Bd. 55 und Groths Zeitschrift f. Krist. u. Min. V. Bd. 18°0. F. Kretschmer: Die Mineralfundstätten von Zöptau. Tschermaks Min.-petr. Mitt. XIV. Bd. 1895. — Die Zeolithe am Fellberg nächst Zöptau. Zentralbl. f. Min., G. u. P. 1905, 609. F. Slavik: Über die roten Zoisite aus Mähren. Zentralbl. f. Min. Geo]. u. Paläon. 1901, pag. 689. — Chrysoberyll von Marschendorf. Zeitschr. f. Kristall. u. Min. 39. Bd. 1904, pag. 303. V. Neuwirth: Magnetit in Granit von Wiesenberge. Tschermaks Min.-petr. ‚Mitt. XX. Bd. 1901. — Über einige interessante Epidote von Zöptau. Ebendaselbst 22. Bd. 1903. -— Der Epidot von Zöptau. Zeitschr. d. mähr. Landesmuseums. III. Bd. 1903. — Der Albit von Zöptau. Ebendaselbst IV. Bd. 1904. — Die Zeolithe a. d. Amphibolitgebiet von Zöptau. Ebendaselbst V. Bd. 1905. — Die paragenetisch. Verhältn. d. Mineral. im Amphibolitgebiet von Zöptau. Eben- daselbst VI. Bd. 1906. — Beiträge zur Mineralogie Mährens. Evendaselbst VIII. Bd. 1908. F.Becke: Titanite vonZöptau. TschermaksMin.-petr. Mitt. XII. Bd. 1893, pag. 169. H. Graber: Der Diopsid und Apatit von Zöptau. Ebendaselbst XIV. Bd. 1895, pag. 265—269. [53] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 105 | in eine filzige Asbestmasse umgewandelt, worin noch viele Hornblendenadeln erhalten blieben, bei weiterschreitender Umwandlung zerfällt der Schiefer in einen graublauen Sand oder es entsteht ein rostbrauner Ton daraus, welche die leergebliebenen Klufträume vollends ausfüllen. Diese Zersetzung des Gabbroschiefers ist mit der Bildung der obigen Mineralien zweifellos ursächlich ver- knüpft. — 4. Am häufigsten sind jedoch jene Klüfte, an deren Wänden derber Pistazit und säuliger Epidot oder Prehnit in xx, Knollen und Linsen sowie Albit und Periklin für sich allein oder zusammen auf- und eingewachsen sind; zuweilen finden sich jedoch darinscharfe, vollständig beiderseits aus- sebildete Epidotkristalle in Nestern lose inne- liegend, was auf eine freischwebende Bildung in den Klufträumen hinweist (Pfarrerb, Zöptau, Marschendorf etc.). — Am Richtererb sind ungewöhnliche, tafelförmige Epidote zu fächerförmigen Aggregaten gruppiert. — In den Klüften der Gabbroschiefer am Ostabhang des Mattenberges bei Marschendorf wurden folgende sekundär ge- bildete Mineralassoziationen beobachtet: Außer flächenreichen säu- lenförmigen Epidot, welchen Neuwirth beschrieb, auch noch tafelförmigen bis blätterigen Epidot, ferner di- vergentstrahligen Pistazit, Klinazoisit derb und kri- stallisiert, Albit- und Periklindrusen, fleischroter Adular, Zoisit, Prehnit, Bergkristall, Ilmenit. — Häufig sind sesinterte und kavernöse Massen bestehend aus kristallinen Aggregaten von vorherrschendem weißgelbem Klinozoisit, gelblich- weißem faserigem Diopsid, Bergkristall, reichlich II- menit nebst Magnetit gefunden worden. — Von demselben Fund- ort ist noch bemerkenswert eine Assoziation strahligen Aktino- liths mit feinfaserigem Diopsid, an deren Strukturflächen langsäuliger Epidot auskristallisiert erschien. — Von besonderem Interesse sind die sekundären Neubildungen in den Klüften des Gabbroschiefers am Steinhübel nördlich Marschen- dorf, bemerkenswert durch das reichliche Vorkommen von Pyroxen, und zwar Diopsid derb und in Kristallen sowie stengeligen, faserigen, asbestähnlichen Aggregaten ; damit. assoziiert ist großsäuliger bis fein- strahliger Aktinolith, zeisiggelber Pistazit, derb und in Kristallen sowie in strahligen und büscheligen Partien, Epidot durchsichtig, in pistaziengrünen, langsäuligen Kristallen zu Drusen und Gruppen ver- bunden ; akzessorisch kommen hinzu Periklin weiß, porzellanähnlich in XX und derb, Adular in XX und derb, Bergkristall, Titanit in lanzettförmigen und briefkuvertähnlichen Kristallen, Rutil, Ilmenit. Eine ähnliche, wenn auch nicht so reichhaltige Assoziation sekundär gebildeter Mineralien der Gabbroschiefer ist schon seit langer Zeit auch von dem benachbarten Butterhübel bekannt. Die schönen Epidote dieses Fundortes, welche eine Länge bis 55 mm erreichen, hat schon früher Kolenati, später Neuwirth aus- führlich beschrieben. Jahrbuch d. K. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Band, 1. Heft. (Fr. Kretschmer.) 14 106 Franz Kretschmer. [54] Von diesen Marschendorfer Fundpunkten stammt wohl auch der von G. Tschermak!) abgebildete Periklin mit Adularansätzen, während Verf. von hier und Zöptau Adular mit Albitansätzen als auch Albit mit Adularansätzen sowie auch perthitische Verwachsungen beobachtet hat. Auf den zahlreichen untergeordneten Strukturflächen des Gabbro- schiefers wurden außerdem bisher folgende sekundäre Mineralien ge- funden: VonZeolithen:nach Kolenati, Desmin und Stilbit auf Aktinolithschiefer zu Marschendorf ohne nähere Fundortangabe. Verf. fand schneeweißen, garbenförmigen Desmin in Gruppen auf Horn- blendit des Steinhübels zu Marschendorf. Apophyllit und Heulandit konstatierte Neuwirth auf der Sylivanzeche zu Wermsdorf. Nach dem bisher nicht veröffentkchten Manuskript des Herrn Hans Wilschowitz (Wien) kommt Chabasit und Natrolith im Pfarrgraben bei Zöptau vor. 8. Die Erzmassen des Gabbroschiefers. a) Das Magnetitvorkommen auf der Sylvanzeche bei Sieben- hofen nächst Wermsdorf. Es sind das Eisenerzmassen, die als Glieder der Gabbroreihe aufzufassen sind und einen extremen Fall magmatischer Differentiation darstellen, der zur Bildung dieser kristallinen Konzentrationsprodukte führte, so daß die Eisenerzlager durch Übergänge mit dem umschließenden Nebengestein eruptiver Entstehung innig verbunden sind und dem- zufolge nur als Fazies derselben erscheinen. Die Erzmassen bilden linsenförmige Einlagerungen inmitten des Gabbroschiefers, sie sind im Zentrum massig und grobkörnig, nach der Peripherie schiefrig, feinkörnig und amphibolitisiert. Diese magnetitreiche Fazies des Hornblendegabbro, beziehungs- weise seines Gabbroschiefers ist in der Art ausgebildet, daß die Erzmasse gegen. die Schiefer hin sich stetiezu Amphibol und auch Plagioklas anreichert, dagegen die Gabbroschiefer nach den Erzmassen immer mehr Magnetit aufnehmen und schließlich als jene dunkle Erzmasse erscheinen, in deren zentralem Teile der Plagioklas fast gänzlich fehlt, dagegen in dem peripherischen allmählich reichlicher wird. Merkwürdig ist, daß an dem Wermsdorfer Magnetit die sonst so häufigen Kristalle fehlen, es sind nur unregelmäßige Körner, auch blätterige und dichte Aggregate sichtbar; der Bruch ist kleinmuschelig, auf den Bruchflächen starker Metallglanz, sonst nur von schwachem oder mattem Glanze; häufig bunt angelaufen, mehr oder weniger stark magnetisch. Der Magnetit übergeht da und dort in mattbraunen Titanomagnetit; derselbe ist fast niemals rein, sondern zumeist mit den Übergemengteilen: Schwarzer Horn- blende, graugrünem Aktinolith, schwarzgrünem, großschuppigem Kliaochlor, etwas wachsgelbem Talk sowie spärlichem Plagio- klas innig verwachsen; akzessorisch ist Pyrit zum Teil limonitisiert, !) Lehrb. d. Min. 1905, pag. 538. [55] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 107 Ilmenit und Rutil. Es erscheint also das eisenschwarze Erz größten- teils als ein ungleichmäßiges Gemenge angeführter Komponenten. In den äußeren Teilen der Erzlagerstätten reichert sich zwillingsstreifiger Plagioklas an, es kommt femer Quarz dazu; gleichwie die Hornblende sukzessive an Menge zunimmt, erscheint auch der Aktinolith und Klinochlor reichlicher vertreten; zuweilen ist auch der Pyrit stärker eingestreut. Die schwarze Hornblende ist eisenreich und wird daher leicht zu Eisenamphibol und Eisen- chlorit gespalten. Die Erze übergehen zum Teil in grobkörnige Horn- blendite, die sich als ein inniges verworrenes Gemenge schwarzer prismatischer Hornblende und graugrüner faseriger Aktinolith- aggregate darstellen, Bezüglich der Nebengesteine ist hervorzuheben, daß der die Erzmassen umschließende Gabbroschiefer als Ubergemengteile Aktinolith, Klinochlor, etwas Talk, wenig Quarz, akzessorisch Pyrit führt, da und dort erscheint spärlich Biotit mit Hornblende ver- wachsen. Sekundär auf Klüften findet sichQuarz, Kalzit. DieGabbroschiefer stehen mit grobkörnigenGabbroamphiboliten inschlieren- förmiger Wechsellagerung; sie sind ferner in Verbindung mit einem sehr feinkörnigen Hornblendegabbro, bestehend aus vor- waltender, wirr gelagerter Hornblende nebstAktinolith, mit etwas Augit und reichlichem Plagioklas innig gemengt, als Hauptgemeng- teile anderseits sind Zusammenhänge mit großindividuali- siertem Hornblendit zu konstatieren, worin die anden Polen aktinolithisierten Hornblendeprismen bis Daumengröße erreichen und ein Teil der Hornblende bereits gänzlich in Aktinolith um- sewandelt ist, dagegen der Plagioklas fast ganz fehlt. Nach Kolenati kommen im „Sylvanschacht“ bei Wermsdorf 3, Linien große Würfel von Pyrit mit Magnetit und Hornblende vor, derselbe ist auch derb vertreten. Die alten Bergleute berichteten jedoch über wallnußgroße Pyritkristalle daselbst. Tatsächlich sind nicht bloß die Erze, sondern auch die umschließenden Gabbroschiefer der Sylvanzeche mehr oder weniger mit goldgelbem Pyrit imprägniert, derb, blätterig, zumeist aber in Kristallen, und zwar als © Oo (100) vorwaltend, os ao Kal, See (210); Riefung parallel den abwechselnden Kanten © O » (100); Kristallskelette mit vertieften Flächen, aber auch das Gegenteil mit Voraneilen in der Mitte, also lamellierte, treppenförmig überhöhte Flächen. Die Kristalle sind 1 bis 5 mm groß, im Magnetit und Quarz eingewachsen, ferner als Umhüllungs-Pseudomorphosen des letzteren, da und dort in Göthit umgewandelt. Auf der Halde des „neuen“ Annastollens wurden an den mit Pyrit imprägnierten Erzstufen als Zersetzungsprodukte derselben gefunden: Gips in zahlreichen aufgewachsenen Kristallen, Beschläge von Eisenvitriol und Limonit. — Besonders zu bemerken sind die im Gabbroschiefer der Sylvanzeche vorkommenden schönen Zeolithe, und zwar rosenroter Apophyllit, kristallisiert, mit grünlichweißen 14* 108 Franz Kretschmer. [56] Heulanditkristallen assoziiert, welche Neuwirth!) entdeckt und wiederholt beschrieben hat. Hinsichtlich ihrer Abbauwürdigkeit ist zu bemerken, daß die Sylvanzecher Erzmassen vielfachen Störungen unterworfen sind, ihre Mächtigkeit schwankt von 0'3 bis 2:3 m, doch kommen auch anhaltende Mächtigkeiten von 19 bis 38 m vor; das Streichen der Erze ist nicht konform dem allgemeinen Gebirgsstreichen, sondern davon abweichend WSW—ONO; das Verflächen erfolgt unter X 471159, ist aber entgegen dem herrschenden nordwestlichen Einfallen gegen SSO, demzufolge hier eine Spezialantiklinale der Gabbroschiefer vor- liegt, was auch durch die Beobachtungen an den obertägigen Fels- anständen im Bergbauterrain bestätigt wird. Das auf der Sylvanzeche einbrechende stufige Magneteisenerz enthält nach der diesfälligen Analyse des Chemikers Preisenhammer am Hochofenwerk zu Zöptau 58°/, metallisches Eisen. Auf das gedachte Erzvorkommen haben die Zöptauer Eisen- werke der Herren Gebrüder Klein (Wien) in den Jahren 1842 bis 1862 einen lebhaften und ergiebigen Bergbau betrieben. Zum Aufschlusse diente anfänglich der hoch am Gehänge des sogenannten Zechenberges angeschlagene Paulistollen, dem später der „alte“ Anna- stollen nachgefolgt war, worauf zuletzt der tiefere „neue* Anna- stollen auf die Länge von 444 m herangetrieben wurde; dieser hatte auf dem alten Annaschacht 31 m, am Wetterschacht 361 m an senkrechter Tiefe eingebracht. Von der obigen Stollenlänge ent- fallen auf abbauwürdige Erzmassen ungefähr 209 m, der Rest auf ver- drückte und schwache Lagerpartien. Die Erze hat man im Zöptauer Hochofen verschmolzen. Nachdem die Erzmassen unter die Annastollen- sohle hinabsetzen, bestand die Absicht, diese mit einem tieferen Bauhorizont zu fassen und zu diesem Zwecke einen Tiefstollen aus dem Brillgraben heranzutreiben. Die schwere Gewinnbarkeit sowie die sinkende Ergiebigkeit dieser Erzmassen brachten es mit sich, daß dieser Bergbaubetrieb seinerzeit zur Einstellung kam. db) An dem nördlichen Gehänge des gewaltigen Erzberges, dort, wo derselbe gegen Siebenhöfen abfällt, vom letzteren Orte 0:5 km entfernt, wurde im sogenannten Salzgraben eine ähnliche, aus Magnetit und eisenreicher Hornblende bestehende mag- matische Erzausscheidung des Gabbroschiefers erschürft, jedoch nicht weiter untersucht und abgebaut. — c) G. Trautenberger?) berichtet über ein Vorkommen von Kupferkies, Malachit und Stilpnosiderit „in einem quarz- ähnlichen (?) Gestein“ am Storchberg bei Zöptau. Es ist nicht ausgeschlossen, daß diese Erze einem Quarzgang jenes Gabbro- schiefers angehören, der den Scheitel des Storchberges zusammensetzt. !) Tschermaks Min.-petr. Mitt, Bd. XIX, pag. 336—338, hier heißt es, daß die Zeolithe auf „Hornblendeschiefer“ vorkommen. Zeitschr. d. mähr. Landes- museums V, 2. Heft 1905, pag. 8, wären sie auf „Aktinolithschiefer“ aufgewachsen ? Ebendaselbst VI, 1906, pag. 132 kämen dieselben auf „Hornblendeschiefer“, pag. 151 aber auf „Amphibolit“ vor? ?) Das Teßtal in Mähren. Mährisch-Schönberg 1893, pag. 10. [157] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 109 Am östlichen Scheitelgehänge des dem Storchberg benachbarten, in das Mertatal vorgeschobenen Hofsteins fand Verf. prächtigen, strahligen bis faserigen, blutroten Hämatit in Trümmern umher- liegend, der wahrscheinlich in dem dortigen Amphibolit anstehen dürfte, die Fundstelle konnte jedoch ohne einen Schurfversuch nicht fest- gestellt werden. Die Annahme, daß der Hämatit durch Zufall dahin geraten wäre, ist wohl sehr unwahrscheinlich. Auch G. Trauten- berger!) beschreibt „Roteisensteine bei Zöptau und Wermsdorf“. — 9. Kontaktmetamorphose im Gabbro. Endomorphe Kontaktgebilde. In der peripherischen Gabbrozone des Zöptauer Diorit-Gabbro- massivs ist zu beobachten, daß an deren Außenrand im Kontakt mit der Schieferhülle die Gabbrogesteine ringsum fast überall ganz allmählich in feinkristallige Gabbroschiefer, zum Teil auch in dichte Prasinite übergehen. Dieselbe Erscheinung kann man auch an den in das Gabbromassiv versenkten sedimentären Schieferschollen zum Teil an den basischen Ganggesteinen verfolgen; auch hier werden die Gabbroschiefer gegen ihre Nebengesteinschale stetig fein- körniger und dichter. Es sind die an der Berührungsfläche schneller abgekühlten, deshalb dichten und feinkörnigen äußeren Teile unseres Diorit-Gabbromassivs und müssen wir in dieser an dessen Außenrand selten fehlenden Strukturänderung das wichtigste Kortaktphänomen erblicken. Das allmählich abkühlende Magma folgte damit den einfachsten Erstarrungsgesetzen, was am Umfange zu dichten und feinkörnigen, gegen das Zentrum sukzessive grobkörnigen Strukturen notwendigerweise führen mußte. In dieser peripher fortschreitenden Verdichtung des erstarrenden Magmas liegt das sicherste Kriterium für die hier vertretene Anschauung von den stratigraphischen Ver- hältnissen, deren geologischem Bau und der eruptiven Entstehungsart des metamorphen Diorit-Gabbrogewölbes. EndogeneKontaktgebilde des Gabbro wurden insbesondere an der Südwestflanke des Massiv, und zwar am Rechtsgehänge des Krebsgrundes im Petersdorfer Traußnitz, festgestellt. Speziell in den Hammerbüscheln und nächst der Margaretenquelle sind — wie bereits oben auseinandergesetzt — Apophysen des Gabbro in der Richtung SSW in die kontaktmetamorphischen Glimmerschiefer hineingepreßt worden. Hierbei haben die peripherischen Gabbroamphibolite auffällige mineralische und strukturelle Ver- änderungen erlitten, und zwar sind im letzteren Gestein selbst folgende Kontaktbildungen entstanden: Gemenge von vorwaltendem Klinozoisit mit Diopsid und dessen Asbest, Granat (Hes- sonit), Quarz (Bergkristall) und reichlich schwarzockriger Ilmenit mit Leukoxen, akzessorisch ist trübweißer Periklin. Der farblose Klin o- zoisit ist häufig zu Drusen flächenreicher Kristalle verbunden, von teils säulenförmigem, teils tafelförmigem Habitus, herrschend scheint die !) Ebendaselbst pag. 9. 110 Franz Kretschmer. [58] Komb.-Form mit & P& (100).oP (001). P» (101). 1, P& (102) in der orthodiagonalen Zone und mit P (111). P«& (011) in der Klino- diagonalen Zone, häufig Zwillinge nach oPw.(100). Der Diopsid zeigt starken Perlmutterglanz und wird feinfaserig, asbestähnlich. Der Granat ist ein Kalktongranat, und zwar Hessonit orangegelb durch- sichtig, zumeist nur Körner, zuweilen jedoch auch © O0 (110) aus- bildend. — Außerdem hat man hier konstatiert innige Gemenge von körnigem und kristallisierttem Pistazit, breit stengeligem und faserigemDiopsid und wasserhellem Quarz und Ilmenit, akzessorisch sind Überreste von Kalknatronfeldspat; hier und dort kommt es zur Ausbildung pistaziengrüner Epidotsäulen, die mitunter flächenreich, entweder einzeln aufgewachsen oder in Drusen beisammen sitzen. — Ein anderes typisches Kontaktgestein besteht aus einem Gemenge von vorwaltendem Granat (Hessonit) und Quarz, Pistazit und Klinozoisit nebst reichlichem Ilmenit mit seinem Umwandlungsprodukt, dem Leukoxen; der letztere bildet gelblichweiße, feinfaserige Umrandungen; lokal ist der Ilmenit derart gehäuft, daß das Gestein damit völlig gespickt erscheint. —- In anderen Handstücken derselben Kontaktzone in den Hammer- büscheln und am Laßhübel konnte im Gabbrogestein karmoisinroter Kalkeisengranat (Almandin) und gemeiner Granat, ferner in den Plagioklasen Neubildung von Augit und Muskovit festgestellt werden; ferner hat man daselbst im Kontakt mit dem Quarzit eine lokale An- reicherung der Gabbrogesteine mit glasigem Quarz als auch mit den Erzen Magnetit und Ilmenit und den Umwandlungsprodukten Leukoxen und Limonit beobachtet. Da und dort wurde der früher anwesende Pyrit mit Rücklassung hexaödrischer Zellen zu Limonit- ocker verwittert. — In den vorstehenden Kontaktbildungen ist zu erkennen die allge- meine Epidotisierung und Zoisitisierung der basischen Plagioklase in den Gabbrogesteinen, ferner die Umwandlung der- selben zu körnigem Kalktongranat (Hessonit), welche Gesteine zu den Kalksilikatfelsen zu rechnen sind; ferner die reichliche Diopsidbildung und die an den Kontakt gebundene Anreicherung von Maenetit, Ilmenit und Quarz. Von besonderem Interesse sind die Kontaktgebilde im Gabbro- schiefer am Quarzit und Glimmerschiefer des Kupferberges dicht westlich der Wermsdorfer Mühle. Der Gabbroschiefer zeigt mancherlei Neubildungen, und zwar: Ein auffällig großer Teil der Horn- blende ist in Aktinolith umgewandelt; in den Plagioklasen öffnen sieh miarolithische Räume, an deren Wänden sich zahlreiche leistenförmige Plagioklaskristalle angesiedelt haben. In den Asgregaten der letzteren sitzen zahlreiche farblose oder rosenrot angehauchte Granate, zumeist der Form » OÖ (110); auch findet sich Quarz und reichlich Magnetit-Oktaöder; Rutil in zahlreichen fuchs- und rubinroten, wirrgelagerten Nadeln und auch Körnern, Ilmenit in Körnern und Überrindungen, die zum Teil limonitisiert, Titanitkörner gebildet unter wechselseitiger Einwirkung von Ilmenit und Plagioklas. Durch Aufnahme von Eisenoxyd aus dem [59] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. {11 L) Ilmenit färbt sich die sonst schwarzgrüne Hornblende sowie auch die farblosen und trübweißen Plagioklase braun und rot. Überdies ist dieses rotbraune Kontaktgestein durch starken Fettglanz auffällig. — In den grobkörnigenAmphiboliten macht sich die endogene Kontakt- metamorphose unmittelbar an der Berührungsstelle mit dem Quarzit des Kupferberges in einer Umkristallisierung der kalk- und eisen- reichen Hornblende zu körnigem, blätterigem und säulenförmigem, pistaziengrünem Epidot und gleichzeitiger, reichlicher Abscheidung von Bergkristall geltend. Unter diesen Verhältnissen erscheinen beide Mineralien als Kontaktprodukte. Solche Epidotisierung der Horn- blende ist auch weiterhin vom Kontakt wahrzunehmen, gleichzeitig nimmt darin die Azidität der Feldspate zu, die Plagioklase kristallisieren zu Periklin und Albit um, es kommt Orthoklas dazu, und zwar häufig als rosenroter Adular in scharfen Kristallen der Form © P. Po; außerdem ist da und dort neugebildeter Augit zu unterscheiden. — Die schönen exomorphen Kontaktgebilde des Gabbro am Glimmer- schiefer und Quarzit sollen in dem weiter unten folgenden Abschnitt „Schieferhülle“ im Zusammenhange mit den Gesteinen derselben aus- führlich besprochen werden. — Rückblick auf die periphere Gabbrozone. Wenn man rückblickend nochmals die Reihe der Gabbrogesteine auf unserem Dioritkern betrachtet, so liegt hier der alte geologische Erfahrungssatz neuerlich bestätigt vor, daß ein zentraler Dioritgneis- kern von einem Mantel grobkörniger, massiger Hornblendegabbros, mannigfaltiger körniger und plattiger Gabbroamphibolite, feinkörniger und schieferiger Gabbroschiefer und endlich dichter und feinschieferiger Prasinite eingehüllt wird. Diese Gesteine sind in der Regel durch teils rasche, aber auch allmähliche Übergänge auf kürzere, beziehungs- weise weitere Entfernung miteinander eng verknüpft. Hornblende- sabbro sowohl wie die Gabbroamphibolite und Gabbroschiefer bilden ein in geologischer Beziehung zusammengehöriges Ganzes, sowohl nach ihrem mineralischen und strukturellen Bestande sowie den Lagerungsverhältnissen. Die richtungslos grobkörnige, gabbroide, in den zentralen Teilen porphyrähnliche Struktur, die noch in den massigen Abänderungen erhalten ist, erscheint in den plattigen und grobschieferigen bereits verwischt und macht der granoblastischen Platz, mit Neigung zur Entwicklung porphyroblastischer Struktur. Flaserige Strukturen sind in unseren Gabbrogesteinen nur selten zu beobachten, dagegen wird dieselbe zur allgemeinen Erscheinung in den mit ihnen verbundenen Diorit-, beziehungsweise Gabbrogneisen. Je weniger Schieferung und Bänderung ausgeprägt ist, desto besser ist die alte Gabbrostruktur noch erhalten. Die Gabbrogesteine sind durchweg durch ihren stark melano- kraten Charakter sowie durch ihren basischeren Feldspat vom Diorit unterschieden ; ein weiterer Unterschied macht sich in der Bänderung der Gabbroamphibolite geltend, die auf eine primäre Fluidalerscheinung 112 Franz Kretschmer. [60] hinweist. U. d. M. offenbart sich die Verwandtschaft aller obiger Gabbrovarietäten von den massigen Hornblendegabbros, den plattigen Gabbroamphiboliten bis zu den Gabbroschiefern und Prasiniten. Unter- schiede machen sich besonders in der Weise geltend, daß die Menge der Plagioklase von den grobkörnigen zu den dichten Typen in stetiger Abnahme begriffen ist. Die dichten Prasinite und feinkör- nigen Gabbroschiefer repräsentieren lediglich die an der Peripherie des Lakkolithes rascher abgekühlten und durch mechanische Druckkräfte stärker beein- flußten Gesteinsmassen, die einem durch die ganze große Masse gleichmäßig zusammengesetzten Magma ihre Entstehung ver- danken. Die schwarzgrüne und blaugrüne Hornblende ist in den Zöp- tauer Gabbrogesteinen weitaus vorherrschend, braune Hornblende ist lediglich auf gewisse Kontaktzonen beschränkt. Die Intensität des Pleochroismus sowie die Stärke der Doppelbrechung weisen auf iso- morphe Mischungen von Hornblende mit Aktinolith hin sowie die blaugrünen Varietäten auf die Anwesenheit von Glaukophan- molekülen schließen lassen. — Unsere Hornblende ist wohl zum größten Teil eine magmatische, jedoch deuten die Einschlüsse von Diopsid innerhalb der Hornblende zum Teil auf ein zuerst ausgeschiedenes Glied der Pyroxenreihe. Dagegen sind Umbildungen des Hornblendit zu Uralit, Aktinolith und Smaragdit erst nach der Erstarrung des Gesteins, also sekundär, erfolgt und kann man solche meta- morphe Hornblende deutlich unterscheiden von der während der Erstarrung gebildeten. — Uralitische Hornblende ist übrigens in unseren Gabbrogesteinen selten vertreten, Verf. fand solche in den Gabbroschiefern und Hornblenditen der Sylvanzeche bei Wermsdorf, dagegen sind aktinolithische, tremolitische und smaragditähnliche Ab- änderungen allverbreitet. Wie wir oben gesehen haben, kommt die herrschende schwarzgrüne Hornblende in den drei Aggregationsformen als kompakte, blätterige und sogenannte schilfige Hornblende vor. Diese Aggregate zeigen überall an den Rändern strahlen- förmige Fortwachsungen von stengeligem, nadeligem bis faserigem Aktinolith, Smaragditund Tremolit gegen die basischen Feldspate hin. Die größeren, säulenförmigen Hornblende- individuen sind gewöhnlich an den Enden der Vertikalaxe zackig und und faserig und dann wie gebrochen aussehend. Es ist kein plausibler Grund zu der Annahme vorhanden, daß die schilfige (richtiger säulige) Hornblende keine primäre wäre, vielmehr von Augiten abstammen würde. — Die Plagioklase sind fast ausschließlich von basischem Charakter und gehören zur Labradorit- und Bytownitreihe, sie sind gewöhnlich frisch erhalten und als sehr ungleichgroße Körner, zu- weilen in tafeligen Individuen ausgebildet, an denen breite Zwillings- lamellierung sichtbar ist. — Die Reihenfolge der obigen Mineralausscheidungen hat sich so gestaltet, daß vielfach Phasenüberdeckung stattgefunden hat, wofür die Plagioklaseinschlüsse in den Hornblenden Zeugnis ablegen, die sich bis zur Ausbildung von Siebstruktur anhäufen, was jedoch die idiomorphe Gestaltung der Hornblende gegenüber dem Plagioklas [61] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 113 nicht aufhebt, welch letzterer, zu Aggregaten vereinigt, die Zwischen- räume der Hornblendeaggresate ausfüllt.. Anderseits bemerkt man häufig kleinste Hornblendeindividuen in den ‚Plagioklasaggregaten porphyroblastisch ausgeschieden. — N Aus der umstehenden Tabelle ist zu entnehmen die Übersicht der chemischen Verhältnisse der obigen Diorit- und Gabbrogesteine, hieran schließen sich die berechneten Molekularprozente und die Gruppenwerte nach Osann, worauf die Diskussion der Analysenresultate folgt. Der Dioritgneis enthält somit einen Durchschnitts-Plagioklas von der Zusammensetzung Ab, An;, ist also einsaurer Labradorit, zu dessen Bildung 38:90 SiO, nötig sind, es verbleibt dann noch ein Kieselsäurerest von 13'870/,, dagegen ist #= 2369; jener würde daher nur unter der Annahme, daß ein namhafter Teil von FeO und MnO als Erz vorhanden ist, zur Bildung von Metasilikaten der Amphibol-, resp. ‚Pyroxengruppe hinreichen. Gleichzeitig ergibt sich daraus die Unmög- lichkeit, daß freier Quarz ausgeschieden werden konnte. | Als Durchschnitts-Plagioklas des Gabbro ergibt sich Ab, An;, also ein basischer Labradorit, an den 28:20°%, SiO, gebunden sind. Gleichzeitig steigt die Menge der dunklen Gemengteile = 31:89, so daß wenn wir alles FeO und MnO als Erz annehmen, der Kiesel- erderest von 20'62°/, nicht zur Bildung der Metasilikate der Horn- blende hinreicht, was auf die Anwesenheit von ÖOrthosilikaten hin- weist, Auch hier war die Bildung freier Kieselerde als Quarz aus- geschlossen. Im Gabbroamphibolit ist die Menge der Feldspate sowie die der dunklen Gemengteile nahezu gleich geblieben. Der Durchschnitts- Plagioklas hat die Zusammensetzung Ab, An,, also einsaurer Labra- dorit. An Feldspat sind gebunden 35'50 8i0,, daher der Rest nur 17:13°/, beträgt, so daB selbst bei Annahme des ganzen FeO und MnO alz Erz nicht alle dunklen Gemengteile Metasilikate sein können. Wahrscheinlich sind basische, alkalihaltige, tonerdereiche Ampbibol- moleküle darin versteckt. Der Gabbroschiefer enthält einen Durchschnitts-Plagioklas von der Zusammensetzung =Ab,An,, demzufolge ein saurer Byto- wnit. Während die Menge der Felidspate stark gesunken ist, haben die dunklen Gemensteile eine Vermehrung erfahren. Zur Feldspat- bildung benötigen 20°45%, 8i0,, während der Rest = 24'36%), beträgt, was auch in diesem Falle für die Metasilikate der Amphibolgruppe nicht hinreicht und auf die Gegenwart von Orthosilikaten schließen läßt. UÜberblickt man die Reihe der chemischen Analysen sub I—IV, so zeigt sich, daß mit dem Steigen der Kieselsäure der Gehalt an Sequi- oxyden und Alkalien höher wird, während Kalkerde und Magnesia sinken. Aus den obigen Projektionswerten resultiert ferner, daß die Kiesel- säure bei steigendem a und c sowie bei abnehmendem / gleichzeitig wächst. Der Alkalireichtum ist im Dioritgneis am größten, nimmt in den Gabbrogesteinen sukzessive ab und erreicht im Gabbroschiefer das Minimum. Berechnet man nach Maßgabe obiger Gruppenwerte die einzelnen Mineralien, welche sich an der Zusammensetzung unserer Gesteine beteiligen, so ergibt sich, daß die Summe der Alkali- und Kalkfeld- Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Band, 1. Heft. (Fr. Kretschmer.) ]5 114 Franz Kretschmer. Tabellarische Übersicht der chemischen Verhältnisse obiger Gesteine. [62] Diorit- I gneis 11 Hornblende- Gabbro- Gabbro von Petersdorf Kieselsäure (Si0,) Titansäure (TiO,) Tonerde (Al,0,) . . Chromoxyd (Cr, 0,) .. Eisenoxyd (Fe,0,) . Eisenoxydul (FeO0) . Manganoxydul (MnO). Magnesia (Mg90) . Kalkerde (CaO) Glühverlust (H,O) Phosphorsäure (P,0,) . Summe . Kieselsäure Tonerde Eisenoxydul . Manganoxydul . Magnesia . . Kalkerde Natron und Kali. Phosphorsäure . Summe . YO m Natron und Kali (NaK),O. III IV Gabbro- Amphibolit | schiefer von Zöptau 4. Gewichtsprozente 48:60 46°80 48:05 44:35 Spur Spur Spur Spur 18:07 15°52 1495 13:42 Spur Spur Spur Spur 4-11 2:10 4:39 5:00 ma 8:44 883 6:10 2:18 118 1'52 2:04 534 9:50 148 13:28 9:12 12°94 10:40 13:90 4:16 2:48 373 1:15 0:47 074 0:50 053 062 0:30 0:15 0:23 100:00 100'00 100'00 100'00 B. Molekalarprozente BETT] 48:82 5063 | 4482 11:63 9:58 9:35 8:03 10:05 9:03 11:29 8:99 2:01 1:01 1.37 175 8:67 14 59 11:78 20:07 10.68 14'55 11'82 15'14 391 2:26 ax! 1-10 0:28 0:13 0:07 0:10 1000) 10000 100:00 100°00 C. Gruppenwerte nach Osann 52:77 48'82 | 50:63 44:82 391 226 321 1:10 772 1:3% 5:62 6:93 23:69 31:89 30:64 39:02 D. Projektionswerte nach Osann 22 10 1'85 0:46 4:4 3°5 2:8 2:95 134 15'3 153 16'6 [63] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 115 spate vom Dioritgneis bis zum Gabbroschiefer sukzessive von 62%, auf 350/, abnimmt und daß diese gleichzeitig durch Abnahme der Alkali- feldspate von 31°/, auf 9°/, dahin stetig basischer werden ; inumgekehrter Folge sind dagegen die dunklen Metasilikate der Amphibole untergeordnet, Pyroxene von 28°/, im Dioritgneis bis 49°/, im Gabbroschiefer in Zunahme begriffen, während sich die Menge der Erze mit 10°/, nahezu gleich bleibt. Nach Maßgabe der obigen Gruppen- und Projektionswerte ist der Plagioklas im Dioritgneis saurer Labradorit, in den Gabbrogesteinen ist es basischer Labradorit und saurer Bytownit. Diese Resultate stimmen mit den obenangeführten Ergebnissen der mikroskopisch- optischen Untersuchung, welche nach verschiedenen Methoden aus- geführt wurde, wohl bezüglich der Gabbrogesteine annäherungsweise überein, dagegen besteht bezüglich des Dioritgneises eine bisher un- aufgeklärte Differenz. Im Allgemeinen geben die chemischen Be- stimmungen basischere Feldspate, als dies bei den optischen Unter- suchungen der Fall war, welche in der Regel saurere Mischungs- verhältnisse ergaben. — Am Schlusse der beiden Kapitel über die Dioritgneise und Gabbro- gesteine erübrigt mir, Herrn Prof. Dr. Friedrich Becke (Wien) für die Güte herzlichsten Dank auszudrücken, womit er einige der aus der Umgebung von Zöptau vorgelegten Gesteine der mikroskopisch- optischen Untersuchung unterworfen hatte und mir dadurch auch bei vorliegender Arbeit, wie bei manchen früheren Arbeiten, seine lehr- reiche Unterstützung geliehen hat. — Ferner gilt dieser Dank Herrn Prof. Dr. Anton Pelikan (Prag) für die gütige Zustimmung, daß einige der aus der Umgebung von Marschendorf vorgelegten Gesteine an dem mineral.-petrogr. Universitätsinstitut durch die Herren Dr. J. Gareis und A. Scheit mikroskopisch-optisch untersucht werden konnten, für welche Mühewaltung auch diesen Herren herzlichst gedankt sei. IV. Ultrabasische Fazies der Gabbroreihe. Die Topfsteinstöcke und deren Schalen. Am Saume der peripherischen Gabbrozone, beziehungsweise an dem Südost- bis Nordostflügel unseres Diorit-Gabbromassivs sieht man zahlreiche Topfsteinstöcke in sporadischer Verteilung, welche auch schon früher die Aufmerksamkeit seitens der Geologen in erhöhtem Maße auf sich lenkten. An der östlichen und nordöstlichen Sattelflanke folgen sich, meist durch Steinbrüche aufgeschlossen, die Topfsteinvor- kommen am Storchberg nördlich Zöptau, am Hausberg dicht hinter dem Hegerhause im Sensenzipfel (Wermsdorf); im oberen Mertatal die Topfsteinlinse auf der vorderen Hüttellehne, oberhalb den letzten Häusern des Sensenzipfel (beim Wildzaun) und endlich die großen Topfsteinmassen oberhalb der großen „Dämme‘, welche an der Einmündung des Steinseifenbaches in den Mertabach angebracht ist. Die kleinen Topfsteinstöcke, und zwar im oberen Grundbachgraben zwischen Siebenhöfen und Schwagersdorf sowie 15% 116 Franz Kretschmer. [164] am Kupferberg westlich Wermsdorf, befinden sich näher der nord- westlichen Sattelflanke unserer. peripheren Gabbrozone. Alle diese Topfsteinstöcke haben eine sphäroidische Form, deren längere Axe parallel dem allgemeinen Streichen nach NO ge- streckt ist, dagegen das Einfallen durchweg sehr steil NW fast am. Kopf stehend erscheint; sie sind ausnahmslos von eimer inneren.,aus Talkschiefer wnd. einer.Väußeren "aus Chloritschiefer bestehenden Schale rings: umgeben. Nachdem das Topfsteinvorkommen des Storchberges durch einen langjährigen Steinbruchbetrieb der Zöptauer und Stefanauer Bergbau- und Eisenhütten-Aktiengesellschaft näher bekannt geworden ist, welchen Verf. durch 14 Jahre geleitet hat, ist er in der Lage, von dessen geologischen Verhältnissen ein vollständiges Bild zu entwerfen, woraus man das Verhalten der übrigen weniger aufgeschlossenen Vorkommnisse erkennen kann. A. Topfsteinbruch am Storchberg, NNO der Zöptauer Kirche. Hier wurden seither zwei Topfsteinstöcke bis zur Sohle des Stollens abgebaut, den man zum besseren Aufschluß am Steilge- hänge herangeführt hat. Des großen Stockes lange Axe ist (am Tage gemessen) 45 m, die kurze Axe 8—10 m, dieser wird im Liegenden von einem kleineren Stocke begleitet, dessen lange Axe mangels Aufschlusses nicht bekannt ist, dagegen die Mächtigkeit 3 bis 4 m be- trägt. Beide Stöcke werden im Hangenden und Liegenden von dem- selben dunklen Amphibolpyroxengneis umschlossen, wie er hiergegends vorkommt, der Schlieren von grobkörnigem Amphibolit enthält und weiterhin auch hier in Gabbroschiefer übergeht, welch letzterer plumpe Linsen, Stöcke und Kugeln von Hornblendit umschließt. Der Gneis jedoch ist vom Kopf seiner Bänke hinab tief in das Felsinnere zu rostgelben und erdgrauen, teilweise lehmigen und sandigen Massen zersetzt, die sich nur noch zur Not als quarzführender Biotitplagioklasgneis erkennen lassen, während der ursprüngliche Mineralbestand bloß an: wenigen intakt gebliebenen Gesteinspartien festgestellt werden konnte. Im Liegenden, dieht unter der Chloritschieferschale, werden die Topfsteinstöcke von einem un- gefähr 10 m mächtigen Gang von Muskovit- und Pyroxen- pegmatit begleitet. Ostlicher- und westlicherseits, unmittelbar an den Topfsteinstöcken, beziehungsweise ihrer Schalen sind die Gneis- bänke steil aufgestellt oder fast aufgestülpt, eine Schichten- stellung, die nur durch das ultrabasische Eruptivgestein bewirkt werden konnte. Von diesen Lagerungsverhältnissen und der kon- zentrischen Schalenstruktur gibt nachstehende Fig. 1 ein zutreffendes Bild, das der Verf, während des seinerzeitigen Betriebes naturgetreu entwarf, denn heute ist der Steinbruch verfallen und von den früheren Aufschlüssen nichts mehr zu sehen. Beide Topfsteinstöcke gewähren ein selten instruktives Beispiel von Schalenstruktur im Großen, und zwar besteht ihr vor- waltender Kern aus einer graumelierten, grobkörnigen sowie grob- blätterigen Topfsteinmasse, die stets massig, teils grobklotzig und | = [65] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 117 diekbankig struiert erscheint und an ihrer Peripherie rings umher in Talkschiefer übergeht. Auf diesen letzteren legt sich eine schwache und lückenhafte Schale von großindividualisiertem Strahlstein (Aktinolith), dagegen die äußere Schale von Chloritschiefer ge- bildet wird, ungefähr 0°5 bis 20 m stark ist, nirgends fehlt und durch ein Salband oder den erwähnten Pegmatitgang vom Neben- gestein getrennt erscheint. Die Topfsteinmasse ist so weich und mild, daß sie sich mit dem Messer und der Handsäge schneiden läßt und besteht makroskopisch aus feinschuppigem, elastisch biegsamem Talk, dagegen lauchgrüner grobschuppiger Chlorit, der nach seinem optischen Fig. 1. Toristeinst. I zZ ve Sruchsohle 2 Querprofi durch den Topfsteinbruch am Storchberg bei Zöptau. 1 Topfstein. — 2 Talkschiefer. — 3 Strahlstein unten, Chloritschiefer oben. — 4 Plagioklaspegmatit. — 5 Gabbroamphibolit. — 6 Biotitplagioklasgneis. Verhalten zum Klinochlor gehört, nur akzessorisch auftritt. Darin finden sich als Übergemengteile: Rhomboedrischer Dolomit (Rauten- oder Braunspat), der häufig in der Form R oder als unregelmäßige Körner eingesprengt ist!); ferner Magnetit in zahllosen hirsekorn- 1) V. Neuwirth (l.c.p. 166 und 167) als auch andere Autoren bezeichnen das Mineral irrtümlich als Magnesit (Bitterspat), auch Breunerit, denn dasselbe ist durch die hekannten chemischen Analysen von Dr. Fiedler und Prof. G. Tschermak richtig als Dolomit (Braunspat) nachgewiesen (Jahrb. d. k. k. geol. Reichsanstalt X. Jahrg. 1859), und zwar enthält er nach erfolgter Berichtigung der Druckfehler and Umrechnung: nach Fiedler Tschermak Prozent Prozent IKHIKATDONaE rn mar 0, NaaNzu 5372 Magnesiakarbonat : . . . . .. 8884 41'32 Risenkatbondtt« Jr BUNNUDAUAE A558 4:44 Mässenis;. jow.wantadlosıch „ug 1 Zusammen . ...:.'98:43 98-48 Es liegt also Dolomit vor, in welchem etwas Magnesiakarbonat durch Eisenkarbonat vertreten wird. 118 Franz Kretschmer. [66] großen Oktaödern oder Körnchen eingestreut und kleine schlanksäulen- förmige Individuen von Hornblende und Aktinolith. Akzes- sorisch sind außerdem Rutil, Ilmenit und Titanit, sehr kleine Pyrite der Form © Oo (100) zum Teil limonitisiert, Apatit und zuweilen Biotit. In der Bruchtiefe wird der Topfstein härter und hier ist es, wo in dessen Masse vereinzelte, an den Enden ausgefaserte, rost- braune, verwitternd Hornblendesäulen in reichlicher Menge erhalten geblieben sind. U. d.M. sieht man im Schliff ein schuppiges und breit- stengeliges, verworren gelagertes Aggregat von farblosem Talk, daneben einschlußreiche Kristalle oder Lappen von dichten bis fein- faserigem und farblosem Talk, die in den quadratischen Quer- schnitten Spaltbarkeit nach dem Augitprisma (=87°) erkennen lassen, was auf Pseudomorphosen nach Pyroxen hinweist (siehe neben- stehend Textfigur 2); bei gekreuzten Nicol zeigt der grobschuppige Talk prächtige Aggregatpolarisation, welche in dem feinfaserigen Talk RER ERR REES Talk pseudomorph nach Pyroxen. einheitlichen Interferenzfarben Platz macht; auch ist letzterer von schwarzen Schnüren durchzogen, die aus angereihten Magnetit- kristalilen bestehen. — Der lichtgrüne Chlorit ist verhältnis- mäßig spärlich vertreten, er ist schwach doppelbrechend: y—a = 0004, nimmt gegen den Rand noch ab und wird im äußersten Saume fast O, deutlich zweiachsig mit dem Axenwinkel 27’ y= 0—30°, Dispersion o>v. Weit häufiger sind Kristalle und Körner von Dolomit durch grobe rhomboedrische Spaltrisse charakterisiert, Zwillingslamellierung nach 2R (0221) kommt nur selten vor, derselbe verhält sich idiomorph und zuweilen in solcher Menge vorhanden, daß er einen wesentlichen Ge- mengteil ausmacht. — Magnetit ist sehr reichlich in allen vorge- nannten Komponenten in Kristallen und Körnern eingestreut, häufig mit Titaneisenerz verwachsen und dann peripherisch zu Leukoxen und Limonit umgewandelt. — Auch lebhaft polarisierender Titanit in Kristallen und Körnern ist ähnlich wie der Magnetit sowohl im Talk als auch Dolomit vorhanden, derselbe mag wohl aus Ilmenit hervor- gegangen sein. Bei dem Umstande, daß der Magnetit ebenso häufig im Dolomit wie im Talk eingesprengt ist, drängt sich die Folgerung auf, daß er sekundär aus den Eisenoxyden der kalkreichen Pyroxene [67] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 119 und Amphibole gleichzeitig bei der Abscheidung der Dolomite ent- standen ist. — Mehrere Handstücke, entnommen dem massigen Linsen- kern, bestehend aus grobschuppig-grobkörnigem Topfstein, zahlreiche Ausscheidlinge von Dolomit enthaltend, zu einer Durchschnittsprobe verarbeitet, ergaben folgende chemische Zusammensetzung: 2 Prozent LEEREN ee ee N; Titansäure . er; 7 "2. Mes — RN N ee Chromoxyd . Bang 22er ir } ge ae Da U N 0. ER ISENDRWOUL. 0. 0 Na See ra EN Mansanoxydulaliten u „1... Mu mann 23, BEISTTeRtar oe me von Venen) Walkorle namen, Dane All. DILERBEAMESTZTE NarsauundsWalter srclc mul. ten ar Ark 7220 Gohverke(Wasser) Sure Tann. 000 ERSMHOISAWTOrELAHLEND, WELCHEN ei Zusammen . . . 9932 Daraus erhält man die Proportion SO, : 180, :RO=31:1:1°6, die einem Grenzgliede der Gabbros gegen die Pyroxenite entspricht, ferner ist RO: RO=1:116. Nach Maßgabe der unten folgenden Tabelle resultiert nach der Klassifikation von Osann die Gesteinsformel 5596 Ay Cy-3 ee Wir begegnen einem solchen Gestein in dem sehr basischen, an der Grenze der Pyroxenite stehenden Gabbro vom Typus Molken- haus mit dessen Typenformel sis; @ı Ca fir, also nahezu überein- stimmend. Und in der Tat fand Verf. im Bruchtiefsten auf der Stollensohleanstehend ein höchst festes, äußerst zähes, richtungs- feinkörniges Massengestein, das sich u. d. M. als inniges Ge- menge diopsidischer Pyroxene erwies, und zwar vorwaltend von grünlichweißem, graugrünlichem Diopsid, dessen deutliche Spalt- barkeit nach dem Augitprisma durch zahlreiche Spaltrisse markiert, auch dichte Aggregate desselben sind vertreten. — Dazu gesellt sich an Menge in zweiter Reihe Diallag, körnige und blätterige Aggregate mit vollkommener Teilbarkeitnach © P& (100), oft deutlich stengelige Struktur und metallischer Schimmer auf der Querfläche ; häufig idiomorph, kurzprismatisch mit einfacher, terminaler Begrenzung durch P (111) oder +P; seine Farbe ist grünlichschwarz, braunschwarz und schwarz. — Akzessorisch sind zahllose kleinste Magnetite der Form O(111) oder in Körnern, Pyrit der Form o O& (100) und als Blättchen und Körnchen; spärlich Granat, Rutil. 120 Franz Kretschmer. [68] Es ist jedoch auch dieses zähe und harte Massengestein nicht mehr frisch, sondern zeigt beginnenden Zerfall der Pyroxene in ein Gewebe von Talk, Chlorit und Aktinolith, dabei bleibt die blätterige Struktur des Diallag oft erhalten, die Chlorit- und Talk- schüppchen ordnen sich parallei zu dessen Querfläche. Auch ITorn- blende ist da und dort in Säulen zu bemerken, die sich wohl’ auf Kosten der Pyroxene gebildet hat. Gleichzeitig wurden bei diesem Um- wandlungsprozeß Karbonate, und zwar Dolomit porphyroblastisch aus- geschieden. Im Dünnschliff sieht man zahllose Körner und quadratische sowie oktogonale Kristalldurchschnitte einzeln und zu Aggregaten ver- einigt von monoklinen Pyroxenen, welche nach Maßgabe der kleinen, nur 30° betragenden Auslöschurigsschiefe zum Diopsid gehören, der jedoch dem Jadeit angenähert erscheint. Der größte Teil davon muß nach der gedrungenen, kurzprismatischen Gestalt unter voll- kommener Spaltbarkeit nach © ? © (100) zum Diallag gestellt werden; seine Längschnitte zeigen stengelige Textur, derselbe ist sehr ein- schlußreich und sind von leichter, erkennbaren Interpositionen Magnetit, Iimenit und Titanit zu nennen. Der Mangel an Pleochroismus unter- scheidet die hier vertretenen Pyroxene von den Amphibolen. Der restliche Raum zwischen den Pyroxenen wird von einem verworren- faserigen bis dichten Gewebe von Talk ausgefüllt, der stets lebhafte Polarisationsfarben aufweist. Beginnende Umwandlung schreitet auf den Spaltrissen und Querklüften der frischen Pyroxene fort und verdrängt nach ‚und nach völlig die Pyroxensubstanz. Inner- halb der filzigen Talkgewebe bemerkt man größere Lappen von grünem Chlorit, während Schnitte senkrecht zu oP (001) langfaserig. er- scheinen. — Außerdem sind als Nebengemengteile reichlich ver- treten Ilmenit in Umwandlung zu Leukoxen begriffen, Titanit ebenso häufig. — Der Topfstein des Linsenkernes überzxeht insbesondere gegen dessen Peripherie in ausgezeichnet schieferigen, grünlichgrauen bis weißgrauen, grob- und mittelschuppigen Talkschiefer; derselbe ent- hältnebenTalk akzessorisch mehr oder weniger lauchgrünenProehlorit sowie Tafeln von schwarzgrünem, stark perlmutterglänzendem Klin o- chlor;gegen.diePeripherie der Topfsteinlinse sowie nach der Tiefe nimmtdieMengederÜhloritestetig zu und kann dies bis über 250%, der Gesteinsmasse hinausgehen, bis schließlich an der Grenze gegen die Chloritschieferschale der Talkschiefer völlig in Chloritschiefer. übergeht. Ausscheidlinge von Dolomit fehlen darin entweder gänzlich oder sie sind nur spärlich und klein. Der Talkschiefer wird. außerdem von reinem Talk in Adern und Nestern durchsetzt, der grünlichweiß bis apfelgrün gefärbt ist und eine ausgezeichnet feinschuppige bis blätterige Textur besitzt. Akzessorisch sind darin da und dort eingewachsene kleine gelbe durchscheinende Apatitkristalle. Von diesem grobschuppigen Talkschiefer, von der : inneren Schale des Topfsteinkörpers herrührend, liegen zwei chemische Analysen vor, und zwar bestand die Probe zur Analyse VI aus einem bläuliehgrünen Talkschiefer, der Giimmerblättchen und Eisen- A a udn [69] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 191 1} kieskörnchen enthielt; sie wurde von G. Werther!) ausgeführt, während die Analyse VII aus dem hüttenmännisch-chemischen Labo- ratorium zu Stefanau stammt; beide ergaben die folgenden, vom Topfstein stark abweichenden Resultate: v1. NAT. Prozent Prozent. Rieselsäurems» uinah zn ldimyiı 58:28 51:00 Bonettelta)rHieuikuiaid ianenorr4:43 3:92 Bisekoxydatulls bar. ısloaich5r1d 513 Eisenoxydulikaanlaa id onsUnL:04 = Macnesianlao hunde Jan ne24185 2877 Kalkerde eritisler: 1:51 2:44 NatronıtullıKakianadi. Acdbı „aanml:4g9 ? Glühverlust (Wasser) +8.23608: fi ‚9.806 Zusammeltt.. 9:90 93:06 Aus beiden Analysen geht im Entgegenhalte zu Analyse V hervor, daß der Talkschiefer nicht nur den an der Peripherie stärker wirkenden Druckkräften seine Struktur verdankt, sondern auch stoff- lich vom Topfsteinkern wesentlich verschieden ist. Die aus Analyse VI berechnete Proportion & O5: Rs 0,:R O0 =5'2:1:3'2 entspricht derjenigen eines einfachen Pyroxenits, das Verhältnis ,0:RO= 1:21. Nach Osann erhalten wir gemäß unten folgender Tabelle für das Substrat des Talkschiefers die Gesteinsformel Sys os Co4 JR und suchen wir unter den Tiefengesteinen nach einem Analogon, so findet man, daß unter den Pyroxeniten der Typus Webster un- serem Gestein fast vollständig entspricht, für welchen Osann die Typenformel si; @ cos fıys aufgestellt hat. Die Strahlsteinschieferschale wird gebildet von ge- schieferten Lagen und Trümmern, bestehend aus wirrgelagerten, parallel- und divergentstrahligen, farblosen, grünlichweißen und hell- grasgrünen durchsichtigen Aktinolith-, beziehungsweise Tremolit- prismen; darin sind schilfig-stengelige Hornblendesäulen häufig und zahllose größere und kleinere scharfe Magnetit-Oktaöder eingestreut; untergeordnet ist Pyrit in Hexa@dern, Rutil, Titaneisen- erz. — Daneben findet sich großindividualsierter lauchgrüner Strahlstein, dessen Aktinolithprismen 5—8 cm lang, 2—3 cm dick werden, stets divergentstrahlig angeordnet sind und zuweilen im Innern Hornblendereste enthalten. Der Aktinolith dieses Strahl- steins zeigt durchweg die Form » P(100)=1241!/,°, mit starker Längsstreifung, ausgezeichneter Spaltbarkeit nach dem Prisma sowie der Schiefendfläche als auch Querabsonderung senkrecht zur Haupt- axe. Durch oszillatorische Kombination von ® Pi110) und oP (100) entstehen schilfähnliche Aggregate, vielfach Zwillinge nach der !) Journal f. prakt. Chemie. 1864. XCI, 330. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Band, 1. Heft, (Fr. Kretschmer.) 16 192 Franz Kretschmer. [70] Querfläche. Zuweilen übergeht der Aktinolith in feinfaserigen hellgrünen und weißen seidenglänzenden Asbest. — An der Grenze von Talkschiefer und Strahlstein kommen die bekannten prächtigen Aggregate von schneeweißem Talk mit eisblumenähnlichem, glasglänzendem, pistaziengrünem Aktino- lith durchspickt; die Prismen des letzteren fallen durch ihr großes Längenwachstum auf, demzufolge sie nach der Hauptaxe stark vorangeeilt sind und durch zahlreiche dazu senkrechte Querrisse zer- stückte Individuen bilden.: Gegen die Strahlsteinschieferschale ver- schwindet der Talk und der Aktinolith wird allein herrschend; dagegen nimmt diese Schale nach außen hin sukzessive Chloritschuppen auf und übergeht in Chloritschiefer, der eben noch Strahlsteinaggregate enthält. U. d. M. beobachtet man, daß hauptsächlich ein farbloses bis weißgrünes Tremolitaggregat gänzlich in Talkschuppen um- gewandelt erscheint, dagegen sich die pistaziengrünen Aktinolith- prismen scharf von ihrer Umgebung abheben; jedoch bemerkt man auch an diesen da und dort beginnenden Zerfall in lamellare Talkaggregate. Die chemische Analyse des grobstengeligen divergentstrah- ligen Strahlsteins ergab folgende prozentische Zusammensetzung: vmM. Prozent Kieselsaure*. „2 Amlrraid. BUN. DREH Pitansaurer. dena ar a ? Tonerde gta zarten var er A Chramoxyd.,.u-wmds na Doberan Kisenexydanas euistesgenlank. nal, PO Eisenoxydul Tal. nasinsrwırt sah. rain WB Manganexydul | lokhmales. zii et Magnesia al. items. rss Ralkerdehrie. sl ods seta tiata lat Natron: und» Kali. ea uwtr!: band FR Glühverlust,( Wassep): «i . ou dass na ER Zusammen . . . 10004 Demzufolge hat dieser Strahlstein die Zusammensetzung einer sauren gemeinen Hornblende aus Diorit oder Gabbro, aus welcher er ursprünglich bestand, denn Strahlstein, Tremolit, Talk, Asbest sind nur Spaltungs-, beziebungsweise Umwandlungsprodukte der Hornblende. — Die Chloritschieferschale besteht wesentlich aus gras- srünem feinschuppigem weichem Prochloritsehiefer mit ausge- zeichnet paralleler Gruppierung der elastisch biegsamen Prochlorit- blättchen, diese entwickeln stets die Basis, ohne sonstige kristallo- graphische Begrenzung, des öfteren zu büscheligen, wirren und fächerför- migen Aggregaten vereinigt. Diesem gras- und lauchgrünen Prochlorit ist gewöhnlich etwas Talk beigemengt, demzufolge die Härte des Schiefers nur 1'5 beträgt, so daß er sich mit dem Messer oder der Handsäge [71] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 123 schneiden läßt. Untergeordnet ist ein lauchgrüner kleinschup- piger Chloritschiefer von der Härte = 2:0 bis 2°5, worin der Talk selten ist, dagegen neben herrschendem Prochlorit zum Teil auch schwarzgrüner glasglänzender Klinochlor vertreten ist. An Über- gemengteilen finden sich darin stellenweise: kleinste Hornblende- und Aklinolithsäulen; besonders ausgezeichnet durch sehr zahl- reiche scharfkantige Magnetit-Oktaäder, die, zumeist hirsekorn- und erbsengroß, sehr oft 10 und 15 mm Größe erreichen; akzessorisch ist Apatit teils in durchsichtigen smaragdgrünen flächenreichen Kristallen 8— 10 mm groß, oder als grasgrüner Spargelstein, un- durchsichtig fettglänzend in 8S—12 cm großen, 3—D cm dieken hexa- sonalen Prismen; ferner Pyrit der Komb.-Form © O a» (100). O (111) bis S mm groß, zum Teil limonitisiert, Titanit, Ilmenit, auch derbe Stufen von eisenschwarzem Magnetit und schwarzbraunem Tita- nomagnetit. Diese Mineralien des Chloritschiefers sind gewöhnlich mit einer Chlorit- oder Talkrinde überzogen. Schließlich verdienen noch Erwähnung kleine, auf Kluftflächen des Prochloritschiefers auf- gewachsene wurm- und schraubenförmige Prochloritkristalle, die nach dem Glimmer- und Periklingesetz polysynthetische Zwillinge bilden, davon die größeren prächtigen Pleochroismus zeigen, und zwar 2 =ß smaragdgrün, 7 = hyazinthrot. — Auf der Bruchsohle habe ich harte Klinochlorschiefer angetroffen, zusammengesetzt aus glas- und perl- mutterglänzendem schwarzgrünem Klinochlor sowie etwas Talk, worin schöne, wirrgelagerte Aktinolith-, beziehungsweise Tremo- litprismen einen nicht unwesentlichen Gemengteil bilden. In einer anderen, noch festeren Varietät des Klinochlorschiefers wurden strahlige Aggregate schilfigstengeliger Hornblende in größerer Menge beobachtet sowie auch völlige Gemenge von grobblätterigen Klinochlor, strahligem Aktinolith und schilfiger Hornblende festgestellt. Demzufolge wird die Hornblende in Strahlstein, dieser zu Chlorit, der Tremolit zu Talk umgewandelt. — U.d. M. im Dünnschliff hat man konstatiert: Vorwiegend Chlorit hellgrün bis farblos herab in größeren Lappen und Schuppen, in Schnitten senkrecht zur Spaltbarkeit, schwach pleochroitisch & = hellgrün bis farblos, 7 = grün, 5 von x nicht unterscheidbar; derselbe gehört, wie bereits oben erwähnt und wie weiter unten nachgewiesen wird, zum Prochlorit, welcher durch seine starke Doppelbrechung (7— = 0013) auffällt. — Talk farblos in breiten Stengeln, schmal leistenförmig in Querschnitten, bei nichtparallelen Kanten, keilförmig, wirrgelagert. — Da und dort Überreste von Hornblende in schlank- säulenförmigen Individuen oder Partikeln derselben. Magnetit reichlich vertreten in Kriställchen, Stäbchen und Körnern, zum Teil jedoch Titanomagnetit von Leukoxenrinde und Limonithof umgeben; kleinste Täfelchen von Titaneisenerz in großer Zahl; außerdem wurden im opaken Magnetit nicht selten Einschlüsse eines stark licht- brechenden violetten bis hellblauen optisch einaxigen Minerals in Säulchen und Körnchen beobachtet, jedenfalls Apatit. Titanit in vereinzelten Kriställchen lebhaft polarisierend. Epidot goldgelb hie und da auf Spaltrissen zu sehen, läßt Dichroismus grün und gelb deutlich erkennen. — Schon G. Tschermak hat im Chloritschiefer von Zöptau 16* 124 Franz Kretschmer. [72] festgestellt: deutlichkörnigen hellauchgrünen Klinochlor, und zwar Blättchen oft fächerförmig angeordnet, 2 E = 60°, stellenweise aber fast einaxig. (Akademie der Wissenschaften. Wien, 19. Februar 1891.) — Zur chemischen Analyse wurde der feinschuppige und weiche Prochloritschiefer ausgewählt, welcher die Hauptmasse der äußeren Schale des größeren Topfsteinstockes bildet; diese ent- hielt wohl zahllose kleinere Magnetite, worin jedoch die großen Por- phyroblasten von Maenetit fehlten; die Analyse ergab folgendes Re- sultat: IX. Prozent Kieselsäure U. Wat Van VEIT 2ER Titansäure asia — Tonerdetmear nn Ita,006 WM Rena BR Chromoxyd aa BE Bl EI DE 15 U EL EB 2 Riseuoxyat Wende) eb DENE RB NR Tüsenoxraol FM pr ia ra A Maneanoxyaulo. ale. rn ma, +0:28 Maenesialsanlpnintartog szaamllmal 41088 KalkerdesisN, ale), Ei: 1274 Netron>und Kalt ins rk au Bmteaael Glühvenlust(Wasserpun=u: , moRantsana 20318 Phosphorsäure "Jun! D managen OR Zusammen ,,. . 097 Daraus berechnet sich die Zusammensetzung dieses Prochlorit- schiefers aus: Prozent ProenloreH aitume, bay alten. 1293 DT Macher. note a shanjdnnoh ob DER Apatıt „Ir Pr 25 25. er AlSDNRWOBRN 2002 Andere Ausscheidungsprodukte der Gesteinsumwandlung, wie Kalzit, Quarz, Epidot, fehlen. Der Chlorit ist, wie bereits angeführt, in chemischer Bezjehung ein Prochlorit von der Zusammensetzung Spa At, nach Tschermaks Theorie und erhält man unter der Vor- aussetzung, daß Teile von Mg O-+ CaO durch äquivalenten FeO-+ Mn O vertreten werden, theoretisch: 28°16 Kieselsäure, 25°68 Tonerde, 21:15 Eisenoxydul, 12:04 Magnesia nebst Kalk und 12:97 Wasser, was dem obigen Analysenresultat ähnlich erscheint, wenn man berück- sichtigt, daß der Tonerdeüberschuß sowie alles Eisenoxydul (das nieht an die Erze gebunden) in Eisenoxyd übergeführt wurde, was in der fortgeschrittenen Gesteinsmetamorphose seine Begründung findet. Diese letztere bestand wesentlich in einer Anreicherung der Tonerde als der fixesten Basis, Aufnahme einer auffallend geringen Menge Wassers, während Kieselerde und Kalk eine kleine Abnahme aufweisen. Der Prochlorit vom Berge Greiner, Zillertal, Tirol, hat eine sehr ähnliche Zusammensetzung. Der Chlorit- schiefer der Topfsteinstöcke in der Umgebung von Zöptau ist also kein Klinoehlorschiefer, wie Tsehermak auf Grund optischen Befundes de ee Me na [73] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 195 angibt, weil er nicht dessen chemische Zusammensetzung besitzt; op- tisch zeigen die gedachten Orthochlorite gleiches Verhalten. Als Substrat des in Rede stehenden Prochloritschiefers ist sehr wahrscheinlich ein Hornblendit, respektive Amphibololit!) an- zusehen, dessen vorherrschender Gemengteil in einem orthosili- katischen Syntagmatit, beziehungsweise einerbarkevitischen Hornblende bestanden hat, wie sie gleich reich an AR, O, aus ge- wissen Syeriten ?) bekannt ist. Eine gleichbasische Zusammensetzung würde in der tonerde- und eisenoxydreichen Hornblende aus Mon- chiquit vorliegen, welcher bei km 36 der Sta. Cruz-Fisenbahn (Rio de Janeiro) vorkommt ?). Die orthosilikatischen Al, O;- und Fe O-reichen Amphibole sind zurzeit sowohl in chemischer als auch optischer Be- ziehung zu wenig untersucht. Nach Osann gehört das Substrat unseres Prochloritschiefers zu den mit Tonerde übersättigten Gesteinen und erreicht hier der Tonerdeüberschuß einen soleh ungewöhnlich hohen Betrag, dab die Bildung der Atomgruppe (Mg Fe) Al, O, und deren Zuaddierung zum Gruppenwerte Ü nicht zulässig erschien, weil dadurch der ultra- basische Charakter des Gesteins nicht zum Ausdruck gekommen wäre. Es wurde also gemäß unten folgender Tabelle der Tonerderest im Sinne Grubenmanns) der Gruppenwert 7’ = 1679 ausgewiesen. Unter dieser Voraussetzung resultiert demzufolge die Gesteins- formel 835 Qy Cı For: Unter den Tiefengesteinen würde ein ähnliches Gestein unter den Peridoditen im Typus Dun Mountains vorliegen, wofür Osann die Typenformel s;; a, co foo gefunden hat. Das Orthosilikat des Olivin im Dunit würde in unserem Archetyp durch orthosili- katischen Syntagmatit vertreten sein. Rosenbusch und Grubenmann neigen zu der Annahme, daß derartige tonerdereiche kristalline Schiefer sedimentogen sind, eine Entstehungsart, welche für unsere Chloritschieferschale gänzlich ausgeschlossen ist, wie schon aus den obigen sowie insbesondere den folgenden Ausführungen erhellt. | Und in der Tat ist dem Verf. die Auffindung des Substrats des obigen Prochloritschiefers gelungen, und zwar in jenem feldspat- freien Amphibololit, der mit ersteren durch regelrechte UÜber- gänge verknüpft, auf der Förderstollensohle des Topfstein- bruches am Storchberg, und zwar am Hangenden der Chlorit- schieferschale anstehend getroffen wurde. Der Amphibololit besteht fast ausschließlich aus schwarzer, stark glasglänzender Hornblende, die auch hier in den drei Aggregationsformen, das ist als kompakte, als blätterige Hornblende, sowie in 15—20 mm langen, 3—5D mm dicken, schlank säulenförmigen, an den Polen !) Nach der vollständigeren Nomenklatur dieser Gesteine von Lacroix. Siehe auch Weinschenk: Spezielle Gesteinskunde. 2. Auf). 1907, pag. 185 und 519. ®) Rosenbusch, Elemente der Gesteinslehre 190!, pag. 104, Analyse 8. ») Rosenbusch, Elemente der Gesteinslehre 1901, pag. 243, Analyse 3. *) Grubenmann, Die kristall. Schiefer II, pag. 13. 126 Franz Kretschmer. [74] ausgefaserten Kristallen auftritt. Dazwischen finden sich zahl- reiche kleinste Magnetitoktaäder, darunter aber auch ver- einzelte große Kristalle. — Faserige, hellgrüne und smaragdgrüne Aktinolithaggregate, in der Hornblende enthaltene Pyroxen- kerne, uralitische Umkristallisierungen weisen auf ursprünglich pyroxenische Komponenten hin, wahrscheinlich ist ein Teil der Horn- blenden aus Augit entstanden; dessenungeachtet ist der größte Teil der Hornblende primär, weil mechanische Deformationen daran nicht zu erkennen sind. Die Hornblende umschließt außer Masgnetit Titaneisenerz und etwas Apatit. — Die Struktur des Amphibololites ist dadurch eine porphyrartige, daß große idiomorphe Hornblende- individuen in einer Füllmasse kleinster Hornblendekörner lagern. Zwischen den Hornblendeaggregaten drängen sich anfänglich verein- zelte Häufchen von Chlorit, kleine Nestchen von Talk, welche sich auf Kosten der Füllmasse kleiner Hornblendekörner vermehren, suk- zessive erfaßt diese Gesteinsumwandlung, das heißt Chloritisierung auch die großen Hornblendeindividuen, bis diese letzteren zur Gänze in der grasgrünen feinschuppigen Prochloritmasse aufgehen und von den Hornblenden fast nichts mehr zu sehen ist. Nur hie und da er- innern sporadisch erhalten gebliebene schilfigstengelige Hornblende sowie restliche Aktinolith-, beziehungsweise Tremolitaggregate an die stattgefundenen Umwandlungsvorgänge. — Aus der gegenüberstehenden Tabelle ist die übersichtliche Dar- stellung der chemischen Verhältnisse des großen Topfsteinstockes am Storchberg und seiner peripheren Schalen zu entnehmen, worauf die berechneten Molekularprozente sowie die Gruppenwerte nach Osann nachfolgen. Während die Analyse VI von G. Werther herrührt, wurden die Analysen V, VII, VIII und IX auf meine Veranlassung mit dem von mir beigestellten Material an dem hüttenmännisch-chemischen Laboratorium des Hochofenwerkes zu Stefanau und dem Labora- torium der Witkowitzer Steinkohlengruben durch Herrn R. Nowicki ausgeführt. — \ Nebenstehende Tabelle gewährt den nötigen Uverblick über die chemischen Uharaktere des Storchberger Topfstein- stockes und seiner Schalen, woraus hervorgeht, daß die Ver- änderung des chemischen Bestandes im Ursprungsmaterial haupt- sächlich in der Wasseraufnahme bestanden hat und der übrige Che- mismus trotz der durchgreifenden Umkristallisation im großen und ganzen unverändert geblieben ist. Wir konnten daher unter Ver- nachlässigung des Wassergehaltes, beziehungsweise Umrechnung der Analysen auf wasserfreie Substanz, auf die chemische Zusammen- setzung der Ursprungsgesteine zurückschließen und daher die obigen Gesteinsformeln berechnen, ohne größere Fehler zu begehen. B. Die Topfsteinbrüche in der Umgebung von Wermsdorf. Genau so wie bei Zöptau bieten auch die Topfsteinstöcke in der Umgebung von Wermsdorf dieselbe Schalenstruktur dar, denn auch hier legen sich in der Regel auf den massigen und grobkörnigen 175] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 2 [) o 1 u. Tabellarische Übersicht der chemischen Verhältnisse der Topfsteinstöcke. v a vips) 37,0 IX | Topf- Talk- | Strahlstein- | Chlorit- stein schiefer | schiefer | schiefer \ | _ vom Storchberg nördlich Zöptau d | | Kieselsäure (SiO,) Titansäure (7iO,) Tonerde (Al,0,) . Chromoxyd (Cr,O,) . Eisenoxyd (Fe,0,) Eisenoxydu! (FeO). Manganoxyäul (I/nO).. Magnesia (My0O) . Kalkerde (CaO) Natron und Kali (NaA),O. Glühverlast (H,0) . Phosphorsäure (P,O,).. Kieselsäure Tonerde Eisenoxydul . Manganoxydul . Magnesia Kalkerde Natron und Kali. Phosphorsäure . . F T (nach Grubenmann) Summe , 4. Gewichtsprozente 50°00 5328 5240 | 27:30 Hr. p) ? | au 973 4'435 441 | 31:00 — ? Spur | — 647 579 1'869 1:19:94 0:54 1:04 6'553 1:68 —_ =: 0'485 028 12-10 29:85 20.83 10:88 12:78 151h#| ‚uibeow | 171 2:20 | 1'49 0:92133) 2:80 550 | 2:60 1:80 370 —_ Spur 047 99-32 | 99:99 100.04 99:76 l B. Mol ekularprozente 52-58 4841 ex 32:86 6:06 2:39 - 22:02 560 5'87 — 1981 — —_ _ 0:28 19:01 4055 — | 1957 14:50 147 — 2:22 2:25 at — 301 _ = E 0:23 100°00 100°00 — 100°00 ©. Gruppenwerte nach Osann 52:58 4841 _ 32'836 2:25 1:31 _ sol 3:81 1:03 — 2:22 35:30 4681 — 39:66 px u "orte 16:79 D. Projektionswerte nach Osaun yon! 0:53 | — 13 1'8 0:44 —_ | 10 17:1 19:03 — 197 ') Analyse VIII enthält 0'15°/, S. 128 Franz Kretschmer. [76] Topfsteinkern zunächst feinschuppige Talkschiefer, weiter nach aus- wärts auf diesen Strahlsteinschiefer und an der äußeren Peripherie Chloritschiefer, gegen die umschließenden Gabbrogesteine scharf ab- gegrenzt oder durch ein Saalband (Lettenbesteg) oder aber durch einen Pegmatitgang geschieden. Den Mineralbestand des Storch- berger Topfsteinvorkommens finden wir bei Wermsdorf wieder. Auch die Wermsdorfer Topfsteinstöcke besitzen gegenüber den um- schließenden Nebengesteinen jene diskordante Lagerung und Steilstellung, gleichwie wir solche am Storchberger Topfstein- vorkommen geschildert haben, welche durchgreifenden Lagerungsver- hältnisse infolge späterer Massenbewegungen und der dadurch be- wirkten Adjustierung teilweise verwischt worden sind. 1. Oberhalb des Kupferberges westlich Wermsdorf, gegen den Erzberg aufwärts, ist in den dortigen Gabbroamphiboliten eine untergeordnete Topfsteinlinse an der Südostflanke unseres Diorit- Gabbromassivs gelegen, durch Steinbruchbetrieb näher bekannt geworden. Dieselbe ist von dem Grundeigentümer Johann Küffel (Wermsdorf) zu Wasser- und Futtertrögen, Türstöcken, Stiegenstufen etc, ausgebeutet worden, jedoch ist die milde weiche, leicht zu bearbei- tende Topfsteinmasse nach der Tiefe sehr bald in einen festen, harten Amphibololit übergegangen, weshalb der Steinbruchbetrieb zur Ein- stellung kam. 2. und 8. Der Topfsteinstock oberhalb des herrschaftlich Wiesen- berger Hegerhauses in der zu Wermsdorf gehörigen Kolonie Sen- senzipfel am sogenannten Hausberg; gleichwie der Topisteinstock am oberen Ende der gedachten Kolonie beim Wildzaun auf der „vorderen Hüttellehne“, sind an der Grenze von Dioritgneis und Gabbroschiefer durchgestoßen. Der Dioritgneis der sogenannten „Schwefelsteine“* bildet daselbst das obengeschilderte Spezialmassiv, das sich vom Hausberg bis zur vorderen Hüttellehne ausbreitet und am Hangenden von Gabbroschiefer begleitet wird. — Im Hangenden dieser Topfsteinkörper wurde ebenfalls die Anwesenheit von Peg- matitgängen gabbroider Fazies konstatiert. — Ferner ist aus dem Steinbruche am Hausberg der dort mitvorkommende Gips zu erwähnen, der in kleinen, nadelförmigen Kristallen zusammen mit Dolomit einbricht; auch wurden daselbst große Gipskristalle in rhomboädrischem Kalksinter eingewachsen gefunden, die schöne Drusen bilden. 4. Auf demselben generellen Streichen gegen NO liegt das mächtige Topfsteinvorkommen oberhalb der sogenannten „großen Dämme“, einer kleinen Talsperre, am Zusammenflusse des Stein- seifen- und Mertabaches erbaut. Daselbst auf den Gehängen der „hinteren Hüttellehne* begegnet man einer Aufpressung von Gabbro- gesteinen, und zwar hauptsächlich Gabbroamphibolit, untergeordnet Gabbroschiefer und Hornblendit, welche drei dicht beieinander- liegende Topfsteinlinsen umschließen. Die Gabbrogesteine werden diskordant vom Chloritgneis überlagert, wie durch das nachstehende Profil Fig. 3 dargestellt ist. Vom Gabbroamphibolit umschlossen lagern hier zunächst zwei dicht beieinanderliegende, am Streichen nach 2 h 7 gd gereiht und durch Chlorit- und Strahlstein- Pd] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 129 schieferschalen voneinander getrennt; dagegen das Einfallen ungefähr unter X 80° nach 20 h 7 gd erfolgt oder vertikal am Kopf stehend erscheint. Gegen den zweiten Stock etwas im Hangenden versetzt, folgt der dritte Stock mit dem nämlichen Schalenbau. Die gesamte Mächtigkeit dieser Topfsteinstöcke ist quer auf das Streichen gemessen 35 m, während die streichende Länge auf 50 m bekannt geworden ist. Die zentrale Topfsteinmasse der ge- dachten Stöcke besteht hauptsächlich aus Talk und enthält wenig Chlorit, dagegen viel Dolomit und geht peripherisch in Talkschiefer über, welcher schalenförmig den Topfstein- kern umgibt; auf den Talkschiefer legt sich auch hier vorerst Strahl- stein, sodann Chloritschiefer alsäußere Schale allseitig herum. Hifıtere Hättelleihne N / . / Querprofil durch die Topfsteinstöcke auf der hinteren Hüttellehne bei Wermsdorf. -1 Topfstein. — 2 Talkschiefer. — 3 Strahlstein unten, Chloritschiefer oben. 4 Gabbroamphibolit. — 5 Hornblendit. — 6 Chloritgneis. Die beiden erstgenannten Stöcke wurden seinerzeit in drei überein- anderliegenden, in vertikalen Wänden anstehenden Etagen abgebaut, der dritte Stock dagegen steht noch unverritzt an. Der Topfsteinkern des ersten bis zum Niveau des fahrbaren Weges bereits abgebauten Stockes ist durch einen größeren Gehalt an Dolomit (Braunspat) bemerkenswert, welcher in der Topfsteinmasse in bis faustgroßen Kristallen und Aggregaten idioblastisch hervortritt; derselbe bildet Kerne, um die sich die Talklamellen flaserig und wellig herumlegen; Magnetit ist in zahllosen Oktaödern, Körnern und Rosetten dem Topfstein eingesprengt; lokale Partien desselben enthalten stark lichtbrechenden, fettglänzenden Apatit (Spargelstein) in smaragd- grünen prismatischen Kristallen und in Körnern. V. Neuwirth be- obachtete hier eine sekundäre Kluftausfüllung, enthaltend: Bergkristall mit Amianteinschlüssen, ferner freien Amiant mit Apatit- und Titanit- Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61, Band, 1. Heft. (Fr. Kretschmer.) 17 130 Franz Kretschmer. [78] kristallen, während Talk alle vorgenannten Mineralien überrindet; in brauner Erde eingebettet zahlreiche Pyrite. — An den Rändern der umfänglichen Chlorit- und Strahlstein- schale sind höchst zähe und feste, von der Metamorphose weniger berührte Felsmassen anstehend, welche u. d. M. die Relikte jenes Amphibololits erkennen lassen, aus dem diese Felsmassen umkri- stallisierten, bestehend aus schwarzer prismatischer Hornblende und farblosem bis grünlichweißem, filzigfaserigem Tremolit, während der übrige Mineralbestand zu Talk und Chlorit sowie Strahlstein umgewandelt ist, wobei auch reichlich Karbonat ausgeschieden wurde, gleichzeitig die im Gestein eingesprengten bis 10 mm großen Pyrit- hexaöder zu Götbit verwittert sind. — Außerdem fand Verf. in der Strahlsteinschieferschale sehr feste Massen von filzigfaserigem, grün- lichweißem Tremolitfels, dem Hornblende beigemengt ist; ak- zessorisch sind Dolomit und Magnetit zu sehen. Während sich der Tremolit zu Talk umwandelt, ist die Hornblende zu großen Aktinolithprismen gewachsen, welche nun dem Talk inne- liegen; Tremolitfels und Talk-Aktinolith sind miteinander durch alle Ubergänge verknüpft. Hiermit sei auch auf den nephritischen Charakter dieser dichten, filzigen, aus Tremolit- und Aktinolithfasern aufgebauten massigen, höchst zähen Gesteine der Strahlsteinschiefer- schale hingewiesen, die wohl dem Nephrit gleich zu achten sind. — Auch die in Rede stehenden Topfsteinmassen werden von Plagio- klas-Pegmatit begleitet, was für deren genetische Beziehungen wichtig erscheint. Die an der hinteren Hüttellehne aus Schiefergneisen und zwar weitaus vorherrschendem Chloritgneis bestehende Schiefer- hülle unseres Diorit-Gabbromassivs zeigt sich über den Gabbroge- steinen und deren Topfsteinmassen in fast schwebender Lagerung; weiter im Hangenden ist das Streichen des Chloritgneises 3h Ogd, das Verflächen 21h Ogd unter X 40°. Es gewinnt den Anschein, als bildet hier die Schieferhülle offenbar ein Dach über den aufgepreßten Gabbrogesteinen, das mit aufgehoben wurde und durch spätere teil- weise Abtragung desselben sind die ‚darunterliegenden Gabbroge- steine und Topfsteine freigelegt worden. 5. Am nordwestlichen Flügel unseres Massivs, dort, wo sich mächtige Gabbroamphibolite ausbreiten, begegnen wir am Karger- berge 0°5 km nördlich Siebenhöfen nochmals einem Topfstein- stock, dessen petrographische und Lagerungsverhältnisse genau das wiederholen, was wir an den übrigen Topfsteinkörpern gesehen haben. Auch hier übergeht der Topfsteinkern zunächst in Talkschiefer, auf dem sich zwiebelförmig der Strahlsteinschiefer und Chloritschiefer anlagert. Der Topfstein ist durch reichlichen Gehalt an Dolomit und Magnetit sowie Jokal durch zahlreich eingesprengte, 5—10 mm große Pyrithexaäder ausgezeichnet, welche größtenteils limonitisiert sind. Der Talkschiefer enthält ebenfalls Dolomit, ersterer sowie der Strahl- steinschiefer, der Prochloritschiefer führen sämtlich reichlich Magnetit in Oktaödern und Körnern. — Die in Rede stehende Topfsteinlinse wird von einem schwarzgrünen, feinkörnigen, plattigen Amphi- bolit umschlossen. — Der Steinbruchbetrieb ist dort seinerzeit mit u er Be [79] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 131 Rücksicht auf den zerstückten Grundbesitz eingestellt worden, weil das NW-Einfallen der Topfsteine in des Nachbars Grundstück ge- richtet ist. — C. Untergeordnete Topfstein- und Talkschiefermassen. 6. Im Bischofsgraben bei Ober-Zöptau lagert an der süd- östlichen Flanke unserer Gabbrozone ein schon länger bekanntes, interessantes Vorkommen von Talkschiefer, das nicht übergangen werden möchte, stammen doch von hier viele schöne Stufen in zahl- reichen Mineraliensammlungen ; derselbe wird von Gabbroschiefer umschlossen und besteht aus schneeweiß, hellgrasgrün und rosarot gefärbten feinschuppigen Talkmassen, worin smaragdgrüne, radial- strahlige Bündel von 5—8 cm langen Aktinolithprismen durch- wachsen sind; oft ahmen diese Strahlsteine bis handgroße, eisblumen- ähnliche Gebilde nach. Seither auf Topfstein unternommene Schurfversuche blieben ohne Frfolg. Nachdem diesem Vorkommen Topfstein sowie auch Schalenstruktur mangelt, darf es nicht mit den obigen Toptsteinstöcken verwechselt werden. 7. Ostlich des Rauhbeersteins im Petersdorfer Trauß- nitzwalde soll nach den mir gewordenen Berichten von Stein- brechern und nach Maßgabe der von dort mitgebrachten Gesteinsproben ebenfalls Topfstein vorkommen. Dasselbe dürfte mit demjenigen Topf- steinvorkommen identisch sein, worüber bereits F. Kolmati!) be- richtete; auch G. Trautenberger?) erwähnt den Topfstein „auf dem Traußnitzberge bei Petersdorf“. Verf. hatte keine Ge- legenheit, sich von der Richtigkeit dieser Angaben zu überzeugen. — 8. Um die Ähnlichkeit der beiden Flügel unseres peripheren Gabbrogewölbes in petrographischer Hinsicht noch vollständiger zu machen, ist es dem Verf. gelungen, am Nordwestflügel, beiderseits des Feldweges über den Schwarzenstein nach Theresiental, bereits am Westabhange im Walde, ebenfalls einen Topfstein aufzufinden, der mild und weich sich mit dem Messer und der Hand- säge schneiden läßt, der aber dessenungeachtet anderer Zusammen- setzung ist als die übrigen oben betrachteten Topfsteine bei Zöptau und Wermsdorf. Derselbe besteht fast ausschließlich aus einem filzig- faserigen Gewebe wirr- oder parallelstrahligen, nadeligen, asbestähn- lichen, weißen bis hellgrünen Tremolit, der in Talk umgewandelt wurde, jedoch seine ursprüngliche Struktur bewahrt hat; hier- zu gesellt sich Chlorit. Akzessorisch sind zahllose Magnetitoktaöder und Körner, ferner Rutil und Hornblendereste. In der hellgrüngrauen bis rostgelben schieferigen Gesteinsmasse sind zahllose mit Eisenoxyd gefülle Nestchen zu bemerken; jedenfalls ist hier ein Mineral weg- geführt worden, es dürften wohl Karbonate gewesen sein, die bei der Talkbildung abgeschieden wurden. Dieses Gestein ist im Gegen- satz zu den Talkchlorit-Topfsteinen von Zöptau und Wermsdorf als Tremolit-Topfstein zu bezeichnen. !) Die Mineralien Mährens und Österr.-Schlesiens. 1854, pag. 31. 2) Das Teßtal in Mähren. 1893, pag. 9. E72 132 Franz Kretschmer. [80] U. d. M. erkennt man ein schieferiges Gemenge von Tremolit und Chlorit; letzterer ist schwach pleochroitisch in gelblichen und srünlichen Farbentönen, besitzt schwache Doppelbrechung mit optisch positivem Charakter. — Die Tremolitsäulchen lassen das Horn- blendeprisma & P (110) = 124% 30° deutlich erkennen und zeigen häufige Querabsonderung sowie Auslöschung c:c im Maximum = 17°; sie sind an den Polen vielfach ausgefasert, büschel- und rosetten- förmig angeordnet und zumeist bei Erhaltung ihrer Formen in Talk umgewandelt, wie an den höheren und leuchtenden Polarisationsfarben nachweisbar. Dieser Topfstein übergeht einerseits in hellgrauen Talk- schiefer; anderseits wurden viele Gesteinsblöcke beobachtet, die äußerlich in Tremolit-Topfstein umgewandelt waren, während das in- takte Innere aus einem wirren Gefüge feinkristalliger, schilfig- stengeliger, schwarzer Hornblende bestand, die mit weißem, feinfaserigem Tremolit innig verwachsen erschien. Neben dem Topfstein sind Tremolitschiefer festgestellt worden, die fast gänzlich aus wirrgelagerten, farblosen Tremolit- prismen zusammengesetzt erschienen, zu welchen da und dort etwas Chlorit sowie auch Talk in wechselnder Menge hinzutraten. — Der in Rede stehende Topfstein ist wohl in der gedachten Lokalität nicht anstehend, sondern neben einer kleinen Steinbruchspinge in soleher Menge umherliegend, daß über dessen Einlagerung im Unter- srunde kein Zweifel obwalten kann. D. Ursprungsgesteine, Entstehung und Alter der Topfsteinstöcke. Die Reste ursprünglicher Textur und Struktur sowie des ur- sprünglichen Mineralbestandes führen im Verein mit dem chemischen Charakter auf die richtige Deutung des Archetyps solcher umkristal- lisierter Massengesteine, wie es die Talkchlorit-Topfsteine unseres Diorit-Gabbromassivs sind. Talk, Chlorit, Strahlstein, Dolomit sind sekundäre, wasserhaltige Umwandlungsprodukte. Talk bildet sich im vorliegenden Falle aus tonerdefreien, der Chlorit aus tonerdehaltigen Gliedern der Pyroxen-Amphibolgruppe. Es ist eine bekannte Tatsache, daß sich der Tremolit mit Vorliebe in blätterigen und stengeligen Talk umwandelt; dabei dringen die Talkblättchen von der Peri- pherie, den Querklüften und den Spaltrissen aus vor und verdrängen nach und nach die Tremolitsubstanz. Ein Beispiel hierfür ist gerade der vorhin betrachtete Tremolit-Topfstein von Schwarzenstein. Da- gegen sind Umwandlungsvorgänge von Aktinolith selten zu be- obachten, er ändert in der Regel nur seinen Aggregatzustand und geht in feinfaserigen Asbest über, wie man dies in unseren Topf- steinbrüchen häufig beobachten kann. — Es ist ferner ein an Pyro- xeniten häufig beobachteter Umwandlungsvorgane, daß sie unter Wasseraufnahme direkt zu Talk und Chlorit zerfallen, wobei gleichzeitig Dolomit zur Abscheidung gelangt. Gemäß den Ergeb- nissen der mikroskopisch-optischen Untersuchung und den oben be- rechneten Gesteinsformeln hat der Kern unserer Topfsteinlinsen [81] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 133 sehr wahrscheinlich aus feldspatfreiem, an der Grenze gegen Gabbro stehendem massigen Pyroxenit bestanden, zusammengesetzt aus einem Gemenge von saurem Diopsid und einem tonerdereichen Diallag; ersterer lieferte den Talk, letzterer den Chlorit des Topfsteins; dagegen ist der Talkschiefer an der inneren Peripherie aus einem druckschieferigen W ebst erit hervorgegangen, dessen Kom- ponenten kalkarme, diopsidische Pyroxene waren. — Ferner bestand ursprünglich die äußere Prochloritschieferschale aus feldspat- freiem, druckschieferigem Amphibololit, zusammengesetzt aus vor- waltender basischer, an Al, O, und FeO reicher barkevitischer Hornblende an der Außenseite, untergeordnet einer inter- mediären Hornblende an der Innenseite. Die Außenschale überging zunächst an ihrer inneren Seite in Strahlstein, während der äußere Teil derselben dort, wo eine vermehrte Wasseraufnahme an den Salbändern begünstigt war, in Prochlorit unter gleichzeitiger Bildung großer Magnetite umgewandelt wurde. Obige Auseinandersetzungen haben Geltung auch für alle übrigen Topfsteinstöcke der Umgebung von Zöptau und Wermsdorf, insofern, als sie dieselbe gesetzmäßige Schalenstruktur erkennen lassen, was bei allen größeren Topfsteinlinsen zutrifft. Außerdem muB noch hervorgehoben werden, daß die Talkschiefer und Chloritschiefer unserer Topfsteinstöcke keine kristallinen Schiefer im landläufigen Sinne sind, wogegenihrstockförmigerkonzentrisch-schaliger Aufbau in entschiedener Weise spricht. Obigen Ausführungen gemäß waren es also Pyroxenite, welche das Substrat bildeten, aus dem die Topfsteinkerne auskristallisierten, dagegen ist deren Chloritschieferschale in einem basischen Amphibo- lolit prädisponiert gewesen. Es war eine feldspatfreieGrenzform der peripherischen Gabbrogesteine, mit denen sie geolo- gisch verknüpft sind, so daß sie mit diesen und den Dioritgneisen des großen Sattelkernes eine geschlossene petrographische Reihe bilden. Die Schalenstruktur der Topfsteinstöcke ist durch eine schlierige Anordnung des ultrabasischen Magmas entstanden, wodurch eine Differenziation von Tonerde- und Maonesiasilikaten nach den Salbändern hin stattgefunden hat, so daß wir in der überall bei allen Topfsteinstöcken gesetzmäßig angeordneten Chloritschieferschale die an Basen reichste Form des gemeinsamen Magmas zu erblicken haben. Die strukturellen Verhältnisse sowie die magmatische Ausschei- dungsfolge des großen Diorit-Gabbrolakkoliths finden wir an den Topfsteinstöcken im kleinen wiederholt. Diese lassen dasselbe Gesetz der Spaltungsvorgänge erkennen, so daß an der Peripherie zunächst ultrabasische, im Zentrum basische Glieder desselben erup- tiven Magmas zur- Auskristallisierung gelangten. Im Kern lagern grobkörnige und massige sowie grobklotzige Gesteine, während die Schale nach außen gegen die Salbänder hin stetig feinkörniger und feinschuppiger wird. — Was das relative Alter dieser Topfsteinstöcke, bezw. der ursprünglichen Pyroxenite in Beziehung auf die umschließenden Diorit- und Gabbrogesteine betrifft, gegen die sie diskordante, 134 Franz Kretschmer. [82] beziehungsweise durchgreifende Lagerung erkennen lassen, so sind sie wohl Xenolithen der gedachten Nebengesteine, sie haben diese letzteren durchbrochen und sind als der letztemporgekommene Teil des gemeinsamen Magmas anzusehen. Die Topfsteinmassen gehören also einem späteren Nachschub der eruptiven Diorit-Gabbromasse an, die bereits früher emporgestiegen und erstarrt war. — Die obengeschilderte Schalenstruktur findet ihre Erklärung in der mineralischen Prädisposition, die durch die mag- matischen Spaltungsvorgänge im vorhinein gegeben war, damit schien der Weg für die spätere Umkristallisation zu dem heutigen Mineralbestand der Topfsteinstöcke vorgezeichnet. Es ist sehr wahrscheinlich, daß diese eingreifende und umfassende Gesteins- umwandlung, welche die mächtigen Topfsteinstöcke zur Gänze er- faßt hat, durch kräftige Agentien bewirkt wurde, und zwar pneu- matolytische Prozesse, die zur Mitwirkung gelangten, als die zuletzt aufgebrochenen Pyroxenite bereits verfestigt waren und noch lange Zeit hindurch ihre Tätigkeit ausgeübt haben. Insbesondere waren es Thermalquellen und deren Dämpfe, welche aus den heißen Gesteinspartien aufstiegen und die Hydration und Oxy- dation der Pyroxenite bewirkten, denn eine Zufuhr anderer Stoffe hat nicht stattgefunden. Auf diese Weise konnten so bedeutende Ver- änderungen des Mineralbestandes der Topfsteinlinsen und ihrer Schalen zustandekommen, wie sie heute vor uns abgeschlossen liegen. Eine wesentliche Stütze erhält diese Ansicht durch die Tat- sache, daß die Topfsteinkörper in der Umgebung von Zöptau und Wermsdorf in der Regel von durchschnittlich ungefähr 1’0 m mäch- tigen gabbroiden Pegmatitgängen im Liegenden oder auch im Hangenden parallel dem Streichen begleitet werden, welche im nächsten Kapitel einer eingehenden Besprechung unterzogen werden sollen. Wo solche Pegmatitgänge nächst den Topfsteinvorkommen scheinbar fehlen, sind sie uns durch mangelhafte Aufschlüsse bisher verborgen geblieben. Jedenfalls ist die Bildung dieser Pegmatitgänge und die Umkristallisierung der Pyroxenite zu Topfsteinen auf genetisch verknüpfte Vorgänge zurückzuführen. V. Neuwirth!) hat sich neuerdings mit der Genesis der ge- dachten Topfsteinkörper befaßt und dabei den Nachweis zu erbringen gesucht, daß der Talk des Topfsteins und des Talkschiefers aus Strahl- stein entstanden sei, was insbesondere mit vereinzelt beobachteten Pseudomorphosen von Talk nach Strahlstein begründet wird. Nachdem Strahlstein ein sekundäres Umwandlungsprodukt ist, so müssen wir nach dessen Herkunft fragen, können also darin keine zureichende genetische Erklärung finden, abgesehen davon, daß Strahlstein in solch geformten Massen, wie sie zur Bildung der Topfsteinlagerstätten nötig wären, nirgends in der Umgebung von Zöptau vorkommen. Und was fangen wir mit der Strahlsteinschieferschale an, die in der Schieferhülle der Topfsteinkerne erhalten blieb? Warum ist nicht auch diese der Topfsteinbildung zum Opfer gefallen? Als Gegenbeweis dürfen wohl auch jene obengeschilderten Talkmassen dienen, die mit !) Jahrb. des mähr. Landesmuseums VI, 1906, pag. 170—175. [83] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 135 scharfkantigen Aktinolithprismen förmlich gespickt erscheinen. Jeden- falls kann auf dem von Neuwirth eingeschlagenen Wege, die Genesis der Topfsteinkörper durch chemisch-wässerige Tätigkeit zu deuten, keine Lösung gefunden werden. Daß Topfstein nicht aus Strahlstein ent- stehen kann, wird wohl durch obige Auseinandersetzungen, insbesondere durch die obigen chemischen Analysen nachgewiesen. Diese Sache ist nicht so einfach, speziell im Hinblick auf die bei allen Topfsteinstöcken gesetzmäßig wiederkehrende konzentrische Schalenstruktur, welche übrigens bei Neuwirth hinsichtlich ihrer Entstehung mit Still- schweigen übergangen wird! Die Prädisposition zur Bildung der Topf- steinkerne und ihrer Talkschieferhüllen sowie der äußeren Strahl- stein- und Chloritschieferschale ist unleugbar und kann nur durch Spaltungsvorgänge in einem ultrabasischen pyroxenitischen Magma erfolgt sein. Auf diese Weise findet der ausgezeichnete konzentrische Schalenbau der Topfsteinkörper sowie deren ovoide Gestalt eine mit dem Vorkommen in Einklang stehende befriedigende Erklärung. — Wären die Topfsteinkörper in dem Zöptauer Diorit- und Gab- bromassiv nicht vorhanden, müßten wir jedenfalls nach deren Ur- sprungsgesteinen, den Pyroxeniten und Amphibololiten, suchen, denn diese letzteren sind als ultrabasische Grenzglieder der Gabbroreihe fast in allen Gabbroformationen vertreten und mit den basischen und sauren Gliedern zu einer geologischen Einheit verknüpft, und zwar nicht immer als frische Gesteine, sondern häufig als daraus hervor- gegangene Serpentine, die durch das reichliche Auftreten von Talk und Aktinolith ausgezeichnet sind). So hat uns G. H. Williams die Kenntnis eines zu den Pyroxeniten gehörigen Websterits ver- mittelt, der aus rhombischen und monoklinen Pyroxenen besteht mit akzessorischem Plagioklas, Olivin und Spuren von Eisenerzen, die am Patapeco-River und bei Baltimore vorkommen und oft eine beginnende, seltener weit fortgeschrittene Serpentinisierung zeigen, bei welcher das reichliche Auftreten von Talk und Akti- nolith charakteristisch ist. Nicht selten fehlt (wie in unserem Falle) die Serpentinbildung ganz und es entsteht nur Talk inoftrechtgrobblätterigen Aggregaten. Ferner hat derselbe Autor Websterit von Skinner’s Cove, Nachvack, La- brador beschrieben, der etwas grüne Hornblende und Magnetit ent- hält und in vorgeschrittener Umwandlung zu Talk be- eritfen ist. Wie aus den obigen Ausführungen bezüglich der Gabbrogesteine, namentlich der Topfsteinstöcke, zu ersehen, ist die Umwandlung der Hornblende im Zöptauer Gabbrogebiet eine sehr mannig- faltige, und zwar liefert sie sowohl Strahlstein und Asbest, Klino- chlor und Prochlorit, zum Teil auch Tremolit und Talk, ferner Epidot etc., was seine Begründung in dem wechselnden che- mischen Charakter der Hornblende und den äußeren Ein- wirkungen findet. Es ist klar, daß die metasilikatische, grüne Hornblende bei der Gesteinsmetamorphose wesentlich Aktinolith, unter !)H. Rosenbusch, Physiographie d. Min. u. Gest. 4. Aufl., Bd. II, 1907, pag. 480. 136 Franz Kretschmer. [84] Umständen Tremolit und Talk, jedoch keinen Chlorit liefert, daß ferner die eisen- und kalkreiche Hornblende sich zunächst in Epidot und Aktinolith umwandelt, dagegen die orthosilikatische Hornblende vom Typus des Syntagmatits bei der Umwandlung sich zu Strahlstein und Orthochloriten, und zwar Klinochlor und Prochlorit, spaltet. Des weiteren ergibt sich durch Vergleichung der chemischen Analyse IX mit barkevitischer Hornblende, daß die Außenschale von Prochloritschiefer der Topfsteinkörper nur aus einer ähnlichen Al, O0; und Fe O reichen Hornblende entstehen, keineswegs Tremolit und Talk bilden konnte. Es soll nicht gesagt werden, daß aus diesen Hornblendevarietäten nur die obigen sekundären Mineralien um- kristallisieren konnten, vielmehr diese dem geringsten Grad von Veränderung gegenüber den ersteren entsprechen, daher zunächst- liegend erscheinen. — Verwendung des Topfsteines. Infolge seiner Feuerbeständigkeit wird derselbe hauptsächlich zu Ziegeln geschnitten, welche für solche hüttenmännische Feuerungs- anlagen der Eisenwerke zu Zöptau, Reutenhau und Stefanau Ver- wendung finden, wo geringere Temperaturen in Betracht kommen, und zwar für Ausmauerung der Kupolöfen, der Generatoren, Glüh- und Temperöfen, zu Dampfkesselfeuerungen etc. Dagegen werden die Hochofengestelle, die Schweiß- und Pudelöfen, also Feuerungs- anlagen, wo größere Widerstandsfähigkeit gegen hohe Temperaturen gefordert wird, immer nur mit den plattigen. Quarziten aus dem Petersdorfer Traußnitz (Fuchsstein und Hirsch- brunn) und von Weikersdorf unter Anwendung von Chamottemörtel ausgefüttert. Gegenwärtig wird jedoch sowohl der Tepfstein als auch der Quarzit durch Chamotteziegeln mehr und mehr verdrängt. Außerdem werden die Topfsteine wegen ihrer leichten Bearbeitung vielfach für die Zwecke des Hoch- und Straßenbaues verwendet, und zwar zu Tür- und Fensterstöcken, Wassertrögen, Futterkrippen, Pflaster- platten, ferner zu Geländersäulen, Radabweisern und Kilometersteinen etc. etc. Die Bauunternehmung der Herren Gebrüder Kleinin Wien hat im Jahre 18359 beim Bau der mährisch-ständischen Straße von Gabel nach Troppau die Topfsteinbrüche auf der Hüttellehne oberhalb Wermsdorf durch italienische Steinmetze im großen Maßstab ausgebeutet. — E. Saure Ganggesteine von pegmatitischem Habitus der Gabbrozone (Gabbropegmatite). Gleichwie der zentrale Dioritgneiskern werden auch die peri- pherischen Gabbrogesteine von geringmächtigen Pegmatitgängen durch- trümmert, speziell die Topfsteinstöcke sind es, die von derlei Gängen begleitet werden. Im Gegensatze zu den oben eingehend geschilderten alkalifeldspatreichen Pegmatitgängen des Dioritgneisgewölbes haben wir es hier mit Pegmatitgängen zu tun, die reich an Kalk- natronfeldspaten sind und auf denen mehrere Pegmatitvarie- [85] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 137 , täten einbrechen, und zwar Muskovitpegmatite, die gewöhnlich Alkalifeldspate mitführen, ferner Pyroxen- und Amphibol- pegmatite, die in der Regel hauptsächlich aus Plagio- klas bestehen, während der Orthoklas fehlt. Daneben werden Spaltungen in aplitische und quarzige Fazies auf ein und dem- selben Gange ausgebildet. Wir wollen nun an die Untersuchung der verschiedenen Varietäten dieser leutokraten Gesteine und der bemerkenswerten Vorkommnisse gehen. Der Muskovitpegmatit bietet ein panidiomorphes, groß- körniges Aggregat von weitaus vorherrschenden Feldspaten, und zwar Orthoklas mit Mikroklin und Plagioklas, während Quarz dagegen zurücktritt. Der silberweiße Muskovit ist spärlich eingestreut, nur gelegentlich in größerer Menge vorhanden; Biotit fehlt ganz oder ist sehr selten. Im Pyroxen- und Amphibolpegmatit überwiegt stets der Plagioklas über den Orthoklas, Quarz ist nur selten zu sehen, während Muskovit und Biotit gänzlich fehlen ; dagegen ist der Pyroxen oder in seiner Vertretung die Hornblende mehr oder weniger reichlich im Plagioklas eingesprengt, wodurch das Gestein auf weißem Grunde grüngefleckt erscheint. — a) Am Pfarrerb, NNO der Zöptauer Kirche, auf der bekannten Epidot-Albitfundstätte, sind die Pegmatitgänge teils mit Muskovitpegmatit, teils mit Amphibolpegmatit ausgefüllt. Im letzteren ist der Plagioklas weitaus vorherrschender Gemensteil; — in dessen zahlreichen miarolitischen Räumen sind an den Wandungen häufig kleine, wohlgebildete Zwillinge von Albit aufge- wachsen; die Kristalle sind dicktafelig oder säulenförmig nach der Hauptaxe gestreckt und sowohl nach dem Albit- als auch Periklin- gesetz sowie Karlsbader Gesetz verzwillingt. Die häufig eingesprengte Hornblende ist schwärzlichgrün, schilfig und langsäulig ausge- bildet sowie durch ihre interessanten Umwandlungen zu Aktinolith, Amiant und Asbest bemerkenswerte. — An anderen Stufen von hier beobachtete Verf. an Stelle des Amphibols langsäulige Aggregate von pistaziengrünem Epidot, welcher sich auf Kosten der kompakten Hornblende gebildet hat, worauf erhalten gebliebene Relikte der letzteren zweifellos hinweisen ; bei der Epidotisierung wurde wie gewöhnlich glasiger Quarz abgeschieden; als untergeordnete Begleiter sind zu erwähnen Ilmenit, Rutil nadelförmig und körnig. db) Am Mattenberge nordwestlich Marschendorf erscheinen als Komponenten eines solchen Pegmatitganges: vorherrschend Plagio- klas, und zwar Albit, eingesprengt mit olivengrünem Pyroxen und blaugrünem Amphibol, akzessorisch Titanit, Ilmenit und Rutil. In seinen Drusenräumen sitzen zahllose kleine, aber wohlgebildete, scharfe Albite, und zwar als Durchkreuzungszwillinge (ähnlich jenen von Col du Bonhome und Roc-Tournee); daneben Zwillinge nach dem Karlsbader und Periklingesetz; dazwischen sind zahllose neugebildete Ilmenitkörner, außerdem einzelne größere Bergkristalle zu bemerken. — c) Als ein merkwürdiger Pegmatitgang muß derjenige hervor- gehoben werden, welcher an der Ostwand des Topfstein- Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Band, 1. Heft. (Fr. Kretschmer.) 18 138 Franz Kretschmer. [86] bruches am Storchberg (Zöptau) einsetzt; derselbe ist durch den seitherigen Steinbruchbetrieb gut aufgeschlossen und besteht teils aus Pyroxenpegmatit als basischen, teils aus Glimmerpegmatit und glasigen Quarzmassen, den sauren Gliedern seiner Ausfüllungsmasse.. Die Komponenten des Glim- merpegmatits sind vorwaltend Orthoklas und Mikro- klin nebst Plagioklas, daneben macht sich etwas Quarz bemerk- bar; außer diesen wesentlichen Gemengteilen spielen brauner Biotit und goldgelber und silberweißer Muskovit doch nur eine unter- geordnete Rolle. — Dagegen führt der Pyroxenpegmatit neben vorherrschenden Kalknatronfeldspaten schwarzgrünen, pyra- midal-prismatischen Augit, hellgrasgrünen Diopsid; spärlich findet sich da und dort brauner Biotit, orangeroter Granat und Rutil- nädelchen und Körnchen. Die Augite zerfallen vorwiegend zu fein- schuppigem, smaragdgrünem Klinochlor und etwas wachsgelbem Talk. Amphibol und seine Umwandlungsprodukte scheinen hier gänzlich zu fehlen. Besonderes Interesse knüpft sich an den vor- waltenden weißen, perlmutterglänzenden Plagioklas dieser Pegma- titvarietät; derselbe besitzt einen nach M tafeligen Habitus; die nach der Hauptaxe gestreckten, u. d. M. farblosen Individuen sind nach dem Albitgesetz, häufig auch nach dem Karlsbader Gesetz ver- zwillingt, wodurch die P-Flächen starke Riefung zeigen und poly- synthetisch zu förmlichen Kristallstöcken verwachsen; auch Zwillingsbildung nach dem Periklingesetz ist in diesen prächtigen Kristallstöcken häufig; die Zwillingslamellen erscheinen dann an der M-Fläche in ungezählter Folge wiederholt und indem die erwähnten Zwillingsgesetze in Verbindung tretev, erscheint schöne Gitterstreifung der Mineralmasse, wobei sich die Lamellenzüge auf der Basis etwas schiefwinkelig schneiden; außerdem kommt durch Fortwachsung die ausgezeichnet lamellare Struktur dieser Feldspate derartig zustande, daß die Lamellen sowohl in der Richtung der Makrodiagonale parallel nebeneinander sowie in Richtung der Brachydiagonale hintereinander- gewachsen sind und gleichzeitig treppenähnlich vorspringen. Auch einfache Albitformen in polysynthetisch paralleler Verwachsung sind keineswegs selten; überhaupt kann man sich nicht bald etwas Schöneres als diese Kristallstöcke von Albit und Periklin vorstellen. Eine an den Spaltblättchen ausgeführte Bestimmung der Auslöschungs- schiefe ergab + 4° 30° im Albitzwilling, wodurch die Bestimmung des Plagioklases als Albit bestätigt wurde. In unmittelbarem Kontakt mit der Chloritschieferschale der Topfsteinlinse ist der Albit zu dichtem, mattem, wachsähnlichem Zoisit umgewandelt und mit Bruchstücken des Chloritschiefers teilweise verknetet. — Schriftgranitische Verwachsungen fehlen hier gänzlich, sie sind auch im Glimmerpegmatit nicht häufig, da der Quarz zur selbständigen Ausscheidung neigt. Obige Pegmatitvarietäten weisen darauf hin, in welchem Maße dieselben von ihrem Stammagma abhängig waren und wie die Um- wandlungserscheinungen an ihrem Mineralbestande mit denjenigen ihrer Umgebung in Übereinstimmung stehen, weil denselben Ursachen unterworfen waren. — [87] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 139 Oberhalb dem Topfsteinbruch am Storchberggegen den Rabenberg, stieß ich auf einen ähnlichen Pegmatitgang, in dessen Umgebung der herrschende Gabbroschiefer in Chlorit- schiefer umgewandelt erschien und worin noch bis 0:5 m große Hornblenditkugeln als Relikte erhalten geblieben sind. Dieser Chloritschiefer war durch zwei Schurfgräben gut aufgeschlossen, welche in der Hoffnung auf Topfstein gezogen wurden, die sich jedoch nicht erfüllt hat. d) Der Topfsteinstock am Hausberg im Sensenzipfel (Wermsdorf) wird ebenfalls von einem Pegmatitgang begleitet, der jedoch hier im unmittelbaren Ilangenden einsetzt. — e) In der Nachbarschaft der Topfsteinstöcke an der „Hinteren Hüttellehne* (großer Bruch) treten auch solche Pegmatitgänge, und zwar hier im Liegenden auf, die ebenfalls vorwiegend aus stark zwillingsstreifigem Plagioklas mit eingesprengtem Pyroxen und Amphibol zusammengesetzt sind, welch letzterer des öfteren zu nadeligem Aktinolith und Asbest umgewandelt erscheint; die Wände ihrer miarolitischen Räume sind von Albit- und Periklinzwillingen besetzt oder diese letzteren bilden auch hier prächtige Kristallstöcke. In den Drusenräumen wurde außerdem säulenförmiger, pistaziengrüner Epidot, ferner schneeweißer Desmin, in Büscheln kreuz und quer angeschossen, als auch andere unbestimmte Zeolithe sowie Chloritstaub als ÜUberrindung beobachtet. — Daß diese Plagjioklas-Pegmatitgänge, welche in der Regel die Topfsteinstöcke begleiten, mit diesen genetisch verknüpft sind, scheint nach allem zweifellos. Feldspatfreie, stockförmige Pyroxenite und kalknatronfeldspatreiche Pegmatitgänge sind die extremen Formen eines gemeinsamen ultrabasischen Magmas und bilden im Hinblick darauf ein zusammengehöriges Ganzes. Wahrschein- lich sind die Plagioklaspegmatite auf denselben Spalten beziehungsweise Schlotten später emporgedrungen, auf welchem früher die Ursprungs- sesteine der Topfsteinstöcke, die Pyroxenite, emporgekommen waren. Jedenfalls waren es Kontraktionsspalten in dem erstarrten Diorit-Gabbro- massiv, auf dem diese Nachschübe des Magmaextraktes stattfanden. Die Umwandlung der Pyroxenite in Topfstein dagegen beruht auf hydro- thermalen Prozessen, welche noch lange Zeit hindurch auf diesen Spalten nachwirken konnten. — V. Die kristallinische Schieferhülle. Dieselbe zerfällt in zwei voneinander verschiedene petro- graphische Bezirke, von denen sich der kleinere von SSW her über einen Teil des Zöptauer metamorphen Diorit- und Gabbromassivs ausbreitet und vorwaltend aus Glimmerschiefern und Quarziten besteht, dagegen das an der Nordostflanke verbreitete, hauptsächlich aus Schiefergneisen zusammengesetzte Gebiet von NO her das gedachte Massiv bedeckt, dergestalt, daß letzteres unter ersteres 137 140 Franz Kretschmer. : E 8] untertaucht. Gewichtige Gründe sprechen dafür, daß die Glimmer- schiefer und Quarzite die obere, dagegen die Schiefergneise die untere Stufe vorstellen. A. Die Glimmerschiefergruppe und ihre Kontakthöfe. Dieser an der Südwestflanke der Zöptauer metamorphen Eruptiv- masse ausgebreitete Teil der Schieferhülle repräsentiert einen Komplex mannigfaltiger, rasch wechselnder Gesteinstypen, der überall an den Grenzen gegen die Tiefengesteine durch ausgedehnte Kontakt- sebilde von ansehnlicher Mächtigkeit ausgezeichnet ist, welch letztere untenfolgend den Gegenstand eingehender Schilderung bilden sollen. An der Zusammensetzung dieses Teiles unserer Schieferhülle beteiligen sich nachstehende Gebirgsglieder: 1..Quarzite. 2. Weißer Muskovit-Glimmerschiefer, zum Teil Granat- und Staurolith-Glimmerschiefer, auch Fuchsitschiefer und Disthen- Glimmerschiefer. 3. Echte Phyllite, feldspatige Phyllite (Gneisphyllite). 4. Manmnigfaltige Amphibolite und Grünschiefer von Diabasen abstammend. Der grobschieferige Quarzit übergeht durch Zunahme des Glimmers auf Kosten des Quarzes allmählich in Glimmerschiefer ; derselbe nimmt gelegentlich Feldspat auf und erscheint dann als Gneisglimmerschiefer. Letzterer übergeht des Öfteren durch phyllit- ähnliche, feldspatreiche Glimmerschiefer in Pbyllite, welche ihrerseits Feldspate und Muskovit aufnehmen und Gneisphyllite bilden. Der Feldspat ist gewöhnlich auf die Glimmerflasern beschränkt und bildet daselbst Flaserkerne. Durch die kolossalen Abtragungen des zentralen Längstales der Merta und des Zöptauer Quertales wurde die gedachte Schieferhülle in zwei heute voneinander getrennte Flügel und viele Schollen zerstückt, dagegen die Scheitelkalotte fehlt, deshalb die Rekonstruktion der einzelnen Teile dieses einstmals ausgedehnten Daches auf Schwierigkeiten stößt. (Siehe die geologische Übersichtskarte und Querprofile Fig. 1 und 2, Tafel V.) Als Überreste der einstigen Schieferhülle sind bisher folgende Gesteinskomplexe festgestellt worden: a) Ausgebreitete Quarzit- und Glimmerschieferzone im Trauß- nitzwald, die vom Fuchsgrund und dem Mittelstein herüberstreicht und am Butterhübel, den Hammerbüscheln, ferner an ihrem Südostflügel, das ist am Rauhbeerstein, zungenförmig in das metamorphe Diorit- und Gabbromassiv eingreift. Dieselbe umfaßt in Ihrem Hangenden mächtig entwickelte Quarzite, dagegen im Liegenden vier schwächere Quarzitlager, welche in die daselbst herrschenden Glimmerschiefer und Phyllite eingefaltet sind und ein interessantes Beispiel von Schuppenstruktur darbieten, wie wir weiter unten sehen werden. b) Relikte der Quarzit- und Schieferschollen am Kupferbersg, dicht westlich Wermsdorf. [89] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 141 ’ c) Große Quarzit- und Schieferscholle am Weißenstein nebst untergeordneten Einschaltungen davon am Ostgehänge des Schwarzensteines zu Petersdorf. d) Der restliche peripherische Nordwestflügel an dem Westgehänge des Steinigberges, des Schwarzensteines und in der Gabel an der Einmündung des Mertabaches in den Teßfluß nächst Petersdorf. — Überall dort, wo die Hüllschiefer an den metamorphen Diorit- und Gabbrokern und dessen Apophysen grenzen, haben sich charakte- ristische Kontaktgesteine in der Grenzzone ausgebildet, speziell werden die in die Eruptivmasse versenkten Schieferschollen rings umher von mehr oder weniger mächtig entwickelten Kontaktgebilden begleitet oder es wurden lokal ganze Schollen von der Kontakt- metamorphose erfaßt. Die Ahnlichkeit der Hüllgesteine, das heißt deren Relikte am Nordwestflügel am Weißenstein, Schwarzenstein und Steinigberg, mit jenen am Südostflügel im Petersdorfer und Zöptauer Trauß- nitzwald ist eine solch frappante, daß über die einstige Zusammen- gehörigkeit derselben vor deren Zerstörung kein Zweifel obwalten kann. Nachdem der Südostflügel unserer Schieferhülle noch weit besser und vollständiger erhalten ist, so soll nun zunächst dieser näher betrachtet werden. I. Kontaktschiefer und -Quarzite am Butterhübel (Lasswirtschaft) im Petersdorfer Traussnitz. Begreift man unter Glimmerschiefer ein Gemenge von Glimmer und Quarz, so wird im Gegensatze dazu der granatführende Schiefer vom Butterhübel gänzlich aus feinsten Lamellen von silberweißem Muskovit zu welligen Strähnen geordnet aufgebaut, worin der Quarz gewöhnlich fehlt, es ist also ein reiner Musko- vitschiefer; derseibe wird infolge Verwitterung erbsgelb, rostgelb, tombakbraun, durch Eisenglanzschüppchen blutrot oder durch Graphit rauchgrau gefärbt. Auf den Strukturflächen macht sich überall starker Seidenglanz geltend, die Muskovitlamellen legen sich um die zahlreichen Porphyroblasten von Granat etc. wellig herum und gewähren auch sonst den Anblick ausgezeichneter Parallelstruktur sowie zartester Fältelung. Die erwähnten Porphyroblasten von Almandin (Eisentongranat) sind kolumbin- und karmoisinrot bis amethystfarbig, durchsichtig, mit starkem Glasglanz, die Kristalle 4 bis 8 mm groß, ihre Kristall- formen sind: © 0 (110); 202 (211).00 (110); © 0 (110). 305 21); sämtliche Flächen von © O zeigen zarte Streifung parallel zur längeren Diagonale; die Kristalle oft zu Kristallstöcken vereinigt; auf den Strukturflächen auf- und eingewachsen. — Der gemeine Granat zeigt gewöhnlich nur die Form oO (110) und ist oft in sehr zahlreichen erbs- bis haselnußgroßen Kristallen in dem hell- farbigen Muskovitschiefer eingewachsen; die Kristalle sind matt, glanzlos, undurchsichtig, sehr häufig mehr oder weniger kantengerundet oder aber zerfressen; lokal ist das Gestein völlig damit gespickt. — 142 Franz Kretschmer. [90] Staurolith ist hier nur im untergeordneten Maße vertreten, dabei meistens stark korodiert. — Dagegen ist der Magnetit in zahllosen kleinsten O (111) und Körnchen der Muskovitmasse allüberall reichlich eingestreut. — Aus der Wechselwirkung von Plagioklas und Hornblende sind interessante Kontaktgebilde von Epidot entstanden, und zwar ist es grau- bis grasgrüner Pistazit in derben, körnigen sowie zuweilen auch kurzsäuligen Aggregaten in Begleitung der Aus- scheidungsprodukte: glasiger Quarz, Ilmenit und Limonit; in den Epidotdrusen findet sich Periklin, Amiant und Asbest. Der Pistazit tritt im Schiefer als schwache Adern und Ganstrümmer, die rasch absetzen, auf. — Ahnliche Kontaktmineralien wie hier am Liegendkontakt der Quarzit-Glimmerschieferzunge hat man weiter unterhalb am Westge- hänge des Butterhübels insbesondere dort angetroffen, wo der Wirt- schaftsweg tiefer in das Terrain einschneidet und gute Aufschlüsse darbietet. Der Muskovitschiefer ist auch hier mit gemeinem Granat in kleinen Kristallen gespickt, derselbe nimmt Chrom- slimmer auf, dadurch in schmalen Lagen grüngefärbt, dann Fuch- sitschiefer genannt. — Der Quarzit ist lokal sehr muskovit- reich sowie umkristallisiert, die Körner gerundet und innig verflößt; darin finden sich zahlreiche Bergkristalle zu Gruppen geordnet oder zu Drusen vereinigt, worin IIlmenit in Körnern und Plättchen sowie vereinzelt kleine stahlblaue Anataspyramiden, Rutil in Körnern sowie in kürzeren oder längeren Prismen gefunden wurden. Die Bergkristalle sind wohl nur 2 bis 10 mm groß, zeigen außer oaR.+tR.2P2 auch untere und obere Trapezoeder; die Flächen — R gewöhnlich natürlich geätzt, auf © R horizontale Streifung; neben den meist einfachen Individuen fehlen keineswegs Zwillinge. Im Gegensatze zu diesen Produkten der Umkristallisation sind andere Kontaktquarzite mehr oder weniger mit Pistazit imprä- gsniert oder sie nehmen größere Mengen von Plagioklas auf, da und dort finden sich darin etwas Granat, Diopsid, zum Teil in Talk umgewandelt. Einzelne Lagen dieser Kontaktquarzite sind mit Pyrit der Form © O0 © sowie in körnigen und kavernösen Aggregaten dicht gefüllt, welche jedoch gänzlich zu Göthit und Limonit umge- wandelt erscheinen. Die Fortsetzung der Quarzit- und Glimmerschieferzunge vom Laßweg finden wir im Taubenbüschel und in dem Rechtsgehänge des Krebsgrundes wieder, wo sie mit dem breiten Quarzitlager gegen SSW zusammenhängt; hier sind die Glimmerschiefer ebenfalls mit Granat reichlich gespickt, während die Quarzite durch ihren Reich- tum an Muskovit und Serizit derart auffällig erscheinen, daß sie teils als Quarzglimmerfelse, teils als flaserige Quarz- schiefer bezeichnet werden müssen. Diese Mineralneubildungen, Anreicherungen mit Erzpartikeln und Beschaffenheit der Gemengteile sowie Hornfelsstruktur sprechen deutlich dafür, daß gedachte Gesteine durch Kontaktmetamorphose am Diorit-Gabbromassiv umkristallisierten, wobei neue Komponenten darin entstanden sind. I) [91] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 143 2. Kontaktschiefer und Kontaktgneise in den Hammerbüscheln im Traussnitz, östlich Petersdorf. An dem Nordgehänge des Krebsgrundes greift die von SSW vordringende Schieferhülle mehrfach keilförmig in das meta- morphe Diorit-Gabbromassiv ein und haben sich in der ansehnlich verbreiteten Kontaktzone des daselbst anorthositähnlichen Gabbro, beziehungsweise seiner Amphibolite bemerkenswerte Kontaktgesteine ausgebildet. Dem gelblichweißen bis erbsgelben, seidenglänzenden Mus- kovitschiefer vom Butterhübel begegnen wir auch hier, jedoch ist er daselbst häufig dadurch ausgezeichnet, daß neben Muskovit smaragdgrüner bis spangrüner Fuchsitals wesentlicher Gemeng- teil auftritt, dem Gestein eine intensiv spangrüne Färbung verleihend. Im Gegensatz dazu steht die durch Hämatitschüppchen und Hämatitstaub blutrot gefärbte Varietät des Muskovitschiefers. Neben Muskovit bemerkt man in diesem Schiefer häufig Bündeln von faserigem und strähnigem, farblosem und weißem Sillimanit. In diesem Glimmerschiefer liegen ferner mehr oder weniger zahlreiche Ein- sprenglinge von Staurolith und Granat (teils Almandin, teils gemeiner Granat), seltener ist Disthen, um welche Porphyroblasten sich die dünnen, elastisch biegsamen Schieferlamellen flaserig herum- legen; außerdem enthält die Glimmermasse Magnetit in zahllosen Oktaödern, Körnchen und Trümmchen, zum Teil in Brauneisenerz verwittert; akzessorisch ist farbloser und weißer Plagioklas und Quarz. Die geschilderten Gesteine sind oft mit Staurolith, weniger mit Granat völlig gespickt und daher vorherrschend Stauro- lith-Muskovitschiefer, beziehungsweise Staurolith-Fuch- sitschiefer. Dıe erwähnten Kontaktmineralien sind wie folgt ausgebildet: Staurolith zumeist in einfachen, säulenförmigen Kristallen der Form © P (110). P &(010).. oP (001) bis 20 mm lang, 6 mm dick, schwarzbraun, mehr oder weniger glas- glänzend, des öfteren in schiefwinkeligen Kreuzzwillingen, wobei 38 Ko aus P2 5 (232) Zwillingsebene, demzufolge beide Individuen unter 60° gekreuzt. Eine andere, ebenso häufige Kombinationsform ist: o P (100). o P&(010).Px&(101).oP (001); wobei oP zuweilen fehlt, dann die Kristalle an den beiden Polen mit scharfer Schneide endigen. — Disthen (Cyanit) in langsäulenförmigen, bläulich und grünlichblau gefärbten, zuweilen wellig gebogenen oder zerrissenen Kristallen bis 25 mm lang, 3 mm breit in der gewöhnlichen Komb.-Form: o Po (100). P & (010) vorwaltend sowie &P(110).« P' (110) unter- geordnet, o P (001) selten, zumeist nur dünn- und breitstengelig; öfters zu garbenförmigen Aggregaten vereinigt. — Granat: hanfkorn- bis erbsengroße Kristalle der Form » 0, sehr oft kantengerundet, unregel- mäßig, kugelig, und zwar zumeist gemeiner Eisentongranat, rotbraun, undurchsichtig, mait oder glasglänzend; häufig jedoch auch als Almandin, karmoisin- und kolumbinrot, Kristalle der vielfachen 144 Franz Kretschmer. [92] Form © OÖ oder in Komb. mit 202, durchsichtig, bei starkem Glas- glanz, Bruchflächen fettglänzend. — Mit den gedachten feinschieferigen Kontaktschiefern von aus- gezeichneter Parallelstruktur und Fältelung stehen innig verknüpft srobschieferige, grobklotzige Gesteine, die sich als grob- körnige Gemenge von Orthoklas und Plagioklas, Muskovit und Fuchsit, Quarz, Staurolith und Granat erweisen; als Nebengemengteile sind darin vertreten: Magnetit und Ilmenit, Silli- manit und Disthen. Feldspate und Quarz sind da und dort durch Eisenglanzschüppchen blutrot gefärbt, der Staurolith zumeist kurz- säulig und in einfachen Kristallen. -— Andere Stufen lassen als Hauptgemengteile erkennen: Zwillingsstreifigen Plagioklas, zum Teil in deutlichen Kristallen, Orthoklas, Staurolith, Musko- vit und Fuchsit, reichlich faseriger Sillimanit, der insbesondere den Staurolith in Strähnen bedeckt, und Cordierit in blauen Körnern und Kristalloiden, wenig Quarz, zum Teil schriftgranitisch verwachsen; Magnetit und Ilmenit bilden Nebengemengteile. — Diese Gesteine besitzen die typische Hornfelsstruktur der Kontaktgesteine; auf den Strukturflächen treten die Feldspate als dichtgedrängte Knoten hervor (Blatterstein), so wie sie auch häufig die Flaserkerne bilden, um welche sich der Glimmer wellig anschmiegt. Diese Gesteine wären somit als Staurolith-Kontaktgneise anzusprechen. — 3. Der Südostflügel der Schieferhülle am Rauhbeerstein. a) Granatglimmerschiefer am Nordabhang. Auf der Spitze des Rauhbeersteins (Kote 790 m) selbst, türmt sich der Phyllit in nackten, zu Tage anstehenden Felsmassen hoch auf und fällt steil gegen West ab, während gegen Ost hin sich das Terrain sanft abflacht, ein Verhalten, das sich in der Schieferhülle und dem weiter östlich angrenzenden Unterdevon häufig wiederholt. Der Nordabfall des Berges besteht aus Glimmerschiefer, Quarzit, Phyllitgneis und echtem Phyllit in Wechsel- lagerung, welche Gesteine auch hier in die zentrale metamorphe Eruptivmasse keilförmig vorstoßen. (Siehe geol. Kartenskizze Taf. V.) Der Glimmerschiefer enthält jedoch neben seinen normalen Kom- ponenten auch noch größere Biotitschuppen, haselnußgroße Granatkristalle, insbesondere in den massenhaft eingelagerten Quarzlinsen und Quarzadern; dagegen herrschen an der West- seite des Rauhbeersteins seidenglänzende, rauchgraue Phyllite von zarter Fältelung, welche steil abstürzen und rasch in helle, gelblichweiße Glimmerschiefer verlaufen, die sowohl durch ihren auffälligen Seidenglanz sowie durch die darin massenhaft auf- tretenden Staurolithe ausgezeichnet sind, wovon untenfolgend die Rede sein wird. Das allgemeine Streichen schwankt 1 h bis 3 h, das Fallen er- folgt konstant gegen NW zwischen 19 h bis 21 h abwechselnd, an der Nordseite X 65—70°, auf der Bergesspitze X 40-—-45°, ferner an der Westseite unter X 45°. Die streichenden Kreuzklüfte folgen [93] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 145 Y = - 4 h, das Verflächen 10 h unter X 80%; dagegen die stärker geöffneten Querklüfte 9 bis 10 h streichen und mit 3 bis 4 h unter X 70 bis 80° verflächen. Solche Diaklasen wiederholen sich in der Umgebung von Zöptau in allen Formationsgliedern mit gesetzmäßiger Regelmäßigkeit, weil sie ihre Entstehung den großen, allgemein wirkenden geodyna- mischen Druckkräften verdanken, worauf wir noch weiter unten zurückkommen werden. Die Granatfundstelle am Nordabhang des Rauhbeersteins liegt bereits auf Zöptauer Terrain, und zwar auf den Wald- und Acker- parzellen der Erbrichterei, wo sich das granatführende Gestein, teils anstehend, teils in zahllosen Blöcken und Trümmern herumliegend, insbesondere auf den „Steinrücken“ findet. Der hier eingesprengte Granat ist ein undurchsichtiger semeiner Granat, der zum Eisentongranat gehört, seine kirsch- roten und rotbraunen durchwegs größeren, stark glasglänzenden Kristalle der einfachen Form o OÖ, sind gewöhnlich den Quarz- linsen des Glimmerschiefers eingewachsen, sie erreichen in der Regel die Größe von 15 bis 20 mm und darüber. b) Staurolithschiefer, Staurolithgneis und Staurolith- fels am Westabhang des Rauhbeersteins. Diese wichtigen Kontaktgesteine liegen bereits auf den zur Gemeinde Petersdorf gehörigen Waldparzellen, wo der hellfarbige, seidenglänzende Glimmerschiefer zu Tage ansteht oder in großen Blöcken aus dem Waldhumus hervorragt; darin finden sich neben den normalen Gemengteilen Muskovit und Quarz, letzterer in Adern und Linsen, viel Plagioklas (Albit) und etwas Orthoklas in Körnern, nebst schuppigem Biotit; derselbe ist zumeist mit größeren Staurolithen mehr oder weniger gespickt, die von Muskovit- lamellen umflossen sind; akzessorisch ist Fisentongranat, insbe- sondere in den Quarzadern und Linsen; ferner hirsekorngroße Magne- titkriställchen der Form O oder auch in gerundeten Körnern. Die deutlich pleochroitischen Biotitschuppen sind insbesondere in den Muskovit- und Plagioklasaggregaten eingestreut. Der Staurolith ist in der Regel dem Glimmerschiefer einge- wachsen oder auf seinen Strukturflächen aufgewachsen, teils in lang- prismatischen Einzelkristallen der Komb.-Form & P » (010)... P (110). P & (101), teils in zahlreichen schiefwinkeligen Kreuzzwillingen, EEE wobei sich die Individuen unter 60° schneiden und z P> @3) als Zwillingsebene erscheint, zuweilen schneiden sie sich unter 90°, daher B) 5 Po (032) die Zwillingsebene bildet. Die Kristalle sind schwärz- lichbraun, mitunter rötlichbraun, zeigen harzigen Glasglanz, sind undurchsichtig bis durchscheinend, pleochroitisch: c dunkelbraun ins Rote, « und 5b beide ähnlich lichtgelb, Härte = 7...7'5. Die lang- prismatischen Einzelkristalle erreichen die Größe bis 30 mm Länge und 10 mm Dicke, die Kreuzzwillinge sind gewöhnlich kleiner, Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Band, 1. Heft. (Fr. Kretschmer.) 19 146 Franz Kretschmer. [94] 20 mm lang und 5 mm dick. — Der mitvorkommende Granat ist gewöhnlich nur klein, zirka 3 bis 8 mm groß, es ist ein Eisenton- granat, undurchsichtig bis durchscheinend, kirschrot bis rotbraun, und zeigt gewöhnlich die wohlgebildete scharlkantige einfache Form ® 0, selten die Kombinationsform © O (110).3 O - (321). Da und dort erscheint der Granat durchsichtig, sanft rosenrot gefärbt und gehört zum Almandin. — Der Muskovit ist zum Teil serizitisiert und nehmen solche Serizitaggregate zuweilen eine faserige Textur an, welche dennoch äußerst zartschuppig erscheint. — Durch Zunahme der Staurolithe und der Feldspate im Stauro- lithschiefer auf Kosten der lamellaren Komponenten wird ein grob- körniger Staurolithgneis von granoblastischer Struktur ausgebildet, welcher insbesondere auf dem Querbruch ein mit Feldspaten, Staurolith, zum Teil Granat förmlich gespicktes Aussehen be- sitzt. — Zuweilen nimmt die Menge des Stauroliths derartig zu, dab er zum Hauptbestandteil wird, während Quarz, Muskovit und da und dort Plagioklas lediglich die Zwischenräume des idiomorphen Stauroliths ausfüllen; das Gestein erscheint schwarzbraun, von sehr grobkörniger, granoblastischer Struktur und muß füglich als Stauro- lithhornfels bezeichnet werden. — Diese prächtigen, plagioklas- reichen Staurolithschiefer und Staurolithgneise sowie die Staurolith- felse sind echte Kontaktgesteine, worüber die massenhaften Neubildungen wie nicht minder ihre Hornfelsstruktur keinen Zweifel übrig lassen. Dieselben sind an jene Apophysen gebunden, welche die Dioritgabbromasse auch hier an der Südostflanke ihrer Schieferhülle zwischen die Gesteine der letzteren entsendet und in der Grenzzone obige Gebilde der exomorphen Kontaktmetamorphose hervorgerufen hat. — Was die Mächtigkeit der obengeschilderten Kontaktbildungen betrifft, so ist man nur auf Schätzungen angewiesen, weil Waldbedeckung tieferen Einblick hindert, immerhin kann die Mächtigkeit nach den vorhandenen Entblößungen, Steinhalden und Lesestücken auf 20 bis 40 m und darüber geschätzt werden. — c) Granat-Glimmerschiefer bei der Annaquelle nächst dem Heidelbeerstein im Traußnitz. Diese Lokalität ist durch die im Muskovit-Glimmerschiefer massenhaft eingewachsenen Granaten ausgezeichnet und seit längerer Zeit in Sammlerkreisen, aber noch nicht in der Literatur bekannt. Von hier stammen die meisten und schönsten Zöptauer Granaten und Granatglimmerschiefer, welche in den privaten und Öffentlichen Samm- lungen Österreichs und Deutschlands zu sehen sind. Der daselbst auftretende weiße, stark seidenglänzende Glimmerschiefer streicht vom Rauhbeerstein hierher und besteht vorwiegend aus Muskovit und Quarz in Leisten, Trümmern und Linsen. Der Muskovit verwittert häufig rostgelb bis tombackbraun oder er ist durch Eisenglanzschüppchen blutrot, durch Graphit rauchgrau gefärbt, weshalb der Schiefer in denselben Farben erglänzt; der Magnetit ist auch in diesem Schiefer in zahllosen Körnchen eingestreut. [95] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 147 Der hier dem Glimmerschiefer in zahllosen Individuen einge- wachsene Granat ist gewöhnlich 5 bis 10 mm groß, größere Kristalle messen 20 bis 30 mm, sie erscheinen durch ihre regelmäßige, voll- flächige und scharfkantige Rhombendodekaäderform sowie deren lebhaften Glasglanz bemerkenswert, ihre Farbe ist in der Regel tief- dunkelrotbraun, seltener braunrot, undurchsichtig und kantendurch- scheinend, sie sitzen oft dichtgedrängt in zahlreichen Kristallen beisammen. Andere Mineralien scheinen hier nicht assoziiert zu sein. — In der Nachbarschaft dieser reichen Granatfundstelle wurde in jüngster Zeit in demselben Glimmerschiefer noch ein zweiter Granatfundort aufgedeckt, welcher gegenwärtig prächtige Stufen mit ebenso wohlgeformten Granatoedern liefert. — In der Nähe obiger Granatfundstätten lagert einschieferiger Amphibolit, dem Eisentongranaten eingesprengt sind, auf dessen Klüften Verf. schöne Drusen 5 bis 10 mm großer Berg- kristalle beobachtet hat, welche durch Eisenoxyd weingelb gefärbt erscheinen. Auf diesen Bergkristallen sitzen nun stahlblaue und cochenillrote Kristalle von Anatas, die 3 bis 5 mm groß sind; ihre Komb.-Form ist bei vorherrschenden Pyramiden: P (111). oP (001); und Pill). > P (112): sie sind halbdurchsichtig bis undurchsichtig und zeigen metallischen Diamantglanz. — Daneben kommt in den Bergkristalldrusen auch der Rutil in gelblichbraunen Säulen vor, und zwar in der Komb.-Form: oo P (110). oP (001); durchscheinend bis undurchsichtig, bei metallischem Diamantglanz. Dieses Vorkommen und jenes obenge- schilderte vom Butterhübel (Laßwirtschaft) bringt die Zöptauer Mineral- fundstätte gewissen alpinen, insbesondere jenen aus dem Rauriser und Krimmler Tal, näher. Hierher dürfte wohl auch jener Glimmerschiefer von Zöptau gehören, über den bereits F. Kolenati!) ohne nähere Fundortangabe berichtete und worin Turmalin in braunschwarzen bis 25 mm langen Prismen zusammen mit Staurolith vorkommt. Verf. fand seinerzeit einen graubraunen Glimmerschiefer mit solch großen Turmalinen (Schörl) bei Rudelsdorf, also am östlichen Flügel unseres Schiefermantels, allerdings nicht anstehend, sondern nur im Bachbettgerölle des Zöptauer Baches in größerer Menge. 4. Die Quarzitbrüche im Fuchsstein, Hirschbrunn im Petersdorfer Traussnitz und im Riegelbusch bei Weikersdorf. Die Quarzite daselbst bilden wesentliche Bestandteile der- selben Glimmerschieferzone, welcher die obengeschilderten exomorphen Kontaktgebilde angehören; erstere bestehen zunächst aus einem breiten Lager am Hangenden, dem gegen das Liegende vierin den Glimmerschiefer und Phyllit isoklinal ein- !) Die Mineralien Mährens und Schlesiens, pag. 47. 19* 148 Franz Kretschmer. [96] gefaltete schwächere Quarzitlager nachfolgen. Mit dem Fuchssteinbruche wird das erste Liegendlager abgebaut, das vom Krebsgrunde mit der Richtung SSW in den Fuchsgrund streicht. Der Hirschbrunnsteinbruch hat das zweite Liegendlager zum Gegenstande des Abbaues, das vom Krebsgrund gegen den Mittelstein weiterstreicht. Das breite Hangendlagser findet seine Fortsetzung im Riegelbusch bei Weikersdorf, worin hier zahlreiche Stein- brüche betrieben werden; weiterhin versinkt es unter dem Diluvium des Teßtales. Der QuarzitdesFuchssteinbruches ist ein kleinkörniges Asgregat innig miteinander verschränkter Quarzkörner mit glänzendem Bruch, dessen Parallelstruktur durch den auf den Schieferungsflächen reichlich verteilten Muskovit bedingt wird. Auf den Schieferungs- und sonstigen Strukturflächen ist dunkelstahlgrauer Eisenglimmer sowie blutrotes Roteisenerz aufgestreut, außerdem finden sich daneben vereinzelt gelbroter, säuliger oder körniger Rutil sowie da und dort schwärzlichbraune Ilmenitkörner. Glimmer und Erze verwittern gern zu messinggelben, kirsch- und blutroten Uberzügen auf den erwähnten Strukturflächen. Die Quarzite und Quarzschiefer im Traußnitz zeigen außerdem auffallende Spuren der. Einwirkung mechanischer Kräfte, und zwar Streckung, Zerrung und Fäitelung, so wie sie auch stellen- weise zu parallel gerieften Scheiben mit splitterigem Bruch zerquetscht erscheinen. H. Wilschowitz fand in den Quarziten der Rauhbeer- steingegend gar nicht selten Schnüre und Lagen sowie mehr als faustgroße Knollen grobspatigen Kalzit. — Das Quarzitlager des Fuchssteinbruches hat zum Hangenden einen stark verwitterten feldspatigen Phyllit (Gneisphyllit); sein: in Abbau genommene Mächtigkeit beträgt 16 m; gegen das Liegende hin übergeht er sukzessive durch Anreicherung der Muskovite in Glimmerschiefer. Das allgemeine Streichen ist 2 h, das Verflächen 20 h unter X 60° Von den gesetzmäßigen Klüften, die gerade im vorliegenden Falle von großer Wichtigkeit sind, werden beobachtet streichende Kreuzklüfte, deren Streichen 2 h, dagegen das Verflächen 8h X 40° ist; Querklüfte, deren Streichen 10 h, das Verflächen nach 4 h unter X 60 bis 70° ist; diese folgen sich in Inter- vallen von 50 bis 90 cm, während die Schichten 0:10 bis 35 cm in der Mächtigkeit wechseln. Hier sehen wir also dasselbe Diaklasen- system ausgebildet, wie wir es überall in der Umgebung von Zöptau in merkwürdiger Regelmäßigkeit zu beobachten Gelegenheit haben, wo dasselbe in den Quarziten besonders scharf ausgeprägt ist und dem wir die schöne Spaltbarkeit dieser Gesteine zu danken haben, welche sie für hüttenmännische Feuerungsanlagen erst verwendbar erscheinen läßt. Ahnliche Lagerungs- und Strukturverhältnisse herrschen auch im Hirschbrunnsteinbruch; im Hangenden verwitterte Phyllite, im Liegenden Übergänge in Glimmerschiefer; die Quarzite sind jedoch hier mehr gebrech und kürzer spaltend als die langspaltigen des Fuchssteinbruches. Die Quarzite der Weikersdorfer Steinbrüche sind durch ihre reine, schneeweiße Farbe und die zuckerkörnige [97] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau, 149 Struktur bemerkenswert, sie sind glimmerarm, womit ihre größere chemische Reinheit zusammenhängt, dabei jedoch brüchig und kurzspaltig. Die am hüttenmännisch-chemischen Laboratorium des Hochofen- werkes zu Zöptau ausgeführten Analysen der gedachten Quarzite ergaben folgende prozentische Zusammensetzung: RG xI. Prozent Prozent Kreselsäurei# ART SAFT UNI? 98:20 INonerdeidrs Re Fe 0:59 0:37 Eisenoxydi a dr: vr we N 1'46 0:33 Maonesiars u: BEitor.. 0:07 032 Kalkerdenen na Bee 0:05 Spur Alkkallienie SEI. PB 066 0:18 Zusammen 10000 100:00 ad X.) Quarzit aus dem Fuchssteinbruch im Traußnitz zu Petersdorf. ad XI.) Quarzit aus dem Steinbruch der Zöptauer und Stefanauer Eisenwerke zu Weikersdorf. Aus dem Analysenergebnis ist zu sehen, daß der Weikersdorfer Quarzit auch in chemischer Beziehung erößere Reinheit als derjenige des Fuchssteinbruches aufweist, daher für pyrotechnische Zwecke vorzu- ziehen ist. An den obenangeführten nt Punkten hat die Zöptauer und Stefanauer Bergbau- und KEisenhütten-Aktiengesellschaft für ihre Hüttenwerke zu Zöptau und Stefanau seit Mitte des vorigen Jahr- hunderts Steinbrüche in größerem Maßstabe und rationell betrieben. Im Fuchssteinbruche, wo der Quarzit die meisten und größten Spalt- stücke liefert, ergaben die erzeugten Bruchsteine durchschnittlich: Prozent Gestell- und Schachtsteine für Hochöfen . . . 10 Gespaltene Mauersteine für Kupolöfen, Schweib- und,budelöfen. 2°... nu 2 SUR a EN 270 Pochschotter zur Sanderzeugung für Chamotte- mörtel und. als? Schweißsand 7... 2... 20 100 Dabei bewegte sich die Größe der Spaltsteine für die verschie- denen Zwecke gedachter Feuerungsanlagen beiläufig in folgenden Grenzen: Hochofen-Gestellsteine Kupoloten- Schweiß- und Gewöhnlich Ausnahmsweise steine Pudelofensteine cm cm cm cm Länge . 50-90 100-110 25—40 20--30 Breite. 25—50 50—60 20—25 15—20 Stärke. 6-10 == 6—8 Se 150 Franz Kretschmer. [98] Nachdem in den letzten Jahren immer mehr Chamotte zur Mit- verwendung, insbesondere für Hochofengestelle, gelangt, so hat sich der Bedarf an Quarziten dem entsprechend vermindert, wodurch der Steinbruch am Hirschbrunn zum Stillstand kam. — Was die Stratifikation der obengeschilderten Gebirgsglieder der Glimmerschieferformation betrifft, so ist zu bemerken, daß sich auf den metamorphen Dioritgabbrokern zunächst Quarzite auflegen, diesen folgen die Glimmerschiefer, während Phyllite diese Schiefer- serie beschließen; den darin eingeschalteten körnigen Feldspatamphi- boliten sowie den dichten Grünschiefern fällt nur eine untergeordnete Rolle zu. Diese einfache Schichtenfolge weist im Traußnitzwalde am Süd- ostflügel unserer Schieferhülle auf eine vierfache Wiederholung derselben stratigraphischen Reihe in demselben Sinne hin, welche den vier liegenden Quarzitlagern entspricht. Es liegen jedoch keineswegs immer neue Formationsglieder vor, sondern wir haben es gewiß mit einem interessanten Fall isoklinaler Schuppentektonik zu tun. Es sind immer wieder die nämlichen Schichten, die in einer einge- klemmten Mulde lagern und durch streichende Verwerfungen in ihre heutige, dachziegelartig überschobene Lage kamen. Daß in den einzelnen Aufschlüssen der Phyllit jedesmal im Hangenden der Quarzite auftritt, weist auf Umkehrung der normalen Schichten- folge dergestalt hin, daß der Quarzit scheinbar zu oberst, der Phyllit zu unterst lagert, was eine Folge der Überfaltung des ganzen Diorit- gabbrogewölbes im Mertagebiete bei Zöptau ist. Es liegt also im bnzrelge als Ganzes betrachtet eine unsymmetrische Schichten- folge vor, die man wohl nur durch wiederholte Faltenüberschiebungen erklären kann, mit dem Resultat einer vierfachen Wiederholung derselben Schichtenfolge, zu unterst Quarzit, darüber Glimmerschiefer, zu oberst Phyllit. (Siehe geol. Kärtchen Tafel V.) Anders liegen diese Dinge am Nordwestflügel des zentralen metamorphen Dioritgabbrostockes, wo die in Rede stehende Schiefer- hülle nur eine einfache Schichtenfolge: Quarzit, Glimmerschiefer, Phyllit entwickelt. Es scheinen jedoch hier Störungen anderer Art vorzuliegen, worauf die wiederholten Einfaltungen und Versenkungen von Quarzit und Glimmerschiefer in die peripherische Gabbrozone unverkennbar hinweisen. 5. Relikte der Schieferhülle am Kupferberg westlich Wermsdorf. Es sind dies Überreste der einstigen Schieferhülle gegen den Scheitel der Zöptauer Eruptivmasse, dessen Erhaltung wir dem Um- stand zu danken haben, daß sie in das Magma genügend tief einge- sunken sind und demzufolge gegen Erosion besser geschützt waren. Solche Fragmente der einstigen kontaktmetamorphischen Schiefer- hülle erblickt Verf. insbesondere in dem Granatglimmer- schiefer am Kupferberg, worin kleine 3—5 mm große, kirschrote Granaten der Form © OÖ und in Körnern für sich oder zusammen mit Staurolith gefunden werden. Nach seinen Mitteilungen hat der Nestor unter den Mineralogen Mährens Herr Schloßgärtner Franz [99] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 151 Slaby zu Groß-Ullersdorf in früherer Zeit größere, prächtige Hes- sonite in demselben Glimmerschiefer am Kupferberg gefunden. Die Quarzitscholle wird hier zunächst von feinkristal- ligen Gabbroschiefern, weiterhin durch grobkörnige Gabbroamphi- bolite oben und unten umschlossen, aus denen die Hauptmasse des Kupferberges zusammengesetzt erscheint. Der Glimmerschiefer ist mit Quarziten eng verknüpft, an denen wichtige exomorphe Kontakt- erscheinungen zu beobachten sind. Die eingeschlossenen Quarzite waren einer weitgehenden Feldspatisation unterworfen, woran sowohl Orthoklas als auch Plagioklas beteiligt sind; außerdem enthält die rostrotgefärbte und grüngefleckte Gesteinsmasse zahlreiche Einsprenglinge, Nester und Streifen von schwarzem Pyroxen, grüner Hornblende, letztere teilweise zu Aktinolith und Chlorit umge- wandelt. Diese schwarzgrünen Flecken sind teils unregelmäßig, teils streifenförmig parallel der Schieferung interponiert. Der Magnetit erscheint zu Hämatit umgewandelt, wovon die blutrote Färbung dieser Kontaktquarzite herrührt; akzessorisch sind Rutil!, IImenit und Limonit. Außerdem wurden unter den Quarzitblöcken, welche am Kupferberg massenhaft umherliegen, solche gefunden, die mit sabbroidem Gesteinsmaterial in rundlichen Konkre- tionen (von den Amphiboliten herrührend) gleichwie verknetet erscheinen. Die Quarzite des Kupferberges stehen mit den obenerwähnten Glimmerschiefern, zum Teil Granat- und Staurolithglimmerschiefer, und mit Phyllit durch Übergänge verknüpft in Verbindung, sie bilden zu Tage anstehende, hochemporstrebende, wild zerklüftete Felsmassen ; ihr Streichen ist 3 h, das Verflächen widersinnig in den Berg hinein gerichtet unter X 50°, Als Bestandteile der einstigen Schieferhülle dieser Gegend sind wohl auch jene zahlreichen Findlinge von Quarziten anzusehen, welche im Grundbach und Brillgraben westlich der Werms- dorfer Kirche und bei Siebenhöfen umherliegend gefunden werden. Darin hat Verf. himmelblaue, breitstengelige Cyanite entdeckt, welche dem betreffenden Goldensteiner Vorkommen ähnlich sind und womit die mineralogische Gleichwertigkeit dieser beiden kontaktmeta- morphischen Schieferhüllen nur noch vollständiger wird. In denselben Quarzitfindlingen hat Verfasser auch Desmin und andere Zeo- lithe beobachtet. — 6. Der Nordwestflügel des Schiefermantels und seine Kontakt- gesteine. Derselbe fand schon in dem pag. 59, 60 und 62 gegebenen Gebirgs- profil an der Hohenstadt—Zöptauer Eisenbahn teilweise Erwähnung, er ist nur noch in wenigen, von der gewaltigen Talerosion des Teb- und Mertatales verschont gebliebenen Überresten vorhanden, die ihre Erhaltung ebenfalls dem Umstande zu danken haben, daß sie in die Gabbromassen tief eingesenkt erscheinen, es sind dies die Schiefer- mantelrelikte am Weißenstein, bei der herrschaftlich Wiesenberger Försterei zu Petersdorf, dicht an der Eisenbahn, und die größere Glimmer- 152 Franz Kretschmer. [100] schiefer- und Phyllitpartie am südöstlichen Ausläufer des Schwarzen- steins. Diese letztere Schieferpartie war bereits F. Becke bekannt, welcher sie auf der geologischen Kartenskizze ausgeschieden hat, die seinem „Vorläufigen Bericht über den geologischen Bau und die kristallinischen Schiefer des Hohen Gesenkes“ beiliegt !). a) Große Quarzit- und Glimmerschieferscholle am MWeißenstein zur Petersdiorf. An der Grenze des Gabbro am Schwarzenstein und Mittelstein (beziehungsweise der ihn begleitenden Amphibolite) im Hangenden und dem Dioritgneis im Liegenden ist eine ungefähr 80 m mächtige, 200 m im Streichen lange Scholle von Quarzit und Glimmerschiefer versenkt worden. Das Streichen dieser Schiefer ist 2 h 75 gd, das Verflächen 20 h 7:5 gd unter X 40—50°; ihr petrographischer Cha- rakter, speziell der Glimmerschiefer mit den zahlreichen Porphyro- blasten von Granat, an der Grenze der Gabbroamphibolite, weist unverkennbar auf den im Traußnitz gelegenen komplementären Süd- ostflügel unserer Schieferhülle hin. Der Quarzit des Weißensteins ist aus innig verschränkten Quarzkörnern zusammengesetzt, auf den Schieferungsflächen verbreitet sich reichlich Muskovit, der gelb und rötlich verwittert; Magnetit ist der Quarzmasse in zahllosen hirsekorngroßen Körnchen einge- streut, Eisenglimmer ist in dunkelstahlgrauen Blättchen auf den Strukturflächen verteilt, oder Hämatit als blutrote Schüppchen massenhaft interponiert, den Quarzit stark rot färbend; akzessorisch ist Rutil, was schon früher Oborny beobachtet hat. Der Glimmerschiefer gleicht vollständig dem oben be- schriebenen des Traußnitzwaldes; die Stufen sind zum Verwechseln ähnlich. Derselbe ist hier wie dort ein hellfarbiger, seiden- slänzender Muskovit-Glimmerschiefer von ausgezeichneter Parallel- struktur und Fältelung, worin sehr zahlreiche rotbraune Granaten der Form » OÖ eingewachsen sind; dieselben erreichen eine Größe bis 25 mm, sind zumeist scharfkantig, doch auch kantengerundet oder nur in erbs- großen Körnern vertreten. Nach G. Trautenberger?) soll hier auch Staurolith und Disthen (Cyanit) gefunden worden sein? Der Muskovit wird auch hier zuweilen durch Fuchsit verdrängt, wodurch bei weiterer Anreicherung grasgrüner Fuchsitschiefer entsteht, womit die nahezu vollständige Ahnlichkeit mit den Kontaktgebilden des Traußnitz hergestellt wäre. Dieses Quarzitvorkommen wurde früher seitens der Zöptauer Eisenwerke mit einem großen Steinbruche für hüttenmännische Feue- rungsanlagen abgebaut, der jedoch seit Eröffnung der Quarzsteinbrüche in Traußnitz stilliegt. !) Sitzungsb. d. k. k. Akad. d. Wissensch. in Wien, math.-naturw. Klasse, Bd. C 1. März 1892. ?) Das Teßtal in Mähren. M.-Schönberg 1893, pag. 10. [101] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 153 b) Schieierhülle an den südwestlichen Ausläufern des Schwarzensteins und am Westgehänge des Steinig- berges, Wie das instruktive Profil in den Einschnitten der Hohenstadt- Zöptauerbahn lehrt, lagert unterhalb des Sägewerkes und gegenüber dem sogenannten Grünenhause des Zöptauer Eisenwerkes, ebenfalls im tieferen Niveau, mächtiger Quarzit, welcher an der Grenzfläche mit den G@abbroamphiboliten interessante exogene Kontaktge- bilde zeigt, und zwar erscheint der Quarzit dadurch gebändert, daß helle Quarz-Plagioklaslagen mit dunklen Lagen und Bändern abwechseln, welche aus schwärzlichgrüner Horn- blende und hellgrünem Aktinolith bestehen, worin der Glimmer fehlt, dagegen ist Pyrit akzessorischh auch Plagioklasknollen sind darin zu bemerken; sukzessive stellt sich in 2 bis 53 m Ent- fernung von der Grenzfläche normaler Quarzit ein. — Weiter bahnab- wärts begegnen wir Interkalierungen von geringmächtigen, zersetzten, grobkörnigen Gabbroamphiboliten und dichten Prasiniten. — Noch weiter in das Hangende dieses Schichtenprofils vorkommend stoßen wir kurz oberhalb der Eisenbahnbrücke über den Mertafluß zunächst auf eine schwache Einlagerung von Schiefergneis, der Biotit und Muskovit führt und rasch in mächtige Muskovit- undZwei- glimmerschiefer übergeht, der als eine mächtige Decke im Han- genden entwickelt ist und Übergänge in Phyllit aufweist. Auch hier finden schwache Einschaltungen zersetzter, grobkörniger Amphibolite und dichter Grünschiefer statt. Diese Schieferserie finden wir in- struktiv aufgeschlossen in dem Steinbruche dicht bei den Häusern der Petersdorfer Ansassen. Die Abtrennung der Gabbroamphi- bolite der zentralen Eruptivmasse von den Diabasamphiboliten der Glimmerschiefergruppe im Felde ist gerade in diesem Profil eine schwierige Aufgabe und bedarf stetiger Kontrolle durch das Mikroskop. — Die Fortsetzung dieses Teiles der Schieferhülle faud Verf. vor langen Jahren auf den Abhängen des Schwarzensteins gegen Theresiental, und zwar links des Verbindungsweges von Zöptau nach dem letztgenannten Orte längs des Waldsaumes_ zer- streute Blöcke eines sehr festen, grobkörnigen Staurotith-Glim- merschiefers mit Übergängen in Staurotithfels (frappant ähnlich dem am Rauhbeerstein) in solcher Menge, daß über deren Anstehen im Untergrunde kein Zweifel obwalten konnte. Von den gedachten Blöcken ist allerdings heute nichts mehr zu sehen, denn sie mußten der fortschreitenden Bodenkultur weichen. — Wenn man auf dem Horizontalwege, welcher auf halber Höhe an den Westabhängen des Schwarzensteins gegen den Fellberg herum- führt, in der Richtung gegen Marschendorf fortschreitet, so stößt man zu- nächst unterhalb des Steinigbergesin denMarschendorfer Bauernbüscheln und den angrenzenden Feldern auf ausgebreitete erzige Quarzite in Begleitung vonGlimmerschiefer, welche jenen Gabbroamphiboliten auflagern, die auch an dieser Stelle die Fels- massen der Hornblendegabbro vom Schwarzenstein randlich begleiten. Die Amphibolite enthalten in der Grenzzone bis haselnußgroße Jah buch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Band, 1. Heft. (Fr. Kretschmer.) 20 154 Franz Kretschmer. [1 02] Granaten und Almandine eingewachsen, als Produkte der en- dogenen Kontaktmetamorphose. Ferner begegnen wir auch hier jenen exogenen Kontaktbildungen, wie wir dieselben an den Hüll- sesteinen im Traußnitz feststellten, und zwar sind sowohl die Glimmer- schiefer als auch die Quarzite reichlich mit gemeinem Granat, da und dort etwas Almandin, eingesprengt. Gewisse Glimmerschiefer enthalten neben Muskovit viel Biotit, auch ist reichlich Stauro- lith eingewachsen, akzessorisch ist Granat sowie Plagioklas. Speziell die reiche Biotitführung dieser Staurolithschiefer ist mit Sicherheit auf kontaktmetamorphische Einflüsse zurückzuführen. — Der Quarzit resorbiert Materialien der angrenzenden Gahbrogesteine und führt bis eigroße Nester von Pyroxen, so wie er auch Hornblende eingesprengt enthält; auch mit Epidot (Pistazit) eingesprengte Quarzite wurden daselbst beobachtet. Andere Quarzite wieder ent- halten kleinste, diehtangehäufte Almandine, so daß sie dadurch rotgefärbt erscheinen; akzessorisch finden sich darin Tur- malin, Rutil und Ilmenit; auch Sillimanit spärlich wurde mikroskopisch festgestellt. — Hierher mögen wohl auch jene Glimmerschiefer und Chlorit- schiefer bei Marschendorf gehören, von denen Fr. Kolenaäti!) ohne nähere Fundortangabe berichtete, daß sie Turmalin in 23 mm langen und 4 mm dicken, braunschwarzen Prismen © R mit undeut- lichen Endflächen, ferner Staurolith, gemeinen Granat (auch Aplom) © 0, 4—7 mm groß, ferner Pyrop (?) eingewachsen enthalten. Der Staurolith soll in sechsseitigen Säulen, 22 mm lang, 3 mm dick, in der Form » P. o Po vertreten sein. — Die weitere Fortsetzung der Schieferhülle hätte man nach MaßB- gabe der stratigraphischen Verhältnisse am Mattenberg bei Marschen- dorf zu suchen, wo sie aber fehlt, weil dieselbe durch die Erosion und Denudation des Teßtales weggespült und zum Teil durch Löß- massen etc. ersetzt wurde. Die Annahme erscheint plausibel, daß die Schieferhülle in dieser Gegend möglicherweise durch die Granitit- durchbrüche des Kahlhübel, Köhlersteins und des Erzberges aus ihrer Lage verrückt wurde. Am Radersberg vertritt die Schieferhülle an der Peripherie der dort stockförmig aufgebrochenen Pegmatit- masse, Biotitgneis (Beckes Teßgneis), dagegen an der Hüttel- lehne und am Hüttelberge ausgebreitete Gesteinsmassen des Chlorit- gneises. — Überblickt man die zuletzt betrachteten Gesteine der stark ‚udimentären Nordwestflanke, so müssen wir darin den komplemen- tären Gegenflügel der gleichen Schieferserie im Traußnitz an der Südostflanke erkennen, über deren einstige Zusammengehörigkeit kein Zweifel obwalten kann, es war eine einheitlich geschlossene Decke, welche über dem zentralen Eruptivkern ausge- breitet lag, wie dies die Ergänzungskurven Profil Fig. 1 und 2, Taf. V, versinnlichen. Wirft man ferner einen Rückblick über die obengeschilderten mannigfaltigen Kontaktgesteine der Glimmerschiefergruppe, so ist 1) Mineralien Mährens und Schlesiens, pag. 47. I [103] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 155 deutlich zu erkennen, daß dieselben keinesfalls einen stratigra- phischen Horizont bilden, sondern überall an die Grenz- zone des zentralenDioritgabbromassivs gebunden sind und außerhalb derselben fehlen. Im Traußnitzwalde speziell verläuft die Kontaktzone an der Südwestflanke der zentralen Eruptiv- masse undistsogar diagonalgegendasallgemeine Streichen der Glimmerschiefer gerichtet. (Siehe das geologische Kärtchen.) Diesbezüglich sind insbesondere die Kontakterscheinungen an den in die Eruptivmasse eingesunkenen Schollen der Glimmerschiefergruppe sehr charakteristisch, weil letztere überall an ihrer Peripherie mit kontaktmetamorphen Neubildungen reichlich durchspickt sind, welche gegen das Zentrum hin abnehmen, während im Kern normale Komponenten herrschen. In der Glimmerschiefergruppe begegnen wir wiederholt kör- nigen Amphiboliten und dichten Chlorit-Aktinolith- schiefern, welche, wie bereits oben erwähnt, von Lagerdiabasen abstammen, deren Augit amphibolitisiert wurde, wodurch körnige Amphibolite entstanden sind, während die gewöhnlich chloritisierten Grünschiefer von Diabastuffen herrühren. Ihre Unterscheidung und Abtrennung von den Gabbroamphiboliten und Gabbroschiefern des Dioritgabbrostockes kann unter Umständen insbesondere im Felde mit Schwierigkeiten verknüpft sein. Ähnlich metamorphosierte Diabas- gesteine werden wir auch unten in der Chloritgneisgruppe antreffen. — Zum Schlusse dieses Abschnittes fühle ich mich verpflichtet, dem Gymnasiallehrer Herrn H. Wilschowitz (Wien), einem gebürtigen Zöptauer, herzlichst Dank zu sagen für die Unterstützung, die der- selbe während der Feldesaufnahme, speziell in dem Terrainabschnitt des Traußnitzwaldes, mir zuteil werden ließ. B. Chloritgneisgruppe an der Südost- und Nordostflanke. Wesentlich andersgeartet ist derjenige Teil der Schieferhülle unseres metamorphen Dioritgabbrolakkoliths, welcher sich bei Rudels- dorf, östlich des Bischofsgrabens, bei der Kolonie Freiheitsberg, im Seifengrund, Schwarzgraben und Grasgrund bei Wermsdorf an die peripheren Gabbroschiefer anlagert und am Rabenstein, auf der Viebichkuppe, am Rabenberg, im Heinrichshau, am Katzenkopf und in der Hackschüssel östlich Wermsdorf ver- breitet ist. Im Gegensatz zu den mächtigen Quarziten der Traußnitz bilden diese hier nur untergeordnete Einschaltungen oder sie sind in Serizitquarzschiefer umgewandelt, dagegen werden mannig- faltige Gneise vorherrschend. Es ist dies die viel umstrittene Chloritgneisgruppe, nach der älteren Geologie als „Phyllitgneisgruppe* bezeichnet, welche im Grenzbereiche unseres metamorphen Diorit- und Gabbrostockes folgende mannigfaltige und rasch wechselnde Gesteinsarten umfaßt: a) Vorherrschend ist der Chloritgneis, der durch seinen Reichtum an Albit und in geringer Menge von Orthoklas ausge- zeichnet ist sowie dessen stumpfgrüne Färbung durch viele Chlorit- schmitze und etwas grünen Biotit hervorgebracht wird; 20* 156 Franz Kretschmer. [104] akzessorisch sind Epidot, Hornblende und Erze. Lokal breitet sich auf den Schieferungsflächen ein großtafeliger, silberweißer Muskovit in auffälliger Weise aus, derselbe ist von Chlorit durchspickt oder damit parallel verwachsen. Die Muskovittafeln sind teilweise rissig und serizitisiert. b) Feinkörniger Biotitgneis und Biotit-Muskovit- sneis, feinköriger Serizitgneis, die lokal ganz unvermittelt grobkörnig werden und deren feldspatiger Anteil ebenfalls zum größten Teil aus Albit besteht. Solche Biotitalbitgneise nehmen insbesondere am Rabenstein, am Hemmbersg, in der Umgebung von Rudelsdorf und Kleppel größeren Umfang an, so daß sie G@ v. Bukowski am Kartenblatt Mähr.-Neustadt— Schönberg als sogenannten „Teßgneis“ ausgeschieden hat. c) Serizit-Chloritschiefer, Serizit-Quarzschiefer, letztere grenzen in Gesellschaft mit den feinkörnigen Biotitalbit- gneisen am Rabenberg bei Ober-Zöptau unmittelbar an die Gabbro- schiefer östlich des Topfsteinbruches. d) Untergeordnete Formationsglieder sind Phyllite und Quarzite, letztere speziell in Begleitung der Amphibolite am Rabenberg u. a. 0. — Nach meinen und den Feststellungen des Herrn Hans Wilschowitz (Wien) ist das Vorkommen von Konglomeraten in der Chlorit- gneisgruppe nachgewiesen, und zwar haben wir in der Nähe des Hasengründels zwischen Ober-Rudelsdorf und Berggeist u. a. O. echte grobe Quarzkonglomerate umherliegend, leider nicht anstehend gefunden. Das Quarzmaterial ist haselnußgroß, gerundet und oft dattelkernartig in die Länge gezogen. Aus der ursprünglich tonigen Bindemasse ging Biotit und Chlorit sekundär hervor, welche die Quarzkörner umhüllen. Durch Zerrung und Druck hat sich bei feinerem Korn deutliche Parallelstruktur entwickelt. Letztere zeigen wiederum Übergänge zu quarzigen Chloritgneisen, die in der Nähe anstehen und als Konglomeratgneise angesprochen werden können. e) Vorstehende Gebirgsglieder umschließen lokal sehr grob- körnige Muskovitaugengneise in stock- oder lagergang- förmigen Massen, sie enthalten den Feldspat zum Teil in 5 bis 15 mm großen, gerundeten und oft zerdrückten Körnern, dazwischen der Quarz in Linsen und Stengeln eingeklemmt, der Muskovit in großschuppigen Lamellen sowie dicken Paketen davon eingewachsen ist, dagegen Biotit und Chlorit sich nur in schwachen Schmitzen da und dort bemerkbar machen; letztere reichern sich nach den Rändern hin an und übergehen in grobkörnigen Chloritaugengneis. Es ist zweifellos, daß diese Augengneise Kerne vorstellen, die ihre Herkunft von granitischen Intrusionen ableiten. Im Gegensatz zum Chloritgneis ist der Granitgneis ohne Schichtung, poly@drisch zerklüftet, großblockig, wollsackähnlich und des öfteren randlich mit dem schieferigen Chloritgneis innig ver- flochten. Ein großer Teil des Chloritgneises ist gewöhnlich als Gekröse- stein ausgebildet, welche Strukturform dem Augengneis abgeht. Außer- dem sind im Gebiete der Chloritgneisgruppe gangförmige Durch- setzungen von Muskovit- und Turmalin-Pegmatit als auch [105] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgehung von Zöptau. 157 feldspatreichem Chlorit-Pegmatit häufig, die zur Gefolg- schaft vorerwähnter Intrusivgneise gehören. Gleich der Glimmerschieferserie umschließt auch die Chlorit- gneisgruppe Amphibolite, welche jedoch nach Maßgabe ihrer Umwandlungsprodukte und ihrer Assoziation anderer Abstammung sind als die Gabbroamphibolite des zentralen Kernes. Nachdem es gelungen ist, am Rabenberg in ihrer Gesellschaft Massengesteine aufzufinden, die nach den diesfälligen Untersuchungen zum Uralit- diabas gehören, so erscheint es zweifellos, daß auch die mitvor- kommenden Amphibolite davon abstammen. Es wurden folgende Diabasgesteine festgestellt: J) Grobkörniger Uralitdiabas, wesentlich zusammenge- setzt aus feinfaserigem Uralit, der sich die quadratische Form des Augitprismas bewahrt hat; seine Nadeln sind der Vertikalaxe des Augits parallel, im Innern finden sich noch unver- änderte Partikel des letzteren, dabei zeigt der Uralit große Neigung, in aktinolithische und tremolitische Asgregate überzu- gehen. Der Feldspat ist ein stark lichtbrechender Plagioklas, der sich da und dort in Albit und Epidot, beziehungsweise Klino- zoisit umwandelt, wodurch das sonst lauchgrüne Gestein eine zeisiggrüne Färbung annimmt. — Ein anderer Uralitdiabas vom Rabenberge ist mittelkörnig und besteht aus grünem, zum Teil braunem Uralit nebst Plagioklas, der akzessorisch Aktinolith, viel neugebildeten Chlorit nebst Talk, spärlich Granat und Ilmenit enthält. Der Diabas durchbricht den Chloritgneis in Form von Lagern und Stöcken, ersterer findet sich auch in letzteren als einzelne Blöcke, oder Diabas, beziehungsweise dessen Chloritschiefer bilden mit dem Chloritgneis förmliche Gesteinsverknetungen. Die Hauptmasse dieser Gesteine besteht jedoch aus der diesfälligen metamorphen Fazies der Diabase, und zwar: 9) Vorherrschend sind mittelkörnige Amphibolite, zu- sammengesetzt aus schwarzgrüner Hornblende mit Plagioklas in schwankenden Mengen. Die fast ausschließlich schilfige Hornblende besitzt bei weitem nicht die Kristallisationskraft wie jene der Gabbroamphibolite und neigt im hohen Grade zur Aktinolith- bildung, dagegen sich der Feldspat gern zu Epidot umwandelt. Zwischen Gabbro- und Diabasamphibolit besteht insofern ein weiterer Unterschied, als erstere vorwiegend richtungslos körnige (grano- blastische) Struktur, dagegen letztere eine leisten- und lagenförmige Anordnung ihrer Hauptgemengteile erkennen lassen (poikiloblastische Struktur), was wohl auf stärkere mechanische Einwirkungen zurück- zuführen ist. — h) Die Diabasamphibolite stehen mit nachfolgenden metamorphen Diabastuffgesteinen im Zusammenhange: Aktinolith-Albitschiefer, worin die Hornblende nur noch in Relikten vorhanden ist, dagegen der vorherrschende Aktinolith strähnig, faserig und wellig gebogen erscheint; der Plagioklas ist größtenteils in auffällig wasserklaren Albit umgewandelt. Durch das Hinzutreten normaler Verwitterung ergeben sich: 158 Franz Kretschmer. [106] Chlorit-Aktinolith-Albitschiefer mit Relikten schilfiger Hornblende, die Albitaggregate reichlich mit Smaragdit durchspickt; ferner wurden Chlorit-Aktinolith-Epidotschiefer mit Talk auf den Strukturflächen und haufenförmigen Epidotaggregaten aus- gebildet. — Durch den direkten Zerfall des Uralits zu Chlorit entstehen die in ansehnlicher Mächtigkeit entwickelten und den übrigen Grün- schiefern parallel eingeschalteten Chlorit-Albitschiefer mit Uralitresten, worin Quarz, Kalzit und Magnetit mehr oder weniger reichlich vertreten sind. — Schon aus obigen mannigfaltigen Varietäten der Grünschiefer erkennt man den wesentlichen Unterschied zwischen den aus Diabas hervorgegangenen Amphiboliten gegenüber denjenigen der Gabbro- gesteine, welch letztere, ähnlich geartete Gesteine aus gleicher mine- ralischer Umwandlung entstanden und in gleich ansehnlicher Ver- breitung und Mächtigkeit fehlen. Die gedachten Tuffgesteine sind untereinander und mit den Amphiboliten sowie mit den Uralitdiabasen durch allmähliche Übergänge verknüpft. Schließlich müssen auch noch die für die Chloritgneisgruppe charakteristischen Fälle von Typenvermischung ihrer Eruptiv- gesteine hervorgehoben werden, und zwar beobachtete Verf. Fels- massen, an dem einen Ende bestehend aus grobklotzigem Granitgneis von teils pegmatitischer, teils Augenstruktur, während das andere Ende aus einem dickbankigen Diabas zum Teil chloritisiert zusammengesetzt erschien, beiderlei Gesteine miteinander innig verschweißt. Stellen- weise sind völlige Gesteinsverknetungen von Granitgneis und Diabas festgestellt worden, letzteres Gestein meist zu Chloritfels umgewandelt. Am Rabenstein, auf der Viebichkuppe, am Rabenberge, nord- östlich Ober-Zöptau, ferner bei der Kolonie Freiheitsberg sind die Gesteine der Chloritgneisgruppe sehr vollständig entwickelt und speziell am Rabenberge konnte Verf. zwei Züge von Amphiboliten, also auch die Tatsache feststellen, daß daselbst unmittelbar an den zentralen Dioritgabbrokern feinkörnige Serizit-Quarzschiefer und sehr feinkör- nige und kleinkristallige Biotitmuskovitgneise angrenzen. Die Fort- setzung der gedachten Diabasamphibolite in der Richtung gegen NO fehlt wohl im Wermsdorfer Seifengrund, jedoch am Katzenkopf und im Schwarzgraben sowie im Grasgrund begegnen wir ihnen in größerer Mächtigkeit wieder; dieselben ziehen von hier weiter nordwärts über die Kriechlehne usw. Daß grobkörnige und massige, dann feinkörnige und schieferige Uralitdiabase auch die Chloritgneisgruppe an zahl- reichen Punkten ihres weiten Verbreitungsbezirkes durchbrechen, ist übrigens nichts Neues, so zum Beispiel fand Verf. Lagergänge davon am Hinnewiederstein bei Karlsbrunn, am Spitzhübel bei Mos- kelle 1) dicht westlich Bladensdorf usw. — G. v. Bukowski?) fand am Hohenviehbich bei Bladensdorf ebenfalls Lagergänge von Uralit- diabas im Chloritgneis. — !, Jahrb. d. k. k. geol. R-A. 1899, Bd. 49, pag. 45. ?) Erläuterungen zum Kartenblatte Mähr.-Neustadt—Schönberg 1: 75.000, Wien 1905. [107] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgehung von Zöptau. 159 Sekundäre Kluftausfüllungen im Diabas-Amphibolit des Schwarz- grabens bei Wermsdorf. Der Chloritgneis und seine Amphibolite sind mit einer intensiven, gesetzmäßigen Zerklüftung versehen, die von den großen geo- dynamischen Vorgängen abhängig war, und zwar sind es die parallel dem Gebirgsstreichen nach 2 h streichenden Schich- tungsklüfte, deren Einfallen unter X 50 bis 70% nach 20 n gerichtet ist; hierzu kommen die besonders deutlich hervortretenden Querklüfte, die teilweise bis 1:0 m weit offen stehen, nach 8h streichen, nach 2 h oder 14 h unter X 70 bis 90° fallen, ferner kreuzfallende Längsklüfte, die 2 h streichen und 8 h ver- flächen, jedoch weniger deutlich ausgebildet sind als die vorigen. Speziell die Querklüfte des Amphibolits sind es, die teils mit Quarz allein, teils mit Quarz, Prehnit und Choorit sowie auch Kalzit oder Zellräumen nach diesen ausgefüllt sind. Andere Klüfte führen Bergkristalle lose abgebrochen oder aber direkt auf Amphibolit, als auch Rinden von Chlorit und derbem Prehnit aufgewachsen, wobei blätterige Chloritaggregate die Bergkristalle überrinden und verkitten. Akzessorisch sind auf den Strukturflächen aufgewachsene Pyrite der Formen » 0 » (100), 2 _. (210) und + a (210.201), zum Teil zu Göthit verwittert. 2 Besonderes Interesse knüpft sich an jene Klüfte im schwarz- grünen chloritisierten Amphibolit des Schwarzgrabens im Grasgrund bei Wermsdorf, deren Wände mit flächenreichen Berg- kristallen (mit Trapezo@dern und als Zwillinge) bekleidet sind, dazwischen Prehnit in tafeligen Kristallen, zum Teil in Pseudo- morphosen nach Kalzit UÜberzugsgruppen bildet; akzessorisch sind blätteriger Chlorit, Kalkspate; ferner überziehen Epidot- kristalle von teils säulenförmigem, teils tafelförmigem Habitus obgenannte Mineralien; auch wurden in Zellräumen von Kalkspattafeln gebildete Thuringitformen sowie kleine Titanitkristalle in Quarz eingewachsen beobachtet. Dieses Mineralvorkommen wurde früher von G. vom Rath), später auch vom Verf.?) beschrieben. Sekundäre Kluftausfüllungen im Chloritgneis in der Hackschüssel bei Wermsdorf u. a. 0. Zahlreiche Längs- und Querklüfte des Chloritgneises sind mit Bergkristallen förmlich besät, als deren. Begleiter stets Albitzwillinge und Periklinverwachsungen als auch tafel- förmige Chloritkristalle auftreten, akzessorisch sind in gedachten Klüften Pyrite und Pseudomorphosen von Göthit nach Pyrit in bis 10 mm großen Hexaädern, auch Kalzit kommt da und dort vor; Gegenwachsungsflächen und Zellräume weisen jedoch daraufhin, daß er früher viel häufiger war. Die Albitkristalle werden bis 10 mm !) Sitzungsber. d. niederrhein. Gesellschaft f. Naturkunde. Bonn 1880, pag. 15 des Separatabdruckes. 2) Tschermaks Mitt, XIV., 1894, pag. 172 bis 176. 160 Franz Kretschmer. [108] groß und sind zum Teil als tafelige Durchkreuzungszwillinge ausge- bildet, wie solche seither vom Roc Tournee als auch vom „Pfarrerb“ zu Zöptau bekannt geworden sind. Die tafeligen Chlorite sind zu eigentümlichen, kugeligen Gruppen verwachsen, die auf Chloritgneis völlige Uberrindungen bilden. Dem Chloritgneis sind auch in der Hackschüssel mehr oder weniger mächtige Lager von Chloritschiefer eingeschaltet, die von Magnetit-Okta@dern durchspickt sind. Im benachbarten Mus- kovitgneis sind die Querklüfte mit kleinen Orthoklasen besät. Von dieser Lokalität stammen jene 12 bis 15 cm großen herrlichen Bergkristalle, welche G. v. Rath!) sowie auch der Verf.?) be- schrieben haben. Auch bei der großen Dämme der kleinen Talsperre im Mertabach fand ich sowohl am Steinseifenbach als auch am Wege segen den großen Topfsteinbruch die Strukturflächen des Chloritgneises mit schwarzgrünem, säulenförmigem und tafeligem Epidot besät. Am sogenannten „Schlössel“ nördlich des Maiberges fand Prof. F. Becke im Chloritgneis kleine, honiggelbe Anatas- kristalle. Nach dem Berichte des Prof. Heinrich Laus (Olmütz?) wurde im Seifengrund östlich Wermsdorf Fuchsitschiefer gefunden, der jenem im Petersdorfer Traußnitz (siehe oben pag. 143) ähnlich wäre. Verf. hat ebenfalls ein smaragdgrün gefärbtes Gestein im Seifen- grund gefunden; die diesfalls angestellte Untersuchung ergab jedoch, daß das Gestein ein vielfach gefälteter Serizitgneis ist, der das Chromoxyd als lebhaft grünes Pigment enthält. — Daß der Chloritgneis von zahlreichen Muskovit- und Tur- malin-Pegmatitgängen durchsetzt wird, hat Verf. an zahlreichen Punkten in der Grenzzone des metamorphen Diorit- und Gabbromassivs festgestellt. Ein solcher Turmalinpegmatit nächst Kleppel auffällig durch vielen glasigen und weißen Quarz sowie seine Feldspatarmut, worin der Muskovit nicht reichlich eingestreut ist, ist jedoch durch vielen schwarzen Turmalin (Schörl) ausgezeichnet, der darin in zahlreichen rhomboödrischen Prismen der Komb.-Form © R (1010). o P2(1120) ohne terminale Begrenzung vorkommt, welche bis SO mm lang und 50 mm dick werden. Die Turmalinsäulen sind häufig gebrochen oder nur geborsten, worauf später die Bruchstücke und Sprünge durch Quarzmasse wieder ausgeheilt wurden. — Erzlagerstätten der Chloritgneisgruppe. a) Bleiglanzfundstätte am Rabenberge nordöstlich Zöptau. Schon im Jahre 1886 fand Verf. in der Zone mächtiger Chlorit- gneise nebst deren Diabasamphiboliten im Riede „Schillerhau“ der !) L. ec. pag. 4 bis 16. ) L. c. pag. 176 bis 183. ®) Sonderabdruck a. d. I. Bericht des Vereines „Botanischer Garten in Olmütz“, 1905. vw | )| Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 161 1109] Gemeinde Zöptau, und zwar auf der Ackerparzelle Nr. 1442 des Landwirtes Müller, Bleiglanz, wohl nur in losen Trümmern, jedoch in solcher Menge auf dem „Steinrücken“* und in der Ackererde umherliegend, daß ein kleiner Schurfversuch dessen Anstehen im Untergrunde der gedachten Parzelle vermutlich sehr bald konstatiert haben würde. Die gedachte Lokalität befindet sich nach Maßgabe der Riedbezeichnung in der Katastralkarie (wie erwähnt) im Riede „Schillerhau“ gegen die Zöptau-Kleppler Gemeindegrenze hin; nach Lage der Spezialkarte 1:75.000 aber liegt dieselbe am Südge- hänge des Rabenberge:s. Der Bleiglanz zeigt vollkommen würfeligen Blätterbruch und ausgezeichneten Metallglanz, seine Farbe ist bleigrau, er ist mit körnigem, weißem und weingelbem Quarz sowie mit seinem Ver- witterungsprodukt dem Cerussit sehr häufig innig verwachsen, zuweilen gesellt sich auch Siderit dazu, der gern zu Limonit verwittert. Der CGerussit erscheint teils in einzelnen Körnern, teils sind es zellige oder stengelige, zuweilen faserige Aggregate, die zwischen Bleiglanz, Quarz und Limonit sitzen oder aber von letzterem überzogen werden. Nachdem der Bleiglanz an derben Quarz gebunden ist, so erscheint es nicht unwahrscheinlich, daß das Vorkommen einem Quarzgange angehört, der in Begleitung von Derivaten des Diabases in der Chloritgneisgruppe des Rabenberges aufsetzt. Näheres über diese Lagerstätte könnte durch eine Schürfung leicht erbracht werden. — b) Schwefelkiesvorkommen auf der Kriechlehne nordöstlich Wermsdorf. In der nordöstlichen Fortsetzung dieser Zone der Chloritgneis- gruppe mit ihren Diabasamphiboliten kommen im sogenannten Kies- graben (oberstes Mertatal) und an der benachbarten Kriechlehne Schwefelkiese vor, welche man in den Jahren 1854 bis ein- schließlich 1857 auf der Franz-Josefszeche für die Schwefelsäurefabrik in Würbental (Österr.- -Schlesien) abgebaut hat. — Der Pyrit soll hier teils kristallisiert, teils derb und eingesprengt in einem aus Chlorit und Quarz bestehenden Gestein vorkommen ? — Die Vertreter des in Rede stehenden Schiefermantels hat Verf. auch am nordöstlichen Ende der metamorphen Dioritgabbrokuppel festgestellt, und zwar in den Quarziten an der Hirschgrabenbrücke des Kiesgrabens, die gefältelten grünlichen Glimmerschiefer und Phyllite an der Kriechlehne usw., ferner in den typischen Chlorit- gneisen sowie untergeordneten Serizitgneisen im Schlafwinkel des oberen Mertatales, an der vorderen und hinteren Hüttellehne und am Hüttelberg selbst, wo sie von Pyroxeniten (beziehungsweise Topf- steinmassen) aufgehoben wurden (siehe Profil Fig. 3, pag. 129), sämtliche Fundorte an der Nordflanke oder am Scheitel der ge- dachten Dioritgabbrokuppel. Auf der Sohle des hinteren Schlaf- winkels wurde im Chloritgneis eine mächtige Einlagerung von Chlorit-Aktinolithschiefer mit Epidotaggregaten konstatiert, dessen Schichtenköpfe unter einer mächtigen Endmoräne hervor- Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Band, 1. Heft, (Fr. Kretschmer.) 21 162 Franz Kretschmer. (1 10] lugen. In diesem Teile unserer Schieferhülle greifen die von NÖ gegen SW vordringenden Felsmassen des Chloritgneises in ansehn- licher Verbreitung entwickelt, als großartige Zungen in den darunter- liegenden metamorphen Dioritgabbrokern ein. Auch die Chloritgneisgruppe folgt meist dem allgemeinen Gebirgs- streichen SW—NO mit NW-Fallen, jedoch gegen die äußeren Teile beobachtet man zunächst flache und schwebende Lagerung, worauf das Umbiegen der Schichten gegen SO erfolgt, welches Verflächen durch steil NW einschießende Strukturflächen mehr oder weniger verwischt wird. Demzufolge formt die gedachte Chloritgneis- sruppe in dem hier in Betracht kommenden Gebiet einen zwischen die zentrale Eruptivmasse einerseits und dem südöstlich an- grenzenden Unterdevon einen eingezwängten Sattel. Das letztere ist mit dem Chloritgneis vielfach verzahnt und besteht aus bleigrauen, kohligen, feingefältelten Phylliten mit Quarziten, Chloritoidscehiefern nebst Einlagerungen von Uralitdiabas und seinen Tuffen. Die Auflagerungsfläche des Unterdevons ist jedoch keine normale, vielmehr liegt eine mehr oder weniger deutlich ausgesprochene Diskordanz vor, was schon früher Becke!) mit den Worten hervorgehoben hat: „daß die Grenze des Unterdevons segen den Chloritgneis zum Teil durch Längsbrüche bedingt wird.“ Petrogenetische Betrachtungen über die Chloritgneisgruppe. Die rasch wechselnden mannigfaltigen Gneise und sonstigen Schiefer der Chloritgneisgruppe weisen unverkennbar darauf hin, daß das Substrat dieser Gesteine ein ebenso wechselvolles war, das dann später einer durchgreifenden Metamorphose unterlegen ist. Während in den Gesteinen der Zöptauer Eruptivmasse alle Mineralien srößere und scharie Kristalle, frische Farben und hohen Glas- oder Metallglanz darbieten, haben die Gesteine der Chloritgneisgruppe eine kleinkristallige Ausbildung, glanzloses Aussehen, die Farben erscheinen stumpf, insbesondere gilt das von den stumpfgrünen Chloritschmitzen. Dieser Unterschied macht sich überall in auffälliger Weise geltend und ist sofort in die Augen springend. Bezüglich der in Rede stehenden Schiefergneishülle steht außer- dem fest, daß Übergänge davon zu den Kerngesteinen nicht statt- finden, die Grenze vielmehr überall scharf markiert ist; exomorphe Kontakterscheinungen in jener charakteristischen Ausbildung, wie wir sie in der Glimmerschiefergruppe an der Südwestflanke kennen lernten, existieren hier nicht; dagegen finden wir auch hier am Außenrande der zentralen Gabbroschale dieselbe den Er- starrungsgesetzen folgende Verdichtung des Gesteinskornes, wobei die Schiefergneishülle als Abkühlungsfläche wirkte, was ihre frühere Anwesenheit zur völligen Gewißheit erhebt. Dieselbe entspricht somit in unserem Gebiete dem Zwecke eines Mantels, der durch den zentralen Kern aufgehoben wurde, sie hat ihre stratigraphische Position an den Flanken und am Scheitel unseres Dioritgabbrostockes, !) L. c. pag. 296. ea [111] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 163 wo sie, wie oben gesagt, einen eingeklemmten Sattel formt. Es liegt also in der Chloritgneisgruppe in ihrer Gesamtheit keine abys- . sische Masse vor, die wir voraussetzen müßten für den Fall, daß wir ihren Ursprung gänzlich auf Massengesteine zurückführen wollten. Prof. Fr. Becke!) hat schon früher darauf hingewiesen, „daß der Chloritgneis keinen stratigraphischen Horizont darstellt, sondern eine petrographische Ausbildungsform, welche an die Grenze über- lagernder jüngerer Sedimente geknüpft erscheint, auch hat derselbe seine Anschauung dahin präzisiert, daß die äußeren Teile der in Rede stehenden Schieferserie sowie die sogenannten „Altvaterschiefer*“ wahrscheinlich sehr alte, umgewandelte Sedimente sind; bezüglich des Chloritgneises sowie des sogenannten „Teßgneises“ schien ihm diese Frage nicht gelöst. Neuerdings hat Becke?°) zur letzteren Frage Stellung genommen und stellt nun den Chloritgneis des Alt- vatergebirges zu seinen Diaphthoriten: kristallinen Schiefer- gesteinen, entstanden durch rückschreitende Metamorphose, bei welcher als typomorphe Gemengteile die Charakterminerale der oberen Tiefen- stufe sich entwickeln (Serizit, Chlorit, Albit, Quarz, Karbonate) auf Kosten proterogener Minerale der unteren Tiefenstufe. Demzufolge würde also unser Chloritgneis seine Abstammung vom Granitgneis herleiten, der durch jüngere geodynamische Vorgänge seine gegen- wärtige Beschaffenheit erlangt hat. Die diaphthoritischen Phyl- lite sollen früher ebenfalls Gneise gewesen sein, die ihre jetzige phyllitähnliche Beschaffenheit durch weitgehende Verschieferung unter solchen äußeren Umständen erlangt haben, welche als Neu- bildungen nur die Mineralien der oberen Tiefenstufe zuließen. Indes bezeichnet Becke es selbst als eine schwierige Aufgabe, in jedem einzelnen Falle den Nachweis zu erbringen. Im Gegensatz dazu befindet sich H. Rosenbusch?°), weil der- selbe die Chloritgneise ohne Rücksichtnahme auf deren Feldspatgehalt einfach unter seine sedimentogenen Paragneise einreiht und als hierher gehörig ausdrücklich die Chloritgneisgebiete zwischen Liebau und Schmiedeberg, in der Gegend von Berggieshübel und Tanneberg (Sachsen), im Wechselgebirge, im Maderaner Tal (Schweiz) u. a. O. aufzählt. Dagegen erklärt F. Weinschenk#) die Bildung solcher Gesteins- komplexe, wie sie in der Chloritgneisgruppe vorliegen, durch Pi&@zo- kontaktmetamorphose, wobei die gasförmigen Agentien unter besonders hohem Druck in das Gestein eingepreßt wurden, demzu- folge sich die kontaktmetamorphischen Erscheinungen viel intensiver gestalteten. Erhöhtes spezifisches Gewicht, Ausbildung hydrooxyl- reicher Neubildungen, Zunahme des Glimmers und damit im Zusam- menhange weite Verbreitung der Schieferstruktur sind die charakte- ristischen Modifikationen, welche diese Gesteine erleiden. Die mine- ralische Zusammensetzung folgt dem Volumgesetz, wodurch sich das Jule. pa2. 295 u. 300. 2) Tschermaks Mitt. 1909. XXVIII. Heft 4, pag. 17—23. ®) Elemente der Gesteinslehre 1910, pag. 610. *) Spezielle Gesteinskunde 1907. 21* 164 Franz Kretschmer. [11 2] Vorherrschen des Albits und des Glimmers erklärt, welche an Stelle der Mineralbildungen der normalen Kontaktmetamorphose treten, demzufolge Hornfelse fehlen. Wie man sieht, ist die Sache noch sehr kontrovers. Jedenfalls möchte aber speziell für unser Gebiet die genetische Frage nicht früher angeschnitten werden, bevor nicht eingehende chemische und mikroskopische Studien sowie ein vollständiges kartographisches Bild über die mannigfaltigen Gesteine der Chloritgneisgruppe vorliegen, was jedoch nicht zur vorliegenden Aufgabe gehört. Dessenungeachtet möchte ich nach Maßgabe der Lagerungsformen und aus strati- graphischen sowie tektonischen Gründen dem Gedanken Raum geben, daß die Chloritgneisgruppe hiesiger Gegend nicht einem einheit- lichen Bildungsakt ihre Entstehung verdankt; vielmehr werden wir zu der Annahme gedrängt, daß die Hauptmasse dieser wechsel- vollen Schiefergneisserie, speziell die äußeren Sattelteile, sedimento- genen Ursprungs sind; es war ein Massengesteinsderivat, welches später durch Injektionen von Muskovitgranit, der größere Kerne bildet, und Diabas in Form von Lagergängen durchbrochen wurde. Unter dem Einflusse der granitischen Intrusionen wurden die Sedimente einer anderen Art der Kontaktmetamorphose unter- worfen, die unter hohem Druck in der Weise wirksam war, daß ein natronfeldspatreiches Magma auf den zahllosen und mächtigen Spalten und Klüften des Gesteins aufgestiegen ist, dieses durch- tränkend, und allmählich die Gneisifizierung des sedimentären Substrats je nach dessen Zusammensetzung vollbrachte, wodurch sich die mannigfaltigen, rasch wechselnden Gneistypen der in Rede stehenden Gesteinsgruppe am besten erklären. Beweis dafür, daB an vielen Punkten des Chloritgneises seine zahllosen Spalten und Klüfte mit Albitzwillingen, Periklinverwachsungen, kleinen Quarz-, be- ziehungsweise Bergkristallen, derbem Prehnit, tafeligem und schup- pigem Chlorit, säuligem Epidot, kleinen Orthoklasen bekleidet worden sind. Gleichzeitig wurden unter geodynamischen Einwirkungen die intrusiven Granite zu Muskovitaugengneisen sowie auch die Diabase zu Uralitdiabasen und Amphiboliten umgewandelt, ferner durch die normale Verwitterung Aktinolith- und Chloritschiefer ausgebildet. — Diese ältereintrusiveKontaktmetamorphose macht es erklärlich, daß in der Chloritgneisgruppe ähnliche Kontaktbildungen, wie wir solche öben in der Glimmerschiefergruppe kennen lernten, hier gänzlich fehlen. Es ist wahrscheinlich, daß die Chloritgneisgruppe die Beschaffenheit der kristallinischen Grundgebirge bereits besaß, als die Aufwölbung der Zöptauer metamorphen Dioritgabbromasse eintrat, wofür auch eine ältere Parallelstruktur in manchen jener Gesteine spricht. An der nordwestlichen Flanke der Zöptauer metamorphen Dioritgabbromasse sind teils feldspatreiche, teils glimmer- reiche Schiefergneise verbreitet, welche sich als Bestandteile des Schiefergneisgewölbes im Wildenteßtal darstellen, das durch die gediegenen Arbeiten Beckes näher bekannt geworden ist‘), auf welche hiermit hingewiesen sei, weil Verf. seine mikro- 1) L. c. pag. 294. [113] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau, 165 skopischen und chemischen Untersuchungen auf dieses Gebiet nicht ausgedehnt hat. — Der gedachte Schiefergneissattel des Wildenteß- tales enthält allgemein in zentraler Lage feldspatreiche Biotit- gneise, während die peripherischen Bildungen an der Nordwest- flanke (Teßgebiet) durch glimmerreiche, feldspatarme Schiefergneise, dagegen die Nordostflanke (am Altvater) und die Südostflanke (im Mertagebiet) durch überwiegend feinkörnige und schieferige Chlorit- Albitgneise vertreten sind. Die letzteren Chloritgneise im Mertagebiet sind identisch mit der obengeschilderten Chloritgneisgruppe. Die er- wähnten Gesteine des Teßtaler Schiefergneisgewölbes nebst der ein- gelagerten Phyllitmulde des kleinen Seebergs sowie ein Teil des Unterdevons werden gegen NO durch eine große, NW streichende Störungslinie Karlsbrunn--Gabel— Waldenburg abgeschnitten, jen- seits welcher sich die älteren, grobkristallinischen Biotitgneise der Urlichgruppe ausbreiten. — VI. Tektonische und Altersverhältnisse des metamorphen Diorit- und Gabbromassivs und seiner Schieferhülle. Die tektonischen Verhältnisse sind zum Teil bereits oben in den einzelnen Abschnitten, und zwar bezüglich des zentralen Dioritgneis- kernes, der peripherischen Gabbroamphibolitzone sowie der kristallinen Schieferhülle soweit als es nötig erschien und soweit sich hierzu die Gelegenheit dargeboten hat, zur Erörterung gelangt. Die gedachte Zöptauer Eruptivmasse bildet ein selbständiges, in sich abgeschlossenes Gewölbe und eine durch dieselbe kontakt- metamorphisch veränderte kristalline Schieferhülle an der Süd- west-, Südost- und Nordostflanke, gegen Nord hin wird das gedachte Massiv durch Granitit- und Pegmatitmassen flankiert, während am Nordwestflügel die kontaktmetamorphen Hüllgesteine bis auf wenige Überreste durch die gewaltige Erosion des Teßtales abgetragen erscheinen; auch gegen den Scheitel hin sind noch einige Schollen davon erhalten, welche in das Magma tief eingeblättert worden sind. Das Ganze erscheint demzufolge als ein im südwestlichen Teile NNO, im nordöstlichen Teil nach NO gestreckter Lakkolith, dessen lange Axe vom Rauhbeerstein (im Traußnitzwald) bis an den Hüttel- berg (Berggruppe des Ameisenhübel) 10 km mißt und dessen kurze Axe in dem Querprofil Bischofsgraben (Ober-Zöptau) bis Steinigberg (Schwarzensteingruppe) gemessen 44 km beträgt. Die Fortsetzung der zentralen Eruptivmasse südöstlich vom Rauhbeerstein bis in die Gegend von Rabenseifen läßt darauf schließen, daß dieselbe sich in der Teufe auch unter der angrenzenden Glimmerschiefergruppe ausbreitet. Während das Streichen der Bänke und Schlieren des Diorit- gneis- und Amphibolitkernes parallel zu dem oben angegebenen, all- gemeinen Gebirgsstreichen in den Grenzen 1 h bis 3 h erfolgt, ist das Verflächen fast durchweg unter steilen Winkeln isoklinal gegen NNW, beziehungsweise NW gewendet, was auf eine Überkippung gegen SO infolge Tangentialschubs hinweist. Es ist klar, daß der Bau des 166 Franz Kretschmer. 1 14] Zöptauer Diorit- und Gabbromassivs nicht als eine einfache Aufwölbung, als einheitliches Gebilde nach Art geschichteter Sedimente zu denken ist, vielmehr spielen hier Schieferung, Aufblätterung, Ab- schnürung sowie Versenkungen und Einfaltungen der Glimmerschiefer und Chloritgneise in die peripherischen Gabbroam- phibolite, als auch insbesondere Einfaltungen dieser letzteren in den darunterliegenden Dioritgneiskern, ferner gangförmige Durch- setzungen eine große Rolle. Wir müssen demzufolge Rücksicht darauf nehmen, daß sich die Regeln der Tektonik nicht so ohne weiteres auf die mannigfaltigen Verhältnisse der eruptiv - metamorphen, kristallinen Gesteine anwenden lassen, die man etwa von den ge- schichteten Sedimenten hierauf übertragen wollte. Durch die gedachten Störungen werden die sonst so einfachen tektonischen Verhältnisse kompliziert, so daß das Gewölbeprofil nicht zur Geltung kommt oder nur sehr unvollständig erscheint; in um so deutlicheren Umrissen lassen es die großen geologischen Erscheinungs- formen hervortreten, und zwar haben wir unwiderlegliche Beweise dafür, daßessich tatsächlich um ein Gewölbe handelt indersymmetrischen Verteilung der peripherischen Gabbrogesteine, sowie nicht minder der Schieferhülle, beziehungsweise deren Überreste auf den Flanken des in Rede stehenden Gewölbes. Daß die Gabbroamphibolite an den Nordost- und Südostflügeln eine weit mächtigere Entwicklung als am Nordwestflügel zeigen, kann wohl nicht als Mangel an Symmetrie auf- gefaßt werden. Wie wir weiter oben gesehen haben, übergeht der zentrale Diorit- gneis gegen die Randpartien in die sauren Formen des dioritischen Magma, und zwar dem Quarzglimmerdioritgneis am Reimerstein und Schinderhübel; die Reihe der Gabbrogesteine am Schwarzenstein findet ihre gleichwertigen Vertreter im Traußnitzwalde und östlich des Rauh- beersteins; in ähnlicher Verteilung an den Gewölbeflügeln finden wir die im Hangenden, beziehungsweise im Liegenden folgenden Hüllgesteine der Glimmerschiefergruppe und der COhloritgneisgruppe. Siehe das Quer- profil 2 auf Taf. V sowie dessen Ergänzungskurven; gleichzeitig sind daraus die in den metamorphen Dioritgabbrokern versenkten Schollen des Glimmerschiefers ersichtlich. Überall ist das Einfallen isoklinal gegen WNW und NW gerichtet, demzufolge diese Lagerungs- verhältnisse untrügiich ein großartiges, schiefliegendes, das heißt gegen SO überkipptes Gewölbe vorstellen. Ein ähnliches Bild ergibt ein Querprofil in der Linie Matten- berg (Marschendorf)—Topfsteinbruch (Storchberg), jedoch ist dasselbe nicht so vollständig als das vorige, weil die Schieferhülle des Mattenberges fehlt, die daselbst durch das Teßtal weggespült erscheint. Siehe das Profil 1 auf Taf. V sowie die zugehörigen Ergänzungskurven. Dagegen erhalten wir östlich des Topfsteinbruches am Storchberg die einander äquivalenten Gabbrogesteine, ferner den Pyroxenitstock des Topfsteinbruches und als Abschluß im Liegenden die mächtige Chlorit- gneisgruppe mit ihren Diabasgesteinen am Rabenberg. Die Mitte bringt die aus den peripheren Gabbrogesteinen bestehenden Scheitel- kalotten des Steinhübels, Butterhübels, beziehungsweise des Vorder- und Hinterberges sowie Hofsteins und Storchberges, soweit diese [1 15] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 167 noch von der Erosionsmechanik verschont geblieben sind, zum Schnitte, während die darunterliegenden zentralen Dioritgesteine die Tiefe be- herrschen. Auch daraus ergibt sich mit Konsequenz, dab diese Gesteine ein isoklinales Gewölbe formen, in deren Kern Diorit und an der Peripherie Gabbro, den Spaltungsgesetzen entsprechend, magmatisch ausgeschieden wurde. Daß die Grenzfläche beider Gesteinsfamilien eine sehr unregelmäßige und durch zahllose und mannigfaltige Schlieren gestörte ist, liegt in der Natur der Sache und wurde bereits weiter oben auseinandergesetzt. Man findet also auch in der Zöptauer Diorit-Gabbromasse nebst deren Pyroxeniten den geologischen Erfahrungssatz bestätigt, daß die sauren Tiefengesteine zuerst erumpierten, die basischen nach- folgten, während die ultrabasischen (die beiden anderen durch- brechend) den Schluß der Reihe bedeuten, woraus sich die Regel er- gibt, daß die gedachten Gesteine um so später zur Eruption gelangten, als sie basischer geworden sind. Heute, wo die metamorphosierenden Prozesse, die Umkristallisation der Diorite, Gabbro und Pyroxenite längst vollzogen ist, sehen wir einen mächtigen Kern flaserigen Hornblendeplagioklasgneises mit Schlieren von Biotitplagioklasgneis, umgeben von einem Mantel massiger Horn- blendegabbros nebst untergeordneten Hornblenditen, beziehungsweise Strahlsteinen, körnigen Gabbroamphiboliten und Gabbroschiefern sowie Prasiniten, während gegen den Saum hin zahlreiche Topfsteinstöcke mit Schalenstruktur erscheinen. Schon F. Becke und M. Schuster haben in dem eingangs- erwähnten Vortrag!) darauf hingewiesen, daß die Gesteine in der Um- gebung von Zöptau nicht nur nach den Lagerungsverhältnissen den stratigraphisch tiefsten Horizont, sondern auch durchweg eine hoch- kristalline Ausbildung zeigen. Auch aus unseren obigen Feststellungen geht unstreitig hervor, daß die Zöptauer metamorphe Eruptivmasse tatsächlich den geologischen Mittelpunkt des Altvatergebirges bildet und daß dieselbe nach den. Lagerungsverhältnissen das strati- graphisch tiefste Niveau behauptet. An diese zentrale, merkwürdig regelmäßig und hinsichtlich ihrer Gesteinstypen vollständig entwickelte eruptive Kernmasse legt sich das Schiefergneisgewölbe im oberen Teßtale dergestalt auf, daß die erstere von dem letzteren an der Nord- west- und Nordostflanke umschlossen wird. Wahrscheinlich hat die zentrale Eruptivmasse bei ihrer Aufpressung die Aufwölbung der benachbarten Teßgneise bewirkt, beziehungsweise die Chlorit- gneise emporgehoben, an der Südostflanke zu einem Sattel zu- sammengestauchtund an der Nordostflanke über die Kerngesteine dachförmig übergeschoben, wie dies bereits oben auseinander- gesetzt wurde. Es ist zweifellos, daß ein Teil der schieferigen „Teßgneise* sowie die Chloritgneise lediglich petrographisch verschiedene Ausbildungs- formen sind, die sich gegenseitig in gewissen stratigraphischen Niveaus vertreten, jedoch in tektonischer und genetischer Hinsicht einer ein- heitlichen Formation angehören. Die darin auftretenden Gneise von 2) Th..c. pag. 3. 168 Franz Kretschmer. [116] körniger, flaseriger und Augenstruktur sind auf granitische Intrusiv- massen zurückzuführen, welche durch Gebirgsdruck vergneist worden sind. Altersgliederung. Zum Schlusse vorstehender Ausführungen möchte wohl auch die schwierige Altersfrage bezüglich der Zöptauer metamorphen Dioritgabbrokuppel sowie ihrer Schieferhülle, und zwar sowohl der Glimmerschiefergruppe als auch der Chloritgneisgruppe in den Kreis der Erörterung gezogen werden, soweit dies nach dem heutigen Stande unserer Kenntnisse von dem gedachten Gebiet überhaupt möglich ist. — Zunächst muß bemerkt werden, daß alle meine Be- mühungen, in den Hüllgesteinen Graptolithen oder Tentaculiten sowie andere paläontologische Charaktere aufzufinden, bisher von keinem Erfolge begleitet waren, also vorläufig als fossilleer anzusehen sind. Vielleicht sind spätere Beobachter von mehr Glück begünstigt, denn erfahrungsgemäß sind Fossilien oft nur auf schwache Schichten und Bänke beschränkt und haben sich selbst in viel durchforschten Gegenden jahrzehntelang der Beobachtung entzogen, bis ein glücklicher Zufall sie dem Kundigen entdeckt. Verf. hat bislang keine Veran- lassung getroffen, daß die lokal eingelagerten graphitischen Phyllite und Quarzite der Glimmerschiefergruppe im Traußnitz nach Radio- larien oder anderen Mikroorganismen untersucht werden. Wir sind daher bei Beurteilung der Altersfrage lediglich auf die petro- graphischen und stratigraphischen Verhältnisse sowie auf die vor- handenen Diskordanzen angewiesen, was die Sache erschwert und unsicher macht. Betreffs der Hüllgesteine kann zunächst mit einiger Sicherheit konstatiert werden, daß die Chloritgneisgruppe zufolge ihres petro- graphischen und tekonischen Verhaltens den älteren, die Glimmer- schiefergruppe den jüngeren Schichtenkomplex vorstellt, und zwar besteht die erstere Stufe ihrem Wesen nach aus kalksteinfreien Silikatgesteinen, wobei auch den darin vorkommenden Quarziten lediglich eine untergeordnete Rolle zufällt. Im Gegensatze dazu wird die jüngere Stufe aus einem vielfachen Wechsel vorherrschender Quarzite und Glimmerschiefer nebst untergeordneten Phylliten zusammengesetzt. In beiden Stufen treten metamorphe Derivate von Uralitdiabasen auf, und zwar vorwaltend Amphibolite untergeordnet mannigfaltige Grünschiefer und Chloritschiefer. Ferner geht aus der Beobachtung tatsächlich hervor, daß die Gesteine der Glimmerschiefergruppe gleichwie diejenige der Chlorit- gneisgruppe mit den Bänken und Schlieren der zentralen Massen- gesteine nicht überall im konkordanten Verbande stehen, und zwar machen sich die geologischen Diskordanzen durch lokal vorkommende durchgreifende Lagerungsverhältnisse an den Nordost- und Südostflanken des Lakkoliths geltend, welche teils auf das fingerförmige Fingreifen desselben in die Hüll- gesteine, teils auf gangförmige Durchsetzungen zurückzuführen sind. Dieses tektonische Verhältnis ist bei der Natur der Sache nicht 1 17) Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 169 anders möglich, denn der intrusive Kern hob die Hüllgesteine nicht gleichmäßig, so daß sich daraus der lokal diskordante Anschluß zwischen Kern und Mantel notwendigerweise ergeben mußte. Ebenso ist die Auflagerungsfläche zwischen den Gliedern der Chloritgneisgruppe einerseits und dem südöstlich angrenzenden Unterdevon anderseits keine normale, vielmehr diese Formations- grenze durch Anderungen des Streichens sowie durch Brüche, Abrasion und Erosion gestört erscheint, was insbesondere in der Berglandschaft um Rabenseifen und Rudelsdorf auffällig wird, wo an den abnorm ostwestlich streichenden Chloritgneisen, plötzlich die Schichten des Unterdevon mit Nordsüdstreichen abschneiden und die Grenz- fläche auch sonst sehr unregelmäßig verläuft. Zwischen Chloritgneis- gruppe und Unterdevon liegt also eine große geologische Dis- kordanz vor. Es erscheint demzufolge zweifellos, daß während Bildung der Devonabsätze sich die Chloritgneisgruppe schon in gestörter Lagerung befand, also bereitsempor- gehoben und nicht mehr im Vollbestande seiner zu- gehörigen Gebirgsglieder war, weil die gebirgsbilden- den Kräfte sowie später Abrasion und Erosion bereits am Werke gewesen sind. Die Transgression des Ünterdevons über die Chloritgneisgruppe kommt dort am deutlichsten zum Ausdruck, wo die bleigrauen unterdevonischen Phyllite, beziehungsweise Ton- schiefer an die kristallinische Unterlage anstoßen. Daraus ergibt sich für die Chloritgneisgruppe als Abgrenzung nach oben hin mit Sicher- heit ein vordevonisches Alter. Nachdem jedoch in der Chloritgneisgruppe neben unterge- ordneten Quarziten auch Quarzkonglomerate und Konglomeratgneise nachgewiesen sind, sich also auch diese mannigfaltig zusammengesetzte Gesteinsgruppe unserer Schieferhülle durch ihre in manchen Fällen klastische Beschaffenheit auszeichnet, der bisherige Mangel an Fossilführung darauf zurückzuführen ist, daß die Fossilien durch spätere, oben geschilderte metamorphische Vorgänge unkenntlich ge- worden, so gelangen wir an der Hand dieser Tatsachen, speziell des stratigraphischen Verhaltens sowie der großen unterdevonischen Trans- gression zu der Schlußfolgerung, daß die Chloritgneisgruppe an dem Zöptauer metamorphen Dioritgabbromassiv in ihrer Hauptmasse wahr- scheinlich der präkambrischen oder besser gesagt algonkischen Formationsgruppe angehört. Das früher für diesen Komplex und die Gneisformation bei Zöptau angenommene „archäische“ Alter muB wohl künftighin fallengelassen werden. Freiherr v. Cammerlander!) betrachtet den „Phyllitgneis* der älteren Geologen, der zum Teil identisch mit dem Chloritgneis ist, als ein zwischen die „archäische“ Gneisformation und das Unter- devon des Haidenzuges (Hohehaide, Maiberg, Hirschkamm und Schiefer- haide etc.) eingeschobenen geologischen Horizont, dem er ein silu- risches Alter zuschreibt. Inwieweit diese Sätze mit den Tatsachen in Ubereinstimmung stehen, erhellt aus den obigen Darlegungen sowie auch das supponierte silurische Alter weder durch paläontologische !) Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. Nr. 12, 1886. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Band, 1. Heft. (Fr. Kretschmer.) 92% 170 Franz Kretschmer. [118] „noch durch petrographische Charaktere gestützt werden kann. Dessen- ungeachtet ist es für uns wichtig, daß auch v. Cammerlander die Chloritgneisgruppe unter die altsedimentär-metamorphen Bildungen einreiht. — Um das mutmaßliche Alter unserer Glimmerschiefer- gruppe feststellen zu können, müssen wir, da dies in unserem be- schränkten Gebiet nicht möglich ist, etwas weiter ausgreifen. Das weite Teßtal ist ursprünglich ein tektonisches Tal, das dort entstanden ist, wo die Grenzscheide liegt, zwischen dem Zöptauer Dioritgabbro- sattel im Osten und der großen GranitgneiskuppelderHoch- schaar-Kepernikgruppe im Westen. Nach Überschreitung dieser Depression finden wir die Fortsetzung der Glimmerschiefergruppe an den westlichen Gehängen des Teßtales, wo sie sich über dem aus Biotitaugengneisen bestehenden Lakkolith der Kepernikberg- gruppe und ihren Ausläufern ausbreitet und dessen intensiv kontakt- metamorphisch beeinflußte, allerdings vielfach zerstückte Schieferhülle bildet. Diese letztere wird in den gedachten Gebiet hauptsächlich zu- sammengesetzt aus einem schuppigen, glimmerreichen Glimmerschiefer mit einem weitverbreiteten Kontakthof ausge- zeichneter Staurolith-, Andalusit- und Granatschiefer, worin außerdem mächtige Kalksteinlager einsetzen, die jedoch fast gänzlich zu mannigfaltigen Kalksilikatfelsen umgewandelt sind, während quarzi- tische und graphitische Schiefer, plattige Biotitgneise und mannigfaltige Amphibolite bloß untergeordnet auftreten. Mit Abnahme der Kontaktmetamorphose vollzieht sich in der G e- birgsrinne Ramsau—Goldenstein ziemlich rascher Übergang des Glimmerschiefers in die Gesteine der Phyllitgruppe, an deren Zusammensetzung sich außer den dunklen Phylliten, mächtige kristalline Kalksteine, untergeordnete Quarzite sowie Amphibolite beteiligen. Auch diese Gruppe zeigt gegen das Granitgneismassiv hin vielfach kontakt- metamorpbische Beeinflussung, indem die Phyllite zum Teil muskovit- reich werden, die Kalksteine zum Teil in Marmor umgewandelt sind. Die Phyllite übergehen teilweise in tonschieferähnliche, durch massenhaft parallel eingeschwemmte Quarzstufen deutlich klastische Gesteine. Die petrographische Ähnlichkeit der in Rede stehenden Phyllit- gruppe mit den Phyllitzügen vom Uhustein und dem großen Seeberg— Wiesenberg einerseits sowie dem typischen Unterdevon östlich der Chloritgneisgruppe ist so auffällig, daß ich schon früher auf das mut- maßliche unterdevonische Alter dieser Phyllitkomplexe hinge- wiesen habe !). Halten wir daran fest, so sind wir zu der Annahme berechtigt, daß der Glimmerschieferkomplex im Kepernik- sebiet den der Phyllitgruppe nächsttieferen Horizont repräsentiert, also dem Silur angehört; demzufolge auch die ähnlich zusammen- gesetzte, durch typische Kontaktgesteine ausgezeichnete Glimmer- schiefergruppe auf dem Zöptauer Diorit- und Gabbrogewölbe ebenfalls auf ein silurisches Alter hinweist. !) Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1897, Bd. 47, pag. 39. RE 1 19] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 171 Aus diesen Feststellungen des algonkischen Alters für die Chlorit- gneisgruppe, des silurischen für die Glimmerschiefergruppe, des unter- devonischen für die eingeklemmten Phyllitmulden sowie der damit gleichzeitigen Hebung der im Südost angrenzenden Hauptmasse der mährisch-schlesischen Devonformation geht des weiteren hervor, dab die Aufpressung des Dioritgabbrogewölbes in der Umgebung von Zöptau in postdevonischer Zeit erfolgte und aller Wahrscheinlichkeit nach von kulmischem Alter ist. Demnach sind die oben beschriebenen Kontakthöfe im Traußnitzwald bestehend aus staurolith-, granat-, disthen- und turmalinführenden Muskovit- und Fuchsitschiefern in der Kulmperiode zur Entstehung gelangt. Dasselbe Alter ergibt sich für das Hervorbrechen der westlich angrenzenden Granitgneiskuppel und die großartigen Kontakthöfe ausgezeichneter staurolith-, andalusit- und granatführender Biotitschiefer und der Kalksilikatfelse. Jeden- falls sind beide benachbarten Lakkolithen, und zwar sowohl die große Granitgneiskuppel als auch die viel kleinere Dioritgneisgabbrokuppel gleichzeitig durch denselben geodynamischen Tangentialschub aufge- preßt worden, dessen größte Komponente senkrecht auf die Längser- streckung der gedachten Gneiskuppeln in der Richtung NW—SO wirk- sam gewesen war. Die Aufpressung der zentralen Intrusivkerne steht mit der Gebirgsfaltung im gleichzeitigen sowie ursächlichen Zusammen- hange, dagegen die Ausbildung der oben geschilderten, mannigfaltigen Kontakthöfe wohl der Hauptsache nach in die unmittelbar nachfolgende pneumatolytische Periode fällt. Ferner ist es nicht unwahrscheinlich, dab zur Zeit der Intrusion der Granitgneiskuppel im Kepernikgebiet sowohl, als auch der Dioritgneiskuppel in der Umgebung von Zöptau, die Gesteine der Chloritgneisgruppe des Haidenzuges und im Alt- vatergebiet die Beschaffenheit des kristallinen Grundgebirges bereits besaßen. Wie bereits oben der Nachweis erbracht wurde, hat der Granitit des gewaltigen Erzberges dıe zentralen Dioritgneise und die randlichen Gabbroamphibolite durchbrochen, wobei derselbe zu den weiter oben geschilderten, wichtigen endomorphen und exomorphen Kontaktgebilden Anlaß geboten hat; derselbe hat außerdem die teils feldspatreichen, teils glimmerreichen „Teßgneise* durchbrochen. Wir sind also zu der Schlußfolgerung berechtigt, daß der Erzberggranit jünger ist als die erwähnten Schiefergneise, ferner auch jünger ist als das Zöptauer metamorphe Dioritgabbromassiv, beziehungsweise die daraus hervor- gegangenen kristallinen Schiefergesteine. Eine nähere Altersbestimmung des Erzberggranits und seines mannigfaltigen Ganggefolges ist durch folgende Beobachtung ermöglicht worden. Der bereits obenerwähnte Phyllitzug vom Kleinen Seeberg und Dreigraben bei Wiesenberg (am linken Teßgehänge), bestehend aus dunklen Phylliten, Quarzschiefern und Amphiboliten, findet seine Fortsetzung am Kapellenberge sowie am Fichtelberge westlich Wiesen- berg und verliert sich am östlichen Gehänge des Lustbaches nächst Groß-Ullersdorf. Dieser Phyllitzug wird auf den genannten Anhöhen westlich Wiesenberg von kleinen Stöcken des Erzberggra- nits durchbrochen. Nun haben wir weiter oben gesehen, daß nach Maßgabe seiner petrographischen Zusammensetzung und strati- 29* 172 Franz Kretschmer. [120] graphischen Stellung der in Rede stehende Phyllitzug dem Unter- devon beigeordnet werden muß, wodurch sich das Alter des Erz- berggranits und seines Ganggefolges frühestens als postdevonisch erweist. Nachdem jedoch die Aufpressung des Dioritgneisgabbroge- wölbes in der Kulmzeit erfolgt ist, so muß der Erzberggranit mut- maßlich in der Oberkarbonperiode hervorgebrochen sein. Von gleichem Alter dürften auch die Biotitgranite von Blauda und Hermesdorf in der Umgebung von Mähr.-Schönberg sein, welche gleich dem Erzberggranit die jüngste Phase eruptiver Tätigkeit in dem hier in Betracht kommenden Gebiet bezeichnen. — Anders liegen die Altersverhältnisse bezüglich der gewaltigen Pegmatitmassen des Radersberges, die nach ihrer räumlichen Ent- wicklung und anderen trifftiigen Gründen nicht zum, unmittelbaren Ganggefolge des Erzberggranits gehören. Mehrfache Uberlegung läßt den Radersberger Pegmatit als älter erscheinen, und zwar dürfte dieser gleichalterig sein mit den westlich des Teßtales aufgebrochenen, Pegmatitmassen am Schloßberg bei Groß-Ullersdorf, im Pfaffen- busch und dem Bürgerwald nächst Reigersdorf, welche das Gang- sefolge der großen Gmeiskuppel in der Kepernikgruppe repräsen- tieren. — Die früher für archäisch gehaltene sogenannte „Gneisfor- mation“ der Umgebung von Zöptau wurde als das Grundgebirge be- trachtet, dem die Chloritgneise und Glimmerschiefer sowie die Phyllite als allmählich jüngere Formationsglieder auflagern. Bei der hier ver- tretenen Auffassung von der Intrusivnatur der Zöptauer Dioritgabbro- kuppel und ihrer mannigfaltigen Schieferumwallung als Kontakthof, erfährt die frühere Altersgliederung eine völlige Um- kehrung, und zwar haben wir gefunden, daß die Chloritgneisgruppe auf Grund ihrer petrographischen Charaktere, ihrer stratigraphischen Stellung, beziehungsweise der großen devonischen Transgression von algonkischem Alter ist und ein schon früher gefaltetes Gebirge vor- stellt; die Glimmerschiefergruppe gehört mutmaßlich zum Silur, während die weiterhin angrenzenden Phyllitgebiete ein devonisches Alter haben, so daß in der Schieferumrahmung vom Devon bis zum Algonkian eine nur durch das scheinbar fehlende Kambrium unter- brochene Reihe existiert. Des weiteren wurde zweifellos festge- stellt, daß die Intrusion der Dioritgneiskuppel und die Ausbildung ihrer Kontakthöfe frühestens in die Kulmzeit fällt, demzufolge die zentrale Dioritgneis- und Gabbroamphibolitmasse die jüngste Formation repräsentiert. In der Erwägung jedoch, daß die Aufpressung der oben ge- schilderten Gneiskuppeln mit der Faltung der Sudeten im ursäch- lichen Zusammenhange steht und unter Berücksichtigung der fest- stehenden geologischen Tatsache, daß die hereynische Faltung, welche zur Ausbildung des variscischen Kettengebirges führte, im Laufe der Oberkarbonzeit erfolgte, so erscheint es plausibel, auch die Intrusion unserer Gneiskuppeln in diese Zeit zu verlegen, obschon sich ein direkter Nachweis in unserem Gebiete dafür nicht erbringen läßt. [121] Das metamorphe Diorit- u. Gabhromassiv in der Umgebung von Zöptau. 173 Und in der Tat hat es C. Gäbert!) sehr wahrscheinlich gemacht, daß die sächsisch-böhmischen Gneiskuppeln frühestens am Ende der Kulmperiode aufgepreßt worden sind; ferner hat R. Scheibe für die Granitgneise des nordwestlichen Thüringer Waldes den Nachweis erbracht, daß diese wie die des südöstlichen Thüringer Waldes von postkulmischem Alter sind sowie auch die Intrusion des sächsischen Granulitlakkolithen nach den Neubearbeitungen von H. Credner, E. Danzig und E. Weise in postkulmischer Zeit erfolgt ist. Auf Grund obiger Altersfeststellungen verschiebt sich auch die Zeit, in welcher unser Erzberggranit zur Eruption gelangte, bis an das Ende der Oberkarbonzeit. — Obwohl am Ende dieser Abhandlung angelangt, betrachte ich diese dessenungeachtet nicht als abgeschlossen, denn wichtige geolo- sische Probleme harren noch der Lösung. Ich möchte mir daher in Zukunft in diesem reichen Arbeitsfeld weitere Ergänzungen, eventuell auch Berichtigungen vorbehalten, denn in dem Maße, als durch neue Steinbrüche, vielleicht auch durch neue Bergbaue sowie durch Weg- verlegungen infolge neuer Straßen- und Eisenbahnzüge bisher unbe- kannte Funde und Aufschlüsse erzielt werden, wird auch die geolo- gische Erkenntnis gefördert, vorausgesetzt, daß die feldgeologische Untersuchung unmittelbar nachfolgt, welche die frischen Entblößungen festhält, ehe diese wieder verwischt werden. Die geologische Feld- arbeit sowie jene im Laboratorium soll deshalb in dem Zöptauer Arbeitsgebiet weiter fortgesetzt und, sobald genügendes Tatsachen- material sowie neue Erfahrungen vorliegen, weitere Mitteilungen darüber gebracht werden, um die offengebliebenen geologischen Fragen ihrer Lösung näherzubringen. !) Die Gneise des Erzgebirges und ihre Kontaktwirkungen. Zeitschrift d. d geolog. Gesellsch. 1907, 59. Bd., pag. 368. 174 Franz Kretschmer. [122] Inhaltsverzeichnis. Seite Binleitungn ri. Vf NEL 2 ES TUR IE RI ET SE I. Generelle Übersicht der orographischen und petrographischen Ver- hältnisse. Gesteine in der Umgebung von Zöptau nach dem alten petrographischen System: Hornblendegneise, mannigfaltige Amphibolite und Hornblendeschiefer, Topfsteine und Chloritschiefer, Granit, pegmatitische und aplitische Ganggesteine . . . ; 55 Bisherige Auffassung der elastischen Vernalues al 1 obiee Gesteine seitens früherer "Beobachter de 2 2 55 „Das Gabbromassiv im bayrisch-böhmischen Grenzgebirac", von VERDIET DEM. une. 2" FOR 56 „Die Gruppe der Eher llrs im Mesehkikchen "Mitkelnehıree® von KEINE . 3 3 56 Die Gesteine in der Unschure von Zöptau Kan nnd Horn blendeplagioklasgneise von Dioriten abstammend, Hornblendegabbro, Gabbroamphibolite, Gabbroschiefer, Prasinite und Hornblendite . . 57 Verbreitung der Dioritgneise: Hauptmassiv im Traußnitzwalde, Oplustilberg, Reimerstein, Rauhbeer- stein, Storchberggruppe, Schwarzensteingruppe (Petersdorf), in der Umgebung von Marschendorf; Spezialmassiv am Hausberg und der vorderen Hüttellehne (Wermsdorf) . . oo. 2 0. 0 2 00 0 KmEna u Verbreitung der Gabbrogesteine: Hornblendegabbro am Schwarzenstein, Lagergänge davon und Horn- blendit im Bienergraben, im Traußnitz. Gabbroamphibolite und Gabbroschiefer östlich des Rauhbeersteins, am Viehbich, Pfarrerb, Schillerhau, Laßkoppe, Bischofserb (Zöptau).. . . ei.) Gabbroamphibolite und Gabbroschiefer am re ein Hüttellehne (Wermsdorf) und am Kargerberg (Siebenhöfen) ie! Mannigfaltige Derivate des Gabbro am Mattenberg, Steinhübel, Butter- hübel’und.am Kahlhübel (Marschendorf) ! ... 21.0.2. Er 61 Verbreitung der Quarzite, Glimmerschiefer und Schiefer- gneise: | Quarzite und Glimmerschiefer der Ausläufer des Schwarzensteins und | Steinigberges . . . Ni 62 Quarzite und Glimmerschiefer am Weißenstein und Kupferberg a, 62 Quarzite und Glimmerschiefer im Traußnitzwalde . 62 Schiefergneise (Chlorit- und Biotitgneise) bei Rudelsdorf, am Raben- stein, Freiheitsberg, Grasgrund und Hüttellehne ete. . . . . 63 | Kuppelförmiges Gewölbe von Dioritgneis im Kern, auf den en Hornblendegabbro, Gabbroampbibolite und Gabbroschiefer an den Flanken und dem Scheitel auflegen. . . 2... „Teenie un 0 u. 63 —64 , [123] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 175 II. Der zentrale Dioritgneiskern und dessen Ganggesteine. Seite (a Amphibolplagioklasgneis. Makroskopischer Befund; Ergeb- nisse der mikroskopisch-optischen Untersuchung . . . 65-66 Varietäten: Amphibolpyroxengneise, Amphibolbiotitgneise, Amphibol- epidotgneise . . . 67 Chemische Analyse des Amphibolplagioklasgneises und Gesteinsformel 68 Abstammung von körnigflaserigen Amphiboldioriten mit Schlieren von Flasergabbro und randlicher Differenzierung zu Quarzglimmerdiorit . 69 Schlieren von Biotitplagioklasgneis, mit lokaler Ver- errcntnoezue Muskovitsneist. 0. 2 ee 70 9. Basische Ganggesteine im Dioritgneiskern. Lagergänge von Hornblendegabbro im Bienergraben, Oplustilberg, Reimerstein IndsButterhübel gEraußnitz)i ou. saugen the: maus are en 7\ 3. Granititdurehbrüche nördlich Marschendorf. Makro- und mikroskopischer Mineralbestand des Granitits und seiner Varietäten Al Endomorphe Kontakterscheinungen im Granitit am Gabbro E 72 Exomorphe Kontaktgebilde in den Gabbrogesteinen am Granitit. . . 73-76 4. Saure Ganggesteine des Dioritgneiskernes. 16 A. Pegmatitdurchbrüche am Radersberg bei Phillipstal (stockförmige Massen) . . Mn 76 Petrographische Beschreibung und reichhaltige Mineralführung 0 191—178 B. Beryllführende Muskovit-Pegmatitgänge. Petrogra- phische Zusammensetzung, reiche Mineralführung, insbesondere ausgezeichnete Berylle . . . CHR): 78 2) Lagergänge unterhalb dem Mattenberg, Marsc ‚hendorf.. Abt ir 79 b) Lagergänge am Gemeindeviehbich, Marschendorf. . . h 79 c) Lagergänge am Ostabhang des Vorderberges, Marschendorf . . 80 d) Lagergänge im Scheibengraben, Marschendort „.:.. 30 Beschreibung der Gemeng- und Übergemengteile, insbesondere der Alkalifeldspäte sowie der Nebengemenstelle . ..... sl Quarzige Fazies dieser Pegmatitgänge . . 81 e) lıagergänge im Bienergraben zu Petersdorf. Resultate der mikro- skopisch- optischen Untersuchung BER E SPSH were 82 f) Lagergänge am ÖOpiustilberg . ... . SER up VER HE EHTAT 82 9) Lagergänge am Reimerstein, Traußnitz NA EEE NEL: 32 ©) Kreuzgängevonpegmatitischem Habitus am Schinder- Daubeie (Narschendorf)'2.004- 4. as 83 Varietäten: a) Pyroxenpegmatit; 5) beryliführender Muskovitpeg- matit; c) chrysoberyll- und beryliführender Sillimanitpegmatit. Ergebnisse der makro- und mikroskopischen Untersuchung am Sillimanitpegmatit und dessen Druckstruktur; © en im Dioritgneis am Schinderhübel etc. . . . - ; : . 84—87 Altersverhältnisse von Granitit und aeıen Gangefolge ge- genüber Dioritgneis und den Gabbrogesteinen . . ... h 88 D) Sekundäre Neubildungen: auf den ru kanklisie hen des zwentwalen Dioritsmeises alone. al ae nd III. Peripherische Gabbrozone. | Einfaltungen und Versenkungen, Injektionen (Gänge) der Gabbro- gesteine in den Dioritgneiskern . . 39 Gliederung der Gabbrozone an den beiden Gewölbef flügeln, "und zwar der basischen sowie der ultrabasischen Fazies der Gabbroreibe.. . 90 | 1. Hornblen a hbro, Ergebnisse der mikroskopisch-optischen Unter- suehungs‘..... re ee et zug 90 Chemische Analyse, ea) Übereinstimmung mit dem Gabbro- DE IKB ae. SER. apa. a, ee. Deine 1192 176 Franz Kretschmer. [124] Seite Struktur des Hornblendegabbro 2 93 Gangförmige Injektionen des Hornblendegabbro 93—94 2. Gabbroamphibolite,. Struktur derselben 95 Mikroskopisch-optische Gesteinsanalyse 95 Übergemengteile der Gabbroamphibolite . ea et sh 96 Chemische Analyse und Gesteinsformel, Abstammung vom Gabbhro- typus Keewenaw 97 Hauptentwicklung der Gabbroamphibolite an den nordöstlichen und südöstlichen Flanken sowie am Scheitel des Gneiskernes 98 3. Gabbroschiefer. Struktur und Mineralbestand 93-—99 Chemische Analyse und Gesteinsformel REN NEE 100 Zugehörigkeit zum Gabbrotypus Molkenhaus. . . ., 100 4. Einschlußmassen und Up eranesglhöder as Gabi schiefers: Hornblendite als Kugeln, Linsen und Stöcke 101 Umkristallisation derselben zu Strahlsteinschiefer und Klinochlor- schiefer . 101 Epidotisierte Gabbroschiefer 2 2 5. Prasinite (Grünschiefer). Dichte und Fee Struktur, ausge- zeichnete Parallelstruktur und Fältelung ; 102 6. Untergeordnete Einschlüsse desGabbr dsckerensi Zoisit (Thulii), Pyroxen (Diopsid), Prehnit, Quarz (Bergkristall), Orthoklas (Adular), Albit, Periklin, Apatit, Kalzit, Pyrit etc. . 102—103 7. Sekundäre Kluftausfüllungen des ae. ie. kommen der bekannten Zöptauer Mineralien auf mannigfalfigen Klüften und Hohlräumen in wechselvollen Assoziationen, und zwar ame BiarrerbsundeViehbichzete:1ZO pause . 103 — 105 Am Mattenberg, Steinbübel und Butterhübel; Marschendorf . 105—106 8. Erzmassen des Gabbroschiefers. a) Linsenförmige Magnetitlager als eisenreiche Fazies des Gabbro, auf der Sylvanzeche bei Siebenhöfen 106 Mineralbestand der Erzlagerstätte . . 106 — 107 Nebengesteine derselben . 107 Pyrite “und Zeolithe des Gabbroschiefers daselbst . 107 Mächtigkeit, Streichen und Verflächen der Erzlagerstätte 108 Spezialantiklinale der Gabbrogesteine daselbst 108 Bergbaubetrieb auf dieser Eisenerzlagerstätte . 108 b) Ähnliches Magnetitvorkommen am Erzberg . 108 ec) Kupferkies, Malachit und UDESGEH am Storchberg; Hämatit am Hofstein, Zöptau . 109 Kontaktmetamorphose im Gab Be 0. R hulliche Verdichtung des Gabbro zu Gabbroschiefer und Prasinit als Folge größerer Abküh- lungsgeschwindigkeit. 108 E ndogene Kontaktgebilde am Glimmerschiefer in 1 den Hammerbüscheln und bei Margaretenquelle, Traußnitz . 109—110 Desgleichen am Glimmerschiefer des Kupferberges, "Wermsdorf 110 kückbliek auf die peripherische Gabbrozone. Die Gabbro- gesteine bilden eine geologische Einheit . 1il Magmatische oder primäre Hornblende und deren sekundäre Um- bildungen, basischer Charakter der Plagioklase 112 Tabellarische Übersicht der chemischen Verhältnisse des Dioritgneises und der Gesteine der Gabbrozone sowie Diskussion der Analysenresultate . .113—115 IV. Ultrabasische Fazies der Gabbroreihe. Topfsteinstöcke mit gesetzmäßiger Schalenstruktur des metamorphen Dioritgabbromassivs 2 115 A. Topfsteinbruch am Storehberg (Zöptau): Beschreibung der beiden Topfsteinstöcke, des Pegmatitganges und der Nebengesteine 116 | \ [125] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 177 Seite Die Topfsteinkerne sind von ie Strahlstein- und Chlorit- schieferschalen umhüllt. . . . een: 2. LG Mineralbestand des Topfsteinkernes, mikroskopisch-optische Unter- suchung. . . .„ 117—118 Chemische Analyse der Topfsteinmasse und deren Gesteinsformel a N) Abstammung von sehr basischem Gabbro des Typus Molkenhaus (an der Grenze gegen Pyroxenit) . . Ser lg Pyroxenitreste auf der Bruchsoble, mikroskopisch- optische Analyse . 119— 120 Talkschiefer, innere Schale des Topfsteinkernes. Mineralbestand nach der makro- und mikroskopischen DEN NE ea 120 Chemische Analysen und Gesteinsformel. . . ara, BO Abstammung vom Pyroxenit des Typus Webster . Zn: 121 Strahlsteinschieferschale. Mineralbestand nach dem makro- undamikroskopischen.Befund!. 2 Eon rn... 2.12. 2. a, Bl Chemische Analyse a 122 Chloritschiefer, äußere Schale der Topfsteinstöcke. Mineralbestand vorwiegend Prochlorit ... . a a Pr DR Ergebnisse der mikroskopisch- optischen Untersuchung EEE RITE 123 Chemische Analyse und Diskussion des Resultates . . N EB. Substrat des Prochloritschiefers, ein basischer Amphibololit . RE Gesteinsformel, Abstammung nach Osannel .:. 125 Amphibololitrelikte auf der Bruchsohle und deren makro- und mikro- skopische Gesteinsanalyse . . 125—126 Tabellarische Übersicht der chemischen Verhältnisse der Topfsteinstöcke im Storchbergbruch . . . . . #127 B. Topfsteinstöcke in der Umgebung von Normen 1. Topfsteinbruch oberhalb des Kupferberges . . . a > 2. Topfsteinbruch am Hausberg nächst dem Sensenzipfel MEERE DE A 3. Topfsteinbruch auf der vorderen Hüttellebne (Wildzaun) . . . 128 4. Topfsteinbruch auf der hinteren Hüttellehne (große Dämme) Lagerungsverhältnisse der drei Topfsteinstöcke daselbst ... . . 128 Mineralbestand der zentralen Topfsteinmasse und ihrer Talkschiefer- Schale 3 : 129 Mineralbestand‘ der nephritischen "Strahlsteinschieferschale sowie der Chloritschieferschale . . . lau. 130 Gänge von Plagioklaspegmatit. Chloritgneis als Schieferhülle . N) 5. Topfsteinbruch am Kargerberg nördlich Siebenhöfen . ..... 180 ©. Untergeordnete Topfstein- und Talkschiefermassen: 6. Im Bischofsgraben . . . Ed RT ERNEST Zu Tender Bauhbeersteiga? eisen .mlane sin ara sl 8. Am Schwarzenstein.. . . . 131—132 | D. Ursprunggesteine, Entstehung undAlter "der Topfstein- | stöcke: | Substrat des Topfsteinkernes — Pyroxenit, beziehungsweise Websterit; Substrat der Chloritschieferschale — saurer und basischer Amphibo- | lolit, Kontentrisch-schaliger Bau eine Folge schlieriger Anordnung des ultrabasischen Magmas . . . 132—133 Pyroxenite jünger als die durchbrochenen Diorit- und Gabbrogesteine 134 Pegmatitgänge und Umwandlung des Pyroxenits zu a genetisch verknüpfte, pneumatolytische Vorgänge . . : 134 Mannigfaltigkeit des chemischen Charakters der Hornblende . . . . 135—136 Verwendung des Topfsteines . . . 136 E. Saure Ganggesteine von pegmatitischem "Habitus der Gabbrozone (Gabbropegmatite): Wesentlich Plagioklaspegmatite, und zwar Pyroxen- nnd Amphibol- pegmatite . . Eee A ö 136 a) Am Pfarrerb (Zöptau) DEE SD N EEE TESTEN IT NIE 137 b) Mattenberg (Marschendorf) . . . SIE EEFEERLST c) Pyroxen- und Glimmerpeematit, Topfsteinbruch (Zöptau) . . .„ 137—139 d) Pegmatitgang am Hausberg (Topfsteinbruch) . . u 0) e) Pyroxenplagioklas-Pegmatit, Topfsteinbruch (hintere Hüttellehne) 139 Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Band, 1. Heft. (Fr. Kretschmer.) 33 178 Franz Kretschmer. [126] V. Die kristallinische Schieferhülle. Seite A. Glimmerschiefergruppe und ihre Kontakthöfe: Vorherrschend Quarzite und Glimmerschiefer, untergeordnet Phyllite EEE KO En A Eee er . . 159—140 Zerstückung der Schieferhülle in zwei "Flügel und mehrere Schollen . 140-141 1. Kontaktschiefer und Kontaktquarzite am Butterhübel und im Tauben- buschelafraubnitzen ee N ee. 140— 142 3. Kontaktschiefer und Kontaktgneise im Hammerbüschel, Traußnitz 143—144 3. Südostflügel der Schieferhülle am Rauhbeerstein: a) Granatglimmerschiefer am Nordabhang . . ..... . . .„ 144—145 b) Staurolithschiefer, Staurolithgneis und Staurolithfels am West- abhang des Rauhbeersteins . : SD... 145—146 c) Granatglimmerschiefer nächst dem Heidelbeerstein ; 146—147 4. Quarzitbrüche am Fuchsstein und Hirschbrunn im Traußnitz und im Riegelbusch bei Weikersdorf: Mineralbestand, Struktur und Lagerungsverhältnisse . 143 Chemische Analysen der Quarzite . . s 149 Steinbruchsbetrieb und Verwendung der Quarzite - 149 Isoklinale Schuppentektonik der Glimmerschiefergruppe . . .. . 150 5. Relikte der Schieferhülle am Kupferberg (WerBe Granatglimmerschiefer und Kontaktquarzite . j > . 150-151 6. Nordwestflügel des Schiefermantels: a) Große Quarzit- und Glimmerschieferscholle am Weißenstein . 152 Granatglimmerschiefer, Fuchsitschiefer . .. ... 5 152 b) Schieferhülle am Schwarzenstein und Steinigberg. ... . 153 Kontaktgebilde in den Hüllgesteinen an der Eisenbahn . „ıeslae Staurolithschiefer, Kontaktquarzite, Turmalinschiefer am West- hang des Schwarzensteins und Steinigbergs. . ...... 153—154 Kontakthöfe der Glimmerschiefergruppe, gebunden an die Grenzzone.des Dioritgabbromassivs". .. 2... me 155 Abstammung der Amphibolite im Glimmerschiefer vom Diabas B. Chloritgneisgruppe an der Südost- und Nordostflanke. 155 Verbreitung und Zusammensetzung: Vorherrschend Chlorit- albitgneise, Biotitalbitgneise, Serizitgneise; untergeordnet Serizit- chloritschiefer, Serizitquarzschiefer, Phyllite und OO EIS . 155—156 Granitische Intrusionen als Muskovitaugengneise . H ! 156 Uralitdiabase und Auen ee Derivate von "letzteren und’Biabastullen. un. wel. I En ER 157 Unterschied von Gehlro und Diabasampnid ein Verbreitung letzterer . . er ’ ...„158 Kluftausfüllungen im Den bole de Sehen grabens, Wermsdorf (Bergkristall, Prehnit, Epidot, Titanit). . . 159 Kluftausfüllungenim Chloritgneis, Hackschüssel, Wermsdorf (Bergkristall, Albit, Periklin, Epidot, en . . 159— 160 Fuchsitschiefer im Seifengrund . RE a er a A IET AR A 160 Muskovit- und RO EDESE ERNST den Chloritgneis- STUPperL Er oo 160 Erzlagerstätten or Clones une A 5 . 160—161 StratigraphischeundtektonischeVerhältnisse der Chlorit- ENEISSTUBPE >... =. 0 Bee DES REN 162 Petrogenetische Betrarhen nern über die Chlarikeneien 162 Kontroverse Ansichten von Becke, Rosenbusch und Weinschenk 163—164 Unmaßgebliche Ansichten des Verfassers . . .. 2... 2.. . 164 Große Masse schieferiger Biotitgneise an der nördlichen Flanke (Beckes Teßgneise) . . ... .’..: A 165 [127] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 179 VI. Tektonische und Altersverhältnisse des Dioritgabbromassivs und seiner Schieferhülle. Seite Einfache Tektonik des Massivs . . . ein BOB Ausdehnung und Dimensionen des Lakkolither DEE ih, Hauptstreichen desselben, isoklinales Fallen seiner Bänke ud Schlieren, Überkippung gegen Sr ea . 16 Schieferung, Aufblätterung, Abechninune Vorsenkunsen nd Kinfaltungen Iowa pangförmige Durchsetzungen! 2 . 2 . a. orte een ac... 166 Beweise für die Kuppelform des Lakkoliths; und zwar symmetrische Ver- teilung der Gesteine des Dioritgneiskernes, speziell der Gabbrozone; Erläuterung der beiden Querprofile Fig. 1 u. 2 auf Taf.V ... . .166—167 Verhältnis der Zöptauer Eruptivmasse zur SaBuler Srennpße und den BenschbartenTeßgneisen ... ..0. . “ur wie oe E87. 167 Altersgliederung: Fossilmangel erschwert die Lösung der Altersfrage . . . . . 168 Nach petrographischem Charakter Chloritgneisgruppe allareı Ahamen Schiefer jüngere Stufe „. 25 . ee. NE rL6D Diskordanzen zwischen Schieferhülle und der Tentralen Test ntanger. 2168 Große Diskordanz zwischen Chloritgneisgruppe und Unterdevon . . 169 Ablagerung der Chloritgneisgruppe fällt in vordevonische Zeit... 169 Zugehörigkeit der na UDE® zur no For- ZUSNONETLUDDEr vu. ihr ne Be 169 Glimmerschiefergruppe leichalterig mit limmerrehiererhune de Granitgneiskuppel des Hochschaar-Kepernikgebirges . . . . 170 Ableitung des silurischen Alters für die Ellamerschiefereruppe, and des unterdevonischen Alters für die Phyllitmulden . . . 170 Aufpressung des Zöptauer Dioritgabbrogewölbes, Bntstehung dr Kontakthöfe ist in der Kulmzeit erfolst . ...... 171 Gebirgsfaltung damit ursächlich und gleichzeitig verknüpft. ...... ı71 Erzberggranitit ist in der Oberkarbonperiode aufgebrochen... . 171 Umkehrung der früheren nee Gneisformation ne Glied; Semeternillen welralter. 2... 0. 2 NE a Hercynische Faltung fällt in is Oherkarbonzen daher unsere Gere kuppeln in dieser Zeit aufgepreßt: wurden...» . „rn 2a .00173 28* 180 Franz Kretschmer. 3 [1 28] Berichtigung zu Tafel V. In der beiliegenden „Geologischen Übersichtskarte“ (Taf. V) sind durch ein Versehen des Zeichners, die im Bienergraben am Ost- fusse des Steinigberges östlich gelegenen zwei Gabbrogänge irrtümlich als Pegmatitgänge eingezeichnet worden, dagegen ist der westliche richtig ein Pegmatitgang. Über Gneise der Ötztalermasse. Von Dr. Guido Hradil in Innsbruck. Mit einer Lichtdrucktafel (Nr. VI) und einer Zinkotypie im Text. Der überaus mannigfaltige Wechsel, dem die kristallinen Gesteine der westtirolischen Zentralalpen unterworfen sind, kommt am besten zum Ausdruck, wenn man ihre Entwicklung in nordsüdlich gerichteten Profilen, längs der tief in den Gebirgskörper einschneidenden Neben- täler des Inntales, so zum Beispiel des Pitz- und Otztales und des von ihnen begrenzten Pitztaler Kammes, studiert. Dann ist es wohl die von anderen Orten der Zentralzone her bekannte und vielfach — wie beispielsweise in den Tuxer Voralpen und einzelnen Teilen der Hohen Tauern — bereits ausführlich beschriebene Diskontinuität im allmählichen, nordsüdlich gerichteten Fortschreiten von minder kri- stallinen Gesteinstypen zu solchen höherer Kristallinität, also von Tonschiefern über Glimmerschiefer zu Gneisen, welches aus der Ge- nesis kristalliner Schiefer überhaupt sowie aus dem Aufbau der Zentralketten verständlich ist, die dem Beobachter entgegentritt und ein von dem erwarteten stellenweise völlig verschiedenes Bild schafft. Liegen beispielsweise noch am Eingang ins Pitztal weiche, mergelige Tonschiefer in schmalem Zuge zwischen Trias und Glimmerschiefer eingeschaltet, so kann man bereits an dem nur wenige Kilometer östlich davon gelegenen Ötztaleingang diesen Zug nicht mehr beob- achten und die kristalline Serie beginnt hier unvermittelt mit grob- struierten Flaser- und Augengneisen, wie solche unmittelbar südlich des ausgedehnten Moränen- und Bergsturzgebietes, in dem die Eisen- bahnstation „Ötztal“ liegt, im östlichen Talgehänge anstehend ge- troffen werden. Den erwähnten ganz ähnliche Gneise finden sich, nachdem man die Zone von Amphiboliten und Glimmerschiefern bei Otz verlassen hat, weiter südlich an mehreren Stellen das Tal durch- setzend und die beiderseitigen Kämme querend, so bei Tumpen, im Tauferer Berg, in der Maurach, wo jene mächtigen Bergsturzmassen das Tal sperrend ausgebreitet liegen, welche die Ursache der Tal- stufenbildung geworden sind. Die bunte und höchst mannigfaltige Wechsellagerung von amphibolitischen und eklogitischen Gesteinen in petrographisch selten schöner Ausbildung mit einförmigem Glimmer- schiefer sowie mit Flaser- und Augengneisen in dem Raume zwischen Längenfeld und Sölden sowie in dem zugehörigen Teile des Pitztaler Kammes (der Hohen Geigengruppe) sind nicht minder Zeugen jener Diskontinuität wie das Auftreten der bunten und äußerst wechselvollen Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Band, 1. Heft. (G. Hradil.) 182 Dr. Guido Hradil. [2] Gesteinssuite von Gurgl und den südlich davon gelegenen höchsten Kämmen der Zentralkette, wo granatführende Glimmerschiefer, Phyllite u. a. herrschen. Ein dem geschilderten ähnliches Schema der Ent- wicklung beobachtet man am Südabhang der Masse, wo die tiefein- schneidenden Tallinien des Zieltales, Schnalstales u. a. so überaus instruktive Einblicke in den Aufbau dieses Gebirgsteiles gewähren. Auch hier müssen einzelne der massig entwickelten Gneise, wie bei- spielsweise jene am Südausgang des Schnalstales bei Naturns), in gleicher Weise überraschen wie auf der Nordseite der Masse und zu Erklärungsversuchen ihrer Lagerungsverhältnisse und ihrer petro- graphischen Stellung anregen. Im nachfolgenden sollen nun einige Untersuchungen über eine Anzahl von Gneistypen des Pitztales und Otztales mitgeteilt werden. l. Gneis aus dem Sulztale bei Längenfeld, anstehend im Gehänge des kleinen Gaislenkogels (3145 m) nordöstlich der vorderen Sulztaler- Alm. Das Gneisvorkommnis dieser Lokalität besitzt eine ausgesprochene Paralleltextur: Lagen von Glimmer (Biotit, Muskovit) wechseln mit solchen von Orthoklas und Quarz: Plagioklas tritt stark zurück, Pistazit- und Zoisitaggregate erscheinen in großer Menge, während Zirkon und Masgnetit als Nebengemengteile auftreten. Die Struktur ist granoblastisch, stellenweise treten feinkörnige Gemenge von Orthoklas, Serizit und vielleicht auch Epidot zu einem unentwirrbaren, nahezu völlig dichten kryptodiablastischen Gewebe zusammen, dessen Grundelemente nicht mehr mit Sicherheit bestimmbar sind. Die Quarzkörner zeigen Zer- trümmerung und undulöse Auslöschung. Dieses Gestein ist ein Epi-Alkalifeldspatgneis. 2. Gneise des Pitztaler Kammes. Auf der Westseite des Pitztaler Kammes und großenteils auch im Innern der Hohen Geigengruppe trifft man Gneise von einem anderen Ent- wicklungstypus. Die Westgehänge des Gschrabkogels (3197 m) und Wurm- sitzkogels (3080 m) liegen teils im Gneis, teils im Glimmerschiefer, die im unteren Teile gegen Mittelberg überall durch die alten, mächtigen Moränenbildungen des Mittelberggletschers verdeckt werden. Im Auf- stieg von Mittelberg gegen das Pitztaler Jöchl trifft man auf dem (orographischen) rechts vom Gletscher und meist auf dessen mächtigen Seitenmoränen führenden Wege, sobald man die letzteren Bildungen !) Vergl. „Augengneise und verwandte Gesteine aus dem oberen Vintschgau“ von W. Hammer und C. v. John. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., Wien 1909, Heft 3 und 4, sowie d. Verf. „Gneiszone des südlichen Schnalsertales in Tirol“. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., Wien 1909, Heft 3 und 4. [3] Über Gneise der Ötztalermasse. 183 Y verlassen hat, ungefähr bei Punkt 2241 m!) auf eine Einlagerung eines weißen, annähernd dichten, aplitähnlichen Gesteins, welches in ungefährer Mächtigkeit von 5 m, in mehreren nach Art von Injektions- sängen verteilten Zügen, dem Glimmerschiefer konkordant eingelagert erscheint. (Str.: N 75° O, F.: 26° SO.) Der Glimmerschiefer zeigt hier ein vollständig gleichmäßiges, feinkörniges Gemenge von Quarz (möglicherweise auch noch von etwas Orthoklas), das von feinen und dünnen Serizitlagen und -zügen durchsetzt wird. Die Textur ist schieferig, die Struktur eine feingranoblastische. Der Glimmer ist teils Muskovit, teils Biotit mit Muskovit gemengt. Es sind dies die sedi- mentogenen, für die mittlere Zone der Alkalifeldspatgesteine der kristallinen Schiefer charakteristischen, tonerdearmen Glimmerschiefer. Jene aplitische Einlagerung zeigt u. d. M. ein gleichmäßig und sehr feingranoblastisch struiertes Gewebe, das aus Orthoklas und Quarz- körnern mit vereinzelten Plagioklaskörnchen besteht, die lagenförmige Textur erkennen lassen. Glimmer in Form von Serizitschüppchen und -blättern tritt im ganzen Gestein verstreut auf, bildet jedoch nur selten geschlossene Lagen und Züge. Auffallend sind die an den im Gewebe verstreuten Plagioklasindividuen zu beobachtenden starken Knickungen und Biegungen des Mineralkorns als Spuren einer starken kataklastischen Inanspruchnahme ?). Die chemische Untersuchung des Gesteins ergab folgende Resultate): Tabelle Nr. 1. Aplitischer Gneis, anstehend auf dem Wege von Mittelberg im Pitztal zur Braunschweiger Hütte, bei Punkt © 2098 der Karte. Spezifisches Gewicht: 2:67. Mittelwerte Bodken Auf 100 ulmle Rules Molekular- Prozente SAUFHON | gerechnet I prozente 1onen Bo N 75:12 75-12 75-45 12575 81:86 BI >. = _ = = —_ Or. 0:88 - = = = 20, a ee: 11:83 11-88 11:64 757 120 0:88 1:67 1:68 2-31 1:50 MO... 0:43 0:43 0:43 1:07 0:69 N 076 0:76 076 1:35 0:87 Bo... 5-98 5.98 601 6:38 415 0... 377 377 3-79 511 3:52 77,0 0:39. I = Bo... or ler — 3 — Summe. .|| 10098 | 9956 | 100.00 15361 | 99:96 ..)) Sämtliche topographischen Angaben beziehen sich auf die Karte 1:50.000 der Ötztaler und Stubaier Alpen (4 Blätter), herausgegeben vom Deutschen und Österreichischen Alpenverein. ?) Siehe Abbildung auf Tafel Nr. VI. ?) Die drei folgenden chemischen Analysen wurden von mir im chemischen Laboratorium des mineralogisch-petrographischen Instituts des eidgenössischen Polytechnikums in Zürich ausgeführt, wobei ich mich weitgehender Förderung und Unterstützung seitens des H. Prof. Grubenmann und Frl. Priv.-Doz. Dr. L. Hezner zu erfreuen hatte, denen ich hierfür an dieser Stelle meinen herzlichsten Dank sage. 184 Dr. Guido Hradil. [4] Werte nach Osann-Grubenmann: Se 285:0 Ana 1°A7 Typenformel: a So; Ay Co Fo 02:96 ee (Abteilung: 5) nächstverwandter nem Typus Osanns: R— N Typus Qalime yes ars ce Son M — 0:77 aus der Reihe der Granite. 0:00 Verrechnung der Analysenresultate nach amerikanischem System. = © in [= al Sl se 2 8 $ zei =2 | Ss: 222|2 » 2 ee | © © a | we [@) 25) la j.am| 8 = Es 2251222252 2 200m oa © ze |2 = = IR Alsas RZ SO 7512 |75'12 | 75:38 | 1256 | -- | 384 | 312 | 28 9 1519| — TiO, re a Bi. 6,0, 0:88) 088| 0858| 66 - | 5 ee AO, 1183/1183 | 11-872) 116 || 64| |) | are Feos: 0:88 | 0:88 0:88 131 6 — | — | 7/I—| — |, — | — MgoO 043 | 043 0:43 11|— | — | — | 7/4| — | — | — CaO.. 0:76 | 0:76 0:76 144|—| — | - /14|--) — | — | — 3,0% 51981 5:98 6°01 64|—|ı 4| — | -— | — | —- | — Na, O0 3:77\.377|-39| a) — |») ee H,0 0299| -- a Een __ | _. H,0 + 1200| ZEaneee | _.ı _ Summe. 100'98 | 99:65 | 100:00 | 1541 | 12 512 | 416 a: 18 ns BO, 2.0. .15197% 760) — 3114050 N K,041,0,6Si0, . 64 X 556 — as) 5 Sal. Na,0 Al,0,68i0, . 52 X 524 — 27248 ) re0.%9680,... 6xB2Zz 1392 M ] M90:50%,.... .4X100 = 400) hy | CaoO . SiO, ale 14 x 116 —— 1624 } Fem M90.8i0,.... 7X10 = 7WrENP n20% 500,0. ya 924 | N2,0% 5:0, 2, 9001085 1098 m> ) Q= 3114 BL N I Sal. — 93:97 IM 159 7.010 ar { RE: | Fem. = 604 ns —10 Summe = 100'01 [5] Über Gneise der Ötztalermasse. 185 Class: Order: Rang: Subrang: —————————— en re — - — — rm mE er 1. Persalane 4. Britannare 1. Liparase | 3. Liparose | Sal. __ 93:97 EB oa) MONO | 3,0... 0064 ,_ Fem. 604 Q 31:14 CaO Na, Obi 0.061 ‘12 5 3 Be oe ee en —=10<— >— 1 3 1 0014 3 5 a | 1 Liparose. L MORE 2 (ame nn RR N ANY N R AR \ oO [74 Nr. 1. Aplitischer Gneis von Mittelberg. ....... SuB 914 ( fe Br Gneis von, Sexegerten .. Jon. | 1... 1) «/» Verse Sue 4, Gr Yanıs Nr. 3. Lamprophyr von Schmiedhof . ........ Sa a, & Vin | Ordinatensystem: SiO, in Molekularprozenten. N Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Band, 1. Heft. (G. Hradil.) 94 186 Dr. Guido Hradil. [6] Die Verrechnung der Analysenresultate nach Osann-Gruben- mann führt zu einer den Graniten verwandten Typenformel. Die Vermutung liegt sehr nahe, daß das vorliegende Gestein ein saures Spaltungsprodukt eines granitischen Magmas repräsentiert, eine An- nahme, welche durch die geologische Erscheinungsform desselben als geringmächtiges lagergangartiges Vorkommnis eine weitere Unter- stützung erfährt. Diese aplitischen Züge werden weiter oberhalb des genannten Punktes von Gneisen abgelöst, die das eruptive Gepräge in noch viel höherem Grade zur Schau tragen. Im Aufstiege gegen die Braunschweiger Hütte des D.-O. A.-V. trifft man alsbald, etwa 300 m unterhalb der- selben, auf jene Gesteine, die von hier in der Richtung gegen das Kaarlesköpfel streichen. Es sind hellgraue, zum Teil grobkörnige Gesteine mit deutlicher Schieferung, deren Struktur u. d. M. als granoblastisch erkannt wird. Die Hauptgemengteile sind: Orthoklas, Plagioklas, Mikroklin, Pistazit, Chlorit, Mikroperthite. Das häufige Auftreten der letzteren sowie auch die Neigung einzelner Alkalifeldspate zur Bildung großer Individuen verleiht dem Gestein jenes eigenartige, bei vielen Eruptivderivaten beobachtete Strukturbild. Der Chlorit, der in auffallend reichlicher Menge in Form von großen Blättern und Schuppen sowie auch von blätterigen Aggregaten im Gestein vor- handen ist, besitzt niedrige Licht- und gleichfalls niedrige Doppel- brechung bei stets negativem Charakter, welche ungefähr dem La- vendelgrau der Newtonschen Skala entspricht. Die Achsendispersion zeigt deutlich v

j Eine Ir IE IR 2 Grippe ll, Tin, EV.W: 2 1 o. Zn o> 0, was für einen Plagioklas der Gruppe II oder III, das ist Oligoklas (Abz An; bis Ab, An,) spricht. Außer diesem Plagioklas erscheint noch ein anderer, zwillings- gestreifter im Gestein, der hie und da auch gute Lamellendurch- kreuzung nach Albit- und Periklingesetz zeigt. Der Gehalt an mikro- 24* 188 Dr. Guido Hradil. > [8] perthitischen und myrmekitischen Bildungen wechselt, erreicht jedoch niemals einen beträchtlichen Betrag. Desgleichen wechselt das gegen- seitige Mengenverhältnis zwischen Hornblende, Biotit und dem farb- losen Glimmer. Auch Granat in schwach grünlichen Körnern wird in nicht unbeträchtlicher Menge angetroffen. Auf dem Pitztaler Jöchl und in dessen nächster Umgebung gegen den Kaarleskogel (3106 m) sowie auf dem Grat, der sich vom Joch gegen Punkt - 3035 m der Karte in nordwestlicher Richtung erstreckt, besitzt das Gestein bereits sehr deutlich ausgeprägte Flaser- textur, während die Struktur teils rein granoblastisch, teils porphyro- blastisch ist; die deutliche Schieferung wird durch Lagen von farb- losem Glimmer hervorgerufen. U.d.M. zeigt sich ein teils fein, teils gröber entwickeltes granoblastisches Gemenge von Quarz, Plagioklas in beträchtlicher Menge, Orthoklas, stellenweise mikroperthitisch durch- wachsen und stark serizitisiert, von Biotit und etwas grüner Horn- blende, letztere in langen, stengelförmigen Individuen, ferner von Pistazit und rhombischem Zoisit in beträchtlicher Menge. Die Paral- lelanordnung der zahlreichen Züge von Biotit und des aus diesem hervorgegangenen farblosen Glimmers bedingen eine ausgezeichnete Schieferung. Titanit erscheint stellenweise in reichlicher Menge in Form von walzen- oder eiförmig gerundeten Körnern mit sehr starker Licht- und Doppelbrechung; auffallend ist in diesem Gneis das stellenweise ziemlich bedeutende Auftreten von kalzitischen Massen, welche die charakteristische polysynthetische Zwillingsriefung nach 1 _.. 2; R (0112) besitzen und im Gestein regellos verteilt erscheinen. Die zwillingsge- streiften Plagioklase ergaben in Schnitten aus der symmetrischen Zone (- 010) maximale Auslöschungsschiefen bis 16%, während die Bestimmung des Plagioklases nach der Beckeschen Methode folgende Resultate lieferte: a) In Parallelstellung: b) In Kreuzstellung: > er Gruppe IV, V, VI. < Gruppe II, III, IV, V. oa >09 St n Gruppe 1,19, 11: > 5 Gruppe II, III, IV, V. Der Feldspat gehört diesen Werten zufolge den Gruppen II—IlI an und ist ein Oligoklas im Mischungsverhältnis Ab; An, bis Ab, An,. Das Vorkommen von Plagioklasen im Gestein scheint demnach lokal [9] Über Gneise der Ötztalermasse. 189 innerhalb der angeführten Grenzen zwischen Oligoklas und Andesin zu schwanken. Interessant ist es, daß das Gestein hier auch u. d. M. eine äußerst intensive Fältelung aufweist, welche durch alle Gemengteile hindurchgeht, ganz besonders aber die Glimmerlagen ergriffen und zu einem enggescharten Faltensystem stark zusammengedrängt hat, während die dazwischenliegenden Quarzfeldspatlagen zu einem feinkörnigen Ge- menge zermalmt erscheinen. Die erwähnten Gneise streichen auf dem Pitztaler Jöchl N 15° O und fallen 56° SO; die Kaarlesschneide liegt vollständig in diesem Gestein, ebenso das Gratstück Wurmsitzkogel—Kaarleskogei etwa in dem Raume von Punkt -O- 3016 m an gegen Süden. Im Abstieg gegen das Rettenbachtal steht allenthalben der Flasergneis vom gleichen Typus an; in der Höhe von etwa 2500 m wurde ein Streichen N 20° O, Fallen 54° SO gemessen. Hier besitzt das Gestein deutliche Flasertextur, in struktureller Beziehung zeigt sich manchmal Neigung zur Augenstruktur bei im übrigen grano- blastischer Entwicklung. U. d. M. sieht man keine Spur von der auf dem Pitztaler Jöchl beobachteten feinen Fältelung; an Gemengteilen be- obachtet man auch hier: Hornblendetrümmer, Biotit in farblosen Glimmer übergehend, manchmal auch völlig chloritisiert, Quarz, Plagio- klas, Orthoklas mit Spuren von mikroperthitischer Verwachsung. Alle Feldspate sind mehr oder minder serizitisiert. Auch Pistazit, Titanit und Maenetit sind vorhanden. Die Bestimmung der Plagioklase nach der Beckeschen Methode ergab hier: a) In Parallelstellung: b) In Kreuzstellung: | 2 eh | 8 Q a as|ı- 2 er Eos: = sa | <223-5 Mamas] SiO, . .|| 7220| 7220| 71:6511194—|1741264. 40 —| 68 — | 80—| 11 1557| — 205 .: 0:85) 0:85 0:84 10 —| — | — | |10| — |—| — ||’ — 1 — 7 — 2,8: all EA eezilenne: Weges are) aan Naate Bas A| BE DR A DO Pe al ARO,: .|| 12:32) 12:32] 12:23| 120 — | 29] 44120) | — 27 — | — | — | — | — P,0, 0231| 0:23] 0°23 ae le | — || — Bao 72:85, 285 28 39 = io, >10 1|—| — 07 23:18) 318) 3515| 78) | 68 — | 10 | — | — CaO ..| 239 239 2:37) 43 —| — | — 20 -| — |—| 2013| — |— | — Bo ara 37a aa 2929 — - - | —_ | 1 = | 0 RO 2670 2:67| 2:65 44 7 44) |) 2) 7) — E07 —.\..0:34| © — u a 2 ET ee a N PAR ee: BEI VER DEN DREH FE MER Summe . |1102:29|100:77|100'00/1566|16 232|352,80|20|136|27|120| 4 | 22 15571566 | SO EEE X 557 3342:0. 0 | 3 0740026 810,259:0 x,29— 16407 | Na,0Al,0, 6 SiO,.524%X 44=23056 ab )Sal. CaO Al, 0,6 Si0,.278X 20= 5560 an AO 102% 97 = 2754 € KeQniRe.0,:..,2,082.% 8 185:6, 20 | Me0: MO, . 2 153%X 10—"1520 | M90.8i0, ...100X 68= 6800 hy | 02025108. .2..,.:411465x 20, 72320 | | 0 50... 0x ne 1000). \ Fem. Feo et: En nel 10—= 132.0 FeO .SiO, . BERN 11-1452 | | 1=1. 336 Q — 33:42 F = 44 en Sal. = 8091; Fem. — 16'60 C= 27% Summe —= 9751 192 Dr. Guido Hradil. [12] Class: Order: Rang: Subrang: 2. Dosalane 3. Hispanare 2, Sexegertase | 3. Sexegertose Sa sog) 9 3342 |" 1E,04N0 N, 0 Fem. 16°60 Bu FAATTA CaO 43 Na,O 44 5 3 5 en — ms > u a 1 3 5 H 3 3 5 | Sexegertose. | Aus der Verrechnung der Analysenresultate nach Osann- Grubenmann geht hervor, daß es sich hier um einen der ersten Gruppe kristalliner Schiefer zugehörigen Alkalifeldspatgneis handelt. Die von Grubenmann angegebenen Mittelwerte dieser Gruppe liegen in der Nähe derjenigen dieses Gneises. Da jedoch auch gewisse Arkosen und andere Gesteine klastischen Ursprungs den gleichen Chemismus aufweisen können, ist in diesem allein kein ausreichender Grund zu sehen, das Gestein mit Sicherheit den Eruptivderivaten zuzuweisen; weitere für diese Auffassung jedoch sehr gewichtige Momente sind die Strukturverhältnisse und namentlich die erwähnten Resorptionserscheinungen. Da auch die nächstverwandten Typen des Osannschen Systems den Graniten zugehören, dürfte man kaum fehl- gehen, den vorliegenden Gneis als metamorphen Granit anzusprechen. 4. Gneise von Aschbach und Sölden im Ötztal. a) Vorkommnis gegenüber von Brand. Die neue Straße im Ötztale schneidet im Raume zwischen Aschbach und Sölden das bekannte, petrographisch so interessante Profil an, das durch seinen reichen Wechsel an Gesteinen, namentlich der Amphibolit- und Eklogitgruppe, bekannt geworden ist!). Dieser Komplex von Gesteinen wird an manchen Stellen von verhältnismäßig sehr schmalen Gneiszügen durchsetzt, deren Lagerungs- und petrographische Verhältnisse viel Eigenartiges an sich haben und die für das Verständnis der Gneis- entwicklung in dem ganzen Gebirgsteil zweifellos nicht ohne Wert sind. Geht man von der Brücke bei Aschbach auf der Straße gegen Süden, so trifft man alsbald ungefähr gegenüber der Einmündung des vom jenseitigen Gehänge bei Brand herabkommenden Kahler- baches auf einen Gneiszug, der in ungefährer Mächtigkeit von fünf Metern dem Glimmerschiefer konkordant eingelagert ist und mit diesem N 33° OÖ streicht und 86° NW fällt. Im weiteren Streichen ist dieser Zug leider nicht gut zu verfolgen, da er oberhalb des ') Vergl. hierzu: L. Hezner, Ein Beitrag zur Kenntnis der Eklogite und Ampbibolite etc. Tschermaks Mineralog. und petrogr. Mitteilungen, XXII. Bd. 5. und 6. Heft, Wien 1903. ne ee [13] Über Gneise der Ötztalermasse. 193 j durch die Straße geschaffenen Einschnittes in dem mit Wald bedeckten Gelände verschwindet und keinerlei günstige Aufschlüsse vorhanden sind. Dieses Gestein zeigt makroskopisch schwach angedeutete Linear- textur; u. d. M. erscheint die Struktur porphyroblastisch bei grano- blastischem Grundgewebe. Unter den das letztere zusammensetzenden Gemengteilen erscheint Biotit, in schokoladebraunen und hellgelben Tönen dichroitisch in Blättern und Tafeln ausgebildet. Randlich ist derselbe stellenweise stark chloritisiert oder mit farblosen Glimmerleisten verwachsen, deren Entstehung durch Aus- bleichung aus ersterem wahrscheinlich ist. Zahlreiche dieser Biotit- individuen sind am Rande umgeben von einem dichten Haufenwerk von Pistazit- und Zoisitkörnern, welche in regelloser Anordnung und teilweise auch in Verwachsung mit Titanitkörnchen erscheinen, während andere wieder von den genannten Mineralkörnern völlig durchwachsen sind. Zoisit und Pistazit erscheinen überdies stellenweise parasitär vielfach noch im Feldspat und zu einem feinen Gewebe verbunden, welches in Form von Haufen und Nestern einzelne Stellen des Gesteins völlig durchsetzt. Der farblose Glimmer erscheint in parallelblätterigen Aegregaten, welche in großer Anzahl teils selbständig, teils jedoch — dies ist der häufigere Fall — in direkter Verbindung mit dem Biotit stehend auftreten, derart, daß es möglich ist, den Ubergang der Biotitzüge in farblosen Glimmer zu beobachten, dessen Entstehung aus ersterem demnach auch hier unzweifelhaft erscheint. Zirkon und Titanit ist in einzelnen Individuen von der bekannten Ei- oder Walzenform sowie in kleinen Körnern und Säulchen vorhanden. Orthoklas, stark serizitisiert, undulös auslöschende Quarzkörner, Plagioklase, Mikro- kline, an der charakteristischen Gitterung kenntlich, vervollständigen das mikroskopische Bild. Die Plagioklase ergaben in Schnitten aus der symmetrischen Zone maximale Auslöschungsschiefen im absoluten Betrage von 16°. Der Mikroklin bildet vereinzelte Einsprenglinge von beträchtlicher Größe und manche derselben sind durch Ein- wachsungen von einem sehr schwach grünlich gefärbten Granat aus- gezeichnet, der zahlreiche Einschlüsse von schwach rosenrot gefärbten Flüssigkeitsbläschen aufweist. Von den größeren Biotittafeln sind einige von einem äußerst feinen Sagenitgewebe förmlich durchspickt; auch Mikroperthite erscheinen in sehr vereinzelten, verhältnismäßig kleinen Körnern im Gewebe der übrigen Gemengteile verstreut. b) Gneis, anstehend bei Kapelle Punkt -O- 1313 der Karte. Auf der Straße gegen Süden weitergehend, trifft man in der Nähe des Straßenknies bei Kapelle Punkt -O- 1313 der Karte aber- mals auf einen geringmächtigen Gneißzug, der mit dem vorbeschriebenen mannigfache Ähnlichkeit aufweist: die Textur ist nahezu massig, die Struktur fein granoblastisch mit schwach angedeuteter Kristallisations- schieferung. Dunkelolivgrün gefärbte Biotite, serizitisierter Orthoklas, Plagioklas, Quarz bilden die Hauptgemengteile, zu denen noch Granat, Zoisit und sehr viel Pistazit als Übergemengteile hinzutreten : Por- phyroblastenbildung ist nirgends zu beobachten, das Gewebe "bleibt überall homöoblastisch struiert. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Band, 1. Heft. (G. Hradil.) 95 194 Dr, Guido Hradil. [14] Beide letztgenannten Vorkommnisse, jenes gegenüber von Brand sowie das bei Punkt -Ö- 1313 anstehende, dürften den Mesoplagioklas- gneisen zuzurechnen sein. c) Gneis gegenüber von Schmiedhof. Unweit Sölden, zwischen den am rechten Ufer der Ache ge- legenen Weilern Kaisers und Schmiedhof macht die am jenseitigen Ufer gelegene Straße eine Biegung gegen SW, um alsdann nach aber- maliger scharfer Wendung wieder in rein südliche Richtung überzu- schen. In diesem gerade SW gerichteten Teil der Straße, dem Weiler Schmiedhof gegenüber, sind in den durch die neue Straße geschaffenen frischen Einschnitten im Fels gute Aufschlüsse entstanden, welche das Ausstreichen eines Gneiszuges von etwa 40 m Mächtigkeit zu be- obachten gestatten. Derselbe streicht N 77° O und fällt 79° SO. Es ist ein regelmäßig ausgebildeter Flasergneis ; die Quarzfeldspatlagen sind sehr fein geschiefert, Texturverhältnisse sowie Gesteinsfärbung wechseln innerhalb des Aufschlusses nicht, die letztere zeigt ein auf der Schieferungsfläche dunkelgetöntes Grau. In diesem Gneis lagerförmig eingeschaltet erscheint ein schwarzgraues, massiges Gestein von völlig richtungslosem Gefüge, das stellenweise auch die Schieferung des Gneises quer durchsetzt und so Ausfüllungen echter Klüfte bildet?!). Schon makroskopisch sieht man in demselben zahlreiche dunkle, fett- glänzende Flecken, welche stellenweise sogar die Größe von Erbsen erreichen und das ganze Gestein gleichmäßig erfüllen. Das Gestein ist feinkörnig bei vollständig massigem Gefüge; die Hauptmasse bildet ein granoblastisches Gewebe, an dessen Zusammensetzung sich folgende Mineralien beteiligen: gelbbrauner Biotit, der in Form von Schuppen und Blättchen erscheint, die stets die eigenartig gelappten und aus- geschwänzten Umrisse zeigen, welche für die kristalloblastische Ge- staltung der Formen in so hohem Grade charakteristisch sind, Zoisit in außerordentlicher Menge, aus zahlreichen Körnchen und Korn- aggregaten bestehend, die an ihrer hohen Lichtbrechung und schwach graugrünen Färbung bei stets gerader Auslöschung und sehr niedriger Doppelbrechung kenntlich sind. Außer diesen Mineralien sind stellen- weise noch einzelne Trümmerchen eines mattgrau polarisierenden Feld- spates in das Gewebe eingeschaltet und bilden die Füllmasse der Zwischenräume zwischen den Zoisiten und den Biotiten. Besonders auffallend aber ist die Anhäufung eines grauglänzenden Mineral- aggregates teils in Form von rundlichen Flecken, teils in der von länglichen, stäbchenförmigen und säuligen Haufenformen, welche das Gestein in reichem Maße durchsetzen und an ihrer sehr hohen, dem Weißgrau der höheren Ordnung entsprechenden Interferenzfarbe als Titanitaggregate (Leukoxen) kenntlich sind. Auch Magnetit und limoni- tische Substanz erfüllen stellenweise das Gestein reichlich. An ein- zelnen Stellen sieht man große, die regelmäßige Umgrenzung der Feldspate zeigende „Einsprenglinge“ im Grundgewebe, die völlig aus ') Das an dieser Stelle im Fels befestigte Kreuz mit Votivtafel befindet sich genau innerhalb dieser Einlagerung. [15] Über Gneise der Ötztalermasse. 195 einem dichten Gemenge von Zoisitaggregaten, Biotit- und Serizit- schuppen bestehen; durch dieses körnige Gemenge hindurch sieht man deutlich noch Reste einer ehemals vorhandenen Zwillingsstreifung. Zweifellos stellen diese Teile des mikroskopischen Gesteinsbildes nichts anderes dar, als große Plagioklasporphyroblasten, die hier in sänzlicher Umwandlung vorliegen. Die chemische Analyse dieses Ge- steins ergab die in nachstehender Zusammenstellung enthaltenen Resultate: Tabelle Nr. 3. Lamprophyrisches Ganggestein eingelagert in den Gneiszug an der Straße von Huben nach Sölden gegenüber Schmiedhof. (Südlich -O- 1392 der Karte.) Spezifisches Gewicht: 2°90. Gesichts auktion | ‚Aut 100, |" propor- | Molskuler 1onen N | 56:09 HI22 58:20 9700 63:35 OR... , 1:51 — — = — BORN... 312 BE Bl 198 1:29 DO... 16:03 16:03 16:30 1598 10:44 BE... 422 4:22 4:29 595 3:89 MON... % 484 4:84 4:93 1232 8:05 BORN... 628 6:28 6:39 1141 745 KEY... 4-22 4:22 4:29 456 2:98 DOT, ... 2:39 2:39 2:43 391 2:55 | 5,0 2. 0:34 = 4 - _ BON... ; 2:09 = - - _ Summe. . 10113 98:32 100:00 15311 100:00 Werte nach Osann-Grubenmann: Typenformel: g = 634 32 A =zr55 Sag; @, Cu Fir CR 4:91 (Abteilung 7.) nächstverwandte Typen nach Osann: me—2058 Typus Cossato der Dioritporphyrite: ME —AE6] es So:5 5 Ay Cyz Fıgs Oder oa Typus Black Face: en Ongsalane eg aus der Reihe der Lamprophyre (Kersantite). 25* 196 Dr. Guido Hradil. [16] Verreehnung der Analysenresultate nach amerikanischem System. E |»3 5 a wı 8 RE = 3 ee Il a |. 8 lee le | ©: |, Sulen le E2|2 182 2223222209825 oo - © ee o = = pe h -— (e>) rn 2 |< Q = << |- ar) > at | un | Sl (@) ion] SiO, .... . .! 56.09)56:09| 5683| 947) — 2762341148) — | 80.102.107) — 10, .. ..| zsıl v5 153) 200 -|-|-|-|20 -|-|-| — Fe,ö,.. ..| sm 312 316 20020 —|-|--/-/-|-| — Al,O2 . . . - || 16.03116:03| 16:24] 1590| — | 46! 39] 74] — | Se 70 aa 4) Ai — | | eo a0 M0 ... ...| #84 #84] #91) 1220| — | —|-|— | — | 201102] —| — 020°... 6:28 ,6.28| ., 6:56] 1140 | = |, a1 74) = | Ko a KO... .| 4292| 0222) 497) 460 -| 46 | -|- —|-|-| — Na,0.....| 2389| 2389| 242) 390 — —|39 — — —|-|-| — 30 —....| 034 — -| -—|-—-|-|—-|— || BOB: SE ee = ee Summe . .|IL01-13|98'70|100:00 15270| 40 |3681312)296) 40 160]204 107 1527 | OR OK 10T = 642 © K,O 41,0,6 SiO,..556 X 46 — 2558 or I, Na,O 41,0, 6 SiO, .524%X 39 — 2044 ab 2 we CaO 41, 0,2 50,.278%X 74 = 2057 an Fe0O .F&0,;, . ..232 X 20 = 464 mi FeO .TiO, ...152X 02 = 304 il | MOOS TEEENO0O x 102 = 1020 hy Ge CEOEBTON En AON AA (7 M0!S0,....100oX = 20 di FeO .SiO,....132%X 20 = 264 Summe. . = 1000':17 O0 Is el. = 7301 F — 66:59 H= 464 ” MI 3:04 177 Tem. =. 21.16 Djzlah), 72 Summe. . = 1001 Class: Order: Rang: Subrang: 9. Dosalane 5. Germanare 3. Andase 3. Shoshonose IE ( < Y € Sal, a rrggallai| 090,0, 1 | a Fem. Il 7 CaO Na,O 3 5 7 5 5 ee NE 1 3 3 B) Shoshonose. [17] Über Gneise der Ötztalermasse. 197 Aus den Analysenwerten geht hervor, daß es sich hier um ein Gestein der lamprophyrischen oder dioritporphyritischen Reihe handelt. Während einerseits der niedrigere Betrag an Al, O, eher für erstere Gesteinsgruppe spricht, wäre anderseits das Auftreten von Plagio- klasen als Einsprenglingsgeneration ein Kriterium der letzteren. Auch der relativ hohe Betrag von A, © deutet auf die Lamprophyre. Die nächstverwandten Typen des Osannschen Systems sind bei den Dioritporphyriten Gesteine mit höherem Kieselsäuregehalt (Typus C0ssato: Ses.; & Ca fıas), während die Kersantite einen Typus enthalten, der mit dem vorliegenden Gestein in chemischer Beziehung sich nahezu vollständig deckt. (Typus Black Face: seo. Ag Cy-5 fit-s-) Das häufige Auftreten von Leukoxenaggregaten ist wohl als eine epigenetische Entmischungserscheinung der Metamorphose zu deuten. Der reichlich vorhandene Zoisit sowie der außerordentlich hohe Ge- halt an CaO, den die Analyse aufweist, deuten auf ein plagioklasfüh- rendes Gestein. Die im Gestein ursprünglich vorhandene 77 O,, die entweder in Form von Titanit als Ubergemengteil vorhanden oder anderen Gemengteilen in isomorpher Mischung beigemengt war, hat alsdann das Material für die reichliche Ausscheidung der Leukoxenbildungen ge- liefert, während die ursprünglich wahrscheinlich vorhanden gewesenen Biotiteinsprenglinge durch die nachträglich einsetzende Metamorphose in kleinere Individuen aufgelöst wurden. Der Gneiszug behält im Streichen seine flaserige Textur bei, doch kann man beobachten, daß die Quarzfeldspatlagen, je weiter auf- wärts man den Zug verfolgt, immer breiter werden und die Glimmerlagen zurücktreten, so daß das Gestein infolge Vorherrschens ersterer stellen- weise einen fast völlig aplitischen Habitus erhält. Die dunkle Gangein- lagerung ist außer an dem genannten Aufschlusse nirgends mehr zu beob: achten. — In einer Höhe von ungefähr 1560 m (Aner.) wird der Gneis zu einem typischen Augengneis; schon etwas unterhalb dieser Stelle, dort, wo der kleine Fußsteig von Leiten und Lochlen nach Nesselhof und Mitterhof führt und wo ein kleiner Bacheinriß frisches Material bloßlest, ist seine Ausbildung als Augengneis unverkennbar. Auch zeigt sich hier, daß die Mächtigkeit der Gneislinse — denn als solche muß das Vorkommnis gedeutet werden — bedeutend größer ist als unten an der Straße und sie beträgt daselbst etwa 150 m (senkrecht zum Streichen). Kontaktstellen zum Liegenden und Hangenden sind nur sehr spärlich aufgeschlossen; dort, wo dies der Fall ist, grenzt der Gneis stets an völlig unveränderten Glimmerschiefer oder Amphibolit. Die Südgrenze des Zuges streicht in der Nähe der Hütten der unteren Leitenbergeralm; nordöstlich von diesen bildet der Gneis einen im Terrain scharf markierten, nach Osten steil abstürzenden Felskopf und streicht von hier durch die Almwiesen und unterhalb der obersten Hütten in der Richtung gegen den Grieskogel (2911 m). Unterhalb der unteren Leitenbergeralm streicht der Gneis, flaserig struiert und auch schwach angedeutete porphyroblastische Entwicklung zeigend, N 60° W und fällt 74° SW, Der Grat Grieskogel— Kreuzkogel (2650 m) sowie die „Reichwand“ liegen größtenteils im Gneis. Als texturelle Figentümlichkeit desselben wäre noch zu erwähnen, daß er überall am Rande des Zuges gegen 198 Dr. Guido Hradil. [18] den liegenden sowohl als gegen den Hangendkontakt, soweit Auf- schlüsse vorhanden sind, stets lagenförmige Textur zeigt, während im Innern des Zuges Augengneistextur vorherrscht. An Kontaktstellen wurde Augengneis nirgends beobachtet. Das Durchstreichen dieses Zuges auf der rechten Talseite im Westgehänge des Söldenkogels ist gut zu beobachten und an der weißlichen Farbe der Schuttrinne, die vom Söldenkogel etwas nördlich von Schmiedhof niederleitet, kenntlich, die auffallend gegen das dunkelrot verwitternde Gestein der übrigen Wasserrisse und Schuttrinnen, die im Amphibolit und Glimmerschiefer liegen, kontrastiert. In südwestlicher Richtung unterhalb der „Reichwand“ trifft man in 2120 m Höhe den Gneiszug abermals, auch hier als Augengneis ausgebildet. Hier beträgt das Streichen N 55° O, das Fallen 84° SO. Die obersten Hütten der Leitenbergeralm stehen auf Glimmerschiefer, der hier und unmittelbar nördlich dieser Stelle genau O—W streicht und saiger steht. Oberhalb der Almhütten stehen schöne Eklogite und Granatamphibolite an, so beispielsweise in der Richtung der großen tutschfläche oberhalb der Almhütten in der Nähe der drei einzelnen, auffallenden Föhren. Auf dem Steige von der Leitenbergeralm gegen die westlich gelegene Hamrachalm steht Glimmerschiefer an, dessen Streichen und Fallen nächst der ersten größeren Wasserrinne mit N 70° O und 57° SO gemessen wurde. Unmittelbar hinter derselben steht abermals Flaser- und Augengneis an, der u. d. M. granoblastische bis porphyro- blastische Struktur zeigt. Die Schieferung ist durch die Parallelan- ordnung der Glimmer gegeben, doch erscheinen Blätter dieser Mineralien auch in regelloser Lagerung im Gestein. Der Glimmer ist teils schoko- ladebrauner Biotit und teils farbloser Glimmer; zahlreiche Blättchen von Chlorit und Magnetit deuten auf entsprechende Umwandlungs- prozesse hin. Daneben sind auch hier Pistazit, sehr häufig mit Biotit verwachsen, stark serizitisierter Orthoklas, Plagioklas und Quarz Hauptgemengteile des Gesteins. Dazu kommt noch rhombischer Zoisit in zahlreichen Stengelchen sowie ein schwach grünlich gefärbter Granat, der auch hier die vorbeschriebenen Einschlüsse zeigt und als Ubergemengteil in beträchtlicher Menge auftritt. Auffallend sind die Biegungserscheinungen an den Glimmern: die Lamellenzüge er- scheinen manchmal stark gebogen und stellenweise wie fluidal ge- schart, die Quarzfeldspatlagen umhüllend, welch letztere etwa zu augenförmigen Gebilden zusammentreten. Auch einige zwillingsgestreifte Plagioklase beteiligen sich an der Bildung der „Augen“ und zeigen in Schnitten aus der symmetrischen Zone stets Auslöschungsschiefen im Maximalbetrage von + 9° (Albit?). Die Orthoklase sind stark serizitisiert. Der Biotit tritt an Masse gegenüber dem farblosen Glimmer bedeutend zurück, erscheint jedoch auch außerhalb der Schieferungs- ebene in Form von kleinen Blättchen, die in völlig regelloser Lage- rung das Gesteinsgewebe durchsetzen. Das Gemenge von Quarzfeld- spatkörnern zeigt an manchen Stellen, wo es in regelmäßig grano- blastischer Entwicklung vorhanden ist, schwache Kristallisations- schieferung. Nach den geschilderten Eigenschaften, die der Gneiszug von a [19] Über Gneise der Ötztalermasse. 199 Schmiedhof überall in gleicher Weise zeigt, dürfte es sich um einen Mesoalkalifeldspatgneis eruptiver Herkunft handeln, ungeachtet der im Gestein in nicht unbeträchtlicher Menge vorhandenen Granate, die ein Ansteigen des absoluten, ohne Analyse jedoch nicht angebbaren Betrages an Tonerde, also ein Verschieben des Ohemismus in der Richtung der Tonerdesilikatgneise, zur Folge haben dürften. Mit Rücksicht auf das häufige Auftreten dieses in kristallinen Schiefern fast aller Klassen und Zonen bestandfähigen Gemengteiles verliert sein Erscheinen gegenüber den übrigen, das Gestein charakterisierenden Merkmalen an Wert. 5. Bemerkungen über Verbreitung und genetischen Zusammenhang. Wie aus dem Vorstehenden ersichtlich, lassen sich die meisten der hier erwähnten Gesteine auf ursprüngliche Eruptivgesteine zurück- führen, mit denen sie eine weitgehende Übereinstimmung im Chemis- mus verbindet, ohne daß jedoch diesem allein eine entscheidende Stellung in der Beurteilung der Genesis zuerkannt würde. Die neuere petrographische Unterscheidung stützt sich bekanntermaßen auch auf jene strukturellen Eigenschaften, welche als eine Folge der unter verschiedenen chemisch-physikalischen Bedingungen sich vollziehenden Metamorphose dem von ihr betroffenen Gestein anhaften und in der Folge ein wertvolles Mittel an die Hand geben, den Gang, den jener Umbildungsprozeß genommen hat, zu verfolgen und durch die ver- änderte Tracht Hindurch das ursprüngliche Substrat zu erkennen. Daher muß es als sehr wünschenswert bezeichnet werden, daß es der modernen Systematik kristalliner Schiefer gelingen möchte, die älteren und vielfach unscharfen Bezeichnungen nach Tunlichkeit durch die neueren, prägnanteren zu ersetzen, ein Vorgang, der jedoch mit Rücksicht auf den Umstand, daß dem Feldgeologen nicht immer die für eine solche Unterscheidung unerläßlichen chemisch-petrographischen Untersuchungen zu Gebote stehen können, nicht ohne Schwierigkeiten ist. In völliger Übereinstimmung und teilweiser Ergänzung mit Hammer!) muß es jedoch als äußerst wichtig bezeichnet werden, die Unterscheidung eruptiver und sedimentogener Gesteine in Gebieten der Verbreitung kristalliner Schiefer durchzuführen und dabei vor allem die größeren geologischen Einheiten im Auge zu behalten, als welche sich Vorkommnisse eruptiver Herkunft stets charakterisieren müssen, len Gesteinswechsel innerhalb solcher Einheiten als mögliche Folge wechselnder Erstarrungsbedingungen oder randlich - fazieller Verhältnisse zu prüfen und kartographisch auszuscheiden. In einem solchen Verfahren dürfte nicht bloß eine wesentlliche Förderung der Erkenntnisse in geologisch-topographischer Beziehung zu erblicken sein, sondern man wird von demselben auch eine Bereicherung und Vervollständigung unserer Kenntnisse über den in mancher Hinsicht Nergl. IL’. pag. 701. 200 Dr. Guido Iradil. [20] noch nicht genügend geklärten Vorgang der Intrusionen, der Injektion usw. erwarten dürfen. f Mit Bezug auf die erwähnten Gneisvorkommnisse der Ötztaler Masse ist zu bemerken, daß die geologische Karte im Maßstabe 1:75.000 9, die von der k. k. geologischen Reichsanstalt in Wien her- ausgegeben wird, die Verbreitungsgebiete der Gneise von Tumpen und vom Taufererberg (Maurach) sowie überdies dasjenige von der lönselswand als selbständige geologische Einheiten verzeichnet, welche die eigenartigen Formen von Eruptivkernen als linsenförmige Einschaltungen erkennen lassen. In überaus präziser Art bringt sie auch das Ausstreichen jenes großen, vom Westen herüberreichenden Tonglimmerschieferzuges zum Ausdruck, der westlich von der Otztal- mündung unter die Bergsturz- und Moränenmassen, die hier ausge- breitet sind, untertaucht 2). Auch der Gneiszug von Schmiedhof hat Aufnahme in die Karte gefunden und die Darstellung läßt erkennen, daß derselbe im Zusammenhang steht mit größeren gleichartigen Vor- kommnissen, welche die Südgehänge der westlichsten Stubaier Berge gegen das Windachtal aufbauen. Im Südgehänge des Schußgruben- kogels wurde ein dem Vorkommnis von Schmiedhof sehr ähnlicher Flasergneis beobachtet, der hier N 22° OÖ streicht und 590 5 fällt; auch hier, wie bei Schmiedhof, führt er stellenweise Granaten. Des- gleichen verzeichnet diese Karte die Augen- und Knotengneise des Pitztales, und zwar einen nördlichen, der bei Unter-Leins das Tal quert, einen mittleren, der bei Wiesle durchs Tal streicht, im Westen über den Aifenspitz (2568 m), im Osten über den Hohen Gemeinacker- kopf (2547 m) reicht, endlich einen südlichen Zug, der bei Zaunhof durch das Tal setzt. Die zwei südlich davon gelegenen Züge von „Gneis- Granit“, jener von Söllberg und vom Peuschelkopf (2915 m), sind der Darstellung der geologischen Karte zufolge isolierte Vor- kommnisse. Ein großer Teil der als Eruptivderivate gedeuteten Gneiszüge sowie deren Verbreitung ist durch Grubenmann?°) erwähnt und geschildert worden; er betont die Ähnlichkeit der hellen Augen- und Flasergneise nördlich von Au im Ötztale mit dem „Zentralgneis“ der Ostalpen. Ferner beobachtete er in völliger Übereinstimmung mit den Angaben Tellers das konkordante Durchbrechen von hellen musko- vitischen Flasergneisen durch die Schiefer und grauen Phyllitgneise; diese Flasergneise nehmen in ihren peripherischen Partien die Tracht !) Nachı den Aufnahmen von F. Teller (Blatt Sölden) und Niedzwiecki (Blatt Ötztal). 2) Von einer eingehenderen Behandlung der überaus interessanten und für die Gesteinsentwicklung des unteren Otztales sowie für die geologischen Verhält- nisse der Otztaler Masse gleich bedeutsamen Gneise von Tumpen, vom Taufererberg (Maurach) sowie jener der Engelswand ist mit Rücksicht darauf Abstand genommen worden, daß U. Grubenmann eine größere Publikation über jene Gegend vor bereitet, welche, als Abschluß seiner Untersuchungen gedachte Arbeit, mit um so mehr Interesse erwartet werden darf, als der Genannte wohl der berufenste Kenner jener Gegenden genannt werden muß. °) U. Grubenmann, Arbeiten zur petrographischen Durchforschung der Zentralkette der Ostalpen. Anzeiger der kais. Akad. der Wissensch. (math.-nat. Kl.) Wien 1896, 1897, 1898. [21] Über Gneise der Ötztalermasse. 201 von „mehr oder weniger stark ausgewalzten Streifen- oder Stengel- gneisen an; es sind dynamisch beeinflußte, ursprünglich intrusive, porphyrartige Granite“. Grubenmann schildert ferner das Durch- streichen dieser Gneise durch das obere Windachtal und die nörd- lichen Teile der Ebene von Sölden mit nahezu W—O-Streichen, die Vorkommnisse dieser Gesteine im oberen Venter und im höchsten Teile des Rettenbachtales. Die Schiefer, welche zwischen Längenfeld und Au die beiderseitigen Talgehänge aufbauen, sind metamorphe Sedimente, die Muskovitgneise des Taufererberges werden stellenweise zu Augengneisen, desgleichen die Muskovitflaser- und Serizitgneise im Gebiete der Otzermuhr. Besondere Beachtung verdient Gruben- manns Beobachtung granitischer Gänge in den Gneisen zwischen Längenfeld—Au, zum Beispiel oberhalb Oberried, Lehn und Unter- ried, ebenso im Ostgehänge des Tales sowie im oberen Sulztale; diese Gänge besitzen im allgemeinen die Tracht saurer Aplite, manch- mal auch jene lentikularer Biotitgneise mit blaugrauen Kalifeldspaten. An den Taufererberger Flaser-, Streifen- und Augengneisen beobachtete der Genannte eine aplitische Randfazies, manchmal in Form eines ausgesprochenen Muskovitgneises, stets konkordant an die Phyllitgneise angelagert. Die Gneise der „Engelswand“ und jene vom Acherkogel (3010 m) südöstlich von Otz sind schieferige Biotitgranite mit deutlicher Streckung; die räumliche Erstreckung des letzteren Vorkommnisses wird von Grubenmann im Gegensatz zu der Karte mit 7 km Länge und 2 km Breite angegeben, während die Karte die Längenerstreckung dieses Vorkommnisses mit etwa 4 km notiert. Auch hier beobachtete Gruben- mann eine aplitische und quarzitische Randfazies gegen die konkordant angrenzenden, grauschwarzen, phyllitischen Schiefer. Sowohl in der Schieferhülle der Gneise dieser Ortlichkeit als auch jener der Engels- wand fand er Andalusite als Spuren eines alten, durch die spätere Dynamo- metamorphose wahrscheinlich veränderten Eruptivkontakts, eine Er- scheinung, die er bei der Schieferhülle des Iffinger bei Meran aus- führlicher beschrieben hat). Mit Hammers Auffassung von der Deckennatur einer Anzahl von Vintschgauer Augengneisen stimmt Ohnesorges?) neuere Ansicht über die Entstehung des von ihm noch 1903 °) rein eruptiv gedeuteten Augengneises vom Kellerjoch bei Schwaz überein. Ein im Ostgehänge des Paider Brechtenrückens (zwischen Flaurlinger und Inzingertal) anstehender Porphyrgranitgneis, der einen unveränderten Porphyr- granit umhüllt, wird von demselben Geologen als in erster Linie durch mechanische Deformation entstanden erklärt, eine Auffassung, die mit der bekannten Beeke-Grubenmannschen Ansicht über die Bildung kristalliner Schiefer nicht im Einklang zu stehen scheint. ') U. Grubenmann, Über den Tonalitkern des Iffinger bei Meran. Viertel- Jahrschrift der Naturforschenden Gesellschaft Zürich 41 (1896). ) Th. Ohnesorge, Die vorderen Kühtaier Berge. Verhandl. d. k. k. geol. R.-A., Wien 1905. pag. 175. — Über Gneise des Kellerjochgebietes und der west- lichen Hälfte der Kitzbühler Alpen und über die Tektonik dieser Gebiete. Ver- handl. d. k. k. geolog. R.-A., Wien 1908, pag. 119. ») Th. Ohnesorge, Der Schwazer Augengneis. Jahrb. d. k.k. geol. R.-A., Wien 1903. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Band, 1. Heft. (G. Hradil.) 96 202 Dr. Guido Hradil. [22] OÖhnesorge erklärt überdies die in Form von Flasergneisen (Mus- kovitaugengneisen) auftretenden intrusiven Granitmassen in der Um- gebung des Birchkogels petrographisch für vollständig identisch mit den Gneisen der Maurachklamm im Otztal und jenen von St. Leon- hard im Passeier; er erwähnt auch den von ihm als Diorit bezeich- neten, im Vorstehenden näher untersuchten lamprophyrischen Gang im Gneis von Schmiedhof neben anderen ähnlichen Vorkommnissen des Otztal-Pitztaler Gebietes sowie die besonders komplizierten Lage- rungsverhältnisse zwischen Granitmassen und Glimmergneisen auf dem Amberg, dem westlichsten Ausläufer der Hochedergruppe, wo in einer O—W verlaufenden Antiklinale von Glimmergneisen eine N—S gerichtete, mit den letzteren intensiv verfaltete Granitmasse vorliegt. Besondere Beachtung verdient seine in der Hochedergruppe gemachte Beobachtung, daß durchgreifende Lagerung intrusiver Granite zu den Seltenheiten gehöre sowie die Konstatierung der Tatsache, daß der Gneis des Kellerjoches stets als ein der Schieferung paralleles Lager auftrete, und zwar entweder an der Grenze zwischen Wildschönauer- schiefern und Quarzphyllit oder nahe dieser Grenze und dann im letztgenannten. Aus Hammers!) stratigraphisch-tektonischen Fest- stellungen in der Laaser- und Ortler-Gruppe sowie aus dem Sulzberg, wo Augengneise auf weite Erstreckung hin den gleichen Horizont zwischen Gneis (Phyllitgneis) und Phyllit festhalten, erhellt die hohe Bedeutung dieser Beobachtungen für die Entscheidung der Fragen nach der geologischen Erscheinungsform solcher Eruptivderivate. Eine solche Reihe gesammelter Beobachtungen zur Frage der Eruptivgneise, wie sie gegenwärtig bereits aus den südlich des Otz- taler Hauptkammes gelegenen Gebirgsteilen vorliegt, kann für jetzt bezüglich der engeren Otztaler Alpen noch nicht herangezogen werden; möglicherweise erfüllen die vorstehenden Ausführungen den Zweck, das Forschungsmotiv auch hier in jenem Sinne zu beeinflussen, der sich an anderen Orten für Gewinnung neuer Gesichtspunkte über petrographische und geologisch-topographische Probleme so überaus fruchtbar erwiesen hat. ) W.Hammer, Geologische Beschreibung der Laasergruppe. Jahrb.d. k.k. geol. R.-A., Wien 1906. — Die Ortlergruppe und der Ciavalatschkamm. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1908. Verlag der k. k. geolog. Reichsanstalt, Wien III. Rasumofskygasse 23. Gesellschafts-Buchdruckerei Brüder Hollinek, Wien III. Steingasse 25. Tafel VI. Über Gneise der Ötztalermasse. Erklärung zu Tafel VI. Nr. 1. Aplit von Mittelberg. Vergr. 48°5fach, Nicols X. Das Gestein zeigt feingranoblastische Struktur. Quarz- und Orthoklaskörner zeigen lappige Konturen, Serizitlagen bilden zwischen ihnen dünne Züge. Typische Ausbildung kristallo- blastischer Struktur. Nr. 2. Gneis, gegenüber von Schmiedhof im Ötztal anstehend. Vergr. 21 fach, Nicols X. Zwillingsgestreifte Plagioklaseinsprenglinge, nach Art von Porphyro- blasten entwickelt, werden von Muskovitzügen scharenweise umhüllt. Zwischen dem Feldspate und den Glimmerzügen stellenweise Biotit und Epidoteinlagerungen. Nr. 3. Gneis von Sexegerten. Vergr. 48 5fach, Nicols X. Die granoblastische Struktur durch typische Kristallisationsschieferung beeinflußt. Starke Betonung der Schieferung durch Parallelanordnung der Muskovite. Gelappte Umrisse bei Quarz- una Feldspatkörnern. Nr. 4. Lamprophyr von Sölden. Vergr. 98fach, Nicols offen. Das Gestein zeigt richtungslos massige Struktur; die dunklen Partien des Bildes gehören dem leukoxenartigen Titanitaggregat an. In der Mitte des Bildes erscheinen Pistazit- und Zoisitmassen besonders dicht geschart. Dr. W. Hammer Der Jaggl im oberen Vintschgau. 5771777 Na N N ‚RU DD NS N ® a) 2 Biotitplagioklasgneis q und zweiglimmeriger Plagioklasgneis. Augen- u. Flasergneis. Augengneis mit rotem Feldspat. ee Muskovitgranit. E.. Quarzporphyrit. Verrucano. Quarzsandstein (Buntsandstein ?) Encrinidendolomit und Konollenkalk. Militärgeographischen Institus. Ausgeführt im k. u. k. 1:25000 oder Icm=250m oder 3 cm -1000 Schritte 100 0 200 «00 600 800 1000 1200 1400 1800 1800 2000 m u _— + — + m - _ w 0 200 00 600 800 1000 00 1400 1600 1800 2000 Schritte Jahrbuch der k. k. Geologischen Reichsanstalt, LXI. Band, 1911. Verlag der k. k. Geologischen Reichsanstalt, Wien, IL, Rasumoflskygasse 23. Kalkschiefer mit Zwischen- lagen von Rauhwacke. Obere Rauhwacke und Gipsdolomit. DE Schuttkegel und Halden. Aaxı Flache, saigere und stark geneigte Schichtlage. Dislokationsflächen. | %* | J Höchst gelegene erratische Blöcke. Dr W. Hammer. Der Jaggl im oberen Vintschgau. Taf.ll. Jaggl Hengst Pleißköpft arIx “ Bi ; Don : Sy pP V 0 vr zz m 35 ar ae fie * = Eneriniten Kalkschiefer TE Obere Rauchwucke uarz porphyrit Biotitplagioklasgneis Augen-u. Muscovügranit re SE DENE Quarzporpiyi u.Zweigummergmees Flasergneis. Anollerkalls Rauchwacke z Lith. Anst.v. Th. Bannwarth ‚Wien. Jahrbuch der kk.Geologischen Reichsanstalt. Band 1X1.1911. Verlag der kk Geologischen ReichsanstaltWien.lIl.Rasumoffskygasse 23 - MeV. Zelizko: Neue Pteropoden. Taf, III. Lichtdruck v. Max Jaffe, Wien Ad. Hofmann phot. Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Bd. LXI, 1911. R Verlag der k. k. geologischen Keichsanstalt, Wien, Ill., Rasumoffskygasse 23, nn Aveppo auna'm umgdeg 22 ogzcuvangng, : anlarcpezounun gaopnzmm) YiRB Aa A acdchz chaußgogp) ap nayaog ZEIT aagpnzgwdapy nr F cfaube 6)" - 2 JtOpssna] 2!o B FEDN SIISS SI MD 28 N N S N S Z mm 9% % „2 VG ; onpogngchun auracneaggog, FEHEEFEE vorgropeg, m efouÄgeeRG, Tr ° DnIepHIT v, #2 Z YVIBNUDST, Ser ; Miss 00094:T ii m] neJdoz a bungabug Hr: | ii : Ip u BZ” NSSEUDITTEg TION LBLÄTOIEITL x TI) TOL um SLHFFB y r y% rd ONIEMSIUNTSIHUN BLOSTOTOAG TEE] hamaoy > -neJdoz uoA Zungogwf]) Op Atsseworggen) pun -IOIq :1owyosjoty SATISHE], yewsag = d — 'MlÄyd = Ya — IEJeIyosIawwımg pun zen‘ = 19 — 'gz osswääysjoumswy 'JJI] usıqy “YeIsmesgproy uaos180]098 °7 "7 ap Fr]ıay "1161 IX’I pueq Jersursyoroy uoyost80[098 7 7 AOp yonqıyep addnassıausrtıotgg = 69 ‚oporyag pun -ogtgdweorggeg = 99 — 'o1gqed = 9 — 'sIOUsSEINOMAIoNorg = Sg — 'ueygjoLıe omas pun stousyLuong = Sq ‚sddnazstousjtoyg = 69 — yeufg = Ad — ZÖsyI8 Uß22207%9 7 Y, IS SR WE "SAISSEWOIIGEN pun -ILIOIT Aone4dgoZ sap epualsampng sep yoanp [yoıdıand sJaaub22r202 7 La7DLAU2Z 7 De fr 3 HM 23 a 0 MM | 1 YES IA II | / hi u , h . n III in h I) j nr j / SUN | L dh; &7 / a WNTIITITIRTEN US RD ITRDRIRDN3R . a Ip / NT SH RaR h } x ll ER Fa 2 S / IR LH I ES, 2 / / L)) ll //} RR, i = 78: : Y ER u TUI | S 7 En Ze SD» Be 2% WE " Per E> > er = & i Sr Po au er S &, ee > Ss 9 Ser =y 2 \ = coN SO S Spw} = S = 8. 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Der Bau des zweiten Geleises der Staatsbahnen durch Steier- mark und Kärnten hat die große und interessante Terrasse, welche sich von Hirt im Metnitztale bis in das Gurktal fortsetzt und sich an der Gurk abwärts, zunächst am linken Ufer der Gurk, gegen das Krappfeld hin verfolgen läßt, an zwei Stellen entblößt, so daß ihr Aufbau ziemlich klar sich beobachten ließ. Die orographischen Verhältnisse an dieser Stelle sind sehr lehr- reich. (Man vergleiche den Ausschnitt aus der Karte im Maßstabe 1:25.000 des k. u. k. Militärgeographischen Instituts, Taf. VI.) Wie ein Talriegel erhebt sich zwischen dem rechten und linken Talgehänge der Metnitz der Böckstein (752 m) und zwingt den Fluß zu einem rechtwinkeligen Umbug, um zur Gurk zu gelangen. Er liegt da, wie eine vom linken Gehänge herabgebrochene Riesenscholle, an der sich auch die diluvialen Wassermassen stauen mußten. Ein Resultat dieses Stauobjekts und der unter der Terrasse auftretenden anstehenden Felsen, ist nun auch die zu besprechende Terrasse, die durch die heutige Metnitz gerade dort, wo sie sich an den Böckstein anlagerte, in einem kurzen Engtal durchrissen wurde. In der direkten Stromrichtung der diluvialen Metnitz wurde sie aufgeschüttet und reichte bis an das rechte Ufer der Gurk hinüber, an dem noch Reste davon übriggeblieben sind, die bis 636 m hoch hinanreichen. Sie steigt, oben vollkommen ausgeebnet, leicht nach NNW, gegen den schmalen Rücken des Galgenberges (716 m) hinan. Dieser stellt einen Ausläufer des Hirter Kogels (885 m) vor, von dem er durch eine oben ausgeebnete Finsattlung (661 m), hier ge- wöhnlich „der Hackl“ genannt, getrennt erscheint. Auf der Fruchtfelder tragenden Terrassenoberfläche steht nahe dem Südrande die Kirche von Hochfeld (6398 m). Diese Terrassenhöhe ist größer als die Höhenlage von Friesach (637 m) und sie muß daher zeitweilig geradezu, zusammen mit dem Böckstein, ein Stauwehr gebildet haben, von einer seltenen Voll- kommenheit. Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Band, 2. Heft. (F. Toula.) 97 204 F. Toula. [2] Das ausgedehnte „Moos“ südlich von Grafendorf (626 m) ist wohl ein letzter Überrest und Zeuge der Rückstauvorgänge. Auf diesen Rückstau wird wohl auch die mächtige Schlamm- ablagerung zurückzuführen sein, die heute auf der Hirterseite das Material liefert für den Ziegelschlag und die Dachziegelerzeugung auf : der Sattelhöhe, die sich, 6541 m hoch, zwischen dem Böckstein einer- und den Bergen des linken Metnitz-Talhanges, zwischen Hirt einer- und Eberdorf-Rabenstein anderseits, befindet, und über die die Bezirks- straße von Hirt nach Althofen hinüberführt. Sie ist um etwa 14 m höher als die Terrassenhöhe. Da die Terrasse, wie erwähnt, quer über die Gurk hinüberzog, muß sie auch die Gurk zurückgestaut haben bis über St. Georgen und gegen Straßburg im Gurktal hinauf. Damals könnte sogar Über- fallwasser der Gurk über den Hacklsattel ins Metnitztal gelangt sein, die Ausebnung des Sattels bedingt und das obere Ende der Terrasse bei Hirt mitangegriffen haben. Dieser Stauwall im Gurktal wurde durch die Gurk bewältigt, so daß, wie gesagt, nur Reste desselben, aber nach den Höhenverhältnissen (636 m) zweifellose Reste, am rechten Gurkhange übriggeblieben sind, die an einzelnen Steil- böschungen, gegen die Gurk, die abtragenden Angriffe des siegreich gewordenen Flusses, zur Zeit besonders großer Wasserhöhen, deutlich erkennen lassen. Schon vor mehreren Jahren habe ich einmal eine Anzahl von photographischen Aufnahmen gemacht, um die Terrasse im Bilde zu besitzen, von welchen ich drei, zur Illustration des Gesagten wohl geeignete, hier beifügen möchte. Die Aufnahmen wurden bei bedecktem Himmel angefertigt und mußten erst Abtonungen erfahren. um brauch- bar gemacht zu werden. Figur 1 (Taf. VIII) ist vom rechten Gurkufer, und zwar vom Abhange des erwähnten Terrassenendes aus aufgenommen. Man erkennt das westliche Ende der Terrasse, die am Terrassenrande stehende Kirche von Hochfeld und das unterhalb liegende fürst- bischöfliche Schloß Zwischenwässern. Rechts davon nimmt man den Durchriß der Metnitz sehr gut wahr oberhalb ihres Einflusses in die Gurk, welche nicht sichtbar wird, da sie in die jüngeren Talschutt- massen, die eine Niederterrasse bilden, eingeschnitten ist. Unterhalb des Einrisses setzt sich die Diluvialterrasse am Fuße des Böcksteins flußBabwärts fort. Sie war damals auf eine weite Strecke abgegraben worden und konnte man die darin lagernden Geröllmassen mit recht groß werdenden Rollblöcken erkennen, die in gleicher Höhe hinter- einander bemerkbar wurden. Hinter dem Walde, auf dem höchsten Teile des Böcksteins (752 m), befindet sich die Einsattlung, über welche die Bezirksstraße von Hirt nach Althofen führt; die Berge dahinter sind die Vorhöhen des Pleschitzkogels (1227 m), die oberhalb des Böcksteins vertikale Abbruchwände erkennen lassen. Hinter der Kirche von Hochfeld befindet sich der Galgenberg (jetzt abgeholzt), hinter welchem sich der Sattel vom Hackl befindet. Dahinter erhebt sich der Hirter Kogel (885 m). Das Bildchen läßt sonach den Stauwall Terrasse—Böckstein gut erkennen. Über den Wall hin blickt man in das Metnitztal, das seinerzeitige Staubecken, das sich bis über [3] Die Diluvialterrasse zwischen Hirt und Zwischenwässern in Kärnten. 205 den Fuß des zweiten Rückens, bis gegen Friesach hinauf erstreckt haben mag. Die Figur 2 (Taf. VIII) ist von einem Punkte oberhalb der Reichs- straße aufgenommen worden, die im Vordergrunde verläuft, um gleich unterhalb der Eisenbahngitterbrücke, über die Metnitzenge, die Bahn zu übersetzen. In der Tiefe das Schloß Zwischenwässern, am Rande der Terrasse die Hochfeldkirche (6389°8 m). Die Eisenbahntrasse ver- läuft etwas unterhalb der Mitte des Terrassenhanges, der zur Metnitz abfällt, die gerade noch sichtbar wird und deren Durchbruch unter der Gitterbrücke liest. Am linken Rande des Bildes sieht man den bewaldeten Steilhang der Böcksteinvorhöhe. Die Figur 3 (Taf. VIII) wurde von der erwähnten Bezirksstraße aus aufgenommen, um die Höhe des Sattels zwischen dem dicht bewaldeten Böckstein und den Hängen des Pleschitzkogels zur Ansicht zu bringen. Im Vordergrund sieht man ein Stück der Reichsstraße, die auch weiterhin beim Anstieg gegen die Bahnüberschreitung sichtbar wird. Rechts die Hochfeldterrasse und dahinter die Hänge auf der rechten Seite der Gurk. Die Bauten in der Tiefe sind die Werksgebäude einer fürstbischöflichen (damaligen) Drahtzieherei (jetzt Papierstoff- fabrik). Uber die Talsperrterrasse bei Hirt findet sich nur weniges in der Literatur verzeichnet. In dem Aufnahmsberichte, welchen K. Peters ım Jahre 1855 erstattete (Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. VI, pag. 508—580), wird die „Höhere Terrasse zwischen Hirt und Zwischenwässern“ in dem Verzeichnis der Höhenbestimmungen (l. ce. pag. 573) mit 1960 Fuß Seehöhe (= 619:5 m), gegen die Angabe der Spezialkarte mit etwa 640 m, angeführt. Der Gurkspiegel soll bei 1917 Fuß (= 605°9 m) liegen, wonach die relative Höhe sich mit 43 Fuß (= 13°6 m) ergeben würde, während sie Peters auf ungefähr 60 Fuß schätzte. Nach einer freundlichen Mitteilung des Herrn Regierungsrates im k. u. k. Militärgeographischen Institut V. Haardt von Harthen- thurn liegt die Brücke über die Metnitz kurz vor ihrer Einmündung in die Gurk in 611'6 m Meereshöhe, was eine Höhe der Terrasse von nur 28°4 m ergeben würde. Diese Höhenangaben wurden durch die Nivellements der Eisen- bahningenieure (s. w. u.) wesentlich verändert und richtiggestellt. Eine weitere Angabe über das Wesen der Terrasse fehlt bei Peters, wenn man nicht die |]. c. pag. 557 gegebene allgemeine Bemerkung etwa auch darauf beziehen will: „Das ganze mittlere Gurktal hat fortan bis Zwischenwässern ein ausgezeichnetes Terrassen- diluvium, welches eine Strecke weit in die von Norden herkom- menden Seitentäler hineinragt und daselbst ganz das Ansehen von Aufstauungsterrassen annimmt.“ Eine ähnlich so mächtige Hoch- terrasse wie bei Hirt ist mir jedoch gurkaufwärts nur am Ausgange der Wildbäche bei Mellach: Ratschenwildbach und Pabenberger- graben aufgefallen, eine Terrassierung, welche gleichfalls einer näheren Untersuchung sicherlich wert wäre. Sie liegt, wie ein Talriegel, bis 673 m hoch, vor den beiden letztgenannten Gräben, in der Fortsetzung DIE 206 F. Toula. [4] eines schmalen Bergzuges, der nur bis 771 m hoch ist, und wird wohl auf die genannten Grabenwässer zurückzuführen sein. Da die Hirter Terrasse sich auch am Südhange des Galgenberges vorfindet, denselben also förmlich umsäumt, so ist die Anschauung, die Peters aussprach, ohne gerade diese Terrasse besonders her- vorhebend zu betrachten, wohl begreiflich. Auf der Generalstabskarte im Maßstabe 1:25.000, deren Vermittlung ich Herrn Regierungsrat V.Haardtv. Harthenthurnverdanke und auf welche Herr Hauptmann Zdenko Hofrichter alle Höhenkoten’einzutragen so freundlich war (m. vergl. Taf. VII), ist zu ersehen, daß der bis zum Hackl reichende süd- liche Terrassenzug zuoberst bis 6477 m ansteigt und gegen Zwischen- wässern allmählich abdacht, was mich selbst schon vor Jahren eine ähnliche Vorstellung fassen ließ, wie ich sie später in der allgemein gehaltenen Anschauung Peters wiedererkennen konnte. Es bildet dies in der Tat eine Schwierigkeit für meine dermalige Auffassung, daß die Terrasse der diluvialen Metnitz zuzuschreiben sei, zu welcher mich die zweifellose Ausdehnung derselben bis an das rechte Gurk- ufer hinüber, wo deren Reste deutlich genug erhalten geblieben sind, führen mußte. — Ich meine, es sei denkbar, daß jener südliche Teil der Terrasse während der Stauperiode der Gurk durch den Metnitzer Staudamm, durch die Gurk an die Metniztaler Terrasse angebaut worden sein könnte. Der höchste Teil der letzteren liegt nach jener Karte bei 643 m Meereshöhe, am Höhenrande gegen den oberen Anschnitt des neuen Eisenbahnbaues zu, vor der Senkung des Ter- rassenrandes gegen Hirt. Auf eine gegen NW ins Metnitztal hineingebaute Gurktalterrasse möchte ich nicht schließen, um so weniger, als sich die Terrasse am linken Ufer der Gurk, am Fuße des Böcksteins weiterhin fortsetzt, mit demselben Charakter wie oberhalb der Böcksteinscholle. Wenn ich einen Vergleich machen darf, so möchte ich dabei an das recht ähnliche Verhalten der Liesingterrasse erinnern, auf welche sich die Staatsbahnlinie zwischen Kaisersberg und St. Michael hinaufzieht, einen ähnlichen Stauwall, wie etwa die Metnitztalterrasse, den die Liesing in einem vielleicht späteren Zeitabschnitt des Diluviums gebildet hat. Auch sie reicht bis nahe an den rechten Muruferhang, bis an die Bergrippe, welche vom Schakogel (1153 m) nach N zieht, bis in die Nähe der Murbrücke. Während hier die heute so viel größere Mur sich dauernd nur einen engen Durchgang eröffnete, hat die jungdiluviale Gurk den Stauwall bis auf die ver- hältnismäßig wenig entwickelten Terrassenüberreste an ihrem rechten Ufer bezwungen. Wie solche Stauwälle wirken, habe ich seinerzeit (1891), als der Wildbach des Gandergrabens bei Kollmann im Eisack- tale ausbrach, in ihrer Entstehung und Wirkung zu beobachten Ge- legenheit gehabt. Es bildete sich ein Stauwall, der ohne die energische Arbeit der Ingenieure, der Arbeit der Eisack allein lange genug Widerstand geleistet haben würde. Im Kleinen entstand damals ein ziemlich weit hinaufreichender Stausee. (Man vergl. die Bilder zu meinem Vortrage über Wildbäche, Schr. d. Ver. z. Verbr. naturw. Kenntn., XXX. Bd., Heft 15, pag. 9—38.) [5] Die Diluvialterrasse zwischen Hirt und Zwischenwässern in Kärnten. 207 Mit Vergnügen erinnere ich mich der. Exkursionen meines Freundes A. Penck, an denen ich mich in der Umgebung von Frie- sach beteiligen konnte, als er mich, auf einer Studienreise mit seinen Schülern durch die Alpen, in Friesach besuchte. Wir stiegen damals den rechten Metnitzhang hinan bis zu dem merkwürdigen Hochtale, das vom Pirker Kogel kommend, bei der „Partschhube“ vorbeizieht, wo es gegen Friesach hin, offenbar durch gewaltige Bergstürze, einen Teil seines linken Ufers eingebüßt hat, so daß die alten Talausebnungen entblößt wurden. Wir besuchten damals aber auch die Hirter Terrasse und entwickelte Penck an Ort und Stelle die Vorstellung, daß man es mit der Endmoräne des alten Metniztalgletschers zu tun habe. Eine Ansicht, welche später A. Böhm von Böhmersheim in wenigen Worten zum Ausdruck brachte, in seiner Abhandlung: Die alten Gletscher der Mur und Mürz (Abhandl. d. k. k. geogr. Ges. in Wien, II, 1900), worin es pag. 108 vom Murgletscher nur heißt, daB „sein über den Neumarkter Sattel gesandter Zweigarm schon bei Hirt, südlich von Friesach“ endete. Auf der Karte des Draugletschers in Pencek-Brückners großem Werke über die Alpen im Eiszeit- alter (III, pag. 1072) wird das Zungenende des Metnitztalgletschers gleichfalls in die Gegend von Hirt verlegt. Die Schottermassen unter- halb werden der Würmeiszeit zugeschrieben. — Auf pag. 1122 und 1123 heißt es, daß der vom Murgletscher über den Neumarkter Sattel (8858 m) abzweigende Ast zu der Eismasse des Metnitztales stieß, die serade bis zur Mündung der Metnitz in die Gurk gereicht habe. Hier setzen bei Hirt jäh und unvermittelt die mächtigen Schotter des Krappfeldes ein. „Oberhalb dieser mächtigen Aufschüttung erstreckt sich im Metnitztal ein Zungenbecken, an dessen Saume wir an ver- schiedenen Stellen, namentlich bei Ruhsdorf — am linken Metnitz- talhange oberhalb Hirt, am Ausgange der Zierlitzgräben — Moränen- ablagerungen fanden.“ Ich erinnere mich in der Tat, daß wir im Graben oberhalb Ruhsdorf ein gekritztes Kalkgerölle fanden. Während des diesjährigen Sommers besuchte ich die Hirter Aufschlüsse mehrere Male. Während der kleine Quarzit-Phyllit- steinbruch, den ich an anderer Stelle besprechen werde, seit ein paar Jahren kaum mehr im Betriebe steht und nichts Neues darbot, haben die Abgrabungen an der Diluvialterrasse sehr schöne Einblicke in ihren Aufbau geliefert, die ich von der Reichsstraße aus festzuhalten suchte (vergl. Textfig. 1). Solche Abgrabungen fanden in weiterer Aus- 208 F. Toula. [6] dehnung gleich oberhalb der Eisenbahnbrücke und am oberen Ende der Terrasse vor Hirt statt, wo sie offenbar vielfach von oben her durch die Hochwässer der Metnitz und vielleicht auch durch die Überfallwässer (während des Gurkaufstaues) über den Hacklsattel angegriffen und erniedrigt worden sein mag. Der erstere Aufschluß war besonders dadurch lehrreich, weil sich dabei ergab, daß der Kern der Terrasse nahe ihrem unteren Ende aus anstehendem festen Schiefergestein besteht. Daß in der Terrasse anstehende Schiefer vom Fuße der Terrasse, von der Metnitz aufwärts, auftreten, war mir lange bekannt, daß sie aber hinaufreichen bis über die Eisenbahntrasse, das hat erst die Abgrabung ergeben. Es dürfte sonach wohl anzunehmen sein, daß das anstehende Gestein im Kerne der Terrasse gegen den Galgenberg hinziehen dürfte, der an seinem Südende förmlich in die Terrassenschuttmassen versinkt. Es hatte also hier ein Schieferriegel das Metnitztal abgeschlossen, der den Metnitzhochfluten ein Hindernis entgegenstellte, das wohl bis nahe an den Böckstein gereicht haben dürfte. Über diesem anstehenden Schiefergesteine, welches der Assistent meiner Lehrkanzel, Herr Roman Grengg, ein Schüler Prof. Dr. Fr. Beckes, auf meinen Wunsch einer näheren mikroskopischen Untersuchung unterzog, deren Ergebnisse als Anhang meiner Darstellung des Sachverhaltes angefügt ist, treten in zwei nahe aneinanderliegenden Reihen große, vielfach an- näherndellipsoidische Rollsteine von ansehnlicher Größe auf, diein feinerem Schutt eingebettet, zum Teil dicht aneinandergereiht auftreten. Zwei weitere solche Lagen finden sich darüber, gegen den Rand der Hoch- fläche zu. Viele der Blöcke wurden bei den Abgrabungen entfernt. Der neugeschaffene Hang wird mit dem feinsandig bis erdigen Material aus dem oberen Teil der Abgrabung dicht überschüttet, um ihn be- pflanzen und berasen zu können. Meinem hochverehrten Freunde, Herrn Oberinspektor Ingenieur Moritz Erb (Staatsbahndirektion Villach), verdanke ich, außer zwei Arbeitsprofilen, drei prächtige photographische Bilder, die überaus lehrreich sind und von welchen zwei (Fig. 4 und 5, Taf. IX) in ver- kleinertem Maßstabe wiedergegeben werden sollen. Es zeigt sehr gut das anstehende, sehr feste Schiefergestein. Nach abwärts aber, wenn ich das Bild richtig lese, treten bis etwas oberhalb des festen Kernes eigenartig nach abwärts geneigte Lagerungsverhältnisse auf. Man erkennt eine parallele Lagerung in den feineren sandigen Grusmassen, zwischen wie leicht gebunden aussehenden Lagen, was freilich erst bei An- wendung der Lupe deutlich wird. Es erinnert dies an die Erscheinungen, welche man bei Aufschüttungen in einen vertieften Ablagerungsraum zu beobachten Gelegenheit hat. Es stellt sich so dar, als ob in der ersten Phase der Terrassenbildung oberhalb der Staubarre des an- stehenden Felsens, das Überfallwasser die Sinkstoffe abgelagert hätte, bis eine allgemeine Ausebnung und die Ablagerung von fast horizontal geordneten Massen erfolgen konnte. Die Art der Anordnung der großen Blöcke erinnert mich recht lebhaft an jene am Talboden von Fayet, wie sie bei Gelegenheit der Katastrophe von Saint-Gervais in Savoyen (12. Juli 1842) erfolgte und welche von J. Vallot, A. Delebeque und L. Duparc ausführlich behandelt worden ist. (Man vergl. meinen [7] Die Diluvialterrasse zwischen Hirt und Zwischenwässern in Kärnten. 2309 Vortrag im Verein zur Verbr. naturw. Kenntnisse in Wien vom 1. März 1893, 14. Heft, S. 49.) Bei dem Bilde (Fig. 4) muß nur berücksichtigt werden, daß die Aufnahme schräg, von unten nach oben, erfolgte und, was ebenfalls ersichtlich wird, daß sehr viele der Blöcke bei der Abgrabung aus der ursprünglichen Lage gebracht und gar viele ganz entfernt worden sind. Man betrachte nur die vielen losen Blöcke am Fuße der Ab- grabung. Fig. 5 (Taf. IX) gibt eine Ansicht der am linken Talgehänge der Gurk anstehenden Diluvialterrasse, unterhalb des Durchbruches der Metnitz, bei km 3048. Der Abhang ist durch die Abräumungsarbeiten weit- gehend gestört; die Regelmäßigkeit der Ablagerung und ihre schichten- weise Anordnung läßt sich aber trotzdem stellenweise recht gut er- kennen. Nach den mir durch die Güte meines Freundes zugegangenen Profilen (1:100) kann ich nachträglich noch zwei Niveaukoten des Metnitzflußspiegels angeben. (Solche Koten sind auf den älteren Karten des k. k. Militärgeographischen Instituts recht selten zu finden, sollen aber neuerlichst reichlicher verzeichnet werden, was gewiß einen wichtigen Fortschritt in der Herstellung der vortrefflichen Karten bedeuten wird.) Etwas oberhalb der Eisenbahrbrücke, bei km 302-465, liegt die Niveauhöhe des Flusses bei 5987 m, die Schienenhöhe bei 61446 m. Diese Höhe gleich unterhalb der Brücke (bei km 302:65) beträgt 61436 m und würde sich durch Abmessung am Original-Profil das (Niederwasser-) Flußniveau 16°6 m tiefer als die Schienenhöhe mit 59776 m ergeben. Das Gefälle auf der 185 m betragenden Weg- strecke der Bahn (die Flußlauflänge ist erheblich größer und das Wasser oberhalb der Enge gestaut) betrüge sonach 094 m. Das Metnitztal oberhalb der diluvialen Talsperre ist weithin frei von Terrassen; es stellt sich so dar, als wäre es durch die Hochfluten des Interglazials und nach der letzten Eisbedeckungsphase förmlich ausgefegt worden, und ähnlich so ist es, bis auf die Nieder- terrassen, in welche sich der Fluß eingenagt hat, im Metnitz- und auch im Gurktal der Hauptsache nach der Fall. Dies erklärt die gewaltigen Block- und Schuttmassen der Terrassen der Gurk weiter unterhalb. Der obere Anschnitt des Hanges — etwa 400--500 m von dem ersteren entfernt — weist die Regelmäßigkeit der Rollblock- einschlüsse nicht auf; dieselben schienen mir von noch größerem Um- fange und fanden sich auch abgerundete Blöcke darunter. Das Zwischen- material war aber von ganz ähnlichem Aussehen wie am unteren An- schnitte. Wäre dieses Verhältnis in der ganzen Terrasse dasselbe. so wäre nichts Auffallendes dabei; gerade die Verschiedenartigkeit der Block- anordnung gibt jedoch zu denken. Daß die oberen Blöcke mir als die srößeren erschienen, hätte wohl nichts zu sagen, die schwereren werden ja weiter oben liegen geblieben sein. Der Umstand jedoch, daß sie hier die regelmäßige Anordnung in Lagen nicht zeigen, bereitet Schwierig- keiten. Sollte es sich aus dem Umstande erklären, daß dieser obere [8] [;} a Irtlstumlager — Oirmsneiomen Gr u 20 -0cm 8 Ei mel nemnlich seinem Sand vermeongl; ungefälı EN aromiat gelagech en = 2a w-ıscm sinds Slich fen von abwecheelnaze nuem und alaık lonigem Sand ee ae anf Seiowepe F. Toula N re — _ Bonschiefee Urlweise riemlic } (EI = fest: Leikr oehı verwilten "902-450 en Ha geueng naclı Stizee Und oben Siaranı um Sofil ML: Böhe Eyr oo m. Die Diluvialterrasse unterhalb Hirt. 210 [9] Die Diluvialterrasse zwischen Hirt und Zwischenwässern in Kärnten. 211 Teil der Terrasse dem Abtrage in höherem Grade ausgesetzt war als der untere? Daß die lagenmäßige Anordnung dadurch gestört wurde, daß das Kleinerkörnige fortgetragen wurde und vorwiegend die größeren Blöcke zurückgeblieben sind ? Auch das Gebiet zwischen Gurk und Glan und Glan aufwärts und am Triebelbache würde meiner Ansicht nach ein lohnendes Gebiet für das Detailstudium durch einen kundigen Eiszeitgeographen abgeben. — Die Niederschrift des Vorstehenden war vollzogen, als ich, und wieder verdanke ich es nur meinem lieben Freunde Oberinspektor Erb, das in Textfig. 2 verkleinert zur Abbildung gebrachte, sehr ausführ- liche Arbeitsprofil erhielt, welches die genauen, durch Nivellements er- haltenen Höhenkoten enthält und auch erkennen läßt, welch große Arbeit an dieser Strecke der Terrasse geleistet werden mußte, um für das zweite Geleise den nötigen Raum zu gewinnen. Es geht daraus hervor, daB die Terrassenhöhe 24 m über der Schienenstraße liegt und somit etwa 35 m Gesamthöhe über dem Talboden der Metnitz an dieser Stelle (bei km 302°46) erreicht. Anhang. Uber das Kerngestein der Terrasse von Hirt in Kärnten. Von Assistent Roman Grengg. Durch meinen Chef, Herrn Hofrat Toula, wurden mir einige Gesteinsproben des Kernes der Terrasse von Hirt in Kärnten von Km 302:5 zur Untersuchung anvertraut. Sie wurden vom Herrn Öberinspektor Erb zur Verfügung gestelit und sollen im nachfolgenden kurz petrographisch charakterisiert werden. Gesteinsprobe (1) (Km 302°5). Ein feinkörniges, zum Teil deutlich schieferiges Gestein von dunkelgrauer Farbe; stellenweise wird es von größeren, hellgefärbten, dichten Partien schlierenartig durchzogen. An Mineralbestand erkennt man makroskopisch: bis haselnusgroße Einsprenglinge (Porphyroblasten) von braunrotem Granat, der zum Teil kristallographische Begrenzung zeigt. Auf den wellig und gerundet aussehenden Bruchflächen, parallel der Schieferung, zeigen sich silber- glänzende UÜberzüge von Serizit, stellenweise graugrüne chlori- tische Massen. Die Gegenwart von Karbonaten kann durch schwaches Aufbrausen mancher Stellen bei Betupfen mit Salzsäure erschlossen werden. Kiese, zum TeilMagnetkies in unregelmäßigen, kleinen Partien, sind selten deutlich sichtbar. Der mikroskopische Befund eines aus dem dunklen, granat- reichen Gestein angefertigten Schliffes ist folgender: Das Gesteinsgewebe ist größtenteils sehr feinkörnig und scheint, nach gröber struierten Stellen zu urteilen, vorwiegend aus Quarz Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Band, 2. Heft. (F. Toula.) 28 912 F. Toula. [10] mit etwas zwillingslamelliertem Plagioklas, ferner aus Serizit und Chloritschüppchen zu bestehen. Erfüllt ist der Schliff mit kleinen Körnchen und Stäbchen, die ungefähr parallel der Schieferungsrichtung liegen und häufig Quer- absonderung zeigen. Kristallographische Begrenzung wurde an ihnen nicht beobachtet, die Doppelbrechung ist äußerst schwach, die Licht- brechung dagegen kräftig; wahrscheinlich liegt ein Mineral der Epi- dotgruppe, und zwar Zoisit vor. Der Schliff ist reich an schwarzen, opaken Massen, meist Körnchen, lappige Partien und auch Stäbchen mit gespaltenen wie aufgeblätterten Enden (letztere liegen gewöhnlich parallel der Schieferung zwischen die serizitischen und chloritischen Minerale eingeschaltet), welche oft reihenweise angereichert sind. Um die opaken Massen näher zu be- stimmen, wurde eine Probe des Gesteins gepulvert und geschlämmt. Bei Behandlung mit Salzsäure ging ein Teil der dunklen Körnchen leicht in Lösung, in welcher Eisen sich nachweisen ließ; offenbar war es der auch schon makroskopisch ab und zu erkennbare Magnet- kies, der zersetzt wurde. Der überwiegende Teil des schwarzen Gesteinspigments ist je- doch Graphit; bei Behandlung des Pulvers mit einem Gemisch von rauchender Salpetersäure und Kaliumchlorat wurden die schwarzen Körnchen grün durchsichtig infolge der Umwandlung des Graphits in Graphitsäure. Dieselben Reaktionen mit dem gleichen Ergebnis wurden auch am Dünnschliff selbst durchgeführt. Die großen Granatdurchschnitte sind fast farblos und zum Teil kristallographisch begrenzt. Das Chloritmineral ist lichtgelbbraun, zeigt anomale, düstere, graugrüne Interferenzfarben, es ist in der Nähe des Granats sowie in den serizitreichen Partien des Schliffs häufig anzutreffen und scheint aus Muskovit, der sich in einzelnen braunroten, pleochroitischen Durchschnitten hie und da noch findet, sowie aus Serizit entstanden zu sein. Einzelne braunrote Rutilkörner finden sich ab und zu. Ein Schliff durch die helle, dichte Gesteinspartie zeigt ein sehr feinkörniges Mineralgemenge, welches selbst bei Anwendung starker Vergrößerung keine direkte Bestimmung der einzeinen Kom- ponenten erlaubte; es dürfte aber auch hier Quarz, der sich stellen- weise erkennen läßt, den Hauptbestandteil ausmachen. Desgleichen ist der Schliff erfüllt mit Körnchen und Säulchen, die mit der Richtung ihrer Längserstreckung in die Schieferung eingestellt und häufig lagen- weise angereichert sind. Das Mineral ist dasselbe wie das bereits oben als Zoisit bezeichnete. Der Granat in unregelmäßigen Durchschnitten tritt als Ein- sprengling hervor, beteiligt sich aber auch in kleinen Körnchen am Gesteinsgewebe. Chloritminerale mit schmutzig graugrüner Interferenzfarbe, serizitische Massen, hie und da Karbonate sowie opake Körnchen, öfters lagenweise angereichert, ergänzen den geschil- derten Mineralbestand. Die lichte Farbe ist auf das starke Zurück- treten des schwarzen Pigments zurückzuführen. Das Gestein (1) wäre als Gneisphyllit zu bezeichnen. [11] Die Diluvialterrasse zwischen.-Hirt und Zwischenwässern in Kärnten. 218 Gesteinsprobe (2) (Km 302°5). Sehr festes, dunkelgraues, sehr feinkörniges Gestein von undeutlich schieferig-flaseriger Struktur. An Mineralbestand sind makroskopisch zu erkennen: bis nußgroße, blaßbraunrote Einsprenglinge (Porphyro- blasten) von Granat, ferner Serizit in silberglänzenden, zarten Häutchen auf den Bruchflächen, tombackbraune, kleinere Erzpartien (Magnetkies), schwarmartige Anhäufung von schwarzbraunen, sehr kleinen, scharf ausgebildeten Kriställchen (die sich unter dem Mikro- skop als Turmalin erkennen ließen). Das mikroskopische Bild ergänzt das Gesagte in folgender Weise: Die Hauptmasse des Gesteins ist meist sehr feinkörnig und be- steht, soweit sie sich bestimmen ließ, aus Quarz, Feldspat, der zum Teil zwillingslamelliert, also Plagioklas ist. Der schwachen Licht- brechung zufolge dürfte es ein saurer Plagioklas sein. In großer Menge finden sich diesem Quarz-Feldspatgemenge eingestreut, sehr kleine Körnchen und unregelmäßige Querabsonderung zeigende Säul- chen eines kräftig lichtbrechenden, sehr schwach doppelbrechenden, farblosen Minerals, welches der Epidotgruppe, und zwar dem Zoisit zuzugehören scheint. Diese Hauptmasse, welche nach dem angegebenen Mineralbestand und Aussehen als saussuritisch bezeichnet werden kann, bildet un- regelmäßige Flasern, welche von serizitischen Massen umflossen werden, in welchen brauner, pleochroitischer Turmalin, Muskovit und mehr oder weniger zerspaltene, stäbchenförmige oder unregelmäßig gelappte, opake Partien (Graphit und Erz) liegen. Der Turmalin bildet strengidiomorphe Säulchen (bis zur Größe von Imm), welche ab und zu die hemimorphe Ausbildung er- kennen lassen. Charakteristisch ist die deutlich ausgesprochene iso- morphe Schichtung: die Hülle ist schwächer doppelbrechend und schwächer pleochroitisch als der Kern. Bei Prüfung des Pleochroismus ergaben sich für Licht, parallel der Turmalinhauptachse schwingend, sehr hellbraune, für dazu senkrecht schwingendes Licht kaffeebraune Farbentöne. Erst in letzterem Fall ließ sich infolge der helleren Färbung die Hülle beobachten. Die Querschnitte zeigten braune Farbe, die Hülle ließ sich daselbst als dünner, heller gefärbter Saum erkennen. — Die sich der dreieckigen Form mehr oder weniger nähernden Durchschnitte ließen den Austritt der optischen Achse und den nega- tiven Charakter der Doppelbrechung bestimmen. Der Granat in blaßrötlichen Durchschnitten, die ab und zu undeutliche kristallographische Begrenzung zeigen, ist randlich öfters in ein Körneraggregat aufgelöst. Um den Granat und auf Sprüngen desselben eindringend findet sich ab und zu ein hellgrünes Chloritmineral, das abnormale, tief- dunkelblaue Interferenzfarben zeigt. Ist dieses Chloritmineral augen- scheinlich auf Kosten des Granats entstanden, so weist ein zweites Chloritmineral, durch abnormale, schmutzig graugrüne Interferenz- farben und glimmerähnlichem Habitus charakterisiert, auf die Ent- stehung aus Glimmer hin. 28* 214 F. Toula. [12] Das Gestein (2) ist nicht frei von Karbonaten, die sich so- wohl im Schliff als auch im Handstück erkennen lassen, es hat un- zweifelhaft starke mechanische Beanspruchung erfahren und ist reich an Zersetzungsprodukten. Gestein (2) ist gleichfalls als Gneisphyllit anzusprechen; es er- innert bei makroskopischer Betrachtung infolge seines Reichtums an Granat, Zoisit, Turmalin etwas an einen Eklogit. (1 und 2 stammen aus einem und demselben großen Felsstücke.) Die gefalteten Quarzitphyllite von Hirt bei Friesach in Kärnten. Von Franz Toula. Mit 2 Tafeln (Nr. X—XI) und 2 Zinkotypien im Text. Die jüngst von O. Wilckens!) veröffentlichten Faltenbilder aus dem Adulagebirge in Graubünden erinnerten mich an meine Be- obachtungen bei Hirt in Kärnten, im ebenflächig erscheinenden, in Wirklichkeit aber weitestgehend gefalteten „Quarzphyllit*. Vor Jahren schon habe ich die erste Wahrnehmung verzeichnet. Bei einem Spaziergange an der merkwürdigen Talsperre unterhalb der kleinen Häusergruppe der Bräuerei von Hirt, nahe der Einmündung der Metnitz in die Gurk, verfolgte ich die kleine Bezirksstraße, die von der durch die Metnitzenge führenden Reichsstraße abzweigt, über den Sattel bei der Lußnerschen Ziegelei hinüberführt, gegen Töscheldorf und Althofen, und am Steilhange an der linken Talseite der Metnitz hinaufzieht. Am schmalen Fahrwege fand ich hie und da ein Schotterhäufchen von plattigbrechendem, wie Quarzitphyllit aus- sehenden festen Schiefer und zufällig kam mir ein größeres Bruch- stück in die Hand, welches einen frischen Querbruch erkennen ließ, der, wie gebändert aussehend, sich als schön gefaltet ergab. Da allenthalben am Hange nur ganz mürbe Glimmerphyllite anstehen, interessierte mich das auffallende, quarzreiche und festgebundene Gestein und ich beschloß, da der Schotter sicherlich nicht weit her- geführt sein konnte, denn sonst hätte man ja die zur Schotterung der Reichsstraße benützten dunklen Triaskalke von Althofen ver- wendet, sein Vorkommen aufzusuchen. Höher oben am Hang, schon nahe dem Waldrande, waren mir schon früher von der Straße aus kleine Aufschlüsse aufgefallen und ich beschloß, diese zunächst aufzusuchen. Man erreicht sie vom er- wähnten Sattel aus auf einem Feldwege, der vom Sattelbauernhause aus nordwärts führt. Dabei kommt man über die allgemein vorherrschenden glimmerigen Schiefer, welche großplattig brechen und, wie am ganzen 1) Neues Jahrb. f. Min., Geo]. u. Pal. 1910, I, 2, pag. 79—90, Taf. VIII— XIII. Einige Jahre vorher ist die Arbeit „Rock cleavage* von Ch. Kenneth- Leith erschienen. Bull. U. St. geol. Surv. 289, Washington 1905, welche einige recht gute Illustrationen enthält, zum Beispiel Taf. XX, XXVI. Die ersten meiner Fundstücke habe ich bei Gelegenheit der Tagung der Deutschen Naturforscher und Ärzte in Wien vorgelegt, pag. 200 u. 201 der Publikationen dieser Tagung. 1895. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Band, 2. Heft. (Fr. Toula.) 216 Franz Toula. [2] Hange, mürbe und brüchig sind. Bald erreicht man die Löcher am Hange und damit in der Tat die Fundstelle des fraglichen Schotter- materials. Der größte der Aufschlüsse ist etwa 6 m in den Hang hinein- getrieben und ließ schon beim ersten Besuche erkennen, daß das brauchbare Material unter einer wenig mächtigen Lage von dünn- plattigem, mürbem Glimmerphyllit, der durch tiefgehende Verwitterung Fig. 1. Ansicht des kleinen Schotterbruches, wie er sich am 6. September 1905 darbot. Zwischen A und B und A‘, B' verläuft ein Saigersprung, an welchem die Scholle 4A', B' abgesunken ist. Gezeichnet von Frau Architekt Dora Wünschmann, geb. Toula. braun gefärbt ist, auftritt. Ich habe diese Stelle oftmals besucht, um gute Stücke zu sammeln. Bei einem dieser Besuche begleitete mich mein lieber Freund Bergrat Dr. Alexander Steuer. Das feste, vielfach wie gebändert erscheinende Gestein wird durch annähernd N—S verlaufende Klüfte durchsetzt, welche beim Betrieb die Gewinnung von auch nach anderen Richtungen zerklüfteten Block- massen ergibt, mit fast ebenen Abbruchflächen. Außer den Haupt- bruchflächen (hora 11 streichend bei saigerer Stellung) beobachtete ich schräg darauf verlaufende Saigerbrüche (nach hora 7) und solche nach hora 8 und hora 9 (!). Die Hauptabbruchflächen sind bis gegen 3 m Höhe aufgeschlossen. [3] Die gefalteten Quarzitphyllite von Hirt bei Friesach in Kärnten. 217 Die Gewinnung erfolgt in zwei Horizonten: und liegen die Ver- hältnisse so, daß die unteren Angriffsflächen ganz dieselben Charaktere aufweisen wie die der oberen Partie. Die Streichungsrichtung der Hauptklüfte (hora 11) verläuft im Sinne des Hangstreichens und stellt die untere Partie zweifellos eine im Sinne des Hangverflächens ab- gerutschte Scholle dar (D‘). Man vergleiche Textfigur 1 nach einer Skizze meiner Tochter Dora Wünschmann vom 6. September 1905. Die Schieferung verläuft schwebend mit leichter Neigung gegen N. Bei einem früheren Besuche derselben Lokalität (9. September 1903) konnte ich das Profil Textfigur 2 zeichnen. Nach dieser Skizze würde sich ergeben, daß die augenfälligen Faltungsbildungen lokalisiert erscheinen, als örtliche Stauchungen des er Die nördliche Partie der Abbauflächen. Oberer Horizont. Nach dem Bestande am 9. September 1903. a — Der feste zum Teil wie gebänderte Quarzitphyllit, mit nach hora 11 abge- brochenen Bruchflächen. Ebenflächig brechend, stellenweise intensiv gefaltet. b = Dasselbe Gestein, an einer Kluftfläche nach hora 7 abgebrochen. c = Der hangende mürbe Glimmerphyllit. d = Krume. — e = eine der schrägen Verwerfungen. Die punktierten Stellen: Quarzausscheidungen. gewaltigen, inneren Pressungen ausgesetzten Gesteines. Bemerkenswert ist das Auftreten der Quarzlagen und Gänge an der oberen Grenze gegen die mürben, aufgelockerten und tiefgehend verwitterten Deck- schiefer (c) und der von diesen als Kluftfüllung in die festen, gefal- teten Massen (a) eindringenden Quarzadern und Gänge. Besonders auffallend ist das Verhalten der unteren Quarzvorkommnisse, welche so auftreten, als ob sie als Lagergang zu betrachten wären, der ge- faltet, ausgezerrt und in linsenförmige Stücke (zum Teil, links unten, gefaltet) zerrissen worden sei. In der Bruchwand 5 läßt sich eine Verwerfung längs einer schräg verlaufenden Kluft erkennen. Die noch näher zu erörternden Vorkommnisse in den zwischen den augenfälligen Faltungserscheinungen gelegenen, viel weiter ausge- dehnten Gesteinspartien, lassen es aber als wahrscheinlich oder doch 918 Franz Toula. [4] möglich erscheinen, daß man es bei diesen vollkommen ebenflächig brechenden, wie fein gebändert sich darstellenden Partien mit noch viel weitergehender, bis zum annähernden, ja selbst vollkommenen Paral- lelismus der Faltenschenkel gediehenen Zusammenpressung der Falten zu tun haben dürfte und würden sich die augenfällig gefalteten Stellen als solche betrachten lassen, welche sich jenen Pressungen nicht bis zum vollkommenen Planwerden gefügt haben. Daß die Pressungs- richtung nicht rein normal auf die jetzt erscheinenden Schieferungs- flächen erfolgt ist, sondern in schräger Richtung eingewirkt haben muß, die zur Schiebung und „Auswalzung“ führte, das wird ersicht- lich, aus den vielfach und geradezu trefflich zu beobachtenden Aus- zerrungen der „Mittelschenkel“, an einzelnen der gewonnenen Stücke. Uberaus verschieden hat sich dabei das Material an den Stellen, wo lokale Stauchungen im Gestein möglich waren, verhalten. Scheinbar dasselbe Material ist an einer Stelle derartig gefaltet und wieder- gefaltet, daß man auf hochgradige „Plastizität“ schließen möchte, während an anderen die Erscheinungen starrer, wenig plastischer Substanzen in den verschiedensten Abstufungen wahrgenommen werden. Diese Verschiedenartigkeit des Verhaltens ist jedoch für mich zweifellos nur in dem Umstande zu suchen, daß an jenen Stellen mit augenfälliger Faltung eine Nachgiebigkeit der umgebenden Massen, in der Richtung der die Art der Faltung mitbedingenden Pressung be- standen haben dürfte, während in der Richtung der Schiebung und Schieferung stellenweise ein stärkerer Widerstand vorhanden war, der zu einer lokalen Stauchung Veranlassung gab. Von der großen Anzahl der bei Hirt gesammelten Stücke will ich eine Auswahl von recht bezeichnenden, einer bildlichen Darstellung und Besprechung unterziehen. Sieben dieser Stücke habe ich in die ll. Auflage meines Lehrbuches aufgenommen. (Wien, Alfred Hölder, 1906, pag. 208.) Sie wurden von dem Zeichner N. Mayer der artistischen Anstalt J. Wenzel mit geradezu bewunderungswürdiger Sorgfalt zur Darstellung gebracht. — Manche der Stücke spotten geradezu jedem Versuche, sie zu beschreiben. Taf. X, Fig. 1 zeigt einerseits eine ausgesprochene Doppelfalte (W- oder M-förmige Faltung), an welche sich links eine vorgeschobene dritte Faltenhälfte anschließt, während die rechtseitigen Schenkel in schönster Regelmäßigkeit auftreten. Weiter nach oben ist das Material zum Teil (oben) noch, dem zusammengepreßten Doppel- gewölbe entsprechend, gestaltet, auf der rechten Seite aber vielfach gestört, sekundär gefaltet, zerstückt und verschoben. Taf. X, Fig. 2. Ein vollkommen plane Hauptbruchflächen auf- weisendes Stück läßt links eine größere Zahl in der Anlage V-förmige Faltenstücke erkennen, mit zum Teil weitgehend ausgezerrten Schenkeln. In den Kernen der (bei der gewählten Aufstellung) Synklinalen sind mehrfach sekundäre Falten erkennbar, welche aber auch in einer der „Antiklinalen“ (in der rechten oberen Ecke) sehr deutlich auf- treten. Bei der linken Hälfte, von der rechten durch eine am Original sehr wohl ausgeprägte Verschiebungskluft parallel zur Schieferungs- ebene geschieden, ist die Aneinanderpressung der Falten viel weiter gediehen. Der eine Schenkel, nahe der Grenze rechts, ist zerknittert [5] Die gefalteten Quarzitphyllite von Hirt bei Friesach in Kärnten. 219 und schiebt sich oben zwischen zwei benachbarte, enge, nach unten spitz ausgezogene „Synklinalen“ hinein. Es dürften hier eine ganze Zahl von Verschiebungsflächen verlaufen. Nach dem linken Rande zu erscheint eine Zone von parallelen Flächen, eine Art Band, aus weitestgehender Zusammenpressung bis zur annähernden Parallel- stellung der Schenkel entstanden, was an anderen Stücken noch besser zu zeigen sein wird. Taf. X, Fig. 3. Faltung mit ausgezerrten Mittelschenkeln. In den Kernen sekundäre Faltungen. Die Auszerrung ist an verschiedenen Schenkeln verschieden weit gediehen und es fehlt nicht an Stellen, besonders in den randlichen Partien, wo es zu enger Faltung in den einzelnen Lagen der Mittelschenkel gekommen ist. Taf. X, Fig. 4. Schöne Auszerrungen in dem Mittelschenkel zwischen der linken Synklinale und der angrenzenden Antiklinale. Der rechte Mittelschenkel der Antiklinale fällt durch seine Zusammen- setzung aus breiten Lamellen auf, von welchen in dem vorhergehenden Mittelschenkel keine Andeutung wahrzunehmen ist. Die Synklinale rechts erscheint weitgehend deformiert und zerrissen. Taf. X, Fig. 5 zeigt ein ganz verschiedenes Verhalten. Die Falten sind breit angelegt, der Mittelschenkel ist ausgezerrt und zum Teil in einzelnen Lagen zerrissen. Die Synklinale ist sekundär gefaltet, zum Teil mit Auszerrungen in den Sekundärfalten. Am oberen Ende der Mittelfalte, gegen die Gewölbehöhe hin, an der tiefgehenden Falte zweiter Ordnung (Sekundärfalte), erlitt die erste Lage eine bis fast zur Einfaltung gediehene Biegung, während die nächste Lage stark ausgezerrt, die dritte vollkommen abgerissen, die vierte und die folgenden weitgehend nach oben gezogen erscheinen, was am Originalstücke schon außerhalb des entnommenen Bildanteiles gelegen ist. Ahnlich so auch am unteren Ende des Mittelschenkels. Im Kern der Faltenteile (Mulden- und Gewölbekern) sind die tieferen Lagen wirr gefaltet und zerdrückt. Besonders weitgehend ist dies in der Lage am rechten unteren Ende des Bildes ersichtlich, wo die Ge- wölbe- und Muldentiefen zerbrochen sind, so daß die Mittelschenkel übereinander zu liegen kommen, was Erscheinungen hervorruft, welche an die „Schuppenstruktur“ erinnern. Ich denke dabei an Folgen weit- gehender Stauchungen. Taf. X, Fig. 6 läßt ganz auffallende Erscheinungen beobachten. Es liegen drei Faltengruppen vor, welche förmlich übereinander- geschoben erscheinen, so daß die eine von der anderen decken- förmig überlagert wird. Links eine weitgehend deformierte Mulde, in der Mitte eine Faltenpartie mit gekräuselten Lagen, die sich im unteren Teile als eine ganze, aus Gewölbe und Mulde bestehende Falte deuten ließe, was am Original deutlicher hervortritt als am Bilde. Der obere Teil scheint eine schräge stehende Antiklinale zu bilden mit gekräuselten Schenkeln und spitz ausgezogener Gewölbehöhe. Rechts unten erscheint eine Muldeneinfaltung mit gekräuselten Schenkeln, an welche sich eine Gewölbeeinfaltung schließt. Zwischen beiden finden sich mächtigere Lagen der Mittelschenkelpartie. Taf. X, Fig. 7 stellt ein Stück aus dem wie gebändert er- scheinenden, ebenflächig spaltenden Teile des Aufschlusses dar (a Fig. 2). Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Band, 2. Heft. (Fr. Toula.) 99 2320 Franz Toula. [6] Unschwer erkennt man schon am Bilde, noch besser aber an dem über die Bildfläche hinausgreifenden Anteile des Originalstückes, daß man es dabei mit bis zur Parallelstellung zusammengepreßten Falten zu tun hat. An diese Beispiele möchte ich noch die Betrachtung einer An- zahl von besonders guten Stücken anschließen, die ich auch durch Illustrationen belegen werde, wenn es mir mit Hilfe des Herrn In- genieurs Beyer, des Photographen des Elektrotechnischen Instituts der k. k. technischen Hochschule gelingen sollte, sprechende Bilder zu erhalten, da die Herstellungen von Zeichnungen, bei aller Hingabe des Zeichners, immer noch in den Details zu wünschen übrig lassen. (Das Ergebnis der Versuche war ein ganz befriedigendes, wie die nächsten Figuren beweisen.) Taf. XI, Fig. 8a zeigt in der Mitte des Bildes einen recht ein- fachen Verlauf einer Reihe von nur etwas schief gestellten Falten mit verschiedenen Faltenhöhen, mit wenigen Faltungen zweiter Ordnung. Ober- und unterhalb dieser Faltenzone aber kommt es zu recht weitgehenden Zerstückungen, die unten von gedrängt stehenden Verschiebungsflächen hervorgerufen werden. Fig. 8b. Auf der Gegenfläche (4+5—6°5 cm weit abstehend) ist die Faltung durch eine deutliche Schubfläche verschoben, wovon nur ein Teil der gefalteten Lagen betroffen wurde. Die sekundären Schub- flächen der ersten Darstellung haben im unteren Teile des Bildes einzelne Teilstückchen in den Mittelschenkeln derartig betroffen, daß an einer Stelle eine treppenförmige Verzerrung entstanden ist. Fig. 9 läßt Falten erkennen mit stark ausgezerrien Mittel- schenkeln, während die Mulden- und Gewölbeanteile sehr kräftig, wie verdickt erscheinen. Rechts dagegen tritt Bänderung auf. Fig. 10. Eine Reihe von in der Anlage sehr regelmäßigen Falten, die zum Teil sehr deutliche Auszerrungen bis zur Bildung von Brüchen und UÜberschiebungen, ähnlich so wie bei der zur Schuppentextur neigenden Partie von Fig. 5 (Taf. X), erkennen lassen, während andere Teile, vornehmlich Gewölbekerne, eine weitgehende Kräuselung zeigen. Fig. 11. Ein kleines Stück, zeigt sich aus etwa 6 deckenförmigen Faltenzonen zusammengesetzt, deren jede ein anderes Verhalten des gequälten Gesteins zeigt. Die erste Zone links zeigt die weitestgehende Zusammen- schiebung der Faltenelemente bis zu fast parallelem Verlauf, da- zwischen in kleinen, hellen Partien deutliche, mehrfache Faltung. Die zweite Zone zeigt die verdickten Wölbungen mit weitgehender „Aus- walzung“ an den beiderseitigen Grenzen. Die dritte Zone wird (immer nach der Stellung des Bildes) durch eine Antiklinalenfolge mit sekundär gefalteten Gewölbehöhen im Zickzackverlaufe gebildet. Die vierte besteht aus einer Hauptfalte mit sekundärer Fältelung der Gewölbe- partien und der Kernregionen. Die fünfte zeigt wieder einen ähn- lichen verwickelten Bau. Eigentlich sind es zwei zusammengepreßte Falten, was oben am besten zu erkennen ist, während weiter unten eine Zerstückung eingetreten ist, die beiden Mulden spitz ausgezogen sind und die linke abgerissen erscheint. Die letzte Zone (rechts im [7] Die gefalteten Quarzitphyllite von Hirt bei Friesach in Kärnten. »21 Bilde) läßt die spitzzackigen Faltenhöhen gut verfolgen, ist aber zu unterst weitgehend zerstückt. Drei Gewölbehöhen treten dicht neben- einander auf. Taf. XI, Fig. 12. Recht eigentümlich ist das Aussehen dieses Stückes. Zwischen gebändert erscheinenden Lagen erscheint eine deut- liche Faltenzone eingepreßt. Eine zart gefältelte Partie rechts zeigt eine Antiklinale mit lang ausgezogenem Mittelschenkel, der im Bilde oben plumpe Ver- diekungen erkennen läßt, an welche eine Schubfläche schließt. Die nächste Zone zeigt unten Bänderung, weiterhin aber weitgehende Ver- diekungen der Quarzitlagen. Eine schmale Bandzone folgt darauf (wie immer in den Bildern herrschen hier die tonigen Substanzen vor), dann aber kommt man an quarzitreiche Lagen, zuerst mit bän- deriger Auswalzung, woran sich feinzackig gefaltete Partien schließen. Wieder kommt dann eine gebänderte tonreichere Lage und dann eine enge Falte, die spitz zuläuft, während sich eine andere Spitze ein- schiebt. Zu äußerst links eine breitere Bandzone mit deutlichen, lang ausgezogenen Falten mit annähernd parallelen Schenkeln. Bei diesem und manchen der vielen anderen Stücke meiner Sammlung kann man sich an den angeschliffenen Querbrüchen der anderen Seiten der Stücke überzeugen, wie mannigfach die Bänderung in den Faltungen an einem und demselben Stücke ist, woraus her- vorgeht, daß alle die Faltungs- und Stauchungserscheinungen, mit deutlich entwickelten Gewölben und Mulden, an räumlich beschränkten Stellen sich vollzogen haben. Aber auch die bis zum fast oder völlig erreichten Parallelismus der Schenkel gediehenen Zusammenpressungen sprechen für keine sonderlich beträchtlichen Faltungsweiten. Taf. XI, Fig. 13. Dieses Stück zeigt wieder einige Absonder- lichkeiten. Links in der gebändert erscheinenden Partie sieht man unten mehrere der Quarzfaltungen etwas aufgebläht und in feine Spitzen ausgezogen. In der zweiten Faltungszone wiederholt sich diese Er- scheinung in größerem Ausmaße, doch kann man die Spitzen deut- lich in ganz dünnen Lamellenauswalzungen verfolgen. Auffällig ist die Stauchungsfaltung am oberen Ende des Stückes. Die dritte Zone läßt drei deutliche, aneinandergepreßte Falten erkennen, von welchen die Gewölbe der beiden ersten Falten weit nach oben vorgeschoben er- scheinen, während die dritte (unten rechts) eine geringe Faltenweite (wenn ich den Abstand der Gewölbehöhe und Muldentiefe so bezeichne) erkennen läßt. Eine Schubfläche trennt die vierte äußerste rechte Zone. Man nimmt den Abriß der in dieser Zone auftretenden Falten unten und oben deutlich wahr. Taf. XI, Fig. 14. An diesem schönen Stücke sieht man links eine stark ausgezogene Falte mit etwas deformiertem Mittelschenkel, so daß es zu einer annähernden Muldeneinfaltung kam. Daran schliebt sich eine nach unten spitz ausgezogene Synklinale, deren rechter Schenkel weitgehend ausgezogen erscheint und sich mit der darauf- folgenden Antiklinale verbinden dürfte. In der Mulde, die nun folgt, treten Cleavageflächen gegen oben zu auf. Etwas breiter ist die nun folgende, in ihrem Kerne deutlich entwickelte Antiklinale, auf welche dann eine schmale, gebänderte Zone folgt, welche nach unten mehrere 29* 9232 Franz Toula. [8] verdickte und sekundär gefaltete Lagen erkennen läßt. Auch W- Falten rechts unten treten auf. Eine etwas schräg verlaufende Schub- fläche, im Bilde etwas dunkler gefärbt, mit vielen engen und kurzen Fältelungen, die in der Mitte Cleavageflächen zeigen, grenzt dann an eine durch Verdickungen unregelmäßig erscheinende Bänderzone rechts. Taf. XI, Fig. 15 läßt drei recht verschieden entwickelte Zonen erkennen. Rechts in den im allgemeinen zur Bänderung neigenden spitz V-förmigen Faltenteilen von geringer Faltenweite, hie und da Schubflächenandeutungen. Auch die mittlere Partie der Bildfläche zeigt, nach dem schmalen, hellen Bande, hier weiter ausgreifende Schubflächen, zwischen den feingefalteten Partien, nach links in schöne Kräuselfalten übergehend. Die dritte linksrandige Zone wird von zahlreichen, unten besonders deutlich entwickelten Schubflächen durchsetzt, welche oben mehrfach deutliche Faltenverschiebungen, zum Teil nur mit sehr geringen Verschiebungsweiten, wahrnehmen lassen, so daß diese Schubflächen stellenweise nur ganz lokale Entwicklung zeigen. Taf. XI, Fig. 16. An diesem kleinen Stücke treten besonders deutlich Schubflächen auf, durch welche die Falten weitgehend zer- stückt werden. Man müßte in diesem Falle, um die Erscheinung genau verfolgen zu können, auch die anderen fünf Querschliffe zur Abbildung bringen. Bei ihrer Betrachtung am Original geht hervor, daß man es auf der Bildfläche mit fünf durchgehenden, deutlichen Abson- derungs- und Schubflächen von im allgemeinen mehr oder weniger unregelmäßig wellenförmigem Verlaufe zu tun hat, neben welchen in dem ersten deutlichen Bande auch Flächen sekundärer Art auftreten. Mich erinnert dieses Stück sowie jenes von Fig. 3 an die Dar- stellung des schönen Alb. Heimschen Stückes von gefaltetem Röthi- dolomit mit Quartenschiefer aus dem Val Gliems in Graubünden. (Man vergl. Fig. 229, pag. 205, meines Lehrbuches I]. Aufl.), an welchem ähnliche Schubflächen auftreten. Taf. XI, Fig. 17. Ein großes Stück mit weitgehend gestörten Faltungserscheinungen, deren eingehendere Beschreibung zu weit führen würde. Das Bild wird für sich sprechen. Aufmerksam möchte ich nur machen auf die mehrfach recht deutlich zu verfolgenden durchgehenden Schubflächen. Eine davon links oben im Bilde hat einen der Sättel durchrissen und nach oben geschoben, während sie an der unteren Sattelpartie dem Mittelschenkel folgt. In der linken oberen Ecke lassen sich mehrere parallel verlaufende Schubflächen zweiter Ordnung deutlich erkennen, die eine nur geringe Erstreckung haben. Auf der rechten Seite des Bildes treten zwei solche Schubflächen mit annähernd parallelem Verlaufe auf, welche an das Bild Fig. 16 erinnern. — Die Betrachtung der übrigen angeschliffenen Querbruchflächen (das Stück hat Dimensionen von 8—10 cm) ergibt wieder die Erkenntnis, daß die Faltungserscheinungen in geringen Abständen große Verschieden- heiten aufweisen, was mich wieder zu der schon ausgesprochenen Annahme führt, daß man es dabei mit Stauchungsresultaten zu tun habe, welche sich auf wohllokalisierte Stellen in den von den Druck- und Schubäußerungen betroffenen Gesteinsmassen beschränkten. Taf. XI, Fig. 18. Ein vereinzeltes Stück aus meiner reichhaltigen Sammlung von Hirt stammt aus dem gebändert erscheinenden, im [9] Die gefalteten Quarzitphyllite von Hirt bei Friesach in Kärnten. 2923 Innern lokal kleine Stauchungen aufweisenden Quarzitphyllit, wo er an eine gefaltete Partie angrenzt (unten im Bilde). Zwei offene Uberschiebungsklüfte, welche das Gestein schräg auf die Schieferungs- flächen durchsetzen und später eine Quarzfüllung erhielten, treten auf. Die eine Kluft besitzt eine nur geringe Sprunghöhe, die am Original kaum 1 mm beträgt, während die auf der anderen Seite eine solche von etwas über 6 mm aufweist. Stellenweise erscheinen Merkmale, welche an Faltenüberschiebung denken lassen, durch die Umbiegungen der einander entsprechenden Quarzitlagen. Links im Bilde setzt eine Schubfläche durch, welche die Kluft- ausfüllung der am linken Rande des Bildes auftretenden Kluft ab- gelenkt hat, was in geringerem Ausmaße auch bei dem mittleren Quarzgange angedeutet wird, während der rechtsseitige geradezu an dieser Schubfläche abstößt. Man könnte daraus an eine dieser Schub- flächenbildung vorausgehende Kluftbildung und Kluftausfüllung denken. Ich halte es aber wohl für möglich, daß diese Schlußfolgerung nicht zutrifft. Betrachtet man die deutliche Schubfläche an der Grenze der Bänderung gegen die gekräuselte Quarzpartie, so zeigt sich deutlich, daB diese Schubfläche schon vor der Kluftbildung vorhanden war. Die weniger innig geschlossene Schubfläche könnte meiner Meinung nach ganz wohl eine Ablenkung der Kluftbildung zur Folge gehabt haben. Werde bei etwaigen späteren Aufsammlungen auf ähnliche Stücke ein ganz besonderes Augenmerk richten. Taf. XI, Fig 19. Ein besonders lehrreiches Stück, welches den Verlauf der Falten gut erkennen läßt, mit den Auszerrungen der Mittelschenkel und den sekundären Faltungen im Sattelkerne. Auf der gegenüberliegenden Seite des Stückes, das eine mittlere Breite von 7 cm besitzt, erkennt man an der Schlifffläche die geringe Faltenweite, da auf dieser Seite durchweg Sattelhöhen angeschliffen wurden. Taf. XI, Fig. 20. Auch dieses Stück, ganz verschieden von dem vorhergehenden, gehört zu den interessantesten meiner Aufsammlung. Es zeigt nicht nur mehrere das Stück durchsetzende, annähernd parallele Schubflächen, so daß die einzelnen Zonen deckenartig über- einanderliegen, sondern auch zum Teil transversal verlaufende Brüche in den einzelnen Zonen mit weitgehender Zerstückung und Ver- schiebung der Faltentrümmer, die stellenweise förmlich wie verzahnt ineinandergreifen, ohne daß es immer möglich wäre, die Faltenelemente des einen mit jenen des anderen Faltenbruchstückes in UÜberein- stimmung zu bringen. An zwei Stellen erkennt man bei genauerer Betrachtung schuppenförmige Aneinanderpressung der Bruchstücke einer und derselben Gesteinslage, es sind Stellen, wo vielleicht in- folge von Auflockerung Cleavageklüftung auftreten konnte. UÜberblickt man die geschilderten Verhältnisse und die gegebenen Bilder, die freilich verzehnfacht werden könnten, so wird man förmlich zur Annahme einer weitgehenden „Plastizität“ des durch Druck und Schub beanspruchten Gesteines geführt, welche Annahme jedoch in einzelnen Fällen schon in den Bildern herabgemindert wird, nämlich überall dort, wo ein Ausweichen der gequälten Gesteinspartien möglich war, wie etwa bei den Figuren 5, 7 und 10, an welchen die Zer- 224 Franz Toula. [10] stückung wenigstens einzelner Lagen deutlich wird. Es führt dies zu der weiteren Annahme, daß die „Plastizität“ denn doch eine von der Natur und vom Gefüge des Gesteins in höherem Grade abhängige ist und nur dort in höherem Maße herrschend zu werden scheint, wo ein weiteres Ausweichen und Zerfall der Teile unmöglich war. Alb. Heim hat dies schon bei den gefalteten Röthidolomiten sehr schön gezeigt. (Mechanik der Gebirgsbildung. Basel 1878. Atlas Taf. XV, Fig. 7—9. Man vergl. in Texte II., pag. 52 u. 531). Hier scheint mir der sprödere Dolomit fein zertrümmert, der grüne Ton- schiefer dazwischen aber, wohl durch seitliche Zusammenpressung, sekundär gefaltet und bis zu „Mikrofaltenverwerfungen“ zerstückt. — Bei gewissen meiner Stücke finde ich eine Ähnlichkeit mit dem von Heim gegebenen Cleavagebilde (l. ec. Fig. 11) heraus, wenngleich ich dabei an Druckwirkungen und dadurch sich ergebende Verschiebungen („Aus- weichungscleavage“) nur in einem und demselben Sinne denken möchte und nicht an Verschiebungen nach zwei entgegengesetzten, etwa als gleichwertig zu denkenden Richtungen (=). Immer dürften es — bei meinen Stücken — Verschiebungen an zerquetschten Mittel- schenkeln sein, wobei die Schubweiten der einzelnen Faltenteile durch die Stauchungsvorgänge über andere weiter hinübergreifen, die letz- teren aber dabei zurückblieben, beziehungsweise weniger weit vorge- schoben wurden. Mein verehrter Freund und Koliege Hofrat Prof. Dr. Friedrich Kick war es, der in seiner Abhandlung „Die Prinzipien der mecha- nischen Technologie und die Festigkeitslehre“ (sie ist datiert: Prag, im Juni 1892 und findet sich in der Zeitschrift des Vereines deutscher Ingenieure XXXVI, pag. 919), angeregt durch die in Albert Heims großem Werke gemachten Ausführungen und Annahmen, zu Versuchen geschritten ist. Er unterwarf unter anderen auch Marmor- und Elfen- beinscheibchen der'Einwirkung der Prägestempel bis zu 4100 Atmosphären Druck und erzielte dabei selbst bei den Kalkscheiben ganz deutliche Reliefbilder. Am lehrreichsten werden die Erscheinungen bei den von ihm beschriebenen Versuchen an kleinen Marmorkugeln, die er in einer kräftigen Kupfer- oder Messinghülse, von geschmolzenem Alaun umgossen, zwischen den Platten einer hydraulischen Presse größeren Druckeinwirkungen aussetzte. Normal auf der Wirkung des Druckes erfolgte die Deformierung und wurden die Kugeln in Ellipsoide um- geformt. Bei einer kleineren Kugel gelang dies bei 12.000 kg Druck, bei einer größeren bei 36.000 kg. Kick gab nun schematische Bilder, er überließ jedoch meiner Lehrkanzel zwei der deformierten Stücke, welche so lehrreich sind, daß ich es wohl verantworten kann, wenn ich, mit seiner Erlaubnis, Abbildungen davon herstellen lasse. Die kleinere Kugel, Taf. XI, Fig. 22, ist fast ideal schön um- geformt, bei der größeren, Taf. XI, Fig. 21, haben sich weitergehende, sröbere Verschiebungen vollzogen. Das Schlußresultat in beiden Fällen ist jedoch eine Zertrümmerung, ohne daß es zu einem Zerfall !) Es ist immerhin bedauerlich, daß keine separaten Tafelerklärungen dem Atlas beigegeben wurden oder doch ganz kurze Hinweise auf den Text, da das Aufsuchen der entsprechenden Textangaben dem Leser viele Mühe verarsacht. [2 [11] Die gefalteten Quarzitphyllite von Hirt bei Friesach in Kärnten. 2325 der gepreßten Stücke gekommen wäre. Die Scheitelregionen zeigen noch die glänzende Oberfläche. Die Hauptklüfte werden in den äquatorialen Regionen sehr deutlich. Sie führten zur Entstehung von überaus zahlreichen Sprüngen in meridionaler Richtung, wobei, wie an der großen Kugel besonders deutlich wird, eine pulverige Zer- malmung der an die Klüfte angrenzenden Marmorteile erfolgte. Im großen und ganzen verhielten sich sonach die Kugeln ganz analog wie die gefalteten Röthidolomite Heims. Umformung durch unzählige Klüfte bei Verhinderung des Zerfalles infolge der dem Drucke gleich- mäßig nachgebenden Umhüllung. — Ahnlich so wird es sich wohl bei allen den Faltungen spröderer Materialien, also auch den Quarz- körnern des Quarzitphyllits von Hirt, verhalten. Unter dem Mikroskop, im Dünnschliff, erweist sich das Gestein in der Tat als vorwiegend aus Quarzkörnern bestehend, welche durch die auftretenden opaken, staubartig feinen Zwischenmittel geschiefert erscheinen. Nur diese letzteren lassen die Faltung erkennen. Die Quarzkörnchen sind innerhalb der dünnen, dunklen Lagen ungemein feinkörnig, viel feinkörniger als in den breiten Quarzlagen, was mir dafür zu sprechen scheint, daß diese Zwischenmittel ganz besonders dem Druck und Schub Folge leisten konnten, wobei die darin einge- betteten Quarze in ganz besonders hohem Grade der weiteren Zer- trümmerung ausgesetzt wurden. Nach dem geschilderten mikroskopischen Aufschlusse wäre man bei den vorliegenden Gesteinen versucht, an ein weitgehend verändertes Sedimentgestein zu denken, welches vor- nehmlich aus Quarzsandkörnern mit wenig mächtigem tonigen Zwischen- mittel besteht, wobei dieses letztere keine Andeutung einer Indi- vidualisierung des etwa schlammig gewesenen tonigen Materials er- kennen läßt. Eine‘ Neigung zur glimmerigen Individualisierung läßt sich nur auf den Spaltungsflächen des Gesteins betrachten, und zwar vornehmlich auf solchen, welche als Schubflächen gedeutet werden können. Dem Aussehen solcher Flächen, welche hie und da auch Oleavageerscheinungen zeigen, entsprach meine frühere Bezeichnung des Gesteins als „Quarzphyllit“, welche Benennung auch durch den Umstand bedingt wurde, daß diese gefalteten Gesteine in einer Ge- birgszone gelegen sind, welche als „Phyllit“ bezeichnet zu werden verdient, wobei die Gesteine zum großen Teil auch den Charakter von Glimmerphylliten annehmen und Übergänge in förmliche Glimmer- schiefer wahrscheinlich machen. — Ich ziehe es vor, die gefalteten Gesteine nun als Quarzitphvllite zu bezeichnen. Albrecht Heim versuchte es in seinem großen Werke (l. ce. |], pag. 220 ff.), eine Theorie der liegenden Falten zu entwickeln. Von dem Tangentialschube wurden drei verschiedene Arten liegender Falten abgeleitet. Der erste Vorgang wird durch das Profil III illu- striert, durch die jetzt ganz anders gedeutete „Rückfaltung“ an der sroßen Windgälle, könnte sonach außer Betracht bleiben, er sollte ohne weitere Beanspruchung (Auszerrung, Auswalzung) des Mittel- schenkels erfolgen. Der zweite Fall unterscheidet sich vom ersten durch die Beanspruchung des Mittelschenkels, welcher einer Auszerrung- „Auswalzung* unterworfen wird (Heim denkt an „Stellungsverän- derungen der Teile bis zu den Atomen“), wenn er nicht zerfetzt 226 Franz Toula. [12] wird, so daß stellenweise Gewölbe- und Muldenkern sich unmittelbar berühren können. Teile der „Seitenschenkel“ werden zur Ernährung des Mittelschenkels in die „Auswalzung“ einbezogen. Im dritten Falle wird der Mittelschenkel zu einer Verschiebungsfläche. Im II. Bande werden die mechanischen Gesteinsumformungen bei der Gebirgsbildung ausführlicher behandelt (pag. 3— 99). Dabei kommt Heim auf die Gesetze, 16 an der Zahl, zu sprechen, welche den Faltungserscheinungen, „Umformungen“ der Gesteine zugrunde liegen, solchen mit Bruch und solchen ohne Bruch, wobei auch die Vorgänge bei inmitten beanspruchter Gesteine in der Tiefe gelegener Umformungen und Faltungen erörtert werden. Die in den vorliegenden Beispielen aus den Gesteinen von Hirt auftretenden Erscheinungen werden sich mit den von Heim angeführten Gesetzen in Vergleich bringen lassen. Die sogenannten Umformungen ohne Bruch dürften meiner Meinung nach zu den selteneren Erscheinungen gehören und nur bei wirklich gemein plastischen Materialien auftreten. Bei den Gesteinen von Hirt, und nur diese habe ich bei den weiteren Ausführungen im Auge, könnte man nur bei den dünnen Lagen toniger Natur daran denken. Die vorherrschenden quarzigen Materialien, so sehr sie sich auch den ersteren anschmiegen, haben gewiß nur Verschiebungen erlitten und haben, wenn auf Zug oder Druck übermäßig beansprucht, mit Bruch und Zertrümmerung geantwortet, größere Körner wurden in kleinere zerstückt und nur die innige Einschließung hat den Auseinanderfall verhindert. — (1.1) Die verschiedenen Arten der Umformung derselben Gesteine durch Zerstückung oder (scheinbar) ohne Bruch werden durch lokale Verschiedenheiten in den beanspruchten Gesteinspartien bedingt, so- weit diese ein Ausweichen ermöglichten oder nicht. (2.3. 4.) — Die ausgezerrten Schenkel bezeichnen die Tendenz zur Herausbildung von Trennungs- und Schubflächen, sie lassen auf die Richtung des Schubes in der beanspruchten Masse schließen. (5.) — Die Verdickung an den Umbiegungsstellen wird wohl auf die Stauchung und auf Trennung der Teile („Gefügelockerung*) zurückzuführen sein. (6.) — Die „Aus- weichungscleavage“ ist auf dieselbe Tendenz zur Trennung zurückzu- führen, wie sie bei ansehnlicheren Falten auftritt. (7.) — Die Er- scheinung der Transversalschieferung ist bei den Hirter Stücken nicht zu beobachten, es müßten denn die Stellen, wo es zu Schuppen- bildungsandeutungen kam, daran denken lassen. (8. 9.) — (10. 11. bleiben in meinen Fällen außer Betracht.) Von Cleavageerscheinungen, außer den die Schieferung bedingenden Schubflächen bieten nur die sekundären Faltungen an den Stauchungsstellen eine Andeutung. (12. 13. 14.) Daß die Faltungs-, Streckungs- und Stauchungserscheinungen tief unter der vormaligen Gebirgsoberfläche erfolgten, erscheint mir zweifellos (15. 16.), es war die erste Schlußfolgerung, die sich mir aufdrängte, ohne daß ich das etwa Rätselhafte dieser inneren Faltung mir hätte augenfällig und vollbefriedigend erklären können. !) Die in Klammern gesetzten Zahlen beziehen sich auf die Heimschen „Gesetze“. > Po [13] “ Die gefalteten Quarzitphyllite von Hirt bei Friesach in Kärnten. 2m Es geht mir dabei bei der Gruppe kleiner Erscheinungen ähnlich so, wie den Schubdeckentektonikern bei ihren großen Problemen. Die kleinen Erscheinungen sind, alle Zweifel ausschließend, vorhanden, von Schenkel zu Schenkel zu verfolgen und trotzdem steht man mit ihnen wie vor einem Rätsel. Inmitten von Gesteinsmassen, ursprünglich tief innen in der „Kruste“, und doch in Falten gelegt, die eine Bil- dungsmöglichkeit zweifellos machen! Der anzunehmende lastende Druck muß überwunden worden sein, um die Faltung zu ermöglichen, er wurde aber dann siegreich und legte die Falten so, daß ihre Schenkel sich im extremsten Falle fast vollkommen parallel legten, was von Auswalzung hier, von Zertrüämmerung dort, aber beides auch in größtmöglichster Annäherung der Verschiedenheiten in den Er- scheinungen, begleitet war. Das Rätselhafte bleibt für mich der sich bei der inneren Faltung abspielende Vorgang. Gerade von der Er- möglichung, sozusagen der Einleitung des Vorganges, ist in Heims „Gesetzen“ und in der resultierenden „Theorie der bruchlosen Um- formung der Gesteine“ eigentlich keine Rede. (Man vergl.: Uber die Stauung und Faltung der Erdrinde. Kurze Zusammenfassung. Basel 1878, pag. 33.) Die Hoffnungslosigkeit, derartige Erscheinungen durch Rechnung und entsprechende Versuche nachzuahmen und dadurch zu befriedi- genden Erklärungen zu gelangen, hat niemand eindringlicher dargetan als Alb. Heim in seinen Erwiderungen auf die von Fr. Pfaff und F. M. Stapff ausgeführten Rechnungen und Versuche. (Zeitschr. d. Deutsch. Geol. Ges. 1380, pag. 262 ff.) „Die einzigen Experimente“, von denen Heim meint, daß sie zum Ziele führen könnten, hat er (l. e. 276) nicht näher angedeutet und nur das für ihn Unerschwing- liche derselben betont. Ich fürchte, Heim würde an Stelle der „Experimental-Spielzeuge“, die er Pfaff vorwirft, nur ein großes Spielzeug, eine Art Riesenspielzeug, haben setzen können. Es bleibt uns auch heute, nach 30 Jahren, nichts übrig, als zu trachten, „das große Experiment der Natur richtig zu lesen und zu deuten“ (l. c. pag. 285). Mit dem Lesen geht es ja noch erträglich, aber das „Deuten“ liegt noch immer im argen, da es nur hypo- thetisch, spekulativ geleistet werden kann und mehr weniger unbe- friedigende Phantasiearbeit liefert, da ja alle zu machenden Annahmen, jede für sich, wieder in Frage stehen. Aus diesem Grunde beschränke ich mich auch in den gegebenen Ausführungen auf das „Lesen“. Schon diese Leseübung bereitet aber Schwierigkeiten genug, weil die verschiedensten Erscheinungen so überaus verwickelt sind. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Band, 2. Heft. (Fr. Toula.) 30 228 i Franz Toula. [14] Bemerkung zu den Tafeln X und XI. Alle Falten sind mit ihren Schenkeln annähernd horizontal liegend zu betrachten. Die Stellung auf den Tafeln ist anders gewählt worden, um alle Figuren auf zwei Tafeln unterzubringen. Überall, wo in der Beschreibung von Mulden und Sätteln (Synklinalen und Antiklinalen) gesprochen wird, bezieht sich dies nur auf die gewählte Aufstellung des Bildes. In Wirklichkeit ist bei der annähernd horizontalen Lage der Schenkel kaum zu sagen, was man als Mulde und was als Sattel bezeichnen dürfe. Alle Figuren auf der Tafel XI sind nach etwas verkleinerten photographischen Aufnahmen hergestellt, welche Herr Ingenieur Beyer im photographischen Labo- ratorium des elektrotechnischen Instituts der k. k. technischen Hochschule, mit großer Hingabe an die Sache, ausgeführt hat, wofür ich ihm zu vielem Danke mich verpflichtet fühle. Die Bilder sind durchweg auf zirka 0'65 verkleinert worden. Zur Stratigraphie und Tektonik des Vilajets Skutari in Nordalbanien. Von Dr. Franz Baron Nopesa. Mit einer Übersichtskarte (Tafel Nr. XII), 12 Tafeln mit geologischen Landschafts- bildern (Nr. XIII—XXIV) und 7 Zinkotypien im Text. I. Einleitung. Da ich im Jahre 1910 von den türkischen Behörden an der Fortsetzung meiner geologischen Studien in Nordalbanien behindert wurde und es nicht praktisch ist, mit zukünftigen „Möglichkeiten“ zu rechnen, meine von 1905 bis 1909 gesammelten Notizen jedoch hin- reichen, um ein klares Bild über den geologischen Aufbau des Vilajets Skutari zu erlangen, halte ich es für zweckmäßig, meiner endgültigen Arbeit vorgreifend, die Grundzüge des zeologischen Aufbaus schon jetzt zu publizieren, wobei aber natürlich zahlreiche Detailbeobachtungen ausgelassen werden müssen. Da die Arbeiten meiner Vorgänger in diesem Gebiete höchstens mit Ausaahme der Abhandlung von Dr. Vetters mehr oder weniger zahlreiche Fehler aufweisen, da ich ferner alle von Viquesnel, Boue, Cvijic, Vetters, Manek und Frech begangenen Wege auch aus eigener Anschauung kenne, ich endlich ein Resume von Viquesnel’s und Boue’s Arbeiten an anderer Stelle gegeben, jene von Professor Frech und Cvijit zum Teil schon kritisch beleuchtet habe, glaube ich die Arbeiten aller dieser Autoren im folgenden mehr oder weniger unberücksichtigt lassen zu dürfen. Die einzige Notiz, auf die ich eigentlich reagieren müßte, ist die 1910 von Prof. Ovijic neuerdings wiederholte Behauptung der dinarisch- albanischen Schaarung '). Da Prof. Cviji& nun aber meiner Kritik von 1905 und meinen neuen positiven Angaben von 1907 gegen- über im Jahre 1910 keine neuen Daten vorzubringen weiß als wieder, wie schon im Jahre 1901, auf einige wenige Winkelablesungen Viquesnel's vom Jahre 1841 zu verweisen, da ferner der Inhalt der folgenden Arbeit ja an und für sich die beste Widerlegung der dinarisch- albanischen Scharung ist, so bin ich auch dessen enthoben, im Laufe dieser Arbeit gegen Prof. Cvijit zu polemisieren. Trotz desganz aparten !) Im Literaturbericht von Petermann’s geographischen Mitteilungen 1910 bei Besprechung von Prof. Frech’s Nordalbanien behandelnder Arbeit. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Band, 2. Heft. (Fr. B. Nopesa.) 30* 230 Dr. Franz Baron Nopesa. [2] Standpunktes des Belgrader Gelehrten, aus nicht einmal 45, sage und schreibe fünfundvierzig Winkelmessungen in Schichten unbekannten Alters die Tektonik von fast 8000 Quadratkilometer Gebirges mit Gewißheit erkennen zu wollen, ohne es selbst begangen zu haben, halte ich es aber, nebenbei bemerkt, doch nicht für ganz hoffnungslos, daß sogar er unter der Wucht der in dieser Arbeit publizierten Photographien seine irrigen Anschauungen aufgibt. Freilich muß Prof. Cvijis anfangen, auch meine Arbeiten zu lesen, was er, wie es scheint, bis jetzt meidet, denn sonst würde er in seiner Arbeit über die Verebnungsflächen in Dalmatien im Jahre 1909 meine analogen Beobachtungen in Albanien erwähnt haben und die Behauptung der dinarisch-albanischen Scharung 1910 nicht kühlen Blutes wieder- holen, da doch seit 1907 eine diese Hypothese widerlegende Photo- graphie vorliegt. Da sich sowohl das paläontologische als auch das petrographische Material derzeit behufs Aufarbeitung in verschiedenen Händen befinden, mußte in dieser Arbeit von längeren Fossillisten oder genaueren petro- graphischen Bestimmungen abgesehen werden. Eine Ausnahme hievon machen die Triasfossilien, die von Pro- fessor G. v. Arthaber durchgearbeitet wurden, der mir in liberalster Weise die Benützung seines diesbezüglichen Manuskriptes gestattete. Professor v. Arthaber’s Arbeit wird demnächst unter dem Titel „Die Trias von Nordalbanien“ in den geologischen und paläontologischen Beiträgen, Band XXIV, erscheinen und es bereitet mir eine Freude, ihm: für die Liebenswürdigkeit, mein Triasmaterial bearbeitet zu haben, auch an dieser Stelle nochmals danken zu können. Was die Kartographie des begangenen Gebietes anbelangt, bin ich genötigt, in Ermanglung exakterer Karten auf meine eigene Karte des Vilajets Skutari zu verweisen (Nopesa, Das katholische Nordalbanien ; Wien, Gerold 1908), da dies die einzige Karte ist, die fast alle in dieser Arbeit vorkommenden Namen aufweist und das Gebiet auch topographisch mit hinlänglicher Genauigkeit darstellt !). Da das sehr komplizierte Struktur aufweisende, zwischen dem Meere und einer den Maranaj mit der Maja Vels verbindenden Linie selegene Gebiet noch nicht präzis erforscht wurde, ist es in folgender Arbeit kaum in Betracht gezogen worden, so daß das behandelte Gebiet auf diese Weise im Norden ungefähr vom Proni-—That-Tal und den sogenannten Prokltijen, im Osten von dem Merturi-Bache sowie dem Drin zwischen Raja und Ura Vezirit, im Süden vom kleinen Fandi- Flusse begrenzt ist und im Westen gegen die Küstenketten an einer Linie abschneidet, die Nerfandina, die Maja Vels, Grüka Gjadrit, Mazarek, Suma und Ducaj verbindet. Geologisch gliedert sich der umschriebene Raum in drei bereits in 1908 kurz charakterisierte Gebiete, nämlich: '!) Nachträgliche Kontrollierungen zeigen, daß die Karte viel exakter ausfiel, als in Ermangelung technischer Hilfsmittel in 1906 überhaupt gehofft werden konnte. An vielen Orten deckt sich das Kartenbild vollkommen mit der später vorgenommenen Triangulierung. [5] Zur Stratigraphie und Tektonik des Vilajets Skutari in Nordalbanien. 231 1. Die Nordalbanische Tafel; 2. Das Faltengebirge des Cukali; 3. Das Eruptivgebiet von Merdita. Für die Nordalbanische Tafel ließe sich, wie aus dem tektonischen Teile dieser Arbeit erkennbar, auch der Name „Nordalbanische Decke“ substituieren; daß ich aber die Bezeichnung „Tafel“ vorgezogen habe, basiert darauf, daß wir unter Decke einen weithin überschobenen Komplex verstehen, während wir im vorliegenden Falle den Grad der Uberschiebung der ungefalteten mesozoischen Serie noch nicht kennen, daher der neutralere Ausdruck Tafel am Platz ist. Die höchsten Berge des untersuchten Gebietes liegen in der Nordalbanischen Tafel, woselbst einzelne Spitzen (Maja Radohins, Maja Jezerce Popdhuks) nahe an 2600 m reichend zu den höchsten Bergen der östlichen Balkanhalbinsel gehören. Die Kulminationspunkte des Eruptivmassivs von Merdita (Munella, Zepja) erreichen zirka 2000 und jene des Cukali bloß zirka 1700 m Meereshöhe. Die Grenzlinie zwischen der Nordalbanischen Tafel und dem Cukali zeigt einen unregelmäßigen bogenförmigen Verlauf (verel. Karte Taf. XII): bei Dristi auf das untersuchte Gebiet tretend, zieht sie über Suma nach Planti, von da auf die Cafa Gurit Ku& zwischen Prekali und Sosi, springt von hier nordwärts gegen die Uafa Thermes in Sala zurück, wendet sich hierauf wieder gegen Süden zur Oafa Agrit und konnte ungefähr bis gegen Palci verfolgt werden. Die Grenzlinie zwischen dem Cukali und dem Eruptivmassiv von Merdita folgt von Vau Denjs über Gömsite, Karma und Komani bis Bojdan überall mehr oder minder dem Drinlaufe, wendet sich von Bojdan gerade zur Maja Kasit, macht hier, die Kasit umziehend, einen Knick und zieht nach Raja. Zwischen die Nordalbanische Tafel und das Eruptivmassiv von Merdita schiebt sich im Stammesgebiete von Merturi ein Schichten- komplex ein, der in der Korja und dem TSlumi Merturit kulminiert und dem Faltengebirge des Cukali aufliegt, von dem es aber noch nicht feststeht, ob wir ihn zur Nordalbanischen Tafel oder zum Eruptiv- massiv von Merdita zu zählen haben. Seine Begrenzung gegen die drei fixierten Einheiten erfolgt durch eine Linie, die von Paldi über die Cafa Püls zieht und fast gerade süd-südöstliche Richtung beibe- haltend, bei Bojdan in einen spitzen Winkel an die Grenzlinie zwischen Cukali und Merdita herantritt. Sowohl an der Basis der Nordalbanischen Tafel ais auch an der Basis des Eruptivmassivs treten sehr stark gequetschte Schiefer zu Tage, die im folgenden stets als Gjani-Schiefer bezeichnet werden sollen und für die Deutung der tektonischen Vorgänge im Auinahmsgebiete eine ganz außerordentliche Bedeutung besitzen. Die Nordalbanische Tafel besteht, wie ich schon 1908 sagte, aus Eocänflysch, worunter eine Kalktafel zum Vorschein gelangt. „Im Han- genden der Kalktafel haben sich Plagioptychen gefunden, einem tieferen Niveau entsprechen Requienienkalke, noch tiefer kommen nerineen- und ellipsactinienführende Korallenkalke vor, ein noch tieferes Niveau, wahrscheinlich Lias, wird durch bituminöse Kalke gekennzeichnet, ein weiteres durch wohl rhätische, spannenlange Megalodonten 232 Dr. Franz Baron Nopesa. [4] charakterisiert. Darunter kommen hornsteinhaltige Kalke zum Vor- schein und die Basis der Kalkserie wird durch blendendweiße, zucker- körnige, dolomitische Kalke mit Megalodon gebildet. Der Kamm der sogenannten Malcija Mahde bezeichnet im wesentlichen den Abfall der Kalktafel gegen die untertriadischen, unter anderen Acrochordiceras cf. Fischeri führenden Schichten, dann auch grüne tuffitische Quarzite, ferner bunte, zum Teil Konglomerat führende Schichten. Bei Gimaj gelang es, eine typische Muschelkalkfauna zu finden.“ Im darunter auftretenden Paläozoikum haben sich bei Lotaj Fusulinen und Neo- schwagerinen !) (Bestimmungen von Dr. J. R Schubert) und weiter im Westen, unweit der Kirche von Kiri, große Productiden ge- funden. Vom Fruptivmassiv von Merdita redend, gab ich 1908 die Schilderung einer mächtigen Antiklinale, die sich im wesentlichen aus knirschendem Hornstein und rotem Jaspisschiefer, aber auch aus Ton- schiefer und aus etwas mehr oder weniger plattigen Kalken aufbaut, und unweit Köira eine reiche Ammonitenfauna enthält, die auf obere Werfener Schichten hinweist. „Da wir“, sagte ich damals, „für die eben- falls in der Antiklinale auftretenden Melaphyre ladinisches Alter an- nehmen können, wären die Serpentine postladinisch. Der randliche Teil des großen Eruptivgebietes besteht aus Serpentin, im zentralen Teile trifft man vorwiegend Dioritgesteine, tuffige Gesteine und in der Gegend von Orosi Gabbro. Die Tuffe des Dioritgebietes, die älter sind als Malm, charakterisieren sich vor allem durch den Gehalt an Erzen. Die transgredierende und diskordant aufgelagerte Kreide beginnt mit lockeren, zum Teil tuffigen, grauen, oft sehr groben Kon- slomeraten, die dann in eine Serie übergehen, wo polygene, zum Teil rote Konglomerate und Sandsteine mit mehr oder weniger plattigen Kalken wechsellagern. Gegen oben verschwindet allmählich der Sand- stein und die plattigen Kalke gehen ihrerseits wieder in graue bis braune, kalkige Mergel, massige bis plattige Kalke und schiefrige Kalke über und in diesen haben sich an vielen Orten guterhaltene Caprotinen gefunden. Noch höher stellen sich chondrodontenhaltige Kalkschiefer ein und die Decke der ganzen Serie wird von massigen, oberkretazischen Rudistenkalken gebildet.* Vom Cukali sagte ich 1908, „daß er sich aus hornsteinhaltigen Plattenkalken und eingefaltetem, an der Basis auch hier rotem Eocänflysch aufbaut, und daß das Alter der gefalteten Plattenkalke, die zwischen Toplana und Dusmani, ferner “am Cukali je eine mehrfach zusammengesetzte, größere Aufwölbung zeigen, unbekannt sei. An mehreren Orten haben sich im Platten- kalke guterhaltene, jedoch meist schwer vom Gestein trennbare Kiesel- spongien gefunden“. Seit der Zeit, wo obiges publiziert wurde, sind die Studien weiter fortgeschritten und einzelne Niveaus, die 1907 nur angedeutet wurden, konnten auf weitere Strecken verfolgt werden, wodurch eine genauere stratigraphische Gliederung und auch tektonische Deutung des ganzen Gebietes möglich wurde. !) 1908 als „Schwagerinen“ angeführt. [5] Zur Stratigraphie und Tektonik des Vilajets Skutari in Nordalbanien. 233 Da sich die gleichalten Bildungen in der Nordalbanischen Tafel, im Cukali und im Eruptivmassiv von Merdita ganz verschieden repräsentieren, erfordert die Stratigraphie dieser drei Gebiete eine gesonderte Besprechung. II. Stratigraphie. A. Nordalbanische Tafel. I. Paläogen. Das jüngste Niveau, dasin der Nordalbanischen Tafel nachgewiesen werden konnte, war jungeocäner oder oligocäner Flysch, der in äußerstem Norden der Nordalbanischen Tafel auftritt und weiter im Süden auch auf der vielleicht dazugehörigen Korja vorkommt. Im Norden des untersuchten Gebietes zieht die Grenzlinie zwischen Tertiär und Mesozoikum von den Sennhütten von Ljesnica in südöstlicher Richtung nach Skala Grops, von dort in südwestlicher Richtung um die triasgekrönte Maja Golisit herum zur Dubina, von wo sie in ostsüdöstlicher Richtung über Skala Nikulet, Jama und Berisdol zur Cafa Brada Vezirit hinführt. Der nördlich dieser Linie liegende Tonschiefer ist matt, weich, wenig gefaltet, grau, mit einem Stich ins Grünliche, an seiner Basis zeigt er häufig eine bräunlich- rote bis rote Farbe. Am Greben wird der Schiefer stellenweise sandig, Ja es kommt auf der Maja Sutiz sogar zur Entwicklung von recht a festem, braunem Sandstein, dessen mehrere Millimeter sroße Körner zum Teil aus Quarz, zum Teil aber aus ausgelaugten Kalkstücken bestehen, wodurch der Sandstein poröse Struktur aufweist. An anderen Orten sind am Greben im Tonschiefer Lagen von Kalksandstein enthalten, die zuweilen in wirkliche Kalkbänke übergehen. Die Hoffnung, in den kalkreichen Bänken Foraminiferen zu finden, ist leider trotz eifrigen Suchens unerfüllt geblieben und so ist denn ein Fucoidenabdruck, den ich von Cafa Guri Kuli am Trojan mitbrachte, das einzige Fossil, das einen Anhaltspunkt für die Altersbestimmung des se dieser Gegend.abgibt. Daß der Flysch jünger ist als Urgon, kann man daran erkennen, daß er bei der Skala Nikulet, dann bei Jama diskordant auf plagioptychenführendem Urgonkalk aufliegt. Das Profil von Selce— Skala Nikulet, das sich an jenes Profil anschließt, das uns durch Martelli von der Skala Smerdee bekannt wurde, ist folgendes: beim Kreuze der Skala Nikulet, südlich der Maja Golisit, steht Plagioptychen enthaltender Kalk an, der mit 15° fast genau gegen Norden einfällt, darauf folgt gefältelter, flyschartiger Schiefer, auf dem bei der Skala Vrads in 1060 m Meereshöhe eine kleine, offenbar von der Maja Goli$it herabgerutschte Triaskalkscholle aufliest. Etwas westlich der Skala Vrads zeigt es sich, daß die bei Skala Nikulet bemerkbare Fältelung an der Basis des Flysches andern- orts fehlt und daß in regelmäßiger Folge roter, etwas mergeliger 234 Dr. Franz Baron Nopcsa. [6] Schiefer, dann dunkler, grauer Tonschiefer und diesem eingelagert grünlicher bis bräunlicher Sandstein aufeinander folgen. Die Spitze der Maja Golisit besteht aus massigem, hellem, etwas dolomitischem Kalk, der stark an gewisse Triaskalke erinnert. Auf der Öafa Klteäit, zwischen Vukli und Selce stehend, hat man Eocänschiefer unter seinen Füßen, der Triaskalk bleibt im Osten, im Westen lassen sich unter dem Eocän die Urgonkalke erkennen. Da man bei Osonja, oberhalb Selee und nördlich der Maja Golisit, wieder aus dem Schieferniveau in den Kreidekalk herabkommt und die Schiefer im Norden der Maja Golisit gegen den Hani Grops hinziehen, sieht man, daß sie die Trias- kalke der Maja Goli$it im Süden, im Westen und im Norden umsäumen. Infolge der von Martelli am montenegrinischen Hange des Cemtales festgestellten gleichen Schichtfolge, nämlich oben Triaskalk, etwas tiefer am Hange Eocän und noch tiefer unten Kreidekalk, infolge des peripherischen Vorkommens des Eocän bei der Maja GoliSit und mehr oder weniger auch um die montenegrinischen Triasaufschlüsse bei Fig. 1. NNW. rar 390. MHajw ColiSit Profil durch das Cemtal bei Maja Golißit. —= Kreide. — 2 = Eocän. — 3 = Obere Trias. Kuöka Krajina und Fundina, könnte man geneigt sein, die Eocänauf- schlüsse nicht durch Brüche, sondern durch eine Überschiebung der Triasmasse erklären zu wollen, wie ich dies in dem durch Kombination von Martelli’s und meiner eigenen Beobachtungen entstandenem Profile Textfigur 1 angedeutet habe, aber keineswegs als sicher hin- stellen möchte. Dieselbe Diskordanz, die zwischen Eocän und Kreide im äußersten Norden des untersuchten Gebietes erkennbar ist, ist auch am südlichen Eocänvorkommen auf der Korja zu erkennen, weshalb das Eocän dieser Stelle ebenfalls hier zur Besprechung gelangen möge, wenn auch spätere Untersuchungen dazu führen könnten, die Korja von der Nordalbanischen Tafel zu trennen und zum Eruptivgebiete von Merdita zu stellen. Am Abhange der nördlich von Raja emporragenden Korja kommen in weichen, matten, braunen, blätterigen, zum Teil aber sandigen Tonschiefern unweit der FuSa Oafs zahlreiche Gerölle von Caprotinen- kalk vor. Der Schiefer fällt im großen und ganzen gegen Südosten und oberhalb der Fusa Oafs kann man die Auflagerung des Schiefers auf die erodierte Oberfläche eines massigen, grauen, etwas breccienartigen, [7] Zur Stratigraphie und Tektonik des Vilajets Skutari in Nordalbanien. 235 gleichfalls südostfallenden Kalkes erkennen, der überall von Tonschiefer überlagert von der Fusa Cafs gegen die Kisa Ancitit hinabzieht. Kleinere und größere Brüche lösen die Schieferdecke des Korjaab- hanges in einzelne Streifen. Unweit Kokdoda ist die diskordante Auflagerung des Eocän auf dem von der Korja über die Kisa Anöitit auf den Tslumi Merturit hinziehenden mesozoischen Kalke in einer kleinen Schlucht besonders gut zu erkennen. An dieser Stelle lagern sich auf hellgrauem, weiß- geädertem, massigem Kalke an der Basis Knollen hellen Kalkes ent- haltende dunkle, kalkige Tonschiefer, die in einzelnen Lagen in tonige Kalkschiefer übergehen und auf denen ein kalkarmer Tonschiefer mit Kalkeinschlüssen aufliegt. Alle die bei Kokdoda dem Kalke auf- liegenden Sedimente machen einen gepreßten, ja fast etwas gewalzten Eindruck und obzwar bei Kokdoda Fossilien fehlen, ist es doch in- folge eines rudistenhaltigen Kalkeinschlusses bei Trovna möglich, das Alter dieser Schiefer sowie auf der Korja als postkretazisch zu be- stimnsen. Auf das bei Berisa, Bojdan und Bugjoni erkennbare Unter- tauchen dieses Eocän unter die Eruptivmassen von Merdita soll im tektonischen Teil der Arbeit zurückgegriffen werden. 2. Kreide. Infolge der vorerst noch mangelhaften Erforschung des zwischen Proni That und dem Cem liegenden Gebietes war es an dieser Stelle noch nicht möglich, die südlich des Greben-Eoecän hervortretende Kalk- tafel, die das ganze Mesozoikum umfaßt, allenthalben detailliert zu zergliedern, denn dieselben Schwierigkeiten, die sich den im analogen Terrain in der Herzegowina arbeitenden Geologen seinerzeit entgegen- stellten, wiederholen sich durch den Mangel jeglicher geo- graphischer Karte vervielfacht in diesem Gebiete. Nur isolierte Fossilfunde geben in dem gleichförmigsen Kalkgebiete zuweilen Anhalts- punkte, sich zu orientieren. Wie schon aus Martelli’s Arbeit hervorgeht und ich es auch selbst bestätigen konnte, steht bei Prifti in Gruda rudistenführende Öberkreide in der Fazies grauer, flach liegender Kalke an, die an dieser Stelle bis an den Grund des Cemtales reichen. Zwei festere, helle Kalksteinbänke stechen aus dem übrigen Komplex gut hervor, lassen sich infolge der Steilabstürze, die sie bilden, landschaftlich recht gut verfolgen, und zeigen, daß die Kreide hier von einigen SW-—-NÖ streichenden, nicht unbedeutenden Brüchen durchsetzt wird. Von Gruda bis Ura Ljmais führt der Weg nach Passieren der festen hellen Kalksteinbänke in tiefere Kreideschichten, von denen vor allem, da auch beim Kreideprofil von Kalaja Hotit vorkommend, eine zwischen dem helleren oberen und dem dunklen unteren Kalke bemerkbare, etwas rot geflammte, graue Kalkbank Erwähnung verdient. Die untere Kreide wird bei Ura Ljmais durch dunkle, zum Teil oolithische Kalkbänke gebildet, die offenbar jenes Niveau repräsentieren, das Martelli an diesem Grenzorte, jedoch auf montenegrinischem Gebiete, gleichfalls als untere Kreide ausschied. Da der Oolithkalk von der Ura Ljmais auch bei Fu$a Rap$s ansteht und von dunklem, Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Band, 2. Heft. (Fr. B. Nopesa.) 31 236 Dr. Franz Baron Nopcsa. [8] grauem, bituminösem Kalk überlagert wird, auf dem östlich von der BridZa-Kirche wieder helle, zum Teil dolomitische Kalke lagern, so können wir auch die zwischen Trabojna und Bridza vorkommenden hellen Kalke für obere Kreide halten. Von FuSa Rap$s lassen sich die bituminösen Kalke am Rande der Niederung Liceni Hotit bis zur Ruine Samobor verfolgen. Auch hier haben wir von unten nach oben: dunklen Kalk, wenig mächtigen, rotgeflammten und hellen Kalk zu unterscheiden. Der helle Kalk wird wieder in der Gegend vor Drumja von kaffeebraunen Kalken überlagert. Da sich östlich Stare am Wege zwischen Fu$a Raps$s und BridZza im bituminösen Kalke zahlreiche Versteinerungen (Caprotinen ?) finden, wird ein Aufsammeln an dieser Stelle das Alter der Kalke genau feststellen können. Auch zwischen der Kirche von Vukli und der Brücke Tamara stehen bituminöse Kalke an, die man mit den unterkretazischen Kalken der Ura Ljmais identifizieren kann und dies um so mehr, als am Auf- stiege von Kozan gegen den Sretnik auch dieselben Oolithkalke wie bei Ura Ljmais vorkommen. Über die Urgonkreide von Jama ist bereits im vorigen Ab- schnitte berichtet worden, es erübrigt daher noch, zwei andere Lokalitäten zu erwähnen, woher im Gebiete der Prokletijen Kreide- schichten bekannt wurden. Ein höheres Niveau als Urgon repräsentieren wohl die auf der Cafa Kopristit anstehenden, Pectines enthaltenden grauen, weiß- und selbgeäderten Kalke, ein tieferes Niveau hingegen die Caprotinen- kalke, die man schräge gestellt, aber wie Tafel XIII, Fig. 1 zeigt, nicht gefaltet bei den Sennhütten von Kopristi antrifft. 3. Jura. Unter der unteren Kreide der Kopristigegend gelangt ein grauer, fossilfreier, sandiger, plattiger Kalk und noch tiefer ellipsaetinien- und korallenführender, heller, massiger Kalk sowie kaffeebrauner, oolithischer, Nerineen und andere Gastropoden führender Kalk zum Vorschein. Das nämliche Profil kann man auch beim Aufstiege auf die Radohina von Livadi Bogs erkennen und ein ganz analoger, heller, massiger Kalk kommt auch am Grunde des Cemtales zwischen Grabom und Tamara unter der Kreidedecke zum Vorschein. Als fossilführende Lokalitäten sind der Nordhang der Radohina, der West- abhang der Cafa Jezerce und das Cemtal bei Tamara zu erwähnen. Die tieferen, unter den Ellipsactinienkalken liegenden Juraglieder lassen sich am besten am Abstiege von der Cafa Jezerce zu den Sennhütten gleichen Namens studieren. Unter den hellen, reinen Kalken treten gegen unten immer dunkler werdende Kalkniveaus auf, die endlich in bituminöse, fast ganz schwarze, zum Teil tonige Kalke übergehen und bei Jezerce zahllose Versteinerungen, namentlich kleine Megalodonten, aber auch Korallen und Crinoidenstiele von fünfeckigem Querschnitt enthalten, bis jetzt aber noch nicht entsprechend ausgebeutet werden konnten. "Dieser fossilreiche Hang ist in Tafel XIII, Fig. 2 abgebildet worden. Ähnliche Mesalodonten” haben sich nordöstlich des Veleöik bei der Maja Dhanit gefunden. [9] Zur Stratigraphie und Tektonik des Vilajets Skutari in Nordalbanien. 937 Am Südhange der Radohina ist im Liegenden der Ellipsactinien- kalke über dem schwarzen Lias noch eine Lage wenig mächtigen, rotgeflammten, zuweilen dunkelgrauen, zuweilen aber ins Rötliche oder Weißliche spielenden Kalkes zu treffen. Als Lokalität, wo die zwischen Tithon und Trias liegenden, daher wohl liassischen schwarzen Kalke unmittelbar auf riesige Mega- lodonten enthaltenden Kalken des Rhät (?) aufliegen ist die Gegend zwischen der Cafa Valbons und den Sennhütten von Jezerce zu er- wähnen. Sehr schwierig wird es, bloß auf Grund der Literaturangaben Dr. Vetters’ sein Maranajprofil mit diesem Juraschema und mit meinen Beobachtungen am Südhange des Maranaj in Übereinstimmung zu bringen. Schon der Umstand, daß bei dem nahe am Maranaj gelegenen Rijoli der Jura schwarzen, bituminösen Kalk, rosenrot geflammten Kalk und hellen Tithonkalk mit Ellipsactinien aufweist, mithin sich eben: so sehr an die durch Martelli untersuchten Profile der Rumjja als an jene der Prokletijen anschließt, der Jura mitkin an drei nicht weniger als 60 km auseinanderliegenden Punkten dieselbe Entwicklung aufweist, machte es mir wahrscheinlich, daß in Vetters’ Maranajprofil etwas nicht ganz in Ordnung sei, und auf meine diesbezügliche Bitte hin war Dr. Vetters so liebenswürdig, mir einen Einblick in seine diese Gegend behandelnden Tagebücher zu gewähren. Ein Studium von Dr. Vetters’ Notizen zeiste bald, daß seine Beobachtungen im Terrain ganz richtig waren, die Schwieriekeiten in seinem Maranajprofil jedoch dadurch entstanden waren, daß er, beim Koordinieren der Notizen die Möglichkeit eines Bruches außeracht- lassend, zwei nicht zusammengehörige Bildungen zusammengezogen hatte. ; Östlich der Hütten von Vorfaj sirme notierte Vetters und konstatierte ich selbst rote, kieselige und graue, tonige Schiefer, horn- steinreichen Kalk, grauen Kalk und Knollenkalk in flacher Lagerung und darüber massigen, grauen Kalk. Beim Abstiege von der aus hellem, Itieria enthaltenden, Tithonkalk der Maranajspitze gegen Norden gelangt man zuerst in grauen, Hornsteinlagen enthaltenden Kalk, in dem auch graue Schieferzonen vorkommen, und unter diesem Kalke konnte ich am Abstiege gegen Suma mittlere Trias konstatieren. Am Südabhange des Maranaj trifft man zwischen Vorfaj sirme und der Maranajspitze östlich von den Almhütten von Fusa Nerthans gleichfalls rote, kieselige Schiefer und Tonschiefer, da diese jedoch ihrer Erscheinung nach vollkommen mit jenen ident sind, die bei Domni und Vorfaj sirme anstehen, wir außerdem an der Verbreitung der Wengener Schichten im Gebiete der Cafa BiSkaSit erkennen können, daß unser Gebiet von Brüchen nicht verschont ist, so sind die Schiefer von Fusa Nerthans trotz ihrer höheren geographischen Lage als mitteltriadisch anzusehen und Vetters’ im Bereiche des mittleren Jura liegende obere Schieferhornsteinformation im Gebiete der Nordalbanischen Tafel hat, da sie sogar am Nordhange des Maranaj fehlt, aus der Literatur zu verschwinden. [e 238 Dr. Franz Baron Nopcsa. [10] 4. Trias. Das Rhät ist in der Nordalbanischen Tafel bei der Cafa Pejs in der Form von grauen, hornsteinfreien und auch Hornsteinfladen ent- haltenden Kalken gut entwickelt, bei Gropa Bors und unweit Brieta hat sich in ihnen Thecosmilia celathratha gefunden. Ein tieferes, aus hellem, geflasertem Kalke bestehendes Niveau läßt sich durch das relativ häufige Vorkommen von mehr als eine Spanne Durchmesser aufweisenden Megalodontenquerschnitten gleichfalls als Trias erkennen, obzwar es petrographisch so sehr an manche oberkretazische Kalke der Gegend von Trabojna erinnert, daß ein lokales Verwechseln stellenweise relativ leicht möglich und zu entschuldigen wäre. Unter den geflaserten Kalken folgt beim Abstiege von der Cafa Pejs gegen Okoli heller, weißer, unten dunklerer, aber stets auffallend schneeweiß oder gelblichweiß verwitternder norischer Dolomit, der bei der Spela Pejs und Cafa Stegut-Dhenet gleichfalls zahlreiche, derzeit behufs Bearbeitung Prof. v. Arthaber überlassene Megalodonten lieferte, die von ihm als Megalodus triqueter Wulf und Megalodus Mojsvarı Hoern. bestimmt wurden. Eine wenig mächtige, aber recht typische, dunkle, weißgetupfte und gesprenkelte Kalkbank vermittelt, wie auf der Cafa Stegut-Dhenet, so auch beim Anstiege von Sala auf die Kakinja, endlich auch zwischen der Spela Bravnikut und dem Cardag Kakinjs den Übergang des dunklen, norischen Dolomites zu schwarzen, zum Teil schwarze Hornsteinfladen enthaltenden, wohl karnischen Plattenkalken, die bisher leider, nur beim Abstiege von der Cafa Derza gegen Dnela und beim Guri Cobanit nördlich von Curaj Eper einige schlecht erhaltene, verkieselte Ammoniten nach Prof. v. Arthaber Trachyceras sp. und auf der Maja Zorzit einen schlecht erhaltenen Brachiopoden geliefert haben. (Vergl. auch Taf. XXII, Fig. 1.) Durch zunehmenden Tongehalt gehen die Plattenkalke nördlich von Thethi in graubraune Tonschiefer über, unter denen bald mit Tonschiefer wechsellagernde Kieselschiefer und grüne kieselige Tuffite (?) auftreten. Das mehrfache Vorkommen von typischen Fossilien anderer- orts ermöglicht es, diese Bildungen als ladinisch, und zwar zum Teil als Buchensteiner Schichten, zum Teil als Wengener Schichten zu erkennen. Anstehend sind zwar die Fossilien dieses Niveaus bei Thethi bisher noch nirgends angetroffen worden, ein abgerollter Acrochordiceras, den ich im Bachbette bei der Thethi auflas und dem noch genügend Matrix anhaftete, um seine Herkunft zu bestimmen, genügte jedoch, um das Alter der Schichten, aus denen er offenbar stammte, zu fixieren. Bei der Cafa Biskasit, dann bei Rijoli, ferner bei Domni haben sich in ganz gleichem Material ziemlich zahlreiche Versteinerungen dieser Niveaus aufsammeln lassen. Prof. v. Arthaber bestimmte: Wor- thenia subgranulata Laube, Modiola subcarinata, Spiriferina Lipoldi Bittn., Spirigera Bukowski Bittn., Hoernesia bipertita, Pustularia coru- gensis Kittl. Das Vorkommen von Muschelkalk, und zwar im Hangenden grüner Tuffite ist, seitdem ich bei Gimaj recht zahlreiche, von Prof. v. Arthaber bestimmte Ammoniten der Trinodosus-Schichten ge- sammelt habe und Dr. Vetters einen Gymniten am Maranaj auflas, für Nordalbanien nichts Neues. Der Muschelkalk ist zum Teil in 4 j , E 11] Zur Stratigraphie und Tektonik des Vilajets Skutari in Nordalbanien. 939 der Han Bulog-Fazies entwickelt, außerdem kommen aber in diesem Niveau auch bunte Konglomerate und Tonschiefer hervorragend zur Geltung. Einen guten Überblick über die ganze anisische Stufe bis zu den Werfener Schichten bietet der Abstieg von der Cafa Valbons (ca. 1730 m) zur Kirche von Thethi. Über helle, norische und schwarze, plattige, wohl karnische Kalke herabsteigend, gelangt man in 1600 m Meereshöhe zu srünen Tuffiten sowie weißen und schwarzen Kieselschiefern und unter diesen kommen graue Tonschiefer zum Vorschein, unter denen wieder in fast horizontaler Lagerung sandige, braune bis schwarze, zum Teil Kalk- serölle enthaltende Tonschiefer liegen. In 1250 m Meereshöhe trifft man unter den Tonschiefern ein graues, ausschließlich aus hellen bis dunklen, gut gerundeten hühnereigroßen Kalkstücken zusammengesetztes festes Konglomerat und unter diesem ein buntes, ebenfalls festes, karmin- rotes Konglomerat, über dessen Zusammensetzung ich an Ort und Stelle folgendes notierte: „Das polygene bunte Konglomerat besteht vorwiegend aus nuß- biß faustgroßen, gut gerundeten Geröllen von grauem, rotem bis rosenrotem und auch gelbem Kalk, außerdem finden sich Stücke von glimmerhaltigem, rotem, kieselfreiem und auch rotem, kieselhaltigem Sandstein, sehr selten sogar Stücke von festem, fein- schuppigem, grünlichem Schiefer, die alle durch ein kalkreiches, rot gefärbtes, sandiges Bindemittel zu einer vielfarbigen, im Gesamtein- druck aber roten Masse verbunden werden.“ Die Gesamtmächtigkeit dieses Konglomerats ist sehr variabel, stellenweise, wie bei Nanreec, unweit Thethi, beträgt sie sogar 80 m. Unter dem „bunten Konglomerat“ kommen neuerdings Tonschiefer zum Vorschein. Eine gewaltige tektonische Störung in zirka 1060 m Meereshöhe, an der unter dem Muschelkalk oberjurassische Kalke zum Vorschein kommen, beschließt dieses interessante Profil (vergl. Textfigur 4 auf pag. 265 [3 ie Durch seine auffällige Färbung bildet das „bunte Konglomerat“ ein für die Gliederung anderer Triasaufschlüsse sehr wichtiges Niveau und es hat sich auch auf der Cafa Nermajs, nahe über grünen und roten, weichen, tonigen Werfener Schiefern, dann auch auf der Oafa BiSkasit gefunden. Eine Wechsellagerung von Kalk und Schiefer erschwert an manchen Orten zwar, die Werfener Schiefer zu erkennen, wo jedoch keine Kalkbänke vorhanden sind, sind diese Schiefer durch ihren weichen, oft etwas speckigen Habitus leicht zu erkennen und konnten zum Beispiel von der Cafa Nermajs über Lekaj bis nach Gima) und von Gimaj bis auf die Oafa BoSit leicht nachgewiesen werden. Der Abstieg von der Cafa Stogut nach Planti gibt gleichfalls einen, wenn auch durch Schutthalden teilweise verhüllten, so doch guten Überblick über die Trias der Nordalbanischen Tafel. Von oben nach unten läßt sich Flaserkalk, roter Knollenkalk, grüner Tuffit, sandiger, brauner Tonschiefer, dann plattig-knolliger, dunkler Kalk, noch tiefer karbonischer Quarzit erkennen. Den unmittelbar unter dem Flaserkalk liegenden roten, von Tonschlieren durchzogenen, violettroten bis rosenroten Knollenkalk des Cafa Stogut-Profiles kann man übrigens auch bei der Ura Djebabs bei Nerlümza im Stammes- gebiete von Sala, ferner auf der Oafa BiskaSit erkennen; am Abstiege 240 Dr. Franz Baron Nopesa. [12] von der Cafa Pejs nach Okoli scheint jedoch dieses Knollenkalkniveau zu fehlen; seine Identität mit dem roten, ammonitenführenden Muschel- kalk von Gimaj ist noch nicht sichergestellt worden. 5. Permokarbon. Alles, was zwischen den charakteristischen Werfener Schichten und den noch zu besprechenden Fusulinen- und Neoschwagerinen- kalken liegt, müssen wir notgedrungen zum Perm rechnen. In erster Linie handelt es sich um jene Kalke und Schiefer, die die Hänge der Kunora Lotajt und des Ruku Nikajt bilden, ferner aber auch um Oolithkalke, wie solche bei Cütet Dakajt, dann als Gerölle im Material eines Bergsturzes bei Palöi vorkommen. Allerdings ist es nicht un- möglich, daß der Oolithkalk, wie in Dalmatien, bereits zu den Werfener Schichten zu zählen wäre. Am Abstiege von der Kunora Lotajt nach Dardha in Sosi oder nach Kiri haben wir von oben nach unten im wesentlichen ein höheres, vorwiegend aus Tonschiefer und Kalkbänken und ein tieferes, aus Kalkbänken und Quarzsandstein bestehendes Niveau. Eine genaue Parallelisierung der einzelnen, oft kaum zwei bis drei Meter mächtigen Bänke war noch nicht möglich und daher sollen an dieser Stelle bloß Auszüge aus dem Tagebuch mitgeteilt werden, welche diese Schicht- serie charakterisieren. Beim Abstiege von Grüka Lugjes, im verrufenen und leider noch wenig erforschten Balzagebiete zur Kirche von Kiri, findet man unter einer mächtigen Wechsellagerung von Kalk und Schiefer, die bis zur Kunoraspitze hinaufreicht, folgendes Lokalprofil: Oben: 1.) zirka 20 m je 0'5 m mächtige Tonschieferbänke mit gleich mächtigen, knolligen, massigen Kalkbänken wechsellagernd, massiger, rotgeäderter Kalk, dichter, grauer Kalk, toniger Kalkschiefer, „ inassiger, heller Kalk mit Sandsteinlagen, „ gut geschieferter Sandstein, Kalk, „ sSchiefriger Sandstein, „ massiger Kalk, „ heller Quarzsandstein, „ schiefriger, dunkler Kalk, grauer, massiger Kalk, sehr mächtiger, mit grauen Schiefer wechsellagernder, srauer Kalk mit großen Productiden, > S S OO DPD DD OL Oo Unten: 14.) schwarze Tonschiefer von bedeutender, nicht gemessener Mächtigkeit, mit Lagen von festem, vorwiegend aus weißen und schwarzen, haselnußgroßen, gutgerundeten Kieseln gebildetem Quarzit. [13] Zur Stratigraphie und Tektonik des Vilajets Skutari in Nordalbanien. 241 Beim Aufstiege von Dardha in das Balzagebiet ist die Schicht- folge insofern einfacher, als sich nacheinander Tonschiefer, gelb- seäderter Kalk, heller Kalk, Tonschiefer, Quarzsandsteinbänke, grauer Kalk mit gelben Adern, grauer, massiger Kalk, sandiger Kalk fanden. Bei Pogu, woselbst die grauen Kalke gleichfalls Productiden enthielten, kann man ein unteres Schieferniveau mit Quarzsandstein, ein hell- bis dunkelgraues Kalk- und Schieferniveau, dann eine kalk- freie Schieferzone von 30 m Mächtigkeit, eine noch höher gelegene Konglomerat- und Sandsteinzone und dann noch eine Schieferzone unterscheiden, worauf in der Gegend der Cafa Bosit die typisch ent- wickelten Werfener Schiefer liegen. Weitere paläozoische Brachiopoden haben sich nordwestlich unterhalb der Cafa Guri Ku& von Prekali in ganz ähnlichen Bildungen gefunden. Die Fusulinenkalke von Lotaj und Peraj (letzteres im Stammes- gebiete von Nikaj) scheinen der Kalkzone mit Produetus zu entsprechen. Am Ruku Nikajt, woselbst noch keine Gliederung versucht wurde, ist die Wechselfolge von Kalkschiefer und Sandstein eine ähnliche wie auf der Kunora, doch dürften die Schichten hier bis in die mittlere Trias reichen. Altere Bildungen als Oberkarbon konnten bisher in der Nord- albanischen Tafel nicht nachgewiesen werden, denn von dem darunter auftretenden, oft ungeheure elliptische, fremde Blöcke umschließenden Gjani-Schiefer kann, wie noch ausgeführt werden soll, mit ziemlicher Sicherheit nachgewiesen werden, daß er keine stratigraphische Einheit, sondern bloß ein Reibungsprodukt darstellt. B. Faltengebirge des Cakali. I. Tertiär. Ein glücklicker Fund von Nummuliten, in dem von oben ge- rechnet zweiten gut erkennbaren Schichtkomplex des Cukaligebirges bei Stotri unweit DusSmani, ermöglicht es, die daselbst zu oberst liegenden, plattigen, fucoidenhaltigen Schiefer sowie die darunter- folgenden und mit dem Fucoidenschiefer durch kalkig - schiefrige Zwischenlagern verbundene Plattenkalke als Eocän zu bestimmen. Die obersten, weichen, graugrünen, matten bis etwas glänzenden, in der Regel in große Platten brechenden, manchmal jedoch blätterigen Tonschiefer und die darunterliegenden Plattenkalke kann man zwar allenthalben recht deutlich, vielleicht aber doch nirgends so gut er- kennen, wie beim Abstiege von der Maja Mguls in das Vilzatal und bei der Kirche von Slaku. Durch ihre eigentümlichen Verwitterungsformen verleihen sie der Landschaft, zumal bei der Maja Mguls, wie am Panoramabilde Taf. XIX, Fig. 2 zu erkennen, ein eigentümliches Gepräge. Am Westabhange der Maja Mguls trifft man von Djotri bis Kanaj, von den violetten und grünen, seidenglänzenden, festen, etwas quarzitischen Schieferstücken, die von der Maja Mguls herabgerollt sind, absehend, allenthalben graugrüne, gefältelte, stellenweise auch schwarze, knollige Schiefer. Bei der dem Bajrak Temali als Versamm- 242 Dr. Franz Baron Nopesa. [14] lungsort dienenden, im Panorama XIX, Figur 2 sichtbaren Kirchenruine Kstenja Mihil Nreut geht der feste, zum Teil Holzschieferstruktur aufweisende, gefältelte, unter dem Fußtritt etwas knirschende, grau- grüne Schiefer ziemlich allmählich in recht weichen, blätterigen, bräunlichgrauen Tonschiefer über, der unter ersteren einfällt. Grauer, mit dem braunen Schiefer eng verbundener kalkiger Tonschiefer und grauer, in seinen tieferen Lagen hellvioletter, hellgräulich-grüner, bis hellrosenroter Plattenkalk bezeichnet bei Kanaj das nächst tiefere Niveau und kommt auf intensiv rotem Tonschiefer zu liegen. Auch dies ist alles am Panoramabilde XIX, Figur 2 zu erkennen. Im Gegensatz zum Profil von Kanaj, woselbst die weichen Ton- schiefer bald von gefälteltem und geknetetem, graugrünem und schwarzem Tonschiefer (= Gjani-Schiefer) bedeckt werden, erreichen die horizontal liegenden weichen, etwas glänzenden bis matten Ton- schiefer östlich von der Slakukirche eine ganz bedeutende Mächtig- keit. Auch hier läßt sich ihr Übergang in den darunter liegenden grauen bis violetten oder rosenroten Plattenkalk gut konstatieren. Eine graue, etwas sandige Bank des Plattenkalkniveaus war es, in der sich, kaum 10 Schritte nördlich der Kirchenruine Stotri (dort, wo sich der Weg neben dem Drin von der Ruine in das Bett des Klodzenbaches steil hinabsenkt), die bereits erwähnten, von Dr. Schu- bert bestimmten Nummuliten gefunden haben. Eine massigere, meist helle Kalkbank, die auf der Lehne südwestlich der Stotrikirche lokal nebst rotem, plattigem Knollenkalkhabitus auch Hornsteinfladen auf- weist, vermittelt an dieser Stelle den Ubergang des Plattenkalkes zu den tiefer liegenden, zum Teil jaspishaltigen, intensiv roten Schiefern unbekannten Alters und durch diesen Fundort ist das tertiäre Alter des längs des Drin von Slaku bis Surdha ziehenden rosaroten Platten- kalkes bestimmt. Ganz analoges Eocän findet man, wie im letzten Teil der Arbeit noch ausgeführt werden soll, auch im NW des Cukali im Gebiete von Suma wieder. 2. Oberer Jura. Läßt man das Tertiär des Cukali gegen unten, was allerdings ziemlich willkürlich ist, mit der oberen Grenze des jaspisführenden, intensiv roten Schiefers schließen, so bleibt zwischen dem wieder durch Fossilien fixierten Liaskalk und dem eocänen Plattenkalk ein Komplex von Kalk, Tonschiefer und Radiolarit übrig, in dem mög- licherweise die ganze Kreide, ferner der obere und mittlere Jura vertreten sein dürften. Zwei Profile, nämlich jenes von Fossek und. das bei der Mündung des Vilzachbaches in den Drin, sind namentlich geeignet, die Schichtfolge des oberen Mesozoikums vor Augen zu führen und alle anderen Profile am Cukali fügen sich dann unge- zwungen in das so gewonnene Schema. In Textfigur 2 ist ein Profil durch das Vilzatal zwischen Gurzit und Kodra Selbunit gegeben. Man sieht, wie sich hier eine Reihe nach Südwesten ansteigender Falten regelmäßig wiederholt. Unmittelbar unter dem Eocänkalke finden wir eine grellrote Tonschieferzone, die nur wenig Jaspis enthält, dann folgt gegen unten eine weiße, bloß [15] Zur Stratigraphie und Tektonik des Vilajets Skutari in Nordalbanien. 243 20 m mächtige Kalkbank, die sich aber viele, viele Kilometer weit verfolgen läßt und unter der mehr als 100 m (!) mächtige Radiolarite zum Vorschein kommen, die sehr gut geschichtet sind, gelbe, rote und schwarze, meist aber bräunlichrote oder schmutzigweiße Farbe haben, und an den Schichtflächen zuweilen papierdünne Tonhäutchen zeigen. Ein Blick auf das Südufer des Drin, übrigens auch ein Blick auf das Panorama der Taf. XIX, Bild 1 überzeugt einen davon, daß hier nicht eine bunte Wechsellagerung verschiedener Radiolaritniveaus, sondern Wiederholung derselben Radiolaritschichte infolge schräge liegender Falten vorliest. Am Wege von Kanaj nach Vilza kann man ein aller- dings in Ermanglung des tiefen, durch den Drin bewirkten Quer- schnittes weniger gut aufgeschlossenes, aber doch ganz analoges Profil konstatieren. Das Panoramabild XIX, Figur 2 gibt auch die Verhält- nisse des Jura beim Abstiege von Kanaj wieder. Fig. 2. Kodra Gurzit. Vilzatal. Kodra Selbunit. Profil im Vilzatal bei Kodra Gurzit. 1 = Radiolarit. — 2 = Kalkbank. — 3 = Roter Tonschiefer. — 4 — Eoeäner Plattenkalk. — 5 = Eocäner Fucoidenschiefer. — 6 = Gjani-Schiefer. Bei Gurzit läßt sich nun das Liegende der Radiolarite nicht erkennen, durch die Profile von Brzola—Mlagaj sowie infolge der Fossilien der außerhalb unseres Gebietes liegenden jurassischen Schiefer und Hornsteine bei Manatia erkennt man jedoch die an der Basis der Radiolarite herrschenden Verhältnisse in ziemlich klarer Weise, 3 t Zwischen Stenza bei der Slakukirche und den südöstlich von Brzola gelegenen Hügeln von Kroni Madh zeigt der Proni Pigs einen guten Aufschluß: auf graue, weiche eocäne Tonschiefer folgt gegen unten so wie bei Gurzit heller bis rosenroter Plattenkalk, unter diesem liegt eine massige Kalkbank, dann folgt braunroter Tonschiefer, Jaspis und Hornstein, in dem eine zweite Kalkbank auftritt, die den Horn- stein in zwei Zonen teilt, und offenbar der 20 m mächtigen Kalkbank bei Gurzit entspricht. Intensiv rote Hornsteinlagen bilden die Basis der mächtigen unteren Hornsteine und unter diesen kommt plattiger bis massiger, heller, sehr steile Felswände bildender, sehr mächtiger, älterer Kalk zum Vorschein. Die Fig. 1 auf Tafel XIV gibt einen Teil dieses Profiles, nämlich die Hornsteinschiefer mit der eingelagerten Kalkbank und ihrer Kalkbasis am Abhange des Hügels von Kroni Madh wieder. An dieser Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Band, 2. Heft. (Fr. B. Nopesa.) 33 244 Dr. Franz Baron Nopcsa. [16] Stelle lassen sich übrigens außer braunen und weißen auch gelber, ja sogar taubengrauer Hornstein antreffen. Etwas weiter im Süden von Kroni Madh trifft man beim Ab- stiege zum Drin, aber hier leider in unklarem Verhältnisse zum roten Tonschiefer, massigen Kalk und dieser Abstieg ist deshalb wichtig, weil sich hier, allerdings nicht sonderlich gut erhalten, in einer gelblich rosenroten mergeligen Kalkzone ungefähr 100 Schritt westlich der bei Mlagaj herabkommenden Schlucht Liasammoniten gefunden haben, womit die Altersgrenze des Kalkes fixiert ist!). Die diskordante Auflagerung des roten Schiefers auf Triaskalk, die bei Kroni Madh nicht zu erkennen war, zeigt sich an dem auf Tafel XV in Fig. 1 abgebildeten kleinen Triaskalkblock mit aufge- lagerten Schiefer, der in der Gegend von Ltep zwischen Brzola und Malöi ansteht und auch auf der Suka Carit nördlich von Brzola. Bei dem Kalkblocke von Ltep sieht man im Bilde links den massigen, hellen Triaskalk, rechts roten Tonschiefer, der an seiner Basis zahlreiche kleine und große Trümmer des Triaskalkes umschließt, und auch einige hellere Mergellagen aufweist. Die im Aufschlusse sichtbaren roten Schiefer sind offenbar mit jenem Schieferniveau ident, das bei Manatia auf Triaskalk aufliegt, daselbst eine recht hübsche Ammonitenfaunula geliefert hat, und durch einen Ammoniten auch aus der Pedhana-Gegend belegt werden konnte. Bei Suka Carit sieht man gleichfalls, wie der rote Schiefer Blöcke von massigem, rosenrotem Kalk einschließt. Wegen der massigen Beschaffenheit des bei Brzola zahlreiche Korallen und Bryozoen und Brachiopoden enthaltenden, unter dem Jura auftretenden anisischen Kalkes sowie wegen der eigentümlichen Form, in der er sich daselbst repräsentiert, halte ich es für angezeigt, auf Tafel XV, Fig. 2 auch eine Abbildung dieses Trias- und Juravor- kommens zu geben. Zahlreiche, 3 bis 4 m hohe, scharf zugespitzte Kalknadeln durchspießen hier eine Schuttdecke, die sich aus nichts anderem als hellen, eckigen Hornsteinstücken zusammensetzt, und zwar läßt sich dieses Durchspießen nicht so sehr in den von lehmigen Verwitterungsprodukten erfüllten Mulden, als auf den Anhöhen kon- statieren. Die Entstehung der Kalknadeln hat man sich zum Teil offenbar wie unter der Humusschicht am Grunde eines Poljes durch chemische Auslaugung des Kalkes und Nachsacken des einbrechenden, für Wasser übrigens infolge seiner Haarspalten recht durchlässigen Radiolarites zu erklären, zum Teil dürften dabei aber auch die Ero- sionsformen des Triaskalkes vor der Ablagerung des Radiolarites mit- gewirkt haben. Der jurassische Radiolarit ist nördlich des Cukaligebirges auch im Gebiete von Suma vorhanden. 3. Lias. Ließ sich die Schichtserie von Eocän bis zum unteren Jura noch relativ gut feststellen, so verlassen wir den sicheren Boden, wenn wir darangehen, jene Profile zu besprechen, woselbst die roten, jurassischen Tonschiefer nicht wie bei Brzola transgredierend auf !) Die Bearbeitung dieses Materials hat Dr. Kober übernommen. [17] Zur Stratigraphie und Tektonik des Vilajets Skutari in Nordalbanien. 245 Triaskalk, sondern auf jenem Plattenkalke liegen, den ich kurz Cukali- kalk bezeichne. Der Cukalikalk ist ein mächtiger, im Hangenden Lagen von großen Hornsteinknollen führender Plattenkalkkomplex, der an seiner Basis scheinbar in dichten, ungeschichteten, massigen Kalk übergeht und daher einigermaßen an den untersten Kalk des Proni Pigs bei Kroni Madh erinnert, infolge Fossilmangels und vielfacher Zerknitterung bisher jedoch sowohl einer Altersbestimmung als auch einer weiteren Gliederung trotzte. Die an manchen Orten auftretenden, ihrer Form nach an Spongien erinnernden Hornsteinknollen, die mit einem stiel- artigen Unterteil die Schichten häufig vertikal durchsetzen und sich, wie mir Dr. Katzer nach Besichtigung der albanıschen Stücke mit- teilte, in ähnlicher Form auch in manchen jurassischen Plattenkalken Bosniens wiederfinden, scheinen für das Juraalter des Cukalikalkes zu sprechen, der dann über den Triaskalk von Brzola zu liegen käme, eventuell in seinen obersten Lagen mit den unten auf Taf. XIV, Fig. 1 sichtbaren Schichten der Plattenkalke von Stenza ident wäre. _ Stellenweise, so bei n’Prek am Abstiege von der Cafa Skegs nach Cereti Vilz PoSter, erscheint der einfach gewölbte Hornstein- schiefer diskordant auf zerknittertem Cukalikalke zu liegen, im Proni Marsolit knapp bei Öereti ist jedoch ein Übergang von Platten- kalk in Hornsteinschiefer zu konstatieren, wobei freilich die Frage offen bleibt, ob dieser Plattenkalk und der Oukalikalk ident sind. Vorläufig scheint es mir gut, den Cukalikalk, wie er sich am typi- schesten zwischen Ura Strejnt und Prekali repräsentiert, als selbst- ständige unterjurassische Bildung zu betrachten. Typische Liaskalke lassen sich außer bei Malci und Mlagaj, woher sie schon besprochen wurden, auch bei Lisna, unweit Gömsice, am Rande der Kalkplatte des Jubani konstatieren. Dem Sammel- eifer des Franziskaner-Missionärs P. Stephan Gjecov ist die Ent- deckung der Liasammoniten dieser Lokalität zu verdanken. Das Profil, das ich in 1909 aufnahm, zeigt als oberstes, allerdings sehr schlecht aufgeschlossenes und zum Teil von jüngeren Tonschiefern verhülltes Niveau bei den Häusern von Lisna etwas Jaspisschieier, darunter folgt mit 3 m Mächtigkeit rosenroter, plattiger bis massiger Kalk mit Fladen und Knollen von rotem Hornstein, unter diesem folgt in ziemlicher Mächtigkeit Jaspisschiefer, und noch tiefer eine 5m mächtige Kalkbank, unter der jene gelblichen bis rosenroten, knolligen Mergel zum Vorschein gelangen, die die jüngsten von dieser Lokalität bekannten Ammoniten enthalten, und petrographisch mit den ammonitenführenden Mergeln von Malöi und Mlagaj ident sind. Durch Zunahme des Kalkgehaltes verfestigt sich der ammonitenführende Mergel bei Lisna rapid gegen unten, verliert hierbei auch seine gelblich-rosenrote Farbe, und kaum 4 m unter der obersten Mergel- lage hat man neuerdings einen bankigen, festen, klingenden, diesmal grauen Kalkstein vor sich, in dem sich nebst Ammoniten auch einzelne Orthoceren finden. Zirka 10 bis 15 m unter den Orthoceren trifft man in dichtem, grauem Kalk bereits größere Megalodonten und heller, etwas umkristallisierter Kalk bildet bei Rasa Kavanit das Liegende dieser Serie, die vom Lias bis in die obere Trias hinabreicht. 32* Lo 946 Dr. Franz Baron Nopesa. [18] Wegen des guten Aufschlusses, ‚der nahen Lage zur Stadt Skutari sowie des scheinbaren allmählichen Uberganges von Lias in Trias, ge- winnt die Lokalität Lisna geologisch eine hervorragende Bedeutung und da die Bevölkerung von mir aufmerksam gemacht, ihr Interesse ebenfalls bereits den Ammoniten (albanisch: Gamihl, auch Kacamihl — Schnecke) dieser Lokalität zuwendet, ist ihr Auffinden und ihr weiteres Studium leicht durchführbar und wärmstens zu empfehlen. A. Trias. Über die obere Trias des Cukaligebietes, die sich am Jubani, dann auch noch bei Bena am Rücken Kodra Snkolit in der Fazies von Megalodontenkalken mit Thecosmilia clathratha Emr. repräsentiert und zu der möglicherweise der massige Teil der Cukalikalke sowie das Rhätvorkommen von Palci gehört, wurde das wesentlichste bereits im vorigen Abschnitte berichtet. Betreffs des obertriadischen Kalkes von Jubani ist derzeit nur das zu erwähnen, daß sich von den Orthoceren und Megalodonten von Lisna abgesehen nach Prof. v. Arthaber seiner Bestimmung bei Vau Denjs Megalodus Damesi Hoern. und bei Renci Heterocasima grandis Koken vorgefunden haben. Uber die tiefere Trias ist folgendes zu sagen: Unter scheinbar demselben roten Schiefer und Hornstein, unter dem bei Brzola die massigen bereits erwähnten triadischen Kalke sichtbar werden, gelangt bei der Kirchenruine Sne Prenna, unweit Mazarek, plattiger, mergeliger Kalk von geringer Mächtigkeit, darunter fester, reiner, klingender Plattenkalk zum Vorschein. Letzterer geht gegen unten in weißen bis rosenroten Kalk und noch tiefer in roten Knollenkalk über. Am Fuße der kleinen Kuppe, auf der die Sne Prennakirche steht, hat sich ein offenbar von der Höhe herabgerolltes Geröllstück mit Halobia lineata Metr. und Daonellenbrut (Bestimmung von Prof. v. Arthaber) gefunden, die auf mittlere oder obere Trias weisen würde. Im massigen Kalke von Brzola konnte Prof. v. Arthaber folgende Formen nachweisen: thynchonella decurtata Gw., Waldheimia angusta Schloth., Spüriferina Mentzeli Dunk. Da der geologische Aufbau zwischen Sne Prenna, Mazarek und dem Drin infolge von kleinen Brüchen förmlich zerhackt ist, kann man über das Liegende der Sne Prennakalke bloß durch den Abstieg von Sne Prenna in das Nerfusatal oder durch Begehung eines anderen Parallelprofils Aufschluß erhalten. Für die allgemeine Orientierung sind die zum Teil auf Tafel XX, Bild 1 veranschaulichten Wege von FuSa Rads über Firza Kuce nach Rasa Gris, der Abstieg von Rasa Gris in das Nerfusatal sowie der neuerliche Aufstieg nach Vilza Mazarekut geeignet. Der bei Sne Prenna Mazarekut nahezu horizontal liegende mitteltriadische Halobien- kalk (vergl. Taf. XX, Fig. 1) springt der Topographie der Gegend folgend im Tale vom Proni Mehajt weit gegen Osten zurück, tritt am Berg- rücken von FuSa Rads, den Höhenlinien folgend, wieder gegen Westen vor, begleitet beiderseits die Hänge des nördlich von Firza Kute fließenden Proni Staja-Tales, schneidet dessen Talsohle ungefähr in der Gegend von Sbu& und läßt sich dann an der der Rasa Gris gegen- [19] Zur Stratigraphie und Tektonik des Vilajets Skutari in Nordalbanien. 247 überliegenden Lehne des Vilzaberges mit dem ‘Auge gut verfolgen, wobei man feststellen kann, daß er sich gegen Nerfusa hinabsenkt; durch einige fast unbedeutende Staffelbrüche wird dieses Absinken beschleunigt. Beim Orte Vilza beschränkt sich der Kalk auf den höchsten Teil des Berges, andernorts wird er von grellrotem, zum Teil jaspisartigem Schiefer überlagert. Die Mächtigkeit des Kalkes beträgt an dieser Stelle etwa 20 m, er ist weiß bis rosenrot, massig bis knollig und wird von roten Spatadern durchzogen. Eine wenig mächtige Jaspisschicht trennt diesen Kalk, den man, von dem Halobien- gerölle abgesehen, fast versucht wäre, mit den Kalkeinlagerungen des Juraradiolarites zu identifizieren — von den darunter liegenden Porphyr- und Diabasporphyritmassen, die mit den zu besprechenden Eruptiv- gesteinen vom Komani und Thali ident sind, sich gleich den Tuffen von Merdita durch Kupfererzimprägnierung auszeichnen und wohl sicher in die Trias gehören. LU2a HU 4 Profil durch die mittlere Trias bei Firza Kuce. 1 —= Weicher Schiefer. — 2 = Halobienkalk. — 3 = Jaspis der mittleren Trias. — 4 — Eruptivgestein. — 5 = Jaspis. — 6 — Triaskalk unbestimmten Alters. Leider ist der Kupfergehalt des Diabasporphyrites westlich vom Cukali zu gering, als daß sich seine Exploitierung lohnen würde, und ich bin daher nicht in der Lage, Prof. Frech’s günstigem Gut- achten über das Kupfervorkommen am Cerpikuberge beipflichten zu können. Als markantestes Fossil dieser Gegend wäre ein Acrochordi- ceras zu erwähnen, der aus der Gegend von Bardanjolt stammt und von Prof. v. Arthaber in seiner Arbeit über die Trias von Albanien (Beitr. z. Geolog. u. Paläontolog., Vol. XXIV) besprochen wurde. ö Einschlüsse von rosenrotem, massigem Kalke im Eruptivgestein des Cerpiku-Berges zeigen, daß die Eruptivgesteine ein hier nicht zutage- tretendes Kalkniveau durchbrochen haben, und auch dieses Umstandes werden wir bei Besprechung des Werfener Kalkes von Merdita gedenken müssen. Anstehend ist unter dem Eruptivgesteine bloB an wenigen Stellen, so bei Firza Kuce, roter Jaspis, ferner weißer und roter Horn- stein anzutreffen, an dessen Kontaktflächen das Eruptivgestein lokal sehr schöne, zirka 1 dm dicke, radial gestellte Säulchen aufweist. Ein 1905 flüchtig hingeworfenes Profil gibt die Verhältnisse dieser bei Firza Kute gelegenen Stelle in Textfigur 3 wieder. Ob aber die in diesem Profil als Triaskalk unbestimmten Alters bezeichnete 248 Dr. Franz Baron Nopcsa. [20] Bildung tatsächlich einem Einschlusse von Werfener Kalk im Eruptiv- material entspricht, oder, wie durch die eingetragene Bruchlinie an- gedeutet wurde, bloß eine verschobene Scholle mitteltriadischen Kalkes darstellt, ist noch nicht untersucht worden. Größere Kalkmassen, die wohl dem Werfener Niveau entsprechen, sind unter dem Eruptivgesteine bei der Vereinigung des von Shbu& kommenden Proni Staja mit dem von Firza Kute kommenden Proni Mehajt anzutreffen und das Panoramabild Figur 3 auf der Tafel XX bringt, abgesehen von den tektonischen Verhältnissen, auch die Strati- graphie dieser Gegend klar zum Ausdruck. Ganz analoge und offenbar gleich alte Bildungen, nämlich ver- schiedenartige Kalke, Jaspisschiefer, Hornstein und Eruptivgesteine kann man allerdings unter viel komplizierteren tektonischen Verhält- ne auch südlich von Ura Strejnt und Omare (unweit DriSti) wieder- nden. Altere Bildungen als möglicherweise untertriadische Kalke sind bisher im Gebiete des Cukali nirgends nachgewiesen worden, denn die einzigen älteren Bildungen, nämlich die bei der Kirche von Mazarek vorkommenden, Brachiopoden enthaltenden dunklen Fusulinen- kalke, liegen, wie gezeigt werden soll, eingewalzt in eocänem Schiefer. C. Eruptivmassiv von Merdita. I. Kreide. Zum Unterschiede von den bisher besprochenen Gebieten ist in Merdita die obere Kreide die jüngste Bildung, die nachgewiesen werden konnte. Die Kreide besteht aus einer bunten Wechsellagerung von weißem, grauem, kaffeebraunem und rosenrotem Kalk, gelblichem Kalkmergel, dunklem Kalkschiefer, ebenso gefärbtem, kalkigem Ton- schiefer und endlich aus grellroten, braunen und dunkelgrauen, schwärzlich-grünen Sandsteinen und Konglomeraten. Durch Brüche werden alle diese, meist flach gelagerten Bildungen durcheinander- geworfen, es ist daher anfangs recht schwierig, eine regelmäßige Schichtfolge festzustellen und dies ist der Grund, weshalb das erste, besser bekannte Kreideprofil dieses Gebietes, nämlich jenes des Mali Sejnt, weder von Ing. Manek noch von Dr. Vetters ganz richtig gedeutet wurde. Von der Cafa Spalit bei Orosi gegen den Mali Sejnt ansteigend, trifft man, auf einem Eruptivgesteine der Serpentingruppe lagernd, Dioritbrocken enthaltenden weißen Kalk, höher oben bei Skala Sejntit dunkle, tonige Kalke und topographisch darüber gelagert rosenroten Kalk. Dr. Vetters glaubte dieses Profil so deuten zu müssen, als ob der dioritbrockenhaltige Kalk dem rosenroten Kalk entspräche und über den dunklen tonigen Kalk transgrediere. Der Abstieg von der FuSa NanSejnt gegen den Fandifluß zeigt aber, daß dies nicht der Fall ist, denn unter dem rosenroten Kalke gelangen srelle Konglomerate, darunter neuerdings Kalk, dann dunkler, toniger [21] Zur Stratigraphie und Tektonik des Vilajets Skutari in Nordalbanien. 249 Kalk und erst unter diesem heller Kalk mit Dioritbrocken zum Vorschein. i Steigt man von Sn Gjini gegen die Zepja, so findet man eine Schichtfolge, die auf den ersten Blick gar keine Ahnlichkeit mit dem Mali Sejnt-Profil aufweist. Unterhalb der Häusergruppe von Sn Gjini sieht man grauen, dunklen, lockeren Sandstein und schotterartiges Konglomerat, darauf eine Kalkbank, noch höher rote Konglomerate, dann rote Sandsteine, noch höher gelbliche Mergel und mergelige Kalke und weiter bergauf etwas violett und grün gesprenkelten sandigen Kalk, dem nacheinander sandiger, grauer Kalk, kaffee- brauner Kalk und endlich massiger, heller Kreidekalk mit Hippuriten folgen. & Der Aufstieg von Fandi gegen die Cafa Logut auf der Munella gibt wieder ein anderes Profil, indem von unten nach oben sehr grobes Basiskonglomerat, dann mit Plattenkalk und Kalkschiefer wechsel- lagernde Konglomeratbänke, hierauf Kalke mit Dioritbrocken, dann mit Kalklagen wechsellagernde Konglomerate und zu oberst rosenroter, massiger Kalk aufeinander folgen; vergleicht man aber alle diese Profile genauer miteinander, so lassen sie sich doch schließlich alle recht gut in ein Schema fügen. Das jüngste im Eruptivgebiete von Merdita nachweisbare Niveau ist ein massiger Hippuritenkalk, der sich bisher nur am Guri Nusjes vorfand und infolge seiner Versteinerungen als oberkretazisch bestimmt werden konnte. Unter dem Hippuritenkalk, und zwar gleichfalls nur von Guri Nusjes bekannt, kommt ein kaffeebrauner, dichter Kalk mit nur schlecht herauspräparierbaren Fossilien zum Vorschein, der sein nächstes, wenn auch fern von Merdita gelegenes Analogon in den von mir vor Jahren in diesem Jahrbuche beschriebenen Kreidekalken von Zümbi am BaStrikhange findet. Kalkschiefer mit Chondrodonten, die mit grauen, sandigen Kalken wechsellagern, bezeichnen am Zepjahange das nächsttiefere Niveau und sind — durch Stafelbrüche in bedeutende Höhen ge- schoben — auch auf der Oafa Stegut zwischen der Zepja und dem Guri Nusjes zu erkennen, woselbst sie sich jedoch mehr als plattige, helle Kalke präsentieren. Unter dem Kalkschiefer findet sich sowohl am Anstiege von der Cafa Stegut zur Zepja als auch am Abhange des Guri Nusjes wenig mächtiger Kalkschiefer mit grünsandbhaltigen Zwischenlagen, der ein leicht erkennbares Niveau abgibt und unter dem allenthalben gelb verwitternde Mergel und Mergelkalke anstehen. Da es vielerorts, namentlich bei Kinta, gelang, in diesem Mergel Caprotinen aufzufinden, wird sich dessen Alter nach der Bearbeitung des paläontologischen Materials recht gut bestimmen lassen. Ein Ostreenschalen enthaltender, bald gelber, bald gelb- und rotgefleckter, bald bloß roter, kalkiger Sandstein entspricht einer noch tieferen Lage als der Caprotinenmergel und hat deswegen strati- graphische Bedeutung, weil er sowohl auf der Zepja und dem Guri Nusjes als auch auf der Munella vorkommt. Im Gegensatze zur Zepja fehlt am Mali Sejnt und der Munella der helle Rudistenkalk und die Caprotinen, die dem Mali Sejnt und der Zepja gemeinsam sind, scheinen auf der Munella gleichfalls zu fehlen, hingegen dürfte 250 Dr. Franz Baron Nopcsa. [22] der rosenrote Kalk der Cafa Logut dem rosenroten Kalke bei Nan Sejnt entsprechen und beide erinnern wieder sehr stark an jenes Material, das ich 1905 aus der Gegend von Prizrend beschrieb, Cviljen- kalk nannte und von dem Bastrikkalke trennte. Durch Zunahme seines Korns geht trotz mannigfacher Ein- schaltung von Korallenbänken der feine Ostreensandstein gegen unten in ein grobes Ronglomerat über, das intensiv rot gefärbt ist, daher landschaftlich allenthalben stark hervortritt und durch seinen Gehalt an Serpentin und Jaspisbrocken auf der Munella für die Alters- bestimmung des Serpentins einen bedeutenden Wert hat. Bei Nan Sejnt gelang es, im Konglomeratgerölle von grünem, tuffitischem Quarz- schiefer (wohl aus der mittleren Trias), grauem Kalk, rosenrotem Kalk, rotem Jaspis und Diorit zu konstatieren. Andernorts haben sich schlecht bestimmbare Nerineenfragmente, auf der Munella triadische (?) Kalk- serölle mit Korallen gefunden. Eine Kalkbank, die sowohl bei Sn Gjini als auch beim Anstiege von Kodr Keö (unweit Kimesa) auf der Munella auftritt, trennt das rote Konglomerat von einem darunterliegenden tuffreichen, grünlich- grau gefärbten, meist wenig verfestigten, schotterartigen Kon- glomerat, das bei der Zepja die Basis der Kreidebildungen bildet, vom Mali Sejnt und von der Munella hingegen nicht bekannt ist. Dieses Konglomerat besteht nebst spärlichen Kalkgeröllen fast aus- schließlich aus Gabbro- und Dioritsand, in dem taubeneigroße, gut- serundete Stücke desselben Materials liegen. Neuerliche, zum Teil rosenrote Kalkbänke trennen den dunklen Dioritsand vom hellen, fast weißen Kalk mit schwarzen Dioritbrocken, der über die älteren Bil- dungen transgrediert. Am schönsten ist der dioritbrockenhaltige Kalk auf der Cafa Logut anzutreffen, denn hier kann man sein dreimaliges Alternieren mit groben Konglomeraten konstatieren, während er bei Kodr Kec und am Mali Sejnt nur eine einzige Lage bildet. Grobe, tuffige Konglomerate und darunterliegende, zum Teil mit ihnen wechsel- lagernde, sehr dunkle, plattige, mit fast ebenso gefärbten Kalkton- zwischenlagen repräsentieren auf der Munella das Barremien und sind als solche auch von Dr. Vetters am Mali Sejnt auf Grund von Ammonitenfunden fixiert worden. Bloß lokal, nämlich beim Mali Rasevet Zefit, auftretendes Kon- glomerat, das sich durch das Auftreten von faßgroßen Einschlüssen als Strandbildung erkennen läßt, beschließt die Kreidebildungen gegen unten, während das Alter des schwarzen, große Nerineen und Requienien (?) enthaltenden Sandsteines, den man am Abstiege von der Munella gegen Domgjoni antrifft, noch nicht fixiert wurde. Topo- graphisch liegt der schwarze Sandstein über dem roten Konglomerat und scheint dies zu bedecken, seine Fossilien scheinen aber für ein höheres Alter zu sprechen. Da er bisher nur von einer einzigen Stelle bekannt ist, paläontologisch außerdem bisher nicht ausgebeutet wurde, scheint es am besten, ihn zwar zu erwähnen, sich aber jedes weiteren Urteiles zu enthalten. Resumierend bekommen wir daher für die Kreide von Merdita von oben nach unten folgende Schichtfolge: [23] Zur Stratigraphie und Tektonik des Vilajets Skutari in Nordalbanien. Hl Il. Obere Kreide: 1. heller Rudistenkalk, 2. kaffeebrauner Kalk, 3. mehr oder weniger sandiger und plattiger Kalk mit Trichiten, 4. grünsandhaltiger Kalk. ll. Untere Kreide: 5. Kalkmergel mit Caprotinen, 6. feiner Sandstein mit Ostreen, lokal Korallenbänke, 7. rotes Konglomerat, 8. graues Konglomerat, 9. transgredierender Kalk mit Dioritbrocken, 10. grobes Konglomerat, 11. dunkler Kalktonschiefer mit Ammoniten (Barremien), 12. sehr grobes Basalkonglomerat. 2. Oberer Jura. Durch ihre Lage zwischen unterkretazischen und, wie wir sehen werden, triadischen Sedimenten, erweisen sich die Serpentine sowie der mit ihnen verbundene Gabbro und Diorit in Merdita als jurassisch. Da die petrographische Bearbeitung des aus dem Fruptivgebiete stammenden Materials sich derzeit bei Dr. Reinhart in Bearbeitung befindet und es hier auf petrographische Ausscheidung der einzelnen Eruptiva nicht ankommt, außerdem einiges ja ohnehin im tektonischen Teil dieser Arbeit besprochen werden muß, sollen an dieser Stelle nur die Gesteine der Serpentingruppe von dem triadischen Porphyr, Melaphyr und Diabasporphyrit getrennt werden, daher ist es überflüssig, die auf den triadischen Schichten liegenden Eruptiva weiter zu schildern und kann gleich auf das nächsttiefere Niveau, auf die Tuffit- und Jaspisschichten, übergegangen werden. 3. Tuffit- und Jaspisschichten. Mit dem Ausdrucke Tuffit- und Jaspisschichten, den Katzer für gewisse Schichten gebrauchte, die in Bosnien an verschiedenen Orten, so zum Beispiel bei Doboj, Maglaj, Zavidovic, Zepie und anderen Orten, vorkommen, will ich in Albanien ohne Rücksicht aufihr Alter alle jene sedimentären Bildungen bezeichnen, die im Massiv von Merdita unter der Serpentin- und Dioritdecke zum Vor- schein gelangen, und die die mittlere und untere Trias, ja vielleicht sogar die obere Trias und einen Teil des Jura umfassen. In einer vorigen Publikation habe ich für diese Bildungen und dem sie über- lagernden Serpentin den Phillipsonschen Ausdruck Schiefer- hornsteinformation verwendet, da ich nun aber in der Lage bin, den Serpentin von den übrigen Gliedern zu trennen, außerdem der Katzersche Name sehr charakteristisch ist, gebe ich letzterem den Vorzug, zumal ich mich von der übrigens schon 1902 vermuteten Identität der albanischen und bosnischen Vorkommnisse, wie noch Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Band, 2. Heft. (Fr. B. Nopesa.) 33 2523 Dr. Franz Baron Nopcsa. [24] ausgeführt werden soll, persönlich überzeugen konnte. Diese Identität läßt sich durch nichts besser charakterisieren, als dadurch, daß ich leicht in der Lage wäre, in der folgenden, die albanischen Vor- kommnisse behandeldnen Schilderung ganze Abschnitte der auf Bosnien bezughabenden Charakteristik Katzer's Wort für Wort zu wiederholen. Im Eruptivgebiete von Merdita gelangen die Tuffit- und Jaspis- schiefer hauptsächlich in fünf mehr oder weniger zusammenhängenden Aufschlüssen zur Geltung, die ich als „Aufbruch von Thai“, „Auf- bruch von Komana - Klira*, „Aufbruch von Mnela“*, „Aufbruch von Nerfandina* und „Aufbruch von Kimesa“ bezeichne. Das gemeinsame Charakteristikum dieser fünf Aufbrüche ist, wie schon Grisebach im Jahre 1841 betonte, die vielfache Umwandlung von Tonschiefer in Jaspis; im übrigen läßt sich aber zwischen den einzelnen Aufbrüchen ein recht deutlicher Unterschied darin bemerken, daB im Aufbruch von Thadi und in jenem von Komana-Keira nebst älteren Eruptivgesteinen, Tonschiefern und Jaspisschiefern auch horn- steinhaltige bis hornsteinfreie, plattige bis massige Kalke zu stärkerer Entwicklung gelangen, im Aufschlusse von Kimesa Kalke fast ganz fehlen und Tuffite dominieren, während der westliche Teil des Auf- bruches von Nerfandina sowie der von Mnela durch das Überwiegen von Tonschiefer mit Jaspisschlieren und Tufflagen charakterisiert ist, womit freilich aber nicht gesagt werden soll, daß hier Kalkvorkommen absolut fehlen. Gerade das Durcheinander der verschiedenen Glieder der Tuffit- und Jaspisschichten hat in Bosnien und lange Zeit auch in Albanien jedem Versuche eine stratigraphische Gliederung durchzuführen, Hohn gesprochen und dies ist einer der hauptsächlichsten Gründe, weshalb ich kurze Schilderungen einzelner Aufbruchgebiete für nötig halte. Aufbruch von Thaci. Da sich die einzigen organischen Reste, die bisher unter der Serpentindecke nachgewiesen werden konnten, in den Aufbrüchen von Thaci und Komana - K&ira fanden, ist es am zweckmäßigsten, mit der Schilderung dieser beiden einander nicht unähnlichen Aufbrüche zu beginnen. Ein Weg von Gralisti über die Pjavra nach Ibalja sowie eine Begehung des Abschnittes Pjavra—Dardha sind am ehesten imstande, einen mit der Natur des Aufbruches von Thaci bekannt zu machen. Vom Drin südostwärts gegen Gralisti schreitend, erblickt man unter eocänem, kretazische Gerölle umschließendem Tonschiefer, roten und grünen, festen, zum Teil kieselsäurereichen, zum Teil specksteinartigen Tonschiefer, der gegen Süden in graue, hornsteinlagenhaltige Kalk- schiefer und in hornsteinhaltigen Plattenkalk übergeht und etwas nördlich der Häuser von Gralisti den Kern einer gegen NNW umge- legten Antiklinale bildet, so daß sich knapp nördlich von Grali$ti neuer- dings die bunten, kieselreichen Schiefer zeigen. Auf den bunten Schiefern liegt am Sattel östlich der Häuser von GraliSti eine kleine Serpentinscholle, die von schwarzem, festem, zu Knollen gequetschtem, an Gjanischiefer erinnerndem Schiefer bedeckt wird. Unterhalb des [25] Zur Stratigraphie und Tektonik des Vilajets Skutari in Nordalbanien. 253 Sattels fehlt bei den Häusern von Gralisti der Serpentin, die Gjani- schiefer kommen hier unmittelbar auf die kieseligen Schiefer zu liegen. Geht man von Gralisti an der Tallehne, dem Wasserleitungs- sraben folgend, gegen Süden, so begleiten einen zunächst noch die schwarzen Schiefer, dann zeigen sich graugrüne Schiefer, hierauf trifft man einen großen, von rosenroten bis lichtgelben Adern durchsetzten Kalkblock, der im Schiefer eingeschlossen zu sein scheint, später triffi man auf (?) dem Gjanischiefer etwas ausgewalzten, roten Jaspis- schiefer und etwas Eruptivgestein, darauf bei Guri Markut einen massigen, grauen Kalk, der gegen oben in roten, knolligen Kalk über- geht und von stark an die roten Juraschiefer von Brzola erinnernden, intensiv roten Tonschiefer und Jaspisschiefer bedeckt wird. Nach einer neuerlichen Zone von gjanischieferartigem Gesteine gelangt man, zur Pjavra aufsteigend, am Rücken Kodr Rahi Kovaeit in 740 m Meeres- höhe an einen Zug älterer Eruptivgesteine (Porphyr) und von da führt der Weg über zum Teil glimmerhaltige Schiefer sowie über Sandsteine und sandige Schiefer auf die Pjavra hinauf. Begibt man sich von der Pjavra nach Ibalja, so kommt man, gegen den Paß „n’ Krüc“ ansteigend, auf rote Jaspisschiefer und rote bis braune Tonschiefer, die Partien von sehr feinem, dichtem, ungeschichtetem, grünlichgrauem, kalkarmem Sandstein einschließen und bei Kroni Bosee von gyroporellenhaltigem, gräulichem, ziemlich massigem Kalke überlagert werden. Am Passe „n’ Krüt“ trifft man zum Teil in graue Jaspisschiefer verwandelte Tonschiefer gleicher Farbe; der Abstieg nach Ibalja führt über eine fortwährende Wechsel- lagerung von mehr oder weniger tonigem Schiefer und Jaspisschiefer mit älteren Eruptivgesteinen, die nur einmal am halben Wege von schwarzem, knolligem Tonschiefer unterbrochen wird. Die Höhen, die einen während dieses Abstieges zur rechten Hand begleiten, wie Rasa Martolecet und andere, werden von gyroporellenhaltigem Kalke gekrönt. Am Abstiege von Pjavra nach Poravi hat man untereinander grauen Kalk mit Hornsteinlagen, unter diesem weißen und noch tiefer roten Radiolarit zu unterscheiden; unter letzterem kommen lokal graue Tonschiefer zum Vorschein. Ob das tuffige Eruptivgestein, das unweit des ersten Hauses von Poravi ansteht, über dem Kalke oder unter dem Tonschiefer zu liegen kommt, konnte an dieser Stelle leider bis heute noch nicht festgestellt werden, jedoch nach dem urteilend, was am Wege zwischen Poravi und Miliskau bekannt wurde, scheint es unter die Tonschiefer zu gehören. Die Wasserscheide zwischen Poravi und Miliskau besteht aus Kalk, den man offenbar mit dem Gyroporellenkalk von Bosec identi- fizieren kann; der Abstieg von dort nach Miliskau führt über roten und schwarzen Tonschiefer, bis bei Miliskau selbst das Tuffniveau er- reicht wird. Serpentin, schwarzer, knolliger Schiefer, Jaspisschiefer und darunter liegender, heller bis lichtgrauer, zuweilen rosenroter Kalk sind von oben nach unten die Schichten, die man beim Kontakt der Serpentin- decke mit dem Tuffit und Jaspisschichten unweit Mziu antriift, und es scheint also die Schichtreihe im Aufbruche von Thadi im wesentlichen von oben nach unten aus 33* 254 Dr. Franz Baron Nopcsa. [26] Gjanischiefer, Jaspisschiefer, 3. Gyroporellenkalk, 4. Jaspisschiefer, 5. Tuffit und Eruptivgesteinen N m zu bestehen; ob aber nicht zuweilen, so bei Guri Gjat, zwei ver- schiedene Kalkniveaus zu unterscheiden sind, darüber können von den Andeutungen, die wir durch das Studium des Aufbruches Komana- Keira erhalten, absehend, erst zukünftige Forschungen Licht verbreiten. Aufbruch von Komana-Klira. Schon aus der Ferne, etwa von den nördlich des Drin gelegenen Höhen bei Slaku, erkennt man, südwärts schauend, wie sich vom Drintale bei Komana drei teil- weise unterbrochene Kalkzüge in südwestlicher Richtung schräge auf die gegenüberliegenden Berge hinaufziehen. Die weißen Hänge der Kalkzüge heben sich von dem mit Wald und Gestrüpp bewachsenen Schieferboden scharf ab und bilden drei weithin, bei guter Beleuchtung bis nach Mazarek sichtbare Parallelstriche in der Landschaft. (Vergl. dazu Panorama 2 auf Doppeltafel XXIV.) Drei Wege, der von Komana nach Oereti PoSter, der von Komana über die Cafa Plorit nach DusSi Eper und der von Karma nach DuSi Eper, gewähren einen recht guten Einblick in den geologischen Aufbau dieses Gebietes. Von der Kirchenruine bei Karma, woselbst dunkelgrauer, mehr als faßgroße, megalodontenhaltige Kalkblöcke einschließender Eocän- schiefer ansteht, bergauf steigend, gelangt man bald in eine braune, tuffitische, aber auch Jaspislagen aufweisende, schmale’ Zone, die bald unter Serpentin verschwindet. Ungefähr 3 km südöstlich der Karmakirche wird der bis dahin mehr oder weniger deutliche Kristall- elemente (Bastitkörner?) aufweisende Serpentin glasig und bald darauf kommen unter ihm Hornsteinschiefer, Jaspisschiefer und Tonschiefer zum Vorschein, die einen fast bis zur Cafa Smrijs begleiten. Beim Zurri Bardh wird der Jaspisschiefer von hornsteinhaltigem Platten- kalk überlagert; jenseits der Cafa Smrijs ist man eine Zeitlang noch im Gebiete “der den Jaspisen überlagerten, an ihrer Basis Hornstein- schichten aufweisenden Kalke, dann senkt sich der Weg in eine Zone älterer Eruptivgesteine und Tuffite, unter welchen im Talgrunde des Proni Karamahit neuerdings Jaspisschiefer und ganz in der Tiefe einige Kalkschollen zum Vorschein gelangen. Der Aufstieg vom Proni Karamahit zur Öafa Djats führt durch eine Tuffitzone hindurch zu Jaspisschiefern, die von einer kleinen Serpentinzone überlagert werden und nach mehrfacher Abwechslung von Serpentin und Jaspisschiefer, wobei ersterer das Hangende, letzterer das Liegende zu bilden scheint, gelangt man am Abstiege von der Cafa Djats nach Keira wieder in die Tuffitzone, noch tiefer neuerdings auf Jaspisschiefer und endlich bei der Kirche von K£ira auf eine lokal in der Fazies roter Knoilen- kalke entwickelte, sonst helle Kalkbank, deren Ammoniten — Prof. v. Arthaber zufolge — auf die Werfener Schichten hinweisen. Bisher sind von K£ira folgende Formen bekannt geworden: Popuno- ceras Kokeni Arth., Xenaspis mediterranea Arth., Pronorites triadieus [27] Zur Stratigraphie und Tektonik des Vilajets Skutari in Nordalbanien. 255 Arth., Lecanites discus Arth., Meekoceras marginale Arth., Celtites Keirensis Arth.,, Nannites Heberti Dien., Tirolites seminudus Mojs., Columbites Perrini-Smithi Arth., Columbites europaeus Arth., Pseudo- sageceras multilobatum Noetling, Sageceras albanicum Arth., Monophyllites Hara Dien., Monophyllites Nopesai Arth., Monophyllites Dieneri Arth,, außerdem sind folgende Genera vorhanden: Hedenstroemia, Dinarites, Ophiceras, Xenodiscus, Proptychites, Japonites, Beatites, Olypites, Albanites, Procarnites, Parapopanoceras, Paragoceras, Protropites, Arianite. Die Monographie dieser u. a. von Prof. v. Arthaber bestimmten Formen ist in seiner bereits mehrfach erwähnten Arbeit über die Trias von Albanien zu erwarten. Offenbar ist der Werfener Kalk von K£ira mit jenem Kalke zu identifizieren, dessen Spur unten in Proni Karamahit angetroffen wurde und der noch besser südwestlich von DuSi Eper in der Talschlucht „met dü Rasave* (zu deutsch = „zwischen den beiden Felsen“) aufgeschlossen ist, woher die auf Tafel XIV in Fig. 2 abgebildete Photographie stammt, an der man erkennen kann, wie der helle Kalk dieser Stelle von rotem, wohl mitteltriadischem Porphyrgestein durchsetzt wird. Infolge dieser Beobachtungen kann man, von den Gjanischiefern absehend, die Triasserie dieses Aufbruches in 1. Öafa Ploritkalk, 2. Jaspisschiefer, 3. Tuffitniveau, 4. Jaspisschiefer, 5. Werfener Kalk zerlegen und diese Einteilung deckt sich vollkommen sowohl mit dem, was wir im Aufbruch von Thai kennen gelernt, haben, als auch mit den Triasprofilen westlich des Cukali. Die Cafa Ploritkalke sind daher mitteltriadisch und offenbar mit dem Gyroporellenkalke von Bosec und dem Brzolakalk und dem Halobien- und Daonellenkalke von Sne Prenna zu identifizieren. Auch die kleinen Kalkblöcke, die man über Jaspisschiefern und Brachiopoden führend südwestlich von Krüziu, daun in gleicher Lagerung nördlich von Mnela, endlich in srößerer Entwicklung auch bei BliniSti in Merdita antrifft, können am besten mit diesem Kalkniveau identifiziert werden. Aufbruch von Kimesa. Der Aufbruch von Kimesa unter- scheidet sich von den beiden nördlicheren, soeben besprochenen Auf- brüchen in erster Linie durch das Dominieren von Tuffiten. Die Jaspisschiefer spielen eine nur untergeordnete Rolle; wo sie auftreten, bilden sie oft nur kleine, zerdrückte Schollen, Kalkvorkommen fehlen beinahe gänzlich und die größte Mannigfaltigkeit zeigt sich im Auf- bruche von Kimesa noch zwischen den Furten Vau Madh und Vau Vogel bei BliniSti, woselbst mannigfache Eruptivgesteine, Kalk und rote Jaspisschiefer vorkommen, die schon von Dr. Vetters be- schrieben wurden. Im Kalke hat sich südlich von Blinisti, wie mir Professor v. Arthaber mitteilte, Omphaloptychea sp. gefunden, was möglicherweise auf Raibler Schichten hinweist. 256 Dr. Franz Baron Nopcsa. [28] Von geologischem aber auch nationalökonomischem Standpunkte verdienen die Tuffitschichten von Merdita ob ihres Erzgehaltes ein ganz besonderes Interesse; denn abgesehen von der Möglichkeit, das eine oder das andere Vorkommen nach Herstellung der nötigen Kommunikationsmittel zu exploitieren, erinnert dieser Umstand lebhaft an den Kupfergehalt des Üerpiku. Speziell bei Cafa Barit tritt Schwefelkies in solcher Mächtigkeit und Ausdehnung zutage, daß sich sein Abbau, trotz aller Kommunikationsschwierigkeiten unbedingt ren- tieren würde. D. Resume des stratigraphischen Teiles. Die auf pag. 258 und 259 befindliche Tabelle soli die bisher ge- schilderte Stratigraphie Nordalbaniens kurz rekapitulieren. Die großen faziellen Unterschiede im Vilajet Skutari beginnen mit dem Jura und endigen erst mit der Transgression des Oligocän. Der Erklärungsversuch dieser Unterschiede soll zwar im tektonischen Teile gegeben werden, immerhin ist es aber schon hier unbedingt nötig, darauf hinzuweisen, daß sich das ganze Mesozoikum der Nordalbanischen Tafel faziell engstens an jenes anschließt, das aus Dal- matien und Montenegro bekannt wurde, während jenes von Merdita und wohl auch jenes des Cukali mit dem übereinstimmt, das mir: persönlich aus’ der norderı bosnischen Serpentinzone bekannt ist, ferner aber auch an jenes gemahnt, das Renz aus Korfu und Epirus schildert. Am klarsten treten die Unterschiede und Ahnlichkeiten der Nordalbanischen Tafel dann zu Tage, wenn man sich vor Augen hält, daß sowohl mächtige, hornsteinhaltige Plattenkalke als auch Radiolarite, Serpentin und grobe klastische, kretazische Sedimente in Dalmatien und Montenegro, Ellipsactinienkalk hingegen am Cukali fehlen. Der Mangel an jurassischen Ammoniten in Montenegro sowie die für süd- alpine oder dalmatinische Verhältnisse befremdende Ammonitenfazies von K£ira sind zwei weitere in die Augen springende Punkte, während serade die griechischen Juraammoniten an die Verhältnisse im Cukali und die Ellipsactinienkalke der Radohina an Montenegro gemahnen. Da die montenegrinischen und dalmatinischen Verhältnisse durch Bukowski’s und Martelli’s Arbeiten leicht zugänglich gemacht wurden, entfällt die Notwendigkeit, die Nordalbanische Tafel mit diesen Gegenden genauer zu vergleichen; es erübrigt daher nur, die merdi- tischen und ostbosnischen Verhältnisse miteinander zu parallelisieren, zu welchem Zwecke ich auf folgende von mir in Bosnien gesammelte Erfahrungen verweise. Schon der kurze Weg von ZavidovicC über Hajderovic nach Breznica, dann ein Gang über den Ozren sowie ein kurzer Ausflug in der Umgebung von Doboj genügen, um sich von der völligen Identität der bosnischen Tuffit- und Jaspisschiefer sowie der Kreide dieses Gebietes mit denselben Bildungen Merditas zu überzeugen. Die gleichen schwarzen bis roten, mit Jaspisschlieren durchsetzten Schiefer, die- selben tonigen roten Jaspisschiefer, dieselben feinen, grünlichgrauen, rauhen, kalkarmen Sandsteine, ganz gleiche, braune Tuffite und idente [29] Zur Stratigraphie und Tektonik des Vilajets Skutari in Nordalbanien, 257 Diabasporphyrite und Melaphyre treten hier wie dort unter dem Serpentin zu Tage und gleichen schon diese südwestlich Omerovie (bei Hajderovic) anstehenden Bildungen völlig den albanischen, so erhöht sich die Ähnlichkeit durch das Vorkommen von hellen bis roten, zum Teil verkieselten Mergelkalken und Kalkblöcken, die petrographisch vollkommen an das Kalkvorkommen von Blini$ti er- innern, in beinahe unheimlicher Weise, zumal wenn man den geo- graphischen Abstand beider Punkte voneinander in Betracht zieht. Ein im Bereiche der Jaspisschiefer unweit Doboj bei Svietlica vorkommender Kalkblock erinnert durch seinen Habitus und die Schichtfolge (nämlich: massiger Kalk, sandiger Kalkschiefer und Ton- schiefer, Hornsteinbank, roter Tonschiefer mit knolligschiefrigen Kalk- lagen, Kalkbreccie, roter Jaspischiefer) dermaßen an die Werfener Kalke von Keira, daß ich in der völligen Überzeugung, Klirakalk vor mir zu haben, daselbst längere Zeit, wenn auch leider erfolglos, Ammoniten suchte. Die bosnischen Radiolarite scheinen nach Katzer’s mündlicher Angabe gleichfalls nicht unerheblich an jene des Cukali zu erinnern und noch größer wird die Ähnlichkeit der beiden Gebiete, wenn man auch die Kreide in Betracht zieht. Fast genau so wie auf der Munella sieht man, daß bei Hajderovit die Tuffit- und Jaspisschichten von wenig gefalteten, Tithonkalkblöcke sowie Eruptivinaterial umschließenden aus faustgroßen Stücken be- stehenden Konglomeraten gekrönt werden, die der Landesgeologe Dr. Katzer zur Kreide rechnet. In dem von Hajderoviö allerdings 10 km weit entfernt gelegenen Orte Dolnje Breznica zeigt der hier wohl die Konglomerate vertretende Sandstein sogar jene intensiv rote Farbe, die wir in einem bestimmten Kreideniveau in Albanien an- getroffen haben. Plattenkalk, Mergel und helle, dioritartige, eckige Brocken umschließende massige Kalkbänke bilden andere (höhere ?) Lagen der Kreide von Hajderoviö und auch diese findet man, wie aus pag. 251 [23] ersichtlich, in Albanien wieder so, daß man nicht umhin kann, von der völligen stratigraphischen Identität dieser zwei Gebiete zu reden. III. Tektonik. A. Stellung der Gjanischiefer. Obzwar die Stellung der verschiedenen in unserem Gebiete vor- kommenden Gesteine halbwegs fixiert ist, ist der Versuch, die tekto- nischen Verhältnisse Nordalbaniens erklären zu wollen, ohne sich über die Stellung der Gjanischiefer genau Rechenschaft geben zu können, ein vergebliches Unternehmen. Als Gjanischiefer werden, wie schon in der Einleitung gesagt wurde, schwarze, zu Knollen zerwalzte Tonschiefer bezeichnet, die sich durch den Gehalt an großen, fremden Blöcken charakterisieren. Den Namen Gjanischiefer verleihe ich diesen Bildungen deshalb, weil ich ihre wahre Natur zum erstenmal zwischen Gjani, Kiri und Pogu erfaßte. Die besten Aufschlüsse sind gleichfalls daselbst, ferner Dr. Franz Baron Nopesa. [30] 258 (ezjeg ‘Noyug wıpoy eust]) uJuop -OJESIM a Aey I9Sıyurg ‘Toneıg ourosodıkydıog opusıyny ZIq pun o}yyn] (efozıg—vuusıg aus) y1[ey 19901 sıq 19gjTom “raoıyyepd sıq A9S1][OUN-SIsseur ‘I9IT}[EQUTeIsUIoy SIQ AOTOAFUTOISUIOU ‘aaForyosuta4s -utop ‘asjoryassıdsep ‘aoJoryosuo], (umznıy ‘1sturg ‘s290g) uafjoıod -oÄHg yw „ey Aapuaıyny uose] -UT94SUIOH SISeeT A9Urs uR “TodT} -yejd pun ı9d1sseur ‘Ta]joy ‘oyyFuL, usıop pun aursysosıkydıog apuaı -yn} zı9 Syneqg ‘urojspuwg Jayneı “A9unıanvıd ‘aauaF “NIEN[OSION ‘9JoIyoSUuo ] ‘1aJoryossrdswf 19S1uo ], (e99zıq ‘sıog edoıg) eIfLtus099U, ], Ju ATey Taunvıqneıng (Ba ered) u9}uopeSoN HU NEYIOSELA AOTOH (Pusyq-n3arg ee) 'slog wyey) usjuopowson Yıuı JIWOJoKT Ayunp pun A9][oH (ezı9(q) UIO4S -UIOH WOZIBMUYISHUYO pun Ju yeY -U9IYELATISTU0N [TO J, UNz IOZIEmMyIS yley ı9y0s -TIEUI-QOSIIoN yasıuaey (teure) ‘tuwmog ‘SeNsTg Eyeg) ATBLUOTOUM 19701 ‘aaJoryos 9S1fpSıaw-Sıpuus pun o}ypm] oyosıyızıenb ‘oyung ‘ao9JoTgqosuo]), oyeaowmojsuoy ayung MO SLUBPEIT pun yosısıuy y1jey} 10Sı][ouy ‘004 (BIN) NIE AOSı[jouy 1901 pun aagjTam ‘Tasıssuw ‘ULISUIOH 9Uyo pun rw yeyuoggerg ‘ToJorgosurags -uıof ‘toforgosstdser ‘TOJoLyosuo], (mreg ‘Ylerea 799g) AMIENUFTOO AOoy ‘aodıs -sew oyuggqyjey oyungq ‘ToJoryas 9S1709ds sung9 ‘oneıs ‘aunıd ‘9loy uayyoryoag 19u9aJ19 M (feıog “wuy ‘ndog ‘fegorg) ALeyuUaproung Aoneıd][oy ‘uspıyynpoıg pun uwauLısemyas -O9N “uaumsng Aw AojoryosyTey pun yfey} '1oJoIy9suo], A9ZIEMUOS uogqıey-owıiead ujosary usgem pun U9ZIBMUIS JIUL [IS J, nz ‘Hutojspuvs -zıen(, pun A9JoLyasuo], 9ZIBAyIS uoqgıey I[eyN,) SOp ASIgI3U9BA ) TPA9M UoA PPIgqdsarydnaq PJeL IyastugzgqjepıoNn 907 'Sed nz 259 Zur Stratigraphie und Tektonik des Vilajets Skutari in Nordalbanien. [31] (eysng) uonpwtunN yıu urs4spuwg pun A9F9IgOS A8Sıp -uvs ‘Wunvıg ‘(tuewgndg) uopIoanA yıur dOJOIgDsuUo], AOy9IaM ‘Ionen A9J9IqdsUuo], A9Sıy -[e9 ‘a9neıd ‘(T10IS) uoyınwunN pur yeyuoggeig AOyaıunıd pun A9449J0TA-IyoI[ ‘aaneıd ‘19401U9SOy (erryy 'g '2) FOWmeLy ur uopziragor; opuerunygtssog "AN dajolyag a9puayjwyyua stdsef ‘19401 AISUOFUJ uayuvq -yjey JIw gıejoıpey ıaoneıd pun 19Z1E MU9S 41994[98 “ajfoyq‘tororuneıg “Tasıygogw Aag9s ‘uosvpursIsuiof pun sıdsef rw doJorgosuo], 19404 (t[ey91g) usLsuodspasary u gjey aosıyyepd ‘rorfoy (ueypog vneuen Wem ‘fesepy “eust) uspuowmy Jıut [edıowsgfey pun A]EM T9][Eq pun 1840.1U9SoA1-TILTAT9H (sa(sny tıng ‘eldaz) y1ezuajsıpny Aaedısseu 1o]foy pun „feyusauLon A9uneıgeoayey (ug) ug ‘ulag epeyg) uaunNoıde) yıu Teste Ne A0qfp8 ‘yfey AOdLIEForyos -Srgepd ‘uogsorqytiorg gr Aey A9][9y ‘usgruomwy yıur aoForyosuog -JEy] TOJyJunp ‘yer9wmojsuoy ayung uw „ey TOJ19pwasgram (uzlor]) oyurqyey adıpuvs aneıdljey pun uraIspurg A9uneIg ‘uapIoony Yu AOFoLyos -uo], ıoneıd ‘ounıdnuıd ‘1904 AEY TOUNBIGEIHFLH (FLA)NENUOMA -nddıy 1OgTom sıq aajfoy “rosıyurg (HOIRAIN TILAS elen) uoyo-förmigen, von Slavonien bis an den Golf von Volo reichenden Zone vereinen, die durch ihren doppelten Knick den Verlauf der Westgrenze des rand- lichen, halb kristallinen Schieferzuges „Kapaonik-— Sar—Korab—-Begova“ der Rhodopemasse nachahmt und sich, den glanzvollen Ausführungen Prof. E. Suess’ folgend, als Nordostgrenze der Dinariden über Agram bis an die Tonalelinie in den Alpen verfolgen ließ, drittens sehen wir, daß sowohl der Südabfall der Prokletijen als auch der Nordabfall der Kreideberge von Ljuma Tafelrändern entsprechen, die aber nicht mit- einander homolosisiert werden dürfen. Da der eben erwähnte doppelte Knick zwischen Mitrovica und Skutari auf rein albanischem Gebiete liegt, will ich ihn den „albanischen Knick der Dinariden‘“ nennen. Auf die Tatsache, daß so wie in den Alpen auch am Balkan die Serpentine mit Radiolarit und Plattenkalk, also mit Tiefseebildungen, vergesellschaftet sind, worauf schon die geringe Mächtigkeit der jurassischen Ablagerungen weist, ist zwar schon in 1908 gewiesen worden, sie soll aber hier noch einmal hervorgehoben werden, denn möglicherweise kann diese Tatsache bei der Frage, warum so große Massen basischer Eruptivgesteine am Außenrande der Rhodopemasse vorkommen, Bedeutung haben, zumal von Steinmann diese Frage in seiner Studie über die Lepontinische Decke schon sehr vorwärts- gebracht wurde. Ob die dalmatinisch-herzegowinisch-montenegrinische Kalkzone infolge eines der Serpentinzone analogen doppelten Knickes etwa bei Skutari unter die Adria verschwindet und erst, wie dies Phillipson bereits in 1905 vermutete, in den Kalkbergen zwischen Santa Quaranta und Janina wieder zur Oberfläche gelangt oder bei Skutari endgültig aufhört, was ferner das Schicksal jener südlich von Manatia zu stets größerer Mächtigkeit anschwellenden mesozoischen Zone ist, die Cukali-Charakter aufweist, dies sind alles noch ungelöste !) Raseisch im Sinne des hervorragenden Balkankenners Th. Ippen. 280 Dr. Franz Baron Nopesa. [52] Fragen, denn bisher ist die Serpentinzone mit ihrer flachgelagerten Kreide die einzige Zone, die mit Gewißheit von Griechenland bis nach Nordostbosnien verfolgt werden konnte. IV. Schlußwort. So oft wir in der Erkenntnis der Geologie unseres Erdballs einen Schritt weiter gekommen sind, gebührt es, derer zu gedenken, die uns hierbei geholfen haben. Die als wild und barbarisch verschrienen, unzivilisierten Bergbewohner Nordalbaniens waren — im Gegenteil zu allem, was man erwarten sollte — jenes Element, auf das ich meine Reisen im Vilajet Skutari immer mehr und mehr basierte. Sie waren die einzigen, die mir vom Anfange meiner Reisen bis zu deren Ende ununterbrochen hilfreich beigestanden sind. Ihrer Gast- freundschaft und ihrer in der Erscheinungen Flucht mir gegenüber konstanten Treue verdanke ich während aller meiner Reisen nicht nur vieles andere, sondern sogar meine persönliche Sicherheit und mein Leben. Gar mancher Bergbewohner war meinethalben Ver- folgungen ausgesetzt oder verlebte, um mich gelinde auszudrücken, meinethalben „kummervolle“ Stunden; ich sah, wie nicht nur einer von ihnen ohne mit einer Wimper zu zucken bereit war, für den fremden Gast sich oder seine Angehörigen Gefahren auszusetzen oder einem traurigen, ungewissen Schicksal zu überlassen und ob solch schlichten Heldensinnes und so weitgehender Unterstützung will ich diesen Leuten, wenn es auch nieht zu ihren Ohren dringt, in ihrer Gesamtheit für ihre ununterbrochene Hilfe, ihre Unterstützung und für die Beweise ihrer Sympathie an dieser Stelle — dem Forum der Wissenschaft — als dem höchsten Forum der Menschheit, danken. V. Erläuterung zu den Abbildungen. Die Auswahl der in dieser Arbeit publizierten Abbildungen aus meiner mehr als 1000 Photographien umfassenden Sammlung nord- albanischer Landschaftsbilder erfolgte in der Weise, daß schon ein bloßes Durchschauen der Abbildungen imstande sei, einen über die tektonischen Vorgänge im Vilajet Skutari zu orientieren. Fig. 1, 2 auf Taf. XI, Fig. Trauf Taf. XV, Ber2, Tara Fig. 1, Taf. XXI und Fig. |, 2, Taf. XXII zeigen einem 'nachem- ander die Kreide, den Lias, die Trias und das Paläozoikum der Nord- albanischen Tafel, deren Schuppenstruktur durch Fig. 2, Taf. XVII belegt wird. Die Auflagerung der Nordalbanischen Tafel auf Gjanischiefer ist aus, Fig. 2, Taf. XX, Fig.1, Taf. XXT, Fie. 2, Taf. XXI under Taf. XXIII zu erkennen. [53] Zur Stratigraphie und Tektonik des Vilajets Skutari in Nordalbanien. 281 Die verschiedenen Formationen, die das Faltengebirge des Cukali ausbauen, sind aus Kiel, Tat. XIV, Fig. 1, 2, Taf, XV, Fig."2, Ba ee Tan er VI Rler 1,2, Taf. XIX, Eig! 1, Taf. XX zu entnehmen. Ihre gefaltete Natur zeigt sich auf Taf. XVIII, Fig. 1, a EXIX, Biel zTar AX, Eier 2-und Taf. XXI, Pig, 2. Das Untertauchen des Cukalisystems unter die Nordalbanische area last sich“ durch Big. 1, Taf->XVI, Fig. 2, Taf. XX, Fig. 2, Taf. XXII und Fig. 1, Taf. XXIII beweisen und wie das Falten- gebirge des Cukali unter das Eruptivgebiet von Merdita verschwindet, Zerzenplie, 2, Dat XV, Kie-T, Tar XVII, Fig. 2, Taf. XXI, Wie. 2, Taf. XXIII und Fig. 2, Taf. XXIV. Charakteristische Ansichten des Eruptivgebietes von Merdita Sindsendlich in: Fig: 2, "Taf. XIV, Fig. 2, Taf. XVII und Fie. 1 Taf. XXIV gegeben. b) VI. Ortsregister. (Die beigesetzten Zahlen geben die Seiten der Separatabdrücke an, wo der betreffende Ort er- wähnt wird; fettgedruckte Ziffern bezeichnen genauere Angaben.) Adria 51. Bräeta 10, 30, 36. Cafa Nermajs 11, 37. Agram 51. Brzola 15, 16, 17, 30, 39 » bejs 10, 12, 30, Albanien 24, 29. 40, 42. „ *Zlorit"26. Alpen 51. Bugjoni 7, 49. „ Püls 3. Arra 35. Buoli 39. „ Skegs 17. ; = Smrijs 26. Balkan 51. Cafa Agrit 3. „ Spalit 20. Balza 12, 13. „ Barit 28. „ Stegut 21, 49. Bardanjolt 19. „ Biskasit 9, 10, 11, 30. » Stegut Dhenet 10, 30. Bastrik 21. „ Boka Rumit 50. „ Stogut 11. Begova 51. „ Bosit 11, 13. „ Stramme 46. Bena 18, 40, 41, 42. » Brada Vezirit 5. „ Thermes 3, 38. Berisa 7, 46. „ Cütets 46. „ Tro$anit 36. Beriödol 5. „ Derza 10. „ Ürdjüs 41. Biga Gimajt 37. „ Djats 26. „ Valbons 9, 11. Bisag 2. } » Gris 46. Öardag Kakinjs 10. Blinisti (bei Celza) 50. „ Gurit Ku& 3,13, 33, 44. Gelra 50) Blini$ti (in Merdita) 27,29.| „ Guri Kuli 5. Cem 6, 7, 8. 30, „ Jezerce 8, 31. Öereti 50. Bobi Sals 34. . Klteöit 6. „ Poster 26, 47. Boces = Kroni Boces. » Kopristit 8. a NazRA a9: Boga 36. 5 lan ale „ Vilz Poßter 17. Bojdan 3, 7, 47, 48. „ber Ale E Verd Re, " Lisit 38. Öerpiku 19, 28, 39. Bosnien 23, 24. „ Logut 21, 22. ro BraSta 33, 34, 43. „ Melit 33. Cukali 3, 4, 5, 14, 19, 20, Brebula 46, 47. „ Mjetit 34, 44. 27, 28, 32, 38, 39, 40, 41, Breznica 28. „ Mtors 43. 42, 44, 45, 50. Brid2a 8. n Mugut 50. Curaj Eper 10, 36. 282 Curla Brass 34. Cütet (in Kiri) 32. „ Dakajt 12, 30. Dalmatien 12, 28. Dardha (in Sosi) 12, 13. 5 (in Tha£i) 24. Derza 30, 36, 37: Djotri 13. Dnela 10, 36, 37. Doboj 23, 28, 29. Dolnje Breznica 29. Domgjoni 22. Domni 9, 10, 30. Drin 2, 14, 15, 17, 24, 26, 35, 41, 42, 43, 44, 46. Dristi 3, 20. Drumja 8. Dubina 5. Dueaj 2, 36. Du$i Eper 26. Duskaj 43. Dusmani 4, 13, 31, 32, 34, 35, 43, 44. DieZani 48. Epirus 23. Fandi (Fluß) 21. KO) DI Firza Kuce 18, 19, 20. Fossek 14. Fundina 6. Funt Urs Strejntit 40. Fusa Cafs 6, 7. „ Licenit 41. „ Nansejntit 20. „ Nerthans 9. „ Rads 18. „. BRapssıioee. Fuska 31. Gimaj 4, 10, 11, 12, 30. Gjani 29, 34. Gömsice (Bach) 47, 48. = (Ort) 3, 17, 35, 45. Grabom 8. GraliSti 24, 25, 35, 45, 46. Greben 5, 7. Griechenland 51. Gropa Bors 10, 30. „ Livadit Bogs 31. Dr. Franz Baron Nopcsa. Gropa Radohina 31. Gruda 7. Grüka Gjadrit 2. „ Lugjes 12, 32. »„ Müselimit 34. Gumina 47. Guri Cobanit 10. „ Gjat 26, 46. „ Gurgoz 46. n„ Markut 23. „ Nusjes 21, 31, 49. Gurzit 14, 15. Gusta 40. Hajderovi& 28, 29. Hani Grabom 36. „ Grops 6. „ Leks 48. „ Sakatit &0. Herzegowina 7. Ibalja 24, 25, 45. Jama 5, 8, 36. Janina 51. Jezerce 8, 9, 31, 36. Jubani 18, 50. Kaftali 48. Kakinja 10. Kalaja Bok$it 38. „ Dalmaces 47. „ . Motit %. Kanaj 13, 14, 15. Kapaonik 51. Karma (am Drin) 3, 26, 32, 34, 35. Karma (in Krajsnic) 46. Kasit = Maja Kasit. Kazunes 33. K£ira 4, 24, 47, 48. Kimesa 22, 24, 27. Kinta 21. Kiri (Kirche) 29, 30, 32, 33, „ (Tal) 12, 34, 37, 40, 42. KiSa An£itit 7. „ Sn Rokut 47. Klodzen 14. Kodra Gurzit 41. Kodr Ke& 22. „ Rahi Kovabit 235. 26, 28, 29, [54] Kodr Zi& 49. Kodra Selbunit 14. „ Snkolit 18, 30. Kokdoda 7. Kokr 49. Komani 3, 19, 24, 26, 35; 41, 47. "Konaj 49, Kopliku 45. KopriSti 8, 36. ı Korab 51. Korfu 23. Korja 3, 5, 6, 7, 38,56 Kortpula 47, 48. Kozan 8. Krabi 45. Krajsnic 38, 46. Kroni Bosec 25, „ Leks 47. » Licenit 40, 41. „. .Madh: 15, 16.217: „ Spalit 48. Krüa Suks 34, 44. Krüziu 27. KStenja Mihil Nreut 14. Kutka Krajina 6. 30, 46. Kunora Lotajt 12, 13, 38. Kurta Dudvet 36. Liceni Hotit 8. Lisi Leks 46. Lisna 17, 18, 30,3% Livadi Bogs 8. Ljesnica 9. Ljuma 51. Ljumi Arstit 46. Loja 40. Lotaj 4, 13, 30. Ltep 16. Lteri Toplans 43. Lugu Mahals 48. LvoS 46. Maglaj 23. Maja Cikokut 41. „ Dhanit 3, 31. „ Ethe 36. „ Golisit 5, 6, 35. „ Guss 41. „ Jezerce Popdhuks 3. » Kalorit 40. [55] Zur Stratigraphie und Tektonik des Vilajets Skutari in Nordalbanien. 283 Maja Kasit 3, 46. „ Lvrusks 47. » Meguls (in Dusmani) 13, 34, 44, 47. „ Mguls Likajt 42. „ Mtors 34, 43. „ Mule£ifit 39. „ Radohina 3, 9, 28. „ Ropunes 31. „ Kudiinet 33, 34, 49. =2Skucıt 39. - Sutiz 5. Pe\/elsE 2: „ Zorzit 10. Malei 16,.17,.81. Malcija Madhe 4. Mali Rasevet Zefit 22. »„ Sejnt 20, 21, 22. Okoli 10. Ömare 2%. Ömerovic 29. OroSi 4, 20. Osonja 6. Ozren 28. Palti 3, 18, 30, 44, 47. Pecaj 49. Pedhana 16, 31, 45. Perpunaj 33. Peraj 13, 30. Pjavra 24, 25. Plantı 3-11. Pogu 13, 29, 30, 32. Poravi 25, 46. Prekali3, 13, 17, 31, 33, 40. Pritti@T. Prizren 22. Manatia 15, 16, 31. 45, 51. | Prokletijen 2, 36, 50, 51. Maranaj 2, 9, 10, 39, 50. Masturi Pestijs 34. Matja 45. Markkolaj 35. Mazarek 2, 18, 20, 25, 39, 39, 40, 42. Merdita 3, 5, 6, 7, 19, 20, 21, 22, 23.2 27,,.28,\39, 41, 42, 44, 45, 49, 50. Merturi 2, 35, 38. A Gurit 44. Met Du Rasave 27. Miliskau 23. Mitrovica 51. Mlagaj 15, 16, 17, 31, 40. Mlet I Kec 32. Mnela 24, 27, 49. Montenegro 28, 36. Munella 3, 21, 22, 29. Mziu 25. Nan Sejnt 22. Nanrec 11. Nerfandina 2, 24, 45. Nerfu$a 18, 19, 39. Nerlümza 11. Nikaj 13. N Krüc 25. N Prek 17. Nrehaj 32, 50. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Band, 2. Heft. (Fr. B. Nopesa.) Proni Bajs 41. »„ Karamahit 26. „ Mar®olit 17. „ Mehajt 18, 19. „bios 15,.17, 40. »„ Roksit 33. „ Staja 18, 19. „+ Ichat 287: Radohina hina. Raja 2, 3, 46. Rasa Gris 18. „ Kavanit 17. „ Martolecit 25. » Murgs 40, 41. Renci 18. Rep£iste 31. Rijoli 9, 10. Ruku Nikajt 12, 13. Rumija 9. Maja Rado- Samobor 8. Sala 3, 10, 33, 34, 37, 38. Salca 30, 40. Santa Quaranta 51. Sapali 43. Sar 51. Sbu® 18, 20. Selce 6, 36. Serma 43. Skala Öeretit 41. Fandit 49. „ Grops». » Nikulet 5, 31. » Sejntit 20, 31. »„ . Smerdee 5. „ *Thethit 32. » Vrads 5. Skutari (Stadt) 18, 28, 48, 51. Skutari (See) 45. Slaku 13, 14, 15, 26, 35, 47, 50. Sn Gjini 21, 31. Sne Prenna Mazarekut 18, 2130: Sosi 3, 12, 32, 33, 50. Spela Bejovuks 43. » Bravnikut 10. ». ‚Be&js710. Sretnik 8, 31. Stanat E Sums 33. Stare 31. Stenza 169, IT Stotri 13, 14, 31. Stramme 35. Strazice 39. Stubja 32. Stüla Domnit 39. Suka Carit 16. Suma 2, 3, 9, 14, 16, 33, 38. Surdha 14, 39. Svietlica 29. Tamara 8, 36. Telumi 34. Temali 13. Tetaj 35. Tha&i 19, 24, 25, 27, 46. Thethi 10, 11, 35, 36, 47. Toplana 4, 32, 34, 35, 43. Trabojna 8, 10, 36. Trojan 5, 31, 35. Trovna 7. Tslumi Merturit 3, 7, 38, 44. Ura Djebabs 11. „ Ljmais 7, 8, 36. »„ Pejs 33. „ Strejnt 17, 20. „ Vezirit 2. 37 284 Dr. Franz Baron Nopesa. Vau Dejns 18. Vilza DuSmanit 41. Vukli 6, 8, 36. „ Madh 27. „ Mazarekut 18, 19, 39, » Vogel 27. 40. Veleäik 8. Volo 51. an Vilza (Bach) 13, 14, 42. | Vorfaj Sirme 9. Zepja 3, 21, » (Bere)l9: Vukjakaj 40. Zümbi 21. Inhaltsangabe. I. Einleitung II. Stratigraphie A. Nordalbanische Tafel 1. Paläogen . . Kreide . Sure Salrias - . Permokarbon . B. Faltengebirge des Cukali 1. Tertiär . 2. Oberer Jura 3. Liası- 4. Trias C. Eruptivmassiv von ae 1. Kreide . ee an BE BUN =: REN 2 Oberer Jura .. . BEE NETT. . Tuffit- und nenn IM. iD) . des stratigraphischen Teiles. III. Tektonik . ..... A. Stellung der ehanigenidfer. j B. Tektonik der Nordalbanischen Tafel. S&Tektoniksdes Cukal1 IE EDER D. Tektonik des Eruptivmassivs von Merdita. E. Resume der Tektonik. IY::Schlußworte- arte ne. V. Erläuterung zu den ae VI. Ortsregister . Zavidovie 23, 28. [56] 314149: Seite . 229 . 233 . 233 . 233 . . 235 . 236 . 238 . 240 ae . 241 ... 242 . 244 . 246 + 248 ... 248 . 251 . 251 . . 256 . 257 . 257 . . 263 2.266 . 272 . 278 . 280 . 280 al 1 [5] 1] [5] [7] (8) [10] [12] [13] [13] [14] [16] [18] [20] [20] [23] [23] [28] [29] [29] [35] [88] [44] [50] [52] [52] [53] Die Umgebung von Aspang am Wechsel (Niederösterreich). Petrographisch und geologisch untersucht von P. Steph. Richarz, S.V.D. Mit einer Lichtdrucktafel (Nr. XXV) und vier Zinkotypien im Text. Einleitung. Vor kurzem wurden die wichtigsten Ergebnisse längerer Unter- suchungen in der Umgebung von Aspang am Wechsel bekanntge- geben !). Intensive und unaufschiebbare Beschäftigung mit der Geologie von Kaiser Wilhelms-Land in Deutsch- Neuguinea machten es leider dem Verfasser unmöglich, die schon anfangs 1908?) angekündigten Studien eher zu vollenden. Heute aber könnte eine solche Publikation über- flüssig erscheinen, da zugleich mit obgenannter vorläufigen Mitteilung eine ausführliche Arbeit des Herrn Dr. H. Mohr erschien ?), welche manche hier einschlägige Fragen berührt und weitere Untersuchungen in Aussicht stellt. Wenn ich trotzdem nicht auf die Veröffentlichung der beim Erscheinen jener Schrift schon vollendeten Studien verzichte, so geschieht es aus folgenden Gründen: 1. Das von mir kartierte Gebiet wurde zwar von Herrn Doktor Mohr in seiner Abhandlung mehreremale berührt, aber doch nicht in seine Spezialuntersuchungen hineingezogen, weil ihm die Fortsetzung meiner Untersuchungen ja bekannt war. 2. Eine Detailuntersuchung eines eng umgrenzten Gebietes kann wohl neben den mehr großzügigen Arbeiten Mohrs noch manche neue Einzelheiten, vielleicht sogar neue Gesichtspunkte bringen, die dann auch für das benachbarte Gebiet von Interesse sind. 3. Bei vorliegender Arbeit sollen stets petrographische Fragen, vor allem die große Frage nach der Bildung der kristallinen Schiefer im Vordergrund stehen, und alles andere nur so weit berücksichtigt !) P. Steph. Richarz, Geologisch-petrographische Untersuchungen in der Umgebung von Aspang am Wechsel, Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1910, pag. 116—118. ?) P. Steph. Richarz, Der südliche Teil der Kl. Karpathen und die Hain- burger Berge. VII. Der Anschluß der kristallinischen Karpathen an die Zentral- alpen. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1908, pag. 43—48. ®) H. Mohr, Zur Tektonik und Stratigraphie der Grauwackenzone zwischen Schneeberg und Wechsel (N.-Öst.). Mitt]. der Geol. Gesellsch. in Wien III. 1910, pag. 104—213. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Band, 2. Heft. (P. St. Richarz.) 37* 286 P. Steph. Richarz. [2] werden, als es unvermeidlich ist, während Herr Mohr den tektoni- schen Fragen mehr Beachtung schenkt. Die Einteilung ist, wie im vorläufigen Bericht schon ausgeführt wurde, durch die geologischen Verhältnisse selbst klar vorgezeichnet. Eine scharfe, teils südlich, teils westlich von Aspang verlaufende Störungslinie (vergl. die Karte pag. 287) trennt ein nördliches Gebirgs- system von einem durchaus verschiedenen südlichen. Diese beiden Systeme sollen der Reihe nach besprochen werden. I. Das nördliche Gebirgssystem. Das charakteristische Gepräge erhält die nähere Umgebung von Aspang durch gerundete Granitkuppen, welche besonders im Osten des Marktes sehr auffallend hervortreten. Im Westen erlangen die Schiefer für die Terraingestaltung größere Bedeutung und nur ein- zelne Granitkuppen fallen auf. In der Tat ist das Gebirge im wesent- lichen ein Granitgebirge mit seiner Schieferhülle, wobei bald ersterer, bald letzterer mehr in den Vordergrund tritt. Selbst dann, wenn der Granit deutliche Schieferung zeigt, bleibt der granitische Charakter im Gro»en erhalten. 1. Der richtungslos-körnige Granit. Der Granit in der näheren Umgebung von Aspang erscheint porphyrartig durch das Hervortreten großer Kalifeldspate, welche bis 5 cm Länge erreichen können und meist Karlsbader Zwillinge sind. Selten treten diese Einsprenglinge zurück und wir haben dann einen gleichmäßig grobkörnigen Granit, wie er außerhalb des kartierten Gebietes bei Kirchberg gut aufgeschlossen ist. Während dort der Feldspat rötlich gefärbt ist, erkennt man bei Aspang stets einen bläulichen Farbenton und neben ihm tritt dann der glasige Quarz um so deutlicher hervor. Von den Glimmern gewahrt man mit bloßem Auge meist nur Biotit. Muskovit, obschon vorhanden, verschwindet im Gesamtbild fast ganz. Gute Aufschlüsse finden sich im Trommel- schlägergraben, im Hottmannsgraben und bei der Ruine Thomasberg im Edlitztal. Oberflächliche Aufschlüsse von Granit eignen sich meist wenig zum Studium wegen der starken Verwitterung. U.d.M. zeigt der Kalifeldspat gewöhnlich Gitterlamellierung; es ist also zum größten Teil, wenn nicht ganz, Mikroklin. Karls- bader Zwillinge sind eine gewöhnliche Erscheinung. Daneben aber findet sich einmal eine außergewöhnliche Verwachsung. Beide Teile fast 1 c zeigen sehr vollkommene und zahlreiche Spaltrisse =F der Zwillingsgrenze. Die Achsenebene bildet mit diesen Spaltrissen Winkel von 2, beziehungsweise 8°, das heißt im Mittel 5%. Sie gehen also =F (001), und somit ist auch die Zwillingsebene =- (001). Es handelt sich demnach um einen Zwilling nach dem Manebacher Gesetz. Neben den Hauptspaltrissen sieht man noch andere, spärlichere, welche mit ersteren einen Winkel bilden von 73—74° sie gehen also parallel [3] Die Umgebung von Aspang am Wechsel. 287 einem steilen Hemiorthodoma (Murchisonitspaltung). Dazu kommen noch perthitische Verwachsungen nach derselben Fläche. Der + Achsenwinkel ist nicht so groß, wie man es beim Orthoklas gewohnt ist, es ist also jedenfalls auch hier Mikroklin, obschon natürlich von der Gitterlamellierung im Schliff nach (010) nichts zu sehen ist. MESEFSIITUSASGIE HT „ VUUVUVUVVVV 7 Q EEE RN v5 U. Aspang T \ | = CK ac 3 DK nsc RD BESTER ax: ee ROH DER EST ) ir En L &, UNANENE vvogi.g I Var nad) St. Corona’ \ > >= \ KULMA RIEGELZ — x N EEE ENZEYG 826 vorherrschend Gra- rg nit, 2, T. schieferig, vorherrschen! Schiefer. (Albitgneis und Glim- merschiefer), Ze Quarzit. 7 a Wechselgneis und Grünschiefer. ser r0e a Hauptstörungslinie, nad) »Zöbern Geologische Karte der Umgebung von Aspang am Wechsel. Maßstab: 1:50.000. , Perthitische Verwachsung ist überhaupt im Mikroklin sewöhnlich. Die Verteilung des Albits ist verschiedenartig: einmal sieht man zum Beispiel in einem Durchschnitt L c Albitschnüren, welche angenähert | stehen auf den Spaltrissen =" (001), während andere breitere Schnüren mit denselben Spaltrissen einen spitzen Winkel bilden, in einem anderen Durchschnitt wieder scheinen die 988 P. Steph. Richarz, [4] Lamellen == der Basis zu gehen; endlich kommt es auch vor, daß der Albit unregelmäßige Einschlüsse bildet. Kristallform zeigt der Kalifeldspat nie; überall sind seine Um- risse wie angefressen, besonders deutlich dort, wo Myrmekit in ihn hineinwuchert. Selbst die Grenze gegen Quarz ist unscharf. Als Ein- schlüsse findet man nicht allzu häufig Quarzkörner mit abgerundeten Umrissen. Nur einmal wurden zwei getrennte Bruchstücke eines größeren, gut umgrenzten Quarzindividuums beobachtet. Häufiger sind Plagioklaseinschlüsse mit deutlicher Kristallform, aber unscharfen Konturen. Zertrümmerungserscheinungen sind ziemlich häufig. Bei vielen Rissen, die den Mikroklin durchziehen und die mit Quarz und Albit verheilt sind, kann man deutlich nachweisen, daß die Zertrümmerung vor der Verfestigung des ganzen Gesteins erfolgte: nur der Mikroklin wird von ihnen betroffen und die Risse hören auf, sobald sie auf die angrenzenden Mineralien stoßen. Anderseits sieht man auch einmal einen Plagioklaseinschluß in zwei Teile zerrissen und beide Teile gegen- einander verschoben und von Mikroklin umschlossen, ohne daß in diesem eine Spur von Störung zu erkennen wäre; die Zwillingsgrenze nach dem Karlsbader Gesetz geht ungestört durch den Mikroklin hin- durch. Hier fand also schon eine Zertrümmerung vor der Kristalli- sation des Kalifeldspates statt Der herrschende Plagioklas in den untersuchten Graniten der Umgebung von Aspang zeigt stets stärkere Lichtbrechung als Kanada- balsam, ß ist fast = ® des Quarzes, also angenähert 1.544. Die Aus- löschung 1 M und P beträgt — 5 bis — 6°, es ist also ein saurer Vligoklas von 15%, An. Neben diesem stets einschlußreichen Oligoklas findet sich nun regelmäßig und nicht in geringer Menge noch ein wasserklarer, einschlußfreier trikliner Feldspat von gerin- gerer oder doch angenähert gleicher Lichtbrechung wie Kanadabalsam und einer Auslöschung von — 14 bis — 15° auf Durchschnitten LM und P. Gewöhnlich bildet dieser Albit den Rand um einschlußreichen Oligoklas und es fällt dann gleich der Unterschied in Lichtbrechung und Auslöschung auf. Die Grenze ist stets scharf, aber krummlinig. Er kommt aber auch in selbständigen Individuen vor und bildet selbst neben Oligoklas wohlumgrenzte Einschlüsse im Mikroklin. Der Granit bei Kirchberg, welcher zum Vergleich ebenfalls unter- sucht wurde, zeigt im allgemeinen bedeutend saureren Plagioklas; die Lichtbrechung ist stets geringer, die Auslöschung 1 M und P —12, also nahezu Albit. Ganz sicher ist auch reiner Albit vorhanden mit Auslöschung von — 15°, während manchmal der Kern sich zwar wenig, aber doch noch deutlich von diesem sicheren Albit unter- scheidet. Die Einschlüsse im Oligoklas des Granites von Aspang sind Muskovit und Klinozoisit. Die scharf umgrenzten Muskovit- mikrolithen liegen wirr durcheinander ohne irgendwelche Parallel- lagerung und ohne sich an Spaltrisse und Kristallform des Plagioklases zu halten. Dadurch geben sie sich als primäre Einschlüsse zu er- kennen und unterscheiden sich scharf von dem so gern auf den Spalt- rissen sich ansiedelnden Schüppchen von sekundärem Serizit. Die [5] Die Umgebung von Aspang am Wechsel. 989 winzigen, zahlreichen Klinozoisitkörnchen im Oligoklas lassen keine Kristallform erkennen, es läßt sich so nicht entscheiden, ob sie primärer Entstehung sind oder durch Zersetzung des Oligoklases hervorgingen. Es scheint unter den kleinen Körnchen bisweilen auch sehr schwach doppelbrechender Zoisit vorzukommen. Mit Sicherheit läßt er sich aber nicht bestimmen. Im Granit von Kirchberg ist der Albit oder albitähnliche Plagioklas ebenfalls erfüllt von Muskovitleisten, ebenso wie der Oligo- klas bei Aspang. Daneben treten auch noch winzige, scharf umgrenzte Granaten auf, während der Klinozoisit vollständig fehlt. Kristallumgrenzung findet sich überall dort, wo der Plagioklas von Mikroklin umschlossen ist und an diesen oder an Quarz angrenzt. Selten aber sind die Kristallflächen geradlinig und scharf. Myrme- kit kommt in den Graniten von Aspang häufig vor, bei Kirchberg seltener. Es ist stets ein einschlußfreier Plagioklas von unregelmäßigen Umrissen, welcher den Myrmekit bildet, auch dann, wenn er als Fortwachsung eines einschlußreichen Oligoklases erscheint. Genaue Bestimmung war nicht möglich. Er scheint aber sehr sauer zu sein, wie der übrige einschlußfreie Plagioklas. Das Hineinwuchern in Kali- feldspat ist besonders interessant. Sein ganzes Auftreten verweist ihn in die jüngste Periode der Gesteinsverfestigung. Der Quarz bildet meist grob-, seltener feinkörnige Aggregate. Undulöse Auslöschung und Zerlegung in mehrere Teile ist gewöhnlich vorhanden und die genannten Aggregate sind wohl zum Teil Produkte dieser Zerlegung. Aber sicher ist das nicht immer der Fall, da die verschiedenen Körner manchmal durchaus verschiedene Orientierung zeigen. Der im Kalifeldspat eingeschlossene Quarz ist nicht kata- klastisch. Zahlreich sind die Einschlüsse im Quarz, darunter auch Flüssigkeiten. Der Biotit zeigt Pleochroismus von gelbbraun bis gelblich. Der Achsenwinkel ist fast 0°. Die Endflächen sind stets zerfasert. Zersetzung zeigt sich häufig sowohl am Rande, als auch auf Spalt- rissen. Als Zersetzungsprodukte entstehen dabei winzige Epidotkörner. Der Biotit selbst läßt in einzelnen Lamellen eine Ausbleichung er- kennen oder noch häufiger eine rostbraune Färbung, welche bei jeder Stellung zum Polarisator unverändert sichtbar bleibt. Umwandlung in Chlorit mit schwacher Doppelbrechung und normalen Interferenzfarben scheint nicht häufig vorzukommen. Verwachsungen von Biotit mit Muskovit sind nicht selten, meist in paralleler Stellung, aber auch ohne alle Regel. Einmal sieht man einen scharf umgrenzten Muskovitrhombus in einem Biotit liegen. Selbständig, das heißt außer in dieser Verwachsung und abgesehen von den Einschlüssen im Plagioklas, kommt Muskovit sehr selten vor. Als Nebengemengteil ist Zirkon in guten Kristallen sehr häufig zu finden. Im Biotit bildet er pleochroitische Höfe. Apatit tritt auf in den gewöhnlichen Nadeln, aber auch in größeren Stücken. Granat findet sich im Granit von Kirchberg im Plagioklas und auch außer- halb dieses in zerrissenen Kristallen. In den übrigen Graniten ist er äußerst selten. Eisenerz beobachtet man nur sehr spärlich; es ist von Epidot umrahmt, also wohl wie dieser sekundärer Entstehung. 290 P. Steph. Richaraz. [6] Die Struktur der beschriebenen Granite ist richtungslos- körnig, ohne irgendwelche Andeutung von Parallellagerunge. Die Kristallisationsfolge ergibt sich aus dem obigen in dieser Weise: Nach Bildung der Nebengemengteile kristallisierten Biotit und Muskovit, dann der Oligoklas, welcher die schon vorhandenen Mus- kovitleisten sämtlich umschloß. Damit war der Kalkgehalt des Magmas erschöpft und es bildete sich nur noch Albit, welcher teils um den Oligoklas weiter wuchs, teils in selbständigen Individuen kristallisierte. Dann erst begann die Mikroklinbildung, denn dieser umschließt ja so- wohl Oligoklaskristalle mit Albitrand, als auch reine Albitkristalle. Die noch vorhandene Quarzlösung muß auf den Kalifeldspat lösend ein- gewirkt haben, “wie seine zerfressenen Umrisse zeigen. Vielleicht ging aus dieser Lösung der Myrmekit hervor, welcher sich so gern an die Kalifeldspate hält und in sie hineinwächst. Aus derselben Periode stammen wohl auch die Quarz-Albitfüllungen der Risse im Mikroklin. Die untersuchten Granite unterscheiden sich in ihrer chemi- schen Zusammensetzung nicht unwesentlich, wie sich aus dem Plagioklas ergibt. Die Kirchberger Granite sind fast kalkfrei, die Aspanger aber sind kalkhaltig, wie Oligoklas und Klinozoisit zeigen. Doch darf wohl diesem aus der Untersuchung einiger Handstücke sich ergebenden Unterschiede nicht allzuviel Bedeutung beigemessen werden. Es könnten im Kirchberger Granit auch kalkhaltige Partien, im Aspanger kalkarme auftreten, indem in letzterem der Oligoklas zurückträte und Albit vorherrschte. Der Granitanteil in den später zu besprechenden Schiefern zeigt letzteres in der Tat. 2. Pegmatit und Aplit. Scharf abgegrenzte Pegmatit- und Aplitgänge, wie sie im Granit der Kleinen Karpathen so weit verbreitet sind, scheinen in den Graniten des Rosaliengebirges und in den Krumbacher Bergen sehr selten zu sein. Dagegen trifft man sie öfter als Schlieren. Aplitisch ‚ entwickelter Granit tritt sogar manchmal in größeren Massen auf. In der Schieferhülle hingegen sind Pegmatit- und Aplitgänge keine Selten- heit, und zwar findet man in den Schiefern meist Pegmatite, in den Amphiboliten vorherrschend Aplite. Pegmatit. Allen Pegmatiten und Apliten ist das Fehlen des Kalifeldspates gemeinsam. Die Pegmatite, welche Gänge in der Schiefer- hülle bilden, zeigen die normale Ausbildung solcher Gesteine: grob- körniger Quarz und Feldspat regellos durcheinandergewachsen mit großen silberweißen Muskovitplatten. U. d. M. hat der Plagioklas in verschiedenen Vorkommnissen verschiedenartige Zusammensetzung. So zeigt ein Durchschnitt 1 M und P — 3° Auslöschung, also 150%), An. Dem entspricht, daß ß schwächer lichtbrechend ist als des Quarzes. Muskoviteinschlüsse sind auch hier vorhanden in derselben Weise, wie im Oligoklas des Granites, aber nicht so häufig. Daneben beobachtet [7] Die Umgebung von Aspang am Wechsel. 391 man deutlich Serizitisierung auf den Spaltrissen. In einem anderen Handstück ist y etwas schwächer lichtbrechend als & des Quarzes, es ist also Oligoklas-Albit. Der Rand ist bisweilen noch saurer und löscht in Schliffen, deren Kern a ist, bei —14 bis — 15° aus, nähert sich also sehr dem Albit. In einem dritten Vorkommen ist der Plagioklas wasserklar. Nach der Lichtbrechung — y ungefähr gleich Kanadabalsam — ist es Albit oder doch beinahe Albit, Die Zwillings- lamellen nach dem Albitgesetz sind manchmal nicht geradlinig fort- laufend, sondern grenzen fingerförmig ineinander. Der Quarz ist durchgehends sehr kataklastisch und oft mit dem Plagioklas pegmatitisch verwachsen, in der Weise, daß man in einheitlichen Feldspatindividuen gleich orientierte Quarzstücke findet. Der Muskovit zeigt nichts Auffallendes. Biotit kommt hie und da in kleinen Stückchen vor; auch Granat wurde beobachtet und tritt in einem Pegmatitgang schon makroskopisch hervor. Die pegmatitischen Ausbildungen des Granites sind am deutlichsten im Granitbruch bei der Ruine Thomasberg (im Edlitztal) zu beobachten. Der Plagioklas ist reiner Albit (la 15°, lc 21° Aus- löschung). Auch hier sind Muskoviteinschlüsse vorhanden, aber doch nicht zahlreich. Selbständig tritt Muskovit nicht auf. Häufig kommt zum Teil zersetzter Biotit vor. Apatit und Titanit sind in großer Menge vorhanden, letzterer fällt makroskopisch schon auf und ist meist in einzelne Bruchstücke aufgelöst. Zirkon sieht man nur hie und da. Auch diese Gesteine zeigen echt pegmatitische Struktur und sind, wie die gangförmigen Pegmatite, meist stark zertrümmert. Der Quarz ist in einzelne Bruchstücke zerlegt, der Plagioklas ist nicht selten verbogen und löscht undulös aus. Auch vollständige Zerreißungen kommen vor; die Risse sind dann mit neugebildetem Quarz ausge- füllt, welcher frei ist von Zertrümmerungserscheinungen. Aplite. Obschon die hier zu beschreibenden Aplite nicht aus dem kar- tierten Gebiet stammen, so können sie doch ihrer Wichtigkeit wegen nicht übergangen werden. Der eine bildet an der Straße von Kirch- schlag nach Bernstein, etwas vor km 2, ein mächtiges Lager. Das äußerst spröde Gestein enthält viele Granaten. Der Kalifeldspat fehlt auch hier, der Plagioklas ist teils reiner Albit (1 c 20° Auslöschung), teils Oligoklas von 15°), An (— 3° Auslöschung 1 M und P). Er ent- hält scharf umgrenzte Muskoviteinschlüsse, welche meist = den Spalt- rissen nach M und P gelagert sind. Der Quarz ist im allgemeinen sehr zertrümmert, häufig ganz zu Sandkörnern zerrieben. Der Granat ist ebenfalls zertrümmert. Muskovit ist selten, der Biotit besteht aus kleinen schmalen Leisten, welche zu Knauern zusammengehäuft sind. Für die Struktur ist es von Bedeutung, daß Quarz mit Kristallform im Plagioklas eingeschlossen ist. Andere Aplite bilden Gänge im Amphibolit. Der Kalifeld- spat fehlt. Der Plagioklas ist Albit-Oligoklas von 10—15°), An, ver- wachsen mit noch natronreicherem Feldspat. Scharf ungrenzte Muskovit- Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Band, 2. Heft. (P. St. Richarz.) 38 299 P. Steph. Richarz. [8] einschlüsse sind auch hier vorhanden. Sonst fehlt Muskovit ebenso wie Biotit. Epidot in kleinen Körnern findet sich zahlreich im ganzen Gestein. Der Quarz ist wieder sehr kataklastisch. Bisweilen bildet er gut umgrenzte Einschlüsse im Plagioklas. 3. Die schieferigen Granite. Gegen den Rand des Granitmassivs, auf die Schieferhülle zu, wird der Granit schieferig. Gerade im untersuchten Gebiet spielen die schieferigen Granite eine wichtige Rolle und sie wurden durch den Bahnbau so günstig aufgeschlossen, daß sich ihre Beziehung zum richtungslos-körnigen Granit und zum Hüllschiefer gut studieren ließ. Darum wurde denn auch dieser Frage ganz besondere Aufmerksamkeit geschenkt und das um so mehr, weil ihr prinzipielle Bedeutung zu- kommt. Es stellte sich nun bei diesem Studium mit immer größerer Deutlichkeit heraus, daß alle geschieferten granitischen Gesteine nicht mehr reine Granite sind, sondern daß sie alle mehr oder weniger Material aus der Schieferhülle aufgenommen, und daß durch Anpassung der Granitbestandteile an diese Schiefer die Schieferung der Granite zustande kam. Im großen zeigt sich dieses darin, daß die „Granit- sneise“ und die granitfreien Schiefer der Hülle konkordant gelagert sind, im kleinen aber darin, daß man die Schieferreste in den schieferigen Graniten stets mehr oder weniger deutlich von dem granitischen Anteil unterscheiden kann. Ersteres konnte man besonders gut beim 1., Ill. und IV. Tunnel der neuen Bahnlinie beobachten, da diese die geschieferten Granite und die Schiefer durchfahren mußten. Am un- deutlichsten trat die Konkordanz beim Sambergtunnel hervor, weil hier die Schieferung noch sehr unvollkommen ist. Doch konnte auch hier schon das flache, nordwärts gerichtete Einfallen der Schiefer- einschlüsse konstatiert werden (siehe die Karte pag. 287). Sehr deut- lich war im Windhof-Kehrtunnel und im kleinen Hartbergtunnel der stets parallele Verlauf von Granitgneisen und Schiefern zu verfolgen, da hier auf größere Strecken fast reiner Schiefer anstand. Mochte man nun im reinen Schiefer oder im granithaltigen messen, immer war Streichen und Fallen im wesentlichen gleich, wie die Eintragungen auf der Karte zeigen. Die Einzelheiten der Struktur der geschieferten Granite kann man schon an vereinzelten Gesteinsbruchstücken studieren, welche im Gebiete östlich von Aspang herumliegen, mit besonderer Deutlichkeit waren sie aber im Sambergtunnel aufgeschlossen, weniger deutlich, aber stellenweise doch noch immer außerordentlich schön im Windhof- Kehrtunnel und im kleinen Hartbergtunnel sowie endlich in den tiefen Einschnitten, welche zwischen den drei Tunnels angelegt wurden, Man sah besonders im erstgenannten Tunnel in beständigem Wechsel Gesteine, bei welchen die richtungslos-körnige Struktur der Granite noch unverkennbar ist, mit solchen, welche eben den Beginn einer Schieferung zeigen und diese wieder mit Schiefern, in welchen man nur hie und da noch einen Kalifeldspat erblickt, als sicheren Zeugen granitischen Materials. Selbst in Handstücken kann man nicht selten 19] Die Umgebung von Aspang am Wechsel. 293 das Verhältnis von Granit und Schiefer gut studieren. Deutliche Granitlagen von derselben Beschaffenheit wie in den typischen Graniten selbst, wechseln ab mit schmalen oder auch breiteren dunklen, biotit- und muskovitreichen Schieferbändern, die oft viele Biegungen machen, besonders wenn ein großer Mikroklin im Wege liegt. An anderen Stellen verschmälern sich die Schieferbänder mehr und mehr und werden zu dünnen Flasern und verschwinden zuletzt ganz oder sie sind in einzelne Schieferfetzen aufgelöst, welche im Granit zu schwimmen scheinen. Klarer als die Beschreibung es darstellen kann, wird die Photographie der angeschliffenen Querfläche diese Verhältnisse zeigen (Taf. XXV, Fig. 1 u. 2). Das Mikroskop bestätigt diese Be- obachtungen und vervollständigt das Bild in ausgezeichneter Weise. Granit und Schiefer lassen sich fast stets ohne Schwierigkeit aus- einanderhalten und ermöglichen so eine gesonderte Beschreibung beider. Der granitische Teil der Schiefer zeigt durchaus dieselben Bestandteile, wie sie beim richtungslos-körnigen Granit beschrieben wurden. Der Kalifeldspat, wohl stets Mikroklin, fast immer per- thitisch verwachsen mit Albit, enthält auch hier, wie im Granit, Ein- schlüsse von Qarz und Plagioklas. Kristallumgrenzung fehlt ihm voll- ständig. Der Plagioklas entspricht in den zahlreichen untersuchten Schliffen fast stets dem Plagioklas des Kirchberger Granites, | M und P beträgt seine Auslöschung —- 14%, 1 c 19—20°. Es ist also reiner Albit. Muskoviteinschlüsse, in derselben Weise wie dort be- schrieben, sind sehr zahlreich, Klinozoisit findet sich nur in zwei durchaus zersetzten Varietäten, bei denen der Biotit fast ganz zer- stört ist, unter Bildung von Klinozoisit (?) und Epidot. Ein kalkhaltiger Plagioklas wurde nur einmal gefunden, charakterisiert durch eine Auslöschung von — 8° bis — 9° 1 M und P. Es ist also ein Albit- Oligoklas von 10°), An. Quarz, Biotit und Muskovit und die Neben- gemengteile Apatit und Zirkon zeigen, wenn sie von Mikroklin oder Plagioklas umschlossen sind, dieselben Eigenschaften wie im Granit. Treten sie aber selbständig auf, so ist die Entscheidung schwer, ob sie dem granitischen Teil oder dem Schiefer angehören. Der schieferige Anteil besteht der Hauptsache nach aus Quarz, Muskovit und Biotit und diese Mineralien bilden meist parallele Lagen, welche sich durch den ganzen Schliff hindurchziehen (Taf. XXV, Fig. 3). Manchmal wechseln auch Quarzlagen, denen wenige Glimmer- schüppchen beigemengt sind, mit Glimmerlagen, die nur wenig Quarz entbalten. Unter den Glimmern ist, im Gegensatz zum Granit, der Muskovit sehr häufig, nicht selten sogar vorherrschend. Sehr oft sind beide Glimmer parallel verwachsen. Die Schieferstruktur ist fast immer sehr deutlich, indem die Glimmerblättchen fast ausnahmslos parallel gelagert sind. Auch der Quarz zeigt deutliche Anpassung an die Schieferung, indem er in dieser Richtung seine Längserstreckung hat. Diese Streckung ist aber nicht als Auswalzung der schon fertigen Quarze zu denken, das ver- bietet die oft sehr geringe Kataklase, die nur bis zur schwach un- dulösen Auslöschung geht, es ist vielmehr eine Anpassung des werdenden Quarzes an die allgemeine Schieferung, wobei allerdings 387 294 P. Steph. Richarz. [110] Druck tätig gewesen sein muß. Auf Druckwirkungen weisen auch zahlreiche Zertrümmerungserscheinungen hin, die man im granitischen Teil beobachten kann. Mikroklin und Plagioklas sind häufig von Sprüngen durchsetzt und die einzelnen Teile auseinandergerissen. Die Risse sind mit Quarz-Albitmasse erfüllt oder es ziehen sich die schieferigen Partien durch die Feldspate hindurch, beides Beweise dafür, daß diese Zertrümmerungen noch vor der vollständigen Ver- festigung des schieferigen Anteils vor sich gingen. Die Schieferlagen für sich betrachtet sind nach alledem als Glimmerschiefer zu bezeichnen und, was von der größten Bedeutung ist, sie sind von derselben Beschaffenheit, wie jene Glimmerschiefer, welche später von Kulma beschrieben werden sollen und die sich dort unmittelbar den Graniten anschließen. Nur der eine Unterschied waltet ob, daß dort der Granat häufiger ist, während er in den hier vorliegenden Schiefern nur ein einzigesmal beobachtet wurde. Gerade diese Ahnlichkeit zeigt uns den Weg, den wir bei Erklärung dieser schieferigen Gebilde betreten müssen: Es ist der Granit in die Schiefer injiziert worden und hat die ursprünglichen Tonschiefer- schichten zu Glimmerschieferlagen umgewandelt. Diese nun mit den Granitadern zugleich bilden die beschriebenen „Granitgneise*. Wir können noch weiter gehen und sogar angeben, in welchem Zustande der Granit injiziert wurde. Es war nicht mehr das voll- kommen flüssige Magma, es war vielmehr eine Lösung, in der schon zahlreiche feste, kristallisierte Bestandteile sich befanden. Außer den Nebengemengteilen wurden Glimmer, Plagioklas und Mikroklin im fertigen Zustand in die Schiefer hineingepreßt. Das ergibt sich aus folgenden Beobachtungen: Die großen Mikroklinkristalle liegen zwar meist mit ihrer Längserstreckung parallel der Schieferung, aber es kommt auch Abweichung von dieser Regel vor (Taf. XXV, Fig. 1 u. 2). Dann sind die Kristalle von der Schieferlage schief abgeschnitten. Bei kleineren Mikroklinen und bei den Plagioklasen ist das die Regel, so daB man häufig quer zur Schieferung liegende Albite antrifft, welche an den Enden quer zu den Albitlamellen zerrissen und in viele kleine Albittrümmer aufgelöst sind. Neben der Zertrümmerung scheint auch Resorption vorzukommen. Nicht selten sieht man nämlich langgestreckte Albitzüge mit unregelmäßiger Begrenzung der Einzel- individuen in langgestreckten Quarzlagen, ohne daß eine Spur von Zertrümmerung zu erkennen wäre. Ferner ist es von großer Bedeutung, daß die früher schon erwähnten Zertrümmerungserscheinungen nur die granitischen Bestandteile betreffen, also vor allem Mikroklin und Albit, während die in den Schiefern selbst neugebildeten Mineralien entweder gar keine oder doch viel geringere Kataklase zeigen. Endlich würde die Annahme, der Granit sei im vollständig gelösten Zustande in die Schiefer eingedrungen, es unverständlich machen, wie dann Granit und Schiefer so scharf geschieden blieben, warum nicht der Schiefer vollständig resorbiert und ein Mischmagma entstanden wäre, aus dem dann ein gleichmäßiges Gestein hätte entstehen müssen. Der letzte Rest der Granitlösung, welcher die genannten Mineralien fertig mitbrachte, erstarrte in den Schiefern selbst und vermischte sich mit den Bestandteilen dieser so innig, daß man hier [11] Die Umgebung von Aspang am Wechsel. 295 ursprünglich granitisches und ursprüngliches Schiefermaterial nicht mehr auseinanderhalten kann. Der Hauptsache nach handelte es sich wohl um eine Quarzlösung, welche ja stets bei Graniten den letzten Lösungsrest bildet. Vielleicht war aber manchmal auch Albitsubstanz darunter. Nur so könnte man die Albite erklären, welche ohne alle Form und ohne Muskovitmikrolithen sich manchmal im Quarzmosaik der Schiefer finden. Die Quarzalbitfüllung der Risse im Mikroklin weist nach derselben Richtung hin. Daß bei der Gesamtheit dieser Prozesse außer der Kraft der Intrusion noch andere dynamische Einwirkungen vorhanden waren, ist im höchsten Grade wahrscheinlich. Sonst wäre die Parallellagerung der Glimmer und die Anpassung der sich neu bildenden Quarze an die Schieferfläche kaum erklärlich. Auf keinen Fall aber braucht man diesen dynamischen Einwirkungen irgendeine metamor- phosierende Kraft zuzuschreiben. Ihre ganze Aufgabe be- stand in der Modifikation der durch die Granitwärme und Granitlösung bewirkten Metamorphose, also darin, daß sie den sich neubildenden Mineralien die Richtung _ zum Druck vorschrieben, vielleicht auch noch in der Bestimmung der Mineralkombination. Ein weiterer Einfluß läßt sich nicht nachweisen, seine Annahme wäre also überflüssig und deshalb willkürlich und unwissenschaftlich. Ganz unbegründet aber wäre es, wenn man, wie es heute bei ähnlichen Gesteinen so oft geschieht, eine von der Granitintrusion zeitlich getrennte neuer- liche Metamorphose durch spätere dynamische Pro- zesse oder durch „Versinken in große Rindentiefe* an- nehmen wollte. Denn dafür ergeben die Tatsachen auch nicht den geringsten Anhaltspunkt. Der ungleiche Grad der Zertrümmerung im granitischen Teil und im Schiefer spricht vielmehr direkt gegen eine solche Annahme; er läßt sich nur in der oben ausgeführten Weise erklären. Daß allerdings auch später noch dynamische Prozesse auf einen großen Teil der schon fertigen Schiefer eingewirkt haben, ist unzweifelhaft; eine mehr oder weniger weitgehende Zertrümmerung der Bestandteile war die Folge davon, Neubildungen von Mineralien kamen aber in dieser Periode nicht mehr vor. Will man nun für die Gesamtheit dieser geschieferten Gesteine einen Namen einführen, so würde wohl am besten der von Wein- schenkt) vorgeschlagene Ausdruck „Metagneis“ sich eignen, wo- durch die Mittelstellung der Gesteine zwischen Ortho- und Paragneise gut charakterisiert würde. Man könnte aber auch von injizierten und resorbierten Schiefern sprechen, indem man unter letzterem Namen alle jene geschieferten Granite zusammenfaßte, bei denen man nicht mehr deutlich granitisches und Schiefermaterial auseinanderhalten kann, wo aber eine Mischung beider sich noch deutlich aus der Mineralassoziation ergibt. Auch solche Gesteine finden sich im unter- suchten Gebiet nicht selten als Übergänge zwischen reinen Graniten und deutlich injizierten Schiefern. !) Weinschenk, Grundzüge der Gesteinskunde. I. Allgemeiner Teil, 2 Aufl., pag. 164. 296 P. Steph. Richarz. [12] Die Metagneise sind meist noch recht frisch. Der Albit ist wasserklar und nicht serizitisiert. Auch der Biotit ist meist frisch, nur an einigen Stellen zeigt sich beginnende Zersetzung unter Aus- scheidung von Epidot. Bisweilen ist diese Zersetzung so weit fortge- schritten, daß nur noch die neugebildeten Epidotkörner mit spärlichen Resten von ausgebleichtem Biotit das Vorhandensein des letzteren beweisen. Die Umwandlung beginnt mit einer Braunfärbung des Biotits. Umwandlung zu Chlorit kommt seltener vor. Neben Epidot scheidet sich auch häufig Kalzit aus. In den Schiefern, welche so weitgehend zersetzt sind, ist auch der Plagioklas mit Epidot, vielleicht auch mit Klinozoisit erfüllt. Bei einer anderen Form der Zersetzung bildet sich aus Biotit Titanit, Kalzit und feinzerstäubtes schwarzes Eisenerz, wegen der Beziehung zum Titanit wohl Titaneisen. Daß es wirklich sich um Titanitbildung und nicht um Anatasausscheidung handelt, zeigt der kleine positive Achsenwinkel des Minerals. Die Zersetzung beginnt damit, daß.der Biotit eine rostbraune Farbe annimmt und einzelne Titanite sich ausscheiden. Im höchsten Stadium ist der Biotit fast ganz verdrängt durch das feinverteilte Eisenerz. 4. Albitgneise des nördlichen Gebirgssystems. In der Zone der Metagneise oder sich eng an diese an- schließend, finden sich nicht selten Gesteine, welche eine Miittel- stellung einnehmen zwischen ersteren und den Glimmerschiefern. Granitische Adern fehlen diesen Gesteinen von gneisartigem oder slimmerschieferigem Habitus. Anderseits aber erkennt man neben dem Quarz schon makroskopisch Feldspat. Bisweilen bildet er mit Quarz Adern im Gestein, so daß man auch hier wieder injiziertes Material vermuten könnte, gewöhnlich aber ist der Feldspat in feiner Ver- teilung im Gestein zerstreut. Der vielfach über Biotit vorherrschende Muskovit verleiht diesen Gesteinen ihre helle Farbe. Von den Glimmer- schiefern sie scharf abzutrennen ist makroskopisch oft unmöglich und auch mikroskopisch stößt man auf Schwierigkeiten, da sie durch Zurücktreten des Feldspates in Glimmerschiefer übergehen können. Von den injizierten Schiefern unterscheiden sie sich stets durch das Fehlen des Kalifeldspates. Da der Plagioklas stets Albit ist, so soll der Name Albitgneis für alle diese Gesteine gewählt werden. Man kann unter den Albitgneisen zwei verschiedene Ausbildungs- formen unterscheiden. Der Albitgneis erster Art, wie er im folgenden kurz bezeichnet werden soll, ist mir nur von einer Stelle bekannt, nämlich von der Grenze zwischen Granit und Schiefer an der Straße Aspange—Kulma, etwas unterhalb der Paßhöhe (siehe das Profil Fig. 2, pag. 302). U. d. M. erkennt man wasserklaren Albit, durch Lichtbrechung und Auslöschung (1 M und P — 14 bis — 15°, \ ce 19—20°) als solcher charakterisiert. Kristallform fehlt ihm voll- ständig, Zwillingslamellen sind selten. Auffallend sind Einschlüsse von (Quarz in kleinen, in der Schieferrichtung meist langgestreckten Körnern. welche gruppenweise gleichzeitig auslöschen. Außer diesen sieht man noch schmale Leistchen eines schwarzen Eisenerzes (Eisenglanz ?). [13] Die Umgebung von Aspang am Wechsel. 297 Muskovitmikrolithen fehlen. Der Albit bildet mit dem wenig oder gar nicht kataklastischen Quarz ein körniges Aggregat (Pflasterstruktur). Die Körner sind aber in der Regel länglich in der Schieferrichtung. Die Schieferung ist ferner markiert durch zahlreiche, parallel gelagerte Muskovitblättchen und durch Chlorit. Letzterer ist grün mit ziemlich hohem Pleochroismus und zeigt anomale Interferenzfarben. Es ist also Pennin. Die Durchsetzung mit rostbraunen Zersetzungsprodukten und die in manchen Lamellen noch erhaltene höhere Doppelbrechung weist auf Biotit als Ursprungsmaterial hin, obschon die gewöhnlichen Nebenprodukte fehlen. Als Erz findet sich häufig Eisenglanz, nicht selten in größeren Stücken. Häufig sind auch kleine Zirkonkriställchen. Einen anderen Typus stellen die Albitgneise zweiter Art dar, welche sich an den verschiedensten Stellen finden. Ihr Habitus ist meist glimmerschieferartig.. Auch hier ist der Plagioklas stets Albit, aber die Quarzeinschlüsse fehlen und an ihre Stelle treten wieder die in den Graniten, Apliten, Pegmatiten und injizierten Schiefern so oft erwähnten Muskovitmikrolithen, ganz in derselben Ausbildung wie dort. Neben diesem Albit wurde auch hie und da muskovitfreier Albit, ja selbst solcher mit kleinen Quarzkörnern ge- funden. Besonders deutlich treten beide Albite nebeneinander auf in einem Albitgneis, der an der Straße von Krumbach nach Kirch- schlag ansteht. Die Zwillingslamellen des muskovitfreien Albits zeigen, wenn überhaupt vorhanden, keine geradlinigen Begrenzungsflächen; die Lamellen hören vielmehr oft plötzlich auf und beginnen wieder ebenso plötzlich. Der muskovitreiche Albit zeigt die gewöhnlichen Zwillings- lamellen wie in den granitischen Gesteinen. Kristallform fehlt in beiden Fällen. Der vorherrschende Glimmer ist auch hier fast stets Muskovit. Biotit begleitet ihn aber regelmäßig in großer Menge. Beide sind meist vollkommen parallel gelagert und schmiegen sich um die mus- kovitreichen Albite herum, wie in den injizierten Schiefern. Der Biotit ist selten frisch, meist ist er zu Pennin zersetzt unter Ausscheidung von Epidot oder Eisenglanz. In einem sehr stark gefältelten Gneis von makroskopisch-phyllitischem Habitus (aus dem Ungerbach) ist der Biotit ganz verschwunden. Man findet nur noch die Umwandlungspro- dukte Epidot und Eisenglanz. Der Quarz ist auch hier häufig langgestreckt in der Richtung der Schieferung. Zertrümmerungserscheinungen sind durchaus nicht die Regel. Zwar sind sie meist vorhanden und können zur vollständigen Mörtelstruktur des Quarzes führen. Aber es gibt auch Albitgneise, bei denen der Quarz kaum die Spur einer undulösen Auslöschung zeigt. Aber auch dann ist die Längserstreckung sehr deutlich. Gewöhnliche Nebengemengteile im Albitgneis sind Apatit, Zirkon und Titanit. Granat ist weit verbreitet in kleinen Körnern oder auch in größeren Kristallen. Fragt man nun nach der Bildungsweise der Albitgneise, so ist wohl für die Erklärung der Albitgneise zweiter Art der Weg klar vorgezeichnet. Die Albite in derselben Ausbildung wie in den grani- tischen Gesteinen verweisen unbedingt auf granitischen Ursprung hin. 998 P. Steph. Richarz. [14] Sie können aber nicht vom Granitmagma selbst hergeleitet werden, weil der Kalifeldspat fehlt. So bleiben nur die aplitisch-pegmatitischen Lösungen als die Albitbringer. In diesen fehlt ja der Kalifeldspat regelmäßig und der Plagioklas ist ein Albit oder hat albitähnliche Zusammensetzung mit denselben Muskovitmikrolithen, wie sie im Albit des Albitgneises sich finden. Man könnte also auch diese Gesteine injizierte Schiefer nennen, aber mit dem Unterschiede, daß sie von aplitischem, respektive pegmatitischem Material injiziert wurden. Da- mit stimmt auch überein, daß diese Albitgneise sich gerade dort zahlreich finden, wo Pegmatitgänge die Schiefer durchsetzen. Die Abwesenheit scharf abgetrennter Aplitgänge, wie sie sich in den Amphiboliten gewöhnlich finden, würde sich so leicht erklären: das aplitische Material hat sich mit den Schiefern zu einem untrennbaren Ganzen verschmolzen, während die Pegmatite sich meistens in Gängen individualisieren konnten. Es mögen diese Injektionen auch im ähnlichen Zustand in die Schiefer eingedrungen sein, wie die Granite, so daß schon kristalli- sierte Albite in einer Lösung schwimmend zwischen die gelockerten Schieferblätter gepreßt wurden. Das Herumschmiegen der Schiefer- bestandteile um die Albite auch im wenig zertrümmerten Gestein und die gleiche Ausbildung der Albite in Aplit und Schiefer legen dieses nahe. Oft muß aber auch noch viel Albit in Lösung gewesen sein, der dann ohne Muskovitmikrolithen im Gestein selbst kristallisierte. Die Albitgneise erster Art sind wohl so zu erklären, daß in der ein- dringenden Quarz-Albitlösung noch keine festen Albite vorhanden waren, so daß der ganze Albitgehalt im Schiefer kristallisierte, zu- gleich mit dem Quarz, der mit Albit zum Teil pegmatitisch ver- wachsen ist. 5. Glimmerschiefer. Reine Glimmmerschiefer sind im untersuchten Gebiet nicht häufig. Hie und da finden sich solche zwischen den injizierten Schiefern und Albitgneisen, lassen sich dann aber makroskopisch, von letzteren wenigstens, selten unterscheiden und auch mikroskopisch findet man alle nur denkbaren Übergänge zwischen den drei Gesteins- typen. Diese Art der Glimmerschiefer und die Albitgneise unter- scheiden sich überhaupt nur durch das Zurücktreten oder Fehlen des Albits in ersteren. Eine Beschreibung würde also nur eine Wiederholung von schon Gesagtem sein. Eine mehr selbständige Verbreitung und eine etwas abweichende Ausbildung erlangen die Glimmerschiefer in der Habischleiten, südwestlich von Aspang, und wurden dort durch einen tiefen Einschnitt beim Bahnbau gut aufgeschlossen. Schon im kleinen Hartbergtunnel begannen diese Schiefer gegen den Tunnelausgang und halten von da an ununterbrochen an bis zu der Stelle, wo die Bahn im scharfen Bogen sich nach Süden wendet (siehe die Karte auf pag. 287). Die Schiefer sind meist sehr glimmerreich und man erkennt mit bloßem Auge oft beide Glimmer. Nicht selten erreicht auch der Quarz größere Bedeutung und dadurch geht die sonst vollkommene Schieferung etwas verloren. [15] Die Umgebung von Aspang am Wechsel. 299 Granate bemerkt man fast stets zahlreich, besonders auf den Bruch- flächen quer zur Schieferung. Turmalin tritt makroskopisch selten hervor. U. d.M. ergibt sich das BildnormalerGlimmerschiefer: Glimmerreiche Lagen wechseln ab mit quarzreichen, bei manchen Gesteinen herrschen erstere durchaus vor, bei anderen wieder tritt der Quarz mehr in den Vordergrund. Als Glimmer ist stets Mus- kovit vorhanden, meist herrscht er vor über die übrigen glimmerigen Bestandteile. Ein Teil der Glimmerschiefer enthält außerdem noch Biotit, welcher zum Teil mit Muskovit parallel verwachsen ist. Ge- wöhnlich aber tritt neben Biotit noch ein Chlorit auf mit starkem Pleochroismus von tiefgrün bis fast farblos und mit niedrigen anomalen, bläulichen Interferenzfarben. Dieser Pennin ist nur sehr selten als Zersetzungsprodukt des Biotits aufzufassen — dann ist der Pleo- chroismus geringer. Meist ist er gleich dem Biotit primär, das heißt Produkt derselben Metamorphose wie dieser. Denn er findet sich auch in Gesteinen, in denen der Biotit absolut frisch ist und häufig mit diesem parallel verwachsen oder aber, und das spricht noch deutlicher gegen sekundäre Entstehung, der Pennin durchspießt den Biotit. In beiden Fällen ist die Grenze haarscharf und der Biotit auch dort, wo er an Biotit anstößt, vollständig unzersetzt. In manchen Gesteinen von der Habischleiten fehlt der Biotit ganz und seine Stelle nimmt der Pennin ein. Auch hier muß er als primär aufgefaßt werden, wenigstens fehlen alle Anhaltspunkte für sekundäre Ent- stehung. Besonders gern findet sich der Chlorit um und im Granat und bildet dort schuppige Aggregate. Der Quarz ist stets frisch und nicht selten ohne Kataklase, in anderen Gesteinen aber löscht er undulös aus, in wieder anderen ist die Zertrümmerung bis zur Mörtelstruktur gegangen. Albit, wie in den Albitgneisen, teils mit Muskoviteinschlüssen, teils ohne solche, fehlt wohl in keinem Glimmerschieferschliff ganz. In einigen wird er ziemlich häufig und es entstehen so Übergänge zum Albitgneis,. Zirkon und Apatit finden sich fast in jedem Schliff, einmal auch Anatas in großer Menge, kenntlich an der hohen Licht- und Doppelbrechung und den spitzrhombischen Querschnitten. Er um- rahmt oft ein Eisenerz, wohl Titaneisen. Auch sonst findet sich dieses Eisenerz und daneben Eisenglanz ganz allgemein. Als charakteristischer Bestandteil fehlt den Glimmerschiefern wohl kaum je der Granat. In durchlöcherten Kristallen findet man ihn in jedem Schliff. Es ist der gemeine Granat. Ebenso charak- teristisch scheint für die Glimmerschiefer der Habischleiten der Turmalin zu sein, jedenfalls fehlt er nur selten. Die neunseitigen Querschnitte zeigen, wenn sie größer sind, fleckige Färbung: hellbraune und mattblaugrüne Teile liegen ohne scharfe Grenze und ohne Regel- mäßigkeit nebeneinander. In anderen Fällen ist der Kern von bläulicher Farbe, einmal sogar ganz farblos, scharf abgegrenzt gegen den braunen Rand. In Längsschnitten ist ® teils braun, teils grünlichblau gefärbt, wie in den Querschnitten, e aber ist entweder fast farblos oder schwach grünlich, manchmal allerdings sind bei den Teilen, bei Jahrbuch d. k k. geol. Reichsanstalt. 1911, 61. Band, 2. Heft. (P. St. Richarz) 39 300 P. Steph. Richarz. [16] welchen ® braun gefärbt ist, auch in der Richtung e noch einige rostbraune Flecken erhalten. Aus der Habischleiten stammt auch ein Gestein, in dem der Turmalin so vorherrscht, daß man es als Turmalinfels bezeichnen könnte. Es ist ein Aggregat von braunen Turmalinnadeln. Die übrigen Bestandteile der Glimmerschiefer treten sehr zurück. Für die Theorie der Metamorphose sind diese Glimmer- schiefer von großer Bedeutung. Es tritt hier mit dem Abnehmen der metamorphosierenden Kraft neben dem Biotit Pennin auf als unmittel- bares Produkt dieser Metamorphose; nach und nach verdrängt dann der Pennin den Biotit vollständig. In den höher metamorphosierten Gesteinen, in den Metagneisen, Albitgneisen und auch in manchen mit diesen eng verknüpften Glimmerschiefern ließ hingegen sich stets nachweisen, daß der eventuell vorhandene Chlorit Umwandlungs- produkt des Biotits ist. Ferner tritt nun der Turmalin als wichtiger Gesteinsbestandteil auf, während er in den höher metamorphosierten Gesteinen fehlte. Das weist wohl auf die leichte Löslichkeit dieses Minerals hin, welche es ihm ermöglichte, sich weiter von seiner Quelle, dem Granitmagma, zu entfernen. 6. Die Quarzite. Deutlich sedimentärer Quarzit wird am Königsberg bei Aspang (nördlich vom Trommelschlägergraben) in einem großen Steinbruch für die Straßenbeschotterung gewonnen. Der sedimentäre Charakter zeigt sich zunächst in der Schichtung. Die 10—30 cm dicken Bänke streichen N 25 W und fallen 35° WSW. Außerdem findet man im Quarzit konkordante Einlagerungen von Glimmer- schiefer. U. d. M. erkennt man, daß das Gestein hauptsächlich aus grob- körnigem Quarz besteht. Die einzelnen Körner sind verzahnt und nur wenig kataklastisch. Dazwischen beobachtet man manche getrübte Kalifeldspate ohne Kristallform und ohne Gitterlamellierung. Dazu kommen noch kleine Muskovitleisten und wenig Apatit. Im Steinbruch fallen zwei hellweiße, schmale Streifen auf, welche sich in ihrem weiteren Verlauf zu einem einige dm breiten vereinigen. Sie machen den Eindruck von OW streichenden, steil- stehenden Gängen. Das Material selbst ist ein feines, weißes Pulver mit zahlreichen größeren Quarzstückchen. Das Mikroskop zeigt, daß auch diese „Gänge“ aus Quarz bestelien. Es sind Zertrümmerungs- zonen im Quarzit an vertikalen Verwerfungen. Der Quarz wurde zu feinem Sand zerrieben, nur einzelne Stücke blieben erhalten. Ein zweiter guter Aufschluß von Quarzit oder besser Quarzit- schiefern findet sich an der Straße Aspang—Kulma, unmittelbar unter der Paßhöhe. Das Streichen geht N 70° O, das Fallen 450 NNW. Es ist ein feinkörniges Quarzgemenge mit einigen großen Stücken getrübten Kalifeldspats und häufigen Albiten mit den gewöhn- lichen Muskoviteinschlüssen. Muskovit und grünlicher Biotit verleihen dem Gestein seine Schieferung. Epidot, Apatit und Zirkon sind nur wenig vorhanden. Auch hier fällt ein Band auf durch seine [117] Die Umgebung von Aspang am Wechsel. 301 hellweiße Färbung. Es geht parallel der Schichtung. Die Bestand- teile sind dieselben wie im übrigen Aufschluß. Es scheinen auch hier dynamische Prozesse den Quarz zerrieben zu haben. Endlich tritt noch Quarzit auf beim Aspanser „Kaolinwerk“. Er unterscheidet sich von den übrigen Quarziten makroskopisch durch das deutliche Hervortreten des Feldspats. U. d. M. erkennt man ein feinkörniges Gemenge von Quarz und Kalifeldspat. Der Quarz herrscht vor und ist sehr zertrümmert. Muskovit ist häufig vor- handen. Der sedimentäre Ursprung ergibt sich aus der Struktur und aus der Schichtung. 7. Die Lagerungsverhältnisse und allgemeine Schlüsse aus denselben. Nachdem nun die Gesteine beschrieben sind und ihre gegen- seitigen petrographischen Beziehungen festgestellt wurden, wird es nötig sein, die geologischen Verhältnisse zu besprechen, damit so ein vollständiges Bild des nördlichen Gebirgszuges gegeben werde und damit die genetischen Beziehungen, welche petrographisch gefunden wurden, durch die geologischen Beobachtungen gestützt werden. Das Resultat der Beobachtungen wurde in einer geologischen Karte der näheren Umgebung von Aspang (pag. 257) und in 2 Profilen (Fig. 2 und 3) niedergelegt. Am allerdeutlichsten tritt das Verhältnis von Granit und Schiefer in einem Profil hervor, welches auf der Straße Aspang—Kulma, etwas unterhalb der Paßhöhe, bei im 3 beginnt und durch Kulma hindurch- geht bis zum Schauflerbauern (Fig. 2). Auf der Straße von Aspang nach Kulma sieht man allenthalben die Granite anstehen und aus ihnen setzen sich auch die benachbarten Höhen zusammen, wie das schon an ihrer Kuppenform zu erkennen ist. Schieferung bemerkt man an diesen Graniten häufig, doch bleibt im großen der granitische Charakter durchaus gewahrt. Das Verhältnis der Granite zu den Metagneisen läßt sich indes weniger gut studieren wegen der tief- gehenden Verwitterung. Etwa 200 m oberhalb km 5 schließen sich an die Granite Albitgneise, welche aber nach 20 m wieder von einer ebenso breiten Lage Metagneis abgelöst werden. Darauf folgt wieder Schiefer. Es ist der Albitgneis erster Art, welcher pag. 296 beschrieben wurde. Der Kontakt zwischen Granit und Schiefer ist in beiden Fällen undeutlich. Oberhalb der Schiefer stehen die pag. 300 be- schriebenen Quarzitschiefer mit NNW-Fallen an. Auf der Paßhöhe sind die Aufschlüsse mangelhaft. Jenseits derselben bemerkt man zweimal Glimmerschiefer mit Fallen gegen NO, dann kommen inji- zierte Schiefer mit SW-Fallen. Die Schieferung ist sehr deutlich und geht parallel einer Schiefereinlagerung von geringer Mächtigkeit. Bei den ersten Häusern an der linken Seite der Straße durch Kulma stehen Glimmerschiefer an, erst mit nordöstlichem, dann mit südwest- lichem Einfallen; in letzterem Aufschluß sieht man einen Pegmatit- gang. Die Schiefer sind vorherrschend Glimmerschiefer mit Granat. Es kommen aber auch Albitgneise der zweiten Art vor, in denen die Albite Muskoviteinschlüsse enthalten. Auch sehr quarzreiche Schiefer 39 + [18] P. Steph. Richarz. 302 1 Granit, zum Teil schieferig. Profil 2 VTTe IE 3 Profil durch Kulma. Maßstab: 1:10.000. — 2 Albitgneis erster Art. — 3 Glimmerschiefer und Albitgneis zweiter Art. | 9 = Quarzitschiefer. — P = Pegmatitgänge. I RER 3 [19] Die Umgebung von Aspang am Wechsel. 303 sind nicht selten, welche neben Albit sehr viel Kalifeldspat enthalten. Es ist nicht Mikroklin, wie in den Graniten, sondern Orthoklas, so daß es sich wohl um sedimentäre Quarzitschiefer handelt, ähnlich den soeben beschriebenen (pag. 300), welche ebenfalls Orthoklas führen. Die Albite weisen hingegen auf granitisches Material hin. Unterhalb Kulma fehlen die Aufschlüsse auf längerer Strecke. Dann sieht man wieder Albitgneise und Glimmerschiefer mit zahlreichen, oft recht grobkörnigen Pegmatitgängen. Auf 75 m kommen deren 7. (Siehe Fig. 3.) Ihre Mächtigkeit schwankt zwischen 10 und 50 cm. Die Lagerung scheint konkordant zu sein, doch läßt es sich nicht immer sicher konstatieren, weil die Aufschlüsse nur oberflächlich sind. In den folgenden Schiefern (Fig. 2), welche wieder NO fallen, findet man noch zwei Pegmatitgänge. Dann tauchen von neuem geschieferte Granite mit zwei Schiefereinlagen auf. Damit hören die Aufschlüsse auf. Fig. 3. Profil zwischen Kulma und Schauflerbauer (siehe Fig. 2). Maßstab: 1:700. Bezeichnung wie Fig. 2. Es zeigt dieses Profil in großer Deutlichkeit das Verhältnis des Granits zu den Schiefern. Es bilden letztere einen Teil der Schiefer- hülle, in welche der Granit eindrang und in welche er seine Apo- physen und Gänge entsandte. Die intrusive Natur des Granits ergibt sich auch aus seiner oberflächlichen Verbreitung und Verteilung unter den Schiefern. Die geologische Karte (pag. 287) soll dieses veranschaulichen. Eine sroße Schwierigkeit bestand bei der Aufnahme darin, Glimmer- schiefer und Albitgneise im Felde von den Schiefern mit Granit- injektion zu trennen. Diese Schwierigkeit wurde dadurch umgangen, daß alle jene Gesteine zusammengefaßt wurden, welche entweder reine Granite sind oder in welchen doch der Granit so hervortritt, daß man ihn nicht gut übersehen kann. Mit dem Schieferzeichen wurden alle jene Gebiete markiert, in welchen das Schiefermaterial vorherrscht und kein oder nur untergeordnetes Granitmaterial zu finden ist. Den richtungslos körnigen Granit und die Metagneise aus- einanderzuhalten, darauf mußte von vornherein verzichtet werden, da beide oft in beständigem Wechsel sich befinden. Die durchgreifende Lagerung des Granits ergibt sich nun einerseits aus den von der Hauptmasse getrennten Granitflecken, zum Beispiel an der Straße Aspang—Zöbern, bei der Station Ausschlag-Zöbern usw., ferner aus den Schieferschollen im Granit und aus der Grenze von Granit und 304 P. Steph. Richarz. [20] Schiefer überhaupt, welche wohl nie mit dem Streichen der Schiefer zusammenfällt, wie ein Blick auf die Karte zeigt. Während so die Karte im großen gewiß ein richtiges Bild der Lagerungsverhältnisse gibt, waren doch die Aufschlüsse, die durch den Bahnbau geschaffen wurden, bedeutend wertvoller, weil sie es erlaubten, in die Tiefe einzudringen und weil frisches Material bloB- gelegt wurde. Das Studium dieser Aufschlüsse wurde mir durch das liebenswürdige Entgegenkommen sowohl von seiten der Herren der . Regierung als auch der Bauleitung ermöglicht und erleichtert. Be- sonders Herrn Oberkommissär Piegler und Herrn Oberingenieur Hammer bin ich zu großem Danke verpflichtet für ihre freundliche Unterstützung meiner Untersuchungen. Ersterer stellte mir in zuvor- kommendster Weise die Generalstabskarte (1:25.000) für die geolo- gische Aufnahme des ganzen Gebietes zur Verfügung. Auch dafür sei ihm herzlichst gedankt. Der erste Tunnel, welcher unser nördliches Gebirgssystem auf- schließt, ist der Sambergtunnel an der rechten (östlichen) Seite des Aspanger Haupttals. Hier konnte man schon beim Tunneleingang die mannigfaltige Vermischung von Schiefer und Granit beobachten. Nur selten findet man noch einen Granit, der ganz frei von Schiefer wäre. Doch bleibt der massige Charakter des Gesteins erhalten. Keine deutliche Schieferung tritt auf, da nur unzusammenhängende Schiefer- fetzen im Granit sich finden. Nur einmal wurden die Schieferflasern deutlich und ließen ein OW-Streichen mit 40° nördlichem Fallen er- kennen. Beim Tunnelausgang war ein mächtiges Aplitlager zu sehen mit N 60° W-Streichen und einem Einfallen von 30° NNO. Der Aplit ist vollkommen geschiefert und muskovitreich. Auf den Aplit folgt wieder Granit. Im sich anschließenden Einschnitt wird die Schieferung deutlicher. Gleich im Anfang steht sogar Granatglimmerschiefer mit einem Pegmatitgang an. Dann aber zeigt der Aufschluß von neuem Granit mit deutlicher Schieferung und das hält an bis zum Windhof- Kehrtunnel und in der ersten Hälfte dieses Tunnels selbst. Nur selten ist der massige Charakter erhalten. Meist sieht man deutliche Schieferlagen, welche im Durchschnitt N 50—60° W streichen und 25° NNO fallen. Mikroskopisch lassen diese Schiefer noch deutlich das granitische Material erkennen in dem injizierten Kalifeldspat und Albit, es kommen aber auch reine Albitgneise der zweiten Art und selbst Glimmerschiefer vor. Diese beiden Gesteine werden dann herrschend in der zweiten Hälfte des Tunnels mit demselben Streichen und Fallen. Nach der Karte müßte der ganze Tunnel im Granit ver- laufen und in der Tat ließen die oberflächlichen Aufschlüsse nichts anderes vermuten, steht doch der Granit im Ungerbach bis fast zum Tunnelausgang an und auch im Walde über dem Tunnel findet man nur granitische Gesteine. Es geht daraus jedenfalls hervor, wie rasch der Gesteinscharakter wechseln kann, da es sich hier nur um eine wenig bedeutende Schieferscholle handeln kann, welche in den Granit eingesunken ist. Auf der Karte konnte sie nicht eingetragen werden, weil man sie an der Oberfläche nicht erkennt. In dem tiefen Einschnitt zwischen Windhof-Kehr- tunnel und. dem kleinen Hartbergtunnel tritt schon bald [21] Die Umgebung von Aspang am Wechsel. 305 wieder der granitische Anteil der Schiefer deutlicher hervor, beson- ders in großen Kalifeldspaten. Doch ist die schieferige Struktur meist noch sehr deutlich, während anderseits auch wieder massige Granite auftreten. (Ein größerer Aufschluß dieser Art ist jetzt noch zu sehen kurz vor der Einfahrt in den kleinen Hartbergtunnel.) Die aus diesem Einschnitt untersuchten Gesteine gehören alle zum Metagneis, auch dann, wenn man mit bloßem Auge den Kalifeldspat nicht erkennen kann. Im kleinen Hartbergtunnel herrscht erst noch Metagneis vor. In der zweiten Hälfte ist die Schieferung vollkommen und das herrschende Gestein ist turmalinführender Granatglimmerschiefer. Das Streichen in Glimmerschiefern und Metagneis schwankt bedeutend: N 45—80° W, das Fallen ist mit 25—30° gegen NO, beziehungsweise NNO gerichtet. Die Glimmerschiefer halten nun an und wurden in einem tiefen Ein- schnitt durch die Habischleiten gut aufgeschlossen. Das Streichen ist immer NW, das Fallen flach gegen NO. Es sind die turmalin- führenden Glimmerschiefer, welche pag. 298 und 299 eingehend be- schrieben wurden. Bisweilen gehen sie über in Albiteneise der zweiten Art, die hie und da aplitischen Habitus annehmen, wohl durch aplitische Injektionen. Pegmatitgänge konnten hier, im Gegensatz zum Profil in Kulma, trotz der günstigen Aufschlüsse nicht aufgefunden werden. So weisen also auch die Aufschlüsse beim Bahnbau auf Intrusion des Granits mit derselben Deutlichkeit hin, wie die an der Ober- fläche beobachteten Verhältnisse. Dagegen kann auch nicht die oft beobachtete und beschriebene Konkordanz zwischen Granit und Schiefer geltend gemacht werden, denn sicher ist diese Konkordanz nicht aus- nahmslos vorhanden, wie die Karte zeigt. Auch Herr Mohr!) führt aus westlich gelegenen Gebieten Beispiele unzweifelhafter Diskor- danz an und schließt aus ihnen auf Intrusion des Granits. In der Tat reicht ja ein einziger, den Schiefer diskordant durchsetzender Aplit- oder Pegmatitgang vollständig aus zu einem solchen Schluß, selbst dann, wenn sonst überall Konkordanz herrschen sollte, was aber bei Aspang durchaus nicht der Fall ist. Die wirklich vorhandene Kon- kordanz braucht man aber durchaus nicht auf spätere dynamische Prozesse zurückzuführen, wozu Herr Mohr (l. c.) neigt. Die Kon- kordanz muß vielmehr beim Eindringen des Granits in einen Ton- schiefer die Regel sein, weil die Schieferfugen für den Granit Flächen des kleinsten Widerstandes bedeuten. Diskordanz kann nur dort eintreten, wo der zertrümmerte Schiefer auch noch andere schwache Stellen aufweist. Sind so mit dem Beweise einer Granitintrusion die älteren An- schauungen über die Stratigraphie des Gebirges richtiggestellt, wie schon früher ausgeführt wurde), so läßt sich, auf dieser Grundlage fußend, aus der eingehenden Untersuchung der Gesteine ein weiterer Schluß von großer Bedeutung ziehen. Ist der Granit jünger als die Schiefer, so kann er auchaals die Ursache der Meta- morphose dieser betrachtet werden. Niemals entfernen sich ') Mitteil. d. geol. Gesellsch. in Wien, Bd. III, 1910, pag. 174. 2) Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., Bd. 58, 1908, pag. 45. 306 P. Steph, Richarz. [22] die Schiefer im untersuchten Gebiet soweit vom Granit, daß sie seinem Einfluß entzogen wären. Wo auf der Karte größere Schiefergebiete erscheinen, muß man beachten, daß hier zwar die Schiefer vorherr- schen, aber doch auch granitische Gesteine vorkommen. Nur die auf- fallenderen Partien wurden auf der Karte ausgeschieden. Ferner kann auch nicht die Form der Metamorphose als ein Beweis gegen die Einwirkung des Granits betrachtet werden. Noch vor wenigen Jahren allerdings würde man bei den meisten Geologen und auch bei sehr vielen Petrographen auf großen Widerspruch ge- stoßen sein, hätte man Glimmerschiefer als Bildungen der Kontakt- metamorphose hingestellt. Heute aber haben sich die Anschauungen soweit geklärt, daB wohl ein jeder Petrograph wenigstens das zugibt, daß Glimmerschiefer auch durch Kontaktmetamorphose entstehen können, oder, allgemeiner gesprochen, daß unter gewissen Umständen die Produkte der Kontaktmetamorphose sich nicht mehr von jenen Bildungen unterscheiden, welche man früher der Dynamometamorphose als eigentümlich zuschrieb. Es ist unbestreitbar das große Verdienst E. Weinschenks, die Aufmerksamkeit auf diese Tatsache gelenkt zu haben. Schon 1900 legte er auf dem VIII. Internationalen Geologenkongreß in Paris eine Zusammenfassung seiner diesbezüglichen Beobachtungen und Anschau- nugen vor und führte den Begriff der „Pi&zokontaktmetamorphose* in die Petrographie ein!). Im Jahre 1903 bespricht er in der Be- arbeitung der Gesteine des Groß-Venedigers ein typisches Beispiel für seine neue Idee?). Trotz vielfachen Widerspruchs verteidigte Weinschenk auch späterhin mit aller Energie seinen Standpunkt und trug ihn durch seine Lehrbücher in weitere Kreise hinein ?). Mit Genugtuung konnte er beobachten, wie immer mehr Petrographen sich auf seine Seite stellten und wie nun selbst seine früheren Gegner in der Hauptsache ganz seinen Standpunkt eingenommen haben. Denn was Grubenmann in seiner zweiten Auflage der „kristallinen Schiefer“ ®) in den drei ersten Sätzen des neuen Abschnittes, pag. 70, schreibt, ist genau dasselbe, was Weinschenk nun schon über zehn Jahre lehrt und in seinen Schriften verteidigt. Grubenmanns Gedanke: In- trusion des die Kontaktmetamorphose erzeugenden Gesteins in Be- gleitung von tektonischen Störungen, ist nichts anderes als die Pi&zo- kontaktmetamorphose, wie sie Weinschenk oft mit klaren Worten ausgesprochen hat. Ebenso entspricht ganz den oft betonten An- schauungen Weinschenks der Satz: daß sich die Erscheinungen dieser Art von Kontaktmetamorphose wenig mehr von denen der Metamorphose im engeren Sinne unterscheiden. Die einzige Meinungs- verschiedenheit zwischen Weinschenk und Grubenmann besteht !) E. Weinschenk, Dynamome6tamorphisme et pi6@zocristallisation. C. R. VIII. congr. g&ol. intern. Paris 1900, pag. 326. “ 2) E. Weinschenk, Die kontaktmetamorphe Schieferhülle und ihre Be- deutung für die Lehre vom allgemeinen Metamorphismus. Abhandl. d. K. Bayr. Akad. d. Wissensch., II. Kl., 1903, XXU. Bd., Il. Abt., pag. 309. ®) E. Weinschenk, Grundzüge der Gesteinskunde. I. Teil. Allgemeine Gesteinskunde. 1. Aufl. 1902. 2. Aufl. 1906. *) Grubenmann, Die kristallinen Schiefer, 2. Aufl. 1910. [23] Die Umgebung von Aspang am Wechsel. 307 höchstens noch in dem Worte „wenig“, für welches Weinschenk „überhaupt nicht“ setzt. r Herrscht so in der Hauptsache vollkommene Übereinstimmung zwischen beiden Forschern, so ist man um so mehr überrascht beim Lesen der nun folgenden Ausführungen Grubenmanns. Sie ent- halten eine zweifellos unrichtige Darstellung der Auffassungen Wein- schenks, welche sehr leicht hätte vermieden werden können. Eine bloße Gegenüberstellung .der klaren Ausführungen Weinschenks über Pi&zokontaktmetamorphose und der Darstellung, welche Gruben- mann von Weinschenks Auffassung gibt, wird diesen Vorwurf zur Genüge beweisen. NachGrubenmann (l.c.pag. 7O)ist ,„Weinschenks Pi&zokontaktmetamorphose die von intrusiven Massen ausge- übte Einwirkung auf die umhüllenden Gesteine“, nach Weinschenk ist es „die Kontaktmetamorphose in solchen Gebieten, wo die Ver- festigung des Eruptivgesteins begleitet war von den gebirgsfaltenden Prozessen“, Grubenmann nennt hier Pi&zokontaktmetamorphose, was Weinschenk und mit ihm alle Petrographen als Kontaktmeta- morphose überhaupt bezeichnen. Weinschenk aber versteht unter Piezokontaktmetamorphose jene Kontaktmetamorphose, welche durch den gebirgsbildenden Druck modifiziert wird. Ferner: Bei der Piözo- kontaktmetamorphose „preßt der durch die Intrusion hervorge- Butene Druck“, so Grubenmann |. ec. „die ‚Dämpfe in. die Nebengesteine hinein und die Langsamkeit des Eindringens des gra- nitischen Magmas verursacht lang andauernde und mehrfach erneuerte Einwirkungen. Dadurch sollen nach Weinschenk die Pi&zokontakt- höfe eine so große Ausdehnung gewinnen können, daß die Metamor- phose der die Zentralmasse umgebenden Schiefer vollständig erklär- bar wird“. Und was sagt Weinschenk |. c.? „Im allgemeinen sind durch die Gebirgsfaltung die Nebengesteine weithin gelockert und zertrümmert, die gasförmigen Agentien werden ferner unter besonders hohem Druck in die Gesteine hineingepreßt, so daß intensiv wie extensiv die Erscheinungen hier viel großartiger sein müssen.“ Es ist in der Tat kein kleines Kunststück, welches Grubenmann hier vollbringt, aus den klaren Ausführungen Weinschenks die eben zitierten Gedanken herauszulesen. Was Grubenmann heraus- findet: „der durch Intrusion hervorgerufene Druck“, „die Langsamkeit des Eindringens des granitischen Magmas“ erwähnt Weinschenk mit keiner Silbe, was dieser aber als wesentlich für Pi&zokontakt- metamorphose betont: „Lockerung des Nebengesteins durch Gebirgs- faltung“, „besonders hoher Druck“, wird von Grubenmann ver- schwiegen. Man wäre versucht, zu glauben, Grubenmann habe eine andere Quelle vorgelegen. Tatsächlich beruft er sich aber auf Wein- schenks „Grundzüge der Gesteinskunde“, in welcher Weinschenk sowohl in der 1. als in der 2. Auflage, sowohl im I. als im II. Bande die Piözokontaktmetamorphose nur im angeführten Sinne auffaßt. Und nie hat Weinschenk weder in seinen Vorlesungen noch in seinen übrigen Arbeiten irgend etwas gesagt oder geschrieben, was zu den Grubenmannschen Ausführungen hätte führen können. ) E. Weinschenk, Allgemeine Gesteinskunde, 2. Aufl,, pag. 137. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Band, 2. Heft. (P. St. Richarz.) 40 308 P. Steph. Richaraz. [24] Also kurz zusammengefaßt: In der Sache selbst steht Gruben- mann heute auf dem Standpunkt, den Weinschenk seit langem ver- treten hat. Der Pi&zokontaktmetamorphose Weinschenks aber legt er einen Sinn bei, an welchen der Autor dieses Namens nie im ent- ferntesten gedacht hat. Und nun kämpft Grubenmann gegen diese von ihm erfundene Piözokontaktmetamorphose. Ist das nicht auch „ein Kampf gegen Windmühlen“ ? Der Einwand, den nun Grubenmann (l. e. pag. 71) noch macht, läßt sich nach dem Gesagten leicht lösen. Wenn große Granit- massen „relativ geringfügige Höfe normalen Kontakts aufweisen“, so fehlt eben hier der gebirgsbildende Druck und nur der Intrusions- druck ist vorhanden, es ist also normale Kontaktmetamorphose das Resultat. Wäre der Intrusionsdruck durch den gebirgsbildenden Druck verstärkt und die Nebengesteine durch tektonische Bewegungen für die Metamorphose vorbereitet worden, so hätten wir Piezokontakt- metamorphose bekommen, die auch in weiter Entfernung vom Granit noch wirksam gewesen wäre. Kann nach alledem die Möglichkeit einer Kontaktmeta- morphose der Schiefer in der Umgebung von Aspang nicht in Ab- rede gestellt werden, so können wir auch positive Gründe dafür beibringen, daß sie wirklich tätig gewesen ist. Daß die injizierten Schiefer dem sie durchadernden Granit ihre Metamorphose verdanken, bedarf keines weiteren Beweises. Aber auch die Albitgneise und Glimmerschiefer zeigen deutliche Spuren der Graniteinwirkung, erstere in dem hohen Albitgehalt, in der Übereinstimmung der Albitindividuen mit jenen, welche im Granit und vor allem im Aplit-Pegmatit vorkommen, letztere in dem oft bedeutenden Turmalingehalt, der sich nur aus dem Granit ableiten läßt. (Auch im Granit kommen hie und da Turmalin- nester vor, so im Granit bei Kirchberg und im Hottmannsgraben recht häufig.) Für die Glimmerschiefer könnte man auch noch die Übergänge dieser in Albitgneise, ihre enge Verknüpfung mit solchen geltend machen. Also Kontaktmetamorphose ist im untersuchten Gebiete tätig gewesen und sie kann alle dort beobachteten Erscheinungen voll- ständig einwandfrei erklären. Darum wäre es unwissenschaftlich, noch irgendeine andere Ursache für die Metamorphose anzunehmen, so- lange man nicht unzweifelhafte Beweise für eine solche Annahme hat. Die tektonischen Prozesse, welche zweifellos im ganzen Gebiete eine nicht unbedeutende Rolle spielen, sind für die Metamorphose, wie bei der Gesteinsbeschreibung schon ausgeführt wurde, nur von modifizierender Bedeutung gewesen. Die in der Umgebung von Aspang beobachteten und eingehend studierten Verhältnisse wiederholen sich, soweit meine Erfahrungen reichen, im ganzen nördlichen Gebirgssystem, nach Norden hin bis zur Rosalienkapelle, nach Osten bis Kirchschlag, nach Westen bis Gloggnitz, ja stellenweise bis in die Nähe des Kalkgebirges, wie verschiedene Orientierungstouren in jenen Gebieten zeigten, so daß man die Gegend um Aspang als ein typisches Beispiel betrachten darf, das zwar aufs Geratewohl aus dem Ganzen herausgegriffen wurde, das aber doch den Charakter des ganzen Gebirges in ausge- [25] Die Umgebung von Aspang am Wechsel. 309 zeichneter Weise wiedergibt, wenn man auch nicht behaupten darf, alle Einzelheiten, alle Gesteinstypen von Aspang müßten nun in derselben Weise im ganzen Gebirge sich wiederfinden. Ein Beispiel dafür. Der Radigundstein, südöstlich von Kirchschlag, gerade die Öster- reichisch-ungarische Grenze bildend, ist ein mächtiger Pegmatit- gang mit großen Turmalinsäulen von mehreren Zentimetern Länge und neunseitigem Querschnitt. Neben Albit mit den gewöhnlichen Muskovit- leisten enthält dieser Pegmatit auch Mikroklin in größerer Menge. Der Turmalin zeigt, wie der Turmalin in den Glimmerschiefern bei Aspang, zonaren Aufbau: ein blaugrüner Kern grenzt in Querschnitten sich scharf ab gegen den braunen Rand. Dazu kommt noch ein Mineral, welches bei Aspang unbekannt ist, Disthen, in wenigen, sehr schmalen Leisten. Auf Kirchschlag zu schließt sich an diesen Pegmatit ein sehr vollkommen schieferiges Gestein mit zahlreichen rosaroten Granaten. Dunkle, biotitreiche Lagen wechseln ab mit hellen, welche zum Teil aus reinem Quarz, zum Teil aber auch aus einem Aggregat von Quarz und Feldspat bestehen. U. d. M. erkennt man in letzterem Gemenge den Pegmatit des Radigundsteins wieder. Der Schiefer aber besteht aus rötbraunem Biotit und etwas Muskovit und sehr viel Disthen. Letzterer, makroskopisch nicht zu erkennen, wurde zunächst im Gesteinspulver bestimmt. Wegen der vollkommenen Spaltbarkeit nach (100) erhält man fast nur Spaltblättchen nach dieser Fläche, lange, schmale Leisten, welche die negative Mittellinie und einen großen Achsenwinkel erkennen lassen. Die Auslöschung ist stets schief; c bildet mit der Längsrichtung der Leisten einen Winkel von 30°, Im Dünnschliff haben die Durchschnitte 1 c immer sehr deutliche Spalt- risse und die Achsenebene liegst 1 zu diesen. Die Auslöschung ist serade. Zwischen gekreuzten Nikols halbdunkle Prismen sind ohne Spaltrisse und La; sie löschen bei 30° aus. Sowohl bei Spaltblättchen als auch im Dünnschliff sieht man manchmal den Faserbruch nach (001) sehr deutlich. Der Granat enthält als Einschlüsse größere Quarzkörner, dann größere Rutilstücke und einige wenige Leisten von Disthen. Glimmer und Disthen, fast vollkommen parallel gelagert, winden sich um den Granat herum und schmiegen sich seiner gserundeten Form an. Ist der Granatrand zertrümmert, so dringen wohl die Schiefermineralien in ihn hinein, manchmal recht tief, so dab diese Schiefereinschlüsse eine helizitische Struktur vortäuschen. Wir haben also auch hier einen injizierten Schiefer vor uns ınd damit einen Beweis, daß auch weit von Aspang noch Granit- wirkungen tätig waren, weil auch dort das Granitmassiv noch nahe der Oberfläche liegt und nicht selten auch direkt zu beobachten ist. Aber ein Unterschied besteht doch darin, daß nicht Granit, sondern Pegmatit injiziert wurde und daß als Kontaktmineral Disthen ent- stand. Eine Untersuchung des ganzen Gebirges würde vielleicht noch manche Neuheiten zutage fördern und noch weitere Illustrationen liefern, wie mannigfaltig die Kontaktmetamorphose desselben Magmas sich gestalten kann. Auf das Vorkommen der Gesteine bei Kirchschlag machten mich die Herren von Troll vom Lindenhof bei Krumbach aufmerksam, wofür ich ihnen herzlich danke. Herr Walther R. von 40* 310 P. Steph. Richarz. [26] Troll fand auch auf seinem Gut ein pegmatitisches Gestein, in welchem man den Disthen makroskopisch erkennen kann. Interessant ist es noch, daß man denselben injizierten Granat- schiefer anstehend findet an der Straße Zöbern— Schlag, etwa 100 m vor km 1. Die Schiefer fallen dort flach unter den Granit ein. Südlich davon bei Schäffern sieht man dieselben Gesteine wieder zahlreich herumliegen zugleich mit Turmalinpegmatiten. 8. Die Amphibolite. Damit die Stratigraphie des nördlichen Gebirgszuges vollständig werde, muß jetzt noch ein Gestein besprochen werden, welches zwar nicht mehr ins Gebiet der Karte hineingreift, sondern etwas weiter nach Osten zu auftritt, dort aber große Bedeutung erlangt. Auf der geologischen Spezialkarte des Rosaliengebirges und der Krumbacher- berge schied Vacek mehrere Parallelzüge von „Hornblendegneisen* aus; es sind, wie früher schon hervorgehoben !), Amphibolite. Der westlichste dieser Züge kommt etwa 1 km südlich von Zöbern Aspang am nächsten und erstreckt sich gegen Süden auf Schäffern zu. Unterhalb der Ruine Ziegersberg finden sich in ihm gute Auf- schlüsse. Der zweite Streifen läßt sich gut studieren zwischen Hoch- neukirchen und Hattmannsdorf. Auch westlich von Aspang bricht der Amphibolit in mehreren kleinen Partien auf. So stößt man auf mehrere unbedeutende Einlagerungen im Glimmerschiefer auf dem grün markierten Wege von Glogenitz nach Kranichberg, nahe bei letzterem Orte. Sehr gut ist er aufgeschlossen an der Straße, welche am Talar- hof vorbei zum Ramssattel führt, gerade bevor der Weg zur Karls- höhe abzweigt. Ersteres Vorkommen erwähnt auch H. Mohr?) und außerdem noch drei andere von geringer Ausdehnung. Die Amphibolite sind teils massig, teils deutlich schieferig, ge- wöhnlich von dunkler, selten etwas grünlicher Farbe, und hohem spezifischem Gewicht. Sehr dunkle Hornblende bildet den Haupt- bestandteil. Daneben erkennt man makroskopisch Feldspat und häufig auch Granat. In manchen Varietäten lassen lichtgrün gefärbte Stellen Ubergänge in Eklogit erkennen. Solche Gesteine finden sich unterkalb der Ruine Ziegersberg bei Zöbern als dünne Lagen im Amphibolit. Echte Eklogite findet man bei Schäffern häufig in den Bachgeröllen. Die Gesteine von Zöbern und die aus der Nähe von Kranich- berg unterscheiden sich in manchen Punkten. Bei ersteren ist die Hornblende im Dünnschliff grün gefärbt, und zwar c blaugrün. Sehr intensiv wird dieser blaue Ton, wenn die Hornblende an Granat an- grenzt. b ist reingrün, a teils gelblich, teils gelblichgrün. Die Aus- löschung auf (010) beträgt 15—-16°%. Hie und da umschließt die Horn- blende sehr kleine Leisten von schokoladebraunem Biotit. Der Feld- spat ist ein Oligoklas-Andesin von 30°, An (Auslöschung 1 M und P+14 bis 15°, ß deutlich stärker lichtbrechend als ® des Quarzes). Quarz, meist in kleinen, kataklastischen Stückchen, ist ı) Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., Bd. 58, 1903, pag. 44. ?) Mittlg. der geol. Gesellsch. in Wien, Bd. III, 1908, pag. 170. [27] Die Umgebung von Aspang am Wechsel. all nicht häufig. Der Granat ist isotrop und enthält Einschlüsse von Quarz, Hornblende und Biotit. Als Mineral der Epidotgruppe ist häufig Klinozoisit ver- treten mit anomalen blauen und gelben Interferenzfarben und starker Dispersion der Mittellinien. Zwillinge löschen etwa 2° nach vorn aus. Die Doppelbrechung der gelben Flecken beträgt bei einer Dicke des Schliffes von 25 p. gegen 0'015, man muß sie also wohl schon als eisenarmen Epidot bezeichnen. Die gelben Flecken bilden stets den Rand und löschen anders aus als der dunklere Kern. Kleine Rutilmikrolithen sind ebenso wie Zirkon im ganzen Gestein zerstreut, recht häufig. Eisenerz ist wenig vorhanden. Im Amphibolit bei Kranichberg ist c der Hornblende im Dünnschliff tiefblaugrün gefärbt, b ist rein grün, a intensiv gelb mit einem grünen Ton. Als Feldspat ist hier vorherrschend Albit (LM und P — 14 bis — 15° Auslöschung, Lichtbrechung geringer als Kanadabalsam). Er umschließt oft Pennin mit sehr niedrigen blauen Interferenzfarben. Außer dem Albit findet sich auch noch kalkhaltiger Plagioklas, wie im durchsetzenden Aplitgang und mit Muskovit- einschlüssen, wie dort. Offenbar stammt er aus dem Aplit. Quarz ist weniger vorhanden als Feldspat und immer nur in kleinen Stücken. Neben Hornblende kommen auch hier einige Biotitleisten vor. Ziemlich häufig ist Titanit und Eisenerz. Die Epidotgruppe ist hier durch stark doppelbrechenden Epidot vertreten. Das untersuchte Gestein ist ausgesprochen schieferig durch Parallellagerung der Hornblende. Dieser Schieferung paßt sich auch der Aplitgang an, Die Eklogite von Schäffern sind Gesteine von lichtgrüner, manchmal etwas gelblicher Grundmasse, aus der zahlreiche rote Granaten mit wenig scharfer Umgrenzung und außerdem häufig Horn- blende von dunkler Farbe mit Pechglanz auf den Spaltflächen hervor- treten. In den Gesteinen unterhalb der Ruine Ziegersberg herrscht im allgemeinen noch Amphibolitcharakter, nur einzelne Stellen sind eklogitisch. Hier wurde auch Schieferung beobachtet. Im Dünnschliff gibt sich die Hornblende als die gewöhnliche grüne zu erkennen mit starkem Pleochroismus: c tiefgrün, b gelblich- grün, a hellgelb. Die Auslöschung auf (010) erreicht 15%. Wo die Hornblende an Granat grenzt, werden c und b tiefblaugrün, a behält die hellgelbe Färbung; Auslöschung und Doppelbrechung bleiben ebenfalls erhalten. Die Hornblende zeigt kurz prismatische Durch- schnitte, aber ohne scharfe Umrisse. Als zweiten wichtigen Bestandteil erkennt man einen diopsidischen Pyroxen von grünlicher Farbe, die auch im Dünnschliff noch deutlich zu erkennen ist, aber ohne Pleochroismus. Der Achsenwinkel ist ver- hältnismäßig klein, der Charakter +. Die Auslöschung auf (010) beträgt angenähert 45°, genaue Bestimmung ist nicht möglich wegen der mangelhaften Spaltrisse. Niemals ist Kristallform zu erkennen. Meist sind größere Individuen in unregelmäßig begrenzte Stücke auf- gelöst, deren Zusammengehörigkeit man nur an derselben Orientierung erkennt. Zwischen den größeren Stücken liegen feingekräuselte Aggregate desselben Pyroxens. Auch wurmförmige Gebilde kommen B12 P. Steph. Richarz. [28] vor. Die ganze Pyroxenmasse ist gern mit Quarzkörnern oder Quarz- stengeln erfüllt, welche sämtlich parallel liegen. Das Verhältnis dieses Pyroxens (Omphazit?) zur Hornblende ist dergestalt, daß man an eine Umwandlung der Hornblende in Pyroxen denken muß: die Grenze gegen die Hornblende ist stets unscharf und es tritt dort eine Ver- mischung von Hornblende und Pyroxenaggregaten ein; Pyroxengebilde dringen ferner in die Hornblende ein, als ob sie sich hineingefressen hätten; bisweilen sind sogar Hornblendeindividuen durch Pyroxen- aggregate in mehrere Stücke zerlegt. Es liegt also eine ähnliche Er- scheinung vor, wie sie bei den porphyrischen Gesteinen als Resorption der Hornblende bekannt ist. Neben Hornblende und Pyroxen findet man sehr häufig langge- streckte Klinozoisitsäulen mit anomalen blauen, seltener gelblichen Interferenzfarben. Vereinzelt kommt auch Epidot mit höherer Doppel- brechung vor. Die zahlreichen Granatkristalle sind reich an Mikrolithen von Zirkon und Titanit; auch Quarz-, Hornblende- und Rutil- einschlüsse sind vorhanden. Titanit und Rutil sind auch sonst nicht selten, letzterer wohl auch von ersterem umschlossen. Häufig wird Rutil von Titaneisen umrahmt. Feldspat fehlt vollständig. Von ganz besonderer Bedeutung für das Verständnis der Amphi- bolite und Eklogite sind Gesteine, welche ich in der Sammlung des Herrn v. Troll vom Lindenhof bei Krumbach fand. Es sind Gesteine, deren Diabasstruktur sofort in die Augen springt. Man sieht deutlich, wie eine sehr dunkle Hornblende von zahlreichen Feldspat- leisten durchspießt wird. Außerdem gewahrt man in einer Anzahl der Handstücke noch dunklen Biotit. Herrn v. Troll bin ich zu großem Danke verpflichtet, daß er mir diese wertvollen Funde ganz zur Ver- fügung stellte. Sie stammen nach v. Trolls Angaben aus dem in den Tiefenbach mündenden Graben, welcher die Gemeinden Lichtenegg und Aigen abgrenzt, und wurden dart anstehend beobachtet. Später fand ich selbst im Amphibolitzug Zöbern—Schäffern als Gerölle ein ähnliches Gestein mit Diabasstruktur. Den wichtigsten Bestandteil eines dieser Gesteine, welches biotitfrei ist, bildet grünliche Hornblende mit schwachem Pleochrois- mus. c ist mattgrün gefärbt, wie man es nicht selten bei Strahlsteinen sieht, b gelblichgrün, a gelblich, fast farblos. Bei manchen Durch- schnitten ist überhaupt keine Farbe zu sehen. Sehr häufig sind Reste einer braunen Hornblende in der grünen eingeschlossen. In einem Durchschnitt =F (010) zum Beispiel sieht man mehrere unregelmäßig begrenzte braune Flecken ohne Pleochroismus mit einer Auslöschung von 23—24°. Enggescharte, dunkle, staubförmige Einschlüsse + (001) treten deutlicher hervor als die prismatische Spaltbarkeit. Um diese braunen Flecken lagert sich gelblichbraune, bedeutend schwächer gefärbte Hornblende mit vielen regellos zerstreuten, staubförmigen Einschlüssen. Die Auslöschung dieser Hornblende beträgt nur noch 9—10°, ihre Doppelbrechung ist etwas geringer als die der braunen, die Anordnung der Einschlüsse nach (001) wird undeutlicher, ist aber doch manchmal noch gut zu erkennen. Nach außen verschwinden die Einschlüsse vollständig, die Farbe wird grün, wie oben angegeben. Auslöschung und Doppelbrechung bleiben dieselben. Daß es sich [29] Die Umgebung von Aspang am Wechsel. 313 wirklich um ein einheitliches Individuum handelt, zeigen die durch- gehenden Spaltrisse nach dem Prisma. In anderen Durchschnitten haben die braunen Stellen deutlichen Pleochroismus von gelblichbraun zu gelb- lich. Die Auslöschung der grünen Hornblende kann bis 16° betragen. Die Plagioklasbestimmung wird sehr erschwert durch zahlreiche Einschlüsse. Stets angenähert gerade Auslöschung weist auf Oligo- klas hin. Die meist wolkige Auslöschung zeigt, daß der Anorthit- gehalt innerhalb kleiner Grenzen schwankt. Die Einschlüsse im Plagioklas bestehen aus Zoisit, der meist lange, schmale Nadeln mit + Charakter der Hauptzone bildet. Positiv sind alle Durchschnitte mit niedrigen Interferenzfarben, die übrigen sind negativ. Die Achsenebene liegt | zur Längserstreckung der Nadeln. Der + Achsenwinkel nähert sich 0°. Querschnitte [+ (010), nach der Aufstellung Weinschenks] zeigen die Flächen (100) und (101) recht scharf und sind parallel der Achsenebene. Die Doppel- brechung geht auf diesen Querschnitten bis 0'007, die Interferenz- farben sind stets normal. Nach alledem ist es Zoisit %. Ziemlich häufig findet sich noch ein farbloser Klinochlor mit negativem Charakter der Hauptzone und + kleinem Achsenwinkel. Die Zwillinge löschen bei 2° aus. Dazu kommt endlich noch etwas Apatit und große Stücke von Rutil. Die Struktur ist ausgezeichnet ophitisch. Große Hornblende- individuen sind durchspießt von Plagioklasleisten oder umschließen solche vollständig. (Taf. XXV, Fig. 4.) In einem anderen biotitreichen Gestein hat die Horn- blende wieder ein sehr verschiedenartiges Aussehen. Zunächst fällt eine basaltische Hornblende auf, bei der c tiefrotbraun, b rötlichbraun, a hellgelb erscheint. Die Auslöschung beträgt etwa 4°, die Doppel- brechung gegen 0'040, der Charakter ist negativ. Die Dispersion der Achsen ist groß v > p. Häufig sind braungrüne Flecken in dieser Hornblende, welche schwächere Doppelbrechung und größere Aus- löschung zeigen. Einschlüsse von Sagenit sind häufig. An anderen Stellen des Schliffes ist die Hornblende grün und braun, oft beide Farben im selben Individuum. Es ist dann c entweder grün oder bräunlichgrün, b grün, manchmal ist auch hier noch etwas vom braunen Ton zu sehen, a ist stets farblos oder nur schwach gelblich. Der Pleochroismus ist zwar stets deutlich, steht aber doch weit hinter dem der rotbraunen Hornblende zurück. Die Doppelbrechung ist die- selbe wie bei der gemeinen Hornblende, die Auslöschung auf (010) seht bis 150%. Auch farblose Hornblende mit braunem Rand kommt vor. Neben den gewöhnlichen Zwillingen nach (100) findet man häufig Verwachsungen, die keine Regelmäßigkeit erkennen lassen. Die grüne Hornblende stimmt mit der im vorigen Schliff überein. Sagenit ist auch hier vorhanden. Der Biotit, makroskopisch schwarzbraun, pechglänzend, mit sehr kleinem Achsenwinkel auf Spaltblättchen, ist u. d. M. in der Längsrichtung fast ganz dunkel, quer dazu hellgelb, in der Zwischen- stellung herrscht gelblichgrüne Färbung vor. In der Nähe der basal- tischen Hornblende ist auch der Biotit tiefrotbraun gefärbt, teils ganz, teils nur in einzelnen Lamellen, während die anderen noch den grün- 314 P. Stepk. Richarz. [30] lichen Ton haben. Der Pleochroismus der rotbraunen Biotite ist fast genau gleich der basaltischen Hornblende, so daß eine Verwechslung leicht möglich wäre. Dagegen schützt die vollkommenere Spaltbarkeit und die schwächere Lichtbrechung des Biotits. Auch geht bei ihm das Rotbraun beim Drehen des Objekttisches durch grünliche Farben- töne in Gelb über, was bei der Hornblende niemals vorkommt. Ein makroskopisch goldgelbes Mineral, dessen Achsen- winkel in Spaltblättchen beinahe so groß erscheint wie der des Mus- kovits, ist u. d. M. dunkelbraun, in der Längsrichtung gefärbt, quer dazu ist die Farbe etwas heller und gelblich, der Pleochroismus also sehr unbedeutend. Die Doppelbrechung ist ebenfalls sehr schwach. Man sieht nur eine Aufhellung des Gesichtsfeldes, aber keine bunten Interferenzfarben. Vielleicht ist es verrosteter Chlorit. Der Biotit enthält manchmal Lamellen dieses braunen Minerals, so daß also wohl eine Umwandlungserscheinung vorliegt. Der Plagioklas ist hier etwas frischer als im vorigen Diabas. Die Auslöschung | M und P beträgt im Kern 0°, am Rand ungefähr — 10°, _ ce schwankt die Auslöschung um 0°, es ist also der Haupt- sache nach Oligoklas, obschon auch albitreichere Teile vorhanden sind. Auch hier ist der Plagioklas mit Zoisit ß erfüllt, der dieselben Eigenschaften hat wie im anderen Gestein. Von Nebengemengteilen sind noch größere Stücke von Apatit und ziemlich viel gelblicher Titanit zu erwähnen. Die Struktur ist auch hier manchmal deutlich ophitisch, aber doch nicht mehr so gut erhalten wie im früher beschriebenen Gestein. Nach diesen Funden ist wohl der Schluß berechtigt, daß die Amphibolite und Eklogite der Krumbacher Berge aus Diabasen her- vorgegangen sind. Damit dieses auch aus der chemischen Zusammen- setzung seine Bestätigung fände, hatte Herr Hofrat Professor Dr. E. Ludwig in Wien die große Liebenswürdigkeit, sowohl einen Diabas aus der Nähe von Krumbach (1) — das zuerst beschriebene Gestein mit Diabasstruktur — als auch einen Amphibolit aus dem Zuge Zöbern- Schäffern (2) zu analysieren, beziehungsweise durch seinen Demon- strator Herrn Lehner analysieren zu lassen, wofür ich beiden hier meinen ehrerbietigsten Dank ausspreche. Analysiert i 2. | In Molekularprozenten En Demonstrator Professor. \ !\ Lehner E. Ludwig 1. 2. SEOLR „2. mE 49:42 5564 | k v TOR a I 0:68 0:40 j 5205 A AO Een. 16:98 16'35 12:37 12:08 BeO en; 2:59 3:32 — Bor MeOsEer. .: 6:06 6:27 733 8:14 Om 2 9:04 4:95 14:14 785 Bad), en. 9:80 841 10:94 9:52 I OF ET. 0:63 0-51 0:42 034 Na20.2 el. 273 2:87 2:75 2:94 3 OA 2:62 1'47 —_ = MO un 2% Spur Spur = = BEPOHE IM Spur Spur — Er Summe . ... 100'55 100°19 — 2; [31] Die Umgebung von Aspang am Wechsel. 315 Daraus folgen die Gruppenwerte: 852.05, 43:10, 09:20, = 23:21, n.—= 87 Sala ea er = 13:2. au OA 32 aller = 16T, nn — 90 Solana Dana one ir — 11'6, Die Typenformeln sind also: 1. 85206 918 05 Sı3-2 Ng7 2. S913 23 Co Furs Ng. Fig. 4. NAVAVAVANAVAVAVAV, SENAT NANAN AVRASNANRAVAV. EN ANNE EN ATTRLEELEEN, an AVAVRYRYANE AN WANSVANANANANAN VAVAECRYAYRVAYAVANSTANAVANR N A ° SEX ANZ ANAINUNANSAN OERURVETRRTRTASNNANRVANRY OR N SIT IIANAANNANY N 1 Diabas (pag. 313). — 2 Amphibolit (pag. 310). — 3 Wechselgneis (pag. 321). 4 Grünschiefer (pag. 321). Die Projektion im Osannschen Dreieck (Fig. 4, 1 und 2) bringt beide Gesteine in den Sextanten der basischen Eruptivgesteine, doch stehen sie chemisch dem Gabbro näher, als dem Diabas. Am meisten verwandt mit 1 ist der Olivingabbro von Pigeon Poiht!): S54.98 Aa Ca Fıs Ng-5 oder auch der Gabbro aus dem Radautal im Harz (ib. pag. 424): 554.91 Urs Ca5 Fu N-3. !) A.Osann, Versuch einer chemischen Klassifikation der Eruptivgesteine, 1. Tschermaks mineral.-petrographische Mitteilungen XIX, pag. 423 Jahrbuch d. k k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Band, 2. Ueft. (P. St. Richarz.) 4l 316 P. Steph. Richarz. [32] 2 nähert sich am meisten dem Metaphyr vom Monte Mulatto bei Pre- dazzo!): Ssg11 Qa5 Ce Jırs N57;5 auch die Ätnalaven sind nahestehend (l. c. pag. 451): S5439 Aa; (5 Fıa-5 N3, Der ziemlich bedeutende Überschuß von SO, im Amphibolit (2) gegenüber dem Diabas (1) und der geringere MgO-Gehalt dürften wohl bei sonstiger Übereinstimmung keine Schwierigkeit bilden gegen die Ableitung der Amphibolite aus dem Diabas.. Es könnte ja vom Granit her Quarz zugeführt worden sein und überhaupt der ursprüng- liche Diabas mannigfaltige Zusammensetzung aufgewiesen haben, wie schon die zwei mikroskopisch untersuchten Varietäten zeigen. Es wird sich wohl im großen und ganzen um Diabasdecken handeln, welche meist konkordant den Schiefern eingeschaltet sind. Nach der geologischen Spezialkarte würde man allerdings zu über- triebenen Vorstellungen von der Mächtigkeit dieser Decken kommen ; was dort als „Hornblendegneis“ eingetragen wurde, ist in Wirklichkeit ein Schichtsystem, in welchem Schiefer mit Amphibolitlagern ab- wechseln, wie man bei guten Aufschlüssen leicht erkennt. Eine solche Zusammenfassung ließ sich ja schwer umgehen, da eine Sonderung, wenigstens im Maßstab 1:75.000, ganz unmöglich wäre, übrigens auch wenig Zweck hätte. Konkordanz zwischen Schiefer und Amphibolit ist also die Regel. Doch sieht man unterhalb der Ruine Ziegersberg Lagerungsverhältnisse, welche auf ein Durchgreifen des Amphibolits hinweisen. Die mangelhaften Aufschlüsse verbieten es leider, in einer Zeichnung dieses zu veranschaulichen. An letztgenannter Stelle durchschwärmen den Amphibolit zahl- reiche Pegmatitgänge, welche auf die Nähe des Granits hinweisen. Tatsächlich stößt man auf diesen oberhalb der Ruine Ziegersberg. Uberhaupt sind saure granitische Ganggesteine im Amphibolit eine gewöhnliche Erscheinung. Meist sind es Aplite, welche die dunklen Gesteine in scharf abgegrenzten Gängen durchsetzen. Wohl kaum ein größerer Amphibolitaufschluß entbehrt solcher Gänge. Sehr schön sind sie zu beobachten an der Straße vom Talarhof bei Kranichberg zum Ramssattel.e Die Beschaffenheit der Aplite wurde früher schon beschrieben (pag. 291). Damit ist aber auch hier die Frage nach der Ursache der Metamorphose in befriedigender Weise gelöst: Wie die Schiefer durch den Granit in Albitgneise und Glimmerschiefer um- gewandelt wurden, so wurden unter dem Einfluß desselben Granits aus den Diabasen Amphibolite und Eklogite. Letztere sollen nach Grubenmann?) Umwandlungsprodukte der größten Tiefe sein, während Amphibolite nach ihm der mittleren Tiefenzone angehören. Hier ist das ausgeschlossen, weil die Eklogite als schmale Bänder im Amphibolit vorkommen, es wäre also eine Vermischung beider Tiefenzonen, das heißt eine Unmöglichkeit. !) Idem II, Tschermaks Mitteil. XX., pag. 459. ?) Grubenmann, Die kristallinen Schiefer. 2. Aufl., pag. 79. [33] Die Umgebung von Aspang am Wechsel. 317 II. Die Gesteine des Wechselmassivs, Waren die bis jetzt behandelten Gesteine ziemlich abwechslungs- reich, so treffen wir im eigentlichen Wechselmassiv eine große Ein- tönigkeit an. Sich im großen und ganzen stets gleichbleibende „Wechselgneise“ herrschen vor. Nur in der Nähe von Aspang finden sich in ihnen häufiger Einlagerungen von grünen, teils massigen, teils schiefrigen Gesteinen. Sie sollen im folgenden „Grünschiefer“ genannt werden. Auf dem Wechselkamm selbst fallen bei Mönichkirchen Granat- glimmerschiefer auf, welche auf dem Wege zur „Steinernen Stiege“ lange Zeit anhalten. Es ist mir nicht klar geworden, ob diese dem Wechsel- massiv selbst angehören, oder ob es Teile des nördlichen Gebirgs- systems sind, bei den verwickelten tektonischen Verhältnissen wäre das letztere wohl möglich !). Von den Gesteinen des Wechselmassivs besitzen wir eine Be- schreibung aus dem Jahre 1883 von A. Böhm). Ich kann mich also kurz fassen und beabsichtige nur einige Ergänzungen zu bringen. 1. Der Wechselgneis. Böhm nennt dieses Gestein Albitgneis (l. c. pag. 200); da sich aber Albitgneise auch im nördlichen Gebirge finden, so wurde schon früher?), um Verwechslungen vorzubeugen, der Name „Wechsel- gneis“ gewählt. Es ist ein sehr charakteristisches Gestein von stets deutlicher Schieferung, mit hellen, silberglänzenden, manchmal etwas grünlichen Schieferflächen. Im Querbruche treten in den gröberen Varietäten weiße, gerundete Knoten mit zahlreichen Einschlüssen deutlich hervor. Es ist Albit. In feinkörnigeren Gesteinen von glimmerschieferartigem Habitus fehlen diese Albitknoten. Als Hauptbestandteil ergibt sich u. d. M. in der Mehrzahl der Gesteine Albit, der sich stets an seiner geringen Lichtbrechung und nach seiner Auslöschung auf Schnitten la, a und c als solcher zu erkennen gibt. Kristallform fehlt stets, gerundete Umrisse sind die Regel. Zwillingslamellen kommen selten vor. Das Mineral ist wasser- klar und zeigt keine Spur einer Zersetzung. Es ist aber ungemein reich an Einschlüssen, welche allen übrigen Mineralien des Gesteins angehören können und niemals Kristallform zeigen. Der Quarz tritt auf in wechselnder Menge. Meist ist er zer- trümmert und enthält viele Flüssigkeitseinschlüsse. !) Nach H. Mohrs neuestem Bericht (Sitzung der mathem.-naturw. Klasse der Kais. Akad. d. Wissensch. vom 20. Oktober 1910, Akademischer Anzeiger Nr. XX) fanden sich nun auch im Wechselmassiv (seiner Wechseldecke) „echte Amphibolite, Biotitschiefer, Granatglimmerschiefer und ein Orthogneis von stark- saurer Beschaffenheit, der in seiner Umgebung von Apliten und turmalinführenden Quarzgängen begleitet wird“. Ob es ‚sich nicht auch hier um tberschobene Teile des nördlichen Gebirges handelt? 2) A. Böhm, Über die Gesteine des Wechsel. Tschermaks mineral.- petrograph. Mitteil. 1883, N. F., Bd. V, pag. 197—214. °®) Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1908, pag. 44. 41* 318 P. Steph. Richarz. [34] Muskovit, gewöhnlich parallel der Schieferung gelagert, ist stets in großer Menge vorhanden. Neben ihm ist meist noch Pennin zu beobachten. Er ist von außergewöhnlich tiefem Grün und starkem Pleochroismus, so daß quer zur Längserstreckung die Farbe nur noch gelblich ist. Die Interferenzfarben sind anomal blau oder violett, der Charakter der Hauptzone +. Außerst selten sind noch Biotitlamellen von chokoladebrauner bis hellgelber Farbe erhalten, welche also zeigen, daB der Chlorit ein Zersetzungsprodukt ist). Als Nebenprodukt dieser Zersetzung ist wohl der Epidot auf- zufassen, der besonders gern in Verbindung mit Chlorit auftritt. Seine Doppelbrechung ist hoch. Manchmal hat er einen Kern von Orthit mit deutlichem Pleochroismus von grünlich bis gelb. Wohl in allen Schliffen finden sich Zirkon, Apatit und Eisen- slanz; Rutil ist selten, Turmalin aber häufiger. Er zeigt zonaren Aufbau mit braunem Kern und bläulichem Rand. In einem Handstück tritt der Turmalin auch makroskopisch hervor, und zwar in langen, schmalen Säulen. Granat und Kalzit, welche Böhm ((. c. pag. 205 und 208) angibt, waren in den von mir untersuchten Gesteinen nicht vorhanden. Auch die makroskopisch glimmerschieferartigen Gesteinsvarietäten haben dieselbe Zusammensetzung, obschon die Albite nicht deutlich in Knoten hervortreten. Ihr Habitus ist teils in ursprünglich feinerem Korn von Quarz und Albit begründet, teils rührt er von Zertrümme- rungserscheinungen her. Im letzteren Falle sind entweder die Albit- körner am Rande zertrümmert und der Albit wird von kataklastischen Quarz- und Albitstückchen umhüilt, oder es bilden sich Risse im Albit und diese Risse sind ausgefüllt mit neugebildetem Quarz. Es fällt also wohl die Zertrümmerung in die letzte Phase der Gesteinsmeta- morphose, als nur noch Quarzlösungen im Gestein zirkulierten. Echte Glimmerschiefer, welche Böhm pag. 208 beschreibt, fand ich nicht. Jedenfalls haben sie im Wechsel, wie auch Böhm |. e. betont, durchaus keine Bedeutung. 2. Die Grünschiefer. CzjZek spricht in seiner Arbeit über den Wechsel?) von „Hornblendeschiefern“ im Wechselmassiv, und zwar von mehreren Zügen: „Südlich von Aspang erscheint nahe dem granitischen Gneis ein zweiter Zug von Hornblendeschiefer im Glimmerschiefer einge- lagert.“ „Weiter westlich geht über St. Peter durch den großen Pischinggraben (Gr.-Pöstingtal) ein dritter Hornblendeschieferzug, der bei Langeck und unter dem Kampstein ausläuft“ (pag 475). Böhm nennt diese Gesteine (l. c. pag. 210) „Chloritgneise“. Auch der auf pag. 212 von ihm beschriebene „Hornblende-Epidotschiefer* scheint in diese Gesteinsgruppe zu gehören. Sowohl die Bezeichnung CZjZeks als auch die Böhms ist unglücklich gewählt, da sie entweder einen ganz !) Böhm spricht ]. e. pag. 203 von einem „grünen Biotit“. Damit ist wohl der Pennin gemeint. °’) Joh. CZjzek, Das Rosaliengebirge und der Wechsel. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1854, Bd. V. [35] Die Umgebung von Aspang am Wechsel. 319 untergeordneten oder einen nicht charakteristischen Bestandteil bei der Benennung in den Vordergrund stellen. Ich ziehe deshalb einst- weilen den Namen Grünschiefer vor. Wenn er auch nicht viel be- sagt, so enthält er doch wenigstens nichts Falsches und als Grün- schiefer kann das Gestein überall leicht wiedererkannt werden. Die Bezeichnung „Schiefer* ist allerdings nicht immer einwandfrei, da auch massige Ausbildung vorkommt. Doch sieht man selbst in diesen häufig schieferige Partien, so daß im Aufschluß der schieferige Habitus gewahrt bleibt. Die massigen Varietäten sind feste, widerstandsfähige Gesteine und eignen sich sehr zu Bauzwecken. Darum fanden sie auch allent- halben beim Bahnbau Verwendung. Makroskopisch erkennt man in ihnen zahlreiche Albitkörner, grünlichgelben Epidot, grünen Chlorit und etwas Pyrit. Manchmal kommt auch Kupferkies vor, der an der Oberfläche zu Malachit verwittert ist. Bei den vollkommen schieferigen Varietäten sieht man mit bloßem Auge fast nur den dunkelgrünen Chlorit. So erklärt sich der alte Name „Chloritschiefer“. U. d. M. unterscheiden sich beide Varietäten nur unwesentlich, so daß ihre Beschreibung zusammengefaßt werden kann. Der Albit ist ebenso entwickelt wie in den Wechselgneisen und ist ebenso reich an Einschlüssen wie dort. Quarz tritt in wechselnder Menge auf und kann auch fast ganz fehlen. Der Chlorit zeigt sehr starken Pleochroismus: in der Längsrichtung grün, mit bläulichem Ton, quer dazu gelb bis fast farblos. Die Interferenzfarbe ist gelblichbraun, wie es scheint, anomal, da durch Addition einer Farbenordnung das intensive Blau zweiter Ordnung entsteht. Die Doppelbrechung geht sicher nicht über 0'006, wahrscheinlich ist sie noch etwas geringer. Der Charakter der Hauptzone ist negativ, im Gegensatz zu den Chloriten des Wechselgneises. Der Achsenwinkel ist ziemlich groß, der Charakter positiv. Es ist also Klinochlor. Reste von Biotit fehlen. Muskovit ist nicht selten, bildet aber immer nur schmale Leisten, welche gewöhnlich mit Chlorit parallel verwachsen sind. Die Hornblende, ein untergeordneter Bestandteil und nicht in allen Gesteinen vorhanden, bildet schmale Leisten oder Querschnitte; c ist blaugrün, b grün, a schwach gelblichgrün bis gelblich. Die Auslöschung auf (010) beträgt 15%. Der einigemale farblose Rand zeigt höhere Doppelbrechung, aber dieselbe Auslöschung. Einen sehr wichtigen Bestandteil bildet der Epidot. Er ist deutlich pleochroitisch; in Schnitten nach (010) ist a farblos, c hell- gelb. Zwillinge nach (100) zeigen auf der Längsfläche Auslöschung von 4° nach hinten. Die Interferenzfarben letzterer Schnitte gehen bis zum Grünlichgelb dritter Ordnung. Da die Dicke des Schliffes kaum über 20 ı. beträgt, so ergäbe das eine Doppelbrechung von 0:070. Die Dispersion der Mittellinien ist auch im Dünnschliff noch deutlich zu erkennen an der unvollständigen Auslöschung. Das Mineral tritt in zahlreichen, meist großen Stücken auf, die keine Kristallform zeigen und gewöhnlich einschlußfrei sind; bisweilen um- schließen sie aber auch Chlorit, Hornblende und Quarz. Titanitkörner, meist von länglicher Form, sind sehr häufig, ebenso häufig sieht man größere Stücke von Kalzit. Das allenthalben 320 P. Steph. Richarz. [36] vorkommende, scharf umgrenzte Eisenerz ist magnetisch und titan- frei, also Magnetit. Die Schieferstruktur wird durch die Muskovit- und Chloritlagen hervorgebracht, welche sich um die übrigen Bestandteile, besonders gern um den Epidot herumwinden. An den Stellen, wo Chlorit fehlt oder selten wird, ist auch keine oder nur unvollkommene Schieferung vorhanden. Druckerscheinungen sind nichtnotwendig mit der Schieferung verbunden. Wo sie aber vorhanden sind, bewirken sie undulöse Aus- löschung des Albits oder Zerlegung desselben in Bruchstücke, ohne Neubildung von Mineralien. Für die Beurteilung der geologischen Natur dieser Grün- schiefer fehlen zuverlässige Anhaltspunkte. Sie bilden südlich von Aspang mehrere Parallelzüge in den Wechselgneisen und sind ihnen, so- weit meine Beobachtungen reichen, stets konkordant eingelagert. Auf den ersten Blick könnte man also in ihnen ein ursprünglich kalkig- toniges Sediment vermuten, welches mit den Tonschiefern, die jetzt als Wechselgneise erscheinen, wechsellagerte. Das Fehlen einer jeden Andeutung von eruptiver Struktur würde dann nach derselben Richtung hinweisen. Doch bietet für eine solche Anschauung schon der hohe Titanitgehalt eine große Schwierigkeit. Um über diese Frage sowie auch über die chemische Zusammen- setzung des Wechselgneises Aufschluß zu erlangen, bat ich Herrn Horfrat E. Ludwig, auch diese Gesteine zu analysieren. Er ließ die Analyse ausführen durch seine beiden Demonstratoren Herren Lehner und Loserth, wofür ich sowohl ihm als auch den beiden Herren herzlich danke. 3. 4, (Wechselgneis) | (Grünschiefer) Molekularprozente Analysiert Analysiert von von Demonstrator | Demonstrator g, 4, Lehner Loserth SO ER: 71:58 42:32 HOSEN: 1:09 35 } neo En AWO, Sa 14:24 15:89 10:82 12:29 ER Er 2:21 6-10 es = IR U er le 2:59 676 4:19 8:14 MIORSSERE 1:74 745 2:85 12:35 GROSSER 0:54 10'05 0:63 11:90 I One: 1:97 053 1:37 0:37 NO. 1:30 1:89 1:37 2:02 H,O RTS 2:31 3:53 = = COFEARE IR u 2:35 e= — IND. Spur Spur — = BEONERT. Spur Spur = = Summe ... 99-52 100'38 = = [37] Die Umgebung von Aspang am Wechsel. 3921 Die Gruppenwerte sind nach Osann und Grubenmann: | 3. 4. 3, 4. Sr, 18:77 4971 San | 1877 4971 MAN 2:74 2:39 CR | 5:3 1°3 (OR, 0:63 9:90 cM 162 52 Dir: 704 DDR Ne 13°5 135 M. 00 2:0 E= — —_ 7, 745 60 E— _— — In . 5.0 8:5 I | 5 85 Also die Typenformel: 3. S7e77 (Ass Cı2 Fiss N; 4. Som Gr Cr Js Ng-5 Die Projektion im Osannschen Dreieck (Fig. 4 [3 u. 4], pag. 315) zeigt ohne weiteres, daß der Wechselgneis (3) ein Sedimentgestein ist. Sein Projektionsort paßt für kein Eruptivgestein. Etwas anderes aber, was im Dünnschliff deutlich hervortrat, ist aus der Analyse leider nicht zu entnehmen. Der auffallend geringe Na,O - Gehalt widerspricht durchaus dem Befund im Dünnschliff. Das Durchschnitts- gestein enthält 40—50°/, Albit, wie sich u. d.M. nach der Rosiwal- schen Methode zweifellos feststellen läßt. Der Na,0-Gehalt müßte also 5—6°/, betragen, anstatt 1'30. Der Widerspruch läßt sich wohl nur so lösen, daß im Analysenmaterial zufällig die schieferigen Be- standteile und Quarz vorherrschten. Eine im chemischen Laboratorium von St. Gabriel ausgeführte Natriumbestimmung an körnigem Gestein bestätigte dieses. Es ergab sich mehr als 7°/, Na,0. Damit rückt dann der Projektionspunkt bedeutend weiter nach unten und nähert sich den Graniten, dadurch andeutend, daß das Gestein ein Gemengevongranitischem und sedimentäremMaterialist. Der Projektionspunkt des Grünschiefers (4) fällt in die Nähe des Diabases (1). Sehr verwandt ist ihm chemisch der Norit von der Harzburg im Harz): sso.43 @ı Cs fıa Nz3. Vielleicht, daB der Grün- schiefer wirklich aus einem gabbroiden Gestein hervorgegangen ist. Die Struktur des Umwandlungsproduktes würde dieser Annahme wenigstens nicht widersprechen. Auch H. Mohr?) spricht sich für die magmatische Entstehung der Grünschiefer aus und stützt sich dabei auf die „Homogenität ihrer mineralogischen Zusammensetzung“ und auf die „überaus scharfen Kontakte gegen die reichlich quarzführenden ehloritfreien bis chloritarmen Albitgesteine ihres Hangend und Liegend*. Man kann’zu letzterem noch hinzufügen, daß der Chlorit der Grün- schiefer Klinochlor ist, während sich im Wechselgneis nur Pennin findet. Dadurch wird der Unterschied noch deutlicher. ') A.Osann, Versuch einer chemischen Klassifikation der Eruptivgesteine. I. Tscehermaks mineral.-petrogr. Mitteil, XIX, pag. 424. ®) H. Mohr, Zur Tektonik und Stratigraphie der Grauwackenzone, pag. 180 322 P. Steph. Richarz. [38] 3. Die Ursache der Metamorphose. Die Wechselgneise sind echte Sedimente, das zeigen Struktur und Lagerungsverhältnisse. Anderseits aber weisen sie einen für Sedimente abnormalhohen Natrongehalt auf, wasschon aus dem fast stets in zahlreichen großen Individuen hervortretenden Albit hervorgeht. Es taucht also die Frage auf: woher der hohe Albitgehalt? Aus den ursprünglichen Sedimenten konnte er sich nicht bilden, da ein Sediment mit so hohem Na,O-Gehalt unbekannt ist. Es bleibt also nur die Annahme übrig, daß er anderweitig zugeführt wurde. Aber aus welcher Quelle stammt der Albit? Das ist die wichtige Frage, die hier untersucht werden muß. Wir sahen, wie im nördlichen Gebirgssystem aus dem Granit- massiv Albit in die Schiefer gebracht wurde, teils als Lösung, teils in schon kristallisiertem Zustand, und wie sich so zweierlei Albit- gneise bildeten. Die Ähnlichkeit besonders der Albitgneise erster Art (pag. 296) mit den Wechselgneisen ist sehr auffallend. Hier wie dort sind es albitreiche Schiefer, deren Albite Quarzeinschlüsse ent- halten. Der wesentliche Habitus der Gesteine ist derselbe, wenn auch in den Wechselgneisen die Albite als Knoten meist deutlicher hervortreten und gewöhnlich auch noch die übrigen Bestandteile als Einschlüsse enthalten, so gibt es doch auch unter ihnen Gesteine, welche von Knoten nichts mehr erkennen lassen und in deren Albiten nur Quarzkörner eingeschlossen sind !). Von den Gesteinen im nörd- lichen Gebirge läßt sich nun deutlich nachweisen, daß sie durch den Granit, durch von ihm ausgehende albitreiche Lösungen zu Albit- gneisen wurden. Sie liegen ja unmittelbar neben dem Granit, in einem Schieferkomplex, der vom eindringenden Granit in der ver- schiedenartigsten Weise stark beeinflußt wurde. Wir haben deshalb das Recht, auch für die so ähnlichen Wechselgneise eine ähnliche Entstehung anzunehmen, also auch für sie ein Granitmagma zu postulieren, welches dem im nördlichen Gebirge ähnlich oder vielleicht sogar mit ihm identisch ist. Aber, und das ist die Schwierigkeit, während dort die Be- ziehungen zum Granit allenthalben klargestellt sind, da der Granit häufig selbst im Schiefer wieder auftaucht, oder Granitinjektionen oder Pegmatit-Aplitgänge im Nebengestein sichtbar werden, fehlen in dem großen Areal, welches der Wechselgneis einnimmt Granitdurch- brüche, so weit meine Beobachtungen reichen, vollständig; Granitadern wurden niemals beobachtet, sondern überall herrscht derselbe ein- tönige Wechselgneis; Verschiedenheit zeigt sich nur darin, daß fein- körnige Partien mit solchen von gröberem Korn wechsellagern, wobei aber der Mineralbestand im wesentlichen derselbe bleibt. Ebenso- wenig wurden Pegmatitgänge gefunden, welche sich denen im nörd- lichen Gebirgssystem vergleichen ließen. Dafür aber treten häufig !) Mohr sagt in der früher zitierten Arbeit, pag. 183: „Der Granit zeigt weder an seinem Hangend- noch an seinem Liegendkontakt Gesteine, die sich im entferntesten mit den Albitgneisen des Wechsels vergleichen ließen.“ Das ist, wenigstens für die Umgebung von Aspang, durchaus unrichtig, da im Gegenteil die Ähnlichkeit, wie aus der vorausgehenden Gesteinsbeschreibung sich ergibt, eine sehr große ist. [39] Die Umgebung von Aspang am Wechsel. 323 Quarzgänge auf, bisweilen von großer Mächtigkeit (vergl. A. Böhm, l. ec. pag. 199). Vielleicht aber könnte eine Beobachtung an diesen Quarzgängen für unsere Frage von Bedeutung sein. In einigen Fällen bestehen diese Gänge nicht aus reinem Quarz, sondern aus einem Gemenge von Quarz und Feldspat mit wenig Chlorit. Der Feldspat ist Albit mit zahlreichen Quarzeinschlüssen. Letztere zeigen deutliche Kristallform mit abgerundeten Ecken. Den im Albit ein- geschlossenen Quarzkristallen fehlt die Kataklase, während jener Quarz, welcher als letzte Ausfüllungsmasse erscheint, fast vollständig zerrieben wurde. Der Chlorit ist Pennin mit violetten Interferenz- farben und positivem Charakter der Hauptzone. Er enthält manchmal Reste von Biotit mit deutlichem Biotit-Pleochroismus und hohen Interferenzfarben. Daneben findet man wenig Muskovit, wie es scheint nur auf Rissen. Zirkon ist sehr häufig, Apatit seltener. Diese Gesteine mit der ausgesprochenen granulitischen Struktur lassen wohl kaum eine andere Deutung zu, als die eines sauren Spaltungsgesteins von aplitisch-pegmatitischem Habitus. Das Fehlen des Kalifeldspates kann keine Schwierigkeit bedeuten, da dieses Mineral auch im nördlichen Gebirgsteil nur einmal in den Spaltungs- gesteinen beobachtet wurde. Es würden also diese aplitisch-pegmati- tischen Gebilde auf ein Eruptivgestein hinweisen, das unter den Wechselgneisen verborgen ist, selbst aber nirgendwo bis an die Ober- fläche vordringt. Schon früher!) wurde diese Ansicht ausgesprochen und die Identität dieses hypothetischen Eruptivgesteins mit dem Granit des nördlichen Gebirges als wahrscheinlich bezeichnet: „Der Granit bildet ein großes Massiv, welches bei Kirchberg angeschnitten ist und sich wahrscheinlich unter den Wechsel erstreckt.“ H. Mohr stellt diese Annahme als „völlig haltlos, ja als mit den tatsächlichen Verhältnissen direkt im Widerspruch stehend“ hin). Wie sucht Herr Mohr diesen schweren Vorwurf zu beweisen? Nach meiner Auffassung sollten, wie Mohr schreibt, „die Gneismassen des Wechsels den ersten, die Glimmerschiefer (der kristallinischen Kernserie!) den zweiten Grad der Metamorphose bezeichnen“. Damit steht aber nun, nach Mohr, im Widerspruch die Verbreitung der Wechselgneise und Glimmerschiefer, weil diese unmittelbar neben dem Granit liegen, jene in größerer Entfernung. Der Widerspruch fällt aber sofort, wenn man meine Auffassung liest, wie ich sie damals niedergeschrieben: „An den Granit im Rosaliengebirge schließen sich unmittelbar im Kontakt dieselben Albitgneise an, wie sie den Wechsel zusammen- setzen oder aber granatführende Glimmerschiefer und diese mit zahlreichen Pegmatitgängen“ (l. c.). Also unmittelbar im Kontakt treten nicht nur Albitgneise, sondern auch Granatglimmer- schiefer auf, das war und ist meine Meinung. Beide Arten von Ge- steinen stellen einen hohen Grad der Metamorphose dar, welches Gestein unmittelbar neben dem Granit entstehen wird, hängt von Bedingungen ab, die wir nicht in jedem einzelnen Falle anzugeben !) Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1908, Bd. 58, pag. 45. 2) Mitteil. der geol. Gesellsch. in Wien 1910, Bd. III, pag. 183. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Band, 2. Heft. (P. St. Richarz.) 42 394 "P. Steph. Richarz., [40] imstande sind. Daß sie aber beide neben dem Granit liegen können, zeigen klar die Tatsachen. Herr Mohr kam wahrscheinlich zu seiner unrichtigen Auffassung durch den auf pag. 46 (l. c.) stehenden Satz: „Durch dieses Granitmassiv und seine Ausläufer wurden die ur- sprünglichen Tonschiefer teils in Gneis („Wechselgneis“), teils in Glimmerschiefer umgewandelt.“ Aus dem vorhergehenden ist aber klar, daß hier durch die Hintereinanderstellung nicht der Grad, sondern die Art der Metamorphose angegeben werden soll. Davon hätte Herrn Mohr auch ein anderer Satz überzeugen können, welcher auf pag. 47 der zitierten Arbeit zu finden ist, wo ausdrücklich die Granat- glimmerschiefer als die höchste Stufe der Kontaktmetamorphose be- zeichnet werden. Es läßt sich überhaupt die Frage: wo ist die höchste Metamor- phose? nicht immer so leicht entscheiden. Es wird das oft mehr vom ursprünglichen Schiefermaterial abhängig sein, als von den meta- morphosierenden Agentien. Gewöhnlich werden beide Faktoren zu- sammenwirken und nur eingehende Detailstudien können Klarheit bringen. Diese ausführlichen petrographisch-geologischen Studien fehlen aber noch in der Umgebung von Kirchberg, auf die Mohrs Bemerkungen sich beziehen. Es liegen also bis jetzt noch keine Tatsachen vor, welche meinen Aufstellungen widersprechen würden. Als solche Tatsache kann auch die Angabe Mohrs (l. ce. pag. 183) nicht betrachtet werden, daß die dem Granit zunächstliegenden meso- zoischen Kalkbänder (beim Kreuzbauern und im Koronagraben) vor jeglicher Kontaktmetamorphose verschont blieben, während in größerer Entfernung hochmetamorphe Albitgneise entstanden. Nach Mohr (l. c. pag. 175) gehört die Granitintrusion wahrscheinlich der jungpaläozoischen Zeit an. Danach ist es selbstverständlich, daß mesozoische Kalke nicht verändert wurden, während die älteren Albitgneise sich bilden konnten. Nimmt man aber ein jüngeres, etwa tertiäres Alter der Granitintrusion an, so können tektonische Prozesse den Kalk später in die Nähe des Granits gebracht haben, ja wir müssen das voraus- setzen, weil es einfach unverständlich ist, wie Kalk in der nächsten Nähe des empordringenden Granits unverändert bleiben sollte. Auch die allgemeinen Lagerungsverhältnisse sollen nach Mohr (l. ec. pag. 185) das Unterteufen der Wechselgesteine durch Granit als unzutreffend zurückweisen. Es sind dieselben Mißverständnisse über den ersten und zweiten Kontaktgrad, welche auch hier in seine Beweisführung hineinspielen. Mit der Richtigstellung dieser fallen die Beweise. Wie aber die Tatsache, daß „überall die kristallinen Kern- gesteine und mit ihnen die Granite vom Wechselmassiv abfallen* folgen soll, daß der Granit nicht auch das Wechselmassiv unterteufen kann, ist mir unverständlich. Das oft wiederholte Auftauchen des Granits in den Schiefern des nördlichen Gebirges legt doch die Ver- mutung nahe, daß man auch unter dem Wechselmassiv bei tieferen Aufschlüssen wieder auf Granit stoßen würde. Allerdings wäre es bei der scharf ausgesprochenen tektonischen Grenze beider Gebirge (siehe später) geraten, die Identität des Granits im nördlichen Gebirge und des hypothetischen Granits unter dem Wechselmassiv nicht zu sehr zu betonen. Bevor diese Störungslinie bekannt war, lag eine solche [41] Die Umgebung von Aspang am Wechsel. 325 Annahme am nächsten und auch bis heute wurde kein durchschlagender Grund dagegen gefunden. Aber jedenfalls muß man die Möglichkeit ins Auge fassen, daß der Granit, welcher die Metamorphose der Wechselgneise bewirkte, einem anderen Magma angehört haben könnte, als jener Granit, welcher im Norden an die Oberfläche tritt. Das ist aber eine nebensächliche Frage. Das Hauptziel vorliegender Untersuchungen und Erörterungen war der Nachweis, daß ein Granit das Wechselmassiv metamorphosierte, und das scheint aus den be- sprochenen Gründen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit hervorzu- gehen. Denn, um es noch einmal zu betonen, den hohen Albitgehalt, den hohen Prozentsatz an Na,O0, anders als durch Kontaktmetamor- phose zu erklären, ist einfach ein Ding der Unmöglichkeit. Eine Schwierigkeit darf allerdings dabei nicht übersehen werden: die fast gleichmäßige Metamorphose des ganzen großen Wechselmassivs, und zwar eine so hohe Metamorphose, daß man erstaunt ist, nirgendwo den metamorphosierenden Granit auftauchen zu sehen. Herr Mohr vermutet, wohl unter dem Eindrucke dieser Tatsachen stehend, daß hier ein schönes Beispiel reiner Tiefenmetamorphose vorliege (l. c. pag. 137). Man kann gespannt sein auf die Beweise, welche er dafür bringen wird. Einstweilen glaube ich, daß für eine solche Tiefen- metamorphose unüberwindliche Schwierigkeiten vorliegen. Wie tief müßte dann der Wechsel eingesenkt worden sein in die Erdkruste ? 20 km wäre eher zu wenig als zu viel angenommen (600°). Eine so mächtige Gesteinsüberdeckung wird man aber wohl in diesem Teile der Alpen niemals zusammenbringen, auch nicht durch die kühnsten Deckenkonstruktionen. Nimmt man aber an, es sei eine Metamor- phose auch schon bei geringerer Bedeckung möglich, ‚so wäre es nur so denkbar, daß an dieser Stelle Teile des heißen Erdinnern näher der Oberfläche kämen. Damit sind wir aber wieder bei einer mag- matischen Einwirkung angekommen, welche ich aus wichtigen Gründen annehmen zu müssen glaube. III. Das Verhältnis der Wechselgesteine zum nördlichen Gebirgssystem. Die Verschiedenheit der Wechselgesteine und der Gesteine des nördlichen Gebirges wurde schon zur Genüge hervorgehoben. Der Unterschied beider Systeme, als Ganzes betrachtet, ist, trotz mancher Ähnlichkeit in Einzelheiten, ein so durchgreifender, daß man unbedingt an zwei durchaus verschiedene Gebirge denken muß. Zwei Tatsachen sind es nun, welche dieses noch deutlicher hervortreten lassen: 1. Die Verschiedenheit der Lagerung und 2. die scharfe Grenze beider Gebirge. 1. Im nördlichen Gebirge ist, wie aus früher Gesagtem hervor- geht, das Streichen vorherrschend NW, meist etwas mehr auf Westen zu: N60°W, das Fallen 25—30° NNO. So wurde die Lagerung der Schiefer übereinstimmend in den Bahnaufschlüssen gefunden. Die Quarziteinlagerungen weichen meist etwas davon und untereinander 42* 326 P. Steph. Richarz. [42] ab. Einmal streichen sie N 25°W, dann N 70° 0, endlich N 60° 0 mit einem respektiven Einfallen von 35° WSW, 450 NNW, 60° NNW. Das weist jedenfalls auf große Schwankungen hin. Eines aber zeigt sich deutlich: das Vorherrschen des Einfallens gegen N, respektive NO. Bei den Wechselgneisen und Grünschiefern ist das Streichen nahezu OW (N 70—80° W), das Fallen, so weit meine Beobachtungen reichen, stets gegen S gerichtet, und zwar 25—40°, so aber, daß letzterer Wert selten erreicht wird. Auch hier gibt es Abweichungen im Streichen. Doch bilden solche Abweichungen seltene Ausnahmen und sind auf ein engbegrenztes Gebiet beschränkt. 2. Tritt so der Unterschied beider Gebirge auch in der Lagerung zutage, so wird er noch deutlicher durch die scharfe Grenze beider. Auf der Karte (siehe pag. 287) wurde diese Grenze durch eine dick- punktierte Linie bezeichnet. Ihr Verlauf ist unregelmäßig und geht von der Richtung NW an der linken Seite des Haupttales von Aspang in NS-Streichen auf der rechten Taiseite über. Im Tale selbst ist die Linie quer zum Streichen des Gebirges um etwa 1400 m nach N vor- geschoben. An der linken Talseite streicht die Grenzlinie in NW- Richtung weiter und erreicht außerhalb der Karte die Paßkapelle. Von da an ist ihr fast westlicher Verlauf auf der Karte Mohrs)) gut zu erkennen. Die völlige Übereinstimmung seiner und meiner Karte bei unabhängigem Arbeiten beweist jedenfalls, wie auffallend der Kontrast der Gesteinsbeschaffenheit ist. Sehr gut aufgeschlossen wurde die Grenze durch den Bahnbau bei km 6'5 der Bahnlinie, gerade dort, wo die Bahn in weitem Bogen aus der Westrichtung nach S umbiegt, kurz vor der Station Ausschlag- Zöbern. Hier zeigte der Einschnitt westlich die Wechselgneise, öst- lich die stark zersetzten, gegen NO fallenden Schiefer der Habischleiten (siehe pag. 298—300). Das Streichen der Grenze ging NS, das Fallen war steil, ein geringes Abweichen von der Vertikalen möglich, aber unbestimmbar, weil der Einschnitt fast genau mit dem Streichen der Grenze zusammenfiel. Etwas weiter geht die Bahn durch Wechsel- gneise, welche zu beiden Seiten des Geleises anstehen, aber schon bei der Station Ausschlag-Zöbern sieht man wieder die Grenze. Hier ist es Östlich der Bahn ein massiger Granit, westlich erst ein toniges Zersetzungsprodukt, dann Wechselgneis. Der Verlauf der Grenze ist hier jetzt nicht mehr zu bestimmen. Nach Mohr?), welcher sie wohl während der Bahnarbeiten beobachtete, fällt sie ziemlich flach nach NO ein. Die Wirkung der Störung zeigt sich auch in dem in der Nähe anstehenden Wechselgneis, wenigstens liegt es nahe, die auffallenden Abweichungen vom allgemeinen Streichen auf die durchstreichende Störungslinie zurückzuführen. Das Streichen an der Grenze bei km 6'5 geht nach N 20° O, das Fallen 30° WNW. Auch im Einschnitt zwischen km 6'8 und 6°9 ist das Streichen anomal (N 15° W mit einem Fallen von 20° WSW). Noch größere Abweichungen bemerkt man im Kohlgraben: Streichen N 10—20° O, Fallen 40% gegen W, 1) Mitteil. der Wiener Geo]. Gesellsch. 1910, III. Bd., Tafel X. ?) Kaiserl. Akad. d. Wissensch. in Wien, Akadem. Anzeiger 1910, Nr. XX. [43] Die Umgebung von Aspang am Wechsel. 397 das ist eine Abweichung von 90° von dem weiter im Westen und Süden herrschenden Streichen. Geringere Unregelmäßigkeiten wieder- holen sich in der Nähe der Störungslinie noch mehreremale. An der linken Talseite kann man das Aneinanderstoßen beider Gebirge niemals so deutlich beobachten, obschon man auch hier über den oberflächlichen Verlauf der Grenze nicht im Zweifel sein kann. Hier kommt aber nun eine neue Erscheinung hinzu. Der Gerichts- bergtunnel, der erste von der Station Aspang an, durchfährt Wechselgneis, welcher N 80° W streicht und 20—25° fällt gegen 8. Konkordant ihm eingelagert beobachtete man eine 6 m mächtige, massig ausgebildete Grünschiefereinlagerung. Uber den Rücken, welchen der Tunnel durchscehneidet, führt ein Hohlweg, in dem porphyrischer Granit mit Schieferstruktur aufgeschlossen ist. Dieser Granit ist auch dort vorhanden und durch den Wegeinschnitt gut aufgeschlossen, wo der Tunnel in der Tiefe hindurchgeht, und erst 60 »» südwestlich von dieser Stelle macht der Granit dem Wechselgneis Platz. Diese Tat- sache, welche schon Mohr!) berichtete, läßt sich wohl nur als Uber- schiebung des Granits über Wechselgneis, also des nörd- lichen Gebirgssystems über das südliche deuten. Danach wäre dann jenes isolierte Granitvorkommen am Wege von Ober-Aspang zur Pab- kapelle, beim „Rochus-Schuster“ (siehe Karte pag. 257) in derselben Weise als Rest einer überschobenen Decke anzusehen. Die Tatsache einer Überschiebung wird für vorliegende Arbeit genügen. Eine Deutung und theoretische Auswertung dieser Tatsache mögen andere übernehmen. Dazu gehört die gründliche Kenntnis eines größeren Gebietes und vor allem eine festbegründete Strati- sraphie, wovon wir aber, wie mir scheint, noch weit entfernt sind. Offenbar in innigem Zusammenhang mit der besprochenen Störungslinie steht an der rechten Talseite eine weitgehende Zer- setzung des Nebengesteins. Sehr schön war diese zu beobachten in dem tiefen Einschnitt beim „Fahrener Haus“, kurz vor km 65. Das Gestein hatte dort bis zur Bahnsohle eine tonige Beschaffenheit, Daß es sich nicht um Anschwemmungen handelt, erkennt man bald an der deutlich erhaltenen Schieferstruktur der teils grau, teils grünlich gefärbten, weichen Massen. Man erkennt in dieser Schieferstruktur noch das gegen NO gerichtete Fallen der Schiefer der Habischleiten und hat schon darin einen Beweis ihrer Zugehörigkeit zu diesem System. Das sieht man auch an manchen, wohl wegen des hohen Quarzgehaltes noch festen Gesteinen, welche ganz den quarzreichen Glimmerschiefern und Albitgneisen der Habischleiten entsprechen. Daß es sich nicht um oberflächliche Verwitterungsprodukte handelt, ergibt sich daraus, daß die Zersetzungserscheinung gerade in der Tiefe sehr deutlich auftritt, während an der Oberfläche unzersetzte Gesteine herrschen können. Etwa 10) m östlich von der Grenze des Wechselgneises fallen die zersetzten Schiefer unter die frischen Glimmerschiefer der Habischleiten ein und von dort stehen letztere im Einschnitt an. 1) Ib. Akadem. Anzeiger 1909, Nr. XXIII. Mohr beobachtete im Tunnel selbst die Überlagerung. 328 P. Steph. Richarz. [44] Westlich von der Station Ausschlag-Zöbern scheinen dieselben Zersetzungsprodukte aufzutreten, jedenfalls erlangen sie aber geringe Bedeutung und die Aufschlüsse sind ungünstig. Einen viel größeren Raum nehmen die zersetzten Schiefer wieder weiter nach Süden ein und die weißen Varietäten werden dort seit langem durch Stollenbau gewonneu und zur Papierfabrikation verwertet. Durch die Güte des Herrn Direktors Majatsch wurde mir nun auch die Einfahrt in die Stollen ermöglicht, wofür ich ihm hier verbindlichst danke. Auch hier ist die Schieferstruktur noch deutlich erhalten. Das technisch verwertbare Material ist rein weiß und bildet kon- kordante Einlagerungen in grauem oder grünlichem zersetztem Schiefer 1), wie er an dem oben beschriebenen Aufschluß im Bahn- einschnitt beobachtet wurde. Diese und ähnliche Bildungen im Rosaliengebirge sind im Laufe der Zeit mit verschiedenen Namen belegt worden. C2jZek?) sprach von Talkschiefern und so findet man auch auf der Spezialkarte an verschiedenen Stellen Talkschlemmereien verzeichnet. G. Stark]°) gebührt das Verdienst, nachgewiesen zu haben, daß es sich um ein Mineral der Glimmergruppe handelt, welches er Pyknophyllit nennt (pag. 649). Die Bezeichnung der Anlagen von Herzfelder & Uo. zur Gewinnung des Materials als „Kaolinwerk“ hat wissenschaftlich keine Berechtigung, da auch keine Spur von Kaolin vorhanden ist. Eben- sowenig hat der populäre Ausdruck „Kreidewerk* irgendeine Be- deutung. Chemische Zusammensetzung und optische Eigenschaften verweisen das Zersetzungsprodukt unbedingt in die Glimmergruppe. Aber auch der neue Name „Pyknophyllit“, welchen Starkl aufstellte, ist überflüssig. Die Werte der chemischen Analyse des „Pyknophyllits* aus dem Kohlgraben entsprechen durchaus den auch sonst für Muskovit und Serizit gefundenen, oft sehr schwankenden Werten. Ebenso gibt der Muskovit wie der Pyknophyllit Starkls im Kölbchen wenig Wasser ab, mit Kobaltsolution färbt er sich blau und schmilzt zu einem weißen, blasigen Email (Starkl, pag. 605). Die Doppel- brechung ist auch nicht so gering, sie dürfte kaum hinter der des Muskovits zurückbleiben, wie die hohen Interferenzfarben im Dünn- schliffe zeigen. Die geringe Elastizität der Spaltblättchen im Vergleich mit Muskovit wurde schon vor langer Zeit von Laspeyres als ein charakteristisches Merkmal des Serizits erkannt und erklärt®). Am meisten wird wohl der kleine Achsenwinkel — 2 E = 256° (l. e. pag. 646) — Starkl zur Aufstellung einer neuen Spezies veranlaßt haben. Aber zunächst ist es ja schon längst bekannt, daB der Achsen- !) Becke sagt: „Das Hangende und Liegende des Weißerdelagers bildet stark zersetzter Granitgneis.“ (Exkursion der Wiener mineral. Gesellsch. nach Aspang, Tscherm. mineral.-petrogr. Mitteil. 1901, XXI, pag. 461). Weder makro- skopisch noch im Dünnschliff konnte ich hier granitisches Material finden. 2) Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1854, Bd. V. 5) Über neue Mineralvorkommen in Österreich. Jahrb. d. k. k. geo]. R.-A. 1883, pag. 644 ff. *) H. Laspeyres, Über Serizit. Zeitschr. für Kristallographie, Bd. IV, 1880. [45] Die Umgebung von Aspang am Wechsel. 329 winkel von Serizit meist kleiner ist, als der des gewöhnlichen Muskovits. Dann war es mir aber auch möglich, diese Schwierigkeit vollständig zu beseitigen. Stark] hatte seine Achsenwinkelbestimmung an jenem „lauch-, apfel- oder meergrünem“ Glimmer ausgeführt, „welcher auf und inmitten von Quarzlinsen sich findet und bisweilen in 6—10 mm dicken Schichten die Quarzkugeln umgibt“ (pag. 645). Bei diesem grünen, in dünnen Spaltblättchen silberweißen Glimmer fand ich nun an verschiedenen Stellen sehr verschiedenen Achsen- winkel, ja oft bei nahe zusammenliegenden Blättchen bedeutende Unterschiede. Ich maß mit dem Mikrometer 2 E = 25°, dann 2 E = 45°, endlich sogar 2 E = 70°, wie bei Muskovit!). Fast jedes Spaltblättchen, welches man untersucht, zeigt wieder anderen Achsen- winkel, obschon die Glimmerumhüllung der Quarzlinsen einen ein- heitlichen Eindruck macht. Daraus folgt aber, daß der Glimmer keine neue Mineralspezies ist, sondern dem längstbekannten Serizit?) angehört, und daß der Name Pyknophyllit endgültig gestrichen werden sollte. Dasselbe gilt für den Namen Leukophyllit, welchen Starkl (l. c. pag. 655) für Serizitschiefer einführt. Auch hier ist es der- selbe Serizit mit wechselndem Achsenwinkel, welcher den Haupt- bestandteil der Schiefer bildet. Der hohe MgO-Gehalt erklärt sich aus fremden Beimengungen (wahrscheinlich Biotitreste und Dolomit). Es sollte also auch hier der Name Serizitschiefer angewandt werden. Das technisch gewonnene Material erfüllt nach Starkl (l. c. pag. 645) „die Klüfte des Talkglimmerschiefers* (d. h. des Serizit- schiefers). Ich konnte mich in den Stollen überzeugen, daß die Serizitschiefer selbst abgebaut werden, und zwar dort, wo sie rein weiß sind. Die Schieferstruktur ist ausgezeichnet erhalten und ebenso ihre konkordante Einlagerung oder Wechsellagerung mit grauen und srünlichen Schiefern, welche ebenfalls stark serizitisiert sind, aber wegen ihrer Unreinheit keine Verwendung finden. Von dem abge- bauten Rohmaterial konnte ich einen Dünnschliff quer zur Schieferung untersuchen. Er besteht der Hauptsache nach aus schuppigem Serizit, welcher auch hier wechselnden Achsenwinkel zeigt, also das- selbe ist, wie die Glimmerumhüllungen der in den Schiefern häufig auftretenden Quarzlinsen. Solche Quarzlinsen von geringerer Dimension sieht man auch im Dünnschliff häufig. Sie bestehen aus kleinkörnigen Quarzaggregaten von unregelmäßigen Umrissen. Auch sonst sind kleine Quarzkörner häufig. Außerdem findet man nur noch einige Eisen- erzkörner. Der Feldspat fehlt. Zur Bestimmung des Ursprungmaterials der technisch verwerteten Serizitschiefer ist vielleicht ein sehr serizitreicher Quarzitschiefer von Bedeutung, welchen ich nahe beim „Kaolinwerk“ (SO) fand. Er besteht hauptsächlich aus einem Quarzmosaik mit sehr viel Serizit, welch letzterer ihm die Schieferung verleiht. Das abgebaute Material unterscheidet sich von ihm nur durch seine lockere Beschaffenheit und durch die Quarzlinsen. Würde man nun einen Schichtkomplex !) Im Dünnschliff findet man unter dem schuppigen Serizit häufig nicht ver- bogene, größere Muskovitlamellen; diese sind es wohl, welche im Spaltblättchen den großen Achsenwinkel zeigen. ?) Auch Becke spricht 1. c. nur von Serizit. 330 P. Steph. Richarz. [46] annehmen, welcher aus Glimmerschiefern wechsellagernd mit Quarzit- schiefern bestände, so könnte man durch energische tektonische Prozesse und durch ihnen folgende heiße Serizitlösungen, welche das ganze Gestein durchtränkten, sich die tatsächlichen Verhältnisse er- klären. Erstere sind gegeben, da die serizitisierten Gesteine an die tektonische Grenze von nördlichem und südlichem Gebirgssystem sich halten. Das Aufsteigen von heißen Lösungen an solchen Störungs- linien ist aber eine so oft beobachtete Tatsache, daß man keine weiteren Belege dafür anzuführen braucht. Es soll dabei ausdrücklich betont werden, daß nicht die tektonische Erscheinung als Ursache der Zersetzung aufgefaßt wird, sie bietet nur die Veranlassung, indem sie die Gesteine lockert und so den heißen Lösungen das Aufsteigen er- möglicht und erleichtert Auf den Halden findet man hie und da sehr grobkristallinische Dolomite mit Pyritkristallen und wenig Serizit. Manche quarzreiche Serizitschiefer sind ebenfalls dolomithaltig. Auch Graphitschiefer kommen in Verbindung mit den Seriziten vor. Uber die technische Gewinnung und Verwertung des Serizits findet man in Al. Sigmund, „Die Minerale Niederösterreichs*, pag. 132, nähere Angaben. IV. Das Alter der Granitintrusion. Über das Alter des Rosaliengebirges und des Wechsels läßt sich heute noch immer nichts Bestimmteres sagen als vor drei Jahren in mehr hypothetischer Weise ausgeführt wurde !). Für den Wechsel wären vielleicht Karbonpflanzenfunde von Bedeutung, über die G. A. Koch?) berichtet. Aber diese Pflanzenabdrücke liegen noch unbearbeitet in der Sammlung der k. k. Hochschule für Agrikultur und der Fundort ist bis jetzt Geheimnis, so daß einstweilen auch diese Entdeckungen für die Stratigraphie belanglos sind. Eine andere Frage aber, welche damals 1. c. pag. 48 nur kurz angedeutet wurde, soll jetzt etwas ausführlicher besprochen werden, teils weil wieder neue interessante Beobachtungen vorliegen, teils weil die damaligen Vermutungen angezweifelt wurden. Es ist die Frage: Wann fand die Granitintrusion statt? Fiel dieses wichtige Freignis der Geschichte unseres Gebirges vor die oberkarbonisch- permische Transgression oder trat es erst am Schluß des Mesozoikums, vielleicht sogar erst im Tertiär, zugleich mit der großen alpinen Faltung auf? Es wurde damals angenommen, der Granit sei frühestens nach Ablauf der Trias emporgedrungen, weil die Rhätkalke deutliche Metamorphose zeigen. Heute kann man noch weiter gehen, da nach Mohr?) die metamorphosierten Kalke sehr wahrscheinlich zum Teil ') Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., Bd. 58, 1908, pag. 48. ?) G. A. Koch, „Über einige der ältesten und jüngsten Artesischen Bohruugen im Tertiärbecken von Wien.“ (Rektoratsrede) Wien 1907. Referat im Geol. Zentralbl., Bd. X, Nr. 2493. ®) Mitteil. d. Geol. Gesellsch. in Wien, Bd. III, 1910, pag. 147 u. 162. chen nie ie [47] Die Umgebung von Aspang am Wechsel. 331 noch dem Jura angehören. Somit wäre also das postjurassische Alter des Granits anzunehmen, natürlich nur unter der Voraussetzung, daß der Granit die Ursache dieser Metamorphose ist. Ist es nun erlaubt, diese Voraussetzung zu machen? Es wäre nicht nur erlaubt, sondern notwendig, wenn die Kalke, wie es bei den Schiefern so häufig der Fall ist, mit Granitapophysen oder Pegmatit-Aplitgängen durchzogen wären. Aber das ist hier ebenso- wenig wie in den Kleinen Karpathen bei den metamorphosierten Liaskalken zu beobachten !. Doch dieses Fehlen darf man durchaus nicht als einen Beweis gegen das geringere Alter des Granits auf- fassen, wie es von verschiedenen Seiten bezüglich der Karpathen- granite geschehen ist. Es gibt Eruptivgesteine, welche stockförmig Kalke durchsetzen und keine Spur solcher Gangbildungen erkennen lassen. Man braucht da nur auf den altbekannten typischen Kontakt des Monzonits mit Triasdolomiten bei Predazzo in Südtirol hinzu- wejsen. Auffallend mag das allerdings erscheinen, besonders dann, wenn Schiefer vom selben Eruptivgestein durchadert werden, aber eine ungewohnte Erscheinung ist es nicht und kann deshalb auch nicht als Beweis gelten gegen eine jüngere Intrusion des Granits. Wenn aber nun auch solche unzweifelhafte Anzeichen der Granitintrusion.nach Ablagerung der Kalke nicht vorhanden sind, so darf man doch noch die Voraussetzung machen, daß der Granit die Metamorphose bewirkte, solange nicht bewiesen ist, daß andere Kräfte metamorphosierend die Kalke beeinflußten. Auf diesem Prinzip fußend wurde früher (l. c. pag. 42) das postliassische Alter des Karpathengranits angenommen, nicht als etwas Feststehendes, sondern als sehr wahrscheinlich. Von diesem Prinzip ausgehend, glaube ich heute auch das postjurassische Alter der Granite des Rosaliengebirges und der angrenzenden Gebirge als wahrscheinlich bezeichnen zu dürfen. Denn auch heute betrachte ich es noch nicht als erwiesen, daß eine Umwandlung von dichtem Kalkstein zu Marmor, ebensowenig wie die Umwandlung eines Tonschiefers in Glimmerschiefer oder Gneis, jemals ohne magmatischen Einfluß erfolgt ist. Es sei eine ein- gehendere Besprechung dieser prinzipiellen Frage gestattet. Die Zeit des starren Dynamometamorphismus, der in den ge- birgsbildenden Bewegungen die Hauptursache für die Bildung der kristallinischen Schiefer sah, ist vorbei. F. Becke betonte es in seinem Vortrag auf der 81. Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte in Salzburg?) ausdrücklich, daß mechanische Vorgänge allein niemals die Metamorphose verursachen können. Es müssen stets hohe Temperatur und Lösungsmittel hinzukommen. Auch U. Grubenmann?°) möchte lieber den Ausdruck „Dynamometamor- phismus* durch den Terminus „Metamorphismus“ ersetzen, damit nicht durch die Annahme rein mechanischer oder wenigstens reiner Druckwirkungen falsche Vorstellungen entstehen. Nach ihm „darf wohl die Temperatur als der bedeutendste Faktor der Metamorphose !) Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., Bd. 58, 1908, pag. 42. *) Naturwissensch. Rundschau, XXIV., 1909, pag. 610. ®) U. Grubenmanın, Die kristallinen Schiefer, 2. Aufl., 1910, pag. 125 u. 126. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Band, 2. Heft. (P. St. Richarz.) 43 332 P. Steph. Richarz. [48] betrachtet werden“ (l. e. pag. 51). Auch Becke betrachtet hohe Temperatur neben dem Vorhandensein eines Lösungsmittels als den wichtigsten Faktor). Alles dreht sich also jetzt um die Frage: Woher die hohe Temperatur, woher das Lösungsmittel? E. Wein- sch’enk hat schon seit langem betont, ein eruptives Magma sei die Quelle beider und Becke pflichtet ihm im genannten Vortrag bei, wenigstens für viele Fälle. Ob aber bei jeder Entwicklung kristalliner Schiefer magmatische Intrusion anzunehmen sei, betrachtet er als eine offene Frage (l. c. pag. 611). Es könnten nach ihm „durch Bedeckung mit ungeheuren Mengen von Sedimenten oder durch Deckenüberschiebungen“, also mit anderen Worten durch Versenkung der Gesteine in große Tiefen „jene Verhältnisse erzeugt werden, die die Umwandlung der kristallinen Schiefer bewirken könnten.“ (Ibid.) Bei Grubenmann spielt die Tiefenlage der Sedimente die wich- tigste Rolle für die Metamorphose der Gesteine, weil mit der Tiefe die Temperatur zunimmt, diese aber der bedeutendste Faktor der Metamorphose ist. Daher die Aufstellung seiner drei Tiefenstufen. Es unterliegt keinem Zweifel, daß in dieser Weise eine Meta- morphose auch ohne magmatischen Einfluß hervorgebracht werden könnte, ja daß in „großer Tiefe der Verlauf der Metamorphose dem- jenigen der Kontaktmetamorphose sich nähert“. (Grubenmann, pag. 51.) Aber man darf hier nicht nur auf die bloße Möglichkeit schauen. Man hat sich zu fragen: Sind wirklich Gesteine, die heute als kristallinische Schiefer vorliegen, jemals so tief in die Erdrinde versenkt worden, daß aus dieser Versenkung ihre Meta- morphose erklärt werden kann? Da ein direkter Beweis dieser Versenkung nicht möglich ist, so muß er indirekt erbracht werden, das heißt es muß der Nachweis geliefert werden, daß in bestimmten Fällen die Metamorphose durch Kontaktwirkungen eines Magmas nicht erklärt werden kann, daß also andere Prozesse angenommen werden müssen, von denen dann die größere Tiefenlage der wahrschein- lichste ist. Das ist der Kernpunkt der Frage, dem man leider gewöhnlich aus dem Wege geht. Bei einer großen Anzahl von Arbeiten über kristalline Schiefer wird der Dynamometamorphismus, sei es in der alten, sei es in der neuen Fassung, als selbstverständliche Ursache der Metamorphose vorausgesetzt, ohne daß man es für notwendig hält, diese Frage näher zu prüfen, und die Möglichkeit einer etwaigen Kontaktwirkung wird überhaupt nicht erwogen. Kristalline Schiefer und Dynamometamorphose scheinen vielen vollkommen identische Begriffe zu sein, obschon sicher nachgewiesen ist, daß dieses für viele Fälle nicht zutrifft. Auch Grubenmann hält sich in seinem Werke „Die kristallinen Schiefer“ von diesem Fehler nicht frei. Er unterläßt es zu untersuchen, ob nicht seine drei Tiefenstufen als drei Umwandlungszonen betrachtet werden könnten, welche ihren Unter- schied herleiten: von der größeren oder geringeren Entfernung des umwandelnden intrusiven Magmas und der stärkeren oder geringeren Wirkung des Druckes. In vielen Fällen ist das aber in der Tat schon !) Naturwissensch, Rundschau, XXIV, 1909, pag. 610, [49] Die Umgebung von Aspang am Wechsel. 338 nachgewiesen, in anderen fehlen noch Untersuchungen, mit der not- wendigen Voraussetzungslosigkeit unternommen. So baut sich das ganze System Grubenmanns auf Voraussetzungen auf, welche teils unrichtig, teils unbewiesen sind. Fs muß das hier offen ausge- sprochen werden, weil eine große Anzahl von Geologen und Petro- graphen sich so auf die Grubenmannschen Aufstellungen stützen, als ob sie wirklich eine sichere, zuverlässige Grundlage bildeten. Um so angenehmer berührt es, daB Becke in seinem Vortrag die Frage als das darstellt, was sie ist, als eine offene, und daß er, um dieses zum Ausdruck zu bringen, an Stelle der Grubenmannschen Tiefen- zonen lieber den indifferenten Ausdruck „Temperaturzonen“ !) an- wenden möchte, welcher ebensogut für größere Tiefenlage, wie für magmatische Einflüsse paßt. Noch in anderer Weise zeigt sich hier der Scharfblick Beckes, indem er, um die offene Frage der Lösung näher zu bringen, tatsächlich auf den Kernpunkt des Ganzen eingeht und den Beweis zu erbringen sucht, „daß im niederösterreichischen Waldviertel die Durchaderung durch granitisches Magma keineswegs der abschließende Akt der Metamorphose war“ (l. ce. pag. 611). Die beiden dort besprochenen Fälle wurden inzwischen eingehend be- schrieben und sollen deshalb wegen der ihnen beigelegten prinzipiellen Bedeutung hier besprochen werden. Das erste Beispiel wurde von F. E. Suess?) bearbeitet. Man findet im niederösterreichischen Waldviertel häufig Amphibolitlagen ?) und Aplitgänge im kristallinen Kalk. Amphibolit und Aplit sind nicht selten in mehrere Stücke getrennt und an den Berührungsflächen beider mit dem Kalk haben sich Mineralien gebildet, welche sich nur aus einer Wechselwirkung von Kalk und Amphibolit, beziehungsweise Kalk und Aplit erklären lassen. Am Rande des Amphibolits von Ungarschitz in Mähren zeigt sich sowohl am Schicht- als am Bruch- kontakt ein Saum, welcher im frischen Zustand aus sehr basischem Plagioklas (fast An) und diopsidischem Augit besteht, der sich zum Teil in Hornblende umgewandelt hat. „Unter dem Einflusse kalzitreicher Lösungen ist der Amphibolit in kalkreichen Plagioklas und Pyroxen umgewandelt worden. Die Mineralien haben nach innen vordringend die Hornblende und den kalkarmen Plagioklas aufgezehrt, die Titanite sind jedoch erhalten geblieben.“ (Suess, pag. 265.) „An den meisten Bruchstücken von Amphibolit im Kalke bei Spitz (a. d. Donau) besteht ein stärkerer Gegensatz zwischen dem Kontakt an der Schichtfläche und jenem an der Bruchfläche. An dem ursprünglichen Kontakt hat ein energischerer Austausch der Stoffe statt- gefunden und es ist ein 2—10 mm breiter Randstreifen entstanden, bestehend aus körnigem Gemenge von farblosem Augit und Skapolith mit gegenseitiger poikilitischer Umwachsung oder Pflasterstruktur“ (pag. 267). Am Bruchkontakt fehlt der Skapolith und nur in einigen Fällen wurde die Neubildung von kalkreichem Plagioklas und Augit, !) Ih., 1909, pag, 611. 2) „Über plastische und kristalloblastische Gesteinsumformung.“ Mitt. der geol. Gesellsch. in Wien, Bd. Il, 1909, pag. 250 —278. 5) Es handelt sich bei diesen wohl um metamorphe, basische Ergüsse oder Lagergänge (l. c. pag. 255). 43* 334 P. Steph. Richarz. [50] wie in Ungarschitz, beobachtet. Meist findet man nur Fortwachsung der bräunlichgetrübten Hornblende in Form einer hellgrünen, viel lichteren Abart, welche in den Kalkspat hineinragt (pag. 268). Jüngere Plagioklasbildungen konnten mit Sicherheit nicht nachgewiesen werden. Auch die Aplitbruchstücke im Kalke bei Spitz zeigen einen Kontaktsaum. „Ein schmaler, grünlicher Streifen von Augit umzieht sowohl die ursprünglichen Kontaktflächen als auch die neu entstandenen Bruchflächen“ (pag. 270). Der Austausch der Stoffe vollzieht sich an beiden Grenzen zwar in verschiedenem Grade, aber in ähnlicher Form. Den Aplit umgibt zunächst eine plagioklasreiche Zone (der Kalifeld- spat, welcher im Aplit vorherrscht, tritt sehr zurück), von ungleich- mäßiger Zusammensetzung der Plagioklase, während im Kalke selbst die Plagioklase einheitlich, und wie es scheint, etwas basischer sind. Dann folgt ein Augitsaum, aus demselben diopsidischen Augit bestehend, wie er in den Kalken vorkommt. Am Bruchkontakt ist der Augitsaum weniger breit und nicht zusammenhängend. Es kann aber auch hier „kein Zweifel bestehen, daß auch am Bruchkontakt ein stofflicher Aus- tausch zwischen Kalk und Aplit stattgefunden hat“ (pag. 272). Das sind die Tatsachen, welche gewiß von Bedeutung sind für das Verständnis der Einwirkung der verschiedenen Stoffe während der Metamorphose und Herr Professor Suess hat sich durch sorgfältige Beobachtung und Beschreibung dieser Tatsachen ein bleibendes Ver- dienst erworben. Uns aber kommt es hier vor allem auf die Schlüsse an, welche er aus den Tatsachen zieht: „Der Nachweis eines stofflichen Austausches und einer Umformung der Gesteine durch Neukristallisation im starren Zustande dürfte kaum deutlicher gebracht werden können, als durch die Neubildung von Silikaten an den Bruchflächen der zer- trümmerten Amphibolite und Aplite im Kalkstein“ (pag. 272.) Und später spricht er von „einer Metamorphose, einem Kristallwachstum im festen Zustande unter dem Einflusse von Bewegungs- erscheinungen“ (pag. 275), von einer Neubildung von Silikat- mineyalien, die nur im festen Gestein, nach vollzogener Metamorphose entstanden sein können“ (pag. 276). Hat Suess wirklich für diese Sätze einen Beweis erbracht? Er äußert sich in der besprochenen Arbeit nicht darüber, in welcher Weise im genannten Gebiete die Metamorphose basischer Eruptivge- steine zu Amphiboliten. dichter Kalksteine zu Marmor erfolgt ist. Es kann aber, wenn man die zahlreichen Aplitgänge im Kalk und Amphi- bolit gesehen hat, keinen Augenblick zweifelhaft sein, daß hier die Kontaktmetamorphose energisch tätig gewesen ist. In einer Mitteilung an die Kais. Akademie der Wissenschaften in Wien spricht nun auch F. E. Suess die Überzeugung aus, „daß den moldanubischen Ge- Steinen der gegenwärtige Zustand unter dem Einflusse der allge- meinen Durchwärmung durch die eindringenden granitischen Batholithen aufgeprägt wurde“!), Becke hatte schon vorher dieses indirekt zu- gegeben, als er im früher zitierten Vortrag den Satz aufstellte: „Die !) F. E. Suess, Moravisches Fenster. Akademischer Anzeiger d. kais. Akad. d. Wissensch. in Wien, Nr. XXVII. Sitzung der mathen.-naturw. Klasse vom 15. Dez. 1910. [51] Die Umgebung von Aspang am Wechsel. 335 Durchaderung durch granitisches Magma war keineswegs der ab- schließende Akt der Metamorphose“ (l. ce. pag. 611). An diesen Satz anknüpfend müssen wir nun sagen: Der ab- schließende Akt der Metamorphose war diese Durchaderung freilich nicht, sie war vielmehr ihr höchstes Stadium. Dann folgte ein all- mähliches Abklingen der Kontaktmetamorphose. Könnte man nun in diese Periode die von Suess beschriebenen Unwandlungen stellen, dann wären alle Tatsachen erklärt und wir bedürften keiner weiteren metamorphosierenden Einflüsse, sei es nun der gebirgsbildenden Be- wegungen, sei es der Versenkung in größere Rindentiefe. Es dürfte nicht schwer sein, diese These zu beweisen, beziehungsweise den Vor- gang näher zu erklären. Kalke bewahren bei der Metamorphose offenbar länger ihre molekulare Beweglichkeit, als Aplite und Amphibolite, es können also letztere schon fest oder nahezu fest sein, wenn die sie umgebenden Kalke noch in einem leicht beweglichen, plastischen Zustande sich befinden. Treten nun Verschiebungen im Gebirge ein, so müssen Aplite und Amphibolite zerbrechen, weil sie spröder sind als ihre Umhüllung. Es wird nun auch auf den Bruchflächen Kontaktmetamorphose und gegenseitige Mischung denkbar sein, meist aber schwächer wie im Primärkontakt, weil diese Umwandlungen im Stadium des Abklingens der Kontaktmetamorphose einsetzen. Die schwächere Einwirkung an den Bruchflächen zeigt sich besonders deutlich beim Amphibolit bei Spitz, wo am Bruchkontakt andere Neubildungen auftraten, als am Primär- kontakt, so daß man hier gezwungen ist, die Umwandlung an den Bruchflächen in eine Periode zu verlegen, die dem Eindrinden der Aplit- und Pegmatitgänge schon sehr fernliegt, als Temperatur und Lösungsmittel schon bedeutend abgenommen oder als die Mineral- bildner, hier speziell das skapolithbildende Chlor, schon verbraucht waren. Gibt man auch nur die Möglichkeit einer solchen Um- wandlung in einem gewissen Zeitpunkt der Kontaktmetamorphose zu, so fällt damit die Beweiskraft der beobachteten Tatsachen für eine neuerliche Umwandlung nach vollzogener Metamorphose des ganzen Gesteinskomplexes. Diese Möglichkeit muß aber auch Suess zuge- stehen, da in tieferen Zonen, wo nach ihm die Umwandlung vor sich gegangen sein soll (pag. 252), der Prozeß derselbe sein mußte. Endlich betont Suess wohl allzusehr die Metamorphose im starren Zustand. Es handelt sich hier sicher nicht um den absolut starren Zustand, wie schon aus der Beschreibung von Suess hervor- geht. Zwar sind die Amphibolite und Aplite als starr aufzufassen bei der Metamorphose ihres Randes. Aber es sind feste Körper, welche in einer plastischen Masse, die reich ist an Lösungsmitteln, schwimmen, und unter dem Einflusse des plastischen Kalkes und des Lösungsmittels wird auch der Rand der festen Gesteine wieder zum Teil in Lösung gehen. Es findet also nun eine Einwirkung des Kalkes auf Aplit und Amphibolit statt, das bedeutet für den Aplit eine Um- kehrung der Kontaktmetamorphose. Früher war er die Ursache der Kontaktmetamorphose, jetzt wird er selbst umgewandelt.‘ Das muß auch Suess annehmen, damit überhaupt Reaktionen und Neubildungen 336 P. Steph. Richarz. [52] stattfinden können. Eine solche „Starrheit“ hat aber niemals ein An- hänger der Kontaktmetamorphose geleugnet, ja gerade Weinschenk hebt es als eine Eigentümlichkeit der Kontaktmetamorphose hervor, „daß die Moleküle eine viel geringere Beweglichkeit besessen haben müssen als im Eruptivmagma“!). Im bayrischen Wald handelt es sich nach ihm um Schiefer, welche von den mineralbildenden Agentien durchtränkt waren, die so kein starres, sondern ein viskoses Substrat darstellten ?). Durch die Beobachtungen Suess’ ist also keineswegs der Beweis erbracht, daß hier eine andere Art der Metamorphose tätig gewesen ist als Ikontaktmetamorphose.. Becke erwähnt nun in seinem Vor- trag noch ein zweites Beispiel, welches zeigen soll, daß die Durch- aderung durch granitisches Magma nicht der abschließende Akt der Metamorphose war: „Von Herrn Dr. F. Reinhold rührt die wichtige Beobachtung her, daß in den feineren Abzweigungen des aplitischen Geäders eine ganz auffallende Ausgleichung zwischen Ader und Neben- gestein in bezug auf die Zusammensetzung der auftretenden Plagioklase stattfindet, die nur durch gegenseitigen Austausch verstanden werden kann“ (l. e. pag. 611). Die inzwischen erschienene Arbeit Reinholds°) faßt die diesbezüglichen Beobachtungen in folgendem Matze zu- sammen: „Bei dem größten Teil der untersuchten Adern, und speziell bei den dünneren, wurde die auffallende Beobachtung gemacht, daß der Plagioklas von Ader und Nebengestein gleiche Zusammensetzung hat und sich die Ader vom Nebengestein nur durch das Zurücktreten, respektive Fehlen der farbigen Gemengteile und das Hervortreten des Quarzes in den Adern unterscheiden läßt“ (pag. 145). Reinhold deutet den größten Teil der Adern als Injektionen, aber „man darf sich diese Injektionen wohl nicht lediglich als ein Eindringen von granitischem Magma vorstellen, sondern als Vorgänge, wie sie im allgemeinen bei Pegmatiten und verwandten Gesteinen angenommen werden, also als pneumatolytische oder Thermalwirkungen.“ (Ibid.) „Die in den weitaus meisten Fällen beobachtete Übereinstimmung der Plagioklase von Ader und Nebengestein läßt sich dann wohl durch Aufnahme von Plagioklassubstanz aus dem Nebengestein er- klären* (pag. 146). So sind also auch diese Erscheinungen vom Verfasser selbst als echte Kontaktbildungen erklärt und mit keiner Silbe erwähnt er eine noch weitere Metamorphose nach Abschluß der Kontaktmetamorphose, wofür doch die beobachteten Tatsachen nach Becke einen Beweis liefern sollten. Also weder die Beobachtungen von Suess, noch die Reinholds haben Beweise erbracht für eine Metamorphose ohne magmatische Beeinflussung. Darum hat man, bis bessere und überzeugende Be- weise für das Gegenteil vorliegen, das Recht, aus der Metamorphose !) Weinschenk, Grundzüge der Gesteinskunde, 2. Aufl., I. Teil, pag. 207. °) Weinschenk, Beiträge zur Petrographie des Groß-Venedigerstockes, III. Teil, Die kontaktmetamorphe Schieferhülle. Abhdl. d.k. bayr. Ak. d. Wissensch., 2. Kl, XXII. Bd., 1903, pag. 305. °’) Dr. Fr. Reinhold, Pegmatit- und Aplitadern aus den Liegendschiefern des Gföhler Zentralgneises im niederösterr. Waldviertel. Tschermaks mineral.- petrogr. Mitteil., Bd. XXIX, 1910, pag. 43—147. \ [53] Die Umgebung von Aspang am Wechsel. 337 auf die Einwirkung eines Magmas zu schließen, zumal, wenn die frag- lichen Gesteine in einem Gebiete sich finden, in dem zweifellos die Kontaktmetamorphose eine wichtige Rolle spielt. Weil also im unter- suchten Gebirge hochmetamorphe Gesteine von jurassischem Alter sich finden, so ist der Schluß auf ein postjurassisches Alter der Granitintrusion berechtigt. Selbst dann kann man an dieser Anschauung festhalten, wenn man zu finden glaubt, daß die Metamorphose besonders stark ist an stark dislozierten Stellen, und selbst wenn in einzelnen Fällen in größerer Entfernung vom Granit noch hohe Metamorphose beobachtet wird, vielleicht höhere als in der Granitnähe. Im ersteren Falle muß ja die dynamische Einwirkung durch Zermalmung des Gesteins den Lösungen aus dem eruptiven Magma in besonderem Maße den Weg gebahnt haben, im zweiten aber wären zwei Möglichkeiten in Er- wägung zu ziehen: 1. Die oberflächliche Granitgrenze fällt nicht mit der Grenze in der Tiefe zusammen und so könnte die hohe. Meta- morphose von dem in der Tiefe näherliegenden Granit herrühren; 2. die Gesteine sind ungleich empfindlich für die Metamorphose. Das zeigt sich ja an vielen Stellen, welche typisch kontaktmetamorph sind. Ein lehrreiches Beispiel beschreibt Weinschenk') aus den Pyrenäen. Solche Beobachtungen mahnen zu großer Vorsicht, wenn man aus der geringeren Metamorphose einen Beweis herleiten will für die größere Entfernung des Granits. Gegen diese Vorsicht hatte ich in den Kleinen Karparthen gefehlt, indem ich auf die geringere Metamorphose der Liaskalke am Thebener Schloßberg im Vergleich mit den dem Granit näherliegenden Liaskalken des Hainburger Schloßberges hin- wies?2). M. Stark°) fand nun, „daß die Hauptmasse der Kalke des Hainburger Schloßberges kaum einen bemerkenswert deutlicheren Grad von Metamorphose zeigen, als Kalklagen ein oder mehrere Kilometer weiter westlich von der Kontaktgrenze, „ja daß bei Deutsch-Altenburg Partien vorkommen mit gröberem Korn, als das Durchschnittsgestein am Hainburger Schloßberg“ (pag. 263). Ich stimme hier Herrn Stark vollkommen bei, da auch ich solche Kalke beobachtete. Aber ich hatte ja nur betont, daß die Kalke am Hainburger Schloßberg zwar feinkörnig, aber deutlich kristallinisch seien, daß aber ganz in der Nähe der Hornfelse sich Stücke fanden, welche den Laaser Marmor im Korn übertreffen (l. ec. pag. 35). Die Körner dieses Gesteins haben einen Durchmesser von 0°5—0°7 mm, während die höchstkristallinischen Stellen von Deutsch-Altenburg nach Stark (pag. 263) nur 0'2 mm sroßes Korn aufweisen. Trotz alledem würde ich heute auf diese Tatsache nicht mehr allzuviel Gewicht legen und ich habe sie auch damals nur als untergeordneten Beweis betrachtet. Die Hauptsache war, wie aus dem Text pag. 42 klar hervorgeht, die Tatsache der Metamorphose selbst. Die Abnahme der Metamorphose mit der Ent- !) E.Weinschenk, Grundzüge der Gesteinskunde. 2. Aufl , II. Teil, pag. 130, Fig. 55. 2) Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., Bd. 58 (1908), pag. 35 und 42. ®) M. Stark, Bericht über die petrographische Exkursion nach Deutsch- Altenburg und Hainburg am 13. Juni 1909, Mitteil. des naturwissensch. Ver. an der Universität Wien, 1909, pag. 262. 338 P. Steph. Richarz. 154] fernung vom Granit sollte nur die Bedeutung eines neuen Wahrscheinlich- keitsbeweises haben. Würde also dieser auch fallen, so bliebe doch der erste noch voll und ganz bestehen. Nach diesen Erörterungen allgemeiner Natur soll nun noch eine Be- obachtung angeführt werden, welche zwar außerhalb des bearbeiteten Ge- bietes gemacht wurde, die aber, wie mir scheint, für das geringere Alter der Granitintrusion von Bedeutung ist. Es ist seit Jangem bekannt, daß bei Gloggnitz höherkristalline Gesteine weit in die Grauwackenzone vordringen und daß solche beim Vöstenhof zwischen St. Johann und Prigglitz von neuem auftauchen. An letzterer Stelle sind es nicht nur Glimmerschiefer und Gneise, sondern auch echte Amphibolite. Auch beim Silbersberg bei Gloggnitz, also schon am linken Schwarzaufer, findet man hochkristallinische Gesteine; granathaltige Albitgneise mit Albitadern, und schon ganz nahe bei Prigglitz, südlich von diesem Orte, kann man auf Wegen und Ackern zahlreiche Turmalinaplite finden, welche frei von Kalifeldspat sind und Albit mit den charakteristischen Einschlüssen führen und dadurch sich als zum großen Granitmassiv von Kirchberg gehörig erweisen. Es unterliegt also keinem Zweifel, daß hier der Granit weit nach Norden vordringt und gleich offenbart sich seine Nähe durch hohe Metamorphose der Umgebung. Ob es sich nun hier wirklich um einen „Aufbruch des Urgebirges“ handelt, wie man früher bei den Gesteinen vom Vöstenhof annahm, oder ob, wie man wohl heute eher anzunehmen geneigt wäre, eine kristallinische Decke vorliegt, oder ob endlich nur der Granit so weit vordringt und in den karbonisch-permischen Gesteinen eine nicht gewohnte Metamorphose hervorbringt, können erst genauere Untersuchungen entscheiden. Gegen letztere Annahme könnte das Vorkommen von Amphibolit angeführt werden, welches sonst in der Grauwackenzone nicht vorkommt. Aber da die dort so häufigen Grünschiefer sicher von Diabasen und Augitporphyriten herrühren, so könnten die Amphibolite die höhere Metamorphose dieser Gesteine darstellen, wie es im Rosaliengebirge der Fall ist. Jedenfalls aber verlangt die Metamorphose der Werfener Schiefer nördlich von Prigglitz, welche besonders deutlich bei diesen eingelagerten Kalken sich bemerkbar macht und die, soweit mir bekannt, an dem Werfener Schiefer bei Payerbach und Reichenau fehlt, eine Erklärung. Diese Erklärung würde am besten der Granit liefern, der sich hier den Werfener Schiefern bedeutend mehr nähert, als an irgendeiner anderen Stelle. Und damit wäre auch aus diesem Grunde das jüngere Alter der Granitintrusion wahrscheinlich. Nachtrag zu pag. 330, erster Abschnitt. Eine Analyse des Rohmaterials ergab: SO, 69:10%,, Alg Oz 17:26%,, FeO und F&0O, 0:63%,, MgO 0.54%, Ca0O 139, 0 4'96°%/,,. Nd,O.2:550%/,, Glühverlust 3°26%,. Ähnliche Zusammensetzung weisen manche Glimmerschiefer und Phyllite auf. Geologie des Idrianer Quecksilberbergbaues. Von Dr. Franz Kossmat. Mit zwei Tafeln (Nr. XXVI—XXVII) und sieben Zinkotypien im Text. Einleitung. Als ich auf Grund meiner Beobachtungen während der Jahre 1897 und 1893 eine Studie über die geologischen Verhältnisse des Bergbaugebietes von Idria!) veröffentlichte, faßte ich bereits den Entschluß, meine dortigen Untersuchungen nach Möglichkeit fortzu- setzen und an eine systematische Aufnahme der Grube zu schreiten. In dieser Absicht führte ich — von gelegentlichen Besuchen ab- gesehen —- besonders im August 1899 und September 1905 eine Reihe von Befahrungen durch, wobei ich auch der von mir früher nur wenig untersuchten Südostgrube größere Aufmerksamkeit schenkte, um über die Beziehungen zwischen dem erzführenden Körper und der am Idricagehänge aufgeschlossenen Gebirgspartie weitere Daten zu erhalten. Zur leichteren Orientierung über die geologischen Verhältnisse reproduziere ich auf pag. 377 die Skizzenkarte aus meiner Arbeit. Wie aus ihr hervorgeht, zerfällt das im Winkel zwischen der Idrica und Nikova gelegene, durch einen Überschiebungsrand von der ein- dringenden Kreideenklave getrennte Triasgebiet des Bergwerksareals obertags in drei Abschnitte: l. Den vorwiegend aus Wengen-Cassianer Schichten bestehenden Abschnitt am „Rinnwerk“ und im unteren Lubeuctale. 2. Die vom Karbon bis in die obere Trias reichende Scholle des Gerin. 3. Die letzterer analoge Scholle des Vogelberges. Wie bereits aus, der Arbeit von M. V. Lipold?°) bekannt ist, liegt die Scholle des Oerin infolge einer Überschiebung auf den erz- führenden mitteltriadischen Dolomiten und Wengener Schichten der Grube. Auch die vom Ackerbauministerium nach den Aufnahmen der Bergbaubeamten herausgegebenen geologisch-bergmännischen Karten und Profile der Lagerstätte von Idria (Wien 1893) bringen die Über- schiebung zum Ausdruck. !) Jahrb. d.k. k. geol. R.-A., Wien 1899, Heft, 2, pag. 259—286, Taf. X, XI. 2) M. V. Lipold, Erläuterungen zur geologischen Karte der Umgebung von Idria in Krain. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., Wien 1874, Heft 4, pag. 424—436, Mar, X, Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Band, 2. Heft. (Fr. Kossmat.) 44. 340 Dr. Franz Kossmat. [2] Die oberen Partien des erzführenden Körpers sind in letzterer Arbeit als Cassianer Schichten aufgefaßt und dementsprechend im Längsschnitt als die direkte Fortsetzung der Cassianer Kalke des Rinn- werkes und Lubeuctales dargestellt. Meine Begehungen in der Grube ergaben das Resultat, daß sich allerdings die Verhältnisse im Unter- grunde der Überschiebung komplizierter gestalten und daß die im scheinbaren Hangenden der Wengener Schichten befindlichen oberen Partien des erzführenden Körpers durch komplizierte Störungen be- wirkte Wiederholungen der mitteltriadischen Dolomite und Breccien der tieferen Horizonte sind. Das Liegende der Überschiebungsfläche sieht also anders aus, als nach den Verhältnissen an der Oberfläche zu erwarten wäre, wo noch nordöstlich vom Josefischachte am Idricaknie die Cassianer Kalke inmitten einer Umrandung von Wer- fener Schichten und Karbon aufgeschlossen sind. Ich kam so zur Auffassung, daß eine der Überschiebung im Alter vorhergegangene Querstörung ein Absinken der sogenannten Rinnwerkpartie hervor- gerufen habe. Tatsächlich setzen im südöstlichen Grubenteile Transversal- verschiebungen, die O- und O,-Klüfte durch; aber eine bedeutendere Unterbrechung der Rinnwerkzone ergab sich bei der Fortsetzung meiner Grubenaufnahmen nicht. Die Transversalstörungen scheinen eher den Charakter von Blattverschiebungen als von Ab- senkungen zu haben (vergl. Tafel XXVI, Fig. 4) und sind von sekun- därer Bedeutung. Was das Verhalten des Cerin zu dem in seiner Form und seiner Lage gegenüber der Triaszone am Rinnwerk ganz analogen Vogelberg (Kossmat, pag. 286) anbelangt, ist kurz folgendes zu “bemerken. Lipold hatte den Cerin für eine wahrscheinlich vom Vogelberg abgerutschte Partie erklärt (l. ec. pag. 451), während ich zur Auf- fassung gelangte, daß es sich um zwei hintereinander angeordnete Schuppen handelt, da der erzführende Körper zwischen beiden hoch emporsteigt. Bezüglich des ursprünglichen Verhältnisses zwischen der unter der Vogelbergschuppe liegenden Triaspartie und jener unter dem Oerin äußerte ich mich damals nicht, doch schien es mir wahrscheinlich, daß es sich um einen zwar analogen, aber selb- ständigen Abschnitt handle. Ich sprach nur am Schlusse meiner Arbeit, die, wie ich glaube, noch jetzt geltende Ansicht aus: „daß der Vogelberg, welcher obertags mit dem Cerin eine so auffällige Analogie aufweist, auch unterirdisch einen ähnlichen Bau aufweist wie letzterer, und gleichfalls auf andere Gesteine der Trias aufgeschoben ist. Hierfür spricht in zweiter Linie auch der bereits auf pag. 266 er- wähnte Umstand, daß außer der Grenzüberschiebung gegen die Kreide der ‚Grapa‘ noch eine andere Störung durch den schmalen Aufbruch von Silberschiefer innerhalb des zur Grenzverwerfung parallelen Zuges der Werfener Schichten angedeutet ist.“ Daran knüpfte ich die Ver- mutung, daß auch die von der Vogelbergscholle überdeckte Partie in bezug auf Erzführung günstige Aussichten biete. Bei einem 1907 in der montanistischen Sektion des österreichischen Ingenieur- und Architektenvereines gehaltenen Vortrage (vergl. den [3] Geologie des Idrianer Quecksilberbergbaues. Sal kurzen Bericht in der Zeitschr. d. österr. Ing. und Arch.-Vereines, Wien 1907, pag. 377), erörterte ich an Hand einer von mir auf- genommenen Spezialkarte von Idria (1:2880) und einer Serie von Grubenplänen die Beziehungen, welche zwischen der erzführenden Partie und dem obertägigen Gebirgsbau bestehen. „Dererzführende Körper gehört einem Gesteinszuge an, dervom Lubeuc- tale gegen den Raspotsattel zieht und im Bergbau- terrain durch eine Aufschiebung der älteren Schicht- eiveder (Karbon und untere Trias) bedeckt ist«.Von Interesse ist die Zersplitterung der einzelnen Gesteinszüge in der Grube durch das Eingreifen der älteren Bildungen !); besonders der VII. Lauf bietet in dieser Beziehung wichtige Aufschlüsse und zeigt, daß mehrere Dolomitstreifen noch zwischen dem sogenannten Süd- kontakt der Lagerstätte und der Dislokationsgrenze gegen den Kreide- kalk sich einschieben, aber gegen Nordwest auskeilen. Einer der- artigen Partie gehören die Imprägnationen im Gersdorf-Liegend- schlage an.“ Ich glaube, daß der gesperrt gedruckte Passus bezüglich meiner Auffassung der allgemeinen Beziehungen des erzführenden Körpers zum obertägigen Strukturbild schwer ein Mißverständnis zuläßt. Die Grenzüberschiebung zwischen der Trias des Grubengebietes und dem Kreidekalk hatte ich zur Zeit des Abschlusses meiner ersten Arbeit nur obertags, wo sie in der Grapa ziemlich steil Nordost fällt, und im Floriani-Wasserstollen, wo sie schon seit alters bekannt war, gesehen. Während des Druckes meiner Arbeit erhielt ich von Herin Bergrat Schmid die Mitteilung, daß in dem gegen diese Grenze weiter getriebenen Gersdorfschlag (VII. Lauf) ein klüftiger Dolomit angetroffen sei?).. Nachträglich konnte ich noch im gleichen Jahre feststellen, daß es sich hier um Kreidekalk handle, daß also der Südkontakt des ganzen Triasterrains mit geringerem Gefälle zur Tiefe setzt, als nach den obertägigen Aufschlüssen zu erwarten stand. Ich machte davon selbstverständlich den Herren der Bergwerksleitung bei verschiedenen Gelegenheiten Mitteilung, sprach auch in meinem zitierten Vortrage davon und ergänzte mein erstes Profil im gleichen Sinne. Der gegenwärtige Bergwerksdirektor, Herr Hofrat Billek, war so liebenswürdig, mir die Priorität dieser Konstatierung zu be- stätigen. Ich würde auf den Umstand, daß die Identifizierung der Kreide am Ende des Gersdorfschlages von mir herrührt, kein beson- deres Gewicht legen, wenn nicht in einer kürzlich erschienenen Notiz von M. Limanowski, welche mit einem von Herrn Grubenverwalter Kropa& entworfenen Profil illustriert ist?), der Vorwurf enthalten wäre, daß mir das Auftreten der Kreide in der Grube entgangen sei. In den erst längere Zeit nach meiner Arbeit vorgetriebenen äußersten Nordweststrecken des III. Laufes konnte ich bei meinen Befahrungen !) Dabei kann man allerdings auch an ein Eingreifen von oben her denken, ähnlich wie dies zum Beispiel im Profil von Kropa& (1910) gezeichnet ist. als c. pag. 283. 3) Um ein Mißverständnis zu vermeiden, bemerke ich, daß Herr Kropaö 1899 noch nicht in Idria war. 44* 342 Dr. Franz Kossmat. [4] nicht bis ans Ende gelangen, da der bedeutende Wasserzufluß Ver- dämmungen nötig gemacht hatte. Die bloße Tatsache des Wasserein- bruches machte schon auf die Nähe der Grenze aufmerksam, was auch die allgemeine Auffassung war, um somehr, als hier auch ober- tags die Kreidegrenze eine beträchtliche Ausbuchtung nach NE zeigt. Die Nordwestschläge im IV. und V. Lauf, welche angeblich das gleiche zeigen, was ja nicht verwundern kann, waren zur Zeit meiner Untersuchungen nicht so weit gediehen;; das gleiche gilt vom Lamberg- schlag im IX. Lauf. In neuerer Zeit hat einer der Grubenbeamten von Idria, Herr Kropat, selbständige geologische Studien in der Grube durchgeführt, deren Resultate mir nur bezüglich des Florianistollens bekannt wurden, da ich in diesem 1908 gelegentlich einer Kommission zu tun hatte, wobei ich mit Herrn Bergdirektor J. Billek und Herrn Kropa& einfuhr. Auf Grund seiner Untersuchungen stellte Verwalter Kropa& Herrn Limanowski ein Profil durch die Noräwestgrube zur Ver- fügung, welcher dieses zusammen mit meiner geologischen Karte von Idria zum Ausgang seiner tektonischen Folgerungen machte. Die Auffassung Limanowskis geht im wesentlichen dahin, daß die Ver- hältnisse von Idria auf drei Digitationen des Karbonkernes der Ternowaner „Uberfaltungsdecke“ zurückzuführen sind und daß im speziellen die Tektonik des erzführenden Körpers nicht, wie ich sie auffaßte, durch Uberschiebungen, sondern durch die „Architektur einer liegenden Falte, welche sekundär deformiert wurde“, erklärt wird. Nach meiner Ansicht basiert diese Einreihung des Idrianer Struk- turtypus größtenteils auf einer unvollständigen Kenntnis der Lagerungs- verhältnisse und auf einer falschen Interpretation des Profiles von Kropaö, mit welchem ich übrigens in einigen Punkten nicht über- einstimme. Die Schnittlinie durch den Inzaghischacht der Nordwestgrube bietet zweifellos sehr viele tektonische Momente von hohem Interesse und wurde daher schon wiederholt, auch von mir, als Ausgang gewählt. Sie hat aber ihre Schwierigkeiten, besonders wenn man nur die Gesteinsgrenzen und nicht auch die Schichtung zum Ausdruck bringt. Ein klareres Bild ergibt sich selbstverständlich, wenn man mehrere Profillinien und dazu die entsprechenden Horizontalschnitte der Grube möglichst gleichmäßig berücksichtigt, und dies war auch der Grund, warum ich es nach meiner Arbeit des Jahres 1899 für notwendig hielt, meine Studien noch fortzusetzen. Da ich es gegenwärtig nicht für ratsam halte, durch Weiterverfolgen der Grubenaufschließungen die Publikation meiner Resultate noch mehr zu verzögern, habe ich mich entschlossen, nach dem Stande meiner Untersuchungen im Jahre 1905 (mit einer kleinen Ergänzung 1908) eine Darstellung des geologischen Baues von Idria zu entwerfen. Wenn man auch bei einem in regem Betrieb befindlichen Bergbau fortwährend neue Ergänzungen und Korrekturen des geologischen Bildes erwarten muß, so sind doch die Aufschlüsse in der schon über 400 Jahre alten Idrianer Grube so weit ausgedehnt, daß in allen wesentlichen Zügen die Tektonik und der Lagerstättencharakter feststellbar ist. [5] Geologie des Idrianer Quecksilberbergbaues. 343 Meine auf einen längeren Zeitraum verteilten Grubenbefahrungen führte ich in Begleitung verschiedener Herren von der Bergwerks- leitung aus, so besonders der Herren Tschemernigg, Sternberger, Kratky, Benko; verschiedene Aufschlüsse besuchte ich gemeinsam mit Herrn Bergrat J. Schmid; bei meiner letzten Befahrung des Florianistollens (1908) war ich in Gesellschaft des jetzigen Herrn Bergdirektors J. Billek und des Verwalters Kropat. Bei der geologischen Aufnahme wurden wichtigere Grenzen, welche nicht an leicht fixierbaren Stellen waren, meist durch Messungen mit dem Band oder wenigstens durch Abschreiten an markante Punkte des Planes angeschlossen, um eine ausreichende Genauigkeit zu er- zielen. Ich habe für die vorliegende Publikation unter den Horizont- karten fünf, nämlich jene des II., III, VI, VII. und IX. Laufes aus- gewählt, weil sie sämtliche wichtigeren Erscheinungen zeigen. Ich stütze mich bei den geologischen Eintragungen auf meine eigenen Beobachtungen und Beiegstücke, habe aber in einigen Fällen, wo es sich um nicht mehr zugängliche Strecken handelt, die Eintragungen in den älteren, meist von Bergrat Grübler aus der Zeit Lipolds her- rührenden Karten zur Ergänzung herangezogen. Die Probe war meist ziemlich einfach, da alle wichtigen Gesteinszüge in zugänglichen Strecken seschnitten sind. Auf Grund der Horizontkarten und der obertägigen Aufschlüsse habe ich eine Serie von sechs Profilen entworfen, von denen drei be- sonders typische l. Durch den Barbaraschacht (Nordwestgrube), 2. in der Linie Gersdorfschlag—Inzaghischacht (Nordwestgrube), 3. annähernd in der Linie Öerinschlag (Südostgrube) reproduziert sind. Für den Maßstab der Aufnahme waren ausschlaggebend die mir von der Bergwerksdirektion zur Verfügung gestellten Streckenkarten 1:2880 (Katastralmaßstab); für die Reproduktion wurden die Zeich- nungen photographisch auf die Hälfte reduziert !). Auch meine Profile in der ersten Arbeit und der zitierte Durchschnitt von Herrn Kropa& sind in diesem Maßstab (1:5760) gehalten, so dab ein Vergleich leicht möglich ist. Höhenlage der wichtigsten Grubenhorizonte. Zur Orientierung über die Haupteinbaue der Grube gebe ich auf Grund einer vom verstorbenen Obermarkscheider Th. Sternberger für mich angefertigten Tabelle folgende Daten: !) Ich bemerke, daß in den Illustrationen nicht sämtliche Strecken, Rollen und Gesenke eingetragen sind, um nicht die Durchsichtigkeit zu stören. 344 Dr. Franz Kossmat. 16] (O-Linie = 345'0 m über der Adria.) Meereshöhe der Schächte Höhe in bezug auf (Tagkranz) die O-Linie Kranzschaeht . ..ı. 3.0403 03 m Theresiaschacht . . 346'5 ld, Inzaghischacht . . . 381'8 368.2, Joseischachte . . ... 3500 Da), s Ferdinandischacht . . 3431 —. 1:0 Idrieabrücker 1177 1,3327 = a2 (Lage der Horizonte in bezug auf die O-Linie.) A Franz- Theresia- | Inzaghi- Josefi-r- |Ferdinandi- fi s schacht schacht schacht sehacht schacht Florianistollen .. . . .||— 163 — _ — = I. Lauf (Achatzifeld) . — — — — = 1: = -(Elorianifeld) . _ — 92| — 978 = E= Il. „ (Mittelfeld). . || — 1218| — 1222| — 1238 — 105'0! — 100°9 DV.2 2 tHaupttelde — — 1443| — 1467 = — V, „ (Großherzog- feld). . . „|| — 1495 | — 1546 -- — — VI. „ (Wasserfeld) . | — 1746| — 1761| — 1762 | — 1545 - VII. ,„ (Hauptmanns- teld)er er — — 1935| — 1958| — 1893 — MIITEA E - DER Ir MAIN Om — _ -— — _ IX. ,„ (Barbarafeld) . | — 2212 — 2230| — 220°4 — X... dosehfeld) > E= — — — 2419 — Xl. „ (Franziseifeld) || — 2713 — — 271'6| — 2728 — Wie man sieht, entspricht die Karte des III. Laufes streng genommen keiner Horizontalprojektion, da ihr Niveau von Josefi gegen Inzaghi um 18°8 m sinkt, so daß der III. Lauf der Südostgrube eigent- lich dem II. Lauf der Nordwestgrube näher liegt. Eine größere Diffe- renz ergibt sich daraus aber nicht, da der Il. und III. Lauf der Nord- westgrube strukturell wenig verschieden sind. Verzeichnis der im Grubengebiet aufgeschlossenen Schicht- glieder. Paläozoische Gesteine. 1. Karbonschiefer. Schwarze, sehr milde, meist stark zer- quetschte Tonschiefer mit feinem Glimmerbelag. Nach älteren Funden in der Umgebung mit Sagenaria, Dictyopteris u. a. In der Grube am Kontakt mit dem Erzkörper häufig freies Quecksilber („Silberschiefer“). 2. Permische Grödener Sandsteine. Rote und weiße Sand- steine und kleinkörnige Konglomerate mit Einschaltungen von bunten Schiefern. Im Nordschlag des XI. Laufes fand ich an der südlichen Sand- steingrenze schwarzen oberpermischen Diploporenkalk. [7] Geologie des Idrianer Quecksilberbergbaues. 345 Trias. 1. Werfener Schichten. a) Untere Abteilung: Sandig- glimmerige Schiefer mit Myaciten, Pseudomonotis u. a. Dolomit- einschaltungen vorhanden }). db) Mittlere und obere Abteilung: Schiefer mit Oolithbänken, graue Kalkschiefer und dunkle Mergelkalke mit Naticellen, Tyroliten. 2. Muschelkalk. Dolomite und Dolomitbreceien. Im oberen Teil konglomeratisehe Entwicklung herrschend. 3. Wengener Schichten. a) Vorwiegend schwarze, kohlen- stoffreiche, zum Teil mit Konglomeraten wechsellagernde Sandsteine und Schiefer („Skonzaschichten“) mit Pflanzen, besonders Ptero- phyllum und Equisetum sowie Discina-Schalen („Korallenerz“). Wegen ihrer reichen Zinnoberimprägnation in der Nordwestgruppe „Lager- schiefer* genannt. b) Grünliche und graubraune Porphyrittuffe una Schiefer mit kugeligen Radiolarien (?) und häufigen Kieselausscheidungen. Lager der Daonella Lommeli und des Trachyceras Idrianum. Die Schichten @) und b) entsprechen nicht fixen Unterabteilungen, sondern können sich ganz oder teilweise vertreten. 4. Dunkle, hornsteinführende Cassianer Plattenkalke mit Enerinus cassianus, Posidonomya Wengensis, Daonella sp. — Raibler Schichten und Hauptdolomit sind im Grubenterrain nicht entwickelt. Kreide. 5. Klüftige graue Kalke der unteren und oberen Abteilung; ın der Umgebung mit Requienien, respektive Radioliten. Triasfossilien aus der Grube von Idria. Il. Aus den Werfener Schichten. 1. III. Lauf, SE-Grube, Ferdinandi -Hoffnungschlag, zwischen der ersten und zweiten Querung. (Myacites fasseensis in grauen glimmerigen Schiefern, Koll. Kossmat.) 2. VI. Lauf, SE-Grube, Khevenhüllerschlag bei der Wettertüre. (Pecten, Myacites, Pseudomonotis in harten grauen Oolithkalken, Koll. Bergdirektion.) 3. VII. Lauf, SE-Grube, Grundstrecke östlich des Helmreichen- schlages (Pecten discites in grauen Lumachellen, Koll. Kossmat.) 4. VIII. Lauf, NW-Grube, zwischen Gersdorfrolle und III. Gesenk. (Pecten discites in harten grauen Kalklagen, Koll. Bergdirektion.) 5. VIII. Lauf, NW-Grube, zwischen Stadlergesenk und Gersdorf- rolle. (Myophoria costata, Pecten discites in glimmerigen Schiefern, Koll. Bergdirektion.) ») Vielleicht sind auch Übergänge zu den weiter talabwärts im Idricagebiete entwickelten oberpermischen Bellerophonkalken im unteren Teile des dolomit- führenden Komplexes vertreten. 346 Dr. Franz Kossmat. [8] 6. IX. Lauf, NW-Grube, Füllort des Barbaraschachtes. (Myaecites fassaensis in roten sandig-glimmerigen Schiefern, Koll. Bergdirektion.) 7. IX. Lauf, NW-Grube, Stadlergesenk. (Pecten discites in hartem Kalk, Koll. Bergdirektion.) I>Ausden Wengener Schichten. 1. 11. Lauf, NW-Grube, zwischen Turnischer und Julianirolle, Lager A. Zahlreiche Pflanzen in schwarzen Lagerschiefern. (Ptero- phyllum, Equisetum u. a., Koll. Bergdirektion.) 2. VI. Lauf, NW-Grube, Schlücksches Gesenk, Lager C. (Voltzia, Equisetum arenaceum in schwarzen Lagerschiefern, Koll. Bergdirektion.) 3. VI. Lauf, NW-Grube, SE vom Petrigesenk, Lager D („Korallen- erz“ mit napfähnlichen Schalenresten, Discina nach Bittner, Koll. Bergdirektion und Koll. Kossmat). 4. VI. Lauf, SE-Grube, W vom Mayergesenk („Korallenerz*“, Koll. Kossmat). 5. VII. Lauf, SE-Grube, Lagerschmitz im Dolomitzug zwischen zwei Werfener Zügen („Korallenerz“, Koll. Kossmat). 6. IX. Lauf, SE-Grube, südöstliche Abbaue beim zweiten steilen Blatt („Korallenerz*, Koll. Kossmat). 111. Aus. den Cassiıener Schichten Halde des Ferdinandischachtes, aus dem Cassianerzug des III. Laufes, SE-Grube. (Daonella sp., Koll. Bergdirektion.) Beschreibung der Aufschlüsse. Floriani-Wasserstollen. (— 16'3 m in bezug auf die O-Linie.) Von den Aufschlüssen des Florianistollens ist für die Tektonik des Grubenterrains von Wichtigkeit Jene Strecke, welche vom Franz- schacht gegen den beim Idrianer Schulgebäude liegenden Abschnitt des Kreidekontakts getrieben ist und von mir zum letztenmal gelegentlich einer Kommission am 10. Juli 1908 begangen wurde. Es stand mir für diese Befahrung ein von Herrn Öberverwalter Kropa®& aufgenommener geologischer Plan des Stollens zur Ver- fügung, der die Untersuchung wesentlich erleichterte. Die ersten Aufschlüsse, welche ich im Stollen beobachten konnte, liegen in der Nähe einer Streckengabelung, nahezu 100 m SSW vom Franzschacht. Sie bestehen aus harten Grödener Quarzsand- steinen und Quarzkonglomeraten (= Werfener Schichten des Planes), die 65— 70° WNW fallen und auch obertags aufgeschlossen sind. Bereits 17 m W der erwähnten Stollengabelung tritt man in einen festen, grauen, hie und da durch Zinnoberanflüge charakterisierten Dolomit ein, der weiterhin 70—80° ESE fällt, also von der Strecke nahezu quer geschnitten wird. Er zeigt in der Nähe des Grödener Sandsteins [9] Geologie des Idrianer Quecksilberbergbaues. 347 Wechsellagerung mit ziemlich festen, sandig-schieferigen Bänken und führt auch weiter westlich noch wiederholt dünne, glimmerige Schiefer- lagen, besitzt also den petrographischen Charakter der im unteren Werfener Niveau der ganzen Umgebung eingeschalteten Dolomitzonen, die ja auch den Übergang ins Perm (Niveau des Bellerophonkalkes) vermitteln '). Ich mache darauf aufmerksam, daß in der Umgebung des Inzaghischachtes derartige, häufig auf den Schichtflächen etwas glimmerige Dolomite in regelmäßiger, 60— 70° SSW fallender Wechsel- lagerung mit den sandig-glimmerigen unteren Werfener Schiefern an- stehen und meines Erachtens sogar als die unmittelbare Fortsetzung der im Florianistollen aufgeschlossenen zu betrachten sind. Mit einer zackigen, durch das Auftreten bunter Letten mar- kierten Dislokationskontur grenzt dieser Dolomit im Westen an die nordöstlich einfallenden schwarzen Karbonschiefer, welche auch ober- tags aufgeschlossen sin® und etwa 300 »»n WSW vom Franzschacht an einer schon seit langem bekannten Überschiebung direkt mit den grauen Kreidekalken des Nikovatales zusammenstoßen. Einzelne, mit eingeschwemmter Terra rossa erfüllte Spalten reichen in letzteren bis zur Stollensohle herab. Wie Kropa& schon vor mir feststellte, schiebt sich die im Florianistollen aufgeschlossene Zone von Sandstein und Dolomit zwischen die zum Dach der Lagerstätte gehörigen Karbonschiefer des Cerin und die nördliche, vom Ferdinandischacht gegen den Südhang des Kalvarienberges streichende Aufbruchszone. Es zeigt sich also ein ähnliches Verhältnis, wie ich es im Nordschlag des XI. Laufes, Südostgrube, beobachten konnte. Die Grubenaufschlüsse unter dem Cerin und Vogelberg. Antoni- und Josefistollen. Wie bereits in der Einleitung pag. 341 erwähnt ist, stellt die erzführende Region einen in der Hauptmassse aus Dolomit des Muschelkalkes und aus Wengener Schichten bestehenden, von einzelnen Werfener Zügen durchschnittenen Triaskörper dar, welcher inner- halb des Grubengebietes durch einen aufgeschobenen, mit Karbon beginnenden Komplex zugedeckt ist, aber an der Idrica und im Lubeuctal zutage tritt. 3 Die komplizierte Stauchung der Überschiebungsfläche bringt es mit sich, daß ein Keil der Lagerstätte zwischen der Vogelberg- und Cerinpartie emporgeschleppt ist. Er ist im Antoni- und Josefi- stollen wenig über dem Idricaniveau als schmaler, flach nordöstlich fallender Streifen von erzführenden Wengener Schichten des soge- nannten Lagers A, zum Teil von Dolomitfetzen begleitet, zwischen den Karbonschiefern eingeklemmt. Da ich selbst eine geologische Aufnahme der beiden, größtenteils in Mauerung stehenden Stollen nicht durchführte, entnehme ich diese Daten den alten Gruben- !) Herr Kropad und Limanowski fassen diesen Dolomit als Äquivalent des Muschelkalkes auf und bezeichnen ibn als Mulde C. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Band, 2. Heft. (Fr. Kossmat.) 45 348 Dr. Franz Kossmat. [10] plänen, welche im allgemeinen bezüglich der Eintragung der Karbon- schiefer verläßlich sind }). I. Lauf. Im ersten, gegenwärtig nicht mehr in Betrieb stehenden Gruben- horizont verzeichnen die alten Karten die Zone der Wengener Lagerschiefer etwa in 200 m Abstand S vom Inzaghischacht. Zwischen ihr” und dem aufgeschobenen Karbonzug ist bereits eine schmale Zone Dolomit (überkippter Muschelkalkdolomit) eingetragen. Unmittelbar im Liegenden, am sogenannten „Südkontakt*“, wird. Werfener Schiefer ausgeschieden, was nach den mir bekannten Aufschlüssen im nächst- tieferen Horizont stimmen dürfte. II. Lauf. (Bei Inzaghi — 978 m in bezug auf die O-Linie.) Taf. XXVL, Eig.'2 Dieser von mir häufig befahrene Horizont bietet Aufschlüsse von sehr großem tektonischem Interesse, da hier die flache Überschiebung des Karbonschiefers auf den Dolomiten und Wengener Lagerschichten an zahlreichen Stellen prachtvoll aufgeschlossen ist. Am „Südkontakt“ sah ich südlich vom Florianigesenk 40° nördlich fallende Mergelschiefer der oberen Werfener Schichten, welche durch einen schmalen Dolomitstreifen von den hier reich mit Zinnober und etwas Quecksilber imprägnierten schwarzen Sandsteinen und Schiefern des Lagers A getrennt sind. Nur wenig weiter östlich sind diese durch das Vorkommen von Pflanzenresten und Diseina- Schalen („Korallenerz“) ausgezeichnet. Die infolge der Überkippung im Hangenden des Lagers A be- findlichen Konglomerate und Dolomitbreccien ”) sind bereits als breite Zone entwickelt, sinken aber gegen Westen etwas ab, so daß hier die aufgeschobenen, nordnordostfallenden Karbonschiefer tiefer herab- reichen und mit interessanten Zersplitterungserscheinungen bis auf die Lagersandsteine übergreifen. Mehr als 100 m östlich vom Florianigesenk sieht man in der Nordsüdstrecke an dem 40° NE fallenden Kontakt zwischen dem er- wähnten Dolomit und dem Karbonschiefer einen schmalen Streifen von pyrit- und zinnoberimprägnierten, teilweise serpentinisierten Gesteinen, welche ich als tuffogene Bildungen der Wengener Schichten deute °), da sie im III. Lauf mit Konglomerat wechsellagern und mit ganz ähnlichen Merkmalen (Pyritimprägnation ete.) auch obertags im Lubeuc- tal angeschnitten sind. !) Bei Abfassung meines ersten Profils hatte ich den betreffenden Plan nicht zu Rate gezogen und daher südlich des Lagers nur Werfener Schichten ver- zeichnet, wie sie in den tieferen Horizonten anstehen. ?) Bei der Herbersteinrolle ist in Klüften ein wohl aus den Lagerschiefern stammender Anthrazitbeleg ausgeschieden. ®) Ob hier im Karbon auch mitgerissene Schmitzen von Werfener Schiefern vorkommen, konnte ich nicht entscheiden; nach den Verhältnissen beim Josefi- schacht im dritten Laufe wäre es möglich. 117 Geologie des Idrianer Quecksilberbergba ues. 349 Während im ersten Laufe und im Josefi-Antonistollen der Karbonschiefer ununterbrochen nach Norden bis zur unteren Grenze der Werfener Schichten des Cerin reicht, taucht bereits im I. Lauf eine zweite erzführende Kuppe des unter der Überschiebung be- grabenen Triaskörpers empor, so daß die Karbonzone nunmehr gespalten erscheint. Die zweite Triaskuppe besteht in ihrer Hauptmasse aus festen, lichten Dolomiten und Dolomitbreccien des Muschelkalkes, zeigt aber an ihrem Südrande, also am Kontakt gegen den zwischen ihr und der Lagerstättengruppe A eingeklemmten Karbonzug, eine schmale, meist 30—40° N fallende überkippte Zone von pyrit- und zinnober- imprägnierten, harten Wengener Sandsteinen. Wir sehen hier das keilförmig gegen oben ausspitzende Ende des Lagers B vor uns, welches sich in der Tiefe zu großer Bedeutung entwickelt. In der Örtsbild im zweiten Lauf, Nordwestgrube, östlich vom Leithner Gesenk, W = Werfener Schiefer am nördlichen Ulm. — D = Dolomit. — S —= „Stahl- erz“ (derbes Zinnober). Streckensohle östlich vom Barbaraschacht tauchen sogar in einigem Abstand von der Dolomitgrenze kuppenförmige Aufragungen dieses Sandsteinzuges empor; einzelne Fetzen sind von ihnen abgerissen und schwimmen im Karbonschiefer. Von großem Interesse war mir die Tatsache, daß der nördlich vom Lager 5 befindliche, an zahlreichen Stellen mit Zinnober ge- sprenkelte Dolomitkörper nicht einen geschlossenen Nordkontakt gegenüber dem aufgeschobenen Hauptzug des Karbons aufweist, sondern in der Gegend N und NW des Inzaghischachtes förmlich aufge- sehlitzt ist, so daB hier eine Zunge des Karbons gegen Osten eingreift, aber ungefähr 40—50 m NE vom Inzaghischacht als schmaler Streifen auskeilt. In der Regel ist diese Schieferzunge durch eine schmale Zone von mitgeschleppten, sandig-glimmerigen Werfener Schichten, welche ich 1905 bis in den IX. Horizont verfolgen konnte, von den nördlich und südlich anstehenden Dolomiten getrennt. Die Wurzel der Karbonzunge (etwa 150 m NW vom Inzaghischacht) ist 45* 350 Dr. Franz Kossmat. [12] förmlich muldenartig zwischen den beiderseitigen Werfener Schichten eingebettet und spitzt im nächsttieferen Horizont an der gleichen Stelle nahezu aus, während gegen Osten noch eine beträchtliche Verbreiterung stattfindet. Zertrümmerungszonen und Harnische sind im Dolomit häufig; oft ist das Gestein förmlich zu Grus zerrieben, dabei mit Zinnober bauwürdig imprägniert. Östlich vom Leithner Gesenk sah ich sogar das reiche „Stahlerz“ auf Spalten nahe dem Werfener Kontakt. Kleine Fetzen von pyritimprägnierten Sandsteinen, wohl die letzten Ausläufer der Lager © und D, lassen sich im Dolomit östlich des Inzaghischachtes konstatieren und treten noch am Allerheiligen- sesenk auf. III. Lauf. (Bei Inzaghi — 123°8 m in bezug auf die O-Linie, bei Josefi — 105 m.) Tal RR Iy Big. 1. Nordwestgrube. Die meisten Erscheinungen, welche im II. Lauf zu beobachten sind, kehren — oft mit noch größerer Klarheit — im III. Lauf wieder, welcher sich daher für eine geologische Charakteristik der höheren Grubenhorizonte besonders gut eignet. Uber den Lagerzug A und die ihn begleitenden Dolomite ist wenig Neues zu sagen. Die Lagerschiefer und Sandsteine mit ein- zelnen Konglomerateinschaltungen ziehen mit nordöstlichem Einfallen aus dem Theresiarevier bis in die Südostgrube S des Josefischachtes. In der Umgebung der „Turnischen Rolle“ ist zwischen dem II. und III. Lauf eine bekannte Pflanzenfundstelle vorhanden. Außerdem be- obachtete ich hier im Lager eine Einschaltung von feinkörnigen, srünen Wengener Tuffsandsteinen (Pietra verde), welche in der Nähe der scharfkantigen Oleavageflächen kaolinisch ausgebleicht sind. Sie zeigen im Schliff vor allem kleine Quarzsplitter, Plagioklasleistehen sowie einzelne Biotitschuppen und stimmen mit den Tuffen der Süd- ostgrube überein. Die nordöstlichfallenden, glimmerigen Werfener Schiefer des Liegenden sah ich nur an einer Stelle (Poschschlag). Von Interesse ist, daß nach einer von Kropa& in seinem Profil angege- benen neueren Verquerung des Südkontakts eine Einsackung des Vogelberg-Karbonschiefers noch in die Werfener Region des Il. und III. Laufes hinabreicht. Uber dem Lager A folgen die gegen Westen auch hier noch unter dem Karbonschiefer des mittleren Zuges auskeilenden Dolomit- brececien und Dolomite des Muschelkalkes, an deren Nordgrenze ich in der Hauptquerstrecke wieder einen kleinen, schon im II. Laufe erwähnten Schmitz von Schiefern und Sandsteinen fand. Sie enthalten hier Konglomeratbänkchen und sind als Wengener zu bezeichnen. Der in der Lagerstätte eingebettete Karbonschieferzug, welcher aus der Umgebung des Kreidekontakts über Theresiaschacht ununter- brochen zum Josefischacht durchstreicht und östlich des letzteren mit der Hauptzone am Nordkontakt verschmilzt, ist fast in allen Teilen seiner Erstreckung verquert. 13] Geologie des Idrianer Quecksilberbergbaues. 351 Die nördlich von ihm liegende zweite erzführende Kuppe zeigt in vieler Beziehung Ähnlichkeit mit den Verhältnissen am Lagerzuge 4. Die Lagerschiefer und Sandsteine (5) sind als kontinuierlicher Streifen entwickelt, welcher bereits ziemlich weit SE vom Allerheiligengesenk beginnt und hier am Kontakt mit dem Karbon durch reiche Zinnober- und sogar Quecksilberführung ausgezeichnet ist. Das Einfallen ist an- fünglich steil (bis über 60°) gegen SSW gerichtet; in der Hauptquer- strecke aber stellt sich zunächst am Karbonkontakt nordöstliches Verflächen der durch Konglomerateinschaltungen unterbrochenen sandig- schieferigen Zone ein. Dann schwillt der Zug beträchtlich an, zwei schmale, weiterhin miteinander vereinigte Streifen von Dolomitbrececie schalten sich in der Umgebung des Barbaraschachtes ein, wobei am Südrande eine schöne Aufschiebung sekundärer Natur zu beobachten ist. Der nördlichste Lagerstreifen könnte einem verschobenen Trum des Lagers © entsprechen, wenigstens scheinen mir die Profile durch Theresia- und Barbaraschacht darauf hinzuweisen. Nördlich vom Theresiaschacht ändern sich die Verhältnisse noch- mals. Der mittlere Karbonzug senkt sich hier aus dem First der Strecke flach auf die Wengener Sandsteine herab, es scheint unter ihm die Verschmelzung von Lager A und 5 zu erfolgen, die übrigens im VI. und VI Lauf zu beobachten ist. Die gegen NW getriebenen Strecken zeigen das Auskeilen des Lagers. Letzteres wird im Süden von einem schmalen Dolomiistreifen unterlagert, in Norden von der breiten Hauptzone der gleichen Gesteine scheinbar überlagert, gegen West vereinigen sich beide Züge und werden schließlich von Werfener Schiefern umgrenzt. Dabei sieht man am südlichen Dolomitkontakt kalkige obere Werfener Schiefer !) in nördlicher Richtung einfallen, während am Nordkontakt sehr schön entwickelte, sandig-glimmerige Schiefer dem Dolomit aufgeschoben sind. Am Ende der Nordwestschläge, wo die Werfener Schiefer in roten Letten umgewandelt waren, machte sich starker Wasserzudrang bemerkbar, welcher zu Verdämmungen mit Cuvelage nötigte. Der Kontakt mit der Kreide ist hier entweder schon erreicht oder min- destens sehr nahe; doch waren, als ich die Nordwestschläge besichtigte, die äußersten Aufschlüsse nicht mehr der Untersuchung "zugänglich. Sehr interessant sind die Verhältnisse an dem zwischen Franz- und Inzaghischacht von Westen her in die Lagerstättenregion ein- sreifenden Karbonzuge. In der Verbindungsstrecke zwischen Franz- und Theresiaschacht sieht man den schon erwähnten Dolomit, welcher die erzführende Wengener Zone begleitet und scheinbar überlagert, an einer teilweise zersplitterten Überschiebungskluft gegen Norden unter einen tektonischen Wechsel von stark zerdrückten schwarzen Karbonschiefern und grauen, sandig-glimmerigen Werfener Schiefern einfallen. Zwischen dieser Partie und dem Hauptzug des Karbons folgen dann nochmals in etwas breiterer Zone sehr stark glimmerige, graue Werfener Schiefer; ihr Nordkontakt fällt 10--20° N, !) Die von mir in meiner ersten Arbeit erwähnten grauen, von Kalzitadern durchzogenen Kalkbänke mit kleinen Crinoidenresten könnten vielleicht dem Grenz- niveau zwischen Werfener Mergelschiefern und Muschelkalk angehören. 352 Dr. Franz Kossmat. 114] Die zwischen den Werfener Schichten eingepreßten Karbonstreifen erweitern sich gegen Ost und bilden in der Umgebung des Drei- königschachtes einen breiten, erst mehr als 100 m weiter östlich auskeilenden Zug. Das allgemeine Einfallen ist NNE. Am Südrande schiebt sich zwischen Karbonschiefer und Dolomit ein ziemlich be- deutender Streifen von teilweise pyritischen Lagersandsteinen und Schiefern — das obere Ende des Lagers Ü — ein. Infolge der Schleppung an der Uberschiebung ist hier das Fallen meist nord- östlich, während in den tieferen Horizonten das gleiche Lager steil südfallend hinabsetzt. An der Nordseite ist die Karbonzunge auf lange Erstreckung von dem schon weiter westlich gequerten Zuge nordfallender, sandig- slimmeriger Werfener Schichten begrenzt, die ich erst nach wieder- holten Befahrungen gegen die in ihrem Hangenden befindlichen Schiefer und plattigen, schwarzen Sandsteine des Lagers abgrenzen konnte. In der vom Franzschacht nach Südost führenden Hauptstrecke treten diese Schichten direkt an den Nordkontakt der Gesamtlagerstätte heran und werden vom Karbonschiefer flach überschoben;; weiter östlich aber drängt sich zwischen beide Komplexe eine allmählich an Breite zunehmende Dolomitzone, welche schließlich. — nach dem Ausspitzen der Schieferzunge vom Dreikönigschacht — mit dem südlicheren Dolomitband zu einer einer einzigen großen Masse verschmilzt, in der nur noch einige Fetzen von Lagerschiefern vorkommen. An der östlichsten Ausrichtung entlang des Nordkontaktes der Nordwestgrube fand ich im Dolomit einzelne Schmitzen des benach- barten Karbons eingezwängt. Am östlichen Ende der Strecke zeigte sich ein heller quarzitischer Sandstein, der entweder dem Werfener oder dem Grödener Horizont angehört und jedenfalls an der Über- schiebung mitgerissen ist. Nördlich vom Josefischacht (Südostgrube) keilt im III. Lauf der ganze geschilderte Dolomitkörper aus, da sich der in der Lager- stätte eingebettete Karbonzug mit der Hauptzone vereinigt!). In der vom Josefischacht gegen die Nordwestgrube führenden Verbindungs- strecke sieht man die an einer Stelle mit Werfener Schiefern deutlich verkneteten Karbonschiefer zackig in den Dolomit eingreifen. Der Kontakt, welcher bei Josefi noch ziemlich flach NNW, also unter den Dolomit fällt, richtet sich hier auf und fällt ziemlich steil SSW, also ähnlich wie an der schon früher beschriebenen Strecke SE vom Aller- heiligengesenk, wo sich aber bereits das Lager D einzuschieben beginnt. Südostgrube. Hier handelt es sich vor allem um die für das Verständnis des sanzen Grubengebietes sehr wichtigen Aufschlüsse des schon sehr alten Ferdinandi-Hoffnungsschlages und des Zwischenlaufes III !/s, welche beide in praktischer Beziehung freilich enttäuscht hatten. Wie schon früher erwähnt, setzt das nordöstlich einfallende Lager A in die Südostgrube fort und ist noch am Beginn des sogenannten '!) Einige Meter unter dem III. Lauf tritt der Schacht übrigens schon in den Dolomit ein, [15] Geologie des Idrianer Quecksilberbergbaues. 353 Bräunerschlages (SW von Josefi) sehr schön aufgeschlossen. Eine kleine, fast senkrechte Blattverschiebung streicht hier gerade am Streckenkreuz durch und schleppt auf dem westlichen Flügel die Dolomitgrenze etwas weiter nach Süden !). Leider war mir der weiter nach SE führende, lange Bräuner- schlag nicht mehr zugänglich, doch. zeigen die im Einfallenden des Lagers befindlichen Aufschlüsse im Zwischenlauf (III!/;) das Durch- streichen der Lagersandsteine noch südlich vom BruSgesenk an. Auch für die unmittelbar nördlich vom Lager A befindliche Partie ist man auf das Profil im Zwischenlauf angewiesen. Es geht aus diesem hervor, daß sich südlich vom Brusgesenk eine Mulde von dunklen, etwas sandigen Cassianer Plattenkalken einstellt, auf deren Nordflügel SSW verflächende Lagersandsteine und Schiefer durchstreichen. Diese Schichten sind von sekundären Störungen zersplittert und durch einen Konglomeratsporn unterbrochen; das Liegende bildet die splitterige Dolomitbreccie des Muschelkalks. Die ganze Mulde steigt, wie aus ihrer Schichtanordnung hervorgeht, Jedenfalls in den Ill. Lauf empor und ist daher unter Berücksichtigung Cassianer Mulde im III!/, Lauf der Südostgrube, zwischen Bru$- und Mayergesenk. DBr —= Dolomitbrececie und Dolomit. — (gl = Konglomerate — Lsh = Lager- schiefer. — CK = Cassianer Kalk. der Neigungsverhältnisse auf der Horizentkarte ergänzt. Gegen Westen findet sie bald ihr Ende, da am VI. Gesenk S von Josefi die dem erzführenden Körper eingemuldeten Karbonschiefer des mittleren Zuges herübergreifen, worauf wenig weiter westlich bereits die überkippten Dolomitbreceien dem nordfallenden Lager A aufruhen. Am Nordflügel der Wengen-Oassianer Mulde der Südostgrube fallen die hellen, sehr festen Dolomite in den beiden Hauptquerungen der Ferdinandistrecke steil südlich. Zwischen sie und den an zwei Stellen (NW und E vom Höllengesenk) angefahrenen Karbonschiefern des hier steilen Nordkontakts schaltet sich eine Zone von vorwiegend SSW verflächenden, sehr typischen glimmerigen Werfener Schiefern mit eingelagerten flimmernden Dolomitbänken ein; in der Hauptstrecke führen sie zahlreiche Myacitensteinkerne. An der südlichen Grenze der Werfener Schiefer laufen lettige Dislokationsklüfte durch. Beim Brusgesenk ist der lichtgraue sandig-glimmerige Schiefer sogar in Form !) Wahrscheinlich steht diese Verschiebung ebenso wie das Eingreifen der Karbonzunge zwischen Josefischacht und Bruigesenk in Zusammenhang mit der aus den tieferen Horizonten bekannten O-Kluft. 354 Dr. Franz Kossmat. [16] einer kleinen Mulde mit scharfem Überschiebungskontakt auf dem hellen Dolomit !) sichtbar, es handelt sich also entschieden um eine am Karbonschiefer geschleppte und mit ihm aufgeschobene Zone, deren Spuren wir noch westlich von Josefi beobachten konnten. Nordwestlich vom Höllengesenk treten die nur in einem kleinen Rest sichtbaren Wengener Schichten und die Cassianer Kalke der Mulde direkt mit den genannten Werfener Schiefern in Kontakt; beide Schichtgruppen sind durch eine steile Kluft — wohl die Fortsetzung des Kluftsystems der beiden Südschläge — voneinander getrennt. Im steil SSW fallenden, zum Teil sogar senkrecht stehenden Cassianer Plattenkalk befinden sich etwas südlich der Hauptstrecke einige alte Abbaue von geringer Bedeutung. Der Werfener Schiefer begleitet den nördlichen Ulm noch ein Stück weit, dann tritt man ganz in den von einzelnen Gleitflächen durchzogenen Cassianer Kalk ein. Der Kalk reicht im Hoffnungsschlag bedeutend weiter nördlich als in der Umgebung des Bru$gesenkes; es muß zwischen ihm und dem noch in der zweiten Südquerung anstehenden steilen Dolomit eine Transversalverschiebung durchschneiden, da die beiden Schicht- komplexe direkt gegeneinander streichen. Die große Hauptüberschiebung am Nordrande des Triaskörpers der Grube ist auch im Ferdinandireviere deutlich, wenn man die Be- ziehung zum obertägigen Bau berücksichtigt. Sowohl ober dem Höllen- gesenk als auch am Ferdinandischacht stehen obertags die Werfener Schichten an. Es läuft zum Beispiel der Kontakt gegen die Cassianer Kalke im Einschnitt des Lubeucbaches zirka 200 m südlich der Pro- jektion des Höllengesenkes durch, während er rund 100 m tiefer, im III. Lauf, bereits 30-40 m nördlich von letzterem angetroffen wird. IV. Lauf. (Bei Inzaghi — 1467 m in bezug auf die O-Linie.) Nordwestgrube. Die Tektonik dieses nur in der Nordwestgrube aufgeschlossenen Horizonts hat sehr große Ähnlichkeit mit jener des Ill. Laufes und läßt sich unschwer an dem Plane des letzteren veranschaulichen. Sehr wichtig sind die Verhältnisse am Südkontakt, den ich knapp westlich der Linie des Inzaghiprofils studieren konnte. Der im „Hangen- den* von Konglomeraten begleitete und mit solchen auch wechsel- lagernde Zug A, welcher aus der Umgebung der Turnischen Rolle zum Franziscigesenk reicht, hier aber an einer lokalen Störung abstößt, wird in der vom Gesenk nach SW führenden Strecke durch einen Streifen sehr fester dunkler Dolomite von den schön gebankten Schiefern und grauen, kalzitgeäderten Kalken der oberen Werfener Schichten getrennt. Hat man die schmale Zone der letzteren gequert, so zeigt sich in ihrem scheinbaren Liegenden wieder ein ähnliches Bild: ein etwas über 10 m breiter Schmitz von Lagersandsteinen !) Letzterer zeigt hier, ähnlich wie in der weiteren streichenden Fortsetzung an der Herbersteinrolle der Nordwestgrube II. Lauf, dünne Anthrazitäderchen auf Klüften. 117] Geologie des Idrianer Quecksilberbergbaues. 355 wird im Süden von dunklen Dolomiten begrenzt, unter welchen 50° NNE fallende graue Mergelkalke der oberen Werfener Schichten aufgeschlossen sind. Es ist hier also das Lager durch eine streichende Störung förmlich gespalten. Nach dem Profil von Kropa& zu schließen, scheint die Ausrichtung unterdessen weitere Fortschritte gemacht zu haben, da er südlich vom Hauptlager A einen 50 m breiten Dolo- mitzug (wohl die Verlängerung des zuletzt genannten Streifens) und an dessen Südseite nochmals Lagerschiefer in Kontakt mit dem mächtigen Hauptkomplex der Werfener angibt. Den eingeschobenen Werfener Aufbruch zeichnet er aber erst unterhalb des V. Laufes ein. Am sogenannten VI. Lauf der Südostgrube, südwestlich vom Josefischacht (— 154 m in bezug auf die O-Linie, mithin rund nur 8 m tiefer als der IV. Lauf NW), beobachtet man ebenfalls einen am Südrand von Lagerschiefern begleiteten Dolomitstreifen, der nur durch ein zirka 30 m breites Werfener Band vom „Südkontakt“ des großen Dolomitkörpers getrennt ist (Fig. 3, Taf. XXVI). Er hat also eine analoge Stellung wie die erwähnte Zone der Nordwestgrube, bildet aber nicht ihre direkte Verlängerung, da zwischen beiden in sehr spitzem Winkel noch eine Zunge der Werfener Schiefer ein- greift. Es handelt sich um eine ähnliche Zerschlitzung wie am Nord- kontakt der Nordwestgrube. (Vergl. dazu die Karte des VII. Laufes, Tafel XXVI, Fig. 4.) Nördlich der Dolomite und Breccien über dem Lager A ist die Einsackung der aufgeschobenen, am Kontakt oft Queck- silber und Pyritknollen führenden Karbonschiefer noch immer mächtig entwickelt. Zwischen Franziscigesenk und Inzaghi- schacht sieht man an der Grenze des erwähnten Dolomits und des Karbons wieder eine schmale Partie von festen pyritgetränkten Sand- steinen auftauchen, von der auch losgerissene Fetzen im Karbon stecken. Ich halte diese Vorkommnisse, ebenso wie die aus den höheren Horizonten beschriebenen, für mitgeschleppte, wahrscheinlich von BD stammende Lagerpartien. Auch in der Strecke SW vom Theresia- schacht heben sich unter dem flachliegenden „Silberschiefer“ in der Streckensohle solche Lagersandsteinkuppen empor (vergl. pag. 349), in denen unterhalb des IV. Laufes sogar alte, jetzt versetzte Abbaue existierten. Das aus einem Wechsel von Schiefern, Sandsteinen und Dolo- mitkonglomeraten bestehende Lager 5b fällt im IV. Lauf in der Linie des Inzagbiprofils noch NE, am Allerheiligengesenk aber süd- westlich, also ganz ähnlich wie im III. Lauf. In der Umgebung des Barbaraschachtes ist es wieder durch einen Keil von Dolomitbreccien gespalten. Ein an der Südseite meist durch eine N fallende Längskluft begrenzter Dolomitstreifen trennt den Zug B von dem ihm parallelen Lager C, welches trotz lokaler Unregelmäßigkeiten ım ganzen südliches Einfallen besitzt. Es hat sich nun schon von der in die Lagerstätte eindringenden Aufschlitzung am Nordkontakt losgelöst und liegt mitten in Dolomitbreeceie. Die Aufschlitzung selbst zeigt, so weit ich bei meinen Be- gehungen feststellen konnte, hier nur einen schmalen Streifen der Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Band, 2. Heft. (Fr. Kossmat.) 46 356 Dr. Franz Kossmat. [18] sehr charakteristischen sandig-glimmerigen Werfener Schichten, welche ich mit nördlichem Einfallen vom 3. Großherzoggesenk rund 200 m weit nach ESE bis in die Nähe der Profillinie verfolgen konnte. Der zwischen ihr und dem Nordkontakt eingeschlossene Dolomit zeigt besonders gegen sein keilförmiges Ende reiche Erzführung. Das N fallende Lager D streicht nordöstlich vom Dreikönig- schacht (etwas E der Profillinie) sehr schön im Dolomit durch und Strecke zwischen Franeisci- und Kristallniggesenk, IV. Lauf. 1. Werfener Schiefer (S. vom Südkontakt). — 2. Dolomit. — 3. Lagerschiefer und Sandstein des Lagers A. — 4. Dolomitbreccie. — 5. Lagersandstein. — 6. Karbon- schiefer („Silberschiefer“). fließt im Zwischenlauf zwischen III und IV mit dem südfallenden © zusammen, wodurch sich der schon aus den älteren Profilen bekannte Sattel ergibt. Allerdings ist dieser nur scheinbar geschlossen, da die Fortsetzung der Aufbruchlinie zwischen beiden Asten trotzdem durch- schneidet. Nordwestschläge gegen den Kreidekontakt bestanden zur Zeit meiner Befahrungen noch nicht. V. Lauf. Dieser Grubenhorizont stimmt bis auf geringfügige Details mit IV überein, so daß eine Beschreibung überflüssig wäre. Für theoretisch wichtig halte ich nur die Feststellung der Kon- slomeratentwicklung auf der Nordseite des Lagers C, da sie den stratigraphischen Verband des letzteren mit dem regelmäßig in die Tiefe setzenden nördlichen Teil des Dolomitkomplexes andeutet. VI. Lauf. (Bei Inzaghi — 1762 m in bezug auf die O-Linie, bei Josefi — 1545 m.) Tat. AXVLı Pier». Nordwestgrube. Das Horizontbild ist dadurch interessant, daß in ihm die zwischen Lager A und 5 liegende Karboneinmuldung in der Lagerstätte nur mehr auf die Umgebung vom Barbaraschacht und Petrigesenk beschränkt ist ; im nächsttieferen Laufe ist sie bereits verschwunden. — Im übrigen stellt der VI. Lauf bezüglich seiner Konfiguration sehr schön die Ver- bindung zwischen dem IV. und dem VI. her; die Identifizierung der [19] Geologie des Idrianer Quecksilberbergbaues. 357 einzelnen Lagerschiefer und Sandsteinzüge macht nicht die geringsten Schwierigkeiten. Das über dem Werfener Kontakt folgende Lager A fällt wie immer nördlich und wird in der Umgebung von Theresia durch das Eingreifen vou Dolomit gespalten. Die Vereinigung von DB und C er- folgt nördlich dieses Schachtes, während gegen Osten alle drei Züge frei auslaufen. Eine unerwartete Erscheinung zeigt sich an der süd- lichen Grenze des Lagerzuges Ü zwischen dem Leithner- und Geisler- gesenk. Ich fand hier zwischen ihm und der Dolomitbreccie graue, sandig-glimmerige Schiefer, welche ich nach meinen Belegstücken ent- schieden für Werfener Schichten halte. Sie können vielleicht einen Rest vom ursprünglichen Liegenden der Lagergruppe B (Dolomit und Wengener Schichten zusammengefaßt) darstellen. Im Zusammenhang damit ist es wichtig, daß ich etwa 400 m weiter SE, genau in der streichenden Fortsetzung des erwähnten Zuges, noch südlich vom Josefischacht mitten im Dolomit einen 70° NNE fallenden Streifen sehr charakteristischer Werfener Schiefer eingeklemmt fand. Es scheint also hier eine ziemlich tiefgreifende Längszerreißung — wahrscheinlich ein Seitenstück zur Spaltung des Lagers A (vergl. pag. 355) mitten durch die Lagerstätte zu streichen. Die nun schon wiederholt beschriebene Zersplitterung am Nord- kontakt ist auch im VI. Lauf durch eine Zunge von grauen glimmerigen Schiefern und gelbbraunen Oolithkalken der Werfener Schichten gekenn- zeichnet, welche auf der Nordseite noch von einer schmalen Apophyse des Karbons begleitet sind. Sehr instruktive Aufschlüsse bietet der gegen Nordosten vor- setriebene Hoffnungsschlag. Die nordöstlich fallenden Karbonschiefer wurden hier verhältnismäßig bald, weniger als 100 mn hinter dem Nord- kontakt, durchbrochen und man trat in eine stark deformierte Ge- steinsgruppe ein, die Grenze selbst war zur Zeit meiner Befahrung (1905) wegen des sehr druckhaften Gesteins betoniert. Dahinter aber zeigten sich völlig zerdrückte, von zahllosen Gleitflächen durchzogene, taube Dolomite, welche erst in größerer Entfernung von der Grenzkluft Konsistenz gewinnen. Ihnen schließt sich im nordöstlichsten Teile der Strecke glimmeriger NE fallender Werfener Schiefer an. Ob der Dolomit als eine den Werfener Schichten subordinierte Partie auf- zufassen ist, wie man sie in der unteren Abteilung dieser Schicht- gruppe obertags allgemein verbreitet findet, oder ob es sich um Muschelkalk handelt, ist in diesem völlig zerdrückten Material schwer zu entscheiden. Ich "halte es nicht für unwahrscheinlich, daß man es hier ebenso wie im Florianistollen mit untertriadischen Schichten zu tun hat, da weiter östlich der Nordschlag des XI. Laufes in analoger Position permische Quarzsandsteine und sc hwarzen Kalk durchörterte. Übrigens ist das Lagerungsverhältnis der Öerinscholle (vergl. Profil 1) gegenüber dem Karbon ein solches, daß auch die Existenz eines abgerissenen Stückes jüngerer Schichten im Untergrunde nichts Auffallendes wäre. Die südöstliche Grubenabteilung des VI. Laufes soll zusammen mit dem VI. beschrieben werden, da sie eine unentbehrliche Er- sänzung für diesen abgibt. Auf eine wichtige Erscheinung in dieser Region wurde bereits bei der Beschreibung des IV. Laufes hingewiesen. 46* 358 Dr. Franz Kossmat. [20] VII. Lauf. (Bei Inzaghi — 195'8 m in bezug auf die O-Linie, bei Josefi — 189'3 m.) Taf. XXVI, Fig. 4. Für die Entwirrung der tektonischen Verhältnisse des Idrianer Bergbaues sind die Aufschlüsse dieses Horizontes deshalb von beson- derer Wichtigkeit, weil sie auch die zwischen der Hauptregion des Erzvorkommens und der Grenzüberschiebung gegen die Kreide liegenden Zonen in zahlreichen Querschlägen zeigen. 1. Der erzführende Körper der Nordwestgrube. Ich beginne auch hier wieder mit dem Südkontakt. Über den leicht kenntlichen Werfener Schiefern, welche an zahlreichen Stellen bloßgelegt sind, liegt in der Profillinie sofort das Lager A. Es ver- schmälert sich gegen Osten rasch, so daß zweifellos hier ebenso wie im VI. Lauf bald die hangende Dolomitbreeccie an den Werfener Schiefer herantritt. Gegen Nordwesten aber zieht sich das Lager vom Südkontakt ab. Es schiebt sich in seinem Liegenden, schon etwa 30 m vom Gersdorfschlag, ein ganz schmaler Keil von stark zertrümmertem Dolomit ein, der gegen den Barbaraschacht rasch an Breite zunimmt und sich im nordwestlichen Teil des Grubengebietes jedenfalls mit dem jenseits des Lagers C liegenden Teil des Dolomitkomplexes vereinigt. Die im Hangenden von A befindliche Dolomit- brecciehebtsich nach Ost gegen den Werfener Kontakt, nach West gegen die Vereinigungsstelle der Lager A und D muldenförmig heraus, so daß man aus der Umgebung des Inzaghischachtes bis nahe an Barbara nur durch die in bedeutender Ausdehnung bauwürdigen schwarzen Wengener Sandsteine und Schiefer seht. Es ist dies ein Grund mehr, die im IV. Lauf unter dem Silber- schiefer aus der Sohle aufsteigenden Lagersandsteine für Teile dieser Verbindung zu halten. Das von DB wieder durch Dolomitbreccie getrennte Lager € scheint gegen NW gleichfalls mit den beiden anderen zusammenzu- fließen. In der Umgebung des Schlückgesenkes tritt eine aus dem VI. Lauf herabsetzende Dolomitpartie — wohl der äußerste Ausläufer der zu B gehörigen Zone — auf, und an ihrer westlichen Peripherie folgt eine alte Strecke mit bogenförmiger Krümmung dem Lager A so weit, daß ihr Ende im Streichen des bereits 60 m weiter östlich durchquerten Lagers € liegt. In der Inzaghi-Hauptstrecke gegen den Nordkontakt beobachtet man unter dem Lager © 40° SW fallende Dolomitbreeceien und Dolomite von großer Mächtigkeit. Noch immer ist die eigentümliche Aufschlitzung des Nordkontakts zu beobachten, denn es greift W des Sebastiani- Schüttels in Kontakt mit Dolomitkonglomerat ein Aufbruch von Werfener Schichten herein; sogar einen schmalen Schmitz von Karbonschiefer konnte ich feststellen. Queren wir nun die nördliche Grenzzone des Dolomits, welche am ÜUberschiebungskontakt des karbonischen Hauptzuges von sehr interessanten Gleitflächen durchschnitten wird, so treffen wir mitten [21] Geologie des Idrianer Quecksilberbergbaues. 359 in ihm eingeschlossen den schmalen Lagerschieferstreifen D, der sich gegen Osten spaltet und jedenfalls bald verloren geht. Den jenseits des Nordkontakts liegenden, von Werfener Schiefern begleiteten Dolomitkeil des VI. Laufes habe ich unter Berücksichtigung seines Einfallens in diese Horizontkarte übernommen, wozu man bei dem geringen Vertikalabstand von 20 m zweifellos berechtigt ist. Sehr monoton ist der gegen Josefi streichende Teil des Trias- körpers. Die zersplitterten Lagerzüge und mit ihnen auch die FErze sind verloren gegangen, der Dolomit steht in der Umgebung von Josefi sehr steil, wobei er näher dem Südkontakt meist etwa 800 SSW, näher dem Nordkontakt NNE fällt und in der Zwischenregion oft vertikale Stellung zeigt. Den im Vl. Lauf erwähnten Schmitz von Werfener Schiefer (30 m S von Josefi) habe ich zwar nicht gesehen, er dürfte aber durchstreichen, da ich an einer weiter westlich liegenden Querung in entsprechender Position — nämlich in der idealen Ver- längerung des Lagers € — dünne Schiefergänge im Dolomit be- obachtete. 2. Die Lagerungsverhältnisse in den Liegendschlägen und in der Südostgrube. Im Bereiche der Nordwestgrube gilt seit jeher die Störung zwischen der Lagerzone A und den Werfener Schiefern als Grenze der Haupterzführung und wurde daher als Südkontakt bezeichnet. Nur wenige Schläge verquerten in früherer Zeit diese auch tektonisch wichtige Scheidelinie. Am weitesten ist die Untersuchung des Liegenden im Gers- dorfschlage gediehen, in welchem ich 1899, bald nach Abschluß meiner Arbeit, die unterdessen angefahrenen Kreidekalke feststellen konnte. Der Gersdorfschlag tritt aus dem Lager A in Mergelkalke und Schiefer der oberen Werfener Schichten ein und durchfährt bald darauf eine etwa 60° NNE fallende, von zahllosen Gleitflächen durch- zogene Dolomitpartie, welche ich früher für eine Einschaltung hielt. Sie ist aber nach den südlichen Aufschlüssen im IV. Lauf wohl zum Muschelkalk zu rechnen und wurde daher von Herrn Kropa& in seinem Profil als solcher eingetragen. Südlich von ihm folgen wieder plattige, glimmerige, zum Teil kalkhaltige Schiefer (obere Werfener), zuerst 450, dann flacher NE fallend. In ihnen treten etwas weiter im Liegenden zuckerige Dolomitbänke auf, die zum Teil Glimmer- belag aui den Schichtflächen zeigen und nach meiner Ansicht normale Einschaltungen darstellen, welche man in diesem Teile des Profils schon erwarten muß. Dann heben sich an der zum Liegendgesenk führenden Strecke unter zinnoberimprägnierten Werfener Schichten die typischen schwarzen, quecksilberführenden Karbonschiefer in 25 m breiter Zone heraus und grenzen mit unregelmäßigem Dislokationskontakt an eine ziemlich mächtige Partie splitteriger, teilweise gut abbauwürdiger Dolomite, in welchen ich an einer gegen Westen getriebenen Abbau- 360 Dr. Franz Kossmat. [22] straße eingekeilte dünne Schmitzen von fein- und grobkörnigem echtem Lagersandstein fand, wodurch eine deutliche Beziehung zu der im Südwestschlage der Josefigrube vor Ort angefahrenen Dolomitpartie hergestellt wird. Gegen Westen endet der Dolomit mit zackigen Konturen, worauf sich stark zerdrückte Schiefer, allem Anschein nach Werfener Schichten, herausheben. Auch südlich vom Dolomit erscheinen ähnliche, meist zu einem bunten Letten aufgeweichte Schiefer und sind am süd- lichen Stollenort direkt den hellen, klüftigen Kreidekalken aufgeschoben. Nahe der Grenze sitzt Wasser zu. Nahezu 200 »m östlich vom Gersdorfschlag besteht eine kürzere Südweststrecke, der Helmreichenschlag. Es beginnt in 30—40° NE fallenden Werfener Schiefern, welche auch in der Grundstrecke bis nahe an Josefi mit ähnlicher, nur zum Teil steilerer Schichtung anstehen !. Etwa 90 m S der Abzweigung quert der Schlag eine nordöstlich fallende Kluft und tritt in Dolomit des Muschelkalkes ein, welcher wohl der ersten Dolomitpartie des Gersdorfschlages entspricht. Weit instruktiver ist der noch weiter östlich getriebene Lamberg- schlag. Auch er beginnt in den Werfener Schiefern, erreicht aber in geringer Entfernung von der Grundstrecke bereits einen weiter westlich nicht mehr konstatierten Dolomit, welcher mit einer 0° NNE fallenden Dislokation an grünliche SSW geneigte Wengener Sandsteine vom Charakter der tuffogenen Bänke stößt. Auch im VI. Lauf ist das gleiche Profil zu beobachten, nur ist dort auch dunkler Lagerschiefer mit „Korallenerz“, nämlich bituminöser Sandstein mit Discina-Schalen, im Wengener Niveau eingeschaltet, wodurch die fazielle Verknüpfung mit den Lagerschichten der Nordwestgrube einwandfrei hergestellt ist. An einer steilen, quer durch die Strecke streichenden Störung schneiden die Wengener Schichten ab und man tritt in die glimmerigen Werfener ein. Zeichnet man den Verlauf der mit den drei genannten Schlägen gequerten Gesteinszüge in den Grubenplan ein, so sieht man, daß es sich um drei hintereinanderliegende Streifen von Dolomit (zum Teil mit Wengener Schichten) handelt, welche durch fingerartig ein- greifende Werfener Züge gespalten sind und gegen NW auskeilen. Noch besser ergänzt sich dieses Bild, wenn man auch den ziemlich langen Südwestschlag des Josefirevieres heranzieht. Derselbe beginnt im Dolomit, quert dann in der Umgebung des V. Gesenkes die schön entwickelten, vorwiegend SW fallenden kieseligen Wengener Tuffe (Zone des Lambergschlages) und tritt dann nach Passieren einer Kluft in den NE verflächenden zweiten Zug von sandigglimmerigen, zum Teil auch kalkigen Werfener Schichten ein. Letzterer ist etwa 30 oder 40 »m breit und überschiebt auf der Südseite steil eine sehr mächtige Dolomitzone, welche beim VII. Gesenk eine schmale Ein- klemmung von schwarzen Lagerschiefern mit einzelnen napfförmigen Schalenresten („Korallenerz“) einschließt. !) An einer Stelle fand ich hier Myaeciten und Pecten discites in kalkigen Lumachellen. [23] Geologie des Idrianer Quecksilberbergbaues, 361 Es folgt dann noch eine flach NE fallende Zone bunter Werfener Schiefer, welche am südlichen Streekenort mit einer steil N fallenden Kluft wieder an Dolomit grenzen. Ein schmaler Gang von Wengener Lagerschiefer ist an der Grenze eingekeilt. Kombiniert man dazu noch den weiter östlich, aber im XI. Lauf getriebenen Cerinschlag unter entsprechender Berücksichtigung der Neigungswinkel, so ergibt sich, daß in dem zuletzt erwähnten Wer- fener Zug weiterhin bald der Karbonschiefer auftaucht, womit die Ver- hältnisse an seiner Südgrenze jenen im Gersdorfschlag analog werden. Zwischen dem Lamberg- und dem eben beschriebenen Josefi- Liegendschlag läuft eine sehr interessante, WSW streichende, etwa 40° 8 fallende Transversalverschiebung, die „O-Kluft“, durch, auf deren Westflügel sämtliche Gesteinszüge etwas weiter nach Süden geschleppt sind, was besonders beim Verfolgen der Wengener Schichten und ihres Kontakts mit den sie einschließenden Gesteinszügen klar wird. Die O-Kluft ist in beträchtlicher Ausdehnung von reicher Zinnober- imprägnation der Dolomite begleitet und daher im allgemeinen gut ausgerichtet. Hat man einmal die Natur der O-Kluft erkannt, dann fällt es nicht schwer, die östliche Fortsetzung der verschiedenen Züge aus- findig zu machen. Die Werfener Zone, welche in der Inzaghigrube den Südkontakt begleitet, schneidet wie alle anderen an der O-Kluft ab; sie muß sich jenseits derselben etwas weiter nördlich fortsetzen, nur ist sie im VII. Lauf nicht weiter verfolgt. Wohl aber läßt sich ihr Verhalten im VI. Laufe studieren. Zunächst kann man auch dort die SW fallenden Tuffe sehr schön in weiter Erstreckung feststellen }). Sie sind jenseits der O-Kluft noch von einer zweiten kleineren Trans- versalverschiebung durchschnitten, jedoch nicht so weit, daß der Zusammenhang aufgehoben wäre. An einer fast vertikalen, sowohl im VI. als auch im VII. Lauf durch Erzführung ausgezeichneten Kluft grenzt auf der Nordseite der steil stehende Dolomit an, welcher wieder an einer streichenden Verwerfung von einer etwa 30 m breiten Werfener Schieferzone begleitet ist. Da die zweite Transversalstörung die Ver- schiebung an der O-Kluft teilweise aufhebt, indem ihr Ostflügel etwas vach Süd rückt, kommen die drei erwähnten Gesteinszonen wieder nahezu in die streichende Fortsetzung der westlichsten Aufschlüsse. Es setzt sich also die den Südkontakt der Inzaghi- gerube begleitende Schieferzone jenseits der, Ver- schiebung an der O-Kluft in die südöstlichen Gruben- teile fort. Nur in der Schichtstellung macht sich eine gewisse Veränderung bemerkbar, da die Werfener Schichten im westlichen Abschnitte vorwiegend nach NE, im jenseitigen Stücke aber gegen SW geneigt sind. Eine meist 60—90° NNE fallende Längsverwerfung bildet als Fortsetzung des „Südkontakts“ auch im südöstlichen Teil des VI. Laufes die Grenze des Schiefers gegen eine im Norden liegende Dolomit- !) Zwischen ihnen und den kalkigen Werfener Schiefern des südlichen Zuges konnte ich SW vom Brufgesenk, in der IV. Etage bei der Bräuner Rolle noch eine Dolomitpartie, vielleicht eine Andeutung des zerbrochenen Südflügels beobachten. 362 Dr. Franz Kossmat. [24] masse (Fallen 40 - 50°SW), welche demnach die tektonische Stellung des erzführenden Körpers der Nordwestgrube einnimmt. Am Höllen- gesenk ist in ihr ein zweiter SW fallender Werfener Aufbruch !) vor- handen, vielleicht eine Fortsetzung des schmalen Schmitzes zwischen Josefischacht und Südkontakt. Analoge Verhältnisse wie am VI. zeigen sicb noch am XI. Laufe, nur ist dort der Werfener Hauptzug entsprechend seiner Lagerung bereits wesentlich breiter, die Wengener Zone hingegen verschwunden. Verbindet man die Aufschlüsse vom VI. und XI. Lauf, so läßt sich die Situation im östlichen Teile des VII. Laufes ungezwungen konstruieren, besonders da die leitende Wengener Zone ohnehin ausgerichtet ist. Noch sind einige Worte zu sagen über die wahrscheinliche Be- schaffenheit des Nordkontakts in der Umgebung des Höllengesenkes. Im IX. Laufe ist an zwei Stellen NW vom Höllengesenke die 70° NNE fallende UÜberschiebungsfläche zwischen dem Dolomit und dem Karbon aufgeschlossen (vergl. Fig. 5, pag. 365). Die O-Kluft kommt hier nahe an sie heran, nur läßt sich nicht konstatieren, ob sie auch eine Verschiebung dieser nördlichen Lagerstättengrenze hervorruft. Die Projektion beider tektonischer Linien (Nordkontakt und O- Kluft) auf den VII. Horizont fällt genau an Stellen, wohin auch die streichende Verlängerung der westlicher gelegenen Aufschlüsse des letzteren führen würde, was also vollkommen genügende Sicherheit bietet. Faßt man alles zusammen, so ergibt sich, daß die im VII. Lauf zwischen dem Nordkontakt und der Grenzüberschiebung gegen die Kreide aufgeschlossene Triasregion durch zahlreiche streichende Klüfte in förmliche Streifen zerlegt ist. Der sogenannte Südkontakt der Nordwestgrube ist nur eine dieser zahlreichen Parallelstörungen und setzt der Erzführung weder in der Nordwest- noch in der Süd- ostgerube eine absolute Grenze. In letzterer sind sogar die wichtigsten Abbaue der unteren Horizonte, nämlich jene an den sogenannten „Steilen Blättern“ und teil weise auch an der O-Kluft, südlich der Fortsetzung des '„Südkontakts* gelegen. Die Tatsache, daß-gıe O-Kluftdie streichenden Klüfte nur verschiebt, scheint mir von praktischer Bedeutung, denn sie eröffnet die Aussicht, auch auf ihrem Westflügel noch eine dem System der Steilen Blätter zugehörige Erzimpräg- nation anzutreffen. VIII. Lauf. Nordwestgrube. Obwohl dieser Horizont den ohnehin aur 28 m betragenden Ab- stand zwischen dem VII. und IX. Lauf ungefähr halbiert, bietet er doch viel Interessantes, da sich in ihm noch zum letztenmal die Lager- schichten in mächtiger Entwicklung zeigen, während sie im IX. Lauf !) Auch am IX. und XI. Lauf vorhanden. [25] Geologie des Idrianer Quecksilberbergbaues. 363 auf einen einzigen Hauptzug beschränkt sind. Die in den alten Plänen eingezeichneten Strecken sind im allgemeinen nicht mehr fahrbar, doch konnte ich dafür eine Querstrecke Jüngeren Datums untersuchen, welche kaum 30 m östlich der gewählten Profillinie liegt und daher für diese sehr wichtig ist. Die nachstehenden Angaben können mit Hilfe des Profils 1 auf Tafel XXVII leicht lokalisiert werden. Der Südkontakt liegt hier äußerst flach und beschreibt mehrere Wellen, so daß in der Strecke S vom Inzaghischacht dreimal der nord- fallende glimmerige Werfener Schiefer unter dem dunklen, zertrüm- merten Dolomit auf der Unterseite des Lagers A emportaucht. Erst am Inzaghischacht tritt man in einen gut ausgesprochenen sandigen Lagerzug ein, dessen südlicher Teil 40° NNE geneigt ist, während die nördliche Grenzkluft — gegen die am Gersdorfgesenk aufgeschlossene Dolomitbreecie — 60° SSW fällt. Wie ein Vergleich mit dem Plan des VII. Laufes zeigt, befindet man sich hier unter der Scharung der Lager B und C. Eine etwas nördlicher liegende Partie gebänderter Wengener Sandsteine dürfte nur einer kleinen Ausstülpung von C entsprechen. In der weiteren Fortsetzung des Profils taucht im Dolomit uner- wartet eine steil SSW fallende schmale Zone glimmeriger Werfener Schiefer auf, welche zweifellos in die tieferen Horizonte hinabsetzt. Über ihre Schichtköpfe hinweg greift an einer 40° N fallenden Über- schiebung die nördliche Dolomitpartie. Die meist sehr schön aus- gesprochene Schichtstellung der letzteren wird bald nahezu senkrecht. Es folgt, etwas südlich vom IV. Gesenk, noch eine etwa 2 m breite Kluft mit. einem auch im IX. Lauf aufgeschlossenen, nur 1, m breiten Lagerschieferkeil. Zwischen ihr und dem Nordkontakt ver- flächen die Dolomite 70° SSW, an sie schließen sich noch konglo- meratische Partien, wie sie im allgemeinen die Nähe der Wengener Schiefer anzeigen; alles deutet auf eine gewisse Beziehung zum Lager D hin. Sehr schön ist dann der aus glimmerigen Werfener Schiefern und den sehr bezeichnenden Oolithkalken bestehende Aufbruch ent- wickelt. Der eigentliche Nordkontakt liegt erst bei den Karoli-Ab- bauen, wo ganz zertrümmerte, von Pyrit und Zinnober durchtränkte Dolomitpartien mit dem aufgeschobenen Karbonschiefer förmlich ver- zahnt sind. IX. Lauf. (Bei Inzaghi — 223 m in bezug auf die O-Linie, bei Josefi — 2204 m.) 1. Nordwestgrube. Der Südkontakt ist ganz nahe an den Inzaghischacht gerückt und setzt nun steil S fallend, also mit ganz geänderter Neigung in die Tiefe. Von den Hauptlagerzügen bleibt nur mehr ein einziger Streifen übrig, der über Inzaghi nach WNW streicht. Die Dolomite sind nun das fast ausschließlich herrschende Ge- stein des hier allerdings sehr armen Erzkörpers. In steiler Stellung, mit geringen Ausnahmen SSW fallend, ziehen sie ununterbrochen in die Josefigrube. Eine steil in gleicher Richtung einschießende Kluft Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Band, 2. Heft. (Fr. Kossmat.) 47 364 Dr. Franz Kossmat. [26] ist ungefähr in der Mitte zwischen Inzaghischacht und Nordkontakt durch einen schon im VIII. Lauf konstatierbaren Schmitz von schwarzem Lagerschiefer angedeutet (IV. Gesenk). Sehr schöne Erscheinungen zeigen die erst relativ spät einge- richteten „Karoliabbaue“ in dem schon aus den oberen Horizonten Nordkontakt bei den Karoliabbauen im IX. Lauf; wenig östlich der Profillinie a—a,. Länge etwas über 20 m. 1 Dolomit. — 2 Abgerissene Dolomitpartien im Karbonschiefer. — 2a Zerriebenes Schiefermaterial mit zahlreichen Zinnober führenden Pyritkonkretionen und Dolomit- brocken. — 3 Karbonschiefer. als erzreich bekannten Dolomitsporn an der Zerschlitzung des Nord- kontakts. Ich kenne keine Stelle in der Grube, welche die Zer- trümmerungen an der Überschiebungsfläche und die tektonische Ver- mengung von Dolomit und Karbonschiefer so prachtvoll zeigen würde wie diese knapp östlich der gewählten Profillinie liegende Region. 2, Der südliche und südöstliche Grubenabschnitt Der zur Zeit meiner Untersuchungen nicht zugängliche Stadler Liegendschlag südlich vom Inzaghischacht hat nach den älteren Daten Werfener Schiefer (nach Kropa& mit Dolomitpartien), hierauf karboni- schen Silberschiefer durchörtert und in neuerer Zeit die Kreide er- reicht; er zeigt also im wesentlichen das gleiche wie der Gersdorfschlag im VI. Lauf. Angeblich wurde auch schon in alter Zeit in der von mir nicht gesehenen Sohle des Theresiaschachtes „9 Klafter“ unter dem IX. Lauf ein „Liegend“-Kalk (Kreide) erreicht, was sehr gut mit den übrigen Verhältnissen der Grube stimmen würde. Die Werfener Schiefer im Süden des großen Dolomitkörpers fallen bis zur O-Kluft NNE, auch die Grenzstörung selbst („Südkontakt“) verflächt in der Gegend S von Josefi sehr steil in gleicher Richtung. Die zwischen ihr und dem Schacht aufgeschlossenen Dolomite stehen saiger oder fallen 80° SSW und führen einen förmlichen Lagergang von vertikal stehendem Werfener Schiefer, den ich mit der am VI. Lauf gesehenen Zone in Verbindung bringe. Ein fast ostwestlich streichender Verwerfer, die zirka 40° N fallende „Josefikluft“, welche im XI. Horizont auf lange Erstreckung von bauwürdigen Imprägnationen begleitet ist, durchsetzt die Schichten. Die meist mit zerquetschten Werfener Schiefern ausgefüllte O-Kluft ist am IX. Lauf wegen der an sie gebundenen Erzführung gut ausgerichtet und bis zum Nordkontakt bekannt, wo zwischen ihr und [27] Geologie des Idrianer Quecksilberbergbaues. 365 dem mit 70° Fallen aufgeschobenen Karbonschiefer ein zu förmlichem Mörtel verarbeiteter Dolomitkeil ausspitzt. Am Östflügel der Transversalstörung ist nahe dem Mayergesenk noch ein kleiner Lappen der Wengener Tuffsandsteine im Dolomit eingebettet. Südlich von ihm streicht das berühmte 1. steile Blatt durch, eine steil NNE fallende, durch einen dünnen Werfener Streifen markierte Kluft, welche wegen der beiderseits, besonders aber im Liegenden entwickelten reichen Erzführung der Dolomite auf eine Länge von mehr als 300 m nach ESE über das IV. Gesenk hinaus JostHi UP. Jost tHESchudtb Layer Gesamte IR AIER RR FIN £. ne Metacinmabaril“ BZ 7 Geologischer Plan des IX. Laufes der Südostgrube. 1:5760. Diehtschraffiert: Karbon. — Gestrichelt: Werfener Schiefer. — Weiß: Dolomit. Punktiert: Wengener Schichten. verfolgt ist. Selbstverständlich ist nicht diese ganze Erstreckung bau- würdig. In ihrem östlichen Teil ist noch ein schmaler Schmitz von Lagerschiefer eingeklemmt. Rund 30—50 m südlich dieser Störung schneidet durch den Dolomit wieder eine erzbringende Längskluft, das hier steil SSW einschießende asteile blatt“ durch Auch hier sind Fetzen von Lagerschiefer eingeklemmt, in welchen mir von Herrn Tschemernigg sogar das charakteristische „Korallen- erz“ (Discina-Sandstein) gezeigt wurde. Dunkler Kalk und etwas glimmeriger Schiefer ist als südliche Scheide der imprägnierten Zone im Kontakt mit Dolomit angefahren, war aber zur Zeit meines Be- suches nicht durchbrochen. Diese südlichsten Abbaustellen der Grube kommen bereits in den Untergrund der Cassianer Kalke des unteren 47* 366 Dr. Franz Kossmat. [28] Lubeuctales zu liegen, was für die Auffassung der Tektonik wich- tewist: Der im VI. und XI. Lauf durchquerte Hauptzug der Werfener nördich des 1. Blattes war im IX. Laufe nur am Hangenden der O-Kluft berührt, aber nicht weiter aufgeschlossen; hingegen sah ich den unter starken Detailstörungen den Dolomit durchsetzenden Werfener Aufbruch am Höllengesenk (vergl. auch VI. und XI. Lauf). X. Lauf. (Bei Josefi — 241'9 m in bezug auf die O-Linie.) Dieser relativ wenig ausgerichtete Horizont bietet in tektonischer Beziehung nicht viel Neues. In der Nordwestgrube sind nur ent- lang des Nordkontakts Strecken im steil südsüdwest fallenden, von Karbonschieferschmitzen durchsetzten Dolomit getrieben. Der Franz- schacht tritt hier in die Überschiebungszone ein, da am Füllorte zer- drückte Dolomite und Reibungsbreceien aufgeschlossen sind. In der Südostgrube sind von Interesse die schmalen Streifen von Werfener Schiefer, welche südlich vom Josefischacht in steil stehendem, hier meist gegen NNE einschießenden Dolomit aufsetzen. Sie sind in ihrer Erscheinung ähnlich den ihnen paralleien Schieferzügen, welche östlich der O-Kluft am 1. und 2. Blatt auftreten und dort von Erzführung im angrenzenden hellen Dolomit des Muschelkalkes begleitet werden. XI. Lauf. (Bei Inzaghi — 2716 m in bezug auf die O-Linie, bei Josefi — 2728 m.) Nordwest- und Südostgrube. Der Südkontakt scheint hier nicht weit südlich von Inzaghi zu laufen, da mir 30 m W vom Schacht ein Verbruch die Begehung der gegen Theresia getriebenen Strecke verwehrte. Gegen Norden herrscht Dolomit, doch dürfte der im VIII. Lauf gesehene Werfener Zug vorhanden sein. Beim Dreikönigschacht sah ich im dunklen Dolomit einen anderen Schieferschmitz, dessen Natur nicht sicher festzustellen war. Zwischen ihm und dem Nordkontakt ist eine bauwürdige Imprägnationszone im steil SSW fallenden Dolomit vorhanden und zieht sich in der Richtung gegen den wieder knapp jenseits des Nordkontaktes, im Karbonschiefer gelegenen Franzschacht. Geht man vom Inzaghischacht durch den langen Lipoldschlag gegen den Josefischacht, so sieht man nur 79— 80° NE fallende Dolomite. Etwa 40 m N vom letztgenannten Schacht werden diese von der schon genannten, N verflächenden Josefikluft gekreuzt und zeigen jen- seits derselben allgemein steiles SSW-Fallen. Verfolgt man hingegen den auf mehr als 300 m Distanz vom Josefischacht vorgetriebenen Nordostschlag, so beobachtet man in den steil NNE fallenden Dolomiten einen schmalen, von etwas Zinn- oberführung begleiteten Werfener Zug. Der steil einfallende Nordkontakt wurde etwa 160 m NE von Josefi getroffen, dann der stark zerdrückte Karbonschiefer in einer Breite von weniger als 50 m gleichfalls durchörtert und bald darauf [29] Geologie des Idrianer Quecksilberbergbaues. 367 eine breite Zone von permischen weißen oder roten Quar- ziten und bunten Schiefern nachgewiesen t). Ihr Einfallen ist NNE; im nördlichen Teile der Zone konnte ich eine Neigung von 70% beobachten. Mit einem steil SSE fallenden Kontakt folgt dann der zweite, gleichfalls N geneigte Karbonstreifen, welcher dem Aufbruch auf der rechten Seite des Lubeuctales entspricht und wie dieser direkt von der permischen und untertriadischen Basis des plateauförmigen, einfachgebauten Jelicden vrh überlagert werden dürfte. Die O-Kluft ist auch im XI. Lauf bekannt, aber kaum ausge- richtet. Hingegen ist nun der östlich von ihr liegende Werfener Zug — nach meiner Überzeugung einfach die Fortsetzung der den Süd- kontakt der Nordwestgrube begleitenden Zone — in einer Breite von rund 100 m durchquert. Seine Südgrenze wird hier durch eine steil NNE fallende erzführende Kluft gebildet, welche sich in den höheren Horizonten von der Werfener Grenze abzieht. Die Schiefer fallen zuerst noch NNE, dann aber streicht ein der Josefikluft paralleler Verwurf durch, auf dessen Nordseite die Schichtung mäßig steil, meist zirka 509, SSW geneigt ist. Die Norderenze der Werfener Zone wird wieder von einer steilen Lettenkluft (SSW fallend) gebildet und dann folgt massiger heller Dolomit, der in der Nähe des Höllengesenkes von dem schon wieder- holt genannten, durch zwei steile Verwürfe begrenzten Werfener Auf- bruch durchschnitten wird. Das Höllengesenk liegt in letzterem selbst. Wichtig für die Profildarstellung ist der Cerinschlag, dessen Lage auf Taf. XXVI, Fig. 4, eingetragen ist. Er durchquert zunächst den zwischen der Werfener Hauptzone und dem zweiten steilen Blatt eingeschlossenen Dolomit, welchen die westliche Fortsetzung der schon in ersterer erwähnten Dislokation durchschneidet. Herr Verwalter Tscehemernigg, der mich auf diesen Verwerfer aufmerksam machte, konnte feststellen, daß die Erzführung entlang der Schiefergrenze von Westen her, jene des zweiten Blattes von Osten her an ihn heran- kommt und abschneidet. Das erste steile Blatt des IX. und X. Laufes scheint mir nur durch eine schmale Erzkluft im Dolomit zwischen den beiden genannten Hauptlinien repräsentiert zu sein. Der gegen 18 m breite Werfener Aufbruch am zweiten steilen Blatt fällt SSW und wird im weiteren Verlauf des Cerinschlages von NNE fallenden Dolomiten begrenzt, nach deren Durchörterung zunächst ein Rest von Werfener und dann eine etwa 40 m breite Zone typischer Karbontonschiefer angetroffen wurde. Sie schieben !) Bei meiner ersten Befahrung des NE-Schlages am 11. August 1900 sammelte ich zirka 270 m NE vom Schacht ein Probestück, welches innige Ver- knetung von schwarzem und rotem (Werfener ?) Schiefer zeigt. In der Nähe dieser am Südrande der Grödener Zoue gelegenen, jetzt betonierten Stelle zeigte sich etwas schwarzer Kalk, dessen mikroskopische Untersuchung das Vorhandensein zahlreicher kleiner Diploporen ergab. Da ganz gleiche Algenreste in diesen Ge- genden bezeichnend für den oberpermischen Bellerophonkalk sind (Jahrb. d. k.k. geol. R.-A. 1910, pag. 282), weisen demnach Lagerungsverhältnisse, Gesteins- charakter und Fossilführung übereinstimmend auf diesen Horizont hin. 368 Dr. Franz Kossmat. [30] sich nahe vor Ort flach einem neuen Band von Werfener Schiefern auf und sind deswegen interessant, weil sie zweifellos einen Aufbruch der Liegendgesteine des erzführenden Komplexes darstellen. Zum Schluß sei noch erwähnt, daß unterdessen der Josefi- schacht weiter abgeteuft wurde; bei der steilen Stellung der Schichten in diesem Abschnitte sind innerhalb der erreichten Tiefenzone noch keine einschneidenden geologischen Veränderungen zu erwarten. Tektonische Zusammenfassung. Die Entwicklung der tektonischen Anschauungen über Idria ist bereits kurz in der Einleitung behandelt, auf die ich hier verweise. Die anormale Überlagerung des erzführenden Triaskomplexes durch das Karbon der ÜGerinkuppe wurde schon von Lipold erkannt und von allen Beobachtern, welche später die Lagerstätte und ihre Umgebung ‚eingehender untersuchten, bestätigt. Die Strukturform wurde auf Überschiebungsvorgänge zurückgeführt; erst in letzter Zeit ist M. Limanowski, gestützt auf ein Profil durch die Nord- westgrube, zu dem nach meinen Beobachtungen unrichtigen Schlusse gelangt, daß die auffallende Lagerstättentektonik von Idria durch die Architektur einer liegenden Falte erklärt werden muß. Wie in meinem vor der montanistischen Fachgruppe des österr. Ingenieur- und Architektenvereines gehaltenen Vortrage betont wurde, gehört der „erzführende Körper einem Gesteinszuge an, der vom Lubeuctale gegen den Raspotsattel zieht und im Bergbauterrain durch eine Aufschiebung der älteren Schichtglieder (Karbon und untere Trias) bedeckt ist“ ?). Dabei bildet der im Lubeuctale und an der Idrica inmitten eines Rahmens älterer Bildungen zutage tretende östliche Teil der genannten Zone eine tektonische Einheit. Was ihr Verhalten im Berg- bauterritorium anbelangt, läßt sich an Hand der zusammenhängenden Aufschlüsse in der Grube nachweisen, daß sich der nördliche Teil unter dem Üerin, der südliche unter dem Vogelberg fortsetzt, die Trennungslinie zwischen den beiden letztgenannten Deckschollen also sekundärer Art ist, was eigentlich schon aus dem obigen Satze des Vortragsberichtes hervorgeht. In diesem Punkte, nicht aber bezüglich der Natur dieser Trennungslinie stimme ich mit Limanowski (1910) überein. Um die Beziehung der Lagerstätte zum Tagesterrain sicher festzustellen, muß man von der an letzteres leicht anzuschließenden Südostgrube ausgehen. In dieser lassen sich manche wichtige Fragen klären, welche in der wegen ihrer anziehenden Details bisher stark bevorzugten Nordwestgrube unerledigt bleiben müssen. !) Vergl. den kurzen Bericht in der Zeitschr. d. österr. Ing.- u. Arch.-Vereines, Wien 1907, pag. 377. [31] Geologie des Idrianer Quecksilberbergbaues. 369 1. Querprofil durch die Südostgrube zwischen Josefischacht und Höllengesenk. (Linie b—b,.) Das auf Tafel XXVII, Fig. 2 dargestellte NE—SW-Profil passiert die Idrica etwa 200 m östlich des Josefischachtes und schneidet noch die östlichsten Teile der Cerin- und Vogelbergscholle. Im Süden ist die ganze Triasregion auf die Kreide aufgeschoben ; der Neigungswinkel ist auf Grund der Erfahrungen im Gersdorf Liegendschlage eingezeichnet, wo ich im Jahre 1899 die kurz vorher angefahrenen Kalke dieser Formation konstatieren konnte (vergl. pag. 34:). Die über der Kreide liegende erzführende Zone ist von zahl- reichen Dislokatioven, zum Teil Verwürfen, zum Teil kleinen Über- schiebungen, zum Teil Transversalstörungen durchschnitten. Weder der Cerinschlag im XI. Lauf, noch der SW-Schlag im Josefirevier des VII. Laufes reichen bis zum Kreidekontakt. Der am Feldort der letztgenannten Strecke angefahrene Dolomit ist die unzweifelhafte Fortsetzung jener Partie, welche im südlichsten Abschnitte des Gers- dorfschlages nur mehr durch lettig zersetzten Schiefer, wahrscheinlich ein tektonisches Gemenge aus Werfener- und Karbonmaterial von der Kreide getrennt ist. Ich bezeichne daher diesen südlichsten Schieferzug als 1 und den hangenden Dolomitstreifen als S,. Der teilweise noch von einer Karbonschieferaufpressung be- gleitete, NE fallende breite Werfener Zug 2, welcher sich auf $, hinaufschiebt, ist von der ebenfalls bedeutenden, südwestlich geneigten Werfener Zone 4 durch eine muldenförmig eingesackte, im Detail aber stark zerbrochene Schichtfolge der mittleren und oberen Trias getrennt. Besonders auffällig sind zwei den Dolomit gangartig durch- setzende schmale Werfener Aufbrüche (3 und 3,), welche in den Horizonten IX bis XI als Leitschiefer für zwei wichtige Erzfälle auf längere Erstreckung ausgerichtet sind und als „steile Blätter* be- zeichnet werden !). Der größere Erzreichtum ist an den nördlichen Zug, das sogenannte erste steile Blatt, gebunden. Von den Wengener Schichten des Muldenbruchstückes S, ist im VI. und VII. Lauf der Nordflügel gut aufgeschlossen. Außerdem kann man in einem höheren Niveau, am sogenannten Zwischenlauf, auch den durch eine Störung etwas hinaufgerückten Südflügel und sogar noch den Fond einer Cassianer Synklinale beobachten. (Fig. 2 auf pag. 353.) Öbertags stehen entlang des Rinnwerkes die ausgezeichnet plattigen, hornsteinführenden Cassianer Kalke mit bergwärts fallenden, meist im Detail gefalteten Schichten an ?). !) Im IX. Lauf sind auch noch Schmitzen von Wengener Lagerschiefern mit etwas „Korallenerz“ an ihnen eingeklemmt. ?) Ein kleiner, in der Grube wahrscheinlich durch Störungen zwischen S$, und $, repräsentierter Längsbruch bringt am Ceringraben die Cassianerkalke mit den Wengener Schichten, teilweise auch mit Dolomitbreccien des südlichen Ab- schnittes der Rinnuwerkzone in anormalen Kontakt. 370 Dr. Franz Kossmat. [32] Eine sehr steil N fallende Kluft bildet die Trennungslinie zwischen dem Werfener Zug 4 und der Dolomitmasse S,, welche entlang des Nordkontakts jedenfalls noch ziemlich beträchtlich unter die Sohle des XI. Horizontes hinabsinkt. In die Profillinie fällt auch die als O-Kluft bezeichnete, südlich fallende Transversalverschiebung. Der in ihrem Liegenden befindliche Abschnitt des Dolomitkörpers wird gegen Südwest gerückt und streicht von da an ununterbrochen in die Nordwestgrube Es keilt also von den beiden, im Profil gezeichneten Abschnitten des Dolomitkörpers $, die steil südlich fallende obere Partie aus, während die untere weiterhin den erz- führenden Körper der Nordwestgrube bildet. Was man in letzterer als „Südkontakt* bezeichnet, (istewreee anderes als die an der O-Kluft um ein ziemlich kleines Stück verschobene Fortsetzung der Grenzdislokätion zwischen Werfener 4 und Dolomit $S,. (Man vergleiche auch die Horizontalschnitte des VI. und IX, Laufe Die Überschiebung. Über die als unregelmäßig zusammengepreßte Schollen in ihre Schieferunterlage förmlich verkeilten mittleren und oberen Trias- gesteine des Grubengebietes schieben sich die Schichtfolgen des Cerin und Vogelberges. Im allgemeinen finden wir an der unten steil. höher oben flach über die erzführende Region hinweggehenden Über- schiebung sofort die Karbonschiefer, deren stark zerquetschte Lagen wegen ihrer Nachgiebigkeit im allgemeinen entsprechend den tektonischen Hauptlinien orientiert sind. Das Karbon hat in bezug auf sein Auf- treten fast den Charakter einer intrusiven, plastischen Masse und zieht sich als schmaler Streifen auch am Ostrande der Deckschollen in be- trächtlicher Erstreckung durch. Im Gegensatz zu ihm stoßen die übrigen Schichten ‚des aufgeschobenen Gebirges unter verschiedenen Winkeln an der Überschiebungsbahn ab, wobei auffallenderweise ein der letzteren entgegengesetztes Einfallen zu beobachten ist. Sogar an den im Ferdinandi-Hoffnungsschlag, III. Lauf, bloß- gelegten Werfener Schiefern, welche hier am Nordkontakt mitgeschleppt sind, ist diese Erscheinung auffällig. Sowohl in der Üerinscholle als auch in der Vogelbergscholle kommen gegen Süden wegen dieser Neigungverhältnisse im allge- meinen Jüngere Schichtglieder mit der Überschiebungszone in Berührung. Merkwürdig ist dabei das Verhältnis zwischen den beiden ein- ander in jeder "Beziehung sehr ähnlichen Gebirgsschollen. Ein ein- faches, nach der Überschiebung erfolgtes Abeleiten des Öerin kann ich schon deswegen nicht annehmen, weil dann in der Profilzone die Wengener Schichten und Dolomitbreceien nicht direkt der Über- schiebungsfläche, beziehungsweise dem schmalen Karbonschmitz flach aufsitzen könnten, während am nördlichen Schichtkopf des Vogel- berges noch die Werfener mächtig durchstreichen. Ich bringe das Verhältnis der beiden Schollen in Zusammenhang mit den Erschei- nungen, welche man in der Grube nördlich der UÜberschiebung be- [33] Geologie des Idrianer Quecksilberbergbaues. 37 obachten kann. Im Nordostschlage des XI. Laufes sind zwischen dem am Nordkontakt in die Tiefe setzenden Karbonschiefer und jenem der Aufbruchslinie Ferdinandi-Franzschacht mächtige permische Quarz- sandsteine und bunte Schiefer durchfahren worden, in deren süd- licher Grenzregion noch schwarzer Permkalk und ein zu buntem Letten aufgeweichter Schiefer (Werfener?) angetroffen wurde. Es handelt sich im ganzen zweifellos um dieselbe Gebirgszone, welche weiter im Westen durch den Hangendschlag des VI. Laufes sowie durch den Floriani-Wasserstollen aufgeschlossen ist und eine Einfaltung der tieferen Schichten des Üerin darstellt. Da die Konfiguration der Uberschiebungsfläche in den oberen Teilen eine derartige ist, daß ein Abgleiten an ihr ausgeschlossen ist, kann ich mir nur vorstellen, daß die Zerlegung in zwei Staffeln schon während der Tangentialbewegung eintrat, wobei die tieferliegende, nördliche Abteilung (Cerin) auf der südlichen (Vogelberg) als besondere Schuppe weiterbewegt wurde und in der Nordwestgrube sogar eine beträchtliche Schleppung des erzführenden Körpers bewirkte. Man vergleiche dazu auch die Ver- hältnisse in der südöstlichen Fortsetzung der beschriebenen Zonen (pag. 378). 1I. Querprofil durch die Nordwestgrube. (Linie a—a,.) Taf. XXVII, Fig. 1. Verfolgt man in dem sehr gut aufgeschlossenen VII. Lauf der Grube die einzelnen Gesteinszonen gegen Nordwest, so sieht man folgende Veränderungen eintreten. Die Dolomitzone S, hebt sich westlich vom Gersdorf-Liegendschlag heraus; von dem Muldenfragment S, ist in letzterem bloß noch ein etwas bedeutenderer, vielleicht von einigen abgerissenen kleinen Partien begleiteter Dolomitzug des Muschelkalkes nachzuweisen. Die Scholle S, hat sich in diesem Niveau bereits früher ausgekeilt, doch scheint die Trennung zwischen ihr und der flach vorspringenden Lagerregion A (Nordwestgrube) keine sehr bedeutende zu sein, so daß die letztere gewissermaßen zwischen S; und 5, vermittelt. (Vergl. auch das Bild des VI. Laufes.) Im ganzen aber hebt sich die Unterlage gegen NW allmählich, so daB man zum Beispiel in einem vom Barbaraschacht getriebenen Liegendschlag auf dem gleichen Horizonte nur mehr die Schiefer der Unterlage zu er- warten hätte. Im Gegensatze zu den Verhältnissen der südlicheren Streifen hat sich der Dolomitkörper 5, beträchtlich erweitert und zeigt mehrere Züge von eingeklemmten, oft an pflanzlicher Substanz reichen Schiefern und Sandsteinen der Wengener Schichten. Diese sind die Hauptträger der Erzführung in der Nordwestgrube, während den südlicher gelegenen Gebirgspartien nur die kleinen Erzmittel der Liegendschläge angehören. Infolge dieses Umstandes hat sich die Be- zeichnung „Südkontakt“ für die Dislokationsgrenze zwischen dem erz- reichen Körper 5, und dem Werfener Schiefer der südlicheren Zonen eingebürgert. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Band, 2. Heft. (Fr. Kossmat.) 48 372 Dr. Franz Kossmat. [3 4] Noch weiter im Nordwesten keilt aber auch der entschieden am tiefsten eingesenkte Zug S, aus, so daß man zum Beispiel in den Nordwestschlägen des III. Laufes sein Ende feststellen konnte. In diesem Schnitt des Gebirges ist also zwischen dem Karbon des „Nord- kontakts“ und dem stark nach NE konvexen Kreiderand nur eine schmale Werfener Zone erhalten, welche gegen die Tagesoberfläche (Nikovatal und Florianistollen) verschwindet, worauf sich das Karbon direkt über die Kreide schiebt. Die Unterbrechung der Dolomitzone Fig. 6. Barbara Schacht SZ NN N N INN N NN TU N RN N \ WO ZA EZ. I te ce > WL -7 4% 2 Aalssiah 1:5760 a 0 7 100 150 De " | NE—SW-Profil durch den Barbaraschacht, NW-Grube. 1:5760. C = Karbonschiefer (Silberschiefer).. — @ = Grödener Sandsteine und (Quarz- konglomerate. — W = Werfener Schichten. — D = Dolomite und Breceien des Muschelkalkes.. — L — Lagerschiefer und Sandsteine der Wengener Schichten. dürfte aber nur sehr kurz und vielleicht in etwas tieferen Gruben- horizonten nicht einmal vollständig sein, da sich auf dem linken Nikova- gsehänge dieses Gestein sehr bald wieder zwischen Kreide und Karbon einschaltet und so gegen den Raspotsattel zieht. Das Vorherrschen der Schiefer im Liegenden des Südkontakts der Nordwestgrube bringt es mit sich, daß diese Gebirgsteile meist im Sinne der Überschiebungsbewegung orientiert sind. Die Ausläufer der Dolomitkörper (5; und $,) sind dabei von den sie trennenden Schiefern überschoben und teilweise förmlich umhüllt. [35] Geologie des Idrianer Quecksilberbergbaues. 373 Über alle Zonen hinweg geht die mit einer mächtigen Karbon- decke beginnende Hauptüberschiebung, deren Verlauf über dem Haupt- erzkörper 5, durch die zahlreichen Aufschlüsse in den einzelnen Abbauhorizonten prachtvoll illustriert ist. Sie läßt sich jedoch auch für die südlichen Abschnitte aus den alten Karten des Antoni- und Josefi- stollens !), noch mehr aber aus den durch Herrn Kropa& erhobenen neueren Daten gut konstruieren. h Die eigentümlichen Deformationen der Überschiebungsfläche stehen zum Teil in sehr innigem Zusammenhange mit den Detail- komplikationen der Lagerstätte. Ein im westlichsten Grubenteil durch den Barbaraschacht gelegtes Profil gibt das Bild einer vom Karbon überschobenen, in einzelne Schuppen aufgelösten Mulde von Dolomit- brececien und Wengener Schichten. Zwischen dem südlichsten Lager A und den Werfener Schiefern des Liegenden ist unterhalb des VI. Horizonts ein nach Osten auskeilender Dolomit als Andeutung eines Liegendflügels erhalten. Sonst aber tritt das Lager A direkt mit den Werfener Schiefern in Kontakt, höchstens, daß hie und da noch ein Dolomitrest nachzuweisen ist. Hingegen folgt über A eine im Barbaraprofil nur angedeutete Partie von überkippten Dolomiten und Dolomitbreccien, welche sich weiter östlich zu einer bedeutenden Zone entwickeln. Von A löst sich das durch einen mitgeschleppten Klotz von Dolomitbreceien nochmals gespaltene Lager 5 ab, welches wieder im Norden von überkippten Dolomitbreceien begleitet wird. Unter ganz ähnlichen Umständen reiht sich das Lager © an. Nördlich von letz- terem setzt der Hauptkörper der Dolomite südwestlich einfallend in die Tiefe hinab, ist aber auch hier im IV. und VI. Horizont noch durch einen mit Konglomeraten und PBreccien vergesellschafteten schmalen Lagerschmitz ausgezeichnet. Letzterer steht vermutlich bereits zu dem weiter östlich den Nordkontakt begleitenden Lager D — wahrscheinlich als abgerissenes Trum — in Beziehung). Die Dolomite wurden also samt den sie überlagernden Wengener Schichten beim UÜberschiebungsvorgang aufgerichtet, zerbrochen und stellten sich nahezu quer auf die Druckrichtung ein (vergl. die Lagerung der Hauptmasse von S, in beiden Profilen der Tafel XXVI). Die einzelnen Teile verschoben sich dabei gegeneinander und wurden im oberen Teil an der UÜberschiebungsfläche mitgeschleppt. Auch ein Schmitz von Werfener Schiefern aus dem Untergrund ist teilweise noch als förmlicher Besteg über den Schichtköpfen erhalten. Eine vollständig ausreichende Analyse aller dieser kleinsten Teilbewegungen zu geben, ist sehr schwierig, da jeder Schnitt wieder neue Züge in das Bild bringt. Den Hauptwert muß man daher auf möglichst genaue zeichnerische Festlegung der Details legen, da sie vielleicht in Zusammenhang mit einer Summe analoger Darstellungen geeignet sind, einen genaueren Einblick in die Mechanik der Über- schiebungsvorgänge zu gestatten. 1) In meinem ersten Profilentwurf nicht verwertet. ?) Vergl. die Horizontkarte des VI. Laufes, Taf. XXVI, Fig. 3. 48* 974 Dr. Franz Kossmat. [36] Eine interessante Ergänzung zu den bisher besprochenen tek- tonischen Erscheinungen gibt das Profil durch den Inzaghi- sichärscht‘); In dieses fällt nämlich noch eine eigentümliche, von mir in allen Horizonten zwischen II und X beobachtete Aufschlitzung der Lagerstätte am Nordkontakt, indem ein Streifen von Werfener Schiefer und Karbon einen nördlichen Dolomitsporn mit dem Lager D ab- gliedert. Die untere Fortsetzung des letztgenannten Lagerzuges ist nach meiner Ansicht auf dem Südflügel der so eindringenden Störung durch einen schmalen Schmitz repräsentiert, welcher zu- sammen mit Konglomeraten in den steil SSW fallenden Dolomiten des VIII. und IX. Laufes eingeklemmt ist. Es würde diese Identifizierung somit für das Lager D eine winkelige Knickung ergeben, welche an jene des Lagers B in der gleichen Profillinie erinnert, aber bis zur Zerreißung geht. Wenig östlich der Profilliniie «—a, ist der gangförmige Streifen der Werfener und Karbonschiefer nicht mehr nachweisbar; es ver- einigen sich hier in den Etagen zwischen dem III. und IV. Lauf die oberen Teile der Lager Ü und D zu einer sattelförmigen, aller- dings im Gewölbe zerrissenen Zone. Man hat hier ungefähr jenes Profil, wie es schon aus den älteren Grubenschnitten bekannt ist. Sehr interessant ist das Auftreten eines Schmitzes von glim- merigem, grauen Werfener Schiefer an der südlichen Grenzfläche des Lagers ©. Er entspricht jedenfalls einer wichtigen Zerreißung des erzführenden Körpers ?), die in mancher Beziehung den allerdings in einer südlicheren Zone auftretenden steilen Blättern der Südostgrube vergleichbar ist. Die von mir am VIII. Lauf beobachtete, auf dem Profil von Kropac6 auch in den tieferen Horizonten eingetragene Werfener Aufbruchzone zwischen Dreikönig- und Gersdorfgesenk dürfte zu dem Schmitz an der Südgrenze von © in naher Beziehung stehen. In diesem Falle ist die schöne, 40° N fallende Uberschiebung, mit welcher die nördliche Dolomitmasse diesen steilstehenden Aufbruch im VIII. Lauf gegen oben begrenzt, wahrscheinlich eine der Haupt- überschiebung parallele Trennungsfläche, an der auch die unteren Teile der Lager verschoben, beziehungsweise geschleppt sind. Leichtverständlich ist der Zusammenhang zwischen Lager 4A und DB. Letzteres stellt einfach das an einer sekundären Schubfläche höher emporgetragene Einfallende von A dar. Seine Lostrennung von diesem führt sich auf den gleichen Vorgang zurück, welchem die große Einstülpung der aufgeschobenen Karbonmasse zwischen A und B ihre Entstehung verdankt. !) Das Profil von Kropa@ stimmt entlang des Nordkontakts nicht ganz mit meinen Beobachtungen überein; zum Teil liegt dies vielleicht an der etwas anders gewählten Lage der Schnittfläche. 2) Es erscheint mir möglich, daß der Werfener Schmitz am X. Gesenk bei Josefischacht (vergl. VI. und VII. Lauf) an der gleichen Störung liegt und daß vielleicht sogar der Aufbruch am Höllengesenk jenseits der O-Kluft ungefähr dieser Zone entspricht. [37] Geologie des Idrianer Quecksilberbergbaues. 375 Eine gute Ergänzung zum bisherigen Bilde der Überschiebungs- fläche gibt die in den neuen Südweststrecken des II. und III. Laufes gemachte Beobachtung von Kropac, daß auch südlich des Lagers A im Werfener Schiefer wieder eine Einstülpung der Karbonschiefer des Daches auftritt. Dadurch wird nun die Schleppung der Lager- stättenzone A zwischen dem Üerin und Vogelberg noch schöner zum Ausdruck gebracht, als dies früher der Fall war. Es ist also das Lager B über das ursprünglich mit ihm in einer Ebene liegende A emporgezerrt, das Lager A seinerseits wieder über die südlich von ihm liegenden Teile der Überschiebungsfläche, und zwar so weit, daß es noch über dem Idricaniveau inmitten der Karbonschiefer geschnitten wurde. Sogar die kleinen Schuppungen der UÜberschiebungsfläche, wie sie im Barbara- und vielleicht noch schöner im Theresiaprofil zu sehen sind, gehorchen dem gleichen Gesetz. Sie alle gehören mit zur Charakteristik der Bewegung und haben mit nachträglichen Absitzungen nichts zu tun). Noch deutlicher als in der Südostgrube wird man im Inzaghi- profil auf einen Zusammenhang der Stellung des Cerin mit diesen Erscheinungen gewiesen. Das Nachdrängen dieser Scholle — nicht ihr Abgleiten nach NE — wird durch diese Stauchungen der Über- schiebungsfläche und ihrer Unterlage illustriert. Wichtig ist dabei, daß der Uerin dem Karbon der Überschiebungs- zone nicht einfach auflagert, sonst müßte zwischen beiden der per- mische Schichtenkomplex mächtig durchziehen. Die mit zahlreichen kalkigen und dolomitischen Bänken wechsellagernden Werfener Schiefer fallen in der Umgebung des Inzaghischachtes sehr schön und auf längere Erstreckung 60—70° SW. Sie stellen sich ebenso wie weiter- hin die Dolomite des Muschelkalkes und sogar die Wengener Schichten diagonal zu der Karbongrenze, werden also von dieser durchschnitten. Auch am Vogelberg sind ähnliche Verhältnisse zu beobachten. ‚Ein gewaltiger Riß hat also die Komplexe des Vogelberges und des Cerin aus ihrem Zusammenhange mit der jetzigen erzführenden Zone gelöst?) und zwischen die auseinandergerissenen, gegeneinander verschobenen Schichtmassen der Trias ist wie ein mächtiger Intrusiv- gang der plastische Karbonschiefer eingezwängt. Von der mir aus typischen Beispielen wohlbekannten „Archi- tektur einer liegenden Falte* kann nicht einen Moment die Rede sein. Was in Idria vorliegt, ist ein prachtvolles Beispiel für eine Über- schiebung, eine allerdings komplizierte, aber unverkennbare „pli- faille*, deren vereinfachtes Schema ja zur Genüge bekannt ist. !) Ganz unverständlich ist mir angesichts dieser Summe von Erscheinungen die Idee Limanowskis, daß die Deformationen des erzführenden Körpers der Nordwestgrube „teilweise durch ein Abgleiten des Oerin gegen NE erklärt werden. So würde zum Beispiel die Entstehung der keilförmig verkehrten Mulde (Lager- gang A der Grube) klar sein“ (l. c. pag. 370). ?) Das von F. Teller aufgenommene Profil des Karawankentunnels, Denkschr. d.k. Akad. der Wissenschaften, mat.-nat. Klasse, LXXH. Bd., Wien 1910, pag. 84 ff., Tafel II, zeigt im mittleren Teil sehr instruktive Faltenzerreißungen, welche in manchen Stücken an die Idrianer Bilder erinnern. 376 Dr. Franz Kossmat. [38] Die Überschiebungsdistanz scheint mir durch den Abstand zwischen dem südlichen Rande des Vogelberges und dem nördlichsten Teil des Dolomitkörpers S, in der Grube zwar nicht ganz, aber doch srößtenteils gegeben zu sein. Die oft nur wenige Meter mächtigen Partien, von Werfener Schiefer, wie man sie in manchen Teilen des Überschiebungs- kontakts zwischen Dolomit und Karbonschiefer antrifft, sind meist quer über die Schichtköpfe hinweggeschleppte Schmitzen, die mit dem in- versen Flügel einer liegenden Falte nicht verwechselt werden können !). Die letztere Deutung ist offenbar dadurch entstanden, daß süd- lich des erzführenden Körpers der Nordwestgrube die Karbonschiefer zwischen dem hangenden Werfener Komplex des Vogelberges und die von einzelnen Dolomitkeilen durchsetzten Werfener Schiefer der Grubenregion eingeschlossen sind und so wie der Kern einer liegenden Falte aussehen, besonders wenn man darauf vergißt, daß der Komplex der permischen Sandsteine und Konglomerate zwischen beiden ent- wickelt sein sollte. Verfolgt man aber die unter dem Karbon liegenden Zonen nach Osten, so nehmen auf Kosten der Werfener Schiefer die Dolomite des Muschelkaikes und die Wengener Schichten an Aus- dehnung zu, schließlich erscheinen auch die Cassianer Kalke, so daß schon wenige hundert Meter östlich der Inzaghi-Schnittlinie die auf- seschobene, nicht inverse Serie auch in ihrem südlichen Teil über den jüngsten Schichten der erzführenden Region liegt. Die Uberschiebungsfläche schnitt also schräg über die Schichten hinweg, so daß die einander folgenden Profile zwar rasch wechselnde Einzelbilder geben, im großen aber immer den gleichen tektonischen Charakter aufweisen. Ausquetschungen kann ich diese interessanten Scheerungsphänomene nicht nennen. Die Fortsetzung der Idrianer Überschiebungen. Es wurde bereits wiederholt hervorgehoben, daß die östliche Fortsetzung der vom Cerin und Vogelberg überdeckten Zone als schmaler Zug von Wengen-Cassianer Schichten in der Sohle des Lubeuc- tales aufgeschlossen ist. Im Norden wird letzterer von der im großen plateauförmig gelagerten Triasmasse des Jelicen vrh überschoben. Die Überschiebung selbst ist im Ferdinandi-Hofinungsschlag, III. Lauf, auch untertags aufgeschlossen. Es zeigt sich also, daß der Cerin nichts anderes ist, als eine in mehr vorgeschobener Stellung er- haltene Partie dieser Hauptmasse. Denkt man sich das ganze Gebirge bis zum Horizont des III. Laufes abgetragen, so läuft der Über- schiebungsrand, praktisch ununterbrochen, vom Ferdinandischlag unter dem Lubeuctal bis zu den Nordwestschlägen unter der Nikova. Die Triasfolge des Cerin ist im ganzen nach S geneigt, während die Schichtköpfe des Jelicen vrh nordöstlich fallen. Zwischen beiden Gebirgsteilen läuft ein durch den schmalen Karbonaufbruch Ferdi- ') Bezüglich einiger Überschiebungsdetails vergl. man auch Fig. 3 und 4. 377 Geologie des Idrianer Quecksilberbergbaues. [39] ‚ouol9zo | LOLUTT Suaysoaqdagum odyKas Yoanp puis U9UOLEYOLSIT old goskg = I — '3PISIy = ıy — aoygargag doqeg = T — 'uaIoıyog aaueisse) = I -- "uaryaıyag aauasuoM — Sy — 'sONTENTDyOSUpT sap UONIIIT pun sytwmopolT = “gg — "uayonıqyny meyos;ozorfed Jrur daJoIyag aauajroy — Sundoyyjeigas adgayag :SunIy[Jı9uay91Laz '008°78:T BaIz qeIsgeM (895 ‘Sed ‘668T "V-"T [083 7 °A °p "qaqep YeWSSOM “LI Noqay J9p suy) "erap uoAa Sungssun ', "SLT. I | | YIUAOY3I ‘ l N > 19920600 % yıa IUIFH.I Hr 378 Dr. Franz Kossmat. [40] nandi-Franzschacht gekennzeichneter Sattel (vergl. TafelXXVII). so daß der Cerin dem nach Süd abfallenden Flügel angehört, womit auch die Art seiner Aufschiebung auf den Vogelberg plausibel wird. Südlich der schmalen Wengen-Cassianer Entblößung im Lubeuc- tale liegt die an den Aufschlüssen mit Werfener Schichten begin- nende Scholle des Zagodaberges, welche in bezug auf Lage und Konfiguration ganz dem durch das Idricatal von ihr getrennten Vogel- berg analog ist. Wie zwischen Vogelberg und Cerin, so ist auch zwischen Jelicen vrh und Zagoda die unter der Überschiebung liegende Trias relativ hoch emporgestaut, so daßich ursprünglich an hintereinander angeordnete Einzelüberschiebungen dachte. Im oberen Lubeuctale sieht man, daß auch der Zagodaberg schließlich von der Masse des Jelicen vrh deutlich überschoben wird und damit verschwindet. Es ist dies ein Grund mehr, das Verhältnis zwischen Oerin und Vogelberg in analoger Weise, also durch eine Schuppung in der vordringenden Gesteinsmasse zu erklären. Es frägt sich nun. wo wir die weitere Fortsetzung der im Lubeuctale angeschnittenen Triaszone der Grube haben. Von der Ver- einigung der Sala mit der Idrica bis zum Überschiebungsrande der Jelicen vrh-Schuppe läuft in östlicher Richtung eine Dislokation, welche die Zagodascholle von der durch zahlreiche Aufbrüche der Werfener Schichten und eine Einklemmung von Wengener Schiefern in Streifen zerlegten Dolomitregion der LeSnikova — und BruSova grapa scheidet. Der Bau der letzteren stimmt in jeder Beziehung mit dem Typus, welcher z. B. in der Horizontkarte des VII. Laufes ausgeprägt ist, und ich halte es für sehr wahrscheinlich, daß wir hier bereits das Aus- gehende der im Grubengebiete überdeckten, am Rinnwerk und im Lubeuctale teilweise bloßgelegten Gebirgszone haben. Nach der schon erwähnten UÜberschneidung des Zagoda durch die Hauptschuppe des Jelicen vrh überschiebt diese direkt die Zone der BruSova grapa, und zwar derart, daß die auf den Dolomitbreecien der letzteren erhaltenen Wengener und Cassianer Schichten direkt unter den Karbonschiefer einfallen). Bald aber äußert sich die tektonische Trennung der zwei Gebirgszonen nur mehr durch einen anscheinend ziemlich einfachen Aufbruch von Karbon, Perm und Werfener Schichten inmitten der beiderseitigen Dolomitplateaus. Weiter östlich — jenseits der nicht bedeutenden, aber interessanten Querstörung von Saurac — schließt sich dann in der gleichen Zone die einfach gebaute, gleich- falls bis ins Karbon aufgeschlossene Faltenregion von Gereuth an. Die Uberschiebung klingt hier in dieser Weise aus. Verfolgt man die Erscheinungen von Idria hingegen nach Westen, so kann man in der Nikova und im Florianistollen das Karbon des Nordkontakts direkt über der Kreide sehen (vergl. auch pag. 347). Aber wenig weiter westlich ist es bereits wieder durch eine zuerst schmale, dann rasch zu großer Breite anschwellende Dolomitregion von der Kreidegrenze getrennt. !) Vergl. die Kartenskizze pag. 377 und die geologische Spezialkarte 1: 75.000, Blatt Adelsberg-Haidenschaft. [41] Geologie des Idrianer Quecksilberbergbaues. 379 Ich halte es für wahrscheinlich, daß in der Tiefe wenigstens einzelne Schollen die Verbindung dieser Zone mit dem erzführenden Körper herstellen. Ähnlich wie die Region der Bru$ova grapa, ist auch diese zwischen dem Kreidekontakt an der Nikova und der Über- schiebungslinie des Raspotsattels eingeschlossene Fortsetzung der Erz- zone von zahlreichen Aufbrüchen der älteren Schichten in förmliche Streifen zerlegt. Außer den Werfener Schichten kommen aber in diesem westlichen Gebirgsabschnitt auch Grödener Sandsteine und stellenweise sogar schmale Karbonschmitzen zutage. Man gewinnt den Eindruck, daß die am Nordkontakt des Grubengebietes angetroffene UÜberschiebung gegen Westen ziemlich bald zersplittert, also durch eine Summe von Einzelschuppen abgelöst wird. Das Streichen der letzteren wendet sich übrigens bald mehr und mehr gegen Südwesten. Die Überdeckung des erzführenden Triaskörpers durch den Öerin und Vogelberg ist nur eine Begleiterscheinung zur Aufschiebung des Triasgebirges auf die bis in das Nikovatal zurückr eichende Kreide- platte des Birnbaumer Waldes. In der letzteren sind noch einige an Schuppen eingeklemmte Eocaenflysch-Reste erhalten. Die Erosion hat den Überschiebungsrand an zahlreichen Stellen aufgeschlossen und ihn an den tieferen Talfurchen, wie Nikova und Idrica, unregelmäßig gezackt (vergl. z. B. die Kontur des Psenk). Ich fasse aber die Erscheinung nicht als Folge der Durchwaschung einer gegen Südwesten geflossenen Faltendecke, sondern als Zernagung des Randeseiner auf die untertauchende Birnbaumer Kreide emporsteigenden neuen Schichtenplatte auf, was natürlich nicht nur eine longitudinale, sondern auch eine starke transversale Zusammenschiebung des Gebirges voraussetzt). Die WSW, also transversal laufenden Schuppen des linken Nikovagehänges, die ähnlich gerichteten, überkippten Züge am Öekovnikrücken, das Verhältnis zwischen den Schuppen der Brusova grapa und der sie schräge schneidenden Aufschlußlinie des Kreide- kontakts bringe ich zu derartigen Divergenzen der Druckrichtungen in Beziehung. Die Zinnoberlagerstätten. Wie bereits aus den sehr instruktiven, von den Bergbeamten aufgenommenen Lagerstättenbildern und Beschreibungen?) bekannt ist, sind die wichtigsten Erzvorkommnisse von Idria teils als lager- artige Imprägnationen an die bituminöse Fazies der Wengener Schichten („Lagerschiefer“), teils als Kluftausfüllungen und Imprägnationen an die Dolomite gebunden. Aber auch in den Werfener Schichten treten an Zerrüttungszonen, zum Beispiel im Gersdorf Liegendschlag, sporadisch abbauwürdige, sogar reiche Imprägnationen auf. Von hochprozentigen Erzvarietäten sind zu nennen: das dichte, jetzt nur mehr selten in größeren Butzen und Adern gefundene ) Kossmat, Der küstenländ.sche Hochkarst und seine tektonische Stellung. Verhandl, der k. k. geol. R.-A. 1909, pag. 113-116. 2) Herausgegeben vom Ackerbauministerium, Wien 1893. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Band, 2. Heft. (Fr. Kossmat.) 49 380 Dr. Franz Kossmat. [42] „Stahlerz“ und das körnige, oft aus stark imprägnierten Sand- steinen bestehende Ziegelerz. Das sogenannte „Korallenerz“ ist ein mit napfähnlichen Schalenresten (Discina nach Bittner) er- füllter bituminöser Sandstein oder Schiefer der Wengener Schichten, enthält aber keineswegs immer Zinnober. Der schwarze Metacinna- barit kommt nur als Seltenheit an einigen Klüften, zum Beispiel in der Südostgrube, vor. Das freie Quecksilber findet sich meist zusammen mit Pyrit- konkretionen nahe der Überschiebungsfläche in den stark zerdrückten Tonschiefern des Karbons, welche daher den Lokalnamen „Silber- schiefer“ führen. Abgebaut werden nur sehr geringe Quantitäten von diesem Material. Von sonstigen Mineralvorkommnissen kennt man außer dem Pyrit, welcher besonders häufig die Tuffe der Wengener Schichten, gelegentlich auch die Dolomite und andere Gesteine imprägniert, noch kristallisierten Dolomit, Kalzit, selten Quarz, Baryt und Fluorit. Mir sind die beiden letzteren überhaupt nicht vor Augen gekommen. Die Rutschflächen der an Kohlenstoff reichen Lagerschiefer sind nicht selten mit Anthrazithäutchen überzogen, aber auch in den Klüften des Dolomits gibt es nicht selten kleine Nester dieser Substanz. Das Harz Idrialit erscheint an mehreren Stellen in den Lagern der Nordwestgrube. Als Neubildungen infolge Zersetzung der Sulfide, besonders der Pyrite, sind verschiedene Sulfate, wie Gips und Epsomit zu er- wähnen (letzterer blüht oft in langen Büscheln aus den Klüften der Lager aus); auchMelanterit,Halotrichit und Siderotil wurden von Prof. A. Schrauf festgestellt. Produktion. | Quecksilber | ae Meterzentner ug ee Meterzentner in Kronen 1900 . ...| 49804 2,420.460 488°92 861.570 1901 .. 2. BloR6 2.663.186 521'59 912.496 1902227 50660 2,786.296 550'16 881.885 NEBEN 5232°95 2,982.781 570 833.208 1904 IR 5363.34 3,057.105 570 882.785 I90D2EE 519232 2,548.131 49075 859.650 | 1906 . . .|| 526171 | 2)499.312 475 911.136 | IO0T ee 526975 2,487.322 472 892.207 1903ER 571621 3,035.308 531 901.432 1909. 5847'92 3,169.573 542 923.303 Anmerkung. Die Hauptmenge des Quecksilbers wird bei der Verhüttung aus den Erzen direkt erhalten; ein gewisser Prozentsatz — meist über 10°), — muß aber durch Verarbeitung dermit Quecksilber gemengten festen Verbrennungs- produkte („Stupp“) gewonnen werden; ein kleiner Rest (meist im Werte von etwa 20— 30.000 Kronen) stammt aus der Verhüttung von Schutt der alten Öfen etc., spielt also nur eine untergeordnete Rolle. Genauere Daten finden sich in den statistischen Jahrbüchern des Arbeits- ministeriums, Abteilung 1, Bergwerksproduktion. [43] Geologie des Idrianer Quecksilberbergbaues. 381 Verteilung und Genesis der Erzmittel. Inder Nordwestgrube (vergl. die Pläne des III. und VII. Laufes sowie die Profile) treten die wichtigsten Zinnoberimprägnationen in den wegen ihres Kohlenstoffgehaltes besonders aufnahmsfähigen Lager- schieferzügen und den hangenden Dolomitkonglomeraten, Breccien oder Dolomiten auf. Außerdem sind manche Teile des Nordkontakts, besonders der Dolomitsporn nördlich der oft genannten Aufschlitzung des Triasrandes erzführend. Die ausgedehntesten Abbaue befinden sich zwischen dem IV. und VII. Laufe, also in Etagen, wo die Lagerschieferzüge besonders mächtig anschwellen. Ganz allgemein gesprochen hängen die Haupt- erzvorkommnisse der Nordwestgrube förmlich am wasserundurchlässigen Karbondach, während die tieferen Partien des Triaskörpers nur entlang einiger Längsklüfte, zum Beispiel im XI. Lauf, bauwürdiges Material lieferten. Dieser „Zinnoberhut* der Lagerstätte ist eine hübsche Illustration für die Entstehung durch aufsteigende Wässer, welche am Karbonkontakt haltmachen mußten }). Jenseits des Südkontakts sind in der Nordwestgrube bisher fast nur die wenig ausgedehnten, aber an mehreren Stellen gut bau- würdigen Erzmittel des Gersdorf-Liegendschlages bekannt geworden. Auch die Maria Geburt-Erzmittel am Liegenden des IV. Laufes können vielleicht in diesem Zusammenhang genannt werden, nur ist ihre Trennung vom Lager A keine ganz durchgehende. Ganz anders gestaltet sich die Erzführung in der Südost- srube, wo die Lagerschieferzüge zurücktreten. Hier sind die wich- tigsten Erzzonen an die größeren Störungen, so an das I. und Il. steile Blatt, ferner an die als Transversalverschiebung durchschneidende O-Kluft und eine ihr parallele Nebenkluft (0,) gebunden. Auch an dem N fallenden Josefiblatt sind Abbaue eingerichtet. Die reichsten Erzmittel der Südostgrube sind in den unteren Horizonten vorhanden, während der III. Lauf fast kein bauwürdiges Material liefert und auch der VI. Lauf noch arm ist. Von besonderer Bedeutung erscheint mir aber der Umstand, daß die reichen Erze des I. und II. steilen Blattes nach den tektonischen Verhältnissen in Dolo- miten auftreten, welche zu den im Liegenden des „Süd- kontakts“ der Nordwestgrube durchstreichenden Zonen sehören und nur am transversalen Störungssystem der OÖ-Kluft etwas gegen sie verschoben sind. Die Erzmittel der Gersdorf Liegendstrecke im VII. Lauf, der nach meiner Ansicht der Schlüssel für die Deutung der Lagerstätten- verhältnisse ist, stellen also die äußersten Vorposten dieser südlicher gelegenen Erzfälle dar. Noch mehr als früher möchte ich daher die Aufmerksamkeit auf die Untersuchung dieser lenken. Es ist ja !) Ius Hangende der Hauptüberschiebung gehören nur die ganz spärlichen, unbauwürdigen Imprägnationen im Dolomit des Florianistollens und die Spuren von Zinnober und Quecksilber, welche einmal im Graben am W-Hang des Vogelberges nahe dem Kreidekontakt erschürft wurden. 49* 389 Dr. Franz Kossmat. [44] bekannt, daß man nicht erwarten darf, die Zinnoberführung in der ganzen streichenden Erstreckung der betreffenden Kluftsysteme anzutreffen, aber die Ausrichtung der letzteren würde wahrscheinlich die Auffindung der bauwürdigen Säulen erleichtern. Ich glaube, daß besonders die Zone, in welcher die streichenden Blätter von der O-Kluft gekreuzt und verschoben werden, Untersuchung ver- dienen würde. Im IX. Lauf (vergl. Fig. 5 auf pag. 365), aber auch im X. und XL, sind die beiden „steilen Blätter“ bis in die Um- gebung der O-Kluft bauwürdig bekannt, aber meines Wissens westlich dieser Verschiebung noch nicht erforscht, was nach meiner Ansicht empfehlenswert wäre. Erwähnen möchte ich auch, daß einzelne Lagerschieferschmitzen in den südlicheren Zonen 8, und 5, bekannt sind. Noch nicht blob- gelegt ist aber ihre näher dem Karbondach liegende obere Fortsetzung, etwa südwestlich vom Josefischacht, wo eine bedeutendere Entwicklung dieser für Erzimprägnation günstigen Wengener Fazies möglich wäre. Daß die bauwürdigen Lagerstätten noch unter den XI. Lauf hinabsetzen, ist bereits durch die neueren Grubenaufschließungen festgestellt. Nach den Schichtenstellungen glaube ich auch nicht, daß sich im Körper S, der „Muldenschluß“, nämlich die Unterlagerung der Dolomite durch die Werfener Schiefer so bald vollziehen dürfte als nach dem Profil in der Notiz von Limanowski scheinen könnte. Es ist sogar wahrscheinlich, daß der eine oder andere Dolomitstreifen direkt den Kreidekontakt berührt, ähnlich wie dies obertags ganz klar an den in der tektonischen Fortsetzung des Grubengebietes liegenden Zonen der BruSova grapa und des linken Nikovahanges zu beobachten ist. Was die Wege für die Erzbringung anbelangt, weise ich darauf hin, daß auch der von der Überschiebung bedeckte Kreideunter- grund keine zusammenhängende Platte darstellt. Schon an der oberen Sala bricht in ihm an einer neuen Überschiebungskluft eine Zone obertriadischer Dolomite auf, welche in der Richtung gegen die Idrica von den Zonen der BrusSova grapa überschnitten werden. Es müssen also auch im Untergrunde der Idrianer Überschiebungen noch weitere bedeutende Störungen der Schichtmassen bis zu großen Tiefen durchsetzen und so die Wege für die erzführenden Thermalwässer geöffnet haben. Die Erklärung Limanowskis, daß das Metall mit den „Gail- taler“* Schiefern oder Wengener Schichten aus der Ferne gebracht worden ist und erst während der ‚decollements‘ oder Gleitungen die Imprägnationen unter dem gasdichten Dach des Karbons bewirkt hat, steht nach meiner Ansicht mit den Erfahrungen bezüglich der Genesis von Zinnoberlagerstätten nicht in Einklang. Sie setzt voraus, dab in einer indifferent dem Kreideuntergrund aufliegenden und nach Lima- nowskis Ansicht durch Karbonschiefer gegen diesen abgedichteten Falte die Zinnoberimprägnationen und Gänge in ihrer jetzigen Form entweder durch zirkulierende Grundwässer oder durch Subli- mation aus den schon mitgebrachten Erzen entstanden. Limanowski scheint an eine Art Sublimationsprozeß zu denken, da er von einem gasdichten Mantel der Lagerstätte spricht. Das kann aber unmöglich der [45] Geologie des Idrianer Quecksilberbergbaues. 383 thermische Zustand in einer den obersten Krustenteilen angehörigen Faltendecke sein, über der nach den tektonischen Verhältnissen des Gebietes andere Deckensysteme nicht mehr lagen. Auch fügen sich die reichen gangartigen, tief unter dem Karbondach liegenden Vor- kommnisse der Südostgrube nicht dieser Auffassungsart, während ander- seits jene der Nordwestgrube wieder gegen eine Entstehung durch vadose Zirkulation sprechen. Hingegen lassen sich beide Typen leicht durch aufsteigende Wässer erklären und harmonieren in dieser Beziehung völlig mit einer ganzen Reihe der bekanntesten Zinnoberlagerstätten. Was den Ursprung der Lösungen anbelangt, erscheint mir von Interesse derUmstand, daß die typischen Zinnoberlagerstätten mitEruptiv- bildungen in einem gewissenZusammenhang stehen. Die berühmten Im- prägnationen von Almaden setzen in den von Porphyrgängen durch- brochenen Silurquarziten auf, jene von Toskana in einem Trachyt- gebiet; berühmt sind die Beziehungen der kalifornischen Absätze zu den vulkanischen Phänomenen der dortigen Gebiete !). Was alpine Verhältnisse betrifft, wäre zu erwähnen, daß die Lagerstätte von Neumarktl (Karawanken) in stark dislozierten, von Felsitporphyren begleiteten Triaskalken auftritt, jene von Spizza, (Süddalmatien) in den von Noritporphyriten durchbrochenen unter- triadischen Dolomiten. Die Vorkommnisse von Vallalta bei Agordo sind an Porphyre permischen Alters geknüpft. Bei Idria sind zwar Porphyrit-Tuffe in den Wengener Schichten, aber nicht die zugehörigen Erstarrungsgesteine verbreitet; in der weiteren Fortsetzung, bei Kirchheim, treten aber Felsitporphyre und untergeordnet Porphyrite in großer Verbreitung auf. Angesichts der sich auffällig oft wiederholenden Vergesellschaftung von porphyrischen Gesteinen mit derartigen Lagerstätten erscheint mir die Vermutung nicht zu gewagt, daß auch in Idria ein ähnlicher genetischer Zusammen- hang bestand. Selbstverständlich können aber die Erze hier erst zur Zeit der großen posteocaenen Störungen aus ihren ursprünglichen, wahrscheinlich tief und in der Nachbarschaft von durchsetzenden triadischen Eruptivgängen gelegenen Lagerstätten durch Thermalwässer weiterverfrachtet worden sein. Derartige posthume Thermalphänomene würden aber nicht vereinzelt dastehen, sind doch in den Kalkalpen von Südtirol und Venetien die Zentren der permischen, der mittel- triadischen und der tertiären Eruptivtätigkeit nicht übermäßig weit von- einander entfernt. Auch bei den Blei-Zinkerzen in den mitteltriadischen Schichten der Kalkalpen (Typus Raibl, Bleiberg) erscheint mir eine Verknüpfung der ersten Erzbringung mit der ladinischen Eruptions- periode wahrscheinlich, wenn auch die jetzigen Lagerstätten gleich- falls erst zur Zeit der letzten großen Gebirgsbewegungen entstanden sein können ?). Wien, 4. Mai 1911. !) @. Becker, Quicksilverdeposits of the Pacific Slope. XIII. Monograph, U. St. geol. Survey, Washington 1888. Vergl. auch das Kapitel über rezente Zinnober- absätze in den Steamboat-Springs und am Clear lake. 2) Kossmat, Führer für die Exkursionen in Raibl, Livret Guide IX. Congr. geol. Vienne 1903. 384 Dr. Franz Kossmat. [46] Inhaltsangabe. Seite Einleitung ze r NE EIERN EEE a Höhenlage der wichtigsten Grubenhorizonte . .. 2 2 2 2 nn nn nn. 843 Verzeichnis der im Grubengebiet aufgeschlossenen Schichtglieder ee Baläozoische Gesteine‘ 77-1. nr n.11 Hr ans en a ee . 344 ET AS et ee Re ee er (N Kreide we Zee ee ee ee ee Er Triasfossilien aus der he von Ele ee Va 1° Aus‘ den Werfener/’Schichten „7. 2 un 345 IL. Aus. den.Wiengener' Schichten... un... 2. WU EE IH; Ausı den Gassianer ‚Schichten; ... 2... "4.7 200 nase ee 346 Beschreibung» der Aufschlüsse I. 22 uns 2 TAN . 346 Floriani-Wasserstollen . . . . . Den ak Bear ee en... 316 Antoni-und Josehstollen „.s ._...., m: 200. at Sn Va Ne ee a en ER et ee 13 Br) BE re NE N 0: III. Lauf. NE Se Nordwestgrube a A EN Re ae oT Südostgrube + .2.5:% u u a 1 al ehe else arten EL IV Lauf ann: kg end Habe her. en er DE BR Na Re fe >. EN V.Baufr. 2m a ET AT RE 2 Ye ante Ey: Me N a UN LED N EEE Nordwesterube ...... “ul ao 04 Da ta na ra nee AT A vn. Kauf a 2: . Der erzführende Körper der Nordwestgrube w 358 5. Die Lagerungsverhältnisse in den Liegendschlägen uud in der Südostgrube . . .... > ARMIRIEHFRE STIER 1.1359 VIILSBauf.. : ar a ee een 12 ee u Nordwestgrube el et ae rn ee IX baut nn 2 N e . 2% 1. Nordwestgrube a a a I RE I 2. Der südliche und südöstliche Grubenabschnitt RE Se Kraut ee mis, a Bas de 2 72, 2 RT. HLanf en eh 2 ee RAR ee u 2 ae Tektonische Zusammenfassung . . u are I. Querprofil durch die SHostemihe nen Joscheckächt und Höllen- ET RE Ne a ee II. Querprofil durch die Nordwestgrüße" ,. . ... 00000. 20 co Die Fortsetzung der Idrianer Überschiebungen . ... 2: 2 2.222222. 376 Die Zinnoberlagerstätten . . . . Pr .- . Verteilung und Genesis der Erzmittel De ee ee Gesellschafts-Buchdruckerei Brüder Hollinek, Wien III. Steingasse 25. Tafel XXV. Die Umgebung von Aspang am Wechsel (Niederösterreich). Erklärung zu Tafel XXV. Fig. 1 und 2. Angeschliffene Flächen von Metagneis (injizierter Schiefer). Das granitische Material gibt sich besonders deutlich zu erkennen durch die großen Kalifeldspatstücke, um welche der Schiefer sich windet. Pag. 293. Natürliche Größe. Fig. 3. Dünnschliff eines injizierten Schiefers. Ein großes Mikroklinstück tritt als Bestandteil des Granites deutlich hervor zwischen den Schieferlagen. Pag. 293. Gekreuzte Nikols. Vergrößerung 15fach. Fig. 4. Dünpschliff des Diabases bei Krumbach (pag. 313). Im ganzen Schliff fast nur ein einziges Hornblendeindividuum, durchspießt von zahlreichen, oft gut umgrenzten Plagioklasleisten. Gekreuzte Nikols. Vergrößerung 15fach. Sämtliche Stücke befinden sich in der Sammlung des Missionshauses St. Gabriel. Die Dünnschliffe photographierte H. Hinterberger. Tafel XXVi. Geologie des Idrianer Quecksilberbergbaues. Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Band, 2. Heft. 50 Erklärung zu Tafel XXVI. Geologische Horizontalschnitte durch die Grube von Idria. (1:5760 = halber Katastralmaßstab.) Fig. 1. III. Lauf; am Inzaghbischacht — 1238 m in bezug auf die O-Linie Biol: ” > n — ee ” - n) ” Fig. 3. VI. » „ ” — 162,0, » » » E) Fig. 4. VII. ” » ” — 1958 n»» n » ” n In der Nordwestgrube sind die wichtigsten Lagerschieferzüge nach dem in Idria herrschenden Gebrauch als A, B, C, D bezeichnet. Die Erzfälle wurden nur in der Horizontkarte des III. und VII. Laufes zur Darstellung gebracht, und zwar hauptsächlich auf Grund der Abbaukarten. Da in Idria erst Erze mit etwa 0'3 Prozent Quecksilbergehalt an der unteren Bauwürdigkeitsgrenze stehen, gibt die Karte selbstverständlich keine Vorstellung von der relativen Bedeutung der einzelnen Erzfälle. Anmerkung: Steiles Einfallen ist durch kurze, verdickte Fallzeichen an- gegeben. Im III. Lauf ist der Karbonschiefer zwischen Nordkontakt und Franzschacht nicht ganz durchgezeichnet, Dr. F. Baron Nopesa: Vilajet Skutari in Nordalbanien. Taf. X. CUKALI N.ALBAN. TAFEL 07 \ DSSS 2 Griav- Sao m, Teano Ara ir R/ } n Ge «2 as Tel 5 senlur z 7 ZU, R WDZEIDDGEN Suppe RD Ir EEE Tran ‚bralom DS FG / Kreide SS Don BD 7 Ju _ 5 juni IB; is Ir: ade Telecih 33 ur Bildungen deren tektonische nbastommt [ r - Grand Rıciu S Side dı Hüote 4 ‚/Dueeg, ka ” / Pf} E g Yh 7 “«$6 789 10m Kali Hotit } ER: ETSSEIEN TEEN Ey Bracta S F a k b s Y P # 4 > Ä £ Ay y 0208. > Nez | 24722 4 TG 122777; \ NS , 2° x \ f! < | \ / \ & 22 A e N 27 > Se " PR z | > I N t a 7 = Art, > | 4 N FEAMESUZ £ IS | N, r ; £ 77 Misch — | | — Pr , M: Y = er N VEN RENT ey *) \ [: Se / Al f ee EST NNN "| = \ Öboti RE ): x | U NEN RI Vin, ES : ame Va ae a ta A| er: N . ZUR a [ a na RR |||||| WB 3 $ | IN. v @ ae ra, U N I —Q I RE Nactrurf: IL a ||ı| > In", LA SE | Sa & | | Ss E ] S S & | j N N ZYraci? ‘> EN Julaj zn N % | m ZER > = £ T a > % RR Be han | & N rg: LEifR Vertindına > Bamisde Übersichiskane VILAJET 3 SKUTARL 8% Sa Aubigu } ALBA N I E} 5 Tographschn gedlogisch au fDenammen Von i DR FRANZ BARON NOPCSA E Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Band LXI, 1911. Verlag der k. k. geologischen Reichsanstalt, Wien III. Rasumofskygasse 23. he n- Dr. F. Baron Nope'sa: Nordalbanien. Tal Cafa Jezerce. Maja Bojs. Maja Cakiss. Fig. 2. Liaskalk bei Cafa Jezerce. Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Bd. LXI, 1911. Verlag der k. k. geologischen Reichsanstalt, Wien III. Rasumofskygasse 23. °SG OSSTIÄNSJOWUNSEH "III ua MeIsussydroy U9y9SL00[098 ' "N AP SrpıoA Q "II6I ‘IXT 'Ppg ‘MeIsuesypry uaU9SIS0]0985 7 'y AP yanqıyef ıady ısnq yonun ypeyuaygejg = F — 'sıdsep pun 1ojoryds T Z) NEN] Duo M '5 "DIA -uo], ‘urgsurog = g — 'yueqyey = g — 'urjsuioy = I "upepf Tuoay 199 uoggoıgoseamp I "SI SAULSUTY np PM Toq (2) afydıogq pun ( -AIX EL -uorueqjepIoN :es9adon uoleg 'I "Ta um re 7 ir Kan a Fr Tafel XXV1l. Geologie des Idrianer Quecksilberbergbaues. 50* Erklärung zu Tafel XXVII. Zwei Querprofile durch die Grube von Idria. (1:5760 —= halber Katastralmaßstab.) Fig. 1. Profil durch die Nordwestgrube in der Linie Gersdorfschlag—Inzaghi- schacht (Linie a—a, der Tafel XXV]). Fig. 2. Profil durch die Südostgrube in der Gegend des Üerinschlages (Linie &—5, der Tafel XXV]). Mit $S,, 8, 8, $, sind die wichtigeren Dolomitkörper bezeichnet, um die Beziehungen zwischen beiden Schnittlinien deutlicher hervortreten zu lassen. Die beiden erzreichen „steilen Blätter“ (das erste etwa 30m nördlich des zweiten) der Südostgrube laufen zwischen S, und S, durch und werden westlich der Profillinie von der O-Kluft verworfen. Anmerkung: Das ganz kleine Vorkommen des Permkalks im Nordostschlag des XI. Laufes (vergl. pag. 367) ist von den Werfener Schichten nicht getrennt. Taf. VI. F. Toula: Die Diluvialterrasse Hirt—Zwischenwässern. 7 Sr N S TS (7 H N ang q wei 000. gas ‚Kol. XI NW im Maßstabe 1 Sektionskopie Zone 18 Ausschnitt aus der (Reproduziert mit Bewilligung des k. u. k. Militärgeographischen Institutes.) Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Band LXI, 1911. Verlag der k. k. geologischen Reichsanstalt, Wien III. Rasumofskygasse 23. F. Toula: Die Diluvialterrasse Hirt—Zwischenwässern. Taf. VIII. Fig. 3. Fig. 1—3 nach Aufnahmen des Autors. Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Band LXI, 1911. Verlag der k. k. geologischen Reichsanstalt, Wien III. Rasumofskygasse 23. F. Toula: Die Diluvialterrasse Hirt—Zwischenwässern. Tat IX Fig. 4. Fig. 5. Fig. 4 und 5 nach Aufnahmen der k. k. Staatsbaudirektion Villach. Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Band LXI, 1911. Verlag der k. k. geologischen Reichsanstalt, Wien III. Rasumofskygasse 23. F. Toula: Quarzitphyllite von Hirt bei Friesach. Tale Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Bd. LXI, 1911. Verlag der k. k. geologischen Reichsanstalt, Wien III. Rasumofskygasse 23. XI. Taf. ‚Wien. Lichtdruck v. Max Jafte gılogischen Reichsanstalt, Bd. LXI, 1911. eiReichsanstalt, Wien, III., Rasumoffskygasse 23. .e \ E N ' N 1 N a ng D r B ff ir x 2 2 a Er 5 \ Per | i 2 ’ “ v i „ J W u ! 2 r he 7 F [u r Fa BI; Pi 51) hi L BE "72 2 ar A ! { I ö Kr A \ ) | | 5 KL Fire B | i ' b j 1 d er u Ber £4 oe h > “ \ I ' j ' ' \ | " 4 1 . h I > x EN ” went ja 207 are PR; | - an h ' h R - hg 7 Ze, “ 2 ka ER J b f {} H w h ‚ " * r t R N u ie j N: I er) Y y e" } i Br. # u 2 j a gefalteten Schiefer von Hirt. 1e Di F. Toula Jahrbuch der k. k Verlag der k. k. geologisc ’ Pl A 54 En R r Tu m Pe 30 a 3 Ah A she Be u Pr u i £ Re i 4 in 2 x at 3 i “ | E ) } ! ; ch, x 4 iä # EI » fa a = NE ; als '# | fi BR: a ; M y* Y f Dat ww. N H f i n Le} Dr. F. Baron Nopcsa: Nordalbanien. Dat. XV. Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Bd. LXI, 1911. Verlag der k. k. geologischen Reichsanstalt, Wien III. Rasumofskygasse 23. N. min a en Dr. F. Baron Nopesa: Nordalbanien. Tat AV Fie. 1. Cafa Melit. Gjanischiefer mit Kalklinsen (@j) auf eocänem Plattenkalk (#0) und dieser auf jurassischem Hornstein (Ju), im Hintergrunde auf dem Gjanischiefer Permo- carbon (Ca). Fig. 2. Drintal bei Malcı. Einfallen des Jura und Eocän unter das Eruptivmassiv von Merdita. L = Lias.. — J, = Mittlerer Jura. — Eo = Eocän. — @j — Gjanischiefer. T, = Mittlere Trias, — s = Serpentin. Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Bd. LXI, 1911. Verlag der k. k. geologischen Reichsanstalt, Wien III. Rasumofskygasse 23. Dr. F. Baron Nopesa: Nordalbanien., Taf. XVII. Maja Ethe. Fig. 1. Rhätischer’KalkZder Maja Ethe bei Buni Jezerce. Fig. 2. Überschiebung bei Dnela, südöstlich von Thethi. K —= Kamisch. — Rk = Rhätisch. Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Bd. LXI, 1911. Verlag der k. k. geologischen Reichsanstalt, Wien III. Rasumofskygasse 23. a ET ae Sara St 1 are r' Dr. F. Baron Nopesa: Nordalbanien. Taf. XVII Krabi. ’ala). Maja Mguls. ._... Fig. 1. Posteocäne Falten der Maja Guss. Ju = Jura. — Eo —= Eocän. — 7, — Mitilere Trias. — os — Serpentin. Fig. 2. Triasantiklinale im Gömsidebache unweit Kortpula und Diagramm des photographierten Teiles. T, = Mittlere Trias. — C = Kontakt. — s — Serpentin. Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Bd. LXI, 1911. Verlag der k. k. geologischen Reichsanstalt, Wien III. Rasumofskygasse 23. ES Dr. F. Baron Nopcsa: Vilajet Skutari in Nordalbanien. Taf. XIX. Cala Skegz M. Kalajalit Krabi Rasa Murgs [0 1 Pa y “r De 5 A £ viE ” FAN LI Dr 50” 4n°® ro 20°% t Ost 40° 20° 30° I. Drinatal bei Cereti Vilz Eper. Eocän (KEo) und Jura (Ju) gefaltet, darüber mittlere Trias (T,) und darüber Serpentin (). Cafa Flanzit Vilza Krüa Suks Kanaj Maja Mguls f f ' | ' „i 9% NM ’ - zu . . ı » i ‘ R; ' ı “ x 0 { Ir r Dee, Nord» } 2. Panorama von Lteri Kak$anit bei Vilza. Auflagerung des Eocän der Maja Mguls auf Jura. Eo - Eocän. Gj - Gjanischiefer. Ju Autor phot Plattenkalk. Ta - Bunte Schiefer der mittleren Trias. Jurassischer Hornstein und Lichtdruck v. Max Jaffe, Wien Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Bd. LXI, 1911. Verlag der k. k. geologischen Reichsanstalt, Wien, IIl., Rasumoffskygasse 23. Dr. F. Baron Nopcsa: Vilajet Skutari in Nordalbanien. Tat. XX. Sne Prenna Cukali Sne Prenna Mazarekut Rasa Gris I. Panorama von Vilza Mazarekut gegen Osten. T, Werfener Kalk. 7 - Porphyr. Tz — Mittlere Trias. Ju — Mittlerer Jura. Maja ErsSalit Piteri Cafa Agrit Nrehaj Cafa Mijetit Cala Lisit ‘ ı [1 ı ' ' ) ; 1 2. Panorama von Mlet i Ke& gegen Osten. Ju - Mittlerer Jura. Eo -Eocäner Plattenkalk. Gj - Gjanischiefer. Pc - Permocarbon. T,; - Mittlere Trias. T3-- Obere Trias. * - Kalkeinschlüsse im Gjanischiefer. Autor phot Lichtdruck v. Max Jaffe, Wien Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Bd. LXI, 1911. Verlag der k. k. geologischen Reichsanstalt, Wien, IIl., Rasumoffskygasse 23. De By TEN Ra Er 1" ‚ala N r w AI te: LEE PER E% D *h h u “ Eh . (a ” Y Deere) * - & % 1% Ds 1. Kr bi. Dr. F. Baron Nopcsa: Vilajet Skutari in Nordalbanien. Taf. XXI. I. Permocarbon (Ca) auf Gjanischiefer (Gj) bei Kodr Sejntit unweit Pogu. Korja Tslumi Merturit Stramme Maja Kasit Lisi Lek Dukadsinit Ju 50° = 40° 30° \ 20° 2. Panorama von Krüfi Toplans.. CT, Obere Trias der Cukaliserie. Ju — Jurassischer Hornstein. Gj und Eo - Gjanischiefer und Eocän, von einander nicht trennbar. Autor phot, Ta=Mittlere Trias. Ta Obere Trias der Korja. © - Serpentin. Lichtdruck v. Max Jaffe, Wien Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Bd. LXI, 1911. Verlag der k. k. geologischen Reichsanstalt, Wien, IIl., Rasumoffskygasse 23, Dr. F. Baron Nopcsa: Vilajet Skutari in Nordalbanien. Taf. XXIl. Derza Cafa Boßit Cafa Zabores I I ' ‘ ' ‘ ' ’ ) ' ' ' 0 l ' ' ı U I ' 1 ı ı ı ' 40° Westf: 40° Il. Quellgebiet des Curaj-Baches. K — Dunkler karnischer Kalk. Rh— Heller rhätischer Kalk. ‘ Nrehaj Piteri Kunora Biga Gimajt Maja Zorsit Maja Zez ' N i ? r i ) | ‚ i ı | 1 5 ‘ ' ı ' f h IN ı ı { ' ' / \ \ j n h N \ “> 1 x \ N Y N l . ” = ö N Sr > = - NE , ' Pr T 4 m 2 . | er oe Ju — Plattenkalk des Cukali. Gj = Gjanischiefer. Pc—Permocarbon. T,—Mittlere und untere Trias. T3 — Obere Trias. r B .& r r 2. Panorama von Zurri Sals gegen WNW. Autor phot Lichtdruck v. Max Jaffe, Wien Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Bd. LXI, 1911. Verlag der k. k. geologischen Reichsanstalt, Wien, IIl., Rasumoffskygasse 23. Dr. F. Baron Nopesa: Vilajet Skutari in Nordalbanien. Taf. XXIII. Cala Agrit Maja Ersalit Cafa Thermes Paläi Korja Kodra Grekut T3lumi Merturit ‘ Panorama von Kroni Planave unweit Brida im Gebiete von Paldi. Ju — Jurassischer Plattenkalk. Gj Gjanischiefer. Pc -Permocarbon. Tz»-- Mittlere Trias. T3 - Obere Trias. Sch— Schutt eines recenten Bergsturzes. 1; Maja Guss Rasa Murgs Gusta Drin Kalaja Dalmaces Komana f ‚ : Cafa Plorit ’ N ' ' ! 1 ' I ! ' ' ' ' ) | 1 2. Gesamtansicht von Komani, das Versinken der Cukali-Falten unter das Eruptivmassiv von Merdita zeigend. Ju —Hornstein des Jura. KEo -Plattenkalk des Eocän. SEo — Schiefer des Eocän. Gj -Gjanischiefer. T, - Schiefer und Hornstein der mittleren Trias. Autor phot, = S! = 5 S P ri nr KT» Kalk der mittleren Trias. & Serpentin. Eichftirtek v7 MSxSJaRgp N [u Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Bd. LX1I. 1911. Verlag der k. k. geologischen Reichsanstalt, Wien, Ill., Rasumoffskygasse 23. Dr. F. Baron Nopcsa: Vilajet Skutari in Nordalbanien. Taf. XXIV. Boka Rümit Cala’ Krüdi Malit Krabi Tmug Ba r er 1. Berifa von Lam-Selme. Eo—-Eocän. Gj-- Gjanischiefer. Ta “ Mittlere Trias. & - Serpentin. Pl Schutt einer pliocänen Terrasse. Sch — Schutt eines recenten Bergrutsches. Krabi Maja Palajt Maja Mguls Cafa Smriis u. Er 30° & Ei Ss BE IT, Tau DET 10 A O5 EI ET re 50° ee en Panorama von der Slakukirche gegen Südosten. Eo —-Eocän. Gj —- Gjanischiefer. Tz — Mittlere Trias. Ju — Jura. 0 — Serpentin. vw Autor phut, Lichtdruck v. Max Jaffe, Wien Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Bd. LXI, 1911. Verlag der k. k. geologischen Reichsanstalt, Wien, IIl., Rasumoffskygasse 23. i ee £ 5 : Aeenenee ._ ee han r Ey R s ” 7 de u are a ii £ Di) P. Steph. Richarz: Umgebung von Aspang. Taf. XXV. phot. Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsansialt, Bd. LXI, 1911. Verlag der k. k, geologischen Reichsanstalt, Wien, IIl., Rasumoffskygasse 23. aut 4 Es re Er ne Day fs ologie des Idrianer Quecksilberbergbaues. Taf. XXVI. Rg1. Profilinie a-aı | - JInzaglhi-Schacht 382” Fogelberg sa? Nig.2. Frofillinie b-b: 3 Jdrica Fluss ras23" - ‘ 7 Ä ? 5 Pr E / , / f Jarica Nivcan‘ 7 Hozbonadiicfer Geödener Andateirv Wear Jhiefer Alamit und. Freien Wergener ekbichten Hreichabe Seimpzägnalionenz Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Bd. LXI, 1911. Verlag der k. k. geologischen Reichsanstalt, Wien III. Rasumofskygasse 23. R = ER a he nm S a i ri Di nu Ausgegeben Ende Dezember 1911. * 0 x 2 aansuch |. DER KAISERLICH-KÖNIGLICHEN he / NAR: u Rs = wen, ABIT: “ Verlag der k. k.. ‚Geologischen. Reichsanstalt.. f In Kommission bei R. Lechner (With. Müller), k. u “Ks Hofbuehbandlung EN re Be 1. Graben 81. x se sh Die Quarzphyliite in den Rhätschichten des mittleren Gschnitztales. Von Dr. Fritz Kerner v. Marilaun. Mit 12 Textillustrationen. Einleitung. Die Berge beiderseits des mittleren Gschnitztales stehen land- schaftlich in scharfem Gegensatze zu jenen, welche das Anfangs- und Endstück dieses Alpentales umschließen. Während sich zu beiden Seiten der Talmündung waldreiche Hänge zu sanften, mit Bergwiesen bedeckten Höhen hinanziehen und den Talschluß düsteres, steil bis in die Firnregion aufstrebendes Urgebirge umgürtet, wird das mittlere Gschnitztal von schroffen Wänden eingerahmt, über welchen grasige Gehängezonen im Wechsel mit zerklüfteten Felsbändern zu den Kämmen emporführen. Diese Eigenart des Reliefs, steil abfallender Sockel und stufenförmiger Aufsatz, ist hier der unmittelbare Ausdruck des geologischen Baues. Das mittlere Gschnitztal durchschneidet eine mächtige Scholle von flachgelagertem Dolomit, über welcher ein aus Schiefermassen und Kalktafeln aufgebauter Schichtkomplex ruht. Dieser lithologisch außerordentlich mannigfaltige Komplex ist fossilleer und hat — wie bekannt — verschiedene Altersdeutungen erfahren. Stache!) hielt ihn für karbonisch, zum Teil für noch älter, und stützte sich hierbei darauf, daß dem in Rede stehenden Komplexe auf der Südseite des Gschnitztales Quarzkonglomerate aufliegen, denen Anthrazitschiefer mit Pflanzen des Oberkarbon eingeschaltet sind und daß die Kalke des Komplexes den Kalken des Zillertales gleichen, welche als paläozoisch anzusehen seien. Pichler?) schrieb den Kalk- und Schieferschichten beiderseits des mittleren Gschnitztales rhätisches (nach seiner Bezeichnungsweise unterliassisches) Alter zu und begründete dies damit, daß jene Schichten vom oberen Alpenkalke unterteuft und auf der Nordseite des Gschnitz- tales von grauen Kalken überlagert werden, welche Bivalven der Kössener Schichten (Gervillia inflata Schafh.) führen. Schon vor Er- !,G. Stache, Aus der nördlichen Schieferzone des Zentralstockes der Bilertaler Alpen. Verh. d. k. k. geol. R-A. 1871, pag..217. — Über die Steinkohlen- formation der Zentralalpen. Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1872, pag. 78. — Die palä- ozoischen Gebiete der Ostalpen. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1874, pag. 151. } 2) A. Pichler, Die Trias des Stubai. Jahrb. d. k.k. geol. R. -A. 1868, pag. 47. Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Bd., 3. u. 4. Heft. (F. v. Kerner.) 51 386 Dr. Fritz Kerner v. Marilaun. [2] zielung eines sicheren Fossilfundes glaubte Pichler!) aus der litho- logischen Übereinstimmung der fraglichen Schichten mit jenen des Tarntales auch für erstere ein obertriadisches, beziehungsweise rhätisches Alter annehmen zu sollen. Das Vorkommen rhätischer Bivalven auf einigen der Spitzen des Kammes zwischen Gschnitz und Stubai war auch Stache be- bekannt; er war aber der Ansicht, daß dasselbe durch tektonische Störungen zu erklären sei und noch nicht dazu berechtige, auch die darunterliegenden Schichten als Rhät anzusprechen?). Das von Pichler berichtete Vorkommen von triadischen Petrefakten (Cardita) in Schieferlagen innerhalb der Dolomite des Gschnitztales hielt Stache jedoch nicht für erwiesen); er erblickte in diesen Dolomiten eine besondere dritte Ausbildungsform seiner Kalktonphyllitgruppe. Pichler glaubte hinwiederum, daß das Auftreten der von ihm selbst entdeckten Anthrazitschiefer über dem südlich vom Gschnitz- tale befindlichen Teile des fraglichen Gesteinskomplexes auf einer tektonischen Störung beruhen könnte und dachte hier zu einer Zeit, als das Wort Überschiebung im deutschen geologischen Sprachschatze noch gar nicht geprägt war, an die Möglichkeit von großen Über- rollungen der Schichten %). Frech, welcher über dem Rhät auf der Kesselspitze auch noch Ammoniten des Adnether Lias auffand?’), vermochte für das ober- triadische Alter der Dolomite des Gschnitztales einen Fossilfund (Megalodus) anzuführen ®) und durch den Nachweis eines Vorkommens von Quarzkonglomerat über den Dolomiten auf der Nordseite des Gschnitztales auch für das Auftreten des Karbons im Süden dieses Tales die Annahme einer Überschiebung wahrscheinlicher zu machen’). Eine Ergänzung zu diesen Feststellungen Frechs war der von mir gemachte Fund von Calamites cfr. Cistii bgt. und von Farn- fiederchen im Bereiche jenes Quarzkonglomerats auf der nördlichen Talseite 8) und der Fund einer Auswitterung von Oardita cfr. Gümbeli Pichl. in einer Schieferlinse innerhalb der Dolomite auf der Südseite des Tales. Ein Umstand, welcher gleichwohl noch gegen eine Deutung der in Rede stehenden Schichten als Rhät sprach, ‚ist der sehr kristal- linische Habitus eines Teiles derselben. Dieser wurde schon von Pichler ausdrücklich hervorgehoben ?) und auch von seiten Frechs ı) A. Pichler, Beiträge zur Geognosie Tirols. Zeitschr. d. Ferdinandeums 1859, pag. 227. ?) Paläozoische Gebiete der Ostalpen, pag. 151. ®) L. ec. Verh. 1871, pag. 220 und Verh. 1872, pag. 80. 4) Beiträge etc.. pag. 224. 5) F. Frech, Über ein neues Liasvorkommen in den Stubaier Alpen. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1886, pag. 355. 6%) F. Frech, Die Tribulaungruppe am Brenner. Richthofen-Festschr. Berlin 1893. ”) Tribulaungruppe, pag. 19. ®) F. v. Kerner, Die Überschiebung am Ostrande der Tribulaungruppe. Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1906, pag. 130. ®) Beiträge etc., pag. 227. [3] Die Quarzphyllite in den Rhätschichten des mittleren Gschnitztales.. 387 anerkannt!). Beide Forscher glaubten ihn aber durch hochgradige Dynamometamorphose erklären zu können, wogegen Stache der An- sicht war, daB es sich um eine „ursprüngliche Kristallisation in feinstem mikrolithischem Sinne“ handle 2). Gegen die Annahme, daß etwa nur die Dolomite mesozoisch seien, die zwischen ihnen und dem Karbon gelegenen Schichten jedoch schon dem oberen Überschiebungsflügel angehören, sprach aber wieder der Umstand, daß diese Schichten vielenorts allmählich oder durch Wechsellagerung aus dem Dolomit hervorgehen. Für die Nordseite des Gschnitztales würde sich bei dieser Annahme auch die Unwahr- scheinlichkeit ergeben, daß einer auf Obertrias aufgeschobenen Masse von altpaläozoischen Gesteinen kleine Reste von Rhät aufsitzen. So blieb noch eine Erklärungsmöglichkeit: eine Durcheinander- schiebung von Gesteinen verschiedener Formationen. Sie konnte den alt- bis vorpaläozoischen Habitus eines Teiles der fraglichen Schicht- masse und ihren stratigraphischen Verband mit dem Triasdolomit zu- gleich verständlich machen. Durch die Angabe Frechs, daß am Westabsturze des Schmurzjoches (= Schöne Grube der Spezialkarte) Rhätkalk und Karbonschiefer horizontal verfaltet seien), schien der Weg zu dieser letzten Erklärungsart eröffnet. Frech selbst betrach- tete jene Verfaltung jedoch als ein räumlich nur wenig ausgedehntes und auf die Randzone der Überschiebung beschränktes Phänomen. Termiers Arbeiten brachten — wie bekannt — eine Auflösung der. gesamten Schichtserie des Brennergebietes in Decken und ent- wickelten betreffs der bier zur Diskussion gestellten Spezialfrage keinen neuen Gesichtspunkt. Anläßlich der von mir vor ein paar Jahren begonnenen, sehr detaillierten Neuaufnahme des Gebietes westlich vom Brenner habe ich den über den Dolomiten des Gschnitztales gelegenen Schicht- komplex nun sehr genau studiert und gewann hierbei die Überzeugung, daß in ihm ein Ineinandergreifen von rhätischen Glimmerkalken und alten Quarzphylliten in weitem Ausmaße stattfinde und daß dieses In- einandergreifen die Lösung des geologischen Problems des mittleren Gschnitztales bilde. Eine gedrängte Übersicht der gewonnenen Resultate habe ich in meinem vor zwei Jahren gebrächten tirolischen Aufnahms- berichte gegeben *) und dann eine von Profilen und Skizzen begleitete mündliche Darlegung in der ersten Herbstsitzung unserer Reichsanstalt im selben Jahre angereiht?). Die folgenden Zeilen enthalten eine ausführliche Beschreibung der geologischen Befunde, auf welche sich meine Ansicht stützt. 1) F. Frech, Über den Gebirgsbau der Tiroler Zentralalpen. Wissenschaft- liche Ergänzungshefte zur Zeitschrift des D. u. ©. Alpenvereines II. Bd,, 1. Heft, pag. 7. 2) L. c. Verh. 1872, pag. 80. 3) Gebirgsbau der Tiroler Zentralalpen, pag. 35. *) F. v. Kerner, Anfnahmsbericht aus dem mittleren Gschnitztale. Verhand). d. k. k. geol. R.-A. 1909, pag. 257—264. 5) F. v. Kerner, Tektonik des mittleren Gschnitztales. Verh. 1909, pag. 310. 51* 388 Dr. Fritz Kerner v. Marilaun. [4] Kesselspitz. An der Stelle, wo das Gschnitztal nach ostwestlichem Verlaufe gegen SW umbiegt, mündet rechts eine Schlucht, die sich noch in der Waldregion in zwei Gräben teilt. Der östliche dieser Gräben, das Valschwern, trennt die Dolomitmasse des Blaser, welche das äußere Gschnitztal gegen Nord begrenzt, von jenem Teil des Haupt- kammes zwischen Gschnitz und Stubai, welcher das mittlere Gschnitztal nordwärts abschließt. Der westliche jener beiden Gräben, das Padail, zieht geradeaus zu diesem Kamm hinan und entsendet links einen Seitengraben, das Padaster, das von einem vom Hauptkamme ostwärts abgehenden Seitenkamm umgrenzt wird. Zwischen dem Valschwern und Padail erhebt sich ein hoher grasiger Rücken, der im Kessel- spitz gipfelt, der Padaster- und Padailgraben werden durch einen kurzen Grat geschieden, der an der Wasenwand vom Hauptkamme abzweigt. Der Ausgangspunkt des sich um den Padastergraben ziehenden Seitenkammes ist der Hammerspitz. Das Gebiet, in welchem die hier zu beschreibenden tektonischen Erscheinungen auf der Nordseite des Gschnitztales auftreten, ist vor- zugsweise dieser Berg sowie das Wurzelstück des von ihm abgehenden Seitenkammes. In geringerer Ausdehnung zeigen sie sich auch am Grate zwischen dem Padaster- und Padailgraben. Zum Verständnis jener Phänomene erscheint es aber unbedingt am Platze, auch noch den Rücken zwischen Padail und Valschwern in die Erörterung ein- zubeziehen. Obschon die Erkennung der Quarzphyllite als fremder, in die rhätische Schichtfolge eingeschobener Massen im Gebiete ihres Vorkommens auf Grund verschiedener Tatsachen möglich ist, wird diese Erkenntnis doch durch die Betrachtung der normalen rhätischen Schichtfolge noch sehr gefördert. Als normale Schichtfolge des Rhät in den Stubaier Alpen hat aber gerade jene am Kesselspitz zu gelten. Sie ist daselbst die vollständigste, indem hier ja der Rhät noch dureh den von Frech entdeckten Lias überlagert wird und zugleich die — allerdings sehr relativ — fossilreichste, insofern kleine, schlecht er- haltene Bivalvendurchschnitte, wie sie weiter im Westen schon zu den großen Seltenheiten gehören, zahlreich vorkommen. Das Rhätprofil des Kesselspitz ist schon von Frech genau be- schrieben worden. Er unterschied (von unten nach oben): . Untere Pyritschiefer (und Glimmerkalke). . Massige weiße Kalkbänke mit Glimmerkalken. . Obere Glimmerkalke (und Pyritschiefer). . Massige graue Kalke. . Cephalopoden führenden Lias. QpewumNm — - Für die untere Schichtgruppe empfiehlt sich die Bezeichnung „Untere Glimmerkalke“ wohl besser als der Name „Pyritschiefer*, erstens, weil auch die Gesteine, in welchen Schwefelkieswürfelchen eingesprengt erscheinen, stark kalkhaltig sind, zweitens, weil sonst für ein anderes Schichtglied der Stubaier Trias, für welches die Be- zeichnung „Pyritschiefer* noch weit mehr paßt, kein anderer und unterscheidender Name mehr übrig bleibt, nämlich für die Aquivalente [5] Die Quarzphyllite in den Rhätschichten des mittleren Gschnitztales. 389 der Carditaschichten unterhalb des Hauptdolomits. Es sind allerdings auch den unteren Glimmerkalken rein schieferige Lagen eingeschaltet, diese weichen aber von den Carditaschiefern völlig ab, so daß auch die Anwendung des Namens „Pyritschiefer* für jene Zwischenlagen zur Verwechslung zweier verschiedener Horizonte Anlaß geben würde. Einen der Stacheschen Bezeichnung „Holzkalk* ähnlichen Namen, Holzmaserkalk, habe ich als Ausdruck für sehr charakteristische, auf ‚Pressungserscheinungen hinweisende Gesteinszeichnungen in meinen Notizheften angewendet und möge derselbe auch im iolgenden gelegentlich gebraucht sein. Für viele Gesteine der zweiten Gruppe erscheint der von Stache gebrauchte Name „Bänderkalke“ sehr passend. Ein Teil derselben ist als Bändermarmor, Plattenmarmor, Glimmermarmor ent- wickelt. Die oberen Glimmerkalke weisen eine sehr große litholo- gische Mannigfaltigkeit auf. Auch in ihnen finden sich rein schieferige Zwischenlagen, anderseits aber auch fast glimmerfreie plattige Zonen. In den Gesteinen der vierten Gruppe finden sich stellenweise häufig jene schlecht erhaltenen Durchschnitte, von denen einige auf Gervillien, Pectiniden und OÖstreen bezogen werden können, die meisten aber keine nähere Deutung zulassen. Von einer Aufzählung und genauen makroskopischen Beschreibung der sehr zahlreichen Gesteins- typen des Stubaier Rhät sowie von einer detaillierten Mitteilung von Schichtfolgen sei hier abgesehen, da diese Abhandlung nur tektonische Verhältnisse zu schildern bestrebt ist. Der Valschwerngraben begrenzt sich nach oben zu mit einer Terrainstufe, über welcher zwei durch einen Felsrücken getrennte schutterfüllte Kare liegen. Das Fußgestell dieses Rückens bilden plattige graue Schieferkalke, welche sanft gegen O verflächen. Über ihnen liegt hellgrauer Schrattenkalk mit 20% O- bis OSO-Fallen. In der Fortsetzung dieses Fußgestelles befindet sich eine Felsbarre, welche das nördliche der beiden Kare quert. Dort trifft man fein- körnigen grauen glimmerarmen Kalk mit Linsen von Kalzit und Zwischenlagen von Tonschiefer; er fällt sehr sanft gegen SSO ein. Die den beiden Karen zugekehrten Flanken sowie der Front- abfall des Rückens werden durch Steilwände gebildet, die aus kristallinen Bänderkalken bestehen. Die generelle Neigung dieser Schichten ist OSO. Uber diesen Wänden breitet sich eine schmale grasige Rückenfläche aus, an deren Rändern gelbliche grünschuppige Glimmerkalke anstehen. Sie fallen über der Ostwand des Rückens gegen SSO, über dessen Westabstürzen mehr gegen SO. In der Mitte des schmalen Rückens lagert splitteriger lichtgrauer Kalk mit Durch- schnitten von Zweischalern. An einer Stelle schneiden in den schmalen Rücken von beiden Seiten her Kamine so tief ein, daß nur ein scharfer Grat als Binde- stück verbleibt. Hier findet eine Aufsteilung (auf 40% und Drehung des Schichtfallens (in SSW) statt. Der hellgraue splitterige Kalk setzt auch noch die Kuppe östlich vom Kesselspitz zusammen, an welcher der vorgenannte Rücken seinen Ursprung nimmt. Der Kesselspitz (Hutzl) im Süden des ober dem Valschwern- graben links sich öffnenden Kares zeigt denselben Aufbau wie jener 390 Dr. Fritz Kerner v. Marilaun. [6] Rücken (Kugelwände). Auf der Ostseite des Berges ragen aus einem Schuttmantel, welcher die tieferen Hänge überkleidet, flachliegende Dolomitmassen hervor, denen graue Glimmerkalke mit Tonschiefer- lagen konkordant aufruhen. Uber diesen folgt eine Zone von weißem dolomitischem Kalk und Bändermarmor, die aber nicht eine Felswand bildet, sondern durch zahlreiche schutterfüllte Runsen in eine Kette kleiner Schrofen zerteilt wird. Oberhalb dieser Schrofenkette breiten sich Schutthänge aus, die von vielen Felsstufen unterbrochen sind. Hier findet sich blaßrötlicher, grünschuppiger Glimmerkalk, glimmer- armer Plattenkalk, rötlichgelber Kalkschiefer, blätteriger und griffliger Tonschiefer und Hornsteinschiefer. Weiter oben folgen als Unterlage des den Gipfelrücken des Kesselspitz krönenden Lias wieder glimmerfreie Gesteinsarten, splitteriger, hellgrau verwitternder, im Bruche dunkelgrauer Kalk und Zellendolomit mit ziegelroter Füllmasse und weißem Leistennetz. An der Basis dieser obersten Rhätschichten zeigt sich hellgelblicher Mergelkalk und grauer streifiger Plattenkalk nebst dünnspaltigem schwarzem Tonschiefer. Das generelle Einfallen ist am Osthange des Kesselspitz 20° SSW. Auf der Südseite des Kesselspitz beobachtet man eine der vorigen ganz Ähnliche Schichtfolge. Uber mächtigen, zum Padailgraben hinab- ziehenden Schutthalden erscheinen dort lichtgraue Kalke im Wechsel mit quarzführenden Tonschieferlagen. Sie unterteufen eine Zone von lichtem dolomitischem Kalk, über welchem graue Schieferkalke und Holzmaserkalke mit Tonschieferlinsen liegen. Diese Schichten werden von weißen und gebänderten Marmoren überlagert, welche eine hohe, zusammenhängende Wandstufe bilden. Uber dieser Marmorstufe zieht sich ein breites Schuttband aus Glimmerkalken hin, über welchen dann eine zerklüftete Felszone aus grauem splitterigem Kalk folgt, die den Lias des Gipfelgrates unterteuft. An den dem Stubaitale (Pinniser Tal und Zeibachgraben) zu- gekehrten West- und Nordabstürzen des Kesselspitz sind zwischen dem dolomitischen Unterbau des Berges und den Kalkmassen der Gipfelregion gleichfalls deutlich drei Gesteinszonen unterscheidbar, eine untere und eine obere mehr dunkel gefärbte Zone von Glimmer- kalken und Kalkschiefern und ein mittleres lichtes Band von Bänder- kalk und Marmor. Kompliziert gestalten sich dagegen die Verhältnisse an dem vom Kesselspitz (Hutzl) gegen SO abdachenden Rücken. Der unterste, von der Vereinigung des Valschwern und Padail ansteigende Teil des- selben ist noch mit Glazialerratikum bedeckt. Weiter aufwärts trifft man Schutt von grauem Kalkschiefer und dann an der zum Padail- graben abdachenden Südseite des Rückens noch innerhalb der Wald- region mehrere Aufschlüsse von grauem Glimmerkalk. An den tieferen Stellen derselben beobachtet man 20° SSO-Fallen, die höheren zeigen lokal gestörte, generell fast flach liegende Schichten. An der Wald- grenze tritt grauer Kalkschiefer mit 20° O- und OSO-Fallen zutage. Auf der dem Valschwern zugekehrten Ostseite des Rückens_ trifft man in fast gleicher Höhe ein Felswändchen von Bänderkalk. Auf dem Rücken selbst gewahrt man im Bereiche der Alpenwiesen ober- [7] Die Quarzphyllite in den Rhätschichten des mittleren Gschnitztales. 391 halb der Holzgrenze zunächst viele Trümmer von lichtem Glimmer- kalk und Bändermarmor und dann eine sehr zerworfene anstehende Felsmasse von generell etwa 10° SSO einfallendem oberem Glimmer- kalk. Etwas weiter ostwärts und ein wenig tiefer zeigt sich flach- liegender plattiger Marmor. Auch Blöcke von grünlichem Schiefer und Quarzit, wie er in der Zone der oberen Glimmerkalke auftritt, sind hier zu bemerken. An den Südhängen des Rückens sieht man mehrere reihenförmig angeordnete Schrofen von Bänderkalk hinan- ziehen. Oberhalb der Quarzitblöcke finden sich am Rücken keine Auf- schlüsse, wohl aber viele Trümmer von weiß verwitterndem, im Bruche grauem, dolomitischem Kalk. Beim weiteren Aufstiege stößt man wieder auf typischen unteren Glimmerkalk, der sich in einer Kette kleiner Schrofen auf die Seite des Valschwerngrabens hinüber verfolgen läßt, woselbst sich dann die Kette rasch emporzieht. Uber diesem Kalk folgen neuerdings plattige Marmorschichten und dann auf einem stark vorspringenden Teil des Rückens wieder Kalke, Schiefer und Quarzite, wie sie in der oberen Glimmerkalk- zone des Kesselspitz erscheinen. Diese Schichten fallen entgegen dem am Berge herrschenden südöstlichen Verflächen 25° N. Noch höher oben trifft man wieder plattigen weißen Marmor und splitterigen grauen Kalk, dann am „Hühnerspiel“ genannten Vor- sprunge des Hutzlrückens in mächtiger Entwickiung wieder obere Glimmerkalke im Wechsel mit plattigem Marmor. Auf der Ostseite des Rückens sind dagegen in gleicher Höhe Gesteine aufgeschlossen, welche den Habitus der unteren Glimmerkalke zeigen. Oberhalb des Hühnerspiels tritt stark klüftiger Kalk zutage, ähnlich jenem, welcher am Gipfelrücken den Lias unterteuft. Er bildet eine stark felsige Region inmitten der Alpenwiesen des Rückens. Beim Aufstiege von da zum Gipfelrücken verquert man nochmals oberen Glimmerkalk und dann die Gesteinszonen, welche auf der Nord- und Südseite des Gipfels die schon erwähnte Wandstufe und die über derselben hin- streichenden Hänge bilden. Es zeigt sich demnach am Südostrücken des Hutzl eine mehr- malige teils ganze, teils partielle Wiederholung der rhätischen Schicht- folge der Gipfelregion und die Basis des Rhät liegt am Südfuße des Hutzl um sehr vieles tiefer als an dessen Nordabfalle. Der Niveau- unterschied ist bedeutend größer, als dem generellen sanften SO-Fallen der Schichtmassen entsprechen würde. Es muß demnach ein staffel- förmiges Absinken der Schichten gegen SO zu angenommen werden. Das Erscheinen von Marmorbänken über oberen Glimmerkalken darf man allerdings noch nicht als Beweis einer Verwerfung ansehen. In mehreren Teilen der Verbreitungsregion des Rhät im Gschnitztale ist die im rhätischen „Normalprofil* des Kesselspitz sichtbare Schei- dung von Bändermarmor und oberem Glimmerkalk nicht so deutlich ausgesprochen; es findet dann eine Wechsellagerung dieser beiden Gesteinstypen statt. In der nächsten Nachbarschaft des Kesselspitz ist allerdings noch die diesem Berge zukommende Schichtfolge zu erwarten, aber auch in dieser treten in der Zone der oberen Glimmer- kalke noch Einschaltungen von Marmor auf. 392 Dr. Fritz Kerner v. Marilaun. [8] Obere und untere Glimmerkalke sind dagegen — wenn auch manchmal im Handstücke nicht mit Sicherheit unterscheidbar — doch in der Art des Auftretens und in der Gesteinsfolge so verschieden, daß es nicht anginge, die mit den oberen Glimmerkalken der Gipfel- region des Kesselspitz übereinstimmenden Schichten, welche am Hutzl- rücken im orographischen Niveau der unteren Glimmerkalke des Gipfelsockels erscheinen, als Einlagerungen in der unteren Rhätzone zu deuten und das Vorkommen solcher Schichten noch tief unter dem orographischen Niveau der Rhätbasis des Gipfels auf eine Hinab- biegung dieser Basis gegen SO zu beziehen. (Abgesehen von ihrer Neigung gegen SO). Es muß ein staffelförmiges Absinken der Schichten angenommen werden. Leider bieten die großenteils mit Alpenmatten bedeckten Seiten- hänge des Hutzlrückens nur sehr spärliche Aufschlüsse dar. Es lassen sich, wie schon bemerkt, von den am Rücken aufeinander folgenden Gesteinszonen nur sehr wenige auf die Ost- und Südabhänge desselben hinüber verfolgen. Man kann derart nicht feststellen, ob Brüche mit geschleppten Rändern oder zerrissene Flexuren vorliegen. Man muß am Hutzlrücken zumindest zwei Absenkungen von großer Sprunghöhe annehmen, eine oberhalb der Waldgrenze und eine oberhalb des „Hühnerspiel“ genannten Bergvorsprunges. Bezüglich der dolomitischen Kalke oberhalb des untersten Aufschlusses oberer Glimmerkalke ist es wahrscheinlicher, daß sie das Liegende der weiter aufwärts folgen- den unteren Glimmerkalke als daß sie das Hangende jener oberen Glimmerkalke darstellen; eine Entscheidung ist beim. Fehlen von bezeichnenden Einschlüssen auf Grund der lithologischen Beschaffen- heit nicht statthaft. Betreffs der klüftigen Kalke oberhalb des Hühner- spiels ist zu vermuten, daß sie den Liegendkalken des Lias am Gipfelrücken entsprechen. Eine Gewißheit über ihre Stellung läßt sich bei dem Felilen von Fossilien nicht erhalten. Im Padailgraben treten oberhalb der Waldgrenze Dolomitmassen zutage, welche lokal steil aufgerichtet sind und mit ihren Schicht- flächen gegen S blicken. Rechts sieht man weiße Kalke und rot und weiß gefleckte Kalkbreccien anstehen. Das Anfangsstück des Padail wird durch einen in der Mitte aufsteigenden Rücken in zwei schutt- erfüllte Kare abgeteilt. Dieser Rücken zieht sich zum Doppelgipfel des Padailjoches hinan, welcher in dem Kammstück zwischen Kessel- spitz und Wasenwand aufragt. Am westlichen Gratabfalle des Kesselspitz zeigt sich unterhalb der hohen Wandstufe des Bändermarmors ein wiederholter Wechsel von grauem Kalkschiefer und weißem kristallinem Kalk. Auf der Grateinsattlung zwischen Kesselspitz und Padailjoch trifft man weißen klüftigen Kalk, schwarzen Kalk mit weißen Kalkspatadern, lichten, gelb verwitternden Kalk und schwarzen Tonschiefer, dieselbe Kom- bination von Gesteinstypen, wie am Gipfelgrate des Kesselspitz im Liegenden der Liasschichten. Das südlich anstoßende Padailjoch baut sich aber noch aus Hauptdolomit auf. Sein Nordgipfel besteht aus zwei zackigen Felsköpfen von rötlichem, glimmerigem. Breccienkalk, welcher den hangendsten Partien des Dolomits zu entsprechen scheint, der Südgipfel ist eine bleiche Felspyramide aus typischem Hauptdolomit. [9] Die Quarzphyllite in den Rhätschichten des mittleren Gschnitztales. 393 Es ist nicht zu zweifeln, daß die Gesteine auf der Scharte zwischen Kesselspitz und Padailjoch den hangendsten Anteilen des Rhät entsprechen. Da aber nicht weit unterhalb der Scharte Dolomit zutage tritt, kann es sich hier wohl nicht um eine Grabenverwerfung handeln, deren Sprunghöhe fast der Mächtigkeit des Rhät gleichkäme. Man wird annehmen müssen, daß zu einer Zeit, als der Rhät am Kamme zwischen Kesselspitz und Wasenwand schon abgetragen war, vom Gipfelgrate des benachbarten Kesselspitz eine Scholle herab- rutschte. Die Scharte zwischen Padailjoch und Wasenwand fällt noch in den Bereich des Dolomits. Die Schichtenlage ist hier und am benachbarten Padailjoch zumeist flach, doch kommen auch lokale Störungen vor. Wasenwand. Der kurze Grat, welcher von der Wasenwand gegen OSO abgeht und die Hochmulden von Padaster und Padail trennt, bietet beider- seits reichliche Aufschlüsse dar, seine gegen O gekehrte Frontab- dachung ist aberinihren unteren Teilen mit vielen abgerutschten Schicht- klötzen und abgestürzten Blöcken und Trümmern überstreut, welche einen Einblick in den Gebirgsbau hemmen. In ungefähr halber Höhe zwischen dem Fußpunkte des Grates an der Vereinigungsstelle des Padaster- und Padailgrabens und der äußersten Gratspitze tritt aus dem mit Krummholz überwucherten Gehänge ein breiter Felssporn vor. Seine Flanken werden durch zerklüftete Dolomitwände gebildet, an welchen 15 bis 20° S—SSW-Fallen vorherrscht. Am Südrande der sehr hügeligen Rückenfläche dieses Spornes tritt Quarzphyllit zutage. Er bildet am oberen Ende eines Aufrisses kleine Felsen, an welchen sanftes Schichtfallen nach WNN bis NNW erkennbar ist. Gleich unter ihm befindet sich eine kleine Wandstufe von Holzmaser- kalk und wenig tiefer eine höhere Felsstufe von grauem, unterem Glimmerkalk. Das Einfallen dieser Kalke ist ein flach gegen S bis SSW gerichtetes. Jxahe unterhalb der tiefer gelegenen Stufe beginnen die Dolomitabstürze. Westwärts vom Phyllitaufrisse sieht man in dem Krummholz- diekicht Dolomit zutage treten. Auf dem ostwärts benachbarten, am meisten vortretenden Teile des Felsspornes zeigt sich Trümmerwerk von Dolomit und unterem Glimmerkalk. An der dem Padailgraben zugekehrten Ostflanke des Spornes treten mehrere durch tiefe Runste getrennte Dolomitkulissen vor. In der nördlichen Fortsetzung des spornartigen Bergvorsprunges ist auf der Westseite des Padailgrabens eine Terrasse angedeutet, die mit Moränenschutt und jüngerem Trümmerwerk bedeckt ist. Sie dürfte, nach ihrer Höhenlage zu schließen, aus unterem Glimmerkalk bestehen. Von dieser Terrasse ziehen sich Schutthalden zu zerrissenenDolomit- schrofen hinan. Weiter aufwärts folgen Wandstufen aus typischen Ge- steinen des mittleren Rhät. Man trifft hier weißen, grauen und rötlich gebänderten Marmor, grünschuppigen, klotzig zerklüftenden Glimmer- kalk und flaserigen Quarzitschiefer mit grünen Glimmerlagen in wieder- Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Bd., 3. u. 4. Heft. (F. v. Kerner.) 52 394 Dr. Fritz Kerner v. Marilaun. [10] holtem Wechsel an. In höherem Niveau treten glimmerreiche Ton- schiefer und nochmals dolomitische Schichten auf. An den obersten Nordhängen des östlichen Vorberges der Wasenwand (Foppmander) herrscht ein rötlichgrauer, glimmerarmer Plattenkalk vor. Das generelle Schichtfallen ist auf der Nordseite des Foppmander schwach gegen OSO bis SO gerichtet. Taleinwärts von der früher erwähnten Terrasse tauchen aus den Schuttmassen am Nordfuße des Verbindungsgrates zwischen der Wasen- wand und ihrem östlichen Vorberge steil aufgerichtete untere Rhät- schichten auf. Man sieht zwei Klippenzacken aus 70° steil gegen S geneigtem grauem dünnplattigem Kalkschiefer und Holzmaserkalk und einen ganz gerade emporsteigenden Riff aus saiger gestelltem, massigem srauem Kalk. Weiter auswärts folgt (als höheres Schichtglied) hell- grauer, subkristalliner Plattenkalk mit 55° S-Fallen, dann jenseits einer Halde weißer Plattenmarmor mit 45° Neigung gegen SSO. Dieses räumlich ausgedehnte Steilstehen der Gesteinsbänke erscheint hier in- mitten der ringsum vorherrschenden, sehr flachen Schichtlagen als eigentümlicher und ungewöhnlicher Befund. Es handelt sich hier auch um eine der bemerkenswertesten Ausnahmen von der am Kamme zwischen Gschnitz und Stubai als normal zu bezeichnenden Lagerungs- weise (sanftes SO-Fallen), um eine große Flexur der rhätischen Schicht- massen, welche schon bei Frech erwähnt ist. Die Schichten biegen sich aus flacher Lagerung im Bereiche des Hauptkammes ostwärts steil hinab und dann wieder in söhlige Lage zurück. Die Flexur ist in den Grenzbänken des unteren und mittleren Rhät am stärksten ausgesprochen, in den tieferen und höheren Horizonten werden die Biegungen flacher. Die erste Umbiegung ist am Nordabsturze der Wasenwand gut sichtbar, die Zurückbiegung wird zum Teil durch Schutt verdeckt. Die östliche Fortsetzung der vorgenannten steil gestellten Kalk- schiefer ist in der oben erwähnten schuttbedeckten Terrainstufe am Nordfuße des Foppmander zu suchen. Die dolomitischen Schichten sowie die Bändermarmore und Glimmerkalke im Hangenden der Kalkschiefer erscheinen im Bereiche der Flexur geborsten und teilweise gegen- einander verschoben. Am Östabsturze der Wasenwand sind die Liegend- schichten der eine scharfe doppelte Biegung erleidenden Kalkschiefer aufgeschlossen. Es zeigt sich da eine starke Vertretung bankiger, zum Teil gebänderter Kalke. Die dünnplattigen und schieferigen Gesteins- typen des unteren Rhät bilden hier nur breite Zwischenlagen. Stellen- weise tritt auch noch die dolomitische Unterlage der Rhätschichten zutage. Das generelle Einfallen ist hier vor dem Beginne der Flexur 20 —30° SSO. Die Dolomitwand, über welcher der vorhin beschriebene Auf- schluß von Quarzphyllit erscheint, verschwindet westwärts unter Ge- birgsschutt. Weiter aufwärts ist die Ostabdachung des Fopp- mander mit vielem Trümmerwerk verschiedener Rhätgesteine über- streut. Uber der Waldgrenze ragen mehrere abgerutschte Klippen von Bänderkalk und oberem Glimmerkalk auf. Höher oben sieht man in dem größtenteils mit Alpenmatten bedeckten Berggehänge da, wo es gegen den Padailgraben umbiegt, einen größeren Aufschluß von sehr [11] Die Quarzphyllite in den Rhätschichten des mittleren Gschnitztales. 395 glimmerreichem Tonschiefer, wie er auch auf der Nordseite des Berges als Einlagerung in’ den höheren Rhätschichten erscheint. Zu Häupten dieses Aufschlusses treten Felswändchen von oberen Glimmerkalken auf. Auf der vorderen Kuppe des Foppmander trifft man rötlich- grauen, glimmerigen Plattenkalk mit sehr wechselndem Einfallen. Die generelle Neigung ist 30° SO, einzelne Schollen zeigen ein Verflächen in NNW, WSW und ©. Die höchste Kuppe des Berges besteht aus 40—45° gegen SSO geneigten, klotzig zerklüftenden Bänken eines sehr glimmerarmen, im Bruche grauen und rötlich verwitternden Kalkes. Dann folgt oberer Rhätschiefer und Glimmerkalk mit Quarzitlagen. Als Unterlage desselben erscheint ein grüner, kalkhältiger, glimmer- reicher Schiefer mit Quarzlinsen, der wieder von glimmerarmen Plattenkalken unterteuft wird. Westwärts von der flachen Einkerbung des Grates hinter dem Foppmander folgt weißer, dolomitischer Kalk nebst Bänderkalk und Plattenmarmor mit steilem südlichem Verflächen (60—70°). Die auf- Längsprofil durch den Grat zwischen Wasenwand und Foppmander. 1 Grauer oberer Glimmerkalk. — 2 Rhätschiefer. — 3 Oberer Glimmerkalk mit Quarzitlagen. — 4 Grünlicher Schiefer und Quarzit. — 5 Rötlicher Glimmerkalk. — 6 Weißer dolomitischer Kalk und Bänderkalk. -— 7 Unterer Glimmerkalk. — 8 Oberer Glimmerkalk. — 9 Hellgrauer Rhätkalk, gerichteten Schichtköpfe dieser Rhätgesteine bilden mehrere schroff emporragende Klippen. Im nächsten Grateinschnitte zeigt sich wieder klüftiger, dolomitischer Kalk, welcher auch das folgende zerzackte und durch seine weiße Farbe auffallende Gratstück bildet. Das Verflächen ist hier sanft gegen S bis SO. Die Hinabbiegung der Schichten am oberen Knie der Flexur vollzieht sich auf dem Grate sehr rasch, wo- gegen die Rückbiegung im unteren Knie allmählich stattfindet. Im Liegenden des weißen dolomitischen Kalkes erscheint auf der Ein-. schartung unterhalb der Wasenwand grauer Kalkschiefer und Platten-. kalk mit 300 S-Fallen. Ebensolche Schichten lassen sich auch über die Rasenhänge an der dem Padail zugekehrten Gratseite gegen die Nordabstürze der Wasenwand hin verfolgen. Man hat es hier mit jenem Rhäthorizont zu tun, welcher die früher erwähnten steilen Klippen am Nordfuße des Grates bildet. Beim Anstiege von der Gratscharte zum Gipfel der Wasenwand trifft man zunächst hellgraue und dunkelgraue, weißgeaderte Kalke und gelbe, dunkelgestreifte und gebänderte Kalksteine. Am Gipfel 52* 396 Dr. Fritz Kerner v. Marilaun. [12] steht weißer klüftiger Kalk an. Da das generelle Schichtfallen jenem der Neigung des Berghanges ungefähr entspricht, verbleibt man beim Anstiege innerhalb derselben Gesteinszone. An dem in mehrere Felspfeiler zerschnittenen Westabsturze des Gipfels läßt sich dessen Aufbau jedoch gut erkennen. Der weiße Gipfelkalk erscheint daselbst von einer breiten Zone von grauem plattigem Glimmerkalk getragen, unter welchem ein Band von Quarzit- schiefer hinstreicht, das selbst von einer Wandstufe von kristallinem Bänderkalk und Plattenkalk unterteuft wird. Diese Schichtfolge weist darauf hin, daß die Kalke an der Ostabdachung des Wasenwand- gipfels der obersten Rhätzone zugehören, der man sie zufolge ihrer lithologischen Beschaffenheit zuweisen möchte. Deutliche Bivalven- durchschnitte, wie sie auf dem Kesselspitz vorkommen, ließen sich hier leider nicht auffinden. Pichler erwähnt von einer Kalkschicht in einem allerdings nicht näher lokalisierbaren Profil vom Senkelspitz (= Wasenwand), daß sie „in ihrem Fortstreichen gegen Osten“ Petre- fakten führe ähnlich denen vom Tarntal!). Der Umstand, daß man beim Anstiege von der Scharte, wo die oberen Grenzschichten des unteren Rhät auftreten, zum Wasenwand- spitz keine typischen Bänderkalke und oberen Glimmerkalke quert, ist durch eine Verwerfung zu erklären. Beim Anblicke des Gipfels von Süden sieht man unterhalb der Gipfelkalke ein Felsband ver- laufen, welches westwärts in die früher erwähnte Wandstufe von Bänderkalk am Westabfalle des Gipfels übergeht, ostwärts aber scharf abbricht und an die unteren Glimmerkalke der Scharte stößt. So kommt es, daß man auf dem Grate oben aus dem Bereiche dieser Kalke alsbald in die Hangendschichten der Wandstufe gelangt. Auf der dem Padastergraben zugekehrten Südseite des Grates der Wasenwand ist die Flexur der Rhätschichten am deutlichsten am Zuge des Bänderkalkes sichtbar. Das Felsband dieses Kalkes zieht sich — sanft gegen W ansteigend — am Südhange des Fopp- mander hin und biegt sich dann in einem scharfen Knie in saigere Stellung auf. Am Abhange über diesem Felsbande sieht man die früher angeführten Gesteinszonen in allmählich flacher werdenden Bögen ostwärts hinabziehen. Die Zone der Quarzitschiefer hebt sich aus den Glimmerkalken deutlich heraus. Die unteren Rhätschichten bilden im Bereiche des Mittel- schenkels der Flexur auf der südlichen Gratseite keine steilen Klippen- zacken wie am Nordfuße des Grates. Man sieht nur kleine Schicht- kopfriffe am Steilhange emporziehen. Als Einfallen ist zunächst 70—80° OSO, dann SSO, hierauf infolge Überkippung 70° NNO und schließlich 70° N zu beobachten. Höher oben folgt ein Aufschluß von 20-—30° gegen SSO einfallendem grauem, plattigem Glimmerkalk und dann eine Anzahl kleiner Wändchen von Holzmaserkalk mit Zwischen- lagen von Schiefer und weißem Marmor mit 20° SO-Verflächen. Diese Vorkommen gehören schon dem oberen Flügel der Flexur an. An seiner Unterkante erscheint der Zug des Bänderkalkes auf der Südseite des Foppmander von grauem Glimmerkalk begleitet. ') Beiträge zur Geognosie Tirols, pag. 228. [13] Die Quarzphyllite in den Rhätschichten des mittleren Gschnitztales. 397 In einer Lücke des Schuttmantels, welcher die tieferen Teile des Gehänges unterhalb jenes Felszuges umhüllt, tritt Quarzphyllit zu- tage. Seine Felsen lassen mehr gegen O zu 35° NO-Fallen, mehr gegen W hin 20° ONO-Fallen erkennen. Südwestwärts von dem Grate der Wasenwand breitet sich im Wurzelstücke des Padastergrabens ein sehr hügeliges Terrain aus. Einige der hier vorhandenen Wälle sind Moränen aus dem letzten Stadium der Eiszeit, andere bauen sich aus anstehenden Felsmassen auf. Vor dem Fuße der Südwesthänge des genannten Grates verläuft ein kleiner Rücken, an dessen dem Grate abgewandter Seite zer- worfene Schichtköpfe von unteren, plattigen Rhätschichten zutage treten, deren vorherrschendes Verflächen sanft gegen NNO gerichtet ist. Unterhalb dieser Felsstufe befindet sich noch am Abhange des Rückens ein Aufschluß von Quarzphyllit. In der flachen Einsenkung westlich von diesem Rücken steht unterhalb dieser Phyllitaufschlüsse ein kleines Hügelchen, das aus Fig. 2. Querprofil durch den oberen Padastergraben und den Berg Foppmander. Ph Quarzphyllit. — 1 Untere Glimmerkalke. — 2 Bänderkalk und Marmor. — 3 Dolomitischer Kalk. — 4 Obere Glimmerkalke. — 5 Rhätschiefer. zerbrochenen, im Durchschnitt gegen NNO geneigten Marmorbänken aufgebaut ist. Gleich taleinwärts von hier sieht man sehr verquetschte und verbogene, etwa 40° NNO einfallende untere Rhätschichten und schief oberhalb derselben eine saiger gestellte, W—O streichende Scholle solcher Schichten. Uber diesen grauen, plattigen Schiefer- kalken erhebt sich ein isolierter Hügel aus 20° N zu W verflächendem Quarzphyllit. Noch weiter taleinwärts ist auf einem Vorsprung unter- halb der Wasenwand gleichfalls Quarzphyllit zu sehen, welcher 15° NNO fällt. Die genannten drei Phyllitvorkommen dürften einem Zuge angehören, wogegen der Phyllit am untersten Südwestgehänge des Foppmander einer zweiten, höheren Phylliteinschaltung angehört. Zweifelhaft erscheint es, ob ein paar winzige, NO—SO streichende saigere Riffchen eines sehr phyllitisch aussehenden Schiefers, die in der Flexur der unteren Rhätschichten unterhalb der Wasenwand aus dem Kalkschutte hervorschauen, auf ein Gesteinsvorkommen hinweisen, das den eben genannten anzureihen wäre. Westwärts von der seichten Einsenkung, in welcher das Marmorhügelchen und der Phyllithügel stehen, befindet sich ein flacher Wall, an dessen westlichem Abhange 398 Dr. Fritz Kerner v. Marilaun. [14] wieder graue, plattige Kalke sanft gegen NNO bis ONO einfallen. Auch der benachbarte, beim Baue des Naturfreundehauses geschaffene künstliche Terrainausschnitt schließt solche Kalke auf. Die weiter westwärts im mittleren Teile des obersten Padaster vorhandenen Bodenwellen sind größtenteils Moränen des Daunstadiums. In der Nachbarschaft des vorerwähnten Phyllithügels liegen vier konzentrische, nach innen zu an Höhe zunehmende Moränenbögen, die ihre konkave Seite dem Südfuße der Wasenwand zukehren. An- schließend an diese Bögen sieht man einen breiten, keine deutliche konzentrische Gliederung zeigenden Bogenwall, der gleichfalls seine Innenseite dem Bergabhange zukehrt. Er mag wohl als ein zeitliches Äquivalent der vier benachbarten Wälle aufzufassen sein. Bemerkens- wert ist es, daß auch im obersten Padailgraben am Ostfuße des Grates der Wasenwand vier konzentrische Schuttwälle zu erkennen sind, zwischen die sich auf der einen Seite noch zwei kleine Zwischen- wälle einschalten. Auf der Grateinsattlung zwischen Foppmander und Wasenwand hat man Gelegenheit, die ineinander geschachtelten Stirn- moränen des obersten Padaster und Padail zugleich aus der Vogel- perspektive zu betrachten. Am Kamme südwärts vom Gipfel der Wasenwand zeigt sich glimmerarmer, grauer, rötlich verwitternder Kalk mit plattiger Ab- sonderung. Er bildet, ziemlich flach gelagert, eine Anzahl zerklüfteter Felszinnen und Türmchen auf dem hier streckenweise in zwei Grate gespaltenen Gebirgskamme. Die dem Pinnisser Tale zugekehrten West- abstürze dieses Kammes sind sehr schroff und kaum zugänglich. Auf der östlichen Kammseite trifft man stark zerworfene Marmorschichten, als deren vorherrschendes Einfallen 20—30° O bis SO erkennbar ist und etwas tiefer unten abgerutschte, infolge Umkippung 40° nach WNW geneigte Schollentrümmer. Weiter südwärts, im Bereiche der tiefsten Einsenkung des Kammes zwischen Wasenwand und Hammer- spitz, stehen phyllitähnliche Schiefer an. Zum Teil führen sie Nester von Quarz und eisenschüssigem Kalkspat und sehen dann gewissen schieferigen Ausbildungen des unteren Rhät ähnlich. Eng verbunden mit ihnen sind Quarzitschiefer mit grünem Glimmer, wie sie als Ein- lagerungen in den oberen Rhätschichten vorkommen. Diese Schiefer gehören zur Schichtserie des Rhät. Von den alten Quarzphylliten sind sie nicht schwer unterscheidbar. Auffällig ist die verhältnismäßig große Mächtigkeit, welche sie hier erlangen. Ihr allgemeines Ver- flächen ist 20—30° O. Diese oberen Rhätschiefer lassen sich in kleinen Wändchen schief über die schuttreichen Osthänge des Grates hinab verfolgen. Ihre Unterlage bilden graue und weiße Marmorbänke, welche sanft gegen OSO einfallen. Hammerspiitz. Südwärts von der vorerwähnten Grateinsattlung steigt der Kamm zum Hammerspitz hinan. Er wird hier durch jene kristallinen Platten- kalke gebildet, welche weiter nordwärts, unterhalb jener Einsattlung die oberen Rhätschiefer unterteufen. Die Schichten sind hier ungemein [15] Die Quarzpbyllite in den Rhätschichten des mittleren Gschnitztales. 399 stark zerworfen und zertrümmert. Große Blöcke, Tafeln und Platten liegen da wirr durcheinander. Jenseits einer ersten Kammstufe folgt die Hammerscharte, über welche der Pfad ins Pinnisser Tal hinab- führt. Hier stehen klotzige grünschuppige Glimmerkalke mit Ein- lagerungen von bräunlichen Hornsteinschiefern an. Das Verflächen ist auf der Westseite der Einscehartung 30° NO. Auf den beiden Kuppen des Nordgipfels des Hammerspitz fallen die Schichten 20° SO. Am Westabsturze der südlichen Kuppe zeigt sich ein wiederholter Wechsel von Glimmerkalk, bräunlichem Horn- steinschiefer und milchweißem Quarzit. Das Fußgestell des Südgipfels des Berges besteht aus Bänderkalk und lichtem Marmor; darüber folgt zunächst Glimmerkalk, dann ein in sehr dünne klingende Platten zer- spaltender Kalk und endlich, die Gipfelfelsen aufbauend, diekbankiger srünschuppiger Glimmerkalk. Das Verflächen ist hier 200 O bis O zu N, am äußersten südlichen Vorkopfe ist es 15° OSO. Die kristallinen Bänderkalke bauen auf der Westseite des Hammer- spitz eine hohe Felswand auf. Es sind hier, wie eine Musterung der Trümmerhalden unterhalb der Wand ergibt, verschiedene weiße, gelb- liche und hellgraue, diekplattige bis bankige Kalkschichten vertreten. Zu Füßen derselben sieht man einen schmalen Zug von grauen glim- merigen Plattenkalken und Kalkschiefern hinstreichen, die zahlreiche Verbiegungen und Quetschungen aufweisen. Sie gehen in die lichten mittleren Rhätschichten über und fallen gleich diesen unterhalb des Nordgipfels des Hammerspitz 20° SO. Diese grauen Kalkschiefer sind von Quarzphyllit unterteuft, welcher 25° NNO fällt. Die Diskordanz ist sehr auffällig im Gegensatze zu der konkordanten Überlagerung der unteren Rhätschichten durch die Bänderkalke. Der Quarzphyllit ist hier sehr mächtig, er baut den ganzen oberen Teil des Grates auf, welcher, unterhalb des Nordgipfels des Hammerspitz entspringend, in nordnordwestlicher Richtung gegen Pinnis abfällt. Etwas weiter abwärts ist das Verflächen des Phyllits, welcher sich in vielen Felsen aufgeschlossen zeigt, 30—40° gegen 0. Unter ihm erscheinen wieder Kalkschiefer und Holzmaserkalke, die jenen im Hangenden des Phyllits gleichen und stark zerbrochen und zerknittert sind. Sie fallen 30° SSO, wogegen der Phyllit über ihnen mittelsteil nach ONO verflächt. Es ist somit auch hier eine deutliche Diskordanz vorhanden. Etwas weiter talabwärts sieht man am Grate selbst O fallenden Phyllit von S fallendem Rhätkalk unterteuft. Unter letzterem folgt bald Hauptdolomit. Der Kontakt von Quarzphyllit und Rhätkalk ist, wo er sich entblößt zeigt, stets ein unmittelbarer. An einer Stelle sieht man im Phyllit einen kleinen Dolomitfetzen ein- geschlossen. Auf der Ostseite des Grates verschwinden der Phyllit und der ihn unterteufende Glimmerkalk bald unter großen Trümmerhalden, welche die weite Gehängenische erfüllen, durch die der Steig nach Issenanger hinabführt. Am schroffen Grate, welcher vom Wasenwand- gipfel gegen NW abfällt und die eben genannte Nische gegen N begrenzt, zeigt sich oberhalb des Dolomitsockels auch ein grasiger Fleck, doch scheint es sich dort nicht um ein Vorkommen von Quarzphyllit zu handeln. 400 Dr. Fritz Kerner v. Marilaun. [16] Südwärts von dem Grate, welcher vom Nord-Hammerspitz gegen Pinnis hinabstreicht, läßt sich die breite Phyllitzone nebst dem sie unterteufenden Bande von unterem Rhätkalk oberhalb der Dolomit- wände an den Westabstürzen des Hammerspitz hin verfolgen. Die obere Phyllitgrenze verschwindet mit der Annäherung an die Rippen- scharte allmählich unter Trümmermassen. Das schmale Gehängeband, auf welchem man um die Westseite des Süd-Hammerspitz herum- gelangen kann, verläuft in der Zone der mittleren Rhätschichten. Man sieht zunächst 20—30° ONO einfallende Glimmerkalke und dann, unterhalb der Pfadspur, Felswändchen von sanft gegen NO einfallendem Plattenmarmor. Die letzte Strecke des Abhanges ist mit Schutt bedeckt. Fig. 3. Nordwestseite des Hammerspitz. Quarzphyllitkeil zwischen den oberen Glimmerkalken und Bänderkalken des Gipfels und den dem Hauptdolomit der Wandabstürze auflagernden unteren Glimmerkalken. Der Quarzphyllit nebst dem ihn begleitenden Zuge von Holzmaser- kalk bildet hier steile Abstürze unterhalb der gangbaren Gehängezone. Dem obersten Padastergraben kehrt der Hammerspitz einen steilen, teils begrasten, teils schuttbedeckten Abhang zu, der von mehreren Wandstufen unterbrochen wird. Ein mittlerer breiter Halden- streifen scheidet diese Stufen in zwei Gruppen. Nordwärts der Halden ziehen sich Felswändchen hin, die aus rötlich, gelb und grau ge- bändertem Marmor und blaßrötlichem, grünschuppigem Glimmerkalk mit Zwischenlagen von Quarzschiefer bestehen. Das Schichtfallen ist ein sanft talwärts gerichtetes (ONO). Höher oben verläuft eine zweite Wandstufe aus ganz ähnlichen Gesteinen mit östlichem Verflächen. Südwärts von dem breiten Streifen älterer, zumeist begraster Halden streicht oberhalb eines Schuttsaumes eine sanft gegen S ansteigende Felswand hin; ihr unterer Teil besteht aus Bändermarmor, welcher [17] Die Quarzphyllite in den Rhbätschichten des mittleren Gschnitztales.. 401 20% gegen NNO bis ONO fällt, daun folgt hellbräunlicher Glimmer- kalk, mehrfach zertrümmert, eine höhere Wandstufe baut sich aus kubisch-klüftigem dolomitischem Kalk auf. Bei der Annäherung an den Grat, der vom nördlieben Hammer- spitz gegen OSO abfällt und in das Padasterjoch ausläuft, biegen sich die vorerwähnten Schichten auf. Der plattige Bändermarmor zeigt dann 40—45° steiles Verflächen gegen NNO und am unteren Teile des Grates selbst sieht man jäh emporstrebende Klippen aus 50— 55° steil gegen NO einfallendem Plattenmarmor. Uber ihm folgt am Grate srünfleckiger Glimmerkalk und dann, einen vorragenden Felskopf bildend, wieder kristalliner Plattenkalk in einem schmalen Zuge. Beim weiteren Aufstiege trifft man sehr steil aufgerichtete Glimmerkalke (Verflächen 60—70° NO); die Schichten sind zum Teil stark ver- bogen, so besonders an einem weiter oben am Grate vortretenden Fig. 4. Querprofil durch den Hammerspitz. D Hauptdolomit. — 1 Untere Glimmerkalke. — Ph Quarzphyllit. — 2 Bänderkalk und Marmor. — 3 Obere Glimmerkalke. — 4 Grauer Rhätkalk mit Bivalven. Köpfchen. Der Grat wird nun eine längere Strecke weit aus Schicht- köpfen steil gegen NO fallender oberer Glimmerkalke gebildet. Höher oben wird die Lagerung infolge von Überkippungen wechselnd, man sieht dann gegen SW und gegen OSO geneigte Schichtflächen. Vor- herrschend ist hier ein grauer Plattenkalk von ähnlicher Art wie jener, welcher den Kamm südlich vom Wasenwandgipfel bildet und bräun- licher Kalk mit großen Glimmerflecken. Über diesen Kalken lagern oberste Rhätschichten. Man trifft da grauen, weißgeäderten und hellen dolomitischen Kalk, gelben, etwas mergeligen Kalk mit staubigen Anwitterungsflächen, grauen, rötlich verwitternden Kalk und dunkelgrauen Kalk mit Fossilresten. Es gelang mir hier, Durchschnitte von dünnschaligen, nicht näher zu deutenden Zweischalern aufzufinden, ganz ähnlich jenen, welche am Kesselspitz vorkommen. Dieser Petrefaktenfund bildet, so geringfügig er an sich erscheint, eine sehr erwüpschte Stütze für die aus der übereinstim- menden Gesteinsbeschaffenheit und Gesteinsfolge (erstere allein würde noch nicht viel besagen) sich ergebende Auffassung, daß auch die Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Bd., 3. u. 4, Heft. (F. v. Kerner.) 53 402 Dr. Fritz Kerner v. Marilaun. [18] kristallinen Kalkmassen im Umkreise des Padastergrabens gleich jenen des Kesselspitz von rhätischem Alter sind. Am obersten Teil des Grates trifft man dann bis zum Gipfel des Hammerspitz hinauf wieder Glimmerkalke. Die grauen obersten Rhätkalke liegen wie eine Platte den Glimmerkalken auf, doch ist, da die Schichtmassen gestört sind und die grauen Kalke keine deutliche Schichtung zeigen, keine regelmäßige Auflagerung erkennbar. Am Süd- rande des Grates sieht man die Glimmerkalke mit 20—40° NO -Neigung unter die grauen massigen Kalke einschießen. An anderen Stellen fallen sie gegen O bis OSO ein. Auf der Nordseite reicht der oberste Rhät etwas am Abhange hinab und scheint dort lokal steilgestellt zu sein. Südwärts von dem Grate, welcher vom Nord-Hammerspitz aus- sehend im Padasterjoch endet, liegt die tiefe, in das mittlere Gschnitz- tal ausmündende Nenisschlucht. Ihre südliche Begrenzung bildet der erhabene Gipfelkamm des Kirchdaches, gegen W begrenzt sie sich durch den Gebirgskamm, welcher vom Hammerspitz zum Kirchdach- sipfel hinüberführt. Ein von der Mitte dieses Kammes gegen OSO (parallel zu den Graten des Hammerspitz und des Kirchdaches) ab zweigender Rücken trennt ein wüstes, hochgelegenes Kar von dem tief eingeschnittenen Wurzelstücke der Nenisschlucht, der Bockgrube, ab. Halbwegs zwischen dem Nordgipfel des Hammerspitz und der Abgangsstelle des eben genannten Rückens, befindet sich der tiefste Einschnitt des Gebirgskammes, die Rippenscharte. (Siehe Fie. 5.) Der Hammerspitz fällt gegen die Bockgrube mit hohen, in zwei Stockwerke geteilten Wänden ab, die aus kristallinen Bänderkalken und Glimmerkalken bestehen. Am Wege, welcher unterhalb dieser Wände vom Padasterjoche zur Rippenscharte hinüberführt, sieht man zunächst auch noch kristalline Kalke mit durchschnittlich nordöst- lichem Einfallen. Zu Füßen der steilen Abhänge des nördlichen Hammerspitz dehnen sich große, in die Nenisschlucht hinabziehende Trümmerhalden aus. Unterhalb der Wandabstürze des südlichen Hammerspitz tritt Quarzphyllit zutage. Er zieht, eine ziemlich breite Zone bildend, zur Rippenscharte hinauf und steht so im Zusammen- hange mit den Phyllitaufschlüssen auf der Westseite des Hammer- spitz. Westlich vom Schlote, welcher zwischen dem nördlichen und südlichen Teil des Hammerspitz emporzieht, sieht man einen Fetzen von Quarzphyllit im hangenden Kalk eingeschlossen und gleich weiter westwärt$ eine Scholle von unterem rhätischem Plattenkälk vom Phyllit umwallt. Das vorherrschende Einfallen des Quarzphyllits in der Bockgrube ist 300 N bis NO. Hier ist, da die Bänderkalke auch ein östliches Verflächen zeigen, keine deutliche Diskordanz erkennbar. Unterhalb des Quarzphyllits zieht sich ein durch Runste mehr- fach zerschnittenes Schichtband von grauen plattigen Glimmerkalken hin. Dieselben sind zum Teil stark zerknittert und gefältelt. Südlich von der Rippenscharte zeigt dieses Schichtband eine kleine Aufwöl- bung im Streichen; die unteren Rhätkalke fallen dort gegen NNO und dann gegen SSW ein. Gleich unterhalb der Scharte sieht man eine Felsstufe von 25° gegen W verflächendem grauem Plattenkalk mit schieferigen Zwischenlagen und etwas weiter abwärts noch Auf- schlüsse von Quarzphyllit. [19] Die Quarzphyllite in den Rhätschichten des mittleren Gschnitztale.. 405 Das Fußgestell der südlichen Gratabdachung des Hammerspitz gehört noch der Phyllitzone an. Der Quarzphyllit fällt hier durch- schnittlich 20° NNO. Auf der Nordseite des Grates bildet er sehr schroffe Felsabstürze, auf der Südseite tritt er auch in vielen Felsen zutage. Die obere Grenze des Phyllits ist an diesem Grate durch Schutt verdeckt. Die anstoßende Kalkfelsmasse fällt 70° W und be- findet sich sichtlich in gestörter Lagerung. Höher oben ist ein Ver- flächen nach ONO bis NNO erkennbar. Das Hangende des Quarzphyllits ist hier ein massiger, etwas dolomitischer Kalk, wie er auch am Grate der Wasenwand und auf der Nordseite des Kesselspitz innerhalb der mittleren Rhätzone er- scheint. Erst höher oben zeigen sich Bänke von Bänderkalk. Die Felspfeiler im Umkreise des schutterfüllten Tobels am Nord- abfalle der Rippenscharte bestehen in ihrem oberen Teil aus Quarz- phyllit, welcher 20° gegen SO bis SSO verflächt, in ihrem unteren aus glimmerigen Plattenkalken, welche ein ähnliches Einfallen zeigen und stark gefältelt und zerknittert sind. Die Gesteinsgrenze senkt sich hier rasch gegen N. An der linken Tobelseite reicht der Phyllit weiter hinab als an dem Felssporn zur Rechten. Auf dem Felskopfe, welcher oberhalb dieses Spornes in der Gratlinie aufragt, fällt der Phyllit sanft gegen SO und wird von 40° O fallendem grauem Platten- kalk unterteuft. Jenseits des Spornes befindet sich ein zweiter größerer Tobel, aus dessen Schuttinhalt zwei schroffe Felsrippen aufragen. Sie bestehen aus sehr steil gegen O einfallenden unteren Rhätkalken und Rhätschiefern, letztere leicht unterscheidbar vom Quarzphyllit. Stellen- weise sind diese Schichten überkippt. Den rückwärtigen Abschluß dieses Tobels bilden die Nord- abstürze zweier Phyllitkuppen, die im Grat oberhalb des vorerwähnten Felskopfes aufragen. Am Grat zwischen jenem Kopfe und der nörd- lichen der zwei Kuppen erscheint im Quarzphyllit eine große Quarzit- linse. Fin anderes Quarzitvorkommen befindet sich jenseits der zweiten Kuppe am Gratabfall, oberhalb der südlichen der beiden Rhätschiefer- klippen. Auf der Ostseite des Grates treten hier unterhalb des Phyllits auch wieder zwei Feisrippen von unteren Rhätschichten zu- tage. An der größeren wechseln rein kalkige und rein schieferige Gesteinspartien, die kleinere besteht aus grauem, dünnbankigem Kalk und fällt, wie die erstere, 25° ONO. Das eben beschriebene Gratstück stößt unter fast rechtem Winkel an den Nordostabfall der Dolomitmasse des Kirchdaches. Der Quarz- phyllit und der ihn unterlagernde Rhätkalk erscheinen hier quer ab- geschnitten. Am Grat folgt auf den Phyllit eine Felsmasse von 30 bis 350 gesen NO einfallendem dolomitischem Kalk. An der Grenze richtet sich derselbe steil auf und man sieht da auch einen kleinen Fetzen von Rhätkalk eingeklemmt. Der Phyllit selbst fällt unmittelbar daneben 55° W und biegt sich dann so um, daß mittelsteiles NO-Fallen eintritt. Die beiden vorerwähnten Rhätkalkriffe auf der Ostseite des Grates stoßen an eine Dolomitwand, deren Bänke 20° gegen NO ver- flächen. Die südliche der beiden Rhätklippen im großen Tobel auf der westlichen Gratseite bleibt dagegen durch eine schutterfüllte Runse von dem benachbarten Teile der Kirchdachwand getrennt. DIE 404 Dr. Fritz Kerner v. Marilaun. [20] Man hat es an der eben beschriebenen Stelle mit einer der größeren von jenen Verwerfungen zu tun, welche den Gebirgskamm zwischen Gsehnitz und Stubai durchsetzen. Die Höhe, um welche hier das östliche Gebirge gegen das westliche abgesunken erscheint, ist allerdings nicht sehr bedeutend. Beim Aufstiege auf das Kirchdach bleibt man nicht sehr lange im Bereiche des Hauptdolomits und gelangt dann wieder an dessen Grenze gegen den Rhät. (Siehe Fig. 5.) Vom vorbesprochenen Grate zweigt — wie schon erwähnt — ein Rücken ab, weleher die Bockgrube vom Kar unterhalb der Ostwände des RKirchdaches trennt. Das Wurzelstück dieses Rückens wird durch die Ostabhänge der beiden oberhalb des großen Tobels aufragenden Phyllitkuppen gebildet. Die Lagerungsverhältnisse sind hier mehrfach wechselnd. Man beobachtet gleich unterhalb des Grates sanftes Ver- flächen gegen ONO, in einer kleinen Mulde weiter nordwärts ein Ein- fallen gegen S, tiefer unten am Gehänge sanftes Einfallen gegen NW und NO und an einem Felsriffe noch weiter talabwärts 40° NNO-Fallen (vorher auch Saigerstellung bei NW—SO-Streichen). Die in diesen wechselnden Befunden zum Ausdruck kommende Zerstücklung der Schichten steht jedenfalls mit dem benachbarten Abbruche in Beziehung. Am mittleren Teile und am Endstücke des Rückens werden untere thätschichten angetroffen, vorwiegend glimmerige graue Kalke mit Nestern von eisenschüssigem Nalzit, zum Teil auch mit Quarzknauern. Zu beiden Seiten des Rückens bilden diese Kalke kleine Felswändehen, unter denen Dolomitabstürze folgen. Der Rhät liegt hier demnach nur wie eine Platte einem dolomitischen Gebirgssockel auf. Am süd- östlichen Ende des Rückens fällt der Rhätkalk sanft nach NO ein. Seinen Grenzschichten gesen den ihn konkordant unterteufenden Dolomit sind dort eine Schieferlinse und eine Bank von weißem kristallinem Kalk und von gelblichem Glimmerkalk eingeschaltet. Padasterjoch. Der vom Hammerspitz gegen Ost abfallende Grat setzt sich in den grasigen Rücken des Padasterjoches fort. Gegen SW stürzt der- selbe steil zur Nenisschlucht ab, seine ziemlich sanfte NO-Seite wendet er dem Padastergraben zu. Der steile Frontabfall der End- kuppe des Rückens ist dem Gsehnitztal zugekehrt. Auf der Ostseite dieser Kuppe zweigt ein Seitenkamm ab, der sich nordostwärts bis zur Vereinigung des Padaster- und Padailgrabens vorschiebt und die Scheidewand zwischen ersterem und dem Gselmnitztal bildet. Dadurch, daß dieser Seitenkamm in seinem Anfangsstücke eine Einkerbung er- leidet und der jenseits dieser Kerbe befindliche Teil des Kammes auch ein abweichendes Relief zeigt, gewinnt er das Aussehen einer selbständigen, dem Hauptkamme im SO vorgelagerten Gebirgserhebung. Dieser Vorberg, die Hohe Burg, besteht aus sanft gegen SO geneigtem Hauptdolomit. Dem in das Gschnitztal Wandernden tritt dieser Berg als das erste Wahrzeichen jener großartigen Dolomitbergwelt entgegen, die [21] Die Quarzphyllite in den Rhätschichten des mittleren Gschnitztales.. 405 in den kühnen Zacken des Tribulaun und der Pinnisser Schrofen ihre höchste Pracht entfaltet. Uber mächtigen Schutthalden, die sich bis zum grünen Talboden hinabsenken und die Ufermoränen des diluvialen Talgletschers teilweise überdecken, erhebt sich ein durch tief ein- dringende Schlote in Pfeiler zerschnittener Bergsockel mit einem Aufsatze von schroffen, schön geformten Gipfeltürmen. Im unteren Padastergraben hat man die Westabstürze dieser Felstürme vor sich. Zu ihren Füßen zieht sich eine Kette von ineinander verschmolzenen Schuttkegeln hin. Vor diesen breiten sich zur Rechten des Padaster- baches Moränenwälle aus den späteren Rückzugsstadien der letzten Eiszeit aus. Entlang des Baches selbst gewahrt man einige kleine Auf- schlüsse von Dolomitschutt. Am unteren Ende des alpinen Teiles des Padastergrabens treten rechts vom Bache 20° gegen ONO einfallende Dolomitfelsen zutage. Die grasigen Gehänge zur Linken des Padasterbaches bestehen aus älterem, zum Teil glazialem Schutte, höher oben zieht sich auf der Westseite des Grabens eine mehrfach unterbrochene Kette von kleinen Schrofen hin. Sie bezeichnen die Grenzzone zwischen dem Hauptdolomit und dem Rhät. In einer gegen- über den Moränen der östlichen Grabenseite hinanziehenden flachen Rinne erreicht man zunächst Felsen von Dolomit und dann einen Aufschluß, wo über Dolomit grau- und weißgebänderter Kalk und glimmerreicher unterer Rhätschiefer folgen. Etwas weiter taleinwärts tritt wieder aus den Alpenmatten zunächst ein Dolomitturm und höher oben ein Fels von 15° NO verflächendem glimmerigem Plattenkalk heraus. Die folgende Gehängenische erscheint gleichfalls durch Wändehen von Dolomit und untersten Rhätschichten nach oben ab- geschlossen. Dann reicht der Dolomit höher hinauf und fällt sowie auch die ihn überlagernden Glimmerkalke 20° WSW bis SW. Der Felskopf oberhalb der Stelle, wo der SW—NO streichende untere Teil des Padastergrabens in das NW—SO streichende Mittelstück desselben übergeht, besteht aus undeutlich geschichtetem Dolomit. Die niedrige Wandstufe rechts oberhalb des kleinen Talbodens des mittleren Padaster baut sich dagegen aus grau- und weiß- und rotgebänderten kristallinen Kalken auf. Das Einfallen ist hier flach segen SO bis O. Die kleinen Aufschlüsse am oberen Ende des Tal- bodens entblößen aber wieder klüftige dolomitische Gesteine. Oberhalb der Kette von kleinen Felsstufen und Schrofen, welche sich über die linksseitigen Hänge der Talrinne des Padasterbaches hinziehen, steigt das Gelände sanft zum obersten Teile des Padaster- srabens an, welcher mit den früher erwähnten Ringmoränen erfüllt ist. Es sind hier nur sehr wenige Aufschlüsse vorhanden, welche auf die Übergangszone von Hauptdolomit und Rhät hinweisen. Das Verflächen ist nordwärts vom kleinen Talboden sanft gegen W, weiter gegen den Foppmander hin sanft O; höher oben in der Mitte sind plattige Kalke in söhliger Lagerung anzutreffen. Die in den unteren Aufschlüssen erkennbare flache Aufwölbung der Schichten ist somit auch höher oben noch nachweisbar. Im Graben, welcher sich vom kleinen Talboden gegen den Fuß des Hammerspitz hinanzieht, trifft man ein eigentümliches kavernöses, 406 Dr. Fritz Kerner v. Marilaun. [22] bräunlich anwitterndes Gestein, das in einer grauen Grundmasse weiße Einsprenglinge zeigt. Es läßt sich in kleinen Riffchen als schmaler Zug ungefähr hundert Schritte weit zwischen den Rhät- kalken hin verfolgen, eine Spaltenausfüllung bildend. Es handelt sich hier, wie die von Dr. Ohnesorge freundlichst vorgenommene Schliffuntersuchung ergab, um eine Breceie aus Schiefersplitterchen und Quarzkörnern und einem Zement aus eisenhältigem Kalkkarbonat nebst Quarz und tonigen Bestandteilen. An dem Gehänge oberhalb des rechten Ufers des Padaster- baches erscheint taleinwärts von den Schutthalden der hohen Burg ein kleiner Aufschluß von phyllitischem Schiefer. Von hier gelangt man über steile Rasenhänge zu dem Sattel hinauf, welcher die Dolomit- türme der hohen Burg vom grasigen Rücken des Padasterjoches trennt. Am Grate ostwärts von diesem Sattel steigt man über zwei Felsköpfe zu einer kleinen Scharte an, jenseits welcher sich der Hauptturm der Hohen Burg erhebt. Das herrschende Einfallen des Dolomits ist hier 25° NO. Am Südrande des Sattels treten dolo- mitische Felspfeiler vor, zwischen denen sich schutterfüllte Runste zum Lascheitatobel hinabsenken. Weiter weg vom Sattelrande trifft man plattigen dolomitischen Kalk und dann in der Mitte der Kammein- sattlung braunen und grauen glimmerigen Kalkschiefer in ziemlich flacher, lokal gestörter Lagerung. Durch eine kleine Wiesenmulde von diesen Aufschlüssen getrennt, erhebt sich in der Sattelregion ein kleiner Hügel. Er besteht aus söhlig gelagertem Quarzphyllit. Ebensoleher Phyllit steht auch an der Nordböschung der Mulde, gleich neben und unterhalb der Vorkommnisse von Kalkschiefer an. Der Gesteinskontakt selbst ist aber nicht zu sehen. Die Mulde geht ostwärts in einen Graben über, der sich zwischen einem Dolomitsporn und zwischen dem Phyllithügel gegen O hinab- senkt. An dem diesem Graben zugewandten Abhange des Hügels sind mehrere Aufrisse von Phyllitschutt und auch Felsen von flach gelagertem Phyllit vorhanden. Tiefer unten steht Dolomit an. In der westlichen Fortsetzung des besagten Hügels steht ein Rücken, auf welchem auch mehrere Aufschlüsse von Tonglimmerschiefer sowie auch kleine Partien von flach gelagertem oder schief gestelltem Plattenkalk zu sehen sind. Auch am Gehänge gegen den Graben hinab stehen Felsen von 10—20° sanft gegen NNO geneigtem Phyllit an und gleich unter ihnen trifit man eine kleine Stufe von grauem, flach gegen NÖ einfallendem Plattenkalk, dessen Schichttafeln mehrfach verbogen und zerbrochen sind. Westwärts von jenem Rücken ragt eine große Klippe auf, die aus weißem und hellgrauem, zum Teil glimmerigem Plattenmarmor besteht. Das Verflächen ist hier zum Teil 20° N, am Nordfuße der Klippe sanft nach S. Es handelt sich hier um eine gesunkene und zerbrochene Scholle, deren Trümmer gegeneinander verschoben sind. Unterhalb der Klippe trifft man am Abfalle gegen den Lascheitatobel und auch auf der Seite gegen den Padastergraben zu kleine Schrofen von dolomitischem Kalk. Ein Fetzen solchen Kalkes ist auch neben der Klippe eingequetscht. Beim weiteren Anstiege über den Bergrücken, welcher zum Padasterjoche hinaufführt, trifft man teils söhligen, teils gegen die [23] Die Quarzphyllite in den Rhätschichten des mittleren Gschnitztales. 407 vorgenannte Klippe hinabgebogenen, 35° NNO einfallenden Quarz- phyllit, dann eine eingequetschte, 40° gegen N geneigte Marmorscholle und wieder sanft gegen N verflächenden Phyllit. An der zum Gschnitz- tal abfallenden Südostseite des hückens wird der dort gegen NNO und NO geneigte Quarzphyllit von unteren Rhätschichten unterteuft, die 35 bis 40° nach N verflächen. Weiter westwärts und höher oben sieht man den Quarzphyllit sanft gegen W bis WNW, den unteren Rhätkalk 20 bis 30° nach WSW einfallen. Am Osthange der äußeren Kuppe des Padasterjoches bildet der Quarzphyllit eine schief über das Gelände hinabziehende Felsstufe; hier fällt er 10 bis 15% gegen N bis NW ein. Man hat es demnach in der Kammeinsattlung zwischen der Hohen Burg und dem Padasterjoche mit ziemlich unregelmäßigen Lagerungsverhältnissen zu tun. Die Hänge, welche von dem früher erwähnten kleinen Talboden gegen den Rücken des Padasterjoches ansteigen, zeigen in ihren untersten Teilen spärliche Aufschlüsse von Phyllit. Weiter taleinwärts sieht man Klippen von weißem klüftigem Kalk und oberhalb derselben sowie zwischen den beiden Gräben, nach deren Vereinigung der kleine Talboden entsteht, treten graue Kalke des unteren Rhät zutage. Höher oben zieht sich über die Nordostabhänge des Padasterjoches eine Kette von kleinen Kalkvorkommen hin. Die Einfallsrichtungen sind auch hier wechselnd, was auf Zerstücklungen der Schichtmassen hinweist. Diese Kette beginnt gleich ostwärts von einem Phyllitriffe am Rücken oberhalb des Sattels westlich von der Hohen Burg. Man stoßt zunächst auf eine Felsstufe aus gelblichweißem glimmerigem Plattenmarmor, welcher 30° SW fällt. Der letzte Teil der Stufe fällt aber 20° NNW, Ein wenig tiefer zeigt sich eine sanft gegen SSW geneigte Scholle von lichtgrauem Kalk, gleich weiter oben erscheint eine Felsbank von hellgrauem Plattenkalk mit 25° Neigung gegen WSW. Dann folgen sieben kleine EntblößBungen von weißem, stark- klüftigem, großenteils in Trümmer zerfallenem Kalke. An einer Stelle ist hier 50° steiles Verflächen gegen SSW erkennbar. Jenseits dieser Trümmerfeldchen folgt eine Gruppe kleiner Hügelchen aus ebensolchem Kalke. An diese Vorkommnisse reiht sich ein dem Ge- hänge parallel streichender Hügelwall. Auf dem Rücken desselben trifft man grauen, zum Teil auch gelblichen plattigen Glimmerkalk mit südwestlichem Einfallen. Unter ihm tritt an der Nordostböschung des Walles Quarzphyllit zutage, welcher auch gegen SW fällt. Weiter ostwärts zieht sich der Phyllit auf die Rückenfläche hinauf und wird dort wieder von grauem Glimmerkalk und von einem gut seschichteten, aber unregelmäßig zerklüftenden weißlichen Kalk unter- teuft. Derselbe Kalk baut dann noch einige steile Klippen am Ost- rande des Hügelwalles auf. Sein Einfallen ist hier mäßig steil gegen SSW. An den oberen Nordosthängen des Padasterjoches trifft man wieder Aufschlüsse von Quarzphyllit, welcher vorzugsweise ein nord- östliches Verflächen zeigt. Der Gipfelrücken des Jadasterjoches besteht gleichfalls aus Quarzphyllit.. Ein Sattel trennt hier vom Hauptgipfel einen äußeren Gipfel ab, dem noch eine Kuppe vorliegt. Von letzterer zieht sich ein Rücken steil gegen SO hinab, der in einem Dolomit- 408 Dr. Fritz Kerner v. Marilaun. [24] kopfe endet. Gegen S dacht diese Kuppe mit einem Grashange ab, unter welchem Steilwände mit vortretenden Felspfeilern stehen. Der Gehängeknick entspricht hier der Grenzzone zwischen der auf- lagernden Phyllitdecke und dem dolomitischen Sockel. Der früher erwähnte Zug von grauen plattigen Kalken auf der Südseite des von der Hohen Burg herüberziehenden Rückens läßt sich bis an den Süd- abfall der vorgenannten Kuppe hin verfolgen. Er bildet zumeist die Grenzzone zwischen Dolomit und Quarzphyllit; eine Strecke weit zeigt sich ober ihm noch eine Felsstufe von dolomitischem Kalk, über welcher dann der Quarzphyllit folgt. Der Quarzphyllit tritt auf den beiden grasigen Gipfeln des Padasterjoches in vielen Felsen zutage und zeigt im allgemeinen sanftes nordöstliches Einfallen. Nahe dem Beginne des Padaster- Fig. 5. AS N Rippenscharte (links) und Hammerspitz (rechts) gesehen von Südost. D Hauptdolomit. — u Untere Glimmerkalke. — m Bänderkalk und Marmor. — o Obere Glimmerkalke. — Ph Quarzphyllit. rückens findet sich innerhalb des Quarzphyllits ein größerer Ein- schluB von klüftigem grauem, weißlich verwitterndem Kalke mit be- gleitenden Fetzen von dunkelgrauem Plattenkalk. An den Grenzen gegen den umgebenden Phyllit erscheint die Lagerung sehr gestört. An der Ostseite des Einschlusses steht der Kalk saiger und streicht parallel zur Grenze gegen den Phyllit. Weiter westwärts sieht man diesen mit 15° in NNO unter den Kalk einfallen. An der Grenze sind die Schichten sehr zerrüttet und man sieht auch abgerissene Kalkbrocken mitten im Pbyllit eingeschlossen. Am Westende des Ein- schlusses, wo der Kalk eine Klippe bildet, fällt derselbe 20° N, der Phyllit unmittelbar daneben 10° O und dann 10° SSO. Das Querprofil der zur Nenisschlucht abfallenden SW-Seite des Padasterrückens zeigt dieselbe Knickung wie der Südabfall der End- kuppe des Rückens. Der Hauptdolomit bildet auf dieser Seite sehr [25] Die Quarzphyllite in der Rhätschichten des mittleren Gschnitztales. 409 hohe Wände. Uber diesen zieht sich eine Kette von kleinen Fels- stufen hin, die aus grauem dünnplattigem Kalke mit Schieferlinsen bestehen. An einer Stelle kam hier 40° O-Fallen, an einer anderen 50° ONO-Fallen zur Messung. Unterhalb der Padasterer Schafhütte verflächt der Kalkschiefer 20° O, der Quarzphyllit über ihm 30—40° NO. An der Stelle, wo der Weg in die Bockgrube den Padaster- rücken quert, fällt grauer Plattenkalk 45° SSO, kurz vorher sieht man unterhalb des Weges den Quarzphyllit 30° nach NO verflächen. Oberhalb jener Stelle, -am Fuße des Südostgrates des Hammerspitz erscheint eine kleine Marmormasse, die 20° nach NO geneist ist und in deren Nachbarschaft ein AufschlußB von steil nach NNO ein- schießendem, klüftigem weißem Kalke. Die Gegend, wo sich der Ostgrat des Hammerspitz in den Padasterrücken fortsetzt, ist sonach eine Region stark gestörter Lagerung. Arzschrofen. Von den sieben Seitenästen, welche das Gschnitztal auf seiner Südflanke besitzt, haben die drei dem äußeren Tale zugehörigen Aste die Gestalt von Gräben mit muldenförmig erweitertem Wurzelstücke und schluchtartig verengter Mündung. Die zwei in der Mitte des Tales sich Ööffnenden sind kleine tiefer eingeschnittene Tälchen, die zwei inneren weisen die Formverhältnisse von Hochgebirgskaren auf. Nur im großen und ganzen fallen hier die morphologischen Typen: Gräben, Tälchen, Kare mit den Formationsgruppen: paläozoische Schiefer, mesozoische Kalke, kristalline Schiefer, zusammen. Die Grenzen zwischen den vier geologischen Stockwerken, aus denen sich das Ge- birge südwärts vom Gschnitzbache aufbaut, verlaufen schief zur Streichungsrichtung der genannten Taläste, so daß diese selbst zum Teil zwei oder drei jener Stockwerke durchschneiden. Am nördlichen Gebirgsfuße tauchen die kristallinen Schiefer östlich vom Martartal, die Dolomite östlich vom Trunergraben, die Rhätschichten östlich vom Valzam unter. In der Kammregion reichen die Dolomite bis westlich des Sondestales, die Rhätschichten bis westlich des Martartales, die paläozoischen Schiefer als zusammenhängende Decke bis westlich des Trunergrabens. Es ergibt sich so nachstehendes Schema für den geologischen Aufbau der südlichen Seitenäste des Gschnitztales: Valmariz Valzam Truna Martar Sondes |Padl u. Kühberg Paläoz. Paläoz. Paläoz. —_ — _ —_ Rhät Rhät Rhät — — Trias Trias Trias — = — = Archaic. Archaic. Archaic. Der Valzam- und Trunergraben werden durch einen schmalen Rücken geschieden, welcher am Leitenjoch beginnend, sich in nord- westlicher Richtung allmählich zu einem Felsvorsprunge, dem Arz- schrofen (Mulischrofen) hinabsenkt und dann jäh gegen das Gschnitz- Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Bd., 3. u.4 Heft. (F. v. Kerner.) 54 410 Dr. Fritz Kerner v. Marilaun. [26] tal zu abfällt. Uber den unteren Teil des Steilabfalles zieht sich die südliche Ufermoräne! des diluvialen Talgletschers hin. Der steil ab- fallende unterste Teil des Rückens fällt in den Bereich der rhätischen Schichten, sein übriger Teil gehört dem aufgeschobenen Paläozoikum an. Der subalpine Teil des Rückens ist auf der Nord- und Ostseite mit Hochwald bedeckt, in dessen moosigem Grunde sich nur spärliche Gesteinsaufschlüsse zeigen. Der dem Trunergraben zugekehrte West- abfall des Rückens bietet dagegen ziemlich reiche Aufschlüsse dar. Die Rhätschichten tauchen auf der Südseite des Gschnitztales im untersten Valzam unter der glazialen Schuttdecke auf. Folgt man dem aus diesem Graben herabschäumenden Bache, so gelangt man nach Durchwanderung einer tiefen Rinne, die sich der Bach quer durch die südliche Randmoräne des alten Talgletschers gegraben hat, am linken Bachufer zu Felsaufschlüssen mit nachstehender Schichtfolge: Plattiger, grauer Kalkschiefer 20—25° in h 14—15 fallend; schmale Zone von hellgelblichem Marmor; grauer Kalkschiefer mit Zwischenlagen von Tonschiefer mit Quarz- knauern; grau- und weißgebänderter Kalk mit dünnen Tonschieferlagen. Am rechten Bachufer trifft man oberhalb der Moränenstufe zu- nächst Schutt und Trümmerwerk. Weiter oben stehen Felsen von grauem Kalkschiefer und Bänderkalk mit vielen Schiefereinlagen von srößerer Dicke als jene tiefer unten am Westufer. Uber diesen Schichten folgt ein mächtiger Kalkzug, welcher als hohe Wandstufe hervortritt und vom Bache in einer engen Schlucht durchtost wird. In seinen tieferen Lagen besteht er aus weißem kristallinem Kalk mit gelblichen Streifen und spärlichen dünnen Lagen von grünlichem Glimmer. Höher oben schalten sich gefältelte glimmerreiche Zwischen- lagen ein, die selbst wieder von dünnen, rötlichen Kalkbändern durch- zogen sind. Gegen Ost zu löst sich diese Wandstufe in mehrere Schrofen auf, die bald unter mächtigen Decken von Gehängeschutt verschwinden. Das Schichtfallen ist an ihrer Oberkante, die gleich rechts (östlich) vom Bache einen kleinen Vorsprung bildet, 15°SSO. In der ziemlich ebenen Talstrecke, die nun zunächst folgt, trifft man schon Trümmer von Sandsteinen und Konglomeraten des Karbon und Aufrisse von dunklen Schiefern, die auch zu dieser Formation gehören. Links (westlich) von der Schlucht des Valzambaches streicht der Kalkzug westwärts weiter und bildet dann die hohe Wand, welche den dem Gschnitztal zugekehrten Frontabfall des Rückens zwischen dem Valzam und Trunergraben unterbricht. An dem waldbedeckten, moosigen Gehänge unterhalb dieser Feiswand ist nur stellenweise Schieferschutt entblößt. In der Fußregion der Wand kommt unter dem schneeweißen, von gelben und grünen Streifen durchzogenen Marmor noch weiß- und graugebänderter Kalk mit Linsen von dunkel- grauem, blätterigem Schiefer zum Vorschein. Auch weiße Kalke mit gelblichen Holzmaserzeichnungen sowie blätterig und griffelig abge-, sonderte lichtgraue Kalkschiefer treten in dieser Grenzzone auf. Die kalkigen und rein schieferigen Gesteinspartien greifen hier gegen- [27] Die Quarzphyllite in den Rhätschichten des mittleren Gschnitztales. 411 seitig ineinander und zeigen kein regelmäßiges Alternieren. Die Schichten liegen hier teils söhlig, teils sind sie sehr schwach gegen S geneigt. In dem Hochwalde oberhalb der Felswand trifft man Trümmer und anstehende Partien eines grauen, nicht kristallinen Kalkes. Er zeigt rhomboedrische Zerklüftung mit abgerundeten Kanten, ist außen grau, von feinen weißen Äderchen durchzogen, an den Bruchflächen einen Wechsel von grauen und weißen Lamellen erkennen lassend. Weiter westwärts finden sich Breceienkalke, in einer Waldlichtung liegen Trümmer eines außen rot verwitternden, von zarten Glimmer- häutchen und weißen Kalzitadern durchzogenen Kalksteines. Im Westen jener Waldlichtung trifft man noch Aufschlüsse von grauem, weiß- aderigem Kalk. Sie erscheinen als Verbindungsglieder des oben ge- nannten Kalkvorkommens mit einem Zuge analog aussehenden Kalkes, welcher über die Osthänge des unteren Trunergrabens hinstreicht. Höher oben folgen Karbonphyllite mit Nestern von Eisendolomit, die Überschiebungslinie ist durch üppige Vegetation gänzlich ver- deckt. Oberhalb der höchstgelegenen Waldblöße zieht sich eine Trümmerhalde zu Phyllitfelsen hinan, welche 20°S fallen. Eine weiter westlich gelegene andere Felsmasse fällt 20° SSO. An der Stelle, wo der Scheiderücken zwischen Valzam und Truna unterhalb der Baum- grenze flach zu werden beginnt, ragt ein größerer Eisendolomitriff auf. Der dann folgende, sehr sanft ansteigende Teil des Rückens wird durch Quarzkonglomerate und begleitende Sandsteine des Karbons gebildet. Auf dem First des Rückens trifft man anstehendes Gestein, sein dem Valzamgraben zugekehrter Osthang ist mit von Stauden überwucherten Trümmerhalden bedeckt. Da, wo der Rücken schon im Bereiche der alpinen Region wieder anzusteigen beginnt und sich zu einem Grate einschnürt, treten wieder Karbonphyllite auf. Der Trunerbach hat sich sein Bett bis in die Unterlage der Randmoräne des alten Talgletschers eingeschnitten, so daß die Schlucht dieses Baches schon in ihren untersten Teilen Aufschlüsse darbietet. Es kommt hier das Liegende der Rhätschichten zum Vorschein. Man stößt bald nach dem Eintritte in die Bachschlucht am rechten Ufer auf Felsen von grauem, kubisch zerklüftendem Kalk, welcher 30 bis 35°in h 8—9 fällt. Beim weiteren Anstiege trifft man auf der Ostseite der Waldschlucht zahlreiche Entblößungen solchen Kalkes. Links vom Bache (westlich) ziehen sich steile Schutthänge hinan. Höher oben stürzt der Bach als malerischer Wasserfall über fünf Stufen eines weiß- und graugebänderten kristallinen Kalkes hinab, welcher 10 bis 20° inh 7—8 einfällt. Dann kommt man zu einem Sturzfall über eine hohe,- klüftige Marmorwand und bald darauf zu schäumenden Kaskaden, die auch noch dem Durchstreichen sanft gegen OSO ge- neister Kalkbänke ihre Entstehung danken. Gleich unterhalb dieser Kaskaden keilt rechterseits des Baches (östlich) ein Band von duiklem, dünnspaltigem Schiefer (Pichlers Carditaschiefer) aus; dasselbe ist auch oben am Wege, welcher zu den Truner Mähdern hinaufführt, sichtbar. Über diesem Bande liegen noch Bänke von weißem dolomitischem Kalk. Weiterhin ist der Ab- hang links vom Wege großenteils mit Schutt von Tonglimmerschiefer 54* 412 Dr. Fritz Kerner v. Marilaun. [28] überdeckt. Höher oben trifft man Felsen von grauem plattigem Kalk mit parallel zur Schichtung angeordneten Glimmerhäutchen, welche dem Gestein im Bruche eine feine Riefelung verleihen. In schmalen Zügen eingeschaltet ist ihm ein dickplattiger, hellgrauer, glimmer- _ freier Kalk. In einem Felswändchen ist hier 10—15° Fallen in h 8—9 erkennbar. Die nächsten Schrofen am Gehänge bestehen aus Tonglimmerschiefer mit Nestern von Quarz und eisenschüssigem Kalk- spat nebst Linsen von grauem Plattenkalk und dünnplattigem Kalk- schiefer. Eine größere Einlagerung ist lichter Kalk mit grober, rhom- boedrischer Zerklüftung, durch welche die von ihm gebildete Wand- stufe viele scharfkantige aus- und einspringende Ecken erhält. Höher oben erhebt sich auf der Ostseite des unteren Truner- grabens eine Wand aus weißem bis blaßrötlichem, grünlich gebändertem Plattenkalk, welcher sanft gegen OSO verflächt. Dieses Gestein ent- spricht wohl wie jenes des Arzschrofens dem Bänderkalke und oberen Glimmerkalke der Nordseite des Gschnitztales. Beide Vorkommen stehen aber nicht miteinander in Verbindung und es bilden hier die lichten, vorwiegend kalkigen Gesteine über den Hangendschiefern des Hauptdolomits keinen zusammenhängenden Felszug. Nur eine zwischen- liegende Masse von weißem kristallinem Plattenkalke deutet die Zuge- hörigkeit zur selben Schichtzone an. Uber jenem Bänderkalke folgt wieder Tonglimmerschiefer mit Quarzknauern und Nestern von selblichem Kalzit. Derselbe enthält auch Einlagerungen von Kalk- schiefer und erinnert sehr an jenen glimmerreichen Schiefer, welcher in der Einsenkung des Kammes zwischen der Wasenwand und dem Hammerspitz über dem Bänderkalke liegt. Das Hangende dieses oberen Schiefers bildet auf der Ostseite des unteren Trunergrabens ein un- deutlich geschichteter, hellgrau verwitternder Kalk. Er ist im Bruche grau, von einem Netze von feinen weißen Kalzitadern durchzogen, das an weniger verwitterten Außenflächen auch noch erkennbar bleibt. Stellenweise zeigen sich auch plattig abgesonderte und schieferige Ein- schaltungen. Dieser Kalk läßt sich als ein nur wenige Meter hohes Felsband hoch oben über die Osthänge des unteren Trunergrabens hin, ver- folgen. Sein durchschnittliches Verflächen ist sanft in h 3—4. Über- lagert wird dieser Kalk durch phyllitische Gesteine, denen man ihrem Aussehen nach ein hohes Alter zuschreiben möchte. Sie bilden ein felsiges Gehänge, bei dessen Anblick man fast an die steilen Lehnen der Glimmerschieferberge des Talhintergrundes gemahnt wird. An mehreren Stellen ist sanftes Verflächen gegen SSO erkennbar. Weiter südwärts treten am Osthange des unteren Trunergrabens zahlreiche Klippen von Ankerit auf. Sie bilden anscheinend Einlagerungen der Phyllite, so daß diese trotz ihrer Ähnlichkeit mit Gneisphylliten doch ‚karbonischen Alters sein dürften. Der Westabhang des schon erwähnten, aus Quarzkonglomeraten aufgebauten Rückenteiles wird gleichfalls von Schrofen und Trümmerhalden solcher Konglomerate eingenommen. Am Wege, welcher sich an den tieferen Ostabhängen des unteren Trunergrabens hinzieht, quert man taleinwärts von der Zone des Bänderkalkes zunächst Tonglimmerschiefer, daun Eisendolomit und hierauf quarzreiche Arkosen, Konglomerate und Sandsteine. Neben dem [29] Die Quarzphyllite in den Rhätschiehten des mittleren Gschnitztales. 413 Zaune, welcher die Alpenmähder gegen unten zu begrenzt, sieht man auch einen kleinen Aufschluß von Anthrazitschiefer mit Farnresten. Wildseck. Während die Gräben Valzam und Truna durch einen schmalen Grat geschieden sind, wird der Trunergraben vom nächstfolgenden südlichen Seitenaste des Gschnitztales, vom Martartale durch einen breiten Bergrücken getrennt. Gegen das Gschnitztal schiebt derselbe zwei ein Kar umschließende hohe Pfeiler vor, den Schönberg und das Wildseck. Letzteres ist ein schmaler, N—S streichender Grat, der nordwärts gegen das Gschnitztal mit sehr schroffen Wänden ab- stürzt, dem vorgenannten Kar einen jähen Westabhang und dem Trunergraben eine mäßig steile Ostabdachung zukehrt. Nahe dem Nord- ende des Wildseck zweigt von demselben rechts (östlich) ein Seiten- rücken ab, der in einem kleinen Vorbaue, dem Antemonekopfe endet. Dieser Rücken bildet die linksseitige Begrenzung des unteren Truner- grabens. Die unteren Nordabhänge des Antemonekopfes werden von der rechtsseitigen Ufermoräne des alten Gschnitztalgletschers überlagert. Oberhalb der glazialen Schuttmassen erheben sich Felswändchen von flachgelagertem Dolomit. Die linksseitigen (westlichen) Hänge des untersten Trunergrabens sind mit einem in mehreren Aufrissen entblößten Schuttmantel bedeckt, an dessen Zusammensetzung Dolomite, Glimmerkalke und Tonschiefer sowie Karbonsandsteine und erratische kristalline Schiefer Anteil nehmen. Höher oben tritt auch an dem Östabfalle des Antemone- kopfes dolomitischer Kalk zutage. Oberhalb der früher erwähnten, über Kalkstufen schäumenden Wasserfälle ziehen sich beiderseits des Trunerbaches Schieferhalden hinan. Am Westgehänge trifft man nicht weit oberhalb des Baches anstehendes Gestein. Es ist ein glimmer- reicher Tonschiefer mit Quarzknauern und Nestern von eisenschüssigem Kalkspat. Wo letzterer entfernt ist, zeigen die Quarzknollen und Glimmerblätter zernagte und zerfressene Ränder. Als Einlagerung erscheinen plattige graue Kalke mit weißen Kalzitlinsen. Oberhalb der Halden stehen Felsen von glimmerreichem griffelig zerfallendem Tonschiefer und Holzmaserkalke mit Glimmerlamellen an, Das Ver- flächen ist hier 30° in h 16, tiefer unten sanft in h 14. Am Nord- und Westrande der begrasten Kuppe des Antemonekopfes, woselbst einige erratische Blöcke liegen, stehen graue, körnige, stark dolo- mitische Kalke an, die 15° in h S—10 verflächen. Gleich westlich unterhalb des flachen Sattels, der den Kopf vom Wildseckrücken trennt, tritt wieder Touschiefer mit Quarz und gelbem Kalkspat auf. Uber ihm folgt grauer Plattenkalk mit Kalzitlinsen und dünnen Glimmer- lagen, 20° S bis SSW fallend. Der Zug dieses Gesteins umgreift den Fuß des Rückens, welcher vom Antemonekopfe zum Wildseck hinan- zieht. Man kann ihn westwärts gegen das Bächlein hin verfolgen, welches die Schlucht westlich vom Antemonekopfe durchschäumt. 414 Dr. Fritz Kerner v. Marilaun. | [30] Das Gestein ist dort sehr reich an Kalzitlinsen. Es fällt sanft gegen S bis SSO und geht auch da nach unten zu in glimmerreichen, quarz- und kalzitführenden Schiefer über. Östwärts, im Waldesdickicht auf der Westseite des unteren Trunergrabens, trifft man über Aufschlüssen solchen Schiefers auch Wandstufen des vorgenannten plattigen Kalkes. Weiter bachaufwärts folgen dort Schutthalden aus karbonischen Quarzphylliten und Eisen- dolomiten. Uber dem plattigen, grauen Glimmerkalk liegt mit ungefähr sleichem Fallen ein ungeschichteter und unregelmäßig zerklüftender Kalk; er ist zum Teil dunkelgrau und von weißen Adern durchzogen, zum Teil weiß mit gelblichem Belag auf den feinen Kluftflächen. Auch der Zug dieses Kalkes läßt sich als Kette kleiner Schrofen bis in die Schlucht westlich vom Antemonekovf hinein verfolgen. Am Rücken, der sich von hier gegen das Wildseck hinanzieht, sind nur wenige Aufschlüsse vorhanden. Man trifft da vorzugsweise Trümmer von Karbonphylliten. Höher oben erhebt sich ein Felskopf, welcher braunrot verwitterte Klippen und Blöcke von Eisendolomit trägt. Westlich von diesem Kopfe tritt älterer Phyllit in kleinen Felsen zutage, die ein sehr sanftes östliches Verflächen zeigen., Auf der zum Trunerbach abfallenden Ostseite des Kopfes trifft man gleich- falls Feisen und Trümmer von Eisendolomit. Von dem Ankeritkopf zieht ein Rücken gegen SW hinan, der sich in den Grat des Wildseck fortsetzt, ein zweiter Rücken steigt hinter jenem Kopf in südlicher Richtung an und geht in einen öst- lichen Vorsprung des Wildseckgrates über. Dieser letztere Rücken baut sich vorzugsweise aus Karbonphylliten auf. Auch Quarzkonglo- merate und Sandsteine nebst zwei Einschaltungen von Anthrazit- schiefer treten hier zutage. Südwärts von diesem Rücken begiunt der untere Truner Ochsenboden, eine schmale unebene Terrasse, die sich an den Ostabhängen des Wildseck weit in den Trunergraben hinein verfolgen läßt. Der Boden selbst und die von ihm zum mittleren Teil des Trunerbaches abfallenden Hänge bestehen aus Konglomeraten und Sandsteinen des Karbons. An den Lehnen oberhalb des Ochsenbodens stehen ältere Phyllite an, denen hier blätterige, seidenglänzende, hell- bräunliche Hornsteinschiefer eingeschaltet sind. Den ersteren der beiden vorgenannten Rücken bedeckt ein sroßes Trümmerwerk von weiß verwitterndem, im Bruche grauem Plattenkalk. Über diesem schuttumhüllten Rücken erhebt sich ein Felssporn, welcher das Nordende des Wildseckgrates bildet. Er besteht aus sehr zerworfenen Felsschollen von Quarzphyllit. Am Fuße dieses Spornes tritt grauer Kalkschiefer mit quarz- und kalkspatführenden Tonschieferlagen auf. An der östlichen Spornseite steht er, 15—20° SO bis SSO einfallend, in kleinen Wändchen an. Am Nordfuße des Spornes ist er großenteils in Schutt zerfallen; im Westen kann man ihn als Felsband über den Dolomitwänden hin verfolgen, welche den großen wilden Tobel am Nordabsturze des Wildseck umrahmen. Er fällt dort 30° ©. Der Kontakt mit dem nach derselben Richtung fallenden, aufruhenden Phyllit ist mehrfach aufgeschlossen und er- weist sich als ein unmittelbarer. [31] Die Quarzphyllite in den Rhätschichten des mittleren Gschnitztales.. 415 Über dem phyllitischen Felssporn erhebt sich südwärts eine hohe Wand, die den Nordabfall des Gipfelgrates des Wildseck dar- stellt. Der unterste Teil dieser Wand besteht aus grauen Schiefer- kalken von derselben Art wie jene, welche unter dem Phyllit liegen. Die Hauptmasse der Wand ist gelblich, rötlich und lichtgrau gebän- derter weißer, kristalliner Kalk, der mit dem Schieferkalk in engem stratigraphischem Verbande steht. Der grünschuppige Glimmerkalk tritt hier sehr zurück, dagegen findet sich fleischroter Dolomit mit sroßen, bläulichgrünen Glimmerflecken. Nahe der Stelle, wo der Gratabfall gegen W umbiegt, sieht man Quarzphyllit mit südöstlichem Verflächen unter gegen S geneigte Schieferkalke einschießen; gerade an der Ecke des Gehänges fällt über zerworfenem, gegen NNO ge- neigstem Quarzphyllit dünnbankiger Kalkschiefer gegen SO ein. Unter diesem Phyllit steht eine kleine Wand von lichtem Kalk und unter dieser sieht man am steilen Westabfall des Grates größere Phyllit- felsen, die auch gegen NO fallen dürften. Östwärts von der Nordwand des Wildsecker Gipfelgrates stehen zerstückelte Schollen von Schichten an, die einen Übergang der grauen Schieferkalke in die weißen Bänderkalke darstellen. Das Ver- flächen ist hier sanft gegen OÖ und SO. Dann folgt in gleicher Höhe ein Wändchen aus hellgrauem, bankigem Kalk, der mit geringer Neigung gegen SW fällt. Weiterhin trifft man helle, in scharfkantige, dicke Platten brechende Kalke mit 15°SSW-Fallen. Am Bergvorsprunge ober dem Phyllitrücken, welcher hinter dem vorhin genannten Eisen- dolomitkopf südwärts ansteigt, steht ein Schrofen aus schön geschich- tetem, 10—20° gegen WSW einfallendem Holzmaserkalk mit Kalk- spatlinsen und Zwischenlagen von Tonschiefer. Über der zerstückelten Kalktafel, welcher die eben genannten Wändchen angehören, liegt wieder Quarzphyllit. Er baut den Gipfel- srat des Wildseck und die östlich von ihm abdachende Lehne auf. Letztere bietet ziemlich viele Aufschlüsse, in denen man sehr sanftes westliches Verflächen wahrnimmt. Der hier anstehende Phyllit hängt mit dem tiefer unten, oberhalb des Ochsenbodens aufgeschlossenen zusammen und führt wie dieser Lagen von blätterigem bräunlichem Hornstein. Der Zug der grauen Kalke endet mit dem vorgenannten Schrofen und läßt sich nicht auf die Ostseite des Wildseck hinüber verfolgen. Im Bereiche des Wildsecker Gipfelgrates, welcher, wie die Nord- und Ostabhänge des Berges, mit üppigen Beständen von Alpenrosen und Heidelbeeren sowie mit Azaleen- und Flechtenteppichen bedeckt ist, verflächen die Phyllite zuerst sanft nach W, weiter südwärts mehr nach NNW und N. Am höchsten Punkte des Grates sieht man einen rötlichgrauen, feinblätterigen Schiefer 15° gegen NO fallen. Unterhalb dieser Stelle findet sich ein Einschluß von 15° nach NNO geneigtem Kalk. Er ist grobklüftig, klotzig zerfallend, im splitterigen 3ruche lichtgrau körnig, an den angewitterten Flächen rauh und staubig. Gegen S streicht dieser Kalk am Grate aus, einen Stufenabfall der Gratlinie bedingend. Gegen N findet kein allmähliches Auskeilen der Kalkmasse statt, sie endet stumpf und grenzt sich scharf gegen die umgebenden, lokal gestörten Phyllitschichten ab. Das Vorkommen 416 Dr. Fritz Kerner v. Marilaun. [32] erscheint so nicht wie eine Einlagerung, es hat weit mehr das Aus- sehen einer von Phyllit umschlossenen fremden Scholle. Unterhalb der Ostwand des Kalklagers liegt eine Halde von sroßen aus ihm stammenden Blöcken. Etwas tiefer unten am Gehänge zeigt sich eine Felswand, vor der zwei ganz schmale abgetrennte Riffe wie freistehende Mauern aufragen. Die innere Mauer läßt 25° N bis- NNO Fallen, die äußere 20° SSO Fallen der Kalkschichten erkennen. Ihrer Lage nach ist diese isolierte Felsmasse zur Kalktafel im Liegenden des Quarzphyllits gehörig. Noch weiter unten und talaus- wärts trifft man aber auch noch typische Gesteine der Bänderkalk- gruppe, klotzige, hellbraun verwitternde grünschuppige Glimmerkalke im Wechsel mit grünen Schieferlagen und mit Quarziten, dann helle Marmore mit Glimmerschüppchen auf den Schichtflächen und klüftige, in scharfkantige Stücke brechende lichtgraue dichte Kalke. Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß hier noch Gesteine der mittleren Glimmerkalkgruppe vorliegen; unsicher bleibt die Position der hellen dichten Kalke, da solche in den ungestörten Rhätprofilen der Nordseite des Gschnitztales in verschiedenen Niveaux erscheinen. Diese tiefliegenden Kalkmassen sind sehr zerworfen und zerstückelt, es scheint sich hier um Reste einer abgesunkenen und stark zerrüt- teten Schichttafel zu handeln. Die eben erwähnten Kalke bauen eine Wandstufe, einige kleine Wändchen und einen großen Felsriff auf, Ihr Einfallen ist im großen und ganzen ein flach gegen N gerichtetes. Weiter nordwärts, schonim Bereiche des früher genannten Ochsen- bodens, erscheinen weiße dolomitische Schichten, graue Plattenkalke und glimmerige, bräunlich verwitternde Plattenkalke, wie sie am Schmurzjoche die oberste der den Phylliten eingeschalteten Kalk- tafeln aufbauen. Die Lagerung ist hier sehr verworren und hoch- sradig gestört. Am steilen Westabfalle des Wildseck läßt sich der Aufbau dieses Gebirgsgrates gut erkennen. Links vom Eingange in den Fels- kessel von Schmurz sieht man den sanft gegen SO verflächenden lichtgrauen Hauptdolomit von einem hohen Bande von bräunlich ver- witternden Schieferkalken überlagert, welche sich nordwärts in jene fortsetzen, die über den Dolomitwänden am Nordabsturze des Wildseck hinziehen. Uber diesem Kalkband, dessen Bänke 10° N bis NNO fallen, treten Felsmassen von Quarzphyllit zutage, die sehr sanft gegen OÖ bis OSO verflächen. Südwärts schließt sich an die Wandstufe des Schieferkalkes ein grasiger Vorsprung, an dessen Hängen auch noch solche Kalke anstehen, wogegen auf seiner Rückenfläche Trümmer von Phyllit zu sehen sind. Uber den Phylliten liegen wieder Schiefer- kalke von derselben Art wie jene in dem unteren Felsband. Das generelle Fallen ist hier wie beim Quarzphyllit gegen O gerichtet, doch handelt es sich nicht um konkordante Überlagerung; diese hangenden Kalkschichten scheinen lokal sehr gestört. An einer Stelle sieht man einen großen (einige Meter langen) Fetzen grauen Schiefer- kalkes rings von Quarzpbyllit umhüllt. Nach oben zu schalten sich dann weiße Marmorlagen ein, zwischen ihnen zeigen sich jedoch noch Bänke von Holzmaserkalk mit Ton- schieferlinsen. Weiter aufwärts folgen typische lichte Bänderkalke und [33] Die Quarzphyllite in den Rhätschichten des mittleren Gschnitztales. 417 Marmore. Der grünschuppige Glimmerkalk ist hier nicht sehr viel verbreitet. Im mittleren Teile des Gehänges befinden sich abgerutschte Klippen von Glimmerkalk und Marmor und unter ihnen eine große Trümmerhalde. Auch weiter südwärts ist die Phyllitzone großenteils mit Schutt bedeckt. An ihrer oberen Grenze sieht man den Phyllit gegen NNO verflächen und den Kalkschiefer darüber — lokal mehr- fach gestört — gegen SO fallen. An einer anderen Stelle fällt der Phyllit gegen N, der Kalkschiefer gegen ONO, an einer dritten der erstere nach ONO, der letztere nach OSO. Die Kalke fallen mehr segen den Berg hinein, die Quarzphyllite mehr entlang des Grates. Das breite Band der Bänderkalke läßt sich mit kurzen Unter- brechungen bis zum Südabfalle des Wildseckgrates hin verfolgen. Das m ı y / AN, NR Mar BIT Deren = Westseite des Wildseck. D Hauptdolomit. -— Ph I Unterer Quarzphyllit. — Ph II Oberer Quarzphyllit. — 1 Untere Glimmerkalke. — 2 Bänderkalk und Marmor. Verflächen ist hier sehr sanft gegen O bis ONO. Die Quarzphyllite über den Bänderkalken fallen am Südende des Gipfelgrates 20—30° gegen NNO. An den Grat des Wildseck schließt sich südwärts eine Kamm- einsenkung, über welche man vom Felskessel der Schmurzalpe in den Trunergraben gelangt. Auf dem gesenkten Kammstücke trifft man sanft gegen NO einfallenden Quarzphyllit mit einer Linse von tiefgrünem, in dünne Platten spaltbarem Chloritschiefer. Aufder dem Schmurzer Kessel zugekehrten Westseite dieses Kammstückes befinden sich in der Fort- setzung der Bänderkalkzone des Wildseck zwei Wändchen. Das nörd- liche besteht aus gebändertem Plattenmarmor, dessen Einfallen von NNW bis NNO variiert, das südliche baut sich aus gegen SO geneigten Glimmerkalken auf. Auf der Ostseite der Kammeinsenkung zeigt sich eine hohe Wandstufe, zu deren Füßen abgerutschte und umgebrochene Felstürme stehen. Diese Wand gehört gleichfalls der Zone der Bänder- und Glimmerkalke an. Diese Zone liegt hier etwas höher als an den Ostabhängen des Wildseck, aber tiefer als im Umkreise des Roßgruben- Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Bd., 3. u. 4. Heft. (F. v. Kerner.) 55 418 Dr. Fritz Kerner v. Marilaun. [34] spitz gleich weiter im Südwesten, so daß hier ein Querbruch mit Ab- senkung (des Nordflügels durchziehen muß. (Siehe Fig. 7.) Gleich ostwärts von dem Sattel am Südfuße des Wildseckgrates tritt sanft gegen O einfallender Quarzphyllit zutage; weiter südwärts fällt er gegen WNW, bildet somit eine flache Wölbung. Am Osthange des weiter südwärts liegenden Sattels, jenseits dessen der Kamm wieder gegen den Rößgrubenspitz ansteigt, zieht eine flache Rinne zum Trunergraben hinab. Auf der Nordseite dieser Rinne, an den Lehnen unterhalb der oben genannten Wand, verläuft ein Gesteinszug, an dessen Aufbau weißer, in große Tafeln spaltender Kalk, Bänder- marmor und grünschuppiger Glimmerkalk mit grünen glimmerreichen Zwischenlagen Anteil nehmen, durchweg Gesteine der mittleren Kalk- zone. Die Einfallsrichtungen und -winkel sind hier wechselnd. Man beobachtet als Fallrichtungen NO, ONO, WNW und W. Noch weiter unten trifft man klüftigen dolomitischen Kalk, dünnplattigen grauen Kalk und gelblichen Marmor mit nordwestlichem Verflächen. Auch diese Vorkommnisse sind wie jene unterhalb der Ostabdachung des Wildseck als Teile einer abgesunkenen und zerstückten Schichttafel zu deuten. Die Quarzphyllite im Hangenden dieser abgesunkenen Kalke stoßen streckenweise an jene im Liegenden der nicht gesunkenen Bänder- und Glimmerkalke auf der Ostseite der Kammeinsattlung südlich vom Wildseck. Die Phyllite südlich von dem wiederholt ge- nannten Ochsenboden müssen der unteren Phyllitzone zugerechnet werden. Sie fallen 20—30° W, weiter nordwärts 20° NW. Auf der Südseite der oben erwähnten Rinne treten Fels.n von sanft gegen NW bis WNW einfallendem Quarzphyllit zutage. Roßgrubenspitz. Steigt man durch die schutterfüllte Nische zwischen den Dolomit- wänden des Schönberg und Wildseck hinan, so kommt man über Felsstufen aus sanft gegen SSO einfallendem Hauptdolomit zur Mün- dung des Felskessels, in welchem die Schmurzalpe liegt. Gegen Süden wird derselbe durch einen von zwei Wandstufen durchzogenen Steil- hang abgeschlossen, welcher zum Roßgrubenspitz emporführt. Die Ostwand des Schmurzkessels bilden die schon besprochenen jähen Westgehänge des Wildseck. Gegen West begrenzt er sich durch die Östabdachung des Schönberg, eines grasigen nördlichen Vorbaues des Roßgrubenspitz. Durch einen vom Schönberg gegen NO vorspringenden Felssporn, welcher bis in die Nähe der gegenüberstehenden Wildseck- wände herantritt, wird auch noch eine teilweise nördliche Umrahmung des Kessels hergestellt, so daß nur eine schmale Eingangspforte bleibt, welche sich in die oben erwähnte Nische fortsetzt. Zur Rechten (westlich) dieser Pforte sieht man grauen, plattigen Kalk mit Glimmerschuppen dem sanft gegen S geneigten Dolomit in stark gestörtem Zustande aufruhen. Man mißt hier als lokale Fall- richtungen und Winkel 40° O, 30° 050, 20% 8. Auch Knickungen und Fältelungen zeigen sich in diesem Kalk, welcher ein stark zer- [35] Die Quarzphyllite in den Rhätschichten des mittleren Gschnitztales. 419 klüftetes Felsband über den hohen Nordabstürzen des Schönberg bildet. Weiter westwärts, wo das Berggehänge gegen das Martartal zu umbiegt, erscheint eine lange Felsstufe von grauem Schieferkalk, welcher 20° NO bis 25° NNO verflächt. Auf der Innenseite des erwähnten Spornes beginnt eine zer- klüftete Wandstufe, die sich in großem Halbbogen über die West- und Südseite des Schmurzkessels hinzieht. Von ihrem Fuße senken sich Schutthalden zum Kesselboden hinab, der selbst mit glazialen Schuttmassen erfüllt ist. Die unteren Teile dieser Wand bestehen noch aus klüftigem Dolomit, dann folgen dessen plattige obere Grenzschichten. Die höheren Wändchen bauen sich aus grauen Schiefer- kalken und Holzmaserkalken auf. Letztere fallen sanft ostwärts, wo- KA _ d- m mi FIT IN S BETTIIIIII 3 2 = Wildseck (links vorn) und Roßgrubenspitz (rechts hinten) gesehen von Nord. D Hauptdolomit. — « Untere Glimmerkalke. — Ph 1 Quarzphyllit. — m Bänder- kalk und Marmor. — Pk 11 Quarzpbhyllit mit Chloritschiefer. gegen der Dolomit sehr flach gegen N einfällt. Da, wo den westlichen Teil der Wand ein tiefer Kamin durchschneidet, sieht man kleine Klippen von schwebend gelagertem Rhätkalk dem Dolomit aufsitzen. Die noch darüber folgenden Kalkschichten sind sehr stark gefältelt. Der Rücken des Schönberges besteht aus Quarzphyllit. Er tritt in zahlreichen kleinen und großen Felsen zutage und fällt sanft gegen ONO bis NNO ein. Die Ostabdachung des Schönberg setzt sich in den Abhang oberhalb der vorgenannten Wandstufe fort. Hier ist der Quarzphyllit aber nur an wenigen Stellen sichtbar, so in der Nähe des westlichen und östlichen Endes eines Wiesenbodens, der sich südlich der Schmurzalpe oberhalb der wiederholt genannten Stufe ausdehnt, dann weiter ostwärts in der Nähe des Sattels, der .vom Schmurzkessel zum Trunergraben hinüberführt. Jenseits dieses Sattels trifft man an den Westgehängen des mittleren Trunergrabens auch Aufschlüsse von Phyllit und unter den- 55* 420 Dr. Fritz Kerner v. Marilaun. [36] selben eine Wandstufe, die derjenigen im Schmurzkessel entspricht. Diese Stufe befindet sich oberhalb der Blockwerke, welche den West- ast des oberen Trunergrabens erfüllen. Die untersten Felsen bestehen auch hier aus kubisch klüftigem Hauptdolomit, der völlig schwebend gelagert ist. Nach oben zu geht derselbe bald in dolomitischen Platten- kalk über, auf den dann dünnplattiger grauer Kalkschiefer in gleich- falls horizontaler Lage folgt. Auch Holzmaserkalk mit dünnblätterigen schieferigen Zwischenlagen ist vertreten. Die Quarzphyllite an dem srasigen Hange oberhalb der Wandstufe zeigen verschiedene Fallrichtung, WSW und ONO, weiter aufwärts sind wenig Aufschlüsse vorhanden, dann stößt man auf sanft gegen W verflächenden Phyllit. Die Westabdachung des Schönberges setzt sich südwärts in ein begrastes Steilgehänge fort, das über den Dolomitwänden auf der Ost- seite des Martartales hinstreicht. Auch an diesem Gehänge treten zahlreiche Felsen von Quarzphyllit zutage. Die Zone der unteren Glimmerkalke und Kalkschiefer, die ihn vom Dolomit trennt, ist hier streckenweise ziemlich schmal. Uber den Phylliten des Schönberg und der in seiner Fortsetzung gelegenen Gehängezonen ruht eine große Schichttafel von Glimmer- kalk, deren freie Seitenränder hohe, gegen O, N und W abfallende Wandstufen bilden. Dem östlichen Tafelrande entspricht das lange Felsband, welches — schon von weitem sichtbar — über die West- gehänge des oberen Trunergrabens hinzieht. Der Nordrand der Schicht- tafel ist die hohe Wandstufe, welche das südwärts der Schmurzalpe aufsteigende Gehänge krönt. Der westliche Rand der Tafel bildet das untere der beiden großen Felsbänder, die über den zum Martar abfallenden Steilhang des Schmurzjoches verlaufen. Die Ecke zwischen dem ÖOst- und Nordrande der Kalktafel befindet sich gleich südwärts von dem Sattel zwischen dem Schmurzkessel und Trunergraben. Die Felskante, an welcher der Nord- und Westabfall der Tafel zusammen- stoßen, erhebt sich über dem grasigen Rücken des Schönberges und gipfelt im Roßgrubenspitz. Am Fuße dieser Kante wird 15° gegen W einfallender Phyllit von 20% gegen S bis SSO geneigtem grauem Kalkschiefer überlagert, welcher denselben Habitus wie jener im Liegenden des Quarzphyllites zeigt, aber stark gefältelt und verquetscht erscheint. Folgt man dem Fuße der gegen N zum Schmurzkessel abfallenden Felswand, so sieht man zunächst den Phyllit und grauen Schieferkalk gegen W bis NW einfallen, dann kommt man zu einer Stelle, wo ersterer 10° W bis WNW, letzterer gegen SO verflächt und zu einer weiteren Stelle, wo der Phyllit sanft gegen W, der Kalk mittelsteil gegen NW fällt; es ist hier demnach deutliche Diskordanz vorhanden. Über dem grauen Schieferkalke folgt in der Wandstufe blaßgrauer subkristalliner Kalk, weißer, grau- und weiß- sowie rötlichgelb und weiß gebänderter Marmor mit Schieferlinsen, ferner grünschuppiger Glimmerkalk, welcher in dicken, klotzig zerklüftenden Bänken abge- sondert ist. Alle diese Gesteine sind von derselben makroskopischen Beschaffenheit wie die analogen Ausbildungen des Rhät auf der Nord- seite des Gschnitztales. Die Schichtfolge ist insofern verschieden, als im Schmurzgebiete eine mächtige Marmorlage als Liegendes der [37] Die Quarzphyllite in den Rhätschichten des mittleren Gschnitztales. 42] oberen Glimmerkalke fehlt und diese im Wechsel mit Marmorbändern sogleich über den unteren Glimmerkalken und Kalkschiefern beginnen. Oberhalb der Wandstufe trifft man am Beginne der Roßgrube weißen und grauen plattigen Marmor und lichte Glimmerkalke, ferner einen blaßgrauen, stark klüftigen Kalk. Der Gipfel des Roßgrubenspitz besteht aus 20% gegen OSO bis SO einfallenden Bänken von weißem und grauem Plattenmarmor und von lichtgrauem Kalke mit feinen Glimmerschüppchen. Aus dem mittleren Teile der Wandstufe, welche die Südabhänge des Schmurzkessels krönt, ist ein großes Stück herausgebrochen, dessen Trümmer unterhalb der Abbruchstelle ein wüstes Blockwerk bilden. Östwärts von dieser Wandnische ist die Grenze zwischen dem Phyllit und seinen Hangendschichten durch mächtige Trümmermassen über- deckt, welche von der überragenden Felswand stammen. In der Wandstufe, die sich über die Westhänge des oberen Trunergrabens hinzieht, bestehen die untersten Felsbänder noch aus grauem Kalkschiefer, der mehr oder weniger deutlich diskordant dem Quarzphyllit aufruht. Südwärts von dem Sattel zwischen Schmurz und Truna sieht man an einer Stelle den Phyllit gegen NO, den Kalk- schiefer gegen O einfallen, an einer anderen Stelle diesen gegen OSO, jenen gegen ONO verflächen. Den Hauptanteil am Aufbaue der Wand nehmen weiße kristalline Kalke und helle grünschuppige Glimmer- kalke, doch nicht stets so, daB erstere eine breite Zone unter letzteren bilden. So sieht man beispielsweise oberhalb des früher erwähnten gegen W einfallenden Phyllites, daß der graue Holzmaserkalk mit den dünnblättrigen Schieferlagen nur durch ein wenige Dezimeter breites Marmorband von der untersten Bank des hellen oberen Glimmer- kalkes getrennt wird. Weiter südwärts erscheint die Wandstufe durch einen Einschnitt unterbrochen, welcher zur vorderen Ochsengrube hinaufführt. Tek- tonisch findet hier die Stufe schon ihr Ende; die dickbankigen Marmore und Glimmerkalke biegen sich rechts vom Einschnitte hinab und links (südlich) von ihm beginnen plattige Kalke, welche ein höheres Niveau als jene Glimmerkalke einnehmen, so daß die von ihnen gebildete Felsstufe in der südlichen Verlängerung der Glimmer- kalkwand nicht zugleich auch die lithologische Fortsetzung dieser Wand ist (siehe Fig. 8). Auf der Nordseite der vorderen Ochsengrube treten im Hangenden der Glimmerkalke lichtgraue klüftige, sehr undeutlich geschichtete Kalke auf. Sie lassen sich als Stufe eine Strecke weit gegen W hinan verfolgen. Gleichwie der Nordabfall ist auch die Ostwand der Glimmer- kalktafel an ihrem Fuße von mächtigen Blockhalden besäumt, die sich in den westlichen Ast des Trunergrabens hinabsenken. Auf der West- seite des Roßgrubenspitz ist dagegen das Phyllitgehänge unterhalb der Kalkwand zu steil, als daß sich dort der von der Wand gelieferte Schutt in großen Massen halten und anhäufen könnte. Zudem sind hier noch unter diesem Gehänge Steilabstürze von Dolomit. Die Schichttafel der Marmore und Glimmerkalke wird wieder von Quarzphylliten überlagert, welche mit jenen im Liegenden der Tafel habituell übereinstimmen. Diese oberen Phyllite bauen den AD Dr. Fritz Kerner v. Marilaun. [38] Rücken auf, welcher vom Roßgrubenspitz zum Nordfuße des Gipfel- kammes des Schmurzjoches hinziehen und setzen die Gehänge der vorderen ÖOchsengrube zusammen. Diese ist der untere enge Teil einer weiten und flachen Hochmulde, die sich zwischen dem genannten Kamme und einem vom Schmurzjoche gegen NÖ ab- zweigenden Seitengrate ausdehnt. Die hangenden Quarzphyllite nehmen ein kleineres Areal ein als die Kalktafel, so daß von der oberen Be- srenzungsfläche dieser Tafel einige Teile unbedeckt bleiben. Auf der Westseite tritt die Phyllitauflagerung unmittelbar an den Rand der Kalktafel heran, auf der Nordseite bleibt eine schmale randliche Zone, auf der Ostseite ein breites gegen W ansteigendes Stück derselben frei. Der vorerwähnte Rücken im Norden des Schmurzer Gipfelkammes erfährt kurz vor seinem Ende eine Gabelung. Die östliche kürzere Zinke dieser Gabel bildet ein oben abgeflachter freistehender Hügel, die westliche endet am Roßgrubenspitz. Die gegen den Nordrand der Kalktafel offene Mulde zwischen den beiden Gabelzinken ist die Schmurzer Roßgrube. Der Boden ihres untersten Teiles, in welchem die Abwässer zweier weiter oben entspringender Quellen einen kleinen Sumpf er- zeugen, wird durch plattige kristalline Kalke gebildet. Diesen Mulden- teil schließt hinten eine sehr zerklüftete Felsstufe ab, die aus stark gestörten und zerbrochenen Schichten von grauem Kalkschiefer besteht. Gleich ober dieser Stufe befindet sich eine Felsmasse von fast söhlig liegendem Quarzphyllit. Zur Linken erhebt sich jenseits eines kleinen Grabens der erwähnte, oben abgeflachte Hügel. Auf diesem trifft man sanft gegen W bis SW verflächenden Phyllit und dunkelgrünen, plattig zerfallenden Chloritschiefer, der eine gleichfalls flach gelagerte Einschaltung im Phyllite bildet. Der Rücken rechterseits, gleich süd- wärts vom Roßgrubenspitz, besteht aus horizontal gelagerten Quarz- phylliten, deren Schichtköpfe am Ostgehänge kleine Wändchen bilden. Auch eine Muldennische, welche sich in diesem Rücken westwärts über den Kalkwänden öffnet, ist von solchen Wändchen umschlossen. Hier kann man stellenweise gut die diskordante Auflagerung des Quarz- phyllites auf dem Glimmermarmor sehen, während im Bereiche der unteren Roßgrube die Gesteinsgrenze nicht entblößt ist. Auch den be- nachbarten quellenreichen obersten Teil der Roßgrube umgeben Fels- massen von flach gelagertem Phyllit, denen gleichfalls plattige Chlorit- schiefer aufliegen. Von da gelangt man südwärts über sanfte Rasen- hänge zur vorderen Ochsengrube. Diese beginnt als moosige, von Schieferhalden umsäumte Quellen- mulde, über welcher sich ein Kranz von Felswändchen erhebt. Letztere bestehen aus sanft gegen NW fallendem Quarzphyllit. Weiter unten’ durchfließt das in der Mulde sich entwickelnde Bächlein einen kleinen Wiesenboden, zu dessen linker Seite schon die Liegendkalke des Phyllites anstehen. Zur Rechten zweigt ein Graben ab, der sich süd- westwärts hinanzieht. Der Felssporn zwischen der Quellmulde und diesem Graben baut sich aus schwach gegen WNW geneigten Quarz- phylliten auf, desgleichen der Felshügel jenseits des Grabens. Von diesem Hügel zieht sich der Phyllit bis zu der früher erwähnten Stelle. hinab, wo sich in der Glimmerkalkwand auf der Westseite des oberen. [39] Die Quarzphyllite in den Rhätschichten des mittleren Gschnitztales. 493 Trunergrabens ein Einschnitt befindet. Hier fällt der Phyllit gegen SW und SSW ein. An diese auf der Ostseite der vorderen Ochsengrube gelegenen Phyllitmassen stoßen graue Plattenkalke, welche mit jenen in Ver- bindung stehen, die die Wandstufe südwärts von dem vorgenannten Einschnitte aufbauen. Sie bilden eine obere, dem Zuge der Bändermar- more und grünschuppigen Glimmerkalke an Mächtigkeit ungefähr gleich- wertige Zone der Rhätschichten im Gebiete des Schmurzjoches und lagern den oberen Quarzphylliten diskordant auf. Es sind graue, bräunlich verwitternde, glimmerarme Kalke, die eine dickplattige Absonderung und starke Zerklüftung zeigen. Am Fuße des Südendes der wiederholt genannten Wandstufe fallen diese Kalke 30° NO, höher oben OÖ. Am kücken, der sich oberhalb dieser Stufe emporzieht und die vordere 8 IL 4 \ \) N | | Y \ N\ N Ka Quarzphyllitkeil über der Flexur der oberen Plattenkalke (links) und der Marmore und Glimmerkalke (rechts) im hinteren Trunergraben. Ochsengrube von der hinteren scheidet, fallen sie in einer aus dem Rasen vortretenden Schichtkopfstufe sanft gegen S bis SSO ein. Ober- halb des Nordendes der Wand (ober dem früher genannten Einschnitte) erhebt sich eine Klippe aus 50—60° steil gegen SSO einfallendem grauem Glimmerkalk mit grünen und grauen Schieferlagen. Der Quarz- phyllit daneben fällt sanft gegen SW ein. Eine zweite gleich weiter aufwärts stehende Klippe zeigt stark verquetschte und verbogene Kalk- schichten, zum Teile ist an ihr ein Schichtfallen gegen OSO erkennbar. Weiter hinan am Rücken ist wieder SSO- bis S-Neigung der plattigen Glimmerkalke herrschend, stellenweise erscheinen hier die Phyllite und Glimmerkalke unregelmäßig ineinandergepreßt. Höher oben ragt am Rücken zwischen der vorderen und hinteren Ochsengrube ganz isoliert ein hoher Felskopf auf. Er besteht aus sanft gegen O geneigten oberen Rhätkalken. Auf seiner flachen begrasten Oberseite, von welcher ringsum steile Wände abfallen, wird durch einen offenen 424 Dr. Fritz Kerner v. Marilaun. [40] Spalt und eine ihn unter fast rechtem Winkel treffende schutterfüllte Kluft ein Horstklotz von einem abgesunkenen Randstücke abgetrennt. In dem Längsprofile, welches die Wandstufe auf der Westseite des oberen Trunergrabens darbietet, fehlt der Quarzphyllit zwischen der mittleren und oberen Kalkgruppe. Er endet, wie erwähnt, gleich oberhalb des Einschnittes in der Wand, welcher die Grenze zwischen jenen beiden Schichtgruppen bezeichnet. Seine untersten Bänke fallen dort 20° SSW und sind von stark verdrückten Kalkschiefern unterteuft. In jenem Einschnitte erscheint als Hangendes der sich in die Tiefe hinab- biegenden Marmore und Glimmerkalke und als Liegendes der oberen Plattenkalke eine schmale Zone von dunkelgrauem blättrigem Ton- schiefer mit einer Kalkbank in der Mitte. Man hat es hier vielleicht mit einem Aquivalente jener glimmerreichen Schiefer zu tun, welche am Kamme auf der Nordseite des Gschnitztales stellenweise zwischen den mittleren und oberen Rhätschichten erscheinen. Dieses Fehlen der Quarzphyllite in dem Wandprofile erscheint als ein wichtiges Glied in der Kette jener T'atsachen, welche dafür sprechen, daß diese Phyllite innerhalb der rhätischen Schichtmasse ein ihr ursprünglich fremdes, durch tektonische Vorgänge ihr später einverleibtes Element darstellen. Schmurzjoch. Den höchsten Teil des morphologisch mannigfaltigen Gebirges zwischen dem mittleren Gschnitz- und inneren Obernbergtal bildet der Kamm des Schmurzjoches. Er steigt südwärts vom Rücken des Roßgrubenspitz allmählich zu seinem höchsten Punkte an und streicht dann in ziemlich gleicher Höhe gegen SSW weiter, um sich hierauf rasch zu der Scharte östlich vom Muttenjoch hinabzusenken. Dem Martartal kehrt er ein sehr gleichförmiges Steilgehänge zu; gegen Osten dacht er weniger schroff ab und entsendet dahin mehrere Seiten- äste, darunter den Gebirgskamm, welcher die äußeren Teile des Gschnitz- und Obernbergtales trennt und im Steinacher Joche endet. Der zwischen dem Anfangsstücke dieses Kammes und dem nördlichsten Teile des Schmurzer Gipfelkammes gelegene oberste Teil des Truner- srabens wird durch den vorerwähnten Rücken in die vordere und hintere Ochsengrube abgeteilt. Am Nordfuße des Schmurzer Gipfelkammes lagern Kalke von der- selben Art wie jene, welche diesen Rücken krönen, den Quarz- phylliten südwärts der Roßgrube auf. Es sind zumeist im Bruche graue, an den angewitterten Flächen bräunliche Plattenkalke, die zum Teile völlig frei von Glimmer zu sein scheinen, zum Teile aber Glimmerschuppen enthalten und dann manchen plattigen Ausbildungen der mittleren Rhätgruppe ähnlich sehen. Manche Kalklagen sind slimmerreich; auch bläulichgraue Schiefer mit Knauern von weißem Quarz und Nestern von gelblichem Kalzit, ähnlich jenen, welche in der unteren Rhätgruppe erscheinen, kommen als Einschaltungen in diesen Plattenkalken vor (analog den Verhältnissen am Grate zwischen Wasenwand und Hammerspitz auf der Nordseite des Gschnitztales). 41] Die Quarzphyllite in den Rhätschichten des mittleren Gschnitztales. 425 Die Quarzphyllite und Quarzite im Liegenden dieser Kalke sind 30— 35° gegen WSW geneigt. Die untersten Kalkbänke fallen in der Kammlinie 40° S, weiter westwärts 20% SSO. Von hier lassen sich die Plattenkalke in kleinen Wandstufen zur Wurzelregion des Rückens hin verfolgen, welcher die beiden Ochsengruben trennt. Dort bilden sie, fast ganz flach liegend, ziemlich hohe klüftige Wändchen. Das Anfangsstück des Rückens, bis zu dem früher erwähnten Felskopfe hin, besteht aus Quarzphyllit. An den steilen Hängen, welche die hintere Ochsengrube gegen W abschließen, erscheint der Zug der Plattenkalke durch Schutthalden zerteilt. Es folgen zunächst noch Wändcehen, dann zwei turmartige Klippen, hierauf eine abgerutschte Masse aus zerstückelten und zerbrochenen Kalkschichten und endlich, schon nahe dem Kamme zwischen Truna und OÖbernberg, eine Wand- stufe aus dünnplattigem, 10° gegen OSO einfallendem Kalke, welcher viele Fältelungen und Knickungen aufweist. Nahe dieser Stufe be- findet sich auf dem Kamme selbst ein isoliertes Vorkommen von stark verquetschtem, fast glimmerfreiem Plattenkalk inmitten von Phylliten. Von den Quarzphylliten im Liegenden der oberen Plattenkalke treten an den schuttreichen Westhängen der hinteren Ochsengrube nur zwei Schrofen zutage. Sie stehen schief unterhalb der beiden zu vorletzt erwähnten Kalkfelsmassen. Auf der Südseite des genannten Kammes erscheint der Zug der Plattenkalke eine Strecke weit unterbrochen; dann kommt er unter- halb der Schönen Grube am Südabfalle des Schmurzjoches wiederum zum Vorschein und zieht sich dann zum Gipfelkamme zwischen Martar und Obernberg hinan, um diesen dann selbst eine Strecke weit zu bilden. Die Gesteinsmassen, unter welchen der Plattenkalkzug unter- taucht, sind die westlichsten Ausläufer der großen Decke von Karbon- gesteinen, welche den ganzen oberen Teil des Bergrückens zwischen Gschnitz und Obernberg aufbaut. Der Westrand dieser Decke tritt, nachdem er ostwärts vom Roßgrubenspitz eine Strecke weit durch Schutt verhüllt war, in der hinteren Ochsengrube wieder hervor und bildet dann noch eine Aussackung gegen Westen, deren Umgrenzung mit jener des Mittelstückes des Schmurzjochkammes zusammenfällt. Dieses Kammstück setzt sich so aus von Ost her auf die oberen Rhät- schichten aufgeschobenem Karbon zusammen. Zunächst über den Plattenkalken sieht man auf der Ostseite des Schmurzjoches zahlreiche braunrote Klippen von Fisendolomit. Die erste findet sich auf dem nördlichen Gipfelkamme selbst, einige große bizarr geformte Riffe stehen auf der Ostabdachung dieses Kammes, weitere Ankeritklippen überragen das von Schuttstreifen zerteilte Band der Plattenkalke am Westhange der hinteren Ochsengrube. Es handelt sich zwar auch hier nicht um eine einheitliche Zone, die Klippen zeigen aber doch im Gegensatze zu ihrem sonst oft zu beobachtenden regellosen Auftreten eine reihenförmige Anordnung. Die Eisendolomite scheinen flach zu liegen, der ganze Klippenzug läßt aber eine schwache Neigung gegen Süd erkennen. Über den Ankeritklippen folgen, das Mittelstück des Schmurzer Gipfelrückens bildend, quarzreiche karbonische Phyllite, die stellen- weise in Quarzitschiefer übergehen. Ihre Lagerungsweise ist nicht Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1911. 61. Bd., 3. u. 4. Heft. (F. v. Kerner,) 56 496 Dr. Fritz Kerner v. Marilaun. [42] überall erkennbar. Sie fallen vorzugsweise sehr flach, höchstens 10—20° gegen NW, WNW und W ein, an manchen Stellen auch nach WSW. Quarzkonglomerate treten am Kamme oben nicht auf. Die westlichsten Vorkommen von Anthrazitschiefer mit begleitenden Sandsteinen und Quarzarkosen finden sich am Sattelrücken östlich unterhalb des Schmurzjoches. Den höchsten Gipfel des Schmurzjoches bildet ein Eruptivgestein. Es ist nach Dr. Ohnesorges Untersuchung ein quarzführender Hornblendediabas. in welchem die Hornblende größtenteils karbona- tisiert erscheint. Der Kontakt mit dem umgebenden Phyllite ist nicht aufgeschlossen. Südwärts vom höchsten Gipfel des Schmurzjoches liegt eine Kamm- einsattlung, jenseits welcher ein zweiter Gipfel aus Karbonphyllit auf- ragt. An diesem biegt sich der Westrand der Karbondecke wieder zurück, worauf dann neuerdings die rhätischen Schichten am Gebirgs- kamme erscheinen. Die rückläufige Karbongrenze folgt zuerst un- gefähr dem Graben hinter der Obernberger Ochsenalm und zieht sich dann in das ostwärts benachbarte Gebiet hinüber. An den tieferen Südostabhängen des Schmurzjoches sind nur spärliche Aufschlüsse bemerkbar, höher oben werden sie reichlicher. Man trifft da vorzugs- weise sehr quarzreiche Gesteine, zerbröckelnde Quarzitbreceeien mit erdig-ockriger Rittinasse und harte, in scharfkantige Splitter zerfallende Quarzarkosen. Untergeordnet zeigen sich stenglige und grifflige Schiefer. Typische Quarzkonglomerate fehlen. Auf einem Vorkopfe unterhalb der Schönen Grube trifft man Quarzarkosen nebst Eisendolomit, noch höher oben splittrigen Quarzsandstein und Dolomit. Klippen von Eisendolomit treten auch noch weiter gegen das Schmurzjoch zu auf. Das Einfallen der Quarzite ist, soweit es sich erkennen läßt, vor- wiegend ein gegen N gerichtetes. Am Gipfelrücken südlich vom höchsten Punkte des Schmurzjoches fallen die Phyllite sanft WNW. Auf der Westseite des Schmurzjoches bilden die oberen Platten- kalke eine hohe, in viele Pfeiler zerschnittene Wandstufe unter- halb des grasigen Gipfelrückens. Sie fallen sanft gegen O und auch die unmittelbar über ihnen ruhenden Phyllitbänke lassen noch diese Fallrichtung erkennen, wogegen die generelle Schichtneigung der Gipfelphyllite — wie erwähnt — gegen WNW gerichtet ist. Der Sattel westlich vom Schmurzgipfel schneidet fast bis zum Niveau der Oberkante dieser Wandstufe ein. Auf der Westseite des Sattels sieht man gleich unter den sanft gegen WNW verflächenden Karbon- gesteinen sanft gegen O bis OSO einfallende plattige Kalkschichten, die in ungewöhnlich hohem Maße gefältelt und zerknittert sind. Weiter südwärts reichen die Plattenkalke beiderseits schon bis nahe gegen den begrasten Gipfelrücken hinauf, so daß dort das Karbon nur mehr als wenig mächtige Platte aufruht. Vom oberen westlichen Ende dieses Rückens zieht sich dann noch ein schmaler Grat aus Karbon- phyllit gegen W weiter. Der nächste Gipfelpunkt besteht aber schon aus Plattenkalk. Nahe unter dem Gipfelrücken südlich vom Schmurzjoche ist auf der Westseite an der Grenze zwischen Karbonphyllit und Plattenkalk eine kleine Masse von weißem, klüftigem, dolomitischem Kalke ein- [43] Die Quarzphyllite in den Rhätschichten des mittleren Gschnitztales. 4927 geschaltet, auch auf der Ostseite des Rückens ist an einer Stelle der Überschiebungslinie ein Block von solchem Kalke sichtbar. In der Gegend, wo die Schubfläche die Kammlinie schneidet, sind die Lagerungsverhältnisse sehr gestört. Die Phyllite fallen hier vielleicht gegen SW. Die grauen Plattenkalke stehen in verschiedenen Richtungen saiger und zwischen ihnen liegen noch Fetzen von quarz- reichem Phyllit und Trümmer von weißem, klüftigem Kalk. Dann folgt ein Gratstück mit stark zerworfenen Plattenkalken und einer Felsmasse von weißem Kalk, deren Sprünge von einer dunklen Breccie aus kieseligem Kalk mit tonigem Zemente ausgefüllt sind. Weiterhin durchquert man Klippen aus 20° ONO einfallenden, lokal stark zer- knitterten plattigen Kalkschichten und eine gegen O geneigte Klippe, unter der ein Fetzen von 30° WSW einfallendem Phyllite eingeklemmt ist. Die nächste Klippe verflächt 30° O. Sie bezeichnet das Ende des Kammstückes, welches von den glimmerarmen oberen Plattenkalken des Rhät aufgebaut wird. Südwärts von dieser Klippe wird der Gebirgskamm wieder durch älteren Quarzphyllit gebildet. An ihrem Fuße fällt dieser 40% steil gegen SSW. Man hat den Eindruck, daß hier der Kalk durch den Phyllit empor- und seitlich abgedrängt worden ist. Beide Gesteine erscheinen an der Störung gegenseitig verkeilt. Die untersten Lagen der Kalkzone sind hier noch weißer Marmor, wie er im Liegenden der oberen Zone der älteren Quarzphyllite herrscht. Man kann sich der Vermutung nicht entschlagen, daß es sich bei den im vorigen genannten Vorkommnissen von weißem Kalk um kleine Reste der hellen klüftigen Kalke des obersten Rhät handelt. Ein bestimmter Schluß allein auf Grund des petrographischen Habitus wäre aber unstatthaft. Am Rücken südlich von der oben genannten Klippe fällt der Quarzphyllit zunächst gegen N, am Westhange gegen NNO; weiter südwärts teils flach, teils mäßig steil gegen N bis NW. Auf dem ein Steinmandel tragenden Gipfelpunkte trifft man dunkelgrünen plattig abgesonderten Chloritschiefer, welcher sanft gegen NW verflächt. Als- dann folgt ein beiderseits mit grasigen Gehängen abdachendes Kamm- stück, wo der Phyllit gegen N bis NNO fällt. Das Südende des Schmurzer Gipfelgrates bildet die Spitze „Am hohen Kreuz“, so genannt nach einem großen, dort errichteten Holzkreuze. Diese Spitze bezeichnet den Ort, wo die Grenzfläche zwischen den Quarzphylliten und der Zone der hellen Glimmerkalke den Gebirgskamm schneidet. Der zackige Abfall dieses Kammes zum Sattel östlich vom Muttenjoche gehört der eben genannten Zone an. Mit diesem Gratabfalle endet das hohe Felsband, welches unterhalb des Roßgrubenspitz beginnend an den Westabstürzen des Schmurzjoches hinzieht, in seinem Mittelstücke noch überragt von der Wandstufe der oberen Plattenkalke. Zugleich findet an diesem Gratabfalle ein Felszug sein Ende, welcher sich in dem mehrteiligen Graben auf der Südseite des Schmurz- joches entwickelt und den Verlauf der Glimmerkalkzone auf der Nord- flanke des inneren Obernbergtales bezeichnet. Dieser Felszug streicht ONO—SSW und schließt so mit dem von N zu OÖ nach S zu W ziehenden Gebirgskamme einen spitzen Winkel ein, in welchem der 56* 428 . Dr. Fritz Kerner v. Marilaun. [44] westliche Ast des vorgenannten Grabens liegt. Der mittlere Ast des- selben entwickelt sich unterhalb des Südgipfels des Schmurzjoches und vereinigt sich dort, wo jener Felszug anfängt, mit dem vorigen Aste. Vom östlichen Grabenaste scheidet den mittleren ein von Fels- stufen durchquerter, Abhangrücken, welcher in einer Kuppe gipfelt, die sich unterhalb der Wandstufe der oberen Plattenkalke befindet. Auf der Nordseite des östlichen Grabenastes treten unterhalb der Karbonphyllite die älteren Quarzphyllite hervor. Dann sieht man sie am Südrande der vorgenannten Kuppe 15° O fallend aufgeschlossen. Im Westaste des Grabens bilden sie den gegen den Bergkamm zu ge- legenen der beiden dort befindlichen Felszüge. Die Lagerung ist dort mehrfach gestört, das generelle Schichtfallen sanit gegen NNO ge- richtet. Am Sattel, welcher von diesem Graben zu einer kleinen Mulde am Osthange der Hochkreuzspitze hinüberführt. ist das Ver- flächen des Phyllites 15° ONO, in der Mulde selbst mehr NO. An den schuttreichen Hängen, die vom Westgraben zum Gebirgskamme hinanziehen, sind nur spärliche Phyllitaufschlüsse vorhanden. Der Zug der Glimmerkalke taucht auch auf der Nordseite des östlichen Grabens unter dem Karbon hervor. Die Felswändchen am Rücken unterhalb der vorgenannten Phyllitkuppe bestehen aus sanft gegen NO fallendem weißem Marmor mit Zwischenlagen von rötlichen und gelben subkristallinen Kalken und blättrigem Tonschiefer. Im Westgraben besteht der östliche der beiden oben genannten Felszüge aus klüftigem Plattenkalk mit schiefrigen Einlagen. Sein Fallen ist 15° O, also verschieden von dem des Phyllites im westlich benach- barten Felswalle. Die große Felsmauer südlich von diesem Graben baut sich aus lichten, zum Teil gebänderten Marmoren, hellen Glimmer- kalken und Plattenkalken im Wechsel mit Kalkschieferlagen auf. Ihre tieferen Teile zeigen schon den Habitus der grauen Schieferkalke und Holzmaserkalke des unteren Rhät. Das Schichtfallen ist hier vorwiegend ein östliches. Die isolierte Felsmasse im obersten Teil des Grabens besteht aus einem plattigen Glimmerkalke und muß so derselben Gesteinszone angehören wie die vorgenannten Gebirgsteile.e. Da sie aber viel höher liegt als manche der Phyllitfelsen des Westgrabens, muß man annehmen, daß letztere durch spätere Einbrüche in ihre tiefe Lage gelangt sind. Auf der Spitze „Am hohen Kreuz“ sieht man weiße glimmerige und graue glimmerfreie Plattenkalke 15° ONO verflächen. Am West- abfalle des Gipfels ist das Fallen nach OSO. Der Grat, welcher sich von da zum Sattel östlich vom Muttenjoch hinabzieht, ist, wie erwähnt, sehr zackig und zerklüftet. Unterhalb seines Hauptabfalles gelangt man in eine Felswildnis, wo mehrere bizarr geformte Klippen auf- ragen, die aus 30—55° gegen SO bis S geneigtem Plattenkalk der unteren Rhätgruppe bestehen, Stellenweise sind hier die Schichten lokal steil aufgerichtet. Es scheint, daß da ein großer Teil der eben genannten Gesteinsgruppe noch über der unteren Phyllitzone liegt. Am Fuße der Südwände des Hohen Kreuzkammes befindet sich eine. Region, wo abgestürzte Schichtklötze und große Blöcke von lichtem Glimmerkalk wirr durcheinanderliegen. Auch zwei hoch aufstrebende Klippen solchen Kalkes sind hier zu bemerken. [45] Die Quarzphyllite in den Rhätschichten des mittleren Gschnitztales.. 4929 Die untere Phyllitzone ist im Kare südlich vom Hohen Kreuz gut aufgeschlossen. Am Ausgange dieses Kares befindet sich über Wand stufen von sanft gegen O einfallendem Hauptdolomit ein kleines be- grastes Hügelchen, auf welchem ein Bildstöckel steht. Gleich nord- wärts von demselben treten Felsen von sanft gegen O bis NW fallendem Quarzphyllit zutage. Jenseits einer gleich westlich von hier gelegenen Mulde erhebt sich ein kleiner Rücken, dessen Flanken aus Dolomit bestehen, wogegen die Kuppe aus flach liegendem Quarzphyllit ge- bildet wird. Talaufwärts von diesem Rücken sieht man am steilen Nordhange des Kares den Quarzpbhyllit in vielen Felsen zutage treten. Sein Einfallen DIAS, a) - u WARS PN HE BNN Westseite des Schmurzjoches. D Hauptdolomit. — uw Untere Glimmerkalke. — m Bänderkalk und Marmor. — o Obere Glimmerkalke. — Ph I Quarzphyllit. — Ph II Quarzphyllit mit Chlorit- schiefer. — C Quarzphyllit mit Eisendolomit (Karbonphyllit). ist dort 10—20° gegen N, zum Teil auch gegen NNO und NNW. Die Diskordanz zu dem sanft gegen OSO bis ONO geneigten Dolomiten im Karboden ist deutlich ausgesprochen. Es scheinen hier zwischen dem Dolomit und Phyllit keine unteren Glimmerkalke zu liegen. Diese Phyllitaufschlüsse befinden sich am Abhange eines Hügelwalles, welcher unterhalb der vorerwähnten Bergsturzregion vorspringt. Der Wall selbst ist auch mit Trümmern von Glimmerkalken des Hochkreuz- kammes bestreut, ebensolche Trümmer bedecken auch die nördlichen Kargehänge talauswärts und taleinwärts von den Phyllitfelsen. Erst im Bereiche des Muttensattels, welcher das Kar von der Martarer Wild- grube scheidet, ist der Quarzphyllit wieder in größerem Umfange auf- geschlossen. Er fällt dort 35° ONO, weiter hinan gegen den Westfuß des Hochkreuzkammes zu NO und NNO. 430 Dr. Fritz Kerner v. Marilaun. [46] Auf der steil abfallenden Westseite des Schmurzjoches ist der Aufbau der dem Dolomitsockel aufgesetzten Gebirgsmasse aus über- einander gelagerten Phyllitdecken und Kalktafeln klar erkennbar. An Ort und Stelle scheint dort allerdings die Untersuchung durch die schwere Zugänglichkeit der Abstürze erschwert; zugleich erhält man dort stets nur einen Blick über ein Teilstück .der Berglehne. Ein um so schöneres Gesamtbild der Schichtfolge läßt sich von den gegen- überstehenden Gehängen des Hochtorspitz aus gewinnen. Die West- gehänge des Schmurzjoches waren ja auch die Stelle, von wo Frech ein Ineinandergreifen alter Phyllite und triadischer Kalkbänder beschrieb. Unter dem von den Karbonphylliten des Schmurzer Gipfelkammes gekrönten Felsbande der glimmerarmen oberen Plattenkalke zieht sich eine steile Rasenzone hin, in welcher viele dunkle Schrofen von Quarzphyllit zutage treten. Unter ihm verläuft ein hohes lichtes Fels- band von Bändermarmor und Glimmerkalk. In seinem mittleren Teile erscheint dasselbe durch einen Rasenstreif in zwei Bänder gespalten, deren jedes in eine Anzahl von Felswändchen zerstückt ist. Weiter südwärts, östlich von der Wildgrube, vereinigen sich die beiden Bänder zu einer einheitlichen hohen, rötlichgelben Felswand. Die lichte Gesteinsfarbe beginnt erst etwas oberhalb des Fußes der Felswand, ihre untersten Teile bestehen noch aus grauen Schiefer- kalken. Die Marmore und Glimmerkalke liegen zum Teile flach, zum Teile fallen sie sanft gegen OSO und SO ein. Zwischen diesen Kalken und dem Hauptdolomit des Gebirgssockels streicht die untere Phyllitzone hin. In ihrem mittleren Teile treten mehrere Felssporne vor, an denen die Quarzphyllite mehr oder minder sanft (bis 200) gegen SO verflächen. Weiter südwärts folgt jenseits eines steilen Rasenhanges ein in Phyllitfelsen eingeschnittener Runst. Alsdann entwickelt sich eine Gehängestufe, die ganz mit Trümmer- werk der höher aufragenden Kalke überstreut ist. Am Abhange ober dieser Stufe tritt noch eine Felsmasse von Quarzpbyllit zutage. Weiter taleinwärts, wo die Stufe in den Boden der Martarer Wildgrube über- geht, ziehen sich zu Füßen der rötlichgelben Marmorwand Schutt- halden hin. Erst im obersten Teile der Wildgrube tritt wieder der Phyllit in großen Felsmassen zutage und zieht sich dann unterhalb des Westgrates der Spitze „Am hohen Kreuz* zum Muttensattel hinauf. Unterhalb der vorerwähnten Terrainstufe stehen Wändchen grauen plattigen Kalkes an, der 15° gegen O bis NO fällt. Im Umkreise des Schmurzjoches liegen ein paar Moränen aus dem letzten Stadium der Eiszeit. Ein schön erhaltener Ringwall be- findet sich in der hinteren Ochsengrube; er umschließt ein großes Blockwerk von Eisendolomit. Ein zweiter gut erkennbarer Moränen- bogen ist in der Schönen Grube südöstlich vom Schmurzgipfel erhalten. Weniger deutlich ausgesprochen ist die glaziale Natur des Walles einwärts vom Doppelrücken aus Phyllit in der Hochmulde nordöstlich vom Hohen Kreuz. [47] Die Quarzphyllite in den Rhätschichten des mittleren Gschnitztales. 43] Muttenjoch. Den malerischen rückwärtigen Abschluß des Martar bildet die Nordwand des Muttenjoches. Sie erhebt sich hinter einem grasigen Almboden, zu welchem man über eine hohe Felstreppe aus dem Talgrunde hinaufgelangt. Links liegt oberhalb einer Wandstufe die Martarer Wildgrube, ein trümmerreiches Kar, das sich zur Scharte zwischen Muttenjoch und Hohem Kreuz emporzieht. Zur Rechten führt die schutterfüllte Roßgrube zur Scharte zwischen Muttenjoch und Kreuzjöchl hinan. Die Felsstufe unterhalb des vorerwähnten Alm- bodens besteht aus schön geschichtetem, 15° ONO fallendem Haupt- dolomit; die Nordwand des Muttenjoches läßt aber jene Regelmäßigkeit des Aufbaues aus durch schmale Schuttgesimse getrennten Felsbändern vermissen, welche der Nordabsturz der prachtvollen Dolomitpyramide des Gsehnitzer Tribulaun am Abschlusse des Sondestales zeigt. An der Muttenwand bemerkt man eine flach liegende zerrissene Flexur, welche schon Frech beschrieben und abgebildet hat und in ihrer Bedeutung als ein mit der Steinacher Überschiebung in Zusammen- hange stehendes Phänomen gewürdigt hat. Der untere Teil der Wildgrube ist mit glazialem und jüngerem Schutte überdeckt; oberhalb eines sumpfigen Bodens zwischen zwei Moränenwällen kommt man in eine kleine Enge, zu deren beiden Seiten der Dolomit 10—15° gegen O bis OSO einfällt. Auf seinen Schiehtflächen zeigen sich hier deutliche Ansätze zu Schrattenbildungen. Auch weiter aufwärts hält ein O- bis ONO-Fallen des Dolomites an, wogegen die Phyllite unterhalb des Hohen Kreuzes mehr gegen SO verflächen. Am Sattel östlich vom Muttenjoche fällt aber auch der Quarzphyllit 30—40° steil gegen OÖ bis ONO ein. Der Anstieg von diesem Sattel zur Kuppe des Muttenjoches erfolgt zumeist über Halden und kleine Felsen von Phyllit. Das generelle nordöstliche Einfallen ist aber sanfter als die Neigung des Osthanges der Bergkuppe. Man muß so wohl. annehmen, daß hier ein staffelförmiges Absinken der Schiehtmassen gegen O stattfindet. Nahe unterhalb der Gipfelkuppe tritt wieder Dolomit zutage, der bald in grauen Plattenkalk übergeht. Dieser läßt sich in Wand- stufen um die höchste Kuppe herum verfolgen, die selbst wieder aus Quarzphyllit besteht. Dieser Phyllit liegt so wie ein flacher Schild über rhätischem Kalk, der selbst als isolierte Tafel dem Dolomitklotze des Joches aufruht. Auf der Ostseite des in W—O-Richtung in die Länge gezogenen Muttengipfels fällt der graue dickplattige Rhätkalk 35° steil gegen NNO ein. Längs der Südseite des Gipfels läßt er sich, sanft gegen OÖ verflächend, in kleinen Wandstufen gegen W verfolgen. Dort zieht er sich dann oberhalb des Westendes des Gipfelrückens auf die Nord- seite hinüber, so daß jenes Ende noch aus Dolomit besteht. Entlang der Nordseite bildet der Rhätkalk 15° gegen OSO fallend (lokal auch segen SO) stark zerklüftete Wändchen, die wie ein Dachgesims die hohen Dolomitwände krönen. Der Quarzphyllit der höchsten Kuppe kommt so in eine seichte, gegen O geöffnete Schichtmulde zu liegen. 432 Dr. Fritz Kerner v. Marilaun. [48] In der Achse dieser Mulde ist der Kalkzug auf der Ostseite nieder- gebrochen und es reicht dort der Phyllit tiefer am Gipfelrande hinab. Außer dickplattigen grauen Kalken treten auch sehr dünnplattige, in klingende Tafeln zerspaltende Kalke und glimmerige Kalkschiefer auf. In losen Platten sah ich auch blaßgelbliche, grünschuppige Glimmerkalke. Das eben erwähnte Vorkommen von Quarzphyllit ist das höchstgelegene des Gebietes. Dem Umstande, daß es zudem auf dem Gebirgskamme liegt, ist es wohl zuzuschreiben, daß hier in einer Höhe, in welcher sonst im Gschnitz- und Stubaitale die Wasserscheiden schon schroffe Grate sind, sei es, daß der Dolomit in diese Höhen reicht), sei es, daß den Kamm schon die den Phyllit überlagernden Rhätsehichten krönen ?), noch ein grasiger Rücken auftritt, wo im Hoch- sommer Rinderherden weiden. Jenes Vorkommen von Phyllit bringt es auch mit sich, daß der Gipfel des Muttenjoches ein Standort hoch- alpiner Schieferpflanzen ist, obschon das Joch ganz das Aussehen eines Dolomitberges hat. Nach Überschreitung des Sattels im Osten des Muttenjoches gelangt man in die gegen O sich öffnende Hochmulde, welche süd- wärts vom Kamme des Hohen Kreuzes liegt. Gegen West begrenzt sich diese Mulde oben durch die felsigen Südostabhänge des Mutten- joches und weiter unten durch eine Wandstufe, mit welcher ein aus diesen Hängen heraustretender schmaler Rücken gegen NO abfällt. Den Boden der trümmerreichen Mulde bilden zumeist 15° gegen OSO geneigte Dolomitschichtflächen mit vielen karrenähnlichen Aus- waschungen. Am Südostende des erwähnten Rückens fällt plattiger Dolomit 25° NNW. Gleich daneben ostwärts trifft man eine kleine anstehende Phyllitmasse, die söhlig liegt oder sehr sanft gegen den Berg zu fällt. Dann folgt am Ostabfalle des Rückens ein zweiter Aufschluß von Phyllit, der von dem liegenden Dolomit durch eine Zone von lichtem Glimmer- kalk getrennt ist und wieder von Dolomit überdeckt erscheint. Der (Quarzphyllit verflächt sehr sanft gegen SO, seine Liegend- und Hangend- schichten fallen 15° OSO. Weiter aufwärts ist der Nordostfuß des Grates durch Schutt verdeckt. Im oberen Teile der Mulde unterhalb des Muttensattels befinden sich zwei Linsen von Quarzphyllit inmitten des Dolomites. Die Dolomit- basis der unteren Linse liegt ganz flach, der Phyllit ruht, 20° N fallend, unmittelbar auf. Die Lagerungsart des Dolomites ober dem Phyllite ist hier nicht klar erkennbar. Es ist mehr An- als Auflagerung vor- handen. Der Dolomit im Liegenden der oberen Linse ist sanft gegen N geneigt; der Phyllit selbst liegt hier fast söhlig. Der Hangend- dolomit ist teils verbrochen, teils flach liegend. Noch weiter talauf- wärts, im innersten Teile der Mulde, sind an zwei kleinen Hügelchen auch Aufschlüsse von Quarzphyllit vorhanden. Über ihm folgen lichte, rotbraun verwitternde Glimmerkalke, die in ebenflächige Tafeln zer- klüften, !) Stubaier Kalkkögel und Tribulaun. ?) So am Hammerspitz (2640 m), Hochtorspitz (2640 m) und Kreuzjöchl (2643 m), welche alle drei nahezu die Höhe des Muttenjoches (2630 »n) haben. [49] Die Quarzphyllite in den Rhätschichten des mittleren Gschnitztales. 433 Westwärts von dem vorgenannten schmalen Rücken breiten sich die Südabhänge des Muttenjoches aus, welche durch ihre nur mäßig steile Neigung und ihren Mattenschmuck in scharfem Gegensatze zu den schroffen Nordabstürzen dieses Berges stehen. Auf diesen Hängen sind ‚viele sanft gegen OÖ abdachende Dolomitfelsstufen sichtbar. Die hohe Felswand, welche von diesen Hängen gesen die innere Obernberger Wildgrube zu abfällt, baut sich aus 15° NNO einfallenden Dolomit- bänken auf. Diese Wand setzt sich westwärts in die Steilgehänge fort, welche von der Scharte zwischen Muttenjoch und Kreuzjöchl zur inneren Obernberger Wildgrube abdachen. Auf der Westseite des Muttenjoches kann man zwischen Klippen und Türmchen von flach gegen O einfallendem Dolomit über Schutt und Fels zu dieser Scharte hinabsteigen. Die Roßgrube, welche unter- halb der Nordabhänge dieser Scharte liegt, ist ganz mit Schutt erfüllt. Nur im Bereiche ihrer Mündung tritt unter vielem Blockwerk auch anstehender Dolomit zutage; er fällt 20° NO. Dieses Einfallen zeigen auch die untersten Felsen am Westende der Nordwand des Muttenjoches. Auf dem Muttenjoche liegen im Gebiete ostwärts des Tribulaun die Schichtgrenzen am höchsten. Bemerkenswert ist insbesondere bei dem allgemeinen Absinken dieser Grenzen gegen Osten ihre höhere Lage als in dem westlich benachbarten Grate und in dem nordwärts gegenüberliegenden Kamme. Obschon das Muttenjoch (2630 m) fast bis zur selben Höhe ansteigt wie das Kreuzjöchl (2643 m) und der Hochtorspitz (2640 m) im Grate zwischen Martar und Sondes und der Hammerspitz (2640 m) auf der Nordseite des Gschnitztales, reicht es mit seinem Gipfel doch erst in die dem unteren Rhät eingeschaltete Quarzphyllitlage hinauf, während jene anderen Gipfel bis in die Zone der oberen Glimmerkalke hineinragen. Die tiefere Lage der Schichtgrenzen am Grate zwischen Sondes und Martar ist in einer Absenkung desselben begründet, welche in der Scharte am Westfuße des Muttenjoches klar in Erscheinung tritt, indem dort die Rthätschichten tief unterhalb des Muttenjoches liegen. Aber auch der Höhenunterschied zwischen der Rhätbasis am Muttenjoche und am Schmurzjoche ist größer, als dem generellen Ab- dachen der Schichten entsprechen würde. Es findet demnach auch auf der Ostseite des Muttenjoches eine Absenkung der Schichtmassen statt, und zwar weist dort — wie schon erwähnt — der geologische Befund auf das Vorhandensein von Staffelbrüchen hin. Das Mutten- joch stellt so in bezug auf die ihm benachbarten Kammstücke einen Horst dar. Man wird dann auch die NW—SO streichenden Wand- stufen, mit welchen der Südabhang des Berges gegen W und OÖ abfällt, auf Verwerfungen zurückführen können und auch den Nord- absturz des Berges mit einem großen Abbruche in Beziehung bringen dürfen. Das Muttenjoch wäre dann gleichsam nur die stehen ge- bliebene Südhälfte eines in der Mitte geborstenen Bergmassivs, dessen Nordhälfte in die Tiefe gebrochen ist. Im Umkreise des Muttenjoches liegen zahlreiche Moränen aus der Zeit des Rückzuges der letzten Vergletscherung. In größerer Ausdehnung bedeckt glazialer Schutt die breite Felsstufe unterhalb der Nordseite des Berges. Der Weideboden zwischen dem Schutt- Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Bd., 3. u. 4. Heft. (F. v. Kerner.) 57 451 Dr. Fritz Kerner v. Marilaun. [50] bande, das den Fuß der Muttenwand besäumt und den vom Ostabhange des Torspitz kommenden Halden zeigt eine unregelmäßige wellige Oberfläche mit kleinen eingesenkten Mulden. Man hat es hier mit dem beim Rückzuge eines Gletschers auf dessen Boden verstreuten Oberflächenschutte seiner Zunge zu tun. Der Mangel eines deutlichen Stirnwalles dürfte dadurch bedingt sein, daß der Gletscher zur Zeit seines Stationärbleibens noch über den Steilrand der Felsstufe reichte und der bis zur Eisfront vorgeschobene Schutt schon unterhalb der Stufe sich anhäufte, wo er mit dem von den Flanken des Talgrundes zugeführten Schutte zu einer Schuttmasse verschmolz. Schöne Ringmoränen birgt die Martarer Wildgrube. Ein kleiner, bogenförmiger Wall befindet sich unterhalb der großen, rötlichgelb ver- witterten Marmorwand am Westabsturze des Schmurzkammes. Dieser Wall kantet sich beim Anblicke aus der Ferne gegen die Umgebung schärfer ab als in seiner nächsten Nähe. Der halbmondförmige Raum Fig. 10. SU Längsprofil durch den Gebirgskamm zwischen Obernberg und Gschnitz. KJ Kreuzjöchl. — MJ Muttenjoch. — SJ Schmurzjoch. — D Hauptdolomit. — Ph 1 Quarzphyllit. — Ph 11 Qaarzpbyllit mit Chloritschiefer. — € Quarzphyllit mit Eisendolomit (Karbonphyllit). — w Untere Glimmerkalke. — m Bänderkalk und Marmor. — o Obere Glimmerkalke. zwischen diesem Walle und dem rückseitigen Berghang ist mit wüstem Blockwerke erfüllt. Zwei gegen West konvexe Hügelwälle stehen in der Mitte der Wildgrube zu beiden Seiten eines sumpfigen, vom Wild- grubenbach durchflossenen kleinen Bodens. Der östliche Wall, auf welchem man.sehr viele und große Blöcke antrifft, ist wohl als Mittel- moräne zu deuten; der westliche kleine Wall ist ein Stück der links- seitigen Randmoräne des Kargletschers, welcher zu Ende der letzten Eiszeit hier noch lag. Ein wohlentwickelter kleiner Ringwall klebt hoch oben am Süd- hange des Muttenjoches auf den Dolomitfelsstufen über der früher erwähnten Steilwand, welche gegen die innere Obernberger Wild- grube abfällt. Dieser Wall umschließt eine Halde von rezentem Schutte, welche vom Fuße der Gipfelfelsen herabkommt. Die Obernberger innere Wildgrube ist ein in die Südostseite des Kreuzjöchl einge- senktes Doppelkar, dessen beide Teile durch eine schmale Felsrippe getrennt sind. Am unteren Ende einer jeden dieser beiden Teilmulden befindet sich ein schöner Ringwall. Der westliche hat die Form eines [51] Die Quarzphyllite in den Rhätschichten des mittleren Gschnitztales. 435 Doppelbogens, der östliche die eines einfachen Halbkreises. Die von diesen Stirnmoränen umschlossenen Mulden sind mit mächtigen Block- und Trümmermassen erfüllt, die zum Teil aus viel späterer Zeit als die Schuttwälle stammen. Frech glaubte, wie bekannt, die hochgelegenen Moränen des Tribulaungebietes einem eigenen, dem Daunstadium noch nachgefolgten Tribulaunstadium zuweisen zu müssen!). Brückner sprach dagegen die Ansicht aus, daß auch diese Reste dem Daunstadium angehören ?). Derzeit liegt die Firngrenze in den östlichen Stubaier Alpen etwas höher als weiter im Osten. und Westen und es wäre möglich, daß dieses Verhältnis schon zu Ende der Würmeiszeit bestanden hat. Hochtorspitz. Vom Sondestale wird das Martar durch einen kurzen Grat ge- schieden, welcher vom Kreuzjöchl in nördlicher Richtung abzweigt und im Hochtorspitz kulminiert. Er stürzt nach beiden Seiten mit sehr steilen Hängen ab und kehrt dem Gschnitztal eine gleichfalls steile Frontabdachung zu. Die Kante zwischen letzterer und der zum Martar abfallenden Seite wölbt sich selbst zu einem Vorgrat auf, in welchem der Taisspitz emporsteigt. Den Fuß des Hochtor hüllen allseits mächtige Schutthalden ein, der größte Teil des Berges bietet aber reichliche Gesteinsaufschlüsse, so daß sich die Tektonik klar erkennen läßt. Das Fußgestell des Berges besteht aus kristallinen Schiefern. Auf der Ostseite des Sondes sieht man sie in steilen Felshängen entblößt, ebenso an der dem Gschnitztal zugewandten Nordflanke des Hochtor, woselbst mehrere Bachschluchten in sie einschneiden. Weiter ostwärts, unterhalb des Taisspitz sind sie durch Schutt verhüllt, im untersten Martar treten sie aber nochmals hervor, eine enge Felsschlucht bildend, durch deren blockerfüllten Grund der Martarbach hinabschäumt. Die obere Begrenzungsfläche des Archaicums dacht gegen NO hin ab. Sie liest an der Ostwand des Sondes 1800-2000 m hoch, au der Martar- talmündung in 1400. m Höhe. Auf den kristallinen Sockel legt sich eine Masse von dolo- mitischem Kalk, die westwärts aber nur bis zur Mittellinie des Grates reicht. Sie ist nach oben zu horizontal begrenzt und hat so (da ihre Basis gegen OÖ abdacht) die Form eines gegen W zulaufenden Keiles. Ihr unmittelbar Hangendes ist eine söhlige Lage jener dunklen dünn- spaltigen Tonschiefer, die als Vertretung der Carditaschichten er- scheinen und dieser Umstand läßt eine Deutung des Kalkes als Wettersteinkalk zu. Er baut die durch Runste geschiedenen Felspfeiler unter den Nordwänden des Taisspitz auf. Auf dem so gestalteten Unterbaue ruht ein mächtiger Klotz von flach gelagertem Hauptdolomit, das mittlere Stockwerk des Hochtor- 1) #F. Frech, Das Antlitz der Tiroler Zentralalpen. Zeitschr. d. D. u. Ö. Alpenvereines 1903, pag. 21. ?) E. Brückner, Die Eiszeiten in den Alpen. Geogr. Zeitschr. X., pag. 576. DR 436 Dr. Fritz Kerner v. Marilaun. [52] spitz bildend. Seine Westflanke wird durch zerklüftete Steilabstürze gebildet, die der östlichen Talwand des Sondes ein wildes Aussehen verleihen. Die Nord- und Ostseite des Dolomitklotzes erscheint durch Schuttbänder in mehrere Felswände und Schrofen zerteilt. Uber dem Dolomite ruht als Krönung des Gebirgskammes die Schichtserie des Rhät, sich schon von ferne durch dunklere Farbe von ihrer bleichen Unterlage abhebend. Von der Gipfelmasse des Hochtor besteht der untere Teil noch aus Dolomit. Er gliedert sich in einen breiten Mittelbau, welcher gegen die Scharte hinzieht, an der der Taisspitzgrat beginnt und aus zwei in je mehrere Pfeiler aufgelösten Seitenteilen, die gegen das Gschnitztal und Martar vorspringen. Zwischen dem Mittelbaue und dem östlichen Vorsprunge senkt sich ein schutterfülltes Kar zu einem an die Scharte angeschlossenen flachmuldigen Boden ab. Auf diesem Boden trifft man große abgestürzte Kalkblöcke und kleine begraste Hügelchen aus grauem plattigem Glimmer- kalk, dessen Schichttafeln nach sehr verschiedenen Richtungen hin geneigt sind. Gleich nordwärts von der Stelle, wo sich von der Scharte ein Schlot gegen die Hänge ober Gschnitz hinabsenkt, befindet sich innerhalb des 15° gegen O geneigten Hauptdolomites eine kleine Masse von Quarzphyllit, der 55° N fällt und etwas oberhalb ein Phyllitblock. Gegen den Taisspitzgrat zieht sich ein Wiesengraben hinan, zu dessen linker Seite Dolomittürmchen aufragen. Das sich gegenüber öffnende, bereits erwähnte Kar erscheint beiderseits von steilen Dolomitwänden eingerahmt, zu deren Füßen sich Schuttbänder hinziehen, die eine vom (das Kar abschließenden) Hochtorspitz herab- kommende Mittelhalde zwischen sich aufnehmen. Letztere stelt — indem sie dunkle rhätische Kalkschiefer und Glimmerkalke führt -- in schärfstem Farbengegensatze zu den sie beiderseits begleitenden reinweißen .Dolomitschutthängen. Die rechts vom Kar gelegene Berg- masse ist ein breiter, gegen N und O abdachender Rücken mit all- seits steil abfallenden Rändern. Auf diesem Rücken treten zahlreiche Schichtflächen von Dolomit mit karrenförmigen Auswaschungen zutage. Das Einfallen ist hier 15° ONO bis 25° NO. Am wulstartig erhöhten Westrande des Rückens trifft man zerworfene, zum Teil steil auf- gerichtete Schichttafeln von grauem Plattenkalk; erst viel höher oben ist eine normale Auflagerung von flachliegenden rhätischen Kalk- schiefern auf dem Dolomit sichtbar. Dann folgen gegen den Doppel- gipfel des Hochtor hinan dunkeleisengraue zerblätternde Tonschiefer, die in braune glimmerreiche Kalke übergehen. Die tieferen östlichen Randpartien des Dolomitrückens sind in dessen Anfangsstück mit einer mächtigen Trümmerhalde aus Rhätkalken und Quarzpbyllit bedeckt, in welcher zwei große Kalkklötze auffallen. Neben dem einen dieser Klötze findet sich eine kleine an- stehende Masse von Phyllit, die 15° NW fällt. Etwas höher oben tritt eine Wandstufe von 15° ONO fallenden, grauen unteren Rhätschichten zutage. Weiter gegen den Hochtorgipfel ziehen sich Schutthänge hinan, aus denen viele Schrofen von Quarzphyllit hervorschauen. Derselbe fällt meist 20° SSW, auch nach S und SW. Darüber lagern, wie durch den Phyllit emporgedrängt, und ebenso wie dieser fallend, [53] Die Quarzphyllite in den Rhätschichten des mittleren Gschnitztales. 437 wieder untere Rhätschichten. Dann folgen noch zwei Wandstufen von dunkelgrauem Kalke mit Ilolzmaserzeichnung, welcher sehr sanft gegen OÖ bis OSO verflächt. Nach oben zu geht derselbe in hellere Gesteine der mittleren Rhätgruppe über. Der Quarzphyllit nebst der ihm zunächst aufliegenden Grenzschichte von Kalkschiefer befindet sich hier demnach in auffälliger Diskordanz zu seinen Liegend- und Hangendschichten. Weiter ostwärts dehnen sich Schutthänge aus, die das vorerwähnte Kar nach hinten zu abschließen und in die den Kargrund ausfüllende Halde übergehen. Diese Hänge sind von mehreren niedrigen Wand- stufen durchzogen. Die unterste derselben besteht aus platiigem und bankigem, 20° gegen NNW verflächendem Marmor und ist von mehreren weit klaffenden Sprüngen durchsetzt. Im Trümmerwerke, durch weiches maa zu dieser Stufe ansteizt, trifft man neben Marmortafeln, Kalk- schieferplatten und Brocken von Phyllit zwei abgerutschte Massen von Kalkschiefer, welche 35° steil nach NNO geneigt sind. Ober der Marmorwand folgen wieder Schieferkalke. Auch beim Anstiege über die Gehängekante, welche den Nord- und Osthang des Hochtorspitz scheidet, quert man vielen Schutt und zerworfene Schollen von litho- logisch mannigfaltigen Schichten der unteren Rhätgruppe. In der Gipfelregion des Torspitz zeigt sich eine Fülle von ver- schiedenen Gesteinen : weiße Marmore, graue subkristalline Plattenkalke, bunte (rötlichgelb und grünlich gefärbte) und. bräunliche Schiefer- kalke, blaßzelbliche körnige Kalke mit grünen Glimmerschuppen und grünliche Kalkglimmerschiefer. Die Felspyramide des Nordgipfels besteht aus einer von grauem Kalke gekrönten Wechsellagerung von diekbankigem weißem Marmor und gelblichem Kalke mit grünen Glimmerzwischenlagen. Das Schichtfallen ist hier sanft gegen OÖ bis OSO. Den Gipfelschrofen bilden 20% gegen ONO geneigte Bänke eines in große eckige Trümmer zerfallenden, hellgrau verwitternden, im Bruche grauen, körnigen Kalkes. Der schroffe Turm des Südgipfels zeigt gleichfalls einen hohen Sockel aus hellem Marmor und Glimmer- kalk mit einer Zinnenkrönung aus stark. klüftigem, dickplattigem, srauem Kalke. Das Hohe Tor, der Einschnitt zwischen beiden Gipfeln, ist eine enge, von Wänden eingerahmte Scharte, von der sich beider- seits Felsschlote absenken, deren Schuttinhalt eine Mustersammlung verschiedener Rhätgesteine darstellt. Gegen O begrenzt sich das vorhin erwähnte Kar durch einen zackigen Dolomitgrat.. Da, wo derselbe aus der NO-Seite des Hoch- torspitz vortritt, befindet sich unter den obersten im Grat aufragenden Klippen zu Häupten der östlichen Karwände ein grasiger Boden. Sein Erscheinen innerhalb der Dolomitfelsmassen ist bedingt durch ein Vorkommen von Quarzphyllit. Derselbe liegt großenteils ganz flach dem sanft gegen OSO geneigten Dolomite auf, nur am Nordrande des Bodens fällt er selbst 15° gegen SSO ein. An der Ecke oberhalb der vorgenannten Klippen, wo die dem Kare zugekehrte Nordseite des Torspitz in dessen steile. zum Martar abfallende Ostseite übergeht, ist gleichfalls Quarzphyllit anstehend und in Halden sichtbar. Er fällt hier 30% gegen N bis NNW. Uber ihm folgen stark zerworfene Schollen von bräunlich verwitterndem Schieferkalk. 438 Dr. Fritz Kerner v. Marilaun. [54] Auf der Ostseite des nördlichen Torspitz breitet sich ein großer Bergsturz aus, ein Gewirr von kubischen Blöcken der den Gipfel auf- bauenden, diekbankigen Gesteine; dann folgt ein unterhalb der Spitze austretender Grat, der aus 15—20° gegen NNW einfallendem licht- srauem Kalk und bräunlichem Glimmerkalk besteht. Hierauf gelangt man zu der Trümmerhalde, die aus dem Schlote zwischen den beiden Gipfeln herabkommt, und dann zu einem steilen, treppenförmig auf- steigenden Felsbange aus gut gebankten, sanft ostwärts fallenden Glimmerkalken, die den Marmorsockel des südlichen Torturmes unter- teufen. Unterhalb der Bergsturzhalde tritt ein grasiger Vorsprung aus, wo Quarzphyllit unmittelbar auf Dolomit aufliegt. Neben diesem Vor- sprung dringt ein tiefer Tobel ein, aus dessen schuttbedecktem Hinter- grunde zwei dunkle Schrofen von Phyllit hervorsehen. Südwärts von diesem Tobel ist wieder ein Terrainvorsprung, wo Quarzphyllit un- mittelbar über Dolomit zutage tritt. Das Hangende des Quarzphyllites ist hier dureh Schutt verdeckt; höher oben sieht man Schrofen aus gut gebanktem, grauem dolomitischem Kalk, ‘wie er manchmal die obere Grenzzone des Dolomites bildet, so daß es scheint, daß hier der Quarzphyllit wie auf der Südseite des Muttenjoches schon in die hangendsten Partien der Dolomitmasse eingeschoben wurde. Ober dem Phyllitaufschlusse am begrasten Vorsprung auf der Nordseite des Tobels sieht man zwei zerstückelte Schichtbänder von Jlichtgrauem Kalk. Die Lagerungsweise der Phyllite am Osthange des Torspitz ist nicht klar erkennbar; vermutlich fallen sie nach einer zwischen N und W gelegenen Windrichtung ein. In gleicher Höhe mit den vorgenannten Phyllitschröfen verläuft am Steilabsturze unter den Ostwänden des südlichen Torspitzgipfels ein lichtes Marmorband nahe oberhalb des Dolomites. Es dürfte sich hier wie beim Felsbande im Hintergrund des Kares auf der nördlichen Bergseite um eine abgerutschte Scholle handeln, da ja die untersten thätschichten sonst nie diese Gesteinsausbildung zeigen. An den tieferen Osthängen des Hochtorspitz ragen viele stark zerbröckelnde Felszacken, Zinnen und Türmehen von Dolomit auf, zwischen denen steile grasige Rinnen und Schuttriesen hinabziehen. Das Schichtfallen ist hier zumeist 15° NNW. An die Felsgesimse unterbalb der Ostwand des Torturmes schließt sieh südwärts ein mehr grasiger Steilhang, dann quert man bis zum Südfuße des Turmes ein wüstes Glemmer (= Blockwerk) von ähnlicher Beschaffenheit wie die erwähnte Bergsturzhalde. An der Westseite des Hochtorspitz sind unzueängliche Fels- wände; soweit man von Norden und Süden her einen allerdings nicht vollständigen Blick auf sie gewinnen kann, zeigen sich an ihnen nirgends tasenflecken und dunkle Felsen, welche ein Hervorkommen des Quarz- phyllites anzeigen würden. Auch der vier unbenannte Spitzen tragende Grat zwischen Tor- spitz und Kreuzjöchl fällt gegen W mit äußerst steilen Wänden ab. Auf seiner Ostseite schiebt sich schon hoch oben ein breites Schutt- band ein und werden die unteren Gehängteile durch mächtige Schutt- halden gebildet. Die Wandstufe zwischen diesen und dem oberen Haldenbande gehört noch dem Dolomitsockel des Gebirges an. An ihrer 155] Die Quarzpbyllite in den Rhätschichten des mittleren Gschnitztales. 439 oberen Grenze macht die dem Tribulaundolomit zukommende kubische Klüftung einer mehr dünnbankigen Absonderung Platz und gelit die weißliche Gesteinsfarbe rasch in eine graue über. Diese unteren Grenzschichten des Rhät fallen 20—25° O bis OSO. Weiter aufwärts folgen steile, zum Teil übergraste Halden, die . sich gegen den Fuß der Wandabstürze des Gipfelgrates emporziehen. In der oberen Randzone dieser Halden treten längs des Fußes jener Abstürze mehrere Felsmassen von Quarzphyllit zutage. Sie liegen in der südlichen Fortsetzung der Phyllite am Ostabhauge des Hochtor. Die Verbindung zwischen beiden erscheint durch kleine Phyllitfelsen angedeutet, welche unterhalb des Sattels zwischen dem Torturm und der ersten unbenannten Spitze sichtbar sind. Unter dieser letzteren fällt der Phyllit 20° NO bis NNO. Zu Füßen der zweiten Gratspitze zeigt sich eine fast söhlig liegende Phyllitmasse, über welcher Schichtköpfe von flach gelagertem, dunkel- srauem Glimmerkalke treppenförmig ansteigen. In einem großen mittleren Aufschlusse unterhalb der dritten Spitze fällt der Phyllit 25—30° gegen NNW bis NNO, zum Teile auch sanft gegen NNW. Hier ruht auf dem Phyllit, sich sehr scharf von ihm abhebend, schon heller kristalliner Kalk der mittleren Rhätgruppe. Weiter südwärts liegt der Phyllit wiederum fast flach und wird von lichtgrauen klüf- tigen Kalkschichten überlagert, welche sanft nach N bis W verflächen. Gegen Süd schließt sich das Schuttband unterhalb des Gipfelgrates durch einen Felssporn ab, der von der vierten Gratspitze herabkommt. Die dem Kreuzjöchl zugekehrte Südseite dieses Spornes ist ein sehr steiler Rasenhang mit Phyllitfelsen, die 25° N bis NNO fallen. Die schon von ferne sichtbare Steilwand oberhalb der Phyllit- zone besteht aus flach liegendem weißem und weiß und grau gebän- dertem Marmor. Wie in anderen Marmorzügen des Gebietes bemerkt man auch hier viele scharfkantig ausgebrochene Nischen und vor- springende Ecken in der Wand. Unterhalb der ersten Gratspitze ist in einem horizontalen Risse der Marmorwand ein großer Fetzen von Quarzphyllit zu sehen. Nahe dieser Stelle erreicht die Wand ihr nörd- liches Ende. Ihr südliches Ende liegt neben dem schon erwähnten Felssporne unterhalb der vierten Spitze. Der lichten Marmorzone entspricht auch auf der Westseite des Grates eine senkrechte Felswand. Die grauen unteren Glimmerkalke bilden hier gleichfalls steile kaum zugängliche Felsabstürze, so daß eine nähere Einsicht in die geologischen Verhältnisse erschwert ist. Unter- halb der dritten Gratspitze ist im Liegenden des Marmorzuges ein Ausbiß silbrig glänzender Felsmassen, die wohl Quarzphyllit sein dürften, gleich über dem Dolomite sichtbar. Weiter nordwärts treten solche glänzende Felsen zwischen dem Marmorzuge und einer den Dolomit überlagernden Kalkschieferschicht zutage. Noch mehr gegen Norden scheint tief unten, im Bereiche des Dolomites eine abgestürzte Masse von Phyllit zu liegen. Uber den Marmorbänken folgen wieder plattige Glimmerkalke. Sie bilden den steilen Gipfelgrat, der wie der Dachfirst über den Seitenmauern eines schmalen Traktes zu Häupten der vorgenannten Wände aufsteigt. Die erste seiner vier unbenannten Spitzen ist eine 440 Dr. Fritz Kerner v. Marilaun. [36] Pyramide aus sanft gegen OÖ verflächendem, dünnplattigem grauem Kalkschiefer mit braunen, sehr glimmerreichen Zwischenlagen. Die zweite Spitze, einem spitz zulaufenden Kirchdach ähnlich, besteht aus 15° O verflächendem, dunkelgrauem Plattenkalk mit schiefrigen Ein- schaltungen. An der in einem Felskopfe endigenden dritten Spitze trifft man zu unterst braunen, glimmerreichen Kalkschiefer, darüber bankigen, plattig zerfallenden lichtgrauen Kalk und zu oberst sehr dünnspaltigen, klingenden Kalkschiefer von hellgrauer Farbe. Das Schichtfallen ist auch hier 15° OÖ. Auch auf der einen Felszalın bildenden vierten Spitze herrschen sehr dünpplattige graue Kalkschiefer vor, deren Bänke sanft gegen NNO geneigt sind. Kreuzjöchl. Das Kreuzjöchl ragt an der Vereinigungsstelle des Hochtorspitz- srates mit dem Kamme, welcher Gschnitz und Obernberg trennt, als steiles Felsdach auf. Die schroffen Wände an seiner Nordostseite fallen zur Roßgrube ab, welche den schutterfüllten innersten Teil des Martartales bildet. Seine Westabstürze sind dem Sondestale zugekehrt; gegen SO dacht der Berg mit steilen Felsgehängen zur Wildgrube ab, der trümmerreichen linksseitigen Wurzel des Obernbergtales. Nach Durchwanderung der schutterfüllten Roßgrube im hintersten Martar gelangt man über eine Felsbarre von flach liegendem Dolo- mit zum Fuße einer steilen Trümmerhalde, die sich bis zur Scharte zwischen Kreuzjöchl und Muttenjoch emporzieht. Diese Halde führt außer Dolomit und sehr verschiedenen Rhätgesteinen auch viele Stücke von Quarzphyllit. Beim weiteren Anstiege kommt man zu deren Ur- sprungsort, zu einer mächtigen Plyllitmasse in der Nordwand des Kreuzjöchl. Über schroffen rechts aufragenden Felsen von kubisch- klüftigem Hauptdolomit, welcher 20—30° gegen O bis OSO fällt, folgen zunächst dunkelgraue plattige Holzmaserkalke, an denen wellige Verbiegungen und Quetschungserscheinungen bemerkbar sind. Ihre untersten Bänke fallen noch sanft gegen SO, dann zeigt sich eine Drehung des Verflächens in S und SSW, zum Teile ein 15—20° Fallen nach WSW, also sehr wechselnde Neigungsverhältnisse. Dieser nur einige Meter dicken Kalkschicht lagert Quarzphyllit in großer Mächtiskeit unmittelbar auf. Er bildet hohe dunkle Felsen und fällt 35—40° steil gegen W bis WSW ein. Gleich über ihm folgt, fast flach aufruhend, lichter Marmor. An seiner oberen Grenze erscheint der Quarzphyllit außerordentlich stark gefältelt und wellig hin- und hergebogen. Südwärts verschwindet der Phyllit allmählich am Westrande der Schutthalde. Nach Nordwest kann man ihn längs eines schrägen Rasenbandes gegen die Scharte hin verfolgen, welche zwischen dem Kreuzjöchl und der vierten der vorhin erwähnten Gratspitzen ein- schneidet. Dort trifft er mit dem Zuge von Phyllit zusammen, welcher über die Ostflanke des Torspitzgrates südwärts streicht. Diese Scharte entspricht einer das Gebirge querenden Störung, worauf die vielen [57] Die Quarzphyllite in den Rhätschiehten des mittleren Gschnitztales. 441 Wechsel der Fallrichtungen hinweisen. Die Felswand südlich neben dem Schlot, der von der Scharte gegen die Roßgrube hinabzieht, besteht aus stark zerrütteten und verbogenen Kalkschichten, deren generelles Verflächen gegen OSO und SO gerichtet ist. Der Quarzphyllit an der Gratsenkung ist auch sehr zerworfen, fällt gegen ONO und NO, und am tiefsten Punkte der Scharte 25° N. Nördlich von diesem Punkte, am Beginne eines gegen das Sondestal hinabführenden Schlotes, fällt er 30% steil gegen NW unter die Schieferkalke, welche die zu jenem Schlote steil abstürzenden Wände der vierten Gratspitze aufbauen. Diese Kalke fallen sanft gegen NNO; ihr unterster, von der Hauptmasse abgetrennter Tei liegt aber mit westnordwestlichem Verflächen dem Phyllite auf. Fig. 11. Nordseite des Kreuzjöchl. Quarzphyllitkeil zwischen den Glimmer- und Bänderkalken des Gipfels und den dem Hauptdolomit des Fußgestelles auflagernden unteren Glimmerkalken. Uber dem Phyllit fulgt auf der Nordseite des Kreuzjöchl zu- nächst grauer Plattenkalk und brauner glimmerreicher Kalkschiefer, dann weiß und grau gebänderter Kalk, welcher die am Nordgrate vorspringende Felszinne aufbaut. Die Wandstufe unterhalb des Gipfel- grates wird durch einen hellen klüftigen Kalk gebildet, welcher über rotbraun verwitternden dolomitischen Schichten mit Linsen eines bläulichgrünen Kalkglimmerschiefers liegt. Das Verflächen ist hier vorzugsweise ein sanft nördliches. Nur im Bereiche der vorgenannten Felszinne fallen die Kalke 10° S. Der Gipfel des Kreuzjöchl besteht aus bräunlichem und licht- grauem Plattenkalk mit grünlichen und bläulichen Glimmerschuppen ; untergeordnet tritt ein rötlicher Kalk mit grünen Glimmerflecken und grauer Tonglimmerschiefer auf. Die Schichten sind in der Gipfelregion mehrfach zerworfen. Die Glimmerkalke des höchsten Schrofens am Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Bd., 3. u. 4. Heft. (F. v. Kerner.) 58 442 Dr. Fritz Kerner v. Marilaun. [58] Südende des Gipfelgrates sind 15° gegen N geneigt. Am Nordende dieses Grates biegen sich die Schichten unter 20° gegen WNW hinab, auf seiner Ostseite dachen sie gleichsinnig mit dem Gehänge ab. Am Westabfalle des Kreuzjöchl ist die Gliederung des Rhät in eine mittlere dickbankige Zone und in eine obere und untere plattige Zone deutlich sichtbar. Unter der letzteren folgt ein Streifen von Quarzphyllit, welcher gleich über dem hohe Wandabstürze bildenden Dolomite liegt. An einer Stelle ist hier eine kleine Grabenversenkung sichtbar. Die Kalkschiefer der unteren Gruppe reichen zwischen zwei links und rechts in gleicher Höhe befindlichen Phyllitfelsen tiefer am Gehänge hinab. Auf der Ostseite des Kreuzjöchl ist das Phyllitband in der Mitte unterbrochen, indem es, wie erwähnt, am Rande der Schutthalde ver- schwindet, die sich von der Grateinsenkung zwischen Kreuzjöchl und Muttenjoch zur Roßgrube hinabzieht und erst jenseits dieser Senkung am Südostabfalle des Kreuzjöchl wieder hervortritt. Die eben ge- nannte Gratsenkung wird durch einen in ihr aufragenden Felskopf in zwei enge Scharten abgeteilt. Dieser oben abgeflachte Felskopf fällt ringsum mit steilen Wänden ab, die aus ziemlich flach liegendem weißem, zum Teile rot und gelb gebändertem Marmor und grün- schuppigem Glimmerkalk bestehen. Unter den Nordwänden dieses Kopfes sieht man 25—30° gegen SSO bis S einfallende Bänke von gsrauem, bräunlich verwitterndem Schieferkalk, welcher talabwärts unter den Schuttmassen verschwindet, die von den beiden Scharten links und rechts herabkommen. Den Raum unterhalb der östlichen Scharte füllt ein mächtiges Blockwerk aus. Auf der südlichen Felskopfseite folgen unter den Marmorwänden Bänder von grauem Schieferkalk und unter diesen gleich eine Wandstufe von Dolomit. Quarzphyllit ist hier nicht eingeschaltet. Die Westabstürze des Muttenjoch jenseits der östlichen Scharte bestehen aus Hauptdolomit. Diese Scharte entspricht so einer großen, schon von Frech gesehenen und abgebildeten Ver- werfung mit Absenkung des westlichen Flügels. Die Quarzphyllite, welche unter den sanft gegen N und NNO einfallenden lichten klüftigen Kalken am Südabsturze des Kreuzjöchl hervortreten, fallen 20° O. Die Ostflanke des Grates gleich südwärts vom Kreuzjöchl ist ein steiler Grashang mit Schuttstreifen ; unter ihm streicht eine Waudstufe von Dolomit, von deren Fuß sich große Trümmerhalden zur inneren Wildsrube hinabsenken. Am Ostabfalle der ersten unbenannten Spitze südlich vom Kreuzjöchl tritt wieder Quarzphyllit in großer Mächtigkeit zutage. Er liegt daselbst fast flach, zum Teile ist er sehr sanft gegen W geneigt; er wird von einer schmalen Zone von Rhätschichten unterlagert, die ein oberhalb der Dolomitwandstufe hinziehendes Felsband bilden. Auch am Östhange der zweiten südlicheren Spitze sind große dunkle Felsen von Quarzphyllit zu sehen. Uber dem Phyllit lagern als Krönung des Gebirgsgrates Gesteine der unteren Rhätgruppe. Am First des Gratstückes gleich südlich vom Kreuzjöchl trifft man grauen plattigen Glimmerkalk und Holzmaser- kalk. Er liegt als 20% gegen NNO geneigte Schichttafel auf dem sanft gegen O verflächenden Phyllit. Vom Schichtklotz des Kreuzjöchl ist [59] Die Quarzphyllite in den Rhätschichten des mittleren Gschnitztales. 443 diese Tafel durch einen Bruch getrennt, der den Westfuß dieses Berges quert. Weiter südwärts reicht der Quarzphyllit eine Strecke weit bis zur Gratlinie hinauf. Dann folgt wieder dickplattiger grauer Kalk, erst söhlig in kleinen Schollen dem Phyllit aufliegend, dann 20° gegen ONO, O und OSO geneist. Die weiter südwärts "aufragende Felszinne besteht aus völlig flac h selagertem lichtgrauem Plattenkalk, der wohl den hangendsten Partien der unteren Rhätschichten ent- spricht. Auch das anschließende Gratstück ist eine zinnengekrönte Felsmauer aus schwebend gelagertem Plattenkalk. Am Westabfalle des Grates wiederholt sich das auf der West- seite des Kreuzjöchl sich darbietende Bild. Man sieht eine Zone von dunklen Phyllitfelsen gleich über den lichten Wandabstürzen des Dolomites hinziehen. Unterhalb des Gratbeginnes ist der Phyllitaufschluß ziemlich breit, an einer Stelle zeigt sich auch hier ein kleiner Grabenbruch. Querprofile durch den Grat des Kreuzjöch!l. Links: Gratspitze nördlich vom Kreuzjöchl. — Mitte: Gipfel des Kreuzjöchl, — Rechts: Gratturm südlich vom Kreuzjöchl. D Hauptdolomit. — «u Untere Glimmerkalke. — m Bänderkalk und Marmor. — o Obere Glimmerkalke. — Ph Quarzphyllit. Südwärts von dem Orte, wo der Quarzphyllit, sanft gegen OÖ ver- flächend, den Gratfirst bildet, zieht er sich auch am Westhange wieder tiefer hinab. Auf einem unter der erwähnten Gipfelzinne gegen W vorspringenden Dolomitpfeiler ist dann nur eine kleine Phyllitmasse sichtbar. Jenseits eines gegen das Sondestal hinabziehenden Runstes tritt ein zweiter Felssporn vor, wo in einem Rasenflecke über dem Dolomit auch nur ein Fetzen von Phyllit zu sehen ist. Südwärts von diesem Sporne zieht sich der Phyllit rasch wieder zur Gratlinie hinauf und erreicht dieselbe an einer engen Scharte, zu welcher die erwähnte zinnengekrönte Mauer von Plattenkalk ab- fällt. In der Scharte fällt der Phyllit 30° O, vorher, unterhalb der Scharte, ist er 50—60° steil gegen O geneigt. Auch die untersten Bänke des ihm aufliegenden Plattenkalkes sind stark gegen W auf- gebogen und verquetscht. Höher oben fallen sie mäßig steil gegen NO ein. Zwischen dem Phyllit und Kalk erscheint hier eine Zone von sehr stark verquetschtem Schiefer mit Ockerknollen. 58” 444 Dr. Fritz Kerner v. Marilaun. [60] Südwärts von der Scharte erhebt sich ein Felskopf aus lichtem Marmor, welcher eine feine Fältelung und Maserzeichnung aufweist; er fällt sanft gegen W und WSW ein; in seinem der Scharte zuge- kehrten Randteile sind die Schichten zerworfen. Jenseits der Scharte läßt sich der Quarzphyllit am Westabhange noch eine kurze Strecke weit verfolgen, dann keilt er aus und schließen seine Hangend- und Liegend- schichten ganz zusammen. Am Ostabfalle des Grates ist gleich neben und unterhalb der Scharte eine Phyllitmasse aufgeschlossen, welche 30—40° steil gegen NO verflächt. Sie dringt unter den hellen krystallinen Kalk des Felskopfes ein und schneidet südwärts scharf an einer zerstückelten Kalkmasse ab. In der Fortsetzung des Felskopfes verläuft ein grasiger Kamm. Dort sieht man zerbrochene Schichttafeln von Gesteinen der unteren Rhätgruppe teils flach liegend, teils sanft gegen O einfaliend in geringer Mächtigkeit dem Dolomit aufruhen. Nach S fällt dieser Kamm mit dolomitischen Wänden zu einem tieferen Gratstücke ab, das einer Krönung durch Rhätschichten entbehrt. Weiter südwärts, im Bereiche des Gstreinjöchl erhält der Grat wieder eine Rhätauflagerung, die mit der ausgedehnten Rhätdecke der östlichen Tribulaungruppe zu- sammenhängt. Schlußbetrachtung. Ich glaube, daß die im vorigen gegebene Gebietsbeschreibung viele Tatsachen bringt, welche zugunsten der Ansicht sprechen, daß die Quarzphyllite innerhalb des Rhät des mittleren Gschnitztales orts- fremde Massen sind. Zunächst ist die Verbreitungsart des Quarz- phyllites auf der Nordseite des Tales sehr bemerkenswert. Denkt man sich im Profile des Hammerspitz den Quarzphyllit hinweg, so erhält man ein in allen wesentlichen Zügen mit der Gesteinsfolge des Kesselspitz übereinstimmendes Bild. Die Zweischalerdurchschnitte in dem lichten Kalke am Ostgrate des Hammerspitz bieten die Gewähr, daß die Glimmerkalke und Marmore zwischen jenem Kalke und dem Hauptdolomite mit den ana- logen Bildungen am Kesselspitz stratigraphisch zusammenfallen, daß nicht etwa nur eine lithologische Übereinstimmung besteht. Die große Ähnlichkeit zwischen der nach Wegnahme des Quarz- phyllites verbleibenden Schichtfolge des Hammerspitz und jener des Kesselspitz spricht dagegen, daß dieser Phyllit eine lokale Faziesent- wicklung sei. In diesem Falle wäre am Kesselspitz eine bedeutend größere Mächtigkeit der unteren Rhätschichten zu erwarten. Die Quarzphyllite treten am Hammerspitz in großer Mächtigkeit auf, sind aber schon wenig weiter nordwärts an der Wasenwand nur mehr in einem schmalen Zuge nachweisbar. Dieser Umstand spricht dagegen, daß der Quarzphyllit im Padastergraben nur eine lokale Bildung sei, für die in dem nordwärts benachbarten Gebiete überhaupt kein in betreff der Mächtigkeit vergleichbares zeitliches Äquivalent erwartet werden könne, Eine solche Lokalisierung einer Ablagerung bei [61] Die Quarzphyllite in den Rhbätschichten des mittleren Gschnitztalee. 445 solcher Mächtigkeit derselben wäre wohl sehr unwahrscheinlich. Näher liegend scheint es darum, den Phyllitkuchen unter dem Hammerspitz als eine in die unteren Glimmerkalke eingeschobene Masse zu be- trachten. Beim Anblicke der über dem Phyllit gesen N abfallenden Bänder der Glimmerkalke des Berges gewinnt man den Eindruck, daß sie von ihrer Unterlage abgehobene und seitlich emporgedrängte Schichttafeln sind. Ein Umstand, welcher sehr zugunsten der Ortsfremdheit des Quarzphyllites innerhalb der Glimmerkalke spricht, ist das gänzliche Fehlen jedweden stratigraphischen Verbandes mit denselben. Es ist dasselbe um so mehr auffallend, als die übrigen Bestandteile des über dem Dolomite ruhenden Gebirges in einem sehr engen derartigen Ver- bande stehen. Schon zum unterteufenden Dolomite finden Übergänge statt und die Glimmerkalke selbst sind durch zahlreiche Wechsel- lagerungen unter sich verknüpft. Ausgenommen wenige Dolomit- und Marmorzüge, die in einiger Dicke gleichartig entwickelt scheinen, stellt sich der Gschnitzer Rhät als eine Aufeinanderfolge außer- ordentlich zahlreicher dünner Gesteinslagen dar, deren lithologische Beschaffenheit von Schicht zu Schicht mehr oder weniger wechselt. Man wird hier nicht an eine nachträgliche Sonderung der Bestandteile und nur an eine ursprüngliche, in rascher Folge stattgehabte oftmalige Anderung der Absatzbedingungen denken. Im scharfen Gegensatze zu diesem in plattiger bis dünnblättriger Absonderung sowie in paralleler Streifung und Bänderung eines Groß- teiles der rhätischen ‚Schichtmasse zum Ausdrucke kommenden Ver- halten steht die sehr einförmige Ausbildung des Quarzphyllites. Alle so bezeichnenden Eigentümlichkeiten im Aufbaue des Gschnitzer Rhät verschwinden sofort zur Gänze, wenn man das Gebiet des Quarzphyllites betritt. Es ist sehr unwahrscheinlich, daß bei allgemeinem Vorherrschen von Bedingungen, welche zu einem raschen Wechsel in der Bildung kalkreicher und ton- und glimmerreicher Sedimente führten, während eines Abschnittes der Rhätzeit in einem Teile des Rthätmeeres Ver- hältnisse eingetreten wären, welche zu einer so einförmigen Massen- sedimentation geführt hätten, wie sie uns in ihrer durch spätere Vor- sänge veränderten Ausbildung als Quarzphyllit entgegentritt. Ganz besonders spricht gegen eine Zugehörigkeit dieses Phyllites zur rhätischen Schichtfolge das ausnahmslose gänzliche Fehlen irgend- einer Wechsellagerung zwischen Quarzphyilit und Glimmerkalk. Ks steht im schärfsten Gegensatze zu dem vielfachen Ineinandergreifen der für die verschiedenen Rhätstufen bezeichnenden Gesteine. Statt Wechsellagerungen mit dem anderen Gesteine, welche auf gleichzeitigen Absatz deuten würden, trifft man Einquetschungen ab- gerissener Stücke des anderen Gesteines nahe dem Kontakte, Befunde, die darauf hinweisen, daß beide Gesteine erst nachträglich ineinander- sepreßt wurden. Man trifft vereinzelte Phyllitfetzen in Glimmer- und Bänderkalken und einzelne Kalktrümmer innerhalb des Quarzphyllites, nahe der unregelmäßigen Berührungsfläche beider Gesteine. Diese Vorkommen leiten hinüber zum Phänomen der Einklemmung einer srößeren Schichttafel von unterem Rhätkalk zwischen zwei Zügen von Quarzphyllit im obersten Padastergraben und zum Phänomen der 446 Dr. Fritz Kerner v. Marilaun. [62] völligen Umwallung abgelöster rhätischer Schichtklötze durch Phyllit am Padasterjoche. Sehr wichtig scheint auch die vorherrschende Diskordanz zwischen dem Quarzphyllite und den Glimmerkalken. Aus den zahlreichen Angaben über Fallrichtungen und -Winkel, welche die vorstehende Gebietsbeschreibung enthält, ist dieses Phänomen klar zu ersehen. Hier handelt es sich allerdings nicht — wie beim Mangel jeglicher Wechsellagerung zwischen Quarzphyllit und Glimmerkalk — um eine ausnahmslose Erscheinung. An manchen Orten stimmt die Neigungs- richtung (und wohl auch der Neigungswinkel) des Phyllites mit jener (beziehungsweise jenem) des anstoßenden Glimmerkalkes ungefähr überein; anderseits gibt es auch Fälle, wo Richtung und Grad der Schiehtneigung in zwei übereinander folgenden Bestandteilen der Rhät- masse etwas verschieden sind. Man kann aber doch behaupten, daß in der Lagebeziehung des Quarzphyllites zu den Glimmerkalken und Marmoren Diskordanz die Regel, anscheinende Konkordanz ‘die Aus- nahme darstellt und daß es sich in betreff der Lage der Glimmer- kalke zueinander umgekehrt verhält. Der Gschnitzer Rhät erscheint als eine aus ungleich starren Lagen aufgebaute und mannigfachen Störungen ausgesetzt gewesene Schichtmasse. Es war so leicht die Möglichkeit gegeben, daß bei Gleitbewegung oder Schub verschiedene Teile der Rhätmasse in un- gleicher Weise aus ihrer ursprünglichen Lage gerückt wurden. Die zwischen den Glimmerkalken auftretenden Diskordanzen haben mehr das Aussehen von lokalen Störungen und Verrutschungen, die Diskor- danzen zwischen dem Quarzphyllite und diesen Kalken sind dagegen von durchgreifender Art. Die Fälle von scheinbarer Konkordanz des Phyllites zu den Kalken kann man sich aber so erklären, daß der (Quarzphyllit bei seinem Vordrängen einzelne Schollen der benach- barten Rhätschichten in seine eigene Bewegungsrichtung zog. Von großer Bedeutung für die Frage der Ortsfremdheit des Quarzphyllites ist auch die Beschaffenheit der Glimmerkalke an der Phyllitgrenze. Die Schiehten im unmittelbar Liegenden des (uarz- phyllites weisen oft die Zeichen außerordentlich starker Gewaltein- wirkungen auf. Sie sind häufig in viele mehr oder weniger gegen- einander verschobene kleine Schollentrümmer zerstückt; die grauen Plattenkalke zeigen sich in manniefaltiger Weise verbogen und geknickt, die dünnblättrigen Kalkschiefer erscheinen stark gefältelt und zer- knittert und zwischen die härteren Lagen hineingepreßt oder ganz zerquetscht. Fern vom Kontakte mit dem Quarzphyllite sieht man nur wellige Verbiegungen und jene auf eine allgemein stattgehabte Pressung der Schichten hinweisende feine Fältelung, welche so sehr an Holzmaserung erinnert. Die diekbankigen Glimmerkalke und Marmore über dem in die unteren Rhätschichten eingeschalteten Phyllite weisen dagegen im allgemeinen keine Verbiegungen und Fältelungen auf. Quetschungser- scheinungen an der Phyllitgrenze wären allerdings — wie Diskor- danzen — auch in dem Falle denkbar, wenn der Quarzphyllit zum Rhät gehören würde. Wenn eine Schichtmasse aus plastischen und starren Lagen aufgebaut ist, könnten, falls diese Masse in ihrer Ge- [63] Die Quarzphyllite in den Rhätschichten des mittleren Gschnitztales. 447 samtheit einen Seitenschub erleidet oder in gleitende Bewegung gerät, an der Grenze einer starren gegen eine plastische Gesteinslage Zer- reißungen und Schichtenknickungen auftreten. Der Quarzphyllit tritt demnach innerhalb des Rhät auf der Nord- seite des Gschnitztales unter Verhältnissen auf, die gegen seine Zu- gehörigkeit zu dieser Formation sprechen. Die meiste Beweiskraft für die Ortsfremdheit des Quarzphyllites kommt wohl dem Umstande zu, daß derselbe ein von den Rhätschichten ganz verschiedenes Gestein darstellt, daß er mit diesen Schichten nirgends durch Übergänge ver- bunden, nirgends mit ihnen in Wechsellagerung begriffen ist, wogegen die kalkigen und schiefrigen Rhätschichten unter sich durch mannig- fache Zwischenformen verknüpft sind und vielfach miteinander wechsel- lagern. An zweiter Stelle steht. als Argument zugunsten der Orts- fremdheit des Quarzphyllites die Verbreitungsart desselben. Sehr bedeutsam scheint auch das erwähnte Vorkommen isolierter Schicht- klötze von Rhätgesteinen innerhalb des Phyllites. Das diskordante Lagerungsverhältnis zwischen dem Quarzphyllite und den Glimmer- kalken sowie die Quetschungserscheinungen der letzteren an der Phyllitgrenze sind an sich weniger überzeugende Belege für eiuen nachträglichen Einschub des Phyllites; im Vereine mit den vorge- nannten Beweismitteln gewinnen aber auch sie die Bedeutung von wichtigen Stützen der hier von mir vertretenen Ansicht. Ein Umstand, welcher gegen die Annahme einer Einschiebung des Quarzphyllites spricht, ist das völlige Fehlen von Grenzbildungen, die als Reibungsbreecien gedeutet werden könnten. Betrachtet man die Art des Aufbaues der rhätischen Schichtmasse, so scheint jedoch auch eine Erklärung des Mangels solcher Breccien in den Bereich der Möglichkeit gerückt. Die untere Abteilung des Rhät besteht aus einem Wechsel von diek- bis dünnplattigen Kalken und blättrigen, zu Mulm zerfallenden Schiefern. Großenteils überwiegen die harten Kalke über die weichen Schieferlagen an Mächtigkeit, die dann nur dünne Einschaltungen bilden. Es treten aber auch Schieferlagen von größerer Dicke auf. Diese haben dann die Bedeutung von Horizonten gelockerten Zusammenhanges der Schichtmasse. Diese weichen Zwischenlagen waren, falls die Vorbedingungen für ein Einschiebungsphänomen zutrafen, wohl zunächst dazu geeignet, den sich eindrängenden Massen den Weg zu weisen. Der plastische Phyllit fand hier etwa Gelegenheit, sich zwischen starrer Unterlage und Decke verhältnismäßig leicht vorzuschieben. Der mulmige Schiefer konnte hierbei gänzlich zerrieben werden, der liegende dünnplattige Kalk starke Verbiegungen erfahren; eine Zwischenzone, in welcher abgerissene Stücke beider aneinander vorübergleitender Gesteine fest ineinandergepreßt und zusammengequetscht worden wären, hätte sich aber unter diesen Bedingungen nicht unbedingt bilden müssen. Schwieriger scheint es, für die Quarzphyllite auf der Südseite des mittleren Gschnitztales die Ortsfremdheit in überzeugender Weise darzutun. In den Kalkmassen östlich vom Tribulaun ist bis Jetzt noch kein Fund von Rhätfossilien gemacht worden. Der Habitus eines Teiles dieser Kalke würde bekanntlich auf ein hohes Alter derselben deuten. Ihr enger Verband mit Kalken, welche Bivalven der Kössener A4S Dr. Fritz Kerner v. Marilaun. [64] Schichten führen, gestattet für sie auf der nördlichen Talseite gleich- wohl die Annahme eines rhätischen Alters. Fällt ein solcher fau- nistischer Nachweis weg, so wird die Sicherheit der Altersdeutung als Rhät vermindert. Eine Stütze findet diese Deutung dann noch durch die konkordante und durch Übergänge vermittelte Unterlage- rung der Glimmerkalke durch den Hauptdolomit, und der Hinweis auf diesen Umstand erscheint hier sogar insofern belangreicher, als das triadische Alter des Liegenddolomites der Glimmerkalke hier durch einen Fund von Cardita beglaubigt ist. Ein weiteres wichtiges Argument zugunsten des rhätischen Alters der Kalkmassen des Schmurzjoches und Hochtorspitzgrates ist die weit- gehende Analogie zwischen ihrem Aufbaue und demjenigen der Kalk- massen auf der Nordseite des Tales. Die lithologische Ubereinstim- mung einzelner Glieder der Schichtmassen beiderseits des Tales würde wenig bedeuten, der Umstand aber, daß die sich völlig gleichenden Gesteinstypen dies- und jenseits des Gschnitztales auch in derselben Kombination und Reihenfolge auftreten, läßt aber doch wohl ihre Parallellisierung zu. i Ein anderes Moment, das die Auffassung der Quarzphyllite als ortsfremder Massen auf der Südseite des Gschnitztales weniger nahe- liegend erscheinen lassen könnte, ist ihr dortiges Vorkommen in drei übereinander folgenden Decken, die durch Tafeln von Glimmer- und Bänderkalk getrennt sind. Im Bereiche des Padastergrabens ist das einmalige Auftreten des Quarzphyllites in Form einer örtlich rasch an- schwellenden Masse der Deutung als fremdes Element gewissermaßen günstig. Ein wiederholter Wechsel von Quarzphylliten und Glimmer- kalken wird aber, wenn die letzteren selbst das Aussehen sehr alter Ge- steine haben und ihr mesozoisches Alter auch nicht durch Fossilfunde gestützt werden kann, leicht zur Annahme einer einfachen Wechsel- lagerung führen. Die Aufschlüsse am Westabsturze des Schmurzjoches erscheinen einer solchen Annahme in der Tat nicht ungünstig und als Frech von hier eine wiederholte gegenseitige Verfaltung von Trias und Karbon beschrieb und abbildete, konnte dies in den Augen Jener, welche meinen, daß bei der Diagnose des triadischen Alters von in alte Schiefer eingeschalteten fossilleeren Kalken nicht stets genug kritisch verfahren werde, Zweifel erregen. Diskordanzen zwischen dem Quarzphyllite und den liegenden und hangenden Bänder- und Glimmerkalken sind allerdings strecken- weise auch deutlich vorhanden und auch starke Verbiegungen und Fältelungen der Kalkschichten im unmittelbar Liegenden der drei Phyllitdecken treten zahlreich auf; es wurde aber schon oben bemerkt, daß diese Phänomene sich bei Schub- oder Gleitbewegung bis zu einem gewissen Grade auch dann einstellen könnten, wenn die Quarz- phyllite und Glimmerkalke derselben Formation angehören würden. Ein dritter Umstand, welcher die Auffassung der Quarzphyllite als eingeschobener Massen auf der Südseite des Gschnitztales weniger gut begründen läßt, ist die dortselbst vorhandene Verschiedenheit zwischen den Rhätprofilen innerhalb und außerhalb der Verbreitungs- region des Phyllites. Es wurde oben erwähnt, daß, wenn man sich aus dem Profile des Hammerspitz den Quarzphyllit hinwegdenkt, eine [65] Die Quarzphyllite in den Rhätschichten des mittleren Gschnitztales. 449 Schichtfolge verbleibt, die in ihren wesentlichen Zügen mit jener des Kesselspitz übereinstimmt. Die Schichtfolge, welche sich ergibt, wenn man aus dem Profile des Schmurzjoches die untere und mittlere Quarzphyllitzone entfernt, weicht aber etwas von dem Profile ab, welches die Ostseite des unteren Trunergrabens zeigt. Es fehlen hier die slimmerarmen oberen Plattenkalke, welche am Schmurzjoche zwischen der mittleren und oberen Phyllitzone ein hohes Felsband bilden; das Hangende der Bändermarmore sind östlich vom Trunergraben Kalkschiefer und glimmeriger Schiefer mit Quarz und Kalzitnestern und die Bändermarmore und grünschuppigen Glimmerkalke, welche am Roßgrubenspitz eine hohe Wandstufe zwischen dem unteren und mittleren Quarzphyllite aufbauen, sind östlich vom unteren Trunergraben nicht als ein zusammenhängender Zug verfolgbar. ° Man kann sich so ‚das Profil des Schmurzjoches nicht schon dadurch entstanden denken, daß in ein Profil gleich jenem im unteren Trunergraben in zwei Hori- zonten Quarzphyllit eindrang. Man muß hier größere örtliche Wechsel in der rhätischen Schichtfolge annehmen, als sie auf der Nordseite des Gschnitztales sichtbar sind. Das Hauptargument für die Ortsfremdheit der Quarzphyllite innerhalb der Glimmerkalke, das gänzliche Fehlen von UÜbergängen und Wechsellagerungen zwischen beiden im schärfsten Gegensatze zu dem vielfachen Ineinandergreifen der letzteren, gilt auch für die Süd- seite des Gschnitztales. Ebenso sind auch hier — wie sich aus der Gebietsbeschreibung ergibt — nahe dem Kontakte im Quarzphyllite und im Kalke Fetzen des anderen Gesteines eingequetscht und finden sich auch hier größere abgerissene Schichtklötze von Glimmerkalken innerhalb des Phyllites. Für das Eindringen des unteren Phyllitkeiles war auch auf der Südseite des unteren Gschnitztales der Weg durch weiche Schiefer- lagen vorgezeichnet. Solche Lagen fanden sich in verschiedenen Niveaux des unteren Rhät und schon sehr nahe der Basis desselben. Auf der Südseite des Muttenjoches erscheint der Quarzphyllit gleich über dem Dolomite und wird dort von dem gesamten unteren Glimmer- kalke überlagert. Auch dem mittleren Phyllitkeile wurde durch weiche Schieferlagen innerhalb der höheren Glimmerkalke der Weg gewiesen. Solche Lagen treten im Hangenden der Bänderkalke auch auf der Nordseite des Tales auf. Ein Befund, welcher sehr zugunsten der Annahme spricht, daß auch die mittlere Phyllitzone des Schmurzjoches einen eingeschobenen Kuchen darstellt, findet sich im oberen Trunergraben. Es ist dort, wie beschrieben wurde, an einer Felswand eine Flexur entblößt, deren Hangendflügel den Bändermarmoren und deren abgesunkener Flügel den oberen Glimmerkalken zugehört. Gleich ober der Felswand schiebt sich zwischen die beiden Flügel der Flexur Quarzphyllit ein, welcher in: seinem weiteren Verlaufe gegen das Schmurzjoch zu die oberen glimmerarmen Plattenkalke weit von den tieferen, dort mit den Marmorschichten eng verbundenen Glimmerkalken abdrängt. In der Wandstufe sind gleich unterhalb der Phyllitfelsen zwischen den beiden Zonen der Glimmerkalke weiche dünnblättrige Schiefer einge- schaltet, so daß man deutlich den Eindruck gewinnt, daß die Aus- Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Bd., 3. u. 4. Heft. (F. v. Kerner.) 59 450 Dr. Fritz Kerner v. Marilaun. [66] einanderdrängung der Kalkmassen auf einer Fläche lockeren Zusammen- hanges stattfand. Es dünkt mir somit doch sehr wahrscheinlich, daß auch die untere und mittlere der Phyllitzonen des Schmurzjoches Einschiebungs- keile sind. Was die innerhalb des unteren Rhät auftretenden Quarz- phyllite anbelangt, sind die Analogien zwischen den Verhältnissen auf der Nord- und Südseite des Gschnitztales so groß, daß die Vor- kommen beiderseits nur eine und dieselbe Deutung zulassen. Am Schmurzjoche selbst ist aber wieder die Ahnlichkeit zwischen dem Verhalten der unteren und mittleren Quarzphyllitzone so auffällig, daß sich für beide Zonen die Annahme derselben Genesis aufdrängt. Betreffs der Frage, wie man sich in deın Gebiete des Gschnitz- tales den Einschub alter Quarzphyllite in Rhätschichten vorstellen könnte, will ich mich möglichst kurz fassen. So unerfreulich es wohl ist, wenn vage Spekulationen einen breiteren Raum einnehmen als Mitteilungen von Tatsachen, so wenig passend schiene es, in tekto- nischen Studien nur Beobachtungen beizubringen und sich jeden Deutungsversuches zu enthalten. Es wird nur stets zu fordern sein, daß letzterer für sich getrennt erfolet und daß die geologische Ge- bietsbeschreibung nicht schon auf eine bestimmte Auffassung zuge- schnitten ist. Als tektonische Vorbedingung für das Eindringen des Quarzphyl- lites in die Rhätschichten ergibt sich eine teilweise seitliche Bloßlegung der letzteren an Brüchen unter der Voraussetzung, daß sie zur Ter- tiärzeit nicht mehr von mächtigen jüngeren Schichten überlagert waren. Bekanntlich ist in dem Gebirgsgerüste des Gschnitztales eine Tendenz zur Abdachung und Absenkung gegen O und S erkennbar. In der Literatur erwähnt ist der große Höhenunterschied, welcher zwischen den Oberflächen des kristallinen Grundgebirges links und rechts vom Pinnisser- und Sondestale besteht, sowie die viel höhere Lage der Dolomitbasis am Weißwandspitz im Vergleich zu jener an der Gaklerin (westlich vom Sondestale). Inwieweit diese Höhenunterschiede auf eine allmähliche Abdachung und inwieweit sie auf ein staffelförmiges, durch Brüche bedingtes Abfallen der Grundgebirgsoberfläche zu beziehen sind, ist allerdings nicht genau festgestellt!). Im Martartale und in der Mündungsregion des Trunergrabens liegt die obere Dolomitgrenze im Osten um vieles tiefer als im Westen. In manchen der Brüche zu beiden Seiten des Gschnitztales erscheint der Quarzphyllit mitdisloziert. Diese Brüche können somit erst nach dem Eindringen der Phyllitmassen entstanden sein, ver- mutlich infolge der Anderungen in der Massenverteilung, welche der Phylliteinschub hervorrief. Die Annahme, daß aber schon vor diesem Geschehnis Absenkungen vorhanden waren, und daß solche Senkungen daher auch als ursächliche Momente der Phyllitbewegung in Betracht kommen können, läßt sich durch den Befund im oberen Trunergraben stützen, wo der Quarzphyllit von der Absenkung der Rhätschichten nicht mitbetroffen ist. !) Blaas ist der Ansicht, daß sich die Verhältnisse im Pinnisser Tale auch ohne Annahme eines Bruches erklären lassen. [167] Die Quarzphyllite in den Rhätschichten des mittleren Gschnitztales.. 451 Das allgemeine Absinken des Gebirges war nach jener Seite hin gerichtet, wo die große Phyllitmasse des Steinacher Joches lagert. Der genauen Erkenntnis des Aufbaues dieser Masse steht die Spär- lichkeit der Gesteinsentblößungen hindernd im Wege, doch deuten die Verhältnisse am Südabhange des äußeren Gschnitztales darauf hin, daß hier die Phyllitzonen übereinander folgen, welche am Schmurz- joche durch Rhätschichten getrennt sind. In den tiefsten Aufschlüssen am Nordfuße des Leitenjoches tritt ein dunkler Quarzphyllit zutage, welcher ganz demjenigen gleicht, welcher nord- und südwärts des mittleren Gschnitztales den unteren Rhätschichten eingeschaltet ist. Die karbonischen Phyllite mit Einlagerungen von Quarzkonglomerat und Eisendolomit, welche die oberen Teile des Leitenjoches aufbauen, entsprechen den gleichfalls viele Einlagen von Ankerit enthaltenden oberen Phylliten am Schmurzjoche. Wurden die Rhätschichten im Norden und Westen der Phyllit- masse des Steinacherjoches an Abbruchrändern seitlich bloßgelegt, so konnten die Phyllite — sofern sie einen gewissen Grad von Plas- tizität besaßen — die entstandene Senkung allmählich ausgefüllt haben, wobei ihre unteren Partien an die von weichen Lagen durchzogenen unteren Glimmerkalke und ihre mittleren Partien an die gleichfalls solche Lagen führenden oberen Glimmerkalke anstießen. Als Anlaß für das Eindringen der Quarzphyllite längs dieser am wenigsten widerstands- fähigen Horizonte des die Senkung umrandenden Rhät glaubte ich in meinem vorläufigen Berichte das Eigengewicht der sehr mächtigen Phyllitmasse in Betracht ziehen zu können, wobei vorausgesetzt wurde, daß die Bewegung der Phyllite von ihrer Lagerungsweise unabhängig war. Es dürfte die seitliche Aufschlitzung und Auseinanderdrängung einer starren Schichtmasse durch eine plastische andere Masse aber doch nur unter Mitwirkung oder nur unter vorwiegender Beteiligung von Seitenschub denkbar sein. Es wäre dann auch eine der Phyllit- bewegung entgegengesetzte, vielleicht geringere Verschiebung der Rhät- schichten in Erwägung zu ziehen. Was das Verhältnis des von mir angenommenen Phänomens zu den in letzter Zeit entwickelten Anschauungen über die tektonische Stellung der Tribulaungruppe betrifft, so würde es sich wohl auch in den Rahmen dieser Anschauungen einfügen lassen. Das Bestreben, den Aufbau der Alpen auf große einheitliche Bewegungsvorgänge zurück- zuführen, bedingt keine Nichtanerkennung und nur eine Umwertung der tatsächlich bestehenden tektonischen Mannigfaltigkeit. Jene Er- scheinungen, aus welchen man sonst auf eine gewisse tektonische Selb- ständigkeit der verschiedenen Teilgebiete schloß, betrachtet man nun als lokale Modifikationen eines einheitlichen Phänomens. Gleichwie in meinem dalmatinischen Arbeitsgebiete bei Annahme horizontaler Decken die tatsächlich vorhandenen steil gestellten Falten nicht negiert und nur derart umgedeutet werden, daß sie nicht mehr als Grund- züge des Gebirgsbaues und nur als sekundäre Wellungen einer Decke gelten, können auch in meinem tirolischen Aufnahmsterrain im Sinne der Deckenlehre als tektonische Einheiten aufgefaßte Schichtkomplexe noch aus durcheinander geschobenen Keilen höherer Ordnung be- stehen. 59* 452 / Dr. Fritz Kerner v. Marilaun. [68] Über die ursprüngliche Ausdehnung der zwischen die Rhät- schichten eingedrungenen Phyllitkeile läßt sich nur sehr wenig sagen. Für den unteren Phyllitkeil auf der Nordseite des Gschnitztales be- zeichnet der Ostgrat der Wasenwand den natürlichen Nordsaum, da der Quarzphyllit auf der Südseite dieses Grates noch eindringt, auf dessen Nordflanke aber nicht mehr zum Vorschein kommt. Nach Westen reichte der Einschiebungskeil weit über den Kamm des Hammer- spitz hinaus; wie weit er sich hier vorschob, bleibt ungewiß. Ebenso läßt sich über seine Erstreckung nach Süden nichts aussagen. Für den unteren Einschiebungskeil auf der südlichen Talseite bezeichnet der Hochtorspitzgrat eine Strecke des ursprünglichen West- randes, da hier der Quarzphyllit noch auf der Ostseite aufgeschlossen ist, am Westabfalle aber nicht mehr zutage tritt. Im Bereiche des Kreuzjöchls drang der Keil weiter vor, da hier der Quarzphyllit noch auf die westliche Bergflanke hinüberreicht. Das Ende des Quarz- phyllites am Grate südlich vom Kreuzjöchl dürfte wohl einer Stelle des ursprünglichen Südrandes der Phyllitmasse entsprechen. Die nord- und südwärts des mittleren Gschnitztales den unteren Rhätkalken ein- geschobenen Quarzphyllite dürften nicht Reste eines einheitlichen Keiles sein und von getrennten Einschiebungslappen stammen. Diese Annahme würde es erklären, warum im unteren Trunertale die Horizonte der von den karbonischen Phylliten überschobenen Rhätserie nicht ‘von alten Quarzphylliten durchdrungen sind. Daß auch die oberen Partien dieser rhätischen Schichtserie nicht von alten Quarzphylliten mit Chloritschiefern durchschoben sind, könnte darin seinen Grund haben, daß der mittlere Keil überhaupt nur in das südlich von hier gelegene Gebirge eindrang. Falls sich ein Schublappen auch in das weiter nordwärts gelegene Gebiet bewegt hat, besaß derselbe eine geringere Ausdehnung als der untere Lappen, da auf der Wasenwand und am Hammerspitz, wo noch die höchsten Rhätschichten erhalten sind, im Hangenden der Bändermarmore keine Einschaltungen von Quarzphyl- liten mit Chloritschiefern vorkommen. Im Süden des Tales reichte der mittlere Einschiebungskeil wohl auch weniger weit gegen Westen als der untere, da selbst auf den höchsten Gipfeln des Kreuzjöchlgrates noch keine Spuren der mittleren Phyllitdecke des Schmurzjoches erscheinen, obschon diese Gipfel schon aus hohen Rhäthorizonten bestehen. R Wie weit sich die Überschiebungsdecke der karbonischen Phyllite gegen N, W und S erstreckte, bleibt völlig ungewiß. Die Quarzkon- glomerate und Sandsteine, welche ein höheres Niveau einnehmen, als die Eisendolomit führenden Karbonphyllite über dem Rhät des unteren Trunergrabens und des Schmurzjoches, reichen gegen West weniger weit als diese oberen Phyllite, greifen aber, wie die unteren Phyllite, auch auf die Nordseite des Gschnitztales hinüber. Zur Petrographie der Stubalpe in Steiermark. Ein Beitrag zur Petrographie der kristallinen Umrandung des Grazer Beckens. Von Hans Leitmeier in Wien. Mit einer Tafel (Nr. XXVIII) und zwei Zinkotypien im Text. Einleitung. Der silurische und devonische Ablagerungen umfassende Schichten- komplex, in dessen Zentrum sich die Grazer Ebene erstreckt und der gewöhnlich als paläozoisches Grazer Becken bezeichnet wird, dessen Lagerungsweise in neuerer Zeit das Augenmerk mehrerer Geologen auf sich gerichtet hat, wird von einer Reihe von Gesteinen einge- schlossen, die der Serie der kristallinen Schiefer angehören und in ihrer Gesamtheit noch wenig studiert sind. Über die Tektonik dieses Gebietes wissen wir so gut wie nichts. Ob es sich um autochthone wurzelechte archäische Ablagerungen handelt oder ob diese Schichten- serie fremden Ursprungs ist und wurzellos vielleicht auf Schichten des Grazer Paläozoikums ruht, das ist eine Frage, deren Lösung den Geologen vorbehalten bleibt, die gleichwohl nicht ohne Schwierig- keiten wird enträtselt werden können. Die nachfolgenden Zeilen, die nur der petrographischen Beschreibung eines sehr geringen Teiles dieses Umrandungsgebietes gewidmet sind, vermögen natürlich nicht Klarheit in die gesamten Lagerungsverhältnisse zu bringen. Dort, wo sich der Ammeringkogel, der letzte höhere Berg (2184 m) der südlichen Zentralkette der Alpen erhebt, befindet sich ein Gabelungs- punkt. Ein Ast, der Zug der Stub-, Glein- und Brucker-Hochalpe zieht gegen NO, der andere Ast, der sich noch einmal zu einer Höhe von 2144 m erhebt, die Koralpe, zieht nach Süden. Diese Gabel bildet die westliche und nordwestliche Umrandung des Grazer Paläozoikums. Die letzten petrographischen !) und geologischen ?) Untersuchungen ergaben, daß die Gesteine dieses Gebirges in den ‚verschiedenen Ge- bieten verschieden sind. So herrschen in dem Gleinalpenzuge Gneise vor, im Stub- und Koralpengebiete dagegen Glimmerschiefer. ı) Doelter, Das kristalline Schiefergebirge zwischen Drau- und Keinach- tal. Mitteilungen des naturw. Vereines für Steiermark 1895. 2, M. Vacek, Über die kristallinische Umrandung des Grazer Beckens. Ver- handl. der k. k. geol. R.-A. 1890, pag. 11. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 191T, 61. Bd., 3. u. 4. Heft. (H. Leitmeier.) 454 ılans Leitmeier. [2] Eine erste petrographische Beschreibung haben die Glimmer- schiefer, Gneise und Amphibolite der Kor- und Stubalpe durch Doelter und Ippen!) erfahren. Letzterer beschreibt auch eine Anzahl von Doelter, ihm selbst und Doelters Schülern auf- gesammelter Handstücke sehr ausführlich. Zu seinen Ausführungen werden im folgenden einige Zusätze gemacht und einige kleine (meist lokale) Berichtigungen gegeben werden. Folgende Zeilen sollen einen verhältnismäßig kleinen Teil des Stubalpengebietes, die Stubalpe selbst und die Umgebung von Salla zum Gegenstande der Untersuchung haben. Als Stubalpe im engeren Sinne bezeichnet man den Höhenrücken, der vom Rappelkogel und Wölkerkogel bis in die Gegend von Scherzberg zieht. Diesen Rücken überquert der Gaberlsattel, der einen vielbenützten Übergang vom mittleren Murtale (Graz) in das obere Murtal (Judenburg und Knittel- feld) bildet. Uber die geologischen Verhältnisse dieses Gebietes ist verhältnis- mäßig wenig bekannt. In Sturs Geologie der Steiermark wird dieses kristalline Gebirge der eozoischen Fazies zugerechnet. M. Vacek?) stellt die Gesteine der Stubalpe in seine Granat- glimmerschieferstufe, der zweiten Stufe, die das Grazer Becken umrahmen. Es sind der Hauptmasse nach Glimmerschiefer, die, wie er anführt, sich auch mit dem petrographischen Ausdrucke „Glimmer- schiefer* decken. Ihnen eingelagert sind Gneise und Pegmatite. Vacek zieht eine geologische Parallele mit den Radegunder Pegma- titen, eine Gleichstellung, die auch petrographisch mit einem Teil der Pegmatite, der turmalinführenden, wie im späteren gezeigt werden soll, vollkommen berechtigt ist. Und mit vollem Rechte führt Vacek aus, daß die Radegunder Pegmatite Glimmerschiefern eingelagert sind und als solche mit Gneisen nichts zu tun haben. Doch soll im nachfolgenden gezeigt werden, daß auch hier echte Gneise im Stub- alpengebiete keine Seltenheit sind, doch stets dem Glimmerschiefer eingelagert sind und mit diesem einen großen Gesteinskomplex bilden. Diese von Vacek berührte Ahnlichkeit der Gesteine von St. Radegund am Fuße des silurischen Schöckels scheint mir immer- hin für die Tektonik des kristallinen Gebirges nicht ganz ohne Be- deutung zu sein. Diese Gesteine, zum Teil sichere Eruptivgesteine, zeigen dieselbe Ablagerungsform und ragen hier (bei St. Radegund) inselartig aus dem Paläozoikum hervor, und hier wird zu zeigen sein, ob dieser Gesteinskomplex wurzelecht ist oder nicht. Gelingt hierfür der Beweis der Autochthonie, dann ist vielleicht auch das gesamte Gebiet der Stub- und Gleinalpe autochthon. Den kristallinen Schiefern, die Granit und Pegmatiteinlagerungen enthalten, aufgelagert, infolge der Auffaltung zum Teil eingelagert, er- scheint eine große’ Marmorlinse. Nach M. Vacek streicht der Marmor von Frohnleiten im Murtale bis in die Gegend von Hirschegg von NO 1) J. A. Ippen, Petrograph. Untersuchungen an kristallinen Schiefern der Mittelsteiermark (Koralpe, Poßruck, Stubalpe). Mitteil. d. naturw. Vereines für Steiermark 1896. 2)ZAr 3. 0: * 579) Zur Petrographie der Stubalpe in Steiermark. [3] Erd ie ee ee 5 5 — ee —. VEIDEF See Sees csen Se u nn — Sa PUDTSUISYI 0 - UM UNULE un} I —- Ze 20. 52% 000705:7:qeIsseN JOULIEN ee Zstoszauung 772 roqeuduy IM . 0 Erse CAR == TEWENIS Jap auta]sag ID LaID]IEY 456 Hans Leitmeier. [4] nach SW. In der Gegend von Scherzberg fängt aber eine deutliche Abweichung in die Südrichtung an, die über Salla und Wölkerkogel anhält, so daß im obersten Teigitschgraben sich schon ein klares SO-Streichen einstellt. Hierzu möchte ich bemerken, daß dieses Ab- weichen von der NO—SW-Linie in dem von mir besuchten Gebiet ein nur ganz unbedeutendes ist. Dieser Marmor wird auch technisch verwertet und es sind in der Umgebung von Salla im Bereiche der Straße, die von Köflach über den Gaberlsattel nach Judenburg führt, eine Anzahl von Stein- brüchen angelegt worden. Da indes die Verarbeitung des Sallamarmors keine guten Resultate geliefert hatte, sind die meisten Brüche heute nicht mehr im Betriebe und das Gestein wird größtenteils zur Be- schotterung der Straße verwendet. Er ist sehr zerklüftet und stellen- weise so stark geschiefert, daß man größere reine Stücke nur schwer erhält. Dies entwertet das Material; auch ist sein Erzreichtum einer skulpturellen Verwertung hinderlich. Die Gesteine des untersuchten Gebietes. Da ursprünglich eine Beschreibung des gesamten westlichen kristallinen Umrandungsgebirges des Grazer Paläozoikums geplant war, ich aber nunmehr nicht mehr in der Lage sein werde, das Be- gonnene fortzusetzen und zu vollenden, so soll nur eine kurze petro- graphische Beschreibung der Gesteine aus der Umgebung von Salla gegeben werden. Die wichtigsten hier auftretenden Gesteine sind: Grobkörni- ger Granit, Pegmatit, pegmatitischer 'Gneis, Zwei glimmergneis, Glimmerschiefer, Amphibolit und Mar- mor. In dem hier beschriebenen Gebiete treten die Amphibolite, die nach Ippen weiter westlich sehr mächtig sein sollen, sehr zurück. Bezüglich der älteren Literatur sei bemerkt, daß die gneisähnlichen Glimmerschiefer, die Ippen beschrieb und zum Teil auch pegma- . titische Glimmerschiefer nannte, mehr pegmatitische Gneise sind und daß ferner der „Turmalinglimmerschiefer von Salla-Klingenstein“ nicht existiert, da die Umgebung der Ruine Klingenstein vollständig aus Marmor besteht. Vielleicht sind hier große Blöcke turmalinreichen pegmatitischen Gneises für anstehend gehalten worden (vgl. d. Karte). Die Aufeinanderfolge dieser Gesteine dürfte sein: Glimmer- schiefer, Gneis, pegmatitischer Gneis, Hornblendegesteine, Marmor. Der Granit und Pegmatit bilden einen Gang im Gneis, wie solche Gänge ja in den Alpen sehr häufig sind. Es sei aber ausdrücklich bemerkt, daß eine genaue Angabe der Lagerung der Gesteine und der tektonischen Verhältnisse überhaupt erst bei einer Gesamt- erforschung dieses Gebirgszuges möglich ist. [5] Zur Petrographie der Stubalpe in Steiermark. 457 I. Saure Gesteine. Grobkörniger Granit vom Brandkogel. Das Gestein stellt einen pegmatitischen Granit von nicht voll- kommen schriftgranitischer Struktur dar, die Rosenbusch in seiner Physiographie der Eruptivgesteine mit dem Namen grobkörnige Granite bezeichnet. Dunkle Bestandteile, mit Ausnahme des Granats und kleiner sehr selten auftretender Schüppchen von Biotit fehlen vollständig. Makroskopisch erkennt man Quarz, Feldspat und Muskovit als Hauptbestandteile und Granat als akzessorische Beimengung. Sehr gut ausgebildete Muskovitkristalle neben größeren Mikroklintafeln sowie der rauchgraue Quarz sind die charakteristischen äußeren Merkmale dieses Gesteins. Die mikroskopische Untersuchung des Granites ergab: Quarz, Orthoklas, Mikroklin, Andesin, Muskovit, Granat, Häma- tit, Magnetit und Apatit als die Bestandmineralien. Der Quarz ist stark korrodiert und kommt selten in größeren Körnern vor, die dann gewöhnlich undulös auslöschen. Die dicht beisammen liegenden Körnchen zeigen nur stellenweise gemeinsame Auslöschung, ein Zeichen der Entstehung aus einem Korn. Diese verschiedene Orientierung der einzelnen Körnchen weist auf starke mechanische Störungen hin, die über dieses Gestein ergangen sind und diese Zertrümmerung bewirkt haben. Er birgt des öfteren Ein- schlüsse von Apatitnädelchen und Gasporen. Der Orthoklas tritt gegen den Mikroklin zurück und tritt teils in einzelnen Individuen auf, teils in Zwillingen nach dem Karls- bader Gesetz. Der Mikroklin zeigt Gitterstruktur. Er scheint zum Teil jünger zu sein als der Orthoklas und birgt sehr oft Einschlüsse von Quarz. Jedenfalls ist ein Teil des Quarzes gleichzeitig mit dem Mikroklin gebildet worden. Dadurch kam eine Art Eutektstruktur im Gesteine zustande, die in dem pegmatitischen Habitus ihren Ausdruck findet. Die Bestimmung der beiden Feldspate erfolgte durch die ‚Licht- brechung, die sich immer niedriger erwies als die des Quarzes. Der Andesin kommt in Körnern vor, die öfters Zwillings- streifung zeigen. Auslöschung | c ergab 7°. An Stellen, wo Quarz und Andesin zusammenstießen wurde gefunden: © «a, w>y'; e>y‘, e>a‘. Optischer Charakter positiv. Der reichlich vorhandene Muskovit ist zum Teil sekundär aus dem Feldspat entstanden. Er bildet Zwischenlagerungen zwischen Orthoklas und Albit nach zwei zueinander senkrechten Richtungen. Diese Zwischenlagerungen folgen den Spaltrissen des Feldspats. Da nın diese Muskovitblättchen alle gleich orientiert sind, so handelt es sich vicht um eine einfache Ausfüllung der Spaltrisse, sondern um eine orientierte Verwachsung. Beim Orthoklas sind diese Glimmer- lamellen nach M und P gerichtet, stehen also zueinander senkrecht. (Fig. 3, Taf. XX VIII.) Im Feldspate finden sich auch Kriställchen von Sillimanit und Epidot. Diese Muskovite stellen die beginnende Seriziti- sierung des Feldspates dar. Aber nicht nur chemisch, auch mechanisch ist dieser Gneis stark angegriffen. Die einzelnen Bestandminerale sind völlig durcheinandergemengt und zum Teil in ganz kleine Fetzen [11] Zur Petrographie der Stubalpe in Steiermark. 463 zerrissen. Die größeren Muskovite sind vielfach zerknickt, gebogen und in Schüppchen zerteilt. Es ist unmöglich, eine kristalloblastische Reihe aufzustellen. Es wurden noch eine Reihe anderer Auftreten dieses Gneises (vergl. die Karte) untersucht, die dem beschriebenen sehr ähnlich. Stets handelte es sich dabei um granitische Orthogneise. Glimmerschiefer. Die Glimmerschiefer bilden die Hauptmasse der Stubalpen- sesteine. Es sind zum Teil echte, feldspatfreie Glimmerschiefer, zum Teil Gesteine, die mehr oder weniger Feldspat enthalten und dessen Bezeichnung öfter als Glimmerschiefer fast nur auf Grund des großen Glimmerreichtums erfolgte und die man vielleicht auch als glimmer- reiche sedimentäre Gneise (Paragneise, Schiefergneise) bezeichnen konnte. Meist sind es biotitarme Zweiglimmerschiefer oder reine Mus- kovitglimmerschiefer. Die biotitarmen Zweiglimmerschiefer sind gneis- ähnlich und fast massig. Biotitglimmerschiefer wurde im untersuchten Gebiete nicht gefunden. Da es sich hier doch nur um die Gesteine eines kleinen Gebietes des Stubalpenzuges handelt und gerade hier weniger Glimmerschiefer auftreten, während in anderen Teilen der Stubalpe die Glimmerschiefer die größte Verbreitung besitzen, soll hier nicht näher auf die verschiedenen Typen der Glimmerschiefer, die in der Arbeit Ippens') beschrieben wurden, eingegangen werden. Nur ein Gestein dieser Gruppe soll hier mit wenig Worten ange- führt sein. Am Höhenrücken, der vom Gaberlsattel zum Almwirt führt, steht in der Mitte des Kammes ein Granatglimmerschiefer an. Er enthält sroße und wohlausgebildete Granatkristalle (Rhombendodekaeder). Struktur des Gesteines ist durch diese die porphyroblastische. Die Glimmer dieses Gesteines, Muskovit und Biotit, der stark chlori- tisiert ist mit vorwaltendem Muskovit, sind um diese Granatpor- phyroblasten angeschmiegt. Sie sind in eine Masse feinschuppiger Asgregate zerlegt, die, vermengt mit Quarzkörnern, die Granate in langen Zügen umschließen. Die Struktur der „Grundmasse“* ist nematoblastisch. An diesen Zügen läßt sich immer deutlich eine Richtung erkennen, wie dies bei der fluidalen Grundmasse beispiels- weise eines Basaltes der Fall ist. Die durch diese Anordnung frei- bleibenden keilförmigen Zwischenräume sind erfüllt mit Quarzkörnern und Muskovitschüppchen, die zum Teil Neubildungen sind und auch hier, sekundär aus Feldspaten enstanden sind. In diesem Schiefer scheint fast aller Feldspat umgewandelt worden zu sein, da im Dünn- schliffe beinahe kein Feldspat gefunden wurde. Das Gestein enthält noch reichlich Rutil, aus diesem entstandenes Titaneisenerz, Magnetit und zerbrochene Stücke von Tur malinkristallen. ı) Ippen,], c. 464 Hans Leitmeier. [12] II. Basische Gesteine. Amphibolit vom Soldatenhause am Fuße des Brandkogels. Dieses Gestein bildet eine wenig mächtige Einlagerung im pegmatitischen Gneis am Ostabhange des Brandkogels. Es ist massig, srobkörnig und von Quarzbändern durchzogen. Mit freiem Auge sieht man eine dunkle Hornblende als weit überwiegenden Hauptbestandteil, dazwischen eine lichte Partie, die Feldspat ist; ferner braune Granate und glänzende Partien von Bronzit. Die Gabbrostruktur ist noch deutlich erhalten. Unter dem Mikroskop zeigt die Struktur dieses Amphibolits noch viel deutlicher die Ähnlichkeit mit der Gabbrostruktur. Die Bestand- teile, die sich an der Zusammensetzung dieses Gesteines beteiligen, sind folgende: Hornblende, Bronzit, Plagioklas, Quarz und wenig Biotit als Hauptbestandteile Granat, Titaneisen, Rutil und Titanit als Akzessorien. Die Hornblende ist teilweise noch in guten Kristallen erhalten und ist gemeine Hornblende mit starkem Pleochroismus &:7 = grüngelb zu schwach bläulichgrün. Die Auslöschungsschiefe beträgt c:c— 18—19°, ist also für gemeine Hornblende ziemlich hoch. Neben dieser Horn- blende enthält dieses Gestein noch eine zweite, die aber sehr selten ist. Sie ist heller gefärbt und nicht so stark pleochroitisch als die reichlicher vorkommende gemeine. Da auch die Auslöschungsschiefe e:c geringer bei 17° gemessen wurde und der Achsenwinkel kleiner ist, kann es sich um Strahlstein handeln. Zu genaueren Messungen brauch- bare Schnitte waren im Dünnschliffe keine zu finden. Der Biotit tritt ab und zu in braunen, stark pleochroitischen unregelmäßig be- grenzten Blättchen auf und scheint sekundäre Bildung (aus Hornblende) zu sein. Der rhombische Pyroxen ist Bronzit. Die Kristalle sind stark korrodiert, der Pleochroismus ziemlich stark. Gemessen wurden: Charakter der Doppelbrechung positiv; Dispersion v > p Achsenwinkel (mit Zeichentisch) 2 V=81° Pleochroismus a bräunlichgelb, y grünlich- gelb. Aus letzterem scheint hervorzugehen, daß ein an Eisen reicher Bronzit vorliegt. Feldspat und Quarz treten sehr zurück. Sie bilden die Ausfüllungsmasse zwischen den Hornblendeindividuen. Der Feldspat ist ein basischer Plagioklas und nach der Bestimmung durch Vergleichung mit dem DBrechungsquotienten des Quarzes, die an einer Stelle möglich war, handelt es sich um Oligoklas, >»; a’ < aber fast=o. Charakter der Doppelbrechung negativ. Zwillingsbildungen sind nur selten zu beobachten. Der sehr spärlich vorhandene Quarz bildet kleine Körnchen und zeigt undulöse Auslöschung. Der Granat ist Almandin und tritt etwas gegenüber dem Bronzit zurück, kommt in kleinen Körnchen und großen Kristallen vor und zeigt auch nie die in Amphiboliten so häufige keliphitische Zonenbildung. Von Erzen ist der Rutil weitaus am häufigsten und tritt stellen- weise so reichlich auf, daß man von Rutilmassen sprechen kann, die auch makroskopisch sichtbar sind. Er ist sehr häufig in Titaneisen umgewandelt. Titanit ist als Umwandlungsprodukt des Rutils und Titaneisens im Gesteine enthalten. In den Hornblenden findet sich ab und zu Apatit. [13] Zur Petrographie der Stubalpe in Steiermark. 465 Chloritschiefer vom Soldatenhaus. Zusammen mit diesem Gesteine kommt ein sehr feinkörniger sedimentärer Chloritschiefer vor. Die Struktur des Chlorits ist sehr stark faserig und die Fasern sind oft so radiär angeordnet, daß sie Sphärokristalle bilden. Der Chlorit ist ziemlich dunkel gefärbt und stark pleochroitisch grünlichgelb zu bläulichgrün. Optische Bestim- mungen an den wenigen durch Sphärolitbildung nicht gestörten Blättchen ergaben: Sehr wechselnden Achsenwinkel, der häufig bis auf 0° herabgeht. Blättehen mit verhältnismäßig großem Achsenwinkel stoßen manchmal an solche, die völlig einachsig erscheinen. Wenn auch einige solche Stellen, die das einachsige Kreuz erkennen ließen, gefunden wurden, so sind doch solche mit deutlichem Achsenwinkel weit häufiger. Der Charakter der geringen Doppelbrechung ist positiv an den ein- und zweiachsigen Individuen. Eine stellenweise etwas ins Bräunliche gehende Färbung läßt auf einen Eisengehalt schließen. Es liegt somit wohl Klinochlor vor. Das Gestein enthält außerdem noch Quarz und größere Kristalle von Albit. Letztere sind stark verzwillingt (sowohl nach dem Karls- bader als auch nach dem Albitgesetze) und auch makroskopisch sichtbar. (Bestimmung nach der Quarzmethode.) Sehr reichlich enthält das Gestein Titanit in großen lebhaft glänzenden Kristallen sowie in feinen Körnchen, zum Teil die typische Briefkuvertform zeigend. Optische Bestimmung durch: Starke Doppel- brechung von positivem Charakter, kleiner Achsenwinkel und sehr starke Dispersion p > v. Die Kristalle sind oft so tief gefächt, dab ein schwacher Pleochroismus zu erkennen ist. Rutil, aus dem der Titanit entstanden ist, tritt sehr zurück. Amphibolit von der langen Tratten. Wesentlich verschieden von dem eben beschriebenen Gesteine ist dieser Amphibolittypus. An zwei Stellen traf ich ihn. Am Abhange des Schwarzkogels, der geg&n den Rappelkogel hinüberzieht und „Lange Tratten“ genannt wird und ein zweitesmal am Abhange der gegen den Wölkerkogel hinzieht. Es ist ein sehr hartes Gestein, das mit freiem Auge nur eine Differenzierung in zwei Bestand- teile erkennen läßt, einen lichten, der sich schon makroskopisch als Feldspat zu erkennen gibt und einen dunklen der Hornblende. Auch sieht man schon mit freiem Auge das UÜberwiegen der Horn- blende über den Feldspat, wenn man diesen Amphibolit auch nicht als feldspatarm bezeichnen kann. Deutlich ist die Schieferung sichtbar. Vor allem unterscheidet sich dieses Gestein aber vom gabbroiden Amphibolit des Soldatenhauses durch seine Feinkörnigkeit. Im folgenden das Ergebnis der mikroskopischen Untersuchung. Das Gestein besteht aus Hornblende, Plagioklas, Epidot, wenig Granat, Rutil und etwas Quarz. Als Hauptgemengteile kann man nur Hornblende, Plagioklas und Epidot bezeichnen, da ihnen gegenüber auch der Granat ganz bedeutend zurücktritt. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Bd., 3. u. 4. Heft. (H. Leitmeier.) 61 466 Hans Leitmeier. 1 4] Die Hornblendz ist gemeine, grüne Hornblende mit starkem Pleochroismus &:y — gelblichgrüän zu grünblau. Letzteres mit auf- fallend hoher Betonung des Blau. Die Auslöschung beträgt e:c im Maximum 19°, im Minimum 15°. Die häufigste wurde mit 16° bestimmt. Der Pleochroismus ist wenig konstant und es kommen daneben Partien vor, die fast gar keine Farbenveränderung wahrnehmen lassen und als solche sich dem Aktinolith nähern, während die blaue Färbung, die fast himmelblau werden kann, an Glaukophan erinnert. Wahr- scheinlich ist es ja, daß wir bei den meisten Hornblenden oder wenigstens einem großen Teil derselben in den Amphiboliten isomorphe Mischungen von gemeiner grüner Hornblende mit anderen Hornblenden (in diesem Falle Glaukophan und Aktinolith) vor uns haben. Die Hornblende dieses Gesteines birgt öfters Einschlüsse; Apatit und ab und zu ein Rutilkriställchen werden von ihr beherbergt. Der Plagioklas dieses Gesteines wird in seiner Ausbildungsform vollständig von der Hornblende beeinflußt und schiebt sich keilförmig zwischen diese. Er ist gänzlich jeder kristallograpischen Formentwicklung beraubt und in Körnern von unregelmäßiger, aber niemals bedeutender Größe zerbrochen. Außer diesen unregelmäßigen Zerreißungsflächen zeigt sich nicht die Spur einer Differenzierung. Niemals durchziehen ihn Spaltrisse, nur sehr selten beobachtet man Zwillingsstreifung. Die Auslöschung ist gewöhnlich sehr stark undulös und die Erscheinungen im konvergenten Lichte undeutlich und so mannigfaltig gestört, daß eine genaue optische Charakterisierung danach sehr erschwert ist. Nur der positive Charakter der Doppelbrechung konnte festgestellt werden. Mit großer Wahrscheinlichkeit haben wir es mit Albit zu tun, da die Lichtbrechung an den wenigen Stellen, wo ein Zusammentreten mit Quarz einen Vergleich ermöglicht, stets geringer ist, als die des Quarzes. Dieser Plagioklas nun birgt eine Unzahl von Einschlüssen verschiedenartiger Mineralien. Die Einschluß- mineralien sind teilweise vortrefflich auskristallisiert, teils haben sie die öfter an Einschlüssen in dem Plagioklas der Amphibolgesteine vorkommende „Insekteneierform“. Weitaus am häufigsten ist Epidot. Es sind fast alle Glieder der Epidotreihe darunter vertreten. Sie treten gewöhnlich in nadelartigen Kriställchen auf, die manchmal in der Mitte an Dicke zunehmen; seltener als Körner und rundlich begrenzte Formen, die ovalartig immer noch eine Erstreckung nach der Längsrichtung er- kennen lassen. Sehr häufig sind die verschiedenen Varietäten, besonders Klinozoisit und Epidot, miteinander verwachsen. Auch die dünnsten Nädelchen zeigen oft deutlich ihre Zusammensetzung aus verschiedenen Elementen. Im allgemeinen ist reiner Epidot seltener als Mischungen und Verwachsungen. So überwiegen Nadeln mit optisch positivem Charakter über solche mit negativem Charakter. Im gewöhnlichen Lichte sind sie meist farblos oder sehr schwach gelblich und grünlich gefärbt und zeigen niemals Pleochroismus. Im polarisierten Lichte zeigen sie häufig die eigentümlich fleckigen Interferenzfarben, die für den Epidot so bezeichnend sind, wenn die einzelnen Leistehen nicht zu klein zu solchen Beobachtungen sind. Die Nädelchen mit der Längserstreckung der drei Pinnakoide sind häufig durch die (111) Flächen terminal begrenzt. Eine nähere kristallographische Beschreibung [15] Zur Petrographie der Stubalpe in Steiermark. 467 läßt die geringe Größenausbildung der Individuen nicht zu. Ab und zu drang der Epidot auch in die Hornblende ein. (Abbildung auf Tafel XXVII, Fig. 2.) Neben dem Epidot kommen noch Apatite als Einschlüsse vor, ferner kleine Kriställchen und Kristallbruchstücke von Hornblende. Der Apatit ist häufig tafelförmig, aber auch kleine Säulchen liegen neben den Epidotnädelchen, von denen sie nicht immer leicht zu trennen sind. Die Hornblende ist ab und zu als zerrißenes Fragment in den jüngeren Plagioklas hineingekommen und an einigen wenigen Stellen zum Teil chloritisiert. Fragt man sich nach der Art der Entstehung des Epidots in diesem Gesteine, so ist es natürlich, daß er nur sekundärer Entstehung sein kann. Über die Entstehungsweise des Epidots aus anderen Mineralien, vor allem dem Feldspate, findet man zahlreiche Beispiele in der Literstur. Blum!) beschreibt diese Umbildung an einigen Handstücken und Cathrein?) gibt eine größere Anzahl Beispiele aus der Literatur in seiner Abhandlung über die Saussuritisierung. Bei vorliegendem Gesteine besteht wohl kein Zweifel, daß der Plagioklas zum Teil in Epidot übergegangen ist. Cathrein führt an, daß der Prozeß der Epidotisierung der Feldspate die Zufuhr von Kalk, Eisen und Wasser bedinge. Der hohe Kalkgehalt des Epidots muß einen Teil des Bestandes der Zufuhr von außen verdanken. Bei Umwandlung der Hornblende in Chlorit wird Kalk allerdings frei und in sehr vielen Fällen ist auf diese Weise der hohe Kalkgehalt des Epidots in Epidotamphiboliten völlig erklärt. Hier muß man zu einem anderen metamorphosierenden Agens schreiten, da Chloritisierung der Horn- blende hier nur selten vorkommt. Kohlensäurehaltige Wässer können ja das Kalzium in Form von Kalziumkarbonat auch aus größeren Ent- fernungen zuführen. Zudem ist ja dieser Amphibolit dem Marmor ein- gelagert. Die Hornblende ist so selten chloritisiert, daß der dabei freiwerdende Kalk keinesfalls zur gesamten Epidotbildung ausreicht. Der ja verhältnismäßig geringe Eisengehalt — die aus Feldspaten entstehenden Epidote sind zumeist arm an Eisen — erklärt sich leicht durch Zersetzung der Erze im Gesteine. Die verhältnismäßige Klein- heit der Kristalle, die oft bis zu Dimensionen von Mikrolithen herab- sinkt und die große Menge dieser Epidote im Plagioklas zeigen, daß wir es mit einer allgemeinen, jedoch noch in nicht sehr vorgeschrittenem Stadium befindlichen Epidotisierung des gesamten Feldspates zu tun haben. Deshalb kann man dieses Gestein auch nicht Epidotamphibolit nennen. Der Quarz liegt in Körnern zwischen dem Feldspat und ent- hält des öfteren Einschlüsse von Epidot. Er ist nicht häufig und tritt ganz bedeutend hinter dem Feldspat zurück. Nicht aller Quarz wird ursprünglich sein. Ein gewiß nicht unbeträchtlicher Teil dürfte bei der Epidotisierung des Feldspates entstanden sein, ein Prozeß, bei dem !) R. Blum, Der Epidot in petrographischer und genetischer Beziehung. Neues Jahrbuch f. Mineral., Geologie u. Paläont. 1362, pag. 417. 2), A, Cathrein, Mitteilungen aus dem mineralog. Laboratorium des Poly- technikums zu Karlsruhe. II. Über Saussurit. Goth. Zeitschrift f. Min. u. Krist. VII. 1883, pag. 234. 61* 468 Hans Leitmeier. [1 6] ja Kieselsäure frei wird, und es ist ganz leicht möglich, daß diese Kieselsäure nun als Quarz auskristallisiert ist, wie auch Cathrein‘) in seiner bereits erwähnten Abhandlung über den Saussurit ausführt. Der Granat, den man eben nicht selten antrifft, ist schwach gelbrötlich gefärbt und ist Almandin. Nach Grubenmanns Be- schreibung sind alle Granate der Amphibolite sowie Eklogite isomorphe Mischungen von Grossular, Almandin und Pyrop, Die Kristalle sind meist gut als Rhombendodekaeder kristallographisch begrenzt. Er birgt Einschlüsse von Rutil und Quarzkörnern. Eine direkte Umwandlung in Hornblende, die bei Amphiboliten häufig zu sein pflegt, konnte ich nicht beobachten. Titaneisen ist recht selten und scheint auch in diesem Ge- stein teilweise in Rutil übergegangen zu sein, teilweise in Limonit, der in Fetzen öfter im Gestein enthalten ist. Rutil ist nicht selten und ist in guten Kristallen ausgebildet. Häufig beobachtet man auch die Zwillingsstreifung und auch herz- förmige Zwillinge finden sich. Die Ausscheidungsfolge in diesem Gestein ist folgende: Titan- eisen, Rutil, Hornblende und Granat (gleichalterig), Feldspat, Quarz. Die Textur ist schieferig, sowohl mikro- als auch makroskopisch. Die gesamte Mikrostruktur kann man als poikiloblastische be- zeichnen. Teilweise vor allem durch die als Porphyroblasten auf- tretenden Granaten eine heteroblastische, und zwar eine porphyro- blastische bei granoblastischem Grundgewebe. Nach dem Grubenmannschen System gehört dieses Gestein zu den Epiamphiboliten, und zwar in die Familie der Albitamphibolite. Ein Bronzitamphibolit wurde unter den Speikkogelamphiboliten nicht beschrieben. Der Marmor. Über die ausgedehnte Verbreitung des Marmors in dem unter- suchten Gebiet ist schon gesprochen worden. Der Marmor ist dort, wo er rein auftritt, blendend weiß und ziemlich grobkörnig. Schöne Varietäten findet man an der Straße vor Salla im kleinen Bruche und dann im großen Bruche am Wege zum Soldatenhause hinter Salla. Besonders an letzterer Stelle ist die Mächtigkeit des vollständig reinen Marmors eine bedeutendere. Unter dem Mikroskop findet man ihn stark verzahnt .und die Spaltungslamellierung nach den Rhom- boederflächen sehr stark entwickelt. Außer Kalzit findet man nur sehr selten ein kleines Quarzkorn und da und dort Körnchen von Pyrit und Kupferkies. Zur genaueren Untersuchung wurde von ver- schiedenen Handstücken aus verschiedenen Punkten des großen Bruches auf reinem Marmor Stücke abgeschlagen und diese bei Zimmertemperatur in verdünnter Salzsäure zur Lösung gebracht. Der sehr spärliche Rückstand ergab nur einige Quarzkörnchen von sehr geringen Dimensionen und etwas Erz. Von einem Silikat, das etwa im Marmor enthalten sein könnte, war nicht eine Spur zu finden. 1) Aa. 0. pag24f. [17] Zur Petrographie der Stubalpe in Steiermark. 459 Ganz anders sieht der Marmor an den peripherer gelegenen Punkten aus, in der Nähe seines Kontakts mit dem Gneis oder Glimmer- schiefer. Hier ist er ungemein reich an Glimmer. Dort, wo der Marmor an Gneis grenzt, enthält er nur Muskovit, an seiner Be- rührungsstelle mit dem Glimmerschiefer beide Glimmer. Dann ist der Quarzgehalt ein ganz bedeutend höherer und auclı etwas Feldspat findet sich in kleinen Körnchen dort im Marmor. Über die Art und Weise, wie diese Minerale in den Marmor hineingekommen sind, kann wohl kein Zweifel sein, wenn man eine andere Erscheinung, die in unmittelbarer Nähe zu beobachten ist, betrachtet. Marmor und Gneis, respektive Glimmerschiefer sind oft vollständig eines in das andere hineingepreßt. Wie die einzelnen Kalzitrhomboeder dieses Marmors miteinander verzahnt sind, so sind hier Schiefer und Marmor in- einander förmlich verkeilt. Gewöhnlich ist es der Schiefer, und da wieder vor allem der Glimmerschiefer, der oft tief in den Marmor hineindringt und mit dem Marmor förmliche Wechsellager bildet. Dann sind die Kalzitkristalle aber oft mit den Bestandteilen des Schiefers, vor allem des Glimmerschiefers, völlig vermischt, so daß förmlich ein neues Gestein gebildet wird, das Ippen!) auch Kalk- glimmerschiefer nennt. Deutlich kann man unter dem Mikroskop diese einzelnen Glimmerschieferzüge (vergl. Fig. 1 auf Tafel XXVIII) ver- folgen, sie dann oft auskeilen oder sich gabeln und dann wiederum ab- gerissen sehen. Auch mannigfache Veränderungen kann man finden. So hat der Biotit stellenweise fast vollständig seinen Pleochrois- mus verloren und ist oft farblos. Die Kalzitkristalle sind teils zer- sprengt, teils sind sie erhalten geblieben und zeigen dann ein ganzes Netz von Spaltrissen. Der Erzreichtum des Marmors kann stellenweise ganz beträcht- lich anwachsen. Namentlich Kupferkiesnester sind keine Seltenheit. Die Färbung des Marmors ist blendend weiß in den reinsten, in der Mitte gelegenen Partien; weiter gegen außen zu bekommt sie einen Stich in das Bläuliche, der oft in ein Rauchgrau übergeht. Graphitische Einlagerungen konnte ich indessen nirgends finden. Von reinem weißem Marmor wurde eine quantitative Analyse ange- fertigt. Die Stücke wurden aus verschiedenen Punkten des großen Steinbruches am Wege zum Soldatenhaus genommen und vor ihrer Verwendung sorgfältig unter dem Mikroskop untersucht und nur etwas Quarz als Fremdbestandteil gefunden. Die Analyse hatte folgendes Resultat: Prozent SARDINIEN, EIORS BeO-r FORD ‚»VSISpuren OO ei, DIES MO en. 8. 2,009 ONE on Stumme- .7.,.799:96 1) J. A. Ippen, Petrograph. Untersuchungen an kristallinen Schiefern der Mittelsteiermark. Mitteilungen des naturwissenschaftl. Vereines f. Steiermark 1896. 470 Hans Leitmeier. 1 8] Nach dieser Analyse muß der Marmor der Salla als ein reiner Kalzitmarmor angesehen werden; sämtliche Verunreinigungen ergeben nicht einmal 1°/, der Gesamtsumme. Der Marmor, der in Platten und Bänken abgesondert ist, die, wie bereits bemerkt wurde, dem Streichen und Fallen der Schiefer folgen, wäre wegen seiner guten Farbe und der Reichhaltigkeit des ganzen Lagers technisch von hohem Werte, aber die Absonderung „Lassigkeit“ des Gesteines, dann sein verhältnismäßiger Reichtum an Erzen, die verwittern und braune Flecke im behauenen und polierten Steine hervorrufen, entwerten ihn so sehr, daß die Ausbeutung dieser Lager von Jahr zu Jahr abnimmt. An einer Stelle am Abhang des Kamesberges sieht man in einem kleinen Marmorbruche ein über 1 m mächtiges Band eines dunklen, sehr feinkörnigen Glimmerschiefers durchgehen. An den Berührungs- stellen sind zertrümmerte Brocken eines körnigen Kalksteines einge- lagert, der, vom ursprünglichen Kalke stammend, bei der Metamor- phose erhalten geblieben erscheint. Dieser Schiefer hat Kalk aufge- nommen und ist so ähnlich, wie es Doelter!) im Koralpengebiete fand, als Kalkschiefer zu bezeichnen, Der Marmor ist jünger als der Gneis und Glimmerschiefer, da man oft letztere Gesteine als die Basis des Marmors antrifft. Jeden- falls verdankt dieses Gestein seine Umwandlung zu Marmor der Regionalmetamorphose. J. H. L. Vogt?) sagt ja, daß die meisten Marmore dieser Metamorphose ihre Entstehung verdanken, und die Zahl der wirklich kontaktmetamorphen Marmore dagegen verschwindend klein sind. Lindemann?°) hinwiederum meint, daß alle Marmore kontaktmetamorphe Bildungen seien oder wenigstens ähnlich entstanden seien. V ost, der als Beleg dafür getrennte Mineral- führung angibt, geht bei der Auswahl dieser Minerale wohl zu weit. Lindemann aber geht viel weiter. Entschieden ist zum Beispiel Epidot auch in durch Regionalmetamorphismus entstandenem Marmor gut möglich. Bei der Umänderung des körnigen Kalkes in Marmor müssen wir ja unbedingt einen hohen Druck annehmen. Dabei ist ein Verquetschen der Berührungszonen wohl leicht möglich und ein damit zusammenhängendes Ineinandergreifen der Mineralien möglich. Auf diese Weise kann ja ein Feldspat in die Randzone (Kontaktzone) gekommen sein, der sich später in Epidot umgesetzt haben kann. In Lindemanns Arbeit findet sich im SchluB- ergebnis eine ganz gewiß aufrechtzuerhaltende Scheidung nach Mineralien. Marmore, die Spinell, Wollastonit, Vesuvian, Diopsid und Periklas enthalten, werden jedenfalls und unbedingt als Kontaktmarmore anzusprechen sein. Marmore, die aber nur Minerale enthalten, die in 1) C. Doelter, a. a. O. ?2) H. L. Vogt, Der Marmor in bezug auf seine Geologie, Struktur und mechanischen Eigenschaften. Zeitschr. f. prakt. Geol. 1898, pag. 4. °») B. Lindemann, Über einige wichtige Vorkommnisse von körnigen Karbonatgesteinen mit besonderer Berücksichtigung ihrer Entstehung und Struktur, N. Jahrb. f. Min., Geol. u. Pal. Beil.-Bd, XIX. 1904, pag. 197. [19] Zur Petrographie der Stubalpe in Steiermark. 471 kristallinen Schiefern vorkommen oder sich aus Mineralien der kristal- linen Schiefer bilden können, wird man wohl nach wie vor als regional- metamorph bezeichnen können. J. H. L. Vogt hat eben die Minerale, die den einzelnen Gruppen angehören, etwas zu weit gehalten. Jedenfalls würde es niemals gelingen, für den Marmor der Salla und überhaupt für den großen Marmorzug, der von der Stubalpe bis zur Gleinalpe zieht und von dem der beschriebene nur ein Teil ist, Kontaktmetamorphose als Ursache der Umwandlung geltend zu machen. Inhaltsangabe. Seite TIERNNT 2 en ee Dee ee ee a EEE 5) BnenGesteine,des untersuchten Gebietes". . . vu u aan a en 456 BER LTRELEIN en A ee a a ar RAD Grobkörniger. Granit. vomWBrandkogel .„. al sl aim hen.d AN AD7 Pegmatit BE ee sta, Teer (I ET a ka Beet er, SE ee re EONENIETSCHIeTe ee EN RER DER RN ER AAN N 5A RIBBASISCheRGEeSteInem En We N ee HE FRE ET EE 2 PAGR Amphibolit vom Soldatenhause am Fuße des Brandkogels .. . .. . 464 Chloritschiefer vom Soldatenhaus . . .. nu... 8. nen A6D Amphibolit von der langen Tratten . . I. vw... 0. 2 een AGD Ders Marmor a ee AR 8 472 Hans Leitmeier. [20] Erklärung zu Tafel XXVIII. Fig. 1. Biotit und Muskovit, in Marmor eingepreßt, ohne Kontakt zwischen Glimmerschiefer und Marmor. Fig. 2. Epidotkriställchen im Feldspat des Amphibolits der langen Tratten (Insekteneierform). Fig. 3. Glimmerlamellen, sekundär aus Feldspat hervorgegangen (beschrieben pag. 462). Nachträge zur jungtertiären (pliocänen) Fauna von Tehuantepec. Von Franz Toula. Mit einer Tafel (Nr. XXIX) und zwei Zinkotypien im Text. Von meinem Kollegen Herrn Prof. Dr. Fritz Frech in Breslau erhielt ich, seiner längeren Abwesenheit von Breslau wegen leider erst lange nach Fertigstellung des Druckes der Böse-Toulaschen Arbeit, über die von weiland Herrn Prof. E. Philippi der königl. preuß. geol. Landesanstalt vermachten Aufsammlungen von Tehuantepec, Objekte, die er selbst an der Tehuantepec-Bahn beim 70. Kilometer (Fundort Almagres) zustande gebracht hatte. Außerdem sammelte Prof. Frech auch bei St. Lucrecia, bei Kilometer 127 (nach Dr. Böses Profildarstellung, Excursions ä& l’isthme de Tehuan- tepec, XXXI des Guide) in 30 m Meereshöhe, während Almagres in 43 m Meereshöhe gelegen ist. Von Sta. Rosa an der Bahn Veracruz al Pacifico liegen nur ein paar Schalenbruchstücke vor, was nur Böses Angabe über diese früher (1904) so reichhaltige Fundstelle bestätigt. Die Aufsammlungen Frechs von Almagres sind sehr reich- haltig und haben außer den in unserer Arbeit behandelten Arten, zum Teil in sehr guten Exemplaren vorliegend, auch eine größere Anzahl noch nicht bekannter Arten geliefert, welche zu einer Ergän- zung der zitierten Arbeit (Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1910, pag. 215— 276 mit 2 Tafeln) recht wohlgeeignet sind. Von den schon beschriebenen Formen liegen mir die folgenden vor: Protula virginica Conr. (Häufig.) Pecten cactaceus Dall. (Häufig.) Dentalium rimosum Böse. (Häufig.) Ein Stück ist von derselben Größe, wie ich eines abbilden ließ. Die Anwachsstreifung tritt auf der von Böse (Bol. Inst. Geol. de Mexico XXII, 1906, Taf. III, Fig. 1) gebrachten photographischen Abbildung nicht hervor, bei den mir nun vorliegenden Stücken ist sie zum Teil sehr scharf ausgeprägt. Solarium Almagrense Böse. (1 St.) Natica canrena L. (5 Ex.) Niso striatula Böse. (2 hübsche Ex.) Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Bd., 3. u. 4. Heft. (Fr. Toula.) 62 474 Franz Toula. [2] Eines der Exemplare ist bis auf den beschädigten Nucleus vollständig erhalten. Schalenhöhe 252 mm. Größte Schalenweite 9-3 mm. Ich zähle 11 Umgänge. Fast auf jedem Umgange treten eine oder zwei deutliche Anwachsunterbrechungen auf. Das Verhältnis zwischen Höhe und Weite dieses Stückes wäre 27, während es bei den Böseschen Exemplaren zwischen 2°30 und 2:14 schwankt. Trotz dieser Unterschiede halte ich dafür, daß dieses Stück derselben Art angehört, vielleicht aber als eine schlankere Varietät bezeichnet werden könnte. Der Mündungsrand ist ganz unverletzt und scharf. Das zweite Stück ist am letzten Umgang beschädigt. Es gleicht ganz der gegebenen Abbildung. Nassarina isthmica Böse. (1 Ex.) Phos subfasciolatum Böse. (schöne Ex.) Phos subfasciolatum Böse (Jahrb. LX, 1910, Taf. XI, Fig. 10) scheint mir Ähnlichkeit zu besitzen mit Phos naucratoris Watson (Challenger Gastropoda Taf. XIII, Fig. 11, von den Admiralitätsinseln |Papua NO], in 150 Faden Tiefe), nur die Schwiele an der Innen- seite des Ausgusses unterscheidet, auch treten etwas mehr Quer- wülste auf den Umgängen auf. Marginella Staffi Böse. (Häufig.) Cancellaria Zahni Böse. (Ein schönes Ex.) 2 zapoteca Böse. (8 Ex. versch. Größe.) Pleurotoma albida Perry. (d Ex.) Drillia Almagrensis böse. (1 St. var.) 5 Oerteli Böse. (2 hübsche Ex.) »„ subconsors Böse. (1 schönes Ex.) Conus Almagrensis Böse. (1 gutes Ex.) Conus Almagrensis Böse (nur ein etwas größeres Exemplar, von 23'2 mm Schalenhöhe und 13 mm größtem Durchmesser) stimmt außer dem etwas größeren Durchmesser auf das beste überein. Nur die Außenlippe ist abgebrochen. Das Gewinde erscheint etwas mehr zu- gespitzt als bei dem abgebildeten Exemplar (l. ec. Taf. XIII, Fig. 28). Drillia subperpolita Böse. (4 Ex.) — Während sich unter den von weiland Prof. E. Philippi gesam- melten Fossilien Bivalven außer Pecten cactaceus Dall nicht fanden, liegen mir unter den von Prof. Fr. Frech gesammelten Stücken Bivalven immerhin zahlreich vor. Es sind die folgenden Arten: Ostrea af. vespertina Conr. Taf. XXIX, Fig. 1. Zwei kleine Oberklappen liegen mir vor, welche recht wohl als zu der angeführten Form gehörig betrachtet werden können. Sie sind viel länger als breit, oberflächlich unregelmäßig vertieft und mit scharf ausgeprägten Anwachslinien bedeckt, was ja Conrad (Pac. R. R. Rep. V, Taf. V, Fig. 36) ganz ähnlich so dargestellt hat; an den [3] Nachträge zur jungtertiären (pliocänen) Fauna von Tehuantepec. 475 Seiten gegen den Schloßrand treten zarte Körnchen auf, die jenen an der Unterklappe (Gatun Taf. IV, Fig. 145) entsprechen. W.H. Dall (Florida Part IV, pag. 685) hat diese Art eingezogen und als Ostrea haitensis Sow. bezeichnet, obwohl Sowerby (Quart. Journ. VI, pag. 53) davon keine Abbildung gegeben hat. Länge der Schale 19 und 154 mm, größte Breite 11'5 und 11:6 mm. Pecten (Chlamys) cactaceus Dall var. Textfigur 1 und 2. Daß sich auch die genannten Pectenschalen sehr häufig fanden, wurde schon angeführt. Darunter befindet sich neben zahlreichen Schalen und Schalen- bruchstücken ein sehr wohlerhaltenes Stück einer kleinen rechten Klappe mit vollständig erhaltenen Ohren, welche erkennen lassen, daß die Ergänzung der Ohren an Dalls Originalabbildung (Florida, Taf. XXXIV, Fig. 2) nicht ganz zutrifft. Freilich ist die angeführte Dallsche Figur ergänzt nach einem kleineren Individuum. Die übrigen Eigenschaften der Schale und vor allem die Rippung der- selben sind ganz nach Art des Stückes einer linken Klappe von Fig. 1. Fig. 2. Pecten (Chlamys) cactaceus Dall. var. Tehuantepee, wie ich es abbilden ließ (Böse-Toula Taf. XII (D, Fig. 2). Auffallend ist an dem kleinen Schälchen aus Frechs Auf- sammlung, daß die kräftigen Rippen in feine Spitzen auslaufen, welche über den Stirnrand etwas hinausragen. Ich will dieses Stück von den typischen Exemplaren als Varietät unterscheiden und es als Pecten (Chlamys) cactaceus Dall var. bezeichnen, da ich es nicht wage, eine neue Art darauf zu gründen. Von diesen kleinen Schälchen liegen drei Stücke in der Frechschen Aufsammlung. Das kleine, wohl- erhaltene Exemplar hat eine größte Höhe von 13°7 mm, eine größte Breite von 134 mm und eine Schloßrandlänge von 8'8 mm. Feeten :(Amussium) cf. Mortoni Rav. (nov. spec.?) Taf. XXIX, Fig. 2. Nur ein Bruchstück mit wohlerhaltenen Ohren liegt mir vor. Es ist eine linke Klappe von einem ansehnlich großen Individuum. 62* 476 Franz Toula. [4] Die Oberfläche ist glatt bis auf die Wirbelregion, wo sich 16 ziemlich scharf hervortretende hRadialrippen erkennen lassen, welche gegen den Stirnrand unter der glatten Oberfläche verschwinden, die mit engstehenden zarten Anwachslinien bedeckt ist. Die Seitenränder der Ohren laufen gegen den verengten Schloßrand. Auf der Innen- seite befinden sich kräftige Radialrippen, die, gegen die Seitenränder paarig angenähert, auf der Mitte der Schale fast gleich weit von- einander abstehen. Nach dem Gesagten schließt sich das Stück an die von mir (Gatun pag. 42, Taf. XXVI (II), Fig. 8, 9) als Pecten (Amussium) cf. Mortoni Ravenel bezeichneten Stücke aus der Reihe von Fecten pleuronectes L.—Pl. eristatus Bronn ziemlich innig an und unterscheidet sich von den Gatuner Stücken nur durch die Radialrippung in der Wirbelgegend und durch die zum Teil verwischte Paarigkeit der Innenrippen. Unter den lebenden Pectenschalen finde ich nur bei der von Kobelt (VII, 2, pag. 50, Taf. XIII, Fig. 5, 6) als Pecten Lau- rentis @melin bezeichneten Art vom Wirbel abgehende Radiallinien („zarte Linien*) angegeben. Es ist dies eine südamerikanische Art. — Von demselben Fundorte liegt mir ein kleineres Exemplar einer etwas stärker gewölbten rechten Klappe vor, das nur an den Rändern etwas beschädigt ist, welches ich der ähnlichen Oberflächen- beschaffenheit wegen hier anschließen möchte. Die Höhe mißt 16°2 mm, die Breite zirka 16 mm. Die Radialrippen sind scharf ausgeprägt und reichen bis an die Gewölbehöhe. Gegen den Stirnrand wird die Oberfläche fast glatt, mit spärlichen Anwachslinien. Der Schloßrand ist an der Innenseite wie eingerollt, die drei- eckige Bandgrube ist klein. Die Grenzwülste, an welche die Ohren sich ansetzen, sind scharf ausgeprägt. Die Innenfläche ist durchwegs mit deutlich paarigen Rippchen bedeckt. (Man vergl. Taf. XXIX, Fig. 3.) Pecten (Amussium) F'rechi n. sp. Taf. XXIX, Fig. 4. Nur zwei Schälchen, und zwar linke Klappen, liegen mir vor. Es ist eine überaus zierliche, sehr dünnschalige Form von fast kreis- förmigem Umriß, nur sehr wenig gewölbt, mit kleinerem vorderen und beträchtlich größerem hinteren Ohr. Die Ohren sind von der Schale scharf abgesetzt. Die Oberfläche ist mit 17 Radialrippen und sehr zarten Anwachslinien bedeckt. In der Wirbelgegend ein winziges glattes Feld. Gegen den Stirnrand schwächen die Rippen ab. Auf der Innenseite scharf ausgeprägte Furchen (den Rippen entsprechend), zwischen welchen zarte Rippenpaare liegen, die sich gegen die Schloß- region zu, in je eine Rippe vereinigen. Die Ohren sind auf der Innen- seite zart radial gestreift, auf der Außenseite glatt. Größte Länge 11'3 mm, größte Breite 10°8 mm. In der mir zugänglichen Literatur fand ich keine ähnliche Art. Auch unter den zahlreichen Amussium-Arten, welche E. A. Smith in seinem Challenger - Bericht (Taf. XXII—XXIV) abgebildet hat, [5] Nachträge zur jungtertiären (pliocänen) Fauna von Tehuantepec. 477 findet sich keine mit meiner Form übereinstimmende, alle diese Arten haben ausgesprochen unpaarige Innenrippen. DEN De auf der Außenseite zeigt nur Amussium squamigerum (l. e. Taf. XXIII, Fig. 5), die jedoch etwas bogig verlaufen; stammt aus 390 Faden (Culebra-Insel, Westindien) und aus 435 Faden (Bermuda). Arca (Bathyarca) Spenceri Dall. BAELKEIRÜN HIN E, Mir liegen drei recht wohlerhaltene Schalen vor, zwei rechte und eine linke, welche ich zu der genannten Dallschen Art aus dem Pliocän von Tehuantepee stelle. (Florida III, Part IV, pag. 652, Taf. XXXII, Fig. 16, 24.) Das verschiedene Verhalten der Schalen- oberfläche, das schon Dall sehr scharf hervorgehoben hat, ist an meinen drei Schälchen auffallend genug. Bei der einen rechten Klappe ist die Radialstreifung ungemein kräftig und die vorhandene Anwachsstreifung tritt erst unter der Lupe deutlicher hervor und erzeugt eine zarte Körnelung der Radial- rippen. Bei dem zweiten Stück erscheinen die Anwachslinien viel deutlicher, bei der einen linken Schale dagegen werden die scharf aus- geprägten konzentrischen Linien von sehr zarten Radiallinien durch- kreuzt, so daß unter der Lupe die Oberfläche wie gegittert erscheint. Ein reichlicheres Material gerade dieser Art wäre sehr zu wünschen, denn es wäre denkbar, daß auch Zwischenstufen der ÖOrnamentik zwischen dem Verhalten der zweiten rechten und der linken Klappe auftreten könnten. Die Maßverhältnisse: Länge a linke Kl 173 mm u. 15°5 mm |} zwei rechte Höhe 144 „ 50 ee Klappen. m hat diese Arca beim 70. Kilometer vom östlichen Endpunkte der Bahn gesammelt. Dall schloß auf eine Seetiefe von 150—400 Faden, in der sich analoge rezente Arten vorfinden, und daraus auf die nachpliocäne Hebung des Landes um wenigstens 1000 Fuß. Unter den von Kobelt abgebildeten Arten von Arca finde ich keine, die eine bestimmte Verwandtschaft andeuten würde. Batlıyarca abyssorum Ver. u. Buslı (Proc. U. St. Nat. Mus. XX, Taf. LXXVI, pag. 843), eine kleinere Art aus größerer Tiefe (über 1500 Faden) dürfte eine verwandte Form sein, ohne aber übereinzustimmen; der fast gerade Hinterrand würde allein schon unterscheiden. Auch die in der Skulptur veränderliche Arca glomerula Dall (Blake, Moll. pag. 241, Taf. VIII, Fig. 3) könnte zum Vergleiche herangezogen werden, obwohl sie nach rückwärts stärker ausgedehnt erscheint. Fine gewisse Ähnlichkeit dürfte auch die Arca (Scapharca ?) inaequisculpta Smith (Challenger, Lamell. Taf. XVII, Fig. 8) von Culebra - Island, Westindien (aus 390 Faden Tiefe) besitzen, eine Form von größerer Höhe der Schale. 478 Franz Toula. [6] Leda cf. acuta (Conr.) Dall. (Neue Art?). Taf. XXIX, Fig. 6. Nur ein kleines, wohlerhaltenes rechtes Schälchen liegt mir vor, welches wohl am besten als Leda cf. acuta Conr. bezeichnet wird, wenn es auch an Leda hypsoma Dall (Florida pag. 589, Taf. XXXLH, Fig. 2) erinnert; aus dem Miocän von Duplin County in Nord-Carolina. Die Skulptur ist fast ganz so wie bei der zum Vergleiche heran- gezogenen Art. Die konzentrischen Linien sind scharf, ziehen über den rückwärtigen Kiel und verlaufen dann gegen den Wirbel. Auf dem vorderen Schalenteile tritt eine sehr seichte Furche auf. Nahe dem vorderen Schloßrande verläuft eine scharf ausgeprägte Furche. Höhe 45 mm, Länge 8°1 mm. Die von Dall (Blake, Mollusca pag. 251, Taf. VII, Fig. 3 u. 8) abgebildete Leda acuta von Sand Key und anderen Punkten der Ostküste und der Antillenregion, aus mäßiger Tiefe (54—155 Faden), scheint mir (nach Fig. 8) eine etwas breitere Lunula zu besitzen. Auch scheint mir das Schälchen von Almagres etwas schlanker zu sein. Lucina Frechi n. sp. Taf. XXIX,.Fip. 7. Nur ein recht wohlerhaltenes zartes Schälchen liegt mir vor. Die Oberfläche der sanft gewölbten Schale ist glatt, sie besaß jedoch auf dem Hinterteile noch zu erkennende Anwachslinien. Am Hinter- teile verläuft eine leicht angedeutete Erhöhung bis an den Stirnrand, am Vorderteil eine deutliche Furche, durch die ein nach dem Wirbel zu vorgezogenes Stück der Schale (Lunula) abgegrenzt wird. Die Innenseite läßt einen gekrümmten vorderen und einen gerade verlaufenden hinteren Seitenzahn erkennen. Die Schloßzähne selbst sind ganz verkümmert, ähulich so wie es M. Hörnes (Bivalven, W.B. Taf. XXXI, Fig. 6a, b) von Lucina Sismondae Desh. zeichnen ließ, einer kleinen, aber fast kugelig gewölbten Art von Steinabrunn. Höhe der Schale 50 mm, Breite 5'8 mm. Der Umriß der Schale mit dem vorne vorgezogenen Schalen- rande gleicht recht sehr der noch kleineren ZLxeina, welche E. A. Smith (Challenger, Lamellibranch. pag. 181, Taf. XIII, Fig. 6) als L. (Codakia) levukana bezeichnet hat, die bei den Fidschi-Inseln in 12 Faden Tiefe angetroffen worden ist. Von Gastropoden liegen folgende noch nicht bekannt ge- wesene Formen vor: Nassarina isthmica Böse var. elongata nov var. Taf. XXIX, Fig. 8. In bezug auf die Skulptur der Schale, auf die Zähne der Außenlippe und die Zahnfalten auf der Spindellippe so ähnlich, daß ich die beiden Stückchen der Frechschen Aufsammlung zu Böses [7] Nachträge zur jungtertiären (pliocänen) Fauna von Tehuantepec. 479 Form stellen möchte. War diese aber als „gedrungen“ zu bezeichnen, so ist die Schale beider Stücke Frechs schlank zu nennen. Das eine der mir vorliegenden Stücke ist als gut erhalten zu bezeichnen. Die Höhe mit erhaltener Spitze mißt 118 mm, der größte Durchmesser 42 mm. Alle acht Umgänge sind erhalten. Am letzten Umgange stehen 16 Querwülste, von welchen die zwei letzten nahe aneinandergerückt und sehr schwach sind. Die „Einschnürung* am Beginne des Kanals ist etwas beträchtlicher. Das Kanalende ist rückwärts ausgeschnitten, beziehungsweise nach rückwärts vorgezogen. Da die ersten Windungen sehr spitz zulaufen, wäre es immerhin denkbar, daß die Frechschen Stücke den Charakter von Nassarina isthmica Böse, dessen Original- exemplar dieser Windungen entbehrt, an einem vollständigen Exem- plar darstellen, das nur etwas weniger gedrungen erscheint. Murex (Trophon) Werneri n. sp. Taf. XXIX, Fig. 9. Die Form der Schale könnte man im allgemeinen noch keulen- förmig nennen, das Gewinde ist spitz und besteht aus sechs Umgängen. Von den drei ersten ist die Schale ganz oder zum Teil abgefallen. Vom vierten Umgang an sind die Mundwülste, sieben an der Zahl, gut erhalten, welche am Umgange auf der Höhe spitz aus- laufende Dornen tragen. Diese werden durch die Anwachslappen gebildet, die sich über kräftige Schalenknoten so legen, daß sie einen sich oben verengenden Schlitz offen lassen. Zwischen diesen Mundwülsten ist die Schalenoberfläche glatt und treten nur nach unten zu drei bis vier kräftige Spirallinien auf. Die Mündung ist eirund und läuft in einen nach rechts gebogenen, nicht allzu langen Kanal aus, der vor seinem Ende links von einem Wulste bedeckt ist. Die Außenlippe ist leider abgebrochen, die Innenlippe ist glatt. Ich denke an eine gewisse Verwandtschaft mit dem miocänen Murex spinicosta Bronn, aber nur im allgemeinen Aussehen, die Skulptur ist ja auffallend verschieden. Nur ein Exemplar liegt mir vor. Die Höhe beträgt 30 mm, der größte Durchmesser an den Spitzen 127 mm. Von den lebenden Formen hat Trophon clavatus Sars (Tryon Taf. XXXI, Fig. 326) in der Form und Verzierung der Schale einige Ahnlichkeit, doch ist der Kanal von Murex Werneri nicht gerade verlaufend, sondern, wie gesagt, nach rechts gekrümmt und trägt an der Spindelseite einen ziemlich kräftigen Schalenwulst. Auch Trophon candelabrum Ad. u. Reeve (— clathratus L.) bei Tryon Taf. XXXI, Fig. 317, hat eine Ähnlichkeit in der Form der Schale. Beide re- zente Formen stammen aus dem nordatlantischen Ozean. Murex spec. ind. (Neue Art?) Taf. XXIX, Fig. 10. Nur das obere Stück des Gehäuses liegt mir vor. Sechs or- namentierte, rasch in der Windungsweite abnehmende Umgänge und 480 Franz Toula. [8] zwei glatte, dem Nucleus entsprechende, sind erhalten geblieben. Der letzte Umgang besitzt einen lang vorstehenden Dorn und drei ganz kurze, abgestutzte Spitzen mit deutlichen, aber wenig vorragenden Querwülsten. Ein zweiter weniger vorragender Dorn liegt über dem untersten, am vorletztem Umgange. Der Umgang besitzt eine deut- liche Kante in der Dornenhöhe, von welcher die Schale gegen die Naht hin ganz flach, gegen den Kanal hin aber schön gewölbt er- scheint. In der oberen flachen Zone stehen fünf deutliche Spirallinien von ungleicher Stärke, im unteren Teil treten vier kräftige, an den Querwülsten knotige Spirallinien auf, zwischen welchen einige zartere verlaufen. Die Anwachslinien sind im oberen Teile scharf ausgeprägt, im unteren nur zwischen den Spirallinien deutlich. Die vorletzte Win- dung hat drei kräftige Spirallinien, die vierte liegt an der Naht. Murex rarıspina Lam. und Murex ternispina Lam. aus dem In- dischen Ozean und Japan, wie sie von G. W. Tryon (Il. Murex Taf. X, Fig. 115 der erstere und Taf. IX, Fig. 110) abgebildet sind, dürften verwandte Arten sein. — Bei meiner Suche nach ähnlichen Formen fand ich im Challenger Werke (Gastropoden pag. 151, Taf. X, Fig. 1) eine als Murex (Tribulus) acanthodes Wats. bezeichnete Art vom Kap York (Australien), Albany Island, aus 3—12 Faden Tiefe, mit viel niedrigerem Gehäuse und spitz zulaufendem Nucleus, welche zu den verwandten Formen gehören könnte. Sie besitzt viel zahl- reichere Dornen, welche weniger lang sind als der eine an meinem Bruchstück auftretende, der an die langen Dornen bei Murex (Tribulus) acanthostephes Wats. (l. ce. Taf. X, Fig. 2) erinnern könnte, einer indisch-pazifischen Art aus 28 Faden Tiefe. Marginella cf. succinea (Conr.) Böse. Unter Prof. Frechs Material liegen mir drei wohlerhaltene Stücke vor, welche ich als der Marginella suceinea, im Sinne Böses, nahestehend bezeichnen möchte, wenngleich eine vollständige Überein- stimmung nicht zu beweisen ist. Die verdickte Außenlippe ist voll- kommen zahnlos, doch läßt sich hinter der „Schwiele* immerhin eine, wenngleich nur sehr leicht angedeutete und nur gegen das untere Schalenende etwas deutlicher auftretende „Rinne“ wahrnehmen. Auch erweitert sich die Mündung nach unten doch etwas mehr, als es nach Böses ausführlicher Beschreibung bei seinem Originalexemplar der Fall ist. Höhe der Schale zwischen 10 und 12 mm. Größter Durchmesser zwischen 48 und 5°2 mm. Tryon (V. Bd., Marginellidae Taf. X, Fig. 92, 93) bezeichnet Conrads M. suceinea als übereinstimmend mit M. nitida Hinds aus der Tampa-Bay. Marginella Frechi nov. spec. Taf. XXIX, Fig. 11. Außerdem liegen mir noch fünf durch die Dünnschaligkeit auf- fallende Stücke vor, die einen scharfen Rand der Außenlippe besessen [9] Nachträge zur jungtertiären (pliocänen) Fauna von Tehuantepec. 481 haben dürften. Die zwei unteren Spindelfalten sind bei drei Stücken auffallend kräftiger als die beiden oberen, während bei den zwei anderen dünnschaligen Stücken die vier Spindelfalten gleich stark sind. Der Ausguß zeigt eine leichte Ausbuchtung nach rückwärts. Der Schalenform nach würde sich diese Form an Marginella succinea Conr. und Marginella Staffi Böse anschließen lassen. Die Schale verschmälert sich allmählich nach unten. Die Höhe beträgt 12°2, 87 und 6°9 ımm. Der größte Durchmesser 53, 3:9 und 3'2 mm. Cancellaria Zahni Böse n. var. Taf. XXIX, Fig. 12. Ein trefflich erhaltenes Exemplar von Cancellaria Zahni unter- scheidet sich von dem (Fauna von Tehuantepec Taf. II [XIII], Fig. 16) abgebildeten Originalexemplar durch die gedrungenere Form, die weitere Mundöffnung und die weit vorragenden Dornen, die in scharfe Spitzen auslaufen und auf der Höhe der wulstigen Querrippen stehen. Unter diesen großen Dornen treten auf den nächstfolgenden Spiralen des letzten Umganges nach unten sich abschwächende Spitzchen auf. Auch die Schalenmündung ist etwas weiter. Höhe der Schale 15°5 mm. Größter Durchmesser (zwischen den Dornen gemessen) 10°5 mm. (Mit den Dornenspitzen 14 mm.) Mitra Almagrensis n. sp. Taf. XXIX, Fig. 13. Nur ein recht gut erhaltenes Exemplar liegt mir vor, welches in der Skulptur an Mitra scrobieulata Brocc. erinnert, wie sie von Mor. Hörnes (Wiener Becken I. Taf. X, Fig. 14) und von R. Hörnes (Gastropoden Taf. IX, Fig. 17 u. 18) zur Abbildung gebracht wurde. Die Größenverhältnisse der Schale sind jedoch andere. Das mir vorliegende Stück ist weit gedrungener. Das kleinste von M. Hörnes abgebildete Stück (l. e. pag. 17) hat bei 25°4 mm Höhe nur 6°7 mm Durchmesser. Die Höhe der Schale beträgt 18°1 mm, der größte Durchmesser Tl mm. Das einzige Exemplar von Mitra striatula Broce., einer gleich- falls verwandten Form, hat 3l mm Höhe und 9 mm Durchmesser. Die Oberfläche der älteren Umgänge des mir vorliegenden Stückes besitzt nur drei deutliche Spiralfurchen (eine vierte liegt ganz an der Naht), mit zarten Grübchen in der Richtung der überaus zart angedeuteten Anwachslinien. Der letzte Umgang ist seiner ganzen Erstreckung nach mit gleichstarken Spiralfurchen zwischen den gleich- falls gleichbreiten Spiralbändern bedeckt, die nur am Kanalwulste schmal werden. An der Spindel sind nur drei Falten erhalten, doch erscheint der obere Teil der Innenlippe etwas beschädigt. Die Außen- lippe ist scharfkantig gewesen, wurde jedoch leider bei der Abmessung etwas verletzt. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Bd., 3. u. 4. Heft. (F. Toula.) 63 482 Franz Toula. [10] Prof. Frech hat diese Form mit M. barbadensis Gm. verglichen, einer Form, die von M. Hörnes als mit Mitra striatula Lam. über- einstimmend angenommen worden ist (l. ec. pag. 103). Mitra Hennikeni Sow. von St. Domingo, welche Form schon M. Hörnes (l. ec. pag. 101) als wahrscheinlich zu M. scrobiculata Brocc. gehörig bezeichnete, ist sicher der neuen Form nahestehend, unterscheidet sich aber durch die am letzten Umgang viel zahl- reicheren scharfkieligen Spirallinien, während diese bei Mitra Almagrensis breit bandförmig und vollkommen flach sind, mit einer leichten Andeutung einer mittleren Einsenkung. Sowerby führt bei seiner Art (Q. J. 1850, VI, pag. 46, Taf. IX, Fig. 5) an, daß sie der rezenten Mitra filosa am nächsten stehe. Eine ähnliche rezente Art könnte die Mitra candida KReeve (Mitra Taf. XXXIX, Fig. 328) von La Guayre, Südamerika, sein. Eine viel größere Ahnlichkeit besitzt jedoch die von Dall (Blake Rep. Moll. II, Taf. XXXVII, Fig. 7) als Mitra Swainsoni Brod. var. antillensis bezeichnete Art aus mäßiger Tiefe (7—421 Faden). Wenn man die Abbildung bei Reeve (Mira Taf. I, Fig. 4) ver- gleicht, welche Tryon (Taf. XXXVI, Fig. 69) richtig kopiert hat, so sieht man, daß dabei eine Verwechslung vorliegen dürfte. Die bei Reeve (l. c. Fig. 6) abgebildete Mitra Narrisi, unbekannten Fund- ortes, ist der Dallschen Abbildung viel ähnlicher. Das mir vorliegende Stück ist wohl viel kleiner als die zum Vergleiche gebrachten, auch sind nur drei Spindelfalten erhalten, aber der Gesamthabitus läßt die Verwandtschaft gut erkennen. Pleurotoma (Clathurella?) Christiniana n. sp. Taf. XXIX, Fig. 14. Nur ein sehr gut erhaltenes, zierliches Stückchen liegt mir vor, das in der Schalenform an Pleurotoma subconsors Böse erinnert, sich jedoch sonst recht bestimmt unterscheidet. Die ersten drei Windungen sind glatt (Nucleus), die übrigen sechs sind schön gerundet mit scharf ausgeprägter Naht und mit kräftig geknoteten Spirallinien versehen, und zwar so, daß auf dem vierten und fünften Umgange nur eine Knötchenreihe auftritt, während am sechsten Umgange zwei nahe aneinanderstehende Knötchenreihen (die untere ist die stärkere) verlaufen, die am siebenten Umgange weiter auseinandertreten; am achten Umgange tritt noch eine Linie ober und eine dritte Knötchen- reihe nahe an der Naht hinzu, die auch über den neunten, letzten Umgang gegen die Außenlippe schwächer werdend verläuft. Vor dem scharfen Rande der Außenlippe erhebt sich ein kräf- tiger Querwulst, der nur mit glatten Spiralleistehen an Stelle der Knotenlinien besetzt ist. Die Knötchen der Umgänge stehen in schräger Anordnung übereinander, in der Richtung sehr zarter Anwachs- (Quer-)linien, die am letzten Umgang am deutlichsten werden. Die Mündung besitzt einen scharf zurückreichenden Schlitz und ist, nach der Aufblähung in der Mitte des Umganges, in den kurzen Kanal ausgezogen. Die Innenlippe ist fast gerade, scharf abgesetzt; der [11] Nachträge zur jungtertiären (pliocänen) Fauna von Tehuantepec. 483 Kanalanteil der Schale ist mit nach unten immer gedrängter stehenden Spirallinien bedeckt, die durch die Anwachslinien ganz leicht gekörnelt werden. Höhe 13:3 mm. Höhe des letzten Umganges an der Mündung 78 mm. Größter Durchmesser 45 mın. In der allgemeinen Erscheinung nicht unähnlich ist Mangilia (Clathurella) concentricostata Reeve (Tryon Taf. XV, Fig. 48, Reeve XXXI, Fig. 279) unbekannten Ursprunges. Nur ist die Innenlippe stark geschwungen. Pleurotoma (Clathurella?) trilineata n. sp. Taf. XXIX, Fig. 15. Nur ein bis auf die beschädigte Außenlippe wohlerhaltenes Schälchen liegt mir vor, das in seiner Skulptur an Pleurotoma (Drillia) Almagrensis Böse (Böse-Toula Taf. XIII [II], Fig. 23) erinnert. Die Schalenwindungen sind jedoch weniger rasch abnehmend, wodurch die Schale gedrungener erscheint. Der Kanal ist länger und enger, die Spirallinien des fünften und sechsten Umganges ausgesprochen nur drei an der Zahl, wobei am fünften Umgange die mittlere sehr ab- schwächt, so daß am vierten Umgange nur zwei Spirallinien er- kennbar sind. Höhe der Schale (mit zusammen acht Umgängen) 9'6 mm. Höhe des letzten Umganges 5°6 mm. Größter Durchmesser 3°5 mm. Das breite Spiralband ist mit kräftigen, gegen die Naht etwas anschwellenden, dem Schlitz entsprechend verlaufenden Bogenlinien versehen. Die Clathurella arctica Reeve (Tryon Taf. XVII, Fig. 2, Reeve Taf. XXXII, Fig. 294) scheint eine verwandte Art zu sein, sie wird aus der Südsee angegeben. In der allgemeinen Form erinnert das mir vorliegende Stückchen (in der fusiformen Schale) etwas an Surcula fusinella Dall (Albatros Moll. Taf. XIV, Fig. 7) aus 173 Faden Tiefe im Golf von Panama. Auch die Pl. (Drilia) latisinuata E. A. Smith (Challenger Gastr. pag. 304, Taf. XVIII) könnte man zum Vergleiche heranziehen, wenn diese Art auch etwa doppelt so groß ist. Die Skulptur hat sroße Ähnlichkeit. Sie stammt von den Philippinen aus 20 Faden Tiefe. Die Schlitzlinien der P!. trilineata sind viel stärker ausgeprägt und gegen die Naht hin verdickt, wovon bei der verglichenen Art nichts zu sehen ist. Auch von deren feinen Zwischenspirallinien ist an dem mir vorliegenden Stücke nichts zu sehen. Pleurotoma (Glyphostoma) mexicana n. sp. Taf. XXIX, Fig. 16. Mir liegen fünf Stücke einer kleinen, aber auffallend diekschaligen Pleurotoma vor; durch die stark verdickte Außenlippe auffallend, welche innerhalb eines scharfen Randes mit fünf bis sechs wohl- 63* 484 Franz Toula. [12] ausgebildeten „Zähnen“, beziehungsweise nach einwärts ziehenden Leisten versehen ist, an welche sich gegen den, wie bei Drillia, scharf nach rückwärts gerichteten Schlitz und am Kanalrande je ein kräftig verdickter „Zahn“ anschließt. Es ist dies ein ungewöhnliches Ver- halten, welches von den vielen Arten des Wiener Beckens (Mor. Hörnes) nur bei Pleurotoma Philberti Mich. (selten zu Steinabrunn) hervorgehoben wird, einer als noch lebend (südfranzösische Küste und Sizilien) angeführten Art. Die Form der Schale ist eine ganz verschiedene. Dagegen ist die von Dall (Tert. Moll. of Florida I, Taf. II, Fig. 7, pag. 40) als @lyphostoma Watsoni bezeichnete Form, aus den Caloosahatshi beds als nicht selten bezeichnet, von großer Ähnlichkeit. ‚Sie wird als eine förmliche verkleinerte Kopie von Glyphostoma gratula Watson (Linn. Soc. Journ. XV, pag. 425, Rep. Chall. Gastr. pag. 304, Taf. XXIV, Fig. 5 und Dalls Rep. Blake Gastr. pag. 110, Taf. XII, Fig. 10) bezeichnet, welche lebend im Golf von Mexiko und nördlich von den Antillen in 227—447 Faden Tiefe angetroffen wurde. Die Höhe der zwei gut erhaltenen Exemplare variiert zwischen 10:5 und 14 mm, der größte Durchmesser zwischen 5'°5 und 64 mm. Die Stücke von Almagres würden sonach erheblich größer sein als Dalls Glyphostoma Watsoni, bei welcher die Höhe mit 75, der größte Durchmesser mit 3°7 mm angegeben werden. Außer dem kleinen. Nucleus (mit zwei Umgängen) sind noch fünf Umgänge vorhanden. Von diesen besitzen die beiden ersten zwei, der dritte und vierte aber drei kräftige Spirallinien, welche von kräftigen Querrippen durchkreuzt werden, womit eine zierliche Kör- nelung verbunden ist. Der letzte Umgang trägt sechs gekörnelte Spirallinien, an welche sich über den Kanal hin ungekörnelte Spiralen schließen. Die Mundöffnung zeigt einen etwas weniger weiten Schlitz und ist am Kanal enger als bei Dalls Form. Die Zahl der Zähne der Außenlippe der mexikanischen Form ist größer (sechs gegen vier oder fünf). Auf der Innenlippe reichen die Leistchen weiter hinab und auch an dem verdickten Innenrand erheben sich bei einem Exemplar mehrere bis an die Schlitzkrümmung reichende, bei dem anderen nur drei solche Zahnleistchen, so daß bei diesem der Schlitz- wulst oben ganz glatt wird. Das Band ist ziemlich breit, glatt und läßt nur unter der Lupe zarte Anwachslinien erkennen. Daß Dalls Form und die bier beschriebene einander überaus nahestehen, darüber kann ein Zweifel wohl kaum obwalten. Von lebenden Arten scheinen mir Mangilia aspera Hinds (Tryon Taf. XVL Fig. 62, Reeve Taf. XXV, Fig. 222) 02 Guayaquil und Olathurella purpurea Mont. (Reeve Taf. XVI, Fig. 136, Tryon Taf. XVIII, Fig. 40) aus Europa und von den Canarischen Inseln vergleichbar zu sein, ohne daß eine bestimmte nähere Ver- wandtschaft bestünde. Dall (Blake Moll. II, pag.: 108, Taf. XII, Fig. 43,777) bildet ein G@lyphostoma Gabbi ab, das in der allgemeinen Form nicht unähnlich ist, aber eine viel derbere Skulptur besitzt. [13] Nachträge zur jungtertiären (pliocänen) Fauna von Tehuantepec. 485 Mit der Bezeichnung „St. Lucrecia“ liegen mir folgende Arten vor: Pecten (Amussium) af. Mortoni Rav. (Viell. eine neue Art.) Taf. XXIX, Fig. 3. Ein kleines Schälchen mit gleich großen Ohren und mit glatter Oberfläche, welches in der Wirbelgegend sehr deutliche Radialrippen trägt (wie das große Schalenbruchstück vom 70. Kilometer), die von zarten konzentrischen Linien überquert werden. Die Rippung an der Innenseite wie bei den beschriebenen Amussium-Arten. Pecten spec. Eine kräftig gerippte kleine Art. Astarte opulentora Dall, Drei Schälchen, die auf das beste mit der Abbildung Dalls (Florida Taf. LVII, Fig. 11) übereinstimmen, für welche als Fundort Tehuantepec angegeben wird. Auch Böse (Bol. XXII, pag. 54, Taf. I, Fig. 13, 14, 17, 18) führt diese Art, und zwar vom Kilometer 124 der Eisenbahn als sehr häufig an und bildet kleinere Exemplare ab. Cardium (Laevicardium?) spec. ind. Ein unbestimmbares Bruchstück der Schale. Dentalium (?) Unbestimmbare Bruchstücke. Natica sp. ind. Fusus (?) Unbestimmbares Bruchstück. Pleurotoma (Drillia) Almagrensis Böse. Pleurotoma spec. ind. (Vielleicht neue Art.) Pleurotoma (Surcula) St. Lucreciana n. sp. Taf. XXIX, Fig. 17. Leider liegen mir von dieser schönen Art nur die Windungen bis zur letzten vor, diese ist zum Teile mit dem Kanal abgebrochen. Die Merkmale sind jedoch so wohl ausgeprägt, daß an der Gattungs- bestimmung nicht gezweifelt werden kann. Es ist eine Form, welche in ihrer Gestaltung an Pleurotoma rotata Brocchi und Pl. Carolinae R. Hörn. u. Au. erinnert. Der Gehäusewinkel ist noch etwas weniges größer als bei der letztgenannten Art. Sieben Windungen und ein Teil der letzten sind erhalten, sechs davon mit deutlich erkenn- barer Skulptur. Der Kiel liegt gleich ober der Naht, unter dieser folgt eine scharf ausgeprägte schmale Spiralrinne und darunter ein breites Feld mit den schön geschwungenen Ausbuchtungslinien, die von zarten Spirallinien durchquert werden. Der Kiel trägt an dem untersten Umgange 18 scharf vorspringende Spitzen und läßt zwischen den Spitzen 2—5 schön bogig gekrümmte Spirallinien erkennen. Die das breite Feld bedeckenden, nur bis an den Kiel reichenden, schön bogig gekrümmten Ausbuchtungslinien unterscheiden sich von jenen der in der Form des Gehäuses ähnlichen beiden Arten des 486 Franz Toula. [14] Wiener Beckens, deren erstere M. Hörnes mit Stücken von Castell’ arquato, Modena und vielen anderen norditalienischen Fundorten übereinstimmend erkannt hat. Die Pleurotoma ef. Angermanni Böse von derselben Lokalität unterscheidet sich durch den spitzeren Gehäusewinkel, das Fehlen der Rinne unterhalb der Naht und die stumpferen Kielknotungen. Dürfte sich in die Nähe der südostatlantischen Pleurotoma (Surcula) muricata Lam. einreihen lassen, besonders die von Tryon (Pleurotomidae Taf. VIII, Fig. 18) abgebildete Form, welche Kiener Clavatula diadema (Taf. VII, Fig. 2) nannte, ist ähnlich. Kiener zeichnet übrigens den Schlitz gegen die Umgangshöhe hin. Aber auch die Surcula tuberculata Gray (T ryon Taf. V, Fig. 66) hat Ähn- lichkeit, eine pazifische Art. Pleurotoma (Surcula) cf. Angermannti Böse. (Viell. neue Art.) Taf. XXIX, Fig. 18. Nur ein ziemlich wohlerhaltenes Schälchen liest mir vor. Die Gehäuselänge beträgt 10°2 mn, die größte Weite 42 mm. Außer dem glatten Nucleus noch sechs ornamentierte Umgänge. Unterhalb des breiten und flach vertieften Nahtbandes, mit feinen Anwachslinien, erhebt sich ein Kranz von Höckern (Querwäülste), welche von kräftigen Spirallinien gekreuzt werden, wovon zwei oberhalb der Naht liegen, während eine dritte das Nahtband unten begrenzt. Solcher Höcker- wülste treten etwa 15 am letzten Umkreise auf. Am letzten Umgange stehen noch weitere fünf Spirallinien, während sechs solche auf den Kanal entfallen, der ziemlich lang ist. Die Ausbuchtungslinien sind schön bogig gekrümmt und liegen ganz oberhalb des gewulsteten Kieles, wie bei der vorhergehenden” Art. Eine große Ähnlichkeit dürfte die Pleurotoma Angermanni böse (Bol. Inst. geol. Mex. XX, Taf. V, Fig. 22—25) auf jeden Fall haben, doch unterscheidet die Spiralstreifung des letzten Umganges einigermaßen. Freilich läßt dies der weniger gut erhaltene Schalenzustand nach den Abbildungen nicht ganz sicherstellen. Von den bei Tryon (Taf. VI) abgebildeten Surcula-Arten könnte man an Surcula fulminata Kiener erinnert werden, besonders an den oberen Umgängen (Fig. 81), was aber nach Kieners Abbildung (Taf. X, Fig. 2) weniger zutrifft, da dessen Original fast glatt erscheint. Höhe 10'1 mm. Höhe des letzten Umganges 5'1 mm. Größter Durchmesser 42 mm. Die Anzahl der vom Isthmus von Tehuantepec bekannten Formen erhöht sich durch Prof. Fr. Frechs Aufsammlungen von 583 (55) des Dr. E. Böseschen Verzeichnisses (Jahrb. d. k. k. geol. Reichsanstalt LX, 1910, pag. 219) auf 68 (beziehungsweise 70). Erwähnenswert erscheint mir das Vorkommen von zwei Seicht- wasserarten (Murex), wenigstens ließe sich nach den verwandten Formen auf geringe Ablagerungstiefe schließen. Die jungtertiäre Fauna von Gatun am Panama- kanal. Von Franz Toula. II. Teil‘). Mit 2 Tafeln (Nr. XXX [I] und XXXI [Il]). Von Herrn Ingenieur W. Rowland von der Isthmus-Kanal- kommission erhielt ich vor einiger Zeit (Jänner 1910) eine zweite Sendung von Gatun, wie er versicherte aus denselben Schichten, aus welchen die jungtertiäre Fauna stammt, welche ich (Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., LVIII., 1908, pag. 673—760, m. 4 Taf.) beschrieben habe. Zum Teil stammen sie aus der „Sohle des Einschnittes, der für die mittlere Schleuse gegraben wurde“. Diese Sohle liegt nach Rowlauds Angabe zirka 20 Fuß unter dem Meeresspiegel. Von Formen, welche mit solchen der ersten Arbeit übereinstimmen, fanden sich die folgenden Arten, und zwar von Bivalven: Venus (Anaitis Chione, Lirophora) cf. ulocyma Dall. Nur ein kleines, sehr wohlerhaltenes Stückchen, 8 mm lang, 7 mm hoch. Man vergl. das pag. 724 meiner ersten Arbeit Gesagte. Clementia dariena Conr. Nur die untere Hälfte ist erhalten, die Wirbelregion fehlt. Beide Schalen sind miteinander verbunden. Dosinia cf. acetabulum Conr. Fünf verschieden große Steinkerne mit Teilen der Schale. Die Gleichmäßigkeit der konzentrischen Streifen ist wohl zu erkennen. Zwei der Steinkerne lassen auch die Mantellinie gut verfolgen. Die Mantelbucht ist breit dreieckig. Der vordere Muskeleindruck ist lang, schmal und nach oben in eine Spitze ausgezogen. Der besterhaltene Steinkern ist 375 mm hoch, 39 mm breit und 16 mm dick. Ein kleineres Exemplar ist 175 mm hoch, 19 mm breit und 8 mm dick. Cardium (Trachycardium) gatunense Toula. Ein sehr vollkommen erhaltener Steinkern mit Spuren der Schale in der Wirbelgegend. 47T mm hoch, 48 mm breit und 35°7 mm dick. Cardium spec. (Vielleicht eine neue Art.) 3l’5 mm hoch, 24 mm breit. Nur eine Hälfte des Steinkernes ist erhalten. 1) J. Teil im LVIII. Bande des Jahrbuches der k. k. geologischen Reichs- anstalt, pag. 673—760, mit 4 Tafeln u. 15 'Textbildern. Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Bd., 3. u. 4. Heft. (F. Toula.) 488 Franz Toula. [2] Thracia gatunensis Toula. Von dieser Art liegt mir aus Rowlands Aufsammlung ein sehr wohlerhaltener Steinkern vor, der auf das beste übereinstimmt mit dem Stücke, welches in Schaf- häutls Aufsammlung sich in München befindet. Es ist nur etwas kleiner, stammt aber gleichfalls aus einem grauen, glaukonitischen Sand- steine, beziehungsweise aus einem gebundenen glaukonitischen Sande. Die Abbildung in meiner ersten Arbeit (1908 [1909], pag. 757, Fig. 15) stimmt auf das beste überein. Die Thracia pubescens, welche S. V.Wood (Crag Mollusken II, Taf. XXVI, Fig. 1) aus dem Cor. Crag von Sud- bourne abbildete, hat große Ahnlichkeit. Von Gastropoden: Solarium gatunense Toula. Ein recht gut erhaltenes Stück. Turritella Conradi Toula. Zwölf Stücke in verschiedener Größe. Turritella Gabbi Toula. Nur ein großes Bruchstück (46 mm lang, mit einem größten Durchmesser von 20 mm). Die Annäherung an Turritella altilirata Gabb ist eine noch größere als bei meinen ersten Stücken, indem die beiden Hauptspiralkiele einfach verlaufen. Die Einzelheiten stimmen mit meinen Darstellungen (l. c. pag. 695 und 696) auf das beste überein. Sigaretus (Lupia) gatunensis Toula. Nur ein recht gut erhal- tenes Stück. Natica Guppyana Toula. Zwei kleine Individuen und ein auf- fallend großes Stück mit einem größten Durchmesser von 28:6 mm, bei einer größten Schalenhöhe von 30 mm. Die Beschaffenheit der Anwachslinien ganz so wie an den kleineren Stücken der ersten Sendung. Dolium (Endolium) spec. Triton sp. Ein vollkommener Steinkern mit Teilen der zersetzten Schale. Dürfte sich an das von mir besprochene Stück (1908, pag. 699, Taf. IV, Fig. 5) anschließen lassen, als ein kleineres Individuum. Phos gatunense Toula (af. Phos elegans Guppy). 6 verschieden sroße Stücke, zumeist bis auf den Mundrand wohl erhalten. Das besterhaltene Stück ist 21 mm hoch und 10'5 mm dick und unterscheidet sich von Phos elegans Guppy (Qu. J. 1866, Taf. XVI, Fig. 13) durch den längeren und engeren Kanal. Gehört sicherlich in die nächste Verwandtschaft der von Guppy aufgestellten beiden Arten von Jamaica: Ph. Moorei und Phos eleygans, wie ich schon in meiner ersten Arbeit es ausgesprochen habe (l. ec. pag. 701). Cancellaria dariena Toula. Ein wohlerhaltenes Stück mit besonders kräftigen Spindelfalten. Terebra (Oxymeria) gatunensis — Wolfgangi Toula. Fünf Stücke liegen mir vor, welche sich, wie (l. ec. pag. 705) angeführt wurde, einerseits an die rezente Terebra dislocata Say, anderseits an die gleichfalls rezente Terebra pertusa Born anschließen. Die Zahl der Spirallinien ist variabel. Das eine größte Stück würde sich in dieser Beziehung, mit 4 Spirallinien ohne das Spiralband, an Terebra Wolf- gangi anschließen, doch ist die Form etwas gedrungener. Die Länge [3] Die jungtertiäre Fauna von Gatun am Panamakanal. 489 beträgt 455 mm, der größte Querdurchmesser 9mm; auch ist eine wohl- ausgeprägte Innenlippe vorhanden und erscheint der Kanal etwas länger. Es ist nur der Schalenmundrand abgebrochen. Ein zweites Stück gleicht dem ersten, besitzt aber am vorletzten Umgange fünf Spirallinien. Ein drittes verhält sich recht ähnlich, ein viertes zeigt nur drei deutliche Spirallinien, ein fünftes endlich besitzt deren sechs. Die oberste der Spirallinien ist bei dem dritten und vierten Stück eine Doppellinie, indem. zwei Linien in eine verschmelzen. Diese Variabilität deutet nach meiner Meinung an eine Zusammen- gehörigkeit dieser Formen, was durch ein reichlicheres Material sich sicherstellen ließe. Oliva gatunensis Toula liegt mir in drei Stücken vor, zwei davon haben einen etwas abweichenden Erhaltungszustand und gleichen in dieser Beziehung etwas einem Stücke, das mir Herr Ingenieur Rowland von Culebra zugesendet hat. Bulla (Volvula) cf. oxytata Bush. Ein winziges wohlerhaltenes Schälchen, 12 mm lang, 0°5 mm der größte Durchmesser; von dem in meiner ersten Arbeit (1908, pag. 709, Taf. XXVIII [IV], Fig. 4) beschriebenen und abgebildeten Stückchen unterscheidet es sich nur durch eine fast gleichweite Mündung und eine an die Innenwand anschließende Spitze in der Fortsetzung des Außenrandes. S. V. Wood (l. e. I, pag. 174) bildet eine Dulla acuminata Brug. von Sutton ab, welche große Ähnlichkeit hat, aber viel größer ist und Spirallinien an beiden Enden aufweist. Außerdem noch ein guterhaltenes Stück von mittlerer Größe von Carcharodon megalodon Ag. Die Krone ist 32 mm hoch und 41 mm breit. Neue Formen der zweiten Aufsammlung. Oculina gatunensis nov. spec. Taf. XXX (I), Fig. ı. Nur ein kleines Ästchen gelang mir aus dem feinsandigen Material herauszubringen, welches mein verehrter Freund und Kollege Prof. Dr. E. v. Marenzeller mit der Oculina difusa Lam. von den Bermuda-Inseln in Vergleich brachte. Die Zellen meines Stückchens sind etwas größer, flacher, die Scheidewände vielleicht weniger über die Oberfläche des Astes vorragend. Encope gatunensis n. sp. Ba RR N) Fig. 2: Von einem Scutelliden liegt mir nur ein aus Stücken zusam- mengefügtes Bruchstück vor, das aber hinreicht, das Genus sicher zu bestimmen, findet sich doch zwischen zwei Ambulacralfeldern in der Mittellinie eine wohlausgeprägte Durchlöcherung. An der sehr flach gewölbten Oberseite ist dieselbe schlitzartig und wird an den Seiten von glatten Wülsten umgeben. An der Unterseite ist dieser Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Bd., 3. u. 4. Heft. (F. Toula.) 64 490 Franz Toula. [4] Schlitz breiter und länger und liegt unterhalb der elliptischen After- öffnung. Die Ambulacralfelder sind lanzettlich-blattförmig. Die beiden Porenfelder sind durch eine ebene, schmallanzettliche Fläche getrennt, welche so fein und dicht mit Wärzchen bedeckt ist, daß man keinerlei Abgrenzuzg, Streifung oder Furchung wahrnimmt. Nahe dem Rande dieses Mittelfeldes verläuft auf den Porenzonen eine schmale, glatte Furche. Die Ambulacralzonen sind sehr schmal und lassen unter der Lupe in den Furchen viele winzige Poren (10—12 in je einer Reihe) erkennen und zwischen den feinen Furchen je eine Reihe winziger Wärzchen in großer Anzahl. Die Platten der Interambulacralfelder sind ansehnlich groß und mit feinen Grübchen und zentralen Wärzchen bedeckt. Auf der flachen Unterseite sind die gewundenen und geästelten Ambulacral- furchen schön ausgeprägt. Die Wärzchen sind klein, aber doch be- trächtlich größer als jene der Oberseite. Sie nehmen gegen die Mitte an Größe zu. Der Schlitz ist 7 mm lang, während er an der Öber- seite nur wenig über 2 mm lang ist. Die Entfernung von der After- öffnung, oberhalb welcher sich eine kleine Aufblähung findet, be- trägt 7 mm. Em. Böse hat von Tuxtepec (Boletin XXII, 1906, pag. 71, "Taf. VI, Fig. 1 u. 2, und VII, Fig. 1 u. 2) eine Art ’asTenan Tatetlaönsis beschrieben und abgebildet aus der Barranca de Santa Maria Tatetla, welche er mit Ehncope emarginula Leske (Agassiz, Rev. Ech., pag. 325, Taf. XII, Fig. 14—24; XII b, Fig. 1—3; XIld, Fig. 2—3) und mit Encope Michelini Ag. (l. e. pag. 329, Taf. XII, Fig. 4; XlIe, Fig. 3, 4, und XIld, Fig. 1) vergleicht. Die mir von Gatun aus einem sandigen, an feinen Grünsand erinnernden Material zugekommenen Stücke, die sich als zusammengehörig erwiesen, gehören in dieselbe Verwandtschaft. Böses Art ist eine größere Form von 107 mm Längsdurchmesser, während mein Bruchstück, damit ver- slichen, etwa SO mm Durchmesser besessen haben dürfte. Die Durchlöcherung ist bei Böses Art ansehnlich groß und breit, das Mittelfeld zwischen den beiden Ambulacralzonen im Ver- hältnis viel schmäler und ziemlich deutlich gestreift, und zwar normal auf die Achse des Ambulacralfeldes. Ein Paar der winzigen, walzlichen Stacheln habe ich beim Schlämmen des Materials erhalten. Sie sind bis 25 mm lang erhalten. Die Köpfchen sind verhältnismäßig groß, mit einem scharfrandigen Ringe. So unvollkommen der mir vorliegende Rest auch ist, so geht doch aus dem Gesagten hervor, daß man es mit einer anderen Art zu tun haben dürfte, die noch mit rezenten Formen verglichen werden soll?!). Unter den von L. Agassiz besprochenen (Mon. d’Echinodermes 1835) befindet sich keine Art, die ich mit Sicherheit als meinem Stück entsprechend ansehen kann, doch dürfte die von der ameri- !) Es scheinen übrigens bei Gatun auch andere Seeigel vorzukommen, denn es liegt mir eiu zylindrisches Stachelbruchstück von 9 mm Länge und 1'1 mm Durchmesser vor, das mit Wärzchen dicht bedeckt ist. Schon in der ersten Auf- sammlung fand sich ja ein Tafelpaar von Cidaris, [5] Die jungtertiäre Fauna von Gatun am Panamakanal. 49] kanischen Ostküste bekannt gewordene Kncope Valentiennesii Ag. (Taf. VIII von Martinique) eine andere Art sein. Sie hat viel größere Schalenlöcher, besonders das Loch unterhalb des Afters fällt durch seine Größe auf. Die Furchen an der Unterseite zeigen nicht die Verästelungen meines Stückes. Dasselbe gilt von Encope grandis Ag. (Taf. VI) von Martinique, mit seinen weiten Einbuchtungen des Randes. Encope subelausa von Brasilien (Taf. V) kommt vielleicht am nächsten, gerade durch die Verengungen des Einganges in die Rand- buchten, die bis zum Abschluß vorschreiten. Aber auch Mellita similis Ag. von Portorico könnte in Betracht gezogen werden. Sicher läßt sich dies nicht stellen, da die Löcher in den Ambulacralzonen bei meinem Bruchstücke nur mit einer Wandung erhalten blieben und jedenfalls der Umrandung recht nahe standen, auch ist der Abstand des Afters von der Mitte bei meinem Stücke viel größer und zeigt mein Stück in der Medianebene keine Ausrandung, sondern deutet vielmehr auf eine kleine Vorziehung des Randes hin, wie ich sie bei einem der kleineren Exemplare von Encope california Verr. im Hofmuseum gesehen habe. Die Furchen der Unterseite zeigen eine Ähnlichkeit in der Verästelung. In Al. Agassiz (Rev. of the Echini 1872/3, Taf. XII d, Fig. 1) wird Encope emarginata Ag. zur Abbildung gebracht, die auch von Bahia aus 20—70 Faden Tiefe (Challenger Rep. IX, 1881, pag. 122) angeführt wird. Hat: ein enges Loch an der Oberseite (Fig. 1) und der Verlauf der Furchen sowie die Verästelung der Furchen sind recht ähnlich. Serpula sp. ind. Auf einem Rollsteinchen aus löcherigem, vulkanischen Tuff ist ein etwas über einen Millimeter starkes, gewundenes Röhrchen auf- sewachsen. Fecten pinnulatus n. sp. Taf. XXX (T), Fig. 3. Nur ein Schälchen liegt mir vor, das im Schalenumriß an meinen Pecten levicostatus erinnert, besonders dort, wo die Schalenoberfläche desselben etwas abgescheuert ist. Höhe der Schale 30 mm mit etwa gleich großer Breite. Flach gewölbt, am stärksten in der Wirbelgegend. Von den Ohren ist nur sehr wenig erhalten. Die Skulptur ist aber so auffällig, daß die Form verdienen dürfte, festgehalten zu werden. Die Oberfläche trägt außer den beiden randständigen, glatt er- scheinenden kräftigen Rippen noch 18 weitere, die am Stirnrande -mit scharf vorspringenden Spitzen endigen. Ahnlich solche spitze Endigungen habe ich von einem der Stücke des Pecten cactaceus Dall der von Prof. Dr. Frech gesammelten Schalen von Tehuantepee zur Abbildung gebracht. (Toula, Tehuantepec II, 1911, Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., pag. 4837. [3].) Die Rippenhöhe erscheint glatt mit Spuren von Anwachsstreifung, zu beiden Seiten strahlen von jeder Rippe kleine, sehr zierliche Bögen ab, so dab jede 64* 499 Franz Toula. [6] Rippe wie fein gefiedert erscheint. Diese Fiederchen reichen bis an die zarten Nebenrippen. Sie scheinen leicht abzubrechen, wie die vier ersten Rippen der linken Seiten erkennen lassen, an welchen sie abgerieben sind, worauf dann eine Oberfläche auftritt wie bei Pecten opercularis L. var. (Küster und Kobelt 1888, Taf. XXXI, Fig. 4, 5.) Das Stück stammt aus dem dunkleren sandigtonigen Gesteine. In der Sammlung rezenter Pectiniden habe ich eine ähnlich so ver- zierte Art nicht vorgefunden. Amussium Siebenrocki Sturany aus dem Golf von Oman, aus 156 Faden, ist die einzige vorhandene Art mit über den Stirnrand hinausragenden Radialrippen. Seine Skulptur ist jedoch eine ganz andere. Von fossilen Arten ist Pecten (Aeqwipecten) opercularıs L. in seinen kleineren Individuen im Umriß der Schale und in der Form der un- gezierten Rippen am ähnlichsten etwa die Form, welche F. Sacco (Moll. Tert. de Piemont XXIV, Taf. III, Fig. 13, 15) als var. Audonini Payr. zur Abbildung gebracht hat (aus dem Astiano). Al. Agassiz führt unter den Tiefseetypen in dem Werke über die Kreuzungen der „Blake* (1888, II. Bd., pag. 72, Fig. 299) Pecten phrygium Dall an, der mich lebhaft an mein Fossil erinnert. Er sagt nur, daß er an miocäne Arten erinnere und von sehr komplizierter Struktur sei. Die spitzen Ausläufer der Rippen sind nicht oder kaum angedeutet. Die Zahl der Rippen ist dieselbe. Auch die glatte Wirbel- stelle ist vorhanden. Pecten spec. ind. Zwei Abdrücke der Innenseite einer flachen Form mit tiefen, den Rippen entsprechenden Furchen, die am Steinkern als Rippen erscheinen. Pecten af. subhyalinus Smith. (Vielleicht eine neue Art.) Taf. XXXI (I), Fig. Ta, b, e. Eine winzige Form liegt mir in neun recht gut erhaltenen Exemplaren vor; das größte ist 3 mm hoch und 3 mm breit. Die sanft gewölbte Oberseite ist glatt mit zarten Anwachslinien. Der Schloß- rand ist sehr breit (2 mm), die rechte Klappe mit einem schmalen Byssuseinschnitt unter dem breiten, fein radialgestreiften Ohre. Eine scharf dreiseitig umgrenzte kleine Bandgrube. Vor dem Manteleindruck ein schmaler ebener Schalensaum. Dall bildet einen Pecten (Üyclopecten, Pseudamussium) cocosensis ab (Albatros, pag. 405, Taf. VI, Fig. 3), der nicht unähnlich, aber ansehnlich groß ist. Aus dem Golf von Panama in 52 Faden Tiefe. Von Linien in Ziekzack- oder in radialer Richtung ist an meinen Stücken nichts zu bemerken. Im übrigen würde die Beschreibung und Abbildung nicht übel stimmen, nur ist der Schloßrand im Verhältnis weit größer. Eine kleine glatte Art mit ähnlich so breitem Schloßrand hat E. A. Smith (Challenger Rep., Part. XXXV, 1885, pag. 304, [7] Die jungtertiäre Fauna von Gatun am Panamakanal. 493 Taf. XXII, Fig. 2, 2a) aus Südpatagonien, aus 400 Faden Tiefe, als Pecten subhyalinus beschrieben und abgebildet. Er ist freilich mehr als doppelt so groß, aber von ähnlichen Verhältnissen. (Küster und Kobelt 1888, pag. 150, Taf. XLII, Fig. 3, 4.) Einen kleinen (freilich doppelt so großen) Peeten (Ohlamys) similis Lask. sp. bildet A. Cerulli-Irelli (Fauna mal. mariana Pal. ital. XIII, 1907, Taf. VI, Fig. 10—13) ab, der große Ahnlichkeit besitzt. Auch S. V. Wood (Crag Moll. II, pag. 25, Taf. V, Fig. 4) führt diese Art aus dem Cor. Crag von Sutton an, freilich in einem viel größeren Stücke (!/,“ im Durchmesser). Ostrea spec. Nur eine kleine Unterklappe liegt mir vor. Sie ist 9:6 mm lang und 75 mm breit. Die gewölbte Oberfläche ist vom Wirbel ab glatt und besitzt gegen den Stirnrand hin leichte Falten, die von der scharf umgrenzten glatten Fläche abziehen. Der Rand, vom Wirbel ab, ist mit mehreren kleinen Zähnchen besetzt. Arca gatunensis n. spec. TaLıXXX (I), Fig’ 4 Nur eine recht gut erhaltene rechte Klappe (nur der hintere Stirnrand ist etwas beschädigt) liegt mir vor. Sie ist 32'3 mm lang und 19’4 mm hoch. Die Dicke beider Klappen wird 38 mm betragen haben. Der Umriß erinnert an Arca actinophora Dall von Monkey Hill an der Panamabahn (Dall, Florida IV, Taf. XXXII, Fig. 26), besonders durch die Verjüngung der Hinterseite. Der Wirbel meines Stückes ist jedoch etwas weniger aufgebläht und die Beschaffenheit und Zahl der Rippen eine andere. Die Rippen, 25 an der Zahl, zeigen nämlich auf der Stirnseite (Unterrand) ausgesprochene Zweiteilung, die vorn und rückwärts bis an oder (hinten) sogar bis über die Mitte sich verfolgen läßt, während sie in der Mitte der Schale ganz zurücktritt. Die konzentrische Streifung ist auf und zwischen den Rippen scharf ausgeprägt. Einige dieser Anwachslinien erzeugen Schalenabstufungen auf der Oberfläche. Der Wirbel ist nach vorn gekrümmt, die Area niedrig, mit wenigen sehr stumpfwinkelig verlaufenden, scharfen Linien, deren Knickung hinter dem Wirbel liegt. Der Schloßrand besitzt zahl- reiche scharfe Zähne. Die Spaltung der Rippen erinnert an Arca dichotoma Dsh. von Mauritius (W. Kobelt 1891, Arca, pag. 29, Taf. VIII, Fig. 7, 8), der Umriß der Schale ist jedoch ein ganz anderer. Pectunculus (Axinaea) gatunensis n. f. af. Axinaea albolineata Lischke. Taf. XXXI (II), Fig. 2. Drei wohlerhaltene kleine Schälchen. Das größte ist 105 mm hoch und 11'8 mm breit, das kleinste 59 mm hoch und 6°5 mm 494 Franz Toula. [8] breit. Die Oberfläche ist mit Radialrippehen und zarten Anwachs- linien bedeckt. Der Wirbel ragt nur wenig vor, die Area ist sehr klein. Die Schloßzähne 5—9 sind schräg gestellt und bei dem größten Stückchen winkelig gebogen. Die Muskeleindrücke fast dreiseitig, der Mantelrand ist scharf ausgeprägt, der Stirnrand mit scharfen kleinen Zähnchen versehen. Eine ähnliche Form ist die Axinaea albolineata Lischke, die mir von Japan vorlag. Die kleinen Exemplare sind von einer großen Ähnlichkeit, nur die Bezahnung ist bei dieser Art derber und die Zahl der Zähne kleiner. Form und Streifung sind dieselben. Eine ähnliche Form stellt Sacco (l. ce. XXVI, Taf. VI, Fig. 12 bis 14, in Jugendexemplaren) als Axinaea bimaculata Poli aus dem Astigiano dar, eine Art, welche er auch als im Helvet und Torton vorkommend bezeichnet. S. V. Wood (Crag Moll. II. Suppl., pag. 43, Taf. VI, Fig. 5b) führt ein kleines Exemplar als Pectunculus glyeimeris var. nummarius Brocc. an, welches auf seiner Innenseite große Ähnlichkeit besitzt. Lucina (Codakia) dariena n. sp. af. ©. eminula Gld. Taf. XXXI (II), Fig. 3. Beim Schlämmen erhielt ich eine größere Anzahl sehr kleiner Schälchen (das größte ist 2:6 mm hoch und 2°9 mm lang). Die Oberfläche, besonders gegen den Stirnrand hin, ist verhältnis- mäßig derb radial gerippt, die eine und andere der Rippen ist zwei- teilig, konzentrische furchige Anwachslinien ziehen darüber hin. Der Schloßrand ist von innen betrachtet nach vorn vorgezogen. Das Schloß läßt zwei nahestehende Zähnchen erkennen; am Ende der Vorziehung steht gleichfalls ein Zähnchen, nach rückwärts verläuft ein feines Schloßleistchen. Der Stirnramd der Innenseite ist fein gezähnelt. Große Ähnlichkeit hat die auch in Westindien bekannte Lueina pecten R. = L. occidentalis Reeve (Lucina, Taf. VII, Fig. 34, 35, und Taf. X, Fig. 38) oder auch Z. fibula Reeve (ebenda Taf. VII, Fig. 33, 37, 38). Im k. k. Hofmuseum fand ich eine noch kleinere Art als Codakıia eminula Gld., aus 5—10 Faden von der Hopeinsel (Queens- land), die auch Smith (Challenger Rep. XXXV, 1885, pag. 180, Taf. XIII, Fig. 5) von Neu-Guinea und Hong-Kong Harbour anführte. Bei dieser Art walten die konzentrischen Runzeln weitaus vor, doch fehlen auch die Radiallinien nicht. Cardium minutissimum, nov. spec. Taf. XXXI (II), Fig. 4. Ein winziges, sehr dünnschaliges Schälchen: 07 mm lang und hoch, mit sechs kräftigen Rippen und einigen feinsten Radiallinien am hinteren Abfall. Das Schloß ließ sich freimachen und läßt die beiden seitlichen Nebenzähnchen recht gut erkennen. Die Rippen an der Innenseite als Furchen entwickelt. Eine gewisse Ähnlichkeit scheint mir das kleine vonM.Cossmann (Ass. france. Congr. de Bordeaux 1895, pag. 6, Taf. IV, Fig. 16 und 17) [9] Die jungtertiäre Fauna von Gatun am Panamakanal. 495 abgebildete Cardium Sonense Cossm. aus den Schichten mit Potamides von Saucats route de Son zu besitzen, wenn es auch mehr als fünfmal so groß ist. Oytherea (Callista, Meretrix) af. rudis Poli. Taf. XXXI (I), Fig. 5. Ein kleines, sehr wohl erhaltenes linkes Schälchen: 45 mm hoch und 5 mm lang, mit feinen Anwachslinien. Von Radiallinien keine Andeutung. Das Schloß mit zwei mittleren Hauptzähnen, die ziemlich nahe aneinander stehen, nach rückwärts ein schräger Zahn, nach vorn ein rundliches Höckerchen. Der Sinus ganz gut erkennbar. Der Umriß der Schale recht ähnlich wie bei Callista Chione L. (EF. Römer: Venus 1869, I, pag. 45, Taf. XII, Fig. 1.) BuSacconl. ’c/XRWVIT!pag. 19, Taf. I, Fig’ 3-10) gibt das Vorkommen von Callista Chione L. aus dem Miocän und Pliocän an. Mein Schälchen hat die Umrißform des großen Individuums aus der Astistufe (l. ce. Fig. 4). Vielleicht ist Meretrix (Pitar) vudis Poli sp., wie sie Cerulli- Irelli (Fauna Mal. mariana Pal. ital. XIV, 1908, Taf. XIX, Fig. 4—11) abbildet, noch ähnlicher. S. V. Wood führt unter den Öragmollusken Oytherea chione Lin. (I. c. Taf. XX, Fig. 4) an, jedoch ein großes Exemplar, eine viel kleinere Art aber als Oytherea rudis Poli. Tellina cf. punicea Born. Taf. XXXI (II), Fig, 6. Ein kleines Schälchen (eine linke Klappe): 8°5 mm hoch und 14 mm lang. Vorn gerundet, rückwärts etwas in der Länge gezogen und verschmälert. Mit feinen Anwachsstreifen, von welchen einige Absätze mit stärkeren Stufen gegen den Wirbel zu bilden. Nur ein kleines paariges Zähnchen, beiderseits mit kleinem Grübchen und je einem scharfen, dem Schloßrande sehr angenäherten Nebenzahnleistchen. Die Mantelbucht nicht gut zu verfolgen. Die westindische Tellina Guildingii Hanley (Römer Conch. Cab. X, 4, pag. 31, Taf. X, Fig. 13—-16) hat einige Ähnlichkeit, doch ist der Schalenrand nicht so schön gerundet und desgleichen die Anwachslinien. Auch die Zähnchen sind anders gestellt. Wird wohl in die Gruppe der westindischen Tellina punicea Born gehören. (Römer Conch. Cab. Tellina, pag. 97ff., Taf. XXV, Fig. 1—3.) Ein ähnliches Doppelzähnchen zeigt die Abbildung bei Saccos Macomopsis elliptica var. antisana (l. ec. XXIX, Taf. XXI, Fig. 43); die Form dieses Schälchens ist jedoch eine andere. Solen spec., af. Solen vagina L. Taf. XXX (D), Fig. 5. Nur ein Bruchstück mit wohlerhaltener Schale, aus dem grauen, glaukonitischen Sandsteine, der sehr viele glaukonitische Körnchen 496 Franz Toula. [10] umschließt, sonst aber ganz das Aussehen unserer Gauderndorfer Tellinensandsteine an sich trägt und Abdrücke von Turritellen und Tellinen aufweist. Nur das hintere Ende ist erhalten, mit der weitklaffenden Schale, die eine Höhe von 23 mm besitzt und mit am Stirnrande sedrängten Längslinien versehen ist, welche mit rechtwinkligen ge- rundeten Querlinien in Verbindung stehen, die von verschiedener Stärke sind, indem nach vielen sehr zarten und gedrängt stehenden, etwas stärkere sich einschieben. Ob man dabei an Solen ambiguus Lam. denken dürfte, bleibt natürlich dahingestellt, da die vordere Schalen- partie fehlt. Ähnlich ist gewiß auch Solen marginafus Pennt., wie ihn Sacco (I. c. XXIX, Taf. V, Fig. 1—3) zeichnet (= Solen vagina L.), aus der Astistufe. Corbula af. carinata Duj. Pat XIX), Riem w. Ein kleines Schälchen, 2'7 mm hoch und 3°9 mm lang, mit einem scharfen Kiel auf der Hinterseite, mit feinen Anwachsrunzeln und kräftigem Zahn an der rechten Klappe. Sacco (l. c. XXIX, pag. 36#., Taf. IX, Fig... 25) hat ausge Torton und fraglich aus dem Piacentino eine Form der Corbula curinata var. dertolaevis abgebildet, welche große Ahnlichkeit mit meinem kleinen Stückchen besitzt. Bei meinem Stückchen ist der Kiel schärfer, die Anwachsrunzelung weniger regelmäßig. Dentalium armillatum n. spec. aff. D. Oerstedii Mörch. Taf. XXXI (ID, Fig. 8. Ein wohlerhaltenes Stückchen, 25 mm lang, Durchmesser oben 3 mm, unten 1'3 mm. Die Oberfläche ist mit zarten Längsstreifen versehen, unter welchen sechs stärkere schon oben erkennbar sind, die nach unten immer deutlicher hervortreten. Ungleich starke, sehr seichte Quereinschnürungen lassen das Stückchen wie quergegliedert erscheinen. Eine ähnliche, aber sehr regelmäßige Quergliederung wird von Dentalium filum Sow. (Conch. Taf. 225, Fig. 45 und Dall, Florida II, pag. 441) angegeben, einer Art, die im älteren Miocän von Amerika, aus dem Pliocän von Calabrien (Sequenza) vorkommt und im Nord- atlantischen Ozean und im Mittelmeer lebend sich findet. Die winzigen Individuen von Palermo (=D. gracile Jefr.) im Hofmuseum (Samm- lung Monterosato) lassen sich mit meinem Stücke nicht vergleichen. Dagegen sind Dentalium pseudosexagonum Desh. (Tryon XVII, Taf. IV, Fig. 47) und Dent. Oerstedii Mörch. (ebend. Taf. X, Fig. 60—64) von West-Columbien recht ähnlich gestreifte Formen. Von einer queren Runzelung ist jedoch nichts zu bemerken und ist die Längsstreifung meines Stückes eine viel zartere, ähnlich jener bei Dalls var. numerosa (Tryon, Taf. X, Fig. 71), bei welcher jedoch keine Andeutung einer Querrunzelung vorhanden ist. [11] Die jungtertiäre Fauna von Gatun am Panamakanal. 497 Dentalium spec. ind. Nur in einem kleinen Bruchstücke liest mir ein Fundstück vor, das durch dichtstehende seichte, aber recht deutlich ausgepräste Quer- einschnürungen auffällt. Stammt aus einem grauen, gebundenen Sand; es klebte ihm ein Stück eines ganz glatten Pecten an, vielleicht von P. Mortoni Rav. Cadulus (Gadila) af. albicomatus Dall. Taf. XXXI (I), Fig. 9. Ein kleines, nur am Ende etwas aufgeblähtes Röhrchen mit etwas verengter, kreisförmiger, nur wenig schräg stehender Mündung. Die Oberfläche ganz glatt und glänzend. Es ist 5°5 mm lang und der größte Durchmesser kurz vor der Mündung beträgt 0°9 mm, am unteren Ende 0°5 mm. Das Röhrchen ist nur leicht gekrümmt. Unter den von Dall (Blake-Rep. II, pag. 428ff., Taf. XXVII) abgebildeten Formen dürfte Cadulus acus (l. e., Fig. 11) zu vergleichen sein, wenn es auch bei S mm Länge nur 0:75 mm größten Durchmesser aufweist. Noch ähnlicher dürfte Cadulus albicomatus Dall sein (Albatros, Taf. XIX, Fig. 3), eine wohl viel größere, aber in der Form und Krümmung, Mundöffnung und Aufblähung überaus ähnliche Form. Nur von der feinen Streifung kann ich bei meinem winzigen Stückchen nichts sehen. Seine Oberfläche ist förmlich porzellanartig glatt und glänzend. / Teinostoma cf. carinatum d’Orb. (Vielleicht eine neue Art.) Taf. XXXI (EI), Fig. 10. Ein winziges, diskusartiges, sehr wohl erhaltenes, blendendweißes, glattes und glänzendes Schälchen, 1'’5 ımm im Durchmesser. Die flache, gewölbte Oberseite mit drei Umgängen; die beiden ersteren sehr eng. Die Weite der Umgänge vergrößert sich sehr rasch. Die Unterseite ebenfalls gewölbt. Der Schalenrand fast schneidig, noch mehr wie bei der westindischen Art Teinostoma carinatum d’Orb (Tryon X, pag. 104, Taf. XXXV, Fig. 66, 67). Der Nabel durch eine Schwiele zugedeckt. Die Mündung kreis- förmig rund und nicht in den Kiel des Schalenrandes ausgezogen. Cyclostrema quadrilineatum n. sp. (af. C. excavatum Wats.) Taf. XXX1 (ID), Fig. Ile, b, c. Ein kleines Schälchen: Höhe 1'1 m, größter Durchmesser 23 mm. Die wenigen Umgänge verhalten sich etwas verschieden. Der vorletzte fällt von einer Spiralkante steil zur Naht ab, der letzte ist gerundet. Die Oberfläche der Oberseite mit sehr zarten Anwachslinien. Die Unterseite hat einen weiten, tiefen Nabel. Der Abfall zum Nabel mit vier Spirallinien. Die Mundöffnung ist fast kreisrund. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Bd., 3. u, 4. Heft. (F. Toula.) 65 498 Franz Toula. [12] Auch Teinostoma, zum Beispiel Teinostoma pseudadcorbis Dall (Florida IV, Taf. XXDI, Fig. 12, 13), hat manche Ähnlichkeit, nur ist die Mündung und die Gitterung an der Oberfläche etwas anders. Auch der Nabel meines Stückes ist viel tiefer. (Nach Zittels An- gabe ist bei Teinostoma der Nabel „meist mit, einer flachen Schwiele bedekt.“.) Watson (Challenger XV, 1886, pag. 121, Tai. VIII, Fig. 10) führt aus Westindien und von Culebra Isl. ein Oyclostrema excavatum an aus 390 Faden Tiefe. Ein winziges Schälchen, welches jedoch die Spirallinien am Nabelabhange nicht erkennen läßt. Tryon(X,Taf. XXXIIL, Fig. 17, 18) hat diese Form als ©. subexcavatum bezeichnet. Sie ist in der Profilansicht recht ähnlich. Grepidula gatunensis n. sp. Taf. XXXI (I), Fig. 12. Ein winziges Schälchen in schönster Erhaltung mit durch- scheinender elliptischer Schale, 2:8 mm hoch und 1:8 mm breit. Die Oberfläche mit schönem, nach links gewundenem Wirbel, der nahe dem Oberrande liegt, aber nicht darüber vorragt. Zarte Anwachsstreifung. Auf der Innenseite eine nicht bis zur Mitte reichende Platte („Innen- lippe“). Erinnert an Orepidula gibbosa Defr. (M. Hörnes I], pag. 728, Taf. L, Fig. 11), diese Art hat jedoch einen nach rechts gerollten Wirbel. Die Wirbelkrümmung ähnelt jener bei Calyptraea. Könnte vielleicht in die Gruppe der Crepidula onyx Sow. ge- hören, welche an der amerikanischen Westküste von Kalifornien bis Panama lebend angeführt wird. Turritella (Haustator) af. Hanleyana Reeve — T. lineolata (Kiener) T’ryon. (Viell. neue Art.) Taf. XXX (I), Fig. 6a u. 65. Nur zwei Schalenbruchstücke aus einem grauen, feinen, nur leicht gebundenen Sande. Das eine, mit einer Dicke von 12 mm und einer Windungshöhe von mehr als 7 mm, besitzt ober dem Naht- wulst (außer vielen feinen Spirallinien) noch drei kräftige Spirallinien, mit je zwei und drei feineren Zwischenlinien. Die Oberfläche der Umgänge ist im Profil fast geradlinig. Die Anordnung der Spirallinien ist die folgende: Oberhalb der Naht ein aus drei feinen Linien gebildeter Spiralwulst, dann sehr feine Spiralen, worauf eine kräftige Linie folgt, dann drei schwächere, eine kräftigere, drei schwächere und eine kräftigere, auf der obersten, etwas verengten Zone wieder drei etwas weiter ab- stehende Linien. Das zweite Stück, näher der Gehäusespitze, unterscheidet sich durch die fast gleich feinen Spirallinien und die etwas herausge- krümmten Oberflächen der Umgänge. Nach dem Wulst ober der Naht folgen nach einem schmalen Zwischenraum 11 nach oben schwächer werdende feine Spirallinien. [13] Die jungtertiäre Fauna von Gatun am Panamakanal. 499 Querschnitt beider Stücke abgerundet vierseitig. Die Turritella (Haustator) Hanleyana Reeve, welche Tryon (VII, Taf. LXII, Fig. 68) abbildet und als eine Jugendform von Turritella lineolata Kiener be- zeichnet, dürfte eine näher verwandte Form sein; die oberen Win- dungen sind gerundet und mit gleichmäßigen Spirallinien bedeckt, während bei den späteren mehrere sich kräftiger hervorheben und das Gewindeprofil fast geradlinig wird, so daß meine beiden Bruch- stücke von einer neuen Form herstammen könnten. Von pliocänen Arten aus Norditalien dürfte Haustator tornatus Bbrocchi näher stehen. Man vergleiche etwa die von Sacco abge- bildeten drei Formen (Parte XIX, Taf. II, Fig. 25—27). Turbonilla af. scalpidens Wats. Taf. XXXI (Il), Fig. 13. Ein kleines Schälchen, leider ohne die Embryonalwindungen, 37 mm lang, 07 mm dick. Die neun flachen Windungon sind mit ziemlich kräftigen, geraden Querrippen bedeckt, die der Achse parallel verlaufen. Das Schälchen erinnerte mich an Turbonilla (Pyrgo- lampsus) gracilis Brocc. (M. Hörnes, Wiener Becken I, Taf. XL, Fig. 28), einer auch lebend bekannten Art (Mittelmeer und Atlantik). Im Challenger Report XLIl, 1886, Taf. XXXIl. Fig. 1—5, hat R. B. Watson recht ähnliche kleine Odostomien beschrieben und abgebildet, australische Arten, welche in Form und Klein- heit sehr ähnlich sind: Odostoma scalpidens und ©. rhabdoides. Die erstere, ohne Spirallinien zwischen den zarten Querwülstchen, scheint mir die ähnlichere, da O. rhabdoides derartige feine Spiral- linien ‚deutlich erkennen läßt. Ahnlich so schlanke Turbonillen hat Sacco (Parte XI, Taf. II) aus dem norditalienischen Tertiär in größerer Zahl zur Abbildung gebracht. Eine Form mit ähnlich so gerundeter Mundöffnung be- zeichnete er als Pyrgolidium (Monter.) internodulum (Wood), und zwar Taf. II, Fig. 83. Mein Stückchen ist jedoch viel schlanker. Auch die viel größere Turbonilla Millasensis Font. (Plioc. Rhöne I, pag. 133, Taf. VIII, Fig. 5) hat in der Skulptur Ahnlichkeit, ist aber, obgleich schlank, doch gedrungen im Vergleich mit meinem Stückchen. Cerithium (Bittium) af. scabrum Olivi. Taf XXI (ID), Eis 14. In großer Anzahl fanden sich in dem grauen, feinsandigen Material winzige Schälchen, wohl junge Individuen eines an das, wie M. Hörnes (Moll. Wiener Becken I, pag. 412) anführt, „im Mittel- meer und im Nordmeer“ lebende, im Wiener Becken, zum Beispiel in Steinabrunn, in Menge auftretende Cerithium scabrum Olivi erin- nernden Gehäuses. Sie bedecken auch konkretionäre Bildungen dieses Materials in Menge. Die Länge der Schälchen erreicht in den größten Exemplaren kaum 4 mm. An einem dieser größeren Stückchen zähle ich nur fünf zierlich ornamentierte Umgänge und drei winzige, glatte 65* 500 Franz Toula. [14] Embryonalwindungen. Die Windungen sind mit zarten Querrippchen versehen, die an den Durchkreuzungsstellen der drei Spirallinien dornig werden. Hie und da ist eine leichte Aufblähung der Quer- rippchen zu bemerken. Die Windungsoberfläche ist konvex gerundet, lauter Erscheinungen, welche mit dem von Partsch aufgestellten, im Wiener Becken „äußerst seltenen“ Cerithium spina übereinstimmen würden. Die Spirallinien sind fast durchwegs in der Dreizahl auf jedem Umgange vorhanden, nur am letzten Umgange zähle ich deren vier. Die weniger zahlreichen Umgänge unterscheiden von den Wiener Formen, doch ist dies nebensächlich, denn M. Hörnes ließ ein Jugendexemplar von Cerithium scabrum zeichnen (l. e. Taf. XLII, Fig. 17), welches, von ähnlicher Kleinheit wie meine zahlreichen Stückchen, eine ganz ähnliche Zahl der Windungen aufweist. Die Mündung erscheint dabei ganz Ähnlich in eine Art Ausguß vorgezogen. Bittium scabrum Ol. = Bittium reticulatum (Da Costa), wie es Sacco (l. e. Parte XV, Taf. I, Fig. 105—114) abbildet, hat wie seine nächststehenden (Fig. 115—122) vier Spirallinien auf den Umgängen. Dall hat (Florida 1892, II, pag. 269, Taf. XXII, Fig. 5) aus dem Pliocän ein Cerithiopsis scariphus beschrieben und abgebildet, das gleichfalls drei Körnchenspiralen trägt, aber mehr Umgänge aufweist und schlanker ist. Watson (Chal. Rep. Gastrop.) hat ähnliche winzige Schälchen zur Abbildung gebracht. Bittium cylindricum hat flache Umgänge (Taf. XXXIX, Fig. 5), Bittium pigrum desgleichen (Taf. XL, Fig. 7); Bittium abruptum (Taf. XLI, Fig. 4) hätte die größte Ahnlichkeit, aber vier Spiralkörnchenlinien. Diese Form stammt von.den Azoren, die beiden anderen meist aus der Südsee etc. und von Tristan da Cunha. Dall führt die Watsonsche Art in seinem Blake-Report auch von den Bahama-Inseln an (pag. 257). Die Abbildung auf der Taf. XX, Fig. 5, dieses Werkes stimmt mit jener Watsons im Challenger Werke durchaus nicht überein, sie besitzt drei kräftige Spirallinien. F. Fontannes (Pliocän Rhöne I, Taf. IX, Fig. 14) bildet ein kleines Exemplar von Cerithiopsis tubercularis Montagu ab, welches drei Knötchenspiralen besitzt, die nur derber sind und gedrängter stehen. Dolium (Malea) spec. (Vielleicht eine neue Art.) Taf. XXX (I), Fig. 7. Aus dem festgebundenen Sande liegt mir ein Stück vor. Ein Steinkern mit Schalenüberresten. Der Steinkern ist-über 33 mm lang und zirka 24 mm dick. Dolium sp. ind. Aus einem mürberen Gesteine liegen mir aber auch Bruchstücke eines viel größeren Individuums vor, darunter auch ein großer Teil des äußeren Mundrandes, der durch eine tiefe Furche von der übrigen Schalenoberfläche geschieden erscheint und auf der Innenseite kräftige Zähne besitzt, die am Mundrande in scharfe Dornen auslaufen. Die Oberfläche ist mit breiten, flach gewölbten Spiralleisten bedeckt und besitzt eine feine Anwachsstreifung. [15] Die jungtertiäre Fauna von Gatun am Panamakanal. 501 Columbella (Strombina) gatunensis n. sp. Taf. XXX (I), Fig. &. Aus dem feinen graugelblichen Sande liegt mir ein tadellos er- haltenes Stück vor. Es ist 26°4 mm lang, hat eine größte Dicke von 10 mm, auf den letzten Umgang entfallen 14 mm. Zehn Umgänge (zwei davon embryonal). Die Umgänge glatt, mit Querlinien, ohne Ab- stufung derselben. Der letzte Umgang mit mehreren Anschwellungen. Scharfe Spirallinien nur am etwas nach rückwärts gekrümmten Kanal- teil der Schale; einige der Anwachslinien an der Naht fast rippen- förmig verstärkt. Die Mundöffnung mit etwas vorragender Innenlippe; die stark verdickte Außenlippe mit acht Zähnchen ist zu oberst glatt Diese Beschaffenheit der Außenlippe erinnert an Columbella gradata Guppy (Q. J. 1886, Jamaica tert. Shells, Taf. XVI, Fig. 10), welche sich aber durch die abgestuften Umgänge und die Quer- rippchen unterscheidet, sowie durch die andere Gestaltung des unteren Endes der Schale. Eine gewisse Ähnlichkeit hat Columbella nassoides Bell. (M. Hoernes, Wiener Becken I, Taf. XI, Fig. 9). Unter den rezenten Columbellideen, die ich vergleichen konnte, sind sicher die Col. (Strombina) turrita und elegans Sow. von der Westküste von Mittelamerika die ähnlichsten Formen, wobei die letztere durch die Zahnung der Außenlippe am nächsten stehen könnte (Tryon, V. Taf. LX, Fig. 98), eine Art, die auch Querlinien auf den Umgängen erkennen läßt. Columbella (Atilia) gracilis n. sp. Taf. XXXI (IM), Fig. 15. Ein wohlerhaltenes schlankes Schälchen ist S’5 mm lang (davon entfallen 4°5 mm auf den letzten Umgang) und hat 23 mm größte Dicke. Drei Embryonalwindungen mit schöngerundeten glänzenden Umgängen; die nächsten drei Umgänge sind glatt. Unter der Naht eine sehr zarte Spiralfurche. Der siebente Umgang nur mit leichter Andeutung von Querrippen, der letzte mit etwas stärkeren Rippchen und zarten Spirallinien am unteren Teil und auf dem kurzen Kanal. Die Mündung in der Mitte wenig verbreitert. Unter dem scharfen äußeren Mündungs- rande innen 7 Zähnchen. Der Außenrand schließt rundlich an eine, bis an den Anfang des verhältnismäßig breiten Kanals reichende, faltenlose Innenrippe. Im Hofmuseum ergab sich Atilia minor Scach. als eine sicherlich nahestehende Form mit glatten Umgängen. Tryon (V, Taf. LI, Fig. 83) führt eine ähnliche Art, ©. (Atilia) sayitta Gaskoin, auch von Westindien an, sie ist aber ohne die zarte Ornamentierung meines hübschen Gatuner Stückchens. Phos semilineatum n. sp. Taf. XXXI (Il), Fig. 16. Drei Schälchen von annähernd gleicher Größe liegen mir vor. Das eine fast tadellos erhaltene Stück ist 93 mm lang, die größte Dicke 509 Franz Toula. [16] ai beträgt 4 mm. Von den Embryonalwindungen sind zwei erhalten. Außerdem noch vier spätere, im ganzen also sechs Umgänge. Am dritten Umgange beginnt das Auftreten von Querrippen, deren am letzten Umgang 16 im Umkreise stehen. Sie besitzen an der zarten Nahtfurche kleine Knötchen und sind in der oberen Hälfte fast glatt, unter der Naht aber werden sie von recht scharf ausgeprägten Spiral- linien bedeckt, die am letzten Halbumgange nach oben in zarteren Linien sich fortsetzen. Die Mundöffnung zeigt an der Naht eine leichte Andeutung eines Sinus. Die Außenlippe trägt zarte Zähnchen, die wohlausgebildete Innenlippe ist dünn und breit, an der schlanken spiralgestreiften Spindel eine leicht vorragende Kante. Eine solche Verschiedenheit des letzten Umganges von den älteren ist bei Phos nicht unbekannt. Man vergleiche nur zum Bei- spiel bei Bellardi (Moll. Piemont Parte III, Taf. I, Fig. 7) Phos citharella (Brongn.) var. c. Phos eitharella Brongn., es scheint in der Form der Schale recht nahe zu stehen, doch zeigen die Abbildungen bei Bellardi keine Zähnelung der Außenlippe. Es sind dies mittel- miocäne Formen. Phos af. elegans Guppy. Ein recht gut erhaltenes Schälchen (nur die Außenlippe ist wenig beschädigt); 11mm lang und 5 mm dick, mit sechs wohlerhaltenen Umgängen; die ersten Embryonalwindungen fehlen. Die Oberfläche der schöngewölbten Umgänge mit fünf kräftigen Spirallinien an den oberen Umgängen, mit gleichstarken Querwülstchen und kleinen Knötchen an den Durchkreuzungsstellen. Die Außenlippe mit zehn Zahnleistchen, die Innenlippe selır dünn. Der Kanal ist kurz und tief. Die Spindel ist scharf spiral gestreift, zu unterst etwas wulst- artig, mit zarter Querstreifung unter den Spirallinien. Die Unterschiede von Phos elegans Guppy (Quart. Journ. Geol, Soc. 1866, Taf. XVI, Fig. 13) von Jamaika bestehen in der etwas sedrungeneren Gestalt, obne Abstufung an der Naht, und in der gleich- mäßigeren Gitterung infolge der kräftigeren Spirallinien. Coralliophila gatunensis n. sp. Taf. XXX (I), Fig. 9. Nur ein tadellos erhaltenes Stück aus dem feinen, grauen Sande. liegt mir vor. Außer den zwei winzigen, unregelmäßig ge- wundenen Embryonalwindungen sind noch sechs Umgänge vorhanden. Die Schale ist 27°3 mm lang, 13 mm dick, auf den letzten Umgang entfallen 21 mm. Die Windungen wie etwa bei Murex, mit kräftigen Querwülsten und ebenfalls kräftigen Spirallinien. Sieben solche Quer- wülste am letzten, vorletzten und drittletzten Umgange. Die Spiral- linien verdicken sich auf den Umgangshöhen der Querwülste zu stumpfen Vorragungen. Zwischen jenen von der Naht bis zur Schalen- höhe tritt, zwischen den drei kräftigen, je eine feine Spirallinie auf, was sich in dem Kanalteile der Schale fortsetzt, wo sich zwei bis [17] Die jungtertiäre Fauna von Gatun am Panamakanal. 503 drei feine Linien finden. Eine feine Anwachsstreifung überquert die Spirallinien. Die Mündung ist in einen breiten, offenen Kanal ausgezogen. Die Innenlippe ist scharf ausgeprägt, dünn, so daß die Spirallinien im oberen Teil sichtbar bleiben. Die scharfe Außenlippe trägt zarte Zahnieisten und Furchen dazwischen, welche sich in den Kanal fort- setzen. Ein Schalenwulst in der Kanalregion läßt eine Art Nabel entstehen. Von amerikanischen Arten kann ich nur die Abbildungen von Coralliophila lepidota Dall aus den pliocänen Mergeln von Florida (Dall, Florida I, pag. 156, Taf. IX, Fig. 3) und die von Böse (Boletin XXI, Taf. IV, Fig. 25, 26) als Melongena (Pugilina) Mengeana Dall bezeichneten Stücke von Tuxtepec in Vergleich bringen. Die von Dall (l. e. Taf. IX, Fig. 1) als Solenosteira Mengeana bezeich- nete Art kann ich mit Böses Abbildung nicht übereinstimmend finden, da ist Coralliophila lepidota Dall viel ähnlicher. Die Ornamentierung der Böseschen Abbildungen ist jedoch der an meinem Stücke recht ähnlich. Der Unterschied liegt haupt- sächlich in der anderen Gestaltung der Kanalpartie der Schale, auch die Wulstbildung ist verschieden, freilich ist das untere Ende des Kanals beschädigt, was auch bei Dalls Art der Fall ist, deren Oberflächen- skulptur verschieden ist. Nicht unerwähnt darf ich lassen, daß auch gewisse Fusus-Arten in Betracht kommen könnten. So bildet F. Fontannes einen Fusus praerostratus Font. ab (Pliocän d. Rhonetales I, pag. 13, Taf. II, Fig. 8), welcher, wenn auch schlanker und ohne den an Murex gemahnenden Wulst an der Spindel, an meine Form erinnern könnte. Die Mundöffnung ist jedoch unten viel mehr verengt und die obere Hälfte der Umgänge entbehrt der kräftigen Spirallinien. Coralliophila incerta nov. spec. Taf, XXXI (NM), -Bie. 17. Ein kleines Schälchen, 11 mm lang, 65 mm dick, von tadelloser Erhaltung hat ganz den Habitus der größeren Schale, nur ist die unterste Partie nur leicht gekrümmt, ohne den kräftigen Wulst, der nur leicht angedeutet ist, so daß man dadurch an. das Verhalten dieser Region bei Pyrula (Ficula) erinnert werden könnte. Ich will dieses Stückchen bezeichnen als Coralliophila incerta n. sp. Nur reich- haltigstes Material könnte Überzeugung geben. Tryon bildet eine ähnlich so schlanke Form (l. e. II, Taf. LXVI, Fig 385) ab als C. lamellosa (Jan.) Phil. Von den lebenden Arten habe ich Coralliophila bracteata Brocc., eine mediterrane Art, verglichen. ©. bracteata ist eine sehr variable Form. Die dazugestellte Form im Naturhistorischen Hofmuseum, als C©. lamellosa Jan. bezeichnet, steht meinem Exemplar näher als die von Tryon (II, Taf. LXVI, Fig. 378—380, 384 und 386) abgebildeten Varietäten. Die von Monterosato als var. brevis bezeichnete Varietät scheint noch am nächsten zu kommen. Nach der oben gegebenen Beschreibung wird man wohl berechtigt sein, mein Stück mit einem neuen Namen zu versehen, 504 Franz Toula. 1 [18] Die Bestimmung der Gattung macht einige Schwierigkeit, da es auch Murex-Arten gibt, welche einen offenen Kanal besitzen. Man vergl. z. B. Murex alternatus Bellardi (l. ec. I, Taf. VIII, Fig. 8). Marginella af. nitida Hinds. (- M. succinea Conr.) (Vielleicht eine neue Form.) Tar RRXXT I), Bie. 18. Nur ein vollständig erhaltenes Stückchen aus dem gelblich- grauen, feinen Sande. Es ist 10:2 mm lang, 48 mm dick. Von der Form von Tehuantepec (1910, Taf. XIII, Fig. 15) unterscheidet es sich durch die ausgesprochen walzliche Form, durch eine an der Oberfläche scharf abgegrenzte Verdickung der glatten Außenlippe, welche nach oben etwas vorgezogen ist und unten einen etwas weiteren Ausguß bildet. Das Schälchen zeigt noch Spuren der bräunlichen Färbung. Die vier Falten der Spindel stehen in gleichen Abständen. Das Hinaufreichen der Außenlippe erinnert übrigens an Marginella olivaeformis Kiener vom Senegal. Die größeren Individuen, die mir im Hofmuseum vorlagen, werden wohl viel breiter; das kleinste der Stücke nähert sich meinem Stücke recht sehr an. Eine sichere Bestimmung wage ich nicht vorzunehmen. Die wulstige Abgrenzung der Außenlippe an der Oberseite ist wohl ganz ähnlich. Die von Dall (Blake-Report Taf. XIX, Fig. 6) gegebene Ab- bildung von Marginella suecinea Conrad weicht weit ab von jener, welche Tryon (Taf. X, Fig. 93) von dieser Art („nach des Autors Type“) gegeben hat. Er bezeichnet diese Form als M. nitida Hinds. Die von Conrad gegebene Umrißzeichnung (Proc. Ac. nat. Se. Philadelphia III, 1846, Taf.I, Fig. 17 u. pag. 26) ist in der Tat so wenig- sagend, daß es begreiflich wird, daß Tryon die Berechtigung der Conradschen Art fraglich fand und die Vereinigung mit M. nitida Hinds vornahm. Cancellaria (Trigonostoma) af. Cancellaria bullata Sow. Tat. XXX), Rig: 10: Ein recht vollkommen erhaltenes Stück aus einem grauen, feinen Sande liegt mir vor. Nur ein Teil der Innenlippe, welche über dem tiefen, weit im Gewinde nach aufwärts reichenden Nabel, diesen zur Hälfte deckend lag, ist erhalten. Nach zwei glatten Embryonalwindungen folgt eine dritte und vierte, die zahlreiche feine Querwülste besitzen, die sich auch in etwas weiteren Abständen auf dem fünften Umgange finden und von Spirallinien durchkreuzt werden. Am vorletzten Umgange sind die Querwülste kräftig und so weit voneinander abstehend, daß nur mehr 20, am letzten aber nur 14 auftreten. Diese Querwülste sind am Oberrande der Um- gänge spitz vorgezogen, so daß diese Ränder wie gedornt aussehen. Die Länge der Schale beträgt 264 mm, die größte Dicke 20 mm, die Höhe des letzten Umganges 154 mm. Es ist eine bauchige Form. Die Mündung ist länger als breit, zeigt nahe der Naht eine deutliche, [19] Die jungtärtiäre Fauna von Gatun am Panamakanal. 505 nach oben vorgezogene Furche, welche eine kräftige Rinne zwischen den Umgängen bildet. Unten ist die dicke Außenlippe wie zu einem Kanal vorgezogen. Die Außenlippe trägt 13 Leistehen mit Kerben dazwischen. An der Spindel befinden sich drei Falten. Unter den mir bekannten Arten ist Cancellaria spinifera Grat., wie sie M. Hörnes (Wiener Becken I, pag. 327, Taf. XXXV, Fig. 6-8) abbildet, gewiß eine zunächststehende, nur die Furche parallel der Nahtlinie fehlt dieser miocänen Art. Cancellaria spinifera Grat. (= Gulia Geolini var. crassopostica Sacco) ist eine recht variable Form. Die Beschreibueg bei Mor. Hörnes (Foss. Mollusken I, pag. 323, Taf. XXXV, Fig. 6—8) ist recht zu- treffend. Die Form von Steinabrunn scheint am nächsten zu stehen (l. e. Fig. 7). Der Nabel des Gatuner Stückes ist weiter, die Quer- rippen sind zahlreicher, zeigen aber am letzten Umgange (11 an der Zahl) ganz ähnlich so einzelne etwas stärker angeschwollene. Die Spirallinien am letzten Umgange meines Stückes, 14 an der Zahl, sind ziemlich kräftig, feine Querstreifung liegt zwischen den Quer- rippen. Die älteren Umgänge besitzen sechs solche Spirallinien, die gegen die Spitze mit den Querrippchen fast gleich stark werden, so daß diese gegen die Spitze zu wie gegittert aussehen. Die drei Spindel- falten nehmen in der Stärke nach abwärts ab, wie bei Cancellaria spiniyera. P. H. Nyst bildet eine Cancellaria umbilicaris Drocc. aus dem Scaldisien jaune d’Anvers ab (Ann. Mus. Belg. III, pag., 8, Taf. I, Fig. 5), welche in den beiden letzten Umgängen viel Ahnlichkeit besitzt, jedoch auf den ersten Windungen eine viel gröbere Skulptur aufweist und nur zwei Spindelfalten besitzt. Im Hofmuseum (Zool. Abt.) liegen Stücke der Cancellaria dullata Sow. aus Zentralamerika. Tryon (Cancellariidae, pag. 78, Taf. V, Fig. 76) führt diese Art auch von Peru und vom Golf von Nicoya an, unter dem Namen ©. tuberculos« Sow., welche Formen in bezug auf die Weite des Nabels und die Lippenbildung recht ähnlich sind. In der geschilderten Skulptur liegt wohl der Unterschied. Von pliocänen näherstehenden Arten sei etwa auf Trigonostoma ampularia Brocc. hingewiesen, wie sie Sacco (Parte XVI, pag. 9, Taf. I, Fig. 16—20) abgebildet hat, besonders die var. turricior Sacco (l. c. Fig. 17) mit drei Spindelfalten, freilich fehlt die tiefe Naht- furche, welche Sacco bei Ventrilia trochlearis (l. ce. Taf. I, Fig. 52) und verwandten miocänen Arten zeichnet. Erwähnt sei noch, daß Dr. Ancona (Mem. Com. Geol. d’Italia II, pag. 210, 1873, Taf. XI, Fig. 11) Cancellaria spinifera Grat. auch unter den Pliocän-Fossilien von Orciano Pisano abbildet. Das betreffende Stück zeigt in den ersten Umgängen eine Ähnliche, wenn auch gröbere Skulptur. Terebra acuaria n. sp. Taf. XXXI (II), Fig. 19. Ein kleines, sehr hoch gewundenes Schälchen, dessen erste Windungen fehlen und das an der Außenlippe etwas beschädigt, sonst aber recht wohl erhalten ist. Aus dem grauen Sande. 124 mm lang, oben 1 mm, unten 2:6 mm im Durchmesser. Seine schlanke Form Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Bd., 3. u. 4. Heft. (F. Toula.) 66 506 Franz Toula. [20] erinnert an meine Terebra Wolfgangi Toula (1908, Taf. IV, Fig. 7). Die Zahl der Umgänge ist ebenfalls groß (11—12). Die Querrippchen sind etwas weniger zahlreich. (Ich wende die Bezeichnung Querrippen an, weil sie quer auf die Umgänge verlaufen.) Die feinen Spiral- linien sind nicht sehr zahlreich (oben etwa 5) und bilden keine Spitzchen auf den glatten Querrippen. Die Spiralfurche parallel der Naht schnürt einen Teil der Umgänge ab, sie ist noch kräftiger ausgedrückt als bei Terebra pertusa Bast. und Terebra Basteroti Nyst (M. Hörnes], Taf. 11, Fig. 19—21, und Taf. XI, Fig. 27 und 28). Auch die Naht- furche ist schärfer ausgedrückt, der Schalenwinkel ist kleiner, das Gehäuse also schlanker. Fontannes bildet (Plioc. Rhöne I, pag. 126, Taf. VII, Fig. 19) ein freilich viel größeres Stück von ähnlicher Schlankheit als Terebra Basteroti Nyst var. pliocenica Font. ab, welches sroße Ahnlichkeit in der Skulptur aufweist. Eine rezente Art mit so kleinem Gewindewinkel habe ich nicht auffinden können. Die Terebra pertusa (Tryon VII, Terehra, Taf. VII, Fig. 7) ist in den oberen Windungen nicht schlanker und das Ver- hältnis des oberen Teiles der Umgänge zu den unteren ist ein ganz anderes. Pleurotoma spec. aff. Pl. alesidota var. macılenta Dall. Taf. XXX DM, Big M. Eine in der Schalenform und Skulptur nahe an Dalls Pl. (Drillia) alesidota var. macilenta (Blake-Rep. II, pag. 85, Taf. XXXVI, Fig. 1) anschließende Form, aus einem fest gebundenen grauen Sande. Die Spitze fehlt leider und auch das Kanalende ist abgebrochen. Von der genannten Art von Tuxtepec (Boletin XXII, Taf. V, Fig. 30 u. 31) unterscheidet die Spirale unterhalb der Nalıt, welche eine Art Wulst bildet, der aus mehreren Linien besteht, während bei Böse eine einfache kielartige Linie auftritt. Auch scheinen an den Kreuzungs- stellen der Spiralen und Anwachslinien Höckerchen gestanden zu haben, welche im Innern hohl gewesen sein dürften. In der Form der Schale an Genota anschließend, aber schlanker als die etwa von Bellardi (Moll. Piem. etc. II) Taf. III, Fig. 8, abge- bildete, in der Skulptur recht ähnliche Genota Bonnanü Bell aus dem Pliocän. Pleurotoma (Drillia) Dalli n. spec. TaL XXX MW, Fig. T2, Ein zweites, bis auf den Mundrand ausgezeichnet erhaltenes Schälchen aus einem feinen hellen Sande liegt mir vor. Das Schälchen hat eine Länge von 26°6 mm bei einer größten Dicke von 7'8 mm. Auf den letzten Umgang entfallen 14 mm. Zwei glatte Embryonalwindungen sind erhalten, darunter folgen bis zum letzten noch neun Umgänge. Die ersten fünf sind mit 8—11 rundlichen Querhöckern versehen, in deren Zwischenräumen, vom fünften Umgange an, vier feine Spirallinien auftreten. Weiter unten werden die Querhöcker zu Querwülsten, mit vier kräftigen Spiral- linien und sehr feinen Zwischenspiralen. Unter der Naht verläuft Zi [21] Die jungtertiäre Fauna von Gatun am Panamakanal. 07 eine scharfe Spiralleiste, unter der eine vertiefte Zone folgt, auf welcher feine Spirallinien verlaufen, die erst am letzten Umgange von deutlichen Schlitzlinien (Anwachslinien) durchquert werden, von welchen kurz vor der Mündung zwei besonders hervortreten. Am letzten Umgange werden die der Länge nach verlaufenden Querwülste von den kräftigeren Spirallinien durchquert, so daß an den Durchkreuzungs- stellen kleine Höckerchen entstehen, während die feinen Zwischen- linien (2—5) auf die Zwischenräume der Querwülste beschränkt bleiben. Die Mündung ist verhältnismäßig eng, zeigt eine mäßige Ausbuchtung unter der Naht und eine wohlentwickelte Innenlippe. Der Kanal ist länger als bei Pleurotoma alesidota Dall (var. magna Böse) von Tux- tepec (Boletin XXII, Taf. V, Fig. 30, 31), welche ich zum Vergleiche herbeiziehen möchte, eine freilich größere pliocäne Art, welche über- haupt etwas gedrungener ist. Der Schalenwinkel ist etwas größer als bei Dalls Abbildung (Blake-Rep., Taf. XXXV]I, Fig. 1). Pleurotoma (Drillia) gatunensis Toula n. var. (Vielleicht eine neue Art.) Taf. XXXI (II), Fig. 20. Ein kleines, recht wohl erhaltenes Schälchen. Länge 10 mm, Dicke 45 mm, auf den letzten Umgang entfallen zirka 4:5 mn. Zwei glatte Embryonalumgänge und weitere acht mit Querwülsten (6—12) versehene Umgänge mit zarten Spirallinien (3—4) zwischen den Quer- wülsten; unter der Nabt ein schnurartiger, schräg gerippter Wulst, ähnlich so wie bei meiner Pleurotoma gatunensis (re. Taf, AXXV IN, Fig. 16), welche sich durch ihr viel höheres, schlankeres Gewinde unterscheidet. Am Kanal ist mein neues Schälchen stark eingeschnürt und nur spiral verziert; die Querwülste endigen oberhalb" wie bei meiner Pl. gatunensis. Mir ist für die beiden Arten eine damit über- einstimmende oder näher verwandte Form nicht bekannt geworden. Stammt aus dem feinen Sande. Glyphostoma Gabbii Dall (Blake- Rep. II, pag. 108, Taf. XIIL, Fig. 4, 5) hat eine gewisse Ähnlichkeit in der a Form, doch sind die Querwülste kräftiger und zahlreicher und der Schlitz ist ein viel weiterer. Conus (Cheliconus) tortuosopunctatus n. sp. Taf. XXXL (ID, Fig. 21. Nur ein leider an der Gewindespitze beschädigtes Stückchen von 19:3 mm Länge und 89 mm Dicke, mit spitzem Gewinde. Es läßt Farbenreste erkennen. Auf den Oberflächen der Umgänge breite bräunlichgelbe Flecken, am letzten Umgange von der Kante abwärts dieselbe Farbe, die nur durch helle Längsstreifen hie und da unter- brochen wird. Die Oberfläche des letzten Umganges trägt nur unten deutliche paarige Spirallinien, mit zierlichen, in Spiralen aufeinander folgenden, zarten Knötchen, was an die von Böse (Boletin XXII, 1906, Taf. V, Fig. 43, 44) als Conus efr. verrucosus Brug. abge- bildeten Bruchstücke erinnert. 66* 508 Franz Toula. [22] M. Hörnes hat (Wiener Becken I, Taf. V, Fig. 4) eine ähn- lich so gezierte Form von Steinabrunn nach Sowerby (Q. J. 1850, Taf IX, Fig. 2) als Conus catenatus von San Domingo bezeichnet und als dem Conus verrucosus Brug. von der Küste von Senegal und von Mozambigue sehr ähnlich bezeichnet. Vergleicht man die beiden Abbildungen, so erkennt man wohl, daß sich die beiden Stücke durch die Ornamentierung recht wohl unterscheiden. Von den lebenden Arten scheint ein Conus Pealü (Tryon, Conus, Taf. X, Fig. 89—92) eine mindestens sehr nahestehende Form zu sein, besonders die Fig. 91 (C. Stearnsii Conr.) in der Form und Verzierung, Fig. 89 in der Färbung und Fleckung des Gewindes. Conus Pealii Green führt Dall (Blake-Rep. II, pag. 68) als an der Westküste von Florida und den Keys in geringer Tiefe häufig an, die Blake aber habe ihn nicht gesammelt. Die Form des Gehäuses erinnert recht sehr an Cheliconus pelagieus Brocchi, wie ihn Sacco (Moll. Piem. ete. X, pag. 90, Taf. IX, Fig. 17—29) abbildete, eine vom Miocän bis in die Jetztzeit reichende formenreiche Art. Die Fig. 20 abgebildete Varietät ist der Form nach die ähnlichste; die als „sub- var.“ permaculata Sacco bezeichnete zeigt spirale Farbenzeichnung nur in der Form von Strichelehen und nicht solche Punkte wie bei meinem Stücke. Am Gewinde ist die Fleckenzeichnung überraschend ähnlich. Die beiden angeführten Stücke stammen als seltene Fundstücke von Astigiana (Astistufe). Auch Conus granoconatus Guppy (Q. J. 1866, Taf. XVI, Fig. 5) aus Jamaica, eine viel größere Art, könnte in Vergleich gezogen werden. Conus (Chelyconus) tortuosostriatus n. sp. Taf. XXXI (II), Fig. 22. Leider liegt mir nur ein Exemplar dieser schönen Form vor. Die Gestalt der Schale ist schlank. Die Länge 30 mm, die größte Dicke 14 mm, 265 mm entfallen auf den letzten Umgang. Die obersten (ersten) Umgänge sind eine Spitze bildend vorgezogen; vier Umgänge (nach den glatten Embryonalwindungen) sind eng und zierlich ge- körnelt. Diese Körnelung läßt sich abgeschwächt auch auf den unteren Umgängen an der Windungskante erkennen. Die Oberflächen der drei letzten Gewindeumgänge sind in der Mitte leicht vertieft mit zarten Anwachs- und Spirallinien. Die Seitenfläche des letzten Um- ganges ist von der Kante abwärts mit kräftigen breiten und flachen Spiralen versehen (20 an der Zahl). Am etwas eingeschnürten untersten Schalenteile fünf einfache schwächere Spirallinien. Die obersten und unteren breiten Spirallinien zeigen noch je eine viel schwächere Zwischen- spirale. Die Anwachslinien treten in den Spiralfurchen zwischen den Spirallinien besonders deutlich hervor. Conus Burckhardti Böse (1906, Boletin XXL, Taf. V, Fig. 39 —40) dürfte recht nahe stehen, zeigt aber die Skulptur des Gewindes nicht und besitzt keine Zwischenspiralen. Leider hat Sowerby (Q. J. 1850, pag. 44) keine Abbildung seines Conus planiliratus von San Domingo gegeben. Die ebenen Spirallinien könnten stimmen. Die Abbildung, [23] Die jungtertiäre Fauna von Gatun am Panamakanal. 509 welche Guppy (0. J. 1866, Taf. XVI, Fig. 7) unter diesem Namen gegeben hat, stimmt nicht mit meiner Form überein. Derselbe Autor hat eine besonders schlanke Form als Conus gracilissimus bezeichnet, die gewiß viele Ähnlichkeit besitzt, auch Körnelung der Umgangskanten aufweist. Die Verhältnisse ergeben sich nach der Abbildung mit: Länge 31°5 mm, Dicke (Weite) 10:5 mm, Länge des letzten Umganges 278 mın. Von rezenten Arten hat C. strigatus Hiwass, unbekannten Vor- kommens, in der Form der Schale, in, der Windungshöhe und der Form der Umgänge eine gewisse Ahnlichkeit (Tryon, Conus, Taf. XXI, Fig. 79). Aber auch Dalls Conus Agassizi (Blake-Rep. I, Taf. IX, Fig. 8) hat in der Form des Gehäuses und des Gewindes eine gewisse Ähnlichkeit, freilich ist die Spiralstreifung eine ganz andere. — Dürfte mit der vorangehenden Art in dieselbe Formen- gruppe gehören. Chelyconus raristriatus Bell. (Saeco, 1. ce. Taf. IX, Fig. 13) aus dem Torton ist recht ähnlich, aber entbehrt der zier- lichen Spiralfurchung. Conus Dalli n. spec. Taf aXXXE (IN): Eien23: Fünf Stücke liegen mir vor, vier davon bis auf Beschädigungen des Mündungsrandes wohl erhalten. Alle Stücke sind von gleicher Form und nur die Zahl der Spirallinien, die auf. der unteren Hälfte etwas variieren, ist verschieden. Den Vergleich mit Conus demiurgus Dall (meine erste Abh. pag. 710 [38]) halte ich nun nicht mehr aufrecht, die Höhe des zugespitzten Gewindes ist bei allen meinen Stücken gleichmäßig höher als bei der genannten älteren Art. Die Größe der Stücke schwankt zwischen folgenden Werten: Die Höhe (Länge) des größten Stückes beträgt 395 mm, seine Breite 15 mm, auf den letzten Umgang entfallen 25 mm; bei dem kleinsten Stücke betragen die Maße: die Höhe 13 mm, die Breite 62 mm, der letzte Umgang 10 mm. Die Spiralränder des Gewindes sind scharf. Die Oberfläche ist durch- wegs mit zarten Längslinien bedeckt, welche gegen den scharfen Spiral- rand nach rückwärts geschwungen und auf den Abstufungsflächen der Um- gänge desGewindesscharfnach rückwärts gekrümmt und etwas stärker aus- geprägt sind. Gegen die scharfe Spitze des Gewindes treten, bis zu den drei glatten Embryonalwindungen, zarte Körnelungen auf den Umgängen auf. Auf den Windungsstufen finden sich einige zarte Spirallinien. Die untere Hälfte des letzten Umganges ist, wie gesagt, mit Spiral- linien versehen, die nur bis unter die Mitte der Oberfläche hinauf- reichen, ähnlich wie bei dem Stücke meiner ersten Abhandlung (Taf. I, Fig. 18), sich aber in leichten Andeutungen unter der Lupe auch hie und da auf der oberen Hälfte bemerken lassen. Diese Spirallinien zeigen nicht bei allen Stücken gleiches Verhalten. Bei dem kleinsten erscheinen sie gleich stark und stehen in gleichen Ab- ständen, bei dem größeren Stücke sind die beiden oberen zweizählig, bei dem größten aber sind die oberen förmliche Doppellinien, die dritte ist dreizählig, und zwischen den unteren kräftigen Linien sieht 510 Franz Toula. [24] man unter der Lupe je zwei feine Linien, die untersten aber sind einfach und treten in den Zwischenräumen die Anwachslinien be- sonders scharf hervor: Nach dem unteren Ende zu ist die Schale rascher verjüngt, wie eingeschnürt. Das zugespitzte Gewinde und die raschere untere Ver- jüngung sowie die scharfen Ränder des Gewindes sind wohl die auf- fallendsten Erscheinungen. Von rezenten Arten dürfte Conus Sieboldii Rewe (Tryon, Conus, Taf. XI, Fig. 6, 7) aus Japan und China sehr nahe stehen. Bei meinen Stücken endet die feine Körnung schon beim dritten Umgange (nach den beiden glatten Embryonalwindungen). Von europäischen Formen möchte ich Conus (Rhizoconus ?) vir- ginalis Brocchi damit in Vergleich bringen, eine oberitalienische plioeäne Art. (Man vergl. Sacco ]. ec. XIII, Taf. XI, Fig. 1—77, be- sonders aber Fig. 3.) Meine Stücke sind unten nur viel mehr einge- zogen, die Spiralstreifung reicht etwas weiter hinauf und die Spiral- kante ist viel schärfer. Das Gewinde aber ist überaus ähnlich in der Vorziehung der Spitze und in der Streifung: Spiralstreifung und bogige Anwachsstreifung. Das unvollkommene Exemplar in meiner ersten Abhandlung (1908) auf Taf. I (XXV), Fig. 18, hat eine gewisse Ähnlichkeit, ist jedoch etwas aufgebläht. Conus stenostoma Sow. aus dein „Miocän“ von Jamaica (Q. J. 1866, Taf. XVI, Fig. 2 könnte gleichfalls zum Vergleiche herbeigezogen werden. Bullina (Tornatina) af. cande: d’Orb. Taf. XXXI (OD), Fig. 24. Ein kleines, fast zylindrisches Schälchen. 22 mm lang und 1 mm dick, Gewinde kurz, etwas abgestuft, Mündung eng, unten erweitert und abgerundet (Außenrand leider beschädigt); Innenlippe unter dem Mündungssaume etwas vorragend. Die westindische Tornatina candei d’Orb. sp. (Tryon XV, Taf. L, Fig. 28, 29) dürfte eine nahestehende Form sein. — Leider sind gerade die Tornatinen desgroßen Bellardi-Saecoschen Werkes recht wenig gut in der Darstellung auf Taf. III (l. c. XXI. Teil) gelungen. Am ähnlichsten scheint mir die pliocäne Tornatina spirata Brocchi zu sein (l. c. Fig. 61). Oylichna (?) af. Cylichnella bidendata d’Orb. Taf. XXXI (I), Fig. 25. Nur ein 2 mm langes Schälchen, mit 1'’1 mm Durchmesser liegt mir vor. Die Mündung ist eng; am äußeren Mündungsrand leider beschädigt, erscheint sie unten etwas vorgezogen, mit Andeutung einer Falte. Zu unterst einige sehr feine Spirallinien, oben ein seichtes Grübchen, an dem die scharfe Außenlippe endet. Die in Vergleich gebrachte Form ist etwas stärker aufgebläht (TryonXV, Taf. XXVII, Fig. 9) und stammt aus Westindien. [25] Die jungtertiäre Fauna von Gatun am Panamakanal. 5ll Sacco (l. ec. XXII, Taf. IV, Fig. 33—36) bildet eine pliocäne Form ab, die sich nur durch eine am unteren Ende auftretende zarte Spirallinie unterscheidet. Eine deutlich biplicate Art wäre die Cylichnin« dertocrassa Sacco (ebend. Fig. 57—39), eine miocäne Art, welche jedoch ebenfalls einige zarte Spirallinien trägt, während mein Stückchen ganz glatt erscheint. Operculum (Sp. ?). Taf. XXXI (N) Ein kleiner, ziemlich derb gebauter Gastropodendeckel (Operculum) liegt mir vor, den zu bestimmen mir nicht gelang; 3:8 mm lang, 2:3 mm breit. Ich bringe ihn von beiden Seiten zur Abbildung. Die eine (Seite) ist flach, mit einer ganz seichten Furche, die vom winzigen Wirbelchen ausgeht. Die andere zeigt einen kräftigen, vom Wirbelchen abziehenden Wulst, mit zarter Querstreifung und gegen den Außenrand zwei kräftige äußere und drei feinere innere, im Sinne des Außenrandes verlaufende, schön gebogene, kantige Erhöhungen. Sacco (l. c. Natica Taf. VIII, Fig. 7a, 12a und 6) hat zwei Deckel von Natica zur Abbildung gebracht, und zwar von der plio- cänen Natica millepunctata Lamk. Die Innenseite (Fig. 125) ist über- raschend ähnlich, auf der Innenseite fehlt jedoch der so schön quer- gestreifte Wulst neben den Randfurchen. Man vergl. Nyst (Ann. Mus. Belg. IH, Fig. 5a, f). Auch A.v. Koenen hat Natica-Deckel zur Ab- bildung gebracht. (N. Jb., Beil.-Bd. II, 1882, Nordd. Miocän, Taf. V.) Fig. 3 von Natica Beyrichi v. Koen. mit zwei quergestreiften Wülsten, Fig. 8 von Natica Deneckei v. Koen. und Fig. 9 von Natica plicatella Bronn, die kleine Spiralwindung an der Außenseite kaum angedeutet, die kräftige, dicke Wulst ist nicht vorhanden. Auch beiS. V.Wood (Crag Moll. I, pag. 148, Taf. XVI, Fig. 9%c, f) finden sich Deckelstücke abgebildet von Natica multipunctata 5. Wood aus dem Cor. Crag. Das Stückchen Fig. 9/ zeigt innerhalb der rand- lichen Furche einen leicht angedeuteten Wulst. Fig. 26. 5 Fetrochirus cf. granulatus Olivier sp. Taf. XXX (Tl), Fig. 13. Nur ein Stück liegt mir vor, das in einem fest konkretionär gebundenen, feinsandig-tonigen Gestein eingeschlossen, sich nur schwer entblößen ließ. Mein Kollege, Prof. Dr. E. v. Marenzeller, war so freundlich, mich mit Herrn Prof. Dr. G. Pfeffer am Hamburger Museum zu verbinden, der mir mitteilte, dab das Stück „identisch, oder so gut wie identisch“ sei mit dem Paguriden Petrochirus granu- latus Olivier der westindischen Meere. Mittlerweile ist an unserem naturhistorischen Hofmuseum ein junger Fachmann, Dr. Pesta, ange- stellt worden, der mir zwei Petrochirus-Arten vorlegen konnte, ein mittelgroßes Exemplar der genannten Art von Rio de Janeiro und Petro- chirus californiensis Bond. aus der Bai von la Paz in Südkalifornien. Ich konnte mich von der Übereinstimmung mit Petrochirus granulatus Oliv. vollkommen überzeugen. Diese altbekannte Art, 1796 von Herbst als Cancer bahamensis, von Olivier 1818 als Pagurus granulatus 512 Franz Toula. [26] und von Stimpson (1858) als Petrochirus granulatus (Oliv. sp.) bezeichnet, wird von A.Aleock (Kat. of.the Ind. Decapod Crustacea, Oalcutta 1905, pag. 171) lebend angegeben aus Westindien, Florida, Brasilien und vom Kap der guten Hoffnung. Der mir vorliegende Rest weist beide Scherenfüße und zwei der Gehfüße der linken Seite auf. Das Größenverhältnis zu dem rezenten Vergleichungsstück läßt sich durch die Größe der Scheren- glieder des rechten, stärker entwickelten Scherenfußes angeben. Bei meinem Stück mißt die Hand (Propodit) bis zur Spitze des Index 42 mm, an dem Stücke von Rio de Janeiro aber nur 16 mm. Das Größen- verhältnis der rechten und linken Hand ergibt sich mit 42:34 mın. Die ganzen Metatarsen beider Scherenfüße sind wohlerhalten. Die Handoberfläche (die Unterseite ist in der Konkretion eingeschlossen) ist mit dem beweglichen Scherengliede (Dactylopodit) mit ansehnlich großen Höckern (bis zu 2 mm im Durchmesser) bedeckt, die im vorderen Teil auf der Höhe mit 3-11 kleinen Höckerchen besetzt sind. Zwischen diesen Höckern stehen vorne hie und da einfache kleinere Höcker, die auf den hinteren Gliedern (Carpopodit und Meropodit) immer häufiger werden. Auch die oberflächliche Gliederung nimmt am unteren Ende der Hand und auf den folgenden Gliedern eine einfachere Form an und solche einfache Höcker bedecken auch die Oberfläche der beiden erhaltenen Gehfüße. Dasselbe Verhalten zeigt auch das brasilianische Individuum, während die kalifornische Art nur einfache, aber gleichfalls ansehnlich sroßBe Höcker oder Pusteln aufweist. Eine fossile Art dieses amerikanischen Geschlechtes ist mir bisher nicht bekannt geworden. Herr Ingenieur Rowland hat dieses Stück nicht selbst aufge- funden, sondern von derselben Fundstelle (Gatun) erhalten. Krabbenscheren. Taf. XXX (I), Fig. 14. Mir liegen noch zwei Krabbenscheren vor, eine größere von 20:6 mm Länge und 16°5 mm Breite der Palma und eine kleinere (ohne den beweglichen Finger) von 94 mm Länge und 5°5 mm Breite, welche von derselben Art stammen dürften. Die Stücke dürften wohl in die Gruppe der Trapezideen gehören. Die Oberseite der Palma ist gewölbt, die Unterseite ist fast flach und mit einer flachen Mulde nahe dem Unterrande ver- sehen, die vom Finger der Hand ausgeht. Der Ober- und Unterrand sind scharf, der Oberrand trägt drei nach vorn gerichtete, stachel- artige Spitzchen, der unterste Stachel geht in eine scharfe Randkante über. Der Unterrand ist sehr fein und scharf granuliert bis an die Fingerspitze. Die Oberseite ist glatt und glänzend, gegen den Unter- rand zu mit feinen Körnchen dicht bedeckt. Die Unterseite ist mit länglichen, sehr winzigen Punsteln bedeckt. Am Innenrand des Hand- fingers konnte ich einen derben Zahn entblößen. Auch am Innenrand des beweglichen Fingers erhebt sich ein solcher Zahn. Der erstere wird an der Ober-, der letztere an der Unterseite sichtbar. 513 Die jungtertiäre Fauna von Gatun am Panamakanal. [27] on "DI ‘ JR], =T ee 1 FE Et (ant | 109 '90sf JyDlaffaı A) "Dods (£) vıp.waosp | 93 ST ITT Fe 1 Gay ua 3 Ayatofiarı) vods vpa] | = I el 73 — af ° " meWIOg IaAZ "ads € FT DI AT Je, pun eSmaıT Te] ET IS 1u09 pu4adsaa "(Ip 92.180 | %% —_ an | ; “pm '99ds mıwouF | 1% = I [een pw "oads (6) vınmwond | 08 SIE TI Je 21 “of u sısuaungod I & 6I 6-8 SORT Te ai " any wuoz.ıopr "SD (mnıssnup) 5 8I "LO J U8Ju9291 19uTo Jım yoIofsIoA "IT "DL “II IXXX JeL 7 A snunpfiygns ED IN: —_ ft a "pur "ads b gI ‘78 ‘gg "örd °E) EI ‘ZI USUOLEIENI[TIXOL, = av. anau ua Iq9laffelA) "ads # GI cg 'Ded ‘FI uONEIgsne[lIXe], 1 ; "faq sewuofppgufy FL SIMEIT TOT Ti " (aog L sııonıb 'T Jo) vaods * el („reg“) zog mnaöhıyd ‘Tg U8U9Z31 map MW YIOTBIOA 'E"SIL I) XXX FEL I “ds w snpmpnund cI 99 rd SIT SIEH, si IE nınoL sngDj5092a2] Ups | TI e "SLH ET TOT, 7 Shnis), var ae ee OmEon, Dun "pmoyL smunofıımynd4ado (d uapodınbap) * oI SS RSLTESHI STE] Si oynoL sısuaungDd (usrosdn]aguı) u9adI | 6 — ET en mads vuodame) | 8 — 7 FE IASEDADUISER N WE —_ (OEDEET. 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Hier treten auch noch über den Aptychenschichten Kössener Schichten auf und die kleine Mulde im Hauptdolomit ist nicht mehr deutlich. Noch weiter östlich in dem tiefen Graben gegen das Vilstal Fig. 3 sehen wir die Fleckenmergel unter den Hauptdolomit einschießen. Jenseits des Vilstales haben wir nach kurzer Unterbrechung durch den Schuttkegel des Gappenfeldbaches in klaren Umrissen die Fort- ‘setzung dieser Tektonik. Wir sehen das nördliche Gewölbe, das hier die Kreide und die Schubschollen der Ussernalpe trägt, und südlich daranstoßend die Gaishornscholle, welche aber hier eine deutlich gegen Norden über- kippte, gewölbeförmige Gestalt annimmt. Die Kreideserie und die Schubschollenzone greifen über beide Wölbungen hinüber. Wir erkennen daraus, daß die Störung an der Nordseite des Gaishornes keine weitausgedehnte ist, da sie gegen Osten rasch in kleine Verhältnisse übergeht. Die Gaishornscholle bildet nur den nördlichen Teil von drei sehr steil und eng aneinander gepreßten Schollen, welche durch die Gipfel Gaishorn, Rauhhorn und Kugelhorn bezeichnet werden. Von diesen drei Stücken zeigt nur das südlichste, welches den charak- teristischen Namen Kugelhorn führt, wenigstens im oberen Teil deutliche Gewölbeform. Im mittleren Stück herrscht saigere bis fächer- förmige Schichtstellung, im nördlichen steil südfallende. Zwischen Gaishorn und Rauhhorn zieht ein schmaler Streifen von Fleckenmergeln und Kössener Schichten in die Tiefe, zwischen Rauhhorn und Kugelhorn ist ein Keil von Fleckenmergeln und Haupt- dolomit eingeschaltet. In der Tiefe des innersten Vilstales erscheint gleichsam im Bauche des Kugelhorngewölbes eine Zone von Fleckenmergeln mit Schollen von Kössener Schichten und Hauptdolomit. Es ist wahrscheinlich, daß diese Zone in der Tiefe an der Öst- seite des Kugelhornes mit jener an der Scharte zwischen Kugelhorn und Rauhhorn in Verbindung steht, wenn auch der Zusammenhang nicht deutlich zu ersehen ist. Am Südflügel des Kugelhornsattels stellen sich über den Kössener Schichten Fleckenmergel, Doggeroolithe, Radiolarienschichten, Aptychenkalke und eine mächtige Kreideserie ein, in welch letztere eine Anzahl von schmalen Keilen von Aptychenschichten eingeschaltet sind. Im habe im Jahrbuch der k. k. geol. R.-A. 1909 auf pag. 320—321 zwei Profile durch diese Zone veröffentlicht. Die schmalen Keile von Aptychenschichten sind wenigstens teil- weise aus abgerissenen, übertriebenen, liegenden Falten hervorgegangen. Das erkennt man beim Verfolgen dieser Zone gegen Osten. Gleich am nächsten parallelen Seitengrat Fig. 5, welcher das kühn- geschwungene Horn der Rotspitze trägt, sehen wir einen mächtig ausholenden liegenden Sattel von Aptychenschichten und Radiolariten. Die düster roten und grünen Hornsteinkalke der Radiolarienschichten bilden den arg verkneteten und verzerrten Kern, um den die pla- stischeren, zäheren Aptychenschichten herumgeschlagen sind. 544 ‘ıBp 9zyLdsıeyulaIg A9p 3ssewgqnyag URJ0A8 A0p auıng s 9zytdsI0y ap [eyeg opusdarf 1aq 'uasswwquyag Laıp UoA Zunisse[Llapueurstagn] 19p 0A dunzjemaag/]) pun Zunzanydsqy ur y1fo} ‘© "31 “sasdjesiA WOA yaıpns ozyLdsgoy Iap aylasjsa Ay Aap Iydısuy PY9sLd0[093 ayasıyewmayag Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. Eu m mu na eg RR NIT EN NN 8 x N N FE N [14] [15] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 545 Der Aufbau der Rotspitze mit ihrem deutlichen, liegenden Sattel, welcher kräftig gegen Norden vorgeschoben ist, gibt die Grundformel für eine lange Zone von oberjurassischen Schichten, welche aus der Gegend östlich von Reutte (vom Urisee an) bis zu den stolzen Hörnern der Höfats streichen. Es ist ein nur selten und auf kurze Strecken unterbrochener Zug, welcher sich hier dem Stirnrande der großen Triasschubdecke vom Wildenkamm bis zur Gaichtspitze vorlegt. An der ganzen Strecke sind damit zugleich Streifen von Kreide- gesteinen verbunden und verfaltet. Von der Rotspitze ostwärts erscheinen die Faltungen und Schuppungen dieser jungen Schichtenzone äußerst eng gepreßt, flach niedergedrückt, linsenförmig ausgequetscht, gleichsam hart nieder- gebügelt. An der Rotspitze beginnt der Einsatz einer größeren, weiter- streichenden Sattelzone, welche sich dann zugleich mit dem Umbiegen gegen Südwesten immer mehr aufrichtet und mit dem annähernd saigeren Sattel der Höfats endet. Mit dem Umbiegen gegen Südwesten ist eine beträchtliche Anschwellung der Mächtigkeit besonders bei den normal sehr gering mächtigen Raliolariten zu verzeichnen. Diese sichtlich durch gewaltigen Zusammenschub und Ver- schweißung erfolgte Verdickung der Radiolarienschichten erreicht im Durchbruch des Hintersteiner Tales ihre größte Ausdehnung. Hier finden sich auch statt der sonst so wohl- und feingeschichteten roten und grünen Hornsteinkalke dicke, schichtungslose Massen von Horn- steinkalk, die in großen rauheckigen Blöcken verwittern. Diese hier kurz skizzierte tektonische Zone, welche mit der Höfats im Osten beginnt und sich bis zum Urisee östlich von Reutte hinzieht, hat ihr beinahe spiegelbildliches Gegenstück an der Südseite der Tannheimer Berge. Vom Urisee bis zum Einstein nördlich von Tannheim ist an den unteren Südhängen der steil aufsteigenden Tann- heimer Kette (Vilser Alpen Rothpletz’s) ein Schichtenstreifen ein- geschaltet, welcher ebenfalls aus eng und heftig verfalteten Radio- larienschichten, Aptychenschichten und Kreidegesteinen besteht. Im Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt 1909 sind mehrere Profile 17, 18, 19, 20 (pag. 31l und folgende) abgedruckt, welche ein Bild von den höchst innigen Verknetungen und Durchspießungen dieser Zone entwerfen. Die Gebirgsanschnitte sind hier durchweg sehr steil, so dab man die Einschaltung dieser tektonisch stark beanspruchten Gesteins- serie unter die großen, einfach gebauten Triasmassen der Tannheimer Kette klar erkennen kann. Zwischen der großen hangenden Trias- platte und dieser jungen Schichtzone stellen sich auch hier Schollen von Trias ein. So fremdartig und in der nächsten Umgebung unmotiviert das Auftreten dieser Schichtenzone an der Südseite der Tannheimer Kette ist, so deutlich ergibt sich im Verein mit der weiter südlich gelegenen Gegenzone die Erklärung für diese Erscheinungen. Beide Zonen mit ihren vielfältigen Verknetungen, Spießungen, Abscherungen, den mannigfachen Schollen sind nur verständlich als Jahrbuch d. k.k.geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Bd., 3. u. 4, Hft. (Hammer u. Ampferer.) 71 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [16] 546 ıl N I\ 7 | E 4 | ih I NIE - Mess jet Schreid Sg Ttelber, M WE E 2009 1820 FIR ng abrerT / J der Geprenspe. RTL nnheimer berg e WV-5 Fig. 6. Profil von der Gaichtspitze zur Tannbeimer Kette nach den Aufschlüssen der Westseite, Erklärung der Abkürzungen: 1 = Muschelkalk, 11 = Doggeroolith. ce = Große Scholle von gefaltetem 2 — Partnachschichten. 12 —. Aptychenschichten. Muschelkalk, Partnachschichten, 3 = Wettersteinkalk, eK eideschiefer mit.exbiechenide: Wettersteindolomit und Rauh- 4 = Raibler Schichten. röllen wacken. 5 — Rauhwacke und Mergel. d = Kleine Scholle von Wetterstein- 6 — Hauptdolomit. «a = Schollen von Partnachkalken und kalk. 7 —= Kössener Schichten. Schiefern. e = Schollen von Wettersteinkalk und 8 = Rote Liaskalke. b = Schollen von Dolomit, Rauh- Dolomit, Rauhwacken, Sand- 9 — Fleckenmergel. wacken, Sandsteinen und bitu- steinen und Mergeln (Raibler 10 = Radiolarienschichten. minösen Kalken (Raibler Sch.). Schichten). [17] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 547 Bildungen an der Basis einer großen Bewegungsmasse. Es ist die tektonische Verwebung von den jüngsten obersten abgeschürften Teilen des Untergrundes mit hergezerrten, aus dem Leibe der Schubmasse und aus der Tiefe gerissenen Stücken und Schollen. Eine tektonische Mischungszone großen Maßstabes verbindet somit die Tannheimer Kette mit der weit ausgedehnteren südlicheren Schubmasse. Die Schubschollenlandschaft der Ussernalpe stellt ein Stück des dazwischen noch erhalten gebliebenen Reibungsteppiches dar. Noch klarer ist der ehemalige Zusammenhang östlich von Nessel- wängle an dem Verbindungskamm zwischen Gaichtspitze und Tannheimer Kette Fig. 6 dargelegt. Wenn man von den übersichtlicheren Auf- schlüssen an der steileren Westseite dieses nordsüdlich streichenden Kammes ausgeht, so bemerkt man als Grundlage des sichtbaren Auf- baues ein von Sprüngen zerstücktes, etwas gegen Norden gedrängtes Gewölbe von Hauptdolomit, über welchem Kössener Schichten, teilweise rote Liaskalke, Fleckenmergel, Radiolarite und Aptychenschichten lagern. Die Radiolarite und Aptychenschichten zeigen besonders im Bereiche des Südschenkels lebhafte Schub- und Faltzeichen. Uber den Aptychenschichten sind noch stellenweise wenig mächtige Reste von Kreideschichten und Konglomeraten mit bunten exotischen Geröllen erhalten. Die Verfaltungen und Schuppungen der jüngsten Schichtglieder erreichen in der Gegend des Gaichtpasses ihren Höhepunkt. Hier legt sich dann von Süden her die gewaltige Triaskalk- masse der Gaichtspitze unmittelbar darauf. Sie besteht der Hauptsache nach aus hellem Wettersteinkalk, der bei Weißenbach im Lechtal von Raibler Schichten überlagert wird. An der Nordseite unterteufen Partnachschichten den Wetterstein- kalk, unter denen am Hornbergl (nordöstlich von der Gaichtsiptze) mächtige Muschelkalkschichten sich einstellen. Die Schichtserie der Gaichtspitze ergänzt sich gegen Osten ebenso rasch wie sie gegen Westen abnimmt. 2 km westlich vom Gaichtpasse sind sowohl der Wettersteinkalk als die Raibler Schichten zwischen Hauptdolomitmassen verschwunden. Auf dem Kammstück zwischen Gaichtspitze und Tannheimer Kette liegen nur eine größere Anzahl von kleineren und großen Schollen verschiedener Trias- und Juragesteine. Es sind Kalke und Mergel des Muschelkalks, Kalke und Tonschiefer der Partnachschichten, Wettersteinkalk und Dolomit, Sandsteine, Mergel, Kalke, Rauhwacken der Raibler Schichten, Dolomit- breecien, Radiolarienschichten und Aptychenschichten. Nur der Muschelkalk des Hahnenkamms bildet eine größere Scholle, welche auch eine teilweise lebhafte Faltung aufweist. Am östlichen Seitengrat des Hahnenkamms bemerken wir eine kleine, zusammengeklappte Mulde, deren Öffnung ostwärts gerichtet ist. Auch am Hornbergl tritt eine von Ost gegen West gerichte Faltung hervor, welche hier einen gegen West überkippten Sattel bildet. Die Scholle des Hahnenkamms steigt gegen Osten tiefer ab und zeigt sich entlang ihres Nordsaumes auf Rauhwacken und Sandsteine der Raibler Schichten aufgeschoben. 71* 548 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [18] Steil und tiefer eingefaltet als die Triasschollen sind die Radio- larienschichten und Aptychenkalke am Titzlberg. Nördlich dieses Kammstückes setzt die mächtige, steil nord- fallende Triasplatte der Tannheimer Kette in die Tiefe. Muschelkalk, Partnachschichten, Wettersteinkalk, Raibler Schichten, Hauptdolomit folgen hier regelmäßig übereinander. Gegen Osten rücken die Ränder der Tannheimer Kette und der Gaichtspitzscholle immer näher zusammen. In der Gegend des Uri- sees östlich von Reutte werden beide Züge nur durch eine schmale Zone vön oberjurassischen Schichten und Kreidegesteinen getrennt und von einer gewaltigen Hauptdolomitmasse übergriffen. Es ist auf Grund der heute vorliegenden Beobachtungen sehr naheliegend, in dem Profil Fig. 6 die Trias der Gaichtspitze mit jener der Tannheimer Kette zu verbinden und allgemein die Tannheimer Berge nur ais einen Teil der großen südlichen Schubmasse aufzufassen. Die Schollen zwischen den Erosionsrändern der Schubmasse in der Zone Reutte—Nesselwängle— Tannheim können nun entweder als Reste der von der Erosion zerstörten Deckenverbindung oder als Schubschollen an der Basis der Überschiebung gedeutet werden. Nach meinen bisherigen Beobachtungen sind diese Schollen besser als basale Schubschollen denn als Deckenreste verständlich. Dies tritt weiter westlich zum Beispiel in der Schollenlandschaft der Ussernalpe Fig. 4 deutlicher hervor, da hier die Schollen vor- herrschend aus Muschelkalk bestehen, während sowohl im Süden wie im Norden die Ränder der großen Schubmassen nur von Hauptdolomit zusammengesetzt werden. Die ältere Trias bleibt in den großen Schubkörpern schon weiter östlich zurück. Während also die Sippschaft der Triasschollen mit großer Wahr- scheinlichkeit als tektonisches „Grundgeschiebe* zu betrachten ist, sind die Verfaltungen und Schuppungen in den jüngsten Schichten des Untergrundes als mehr lokale Schürf- und Zerrwirkungen der darüber bewegten Massen anzusehen. Die Triasschollen und manche der oberjurassischen Schollen und Falten wären so gewissermaßen der weitergewanderten Grund- moräne, die Verfaltungen und Schuppungen im obersten Untergrunde den Bodenstauchungen eines Eisstromes zu vergleichen. Mit dem Kastenkopfe tritt der Querschnitt aus dieser reich- gegliederten geologischen Weltin den Bereich der einförmigen, vorzüglich von Hauptdolomit gebildeten großen Schubdecke ein. Einfache, weit- gespannte Faltung beherrscht die großen, ziemlich einheitlichen Dolomit- massen. Es sind ungenau ostwestliche Faltwellen, die hier vorliegen. Das Schwarzwassertal folgt einer Mulde, der Hochvogelkamm bildet zusammen mit der gewaltigen Hornbachkette eine breitmächtige Aufwölbung, an welche sich schon im Bereiche des Lechtales eine neue, tiefeingreifende Mulde anfügt. Aus dieser großen, in schwere, breite Wogen geworfenen Haupt- dolomitplatte sind an zwei Stellen, einerseits in der Westfortsetzung des Schwarzwassertales, anderseits im Bereiche des Hinterhornbach- tales, große, spitzwinklige Stücke herausgeschnitten. [19] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 549 Während der schmale nördliche Ausschnitt: sich nur bis in den Hintergrund des Schwarzwassertales verfolgen läßt, greift der viel breitere südliche bis ins Lechtal in die Gegend von Stanzach zurück. Aber nicht nur in den Dimensionen, sondern auch in der Tektonik und Schichtgruppierung sind zwischen diesen beiden Deckeneinschlitzen große Unterschiede vorhanden. Der schmale Einschnitt im Norden des hochragenden Gewölbes des Hochvogels ist charakterisiert durch eine vom Hauptdolomit bis zu den Aptychenschichten reichende voll- ständige Schichtserie, welche sich wenigstens an der Glasfelderscharte in regelrechter Weise an die heftig aufgefalteten Hauptdolomitschichten der Fuchskarspitze anschmiegt. Gegen Osten verhindern in der Tiefe des Schwarzwassertales mächtige Schuttmassen den Einblick in den Zusammenhang, im Westen in der Umgebung des Prinz-Luitpold-Hauses, Fig. 7, greifen bald kleine Überschiebungen ein, durch welche die lebhaft gefalteten Hauptdolomitschichten über einen Keil von oberrhätischem- und rotem Liaskalk und dieser wieder über Fleckenmergel und Radiolarite vor- geschoben erscheint. Im Hintergrunde des Hintersteinertales ver- schwindet diese Junge Zone und am Himmeleck ist nur in den Haupt- dolomitschichten des Wildenkammes ein Rest jener kleinwelligen Auffaltung zu erkennen. Die Nordgrenze dieser Einschaltung von jüngeren Schichten ist durchaus eine südfallende Schubfläche. Der hier angrenzende Haupt- dolomit zeigt sich’in schroffem Gegensatze zu den prachtvoll gefalteten, klaren Dolomitschichten der Fuchskarspitze und des Wiedenerkopfs (Fig. 7) großenteils strukturlos und feinbreceiös. Weiter ab von der Schubfläche tritt auch da wieder deutliche Schichtgliederung ein. Es ist wahrscheinlich, daß diese UÜberschiebung sich durch das Schwarzwassertal und über den Saldeinersattel bis in die Gegend von Stanzach im Lechtal fortsetzt. Nach den vorliegenden Beobachtungen dürfte diese Einschaltung Junger Schichten nördlich des Hochvogels nicht als ein Fenster, als ein Durchblicken des Untergrundes, sondern im Gegenteil als eine Einrollung, eine Niederzerrung der Hangendschichten der großen Hauptdolomitplatte aufzufassen sein. Die auffallend lebhafte kurzwellige Faltung, welche die Haupt- dolomitschichten knapp südlich der jungen Schichten des Glasfelder- kopfes zeigen, steht jedenfalls in engster Beziehung zu dem Vorgang der Einschaltung. Sie verrät gegenüber der weitgedehnten, groß- zügigen Architektur der Hochvogelgruppe einen schroffen Gegensatz und gibt ein ausgezeichnetes Bild einer ganz lokal begründeten Fältelung, einer Schichtzerknitterung wegen erhöhter Reibung beim Vormarsch der Schubmasse. Wahrscheinlich gab eine kleine Senkung des Untergrundes den Anlaß zu einer Einsenkung der Schubmasse. Die eingesenkten Teile wurden dann von Südosten her teilweise überwälzt und heftig gepreßt. Die jungen Schichten, welche nach dieser Auffassung ins Hangende der Schubmasse gehören, wurden durch die Einsenkung und Ein- rollung vor der Abtragung bewahrt, welche dieselben sonst weit und breit von der Hauptdolomitdecke entiernt hat. O1 a em) Zunypezuapyy arregqat drq -puis uogqoqosıoqn pun Iqasyanbossne SSTLHAUONOA1IS Ofafam USFUIINIS J9Usssoy LaydlaM Iap azuaın 1ap UB IOBILLO uaIyorgosjwojopzduer Op "SIı ’ - -[DBoasof woA yaısompaou sJdogıeuspeıM sap ayurysO AP YUDISIIY ayosı3oj0ad ayasıyemagag ' a V-5 "SROp- Proch. nr Kur Otto Ampferer und Wilbelm Hammer. [20] LUD PP Je Sfyayıouspay E32 aYU 07, S750 2 I 5 d 5 > 7 LTR [21] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 551 Ganz anderen Verhältnissen begegnen wir in den tiefen Ein- schnitten des Hinterhornbachtales. Hier liegt in wunderbar klaren, einfachen Umrissen ein gegen Westen geöffnetes Fenster der großen Hauptdolomitschubmasse vor, unter der weithin Fleckenmergel, seltener Liaskalke, oberrhätische Kalke und Kössener Schichten zum Vorschein kommen. Wir haben da vielleicht das deutlichste und am besten aufgeschlossene Fenster der nördlichen Kalkalpen vor uns. Es kommt dies dadurch zustande, daß sowohl die Decke als auch der Untergrund jeweils fast ausschließlich von einer Gesteinsserie gebildet werden, welche außerdem in jeder Richtung große Verschiedenheiten aufweist. Unten haben wir die weicheren, der Vegetation freundlichen liasischen Fleckenmergel, oben die rauhgestuften und schroffverwitternden Haupt- dolomitbänke. Der landschaftliche Eindruck dieser beiden Regionen wird durch die großen Räume, welche beiden zur Verfügung stehen, und die monumental einfache Architektur der flach gegen Westen ansteigenden Grenzlinien ausgezeichnet gehoben. Das schöne Hinterhornbachtal ist mit seinen Seitengräben fast allenthalben tief in die Fleckenmergelzone eingeschnitten. Nur am Eingang des Tales, bei Vorderhornbach, verläuft der Bach im Haupt- dolomit der hier tief herabgesunkenen Hornbacherkette, während sich die Fleckenmergelzone höher oben am nördlichen Berghang noch bis ins Lechtal bei Stanzach hinzieht. Der Anschnitt der Schubfläche, welcher das Fenster umrandet, zeigt einen beträchtlichen Anstieg von Osten gegen Westen. Im Lechtal gegenüber von Stanzach steigt die Schubfläche in zirka 935 m unter das Lechbett hinab. Im Westen liegt dieselbe am Hornbacherjoch bei 2023 m, am Kanzberg bei 2016 m, an der Westseite der Jochspitze bei 2216 m, am Grat südlich des Kreuzecks bei 2340 m, am Märzle bei 2201 m Höhe. Das ergibt im Durchschnitt auf eine Strecke von 13—17 km ostwest- licher Erstreckung einen allerdings nicht gleichmäßigen Anstieg von zirka 1100—1300 ın. Die Fleckenmergelschichten nehmen im allgemeinen flache, leicht verbogene Stellungen ein, sind jedoch besonders in dem engen öst- lichen Teil des Fensters von einer kräftigen Kleinfältelung durch- drungen. Über den meist sehr steilen Lehnen und „faulen Wänden“ der Fleckenmergel thronen dann allenthalben die mächtigen Hauptdolomit- bauten der großen Schubdecke. Die Dolomitschichten ruhen durchaus mit einer glatten, scharfen Schubfläche den Fleckenmergeln auf und es ist mir bisher nicht ge- lungen, mit Sicherheit irgendeine fremde Zwischenschichte entlang der weithin offen zutage liegenden Schubgrenze zu erkennen. Es gilt dies sowohl für den nördlichen als auch den südlichen Fensterrahmen. Vergleicht man dieses auffallende Fehlen der Radiolarite, Aptychenschichten und Kreideschiefer im Gebiete des Fensters des Hinterhornbachtales mit der gewaltigen Anhäufung und Zusammen- faltung in der Höfats-Schneck-Rotspitzzone, so entsteht die Vor- stellung, daß wir in dieser letzteren Zone die weiter süd- und ost- wärts abgeschürften obersten Lagen des Untergrundes aufgespeichert vor uns haben. 552 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [22] Was im Bereiche des Fensters des Hinterhornbachtales an Oberjura und Kreide fehlt, liegt wenigstens zu großem Teil in dieser Schürfzone vor der Stirn der großen Schubdecke angehäuft. Wir haben schon früher darauf hingewiesen, daß auch der Aufbau dieser eigenartigen Zone mit ihren kühnen Grasfelshörnern dieser Auffassung zustimmt. : Die Hauptdolomitsehichten bilden über das Fenster hinweg, wie schon erwähnt wurde, ein weitgespanntes Gewölbe. Dieses Gewölbe verengt und versteilt sich gegen Osten. Gegen Westen wird es sehr breit und hat eine leicht wellig verbogene Scheitelzone. Hier ist am Kanzberge und an der Jochspitze ein fast ganz abgetrenntes Stück des Scheitels zwischen Hinterhornbach- und Jochbachtal erhalten, welches nur noch mit einer schmalen Dolomitfaser an dem breiten Massiv ‚der Wilden hängt, sonst aber allseitig frei auf den Fleckenmergeln schwimmt. So besitzt das Fenster des Hinterhornbachtales auch noch einen ganz ausgezeichnet erschlossenen Deckenzeugen. Neben diesem großen Deckenrest sind noch am Grat zwischen der Hornbachkette und dem Kreuzeck sowie im Marchkar kleine Dolomitschollen auf dem Fleckenmergelsockel erhalten, welche von G. Schulze und C. A. Haniel zuerst festgestellt und kartiert wurden. Im Süden des Fensters von Hinterhornbach senken sich die mächtigen Schichttafeln des Hauptdolomits wieder ziemlich steil süd- wärts ab. Es ist eine außerordentlich starke Hauptdolomitplatte, welche hier vorliegt und aus welcher die stolzen Gipfel und die weiten Kare der Hornbachkette herausgemeißelt sind. Die überaus große Mächtigkeit der Hauptdolomitschichten läßt schon von vornherein eine mehrfache Ubereinanderlagerung der Schichten vermuten, für welche wenigstens im westlichen Abschnitt auch unzweideutige Be- weise vorhanden sind. Zu beiden Seiten des nördlich von Holzgau tief eingeschnittenen Höhenbachtales sehen wir die südfallenden Hauptdolomitmassen durch eine Verschiebung zerlegt, an welcher eine stark zerquetschte junge Schichtzone eingeschaltet erscheint. Diese Einschaltung reicht vom Südwestgehänge des Ramstallkopfes bis zum Südabhange des Biberkopfes und umfaßt Plattenkalk, Kössener Schichten, oberrhätische Kalke, rote Liaskalke, Fleckenmergel und Gosauschichten. Die Gosauschichten sind auf den Bereich südlich des Hohen Lichts beschränkt. C. A. Haniel hat diese Zone zuerst genauer geologisch erforscht und das Vorhandensein der Gosauserie erkannt. | Wie schon bemerkt, verliert die in der Nachbarschaft des Hoheı Lichts sehr mannigfaltige und interessante Einschaltung sowohl gegen Nordosten als auch gegen Südwesten im Streichen ziemlich rasch ihren jüngeren Schichtinhalt und es legt sich weiterfort nur Dolomit auf Dolomit. Diskordanzen in der Schichtstellung und brecciöse Strukturen lassen sich aber noch beiderseits weiterhin nachweisen. [23] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 553 Der Bau der Einschaltung ist ziemlich kompliziert, wenn man auch stets feststellen kann, daß die Schichtfolge das regelrechte Hangende der nördlichen Hauptdolomitschuppe (Kamm: Biber- kopf—Hohes Licht—Mädele Gabel—Krottenkopf) ist und von Süden her überschoben wurde. Bezüglich der Einzelheiten dieser Zone sei auf die gründliche, jüngst erschienene Arbeit von ©. A. Haniel (Die geologischen Verhältnisse der Südabdachung des Allgäuer Haupt- kammes und seiner südlichen Seitenäste vom Rauhgern bis zum Wilden. Zeitschrift der Deutschen Geologischen Gesellschaft, Bd. 63, Jahrgang 1911, Heft 1) verwiesen. Wie man aus dieser Einschaltung erkennt, dürfte wohl die ganze große Dolomitmasse der Hornbachkette durch eine Übereinander- schiebung von zwei Schollen ihre gewaltige Mächtigkeit erlangt haben, ‚wobei allerdings meist Dolomit auf Dolomit gelegt wurde. Diese Überschiebung dürfte nach ihrem Auftreten nur eine lokale Bedeutung und geringe Dimensionen besitzen. N Ob die jungen Schichten größtenteils schon vor der Über- schiebung abgetragen waren oder erst durch den Schubvorgang ab- geschoben wurden, habe ich nicht entscheiden können. Wahrscheinlicher ist mir bei der starken Beanspruchung der ganzen Zone eine tektonische Entfernung. Die Schichten dieser durch den Gehalt von Gosau charakteri- sierten Einschaltung gehören ebenso wie jene der Einrollungszone nördlich des Hochvogels ins Hangende der großen Hauptdolomitplatte. Daß auch hier der Ablagerung der Gosauschichten eine starke Erosion vorausgegangen ist, beweisen die oft ziemlich groben Breceien und die Auflagerung der Gosau auf die Fleckenmergel. Die Radiolarien- und Aptychenschichten, vielleicht auch noch Kreidegesteine, sind schon vorher zerstört und weggeführt worden. Die Hauptdolomitschuppe, welche diese Gosaueinschaltung von Süden her überschiebt, zeigt einen regelmäßigen Schichtbestand bis zu den Aptychenschichten, über welchen die ebenfalls von C. A. Haniel erforschten senonen Kreideschiefer von Holzgau lagern. Diese Schichtgruppe ist zu einer tiefen Mulde verbogen, in deren Kern die gerade genannten Kreidegesteine ruhen. Zu beiden Seiten des Höhenbachtales ist sehr gut zu sehen, wie diese Schichtenscholle von Längs- und Quersprüngen zerschnitten und verschoben wird. In der Gegend westlich des Höhenbachtales erreichen diese kleineren Verschiebungen und Stauchungen den leb- haftesten Ausdruck. Daß auch ostwestliche Bewegungen mitbeteiligt sind, erkennt man an der schönen liegenden Falte in der Nordwand des Kammes Muttekopf— Wildmahdspitze. Die Stirn dieser Falte aus Kössener Schichten und oberrhätischen Kalken ist gegen Westen gekehrt. Außerdem erscheint die Kreidemulde von Holzgau in ihrer Fortsetzung gegen Osten nördlich der Mündung des Sulzeltales um mehr als I km gegen Norden verschoben. Die Ursache dieses Ver- schubes ist in dem Vorstoß der nördlichsten Hauptdolomitschubmasse der Lechtaler Alpen zu suchen, welche hier auf die Nordseite des Lechs herüberdringt. Jahrbuch d.kk.geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Bd., 3. u. 4. Hft.(Ampferer u. Hammer.) 79 554 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [24] Die Kreidemulde von Holzgau taucht gegen Westen unter die eben genannte Schubmasse hinab, während sie gegen Osten bis in die Gegend von Elbigenalp fortstreicht. Als Muldenform erst noch mit einem Oberjurakern, später nur mehr mit Fleckenmergeln, läßt sich diese Zone trotz einer neuerlichen Nordverschiebung in der Gegend von Namlos bis ins Lermooser Becken verfolgen. Lechtaler Alpen. Die Lechtaler Alpen werden von dem Querschnitte westlich von ihrer höchsten Erhebung der Parseierspitze, aber noch immerhin im Bereiche von hohen und stolzgeformten Gipfeln durchbrochen. Insbe- sondere sind es die kühn und eigenartig gebildeten Häupter der Freispitz- und Wetterspitzeruppe, welche diesem erst in jüngster Zeit genauer erforschten Gebirge weithin lesbare, sehr charakterische Linien geben. Das Hauptprofil übersetzt den Lech in der Gegend von Stockach und folgt nun dem schöngeschwungenen Kamme, welcher das tief eingeschnittene Sulzeltal an der Ostseite bis zum Gipfel der Feuer- spitze begleitet. Das erste größere tektonische Element, das uns hier begegnet, ist ein sehr mächtiges, ungleichseitiges Gewölbe aus Haupt- dolomit mit einem Kern von Rauhwacken und Dolomitbreccien. Eine deutliche Gewölbeumbiegung ist im Bereiche des Querschnittes weder in den Hauptdolomitschichten, noch in dem meist äuberst heftig ver- drückten Kern zu sehen. Trotzdem ist die Auffassung als Antiklinale die nächstliegende. Der Nordflügel ist hier viel mehr tektonisch beansprucht als der ruhig steilgeschichtete Südflügel. Der Kern, der meist nur aus Rauhwacke und Dolomitbreecien besteht, bringt weiter östlich jenseits der Mündung des Alperschontales einen ziemlich ausgedehnten Streifen von Gips zutage, welcher schon seit längerer Zeit im Abbau steht. Das hier besprochene Gewölbe läßt sich auf etwa 50 m Entfernung von der Gegend des Schachtkopfes südlich von Biberwier bis an das Nordgehänge des Pimits westlich von Steeg im Lechtal verfolgen. Hie und da treten im Innern dieses Zuges unzusammenhängende Linsen von Rauhwacken und Breceien auf, zu denen öfters auch Gips hinzutritt. Der unmittelbar an der Fernpaßstraße nördlich von Nassereith gelegene, heftig gefaltete Gipsstock gehört ebenfalls der Kernzone dieses Gewölbes an. Es ist sehr wahrscheinlich, daß die Rauhwacken und Gipszonen zu den Raibler Schichten gehören. Während diese Antiklinale im Osten am Abbruch des Mieminger Gebirges ganz unvermittelt beginnt, endet dieselbe im Westen von Steeg mit einem gegen Nordwesten geschlossenen Sattel. An zwei Stellen, einerseits zwischen Obergiblen und Schönau, anderseits bei Steeg, tritt diese Hauptdolomitmasse auf die Nordseite des Lechtales über, wobei sie mit einer Schubfläche auf jüngeren Schichten .r [25] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 555 aufrukt. Diese Schubfläche scheint keine große Bedeutung zu haben, da sich östlich von Elbigenalp wieder mehr regelmäßige Lagerungen an den Nordflügel unserer Antiklinale anschließen. Trotzdem zeigt der auf der Nordseite des Lechtales nördlich von Stockach lagernde Vorposten dieser Schubmasse eine mehrfache innige Verfaltung und Verkeilung von Hauptdolomit, Plattenkalk und Kössener Schichten, wie sie für die Stirnregion von Schubmassen charakteristisch ist, welche eine große Reibung zu überwinden hatten. Es ist nun interessant zu sehen, daß dieser vorspringende und so verfaltete Teil der Schubmasse die schon oben beschriebene Kreide- mulde von Holzgau in seinem Bereiche um zirka 1 km weiter nach Norden verschoben hat. Der Vorsprung der Hauptdolomitmasse ent- spricht genau der auffallenden Knickung der Kreidemulde nördlich von Stockach. C. A. Haniel hat in seiner jüngst erschienenen Arbeit (Die geol. Verhältnisse der Südabdachung des Allgäuer Hauptkammes und seiner südlichen Seitenäste vom Rauhgern bis zum Wilden. Zeit- schrift der Deutschen Geol. Gesellschaft 1911, Bd. 63, H. 1) auf seinem tektonischen Übersichtskärtchen unsere hier beschriebene Antikline als „Burkopfschuppe* bezeichnet. Im Süden schließen sich im Bereiche des Querschnittes nun eine ziemlich breite und tiefe Mulde und ein Sattel an, welche mehrere kleinere Auffaltungen in sich enthalten. Die Mulde wird im allge- meinen in regelmäßiger Aufeinanderfolge von einem Schichtsystem ausgefüllt, dessen höchste Teile zum Genoman oder zu noch jüngeren Kreideschichten gehören. Im einzelnen zeigt diese Mulde jedoch gar manche Unregelmäßigkeiten, welche hauptsächlich durch eine mächtige, darauf aufgeschobene Schubdecke herbeigeführt wurden. Die Kössener Schichten, welche in reicher Entwicklung über dem Hauptdolomit folgen, zeigen besonders im Bereiche des Nord- flügels der Mulde unregelmäßige Auflagerungen. Auf die mächtige, durch Zusammenschub erzeugte Verdickung unterhalb des Tajakopfes folgt dann eine auffallende Verdünnungs- zone im Bereiche des hinteren und vorderen Sonnenkogels. Die Schichten des darunter lagernden Hauptdolomitgewölbes stoßen sowohl im Streichen als auch senkrecht dazu diskordant gegen die Kössener Schichten ab. Das ist besonders deutlich an den Nord- abhängen der beiden Sonnenkögel gegen das Lechtal zu sehen. Knapp unter dem Gipfel des hinteren Sonnenkogels ist sogar eine stark gefaltete Scholle von Aptychenkalk direkt der Hauptdolomit- basis aufgesetzt. Man hat hier den Eindruck, daß die Kössener Schichten und über ihnen wohl auch die anderen Jüngeren Schichtgruppen unter der Last der darüber bewegten Schubmassen teilweise von ihrem Untergrund abgeschürft und abgezerrt wurden. Die Verfaltungserscheinungen sind innerhalb der Kössener Schichten besonders im Hintergrunde des Sulzeltales besonders schön und in großartigen Dimensionen entwickelt. Uber den Kössener Schichten folgen nun im Bereiche dieser Mulde und des nächst südlicheren Sattels nicht wie gewöhnlich in den Lechtaler Alpen oberrhätische Kalke (oberer Dachsteinkalk) mit eng darangeschweißten roten Liaskalken, sondern es bauen sich darüber 12* T 556 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [26] sraue, wohlgeschichtete Kalke mit schwarzen Hornsteinen auf. Über diesen kommen dann erst die typischen, vorzüglich mittelliasischen Fleckenmergel. In die Fleckenmergel ist eine Zone von Mangan- schiefern eingeschaltet, welche jedoch bei weitem nicht die Mächtigkeit wie in den Allgäuer Alpen erreicht und nur streckenweise entwickelt erscheint. Uber den Fleckenmergeln kommen die Hornsteinkalke und Aptychenschichten. Uber den letzteren ist dann noch stellenweise eine sehr mächtige Gesteinsfolge von Sandsteinen, feinkörnigen Konglomeraten, Pflanzensandsteinen, Hornsteinbreccien, schwarzen Schiefern, hellfarbigen, seidenweichen, dünnblättrigen Mergeln... vorhanden. An einigen weiter östlich gelegenen Stellen wurden in dieser Gesteinsreihe Sandsteine und Konglomerate mit Orbitulina concava Lam. gefunden. (Vergleiche den Fundbericht darüber in den Verhandl. der .k. k. geol. R.-A., Wien 1910, Nr. 2.) Es ist selır wohl möglich, daß sich über dem Cenoman noch jüngere Kreideschichten befinden, doch ist bisher kein sicherer Anhalt dafür gewonnen worden. Es erscheint dies aber umso wahrscheinlicher, als sich hier ganz ähnliche Mergel finden wie in der Kreidemulde von Holzgau, in welcher von C. A. Haniel senone Foraminiferenmergel nach- gewiesen wurden. Wie man aus dem Vergleich des Hauptprofils mit den Neben- profilen erkennt, ist der Inhalt dieser Mulde in ziemlich benachbarten Schnitten ein recht verschiedener. Es kommt dies daher, daß gerade in diesem Teil der Lechtaler Alpen zu der Nord-Südfaltung eine nahezu ebenso kräftige Ost-Westfaltung hinzutritt. Wie das beistehende Profil Fig. 8 zeigt, haben wir es mit hochwogenden Verbiegungen zu tun, welche jedoch auch die auflagernde Schubmasse mitbetroffen haben, also jünger als die Aufschiebung sein müssen. Ein schönes, weithin sichtbares Beispiel für diesen ostwestlichen Faltenwurf bilden die Oberjuraschichten des Tajakopfes, welche wie ein Sattel auf dem nordsüdlich streichenden Fleckenmergelrücken sitzen. Die jüngsten Schichten der Kreideserie dürften auch hier wie sonst in den Lechtaler Alpen nur durch die Bedeckung mit mächtigen Schubmassen vor der Abtragung gerettet worden sein. Noch stärker verbogen im einzelnen als die eben besprochene Mulde ist der südlich daran geschlossene Sattel. Der Kern aus Hauptdolomit ist wegen seiner tiefen Lage nur an wenigen Stellen aufgeschlossen. Darüber folgt nun wieder die eben besprochene Schichtgruppe, wobei besonders die Kössener Schichten durch ihren lebhaften, oft geradezu auflodernden Faltendrang hervor- treten. Im Hintergrunde des Sulzeltales ist der Sattel auf der Ostseite durch Einschaltung einer schmalen sekundären Mulde doppelköpfig ent- wickelt. Im Bereich des Südschenkels dieses Sattels treten auch hier die Kreideschiefer wieder auf. Sie sind in der intensivsten Art mit Hornsteinkalken, Aptychenschichten und Fleckenmergeln verfaltet und verkeilt. [27] Geologischer Qnerschnitt durch die Ostalpen. Son Die beistehende Skizze der Nordwand der Wetterspitze Fig. 9 gibt ein Bild dieser interessanten und in den hohen, nackten Felswänden wunderbar erschlossenen tektonischen Verschlingungen und Zer- reißungen. Hier ist bei der häufig sehr schwierigen Zugänglichkeit und den ungünstigen Schneeverhältnissen die vollständige Entzifferung aller Stellen noch nicht zum Abschluß gebracht worden. Eine genaue tektonische Analyse kann hier nicht gegeben werden, dieselbe bleibt der geologischen Beschreibung der Lechtaler Alpen vorbehalten. Hier sollen nur einzelne, besonders wichtige Grundzüge kurz angedeutet werden. Die Motivierung für die so stark gesteigerte Innigkeit der Fal- tungen, für die häufigen Wiederholungen und Einschaltungen von Streifen, Schollen und Keilen älterer Gesteine in jüngere Schichten, Fig. 8. Yıladtaler 50 TEE ch Ir TE Sonnerkegel a Ip. ZIEH R AIR) Das Profil zeigt die starke ostwestliche Faltung in dem Gebirge südlich von Holzgau, welche auch die Schubflächen betrifft. i — Hauptdolomit. -— 2 —= Kössener Schichten. — 3 — Liashornsteinkalke. — 4 — Fleckenmergel. — 5 = Radiolarienschichten. — 6 — Aptychenkalke. — 7 = Kreideserie. für die vielfachen Zerreißungen, Ausquetschungen und Anhäufungen besteht in dem Vordrang einer mächtigen Schubmasse, welche den stolzen Keil der Wetterspitze vor sich her sendet. Während die Skizze der Wetterspitznordwand einen ost-westlichen Anschnitt dieser Zone liefert, bringt die Skizze der Ostflanke der Guflespitzen Fig. 10 einen nordsüdlichen Schnitt durch dieselbe Zone. Auch dort sehen wir dieselbe Schubmasse an der Basis mit einer liegenden Falte von Hauptdolomit gegen Norden vordrängen und ein Durcheinander von Schollen und Schuppen vor sich her treiben. Die Wirkung des Vordringens einer Schubmasse auf ihre eigenen Schichtlagen und auf die Komponenten ihres Untergrundes und Ver- bandes ist in geradezu ausgezeichneter Klarheit und bis in die feinsten Details lesbar an diesen steilen Berghängen verzeichnet. Wir erkennen, wie die liegende Fußfalte der Schubmasse durchaus nicht durch eine Fernwanderung, sondern lediglich durch die große 558 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [28] Reibung an der Basis zustande kommt, welche die untersten Schichten. mehr betrifft als die darüber folgenden. Die vordersten und untersten Schichtlagen bleiben etwas zurück und werden dadurch zu einer Falte verzerrt, während die hangenden Zonen ungefaltet vorwärts gelangen. Es hat diese Erscheinung manche Ahnlichkeit mit dem Fließen von Lava-, Schlamm- oder Eisströmen, wo auch die unteren Lagen wegen der gesteigerten Reibung von den höheren überholt, überschoben oder überwälzt werden. Dagegen kommen jene zum Beispiel im Hoch- vogelgebiete so lebhaft ausgebildeten Faltungen der ganzen Stirnregion von einem Widerstande her, welcher der ganzen Masse mehr gleich- mäßig entgegentritt. Der Untergrund und das Vorland einer Schubmasse wird in sehr kräftiger Weise deformiert. Einerseits finden Abschürfungen, Aus- walzungen, Verdünnungen von einzelnen Lagen statt, anderseits werden die mitgeschleppten Schollen und Keile wieder abgelagert, mit anderen Schichten verknetet, verfaltet, verkeilt oder es werden einzelne Schichten durch Zusammenschub örtlich verstärkt. Man kann geradezu von einer tektonischen Abtragung und einer tektonischen Ablagerung sprechen, die entlang der Schubflächen vor sich geht. Aus dem Vergleich der beiden senkrecht zueinander orientierten Schnitte geht auch hier wieder deutlich her- vor, daß neben der Nord-Südbewegung noch eine kräftige Ost-West- bewegung sich bis zu den kleinsten Details hinab ausdrückt. Zu erwähnen wäre hier auch, daß sich an der Südwand der Wetterspitze große, saiger stehende, ostwestlich streichende Rutsch- flächen befinden, welche mit annähernd horizontalen Rutschstreifen sraviert sind. Auch die Schubmasse, welche diese Schürfungs- und Mischungs- zone unter und vor sich liegen hat, erscheint in der Ostwestrichtung stark verbogen. Die Zusammensetzung dieser nun zu schildernden Schubmasse ist eine ziemlich komplizierte. Wir haben einerseits eine mächtige untere Hauptdolomitmasse und anderseits darüber eine sehr mannig- fach verbogene und verfaltete jüngere Schichtenzone. Die untere Hauptdolomitmasse erreicht in der Gegend unseres Querschnittes eine sehr bedeutende Mächtigkeit und sie baut hier einen schönen, mächtigen Berg, die eisgekrönte Vorderseespitze, allein auf. Bei flüchtiger Betrachtung scheint der Bau dieses Systems von meist steil gegen S einfallenden Hauptdolomitschichten ganz einfach zu sein. Durch sorgfältige Kartierung der Schichtstellungen läßt sich aber feststellen, daß hier 4—6 einzelne, selbständige Schuppen vorliegen, die gegeneinander wahrscheinlich nur um geringe Beträge verschoben sind. Charakteristisch für diese Verschiebungen ist aber die Ausbildung von kleinen Stirnfalten an den Schubflächen, wie wir eine solche, die nördlichste dieser Schar, im Hintergrunde des Sulzel- tales etwas näher betrachtet haben. Am schönsten ausgebildet und aufgeschlossen sind diese Stirn- falten unserer Hauptdolomitschuppen am Westgehänge der Aple Plaiß- spitze gegen das Kaisertal hinunter. Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 559 [29] ugula} U9Jung TOA 9U07Z = 6 "9A[PAUL9ISU10]] 9J0Y = 4 [81a Y pun autos 'oyfeyusjsutog aunıg = M-0 "aoyelowo[Zuoy yerugpädy — 9 BJRCKEIIERSN: -paeg BEIEIL EIS pam = 8 [98.19 WU9y99LJ ={G [oBıam 9ZIeanyIS — 4 "Oyjeyursjsuiogsei] = % "N[EYUIL9ISYIBAT 191940 pun [ey] AOyd9syequmgO = 4P "uaIqaIyag A9uassoyf — I N GL —E -Sungyary daydıf -JS9MJSO UT uadungqaIyag pun uaduny]e T 9IJeyqa”T O0 c ch, . ‘azy1ds19379 M A9p pueMpıoN AOp IyaIsuy 9y9sı80[098 ayasırewaudg ‘6 SI 560 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [30] Hier sehen wir zwischen den einzelnen Hauptdolomitfalten die auflagernden Kössener Schichten tief mit eingefaltet und mit hinein- gezogen. Selbst in dieser so eng und streng nordsüdlich zusammen- gepreßten und zusammengeschobenen Masse fehlt es nicht an deutlichen Zeichen für ostwestliche Bewegungen. So sehen wir in der Nordwand der schon erwähnten hochaufragenden Vorderseespitze die Haupt- dolomitschichten eine kräftig ausholende, ostwestliche Faltenschlinge beschreiben. Im Hintergrunde des Alperschontales bilden die dichtgedrängten Hauptdolomitschuppen eine weite Hochfläche, die sogenannten Knappen- böden. Diese auffallende, große, flachgewölbte Felsfläche dürfte da- durch entstanden sein, daß sich mehrere nebeneinanderliegende Kare durch Zerstörung ihrer Scheidegrate in eine gewaltige Karfläche ver- einigten. Auf diesen Hauptdolomitschuppen ruhen nun im Bereiche der Feuer- und Aple Plaiß-Spitze lebhaft gefaltete jüngere Schichten. In dem genannten Gebiete beteiligen sich daran Kössener Schichten, oberrhätische Kalke, rote Liaskalke, Fleckenmergel und Hornsteinkalke. Durch das starke Hervortreten der oberrhätischen- und roten Liaskalke unterscheidet sich die Schichtausbildung dieser Mulde von der vorher beschriebenen. Während nun aber im westlichen Teil die Hauptdolomitmasse nur eine schmale und dünne junge Zone trägt, verbreitert und ver- stärkt sich die letztere gegen Osten gar sehr und erreicht in dem Kammstück Freispitze—Rotplatte—Rotspitze ihre größte und mannig- faltigste Entwicklung. Im Westen an den Aple Plaiß-Spitzen finden wir nur eine äußerst lebhafte Faltung der Kössener Schichten, auf denen die kühnen Gipfel- türme aus oberrhätischen Kalken (mit einer Spur von rotem Liaskalk) wie Schiffe auf hohen Wellen tanzen. An der Feuerspitze beteiligen sich schon alle Schichten bis zu den Hornsteinkalken und es zeigt sich die Ausbildung einer doppelten Falte. Die oberrhätischen Kalke sind in den Biegungen dieser Falten vielfach zerbrochen, zerrissen und zu einer Perlenschnur aufgelöst. Während bei den Aple Plaiß-Spitzen noch von Süden her eine zusammenhängende Hauptdolomitschuppe bis in. die Gipfelregionen hinaufreicht, treffen wir auf dem Plateau der Feuerspitze am Südeck eine kleine, ganz isolierte Decke von arg zerdrücktem Hauptdolomit, welche auf Fleckenmergel ruht. N) Man wird nicht fehlgehen, in diesem Überschiebungszeugen den letzten Rest der einst viel weiter nordwärts vorragenden Schuppe der Vorderseespitze zu suchen. Noch interessanter war die Auffindung einer etwas größeren Schubdecke von Hauptdolomit am Gipfel der Rotplatte. Auch dieser hochgelegene, völlig isolierte Rest dürfte in ähnlicher Weise mit einer benachbarten südlichen Hauptdolomitschuppe in Verbindung gestanden haben, wenn diese Schuppen auch heute im Süden der Rotplatte nicht gegen Süden, sondern widersinnig gegen Norden einfallen. Jedenfalls 56l Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. [31] "uojydıyasuaraejoıpey pun ‘ BEIEINGELEDBEIGI oyfeyuoydKydy — oyfeaser] 9901 "WLOwuamaLT = LI NBı1d pun A9J9Lyag 'Oyfegulsisuiopg 3407 = "u9uloJs "31198 adıpIas ayaIem au — 6 Be = -LIOH uaIzfeMadsne JIm ofloylesf = TI -9pIoıy -LOyuRqutage Oy[eAUISIsWIogSer] — "aLIas [ [33.19 -pues ur 19J919g "U9JUIIOS A9uUassoy = -apIaıy | 3Lıyye[quunp 9ZIeAy9S — OL OydIzIemy9s SUNId) = 8 ‘mmojopgduey = "[eyjszpng u9ISJuryg me uazyıdsojzng) 19p ayuegIsQ AP Iydısuy ayos18o[0ad ayasyewayag "OT "STH su eg EGLIEL ILL III 29072°77 HG, N - S == N EIS ; FaRNN! U \ ; Mh ’ 5 ) Zn; > GRZEZEUE a) Es BE ‚SunglaIpunın 193198199898 98[oJuı Sumjjorumg 38192 Jeq[s Ossewqnyog orq] 'assewgqnydsypıwofopydney A9p sıseg pun ung ue Zunyımöngg HAAS Oom ro iD Jahrbuch d.k.k. geol. Reichsanstalt, 1911,61. Bd., 3. u.4. Hft. (Ampferer u. Hammer.) 562 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [32] liefern die klaren Verhältnisse an der Aple Plaißspitze für alle diese Erscheinungen einen einfachen und gutpassenden Erklärungsschlüssel. Die junge Schichtzone, welche die Gipfelfalten der Aple Plaiß- und Feuerspitze bildet, setzt sich nicht unmittelbar in der ent- sprechenden Zone der Fallenbacherspitze und der Freispitzgruppe fort, sondern letztere erscheint einer etwas nördlicheren Mulde des großen zugrunde liegenden Hauptdolomitmassivs eingesenkt. Diese Mulde ist breit und tief. Selbst das tief eingeschnittene Alperschon- tal erreicht nicht ihre Sohle. Ihr Bau tritt am klarsten in der An- sicht der Freispitzgruppe Fig. 11 hervor. Wir sehen im Norden wie im Süden Hauptdolomit, Kössener Schichten, oberrhätische Kalke, rote Liaskalke und Fleckenmergel muldenartig gegeneinander fallen. Der Kern dieser Mulde besteht nun aber nicht aus den entsprechend jüngeren Schichten, sondern aus einem Bündel von eng fächerförmig zusammengepreßten älteren und jüngeren, bunt durcheinander gefalteten Schichten. Es sind viele Keile und Linsen von oberrhätischen Kalken, von Hornsteinkalken und Aptychenschichten den mächtigen Fleckenmergeln eingefaltet und eingeschoben. Im Kerne der gewaltig verkneteten Aptychenkalkmulde der Rotplatte sind sogar noch Kreideschiefer eingeklemmt. Die tekto- nische Entwicklung ist so mannigfaltig und überraschend, daß sich keine einfachere Faltungs- oder Schiebungsformel für dieses Gebilde geben läßt, wenn auch ersichtlich ist, daß neben höchst gesteigerter Faltung und Abquetschung auch noch Hereinschub von südlicheren Schichtgliedern stattgefunden hat. Es ist jedem aufmerksamen Beobachter klar, daß hier nur äußer- lich eine Mulde vorliegt, indem zum Schlusse eine hoch komplizierte Faltungs- und Schiebungszone eben muldenförmig verbogen wurde. Ich glaube, daß diese Verbiegung mit zu jenen gehört, die alle größeren Schubllächen in diesem Teil der Nordalpen betreffen und folglich nach der Auslösung der Schubwirkungen erst eingetreten sein können. Die südliche Begrenzung der großen Hauptdolomitzone, welche die eben beschriebenen jungen Schichten unterteuft, ist ebenso wie die nördliche eine glatte, scharfe Schubfläche. Während aber die nördliche Schubfläche durchaus gegen Süden zu einfällt, wechselt die Neigung der südlichen Grenzfläche sehr rasch und um große Beträge. In der Gegend der Ansbacher Hütte (nörd- lich von Flirsch) und gleich östlich davon finden wir ziemlich flache, nordfallende Neigungen. Weiter östlich im Hintergrund des Parseier Tales dagegen haben wir steile, saigere und endlich nordwärts der Parseier Spitze sogar südfallende Schubflächen. Auch westlich von der Ansbacher Hütte richtet sich die Neigung dieser Fläche schon im Bereiche des benachbarten Schnanner Tales saiger und geht noch weiter westlich in südfallende Lagen über. Wir haben also in der kurzen hier betrachteten Strecke zweimal Südfallen und dazwischen eine nordfallende Zone. Dabei ist die Schubfläche allenthalben mit ausgezeichneter Schärfe entwickelt, so daß an ihrem Zusammenhange nicht der mindeste Zweifel bestehen kann. Auf lange Strecken stößt diese südliche Grenzfläche unserer Hauptdolomitzone ganz unmittelbar oder mit unbedeutenden ar) 1m Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. [33] 'nequauuT W9LSATSUOJUL [OIA u9PpWeAF maus m Spin daute Jerdstag "ypegusyaArdy uoA afyog Aauıa Im Jıwojopydnep UOA HTfoyds199q — » "ıoJ9IqosopIaıy —= 8 — 'ayfeyuayäıdy = ,; — 'aylırjolipey — 9 — '[HF19W -U9N09] ] = SG — 'ANENSEr] 990y = F — 'IIEY TOYdSHryULIIgO = g — 'UaIIITOaS dauassyy = g — 'Nwojopydney = I ‘oddnadzydstarg A0p ayuep4se AM AOP FydIsuy ay9sı90[098 ayasızewayds "IL "SIA S-70% EPEESTI PING suachY a DD: 2p7uod> 2 Ale, \ PA N By.lr; x IN ” IN RN ? Ph NN IN N N IN 13* 564 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [34] Zwischenlagen an die uns schon bekannten Kreidegesteine an, welche ein den verschiedenen Neigungen der hangenden Schubfläche gehor- sames Einfallen ‚zeigen. Als Zwischenschaltung kommen schmale, zerpreßte Keile von Aptychenkalken vor, von denen einer gerade oberhalb der Ansbacher Hütte (die Hütte steht auf Kreideschiefer) am Wege zur Samspitze leicht zugänglich ist. Es ist naheliegend, auch diese Verdrehungen im Streichen einer einheitlichen Schichtfläche auf nachfolgende Faltungen derselben in , zwei Richtungen zurückzuführen. j Der Bau der Kreideschieferzone ist anscheinend überaus einfach. Mit Ausnahme der Gegend östlich der Ansbacher Hütte, wo wir im Hintergrund der Flirscher Klamm einer sehr ungleichseitigen und unregelmäßigen Antiklinale begegnen, findet sich meistens nur einfache, südfallende Lagerung. Da indessen große Teile der weichen Schiefer nicht so sehr mit Faltung als mit Druckschieferung auf Pressungen und Zusammenschiebungen antworten, so ist ohne die allerschärfste Auf- merksamkeit das Detail des Aufbaues dieser Zone nicht zu entziffern. Auffallend ist, daß im Hintergrunde der Flirscher Klamm, im Bereiche der antiklinalen Verbiegung in großer Ausdehnung intensive Kleinfältelung besonders in den flach liegenden Schichtteilen Platz greift. Eine nähere stratigraphische Zerlegung dieser vorzüglich von Sandsteinen, Konglomeraten und verschiedenen Schieferarten bestehenden ‚ Zone ist bisher noch nicht gelungen. Sie stehen dem weiter nord- wärts fossilführenden Cenoman in der petrographischen Ausbildung so nahe, daß ich dieselben vorläufig ebenfalls dazu und zur oberen Kreide zähle. Einschlüsse von anderen Schichten konnten darin bisher nicht nachgewiesen werden. Es ist des weiteren eine sehr merkwürdige Erscheinung, daß östlich der Flirscher Klamm über diese Kreidezone ein mächtiges Gewölbe von Fleckenmergeln, Hornsteinkalken und Aptychenschichten aufgeschoben ist. Diese Aufschiebung, welche längs einer gegen Süden einfallenden Fläche erfolgt, setzt an der steilen Westflanke des Griesmuttekopfes ein und greift dann in die Parseierspitz Gruppe über. Das gewaltige, hochaufgefaltete Fleckenmergelgewölbe der Par- seier Spitze selbst mit seiner weithin sichtbaren Krone von roten und grünen Radiolariten und grauem Aptychenkalk gehört dieser Zone an und ist nordwärts über die liegende Kreidezone vorgeschoben. Die Aufschiebung dieser mächtigen Masse von liasischen und oberjurassischen Gesteinen, durch welche die Kreidezone scheinbar im Streichen ersetzt wird, dürfte wohl die Ursache gewesen sein, weshalb die letztere bisher immer für Allgäuschiefer gehalten wurde. Die Südgrenze unserer Kreidezone ist nun ebenfalls wieder eine Schubfläche, welche jedoch in dem hier betrachteten Gebiete ständig mit einer ziemlich gleichmäßigen steilen Neigung gegen Süden zu einschießt. Mit ihr beginnt eine neue, mächtige, meist überkippt liegende Schichtserie, welche ihrerseits im Süden bereits sich an das kristalline Gebirge der Silvretta anschließt. 65 Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. [35] int Q Or, ug MOSUNNISINIOSUFLIH U9S19Z HIn]] Aoyaeqsuy A9p AoJun u9SUun[aFs}TDIgIS ULM Old] — 'NWwojopIdneH = , — 'y]eyfoydsny "uyggquydg A9p Surpjus Zunpfrqusjfogog pun usIysIgog A9p Zunprauydsqy -wop[egynyaS —= OT — 'M11B8HPpIRIJ = 6 — HPrAyıney —= 8 — 'uo}gaIgIS aafqey = 9 — 'NWOJo(J pun Yeyursgsasy9M = g — 'UOIQaIgIswpeudieg = F —= g — '(ua}qdIy9sU9TIOydoOAN) ueydemyuney = g — 'uIejspuesgung pun ouwonmeA = I ‘9zıdsyurjg Op oyurgIsO A9p Iydısuy ay9sı80[098 ayosıyewayag "SIT 'SIA Hin; /, f IN UND GLE£E SingLopngsuy 566 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [36] In dieser Zone treten außer den bisher in den Lechtaler Alpen erwähnten Gesteinsarten noch ältere Triassedimente wie Raibler Schichten, Wettersteinkalk, Partnachschichten, Muschelkalk, Reichen- haller Schichten und Buntsandstein auf. Keine dieser Schichten läßt sich aber als zusammenhängender Streifen über größere Ent- fernungen verfolgen. Sie bilden alle mehr oder weniger ausgedehnte Linsen, Schollen, Keile, welche sich gegenseitig ablösen. So kann man hier in keinem einzigen Profil alle Schichtglieder in vollständiger Reihenfolge antreffen. Bei der stratigraphischen Untersuchung, welche Skuphos im Jahrbuch der k. k. geol. R.-A. Wien 1903, Bd. 43, H. 1 über die Entwicklung und Verbreitung der Partnachschichten veröffentlicht hat, gibt dieser Autor auch ein Profil (Fig. 6), welches unsere Zone in der Gegend nördlich von Flirsch durchschneidet. Skuphos hat hier Reichenhaller Schichten mit Natica Stanensis Pichl., Myophoria costata Zenk. und Myophoria Böhmi nachgewiesen. Außer der Angabe von Buntsandstein und Muschelkalk sowie der Schichtfolge nördlich der Grieselspitze sind alle übrigen Aussagen seines Profils unrjchtig. Statt Glimmerschiefer ist Quarzphyllit zu setzen. Seine sogenannten Partnachschichten des Eisenmutterkopfes = Eisenspitze lösen sich auf in Hauptdolomit, Kössener Schichten, Lias- breceie, Manganschiefer, Fleckenmergel, Radiolarite und Aptychenkalk. Der Sattel der Allgäuschichten seines Griesmuttekopfes enthält Radio- larite und Aptychenkalke und ist einer tieferen Kreidezone auf- geschoben. Die Raibler Schichten zwischen Griesmuttekopf und Grieselspitze erweisen sich größtenteils als Hauptdolomit. So hat Skuphos bei seiner flüchtigen Begehung dieses schwie- rigen Gebietes gleich eine ganze Menge von Fehlgriffen getan und ein völlig falsches Bild erhalten. Die Kartierung dieser südlichsten Zone der Lechtaler Alpen setzt ein sorgsames und schrittweises Abgehen voraus, weil alle Schichtglieder in ihrem Streichen den größten Mächtigkeitsschwankungen bis herab zum völligen Verschwinden unterliegen. Die vorhin beschriebene Kreidezone ist das letzte, weithin gleich- mäßig verfolgbare Schichtglied. Dann finden wir erst in der kristallinen Zone wieder weitgestreckte, langzügige Gesteinsfolgen. Die Zwischen- zone hat aber gewissermaßen in großen Umrissen die Struktur eines gequälten Augengneises. Der Umfang dieser Zone ist besonders nach oben ein recht ver- schiedener. Während wir zum Beispiel in der Flirscher Klamm über Buntsandstein, Rauhwacken, Muschelkalk nur noch eine Zone von Partnachschichten finden, die schon an die Kreidezone stößt, so be- gegnen wir in der westlich benachbarten Schnanner Klamm schon einer Schichtfolge, welche über den Partnachschichten noch Wetter- steinkalk, Raibler Schichten und Hauptdolomit enthält. Noch viel reicher wird die Serie knapp östlich der Flirscher Klamm im Ge- biete der Eisenspitze. Hier treffen wir über Buntsandstein, Rauh- wacken, Wettersteinkalk, Raibler Schichten Hauptdolomit, Kössener Schichten, Liasbreccie, Manganschiefer, Fleckenmergel, Radiolarite und Aptychenkalke. [37] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 567 Fig. 13—16. TAN. DIN I, Kl y)j N) N Yh DH IEDLÄUINEAL Westlich Ker Dareta aupoe 2970 £ Da error AR; U ir BEN u; aa 4 Oberster ef A. % N. Case (graben Westlech von Profile durch die Grenzregion von Kalkalpen und Quarzphyllitzone. q = Quarzit im Quarzphyllit. — gr — Serizitische Quarzgrauwacke. — v — Ver- rucano, Konglomerate und Schiefer. — b = Buntsandstein. — x — Rauhwacken (Myophorienschichten). — m = Muschelkalk. — w — Wettersteinkalk und Dolomit. — hd = Hauptdolomit. — K = Kössener Schichten. — dk — Oberrhätischer Kalk. 4A — Rote Liaskalke, Fleckenmergel, Liasbreccie, Manganschiefer, Radiolarite, Aptychenkalke. a — Keil von Aptychenkalken. 568 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [38] Erst diese stoßen an der Kreideserie ab. Man erkennt bei der 3jegehung der Nordgrenze dieser Zone sofort, daß der Schichten- umfang durch das mehr oder weniger tiefe Eingreifen der großen Schubfläche bestimmt wird, mit welcher sie der Kreidezone auflagern. Die Skizze der Ostflanke der Blankspitze Fig. 12 zeigt in aus- sezeichneter Weise den Typus dieser tektonischen Unterschneidung, welcher hier in ausgedehntem Maße zur Geltung kommt. Im allge- meinen nimmt dadurch der Schichtumfang gegen die Taltiefen hin ab und gegen die Höhen hin zu. In der Tiefe der Flirscher Klamm ist die Kreidezone am breitesten, die südliche Triaszone am schmalsten entwickelt. Von Osten und Westen nimmt der Schichumfang der letzteren bedeutend und rasch zu. Am großartigsten kommt diese Vermehrung des Schichtbestandes in der Parseierspitz Gruppe zum Ausdruck, wo über den Triasgliedern noch mächtige liasische und oberjurassische Schichten folgen, welche zu einer hohen und breiten Antiklinale aufgewölbt und von kleineren Verwerfungen zerteilt sind. Aber auch die Südgrenze dieser durch das Auftreten der unteren Trias ausgezeichneten Zone ist keine regelrechte. | Buntsandstein und Verrucano, die durch zahlreiche Übergänge miteinander verbunden sind, stellen im allgemeinen die räumliche Verbindung mit der Quarzphyllitzone her. Neben gewaltigen An- häufungen von Buntsandsteinen und Verrucano, wie zum Beispiel in der Gegend westlich von Pettneu finden sich wieder Stellen, wie zum Beispiel nordwestlich und nordöstlich von der Dawinalpe, wo von dieser sonst mächtigen Zone nur schmale Fetzen vorhanden sind oder es fehlen wie in der Gegend östlich von Grins sogar diese flüchtigen Reste von Buntsandstein zwischen. Trias und Quarzphyllit. Auch die im Hangenden des Buntsandsteins befindlichen grell- roten Rauhwacken (stellenweise mit Gips verbunden) treten nur ver- einzelt in großen Massen auf wie nördlich von Grins, nördlich von Flirsch, nördlich von Pettneu, während sie dazwischen gar nicht oder nur in Spuren vorhanden sind. Die Phyllitzone, welche zwischen Flirsch im Westen und Perjen im Osten auf die Nordseite der Rosanna, Sanna und des Inns übertritt und am Aufbau der Vorhöhen der Parseier Gruppe einen bedeutenden Anteil erlangt, besitzt ebenfalls einen ziemlich reich zusammen- gesetzen Aufbau. Ihre Grenze gegen die nördliche Triaszone ist, wie aus den bei- sefügten Profilen Fig. 13—18 hervorgeht, zum mindesten stark tekto- nisch umgestaltet worden. Das Streichen dieser Zone ist etwa ostwest- lich mit einem steilen Einfallen der Schichten gegen Süden. Ausnahmen von diesem Einfallen finden sich Jeweils in geringer Ausdehnung, beson- ders an der Nordbegrenzung dieser Zone. Das vorherrschende Gestein ist ein normaler Quarzphyllit, der besonders in den südlichen Lagen in Granatphyllite und Gneisphyllite übergeht. Der Granatphyllit tritt beson- ders in der Zone zwischen Flirsch und Zintlkopf in den Vordergrund. Als Einschaltungen im Quarzphyllitgebiete lassen sich Quarzite, Quarzgrauwacken, Diabasporphyrite, Diabasmandelsteine, Diabas sowie Zonen von Muskovitgneis nachweisen. 569 Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. ‘Sunadsssansseduy "Iyo1TSowIs Zunq[oAynYy aap doyun Sunfnzsnewuneyy 91949Ip auTo opına szydsusj1wöndog Aop YaTIpns ZunzLlomao A‘ aIp yoıncı "usgoyasaäjne aajoıydsopıaıyy Aaqn 481 ozyıdsıarasıeg A9p Toddny adım.ıoJogql0ma3 Ag "[[8AYny9susugIoN — 9I "uoJyoLgog aajgley pum yImojopmegsaoygaM — GI ‘nopjoyasangog —= FI “Tojorqdsopraıyg — 81 oxfeyuayoA4dyv —= ZI | NS _ "ur 0880 27 Gas “apaejoipey —= TI ywojopydney = 9 ‚a9jJoIgasuedue N — 0I 'NWOLOPUTSISIHYaM = F [S1amuay9oL T —= 6 'OyYdeAyuney pun vle4spuesyung — € "serjulsjsutoH — 8 "AZIENO Aley Joyssyeyago = L pun uoy9eMneıszıend IYISIMZLIIS — % "ua4gaIgdS A9Uassoy = 9 ‘npÄgdzaend = I "LT SI SPOYW EZ | 2 Jahrbuch d.k.k.geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Bd., 3.u. 4. Hft. (Ampferer u. Hammer.) 74 570 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [40] Quarzit tritt vor allem in einem langen, zusammenhängenden Streifen östlich von Flirsch am Fuße der Eisenspitze hervor. Es ist ein schönes, festes, weißes Gestein, das sich bei mikroskopischer Prüfung als ein stark gepreßter Quarzsandstein erweist. Derselbe hat sroße Ähnlichkeit mit einzelnen Lagen von weißen Quarzsandsteinen im Buntsandstein wie solche zum Beispiel nördlich von Grins am Wege zur Augsburgerhütte zu sehen sind. Allerdings erreichen diese Sand- steinlagen nur geringe Mächtigkeit und wechseln rasch mit rötlich gefärbten ab. Während nun aber dieser Quarzitzug, welcher sich wahrscheinlich auch noch südwestlich von Flirsch bis gegen das Malfontal fortsetzen dürfte, ganz an der Nordgrenze des Quarzphyllits erscheint, streicht ein allerdings nicht so mächtiger Zug nordöstlich vom Zintlkopf (1467 m) durch. Dieser steht hier mit serizitischen Quarzgrauwacken Fig. 18. Stanser Terrasse E 7.253000 ph = Quarzphyllit. — w = Wettersteindolomit. in enger Verbindung, übersetzt, wenn auch nicht unmittelbar zu- sammenhängend, die Sanna und wird ‚oberhalb des Bahnhofes von Pians an der neuen Straße nach Tobadili aufs neue angeschnitten. Hier kommen zu den schon genannten Gesteinen auch noch Diabas- porphyrite und Diabasmandelsteine hinzu. Nach der Untersuchung von W. Hammer dürfte die ganze Gesteinsfolge als eine Vertretung von Verrucano anzusehen sein. Dieser Verrucanostreifen ist durch Einfal- tung oder Einschiebung ins Innere der Quarzphyllitzone gelangt. Im mittleren Dawingraben stellen sich Lagen von Muskovitgneis mit gebleichtem Biotit sowie granatführende Gneisphyllite ein. Östlich von Grins kommt ein Zug von Diabas zutage, welcher sich mit einer kurzen Unterbrechung im Streichen 1 km weit ver- folgen läßt. Der Diabas zeigt kataklastische Paralleltextur und er- scheint konkordant den Schichten des Quarzphyllits eingelagert. Die Südgrenze der Quarzphyllitregion fällt schon ganz in den Bereich der kristallinen Silvrettagruppe. [41] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 571 Neuere Literatur zu den Abschnitten Vorland, Allgäuer und Lechtaler Alpen. 0. Ampferer, Bemerkungen zu den von Arn. Heim und A. Torngquist entworfenen Erklärungen der Flysch- und Molassebildung am nördlichen Alpen- rande. Verhandl. d. k. k. geol. R.-A., Wien 1908. — Über den geol. Bau der Berge des Sulzeltales. Jahresbericht des akademischen Alpenklub, Innsbruck 1909. — und Th. Ohnesorge. Über exotische Gerölle in der Gosau und verwandten Ablagerungen der tirolischen Nordalpen. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., Wien 1909. — Aufnahmsergebnisse in den Jahresberichten. Verhandl. d. k. k. geol. R.-A., Wien 1905—1911. — Aus den Allgäuer- und Lechtaler Alpen. Verhandl. d. k.k.geol. R.-A. Wien 1910. Ü. Diener, Bau und Bild der Ostalpen und des Karstgebietes, Wien und Leipzig 1903. W. v. Gümbel, Geologie von Bayern. Kassel 1894. C. A. Haniel, Vorläufige Mitteilung über das Vorkommen von Gosau südlich des Hohen Lichts. Verhandl. d. k. k. geol. R.-A., Wien 1908. Die geol. Verhältnisse der Südabdachung des Allgäuer Hauptkammes und seiner südlichen Seitenäste vom Rauhgern bis zum Wilden. Zeitschr. d. D. G. Ges. 1911. Arn. Heim, Zur Kenntnis der Glarner Überfaltungsdecken. Zeitschr. d. D. G. Ges. 1905. — Die Brandung der Alpen am Nagelfluhgebirge. Vierteljahrschr. d. Naturf. Ges,, Zürich 1906. — Zur Frage der exotischen Blöcke im Flysch. Eclogae Geol. Helv. 1907. — Zur Tektonik des Flysches in den östlichen Schweizeralpen. Beiträge z. geol. Karte der Schweiz, 1911. Alb. Heim, Das Säntisgebirge. Beiträge z. geol. Karte der Schweiz, 1905. H. Mylius, Die geol. Verhältnisse des hinteren Bregenzer Waldes. Landesk. Forschungen der geogr. Ges. in München 1909. . Pontoppidan, Die geol. Verhältnisse des Rappenalpentales sowie der Berg- kette zwischen Breitach und Stillach. G. Jh., München 1911. . Reiser, Über Eruptivgesteine des Allgäu. Min. und Petrogr. Mitteil. von Tschermak. Wien 1889. A. Rösch, Der Kontakt zwischen dem Flysch und der Molasse im Allgäu. A München 1905. . Rothpletz, Geol.-paläont. Monographie d. Vilseralpen. Palaeontographica. Stuttgart 1886. — Geol. Querschnitt durch die Ostalpen. Stuttgart 1894. — Geol. Alpenforschungen, I, München 1900. — Geol. Führer durch die Alpen. Das Gebiet der zwei großen rhätischen Über- schiebungen zwischen Bodensee und dem Engadin. Berlin 1902. — Geol. Alpenforschungen, II, München 1905. C. Schmidt, Bild und Bau der Schweizeralpen. Basel 1907. G. Schulze, Die geol. Verhältnisse des Allgäuer Hauptkammes von der Rotgund- spitze bis zum Kreuzeck und der nördlich ausstrahlenden Seitenäste. G. Jh. München 1905. G. Steinmann, Geol. Probleme des Alpengebirges. Zeitschr. d. D. u. Ö. A.-V. 1906. Stuchlik, Die Faziesentwicklung der südbayrischen Oligocänmolasse. Jahrb. d. k. k. geolog. R.-A. 1906. Tornquist, Die Allgäu-Vorarlberger Flyschzone und ihre Beziehung zu den ost- alpinen Deckenschüben. N. Jb. f. M., G. u. P., Stuttgart 1908. — Noch einmal die Allgäu-Vorarlberger Flyschzone und der submarine Einschub ihrer Klippenzone. Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1908. V. Uhlig, Der Deckenbau in den Östalpen. Mitteil. d. Geol. Ges, Wien 1909. M. Vacek, Über Vorarlberger Kr’ide. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., Wien 1879. Weithofer, Einige Querprofile durch die Molassebildungen Oberbayerns. Jahrb. der k. k. geol. R.-A., Wien 1902. E. Wepfer, Die nördliche Flyschzone im Bregenzer Wald. N. Jb. f. M., G. u. P., Stuttgart 1908. 74* 72 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [42] a7 Kristalline Zone der Silvretta. An der Stelle, wo der Querschnitt in den’ kristallinen Bereich der Silvrettagruppe eintritt, ist die Grenze von Trias und kristallinem Grundgebirge von dem Schutt der Talsohle überdeckt. Weiter östlich, zwischen Flirsch und Zams, sieht man, daß die kristallinen Schiefer mit sehr steilem Südfallen dem Triasgebirge anliegen. Die Beschrei- bung dieser Grenzverhältnisse erfolgte sehon im vorhergehenden. Die Durchquerung der Berggruppe zwischen Rosanna und Tri- sanna führt uns durch ein Pakett anscheinend konkordant hinter- einander folgender steil südfallender Schiefer; das Streichen der- selben ist OW gerichtet und dreht sich im mittleren Paznaun gegen OSO herum. An den tiefen Hängen bei Ullmich begegnet der Schnitt steil N einfallenden Schichten, südlich davon fallen sie wieder S und der Rand gegen die Samnauner Bündnerschieferregion fällt wieder steil nach N ab. G. A. Koch, dem wir die einzigen näheren Angaben über diesen Gebirgsteil verdanken, gruppierte die Schichten in der Ver- wallgruppe in drei Antiklinalen. Im vorliegenden Profil sind sie wohl ganz geschlossen und daher nicht mehr ersichtlich — eine weitere Verfolgung der Lagerungsverhältnisse nach beiden Seiten konnte nicht ausgeführt werden und wird auch nur bei einer sorgfältigen Kartierung der ganzen Gebirgsgruppe zu brauchbaren Ergebnissen führen. Wir können uns hier begnügen mit der Wahrscheinlichkeitsannahme, daß es sich nicht um eine einfache Schichtfolge, sondern um engge- schlossene große Falten handelt. Die Gesteinsfolge läßt schließen, daß der Nordrand der kristal- linen Schiefer in überkippter Stellung sich befindet: zunächst an die ebenfalls überkippte Schichtreihe der unteren Trias grenzen phylli- tische Gesteine. Ober Pians gleichen sie dem Quarzphyllit der Inns- brucker Gegend, nähern sich lagenweise aber schon dem Glimmer- schiefer; in der Schlucht der Trisanna, zwischen Wiesberg und See (Paznaun) liegen sie am Ausgang der Schlucht, auch hier meist eher einem sehr glimmerreichen Muskovitglimmerschiefer ähnlich sehend, und weiter talein gehen ausgesprochene Glimmerschiefer mit Granat und Staurolith daraus hervor. Wo der Querschnitt durchzieht — im Malfontal südlich Pettneu — beginnt die kristalline Serie südlich der Arlbergbahn gleich mit Granatphyllit und Granatglimmerschiefer, welche gegen Osten mit denen von Wiesberg— See zusammenhängen. Talauf- wärts kommt man dann in Gneise. Zuerst gehen die Granatglimmer- schiefer in Phyllitgneis über; dann schaltet sich ein mächtiges Lager eines zweiglimmerigen Flaser- und Augengneises ein, dem der Riffler und das Blankahorn angehören dürften und darüber — alles fällt gleich- nach Süden ein — setzen die Paragneise wieder mit Phyllitgneis ein, der vielfach in gemeine Zweiglimmergneise übergeht. Nun folgt ein zweites, ebenfalls sehr mächtiges Lager von Orthogneis; der nördliche Rand desselben ist ein ganz schwach schieferiger Biotitgranit, daraus geht nach oben ein zweiglimmeriger Flasergneis hervor und schlieB- lich ein Muskovitflasergneis. Auch dieses Lager hat nach beiden Seiten eine weite Erstreckung in den umliegenden Bergkämmen. [43] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 573 Das Hangende bildet eine Zone von gräanat- und staurolith- führendem Glimmerschiefer, in dessen Mitte beim Lattejoch ein Lagergang von diabasischem Charakter aufsitzt. Der Glimmerschiefer geht gegen Süden in einen glimmerreichen zweiglimmerigen Gneis über mit Anklängen an Phyllitgneis. Daran schließt sich gegen das Paz- nauntal zu (im Schnitt auf der Seßladalpe) ein Biotitgneis (meist feldspatarm, also mehr Gneisglimmerschiefer) sedimentogenen Charak- ters, dessen Biotit in größeren Schuppen und Nestern aus dem feinen, silberglänzenden Gemenge von Muskovit und Chlorit, welches die Schichtflächen überzieht, hervortritt. Im Paznauntal selbst durchquert der Schnitt wieder einen Strich von Phyllitgneis, um dann bis zum Vesulspitz in zweiglimmerigen gemeinen Schiefergneisen zu ver- laufen. Beide Zonen dieser Zweiglimmergneise sind durch Amphibolit- lager ausgezeichnet, welche besonders weiter westlich in der Verwall- gruppe und Silvretta große Ausdehnung und Mächtigkeit erreichen — ihr verdanken viele der schönen Felshörner dieser Berggruppe ihre kühne Form — aber auch gegen Osten hin sich verfolgen lassen. Die Zone der Phyllite und Granatglimmerschiefer am Nordrand ereicht südlich Landeck den Inn. Inder Hocheder Gruppe begegnet man nach den Untersuchungen Ohnesorges wieder in ebenso steilstehend überkippter Lagerung einer ähnlichen Reihe von Phyllit, Glimmer- schiefer und Gneis mit Einschaltungen ebensolcher Orthogneise wie im Verwall, als Nordsaum der Otztaler Masse. Wenn man die Gesteine des Schnittes Pettneu-Vesulspitz mit den kristallinen Schiefern südlich des „Engadiner Fensters“ vergleicht, so ergeben sich bei Heranziehung der kristallinen Schiefer zwischen Finstermünz und Reschenscheideck mehrfache Unterschiede: Während nördlich des „Fensters“ gemeine Zweiglimmergneise mit starkem Her- vortreten von Amphiboliten das herrschende Gestein sind, breiten sich in den Nauderer Bergen Biotitgneise mit Perlstruktur in Wechsellagerung mit feinschuppigen Biotitschiefern aus, während Amphibolite fehlen. Weiter südlich erst finden sich dann im oberen Vintschgau größere Amphibolitlager in Begleitung der Perlgneise und Phyllitgneis; im Matschertal Granat- und Staurolithglimmerschiefer. Die Zweiglimmer- gneise des Vesulspitz gleichen am meisten den gemeinen Zwei- glimmergneisen der Ultener Alpen; Gneisglimmerschiefer mit den Biotitnestern und Biotitporphyroblasten wie auf Seßlad sind mir aus den kristallinen Bereichen südlich des Inn nicht bekannt. Gemein- sam sind beiden Gebieten die mächtigen Lager von Augen- und Flaser- gneisen eruptiver Herkunft. Die genannten Unterschiede können auf die regionale Ver- breitung einzelner altersverschiedener oder nur faziesverschiedener kristalliner Komplexe zurückgeführt werden. Über die Art des ursprüng- lichen Zusammenhanges beider läßt sich daraus kein Schluß ziehen. Uber das Inntal zwischen Prutz und Landeck weg besteht nach Kochs Aufnahmen ein direkter Zusammenhang mit dem geographisch zu den Ötztaler Alpen gehörigen Venetberg; der weitere Zusammen- hang mit den Gesteinen des Pitztales und damit der inneren Ötztaler Alpen ist aber, wie aus der von Blaas aufgefundenen Überschiebung im vorderen Pitztale und daran schliessenden Studien des Ver- 74 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [44] a fassers geschlossen werden darf, kein so ungestörter, als es nach den älteren Aufnahmen erscheint. Weiteres darüber im nachfolgenden. Das Gebiet der Bündner Schiefer im Unterengadin und Oberinntal. Nach dem Verlassen der kristallinen Zone des Verwall durch- schneidet unser Querschnitt den rings von alten kristallinen Schiefern umsäumten Bereich der Bündner Schiefer des Unterengadin, neuerdings oft als „Engadiner Fenster“ bezeichnet — einen der interessantesten und für die Erkenntnis des Gebirgsbaues besonders wichtigen Teil des Querschnittes, gleichzeitig aber auch derjenige, welcher dem Geologen die meisten und schwierigsten Rätsel zu lösen gibt. In einem Gebiet wie die Samnauneralpen — welche der Quer- schnitt eben durchzieht — kann nur eine vieljährige Detailunter- suchung, wie sie von W. Paulcke durchgeführt wird, zu einem ab- schließenden Urteil führen. Dem Verfasser dieses Abschnittes ist zwar durch seine im Zuge befindliche genaue Kartierung der Ööster- reichischen Hälfte des „Engadiner Fensters“ die Gelegenheit gewährt, zu einer eingehenden Kenntnisnahme der Bündnerschieferregion — dem vom Querschnitt getroffenen schweizerischen Teil konnte aber naturgemäß nicht eine gleich eingehende Untersuchung gewidmet werden. Deshalb sowohl als auch, weil die Aufnahme des österreichi- schen Anteiles erst nach Jahren abgeschlossen sein wird und der Fort- schritt in diesem Teil voraussichtlich zu manchen Verbesserungen und Umänderungen der hier vorgetragenen Anschauung führen wird, kann diesem Abschnitt nur der Rang einer vorläufigen Mittei- lung zugesprochen werden. Ich versuche nun zunächst einen Einblick in die stratigraphischen Verhältnisse zu geben. Zur Stratigraphie des Bündnerschiefergebietes. Den größten Teil des Bündnerschiefergebietes nimmt ein an- scheinend einförmig zusammengesetzter Komplex von gebankten Kalken, Kalkschiefern und Tonschiefern ein, welcher von Stache als „Kalk- tonphyllit“, von anderen Autoren als „graue Bündner Schiefer“ zu- sammengefaßt wurde. Er ist zu einer mächtigen Antiklinale aufge- wölbt, deren Achse vom mittleren Val Sinestra über den Mondin zum unteren Stubental, nach Tschupbach und bis Fendels verläuft. Von dieser Linie fallen die Schichten bis zum Rand des Gmneisgebirges — von untergeordneten Fältelungen abgesehen — gleichförmig nach den beiden Seiten ab. Auch die tiefsten erschlossenen Schichten dieser Antiklinale gehören noch den Bündnerschiefern an; ihr Liegendes ist nicht sichtbar. Nach der Beschreibung von Tarnuzzer und Grubenmann liegt im Südwest des Gebietes die Granitmasse des Saßmajur bei Ardez, Tasnagranit genannt, im Kern der großen Antikline und stellt also den [45] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 575 tiefsten Teil des erschlossenen Profils dar. Der Granit ist, nach den Autoren, teilweise noch von einer Schale von Sedimentgneis, welchen er intrudiert hat, umschlossen; über ihm liegen Serizitphyllite, welche das Aufarbeitungsprodukt der quarzporphyrischen Randfazies des Granites sind, und darüber klastische Schichten, welche von Gruben- mann teils als heibungsbreccien gedeutet, teils aber auch als sichere Konglomerate beschrieben werden. Ein solches enthält am Piz Min- schuns Gerölle von Kalkphyllit, Kalksandstein und Quarz, die Breccie bei Clunas auch Gneis und Granit. Das Zement ist bei Clavigliadas hauptsächlich grüner Serizitquarzit. Über den klastischen Schichten folgt dann die Serie der Bündner Schiefer. Der Granit ist nach Grubenmann sicher älter als die Bündner Schiefer. Auf der Karte ist aber die Grenze zwischen Granit, Gneis, beziehungsweise Serizitphyllit einerseits und grauem Bündner Schiefer anderseits durchwegs als Dislokationslinie eingezeichnet, der Kontakt beider also nach der Autoren Ansicht nicht der primäre. In der großen Masse der „grauen“ Bündner Schiefer sind zahl- reiche Faziesschwankungen deutlich zu beobachten. Einen An- halt für diese nach ihrer Gesteinsbeschaffenheit schwer zu gliedernden Schichtmassen bieten nur einige charakteristische Gesteinshorizonte, welche auf größere Erstreckungen hin zu verfolgen sind, vor allen Lagen feinkörniger primärer Breccien und für den mittleren Teil auch die eingeschalteten Decken diabasischer Effusiva. Dem eben bezeichneten Verlauf der Sattelachse zufolge sind die tiefsten Teile dort aufgeschlossen, wo die tief eingerissenen Schluchten der nördlichen Seitentäler des Inn die Antiklinale durchschneiden: im Stubental, unteren Samnauner Tal (Schalklbach) und im Val Sinestra. Dem tiefsten Breccienhorizont begegnet man an den Südhängen des hohen Kreuzjoch (bei Pfunds); er streicht vom west- lichen Ast des Stubentales bis Spiß und seinem Horizont dürften die Breceienbänke im oberen Fernertobel und am Ostgrat des Schalklkopf entsprechen. Diese Sedimentationsbreecien enthalten Bröckelchen eines ockerfarbenen Dolomits und größere rundliche Quarzkörner in einer feinsandigen kalkigen Grundmasse und werden von sandig-kalkigen Schiefern begleitet. Die unter diesem Horizont liegenden Schichten sind vorwiegend kalkiger Natur und sind zum großen Teil so weit kristallin, daß sie noch als Kalkglimmerschiefer bezeichnet werden können. Doch verschwindet diese Kristallinität gegen Südwesten zu, so daß schon am Schalklbach größtenteils wenig oder nicht metamorphe dunkelgraue Kalke und Tonschiefer anstehen und ebenso in der Tiefe des mittleren Val Sinestra.. Zwischen Schalkl- und Stubenbach bildet den innersten Kern der Antiklinale eine Zone von schwarzen Tonschiefern, teils von Kalkbänken, teils von quarzitisch-sandigen Schichten begleitet. In den kalkigen Schichten liegt als unterstes dieser Art das Lager von Diabas (Grünschiefer) ober Raut. Innerhalb des Breccien- horizontes schaltet sich das große Lager von Diabas ein, welches am Kamm des Mondin sich ausbreitet und die Antiklinalwölbung schön zur Erscheinung bringt. Im Osten sieht man es in flacher Wölbung den tieferen Schiefern aufliegen, gegen Westen und Nord- westen, sowie an der Costa bella im Süden taucht es unter die 576 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [46] auflagernden höheren Teile der Bündnerschieferfolge hinab. Es sind dies im Westen quarzitische und kalkige Sandsteine mit Zwischenlagen von Tonschiefern. Sie gehen in der Gipfelkappe des Mondin in Kalk- schiefer über und auf der Südseite sind es rein kalkige Sedimente, welche den Diabas überlagern. Der gleichen Breccienzone wie jene von SpiB dürften weiter im Westen die petrographisch gleichen Breccien auf dem Piz Arina ent- sprechen, welche auf dem Querschnitt getroffen sind — ich habe das Verbindungsstück östlich des Muttler nicht untersucht. Sie werden von gleichen sandigen Schiefern begleitet wie am Kreuzjoch; außerdem erscheinen aber über ihnen am Kamm Muttler-Arina viel Tonschiefer, weiße, diekbankige und quarzitische grüngraue Sandsteine mit Breccien- lagen und über ihnen zum erstenmal dunkelgraue diekbankige Kalke mit den gleichen ockergelben Dolomitfragmenten, weißen Glimmer- blättchen und schwarzen, kleinen Crinoidenstielgliedern, ein Gestein, welches für die Kreide auf der Alpe bella und anderen Orten charakteristisch ist. Den Anhaltspunkt für die Gleichstellung der Arinabreccien mit jenen von Kreuzjoch-Spiß bietet der über den besprochenen Gesteinen des Arina-Muttlerkammes folgende Schieferhorizont. Es sind dies graue, dünntafelige Kalkschiefer, deren meist mit feinem Glimmerbelag bedeckte Flächen von kleinen schwärzlichen (05—1 mm) Tupfen, stellenweise bis zu kleinen Knötchen anschwellend, gleichmäßig dicht übersät sind. Im Dünnschliff entsprechen ihnen rundliche oder läng- liche dichte Ansammlungen allerkleinster farbloser Nädelchen und Körnchen in dem Karbonat-Quarzgemenge des Gesteins, welche vielleicht als unbestimmbare Reste von kleinen Organismen gedeutet werden können. Diese Schiefer umziehen den Sockel des Stammer, streichen bei der Furcla Maisas auf die Westflanke des Muttler hinüber und ich vermute, daß sie sich ihrem Streichen entsprechend dem Kamm zwischen Val Maisas und Sampuoir entlang fortsetzen, da ich sie ober Spissermühle wieder auffand und von hier zusammenhängend bis zur Masner Alm im Stubental verfolgen konnte. Im Lafairschtal habe ich sie bisher noch nicht gesehen, doch traf ich Spuren derselben wieder bei Tschupbach und im Stalanzer Tal, so daß, wenn die Zwischenstücke noch sefunden werden, dieser Horizont vom Val Sinestra — ob er nach Westen vielleicht noch weiter reicht, weiß ich nicht — bis ins Stalanzer Tal, also nahe an den Ostrand den ganzen Bündner Schieferbereich durch- zieht und damit einen guten Leithorizont für das ganze Gebiet gewährt. Am Kreuzjochkamm und im Stubental schalten sich zwischen den untersten Breccienhorizont und die „Tüpfelschiefer* immer noch Kalkglimmerschiefer ein, wenn auch schon mit abnehmender Kristal- linität; auch die Tüpfelschiefer selbst sind hier mehr kalkig und kristallin und daher nur schwer mehr aus der einförmigen Folge gleicher Kalkschiefer herauszufinden, da die Tüpfel gleichzeitig immer seltener und undeutlicher werden. Dieser Horizont liegt im Nord- flügel der Antiklinale; im Südflügel ist mir bisher nur ein Vorkommen bekannt geworden, im Saderergraben, unsichere Vorkommen auch in ähnlichem Niveau am Roßkopf, Fluchtwand und bei Parditsch, so daß hier vielleicht auch ein ausgedehnter Horizont derselben vorliegt. [47] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 577 Auch der Breccienhorizont vom Kreuzjoch scheint im Südschenkel nicht entwickelt zu sein. Wohl aber entsprechen dem Diabaslager des Mondin die Grünschiefer bei Weinberg in der Talschlucht des Inn und geben so einen Anhalt zur Festhaltung jenes Niveaus. Im Stubental beobachtete ich über den Tüpfelschiefern einen zweiten höheren Breccienhorizont von geringer Mächtigkeit. Auch am Stammer liegt über den Tüpfelschiefern noch eine kalkige Breccien- bank nahe unter der Basisfläche der Triasschichten. Diesem Niveau dürfte eine Breccienlage entsprechen, welche ich in den Wänden über Hochfinstermünz (Fluchtwand) fand; sie wird ebenfalls von ein paar kleinen Diabasschieferlagen begleitet (2. Grünschieferniveau der Finster- münz). Dieser Horizont ist nur durch vereinzelte, beiderseits bald auskeilende Breccienbänke bezeichnet. Es sind fast rein kalkig-dolo- mitische Breceien mit den ockergelben Dolomitfragmenten. Im Finstermünz-Nauderser Gebiet herrscht eine vorwiegend rein kalkige Fazies. Unter und besonders über dem 2. Grünschieferhorizont entfalten sich mächtige, dunkelgraue, dünnbankige Kalke mit schwachen, tonigglimmerigen Belägen. In ihnen steckt ein 3. Grünschiefer- horizont, durch Lager an der Straße oberhalb des Forts und an der Nordseite des Bazallerkopfs vertreten. Auch das Diabaslager an der Teilung des Radurscheltales mag diesem Niveau ungefähr gleichstehen. Wenig höher als der Diabas gelegen, gesellt sich zu ihm wieder ein vereinzeltes Breceiexvorkommen mit Crinoiden am Seleskopf. Die Kalke gehen nach oben in dünntafelige Kalkschiefer über, welche von der Schweizergrenze bis ins Radurscheltal sich ausbreiten. In ihnen traf ich in der Nauderser Gegend (Parditsch, Fluchtwand) und im Saderergraben (Radurschel) die oben erwähnten Lagen, welche sehr an schlecht erhaltenen Tüpfelschiefer erinnern. Im Nordflügel der Antiklinale entsprechen den oberen kalkigen Schichten des Forts etc. vielleicht die mächtige Folge dunkler Kalke, welche am Kamm „In der Keil*-Blauwand und am Gamsbleiskopf (Stubental) anstehen. Sie enthalten kleine Schmitzen lichtgrüner Ton- schiefer. Doch ist die Parallelisierung in diesen höheren Teilen des Profils eine durchaus unsichere, weil manches dafür spricht, daß hier bereits Schuppungen sich einstellen. Im südlichen Gebiet hebt sich ober der kalkigen Abteilung eine besonders tonschieferreiche hervor, welche am Schmalzkopf in eine ausgesprochen quarzitische Fazies übergeht, welch letztere bis zum Tösner Tal anhält, bereits im Radurscheltal aber wieder teil- weise durch Kalkschiefer ersetzt wird (Ulrichskopf, Zonnenkopf) mit Schmitzen grüner serizitischer Schiefer. Auch bei diesen Kalkschiefern ist eine tektonische Einmengung nicht ausgeschlossen. In diesem ganzen Niveau treten wieder mehrfach Breccien auf (3. Breccien- horizont). In der quarzitischen Fazies liegt an der Nordseite des Schmalzkopf eine rein kalkige Breccienbank; an der Landesgrenze — wo sich über dem tonschieferreichen Teile eine mehr kalkig-sandige Fazies an Stelle der quarzitischen Fazies östlich des Stillebachs ent- wickelt — erscheint eine quarzführende Breccie gleich jener am Arina. In dieser Schichtgruppe liegt in der weiteren Fortsetzung gegen Jahrbuchd.k.k.geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Bd.,3.u. 4. Hft.(Ampfereru. Hammer.) 75 578 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [48] Westen die von Schiller beobachtete Breccie bei Saraplana, in welcher Schiller Reste von Lithodamnium fand. In großer Ausdehnung stellen sich Crinoidenbreccien aber an der oberen Grenze dieser Tonschieferquarzitgruppe ein. Von der Schweizergrenze bis ins Tösner Tal konnte ich zusammenhängend solche dunkelgraue, kleinkörnige Crinoidenbreccien (meist mit weißem Glimmer und ockergelben Dolomitbröckelchen, seltener reine Cri- noidenkalke) beobachten, desgleichen fand ich sie wieder am Südrand auf der Fendelseralpe und die Angaben Schillers lassen vermuten, daß er auch von Raschwella bis Tarasp derartige Gesteine beob- achtet hat. Dieser oberste Breccienhorizont wird ebenfalls wieder von ausgedehnten Diabaslagern begleitet. Sie setzen schon am Ausgang des Val Torta (Raschwella) ein, entfalten sich aber besonders stark inmitten der Breccien von der Schweizergrenze an ostwärts, von wo ein mächtiges zusammenhängendes Lager über Nauders bis zum Sadererjoch sich hinzieht. Noch weiter östlich fand ich bisher nur un- bedeutende Reste von Diabas in diesem Horizont. An Mächtiskeit steht dieser oberste Breceienhorizont dem untersten (Kreuzjoch etc.) gleich, unterscheidet sich von ihm aber dadurch, daß er fast ausschließlich aus Crinoidenbreccien besteht, während jener fast ebenso ausschließlich aus den quarzführenden Breccien besteht und von sandigen Schichten begleitet wird. Alle im vorstehenden angeführten diabasischen Gesteine liegen als flache Fladen konkordant zwischen den Sedimentschichten. Am Rande gegen die Kalke beobachtet: man nicht selten einen mehr- fachen Wechsel feiner Lagen von kalkigem und von diabasischem Material. Makroskopisch erscheinen sie fast durchweg dicht, meist schieferig, nicht selten auch massig. An manchen Stellen beobachtet man schon makroskopisch (umgewandelte) Einsprenglinge, mikrosko- pisch ist dort und da noch die Diabasstruktur deutlich erhalten, in der Mehrzahl der Fälle hat eine weitgehende Umwandlung in Grün- schiefer verschiedener Art stattgefunden. Der Zusammensetzung und Struktur nach sind sie zu den Diabasen (manche vielleicht zu den Diabasporphyriten) zu stellen. Spilite, das heißt dichte Diabase mit Mandelsteinstruktur beobachtete ich mehrfach in den „bunten Bündner Schiefern“ (siehe unten), dürften aber auch den anderen Vor- kommen nicht ganz fehlen. Variolitähnliche Formen stehen an der Flimspitze und in der Gegend von Ardetz an. An diesen und an anderen Lagern treten stark schieferige Gesteine von wechselnd dunkelroter und grüner Farbe auf (an manche Gesteine im Verrucano erinnernd), welche aus kalkreichem, sedimentärem und wohl auch tuffigem Material bestehen. Der petrographische Charakter als Diabas, Spilit und Variolit, die randliche Vermengung sedimentären und eruptiven Materials, die Lagerung und das häufige Zusammenvorkommen von Diabaslagern und Breccienhorizonten spricht für eine effusive Entstehung dieser Gesteine. A. Heim hat die Grünschiefer in den Bündner Schiefern des Rheintales seinerzeit als Effusiva und Tuffe derselben gleichen Alters [49] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 579 wie die Schiefer selbst gedeutet; neuerdings hat Preiswerk!) die Grünschiefer in den Bündner Schiefern der Walliser Alpen untersucht und ist dazu gekommen, für dieselben größtenteils effusive Entstehung und Gleichalterigkeit mit den Schiefern anzunehmen. Sowohl diese als jene von Graubünden und Engadin haben das gemein, daß sie ganz oder zum Teil eine Umwandlung in kristalline Schiefer (Amphibolit, Grünschiefer ete.) durchgemacht haben. Daneben kommen aber auch diabasische Gesteine als Gänge und Stöcke vor. Grubenmann beschreibt mehrere solche aus dem SW des Gebietes. Ich beobachtete auf der Gamoralpe bei Nauders solche. Spuren von Kontaktmetamorphose gibt Grubenmann von ihnen an; bei einem Vorkommen umgewandelten Diabases in den Wänden ober Finstermünz beobachtete ich am Kontakt eine starke Anreicherung von Turmalin im Kalkschiefer, welche als Kontaktmetamorphose ge- deutet werden kann, wenn auch Turmalin in geringer Menge auch außerhalb des Bereichs der Diabase in den Bündner Schiefern sich findet. Die Gänge von Diabas und Diabasporphyrit gliedern sich einer zweiten Gruppe von basischen Eruptivgesteinen an, welche als Intru- sivgesteine gang-, stock- oder lagerförmig auftreten und im Gegen- satz zu den obigen effusiven Bildungen einer Umwandlung in kristalline Schiefer nicht oder nur lokal in beschränktem Ausmaße unterlegen sind. Es sind vor allem ausgedehnte Serpentinmassen, ferner gabbro-peridotitische Gesteine, welche nach Grubenmann besonders in der Gegend von Schuls die Engadinschiefer intrudiert haben, Diallag- gabbro (Flimspitz) und die von Paulcke beschriebenen Nephrit- gänge im Serpentin des Flimspitz, endlich Diabas- und Diabaspor- phyritgänge. Dies sind jüngere Durchbruchsgesteine, welche besonders an den sroßen Dislokationszonen aufbrechen. Wo sie mit den Diabasdecken zusammengetroffen, sind sie von diesen deutlich getrennt. So steckt im Diabasschiefer der „schwarzen Wände“ im Samnaun der Ser- pentin in kleinen Nestern (Gängen) und ebenso scheiden sich die Gänge von Diallaggabbro am Flimspitz deutlich vom Diabasschiefer. Der Altersunterschied zwischen „grünem Bündner Schiefer“— Diabaslager, beziehungsweise Grünschiefer und Serpentin wurde be- reits von Rothpletz im Oberengadin betont, wo er Gänge von Ser- pentin graue und grüne Bündner Schiefer (Diabasschiefer), Serizit und Röthidolomit durchbrechend fand. Tarnuzzer?) gibt aus der Falknisbreccie Gerölle von „grünem Bündner Schiefer“ und Spilitschiefer an, was für ein präjurassisches Alter mindestens eines Teiles der grünen Bündner Schiefer im west- lichen und südlichen Bünden sprechen würde. Die Funde sind aller- dings von Lorenz?) nicht bestätigt worden. Neuerliche besondere Aufsammlungen wären wertvoll. Von den „grauen“ Bündner Schiefern hebt sich deutlich ein Schieferkomplex ab, welcher von manchen Autoren als „bunte !) Beiträge zur geolog. Karte der Schweiz. 26. Liefg. 1907. 2) Jahresbericht d. naturf. Ges. Graubündens. XXVII. Bd. ®) Bericht d. naturf. Ges. i. Freiburg i. Br. XII. Bd., 1902. 75* 580 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [50] Bündner Schiefer“ bezeichnet wurde. In diesem Komplex lassen sich zunächst zwei Gesteinsgruppen unterscheiden. Die eine besteht aus Gesteinen, welche in gleicher Art den Verrucano im oberen Etschgebiet und am Südrande der nördlichen Kalkalpen bilden: es sind grünlichweiße Serizitquarzschiefer (Porphyroide), Serizitquarzite, lokal mit dicken Lagen reinen Quarzes, weiße und rote Quarzsand- steine, grobkörnige serizitische Sandsteine mit weinroten Quarzkörnern, gsrobkörnige grünliche Arkosen, Quarzkonglomerate und dunkelrote, rotviolette und hellgrüne Tonschiefer. Diese Verrucanogesteine sind besonders gut in der Gegend von Prutz entwickelt, erscheinen aber auch weiter westlich oft, zum Beispiel Arrezjoch, Malfrag, Vider- joch. Die aus einer quarzporphyrischen Randfazies hervorgegangenen Serizitphyllite, welche den Tasnagranit bedecken, erinnern stark an das Vorkommen einer ähnlichen Randfazies an der Münstertaler Gneismasse (siehe nächster Abschnitt) und die diese bedeckenden Serizitquarzite, Arkosen etc. des Verrucano. Theobald stellt jene Phyllite am Tasnagranit zum Verrucano. Die andere Gruppe wird gebildet von hellgrünen Tonschiefern, grünen, grauen, schwarzen halbphyllitischen Schiefern, grünen Serizit- schiefern mit Quarzknauern, in geringer Menge dann verschiedene kalkige Schiefer, gelblich-bräunliche oder serizitisch-grün oder grau mit Quarz- und Kalzitlagen, braune sandige Kalkschiefer, flyschähnliche Schiefer, ferner erscheinen in ihnen kleine Lager polymikter Konglomerate und in ihnen liegen auch die großen Gipslager von Salas und Zebles neben einigen kleineren Gips- und Rauhwackenvorkommen an anderen Orten; endlich beobachtete ich in ihnen im östlichen Teil der Fließer Alpe Lagen feinkörniger Breceien (mit ockergelben Dolomitstückchen in Quarzkörnern), wie sie in den grauen Bündner Schiefern vorkommen; sie scheinen an dieser Stelle in primärem Verband mit den verschie- denen serizitischen Schiefern zu stehen. Die beiden Gruppen stehen an verschiedenen Orten, zum Bei- spiel am Arrezjoch, Viderjoch usw. im engsten Verband miteinander, so daß eine Abtrennung schwer durchführbar ist; an anderer Stelle treten sie getrennt auf, zum Beispiel die Verrucanogesteine bei Prutz, die zweite Gruppe bei Ried-Fendels, am westlichen Fließer Berg, bei Schuls und anderen Orten. Diese zweite Gruppe steht also einerseits im engen Verband mit dem Verrucano, anderseits aber wird sie an zahlreichen Stellen von Resten von Triasdolomit und Kalk begleitet (Fließer Alpe, Frudiger Kopf, Fendels usf.).. Es läge nahe, sie als untere Trias anzu- sprechen, wofür ja auch das Auftreten von Gips und Rauhwacke spricht; die oben angeführten polymikten Konglomerate enthalten Dolomitgerölle, die Triasdolomiten gleichsehen, ferner gibt Tar- nuzzer an, daß die Gipse von Ardez und Schuls Gerölle von Trias- dolomit und Kalk enthalten; demzufolge müßte man jene Schichten eher dem oberen Rauhwackenhorizont, den Raibler Schichten gleich- setzen. Umstände, welche bei der Deutung als Trias noch der Auf- klärung harren, sind die innige Vermengung mit Flyschschiefern bei Zebles-Piz da Valgronda (Einfaltung, Schuppenbildung?) und die [51] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 581 Breccienbänke auf der Fließer Alpe. Aus den Lagerungsverhältnissen lassen sich schwer Schlüsse für diese Schichtgruppe ziehen, da sie durchweg in stark gestörten Bereichen zutage treten. Ihr Haupt- verbreitungsgebiet ist der West- und Nordrand, von Ardetz über das Fimber Tal und Samnaun bis Prutz, während sie am Südrand nur in der Schulser Gegend sich verbreiten. Die „bunten Schiefer“ enthalten vielfach Lager von basischen Eruptivgesteinen, aber nur von geringer Ausdehnung und Mächtigkeit; so bei Ardetz, am Fließer Berg, Pellinkopf--Schwarze Wand, Kauner Berg und anderen Orten. Es sind Diabase, und zwar kommen be- sonders in diesen Schichten häufig echte Spilite mit Mandelstein- struktur vor. Es ist bemerkenswert, daß gleiche Mandelsteindiabase auch den Verrucano bei Tobadill-Pians (Arlbergbahn) begleiten. Die gelblichen feinkörnigen bis dichten unreinen Kalke, welche in den bunten Bündner Schiefern eingelagert sind, sind dasjenige Gestein, welches am nächsten mit den gelben Bröckelchen in den Breccien der grauen Bündner Schiefer im Aussehen übereinstimmt, nur sind sie mehr kalkig, jene dolomitisch. In der Gesteinsreihe der grauen Bündner Schiefer fehlen solche Schichtbänke. Eine weitere Schichtgruppe, welche von den älteren Autoren zu den Bündner Schiefern einbezogen wurde und ihnen auch in der all- gemeinen Tracht sich anschließt, läßt sich davon abtrennen: fein- sandig-kalkige, dünntafelige, bräunlich oder gelblich verwitternde Schiefer, bräunlichgraue feine Sandsteine, Breccienlagen und Quarz- konglomerate, Lagen von grauen knauerigen Kalken und feinblätterige Tonschiefer. In den sandigen Schiefern findet man oft große Tafeln mit Helminthoiden bedeckt, seltener Fucoidenreste. Es sind viel- fach Gesteine gleicher Art wie jene, welche den Flysch in den Allgäuer Alpen zusammensetzen, und können auch hier als Flysch herausgehoben werden. Sie ziehen in breiter Zone von der Alpe bella im Samnaun ins obere Fimber Tal, wo sie an der Krone den Kamm gegen das Inntal überschreiten. Außer den verschiedenen Arten von Bündner Schiefern beteiligen sich aber noch Schichten, welche sich durch ihre lithologische Aus- bildung klar davon abtrennen, an dem Aufbau der Bündner Schiefer- region des Unterengadin. Paulcke hat zuerst das Vorkommen von mariner Trias am Stammer und einige kleine Vorkommen im Samnaun entdeckt und beschrieben. Nach unseren Beobachtungen an der Südwand und an der Nordseite des Stammer liegen zuunterst eine Folge von gelblich verwitternden schwarzgrauen Kalken mit mergeligen Zwischenlagen; einzelne der Kalkbänke sind reich an Fossilresten, besonders Brachio- poden; darüber folgt ein lichtgrauer splitteriger Dolomit von geringer Mächtigkeit, dann nochmals Bänke dunkelgrauen Kalkes, der Zwei- schaler enthält (und am Nordgrat ein paar Fischschuppen lieferte) mit sehr geringmächtigen mergeligen Lagen, die zum Teil durch ihre bunte, von Paulcke treffend als herbstlaubfarben bezeichnete Ver- witterungsfarbe auffallen. Diese ganze, an der Südseite des Stammer 582 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [52] etwa 150 m mächtige Schichtfolge wird überlagert von einem Dolomit vom Aussehen des Triasdolomits des Engadin; im untersten Teil mit Breccienstruktur, ähnlich den Sedimentationsbreccien im Ortlergebiet; im oberen Teil diekbankig; nahe der oberen Grenze enthält eine Bank zahlreiche schwarze Hornsteinknollen. Die Zinnenkrönung und den Nordabfall des Stammer nehmen schwärzliche, braun anwitternde mergelige Kalkschiefer ein; am Nordhang liegen dickere Kalkbänke mit Fossilien. Paulcke deutet (1904) diese Schichtfolge als Wettersteinkalk, Raibler Schichten (herbstlaubfarbener Mergel), Hauptdolomit und Rhät (am Gipfelkamm). Aus seiner Publikation von 1910 ist weiters zu entnehmen, daß er das Alter der Rhätkalke auch durch Auffindung einer Fauna dieses Niveaus sicherstellen konnte und eine vorwiegend aus dunklen Kalken und Tonschiefer zusammengesetzte Breccie am Stammer zum Lias stellt. Soweit ich aus mündlichen Mitteilungen Herrn Prof. Paulekes sowie aus dieser letzten Publikation schließen kann, dürfte Paulcke das Stammerprofil jetzt stratigraphisch etwas anders deuten als 1904. Unsere oben angegebene Gesteinsfolge stimmt mit seiner Schichtbeschreibung (1904) überein, über dem hellgrauen Dolomit im unteren Teil des Profils fand er noch eine Lithodendron- bank. Die dunklen Kalke und Mergel an der Basis nähern sich in ihrem Aussehen stark den Kössener Schichten der Nordalpen und diese Vermutung wurde durch Fossilfunde bestätigt. Von den schlecht erhaltenen Fossilen ließen sich annäherungsweise bestimmen: Avieula contorta Portl. Anatina praecursor (Quenst. Gervilleia inflata Schafh. von der Nordseite des Kammes und von den Funden an der Südseite: Dimyodon intustriatum Emmr. Y Es kann demnach die ganze Kalk- und Mergelfolge samt dem eingeschalteten lichten Dolomit und der Lithodendronbank wohl als Aquivalent der Kössener Schichten betrachtet werden. Aus den Schichten am Gipfelkamm gewannen weder Paulcke noch wir bestimmbare Fossile, doch fanden wir auf den Halden am Nordfuß des Stammer (oberstes Val Bolscheras) Kalkplatten mit zahlreichen Belemniten gleicher Art wie jene im Lias der Greitspitze, welche nur vom Stammer herabgestürzt sein können — eine Zufuhr von fernher auf glazialem Wege ist wegen der Höhenlage ausgeschlossen — und auch ihrem Gesteine nach mit den Kalkbänken der Gipfelschichten übereinstimmen. Es steht am Gipfelkamm des Stammer also noch Lias an, was auch durch Übereinstimmung in der Ausbildung mit dem Lias im Süden und Norden bekräftigt wird. Reste der mittleren und oberen Trias gleicher Fazies sind im Fimbertal, Samnaun und längs des ganzen Nordrandes, be- sonders in der Prutzer Gegend noch vielfach anzutreffen, doch nur in mehr oder weniger unvollständiger Entwicklung. Oft sind es nur Keile von grauem, feinkristallinem Kalk oder Dolomit. An der Westseite des Bürkelkopf ist zwischen Diabasschiefer ein Blatt [53] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 583 von breceiösem Dolomit eingeschoben, welches begleitet wird von hell- grauen, schwach rötlichen, klingenden Kalkschiefern, welche ganz solchen Gesteinen im Muschelkalk des Piz Lad bei Nauders und am Jaggl gleichen. Sie sind hier teilweise marmorisiert und dann weiß. Am P. 2754 des Kammes Blauwand-Frudigerkopf sind die lichtgrauen Kalke vergesellschaftet mit milden grauen blättrig-tafeligen Kalk- mergeln, welche stellenweise in großer Menge Bactryllien ent- halten und vielleicht den Partnachschichten der Nordalpen entsprechen. Gleiche Mergel sowie feine Sandsteine beobachtete ich bei Prutz in der Begleitung des Dolomits. Die karbonatischen Gesteine sind teils lichte, feinkristalline Kalke, teils hell- oder dunkelgraue oft bituminos riechende Dolomite. Das Vorkommen von Lias in der Samnauner Alpe ist schon seit Theobald bekannt, dank dem Reichtum an Fossilien in seinen Gesteinen. Paulcke hat diese interessante Liaszone von Malfrag bis unter das Fluchthorn genauer untersucht und beschrieben. Er ist hauptsächlich in der Gestalt von grobkörnigem gelblichgrauem Crinoiden- kalk entwickelt, ferner beteiligen sich Kieselkalke, dichte graue Kalke mit rötlicher Anwitterung und in geringer Mächtigkeit auch, wahrschein- lich an der Basis, dünnblättriger schwärzlicher Mergelschiefer. Paulcke konnte zuerst durch Funde von Arietites ex. af. Buck- landı das Alter dieser Kalke als unterliasisch feststellen. Ammo- niten sind ziemlich selten, dagegen sind neben Crinoiden Brachiopoden und Belemniten in großer Menge zu finden. Die Gesamtmächtigkeit des Lias veranschlagt Paulcke auf 30 m. Fossilführende Ablagerungen des oberen Jura sind aus dem Antirhätiken bisher nicht bekannt geworden. Die älteste Ablagerung unter den im vorhergehenden beschriebenen zahlreichen Schichtgesteinen des Unterengadiner Bündner Schiefer- bereiches, deren Alter durch Fossile bestimmt ist, gehört der Trias an. Die fazielle Entwicklung der Trias des Stammer stimmt in ihrer dolomitischen Hauptkomponente mit jener der Nordalpen und mit der Lischannagruppe überein, steht aber der Fazies der ersteren insofern näher, als Kössener Schichten bisher in der Lischannagruppe nicht gefunden wurden (mit Ausnahme eines sehr beschränkten und unsicheren, nicht durch Fossile bestimmten Vorkommens im Val Dascharina). Der Lias transgrediert hier direkt über dem ober- triadischen Dolomit. Dagegen bieten die Kalkschiefer in dem Trias- keil westlich des Bürkelkopf einen Vergleichspunkt mit der unteren Trias in der Lischannagruppe. Die Trias des Stammer findet ihre abgerissene Fortsetzung längs einer Dislokationsfläche in den Dolomit- keilen des Piz Munschuns und Mont da Cherns; in diese Kette von Triasfragmenten gliedert sich auch das Gipsvorkommen von Che d’mott ein. Es ist aber wohl kein zu weitgehender Analogieschluß, wenn man dieses Gipsvorkommen, dem von Zebles und Salas gleichstellt und in ihm eine Brücke sieht, welche von der Trias des Stammer und seiner Anhängsel zu dem Komplex der bunten Bündner Schiefer hinüberführt. Diese enthalten die großen Gips- 584 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer, [54] lager von Zebles nnd Salas, verbunden mit Rauhwacken und Dolomit- brececien und mit bunten Schiefern. Eng mit ihnen verbunden tritt auch Verrucano auf und Quarzite, welche vielleicht auch hierher ge- hören dürften. An der Basis des Stammer stecken in den getüpfelten Kalkschiefern und Tonschiefern, welche den obersten Teil der Bündner Schieferunterlage einnehmen Quetschlinsen und auch größere Lagen — an der Nordseite drei übereinander — eines quarzreichen serizit- überzogenen Gesteines von lichtgrüner, manchmal auch hellrötlicher Färbung, welches aus der Ferne stark gequetschten Diabasschiefern ähnlich sieht, obzwar es hellerer Färbung ist als jene. (Querbruch weiß!) Die mikroskopische Untersuchung zeigt ein sehr feinkörniges seschichtetes Quarzaggregat mit vielen kleinen länglichen Kalzitnestern. Wenn es also auch keinesfalls ein Diabasschiefer ist, so erinnert es doch an jene rotgrünen Schiefer in Begleitung der Diabase. Im Dünn- schliff unterscheidet es sich von jenen durch den größeren Quarzgehalt und die Sonderung des Kalzits in Nester, mehr bemerkenswert ist aber daran, daß in den Kalzitnestern dieselben dichten Anhäufungen kleinster Mineraleinschlüsse auftreten wie die Tüptfel der oben genannten Tüpfelschiefer und daß hier in diesen Tüpfeln — deutlich an einem, undeutlich in mehreren derselben — kleine kugelige per- forierte Organismen sich vorfinden, je zu mehreren in einem Tüpfel vereint. Es gibt dies sowohl einen Hinweis auf die Natur der Tüpfel als auch auf die Zusammengehörigkeit der fraglichen Gesteine an der Stammerbasis mit dem einschließenden Bündner Schiefer, nämlich dem ganzen Tüpfelschieferhorizont, welcher die Stammertrias in großer Mächtigkeit unterlagert. Sicher nachzuweisen ist nur Rhät. Der Dolomit selbst dürfte in seinem Alter eher dem Hauptdolomit als dem Niveau des Wetter- steinkalkes entsprechen. Die Fazies des Lias steht, wie Paulcke hervorhob, der Ad- nether Fazies und den crinoidenreichen Liasgesteinen der Nordschweizer Klippen nahe, beziehungsweise hat zum Teil einen eigenen Fazies- charakter. Innerhalb des engeren Gebietes besteht zwischen dem Liaszug Malfrag—Fimbertal und der Liaskappe am Stammer Über- einstimmung darin, daß einerseits die belemnitenhaltigen Stücke vom Stammer dem Gestein nach nicht zu unterscheiden sind von dem belemnitenführenden Bänken jener Zone und daß anderseits die schwärzlichen Mergelschiefer beiden gemeinsam sind, doch ist ihre Mächtigkeit am Stammer wahrscheinlich eine größere. Das unter den Namen Steinsbergkalk von Ardetz im Engadin bekannte Liasvorkommen bildet die Fortsetzung der Samnauner Liaszone und stellt faziell einen Ubergang zwischen dem Lias von Samnaun und jenem der Lischanna- gruppe dar, wie dies auch schon Paulcke schreibt. Doch steht der Steinsbergkalk noch dem Samnauner Lias entschieden näher. Die Liasschiefer des Lischanna sind petrographisch den Gipfel- schiefern des Stammer sehr ähnlich, doch liegen sie über den Lias- breccien, während im Samnauner Gebiet die Schiefer wahrscheinlich an der Basis liegen. Der Faziesunterschied zwischen dem Rhät und Lias des Lischanna—Samnaun gegenüber jenen der Lechtaler Alpen ist jeden- [55] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 585 falls bedeutend größer als jener zwischen den ersteren beiden. In den Lechtaler Alpen mächtige Entwicklung der Kössener Schichten und Vorwiegen der Liasentwicklung als Allgäufleckenmergel — im Lischanna Kössener fehlend, im Samnaun nur am Stammer — und der Lias als Crinoidenkalk beziehungsweise Dolomitbreccie mit nur untergeordneter Entwicklung von Mergeln. Paulcke hat auf die großen faziellen Unterschiede, welche zwischen dem Samnauner Gebiet und Rhätikon-Prätigau im Mesozoikum bestehen, aufmerksam gemacht; das Tithon, im Rhätikon so stark hervortretend, fehlt im Antirhätikon völlig‘), während der Lias im Rhätikon stark zurücktritt. Radiolarienhornsteine, die auch in der Lischannagruppe wieder auftreten, fehlen ebenfalls im Samnauner Gebiet. Dagegen nimmt Paulcke 1904 von der unteren Kreide an wieder eine Meeresverbindung mit dem Prätigau an, die in der „Bündner Fazies (mit helvetischen Anklängen)“, der Kreidefolge des Samnaun und in den flyschähnlichen Schiefern seine Begründung hat. Den Bemühungen Paulckes ist es zu verdanken, daß in dem Antirhätikon die Kreide durch Fossilfunde nachgewiesen ist. Er fand in der vorwiegend kalkigen Schichtgruppe, welche den Lias von Malfrag über das Fimbertal bei Ardetz begleitet, Orbitulinen (0. concava) und Diplopora Mühlbergi. Diese kretazischen Schichten bestehen aus dichten dunkelgrauen Kalken, feinkörnigen dunkelgrauen Crinoidenbreccien und dunkel- grauen tafeligen Kalkschiefern, bräunlich sandigen Kalkschiefern, und feinblättrigen grünlichgrauen Tonschiefern mit zwischengeschalteten Breceienbänken. Ein Teil der Kalke ist breceiös und enthält kleine Bruchstückchen eines ockerfarbenen Dolomits und weiße Glimmer- blättehen — sowohl diese als die Crinoidenbreccien und die Bänke, welche beide Charaktere verbinden, finden sich aber, wie oben aus- einandergesetzt wurde, in ganz gleicher Ausbildung in verschiedenen Horizonten der „grauen Bündner Schiefer“ im primären Verband. Außerdem hat Paulcke (1910) noch am Piz Roz einen Orbitoides (Orthophragmina??) gefunden in einer quarzhältigen Breccie gleicher Beschaffenheit wie jene am Piz Arina und anderen Orten und Schiller gibt bereits 1906 aus einer ähnlichen Breccie bei Saraplana einen Fund von Lithodamnium bekannt. Damit sind Anhaltspunkte für die Altersbestimmung der „grauen Bündner Schiefer“ gegeben. Der Südrand wird also (mindestens) von Saraplana an ostwärts bis Fendels von kretazischen Gesteinen begleitet. Allerdings fand ich bisher außer den Crinoiden keine bestimmbaren Fossile im öster- reichischen Gebiet in dieser Zone, doch ist die Gesteinsgleichheit der Crinoidenbreccie eine so vollständige, daB zusammen mit Schillers Lithodamnium-Fund die obige Annahme als berechtigt gelten darf. !) Paulcke glaubt (1910), daß man im Futschöltal helle marmorisierte Kalke als Tithonäquivalente deuten könnte. 2) Nach R. Schubert ist das vorliegende Fossil nicht ausreichend zu einer derartigen Gattungsbestimmung. Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1910. Jahrbuch d.k.k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Bd.,3.u.4. Hit. (Ampferer u. Hammer.) 76 586 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [56] Nun ist es nicht sicher, daß die kretazischen Gesteine am Südrand in ungestörtem Verband mit ihrem Liegenden sich befinden — deutliche Anzeichen einer Störung fehlen allerdings — es kann also nicht sicher aus ihnen auf das Alter des Liegenden geschlossen werden. Es liegen aber schon in den tieferen Teilen der Antiklinale, in denen keinerlei Anhaltspunkte für die Annahme großer Schichtver- dopplungen, Schuppungen oder Falten gefunden wurden, auch schon Crinoidenbreccien gleicher Art, welche sich im primären Verband mit den unter- und überlagernden Schichten befinden. Die tiefstliegende Crinoidenbreccie ist, soweit meine bisherigen Beobachtungen reichen, jene am Kamm Muttler-Arina, unter welcher noch die quarzführenden Breccien am Arina liegen. In Finstermünz tritt wenig höher, im „2. Breccienhorizont“, eine Bank von Breccie mit gelben Dolomitfragmenten und Glimmer, aber ohne Crinoiden auf. Die tiefstliegenden Breceien überhaupt, jene am Kreuzjoch-Spiß, haben bisher keine Fossile geliefert, sind aber petro- graphisch denen vom Arina gleich. Wenn man nun auch diese fossilfreien Quarzbreccien außer acht läßt unter der Annahme, daß auch in älteren Schichten als die Kreide Breccien gebildet wurden, welche petrographisch jenen gleich sind, so wird man doch kaum umhin können, für die Schichtfolge von dem untersten Crinoidenhorizont aufwärts ein kretazisches (bis ter- tiäres) Alter anzunehmen, und nachdem auch die hangendsten Schichten am Südrand aus kretazischen Schichten gebildet werden, bleibt nur noch der innerste Teil der Antiklinale als allenfallsiger Vertreter älterer Schichten übrig. Läßt man die Quarzbreccien Kreuzjoch-Spiß als Aquivalente der Arinabreccien oder jener am Piz Roz gelten, wofür die petrographische Gleichheit spricht, so bleibt noch ein hauptsächlich aus Kalkglimmerschiefer bestehender Antiklinalkern von vielleicht 1000 m Mächtigkeit!) der Schenkel übrig, für welche gegebenenfalls ein höheres Alter angenommen werden kann. Daß über dem untersten Crinoidenhorizont noch ältere Schichten abnormal eingeschoben sind, dagegen spricht der Umstand, daß hier nahe übereinander an ver- schiedenen Stellen mehrere Breccienlager und die Tüpfelschiefer sich einschalten, Für das Alter des innersten Kernes der Antiklinale liegen wenig Anhaltspunkte vor. Das Liegende der grauen Bündner Schiefer ist hier nicht erschlossen, Fossile fehlen. Die Gesteinsähnlichkeit und der Mangel jeder deutlichen Abgrenzung schließt sie mit den oberen Teilen zusammen. Es ist nicht die Aufgabe dieses Querschnittes, das wichtige Kapitel der Stratigraphie der Bündner Schiefer in vollem Umfange zu entwickeln und Stellung dazu zu nehmen, sondern es sollen nur ein paar auf den besonderen Fall bezügliche Umstände in Kürze zur Sprache kommen. Der Hauptschauplatz für diese Frage liegt weiter westlich. !) Ohne die Kleinfältelung zu berücksichtigen. [57] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 587 Dienert), Gümbel?) und Rothpletz°) ‘haben sich für das paläozoische Alter eines Teiles der Bündner Schiefer aus- gesprochen unter Heranziehung der Verhältnisse im Oberengadin und dem Rheintal und dessen Seitentälern. Da von fast allen Geologen die weitgehende petrographische Übereinstimmung der grauen Bündner Schiefer des Unterengadin mit den Bündner Schiefern aus dem Rheintal betont wird, haben jene Beobachtungen auch für das Unterengadin große Wichtigkeit. Das stärkste Argument für das paläozoische Alter ist die ursprüngliche Überlagerung mit Trias. Rothpletz hat eine solche im Oberengadin festgestellt, ohne daß neuere Detailunter- suchungen eine Widerlegung dieser Beobachtungen gebracht hätten. Dagegen steht im Splügener Gebiet diese Schichtfolge neuerdings nach den Angaben von Welter‘) nicht mehr einwandfrei da, wenn- hin es sich vielleicht nur um lokale Zerreißungen einer ursprünglich gleichen Schichtfolge handeln könnte. Rothpletz gibt aber daneben noch mehrere andere Profile aus Oberhalbstein (Tiefenkastel ete.) an, mit gleicher normaler Überlagerung der ‘Bündner Schiefer durch Röthidolomit, deren Gültigkeit noch nicht umgestoßen wurde. Es frägt sich also, in welchem Verhältnis im Unterengadin die Trias zu den grauen Bündner Schiefern steht: am Stammer liegt eine in sich völlig umgestürzte Schichtgruppe (Kössener Schichten — Hauptdolomit—Lias) auf den Bündner Schiefern. Es liegen dort die unterlagernden Schiefer schon über den unterkretazischen Crinoiden- breccien, so daß also aus allem erhellt, daß die Auflagerung eine durchaus gestörte ist. Die bunten Bündner Schiefer, von denen oben ein triadisches Alter als wahrscheinlich angenommen wurde, sind beiderseits des Zeblesjochs von den grauen Bündner Schiefern durch braune sandige Schiefer getrennt, in welchen am Piz Roz (Vesulspitz) die Orbitoides-Breccie enthalten ist. Auch hier ist der Kontakt beider Schichtgruppen nur ein tektonischer. Längs des Nordrandes hin bis Prutz treten die untertriadischen Schiefer stets in der Zone großer Überschiebungen auf, in mehrfacher schuppenförmiger Wiederholung übereinander, können also zu stratigraphischen Schlüssen wenig heran- gezogen werden. Jene Schichten im Kern der Antikline, deren Alter hauptsächlich in Frage kommt, stehen nirgends im Kontakt mit Trias. Der paläozoische Habitus, welcher von jenen Autoren auch als Anzeichen ihres Alters beschrieben wird, ist hier ebenso vorhanden (Kalkglimmerschiefer) und unterscheidet diese untersten Teile des Bündner Schieferprofils von den höchsten. Die Ahnlichkeit mit den Kalkphylliten (Brenner Schiefern etc.) der Zillertaler Alpen 1) Diener, Geologische Studien im südwestl. Graubünden. Sitzungsber. der Ak. d. Wiss. i. Wien, mathem.-naturw. Kl. XCVII. Bd. 1888, pag. 606 u. f. 2) Gümbel, Geologisches aus dem Engadin. Jahresber. d. naturf. Gesellsch. Graubündens. XXI. Jahrgang, und Geol. Mitteil. über die Mineralquellen von St. Moritz i. Oberengadin. Sitzungsber. d. mathem.-physik. Klasse d. kgl. bayrischen Ak. d. Wiss. 1893, XXIII. Heft, pag. 1. 3) Rothpletz, Über das Alter der Bündner Schiefer. Zeitschrift d. deutschen geol. Gesellsch. 1895, pag. 1 u. f., und Geologische Alpenforschungen. I. 1900 u. II. 1905. 4) O0. Welter, Stratigraphie und Bau der Alpen zwischen Hinterrhein und Safiental. Eclogae geol. Helv. X. Bd. 1909, pag. 804 u. f 716* 988 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [58] -ist ein weitgehender. Die Einschaltung der Diabaslager erinnert so- fort an verschiedene paläozoische Gebiete der Ostalpen. Die Engadiner Gesteine wurden deshalb auch von Stache!) als Kalktonphyllite be- zeichnet und als eine Fazies der paläozoischen Schichtgruppen der Ostalpen den Quarzphylliten und Kalkphylliten der östlicheren Verbrei- tungsgebiete paläozoischer Schichten größtenteils äquivalent aufgefaßt. Die Tonschiefer des Unterengadin sind übrigens nur wenig phyllitisch, jedenfalls weit weniger umkristallisiert als die Quarzpbyllite. Eine entscheidende Beweiskraft kann bekanntlich aber in diesem halbkristallinen Habitus der Gesteine nicht gesehen werden. Rothpletz gibt als Unterschiede zwischen paläozoischen und mesozoischen Bündner Schiefern an, daß Dolomit, Marmore und die grünen Schiefer auf die paläozoischen Schiefer beschränkt seien, dies trifft jedoch rücksichtlich der grünen Schiefer für unser Gebiet nicht zu, | da Diabasschiefer sicher noch (normal) zwischen den obersten feinkörnigen Crinoidenbreccien liegen. Daß in den jüngeren Teilen arkosenartige Sandsteine auftreten und überhaupt sandige und konglomeratische Bildungen häufig sind, trifft auch im Unterengadin zu, ebenso, daß beiden die schwarzen Tonschiefer (die glimmerarmen Kalkplatten) und quarzitische Gesteine gemeinsam sind, besonders die erstgenannten. Eine (primäre) Diskordanz zwischen den unteren und den oberen Teilen der Bündner Schiefer konnte im Unterengadin nicht festgestellt werden. In der Lischannagruppe folgen über dem Gneis gleich Verrucano und Trias ohne Zwischenlagerung von paläozoischen Schiefern — im Gegensatz gegenüber der Schichtfolge nördlich davon, wenn man die unteren Bündner Schiefer für paläozoisch ansieht; schon Steinmann?) hat darauf als Einwand gegen letztere Annahme aufmerksam gemacht. Da aber zwischen beiden Schichtfolgen zwei UÜberschiebungen sich einschalten, so wäre wohl ein Raum für den nicht mehr sichtbaren Fazieswechsel gegeben. Wir befänden uns am überschobenen Rand eines begrenzten paläozoischen Absatzgebietes. Gümbel und Böse?) halten die Unterengadiner Bündner Schiefer größtenteils für paläozoisch; Böse hat in seinem Profil des Lischanna aber die obere Gneiszone übersehen, welche seine paläo- zoischen Schiefer und Marmore von dem Buntsandstein (Verrucano) trennen, wodurch der Anschein einer ununterbrochenen Schichtfolge von Gneis über Paläozoikum zum Trias hervorgerufen wird. G. A. Koch dagegen vertrat die Ansicht, daß die Bündner Schiefer Bildungen seien, „welche wahrscheinlich in der paläozoischen Zeit beginnen und bis tief ins Tertiär (Eocän) hinangehen“. Theobald zeichnete auch die tiefsten Teile der Bündner Schiefer als Lias auf seine Karte ein; Tarnuzzer stellt jene grauen !) Stache, Die paläozoischen Gebiete der Ostalpen. J.d.g. R.-A. 1874, pag, 159. ?) Steinmann, Geologische Beobachtungen in den Alpen I. Das Alter der Bündner Schiefer. Ber. d. naturf. Gesellsch. i. Freiburg i. B. Bd. X, Heft 2, 1898. Steinmann rechnet jetzt natürlich beide zu verschiedenen Decken (ostalpine und lepontinische Decke). ®) E. Böse, Zur Kenntnis der Schichtenfolge im Engadin. Zeitschr. d. Deutschen geol. Gesellsch. 1896, pag. 557 u. £. [59] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 589 Bündner Schiefer des Antiklinalkernes zu seinen „Engadiner Schiefern* unbestimmten Alters, bemerkt aber, daß diese zum Teil liasisch sein können. Der Umstand, daß die grauen Bündner Schiefer vom innersten Kern der Antiklinale bis zu den Kreidebreceien in ununterbrochenem Ubergang stehen, petrographisch beide Teile vielfach übereinstimmen und auch für eine Vertretung triadischer Schichten, welche man zwischen beiden bei Annahme paläozoischen Alters der tiefsten Teile erwarten müßte, keine Andeutung besteht, läßt es als wahrscheinlicher erscheinen, daß jene tiefsten Horizonte nicht paläozoisch sind und am ehesten noch der Kreide oder dem Jura angehören dürften. Den Allgäuschiefern entsprechen sie lithologisch nicht. Als liasisch bestimmbare Fossile sind in dem ganzen Bündnerschiefer- bereich bisher nur aus den oben beschriebenen Liaskalken und Breccien, nicht aber in den grauen Bündner Schiefern gefuuden worden. Dies und die lithologisch gut charakterisierte und durchaus verschiedene Ausbildung des höheren Lias zusammen mit den Kreidefossilfunden lassen es als nicht wahrscheinlich erscheinen, daß in den eigentlichen Bündner Schiefern nochmals Lias vertreten sei. Tektonik. Die Bündner Schiefer sind, wie schon oben angeführt wurde zu einer Antiklinale aufgewölbt, deren Achse näher dem Südrand und diesem parallel NO verläuft: von Ardetz über P. Soer zum Val Sinestra, über den Mondin, das untere Stubental, Tösens bis zu den Hängen zwischen Fendels und der Fendleralpe. Im österreichischen Teil ist sie steil aufgebogen, die Schichten des Schenkels stehen sehr steil, im Westen ist die Wölbung eine flachere, wie dies auf dem Querschnitt zur Anschauung kommt. An den Schenkeln beobachtet man vielfach eine intensive Kleinfaltung. Auf beiden Schenkeln, besonders aber auf dem nördlichen, sind an Schubflächen schuppenartig zahlreiche ausgedehnte Blattschollen aufgeschoben, deren äußerste dem kristallinen Gebirge des Verwall, beziehungsweise der Otztaler Alpen angehören. Eine innerste große Störungsfläche im Nordteil wird durch die Triasreste des Stammer, das Gipsvorkommen von Ch& d’mot und die kleinen Triaskeile von Piz Munschuns, Punkt 2754 des Kammes Frudigerkopf—Blauwand, Pezidkopf—Südkamm (Stubental) und Burg- schrofen (Fendels) markiert und entspricht im Samnaun Paulckes „Stammerüberschiebung“ von 1904. Die isolierte Scholle der Stammerspitze ist nicht ein in sich geordnetes Schichtpakett oder eine vollständige Falte, sondern aus Schollen zusammengeschoben: der Hauptdolomit liegt einerseits auf Kössener Schichten und wird anderseits von Lias überlagert. Der Kon- takt von Lias und Hauptdolomit am Gipfelkamm ist ein sekundärer; die Bänke des Dolomits stoßen mit spitzem Winkel an der Grenz- fläche gegen die Liasschiefer ab, außerdem deutet schon der große Mächtigkeitsunterschied im Dolomit zwischen Nord- und Südprofil auf abnormalen Verband. Die Liasschiefer sind in eine flache Mulde ver- 590 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [60] bogen; am Nordrand stecken Keile von Dolomit in den untersten Schieferschichten. Von Piz Munschuns ostwärts bis Fendels sind die Triasdolomite und Kalke in eine Zone bunter (untertriadischer?) Bündner Schiefer eingereiht, welche an der Schubfläche auf kretazische Kalke auf- geschoben sind. Uber ihnen liegt wieder eine Zone kretazischer (und tertiärer?) Bündner Schiefer und wird an einer zweiten großen Störungsfläche wieder von den bunten Bündner Schiefern überschoben ; es sind die gipsführenden Schiefer von Piz da Valgronda-Salas, welche auf dem Orbitoides-führenden Schiefer des Piz Roz—Piz Ott liegen. Auch sie setzt sich über das Gebiet der Fließer Alpe und des Stuben- tal (Matschiberlesattel—Frudiger Kopf) gegen Osten fort und wird hier wieder von ausgedehnten Schollen von Triasdolomit begleitet. Ihre Fortsetzung östlich des Arrezjochs habe ich noch nicht begangen, vermute aber, daß sie im Zusammenhang steht mit der gleich orientierten zweiten Schubzone im Prutzer Gebiet wo Verrucano und Trias von Ladis und Faggen ihr entspricht. Sie wird im Samnaun von Flysch (Pellinkopf, Malfrag) und kretazischem Bündner Schiefer überlagert. Im Samnauner Gebiet reiht sich nun gegen außen eine dritte Störungszone an, welche besonders auffällig durch die weitgehende Zerstörung des ursprünglichen Schichtverbandes und die bunte Mischung ihrer verschiedenartigen Bestandteile hervortritt. Sie wird charakte- risiert durch das Auftreten des Lias, welcher im Malfragtale zuerst als langgestreckte Mauer herausragt, weiter westlich aber gänzlich in einen Schwarm von riesigen Blöcken und Schollen aufgelöst ist. Da- zwischen und zu beiden Seiten schieben sich flyschartige Schiefer, Kreide, Trias, Verrucano und vereinzelte Schollen von Gneis ein, zusammen gleichsam eine tektonische Riesenbreccie bildend. Die Mengung sehr verschiedenartiger Gesteine — eine relativ dünne Platte massigen Kalkes zwischen glimmerführenden Schiefern und Mergeln, Quarzsandsteine und dünnbankige Kalke findet ihren Aus- druck in der Verschiedenheit ihrer tektonischen TImformung gegenüber den lithologisch gleichmäßigeren Massen der grauen Bünder Schiefer. Diese Zone reicht von Malfrag über das Fimbertal bis Ardetz- Gegen innen schließt sich ihr die oben genannte Flyschkreidezone an, mit welcher sie eng verbunden ist, da auch in ihr Schollen von Liaskalk, vermutlich zum Lias gehöriger Quarzit, bunter Bündner Schiefer und andere stecken. Die eigentliche „Liaszone“ endet, soweit mir bisher bekannt, im Osten im Bereich der Fließer Alpe. Nur die Kreidekalke, welche von Alp bella an gegen O in zusammenhängendem Verlauf den Lias be- gleiten, setzen sich noch über das Stubental hin fort, zwischen das kristalline Grundgebirge von Paznaun und der gipsführenden Zone bunter Schiefer eingeklemmt. Während in den inneren Schuppen NW-Fallen von mittlerer bis steiler Neigung herrscht, überwiegt in der Liaszone saigere Stellung der Schichten. Besonders der Lias selbst ist wie ein Pfahl senkrecht in die umgebenden ähnlich gestellten Schichten eingerammt. Im Osten zeigt er auf der Alp bella eine steilgewölbte Antiklinale. [61] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 591 An die Liaszone reiht sich nach außen dann die Grenzzone gegen das kristalline Grundgebirge, welches meist nicht mit einer einzigen großen Dislokationsfläche an die Liaszone grenzt, sondern durch mehrere enggedrängte Schuppenflächen mit ihr verwoben ist. Der Schuppenbau des Nordrandes entfaltet sich besonders in der NW-Ecke im Fimbertal—Samnaun und ist auch in der Prutzer Gegend deutlich und ausgebreitet; in der zwischenliegenden Zone drängen sich die Schuppen in einem schmalen Streifen zusammen (zum Bei- spiel Arrezjoch). Die Schubflächen verlaufen gleichsinnig wie der Rand gegen das Kristalline: die starke Abbiegung, welche im Fimbertal der NO- in NS-Verlauf erfährt, macht in gleichem Sinne auch die Stammerüberschiebung mit, und ebenso die Liaszone und die Zone der gipsführenden bunten Schiefer. Die Dislokationslinien scharen sich im Gebiet des Stubental näher zusammen und treten im Osten und besonders im Westen weiter auseinander. Damit steht in Über- einstimmung die Steilstellung der Hauptantiklinale im Pfundsergebiet, die Verflachung derselben im Westen und in geringerem Maße auch im Osten. An der Südseite der Hauptantiklinale fehlt eine derartige Ent- faltung von Schuppen — die Achse der Antiklinale liegt dem Süd- rand näher. Eine Schubfläche läßt sich zwischen den bunten gipsführenden Schiefern von Schuls und den darunterliegenden grauen Schiefern an- nehmen. Weiter östlich fehlen alle sicheren Anzeichen von Schub- flächen im Südflügel der Antiklinale, womit allerdings deren wirkliches Fehlen noch nicht bewiesen ist; doch sprechen die Verhältnisse jeden- falls für eine bedeutend weniger gestörte einheitliche Lagerung als im Nordflügel. Die Filyschschiefer des Fimbertals und ein Analogon der Liaszone fehlen hier. Erst in der Grenzzone gegen das Kristalline findet man wieder eine ähnliche Schuppenstruktur wie am Nordrand. Das kristalline Grundgebirge ist am Westrand, im Fimber- tal, in einer klaren Überschiebung über die jüngeren Schichten auf- geschoben; diese greifen in Zungen an den tieferen Jöchern über den Kamm des Gebirges in die westseitigen Täler über (Larainjoch, Jam- tal), während die dazwischenliegenden Gipfel des Kammes (Flucht- horn und andere) aus kristallinen Schiefern bestehen. Die größte aufgeschlossene Förderungslänge im Jamtal beträgt 3—4 km. Weiter südlich sind die Lagerungsverhältnisse am Westrand (Val Tuoi, Inntal, Val Sampuoir) sehr verwickelte und noch weiterer Untersuchungen bedürftig. Am Piz Cotschen liegt eine mächtige Platte von kristallinem Grundgebirge südfallend auf dem Bündner Schiefer ; am Inn, oberhalb Ardetz, greifen die jungen Schichten in einer steil- stehenden Mulde (?) in das Kristalline ein. Am Nordrand sind die Grenzflächen von Gneis und jüngerem Gebirge durchweg steil gestellt. Im Bereiche der Vesulspitze fallen die jüngeren Schichten steil unter den Gneis ein, am Grübelekopf stehen beide saiger, ober der Fließer Stieralpe fällt der Gneis sehr steil unter die jüngeren Schichten hinein, weiter östlich herrscht wieder das umgekehrte Verhältnis — östlich des Arrezjoches kenne 592 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [62] ich die Grenzfläche eine größere Strecke weit noch nicht und bei Pontlatz ist die Grenzfläche senkrecht gestellt. Zwischen dem Fimbertal und der Fließer Alpe ist der Nord- rand von parallelen Dislokationsflächen begleitet, an denen Schollen der Paznauer Gneise zwischen die jüngeren Schichten sich einschieben, zum Beispiel am Joch zwischen Bürkelkopf und Vesulspitz. Bei diesen randlichen Schuppen beteiligen sich besonders stark basische Erup- tiva, vor allem Diabasschiefer mit Variolitbildung und in ihnen kleine Stöcke und Gänge von Gabbro und Serpentin und die von Paulcke und Welter zuerst entdeckten Nephritgänge, außerdem kommen an ihnen auch kleine Schollen von Triasgesteinen und Flyschschiefer zu- tage. Ebenso lauft nördlich Prutz im Gneis eine durch Verrucano- und Triaskeile bezeichnete Störungslinie parallel dem Nordrand. Am Südrand fallen die Bündner Schiefer steil unter die Gneise der Otztaler Gruppe ein. An einzelnen Stellen steht die Grenzfläche saiger, zum Beispiel Lahnkopf, Sadererjoch. Ähnlich wie am Samnauner Nordrand besteht der Rand auch hier im Schweizer Gebiet und in der Nauderer Gegend aus mehreren parallelen Dislokationen. Uber den bunten Schiefern, welche bei Schuls, und den Crinoiden- breccien, welche bei Nauders das Hangende des geschlossenen Bündner Schieferprofils bilden, folgt eine schmale Gneiszone. Die petrographische Untersuchung, welche Grubenmann den von allen früheren Autoren als Gneis bezeichneten Gesteinen dieser Zone südlich von Schuls gewidmet hat, hat ihn zu dem Ergebnis geführt, daß es feldspatführende Glimmerquarzite sind, welche nicht den Ötztaler Gneisen zugehören, sondern durch vielfache Intrusion und Injektion von gabbro-peridotitischem Magma umgewandelte Engadiner Schiefer (Bündner Schiefer !) darstellen. "Weiter westlich schieben sich aber in dieser Zone (auch nach Grubenmann-Tarnuzzer) wieder Schollen des kristallinen Grundgebirges zwischen die Bündner Schiefer am Inn und die südlichere Zone derselben ein (Gneis in Vals Arsas, Gneis und Granit von Chaposch) als ein Zeichen, daß auch hier ein Aufbrechen des Grundgebirges in einer, wenn auch fragmentarischen, unteren Gneiszone stattfindet. Über ihr folgt sowohl in der Schweiz wie bei Nauders ein geringmächtiges, aber weithin verfolgbares Blatt von Bündner Schiefer und Trias; Schiller gibt für die Schulser Gegend graue und bunte (gipsführende) Bündner Schiefer an und eine vereinzelte Bank von Crinoidenkalk (Lias?). Meinen Beobachtungen nach scheint mir auch schon in der Schulser Gegend Trias (Kalkschiefer des Muschelkalk ?) sich zu beteiligen. Sicher ist dies in der Nauderer Gegend der Fall. SW von Nauders (Tiefhof) treten Kalkschiefer auf, welche ich den Muschelkalk-Kalkschiefern am Piz Lad am ehesten gleichstellen möchte. !) Da zur Zeit des Erscheinens von Grubenmanns Abhandlung das Quer- schnittprofil bereits im Drucke war, war eine Abänderung der dort als Gneis ein- getragenen Schichte nicht mehr möglich. Für die tektonische Deutung ist diese Verschiedenheit, wie oben angegeben, nicht von großem Belang. Das gleiche gilt für die möglicherweise eher schon zum Verrucano zu stellende obere Gneiszone unter dem Lischanna. [63] Geologischer Querschnitt durch die Östalpen. 593 — E. Suess bezeichnet sie als sicher ostalpine Trias — doch sind daneben auch Bündner Schiefer (schwärzliche Tonschiefer, dunkel- graue Kalkschiefer) vorhanden und die Fortsetzung dieser Zone NÖ Nauders besteht nur aus Muschelkalk-Kalkschiefern und größtenteils Triasdolomit. Auf der Gamoralpe endet sie. Die peridotitischen Intrusionen entwickeln sich zwischen unterer Gneiszone und Bündner Schiefer-Triaszone zu mächtigen ausgedehnten Serpentinmassen sowohl in der Gegend südlich Schuls bis Val Sampuoir, als auch im SW von Nauders. Uber der oberen Bündner Schiefer-Triaszone folgt dann im Gebiet östlich von Nauders die geschlossene Gneismasse der Otztaler Alpen, welche sich in die Gneiszone südlich des Inn bei Remüs-Schuls fortsetzt, wo sie von der Trias-Jurafolge des Lischanna überlagert wird. Tarnuzzer faßt die schmale Fortsetzung derselben -— welche die Verbindung mit dem Silvrettagneis der Nunagruppe herstellen würde — südlich von Schuls als Verrucano auf; stark gepreßter Gneis und ebensolche Arkosen etc. des Verrucano geben leicht Anlaß zu ver- schiedener Deutung. Für die tektonische Deutung ist der Unter- schied unwesentlich, da zwischen den Bündner Schiefern im Liegenden und dem Gneis, beziehungsweise Verrucano im Hangenden der Kontakt in keinem Falle der primäre ist und sowohl von Schiller als Tarnuzzer als Dislokation bezeichnet wird. An der tirolischen Landesgrenze wird der obere Gneiszug noch- mals von einer Schubfläche zerteilt; oberhalb des Grünsees fand ich im Gneis abermals Trias (Muschelkalk) eingeschaltet und in Spuren läßt sich die Schubfläche bis zum Stillebach verfolgen. Der darüber- liegende Gneis ist dann die normale Basis der Trias des Piz Lad. Ich vermute, daß jene oberste Dislokationsfläche der letzte Ausläufer der westlichen Randüberschiebung der Otztaler Alpen ist (siehe nächster Abschnitt). Der unmittelbare Zusammenhang ist unterhalb Piz Lad durch Halden überdeckt. Eine Fortsetzung östlich des Stillebach vermochte ich bisher nicht zu sehen. Außer den genannten Aufbrüchen von Serpentin an den Dislo- kationsflächen beobachtet man am Nord- und Südrand auch in den Gneisen der Verwallgruppe und der Otztaler Alpen eruptive Auf- brüche; sowohl die Amphibolite des Fluchthornkammes als die Gneise vom Vesulspitz bis zur Fließer Scharte (weiter östlich habe ich noch keine darauf bezüglichen Nachforschungen unternommen) sind durch- schwärmt von feinen Adern eines felsophyrischen Ganggesteins (mikrofelsitische Grundmasse mit viel Quarz- und wenig Feldspat- einsprenglingen), welches in den Fluchthornamphiboliten stellenweise schöne Eruptivbreccien bildet. Im Süden dagegen beobachtete ich in den Gneisen von Nauders bis ins Tösner Tal einen Schwarm größerer, aber wenig zahlreicher Gänge von Diabas und Diabasporphyrit, welche den Südrand begleiten und deren Verbreitung und Zahl beim Weiterschreiten der Kartierung sich voraussichtlich noch ver- größern wird. | Jahrbuch d.k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Bd.,3. u.4. Hft. (Ampferer u. Hammer.) 77 594 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [64] Die eigenartigen Verhältnisse des Unterengadiner Gebietes lassen eine Erklärung in zwei Richtungen geben. Die eine, welche von Rothpletz, E. Suess, Steinmann, Termier, Uhlig und jetzt auch von Paulcke und Tarnuzzer vertreten wird, denkt sich die Gneise der Otztaler- und der Silvretta- gruppe als eine ursprünglich geschlossene Decke über den Bündner Schiefern ausgebreitet, welche später durch die Erosion durchlöchert wurde, so daß nun die darunterliegenden tieferen Schichten in einem Fenster zutage treten. Die Bündner Schiefer setzen sich dieser Er- klärung nach unter der Silvrettamasse fort und kommen im Prättigau wieder zutage. Die andere Erklärungsweise geht dahin, daß die Schichtfolge des Bündner Schiefergebietes in einem selbständigen, zeitweise gegen Westen geöffneten Meeresbereich abgelagert wurde und daß dieses Gebiet ein Senkungsgebiet ist, dessen Ränder allseits von den um- gebenden kristallinen Massen überschoben wurden. Diese Ansicht vertrat Paulcke in seiner Abhandlung von 1904. Bei der ersteren Erklärung nimmt Rothpletz eine Bewegung der Gneisdecke von O nach W, alle anderen eine solche gegen N an. Paulcke leitete bei seiner früheren Erklärung den Schub haupt- sächlich aus vier Richtungen her, nämlich aus N von der Verwallmasse, NW bis W von der Silvrettamasse, S von der Berninamasse und SO von der Ötztaler Masse. Als Hauptgrund für die Deutung als Fenster wird angeführt, daß die Gneise sich ringsherum zusammenschließen und die Bündner Schiefer und sonstigen jüngeren Schichten nach allen Seiten unter die Gneise einfallen. Das letztere trifft im allgemeinen zu, wenn auch die vorwiegend steile Stellung der Grenzfläche jedenfalls die An- nahme einer nachträglichen Steilstellung notwendig macht. Der Zusammenschluß der Gneise ist, soweit die bisherigen Untersuchungen reichen, zwischen Silvretta- und Ötztaler-Gneis im NO des „Fensters“ sehr wahrscheinlich unterbrochen: J. Blaas!) hat im vorderen Pitztal eine Überschiebung aufgefunden — sie ist auch teilweise schon auf den Manuskriptkarten der Reichsanstalt von G. A. Koch ersichtlich — an welcher die Gneise der Ötztaler Gruppe über die Phyllite des Vennetberges aufgeschoben sind. Die Phyllite und der aufgeschobene Gneisrand erreichen bei Roppen das Inntal, die UÜberschiebung läuft hier mit der tektonischen Inntal- linie zusammen. ıe Gleich wie an der Überschiebung im vorderen Pitztale die aus höher kristallinen Gneisen und ihren Einlagerungen bestehende Otz- taler Gneismasse den Phylliten des Vennetberges gegenübersteht, so werden auch auf der kurzen Strecke vom vorderen Pitztale (Wenns) bis zur NO-Ecke des Bündnerschieferbereiches unter der Aifenalpe die einförmigen Phyllitgneise und phyllitischen Schiefer des Piller von den hauptsächlich aus Granitgneisen und geringeren Zwischen- schaltungen von Zweiglimmergneis und Amphibolit bestehenden !) J. Blaas, Ein Profil im vorderen Pitztale. Verhandl. d. k.k. geol. R.-A. 1909, pag. 197. [65] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 595 kristallinen Massen der Aifenspitze überragt, so daß eine Fortsetzung der Pitztaler Uberschiebung von Wenns längs einer über Matzlewald segen Harben verlaufenden Linie bis zum Östrande des Bündner- schiefergebietes als sehr wahrscheinlich erscheint. NÖ von Harben steht noch Triasdolomit an, an der den Nordrand bei Pontlatz be- gleitenden Störungslinie. Wenn auch die genaue Kartierung des ganzen Bereiches noch im Gange ist, so konnte doch bis jetzt ein derartiges Fortstreichen der Gneis- und Amphibolitzüge aus der Verwall- in die ÖOtztaler Gruppe, wie sie die oben genannte Manuskriptkarte ver- zeichnet, nicht beobachtet werden. Ähnlich wie die Pitztaler Überschiebung im NO an den Öst-, beziehungsweise Südrand tritt auch im SW eine Bruchlinie an diesen Rand heran. Aus dem Oberengadin streicht über den Straglia- vitapaß eine Dislokationslinie her, an welcher (nach Dyrenfurth) die Gneise der Silvretta mit den mesozoischen Schichten der Münster- taler Alpen an saigerer oder sehr steil geneigter Fläche aneinander- stoßen. Ihre Fortsetzung ist die von Schiller beschriebene Störungs- fläche zwischen Lischannatrias und oberem Gmneishorizont südlich Schuls; nach Tarnuzzers Darstellung würde dieselbe bei Schuls den Rand des Bündnerschieferbereiches bilden, also direkt in die Südranddislokation des „Fensters“ übergehen, so daß auch hier der Zusammenhang der Gneise unterbrochen ist. Es scharen sich in der Gegend von Schuls die Schubflächen in einem Pakett eng- gedrängter Schuppen; die gleiche Erscheinung wiederholt sich bei Nauders, wo die Otztaäler Westrandüberschiebung an den Rand des Bündnerschieferbereiches herantritt. Im Südwesten greifen die Bündner Schiefer an drei Stellen in das Kristalline ein: im Val Sampuoir — hierüber sind die Unter- suchungen Dyrenfurths abzuwarten; zwischen Ardetz und Guarda am Inn: nach Tarnuzzer „gliedern sich hier die Phyllite (Bündner Schiefer) der kristallinen Mulde von Giarsun an“. Isolierte Reste von Triasgesteinen (Muschelkalk nach Tarnuzzer) dringen hier als letzte Ausläufer der Ardetzer Liaszone weit zwischen die kristallinen Schiefer vor und bilden ein Gegenstück zu den Kalkkeilen am Piller; auch hier scheint eine Dislokationszone die Gneisumrandung zu zerteilen; die dritte Stelle ist Val Tuoi: hier fallen am Piz Clavigliadas nach Grubenmanns Beschreibung die Gneise steil gegen S unter (?) die Bündner Schiefer ein und werden anderseits vom Kristallin des Piz Cotschen überschoben. Für den Westrand fehlen genauere An- gaben. Als verbindende Reste der abgetragenen Decke wurden von E. Suess und Steinmann die Triasscholle der Stammerspitze angesehen (ostalpine Decke) und die Grünschiefer des Mondin, letztere als Reste der zunächst unter der Gneisdecke liegenden und ebenfalls das „Fenster“ ehemals überspannenden Decke der grünen Schiefer (rhätische Decke). Auch Paulcke sieht nunmehr in der Stammerscholle einen Rest des invers unter den Gneisen liegenden Trias der „ostalpinen* Uberfalte. Die Grünschiefer des Mondin liegen, wie auf dem Quer- schnitte ersichtlicht ist, nicht als Kappe auf den Bündner Schiefern, - IL 596 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [66] sondern sind den tieferen Teilen der großen Wölbung als Lager ein- geschaltet, können also nicht als Deckschollen gedeutet werden. Aber auch die Stammertriasscholle liegt nicht derart auf den Bündner Schiefern, wie sie als Rest der aufliegenden ostalpinen Decke liegen müßte, denn die Schiefer des Piz Vadret—Piz Roz gehen, wenn man ihre erodierten Schichtköpfe ergänzt, über den Stammerspitz hinaus, die Stammerscholle tritt an einer Schubfläche innerhalb der Bündner Schiefer zutage. Damit in Übereinstimmung stehen die Trias- reste, welche in der östlichen Fortsetzung dieser Störungszone auf- treten: sie stecken als Keile in den Bündner Schiefern drinnen, die Erosion hat sie noch nicht so herausgearbeitet wie jenen Rest an der Stammerspitze. Übrigens ist die Lagerung der Triasschichten auf dem Stammer so gestört, daß das Vorhandensein der für den liegenden Triasüberzug der „ostalpinen*® Überfalte geforderten inversen Lagerung ganz der subjektive n Meinung anheimfällt: der Hauptdolomit wird von Rhät, beziehungsweise Lias unter- und überlagert. Ein weiteres Anzeichen für die Fensternatur kann darin gesehen werden, daß die Bündner Schiefer nur in ihm entwickelt sind, dagegen in der Schichtfolge des Lischanna fehlen, während sie ander- seits Übereinstimmung mit den Bündner Schiefern des Prättigau und von Oberhalbstein aufweisen. Da eine Verbindung über die Gneise der Silvretta weg fehlt und die Schiefer beiderseits unter die Gneise einfallen, wurde daraus auf eine Verbindung unter den Gneisen geschlossen. Durch die Auffindung von orbitulinenführenden Schiefern und Sandsteinen, welche den Südrand der Lechtaler Alpen weithin durchziehen, eröffnet sich auch nach dieser Seite eine fazielle Ver- bindung der Engadiner Kreide mit den umliegenden Gebieten. Die Kreide- schichten der südlichen Lechtaler Alpen sind lithologisch in manchen Gesteinstypen (sandige Kalke, dunkelgraue Kalke und andere) denen des Engadin sehr ähnlien, die Unterschiede nicht größer als sie inner- halb dieses weiten Bereiches und auf Grund der Beziehungen zum Unter- grund gut angenommen werden können (Glimmergehalt des zentral- alpinen Gebietes). Bei Prutz— Landeck nähern sich die beiden Gebiete bis auf wenige Kilometer. Die Mächtigkeit der Lechtaler Kreide nimmt gegen Süden hin zu; bemerkenswert ist dabei, daß die Porphyrgerölle der Lechtaler Kreide gegen Süden zu a Diese Lechtaler Kreide liegt, wie aus dem vorhergehenden er- sichtlich, auf beziehungsweise zwischen der Trias und gehört der über dem kristallinen Grundgebirge der Silvrettagruppe liegenden Sediment- decke an. Die faziellen Beziehungen zur Umgebung lassen sich auch von der Annahme aus erklären, daß in einem Senkungsgebiet die Sedimen- tation vor sich ging, welches zeitweise im Zusammenfluß und in Fazies- ausgleichung mit den angrenzenden Gebieten stand. Zur Zeit der Ablagerung des Verrucano besteht Faziesgemein- schaft mit der Umgebung und zwischen Prutz und Pians nähern sich die Verrucanoreste so, daß eine ehemals zusammenhängende Bedeckung von den Nordalpen bis zum Ortler angenommen werden kann. Auch die Gipse und Rauhwacken der Trias sind dem Engadin und den um- gebenden Gebieten gemeinsam, besonders aber die Dolomite und Kalke FE 167] Geologischer (uerschnitt durch die Ostalpen. 597 der Trias, welche im „Fenster“ weit verbreitet sind. Ebenso kann für die Kreidezeit nach Norden und Westen ein Zusammenhang der Sedimentation angenommen werden. Der jetzige Mangel eines Verbindungsstranges nach W läßt sich durch die Überschiebung seitens der Gneismassive und die Erosion erklären. In einem ganz analogen Verhältnis steht heute das Triasgebiet der Münstertaler Alpen: vom Lischanna bis zum Ortler breitet sich ein mächtiges Verbreitungsfeld ostalpiner Trias aus, welches sich aber gegen Westen zu zwischen kristallinen Massen immer mehr einschränkt und nur ein schmaler Strang verbindet diesen rings von kristallinem Gebiet eingeschlossenen Bereich mit der Triasregion des westlichen und nördlichen Graubünden und der Vorarlberger Alpen. Auch hier ist es mehrfach zu Überschiebungen des Kristallinen über die mesozoischen Bereiche gekommen (Piz Lad—Schlinig, Chazfora, Urtiola, Piz Väuglia ete.). Hier liegen die Verhältnisse aber ein- facher und kaum denkt jemand an ein „Fenster“, weil die Auflagerung der Trias auf die Gneise noch auf weite Strecken zu sehen ist und ebenso der Verbindungsstrang mit den umgebenden Faziesbezirken noch erhalten ist. Die oben erwähnte Verbindung von Verrucano und Trias gleicher Fazies in und außerhalb des Bündnerschiefergebietes gliedert den „Fensterbereich* den „Rahmengebieten“ stratigraphisch an. Der Ver- rucano ist im Fenster auf das engste mit buntem Bündner Schiefer verbunden, kommt aber in gleicher Ausbildung auch auf den umlie- genden Gneisgebirgen vor. Die triadischen Kalke und Dolomite sind in gleicher Ausbildung über das ganze Bündnerschiefergebiet verteilt, kommen im randlichen Grundgebirge in Schollen vor, welche den Übergang zum Lischannatrias vermitteln und lassen sich nicht von der Stammertrias abtrennen; auch die Bactrylllienmergel, die an Raibler Schichten erinnernden Sandsteine und die starke Beteiligung von Kalken gliedern sie der ostalpinen Fazies an. Wenn einzelne Vorkommen nur ein oder ein paar Triasgesteine zeigen, so ist diese Unvollständigkeit zunächst darin begründet, daß es Schollen an oder zwischen Schub- flächen sind. Nimmt man alle Vorkommen zusammen, so erhält man als Vertreter der Trias: Kalkschiefer der unteren Trias, Schiefer mit Gips und Rauhwacke (untere? Trias), Bactryllienmergel, Sandstein, Dolomit und Kalk des mittleren (?) und oberen Trias, bis zu 80 m Mächtigkeit mindestens, Kössener Schichten; eine Entwicklung, welche also nicht so lückenhaft ist, als es die einzelnen Vorkommen erscheinen lassen. Paulcke hält sowohl die Stammerscholle als die Schollen in der östlichen Verlängerung der Stammerzone und die am Rande ein- geklemmten Triasschollen für ostalpin. Anderseits ist die Lagerung so, daß sie nicht bei der Entstehung des angenommenen Deckenbaues von der obersten in die tiefste Decke hinabgelangt sein können. Nimmt man aber an, wie dies Paulcke tut, daß nach Bildung des Deckenbaues das Fenster durch Erosion geöffnet und erst bei einer späteren noch- maligen Gebirusbewegung die jetzige Struktur im einzelnen zustande kam, so ist jener Herleitung der Triasschollen durch die Erosion die Quelle entzogen, wenn man nicht annehmen will, daß die Erosion 598 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [68] gerade an den Stellen das untere Triasblatt der ostalpinen Decke allein verschont habe und diese Erosionsreste dann eingesenkt wurden. Ohne Hindernis können sie an Brüchen und Überschiebungen aus der Tiefe, in welcher sie unter den Bündner Schiefer abge- lagert wurden empor und zwischen die kretazischen Schichten hinauf- geschoben worden sein. Während die triadischen Schichten in einem weit über das engere Bündner Schiefergebiet hinausreichenden Bereich abgelagert wurden, läßt sich die geringere Verbreitung der kretazischen Schichten dann durch die Beschränkung der Sedimentation auf die sich senkenden mittleren Teile des Gebietes erklären; auf den höher liegenden umgebenden Gebirgsteilen fehlen gleichaltrige Bildungen. Auf diese Weise ließe sich auch erklären, daß vorwiegend nur in den randlichen Teilen noch die triadischen (und permischen) Gesteine zum Vorschein kommen und die Bündner Kreide nach den Seiten rasch verschwindet. B Mit der Auffassung der Randdislokationen als Brüche und Über- schiebungen am Rande eines Senkungsfeldes steht das Auftreten der Durchbruchsgesteine in Einklang; die Serpentinmassen be- gleiten alle mit Ausnahme jener von Val Laver, den Rand, die von Grubenmann beschriebenen gabbro-peridotitischen Intrusionen durch- schwärmen die randliche Dislokationszone südlich Schuls, Schwärme von Diabasgängen, Adern von mikrofelsitischen Injektionen treten am Süd-, beziehungsweise Nordrand auf, der Granit der Platta mala bei Remüs liegt an der Hauptüberschiebung und so fort. Ein Teil derseiben (Diabasgänge Nauders— Tösnertal, Mikrofelsite, Remüser Granit) durch- bricht deutlich die Gneise der Öztaler-, beziehungsweise Silvretta- masse; es kann sich also dabei nicht um an der Schubfläche mit- geschleppte Massen handeln. Sowohl diese als jene innerhalb des „Fensters* am Rand desselben zeigen, von lokalen Rutschungen abgesehen, keine Druckschieferung und besitzen ganz oder zum größten Teil ihre ursprüngliche Eruptivstruktur. An keiner Stelle ist ein wurzelloses „Schwimmen“ derselben zu beobachten. Während die Gneise der Otztaler Alpen und Silvrettagruppe unabhängig vom Verlauf ihres Randes gegen das Schiefergebiet OW bis ONO—WSW streichen, folgt das Streichen der jüngeren Schiefer genau demselben. Ebenso wie die Schubflächen im NW Teil (Fimber- tal- Samnaun), so schwenkt auch das Streichen der Schichten ent- sprechend der Abbiegung des Randes aus NO—SW in NS-Richtung; am Eingang ins Kaunser Tal dreht sich das Streichen der Schichten aus der ONO—WSW-Richtung in NW—SO und schließlich NS herum, entsprechend dem Ostrand; in der Gegend von Nauders kann man diese Anpassung bis in Einzelheiten verfolgen und ähnliches ist an vielen anderen Stellen zu beobachten. Im NO-Winkel entstehen besonders komplizierte Lagerungsverhältnisse, ebenso an den Stellen, wo, wie im Fimbertal. das Streichen stark umschwenkt; der Höhepunkt der Verworrenheit und Zerstückelung scheint in dem SW-Winkel bei Ardetz zu erfolgen. Die Streichungsrichtung der Hauptantiklinale ist NO—SW; sie divergiert stark mit dem Streichen der Gneise und ist mit einem [69] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 599 NS-Deckenschub schwer in Zusammenhang zu bringen. Eher deutet dies auf eine Interferenz einer NS- und einer OW-Bewegung; die Abhängigkeit der Lagerung vom Verlauf des zufälligen Erosions- randes des kristallinen Gebirges ist bei einem Fenster in einem Deckensystem nur verständlich, wenn man, wie dies Paulcke neuer- dings tut, eine zweite Gebirgsbildungsphase annimmt, welche durch konzentrischen Zusammenschub (also so wie 1904) in dem schon durch die Erosion geöffneten Fenster jene Abhängigkeitsverhältnisse und die starke Verfaltung und Verkeilung höherer und tieferer Decken- teile schafft. Also wenn man auch vom Deckenbau ausgeht, ist man gezwungen, die tatsächlich vorhandene Struk- tur dadurch zu erklären, daß ein tieferliegendes Feld (Senkungsfeld oder tiefere Decken in einem Erosionsfenster) von den umgebenden höheren Teilen zusammengeschoben und überschoben wird — die Annahme eines Deckenbaues ist zur Erklärung der gegenwärtigen Lagerungsverhältnisse nicht notwendig. Dabei würde, wenn das schon geöffnete Fenster von einem späteren konzentrischen Schub betroffen würde, die Wirkung desselben in erster Linie wohl dahin gehen, die Öffnung durch Vorschieben der freien Ränder der oberen Decken wieder zu schließen, während eine Steilstellung der oberen Decken an den freien Rändern dabei nicht zu erwarten ist. In dem Erosionsanschnitt einer buckelförmigen Auftreibung eines Deckensystems müssen die Anschnitte einzelner Decken als konzen- trische Zonen ringsum laufen. Dies ist im Unterengadin nicht der Fall. Zum Beispiel ist die Liaszone nur im NW vorhanden, dagegen wieder- holen sich die Zonen mit buntem Bündner Schiefer und Triasdolomit am Nordrand mehrmals übereinander, während sie nahezu am ganzen Südrand fehlen; der Kern von „grauen“ Bündner Schiefern rückt im Süden fast durchweg ganz an den Gneisrand heran, während im Norden und NW eine breite Reihe verschiedener Zonen sich da- zwischen schiebt. Das Fehlen der Zonen kann man durch Aus- quetschung und Zerreißung zu erklären suchen, ist dabei aber genötigt, anzunehmen, daß weit mehr ausgequetscht wurde, als noch übrig blieb; bei der Wiederholung der Zonen ist man wieder auf die nachträgliche Verschuppung angewiesen; mit anderen Worten man sieht eigentlich nur lauter Ausnahmen und nachträgliche Umänderungen an Stelle des geforderten Deckenbaues. Dies wird besonders auffällig, wenn man den Versuch macht, eine bestimmte Deckenfolge für dieses Fenster festzustellen und im einzelnen in seinem Auftreten zu verfolgen, wie dies von Paulcke geschehen ist, welcher das von Steinmann für Graubünden auf- gestellte Schema hier anwendet. Danach hätten wir zutiefst die „Bündner Decken“, die große Masse der Bündner Schiefer umfassend, darüber der Reihe nach „Klippendecke“, „Brecceiendecke* und „rhätische Decke“ und zu oberst die „ostalpine Decke*. Soll diese Deckenfolge im Unterengadiner Gebiet zu Recht bestehen, so müssen also fünf Schichtgruppen von selbständigem Charakter vorhanden sein und, wie Paulcke sagt, „die Reihenfolge und die relative Entfernung der verschiedenen Decken voneinander im Fensterrahmen stets annähernd gleich bleiben“. 600 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [70] Beim Überblick über das ganze Gebiet kann man zwei große Schichtgruppen unterscheiden: die Bündner Schiefer einerseits und das kristalline Grundgebirge mit den auflagernden mesozoischen Schichten anderseits. Beide sind aber nicht streng getrennt von- einander, Gesteine der ostalpinen Decke vereinen sich mit solchen der Bündner Decke in gemeinsamen Zonen, wie oben schon aus- geführt wurde (steter Verband von Trias ostalpinen Charakters mit bunten Bündner Schiefern, Trias— Bündner Schieferzone des Tiefhof usw.); sie sind also nicht so selbständig, wie es zwei so weit von- einander abstehenden Decken wie Bündner und ostalpine Decke entspricht, sondern durch Bindeglieder verbunden. Die Klippendecke fehlt so gut wie ganz. Nur eine polygene Breccie, welche man der Falknisbreccie gleichstellen könnte, am Futschölpaß kann Paulcke von den für die Klippendecke bezeich- nenden Gesteinen namhaft machen. Das Fehlen des Malm, der für diese Decke im Rhätikon und Plessurgebirge als Hauptbestand er- scheint, ist für den Antirhätikon charakteristisch. Was Paulcke sonst als vermutlich dieser Decke zugehörig anführt, ist faziell weit- gehend von den in Bünden hieher gerechneten Gesteinen verschieden und in seinem Alter unsicher (fossilfrei), kann also keineswegs für _ die Existenz einer Klippendecke als Beleg angeführt werden. Die Brecciendecke Paulckes entspricht dem, was hier als Liaszone des Samnaun angeführt wurde und neben den beiden Hauptgruppen (Bündner Schiefer und kristallines Grundgebirge mit Mesozoikum) am ehesten noch als selbständige Zone sich heraushebt. Die starke Entwicklung der Liasbreccien und Kalke, welche im übrigen Gebiet fehlen, ihre Vergesellschaftung mit Verrucano und das Auf- treten der Flyschschiefer sind bezeichnend dafür. Triasdolomit tritt ganz zurück. Stark beteiligt sich aber an dieser Zone auch besonders Bündner Kreide. Durch diese, welche in vollständig gleicher Aus- bildung im ganzen Bereiche der Bündner Decke weit verbreitet ist, außerdem auch das Eintreten bunter gipsführender Bündner Schiefer, ist sie trotz ihrer selbständig hervortretenden Liasentwicklung der „Bündner Decke“ faziell angegliedert. Gegenüber dem nach der Deckenlehre nächstliegenden Vorkommen der Brecciendecke im Rhä- tikon ergeben sich Unterschiede dadurch, daß dort der Lias zurück- tritt, Trias stark beteiligt ist und überdies die im Antirhätikon ganz fehlenden couches rouges auch an dieser Decke sich beteiligen. Die Fazies des Lias im Antirhätikon steht nach Paulcke (1904) übrigens nicht nur den crinoidenreichen Liasgesteinen der Nordschweizer Klippen, sondern auch der Adnether Fazies nahe, beziehungsweise besitzt eine bis zu gewissem Grade selbständige fazielle Aus- bildung. Die rhätische Decke besteht nach Paulcke aus Spilit, Variolit, Gabbro, Serpentin und Nephrit und überlagernden tonigen und sandigen Schiefern unbekannten Alters. Wie schon oben ange- führt wurde, sind Diabase (Spilite) als Lager (in primärem Verband) in den grauen Bündner Schiefern weit verbreitet, können also keines- falls als Zeichen einer anderen Decke verwendet werden. Dies gilt besonders auch von dem Diabas des Mondin, welchen Paulcke auf K23 Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 601 seiner Kartenskizze der rhätischen Decke zuweist, obwohl er zweifel- los in primärem Verband mit den Gesteinen der „Bündner Decke“, und zwar der tieferen Teile derselben steht. Das gleiche gilt für die ausgedehnten Diabaslager am Südrand !). Die für die rhätische Decke bezeichnenden Radiolarite fehlen im Antirhätikon gänzlich; es bleiben also für die rhätische Decke — abgesehen von jenen ganz alters- unsicheren und lithologisch unbezeichnenden Tonschiefern und Sand- stein — nur Gabbro, Nephrit und Serpentin übrig. Sie treten in kleinen Gängen und Stöcken im Gebiete der Flimspitze und des Bürkel- kopf auf, außerdem erscheint Serpentin in großen Intrusionsmassen an den Dislokationsflächen des Südrandes und im Innern des Ge- bietes im Val Laver (Piz Tasna ete.). Bei Schuls durchädern gabbroide Magmen die „Engadiner Schiefer“ nach Grubenmann. Am Flim- spitz sitzen die Gänge teils in dem Diabas (Spilit, Variolit), teils im Flysch auf. Die Serpentine am Südrand werden bei Schuls und Nauders teilweise von grauen Bündner Schiefern überlagert. Es liegt kein Kriterium vor, welches gegen ein Aufbrechen an Ort und Stelle und für einen Transport aus weiter Ferne her spricht. Keinesfalls können einzelne Gänge und Stöcke von Serpentin und Gabbro, welche an Störungszonen zwischen die verschiedensten Gesteine (Diabas, Flysch, graue und bunte Bündner Schiefer, Gneis, Trias) eindringen, als selb- ständige Gesteinsserie, als Decke aufgefaßt werden. Es können also höchstens drei, keinesfalls fünf Schichtserien abgetrennt werden. Von den drei Decken, welche zwischen Bündner Decke und ostalpiner Decke liegend das Fenster umsäumen müßten, fehlt die Klippendecke so gut wie ganz, die „rhätische Decke“ beschränkt sich auf einige Intrusiva, welche überhaupt nicht als Vertreter einer Decke gelten können, und die Brecciendecke beschränkt sich auf den Nord- westrand; in der ganzen NO-Hälfte und am Südrand ist sie nicht nachweisbar. Entweder bestehen zwei der Decken hier nicht oder sie sind im ganzen weiten Bereich „ausgequetscht“* und auch die dritte müßte zu zwei Drittel dieses Schicksal teilen. Vergleicht man die nächsten bündnerischen Gebiete, so sieht man, daß auch dort kaum irgendwo die geforderten Decken alle der Reihe nach vorhanden sind; im Plessurgebirge fehlt die Brecciendecke ?), im Rhätikon sind Breccien- und rhätische Decke in eins verschmolzen. !) Steinmann betont in den Mitt. d. geol. Gesellschaft in Wien 1910 (pag. 294), daß er nur die Ophiolithe, aber nie die Ophite zu den „grünen Ge- steinen“ rechne, welche mit Tiefseeabsätzen verknüpft und bezeichnend für die rhätische Decke sind. 1905 (Ber. d. naturf. Gesellsch. z. Freiburg i. B., Bd. XVI) führt Steinmann aber Spilit, also einen Ophit, als bezeichnend für die rhä- tische Decke in der Chablaiszone in Gesellschaft mit Radiolarit an und noch zahlreiche andere Fälle einer solchen Vergesellschaftung aus außeralpinen Gebieten. Auch die Grünschiefer in den Bündner Schiefern (also diabasische Ge- steine) werden einbezogen. Daß Ophite und Ophiolithe sich durchaus nicht meiden, ist aus dem Vorkommen am Flimspitz ersichtlich, abgesehen von den anderen, seinerzeit von Steinmann selbst angeführten Zusammenvorkommen. Jedenfalls können auch nach Steinmann nunmehr die Diabase am Mondin nicht als Zeichen rhätischer Deckenreste gelten. ?) Nach Hoek ist sie „andeutungsweise“ durch eine polygene Liasbrececie am Aroser Weißhorn in einem kleinen Rest vertreten. Jahrbuch d. k.k.geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Bd., 3. u.4. Hft. (Ampferer u. Hammer.) 78 604 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [74] G. Steinmann, Geologische Beobachtungen in den Alpen. I. Das Alter der Bündner Schiefer. (Fortsetzung.) Bericht der naturf. Gesellsch. in Freiburg i. B..X...Bd., 1898, pag, 215 u. ft. Studer, Geologie der Schweiz, I. Bd. Bern u. Zürich 1851. E. Suess, Über das Inntal bei Nauders. Sitzungsber. der kais. Akad. d. Wiss. in Wien. Mathem.-naturw. Kl. CXIV. Bd. 1905, pag. 699. P. Termier, Sur la fenetre de la basse Engadine. Comptes rendus 24. Okt. 1904, G. Theobald, Geologische Beschreibung der nordöstlichen Gebirge von Grau- bünden. Beiträge zur geol. Karte der Schweiz. II. 1864. — Unterengadin. Geographische Skizze. Neue Denkschrifı der schweiz. naturf. Gesellsch. Bd. 17. Chr. Tarnuzzeru. Grubenmann, Beiträge zur Geologie des Unterengadin. Bei- träge zur geologischen Karte der Schweiz. Neue Folge, XXIII. Lieferung 1909. O. Züst, Über granitische und diabasische Gesteine in der Umgebung von Ardetz. Inaug.-Dissertation. Zürich, bei Markwalder 1905. Das Gebiet zwischen Inn und Adda. Vom Inn im unteren Engadin bis zum Veltlin durchschneidet das Alpenprofil den Zentralstamm der Ostalpen. h: Östlich des Schnittes breiten sich die kristallinen Massen der Ötztaler Gruppe aus, eine im Lauf mehrfacher Faltungsperioden in geschlossene steile, auch überkippte Falten mit wechselndem Streichen zusammengeknetete Zone kristalliner Schiefer, welche nur an den Rändern noch Reste mesozoischer Überdeckung aufweist. Im Bereiche der tirolisch-schweizerischen Grenze senkt sich das kristalline Gebirge unter eine gegen Westen zuimmer mehr um sich greifende Überdeckung von jüngeren Schichten hinab. Der erste Vorbote derselben ist der Endkopf bei Graun; im Bereiche des Querschnittes ist der kristalline Sockel bereits von drei ausgedehnten Zungen mesozoischer Gesteine überlagert und im oberen Scarl- und Münstertal verschwindet der letzte Ausläufer der Otztaler Gneise unter einer geschlossenen Decke von Triasdolomiten und Kalken, welche den ganzen mittleren Teil der Münstertaler Alpen umfaßt. Erst im oberen Engadin kommen wir an den westlichen Rand dieses inneralpinen Depressionsgebietes. Im Süden reicht diese Einsenkung bis zu der Bruchlinie, längs welcher die Dolomitgebirge von Fraele und die hohen Dolomitmauern des Ortler gegen die Quelltäler der Adda niederbrechen. Im Westen steht das Münstertaler Dolomitland durch einen schmalen Streifen von mesozoischen Schichten über den Albulapaß weg mit dem Verbreitungs- bereich des innerbündnerischen Mesozoikums in Verbindung, ein Streifen, welcher einerseits von der Silvrettamasse, anderseits von den kristallinen Massiven des oberen Engadin wie ein Engpaß um- schlossen wird. : Das kristalline Gebirge in diesem Teil des Querschnittes besitzt nur geringen Wechsel an Gesteinsarten. Kristalline Schiefer sedimentogener Natur sind durch den seit Staches Aufnahmen als Phyllitgneis bezeichneten, feldspatführenden, mehr oder weniger phyl- litähnlichen Schiefer vertreten, der gegen Osten zu den eigentlichen [71] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 601 seiner Kartenskizze der rhätischen Decke zuweist, obwohl er zweifel- los in primärem Verband mit den Gesteinen der „Bündner Decke“, und zwar der tieferen Teile derselben steht. Das gleiche gilt für die ausgedehnten Diabaslager am Südrand !). Die für die rhätische Decke bezeichnenden Radiolarite fehlen im Antirhätikon gänzlich; es bleiben also für die rhätische Decke — abgesehen von jenen ganz alters- unsicheren und lithologisch unbezeichnenden Tonschiefern und Sand- stein — nur Gabbro, Nephrit und Serpentin übrig. Sie treten in kleinen Gängen und Stöcken im Gebiete der Flimspitze und des Bürkel- kopf auf, außerdem erscheint Serpentin in großen Intrusionsmassen an den Dislokationsflächen des Südrandes und im Innern des Ge- bietes im Val Laver (Piz Tasna ete.). Bei Schuls durchädern gabbroide Magmen die „Engadiner Schiefer“ nach Grubenmann. Am Flim- spitz sitzen die Gänge teils in dem Diabas (Spilit, Variolit), teils im Flysch auf. Die Serpentine am Südrand werden bei Schuls und Nauders teilweise von grauen Bündner Schiefern überlagert. Es liegt kein Kriterium vor, welches gegen ein Aufbrechen an Ort und Stelle und für einen Transport aus weiter Ferne her spricht. Keinesfalls können einzelne Gänge und Stöcke von Serpentin und Gabbro, welche an Störungszonen zwischen die verschiedensten Gesteine (Diabas, Flysch, graue und bunte Bündner Schiefer, Gneis, Trias) eindringen, als selb- ständige Gesteinsserie, als Decke aufgefaßt werden. Es können also höchstens drei, keinesfalls fünf Schichtserien abgetrennt werden. Von den drei Decken, welche zwischen Bündner Decke und ostalpiner Decke liegend das Fenster umsäumen müßten, fehlt die Klippendecke so gut wie ganz, die „rhätische Decke“ beschränkt sich auf einige Intrusiva, welche überhaupt nicht als Vertreter einer Decke gelten können, und die Brecciendecke beschränkt sich auf den Nord- westrand; in der ganzen NO-Hälfte und am Südrand ist sie nicht nachweisbar. Entweder bestehen zwei der Decken hier nicht oder sie sind im ganzen weiten Bereich „ausgequetscht“* und auch die dritte müßte zu zwei Drittel dieses Schicksal teilen. Vergleicht man die nächsten bündnerischen Gebiete, so sieht man, daß auch dort kaum irgendwo die geforderten Decken alle der Reihe nach vorhanden sind; im Plessurgebirge fehlt die Brecciendecke ?), im Rhätikon sind Breccien- und rhätische Decke in eins verschmolzen. !) Steinmann betont in den Mitt. d. geol. Gesellschaft in Wien 1910 (pag. 294), daß er nur die Ophiolithe, aber nie die Ophite zu den „grünen Ge- steinen“ rechne, welche mit Tiefseeabsätzen verknüpft und bezeichnend für die rhätische Decke sind. 1905 (Ber. d. naturf. Gesellsch. z. Freiburg i. B., Bd. XV]) führt Steinmann aber Spilit, also einen Ophit, als bezeichnend für die rhä- tische Decke in der Chablaiszone in Gesellschaft mit Radiolarit an und noch zahlreiche andere Fälle einer solchen Vergesellschaftung aus außeralpinen Gebieten. Auch die Grünschiefer in den Bündner Schiefern (also diabasische Ge- steine) werden einbezogen. Daß Ophite und Ophiolithe sich durchaus nicht meiden, ist aus dem Vorkommen am Flimspitz ersichtlich, abgesehen von den anderen, seinerzeit von Steinmann selbst angeführten Zusammenvorkommen. Jedenfalls können auch nach Steinmann nunmehr die Diabase am Mondin nicht als Zeichen rhätischer Deckenreste gelten. ?) Nach Hoek ist sie „andeutungsweise® durch eine polygene Liasbreccie am Aroser Weißhorn in einem kleinen Rest vertreten. Jahrbuch d.k.k.geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Bd.,3. u. 4. Hft. (Ampferer u. Hammer.) 78 604 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [74] G. Steinmann, Geologische Beobachtungen in den Alpen. I. Das Alter der Bündner Schiefer. (Fortsetzung.) Bericht der naturf. Gesellsch. in Freiburg ji. B. X. .Bd., 1898, pag. 215 u. #. Studer, Geologie der Schweiz, I. Bd. Bern u. Zürich 1851. E. Suess, Über das Inntal bei Nauders. Sitzungsber. der kais. Akad. d. Wiss. in Wien. Mathem.-naturw. Kl. CXIV. Bd. 1905, pag. 699. P. Termier, Sur la fenötre de la basse Engadine. Comptes rendus 24. Okt. 1904, G. Theobald, Geologische Beschreibung der nordöstlichen Gebirge von Grau- bünden. Beiträge zur geol. Karte der Schweiz. II. 1864. — Unterengadin. Geographische Skizze. Neue Denkschrift der schweiz. naturf. Gesellsch. Bd. 17. Chr. Tarnuzzeru. Grubenmann, Beiträge zur Geologie des Unterengadin. Bei- träge zur geologischen Karte der Schweiz. Neue Folge, XXII. Lieferung 1909. O. Züst, Über granitische und diabasische Gesteine in der Umgebung von Ardetz. Inaug.-Dissertation. Zürich, bei Markwalder 1905. Das Gebiet zwischen Inn und Adda. Vom Inn im unteren Engadin bis zum Veltlin durchschneidet das Alpenprofil den Zentralstamm der Ostalpen. 2 Östlich des Schnittes breiten sich die kristallinen Massen der Ötztaler Gruppe aus, eine im Lauf mehrfacher Faltungsperioden in geschlossene steile, auch überkippte Falten mit wechselndem Streichen zusammengeknetete Zone kristalliner Schiefer, welche nur an den Rändern noch Reste mesozoischer Überdeckung aufweist. Im Bereiche der tirolisch-schweizerischen Grenze senkt sich das kristalline Gebirge unter eine gegen Westen zu immer mehr um sich greifende Überdeckung von Jüngeren Schichten hinab. Der erste Vorbote derselben ist der Endkopf bei Graun; im Bereiche des Querschnittes ist der kristalline Sockel bereits von drei ausgedehnten Zungen mesozoischer Gesteine überlagert und im oberen Scarl- und Münstertal verschwindet der letzte Ausläufer der Otztaler Gneise unter einer geschlossenen Decke von Triasdolomiten und Kalken, welche den ganzen mittleren Teil der Münstertaler Alpen umfaßt. Erst im oberen Engadin kommen wir an den westlichen Rand dieses inneralpinen Depressionsgebietes. Im Süden reicht diese Einsenkung bis zu der Bruchlinie, längs welcher die Dolomitgebirge von Fraele und die hohen Dolomitmauern des Ortler gegen die Quelltäler der Adda niederbrechen. Im Westen steht das Münstertaler Dolomitland durch einen schmalen Streifen von mesozoischen Schichten über den Albulapaß weg mit dem Verbreitungs- bereich des innerbündnerischen Mesozoikums in Verbindung, ein Streifen, welcher einerseits von der Silvrettamasse, anderseits von den kristallinen Massiven des oberen Engadin wie ein EngpaßB um- schlossen wird. Das kristalline Gebirge in diesem Teil des Querschnittes besitzt nur geringen Wechsel an Gesteinsarten. Kristalline Schiefer sedimentogener Natur sind durch den seit Staches Aufnahmen als Phyllitgneis bezeichneten, feldspatführenden, mehr oder weniger phyl- litähnlichen Schiefer vertreten, der gegen Osten zu den eigentlichen [75] Geologischer Querschnitt dureh die Ostalpen. 605 Glimmerschiefern des Otztales Platz macht; auch am Ciavalatschkamm nähern sich die Phyllitgneise schon stark dem Habitus der Glimmer- schiefer und ebenso sind die am Urtirola durchschnittenen Schiefer dem Glimmerschiefer näher stehend als den typischen Phyllitgneisen. Die Verbreitungszonen der Phyllitgneise sind im allgemeinen arm an Ein- lagerungen anderer kristalliner Gesteine. Karbonatlager fehlen fast gänzlich — in der kristallinen Kappe des Piz Chazfora ist ein kleines Lager von Cipolin zu sehen — Amphibolite sind öfter zwischen- geschaltet. So treten am Urtirola mehrere Lager dieses Gesteins auf. Am Piz Lad und Monte Braulio treten an Stelle der Phyllitgneise bereits die über ihnen folgenden Phyllite auf, am Scorluzzo mit Ein- schaltungen von Grünschiefern. Das Gestein, das in der Fläche des Querschnittes am stärksten beteiligt ist, gehört aber zu jener Gruppe von Orthogneisen, welche im oberen Vintschgau besonders in der Form von muskovitreichen Augengneisen weite Verbreitung be- sitzen. Ihre sonst meilenweit hinstreichenden Lager verdichten sich im unteren Münstertal zu einem geschlossenen Massiv, der „Münster- taler Gneismasse*, in dessen mittlerem Teil ein kleinkörniger Musko- vitgranit nach Art eines jüngeren Nachschub sich entfaltet, während im nördlichen Teil einerseits am Sesvenna und Scharljöchl ein Porphyrgranit und anderseits in geringerem Ausmaße Gesteine von tonalitischem Charakter sich aus der Masse der Augengneise heraus- heben. Jene‘ durch ihre großen, manchmal blaß rötlichen einsprengling- artig hervortretenden Kalifeldspate ausgezeichneten grobporphyrischen Gesteine sind bei Stache und Theobald als Sesvennagranit oder als Gigantgneis erwähnt. Eine petrographisch-chemische Untersuchung dieser Gesteinsgruppe wurde von ©. v. John und W. Hammer durchgeführt und im Jahrb. der k. k. geol. R.-A. 1909 (pag. 691 u. ff.) veröffentlicht. Ihrer chemischen Zusammensetzung nach sind die Augen- sneise und Flasergneise von granitischen, beziehungsweise quarzporphy- rischen Magmen abzuleiten, die durchweg nach ihrer Erstarrung mehr oder weniger metamorphosiert wurden. Hauptsächlich lassen sich chemisch und mineralogisch eine saurere, vorwiegend muskovithaltige, lichte Art und eine etwas basischere biotitreiche, graue Art unterscheiden, außerdem die tonalitischen Gesteine. Sowohl die ausgedehnten Lager im Vintschgau, als die Münster- taler Gneismasse stehen im Verhältnis der Konkordanz zu den anderen kristallinen Schiefern. Zufolge der Lagerungsverhältnisse einerseits und dem porphyrischen COharakter der Gesteine anderseits scheint mir eine Auffassung der Lager als Effusivdecken und der Münster- taler Gneismasse als einer Verbindung von Ergüssen und intrusiven Nachschüben besser den Verhältnissen zu entsprechen, als die Annahme einer durchweg rein intrusiven Entstehung. Ein vorpermisches Alter ergibt sich für die Münstertaler Gneise durch die Transgression des Verrucano über allen ihren Teilen. Die Münstertaler Gneismasse wird von dem gewählten Profil west- lich des Piz Sesvenna durchschnitten — auf eine Einzeichnung der petrographischen Unterarten des Gesteins konnte natürlich nicht einge- gangen werden — dessen Gipfel aus dem Porphyrgranit besteht; das- selbe Gestein wird am Scharljöchl geschnitten. Der Sockel des Ster- 608 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [78] Ein ganz eigenartiges Schichtglied erscheint an der Nordseite des Piz Lad im Münstertal (wohl zu unterscheiden vom Piz Lad bei Nauders). Hier schalten sich zwischen einen unteren Dolomit und der größeren oberen Dolomitfolge Rauhwacken und gelbe kalkige Tonschiefer ein, unter denselben aber liegt anscheinend ganz kon- kordant ein Lager eines dunkelgrünen Gesteins, das an den meisten Stellen (besonders weiter westlich) in einer dichten grünen Grund- masse Einsprenglinge von schwärzlichgrünem Ausgit enthält und im Dünnschliff als ein stark umgewandelter Diabasporphyrit sich zu er- kennen gibt, während es besonders im östlichen Teile makro- und mikroskopisch völlig die Zusammensetzung und Struktur eines fein- körnigen Plagioklasamphibolits an sich trägt — also ein Fall, wo örtlich auf geringe Ausdehnung begrenzt, innerhalb sonst nicht meta- morphisierter Gesteine ein Eruptivgestein in einen kristallinen Schiefer umgewandelt ist. Schlagintweit sowohl als auch ich haben hier an die tektonische Einfügung einer Scholle aus dem kristallinen Grundgebirge in die Triasschichten gedacht, wobei es aber immer auffällig blieb, daß gerade nur dies eine Gestein aus dem Gneisgebirge herausgeschält worden sei, und zwar ein Gestein, das in seiner nicht- metamorphen Form sonst nirgends in den umgebenden Kristallinen beobachtet wurde — es müßte dabei das Gestein, das sonst als Amphi- bolit mehrfach am Ciavalatschkamm in den Gneisen liegt, gerade hier an der besonders gestörten Stelle seine ursprüngliche Gesteinsbeschaffen- heit behalten haben ! Wie nun Herr Dr. Spitz die Freundlichkeit hatte mir mitzuteilen, erstreckt sich dieser Diabas-Amphibolit gegen Westen noch weithin immer im gleichen Niveau der Schichtfolge (an der Nord- seite des Piz Turettas) und geht schließlich in bunte Schiefer über, welche Kalkbrocken einschließen. Nach all dem erscheint es mir nun- mehr in Übereinstimmung mit Dr. Spitz weit wahrscheinlicher, daß dieser Diabasporphyrit ein dem oberen Rauhwackenhorizont zugehöriges gleichaltriges Ergußgestein ist und keine dem Grundgebirge entrissene Scholle. Wo also ein oberer Rauhwackenhorizont vorliegt, ist eine Gleich- stellung mit Wettersteinkalk und Hauptdolomit wohl möglich, wo dies aber nicht der Fall ist und in dem sehr häufigen Falle starker Ver- faltungen und Zerreißungen der Schichtfolge, ist eine Altersbestim- mung einzelner Dolomitkomplexe nicht durchführbar. In der Ortlergruppe schalten sich, wie schon bemerkt, in den obersten Horizonten des Dolomits schwarze Kalkschiefer ein (ohne be- stimmbare Versteinerungen), eine Einlagerung, welche den anderen Teilen des Gebiets fehlt. Der stärkste Faziesunterschied macht sich in den Ablag$rungen des Rhät und Lias geltend. { In der ganzen Lischannagruppe fehlen Schichten vom Habitus der Kössener Schichten !), während sie an der Südgrenze des Gebietes im Brauliotal und Fraele reich entfaltet sind. Ihr lebhaft wechselnder Gesteinsbestand ist: schwarze Kalke mit gelbem mergeligem Überzug, 1) Mit Ausnahme eines kleinen, unsicheren Restes im NO-Teil der Lischanna- gruppe. [75] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 605 Glimmerschiefern des Otztales Platz macht; auch am Ciavalatschkamm nähern sich die Phyllitgneise schon stark dem Habitus der Glimmer- schiefer und ebenso sind die am Urtirola durchschnittenen Schiefer dem Glimmerschiefer näher stehend als den typischen Phyllitgneisen. Die Verbreitungszonen der Phyllitgneise sind im allgemeinen arm an Ein- lagerungen anderer kristalliner Gesteine. Karbonatlager fehlen fast gänzlich — in der kristallinen Kappe des Piz Chazfora ist ein kleines Lager von Cipolin zu sehen — Amphibolite sind öfter zwischen- geschaltet. So treten am Urtirola mehrere Lager dieses Gesteins auf. Am Piz Lad und Monte Braulio treten an Stelle der Phyllitgneise bereits die über ihnen folgenden Phyllite auf, am Scorluzzo mit Ein- schaltungen von Grünschiefern. Das Gestein, das in der Fläche des Querschnittes am stärksten beteiligt ist, gehört aber zu jener Gruppe von Orthogneisen, welche im oberen Vintschgau besonders in der Form von muskovitreichen Augengneisen weite Verbreitung be- sitzen. Ihre sonst meilenweit hinstreichenden Lager verdichten sich im unteren Münstertal zu einem geschlossenen Massiv, der „Münster- taler Gneismasse“, in dessen mittlerem Teil ein kleinkörniger Musko- vitgranit nach Ärt eines jüngeren Nachschub sich entfaltet, während im nördlichen Teil einerseits am Sesvenna und Scharljöchl ein Porphyrgranit und anderseits in geringerem Ausmaße Gesteine von tonalitischem Charakter sich aus der Masse der Augengneise heraus- heben. Jene durch ihre großen, manchmal blaß rötlichen einsprengling- artig hervortretenden Kalifeldspate ausgezeichneten grobporphyrischen Gesteine sind bei Stache und Theobald als Sesvennagranit oder als Gigantgneis erwähnt. Eine petrographisch-chemische Untersuchung dieser Gesteinsgruppe wurde von ©. v. John und W. Hammer durchgeführt und im Jahrb. der k.k. geol. R.-A. 1909 (pag. 691 u. ff.) veröffentlicht. Ihrer chemischen Zusammensetzung nach sind die Augen- gneise und Flasergneise von granitischen, beziehungsweise quarzporphy- rischen Magmen abzuleiten, die durchweg nach ihrer Erstarrung mehr oder weniger metamorphosiert wurden. Hauptsächlich lassen sich chemisch und mineralogisch eine saurere, vorwiegend muskovithaltige, lichte Art und eine etwas basischere biotitreiche, graue Art unterscheiden, außerdem die tonalitischen Gesteine. Sowohl die ausgedehnten Lager im Vintschgau, als die Münster- taler Gneismasse stehen im Verhältnis der Konkordanz zu den anderen kristallinen Schiefern. Zufolge der Lagerungsverhältnisse einerseits und dem porphyrischen Charakter der Gesteine anderseits scheint mir eine Auffassung der Lager als Effusivdecken und der Münster- taler Gneismasse als einer Verbindung von Ergüssen und intrusiven Nachschüben besser den Verhältnissen zu entsprechen, als die Annahme einer durchweg rein intrusiven Entstehung. Ein vorpermisches Alter ergibt sich für die Münstertaler Gneise durch die Transgression des Verrucano über allen ihren Teilen. Die Münstertaler Gneismasse wird von dem gewählten Profil west- lich des Piz Sesvenna durchschnitten — auf eine Einzeichnung der petrographischen Unterarten des Gesteins konnte natürlich nicht einge- gangen werden — dessen Gipfel aus dem Porphyrgranit besteht; das- selbe Gestein wird am Scharljöchl geschnitten. Der Sockel des Ster- 608 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [78] Ein ganz eigenartiges Schichtglied erscheint an der Nordseite des Piz Lad im Münstertal (wohl zu unterscheiden vom Piz Lad bei Nauders). Hier schalten sich zwischen einen unteren Dolomit und der größeren oberen Dolomitfolge Rauhwacken und gelbe kalkige Tonschiefer ein, unter denselben aber liegt anscheinend ganz kon- kordant ein Lager eines dunkelgrünen Gesteins, das an den meisten Stellen (besonders weiter westlich) in einer dichten grünen Grund- masse Einsprenglinge von schwärzlichgrünem Augit enthält und im Dünnschliff als ein stark umgewandelter Diabasporphyrit sich zu er- kennen gibt, während es besonders im östlichen Teile makro- und mikroskopisch völlig die Zusammensetzung und Struktur eines fein- körnigen Plagioklasamphibolits an sich trägt — also ein Fall, wo örtlich auf geringe Ausdehnung begrenzt, innerhalb sonst nicht meta- morphisierter Gesteine ein Eruptivgestein in einen kristallinen Schiefer umgewandelt ist. Schlagintweit sowohl als auch ich haben hier an die tektonische Einfügung einer Scholle aus dem kristallinen Grundgebirge in die Triasschichten gedacht, wobei es aber immer auffällig blieb, daß gerade nur dies eine Gestein aus dem Gneisgebirge herausgeschält worden sei, und zwar ein Gestein, das in seiner nicht- metamorphen Form sonst nirgends in den umgebenden Kristallinen beobachtet wurde — es müßte dabei das Gestein, das sonst als Amphi- bolit mehrfach am Ciavalatschkamm in den Gneisen liegt, gerade hier an der besonders gestörten Stelle seine ursprüngliche Gesteinsbeschaffen- heit behalten haben ! Wie nun Herr Dr. Spitz die Freundlichkeit hatte mir mitzuteilen, erstreckt sich dieser Diabas-Amphibolit gegen Westen noch weithin immer im gleichen Niveau der Schichtfolge (an der Nord- seite des Piz Turettas) und geht schließlich in bunte Schiefer über, welche Kalkbrocken einschließen. Nach all dem erscheint es mir nun- mehr in Übereinstimmung mit Dr. Spitz weit wahrscheinlicher, daß dieser Diabasporphyrit ein dem oberen Rauhwackenhorizont zugehöriges gleichaltriges Ergußgestein ist und keine dem Grundgebirge entrissene Scholle. Wo also ein oberer Rauhwackenhorizont vorliegt, ist eine Gleich- stellung mit Wettersteinkalk und Hauptdolomit wohl möglich, wo dies aber nicht der Fall ist und in dem sehr häufigen Falle starker Ver- faltungen und Zerreißungen der Schichtfolge, ist eine Altersbestim- mung einzelner Dolomitkomplexe nicht durchführbar. In der Ortlergruppe schalten sich, wie schon bemerkt, in den obersten Horizonten des Dolomits schwarze Kalkschiefer ein (ohne be- stimmbare Versteinerungen), eine Einlagerung, welche den anderen Teilen des Gebiets fehlt. Der stärkste Faziesunterschied macht sich in den Ablagerungen des Rhät und Lias geltend. In der ganzen Lischannagruppe fehlen Schichten vom Habitus der Kössener Schichten !), während sie an der Südgrenze des Gebietes im Brauliotal und Fraele reich entfaltet sind. Ihr lebhaft wechselnder Gesteinsbestand ist: schwarze Kalke mit gelbem mergeligem Überzug, !) Mit Ausnahme eines kleinen, unsicheren Restes im NO-Tei! der Lischanna- gruppe. [79] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 609 dicht erfüllt von Zweischalern, Kalkschiefer, oft glimmerhältig, ein phyllitisch aussehender Tonschiefer („herbstlaubfarbene“ Schiefer) und im Liegenden blaugraue, dichte Kalke mit Rissoa alpina. Im Fraele- tal lieferten diese Schichten mehrere gut bestimmbare Leitfossiie des Rhät (siehe Schlagintweit). Im Lischannagebiet geht der Hauptdolomit noch oben in eine Dolomitbreceie über, welche in den höheren Lagen mit rotem oder gelbem Zement verkittet ist, stellenweise treten auch Kalke auf. Im Hangenden der Breccie breiten sich schwärzliche, gelb verwitternde, oft etwas kalkige Tonschiefer aus (Allgäuschiefer). In der Breccie hat Schiller Versteinerungen gefunden, welche für liasisches Alter sprechen. Die Ahnlichkeit mit dem Steinsbergkalk, mit welchem Namen die Breccie vom Lischanna belegt wurde, ist eine geringe; der Lias von Steinsberg gleicht mehr den Liaskalken der Samnauner Alpen und bildet mit diesem zusammen eine der Lischannafazies deutlich unter- schiedene Ausbildung. Auch Paulcke verbindet die Gesteinsarten in dieser Weise und sieht im Lias von Steinsberg einen Übergang zur Lischannafazies. Im NO-Teil der Lischannagruppe fand Schiller in einem ört- lich sehr eng begrenzten Vorkommen einen braunroten Mergelkalk, der Hildoceras bifrons Brug. sp. führt und demnach zum oberen Lias gehört. Am Südrand der Münstertaler Alpen werden die Kössener Schichten von Lias überlagert im Val Fraele und westlich davon. Nach der Schilderung von Schlagintweit ist die Entwicklung eine wechselnde und zeigt Anklänge an verschiedene Faziesgebiete; im Östen vertreten Hornsteinkalke sehr wahrscheinlich den unteren Lias, während gegen Westen zu Konglomerate (aus Dolomit und Rhätkalk), welche an die Ausbildung am Lischanna erinnern, auftreten und in Kieselkalke mit Versteinerungen des unteren Lias übergehen; über dem Liaskonglomerat liegen noch typische Allgäufleckenmergel. Ist schon die Verbreitung des Lias in den Münstertaler Alpen eine geringe, so sind noch jüngere Schichten nur in vereinzelten ganz kleinen Resten im Norden des Gebietes erhalten. Schiller wies in der Lischannagruppe das Vorhandensein von Acanthicus-Kalken nach in winzigen Resten im Lischannatal und am Piz Schalambert; in etwas größerer Ausbreitung sind noch dem Tithon zuzuzählende Tonschiefer, Kalkschiefer und grüne und rote Hornsteine vorhanden, darunter auch aptychenreiche Mergelkalke. 1 Aus diesem in Kürze zusammengedrängten Überblick der meso- zoischen Schichten ersieht man, daß dieses Gebiet mit den weiter östlich gelegenen zentralalpinen Triasgebieten übereinstimmt in dem vorwiegend dolomitischen Charakter der Ablagerungen. Dagegen unterscheidet sich das Münstertaler Triasgebiet von dem Brenner- gebiet durch die mächtige Entfaltung der permisch-untertriadischen Sandsteine und Arkosen und besonders durch das Vorhandensein anisisch-ladinischer Kalke und Dolomite, während im Brennergebiet die mittel- und obertriadischen Dolomite, beziehungsweise Kalke der Carditaschichten die Reihe der Trias eröffnen, wogegen in den Rad- städter Tauern wieder untertriadische Kalke abgelagert sind. Auch inder Entwicklung der rhätischen Schichten und des Lias bestehen Jahrbuchd. k.k.geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Bd.,3.u.4. Hft. (Ampfereru. Hammer.) 79 610 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [80] Unterschiede. Wohl aber ergiebt sich in der Ortlergruppe bei Annahme der Basisschichten als Raiblerniveau ein fazieller Anschluß an das Brennergebiet. Jeder der zentralalpinen Triasbereiche der Ostalpen besitzt eine gewisse Selbständigkeit seiner Stratigraphie in Rücksicht auf den verschiedenen Eintritt der Triastransgression, als auch in der Aus- bildung der jüngeren Schichten. Gegenüber der südalpinen Trias und dem Lias der Südalpen bestehen wesentliche Verschiedenheiten, da- gegen schließt sich die Trias der nördlichen Münstertaler Alpen und des Jaggl der Fazies der Nordtiroler Kalkalpen an. A. Lischannagruppe. Auf dem Querschnitt ist die mesozoische Bedeckung der Münstertaler Alpen durch das Aufbrechen des Grundgebirges in vier Teile getrennt, deren nördlichster die Lischannagruppe ist. Trias und Jura liegen hier, im großen betrachtet, als eine Mulde in das Grundgebirge eingesenkt, deren nördliche Lippe der Tiefe des Inn- tales entlang zieht, während der Südrand hoch oben an den Kämmen der Berge erscheint. Die Bündner Schiefer, deren Schichtflächen an der Sonnenseite des Inntales zwischen Schuls und Remüs mit dem Gehänge zu Tal fallen, unterteufen an einer den Innlauf begleitenden und mehrmals überkreuzenden Linie den schmalen Streifen von Granitgneis (und zum Teil kontaktmetamorphen Engadinschieferr nach Grubenmann), welcher das Südufer einnimmt, mit steillem SO-Fallen. Uber ihm folgt, wie früher schon beschrieben, wieder eine schmächtige Zone von Bündner Schiefern und Trias, die mit einem ausgedehnten Ser- pentinlager verbunden ist — wie auch die tiefere Zone von perido- titischen Intrusionen durchdrungen ist. Alles fällt stark gegen SO ein. Diese Wiederholung der Schichten ist innabwärts bis Nauders zu ver- folgen. Auf die obere Bündner Schieferzone ist nun wieder Gneis (beziehungsweise Verrucano?) aufgeschoben und dieser bildet das Liegende der genannten großen Mulde, denn über ihm entwickeln sich nun der Altersfolge nach immer jüngere Schichten bis hinauf zum Gipfel des Piz Lischanna. Der Schnitt folgt dem schon von Böse und Schiller gegebenen Profil durch das Val Triazza, das vom Inn bis zuhöchst ins Gebirge hinauf eine selten unterbrochene Reihe von Aufschlüssen bietet. Es schichten sich in der oben schon beschriebenen Ausbildung übereinander auf: Verrucano, Buntsandstein, Muschelkalk, unterer Triasdolomit, obere Rauhwacke, oberer Triasdolomit, welcher die Wände bildet. Die ganze Folge bis zum Hauptdolomit bildet den Nordschenkel einer Mulde, wie an der Lagerung des Hauptdolomits zu erkennen ist; sie steigt gegen NO an und ist im tief eingeschnittenen Uinatal bis zu ihrem eng zusammengepreßten untersten Teil auf- geschnitten; man sieht dort die Synklinale im Muschelkalk und tal- aufwärts kommt wieder die Gneisbasis in der südlich anschließenden Aufwölbung zutage. In der Muldenmitte liegt am Nordgrat des Lischanna noch der Lias, der sich aber auch auf dem N fallenden Südschenkel des Hauptdolomits diskordant auflagert und eine Bekrönung mit Malm cn A ee EEE [81] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 611 trägt. _ Schiller zieht zwischen Hauptdolomit und Lias durchweg eine Überschiebungsfläche durch, doch kann die Diskordanz in Rück- sicht darauf, daß der Lias ja als sedimentäre Breccie entwickelt ist, wohl hauptsächlich eine primäre sein. Daß an einer solchen Schicht- grenze im stark gestörten Faltengebirge leicht Abreißungen eintreten können, ist zu vermuten, und die von Schiller angeführten Rutsch- flächen sprechen dafür, daß hier solche eingetreten sind. Gehen wir über die Hochfläche des Lischannagletschers — eines typischen Plateaugletschers — hinweg und steigen die Südabdachung des Gebirgsstockes ins Sesvennatal hinab, so durchlaufen wir die gleiche Schichtreihe wieder hinab bis zum Verrucano; die Mächtigkeit der einzelnen Formationsglieder ist eine stark verschiedene von jener an der Nordseite; besonders auffällig ist zum Beispiel die geringe Mäch- tigkeit des Hauptdolomits. Diese Unterschiede sind sicher zum Teil fazielle — große Schwankungen in der Mächtigkeit und Ausbildung sind in diesen Berggruppen allenthalben auch in den am wenigsten gestörten Teilen zu beobachten — teils auch tektonische, wie die Faltungen ober der Alpe Sesvenna lehren; für eine so weitgehende Zusammenlegung in liegende Falten, wie sie Schiller in seinem Profil eingezeichnet, scheinen mir jedoch keine genügenden Anhalts- punkte vorzuliegen. Wir haben damit die ausstreichenden Schichtköpfe der Südschenkel der ganzen Lischannamulde durchstiegen und stehen wieder auf dem kristallinen Untergrund der großen Synklinale. Das Lischannaprofil setzt sich nach beiden Seiten fort gegen NO zum Piz Lad bei Nauders, wobei es sich stark verschmälert, enger zusammengepreßt und über- kippt ist, und nach SW zum Piz Pisoc, in welcher Richtung sich der Faltenbau stärker entfaltet. Ein Element kommt nun aber noch dazu: Am Südgipfel des Piz Lischanna sowie am Piz Cornet überraschen den Geologen kleine Kappen von Gneis, welche auf den jurassischen Gesteinen aufsitzen. Im Osten des Profils überdeckt eine bedeutend größere Gneisscholle die Liasbreccie am Piz Rims (im Uinatal, zum Unterschied von den zahlreichen anderen Gipfeln gleichen Namens in den umliegenden Bergen) und jenseits der Schlucht des Uinatales fallen die Trias- dolomite unter den Rand der zusammenhängenden kristallinen Ge- birgsmasse westlich des Reschenscheideck ein. Diese Aufschiebung des kristallinen auf die jüngeren Sedimente ist von Stillebach bei Nauders in weiten, NS verlaufenden und gegen W vorgewölbten Bogen über das oberste Uinatal, Schlinigpaß und durch das Schlinig- tal bis Schleis an der Etsch zu verfolgen. Es wurde im vorhergehenden Abschnitt schon erwähnt, daß die oberste Triasschuppe über dem{Grünsee bei Nauders als letzter Aus- läufer der großen Ötztaler Westrandüberschiebung gedeutet werden kann. Östlich des Stillebach ist keine Fortsetzung mehr zu beob- achten. Von der Südrandüberschiebung des Bündner Schieferge- bietes ist sie nur durch eine geringmächtige Gneiszone getrennt — ein Zusammenhang beider ist nicht feststellbar. Der Piz Lad gehört dem übergeschobenen Gebirge an und, entspräche tektonisch dem Jaggl. Wir stehen hier am Rand der Ötztaler Masse, welche gegen 19= 612 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [82] W über das Depressionsgebiet der Lischannagruppe vorgeschritten ist und der als letzte vereinzelte Restchen jene kleinen Kappen am Lischannakamm zugehören. Die Gesteine, welche den Rand des kristallinen Gebirges bilden sind Biotitplagioklasgneis und Glimmer- schiefer, welche ganz denen in der Westhälfte der eigentlichen Otz- taler Gruppe entsprechen. Außerdem durchbrechen am tirolisch- schweizerischen Grenzkamm zahlreiche Gänge porphyrischer Gesteine (Quarzporphyre, Labradorporphyrite) die Schiefer und ein dieser Gang- sruppe angehöriges Gestein ist auch noch am Piz Cornet in der auf- sitzenden Kappe zu sehen, ein Zeichen ihres ehemaligen Zusammen- hanges mit den westlichen Gebieten. Von der Stelle an, wo im obersten Uinatal der Südrand der Triasliasmulde der Lischannagruppe nach Westen umbiegt und die Gneismasse des Sesvenna darunter hervortaucht, lagern die aufge- schobenen Otztaler Schiefer auf der Münstertaler Gneismasse auf; zwischen beiden ist aber noch ein dünnes Blatt der mesozoischen Uberdeckung der Gneismasse in stark gestörten, teilweise verdoppelten Schollen erhalten, begleitet im obersten Uinatal als Lage von zer- rissenen und wirr durcheinandergeschobenen Resten verschiedener Trias- und Juragesteine den Rand des Kristallinen und ist längs der Schubfläche bis in die Ladgruppe zu verfolgen. Auch die Kappe von Lischanna und besonders die noch etwas weiter westlich gelegene des Piz St. Jon wird von Fetzchen verschiedener Triasgesteine begleitet. Die Reste an der Schubfläche sind nicht Teile eines überkippten Mittelschenkels, denn abgesehen von der Regellosigkeit ihrer Lagerung zeigt das Streichen der Schichten, daß die UÜberschiebung.hier nicht aus Faltung hervorgegangen ist; die Otztalerschiefer streichen OW bis ONO—WSW, und ebenso die Schichten der Trias und des Lias im Lischannagebiet, die Überschiebung aber verläuft quer dazu, sie ist nicht die höchste Steigerung des Faltungsvorganges, sondern un- abhängig von diesem und jene Reste sind mitgerissene Teile des überschobenen Gebirges. Die flachen Zerreißungen innerhalb der Trias-Jurakette — an der Basis des Lias am Lischanna, und ähnliche am Schalambert, sind Begleiterscheinungen der großen Aufschiebung. Im unteren Rojental hat die Erosion die Gneisdecke durch- genagt und darunter tauchen nochmals die Trias- und Juragesteine der Lischannagruppe hervor. B. Der Sterlexkamm. Im Sesvennatal tritt der Querschnitt in die Münstertaler Gneis- masse ein, welche den Gebirgsstock des Piz Sesvenna von Scarl im NW bis ins Etschtal bei Glurns umfaßt. Ihre Gesteinsarten wurden bereits oben dargelegt. Die ganze Gneismasse nördlich des Münster- tals war ursprünglich mit Verrucano und Triassedimenten überdeckt, wurde aber durch die tiefer schneidende Erosion derselben soweit ent- kleidet, daß östlich des Avignatales nur mehr einzelne Reste auf verschie- denen Höhen anzutreffen sind, so besonders am Kamm Arundakopf- Krippenland. Auf dem Sesvennastock selbst ist am Piz Plazer Verrucano in den Gneis eingefaltet, der vielleicht unter dem Sesvennagletscher [83] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 613 durch mit der Einschaltung von Paragneisen in die Augen- und Flaser- gneise am Fernerspitz in Verbindung steht, außerdem am Westkamm des Plazer. Auch der oberste Felskopf des Piz Sesvenna wird noch von einer schmalen Quetschzone durchzogen, an welcher sehr verru- canoähnliche serizitische Gesteine anstehen. Eine besonders starke Überdeckung besitzt aber noch der Kamm des Piz Sterlex (Starlex auf der Schweizerkarte) — es ist der 'östlichste Teil des zusammen- hängenden Dolomitgebietes der zentralen Münstertaler Alpen. An beiden Seiten bildet noch die Gneisbasis die unteren Berghänge; im Norden schneidet die Triasbedeckung an einem NO—SW verlaufenden saigeren Bruch ab. Er verläuft vom NW-Fuß des Piz Murtera zum Martrel (P. 2708 der Schweizerkarte) und von dort zur Probirteralm im Avignatal. Man sieht hier an der NO-Seite des Berges die ge- falteten, flachliegenden Triasschichten und den Verrucano von dem Gneis des Martrel abstoßen. Sie läßt sich auch noch von der Alpe gegen NO weiter verfolgen zum Joch zwischen Koschteras und Arunda- kopf, wo wieder der flachliegende Verrucano vom steil aufgerichteten Gneis abstoßt; im Arundatal (Schleiseralm) verliert sich ihre Spur. Uber dem Gneissockel des Sterlexkammes breitet sich zunächst der Verrucano in großer Mächtigkeit aus und zieht als breites Band an der ganzen Ostseite hin bis auf die Furcla Sterlex und erscheint auf der Westseite wieder am Fuß des Piz Murtera. Von den Trias- gliedern hebt sich der Muschelkalk durch violettgraue Kalkschiefer und rötlichgelbe, gut gebankte Kalke von dem grauen Dolomit ab, welcher ‘den Wandkörper bildet. Auf dem Kamme sind stellen- weise noch lichte, weißliche, gut gebankte Kalke oft mit bräunlich- tonigem Belag und mit rostbraunen, talkigen Schmitzen (untergeordnet auch etwas Rauhwacke) erhalten, für welche sich durch den Vergleich mit vollständigeren fossilführenden Schichtfolgen der Raibler Schichten weiter westlich eine Zugehörigkeit zu diesen annehmen läßt. Die ganze Verrucano-Triasbedeckung ist in enge Falten zusammen- gestaut, welche zwischen NO—SW und NNO—SSW streichen, an den kleinen Falten an der Basis des Sterlex beobachtet man auch NS- Streichen. Das Hauptprofil geht also stark schräg zum Streichen, wodurch die Falten etwas zu flach und gestreckt erscheinen; die Lage wurde trotzdem im Interesse des besseren Anschlusses mit den angrenzenden Teilen gewählt und um durch den Schnitt längs dem Kamme zusammen- hängend Aufschlüsse verwenden zu können, während sonst starke Unter- brechungen durch Schuttlager sich ergeben. Das Profil Fig. 19 gibt einen Schnitt senkrecht zum Streichen. Die Falten sind durchweg gegen NW überkippt. Am Piz Murtera (westlicher Seitenkamm des Sterlexkammes) beobachtet man auf weithin eine gegen NW überkippte Antiklinale, in deren Kern, an den Südostwänden Muschelkalk ansteht; die Nord- westabdachung des Berges wird von den gleichfallenden Dolomit- und Kalkbänken gebildet, während am Fuß der Wände auf dieser Seite die Raibler Kalke bereits wieder bergein fallen. In ihrem Ver- lauf gegen NO wird diese Antiklinale von einer dem Martrelbruch ungefähr parallel laufenden Verwerfung so angeschnitten, daß der höchste Felsturm des Laurenziberges nur mehr von den steil stehenden Otto Ampferer und Wilhelm Hammer, [84] 614 Fig. 19. P. Sterlex EV. 2 Murlera © 27 A ee ER d N NW Profil über deu Piz Sterlex. — Maßstab: 1:25.000. M = Muskovitgranitgneis. — v — Verrucano. — 5 — Quarzsandstein. — m — Muschelkalk. d = Wettersteindolomit. — r = Raibler Schichten. [85] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 615 Muschelkalkplatten des Nordschenkels gebildet wird. Ihm gliedert sich gegen Norden eine durch einen kleinen Dolomitkeil gedoppelte Mulde an, deren Kern der Diploporendolomit an der zweiten Zackengruppe am Grat südlich des Martrel bildet; nördlich durchschneidet wieder ein kleiner Verwurf die Falte, an welchem der nördliche Teil aus einer ebenfalls gegen NW übergelegten kleinen Doppelfalte bestehend so weit abgesunken ist, daß die Kalke des Raibler Niveaus in die Höhe des Diploporendolomits, beziehungsweise des Muschelkalkes gerückt sind. Der Sterlex selbst besteht aus ebenfalls kräftig gefaltetem Diploporen- dolomit mit aufliegenden Raibler Kalken, welch letztere an der Murtera- Laurenzibergverwerfung an den Muschelkalk anstoßen. An der östlichen Basis des Sterlex bilden Verrucano, Buntsandstein und Muschelkalk eine kleine, liegende, völlig geschlossene Falte, wie aus der Reihen- folge, in der die Schichten sich übereinander wiederholen, geschlossen werden kann. Eine Umbiegung ist hier nicht zu sehen. Dasselbe wiederholt sich am Fuße des Piz Cotschen. Auch ein Fetzen von Diploporendolomit beteiligt sich an der Ostseite des Sterlex noch daran. Dagegen liegt der größere Teil des Verrucano außerhalb dieser basalen Faltung, welche NS streicht und anscheinend ohne Beteili- gung an derselben. Am Gipfel des Sterlex aber liegt auf dem Triasdolomit noch eine sehr dünne in Blöcke aufgelöste Kappe von Verrucano. Da der Gipfel beiderseits in steilen Wänden abfällt, kann es sich nur um Überschiebungsreste handeln. J Der Umfang und die Art dieser Überschiebung erschließt sich aus der Fortsetzung des Profils überden Urtirola (Urtirolaspitze) ins Münstertal. An der Furcla Sesvenna sinkt der Kamm bis in die Verrucano- zone herab. Südlich davon, am Piz Cotschen, liegt auf ihm wieder Granitgneis, der abermals von Verrucano überlagert wird. In dieser oberen Verrucanozone sitzt ein Gang eines sehr stark umgewandelten und zerpuetschten Eruptivgesteins auf, das vielleicht auf einen Diabas- porphyrit zurückzuführen ist. Wo der Kamm in schrofferen Umrissen wieder gegen den Gipfel des Urtirola anzusteigen beginnt, tritt man neuerlich in den Granitgneis ein, dessen Bänke flach gegen Süden fallen. An der Ostflanke sieht man, daß der Verrucano bis tief unter den Gneis hinein sich fortsetzt. Erst in dem Kar östlich unter dem Gipfel biegt die bisher flach gegen Süden verlaufende Grenze des Verrucano gegen den aufliegenden Granitgneis plötzlich nach Osten und bergabwärts ein und zieht mit steilerem Südfall längs der Landesgrenze hinab bis zur Ausmündung des Avignatals ober Münster. Auf der Westseite des Kammes aber zieht die untere Grenze der Kristallinen zur Furecla Sassalba, wo man sehr deutlich den Gneis mit flach südfallender Fläche auf den hier über dem Verrucano noch erhaltenen Triasdolomit auflagern sieht. Der Ausstrich der Überschiebung ist weiterhin um den Muntet herum nach Lü zu verfolgen, wo wieder der Verrucano zutage kommt. und am Südgehänge gegen Lüssai zu in breiter Zone durchzieht. Hier ist er ein Stück weit unterbrochen, setzt aber auf Alp Sot (Valpaschun) wieder ein und ist bis zur Alpe Terza zu verfolgen. 616 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [86] Zwischen dieser und dem Gehöft Terza bildet eine Zone von Phyllit (gleich dem vom Ciavalatsch—Glurnserköpflkamm), welcher hin und hin von Granitgneis überlagert wird und etwas tiefer eine Quetsch- zone die tektonische Fortsetzung jener Verrucanozone bis Tanter Ruinas, wo sie an einer WNW-—-OSO streichenden Verwerfung endet. Infolge dieser Unterlagerung durch Verrucano und Trias erscheinen die kristallinen Schiefer, welche die Gipfel des Urtirola und Muntet, die oberen Teile der Südflanke und die Ostflanke bilden, als eine auflagernde Platte. Sie besteht größtenteils aus Granitgneis, unter ihm kommen am Gehänge gegen Taufers sowie korrespondierend dazu an der Furca Sassalba Phyllitgneis und Amphibolitlager zutage, die Schichten sind wellig verbogen, vorherrschend S fallend, bei um die OW-Richtung schwankendem Streichen. Bei Münster erreicht diese Platte die Talsohle des Münstertales. Die Platte ist im ganzen also gegen OSO geneigt. An ein paar Stellen sind auch Reste des normal auf der Gneisplatte liegenden Verrucano erhalten. Der überschobene Verrucano transgrediert am Südfuß des Urti- rola über Granitgneis gleichwie am Sterlex. und auch diese Granit- gneisbasis gehört der Münstertaler Gneismasse an, da zwischen ihr und dem an der anderen Talseite zwischen St. Maria und Münster auslaufenden Teil jener kein Zeichen und keine Wahrscheinlichkeit einer Trennung vorhanden ist. Im Westen des Muntet liegt noch (nach A. Spitz) am Minschuns eine kleine Kappe kristalliner Schiefer als westlicher Teil der Urtirola- schubmasse. Gegen Norden ist der Verrucanorest am Gipfel des Sterlex mit dieser Überschiebung in Verbindung zu bringen. Er könnte auch mit der Aufschiebung von Gneis auf Verrucano am Piz Cotschen in Zusammenhang gebracht werden, doch endet diese beider- seits rasch und scheint nur lokaler Art und geringer Ausdehnung zu sein. Östlich des Avignatales ist die dem Sterlexkamm entsprechende Bedeckung von Verrucano und Trias schon weit stärker von der Erosion zerstört als an diesem, so daß außer Verrucano nur noch ein paar dürftige Reste von unterer Trias erhalten sind, welche ver- schiedene kleine Störungen und Unregelmäßigkeiten der Auflagerung zeigen; auch die Verrucanokappe am südlichsten Kopf des Kammes (Krippenland) zeigt solche, insofern hier über dem Granit gleich eine Lage jenes lichtgelben halbkristallinen, stark glimmerhaltigen Kalkes folgt, wie sie sonst in den hangendsten Teilen des Verrucano erscheint, und darüber Serizitschiefer. Am übrigen Teil des Kammes beginnt die Auflagerung normal mit den grünen Arkosen und $erizitquarzit- schiefern. Alle diese kleinen Störungen dürften wohl den engen Verfal- tungen und Verschollungen, wie sie an der Basis des Sterlex voll- ständiger zu beobachten sind, gleichgeordnet werden. Die Gesteine der Urtirolaschubmasse sind durchweg solche, welche in der umgebenden Gebirgsregion herrschend sind; im beson- deren stimmen sie mit denen des Kammes Glurnserkopf— Ciavalatsch überein durch die Vergesellschaftung von phyllitgneisähnlichen Schiefergneisen mit Amphibolit und größeren Lagen von Augen- und Flasergneis. Der Kamm Ciavalatsch—Glurnserkopf wird von mehreren [87] Geologischer Querschnitt durch die Östalpen. 617 Schubflächen durchschnitten — wie im nächsten Abschnitt noch be- sprochen wird — und außerdem wird der mächtige Granitgneissockel des Glurnserkopfes von mindestens zwei weithin zu verfolgenden Quetsch- zonen durchzogen, an denen der Granitgneis zu einem phyllitischen Schiefer zermalmt wurde — lauter Anzeichen, welche es ermöglichen, den Ursprung jener vorgeschobenen Massen hier zu suchen. Wie in einer späteren Übersicht dargetan wird, stimmt dies mit dem allgemeinen in dieser Region beobachteten Auftreten einer gegen Westen gerichteten Gebirgsbewegung überein. C. Der Umbrailkamm. Hier folgt der Schnitt dem schon seit Theobald bekannten und neuerlich durch die Arbeiten von Termier, Rothpletz und Schlagintweit in den Vordergrund des Interesses gerückten Profil über den Piz Lad, Piz Ohazfora und Piz Umbrail. Den Sockel des Bergkammes bilden dieselben Gneise wie am Urtirola; der Schichtneigung entsprechend kommen sie an der Nord- und an der Südseite in breiter Zone zutage und sind auch an der Ostseite noch im Muranzatal freigelegt. Das Profil setzt sich aus einer nordfallenden und einer südfallenden Schichtfolge zusammen, erstere gipfelt im Piz Umbrail, letztere im Piz Lad. Das Profil über dem Lad stellt bis nahe unter den Gipfel eine vollständige Schichtreihe dar von Gneis über Verrucano, unterer Rauhwacke, unteren Dolomit, oberer Rauhwacke, unterlagert vom Diabasporphyit — siehe oben die stratigraphischen Bemerkungen dazu — bis zu dem mächtigen oberen Dolomit. Das ganze Profil setzt sich in voller Entfaltung über Val Vau weg zum Kamm des Piz Turettas fort (oberes Münstertal), doch schieben sich an der Talstufe unter dem Rimssee schwarze Schiefer in die höheren Lagen des oberen Dolomits ein. Im Osten aber schnürt sich die Triaszone im Muranzatal bis auf eine schmale Rauh- wacken-(und Gips)-Zone ein, wobei gleichzeitig das OW-Streichen am Lad in NO und dann im Val Schais in NS einschwenkt. Im Umbrailteil folgt über den basalen Kristallinen — hier größtenteils Phyllit — am Umbrail direkt ein stark brecciöser Dolomit, weiter westlich im Val del gesso aber dazwischen noch Gips. Der Dolomit ist teilweise Sedimentärbreccie, wie es der Ortler- dolomit häufig zeigt, und zugleich noch tektonisch zertrümmert. Im unterlagernden Phyllit sitzt ein isolierter Dolomitkeil. Beiden Teilen ist nun das eine gemeinsam, daß sie im Hangenden wieder eine Bedeckung von kristallinen Schiefern tragen, welche am Sattel zwischen Umbrail und Chazfora beginnt und mit einer Unter- brechung zwischen Chazfora und Piz da Rims, wo eine Bank von Dolomit sich dazwischenschiebt, den Kamm bis zum Piz Lad bildet, wobei die Schiefer am Lad nach S, jene am Piz da Rims und Chazfora nach N mit geringem Winkel einfallen. Die kristallinen Gesteine sind die gleichen wie in der Basis des Umbrail: Phyllit mit Ubergängen zu Phyllitgneis und mächtige Granitgneislager. Nach beiden Seiten (OÖ und W) ändert sich das geologische Bild auffallend rasch und im entgegengesetzten Sinne; gegen W vereinen Jahrbuch d.k.k. geol. Reichsanstalt, 1911,61. Bd.,3.u.4. Hft. (Ampferer u. Hammer. 80 618 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [88] sich die beiden Dolomitplatten zu der ausgedehnten Dolomitlandschaft um den Rimsersee und nur die kleine kristalline Kappe am Monte Praveder erinnert an die Gipfelregion des Lad-Chazfora als deren Fortsetzung gegen W; wir stehen am Beginn des von eintönigen, schwer zu gliedernden Dolomitmassen aufgebauten Felsgebirges zwischen den Münsterer Almen und dem Fraeletal. Gegen Osten dagegen verschwinden im Muranzatal mit einem Schlage die ganzen Dolomite des Umbrailkammes — mit Ausnahme jenes schmalen Rauh- wackenstreifens bei Punt Teal, der gerade genannt wurde — und der das Tal am rechten Ufer einfassende Kamm, der gleich hoch und steil wie der Umbrailkamm aufsteigt, besteht zur Gänze aus Granit- gneis und Schiefergneis, beziehungsweise Phyllit und ist der Westrand des fast ausschließlich aus kristallinen Schiefern bestehenden Cia- valatschkammes. Die Dolomitplatte des Umbrail sinkt an der Westseite des Muranzatales anfangs flach, dann steil gegen N ab bis ins Tal von Rims pitschen, das vom Sattel zwischen Piz Lad und Piz da Rims herabkommt, und stoßt hier mit der kürzeren und mächtigeren Süd fallenden oberen Dolomitplatte des Lad zusammen, welche letztere hier noch an einer auch weiterhin N fallenden Fläche auf der Gneis- basis des Umbrail aufliegt. Die kristalline Basis des Umbrailkammes setzt sich ununterbrochen mit gleichem Streichen und Fallen in den Kamm östlich des Muranzatales und von dort zum Ciavalatschkamme fort und zeigt an dem erstgenannten eine Fächerstruktur (siehe Profil Fig. 20). Dieser Fächer setzt sich aber auch in die kristallinen Ge- steine der Umbrailbasis fort und die nach N fallende Grenz- fläche gegen den Dolomit schneidet den Fächer nach oben ab; die Schnittfläche ist nicht die normal Auflagerungsfläche auf dem Kristal- linen, sondern an ihr haben starke Verschiebungen stattgefunden. In der Darstellung, welche ich im Jahrb. der k. k. geol. R.-A. 1908 vom Umbrailprofil gegeben habe, ist dieser Umstand, den erst eine spätere neuerliche Begehung der beiderseitigen Hänge des Muranzatales zutage gebracht hat, nicht in Betracht gezogen und es kann daher die dort gegebene Erklärung nicht aufrechterhalten werden, da dieser Fächer demnach nicht als „Stiel“ einer Pilzfalte angesehen werden kann, deren obere Ausladungen die kristalline Kappe des Chazfora und Lad wären. Die kristalline Kappe des Chazfora—Lad muß folglich als schwimmende Deckscholle aufgefaßt werden. Die beiden Dolomit- platten des Umbrail-Ladprofils sind zwei synklinal zueinander gestellte Schollen, welche an einer Dislokationsfläche aneinandergrenzen. Während in der nördlichen die vollständige Schichtfolge vom Gneis bis zum Hauptdolomit hinauf vorliegt, ist bei der südlichen zwischen den Abscherungsflächen nur eine breceiöse Dolomitmasse übrig geblieben. (Auch die Chazforascholle ist in zwei kleinere Schollen zerteilt.) Das plötzliche Aussetzen der Dolomite an der rechten Seite des Muranzatales kann nicht durch einen Querbruch erklärt werden, da das kristalline Profil beider Talseiten vollständig übereinstimmt. Des- gleichen setzt die Verrucanozone unverrückt unterhalb Punt Teal von 619 Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. [89] ImoLOT = qT — YDeayney = y — 'omeonım\ — 4 — 's[RUFIOSELT pun -medny = 00 — srusypigg = ubyd 'SO[eFeZUBAINNL sap AyUueLT 9Jy99ı aIp y9anp [YyoIg Ur 0092 0081 oook 008 o SpÖRIg,PIEN EPE Ppuouö Je oPif Ka [2 => ee 80* 520 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [90] der einen auf die andere Talseite über. Die darüberfolgende Rauh- wacke, Gips und Dolomit an der rechten Talseite sind die Fortsetzung des Triasprofils am Nordhang des Piz Lad, das an diesem etwa 1200 m mächtig ist, und am Punt Teal plötzlich auf wenige Meter zusammen- schrumpft. Östlich des Muranzatales schwenkt das Streichen des Triaszuges in die NS-Richtung um, so daß er sich bei Guad sehr der Tiefe des Münstertales nähert, von dort an aber infolge des hier wieder ein- setzenden OW-Streichens höher ins Gebirge hinaufzieht. Die gleiche Schwenkung im Streichen vollführen die überlagernden Phyllitgneise. Die Triaszone läßt sich von Guad über Val Plazöl zum Mun- warther östlich des Ciavalatsch verfolgen und von dort leiten ein paar ganz kleine Triasreste zum Fallaschjoch, von dem man durch das Costainastal zur Punt Teal im Muranzatal hinabsteigt. Die Triasreste werden von Phyllitgneis überlagert, der eine die Kammregion ein- nehmende Synklinale bildet. Die Trias am Fallaschjoch ist das ebenfalls äußerst verschmä- lerte Aquivalent der Umbraildolomitplatte. Die über dem Kranz von Triasresten liegende Synklinale kristalliner Schiefer ist die Fortsetzung der kristallinen Kappe auf dem Umbrail-Ladkamm. Es wurde schon in der Darstellung vom Jahre 1900 ausgeführt, daß die Gesteine über jenen Triasresten, denen unter denselben gleich sind, so daß dort, wo keine Triasreste liegen, eine Trennung über- haupt nicht durchführbar ist. Die einzige Abweichung im Gesteins- charakter besteht in dem Auftreten von perlgneisähnlichen Abarten des Phyllitgneises, wodurch eine stratigraphisch-strukturelle Beziehung zu den Gneisen beiderseits der Malserheide, also der Otztalergruppe, hergestellt ist; auch die Biotitglimmerschiefer der Schludernsergegend zeigen dann und wann Übergänge in diese Struktur, ebenso die Phyllitgneise am Glurnserköpfl. Die Triasreste nehmen nicht durchweg das gleiche Niveau ein, sondern liegen teils über, teils unter einem den Ciavalatsch um- kreisenden Band von Orthogneis. Es erhellt daraus, daß die Synklinale des Ciavalatschkammes offenbar nicht aus weiter Ferne hergeschoben wurde und daß sich überhaupt nicht sein oberer Teil als selbständige, durch eine einheit- liche Basis abgegrenzte Deckscholle heraustrennen läßt. Der Ciavalatschkamm liegt zwischen der gegen S, beziehungs- weise SO gerichteten Uberschiebung an der Trafoierlinie und der Münstertaler Gneismasse. In dieser Enge der sich drängenden und aufeinandertürmenden Falten und Schollen des Gebirges entwickelten sich bei der Auffaltung des Ciavalatschkammes Dislokationsflächen, an welchen UÜberschiebungen eintraten, und die Triasbedeckung eingekeilt wurde. Die nach der OW-, beziehungsweise NO—SW- Faltung einsetzende Westbewegung erzeugte neue Bewegung an den Zerreißungsflächen — die oberen kristallinen Teile des Ciavalatsch- kammes wurden gegen Westen auf den Dolomit des Umbrail und Lad hinaufgeschoben, die Urtiroladecke auf die Trias des Muntet etc. Der rasche Wechsel in der Mächtigkeit der Trias ist meines Erachtens nicht nur ein Ergebnis der Gebirgsbewegung, sondern ist [91] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 621 in einer starken Verschiedenheit der ursprünglichen Ablagerung vor- gebildet. Das Münstertaler—Ortlergebiet liegt am Rande der Engadiner Triasbucht, zahlreiche Faziesschwankungen sowohl in der Ausbildung als in der Mächtigkeit oder dem Fehlen der Schichtglieder sind festgestellt und deuten auf eine zwischen Inseln, Untiefen, tieferen Meeresteilen und Festland wechselnden Untergrund. Eine derartige Unregelmäßigkeit der Triasbedeckung begünstigt dann wieder, das Entstehen besonderer Ungleichheiten in der Tektonik, das Über- schieben tiefergelegener Teile durch höheres älteres Gebirge und dergleichen. Alle die kristallinen Kappen und Decken gehören dem- selben kristallinen Grundgebirge an, wie der heute noch unter der Trias liegende kristalline Sockel. Das Zusammentreffen stark wech- selnder Reliefverhältnisse verschieden gerichteter und verschieden zeitiger Bewegungen haben eine intensive Durcheinanderschiebung und Ubereinandertürmung des durch Zerreißungsflächen in Schollen zerteilten Gebirges verursacht. Die Urtiroladecke liegt der gleichen Gneis-Triasschichtfolge auf wie die Chazforadeckscholle. Im oberen Münstertal stehen die über- schobenen Gebirgsteile in unmittelbarem Zusammenhang; ihre Wurzel liegt aber tiefer als jene der Chazforascholle. Durch die Herleitung der Chazforascholle aus Osten ist die 1908 hervorgehobene Schwierig- keit die Richtung ihrer Herkunft zu bestimmen behoben — eine Her- leitung aus Osten lag damals noch nicht so nahe, da der Umfang der Westbewegung an der tirolisch - engadinischen Grenze noch nicht bekannt war. Die letzten Ausläufer der Bewegungsbahnen, auf denen die Chazfora- und Urtirolaschollen sich vorschoben, können in der Quetschungs- und Überschiebungsregion gesucht werden, welche die Gehänge ober Spondinig und Eyers durchziehen, gleichzeitig der Treft- punkt für die Schliniger- und in die Trafoier-Überschiebungslinien. Aus den höheren Teilen des Matscherkammes können dieselben nicht her- geleitet werden, da hier andere Schieferarten austehen, welche jenen Schollen fehlen, insbesondere die marmorführenden Biotitglimmer- schiefer. Gegen Westen erstreckt sich die kristalline Basis des Umbrail bis zum Monte Pedenollo, wo unter ihr wieder eine Dolomitzone hervorkommt. Die Fortsetzung dieses Kristallinen ist durch die isolierten Reste auf der Bocchetta del Lago, Passo dei pastori und am Monte Forcola gegeben; der untere Rand der sie unterteufenden Dolomitzone ist durch die kristallinen Reste am Monte Solena bezeichnet; sie ist nach den Angaben Schlagintweits auch selbst wieder schuppig zusammengesetzt. D. Die westliche Ortlergruppe. Sowohl der kristalline Untergrund des Umbrail, die Gneise und Phyllite des Monte Braulio, als auch die darunter hervortauchenden Dolomitschuppen des Piz Schumbraida liegen mit einer gegen N ein- fallenden Überschiebungsfläche den südlichen Faltenzügen auf. 622 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [92] Von Prad im Vintschgau über das Stilfserjoch in das Braulio- und Fraeletal ist jene Störungsfläche zu verfolgen, welche östlich des Stilfserjochs saiger steht, gegen Westen zu aber nach Süden überkippt ist und mit wechselnder Steigung gegen N einfällt. Der landschaftliche Gegensatz zwischen den kahlen grauen Dolomitfelsen und den dunklen begrünten Urgebirgshängen läßt den Verlauf längs der Paßstraße von Trafoi nach Bormio augenfällig hervortreten. Einerseits derselben die aus Trias und Rhät bestehenden Faltenzüge der Ortlergruppe, ander- seits die daraufliegende kristalline Basis des Umbrail; wo unter ihr die tieferen Dolomitschuppen des Schumbraida an die Schubfläche angrenzen, verschwindet jener Gegensatz und das Vorhandensein der Störung ist überhaupt fast nur noch an den eingeklemmten Gneis- fetzchen am Solena erkenntlich. Der ausgesprochene Kettengebirgscharakter der westlichen Ortler- gruppe ist der Ausdruck eines sehr regelmäßigen Faltenbaues; von Livigno ostwärts streicht eine Schichtmulde von Hauptdolomit, Rhät und Lias, welche stark nach Süden überkippt ist; im Nordflügel, westlich S. Giacomo, liegt der Hauptdolomit überschiebungsartig direkt auf Lias auf; östlich von S. Giacomo hebt sich der Lias heraus und nur das Rhät bildet den Kern. Im Brauliotal und Val Vitelli ist die Rhätmulde verdoppelt und bis zur Muldenbiegung aufgeschlossen; am Naglerspitz in der Ortlergruppe geht auch das Rhät in die Luft aus, die Muldenachse steigt gegen Osten an. Die Einschaltung schwarzer Kalkschiefer in dem Ortlerdolomit gibt ein Mittel an die Hand, um zu erkennen, daß die mächtige Dolomitmasse, welche im Kristallo- kamm, also an der Stelle, wo unser Schnitt die Ortlergruppe durchläuft, das Liegende der Rhätmulde bildet, eine mehrfach zu- sammengefaltete und ebenso wie die Rhätmulde nach Süden überkippte Schichtmasse ist. Gegen Osten zu lösen sich diese zusammengeklappten Falten teilweise deutlich voneinander ab (Trafoier Eiswand, Zebru- Königsspitze), das Streichen ist gegen ONO gerichtet und jene Schwen- kung im Streichen, welche oben von den Schichten des Ciavalatsch- kammes und von dem Verlauf der Trafoier Bruchlinie gemeldet wurde, erfolgt auch hier wieder; um das Massiv des Ortlers drehen sich die Schichten aus ONO- ın NS-Streichen herum, welches denn auch der ganze Hochleitenkamm aufweist. Den Südrand für das ganze Trias-Liasgebiet bezeichnet ein saiger stehender oder wenig um die Senkrechte schwankender Bruch, welcher von Livigno an in OSO-Richtung über Bormio ins Val Zebru streicht und dann mit NO-Streichen ins oberste Suldental übertritt, wo sich in den südlichsten Bergen der Laasergruppe ihre Spur verliert. Sie hat von Frech und Hammer die Bezeichnung Zebrubruchlinie erhalten. Ihre Weltrichtung bringt es mit sich, daß sie alle Falten der Ortlergruppe in spitzem Winkel schräg abschneidet. Den Südflügel des Bruches bilden kristalline Schiefer (vorwiegend Phyllite mit einzelnen Marmoreinlagerungen), welche östlich Bormio noch von Verrucano überdeckt werden. Zwischen die Falten des Ortlerdolomits und den kristallinen Flügel ist fast durchgehends eine senkrecht aufgerichtete schmale Platte von Dolomit eingeklemmt. Auf der Alpe Trela ist der nord- [93] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 623 fallende Dolomitschenkel stark gegen S auf diese saigere Dolomitschicht aufgeschoben. Im einzelnen ergeben sich an dieser bedeutungsvollen Bruchlinie viele Komplikationen, wie zum Beispiel die Auflagerung von Verrucanoresten auf die saigeren Dolomite ober Premadio, Komplikationen, wie sie an jeder großen Störungszone auftreten und für die regionale Tektonik von keiner weiteren Bedeutung sind. Überblicken wir den Abschnitt Inn - Adda des Querschnittes, so sehen wir vom Inn- bis ins Münstertal Faltenbildungen, welche gegen den Inn zu überkippt sind, in der Umbrail- und Ortlergruppe dagegen solche, welche nach S überschlagen sind; der gegen SO ein- fallenden Überschiebung der Gneise und darüberfolgenden Trias auf die Bündner Schiefer des Unterengadin steht die gegen NW geneigte Aufschiebungsfläche der Gneise auf die Trias des Ortler gegenüber. Es kommt also auch hier zunächst jene fächerförmige An- ordnung zum Ausdruck, welche für die Zentralzone der Alpen charakteristisch ist. Für die angrenzenden Otztaler Alpen haben schon Stotter und Pichler (1864) diese Struktur aufgedeckt und sie kommt auch auf dem von Grubenmann dem Wiener geologischen Kongreß 1905 vorgelegten Profil wieder zum Ausdruck. Wo, wie in den Münstertaler Alpen, jüngere stratigraphisch besser bekannte Schichten die kristallinen Schiefer überdecken, kommt sie in den Einfaltungen der Bedeckung zu deutlicher Ausprägung. So stehen zum Beispiel an der Brennerlinie den gegen Süden überkippten Ein- faltungen von Trias, welche Teller in den Sarntaler Alpen entdeckte und bis gegen Sillian im Pustertal weiter verfolgen konnte, die nach Fr. E.Suess gegen N überfalteten Tarntaler Köpfe gegenüber. Während in dem Grundgebirge der Ötztaler Alpen der zentralalpine Fächer sehr steile Schichtstellungen mit geringer Überkippung nach den Seiten besitzt, zeigen die von jüngeren Sedimenten erfüllten Depressions- gebiete der Münstertaler Alpen und des Brenners starke Überkippungen und Überschiebungen gegen außen. Für das Münstertaler Gebiet findet diese Fächerstellung aber eine besondere lokale Erklärung. Die Untersuchungen von A. Spitz und G. Dyrenfurth in den zentralen Unterengadiner Dolomiten haben ihren Vorberichten nach zu dem sehr bedeutungsvollen Ergebnis geführt, daß das Strei- chen der Falten einen weiten gegen Westen konvexen Bogen beschreibt, welcher die Falten der Lischannagruppe mit jenen des Umbrail und Ortler in Verbindung bringt. Das NO—SW-Streichen in der Lischannagruppe geht in NS-Streichen der Gegend des Ofenberg über und schwenkt dann in NW--SO-Richtung über, welche zum Umbrail führt. Längs diesem ganzen Halbkreis ist die Bewegung stets gegen außen gerichtet; wo Sattel- oder Muldenumbiegungen erhalten sind, zeigen sie eine Überkippung der Falten gegen außen an. Betrachtet man die umstehende Kartenskizze, so findet man im Zentrum dieser Bogen die Münstertaler Gneismasse. Sie er- scheint als der festere Kern, um welchen sich die Falten herumlegen 624 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [94] =) A Wei SCRUIGER a avalalsıh XL SER Schlanders en. 2 A & Pr TTIRTITES IIND una, Fo. F > Sr ri x en D% ie 21 eg, & ’ Trafoi fl FTE = ae - ern Mel vn ar : -—. ae 1: Du = ‚ 2 = . | u, Fig. 21. Punktiert: Granitgneismassen des Münstertales, vom Angelus, Plawen und Schlanders. Wagrechte Schraffen: Mesozoische Schichten der Münstertaler und Ortler Alpen und des Jaggl. Senkrechte Schraften: Bündnerschiefer des Engadin. Quergegliederte Streifchen beiderseits der Etsch : Marmore von Laas und Schluderns. Wellenlinien: Faltenstreichen. Gestrichelte Linien: Überschiebungen und Bruchlinien. [95] Geologischer Querschnitt durch die ÖOstalpen. 625 in einer von ihr nach NW, W und SW ausstrahlenden Bewegungs- richtung. Dieses Faltensystem wird von einer jüngeren Krustenbewegung überwältigt, welche sich in großen Abscherungsüberschiebungen in westlicher Richtung äußert: Die Otztaler Gneise sind über die Falten des Lischanna und über die Münstertaler Gneismasse hinaufgeschoben. Eine Zerreißung der Kruste, unabhängig von den vorhandenen Falten, quer zu diesen und ohne von stärkerer Umfaltung des alten Falten- baues begleitet zu sein, liegt in ihr vor, Kleinere Überschiebungen gleicher Art haben weiter südlich stattgefunden: Die Urtirolaüber- schiebung, bei welcher, ebenso wie bei der Schliniger eine Scholle gefalteten Bodens abgehoben und senkrecht auf das Streichen der alten Falten vorwärtsgeschoben wurde; das OW-Streichen der Schichten in der Urtirolaschubmasse ist ebenso wie bei der Otztaler Über- schiebung unvereinbar mit der Annahme einer Entstehung aus einer gegen Westen bewegten liegenden Falte, abgesehen davon, daß ein Mittelschenkel völlig fehlt. Die südlichste derartige Schubbewegung zeigt dann die Chazforascholle und ihr Hinterland am Ciavalatsch- kamm an. Spitz und Dyrenfurth haben außerdem gefunden, daß die Triasfalten der Engadiner Dolomiten von einer diskordant auf ihnen liegenden riesigen Hauptdolomitdecke überlagert werden, deren Strei- chen ebenfalls den bogenförmigen Verlauf von NO—SW über NS zu SO—NW mitmacht und deren Faltungen im gleichen Sinne wie die tieferen Falten überkippt sind. Diese Hauptdolomitdecke wird von den genannten Autoren auf einen Abschub des Hauptdolomits von seiner Unterlage durch die von Osten her andringenden Münstertaler Über- schiebungsmassen gedeutet. Nur untergeordnet wurde diese Westbewegung auch von neuer- lichen Faltungen begleitet. So gibt Schiller eine das Hauptstreichen verquerende geringe Faltung in NS-Richtung ın der Lischannagruppe an. Im Münstertal kann die Verrucanomulde am Tellajoch auf diese Bewegung zurückgeführt werden; es ist hier eine NS streichende Mulde von Verrucano in den Granitgneis eingesenkt, deren Ränder noch etwas gegen die Mulde übergebogen sind. Vielleicht könnte auch die Umbiegung der Falten des Ortlers in die NS-Richtung und die analoge Schwenkung der Trafoierlinie auf eine derartige Einwirkung zurückgeführt werden. Nach den Untersuchungen von Zöppritz!) zersplittert sich die Zebrulinie westlich von Livigno im Gebiet des Casanapasses in eine Anzahl von schmalen gegen S übergekippten Einkeilungen mesozoischer Schichten in das kristalline Grundgebirge. Die Zebrulinie tritt in das Gebiet intensivster Schuppenbildung rings um den Piz Väuglia ein. Die Liasmulde des Fraelepasses setzt sich aber in gleich nach S über- kippter Form bis zum Inn unterhalb Zuoz fort und wird ebenso wie im Fraelegebiet (Alpisellapaß) von der Triasdolomitmasse der Quater- valsgruppe überschoben.. Diese Faltenüberschiebung kann als westliche !) Geol. Untersuchungen im Oberengadin zwischen Albulapaß und Livigno. Ber. d. nat. G. i. Freiburg i. B. Bd. XVI, 1906. Jahrbuch d.k.k.geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Bd., 3. u.4. Hft. (Hammer u, Ampferer.) 81 696 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [96] Fortsetzung der Braulioüberschiebung angesehen werden (Spitz und Dyrenfurth zufolge gehören die kristallinen Reste am Murtiröl etc. zur Chazforadecke und sind nicht die Fortsetzung der kristallinen Schuppe am Monte Solena). Im Norden setzt sich die Stragliavita- linie in den Südrand der Keschmasse fort, welche steil über die Lias- zone westlich des Inn am Albulapaß aufgeschoben ist. Von NO und SO laufen also hier im mittleren Engadin konvergierend die Störungs- linien, welche das mesozoische Gebiet der Münstertaler Alpen ein- fassen, zusammen (siehe Tafel XXXIV) und der schmale Strang von Lias und Triasgesteinen des Albulapasses bildet eine Fortsetzung jenes Gebietes und eine Verbindung mit den mesozoischen Arealen im zentralen Graubünden; er wird von beiden Seiten von steil darübergeneigten kristallinen Massen eingefaßt. Ein Teil der Syn- klinalen des Piz Väuglia zweigt gegen das Oberengadin ab. In der Gegend, wo die konvergierenden Hauptrandlinien des Münstertaler Gebietes zusammentreffen, biegt die Triasmulde Fraele- Val Trupschun in scharfer Biegung um die Quatervalsgruppe herum aus der SO- in NNO-Richtung um, mit stets nach außen (SW, WNW) gerichteter Überkippung. Sie kann als der äußerste westliche Bogen der Münstertaler Bogenfalte angesehen werden. Das Münstertaler Gebiet ist also im Osten von dem Ötztaler kri- stallinen Gebirge überschoben, im Süden ist es an der Zebrulinie gegenüber den kristallinen Aipen des Veltlin, im NW an der Straglia- vitalinie gegen die Silvrettagneise und die Keschmasse abgesunken; esist ein breit keilförmiges Senkungsfeld mit gegen West gerichteter Spitze; die Absenkung nimmt gegen Westen zu — am Sesvenna und Sterlex im Osten streicht die kristalline Basis der mesozoischen Decke auf den Kämmen des Gebirges aus, während sie im Westen auch in den tiefsten Tälern nicht mehr zum Vorschein kommt. In der Ortler-Fraelemulde streicht am Naglerspitz. (s. Stilfserjoch) das Rhät am Kamm des Gebirges in die Luft aus, während im Westen der Liaskern in der Tiefe des Spöltales erschlossen ist. Gegen diese tiefliegende Westspitze hin hat eine westlich ge- richtete Gebirgsbewegung gewirkt, die mesozoischen Schichten gewisser- maßen in diesen Winkel hineingedrängt; bogenförmige Faltenwellen schmiegen sich in das keilförmige Feld hinein und die oberen Teile der Sedimentdecke werden abgehoben und vorgeschoben und darüber hinauf türmen sich noch die von Osten nachdrängenden kristallinen Massen. Wenn wir, der Schilderung des Südteiles vorgreifend, die ganze (Juerzone, von welcher unser Schnitt eine charakteristische Profilkette heraushebt, überblicken, so eröffnen sich überall Anzeichen einer westlichen, transversal zum Alpenstreichen erfolgten Gebirgsbewegung. Wir haben in den Lechtaleralpen meridionale Faltenzüge gesehen, und dieses Bild wiederholt sich in besonderer Intensität im mittleren Teil des Querschnittes: Ein weitgespannter Faltenbogenmit dahinteranrückenden Schubdecken. In allen beobachteten Fällen erweist sich die ostwestliche Be- wegung als die jüngere; der nordsüdlichen gewaltigen Haupkgalkups der en ist eine schwächere ostwestliche gefolgt. [97] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 627 Es ist das Verdienst von A. Rothpletz, zuerst die Bedeutung und das große Ausmaß derartiger Bewegungen in den westlichen Ost- alpen erkannt und dargelegt zu haben. Seinen Westschub der Ost- alpen in seiner Gesamtauffassung zu beurteilen, soll hier nicht ver- sucht werden; die von Rothpletz angenommenen nördlichen und südlichen Randspalten (welche der Querschnitt durchkreuzen würde), konnten wir bei unseren Aufnahmen nicht bestätigt finden, wohl haben aber die Untersuchungen an unserem Querschnitt das Vorhandensein weitverbreiteter und kräftiger gegen W gerichteter Gebirgsbewegungen im allgemeinen bestätigt. Betrachtet man die Übersichtskarte der Strukturlinien inDieners „Gebirgsbau der Westalpen“ (1591), so fällt sofort das starke Hervortreten N— Sstreichender Faltensysteme, welche auch durch neuere Unter- suchungen bestätigt werden, an der Grenze der Ost- und Westalpen auf; im Norden im Rhätikon (und in die Allgäuer Alpen, wie aus dem ersten Teil dieses Querschnittes ersichtlich) und besonders in der Zentralzone zwischen dem Oberengadin und dem Val Blegno (Adula- system, Tambo, Suretta, Curver). Aus allen diesen nordsüdstrei- chenden Zonen wird Überkippung der Falten gegen West berichtet. An den meridional verlaufenden Dislokationslinien sind die östlichen Schollen über die westlichen hinaufgeschoben. Im nördlichen Teil biegen die Faltenzüge in NO-Richtung ab, manche am Südende in SO-Richtung, so daß ein bogenförmiger Verlauf ähnlich dem der Münstertaler Alpen entsteht. Diener schreibt: „Adulasystem und Rhätikon sind Teile eines großen, dem Rheintal zugekehrten Bogens, der quer auf das Streichen der Westalpen vom Tessin bis zum Montavon sich erstreckt und die bogenförmige Krümmung der Westalpen um die piemontesische Ebene gewissermaßen wiederholt.“ In einer anderen Form kommt der das Grenzgebiet von Ost- und Westalpen umfassende Grundzug der Tektonik in Rothpletz’ Rhätischen Überschie- bungen zum Ausdruck. Es mag daran erinnert werden, daß eine ähnliche transversale Zusammenschiebung für die skandinavischen Gebirgszüge von Törne- bohm und anderen angenommen wurde. Bemerkungen zur Deutung des Gebietes Inn—Adda als Deckenbau. Schlagintweit, Steinmann, E. Suess, Termier und Uhlig haben die Tektonik des Gebietes zwischen Inn und Adda im Sinne der Deckenlehre zu erklären gesucht. Während Steinmann, Suess und Uhlig sich nur in allgemeinsten Umrissen damit befassen, hat Termier zuerst und später Schlagintweit eine Deckenfolge und Verbreitung derselben im einzelnen aufgestellt. Vom Fuße des Lischanna bis zur Adda würde demnach nur die „ostalpine Decke“ sichtbar sein, eine weitere Einteilung sich also auf „Teildecken“ jener beziehen. s1* 628 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [98] Nur E. Suess (Antlitz der Erde III. Bd.) nimmt ein Wieder- auftauchen der lepontinischen Decken östlich und südlich des Ortler an, indem er die Marmore von Laas für Trias ansieht, desgleichen Quarzite der Laaserschichten und in dem Zusammenvorkommen dieser beiden mit Amphiboliten die charakteristischen, hier völlig kristallinisch gewordenen Vertreter der lepontinischen Decken erblickt. Abgesehen davon, daß meines Erachtens die Laasermarmore nichtjenen der Sobretta und Val Zebru gleichgestellt werden können, sondern, wie dies im Profil über die Laaserspitze ersichtlich, unter den letzteren liegen, so ist betrefis der ersteren zu bemerken, daß ihre kalkige Zu- sammensetzung sowohl als auch ihre große Mächtigkeit schlecht mit Röthidolomit übereinstimmt, ferner, daß die Quarzite nicht, wie Suess mit mißverständlicher Berufung auf meine Beschreibung der Laaser- berge angibt, „in der Übergangszone von Marmor und Schiefer“ liegen, sondern an der Übergangszone der Laaserschichten, das heißt des ganzen Schieferkomplexes, in welchem die Marmore eingeschaltet sind, zum Phyllitgneis und zum Quarzphyllit, ähnlich den Quarziten, welche in weiterer Verbreitung in den Ortler Alpen zwischen Phyllitgneis und Phyllit liegen. Der Gips des Pedertales muß, wenn man ihn zur Trias stellen will, doch wohl zu den benachbarten Gipsvorkommen zwischen Verrucano und Ortlertrias, also zu der ostalpinen Trias, bezogen werden Was endlich die Amphibolite anbelangt, so sind solche in dem sicher ostalpinen kristallinen Gebirge der Otztaler Alpen usw. so viel verbreitet, daß sie nie als charakteristischer, Bestand der lepon- tinischen Decke verwendet werden können. Im übrigen erwächst aber aus jener Deutung die Schwierigkeit, daß diese „lepontinischen“ Laaserschichten dann den kristallinen Sockel der transgredierenden Ortlertrias bilden würden. P. Termier zählt sechs Decken übereinander auf, von welchen nappe 1 und 2 südlich des Engadin nicht mehr an die Oberfläche kommen. Die nappe 3 (Tribulaundecke) soll im Norden als ein Trias- band im Engadin über den Bündner Schiefern, im Süden als kri- stalline Schiefer des Confinale zutage kommen, das geforderte Trias- vorkommen fehlt aber im Hangenden der Bündner Schiefer des Engadin vollständig — dieselben werden unmittelbar vom Kristallin (beziehungs- weise von Serpentin) überlagert. Da das zu dieser Decke gehörige kristalline Grundgebirge bei Termier selbst im Norden als fehlend eingetragen wird, so bleibt für diese Decke im Engadin überhaupt nichts übrig. Im Süden läßt Termier die mesozoischen Schichten unter der Erdoberfläche auskeilen, so daß diese Decke hier wieder nur durch kristallinen Schiefer (paläozoisch oder älter) vertreten ist: es sind die Phyllite des Confinale, welche eine große Antiklinale bilden vom Fuß der Triaswände der Ortlergruppe bis nach Valfurva — eine Abtrennung eines tieferen Teiles derselben als nappe 3, von einem höheren als nappe 4 ist hier rein willkürlich und der petro- graphischen und stratigraphischen Einheitlichkeit der Schichten wider- sprechend. Die „Tribulaundecke“ ist zwischen Inn und Adda also nicht nachweisbar. Es wurde schon an anderen Orten auf den gegen die Annahme eines Deckenbaues sprechenden Umstand hingewiesen, daß Schwärme [99] Geologiseher Querschnitt durch die Ostalpen. 629 von Dioritporphyritgängen sowohl die nappe 3 (und ihre Wurzelzone) als auch das Grundgebirge und die Trias der vierten Decke durch- brechen. Die „Ortlerdecke“ (nappe 4) soll im Engadin in der untersten Gneiszone und in darüber folgendem ostalpinem Mesozoikum zutage treten: dieses Mesozoikum besteht aber in der Lischannagruppe aus Bündner Schiefern — weiter im Osten gemeinsam mit ostalpiner Trias — also aus dem typischen Gestein der zweiten Decke, kann also nur als Abspaltung dieser, nicht aber als wiederauftauchende Ortlerdecke gelten, und damit fehlt auch für diese ein Nachweis im Engadin. Im Süden rechnet Termier zu dieser Decke einen Teil der besagten Phyllite des Confinale und die Trias des Ortler. Diese bildet aber, wie oben beschrieben wurde, vom Spöltal bis ins Suldental mit allen ihren Schichten eine gegen Süd überkippte und nach unten geschlossene Mulde. Auch die kristalline Basis des Umbrail, welche der nächst- höheren Decke angehören würde, steht noch im Verhältnis eines Hangendschenkels der liegenden Mulde zu den Phylliten im Zebrutal (ist aber durch Schubflächen von der Trias abgerissen). Die Auf- lagerung der Ortlertrias auf ihrem kristallinen Sockel (im Osten) ist eine primäre (wie dies auch Termier und Schlagintweit an- nehmen), hier läßt sich ebensowenig wie in den Phylliten im Süden eine basale Bewegungsfläche für eine Decke nachweisen. Schlagintweit sieht denn auch — obwohl sonst auf dem Standpunkt der Deckentheorie stehend — Ortlertrias und Sockel und die westliche Fortsetzung derselben als autochthon an. Im Norden fehlen also irgendwelche als wiederauftauchende Ortler- decke deutbare Schichten, im Süden besitzen die dafür angesprochenen Gebirgsteile eine Lagerung, welcher ihre Deutung als Decke wider- spricht }). Durch die genannte nach S überkippte Mulde verbindet sich die nappe 4 mit der nappe 5 (Umbraildecke) zu einer Einheit, welche das ganze Gebirge bis zum Südrand der Bündner Schiefer umfaßt. Die tieferen Decken sollen auch nach Termier hier nirgends wieder aufbrechen. Die südliche Begrenzung bildet die große Livigno—Zebru- bruchlinie. Die „Umbraildecke” soll sich in die Schiefer an der Nord- seite der Etsch bei Eyers—Schlanders fortsetzen. Sie werden aber in den höheren Teilen der betreffenden Bergkämme von den letzten Ausläufern jener marmorführenden Schieferserie überlagert, welche Termier in der Texelgruppe (Pfelderstal) zur nappe 3 rechnet; es läge hier also 5 über 5. Der nappe 6 gehören als Reste die Scholle des Chazfora und jene am Piz Lischanna und Umgebung an. Die Urtiroladeckscholle würde Termier wahrscheinlich auch hierher gerechnet haben. Überblickt man also die Teildeckenkonstruktion Termiers, so bleiben von ihr nur die zwei Elemente übrig, welche schon in der !) Auf Termiers Profil Ortler-Engadin fließen nördlich des Engadin die nappes 3 und 4 zu einem einzigen Band von Mesozoikum zusammen, auf welchem gleich die 5. Decke liegt, eine Vereinigung, welche, wenn man an die Entstehung der Decken als liegende Falten denkt, wohl ein mechanisches Kuriosum ist. 630 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [100] obigen Schilderung des Gebirges beschrieben wurden; ein aus kristalliner Basis und primär auflagerndem Mesozoikum bestehendes Gebirge, von dem eine Unterlagerung durch jüngere Schichten, beziehungsweise durch Decken nirgends sichtbar ist und ein paar auflagernde Deckschollen von kristallinen Schiefern. Wollte man Paulckes Deckendeutung vom Rande des Engadin gegen Süden fortspinnen, so müßte man den Ortler als invers liegende Trias der ostalpinen Decke auffassen gegenüber der ihrem kristallinen Kern auflagernden Trias ete. vom Lischanna bis Umbrail, die auflagernden kristallinen Schollen als höhere Teildecke ansehen und die Basis des Ortlers als autochthon, beziehungsweise zur Wurzelregion gehörig, eine Auffassung, welcher ebenfalls die Muldenform des Ortlertrias, die Bodenständigkeit derselben gegenüber dem kristallinen Sockel und der Mangel einer inversen Schichtfolge entgegenstehen. Stellt aber die Ortlertrias der Lischannatrias tektonisch gleich, also normale Auflagerung auf die kristalline Basis, dann kommt man zu dem gleichen Bestand wie oben: ein Grundgebirge, welches im Süden an einer regionalen Bruchlinie endet und ein paar kristalline Deckschollen trägt. Der halbkreisförmige Verlauf der Falten in den Münstertaler Alpen und ihre stets gegen außen gerichtete UÜberkippung ist das deutlichste Zeichen dafür, daB die gegen S überkippte Mulde des Ortlers durchaus keine untergeordnete sekundäre Erscheinung — wie Schlagintweit meint!) — sondern in dem regionalen Bau bedingt ist. Die Beziehungen, welche zwischen diesem und den Über- schiebungen dieser Region bestehen, geben aber auch ein Argument dafür, daß jene kristallinen Schollen am Lischanna und Chazfora am besten von Osten hergeleitet werden, womit ihre petrographische Übereinstimmung mit dem östlich davon liegenden kKristallinen Be- reiche zusammentrifft. Des weiteren spricht jener regionale Faltenbau gegen eine Deutung des ganzen Gebirges als von Süden hergewanderte Decke, da ein derartiger Bau nicht ohne weitgehende Zerstörung seiner Struktur in Form einer Schubmasse sich bewegen konnte, ganz besonders, wenn man sich die Schubmasse als eine aus einer Wurzelzone ausgestoßene faltenartige Bildung vorstellen soll. Vielleicht wird man versuchen, das Münstertaler Senkungsgebiet als Fenster aufzufassen mit der Otztaler Überschiebung, Chazfora und Urtirolascholle und den an den Bruchlinien abgesunkenen Gneisen des Veltlin und der Silvretta als Rahmen desselben. Die Gneise fallen aber am Nordrand (von Schuls ostwärts) unter die Trias ein und werden selbst bei Nauders von der Otztaler Randüberschiebung wieder überschoben. Am ÖOstrand fehlt am ÖOrtler dem Fenster eine Ab- grenzung, da die Gneise als Sockel unter der Trias liegen. Die !)Schlagintweit faßt alles, was nördlich über der Braulio-Trafoidislokation liegt, als Decke auf, deren Wurzel er in den zwischen Zebrulinie und Kristallin eing-klemmten Triasresten sieht; die Einbeziehung sowohl der autochthonen „Addascholle“ (Ortlertriaszone) als des Umbrail in die große Faltenzone der Münster- taler Alpen spricht auf das deutlichste gegen diese Deutung, abgesehen von dem mechanischen Widerspruch jener S gerichteten Faltung und der N bewegten Brauliodecke. [101] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 631 Abhängigkeit im Verlauf der Faltenbogen von den Randlinien ist durch ein „Fenster“ nicht erklärbar. Nimmt man das Gebiet als Fenster, so muß es dem Engadiner Fenster tektonisch äquivalent sein, weil die Gneise an der Basis der Lischannagruppe die gemein- same kristalline Decke für beide Fenster wären, die ostalpine Trias käme also in das gleiche Niveau mit den lepontinischen Bündner Schiefern. Literatur des Absechnittes. E. Böse, Zur Kenntnis der Schichtenfolge im Engadin. Zeitschr. d. D. G. Ges. 1896, pag. 557. F. Frech, Über den Gebirgsbau der Tiroler Zentralalpen, mit besonderer Rück- sicht auf den Brenner. Wiss. Ergänzungshefte zur Zeitschr. d. D. u. OÖ. A.-V. 11..Bd., Heft 1, 1905. W. v. Gümbel, Geologisches aus Westtirol und Unterengadin. Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1887, pag. 291. — Geologisches aus dem Engadin. Jahresber. der naturf. Ges. Graubündens. 1889, 31. Jahrg. — Geologische Bemerkungen über die Thermen von Bormio und das Ortlergebirge, Sitzungsber. d. mathem.-nat. Kl. d. k. bayr. Akad. d. W. 1891, Bd. XXI, pag. 79, W. Hammer, Die Ortlergruppe und der Ciavalatschkamm. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1908, pag. 79. — Beiträge zur Geologie der Sesvennagruppe. ]J. Verrucano und Trias im Schliniger- und Avignatal. Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1997, pag. 369. — 1I. Der Westrand der Otztalermasse. Verhandl. d. k. k. geol. R-A. 1908, pag. 98. — II. Jura und Trias im Rojental. Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1910. — Schichtfolge und Bau des Jaggl. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1911. — u. C. v. John, Augengneise und verwandte Gesteine aus dem oberen Vintsch- gau. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1909. R. Lachmann, Der Bau des Jaggl im Obervintschgau. Beiträge z. Geol. u. Paläont. Österr. u. d. Orients 1908. Bd. XXI, pag. 1 u. ff. A. Pichler, Der Ötztalerstock in Tirol. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., Bd. XIV, 1864, pag. 436. A. Rothpletz, Geologische Alpenforschungen. II. Ausdehnung und Herkunft der rhätischen Schubmasse. München 1905. OÖ. Schlagintweit, Geologische Untersuchungen in den Bergen zwischen Livigno, Bormio und St. Maria im Münstertal. Zeitschr. d. D. G. Ges. Bd. 60, Jahrg. 1908, pag. 198. W. Schiller, Geologische Untersuchungen im östlichen Unterengadin. I. Li- schannagruppe. Ber. d. naturf. Ges. zu Freiburg XIV. 1904, pag. 107. II. Piz Lad- gruppe XVI 1906, pag. 108. A. Spitz und G. Dyrenfurth, Vorberichte über die Tektonik der zentralen Uuterengadiner Dolomite. Akadem. Anzeiger. Wien . November 1907 und 1l. November 1909. G. Stache u. C.v. John, Geologische und petrographische Beiträge zur Kenntnis der älteren Eruptiv- und Massengesteine der Mittel- und Ostalpen. I. Zwölfer- spitzgruppe. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1877, pag. 143. II. Cevedalegruppe. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1879. E. Suess, Über das Inntal bei Nauders. Sitzungsber. d. kaiserl. Akad. d. Wiss. Wien, Bd. CXIV, Abt. I. 1905, pag. 699. Chr. Tarnuzzer, Stratigraphie und Tektonik zwischen Val d’Assa und Piz Lad im Unterengadin. Ecologae Helvetiae. Vol. VIII, pag. 546, 1905. Tarnuzzzer u. Grubenmann, Beiträge zur Geologie des Unterengadin. Bei- träge zur geol, Karte der Schweiz. Lief. XXIII, 1909. G. Theobald, Geologische Beschreibung von Graubünden. Beitrag zur geol. Karte der Schweiz. 1I. Lief., Bern 1864. 632 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [102] P. Termier, Les Alpes entre le Brenner et la Valteline. Bull. Soc. geol. d. France. 4. serie, Bd. V, 1905, pag. 209. R. Zöppritz, Geologische Untersuchungen im Oberengadin zwischen Aibulapaß und Livigno. Ber, d. naturf. Ges. in Freiburg. Bd. XVI, 1906, pag. 164. x Das kristalline Gebirge zwischen der Zebrulinie und der Adamellomasse. Mit dem Überschreiten der Zebrulinie betritt unser Querschnitt jene breite Zone kristalliner Gesteine zwischen dem Ortler und der Tonalitmasse des Adamello, welche Stache den Veltliner Hauptzug nannte. Den nördlichen Teil desselben bilden die Faltenzüge des Quarz- phyllits, im südlichen Teil herrschen die Gneise und ihre mannig- fachen Einlagerungen. Am nördlichen Ultentalerkamm beginnt die Quarzphyllitregion im Osten in Gestalt einer den Gneisen auflagernden Mulde, verbreitert sich rasch gegen Westen und breitet sich über die Kämme der Laaser- gruppe und der südlichen Ortlergruppe aus, die Ortiertrias von Osten und Süden umfassend. Sie stoßt an der Zebrulinie von den Trias- dolomiten des Ortler ab, baut den Confinalekamm auf, umfaßt die ausgedehnten Hänge des Valfurva, aus ihr besteht der prächtige Gletscherkamm vom ÜCevedale bis zum Piz Tresero, und auch die breiten Massen der Sobretta und der C. Vallacetta gehören zum größten Teil ihr an; sie überschreitet das Becken von Bormio und ist über Valle di Dentro nach Livigno hinüber zu verfolgen. Der Phyllit hat die Gesteinstracht des Quarzphvllits der Ostalpen ; gerade in den Hängen, welche das Profil durchschneidet, ist diese Entwicklung in typischer Ausprägung zu sehen; in den östlichsten Teilen und auch am Südrand treten Übergänge zu Granatglimmerschiefern auf (Ultentalerkamm und Veneziakamm) — es sind die tiefsten Horizonte. Zum Unterschied vom Kalkphyllit ist der Karbonatgehalt nicht über das ganze Gestein hin verteilt, sondern auf einzelne Kalklager beschränkt und dementsprechend überhaupt weit geringer als in jenem. Solche Lager von Bänderkalk und Cipollin und untergeordneten kalkig- phyllitischeu Zwischengliedern durchziehen in reicher Entfaltung das oberste Martelltal und reihen sich hier zu einer kalkreichen Zone an, welche von der Zufrittspitze (Ultental) über das oberste Martelltal, Zebru- tal und Valle di Dentro streicht. Eine zweite solche Zone kommt an der Ost- und Nordseite der Sobretta (Val delle alpe). zutage und ihr dürfte der Marmor von Piatta südlich Bormio zuzustellen sein. Zwei Horizonte der Phyllitformation sind durch Quarzitent- wicklung ausgezeichnet. Die Quarzite sind teils grünlichgraue, dichte diekbankige Quarzite, teils mehr noch rostfarben verwitternde musko- vithaltige Quarzitschiefer. Der eine dieser Horizonte bildet den Über- gang aus den Phyllitgneisen in die Phyllite und ist längs dem ganzen Südrand des Phyllitbereiches vom Corno dei tre Signori bis ins Ultental zu beobachten. In ihm findet man in den Tälern von Pejo gelegentlich [103] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 633 dünne Lagen eines lichtgelblichen, granulitähnlichen dünnbankigen Gesteins. Die zweite Quarzitzone liegt im Hangenden des Phyllits, enthält dieselben Muskovitquarzitschiefer und wird unmittelbar und ohne deutliche Grenze von den Serizitphylliten und Arkosen des Verrucano im Zebrutal überlagert. Mit dem oberen Quarzit sind ober Bormio und am Oonfinalekamm Grünschiefer in manchmal be- deutender Mächtigkeit verbunden, außerdem im Zebrutal im Liegenden auch Feldspatphyllitee Am Confinale beobachtet man in ihnen auch geringmächtige Lager von dünnplattigem, glimmerarmem Muskovitgneis. Dieser obere Quarzit kann nicht, wie westalpine Geologen vielleicht geneigt sein dürften, zur Trias gezogen werden. Südlich des Phyllitbereiches kommt in den Tälern von Pejo — besonders im Val della Mare — im Rabbital und gegen Ulten hin unter dem Phyllit eine petrographisch sehr eintönig ausgebildete Region von Phyllitgneis zutage, in der ein paar kleinere Granitmassen lakko- lithartig eingefügt sind. Noch ungeklärt ist die Stellung, welche die Serie von Gneis und Quarzit, welche ich in der unten verzeichneten Arbeit Pejoserie getauft habe, zu den Phyllitgneisen und Phylliten einnimmt ; eine mächtige Schichtplatte eines quarzreichen, feinkörnigen, biotitreichen Zwei- glimmergneises eröffnet im Liegenden die Folge, deren charakte- ristischer Bestand die darüber folgenden 300—400 m qnarzitischer Gesteine darstellen. Neben den feinkörnigen massigen Quarziten und Quarzitschiefern fällt ein in geringer Menge auftretender schwarzer Schiefer auf, der bei mikroskopischer Untersuchung als Grauwacke sich herausstellt. Nach oben zu schalten sich immer mehr zwei- glimmerige Gneise ein, welche kleine Lager kristallinen Kalkes ent- halten. Avs der Gegenüberstellung der Teile des Schiefermantels am Granitit der Cima Verdignana ergibt sich eine wenigstens teilweise Aquivalenz dieser Pejoserie mit dem Phyllitgneis. Diese Sefie nimmt den Nordhang der Berggruppe zwischen dem Val del Monte und der Tonalestraße ein und setzt sich nach Osten über den Cercenapaß in das Rabbital fort, wo sie mit einer lokalen quarzitischen Ausbildung der Phyllitgneise, welche noch unter dem unteren Quarzithorizont der Phyllite liegt, in Verbindung zu treten scheint. Den Nordrand der Pejoserie begleitet großenteils eine Bruchlinie, welche den Zusammen- hang mit den Gneisen an der Nordseite des Val del Monte verhüllt. Ein dritter Faziesbereich gneisiger Gesteine gliedert sich dann südlich an die Zone der Pejoserie an; jene Zweiglimmergneise, welche die Tonalestraße im Norden begleiten und die darüber aufragenden Berge aufbauen. Es sind zweiglimmerige Phyllitgneise, welche aber großenteils durch feinste Durchtränkung und Durchäderung mit pegma- titischem Magma ein höher kristallines Aussehen erworben haben, als die Phyllitgneise des Val dela mare und Umgebung; sie sind biotitreicher geworden und kontaktstruiert. Außerdem unterscheiden sie sich aber auch durch die häufige Einordnung von Marmorlagern und Amphibolit von jenen. Die Marmore führen überall Glimmer (Phlogopit), Quarz, Feldspat, Tremolit und Erze (Schwefelkies und Magnetkies), außerdem an Stellen, wo sie mit Pegmatit in Berührung gekommen Jahrbuch d.k.k.geol. Reichsanstalt, 1911,61. Bd.,3. u. 4. Hft.(Ampfereru. Hammer.) 82 634 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [104] sind, als Kontaktminerale monoklinen Pyroxen, Granat, Titanit, Epidot- Zoisit und als Seltenheit Wollastonit. An manchen Stellen häufen sich diese Minerale zur Bildung von Kalksilikathornfelsen in schmalen Zonen. Gerade die Gegend, wo der Querschnitt das Gebirge durch- zieht, enthält mächtige und ausgedehnte Marmorlager (C. Cady— Monte Tonale), die einerseits an die Nordseite des Camonicatales sich fort- setzen, anderseits gegen Osten zu über den Cercenapaß nach Rabbi durchstreichen und beiderseits des Noce bei Öeledizzo und Comasine durch Kontaktmetamorphose entstandene Eisenerzlager führen. Ein weiterer hervorzuhebender Bestandteil dieser Zone ist Olivinfels, dessen Vorkommen am Monte Tonale vom Schnitt getroffen wird, der aber weiter östlich in den Ultentaler Alpen in weit größerer Häufigkeit erscheint. Wie früher bemerkt, legen sich auf die Quarzite der Pejoserie Zweiglimmergneise mit Kalklinsen; diese bilden den Ubergang zu den eben besprochenen Gneisen des Tonale und sind von diesen nicht senau abzugrenzen; es scheint, daß sie mit diesem Teil der oberen Pejoserie äquivalent sind. Die Bergzone nördlich des Tonalepasses von Ponte di Legno bis Comasine hebt sich, wie schon angedeutet, von den angrenzenden Regionen besonders dadurch ab, daß sie von massenhaften Pegmatit- intrusionen durchschwärmt ist, Pegmatite, meist Turmalin führend, welche stellenweise das Gestein bis aufs feinste durchtränken, aber auch in mächtigen Lagern und auch quer durchbrechenden Gängen auftreten und in den Kalken jene Kontakthöfe entstehen ließen. Die Pegmatitzone setzt sich durch das Val Camonica ins Veltlin hinüber fort, im Osten nehmen die Pegmatitintrusionen bei Rabbi rasch ab. W.Salomon faßt die kristallinen Schiefer nördlich des Tonale- passes unter der Bezeichnung Tonaleschiefer zusammen, womit er vorzüglich die durch Einlagerung von Amphibolit und Marmor und durch Pegmatitintrusionen gekennzeichneten Gneise meint; inwieweit die Gneise und Phyllite weiter nördlich noch zu den Tonaleschiefern zu ziehen seien, läßt er unentschieden, vermutet aber, daß die Zebru- linie ihre Nordgrenze darstellt. Diese Gesteinsgesellschaft läßt sich gegen Westen an der Hand zahlreicher Vorkommen von Marmor, Kalk und Dolomit über das obere Camonicatal ins Veltlin hinüber verfolgen und durch das ganze untere Veltlin hinab bis zum Comersee und Langensee, woraus sich ergibt,, daß diese Gesteinszone die streichende Fortsetzung der Zone von Ivrea ist. Indem Salomon diesen teilweise schon von Rolle und Diener vermuteten Zusammen- hang klarlegt, erweitert sich ihm die als Südbegrenzung der Tonale- schiefer bezeichnete Verwerfung, die Tonalelinie zu einer Bruch- linie von großer Bedeutung — zum peridinarischen Randbruch, der bei .Dimaro im Sulzberg als Abzweigung des Judikarienbruches beginnt und bis Ivrea reicht. Da der in jenem Gebirgsstreichen liegende Dolomit von Musso (am Gomersee) Hauptdolomitfossilien führt und die gesteinsgleichen Vorkommen des unteren Veltlin sehr wahrscheinlich auch in die Trias gestellt werden müssen, folgert Salomon daraus, daß die Marmore des Tonale metamorphe Triaskalke sind und. die Tonaleschiefer im [105] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 635 ganzen einen Komplex von triadischen und auch von älteren, vielleicht auch vorpaläozoischen Schichten umfassen, ähnlich der Zone der Pietre verdi in den Westalpen. Wenn auch für das untere Veltlin neuere Untersuchungen und Karten von größerem Umfang zur Verfolgung dieser Zusammenhänge fehlen, so ist doch aus Salomons Darlegungen das Bestehen dieser mit größter Wahrscheinlichkeit zu entnehmen. Wie auch Salomon hervorhebt, bildet diese Zone Ivrea—Tonale nicht eine strati- graphische Einheit, sondern ist aus Sedimente verschiedenen Alters zusammengesetzt und durch das Auftreten gewisser basischer Eruptiv- gesteine gekennzeichnet. Diese letzteren sind im Tonalegebiet in weit geringerer Menge vorhanden als in der Zone: Ivrea—Verbano, sind aber besonders vom Tonale ostwärts durch ein charakteristisches Glied vertreten, nämlich den Olivinfels, der in einem halben Hundert von Vorkommen vom Tonale bis in das Ultental gefunden wurde. Da nach den Untersuchungen der italienischen Aufnahmsgeologen Franchi und Novarese auch die Stronagneise noch zu der diorito-kinzigitischen Zone (Zone von Ivrea) gerechnet werden können, so überwiegen auch hier die gneisigen Komponenten der Zone gegenüber den grünen Gesteinen. Än die Kinzigitgneise des Ivrea-Verbanogebietes erinnern die Zyanitgranat- gneise und die Granulite, welche im südlichen Ultentaler Kamm in der östlichen Fortsetzung der Tonalezone auftreten und sich in den biotit- reichen Formen stark den Kinzigiten nähern. Der graphitische Schiefer im Gampertal liegt in ihnen, und das in den alten Tiroler Mineralogien angeführte Graphitvorkommen der Seefelder Alpe (Ulten) ist benachbart. Gemeinsam sind der ganzen Zone ferner die massenhaften Intrusionen von Pegmatit. Aile jene Gesteine des südlichen Ultentaler Kammes enden an derJudikarienlinie, von der sie im spitzen Winkel abgeschnitten werden, wobei randlich meist eine parallele Anpressung an den Ver- lauf der Bruchlinie eintritt. Auch von den Schichtzügen, welche nördlich der Faltschauer an die Judikarienlinie heranrücken, über- schreitet nur ein kleiner Teil bei Meran das Etschtal; die Gneise, welche im unteren Passeiertal durchstreichen und die Iffinger-Brixner Granitmasse dann im Norden begleiten, sind die Fortsetzung der- jenigen, welche. die beiden Flanken des Vintschgau bilden, bis hinauf nach Prad. Am Nordhang des Marlingerjoches, ober der Töll streichen die Schichten nahezu O W, weshalb die Biotitflasergneise nördlich Naturns hier bei Bad Egart noch an den Hang des Marlinger- joch herüber sich fortsetzen. Uber den Rücken des Marlingerjoches streicht in NNO-Richtung eine Bruchlinie — ungefähr parallel zum Judikarienbruch und nur 3 km davon entfernt, welche wahrscheinlich bis Forst an der Etsch herabreicht und jene OW streichenden Schiefer von dem schmalen Zug der NO streichenden Gneise abtrennt, welche von Marling über die Etsch zum Küchelberg ober Meran durchstreichen. Diener bezeichnet den Gebirgsstrich vom Lago d’Orta über das Veltlin zu den Ultentaler Alpen als Zone des Veltlin. Da, wie schon oben bemerkt, der Stronagneis, mit dem die Zone im Westen einsetzt, nach den neueren Untersuchungen mit der Zone von Ivrea auf das engste verbunden ist und im weiteren Sinne zu dieser zugerechnet 82* 636 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [106] wird und weil im tirolischen Teil der Veltlinerzone wieder die Olivin- felse als charakteristischer Bestandteil der grünen Zone von Ivrea und die kinzigitähnlichen Gneise erscheinen, so können jene Zonen- bezeichnungen vereinigt werden und in diesem Sinne endet dieZone von Ivrea®) an der Judikarienlinie zwischen Dimaro und Meran, wie dies übrigens Diener bereits auf seiner Karte der Leit- linien der Westalpen andeutet und in „Bau und Bild der Ostalpen“ neuerlich angibt. Die Zona diorito-kinzigitica Ivrea-Verbano (und die Stronagneise) werden von den Geologen der italienischen Landesanstalt zum Pre- carbonifero gerechnet und so in der Karte der Westalpen (1908) ein- getragen. Den Nordrand der Zone begleitet ein schmales Band von Perm und Triasdolomiten, worauf nördlich die Schiefer von Rimella und Fobello und dann die zweite diorito-kinzigitische Zone sich an- gliedern. In den Gneisen der Zone Ivrea-Verbano treten in großer Zahl Lager von kristallinen Kalken und Cipollinen auf welche Granat, Pyroxen, Vesuvian, Glimmer, Pyrit ete. enthalten und infolgedessen den Marmoren des Tonale petrographisch durchaus entsprechen. Diese Marmore der Ivrea-Zone werden von Franchi, Novarese und ihren Kollegen als gleichaltrig mit den Gneisen und durchaus verschieden von den Trias- gesteinen der benachbarten Triaseinfaltungen bezeichnet und in der Karte eingetragen. Ebenso stehen sich im untersten Veltlin die Gneise, Granat- glimmerschiefer und die in denselben konkordant eingelagerten Kalk- marmore von Ogliasca, Musso etc. einerseits und die fossilführenden, nicht metamorphen Triasdolomite von Musso, Dubino und anderen Orten gegenüber. Aus dem Marmor von Musso beschreibt Repossi?) auch Amphlibolitlagen und Schlieren, ganz ähnlich wie jene im Marmor der Cima Cady am Tonale. Gerade in Repossis sorgfältiger Darstellung tritt der Gegensatz zwischen dem von Schieferlagen durchzogenen schmalen, dem Streichen der Schiefer folgenden und diesen konkor- danten Marmorlagen und dem diskordant zu den Schiefern liegenden und scharf von ihnen getrennten unregelmäßig umrandeten Haupt- dolomitlappen deutlich hervor; bei der großen Zahl von Marmorlagern und solchen Triasresten ist der Zufall, daß hier einmal beide zusammen- treffen kein so befremdender, als daß deshalb der in die Augen springende Gegensatz beider ignoriert werden dürfte. In den Bergen zwischen Tirano und Edolo fand Salomon noch Marmor und daneben auch Reste von Dolomit und Rauhwacke. Weiter östlich fehlen die letzteren völlig, während die Marmore in reicher Entfaltung über die Berge an der Nordseite des oberen Val Camonica !) Ich glaube, daß man, um Mißverständnissen vorzubeugen, diese Zone von Ivrea keineswegs als Zone der pietre verdi bezeichnen sollte, wie das Salomon tut, da nach «en Darstellungen von Franchi, Novarese, Stella, Zarcagna und anderen die Zona delle pietre verdi und die Zona diorito-kinzigi- tica Ivrea-Verbano zwei petrographisch und tektonisch durchaus ver- schiedene Gebilde sind, wie dies auch auf der 1908 erschienenen Karte der West- alpen, welche von den genannten Autoren redigiert wurde, deutlich zum Ausdruck gebracht ist, eine Verschiedenheit, dıe eben so groß ist wie in diesem Querschnitt zwischen den Bündner Schiefern des Engadin und den Tonaleschiefern. ?) E. Repossi, Osservazione geologiche e petrograf. sui dintorni di Musso (Lago di Como). Atti d. soc. ital. d. sc. nat. Milano 1904. Bd. XLIII, Heft 3. [107] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 637 zum Tonale streichen. Noch weiter östlich werden ihre Lager klein und selten. e Im ganzen Verlauf der Zone von Ivrea stehen sich also kri- stalline Marmore, welche konkordant im Gneis und Glimmerschiefer liegen und durch Wechsellagerung mit diesen verknüpft sind und nicht metamorphe, streng von den Schiefern getrennte und oft diskordant zu diesen gelagerte Dolomite (und untergeordnet auch Kalke) gegen- über, welche letztere zur Iriäs' zu rechnen sind, während erstere gleichaltrig mit den Gneisen und altpaläozisch oder archäisch sind. Im Tonalegebiet sind nur die letzteren zu sehen. Es schiene mir ein Rückschritt in der Erkenntnis, zwei so deutlich voneinander getrennte Ablagerungen zusammenzuwerfen. Über- gänge zwischen beiden fehlen und es wäre auch physikalisch unverständ- lich, warum zwei ursprünglich gleiche Gesteine welche, miteinander und unmittelbar nebeneinander die gleichen Gebirgsbewegungen mitgemacht haben, das einemal zur Gänze, ohne Umänderung aus dieser hervor gehen, ja ihre Fossilreste noch gut erhalten bewahren sollen, das anderemal ebenso vollständig aber ein hochkristallines Gestein daraus hervorgehen soll bei in beiden Fällen gleich starker Metamorphose der umgebenden Schiefer — abgesehen davon, daß die Marmore stets reines Kalkkarbonat, die Triasgesteine fast immer ebenso typischer Dolomit sind! Wendet man die von Salomon gewählte Einteilung in Ren- dena-, Edolo- und Tonaleschiefer, zur Abgrenzung letzterer auf die Berggruppen nördlich der Tonaletiefenfurche an, so sind nur die durch Marmor, Amphibolit und Olivinfels ausgezeichneten Gneise, welche den Kamm zwischen Val del Monte und der Tonalestraße und be- sonders dessen Südhänge bilden, zu den Tonaleschiefern zu rechnen; nördlich des Val del Monte verbreitet sich die Fazies des Pbyllitgneis und daran anschließend jene des Quarzphyllits, welche wie im nächsten Abschnitt auseinandergesetzt werden soll, den Rendena-, beziehungs- weise den Edoloschiefern entsprechen, so daß also die Tonalezone hier sehr schmal ist. Wje aus dem vorhergehenden ersichtlich, breitet sich die Phyllitregion auch im ganzen Valfurva, von der Zebrulinie bis zum Gaviapaß aus, so dab diese Teile keinesfalls mehr zur Tonale- zone gerechnet werden könnten. Östlich des Rabbitales ist eine Ab- grenzung gegen Norden nur dadurch möglich, daß man die Tonale- zone auf die durch Olivinfels und Granatgneis ausgezeichnete Zone des südlichen Ultentaler Kammes beschränkt, denn Gneis- und Phyllit- horizonte, welche durch Führung von Marmor Ampbhibolit und Pegmatit ge- kennzeichnet sind, treten beiderseits des Vintschgaues vom Glurnser- becken abwärts in weitester Erstreckung auf, selbständige Zonen in dem kristallinen Massiv der Ötztaler Gruppe und der Ortleralpen bildend. Das, was die Zone von Ivrea von den umliegenden Regionen kristalliner Schiefer abhebt, ist aber hauptsächlich nur die Gleichheit der Intrusionen vor allem der basischen, daneben auch der sauren pegmatischen ; sie ist, wie Salomon hervorhebt, keine stratigraphische Einheit. Die Tonaleschiefer, nördlich der Tonalestraße können als durch die Pegmatitintrusionen umgewandelte Phylliteneise aufgefaßt werden, da diese auch an anderen Stellen, zum Beispiel im Ultental, Marmorlager enthalten. 638 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [108] Den Südrand der Tonalezone bildet bei Salomon die Tonale- bruchlinie, welche ein Teil des peridinarischen Bruches ist. In Um- kreis des Tonalepasses, besonders im Sulzberg, konnten G. B. Trener und der Schreiber dieses keinen sicheren Anhalt für das Bestehen einer derartigen regionalen Störung finden. Die der senkrechten genäherte Schichtstellung erschwert die Feststellung einer dem Streichen folgenden Verwerfung und das Vorkommen gleicher Gesteine nördlich und südlich davon spricht gegen eine weitere regionale Bedeutung dieser anderwärts vielleicht besser erkenntlichen Verwerfung. So wie die Tonaleschiefer an der Judikarienbruchlinie abschneiden, so endet auch die Tonalelinie an dieser und man muß wohl, auch wenn man eine Tonalebruchlinie in weiterer Ausdehnung annimmt, sie als die untergeordnete gegen- über jener bezeichnen, um so mehr, als die Judikarienlinie zwei weit mehr voneinander verschiedene Regionen — Regionen mit verschieden gerichteten Leitlinien des Baues — voneinander trennt, als eine im gleichen Schichtstreichen zwischen gleichen Schichten durchziehende Tonalelinie.e. Auch im Seengebirge wird die Zone von Ivrea gegen Süden nicht durch eine Bruchlinie vom kristallinen Teil des Seengebirges und der auflagernden Decke jüngerer Bildungen getrennt. Beobachtet man das Schichtfallen in diesem Teil des Quer- schnittes, so scheint die Lagerung eine sehr einfache zu sein, doch eröffnet sich, wenn man sich von der Profillinie gegen Osten weiter wendet, der Einblick in einen Faltenwurf des Gebirges, der sich in dem dargestellten Hauptschnitt unter der gleichmäßigen Schicht- lagerung verbirgt. Zunächst zeigt die Grenze zwischen Gneis und Phyllit im Quer- schnitt, daß ersterer über den Phyllit überkippt ist an der Grenze, eine Lagerung, welche ostwärts bis zum Val della mare anhält, dort aber weiterhin der normalen Auflagerung Platz macht. Die Schichtmasse südlich davon bis zum Tonalepaß erscheint im Profil als ein isoklinales Schichtpaket; dasselbe löst sich ostwärts in steilstehende Mulden und Sättel auseinander, welche mehrfach von Verwerfungen zerschnitten werden. Während das Streichen im allgemeinen ONO gerichtet ist, keilen sich längs Brüchen NW streichende Schollen dazwischen ein — eine Erscheinung, die bis zur Judikarienlinie hin noch vielfach wiederkehrt. Ein Längsbruch durchschneidet an der Punta Ercavallo das Schichtsystem und setzt sich wahrscheinlich durch das ganze Val del monte fort und in weiterer Fortsetzung beobachtet man am ÜCercenapaß wieder Dislokationen, welche gegen das Bad Rabbi hinausleiten. Die drei Eisensäuerlinge von Celentino, Pejo, Rabbi (vielleicht auch der von S. Apollonia im Val dei Messi) liegen an dieser Linie. Die Antiklinale an der Nordseite des Val del monte verflacht sich gegen Osten zu der weitgespannten Wölbung, welche östlich von Val della mare den Granitlakkolith der Cima Verdignana birgt. In dem Teil des Querschnittes, der durch die Phyllitregion geht, verrät das Auftreten einer Quarzitzone innerhalb des Phyllits, daß hier keine so einfache Lagerung herrscht, als das Schichtfallen vor- täuscht. Der oberste Teil des Piz Tresero besteht aus Quarziten, Mus- [109] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 639 kovitquarzitschiefern und feinkörnigen biotitführenden gneisigen Schiefern vermengt mit Phyllit, die an den Gipfelgraten mäßig S fallen; sie erreichen bei Ponte di pietra die Sohle des Valle di Gavia, wobei ihr Fallen, je näher sie dem Tal kommen, immer steiler wird. Da dieser quarzitischen Schichtfolge die Grünschiefer vollkommen fehlen, welche die oberen Quarzite am Oonfinale und im Zebrutal immer begleiten, so sind sie eher dem unteren Quarzithorizont gleichzustellen, so daB also bier eine große, nach N überschlagene Antiklinale im Phyllit vorläge, deren Kern die unteren Quarzite am Tresero bilden. Es stimmt dies damit überein, daß schon am Piz Dosegü und Punta S. Matteo die Gneise über die Phyllite übergeneigt sind. Das Streichen der Schichten ist am Tresero und im Gaviatal O bis ONO. Die Mulde, mit welcher die Phyllite am nördlichen Ultentaler Kamm beginnen — wie oben angeführt wurde — läßt sich längs des ganzen Kammes hin bis zum Hauptkamm der Ortleralpen verfolgen, den sie südlich des Cevedale erreicht. Im Val Oedeh ist ihr Ver- lauf. dadurch schwer erkennbar, da hier eine NS verlaufende Ver- faltung der Schichten sich quer dazu einschiebt (Kamm des Monte Pasquale), doch ist die Kombination kaum eine zu gewagte, wenn man annimmt, daß ihre Fortsetzung im Talausschnitt des Valfurva liegt und demnach sich an jene nach N übergelegte Antiklinale des Tresero angliedert. Die Schichten in dem massiven Sockel des Tresero neigen sich auch stark gegen N, doch tritt gegen den Baito del pastore zu schon durchweg S-Fallen ein, anfangs flach, weiter talaufwärts steiler. Die Marmorlager an der Ostseite der Sobretta sind sehr flach muldenförmig, wellig gelagert und sind die Fort- setzung der flachliegenden Schichten am Fuß des Tresero, von ihnen aber durch eine der Talschlucht folgende Störung getrennt. Am Confinale sinken die Phyllitlagen in welligen Verlauf mit einer dem Berghang sich anschließ2nden Neigung gegen Valfurva ab und auch am Nordhang herrscht noch S-Fallen; erst im Val Zebru und besonders an dessen westlichem Auslauf sowie in den Höhen ober S. Antonio tritt deutlich eine flach sattelförmige Aufwölbung hervor. Ihren Scheitel nehmen die oberen Quarzite und die Grünschiefer ein. Sie wird gegen Osten zu von der Zebrulinie angeschnitten, so daß an der Südseite der Königsspitze (Pale rosse) schon die südfallenden Phyllite an der saigeren Bruchfläche in steiler Aufrichtung anlehnen. Bei Bormio tritt, ähnlich wie im Cedehtal, wieder NS-Streichen mit Schichtfall gegen Westen ein. Die überschlagene Falte des Tresero geht nach Osten zu bald in eine stehende Falte über. Die Phyllitzone wird von zahlreichen Gängen und Lagern por- phyritischer Gesteine durchsetzt aus der Gruppe der Suldenite und Ortlerite und von Diorit. Das obere Val Zebru zeigt solche Gänge beiderseits der Zebrulinie — der Triasdolomit der Königsspitze und Cima della miniera ist durchspickt mit solchen Gängen, an welchen der Ortlerdolomit stark kontaktmetamorph geworden ist, wobei stellenweise ein bedeutender Erzgehalt in dem Kontakthofe sich ange- reichert hat. In den Phylliten nehmen sie meist die Form von Lager- gäugen an. Reich an solchen Gängen ist der Öonfinalekamm und 640 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [110] auch im Gaviatal und Val delle Alpe sind davon viele zu sehen; die Gänge am Gipfel des Oonfinale sind sehr stark druckschieferig — ein Zeichen, daß nach ihren Intrusionen noch Gebirgsbewegungen stattgefunden haben. Ihre Intrusionszeit fällt also zwischen die Trias und jener letzten Bewegungen der Schichten. An der Cima della manzina treten auch Lager von Quarzporphyr auf, welche ebenfalls stark druckschieferig sind. Literatur. Curioni, Geologia applicata delle prov. lombarde. 1877 H. v. Foullon, Über mineraleführende Kalke aus dem Val Albiolo in Südtirol. Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1880, pag. 146. W. Hammer, Mitteilung über Studien in der Valfurva und Val Zebru bei Bormio. Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1902, pag. 320. — Über die Pegmatite der Ortleralpen. Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1903, pag. 345. — ÖOlivingest:ine aus dem Nonsberg, Sulzberg und Ulteutal. Zeitschr. f. Naturwiss, Stuttgart, Bd LXXII, 1899. -- Die kristallinen Alpen des Ultentales I. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1902, U. Jahrb: d. k. k. geol. 1904. — Geologische Aufnahme des Blattes Bormio-Tonale. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1905, pag. 1. — und G. B. Trener, Blatt Bormio-Tonale der geologischen Spezialkarte von Österreich samt Erläute rungen 1908. W. Salomon, Die Adamellogruppe 1. Teil. Abhandl. d. k. k. geol. R.-A. Bd. XXI, Heit 1, 1908. G. Stache, Die a Verhältnisse des Gebietes zwischen Bormio und Passo del Tonale. Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1878, pag. 127. — Der kıistalline ehe zwischen dem hinteren Ultengebiet und Unter- sulzberg. Verb. d. k. k. geol. R.-A. 1880, pag. 249. — Über das Vorkommen von Olivingesteinen in Südtirol. Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1880, pag. 250. — Neue Daten über das Vorkommen von Olivingesteinen im Sulzberg-Ultentaler Gebirgszug. Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1831, pag. 296. G. Stache u. C. John, Geologische and petrographische Beiträge zur Kenntnis der älteren Eruptiv- und Massengesteine der Mittel- und Ostalpen. II. Cevedale- gebiet. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1879. G. B Trener, Geologische Aufnahme im nördlichen Abhang der Presanellagruppe. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1906, pag. 405 u. ff. P. Termier, Les Alpes entre le Brenner et la Valteline. Bulletin d. 1. soc. geol. de France. 4. Serie, Bd. V, 1905. Vom Tonalepaß zum Passo croce domini (Adamello- gruppe). Von den Bergen, welche die breite Paßsenke des Tonale süd- wärts einschließen bis zum Passo ceroce domini breitet sich im Quer- schnitt als ein bedeutendes Glied in der Reihe der durchschnittenen Gebirgszonen die Eruptivmasse des Adamello aus; es kann nicht die Aufgabe dieses Begleittextes sein, Umfang, Beschaffenheit und Mechanik dieser gewaltigen Tonalitmasse ausführlich darzulegen, sondern es sei diesbezüglich auf die großangelegte, eingehende Monographie verwiesen, welche W. Salomon unter dem Titel: „Die Adamello- gruppe, ein alpines Zentralmassiv und seine Bedeutung für den Ge- [111] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 641 birgsbau und unsere Kenntnis von dem Mechanismus der Intrusionen*“ in der Abhandl. der k. k. geol. R.-A. 1908—1910, Bd. XXI heraus- gegeben hat sowie auf die Arbeiten Dr. 6. B. Treners. Erstere enthält auch ein vollständiges Verzeichnis der Literatur dieses Ab- schnittes, weshalb von einer besonderen Aufzählung dieser Art bei diesem Kapitel abgesehen werden kann. Hier soll nur ein kurzer Überblick über die Adamellomasse entworfen und einige Bemerkungen über die umgebenden Regionen kristalliner Schiefer geäußert werden. Die aus dem von Rath als Tonalit benannten dioritisch- granitischen Eruptivgestein bestehende Adamellomasse grenzt sich im Norden durch eine dem Schichtstreichen folgende Linie vom Monte Aviolo ober Edolo im Ogliotal bis zu den nordöstlichsten Ausläufern der Presanellakette ab, ihr Ostrand begleitet die Judikarienlinie, zuerst unmittelbar von ihr gebildet, gegen Süden immer mehr von ihr zurück- weichend; im Westen buchtet sich die Tonalitmasse im Val Saviore tief ein und wird durch diese Einschnürung in einen weit größeren nördlichen Teil: den Adamellostock und einen kleinen südlichen Teil: den Stock des Re di castello geschieden. Der sonst richtungslos struierte Tonalit wird am Nord- und am nördlichen Teil des Ostrandes, von einer basischen Randzone von Tonalitgneis und Tonalit mit Parallel- struktur umsäumt. Die Form der Intrusion ist ein Mittelding zwischen Stock und Lakkolith und wird von Salomon als Ethmolit bezeichnet. Das Streichen der Schichten ist vorwiegend parallel dem Tonalitrand mit sehr steilem Einfallen der Schichten unter die Tonalitmasse hinein. Am Nordrand entspricht dies der allgemeinen Steilstellung der Schiefer, am Süd- und Südostrand nehmen die zwischen Tonalit und Judikarien- linie, beziehungsweise Trompiabruch sonst flachliegenden Schichten bei Annäherung an den Tonalitrand rasch steileres Fallen an und schießen sehr steil unter den Dolomit ein. In der Gruppe des Re di castello und besonders deren südlichen Teil, dem Freronestock, greift die Eruptivmasse mannigfach in die Sedimenthülle ein, ent- sendet Apophysen in dieselbe, und anderseits sind mehrfach isolierte Reste einer Überdeckung des Tonalits mit den triadischen Sedimenten auf dem Tonalit noch erhalten, so daß Salomon eine ehemals voll- ständige UÜberdeckung der Freronegruppe durch Trias annimmt, welche erst durch die Erosion zerrissen wurde. Apophysen sind übrigens in allen Teilen des Randes zu finden, am wenigsten am Nordrand. Jene durch Fossilfunde teilweise als obertriadisch festgestellten Reste sind durch den Kontakt des Tonalits stark umgewandelt worden und geben dadurch eine untere Grenze für das Alter der Intrusion. Im Gebiete der Cime delle Casinelle (im Verbindungsstück zwischen Adamello- und Re di Castellostock) hat G. B. Trener!) noch die obersten Bänke des Hauptdolomits im primären Eruptivkontakt mit dem Tonalit gefunden, der Tonalit ist also Jünger als Haupt- dolomit. ı) G. B. Trener, Über das Alter der Adamelloeruptivmasse. Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1910, pag. 91 u. ff. Jahrbuch d.k.k.geol. Reichsanstalt. 1911, 61. Bd., 3. u. 4. IIft. (Ampferer u. Hammer.) 83 642 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [112] W.Salomon schreibt der Tonalitintrusion tertiäres Alter zu; einerseits geht er dabei von der theoretischen Überlegung aus, daß alle jene längs der Judikarien- und Draulinie und innerhalb derselben auftretenden Eruptivmassen, welche er als periadriatische Massen zusammenfaßt, ungefähr gleichaltrig seien, für die dazugehörige Klausnereruptivmasse wegen ihrer Beziehungen zur Villnösserbruch- linie aber ein spätkretazisches oder postkretazisches angenommen werden muß; anderseits kommt er zu dem Schluß, daß die Intrusion gleichzeitig mit der Faltung erfolgte: gegen eine Intrusion vor der Faltung spricht die steile Aufrichtung der Schichten in den noch erhaltenen Resten der Sedimentdecke und der Mangel einer Beein- flussung der regionalen Tektonik durch die Tonalitmasse, gegen eine Intrusion nach der Alpenfaltung die Anschneidung der Intrusivmasse durch die Judikarienbruchlinie — für die Gleichzeitlichkeit die Zu- nahme der Faltungsintensität am Rande der Intrusionsmasse. Da die Auffaltung des Perm und der Trias in den Südalpen erst im Tertiär erfolgte, gelangt man wieder Zu einem tertiären Alter der Tonalit- intrusion. Salomon verweist im besonderen auch auf Apophysen- gänge welche gefaltete Triasbänke quer durchbrechen. Die erstere Begründung ist nun dadurch hinfällig geworden, daß durch die Auffindung von typischen Geröllen der Cima d’Astagranitmasse in permischen Konglomeraten durch Krafft!) und Trener?) sowie von charakteristischen Stücken des Iffingergranits im Kastelruther Porphyr und in Porphyrtuffen des Sarntales durch Wolff?) und Sander*) das vorpermische Alter dieser beiden Intrusivmassen so viel wie sicher ist, die Syngenese der periadriatischen Massen also nicht weiter aufrechterhalten werden kann. Die zweite Schlußkette Salom ons ist nicht zwingend, die Deck- schollen können durch die Intrusion selbst in steile Stellung gerückt worden sein, und die Beeinflussung des Faltenbaues durch die Intrusiv- masse ist wohl verschieden deutbar. G. B. Trener verweist auf die schmalen, eng zusammengepreßten Sedimentzonen des Val Blumone und des Monte Gallinera, welche von Westen in die Tonalitmasse eindringen und ebensogut als tektonische Wirkung der Intrusion wie als Erzeugnisse der tertiären Alpenfaltung gedeutet werden können. Dies gilt auch für die besonderen Fälle, in welchen geradlinig ver- laufende Tonalitapophysen gefalteten Muschelkalk durchkreuzen. Die angeführten Falten liegen jm Gebiet des Monte Frerone, unmittelbar am Rand der Intrusivmasse, können also auch durch die Intrusion allein entstanden und durch spätere Gangintrusionen durchbrochen worden sein. Es ist also zunächst nur das posttriadische Alter, nicht aber das tertiäre Alter nachgewiesen. Für diese Enstehungsfragen scheinen mir die Anschauungen, welche E. Reyer°) über den Mechanismus großer Intrusionsmassen im allgemeinen geäußert hat, sehr berücksichtigungswert zu sein, ') Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1898. ?) Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1901. ®\ N. J. f. Min. u. Geol. 1908. *) Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1906. °) Geologische Prinzipienfragen. Leipzig 1907, Verlag Engelmann. [113] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 643 welche dahin gehen, daß bei derartig ausgedehnten Eruptivmasen eine Entstehung in mehrmaligen zeitlich getrennten Intrusionen (und Eruptionen) wahrscheinlich ist, wobei durch die Intrusion selbst auch Faltungen des Sedimentmantels eintreten können. In der Adamellomasse lassen sich mehrere verschiedene Gesteins- typen voneinander unterscheiden, welche teils auf Differentiation inner- halb einer Intrusion, teils auf altersverschiedene Intrusionen zurückge- führt werden können. Bereits Teller hat eine saure Fazies in der engeren Adameliogruppe gegenüber den basischen Randzonen und der Re di Castellomasse in seiner Karte ausgeschieden und die Unter- suchungen von Salomon und Trener haben ein genaues Bild der vielfachen Differenzierungen geschaffen. Nach Trener!) ist die Granodioritmasse des Cornoalto (-Sabbionediorit Salomons) als ältester Teil des ganzen Intrusionsgebietes anzusehen. Ihr folgen in der zeitlichen Reihenfolge gemischte Gänge eines Hornblende- gesteins, dann der Re di Castellotonalit und weiterhin jüngere Granitintrusionen an der Ostseite der Adamellogruppe; über das Alter des Adamellotonalites im engeren Sinne hat sich Trener sein Urteil bis zum Abschluß der weiteren Aufnahmen vorbehalten. Salomon sieht innerhalb der Adamellomasse die Schlierenknödel (Lazerations- sphäroide Salomons) als Reste einer ältesten Erstarrungsdecke des Magmas am Urort an. Den ältesten Teil der Intrusion bildet dann der Biancotonalit, ihm folgen im Alter die „gewöhnlichen“ Tonalitvarietäten (Kerntonalit, saure Randfazies, pyroxenführender Tonalit), dann der Apophysentonalit und zuletzt die Aplite, Pegmatite und der größte Teil der Porphyrite. Die Feststellung derartiger Altersunterschiede innerhalb der ein- zelnen Gesteinsarten des Adamellointrusionsgebietes spricht zugunsten der genannten Reyenschen Auffassung und läßt eine Lösung der Altersfrage in dem Sinne als möglich erscheinen, daß die Intrusion weder ganz tertiär noch ganz vortertiär war, sondern sich über weite Zeiträume, mindestens mit Hauptdolomitalter beginnend, verteilen. (An den Cime Casinelle steht sowohl der Re di Castello- als der Adamellotonalit im engeren Sinne im primären Kontakt mit Haupt- dolomit.) Die Breite der Kontaktzone wird von Salomon mit 2 km im Höchstmaß angegeben; Trener fand am Nordrand als größte Breite der Kontaktzone in den kristallinen Schiefern 0:75 km. Nach seinen Untersuchungen in Judikarien, zufolge freundlicher mündlicher Mit- teilungen, ist aber auch dort die von Salomon angegebene Erstreckung der Kontaktzone auf die lokalen Kontaktwirkungen einzelner Gänge zurückzuführen und Trener mißt auch dort der Kontaktzone nur eine Breite von höchstens 1 km zu. Wenn man dem den gewaltigen Umfang der Tonalitmasse gegen- überstellt (Länge Frerone--Meledriotal ungefähr 50 km, Breite 7—20 km), so ist die geringe Breite des Kontakthofes bemerkenswert im Hinblick auf die Weitwirkung, welche Weinschenk bei seiner Theorie der 1) @. B. Trener, Die Lagerungsverhältnisse und das Alter der Cornoalto- eruptivmasse, Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1910, pag. 373. e 83* 644 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [114] Piezo-Kontaktmetamorphose den zur Erklärung herangezogenen und oft sehr weit entfernten Eruptivmassen zuschreiben zu dürfen glaubt. Zahlreiche porphyritische Gänge begleiten den Tonalit und sind in der Kontaktzone besonders häufig. Außerdem setzen auch Pegmatit- gänge im Tonalit und außerkalb desselben auf. Die Pegmatitgänge im Tonalit sind insofern von Bedeutung, daß dieselben, da sie offenbar jünger als der Tonalit sind, aufein tertiäres oder kretazisches Alter dieser Pegmatite hinweisen. Wahrscheinlich sind also diese Pegmatite und jene der Ortleralpen, besonders des Martelltales, verschiedenen Alters, nachdem die Durchbrechung eines dieser Pegmatitgänge durch den Tonalitporphyrit (Töllit) an der Töll bei Meran aus der Ganggefolgschaft des Iffingertonalits für ein höheres Alter der Ortlerpegmatite spricht. (Auch Salomon hält die Adamellopegmatite für eine gesonderte Gruppe gegenüber jenen nördlich des Tonale.) Im Norden, Osten und teilweise auch im Westen umschließen kristalline Schiefer den Tonalit und sind in den Randzonen durch diesen kontaktmetamorph geworden. Am Nordrand, im Sulzberg und im obersten Osgliotal besteht dieser Schiefermantel aus Phylliten: Quarzlagenphyllite und gemeine Phyllite. Verschiedene für die Phyllite der südlichen Ortler- gruppe charakteristische Ausbildungen und Beimengungen kehren hier wieder: Übergänge in Quarzite und in Glimmer- schiefer, beziehungsweise Phyllitgneis, wie solche Übergänge in der Basis des Phyllits der Ortlergruppe auftreten, ein fleckenweise stark hervortretender Granatgehalt (ohne bestimmtes Niveau), Feldspatphyllite, ähnlich denen im Val Zebru und bei Bormio, ferner die von Salomon als Colmit bezeichneten granulitähnlichen Quarzfeldspatgesteine, welche sowohl in den unteren Lagen der Phyllite des Ortlerhaupt- kammes als auch in der Pejoserie sich vorfinden. Eine dem Ortlergebiet fremde Ausbildung sind nur die kohlen- stoffreichen Phyllite, welche lagenweise und ohne scharfe Abgrenzung in die gewöhnlichen Phyllite an vielen Stellen eingeschaltet sind. Nach der Bestimmung von G. B. Trener ist der Kohlenstoff als amorpher Kohlenstoff in feinster Verteilung im Gestein enthalten. An der Grenze der Kohlenstoffphyllite gegen den Augengneis von Stavel steht ein schwärzliches dichtes Gestein an, das große Ahnlich- keit mit den Grauwacken der Pejoserie besitzt, wenn auch hier der primär klastische Charakter desselben nicht sicher erkennbar ist. Salomon faßt es als Reibungsbreccie auf. Dieselbe Folge phyllitischer Schiefer erfüllen auch die weite Einbuchtung der Tonalitmasse im Val Saviore, hier noch von permischen Sandsteinen, teilweise auch von Trias überlagert. Wie diese hier von den Permsandsteinen werden die Phyllite des Ortler vom Verrucano transgrediert. An der Ostseite der Adamellomasse verbreitet sich eine Schiefer- serie, welche im ganzen einen höheren Grad der Metamorphose zur Schau trägt, da sie sich hauptsächlich aus Glimmerschiefer (zwei- glimmerig und Muskovitglimmerschiefer), Phyllitgneis, Muskovitgneis und Übergangsgesteinen zu Phyllit zusammensetzt. Hier tritt auch häufig der Colmit auf, seltener Edolite und Quarzite. Gesteine dieser Schicht- gruppe tauchen auch bei Cedegolo unter den Phylliten auf und auch [115] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 645 von anderen Orten gibt Salomon eine Unterlagerung der Phyllite durch die höher metamorphen Gesteine an, für die also ein höheres Alter durchaus wahrscheinlich ist. Wie aus der Gesteinsbezeichnung hervorgeht, entsprechen die Phyllite vollständig den Phylliten der Ortlergruppe und wurden auch schon von Stache diesen gleichgestellt, während die zweite Schichtfolge die Schieferarten der Phyllitgneise Staches umfaßt. Salomon benennt erstere Edoloschiefer, letztere Rendenaschiefer — nach den Orten ihrer stärksten Ausbreitung — da er sie trotz von ihm bestätigter petrographischer Gleichheit nicht ohne weiteres gleichstellen will, nachdem dieselben in zwei „tektonisch einander ganz fremden Gebirgsteilen“ liegen. Es scheint mir, daß hier ein Kreis- schluß vorliegt. Die Phyllite diesseits und jenseits der „Tonalelinie“ können nicht gleichgestellt werden, weil diese Linie sie verschiedenen Alpenteilen zuweist und diese Verschiedenheit der Schichten ist dann wieder ein wichtiges Argument für das Bestehen der Tonalelinie. Der Nachweis der Tonalelinie an der Nordseite der Presanellakette erscheint schon von vornherein aussichtslos, wenn man bedenkt, daß diese Verwerfung parallel dem Streichen in nahezu saiger stehenden kristallinen Schiefern verlaufen soll. Der Wechsel von gneisigen Gesteinen nördlich der angenommenen Linie zu phyllitischen südlich derselben, kann ohne Hindernis als normale Schichtfolge aufgefaßt werden, wofür das Auftreten von Quarziten an der Grenze spricht; tatsächlich treten auch schon nördlich der von Salomon als Ver- werfung angesprochenen Linie Phyllite auf, welche in die Gneise übergehen. G. B. Trener hat die Gründe, welche für und wider eine Verwerfung im Presanellagebiet sprechen, eingehend auseinander- gesetzt und kommt zum Schlusse, daß kein Argument zur Annahme einer Verwerfung zwingt, allerdings auch kein strenger Beweis für das Nichtvorhandensein gegeben werden kann. Das von Salomon als Reibungsbreecie gedeutete Gestein ist petrographisch identisch mit Grauwacken aus der Pejoserie. Festgestellt kann nur werden, daß eine Pressungszone dem Val Vermigliana entlang streicht innerhalb eines die normale Schichtfolge von den Gneisen zu den Phylliten darstellenden Schichtkomplexes. „Die weit größere Wahrscheinlichkeit spricht vorläufig gegen die Existenz einer Bruchlinie* (Trener). Für das Veltlin gibt Stella ebenfalls einen allmählichen Über- sang der in der westlichen Fortsetzung der „Edoloschiefer“ liegenden kristallinen Schiefer (Filladi, gneis chiari, quarziti etc.) in Gesteine der „Tonaleschiefer“ (micaseisti grigi, gneis scuri) an). Desgleichen wurde der Mangel einer solchen Abgrenzung bereits im früheren Ab- schnitt für das Seengebiet angeführt. Wir sehen also, daß einerseits die gleichen Gruppen der kri- stallinen Schiefer — die Phyllitgneise und die Phyllite — sich von den Ortleralpen südlich bis an die Bergamaskeralpen und die Adamello- 1) Contributo alla geologia delle formazione pretriasiche sul versante meridio- nale delle Alpi Centrali. Bolletino d. C. G. 1894. Stella betont die petrographische Gleichheit der Phyllite von Valcamonica mit denen von Nordtirol (Quarzphyllit südlich Innsbruck). 646 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [116] gruppe in gleicher Ausbildung ausbreiten, daß anderseits, da eine Verschiedenheit der Schichten beiderseits der Salomonschen Tonale- linie fehlt, aber auch die örtlichen Verhältnisse die Annahme einer Verwerfung als sehr unwahrscheinlich erscheinen lassen — daß ander- seits keine Umstände für die Existenz einer Störungslinie von so allgemein alpiner Bedeutung an dieser Stelle sprechen — mit anderen Worten: die zentrale Alpenkette und die als Dinariden be- zeichneten Gebirgsketten stehen an der Tiefenlinie Veltlin—Aprieca— Tonalepaß-—-Sulzberg in unlöslichem Zusammenhang, sie bilden eine geschlossene Gebirgsmasse. Die Schichtentafel zwischen der Adamellomasse und der Trompialinie. Der Tonalitmasse des Re di castello ist im Süden ein Bergland vorgelagert, welches durch seinen geologischen Bau den Alpenzonen, welche der Querschnitt vorher und nachher durchschneidet, als eine durchaus eigenartige Erscheinung gegenübersteht. Blickt man von einer der begrünten Kuppen südlich des Passes Croce domini über das Val Caftfaro und seine Höhenrücken oder hinüber zum Kamm des Monte Colombine, so sieht man die oft bunt gefärbten Schichtbänder in einem wenig von den Höhenlinien der Karte abweichenden Verlauf durch Berg und Tal hinziehen — das Bild eines von der Erosion tief zerschnit- tenen Tafellandes. So wie südlich der Granitnarbe Meran—Franzens- feste— Bruneck auf der Porphyrtafel von Bozen die triadischen Ablage- rungen in flacher Ausbreitung ein von Brüchen durchschnittenes Plateau land bilden, wiederholt sich hier dieselbe Schichtfolge in derselben Lage- rungsweise. Hier wie dort überdecken Porphyrströme das aus zusammen- gefalteten kristallinen Schiefern, besonders Phylliten bestehende ältere Grundgebirge und über ihnen häufen sich die terrestren oder küsten- nahen Ablagerungen am Übergang vom Perm zur Trias in mächtigen, flachliegenden Schichtenmassen auf und werden von den Resten der marinen Trias überdeckt. Während wir dort aber südlich der Judikarien- Draulinie, also in dem als Dinariden bezeichneten Alpenteil stehen, bildet hier die Judikarien-, beziehungsweise die Trompialinie den Süd- und Ostrand und die in Bau und Fazies den Südtiroler Dolomiten entsprechenden permotriadischen Schichten, transgredieren im Camonica- tal über den südlichsten Ausläufern der ostalpinen Zentralzone kri- stalliner Schiefer, welche mit nördlicher gelegenen Teilen der Zone des Veltlin und diese wieder mit den Ortler- und Otztaleralpen in einem Zusammenhang stehen, der durch keine umfassende tektonische Scheidungslinie, wie sie die Judikarienlinie ist, unterbrochen ist. Alpen und Dinariden ermangeln im Valcamonica einer Trennungslinie. Die kristalline Basis der Schichttafel zwischen Tonalitmasse und Trompialinie ist der schon von den ersten geologischen Kundschaftern als bedeutsam hervorgehobene Zug kristalliner Schiefer, welcher von Artogne-Darfo im Tal des Oglio an der Südseite des Mufetto-Colombine- kammes sich bis Bagolino im Caffarotal erstreckt. Der Schiefer [117] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 647 schwankt in seiner Gesteinstracht zwischen Phyllit und Glimmer- schiefer und entspricht völlig den Schiefern aus der Umrandung der Adamellomasse, besonders Salomons Edoloschiefern. An der oberen Grenze derselben, nahe unter dem Porphyr, beob- achtete schon E. Suess die Einschaltung eines Gneislagers, das er mit dem in den Erzbauen von Arnaldo (bei Bovegno) auftretenden Granit gleichstellte und dessen später auch Gümbel und andere Beobachter erwähnen. Salomon bestimmte das Gestein als meta- morphen Quarzglimmerdiorit. Dasselbe Lager setzt sich gegen Osten über den Kamm zwischen Trompia- und Caffarotal fort und liegt im Val Dasdana und dem untersten Teil der Val Vaja in größerer Mächtig- keit als zweiglimmeriger, stellenweise hornblendeführender Ortho- gneis, unmittelbar unter dem Grenzporphyr, wie dies auf dem Profil zum Ausdruck kommt. Die Reihe der jüngeren Ablagerungen eröffnet dann ein starkes Lager von Quarzporphyr, welches unmittelbar dem gefalteten und abradierten kristallinen Schiefern aufruht. Im Dasdanatal ist die bedeutende Differenz des Fallwinkels von Gneis und Porphyrlager wohl als Ablagerungsdiskordanz zu verstehen. Diese Quarzporphyr- decke ist vom Muffetto über Val Caffaro bis Lodrone am Chiese zu verfolgen und entspricht in ihrer Lage den unteren Strömen des Bozener Quarzporphyrs. Daß es sich um ein ausgedehntes Lager und nicht um Gänge oder Stöcke von jüngerem Alter als die Walchien- schiefer handelt, wie Curioni und Lepsius es deuteten, geht, aus den schon von E. Suess, Gümbel und späteren Beobachtern festgestellten Vorkommen von Porphyrgeröllen in diesen Schiefern hervor und erhellt auch aus den Lagerungsverhältnissen, die an dem tiefen Taleinschnitt des Caffaro und seiner Seitentäler klar er- sichtlich sind. Das Val Vaja, in dessen Bereich unser Querschnitt diese Alpenzone durchschneidet, bietet ein vorzügliches Profil der über dem Quarz- porphyr folgenden Ablagerungen. Steile Talstufen von Wasserfällen überwölbt, wechseln in rascher Folge übereinander mit kleinen Tal- weitungen, den Wechsel der Gesteinsarten abbildend, während ober der Holzgrenze die dürftigen Alpenmatten allenthalben den Felsgrund hervorschauen lassen. Man steigt oberhalb des Quarzporphyrs, der den Talausgang abriegelt, über eine Folge von grünen, gelbbraunverwitternden, dichten Schiefern; darüber lagern sandige Quarzite und Grauwacken und diekbankige graue Quarzite; dann schaltet sich ober Casa Stablei ein starkes Lager von grobkörnigem, lichtem Porphyrtuff ein. Darüber liegen glimmerig-sandige, schwärzliche Schichten, aus denen sich in manchen tonigen Lagen rundliche, oft versteinerungsähnliche Linsen und Knollen herauslösen, die wohl Curionis „frutti* entsprechen dürften. Diese Schichten reichen bis an die Schwelle der Seemulde und enthalten in den dachschieferartigen schwarzen Platten bei der oberen Malga zahlreiche Pflanzenreste von teilweise ziemlich guter Erhaltung. Uber ihrem oberen Rande beim Lago Vaja breitet sich ein kleines Porphyrlager aus, außerdem aber sind ihnen zwischen der untersten und oberen Malga zwei kleine Lager von Porphyr und Porphyrtuff eingeschaltet. 648 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [118] Bei dem See steht man dann auf den untersten grob- körnigen Lagen der roten Sandsteine und Konglomerate, welche alle überragenden Höhen zusammensetzen. Sie sind reich an Geröllen fremder Gesteine. Hundert Meter über dem See, bei Casinetto Vaja (österreichische Spezialkarte), streicht durch den ganzen Talhinter- grund bis gegen Pt. Setteventi hinauf ein Lager roten Quarzporphyrs, eingeschaltet in die roten Sandsteine, welche den Monte Mignolino zusammensetzen und nach N bis nahe zum Monte Rondenino reichen. Dieselbe Schichtfolge ist weiter auseinandergezerrt und etwas weniger gut aufgeschlossen, bei der Wanderung durch das Val Caffaro zu studieren und auch schon von Gümbel, Tarameli, Baltzer und anderen Autoren beschrieben worden. Der erstgenannte fand auch hier Pflanzenreste und traf (auch Curioni berichtete davon) nördlich der Talteilung Sanguinera—Catftaro beiderseits ein Porphyrlager nahe unter der Liegendgrenze des roten Sandsteins. Das große unterste Quarzporphyrlager durchquert das Haupttal bei S. Carlo. Gümbel gibt auch unterhalb desselben Lagen von grüngrauem Sandstein und Tuff an, was aber seither von keiner Seite eine nochmalige Bestätigung gefunden hat. Die lithologische Ausbildung der Gesteine ist die gleiche wie im Val Vaja: Feinkörnige Quarzsandsteine, Quarzite, tonig- sandige Schichten, Grauwacken und Tuffe. Stache zeichnet auf seiner Karte beiderseits des Caffaro Porphyrlager ein, eingeschaltet in die Permschichten. Ebenso wie nach Osten, ins Caffarotal und ins Tal des Chiese, läßt sich die Schichtfolge von Vaja leicht gegen Westen verfolgen, wo in nächster Nähe das berühmte Profil des Monte Colombine die- selben Schichten wieder zeigt (siehe Profil Fig. 22). Uber dem Quarz- porphyr eröffnen tuffige Schichten mit Porphyrtrümmern, Breccien und Konglomerate mit Porphyrgeröllen die Reihe der Schichten, über denen dann die Sandsteine und Quarzite folgen, in deren sandigen Zwischen- lagen die von D. G. Bruni zuerst aufgefundene und von Geinitz bestimmte fossile Flora des Rotliegenden enthalten ist. Es ist derselbe Horizont, wie bei der Alpe Vaja. Im Hangenden an der Grenze gegen die roten Konglomerate des Gipfels liegt — über der neugebauten Fahrstraße, welche am Südhang des Gipfels eben hinleitet — ein gelblich-weißer Porphyr; E. Suess vermutet bereits das Vorhanden- sein von Porphyrlagern in diesem Horizont, indem er Porphyr- brececien fand. Die Gipfelfelsen bestehen aus rotem Konglomerat, welches besonders an der Nordseite des Gipfels in Menge gerundete Gerölle (bis zu Kopfgröße) von Urgebirgsgesteinen neben vielen Quarz- geröllen enthält. Wenn man über die flach gegen Norden geneigten roten Schichten ins Grignatal absteigt, sieht man bei Casa Renole Vaje (österreichische Spezialkarte) am Abfluß des Sees unter den- selben die tieferen grauen Sandsteine (hier selten dürftige Pflanzen reste) wieder hervorkommen und flach zum Grignabach abschießen. Über den vom Bach gescheuerten Platten derselben erhebt sich am Nordufer als niedere Mauer wieder der Anschnitt eines wenig mächtigen Porphyrlagers, das am Talhang wieder von rotem Sand- stein und Konglomerat überlagert wird. An den gegen Westen schauenden Hängen des obersten Talgrundes (Tal der Seen von Renole) [119] Geolögischer Querschnitt durch die Ostalpen. 649 sieht man die gleichen Schichten in flachem Anstieg zum Kamm östlich des Colombine sich fortsetzen; über den niederen Sattel nördlich des Monte Dasdana dürfte ein direkter Zusammenhang der grauen Sandsteine mit denen des Colombine und von Vaja—Monte Matto bestehen. Wie schon aus Salomons und Baltzers Schilderung bekannt, wandert man durchs Grignatal hinab gegen Prestine schier endlos immer durch den roten Sandstein und trifft bei der Mündung des Travagnolo- tales im roten Sandstein drei Porphyrvorkommen, von denen ohne weitere Untersuchung nicht zu entscheiden ist, ob sie einem durch Störungen wiederholten Porphyrlager oder zwei oder drei getrennten angehören ; jedenfalls dürften sie einen höheren Horizont einnehmen als die Lager am Colombine, vielleicht entsprechend dem ober dem Lago Vaja. Die Mächtigkeit der grauen Sandsteine etc. vom unteren Grenz- porphyrlager bis zum oberen beträgt am Monte Colombine etwa 250 m, im Val Vaja steigert sie sich auf 1000—- 1200 m und im Val Caffaro dürfte sie 2000 m erreichen oder noch überschreiten, da bis jetzt keine Zeichen größerer Störungen aus diesem Tal bekannt geworden sind; die Mächtigkeit dieser Schichten nimmt also gegen Osten beträchtlich zu, während sie gegen Westen rasch sinkt. Vom Monte Colombine gegen Westen zu verschwinden sie vollständig und es liegen die roten Konglomerate und Sandsteine auf dem Porphyr oder unmittelbar auf den kristallinen Schiefern. Auch schon im südlichen Teil des Colombine- profils, im Val Seramando, fehlen sie. Gümbel, Lepsius, Baltzer und auch andere Autoren trennen diese pflanzenführende Serie von den darüberfolgenden roten Sandsteinen und Konglomeraten, dem Grödner Sandstein, be- ziehungsweise Verrucano, wie er von verschiedenen genanat wird, wäh- rend Salomon den Wechsel der Farbe nur als eine zu einer solchen Trennung nicht berechtigende Faziesschwankung auffaßt. Das UÜber- greifen des Grödner Sandsteins über das Verbreitungsgebiet der grauen Sandsteine sowie besonders das neuerliche Auftreten grober Kon- glomerate mit Gneis- und Phyllitgeröllen an der Basis des roten Sand- steins, der in diesem Gebiet stets das höhere Niveau einnimmt, scheinen mir doch eine Abtrennung zu rechtfertigen. Taramelli vermutete, daß der untere Teil der grauen Sandsteine und Grauwacken im Val Caffaro noch zum Karbon zu stellen sei. Das Korn des Grödner Sandsteins verfeinert sich nach oben und ohne deutliche Grenze geht der Servino daraus hervor, der an dem Rondeninokamm unseres Profils kaum vom Grödner Sandstein zu unter- scheiden und wohl nur sehr geringmächtig ist. Die roten Schiefertone und feinen Sandsteine wechsellagern im Hangenden mit dünnen Dolomit- bänkchen als Übergang in den Zellendolomit. Besser ist der Servino zwischen Campolaro und Passo croce domini erschlossen, von wo ihn Salomon beschreibt. Der weite, sanft geneigte Berghang vom Ronde- nino bis zum Passo croce domini wird von dem Zellendolomit und der Rauhwacke überdeckt, welche nördlich des Passes die Unterlage des Muschelkalk bilden. Am Rondenino wird der Zellendolomit (Zellen- kalk) noch. von einem der vielen den Tonalit begleitenden Porphyr- Jahrbuch d.k.k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Bd., 3. u. 4. Hft. (Ampferer u. Hammer.) 84 650 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [120] gänge durchstoßen, ebenso Zellenkalk und Muschelkalk am Monte Bazena. Der Monte Bazena besteht zur Gänze aus den Schichten des unteren und oberen Muschelkalks, nördlich dessen noch ein schmales Band von stark kontaktmetamorphen Wengener Schichten und ? Esinokalk ihn vom Tonalit trennt. Die Grenze läuft über die Kuppe südlich des Monte Mattoni, an welcher die beiden das oberste Val Gera umfassenden Kämme (Monte Asinino und Monte Bazena) sich vereinen und welche von Salomon Cima di Teller getauft wurde. Zwischen Muschelkalk und Reizischichten dringt am Sattel Cima di Teller— Monte Bazena ein breiter Tonalitaufbruch durch. Auf die Darstellung der stratigraphischen Verhältnisse des Muschelkalks und der darüber folgenden Triasstufen gehe ich hier nicht näher ein, da ich darüber keine besonderen Untersuchungen angestellt habe, in Rücksicht auf die zahlreichen trefflichen Arbeiten, welche über dieses Thema schon vorliegen, abgesehen davon, daß stratigraphische Forschungen nicht der Zweck dieses Querschnittes sind. Es wurde oben als bestimmend für das Landschaftsbild die flache Lagerung der Schichtung bereits hervorgehoben. Die kristallinen Schiefer zwischen Val Dasdana und dem Manivasattel neigen sich zu einer großen flachen Mulde der Mitte zwischen beiden Grenzen zu, woran sich nahe dem Dasdanatal noch eine steilere und schmälere Antiklinalzone angliedert; auch in unmittelbarer Nähe der Trompia- linie sind die Phyllitglimmerschiefer steiler aufgerichtet, vorwiegend mit Nordfallen, wobei jedoch am Rande einer solchen Störungslinie viele Unregelmäßigkeiten und Quetschungen fast selbstverständlich sind; im kleinen sind alle Schiefer noch außerdem wellig gefältelt; in dem zwischen Bruchlinien eingeklemmten Streifen im unteren Seramandotal sind sie heftig zusammengepreßt und gefaltet, wie dies schon E. Suess in seinem Profil zum Ausdruck gebracht hat. Der Hauptstock der Schiefer, der die Unterlage des Perm bildet, ist aber wieder sehr flach gelagert, wie an dem eingelagerten Gneis sichtbar wird, bei lebhafter Kleinfältelung. Auf einer flachliegenden, gegen N geneigten Abrasionsfläche breitet sich darüber der Porphyr aus und die permischen Schichten. Mit geringer Neigung senken sie sich dem Tonalit zu. Am Passo eroce domini steigert sich rasch die Nordneigung der Schichten — vielleicht schneidet hier auch eine untergeordnete Störung durch (siehe Salomons Beschreibung). Die Triassedimente schießen steil unter den Tonalit ein und zeigen in dieser Randzone stellenweise starke Faltungen, die wohl mit dem Intrusionsvorgang in Zusammen- hang gebracht werden dürfen. Im Osten biegt sich nach den Profilen Bittners der Rand der Schichttafel in der Nähe der Judikarienlinie rasch gegen diese herab. Gegen Westen beginnt die Schichttafel im unteren Valcamonica sich in starke Wellen aufzuwerfen, von Brüchen durchschnitten. Nach der Darstellung Salomons sind die Sedimente im Um- kreis des Tonalits nicht nur steil aufgerichtet und gefaltet, sondern werden auch von zahlreichen, verschieden orientierten Verwerfungen durchschnitten. Aber auch in dem ruhiger liegenden Teil weiter [121] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 651 südlich schneiden mehrfach Verwerfungen dureh, welche, soweit sie mir bekannt wurden, alle eine zwischen NW -SO und NO—SW schwankende, vorwiegend nordsüdliche Richtung einhalten. Eine auffällige Verwerfung schneidet im Val Vaja von ©. Fondo aufwärts in NNW-Richtung etwa 1 km weit durch, wobei der öst- liche Flügel gesenkt ist. Ein Quarzgang, der mauerartig aus dem Alpboden herauswittert, bezeichnet teilweise seinen Verlauf. Zwischen Monte Colombine und Ipoferrato gibt E. Suess einen ungefähr NS streichenden Bruch an, ebenfalls mit Senkung des Ostflügels. Aus der Umgebung von Collio beschreibt Cacciamali mehrere NW —SO streichende Verwerfungen mit denen die Richtung eines Teiles der Erz- gänge dieses ehemals eifrig bearbeiteten Spateisensteinreviers überein- stimmt. E. Suess stellte zwei hauptsächliche Erzstreichen fest: eines in NS-Richtung, welches den genannten Brüchen entspricht und ein zweites in OW-Richtung, also parallel zu dem Trompiabruch. Mit diesen Brüchen ist wahrscheinlich auch das Auftreten mehrfacher Por- phyritdurchbrüche in der Gegend von Collio in Verbindung zu bringen. Sicher wird eine genauere Durchsuchung der geologisch noch wenig genau erforschten Permzone zwischen Judikarien und dem Camonicatal noch eine Menge weiterer Bruchlinien aufdecken, ähnlich wie es Tilmanns Untersuchung im Südosten des Gebietes ergeben hat. Dagegen scheinen mir für das Vorhandensein von Schuppenstruktur in diesem Gebiet keine Anzeichen vorhanden zu sein. Den Südrand der in diesem Abschnitt behandelten Zone bildet eine Störungslinie, welche schon lange unter dem Namen Trom- pialinie bekannt ist. Die älteren Autoren -— es genügt, hier E. Suess, Lepsius und Bittner zu nennen — sahen in derselben durchweg eine saiger stehende Verwerfung und zeichneten sie auch dergestalt in ihre Profile ein. Baltzer aber beschrieb diese Dis- lokation 1901 als eine gegen Süden gerichtete flache Überschiebung, an welcher der serizitische Gneis und Phyllit mit dem darüberlastenden Perm des Muffetto-Colombinekammes um 2—6 km über das südlich angrenzende Triasgebirge vorgeschoben wurden und benannte sie cammunische Überschiebung. In einer kürzlich !) erschienenen Notiz schränkt Baltzer diese Ausführungen insofern ein, als er das Über- schiebungsprofil „als solches nur mit Vorbehalt und als eine hypo- thetische Konstruktion aufrechterhalten“ will. Möglicherweise sei statt Überschiebung liegende Faltung am Südrande anzunehmen. Neuer- dings hat N. Tilmann auf Grund seiner Untersuchungen im Val Trompia und Valcamonica sich gegen die Auffassung als Überschiebung und zugunsten der älteren Anschauung ausgesprochen. Meine Exkur- sionen in demselben Gebiet und im Val Caffaro haben mich zum gleichen Schlusse geführt. Im Val Caffaro tritt bei Bagolino der Charakter der Störungs- linie im Landschaftsbilde augenfällig in die Erscheinung: wir sehen gegenüber Bagolino die schroffen kahlen Triaskalkfelsen des Dosso !) Bemerkungen und Korrekturen zum geologischen Kärtchen der Um- gebungen des Iseosees und zu den Überschiebungen zwischen Camonica- und Chiesetal. Zentralbl. f. M., G. u. P. 1909, Nr. 5. 84* B52 ‚Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [122] alto senkrecht aufragen und daneben an einer vom Manivapaß bis Bagolino, gerade herablaufenden Grenze die weichgeformten und prächtig bewachsenen Hänge des Glimmerschiefers daran anstoßen. Die Bruchlinie streicht vom Manivapaß gerade OW nach Bagolino und über dieses hinaus immer in: der gleichen Richtung über Berg und Tal nach Lodrone. Aufschlüsse des Glimmerschiefers sind bis ungefähr zur Isohypse 1000 herab am Rio Maniva vorhanden, in den tieferen Gehängen fehlen Aufschlüsse derselben, bei Selva setzt der südliche Flügel mit einem Streifen permischer Sandsteine ein, dem gleich Werfener Schichten und Muschelkalk südwärts folgen. Am Rio Das- dana sind Aufschlüsse der kristallinen Schiefer noch tiefer herab gegen den Oaffaro vorhanden. Der ganze Abhang des Manivakammes zwischen Rio Maniva und 8. Carlo besteht also bis zum Caffaro herab aus Gneis und Glimmerschiefer (beziehungsweise Phyllit). Läge hier eine Über- schiebung vor, so müßte sich die Trias des Dosso alto an den unteren Hängen östlich des Maniva weit nach Bagolino hinein verfolgen lassen — tatsächlich lauft die Grenze beider Gesteine aber unbeirrt von dem tiefen Taleinschnitt des Oaffaro geradeaus nach Osten. Vom Collio bis Pezzaze (Avano) hat Tilmann Verlauf und Stellung der Bruchlinie beschrieben und ich kann für das Gebiet von Collio und zwischen Bovegno und Pezzaze, welche Gebiete ich daraufhin genauer besichtigte, seine Angaben vollends bestätigen. Auf dem bei- gegebenen Profil sind .die Lagerungsverhältnisse bei Collio ersichtlich. Der Hauptbruch streicht auch hier ohne Ablenkung der Schnittlinie über Berg und Tal in ONO-Richtung und fällt sehr steil gegen N ein. ‚Er wird hier von einem parallelen Bruch bei Memmo begleitet. Zwischen beiden Brüchen ist eine Scholle von Phyllit und Permsandstein ein- gesunken und südlich stößt daran die Antiklinale von Perm (und Trias) zwischen der Mella und Memmo. Auf dem Profil von E. Suess sind diese Lagerungsverhältnisse für das Val Seramando bereits klar ersichtlich. Eine Überlagerung von rotem Sandstein durch die Gneise und Phyllite, wie sie Baltzer in seinem Profil von Memmo—Sette crocette zeichnet, ist keineswegs vorhanden. Zwischen dem Meolatal und Avano schneidet der Bruch in NO- Richtung senkrecht durch; das Aneinanderstoßen des Glimmerschiefers mit dem Grödner Sandstein ist über den dazwischenliegenden Höhen- rücken gut zu verfolgen, beide sind an der Bruchlinie steil gestellt, das Fallen des Glimmerschiefers verflacht sich weiter entfernt davon — ganz ähnlich wie im Seramandotal. Im Meolatal sowie am Weg von Pezzaze zum Oolle S. Zeno sind alte Baue auf Eisenspat an der Grenze beider Gesteine. Desgleichen muß ich mich Tilmanns Einwänden gegen die Überschiebungsannahme für das Gebiet zwischen dem Trobiolo- graben und Artogne im Valcamonica anschließen. Die Grenze von kristallinem Schiefer und rotem Sandstein, beziehungsweise Kon- glomerat streicht von Foppella (am Kamm zwischen Colle S. Zeno und Dosso Pedalto) geradeaus gegen NW, überquert in gleich geradem Verlauf den zum Dosso Pedona ziehenden Kamm und senkt sich bis tief unter die tiefststehenden Hütten von Zoncone im Trobiolotal hinab (bis 700 m?, beträchtlich tiefer als auf Baltzers Karte), wendet 653 Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. [123] 1 opdeanyneyY = y — '0unIag = s$ "uraJspueg Ad9UEPOI) = sb — "uoqieyouldd = I — JUTQULOJI0) W "ıkydıog zoulp/W) al) — 'rlya SISTLIID Le auUPIUoZ D5P) YJ — 'sPuH = ub 654 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [124] sich dann plötzlich gegen N, steigt hinauf bis ungefähr 1400 m östlich von Casa di Tetto und senkt sich jenseits bis in den untersten Teil der Schlucht des Val Palotto (bei 600 m), denn die untere Grenze des Kri- stallinen (hier Feldspatphyllit) liegt hier nicht wie Baltzers Karte angibt, an der Talteilung unter Pendese, sondern dieses reicht noch bis S. Pietro ober Solato hinaus, sinkt also bis mindestens 500 mn herab, um dann wieder neuerdings etwas anzusteigen — dem Bergrücken entsprechend — bevor sie sich gegen Artogne hinabsenkt. Man müßte also die gewiß unwahrscheinliche Annahme machen, daß die Überschiebungs- fläche ganz gleich gewellt ist wie das jetzige Bergrelief. An der Südgrenze zwischen Fopella und dem Trobiolo müßte die Grenzfläche auch jedenfalls eine senkrechte oder doch sehr steile Stellung ein- nehmen, da sonst die darüber aufragenden steilen Hänge und Wände des Guglielmo aus den Gesteinen der Schubmasse bestehen mußten, nicht aber aus den überschobenen Triasgesteinen, welche dort an- stehen. In den obersten Teil des Trobiolograbens ist auch die Neben- einanderordnung von Perm-Triasfolge auf dem Südufer und der Glimmerschiefer auf dem Nordufer ganz gut zu sehen. Die kristallinen Schiefer setzen sich nicht unter die Sandsteine hinein fort, sondern stoßen daran ab. Die Frage, ob die Schwenkung der Bruchlinie in die NS-Richtung durch einen jüngeren Querbruch verursacht wird, oder durch eine Richtungsänderung der Trompialinie selbst, beantwortet Tilmann dahin, daß das letztere statt hat. Es steht dies in Übereinstimmung damit, daß das Streichen der Triasschichten am Westabfall des Guglielmo ebenfalls gegen N umbiegt und westlich des Oglio bei Lovere und Volpino auch diese Richtung beibehält. Verbunden damit ist ein Absinken der Schichten gegen den Iseosee. Eine Fortsetzung der Bruchlinie über das Trobiolotal in südlicher Richtung hinaus ist am Kamm des Guglielmo nicht zu beobachten. Dagegen sind wohl Andeutungen einer Fortsetzung der Trompialinie dem Tro- biolotal entlang vorhanden. Wie schon Baltzer und Salomon an- nehmen, setzt bei Grignaghe eine dem Schichtstreichen parallele Ver- werfung durch; während an der linken Talseite die Gipsmergel und Rauhwacken und darunter der Servino mit den Spateisenstein-Baryt- lagern tief unten am Bach liegen mit flachem SO-Fallen, reicht der Servino an der rechten Talseite hoch hinauf und fällt flach gegen NO. Die Baryt-Eisenspatlager sind zwischen Pontasio und Grignaghe auf- geschlossen und erst oberhalb Grignaghe tritt die darüberliegende Rauhwacke zutage. Es scheint demnach der Taltiefe eine Verwerfung mit Absinken des Südflügels entlang zu laufen. Ebenso setzt aber auch zwischen den Rauhwacken und dem Servino von Grignaghe und den südlich folgenden, steil N fallenden roten Sandsteinen sehr wahr- scheinlich ein Längsbruch durch. Die Scholle von Grignaghe wird im oberen Trobiolotal, wie schon Baltzer auf seiner Karte angibt, von einer NNO streichenden Verwerfung abgeschnitten, an welcher der Servino von Grignaghe gegen roten Sandstein abstoßt. Da auch der Querbruch, welchen Tilmann im obersten Val delle Selle beobachtete, die Trompialinie nicht verwirft, so scheint ein Teil der Querbrüche in diesem Gebiet gleichzeitig oder älter zu sein als der Trompiabruch. [125] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 655 Der Zusammenhang mit dem Wechsel des Streichens spricht für Gleich- zeitigkeit. Am Östende der Trompialinie, im Val buona, gibt Bittner eine Durchkreuzung mit der Judikarienlinie an, indem er Brüche im Val Ampola als Fortsetzung der Trompialinie auffaßt, während die Judikarienlinie sich über den Caffaro hinaus zum Idrosee fortsetzt, in dessen Hauptdolomitregion sie dem Auge des Geologen entschwin- det. Die neueren Aufnahmen Treners konnten aber erstere An- nahme — mündlichen Mitteilungen Herrn Dr. G. B. Treners zu- folge — nicht bestättigen. Von der Trompialinie zur Poebene. Dieser Teil des Querschnittes folgt genau Bittners Profil Collio—Pavone (1831), von dessen Richtigkeit ich mich auch an Ort und Stelle leicht überzeugen konnte. Es gibt ein charakteristisches Bild der südlichen lombardisch-judikarischen Faltungsregion. Neu hinzugekommen sind nur das Profil über den Dossoalto, für dessen größeren nördlichen Teil aber auch mehrere Vorlagen (Curioni, Lepsius, Fraas, Salomon) zur Verfügung standen, abgesehen von den zahlreichen Beschreibungen desselben, und das Profil über die Selva piana, das aebr indirekt auch schon durch die Arbeiten Bittners gegeben war und nur an einer Stelle eine Veränderung gegenüber Bittners Angaben erfuhr. Was schon bei der Besprechung der Trias am Rande des Adamellomassivs im vorigen Abschnitt ausgesprochen wurde, muß hier wiederholt werden: Es wird auf ein Eingehen in die Strati- graphie dieser Region vollständig verzichtet, teils, weil dies außerhalb der Ziele der Arbeit liegt, teils weil gerade über die Stratigraphie der Trias und des Jura der Südalpen so eingehende und treffliche Bearbeitungen vorhanden sind, daß es — besonders ohne eingehendste Detailstudien im Felde — bloß auf eine Wiederholung von lang Be- kanntem hinauskäme. Die Schichtenreihe reicht von den Werfener Schichten bis zum Eocän. Erstere kommen nur bei Forno d’Ono und ein paar benach- barten Orten noch ein wenig zutage. Die Triasglieder, welche hier das obere Val Sabbia beherrschend und formgebend auftreten, sind der Muschelkalk und Raibler Schichten. Ersterer tritt besonders durch die mächtigen dunklen Graciliskalke hervor, denen gegenüber der Brachiopodenkalk und die Kalke mit Ceratites nodosus im Hangenden infolge ihrer geringen Mächtigkeit stark zurücktreten. Ein charakte- ristischer Horizont sind die darüberfolgenden knolligen Kieselkalke mit Pietra verde, die Buchensteiner Schichten Bittners, Kalke mit Protrachiceras Reitzi bei Tilmann. Auch die darüber folgenden Wengener Daonellenschiefer und die Wengener Riftkalke (Esinokalke) sind wenig mächtig entfaltet. Erstere sind am Dosso alto abweichend von der sonst bekannten Ausbildung als tuffig-sandige Ablagerungen entwickelt, während die im Val Ponticello und Val Dignone den Über- 656 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [126] sang zu den typischen Daonellenschiefern in Val Sabbia bilden. Letzterer, in wechselnder Mächtigkeit als klotziger, bald hell, bald dunkel ge- färbter Kalk oft mit Evinospongienstruktur, wird in steilen Wandab- sätzen oder mauerartigen Graten durch die Verwitterung hervorgehoben. Eine durchaus eigenartige Ausbildung, welche besonders den aus den Nordalpen kommenden befremdet, und gleichzeitig sehr starke Ver- breitung besitzen die Schichten, welche dem Raibler Niveau ent- sprechen: es sind im Val Sabbia vorwiegend rot gefärbte, sandige, tuffige, mergelige und auch konglomeratische Schichten, manchmal mit Einschaltung grünlicher, gelblicher oder grauer Mergelschiefer. Im Liegenden erscheinen knollige Kalkbänke mit Fossilien dieses Horizonts, in Hangenden Gipse. Mit dem Hauptdolomit sind sie durch Übergänge verbunden. An mehreren Orten (zum Beispiel Barghe, Monte Pezzeda) beteiligen sich auch Eruptivgesteine (Diabas- porphyrit nach John und melaphyrartige Gesteine nach Lepsius) an dieser Schichtgruppe. - Das Muschelkalk-, Wengener-, Raibler-Gebiet des oberen Val Sabbia umrahmt im Norden, Osten und Süden der Hauptdolomit, welcher besonders in dem Gebirge zwischen Idro- und Gardasee eine gewaltige Entfaltung gewinnt und durch den rauhen, schluchtigen Gebirgscharakter auch landschaftliche Eigenart besitzt. Nur das südliche Ende des Profils schneidet dann noch jüngere Horizonte an. Es folgen über dem Hauptdolomit rhätische Mergel und Kalke — bei Clibbio an der Selva piana versteinerungsfübrend — und der von Bittner noch zum obersten Rhät gestellte Grenzdolomit, der Corna der italienischen Geologen entsprechend und von diesen zum untersten Lias gezählt. Dann tritt man in den Zug von Jura- und Kreideablagerungen ein, welcher dem Westufer des Gardasees entlang streicht und westlich Salö an der Selva piana den Chiese über- schreitet. Die Kreide ist in der bekannten Form des Biancone und der Scaglia entwickelt, der obere Jura in der brescianischen Ent- wicklung. Bei Prandaglio umschließt die Synklinale noch einen Rest eocäner sandiger Mergel. Am Monte S. Bartolomeo bei Salö lagert über der Kreide trans- sredierend ein mariner Tegel und über ihm ein nach oben gröber werdendes Konglomerat, welch ersterer eine pliocäne Fauna enthält. Da beide als Seichtwasserbildungen 400—600 m über dem heutigen Meeresspiegel anstehen, sind sie — ebenso wie gleiche Reste weiter westlich an der Sesia — ein Zeugnis einer postpliocänen Hebung der Alpen gegenüber der gesunkenen Poebene, in der die Quartärschichten im Bohrloch von Cremona bei 200m Tiefe noch nicht ihre Basi hatten). Wie schon aus der Aufzählung der Schichten, dem Fehlen älterer als triadischer Sedimente hervorgeht, ist das Land südlich der Trompia- linie bedeutend gesenkt gegenüber der hochliegenden Tafel permischer Ablagerungen im Colombinezug — dasselbe Verhältnis, wie es längs der ') Siehe darüber Penck und Brückner, Die Alpen im Eiszeitalter, mit Angabe der über das Pliocän von Salö bestehenden Literatur. [127] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 657 Judikarienlinie zwischen dem kristallinen Westflügel und dem aus den jüngeren Schichten der Etschbucht bestehenden Ostflügel besteht. Die Zone taucht am Langensee aus der Poebene auf — hier noch nicht durch jenen Senkungsbruch vom nördlichen Gebirge abgetrennt — und streicht in ostwestlicher Richtung dem Rand der Poebene entlang bis zum Chiese; hier schwenkt sie gegen NNO ein und behält diese Richtung durch Judikarien und den Nonsberg: das Etschbuchtgebirge. Unser Schnitt muß wegen seiner meridionalen Lage den OW streichenden Teil wählen und führt durch diesen an seinem östlichen Ende, dicht vor der Umbiegung in die judikarische Richtung. Die Tektonik dieser Zone wird durch drei Elemente gekenn- zeichnet: Falten, Längs- und Querbrüche. Die Faltung kommt besonders schön in den drei Antiklinalen zum Ausdruck, welche der Schnitt zwischen Forno d’Ono und Barghe aufdeckt, von denen die von Levranghe und jene zwischen Nozza und Barghe auch im Felde sehr augenfällig und gut zu übersehen sind, da sie von tiefen Tälern quer zum Streichen durchrissen werden. In beiden Fällen tauchen die mächtigen dunklen Kalke, der untere Muschelkalk überwölbt vom oberem Muschelkalk, und Wengener Schichten unter der umschließenden Decke von Raibler Schichten hervor. Die zwischen beiden liegende Antikline von Vestone ist kleiner und läßt im Kern nur mehr Wengener Schiefer zum Vorschein kommen. Alle drei haben das eine Merkmal gemeinsam, daß sie gegen Süden übergeneigt sind: der nördliche Schenkel ist flacher, der süd- liche steht saiger, wie dies besonders an dem Durchbruch des Chiese durch die Antiklinale Nozza-Barghe besonders gut ersichtlich ist. Im Scheitel der zwei großen Antiklinalen treten kleine Einmuldungen auf. Im südlichen Teil sind es zwei Synklinalen, welche stärker her- vortreten. Am Monte Casto, südlich von Pavone, ist die Corna muldenförmig gelagert — an dieser einzigen Stelle müßte eine Be- richtigung gegenüber Bittners Karte eingesetzt werden, da der Monte Casto nicht aus Hauptdolomit besteht, sondern aus einem dichten, gelblichweißen bis lichtgrauen, selten rötlich gefleckten Kalk, der völlig der Corna am Rücken der Selva piana entspricht; er setzt sich auch über den Chiese nach NÖ fort und nimmt östlich von Pavone die Hänge ober der Straße ein, häufig in Karren verwittert, wie dies ja auch sonst für die Corna bezeichnend ist. Die andere Synklinale streicht am SO-Hang der Selva piana durch; sie umfaßt Biancone und Scaglia und in ihrer Mitte bat sich auch noch ein kleiner Rest von Eocän bei Prandaglio erhalten. Sie ist im Zug des Querschnitts stark gegen SO überkippt; gegen Vobarno zu öffnet sie sich und unter der Kreide kommt Jura und oberer Lias heraus. Die Synklinale von Prandaglio gehört dem Streichen Jungmeso- zoischer Gesteine an, welche das Westufer des Gardasees von Salo bis Limone bildet und nach den Beschreibungen von Bittner und und Cozzaglio in intensive, gegen OSO überkippte Falten gelegt und von Überschiebungsbrüchen parallel den. Falten mehrfach durcb- schnitten wird. Jenseits des Chiese steht der Selva piana der Hügel Monte Covolo gegenüber; ich habe denselben nicht untersucht, sondern mich Jahrbuch d.k. k. geol. Reichsanstalt, 1911,61. Bd.,3. u.4. Hft. (Ampferer u. Hammer.) 85 658 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [128] Bittners Angaben (Karte) darüber bedient. Cozzaglio gibt aber (1891) an, daß er nicht nur aus Biancone und Scaglia, wie Bittners Karte anzeigt, bestehe, sondern ein vollständiges Profil von der Corna bis zur Scaglia (und dem Eocän des Hügellandes östlich davon) gebe mit südöstlichem Abfall der Schichten. Die tektonische Deutung Cozzaglios (als nach NW überkippte Antiklinale mit Bruchrand im NW) erscheint aber wohl sehr unwahrscheinlich, wenn auch ein Bruch im Chiesetal den Covolo von der Selva piana abtrennen mag. Auch die Bruchlinie an der NW-Seite der Selva piana fällt nach meinen Beobachtungen nicht nach SO ein und ist wohl nur eine ganz unter- geordnete Verschiebung innerhalb der Schichtfolge. Gewiß ist aber, wie auch Bittner betont, und aus Cozzaglios Untersuchungen hervorgeht, der Bau des Selva pianakammes ein recht komplizierter, komplizierter als es auf dem einen Schnitt des Profils zum Ausdruck kommt. Die Sedimentdecke zwischen Trompialinie und Poebene ist also in eine Reihe kräftiger Falten zusammengeschoben, welche OW streichen und durchweg eine gegen die Poebene gerichtete Über- kippung besitzen. Denselben Charakter der Faltung besitzt die ganze lombardisch-judikarische Faltenzone; gehen wir nach Westen, so sehen wir als Vorbild derselben am Iseosee die prächtige, weit nach S über- selegte Falte von Predore und ähnlichen Charakter besitzen die von verschiedenen Forschern (E. Philippi, C. Schmid, C. Porro und andere) veröffentlichten Profile aus dem Gebiete zwischen Iseo- und Langensee. Besonders typisch ist dieser Faltenbau aber auch im Osten erschlossen; in den Profilen Bittners aus Judikarien sind die Falten fast durchweg gegen außen, also hier gegen O oder OSO übergeneigt. Außer den OW streichenden Hauptfalten beobachtete Philippi?) im Grignagebirge am Comersee eine schwächere Auffaltung mit NS streichenden Faltungsachsen. Sie ist jünger als die Hauptfaltung mit OW-Achse. Da die Querfalten steile Ost- und flache Westschenkel haben, schließt Philippi auf eine gegen O gerichtete Bewegung. In ähnlicher Weise konstatierte Tilmann im mittleren Val Trompia neben der NS gerichteten Hauptfaltung eine schwächere Faltung senk- recht dazu. Endlich berichtet Cacciamali für die Umgebung von Collio schwache Faltungen mit NS-Achse. Die Muschelkalkantiklinalen unseres Profils besitzen alle eine nur geringe Erstreckung im Streichen, so daß sie auf der Karte als Ovale erscheinen. Diese Erscheinungen dürften am besten ebenfalls durch eine derartige Querfaltung zu erklären sein ; jede Antiklinale des Querschnitts bildet auch in der Richtung senkrecht darauf eine solche und stellt einen nach allen Seiten abfallenden länglichen Rund- buckel dar?). Zeichen ostwestlicher Gebirgsbewegungen sind auch !) E. Philippi, Beitrag zur Kenntnis des Aufbaues und der Schichten- folge im Grignagebirge. Z. d. D. g. G. 1895. ’) In seiner Arbeit über den Guglielmo bemerkt Tilmann, daß die Er- scheinungen, welche er in der früheren Arbeit als Ergebnisse zweier aufeinander senkrechter Faltungen ansah, besser als Erscheinungen des allgemeinen Senkungs- prozesses der Südalpen zu erklären seien. [129] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 659 aus den Südtiroler Dolomiten durch neuere Untersuchungen bekannt geworden. Ogilvie-Gordon!) beobachtete große westliche Über- schiebungen am Langkofel und der Sella, Kober und Furlani haben westwärts überkippte Faltungen in den Ampezzaner Dolomiten und an der Sella festgestellt. Sie reihen sich den analogen Angaben aus den anderen Zonen der Östalpen an und bezeugen die allseitige Verbreitung von transversalen Faltungen und Überschiebungen in den Östalpen. Aus dem Etschbuchtgebiet sind solche Querfaltungen nicht be- kannt. Hauptfaltungsrichtung und Querfaltung der südlichen Gebiete sind hier dieselben. Die einzelnen Fältenelemente erlangen eine sehr bedeutende Längenerstreckung — von Querbrüchen durchschnitten — und dementsprechend das Gebirge ausgesprochenen Kettengebirgs- charakter, während im Gebiete des mittleren Val Sabbia und Trompia weniger langgestreckte Bergketten sich gebildet haben. Fig. 23. Dosso alto M = Reitzikalke. — W = Wengener Schichten. — E = Esinokalk. H = Hauptdolomit. — x = Porphyrit. Nach den Profilen von Tilmann sind bei den Querfalten im mittleren Val Trompia auch, wie im Grignagebirge, die Ostflügel steiler geneigt als die Westflügel. 4 Die Längsbrüche nehmen fast durchweg die Form von Über- schiebungen an, mit nach N abfallender Aufschiebungsfläche. Im Bereiche des Caffarotals verläuft parallel zum Trompiabruch ein Längsbruch im oberen Val Berga. Zwischen ihm und der Trompia- linie steht die Scholle des Dosso alto, welcher an seiner Nordab- dachung das oft beschriebene Profil von den Werfener Schichten bis zum Esinokalk (Wengener Riffkalk) des Gipfels darbietet, dessen Schichten durchweg sehr steil gegen S abfallen. Weniger einfach liegen die Verhältnisse an seiner Südseite, dem Abhang gegen Val Berga, indem hier nicht die Raibler Schichten und dann der Haupt- dolomit über den Esinokalk folgen, wie dies am Ausgang des Val Berga der Fall ist, sondern nochmals die grauen Sandsteine der Wengener Schichten beiderseits umgeben von Knollenkalken des Reitzi- 1) Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1910. 85 660 - Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [130] horizonts auftauchen, dann zu unterst am Hang wieder der Esino- kalk, der unmittelbar an den Hauptdolomit des südlichen Begrenzungs- kammes von Val Berga anstößt, und zwar liegt der Hauptdolomit dort flach N fallend und schießt nur nahe der Bruchgrenze steil gegen N ein, während der Esinokalk steil gegen S verflächt. Nahe unter dem Gipfel des Dosso alto steht übrigens noch ein zweitesmal eine schmale, gegen Osten auskeilende Zone von Wengener Sandstein eingeklemmt zwischen die steil S fallenden Esinokalkplatten an, einer kleinen sekundären Aufwölbung oder wohl eher einem bruchweisen Hervor- stoßen entsprechend. Der Valbergabruch steht senkrecht und überschreitet am oberen Ende des Tales den Kamm gegen das Tal der Mella. Ich kenne hier die Fortsetzung nicht näher, nach Bittners Angaben treten hier in der Verlängerung ‚des Ponticelloquerbruches sehr verwickelte Lagerungs- verhältnisse ein; ich vermute aber, daß seine Fortsetzung jene Über- schiebung ist, welche Bittner und Tilmann an der Nordseite des Pezzedakammes (Cima Blaceca—Monte Ario) festgestellt haben. Die permischen Sandsteine bilden im Mellatal eine Antiklinale, über welcher an der Südseite, am Abhang des Pezzedakammes sich die nächst- jungen Schichten bis zum Graciliskalk aufreihen und im oberen Teil eine Synklinale bilden. Diese Schichtfolge ist längs einer gegen N einfallenden Fläche auf die flachliegenden Schichten des Pezzeda- kammes binaufgeschoben. Ist die Schubfläche auch meist ziemlich steil, so biegt sich (nach Tilmanns Angaben) die Schubfläche am Monte Ario doch oben ziemlich flach aus, so daß eine Überschiebung von 15km zustande kommt. An der Schubfläche liegen am Monte Ario und im Val Fontanelle Fetzen von Raibler Schichten eingeklemmt zwischen überschobenem und übergeschobenem Gebirge, welche von manchen Tektonikern sonst wohl als Reste eines Mittelschenkels aufgefaßt werden dürften, doch stimme ich Tilmanns Anschauung bei, daß es sich hier um eine Bruchüberschiebung und nicht UÜberfaltung handle. Dieser Längsbruch wurde gegen Westen von Tilmann bis an die Mella südlich Bovegno verfolgt. Ein weiterer Längsbruch, dessen Aufdeckung wir denselben Autoren verdanken, grenzt den Pezzedakamm im Süden ab zwischen Forno d’Ono und Ombriano. Auch dieser ist eine gegen Süden ansteigende Überschiebung, an der die Scholle des Pezzedakammes auf die südlich davon liegende Antiklinale von Levranghe hinaufgeschoben ist: die Werfener Schichten als Basis der ersteren liegen auf den Raibler Schichten der letzteren. Nach Tilmanns Erforschung ist die Scholle zwischen den beiden genannten Längs- überschiebungen noch von zwei weiteren steilstehenden Längsbrüchen betroffen worden. Ein Längsbruch schneidet auch die Synklinale von Prandaglio im NW ab und ebenso begrenzt ein solcher wahrscheinlich auch den Südostrand der Liassynklinale des Monte Casto. Auch der Bruch von Prandaglio ist etwas gegen außen (SO) überkippt. Einen der größten Querbrüche des Gebietes stellte Bittner im Val Ponticello fest; er trennt die Hauptdolomiteinöde des Iseosee- gebietes von dem Raiblerschiehtenmantel der Antiklinale von Le- vranghe und von der Schichtfolge des Corno di Po- (beziehungsweise [131] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 661 deren Fortsetzung). Wahrscheinlich reicht sie: bis ins Val Trompia hinüber. Einen zweiten großen Querbruch fand Tilmann von Ombriano bis Valle d’Irma. Zahlreiche kleinere wurden von ihm außerdem noch festgestellt. Mindestens ein Querbruch durchschneidet auch den Zug des Selva piana. Schon im früheren Abschnitt wurde der kleinen Querbrüche in der Gegend um Collio Erwähnung getan. Allen Querbrüchen ist die Richtung NNW-—SSO gemeinsam. Die Querbrüche sind jünger als die Längsbrüche, welche von den ersteren verworfen werden. Es braucht kaum erwähnt zu werden, daß ganz analoge Bruch- netze die judikarischen Bergzüge durchschneiden, wo sie von Bittner in der Gaverdinagruppe festgestellt wurden. Dem Wechsel des Streichens entsprechend laufen die Querbrüche dort OW oder ONO, die Längsbrüche NNO. Gleichartige Bruchsysteme zerteilen die Gebirge westlich der Mella, wobei auch hier die Längsbrüche als gegen S gerichtete Über- schiebungen ausgebildet sind. Cacciamali beschreibt eine große, flache S- -Überschiebung aus dem südlichen Teil der Guglielmogruppe zwischen Iseosee und Val Trompia; Porro berichtet von solchen aus den Bergamasker Alpen, Philippi und Benecke stellten im Grigna- und Resegonegebirge, C. Schmidt in der Alta Brianza nach S ge- richtete Überschiebungen an Längsbrüchen und sie durchschneidende Querbrüche fest). Bittner hat schon 1894 eine große Anzahl von Südüberschiebungen in den Südalpen zusammengestellt. Faßt man das tektonische Bild der südlichen Alpenzone zu- sammen, so ergibt sich, daB die südlichen Kalkalpen in der Art der Faltung, dem Zusammenwirken von Faltung, Längs- und Querbrüchen und Überschiebungen sowie in der nach außen gerichteten Überkippung der Falten und der Bewegung .der Überschiebungen nach außen den nördlichen Kalkalpen Tirols entsprechen. Ver- sleicht man Profile aus dem Karwendel mit solchen von Judi- karien oder den lombardischen Voralpen, so fällt die Analogie sofort in die Augen: dort sind die Überkippungen und die Überschie- bungen gegen N, hier gegen S gerichtet. „Die seither gemachten Erfahrungen. drängen aber zu der Vorstellung, daß diese für die Nord- kalkalpen schon längst erkannte und in ihrer tektonischen Bedeutung gewürdigte charakteristische Faltenbildung in gleicher Weise auch die ganze Außenzone der Südalpen beherrscht....*, spricht Bittner bereits 1881. Auch Profile aus den nieder- und oberösterreichischen Voralpen zeigen die gleichen Bilder. Ein Unterschied ergibt sich aber, wenn man das Südende des Querschnittes mit seinem nördlichen vergleicht, mit dem Schnitte durch die Lechtaler Alpen, und dieser Unterschied ist in geringerem Maße auch schon bei den weiter östlich gelegenen Profilen der Nordkalkalpen erkenntlich; es ist der Unter- schied in der Intensität der Faltung und besonders der Überschie- bungen. Während wir dort Überschiebungen von vielen Kilometern Weite finden, schränken sich diese Förderungslängen hier auf ein - 1) Für das Gebiet der drei Seen enthält Taramellis Schrift „I tre laghi“, Mailand, bei Artaria 1903, eine gute Übersichtskarte der Bruchlinien. 662 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [132] weit geringeres Maß ein, überhaupt ist die Heftigkeit der Zusammen- pressung, die Dichte der Schuppenstruktur weit geringer. Es besteht also kein Unterschied in der Art, wohl aber im Ausmaß der Gebirgs- bildung. Gehen wir den Südalpen entlang gegen Osten, so kommen wir aber in Regionen, wo auch hier das Ausmaß der Horizontalbewegungen ein weit größeres wird. Kossmat hat in Krain Überschiebungen von ähnlicher Ausdehnung wie in den Nordtiroler Kalkalpen festgestellt; in einem östlichen Alpenquerschnitt würde vielleicht nach den bis- herigen Kenntnissen sogar das Verhältnis von Nord- und Südalpen um- gekehrt wie im vorliegenden sein; in letzteren größere Überschie- bungen als in den österreichischen Nordalpen. Mit einer „Rückfaltung*, im Gefolge des staffelweisen Absinkens in ein Senkungsfeld, können derartige Überschiebungen nicht erklärt werden. Da in Nord- und Südalpen die gleichen Faltungserscheinungen vorliegen, nur graduell abgestuft, muß ihnen beiden auch gleiche Ent- stehungsweise zugeschrieben werden. Beide stehen im gleichen Verhältnis zu den Zentralalpen, denen gegenüber sie tiefer liegen und von denen sich ihre Bewegung ab- wendet. Ihre Gesamtheit wurde nach der Hauptalpenfaltung von einer transversal dazu wirkenden Gebirgsbewegung betroffen. Literatur zu den zwei letzten Abschnitten. Baltzer A., Geologie der Umgebung des Iseosees. Geol. u. paläont. Abh. v. Dames u. Kaiser. N. F., Bd. V, Heft II, 1901. Bittner A., Über die geologischen Aufnahmen in Judikarien und Val Sabbia. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1881. — Nachträge zum Bericht über die geologischen Aufnahmen in Judikarien und Val Sabbia. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1883. Cacciamali G. B., Studio geologico dei dintorni di Collio V. T. Comment. d. Atheneo di Brescia per anno 1903. — Una falda di ricoprimento tra il lage d’Iseo e la Val Trompia. Bollettino d. soc. geol. italiana XXIX. Bd. 1910, pag. 240 u. ff. Cozzaglio, Note esplicative sopra alcuni rilievi geologici in Valcamonica. Giorn. di Min. d. D. Sansoni Vol. V. fasc. 1.—2. Mailand 1894. — ID bacino di Collio Guida-itinerario delle escursioni XX. Congr. geol. ital. in Brescia 1901. — Össervazioni geologiche sulla riviera bresciana del Lago di Garda. Boll. Soc. geol. ital. X. 1891. — Studi di geologia continentale sui laghi di Garda e Iseo. Comm. d. Atheneo di Brescia per 1900 (1902). Curioni G., Geologia applicata delle provincie lombarde 1877. — ÖOsservazione geol. sulla Val Trompia. Memm. d. R. Ist. lomb. Val XII, 1870. Gümbel, v. C. W., Ein Streifzug durch die Bergamasker Alpen. Sitzungsber. d. kgl. bayr. Akad. d. Wiss. 1880. Lepsius R., Das westliche Südtirol. 1878. Ragazzoni G., Profile geognostico del pendio meridionale delle prealpe lombarde. Comm. del Atheneo di Brescia 1875. Salomon W., Die Adamellogruppe 1. Teil. Abhandl. d. k. k. geol. R.-A. Wien 1908. Stache G., Die Umrandung des Adamellostockes und die Entwicklung der Perm- formation zwischen Val buona und Valcamonica. Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1879. Suess E., Über das Rotliegende im Val Trompia. Sitzungsber. d. k. Akad. d. Wiss. I, Wien 1869. [133] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 663 Taramelli T., Spiegacione delle carta geologica della Lombardia 1890, Mailand und carta geol. d. Lomb. 1:250.000. Tilmannn N., Tektonische Studien im Triasgebirge des Val Trompia, Inaugural- dissertation. Bonn. C. Georgi 1907. — Beitrag zur Stratigraphie und Tektonik der Trias am Monte Guglielmo. Monats- berichte der deutschen geol. Gesellschaft. Bd. 61, Jahrg. 1909, Nr. 4. II. Tektonische Übersicht. Nach der Vorlage des Beobachtungsmaterials erhebt sich nun- mehr die Frage nach den Bewegungen, welche aus den ursprünglich meist ziemlich ebenflächig oder regelmäßig abgelagerten Sedimenten jenes bunte, wirre Durcheinander von Gesteinslagen geschaffen haben, das wie ein wildflutender Strom über die Ufer schäumt. Sind gesetzmäßige Ordnungen in diesem Schichtgehäufe vor- handen und wie kann man zu deren Kenntnis gelangen ? Diese Fragen sind schon unzähligemale von den Geologen im Anblick des großartigen Alpengebirges gestellt worden und gar viele Antworten wurden darauf gefunden, denn die Natur ist tiefer und reicher als jede Vorstellung. Auch wir wollen im folgenden einige Antworten auf die zahl- reich hier ertönenden Fragen geben, sind uns aber sehr wohl bewußt, wie eng begrenzt unsere Erfahrung und wie kurzsichtig unsere Ein- blicke in das Innere des gewaltigen Mechanismus sind, von dem uns nur ganz wenig zugänglich und offenbar gemacht wurde. Der Weg, welcher nun hier bei der tektonischen Gesamtbe- trachtung eingeschlagen werden soll, läßt sich kurz etwa folgender- maßen charakterisieren. Da durch Faltung, so lange dieselbe nicht zu ausgedehnteren Zerreißungen oder Ausquetschungen führt, keine Unklarheiten in den Bauplan getragen werden, so handelt es sich bei einer Diskussion des Querschnittes vor allem um jene Stellen, wo mehr oder weniger plötzliche Änderungen im Gefüge eintreten, also um die Kenntnis und Prüfung aller mechanischen Kontakte oder aller das Gebirge durchsetzenden Bewegungsflächen. Es wird zuerst für jede der einigermaßen selbständigen Gebirgs- zonen eine Übersicht der darin nachweisbaren Bewegungsflächen, ein motorisches Inventar gegeben. Die Bewegungsflächen werden nach dem Ausmaß der an ihnen erfolgten Verschiebungen und Veränderungen auf ihre Bedeutung hin geprüft. Ist so mit Hilfe der Bewegungsflächen und der Faltungen in einer Zone eine Übersicht der wichtigsten ein- wirkenden Bewegungen ermöglicht, so wird zur Kombination derselben untereinander vorgeschritten. Für jede Zone wird auf Grund dieser Erfahrungen nun gewissermaßen das typische Störungsbild entworfen. Ist dann das motorische Inventar und die Kombinatorik aller Zonen zusammengetragen, so kann an eine Kombinatorik der Zonen untereinander herangetreten werden. 664 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [134] Auch hier sollen wieder alle wichtigeren möglichen Ver- knüpfungen wenigstens in den Haupttypen einer Prüfung und Ver- gleichung unterworfen werden. Aus der nunmehr schon sehr großzügigen Zusammenfassung er- gaben sich dann bei noch weiterer Schematisierung endlich die Beziehungen des Alpenkörpers zu seiner Umgebung und zu seinem Untergrunde. Der Weg, welcher hier in der Beschreibung verfolgt wird, die schrittweise immer konzentriertere und allgemeinere Zusammenfassung und Betrachtung spiegelt sich auch in den beiliegenden Zeichnungen wieder. Ausgehend vom großen Querschnitt, werden zuerst für alle größeren und wichtigeren Zonen stark verkleinerte Skizzen gegeben, in denen nur mehr der charakterisierende geologische Inhalt erscheint. Diesen Skizzen werden im gleichen Maßstab zirka 1:230.000 schema- tische Zeichnungen zugesellt, auf denen die wahrscheinlichsten Kombinationen der tektonischen Elemente in Typen veranschaulicht werden sollen. Für die Prüfung der Verknüpfung der Zonen unter- einander sind Zeichnungen in noch viel kleinerem Maßstabe gewählt, welche auf kleiner Fläche eine Übersicht über die ganze Alpenbreite gestatten. Während also bei der Mitteilung des Beobachtungsmaterials auf möglichst eingehende Darstellung aller Einzelheiten Gewicht gelegt wurde, wird hier eben auf Grund dieser Kenntnisse immer mehr und mehr das unwesentliche Beiwerk fallen gelassen und so allmählich das Skelett der wichtigsten Bauträger bloßgelegt. Mit der Verkleinerung geht Hand in Hand die leichtere Möglichkeit, die verschiedenen Verbindungen der oberflächlichen Lagerungsformen mit tieferen Zonen des Untergrundes anschaulich und begrenzbar zu machen. Es zeigt sich in voller Deutlichkeit die Abhängigkeit der Struktur der obersten Zone von den Bewegungsvorgängen in ihrem Untergrunde. Die Diskussion des Querschnittes kann nicht abgeschlossen werden, ohne daß noch eine Scheidung der zahlreich vorhandenen Anzeichen von ostwestlichen Bewegungen von den südnördlichen an- gebahnt wird. Eine Tafel und mehrere Zeichnungen versuchen ein den heutigen Erfahrungen ungefähr entsprechendes Bild von diesen Vorgängen zu geben, auf welche zuerst Prof. Rothpletz die Aufmerksamkeit der Geologen gelenkt hat. Nach seiner Ansicht wurde das Alpengebiet zuerst in ostwestlich streichende Falten gepreßt. Dann bildeten sich große Abspaltungsflächen, längs denen nun von Osten gegen Westen weite Verschiebungen der schon gefalteten Schichtmassen eintraten. Es ist indessen nicht möglich, wie dieser Alpenforscher meint, ledig- lich mit ostwestlichen Verschiebungen alle Bewegungsflächen dieses Gebietes zu beleben. Es haben sicherlich schon vorher große Massen- transporte entlang von ausgedehnten Schubflächen in der Richtung von Süden gegen Norden im Gefolge mächtiger Tiefenumlagerungen stattgefunden. [155] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 665 Aus dem Studium des Querschnittes wird endlich der Begriff der „Verschluckungszonen* abgeleitet und beim Ausbau einer neuen Alpenbauformel verwendet. Eine Skizzierung und Vergleichung der wichtigsten anderen modernen Bauformeln der Alpen beendigt die Arbeit. Die tektonische Behandlung der einzelnen Zonen ist leider durchaus nicht eine gleichwertige. Am ausführlichsten sind die Allgäu- Lechtaler Alpen beschrieben, da sich hier ein tektonisch hoch- interessantes und dank der klaren Stratigraphie auch sehr durch- sichtiges Gebiet dem Studium darbietet. Weit weniger genau sind die tektonischen Verhältnisse der kristallinen Zonen bekannt, in denen noch großenteils keine sichere Schichtenordnung den tektonischen Forschungen zugrunde gelegt werden kann. Vorland. Die Vorlandregion besteht aus drei sehr verschiedenen Zonen, der Molasse-, Kreide- und Flyschzone. Die Molassezone am Nordrande der Alpen besteht aus zwei verschieden gebauten Stücken, einem südlichen, meist steil aufge- richteten, gefalteten und einem nördlichen, flachlagernden. Im südlichen Abschnitt herrscht die ältere, im nördlichen die jüngere Molasse vor. Die Molassezone besitzt dadurch, daß weder tiefgreifende Ver- werfungen, Überschiebungen oder Faltungen in ihrem Innern vor- kommen, eine außerordentliche Geschlossenheit ihres tektonischen Gefüges. Nirgends treten innerhalb ihres Bereiches fremde Schicht- massen zutage und nur an ihrer Südgrenze sind kleine Einschaltungen und Aufschiebungen bekannt. Die Südgrenze der Molasse ist eine der auffallendsten und wichtigsten Grenzlinien im ganzen Alpenbau, sowohl was ihre Länge und geringe Verbiegung als auch ihre jedenfalls bedeutende Tiefen- erstreckung anbelangt. Schon wegen dieser Länge und Beständigkeit muß dieselbe als Ausstrich einer sehr tiefgreifenden Bewegungsfläche bezeichnet werden. Das Einfallen ist meistens steil und alpenwärts gerichtet. Die Molasse stellt sich als die Verschüttungsserie einer am Nordrande der Alpen hinziehenden Geosynklinale dar. Die Beiträge zu der Verschüttung sind von allen Seiten, weit überwiegend jedoch von den Alpen entsendet worden. Das beweist die Zunahme der Geröllgröße gegen Süden und vor allem die im Süden aufgestapelten ungeheuren Nagelfluhmassen. Diese grobklastischen Ablagerungen müssen durch zahlreiche Streifen, Bänder und Fäden von Buchten, Flüssen und Bächen mit dem . damaligen Alpenkörper engstens verknüpft gewesen sein. Heute sind am Nordrand oder im Innern der Alpen nur sehr spärliche Reste von Ablagerungen vorhanden, welche mit der Molasse ver- bunden werden können. In unserem Gebiete kann hier nur vielleicht Jahrbuch d.k.k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Bd., 3.u.4. Hft. (Ampferer u. Hammer.) 86 666 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [136] auf die Tertiärbucht im Unterinntal hingewiesen werden, wo M. Schlosser in seiner Arbeit (Zur Geologie des Unterinntals, Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1909) oligocäne molasseähnliche Ablagerungen unterschieden hat. Die breite Zuführungszone, welche zwischen dem Molassebecken und dem Alpenkörper bestanden haben muß, ist heute also nicht mehr mit Sicherheit zu erkennen. Sie muß entweder von der Erosion zerstört oder durch tektonische Bewegungen in die Tiefe gezogen worden sein. Nach dem ziemlich geraflinigen Ausstrich der Molasse- südgrenze scheint eine vorwiegend vertikale Bewegungsfläche vorzu- liegen. Wenn längs derselben eine Erhebung des südlichen Alpen- landes bewerkstelligt wurde, so ist das Fehlen der Verknüpfungszone durch Abtragung wohl erklärlich. Die Faltung der Molasse mit ihrem fein abgestuften Ausklingen gegen Norden ist wohl nur in Verbindung mit dem Vorschub der Alpen verständlich. Die enggepreßten, gleichsinnig zusammengeklappten Falten am Nordrand unseres Querschnittes stellen eine geschlossene, eng zusammengeschobene, nicht tiefgreifende Faltenzone dar. Die Molasse muß hier wenigstens im Süden teilweise von ihrem Unter- srund abgeschürft worden sein. Wir sehen in der Molassezone gewissermaßen die Puffer- region der Alpenfaltung vor uns. Arn. Heim hat in seiner Arbeit über die Brandung der Alpen am Nagelfluhgebirge (Vierteljahrschrift der Naturforschenden Ge- sellschaft in Zürich, Jahrgang 51, 1906) den Gedanken ausgesprochen, daß Alpen und Nagelfluhgebirge zwei unabhängig voneinander ge- bildete Gebirge seien, die erst in jüngster Zeit, wahrscheinlich im älteren Mittelpliocän, zusammengestoßen wurden. In dem Gebiet unseres Querschnittes sind weder für noch gegen diese Anschauung entscheidende Beobachtungen gemacht worden. Durch die Deutung von Arn. Heim wird aber die nur im An- schluß an den Alpenschub verständliche, stark einseitige Struktur der Molasse völlig rätselhaft gemacht. Die südlich an die Molasse stoßende Kreidezone ist im Be- reiche des Querschnittes nur ein wenig mächtiger, enggepreßter Schichtenkeil. Während .sich diese Zone gewissermaßen nur wie ein schmales Grenzgitter zwischen Molasse und Flysch noch weit gegen Osten nachweisen läßt, gewinnt dieselbe gegen Westen rasch an Breite und Bedeutung. Schon am Grünten schwingt sie sich zu schönen, spitzbogigen Falten empor, um dann im Bregenzer Wald und im Säntis eine eigene reichbewegte Gebirgswelt zu bilden. Wir haben in dieser Zone ein sowohl stratigraphisch wie tek- tonisch selbständiges und eigenartiges Gebiet vor uns. Die helvetische Kreidezone ist ebenfalls eine streng geschlossene Faltenzone, an der keine fremden älteren Schichtglieder Anteil nehmen, in deren Innerem sich nirgends tiefgreifende Verwerfungen oder Überschiebungen zu erkennen geben. [137] Geologischer Querschnitt durch die ÖOstalpen. 667 Dagegen muß diese Zone als Ganzes schon wegen ihrer engen, geschlossenen Struktur als eine vom Untergrund abgelöste Decke ‚begriffen werden. Die eleganten, leicht geschwungenen Falten des Grüntens, des Bregenzer Waldes und des Säntis können nur als Gebilde einer dünnen, sehr elastischen Decke bei ungehemmter Beweglichkeit entstanden sein. Hätten tiefere Gebirgszonen daran Anteil genommen, so wären sicher statt der zierlich aufhüpfenden breit und plump hinschreitende Falten zustande gekommen. Auch die besonders im Bregenzer Wald so scharf hervortretende Exzentrizität des ganzen Bauplanes (das Kerngewölbe des Tithons von Au liegt ganz am Südrand!) spricht für freie Beweglichkeit der Kreidezone. Die außerordentliche Verschmälerung, welche der helvetische Kreidestreifen östlich vom Illertal erleidet, ist in deutlicher Weise nicht allein in einer Verschmälerung ihres ursprünglichen Ablagerungs- gebietes, sondern in einer tektonischen Verschiebung großen Maß- stabes zu suchen. Die Verschiebung (vergleiche die Strukturskizze Fig. 24) be- trägt in nordsüdlicher Richtung zirka 10°5 km,, also nahezu soviel als die mittlere Breite des Kreidegebirges im Bregenzer Wald ausmacht. Der erste Eindruck ist hier an eine einfache Verschiebung längs einer saigeren nordsüdlich streichenden Spalte zu denken. Eine genauere Überlegung aber zeigt, daß dadurch nur ein Teil der Erscheinung erklärt wird. Das Faltenbündel des Grünten ist ein- mal gegenüber den Falten am Ostende des Bregenzer Waldes viel enger zusammengedrückt, dann verschwindet östlich der Iller auch jener breite Saum von Flysch, der westlich noch zwischen Kreide und Mo- lasse eingeschaltet ist. Es ist möglich, daB durch genauere Detailuntersuchungen auch noch ostwärts vom Grünten zwischen Kreide und Molasse Spuren von Flysch nachweisbar sind, aber jedenfalls nur in sehr geringfügigen Massen. Des weiteren erscheint an der Südseite des Grüntens eine höchst auffällige Anhäufung von Nummulitenschichten und Kalkeisen- erzzonen, welche westlich der Iller an der Südseite der Kreide völlig fehlen. Außerdem wurden aber von A. Rösch (Der Kontakt zwischen dem Flysch und der Molasse im Allgäu. München 1905) in der Gegend von Sigishofen Schollen von Eocän und Kreide überschoben auf Flysch, bei Bihlerdorf weiter nördlich aber Schollen von Eocän und Kreide auf Molasse geschoben kartiert. Damit ist schon nahegelegt, daß es sich nicht so sehr um eine Verschiebung längs einer senkrechten Fläche, sondern vielmehr um eine Überschiebung entlang einer mehr horizontalen Fläche handeln kann. Der Grünten stellt nicht einfach die gegen Norden um 10'5 km verschobene Fortsetzung der Kreidezone von Langenschwand dar, sondern er ist nur der Stirnrand der von Südosten her überschobenen und gegen Nordwesten vorgeschleppten Kreidezone. Die Kreidezone östlich des Illertales wird von den südlichen Gebirgsmassen, also vor allem den Allgäuer Alpen, gegen Norden und 86* Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [138] 668 Dreg egenx © .i——- A Se ZN] ln Strukturschema der Nordalpen. 1 —= Molassezone. a — Verschiebung der Kreidezone. f = Anhäufung von Muschelkalk-Partnach- 2 — Helvetische Kreidezone. b — Schubschollen am Rande der Allgäuer schichten. ER 3 — Flyschgebiet. Überschiebune. = ENDE der Karwendel-Kreide- Au Kulkalnenie zz ce — Sattelzone Höfats— Schneck—Rot-Sp. DE nl Uran Enkerküberschiehune, 5 — Kristalline Zonen. d — Lechtalerschubmasse, i — Faltenzone der Scesaplana. 6 — Bündnerschiefergebiet. e = Rand der Wetterstein — Mieminger i, = Faltenzone des Tajakopfs. 7 = Paläozoische Grauwackenzone. Überschiebung. i, — Faltenzone des Sonnwendgebirges. [139] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 669 Nordwesten gedrängt, wobei dieselbe unmittelbar bis an die Molasse hinangedrückt wurde. Dadurch wird nicht nur die mächtige Ausbiegung gegen Norden, welche auch von den Allgäuer Alpen mitbeschrieben wird, sondern auch die UÜberschiebung von Kreide- und Eocänschollen auf das west- liche Illerufer bei Sigishofen und Bihlerdorf erklärt. Ebenso erscheint der gepreßte Bau des Grüntens und die An- häufung der Nummulitenschichten dadurch begründet. Die letzteren wurden von einem größeren Verbreitungsgebiete durch den Schub abgehoben und zusammengestapelt. Die Flyschzone, welche südlich an die Kreidezone grenzt, scheint wenigstens in den unmittelbar hangendsten Lagen in ursprünglichem, sedimentärem Verband mit der helvetischen Kreide zu stehen. Ihre Südgrenze gegen die Kalkalpen ist jedoch im Bereiche unseres Querschnittes eine klar ausgesprochene Überschiebungsfläche mit reicher und mannigfaltiger Schollenförderung. Der innere Bau der Flyschzone ist wohl sehr kompliziert. Eine reiche Bewachsung und die Gleichartigkeit vieler Schichtglieder erschweren jedoch gar sehr ein Eindringen in das Gefüge. Allgäuer und Lechtaler Alpen. Wie schon bei der Detailbeschreibung hervorgehoben wurde, sind die Allgäuer und Lechtaler Alpen in ganz auffallender Weise von meist gegen Süden einfallenden Schubflächen zerschnitten. Gegenüber dem Ausmaße der an diesen Flächen vollzogenen Verschiebungen tritt die Wirkung der reinen Faltung entschieden zurück. Vertikale Bewegungen sind im Bereiche des Querschnittes nur in ganz geringen Dimensionen ausgelöst worden. Man kann die Allgäuer und Lechtaler Alpen in mancher Hin- sicht mit einer gewaltigen Steintreppe ohne Anstieg ver- gleicnen, deren Stufen meist aus Schichten von Hauptdolomit bis zur Kreide bestehen. Am Nordrande beginnt die Kalkalpenzone mit kleineren, wie Klippen aufragenden Schollen, welche vielfach auch durch eine ab- weichende stratigraphische Entwicklung der Jura- und Kreideglieder ausgezeichnet sind. Diese ausgezeichnete stratigraphische Stellung, vereint mit dem am Nordsaum der Alpen und Karpathen perlschnurartigen Hinziehen dieser eigenartigen Bildungen, hat Prof. Uhlig die Veranlassung gegeben, dieser von ihm als „pieninische Klippenzone“ bezeichneten Region den Rang einer selbständigen Decke zuzusprechen. Die Vorteile dieser Auffassung sind naheliegend, doch kann man, auch ohne an eine selbständige Decke zu denken, der Stellung dieser Randzone gerecht werden. Wenn wir ihren abweichenden Schicht- - besitz betrachten, so zeigt sich, daß die Hierlatzkalke durchaus nicht nur auf diese Zone beschränkt, sondern auch noch weiter südlich ver- 670 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [140] breitet sind. Die Doggeroolithe wurden, wenn auch nicht fossilreich, in einem großen Teil der Allgäuer und sogar in den Lechtaler Alpen durch die Neuaufnahmen nachgewiesen. Ebenso gehen die Genoman- bildungen bis an den Südrand der Lechtaler Alpen. Stellen diese Schichten Verbindungen mit den südlicheren Kalkzonen dar, so weisen die Gault- mergel auf Beziehungen zur helvetischen Kreide. Es ist doch von vornherein wahrscheinlich, daß am Rande einer großen Geosynklinale andere Absatzvorgänge als im Innern derselben stattfinden. Es ergibt sich aus dieser Überlegung, daß die Randzone eben als Randzone fort und fort stratigraphisch abweichende Bildungsverhältnisse hatte, welche sich gegen das Innere der Kalk- alpen hin mehr oder weniger rasch verloren. Die Zerschellung in viele kleinere und schmälere Schollen er- scheint ebenfalls am Stirnrand einer mächtigen Schubdecke als sehr natürlich und in der Mechanik ihres Vordringens begründet, Es ist schon betont worden, daß die Überschiebung an der Nordseite des Zinkens ein Stück jener gewaltigen Schubfläche ist, welche von Rothpletz als rhätische (Allgäuer) Schubfläche bezeichnet wurde und in ihrer ganzen Ausdehnung beschrieben worden ist. Sie bildet die scharfe Grenze zwischen Kalkalpen und Flysch und an ihr sind zahlreiche Schollen zutage gefördert worden, nicht nur solche von Trias-Jura-Kreidegesteinen, sondern auch eruptive und kristalline Gesteinsarten. Es ist der Ausstrich einer Bewegungsfläche ersten Ranges die mit monumentaler Geberde zwei Gesteinswelten scheidet. Bezüglich der Einzelheiten muß auf die klaren und eindringlichen Schilderungen von Prof. Rothpletz verwiesen werden, welcher diese Erscheinung zum Gemeingut der modernen Alpengeologie gemacht hat, Die Schubfläche der nächsten kleinen Scholle ist dagegen sekundär. Von größerem Ausmaße ist wieder die flache Schubfläche, welche die weite Mulde des Tannheimer Tales unterfährt. An ihrem Anschnitt sind wieder verschiedene Förderungsschollen zu sehen, unter denen eine ziemlich große Masse von Buntsandstein am Nordhang des Iselers am auffallendsten ist. Die steilen Schubflächen, welche die Gaishorn-, Rauhhorn-, Kugel- horngruppe durchsetzen, haben nur eine mehr lokale Bedeutung. Sie dürften von der großen, nördlichen Schubfläche unterfahren werden. An der Nordseite des Gaishorns und zwischen Rauh- und Kugel- horn ist es zur Auffahrt von kleinen Schubschollen gekommen. Südlich des Kugelhorns tritt uns wieder eine Schubfläche mit allen Anzeichen von mächtigen Einwirkungen entgegen. Lebhafte Verfaltungen und Verknetungen der jüngsten Schicht- gruppen des Untergrundes und Herbeischleppung fremder Schicht- massen (Wettersteinkalk, Raibler Schichten) zeigen die Nähe der Schub- fläche an. Dieselbe fällt mit flacher Neigung gegen Süden zu ein. Wir wissen, daß der Ausstrich dieser Schubfläche sich gegen Osten bis zum Urisee, östlich von Reutte, hinzieht, dann umkehrt und die Tannheimer Berge im Süden, Westen und Norden umsäumt. [141] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 671 Gegen Westen umzieht dieselbe die Hochvogelgruppe, kehrt im Hinterhornbachtal bis Stanzach ins Lechtal zurück und begleitet dann die Hornbacher Kette und weiter den Allgäuer Hauptkamm bis in die Gegend des Biberkopfes. Es ist der Anschnitt einer sehr ausge- dehnten und weithin flachen Schubfläche, welche von Prof. Roth- pletz ohne Kenntnis ihres genaueren Zusammenhanges kurzweg als „Lechtaler Überschiebung* in die geologische Literatur eingeführt wurde. Es ist schon betont worden, daß entlang dieser Fläche gewaltige Gesteinsmassen über eine von jüngeren Schichten bedeckte Haupt- dolomitplatte bewegt wurden, wobei im Süden die Öberjura- und Kreideschichten abgeschürft und am Nordrande wieder angehäuft wurden. Die stolzen Hörner der Höfats, des Schnecks und der Rot- spitze sind aus dem Material dieser Schürfzone herausgeschnitten. ... An.der Nordseite der Hochvogelgruppe ist eine höhere, kleinere Uberschiebung entwickelt, welche sich durch das Schwarzwassertal und über den Saldeinersattel bis ins Lechtal verfolgen läßt. Der nächsten deutlichen Bewegungsfläche begegnen wir im Innern der großen Dolomitmasse der Hornbacherkette. Es ist eine ziemlich weithin erkennbare Schubfläche, welche in der Gegend nördlich von Holzgau-Steeg eine junge Schichtgruppe mit Gosaukreide übergreift. Ebenfalls als eine Schubfläche von geringerer Förderungs- weite tritt uns die Nordüberschiebung der Lechtaler Alpen entgegen. Diese Störungszone läßt sich von der Gegend des Schacht- kopfes bei Biberwier bis westlich von Steeg verfolgen und zeigt meist steiles Einfallen gegen Süden. Schollenauswurf ist nirgends zu sehen. Charakteristisch für diese Verschiebung ist der Umstand, daß die südliche Schubmasse hin und hin mit einem Sattel beginnt, der einen Kern von Raibler Schichten enthält. Es ist schon erwähnt worden, daß die Kreidemulde von Holz- gau von einem Vorsprung dieser südlichen Schubmasse um zirka 1 km gegen Norden vorgestoßen wurde. In den Lechtaler Alpen begegnen wir neben den meist steiler gestellten Schubflächen auch einer dichter gedrängten Faltung. Von jenen zahlreichen kleineren Schubflächen an den Grenzen starrer und weicherer Gesteine muß hier abgesehen werden. Einer großen Schubfläche begegnen wir an der Wetterspitze. Die Wirkungen der Schubbewegung sind hier ganz ausgezeichnet ent- wickelt und im ersten Teile dieser Arbeit auch eingehender beschrieben und abgebildet worden. RE Wir haben ein ganzes Büschel von steilen, südfallenden Überschie- bungen hier vor uns. Die von diesen Flächen zerschnittene, große Haupt- dolomitmasse sinkt ost- und westwärts bald in die Tiefe. Beiderseits legt sich dann eine weit größere Schubscholle darüber, zu der auf den Neben- profilen die Schollen der Ruitelspitze und der Wildtalerspitze gehören. Am Südabfall der Lechtaler Alpen treten uns eng aneinander- gereiht mehrere Bewegungsflächen entgegen, von denen diejenige an der Grenze zwischen Kreidezone und alter Triaszone im Ausmaße die bedeutendste sein dürfte. 672 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [142] Wenn wir nun nach dieser Übersicht über die Bewegungsflächen dieselben miteinander in Verbindung zu bringen suchen, so ergeben sich für eine solche Verknüpfung verschiedene Möglichkeiten. Es ist schon bei der Einzelbeschreibung der sichtbaren Schub- flächen darauf hingewiesen worden, daß sich nirgends Anhaltspunkte ergeben haben, die Schubkörper im großen als liegende Falten zu begreifen. Keine einzige der vielen Hauptdolomitplatten läßt sich als aus zwei Teilen zusammengeschweißt erkennen, von denen der hangende normale, der liegende inverse Schichtfolge zeigen müßte. Dasselbe gilt von der unter den Hauptdolomitmassen liegenden Fleckenmergel- und Kreideschieferserie. Auch diese sollten sich vom Standpunkt der Faltungslehre aus als zusammengeklappte, liegende Mulden darstellen mit den jüngsten Schichten in der Mitte. Auch hier beobachten wir durchaus nur einfache, normalliegende Serien, die knapp unter der hangenden Überschiebungsmasse ihre jüngsten Be- standteile zeigen, Es ist hier sehr bemerkenswert, daß die einzige tiefere und nordwärts überkippte Mulde dieses Bereiches, die Kreidemulde von Holzgau nicht unter, sondern am Rande einer Schubmasse liegt und durch ihre Struktur deutlich zeigt, daß sie durch das Vordrängen dieser Schubmasse gebildet und verschoben wurde. Ebensowenig läßt sich, wie vielleicht bei flüchtiger Betrachtung erscheinen könnte, die aus zwei Schuppen bestehende gewaltige Haupt- dolomitmasse der Hinterhornbachkette als ein liegender Sattel auf- fassen, denn die zwischen diesen Schuppen eingeschlossene Schicht- zone enthält nicht ältere, sondern vielmehr jüngere Schichtfolgen. Auch die häufig verwendete Ausrede, daß eben die fehlenden Teile ausgequetscht oder zurückgeblieben seien, führt zu keiner Er- klärung. Denn man muß hier gerade soviel ausgequetscht und zurück- geblieben sein lassen, als eben einfache Verschiebungsschollen von vornherein weniger enthalten als wie entsprechende Falten. Auf der nebenstehenden Zeichnung, Fig. 25, ist der Versuch ge- macht, die Allgäuer und Lechtaler Alpen als Überfaltungsdecke, als eine Verzweigungsdecke aufzufassen. Die dunkler gehaltenen Teile sollen die beobachteten Stücke, die helleren die zu einer vollständigen Zweigdecke noch notwendigen Teile versinnlichen. Wie man gleich erkennt, fehlen alle inversen Bestandteile dieses Mechanismus. | Derselbe verliert dadurch jedoch durchaus nicht die Bewegungs- möglichkeit, sondern gibt uns bei Weglassung aller nicht vorhandenen Teile, das heißt, wenn man statt liegender Sättel und Mulden überall einfache Schichtplatten einsetzt, eine kurze Verknüpfung der einzelnen Schollen untereinander an. Die Formel hat also als Faltungsformel keine Anwendung, weil der Beobachtungsinhalt ihr nicht entspricht und nicht in ihrem Sinne weiter entwicklungsfähig ist, dagegen kommt sie als Verknüpfungs- formel der einzelnen Schubkörper in Betracht. Bevor wir näher auf die Verknüpfungsmöglichkeiten eingehen, muß noch darauf hingewiesen werden, daß der Typus jener Ver- 675 Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. [143] "uHZIOZUe NEOATUSIIHHP SEP [[OS Y9LLIS[BIUOZLIO] AO -uo}yalgog a1ssunl ayıoyyund ‘seLL], 91990 S19TFeALyIS ‘ wnyleg9Iy— sel], 919}un USMIPIq UOYUOBLT 9ZIBAyOg (nequay9apäurıdg) "u9299p]IoL USpuadurLıdsne JIm 9799psFungfeJıaq M lau N IN: 1 Syaı ayurs se uadepIoN A9p WOLNNAISUONIy Sydsızewayog ie EHRE N Ne en SS Dun 3.u.4. Hft. (Ampferer u. Hammer.) 87 “2 Jahrbuch d.k.k.geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Bd 674 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [144] zweigungsdecke, welcher sich mit den Lagerungen in den Allgäuer und Lechtaler Alpen wenigstens in großen Zügen in Übereinstimmung bringen läßt, wesentlich von jenem abweicht, welcher gegenwärtig gewöhnlich zur Erklärung der Schweizer Alpen verwendet wird. Es ist der Typus der Tauchdecke, welcher in den Westalpen sowohl in den tiefliegenden Regionen im Innern der Alpen (Simplon) wie in den Brandungsdecken am Nordrande zur Geltung kommt. Seine Formel ist auf die tektonischen Erscheinungen der All- gäuer und Lechtaler Alpen nicht anwendbar, wenn man nicht etwa annehmen will, daß nach der Bildung der Tauchdecke alle Lagerungen geradezu völlig umgewendet worden sind. Fig. 26a. & Fig. 26b. a — Tauchdecke. — 5b — Springdecke. Die Ziffern bedeuten die Reihenfolge der Bildung der einzelnen Teilfalten. Während bei der Tauchdecke, Fig. 26a, das Wachstum ihrer Elemente von innen nach außen vorschreitet, die jüngere Falte also über die ältere zu liegen kommt, zeigt sich bei ihrer Umkehrung, der Springdecke, Fig. 265, das Entgegengesetzte. Hier würde das Wachstum von außen nach innen vorschreiten. Die Tauchdecke muß unbedingt als viel verständlichere Form gelten als die Springdecke. Das geht aus ihrer Entstehung hervor. Bei der Tauchdecke schiebt sich erst eine kleinere Falte vor. Bei einer bestimmten Entwicklung dieser Falte tritt der Fall ein, daB die zur Weiterbildung der tiefliegenden Falte erforderliche Kraft nun größer wäre als die zur Bildung einer neuen, höher ansetzenden. Es wird daher eine höhere Falte über die liegende vorgeschoben, welche nun verhältnis- mäßig leicht über die liegende hinuntergleitet. Hat diese Falte [145] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 675 wieder eine zu große Reibung und Rückstauung gefunden, so bildet sich abermals eine Abzweigung und so weiter. Dieser Vorgang erscheint in dem wechselweisen Anschwellen und Abnehmen von Reibung und Rückstauung wohl verständlich. Bei der Springdecke, wie sie zur Erklärung der Lagerungsformen der Allgäuer und Lechtaler Alpen erforderlich wäre, müßte sich zuerst eine außerordentlich große Grundfalte ausbilden. Das ist an und für sich schon recht unwahrscheinlich. Der Hangendflügel dieses riesigen liegenden Sattels müßte aber nun noch von außen nach innen, also gegen die Schubrichtung vorschreitend, Zweigsättel auf- werfen. Das ist noch unwahrscheinlicher. So schließt schon die Grundformel des Zweigdeckenbaues für unser Gebiet große Unwahrscheinlichkeiten ein, welche sich nicht umgehen lassen. R Wenn sich also nach diesen Überlegungen die Schubmassen nicht als liegende Falten begreifen lassen, so können trotzdem die UÜberschiebungen aus anfänglichen Falten entstanden und faltenartig miteinander verknüpft sein. Diese Art der Verknüpfung liegt der Zeichnung Fig. 27—28 zu- grunde, wobei natürlich zu beachten ist, daB nur der Grundzug der Anordnung bestimmt erscheint, das Detail jedoch als völlig variabel und zurzeit noch nicht genauer begrenzbar zu gelten hat. Wir hätten nach dieser Anordnung also eine Reihe größerer und kleinerer Schollen, welche sowohl an ihren oberen als an den unteren Enden von Bewegungsflächen abgeschnitten sind. Es liegt im Sinne dieser Bewegungen, daß sowohl am Kopf- wie am Schwanzende der Schollen kleine Einrollungen der Schichten in der Bewegungsrichtung stattgefunden haben. Bei der Detailbe- schreibung sind mehrfach solche Gebilde beschrieben worden, welche vielfach irrtümlich für Beweise der Faltennatur der Schubmassen angesehen werden, obwohl sie nur in der Ausdehnung beschräukte und ganz lokal begründete Erscheinungen an den Rändern von be- wegten Massen sind. Eine Verknüpfung wie die in Fig. 238 angedeutete setzt eine flache, ursprünglich einheitliche, sehr ausgedehnte, dünne Schubplatte voraus, welche erst bei der Vorwärtsbewegung zerstückelt und wie ein Stoß von Brettern übereinander aufgeschlichtet würde. Eine so ausgedehnte und dabei verhältnismäßig so dünne Platte erscheint als Ganzes nicht gut transportfähig. Sie muß zerbrechen und die Stücke schieben sich dann aufeinander. Dadurch tritt nicht nur ein bedeutender seitlicher Raumgewinn, sondern auch eine Ver- stärkung und Versteifung des ganzen Schubkörpers ein, der nunmehr leichter als einheitliche Masse bewegbar wird. Wir haben in gewissem Sinn eine ganz ähnliche Verstärkung vor uns, wie sie auch bei der Faltung einer Schichtplatte eintritt und die von Arn. Heim sehr zutreffend als Wellblechstruktur bezeichnet wurde. Während also nach dieser Vorstellung zuerst eine ausgedehnte, flach in die Tiefe ziehende Abspaltungsfläche entsteht (siehe Fig. 29 a) und erst bei der Schubbewegung dann die große, dünne Schichtplatte zerteilt und schuppenartig verstärkt wird, würden, wenn die Teilschub- 87*+ [146] Fig. 27. ALLCÄUER ALPEN ZLECHTALER ALPEN Zinher Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. Schematisches geologisches Profil der Allgäuer und Lechtaler Alpen. Fig. 27. Die schwarzen Ellipsen bedeuten den Ausstrich von Schubflächen mit Schollenförderung. Fig. 28. Gestrichelt sind ältere Triasgesteine, schwarz Hauptdolomit, punktiert Kössener Schichten—Tertiär bezeichnet. 676 [147] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen 677 flächen selbständig in die Tiefe reichten (Fig. 295), ganz andere Ver- hältnisse zutage kommen als in den Nordalpen zu sehen sind. Die Verknüpfung der einzelnen Schubschollen nach Art von übereinandergreifenden Dachziegeln hat den großen Vorzug einer einfachen, vollkommen mit den Beobachtungen übereinstimmenden Mechanik. Zudem erfordert diese Verbindung nur verhältnismäßig geringe Untergrundergänzungen. Das Prinzip ist dabei, keine Scholle ohne speziellen Grund in der Tiefe sich weiter ausgedehnt zu denken, als nach den vor- handenen Aufschlüssen notwendig ist. Die Rechtfertigung dieser Anschauung ist in dem raschen Ab- lösen der Schollenelemente an der Oberfläche gegeben, welches ja sein Widerspiel in der Tiefe haben muß. Neben diesen Verknüpfungen, die im Grunde sich als Faltungen oder Übereinanderschiebungen einer ausgedehnten, dünnen Schichten- Fig. 29a. Zuerst bildet sich die Trennungsfläche A—B und erst bei der Vorwärts- bewegung die Teilschubflächenschar a, b, c, d, e, f. Fig. 29. Die Schubflächen A, B, C, D, E, F, @ sind ungefähr gleichzeitig und | gleichwertig. platte darstellen und also mit vorzüglich horizontalen Bewegungen arbeiten, müssen auch Verknüpfungen mit mehr vertikaler Tendenz noch berücksichtigt werden. Eine solche Verknüpfung ist nur denkbar, wenn die oberflächlich meist ziemlich flachgeneigten Schubflächen sich gegen die Tiefe zu rasch steilstellen. Wie man aus der nachstehenden Zeichnung Fig. 30 ersieht, ergibt eine derartige Kombination ganz unmögliche geome- trische Verhältnisse. Die’Kalkalpenzone unseres Querschnittes bildet in ausgezeichnet klaren Umrissen eine für sich nach oben und unten geschlossene Decke. Das heißt mit anderen Worten, weder über ihr, noch unter ihr liegende Schichtsysteme können in gleicher oder auch nur ähn- licher Weise an ihrer Tektonik Anteil nehmen (siehe Fig. 31). Sie muß, da ja keine geschlossene Überlagerung vorhanden war, also wenigstens an ihrer Unterseite durch ein Geflecht von Be- wegungsflächen (vielleicht auch eine einheitliche Fläche) von ihrem Untergrund abgetrennt sein. 678 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [148] So bildet die Kalkalpenzone lediglich mit Rücksicht auf ihre geschlossene Struktur eine für sich selbständige Decke, die man nicht direkt mit ihrer Unterlage verkoppeln kann. Wenn nun aber die Kalkalpen in diesem Sinne eine Decke für sich bilden, so ist damit noch nicht gesagt, daß sie von der Ferne her auf einen fremden Untergrund aufgeschoben wurden. Es liegt von vornherein noch immer die Möglichkeit vor, daß sich unter der Kalkalpendecke (siehe Fig. 31) ihr ursprünglicher Untergrund, aber in einer ganz anderen Tektonik befinde. Diese Tektonik kann sich wegen der sehr erschwerten Möglichkeit des Ausweichens nicht mehr der gleichen Mittel, also vor allem nicht mehr flacher, weitausgreifender Überschiebungen bedienen. Fig. 30. Fig. 30. Mit gestrichelten Flächen sollen ältere Trias—Archaikum, mit schwarzen Hauptdolomit, mit punktierten’ jüngere Schichten bezeichnet werden. Diese Art von Raumgewinn ist gewissermaßen nur im obersten Stockwerk möglich, während sich für die tieferen tektonischen Stock- werke in den meisten Fällen eine enggepreßte Faltung und Ver- knetung als erste Bewegungsmöglichkeit ergibt. Aus dieser Überlegung leitet sich nun gleich der Schluß ab, daß selbst wenn der Untergrund der Kalkalpenzone der ursprüngliche Boden dieser Sedimente wäre, dennoch die Schubflächen von oben nicht ungebrochen oder unverändert in die Tiefe setzen können. Es ist somit ausgeschlossen, jede der Überschiebungen so in die Tiefe zu verlängern, daß an jeder Scholle noch paläozoische oder kristalline Zonen Anteil nehmen können. Vertikale, tiefgreifende Verknüpfungen sind somit in diesem Bereiche der Nordalpen nicht anzunehmen. Es ist eine auffallende Erscheinung, daß die Schollen der Kalk- alpenzone nicht nur in der Richtung von S—N, sondern auch in der 1149] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 679 von O—W sich dachziegelartig übergreifen. Für die erstere Richtung ist das eine längst bekannte Tatsache, für die zweite ist sie weit weniger beachtet und überlegt. Auf Fig. 24 sind für die Nordalpen vom Bodensee bis über den Achensee hinaus die Ausstriche der wichtigeren Bewegungsflächen schematisch angedeutet. Man erkennt deutlich, wie nicht nur gegen Süden, sondern auch gegen Osten Scholle um Scholle untertaucht. Neben diesem Untertauchen findet nun aber ebenfalls in beiden Richtungen, also von N—S und von W—0O, entlang den Schubflächen ein Auftauchen von älteren Schichtreihen statt. Am schönsten ist diese Erscheinung am Nord- und Südrahmen des Nesselwängler Fensters und entlang der großen Schubgrenze Heiterwand, Boden, Namlos, Ruitelspitze zu sehen. Die ältesten Schichten, die im Osten an der Basis der Schub- massen hier zutage treten, sind Muschelkalkschichten. Sie besitzen die geringste Erstreckung gegen W. So ziemlich mit ihnen enden auch Fig. 31. die Partnachschichten. Wesentlich weiter greifen die mächtigen Massen des Wettersteinkalkes aus. Ebenfalls wieder ungefähr mit dem Wettersteinkalk enden die Raibler Schichten. Ungleich weiter aber dringt nun über den Raibler Schichten der Hauptdolomit vor, welcher bis zu den Westrändern der Schubmassen deren Basis bildet. Es zeigt uns diese Erscheinung, deren Abstufungen auffallender- weise in dem nördlicher gelegenen Nesselwängler Fenster ziemlich genau parallel mit jenen der südlicheren Linie erfolgen, daß die Schub- flächen gegen Osten in immer größere Tiefen hinabdringen. Das Gefälle ist dabei ein außerordentlich flaches und stets folgt die Schubfläche auf längere Strecken hin den Hauptformationsgrenzen. Es möge hier auch darauf hingewiesen werden, daß sowohl für die Schubschollen im Bereiche des Fensters von Nesselwängle als auch für jene am Rande der Allgäuer Überschiebung zwischen Hin- delang und Oberstdorf es weit näher liegt, eine Heraufschleppung von Osten als von Süden anzunehmen, weil sich die Schubflächen in dieser Richtung rascher in ältere Schichtbereiche versenken. 680 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [150] Das Tiefergreifen der Bewegungsflächen in der Richtung von N—S kommt vor allem dadurch zum Ausdruck, daß die ältere Trias in vorherrschenden Massen am Südrande auftritt. Reichenhaller Schichten (Myophorienschichten), Buntsandstein und Verrucano aber sind im Bereiche der Allgäuer und Lechtaler Alpen so gut wie ausschließlich an den Südrand gebunden. Das Einsetzen der älteren Schichtgruppen findet aber in dieser Richtung anscheinend lange nicht so regelmäßig statt wie in der früher besprochenen Westostrichtung. Es erscheinen erst südlich des Lechs die älteren Gesteinsgruppen, erst Raibler Schichten, dann Wetter- steinkalk-Dolomit (Arlbergschichten), Partnachschichten, Muschelkalk, Reichenhaller Schichten, Buntsandstein, Verrucano. Der ungeheuer weit- gedehnten Vorherrschaft des Hauptdolomits im Norden steht so im Süden nur eine ganz schmale Zone mit älteren Schichtgliedern gegenüber. Man darf aber nicht vergessen, daß wir in der Westostrichtung einheitliche, zusammenhängende Aufschlüsse an ein und derselben Schubfläche haben, in der Nordsüdrichtung dagegen fort und fort von einer Scholle zur anderen überspringen müssen. Diese Erscheinung des Auftauchens immer älterer Schichten in einer bestimmten Bewegungsrichtung wird vom Standpunkt der Über- faltungslehre als Zurückbleiben der Faltenkerne, vom Standpunkt der Überschiebungslehre als Tiefersteigen der Schubflächen erklärt. In beiden Fällen wird so das Auftreten der älteren Schichten ur- sächlich mit dem Bewegungsvorgang verbunden. Als ungünstig für die Überfaltungslehre muß auch hier wieder betont werden, daß die älteren auftauchenden Schichten ebenfalls durchaus nur normale und nirgends invers verdoppelte Lagerungen zeigen. Abweichend von der bisher beschriebenen einfachen Zunahme des Schichtumfanges an der Basis von Schubmassen tritt an den meist steilgestellten südlichsten Schubflächen der Lechtaler Alpen ein wechselweises Zunehmen und Abnehmen des Schichtbestandes ein. Auf Fig. 12 ist diese Erscheinung an einem nordsüdlichen Anschnitt deutlich zu sehen. Dieselbe tritt aber ebenso intensiv in der ost- westlichen Erstreckung der Schubflächen auf. Die Schubmassen, an denen diese Erscheinungen eintreten, sind nun durchgehends überkippt und das kristalline Gebirge der Silvretta stößt ebenfalls überkippt daran. Kehrt man die Überkippung um, so könnte man bei flüchtiger Betrachtung glauben, die Kreideschiefer lagern einem tiefeinge- schnittenen Relief auf. In diesem Falle wäre dann die Grenze keine Bewegungs-, sondern eine Erosionsfläche. Dieser Erklärungsweg ist aber ungangbar, weil einerseits die Grenzfläche vielfach in deutlichster Weise sich als Bewegungsfläche kundgibt und anderseits dieselben Erscheinungen im Innern der Trias- schubmasse und an ihrer südlichen Grenze gegen die Quarzphyllit- region zutage treten. Es gibt hier keine konstant fortstreichende Schichtenzone mehr, sondern lauter mehr oder weniger umfangreiche, linsenförmig begrenzte Gesteinskörper, welche sich gegenseitig ablösen. In der Detail- [151] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 681 beschreibung ist diese Gebirgsstruktur mit der Konstitution eines Augengneises verglichen ‚worden. Es ist hier der Ort, darauf aufmerksam zu machen, daß diese eigenartige Struktur an der ganzen Südgrenze der Kalkalpen von Wörgl bis zum Arlberg entwickelt ist und zum Beispiel in der Gegend nördlich von Innsbruck am Südfuße des Karwendelgebirges eine weite Verbreitung gewinnt. Während die Schollen, die wir bisher in unsere Betrachtungen eingezogen haben, sich nach kürzerer oder längerer Erstreckung gegen Süden zu in die Tiefe versenkten, finden wir in den Lechtaler Alpen eine weitgestreckte Schollenzone, welche sich nieht in die Tiefe fortsetzt, sondern anscheinend frei auf jungen Schichten schwimmt. Im Bereiche des Hauptquerschnittes gehört zu dieser Region das enggepreßte Schichtenbündel mit den Gipfeln der Feuer- und Vorderseespitze. Auf dem oberen Nebenprofil wäre die Scholle der Ruitelspitze sowie jene der Saxerspitze und der Freispitzgruppe hierherzunehmen. Auf dem unteren Nebenprofil wären die Schollen der Wildtalerspitze und das Schichtenbündel der Aple Pleiß-Spitze und des Kridlonsees hier aufzuführen. Für diese Schollen läßt sich ein Untertauchen gegen Süden nirgends unmittelbar erkennen, ja es sprechen viele Beobachtungen dafür, daß die Schubflächen, welche im Norden unter diese Schollen einschießen, im Süden wieder darunter emportauchen. Auf der schematischen Skizze der Allgäuer und Lechtaler Alpen, Fig. 28, ist diese Auffassung bereits zur Darstellung gebracht worden. Wie man aus der Strukturkarte der Kalkalpen, Fig. 24, ersieht, ist pur im Süden eine allerdings sehr Janggestreckte und auch sehr mächtige Scholle vorhanden, für welche die Auffassung als frei- schwimmende Decke wahrscheinlich ist. In der Gegend unseres Querschnittes ist infolge der hier vor- handenen starken nordsüdstreichenden Aufwölbungen (vergleiche Profil Fig. 8) keine einheitliche Uberdeckung, sondern nur eine Zerfransung in mehrere kleinere Schollen vorhanden. Aber weiter gegen Osten, schon von Madau an, tritt eine ge- waltige geschlossene Decke auf, welche sich dann zusammenhängend bis in die Gegend von Schwaz im Unterinntal verfolgen läßt. Sie umfaßt nicht nur das weite Dolomitgebirge südlich der Heiterwand mit der Gosauinsel des Muttekopfs, sondern auch die großen Massen des Mieminger-, Wetterstein- und Karwendelgebirges. In den geologischen Lokalbeschreibungen dieser Gebirge ist fort und fort mit Nachdruck die Anschauung vertreten worden, daß sich die hier zutage tretenden Erscheinungen vollständiger und besser lokaltektonisch erklären lassen. Es ist in dieser Hinsicht nichts mehr hinzuzufügen, wohl aber bedarf die regionaltektonische Erklärung noch einer weiteren Aus- führung, da ihre Anwendungsfähigkeit durch die neuen Aufnahmen im Bereiche der Allgäuer und Lechtaler Alpen vielfach bewiesen worden ist. Auf der schon mehreremal zitierten Strukturskizze der Kalk- alpen, Fig. 24, ist die Umgrenzung dieser großen Scholle mit ihren abgelösten Randschollen im Westen einheitlich hervorgehoben. Jahrbuchd.k.k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Bd.,3.u.4. Hft.(Ampferer u. Hammer.) 88 % 682 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [152] Für das Wettersteingebirge wurde von einer völligen Umgrenzung abgesehen, da die Verhältnisse an seinem Nordrand in dieser Hinsicht noch nicht genügend genau studiert werden konnten. Für die große südliche Scholle ist aber nunmehr durch die Feldarbeiten der letzten Jahre festgestellt, daß dieselbe von einer einheitlichen. zusammenbänpgenden Schubfläche begrenzt wird, welche westlich von Innsbruck beginnt, das südliche Karwendelgebirge um- säumt, das Miemingergebirge im Norden umrandet und dann nahezu geradlinig bis zur Mündung des Alperschontales verläuft. Hier umgreift die Überschiebung den Sockel der Ruitelspitze und wendet sich dann gegen Süden an der Memminger Hütte vorbei bis an den Nordfuß der Parseier Spitze. Von hier kehrt die Schub- fläche durch das Patroltal und über den Silbersattel ins Inntal bei Schönwies zurück. Hier verschwindet dieselbe dann bald Östlich unter dem kristallinen Gebirge. In der Strecke zwischen der Gegend von Imst und von Krane- witten, westlich von Innsbruck, erscheint nun gerade ein starker Vor- stoß der kristallinen Massen der Ötztaler Alpen, dem nordöstlich von Telfs die breite Niederbeugung der Kalkalpen im Bereiche des Sattels von Buchen— Seefeld entspricht. Es ist wahrscheinlich. daß in dieser Strecke das Urgebirge über die Kalkalpen vorgeschoben ist und die Depression von Buchen— Seefeld damit in Verbindung steht. Schon allein die nunmehr festgestellte Tatsache der geschlossenen Umrandung dieser ganzen, sonst streng zusammengefüsgten Masse von vorwiegend älteren Triasgesteinen (Vorherrschaft von Wettersteinkalk) spricht für eine große, einheitliche basale Bewegungsfläche. Außerdem aber haben gerade die stark gepreßten und so eigen- tümlich linsenförmig struierten Zonen in der Gegend nördlich von Innsbruck und zwischen Imst-Landeck eine so auffallende Ähnlichkeit, daß der Gedanke an eine Zusammengehörigkeit sehr nahegelest wird. Wir hoffen übrigens von Fräulein Dr. M. Möller. welches die Trias- zone an der Südseite des Inns zwischen Imst-Landeck bearbeitet, nähere Aufschlüsse und genauere Vergleiche über dieses bisher noch wenig erforschte Gebiet zu erhalten. Jedenfalls ist nach dem heutigen Stande der geo logischen Erforschung Nordtirols die Anschauung von der Deckennatur dieser ausgedehnten Gebirgswelt nicht mehr als unmöglich oder auch nur als unbe- gründet von der Hand zu weisen. Für den Westrand gibt die Auffassung als freitreibende Scholle ein allen Beobachtungen vollkommen entsprechendes Bild der Sachlage. Für das allerdings weit größere östliche Stück der Scholle läßt sich eine solehe Deutung nicht direkt beweisen, aber auch nicht direkt widerlegen. Dafür erscheinen im ganzen Zusammenhang nach dieser einheitlichen Auffassung alle die vielen Überschiebungen und die merkwürdig ähnlich angeordneten Schichtzonen an den Enden im Osten und Westen als Wirkungen ein und derselben Bewegung. Ebenso ist die fast der ganzen Nordfront folgende, so äußerst intensiv verfaltete und verkeilte Zone der jungen Schichten als Schub- und Schürfzone [153] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 683 doch ungleich verständlicher und in ihrer so hoch komplizierten und variablen Architektur viel besser in der Gefolgschaft von großen Hori- zontalbewegungen erklärbar. Die junge Schichtzone zum Beispiel zwischen Wetterstein- und Miemingergebirge erinnert in ihrem Aufbau (vergleiche die Arbeit: Geologische Beschreibung des Seefelder-, Mieminger- und südlichen Wettersteingebirges. Jahrb. d. Kk. k. geol. R.-A. Wien 1905) vollständig an die Abschürfungs- und Anhäufungszonen von jungen Schichten in den Allgäuer und Lechtaler Alpen, welche da so unzweideutig als Teile der UÜberschiebungswirkungen erkennbar sind. Wenn man nun diese große südliche Scholle der Kalkalpenzone als frei schwimmend annimmt, so ergibt sich sogleich die Frage nach der Herkunft und nach der Verbindung mit den unter ihr liegenden Schollen. Nach ihrer stratigraphischen Zusammensetzung haben wir keine Ursache, für die Bildung ihrer Sedimente nach einer anderen, sehr entfernten Geburtsstätte zu suchen, denn sie wird von denselben Schichtgruppen in gleicher oder doch ähnlicher Ausbildung aufgebaut, welche auch in ihrer Unterlage vertreten sind. Unterschiede in kleinerem Ausmaße sind jedoch unverkennbar vorhanden. Man braucht bloß daran zu denken, daß zum Beispiel die sogenannte Ramsauentwicklung der Trias (ein starkes Vorwiegen der Dolomitmassen .. ) der Schollen- region fremd, dagegen überallan ihrem Südrand vorhanden ist. Nördlich von Innsbruck treten sich diese zwei Faziesbezirke außerordentlich nahe, was schon seinerzeit in unserer ersten geologischen Arbeit (Geologische Beschreibung des südlichen Teiles des Karwendelgebirges. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. Wien 1898) vielfach betont worden ist. Da wir nun diese Scholle von Norden nicht aus ihrem Unter- srund und wegen ihrer weiten Frstreckung auch nicht gut von Östen her ableiten können, so bleibt nur übrig, sie von Süden her zu beziehen. Das heißt mit anderen Worten, die heute an das kri- stalline Gebirge angeschlossene Triaszone stellt nicht die Südgrenze der Kalkalpen dar, sondern unsere große Scholle ist noch weiter südlich daranzureihen. Silvretta und Unterengadin. Für diese Gebiete, insbesondere für das zweite, ist bereits im ersten Teil der Abhandlung alles wichtigere tektonische Detail schon aufgeführt und teilweise auch kritisch betrachtet worden. Es erübrigt hier nur ein kurzer Überblick und eine gegenüber jener vorzüglich lokaltektonischen Zusammenstellung mehr allgemeinere Betrachtung der mechanischen Erscheinungen. Die Silvrettazone, welche hier im Querschnitt in einer Breite von 17—18%km durchschnitten wird, besteht aus einem Büschel von dichtgedrängten, steil fächerartig auf- gerichteten Gneisen und Schiefern mit zwischengeschalteten Lagern von Orthogneisen und Amphiboliten. Es ist eine im Vergleich zu den angrenzenden Kalkalpen oder Bündner Schiefern außerordentlich viel dichter gefaltete Schichten- 88* [154] Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. 684 AA, NN AN N = \ ON NORN IS“ SS: AN AU ER LONR Kopie des schematischen Profils durch die Schweizeralpen von Ü. Schmidt. (Nach Fig. 78 in Bild und Bau der Schweizeralpen.) älter gefaltete Massen mit transgressiven Schichtdächern. Bei der jüngeren Alpenfaltung blieben diese Zonen ziemlich starr und wirkten wie die Backen einer Presse. Y B — Pressungsraum — Herd der Faltungseruptionen. — ( — herausgepreßte Massen. [155] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 685 folge, welche am ehesten noch mit den Molassefalten am Nordrande dem Typus nach verglichen werden kann. Ohne auf eine Zerlegung in einzelne Falten näher einzugehen, da die dazu nötigen Untersuchungen noch ausstehen, kann man mit hoher Wahrscheinlichkeit die ganze Zone als aus enggepreßten Falten hervorgegangen bezeichnen. Es ist wahrscheinlich, daß die zweimalige fächerartige Struktur durch nochmalige Faltung einer vorher schon ganz zusammengefalteten Zone erzeugt worden ist, Ob nun die steile Schichtenstellung durch Faltung oder durch schuppenartige Schiebung zustande gekommen sei, jedenfalls haben wir eine vollkommen geschlossene Schichtendecke vor uns, die Ab- schluB nach oben und unten verlangt. Dieser Abschluß nach oben bedeutet aber nicht die Unmöglich- keit einer Überdeckung mit jüngeren Schichten. Es ist sehr wohl möglich, daß die Zusammenpressung der kristallinen Schichten größten- teils schon älter als die Trias ist und diese ruhig transgressiv auf der kristallinen Decke zum Absatz kam. Wir sehen ein ähnliches Verhältnis in der Schweiz, im Gebiete des Aarmassivs, Fig. 32, wo ebenfalls Jüngere Schichten ein altes, gesperrt gefaltetes Massiv über- lagern. Der Abschluß nach unten wäre in diesem Falle ebenfalls schon mit der älteren Faltung vollzogen worden. Es kann aber auch sein, daß die enge Zusammenpressung erst bei der großen Uberschiebung zustande kam. Jedenfalls können wir also nach dieser Struktur von einer selb- ständigen kristallinen Decke der Silvretta in dem schon früher um- grenzten Sinne dieses Ausdruckes reden. Überschiebungen oder Einschaltungen jüngerer Schichten sind bisher hier nicht bekannt geworden. Während die Silvrettadecke im Norden teilweise mit über- kipptem Quarzphyllit, also ihren Hangendschichten, an die Kalkalpen stößt, wird sie im Süden von einer vorherrschend steil stehenden Schubfläche unvermittelt abgeschnitten. Hier fehlt jede Andeutung von phyllitischen Gesteinen. Es ist naheliegend, diese weithin streichende, rasch in die Tiefe ziehende Bewegungsfläche mit der unter der Silvrettadecke theoretisch erschlossenen Abtrennungsfläche in Verbindung zu bringen. Durch diese Bewegungsfläche wird nun die Silvrettadecke im Süden von der mächtigen Aufwölbung der Bündner Schiefer getrennt. Diese Trennung ist jedoch insoferne keine schroffe, als sich eine breite Zone von verschiedenartigen Schollen und Schuppen, eine ge- waltige tektonische NMischungszone, dazwischen einschiebt. Das Detail dieser hochkomplizierten Zone ist im ersten Teil genauer beschrieben, hier soll nur eine größere Übersicht gegeben werden. Das Gewölbe der Bündner Schiefer zeigt im westlichen Teil eine mehr flache, im östlichen Teil eine steilere Aufwölbung von bedeutenden Dimensionen. Auf der Südseite dieser Wölbung tritt uns dann wieder eine Schuppenstrukturzone entgegen und darüber die gewaltige Masse der Lischanna, welche einer tieferen Gneissynklinale aufruht. [156] Fig. 33. Samnaur IN Inntal ori 7 \\ FIN INN IT m G7 ae zu REIT DER Fig. 34. 7 ee Era 7 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. Schematisches geologisches Profil des Unterengadins. 1 — Granitmasse. — 2 — Bündnerschiefer. — 3 = Schuppungszone. — 4 — Silvrettamasse. 5 — Rest der von Osten aufgeschobenen Ötztalermasse. 686 [157] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 687 Im ersten Teil der Arbeit sind nun vor allem die Vorteile einer lokaltektonischen Begreifung dieser Erscheinung vorgeführt worden. Es ist dies der erste Schritt zu einer Erklärung, welche jedoch einen sroßen Aufwand von gegenseitig unabhängigen Bewegungen erfordert. Deshalb liegt es nahe, nach einer Erklärung durch Bewegungsvorgänge zu suchen, die enger und notwendiger zusammengehören. Das kann aber nur bei einer regionalen Betrachtung erreicht werden. Hier sollen nun zur Ergänzung einige neue mechanische Standpunkte ge- seben werden, von denen aus die Auffassung als Fenster näherliegend erscheint. Die hier zu beiden Seiten der eroßen Bündner Schieferauf- wölbung auf dem beiliegenden Schema, Fig. 33 —34, als tektonische Mischungs- oder Schuppungszonen bezeichneten Streifen zeigen in ihrem reichen, oft wechselnden und variablen Detail mit den in den Fig. 35. Nordalpen mehrfach so klar entwickelten Schuppungs- und Schürf- zonen unter oder am Rande von großen Schubmassen eine große Ahn- lichkeit in ihrer inneren Anlage. Dazu kommt noch die ausgesprochene Exzentrizität ders» Auf- wölbung der Bündner Schiefer. Solche Exzentrizitäten haben wir gleichfalls häufig als Wirkungen von großen Schubbewegungen (vergleiche Fig. 35) verstehen gelernt. Denkt man sich die Aufwölbung schon vor oder während der Schubbewegung gebildet, so müssen die oberen Schichten der Südseite abgetragen und auf die Nordseite hinübergeschleppt werden. Hier können sich dieselben gewissermaßen im Schutze der Aufwölbung wieder teilweise ablagern und anhäufen. Wird später durch die Erosion die hangende Schubmasse zer- stört, so kann man noch aus der Struktur des Untergrundes ihre ehe- malige Ausdehnung erkennen. 688 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [158] Die merkwürdige Schuppenzone zwischen Bürkelkopf und Vider- joch im Samnaun scheint in dieser Beleuchtung mechanisch viel ver- ständlicher zu sein. Auch die Triasmütze der Stammer Spitze wäre noch zu diesen oft zwischen Bündner Schiefern eingeschobenen Gesteinslinsen zu zählen. Um dieser Vorstellung größere Anschaulichkeit zu geben, ist in Fig. 36—37 der Skizze des Unterengadins das Profil durch das Fenster von Nesselwängle beigegeben. Die tektonische Ahnlichkeit ist eine sehr auffallende, wenn man von den verschiedenen Schicht- gruppen absieht, die beiderseits ins Spiel kommen. Auch im Profil des Nesselwängler Fensters tritt die starke, im Sinne der Schubbewegung orientierte Exzentrizität des liegenden Gewölbes und die tektonische Massenumlagerung deutlich zutage. Die Verteilung der tektonischen Schuppungszonen ist ebenfalls dieselbe. Um nun diesen rein mechanischen Beweis noch zu vervoll- ständigen, mag darauf hingewiesen werden, daß alle sicher als Ein- senkungen erkannten Gosau- und Tertiärbecken in den Alpen nicht eine große, einheitliche Gewölbestruktur, sondern im Gegenteil stets Muldenstruktur zur Schau tragen. Die Ränder dieser Becken sind mehr oder weniger steil aufgerichtet und selbst wenn die Senkung von den Seiten her überschoben wird, tritt keine Aufwölbung des Beckens, sondern lediglich Uberkippung der Ränder ein. Es scheint dies zusammen mit der starken Exzentrizität des Gewölbes doch entschieden gegen eine Entstehung aus einer Ein- senkung zu sprechen. 3 Es ist somit nach diesen Überlegungen die einfachste Lösung, an eine große Überschiebung des liegenden Bündner Schiefergewölbes zu denken. Wir hätten so drei hauptsächliche miteinander in enger Ver- bindung stehende tektonische Vorgänge, erstens die mächtige Auf- wölbung der Bündner Schiefer, zweitens die große Überschiebung, welche drittens die Exzentrizität, die Massenumlagerungen und die Mischungszonen hervorruft. Diese Hypothese, welche eine Auflösung der Mischungszone in verschiedene Decken ausschaltet, braucht auch nicht die Annahme einer späteren eigenen Auffaltung der Bündner Schiefer. Dagegen hat der Durchbruch der Eruptivgesteine wohl teilweise erst später stattgefunden. Münstertaler-Ortleralpen. Das hier tektonisch zu besprechende Gebirgsstück, siehe Fig. 38 und Fig. 39, ist dadurch ausgezeichnet, daß zu seinem Aufbau sowohl kristalline als jüngere Gesteinsgruppen gleichzeitig und wechselweise in Verwendung stehen. Das kristalline Gebirge, welches die sichtbare Grundlage der höheren Stockwerke bildet, zeichnet sich gegenüber dem streng ge- schlossenen Bau der Silvrettazone durch einen viel lockereren Falten- 689 Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. [159] ‚Sundomaqqnyog dp yaanp sopunısıayun sap Sunyonıdsuwog uayıBıs ap »Sforur Sunpprquoddnyag pun yeyızLıyu9zxy "SNNIY—OTSURAJOSSIN UOA 199sU9J Wop Alu suıpeduaısjun) SEP yarsfdıoı E 2 & 4 BR DIENEN, AU VWHRDEDDER = A .,3.u.4. Hft.(Ampfereru. Hammer.) 89 61. Bd ‚1911, Jahrbuch d.k.k.geol. Reichsanstalt 690 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [160] wurf aus, welcher auch die Teilnahme von tieferen Erdzonen an derselben Tektonik gestattet. Die Basis, mit welcher die jüngeren Schichten dem Grund- gebirge aufliegen, zeigt auf weite Strecken, so besonders in der Ses- vennagruppe, flache, nur leicht verbogene Lagerflächen. Zugleich mit dem Vorherrschen flacherer Lagerungen stellen sich stärkere vertikale Bewegungen ein, welche, wie zum Beispiel die Zebrulinie, eine große Ausdehnung und Bedeutung gewinnen. Man kann an den ausgezeichnet erschlossenen Schichtbauten hier meist drei gesonderte Stockwerke übereinander unterscheiden. Als sichtbare Grundlage gibt sich ein mächtiges kristallines Gebiet (Münstertaler Gneismasse) zu erkennen. Darüber, teilweise noch mit Primärkontakt daran gebunden, stellt sich eine Serie von vorzüglich triadischen Ablagerungen ein. Diese Serie wird dann noch an vielen Stellen oben von kristallinen Kappen gekrönt, welche diesem Stück des Querschnittes ein besonders eigenartiges Aussehen geben. Uber die Grundlage des kristallinen Sockels läßt sich aus der Struktur allein nichts Genaueres angeben. Daß die Auflagerung des zweiten tektonischen Stockwerkes wirklich noch in ungestörtem Ur- verband mit dem ersten steht, läßt sich wohl nur insofern behaupten, als nur Bewegungen parallel der Grenzfläche hier in Betracht kommen. Wenn man nämlich, was wohl kaum zu umgehen ist, das zweite Stockwerk der Piz Lad- und Piz Umbrailgruppe mit dem zweiten der Piz Starlex- und Piz Urtirolagruppe über das Münstertal hinweg ver- bunden denkt, so geht aus der Beobachtung der Basalüberschiebung in der südlichen Gruppe wohl auch deren Vorhandensein in der nördlichen hervor. Wie der Anblick des Querschnittes und des Schemas Fig. 39 lehrt, kehrt derselbe dreistöckige Bau in der Lischanna-, Piz Cornet-, der Piz Starlex-, Piz Urtirola-, der Piz Lad- und Piz Umbrail- und in gewissem Sinne auch in der Ortlergruppe wieder. Es ist naheliegend, darin einen gemeinsamen Bauplan und den Ausdruck von gemeinsamen Grundbewegungen zu suchen. Das unterste Stockwerk wird ausschließlich von kristallinen Ge- steinen gebildet, das mittlere ausschließlich von jüngeren Schichten, das oberste dagegen aus einem Gemisch beider Gruppen mit starkem Uberwiegen des kristallinen Anteils. Es ist schon erwähnt worden, daß der Faltenwurf des kristallinen Sockels ein verhältnismäßig lockerer ist. Auch die Faltung des mittleren Stockwerkes ist keine enggeschlossene, sondern eine vor- wiegend flache, mit Einschaltungen von Zerknitterungs- und Schuppungs- zonen. Des weiteren ist für dieses Stockwerk bald eine mächtig an- schwellende Verdickung und Häufung der Schichten, bald eine starke Verdünnung derselben charakteristisch. Insbesondere der Aufbau des Lischanna zeigt uns hochmächtige Aufstauung und Zerknitterung, während am Piz Urtirola und Piz Umbrail scharfe Verdünnung knapp neben Verdiekungen eintritt. Es ist bemerkenswert, daß die dieken Enden der Schichtkeile jeweils gegen Norden gerichtet sind. 631 Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. [161] "OSSELLIATBIZIO UEUFTOTIKAZIAT UAISO UOA AOp 2ysoay —= 9 USSEBWEINF-SELL] = GC — '9SSBUISIEUN 1afeJTajsuny — F — 'auozsdunddnyag = g — "ıoperypsmupung = g — "OssewjlugId) — ] "uod[EIO IQ — 19[E}19JSUNJL 1Op [HOIT SOYOSL30]098 soyasryewayag a DL LEFZEISER W N ILENDHIHTTLEIO 89* 692 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [162] Eine weitere Eigentümlichkeit der Faltung dieses mittleren Stockwerkes besteht in der gleichsam gebügelten, niedergedrückten Anlage desselben. Nirgends finden wir, wie zum Beispiel in den Nordalpen, steil und frei auflodernde Sättel und mannigfache Ausgelassenheit des Faltenwurfes. Der Grund für diese Verdickungen und Verdünnungen wie für die Verknitterungen und die ganze gedrückte Faltenstruktur ist in dem Uberschub des dritten Stockwerkes zu suchen. Diese Überschiebung, welche wohl nach allem ebenfalls als eine sroße zusammenhängende Decke von der Lischanna bis zur Ortler- gruppe zu denken ist, hat unter sich durch das ungeheure Gewicht und die Schubgewalt ihres Leibes diese Strukturformen hervorgerufen. Es handelt sich nun nach der Feststellung dieses Grundbau- planes vor allem darum, einen Einblick in die Bewegungsrichtungen dieser Schubkörper zu gewinnen. Das ist in diesem Gebiete bei Be- rücksichtigung der tektonischen Verhältnisse der weiteren Umgebung im Westen und Osten unschwer zw erreichen. Wie ein Blick auf Tafel XXXIV lehrt, befinden wir uns hier in einer Region der Alpen, wo sich außerordentlich deutliche An- zeichen einer von Osten gegen Westen gerichteten Bewegung kundtun. Es sind dies vor allem die schönen, gegen Norden, Westen und Süden, also nach auswärts überschlagenen Faltenbogen, welche in mehreren Kränzen hier entwickelt sind. Sie liegen gewissermaßen wie Randmoränenwälle eines nunmehr zurückgewitterten Stein- gletschers vor uns und geben uns ein Bild seiner einstigen Ver- breitung. Als der dazugehörige Steingletscher ist aber in unzwei- deutiger Weise die gewaltige Otztalermasse zu erkennen, deren Vor- posten noch heute auf den Gipfeln der Münstertaler Berge lagern. So klar und geschlossen sich dieser große mechanische Zu- sammenhang in der Gebirgsstruktur zu erkennen gibt, so scheint er doch nicht allen tektonischen Formen gerecht werden zu können. Es ist eine auffallende Erscheinung, daß die heute noch erhaltenen Reste unseres mittleren Stockwerkes, im großen genommen, keilförmige Stücke bilden, deren dicke Enden gegen Norden schauen. Es sind dies bei einer reinen Ostwestschiebung nicht recht verständliche Gebilde. Möglicherweise verrät uns diese Keilstruktur des zweiten Stockes, daß der Ostwestüberschiebung schon in nordsüdlicher Richtung starke Bewegungen vorausgegangen sind. Während sich also das oberste Stockwerk als Vorderteil der großen Schubmasse der Otztaler Alpen ausweist, erscheint das mittlere Stockwerk nicht so sehr als einheitliche selbständige Be- wegungsdecke, sondern vielmehr als nur teilweise mitgezerrte und stark strapazierte Unter- und Vorlage der oberen Schubmasse. Es ist sehr bemerkenswert, daß nach den Aufnahmen von A. Spitz und Dyrenfurth weiter westwärts eine mächtige Haupt- dolomitplatte die Rolle der kristallinen Otztalermasse, also gewisser- maßen die Rolle des Bügeleisens übernimmt. Wir hätten so auch hier, wie in den Nordalpen, ein von West gegen Ost gerichtetes Tiefergreifen der großen Bewegungsfläche. [163] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 693 Im Zusammenhang mit dieser mechanischen Erklärung lassen sich vielleicht auch die vertikalen Bewegungen als Belastungs- und Entlastungssprünge auffassen. Jedenfalls tritt südwärts der Zebrulinie eine starke und aus- gedehnte Hebung ein. Tonale— Adamello. Entlang der Zebrulinie, welche die südliche Begrenzung des Münstertaler Senkungsfeldes darstellt, hat eine starke Höherschaltung des Gebirgskörpers stattgefunden. Die Gebirgsmasse besteht hier bis zur Adamellomasse hin aus zwei durchaus nicht gleichwertigen Stücken. Zwischen Zebrulinie und der Bäderlinie (Rabbi—Pejo) haben wir noch ein ziemlich weitfaltiges Gebirgsstück, das vorzüglich aus Phylliten und Quarziten zusammengestellt ist. Zwischen der Bäderlinie und der Tonalelinie tritt dann eine eng- gepreßte, dichtgeschlossene Schichtenzone zutage, welche nach Salomon als Fortsetzung der Zone von Ivrea zu gelten hätte. Zwischen Tonale- linie und der Kontaktfläche des Adamellotonalits aber ist eine ebenfalls steilstehende und geschlossene Schichtenserie eingeschaltet, die in größerem Umfange durch Kontaktwirkungen der nahen Granitmasse verändert ist. Die Tektonik des Gebirges zu den Seiten der Val furva ist von verhältnismäßig einfacher Anlage. Es ergeben sich im wesentlichen nur zwei Kombinationen je nach- dem man die Quarzite des Confinale als jünger als jene des Piz Tre- sero und Dosegu annimmt oder dieselben mit denen des Piz Tresero gleichsetzt. Die zweite, scheinbar einfachere Deutung ist aber weniger wahrscheinlich, weil die Quarzite des Confinale (und des Kristallo- kammes) von Grünschiefern begleitet werden, jene des Piz Tresero aber ebenso wie die Quarzite an der Basis der Phyllite (Dosegu) nicht. Benützen wir diese wahrscheinlichere Kombination, so würde im Gebiete der Val furva eine breite Mulde vorliegen, welche im Süden von der Antiklinale oder Aufschiebung des Piz Tresero überkippt oder überschoben wird. Daran würden sich südwärts bis zur Bäderlinie noch engere Falten anreihen. Nach der zweiten Kombination würden die Phyllite und Quarzite über die Val furva ein Gewölbe spannen. Das Schichtenbündel zwischen der Bäder- und Tonalelinie zeigt sich als streng geschlossenes, isoklines, steil gegen Süden einfallendes Faltenpaket, welches sich gegen Osten zu etwas auseinanderlöst, so daß dort einzelne Faltenelemente sichtbar werden. Die Zone südlich der Bäderlinie hebt sich von der nördlichen durch das Auftreten einer eigenen, besonders durch Quarzite cha- rakterisierten Schichtserie, der Pejoserie, ab. Diese ist aufs engste ver- bunden mit den südlich anschließenden Schichten (Salomons Tonale- schiefer, durch Mischung mit magmatischem Material veränderte Gneise [164] Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. 694 Fig. 40. ADAMELLO CRHUPPE Val Savıore > a2 Schematisches geologisches Profil der Adamellogruppe. 1 = Älter gefaltetes kristallines Grundgebirge mit einem transgressiven Schichtdach. M.Arerore — 2 = Tonalitmassen. [165] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 695 und Einlagerungen von Marmoren, Amphiboliten und Olivinfels). Beide sind gemeinsam in Falten zusammengepreßt und werden von Brüchen durchsetzt, an denen NW streichende Schollen eingeklemmt sind. Die gleichen Querstörungen und Drehungen des Streichens wieder- holen sich weiter östlich und westlich und dürften auf eine Wieder- holung verschieden gerichteter Gebirgsbewegungen zurückzuführen sein. (Nordsüdbewegung und spätere Ostwestbewegung ?) An das geschlossene Faltenbündel schließt sich die ebenso isoklinale Schichtfolge an, welche den Nordrand der Adamellomasse umsäumt. Wie in einem früheren Abschnitte dargetan wurde, kann die Tonale- linie Salomons nicht als Bewegungsfläche von großer regionaler Bedeutung erachtet werden, sondern nur als untergeordnet und im Bereich des Profils kaum feststellbar. Das Entstehen einer Bewegungs- fläche an dieser Stelle könnte mit dem Intrusionsvorgang der Adamello- masse in Verbindung gebracht werden. Fassen wir das, was oben in tektonischer Beziehung über die Adamellomasse (Fig. 40—41) mitgeteilt wurde, in ein paar kurze Worte zusammen, so ergibt sich: Das kristalline Grundgebirge südlich der Tonalefurche und die seinem südlichen Teil auflagernden paläo- und mesozoischen Schichten werden von einer aus mehrfachen Intru- sionen zusammengeschweißten Eruptivmasse durchbrochen, wobei im Süden ein Einsinken der sonst wenig gestörten Schichten unter die Intrusivmassen mit begleitenden Faltungen stattfand. Am Nord- und Nordwestrand bewegt sich die Intrusivmasse großenteils parallel den steilstehenden, früher schon stark gefalteten Schichten empor, wäh- rend im Süden Durchbruchskontakt mit schwimmenden Schollen vor- herrscht. Die Form der Intrusion ist nach Salomon ein Zwischending zwischen Lakkolith und Stock (Ethmolith Salomons). Südalpen. In den Südalpen (Fig. 42—43) können zunächst zwei Zonen geschieden werden. Die erste — die Schichttafel zwischen Adamello- masse und Trompialinie — gehört noch dem hochliegenden Gebirgs- teil südlich der Zebrulinie an. Das stark gefaltete kristalline Grundgebirge wird hier von paläozoischen und triadischen Sedimenten transgrediert, welche noch wenig gestört sind. Nur Brüche geringerer Ausdehnung und die Ein- senkung und Faltung am Rand der Intrusivmasse haben ihre ruhige Lagerung verändert. Die Trompialinie ist der innerste Absenkungsbruch gegen die Poebene. Weiter südlich kommt das kristalline Grundgebirge nicht mehr zutage und immer jüngere Sedimente nehmen die Oberfläche ein. Das Land südlich der Trompialinie bildet eine zweite Zone: die Jombardisch-judikarische Faltenzone. Die Sedimente sind in kräftige gegen S mehr oder weniger überkippte Falten gelegt, welche aber noch nicht so eng geschlossen sind, daß nicht auch tiefere Schichten an der Faltung mitbeteiligt gedacht werden können. [166] Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. 696 Fig. 42, /l Frerore DossoAlto Va! Sabbra Gardases NM N AFILENN eh Schematisches geologisches Profil der Südalpen. 1 — Älter gefaltetes kristallines Grundgebirge. — 2 = Paläozoisch-mesozoische Schichtentafel mit Durchbruchskontakt und Schollenauflösung. — 3 — Tertiär. — 4 = Tonalitmassen. [167] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 697 Eine Anzahl von Bruchflächen, Diskontinuitäten, durchtrennen den Verband der Falten: Schubflächen, an denen schuppenartig jeweils die nördliche auf die südliche Scholle (gegen S) aufgeschoben wurden. Die Bewegungsflächen sind gleichzeitig Senkungsflächen; an den weiter gebirgseinwärts gelegenen Schollen kommen immer ältere Schicht- glieder noch zum Ausstreichen. Die Stärke der Schuppung nimmt gegen innen zu. Die innerste Scholle, jene des Dosso alto, ist an der Trompialinie steil aufgestellt; ihre Außenfläche ist bereits eine Aufschiebungsfläche (am Dosso alto steil [siehe Fig. 43] weiter westlich am Monte Ario gegen N geneigt). Die Größe der Absenkung wird ersichtlich durch den Vergleich der Höhenlage des Kristallinen am Manivasattel mit der Tiefe, bis zu welcher das Quartär unter die heutige Poebene hinabreicht. Querbrüche zergliedern die Zone in der Richtung des Streichens. Das typische Störungsbild der zweiten Zone der Südalpen ist das eines durch Schuppung zusammengedrängten und nach außen immer tiefer sich absenkenden Faltenlandes. Auch in den Südalpen gesellen sich zu der Hauptfaltung noch Faltungen im Gefolge von ostwestlichen Bewegungen. Zusammenfassung. Nach dieser tektonischen Charakterisierung der einzelnen Zonen sollen nun die Verbindbarkeiten der Zonen untereinander noch einer Uberlegung unterzogen werden. Für die Verbindung der Zonen gelten dieselben Standpunkte wie für die Verbindungen der kleineren tektonischen Elemente. Hier tritt die Einwirkung der modernen Auffassungen nun am deutlichsten zutage, indem nicht nur die einzelnen Kombinationen, sondern über- haupt die ganze Fragestellung erst möglich wurde, nachdem der Glaube an die Unverrückbarkeit der gegebenen Zonenordnung er- schüttert worden war. Durch die Überfaltungslehre wurden gleichsam wie durch eine Revolution die Fesseln einer altüberlieferten Bodenständigkeit und strengen Rangordnung gelöst und alle Zonen auch im großen Stil als gegeneinander beweglich erklärt. Das bedeutet jedenfalls, abgesehen von allen anderen Momenten, schon deshalb einen Fortschritt, weil ein bisher für selbstverständlich gehaltenes Dogma nunmehr zum Gegen- stand der Untersuchung erhoben wurde. Als das wichtigste Prinzip bei der Beurteilung der Zonen in Rücksicht auf die Fortsetzung ihres Bauplanes in die Tiefe, hat sich das Studium der mehr oder weniger geschlossenen Struktur erwiesen. Wir können damit innerhalb gewisser Grenzen den Zustand des Unter- grundes beleuchten. Von diesem Standpunkt aus haben wir erkannt, daß viele Zonen des Alpenquerschnittes durch eine Bewegungsfläche von ihrem Untergrund abgelöst sein müssen. Hierher gehören der südliche Teil der Molassezone, die Kreide- und Flyschregion, die nördlichen Kalkalpen, die Silvretta, die Tonale- zone und teilweise die Südalpen. Jahrbuchd.k.k.geol. Reichsanstalt, 1911,61. Bd.,3. u.4. Hft.(Ampferer u. Hammer.) 90 698 Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. [168] Die Gebiete des Engadiner Fensters, die Münstertaler-Ortler- alpen und die Adamellogruppe zeigen Strukturen, welche in größere Tiefen sich fortsetzen können. Die Verhältnisse der Zonen bis zum Südrand der nördlichen Kalkalpen sind durch mehr oder weniger ausgedehnte Aufschiebungen von Süden her zu erklären. Die südlichere Zone ist jeweils über die nördlichere vorgeschoben, wobei festzuhalten ist, daß die jetzige Form der Südgrenze der Molasse wohl auf weite Strecken die einer Verwerfung ist. Eine andere Verbindung, als diese hier in der Natur vorge- zeichnete anzunehmen, liegt im Bereiche unseres Querschnittes keine Ursache vor. Mehrdeutiger werden jedoch die Verbandsverhältnisse der Kalk- alpendecke mit der kristallinen Decke der Silvretta. Obwohl hier kein Zweifel bestehen kann, daß die Kalkalpen- decke über die Silvrettadecke gegen Süden zu verlängern ist, herrschen doch kompliziertere Beziehungen zwischen beiden Gebieten. Die Kalkalpendecke ist nicht mehr wie die nördlicheren Zonen, von der südlicheren Decke überschoben, sondern nur überkippt. Wenn wir von der Deckenstruktur der Kalkalpen ausgehen, so liegen vor uns zwei Möglichkeiten der Tiefenfortsetzung. Da der Untergrund der Kalkalpendecke nicht an ihrer Tektonik teilnehmen kann, so muß entweder der Untergrund eine andere Tektonik besitzen, welche eine ebenso starke Verschmälerung ergibt, oder die Kalkalpendecke wurde von seitwärts hereingeschoben. Um nun zu sehen, welche Art von Ausgleichung in unserem Gebiete vorliegt, brauchen wir nur in der Streichriehtung gegen Westen bis an den Rand der Kalkalpen vorzugehen. Wäre der erste Typus vorhanden, so müßten wir hier unter der hochlagernden Kalkalpen- decke das ältere enggepreßte Gebirge erkennen. Das ist aber nirgends zu sehen. Im Gegenteil finden wir genau dieselben Überschiebungsverhältnisse wie am Nordrande der Kalkalpen und schließen daraus, daß der zweite Typus vorliegt. Die gleiche Überlegung können wir nun für. die Silvrettazone wiederholen. Auch diese bildet eine streng gefaltete, geschlossene Decke. Folgen wir derselben im Streichen, so begegnen wir an ihrem West- und Südwestrand ebenfalls nicht den Anzeichen einer älteren, tieferen, stark gepreßten Gebirgszone. Kalkalpen und Silvretta können also nicht in der Tiefe ein Äquivalent von anders zusammengeschobenen älteren Schichten haben, sie müssen daher auf fremder Unterlage ruhen. Diese lediglich aus der Struktur geschöpfte Erkenntnis wird durch die tiefgreifenden Aufschlüsse im Engadiner Fenster bestätigt und erweitert. Die allgemeine Lagebeziehung der Kalkalpendecke zur Silvrettadecke wird durch die Zwischenschaltung von älterer Trias und Verrucano als Auflagerung wahrscheinlich gemacht. Obwohl nun sicher nach den Profilen durch die Grenzregion zwischen Kalkalpen und Silvretta (Fig. 13—18) entlang dieser Grenz- zone starke Verschiebungen stattgefunden haben, geht aus denselben [169] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 699 doch nicht hervor, dab die Kalkalpen etwa als Ganzes von Süden her über die Silvretta geschoben wurden. Es hat vielmehr den Anschein, daß die Hauptmasse der Kalkalpen von jeher nördlich der Silvrettazone angeordnet war, wenn auch die letztere von Sedimenten überdeckt war, welche jetzt davon entfernt sind. Denkt man sich also die Kalkalpendecke mit der Silvrettadecke verbunden und beide durch Bewegungsflächen von einem fremden Untergrunde abgeschieden, so ist es naheliegend, diese Bewegungs- flächen als zusammengehörig und aneinanderschließend zu begreifen. Wir hätten dann eine große Bewegungsfläche (oder ein Geflecht von solchen Flächen) vor uns, welche von Norden gegen Süden in tiefere Erdzonen niedersteigt. Im Engadiner Fenster würde nun diese Bewegungsfläche an der Basis der Silvretta und Lischanna sichtbar. Weiter südwärts sind keine Anzeichen mehr vorhanden, sie muß dort ihr Ende erreichen. Es ist schon erwähnt worden, daß die gewaltige, breite Auf- wölbung der Bündner Schiefer eine Strukturform zeigt, die durch ihre weite Spannung auf bedeutende Tiefenerstreckung schließen läßt. Es ist neben der Adamellomasse das größtangelegte, einheitliche tektonische Element im Bereiche unseres Alpenquerschnittes. Wir haben keinen Grund, diese Aufwölbung (die von Granit unter- lagert wird) als nicht grundständig anzusehen. Als Fortsetzung der Silvrettazone wäre dann südwärts wahr- scheinlich die Münstertaler Gneismasse mit ihrem Triasfeld anzu- nehmen. Bei dieser Zusammenschließung von Kalkalpendecke, Silvretta- Münstertaler Gneismasse zu einer gewaltigen Schubmasse (nicht zu einer Überfalte!) erhebt sich einerseits die Frage nach den riesigen fehlenden Massen an der Unterseite, anderseits jene nach der Be- schaffenheit und Zusammensetzung des Untergrundes. Wenn wir uns durch die oberen Teile der Erdhaut eine ausgedehnte, flach in die Tiefe ziehende Bewegungsfläche gezogen und an ihr dann den oberen Flügel über den unteren in bedeutendem Ausmaße vorgeschoben denken, so ist dies nur möglich, wenn entweder der untere Teil der Erdhaut gegenüber dem oberen etwas stärker kontrahiert wurde und hier eine Summation aus bedeutender Ferne stattfand oder eine gewal- tige Massenabsorption in der Tiefe vor sich ging und große Teile der oberen Zone dabei verschluckt wurden. ‚ In der Arbeit über das Bewegungsbild der Faltengebirge (Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1906) ist ausführlich gezeigt worden, daß die Annahme der Gebirgshäufung durch Fernschiebungen sich nicht aufrecht- erhalten läßt. Wenn aber dieser Ausweg ungangbar ist, so bleibt nur noch die Möglichkeit, an eine Einsaugung nach der Tiefe hin zu denken, wo- durch an der Oberfläche breite Zonen überschüssig werden, welche an Bewegungsflächen aus der Tiefe aufsteigen und große Schollen übereinander hinführen. Diese Überlegung führt uns zu dem Begriff der Ver- schluckungszonen, welcher für das weitere Verständnis des Alpenbaues manche Einblicke gewährt. r 90* a 1 nun" aD) 1 U] KENN re A > INN IN] Br m Die dicken schwarzen Linien sollen den obersten Teil der Erdhaut, die senkrecht schraffierten Flächen tiefere Teile derselben, die gegitterten aber Bereiche von Tiefenbewegungen und Masseneinsaugungen vorstellen. Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. Fig. 44 veranschaulicht die räumlichen Verhältnisse unter der Voraussetzung, daß eine starke Masseneinsaugung gegen die Tiefe zu stattfindet. Dadurch wird eine gewaltige Hereinschiebung von seitlichen Massen veranlaßt, wobei die obersten starren Zonen schuppen- förmig übereinander getrieben werden. Zur Gebirgshäufung werden hier in der Hauptsache nur die obersten Erdschichten verwendet, während die unteren in die Tiefe sinken. Der Motor der Gebirgsbildung ist eine verhältnismäßig lokale starke Massenverringerung im Untergrunde. Fig. 45 gibt die Massenanordnung nach der Überfaltungslehre. Hier wird ebenfalls nur die oberste Erdzone zur Gebirgshäufung ver- wendet, welche aber dadurch zustande kommt, daß durch Fernschiebungen der Kontraktionsüberschuß eines größeren Teiles des Erd- umfanges an einer Stelle summiert wird. Die tieferen Zonen bleiben unbeteiligt. Der Motor ist eine allgemeine gleichmäßig verteilte Kontraktion der Erde. 700 Die Buchstaben geben jeweils die Lage einer und derselben Stelle vor und nach der Gebirgsbildung an. In Fig. 44 unten lies statt D A.. [171] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 701 Durch die Verschluckungszonen wird zum Beispiel der Begriff der Wurzeln für die Ableitung der einzelnen Decken überflüssig. Es ist seit der Begründung der Überfaltungslehre trotz aller Bemühungen nicht gelungen, die Stellen einwandfrei nachzuweisen, aus denen die angeblichen Überfalten herausgepreßt worden sein sollen. So klar und deutlich sich vielfach der Deckenbau in den Schweizer- alpen enthüllt, weder in der sogenannten Rhein-Rhonenarbe noch in der berühmten Zone von Ivrea konnten dieselben Schichten nachgewiesen werden, welche die daraus abgeleiteten Überfalten zusammensetzen. Man mußte zu der Hypothese greifen, daß die in den sogenannten Wurzelzonen zurückgebliebenen Schichten durch gewaltigen Druck und hohe Wärme völlig umgestaltet worden seien. Eine Entstehung der Überfalten durch Zusammenpressen von anfänglich sehr breiten Mulden ist eine mechanische Unmöglichkeit. Denkt man sich aber statt Überfalten Überschiebungen mit gelegentlichen Einrollungen, Walz- und Schubschollen, so bereitet das Fehlen der Wurzelzonen keine Schwierigkeiten mehr. Die Bewegungsflächen, von denen die Schubmassen gefördert werden, sinken in die Tiefe und erlöschen dort. Der große Massen- überschuß an der Oberfläche entsteht durch Finsaugung tieferer Zonen erdeinwärts. Der große so entstehende Uberschuß der obersten Zonen aber wird durch gewaltige Überschiebungen und- Faltungen ausgeglichen. Das Suchen nach den Heimstellen der Überfalten oder (nach unserer Meinung) der Überschiebungen ist völlig aussichtslos, da diese Gebiete eben in der Tiefe begraben und dort assimiliert sind. Nach dieser Anschauung, welche auf Schema Fig. 44 im Gegen- satz zu dem Summationsgebirge Fig. 45 zur Darstellung gebracht ist, würde die oberflächliche Zusammenschiebung und Faltung einer in größerer Tiefe vor sich gehenden Massenverminderung entsprechen. Der Hauptteil der horizontalen Raumgewinnung wird entlang von Schubflächen vollzogen, weil dadurch bei geringerer Arbeit eine größere Wirkung erreichbar ist. Was nun die Beschaffenheit der Unterlage der riesigen, hier als einheitlich dargestellten Schubmasse anbelangt, so ist darüber nur nach den Aufschüssen am Nord- und Westrande sowie im Engadiner Fenster zu urteilen. Am Nordrande tauchen überall Flyschschichten, am Westrande Flysch und Bündner Schiefer, im Engadin Bündner Schiefer unter den Rändern der großen Schubimasse hervor. Flysch wie Bündner Schiefer zeichnen sich durch gewaltige Mächtigkeit und stumpfe, gleichartige Entwicklung aus. Sie haben diese Eigenschaften in mancher Hinsicht mit den Fleckenmergeln und Kreideschiefern der Nordalpen und mit den Schiefern und Phylliten der Grauwackenzone und der Zentralalpen gemeinsam. Es sind nach ihrer Natur Ablagerungen von weiter Erstreckung und erschreckender Gleichförmigkeit, welche auch riesige Ablagerungsräume und lange gleich bleibende Bedingungen zu ihrer Entstehung voraussetzen. Ein Gebilde wie die Bündner Schiefer kann nicht in einem so engen und kleinen Trog, wie ilın der Rahmen des Engadiner Fensters vor- schreibt, hergestellt werden. Dazu sind weit größere Dimensionen der Bereitungsstätten erforderlich. 702 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [172] Denkt man sich die große Schubmasse abgehoben, so hätten wir darunter ein gewaltiges, wahrscheinlich von solehen Schichten erfülltes Feld, die Verlandung einer breiten und tiefen Geosynklinale vor uns liegen. Zwischen diese Basis und die Schubmasse wären die ihrem Volumen nach allerdings verschwindend geringen Massen des bei der Bewegung geschaffenen und liegengelassenen Reibungs- und Schiebungsmaterials eingeordnet. Dieses Material entstammt teils dem Untergrund, teils dem Schubkörper selbst. So ist es zum Beispiel nicht unwahrscheinlich, daß die fossilreichen Lias-Crinoidenkalke am Nordrande des Enga- diner Fensters aus der Stirnregion der Kalkalpendecke (der sogenannten EURER Run REG BER EZ Fig. 47. Oberstdorf Lechtal Unterengadır Orkler Adamello Fig. 46. Schräg schraffiert —= Große Schubdecke Kalkalpen—-Silvretta-—- Ortler. — Unterbrochen — Reibungs- und Schuppungszone. — Senkrecht schraffiert = Hel- vetisches Kreidegebirge. — Punktiert — Flysch- und Bündnerschieferland. — Geringelt = Molasse. — Gegittert — tieferes Grundgebirge. Fig. 47. Schematische Darstellung der Faltungsdecken in den ÖOstalpen nach G. Steinmann (Kopie von Fig. 26 aus Geologische Probleme des Alpengebirges. Zeitschrift des D. u. Ö. A.-V. 1906). Schräg schraffiert = ostalpine Decken. — Schwarz —= lepontinische Decken. — Punktiert — helvetische Decken. pieninischen Zone) beim Vormarsche entnommen wurden. Vergleichen wir nun diese hier versuchte Kombination der Zonen (Fig. 46) mit jener, welche Steinmann (Geologische Probleme des Alpengebirges, Zeit- schr. d. D. u. ©. A.-V. 1906) gegeben hat (Fig. 47) und die den Ar- beiten seiner Schüler zugrunde liegt, so ergeben sich gar manche Unter- schiede. Dieselben bestehen darin, daß einmal keine Überfaltungs- decken, sondern nur reine Überschiebungsdecken vorhanden sind, daß weiter unsere Reibungs- und Mischungszone am Nordrande als eigene lepontinische Decke erscheint, welche mit den Bündner Schiefern ver- schmolzen wird, daß die helvetische Decke noch unter der lepon- tinischen bis ins Gebiet der Münstertaler Alpen zurückgeführt wird und endlich alle drei Decken aus Wurzelgebieten herausgeleitet werden. [173] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 103 Über das Verhältnis von Decken und Wurzeln haben wir uns schon ausgesprochen. Die Verlängerung der helvetischen Decken so weit nach Süden ist wohl unnötig und unerweisbar. Die Verbindung der sogenannten lepontinischen Schollen am Alpennordrande mit den Bündner Schiefern zu einer Decke ist aber unmöglich. Die Schollen von Melaphyr, Amphiboliten, Gneisen... haben mit den Bündner Schiefern nichts gemeinsam und sind auch nicht Reste einer Decke, sondern deutliche Schubschollen. Außerdem dürften sie, wie schon erwähnt wurde, viel wahrscheinlicher durch ostwestliche Verschiebungen in der Tiefe abgeschürft und empor- gefördert worden sein. Wenn man hier eine Verbindung annehmen will, so kann man von einer Reibungs- und Mischungszone zwischen Untergrund und großer Decke reden. Dann würden aber diese Schollen am Alpennordrand nur den Schollen am Engadiner Fenster- rahmen gleichzuachten sein. Diese tektonische Reibungs- und Mischungszone ist aber durch- aus nicht als eine irgendwie geschlossene Decke aufzufassen, sondern dieselbe ist bald hier, bald dort abgelagert oder nicht vorhanden wie die Grundmoräne zwischen Gletscher und Felsgrund. Sie zeigt auch ebenso wie die Grundmoränen deutliche Lokalfärb ung, indem die Schollen einer Region meist eine ganz charakteristische Zusammen- setzung und Mischung verraten. Die Schollen können bald weite, bald kurze Wege beschrieben haben und sowohl vom Untergrund als auch von der Schubmasse ab- stammen. Ihre Erscheinungsweise wiederholt sich in allen Grundzügen ebenso an den vielen kleineren Überschiebungen, für welche die All- gäuer und Lechtaler Alpen so schöne Beispiele enthalten. Während wir so für den ganzen nördlichen Teil des Querschnittes einen verhältnismäßig einfachen und groß angelegten Überschiebungs- plan mit wahrscheinlich nordsüdlicher Tendenz erkannt haben, lassen sich die Erscheinungsformen im mittleren Teil des Querschnittes besser und klarer durch eine Schubbewegung von Osten gegen Westen be- greifen. Bei der Detailbeschreibung und der tektonischen Charakteristik der Münstertaler-Ortleralpen ist diesem Gedanken bereits Ausdruck verliehen worden. Es ist die Otztalermasse, welche hier von Osten her über das Münstertaler Triasfeld hereinrückt und die deutlichsten Spuren ihres Gewaltmarsches dem Untergrund unverwischbar eingeprägt hat. Wir haben viele Analogien mit den Verhältnissen unserer großen nördlichen Schubmasse. Auch diese hier setzt sich gegen ein weites Senkungsfeld hin in Bewegung, welches hier mehr von Triasschichten, dort von Flysch und Bündner Schiefern ausgefüllt wird. Es zeigt aber eine genauere Prüfung der Grenzzone zwischen Öst- und Westalpen, daß sich nicht bloß am Westrande der Otztaler- masse Anzeichen für ostwestliche Bewegungen finden, sondern daß auch in den nördlicheren Zonen eine Menge von geologischen Strukturen ebenfalls auf Verschiebungen in dieser Richtung oder in einer Kompo- nente von südnördlicher und ostwestlicher Richtung hinweisen. Auf Tafel XXXIV sowie auf Fig. 24 sind die wichtigsten hierhergehörigen 704 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [174] geologischen Linien zusammengestellt und miteinander in Verbindung gebracht. Fig. 24 gibt ein schematisches Bild der Strukturumrisse der Nord- alpen zwischen Achen- und Bodensee. Wir bemerken das auffällige Vorherrschen von eckenförmigen Umrissen, welche durchaus nicht etwa allein auf zufällige Erosionsbeschneidungen zurückgeführt werden können. Es ist dies im Grunde dieselbe Frage wie die nach der Begren- zung der Östalpen gegen die Westalpen. Ist diese so auffallend gegen Süden zurückziehende Grenze, wie die Vertreter der Überfaltungslehre meinen, lediglich der Erosionsrücktrieb der ostalpinen Decken, her- vorgerufen durch die Höherwölbung der Schweizeralpen oder ist diese Begrenzung in der Struktur der ostalpinen Randzone näher begründet? Bevor wir uns zu einer Entscheidung neigen, seien die hierher- gehörigen Strukturen noch kurz betrachtet. Das Strukturbild der Nordalpen (Fig. 24) zeigt uns von Westen gegen Osten zuerst die gewaltige Abknickung der helvetischen Kreide- zone, dann die damit parallelen Ränder der Kalkalpendecken, von denen der vordere mit einem Saum von Schubschollen aus eruptiven und kristallinen Gesteinen geschmückt ist. Weiters begegnen wir der starken Umbiegung der Sattelzone Höfats—Schneck —Rotspitze, dem Westabbruch des Wetterstein-Miemingergebirges mit dem Ehrwaldit- durchbruch, der großen Knickung der tiefen Kreidemulde nördlich des Achensees und dem Westrande der Unutz-Guffert-Überschiebung. Dazu sind noch von den mehr nordsüdlich streichenden Faltungs- richtungen jene der Scesaplana, des Kammes Tajakopf-Wetterspitze und des Sonnwendgebirges aufgeführt. Als wichtige Ergänzung gehört aber auch noch hierher das häufige Vorkommen von steil stehenden, ostwestlich streichenden und mit meist mehr horizontalen Reibungs- striemen gravierten Rutschflächen. Als besonders schöne Beispiele sei hier auf die Südwände der Schüsselkarspitze gegen das Puitental (Wettersteingebirge), auf die Südwand des Säulings östlich von Reutte und die Südwand der Wetterspitze (Lechtaler Alpen) hingewiesen. Es handelt sich in diesen Fällen nicht etwa um kleine Rutschungen, sondern um große, einheitliche Schubflächen. Diese Strukturen können nicht als zufällig bezeichnet werden und sie sind nur verständlich, wenn man sich die Kalkalpendecke von ostwestlichen Bewegungen ergriffen und streifenweise ungleich ver- schoben denkt. Innerhalb der Silvrettazone sind uns keine solchen Erscheinungen bekannt geworden. Im Engadiner Fenster dürfte wohl vielleicht die Verdrehung der großen Gewölbeachse in eine schräge Richtung und die starke Pressung des Gewölbes am Nordostende auf Druckwirkungen aus mehr südöstlicher Richtung zurückzuführen sein. In den Münstertaler Ortleralpen haben wir dann die schönen und klaren, gegen Westen übertriebenen Fältenbögen und Schiebungen. Versucht man diese hier nur flüchtig zusammen- getragenen Anzeichen von ostwestlichen Bewegungen, welche sich sicherlich noch vermehren lassen, zu über- blicken, so hat man den Eindruck, daß dieselben erst nach den Südnordüberschiebungen eingetreten sind. 179] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 105 Des weiteren führt uns das merkwürdige Zusammenschreiten des Östalpenrandes und der Judikarienlinie (periadriatische Linie Salo- mons) zu der Vermutung, daß auch dazwischen ein tieferer Zusammen- hang bestehe. Auf Fig. 48 ist ein kleines Bild dieses Zusammenspieles gegeben. So sicher der zackige Nordostrand der Ostalpen die Aus- nm Fig. 48. AN Schema der Alpenknickung. I = Kalkalpen. — IH = Zentralalpen. — III — Südalpen. fransung durch Rückwitterung zeigt, so sicher weisen aber auch die früher aufgezählten Strukturen auf eine ostwestliche Gesamtbewe- gung hin. Hält man beide Linien zusammen, so scheinen sie eine Verbie- gung, eine Knickung des Alpenstranges im großen Stile anzuzeigen. Die äußere Grenze ist der Ausstrich einer mächtigen, leicht geneigten Bewegungsfläche, die innere dagegen mit ihrer Granitperlen- Jahrbuch d.k.k.geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Bd., 3. u. 4. Hft.(Ampferer u. Hammer.) 9] [176] Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. 706 dm Gardase> Ye f Fig. 49. Schema des Alpenquerschnittes. A — Kalkalpendecken. — B — Silvrettadecke. — © — Engadiner Fenster. — D —= Münstertaler—Ortleralpen. — E— Adamellomasse. F — Südalpen. m — Molassezone. — h — Helvetische Kreidezone. — f — Flyschzone. — k — Klippenzone. — s = Schuppungszone. o — Reste der Ötztaler Schubmasse. Fig. 50. Profil durch die Schweiz vom Bodensee zum Luganersee. (Verkleinerte Kopie aus der Arbeit von H. Schardt „Die modernen Anschauungen über den Bau und die Entstehung des Alpen- gebirges. St. Gallen 1907.“) Die Buchstaben haben die gleiche Bedeutung wie bei Figur 32. 277 Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 107 kette jener einer weit steileren und tiefgreifenderen Bewegungszone. Beide zusammen zeigen uns eine Herausbewegung des Alpenstranges aus seiner Streichrichtung, eine Knickung der wichtigsten Leitlinien an. Es ist wahrscheinlich, daß die in jüngster Zeit von Ogilvie Gordon (The Thrust-Masses in the Western District of the Dolomites. Transactions of the Edinburgh Geological Society. 1910) in den Dolo- miten nachgewiesenen flachen, ostwestlichen Verschiebungen mit hier- hergehören und wahrscheinlich in den Südalpen weit verbreiteter sind als bisher angenommen wurde. Nach dieser Auffassung ist es begreiflich, daß der Versuch von Prof. Rothpletz, zu seinem reinen Ostwestschub eine südliche Rand- spalte zu suchen, mißglücken mußte. ii Ebensowenig darf man aber im Sinne der Überfaltungslehre die Ostalpengrenze als nicht tiefer begründet und als lediglichen Erosionssaum deuten. Der äußere Zuschnitt ist allerdings Erosionswerk, aber die Veranlagung der ganzen großen Ausbiegung ist tief im Alpen- baue befestigt. Es erübrigt uns nun noch, diese hier gegebene Auffassung des Alpenbaues (Fig. 49) in kurzen Umrissen mit den wichtigeren modernen Bauformeln zu vergleichen. Eine Rücksichtnahme auf die älteren Theorien der Gebiresbildung ist überflüssig, nachdem durch das heute aus allen Teilen der Alpen vorliegende gesicherte Beobachtungs- material eine ungeheure Fülle von Beweisen für ganz gewaltige Massenbewegungen erbracht ist, welche keineswegs mehr im Rahmen jener naiven Vorstellungen Platz finden können. Wir wenden uns daher gleich der UÜberfaltungslehre zu, welche heute im Mittelpunkte der lebendigsten Interessen steht und ganze Scharen von neuen Fragestellungen aufgeworfen hat. Es ist hier nicht der Ort, um genauer auf die zahlreichen von den Anhängern dieser Lehre bereits aufgestellten Variationen der- selben einzugehen, es sollen nur ein paar Haupttypen kurz vorgeführt werden. Eine sehr elegante und wunderbar durchsichtige Lösung der Tektonik der Schweizeralpen hat der Begründer dieser Lehre Hans Schardt gegeben. Wir sehen auf Fig. 50 eine schematisierte Kopie eines von ihm entworfenen Durchschnittes der Westalpen zwischen Boden- und Comersee (aus H. Schardt. Die modernen Anschauungen über den Bau und die Entstehung des Alpengebirges. Verh. d. Schweizer naturf. Ges. in St. Gallen 1906). Wir nehmen auf dieser Skizze im Norden und Süden je eine mächtige, aus steilgefalteten kristallinen Gesteinen bestehende Masse wahr, über welcher je eine verhältnismäßig ruhig gelagerte jüngere Zone aufruht. Zwischen diesen großen, scheinbar starren Zonen, den Backen eines Schraubstockes vergleichbar, ist nun eine äußerst intensiv gedrängte, tief gefaltete Zone eingeschaltet, aus der ein Büschel von steil emporsteigenden Sätteln herausgepreßt wurde, welche sich nach Norden umlegten und wie Eisströme oder Lavaergüsse übereinander in die weite nördliche Vorsenke niederglitten. Das ist eine außerordentlich einfache und in ihrer Wirkung sehr anschauliche Mechanik, bei welcher aber die gegenseitigen Dimen- gı1* 708 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. . [178] sionen sowohl zwischen der heute noch erhaltenen Gebirgsmasse und der theoretisch erforderlichen, als auch jene zwischen der Breite und Tiefe des Faltungsraumes und der Menge der Überfalten in keinem entsprechenden Verhältnisse zu stehen scheinen. Noch deutlicher treten diese Mißverhältnisse auf dem Schema Fig. 32 hervor, welches Prof. C. Schmidt seiner schönen Arbeit über Bild und Bau der Schweizeralpen, Jahrb. d. S. A. ©. Basel 1907, beigegeben hat. Vergleicht man in diesen Querschnitten das angeblich abgetragene Volumen mit den Massen von Flysch, Molasse und Glazial- schutt, welche ja die Hauptzerstörungsprodukte der Alpen gleichsam wie in Schuttrögen aufgesammelt haben, so tritt deutlich genug hervor, daß die Alpen niemals solche Dimensionen gehabt haben können. Dabei ist noch zu bedenken, daß ja Flysch und Molasse zur Zeit der Überfaltungen wenigstens größtenteils schon abgelagert waren. Es steht also, und, das gilt für beliebige Querschnitte in den Schweizer- alpen, nach der Überfaltungslehre das Massenverhältnis von Abtragung und Ablagerung in einem allzu schroffen Mißverhältnisse, was nur darauf zurückzuführen ist, daß sowohl die Zerlegung in einzelne Decken als auch die theoretische Ergänzung viel zu umfangreich ist. Ein ähnliches Mißverhältnis besteht nach diesen Alpenbauformeln auch zwischen dem Anteil der kristallinen und der jüngeren Gesteins- massen an den UÜberfaltungen. Die kristallinen Schichten bilden verhältnismäßig schmale, gering- fügige Sattelkerne, während die jüngeren Schichtgruppen großartige Exkursionen unternehmen. Denkt man sich die Decke der jüngeren Schichten wieder in ihrer ursprünglichen Art ausgeglättet, so erhält man einen wohl 2—3mal breiteren Streifen als bei der Ausglättung der jungen kristallinen Falten, selbst wenn man die Dicke der an dem Faltengang beteiligten kristallinen Schichten als sehr gering anschlägt. Dabei zeigen aber die tief eingreifenden Mulden, daß doch nicht bloß oberflächliche Teile des Grundgebirges in Bewegung waren, sondern auch tiefere Zonen mit ins Spiel traten. Wir stehen also mit anderen Worten auch hier wieder nach diesen Zeichnungen vor der Entscheidung, entweder eine Summation einer verhältnismäßig dünnen und sehr ausgedehnten Schichtenlage aus weiter Ferne oder eine Absorption der tieferen Zonen anzunehmen. Wir wissen, daß das erstere ausge- schlossen ist und haben uns deswegen der zweiten Er- klärungsweise zugewendet. Darin liegt gegenüber der Überfaltungslehre ein wesentlicher Unterschied vielleicht noch tiefer als jener des Ersatzes der Über- falten durch einfache Schubmassen. Die Unterschiede gegen das von Steinmann aufgestellte Schema sind schon früher hervorgehoben worden. Während nach der Überfaltungslehre der Bildungsraum der Falten (zwischen den Schraubstockbacken) gegen das Erdinnere abgeschlossen erscheint, wäre nach unserer Darstellung dies nicht der Fall, sondern im Gegenteil unter der oberflächlichen Zone der großen Schiebungen [179] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 709 und Faltungen ein tiefer Herd von magmatischen Bewegungen, bei welchen mächtige Teile der oberen Zone in die Tiefe gesaugt wurden. So ist die gewaltige oberflächliche Zusammenschiebung erklär- bar, welche, wenn tiefere Erdzonen gleicherweise beteiligt wären. eine Aufwölbung von 40—50 /m Höhe hervorrufen müßte. Will man diesen Ausweg trotzdem einschlagen, so wird man dazugeführt, an eine gewaltige liinsenkung des Alpenkörpers zu denken. Der gefaltete Alpenkörper würde dann, ähnlich wie Eisberge ins Meer eingetaucht, so in die breiten Festlandschollen eingesenkt sein. Literatur zur tektonischen Übersicht. Ampferer O., Über das Bewegungsbild von Faltengebirgen. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. Wien 1906. Bertrand M., Alpes de Glaris. Bulletin Soc. Geol. de France. 1884. Diener C., Bau und Bild der Ostalpen und des Karstgebietes. Wien und Leipzig 1903. Frech F., Über den Gebirgsbau der Alpen. Petermanns Geogr. Mitteil. 1908. Heim a Der Bau der Schweizeralpen. Neujahrsblatt d. Naturf. Ges. für 1908, Zürich. Heim Arn., Zur Kenntnis der Glarner Überfaltungsdecken. Zeitschr. d. D. @. Ges. 1905. Lugeon M., Les grandes nappes de recouvrement des Alpes du Chablais et de la Suisse. Bulletin de la Soc. Geol. de France 1901. Rothpletz A., Geologische Alpenforschungen, I.—III. München 1900—1908. 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[180] Inhaltsverzeichnis. 7 77 Seite Autor Binleitanp = ur career wie Dr BO AR Er 551...111. 20288 I, &eologische Detailbeschreibung . . . . . 2 2.2.2....535 [5] a Vorland und Allgäuer Alpen. ... . TR AND a Lechtislen, ANEEHWENIE STERN UDTENT Re} 554 ja E Neuere Literatur zu den Abschnitten Vorland, "Allgäuer und.sbechtaler Alpend; . ... 2. .n: a Kristalline Zone der .Sulyretta, u u. u a nn 572 [42] W.H. Das Gebiet der Bündner Schiefer im Unterengadin und Ober- bee ea ee a 574- (garen Zur Stratigraphie des Bündnerschiefergebietes . ee... Tektonik des Bündnerschiefergebietes. . . . . Be 0 Literatur zum Abschnitt Verwall und Engadin . . ...60 [73] ,„ DastG&ebiet-zwischen-Inn und-Adda,.....r2.. u Syeiana k 604 [74 „ A.»Lischannagruppe.. ...... » Ist ik ae ar ernee r O ORT OT B.4SterlexKkamm,..\.S uni anni etie I Ders geoenmrart aueh ke RO KOT C. Umbrailkamm . . unse Aa Sa" ana ie „OT ee Ar D. Die westliche Ortlergruppe BEREIT E E : 621 "9 ur Bemerkungen zur Deutung des Gebietes Inn-Adda als Decken- Bau ee nen N THE WERNEPESEE: 2 38 027. ‚(deleses Literatur des Abschnittes . ... . .'681: HOLE Das kristalline Gebirge zwischen den Zebra und de Adamellomasse . . . 2.2... ne ee. O2 Titeratur 0 Me N ER NER RE 640° Tor = Vom Tonalepaß zum Pass eroce domini (Adamellogruppe) . 640 [110] ,„ Die Schichtentafel zwischen der Adamellomasse und der Trompialinie zen uc. ae 0 Meg ee rn. BASS RC Von der Trompialinie zur Pocbene EEE a 40- Literatur zu den zwei letzten Abschnitten... . . . . . . 662 [132] „ IL Tektonische Übersicht... 2. N. 66a" sale Vorlande.r: ee he 0) - Allgäuer und Lechtaler Alpen Ei - Silvretta und‘ Unterehgsadn 7.7 Em ER. . 2683 Münstertaler-Ortleralpen'} ».1 2% u.a Kr nie ea 7688 non Tonale-Adamello "1... a. 2 ne er ee CDS w.H. Südalpen .. . Ta ea ea en ent ua Zei ke Sera. OID ER Zusammenfassung . : De di a Kae * 697 [167) O. A. Literatur zur tektonischen Übersicht . . 2 = =... .709 17105 Die tektonischen Verhältnisse der beskidischen Oberkreideablagerungen im nordöstlichen Mähren. Von Dr. Heinrich Beck. Mit einer geologischen Übersichtskarte (Taf. Nr. XXXV) und 29 Zinkotypien im Text. Im Bereiche des Gebietes derscenlesischen Kreide treten uns oberkretazische Sedimente in zweifacher Ausbildungsweise ent- gegen. Den Nordsaum des Neokomgebirges begleiten sandige, kalkige und mergelige Ablagerungen dieser Stufe, die Baschker- und Frie- deeker Schichten, die in völlig isolierten Resten einer ehemalig zusammenhängenden, einheitlichen Gesteinsdecke über dem Neokom transgredierend auftreten. Ihr Verbreitungsgebiet ist beschränkt auf einzelne relativ bedeutende Erhebungen in der Gegend zwischen Neu- titschein und Friedeck. Wesentlich ausgedehnter ist das Oberkreidegebirge an der Süd- seite des Neokoms. Fast ohne Unterbrechung zieht sich ein breites Band einheitlich entwickelter Oberkreidesedimente aus der Gegend von Wadowitz über Saybusch, Istebna, Jablunka und RoZnau bis hart an das Westende des Neokomgebirges in die Gegend von Wall.-Mese- ritsch, die sogenannten Istebner Schichten. Sie bilden ein ganz außerordentlich konstantes Glied der schlesischen Kreide, das schon durch die ungewöhnliche Regelmäßigkeit seines Baues mit keinem anderen Horizont verglichen oder verwechselt werden kann. In den Tälern der Czeladna und Ostravitza beobachtet man völlige Konkordanz und stratigraphischen Ubergang zwischen Istebner Schichten und dem Godulasandsteine, dem jüngsten Glied der Neokomserie, insofern auf diesen Gesteinszug die Bezeichnung Neokom noch als zulässig erscheinen kann, während westlich von Rofnau eine ausgesprochene Diskordanzzwischen beiden besteht. Desgleichen spricht Uhlig von einem Übergreifen der Istebner Schichten im Olsatal. Stratigraphisch gliedern sich die Istebner Schichten in ein tieferes Schieferniveau und darübergelagerte Sandsteine und Konglomerate. Die Schiefer sind tonig-sandiger Natur, rotbraun bis schwärzlich, stellen- weise glimmerig und enthalten mehrere Toneisensteinflötze, die in früherer Zeit hüttenmännische Verwertung fanden. Die Sandsteine, meist in Jahrbuch a. K. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Bd., 3. u. 4. Hft. (Dr. H. Beck.) 712 Dr. Heinrich Beck. [2] dicken Bänken abgelagert, zeigen verschiedenes, in der Regel jedoch mittel- bis feinkörniges, zum Teil zuckerkörniges Gefüge. Die fein- körnigen Partien zeichnen sich meist durch große Härte und Wider- standsfähigkeit gegen die Verwitterung aus, während die nur lokal entwickelten gröberen Partien mitunter sogar in Grus zerfallen. Eine besonders markante Bildung sind die reichlich vertretenen kleinkalibrigenKonglomerate. Von spärlichem sandigem Binde- mittel verkittete, gleichmäßig haselnußgroße, wohlgerundete, weiße Kiesel bilden, in mächtigen Bänken. gelagert, oft kilometerweit hin- streichende steile Kämme. Ein besonderes Niveau scheinen sie jedoch nicht zu vertreten, sondern nur eine lokale Fazies der Sandsteine. Bei der Verwitterung bleiben die kleinen Kiesel erhalten, während das Bindemittel als feiner Sand herausgewaschen und verschwemmt wird, so daß die Berghänge oft von einer mehrere Dezimeter bis 1/, m dicken Schichte von losem Kies bedeckt sind, was stellenweise zum Vergleich mit einem wohlgepflegten Park berechtigt, dessen Wege mit ausgesuchtem Kiesmaterial bestreut wurden. Da das Bindemittel häufig stark eisenschüssig ist, sind die Kiesel oft mit verschieden intensiv braunroten und grellroten Häuten von Eisenhydroxyd überzogen. Eine technische Verwendung finden diese kleinkalibrigen Kon- glomerate nirgends. Eine andere, häufig auftretende Fazies der Istebner Sandsteine sind grobe Konglomerate von kristallinen Felsarten, unter denen besonders Gneise, Granite, Porphyre, Glimmerschiefer und Phyllite vorherrschen. Auch weißer Stramberger Kalk findet sich in diesen Konglomeraten. Die Größe der durchaus nicht immer wohlgerundeten Gesteinsfragmente wechselt sehr stark — neben nußgroßen Geröllen erscheinen häufig auch kristalline Blöcke, die über 1m Durchmesser aufweisen. Speziell in der Umgebung von Roänau wurden solche Blockanhäufungen beobachtet (Hradisko). Außer das eigentliche „Gebiet der schlesischen Kreide“ fallen die im folgenden angeführten Vorkommnisse von Oberkreide im Bi- strickatal bei Roucka ‘südlich von Wall.-Meseritsch und beim Dorfe Chwalezow bei Bistritz am Hostein. Beide liegen inmitten jenes mächtigen Gebirgszuges, der von Paul als Magura-Sandsteinzone be- zeichnet und für alttertiär erklärt worden ist. Für einen großen Teil dieser aus Schiefertonen, Mergelschiefer und Sandsteinen bestehenden Zone komnte allerdings durch eine Reihe von Nummulitenfunden das alttertiäre Alter durch den Autor bestätigt werden. An den beiden genannten Punkten jedoch glückte es ihm, sichere Oberkreidever- steinerungen zu finden, und zwar im Bistrickatal einen wohlerhaltenen Pachydiscus Neubergicus und bei Chwalezow Bhynchonella cfr. compressa. In beiden Fällen stammen die Funde aus einem harten, blaugrauen, dichten Kalksandstein, der in ebenmäßigen dicken Bänken mit schiefrig- tonigen Zwischenlagen auftritt und in Steinbrüchen als wertvollstes Quadernmaterial der nächsten karpathischen Umgebung für die dortigen Talsperrenbauten gewonnen wird. Wenn auch vorläufig eine kartographische Abgrenzung des die genannten Oberkreidefixpunkte verbindenden hohen Bergzuges gegen die nördlich und südlich davon verlaufenden sicher alttertiären Ablage- [3] Beskidische Oberkreide in NO-Mähren. 7113 rungen noch nicht durchgeführt werden konnte, so wurde doch der Beweis erbracht, daß die faziell im Detail so mannigfaltige, im großen und ganzen aber einheitlich erscheinende sogenannte Magura-Sand- steinzone durchaus kein so einheitliches Gebilde darstellt, wie Paul annahm. Da jedoch die aufklärenden Detailarbeiten noch nicht beendet sind, sehen wir uns bemüßigt, die gemeinsame Bezeichnung der ganzen Zone beizubehalten und alsMaguraschichten sowohl die kretazischen wie auch die alttertiären Sedimente südlich des schlesi- schen Kreidegebietes zusammenzufassen. Noch bleibt als möglicherweise oberkretazisch ein Schichtsystem zu betrachten, das bereits Paul unter der Bezeichnung „Javornik- Sandstein“ an der mährisch-ungarischen Grenze vom Magurasand- stein getrennt und als wahrscheinlich kretazisch bezeichnet hat. Fossilien haben diese Gesteine bisher nicht geliefert, in der Fazies zeigen sie vielfache Anklänge sowohl an die Istebner- wie an die Magura- schichten. Auffällig ist nur ein gewisser morphologischer Gegensatz zwischen dem Javornikgebirge und dem Zug der Maguraschichten. I. Das Verhältnis des Baschker Sandsteins und der Friedecker Mergel zum schlesischen Neokom und der subbeskidischen Decke. Die Detailuntersuchungen des Autors in den mährisch-schlesischen Beskiden haben in bezug auf die stratigraphische Stellung der Baschker und Friedecker Schichten keine neuen Ergebnisse gezeitigt, weshalb in diesen Fragen auf die bereits vorhandene Literatur hingewiesen sei). Wir betrachten mit Liebus (l.c.) diese Schichten als Vertreter des Senon. Besondere Beachtung verdienen dagegen die lithologischen Verhältnisse. Den unverkennbaren Typus der Baschker Schichten repräsentieren feinkörnige, hellgraue, harte Sandsteine mit bedeuten- dem Kalkgehalt, und graue und gelblichgraue spröde Kalkmergel mit charakteristischem muscheligen Bruch. Zwischen den feinkörnigen Sandsteinen und den Mergeln bestehen allerorten kontinuierliche Über- sänge. Die Schichtung ist außerordentlich regelmäßig. Gewöhnlich sind Sandsteine und Mergel verhältnismäßig dünnschichtig — plattig — entwickelt; die Mergel zeigen daneben häufig eine plattigschiefrige bis dünnschiefrige Ausbildung, die Sandsteine vielfach eine dickbankige. Das spezielle Charakteristikum der genannten Schichten ist das reichliche und konstante Auftreten von grauen Hornsteinbändern. Außerdem ist noch besonders hervorzuheben, daß bei der Verwitterung die feinkörnigen harten Sandsteine senkrecht zur Schichtung in scharf- kantige prismatische Stücke zerfallen, wie es in diesen Gegenden in gleich ausgezeichneter Weise nur noch bei den Ellgother Sandsteinen beobachtet werden konnte. Der äußerst geringe Gehalt an Eisen- karbonat bringt es ferner mit sich, daß die Sandsteine meist eine hellgraue und seltener die bräunliche Verwitterungsfarbe zeigen. 1) Liebus und Uhlig, Über einige Fossilien der karp. Kreide. Beiträge z. Geol. u. Pal. Öst.-Ung. und des Orients. Wien 1902, Bd. XIV. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Bd., 3. u. 4. Heft. (Dr. H. Beck.) 993 714 Dr. Heinrich Beck. 14] Schichten mit den genannten lithologischen Eigentümlichkeiten sind immer mit Sicherheit als Baschker Schichten anzusprechen. Die Senonschichten am Beskidennordrand aber, die wir als Baschker Schichten anzusprechen haben, zeigen vielfach einen ganz anderen Charakter, der mit dem eben geschilderten und von Hohenegger und Uhlig als Typus hingestellten gar keine Ähnlichkeiten oder Analogien aufweist, vielmehr dem der neokomen Grodischter Schichten so nahe steht, daß bei dem gänzlichen Mangel an brauchbaren Fos- silien eine Verwechslung beider Bildungen leider allzuleicht möglich ist. Insolange das Alter gewisser Schichten nicht durch Fossilfunde erwiesen sein wird, werden auch die Zweifel — ob Neokom, ob Senon — nicht zu beheben sein. Die Lagerungsverhältnisse allein können in einem so lebhaft gestörten Gebiet nicht überall eine sichere Richtschnur für die Altersbestimmung abgeben. Am Liebischberg, in der Umgebung von Stramberg und Nessels- dorf, im Palkovitzer und Kozlovitzer Gebirge treten allenthalben und meist in bedeutendem Ausmaß zuckerkörnige und grobkörnige, ge- wöhnlich stark zermürbte Sandsteine auf, ebenso (Piskovnia und LauSka bei Nesselsdorf) in Verbindung damit Tithonkalkbreccien und -konglomerate, die bisher die widersprechendsten Deutungen gefun- den haben. Am Liebischberg wurden die groben Sandsteine und einzelne dicke Bänke von Tithonkalkbreccien und -konglomeraten als Zwischen- lagen in dem typischen feinkörnigen, kalkigen Baschker Sandstein angetroffen, ebenso auf der Bila hora bei Strambereg. Auf Schauenstein (Schostin) und Piskovnia bei Nesselsdorf fanden sich plattige Baschker Sandsteinschichten mächtigen Kalkkonglomeraten und -Breccien vereinzelt eingelagert; die grauen Hornsteinbänder wieder in den groben mürben Sandsteinen der Palkovitzer Berge in Begleitung plattiger hellgrauer und gelblichgrauer harter Mergel. Ein Unterschied zwischen den von mir zum Senon gezählten groben Sandsteinen und dem Grodischter Sandstein scheint bemerkens- wert: unter den ersteren wurden jene weißen, zuckerkörnigen Sand- steine nicht angetroffen, die in den Grodischter Schichten so mächtig entwickelt sind (Gimpelberg, Peczavska hora bei Janovitz, Sklenauer hurka, Hurkaberg nördlich von Alttitschein usw.) und die überall als leicht zu bearbeitender Baustein gebrochen werden. Ebenso finden sich auch in dem fraglichen Senon keine Nulliporenbänke, wie sie für die Grodischter Schichten charakteristisch sind. Sonst aber herrscht fast durchweg völlige Gleichartigkeit der Fazies. Sie mag wohl hauptsächlich damit zu erklären sein, daß speziell die Grodischter Sandsteine vielfach das Material zum Aufbau senoner Schichten ge- liefert haben, denn gerade an jenen Stellen, wo Grodischter Schichten mit dem Senon im Kontakt stehen oder in unmittelbarer Nachbarschaft davon auftreten, ist die Entwicklung der fraglichen Senonbildungen am reichsten (Nesselsdorf, Chlebowitz-Palkovitz). Der Baschker Sandstein bildet zwischen Neutitschein und dem Östravitzatal eine Reihe relativ bedeutender Erhebungen, die fast durchweg durch Erosion voneinander getrennt sind. Am weitesten westlich liegt von diesen senonen Gebirgsfragmenten der Liebisch- [5] Beskidische Oberkreide in NO-Mähren. 115 berg, dessen östlicher Gipfel die Reimlicher Hurka genannt wird. Am Abhang dieses letzteren gegen Saversdorf findet sich eine kleine Klippe von Stramberger Kalk. Rings um die große Stramberger Tithonklippe schließt sich ein Mantel von Baschker Sandstein. Er unterteuft von Nordwesten her die Kalkmasse des Kotou£, umschließt die steil aufragende Klippe der Trouba und bildet nördlich vom Ort Stramberg die Bila hora, an deren Abhang gegen Nesselsdorf vier kleine Blockklippen auftauchen. Am Südende von Nesselsdorf steht das Senon der Bila hora durch einen schmalen Streifen mit der umfangreichen Masse von Czerveny kamen, Piskovnia und Holy vrh in Verbindung. Genau südöstlich vom Steilabfall des Kotous hebt sich eine flache, bewaldete Kuppe von Baschker Sandstein aus ihrer neokomen Um- gebung heraus (Punkt 379). Auf dem Berg Na Peklach bei Bordowitz findet sich ebenfalls ein Relikt von Baschker Sandstein. ÖstlichderLubina bildet dieser die steilaufragenden Tychauer Berge (U Vichy, Tycehava hurka, Lozina bei Mischi), den Berg Kaeczniezow, Skalka, Hochwälder Schoßberg sowie den Südostabhang der Sklenauer Hurka. Ferner das Palko- witzer Gebirge und den Zug des Kozlowitzer Berges mit den Höhen von Metillowitz und jenseits der Ostravitza die Hügel von Baschka und PrZno. Das niedrige Hügelland zwischen Staritsch und Lothrinko- witz besteht gleichfalls aus Baschker Sandstein, der hier stellenweise in weichere Mergelschiefer übergeht. Räumlich sehr beschränkt sind die Vorkommnisse von Friedecker Mergel bei Friedeck und Leskowetz. Als östlichstes Vorkommen von echtem Baschker Sandstein ist eine sehr kleine Partie davon bei Nied.-Domaslowitz nördlich von Woikowitz zu nennen !). a) Liebischberg und Reimlicher Hurka. Auf Hoheneggers Karte ist das ganze Gebiet zwischen dem Dorfe Reimlich und dem Söhler Busch mit dem genannten Berg als Oberkreide angegeben. Die Manuskriptkarte Tausch’s, die dem Autor als Grundlage zur Reambulierung diente, zeigt bereits eine den tatsächlichen Verhältnissen mehr entsprechende Umgrenzung der Ober- kreide, indem nur der Berg selbst als solche eingezeichnet erscheint. Tausch verzeichnet in seiner Manuskriptkarte in der nördlichen, östlichen und südlichen Umrahmung des Baschker Sandsteins nur Diluvium (Lehm und Löß), während er am Westfuß eine kleine Partie Alttertiär angibt. Lehm oder Löß bedeckt nach ihm auch die Terrainsenke zwischen dem Baschker Sandsteinberg und dem Höhen- zug Holiwak — Söhler Busch, die als Godula-Sandstein angegeben ı) Uhlig, Stratigraphische Bemerkungen zu Liebus: Über einige Fossilien der karp. Kreide. Beitr. z. Geo]. u. Pal. Österr.-Ung. 1902, XIV. Bd., pag. 124. z 92* 716 Dr. Heinrich Beck. [6] sind. Richtig verzeichnet er am Nordostende von Reimlich einen Pikritaufbruch. Nach Hohenegger wird der Baschker Sandstein im Westen, Norden und Osten von Alttertiär umschlossen, im Süden grenzt er an Obere Teschener Schiefer. Den ganzen Gipfelkamm der Hurka nimmt nach ihm eine Tithonklippe ein. Bei den Reambulierungsarbeiten, die der Autor im Auftrage der k. k. geologischen Reichsanstalt durchzuführen hatte, ergaben sich wesentliche Abweichungen von den genannten Kartengrundlagen, Söhler Busch und Hohlweg (Holiwak) bestehen nicht aus Godula- Sandstein, sondern Grodischter Sandstein. ‚Diesen unterteufen von Norden her obere Teschener Schiefer, in denen das Dorf Reimlich eingebettet liegt. Am Nordende des Dorfes grenzen diese Schiefer an den Baschker Sandstein der Hurka und des Liebischberges. Gegen Westen, im obersten Teil des Krumbachgrabens, versinken die oberen Teschener Schiefer unter der diluvialen Bedeckung, die auch bis an den Südwestabhang des Liebischberges hinaufreicht. Fluviatiler Diluvialsand verkleidet seinen Westfuß, während im Norden und Osten oberhalb Liebisch und Saversdorf Schotter mit nordischen Geschieben, die über den fluviatilen Sanden lagern, bis unmittelbar an den Steil- hang herantreten. Westlich und südwestlich vom Liebischberg tauchen subbeskidische Gesteine an mehreren Stellen empor. Im Hohen Wald nördlich der Reichsstraße konnte der Autor in einem tief eingeschnittenen Seitengraben des Sedlnitzbaches alttertiäre graue Schiefertone nachweisen, die bei ONÖ-Streichen unter 40° gegen SSO einfallen. Dieses Vorkommen korrespondiert mit den Auf- schlüssen von alttertiären Schiefertonen im Titschbach bei Neutitschein und Schönau. Am Südrand des Hohen Waldes, beim Schwefelbad, stehen Menilitschiefer in ziemlich beträchtlicher Ausdehnung an. Sie werden von mittel- bis grobkörnigen, hieroglyphenführenden Sandsteinen, die mit bräunlichen, sandigen, schiefrigen Mergeln wechsellagern und rein südlich einfallen, offenbar konkordant überlagert. Diese Sand- steine, die zweifellos der subbeskidischen Decke angehören, bilden einen leicht kenntlichen, O—W verlaufenden breiten Rücken, der am Südfuß des Liebischberges beginnt. Leider mangelt es gerade in dieser Gegend an Aufschlüssen, welche einen tieferen Einblick in das Verhalten dieser Sandsteine zu dem Baschker Sandstein gewähren würden. Es ist nur zu konstatieren, daB beide Schichtkomplexe südlich einfallen. Am äußersten NW-Fuß des Liebischberges erscheint in einem kleinen Steinbruch zu unterst der typische, regelmäßig und eben- flächig geschichtete Baschker Sandstein mit Hornsteinzwischenlagen, flach südlich einfallend. Darüber, scheinbar ungeschichtet, ein gelb- lichgrauer, gröberer Sandstein, der allerdings eine gewisse Ähnlichkeit mit subbeskidischen Alttertiärsandsteinen besitzt, welche Hohen- egger zur Einzeichnung von Alttertiär veranlaßt haben mag, weit mehr aber an Grodischter Sandstein erinnert, jedoch infolge seiner Lagerung zwischen den typischen Oberkreideschichten von diesen 17] Beskidische Oberkreide in NO-Mähren. RT absolut nicht zu trennen ist. (Fig. 1.) In geringer Entfernung nörd- lich von diesem Aufschluß findet sich ein zweiter, in welchem aber- mals typischer Baschker Sandstein zutage tritt. Dieser zweite Auf- schluß liegt noch etwas tiefer als der erstgenannte, gleich diesem in einer diluvialen Terrasse. Den Kamm von Liebischberg und Reimlicher Hurka bilden harte Kalkmergel und Sandsteine. Zwischengelagerte weiche Mergelschiefer scheinen seltener aufzutreten. (Großer Steinbruch westlich unter dem Gipfel des Liebischberges.) Die Fallrichtung ist hauptsächlich rein südlich. Häufig treten Breccien von Tithonkalk und ebensolche Kon- glomerate auf, besonders auf der Westseite des Berges. Diese sreceien und Konglomerate bilden einzelne Bänke von bedeutender Steinbruch am Nordwestfuß des Liebischberges (Reimlicher hurka). a — Plattiger, hellgrauer Baschker Sandstein mit Hornsteinbändern. b — Grauer, anscheinend ungeschichteter, gröberer Sandstein. Ter. = Diluvialterrassen. Mächtigkeit und besitzen große Ahnlichkeit mit den analogen Bil- dungen der Grodischter Schichten. Vom Hurkagipfel zieht sich ein wenig markanter Kamm gegen NO hinunter. Auf der Saversdorf zugekehrten Seite dieses Kammes tritt die schon bekannte Tithonklippe auf, allerdings von wesentlich bescheidenerem Umfang, als sie Hohenegger dargestellt hat. Wir können sie nur als eingefaltete Blockklippe ansprechen. Auf der Manuskriptkarte Tausch’s ist sie nicht verzeichnet. Uber den Kontakt des Baschker Sandsteins mit den oberen Teschener Schiefern bei Reimlich können leider keine Angaben gemacht werden, da nirgends entsprechende Aufschlüsse vorhanden sind, die ihn erkennen oder wenigstens seine Art vermuten lassen könnten. Auch die oberen Teschener Schiefer fallen gemäß dem regel- mäßigen Schuppenbau des ganzen Gebirges in südlicher Richtung ein. 718 Dr. Heinrich Beck. [8] b) Umgebung von Stramberg und Nesselsdorf. Die große Tihtonkalkklippe von Stramberg (Kotou£) ist mit Aus- nahme ihrer SO-Seite vollständig eingehüllt in Baschker Sandstein, der sowohl von NW als auch NO her gegen die Klippe einfällt. An der Westseite erkennt man unschwer, wie diese Hüllschichten den Klippenkalk tatsächlich unterteufen, indem der Kalk vom Gipfel des Kotouö in schräger Richtung quer über den Westabhang zum Südfuß des Berges herunterzieht. Hinter dem Kalk, allerdings größten- teils durch Gehängeschutt verdeckt, steht Baschker Sandstein an. Entlang der Südostseite des Kalkriffes streicht ein schmaler Zug von unteren Teschener Schiefern, därüber folgen die oberen Teschener Schiefer. In den ersteren taucht am Eingang zum großen Gutt- mannschen Steinbruch eine kleine Pikritintrusion auf. Eine ıf der Südseite des Riffes angesetzte Bohrung ergab als Liegendes des Kalkes die unteren Teschener Schiefer. Der Baschker Sandstein wurde hier nicht angetroffen. Bereits in seiner Abhandlung über die Klippen der Karpathen wie in Bau und Bild der Karpathen hat Uhlig den Nachweis erbracht, daß das Riff aus den unteren Teschener Schiefern emporgewachsen ist, die mit demselben in auffallender Weise ursprünglich verwachsen sind. Am deutlichsten ist dieses Verhältnis von Kalk und Schiefer im alten Gewerkschaftssteinbruch zwischen dem Guttmannschen 3ruch und dem Ort Stramberg zu erkennen. Die graubraunen Mergel- schiefer greifen allenthalben unregelmäßig in den Kalk ein, erfüllen alle Höhlungen desselben und sind meist eng gestaut und verfaltet. Meist schaltet sich zwischen Kalk und Schiefer eine wenig mächtige Schicht von Konglomeraten und Breccien des Riffkalkes ein wie aus den nachfolgenden Abbildungen ersichtlich ist. Der Kalk ist ungeschichtet,. nur an einer Stelle erweckt er den Anschein von Bankigkeit, doch kann es sich in diesem Fall auch um Parallelklüftung handeln. (Fig. 2, 3.) Zweifellos war das Stramberger Rift, nachdem es durch vorsenone Erosion aus seiner Umgebung von weichen Neokomgesteinen heraus- modelliert worden war, allseitig von Baschker Sandstein eingehüllt. Doch während unter seinem Schutze die Hülle an der Nordseite er- halten geblieben ist, wurde sie auf der Südseite bis auf einen kleinen Rest vollkommen abgetragen. Dieser letzte Rest, der Zeuge der allseitigen Umhüllung durch das Senon, liegt auf dem bewaldeten Hügel 379, an dem die Straße von Stramberg nach Senftleben vorbei- führt. Seine Unterlage bilden obere Teschener Schiefer, für die er bei der späteren Hauptfaltung (Uberschiebungsphase) jedenfalls ein nicht sehr nachgiebiges Hindernis darstellte, denn gerade rings um diesen Hügel zeigen sich lokale Störungen, wie aus dem regelwidrigen Einfallen der oberen Teschener Schiefer zu ersehen ist. Während das normale Fallen in diesem Schieferzug durchweg 30 bis 45° gegen SO gerichtet ist, zeigt sich am Südrand dieser kleinen senonen Hügel- kappe ein Fallen von 22° gegen WSW, am Westrand ein Fallen von 25° in rein westlicher Richtung. Im Baschker Sandstein selbst konnte [9] Beskidische Oberkreide in NO-Mähren. 119 mangels eines entsprechenden Aufschlusses das Verflächen nicht kon- statiert werden. Besonders instruktiv ist das Verhältnis des Baschker Sandsteins zu der zweiten großen Klippe am oberen Ende von Stramberg, der Trouba. Diese Klippe ist tatsächlich allseits von Senon umgeben. Im Bachbett südlich der Trouba steht Baschker Sandstein an mit süd- lichem Einfallen. Desgleichen ist derselbe am Westabhang mehrfach sichtbar sowie an der Nord- und Ostseite. Vom höchsten, mit einem Turm gekrönten Punkt der Trouba zieht sich ein steil geböschter IE Na DR Ve TE, Sr Kontakt der unteren Teschener Schiefer mit dem Strambergerkalk im alten Gewerkschaftssteinbruch in Stramberg (Koton&). K = Tithonkalk. — Kg! — Konglomerat aus Geröllen des Tithonkalkes. — Sfr — Untere Teschener Schiefer. felsiger Kamm zur Bila hora hinüber. Dieser Kamm besteht aus ziemlich grobkörnigem Baschker Sandstein, der hier in der unmittel- baren Nachbarschaft des Riffes stellenweise so vollkommen von Bruch- und Rollstücken des Kalkes erfüllt ist, daß er hier ohne weiteres äls Breccie anzusprechen ist. Je weiter wir uns von dem Riff entfernen, desto ärmer wird der Sandstein an Kalkbrocken, bis er auf der Bila hora wieder den normalen Typus des Baschker Sandsteins aufweist. Ganz gleiche Erscheinungen treffen wir am Nordostrand des sroßen Riffes, das ist am Südwestabhang der Bila hora. Auch hier 720 Dr. Heinrich Beck. [10] treten stellenweise massenhafte Anhäufungen von Kalkbreecien im Baschker Sandstein auf. Wir haben hier zweifellos ein ursprüngliches Anlagerungsverhältnis vor uns, das auch durch die intensiven tekto- nischen Bewegungsvorgänge der späteren Epochen nicht verwischt worden ist. Im Baschker Sandstein der Bila hora stecken knapp oberhalb des Südendes von Nesselsdorf in der Nachbarschaft der großen Klippe vier kleine Blockklippen. Ihre Entfernung vom Hauptriff beträgt zirka 150 bis 300 m. Auf der Westseite der Bila hora (Weißer Berg) beim Bad Stram- berg und unmittelbar am Fuß der Trouba stehen jene grauen grob- körnigen Sandsteine an, deren auffallende Ähnlichkeit mit gewissen Schichten des Grodischter Sandsteins hervorgehoben wurde und die zweifellos mit den groben Sandsteinen des Liebischberges identisch sind. Auch hier sind sie mit typischem feinkörnigen, plattigen Baschker Sandstein und mit Kalkbreccien innig verknüpft, so daß wir sie hier wie dort dem Senon zurechnen müssen, zumal vielfach auf der Bila hora Übergänge zwischen diesem eroben Sandstein und dem bekannten typischen zu beobachten sind. Derselbe graue grobkörnige Sandstein ist auch teilweise der Träger der Breceien und Konglomerate, die, wie erwähnt, bis weit hinauf gegen den Gipfel des Berges zu verfolgen sind. Die dicken Bänke streichen ONO und fallen unter nahezu 50% gegen SSO ein. Speziell auf der N- und Ö-Seite des Berges dominieren die fein- körnigen, harten, kalkigen Sandsteine, was insbesondere mit Rücksicht auf die Angabe Prof. Fritz Hirths!), daß sowohl der Gipfel als auch die ganze Osthälfte der Bila hora aus Alttertiärgesteinen bestehen, hervorzuheben ist. Dieser Irrtum Prof. Hirths erscheint dadurch von vornherein erledigt. Wichtiger sind die Angaben von Hohen- egger und Uhlig über das Auftreten alttertiärer Schichten am Fuß der Bila hora, sowohl auf der N-Seite, als insbesondere auf der öst- lichen, bei Nesselsdorf. Anstehende Schichten konnte ich hier nirgends konstatieren, bloß diluviale Sande, Lehm und Gehängeschutt. Da- gegen scheint das Auftreten zahlreicher Quellen am Fuß des Berges auf das Vorhandensein wasserdichter Schichten hinzuweisen; ob es sich dabei um das Auftauchen alttertiärer Gesteine handelt, muß bei der AufschluBßlosigkeit dieser Gegend dahingestellt bleiben. Ganz außerordentliche Schwierigkeiten bieten sich dem kartie- renden Geologen in dem Gebirgsabschnitt östlich von Nesselsdorf, der durch die Gipfel ÖOzervenikamen (728 m), Piskovnia (602 m) und Holy vrceh (509m) bezeichnet ist. Die Mannigfaltigkeit der daselbst vorhandenen Gesteinstypen, das Fehlen bezeichnender Fossi- lien bringen es naturgemäß mit sich, daß trotz genauesten Studiums nicht alle Zweifel mit einem Schlag zu beseitigen waren. Hohenegger und Tausch haben auf den genannten Bergen Baschker Sandstein ausgeschieden, dazwischen eine ziemlich breite Zone von Wernsdorfer Schiefern, entsprechend den tief einge- } !‘) Jahresbericht der mähr. Landes-Oberrealschule in Neutitschein 1888/89: Übersicht der geolog. Verhältnisse des Neutitscheiner Bezirkes. [11] Beskidische Oberkreide in NO-Mähren. 1721 schnittenen Tälern. Aber bereits Prof. Uhlig hat in der dem Autor freundlichst zur Weiterführung überlassenen Manuskriptkarte der Umgebung von Stramberg keine Wernsdorfer Schichten mehr ange- geben, sondern nur Baschker Sandstein mit einer Umrahmung von Alttertiärgesteinen im Westen una Norden. Eine kleine, steil auf- ragende Klippe von Tithonkalk am Südabhang der Piskovnia erscheint bei allen den genannten Autoren angegeben. In einer kurzen Notiz hat sich endlich Dr. M. Remes mit dem nördlichen Teil dieses Gebietes befaßt. Wir werden speziell darauf zurückkommen müssen. Am Westfuß von Czerveni kamen, im Tal von Nesselsdorf, sind in einzelnen Hohlwegen graue, plattige Sandsteine mit viel Pflanzenhäcksel und Hieroglyphen auf den glimmerigen Schichtflächen und zwischengelagerte weiche, graue Schiefertone aufgeschlossen. Hohenegger verzeichnet in seiner Karte innerhalb dieser Zone nummulitenführende Schichten, wonach das tertiäre Alter sicher- gestellt erscheint. Obwohl es mir selbst nicht gelungen ist, diese Schichten wieder zu finden, hege ich gleich Prof. Uhlig über die Richtigkeit dieser Angaben keinen Zweifel, speziell im Hinblick auf die faziellen Eigentümlichkeiten der betreffenden Sedimente. Diese Schichten streichen ungefähr parallel dem Fuß des Berges gegen ONO und fallen bergwärts ein. Unmittelbar darüber erhebt sich erst verhältnismäßig sanft der eigentliche Fuß des Czerveni kamen, die sogenannte Horeökova. Hier finden sich ausschließlich bankige, gröbere Sandsteine von grauer und gelblicher Farbe, völlig analog denen vom Liebischberg und der Bila hora, somit ganz ähnlich den Grodischter Sandsteinen. Verwittert sind sie sehr mürb und zerfallen in Sand. Diese Sandsteine lassen sich kontinuierlich als breiter Außen- saum des Berges längs dessen Nordflanke — der steile Gipfelkamm des Berges erstreckt sich ungefähr O—W — über den Sattel zwischen Özerveni kamen und Piskovnia (Punkt 490) bis zum nordöstlichen Vorgipfel, dem Holy vrch, verfolgen. Der Holy vreh besteht zur Gänze aus diesem Sandstein. Ebenso findet sich derselbe grobe Sand- stein auf der Ostflanke der Piskovnia und in dem Graben an deren N-Seite, wo er stellenweise in kleinen Bachrunsen schön aufge- schlossen ist. Besonders gute Aufschlüsse liegen knapp oberhalb des Dorfes Velöowitz am Abhang gegen das Lubinatal, auf dem östlichen Hügel von Louska (Punkt 333 m). Hier sind die groben Sandsteine in zwei Steinbrüchen entblößt. Sie zeigen massige Bänke mit — sehr spärlichen — Zwischenlagen von dünnplattigen groben Sandsteinen mit verein- zelten kleinen Kohlenbröckelchen, etwas Pflanzenhäcksel, aber ohne Glimmer und Hieroglyphen, zum Unterschied von den Alttertiär- gesteinen bei Nesselsdorf. Auch hierin liegt eine Analogie mit Gro- dischter Schichten. Die Sandsteine streichen ONO und fallen unter 35° gegen SSO ein. Der Abhang von Holy vreh und Czerveni kamen gegen das Lubinatal zeigt durchweg dieselben Sandsteine. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Bd., 3. u. 4. Hett. (Dr. H. Beck.) 93 122 Dr. Heinrich Beck. [12] Den steil aufstrebenden Gipfelkamm des Czerveni kamen bilden ebenfalls Sandsteine, doch zeigen diese meist ein etwas feineres Korn und nicht die bräunliche, sondern mehr eine graue Ver- witterungsfarbe, nähern sich somit mehr den feinkörnigen Typen von Baschker Sandstein. Stellenweise erscheinen auch tatsächlich typische Baschker Schichten den gröberen Sandsteinen beigemengt. Vielfach enthalten die Sandsteine Einschlüsse von Mergelknollen, besonders am West- und Südabhang des Czerveni kamen. Diese Knollen sind unregelmäßig geformt und ziemlich flach. Infolge ihrer hellgrauen Farbe haben sie gewisse Ähnlichkeit mit Tithonkalkgeröllen. Auch am Üzerveni kamen finden sich stellenweise, besonders an der Südseite, Bänke mit Kalkbreccien und -geröllen, wie auf der Bila hora. Auf der Ost- und SO-Seite gehen die etwas weniger groben Sandsteine des Gipfelkammes wieder in die groben Sandsteine über. Östlich unterhalb des Gipfels streichen die groben Sandsteine NW-—SO fallen steil gegen NO ein. Gegen das Lubinatal zu stellt sich wieder O—W-Streichen ein bei verschiedener Fallrichtung. Am Westende des Berges, gegenüber dem Bahnhof Stramberg streichen die Schichten OSO bei südlichem Einfallen. Offenbar verdankt der Gipfelkamm der ostwestlichen Streichrichtung der Schichten seine Form. Das NO-Fallen östlich des Gipfels deutet wohl sicher auf Zer- stückelung des Gebirges durch Verwerfungen. Der Berg Piskovnia nördlich des Ozervenikamen und westlich vom Holy vrch, von beiden durch tief eingeschnittene Täler getrennt, trägt, wie schon erwähnt, eine verhältnismäßig kleine, aber landschaftlich sehr auffallende, mit einer hohen, senkrechten Wand aus dem Wald aufstrebende Klippe von weißem Stramberger Kalk. Die Hülle wird hier nicht wie bei der StrambergerTrouba auf der Bilahora durch grobkörnige, konglomeratische und breceiöse Sandsteine gebildet, sondern von dem typischen feinkörnigen, grauen Sandstein mit den Zwischenlagen von hellgrauem harten Kalkmergel und den Hornsteinbändern. Der Gehängeschutt zeigt die charakte- ristischen, scharfkantigen, langen Prismen, in welche die plattigen Sandsteine senkrecht zur Schichtung zerfallen. Breccien- und Kon- glomeratbänke fehlen in der unmittelbaren Umgebung des Riffes ganz. Die feinkörnigen Sandsteine bilden die Gipfelpartie der Pis- kovnia und reichen am Südabhang ziemlich weit unter die Kalk- klippe hinunter. Leider finden sich gerade in dieser Gegend keine weiteren Aufschlüsse.e Am Südfuß sowie auf dem Ost- und Nord- abhang stehen deutlich erkennbar und in mehreren kleinen Bachrunsen schön aufgeschlossen wieder die massigen grobkörnigen Sandsteine an, die den Holy vreh und Czerveni kamen bilden. Westlich und nördlich ist ‚der Piskovnia ein Kranz von steil aufragenden, wesentlich niedrigeren Bergen vorgelagert, der mit dem Schauenstein (Schostin!) bei Nesselsdorf beginnt und mit dem Höhenzug Louska bei Velcovitz endet. ') Auf dem Gipfel dieses Berges, der in der Spezialkarte unbenannt ist, sind noch Reste von Wall und Graben einer Ritterburg zu finden, von deren Mauern nur mehr schwer kenntliche Spuren vorhanden sind. [13] Beskidische Oberkreide in NO-Mähren. 123 Der ganze Schauenstein nebst einem beträchtlichen Teil des Westabhanges der Piskovnia besteht aus massigen Tithonkalk- konelomeraten und -breceien. Greröllfreie Schichten sind auf dem Schauenstein nirgends aufgeschlossen. Die Konglomerate und Breccien streichen nach Norden und Osten um die Piskovnia herum und sind allerorten gut aufgeschlossen. Anschließend an den Schauen- stein erhebt sich ein langer, außerordentlich steil geböschter, grat- artig zulaufender Kamm (Punkt 504 m der Spezialkarte), an dessen Nordwestflanke die mächtigen Konglomerat- und Breccienbänke stellen- weise als blanke Felsleisten zutage treten. Zwischen diese Bänke schalten sich ab und zu mittel- bis feinkörnige, gelbliche oder graue plattige Sandsteine ein, welche speziell dem sogenannten typischen Baschker Sandstein sehr ähnlich sind, nur ist das Korn etwas gröber und der Kalkgehalt geringer. Die Schichten streichen in diesem Gebirgsstück parallel dem Kamm NO und fallen gegen SO, also bergwärts ein. Die Konglomerate und Breccien streichen am Rande der ganzen Berggruppe gegen die diluviale Ebene iu breiter Zone weiter gegen Osten fast bis zum Lubinatal bei Velöowitz, wo sie unmittelbar bei dieser Ortschaft unter den groben, bankigen Sandsteinen des öst- lichen Hügels von Louska verschwinden. Auf der ganzen Erstreckung von Punkt 504 ın bis Velcovitz werden sie von diesen Sandsteinen überlagert. Am Ostfuß der Piskovnia treten in diesen Sandsteinen abermals mächtige Konglomeratmassen auf, deren Abgrenzung jedoch wegen der üppigen Vegetation nicht genau durch- führbar war. Ausgezeichnet ist dieses Vorkommen durch die Bildung kleiner, allerdings fast ganz verschütteter Höhlen. Dieses isolierte Auftreten von Tithonkonglomeraten inmitten des Sandsteins etwa durch komplizierte tektonische Konstruktionen erklären zu wollen, halte ich bei der ohnehin unsicheren stratigraphischen Grundlage nicht für gerechtfertigt. Wahrscheinlich handelt es sich um eine eng begrenzte lokale Aufhäufung von Kalkgeröllen innerhalb der Sandsteine, somit um eine Faziesdifferenzierung ganz nach Analogie der Grodischter Konglomerate. Vor allem müssen wir uns hier klar werden über das Alter dieser verschiedenartigen Sedimente. Die Versuchung, die grobkörnigen Sandsteine an der Basis des Üzerveni kamen (Horeckova), am Holy vreh, auf Piskovnia und LouSka, sowie die massigen Konglomerate und Breceienbänke von Tithonkalk am Schauenstein und auf Louska ohne weiteres den Grodischter Schichten zuzurechnen, ist wegen der ausgesprochenen Übereinstimmung der Fazies äußerst naheliegend. Auf der Bila hora bei Stramberg aber war ebenso wie auf dem Liebischberg völlige Konkordanz und Wechsellagerung und kontinuier- licher fazieller Ubergang zwischen den grobkörnigen bankigen Sand- steinen mit Tithonkalkkonglomerateinlagerungen und dem „typischen“ feinkörnigen, plattigen, grauen Baschker Sandstein zu konstatieren. Dort ist ein Zweifel über die Zusammengehörigkeit dieser verschieden- artigen Sedimente ausgeschlossen. Analog dazu sehen wir im Gebiete des Czerveni kamen typische Baschker Schichten den gröberen Sandsteinen eingelagert. Zwischen 93* 724 - Dr. Heinrich Beck. [14] den massigen Konglomeratbänken rings um die Piskovnia finden sich gleichfalls plattige, feinkörnige, graue Sandsteine eingelagert, die dem Baschker Sandstein entsprechen. Besonders auffallend ist außerdem das Fehlen jener bezeich- nenden exotischen Gerölle von ziegelrotem Porphyr, die in den ana- logen Konglomeraten der Grodischter Schichten in der Umgebung von Neutitschein wie bei Hochwald und Richaltitz so häufig angetroffen werden. Dafür konnte ich jedoch am Nordabhang der Hügelgruppe LouSka unter den wohlgerundeten Tithonkalkgeröllen auch einzelne größere Gerölle von Toneisenstein konstatieren. Es ist wuhl zweifellos, daß es ich dabei um Gerölle und nicht primäre Toneisensteinknollen handelt. In derart groben Geröllanhäufungen, wie sie gerade auf Louska sich vorfinden — die einzelnen Kalkroll- stücke erreichen oft mehr als Kopfgröße, manche haben einen Durch- messer von über !/; m — wird gewiß niemand an die Bildung kopf- sroßer Konkretionen glauben. Es muß hier konstatiert werden, daß die Grodischter Schichten wohl Tithongerölle führen, bisher aber noch nirgends darin Fragmente der das unmittelbar Liegende bildenden oberen Teschener Schiefer, aus denen allein derartige Gerölle stammen könnten, nachgewiesen werden konnten, obwohl sie offenbar einer be- deutenden negativen Bewegung des Meeresspiegels ihre faziellen Eigen- tümlichkeiten verdanken. Das Vorkommen von Toneisensteingeröllen in den Konglomeraten von Louska deutet somit darauf hin, daß diese Schichten jünger sein müssen als die Grodischter. Seit der Ablagerung dieser aber gibt es am Nordrand der Beskiden bis zum Senon keinen geröllführenden Horizont mehr, Godulasandstein ist hier nie zur Ent- wicklung gekommen, auch hat er absolut keine fazielle Ahnlichkeit mit diesen Schichten, es kann sich somit nur um senone Ablagerungen handeln. Zu diesem Ergebnisse führt außerdem auch der Vergleich mit den Faziesverhältnissen im Baschker Sandstein auf der Bila hora bei Stramberg und am Liebischberg. Uberdies könnte das Auftreten von typischem Baschker Sandstein in Wechsellagerung mit den grob- körnigen Sandsteinen am Czerveni kamen wie mit den Konglomeraten nordwestlich der Piskovnia allein als hinreichender Beweis für das senone Alter gelten. Leider ist es nicht möglich, das Verhältnis der aus typischem Baschker Sandstein bestehenden Klippenhülle auf der Piskovnia zu den benachbarten Sandsteinen und Konglomeraten anzugeben, da hier entsprechende Aufschlüsse fehlen. Es scheint jedoch, nach dem Ge- hängeschutt zu urteilen, daß hier eine ganz ähnliche Faziesänderung vorliegt, wie auf dem Gipfel der Bila hora. Bemerkenswert ist, daß gerade in der unmittelbaren Klippenhülle das feinklastische Sediment sich findet, ohne Einschaltung von Breccien oder Konglomeraten. Jedenfalls befand sich diese kleine Klippe nicht im Brandungsbereiche des Senonmeeres. Sie hat auch sicher kein Material für die benach- barten Konglomeratberge geliefert !). (Fig. 4). !) In einer kurzen Notiz: Nove naleziste Strambersk&ho väpence ve Vl&ovicich u Pfibora, Zprävy kommisse pro pfirodovedeck6 prozkoumäni Moravy. Odd&leni geol. palaeont. &is 1 Brünn 1905, hat sich Dr. M. RemeS mit dem [15] Beskidische Oberkreide in NO-Mähren. 125 Die tektonischen Verhältnisse des Gebirgsstockes Üzerveni kamen—Piskovnia— Holy vreh scheinen nicht sehr kompliziert zu sein. Das allgemeine Streichen der Schichten ist O—W bis ONO, auf dem sratartigen Rücken, Punkt 504 m der Spezialkarte, nördlich der Pis- kovnia, NO, das Verflächen fast durchaus südlich. Bloß auf dem Östende des Hauptrückens von Uzerveni kamen wurde Streichen in NW bei NO-Fallen beobachtet. Offenbar liegt in diesem Gebirgsteil eine größere sekundäre Störung durch Verwurf der Schichten vor. Im Westen ruhen die Baschker Schichten auf dem Alttertiär der Nesselsdorfer Bucht auf, das unter das Senon einfällt. Von einem normalen Anlagerungskontakt ist hier keine Rede. Die Faltenzüge der Baschker Schichten streichen schräg über die des Alttertiär gegen Westen hinüber zur Bila hora, die wohl nur durch die Erosion der Koprivnitza (Nesselsdorfer Bach) vom Czerveni kamen und der Pis- kovnia getrennt ist. Am Südende der Nesselsdorfer Bucht, beim Bahn- Fig. 4. CZETUCKYROTMIU ° SEskoumta N 0 Se a Loutzhu > R > z Fee = EIER Sn > See 2 GE I Profil durch Czerveni kamen und Piskovnia. 1. Tithonkalkkonglomerate und -breceien. — 2. Grobkörniger Sandstein. — 3. Fein- körniger Sandstein. — 4. Subbeskidisches Alttertiär des Senftlebener Fensters. (Diese Schichten sind im Streichen geschnitten). — 5. Terrassendiluvium. K = Kalkklippe auf der Piskovnia. hofe Stramberg, hängen beide Senonmassen noch durch eine schmale Brücke von Baschker Sandstein zusammen. Hier streichen die Schichten nach einer Messung am äußersten WestfuB des Czerveni kamen gegen WNW und fallen südlich. An seiner Südseite grenzt der Czerveni kamen bei Stramberg an die oberen Teschener Schiefer, sodann an die Alttertiärgesteine des Senftlebener Fensters und hierauf bis zum Lubinatal wieder an obere Teschener Schiefer. Gebirgsstück Piskovnia, Holy vreh, LouSka befaßt und ein geologisches Kärtchen dazu entworfen. RemeS$ faßt die Tithonkonglomerate nördlich der Piskovnia und LouSka als anstehende intakte große Kalkklippe auf, wobei ihm die Geröllnatur des Kalkes sowie die Sandsteinzwischenlagen der Konglomeratbänke offenbar ent- gangen sind. Die groben Sandsteine bezeichnet er nach den vorhandenen Karten- grundlagen (Hohenegger, Tausch) als Friedecker Schichten. Dagegen be- trachtet er den typischen Baschker Sandstein der Klippenhülle auf der Piskovnia sonderbarerweise als Wernsdorfer Schichten! Ich halte es für überflüssig, diese Angaben näher zu kommentieren und muß nur noch hinzufügen, daß die karto- graphische Darstellung dieser Studienergebnisse eine würdige Illustration dazu darstellt. 726 Dr. Heinrich Beck. [16] Alle drei Gesteinszüge streichen gleichsinnig gegen NO und tauchen zweifellos unter die Senonsandsteine des ÜOzerveni kamen unter, der wie ein Fremdkörper sich darüber erhebt, in seiner äußeren Begrenzung wie in seinem Schichtenverlauf völlig unabhängig davon. Wir haben ohne Zweifel eine reine Denudationsgrenze vor uns. Zwischen dem Özerveni kamen und dem Kotout liegt auf den oberen Teschener Schiefern, wie schon früher angegeben (siehe pag. 718), ein kleines Denudationsrelikt von Baschker Sandstein, am Westfuß des Kotou6 greift dessen Senonmantel weiter gegen SW vor. Bila hora und Özeveni kamen sind gegenwärtig noch verbunden, auf der Nord- flanke von Na Peklach, von dem später die Rede sein wird, liegt gleichfalls noch ein kleines Relikt von Baschker Sandstein. Der ehemalige Zusammenhang dieser heute isolierten Reste ist jeden- falls sicher. Prof. \{Uhlig hat nun in seiner Abhandlung über „Die karpathische Sandsteinzone und ihr Verhältnis zum sudetischen Karbongebiet“* !) die Baschker und Friedecker Schichten als subbes- kidische Bildungen aufgefaßt, ergo müßten sie vom beskidischen Neokom überschoben und mit dem subbeskidischen Alttertiär „tekto- nisch innig verknüpft“ sein. Uhlig folgert dieses innige tektonische Verhältnis aus Beobachtungen bei Friedeck, es müßte aber naturgemäß auch an anderen Punkten zu sehen sein, speziell in der Nesselsdorfer Bucht und am Senftlebener Fenster. Gerade hier aber schließt sich das subbeskidische Alttertiär durch sekundäre Verfaltung in seiner Tektonik vollkommen an das benachbarte Neokom an und steht zum Senon in demselben tekto- nischen Gegensatz wie das Neokom. Von einer Zusammengehörigkeit ist hier absolut nichts zu sehen. Auch die gezwungene Konstruktion einer senonen Teildecke des Subbeskidikums würde hier das ge- wünschte Resultat nicht geben können, denn das Ergebnis wäre, daB die beskidische. Decke auf der einen Seite, (Kotous Bila hora) auf der subbeskidischen Senonteildecke und gleich daneben unter derselben liegen müßte. Dieses Rätsel wüßte wohl auch der scharfsinnigste Konstrukteur kaum zu lösen. Wir stehen gegenwärtig vor zwei unbestreitbaren Tatsachen: Die Alttertiärschichten des Senftlebener Fensters hängen mit denen der Nesselsdorfer Bucht unter dem Neokom der beskidischen Decke unmittelbar zusammen; über dem Neokom und dem subbeskidischen Alttertiär liegen in ihrer speziellen Tektonik unabhängig davon die einzelnen Denudationsrelikte der Baschker Schichten als Zeugen einer ehemaligen großen, zusammenhängenden Masse. Da diese nicht als eine nach rückwärts umgeschlagene Teildecke der subbeskidischen Decke aufgefaßt werden kann, so kann es sich nur um eine trans- sressive Auflagerung des Senons über dem Neokom handeln. Die Baschker Schichten gehören demnach zur beskidischen Serie und sind mit dem Neokom gemeinsam über das subbeskidische Gebiet überschoben. ') Mitteilungen der geol. Gesellsch., Wien I., 1908. [17] Beskidische Oberkreide in NO-Mähren. 72 I c) Na Peklach. Der am Südfuß des Cerveny kamen zum Vorschein kommende Zug von oberen Teschener Schiefern bildet in seiner vollen Breite den Sattel Bartoschka, der den Cerveny kamen von dem südlich davon gelegenen Berg Na Peklach trennt. Nach Hoheneggers Karte wird dieser Berg von einem mächtigen Teschenitaufbruch gebildet, während Tausch ihn als Baschker Sandstein eingezeichnet hat. Prof. Uhligs Manuskriptkarte zeigt Baschker Sandstein mit Teschenit- intrusionen. Uber das Altersverhältnis dieser zu jenem macht Prof. Uhlig keine positiven Angaben (Bau und Bild der Karpathen, pag. 898 — 899). Prof. Uhlig hat bereits an der NW-Seite des Berges, zwischen dem Senftlebener Alttertiär und dem angeblichen Senon, obere Teschener Schiefer ausgeschieden und am Südabhang Grodischter Sandstein, der von Wernsdorfer Schichten überlagert wird (Wernsdorf-Bordovitz). Allen diesen älteren Angaben gegenüber hat die Spezialaufnahme des Verfassers wesentlich andere Resultate geliefert. Am SW-Fuß des Berges Na Peklach erscheint in einem Stein- bruch ein zuckerkörniger, etwas mürber, glitzernder Sandstein in dicken, massigen Bänken. In den obersten Partien des Steinbruches treten als Einlagerungen schwärzliche blätterige Schiefer mit dichten Sand- steinbänkchen auf. Wir haben es hier mit typischen Grodischter Schichten zu tun. Darauf bezieht sich jedenfalls auch die Ein- zeichnung von Grodischter Sandstein in der Manuskriptkarte Prof. Uhligs. Den am weitesten westlich gelegenen Kamm des Berges aufwärts verfolgend, trifft man durchweg in deutlichen Aufschlüssen (Fahrweg) denselben glitzernden, zuckerkörnigen Sandstein anstehend. Die Farbe ist meist weiß, gelblich weiß, auch rötlich. Im Steinbruch streichen die Schichten N 30% O und fallen unter 30° OSO, weiter oberhalb auf dem genannten Kamm fallen sie 60° N 35 W, gleich darauf wieder unter 350 OÖ 15—20° S. Wenige Schritte weiter aufwärts erscheint ein Fallen von 35° S 5° W. Diese letztere Partie besteht aus Sandstein mit zahllosen kleinen Splittern von Stramberger Kalk. Nach oben folgt am Gehänge in gleichbleibender Höhe hin- streichend ein schmaler Teschenitaufbruch, darüber wieder der bisher beobachtete Sandstein. Die Kuppe des Berges bildet ein mächtiger, anscheinend einheitlicher Teschenitstock. In der Einsattelung des Bergrückens zwischen den Punkten 612 und 6027 erscheint eine wahrscheinlich im Teschenit schwimmende Partie von schwarzen und grauen, blätterigen, etwas sandigen Schiefern, welche unter 25° gegen S 10° W einfallen. Fine Kontaktmetamorphose konnte nicht mit Bestimmtheit erkannt werden. Die Grenzschichten der Schiefer gegen den Teschenit sind von Geröll und Ackerkrume verdeckt. Doch dürfte die Bleichung einzelner loser Schieferbrocken und -splitter auf Kontaktmetamorphose zurückzuführen sein. 798 Dr. Heinrich Beck. [18] Der lithologische Charakter der am SW-Abhange des Na Peklach beobachteten Sedimente entspricht aun vollkommen dem Typus der Grodischter Schichten. Von Baschker Sandstein sind hier keine Spuren aufzufinden. Für Grodischter Schichten, also Neokom, würde auch die allerdings nicht sicher konstatierte Veränderung am Teschenitkontakt sprechen. (Beck, Verh. d. k. k. geol. R-A. 1906). Den Abhang des Berges gegen Bordowitz bilden genau dieselben Sandsteine. Östlich des Grabens, in welchem die Ortschaft Bordowitz liegt, erstreckt sich bis zum Dorfe Lichnau gegen Norden wieder ein haupt- sächlich aus Sandsteinen der Grodischter Schichten bestehender nie- driger, schmaler Bergrücken. Zwischen diesem und Na Peklach, im Graben von Bordowitz, treten in zahlreichen natürlichen Aufschlüssen zwischen mächtigen Sandsteinbänken auch die typischen Schiefer der Grodischter Schichten auf — vielleicht als Einlagerungen, vielleicht aber bezeichnen sie das Vorhandensein einer zur Schuppe zerrissenen Falte, wie sie für das beskidische Neokom nahezu Regel ist. Auf jeden Fall herrschen auf Na Peklach sowohl am Abhang gegen Wernsdorf wie auf der Bordowitzer Seite einschließlich der Pikrite und Teschenite nur Neokomgesteine. Auf der dem Senftlebener Alttertiärfenster zugekehrten NW- Flanke dagegen liegt, wie an mehreren Punkten zu konstatieren ist, tatsächlich Senon. Oberhalb des Schwarzwaldes (Cerny les) wurden in einem ungefähr zur Nordecke des Berges hinaufziehenden Graben flach (zirka 10°) gegen den Pikrit des Hauptrückens einfallende harte, plattige feinkörnige Kalksandsteine und Mergelkalke von heller Farbe angetroffen, in einer südwestlich benachbarten Bachrinne graue Kalk- mergel mit einer kleinen Fauna von senonem Habitus!). Auf der West- flanke des Berges sowie auf der nördlichen Abdachung ist somit -- den Angaben Tausch’ und Prof. Uhligs entsprechend — ein Rest ehemaliger Umhüllung durch Baschker Schichten vorhanden. Die Lagerungsverhältnisse sind allerdings infolge des Mangels an Auf- schlüssen schwer zu konstatieren. Die plattigen Sandsteine am Nord- ende des Hauptkammes streichen N 20° 0 bei einer Neigung von 10° in östlicher Richtung. Dieses Streichen stimmt weder überein mit dem der nächstgelegenen Senonmasse des Cerveny kamen, noch mit dem der neokomen Umgebung (obere Teschener und Grodischter Schichten). Offenbar ist diese kleine Partie von Baschker Schichten sekundär mit dem Neokom verfaltet. d) Tychauer Berge. Das Schichtpakett: obere Teschener Schiefer, Grodischter und Wernsdorfer Schichten, das bei Lichnau an das Lubinatal heran- tritt, und dessen südwestlichen Teil wir eben besprochen haben, setzt sich östlich jenseits der Lubina über Tychau und Kozlowitz bis Metillo- !) Das Ergebnis der paläontologischen Untersuchung wird demnächst in den Verhandlungen unserer Anstalt publiziert werden. [19] Beskidische Oberkreide in. NO-Mähren. 7129 witz an die Ostravitza fort. Es komplettiert sich in diesem Teil noch nach unten durch das Hinzutreten der Teschener Kalke. Zwischen dem Lubinatal und der Fortsetzung des genannten Zuges — wir heißen ihn den Kozlowitzzug — stehen drei durch Erosion getrennte steile Berge von Baschker Sandstein, Punkt 464 westlich von Tychau, nördlich davon Tychava horka (566 m) und Punkt 413 bei Weltschowitz (Lozina). Sie bilden die direkte Fort- setzung von Cerveny kamen und Holy vrh und zeigen, wie diese, ostwestliches Streichen bei südlichem Einfallen. Der Gesteinscharakter ist derselbe wie in der westlichen Fortsetzung, grobe Sandsteine mit typischem Baschker Sandstein in Wechsellagerung. Die Gesteine des Kozlowitzzuges streichen ohne Zweifel unter diesen Bergen durch gegen SW, doch ist infolge des Gehängeschuttes sowie diluvialer Löß- bedeckung der Kontakt zwischen dem Neokomzug und dem Baschker Sandstein nicht wahrnehmbar. e) Hochwälder Berge; Durchbruchstal der Ondrejnitza. Hohenegger verzeichnet zwischen dem Lubinatal bei Maus- dorf (Mischy) und dem Östravitzatal bei Prfzno und Baschka nördlich des neokomen Kozlowitzzuges eine geschlossene, ausgedehnte Masse von Baschker Sandstein, die im Norden teilweise von Wernsdorfer Schiefern und Godulasandstein umrahmt wird. Auf Tausch’s Manu- skriptkarte erscheint das Gebiet des Baschker Sandsteins dieser Gegend demgegenüber wesentlich eingeschränkt. Sklenauer Hurka, Ha- jowberg und der östliche Teil des Palkowitzer Gebirges sowie der Kozlowitzerberg sind als Godulasandstein eingetragen. Desgleichen weist die Darstellung des Kozlowitzzuges erhebliche, wenn auch keineswegs vorteilhafte Abweichungen gegenüber derjenigen Hoheneggers auf. Die Kartierungsarbeiten des Autors ergaben gegenüber beiden Angaben abweichende Resultate, die für die Auffassung der Tektonik dieses Gebietes bestimmend sind. Danach gehören dem Baschker Sandstein an: Kaczniczow (615), Skalka (430), Hochwälder Schloßberg (4%), Kozlowitzer Berg (613), und das Palkowitzer Gebirge mit Babi hora (387), Kubankov (662) und Ostruzena. Außerdem der Südostabhang der Sklenauer Hurka (451). Dieses Senongebirge wird vom Durch- bruchstal der Ondrejnitza zwischen Kozlowitz und Hochwald in SO—NW-Richtung bis auf den neokomen Untergrund durch- schnitten. Dadurch wird das Palkowitzer Gebirge von dem durch Erosion zerteilten eigentlichen Hochwälder Gebirge, wie wir es nennen wollen, getrennt. Wir rechnen dazu den Hochwälder Schloß- berg, die Skalka, den Kaczniczow und die Sklenauer Hurka. Die tiefe Furche von Palkowitz und Mislik, gebildet vom Palkowitzer und Misliker Bach, trennt das Palkowitzer Gebirge vom Kozlowitzer Berg. Das breite Alluvium der Ondfiejnitza verdeckt am Nordrande von Kozlowitz den Kontakt des Neokoms mit dem Baschker Sandstein. Ebenso schaltet sich westlich der Ondfejnitza bei Mörkovitz zwischen Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Bd., 3. u. 4. Heft. (Dr. H. Beck.) 94 730 Dr. Heinrich Beck. [20] den Baschker Sandstein und die hier besonders ausgedehnten Teschener Kalkvorkommnisse eine ziemlich breite, von Lößlehm erfüllte Depression ein, so daß auch hier das tektonische Verhältnis beider Bildungen sich der direkten Beobachtung entzieht. Verfolgen wir das ÖOndrejnitzatal von Kozlowitz nach Norden gegen Hochwald. In einem engen Durchbruchstal windet sich der Bach zwischen dem Palkowitzer Gebirge und der steilgeböschten Skalka hindurch. Nordöstlich der Skalka erweitert sich unvermittelt das Tal der Öndrejnitza zu einem Kessel, der im Osten und Süden von Palko- witzer Gebirge und Skalka, im Westen von Kaczniezow, im Norden vom Hochwälder Schloßberg eingeschlossen wird. Die Ursache dieser kesselartigen Erweiterung des sonst so engen Durchbruchtales wird leicht erklärlich durch das am Westufer des Baches zu beobachtende Auftreten schwarzer, blättriger Schiefer, die zweifellos dem Neokom angehören. Wir haben nämlich dünnblättrige, in kleine Blättchen zer- Fig. 5. BS Ws BS g. N. 7, my Skalku 430° Hochwald 480" OWETEFNTE ZN aan Aufschluß im Ondfejnitzadurchbruch südlich von Hochwald. BS = Baschker Sandstein. — WS = Wernsdorfer Schichten. fallende schwarze Schiefer vor uns, wie sie für die Wernsdorfer Schichten charakteristisch sind. Dazwischen Einlagerungen von ban- kigem Sandstein nach Art des Grodischter Sandsteins. Der ganze Habitus dieses Neokomaufbruches entspricht vollkommen jenen Grenz- schichten zwischen Wernsdorfer und Grodischter Schichten, die im Einschnitt der Stramberg-Wernsdorfer Bahn gleich oberhalb Werns- dorf zutage treten. Sie sind entlang der ganzen Westseite des Kessels vom erzbischöflichen Jagdhaus an durch den ganzen tiefer gelegenen Teil des Tiergartens bis zum Fuß des Schloßberges sehr schön aufgeschlossen, sowohl an der Ondrejnitza selbst, als in den kleinen aus dem Tiergarten kommenden Gräben. Sie zeigen durchweg südsüdwestliches Einfallen mit bedeutender Neigung (48° bis 60°). ‚Besonders bemerkenswert ist ein Aufschluß unmittelbar an der Öndfejnitza am Südfuß des Schloßberges. Unterhalb einer steilen Wand von frei zutage tretenden NO fallenden Baschker Schichten erscheinen eine beträchtliche Strecke weit die südfallenden Werns- dorfer Schichten aufgeschlossen, wie aus der beigegebenen Fig. 5 ersichtlich ist. [21] Beskidische Oberkreide in NO-Mähren. 7131 Zwischen Schloßberg und Babi hora ist das Ondrejnitzatal wieder schluchtartig verengt. Der Baschker Sandstein des Hochwälder Schloßberges zeigt vielfach regelmäßige Wechsellagerung von grauen und gelblichen Mergeln mit den plattigen und bankigen Sandsteinen. Kaczniezow und Schloßberg sind im Westen und Süden von diluvialen Bildungen umgeben, ebenso voneinander durch eine von Lößlehm er- füllte breite Furche getrennt, in welcher der Gestütshof des: Hoch- wälder Gutes gelegen ist. Dem Kacznizcow gegenüber erhebt sich über dem Dorf Sklenau ein steiler, scharf konturierter Berg: die Sklenauer Hurka (451 m). An ihrem West- und Nordabhang tritt ein weißer, mürber, bankiger Sandstein zutage, der wohl bisher keine Fossilien geliefert hat, doch nach seinem petrographischen Habitus nur als Grodischter Sandstein angesprochen werden kann. Er wird: auch in einem oberhalb des Dorfes an der Nordseite gelegenen Steinbruch als Baustein für Stufen und Fassadesteine gebrochen. In diesem Steinbruch wurde ein NO gerichtetes Streichen bei südöstlichem Ver- flächen beobachtet. Auf der Höhe des Bergkammes jedoch ist in Fig 6. NW. öenauer Hurka 41” 5, DO >. Znschker D BE ‚ ; > CTOÄLSCHLEr Sandst, JoNast. mehreren kleinen Gruben ein grauer, plattiger, dichter, kalkiger Sand- stein mit Hornsteinbändern und Zwischenlagen von schiefrigen Kalk- mergeln entblößt, der unter 30—45° in SO-Richtung einfällt: typischer Baschker Sandstein. Die Südostseite der Sklenauer Hurka wird ganz vom Baschker Sandstein eingenommen, der somit den Grodischter Sandstein überlagern muß. (Fig. 6.) Die genannten Beobachtungen lassen die geologischen Verhält- nisse des Hochwälder Gebirges mit voller Klarheit erkennen. Schwie- riger aber ist dies beim Palkowitzer Gebirge, wo speziell die fazielle Ähnlichkeit zwischen neokomen und senonen Sedimenten eine nicht zu umgehende Unsicherheit in der gegenseitigen Abgrenzung bedingt. Die südwestliche Hälfte des Palkovitzer Gebirges, die im Kuban- k o v (662 m) kulminiert undim Ondrejnitzatal mit den Hochwälder bergen zusammenhängt, wird von groben Sandsteinen, analog denen der Bila hora und des Özerveni kamen mit Einlagerungen von typischem Baschker Sandstein gebildet. Die nordöstliche Hälfte, Kabatica und Ostru- zena bei Chlebovitz-Palkowitz bestehtnach Hoheneggerund Tausch aus Godulasandstein, der von Wernsdorfer Schichten im Norden und Osten unterteuft wird. In Kalkkonglomeraten bei Chlebowitz, an der 94* 732 Dr. Heinrich Beck. [22] Basis des sogenannten Godulasandsteins fand Hohenegger Bruch- stücke von Belemniten, die er als Bel. minimus List beschrieb. Die Revision von Liebus ergab, daß es sich nur um ähnliche, nicht aber identische Formen handle und er fügte die Bezeichnung „cf.“ bei (l. c.). Paul und Tietze rechneten die Konglomerate von Chlebowitz zu ihren Ellgother Schichten!), ebenso Uhlig auf Grund der Be- stimmungen von Liebus. Trotz dieser Angaben so hervorragender Autoritäten können wir die Frage nach der eigentlichen Stellung der Konglomergte von Chlebo- witz nicht als abgeschlossen betrachten. Nirgends konnte der Autor bisher an der Basis des Godulasandsteins oder in den echten Ellgother Schichten tithonkalkführende oder besser gesagt, fast ausschließlich aus diesen bestehende Konglomerate auffinden. In den höheren Lagen des Godulasandsteins treten wohl konglomeratische Bänke auf, aber die Konglomerate von Chlebowitz haben damit keine Ähnlichkeit, da es eben fast. reine Tithonkalkkonglomerate sind, die viel treffender mit den mächtigen Kalkgeröllanhäufungen der Grodischter Schichten verglichen werden können, wie wir sie aus der Gegend von Milotitz, Hustopetsch, Alt- und Neutitschein sowie von Richaltitz und Hajow kennen. Das in seiner faziellen Entwicklung so scharf ausgeprägte Niveau der Ellgother Schichten kann zum Vergleich überhaupt nicht herangezogen werden. Es sei im folgenden an der Hand von Beobachtungen, wie sie zum Zwecke der Kartierung gemacht werden mußten, dargetan, in welcher Weise andere Grundlagen für die Analyse des Palkowitzer und Kozlowitzer Gebirges gewonnen wurden. Auf der stark zertalten höchsten Diluvialterrasse, die sich westlich von Chlebowitz am Nordfuß des Kabatica hinzieht, finden sich allerorten Lesesteine, bestehend aus weißlich-grauem und gelbem meist mürbem Sandstein von mittlerem bis grobem Korn. Stellenweise auch harte, scheinbar bankige oder plattige Sandsteine. Dazwischen eine Unzahl von Kalkgeröllen des Tithon, gleich wie in Richaltitz: das Chlebowitzer Konglomerat. Wir finden es ebenso auch östlich des Dorfes auf der Fortsetzung der genannten Terrasse. In einem Steinbruch, zirka 1 km westlich von Chlebowitz, trifft man prächtige Aufschlüsse, in denen jedoch die Konglomerate nicht zum Vorschein kommen. Man sieht darin stark verwitterte und zermürbte mittelkörnige Sandsteine von gelber, grauer und weißer Farbe, da- zwischen harte, kalkige, klingende Sandsteine in mäßig dicken Bänken, auf den Bruchflächen fein gestreift, und schwärzlich graue, sandige, plattige und bröckelige Schiefer mit spärlichem Glimmerbelag auf den Schichtflächen. Die Schichten fallen unter 25° gegen S 15 ©. Die schiefrigen Partien treten gegenüber den Sandsteinen stark zurück. Diese letzteren, namentlich die mürben groben Bänke, haben mit Grodischter Sandstein die größte Ähnlichkeit. Weiter westlich, gegen den Forst Zamrkly zu, finden sich auf der Terrasse wieder ausgewitterte Konglomerate in großer Menge. !) Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1877. [23] Beskidische Oberkreide in NO-Mähren. 133 An der Nordwestecke der Kabatica, unmittelbar am Rande der Terrasse, finden sich in einem Steinbruch wieder ganz dieselben Schichten, wie in dem vorher genannten, doch treten hier die kalkigen Sandsteine mehr in den Vordergrund und außerdem erscheinen in den tiefsten Partien zwischen Sandstein- und Schieferbänken eingeschlossen zwei Bänke von grobem Tithonkalkkonglomerat mit grobsandigem und schiefrigem Bindemittel. Auch hier südliches Einfallen. In dem vom Forst Zamrkly heraufziehenden Graben finden sich gegen die Höhe des Gebirges zu fast durchweg grobkörnige, mürbe Sandsteine, die im Verein mit den eben besprochenen Vor- kommnissen für eine Zuweisung sämtlicher Schichten zum Grodischter Sandstein sprechen würden, wenn nicht auffallenderweise an einer höher gelegenen Stelle des Grabens auch reich- lich Bruchstücke von feinkörnigem, sehr kalkreichen plattigen Sandstein von charakteristischer hellgrauer Färbung aufträten, wie wir sie sonst allgemein als Re- präsentanten des typischen Baschker Sandsteins anzu- sprechen gewohnt sind. Gleichsam zur Erhärtung der damit schon angedeuteten Vermutung zeigen sich in den Sandsteinen auch Hornsteinbänder, die in den vorher besprochenen Aufschlüssen nicht zu konstatieren waren. Auf der Höhe des Überganges nach Palkowitz stehen wieder rotbraune, gänzlich verwitterte grobe Sandsteine au. Im Tal von Chlebowitz treffen wir ganz ähnliche Sandsteine, ebenso am Ost- und Südabhang des Berges. Plattige Sandsteine sind ziemlich selten hier anzutreffen. Leider sind die Aufschlußverhältnisse äußerst ungünstig. Der Gipfel des Kubankov (622m), in dem das Palkowitzer Gebirge kulminiert, verdankt seine steile Form dem Auftreten von harten, plattigen, hellgrauen und gelblichgrauen Mergelkalken und feinkörnigen Kalksandsteinen mit reichlichen Hornsteinbändern. Da haben wir wieder den typischen Baschker Sandstein, der auch bereits von Hohen- egger und Tausch als solcher kartiert worden ist. Westlich und südlich vom Kubankov erscheinen dagegen vielfach wieder in relativ großer Ausdehnung grobkörnige, mürbe Sandsteine, ganz ähnlich denen des östlichen Gebirgsstückes, so daß es wohl außerordentlich schwer fallen müßte, zwischen die plattigen, hornsteinführenden und die sroben, bankigen Sandsteine eine Formationsgrenze zu legen, noch dazu in diesem so einheitlichen, kompakten Gebirgsstock. Es hat viel eher den Anschein, als ob das ganze Palkowitzer Gebirge aus einem einheitlichen Schichtkomplex gebildet wäre, der bloß fazielle Differen- zierung aufweist und nicht als eine kompliziert gebaute Masse, bestehend aus stratigraphisch wie tektonisch verschiedenen Elementen. Zu ganz gleichem Resultat haben die Untersuchungen des Autors im Kozlowitzer Gebirge geführt, das von dem Palkowitzer Bergen bloß durch die tief eingeschnittene Längsfurche von Palkowitz und Myslik getrennt ist, Der westliche Teil dieses Gebirges mit dem eigentlichen Kozlo- witzer Berg (613 m) besteht größtenteils aus plattigen harten Kalksand- 734 Dr. Heinrich Beck. [24] steinen und mergeligen Kalken mit Hornsteinbändern — gröbere Sand- steine treten hier anscheinend mehr untergeordnet auf — während weiter östlich, unmittelbar oberhalb der Ortschaft Palkowitz (Zahumny) wieder die mürben, grobkörnigen Sandsteine dominieren. In einem sroßen Steinbruch (Besitzer Herr Rada in Palkowitz) liegen zu oberst in ihrem Gefüge vollkommen gelockerte mächtige Bänke eines gelblichen, kalkfreien, körnigen, mürben Sandsteins. Darunter, durch einige etwas geringer mächtige Sandsteinbänke mit Schieferzwischenlagen getrennt, eine Reihe von harten, spröden Kalksandsteinbänken von !/, bis 1m Dicke. Diese letzteren zeigen hellgraue Farbe und bräunlichgelbe Verwitterungsrinde; sie scheinen reichlich Wasser aufzunehmen und rasch zu verwittern. Die Schiefer sind durchweg grau, größtenteils rein sandig, mit spärlichem Glimmerbelag auf den Schichtflächen. Ab und zu treten auch dünne Lagen von bläulichgrauem schiefrigen Ton auf. Im Abraum wurden auch plattige Mergelkalke und Trümmer vonHorn- steinbändern gefunden, deren Ursprung im Anstehenden des Stein- bruches nicht mehr zu konstatieren war. Der ganze im Bruch aufgeschlossene Schichtkomplex fällt unter 150 gegen O 25° S, somit bergwärts ein. Die liegendsten Schichten sind fast ausschließlich Kalksandsteine der genannten Art und sind je tiefer sie liegen, je härter und spröder. Die Weichheit der oberen Sandsteinpartien ist wohl fast allein der Auslaugung des kalkigen Bindemittels zuzuschreiben. Auf der Kammhöhe des Kozlowitzer Gebirges sowie in der nächsten Umgebung von Metillowitz erscheinen neben den mürben Sandsteinen wieder dieselben Schichten wie am Gipfel des Kubankov, plattige, feinkörnige Kalksandsteine und Mergelkalke mit Hornsteinbändern. Ebenso wie dort, müssen wir sie auch hier als Baschker Schichten ansprechen, lassen sie sich doch in geschlossenem Zuge mit stets gleichbleibendem faziellen Habitus von Kozlowitz über Metillowitz bis Baschka ins Ostrawitzatal verfolgen! Es würde wohl viel zu weit führen, wollte man hierfür durch Anführung aller möglichen Beobachtungen an Lesesteinen und in den Terrainanschnitten und Steinbrüchen einen erschöpfenden Beweis führen. Es mag genügen, daß ebenso wie auf den Höhen südlich von Palkowitz und westlich von Metillowitz auch bei Myslik am Kozlowskyberg jene plattigen, hell- srauen Kalksandsteine und Mergelkalke mit Hornsteinbändern vor- kommen, welche allein ein ausgezeichnetes Charakteristikum des Baschker Sandsteins gegenüber allen anderen Gliedern der Flyschzone in Mähren und Schlesien bilden. Dies sei besonders im Hinblick darauf betont, daß Tausch das Gebirgsstück zwischen Metillowitz und Kozlowitz, somit den eigent- lichen Kozlowitzer Berg als Godulasandstein kartierte und nur das Gebirge östlich von Metillowitz zur Oberkreide rechnete. Wie wenig verläßlich die Angaben von Tausch bezüglich des Auftretens von Godulasandstein sind, geht schon daraus hervor, daß er fast sämtliche Vorkommnisse von gröberen Sandsteinen und speziell der bereits mehrfach erwähnten Tithonkalkkonglomerate in der weitern [25] Beskidische Cberkreide in NO-Mähren. 7135 Umgebung von Neutischitschein als Godulasandstein bezeichnete. Zu- meist handelt es sich dabei um Grodischter Schichten !), bloß im Palkowitzer und Kozlowitzer Gebirge liegt eine Ver- wechslung mit Baschker Sandstein vor. Es bleibt noch die Frage zu erörtern, welchem Horizont die. Schichten mit den Chlebowitzer Konglomeraten angehören. Vorerst sei ihre Ausdehnung festgestellt: Sie liegen am Nordfuß des östlichen Teiles des Palkowitzer Gebirges und nehmen die Reste der stark zertalten höchsten Diluvialterrasse zu beiden Seiten vom Dorf Chlebowitz ein. Nach Osten zu sind sie nicht weiter zu ver- folgen, dagegen sehen wir gegen Westen an der Reichsstraße unter diluvialem Schotter in der Nähe von Fritschowitz, in der direkten Fortsetzung der Chlebowitzer Vorkommnisse abermals an zwei Stellen (Schottergruben) dieselben Konglomerate auftauchen in Verbindung mit ganz analogen Sandsteinen. Gleich daneben aber erheben sich die typischen Grodischter Schichten des Hajovberges mit reich- lichen Konglomeratlagen, unter denen die von Richaltitz die be- kanntesten sind. Sie wurden früher vielfach zur Kalkgewinnung abgebaut. Auf dem Gipfel des Berges Hajov (424 m) treten uns nun ganz dieselben schiefrigen Sandsteine entgegen, welche wir vom Steinbruch westlich von Chlebowitz her kennen. Ebenso auch körnige bankige Sandsteine von verschiedener Färbung und stellenweise die typischen sandigen Grodischter Schiefer. Es scheint wohl nach dem Gesagten ein Zweifel an der Zusammen- gehörigkeit der Chlebowitzer Schichten mit denen des Hajovberges unbegründet, zumal die Entfernung beider Vorkommnisse durch das Auftreten beiden analoger Sandsteine und Konglomerate östlich von Fritschowitz an der Reichsstraße überbrückt wird. Wir rechnen daher auch die Schichten von Chlebowitz zum Gro- dischter Horizont. Das Einfallen der Chlebowitzer Schichten erfolgt durchweg ver- hältnismäßig flach südlich also unter den Baschker Sandstein des Palkowitzer Gebirges. Selbst erscheinen sie wieder unterlagert von blättrigen schwarzen Schiefern, die bereits Hohen- egger als Wernsdorfer Schichten angesprochen hat. Die .Aufschlüsse sind zwar äußerst ungünstig, da das Schiefergebiet mit Feld- und Wiesenkulturen bedeckt ist, doch ist kein Grund vorhanden, die Hoheneggersche Deutung abzulehnen, obwohl sie eine besondere Komplikation des tektonischen Bildes dieser Neokomschuppe involviert. !) Siehe Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1906, Nr. 4. Die betreffenden Örtlichkeiten sind von West nach Ost: Hurkaberg und Alttitscheiner Schloßberg, Svinee und Gimpelberg bei Neutitschein, Söhler Busch, Tannenberg und Wachberg bei Stramberg, Hajov und Sklenauer Hurka bei Hoch- wald. — Ferner kartierte Tausch die Grodischter Schichten des Dubravawaldes, von Milotitz und Daub, Löschna—Perna— Wysoka—Jassenitz als Alttertiärgesteine, und die Ellgother Kieselschiefer der Buniavka und bei Hotzendorf als Godulasandstein. 736 Dr. Heinrich Beck. [26] Die Wernsdorfer Schiefer sind auf den Nordostfuß des Palko- witzer Gebirges beschränkt, den sie halbmondförmig umschließen. In der tieferen Furche des Palkowitztales zwischen Palkowitzer und Kozlowitzer Berg erscheinen subbeskidische Schiefertone und -mergel, die mit Menilitschiefern vergesellschaftet sind. Sie streichen von hier weiter hinaus bis an die Ostrawitza. Auch ihre Ein- fallrichtung ist südlich. Das halbmondförmige Herumschwenken der Wernsdorfer Schichten um den Nordfuß des Palkowitzer Gebirges scheint auf das Empor- tauchen einer geschlossenen Neokommulde hinzuweisen, zumal auch die Grodischter Schichten von Chlebowitz, soweit sie unter dem Baschker Sandstein hervorkommen, von Wernsdorfer Schichten umrahmt sind und den Bogen mitmachen. Es muß leider dahingestellt bleiben, ob es sich bei den schwarzen Schiefern tatsächlich um Wernsdorfer und nicht um Grodischter Schichten handelt. Im ersteren Fall ist dann zwischen sie und die Sandsteine und Konglomerate von Chlebo- witz eine tektonische Grenze, einer Schuppe entsprechend, zu legen (Fig. 7); im letzteren Fall wären sie als das Liegende der Mulde an- zusehen. Auf den muldenförmigen Untergrund scheint auch eine Beob- achtung im Baschker Sandstein westlich oberhalb Palkowitz hin- zuweisen: Der Baschker Sandstein fällt hier gegen Westen, als ob auch er muldenförmig gebaut wäre und gewissermaßen den Bau des neokomen Grundgebirges wiederholte. Das Auftreten der sub- beskidischen Gesteine in der Palkowitzer Furche kann entweder als eine Aufwölbung, eine Mitauffaltung mit der Neokomdecke oder ebenso- gut als Ergebnis des Absinkens einer Neokom-Senonscholle entlang eines Verwurfes gedeutet werden. Als abgesunken wäre dann wohl nur das Palkowitzer Gebirge anzusehen, der stehengebliebene Teil würde repräsentiert durch den Kozlowitzer Berg mit der subbeski- dischen Unterlage bei Palkowitz. Die Bruchlinie wäre an dem Süd- ostrand des Palkowitzer Gebirges zu suchen. Infolge des muldenförmigen Baues dieses letzteren jedoch und wegen des Fortstreichens der subbeskidischen Schichten gegen Norden und Nordwesten zurück in die Gegend von Chlebowitz scheint uns die erste Deutung besser zu entsprechen. (Fig. 7.) Daß der Baschker Sandstein der Palkowitzer Berge auf dem Neokom aufruht, ist nach den Aufschlüssen bei Hochwald im Ondrej- nitzatal sowie bei Chlebowitz und Palkowitz nicht zu bezweifeln. Uber den Höhenzug des Kozlowitzer Gebirges wurde bereits das Wichtigste, die Zugehörigkeit zum Baschker Sandstein, mitgeteilt und die faziellen Differenzierungen besprochen. Ebenso wurde bereits das Verhältnis dieses Senongebirges zu dem subbeskidischen Alttertiär von Palkowitz hervorgehoben (siehe Fig. 7). Es erübrigt nur noch über den Südrand, die Grenze gegen den schon bei früherer Gelegenheit genannten Neokomzug von Kozlowitz das leider nur recht spärliche Beobachtungsmaterial anzugeben. Die Aufschlußverhältnisse am Südfuß des Kozlowitzer Berges sind allerdings recht schlecht zu nennen, sowohl im Senon wie im Neokom. 137 Beskidische Oberkreide in NO-Mähren. [27] YNLDrU | ae 1949 [V SOYISIpIgsaqqug "ul9}spueS 19yyoseg "ulaJspuese[npor) "19J9I9S A9UJOSLT -uasJyaIyag AaJıopsulay — 'PEAAUIOTSUON Pun ULOISPURg AOJYOSIpoad) — "19791799 TOUEUDSA], 91940 — [ey JEuayoB9]L, — | I Dom © m. an :ZUNIB[N19U9U9IT9Z "1149 A9ZMAOJZOY pun 19ZJLAON[eI Sep Yoanp [oa L3 y L TTRIIINN 2 — RR 21.009314) TON 2014999 192210 0y1DJ 08 i MN 95 Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Bd., 3. u. 4. Heft. (Dr. H. Beck.) 138 Dr. Heinrich Beck. [28] Die Grenze beider Bildungen wird jedoch durch die Geländeform mit Sicherheit angegeben. Nur an wenigen Punkten läßt sich die bei- läufige Einfallrichtung der oberen Teschener Schiefer ermitteln. Sie ist gegen Süden gerichtet. Bei Metillowitz, Lhotka und am Südende von Mislik werden die Schiefer von kurzen Kalkzügen unterlagert. Diese Kalkzüge treten, wie immer, deutlich in der Landschaft hervor und sind verhältnismäßig leicht von ihrer Umgebung abzugrenzen. Während der Kalkzug südlich von Metillowitz (Kamenku) an einer Neokom und Senon durchsetzenden Querstörung abgeschnitten zu werden scheint, tauchen die Kalke von Lhotka und Mislik unter den Baschker Sandstein unter. Zwischen ihnen wölbt sich der Fuß des Kozlowitzer Berges auf die oberen Teschener Schiefer vor. Die Kalkzüge erhalten dadurch die Form von Keilen, deren Spitzen gegeneinander gerichtet sind. Es ist nach dem sonstigen allgemeinen Verhalten der Teschener Kalke allerdings kein zwingender Grund vorhanden, eine Verbindung der Kalke von Mislik und Lhotka unterhalb des Baschker Sandsteins anzunehmen, doch sei schon in Anbetracht einer eventuellen Gewinnungs- absicht auf die Möglichkeit eines kontinuierlichen Zusammenhanges hingewiesen. In dem Kalk am Südende des Misliktales (gegenüber dem Nord- ende von Kozlowitz) tritt in einem schmalen Streifen eine Pikrit- intrusion auf, die ungefähr der Kalkschiefergrenze parallel verläuft, und zwar WNW--OSO, während etwas oberhalb im Tal von Mislik ein Streichen des Baschker Sandsteins in NW—SO-Richtung bei ziemlich flachem SW-Fallen zu konstatieren ist. Bei Metillowitz ist durchweg südliches Fallen im Senon zu beobachten. f) Staritsch. Alle bisher besprochenen Vorkommnisse von Oberkreide reprä- sentieren sich in ihrem allgemeinen Habitus als Sandsteinkomplexe, die nur stellenweise mergelige Zwischenlagen in einzelnen Bänken ent- halten und morphologisch als relativ hohe, steilgeböschte Berge auf- treten. Das nunmehr zur Besprechung gelangende Oberkreidegebiet zwischen Staritsch, Lothrinkowitz und Chlebowitz weist im Gegensatz dazu eine mehr mergelig-schiefrige Ausbildung auf, in der Sandsteine nach Art des Baschker Sandsteins stark zurücktreten. Die mergelig- schiefrigen Bildungen führen binüber zur Fazies der Friedecker Mergel, während die als mehr oder minder mächtige Einschaltungen ent- wickelten Sandsteine als typischer Baschker Sandstein anzusprechen sind. Auf dieses Argument stützt sich die Zuteilung dieses Komplexes zum Senon. Fossilien sind daraus bisher noch nicht bekannt, doch hat bereits Hohenegger hier Senon eingetragen. Auch Tausch ist dieser Auffassung gefolgt und wir können auf Grund unserer detail- lierten Beobachtungen diese Auffassung aus den bereis genannten Gründen nur bestätigen. Speziell der Staritsch zugewendete Abhang dieses sanftwelligen Hügelterrains besteht aus hellgrauen, mitunter etwas rötlich gefärbten, weichen, schiefrigen Mergeln. Uber die Punkte 306, 393 (StraZnica) [29] Beskidische Oberkreide in NO-Mähren. 739 und 373 streicht ein schmaler Zug von Sandsteinen, die vollkommen dem Typus des Baschker Sandsteins entsprechen. Südlich davon verläuft durch tief eingeschnittene Wasserläufe deutlich markiert abermals ein etwas breiteres Niveau von schiefrigen Mergeln, an das sich südlich ein Sandsteinzug von bedeutender Breite anschließt, der jedoch stellenweise mächtige Mergelzwischenlagen enthält. Eine Gliederung läßt sich aber trotz dieses anscheinend regel- mäßigen Verlaufes von Sandstein- und Mergelzügen nicht gut durch- führen. Sandsteine und Mergel zeigen nirgends scharfe Grenzen, sondern gehen allmählich durch Wechsellagerung ineinander über, so daß eine gesonderte Ausscheidung beider Typen bloß eine Schemati- sierung der natürlichen Verhältnisse bedeuten und keinerlei praktischen Wert involvieren würde. Südwestlich von der StraZnica tritt ein kleiner, schlecht auf- geschlossener Pikritaufbruch zutage. Er steckt aber nicht, ‚wie Tausch angibt, im Senon, sondern in einer kleinen, keilförmig Fig. 8. SLringrubemw NW. Starzutz N 0. Tan f a ; LJothwinkopitz x 4 j W : ai T \ 4 ON N E> wi ID ISSN MELUI IT I III E NN re N 6 len IR NUR | i Profil durch das Hügelland von Starzitz. 1 = Untere Teschener Schiefer. — 2 — Teschener Kalk. — 3 —= Obere Teschener Schiefer. — z = Pikrit. — 5 = Mergelschiefer (Friedecker Mergel). — 6 — Baschker Sandstein. — 7 = Terassendiluvium. begrenzten Partie von oberen Teschener Schiefern, die hier ganz deutlich unter dem Senon am Abhang gegen den Kosicabach auftaucht. Die Lagerungsverhältnisse dieser Neokompartie sind allerdings infolge des Mangels an Aufschlüssen nicht zu erkennen, dagegen ist deutlich in den nach Starzitz hinüberführenden tief eingeschnittenen Feldwegen zu sehen, wie die Mergelschiefer des Senons mit ihren harten Sand- steinzwischenlagen flach nordwärts, also vom Neokomaufbruch weg, einfallen. Auf der Hoheneggerschen Karte sind hier die oberen Taschener Schichten bereits angegeben. Dagegen konnte auch das von Hohenegger schematisch eingetragene Alttertiär zwischen dem Staritsch-Lothrinkowitzer Senon und dem Palkowitzer Kreidegebirge unter der gerade hier anscheinend sehr mächtigen Diluvialbedeckung nirgends anstehend beobachtet werden. Da wir es aber bei Palkowitz, Chlebowitz und Fritschowitz als Unter- lage der Kreide gesehen haben, liegt es nahe, nach dem Vorgange Hoheneggers diese Beobachtungspunkte unter dem Diluvium über Chlebowitz und das Revier Zamrkly zu verbinden. 95* 740 Dr. Heinrich Beck. [30] Die Tektonik des Staritsch-Lothrinkowitzer Senons zeigt keine besonderen Komplikationen. In dem größeren östlichen Abschnitt herrscht verschieden steiles Südfallen. An der StraZnica erscheinen gegen Osten fallende Baschker Sandsteine, westlich davon zeigen alle Aufschlüsse nördliches Fallen. In der Furche von Staritsch grenzt das Senon an die Brauns- berger Unterkreidescholle, die im Gegensatz zum Senon von leb- haftesten Faltungsvorgängen. Zeugnis gibt, die sie betroffen haben. (Steingraben.) Mächtige Eruptivlagergänge und -stöcke durchschwärmen die aus unteren Teschener Schiefern, Teschener Kalk und oberen Teschener Schiefern gebildete Scholle. (Fig. 8.) Östlich von Borosin trifft man, vom nördlichsten Kalkzug gegen Braunsberg abwärts steigend, auf den Feldern lose, scharfkantige Bruchstücke eines hell gelblichgrauen, feinkörnigen, harten, kalkigen Sandsteins, der seinem Aussehen nach nur mit Baschker Sandstein zu identifizieren ist. Anstehend wurde dieser hier allerdings nicht beob- achtet, doch scheint es sich um ein kleines Denudationsrelikt des- selben zu handeln, das die flache Kuppe östlich von Borosin bildet. g) Friedeck — Leskowetz— Domaslowitz— Skalitz. Die östliche Fortsetzung des Senonzuges von Staritsch bilden die bekannten Vorkommnisse von Baculitenmergeln bei Friedeck und am Leskowetzer Bach, nördlich dieses Städtchens. Da meine eigenen Exkursionen in dieser Gegend nur informatorischen Charakter hatten und ich den bisher veröffentlichten Beobachtungen nichts Neues oder Wesentliches hinzuzufügen habe, verweise ich auf die ausführlichen Angaben Hoheneggers und Uhligs!). h) Sonstige in der Literatur angeführte Vorkommnisse von Senon am Beskiden-Nordrand. Zwischen Kattendorf und Fritschowitz verzeichnen Hohen- egger und Tausch Baschker Sandstein auf dem das Ondrejnitza- tal vom Trnavkatal trennenden Rücken. Am Südende von Kattendorf fand ich im Bachbett anstehend graue und bläulichgraue schiefrige Tone des subbeskidischen Alttertiärs, die sich nach Westen über den Oberhof und das Ose£lina genannte Gehölz bis Klogsdorf an die Lubina verfolgen lassen. Oberhalb der genannten Stelle in Kattendorf erhebt sich ein ziemlich steiler, be- waldeter Rücken, der in östlicher Richtung aufwärts zieht. Mehrere kleine Vertiefungen im Wald zeigen, daß man hier ab und zu Kalk- stein gewinnt. Von Sandstein ist keine Spur vorhanden. Der ganze Rücken besteht aus hellgrauem, stellenweise durch sandig-toniges Material verunreinigten Kalk, offenbar Teschener Kalk. Dieser kurze Kalkzug ist auf Hoheneggers Karte nicht ver- zeichnet. Dafür zeigt sie ebenso wie die Karte von Tausch am Südabhang des Sowinetzberges östlich oberhalb Kattendorf A, 1660, [31] Beskidische Oberkreide in NO-Mähren. 741 Baschker Sandstein an. Von diesem konnte ich jedoch nichts ent- decken. Die flache Einsattelung zwischen Kattendorf und Fritscho- witz ist von Diluviallehm vollkommen verdeckt. Nur am Südende von Kattendorf treten neben dem genannten Kalkzug in zwei kleinen Steinbrüchen Sandsteine zutage, die ihrem petrographischen Habitus nach vollkommen mit den subbeskidischen Sandsteinen des Helenen- tales bei Freiberg übereinstimmen. Es sind gelblichgraue, gröbere Sandsteine mit glimmerigem Schicht- flächenbelag und spärlichen Steinkohlenbrocken und harte, bankige Kalksandsteine sowie stellenweise auch konglomeratische Lagen. Diese Sandsteine begleiten das eingangs erwähnte Schieferniveau von Kattendorf und Fritschowitz, also vom Ondfrejnitzatal angefangen über Cerna strana und Hajek bis zur Lubina bei Klogsdorf--Freiberg. Bei Klogsdorf wurden in diesem Sandstein von Pfarrer Josef Slaviöcek in Liebisch, Dr. Remes und Trauth senone Korallen gefunden, deren Bearbeitung Herr Dr. Friedrich Trauth durchgeführt hat!). In der Nachbarschaft der Klogsdorfer Sandsteine, anscheinend im Liegenden derselben, hat Dr. M. Remes bei Gelegenheit einer im Bereiche der genannten Ortschaft ausgeführten Kohlenschürfung dunkelgraue, hell verwitternde Mergel angetroffen, die eine aus- gesprochen senone Fauna lieferten ?). Anderseits gibt Hohenegger unmittelbar östlich von den Kiogs- dorfer Kreidefundorten und im Streichen der betreffenden Schichten gelegene nummulitenführende Schichten an. Wenngleich es mir nicht gelungen ist, in der Kürze der einem Aufnahmsgeologen für Aufsamm- lungen verfügbaren Zeit die Nummulitenfunde Hoheneggers durch eigene Funde zu bestätigen, so hatte ich doch reichlich Gelegenheit, den Gesteinscharakter zu studieren. Es sind dieselben Gesteine, die ich eben von Kattendorf beschrieben habe, die auch im Fundgebiet des Klogsdorfer Senons vorkommen, und auf welche auch die Be- schreibung Dr. Trauths vollkommen paßt. Ich kann weder die Richtigkeit des einen wie des anderen Fundes anzweifeln, aber ganz gewiß erscheint mir die innige fazielle Übereinstimmung und Zu- sammengehörigkeit des ganzen Gesteinszuges. Es handelt sich dabei aller Wahrscheinlichkeit nach um eine Antikline, deren Westende bei Klogsdorf sich höher emporwölbt und einen senonen Kern entblößt. Mit dem beskidischen Senon aber hat dieser nichts zu tun. Seine Fazies weist mit aller Deutlichkeit nur auf die Gesteine der subbeskidischen Serie hin. Wir sehen darin auch das besondere Charakteristikum derselben: sie enthalten grobe Konglomerate aus sudetischen Gesteinen, Kulmsandsteinbrocken mit den bezeichnenden Pflanzenresten und Kohlenstücke. Ferner stehen sie mit den sicher subbeskidischen alttertiären Schiefertonen in so innigem tektonischem Verband, daß wir sie mit voller Überzeugung der subbeskidischen Gesteinsserie zuzählen können. !) Die oberkretazische Korallenfauna von Klogsdorf in Mähren. Eingeleitet von Dr. M. Reme:s. 2) Vrehni vrstvy kfidove v kloko&ove u Pribora. (Obere Kreideschichten in Klogsdorf bei Freiberg.) Bericht der Kommission für die naturwissenschaftliche Durchforschung Mährens, geol.-pal. Abt. Nr. 5, Brünn 1906. 1742 Dr. Heinrich Beck. [32] Die Sandsteine und Mergel von Klogsdorf stellen demnach den ersten in Mähren bekannt gewordenen oberkretazischen Horizont in der subbeskidischen Decke vor!). Auf Hoheneggers Karte der Nordkarpathen finden sich schließlich in dem Hügelgebiete westlich von Freiberg Friedecker Schichten eingetragen. Leider bieten aber die Erläuterungen in diesem wie in vielen anderen Fällen infolge ihrer Knappheit keinen Anhalts- punkt über die Gründe einer bestimmten Eintragung. Baschker Sand- stein, Friedecker Mergel oder Klogsdorfer Sandstein sind westlich von Freiberg nicht zu beobachten. Es handelt sich hier um gröbere, stellenweise kalkige Sandsteine mit schiefrigen Mergelzwischenlagen und zahlreichen Einschaltungen von Nulliporenbänken. Der ganze Habitus dieser Ablagerungen verweist auf die neokomen Hüllgesteine der Kalkklippe von Jassenitz am Westrand des Domoratzwaldes süd- lich von Alttitschein, die sich von hier aus am Außensaum der bes- kidischen Neokombildungen weiter verfolgen lassen über Perna und Wolfsdorf bei Alttitschein nach Ehrenberg und Schönau bei Neutit- schein und die durch das reichliche Vorkommen von Pentacrinus neocomiensis Desor ausgezeichnet charakterisiert sind. Da ich dieses Fossil auch in ganz unzweifelhaft den Grodischter Schichten an- gehörenden Ablagerungen gefunden habe?), nehme ich keinen An- stand, auch die übrigen Träger desselben diesem Horizont zuzuweisen, was durchweg durch die sonst noch zu beobachtenden lokalen geo- logischen Verhältnisse seine Bestätigung gefunden hat. Für die Nulli- porengesteine von Freiberg liegt mir allerdings noch kein Beweis durch spezielle Fossilfunde vor, doch halte ich ihre Zugehörigkeit zu den Grodischter Schichten wenigstens für äußerst wahr- scheinlich. In den hiesigen beskidischen Senonablagerungen habe ich bisher nirgends Litothamnienbänke angetroffen, und sonst könnte es sich höchstens um eine subbeskidische Bildung handeln. Wie sich aus den in den vorhergehenden Blättern angeführten zahlreichen Detailbeobachtungen mit aller Klarheit ergibt, tragen die Baschker und Friedecker Schichten ein ganz bestimmtes fazielles Ge- präge. Sie repräsentieren sich als eine ursprünglich außerordentlich mächtige Ablagerung von groben, bisweilen konglomeratischen Quarz- sandsteinen mit lokalen Finlagerungen von Tithonkalkbreccien und ebensolchen Konglomeraten, deren Rollstücke oft ganz bedeutende Dimensionen annehmen, so daß gewisse Partien als Blockanhäufungen bezeichnet werden können und von feinkörnigen, harten, plattigen Kalksandsteinen, dichten, muschelig brechenden, spröden Kalkmergeln und von weicheren, grauen, schiefrigen Mergeln mit einzelnen Zwischen- lagen der eben genannten feinkörnigen Kalksandsteine. Wie sich gezeigt hat, überwiegen die groben, litoralen Sedimente weitaus über die offenkundig in größerer Tiefe abgelagerten fein- !) Beck, Zur Kenntnis der Oberkreide in den mährisch-schlesischen Beskiden, Verh. d. k. k. geol. R. A.: 1910. ”) Am Nordabhang des Swinz bei Neutitschein. 133] Beskidische Oberkreide in NO-Mähren. 7143 klastischen kalkig-tonigen. Daß beide Faziestypen zusammengehören, beweisen die häufig zu beobachtenden faziellen Übergänge und die Wechsellagerung, welche an den Faziesgrenzen auftritt. Ganz besonders auffällig ist die in den vorhergehenden Ab- schnitten so oft betonte fazielle Ahnlichkeit mit gewissen Teilen der neokomen Grodischter Schichten. Anderseits besteht ein unbestreitbarer Gegensatz zwischen Baschker Schichten und vermutlich gleichaltrigen Schichten der sub- beskidischen Decke (Sandsteine von Klogsdorf). Wollten wir mit Uhlig annehmen, daß die Baschker und Friedecker Schichten zu dieser gehören, dann müßten wir, was Uhlig als Argument gegen die Zugehörigkeit zur beskidischen Serie anführt, zweiverschiedene Entwicklungsweisen des Senons der subbeskidischen Decke annehmen, von denen die eine auffällig charakterisiert ist durch Einschlüsse sudetischer Gerölle, die andere, unmittelbar be- nachbarte, durch die Baschker Schichten, die erstere im Verein mit dem Alttertiär vom beskidischen Neokom überschoben ist, während die andere über dem Neokom liegt. An dieser Lagerung der Baschker Schichten über dem Neokom der beskidischen Decke ist absolut nicht zu rütteln. Das beweisen klar die Verhältnisse bei Stramberg—Senftleben—Nesselsdorf, ins- besondere aber die Aufschlüsse im Ondrejnitzatal bei Hochwald und auf der Sklenauer hurka. Ebenso ist aber auch die Überlagerung des subbeskidischen Alttertiärs durch die Baschker Schichten sicher, wie speziell bei Senftleben und Nesselsdorf zu sehen ist. Der subbeskidischen Decke gegenüber bilden somit die Baschker und Friedecker Schichten mit dem Neokom eine tektonische Einheit. Das Lagerungsverhältnis zum Neokom kann nun nur als Transgression aufgefaßt werden, wie dies bereits Hohenegger und später Uhlig in Bau und Bild der Karpathen im Jahre 1903 angenommen haben. Der beskidischen Decke gehören demnach tatsächlich zwei einander stratigraphisch entsprechende, aber faziell verschiedene und räumlich getrennte Senonablagerungen an, am Nordrand die Baschker, am Süd- rand die Istebner Schichten. Hier hat wenigstens stellenweise eine kontinuierliche Sedimentation vom Neokom bis zum Senon statt- gefunden, dort dagegen besteht eine beträchtliche Sedimentations- lücke. Bereits die Faziesentwicklung der Grodischter Schichten deutet auf ein oszillierendes Schwanken des Untergrundes unseres Neokom- gebirges. Für die folgenden Epochen dürfen wir zweifellos das Auftreten weiterer, größerer Schwankungen annehmen. Das Auftauchen der älteren Neokomglieder an der Nordseite, ihr Untertauchen unter die Ellgother und Godulaschichten im Süden gibt zweifellos die ursprüng- lichen regionalen Sedimentationsverhältnisse der Neokomscholle wieder und ist nicht etwa das alleinige Produkt späterer Denudation. Durch eine einfache Schwankung erklärt sich die positive Meeres- bewegung im Süden der Neokomscholle, wie die negative am Nord- rand. Zur Zeit der Oberkreide erfolgte aber auch hier wieder eine positive Bewegung, allerdings nur in einem relativ beschränkten Ge- biet, soweit eben die Baschker und Friedecker Schichten reichen. 744 Dr, Heinrich Beck. [34] Jedenfalls war die Erhebung des Nordrandes der Neokomscholle be- reits von Faltenbildung in den Neokomschichten begleitet, denn das Senon liegt diskordant darauf. Selbstverständlich traf das Senon auf ein bereits erodiertes Relief, denn es verdeckt die aufgerichteten Schichtköpfe der verschiedenen Neokomgesteine. Für die Verfaltung der Senonablagerungen in sich und mit dem Neokom und im Verein mit diesem mit den subbeskidischen Schichten ist natürlich nur die Hauptfaltung der Sandsteinzone (Überschiebungs- phase) in Betracht zu ziehen. II. Die Istebner Schichten. Entlang der Südseite des Neokomgebirges verläuft vom Domoratz- wald bei Wall.-Meseritsch im Westen bis nahe an das Tal der Skava südlich von Wadowitz in Galizien jene eigenartige Oberkreidebildung, die nach dem Orte Istebna von Hohenegger als die Zone von Istebna (Istebner Schichten) bezeichnet wurde. Dem lithologischen Charakter nach sind in dieser Zone dunkle bis schwarze, rotbraun verwitternde etwas sandige Schiefertone und Sandsteine mit Konglomeraten und Geröllanhäufungen zu unterscheiden. Nach Hohenegger enthalten die Istebner Schichten einen Zug von Sphärosideriten, der in früherer Zeit bergmännisch abgebaut wurde. Hohenegger betrachtete auf Grund des scheinbar regel- mäßigen Lagerungsverhältnisses der Istebner Schichten über dem Godulasandstein sowie einer Anzahl von Versteinerungen diese Zone als cenoman. Doch konnten Liebus und Uhlig (l. ec.) bei der Revision der Hoheneggerschen Sammlung den Nachweis führen, daB abgesehen von den sicher nicht aus den Istebner Schichten stammenden, auch schlecht erhaltenen Exemplaren, das einzige zur Horizontierung brauchbare, nämlich Hoh eneggers Amm. Mantelli Sow., eine Leitform des Obersenon darstellt: den Pachydiscus Neu- bergicus v. Hauer. Die übrigen von Hohenegger genannten Exem- plare stammen nach E. Tietze (Geognostische Verhältnisse von Krakau, pag. 351) und Uhlig (Über einige Fossilien der karpathischen Kreide) aus den Ellgother Schichten Westgaliziens (Gegend von Sucha) und wurden infolge ihres schlechten Erhaltungszustandes von Hohen- egger falsch gedeutet. Damit war wenigstens für einen Teil der Istebner Schichten obersenones Alter festgestellt. Nach der Hohen- eggerschen Etikette fand sich der genannte Pachydiscus Neubergieus: „in einer Dockel im Bache Dychanec, unweit des Flusses Cerna an der Barania in Althammer, am südlichen Abhang der Lissa hora*. Diese Stelle liegt hart an der Südgrenze der Istebner Schichten und etwa 5km in senkrechter Richtung von der Grenze gegen den Godulasandstein, also scheinbar in den obersten Partien der Istebner Schichten. Nun betrachtete Uhlig mit Paul dieselben als eine Wechsel- lagerung von Schiefern und Sandsteinzügen, hielt daher die ganze Zone für außerordentlich mächtig, was bei der steilen Schichtstellung [35] Beskidische Oberkreide in NO-Mähren. 745 und der beträchtlichen Breite der Zone nur selbstverständlich schien, und gründete darauf die Vermutung, es könnten in den tieferen Partien der Istebner Schichten doch auch die älteren Oberkreide- horizonte vertreten sein, so daß wir eine kontinuierliche Ablagerung vom Cenoman über Turon bis ins Obersenon vor uns hätten. Meine Untersuchungen gelegentlich der Detailaufnahme der Karten- blätter Wall.-Meseritsch (Zone 8, Kol. XVIN) und Viszoka—Mako— Kisuca-Ujhely (Zone 8, Kol. XIX) sowie einer Reihe von Orientie- rungstouren in dem von Uhlig aufgenommenen Blatt Teschen— Mistek—Jablunkau (Zone 7, Kol. XIX) ergaben dagegen eine wesentlich andere Auffassung. “Danach wird die Zone der Istebuer Schichten nicht aus einer mächtigen Serie miteinander wechsellagernder Schiefer und Sandsteine gebildet, sondern aus einer Anzahl paralleler gleichartiger Faltenzüge, und die Mächtigkeit reduziert sich infolgedessen auf eine liegende Schiefer- und eine hangende Sandsteinschichte. Veranlassung gab zu dieser Auffassung die Beobachtung zahlreicher Profile, die Möglichkeit, die einzelnen Sandsteinzüge ohne Unterbrechung viele Kilometer weit zu verfolgen, ebenso die dazwischen in den Depressionen und Tälern verlaufenden Schieferniveaus, die sehr häufige Dichotomie einzelner Faltenzüge und die sichere Beobachtung des Überganges ‚aus steil- gestellten in überkippte Falten. Fig. 29 (Profil längs des Cerniktales bei Althammer). Als spezielle Regel für den Bauplan der Istebner Schichten gilt die reihenweise Anordnung nach Nord überkippter oder zu Schuppen zerrissener Falten. In der Natur selbst finden sich aller- dings keine bestimmten Anhaltspunkte dafür, wo Falten- und wo Schuppenbau herrscht, da wir eine bloß aus zwei faziell verschiedenen Elementen bestehende Ablagerung vor uns haben. Es wurden daher in den Profilen ganz schematisch die identischen Schichten durch Faltenlinien verbunden, womit selbstverständlich nicht mehr als eben das einfachste Schema eines gefalteten Gebirges angedeutet werdeu soll, ohne Rücksicht auf die verschiedenen, zweifellos auch hier vor- handenen tektonischen Detailkomplikationen, wie Schuppenbildung oder Verwürfe, a) Oberer Domoratzwald bei Hotzendorf. Im sogenannten oberen Domoratzwald, der südlich von Hotzen- dorf und Hostaschowitz sowie westlich von Jassenitz gelegen ist, östlich vom Tal des Srnybaches begrenzt wird und nach Süden bis gegen das Dorf Binina reicht, haben wir das westliche Ende der Istebner- zone vor uns. Die halbkreisförmig gekrümmte zentrale Hauptmasse besteht aus Sandsteinen und Konglomeraten, zu ihren beiden Seiten treten schiefrige Bildungen auf. Die Umrahmung des Domoratzwaldes bilden fast durchweg die kieseligen Schiefer und Sandsteine der neokomen Ellgother Schichten, die gleich den sie von Westen und Norden her unterlagernden Werns- dorfer und Grodischter Schichten in regelmäßigem, der orographischen Form des Berges entsprechendem Bogen von Mezenowitz über Hosta- Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Bd., 3. u, 4. Heft. (Dr. H, Beck.) 96 746 Dr. Heinrich Beck. [36] schowitz gegen Hotzendorf herumschwenken. Nur an der Südseite bei Binina ist der unmittelbare Zusammenhang mit dem Ost-West ver- laufenden Hauptzug der Istebner Schichten erhalten. Von Osten her schiebt sich das Godulasandsteingebirge als stumpfer Keil zwischen diesen letzteren und den .Domoratzwald. Die äußeren Umrisse dieser Senonmulde, das Vordringen von Istebner Schichten über den Godulasandstein nach Norden und speziell der Verlauf der neokomen Umrahmung deuten auf äußerst kompli- zierte tektonische Vorgänge hin, deren Analyse im folgenden versucht werden soll. Bereits Paul und Tausch hatten die Gesteine des Domoratz- waldes mit den Istebner Schichten identifiziert. Doch kommt in ihren Darstellungen das Wesentliche der Tektonik nicht zur Geltung, da — speziell bei der Aufnahme des Kartenblattes Neutitschein durch Tausch — die den Domoratzwald umgebenden Neokomgesteine nicht erkannt und durchweg irrig gedeutet wurden und auch ein Teil des Godula- sandsteins — die schiefrigen Basisbildungen — zu den Istebner Schichten gerechnet ‚wurde (Paul). Wir werden daher von diesen älteren Kartenvorlagen bei den folgenden Erörterungen gänzlich ab- sehen. Das beigegebene Kärtchen des Domoratzwaldes ist eine direkte Kopie der Originalaufnahme des Verfassers und enthält alle Beob- ACRLUDESEBIGES, Em I. Die Istebner Schichten des re An der Südseite des Domoratzwaldes streicht ein ziemlich mächtiger Sandsteinzug (Zug von Jehlizna!) beim Dorf Binina aus und verliert sich unter den Diluvialbildungen am Rande des Betschtales. Er wird im Norden und Süden begleitet von Schieferzügen. Die Sandsteine bei Binina sind im allgemeinen grobkörnig und zuckerkörnig, bald verhältnismäßig hart, vielfach aber auch gänzlich mürbe, licht gelblich- grau gefärbt, stellenweise mit rötlichbrauner Verwitterungsrinde. In der Regel sind sie bankig abgesondert; die Bänke erreichen oft beträchtliche Dicke. Häufig sind sandig-tonige Schieferlagen da- zwischen enthalten, die aber niemals besondere Mächtigkeit erreichen. Auffallend ist der Reichtum an dieken Bänken des charakteristischen kleinkalibrigen Konglomerats, welche speziell die nördliche Randpartie einnehmen. Östlich vom Dorfe Binina erscheinen auf den Höhen ausgewitterte große Blöcke von Stramberger Kalk, die auf’ das Vorhandensein von Blockschichten in den Istebner Sandsteinen hin- weisen. Die Sandsteine und Konglomerate fallen durchweg südlich ein, mit Neigungen bis zu 60% Unmittelbar beim Dorf Binina wurden in einem kleinen Steinbruch saiger stehende Schichten beobachtet. (Fig. 9.) Den Oborskibach, der vom Domoratzwald kommend das Dorf Binina durchfließt, über den eben besprochenen Sandsteinzug aufwärts verfolgend, überquert man den nördlich anschließenden Schieferzug, 1) Siehe im folgenden pag. 757. [37] Beskidische Oberkreide in NO-Mähren, 747 I In nıı null ill hit UNHHRTE Fig. 9. Geologische Detailkarte des Domoratzwaldes. Zeichenerklärung: el Ti DIA Tithonkalkklippe Grodischter Wernsdorfer Ellgother .. von Jassenitz. Sandstein. Schichten. Schiefer. —_— r i Ererere Ellgother Basisschiefer des Godula- Istebner ; Sandstein. Godulasandsteins. sandstein. Schiefer. af Istebner Sandstein. _ Diluvium. Alluvium. ' Teschenit und Pikrit. 96* 748 Dr. Heinrich Beck. [38] der speziell im Oborskital von sandigen Lehmen des Diluviums (Terrassen) stark zugedeckt wird. Zu beiden Seiten des Tales aber finden sich recht gute Aufschlüsse in Gräben und Hohlwegen. Wir treffen darin den gewöhnlichen Typus der Istebner Schiefer: rotbraune, plattige, sandig-tonige Schiefer mit einzelnen dickeren Sandstein- zwischenlagen. Dünne Sandsteinbänkchen sind reichlich darin ver- treten. Die Schiefer brechen meist muschelig. Bei MeZenowitz erreicht dieser Schieferzug sein westliches Ende. Gerade dort finden sich gute Aufschlüsse, in denen wir das O—W- Streichen und südliches Einfallen (zirka 400% konstatieren können. Auf das Vorhandensein sekundärer Detailfaltung deutet eine kleine, flach N fallende Schieferpartie. Wir verfolgen die Schiefer nach Osten zum Oborskibach und in dessen östliche Seitengräben, die vom Hügel 411 »» herunterziehen. Im Oborskibach herrscht O—W-Streichen bei südlichem steilen Ein- fallen. Südlich von dem scharf konturierten Hügel 411 findet sich ostwärts gerichtetes Einfallen, nördlich davon wieder das normale W—O- gegen OSO-Streichen bei unbestimmbarer Neigung, meist steil, bis saigerstehende Schichten. Punkt 4il selbst aber besteht aus Sand- steinen und Konglomeraten. Knapp unter dem Gipfel sehen wir die Sandsteine gegen Osten einfallen, im Bahneinschnitt, oberhalb des Srnytales dagegen normal gegen Süden. Die Sandsteine von Punkt 411 setzen über das Srnytal nicht hinüber, dort stehen bereits die schiefrigen Basisbildungen des Godula- sandsteinzuges an. Die südlich von Punkt 411 vorbeistreichenden Istebner Schiefer sind am östlichen Gehänge des Srnytales noch eine kurze Strecke weit zwischen Godulaschichten und dem Istebner Sand- steinzug von Jehlniza—Binina zu verfolgen. Die auffallende Anderung im Streichen der Schiefer und Sand- steine beim Punkt 411 hat wohl ihre besonderen tektonischen Ur- sachen, welche bereits mit der Vorwölbung des Domoratzwaldes in Zusammenhang zu bringen sein dürften. Nördlich vom Hügel 411 streichen die Istebner Schiefer, die von Mezenowitz ununterbrochen über das Oborskital zu verfolgen sind, durch eine ziemlich tiefe Einsattelung in das Srnytal hinüber, schwenken hier aus der WO-Richtung ab und verlaufen am Abhang des oberen Domoratzwaldes entlang dem Srnytal erst in der Richtung gegen NNO zum Bahnhof Hotzendorf-Domoratz und weiter nach einer abermaligen Schwenkung gegen NW bis Hostaschowitz. Die Aufschlüsse im Srnytal sind außerordentlich ungünstig, bloß in den Gräben westlich oberhalb der Station Hotzendorf-Domoratz sind die Schiefer bis hoch hinauf an die Grenze des Istebner Sandsteins deutlich zu verfolgen. Sie streichen dort beiläufig NO und fallen unter 30° gegen SO ein. Noch schlechter als im Srnytal sind die Aufschlußverhältnisse bei Hostaschowitz, wo sich der Beobachter mit den von Feldmäusen und Maulwürfen heraufgebrachten Gesteinssplittern und der sumpfigen Be- schaffenheit der Wiesen als einzigen Anhaltspunkten begnügen muß. Kehren wir nun zurück nach MeZenowitz. Oberhalb des Schiefer- zuges erhebt sich ein ziemlich steiler, O—W verlaufender, aus Sandsteinen gebildeter Kamm, bezeichnet durch die Punkte 423 und [39] Beskidische Oberkreide in NO-Mähren. 749 414 oberhalb des Theresienhofes. In ziemlich gleichbleibender Breite verläuft dieser Sandsteinzug bis zu den Quellen des Oborski- baches, von wo er sich, stark verbreitert, zum eigentlichen Domoratz- wald (501 m) erhebt. Im Quellenbereich des Oborskibaches zeigt er dieselbe Krümmung wie die ihn begleitenden Schiefer gegen Norden. Sandsteine und kleinkalibrige Konglomerate herrschen hier fast ausschließlich vor, Schiefereinlagerungen kommen nur spärlich in den Aufschlüssen der tiefer eingeschnittenen Bachrunsen zur Beobachtung. Bei Punkt 423 oberhalb des Theresienhofes finden sich Blockan- häufungen von kristallinen Gesteinen, speziell rote Granite mit großen, regelmäßig entwickelten Feldspaten und graue Gneise und an einer Stelle besonders viel Blöcke von Tithonkalk. Wenngleich im eigentlichen Domoratzwald die Aufschlüsse auf ein Minimum reduziert sind, bleibt doch kein Zweifel über die wahre Natur des Gebirges, da fast durchweg die ausgewitterten kleinen, weißen, wohlgerundeten Kiesel, welche den Waldboden bedecken, das Auftreten der charakteristischen Konglomerate des Istebner Sand- steins verraten. Das Einfallen der Schichten wurde bei Meänowitz mit 400 gegen Süden, oberhalb der Quellen des Oborskibaches, bereits in dem N—S streichenden Abschnitt, mit 25° gegen O und OSO konstatiert. An der Umbiegungsstelle oberhalb des Srnytales (nördlich von Punkt 411) fand sich erst gegen N, gleich darauf wieder SO gerichtetes Ver- flächen, begleitet von einer starken Zerklüftung der Sandsteine, auf die wohl das abnormale N-Fallen zurückzuführen ist. Bezeichnend ist, daß gerade an der Beugungsstelle eine so auffällige Klüftung zu bemerken ist, die, wie in dem Detailkärtchen darzustellen versucht wurde, wenigstens teilweise durch radialgestellte Verwürfe bedingt ist. Südlich von Hostaschowitz sehen wir in einer kleinen Grube des Waldbodens Konglomerate mit widersinnigem SW-Fallen, was wahrscheinlich mit sekundären Störungen zusammenhängt. Auf der Innenseite des Sandsteinbogens des Domoratzwaldes treten in verschiedenen Bachrinnen wieder Istebner Schiefer auf. Der Domoratzwald besteht somit aus einem mächtigen, bogen- förmig gekrümmten Sandsteinzug. der von beiden Seiten von Schiefern begleitet wird. Da fast ausschließlich — abgesehen von sekundären Störungen — gleichsinniges Einfallen herrscht, muß man nach Analogie mit dem Bauplan der ganzen übrigen Zone der Istebner Schichten (siehe die folgenden Kapitel) den Domoratzwald als eine gegen N und W überschlagene Mulde betrachten, deren randliche Partien von den Istebner Schiefern, deren Mitte von den Sandsteinen und Konglo- meraten gebildet wird. 2. Die neokome Umrahmung des Domoratzwaldes. Im Sroytal grenzt die Mulde der Istebner Schichten an den Godulasandsteinzug des Javornik-Trojackagebirges, das vollkommen regelmäßig sich aufbaut. Wie aus der Detailkarte ersichtlich ist, treten im südlichen Teil die Basisschiefer des Godulasandsteins, 750 Dr. Heinrich Beck. [40] weiter nördlich die sie unterteufenden Ellgother Schichten an -den oberen Domoratzwald heran. Ellgother Schichten bilden vom Srnytal angefangen durchweg den Rahmen der Senonmulde, bloß am äußersten Westende bei MeZenowitz treten noch ältere Schichten des Neokoms — Grodischter Sandstein — mit -den Istebner Sandsteinen in Kontakt. Eine kleine Partie EII- gother Schiefer liegt noch — an diese Grodischter - Schichten an- schließend — auf der Südseite des Sandsteinrückens vom Theresienhof. Die Untersuchungen im Neokomgebirge hatten wohl mit großen, ‚durch die fazielle Entwicklung bedingten Schwierigkeiten zu kämpfen, doch konnten sie schließlich durch glückliche Fossilfunde !) und wiederholte Begehungen der fraglichen Gebiete (1904—1910) zum Abschluß gebracht werden. . Die plattigen und bankigen, wohlgeschichteten graugrünen Sand- steine der Godulaschichten des Trojaökakammes werden auf der Nordseite unterlagert von bunten. schiefrigen Tonen und sandig- tonigen Schiefern, worin häufig verschieden mächtige Bänke des typischen grünlichen, etwas quarzitischen Godulasandsteins als Ein- schaltungen vorkommen. Außerdem finden sich vielfach Toneisen- steinknollen und -flötzchen darin. Die etwas härteren und weniger lebhaft, — meist bräunlichgrau — gefärbten Schiefer haben eine ge- wisse Ahnlichkeit mit den Istebner Schiefern, mit denen sie auch von Paul und Tausch verwechseit wurden. Im Sraytal tauchen unter-diesen Godulaschiefern die schwarzen splitterigen, kieseligen Schiefer und Hornsteinschiefer der Ellgother Schichten empor: bei der Station Hotzendorf-Domoratz erscheinen auch die quarzitischen, grauen bis etwas grünlichgrauen, scharfkantig brechenden Sandsteine der Ellgother Schichten, die nur in den höheren Jaagen dieser Formation zur Entwicklung kommen, aber, wie es scheint, stellenweise auch durch die schiefrige Fazies ver- treten sind. Die Ellgother Schichten umschließen den ganzen Domoratzwald. Das Dorf Hostaschowitz liegt ganz in den Schiefern. Der Berg Buniavka — ein längerer Rücken mit auffallend steilen Abhängen — südwestlich von Hostaschowitz besteht fast ausschließlich : aus schiefrigen Hornsteinen. . In der Mitte .des vom Domoratzwald gebildeten Bogens springen die Ellgother Schichten gegenüber von Jassenitz etwas zurück, Werns- dorfer Schichten entblößend, die von Grodischter Sand- steinen unterlagert werden. Äuf der Südseite des Istebner Sandsteinkammes von Theresien- "hof treten auf einer kleinen, runden Kuppe bei Mezenowitz abermals Ellgother Kieselschiefer auf. Die Wernsdorfer Schichten von Jassenitz und am Zakribybach sind gut zu.beobachten. Es sind die gewöhnlichen schwarzen, blättrigen, tonigen Schiefer mit dünnen Sandsteinbänkchen und Toneisensteinen. ‚Bloß in einer schlecht aufgeschlossenen Partie, gerade gegenüber von ‚der ‚Jassenitzer Tithonklippe jenseits eines kleinen Hügels von Gro- !) Beck, Verh. d.'k. k. geol: R.-A. 1910, Nr. 5. [41] Beskidische Oberkreide in. NO-Mähren. 751 dischter Sandstein, auf dem linken Ufer des Zakribybaches, könnten Zweifel über ihre Identität auftauchen, da hier in den Feldern stellen- weise lichte, graue Schieferbröckchen aufzufinden sind, wie sie häufig im subbeskidischen Alttertiär vorkommen. Entweder aber ist die Bleichung dieser Schiefer eine Folge der Verwitterung oder die Wernsdorfer Schichten sind hier im Kontakt verändert, wie. dies aller- orten mit derselben Erscheinung der Ausbleichung in den Neokom- schiefern zu sehen ist !). Die bisher sowohl von den älteren Autoren als auch vom Ver- fasser selbst für subbeskidisches Alttertiär gehaltenen Hüllgesteine der Jassenitzer Tithonklippe wurden erst in allerjüngster Zeit durch Funde von Pentacrinus neocomiensis Desor als Grodischter Schichten erkannt. Es sind dickbankige, reichlich Nullipören führende kalkige Sandsteine und Kalksandsteine mit sandig-tonigen Schiefer- zwischenlagen, einzelne Bänke auch konglomeratisch, mit den-für die Grodischter Schichten so bezeichnenden Tithonkalkgeröllen. Zu den markantesten Erscheinungen der Gegend von Hostaschowitz und Jassenitz gehört das Auftreten zahlreicher Pikrit- und Teschenit- intrusionen, vor allem der mächtige Stock des Pohorilee, der von hier bis Neutitschein reicht. Er enthält zahlreiche schwimmende Schollen von Neokomgesteinen. 2 Tektonik des Domoratzwaldes. -Den speziellen Erörterungen vorgreifend sei bemerkt, daß die Istebner Schichten östlich von Wall.-Meseritsch mit dem Godulasand- stein des Javornik-Trojackagebirges in abnormalem Kontakt stehen, sie sind gegen den letzteren angepreßt und aufgeschoben, wie später, speziell bei der Besprechung der Gegend von Zubri und Bon ge- zeigt werden wird. (Siehe pag. 766.) Wir haben bereits erwähnt, daß die Istebner Schichten des Domoratzwaldes eine aus der normalen West-Ostriehtung in die Nord- richtung gekrümmte und gegen Norden und Westen überkippte Mulde bilden. Die neokome Umrahmung bietet dagegen jenes Bild, welches sowohl von Brüchen wie auch von zu Schuppen zerrissenen- Falten erzeugt wird, indem sich die Schichtfolge mit gleichsinnigem Einfallen beiderseits des Domoratzwaldes wiederholt, soweit es sich um die EIl- gother Schichten handelt, da. ja das ganze Mittelstüäck vom Senon bedeckt wird. Wir finden sowohl bei Hostaschowitz wie im Sranytal im Liegenden die Schiefer, im Hangenden die- an ln der Ellgother Schichten. Die.gekrümmte Senonmulde wird an der seite-vondenEllgother Schichten fast geradlinig abge: schnitten — quer auf ihr Streichen. Darin erblicken wir das Besondere am Bau des Domoratzwaldes. nn | !) Als besonders charakteristisches Beispiel hierfür sei das Vorkommen von fast weiß gebleichten Grodischter Schiefern- bei Palzendorf auf dem Dez hügel genannt. DR | HOE a BÄDELRIN BEP IE 152 Dr. Heinrich Beck. [42] Die Folge eines einfachen Verwurfes kann diese Erscheinung nicht sein. Die Ellgother Schichten zeigen fast nirgends eine größere Mächtigkeit und folgen mit der größten Gesetzmäßigkeit überall sonst dem Bau des Godulasandsteinzuges. Selbständige Detail- faltung größeren Stils, wie sie im Gebiete des Domoratzwaldes angenommen werden müßten, sind dem Ellgother Horizont durch- aus fremd. Eine transgressive Auflagerung des Senons bloß auf Ellgother Schichten und Absinken an einer Bruchlinie Hostaschowitz- MeZenowitz erscheint demnach ausgeschlossen. Es scheint vielmehr, als ob ein Vorschub des Senons gegen Norden und hierauf gegen Westen stattgefunden hätte, den auch die Ellgother Schichten von Hostaschowitz mitgemacht haben. Dafür spricht deutlich noch ein anderer Umstand: Bei Hostaschowitz stoßen Ellgother Schichten unmittelbar an den Grodischter Sandstein, von dem sie sonst durchweg in den ganzen Beskiden durch die Werns- dorfer Schichten getrennt sind. Bei Jassenitz und Hotzendorf dagegen herrscht anscheinend das normale Verhältnis. Die unmittelbare Auf- lagerung von Ellgother auf Grodischter Schichten bei Hostaschowitz durch eine Sedimentationslücke zu erklären, ist von vornherein aus- geschlossen, es kann nur tektonischer Kontakt durch Anpressung mit UÜberschiebung der Wernsdorfer Schichten vorliegen. Bezeichnenderweise findet dieser tektonische Kontakt gerade dort statt, wo die Istebner Schichten im Domoratwald gegen Nord und Nordwest zurückgekrümmt sind, so daß der kausale Zusammen- hang dieser beiden höchst auffälligen Erscheinungen kaum zu be- zweifeln ist. e Ein Blick auf die Übersichtskarte zeigt, wie der Godulasandstein- zug Javornik—Trojaöka längs der Linie Frankstadt—RoZnau vom RadhoStmassiv losgerissen und gegen Norden vorgeschoben wurde. An ihn pressen und überschieben sich von Süden her die Faltenzüge der Istebner Schichten (sielie besonders pag. 762 ff.). Am äußersten West- ende dringen diese Falten bis über den Godulasandsteinzug, auf dessen Nordseite hinüber bis auf das Neokom. Die Godulaschichten ver- sinken im Srnytal unter dem Senon. Wie in einem späteren Kapitel nachzuweisen versucht werden wird (pag. 775), liegen die Istebner Schichten teils konkordant und lückenlos auf dem Godulasandstein (Ostrawitzatal), teils sind sie wahrscheinlich durch Ablagerungslücken davon getrennt und in rein tektonischem Verband damit. Begründet wird diese Annahme mit der geringer werdenden Mächtigkeit des Godulasandsteins gegen das Westende zu. Dementsprechend können die Istebner Schichten hier im äußersten Westen auf die Godulaschichten transgrediert haben. Der weitere Vorgang, der zur Entstehung der eigentümlichen Bau- art des Domoratzwaldes geführt hat, wäre dann etwa folgendermaßen zu erklären: Das Westende des Godulasandsteinzuges senkte sich durch Verwürfe mitsamt seiner senonen Überdeckung so weit, daß Senon und die Ellgother Schichten in Kontakt kamen. An der Linie Frankstadt— RoZnau erfolgte eine Zerreißung des Godulasandsteinzuges, die Jawornik-TrojaCkamasse wurde gegen Norden geschoben und gleichzeitig ein Stück gegen Westen abgedrängt. [43] Beskidische Oberkreide in NO-Mähren. 153 Die äußerste Westspitze dieser Masse stand jedoch nicht mehr in fester Verbindung mit dem Trojaökamassiv und wurde nun von diesem ebenfalls gegen Norden und Westen weitergeschoben. Da aber der Zusammenhang mit der gleichfalls nachdrängenden Hauptmasse der Istebner Schichten nicht gelöst war), so äußerte sich der Druck auf Fig. 1. N. SUSSCHHLZ f A \ N ; Zukfiby Daclv " ‚Bintina, K Fig. 11. N am Gere Mald S, KammderDopuczka a RR a 727 £ ZEN TIER NIIN TTIÄRRQRQCRO LS I IIER? IN NQ III S N NN IITIIITT T 7 > P AN 7 nn 8 NG 2 N RZ N Fig. 12. NW. \Domourats-Wala > UNE NNR) Zukriby \Baclv 501 \ Ndiny-Zal IT ER ! Se - S ER u 3% SIT EC ıi——cC' 557 III RS Na an SDR NIS» IS IN Sr I E g ıy 9 ZART Sa WE 3 K = Tithonkalkklippe von Jassenitz. 1 = Grodischter Sandstein. — 2 — Wernsdorfer Schichten. — 3 = Ellgother Schiefer. — 4 = Ellgother Sandstein. — 5 = Basisschiefer des Godulasandsteins. — 6 = Godulasandstein. — 7 = Istebner Schiefer. — 8 = Istebner Sandstein, — 9. = Diluvium. — r Teschenit und Pikrit. die abgesunkene Partie in der Art, daß sie vor allem zu einer Mulde zusammengeklappt und von Osten her vom Godulasandsteinmassiv und dessen Ellgother Basis überschoben wurde. Gleichzeitig wurde die Senonmulde abgeknickt und gegen Westen zurückgebogen, so daß die !) Man hat wohl bei diesem scheinbaren Widerspruch an ein flexurartiges Nachgeben der Istebner Schichten gegenüber dem Absinken des Westendes der Godulasandsteinmasse zu denken, wodurch die Senondecke intakt blieb. Jahrbuch d.k.k, geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Bd., 3, u. 4. Heft. (Dr, H. Beck.) 97 154 Dr. Heinrich Beck. [44] Streichrichtung der Schichten in diesem abgebogenen Teil N—S wurde. Die Ellgother Schichten, welche vorher schon nördlich an das abge- sunkene Senongebirge infolge der Verwürfe angrenzten, und die wir heute bei Hostaschowitz vorfinden, mußten naturgemäß bei all diesen Vorgängen in Mitleidenschaft gezogen werden und wurden von den Istebner Schichten und mit ihnen ebenfalls gegen Norden und Westen gedrängt, wobei sie die ganze Zone der Wernsdorfer Schichten über- schoben. (Fig. 10, 11, 12.) Eine schwer zu beantwortende Frage bildet wohl die nach der zeitlichen Reihenfolge: der Bewegungen der einzelnen Gebirgsglieder. Mit der Antwort darauf greifen wir vielfach den folgenden Ausfüh- rungen vor, speziell was das Verhältnis der Istebner Schichten zum Godulasandstein betrifft, wovon bereits oben die Rede war. Betrefis des Senons auf der Nordseite der Beskiden, der Baschker und Friedecker Schichten, sind wir zu der Überzeugung gelangt, dab dieses auf dem Neokom transgredierend aufruht, somit bereits ein wenigstens teilweise gefaltetes und erodiertes Relief vorgefunden haben muß. Von den Istebner Schichten gilt dies nur in beschränktem Maß, da wir im Ostrawitzatal einen kontinuierlichen Übergang aus dem Neokom über den Godulasandstein in das Senon wahrnehmen, während besonders gegen Westen tatsächlich eine Sedimentationslücke vor- handen zu sein scheint. Durch die meist gleichartige Tektonik der benachbarten Schichten sind die ursprünglichen Verhältnisse derart ver- wischt, daß sichere Schlüsse — ohne Fossilfunde — kaum zu ziehen sind. Wenn wir aber im Ostrawitzaprofil eine Entwicklung von Cenoman und Turon zwischen Gault und Senon annehmen dürfen (siehe pag. 775), anderseits auf der Trojacka und im Srnytal an eine Vertretung dieser Formationsglieder im Einklang mit allen älteren Autoren nicht recht glauben können, so sind wir hier zu der Annahme einer Transgression des Senons auf Gault genötigt. Man hat sich etwa ein Oszillieren der ganzen beskidischen Schichtplatte vorzustellen, in der Art, daß wahrscheinlich schon vor dem Gault der Nordrand derselben sich erhob und zu falten begann, während in den südlicheren Regionen die Sedimentation ununterbrochen fortdauerte!). Dem Rande des heutigen Karpathenbogens entsprechend, gehört auch das Westende des Godulasandsteinzuges zu den äußeren, randlichen Partien, in denen die Sedimentation früher unterbrochen wurde als etwa in der Gegend des ÖOstrawitzatales. Eine neuerliche Senkung der randlichen Regionen nach abwärts, das Vordringen einer positiven Meeresbewegung aus dem zentralen Beskidengebiet zur Senon- zeit muß ein teilweises Transgredieren des Senons über das westliche Godulasandsteingebirge zur Folge gehabt haben. Ob dieses letztere bereits gefaltet oder in Faltung begriffen war, ist nicht mit Bestimmtheit zu sagen, wohl aber im Hinblick auf die vorsenone Faltung der älteren Neokomschichten als wahrscheinlich anzunehmen. !) Siehe pag. 743. [45] Beskidische Oberkreide in NO-Mähren. 155 Vielleicht haben wir gerade in dieser Zeit das Absinken des Westendes des Godulasandsteinzuges zu vermuten und nicht erst beim Beginn der postoligocänen Faltungsperiode. Sicher ist, daß die Lostrennung des Jawornik-Trojaökazuges von dem Radhostmassiv an der Linie Frankstadt—Roinau nicht vorsenon ist, da die Istebner Schichten ebenfalls diese Verschiebung mitmachen, somit, daß die Beugung der Istebner Schichtenmulde des Domoratz- waldes, die Überschiebung der Ellgother Schichten von Hostaschowitz über die Wernsdorfer Schiefer, nur ein Detail aus dem Bilde der großen vormiocänen Überschiebung der beskidischen Decke sein kann. b) Das Gebirge nördlich der Betschwa zwischen Krasna und Roznau !). Nicht minder interessant als der Domoratzwald ist seine östliche Fortsetzung. Zahlreiche vortreffliche Aufschlüsse lassen den Bau dieser Zone auf das deutlichste erkennen. Wie aus der Karte ersichtlich ist, verlaufen in diesem Gebirgs- stück drei, respektive vier parallele Sandstein- und Schieferzüge, unter denen bei dem Dorfe Zubri sowie südlich des Passes Pindula, den die Straße von Frankstadt nach RoZnau übersetzt, Bildungen der Unter- kreide zutage kommen. Wir kennen in der ganzen Istebner Schichten- zone keine Stelle, die, mit Ausnahme des Domoratzwaldes, für die tektonische Analyse der Flyschzone von solcher Bedeutung wäre, wie das Gebiet von Zubri. Sonderbarerweise ist die Unterkreide von Zubri den früheren Beobachtern entgangen. Die Sandsteinzüge geben, wie schon in der Einleitung erwähnt, der Zone der Istebner Schichten jenes eigentümliche landschaftliche Gepräge, das sie von den übrigen Flyschbildungen auf den ersten Blick unterscheidet. Sie treten als kontinuierlich verlaufende, lang hingestreckte Kämme und Rücken auf und sind im Gegensatz zu den meist mit Feldern bebauten Schiefergebieten in der Regel bewaldet. Längstäler sind äußerst selten, während eine Reihe von Quertälern die Istebner Zone in kurze Gebirgsstücke zerlegt. Diese Quertäler liefern durchweg ausgezeichnete Beobachtungspunkte, weshalb wir auch in den folgenden Darlegungen speziell diese zum Ausgangspunkt unserer Betrachtung wählen. I. Tal von Binina (Oborskital). Von Krasna führt über den Bininer berg ein Feldweg nach Binina und weiter durch das Dorf in nördlicher Richtung entlang !) Am Nordrand der Blätter Wall.-Meseritsch und Viszoka—Mako—Kisula- Ujhely hat Paul entlang dem Godulasandsteinzug Istebner Schichten, Sandsteine und Schiefer ausgeschieden. Doch ist die Ausscheidung kaum detailliert, auch in der Abgrenzung von Schiefern und Sandsteinen in der Regel den tatsächlichen Verhältnissen nicht entsprechend, so daß bei unseren weiteren Darlegungen über diese äußerst interessante Zone eine Anknüpfung an die Paulsche Darstellung durchaus keinen praktischen Nutzen bringen kann, weshalb wir uns mit der obigen einfachen Konstatierung begnügen. Wir bringen deshalb im folgenden nur das Ergebnis der eigenen geologischen Spezialaufnahmen in den Blättern Wall.-Mese- ritsch und Viszoka-Mako—Kisuca-Ujhely. g7E 756 Dr. Heinrich Beck. [46] dem Oborskibach zum Theresienhof im Domoratzwald. Auf dem Bininer Berg beobachtet man die Schichtköpfe des plattigen Steinitzer Sandsteins (subbeskidisches Alttertiär), der hier 50 bis 60° gegen Süden fällt. Ein verhältnismäßig tief eingeschnittenes kurzes Längstal bildet die Grenze gegen die Istebner Schichten, die am Anfang des Dorfes Binina in den Hohlwegen an der Ostseite des Oborskitales tadellos aufgeschlossen sind. Die Schiefer sind sandig-tonig, braunrot gefärbt, im frischen Bruch fast schwarz und fallen mäßig steil gegen Süd. Sie nehmen den unteren Teil des Dorfes ein, während der obere Teil bereits in dem wohlbekannten Sandstein mit den kleinkalibrigen Konglomeraten und kristallinen Geröllen liegt. Auch die Sandsteine fallen nach Süden. Sie hängen unmittelbar mit denen des Domoratz- waldes zusammen, deren Umschwenken nach Norden gerade am Nord- ende des Dorfes Binina einsetzt. Westlich vom Oborskital sind die Istebner Schichten von Diluvial- lehm verdeckt (siehe Fig. 10). 2. Das Tal von Krhowa (Srnibach). Der unterste Teil des Tales ist sehr eng, da hier der Krhova (Srni-)bach die Steinitzer Sandsteine des Belvedere durchschneidet. Die Anlage dieser Talpartie ist sicher tektonischen Ursprungs. Denn im Eisenbahneinschnitt, der an der Westseite des Tales am Abhang des Belvederes verläuft, ist durchweg steiles Südfallen zu erkennen, Fig. 13. N \ ES n S.8 N | Q NULD er Su N | Delvedere = BEN 7 S IN RT S N | £ SS = S Profil entlang dem Tal von Krhova (Eisenbahneinschnitt). 1 = Sandsteinzug von Jehliczna. — 2 — Sandsteinzug von Binina. 3 — Sandsteinzug von Krhova. s — Steinitzer Sandstein (subbeskidisch). während die Steinitzer Sandsteine auf der anderen Talseite oberhalb Krhowa unter 15° westlich und am Abhang gegen die Betschwa nördlich fallen. Bei der großen Ziegelei von Hrachowetz (Haltestelle der Bahn Krasna-RoZnau) erkennt man wieder steiles SO-Fallen in den etwas schiefrigen Tertiärsandsteinen. Jenseits des Steinitzer Sandsteins treffen wir auf die Istebner Schichten, die am besten in den einzelnen Bahneinschnitten zu beob- achten sind. (Fig. 13.) [47] Beskidische Oberkreide in NO-Mähren. 157 Erst erkennen wir, gerade oberhalb des Dorfes Krhowa die Istebner Schiefer, dann durchschneidet die Bahn einen wenig aus- gesprochenen Rücken, der von bankigen Sandsteinen und Konglome- raten gebildet wird, dann abermals ein Schieferniveau beim Domoratz- hof und hierauf wieder Sandsteine. Es folgen abermals Schiefer und darauf kleinkalibrige Konglomerate und Sandsteine, die unmittelbar dem Godulasandstein des Trojaökammes aufruhen. Das allgemeine Fallen der Istebner Schichten ist ziemlich steil (bis zu 60°), gegen Süden gerichtet. Nur an der Grenze gegen den Steinitzer Sandstein wurde in einen kleinem Schieferausbiß N-Fallen gemessen. Sehr schön ist auf eine größere Strecke im Bahneinschnitt beim Domoratzhof (Semaphor) der Sandsteinzug aufgeschlossen, der von Binina herüber- streichend in der Talsohle des Srnibaches sich aushebt, so daß am Östgehänge des Tales nur die liegenden Schiefer zum Vorschein kommen. Derselbe Sandsteinzug führt oberhalb des Domoratzhofes gegen Binina zu eine große Anzahl größerer Blöcke von Stramberger Kalk, die im konglomeratischen Sandstein eingeschlossen sind. Auf dem Abhang östlich von Krhowa lassen sich die entlang der Bahntrasse beobachteten Schiefer und Sandsteinzüge weiter verfolgen. Die Sandsteine und kleinkalibrigen Konglomerate, die westlich oberhalb des Dorfes den vorerwähnten kleinen Rücken bilden, setzen auf der östlichen Talseite einen auffallenden, steilen Berg zusammen. Ich nenne zur leichteren Orientierung diesen Sandsteinzug den Zug von Krhowa. Der nächste nördliche sei als der Zug von Binina bezeichnet. Es ist der, der sich im Krhowatal auf eine kurze Strecke in die Luft aushebt. Seine östliche Fortsetzung beginnt südlich des Bades Jehliezna. Dieses Bad selbst liest am Nordrand der nördlichsten Schieferzone ; an diese schließt sich am Südabhang der Trojacka der letzte Sand- steinzug, den wir als den Zug von Jehliezna bezeichnen wollen. 3. Srnowybach. Im Tal des Srnowybaches treffen wir von Nord nach Süd schön aufgeschlossen alle bisher genannten Züge, über dem Godulasandstein den Jehliznazug, die Fortsetzung des Bininazuges und den Zug von Krhowa. Die Schiefer südlich davon stehen erst saiger, im untersten Teil des Tales jedoch fallen sie steil nach N. Knapp vor dem Austritt in das Betschtal stellen sich unter den Schiefern abermals Sandsteine und Konglomerate ein (Zaschauer Zug), die unter 39° nördlich einfallen, also verkehrte, überkippte Lagerung. Da ein derartiges Lage- rungsverhältnis sonst nirgends beobachtet wurde, ist die Ursache nur in ganz lokalen Störungen zu suchen. Wahrscheinlich hängt diese Er- scheinung mit dem Abbruch der Steinitzer Sandsteinpartie östlich von Krhowa zusammen, wie denn überhaupt die Grenze zwischen Steinitzer Sandstein und Istebner Schichten auf der Strecke Binina—Station Hrachowetz eine Bruchlinie darzustellen scheint, an der die Istebner Schichten abgesunken sind. (Fig. 13 und 14.) Ba | gu 00 Dr. Heinrich Beck. [48] 4. Zaschau. Etwa 1'/, km vor Zaschau sind an der Straßenböschung am Rande des Betschtales die Sandsteine des letztgenannten Zaschauer Zuges, der bei Zaschau seine größte Breite erreicht, gut aufgeschlossen. Wir finden hier gelbbraune Konglomerate und graue Sandsteine mit zwischen- gelagerten braunroten und grauen, sandigen, eisenschüssigen Schiefern. Fig. 14. I Profil durch das Srnowytal. 1 — Zug von Jehliczua. — 2 = Zug von Binina. — 3 = Zug von Krhova. — 4 — Zug von Zaschau. Die Sandsteine sind mäßig hart, im Innern grau, in der Verwitterungs- rinde dunkelgrau bis schwarz, die Konglomerate bestehen aus Quarz- rollstüicken von Nuß- bis Eigröße, seltener sind wohlgerundete Ge- schiebe eines harten Sandsteines (Godulasandstein ?). Das Bindemittel der Geschiebe ist ein rotbrauner, eisenschüssiger Sandstein, der häufig schwarze Verwitterungsrinde zeigt. Die Konglomerate sind ziemlich feste Gesteine, sie liegen in Schichten von 1 bis 2m Dicke, ebenso die Sandsteine. Die braunroten Schiefer dazwischen ° wechseln mit grauen, sandigen Schiefern. Auch sie sind ziemlich fest. Fig. 15. ‘ , DIN VER & I 2 SS 2 \ TER ATTRS 3 \ N 4 5 S = N ER \ \ \ \ N ' ES I = SL N S SA \ S Allıwvium TE Sa Eee IR AL N N S \ N N N 5 en ur H N T \ Bodo Sundst j E20 2er EIER 7 Profil durch das Tal von Zaschau. 1 = Zug von Jehliezna. — 2 — Zug von Binina. — 3 —= Zug von Krhora (Pohorzberg). — 4 — Zug von Zaschau. Das südliche Ende des Dorfes Zaschau ist in diesen Zug ein- gebettet. Im Dorfe selbst wird er unterlagert von normal südfallenden Schiefern. Am Pohoräberg am Nordende des Dorfes haben wir wieder den Zug von Krhowa vor uns. Der unterste Teil des Abhanges entblößt bereits auf Wegen und Straßen einen hellgrauen, mürben, grob- körnigen Quarzsandstein und einzelne härtere Konglomeratbänke. Da- [49] Beskidische Oberkreide in NO-Mähren. 759 zwischen erscheinen abermals einige dünne Schieferlagen. In dem großen Steinbruche am Pohoräberg außerdem mittel- bis feinkörnige, mächtige Sandsteinbänke ohne Kalkgehalt und von sehr bedeutender Härte. Auf der Unterseite dieser Bänke häufig riesige Hieroglyphen und Wülste. Auf der westlich dem PohorZberg gegenüberliegenden Lehne befindet sich in der Fortsetzung dieser harten Quarzsandsteine eben- falls ein größerer Steinbruch. Fallen der Sandsteine 45° gegen Süden mit leichter Neigung gegen SW. Nördlich vom PohorzZberg breitet sich wieder ein fruchtbares Schieferniveau aus, worauf die Sandsteine und Konglomerate des Zuges von Binina folgen, dann abermals eine sumpfige Schieferdepression und endlich der Zug von Jehliczna am Abhang der Trojaöka. Hier sehr reichlich vertreten die kleinkalibrigen Konglomerate, daneben hellgraue, auch gelbliche und rötliche mürbe Sandsteine. Das Profil des Zaschauer Tales entspricht vollkommen dem von Krhowa, nur ist es um eine Antikline reicher (Zaschauer Zug). (Fig. 15.) 5. Zubri, Stary Zubri, Pindula. Das westliche Godulasandsteinmassiv (Jawornik—Trojatkagebirge) ist an einer in der Richtung Frankstadt Roänau-verlaufenden Störung von der Hauptmasse losgetrennt und gegen Norden und Nordosten vorgeschoben worden. Es ist wohl im Vergleich zu dem schlesischen Massiv, zu dem auch noch das Smrk-Radhostgebirge zu rechnen ist, verhältnismäßig bescheiden in seinen Dimensionen wie auch insbe- sondere in der ursprünglichen Mächtigkeit des Sandsteins. Wir er- kennen dies in erster Linie an der wesentlich geringeren Breite des Zuges, die wir infolge des muldenförmigen Baues direkt zu konsta- tieren in der Lage sind, während im schlesischen Massiv nur am Nordrand die liegenden Neokombildungen auftreten, die Südseite da- gegen vom Senon der Istebner Schichten verdeckt ist. Die rasche Massenabnahme des Godulasandsteinmassivs in seinem westlichen Aus- läufer und die dadurch verursachte geringere Widerstandsfähigkeit gab jedenfalls den letzten Anstoß zur Bildung der Blattverschiebung am Pindulapaß. Dies ist ein Detail aus der Phase der großen beski- dischen UÜberschiebung. Das Jawornik-Trojackamassiv ist, wie bereits angedeutet, mulden- artig gebaut. Entlang dem ganzen Nordabhang wird der Godulasand- stein regelmäßig unterteuft von Ellgother und Wernsdorfer Schichten, vom Domoratzwald über Murk und Wernsdorf bis Bordowitz. Hier schwenkt die neokome Basis mit dem Godulasandstein ohne Unter- brechung gegen Süden herum und läßt sich in gleichbleibender Reihen- folge der Schichten über den Pindulapaß entlang dem Ost- und Süd- abhange mit bergwärts gerichtetem Einfallen bis nach Zubfi verfolgen, wo das Neokom unter den Istebner Schichten verschwindet. Strecken- weise ist am Südabhang des Jawornik (Uvies) der oberflächliche Zusammenhang der Eligother und Wernsdorfer Schichten durch Senon- auflagerung unterbrochen, was nur als das Ergebnis tektonischer Vorgänge (Überschiebung), nicht aber als Transgression zu deuten ist. [50] Dr. Heinrich Beck. 760 [8 D E F RN 2 AN [51] Beskidische Oberkreide in NO-Mähren. 761 Erklärung zu Fig. 16. 1 = Sandsteinzug von Jehliczna. — 2 — Sandsteinzug von Binina. — 3 — Sand- steinzug von Krhova. — 4 — Sandsteinzug von Zaschau. a, d,.c, d, e, f = Profillinien. A = Wernsdorfer Schichten. — B == Ellgother Schiefer. — C — Ellgother Sandstein. -— D = Godulasandstein. — E — Istebner Schiefer. — F — Istebner Sandstein. — @ — Terrassendiluviuam. — H — Pikrit. Der Pindulapab ist eingeschnitten in NW fallende Wernsdorfer Schichten. Im Westen erhebt sich steil der Kiceraberg (8725 m), im Osten das 1130 m hohe Radhostgebirge. Am Fuß des Kidera. herrscht vollkommen regeimäßige Lagerung. Über den Wernsdorfer Schichten folgen die kieseligen, von Hornsteinbändern durchsetzten schwarzen Ellgother Schiefer, darüber die quarzitischen Ellgother Sandsteine, sodann die auffallenden, häufig grellrot gefärbten Tone, welche zumeist als Basis des Godulasandsteins gefunden werden, und endlich dieser selbst. Sämtliche Schichten fallen gegen NW bis WNW, mäßig steil, zirka 20—30°. Am Fuß des Radhost grenzen die Wernsdorfer Schichten un- mittelbar an Godulasandstein, der bei ungestörtem OW-Streichen, abgesehen von lokalen sekundären Faltungen, gegen Süden einfällt. Die Blattverschiebung ist orographisch bezeichnet durch das Tal des Kanipotok, der von der Pindula zur Betsch fließt und bei RozZnau mündet. Nördlich der Pindula ragt die vorgeschobene Jawornikmasse aus der von Wernsdorfer Schichten gebildeten Niederung als westlicher Abschluß des Frankstädter Kessels empor. 1!/, km südwestlich der Paßhöhe verschwinden die Wernsdorfer Schichten. Die Ellgother Kieselschiefer streichen jedoch in größerer Breite weiter um den Südfuß des MySiberges herum, während die EIl- gother Sandsteine auskeilen. Die Schichtfolge ist demnach am Südfuß des MySiberges auf die Ellgother Schiefer im Liegenden und den Godulasandstein im Hangenden reduziert. Fallen mäßig steil berg- wärts. (Paul hat die Schiefer südlich der Prindula irrig als Istebner Schichten gedeutet.) Die Ellgother Schiefer grenzen südlich zwischen Vermirowskytal und Kanital an die Sandsteine des Chlacholowberges. Diese Sandsteine sind hellgrau bis bräunlich, etwas quarzitisch und enthalten mächtige Bänke von kleinkalibrigem Konglomerat. Es sind die typischen Istebner Sandsteine. Nach Süden folgt ein breiter Streifen rotbrauner, sandigtoniger, eisenschüssiger Schiefer, Istebner Schiefer, die unter 45° gegen Süden fallen, dann wieder ein kurzer Sandstein und Konglomeratzug (Punkt 464 der Spezialkarte) und abermals am Abhang gegen das Betschtal Schiefer. Daß an dieses Schieferniveau sich südlich noch einmal Sand- steine anschließen, ist an einem aus typischem Istebner Sandstein bestehenden kleinen Hügel am Rande des Betschtales oberhalb des RoZnauer Kurparkes zu erkennen. An diesem Hügel steht die Villa Fichtner. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Bd., 3. u. 4. Heft. (Dr. H. Beck.) 98 162 “Dr. Heinrich Beck. [52] NW. Sl. Hicerw Radhost Massiv (dd 0. Zerr Schotter ChlacholovB. S61" R S C N. S 3 = S Uvres R N IS nr S LasB. 5497 P- N z N A "N "S S > S S [53] Beskidische Oberkreide in NO-Mähren. 763 Fig. 22. N. Solisiez sch N .F [AR ‚Mil Terrain Erklärung zu den Profilen: Fig. 17--22 sind Profile durch den Südost- und Südabhang des Javornik-- Trojackamassives zwischen der Pindula und dem Tal von Zubri nach den Profillinien @—f in der Detailkarte. 1 = Wernsdorfer Schichten. — 2 — Eillgother Schiefer. — 3 = Ellgother Sand- stein. — 4 = Goäulasandstein. — 5 = Istebner Schiefer. — 6 — Istebner Sand- stein. — x = Pikrit. In den Tälern des Kanibaches wie des Vermifowskybaches_ ist die Senonschichtfolge vorzüglich aufgeschlossen: die genannten drei Sandsteinzüge (Villa Fichtner, Hügel 464, Chlacholowberg) mit den dazwischenliegenden Schiefern. Auf der Seite des Vermirowskytales folgen auf die Istebner Sand- steine des Chlacholowberges in einem sehr schmalen Streifen die Ellgother Schiefer (in einem kleinen Bachkolk aufgeschlossen eine offenbar sekundäre Verfaltung oder Stauung, abnormales Südfallen), dann graugrüne massige Sandsteine, welche eine auffallende Kuppe zwischen Chacholow und Mysiberg bilden. Zwischen diese Kuppe und dem Fuß des Mysiberges schaltet sich ein schmales Band der rot- braunen Istebner Schiefer ein. (Forsthaus Putirki.) Diese letzteren übersetzen beim Forsthaus Putirki das Vermi- rowskytal, ebenso die Sandsteine der erwähnten kleinen Kuppe, welche zwischen dem Vermifowskytal und dem Tal von Stary Zubfi den langgestreckten Rücken des Olsowskyberges bilden. Dagegen haben die Istebner Sandsteine des Chlacholowberges keine westliche Fortsetzung, nur das südlich davon verlaufende Schieferband streicht zum Tal von Stary Zubri hinüber. In den Sandsteinen des Olsowskyberges und der kleinen Kuppe östlich des Jagdhauses Putirki erkennen wir unschwer die charakte- ristischen Eigenschaften des Godulasandsteins. Es sind zumeist grau- grüne, plattige, bankige und massige Sandsteine, denen grobkörnige und stellenweise konglomeratische Bänke beigemengt sind. Keinerlei Ähnlichkeit mit den Istebner Sandsteinen, zu welchen sie Paul ge- rechnet hat. Am Nordabhang des Olsowskyberges finden wir eine langge- streckte schmale Depression, gebildet von den Istebner Schiefern, die wir beim Jagdhaus Putirki beobachtet haben. Nördlich folgen auf dieses Schieferband beim Drobnikhof wieder Istebner Konglomerate und Sandsteine. Gerade unterhalb des genannten Gehöftes stehen 98*+ 764 Dr. Heinrich Beck. [54] grobe Konglomerate an. Das Bindemittel ist ein fein- bis mittel- körniger, grauer Sandstein, die Gerölle sind wohlgerundet, faust- bis kopfgroß und bestehen aus verschiedenartigen kristallinen Gesteinen, roten und grauen, grobkörnigen Graniten, hellen glimmerigen Quarziten, Quarzphylliten und Gneißen. Bei Stary Zubfi tritt zwischen diesem Sandsteinzug und dem Godulasandsein noch einmal Istebner Schiefer auf. Sämtliche Istebner Schichten fallen im Gegensatz zum Neokom und dem Godulasandstein südlich ein. Zwischen dem Godulasandsteinzug des Olsowskyberges und den nördlich davon verlaufenden Istebner Schichten taucht bei Stari Zubfi zu beiden Seiten dieses Tales der Sudflügel der Godulasandsteinmulde mit den Ellgother und Wernsdorfer Schichten wieder empor, und zwar in derselben Reihenfolge der Schichten wie südlich des Pin- dulapasses. An der Grenze von Ellgother und Wernsdorfer Schichten tritt in der unmittelbaren Nachbarschaft des Olsowskyberges auch ein bedeutenderer Pikritstock auf. Höchst instruktiv ist das Profil im Tal von Zubfi. Auf der Höhe des Godulasandsteinzuges fallen die Schichten noch südlich ein, gegen Zubri zu jedoch, durch den Zubribach mehrfach aufgeschlossen, sehen wir den Godulasandstein flach nördlich einfallen. Er besteht hier aus plattigen graugrünen Sandsteinen mit zwischen- gelagerten sandig-tonigen und mergeligen dunklen Schieferbändern. Oberhalb des Dorfes Zubri wechselt das Einfallen der Schichten mehr- mals infolge sekundärer Faltungen und Verschiebungen, die vielleicht mit der Anpressung und Aufschiebung der Istebner Schichten in Zusammenhang zu bringen und als Stauchungserscheinungen zu deuten sind. Die Schichten des Godulasandsteins, die im Bachbett bei Zubri aufgeschlossen sind, zeigen interessante Verwitterungs- und Auflösungs- vorgänge. Die festen Sandsteinbänke sind in prismatische Stücke und Platten zersprungen, zeigen aber noch vollkommen die ursprüngliche Zusammengehörigkeit. Durch die Lockerung des Gefüges entstand eine Längsausdehnung der Schichten, das Ganze folgte ähnlichen Ge- setzen unter dem Einfluß des fließenden Wassers wie der Schotter und wurde wie dieser intensiv geschleppt und gestaucht. (Diese „rezenten“ Erscheinungen haben mit den oben genannten „tektonischen Stauchungen“ nichts zu tun.) Am oberen Ende des Dorfes quert man erst die südfallenden Sandsteine und Schiefer der Istebner Schichten, dann erscheinen auf dem niedrigen Rücken, der die Täler von Zubfi und Stary Zubfi trennt, ziemlich steil nördlich fallende Ellgother und hierauf Werns- dorfer Schichten, deren Südrand von Diluvium verdeckt ist. Am Westgehänge des Zubritales dagegen queren wir vom Godulasandstein angefangen ebenso wie in Zaschau die Falten der Istebner Schichten, erst den Sandsteinzug von Jehlizna, dann den von Binina und zuletzt den Zug von Krhowa und dazwischen die entsprechenden Schiefer- niveaus. Erst am Südende des Dorfes Zubri, unmittelbar anstoßend an den Sandsteinzug von Krhowa, erscheinen auch am westlichen Talgehänge typische Wernsdorfer Schichten, welche die Fortsetzung der oben genannten, östlich von Zubri liegenden bilden, und zuletzt [55] Beskidische Oberkreide in NO-Mähren. 165 als Fortsetzung des Godulasandsteins vom Olsowsykyberg auch dieser in einem steilen kegelförmigen Denudationsrelikt. Wie schon eingangs erwähnt, gehört das eben beschriebene Gebiet zu den tektonisch kompliziertesten nicht bloß der Istebner Zone, sondern der ganzen Beskiden. Allerdings handelt es sich hier nur um lokale Erscheinungen, aber gerade aus der Detailkenntnis solcher Gebiete ergeben sich die wichtigsten Anhaltspunkte für die Erforschung des noch rätselhaften Mechanismus der großen allgemeinen Bewegungen der Flyschzone, in erster Linie der beskidischen Überschiebung. In kurzer Zusammenfassung läßt sich das Beob- achtete folgendermaßen wiedergeben: Eine flache Mulde von Godulasandstein, r egelmäßig unterlagert von Ellgother- und Wernsdorfer Schienen südlich anschließBendein weiterer kleinerZug von Godulasand- stein (Olsowskyberg). Uber dem Südflügel der Mulde Denudationsrelikte von ziemlich steil südfallenden Istebner Schichten. Vor allem müssen wir uns über die Frage klar werden, in leer tektonischen Verhältnis der kleine Godulasandsteinzug des Olsowsky- berges zur Hauptmasse steht. Leider mangeln gerade in diesem Gebirgsstück entsprechende Aufschlüsse. Die F allrie htung bleibt infolge- dessen ungewiß. Ostlich oberhalb des Jagdhauses Putirki ist möglicher- weise noch ein Zusammenhang mit dem Godulasandstein des MySiberges vorhanden. Auch wird der sekundäre Godulasandsteinzug hier noch von Ellgother Kieselschiefern unterlagert (nördlich vom Chlacholowberg). Die nächste Stelle, wo zwischen dem Olsowskyzug und dem Neokom eine Berührung stattfindet, ist bei Stary Zubri. Hier aber liegt das Neokom nördlich, die Sandsteine des Olsowskyberges grenzen unmittelbar an Wernsdorfer Schiefer, die in einem kurzen Seiten- sraben gut zu sehen sind. Ebenso grenzt der Godulasandstein des vorher erwähnten kegelförmigen Denudationsreliktes am Südende des Dorfes Zubfi direkt an Wernsdorfer Schichten. Die Wernsdorfer Schichten bilden nun mit den Ellgother und Godulaschichten der Hauptmasse bei Zubri und Stary Zubfi eine un- trennbare Einheit, folglich kann der Kontakt zwischen den Werns- dorfer Schichten und dem Godulasandstein des Olsowskyberges nur tektonischer Natur sein, höchstwahrscheinlich eine Verwerfung. Das Auffallendste dabei ist jedoch das Verhältnis der Ellgother Schichten zu diesem Olsowskyzug nördlich vom Chlacholowberg. Hier liegt eben Neokom auch südlich des Olsowskyzuges. Es wäre nun zu denken, daß von der Verwerfung auch ein Teil der Ellgother Schichten nördlich vom Chlacholowberg betroffen wurde. Passender scheint uns. aber: in- Anbetracht der starken Anpressung und des Vorschubes der jüngeren Istebner Schichten die Vorstellung, daß der an einer Verwerfungstehen gebliebene Godulasandsteinzug des Olsowskyberges mit den ihn umhüllenden Istebner SchichtenaufdenSüdranddergroßenMulde wenigstens in seinem östlichen Teil(Vermirowskytal, Putirki) auf- geschoben wurde. 766 Dr. Heinrich Beck. [56] Und nun das Verhältnis der Istebner Schichten zur Mulde. Wir haben im Tal von Zubri gesehen, daß der Godulasandstein flaclı nach Norden fällt, ebenso das Neokom, dieses allerdings je weiter nach Süden, um so steiler. Während in den Ellgother Schiefern bei Zubri an einer Stelle ein Einfallen gegen NW unter 40° konstatiert wurde, fand sich in den Wernsdorfer Schiefern bereits ein solches von 50—60°. Die nachgiebigen Schiefer wurden demnach bei der Anpressung an den Godulasandstein wesentlich steiler emporgepreßt als dieser. Wären nun die an der Grenze des Godulasandsteins und des Neokoms im Bereiche des Muldensüdflügels gelegenen Istebner Schichten an Ort und Stelle transgredierend abgelagert worden, so müßten sie in ihrer Tektonik dochirgendeineAbhängigkeitvom Baudes Untergrundes aufweisen und könnten nicht, wie es der Fall ist, ihr regelmäßiges südwärts gerichtetes Verflächen bewahrt haben, ohne wenigstens sekundäre Stauungs- und Faltungserscheinungen zu zeigen. Sie fallen bei Zubri und Stary Zubri unter zirka 45° südlich, ebenso bei Drobnikhof und Putirki. Sonst sehen wir durchweg deutliche Abhängigkeit der Istebner Schichten vom Bau des älteren Kreide- gebirges. Gewiß ist eine solche auch in der Doppelmulde des Domo- ratzwaldes vorhanden. Ein anderes großartiges Beispiel hierfür liefert die Gegend des Olsatales zwischen Jablunkau und Bistfitz in Schlesien. Wir wollen durchaus nicht die Möglichkeit einer Transgression der Istebner Schichten über dem Südrand der schlesischen Neokom- Gaultinsel damit in Abrede stellen. Es wird sich sogar bei Be- sprechung des Östrawitzaprofils Gelegenheit bieten, dieser Auffassung in gewissem Sinne das Wort zu reden. Aber gerade hier im Süden sind die ursprünglichen Ablagerungsverhältnisse durch tektonische Vorgänge derart verwischt, daß bisher herzlich wenig Positives darüber gesagt werden kann. Und eben, weil die Vorherrschaft tekto- nischer Erscheinungen so sehr in die Augen springend ist, anderseits auch das Profil von Zubri nur sehr gezwungen durch Annahme einer transgressiven Ablagerung der Istebner Schichten in loco zu erklären wäre, halten wir auch hier an der tekto- nischen Auflagerung der Istebner Schichten im Sinne einer kurzen Anpressung und Auf- oder Überschiebung auf den Südflügel der großen Mulde fest. Mit dieser Annahme harmoniert auch der im Domoratzwald beob- achtete Vorschub des Westendes unserer Zone mitsamt seiner neo- komen Unterlage und in unserem speziellen Fall, in der Gegend des Stary Zubfi- und Vermirowskytales, das Verhalten des Olsowskyzuges, dessen tektonischen Charakter wir bereits vorweggenommen haben. Noch bleibt aus der Gegend von Zubfi ein Detail zu erwähnen. In der Fortsetzung des Olsowskyzuges erhebt sich westlich neben Zubii das bereits "mehrfach erwähnte kegelförmige Godulasandstein- relikt. Daran schließt sich nördlich ein kurzer Zug von Wernsdorfer Schichten der unter den Istebner Schichten emportaucht. Die Fall- richtung ist SSO gegen SO unter 50°, somit der desselben Zuges auf der anderen Talseite von Zubfi konträr. Wir glauben diese Erscheinung auf eine Verwerfung zurückführen zu können, die parallel dem Tal von [57] Beskidische Oberkreide in NO-Mähren. 767 Zubri verläuft und mit einer quer auf das Streichen gerichteten seit- lichen Verschiebung der beiden Talseiten verbunden ist, was auch in der beigegebenen Detailkarte deutlich zum Ausdruck kommt. Auch das unvermittelte Abschneiden des Neokoms spricht dafür. ec) Die Istebner Schichten östlich von Roznau im Quellgebiet der Roznauer Betsch, des Celadnabaches und der Ostrawitza. Eine ähnlich genaue Beschreibung dieses Teiles der Istebner Zone, wie sie im vorhergehenden für deren westliches Ende gegeben wurde, wäre ohne Beigabe einer geologischen Detailkarte durchaus unverständlich und daher vollkommen zwecklos. Irgendwelche besondere Komplikationen, wie sie am Westende zu beobachten sind, kommen in diesem Gebirgsteil nicht vor. Wir finden ebenso wie im Profil von Zaschau über dem Godulasandstein südlich einfallende, regelmäßig verlaufende Züge von Schiefern und Sandsteinen von stets gleich- bleibendem petrographischen und faziellen Habitus, genau so wie in der westlichen Fortsetzung die dunklen, rotbraun verwitternden, sandig- tonigen Schiefer mit Toneisensteineinlagerungen, die bald quarzitischen, feinkörnigen, bald harten, zuckerkörnigen und bald wieder mürben gsrobkörnigen Sandstein mit Konglomeraten und Blockanhäufungen und die so ausgezeichnet charakteristischen kleinkalibrigen Konglome- rate. Alle Züge streichen untereinander fast durchweg parallel, seltener treten Stauungen einzelner Faltenpakete in Erscheinung. Dafür etwas häufiger lokale Virgation. Das Bemerkenswerteste ist die große Anzahl der übereinander folgenden Züge. 10 bis 12 Sand- stein- und ebenso viele Schieferzüge sind in einzelnen Durchschnitten zu finden. P In der beigegebenen Übersichtskarte ist der Verlauf der Sand- steinzüge durch Striche angedeutet, die gleichzeitig eine Vorstellung der Morphologie des Gebirges vermitteln, indem die Sandsteinzüge durchweg langgestreckte Kämme bilden, zwischen denen, durch sumpfige Depressionen bezeichnet, die Schieferniveaus hinziehen. Auf diese letzteren sind fast durchweg die Siedlungen beschränkt. Das ganze Gebirgsstück ist vorzüglich aufgeschlossen, fast jeder Bach und jede Rinne entblößt die Schichtköpfe der regelmäßig ziemlich steil gestellten Istebner Schichten. Trotzdem ist es nicht leicht, zu einem sicheren Urteil über den Bau dieser Zone zu gelangen, wie ich schon eingangs zu erwähnen Gelegenheit hatte. Wie schon einleitend bemerkt wurde, werden die Istebner Schichten nur selten von eigentlichen Längstälern durchschnitten. Selbst die Betsch, die in ihrem Oberlauf bis Rozuau ganz in der Istebner Zone verläuft, trägt durchaus nicht den Charakter eines Längstales, sondern durchschneidet schräg die einzelnen Faltenzüge, ohne daß man eine merkliche Beeinflussung ihres Verlaufes durch die Sandsteinzüge erkennen kann. Dabei ist es ein typisches Erosionstal. Bei RoZnau hat die Betsch auch den Südfuß des Godulasandstein- massivs durchschnitten, indem sie mit einer breiten und tiefen male- 768 Dr. Heinrich Beck. [58] rischen Furche den Karlsberg vom Radhost abgetrennt hat. Über dem Godulasandstein des Karlsberges ist am Abhang gegen das Betsch- tal bei Unter-Betschwa ein schönes Profil der Istebner Schichten schräg zum Streichen angeschnitten. (Profil Roäönau—Solanetztal ent- lang der Betsch.) (Fig. 23.) Die isolierte Godulasandsteinpartie des Karlsberges bei Roznau zeigt steiles Südfallen, 45 bis 55%. Infolge des etwas bogenförmigen Verlaufes des Betschtales nähert sich dieses gegen OSO immer mehr dem Streichen des Gebirges, so daß die auf den Godulasandstein folgenden Istebner Schichten schließlich fast im Streichen angeschnitten werden. Die Neigung der Schichten ist verschieden, sie schwankt zwischen 30 und 70°. Die Schiefer zeigen die normale Beschaffenheit, dunkelbraunen und rotbraunen Überzug, sind stark sandig, etwas slimmerig. Die im Profil auftretenden Sandsteinzüge enthalten be- sonders viel Konglomerate, speziell die charakteristischen kleinkalibrigen Konglomerate sind reichlich vertreten (Östry-Berg, Hutisko). Die Fig 23. NNW. 050. Kurisherg Ostry. DB 41% Hußshoßrig Ynter Betsehton Das südliche Gehänge des Betschtales bei Unter-Betschwa. Sandsteine führen stellenweise auch Einlagerungen eines hellgrauen, sandigen Mergels sowie häufig Zwischenlagen der typischen braunen Istebner Schiefer. Es sei bei Besprechung dieses Profils gleich eine Angabe Pauls richtiggestellt, die sich auf den Südabhang des Hutiskoberges bezieht. Paul erwähnt die hier auftretenden Konglomerate und gibt an, daß die Kirche von Hutisko darauf erbaut sei. Demgegenüber sei fest- gestellt, daß die Konglomerate ziemlich weit oberhalb der Kirche vorbeistreichen und der ganze Südabhang des Berges aus den Schiefern der Istebner Schichten besteht. Ein sehr instruktives vollständiges Profil durch die ganze Zone der Istebner Schichten senkrecht auf das Streichen ist unter anderem auch jenes durch das Kn&hynatal quer über die Betsch und in gerader südlicher Richtung weiter durch das Kivnackatal in die Zone der Maguraschichten. (Profil durch die Täler des Knehyna- und Kivnacka- baches.) (Fig. 24.) Das Profil bedarf keiner besonderen Erklärung. Es sei nur im besonderen hervorgehoben, daß es vom Godulasandstein bis zur Betsch vollkommen identisch ist mit dem des westlich benachbarten, parallel dazu verlaufenden Tal von Batov und daß die in der Zeichnung weiß gelassenen Sandsteinzüge sich in dem die beiden Täler trennenden [59] Beskidische Oberkreide in NO-Mähren. 769 Höhenzuge von Jezowec vorzüglich markieren, indem sie steile, schmale, steinige Kämme bilden, die fast durchweg mit Birken bewaldet sind. -In den Schieferniveaus sind Feld- und Wiesenkulturen angelegt. Während der graugrüne plattige Godulasandstein unter 25 bis 30° nach Süden einfällt, sind die Istebner Schichten wesentlich steiler Fig. 24. z y S 52 nn RES Pr 3 az Ss—=S 2 a Ziv re Ü #) [07 Ze2y Ss Xnengmnu ZH 1% Dr £ y 7 )) D— : Ben Su Er 3 m 2 CELL ED 2 ’ 7 ERS ; DAN se < FF = Ar 7 CE z = Gh T G, ßL GIGDGE % E (0% ? . | - f TE 2a er Magura ae G a \7 27 | Gedadwdandse. Jomchten J Bere a7, > 34 7 SE re ae Dir SED NAITEINEL ae Querprofil durch die Zone der Istebner Schichten beim Wirtshaus Zavadilka in Mittel-Betschwa entlang den Tälern der Knehyna und Kivnacka. gestellt, ihre Neigung beträgt 45 bis 60%. Südlich der Betsch, im Kivnackatal sind die Schieferzonen etwas breiter, es ist die Fort- setzung des Gebirges von Hutisko, wo die Schiefer durchweg eine + Fig. 25 und 26. 39W. NN. Xobilsky Tal rechte Talsetite Gr zny \ x " Retsehr DD) / ) FG 7 7 boarmla, Svrdst. ste Je SEE ie £ \ Fr ee bodula.Sundst Parallelprofile durch die Istebner Schichten zu beiden Seiten des Kobilskybaches nach den Aufschlüssen an den beiderseitigen Gehängen und in der Talsohle. ziemlich ansehnliche Mächtigkeit aufweisen. Auch hier steiles Süd- fallen 45 bis 65°. Mit ungefähr gleicher Neigung folgen darüber die hellgrauen und bläulichgrauen Sandsteine der Maguraschichten. Das Profil erweckt den Eindruck einer großen, in sich sekundär eng gefalteten und gegen Norden überschlagenen Mulde. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Bd., 3. u. 4. Heft. (Dr, H. Beck.) 99 770 Dr. Heinrich Beck. [60] Durch Verwerfungen kommt es bei Ober-Betschwa am Öervenec zu einer unwesentlichen Komplikation. Die rechte und linke Talseite des östlich von diesem Berg verlaufenden Quertales des Kobilskybaches stimmen nicht im Bau überein, wie aus den folgenden Profilen zu ersehen ist. Auch auf der Übersichtskarte ist diese Stelle gerade nördlich von Ober-Betschwa zu erkennen. Es scheint, daß gerade die Faltenzüge des Öervenec an der Seite des Kobilskytales stärker deformiert sind. Sie verlassen in auffallender Weise die normale OW-Streichrichtung und sind unter einem Winkel von 60 bis 70° gegen SSO abgeknickt. Auch sekundäre Längsverwerfungen dürften in diesem Profil eine Rolle spielen. (Profil durch die rechte und linke Seite des Kobilskytales.) (Fig. 25 und 26.) Der untere Teil des Kobilskytales ist vollkommen ungestört, wie an dem ruhigen Verlauf der ersten drei Faltenzüge zu erkennen ist. Dann aber treten auf dem rechten Ufer des Baches am Fuß eines vom Öervenec herunterziehenden Rückens NNW streichende bankige Sandsteine auf, die auch noch am linken Ufer des Baches zu sehen sind. Das regelwidrige Streichen entspricht vollkommen dem Verlauf des genannten Rückens sowie der beiden nordöstlich folgenden im Oberlauf des Tales. Das Fallen ist mäßig steil gegen ONO, also gleich dem Streichen entgegen der allgemeinen Regel. Es folgt auf diese normale kurze Störungszone wieder eine vollständige Mulde vor der Godulasandsteingrenze. Die linke Talseite (Abhang des Kobilsky- berges) ist dagegen vollkommen normal gebaut. Die Breite des einen Sandsteinzuges erklärt sich wohl hauptsächlich aus der etwas flacheren Lagerung von zirka 30°, An der Ostseite des Kobilskyberges bietet das tief eingeschnittene Mecuvkatal prächtige Aufschlüsse. Das Profil ist ganz übereinstimmend mit dem des linken Gehänges im Kobilskytal, nur quert es in seinem untersten Teil noch eine Falte mehr als dieses, da hier die Betsch- furche weiter südlich gelegen ist. Von der Mündung des Solanbaches unterhalb Hutisko bietet das Betschtal durchweg ebenso wie unterhalb auf der Strecke Solan- bach—Roznau vortreffliche Aufschlüsse. Erst verläuft es bei Mittel- Betschwa eine kurze Strecke als Längstal in einem Schieferniveau, dessen beträchtliche Breite sich dadurch erklärt, daß die drei Sand- steinzüge, welche in dem Profil durch das Kn&hyna- und Kivnackatal beim Wirtshaus Zawadilka und unmittelbar südlich davon noch vor- handen sind, durch Ausheben in die Luft verschwinden, ohne daß damit irgendeine Störung verbunden wäre. Es handelt sich hier offenkundig um einzelne parallele Schiefer-Sandstein- mulden, die bald tiefer, bald seichter sind, so daß stellenweise bei tiefergehender Erosion auf den um- liegenden Höhen noch vorhandene Muldenteile (Sand- stein) in den Tälern bereits abgetragen sind. Gerade bei der Mündung des im vorhergehenden bereits er- wähnten Tales von Baöov in Mittel-Betschwa zeigt sich, wahrscheinlich durch eine lokale Verwerfung bedingt, verworrene Lagerung der im Flußbett angeschnittenen Schiefer, doch konnte diese Störung weder [61] Beskidische Oberkreide in NO-Mähren, 771 nach Norden, ins Bacovtal, noch nach Süden, gegen Pod Grunem weiter verfolgt werden. Vom Wirtshaus Zawadilka aufwärts durchschneidet die Betsch wieder vollkommen regelmäßig in schräger Richtung die ganze südliche Serie der Faltenzüge, von denen bereits einige in den oben gezeich- neten Profilen durch das Kobilsky- und Meäuvkatal dargestellt wurden. Auf der Übersichtskarte kommt dies deutlich zum Ausdruck. Der petrographische Charakter der Schiefer und Sandsteine bleibt immer derselbe, auch die charakteristischen Konglomerate sind reichlich zu finden. Bei Be6vica quert die Betsch noch die südlichsten Istebner Falten, ihre Quellen liegen bereits in der Zone der Maguraschichten, am Nordabhang der Visoka (1024 m). Knapp unterhalb der Wasser- scheide zwischen Betsch und Bila (Quelllluß der Ostrawitza) betritt man ein Niveau von plattigen und bankigen Sandsteinen mit reichlichen Schieferzwischenlagen. Die Sandsteine sind mittel- bis feinkörnig, von zahlreichen Spatadern durchsetzt, grau und bläulichgrau, in der Verwitterungsrinde bräunlich und gelblich; mitunter sind sie ziemlich hart, ab und zu erscheint ein schwarzer Überzug auf den Bruchflächen herrührend von Mn und Fe-Gehalt. Die Schiefer sind bläulich-schwarz und grauschwarz, tonig bis sandig-tonig, fast niemals rotbraun verwittert. Diese Gesteine gehören nicht mehr zur Zone der Istebner Schichten und sind, wie aus dem Gesagten ersichtlich, auch leicht davon zu trennen. Sie bilden den Nordsaum der Magurazone und dürften dem Alttertiär angehören. Ihr Streichen ist hier ONO bis NO, das Fallen verschieden steil, 30 bis 60°, Die Bila verläuft anfänglich in diesen Schichten, knapp vor dem Zusammenfluß mit dem Lucovecbach tritt sie jedoch nach einer Krüm- mung gegen NNO ebenfalls in die Zone der Istebner Schichten ein, quert einen Sandsteinzug und folgt fast bis zum Ostrawitzatal einem Schieferniveau, ein Längstal bildend. Einen ausgezeichneten Einblick in den einförmigen Faltenbau der Istebner Schichten gewährt das Profil durch das Lutowetz- und Celadnatal. Das Ludowetztal ist mehrfach gewunden, eine kurze Strecke verläuft es im Streichen. Diese Stelle ist in dem folgenden Profil ein wenig schematisiert und durch einen darüber gesetzten Haken bezeichnet. Irgendwelche Komplikationen bietet das Profil an keiner Stelle, es herrscht durchweg gleichsinniges Streichen und Fallen. Nur im Neigungswinkel der Schichten zeigen sich naturgemäß lokale Diffe- renzen. Auf der Seite des Öeladnatales ist die scheinbar grobe Mächtig- keit der Schiefer auffallend. Doch findet sie hier ebenso leicht ihre Erklärung wie bei Mittel-Betschwa, da an den beiderseitigen Gehängen Sandsteinzüge auftreten, welche beweisen, daß auch diese breite Zone nur aus einer Reihe tief abgetragener zusammengelegter Mulden besteht. Die Grenze gegen den Godulasandstein ist leider im Celadnatal nicht mit Sicherheit zu erkennen, da es an entsprechenden Aufschlüssen mangelt. Sie verläuft etwa über das Jagdhaus Podolanky. (Fig. 27.) 99* Dr. Heinrich Beck. 162] 712 nn N "mriE N m Foaula Sandstein Zryyunva, 980" N 1 Magura zone Querprofil durch die Zone der Istebner Schichten im Lucovec- und Öeladnatal. (Die über dem Profil eingetragenen Winkelstriche bedeuten Talkrümmungen. [63] Beskidische Oberkreide in NO-Mähren. 173 Von ganz besonderem Interesse ist das Profil durch das Ostra- witzatal, welches in ununterbrochener Folge die denkbar günstigsten Aufschlüsse in den Istebner Schichten sowie im Godulasandstein bietet und dadurch wenigstens für dieses Gebiet das Verhältnis der beiden Zonen zu einander erkennen läßt. (Fig. 28.) Während nördlich des RZecicatales (Schanzen) an den Abhängen der Lysa hora und des Smrk sowie im Bett der Ostrawitza selbst srößtenteils der plattige oder massige, graugrüne Godulasandstein auf- geschlossen erscheint, zeigt sich bereits bei der Mündung der RZecica ein stärkeres Hervortreten vereinzelter schiefrig-toniger Zwischenlagen von grauer bis bräunlichgrauer Färbung, die weiter gegen Süden tal- aufwärts immer mehr an Häufigkeit und Mächtigkeit zunehmen und sich auch in ihrem Habitus immer mehr dem Typus_ der Istebner Schiefer nähern. Es stellt sich gewissermaßen eine Übergangszone zwischen Godula- und Istebner Schichten heraus, bis man beiläufig bei der Mündung des Dudov- und Hrachowicankatales die typischen Istebner Schiefer erkennt. Doch läßt sich infolge des allmählichen Überganges sowie der vollkommen konkordanten Lagerung eine genaue Grenze beider Schichten nicht mit Sicherheit angeben. Man gewinnt unbedingt den Eindruck, daß sich die Istebner Schichten im Ostrawitzaprofil unmittelbar aus den höchsten Partien des Godulasandsteins entwickeln, ganz im Sinne einer kontinuierlichen Ablagerung. Wenn nun an dieser einen Stelle eine ununterbrochene Sedimen- tation aus dem Godulasandstein in die senonen Istebner Schichten hinüberleitet, liegt es nahe, anzunehmen, daß dies durchweg der Fall gewesen sein müßte. Es steht nun aber keineswegs fest, daß dem Godulasandstein überall dieselbe vertikale Ausdehnung zukommt, denn wenn die Istebner Schichten Senon sind, müßte der Godulasandstein Gault, Cenoman und Turon vertreten, was bei seiner enormen Mächtig- keit im Ostrawitzagebiet nicht ausgeschlossen erscheint. Es ist vielleicht die Annahme berechtigt, daß wenigstens weiter im Westen, gegen das Ende dieser Zone zu, eine Unterbrechung der Sedimentation zwischen Gault oder Genoman und dem Senon stattgefunden hat, was mit der geringeren Mächtigkeit dieses Teiles des Godulazuges erklärt werden könnte. Wir konnten westlich vom Ostrawitzatal nirgends eine ähnliche Übergangszone konstatieren, die Grenze zwischen Istebner Schichten und Godulasandstein ist überall deutlich markiert und wohl größtenteils tektonischer Natur. Diese Fragen zu lösen ist jedoch leider nur möglich auf Grund von glücklichen Fossilfunden. Vollgültige Beweise dürften von der weiteren Detailaufnahme kaum zu erwarten sein, da sie eben wahr- scheinlich, wie in unserem Falle, nur für eine bestimmte Gegend oder ein einzelnes Profil, nicht aber für die ganze Zone zu ermitteln sein dürften. Sonst ist über das Profil durch das obere Ostrawitzatal nichts Besonderes zu sagen. Durch flache Lagerung sowie Ausheben ein- zelner Sandsteinzüge haben sich auch hier breitere Schieferniveaus gebildet (Welky, Aithammer). Desgleichen scheint die außergewöhn- liche Breite der nördlichsten Sandsteinpartie (Kitceraberg 656 m), an deren Abhang die Kirche und das Dorf Althammer stehen, durch 174 Dr. Heinrich Beck. [64] Vereinigung mehrerer schmaler Züge gebildet zu sein, die in der süd- westlichen Fortsetzung im Streichen der Sandsteine des Kicera gelegen sind. Der ursprüngliche Zusammenhang ist bei Samcanka und Loika- scanka durch Emportauchen der liegenden Schiefer unterbrochen. Oberhalb Althammer quert die Ostrawitza weiter die ganze Serie der Istebner Falten. Bei Tichanec findet in einem breiten Sand- steinniveau der Zusammenfluß der beiden Quellbäche Bila und Oerna statt. Gleich westlich von dieser Stelle tritt eine Spaltung des Sand- steinzuges auf, indem sich ein Keil von Schiefern einschiebt: eine gegen Osten untertauchende Falte, deren Vorhandensein im beifolgenden Profil durch eine Punktlinie angedeutet ist. Durch ein schmales Schieferband getrennt, erhebt sich südlich von Tichanee der Schornstein (702 m), dessen felsiger Gipfel die Sandsteine mit Konglomeraten der Istebner Schichten aufweist. Er hängt mit der Skalka (684 m) zusammen, die gleich ihm in steiler Fels- wand gegen das Cernatal abbricht. Im Lazenskabach, der die beiden Berge voneinander scheidet, sind die Sandsteine gut zu sehen. Es folgen dann noch unter 50° südfallende Istebner Schiefer und darüber beim Wirtshaus Barani die Maguraschichten. Wesentlich mitbestimmend für meine Auffassung vom Bau der Istebner Zone waren die Beobachtungen im Gerniktal, das von den Abhängen des Berges Trojaöka in ONO-Richtung zum Ostrawitzatal führt, wo es gegenüber von Althammer ausmündet. Da die Falten der Istebner Schichten in dem Gebirgsstück zwischen Celadna- und Östrawitzatal NO bis NNO streichen, bildet das Gerniktal ein Quertal, in dem eine Reihe von Faltenzügen schräg durchschnitten wird. (Fig. 29.) Unterhalb des Jagdhauses Samcanka, gegenüber von Althammer stehen am Steilufer des CGernikbaches unter 30° SO fallende Istebner Schiefer an. Südlich vom Gehöft Lojkasöanka streichen die Schiefer NNO und stehen fast senkrecht, doch ist eine Neigung gegen OSO bemerkbar (Punkt 540 m). Am südlichen Gehänge des Tales hebt sich ein spitz zulaufender Sandsteinzug in die Luft aus, er ist im Profil durch eine in der Luft mit Punktlinie angezogene Mulde angedeutet. Die Schiefer zeigen dann steiles WNW-Fallen; an einer Stelle knapp vor dem nächstfolgenden Sandsteinzug wurden 60° als Neigungswinkel ermittelt. Es folgen mit gleichem Einfallen die eben genannten Sandsteine, die eine aufrechte Mulde bilden, indem sie am Westrand des Zuges wieder südöstliches Fallen aufweisen. Sie werden von 40° SO fallenden Schiefern unterlagert. Bis zum Trojatkagipfel (986 m) quert das Tal noch weitere drei Sandstein-Schieferzüge, die wieder das regelmäßige SO-Fallen aufweisen. Da keinerlei Ursache vorhanden ist, im Cerniktal eine Störung (Verwerfung) anzunehmen, wie sich auf den ersten Blick auf der geologischen Karte erkennen läßt, kann es sich nur um eine normale, aufrechte Mulde handeln, als welche diese Partie auf dem Profil (Fig. 29) dargestellt ist. Das Istebner Gebirge östlich der Ostrawitza ist ganz analog dem bisher beschriebenen Teilen gebaut. Es sei nur speziell darauf hingewiesen, daß es wesentlich weiter nach Süden reicht, als die 175 Beskidische Oberkreide in NO-Mähren. 165] ouwegy[y Iaq BYUegwegS 1oTaay u eyqIu199) Sep Yoanp [yoag N , 2 7 D Wr Y 7 U L 4 I Dose a & auIE6 DAIPIOLL "65 311 AOWWELIY 1Oq [EIEZIIMEISQ 919g0 sep yoınp [org AL, U a N) ; = ern & BE VIFASDUNP D}IP09 SE RE BOREISS ; IN, RR IR RL 9 AN INS n Bauımaıy, S S vInyıuUDp S N N "Sa SI 776 Dr. Heinrich Beck. 166] Paulsche Übersichtsaufnahme des Kartenblattes Viszoka Mako— Kisuca Ujhely angibt. Pa ul bezeichnet die Sandsteine und Schiefer südlich des Cernatales bereits als Magura-, resp. obere Hieroglyphen- schichten. Welches Charakteristikum diesen letzteren von Paul am Nordrand der Magurazone ausgeschiedenen Schichten zukommt, habe ich bereits bei der Besprechung der Gegend oberhalb Beövica, dem Quellgebiet der Betsch und des Bilabaches ausführlich dargetan. Dieses trifft aber durchaus nicht auf die Schiefer südlich der Cerna zu, es sind die typischen braunroten, innen schwärzlichen, tynig-sandigen und glimmerigen Istebner Schiefer mit Sphärosideriten. Ebenso wie nördlich der Cerna verlaufen in ihnen die langgestreckten schmalen Sandsteinzüge, bestehend aus harten Sandsteinbänken und, was besonders hervorgehoben sei, auch aus den auffallenden kleinkalibrigen Konglomeraten, die in solcher Ausdehnung und Mächtigkeit nur den Istebner Schichten eigentümlich sind. Ich konnte sie noch unmittelbar am Gehänge des Kornicatales bei Rigostcanka und Samajovce auffinden, wo sie fast allein einen langen Höhenzug zusammensetzen. Im Kornicatal treten noch typische Istebner Schiefer auf, darüber erst folgen die von mir den Maguraschichten vorläufig zugerechneten Schiefer und Sand- steine, die aus B&cvica und dem oberen Bilatal beschrieben wurden. Am linken Gehänge des N—S verlaufenden Predmirtales, das nach Turzovka hinunterzieht, fand ich als Basis der Magura- schichten jene grellroten Tone, welche Uhlig in Schlesien und Galizien als Belovezaschichten bezeichnet hat. Sie scheinen vom Predmirtal angefangen gegen Osten ziemlich. kontinuierlich fortzu- streichen und sind noch am Jablunkapaß an der Grenze der Istebner Schichten und der Magurasandsteine der Gyrowa zu finden. Im Liskytal, oberhalb Jablunkau am NW-Abhang des genannten Berges, sind sie wieder vorzüglich aufgeschlossen, desgleichen bei den Jablunk- auer Schanzen. Es ist sicher, daß wir in diesen roten Tonen, die ich als Belo- vezaschichten nach Uhligs Vorbild anzusprechen keinen Anstand nehme, die Basis der nächstinneren Zone, der sogenannten Magma- schichten vor uns haben. Somit haben wir außer dem petrographischen Habitus der Gesteine zwischen Cerna und Kornica ein weiteres Beweis- mittel, diese letzteren noch als Istebner Schichten anzusprechen. Uber das Predmirtal nach Osten wurde bisher die Detailgliederung der Istebner Schichten nicht fortgesetzt. Ebenso steht diese am Süd- rand des Kartenblattes Teschen—Mistek— Jablunkau noch aus. Doch konnte bei mehreren Orientierungstouren das Fortstreichen der ein- zelnen Faltenzüge eine Strecke weit verfolgt werden. d) Die nördliche und südliche Grenze der Istebner Schichten. Die Grenze der Istebner Zone gegen den Godulasandstein haben wir bereits im vorhergehenden zur Genüge kennen gelernt. Es sei nur im kurzen rekapituliert: In Schlesien (Ostrawitzagebiet) liegen die Istebner Schichten konkordant auf dem Godulasandstein. Westlich davon (wahrscheinlich schon am Südabhang der Kniehyna) ist die für das Ostrawitzagebiet [67] Beskidische Oberkreide in NO-Mähren. rer bezeichnende UÜbergangszone nicht mehr vorhanden, die Grenze der Istebner Schiefer und des Godulasandsteins ist sehr scharf ausgeprägt, auch herrscht gewöhnlich verschiedenes Einfallen beider Gesteine, indem die Istebner Schichten steiler aufgerichtet sind. Westlich von Roznau und des Pindulapasses erscheint intensive Anpressung der letzteren gegen den Godulasandsteinzug des Frankstätter Javornik und der Trojatka, die bei Zubfi sogar in eine kurze Überschiebung über- geht. Fbenso tektonischer Natur ist das Vordringen der Istebner Schichten im Domoratzwald über das Westende des Godulasandstein- zuges nach N und NNO bis Hostaschowitz und Hotzendorf. Haben wir somit den größten Teil der Nordgrenze der Istebner Zone als tektonische Grenze erkannt, so zeigen sich gegen die Magura- schichten, also an der südlicheren Grenze ganz analoge Erscheinungen. An der Grenze selbst mangeln allerdings zumeist entsprechende Aufschlüsse. Dafür aber bietet sich im Verlauf der Istebner Sand- steinzüge ein untrügliches Mittel, das tektonische Verhalten der beiden Zonen zueinander zu erkennen. Auf der Übersichtskarte kommt dies deutlich zum Ausdruck. Besonders in dem Gebirgsstück östlich von Beövica sieht man die Sandsteinzüge der Istebner Zone schräg gegen die Maguraschichten streichen. Die Istebner Falten werden speziell bei Beövica m auf- fallender Weise von letzteren abgeschnitten, an anderen Punkten wieder gestaut und parallel dem Streichen derselben abgebogen oder auch geknickt. Die starke Verschmälerung der Istebner Zone westlich von Beevica und das dadurch bedingte enge Zusammendrängen der ein- zelnen Faltenzüge ist sicherlich, nur auf Rechnung des Andrängens der Magurazone zu setzen. Bei RoZnau werden die Istebner Falten wiederum von den Maguraschichten schräg abgeschnitten. Westlich von Roznau verdeckt das Alluvium der Betsch die weitere Grenze. Während also das Streichen der Istebner Falten zum aller- größten Teil nicht mit dem Verlauf der Grenze übereinstimmt, sehen wir die verschiedenen Bildungen der Maguraschichten, abgesehen von einzelnen durch Erosion bedingten Ausnahmen, durchweg parallel der Grenze hinziehen. Es kann sich somit also auch hier nur um eine tektonische Grenze handeln. Inwieweit eine Aufschiebung der Magura- schiehten auf die Zone der Istebner Schichten erfolgte, ist bisher noch nicht mit Bestimmtheit anzugeben, da die betreffenden Unter- suchungen erst im Gange sind. Das eine ist jedoch jetzt schon zu sagen, daß eine Überschiebung der Maguraschichten im Sinne einer eigenen Decke nicht vorzuliegen scheint. Es dürfte sich im allgemeinen um ähnliche Erscheinungen handeln, wie sie an der Istebner—Godula- srenze bei Zubfi auftreten. Doch sind, wie gesagt, diese Fragen gegenwärtig noch nicht spruchreif und sind erst weitere Detailstudien zu ihrer Lösung erforderlich. In kurzem lassen sich die bisher gemachten Beobachtungen in den Istebner Schichten westlich des Jablunkauer Passes folgendermaßen zusammenfassen: Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Bd., 3. u. 4. Heft. (Dr. H. Beck.) 100 178 Dr. Heinrich Beck. [68] Die Istebner Schichten gehören dem Senon an. Sie bestehen aus Schiefern und darüberliegenden Sandsteinen und Konglomeraten und sind in eine große Anzahl paralleler, gegen N überkippter Falten ge- legt. In der Umgebung des Ostrawitzatales liegen sie ohne Ablagerungs- lücke konkordant über dem Godulasandstein, der dementsprechend bis an die untere Senongrenze reichen dürfte, während in den westlich davon gelegenen Gebieten tektonischer Kontakt zwischen Godula- und Istebner Schichten herrscht, indem diese auf jene aufgeschoben und sogar überschoben sind (Zubri). Am Westende des Godulasandstein- zuges wurden die Istebner Schichten samt der neokomen Unterlage vorgeschoben und in letztere eingefaltet (Domoratzwald). Die Grenze der Istebner Zone sowohl gegen den Godulasand- stein wie auch gegen die Zone der sogenannten Maguraschichten ist größtenteils tektonischer Natur. Wie die Istebner Schichten auf den Godulasandstein teilweise aufgeschoben sind, werden sie selbst wieder von den Maguraschichten mit allen Erscheinungen einer Aufschiebung überlagert. III. Anhang. Zone der sogenannten Maguraschichten. Unter dieser Bezeichnung fasse ich vorläufig jenen Schichten- komplex zusammen, der das Gebirge zwischen den Istebner Schichten im Norden und dem Waagtalklippenzug bildet. Da die Untersuchungen über diese Zone verschiedenartiger Bildungen noch nicht zum Abschluß gebracht werden konnten, sei vorläufig nur das Wichtigste der bis- herigen Ergebnisse der Detailaufnahme hier festgehalten. Wie ich bereits in den Verhandlungen unserer Anstalt!) mit- geteilt habe, gelang es mir, an mehreren Punkten bezeichnende Fossilien aufzufinden. Nummuliten führende Schichten traf ich bei Jarzowa, südlich von Wall.-Meseritsch, ferner bei Stfitesch in einem kleinen Graben knapp vor dessen Ausmündung in das Betschtal gegen- über von Zaschau, sowie endlich bei RoZnau östlich vom Berge Hra- disko oberhalb des RoZnauer Brauhauses. Die genannten drei Fundstellen paläogener Fossilien liegen am Nordfuß eines hohen, einheitlichen Sandsteinzuges, in dem, wie bereits in dem zitierten Sitzungsbericht angegeben, oberkretazische Fossilien nachgewiesen wurden. Ich fand bei Chwalezow, südlich von Bistritz am Hostein, in einer Breceien- und Konglomeratbank dieses Sand- steinzuges Irhynchonella cfr. compressa Sow. und erhielt von der Bau- leitung der im Bistritzkatal südlich von Wall.-Meseritsch in Ausführung begriffenen Talsperrenbauten ein prächtiges Exemplar von Pachydiscus Neubergieus v. Hauer, das im sogenannten Vantuch-Steinbruch in Bistritzka gefunden wurde’). !) Zur Kenntnis der Oberkreide in den mährisch-schlesischen Beskiden. Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1910, Nr. 5. ”) Das gesamte paläontologische Material aus der Zone der sogenannten Maguraschichten wird den Gegenstand einer eigenen, demnächst in den Schriften unserer Anstalt erscheinenden Publikation bilden. [69] Beskidische Oberkreide in NO-Mähren. 19 Leider sind diese Fossilfunde derzeit noch vereinzelt geblieben, so daB es noch fraglich ist, ob man den ganzen Sandsteinzug als Ober- kreide anzusprechen hat. Südlich schließt sich daran ein breites Niveau von schiefrigen Mergeln mit zwischengelagerten harten Kalksandsteinbänken, darüber folgt in dem durch die Wsetiner Betsch aufgeschlossenen Querprofil eine Zone von roten Tonen, ähnlich den Belovezaschichten, die eine Mulde zu bilden scheint, sodann in der Gegend der Stadt Wsetin abermals Sandsteine, die wahrscheinlich mit denen: von Chwalezow und Bistritzka zu identifizieren sein dürften, ferner eine außerordentlich breite (10 km!) Zone von schiefrigen Tonen und Mergeln, in denen als Längstal der Oberlauf der Wsetiner Betsch eingeschnitten ist, und noch weiter im Süden, an der mährisch-ungarischen Grenze eine von Paul als Javorniksandstein bezeichnete Zone, bestehend aus braun- roten Schiefern und harten Sandsteinbänken, weshalb sie dieser Autor mit den Istebner Schichten in Parallele brachte und als wahrscheinlich oberkretazisch bezeichnete. Beweise für diese Annahme fehlen bis jetzt. Jenseits dieser Javornikschichten folgen abermals Mergelschiefer, Tone und Sandsteine (Sandsteinzug des Makittagebirges, Teufelssteine im. Senicatal), über deren stratigraphische Stellung sowie tektonische Verhältnisse nur sehr dürftige Angaben vorliegen. Im großen ganzen ist die ganze Zone tektonisch charakterisiert durch das Auftreten auf- rechter Falten, im Gegensatz zu dem durch überkippte Falten und Schuppenbau ausgezeichneten Gebiet der Istebner Schichten und der „Schlesischen Kreide“ sowie der subbeskidischen Decke. Ich hoffe, in kurzer Zeit mehr und speziell Positives über dieses ausgedehnte Gebiet berichten zu können. Die Ergebnisse der Detail- aufnahme desselben werden den Gegenstand einer eigenen Publikation in diesem Jahrbuche bilden. 100* 7s0 Dr. Heinrich Beck. Inhaltsverzeichnis. Zur Einleitung 20 2 nl, 3083 A EUR: I. Das Verhältnis des Baschker Sandsteins und der Friedecker Mergel zum schlesischen Neokom und der subbeskidischen Decke a) Lüebischberg und ’Reimlicher‚Hurka) 9.27 „ur ET I23-E b) Umgebung von Stramberg und Nesselsdorf ..... e),Na. Boklachiu a. BI un Te ee d) Tychauer Berge ß e) Hochwälder Berge; archbrache@l; der Ondke nitze : f) Staritsch i 9) Friedeck— ee Donate kalte, ; ; h) Sonstige in der Literatur ausgeführte Vorkommnisse von Senon II. Die Istebner Schichten . . . . ie air a) Oberer Domoratzwald bei okzandork 1. Die Istebner Schichten des Domoratzwaldes 2. Die neokome Umrahmung des Domoratzwaldes 3. Tektonik des Domoratzwaldes } Das Gebirge nördlich der Betschwa zwischen Krasna und RoZnau b) 1.!Talövon "Binina'(Oborsktal) 7 tu EI, 2. Das Tal von Krhowa (Srnibach) 3. EDTHOW DACH In. ER RE RA TER 4. haschausser se. BETTEN SEROERBRLERSE EU ERTEILEN, 5. Zubfi, Stary Zubfi, ndu 5 c) Die Istebner Schichten östlich von Bord im Queligehien der Roänauer Betsch, des Öeladnabaches und der Ostra- witza s d) Die nördliche und südliche ereie dir 18feßneh Schichten ; III Anhang. 0... SENSE LE ae Zone der nannten Mas urinchichen RER RR UT Gesellschafts-Buchdruckerei Brüder Hollinek, Wien III, Steingasse 25. 170] Seite 7ı1 [1] 713 [3] 715 [5] zı8 [8] 727 1m 728 [18] 29 [19] 738 [28] 740 [30] 740 [30] 741 [34] 745 [35] 746 [86] 749 [39] 751 [41] 155 [45] 755 [45] 765 [46] 757 [47] 758 [48] 759 [49] 767 [57] 776 [66] 778 [68] 778 [68] Tafel XXIX. Nachträge zur jungtertiären (pliocänen) Fauna von Tehuantepee. a ————————— Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Erklärung zu Tafel XXIX. Ostrea af. vespertina Conr. a Außen-, 5b Innenansicht. Pecten (Amussium) cf. Mortoni Rav. (nov. sp.?) a Außen-, b Innenansicht. Pecten (Amussium) aff. Mortoni Rav. (nov. sp.?) a Außen-, b Innenansicht. Pecten (Amussium?) Frechi n. sp. a Außen-, b Innenansicht. Das Kreuzzeichen zeigt die natürliche Größe an. Arca (Bathyarca) Spenceri Dall. a Linke Klappe, Außenansicht. 5 Innenansicht. ce Vergrößerung der Ober- fläche. d Rechte Klappe von außen. e Vergrößerung der Oberfläche, feinrippige Varietät. f Rechte Klappe von außen, grobrippige Varietät. Leda cf. acuta (Conr.) Dall (n. sp.?) a Außen-, 5 Innenansicht in dreimaliger Vergrößerung. Lucina Frechi n. sp. in dreimaliger Vergrößerung. a Außen-, b Innenansicht. Nassarina isthmica Böse var. elongata nov. var, Murex (Trophon) Werneri nov. spec. in zwei Ansichten. Murex spec. ind. (Neue Art?) Marginella Frechi nov. spec. in zweimaliger Vergrößerung. Cancellaria Zahni Böse nov. var, Mitra Almagrensis nov. spec. Pleurotoma (Clathurella?) Christiniana nov. spec. in dreimaliger Ver- größerung. Pleurotoma (Clathurella®) trilineata nov. spec. in dreimaliger Vergrößerung. 5 (Glyphostoma) mexicana nov. spec. in zweimaliger Vergrößerung 2 (Surcula) Santa Lucreciana nov. spec. in zweimaliger Ver- größerung. Pleurotoma (Surcula) ef. Angermanni Böse (viell. neue Art) in zweimaliger Vergrößerung. Die Originale von Fig. 3, 17 und 18 stammen von der Station Santa Lucrecia (bei Kilometer 127) aus 30 m Meereshöhe. Alle übrigen Originale von Almagres (bei Kilometer 70) aus 43 m Meereshöhe. Die Originale liegen im geol. Museum der Universität Breslau. Tafel XXX (). Die jungtertiäre Fauna von Gatun am Panamakanal. Fie: =: Fig. Fig. 2. Fig. 4. tig... 5, Fig. 6. Fig. 7. Fig. 8. Fig. 9. Fig. 10. Fig. 11. Fig. 12. Fig. 13. Fig. 14. Erklärung zu Taf. XXX (D. Oculina spec. Encope gatunensis n. sp. a von oben, b von unten. Pecten pinnulatus n. sp. a von oben, b von unten. Arca gatunensis n. sp. a Außenseite, 5 Innenseite. Solen spec. aff. Solen vagina L. Turritella (Haustator) af. Hanleyana Reeve. —= 1. lineolata (Kiener) Tryon. Viell. eine neue Art. - a Stück der unteren Hälfte, 5 aus der Spitzeregion. Dolium (Malea) spec. Viell. eine neue Art. a Außenlippe, 5 ein Stück der Schalenoberfläche. Columbella gatunensis n. sp. a Unterseite, db Oberseite. Coralliophila (2?) gatunensis n. sp. Cancellaria (Trigonostoma) aff. C. buliata Sow, Pleurotoma spec. af. Fl. alesidota Dall var. macilenta, Pleurotoma spec. Petrochirus cf. granulatus Olivier sp. Krabbenschere von der Unterseite. Vielleicht zu den Trapezoideen gehörig. Alle Originale von Gatun befinden sich in der geologischen Sammlung der k. k. Technischen Hochschule in Wien. Das Größenverhältnis ergibt sich aus den Maßen im Texte. Tafel XXXI (Il). Die jungtertiäre Fauna von Gatun am Panamakanal. Jahrbuch d. k. k. geol. Beichsanstalt, 1911, 61. Bd., 3. u. 4, Heft. 101 Erklärung zu Taf. XXX] (II). Fig. 1. Fecten af. subhyalinus Smith. Viell. eine neue Art. Fig. 2. Pectunculus gatunensis n. sp. Außen- u. Innenansicht. Fig. 3. Lucina (Codakia) gatunensis n. sp. Außenseite und Schloß. Fig. 4. Cardium minutissimum n. sp. Außen- u. Innenseite. Fig. 5. Cytherea (Callista, Meretrix) af. rudis Poli. Außen- u. Innenseite, Fig. 6. Tellina cf. punicea Born. Außen- u. Innenseite. Fig. 7. Corbula aff. carinata Duj. Außen- u. Innenseite. Fig. 8. Dentalium armillatum n. sp. af. D. Oerstedi Mörch. In natürlicher Größe und ein Stück vergrößert. Fig. 9. Cadulus (Gadila) af‘. albicomatus Dall. Fig. 10. Teinostoma cf. carinatum d’Orb. Vielleicht eine neue Art. Fig. 11. COyelostrema quadrilineatum n. sp. af. C. excavatum Wats. Fig. 12. Crepidula gatunensis n. sp. Von innen u außen. Fig. 13. Turbonilla af. scalpidens Wats. Fig. 14. Cerithium (Bittium) af. scabrum Olivi. Fig. 15. Columbella (Atilia) gracılis n. spec. Fig. 16. Phos semilineatum n. sp. Fig. 17. Coralliophila incerta n. sp. Fig. 18. Marginella af. nitida Hinds = M. suceinea Conr. Viell. eine neue Art. Fig. 19. Terebra acuaria n. sp. Fig. 20. Pleurotoma gatunensis Toula var. (nov. var.) Fig. 21. Conus (Cheliconus) tortuosopunctatus n. sp. Fig. 22. ’ R tortuosostriatus n. sp. Fig. 23. „ Dalli n. sp. Drei verschieden große Individuen. Fig. 24. Tornatina af. candei d’Orb. Fig. 25. Cylichna (?) aff. Cylichnella bidendata d’Orb. Fig. 26. Operculum. Viell. zu Natica gehörig. Von innen (a), von außen (b). Alle Originale befinden sich in der geologischen Sammlung der k. k. Tech- nischen Hochschule in Wien. Die Größenverhältnisse ergeben sich aus dem Texte. Vergrößerungszahlen sind bei jedem Stücke angegeben. H. Leitmeier: Krist. Umrandung des Grazer Beckens. Taf. XXVIM Fig. 1. Fig. 2. Autor phot. Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Bd. LXI, 1911. Verlag der k. k. geologischen Reichsanstalt, Wien III. Rasumofskygasse 23. F. Toula: Fauna von Tehuantepee. Tat IRIR, O0, Fies del Chemigraph. von C, Angerer & Göschl. Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Bd. LXI, 1911. Verlag der k. k. geologischen Reichsanstalt, Wien III. Rasumofskygasse 23. «“ Be | FR. TOULA: JUNGTERTIÄR V. GATUN. (I) Heliogr. u.Druck „Graphische Union’ Wien Vil JAHRBUCH DER K.K.GEOLOGISCHEN REICHSANSTALT BAND LXT. 191. VERLAG DER K.K. GEOLOGISCHEN REICHSANSTALT, WIEN,II. RASUMOFSKYGASSE 23 FR. TOULA: JUNGTERTIÄR V. GATUN. (I) Gez. v. O.Fiess Heliogr. u. Druck ‚Graphische Union’ Wien Vi. JAHRBUCH DER KR.GEOLOGISCHEN REICHSANSTALT BAND LXT.191. ERLAG DER K.K.GEOLOGISCHEN REICHSANSTALT, WIEN, Ill. RASUMOFSKYGASSE 23 O. Ampferer und W. Hammer: GEOLOGISCHER ALPENQUERSCHNITT. Taf. XXXIV. ; me. Braunarlensp. Rote Wand / ° Bludenz Klosterta! Kempten o Kückel sp: a a L p Nei gungsrich tung. | N ach lur)km B Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Band LAT, 1911. e ologischen Reichsanstalt ‚Wien 1I.,Rasumoflskygasse 23. Zah N ei AN KR e a 8. , Schuls > 5 Weißkugel N Argetx E £ u 5 / ee = Simil, S) Da atlise dzırı „| ; C ek Hochwilde Y > 2 a ee \ = ap 7 (5 a \ Sesvenn a Pe Z 2 % Y L“ < kai dh Ik P2 \ R % 9£ | > N N Glupas BP: - e N Meran , R DEIN) N .- Is _--o- G Auater Vals N Ti San. ..- Scanfs N x ve a a ? Laas 7% N OENES Eliadalaj)sch a Ai Casanap. “X N Murtiröt = \ as EN „e-- SS TS ,A Sa ; ; » -_— - XV /\ S_ e; Umb, x Trafoi_ en _ıV n Livigno ( SL = h ru 2: u 2 er Ortler ,, zZ eG f \ ii e+-»+ E By: Eh E "Hofnahd =! 4 a = 5 A Bormio >> 7 Eggensp 4 _—_ steile Bewegungs- _ 3 w Cevedale ae 7 2 = PB x ( AV = \ z flachen = A \ > Rabhi flachere ” Cima d.Piazzi a - r E Q 2 9 > > Oi Pr - Schub-Schollen NW $ = : j Vs = =, N N ==© #leine Deckenreste \ ® RN y m Bejo\ a / > $, ee | WW Abs . a chungsı ich — \ - zb © BER SIR sul Seal /berkeipyıle Faltenziige Querstriche in der _ Tonalep. os a C. Presanella Lithographische Anstalt, Karl Piller Wien I/4 a i i t x - \ J B n x ei ” ä v x f = . D- H.Beck. Die tektonischen Verhältnisse der beskidischen Oberkreideablagerungen in Mähren u.Schlesien, Taf. XXXV. ° = Glockersdorf 4 Devon Kalk Krmelln paskau Ki x Kulm Sandstein u.Schiefer (@raumurke) ? ° Stramberger Kalk (Zithon ) Untere Teschener Schiefer Teschener Kalk (Berrüassien ) ObereTeschener Schiefer (Yalanginien ) Grodischler Schichten (Aawteririen ) 0) " Auhübel ER 7 \ g Wernsdorfer Schichten) (Barremien) Sponau "ny. A ‚N ; h Ellgother Schiefer > Ellgother Sandstein Godula Sandstein (Gwelt bis Turon ) „ Baschker u.Friedecker Schichten] Jstebner Schichten J (Altterbär u Oberkreideaufbrüche) | Subbeskidisches Gebirge 4Mrtäru.Oberkreide 2) Miozän ( Sande und Zegel) | (Aptien) Senon |Magura Schichten J Diluvium Teschenit und Pikrit Alluvium SE Huslopelsch "N _oP Wall.Meseri 3 = Wessela sch a oZnau ° Gr. Lhoita —IE NV, og, Bistriczka (Kr) xe + Gr. Bistrzilz en Javornik SE Er mKarlovilz © Tr —ostialkov Wselin Neu Hrosenkau, x mr a G & to Hallenkau = Austy Howiezy x o 8 A N \ %“ Javornik nad minarikem J 5 . Lithographi h talt,Karl Piller Wien I/4 Jahrbuch 1 d LXI, 1911 aphische Anstalt e Ü uch der k. k geologischen Reichsanstalt, Ban ’ . Verlag der k.K. geologischen Reichsanstalt ‚Wien 11.,Rasumoflskygasse 23. ’ an DES TU Die Schichtfolge. Er der: Bau'd 5; en Von W. = ‚Hsaper, SZ = Taten ar in NB. Die ‚Autoren. allein. ‚sind fü für | ‚ihrer Aufsätze verantwortlich . Heft. Be Die Diealerese\ in Hirt Se Freiherr Härten, Von en F Toul a. Mr drei Tafeln Kan YII-IX) und zwei ke jm % RE Re ke A BeSN SER? 4 . oh ER ‚Die In Quarziphylite ort bei F riesach in Kärnten. VonF A Re E Fr oula Mit zwei ‚Tafeln: (Nr. xx) und zwei i Zinkotypien: im 3 SToxE u REEL ” RER Se RR, ROERErN Ex h Zur " Stratigraplie. und. T ra des Vilajets Siitan. in Nordalbanien. F “Von Dr. Franz Baron Nopesa. Mit einer. Übersichtskarte | 000° (Tafel Nr. XI), zwölf. Tafeln mit geologischen Landschafisbildern. a A) ind‘ sieben Zinkotypien iin Poxl, A > Die Umgebung von Aspang am ‚Wechsel (Niederöterreich). Palo n | ER ‚geologisch untersucht von P. Steph. Richarz, 8. v. D. Mit ker ‚einer. Lichtdrucktäfel (Ar. XXy) und vier Zinkotypien im Tex Geologie des ne a Von Dr. ‚Franz ei hr 5% | 1% 13 | "rer Aufsätze veranbwortlich. x ee Gesellschafts-Buchdruckerei Brüder Hollinek, Wien IT. Steingasse Inhalt. mel! 7 Ike # 3. u. 4. Heft. RR, Die Quarzphyllite in den Rhätschichten des mitören Gschnitztales. Von BERB CR N Dr. Fritz Kerner v. Marilaun. Mit 12 Textillustrationen . . 385 Zur Petrographie der Stubalpe in Steiermark. Ein Beitrag zur Petrographie | der kristallinen Umrandung des Grazer Beckens. Von Hans Leit- | meier in Wien. Mit einer Tafel Sa XXVII) und zwei Zinko- Wu Unpien In RR. RR An RN RE EN 453 | ı Nachträge zur ‚jungtertiären (pliocänen) en von Tehunniepke: Non "ren Franz Toula. Mit einer Tafel (Nr. XXIX) und zwei Zinkotypien - | | | | | IIRRET BED ae N RE ER N REN EN Re a Pa RL ARE HER 473 Die jungtertiäre Fauna von Gatun am Pinaudknaa) Von Franz Toula. a II. Teil. Mit 2. Tafeln (Nr. XXX [I] und XXXI[I])). ... 2... 487 I Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen vom Allgäu zum Gardasee. Von Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. Mit drei Tafeln (Nr. XXXII—XXXIV) und 50 ‚Textbiklern ER TE AI 531 Die tektonischen Verhältnisse”der beskiliischen Oberkreideablagerungen m nordöstlichen Mähren. Von Dr. Heinrich Beck. Mit einer golo- Krk Übersichtskarte rat, Nr. XXXV) und 29 Ren im Text) . RN ER RS RER 2 Ta RE Rare te. | | | a | ee ARE BER B% X Ale: | NB. Die Autoren allein u ‘für. den Inhalt und die Form: * EN ihrer Aufsätze verantwortlich. | won. 5 — 1er Eu EINE WENN ne A A a IE Gesallenhnite Buchner" Brüder Hollinek, Wien u. ae 25. BER REERRENTE 1 Sa re er A ee nass, u 0. Ampferer und W. Hammer: GEOLOGISCHER ALPENQUERSCHNITT. Gu artar- Untere Bunte S° Holasse | Konglomerate.mk N Oligozän | Sandsteine N Mergel, Leiten. ms % \ Helvetische J | Plattenkalk und Orklärung der I: EZ Dezeiehnungen. Tordadpen ap22 Yo an, AN N S N Sn a8 Flysch ‚Seewen Sch. [On } Gault Schraltenkalk Oberkreide ( (enoman - Senon) ec Pr o S N Aptychen- Sch Hornsteinkalke . Radiolarite ca Fleckenmergel , ; if Manganschielerzonen Hornsteinkalke x: > Rote Jiaskalke eng verbun den mit oberem Dachsteinkalk kössener- Sch. RS I De N = x. N | Hauptdolomit td to E | > Q Hauptdolomitbreccie fauhwacken u. Gips II] der Haibler Sch | 2, Wettersteinkalk IE dw In Fartnach - Sch. S Muschelkalk a N D Aauhwacke und Buntsandstein r Verrucano Guarlar % eg Öocän am Gardasee Seaglia Biancone Tıthon des Lischanna Flecken mergel, Lias des Stammers und Lischanna. un Unterer Lias des Engadins (KHalke und Breceien ı. Corn Rhät Unterrhälische Kalke des Ortlers Hauptdolonz Ortlerdolomit Haibler Sch. Diploporendolomit Esinokalk Wengener Sch. Muschelkalk Buchensteiner Sch. Zellendoloqjt Bauhwacke Servino Verrucano und Guarzsandstein Ser zzibphyllt des Ortler- trebiets Grödner Sandstein Wälchtenschiefer /erm u. Formokarbon rn De . Dentralu. Sudabben. nn (9) Jacies d. Crinoidenbreceien feretacisch)Quarzbreccien/Arina) A— Vonschieler Yory2g doupunc Fücies der bunten Schiefer RZ) 17 | Facies der Kalke und Phyllit Kohlen sstoffphyllit Granalphyllit Ünarzite der Phyllite Fejo guarz vle unlere Granal-und (@) PEEBSENS -—— N. . IS) T N Staurolilhglimmerschiefer \ Muscovitglimmerschiefer daloryo [z Adergreiß (ne klionsgneiß) Phyllitgneiß J Marmore B totilgneiß im Verwal! 2-Glimmergneiß im Verwal. Fejogneiß Mi Augen - 2 ‚gnein Orthagneiße |" gkgrit ‚granit gneiß Guarzporphyr YGuarzp orphyrlıud Je Granit Tonalıt Granodiorit [&4 ——— Diabas ulhabasporphyrit Diabasschiefer Diorit — F Dabas FPorphyrite IUNJSOH-AMANLO De Amphibolit Serpentin Olivinfels Grünschiefer kKonlaktmelamorphe Gesteine. Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Band LXI, 1911. Verlag der k.k. geologischen Reichsanstalt ‚Wien IN., Rasumoffskygasse 23. BEREIT nn Lüpfelschieler u Beglı eitgesteine. L Taf. xxx. Rocies der Ayscharligen Sch. =, m gpu | gls | Om AL. a Al INN 10004