-. Saiasi- mer ik 2 iR N) N En be be Dr a a Ir u a ie ei Dar Terre or ee u 7 = # “ v A TI u nie Free ENK aR Gr N “ “ IE) 1 e.n,elei si Paie % Poinleeathl L “e erurnbblh ter. £) ie I N “ Brauch, heut srurkn ein azacıte KCeLhLeb “ Die 0) a6 EISEN k { A Dube h “ EHER “ LTLPALh OL 6 Batge NLDLLhATLLILELD, Li a] uf Klein, hu “ 2 s Int Zeh * AEae uoLn te PuleLdLrE wie “ In BO FE x er en un u r urn vr rn -.— nn ms einen ne PR We SEP Sa LIATET TEE [' ” “ wur F v nut & ir: ‚® Pe meer 7619 IE: „ .. % “ * * RR. “ine uw SL -. nu em | - mem ..- ... Bulle, “ =” „ner « eo... * # en ner nenne .. une - mn nn nn [3 vie,® Lauer ”. URELHLTOTULET ENGE ONCE I Ib» .en - 2 were a were . war » en ne .- ” [ic He . ® Krarurn, N Calıfonnia Arademy f ds RECEIVED BY EXCHANGE 125% h Digitized by the Internet Archive in 2011 with funding from | California Academy of Sciences Library http://www.archive.org/details/jahrbuchderka611911unse JAHRBUCH DER KAISERLICH-KÖNIGLICHEN bRULUGISCHEN REICHSANSTALT — YiN « BLRIEVS N ANEREST Zr mis: pr av Pan Zuge. 42 LXI. BAND 1911. Mit 35 Tafeln. Wien, 1911. Verlag der k. k. Geologischen Reichsanstalt. In Kommission bei R. Lechner (Wilh. Müller), k. u. k. Hofbuchhandiung I. Graben 31. tteilungen 4 Er ind für den Inhalt ihrer Mi ın S e Autoren alle i D / ImnhaFtt. Seite Personalstand der k. k. geologischen Reichsanstalt (Ende Dezember 1911). . V Korrespondenten der k. k. geologischen Reichsanstalt 1911 . . ......VMI Heft 1. Die Schichtfolge und der Bau des Jaggl im oberen Vintschgau. Von W. Hammer. Mit 2 Tafeln (Nr. Iund II) und 5 Zinkotypien im Text .. 1 Neue Pteropoden des älteren Paläozoikums Mittelböhmens. Von J. V. Zelizko. Mit zwei Lichtdrucktafeln (Nr. III und IV). ..... 41 Das metamorphe Diorit- und Gabbromassiv in der Denk von Zöptau (Mähren). Von Franz Kretschmer, Bergingenieur ia Sternberg. Mit einer Tafel (Nr. V) und drei Zinkotypien im Text .... E 53 Über Gneise der Ötztalermasse. Von Dr. Guido Hradil in Inhahruek. Mit einer Lichtdrucktafel (Nr. VI) und einer Zinkotypie im Text . .. . 181 Heft 2. Die Diluvialterrasse zwischen Hirt und Zwischenwässern in Kärnten. Von F. Toula. Mit drei Tafeln (Nr. VII-IX) und zwei Zinkotypien im Texas. 2. eu © el) Die gefalteten Daranhliten von A bei Eros in Kanten Een Franz Toula. Mit zwei Tafeln (Nr. X—XI) und zwei Zinkotypien im Text 215 Zur Stratigraphie und Tektonik des Vilajets Skutari in Nordalbanien. Von Dr. Franz Baron Nopcsa. Mit einer Übersichtskarte (Tafel Nr. XII), zwölf Tafeln mit geologischen Landschaftsbildern (Nr. XIII—XXAIV) und sieben Zinkotypien in Text. . ... ERSTES 022) Die Umgebung von Aspang am Wechsel (Niederbeierreich, Portserapkisch und geologisch untersucht von P. Steph. Richarz, 8. V.D. Mit einer Lichtdrucktafel (Nr. XXV) und vier Zinkotypien im Text . . . 285 Geologie des Idrianer Quecksilberbergbaues. Von Dr. Franz Kossmat. Mit zwei Tafeln (Nr. XXVI—XXVII) und sieben Zinkotypien im Text. .. 339 Heft 3 und 4. Die Quarzphyllite in den Rhätschichten des mittleren Gschnitztales. Von Dr. Fritz Kerner v. Marilaun. Mit 12 Textillustrationen. .. . 385 Zur Petrographie der Stubalpe in Steiermark. Ein Beitrag zur Be der kristallinen Umrandung des Grazer Beckens. Von Hans Leit- meier in Wien. Mit einer Tafel (Nr. XXVTIII) und zwei Zinkotypien Ta Vasb N RE EB Rh ee une > DA IV Nachträge zur jungtertiären (pliocänen) Fauna von Tehuantepec. Von Franz Toula. Mit einer Tafel (Nr. XXIX) und zwei Zinkotypien im Text . Die jungtertiäre Fauna von Gatun am Panamakanal. Von Franz Toula. 11.-Reil. Mit 2. Tafeln (Nr. XXX] WAIXXXTIN) re - Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen vom Allgäu zum Br Von Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. Mit drei Tafeln (Nr. XXXII—XXXIV) und 50 Textbildern . ß Die tektonischen Verhältnisse der beskidischen Oberkreideablie ine im nordöstlichen Mähren. Von Dr. Heinrich Beck. Mit einer geologischen Übersichtskarte (Taf. Nr. XXXV) und 29 Zinkotypien im Text) a Verzeichnis der Tafeln. I—II zu: W. Hammer. Die Schichtfolge und der Bau des Jaggl im Vintschgau " a III—IV zu: J. V. Zelizko. Neue Pteropoden des älteren Paläozoi- kums Mittelböhmens sun... 2. 1... Sn V zu: Franz Kretschmer. Das metamorphe Diorit- und Gahbromassiv. von Zöptau N. 2 Ne Dia ee 8 vi zu: Guido Hradil. Gneise der Ötztalermasse . SR VII—IX zu: F. Toula. Diluvialterrasse zwischen Hirt und Zwischen- wässernFin“Karnteneer X—XII zu: ". Toula. Die gefalteten Quarzphyllite von Hirt . xIM—XXIV zu: Dr Franz Baron Nopcsa. Zur a und Tektonik von Nordalbanien i xXXV zu: P. Stephan Richarz. Die Vals von Au am Wechsel . ei XXVI-XXVI zu: Dr. F. Kossmat. Geoibgr des Idrianer Quecksilber- bersbaues ......12.2 a N 2. XXVIII zu: H. Leitmeier. Zur Be der Stubalpe in Steiermark su... ee XXIX zu: F. Toula. Nachträge zur jungteitiären Fauna von Tehuantepec XXX-—XXXI zu: F. Toula. Die jungtertiäre Fauna von Gatun .. .. XXXII—XXXIV zu: OÖ. Ampferer und W. Hammer. Geologischer Quer- schnitt durch die Ostalpen. . .... a > ERERERUYV zu: H. Beck. Die tektonischen Verhältnisse der beskidi- schen Oberkreide in NO-Mähren , Seite 473 487 ösl Seite Personalstand der k. k. geologischen Reichsanstalt. Direktor: Tietze Emil, Ritter des österr. kaiserl. Ordens der Eisernen Krone III. Kl., Besitzer des kaiserl. russischen Skt. Stanislaus-Ordens II. Kl., des Komturkreuzes II. Kl. des königl. schwedischen Nordsternordens und des Kommandeurkreuzes des Sternes) von Rumänien, Ritter des portugiesischen Skt. Jakobsordens und des montenegrinischen Danilo-Ordens, Phil. Dr., k. k. Hofrat, Mitglied der kaiserl. Leop. Carol. deutschen Akademie der Naturforscher in Halle, Ehrenpräsident der k. k. Geogra- phischen Gesellschaft in Wien, Ehrenmitglied der Societe geo- logique de Belgique in Lüttich, der Societe Belge de Geologie, de Paleontologie et d’Hydrologie in Brüssel, der Geological Society of London, der königl. serbischen Akademie der Wissenschaften in Belgrad, der uralischen Gesellschaft von Freunden der Natur- wissenschaften in Jekaterinenburg, der Gesellschaft für Erdkunde in Berlin, der rumänischen Geographischen Gesellschaft in Buka- rest, der schlesischen Gesellschaft für vaterländische Kultur in Breslau und des Naturh. und Kulturh. Vereines in Asch, korre- spondierendes Mitglied der Geographischen Gesellschaft in Leipzig, der kgl. Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen, der Geological Society of America, der Gesellschaft Antonio Alzate in Mexiko etec., III. Hauptstraße Nr. 6. Vizedirektor: Vacek Michael, III. Erdbergerlände Nr. 4. Chefgeologen: Teller Friedrich, Offizier des kais. österr. Franz Josef-Ordens, Phil. Dr. hon. causa, k. k. Bergrat, korr. Mitglied der kais. Akademie der Wissenschaften, II. Schüttelstraße Nr. 15. VI Geyer Georg, Ritter des kais. österr. Franz Josef-Ordens, III. Hörnes- gasse Nr. 9. Bukowski Gejza v., III. Hansalgasse Nr. 3. Rosiwal August, a. o. Professor an der k. k. Technischen Hochschule, III. Kolonitzplatz Nr. 8. Vorstand des chemischen Laboratoriums: Unbesetzt. Ober-Bibliothekar: Matosch Anton, Phil. Dr., kais. Rat, Besitzer der kais. ottomanischen Medaille für Kunst und Gewerbe, III. Hauptstraße Nr. 33. Geologen: Dreger Julius, Phil. Dr., k. k. Bergrat, Ehrenbürger der Stadt Leipnik und der Gemeinde Mösel, III. Ungargasse Nr. 71. Kerner von Marilaun Fritz, Med. U. Dr., XIII. Penzingerstraße Nr. 78. Chemiker: Eichleiter Friedrich, III. Kollergasse Nr. 15. Adjunkten: Hinterlechner Karl, Phil. Dr., XVIII. Klostergasse Nr. 37. Hammer Wilhelm, Phil. Dr., XIII. Waidhausenstraße Nr. 16. Schubert Richard Johann, Phil. Dr., II. Schüttelstraße Nr. 77. Waagen Lukas, Phil. Dr., III. Sophienbrückengasse Nr. 10. Ampferer Otto, Phil. Dr., II. Schüttelstraße Nr. 77. Petrascheck Wilhelm, Phil. Dr., III. Geusaugasse Nr. 31. Assistenten: Trener Giovanni Battista, Phil. Dr., II. Kurzbauergasse Nr. 1. OÖhnesorge Theodor, Phil. Dr., III. Hörnesgasse Nr. 24. Beck Heinrich, Phil. Dr., IH. Erdbergstraße Nr. 35. Vetters Hermann, Phil. Dr., Privatdozent an der k. k. montanistischen Hochschule in Leoben, XVII. Hernalsergürtel Nr. 11. Für das Museum: Zelfzko Johann, Amtsassistent, III. Löwengasse Nr. 37. VII Für die Kartensammlung: Zeichner: Lauf Oskar, I. Johannesgasse 8. Skala Guido, III. Hauptstraße Nr. 81. FieB Otto, XVII. Antonigasse 53. . Für die Kanzlei: Girardi Ernst, Ritter des kais. österr. Franz Josef-Ordens, k. k. Oberrechnungsrat, III. Geologengasse Nr. 1. In zeitlicher Verwendung: : Girardi Margarete, III. Geologengasse Nr. 1. Diener: Laborant: Unbesetzt. Amtsdiener: Palme Franz, Ill. Rasumofskygasse Nr. 23, Ulbing Johann, Besitzer des silbernen Verdienstkreuzes, 11I. Rasumofskygasse Nr. 23, Wallner Mathias, III. Schüttelstraße Nr. 55. Präparator: Spatny Franz, III. Rasumofskygasse Nr. 25. Amtsdienergehilfe für das Museum: Kreyca Alois, III. Erd- bergstraße 33. Amtsdienergehilfe für das Laboratorium: Felix Johann, II. Lechnerstraße 15. Kr #6 je er A s i 2 f i 0 * RN " he MEN Du vn | | er Korrespondenten der k. k. geologischen Reichsanstalt 1911. Dr. Gustav Edler von ATtthaber,® o. Professor der Paläontol an der Universität Wien. Y # rl Dr. Friedrich König in München. Bi Ar aa hi Eduard Lakom, k. u. k. Hauptmann im Geniestabe, Trient. bi Pi Dr. Adalbert Liebus, k. k. Professor an dem Deutschen Altstädter Gymnasium in Prag. =: Die Schichtfolge und der Bau des Jaggl im oberen Vintschgau. Von W. Hammer. Mit 2 Tafeln (Nr. I und II) und 5 Zinkotypien im Text. Einleitung. Am Westrande der Otztaler Alpen südöstlich vom Passe Reschenscheideck steht zwischen den dunkelgefärbten, begrünten Ur- gebirgsbergen ein breiter, stumpfer Felsberg mit kahlen grauen Wänden und lichten Schutthalden, welcher jedem, der hier von der Etsch zum Inn reist, darob auffällt. Er wird von den Anwohnern Jaggl geheißen, ist in den Karten teils auch mit diesem Namen, öfter aber als Endkopf eingetragen und ist einer der Reste einer teilweisen ehe- maligen Uberdeckung der Tiroler Zentralalpen mit Triassedimenten. Seine Tiefenlage gegenüber dem Grundgebirge hat ihn von der Erosion bewahrt. Während die umliegenden Gipfel im Grundgebirge sich bis nahe 3000 m erheben, erreicht der Jaggl nur 2652 m Höhe, anderseits reichen seine Triasschichten bis zur Talsohle am Grauner See (1474 m) herab. Diese Lage findet ihre Erklärung in der tektonischen Geschichte des Berges. Wie bei den meisten Triasinseln der Tiroler Zentralalpen war auch hier A. Pichler der erste, welcher ihr als Geologe seine Aufmerksamkeit zuwandte, indem er die Schichtfolge des Jaggl klar- zulegen suchte!). Dann hat G. Stache als Aufnahmsgeologe der Wiener Reichsanstalt den Jaggl zuerst kartiert und 1877 gelegentlich der Schilderung der Eruptivgesteine an der oberen Etsch auch die Trias des Jaggl beschrieben und ein Profil der „Grauner Wände“ beigegeben 2). Auf eine Schichtgliederung wurde verzichtet. Dann hat C. W. v. Gümbel den Jaggl besucht und sich über die strati- graphischen Verhältnisse desselben geäußert). Ein in knappster Kürze 1) A. Pichler, Der Ötztaler Stock in Tirol. Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1864, pag. 436 u. ff. 2) G. Stache u. ©. John, Geognost. u. petrogr. Beiträge zur Kenntnis älterer Eruptiv- und Massengesteine der Mittel- u. Ostalpen. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1877, pag. 143 u. ff. 3 C. W. Gümbel, Geologisches aus Westtirol und Unterengadin. Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1887, pag. 291 u. ff. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Band, 1. Heft. (W. Hammer.) 1 % 2 W. Hammer. [2] gegebenes Profil der Trias am Endkopf enthält W. Schillers!) Arbeit über die Piz-Ladgruppe nach den Angaben Deningers. Endlich hat in den letzten Jahren R. Lachmann den Jaggl zum Gegenstand seiner Dissertation gewählt und neben einer eingehenden Schilderung auch eine Karte im Maßstab 1:20.000 veröffentlicht 2). Es möchte sonach scheinen, daß der Jaggl bereits hinreichend unter- sucht und beschrieben wurde. Doch haben sich bei der geologischen Neu- aufnahme des Blattes Nauders der Österr. Spezialkarte, auf welchem der Jaggl liegt, seitens des Verfassers so beträchtliche Verschieden- heiten in der Auffassung sowohl als in der Kartenzeichnung gegen- über Lachmanns Darstellung ergeben, daß es erlaubt sein möge, eine nochmalige eingehende Arbeit über dieses interessante Trias- vorkommen vorzulegen. I. Das kristalline Grundgebirge. H Die Triasscholle des Jaggl ist in die kristallinen Schiefer der Ötztaler Alpen eingebettet. Es soll hier nicht auf eine weitergehende Schilderung dieser eingegangen werden; dieselbe wird nach Abschluß der Aufnahmen im ganzen kristallinen Bereich der westlichen Otz- taler Alpen auf den Spezialkartenblättern Glurns-Ortler und Nauders gesondert gegeben werden. Hier sollen nur einige Angaben über die nächste Umgebung des Jaggls angeführt werden. Es sind in der Hauptsache nur zwei kristalline Schiefer, welche hier größere Ausdehnung gewinnen und zwar zwei Gmeisarten, die eine magmatischen, die andere sedimentären Ursprungs. Von St. Valentin auf der Haide bis zum Hengst transgrediert der ° Verrucano über einer ausgedehnten Masse von Örthogneisen, welche sich über das ganze obere Plawenertal, das Großhorn und seine Aus- läufer, den Habicherkopf und einen Teil des Hengst und Angerlekopfes erstreckt. Es sind graue Augengneise, muskovit- und biotitführend, in denen auf der Plawener Alpe eine nahezu ungeschichtete von zahlreichen, bis zu 4 cm langen, grauen Kalifeldspatkristallen er- füllte porphyrgranitische Abart sich heraushebt, ohne aber scharf getrennt zu sein von den Augengneisen. Eine zweite Abart des Augen- gneises zieht als schmales Band der Verrucanogrenze entlang; sie ist durch die rötliche Farbe der Feldspataugen und den lebhaft grünen Serizitbelag der Schieferungsflächen gekennzeichnet. Es sei betreffs der chemischen und petrographischen Eigenschaften dieser Gesteine auf die Abhandlung „Augengneise und verwandte Gesteine des oberen ) W. Schiller, Geolog. Untersuchungen im östl. Unterengadin. II. die Piz-Ladgruppe. Berichte der naturf. Gesellschaft zu Freiburg i. B. Bd. XVI, 1906, yag. 117. ?) R. Lachmann, Der Bau des Jackel im Obervintschgau (V. u. VI. Teil) Inaugural-Dissertation. Gedruckt bei W. Pilz-Berlin 1907. — R. Lachmann, Der Bau des Jackel im Obervintschgau. Beiträge zur Paläont. u. Geologie Österreich- Ungarns u. des Orients. Band XXI. Wien u. Leipzig 1908, pag. 1 u. ff. mit Karte und Profilen. [3] Die Schichtfolge und der Bau des Jaggl im, oberen Vintschgau. 3 Vintschgau* von C. v. John und dem Verfasser in diesem Jahrbuch 1909 verwiesen, in welcher auch gegenüber Lachmanns Beschreibung Stellung genommen wird, der das Gestein von der Plawener Alpe als Quarzdiorit bezeichnet, obwohl doch schon die vielen Alkali- feldspate eine derartige Zuordnung unwahrscheinlich machen. Chemisch entspricht es den Alkaligraniten oder den alkalireichsten Alkali- kalkgraniten, keinesfalls aber einem Diorit. Wegen der unscharfen Abgrenzung wurde auf eine besondere Ausscheidung des Porphyr- granits in der hier beigegebenen Karte verzichtet. Am Westhang des Hengst begleitet die Verrucanogrenze ein Muskovitgranit welcher im orographisch tieferen Teil eine pegmatitische Struktur annimmt und gleichzeitig eine schwach rötliche Färbung der Feldspate zeigt, ähnlich dem genannten Augengneis. Gegen den Kamm zu geht er in kleinkörnigen weißen Muskovitgranit über. Lager von letzterer Art stecken auch in größerer Zahl in den Paragneisen des Poschen- und Riglbachtales. Der Verrucano grenzt im mittleren und im untersten Teil des Poschenbachgrabens an solchen Granit, dazwischen schiebt sich Paragneis ein. Weitere solche Granite wurden schon von Lachmann aus dem Riglbachtale beschrieben. Der Paragneis, welcher den Rücken zwischen Poschen- und Riglbach aufbaut, erstreckt sich mit großer Einförmigkeit über die östlich des Jaggl liegenden Kämme zwischen Langtaufers und Plarail; er breitet sich auch am Graunerberg, nördlich des Jaegl, aus, Zur gleichen Gneisart ist der kristalline Schiefer des Arluiberges zu rechnen. Dem Streichen der Schichten entsprechend setzt er sich in die Elferspitzgruppe, westlich des Jaggl, fort. Es ist ein Biotit- plagioklasgneis, welcher auch Muskovit enthält, durch dessen örtliche Anreicherung auch Übergänge in Zweiglimmergneis hervorgehen, und durchwegs glimmerreich ist. Dabei treten meistens die Feldspate als kleine Körnchen (0'5 bis zu 3 mm) im Querbruch hervor, weshalb man das Gestein als körneligen Gneis oder Perlgneis bezeichnen könnte. Mi- kroskopisch ist für diesen Gneis die innige Durchwachsung von Quarz und Feldspat charakteristisch, sowie der selten fehlende, aber nie be- bedeutende Gehalt an Staurolith und Granat. Am Arluiberg (im Steinbruch) ist der Gneis so quarzreich und feldspatarm, daß man eher von einem Gneis- glimmerschiefer sprechen könnte (auch Granat und Staurolith fand ich hier im Dünnschliff nicht) im allgemeinen ist aber der Feldspat- gehalt, wie schon mit freiem Auge erkenntlich, ein beträchtlicher. Diese Gneise verbreiten sich gegen SO über die Eilferspitz- sruppe bis zum Watles ober Schlinig. In der Elferspitzgruppe werden sie von zahlreichen Gängenporphyritischer Gesteine durchschwärmt, welche von Stache und John!) als Quarzporphyre und Labrador- porphyre beschrieben wurden. Ein paar dieser Gänge finden sich auch noch östlich des Seentales, nämlich einer bei Arlund und zwei am Arluiberg. Neben der Reichsstraße bei P. 1490 setzt ein etwa 60—80 m mächtiger Gang eines schwärzlichen porphyrischen Gesteins ein, das über den Hang hinauf bis zu der mit Glazialschutt bedeckten Wiesen- Djelniec: 1 4 Ww. Hammer. [4] terrasse streicht. Es wird im Süden nur durch einen schmalen Streifen von Gneis von einem parallel verlaufenden zweiten Gang getrennt, welcher ebenfalls bis zur Wiesenterrasse reicht. Ober dieser ist nur mehr ein Gang — von einem kleinen zerquetschten Vorkommen am Grauneralmwege, das vielleicht einem zweiten noch entspricht abgesehen — durch eine Reihe getrennter Aufschlüsse über den Waldhang hin weiter zu verfolgen. Im Marbeltal ist der Gang dann wieder zusammen- hängend quer über das Tal hin aufgeschlossen. Während das Gestein des nördlichen Ganges am Westhang von Arlui die unveränderte massige Struktur besitzt, ist der benachbarte südliche Gang und die ganze weitere Erstreckung bis zum Marbeltal geschiefert. Am stärksten ist dies im Marbeltal unmittelbar an der Bruchlinie gegen die obere Rauhwacke der Fall. Hier ist das Eruptivgestein in einen serizitischen Schiefer umgeformt, welcher nur durch die darin steckenden kleinen Porphyrquarze noch die Herkunft erkennen läßt. In den Dünnschliffen sind alle Übergänge vom unveränderten Ganggestein zu dem fein- schiefrigen Serizitschiefer, welcher noch zertrümmerte Reste der Feldspateinsprenglinge und der Quarzeinsprenglinge enthält, zu ver- folgen. Der Verlauf der Grenzflächen des Ganggesteines (sowie seine Schieferungsflächen) sind parallel der Schieferung des Gneises. Eine Umwandlung letzterer am Kontakt wurde nicht beobachtet. Das Gestein besitzt makroskopisch eine dichte Grundmasse von schwärzlicher Farbe, aus der in größerer Zahl Einsprenglinge von glasigem Quarz in gerundeten Körnern (Größe 2—3 mm) hervor- treten, während die Feldspateinsprenglinge von ähnlicher Größe sich nur undeutlich abheben. Die randlichen Teile am nördlichen Lager an der Westseite des Arlui entbehren der Quarzeinsprenglinge nahezu ganz und sind dagegen sehr reich an kleinen Feldspateinsprenglingen. Die dunklen Gemengteile treten makroskopisch nicht hervor. Unter dem Mikroskop zeigt sich, daß die Menge der Feldspat- einsprenglinge weit größer ist als man mit unbewaffnetem Auge er- wartet. Während die Quarzeinsprenglinge, welche durch magmatische Resorption vollständig abgerundet sind, bis zu eirunden oder kugeligen Körpern, sehr dünn gesät sind, erfüllen die Feldspateinsprenglinge in großer Zahl die Grundmasse in gut ausgebildeten Kriställchen. Es sind stark verzwillingte (Albit- und Periklingesetz nebeneinander, oft auch Karlsbader Gesetz) Andesine, manchmal mit einer sehr wenig saureren schmalen Randzone. Orthoklas, den Stache und John angeben, fand ich nicht. Außerdem sind kleine Kristalle von Horn- blende in geringer Zahl als Einsprenglinge ausgeschieden, in Um- wandlung in Biotit begriffen. Biotit, auch an Menge gering, nimmt eine Mittelstellung zwischen Einsprenglingen und Grundmasse ein, welch letztere grobkörnig, holokristallin erscheint im Dünnschliff und haupt- sächlich aus (stark zersetztem) Feldspat besteht. Quarz vermochte ich nicht sicher zu konstatieren. Das Gestein kann seiner Zusammensetzung und Struktur nach also zu der Gruppe der Dioritporphyrite gestellt werden, womit auch die von John ansgeführte Analyse (Stache und John I. 240) über- einstimmt, undals Quarzporphyrit bezeichnet werden. Die genannten [5] Die Schichtfolge und der Bau des Jagel im oberen Vintschgau. or Autoren führen ihn als „schwarzen Quarzporphyr von Arlui (und Mallag)“ an. Die Neuaufnahme der Elferspitzgruppe (Zwölferspitz- gruppe bei Stache) hat deutliche Belege dafür erbracht, daß diese Gänge nicht Ergüsse porphyrischer Gesteine, sondern Gänge von jüngerem Alter als die Gneise sind, welche von den Porphyriten an mehreren Stellen deutlich durchbrochen werden; dementsprechend wurde das Gestein unter die Ganggesteine eingereiht. Ich hoffe in Bälde die Ergebnisse jener Neuaufnahme in einem eigenen Artikel bekanntgeben zu können. Den Biotitplagioklasgneisen des Graunerberges sind mächtige Lager von Amphibolit eingeschaltet, welche durch die ganze Nord- seite des Langtauferer Tales bis in die inneren Bergzüge der Ötztaler Alpen sich verfolgen lassen. In der Berggruppe der Klopairspitz durchdringt außerdem eine ausgedehnte Intrusivmasse tonalitischer Art die Gneise in vielfacher Verzahnung mit dem Gneis. Das Streichen der Paragneise im Gebiete rings um den Jaggel ist, von kleinen Schwankungen abgesehen, ONO; nur an der Ostseite des Jaggl, im Poschenbachgraben, passen sie sich dem NS-Streichen der Verrucano-Triaszone in den anstoßenden Teilen an. Die Augen- gneise streichen vorwiegend NO, ebenfalls am Rande mit Einlenkung in das Streichen des Verrucano. Die Plagioklasgneise fallen in der sanzen Eiferspitzgruppe und am Graunerberg und Arlui nahezu ausnahmslos nach NNW ein; die Augengneise fallen gegen SO, be- ziehungsweise O ab und ebenso auch die Paragneise am Ochsenberg. Es wurde oben schon die Verschiedenheit der Gesteinsbe- stimmungen im kristallinen Gebiete zwischen Lachmann und mir erwähnt; ebenso kann ich mich ihm nicht anschließen, wenn er bei dem Augengneis mit den roten Feldspataugen diese roten Feldspate als Plagioklase anführt, während nicht nur aus der nicht zu ver- wechselnden Mikroklingitterung, sondern auch aus dem Kaligehalt des Gesteines in der Analyse die Bestimmung als Kalifeldspat mit Sicherheit hervorgeht. In der Auffassung der ganzen Orthogneise der Plawener Masse als einheitliche Eruptivmasse mit der Um- wandlung des größten Teiles derselben in Alkalifeldspatgneise stimmen unsere beiderseitigen Darstellungen überein. In der Karte Lachmanns sind diese Orthogneise zu weit nach NO fortgesetzt, da der Höhenrücken des Öchsenberges bereits aus Paragneisen besteht und die Augengneise am Angerlekopf enden. Dagegen haben die Muskovitgranite eine bedeutend stärkere Verbreitung im im Rigl- und Poschenbachtal als auf Lachmanns Karte ersichtlich. Die Schiefer vom Arluiberg und zwischen Poschenbach und Riglbach werden bei Lachmann als (Biotit-)Serizitphyllit aufgeführt, eine Bezeichnung, welche mir irreführend erscheint, weil dieses Ge- stein keineswegs einen phyllitischen, sondern den Habitus hoch- kristalliner Glimmerschiefer oder Glimmergneise besitzt und auch — von dem durch örtlichbegrenzte tektonische Einwirkungen in der un- mittelbaren Nachbarschaft der Arluier Bruchlinie hervorgerufenen und daher für eine Bezeichnung des ganzen Gesteines durchaus unverwend- baren Serizitgehalt abgesehen — keinen Serizit enthält, wie dies Lach- mann selbst im wesentlichen zugibt, sondern wohlentwickelte Blättchen 6 W. Hammer. [6] von Biotit und Muskovit, anderseits aber im Gebiete der oberen Etsch Serizitphyllite, welche wirklich dieser Bezeichnung petrographisch genau entsprechen, als Vertreter des Verrucano auftreten. Besser ist der Name Phyllit bei dem Gestein an der Bergecke südlich Dörfl berechtigt, den Lachmann als Zweiglimmerphyllit aufführt, doch handelt es sich auch hier meines Frachtens nur um eine ganz beschränkte (Quetschzone im Orthogneis, wie eine solche auch am Südfuß des Großhorns auftritt und dort zur Bildung eines engbegrenzten Vor- kommens von Serizitgneis geführt hat. II. Schichtfolge des Jaggl. Verrucano und Buntsandstein. Wie im ganzen weiten Umkreis von Westtirol und Ostschweiz, breitet sich auch hier zwischen dem kristallinen Grundgebirge und der Trias eine Folge klastischer Gesteine aus. Ihre Basis, unmittelbar auf den Gneisen liegend, bildet eine grobkörnige, lichtgrüne oder grüngraue Arkose, welche stellenweise in Menge Quarzgerölle führt; am Pleißköpfl beobachtete ich auch Bruchstücke rotgefärbter Feldspate in ihr, wie sie in gleicher Weise den hier transgredierten Augengneisen eigen sind. Eine Lage der grünen Arkosen am Pleißköpfl zeigt neben den roten Feldspattrümmern glasige Qnarze, beide ähnlich wie Einsprenglinge in porphyrischen Gesteinen, hier in dem feinkörnigen grünen Grundgemenge steckend; - sie besitzt rotgelbe Verwitterungsfarbe. Höher oben kommen gelbe, etwas weniger grobkörnige Arkosen mit feinen Glimmerschüppchen . auf den Bankungs- oder Schieferungsflächen vor. Das Korn verfeinert sich nach oben zu immer mehr. Es folgen grüne bis grüngraue Serizitquarzitschiefer, tafelig brechend. Dann nahe der oberen Grenze der ganzen Gesteinsgruppe treten weiße oder lichtgraue, feinkörnige Quarzsandsteine auf, bräunlich und gelb anwitternd, dickbankig bis tafelig, oft von quarzitisch dichtem Gefüge und auch oft mit feinen Glimmerschüppchen auf den Spaltflächen. Dann beginnt ein Gehalt an Kalk (oder Dolomit) sich einzu- stellen. Es sind gelblich verwitternde, lichte, kalkige Arkosen oder kalkige Sandsteine, stellenweise stark geschiefert und mit Serizit auf den Schieferungsflächen, ferner beobachtete bereits Lachmann in dieser Zone Bänke, welche noch Quarz und Feldspat nach Art der Arkosen enthalten, daneben aber bereits kleine Crinoiden- stielglieder, Gesteine, welche bereits schon eher zum Muschelkalk zu rechnen sind. Wir haben also ein gutes Beispiel einer kontinuierlichen Ab- lagerungsreihe bei fortschreitender positiver Strandverschiebung. Es ist schwer, in einer solchen Reihe Schichtgrenzen zu ziehen. Die Bezeichnung Verrucano und Buntsandstein entspricht dem aus Analogie mit anderen Gebieten gewonnenen Brauche ohne Anspruch auf strenge Richtigkeit. Der Umstand, daß in den hangendsten sandigkalkigen [7] Die Schichtfolge und der Bau des Jaggl im oberen Vintschgau. 7 Gesteinen bereits Triasfossile sich einschalten und keine Sedimentations- lücke zu beobachten ist, gibt im Jagglgebiete der Bezeichnung Bunt- sandstein für den oberen, vorwiegend aus Quarzsandstein bestehenden Teil eine gewisse Berechtigung. Böse!) glaubt ja, daß der ganze gleiche Schichtkomplex im Engadin als Buntsandstein anzusprechen sei. Es sei diesbezüglich auf die in den Verhandl. d. k.k. geol. R.-A. 1907 (pag. 373 u. f.) gegebenen Ausführungen verwiesen. Petrographisch lassen sich hier jedenfalls zwei Gruppen ganz gut unterscheiden — die grünen Arkosen einerseits und die lichten Quarzsandsteine ander- seits — und dieser Gruppenabteilung wird durch die Bezeichnung Verrucano und Buntsandstein Ausdruck verliehen, ohne gleichzeitig eine sichere stratigraphische Teilung damit zu geben. Lachmann widmete dem Verrucano ein eingehendes Studium, welches zu der Aufstellung eines theoretischen Schemas führte, in welchem die Gesteine einerseits nach der ursprünglichen Zusammen- setzung — Endglieder Kaolin und reine Quarzgesteine — anderseits nach der Umwandlung durch hydrostatischen, beziehungsweise ge- richteten Druck geordnet sind und eine gute Übersicht über die feineren Unterarten der Verrucanogesteine bietet, wobei er aber auch selbst auf Fehlerquellen aufmerksam macht, welche einer praktischen Anwendung im einzelnen sich entgegenstellen können. Eine der wesentlichsten scheint mir aber darin zu liegen, daß der Muskovit dieser Gesteine meines Erachtens ganz oder größtenteils primären Ur- sprungs ist und nicht ein Produkt der Metamorphose -unter hydrosta- tischem Druck, wie Lachmann annimmt. Beieiner über Glimmergneisen transgredierenden Schichtbildung ist ein beträchtlicher Gehalt an dem sehr bestandfähigen Muskovit notwendig zu erwarten. Der Serizit dagegen kann gewiß als Umwandlungsprodukt angesehen werden, welches besonders in Zonen starken, gerichteten Druckes erscheint; sein Auftreten in der Verrucanozone des Jaggl wird mit den inten- siven Faltungen derselben, oft aber auch mit ganz örtlich beschränkten Druckdifferenzen und kleinen Verschiebungen zusammenhängen, wie solche auch weitab von der Verrucanogneisgrenze im Kristallinen auf- treten (Serizitgneis auf der Plawener Alpe). Der Unterschied der ursprünglichen mineralischen Zusammen- setzung, der in der Ordinatenachse von Lachmanns Diagramm an- geordnet ist, scheint mir das Hauptmoment des Gesteinswechsels zu sein. Bei der Zusammensetzung des Grundgebirges aus verschiedenen Gneisen und Glimmerschiefern muß infolge des Tiefergreifens der Erosion und dem Wechsel der Strandlinie das Abschwemmungs- material einem häufigen Wechsel in dem Vorhandensein oder Fehlen, beziehungsweise dem relativen Mengenverhältnisse von Feldspat, Quarz und Glimmer unterliegen. Ich möchte daher die auf der rechten Hälfte von Lachmanns Tabelle eingereihten Gesteine (Muskovit- sandstein, Muskovitphyllite und -quarzite) alle auf primäre und nicht auf sekundär entstandene Verschiedenheit zurückführen. Würde am Jaggl durch hydrostatischen Druck, ausgehend von der früher über- !) E. Böse, Zur Kenntnis der Schichtenfolge im Engadin. Zeitschrift d. Deutsch. geol. Ges. 1896, pag. 557. 8 W. Hammer. [8] lastenden Gebirgsmasse, eine Umwandlung des Verrucano erfolgt sein, so müßten bei der geringen Größe der Triasscholle im Verhältnisse zu dem ganzen Gebirge alle Verrucano- und Triasgesteine eine an- nähernd gleich starke derartige Metamorphose erlitten haben, was aber nicht der Fall ist. Lachmann schätzt die Mächtigkeit des Verrucano auf 200 m, jene des Buntsandstein auf 280 m — eine Schätzung, die wohl zu hoch gegriffen ist, da die großen Flächen, welche sie auf Karten und im Felde einnehmen, größtenteils auf Zusammenfaltung zurückzuführen sind. Ich möchte beide zusammen auf höchstens 200 m schätzen. Muschelkalk. In der über dem Sandstein folgenden Stufe der Schichtenreihe treten starke Schwankungen in der Mächtigkeit der sich beteiligenden Gesteinsarten auf, welche bis zu einer Annäherung an Heteropie führen. Der Saum von Verrucano und Sandstein, welcher die Trias- scholle im Süden und Osten umrahmt, wird hin und hin von einer Zone dieses untertriadischen Horizontes begleitet. Er taucht am unteren Ausgang der Schlucht des Vivanibaches aus den weitgespannten Schutthalden auf, welche den Fuß der Wände umkleiden, und bietet hier folgendes Profil: Quarzsandstein. Hellgrauer Dolomit, wenige Meter. Dunkelgrauer dolomitischer Kalk mit Enerinitenstielgliedern, etwa 6 m. Grauer Dolomit mit knolliger Oberfläche. Dunkelgrauer Dolomit, etwa 10 m, und schließlich eine mächtigere Folge von Rauhwacke mit etwas Gips und lichtem, porösem Dolomit, der oft dünnschiefrig ist und dann einen feinen glimmerigen Überzug auf den Schieferungsflächen trägt, manchmal auch blaßrötlich gefärbt. Diese Gesteinsgruppe, hier schätzungsweise 50 m mächtig, zieht nun, intensiv in kleine Falten gelegt, unter die Wände des Pleis- köpfls und schwingt sich in der Südwand desselben in kühnem Faltenschwung jäh empor zum Grat. Es erscheinen hier wieder die- selben Gesteine wie oben angeführt; rötliche, dünntafelige Kalke, in klirrende Tafelscherben zerfallend, stehen am Wandfuß und den gegen SW vorgeschobenen Köpfchen in der Krummholzregion an; in ihnen fällt nahe der oberen Grenze stellenweise eine festere, weißliche, dicke Bank auf. In der Fallinie unter den Gipfelköpfen sind am Fuß der Südwand Rauhwacke und Gips erschlossen und gaben Anlaß zur Bildung einer kleine Höhle am Wandfuß. In dem zwischen Halden sich abwärts erstreckenden, latschenbesetzten Felsrücken stehen encrinitenführende Dolomite an und eine feinkörnige Crinoidenbreccie und über den der Übergangszone zu den Quarzsandsteinen angehörigen [9] Die Schichtfolge und der Bau des Jaggl im oberen Vintschgan. 9 kieseligen lichten Kalken lichtgraue Dolomite, stellenweise in Rauh- wacke übergehend, welche hier auch von Gipsadern durchzogen ist und darüber dunklere dolomitische Kalke mit knolliger Oberfläche, weißadrig und bräunlich oder gelblich anwitternd. Die Aufeinander- folge der Gesteine ist bei der intensiven enggepreßten Faltung schwer in jeder Einzelheit aufzuklären, doch stimmt sie in den Hauptzügen mit der oben gegebenen Folge überein: über dem Sandstein die lichten Dolomite, dann Knollenkalk und Encrinitendolomit und als oberer Teil die rötlichgrauen Kalkschieferr und Rauhwacke mit Gips; die Mengenverhältnisse sind auch noch ähnlich, die rötlichen Kalkschiefer sind etwas stärker entfaltet, der lichte unterste Dolomit geht hier auch in rauhwackige Formen über. Die dunkelgrauen Dolo- mite nehmen am Pleißköpfl oft eine sehr feinkristalline Struktur an bei großer Härte. Am Grat und an der Nordseite des Pleißköpfl stehen ebenfalls dieselben Gesteine an, bieten aber kein geschlossenes Profil durch alle Glieder. Am großartigsten entfaltet sich diese Schichtgruppe jenseits des Vivanibaches am Hengst, der an beiden Seiten gut aufgeschlossene Profile bietet. Der lichte Dolomit an der Basis fehlt hier. Nur ober der Grauneralpe, am Westfuße des Hengst, schiebt sich noch eine Lage weißlichen Dolomits zwischen die serizitisch-kalkig-quarzitischen Schichten und die Knollenkalke. An der Westseite und an der Nord- seite des Hengst bildet das erste Glied über den quarzitisch- kalkigen Grenzgesteinen ein grauer Dolomit, undeutlich gebankt und gelblich anwitternd, welcher braune oder rote Hornsteinknauern enthält. An der Ostseite des Hengst liegt über den kalkigen Arkosen und Sandsteinen kein Hornsteindolomit, sondern gleich der Knollen- kalk beziehungsweise Knollendolomit; in diesem wechseln dünne (3—5 cm) und dickere Bänke (2—5 dm), welche teilweise einen gelblichbräunlichen, tonigen Belag tragen und an der Oberfläche mit rundlichen, flachen Knollen bedeckt sind, welche sofort an ver- drückte Ammoniten erinnern. Es gelang mir aber trotz alles Suchens nicht, ein sicher als Ammonit zu bestimmendes Stück zu finden. Daneben sind manche Bänke mit geraden oder gekrümmten länglichen Wülsten bedeckt, welche sich auch herauslösen lassen und ebenso wie jene an Ammoniten, hier an Orthoceren erinnern. Diese Knollen- kalke sehen täuschend dem obersten Horizonte des Muschelkalkes im Karwendel ähnlich, wie sie am Kerschbuchhof bei Innsbruck an- stehen und hier und in benachbarten Fundorten Ammoniten der Zone des Ceratites trinodosus geliefert haben. An der Nord- und West- seite breiten sich Knollenkalke über dem Hornsteindolomit aus, meist mit kleinknolliger Struktur, in ihnen finden sich bereits mehrfach Encriniten und aus ihnen geht nach oben ohne Abgrenzung schwärz- licher, braun verwitternder, dickbankiger bis ungebankter Dolomit hervor, der erfüllt ist von zahllosen Encrinitenstielgliedern. Die Stielglieder sind kreisrund, haben einen Durchmesser von 2—8 mm und eine Höhe von 1—2 mm — die breiteren sind die Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Band, 1. Heft. (W. Hammer.) 9 10 W. Hammer. [10] niedrigeren — und grenzen mit einer ineinandergreifenden kleinwelligen Grenzlinie aneinander. Auf der Fläche ist fast immer der Zentral- kanal zu sehen, außerdem an besser erhaltenen Stücken Radialrippen, welche erst am Rande sich kräftig herausheben, seltener von der Mitte ausgehende zahlreiche feine Rillen. Sie entsprechen nach Literatur und Vergleichsmaterial aus dem Museum der Reichsanstalt genau den anderwärts aus dem Muschelkalk als Encrinitenstielglieder beschriebenen Fossilien. Er breitet sich besonders an den Südhängen des Jaggl ober der Grauneralpe aus, durch seine dunklere Färbung und die klotzigen Verwitterungsformen auf weithin von den anderen lichteren Trias- gesteinen sich abhebend. Der Encrinitendolomit ist sehr fein kristallin und von bedeutender Härte. G. Stache gibt an, daß er in dem Encrinitendolomit Retzien gefunden habe, deren Zuordnung zu triadischen Arten ihm aber zweifel- haft erscheint. Auch die Crinoidenstielglieder schienen ihm eher paläo- zoischen als triadischen Crinoiden zuzugehören. Leider hat keiner der nachfolgenden Untersucher mehr die Retzien gefunden. Stache läßt jener Funde wegen die Zugehörigkeit der Jagglgesteine zur Trias in Frage und verzichtet auf eine Gliederung der Schichtfolge. Die Mächtigkeit der eben beschriebenen Schichtglieder am Hengst ist infolge der starken Faltung und Zerreißung schwer anzugeben, doch ist sie jedenfalls bedeutend größer als am Pleißköpfl. Der Encrinitendolomit dringt in einem stumpfen Keil zwischen die Dolomit- und Kalkschichten des Jaggl hinein, wie aus der tek- tonischen Darstellung und den Profilen ersichtlich ist, und wird in diesem vordringenden Teil von blaßrötlichen und rötlichgrauen Kalkschiefern unter- und überlagert. Es sind Kalkschiefer von sehr feinkristalliner bis dichter Struktur mit winzigen Glimmerschüppchen auf den Spaltflächen, in dünne, ebentafelige, klirrende Scherben zer- brechend, die gleichen, wie sie auch am Pleißköpfl anstehen; sie wurden von Pichler als eipollinähnlich bezeichnet, sind aber doch noch weit weniger kristallin als diese. In der hangenden Lage von Kalkschiefern schieben sich an der oberen Grenze einige festere Bänke eines lichtgrauen, porösen Dolomits ein, deren oberste als 5 m mächtige Felsbank weithin hervortritt. Darüber folgt noch eine schmächtige Lage von Kalkschiefer, dann der Diploporen- dolomit. Am Ende des Keiles von Enerinitendolomit vereinen sich der obere und der untere Kalkschiefer zu einer mächtigen Stufe, in deren mittleren Teil eine gelbe rauhwackigbrecciöse Bank ansteht, welche den an der Nordseite des Jaggl in gleicher Lage auftretenden Rauhwacken entspricht (siehe unten). Die Kalkschiefer ziehen als breites Band in die Westhänge des Jaggl fort, ohne noch einmal andere Gesteine der unteren Trias er- scheinen zu lassen. Es treten am Hengst-Jagglmassiv also dieselben Gesteine der unteren Trias in der gleichen Reihenfolge in größerer Mächtigkeit auf, wie sie am Pleißkopf in kleinerem Maße mit einander vereint zwischen Sandstein und Diploporendolomit sich einschalten. [11] Die Schichtfolge und der Bau des Jaggl im oberen Vintschgau. all Die Verrucanozone verläuft vom Hengst dem Poschenbach ent- lang abwärts bis Pedroß im Langtauferer Tal; die linke Talseite wird von den Gesteinen der Muschelkalkgruppe eingenommen. Die gleichen kleinen Schleppfalten erscheinen hier wieder wie am Fuße des Pleißköpfl und dies zusammen mit der dichten Bewaldung der Gänge verhindert es fast ganz, geschlossene Schichtreihen aufstellen zu können. Das herrschende Gestein über den quarzitisch-kalkigen Grenzniveaus ist der dunkelgraue, dickbankige bis massive Encriniten- dolomit. Im unteren Teil des Baches schiebt sich vielleicht zwischen beide stellenweise wieder ein lichtgrauer Dolomit ein, doch ist es in dem Waldgehänge meist nicht sicher, ob man sich nicht schon im überkippten Schenkel der nächsten kleinen Falte und damit im Hangenden des Cri- noidendolomits befindet. An einer Stelle, die schon stark an die Nordseite hinausgerückt ist, beobachtete ich über dem Quarzsandstein zunächst noch die serizitisch belegten kalkigen Schiefer, wie sie auch auf der Grauneralpe in diesem Niveau erscheinen, dann ein paar Bänke eines gyroporellenführenden dolomitischen Kalkes und dann die mächtigen Crinoidendolomite. Steigt man an den felsigen Waldhängen vom Poschenbach in die Nordseite hinaus, so sieht man, daß hier wieder wie auf der Grauner- alpe Kalkschiefer die Encrinitendolomitmasse umschließen: In einer mächtigen Wandstufe ziehen blaßrötliche bis weiße, etwas glimmerhaltiget), dünntafelige Kalke und Kalkschiefer, wechselnd mit porösem, hell- gelblichgrauem Dolomit, der auch meist dünnbankig bis dünnschiefrig, selten dickbankig ist, durch den Wald herab, die Westgrenze der Enerinitendolomite bildend; an ihrem Fuße kommt infolge neuer- licher Auffaltung noch einmal ein kleiner Kopf von Encrinitendolomit heraus, westlich dessen wieder die Kalkschiefer emporgefaltet sind, die dann an Diploporendolomit stoßen. Ebenso lagern im Hangenden der Poschenbach-Encrinitendolomite ober der Waldgrenze wieder die rötlichgrauen, dünntafeligen Kalke; beide Kalkschieferzonen vereinen sich in der Nordwand zu dem den Jaggl umgürtenden Band. In dem Zwickel der sich vereinenden Kalkschieferzüge tritt in beträchtlicher Mächtigkeit Rauhwacke auf, durch poröse Kalkbänke mit den Kalkschiefern verbunden und randlich auch mit Kalkschieferbänken wechsellagernd. In der Nordwand ver- ringert sich die Mächtigkeit der Rauhwacke rasch, doch ist sie als schmales Band bis an die Westseite des Berges zu verfolgen und auch dort läßt die Teilung der Kalkschieferaufschlüsse in zwei Wandstufen mit dazwischenliegender Schuttterasse vermuten, daß unter dem Schutt noch das Rauhwackenband sich fortsetzt, da auch in der Nordwand die Rauhwacke als schmale Terasse zwischen den beiden Wandstufen der Kalkschiefer durchzieht. Die Kalkschiefer, welche die Südwand des Jaggl durchziehen, ober dem Encrinitendolomit, erreichen den Sattel zwischen Hengst und Jaggl: hier und in der Fortsetzung gegen Osten unter beide Berge hinaus entfalten sich im engsten Verband mit den Kalkschiefern 1) Der Muskovit ist in manchen Lagen in kleine Nester von feinen Schüpp- chen geschaart. 9F 12 W. Hammer. [12] wieder Rauhwacke und Gips stärker, während die Kalkschiefer an Mächtigkeit zurücktreten, ähnlich wie am Ausgang der Vivani- bachschlucht. Die Vorkommen von Gesteinen dieser Stufe auf der Hochfläche des Jaggl und ihrem Ostabbruch befinden sich an Stellen so starker Störung, daß sie sich zu einer stratigraphischen Gliederung nicht heran- ziehen lassen. Sehen wir also von der Verschiedenheit der Mächtigkeit ein- zelner Glieder und kleineren faziellen Schwankungen ab, so ergibt sich aus dem ganzen folgende Gliederung von unten nach oben: Kalkig-quarzige Übergangsgesteine zwischen Buntsandstein und Muschelkalk, teilweise mit Crinoiden. Lichtgrauer Dolomit (örtlich beschränkt). Knollenkalke und Enerinitendolomit, lokal an der Basis Hornsteinkalk. Lichtrötliche Kalkschiefer, Rauhwacke uud Gips (Bänke porösen, lichten Dolomits lokal). Es fällt schwer, diese Folge mit Lachmanns Gesteinsreihe der anisischen (und ladinischen) Stufe im einzelnen gleichzustellen, da bei Lachmann meist nicht angegeben wird, an welcher Stelle das betreffende Gestein beobachtet wurde und daher eine Verwechs- lung mit ähnlichen Gesteinen anderer Horizonte eintreten kann. Uber den serizitisch-kalkigen UÜbergangsgesteinen liegt auch in Lachmanns Reihe ein lichter („schneeweiß bis grau“) Dolomit, in dem er unbestimmbare Korallenreste fand. Darüber folgt bei ihm ein „bläulichschwarzer Kalkstein“ vön außerordentlich feinem Korn, der dem Niveau der Knollenkalke etc. entsprechen dürfte. Im Hangenden kann Nr. 3 in Lachmanns Profil „gelbe, feingeschichtete und leicht verwitternde Kalke, die teilweise Rauhwackenstruktur annehmen“ mit maximaler Mächtigkeit von 30 m dem Horizonte der rötlichen, in größeren Felsabsätzen im großen auch gelblich anwitternden Kalk- schiefern und den begleitenden gelben Rauhwacken gleichgesetzt werden. Das Band von Kalkschiefern, welches den Dolomit der obersten Wände am Jaggl rundherum unterteuft, wird von Lachmann aber zu der karnischen Stufe gestellt und als den Schichten im Marbeltal äquivalent betrachtet. Diese rötlichen, eipollinähnlichen Kalkschiefer sind aber lithologisch vollkommen denen in der Schichtfolge unter dem Pleißköpfl und in der Vivanibachschlucht gleich und an diesen Stellen sind sie mit den Crinoidendolomiten zu einer einheitlichen Schicht zwischen Sandstein und Gyroporellendolomit vereint, gehören hier also sicher zum Muschelkalk; aber auch am Südgehänge und am Nordostgehänge des Jagg] liegen sie ebenfalls unmittelbar auf dem En- erinitendolomit; die Encrinitendolomit-Kalkschieferzone am Jaggl-Hengst ist aber auch direkt die Fortsetzung jener vom Pleißköpfl. Es liegt also kein Grund vor, die Kalkschiefer („Glimmerkieselkalk“ bei Lachmann) am Jaggl anders in der Schichtfolge einzureihen als am [13] Die Schichtfolge und der Bau des Jaggl im oberen Vintschgau. 13 Pleißköpfl; in den karnischen Schichten des Marbeltales treten keine gleichen Glimmerkalke auf und wie, im tektonischen Teil gezeigt werden soll, muß auch aus dem Bau des Gebirges kein Schluß auf eine Aquivalenz der Marbeltalschichten und jenes Kalkschieferbandes gezogen werden. Daß an dem letzteren von der Südwestkante des Jaggl bis zu der Nordostkante kein Encrinitendolomit mehr erscheint, sondern nur die Kalkschiefer, wird auf tektonische Vorgänge zurück- geführt werden, es könnte dabei aber auch heteropische Differenzierung mit im Spiele sein. Diploporendolomit. Uber dem Muschelkalk folst als weiteres Glied der unter sich konkordanten Triasschichten des Jagg] eine ungefähr 400 m mächtige Masse dickbankigen Dolomits. Es wechseln mehrmals übereinander mäßig hellgraue und dunkelgraue bis schwärzliche Lagen — zum Beispiel beim Aufstieg durch die „Wände“ zum P. 1962 zählte ich einen 10—12 maligen Wechsel — von denen manche auch beträchtlich kalkig sind; die dunkelgraue Färbung überwiegt; die Anwitterung ist meist heller grau, die Schutthalden leuchten weithin hervor aus den dunklen Felswänden. Die Struktur ist eine fein zuckerkörnige bis dichte. Ein schwach bituminöser Geruch ist nicht selten. Dieser Dolomit enthält in vielen seiner Bänke massenhaft Reste von Diploporen, welche stellenweise im Dünnschliff noch den feineren Bau erkennen lassen. Die Höhe der Ringglieder beträgt 0-8—1'5 mm (bei der Mehr- zahl der Röhrchen 1 mm), ihr Durchmesser 2°5--45 mm bei Vor- herrschen von 3 mm Durchmesser. Die Ringe sind äußerlich scharf abgesetzt voneinander, aber ohne breite oder tiefe Rinnen. Im Dünn- schliff erscheint die Grenze als starke Einkerbung. In jedem Glied sind zwei Reihen von Kanälchen und zwar, soweit erkennbar, wenige und große Kanälchen. Verglichen mit Gümbels!) Angaben geht daraus hervor, daß sie in die Gruppe der Gyroporella annulata gehören, und zwar stimmen die besterhaltenen Exemplare am nächsten mit der Gyroporella macrostoma Gümbel überein, welche im Mendola- dolomit vorkommt. Nur die Ringfurchen scheinen bei dieser nach Gümbels Zeichnung nicht so tief zu sein. Gyroporella annulata stimmt in der Größe ziemlich gut, sie hat aber viele und kleine Kanälchen. Einzelne der besonders kleinen Exemplare könnten viel- leicht zur paueiforata gehören, doch ist auch bei solchen die Ring- höhe nahe bei Imm. Gümbel selbst gibt an, daß er Gyroporella pauciforata am Endkopf gefunden habe, doch mangelt eine nähere Fundortangabe, so daß diese Gyroporellen sowohl aus dem hier Diploporendolomit genannten Gestein als auch aus dem Muschelkalk sein können, in dem ich im Poschenbachtal auch eine Bank mit (schlecht erhaltenen) Gyroporellen fand. Auch nach der Beschreibung von E. W. Benecke?°) sind die !, Abh. d. bayr. Ak. d. Wiss. 1872. ?) E. W. Benecke, Über die Umgebung von Esino. Geogn.-paläontol. Bei- träge Bd. II., 3. Heft, pag. 296 u. ff. München 1876. 14 W. Hammer. [114] vorliegenden Diploporen zur Gruppe der annulatu zu stellen, und zwar zu der Unterart mit geneigten Kanälchen. Nach Beneckes Zeichnung besitzen aber die Esinogyroporellen keine Außenfurchen. Keinesfalls stimmen die Diploporen des Endkopf mit der Gyrop. vesiculifera des Hauptdolomits überein. Sonstige bestimmbare Versteinerungen wurden in diesem Dolo- mit bisher keine gefunden. Der Diploporendolomit bildet den Westgipfel des Pleißköpfl und seine Westabhänge, und seine Fortsetzung nach Norden sind die hohen kahlen Wände, welche die Reichsstraße südlich Graun beherrschen: die Grauner Wände genannt. Seine Stellung zwischen Muschelkalk und oberer Rauhwacke, welche hier außer Zweifel steht, berechtigt, zusammen mit der Art der Gyroporellen ihn als Dolomit der ladinischen Stufe, also dem nordalpinen Wettersteinkalk als alters- gleich, anzusehen. Eine zweite größere Dolomitmasse bildet den höchsten Teil des Jaggl über dem Gürtel von rötlichen Kalkschiefern. Lachmann sieht diesen Dolomit als verschieden von dem Diploporendolomit, und zwar als einen Vertreter des Hauptdolomits an. Dieser Dolomit ist petrographisch vollkommen gleich dem hier beschriebenen; der Wechsel der Färbung und die Struktur stimmen überein; er führt aber auch die gleichen Gyroporellen wie der untere Dolomit, wie mit Hilfe der aus dem anstehenden Gestein in Menge erhältlichen Proben leicht festgestellt werden kann. Außerdem wurde bereits dar- gelegt, daß die unterlagernden Kalkschiefer dem Muschelkalkniveau ange- hören. Ich vermag daher — nachdem ich, angeregt durch Lach- manns Deutung, auch im Felde die Gesteine nochmals einer be- sonders darauf gerichteten Betrachtung unterzog — keinen Grund aufzufinden, um diesen oberen Dolomit am Jaggl in ein anderes Niveau zu stellen als den unteren. Die Lagerungsverhältnisse ergeben bei der einen wie bei der anderen Deutung eine intensive Faltung und Schollung mit flachliegenden Störungsflächen und bieten kein Kriterium für die Altersbestimmung außer höchstens jenes eben an- geführte der Unterlagerung durch die Kalkschiefer des Muschelkalk- niveaus. In den Südwänden des Jaggl fällt nahe dem oberen Rande der- selben eine Bank im Dolomit durch ihre lichte Färbung auf. Steigt mau von oben an die Stelle hin, so trifft man zwei je I—2 m mächtige Bänke lichtgrauen Dolomits, welcher in Menge die auch im oberen Dolomit überall verbreiteten Gyroporellen und außerdem Hohlformen von Turmschnecken von ein paar Zentimeter Länge enthält, die nicht weiter bestimmbar sind. Obere Rauhwacke. Der Diploporendolomit der Grauner Wände wird im Norden im Arluiwald und im Marbeltal sowie in dem Murgraben außerhalb der Grauner Alpe von einer mächtigen Serie rauhwackiger Gesteine überlagert. Es sind gelbliche, kalkige Rauhwacken, Zellendolomit und Gips, ferner besonders mächtig graue, poröse, in Rauhwacke über- [15] Die Schichtfolge und der Bau des Jaggl im oberen Vintschgau. 15 gehende Dolomite mit fein verteiltem Gehalt an Gips, welcher im Anschluß an Lachmann gut als Gipsdolomit bezeichnet werden kann. Ein gering mächtiger, aber charakteristischer Bestandteil sind hellbräunliche, hellgelb verwitternde kalkige Tonschiefer, in dünnen, mild sich anfühlenden Täfelchen brechend. Sie kommen sowohl im Marbeltal und in den Rauhwacken am Nordrande der Grauner Wände als auch in der Mure außerhalb der Grauner Alpe vor, wurden dagegen nirgends in der Muschelkalkserie beobachtet. An den ersteren beiden Orten liegen sie in den tiefsten Teilen der oberen Rauh- wacke, nahe der Hangendgrenze des Gyroporellendolomits, und sind von sehr geringer Mächtigkeit, in der Mure außerhalb der Grauner Alpe liegen sie höher oben in den Rauhwacken und sind etwa 3 m mächtig. In diesem Profil erscheint auch eine rötlich anwitternde Dolomitbreccie im oberen Teile. Sie findet sich nach Lachmann auch im Marbeltal. Eine durch alle Profile gleichbleibende Reihenfolge der einzelnen Gesteinsarten ist nicht vorhanden. Während der untere Rauhwacken- horizont eine Mächtigkeit von höchstens 20 m erreicht, steigt dieselbe hier sicher über 100 m. Lachmann schreibt den „Rauhwacken der karnischen Stufe“ eine Gesamtmächtigkeit von 240 m zu, wobei aber die lichtrötlichen (gelblichen) Kalkschiefer miteinbezogen werden; nach meinen Erfahrungen ist für den unteren Rauhwackenhorizont die Verbindung mit den lichtrötlichen, glimmerführenden Kalkschiefern charakteristisch (Pleißköpfl), während solche den oberen Rauhwacken im Marbeltal -Grauner Wände und außerhalb der Grauner Alpe voll- ständig fehlen, wogegen die gelben Kalktonschiefer nur im oberen Rauhwackenhorizont vorkommen. Der Kalkschiefergürtel um den oberen Teil des Jaggl enthält nirgends Gesteine der oberen Rauhwacke, sondern dese zieht, wie im tektonischen Teil gezeigt werden wird, in einem durch eine Dolomitplatte davon getrennten Band unter ihm durch. Lachmann glaubt den Angaben Pichlers entnehmen zu können, daß dieser in der oberen Rauhwacke des Marbeltals Cardita crenata (suberenata der neueren Namengebung) gefunden hat, doch scheint mir aus der Stelle in Pichlers Schrift nicht hervorzugehen, daß er sie hier gefunden hat, sondern daß er nur das Niveau be- zeichnen will, in welchem er anderweits dieses Fossil fand !). !) Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1864, pag. 438. Profil des Jackl: „4. Die Kalke und Dolomite des eigentlichen St. Cassian, für welche ich bereits früher Cardita crenata nachwies und die ich unter der Kollektivbezeichnung des mittleren Alpen- kalks zusammengefaßt. aümbels Partnachschi.hten bilden einen Teil dieses Komplexes. 5. Oberer Alpenkalk oder Hallstätter Kalk, lichtere, fast marmorartige Gesteine mit Glimmerblättchen wie Cipollin. Doch lassen sich trotz der Metamor- phose einige dem oberen Alpenkalk eigentümliche Korallen nicht verkennen, so wie ich bei 4. die bekannten Stielglieder von Encrinus fand.“ 4 entspricht also offenbar dem Encrinitendolomit und wabrscheinlich auch noch dem Diploporen- dolomit, aber nicht der oberen Rauhwacke und in der Anführung der Cardita crenata drückt sich uur die damalige Anschauung von der Zusammengehörigkeit "von Cardita-Schichten und Partnachschichten aus. Pichler macht auch sonst in den sehr knapp gehaltenen Angaben über den Jackl keinerlei Erwähnung eines Cardita-Fundes. 16 W. Hammer. [16] Die Lagerung des Horizonts über dem Diploporendolomit, im Vergleich mit der Stratigraphie der umliegenden Triasbezirke, spricht gleichwohl dafür, daß hier Aquivalente der Raibler Schichten vorliegen. Vergleich mit benachbarten Triasgebieten. Der Verrucano des Jaggl schließt sich völlig dem des Münster- tales an mit jenen Unterschieden, welche durch den Einfluß des Untergrundes gegeben sind. Da er hier größtenteils über Granitgneis transgrediert, entspricht er am meisten dem der Nordseite des Münstertales; die violett und grün gefleckten serizitischen Schiefer der Südseite des Münstertales fehlen hier und Serizitphyllite sind selten. Gegenüber dem Glarner Gebiet besteht hier ebenso wie im Münstertale der Unterschied im Mangel der polygenen Konglomerate und der Eruptivgesteine. Bei den Ablagerungen der Trias zeigt sich zunächst eine weit- schende Übereinstimmung mit der Schichtfolge der Engadiner Dolomite, zunächst besonders mit der Lischannagruppe, wie dies schon Schiller!) auf Grund von Deningers Profil erkannt hat. Von den Gesteinen des Muschelkalks kehren die dunkelgrauen, encrinitenführenden Dolomite sowohl in der Lischannagruppe als auch in den Triasresten des Sesvennastockes wieder, auch hier in dem unteren Teil des Muschelkalkes und ebenso finden wir beiderseits des Avignatales (Sterlex, Arundakopf) und am Piz Lad bei Nauders die rötlichgrauen Kalkschiefer, welche an letzterem Fundort nach Schiller auch Encriniten enthalten, was bei ihrer petrographischen Gleichheit und der gleichen Vergesellschaftung mit den anderen Muschelkalk- gesteinen ein neuerliches Argument zugunsten der Einreihung des Kalkschiefergürtels am Jaggl in den Muschelkalk bildet. Ebenso sind die Kieselknollenkalke und die Kalke mit wellig-knolliger Oberfläche im Lischannagebiet ebenfalls in diesem Niveau enthalten. Im einzelnen treten viele kleine Schwankungen in dem ganzen Gebiete auf — zeist ja doch schon der enge Bereich des Jaggl beträchtliche Schwankungen in der Zusammensetzung auch dieser einzelnen charakteristischen Gesteine. So wurden von Schiller und mir an manchen Stellen des Lischanna-Münstertalgebietes schwarze Kalk- schiefer und schwarze, mergelige Schiefer beobachtet. welche dem Endkopf fehlen; die lichten gelblichen, gutgebankten Kalke des Schlinigtales kehren am Jaggl auch nicht wieder und fehlen auch am Piz Lad; mit dem Detailprofil dieses letzteren herrscht am Jaggl am meisten Übereinstimmung. Rauhwacken und Gips im oberen Teil des Muschelkalkes am Jaggl finden in der Lischannagruppe höchstens in Lagen porösen, gelblichen Dolomits eine Andeutung; wo im letz- teren Gebiet eine „untere Rauhwacke“ entwickelt ist, liegt sie zwischen dem Buntsandstein uud der Basis der Muschelkalke — dem 1) W. Schiller, Geologische Untersuchungen im östlichen Unterengadin, II. Piz Lad-Gruppe. Bericht d. naturf. Gesellschaft zu Freiburg i. B., Bd. XV, pag. 116 u. ff. [17] Die Schichtfolge und der Bau des Jaggl im oberen Vintschgau. 17 Niveau der Reichenhaller Schichten (Myophorienschichten) gemäß. Vielleicht entspricht dieser „unteren Rauhwacke* der lichtgraue, manchmal auch etwas poröse Dolomit, welcher den Muschelkalk des Jaggl einleitet. Uber dem Muschelkalk breitet sich im ganzen Engadin-Münster- talgebiet eine mächtige, gut gebankte Dolomitmasse aus, analog dem Diploporendolomit des Jaggl. Im Val Plazöl im unteren Münstertal fand ich die Gyroporella annulata, ebenso gibt sie Schiller in der Lisehannagruppe an. Im Niveau der Raibler Schichten ist besonders die Entwicklung im Münstertal der des Jaggl ähnlich: Rauhwacken mit Gips treten mächtig hervor. Daneben finden sich im Profil an der Nordseite des Umbrail-Piz Lad wieder die gleichen gelben, kalkigen Tonschiefer wie am Jaggl. Auch noch im Scarltal wird durch die Rauhwacken und porösen Dolomite (mit Gips?) die Ähnlichkeit hervorgehoben. Dagegen tritt auf der Inntalseite teilweise eine ganz fremdartige Ausbildung ein in Gestalt bunter Kieselschiefer, roter Tonschiefer und Sandsteine (ober Plan da Fontanas, am Eingang ins Scarltal). Für die Raibler Schichten des Münstertales konnie Dr. A. Spitz nach seiner freundlichen, mündlichen Mitteilung das Alter derselben durch Fossilfunde sicherstellen, während es an den anderen Stellen bloß aus der Lagerung zu den Dolomiten geschlossen wird. Der Umstand, daß sowohl hier als am Jaggl die gelben, kalkigen Tonschiefer ein charakteristisches Glied derselben bilden, legt es nahe, diese gleichen Schiefer, welche in den Schichten an der Basis des Ortlers auftreten, als einen Anhalt für die Zuordnung auch dieser Schichtgruppe zu den Raibler Schichten zu erfassen, so daß hier also doch im Sinne von Frechs Stratigraphie des Ortlers eine Trans- sression der Obertrias statt hätte. Allerdings stimmen die anderen Bestandteile der Ortlerbasisschichten wenig mit den Raibler Schichten des Engadin und Jaggl überein. Fassen wir das Ergebnis des Vergleiches zusammen: die Schicht- folge des Jaggl gehört zum Faziesbezirk der Unterengadiner Dolomiten und Münstertaler Alpen und schließt sich damit der Triasentwicklung der Nordtiroler Kalkalpen an. Die Trias, welche östlich jenseits der Otztaler Gruppe im Wipp- tal sich ausbreitet, weist dagegen bedeutende Verschiedenheit auf gegenüber der Jagglschichtfolge; es fehlt im Wipptal die mächtige Entwicklung der unteren und größtenteils auch der mittleren Trias. Nur an der Saile scheinen Raibler Schichten noch entwickelt zu sein und mündlichen Mitteilungen von Herrn Dr. F.v. Kerner zufolge wird wahrscheinlich auch an der Nordseite des Gschnitzer Tales der = Hauptdolomit noch von Raibler Schichten und einem tieferen Dolomit unterlagert. Rhät überdeckt an den Kalkbergen des Wipptales in mächtigen Schichten von Glimmerkalk und Pyritschiefern den Haupt- dolomit, während im Lischannagebiet der Lias direkt über dem Haupt- dolomit transgrediert. Nur der Südrand des ganzen Engadin-Ortlertriasbereiches nähert sich durch die stärkere Ausbildung des Rhät, und wenn man jener oben gegebenen Andeutung folgend die Ortlerschichtfolge mit Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Band, 1. Heft. (W. Hammer.) 3 18 W. Hammer. [18] Raibler Schichten beginnen läßt, auch durch den Mangel der unteren Trias der Wipptaler Fazies — Frechs zentralalpiner Fazies — eine Annäherung, von der auch bereits in Frechs Schriften (Lethaea, Ge- birgsbau der Tiroler Zentralalpen) zu lesen ist. Es ergibt sich dadurch im oberen Vintschgau ein Übergang von der zentralalpinen zur nordalpinen Entwicklung. Die Dolomite sind im Engadin und am Jaggl kaum mehr kristallin als in den Nordalpen, wo der Hauptdolomit ja auch häufig eine sehr feinkristalline („zuckerkörnige*) Struktur besitzt. Die Kalkschiefer scheinen leichter eine etwas bessere Auskristalli- sierung einzugehen, insofern sowohl im Wipptaler als im Engadin- Jagglgebiet hier die Kalkschiefer des Muschelkalkes, dort die rhätischen Glimmerkalke eine vollständigere Kristallisation der Bestand- teile zeigen. Die Glimmerkalke des Wipptales sind übrigens bedeutend mehr cipollinartig als die Kalkschiefer am Jaggl. Die Knollenkalke und der Hornsteinkalk sind dagegen gar nicht metamorph. Eine Abhängigkeit der Metamorphose der Kalke und Dolomite von der Lage des Gesteins zu den Störungsflächen oder der Faltungs- intensität besteht nicht. So ist zum Beispiel der Diploporendolomit zwischen der den Jaggl durchschneidenden horizontalen Schubfläche und den karnischen Rauhwacken ganz gleich wie in der oberen und unteren Dolomitplatte; anderseits sind die Kalkschiefer an allen Stellen, sowohl über dieser Schubfläche als an der Basis der ganzen Jagglscholle gleich und ebenso gleich in Vorkommen am Fuße des Piz Lad und im Avignatal. In den Kalkschiefern kann übrigens der srößte Teil der feinen Glimmerschüppchen auch durch Einschwemmung aus dem nicht allzufernen kristallinen Festland hineingekommen sein; nur selten, wie zum Beispiel an der Nordostseite des Jaggl, findet man etwas größere, in kleine Nester gescharte Muskovit- blättchen, welche entschieden eher als Produkte einer Metamorphose angesehen werden können. III. Bau des Jaggl. 1. Der Verband der jüngeren Schichten mit dem Grund- gebirge. Die dem kristallinen Grundgebirge nächstliegende Schicht, der Verrucano, ist eine grobkörnige Arkose, das heißt die Wiederverkittung der bei der Erosion auseinandergelösten Teile des Gneises. Wie im Münstertal, dort, wo der Verrucano über dem Granitgneis liegt, die Arkosen den Hauptbestand des Verrucano ausmachen, während im Ciavalatschkamm der Transgression über Phyllitgneis die Serizit- phyllite und die serizitischen Schiefer des Muranzatals entsprechen, so bedingt der Granitgneis, welcher von St. Valentin bis zum Hengst den Verrucano unterlagert, die Arkosen des Verrucano in diesem Gebiet. Auch im Poschental trifft man an der Grenze gegen den Verrucano noch mächtige Granitgneislager in den kristallinen Schiefern. [19]. : Die Schichtfolge und der Bau des Jaggl im oberen Vintschgan. 19 Daß es aber tatsächlich der zunächstliegende Granitgneis war, der das Material lieferte, wird dadurch bekräftigt, daß in der Arkose am Pleißköpfl auch wieder die rötlich gefärbten Feldspate sich finden, welche den unmittelbar angrenzenden Augengneis von allen übrigen unterscheiden. In der ganzen Zone von Valentin bis Vivanital ist auch die Grenze von Verrucano und Augengneis so unscharf als es einem der- artigen ungestörten Transgressionsverhältnis entspricht, da die wieder- verkitteten Bestandteile des Gneises in geschiefertem Zustand und unter Serizitneubildung dem Ausgangsgesteine sehr ähnlich werden müssen. Gleiches wurde im Münstertal beobachtet. An der Ostseite des Hengst und Poschenbachgrabens fehlen geeignete Aufschlüsse, da die Grenzlinie gerade in die Zone des Moränen- und Bach- schuttes fällt. Infolge dieser Beziehungen des Verrucano zum Grundgebirge läßt sich ein Heranschieben des Trias-Verrucanoblocks aus der Ferne über das Grundgebirge hin nicht annehmen. Wohl aber haben Bewegungen in vorwiegend vertikaler Richtung einen Teil dieser Grenze betroffen. Am Nordwestrand stößt die obere Rauhwacke, beziehungsweise der Diploporendolomit ohne Zwischenlagerung älterer Trias oder des Verrucano unmittelbar an die kristallinen Gesteine des Arluiberges. Im Marbeltal stoßen die nahezu schwebend liegenden, schwach SO fallenden Bänke der oberen Rauhwacke an einer steil bergeinfallenden Fläche mit den ebenfalls steilstehenden kristallinen Gesteinen zu- sammen, und zwar mit einem Lagergang von Quarzporphyrit, der an seinem nördlichen Rande noch die normale porphyrische Struktur zeigt, gegen den Bruch zu aber so heftige Druckschieferung erlitten hat, daß er zu einem blätterigen Serizitschiefer mit Porphyrquarz- körnern geworden ist. Dabei liegen die randlichen schieferigen Teile flacher, sind also wohl bei der Bewegung an dem Bruch geschleppt worden. Lachmann gibt an, daß er an der Grenzfläche auch Stück- chen des hier sonst nicht vorkommenden Muskovitgneises gefunden habe und ich beobachtete Trümmer eines zerquetschten Ortho- Muskovitgneises am Grauneralpweg an dieser Grenze. Die Bruchlinie verlauft mit SSW-Streichen vom Marbeltal über den Arluiwald bis zur Reichsstraße südlich Graun. Im Arluiwald ent- fernt sich der Porphyritgang vom Bruch, anderseits taucht unter den Rauhwacken noch ein Blatt Diploporendolomit empor und der Bruch trennt am Westhang diesen von den über dem Porphyrit liegenden Gneisglimmerschiefern, welche zu einer engen Knickfalte zusammengeschoben sind, ein Vorgang, der vielleicht auch mit der Bewegung an der Bruchfläche in Zusammenhang steht, da die zum srößeren Teil ebenso wie auf den Arluiwiesen steil NW-fallenden Schiefer erst knapp am Rand plötzlich in ein steiles SO-Fallen ab- geknickt sind. Stache gibt in seiner Manuskriptkarte hier Verrucano im Liegenden der Trias an, doch ist das Gestein bis zum Dolomit hin deutlicher Gneisglimmerschiefer und auch die grünlichen Schiefer, welche am südwestlichen Ende der ganzen Grenzzone nahe neben der Reichsstraße einen kleinen Hügel bilden, sind intensiv verquetschte, 9% [77 = Henost al =) : TEN j 5 = E Viranibach Dr ea X “. | Grauner Wände TRIER 3 Fig. 1. Maßstab: 1:18.750. = gan — Piotitplagioklasgneis und Zweiglimmergneis. — au = Augengneis. — rau = Augengneis mit rotem Feldspat. — a Mg —= Muskovitgranit. — x — Porphyrit. — v — Verrucano. — b — Quarzsandstein. — e — Encrinitendolomit und Knollenkalk. — k = Kalkschiefer und untere Rauhwacke. — d = Diploporendolomit. — 0" — obere Rauhwacke. [21] Die Schichtfolge und der Bau des Jaggl im oberen Vintschgau, 91 serizitische und an Rutschflächen zerblätterte Gneisglimmerschiefer, verschieden von den Serizitgesteinen des Verrucano. Lachmann bezeichnet das Gestein als Serizitquarzit und reiht es ebenfalls in das kristalline Grundgebirge ein. Es ist hier am Nordwestrand also die Triasscholle an einer steil SO einfallenden Fläche abgesunken gegenüber dem Grundgebirge, so daß Verrucano und untere Trias nicht mehr zutage kommen, sondern der Diploporendolomit, beziehungsweise die obere Rauh- wacke am kristallinen Gebirge abstoßen. Am Westabhang des Hengst verlauft die Verrucano-Gneisgrenze vom Kamm in Westsüdwestrichtung gerade über den Berghang herab bis ins Tal, während der Buntsandstein und Crinoidendolomit eine segen SO sich öffnende, liegende Kniefalte bilden (siehe Fig. I), so daß zu erwarten wäre, daß auch die Verrucano-Gneisgrenze dieser Einfaltung gemäß gegen NW sich vor und wieder zurück bewegen würde. Es sieht also sehr danach aus, daß auch hier ein Bruch auftritt. Vom Hengst bis Dörfl ist die Transgressionsgrenze erhalten ge- blieben. Im Poschenbach ist die Grenze fast hin und hin überschüttet oder verwachsen; irgendwelche Anzeichen eines Bruches fehlen, die Schichtfolge vom Gneis über Verrucano, Buntsandstein zum Trias- dolomit ist vollständig, die Diskordanz im Streichen, welche zwischen dem südlichsten Teil der Ostwände des Hengst und dem nächsten Urgebirgsrücken jenseits der trennenden Halde besteht, kann durch die transgressive Lagerung erklärt werden, vielleicht daß auch noch der Bruch an der Westseite des Hengst sich ein Stück weit über den Berg herüber fortsetzt. Im Poschenbachgraben herrscht wieder Ubereinstimmung des regionalen Streichens. Ebenso streichen auf der Strecke Vivanibach—Dörfl Gneis und Verrucano-Trias überein- stimmend, der gemeinsamen letzten Auffaltung entsprechend. Ich stehe mit der Anschauung von der Bodenständigkeit der Verrucano-Triasscholle des Jaggl im Widerspruch zu Lachmann, welcher die Grenzfläche von Verrucano und Gmneis als eine Über- schiebungsfläche ansieht, auf welcher die Jagglscholle von Osten her kam. Soweit sich die angeführten Gründe auf die Störungslinie im Nordwesten beziehen, wie das Zusammenstoßen von oberer Rauhwacke und Kristallin, sind wir in Übereinstimmung, nur läßt sich an der Dislokationslinie des Arluiberges nicht weiter fest- stellen, ob es ein steilstehender Bruch oder eine später aufgerichtete Uberschiebungsfläche ist. Daß der Verrucano im Südost über kristallinen Schiefern verschiedener Art liegt — Augengneis vorwiegend, im Poschenbach auch Zweiglimmergneis und Muskovitgranit — entspricht dem Charakter der Transgression. Wenn Lachmann aus dem Poschental (in Lachmanns Text steht irrtümlich Riglbachtal) ein schräges Verlaufen des Buntsandsteins gegen eine senkrechte Trennungs- fläche beobachtet haben will, so muß ich diesbezüglich auf die beider- seitigen Karten verweisen, aus denen hervorgeht, daß Lachmann durch den ganzen Poschenbachgraben hinab das durch zahlreiche Auf- schlüsse leicht ersichtliche Fortstreichen des Verrucano und Bunt- sandstein längs der Grenze übersehen zu haben scheint, da er auf 29 W, Hammer. [22] seiner Karte von 2400 m an — also vom oberen Ende des Grabens — bis zum Karlinbach hinab keinen Verrucano oder Buntsandstein einzeichnet, sondern die anisisch-ladinischen Gesteine an den Gneis stoßen läßt, was die Schlußfolgerung einer Dislokationslinie her- vorruft. Aber auch am Osthang des Hengst ist von einem solchen Abschneiden nichts zu sehen, Verrucano, Buntsandstein und Muschel- kalk sind einheitlich gefaltet — zwischen ihnen und dem Gneis aber liegt Moräne und Haldenschutt. Ein wichtiges Argument zugunsten Lachmanns Ansicht ist die Angabe, daß er am Pleißköpfl an der Grenze eine Reihe von Blöcken eines Quarzits gefunden habe, der nirgends aus dem weiteren Gebiet des Jaggl bekannt sei, Blöcke, welche Zeichen intensiver mechanischer Beanspruchung zeigen. Nachdem ich die Grenzzone am Pleißköpfl schon vorher kartiert hatte, beging ich sie nach Erscheinen von Lachmanns Arbeit noch zweimal und suchte sie auf das sorgfältigste ab — aber mit negativem Ergebnis rücksichtlich Lachmanns An- gaben !). Ich fand einen Block, der mir auf Lachmanns Beschreibung zu passen schien: ein schwärzliches Schiefergestein mit reichlichen Quarznestern im Querbruch, teils weißer Quarz, teils glasig durch- sichtiger und daher im Gestein dunkel erscheinender Quarz. ähnlich den Quarzen im Verrucano; dazwischen Flasern eines schwärzlichen, feinschieferigen, dichten Gemenges, das auf den Schieferungsflächen verdrückte, geschwärzte oder rostige Muskovitflasern zeigt, seltener Aggregate besser erhaltener, silbrig glänzender Muskovite und dann einem zerdrückten Phyllitgneis ähnlich sehend. Eine Fläche trug einen unvollkommen entwickelten Harnisch. Sieht also das Gestein mikro- skopisch manchen Quetschzonen in Gneisen ähnlich, so ergab die mikroskopische Untersuchung, daß die in Serizitflasern eingebetteten Aggregate größerer klastischer Quarze ganz dem Dünnschliffbilde der Schliffe aus dem Verrucano entsprechen. Es entspricht dieses Gestein allem Anschein nach einer lokalen Quetschzone an der Basis des Ver- rucano, welche vielleicht ein Ausläufer der Verwerfung am Hengst ist, aber es besteht keinerlei Veranlassung oder Notwendigkeit, darin den Zeugen für eine ortsfremde Herkunft des Jaggl zu erblicken. Außer diesem Block fand ich mehrfach Quarzknollen bis zu Kopfgröße und noch größere, milchweiß, rötlich oder grau, mit Sericitschiefer- schuppen umhüllt oder solche einschließend, welche allenfalls Lach- manns Blöcken entsprechen könnten. Es finden sich alle Übergänge von ihnen bis zu den kleinen Quarzgeröllen der Verrucano und ich vermag darin keine Zeugen tektonischer Vorgänge zu erblicken; sie lassen sich als aus den Gneisen stammende Gerölle ungezwungen auffassen. !, Herr Dr. Lachmann hatte die Freandlichkeit, mir brieflich mitzuteilen, daß er einen solchen am Grat befindlichen Block durch ein eingemeißeltes Kreuz gekennzeichnet habe, doch vermochte ich leider auch dieses nicht wiederzufinden, was wohl durch die Verwitterung oder durch Abrollen des blockigen und von Menschen und Weidevieh öfters begangenen Kammes erklärt werden kann. In dem Briefe versicherte mir Herr Dr. Lachmann, daß die Blöcke sicher nicht ident sind mit dynamometamorphiren Verrucano, so daß also der nachfolgend beschrie- bene Block doch nicht den Lachmannschen eutsprechen würde. [23] Die Schichtfolge und der Bau des Jaggl im oberen Vintschgau. 23 Die Grenzzone ist leider über den ganzen Pleißkopf weg nirgends derart aufgeschlossen, daß man Verrucano und Gneis unmittelbar aneinandergrenzen sieht, es bestätigte sich mir aber bei dieser Nach- sicht der früher gewonnene Eindruck, daß diese Grenze (besonders am Kamm, wo die Gesteine einander am nächsten rücken) eine unscharfe ist, aus der Zerfallsoberfläche des Gmneises in die Aufarbeitungs- produkte übergehend. Wenn Lachmann weiters in den Verrucanoschichten Stücke gefunden hat, welche auf zwei Richtungen des Druckes schließen lassen, so kann darin doch kein Argument für eine Heranschiebung aus der Ferne und nachträgliche Faltung entnommen werden, sondern nur eine zweimalige (auch aus verschiedenen Richtungen kommende) mechanische Beanspruchung ; die Transversalschieferung, welche an manchen Teilen des Verrucano sehr schön ausgeprägt ist, entspricht der Belastung durch das übergeschobene kristalline Gebirge und der Auffaltung. Als weiteres Argument gibt Lachmann die Serizitisierung der Feldspate an und da diese „an eine Fläche geknüpft ist, so kann auch hier nur eine in der Fläche wirkende Ursache, wie sie die Uberschiebung ist, als Erklärung herangezogen werden. Eine Seriziti- sierung wäre nur im Muldentiefsten, das heißt auf einer Linie mög- lich, in der die Wirkungen der faltenden Kräfte ihr Maximum zeigen.“ Demgegenüber möchte ich bemerken, daß die am meisten serizithaltigen Gesteine des Verrucano, die Serizitquarzitschiefer, im oberen Teile derselben und nicht an der Basis (der „Zwischenfuge*) liegen und daß bei so intensiver überkippter Faltung doch ebenfalls eine Wirkung in der Fläche eintritt. Einen letzten entscheidenden Beweis sieht Lachmann in dem außerordentlich verwickelten Bau der Triasscholle, gegenüber dem der kristalline „Unterbau durch Risse so gut wie gar nicht zerlegt ist“. Aus der Kompliziertheit des Baues allein ist auf die Art desselben doch wohl kein Schluß zu ziehen — komplizierte Verhältnisse können sicher ebenso durch Faltung autochthonen Gebietes entstehen; was aber den Gegensatz von triadischem „Oberbau“ und kristallinem „Unterbau“ betrifft, so liegt dieser vor allem in der verschiedenen Art begründet, mit welcher Gneise und Glimmerschiefer einerseits und nicht oder wenig metamorpher Kalk und Dolomit anderseits, vor- sefaltetes Grundgebirge und jüngeres Deckgebirge auf gebirgsbildende Einflüsse reagieren. Auch ist hier zu bedenken, daß unsere Kennt- nis der Tektonik des kristallinen Grundgebirges eine weit schlechtere als jene des Deckgebirges ist, dessen Schichtfolge besser bekannt ist, Zweifellos entziehen sich zahlreiche Dislokationen des kristallinen Bereiches unserer Kenntnis. Nach allem dem oben gesagten erscheint mir demnach der Be- weis für den Schubmassencharakter des Jaggl und seine Herkunft aus Osten nicht erbracht. Was die Herkunft aus dem Osten anbelangt, so würde diese zwar mit der Bewegungsrichtung der Faltung im Jaggl in Uberein- stimmung gebracht werden können, aber es wird kaum gelingen, eine „Wurzel“ für eine solche Schubmasse aufzufinden. Im ganzen inneren 24 W. Hammer. [24] Ötztaler Massiv fehlen Triasschichten völlig und die Richtung der Faltenzüge im Innern des Gebirges, NO bis O, stimmt wenig zu einer solchen Annahme; die Trias des Wipptales an der Ostseite der Otztaler Gruppe ist beträchtlich verschieden von der des Jaggl, wie früher auseinandergesetzt wurde. Der Jaggl besitzt eine Meereshöhe von 2652 m und die Triasschichten reichen an seiner Westseite bis zum Talboden in 1490 m herab; die umliegenden Gipfel im kristallinen Gebirge dagegen erheben sich alle nahe bis 3000 m, so daß also die Triasscholle des Jaggl tief ein- gesenkt in das kristalline Gebirge erscheint. Zunächst kann dafür namhaft gemacht werden, daß die Sedimente des Jaggl bei ihrer Ablagerung bereits tiefer lagen als das umgebende kristalline Fest- land, dessen Erosionsprodukte im Verrucano und Buntsandstein da- liegen — vielleicht ist auch der Glimmergehalt der Kalkschiefer auf Einschwemmung zurückzuführen. Des weiteren ist an der Bruchlinie im NW das jüngere Gebirge gesenkt im Verhältnis zu den Glimmer- schiefern des Arluiberges oder letztere gehoben. Diese Dislokation läßt sich nach beiden Seiten hin nicht weiter verfolgen, sie ver- schwindet unter den Alluvionen der Täler und altem Moränenschutt. Endlich ist die Jagglscholle von Osten und Südosten her gefaltet und dabei das Grundgebirge in die Höhe des Jaggl empor und darüber hinauf bewegt worden. Der Bau des Jaggl, Pleißkopf und Hengst. a) Die untere Dolomitplatte und ihr Liegendes. Den wuchtigen Sockel von Jaggl und Pleißkopf bildet der bis zu 400 m mächtige Gyroporellendolomit, am Pleißkopf taucht unter ihm noch Muschelkalk und Verrucano auf. (Siehe Tafel I.) Der Diploporendolomit umgürtet den Berg mit einer düsteren, hohen Wand- stufe, oberhalb welcher erst die flacheren Hänge des Arluiwaldes sich ent- falten. Vom Westgipfel des Pleißkopf fällt er steil nach NW ab, ver- flacht sich stark im unteren Vivanital — stellenweise ist außerhalb der Grauner Alpe O-Fallen zu beobachten — um dann nördlich des Vivanibaches wieder etwas steilere Neigung anzunehmen. Am Nord- ende der Grauner Wände senkt er sich rasch flexurartig zur Tiefe. Einer Störung, welche hier auftritt, sei später gedacht; ein kleiner Teil des Diploporendolomits nur mehr setzt sich in flach muldenförmiger Lage an der Talsohle neben der Reichsstraße gegen Norden fort und erhebt sich, eine steile Felsmauer im Waldgehänge bildend, längs der Arluistörungslinie bis zu den Arluimähdern, wo er endlich von der Störungslinie abgeschnitten wird. Im Bereiche des Arluiwaldes ist der Dolomit von der oberen Rauhwacke bedeckt und erst jenseits des Marbeltales reicht er wieder bis zu den hohen Schutthalden ober dem Karlinbach herab. Er formt hier den krummholzdurchzogenen unteren Teil der Nordwände des Jaggl. Uber dem Marbeltal hin steht die mächtige Dolomitmasse in Zusam- menhang mit Vivanital und Pleißkopf. Das Streichen der Dolomit- platte ist am Pleißkopf nahe dem Liegenden NNO bis fast NS, im [25] Die Schichtfolge und der Bau des Jaggl im oberen Vintschgau. 9 Vivanital NO und zwischen ihm und dem Langtauferer Tal wieder näher an NNO, bis am Ostrand gegen den Muschelkalk wieder nahezu NS-Streichen eintritt. Das NW-Fallen herrscht auch im ganzen nörd- lichen Teil; in jähen Plattenschüssen sinkt der Dolomit unter die Rauhwacke des Marbeltales hinab, während der schmale Gegenflügel am Arluiberg SO fällt. Gegen den Muschelkalk des Poschenbach zu stellt sich ONO-Fallen ein, so daß in Kombination mit dem O-Fallen bei der Grauner Alpe sich eine Aufwölbung der Dolomitplatte am Jaggl ergibt, der im NW die Mulde der Rauhwacken gegenübersteht. Mit dem Aufschwung der Dolomitmasse im Süden kommt unter ihr der Muschelkalk, Buntsandstein und Verrucano an die Oberfläche. Zuerst erscheinen sie in zwei kleinen, von Unterfaltungen begleiteten und gegen NW überkippten Antiklinen am Ausgang der Vivanibach- schlucht, dann taucht der Dolomit an dem Krummholzrücken, der den inneren Talaiwald gegen N abgrenzt, wieder tief herab und erst südlich desselben schwingen sich die Verrucano-Muschelkalkgesteine wieder aus der Tiefe heraus und rasch bis zum Gipfelkamm des Pleißkopf empor (siehe Fig. 1). An den im Krummholz steckenden Felsköpfen und besser noch an den Gipfelwänden ist weithin zu sehen, wie sie mehrere eng zusammengepreßte, sehr steilstehende oder etwas nach WNW überkippte Falten bilden, welche ebenso wie am Vivanibach im Dolomit rasch ausklingen und einem gleichmäßigen, steilen NW-Fallen Platz machen; zahlreiche kleine Brüche und Spalten durchsetzen den bröckligen, dickbankigen Dolomit. An diesen eng- gepreßten Falten beteiligen sich nur der Muschelkalk und der Bunt- sandstein (lichte Quarzsandsteine, an einer Stelle auch noch die grünen Serizitquarzitschiefer), der eigentliche Verrucano tritt nicht mehr in die Antiklinalen ein; in ihm stellt sich ebenso wie im Dolomit rasch eine ziemlich gleichmäßige steile Schichtstellung ein. Am öst- lichen Pleißkopf biegen sich seine Schichten am Kamm sgarben- artig auseinander. Seine tiefsten Lagen fallen sehr steil unter die Gneise ein. Das Streichen ist am Pleißkopf und in seinen Südwänden NS. Gegen den Gneis zu dreht es sich wieder gegen NNO und im Gneis selbst dann in NÖ herum. Die steil OSO fallenden Bänke des Verrucano werden von einer feinen, flach WNW fallenden Transversal- schieferung durchschnitten. Die Verrucanogneisgrenze streicht vom Pleißkopfkamm gegen Süden unter den Schafpleissen durch fort in das breite Schuttkegel- tal gerade östlich über St. Valentin, wobei der Verrucano immer ziemlich steil gegen O unter den Augengneis einfällt. Der bewaldete Rücken südlich des Pleißkopf besteht bis 2000 m hinauf aus Verrucano, wobei zu eberst die grobkörnigen Arkosen, im mittleren Teil (bei dem Waldsattel 1812 ») Serizitquarzitschiefer und zu unterst ober St. Valentin wieder die Arkosen anstehen, während an der dem Pleiß- kopf zugekehrten Seite am Fuß noch Quarzsandsteine, die schon zum Buntsandstein zu rechnen sein dürften, anstehen; dabei ist die Lagerung im untersten Teil flach O fallend (NS-Streichen); es kommt also im Verrucano noch die Form der im OÖ steil aufgebogenen und etwas überkippten Mulde, wie am Pleißköpfl, zum Ausdruck. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Band, 1. Heft. (W. Hammer.) 4 96 W. Hammer. [26] Im mittleren Talaiwald — dem Bergrücken über Dörfll — zerteilt sich die Verrucanozone in zwei Streifen. Unter, zwischen und über ihnen liegt Augengneis, die ganze Schichtfolge streicht NO und fällt mäßig steil bergein. Schon am Pleißkopf ist der Augengneis, welcher zunächst am Verrucano liegt, durch den grünen Serizitbelag der Schieferungs- flächen und die rötliche Färbung der großen Kalifeldspate ver- schieden von der übrigen Masse des Augengneises, welcher das Groß- horn und den Habicherkopf bildet. Wie aus der Arbeit über die „Augengneise des oberen Vintschgau* (Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1910) zu ersehen ist, besteht auch in der chemischen Zusammensetzung ein gewisser Unterschied zwischen dem Gneis mit roten Feldspataugen und dem „Plawener Gneis“. Diese nicht sehr mächtige Gneiszone begleitet den Verrucano bis Dörfl, und zwar sind die zwei Verrucanolagen “ im mittleren Talaiwald oben und unten von diesem Gneis begleitet. Der obere Verrucano endet bereits an dem nordwestlichen Wald- kamm, der begleitende Gneis mit rotem Feldspat aber läßt sich noch weiter durch das ganze Waldgehänge ober Dörfl verfolgen. Obere und untere Zone sinken schließlich unter den weitgespannten Schutt- kegel ober den Fischerhäusern und tauchen nicht wieder auf. Die Verrucano-Muschelkalkzone des Pleißköpfls setzt sich über das Vivanital weg zum Hengst fort und streicht dann ins Poschen- bachtal hinab. Dieser Teil wird bei der Besprechung der oberen Teile des Jaggl folgen. b) Das Hangende der unteren Dolomitplatte. Die muldenförmige Einbiegung der Doiomite im Nordwesten wird von der oberen Rauhwacke ausgefüllt. Im Marbeltal ist ihre muldige Zusammenbiegung gut zu überblicken; am Fuße der Wände des Jaggl lehnen die dickbankigen Rauhwacken und Gipsdolomite steil aufgebogen an den Platten des Dolomits, von den Wasserrinnen in einzelne hochragende Zungen zerteilt, an den kleinen brüchigen Seitengraten am Fuße der Wände aber und an den das Tal im Westen abschließenden Wänden fallen sie, von kleinen sekundären Fältelungen gekräuselt gegen SO ein, der Nordschenkel der Mulde ist demnach bedeutend mächtiger als der Südschenkel, so daß die‘ kleinen Faltungen vielleicht als Schleppfaltungen an Verschiebungen innerhalb des Nordschenkels zu deuten sein werden. Auch in der Fortsetzung der Mulde gegen SW ist der Nord- schenkel weit mächtiger als der Südschenkel, welche beide steiles Ein- fallen gegeneinander zeigen. In den Felshängen über der Reichsstraße, südlich von Graun, geht die Rauhwackenmulde schließlich in die Luft aus. Dabei zeigt sich hier eine eigenartige Störung. (Siehe Fig. 1 u. Taf. II.) Der Diploporen- dolomit der „Wände“ senkt sich rasch gegen NW herab, er steht aber in seinen oberen Bänken nicht direkt in Verbindung mit der mulden- förmigen Dolomitplatte, welche die Rauhwackenmulde unterlagert, sondern hier schiebt sich eine Partie der Rauhwacke dazwischen, so daß der oberste Teil des Dolomits spornartig in der Rauhwacke aus- [27] Die Schichtfolge und der Bau des Jaggl im oberen Vintschgau. 27 keilt. Leider verdecken die großen Schutthalden das südliche Ende dieser Störung. Isoliert liegt weiter südlich am Fuße der Halden noch ein Felsköpfchen aus breceiösem Dolomit, Rauhwacke und etwas lichtgrauen porösen Dolomits (OW streichend und ziemlich steil S fallend), das vielleicht ein abgetrennter Rest des nördlichen Rauh- wackenkeiles ist, wenn es nicht schon der unteren Rauhwacke angehört. Unter der Mulde der oberen Rauhwacke steigt, wie oben be- schrieben, steil aufgebogen im Südost der Diploporendolomit herauf und der sattelförmigen Wölbung entsprechend trifft man in dem höheren Gehänge des Endkopf wieder die durch die Erosion abge- trennte Fortsetzung des Rauhwackenhorizontes. Zwischen 2100 und 2200 m Höhe zieht ein Gürtel von Rauhwacke von der Nordwestkante an durch das westliche Gehänge bis ins Vivanital. Sowohl über den Wänden des Marbeltales als auch im Vivanital finden sich in ihm die charakteristischen gelben, kalkigen Tonschiefer. In den Wänden ober dem Marbeltal ist die Mächtigkeit gering, der Rauhwackegürtel endet hier nahe der Nordwestkante. Die Platten des Diploporendolomits fallen, ohne in die flachere Lage der Rauhwacke und der darüberfolgenden Schichten einzubiegen, von der Rauhwacke so unvermittelt steil nach NW ab, daß es den An- schein einer bruchweisen Abknickung gewinnt. In den Westhängen des Jaggl ist der Gürtel der oberen Rauhwacken schlecht aufge- schlossen, doch läßt er sich, bald in Rinnen, bald auf den dazwischen- liegenden Krummholzrücken aufgeschlossen, hin und hin verfolgen bis an die Bergkante gegen das Vivanital, wo er dann in dem großen Muranrißgebiet außerhalb der Grauner Alpe in voller Mächtigkeit schön aufgeschlossen ist. Hier fällt der unterlagernde Dolomit gegen Östen ein, bildet also einen antiklinalen Gegenflügel zu den NW fallenden Platten im Marbeltal, und zwar fällt er in Ausflußgraben der Mure steil gegen O und biegt kurz unterhalb der Basis der Rauh- wacken plötzlich in flaches O-Fallen ab, welches auch die Rauwacken- schichten beibehalten. Mit diesen Aufschlüssen außerhalb der Grauner Alpe endet dieser Gürtel im Süden. h Uber ihm liegt nun wieder dunkelgrauer Dolomit zunächst. Über dem Marbeltal und in den Westhängen ist er breceiös und splitterig, weiter gegen Süden wird er deutlicherdickbankig und überlagert dergestalt auch in der Mure außerhalb der Grauner Alm die obere Rauhwacke, gegen Osten mit mittlerer Neigung abfallend. (Fig. 2 links unten.) In der Wandzone ober der Mure selbst aber noch ändert sich plötzlich das Fallen; an einer gegen O abfallenden Fiäche stoßen auf jene ÖOst- fallenden Bänke mit ähnlicher Neigung gegen WNW-Fallende des gleichen Dolomits; und dieser bildet nun den untersten senkrechten Abfall der Südwände des Jaggl über der Grauner Alm. Hier ent- halten die dieken Bänke des dunkelgrauen Dolomits massenhaft Gyroporellen, welche in den gut erhaltenen Stücken als zur Gruppe der annulata gehörig sich erweisen. Es besteht diese mittlere, dünne Dolomitplatte — ihre Dicke von der Obergrenze der Rauh- wacke bis zur Schubfläiche im Hangenden ohne Rücksicht auf die Neigung der Bänke gemessen, beträgt im Süden höchstens 100 m, im 4* 28 W. Hammer. [28] Nordwest etwa DO m — also aus demselben Gyroporellendolomit wie die obere und untere. c) Die obere Dolomitkuppe und die Falten und Überschiebungen des Muschelkalk-Verrucanozuges Hengst-Poschenbach. Die mittlere Dolomitplatte endet nach oben an einer flach- liegenden Schubfläche, welche auf der Grauner Alpe in modellartiger Klarheit schon von weitem zu erblicken ist: Die WNW fallenden Dolomitbänke, welche die Wandstufe ober der Grauner Alpe bilden, werden im obersten Teil derselben glatt abgeschnitten und darüber legen sich in anscheinend schwebender Stellung die dünntafeligen lichten Kalkschiefer des Muschelkalkes. Die Trennungsfläche ist von seltener Schärfe — keine Vermengung der Gesteine in einer umfang- reicheren Reibungsbreccie ist eingetreten, sondern der Dolomit ist nur in nächste Nähe der Grenzfläche in eine festgepreßte brecciöse und etwas lichtere Form umgestaltet und gleich darüber beginnen die Tafelsätze der Kalkschiefer. Die Schubfläche streicht taleinwärts unter die Weidehänge der Alpe aus. Die Kalkschiefer bilden einen zweiten, höher als das Rauh- wackenband gelegenen Gürtel in mittlerer Höhe des Jaggl. Sie sind zusammenhängend unter den Gipfelwänden hin an der Westseite zu verfolgen — die weiße Farbe der Halden rührt hier mehr von ihnen als vom Dolomit her — dann streichen sie durch die Nordwände durch und enden erst in den Waldhängen über dem Poschenbach. Sie fallen sehr flach gegen N im Süden, gegen NW in den Nordwänden, so daß ihre obere Grenze von 2400 über der Grauner Alm auf 2270 an der Nordseite herabsinkt. An den Südhängen des Jaggl spaltet sich der Kalkschiefer- gürtel. Der obere Teil streicht zum Sattel zwischen Jaggl und Hengst. An seiner oberen Grenze tritt eine festere dicke Bank porösen licht- grauen Kalkes hervor, von ein paar dünneren gleicher Art unterlagert, welche gegen Osten zu mächtiger wird und sich aus der sonst flacheren Lagerung steil aufrichtet, aus der ONO-Streichrichtung mit, N-Fallen beim Sattel in die NS-Richtung umbiegt und hier gegen OÖ fällt, also überkippt wird. Der untere Teil der Kalkschiefer verläuft entlang der Schub- fläche und endet an den begrünten Schuttkegeln, welche dem Fuß des Hengst entspringen. Sie fallen flach bergein und streichen WNW. Zwischen die Aste der Kalkschiefer schiebt sich ein stumpfer Keil von Encrinitendolomit ein, in klotzigen von Grasbänder durch- zogenen dunklen Felsen sich gut von den lichten Schieferbändern ab- hebend. Dieser Encrinitendolomit reicht bis zu den Hängen des Hengst, wird dort von Knollenkalk und Hornsteindolomit umsäumt, dann folgen gegen SO zu der Buntsandstein, der Verrucano und endlich die Gneise. Die Knollenkalke und Buntsandstein- Verrucano bilden im oberen Gehänge eine gegen WNW sich öffnende liegende Mulde, in deren Kern der Encrinitendolomit eintritt; tiefer am Hang folgt eine bereits teilweise unter die Schuttkegel fallende gleichgebaute Antikline, welche der TER NN NN NN) ZN N) \ NN In: 167 / ul! IN el A [ ER tl EN \ NS EN = \ = Z NY: N - un 1 A ER N SUN kei Nez N N \% RN, RI S —_ Ir DIS NIS IR S Na DIN Südseite des Jaggl, gesehen vom Abhang des Pleißköpfl. Fig. 2. Diploporendolomit. Kalkschiefer und untere Rauhwacke. — D — Enerinitendolomit, — % Quarzsandstein. — e b or = obere Rauhwacke. 30 W. Hammer. [30] Vorwölbung des Encrinitendolomits zwischen die Kalkschiefer entspricht. Am Fuß des Gehänges — am Ausgang der vom Sattel kommenden Rinne — tritt eine neuerliche kleine, gegen WNW überkippte und zerrissene Antiklinale im Buntsandstein ein. Wir befinden uns hier in der Fortsetzung der Verrucano- Muschelkalkzone, welche am Pleißköpfl die intensive Faltung zeigt; das Ausmaß der Faltung ist bedeutend gewachsen, die am Pleißkopf saiger stehenden oder wenig nach W übergebogenen Falten haben hier zu großen liegenden Falten sich entwickelt. Im Anschluß an die Schicht- folge des Muschelkalkes im Vivanischlucht-Pleißkopf-Südwandbereich, wo auch die Kalkschiefer über dem Encrinitendolomit liegen, fasse ich auch hier den Encrinitendolomit als den inneren, die Kalkschiefer als den äußeren Teil auf und deute das Kalkschieferband um den Jaggl herum als eine liegende Falte, deren Kern — der Enceriniten- dolomit — zurückgeblieben ist, während der äußerste Teil der Schicht- folge weiter in die Faltungsrichtung fortgezerrt und zu einer an- scheinend einfachen Kalkschieferlage zusammengelegt wurde. Zwischen den sich aneinanderlegenden Schenkeln aus Kalkschiefer liegt eine rauhwackig-breceiöse Bank. Im unteren Ast der Kalkschiefer ober der Grauner Alpe ist der Kalkschiefer an der Grenze gegen den Crinoiden- dolomit stellenweise stark brecciös ; auch noch im Bereich des Encriniten- dolomits müssen Abhebungsbewegungen an der Grenze stattgehabt haben. Eine Bestätigung findet diese Deutung nun im Nordostgehänge des Jaggl. Auch hier spaltet sich der einheitliche Kalkschiefer- sürtel in zwei Streifen; das Kalkschieferband setzt sich einerseits in gleicher Höhe fort bis an die Ostseite des Jaggl, anderseits zieht ein breiter Zug von Kalkschiefer, NO streichend und steil SO fallend, eine hohe Wandstufe bildend, durchs Gehänge abwärts bis zu den Schutthalden am Fuß des Berges; zwischen beiden Asten liegt hier, wie auf der Grauner Alm, Encrinitendolomit, welcher die Wand- stufen in dem steilen Waldgehänge an der untersten NO-Kante des Berges bildet. Auch hier finden aber im Liegenden des unteren Bandes neuerliche kleine Aufwölbungen (mindestens drei) mit intensiver Faltung der Kalkschiefer in gegen W überkippten geschlossenen Falten statt. Im Kern der ersten solchen Falte kommt nochmals der Encriniten- dolomit und die Grenzgesteine gegen den Buntsandstein in einem kleinen Felsköpfchen am Fuß der größeren Wände zum Vorschein. Schließlich legen sich die Kalkschiefer auf die Platten des Diploporendolomits, der hier steil O fällt. Auch der obere Ast der Kalkschiefer weist kleine liegende Fältelungen auf. Im Zwickel der auseinandertretenden Kalkschieferzonen liegt Rauhwacke — wie oben schon beschrieben steht sie in engstem Verband mit den Kalkschiefern — und setzt sich rasch sich verschmälernd auch in den Kalkschiefergürtel der Nordseite fort — vielleicht bis zu der Rauhwackelage in der Süd- wand, so daß also die Kalkschieferzone in zwei durch eine Rauh- wackenlage getrennte aufeinanderliegende Schichten zerfällt. Der Encrinitendolomit liegt im NO-Gehänge flach, während die Kalkschiefer steil abfallen, es dürfte also hier eine starke Abhebung der aufeinanderfolgenden Schichtgruppen oder vielleicht auch ein späterer Bruch die Ursache sein. Die Schichtfolge und der Bau des Jaggl im oberen Vintschgau. 31 [31] "INITMUNEY 91990 = .10 -tmojopusaodordıg = p — '39rayney arsyun — y pun dajaıgasyey — ‘u94s0PAoN UOA [SSeF sap FyoIsuYy y — yeyuajfouy pun NWwojopuanurmug —= 9 'E 'SId 2 I Mm N m ZEN os DD W. Hammer. [32] Im ganzen sehen wir also hier im NO wieder die gleichen liegenden Falten der Kalkschiefer, welche sich öffnen und einen breiten Kern von Encrinitendolomit umschließen, die gegen N weiterstreichende Falte von den Südhängen des Jaggl, welche hier im NO wieder von der Erosion eröffnet wird. Im „Liegenden“ des Encrinitendolomits der NO-Kante, im Poschen- bachtal, folgt wieder Buntsandstein und Verrucano: das nördliche Ende der Zone des Pleißköpfl. An dem linksufrigen Gehänge des Poschenbachgrabens sieht man von der Mündung bis zur Waldgrenze hinauf dreimal den Buntsandstein in flacher Lagerung weit in den Encri- nitendolomit hinein vorgreifen, mehrere kleinere Vorwölbungen liegen da- zwischen. Es sind die zusammengepreßten überkippten Faltungen der Pleißkopfzone, hier mehrfach bis zur liegenden Stellung überkippt. Im unteren Teil des Baches ist einmal die Synklinalumbiegung des Muschel- kalkes gut erhalten zu sehen; im übrigen läßt die Waldigkeit des Ge- hänges das Faltenbild nicht so leicht überblicken wie dort. Auch hier treten die grünen Arkosen des Verrucano nicht mehr in die Falten- schlingen ein. Deutlicher tritt dieser Bau in die Erscheinung im obersten Teil des Poschenbachtales, an der Ost- und Nordostseite des Hengst; am unteren Teil seiner Nordostkante erscheint eine große, gegen W weit offene Synklinalumbiegung mit Buntsandstein außen, Knollenkalk und Enecrinitendolomit im Innern, im oberen Teil eine zweite und am Rand der Kammfläche eine dritte; auch hier jedesmal nur mit Buntsand- stein. Erst im südlichen Teil des Hengst kommen dann auch die Arkosen des Verrucano zur Höhe herauf und sind hier auch in steil empor- gewölbte Falten mit dem Buntsandstein verknüpft. Gleichzeitig sind beide von ausgeprägter Transversalschieferung betroffen; die steil aufsteigenden Bänke werden von einer flach bergeinfallenden feinen Schieferung durchschnitten. Das Streichen am Hengst ist NS und auch im unteren Poschenbachgraben ist das die herrschende Streichungs- richtung. Die Nordseite und die Hänge gegen den Sattel liegen ganz im Enerinitendolomit, während die Gipfelfläche von Verrucano und Bunt- sandstein überdeckt wird und herumliegende Gneisblöcke deuten darauf, daß auch der Gneis sich einst noch darüber wölbte. Damit ist der Anschluß an die früher gegebene Darstellung des Pleißkopf in Vivanitales erreicht. Die mittlere dünne Dolomitplatte, welche unter der Schub- fläche liegt, läßt sich in den Nordwänden nach dem Verschwinden der Zone von oberer Rauhwacke nicht mehr deutlich von der unteren Dolomitplatte trennen, vielleicht keilt sie bald darauf unter dem Kalkschieferband aus. Das entscheidende Gehänge besteht aus kaum zugänglichen Pattensteilhängen. Uber dem Kalkschiefergürtel baut sich dann der Gipfelkopf des Jaggl auf. Er erhebt sich in steilen Felshängen und Wänden über den schuttigen Steilhängen der Kalkschiefer und trägt ein weites, flaches, von Weide überzogenes Gipfelfeld. Diese Felsmasse ist eine dritte, die obere Dolomitplatte aus demselben dunkelgrauen, seltener helleren, dickbankigen Dolomit und dolomitischen Kalk mit [33] Die Schichtfolge und der Bau des Jaggl im oberen Vintschgau. 33 Gyroporella annulata wie die beiden unteren Platten. Die Neigung der Dolomitbänke ist im allgemeinen gegen NW gerichtet, doch ist eine schwache Wölbung dadurch ausgedrückt, daß sie in den nördlichen Partien mehr gegen N fallen, in den westlichen gegen NW, Das Fallen ist in der Südwand steil, im ganzen übrigen Teil aber flach. Zwischen den Dolomitbänken der Südwand und den unterlagernden Kalkschiefer besteht eine schwache Diskordanz, indem die ersteren sich rascher in die Höhe biegen als die letzteren. d) Das Gipfelfeld des Jaggl und der Ostabhang desselben. Der Diploporendolomit der oberen Platte biegt sich im Süd- osten stark in die Höhe. Ebenso wurde oben angeführt, daß die festen Bänke im Hangenden der Kalkschiefer sich am Sattel in dieser Richtung steil in die Höhe drehen, gegen NS einschwenken und eine leichte UÜberkippung gegen W erleiden; beides sind Anzeichen einer neuerlichen liegenden Falte, welche aus der Verrucanotriaszone heraus sich gegen Westen vorstreckt und das Gipfelfeld des Jaggl bedeckt. Allerdings ist diese nur bruchstückweise erhalten, teils weil sie an der Erosionsgrenze liegt, mehr noch aber, weil sie ebenso wie die untere von Schubflächen begleitet wird. Fig. 4. Gipfelfläche des Jaggl, gesehen vom Hengst. b = Quarzsandstein. — e = Encrinitendolomit. — k —= Kalkschiefer und untere Rauhwacke. — D — Diploporendolomit. Auf dem Diploporendolomit liegen am Westrand des Gipfelfeldes und quer durch den nördlichen Teil desselben zunächst rötliche Kalk- schiefer (auch mit einigen lichtgrauen festeren Kalkbänken im Hangenden, wie in den Südwänden) NS streichend und ziemlich steil O fallend in einer Stärke von etwa 30 m. Nahe der SW-Kante enden sie und im oberen Rande der Südwände liegt auf dem Diploporendolomit der weißliche Quarzsandstein der Buntsandsteinstufe. Dieser senkt sich einerseits über die flache Abdachung bis zum Sattel JaggI—Hengst Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Band, 1. Heft. (W. Hammer.) 5 34 W. Hammer. [34] hinab, anderseits zieht er im Westen um die Gipfelhöhe herum und breitet sich zwischen ihm und dem Kalkschieferstreifen im Norden aus bis zum Ostrand des Gipfelfeldes. Zwischen Kalkschiefer und Buntsandstein schiebt sich aber in diesem nördlichen Teil noch ein schmaler, kurzer Streifen von jenem gelben Tonschiefer, wie er in der oberen Rauhwacke auftritt, und darüber — beide sind in dem obersten Ende der gegen Pedroß hinabziehenden Rinne aufgeschlossen und östlich davon — Encerinitendolomit. Die Gipfelhöhe wird von einem dunkelgrauen feinkristallinen Dolomit mit knolliger Oberfläche eingenommen. Er sieht in manchen Stücken zwar auch dem Diplo- porendolomit ähnlich, doch nach seinem gesamten Habitus, beson- ders der knauerigen oder knolligen Oberfläche wegen, schließlich auch wegen des weiter östlich damit zusammenhängenden Vorkommens, scheint er mir entschieden eher dem Knollenkalke des Hengst, be- ziehungsweise dem Crinoidendolomit zu entsprechen. Encriniten fand ich, trotz Suchens, hier keine, da ein Stückchen, welches zahlreiche solche enthielt, mir wegen der etwas abweichenden Gesteinsart und der plötz- lichen Menge von Crinoiden, sehr den Verdacht erweckte, daß es von irgendwelchen der nicht seltenen Besucher dieses Aussichtsberges von weiter unten mit heraufgetragen und liegen gelassen wurde. Wohl aber sehen einzelne starkkristalline Lagen der kleinkörnigen Crinoiden- breccie vom Pleißkopf ähnlich. Am Westrand des Gipfelfeldes streicht der Gipfeldolomit WNW und fällt flach NNO. Er zieht vom Gipfel in breitem Streifen bis zum Ostrand der Gipfelfläche, wo er plötzlich steil mit NS-Streichen gegen Osten in die Tiefe bricht, gegen unten aber wieder flacher ausläuft. Unter ihm taucht gegen den Sattel zu am ÖOsthang wieder der Buntsandstein des Gipfelfeldes hervor, das Östende des den Gipfel umgürtenden Bandes. Nahe ober dem Sattel ist hier noch an einer Stelle ein Erosionsrest des aufliegenden Dolomits in einer kleinen Klippe erhalten und hier enthält der Dolomit noch Enceriniten. Da diese Dolomitklippe dem Anschein nach ein nur durch die Erosion abgetrennter Teil des Gipfeldolomits ist, sehe ich in seinem Encrinitengehalt ein Argument für die Zu- ordnung jenes. Die flacheren Bänke des Gipfeldolomits gehen an dem Ostabhang in die Luft aus und unter ihnen kommt der eben genannte Buntsand- stein noch zum Vorschein, aber nur im südlichen Teil, gegen Norden zu verdecken die Halden alles. Noch tiefer am Hang taucht dann wieder in einzelnen Felsriffen zwischen den Halden die „obere Dolomit- platte* hervor, NO streichend und sehr steil NW fallend, und unter sie hinein ziehen die rötlichen Kalkschiefer des Sattels, begleitet von Rauhwacke und Gips. Am Nordende der ÖOstflanke stehen noch die rötlichen Kalkschiefer an und höher darüber Rauhwacke und Gips, anscheinend über den Gyroporellendolomit hinaufreichend, vielleicht infolge einer Verwerfung, der Zusammenhang ist durch Schutt verhüllt. Alle diese Schichten der Ostseite schneiden gegen N an einem Bruch ab, der dem bei P. 2101 einmündenden Seitengraben des Poschen- bachs in NO-Richtung gegen den Poschenbach hinab folgt. Die von Süden in die obersten Endigungen des Grabens hineinstreichenden Kalkschiefer, Rauhwacke und Dolomit enden hier plötzlich und an der [35] Die Schichtfolge und der Bau des Jaggl im oberen Vintschgau. 35 anderen Grabenseite steht vom Rand des Gipfelfeldes bis hinab zu dem Kalkschiefergürtel unter der oberen Dolomitplatte nur Diploporen- dolomit an. Hier enden auch am Gipfelfeld die Kalkschiefer. Unter den Kalkschiefern und Rauhwacke der Ostseite liegen dann der Schichtfolge gemäß die Encrinitenhältigen Dolomite und Knollenkalke des Muschelkalkes bis hinab zum Verrucano am Poschenbach. Eine Fortsetzung jenes Bruches gegen SO über das Gipfelfeld beobachtete ich nicht, die Süd- und Westwände zeigen nichts von einem solchen. 3. Zusammenfassung. Die Trias des Jaggl ruht in einer Schale von Verrucano, welche einen flachen Boden und einen steilen Ostrand besitzt. In den über dem Verrucano folgenden Schichten macht sich eine intensive Faltung geltend. Muschelkalk und Buntsandstein sind am Fuße des Pleißkopf und im Poschental in enggepreßte Falten gelegt, welche Überkippung gegen Westen erlitten haben. Dabei tritt mehr- fach die Erscheinung ein, daß eine saiger stehende Falte oben in fast rechtwinkliger Abbiegung in liegende Stellung übergeht. Die Form erinnert an die Falten des Mt. Joly. Dieser Vorgang vollzieht sich dann in der Hengst-Jaggl- masse im großen; die untere Trias richtet sich am Pleißkopf hoch senkrecht auf und am Hengst und Jaggl biegen sie in große, horizontal liegende Falten um, welche durch den ganzen Berg durchgreifen. Dabei ist die Wirkung des Faltungsvorganges auf die ver- schiedenen Schichtglieder eine verschiedene, je nach der Ge- steinsart. Während die weniger mächtige Folge von Kalkschiefer, Rauhwacke und Encrinitendolomit, ja selbst zum Teil noch der harte Quarzsandstein weiche Faltenbiegungen ausführen, folgt die mehrere hundert Meter mächtige Dolomitplatte diesen Bewegungen nicht in gleicher Weise; sie sperrt sich als starrere Platte, nur weiter- seschwungene Faltenbiegungen macht sie mit, wo dies nicht mehr möglich ist, tritt Ablösung und Zertrümmerung ein. Auch die Arkosen des Verrucano gehen nicht in den engen Faltenwurf ein, die Aus- bildung der Serizitquarzitschiefer zwischen Verrucano und Buntsand- stein kann als Anzeichen von Differentialbewegung in dieser Zone an- gesehen werden. Bezeichnet man die Schichtfolge des Jaggl mit den fortlaufenden Zahlen, vom Verrucano mit 1 beginnend, bis zur oberen Rauhwacke als 5, so ergibt sich für den Aufbau des Jaggl von der Talsohle im Westen bis zum Gipfel folgendes Schema: EB ee ar a wobei zwischen dem vorletzten 3 und 2 noch ein kleiner Rest von 5 (und 3) liegt; die Zahlengruppen mit 4 sind der Reihe nach die untere, mittlere und obere Dolomitplatte. Man sieht die liegende Antiklinale der Kalkschiefer in der Mitte als vollständiges Faltenglied, während die Gipfelantiklinale ganz unvollständig ist, da der Rest von Ton- schiefer der oberen Rauhwacke, welcher zwischen Kalkschiefer und 5* 36 W. Hammer. [36] Buntsandstein liegt, zeigt, daß hier nicht 'eine einfache Antiklinale, sondern eine mehrfache Zerreißung und ein Fehlen des Liegend- schenkels vorliegt. Aber auch die unteren Teile sind nicht so glatt, wie das Schema vortäuscht, verbunden; die Dolomitplatten haben fast überall zu Ablösungen Ursache gegeben. Schon in der unteren Platte sind zwischen Dolomit und oberer Rauhwacke tektonische Diskordanzen vorhanden; die mittlere Platte ist im Hangenden glatt abgeschnitten durch eine deutliche Schubfläche und im Innern von Schnittflächen (urchquert; die obere Platte endlich zeigt im Liegenden schwache tektonische Diskordanz, im Hangenden ist neuerlich eine Schubfläche. Die Dolomitplatten haben sich also bei der Faltung als selb- ständige, starre Einheiten von den enggefalteten Untertriasschichten abgelöst. Bei der liegenden Antiklinale in der Mitte des Berges sind die Encrinitendolomite in dem gegen O sich öffnenden Kern zurückge- blieben, während die darüberliegenden Kalkschiefer beider Antiklinal- schenkel noch weit darüber hinausgezerrt und aneinandergepreßt wurden. Diese vorgezerrte liegende Falte ist zwischen die beiden Dolomitplatten eingekeilt. Daß die Schubflächen nicht älter als die Faltung sind, zeigt einerseits die Abhängigkeit ihrer Lage vom Faltenbau — sie dringen auch nicht durch die Schale oder durch das Grund- gebirge —- anderseits der Umstand, daß die Schubfläche über der mittleren Platte nahezu horizontal und eben ist; wäre nachträglich Faltung eingetreten, so müßte sie von dieser stark verbogen worden sein. Sie stehen mit der Faltung in Beziehung. Die Ursache für die völlige Niederlegung der Falten und ihre Zerreißung an Schubflächen kann in dem Umstande gesehen werden, daß die Triasscholle von dem Gneisgebirge völlig über- wältigt und letzteres darüber weggeschoben wurde. Eine Spur dieses Vorganges ist auch die mehrfach beobachtete flachliegende Transversalschieferung steilstehender Schichtbänke. Es führt dies weiters zur Annahme, daß die Bruchlinie im NWäälter ist als die Faltung, so daß zuerst an dieser eine Versenkung der Trias stattfand und so die Überwältigung erleichtert wurde. Der untere Teil der Jagglmasse fand an dem kristallinen Gegenflügel ein stauendes Hindernis (Rauhwackenmulde im Marbeltal), in den höheren Teilen konnte sich die faltende Bewegung in der Horizontalen freier entfalten, es erfolgte Umbiegung der steil von unten aufsteigenden Falten in die wagrechte Lage und Zerreißung an Schubflächen. Die Streichungsrichtungen am Jaggl, Hengst und Pleißkopf sind im östlichen und südlichen Teil vorwiegend nahe an NS, gegen die Bruchlinie von Arlui hin stellt sich allerort NO-Streichen ein, das heißt eine dem Verlauf des Bruches sehr nahe kommende. Die über- kippten Falten der Muschelkalk-Verrucanozone, auch die Gipfel- antiklinale sind gegen Westen bewegt. Diese Richtung kann für die Faltung am Jaggl als die vorherrschende angesehen werden, wobei [37] Die Schichtfolge und der Bau des Jaggl im oberen Vintschgau. 37 die NO-Richtung der Marbeltalmulde als Beeinflussung durch die Richtung des Arluibruchs gedeutet werden könnte. Das angrenzende Grundgebirge zeigt nur in den nächst- benachbarten Teilen (Poschenbach—Hengst, Pleißkopf) eine gleiche Streichrichtung, die weitere Umgebung hält das für den weiteren Bereich von Langtaufers, Planail und Rojen typische ONO-Streichen inne. Am Arluiberg herrscht bis zum Bruch ONO-Streichen im Kristallinen ; die Faltung, welche dem Jaggl seinen Bau gegeben hat, hat das Grundgebirge nur in beschränktem Umkreis mitgeformt. Im Westen des Jaggl sind die Otztaler Alpen an der Piz Lad- Schlinig-Uberschiebung auch auf die Trias-Jurasedimente der Lischanna- gruppe hinaufgeschoben. Hier ist völlige Unabhängigkeit der Trias- falten und der Faltungsrichtungen des Grundgebirges: Überschiebung. Die Lischannagruppe selbst zeigt Faltung gegen NW und bildet, wie A. Spitz’ vorläufigen Berichten !) zu entnehmen ist, das nördliche Ende eines weitgespannten Faltenbogens, der vom Ortler über die Ofen- paßgruppe zum Lischanna reicht und der Ausdruck einer gewaltigen Westbewegung in diesem Teil der Ostalpen ist. Auch für die Schliniger UÜberschiebung wurde an anderer Stelle?) eine W- oder WNW-Bewegung angenommen. Der Bau des Jaggl gliedert sich diesem System westlicher Bewegung an. Die Tektonik der von dem Otztaler Gneis überwältigten Lischannagruppe zeigt viel Ähnlichkeit mit dem Jaggl in den bis zum Flachliegen überkippten Falten und den durchschneidenden Zer- reißungsflächen der höheren Teile gegenüber den weniger überstürzten Faltungen der tieferen Partien. So zeigt zum Beispiel das Profil des Schalambert eine ähnliche oben und unten schräg zur Schichtung von Schubflächen abgeschnittene Dolomitplatte wie die mittlere am Jaggl. Die oben angeführten Beziehungen zwischen Jaggl und Engadiner Triasgebirge ermöglichen eine Deutung, auf welche mich mein lieber Freund Dr. OÖ. Ampferer aufmerksam machte: Man könnte die Triasscholle des Jaggl als das östliche Ende der Lischannafalten, die letzte Muldenumbiegung gleichsam ansehen, welche hier durch ein Emporsteigen an der Arluibruchlinie aus seinem tiefen Grabe unter den Ötztaler Gneisen wieder an die Oberfläche kommt. Die Verrucanozone des Pleißkopf läuft bis Dörfl gegen Süden, ihre Ver- längerung fällt in das Etschtal zwischen St. Valentin und Glurns; es wäre also denkbar, daß die Arluilinie sich diesem Tal entlang fortsetzt bis Schleis mindestens, wo die Schlinigerüberschiebung das Etschtal trifft, und der östliche Flügel gehoben wäre (oder der west- liche gesunken), am Arlui würde sie zunächst gegen NNO und dann über NO in das ONO-Streichen der Gneise einbiegen und in diesen verschwinden. Nach Norden setzt sie sich nicht fort, da die Gneise von Rojen und Elferspitz deutlich zum Grauner Berg und von hier an die Nordseite des Langtauferertals sich ununterbrochen fortsetzen ) A. Spitz, Akademischer Anzeiger. Wiener Akademie, mathem.-naturw. Kl., 7. Nov. 1907 und 11. Nov. 1909. 2) Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1908, 98 u. ft.. 1.38] W, Hammer, 98 Inntal bei Remüs. Äußerer Nockenkopf. Rojental. Talboden von Graun. Jaggl. Schwarz: Kristallines Grundgebirge. — Weiß: Verrucano, Trias und Jura. — Punktiert: Alluvium. Maßstab: ungefähr 1:82.500. [39] Die Schichtfolge und der Bau des Jaggl im oberen Vintschgau. 39 (über das Seental weg ist der Zusammenhang am Reschenscheidek un- unterbrochen erhalten) auch der Schwarm der Porphyritgänge setzt sich zum Arluiberg fort. Auf der Strecke St. Valentin—Schleis liegen keine Zeichen einer Bruchlinie vor; am rechten Ufer streichen die Biotit-Plagioklasgneise des Watles aus mit Amphibolitlager, welche allerdings NNO streichen; das linke Ufer nimmt größtenteils die Augengneismasse von Plawen ein, doch stehen zwischen Plawen und St. Valentin zwei kleine Amphibolitlager an, welche man als Ausläufer der mächtigen Lager der anderen Seite ansehen kann. Zwischen Plawen und Mals stehen teils wieder Zweiglimmergneise mit An- näherung an die Watlesgneise an, teils Augengneis, ersterer mit NNO- Streichen. f Die Aufschiebung der Otzgneise über die nördliche Lischanna- gruppe (Schalambert—Piz Lad) reicht mindestens bis ins Rojental, wo in der Taltiefe Trias und Lias wieder unter dem Gneis hervor- schauen?). Nimmt man die oben skizzierte Verbindung nicht an, so stand die Jagglscholle jedenfalls über die Gneise des Rojentales weg in Ver- bindung mit der Engadiner Trias; der Zusammenhang wurde durch die große Überschiebung an der Landesgrenze zerrissen, der auf den vor- geschobenen Gneisen liegende Teil in gleicher Richtung wie die Schub- bewegung überfaltet und nur durch diese Einhüllung in den Gneis von der völligen Erodierung geschützt, welcher der ganze andere vom Aufschub in die Höhe getragene verbindende Teil der Trias- decke zum Opfer fiel. Der Piz Lad bei Nauders, welcher zwischen der dem Zug jüngerer Gesteine (Tithon, Lias) im Hangenden ab- schneidenden Schubfläche in den Gneis eingekeilt ist, könnte vielleicht als Verbindungsstück zwischen dem Jaggl und den unter der Schubfläche liegenden Triasfalten aufgefaßt werden. Auch bei der letzteren Auffassung ist übrigens der gegen W sich öffnende Muldenbau des Jaggl das Westende der Engadiner Triasfalten; im einen Falle durch Bruch und Ver- tikalbewegung, im anderen durch die Überschiebung und die Erosion abgetrennt und die Triasdecke stand im ersteren Falle unter dem Gneis der Elferspitzgruppe durch, im zweiten über demselben weg ehemals in Verbindung mit jener des Engadin. !) Siehe Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1910, pag. 64. 40 II. III. W. Hammer. [40] Inhaltsverzeichnis. Seite Einleitung. 4. rasan2UN TRR Bei AR lr: . Das kristalline Grundgebirge. . ..... a RE 2 Sehichtfolge desIagel.. 2.0 oe Ser ne Verrucano-,und "Buntsandsteine‘.’ ... . 2 2 u. rue 6 Mnechelkallke — "7 We Ce 8 Diploperendolomit wenn. a ee 13 VberesRaulwackekee ee R . Vergleich mit benachbarten Triasgebieten. .. .... 16 Baurdes Jagel 7.0. 3 ZN no Ba a 18 1. Verband der jüngeren Schichten mit dem Grundgebirge .. ..... 18 2. Der. Bau des Jaggl,. WeiBkopf und Hengst .;,..,., „ren or. orme 24 a) Die untere Dolomitplatte und ihr Liegendes!. ..... 2.2... 24 b) Das Hangende der unteren Dolomitplatte .. . 2.2 2 220... 26 c) Die obere Dolomitkuppe und die Falten und Überschiebungen des Muschelkalk-Verrucanozuges Hengst—Poschenbach . . . 2...» . ‚28 d) Das Gipfelfeld des Jaggl und der Ostabhang . . . . 2 2... 1.38 Br. ZUBAMMIENfASBUng, „nice Tan Tab er deren tun sl ee 35 Neue Pteropoden des älteren Paläozoikums Mittelböhmens. Von J.V. Zelizko. Mit zwei Lichtdrucktafeln (Nr. III und IV). Vorwort. Das ältere mittelböhmische Paläozoikum, namentlich die unter- silurischen Schichten der Bande D—d,, weisen, wie bekannt, zahl- reiche Fossilarten auf, deren Anzahl durch jede neue Aufsammlung oder Untersuchung eine Vermehrung erfährt. Im Laufe einiger Jahre wurde in den mehr weniger bekannten Fundstellen eine Reihe von neuen Arten festgestellt, so daß die Fauna des Barrandeschen epochalen Werkes „Syst&me Silurien“ durch die Arbeiten verschiedener Forscher stets vervollständigt wird. Da ich mich schon seit Jahren mit Studien über die Fossilien einiger neuer Fundorte des böhmischen Paläozoikums befasse, konnte ich in demselben gleichfalls eine Reihe von Arten, welche bisher noch nicht bearbeitet und beschrieben wurden, konstatieren. In der vorliegenden Arbeit möchte ich zunächst einige neue Pteropoden behandeln !), die ich bei der Bestimmung des Materials in den folgenden Museen und Sammlungen gefunden habe: Im mineralogisch-geologischen Institut der böhmischen technischen Hochschule in Brünn, im historischen Museum der Stadt Pilsen, im städtischen Museum in Rokycan, in der großen Sammlung des Herrn H. Schück in Prag und schließlich im Museum der k. k. geologischen Reichsanstalt in Wien. Den Herren Prof. J. J. Jahn in Brünn, Prof. C. Ritter von Purkynd in Prag, Prof. B. Horäk in Rokycan sowie H. Schück in Prag, die mir dieses Material zur Bearbeitung gefälligst geliehen haben, spreche ich an dieser Stelle meinen herzlichsten Dank aus. Zu besonderem Danke bin ich auch dem Herrn Hofrat Prof. Ad. Hofmann in Pfibram für seine wiederholten Bemühungen um die Herstellung reproduktionsfähiger Aufnahmen der zu beschreibenden Objekte verpflichtet. 1) J. V. Zelizko: Predb&änä zpräva o nekterych novychptero- podech starSihopalaeozoikastrednich Cech. (Vöstnik der Königl. böhm. Ges. d. Wiss., Prag 1909.) Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Band, 1. Heft. (J. V. Zelizko. 6 42 J. V. Zelizko. [2] Beschreibung der Arten. In diesem Teile beschreibe ich zehn Pteropodenarten, von welchen acht überhaupt, die übrigen zwei jedoch nur für den be- treffenden Horizont, aus welchem sie stammen, neu sind. Conularia imperialis Barr.'). Taf. IV, Fig. 2a, 2b, 3a, 3b, 4a, 4b. 1867. Conul. imperialis Barr. Syst. Silur. III. Pl. 16. Fig. 12—17. 1900. Conularia imperialis Barr. Perner, Miscellanea silurica bohemiae I. Bei Revision der Sammlungen im Museum der k. k. geolog. Reichsanstalt fand ich einige Gesteinsbruchstücke, welche Lipold im Jahre 1861 in seinem Aufnahmsgebiete in der Umgebung von Rokycan gesammelt hatte. Es ist dies ein typischer, schmutzigrötlicher, glaukonitischer Grauwackensandstein (Tuffit) der Krusnä Hora-Schichten D—d, „, mit einer Menge von Obolusschalen ?). Als Fundort wurde auf dem Musealzettel der Berg Cilina (öst- licher Fuß bei Ejpovic) bezeichnet. Bei näherer Untersuchung des erwähnten Gesteines und nach dem Zerschlagen einiger Stücke fand ich nebst Obolus einige Partien der Schale von Conularia, deren gut erhaltene Skulptur (im negativen Abdrucke) schon mit bloßem Auge bemerkbar war. Die Skulptur der Innenseite erscheint unter der Lupe so, als ob sie aus dickem, sich kreuzendem Netzwerke von runden Öffnungen und länglich- runden Ecken zusammengesetzt wäre. Der positive Wachsabdruck weist sodann die einzelnen Schalenpartien mit runden und regel- mäßig aufgestellten Wärzchen geziert, auf. Dieselben sind gleichfalls mit bloßem Auge gut ersichtlich, sie fließen aber nirgends zusammen, um etwa längliche Leisten zu bilden, wie es bei einigen anderen Conularien der Fall ist. Auf Grund der beiden Abdrücke dieser gut erhaltenen Skulptur der einzelnen Partien der Conularienschale kam ich zu dem Resultat, daß unser Exemplar mit Conularia imperialis Darr. identisch sei?°). Diese Art wurde bisher nur aus der Bande D—dg bekannt. Das Vorkommen von Con. imperialis ist für die Fauna der Krusnä Hora-Schichten sehr wichtig, denn es ist bei uns das erstemal der Fall, daß die Conularıa im Kambrium (= Olenus-Stufe), zu welchem 1) Siehe meinen Aufsatz: Über das erste Vorkommen von Conularia in den Kru$nä Hora-Schichten (D—-d,») in Böhmen (Verhandl. d. k. k. geolog. R.-A. Nr. 6, 1906), wo ich auch diese Art beschrieben, aber nicht abgebildet habe. ?) In meinem Aufsatze wurde irrtümlicherweise Lingula lamellosa angeführt, was hiermit richtiggestellt sein wolle. ®) Namentlich die vergrößerten Schalenpartien Fig. 16 und 17, Pl, 16, des ;jarrandeschen Werkes (Vol. III) stimmen mit unseren Abbildungen. überein. [3] Neue Pteropoden des älteren Paläozoikums Mittelböhmens, 43 manche Autoren die angeführten Schichten heutzutage rechnen, zum Vorschein kam). Conularia Lipoldi Zel. Taf. IV, Fig. 5. Im Museum der k. k. geologischen Reichsanstalt befindet sich eine interessante Conularia, die ursprünglich von Lipold als Conu- laria grandis? bestimmt wurde ?). Auf dem Musealzettel aus dem Jahre 1859 ist als Fundort Sv. Dobrotivä (Scta. Benigna) bei Komorau („Kariseker Eisenstein- bergbau*) erwähnt. Diese Versteinerung stammt daher aus einem alten Schacht der „Veronika-Zeche‘. Auch in seiner späteren Publikation 3) spricht Lipold über das Vorkommen dieser Conularia, die er aber mit keinem Fragezeichen anführt. In jüngerer Zeit schreibt über sie auch Perner*), indem er vermutet, daß die von Lipold als Conularia grandis angeführte Art mit Conularia imperialis identisch sei. Um allen möglichen Irrtümern vorzubeugen und Sicherheit be- züglich der richtigen Bestimmung der Versteinerung zu gewinnen, habe ich diese einer neuen Untersuchung unterzogen. Daß diese Art vollkommen neu ist und zu keiner der oben an- geführten zwei Arten gehört, ist auf den ersten Blick ersichtlich. Die Zuständigkeit zu der neuen Art verrät sie durch ihren Habitus, denn ihre Schale entbehrt fast vollständig der charakteri- stischen Struktur. Nur auf einer Seite der Schale zeigen sich einige wenige mit Medialfurchen parallellaufende Wärzchen sowie auch einige spärliche, nur unter der Lupe sichtbare Querstreifchen. Sonst ist die Schale glatt und glänzend, von ähnlichem Mattglanz wie wir ihn auch zum Beispiel bei einigen Hyolithen oder Fragmenten von Phyllocariden, Lamprocaris micans beobachten können. Ihre Größe kann man nicht genau feststellen, da die Mündung unvollständig erhalten ist; auch die Spitze ist abgebrochen. Allem Anscheine nach war es ein Exemplar von verhältnismäßig ziemlich breiter Mündung, beiläufig 40 mm, welches eine Länge von 65— 70 mm erreichte. !) Wie bekannt, erwähnt Walcott aus dem amerikanischen Kambrium die Art Conularia cambria. (New Forms Upper Cambrian Fossils. United States National Museum. Proceedings Vol. XIIL, Pl. XX, Fig. 13, 1890, p. 270, Washigton 1891). — Siehe auch Holm: Sveriges Kambrisk-Siluriska Hyolithidae och Conularidae (Sveriges geologiska Undersöknig. Afhandlingar och uppsatser. Sor. C. No. 112. Stockholm 1893). 2) SieheJ.V. Zelizko: Überdaserste Vorkommen von Conularia etc. (Verhandl. d. k. k. geolog. R.-A. Nr. 6, p. 129, 1906.) ®)Die Eisensteinlager der silurischenGrauwackenformation in Böhmen. (Jahrbuch d. k. k. geolog. R.-A. Bd. XIII. p. 389, 1863.) +) Miscellanea silurica bohemiae. Prispevky k poznäni öes- keho siluru. (Bd. I, p. 8. Prag 1900.) 6* 44 J. V. Zelizko. [4] Diese Conularia ist auch ein wenig deformiert und der Spitze zu umgebogen, so daß der obere Teil von dem Gesteine abgeht. Der Querschnitt bildet ein Achteck. Das Fossil kommt in dem Komorauer rötlichbraunen dunklen Schiefer der Bande D—d,3 vor. In diesem Gesteine zeigen sich auch lichte Glimmerschüppchen und weißliche Lingula-Schalen }). Conularia Jahni Zel. Taf. II, Fig. 2a, 2b. Ein unvollständiges, einigermaßen gedrücktes Exemplar, aber mit gut erhaltener Skulptur. Seine Länge beträgt 44 mm und seine weiteste Breite 23 mm. Parallel mit der Medialfurche zieht zur Spitze der Schale eine Reihe regelmäßiger, mit bloßem Auge gut konstatierbarer Rippen, welche der Spitze zu immer schwächer werden. Unter der Lupe zeigt sich, daß diese Rippen aus ungleich abgerundeten Wärzchen bestehen, welche vielfach ineinanderfließen, indem sie der Spitze der Schale zu längliche Leisten bilden. Von diesen entfallen auf 5 mm 12 bei der Mündung, bei der Spitze aber schon 20. Die Granu- lation ist nur am unteren Ende der Schale mit bloßem Auge sichtbar. Infolge des Umstandes, daß die Wärzchen ineinanderfließen, bilden sie in regelmäßiger, entweder wagrechter oder wellenförmiger Reihung keine Querstreifen über die Schale, wie man es bei anderen Arten wahrnehmen kann. Einigermaßen ähnliche, mit der Medialfurche parallele Rippen weist Conularia grandissima Barr. auf, welche in der Bande D—d,, D—d, und E—e, vorkommt ?). Bei dieser ist noch das gekreuzte Netzwerk mit Wärzchen und angrenzenden keilförmigen Verzierungen charakteristisch. Unser Exemplar aber entbehrt aller Nebenverzierung. Vor- kommen: Särka D—d;,®?) (Sammlung des Herrn Schück in Prag‘). !) Die Wärzchen sind allerdings von untergeordneter Bedeutung. Allem Anscheine nach konnte die ursprüngliche Oberflächeskulptur, welche wahrschein- lich aus feinen Querstreifchen bestand, am besten nur auf der Schale jüngerer Individuen, als dies bei unserem Exemplar der Fall ist, erhalten bleiben, wovon ich mich unlängst bei der Untersuchung einiger im böhmischen Landesmuseum und auch beim Herrn Prof. Klou&ek in Prag befindlichen und gleichfalls aus der Bande D—d,8 stammenden Conularien überzeugt habe. Diese zähle_ich des- gleichen zur Art Conularia Lipoldi. 2) Syst. Silar. Vol. IIL, p. 40—41, Pl. 3, Fig. 1—-11; Pl. 7, Fig. 6—7. s) J. V. Zelizko: Untersilurische Fauna von Särka bei Prag. (Verhandl. d. k. k. geolog. R.-A. Nr. 8, 1907.) *) In der Sammlung des Herrn Prof. Kloutek in Prag befindet sich von Särka ein ähnliches, gleichfalls zu dieser Art gehöriges Exemplar, welches gut erhaltene und dichter granulierte Längsrippchen aufweist. Der Querschnitt bildet einen Rhombus mit konvexen Flächen, in ähnlicher Form, die zum Beispiel auch bei Con. anomala Barr, oft vorkommt. [5] Neue Pteropoden des älteren Paläozoikums Mittelböhmens,. 45 Conularia Barrandei Zel. Taf. III, Fig. 3a, 35. Es wurde nur ein einziges Exemplar gefunden, dessen Mündung teilweise abgebrochen ist und teilweise in einer Quarzitkonkretion steckt; die Spitze fehlt ebenfalls. Die Vorder- und Hinterfläche der Schale ist unten 22 mm breit, mäßig konkav und mit einer einfachen, engen Medialfurche versehen. Beide Seitenflächen der Schale sind an der Mündung 12 mm breit, einigermaßen konvex; in der Mitte jeder Fläche befindet sich ebenfalls eine längliche, enge Furche. Das ganze Exemplar mochte zirka 40 mm hoch sein. Beide Seitenkanten der Vorder- und Hinterfläche der Schale durchläuft eine längliche tiefe Furche, welche an beiden Flächen der betreffenden Schale länglichrunde, ziemlich breite Leisten bildet, die sich von der Mündung bis zur Spitze verjüngen. Die Verzierung besteht, wie bei Conularia Jahni, ebenfalls aus regelmäßigen, mit der Medialfurche parallellaufenden Rippen, welche der Spitze zu immer feiner ausgebildet werden. Auch unter der Lupe erscheinen diese Rippen aus ungleichen, rundlichen, stellenweise in länglichen Leisten ineinanderfließenden Wärzchen zusammengesetzt, von welchen an dem unteren Ende 30, bei der Spitze schon 40 auf 5 mm entfallen. Der Querschnitt zeigt ein Rechteck mit konvexen Seitenflächen. Durch die bei weitem feinere Skulptur, zum Teil auch durch die Form und die erwähnten länglichrunden Leisten an den Seiten- kanten, würde sich das hier beschriebene Exemplar von der Con. Jahni unterscheiden. Vorkommen: Vosek D—d;;. (Städtisches Museum in Rokycan.) Conularia Purkynei Zel. Taf. III, Fig. 1a, 15. Dieses mäßig konvexe Exemplar, dessen Spitze teilweise abge- brochen ist, mißt 65 mm in der Länge und 20 mm in der Breite. Es wurde nur ein negativer Schalenabdruck mit gut erhaltener Skulptur gefunden. Diese besteht aus scharf hervortretenden Quer- rippen, welche namentlich an dem unteren Ende der Schale durch tiefe Furchen voneinander getrennt sind, so daß sie die Oberfläche sehr rauh erscheinen lassen. Die erwähnten Rippen und Furchen, welche sonst einfach und ohne Verzierungen sind, werden, je mehr sie der Spitze zulaufen, immer feiner und seichter. Bei der Mündung entfallen von diesen 15—17, bei der Spitze 283--30 auf 5 mm. Stellen- weise fließen auch zwei Rippen in eine länglichrundliche Leiste zu- sammen. In dem böhmischen Untersilur wurden bisher zwei Conularien- arten gefunden, welche ähnliche verzierungslose Rippen und Furchen aufweisen. 46 J. V. Zelizko. [6] Die erste Art ist Conularia robusta, von welcher ein unvollständiges Exemplar Barrande aus der Bande D—d,, von Vosek!) erwähnt und welche breite und flache, einigermaßen länglichrundliche, nebst- dem noch mit parallelen, dichten und feinen Streifchen verzierte und nur durch eine enge Furche voneinander getrennte Rippen, aufweist. Die zweite, gleichfalls unvollständig, ist Conularia sculpta, welche Perner aus der Bande D--d,s von Karisek beschreibt, wo er dieselbe zusammen mit Conularia imperialis festgestellt hat ?). Abgesehen von der Größe dieses angeführten Exemplars, das beiläufig 20 cm lang war, besteht die Skulptur aus glatten, wellen- förmig und gleichmäßig situierten Querstreifehen, von welchen 5—6 auf 1 mm entfallen. Es weist daher die Schalenoberfläche eine bei weitem feinere Skulptur auf als Conularia Purkynei, Vorkommen: Quarzitkonkretionen von Sirä-Cekov D—d;7 3). (Historisches Museum in Pilsen.) Conularia Hofmanni Zel. Tai. III, Fig. 50,55, 65 Taf IV, Fig, 1%: In meiner Publikation über die Fauna der Bande D—d,, aus dem neuen Fundorte von Lhotka bei Beroun), führte ich unter den Pteropoden auch eine Art Conularia bohemica Barr. an, welche in dem erwähnten Fundort in gut erhaltenen Exemplaren und ver- schiedenem Entwicklungsstadium zahlreich zu treffen ist. Als ich mich später mit dem Studium einiger neuer Conularien befaßte, unterzog ich die genannte Art einer gründlichen Untersuchung und fand bei einigen Stücken, die mir nach Veröffentlichung der oben- genannten Arbeit nachträglich von Lhotka eingesendet wurden, daß es sich um eine neue, interessante, von den Barrandeschen Arten in mancher Beziehung abweichende Art handelt. Auf den zahlreichen Fragmenten, als auch auf den einzelnen mehr weniger gut erhaltenen Exemplaren kann mit bloßem Auge be- obachtet werden, daß die Skulptur der Schale, angefangen von dem unteren Ende bis zur Spitze, aus gleich großen, gleichmäßig und dicht aneinander situierten Wärzchen besteht. Unter der Lupe sind diese Wärzchen eiförmig oder oval, senkrecht übereinander von der Mündung bis zur Spitze gereiht. Ihr Sinus ist wellenförmig und nicht einmal an den kleineren Stücken, welche eine feine Skulptur aufweisen, kann wahrgenommen werden, daß einige senkrechte Wärzchen ineinander fließen und infolgedessen längliche Leisten bilden würden, wie dies zum Beispiel bei Conularia Jahni zu sehen ist. !) Syst. Silur. Vol. IIL. p. 51, Pl. 16, Fig. 10—11. ?) Miscellanea silurica bohemiae. Pfisp&vky k poznäni Ges- keho siluru. (Bd. I, p. 6, Prag 1900.) 5) J. V.Zelizko: Nove pfisp&vky k poznäni fauny päsma D-dy stredodeskeho siluru. (Vestnik d. König]. böhm. Ges. d. Wissensch. Prag 1905.) 4) Über das neue Vorkommen einer untersilurischen Fauna bei Lhotka. (Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. Nr. 3, 1903.) [7] Neue Pteropoden des älteren Paläozoikums Mittelböhmens. 47 Durch die gleichmäßige Situierung der Wärzchen auf den Schalen- flächen entstand in der Länge und Breite ebenfalls eın gleichmäßiger, den Abstand zwischen den einzelnen Wärzchen bildender Raum, wie auch an einigen Exemplaren von Conularia exqwisita Barr.!) und Con. imperialis Barr.*) zu bemerken ist. Diese beiden Arten weisen aber durchweg rundliche Wärzchen auf; bei der ersten Art zeigen sich diese erst bei starker Vergrößerung und bei der anderen Art sind sie auf der Schalenoberfläche sehr schütter zerstreut. Bei Conularia bohemica erscheinen auch bei einigen Stücken nur rundliche Wärzchen ?), welche aber in der Reihe enger nebeneinander als übereinander situiert sind, so daß sie auf der Schalenfläche quasi Querfurchen %), stellenweise noch mit eigenartigen Verzierungen bilden 5). Ahnliche Skulptur, aber nur aus eiförmigen Wärzchen bestehend, kommt bei starker Vergrößerung auch bei einer kleineren Art, Con. tenella®) vor, welche Barrande aus der Bande D—d, von Liben an- führt. Das engere Ende dieser eitörmigen Wärzchen läuft hier noch in ein längliches Spitzchen aus, so daß das eine Wärzchen mit dem anderen in der Richtung von der Mündung bis zur Spitze perlen- artig verbunden ist. Die Abdrücke der inneren Schalenfläche von Conularia Hof- manni sind gleichfalls mit bloßem Auge gut sichtbar. Unter der Lupe erscheint die Skulptur als ein gekreuztes ineinanderfließendes Netz- werk mit ovalen Öffnungen in der Mitte. Bisher kam sie nur in dem schwarzen Schiefer der Bande D—d,y bei Lhotka und unlängst auch bei Pilsenetz’) vor. Dieselbe ist oft infolge des Schichtendruckes an einigen Stellen der Schale deformiert. (Sammlungen des mineralogisch - geologischen Instituts der böhmischen technischen Hochschule in Brünn und der k. k. geolog. Reichsanstalt in Wien.) Conularia defecta Zel. Taf. III, Fig. 4. Ein beiläufig 40 mm breites Bruchstück, welches auf den ersten Blick an einen Schalenrest einer gewölbten Bivalve mit konzentrischen Rippen erinnert. Bei näherer Untersuchung aber nehmen wir wahr, daß dieses Fragment einer Conularia, welche eine eigentümliche Schalenornamentik aufweist, angehört. IUSyStrSTılur. Voll, p. 37, Pl.4, Fig. 4, Pl. 14, Pig. 19. 2) Ibid. p. 42, Pl. 16, Fig. 16—17. bid.p: 35, Pl. 1, Fi, *) Ibid. p. 35, Pl. 1, Fig. 4—5. Drlbid.,9435, BJ: 1, Eig.:6, 14 °) Ibid. p. 54, Pl. 4, Fig. 15—18. ?) J. V. Zelizko: Faunistische Verhältnisse der untersi- lurischen Schichten bei Pilsenetz in Böhmen. (Verhandl. d. k. k. geolog. R.-A. Nr. 3, 1909.) 48 J. V. Zelizko. [8] Die Spitze und der größere Teil des unteren Endes fehlt. Des- gleichen ist die Medialfurche nicht erhalten. Dort, wo sich die konzentrischen, gut erhaltenen Rippen be- finden, sind diese glatt, mattglänzend und hornähnlich. Sie sind auch länglichrund und nicht gefurcht. Die Rippen und Furchen entbehren hier vollständig der Granulation und jedweder Verzierung. Die die einzelnen Rippen voneinander trennenden Furchen nehmen an dem unteren Schalenende einen um etwas breiteren Zwischenraum ein als die Breite der einzelnen Rippen beträgt. Bei der Spitze, wo die ursprüngliche Epidermis größtenteils fehlt, zeigt auch der Kern Spuren von konzentrischen Rippen. Erst an diesen kann mittels Lupe beobachtet werden, daß sie aus rund- lichen Wärzchen bestanden haben. Dieses Exemplar erinnert, insofern es sich um die einfache, an dem unteren Schalenteile befindliche Skulptur handelt, einiger- maßen an Con. robusta, Con. sculpta und Con. Purkynei, bei welchen aber die Spuren einer Granulation, welche bei Conularia defecta auf dem Kern in der Richtung gegen die Spitze zu erscheinen, fehlen, Unser Fossil gehörte allem Anscheine nach irgendeinem größeren Exemplare an. Durch eine ebenfalls stark nach vorn gewölbte Schale ist Con. solitaria, welche Barrande aus der Bande #—e, von Dlouhä Hora anführt !), als auch von Noväk beschriebene Con. Duslü aus der Bande D—d, von Zahofan ?), gekennzeichnet. Die Schalenskulptur dieser beiden Arten ist freilich verschieden. Vorkommen: Särka D—d,;°). (Sammlung des Herrn J. Schück in Prag.) Conularia Perneri Zel. Taf. IV, Fig. 6a, 65, 6c, 6d. Wie aus der Abbildung in natürlicher Größe als auch in der Ver- srößerung ersichtlich ist, besteht die Schalenskulptur aus mehr weniger wellenförmigen Querstreifehen, die in größter Breite 0°5 mm messen und stellenweise durch eine enge Furche abgeteilt sind. Diese Streifehen, als auch die Furchen, welche sich in der Richtung zur Spitze allmählich verengen, zeigen unter der Lupe noch dichte Längsstreifchen, ähnlich jenen, welche auch zum Beispiel bei vergrößerten Partien von Conul. nobilis, die aus der Bande d,, d, und d, bekannt ist, erscheinen ®?). Bei dieser Art sind übrigens die Längs- streifchen schon mit freiem Auge sichtbar. Bei unserer Conularia ist auch der Umstand interessant, daß sie in dem schwarzen bituminösen Kalkstein der Bande ff, bei !) Syst. Silur. Vol. III. Pl. 6, Fig. 15—16. ?) Revision der paläozoischen Hyolithiden Böhmens. (Abhandl. d. königl. böhm. Ges. der Wissenschaften VII. Folge, 4. Bd.; mathem.-naturwiss. Kl. Nr. 6, Taf. VI, Fig. 37—38, Prag 1891.) 5) J. V. Zelizko: Untersilurische Fauna von Särka bei Prag. (Verhandl. d. k. k. geolog. R.-A. Nr. 8, 1907.) % Syst. Silur, Pl. 7, Pig. 4,2P1.'6, Big: 14. [9] Neue Pteropoden des älteren Paläozoikums Mittelböhmens. 49 Kosof (im Cernä rokle-Bruche) vorkommt, von wo bisher keine Conularia näher beschrieben wurde. Noväk führt zwar in dem tabellarischen Verzeichnisse seiner Studie !) aus derselben Bande Conularia sp. ind. an, die er aber im Text nicht näher beschreibt. Conularia Proteica Barr. 1854. Conul. Proteica Barr. Jahrb. v. Leonh. u. Bronn, I, p. 2. 1365. Conul. Proteica Barr. Def. d. Col. JII, p. 41. 1867. Conul, Proteica Darr. Syst. Silur. Vol. III, p. 48, Pl. 5-6. 1906. Conul. Proteica Barr. Aelizko, Geologieko-palaeontologicke pom£ry nej- blizsiho okoli RoZmitälu (Rozpravy und Bulletin der böhm. Franz Joset- Akademie). Aus demselben Fundorte wie die vorige Art stammt ein Fragment mit ausgezeichnet erhaltener Schalenornamentik, welches im böh- mischen Landesmuseum in Prag aufbewahrt ist. Dieses Fragment gehört entschieden zu Con. Proteica, welche Barrande zwar aus verschiedenen Etagen des älteren mittel- böhmischen Paläozoikum anführt, welche aber aus der Bande F—f, bisher unbekannt war ?). Unser Exemplar stimmt mit jenen, die Barrande beschreibt, vollständig überein ?). Hyolithus Ejpovicensis Zel. Taf. IV »Eig..7a 7b,.'%c. Dieses große Exemplar habe ich bei der Bestimmung des Materials festgestellt, das ich im Jahre 1905 in dem schwarzen Schiefer der Bande D—d,, bei Ejpovic gefunden habe ®). !) Zur Kenntnis der Fauna der Etage F-f, in der paläo- zoischen Schichtengruppe Böhmens. (Sitzungsber. der böhm. königl. Ges. der Wissenschaften. Prag 1886.) ®) Barrande führt diese Art aus der Bande D—d,—Ee, und G—g, an, was wahrscheinlich unrichtig ist, da uns eine fossile Form, welche vom Untersilur bis zum Mitteldevon reichen würde, unbekannt ist. Deshalb ist es aber nicht un- möglich, daß Con. Prooteica, die gut bestimmbar ist, von der Etage D bis in die Bande F—f, vorkommen könnte. Die von mir beschriebene Conul. Proteica von Voltusbei RoZmitäl (Geologicko-palaeontologieke pom&rynejblizsSiho okoli RoZmitälu, Rozpravy und Bulletin der böhm. Franz Josef-Akademie 1906) wurde nur provisorisch in die Bande D—d,y eingereiht, wie auch aus den Schluß- folgerungen, wo ich unter anderem folgendes ausführe: „Mit der genauen Bestimmung des Horizontes wird wohl abgewartet werden müssen, solange nicht die aus- schließlich in D—d,y vorkommenden Arten festgestellt werden...“ ersichtlich ist. Jedenfalls wäre es einmal notwendig, alle im böhmischen Landesmuseum befind- lichen Barandeschen Originale und Doubletten dieser Art zu vergleichen. Syst. .Sil..Volı IIL,«P1..5,,6. %) Siehe J. V. Zelizko: Zur Paläontologie der untersilurischen Schichten in der Gegend zwischen Pilsen und Rokycan. (Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. Nr. 16, 1907.) Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Band, 1. Heft. (J. V. Zelizko.) 7 50 J. V. Zelizko. [10] Bei oberflächlicher Untersuchung hielt ich anfangs das betreffende Stück, dessen Form nur im Kern erhalten blieb, für einen defor- mierten Orthoceren oder für eine knebelförmige Konkretion, welche in dem erwähnten Schiefer häufig vorkommen. Bei eingehender Untersuchung aber hauptsächlich des negativen Abdruckes, fand ich, daß es sich hier um einen Hyolithen handeit. Die Spitze und ein Teil der Mündung sind abgebrochen. Das sanze Exemplar war zirka 80 mm lang und 25 mm breit. Anläßlich der Präparation brach dieses Stück nächst der Mündung, so daß sein Querschnitt in elliptischer Form erschien. Die durch- schnittliche Dicke des Gehäuses maß bei der Mündung zirka 10 mm. Was die Schalenskulptur anbelangt, ist diese nur bei der Mündung des negativen Abdruckes in Form von einfachen, feinen, konvexen Querstreifehen erhalten, welche stellenweise schon mit freiem Auge bemerkbar sind. Dieselbe Skulptur fand sich auch bei zwei großen Hyolithen von Sv. Dobrotivä (= Scta. Benigna), welche im Museum der k. k. geologischen Reichsanstalt liegen und welche Barrande als Hyolithus elegans? ursprünglich bestimmt hat. Einer von diesen Hyolithen wurde von Barrande zu seinem Werke als Original benützt). Noväk führt später, wie bekannt, die betreffende Art unter dem Namen Hyolithus Benignensis an?), da Hwyol. elegans einerseits kleiner ist, anderseits auch eine divereierende Schalenornamentik aufweist und seine Verbreitung beschränkt sich ausschließlich auf die Bande D—d,°). Hyol. Benignensis ist fast von derselben Länge wie Ayol. Ejpo- vicensis. Der erstere verjüngt sich allmählich von der Mündung zu einer gedehnten Spitze, wogegen der letztere sich der Spitze zu fast un- vermittelt verenst, was ihm eine robuste Form verleiht. Die uns bisher bekannten zwei Exemplare von Hyol. Benig- nensis sind vollständig gequetscht und infolgedessen läßt sich ihr Querschnitt nicht Konstatieren. Die Barrandeschen Originale sind außerdem in der Nähe der Spitze mit ähnlicher Gliederung abgeschlossen ®), wie wir sie bei den Orthoceren zu sehen pflegen und was wir auch bei den kleinen Hyolithen von Pilsenetz jüngst festgestellt haben’). Dieser Umstand fehlt gleichfalls bei unserem Fxemplar. Als einer der größten Hyolithen, welcher in der Bande D—d;y vorkommt, gilt der von Noväk beschriebene und von Vosek und Mauth herstammende Hyolithus giganteus®). Syst. Blur. Vol. LII,-Bl./15,-Eiesssp: ?) Revision der paläozoischen Hyolithiden Böhmens, p. 12. 3) Ibid. p. 17, Tab. VI, Fig. 22—23. #) Syst. Silur. Vol. II, Pl. 15, Fig. 34—55. 5) Zur Frage über die Stellung der Hyolithen in der Paläontologie. (Zentral- blatt f. Miner., Geologie u. Paläont. Jg. 1908, Nr. 12, p. 362—365.) 6) Revision der paläozoischen Hyolithiden Böhmens, p. 19, Taf. IV, Fig. 40—50. [11] Neue Pteropoden des älteren Paläozoikums Mittelböhmens. Hl Übersicht der in den vorliegenden Blättern in Betracht gezogenen Pteropoden. Art a un Q iS iS re — ri m 1 | Conularia imperialis Barr. + - I - | - 7 — 2 | Conularia Lipoldi ZEN AR + - == 3 | Conularia Jahni Zel. . . . — — == = = = 4 | Conularia Barrandei Zel. . — — - = = — 5 | Conularia Purkynei Ze — = = == ni 6 | Conularia Hofmanni Zel. .| — _ ar — _ = 7 \ Conularia defecta Zi. ad >= =F == = Em: 8 | Conularia Perneri Zei... . . >> E77 ip 9 | Conularia Proteica Barr. .| — | — —_— _ un 10 | Hyolithus Ejpovicensis Zel..|| — a m Bis ni | Eee me ern 52 3. V. Zelizko. [12] Erklärung zu Tafel III. Fig. 1a, 15. Conularia Purkynei Zel. — Natür). Größe. Quarzitkonkretionen D—d,y, Sirä-Cekov (Historisches Museum in Pilsen). Fie. 2a. Conularia Jahni Zel. — Natürl. Größe. Quarzitkonkretionen D-d,y, Särka (Sammlung des Herrn Schück in Prag). Fig. 25. Dasselbe Exemplar, vergrößert. Fig. 3a. Conularia Barrandei Zel. -- Natürl. Größe. Quarzitkonkretionen D—d,y, Vosek (Städtisches Museum in Rokycan). Fig. 35. Querschnitt desselben Exemplars. Fig. 4. Conularia defecta Zel. — Natürl. Größe. Quarzitkonkretionen D—d,y, Sarka (Sammlung des Herrn Schück in Prag). Fig. 5a. Conularia Hofmanni Zel. — Natürl. Größe. Schiefer D—-d; 7, Lhotka bei Beroun (Museum der k. k. geolog. Reichsanst. in Wien). Fig. 5b. Dasselbe Exemplar, vergrößert. Fig. 6. Conularia Hofmanni Zel. — Ein einmal vergrößertes \ixemplar. Schiefer D—d,y, Lhotka bei Beroun (Museum der k. k. geolog. Reichsanst. in Wien). Er Erklärung zu Tafel IV. Fig. 1a. Conularia Hofmanni Zel. — Natürl. Größe. Schiefer D—d;y, Lhotka bei Beroun (Sammlung des geologischen Instituts der böhmischen tech- nischen Hochschule in Brünn). Fig. 15. Dasselbe Exemplar, vergrößert. Fig. 2a, 3a, 4a. Conularia imperialis Barr. — Natürl. Größe. Grauwacken- sandstein der Krusnä Hora-Schichten D— d,», Öilina bei Ejpovic (Museum der k. %, geolog. Reichsanst. in Wien). Fig. 2b, 35, 4b. Vergrößerte Partien. Fig. 5. Conularia Lipoldi Ze. — Natürl. Größe. Schiefer der Komorauer Schichten D—d,%, Karizek (Museum der k. k. geolog. Reichsanst. in Wien). Fig. 6a. Conularia Perneri Zel. — Natürl. Größe. Schiefer F—f, Kosor (Museum der k. k. geolog. Reichsanst. in Wien). Fig. 65. Dasselbe Exemplar, vergrößert. Fig. 6c, 6d. Vergrößerte Partien der Oberfläche. Fig. 7a. Hyolithus Ejpovicensis Zel. — Natürl. Größe. Schiefer D—dr, Ejpoviec (Historisches Museum in Pilsen). Fig. 7b. Querschnitt desselben Exemplares. Fig. 7c. Vergrößerte Partie der Oberfläche. Das metamorphe Diorit- und Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau (Mähren). Von Franz Kretschmer, Bergingenieur in Sternbere. Mit einer Tafel (Nr. V) und drei Zinkotypien im Text. Einleitung. Wohl sind die Publikationen über die schönen und interessanten Mineralien der Zöptauer Gegend sehr zahlreich, und zwar haben sich insbesondere um die Erforschung derselben F. Kolinati, J. Melion, Bonny de Websky. V. v.’Zepharovich, G. vom Rath, V. Neuwirth verdient gemacht. Auch Verf. hat seinen mehrjährigen Schürfungen auf die Zöptauer Mineralien eine Abhandlung gewidmet !). Jedoch über die Petrographie und Geologie dieses Gebietes, über die stratigraphischen und noch viel weniger die tektonischen Verhältnisse dieser Gegend finden wir kaum irgendwelche Studien, gewöhnlich kommt es über eine kursorische Aufzählung der im gedachten Gebiete vorkommenden Gesteinsarten nicht hinaus. Bereits im Jahre 1857 haben meine hochverehrten Freunde Prof. Dr. Fr. Becke und der der Wissenschaft leider so früh ent- rissene Dr. Max Schuster mit ihrem in der k. k. geologischen Reichsanstalt in Wien am 15. Februar d. J. gehaltenen Vortrag °) hervorgehoben, wie verhältnismäßig wenig das mährisch-schlesische Grenzgebiet, speziell die Gegend zwischen Zöptau, Karlsbrunn und Freiwaldau (Schlesien), bisher von den Geologen beachtet wurde. Dieser kurze Vortrag befaßt sich indes bloß im Allgemeinen mit der Petrographie der fraglichen Gegend und berührt die geologischen Verhältnisse lediglich in kurzen Umrissen; dessenungeachtet sind diese Ausführungen als wichtige Bausteine für das geologische Ge- bäude der gedachten Bezirke anzusehen. Leider sind demselben hier nun keine weiteren Werksteine hinzugefügt worden, so daß der fragliche geologische Bau noch im gänzlich unfertigen Zustande einem Torso gleicht, denn in Prof. Fr. Beckes vortrefflichem „Be- richt über den geologischen Bau des Altvatergebirges“ °) wird das Zöptauer Terrain nur mit wenigen Worten kursorisch gestreift, während !) Tschermaks Min. u. petrogr. Mitth. 1895, XIV, pag. 183. 2?) Separatabdr. d. Verhdl. d. k. k. geol. R.-A. 1887, Nr. 4. ®) Sitzungsber. d. k. Akad. d. Wiss. Bd. CI, Abth. I, 1892. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Band, 1. Heft. (Fr. Kretschmer.) 54 Franz Kretschmer. [2] die für später in Aussicht gestellte „eingehende Schilderung“ des dort bloß kurz skizzierten Gebietes bisher noch nicht erschienen ist. Der Verfasser hat als Chefingenieur des gesamten Bergbaues der Zöptauer und Stefanauer Bergbau- und Eisenhütten-Aktiengesellschaft während seines 14jährigen Aufenthaltes in Zöptau Gelegenheit gehabt, sich mit dem Studium der geologischen Verhältnisse der Umgebung von Zöptau eingehend zu befassen, und zwar dies um so mehr, als seinem Ressort als Anhang auch die zahlreichen für hüttenmännisch- pyrotechnische, sowie Hochbauzwecke betriebenen Steinbrüche an- gehörten. Indem der Verfasser die Frucht seiner langjährigen Studien der Öffentlichkeit übergibt. glaubt derselbe nicht unberufen zu sein im Nachfolgenden ein zutrefftendes Bild von den petrographischen und Lagerungsverhältnissen der gedachten Gegend auf Grund lang- jähriger Erfahrungen und Beobachtungen entwerfen zu können. Die hier vertretenen Anschauungen weichen jedoch so sehr von den landläufigen Vorstellungen über das fragliche Gebiet ab, daß der Verfasser erst im Laufe der Feldesaufnahmen und der mikroskopisch-optischen sowie der chemischen Untersuchungen sich dieselben aneignete, als sich die Tatsachen immer mehr häuften, so daß an der Richtigkeit der folgenden Ergebnisse kein Zweifel übrig blieb. Es liegt mir jedoch fern, eine erschöpfende Darstellung der komplizierten geologischen Verhältnisse der Umgebung von Zöptau geben zu wollen, vielmehr soll mit dieser Arbeit nur ein Gebäude im Rohbau geschaffen werden, dessen Ausbau weiterer Forschungsarbeit vorbehalten bleibt. I. Generelle Übersicht der orographischen und petro- graphischen Verhältnisse. Das zunächst in Frage kommende Terrain erscheint in ein- facher Weise geographisch festgelegt durch das Mertatal sammt seinen Seitentälern, vom Kiesgraben an der Kriechlehne beginnend, bis zur Einmüdung des Mertaflusses in den Teßfluß bei Petersdorf, während die westliche Begrenzung durch das Teßtal gebildet wird. Das Mertatal hat sich in seinem Unterlaufe zu einem isoklinalen Längstal ausgeweitet, dagegen der Oberlauf noch ein tektonisches Tal vorstellt, das der großen Längs- und Querklüftung im Ziekzack folgt. Gegen Nordwest wird das Mertatal flankiert durch den SW-—NO streichenden Höhenzug vom Schwarzenstein und Steinigberg (617 m ü. M.), Hinterberg (627 m), Kahlhübel (707 m), Erzberg (914 m) und der Hüttelkoppe (1210 m); gegen Südost flankieren das Tal die un- sefähr parallellaufenden Erhebungen Rauhberstein (790 m), Storch- berg (671 m), Dürerberg (824 m), Spitzigstein (955 m) und Kriech- lehne (1183 m). Auf dem Talboden liegen die Gemeinden Ober- Petersdorf, Zöptau mit Kolonie Stettenhof, Wermsdorf mit Kolonie Sensenzipfel und den Fraktionsgemeinden Freiheitsberg, Siebenhöfen und Schwagersdorf. Dagegen gehört die Nachbar- gemeinde Marschendorf bereits zum Flußgebiete der Teß. [3] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 55 Die petrographische Zusammensetzung dieses Terrains ist eine sehr mannigfaltige und komplizierte, und zwar erlangen auf diesem Terrain die größte Verbreitung Hornblendegneise, manniefaltige Amphibolite, und zwar vorherrschend Feldspatamphibolite und Hornblendeschiefer (nach Maßgabe des alten petrographischen Systems); dagegen sind untergeordnete Gebirgsglieder: Massige und gangförmige Hornblendeplagioklasgesteine (Schwarzenstein, Bienergraben u. a. O.), schiefrige Biotitgneise als Einlagerungen des Hornblende- gneises, Topfsteinmassen mit Chloritschiefer am Storchberg (Zöptau), am Hausberg und der Hüttellehne (Wermsdorf); ferner treten am Kahlhübel, Köhlerstein und Erzberg nördlich Marschendorf mächtige Injektionen von Massengranit auf, außerdem wird speziell der Hornblendegneis von zahlreichen Gängen saurer Gesteine von peg- matitischem und aplitischem Habitus durchtrümmert. Schon Fr. Becke und Max Schuster haben in dem eingangs- erwähnten Vortrag die mit den Hornblendegneisen zusammen vor- kommenden massigen Gesteine als Diorite aufgefaßt, auch haben sie die Ahnlichkeit gewisser Amphibolite unseres Gebietes mit Gabbro- gesteinen hervorgehoben so wie sie auch die Abstammung der übrigen Amphibolite von Augitgesteinen wahrscheinlich machten. Auch Bergrat M. V. Lipold hat die hier in Betracht kommende Gegend in seiner Abhandlung „Geologische Verhältnisse des Süd- und Ostabfalles der Sudeten“ !) kurz berührt und unsere Gesteine als Amphibolgesteine, und zwar Hornblendegeneis und Hornblende- schiefer in Wechsellagerung mit Phyllitgneisen, Urtonschiefern, Chlorit- und Talkschiefern unterschieden. Dagegen unterscheidet Dr. J. Melion?°) neben Hornblendegneis Diorite, welche er nach dem alten petrographischen System zu den Grünsteinen stellt, ferner Hornblendegesteine (Amphibolit) und Horn- blendeschiefer, ohne sich jedoch mit den Lagerungsverhältnissen und noch viel weniger mit der Herkunft der Amphibolite zu befassen. Endlich hat V. Neuwirth neuerdings in seiner Abhandlung „Die paragenetischen Verhältnisse der Minerale im Amphibolitgebiet von Zöptau“?) ohne jede nähere Begründung die Behauptung aufge- stellt, daß Diorite in dem gedachten Terrain nirgends vorkommen, ohne aber der Frage über die stratigraphische Stellung und Herkunft dieser Massengesteine irgendwie näherzutreten, welche er insgesamt einfach unter die Amphibolite subsummiert. Auch bezüglich der übrigen und typischen Amphibolite finden wir keine Andeutung über deren Erscheinungsform oder Abstammung. Durch die folgenden Ausführungen dieser Arbeit soll dargetan werden, daß die in der Umgebung von Zöptau herrschenden, bisher als Hornblendegneise schlechtweg gedeuteten Gesteine richtig Amp hi- pbolplagioklasgesteine sind, die ihre Vertreter unter den Dioriten haben, daß die massigen und grobkörnigen Amphi- bolgesteine, bisher verschieden als Diorite und Amphibolite bezeich- !) X. Jahresbericht des Werner-Vereins in Brünn 1860. ?) Mährens und Österr.-Schlesiens Gebirgsmassen. Brünn 1895. 3) Zeitschrift d. mähr. Landesmuseums, VI, 2, 1906. 56 Franz Kretschmer. [#] neten Gesteine sowie die mit ihnen zu einem Gesteinskörper ver- bundenen sogenannten Hornblendeschiefer richtig metamorphe Gabbrogesteine sind, die alle durch allmähliche Über- sänge der Struktur und des Mineralbestandes eine un- trennbare geologische Einheit bilden. Neuerdings hat Prof. Dr. W. Bergt!) vortreffliche Studien von dem Gabbromassiv im bayrisch-böhmischen Grenzge- birge ausgeführt und kommt derselbe zu dem Ergebnis, daß der von den älteren Geologen, speziell von Lidl, als Hornblendeformation bezeichnete böhmische Teil der fraglichen Gebiete wohl größtenteils aus Hornblendegesteinen zusammengesetzt ist, und zwar nach dem alten petrographischen System sogenannten Dioriten, Amphiboliten und Hornblendeschiefer, daß diese jedoch richtig Hornblendegabbros sind, „es wäre unrichtig und unzweckmäßig, ihnen den Namen Gabbro zu nehmen.“ In dem gedachten Bezirk erlangen überdies typische Augitgesteine eine allgemeine und ausgedehnte Verbreitung, es sind dies hauptsächlich grobkörnige Gabbros, wozu sich noch Pyroxen- sranulite gesellen. Pyroxen- und Hornblendegabbro und die Amphi- bolite sind durch allmähliche Übergänge verbunden, demzufolge für den größten Teil der „Hornblendeformation“ der Name Gabbro re- klamiert wird. Bezüglich der Struktur schieferiger und flaseriger Pyroxen- und Hornblendegesteine geht aus der Darstellung hervor, daß dieselben in ihren mikroskopischen Einzelheiten so sehr den Eindruck der Ungestörtheit, der Ursprünglichkeit machen, daß man geneigt ist, sie als erstarrte Flußbewegungen oder als Wirkungen eines noch vor der Erstarrung tätigen Druckes anzusehen. Zu ähnlichen Ergebnissen ist später Johannes Uhlig (Dresden) in seiner bemerkenswerten Abhandlung „Die Gruppe des Flaser- gabbro im sächsischen Mittelgebirge“ ?) gelangt, dessen Hauptmasse aus feinkörnigen Hornblendeplagioklasgesteinen gebildet wird, worin die typischen Gabbros nur als geringmächtige Linsen einge- schaltet sind, wobei letztere mit den ersteren durch alle möglichen Übergänge verbunden erscheinen. Auch Uhlig trachtet den Nach- weis zu erbringen, daß die Strukturverhältnisse der Gesteine der Flasergabbrogruppe auf Druckvorgänge im erstarrenden Magma hin- weisen, daß die Vorgänge auch den Chemismus der Mineralbildung soweit beeinflussen, daß an Stelle der Pyroxene der normalen Gabbros, Hornblendemineralien sich ausbildeten und damit an Stelle der nor- malen Gabbros, Hornblendegabbros (im engeren Sinne) und sogenannte Amphibolite entstanden sind. Demzufolge erscheint auch Uhlig die von Bergt vorgeschlagene Bezeichnung der Amphibolite als Horn- blendegabbro durchaus angemessen, außerdem wird für die schieferigen Varietäten die Bezeichnung „schieferiger Hornblendegabbro“ empfohlen. In vorstehenden Darstellungen erscheint es auffällig, daB über die von Becke und Grubenmann begründete kristallobla- stische Struktur der bisher zu den kristallinen Schiefern gezählten !) Sitzungsberichte d. k. Akad. d. Wiss. Berlin 1905, XVIII, pag. 402 und 1906, XXII, pag. 432. ?) Zeitschr. d. Deutschen geol. Ges. 59. Bd., pag. 45, 1907. [5] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau 57 Amphibolite keinerlei Erwähnung geschieht? Ist doch gerade in dieser Struktur der grundlegende Unterschied zwischen den kristal- linen Schiefern einerseits und den Erstarrungsgesteinen sowie den Sedimentgesteinen anderseits gelegen, weshalb die Forschungsergeb- nisse Bergts und Uhligs mit der neuen Petrographie im Wider- spruche stehen, welch letzterer in den Amphiboliten und vielen kri- stallinnen Schiefern Produkte der dynamometamorphen Gesteinsum- wandlung sieht. Wenden wir uns wieder dem Zöptauer Massiv zu, so muß zu- nächst hervorgehoben werden, trotzdem daß die Beschreibungen Uhligs von den Gesteinen der sächsischen Flasergabbrogruppe auf unsere Zöptauer Hornblendeplagioklasgesteine in einem gewissen Sinne passen, beziehungsweise damit übereinstimmen, kann ich mich den Anschauungen Uhligs bezüglich unserer Gesteine den früher soge- nannten Dioriten, Amphiboliten und Hornblendeschiefern nur zum Teil anschließen, und zwar betrachtet Verfasser die massigen und sangförmigen Hornblendeplagioklasgesteine mit zyklopisch-gabbroider Struktur, die ohne Spuren von Schieferung nur richtungslose Zerklüf- tung erkennen lassen als Hornblendegabbro, während die übrigen hierher gehörigen Gesteine als dynamometamorphisch umgewandelte Gabbros oder Amphibolite angesehen werden. Im weiteren Verfolge bin ich auch bezüglich der Nomenklatur anderer Meinung als Uhlig, denn ein so ausgedehntes Gesteinsmassiv bedarf der Gliederung nach den durch Mineralbestand und Struktur im Felde makroskopisch leicht zu unterscheidenden Typen. Um die folgenden Auseinandersetzungen nicht durch allerlei Namen zu belasten, wurden auf Grund unten folgender mikroskopischer Untersuchungen sowie der diesfälligen chemischen Analysen nachstehende Bezeichnungen gewählt, wobei im Anschlusse an bisherige Namen solche neue überflüssig schienen. Es werden demzufolge unterschieden: Hornblendegabbro von großkörnigem zyklopisch - gabbroidem Gesteinsgewebe und massigem, richtungslos zerklüftetem Gesteinsbau ; Gabbroamphibolit richtungslos grobkörniges (granoblastisches) Gewebe von dickbankigem bis plattigem Gesteinsbau; Gabbroschiefer von feinkörnig-faseriger Textur, grobschieferiger Struktur und endlich Prasinit, dichte Textur, feinschieferige und vielfach gefältete Struktur. Hierzu kommen noch Hornblendite, sroßindividualisierte oder feinkörnige Massen, in Form plumper Linsen oder Stöcke wollsackähnlicher Blöcke sowie als unförmliche kubikmetergroße Kugeln den vorgenannten Gesteinen inneliegend. Diese metamorphosierten Gabbrogesteine sind untereinander durch allmähliche Übergänge verknüpft und bilden zusammen mit den Dioritgneisen eine geologische Einheit. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Band, 1. Heft, (Fr, Kretschmer.) 8 58 Franz Kretschmer. [6] Verbreitung der Dioritgneise. (Hierzu geologische Kartenskizze Tafel V.) Die Hauptmasse des Amphibolplagioklasgneises be- findet sich an der Südwestflanke unseres Gewölbes im Petersdorfer Traußnitzwalde, und zwar am Butterhübel, Harbichstein und Reimer- stein sowie am ÖOplustilberg, übersetzt hier das Mertathal, beherrscht einen Teil des Steinigberges sowie den Fellberg, zieht von hier gegen den Schinderhübel, Vorder- und Hinterberg bei Marschendorf, setzt die Ausläufer des Kahlhübels, des Köhlersteins als auch des Erz- berges zusammen. An den Gehängen der letzteren Bergeshöhen gegen Marschendorf war der Dioritgneis einer weitgehenden Vergrusung unterworfen oder er ist gänzlich zu Sand zerfallen, wie dies bei Massengraniten vorzukommen pflegt; insbesondere ist dies am Vor- derberge der Fall, wo der Biotitplagioklasgneis vorherrschend wird. Letztere Gneisvarietät ist auch an den nördlichen Gehängen des Erzberges dominierend, wo sie sich jedoch im frisch erhaltenen Zustande vorfindet, während der Amphibolplagioklasgneis erheblich zurücktritt oder ganz aus der Gesteinsreihe verschwindet. Der Oplustilberg, welcher an der Einmündung des Zöptauer- baches in den Mertafluß aus der Talsohle sich steil erhebt, besteht gänzlich aus großblockigem und dickbankigem Dioritgneis, der bald dunkelfärbig an Hornblende reich in Gabbrogneis übergeht, bald hellgefärbt feldspatreich ist; in der ersteren Varietät reichert sich der schwarzbraune Biotit lokal stärker an, während die letztere gewöhnlich glimmerarm erscheint. Der Feldspat ist vorherrschend Plagioklas, insbesondere in der hornblende- und biotitreichen Varietät, dagegen in der biotitarmen neben Plagioklas auch Orthoklas nebst Quarz in das Mineralgewebe eintritt. Solcherart zusammen- gesetzte Dioritgneise setzen bis zum Reimerstein (gewöhnlich Parapluieberg genannt) fort, wo sie feldspatreich und biotitarm hell- farbig als Quarzdioritgneise anzusprechen sind, sie lassen sich bis zum benachbarten Harbichstein verfolgen, wo sie Schlieren von Gabbroamphiboliten aufnehmen, welch letztere auf zahlreichen Klüften sekundär körnigen Pistazit mit Drusen säulenförmigen Epidots nebst glasigem Quarz, Albit und Periklin ete. führen. Bei der soge- nannten Grotte am Oplustilberg fand ich einen relativ geringmächtigen Lagergang von großkörnigem massigem polyedrisch zerklüftetem Hornblendegabbro. Die Dioritgneise des Steinigberges, des Fellberges und der Hohenwarte sind instruktiv durch den Bienergraben aufge- schlossen, sie sind hier reich teils an Hornblende, teils an Plagioklas ; die darin enthaltenen Schlieren von Biotitplagioklasgneis sind sehr dünnschieferig, stark gequetscht und verwittert. Zwischen diesen Gneisen erscheinen ungefähr 5 bis 6 m mächtige ganzförmige Injektionen von großindividualisierttem massigem Hornblende- gabbro besonders auffällig, Am Grabenschluß ist ein großindividua- lisierter beryllführender Pegmatitgang zu Tage ausge- waschen, Die in Rede stehende Dioritgneiszone wird insbesondere in [7] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 59 der Umgebung von Marschendorf von zahlreichen beryll- führenden Pegmatitgängen, speziell am Schinderhübe], von den bekannten chrysoberyllführenden Pegmatitgängen durchsetzt, welche weiter unten zur ausführlichen Besprechung ge- langen werden. Dieselbe wird außerdem am Erzberg, Köhlerstein und Kahlhübel vom Granit aplitischer Fazies durchbrochen, welcher, wie wir weiter unten sehen werden, zum Granitit gehört. Von dem in Rede stehenden großen Gneiskörper abgesondert, erhebt sich am rechten Mertaufer. und zwar am oberen Ende der Kolonie Sensenzipfel, ein Spezialmassiv von Amphib.ol- plagioklasgneis beschränkter Ausdehnung, welches die vordere Hüttellehne und den Hausberg zusammensetzt. Die daselbst zu Tage anstehenden hochstrebenden Felsmassen werden im Volksmunde „die Schwefelsteine“ genannt. Die Bänke sowohl als auch die hellen und dunklen Schlieren dieses isolierten Gneiskörpers zeigen denselben mannigfaltigen Wechsel dioritisch-gabbroider Gesteine, wie wir die- selben im Hauptmassiv kennen lernten, von denen sie sich in keiner Weise unterscheiden. Verbreitung der Gabbrogesteine. (Siehe das geologische Übersichtskärtchen Tafel V.) Vom Fellberg gegen SW stößt man auf dem Steinigberg sowie dem Schwarzenstein und Mittelstein an die dortige hoch- wichtige Reihe von Gabbrogesteinen. Die wildzerissenen Felspartien auf den Scheiteln der beiden letztgenannten Berghöhen bestehen ganz aus massigem, richtungslos zerklüftetem und richtungslos körnigem Hornblendegabbro. Die Gesteinsreihe des Schwarzenstein und seiner südwestlichen Ausläufer ist instruktiv aufgeschlossen durch die Einschnitte an der Eisenbahnstrecke vom unteren Ende des Zöptauer Bahnhofes bis zur Mertabrücke oberhalb der Station Petersdorf, welchem Profil wir nun folgen wollen. Der schwarze Hornklendegabbro vom Schwarzenstein hält an seinem Fuße bis zur herrschaftlich Wiesenberger Försterei an, wo eine vorspringende Nase dieses Gesteins mit dem Bahneinschnitt durchbrochen wurde. Er übergeht hier und dort in großindividualisierte Hornblendite worin die Menge des Plagioklases stark zu- rücktritt. Von speziellem Interesse sind stark gequetschte flaserige Hornblendegabbros, worin die Plagioklas- und Hornblendeaggregate parallel gedrückt und flaserig gestreckt erscheinen, die dann infolge dieser Kohäsionsänderung mehr oder weniger zu grusigen und sandigerdigen Massen zerfallen sind, was sonst bei unseren Gabbro- gesteinen gar nicht vorkommt. Es ist dies übrigens der einzige mir bekannte Fall, daß die Gabbros hiesiger Gegend flaserige Struktur annehmen. Nun folgt talabwärts eine zirka 20 m breite eingeklemmte Partie von Glimmerschiefer, die, wie wir später sehen werden, von oben herah in die Massengesteine versenkt wurde. Auf gedachte Schiefer legen sich grobkörnige Gabbroamphibolite mit ausge- g* 60 Franz Kretschmer. [3] zeichneter Parallelstruktur dickbankiger und plattiger Absonderung, welche gegen das Hangende stetig feinkörniger und dünnschieferiger werden. Diese Amphibolite von ansehnlicher Mächtigkeit sind viel- fach gebändert, indem helle Plagioklasbänder mit dunklen Amphibol- bändern wechsellagern, oder es sind Plagioklaslinsen mit Amphibol umflochten. Dieses Gestein nimmt dicht oberhalb der Brettsäge des Zöptauer Eisenwerkes eine mächtige eingeklemmte Quarzitpartie auf, die, wie später begründet werden wird, ebenfalls der einstigen Schieferhülle angehörte. Unterhalb des erwähnten Sägewerkes lagert sich der Quarzit mächtiger ein, worauf dann zersetzte Amphibolite und dichte Prasinite (Grünschiefer) in den Gesteinsverband ein- treten. Das allgemeine Streichen dieser Gesteine, soweit sie Bankung, beziehungsweise Lagerung erkennen lassen, ist 2 h, das Einfallen 20 h unter 50 bis 65° konstant anhaltend. Auf der gegenüberliegenden Talseite, im Traußnitzwalde, und zwar nächst dem Reimerstein, durchbricht den Dioritgneis an der Grenze gegen den Quarzdioritgneis ein ungefähr 15—20 m mächtiger Lagergang von Hornblendegabbro, dessen massiger zentraler Kern gegen die Grenzflächen hin von plattigen Amphiboliten be- gleitet wird. Fin ähnlicher Gang wurde auch am Butterhübel (Laßwirtschaft) konstatiert, woselbst ein anorthositähnlicher Gabbro sowie auch Hornblendit mit einbricht. Der Gabbro stellt auch hier ein regellos zerklüftetes grobkörniges Massengestein vor, das höchst fest und spröd, hellklingend und leicht nach ver- steckten Lassen zersprengbar ist. In den Hammerbüscheln, also am Südende des Massivs, entsendet dasselbe gangförmige Apophysen von Gabbro und Gabbroamphibolit in die von SSW vorstoßende Glimmerschiefer-Quarzitzone, wo in der dort ausgedehnten Kontakt- zone in ansehnlicher Verbreitung Kontaktgesteine ausgebildet wurden, welche im Abschnitt „Schieferhülle* näher betrachtet werden sollen. Weiter in das Liegende vorkommend folgen nun die Gabbro- amphibolite an den östlichen Abhängen des Traußnitzwaldes gegen Rabenseifen und ZRudelsdorf; ferner die Gabbroschiefer westlich Rudelsdorf, am Viebich, SSW der Zöptauer Kirche, am Pfarrerb und Schulerb, NNO dieser Kirche, wo sie jedoch mit Amphibol- pyroxengneisen, Amphibolbiotitgneisen und den daraus durch Ver- witterung entstandenen Glimmergneisen wechsellagern, welche Ge- steine am Richterberg südlich der erwähnten Kirche in ähnlicher Wechsellagerung sich wiederfinden. Eine verbreitete und dominierende Stellung erlangen die Gabbroamphibolite und Gabbroschiefer im Riede, vorderer Schillerhau, weiter gegen SO auf der LaB- koppe und dem Bischofserb. Diese mächtige Amphibolit- Gabbroschieferzone findet ihre Fortsetzung gegen NO am Grillen- berg, östlich Wermsdorf, weiterhin am Hausberg, auf der vorderen und hinteren Hüttellehne bereits am Rechtsgehänge des oberen Mertatales.. Das allgemeine Streichen dieser Gesteine in dem ge- dachten Terrain ist innerhalb der Kompaßstunden Ih, 2hbis3 h schwankend, das Einfallen erfolgt durchweg 19 h, 20 h bis 21 h unter So50, bis’ 59% [9] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 61 Die Gabbroschiefer dieses Bezirkes sind insbesondere durch häufige Einschaltungen von vichtungslos-körnigem Gabbroamphibolit in Platten bis zu 10 und 15 cm Stärke herab bemerkenswert. ein Be- weis für die innige Verknüpfung der erwähnten Gesteinstypen; denselben sind ferner aus zahlreichen Punkten ihres weiten Ver- breitungsbezirkes massige Hornblendegabbro, insbesondere aber Hornblendite als plumpe Linsen und unförmliche Kugeln eingeschaltet. In dieser Zone der Gabbrogesteine sind ferner besonders hervor- zuheben, und zwar gegen ihren Außenrand hin, die Topfsteinlager am Storchberg, am Hausberg oberhalb dem Sensenzipfel und auf der vorderen und hinteren Hüttellehne, woselbst sie die größte Mächtigkeit erlangen. Die Topfsteinkörper am Kargerberg nördlich Siebenhöfen, und jene am Kupferberg westlich Wermsdorf, fallen bereits in die Innenzone der Gabbroamphibolite. Ein geologisch wichtiger Punkt ist der in das Teßtal vorge- schobene, aus dem Terrain scharf kegelförmig herausmodellierte Mattenberg nächst Marschendorf, dessen Westabhang aus Chloritschiefer, Strahlsteinschiefer und chloritisiertem Gabbroschiefer besteht, dagegen die Hauptmasse des Berges aus typischem Gabbroschiefer zusammengesetzt ist, worin sich form- lose Linsen von großindividualisiertem strahligem Hornblende- gabbro finden. Auf der Spitze des Bergkegels hat Verfasser sehr feste Felsblöcke eines massigen, dabei jedoch feinkörnigen Horn- blendits anstehend angetroffen. Am Osthang geht der Gabbro- schiefer in granoblastisch-körnigen Gabbroamphibolit über, um in der Einsattlung zwischen Mattenberg und Schinderhübel dem am Aus- gehenden gänzlich vergrusten Dioritgneis Platz zu machen, welcher nicht nur durch die häufigen amphibolitischen, sondern hier auch zahlreiche aplitische Schlieren ausgezeichnet ist. Am Steinhübel und dem Vorderberge (auch Butterhübel genannt), nördlich Marschendorf, sind ebenfalls Gabbroamphibolite ver- breitet, darin finden sich Einschaltungen von Gabbroschiefer, Strahl- steinschiefer und feinkörnige massige Hornblendite, letztere als plumpe Linsen und Stöcke. Weiter gegen NO fortschreitend gelangen wir zu den Gabbroamphiboliten mit ihren wichtigen Kontaktbildungen am Kahlhübel, darin sind tiefschwarze massige Hornblendegabbros ein- gebettet. Diese Gesteine werden hier von Granitit durchbrochen, welcher am Kahlhübel sowohl als auch am Köhlerstein sowie am am Erzberg in nackten Felsmassen zu Tage tritt. An den Gehängen des Stein- und Butterhübel sowie seiner südwestlichen Ausläufer gegen Marschendorf herrschen aber überall Amphibolplagioklasgneise, speziell das ganze Westgehänge wird von stark vergrusten Biotitplagioklas- gneis gebildet, dagegen dominieren auf den Scheiteln des Stein- und Butterhübel, gleichwie am vorerwähnten Mattenberg, überall die ge- nannten Gabbrogesteine. Ähnliche Verhältnisse wurden am Hofstein, nordöstlich Stettenhof, sowie auf dem benachbarten Storchberg fest- gestellt: überall herrschen auf den Scheiteln die Gabbro- gesteine, dagegen an den Gehängen die Dioritgneise zum Vorschein kommen. op) DD Franz Kretschmer. [10] Verbreitung der angrenzenden Quarzite, Glimmerschiefer und Schiefergneise. (Siehe geologische Kartenskizze Taf. V.) An der südwestlichen Spitze der Ausläufer des Schwarzensteins, oberhalb der Einmündung der Merta in die Teß, legt sich auf die beschriebenen Gabbrogesteine jene restliche Glimmerschieferpartie, welche bereits Prof. F. Becke beschrieben und gezeichnet hat!) und welche aus echten Glimmerschiefern und Phylliten sowie unter- geordneten Amphiboliten und Grünschiefern besteht, die von anderen basischen Eruptivgesteinen abstammen. Die Fortsetzung davon, in demselben stratigraphischen Niveau, fand ich auf den Gehängen des Steinigberges (bereits auf der Marschendorfer Seite) gegen den Teßfluß, wo diese Gesteine am Kontakt mit den Gabbroamphiboliten vom Schwarzenstein durch die daselbst konstatierten Kontaktgebilde bemerkenswert erscheinen. — Eine wichtige, aus Quarziten und Glimmerschiefern bestehende Gesteinszone ist am benachbarten Weißensteinin den dortigen Gabbrogesteinen eingeklemmt. — Eine ähnliche Quarzit- und Glimmerschieferpartie findet sich ferner am Kupferberg dicht westlich Wermsdorf inmitten von Gabbroschiefern und Amphiboliten. Beide letzgenannten Quarzitschollen werden von hochwichtigen endogenen und exogenen Kontakterschei- nungen begleitet. Weiter unten wird diesbezüglich und ferner auch der Nachweis erbracht werden, daß alle diese Quarzit- und Glimmer- schieferpartien die Überreste einer einstigen zusammenhängend über dem dioritisch-gabbroiden Massiv ausgebreiteten Schiefer- hülle vorstellen, die bisher von der gewaltigen Thalerosion und Denudation verschont geblieben sind. Die mächtige, hauptsächlich aus Quarziten Glimmerschiefern, untergeordneten Phylliten sowie Amphiboliten bestehende Glimmer- schieferzone des Traußnitzwaldes setzt zunächst den über- ragenden Rauhbeerstein und seine südwestlichen und nordwest- lichen Ausläufer auf Petersdorfer und Zöptauer Terrain zusammen. Am Eingange zum Schebekgrunde, in den Hammerbüscheln und an dem Südgehänge des Krebsgrundes greifen mehrfach Quarzite und Glimmerschiefer in die dortigen Dioritgneise und Gabbroamphibolite fingerförmig ein, so daß scheinbar eine wiederholte Wechsellagerung der ersteren mit letzteren Gesteinen entsteht. Überall im Kontakt des Gabbro mit dem Glimmerschiefer kommt es zur Ausbildung wichtiger endogener und exogener Kontaktgesteine, welche im Artikel „Schieferhülle“ Gegenstand eingehender Untersuchung sein werden. Von Rudelsdorf weiterhin gegen NO vordringend, auf dem Rabenstein, der Viebichkuppe, dem Rabenberg, in der Umgebung der Kolonie Freiheitsberg, am Dürrenberg, im Seifengrund, am Katzenkopf, im Grasgrund, am Spitzigstein werden die Gesteine der Glimmer- schieferserie durch mannigfaltige Schiefergneise, vorherrschend ') Sitzungsbericht d. k. Akad. d. Wiss. CI. Abt. I, 1892, Taf. 1. [11] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 63 aber Chloritgneise ersetzt. Denselben Gesteinen der Chloritgneis- gruppe begegnen wir im „Schlafwinkel“ und im Kiesgraben des oberen Mertatales sowie auf der hinteren Hüttellehne, als auch am Hüttelberg, wo diese Schieferserie zu großer Mächtigkeit gelangt. Auffällig ist es, daß in dieser Gesteinszone die Neubildungen der normalen Kontaktmetamorphose fehlen, während derlei Gebilde in der Glimmerschieferzone überall, wo sie mit den Gabbro- gesteinen in Berührung tritt, nirgends fehlen. Amphibolite und Grünschiefer führt nieht nur die Glimmer- schiefergruppe, auch die Chloritgneisgruppe hält solche in mehreren Zügen und ansehnlicher Mächtigkeit eingeschlossen. Diese letzteren Amphibolite sind von den früher betrachteten Gabbroamphiboliten zu- folge großer Ähnlichkeit schwer zu unterscheiden; dessenungeachtet stammen dieselben von anderen basischen Eruptivgesteinen ab, wie wir weiter unten sehen werden. Uberblickt man die oben geschilderte Verbreitung der Gesteine in der Umgebung von Zöptau, so ist vor allem ein mächtiger zentraler Kern von Dioritgneis zu konstatieren, auf diesen legen sich an der Peripherie Hornblende- gabbros, weiter nach außen Gabbroamphibolite und schließlich Gabbroschiefer in der Weise, daß massige Gabbros an der Nordwestflanke, dagegen Gabbroschiefer an der Südostflanke des Gneisgewölbes zur Ausscheidung kamen. In der randlichen Zone des gedachten Dioritgabbromassivs liegen nun an der Südostflanke jene Topfsteinstöcke, welche, wie weiter unten der Nachweis erbracht werden wird, von Pyroxeniten abstammen. Die gedachten Eruptiv- gebilde werden teils von einer Schiefergneishülle, teils von einer Glimmerschieferhülle umschlossen, welche einstens überall ausgebreitet war, wovon heute nur noch zahlreiche Überreste dieser Decke am Süwestflügel erhalten geblieben sind, während die Scheitelkalotte dieser Bildungen fast gänzlich abgetragen ist; gleichwohl haben sich dessenungeachtet auch im zentralen Teil einzelne tiefer eingeklemmte Relikte dieser Schieferhülle erhalten. Der zentrale Dioritgabbrostock erscheint generell in seinem südwestlichen Teil nach 1 h 10 gd, dagegen im nordöstlichen nach 3 h O gd gestreckt und reicht von den Gehängen des Krebsgrundes (im Traußnitz) sowie den südöstlichen Ausläufern des Rauhbeersteins bis an den Hüttelberg im oberen Mertatal auf 10 km Länge, dagegen seine Breite vom Rabenberge (Ober-Zöptau) bis zum Mattenberge am Linksgehänge des Teßtales auf 45 km sich erstreckt. Das Einfallen der Gesteinsbänke und Schlieren ist durchweg 21 h 0 gd, beziehungs- weise 19 h 10 gd unter steilen Winkeln 45 bis 60° schwankend. Aus diesen Lagerungsverhältnissen ist zu ersehen, daß die metamorphe Dioritgabbroformation in der Umgebung von Zöptau ein symmetrisch gebautes schiefliegendes Gewölbe formt, worin die Dioritgneise die große Mitte beherrschen. Die peripherischen Hornblendegabbro und Gabbroamphibolite des Schwarzenstein an der Nordwestflanke finden ihre südöstliche Gegenflanke in den Gabbro- schiefern der Petersdorfer und Zöptauer Traußnitz und Viehbich, südlich Zöptau ; dienach außen folgenden Glimmerschiefer und Quarzite 64 Franz Kretschmer. [12] des Rauhbeerstein und seiner Ausläufer haben ihren komplementären Gegenflügel am Steinigberg und den Ausläufern des Schwarzenstein sowie in der Gabel zwischen Teß und Merta. Das gedachte Gewölbe ist bei seiner Aufpressung gleichzeitig gegen SO überkippt, wie dies durch das Profil Fig. 1 und 2 auf Taf. V dargestellt erscheint, welches die in Rede stehenden tektonischen Verhältnisse naturgetreu wiedergibt. Aus den Ergänzungskurven ist der Zusammenhang der einzelnen Formationsglieder, beziehungsweise Gewölbteile zu erkennen, gleichzeitig aber zu ersehen, welche gewaltige Massen durch die Denudation und Erosion seither davon abgetragen wurden! Das in Rede stehende Gewölbe deckt ungefähr einen Flächen- raum von rund 45 km?;, es ist somit wohl nur ein relativ kleines Massiv, das uns hier beschäftigt, allein dasselbe bildet ein sehr in- struktives Beispiel einer dioritisch-gabbroiden und pyroxe- nitischen Gesteinsfamilie, die einer weitreichenden Metamorphose zu kristallinen Schiefern anheim- gefallenist. Wie wir den folgenden Kapiteln entnehmen werden, weist ein dioritisches Magma nach der basischen Seite auf Spaltungsprodukte über Hornblendegabbro bis zu den ultrabasischen Pyroxeniten; nach der sauren Seite zu granitischen Massengesteinen sowie pegma- titischen und aplitischen Ganggesteinen hin. Die Ausscheidungsfolge dieser Differentiationsprodukte des gemeinsamen Magmas war eine umgekehrte, und zwar ist der Dioritkern zuerst auskristallisiert, worauf die peripherischen Gabbrogesteine nachfolsten, die zum Teil in den Diorit eindrangen, während die Gabbrogesteine von den Pyroxeniten durchbrochen wurden. Damit im Zusammenhange steht auch die Korngröße dieser Eruptivgebilde, und zwar sind allgemein die feinkörnigen und dichten Gesteine in deräußeren Schale als Gabbroschiefer und Prasinite, deren Mineralbestand nur u. d. M. auf- gehellt werden kann, gegen das Innere grobkörnige Amphibolite und großindividualisierte Hornblendegabbro verteilt, während die diekbankigen und massigen Dioritgneise ebenfalls ein srobkörniges Gefüge darbieten sowie dies den Abkühlungs- und Druckverhältnissen einer aus dem Schmelzfluß erstarrenden und be- wegten Masse normalerweise entspricht. Durch unten folgende Auseinandersetzungen soll gezeigt werden, daß es in der Schieferhülle des in Rede stehenden Dioritgabbro- massivs zur Ausbildung von Kontakthöfen kam, die durch ihre Stau- rotith-Disthen-Granatglimmerschiefer sowie andere endomorphe und exomorphe Kontakterscheinungen ausgezeichnet sind. Dadurch erhält die Anschauung, daß das Dioritgabbrogewölbe in der Umgebung von Zöptau aus metarmorphierten Intensivgesteinen aufgebaut ist, eine wichtige Stütze. R Nach dieser generellen Übersicht der geologischen Verhältnisse sollen nun die einzelnen Teile des in Rede stehenden Gewölbes einer eingehenden Untersuchung und Schilderung in der Reihenfolge unter- worfen werden, daß zuerst der zentrale Dioritkern, dann die peri- pherischen Gabbrogesteine und zuletzt der Schiefermantel zur Dar- stellung gelangt. [13] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 65 II. Der zentrale Dioritgneiskern und dessen Gang- gesteine. 1. Amphibolplagioklasgneis mit Schlieren von Biotitplagio- klasgneis. Der Amphibolplagioklasgneis in der Umgebung von Zöptau ist makroskopisch ein Gemenge von Feldspat (meist Plagioklas neben wenig, Orthoklas) und schwarzgrüner Hornblende, häufig stellt sich Biotit ein, offensichtlich in Gesellschaft und Vertretung der Hornblende, der Quarz ist selten oder fehlt ganz. Das Gesteins- gewebe ist körnigstreifig oder körnigflaserig, grano- blastisch, der Gesteinsbau ist gewöhnlich grobschieferig, grobklotzig und massig. U. d. M. zeigt die Hornblende überwiegend dicke und lange Prismen der Form © P (110), wozu sich da und dort oP » (010) gesellt, die Endigung ist unregelmäßig oder zackig, selten sind die Endflächen — P (111) vorhanden; mit vollkommener Spaltbarkeit nach (110), selten nach der Schiefendfläche (001). Durch orthopinakoidale Ablösung entsteht eine lamellare Zusammensetzung der Hornblende, ebenso häufig sind kompakte körnige Aggregate derselben. Die Prismen sind in der Regel parallel oder garbenförmig zusammengefügt, aber auch kreuz und quer wirr gelagert. Die Farbe ist im auffallenden Licht tief schwärzlichgrün bei starkem Glasglanz, im durchfallenden hellgrün bis blaugrün. Neben der Hornblende findet sich langprismatischer hellgrüner, stark glasglänzender Aktinolith; derselbe tritt als Neu- bildung zwischen den Hornblendeaggregaten und im Plagioklas einge- schlossen auf. — Der Augit ist, wo er vorkommt, schwärzlichgrün bis rabenschwarz, im durchfallenden Licht olivengrün bei starkem Glas- glanz, Bruch muschelig, teils als Hornblendekern, teils als zahlreiche Einzelkristalle eingewachsen, gewöhnliche Form + 2 P, oder die Komb.- Form © P. P © von schalenförmigem Aufbau in verschiedenen Farben- tönen, da und dort ruinenartig ausgezackte Wachstumsformen. Solche -Augiteinsprenglinge wurden insbesondere schön in dem frischen Diorit- gneise des Topfsteinbruches am Storchberg (Zöptau) und am Steinig- berg (Petersdorf) gefunden; zumeist ist jedoch der Augit kurzpris- matisch und körnigblätterig, so zum Beispiel am Reimerstein und Har- bichstein (Traußnitzwald) usw. — Der Plagioklas ist in rundlichen Körnern oder auch in dicken Tafeln zuweilen mit kristallographischer Begrenzung sowie auch zarter Lamellierung versehen und in reich- licher Menge vertreten, da und dort mehr oder weniger epidotisiert. Der Orthoklas, der nur eine untergeordnete Rolle spielt, zeigt nur runde Körner, selten einfache Kristalle, er fehlt des öfteren ganz. — Der Biotit tritt in der Regel dort auf, wo die Hornblende fehlt oder selten ist, er hat sich auf Kosten der letzteren gebildet und kommt in sattbraunen metallisch glänzenden Lamellen vor, welche gewöhnlich annähernd parallel gelagert sind.. Scharfkantige größere und kleinere Oktaöder von Magnetit und Körner mit Metallglanz sind der Gesteinsmasse reichlich eingestreut. Die Oktaöderflächen Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Band, 1. Heft. (Fr. Kretschmer.) 9 66 Franz Kretschmer. [14] sind zuweilen treppenförmig überhöht, die Kristalle parallel verwachsen oder verzwillingt, sie werden häufig bis erbsengroß. Im Dünnschliff bemerkt man vorwiegend Plagioklas und Hornblende, ersterer in krystallographisch bestimmten Schnitten und heterometrischen Körnern meistens wasserklar und farblos, nur an wenigen Stellen durch Flüssigkeitseinschlüsse getrübt, mit zarter und breiter Zwillingslamellierung nach dem Albitgesetz, auch gitter- förmige Streifung nach Albit- und Periklingesetz ist da und dort regelmäßig ausgebildet zu beobachten, jedoch sind häufig Körner und Tafeln zu sehen, die jeder Zwillingsstreifung entbehren. Nach der in Schnitten L a gegen die Zwillingstrace gemessenen Auslöschungs- schiefe = 76° gehört der Feldspat in die Oligoklas-Andesinreihe. Stets ist inverse Zonenstruktur bemerkbar, der Kern besteht aus basischem Oligoklas, die Hülle aus Andesin; einzelne Körner sind 5—10mal größer als die übrigen, sie enthalten Einschlüsse von Quarz. — Hornblende ist durchsichtig hellgrün bis blaugrün, in den Quer- schnitten durch die prismatische Spaltung nach (110) mit dem X 124° gekennzeichnet, Querabsonderung bei langprismatischer Ausbildung da und dort bemerkbar. Der Pleochroismus der Hornblende ist: c dunkel- blaugrün, b grasgrün, a grünlichgelb, die Absorption c=b>a. Häufig wird helles Zentrum, dunkler Rand, niemals der umgekehrte Fall be- obachtet. Die Hornblende ist zuweilen mit Plagioklas poikilitisch verwachsen; ihre Auslöschungsschiefe, beziehungsweise die Größe des Winkels e :c wurde mit 18 und 19° gemessen. Y—x = 0'023; Dispersion der Achsen deutlich <> v um die Mittellinie a; Achsenwirkel 2V = 66°, — Der Pyroxen zeigt vollkommene prismatische Spaltung nach © P (110) und merklichen Pleochroismus bläulichgrün, gelblichgrün und graugrün. Bei eingeschobenem Polarisator und Drehen des Präparats ist Farben- wechsel zwischen braun, violett bis gelbraun und braungelb zu be- obachten. In Querschnitten sind die rechtwinkeligen Spaltrisse nach dem Augitprisma gut sichtbar. Die Hornblende ist mit dem Pyroxen parallel und unregelmäßig verwachsen. Die Auslöschungsschiefe e:c auf Schnitten nach der Symmetrieebene wurde gegen die Spaltrisse mit 33° festgestellt. — Akzessorisch : Titanit farblose bis graue, reliefartig hervortretende Körner, Magnetit schwarz opak, zum Teil Titano- magnetit mit Leukoxenhülle; Apatit in einzelnen Körnern sparsam. vorhanden; noch ist Epidot zu erwähnen, der in einzelnen spärlichen, mit Hornblende verwachsenen Körnern auftritt. Die Mengung der obigen Mineralien ist bald eine gleichmäßige, bald wechseln helle Feldspatlagen mit dunklen Lagen der Hornblende nebst Pyroxen miteinander ab, im ersteren Falle ist das Gestein grau meliert, im zweiten weiß und schwarz gestreift oder gefleckt. Der planparallele und schichtenähnliche Aufbau kristalliner Schiefer greift jedoch nirgends durch, vielmehr erscheint der für Eruptiv- sesteine charakteristische striemige und schlierenartige Ver- band dunkler basischer und heller saurer Gesteinspartien überall bewahrt. Es lassen sich im großen und ganzen drei Varietäten des Amphibol- plagioklasgneises unterscheiden, welche miteinander durch mannig- faltige Übergänge zu einem Gesteinskörper verknüpft sind, und zwar: [15] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 67 aJGraumelierteAmphibolbiotitgneise,worin Hornblende reichlich vorhanden, während Biotit sparsam eingestreut ist, dagegen der Plaeioklas vorwiegend erscheint. Durch Zunahme des Biotits auf Kosten der Hornblende übergeht diese Varietät da und dort in Biotitplagioklasgneis. b) Dunkle Amphibolpyroxengneise, reich an Hornblende nebst Pyroxen, dagegen biotitarm, worin jedoch der Biotit selten ganz fehlt und der Plagioklas sparsamer als sonst erscheint. Die Menge der Hornblende und des Plagioklases ist schlierenförmig größeren Schwankungen unterworfen. c) Helle Amphibolplagioklasgneise mit viel Plagioklas, dem sich Orthoklas und Quarz zugesellen, Hornblende gegen Biotit vorherrscht. Gegen die Randpartien des Gneisstockes hin, zum Bei- spiel am Reimerstein, verschwindet die Hornblende mehr oder weniger ganz und es bildet sich ein biotit- und hornblendearmer Plagioklas- gneis aus, in welchem Orthoklas und Quarz konstant zunehmen. Die Varietäten sub «) und 5) sind es, welche hauptsächlich den zentralen Gneiskern zusammensetzen. An einzelnen Lokalitäten, ins- besondere da, wo sekundäre Zeolithe auf den Strukturflächen vor- kommen, ist im Amphibolgneis, und zwar in seinem Plagioklas gelb- grüner Epidot angehäuft, der sich auf Kosten des letzteren ge- bildet hat, und zwar erscheint derselbe zumeist in Körnern oder er zeigt gutentwickelte, nach der Orthodiagonale langgestreckte Prismen ohne Endflächen; er ist auch in einzelnen Körnern mit Hornblende verwachsen und sind solche Gesteine füglich als Amphibolepidot- gneise zu bezeichnen. Mit der Zunahme des Biotits stellt sich eine stärker flaserige, wellige und mannigfach gewundene krummschieferige Struktur ein. Daß die Biotitflasern öfter eine Art Transversalschieferung in unserem Amphibolplagioklasgneis hervorrufen, darauf haben schon F. Becke und M. Schuster!) aufmerksam gemacht. Man sieht nämlich die einzelnen Hornblendeindividuen in symmetrischer Lage zur Schieferungsfläche, abwechselnd nahezu gleichzeitig aufblitzen, während die an der Oberfläche liegenden Biotitblättchen untereinander wieder gleichzeitig, aber in einer von der vorigen verschiedenen Stellung erglänzen oder eine zusammenhängende, aus der Ebene der Schieferung heraustretende Fläche für sich bilden. Auf diese jüngere Biotit- schieferung sei hier besonders aufmerksam gemacht, weil sie bei der Darstellung der tektonischen Verhältnisse zu berücksichtigen sein wird. Die chemische Analyse der vorherrschend vertretenen, oben sub «) beschriebenen Varietät des Amphibolplagioklasgneises, ausgeführt durch den Chefchemiker Herrn Romuald Nowicki am bergmännisch- chemischen Laboratorium der Witkowitzer Steinkohlengruben zu Mährisch-Ostrau, ergab folgende prozentische Zusammensetzung: ®) L. ce. pag. 4. g* 68 Franz Kretschmer. 1 6] I: Prozent Kreselsaure’. ir... 20 WR Se een, N Tiransauro., ee Pan VErDmDIYA u Mrs seinen TODErAE, irre nt, Urn, aha: ah re Eisenowd;l nal ee Eisehoxyail’s 147. acbliüinilt R Bin Wan Manganoxydul x, ...,.. .. . .STONWIR ES Kalkerdor a da aha ee Magiesiäiaunkl: wellsaonun had). ben aihibihe Kali ind Neon! pr mais Bros GIINVerlUSEHL Wauser] . we ann KT APISAAARRDRAENN PIOSNROLSAUEE 001 namen ihren Sara a Zusammen . . . 100:00 Die Durchschnittsprobe wurde dem Steinbruche am Fellberg, unterhalb der Hohenwarte (zu Petersdorf), entnommen.. Die Interpretation der chemischen Analyse läßt uns Gesteine gleicher Zusammensetzung unter den Dioriten finden, und zwar solche, die zu den quarzfreien Hornblendedioriten gehören, womit auch das Ergebnis der mikroskopisch-optischen Untersuchung überein- stimmt. Die chemische Konstitution zeigt, daß diese Gesteinsart mit dem. quarzfreien syenitischen Typus der Tiefengesteine parallel geht, seine Proportion &0,:R,0,:RO=22:1:11 und RO:RO=1:55 sich den Dioriten an deren basischem Ende nähert und mit dem Amphibolbiotit-Diorit vom Schwarzenberg (Vogesen) amı nächsten verwandt ist. Gemäß der unten folgenden Tabelle (pag. 114) erhalten wir auch nach Osann!) die Gesteinsformel S;3 Ay Cu Sız welche seinem Typus Schwarzenberg mit der Typenformel S57 Ag Cy5 fıgs am nächsten steht. Der grobklotzige und dickbankige, stellenweise auch massige Gesteinsbau erinnert ebenfalls an Massengesteine., Die körnigflaserige Gneisstruktur ist wohl auf eine Prädisposition fluidaler Phänomene zurückzuführen, da unter dem Mikroskop nichts von Druckvorgängen zu sehen ist, die das verfestigte Gestein betrafen, wie dies beispielsweise bei den weiter unten zu betrachtenden Gabbroschiefern nachweisbar ist. Die Druckprozesse müssen sich bereits im erstarrenden Magma abgespielt haben. Hierbei hat ein langsam wirkender Seitendruck senk- recht zur Flaserrichtung auf die in Aufpressung be- griffene hinreichend plastische Intrusivmasse mit- gewirkt, welche deshalb keine Anzeichen mechanischer Zertrümmerung ) Tsehermaks Min.-petr. Mitt. 1900, XIX, pag. 351-—-469. [17] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiy in der Umgebung von Zöptau., 60 zurückließ. Wegen dieser in den großen geotektonischen Massen- bewegungen begründeten Druckkräfte kam es nicht zu einem rich- tungslos körnigen Gesteinsgewebe, vielmehr die Gesteinskomponenten, insbesondere aber die Hornblende und der Biotit sich mehr oder weniger parallel und flaserig anordneten. | Nach Maßgabe dieser Untersuchungen kommen wir: zu dem wohl- motivierten Schlusse, daß die sub a) und c) angeführten Amphibol- plagioklasgneise aus. Flaserdioriten hervorgegangen sind, die in den Randpartien des. Massivs stetig plagioklasreicher, horn- blende- und biotitärmer werden, bis’ sich gegen den Außenrand Quarz und saure Feldspate immer mehr anreichern. Solche quarzführende, saure, kristalline Schiefer leiten ihre Herkunft von Quarzglimmerdioriten ab. ‘Nach der basischen Seite führt der schlierige Magmenzerfall zu den oben sub b) angegebenen schwarzgrünen Amphibolpyroxengneisen, welche als basische Differentiationen desselben dioritischen Magmas aufzufassen sind, jedoch ‘die mineralische sowie die chemische Zusammensetzung von Flasergabbros, beziehungsweise der daraus hervorgegangenen Gabbro- gneise besitzen. Durch die Mannigfaltigkeit in der Entwicklung dieser Gesteine wird uns die Spaltungsfähigkeit desselben Magmas so recht deutlich vor Augen geführt. Demnach repräsentieren die hellen biotit- und hornblendearmen Plagioklasgneise die salische, dagegen die schwarzen Amphibolpyroxengneise die femische Ausbildungs- form des dioritisch-gabbroiden Magmas. Aus: diesen Ausführungen geht weiter hervor, daß wir es in der Umgebung von Zöptau mit einer flaserigen, metamorphen Gneismasse zu tun haben, die ur- sprünglich aus Flaser-Amphiboldioriten mit Schlieren von Flasergabbro bestand und dabei randlich zu Quarzglimmer- diorit differenzierte. Die Randzone quarzführender, von Quarzglimmerdioriten ab- stammender hornblende- und. biotitarmer Plagioklasgneise finden wir nicht nur am Südostrande im Traußnitzwald entwickelt, sondern auch am gegenüberliegenden Nordwestrand des Gneisgewölbes ver- treten, und zwar in der: Einsattlung zwischen Schinderhübel und Mattenberg bei Marschendorf. Hier sind in: dem vergrusten Gneis neben Schlieren von feldspatarmem Hornblendit, aus blau- grüner, sgroßindividualisierter Hornblende bestehend, noch zahlreiche biotitaplitische: und pyroxenaplitische Schlieren ausge- schieden, woraus ihr S8i0,-reicher Charakter hervorgeht. Diese Schlieren sind in der Regel nur 0'3 bis 0'5 m, seltener 1'0 m und darüber mächtig, sie keilen rasch im Streichen und Fallen aus, um alsbald wieder einzusetzen. Auf der Köhlerwirtschaft (Marschendorf) ist eine solche, aus Gabbroamphibolit bestehende, im Gabbro- gneis anstehende Schliere durch ihren Gehalt an kurzprismatischen und tafeligen pechschwarzen Augit der: Form &P(100).o P (001) oder ohne terminale Begrenzung sowie zahlreiche Kristalle von braun- schwarzem Titanomagnetit bemerkenswert. In den amphibolitischen Schlieren ist Titanit. und Rutil akzessorisch, letzterer in fuchs- roten, prismatischen Kriställchen und eiförmigen Körnchen,. randlich in gelblichen und grünlichen’ Leukoxen umgewandelt. 70 Franz Kretschmer. 118] Schlieren von Biotitplagioklasgneis. Mit den zentralen Dioritgneisen in inniger Verbindung kommen örtlich untergeordnete, gering mächtige Einlagerungen von schieferigem Biotitplagioklasgneis vor, der durch seine ausgezeichnete Parallelstruktur und Flaserzug auffällig ist. Solcher Schiefergneis findet sich schlierenförmig im Bienergraben (Petersdorf), Pfarrerb (Zöptau), Schinderhübel (Marschendorf) u. a. z. OÖ. allenthalben ver- breitet, wo er sich da und dort in Muskovitgneis umwandelt; er trägt gewöhnlich starke Spuren von Quetschung an sich und damit im Zusammenhang am Tage bis tief in das Gebirgsinnere weitgehender Desaggregation unterworfen und bis zur völligen Unkenntlichkeit zu srusigen und erdigen Massen verwittert. Bei näherer Unter- suchung findet man jedoch, daß dieser desaggregierte Schiefergneis nichts anderes ist als ein stark gequetschter und modifi- zierter Flaserdiorit, bestehend aus saccharoiden Feldspaten, ein- zelnen glasigen Quarzkörnern, denen Spaltbarkeit fehlt, während der Biotit nach seinem Verhalten auf Kosten der Horn»n- blende gebildet wurde. Amphibolgneis und Biotitgneis sind durch sukzessive Übergänge miteinander innig verknüpft, beide stehen da und dort derartig in Wechsellagerung, daß bald amphibolreiche, bald biotitreiche Streifen und Bänder aufeinanderfolgen oder mit- einander flaserig verflochten sind. Der Biotitplagioklasgneis bildet im herrschenden Amphibolgneis unregelmäßige, von der Bankung und Klüftung unabhängige Schlieren und Zonen, die ihren heutigen Mineralbestand und die Struktur durch Quetschung des ursprüng- lichen Flaserdiorits erworben haben. Am Nordabhang des Erzberges oberhalb Siebenhöfen dominiert dagegen der Biotitplagioklasgneis, welcher hier vollständig frisch erhalten ist, gleichzeitig die Einschaltungen von Amphibol- plagioklasgneis stetig geringer werden. Das Geistein ist hier sehr biotitreich, daneben findet sich auch etwas Muskovit, es enthält namentlich im Plagioklas reichlich Magnetit eingesprengt, führt ak- zessorisch Granat, die Hornblende ist wohl in größeren Individuen, aber nur spärlich zu sehen. Ein anderer Biotitgneis dieser Lokalität ist durch mehr Muskovit, viel Granat sowie durch einzelne pechschwarze Orthitkristalle bemerkenswert. Es ist jedoch möglich, daß dieser Mineralbestand an den nahen Granititkontakt gebunden ist? 2. Basische 6anggesteine in den oberen Etagen des Diorit- sneiskernes. Unter den Gesteinen des zentralen Gneisgewölbes beobachtet man in dessen höheren Etagen sowohl an der nordwestlichen Flanke (Bienergraben, Petersdorf) als auch am südöstlichen Flügel (Oplustil- berg, Reimerstein und Butterhübel im Traußnitz) gewöhnlich 4—-6 m, jedoch auch darüber mächtige Injektionen von dunklem, richtungslos zerklüftetem massigem Hornblendegabbro. Seine große individua- lisierte Hornblende besteht vorwaltend aus verworren gelagerten Aggregaten parallel verwachsener Säulen der Form © P (110), ferner [19] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 71 aus breittafeliger, nach der Querfläiche © Pw polysynthetisch ver- wachsener sowie auch kompakter Hornblende, häufig mit randlicher und terminaler Zerfaserung in Aktinolithaggregate; ihre Farbe ist im durchfallenden Lichtblaugrün, im auffallenden schwärzlichgrün bei starkem Glasglanz. — Der farblose basische Plagioklas der Labrador- Bytownitreihe bildet Aggregate in Form von Leisten, Trümmern und Nestern, zwischen den Hornblenden mehr oder weniger reichlich verteilt, wodurch das Gestein dunkelgrau meliert erscheint. Orthoklas ist nur untergeordnet, Quarz fehlt ganz. Die vorherrschende gemeine Hornblende ist mit mehr als 50-—-60°/, an dem Gesamtbestande be- teiligt. — Die Struktur dieser Ganggesteine ist durchweg eine zyklopisch- gabbroide, zum Teil dadurch porphyrähnliche, daß die Zwischenräume, welche die großen Hornblendesäulen übrig lassen, durch ein fein- körniges Gewebe von Labrador-Bytownit und kleinen Hornblende- säulchen ausgefüllt werden. Durch Zurücktreten des Plagioklases übergehen diese Horn- blendegabbros in großindividualisierte, schwarzgrüne, srobklotzige und massige Hornblendite, welche vorwaltend aus verworren gelagerten Aggregaten großer, parallel verwachsener, häufig zerbrochener, beziehungsweise ausgefaserter Hornblende- säulen zusammengesetzt sind, die 10—15 mm Länge und 3-5 mm Dicke erreichen. Dagegen ist der farblose, basische und feinkörnige Plagioklas auf sporadische, zwischen die großen Hornblendeindividuen eingeklemmte Leistchen, Trümmerchen und Nestchen beschränkt. Nachdem sich diese Ganggesteine von den, Massengesteinen des Hornblendegabbro an der Peripherie des Gneisgewölbes in keiner Weise unterscheiden, so sollen sie erst weiter unten zusammen mit den anderen Gabbros mikroskopisch und chemisch näher betrachtet werden, worauf hiermit hingewiesen sei. 3. Granititdurehbrüche nördlich Marschendorf. Allgemeine Verbreitung gewinnt nördlich Marschendorf am Hinterberg und Kahlhübel, am Köhlerstein sowie auf dem gewaltigen Erzberg bei Wermsdorf ein typischer, erbsgelb ge- färbter feinkörniger Granitit, der dort teils in zerrissenen Felsmassen zu Tage ansteht, teils durch ausgedehnte Blockanhäufungen seine An- wesenheit verrät. Es ist ein Massengestein in durchgreifender Lagerung gegenüber den Diorit- und Gabbrogesteinen, die es in mehreren Stöcken durchbricht, seine Komponenten sind makroskopisch-rötlicher Orthoklas, weißer Plagioklas und Quarz, während Glimmer, und zwar Biotit, mehr oder weniger sparsam sowie richtungslos verteilt erscheint, dagegen der Muskovit selten ist oder ganz fehlt. Sehr bemerkenswert ist der reichlich eingestreute, schwarzbraune, titanhaltige Magnetit, welcher darin in zahlreichen kleinen Kristallen der Form O (111) oder in Körnern eingewachsen ist. Diesen reichlichen und konstanten Gehalt an Magnetit möchte ich mit dem Gabbrokontakt in Verbindung bringen? Allgemein ist Neigung zu aplitischer Aus- bildung zu bemerken. 79 Franz Kretschmer. - \ a [20] U. d. M. zeist der Quarz undulöse Auslöschung, von Alkali- feldspaten sind neben Orthoklas, Mikroperthit und Mikroklin vertreten; mikroschriftgranitische, das heißt granophyrische Ver- wachsung ist keineswegs selten, sie nimmt zuweilen myrmekitische Gestaltung. an. Der Plagioklas, der sich durch zarte Zwillings- lamellen auszeichnet, gehört nach seiner symmetrischen Auslöschungs- schiefe von 12° in die Oligoklas-Andesinreihe, . derselbe: ist nach Albitgesetz sowie nach dem Periklingesetz verwachsen, gegitterte Plagioklaskörner häufig; der.Biotit ist stark pleochroitisch: hellgelb bis grünlichschwarz. Akzessorisch finden sich Zirkonkriställchen. Es sind vorwaltend feldspatreiche Varietäten vertreten, doch kommen untergeordnet auch quarzreiche vor. In einer anderen gleich untergeordneten Varietät dieser Granitite am Erzberg beteiligen sich als Komponenten: Vorwaltend trübweißer saccharoider ‘Oligokläs, reichlich Quarz und Muskovit, während Orthoklas zu fehlen scheint, ferner ist Pyroxen sparsam eingestreut. ‚Wer Plagioklas zeigt häufig Umwandlung zu, Muskovit. Der in Rede stehende Granitit wird wegen seiner großen Härte als Straßenschotter in der Umgebung von. Zöptau vorteilhaft verwendet. In nicht langer Zeit werden. die einstigen massenhaften Blockwerke davon aufgearbeitet sein und nichts, mehr daran erinnern, daß in dem ausgedehnten Waldboden Granitit ansteht. Speziell am Kahlhübel durchbricht der Granitit jene elundslie aus peripherischen Gabbrogesteinen, und zwar richtungslos grob- und feinkörnigen, massigen Hornblendegabbro . und diekplattigen Gabbro- amphibolit bestehende Scheitelkalotte, die auch hierorts teils auf dem Dioritgneiskern lagert, teils in demselben eingefaltet ist. _ Schon F, Becke und M. Schuster!) haben das Vorkommen von Granit am Erzberg bei Wermsdorf festgestellt, den sie als echten biotit- und muskovitführenden Granit bezeichnen; derselbe ist jedoch nach Maßgabe obigen Befundes tatsächlich ein Granitit. A. Endomorphe Kontakterscheinungen im Granitit, am Gabbro. An den Abhängen des Köhlersteins erscheint der an den Gabbrokontakt- gebundene Granitit schwarzgrün und sch warz- braun ge sprenkelt, indem er‘sich :mit den Komponenten des Gabbro versieht, hauptsächlich aber mit schwarzem und olivgrünem Augit, der zuweilen mit-braunem Biotit parallel verwachsen ist; in seiner Nähe haben sich gewöhnlich größere und scharfe Magn etit- Oktaeder ausgebildet, sporadisch tritt orangegelber Granat (Hessonit) hinzu. Dort. wo der Augit verschwindet, übernimmt Biotit seine Stell- vertretung. Zuweilen sind die Augite und Biötite zubis2cmgroßen runden Nestern zusammengehäuft, daß dann das Gestein schwarz- fleckig erscheint. In der Umgrenzung ‘der Augite machen sich gelegentlich pyramidal- prismatische Flächen ‚geltend, doch kommen darunter auch unregelmäßige Körner und blätterige, dem Diallag ähn- liche Aggregate vor. In den Pyroxennestern sind Masenetit- Oktasder [21] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 7: ww reichlicher eingestreut, gelegentlich findet sich darin auch Hornblende. Solche Augitgranitite sind in der Regel feldspat-, beziehungs- weise plagioklasreicher und quarzärmer. Am Kahlhübel ist der Granitit ebenfalls zu Tage anstehend, wo er unmittelbar an Hornblendegabbro und Gabbroamphibolit grenzt, dort werden überall in der Grenzzone jene vorbeschriebenen Produkte der endogenen Kontaktmetamorphose gefunden, und zwar der Pyroxen- sranitit. worin Augit als wesentlicher Gemengteil, Hornblend e, Biotit und Granat als Nebengemengteile vertreten sind, derselbe übergeht rasch ineinen mit Biotitüberreichlich gemensten melanokraten Biotitgranitit. Die bereits oben mitgeteilte Beobachtung, daß sich im Pyroxengranitit der Plagioklas auf Kosten des Quarzes anreichert, wird hier neuerdings bestätigt. Auch hier ist jene rote Granititvarietät häufig zu sehen, die sehr reichlich hessonitähnlichen Granat fast ausschließlich in rundlichen Körnern führt, lediglich mit Tendenz zur Ausbildung von © OÖ und sich durch schwarzbraunen, opaken, titanhaltigen Magnetitder Form Ound @ O in einzelnen Kristallen sowie Aggregaten und als Zwillinge nach dem Spinellgesetz auszeichnet. Am Westhang des Erzberges (gegen Aschergrund) kommt eine ähnliche kontaktmetamorphe blutrote Granitit varietät vor, die mit orangeroten Granatkörnern förmlich gespickt ist, anstatt des Biotits schmutziggrünen Augit und einzelne eingewachsene Körner von metaliisch glänzendem Magnetit enthält. Der Granat gehört teils zum Almandin, teils zum gemeinen Granat, seine scharfen Kristalle sind in den Formen © VO (110), 202 (211) und die Komb.-Form & 0. 202 ausgebildet. Der Magnetit zeigt vorwiegend scharfe O (111) oder verzerrte © Oo (100), auch Zwillinge, nach Spinellgesetz zuweilen in polysynthetisch lamellarer Verwachsung. B. Exomorphe Kontaktgebilde in den durchbrochenen Gabbrogesteinen am Granitit. In der Nähe der soeben geschilderten endomorphen Pyroxen- granitite erfolgt in den Gabbrogesteinen Umwandlung der Horn- blende zu Aktinolith und Chlorit sowie in körnige und grobß- individualisierte Aggregate von Epidot und Quarz, die basischen Plagioklase werden azider, indem sich daraus ein Gemenge von trübweißem Albit und fleischrotem Orthoklas entwickelt, hierzu gesellt sich spärlich neugebildeter Augit. Gleichzeitig mit dieser Kristallisation geht eine Öffnung von Hohlräumen im Gestein vor sich, an deren "Wandungen schöne Drusen von Periklin und Adular in wohlgebildeten Kristallen auftreten. Am Kahlhübel nördlich Marschendorf nehmen die Gabbro- amphibolite im Granititkontakt mehr oder weniger glasigen Quarz auf, der Labradorit geht teils der Epidotisierung entgegen, teils wurden ganze Lagen davon in feinkörnigen Klinozoisit umkristalli- siert, worin man außer schwarzgrüner Hornblende hell schmutzig- grünen Augit und einzelne größere Magnetitkristalle erkennt. — Andere Stufen führen reichlich Biotit, der sonst in unseren Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Band, 1. Heft. (Fr. Kretschmer.) 10 74 Franz Kretschmer. [22] Amphiboliten fehlt, ebenso nimmt lauchgrüner neugebildeter Augit auf Kosten der Hornblende zu; auch findet sich da und dort eisen- schwarzer, braunverwitternder Magnetit eingestreut, stellenweise stärker angehäuft. In derselben Lokalität wurde im grobkörnigen Hornblendegabbro zuweilen rotbraune Färbung der gewöhnlich schwarzgrünen Hornblende sowie eine reichliche Neubildung von hyazinthrotem Granat nebst etwas fuchsrotem Rutilin Körnchen am Granititkontakt festgestellt. Die Gesteinspartien, welche die Kontakt- sebilde enthalten, sind zugleich durch starken Fettglanz auffällig. — An dieser Stelle muß auch der wichtigen Kontaktbildungen in der nordöstlichen Fortsetzung der Amphibolitgranititgrenze gedacht werden, welche am Kahlhübel (Gabrielwirtschaft) durch den Hütten- ingenieur Emil Nickmann unter einem plangeackerten Acker aufge- schürft wurden. Der Gabbroamphibolit ist ingroßindividualisierte graugrüne Massen von glas- und perlmutterglänzenden Pyroxen (Diopsid) umgewandelt; darin werden Neubildungen von körnigem Pistazit im Gemenge mit breitstengeligen hellgraugrünen perlmutterglänzenden Diopsid und strohgelben Klinozoisit ge- funden, hierzu gesellt sich Quarz, spärlich Plagioklas und Granat, schwarzockeriger Ilmenit, da und dort in Leukoxen um- gewandelt; der Diopsid erscheint oft als Kern im Innern des Pistazit; in zahlreichen Drusenräumen bildet letzterer nach der Symmetrie- achse mehr oder weniger langgestreckten Säulen ; in der orthodiagonalen Zone von © Po (100).0 P(001). Po (101). - Fo (102) und an den freien Enden von P(l11}. Po (Oll) begrenzt; auch der Diopsid formt zuweilen größere, schlanksäulige, stark zerfressene quadratische Prismen ; akzessorisch sind in diesen Drusen Bergkristall, trübweißer Periklin und Albit, Ilmenit. Der Klinozoisit bildet selbständige Drusen zahl- reicher kleinster farbloser Kristalle, die nach der Symmetrieachse nur wenig gestreckte gedrungene Säulen formen, gewöhnlich eine, zu- weilen auch zwei freie Enden zeigen; am häufigsten herrschen in der orthodiagonalen Zone» P» (100).0 P (001). P« (102), dagegen an den freien Enden © P (110). Po (Oll) oder Po (011). P (111), oft schließ- das Ende einfach mito Po (010)ab; außerdem Zwillinge nach ao Po (100). — In ähnlicher Art war der Hornblendit des Gabbro- schiefers am Steinhübel (nördlich Marschendorf) fast ausschließ- lich bestehend aus schwarzgrüner, säuliger Hornblende mit spär- lichem Plagioklas, einer Umwandlung zu weißgrünem, perlmutter- vlänzendem kurzsäuligem und derbem Pyroxen (Diopsid) unterworfen, woselbst ansehnliche Massen davon gefunden wurden und worin noch vielfach formlose Relikte der Hornblendite er- halten sind, durch Ubergänge mit dem neugebildeten Diopsid verknüpft; auch im Diopsid finden sich noch Reste strahliger Hornblende. — Andere Stufen derselben Hornblendite zeigen ein gesintertes Gemenge von vorwaltendem weißgelbem bis farblosem Klinozoisit nebst säuligem Epidot, ferner Diopsid derb und in Kristallen sowie in feinfaserigen asbest- äbnlichen Aggregaten nebst Quarz und spärlichem Plagioklas, in [23] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 75 welchem Mineralgemenge noch Relikte von Hornblende und der daraus entstandene Aktinolith enthalten sind; außerdem sind darauf hydroxylreiche Mineralaggregate festgestellt worden von äußerst fein- blätterigem Chlorit sowie Überrindungen von schneeweißem, gsarbenförmigem Desmin. Diesbezüglich ist zu bemerken, das auf großindividualisierter blaugrüner Hornblende sich zunächst eine Kruste von Klinozoisit nebst etwas Diopsid und Albit gebildet hat, worauf die Desminbüscheln angeschossen sind. Während die Massen von Pyroxen und Klinozoisitsinter auf die exogene Kontaktmetamor- phose des nahen Granitits hinweisen, sind Chlorit und Zeolithe in der metasomatischen Periode entstanden. Auf dem Hofberge, eines Ausläufers des Erzberges gegen den Niederhof lagern auch hier auf dem Dioritgneiskern die peripheren Gabbrogesteine, bestehend aus Gabbroamphiboliten Gabbroschiefern und großindividualisierten Hornblenditen. Gegen den Erzberg aufwärtsschreitend fand Verf. auf den dortigen Steinhalde, stetig zunehmend zahlreiche Trümmer eines orangeroten Granathorn- felses mit Gabbroschiefer verwachsen und schließlich in solcher Menge umherliegend, daß er, vermutlich mit den übrigen Gesteinen im Verbande, im Untergrunde ansteht. Der feinkörnige Granatfels läßt u. d. M. Hornfelsstruktur und folgende Komponenten erkennen: Vorwiegend orangeroten Granat (Hessonit), weißen, spatigen Labra- dorit, lokal mehr oder weniger glasigen Quarz; hierzu kommen zahlreiche flaschengrüne Finsprenglinge von Augit und spärlich hellgrünem Diopsid. Dieser Mineralbestand bildet ein inniges Ge- menge rundlicher Körner; deutliche Kristalle speziell von Quarz nur in Drusenräumen vertreten. Andere Stufen zeigen den basischen Plagioklas zuEpidot und Klin ozoisit umkristallisiert; neben Pyroxen ist strahlige Hornblende und Aktinolith zu be- merken; oder die Gesteinstrümmer sind von 5 bis 15 mm breiten Bändern unversehrten Plagioklases durchsetzt, welcher mit zahlreichen langgestreckten Schmitzen von Augit und zahllosen Körnern von angehäuftem Magnetit eingesprengt erscheint. Der den Stufen anhaftende Gabbroschiefer enthält ebenfalls zahlreiche Hessonite, Epidot und Quarz eingewachsen. Zweifel sind wohl kaum berechtigt, daß das Gestein aus dem nahen Granatitkontakt des Hofberges herstammt, womit die Granitisierung des Plagioklases, die Ausit- und Diopsidbildung sowie die des Quarzes im Zusammenhange steht. Das Substrat dieses Granathornfelses bestand in einem leuto- kraten anorthositähnlichen Gabbrogestein, dessen breite Labradorit- bänder unter dem Einflusse der granitischen Kontaktmeta- morphose größtenteils granatisiert, teils epidotisiert wurden, was durch die zahlreichen Übergänge zwischen intaktem und dem kontaktmetamorphisch verändertem Gestein zweifellos nachgewiesen wird, In seiner Abhandlung „Die paragenetischen Verhältnisse der Minerale im Amphibolitgebiet von Zöptau* beschreibt V. Neuwirth)) eine Mineralassoziation von Granat (Hessonit) mit Quarz, Hornblende, !) Zeitschr, d, mähr. Landesmuseums VI, Bd, 1906, pag. 156. 10* 716 Franz Kretschmer. [24] Orthoklas, Epidot und Asbest im Hornblendegneis des Hofberges. Das Gestein hat nicht diese, sondern bestimmt die oben angegebene Zu- sammensetzung, es kommt auch nicht im Hornblendegneis vor; seinen kontaktmetamorphischen Ursprung hebt indes auch Neuwirth hervor. So mannigfaltig und ausgebreitet die Kontakterscheinungen an den Gabbrogesteinen sind, so selten finden sie sich an den darunter- liegenden Dioritgesteinen, weil ihr Kontakt deshalb unzugänglich ist. Dessenungeachtet ist es dem Verf. gelungen, auf dem unteren Hofberge kontaktmetamorphisch veränderte Diorit- gneise festzustellen, welche ebenfalls aus dem Granititkontakt her- rühren, und zwar ist deren Olisoklas-Andesin zu farblosem bis hell- gelblichem Klinozoisit und Quarz, dagegen die Hornblende zu hellgrünem Pyroxen (Diopsid) umgewandelt, akzessorisch ist Granat (Hessonit); ferner finden sich in dem Gesteinsgemenge noch da und dort Relikte des Plagioklases sowie der Hornblende, beziehungsweise ihres Aktinoliths. 4. Saure Ganggesteine des Dioritgneiskernes. Diese Gesteine sollen hier der Gegenstand eingehender Schilderung sein, weil sie nicht nur durch die Führung seltener Mineralien, als auch speziell durch ihren Reichtum an Alkalifeldspaten ausgezeichnet sind und darum in neuester Zeit für technologische Zwecke, und zwar insbesondere wegen ihrem hohen Alkaligehalt (10—15°/,) in der Glas- fabrikation zur Erzeugung von Flaschenglas zur Mitverwendung ge- langen. In geologischer Hinsicht ist hervorzuheben, daß es teils Lager- gänge, teils Kreuzgänge im Dioritgneiskern sind, auf denen gedachte Feldspatgesteine einbrechen; nur die zunächstfolgenden Gänge am Radersberg bieten exzeptionelle Lagerungsverhältnisse dar, wie wir gleich sehen werden, A. Pegmatitdurchbrüche am Radersberg bei Phillipstal. An der Grenze unseres Diorit- und Gabbromassivs gegen die schieferigen Biotitgneise des Teßtales (Beckes Teßgneis) sind am Radersberg gewaltige Pegmatitmassen aufgebrochen, welche daselbst entweder zu Tage anstehen oder in aus- sedehnten Blockanhäufungen das bergige Terrain bedecken. Allem Anscheine nach sind es mehrere kolossale Lagergänge, die vom Aschergrund über den Scheitel des Radersberges bis in die so- senannte Wolfsgrube an dessen Nordostabhang hinwegsetzen, deren richtungslos großklüftige Felsmassen kammförmig aus ihrer Um- gebung aufragen, daran östlieb die blaugrünen Gabbroamphi- bolite, westlich diekschieferige „Teßgneise“ diskordant anstoßen. Das generelle Gangstreichen wird sowohl am Südwesthang als auch dem Nordwesthang des Radersberges von einer ausgedehnten Felsen- meerbildung begleitet, welche durch die fleißigen Hände der Land- leute allmählich verkleinert wird. Die petrographische Zusammensetzung des Radersberger Pegmatits ist eine mannigfaltige, teils sind es turmalinführende Pegmatite, [25] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 77 _ teils magnetitreiche Muskovitpegmatite. Ihr Mineralbestand ist allgemein damit charakterisiert, daß großindividualisierter gelb- licher und fleischroter Orthoklas, saccharoider weißer Plagioklas, rauchtopasähnlicher Quarz und silberweißer Muskovit zumeist in srößeren Tafeln von ausgezeichneter Spaltbarkeit, ihre wesentlichen Komponenten bilden; hierzu gesellt sich häufig brauner, stark pleo- chroitischer Biotit in großen Tafeln als gelegentlicher Nebengemeng- teil, vielleicht an den Amphibolitkontakt gebunden. Als Akzessorien treten auf: Turmalin, kleine Granaten und Magnetit in derben Massen und Kristallen, ferner Ilmenit,nach Kolenatiund OÖborny!) auch Spodumen, derb hellgrün „im Feldspat sowie auch im Quarz des Granits eingewachsen“, soll riehtig heißen im Pegmatit. Charak- teristische schriftgranitische Verwachsung von Orthoklas und Quarz ist eine allgemeine Erscheinung innerhalb dieser Pegmatitmassen. Die erbsgelben Orthoklase sind in wallnuß-, hühnerei- und bis faust- großen Kristallen ausgebildet und man kann schon makroskopisch er- kennen, daß sie keineswegs homogen sind, vielmehr Perthit häufig darin verbreitet ist. U. d.M. wird man sodann gewahr, daß unregel- mäßige Teile dieser großen Orthoklase zum Mikroklin und Mikro- klinperthit gehören. — Der Turmalin ist gewöhnlich als schwarze rhombo&drischen Säulen im Quarz einzewachsen oder aber die Stelle des Glimmers vertretend; häufig große zerbrochene und durch Quarz wieder verkittete Kristalle. — Der Granat ist im Orthoklas ein- gewachsen, hirsekorngroß, gelbbraun gefärbt und durchsichtig bis dureh- scheinend, er besitzt die Form & O (110), meistens aber 202 (211), Speziell im Kontakt mit dem Gabbroamphibolit fand ich den Pegmatit mit honiggelbem und orangerotem Hessonit förmlich gespickt, ferner durch Hämatitschüppchen gänzlich blutrot gefärbt; auch stellte sich dann dort eine reichliche Biotitbildung ein. — Der Magnetit ist gewöhnlich in eisenschwarzen, stark metallisch glänzenden, erbsen- sroßen Kristallen im Pegmatit eingewachsen, die mitunter die Größe einer Haselnuß erreichen, oft sind sie mit Muskovitschuppen bedeckt; ihre Form ist @0(110).O (111), erstere Flächen parallel den Komb.-Kanten von (111) deutlich gerieft, als Folge oszillatorischer Kombination von O (111) mit © O (110); dazu kommt eine zu den Okta@derflächen parallele schalige Absonderung, welche den lamellaren Bau noch wahrscheinlicher macht. Die derben Massen des Magnetits sind entweder kleinere oder größere Körner oder bis faustgroße Stücke von mattem Glanze, die gern zu Limonit verwittern. — Ilmenit in Körnern und undeutlichen Kristallen reichert sich lokal in größerer Menge an, das Gestein ist dann damit völlig imprägniert und braunschwarz gefärbt. — Von hier stammen mit großer Wahrschein- lichkeit die von Kolenati mit der Fundortangabe „Wiesenberg“ angegebenen „im Granit eingewachsenen“ seltenen Mineralien Fergu- sonit und Tantalit; ersterer in XX der Form P.o P und in läng- lichen Körnern 11, 4 oder 13 mm lang, 0'5, 2:2 bis 55 mm dick, letzterer prismatisch nach der Komb.-Form 5 m a: ro ER ol 0, !) Verhandl, des naturf, Vereines in Brünn, 78 Franz Kretschmer. [26] 4:4 bis 6°6 mm lang, 2°0 bis 2:5 mm dick. Man hat diese Fest- stellungen Kolenatis vielfach bezweifelt, allein es ist nicht ausge- schlossen, daß die großartigen Pegmatitmassen am Radersberg, die lokal stark erzführend sind, außer Magnetit und Ilmenit auch noch die erwähnten seltenen Erze enthalten, sind doch solche Pegmatite gewöhnlich der Sitz vieler seltener Mineralien. Allerdings gehört dazu einiges Finderglück. B. Beryliführende Muskovitpegmatitgänge. Es sind dies hauptsächlich Lagergänge, welche die Diorit- sneise in der Richtung des allgemeinen Streichens durchbrechen, selten in die peripherischen Gabbrogesteine fortsetzen; sie unterscheiden sich von den vorigen nicht nur durch die abweichende Mineralführung, sondern vielmehr durch ihre weitaus geringere Mächtigkeit und streichende Ausdehnung. Die Struktur dieser Ganggesteine ist durchweg eine grob- bis großkörnige, pegmatitische und schriftgranitische, es sind zumeist grobklotzige und massige Ganggesteine, die nur noch lokal ihre ursprünglich miarolitische Lockerheit der Gefüge in geringem Maße erkennen lassen. Der gewöhnliche Mineralbestand dieser prächtigen Pegmatite ist: Strohgelber bis rostgelber, perlmutterglänzender Ortho- klas nebst mikroskopisch lamelliertem Mikroklin, weißer bis farb- loser, matt schimmernder Plagioklas, der meist zum Oligoklas ge- hört, rauchtopasähnlicher, stark fettglänzender körniger und splitteriger Quarz; ferner weißer gelblicher und grünlicher Muskovit, der in bis 3 m? großen Blättern oder zu dick lamellierten Kristallen geformt, zwischen die übrigen Gemengteile eingeklemmt erscheint; dagegen ist Biotit selten. Der Orthoklas ist zum Teil rosenroter Adular, der- selbe zeigt häufig perthitische Verwachsung von Orthoklas und Albit; der Oligoklas ist zum Teil idiomorph begrenzt, als nach M tafelförmige Individuen ausgebildet mit Albit- und Periklinverwachsung. Die in Rede stehenden alkalifeldspatreichen Muskovit- Pegmatit- gänge sind besonders durch die darin einbrechenden prächtigen Berylle ausgezeichnet, und zwar bieten diese Kristalle nur die ein- fache Komb.-Form oo P (1010) mit OP (0001) dar, jedoch fehlt das basische Pinakoid häufig, so daß die Endigung unregelmäßig erscheint; die Prismen sind bis 50 und 60 mm lang, 10 und 20 mm dick, selten durchsichtig, zumeist durchscheinend (Aquamarin); während der mit- vorkommende, weit häufigere gemeine Beryll undurchsichtig, höchstens kantendurchscheinend ist; die Farben sind bei mehr oder weniger starkem Glasglanz gelbgrün und seladongrün, oft ins Hellblaue spie- lend. An den stärker gefärbten Kristallen prächtiger Pleochroismus, und zwar parallel der Hauptachse blau, senkrecht dazu grün. Der Basis (0001) geht ein deutlicher Blätterbruch parallel, nach welchem die lJangprismatischen Kristalle häufigzerbrochen und später durch Quarz- masse wieder verkittet wurden. Die Berylisäulen sind überdies oft rissig und längsgestreift sowie mit Muskovitschuppeu bedeckt. — Als weitere akzessorische Begleiter wurden auf diesen Gängen da und dort gefunden: Rotbrauner gemeiner Granat, undurchsichtig, und karmoisinroter Almandin durchsichtig, welche hirse- und hanfkorn- [27] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 79 groß sind und die einfachen Formen ® O0 (110), 202 (211) darbieten und dadurch an die Granaten im chrysoberyllführenden Pegmatit des Schinderhübels (Marschendorf) erinnern. — Hornblende, die zum Aktinolith gehört, wurde hier und dort eingesprengt gefunden, und zwar in schwärzlichgrünen scharfkantigen Säulen der Komb.-Form or (110).oPw (010), — P (111) auch in blätterigen, beziehungs- weise tafelförmigen Aggregaten. — Andere seltenere Begleiter sind schwarzer Turmalin (Schörl) und Spinell, ferner blätteriger Magnetit und lokal zahllose schwarzbraune Körnchen von Ilmenit. Bisher sind solche beryliführende Muskovit-Pegmatiteänge an den folgenden Punkten des zentralen Dioritgneisstockes konstatiert worden, welche nun in der Reihenfolge von Nordwest gegen Südost fortschreitend angeführt werden sollen: a) Ein bisher gänzlich unbekannter Muskovit-Pegmatitgang wurde unterhalb dem Mattenberge (Marschendorf), und zwar östlich desselben auf den Ackerparzellen des Grundbesitzers Rotter gefunden, woselbst der Pegmatit durch eine besonders großindividuali- sierte Beschaffenheit und viele große Muskovittafeln bemerkens- wert erscheint. Berylle jedoch hat man daselbst nur spurenweise be- obachtet. b) Neuer Fundort oberhalb dem Wirtschaftshause des Landwirtes Gabriel in Ober-Marschendorf, auf dem Gemeindeviehbich unterhalb des sogenannten Steinhübels. Von hier stammen die neuestens bei Marschendorf gefundenen zahlreichen wohlgeformten Kristalle gemeinem Berylis, welche in viele Mineralien- sammlungen gewandert sind. Es setzen daselbst zwei ungefähr 6—10 m voneinander entfernte Parallelgänge ein, welche auf längere Erstreckung als Kämme aus dem umschließenden Nebengestein emporragen, ihre Mächtigkeit schwankt von 1°5 bis 20 m, ihr Streichen ist 53h und das Einfallen nach 21h unter X 60°; dem gleichen Streichen folgt der plagioklasreiche Dioritgneis, der beide Gänge im Hangenden und Liegenden umschließt; sein Einfallen ist ebenfalls gegen NW unter X 60° gerichtet, derselbe enthält außer den normalen Gemengteilen etwas Quarz und Biotit als Nebengemeng- teile und erscheint teilweise, insbesondere aber in dem Mittel zwischen beiden Gängen mehr oder weniger verwittert und bis zu Grus zerfallen. Der Hangendgang konnte vom Viehbich gegen SW bis in den Garten des Wirtschaftshauses des Landwirtes Gabriel, dem Streichen nach auf ungefähr 150 m Länge, jedoch abnehmender Mäch- tigkeit verfolgt werden; dagegen ist der Liegendgang im Streichen kürzer, er scheint nur am Viehbich vorhanden, es ist jedoch wahr- scheinlich, daß er in der unterhalb des Feldweges angrenzenden Acker- parzelle gegen NO fortsetzt. Die Ausfüllung beider Gänge zeigt den oben festgestellten Mineralbestand und bleibt bezüglich der in Rede stehenden Lokalität nur noch hervorzuheben, daß der Orthoklas vielfach fleischrot gefärbt und zum Teil als Adular in mitunter bis 6 cm großen Kri- stallen der Komb.-Form © P (110). Po (101). OP (001), Basis so Franz Kretschmer. [28] und Hemidoma im Gleichgewicht, welche infolge ihrer an Spaltblättchen beobachteten Lamellierung zum Mikroklin zu stellen sind. In den miarolitischen Räumen sind zahllose Albite und Peri- kline nach dem Albit- und Periklingesetz zu förmlichen Kristall- stöcken verwachsen. 2 c) Am Ostabhang des Vorderberges nördlich Marschen- dorf gegen den Hofgraben wurde an der Grenze der Gabbrogesteine und Amphibolgneise ebenfalls ein weiterer Pegmatitgang aufgefunden, dessen nordöstliches Streichen durch die großen Blockanhäufungen längs des dortigen Feldweges markiert ist. Auch dieses Pegmatit- vorkommen führt nur kleine Berylle, dagegen zuweilen Biotit und Ilmenit; letzterer ist schwarzbraunen, metallisch glänzenden un- deutlichen Kriställchen und deren Aggregaten lokal in erheblicher Menge angereichert, dagegen ist Magnetit seltener und in scharf- kantigem Oktaäder vertreten. d) Ein altbekanntes Vorkommen beryliführenden Pegmatits ist im Scheibengraben gelegen, welcher vom Marschendorfer Nieder- hof gegen den Hinterberg zieht. Hier hat der Verf. schon früher wiederholt Berylle in den auf der Grabensohle lose umherliegenden großen Pegmatitblöcken gewonnen, welchen Fundpunkt später V. Neu- wirth!) beschrieben hat. Am Linksgehänge des Scheibengrabens, unfern des Graben- schlusses im herrschaftlichen Jungwald, muß man nach Maßgabe der dort zu Tage anstehenden und umherliegenden Pegmatitmassen auf die Anwesenheit vondreiGängen schließen, die im Diorit- gneis aufsetzen und durch ungefähr 8 m mächtige Zwischenmittel voneinander getrennt sind; sie streichen NO—SW und lassen sich vorerst auf ungefähr SO m im Streichen verfolgen, sie übersetzen je- doch den Scheibengraben und streichen in den Ackerparzellen des Rechtsgehänges weiter fort, wo dieselben unter einer 03 bis 0:5 m mächtigen Ackerkrumme durch den Ackerpflug sowie Nachgrabungen konstatiert worden sind, demzufolge das Gesamtstreichen auf 150 m, dagegen ihre Mächtigkeit auf 1'5 bis 25 m geschätzt werden darf. Die obenerwähnten längs des Scheibengrabens umherliegenden Pegmatitblöcke stammen jedenfalls von hier. Diese durch ihren Reichtum an Alkalifeldspaten aus- gezeichneten und deshalb praktisch wichtigen drei Pegmatitgänge verdienen eine nähere Untersuchung. Die gedachten, stark perl- mutterglänzenden, meist blendendweißen Alkalifeldspate bestehen größtenteils aus Orthoklas-Perthit und Mikrolin-Perthit, in dem gelblichweißer Orthoklas und farbloser und grauer Albit oder Mikroklin und Albit in millimeterstarken, mit der Kante o P(P):» P(l) parallelen Lamellen in unzählbarer Folge miteinander abwechseln und auf den Spaltflächen eine da und dort schon makroskopisch deutlich sichtbare Streifung hervorbringen. Daneben finden sich Stücke dichten Ortoklases sowie solche von Mikroklin; letztere lassen öfters schon makroskopisch die charakteristischen Gitterlinien wahr- ') Tschermaks Min.-petr. Mitt. Bd. XXI, 1902, pag. 350. l [29] Stratigr. Untersuchnngen im griechischen Mesozoikum und Paläozoikum. 81 nehmen. — Der Plagioklas, gewöhnlich ein zuckerkörniger Oligoklas, ist spärlich vertreten und drängt sich zwischen die Kalifeldspate, nur lokal nimmt er derart zu, daß er vorwiest. Solcher Plagiokas- Pegmatit ist dann oft reichlich mit kleinen, aber scharfen kolumbin- roten Granaten (Almandinen) der Form 202 (211) und « O0 (110) gespickt, akzessorisch finden sich grün durchsichtige Spinelle. In den Drusenräumen bilden trübweiße, porzellanähnliche Perikline in polysynthetischen Zwillingsbildungen keineswegs seltene Gruppen. — Der rauchtopasähnliche Quarz ist vorwiegend schriftgranitisch mit den Alkalifeldspaten verwachsen. Verf. beobachtete eine vielfach wiederholte lagenförmige Anordnung von Quarzstengeln mit Perthit- und Mikroklinperthit - Aggregaten, deren annähernd nach P parallele Lamellen von Kali-, beziehungsweise Natronfeldspat nahezu senkrecht stehen auf der Längserstreckung der Quarz- und Feldspatstengeln, wobei sich der Quarz da und dort an den Perthitlamellen der Spaltfläche nach M abgeformt hat und dann ebenfalls gestreift erscheint. — Der Muskovit ist wohl vorwiegend in schuppigen Aggregaten, öfters aber auch in Kristallen ausgebildet, die zumeist von oP(001).oP (110). oP& (010) und anderen Formen begrenzt und zwischen Quarz und Feldspat eingewachsen sind, ihr Habitus ist gewöhnlich tafelförmig hexagonal, dabei lassen sie ausge- zeichnete Spaltbarkeit nach oP erkennen. Oft lagern viele Individuen in abwechselnder Zwillingsstellung übereinander und bilden ge- riefte Prismen, andenensich später der Quarzin Gegen- wachsungsflächen abgeformt hat und dadurch eben- falls pseudomorph gerieft erscheint. Die hexagonal tafeligen Kristalle zeigen auf oP(001) trianguläre, treppenähnliche Zeichnung durch schmale Flächen oder dieselbe ist deutlich parallel gestreift und dabei abgetreppt, auch nach solchen und ähn- lichen Gleitflächen abgetrennt. Auf der Basisfläche metallartiger Perl- mutterglanz, die übrigen Flächen rauh, glanzlos und matt. Die elastisch biegsamen Lamellen sind öfters wellig gebogen, mild, farblos, silber- wejß, besonders grünlich, zuweilen bräunlich, aber keineswegs in dunklen Tönen, häufig zu dicken Paketen vereinigt oder zu kugeligen Aggregaten gruppiert. — Akzessorisch eingewachsen sind hier die bereits oben beschriebenen Berylle, und zwar sowohl Aquamarin (seladongrün, durchsichtig) und gemeiner Beryll (strohgelb, un- durchsichtig), ferner Turmalin (Schörl) in längsgestreiften Prismen ohne terminale Begrenzung und in körnigen Aggregaten, Spinell in grün durchsichtigen, scharfen Oktaödern und Körnern, Pleonart in schwarzen und durchsichtigen Körnern, Granat als Almandin und gemeiner Granat; hierzu kommt noch spärlich Magnetit und Ilmenit. — Auf der Terrainwelle, die südwestlich an den Scheibengraben grenzt, wurde außerdem das Durchstreichen von drei Quarzgängen in der Richtung SW-—NO beobachtet, die wohl stets glasigen Quarz, jedoch nur untergeordnet Feld- spate, Epidot, Diopsid sowie auch Kalzit führen, akzessorisch ist Rutil und Ilmenit. Diese Lagergänge sind wohl als eine quarzige Fazies unserer Pegmatitgänge aufzufassen. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Band, 1. Heft. (Fr. Kretschmer.) 11 89 Franz Kretschmer. [30] e) Einem wichtigen Pegmatitgang begegnen wir ferner im Bienergraben (Petersdorf) am Fuße des Fellberges westlich Stettenhof, wo wir zunächst auf der Grabensohle auf bis kubikmeter- große Blöcke der weißen, großkörnigen, massigen Pegmatite stoßen, wovon jedoch seither ein großer Teil zersprengt und als Beryllistufen in die Mineraliensammlungen gewandert ist. Am Grabenschluß stoßen wir jedoch sehr bald auf den zu Tage ausgewaschenen, im verwitterten Dioritgneis anstehenden Pegmatitgang, der ungefähr 2 bis 3 m mächtig und allem Anscheine nach ebenfalls parallel dem allgemeinen Streichen gerichtet ist. Die mikroskopische Untersuchung dieses beryliführenden Peg- matits ergab als wesentliche Gemengteile undulös auslöschenden Quarz, Orthoklas, Plagioklas und Muskovit, akzessorisch Granat (Almandin) der Form 202 (211) und Spinell in grün durch- sichtigen Körnern. Der Plagioklas wurde nach Beckes Methode auf Grund des Lichtbrechungsvermögens bestimmt, und zwar ergab der Vergleich mit Quarz in Parallelstellung in Kreuzstellung > 0, erg O0, Diese Bestimmung wie auch die symmetrische Auslöschung auf M, die im Maximum + 6° betrug, führt auf Oligoklas, dessen Lamellen oft stark gebogen sind. Neben diesem Feldspat wurden auch Körner von Mikroklinperthit gefunden ; Spaltblättchen nach (001), die also kein Achsenbild geben, zeigen eine Auslöschung gegen die Spalt- risse nach (010) von 15° als sicherstes Unterscheidungsmittel gegen Orthoklas. Von hier stammen die größten und schönsten Berylle, welche seither bei Zöptau und Marschendorf auf den gedachten Peg- matitgängen gefunden wurden und viele Sammlungen zieren; seine hexagonalen Säulen erreichen die Länge von 8 bis 10 cm, während die Dicke bis 2 cm beträgt; bei starkem Glasglanz, seladongrürer und blaugrüner Farbe, sind sie durchscheinend bis halb durch- sichtig. Verf. hat dieses Vorkommen bereits früher öffentlich bekannt gemacht). f) Auch am Oplustilberg oberhalb dem Zöptauer Walzwerk Leopoldinhütte, jedoch schon auf den dortigen Ackerparzellen im Riede Sommerlahn (Petersdorf), beißt ein Muskovit-Pegmatitgang, der Berylle führt, in dem dortigen Dioritgneis in der Ackererde zu Tage aus. g) Unterhalb dem Reimerstein (Parapluiberg) im Peters- dorfer Traußnitz, und zwar auf dessen Südwestabhang gelegenen Feld- parzellen des Ansassen Sedlaczek wurden Pegmatitblöcke, die Berylle führten, ausgeackert, welch letztere J. Melion?) beschrieben hat. Jedenfalls dürften diese Pegmatitblöcke von dem Ausbiß eines hier !) Tschermaks Min.-petr. Mitt. Bd. XIV. 1894, pag. 187. 2) Tschermaks Min.-petr. Mitt. Bi. XXII, 193, pag. 78. [31] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 83 durchsetzenden Pegmatitganges vom Ackerpflug abgerissen und dann ausgegraben worden sein. Von den angeführten beryliführenden Pegmatitgängen zu Marschendorf rühren wohl jene seltenen Mineralien Fergusonit, Tantalit und Wolframit her, die Fr. Kolenati!) mit der Fund- ortangabe Marschendorf angegeben hat, ferner dürfte auch der Columbit von Marschendorf hierher gehören, der sich in der Breslauer Universitätssammlung befindet‘). Ob die seither laut- sewordenen Zweifel an Kolenatis Angaben in jedem Falle berechtigt sind, sei dahingestellt; es ist jedoch möglich, daß die lokal mit Ilmenit stärker imprägnierten Partien der gedachten Pegmatitgänge außer diesem Titanat auch noch andere Erze, und zwar Niobate und Tantalate etc. enthalten. Sind doch Pegmatitgänge geradezu die Heimat der obgenannten und anderer seltener Mineralien; ohne fleißiges Abstufen und Untersuchen kann daher nicht abgeurteilt werden. Außer den oben angeführten Pegmatitgängen ist noch eine srößere Anzahl. schwächerer und. kürzerer solcher Lagergänge in dem Dioritgneismassiv. bekannt, welche jedoch be- züglich ihres Mineralbestandes sich von den großen Gängen in keiner Weise unterscheiden. Es ist wohl naheliegend, daß die Zahl dieser Pegmatitgänge mit den oben angeführten lange nicht erschöpft ist, vielmehr ein großer Teil derselben wegen der im Terrain herr- schenden Acker- und Waldbedeckung unserem Auge verborgen bleibt. Auf die in Rede stehenden Pegmatitgänge einen Rückblick werfend, erkennt man, daß sie sowohl an der nordwestlichen als auch südwestlichen Flanke und näher dem Zentrum des Dioritgneiskernes einsetzen und zu der Annahme berechtigen, daß der letztere zur Gänze davon durchtrümmert wird. Schließlich sei auch hier gleich auf den Gegensatz hingewiesen, der zwischen den geschilderten beryllführenden Pegmatit- sängen und den benachbarten chrysoberyllführenden Pegs- matitgängen am Schinderhübel (Marschendorf) herrscht; während erstere, wıe wir gesehen haben, Lagergänge sind, folgen letztere dem Kreuzstreichen und sind teils Kreuz-, teils Quergänge. Beide Gangsysteme gehören jedoch dem zentralen Dioritgneis an. Mehrfache Gründe sprechen dafür, daß die Kreuzgänge als das ältere, unmittelbar im Gefolge der Granititdurchbrüche am Erzberg aufgerissene und gefüllte, die Lagergänge aber das jüngere, später gefüllte Spaltensystem anzusehen ist. C. Chrysoberyliführende Sillimanitpegmatitgänge am Schinderhübel bei Marschendorf. Diese Gänge hat Verfasser bereits früher mit der obenzitierten Arbeit?) in dem Kapitel „Das Chrysoberylivorkommen von Marschen- !) Mineralien Mährens u. Österr.-Schlesiens, Brünn 1854, pag. 61 u. 63. 2) Schirmeisen, Verzeichnis mähr.-schles, Mineralien, Jahresbericht des Lehrerklubs in Brünn 1903. EIN. Er P3E.H183, 11= 84 Franz Kretschmer. [32] dorf“ kurz geschildert. Dieselben durchbrechen den am Schinder- hübel herrschenden Amphibolplagioklasgneis mit seinen Schlieren von Biotitplagioklasgneis und Einlagerungen von plattigem Gabbroamphibolit; das allgemeine Streichen dieser Gesteine ist h 2, das Fallen h 20 unter X 50% Von diesen Gängen kann man auf der Acker- parzelle Nr. 1252 des Landwirtes Franz Hamp, Nr. Cons. 51, in Marschendorf, welche unterhalb des Schinderhübelweges Parz. Nr. 1897 gelegen ist, sechs Hauptgänge neben zahlreichen schwächeren Gängen zählen, die 0°3 bis 0°6 m mächtig sind und in Abständen von 2:5, 5°5 und 140 m aufeinanderfolgen, sie streichen h 5, fallen h 11 unter X 50°. Oberhalb des gedachten Feldweges, auf der benachbarten Ackerparzelle Nr. 1257 sind weitere vier soleher Pegmatitgänge zu unterscheiden, die 1:0, 2:0 und 0'5 m in der Mächtigkeit schwanken und in Abständen von 20, 12 und 4m hintereinander folgen, sie durchbrechen den Hornblendegneis nach h 8, dagegen ihr Einfallen h 14 ist, unter X 50° geneigt. Die gedachten Kreuzeänge übersetzen den erwähnten Schinderhübelweg und finden ihre Fortsetzung gegen NW in den angrenzenden Ackerparzellen des Bauerngrundes Nr. Cons. 54. Unter den Pegmatiten, welche die Gänge am Schinderhübel aus- füllen, sind folgende durch ihre Mineralführung charakteristische Varietäten zu unterscheiden: a) Pyroxenpegmatit; b) Muskovitpegmatit (beryliführend); c) Sillimaritpegmatit (chrysoberyll- und beryllführend). Diese Modifikationen sind miteinander durch rasche Übergänge verknüpft und brechen fast auf allen Pegmatitgängen des Schinder- hübels in unregelmäßiger Verteilung ein. ad a) Vorherrschend auf den Gängen ist der Pyroxen- pegmatit ein weißes, grüngesprenkeltes, mittelkörniges Gestein, das die Hauptmasse der Gänge bildet, es enthält neben Orthoklas und Perthit viel zuckerkörnigen Plagioklas, rauchgrauen bis farb- losen Quarz, worin hellgrüner bis flaschengrüner Augit in unregel- mäßiger Verteilung als körnige, blätterige sowie haufenförmige Aggre- gate eingesprengt ist oder die Gesteinsmasse in Adern durchzieht; außerdem sind silberglänzende Muskovitschuppen unter diese wesent- lichen Komponenten sparsam eingestreut. An akzessorischen Gemeng- teilen ist dieser Pegmatit arm, es finden sich da und dort Almandin, gsemeiner Granat und faserigstengeliger Sillimanit. ad d) Hinsichtlich der Masse rückt in den Gängen der quarz- reiche Muskovitpegmatit an zweite Stelle. Darin nehmen die wesentlichen Gemengteille Plagioklas nebst Orthoklas und Perthit mit rauchtopasähnlichem Quarz, zumeist schrift- sranitisch verwachsen, grobkörnige und riesenkörnige Struktur an, wozu sich 1—3 cm große Muskovittafeln in dicken Paketen ge- sellen. Solcher Pegmatit führt in der Regel Beryll gewöhnlich im Quarz eingewachsen, Sillimanit und Augit sind sparsam vertreten, während Ohrysoberyll fehlt. Hierher gehört auch jene untergeordnete [33] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 85 Pegmatitmodifikation glimmerreichen Muskovitpegmatits, welcher durch seine große Menge silberglänzender Muskovitschuppen auffällt und durch große Biotittafeln sowie vollständig durch- sichtige karmoisinrote, 1—3 mm große Almandine der einfachen Formen » O0 (110), 202 (211), ferner der Komb.-Formen 202 (211). > 0% (100), 202 (211). 0(110), @0 (110). (111). 0 & (100) bemerkenswert ist. ad ce) Von besonderem Interesse ist jedoch im vorliegenden Falle der Sillimanitpegmatit, ein im frischen Zustande weiß- liches, lebhaft glitzerndes, im Längsbruch dünnflaseriges, im Querbruch grobkörniges und grobschieferiges Gestein; dasselbe ist durch das gewöhnlich parallel zur Schieferung verteilte weißliche und seidenglänzende Fasermineral ausgezeichnet, das daselbst zu Strähnen angeordnet. meist scharfe Querabsonderung zeiet, sich um die Feldspat-, Quarz- und Granatkörner wellig herumschmiest, wodurch die flaserige Gesteinsstruktur bedingt wird. — Den vorherr- schenden Gesteinsgemengteil bilden mannigfaltige Feldspate, worunter der Orthoklas zuweilen in daumengroßen rauhflächigen Kristallen (7 2x P) vorkommt; hierzu kommt mehr oder weniger Quarz, meist Körneraggregate, zum Teil rauchtopasähnlich, selten jedoch schriftgranitisch verwachsen, weit häufiger in parallelen Lagen selbständig ausgeschieden. — Der Muskovit meist als schuppige Aggregate, die zum Teil in Serizit umgewandelt sind, dabei letzterer infolge fortschreitender Umwandlung auf Kosten der Feldspate in der Regel auf den Schieferungsflächen zunimmt. Neben diesen kleinen Muskovitschuppen bemerkt man I—3 cm große Muskovitplatten von ausgezeichneter basischer Spaltbarkeit, welche dicke Lamellen- pakete bilden und mitunter kristallographische Umrisse erkennen lassen. — Die Assoziation akzessorischer Mineralien dieser Pegmatit- varietät ist folgende: Chrysoberyll parallel den Flasern einge- wachsen in einfachen Kristallen und komplizierten Zwillingen, Beryll der Form & P (1010) ohne Endfläche im Quarz eingewachsen, oft mehr- fach zerbrochen; durchsichtiger blauer Spinell, Chlorospinell sowie Pleonast. scharfe O (111) und O (111). 0x (100) im Silli- manit und Chrysoberyll eingesprengt; gemeiner Granat und Almandin der oben sub 5) angeführten Formen; Magnetit scharfe OÖ (111) auch in Kombination mit & O & (100) und © OÖ (110) und Ilmenit; spärlich Augit sowie Aktinolithkriställchen. Der mikroskopische Befund ergab ein körniges Aggregat von zwillingsstreifigem Plagioklas, Mikroklinperthit und Orthoklasperthit, und zwar ist der Plagioklas vorwiegend nach dem Albitgesetz breit lamelliert, selten auch nach dem Periklingesetz verwachsen und gitterförmig gestreift. Die Zwillingslamellen sind öfters wellig gebogen, zerbrochen und verschoben, sie keilen häufig in feinsten Linien aus und machen ungestreiftem Plagioklas Platz; derselbe gehört nach Maßgabe der Auslöschungsschiefe in Schnitten L P und M = + 20° bis + 15° schwankend zum Oligoklas, entsprechend Ab,, Anzy- -- Neben Orthoklas werden zahlreiche Mikrokline beobachtet, die 86 Franz Kretschmer. - B4 sich durch feine Gitterlinien auszeichnen sowie außerdem durch die Auslöschungsschiefe auf P (001), die zwischen 15—170 schwankt, vom Orthoklas sicher unterscheiden. Sowohl der Orthoklas als auch der Mikroklin sind reichlich mit Albit durchwachsen, welcher in Form schmaler und. breiter Bänder oder Flammen sowie unregel- mäßiger Flecken auftritt, die mehr oder weniger parallel laufen, häufig auskeilen und wieder einsetzen, alsdann Teilen Raum geben, die auch u. d. M. als homogener Feldspat (Orthoklas) erscheinen. Die Albitlamellen sind durch ihre stärkere Lichtbrechung und die höheren Interferenzfarben erkennbar. Solcher Perthit und Mikroklinperthit bilden wesentliche Gemengteile der in Rede stehenden Pegmatit- varietät, welche häufig ein geradezu feinfaseriges Aussehen haben. — Der Quarz erscheint als rundliche und eckige Körner, da und dort mit quadratischen Konturen; Druckphänomene äußern sich in undulöser Auslöschung und deutlicher Zweiachsigkeit, welche Er- scheinungen der Kataklase steilenweise bis zur Entwicklung von Mörtel- struktur fortschreiten; derselbe tritt an Menge gegen die Feldspate erheblich zurück. — U. d. M. ist ferner zu sehen, daß sich der Muskovit zwischen den Feldspat- und Quarzkörnern hindurchzieht ; seine Lamellen sind vielfach gebogen, geknickt oder aufgeblättert und an den Rändern in fortschreitender Serizitisierung begriffen. Auch die Feldspate sind randlich zu sehr zartschuppigen Aggregaten von Serizit umgewandelt, die zwischen den Feldspatkörnern hinziehen. Oft schreitet dieser Prozeß am Feldspat und Muskovit soweit vor, daß Serizit in zartschuppigen Aggregaten die Strukturflächen der Sillimanit- pegmatite bedeckt. Besonders hervorzuheben ist der interessante Fall einer optischen Orientierung von Muskovit und Plagioklas dergestalt, daßbeideihre Spaltbarkeit nach der Basis genau parallel haben, was für gleichzeitige Bildung spricht. — An akzes- sorischen Gemengteilen wurden u. d. M. beobachtet: Sillimanit in feinstrahligen und bartförmigen Aeggregaten, die sich mit vereinzelten Disthensäulchen gern am Feldspat ansiedeln oder häufig zwischen Quarz und Feldspat eingeklemmt sind; ferner stark lichtbrechende, plastisch hervortretende Granatkörner und kleinste, grün durch- sichtige Spinelle, kleinste hellgelbliche Chrysoberylle und hier und dort in der Nachbarschaft des Muskovits braune Biotit- täfelehen. — Der größte Teil jenes obenerwähnten, einen wesent- lichen Gesteinsgemengteil bildenden Faserminerals ist in den Dünnschliffen herausgerissen worden, daher dort nur in den ange- führten Relikten vertreten. Dieses parallelfaserige und -stengelige Aggregat unserer Pegmatitvarietät besteht zum größten Teil aus Sillimanit, dessen Brechungsquozient = 1'660 gefunden wurde, während seine Fasern gerade Auslöschung zeigen und die Haupt- richtung optisch positiv ist. Daneben erscheint der Disthen spärlich vertreten, welcher gegenüber dem Sillimanit durch seine höhere Liehtbrechung und schiefe Auslöschung auffällt, welch letztere im Maximum mit 27° gemessen wurde und dem auch seine charak- teristische Absonderung nach der Basis nicht fehlt. — In den großen Muskovitplatten sind durch die ganze Platte gehende [35] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 87 Sillimanitfasern zubemerken, die sich unter X 90, 60 und 30° schneiden. Der Sillimanit umfließt die Chrysoberyliplatten; die Fasern des ersteren sind Ööfters.genau parallel mit der Zwillingsstreifung des letzteren. Die Aggregate beider Faserminerale erscheinen an ihrer Oberfläche in der Umwandlung zu äußerst zartschuppigem Serizit begriffen !), Der Sillimanit wurde irüher von Hruschka?°) als Fibrolith (Faserkiesel) angesehen; auch E. Kolenati?) hat ihn dafür gehalten und mit dem Quarz vereinigt, derselbe führt auch den Disthen, und zwar irrigerweise als Buchholzit an. Leider haben auch neuere Forscher gedachte Faserminerale als „Faserquarz“ bestimmt. Zufolge der Unter- suchungen Des Cloizeaux’ sind jedoch Faserkiesel, Fibrolith und Buchholzit lediglich Varietäten des Sillimanits. Verbiegungen, Zerbrechungen und Verschiebungen der Feldspat- und Muskovitlamellen, Zweiachsigkeit des Quarzes, undulöse Aus- löschung desselben und der Feldspate, stellenweises Fortschreiten dieser Erscheinungen bis zur Entwicklung von Mörtelstruktur, Bildung von Sillimanit und Disthen, Gleitflächen am Muskovit und Chrysoberyll, zerbrochene Berylle und COhrysoberylle, Serizitisierung des Muskovit, der Feldspate und des Sillimanit, die Schiefrigkeit der Gang- masse, Rutschflächen in derselben, dies alles weist auf intensive Druckvorgänge hin, in deren Folge Gleitungen, Rutschungen und Zertrümmerungen in der Gangmasse eintraten. Diese Kataklase, beziehungsweise Druckstruktur weist daraufhin, daß auf den in Rede stehenden Pegmatitgängen noch Massenbewegungen stattgefunden haben, als das Werk der Gangausfüllung bereits vollzogen war. Jeden- falls ist es sehr charakteristisch, daB der seltene Chrysoberylli auf solche Quetschzonen der Pegmatitgänge beschränkt ist. Oberhalb dem Schinderhübel, gegen den Kahlhübel hin, fehlen Pegmatitgänge, dagegen durchbrechen an der Stelle mächtige Aplitgänge das Gebiet des zentralen Dioritgneises. Der Aplit ist erbsgelb gefärbt, aus einem auffällie gleichförmigen kleinkörnigen Gemenge von vorwaltend rötlichkem Orthoklas, wenig Quarz, relativ spärlichem Muskovit bestehend, dem sich ebenfalls spärlich richtungslos verteilte Biotittafeln beigesellen; gemeiner Granät, zuweilen auch Almandin, sind häufige Übergemengteile. Dieser Gangaplit nähert sich bezüglich seiner Komponenten und Struktur dem Granitit vom Kahlhübel, jedoch fehlt hier die Erzführung, dort die Granatführung. Die Dioritgneise werden nebstdem von anderen zahlreichen Aplitgängen durchtrümmert, so zum Beispielam Fellberg, ober- halb Marschendorf, am Hofstein, oberhalb Stettenhof, die als vor- waltende Gemengteile Plagioklas nebst Orthoklas enthalten und worin der Quarz hinsichtlich seiner Menge an zweite Stelle tritt. Der Feldspat setzt sich häufig in einen zartschuppigen M us- !) Über den Chrysoberyll und seine Zwillingsbildungen sowie dessen Be- gleiter hat Verfasser eine Kurze zusammenfassende Monographie veröffentlicht in Tschermaks Min,-petr. Mitt. (derzeit im Druck). 2) Mitteil. d. mähr.-schles. Ackerbaugesellschaft. Jahrg. 1826, Nr. 34. %) Mineralien Mährens und Schlesiens. Brünn 1854, pag. 28 und 43, 88 Franz Kretschmer. [36] kovit um, der im Gestein regellos verteilt ist; akzessorisch sind Einsprenglinge von hellgrüänem Diopsid oder pechschwarzem Augit und grünlichem als auch braunem Biotit. Zuweilen werden darin pechschwarze kleine Augite von tafeligeem und pyramidalem Habitus beobachtet, die auch mit Biotit parallel verwachsen, nach des letzteren Basis und des ersteren Po (100); zwischen den Aueiten sitzen kleinste Almandinkriställchen. Die tafeligen Augite besitzen die Form P (111) © £P (110) © P » (100), wobei das Pinakoid vorherr- schend, die tafelige Ausbildung bedingt. Bezüglich der Altersverhältnisse des Granitits und seines Ganggefolges der beryliführenden Lagergänge sowie der chrysoberyll- führenden Kreuzgänge von Pegmatit untergeordnet Aplit, muß her- vorgehoben werden, daß die dioritischen Hornblendegneise sowie die Gabbrogesteine jedenfallsälter sind alsder Granitit nördlich Marschendorf am Kahlhübel, Köhlerstein und Erzberg, weil letzterer sowohl die zentralen Dioritgneise als auch die peripherischen Gabbrogesteine durchbricht und diese von zahl- reichen mannigfaltigen Pegmatit- und Aplitgängen, welche zur Gang- sefolgschaft des Granitits gehören, durchträmmert werden. Niemals kommt es jedoch vor, daß umgekehrt Gabbros oder deren Gangge- steine die gedachten Granite, Pegmatite und Aplite gangförmig durchdringen würden. Diese Beziehungen von Granitit einerseits und Gabbrogesteinen und Dioritgneis anderseits werden auch bestätigt durch die Tatsache, daß die besser bekannten Pegmatit- und Aplit- sänge des Schinderhübels bei Marschendorf häufig Trümmer und Schollen der benachbarten Gabbrogesteine als Einschlüsse enthalten. Wie wir oben gesehen haben, waren die Gabbrogesteine fast überall am Kontakt des Granitits intensiver Beeinflussung unterworfen, so daß im Gabbro mannigfaltige Mineralneubildungen der exogenen Kontaktmetamorphose hervorgerufen wurden sowie sich auch der Granitit vielfach mit den Materialien des Gabbro versah und endo- morphe Kontaktprodukte erzeugte. Bei dem Umstand, daß die Granitite nördlich Marschendorf ihre ursprüngliche richtungslos granitische Struktur vollkommen be- wahrt haben, also am wenigsten dynametamorpbisch beeinflußte Gebirgs- glieder sind, liegt ein fernerer Beweis dafür, daß sie die jüngsten Glieder in der Reihe eruptiver, beziehungsweise pneumatolytischer Massen- und Ganggesteine sind und zu einer Zeit durchbrachen, als die Massenbewegungen in der Hauptsache zur Ruhe gekommen waren. D. Sekundäre Neubildungen auf Strukturflächen des zentralen Dioritgneises. Auf den Klüften und Strukturflächen des Amphibolplagioklas- gneises, gewöhnlich dort, wo derselbe als Epidot-Hornblende- sneis ausgebildet ist, sind Zeolithe, insbesondere Chabasit, häufig. Besonders schön kristallisierte Zeolithe hat Verf. bereits früher aus dem Steinbruch unterhalb der Hohenwarte am Fellberg (Peters- [137] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 89 dorf beschrieben ), wo Chabasit, Desmin, Heulandit und Thomsonit zusammen vorkommen, begleitet von Epidot, Aktinolith, Titanit und Kalzit. An anderen Orten, so zum Beispiel auf der Tinzwirtschaft (Marschendorf), wurde im dortigen plagioklasreichen Amphibolgneis an dessen Strukturflächen der Plagioklas in ein drusiges Aggregat von Epidot und Klinozoisit nebst Quarz, die Hornblende zu Aktinolith und Asbest umgewandelt gefunden; gleichzeitig zeigten sich in den Drusenräumen zahlreiche schneeweiße Desmin- garben kreuz und quer angeschossen. Solche Amphibolplagioklas- gneise fand ich auch im Innern der Stufen epidotführend, sehr porös, voll von Drusenräumen, worin sich allüberall Desmin- büscheln angesiedelt haben. Diese Erscheinungen sind wohl auf die Tätigkeit von Thermalquellen zurückzuführen. — Aus dem Grund- bachgraben bei Siebenhöfen beschrieb Prof. F. Becke ebenfalls kleine Kristalle von Chabasit in Drusenräumen des „Amphibolgneises“. III. Peripherische Gabbrozone. Wie nicht anders zu erwarten, bilden die peripherischen Gabbro- gesteine keineswegs eine durchaus einheitliche und geschlossene Masse am Scheitel oder an den Flanken des Gneisgewölbes. Man kann anfänglich gegen den Scheitel hin sowie gegen die Flügel vor- kommend eine mehrfache Wechsellagerung von Dioritgneis und Gabbrogesteinen beobachten, worauf der Dioritgneis ausfällt und massiger Gabbro mit Gabbroamphibolit und Gabbroschiefer wechsel- lagert, bis auch der Amphibolit in der Gesteinsreihe ausbleibt und endlich in den äußeren Teilen der Flanken die Gabbroschiefer nebst Prasinit alleinherrschend werden. Diese Wechsellagerung ist bloß eine scheinbare und beruht auf Einfaltungen und Versen- kungen der Gabbroamphibolite in den Gneiskörper, worauf die Erscheinung hinweist, daß innerhalb der Scheitelkalotte die Amphi- bolite und Gabbroschiefer die Höhen beherrschen, während in den dazu führenden Tälern, Gräben und sonstigen Erosionsfurchen die dioritischen Gneise lagern, denen also die Tiefe gehört. Als weitere Folge der Intrusion läßt der Gabbro und seine Amphibolite vielfach Diskordanz gegen die Dioritgneise erkennen oder aber es befinden sich erstere gegen letztere in durchgreifender Lagerung, sowie wir auch weiter unten echte Gänge des Gabbro im Diorit kennen lernen werden, wobei auf die bereits oben angeführten Gabbroinjektionen des zentralen Dioritkernes hinge- wiesen sei. An den äußeren Flanken, wo bereits die Gabbroschiefer herrschend sind, sehen wir eine Gruppe von Topfsteinstöcken in sporadischer Verteilung, welche sich als eine ultrabasische Fazies der Gabbroreihe darstellen. !) Zentralb]. f. Min., Geol. u. Petr. Jahrg. 1905, pag. 609-615. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Band, 1. Heft. (Fr. Kretschmer.) 12 90 Franz Kretschmer. [3 8] Die an den breiten Flanken des zentralen Gneisstockes auf- tretenden Gesteine der Gabbroreihe bieten folgende Gliederung dar: Nordwestflanke: Siidostflanke: Basische Gesteine: 1. Hornblendegabbro, Massenge- 1. Gangförmige Hornblendegabbro stein von richtungslos grob- und Hornblendite, richtungslos körniger Struktur (Schwarzer- körnig, massig. stein). [86) 2. Gabbroamphibolite grobkörnig, . Körnige Gabbroamphibolite dickbankig und plattig. srobgefügt, zumeist plattig, ge- streift und gebändert. 3. Gabbroschiefer körnig, dick- 3. Gabbroschiefer, lokal plumpe schieferig. Linsen und Kugeln von Horn- blendit enthaltend, unterge- ordnet epidotisierte und chlori- tisierte Gabbroschiefer in Chloritschiefer und Strahlstein übergehend. 4. Prasinite (Grünschiefer) dicht, 4. Prasinite (dichte Grünschiefer). erob- und feinschieferig, schein- bar phyllitähnlich. _ 5. Saure Ganggesteine von peg- matitischem und aplitischem Habitus. Ultrabasische Fazies der Gabbroreihe: 5. Tremolittopfstein am Berge 6. Topfsteinstöcke mit Talkschiefer Schwarzerstein. von Pyroxeniten abstammend (Storchberg, Hausberg, Hüttel- lehne etc.). — 7. Chloritschieferschale der Topf- steinstöcke, extrembasisches Glied der Gabbroreihe (Spal- tungsprodukt des Pyroxenit). Hieran schließen wir nun die eingehende Betrachtung der petro- graphischen Charaktere und stratigraphischen Verhältnisse obiger Glieder der Gabbrozone, wie folgt: 1. Hornblendegabbro. Ein schwarzes grobkristallines Gestein, das makroskopisch aus großen Hornblendeindividuen und weißem Plagioklas als ausschließlichen Gemengteilen besteht. Die Hornblende ist im auf- fallenden Lieht schwarzgrün, im durchfallenden hellgrün und blaugrün, fast niemals braun, mit starkem Glasglanz auf den Spaltflächen; in [39] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 9] drei Aggregationsformen, und zwar kurz und lang säulenförmig nach dem charakteristischen Spaltungsprisma & P (110), zumeist ohne terminale Begrenzung oder durch parallele Verwachsung nach o P breittafelige sowie häufig nur kompakte körnige Aggregate; Spalt- barkeit nach o P selten, grobe Spaltrisse lc fehlen bei den längeren Prismen niemals. Das Gestein zeigt ferner deutliche Zerreißungen seiner großen Hornblendeindividuen, zwischen denen sich dann neu- gebildeter hellgrüner Augit angesiedeit hat. Fast überall durch die ganze Gesteinsmasse beobachtete ich Fortwachsungen einer hellgrünen Hornblende um die schwarzgrünen säulenförmigen, blätterigen und kompakten Hornblenden gegen den Plagioklas hin; diese Fortwachsungen sind breitstengelig, teils dem Aktinolith oder Tremolit ähnlich oder teils feinfaserige, smarag- ditähnliche Nädelchen. — Der Plagioklas schneeweiß, u. d.M. farblos, zumeist nur in rundlichen, eckigen Körnern oder in breiten Tafeln, niemals in den schmalen Leisten der Diabase, und bildet ent- weder für sich allein oder häufig mit darin suspendierten Hornblende: säulchen ein körniges Grundgewebe; derselbe füllt stets nur die Räume zwischen den vorwiegenden und großen Hornblendeindividuen aus, so daß es den Anschein gewinnt, als wären die letzteren vor dem kleinkörnigen Feldspataggregat gewachsen. — Der Orthoklas bildet dort, wo er vorkommt, nur einen akzessorischen Gemensteil, während der Quarz ein seltener Gast ist. F. Becke und M. Schuster haben bereits in dem eingangs erwähnten Vortrage !) hervorgehoben, daß der Habitus dieser Gesteine an gewisse Smaragditgabbros aus dem niederösterreichischen Waldviertel erinnert. Der Dünnschliff (hergestellt von der am Scheitel des Schwarzenstein anstehenden Felsmasse) läßt erkennen, daß die Horn- blende stark pleochroitisch ist, und zwar: a hellgelb, b grasgrün, c blaugrün, daher Absorption c>b>a; in Querschnitten dicht ge- drängte gitterförmige Rißsysteme nach dem Hornblendeprisma X 124°, in Längsschnitten breite Spaltrisse nach (110); auch zahlreiche ein- zelne langsäulige Individuen mit hellgrünem Kern und dunklem Rand, grobrissige Querabsonderung senkrecht c, teils parallel ver- wachsen, auch wirr gelagert, häufig an den Polen besenförmig ausgefasert. Die Auslöschungsschiefe ergab im Mittel zahlreicher Messungen Xc:c=14 bis 15%. Doppelbrechung in dem Gestein vom Schwarzenstein y—x = 0'0245 in der dunklen und 0'028 in der hellen Hornblende gemessen. Die Achsenwinkel im hellen Anteil 2Va= 172°, im dunklen 6—8° größer; Dispersion nicht sehr merklich. Dadurch, daß die Hornblende häufig Einschlüsse von Diopsid und Plagio- klas enthält, wird Siebstruktur ausgebildet; dieselbe wiegt gegen die Plagioklase mehr oder weniger vor und macht ungefähr 60%, der Gesteinsmasse aus. — Der Plagioklas besteht aus kleinsten Körnern sowie auch Täfelchen scharfer Kristallbegrenzung, es sind lamellenfreie Durchschnitte, also nicht verzwillingte Individuen; in anderen Schliffpartien wurden jedoch häufig größere polysynthetisch u 8 Sa er. 10 12* 9 Franz Kretschmer. [40] nach dem Albit- und Karlsbader Gesetz verzwillingte Individuen be- obachtet. Der mehr oder weniger getrübte Plagioklas ist nach Maß- gabe der an Schnitten senkrecht M und P an den Albitzwillingen gemessenen Auslöschungsrichtung im Mittel= 32° ein Labradorit mit Abyg Ang. In einem anderen Schliffe wurden an den Schnitten 2 zu a die Auslöschung gegen die Trasse der Zwillingslamellen = 60° gemessen, demzufolge ist es Labradorit, dessen Achsenwinkel 2Vy=86°, Lichtbrechung hoch gefunden wurde. Man erkennt, daß der außerordentlich feinkörnige Feldspat durch Umkristallisieren aus größeren Individuen entstanden, von denen stellenweise noch Reste vor- handen sind, deren inverse Zonenstruktur nur hier und dort bemerk- bar ist. — Orthoklas scheint nur in wenigen größeren Durchschnitten vorhanden; Quarz, farblos, hell, kommt ebenso selten vor. — Häufig ist Titanit in ziemlich großen farblosen bis lichtgrauen, stark licht- brechenden Körnern von rauher Oberfläche. Außerdem bemerkt man Magnetit, titanhaltiges Magneteisen als auch Ilmenit, was sich aus der Häufigkeit der Umwandlung in Leukoxen und den Limonit- höfen ergibt; akzessorisch ist ferner Apatit und Pyrit. Epidot bildet zuweilen unregelmäßige Partien in der Hornblende, von deren Spalt- rissen ausgehend; derselbe ist deutlich pleochroitisch, farblos und zitronengelb. Glimmer und Granat fehlen gänzlieh. Eine Probe des Hornblendegabbro, abgeschlagen von dernackten Felsmasse am Scheitel des Schwarzenstein (von wo auch die Schliffe stammen), sandte ich an das chemische Laboratorium der Witkowitzer Steinkohlengruben zu Mähr.-Ostrau und es ergab die durch den Chefchemiker Herrn R. Nowicki ausgeführte Analyse folgende prozentische Zusammensetzung: 1. Prozent Kieselerdei\) „u. Hi TEILTE WE 7.10 Titansäurentoll sb dia Sinai, as erBp Donenden. {UI} 19R eirileaa adla)d. (SE Chromosyd mnnanniied, aa ern ahel Be Hisendeydı ADSANaE. Bin DROMERTTE 2:10 Bisenosydul müh- na „auid. 192758. Tun Bett Maneaoxydulinyıa "ar ergk ttarlza Ban Kalkerdei Biulandsgpl SCHERE STEH Maskesa buy zollehbstab U. CHEN U Re Kalıtmad Natron! kt A il ee Glühverlust (Wasser) a... ; an, NE Phosphorsäufe IV iu. zdrki. Jo Zusammen . . . 100.00 Dieses Ergebnis weist unverkennbar darauf hin, daß diese Gesteine tatsächlich die basische Zusammensetzung der Gabbros und nicht diejenige der allgemeinen saureren Diorite haben, welch erstere sich an das basische Ende der letzteren anreihen, deren chemischer Charakter durch die Proportion 830,:R,0,:RO = [41] Das metamorphe Diorit u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau 93 2:7:1'0:1'8 sowie durch das Verhältnis RO:R,O0=1:12'9 ausge- drückt wird und demzufolge dem Hornblendegabbro von Linden- fels im Odenwald sowie dem sächsischen Flasergabbro nahesteht. Nach Maßgabe unten folgender Tabelle ergab die Berechnung nach Osanns Methode die Gesteinsformel Sp A Cas Jıs, woraus sich die Übereinstimmung mit seinem Gabbrotypus Kee- wenaw und Bagley Creek ergab, für welch letztere die Typen- formel 549.5 Ay Cs fi; gilt. Die Zöptauer Hornblendegabbros sind fast ausschließlich rich- tungslos grobkörnige Massengesteine, selten nehmen sie flaserige Struktur an. Solche Flasergabbros fand Verf., wie bereits oben erwähnt, am Ostfuße des Schwarzenstein, unterhalb dem Bahnhof Zöptau. Die gedachten Hornblendegabbros übergehen außer- dem lokal durch Zurücktreten der Plagioklase in massige, schwarze Hornblendite, ähnlich den oben angeführten des zentralen Gneisprofils (siehe pag. 114), jedoch sind hier die Horn- blendeprismen höchstens 5—10 mm lang und 3 mm dick, also um vieles kleiner als dort. Die Struktur des Hornblendegabbro ist grobkörnig, gabbro- ähnlich, ohne zur ophitischen Struktur der Diabase hinzuneigen. Die zentralen Teile der Gabbromassen sind infolge langsamer Ab- kühlung großkörnig geworden, wobei die Hornblendeindividuen besonders groß gewachsen sind, dagegen der Plagioklas zu einem feinkörnigen Grundgewebe zerfallen ist, wodurch sich eine porphyrähnliche Struktur entwickelt hat, die jedoch mit der echten porphyrischen Struktur, wie sie zum Beispiel bei den Diabasen vorkommt, gar nichts gemein hat, denn in unserem Gestein bildet einfeinkörnigesPlagioklas-Hornblendeaggregatlediglich eine Art Füllmasse zwischen den vorherrschenden, unmittel- bar nach der Gesteinsprägung großgewachsenen Hornblenden. Dadurch, daß die großen Hornblendeindividuen von kleinen, im Plagioklas suspendierten Hornblendestengeln in mehr oder weniger paralleler Anordnung umflossen werden, kommt lokal eine Fluidalstruktur zustande, wie sie häufig bei Tiefengesteinen auftritt. Solche Gesteine bilden das Endglied der Gabbroreihe gegen die Amphibolite, weil durch die Kristallisationskraft der Hornblende die Gabbrostruktur nicht ausgeprägt, vielmehr durch eine porphyrähnliche ersetzt wurde, für welche uns bisher ein Terminus fehlt. Es liegt eine Umprägung der Struktur dureh Umkristallisieren des Mineralbestandes bei Er- haltung des chemischen Bestandes in den letzten Phasen der Er- starrung vor. Nachdem die geologische Erscheinungsform der in Rede stehenden Hornblendegabbros diejenige massiger Ganggesteine ist, deren porphyrähnlich struierter Kern in der Regel von randlich rascher ab- gekühlten und stark gequetschten, demzufolge weniger grob- körnigen bis feinkörnigen, granoblastisch struierten Amphiboliten mit primärer Druckschieferung begleitet wird, so erscheinen diese ein und demselben Gesteinskörper angehörenden 94 Franz Kretschmer. [42] Gesteine als Erstarrungsgesteine, die keineswegs stofflich, lediglich strukturell beeinflußt, das heißt randlich zu kristallinen Schiefern, speziell Amphiboliten geworden, welche mit dem gabbroiden Kern dureh allmähliche Übergänge verknüpft sind. Die größte Mächtigkeit erlangen die richtungslos grobkörnigen und zerklüfteten Hornblendegabbros am Schwarzenstein und dem benachbarten Mittelstein, an der Nordwestflanke unseres Diorit- gneisgewölbes, wo der größte Teil dieser Berge daraus besteht. Seine hier zu Tage anstehenden Felsmassen werden von einem Trümmerfeld zahlloser, viele Kubikmeter großer Felsblöcke von Hornblendegabbro umgeben. Dieses große, wahrscheinlich unter Mitwirkung von Eis- massen entstandene Blockwerk setzt dem Gebirgskamm entlang bis am Steinigberg fort und verrät den darunter anstehenden Gabbro. Ein großer Teil dieser gegen Verwitterung äußerst widerstandsfähigen Felsblöcke ist unter der kultivierenden Menschenhand seither ver- schwunden und für Bauzwecke und als Straßenschotter zur Verwendung gelangt. Gegen die der Schieferhülle angehörenden Glim- merschiefer und Quarzite des Weißenstein in seinem Liegenden sowohl als auch dieselben Gesteine im Hangenden wird der Gabbro feinkörniger und übergeht peripherisch als Folge von Pressung und schneller Abkühlung in Gabbroamphibolit und Gabbro- schiefer, wobei gedachte Hüll- und Schollengesteine als Abkühlungs- flächen wirkten. Am Butterhübel und in den Hammerbüscheln des Pe- tersdorfer Traußnitz wird der Dioritgneiskern von mehreren Lagergängen des Hornblendegabbro durchbrochen, wie bereits oben berichtet wurde. Diese gangförmigen Massen erreichen bisweilen eine Mächtigkeit von 20 m und darüber, sie werden gewöhnlich auch hier sowohl am Hangenden als auch Liegenden von plattigen und schie- ferigen Gabbroamphiboliten begleitet, deren Strukturformen durch die Faktoren: rasche Abkühlung und größerer Druck gegen die Saalbänder hin, bedingt worden sind. An dem bekannten Fuchsitfundort im Traußnitz kommt ein massiger bis dickplattiger Gabbro vor, der sich dem Anorthosit nähert, er ist einleutokrates Gestein, zusammengesetzt vorwiegend aus körnigem, in miarolitischen Räumen isometrisch auskristallisiertem Labradorit und einer strahligen und schilfigen schwarzen Horn- blende, welcher an Menge nur eine zurücktretende untergeordnete Rolle zufällt. Schließlich muß hervorgehoben werden, daß der Gabbro in unserem Gebiete in petrographischer Beziehung eine artenarme und nach dieser Richtung beschränkte, auffällig gleichmäßige Entwicklung zeigt, demzufolge neben dem Hornblendegabbro andere Gabbroarten fast gänzlich fehlen. Es liegt hier eine auch in anderen Gabbro- gebieten wiederkehrende Erscheinung vor, daß die Pyroxenmineralien mehr oder weniger vollständig durch Hornblendemineralien vertreten werden, wobei jedoch die zum Teil primären Hornblendegesteine genau die gleiche, sonstige Beschaffenheit, genau dieselbe Struktur, genau denselben Mineralbestand aufweisen wie die reinen Pyroxen- gesteine. Es gebührt ihnen demzufolge der Name Gabbro. [43] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 95 2. Gabbroamphibbolite. Es sind dies grüngraumelierte, grob- und mittel. körnige Hornblendeplagioklasgesteine, die sich vom Hornblendegabbro weniger durch den Mineralbestand, vielmehr nur durch die Struktur insofern unterscheiden, daß neben der herr- schenden granoblastischen Struktur häufig die Tendenz zu paralleler Anordnung der Komponenten hervortritt, wodurch ihr plattiger und schieferiger Gesteinsbau herausgebildet wird. Lokal ist die Struktur durch die Wiederkehr der Hornblende im feinkörnigen Plagioklasaggregat porphyroblastisch. Hornblende und Plagioklas halten sich bezüglich ihrer Menge das Gleichgewicht, wodurch das Gestein grün und weiß gesprenkelt erscheint und insbesondere im Querbruch eine grieskörnige Textur darbietet, bis in der extremen Form durch eine band- und streifenförmige Anordnung hornblendereicher und plagioklas- reicher Lagen das Gestein auf schwarzgrünem Grunde weißgestreift oder gebändert erscheint. Bisher hat man diese Gesteine als Amphibolite schlechtweg und als Feldspatamphibolite im besonderen bezeichnet, während man die massigen Glieder für Diorite hielt. Mikroskopisch gleicht die Hornblende derjenigen in den Hornblendegabbros, jedoch besitzt sie nicht mehr die Kristallisations- kraft wie dort, demzufolge ihre Individuen hier weit kleiner ausge- bildet sind, sie erscheinen im auffallenden Licht schwarzgrün, im durchfallenden hellgrün mit starkem Glasglanz auf den Spaltflächen; gewöhnlich kurz- und langsäulenförmig nach der Form o P (110), auch der Komb.-Form © P (110). Po» (010), oder nach oo P(110).© Po (010). Po (100).o P (001), parallel verwachsen, ferner tafelförmig © P«& (100) polysynthetisch verwachsene Pakete, außerdem kompakte dichte Aggregate. Häufig werden beobachtet aktinolithische und smaragditähnliche Faserbüscheln auf den Strukturflächen, die daselbst handgroße eisblumenähnliche Zeichnungen dureh längs voraneilende Hornblendesäulen hervorbringen. Die Hornblendeindividuen lassen selten terminale Begrenzung erkennen, sondern zeigen gewöhnlich Zerreißungen, Aufblätterungen und Ausfranzungen an den Enden. — Der Plagioklas ist feinkörnig, zumeist farblos bis weiß, selten bläulichgrau, er bildet gleichmäßige eckige Körner und säulige Kriställchen, die Zwischenräume der Hornblende ausfüllend. Akzessorisch treten in den Gabbroamphiboliten auf: hier und dort wenig Quarz, spärlich Rutil, wenig Apatit, auch gelbliche Muskovit- schuppen, die aus Plagioklas entstanden, Magnetit und Ilmenit. Im Dünnschliff (vom Richterberg gegenüber der Zöptauer Kirche) sieht man, daß sich Hornblende und Plagioklas je zur Hälfte an der Gesteinszusammensetzung beteiligen; sie sind sehr. ungleichkörnig, erstere in größeren, letztere in zehnmal kleineren Körnern; die Menge des’ Quarzes ist nicbt unbeträchtlich, Parallelstruktur erscheint nur wenig angedeutet. Der Plagioklas zeigt überwiegend eine fein- bis breitlamellierte Zwillingsstreifung nach dem Albitgesetz oder 96 Franz Kretschmer. [44] auch nur kleine isometrische Körner ohne Lamellierung; derselbe steht häufig mit Quarz in poikilitischer Verwachsung und ist zuweilen parallel der Plattung gedrückt. Die Auslöschungsschiefe senkrecht M und P wurde an der Trace der Albitzwillinge mit= 30° im Miittel- werte gemessen und gehört der Feldspat daher zum Labradorit mit (Ab,,An;,;). — An einem anderen Schliff wurde ein basischer Oligoklas bis Andesin festgestellt, oft mit inverser Zonenstruktur, und zwar hat man in einem Schnitte 1 beobachtet: Auslöschungs- schiefe gegen P Kern +3°5%, Hülle — 4° entsprechend 25—35%%, Anorthitgehal. — Die Hornblende ist durch ihren starken Pleochroismus a hellgelb, b grasgrün, c blaugrün, demnach Absorption c>b5b>a, ferner durch die prismatischen unter X 124° sich schnei- denden Spaltrisse Lc und durch die prismatische Absonderung parallel (100) charakterisiert, da und dort steigert sich die Spaltung bis zur randlichen Zerfaserung; außerdem ist die Hornblende mit Diopsid und Plagioklas poikilitisch verwachsen, hier und dort förmlich damit gespickt. Optische Orientierung: Aus- löschungsschiefe ce = 16°; Axenwinkel 2 Va = 54—59°, deutliche Dispersion s >uuma, Doppelbrechung —a#=0:025. Dispersion der Mittellinien nicht wahrzunehmen. — Die Menge des Quarzes ist nicht unbeträchtlich, welcher hell sowie durch die poikilitische und gsranophyrische Verwachsung mit Plagioklas bemerkenswert erscheint. Akzessorisch Titanit stark lichtbrechende, kleine Körner, rauher Oberfläche, reliefartig hervortretend. Epidot in einigen Körneraggre- gaten als Einschlüsse im Feldspat, daneben auch in Hornblende; Biotit spärliche Schuppen in der Nähe der Hornblende. Erze spär- lich vertreten, und zwar Magnetit und Ilmenit oder Titano- magnetit, beide letztere gewöhnlich mit Leukoxenrand und Limonithof. Kelyphitische Strukturen fehlen. Der Gabbroamphibolit von der Chrysoberyllfund- stätte bei Marschendorf erscheint im Dünnschliff porphyroblastisch, die Hornblende meist nicht idiomorph begrenzt, Pleochroismus wie im vorigen Gestein, Auslöschungsschiefe e :c im Maximum 179%, — Der häufige Feldspat ist verzwillingt nach dem Albit- als auch Periklingesetz, die Auslöschungsrichtung La mit der Zwillingstrace der Albitlamellen = 58°; demzufolge er der Labrador-Bytownit- reihe angehört. An Stelle des Plagioklases entwickelt sich jedoch vielfach ein lebhaft polarisierendes Aggregat von Epidot, Zoisit und Muskovit. — In anderen hierhergehörigen Amphiboliten erscheint u.d. M. der Plagioklas ebenfalls allenthalben in Muskovit, Zoisit und Epidot umgewandelt, Zwillingslamellen sind vielfach angedeutet, seine Neubildungen lassen auf basischen Charakter schließen. Es ist eine häufige Erscheinung, daß die Gabbroamphibolite in der Umgebung von Zöptau lokal mehr oder weniger weit fortgeschrittener Umwand- lung zu obigen Neubildungen (gleichwie am Schinderhübel) anheim- gefallen sind, auch wenn sie makroskopisch noch ein frisches Aus- sehen bewahren. Von Ubergemengteilen der Gabbroamphibolite in größeren Bestandmassen werden häufiger gefunden: Epidot (Pistazit), Zoisit und Prehnit als Vertreter des Feldspates; Aktinolith, Pyroxen [45] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 97 | (Diopsid), Biotit und Chlorit als Vertreter der Hornblende, Kalzit zum Teil sekundär; Granat und Muskovit fehlen. h Indem der Plagioklas stetig abnimmt, werden auch hier rasche Übergänge in massige, richtungslos körnige Hornblendite herge- stellt, welche hauptsächlich aus einem großkristallinen Ageregat dieker und schlanker, schwarzgrüner oder lauchgrüner Bornblendesäulen besteht, wodurch das Gestein eine schwarz- und lauchgrünmelierte Färbung erhält. Plagioklas dürfte mit kaum mehr als 10°/, an der Gesteinsmasse beteiligt sein. Uber den chemischen Charakter der Gabbroamphibolite gibt folgende im Laboratorium der Witkowitzer Steinkohlengruben durch Herrn R. Nowicki ausgeführte chemische Analyse Aufschluß. Die Probe wurde gleich dem obigen Dünnschliff am Richterberg süd- lich der Zöptauer Kirche geschlagen und ergab folgende prozentische Zusammensetzung: II. Prozent ReRel ante a Aran EEE IT AAN 28:05 EA? ae as 1 EN Ted u BE Dr omoxvdr en, ES MIR FOSDUL TIREDOR YO 0 en. 10. AM eeN., DE ESTER SL NE u A rc RE. ehe >> EIERN I ee a Re 1 Kokerden an. 077 00 De. KEERIDER AEO TUN De er pen 50 MEEIER „DNA ATIPR SAAEESDRSE & NEAR RER, Ira UNdENNALTOnET N. "3 Ama RIED AR EL BIURVETDISEELWESSET] „SPA. 7 BERSISRSESALAN SEEak A NN a Be a ch AR Zusammen . . . 100.00 Durch die Vergleichung ergibt sich, daß unser Gabbroamphipbolit mit dem oben angeführten Hornblendegabbro eine angenähert gleiche chemische Zusammensetzung besitzt; dieselbe ist identisch mit dem chemischen Charakter derjenigen Amphibolite, welche von Tiefenge- steinen der Gabbroreihe abstammen, und zwar werden die chemischen Verhältnisse ausgedrückt durch die Proportionen 8:1.09::.Ro05,:B0O=15:1:2:5 sowie durch %, 0:RO=1:17:6, wodurch unser Gestein dem normalen Gabbroamphibolit von Oppenau im Schwarzwald sowie den Amphi- boliten der sächsischen Flasergabbrogruppe nahezu gleich charakterisiert erscheint. Nach Osanns Klassifikation ergibt sich dafür die Gesteinsformel Sg % 65 S1 ist also nahezu identisch mit dem Gabbrotypus Keewenaw, wofür die Typenformel s,; a, c; fi gilt, welche sich auch für den Zöptauer Hornblendegabbro angenähert ergeben hat. Demzufolge sind die hier betrachteten Amphibolite sowohl nach ihrem mineralischen Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Band, 1. Heft. (Fr. Kretschmer.) 13 98 Franz Kretschmer. [46] und strukturellen als auch chemischen Bestande als die metamor- phische Fazies des Hornblendegabbro zu betrachten. Ihre breiteste Entwicklung erlangen die Gabbroamphibolite an der nordöstlichen Flanke, und zwar auf der Hüttellehne zwischen Schwagersdorf und dem Sensenzipfel, am Kargerberg oberhalb Sieben- höfen, am Kupferberg und Hofberg westlich, Grillenberg und Hangen- stein östlich Wermsdorf; ferner am Storchberg bis in den Bischofs- graben hinab nächst Zöptau; kleinere Komplexe befinden sich in der Schwarzensteingruppe sowie im Traußnitzwald westlich Rudelsdorf auf den beiden entgegengesetzten Flügeln der zentralen Gneismasse. Sie dominieren vielfach die Anhöhen sowie die von diesen aus- laufenden Rücken, während in der Tiefe, das heißt den dazuführenden Tälern, Gräben und sonstigen Erosionsfurchen die Diorit- gneise herrschen, was damit zusammenhängt, daß die Gabbro- gsesteine die äußere Kalotte des Gneisgewölbes auf- bauen. Es ist also etwas Selbstverständliches, wenn wir diese Gesteine meist am Gewölbscheitel antreffen und dann dort den zentralen Gneiskern vermissen, welchen wir sicherlich darunter ver- muten dürfen. Die Gabbroamphibolite stehen sowohl nach unten hin mit den zentralen Dioritgneisen anfänglich scheinbar in viel- facher Wechsellagerung, bis sie nach außen gegen die Flanken end- lich die Oberhand gewinnen. Umgekehrt ist das Verhalten nach oben, wo sie mit den im Hangenden folgenden Gabbroschiefern in inniger Verknüpfung stehen, so daß sie sich als schwache, kaum 3 bis 5 cm dicke Platten herab, dem Gesteinsverbande immer wieder einschalten, ‘bis sie endlich gänzlich daraus verschwinden und die Gabbroschiefer die Alleinberrschaft antreten. Abnahme der Feldspate, parallel struiertes, der fortschreitenden Verdichtung entgegengehendes Korn, vollkommene Schieferstruktur führen teils durch rasche, teils allmähliche Übergänge zu dem 3. Gabbroschiefer. Früher hat man diese ausgezeichnet geschieferten Gesteine ungeachtet ihres Gehaltes an basischem Plagioklas einfach zu den Hornblendeschiefern gestellt, wohin sie jedoch nicht gehören, seitdem man übereingekommen, lediglich aus Hornblende bestehende Schiefer so zu benennen. — Im frischen Zustande sind es lauch- srüne bis schwarzgrüne, dicekschieferige, nach obenhin dünnschieferige Gesteine, die zumeist schon makroskopisch ein Aggregat wirr gelagerter und dicht aneinander gescharter schlanker Hornblendesäulen erkennen lassen, worin der Plagioklas meist in tafelförmigen Kristallen eingestreut erscheint. Die Horn- blende ist schwarzgrün im auffallenden, grasgrün im durchfallenden Licht, sie läßt häufig die Umrisse von P(110) meist für sich allein und in Kombination mit o Po (010) erkennen ohne terminale Begrenzung, gewöhnlich sind die Kristalle daselbst stark ausge- fasert oder aufgeblättert und sehen dann oft wie zerbrochen aus; daneben zeigen sich auch etwas blätterige und kompakte Hornblendeaggregate, die alle kreuz und quer gelagert und mit- [47] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 99 | einander verfilzt erscheinen. An den säuligen und blätterigen Aggre- gaten ist randliche Aktinolithbildung sehr oft zu beobachten, insbesondere aber auf den Schieferungsflächen; an manchen Stufen ist diese Erscheinung allgemein und schreitet bis zur Asbest- bildung vorwärts. — Die Feldspate beherbergen nadelige und säulige Einschlüsse von Aktinolith oder sie sind zu Epidot um- gewandelt, wodurch da und dort epidotisierte, zeisiggrüne Gabbro- schiefer ausgebildet werden. — Die Textur ist vorherrschend fein- körnig mit ausgesprochener Neigung nach faseriger Ausbildungs- weise, indem sich die Hornblendeindividuen mehr oder weniger mit ihren Längsaxen parallel zur Schieferung richten. Im Dünnschliff zeigte der Gabbroschiefer am Pfarrerb (Zöptau) eine lagenweise Anordnung parallel zur Schieferung gestreckter und gedrückter, zum Teil auch zerquetschter Mineralfragmente, bestehend vorwiegend aus gemeiner Hornblende und etwas Plagioklas. — Die Hornblende bietet dieselben Aggre- gatformen wie oben beschrieben dar, jedoch. sind die Individuen flach ausgewalzt, die Säulen zerbrochen und die einzelnen Teile parallel zur Schieferung verschoben. Der Pleochroismus und die Absorption folgen dem Schema c blaugrün = bgrasgrün >a hellgelb; die Aus- löschungsschiefe c:c beträgt im Maximum 17°. Einschlüsse von Diopsidnurklein und spärlich. — Der Plagioklas ist teils in dünne Lagen ausgezogen, die Individuen zur Schieferung parallel gedrückt und zerborsten, teils gänzlich zertrümmert und die Körner auseinander- gezerrt. Derselbe gehört nach Maßgabe der an der Trace der Albit- zwillinge gemessenen Auslöschungsschiefe =29° zum Labradorit (Ab, An;,) und ist teils farblos, selten getrübt und läßt deutliche Zwillingslamellierung erkennen, zuweilen ist er jedoch mehr oder weniger stark verwittert und zu Muskovit umgewandelt. — Von Eisen- erzen sind vertreten: Titanhaltiger Magnetit, ferner Ilmenit, denen die Leukoxenkerne sowie die Limonithöfe selten fehlen, hierzu gesellt sich noch da und dort eine Schale von blutrotem Hämatit um das Ilmenitkorn. In Vertretung der Eisenerze erscheint bräunlich gelber Rutil, ferner akzessorisch Titanit in farblosen, stark licht- brechenden Kristalloiden, Apatit in Körnchen spärlich, Epidot gelb auf Spaltrissen der Hornblende. — Das Gestein macht auch im Schliff den Eindruck, daß dieser stark gestreckte und ausgewalzte Gabbroschiefer Umkristallisation des Ursprungsmaterials nur im unter- geordneten Maße erlitten hat, denn sowohl die größtenteils primäre Hornblende als auch der Plagioklas sind meist frisch erhalten, nicht umgewandelt. H. Graber!) hat den Gabbroschiefer von der Pyroxen- fundstätte am Pharrerb (Zöptau) bereits früher untersucht und fand im Dünnschliff große, von einer hellgrünen Hülle umgebene säulenförmige Durchschnitte und dazwischen eine ebenfalls aus kleinen Säulchen von Hornblende bestehende Zwischenmasse, da und dort tritt, Feldspat an deren Stelle. Die Auslöschungsschiefe auf © P (110) wurde mit 12°, der Axenwinkel an einem Durchschnitt senkrecht auf ') Tschermaks Min.-petr. Mitt. XIV. Bd., 1894. pag. 265—268. 13* 100 Franz Kretschmer. [48] die Symmetrieebene 2 V/=78° gemessen, bezogen auf den mittleren Brechungskoöffizienten ß = 1'635. Die grüne .Hülle ist deutlich pleochroitisch c blaugrün, b grasgrün, a farblos, demnach die Absorption c>b>a; es liegt also auch in diesem Falle gemeine Hornblende vor. Das Gesteinsgewebe ist mittel- bis feinkörnig, niemals schreitet die Verdichtung des Kornes soweit vor, daß man die dichtgedrängten Hornblendeindividuen nicht mehr makroskopisch zu unterscheiden vermag. Eine Probe des typischen Gabbroschiefers vom Pfarrerb (Zöptau) wurde an dem chemischen Laboratorium der Witkowitzer Steinkoblengruben der chemischen Analyse unterworfen und ergab folgende prozentische Zusammensetzung: IV. Prozent BRECHEN. Si N a a ARE IEanSpereBia Klone. „ai RETRO Ponenne un a Die. MOSE TAMNETERER CHEOIRORTRI ANREISE Pisemiagab U FRANTI. DR UN 2 Eisenoxydul RUTREN a EEE Manbanoxyaula 4.’ 10 zu WEMIE USE REDE Kalkerde SEE: TUN. HQMTIERLINEN, BO (> JERBD Mägnesia eh ana NRMRKEHTIRTIRMEE MER Kal und Natron BORBUMN Pa FRE AIRES Githrerlust (Wasser) MU 101 20V Phosphötsätfe 4, WR 2NO NIE) ER IS Zusammen . . . 10000 Aus diesem chemischen Bestande ist ersichtlich, daß unsere Gabbroschiefer, welche bisher immer als Hornblendeschiefer angesehen wurden, nicht die chemische Zusammensetzung dieser letzteren, viel- mehr diejenige feldspatiger basischer Amphibolite besitzen, so zum Beispiel der Amphibolit von Langenlois (Niederösterreich). Das Verhältnis &0,:R,0,:RO=2%2:1:1'1l im Dioritgneis ist bis zu der Proportion 8i0, :B,0,:RO=214:1:1'9 in unseren Gabbro- schiefern fortgeschritten, dagegen ist das Verhältnis ,0:RO=1:301. Die bedeutende Zunahme der Monoxyde auf Kosten der Sesquioxyde steht mit der Zunahme der Hornblenden in diesen Schiefern im Zusammenhange, gleichwie die Abnahme der Ton- erde auf der Abnahme der Feldspate beruht. Daß die Gabbroschiefer einer chemischen Metamorphose unterworfen worden wären, dagegen liegst in der Abnahme des Tonerdegehaltes ein Gegenbeweis, weil letztere als beständigste Basisehereine Anreicherung erwarten ließe, was ungeachtet der zunehmenden Basizität der Feldspate nicht der Fall ist. — Das Substrat dieser Schiefer finden wir unter den Tiefengesteinen nach Osanns Klassifikation im Typus Molkenhaus, welchem dieTypenformel 3.5 4 Ca fı7 entspricht und die gemäß unten folgender Tabelle (pag. 114) unserer Gesteins- [49] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 101 \) formel für den Zöptauer Gabbroschiefer Ss 5 Cs Sir sehr nahe steht. Die Osannschen Gesteinstypen Bayley Creek und Keewenaw, welche mit unserem Gabbro und Gabbroamphibolit so nahe übereinstimmen, sind teils Gabbrodiorite, teils normale Gabbros schlechtweg, während der mit unserem Gabbroschiefer nahe verwandte Typus Molkenhaus Olivingabbros umfaßt. Es sind dies durchweg basische Typen der Gabbrofamilie. — 4. Einschlußmassen und Übergangsglieder der &abbroschiefer, Hornblendite, Strahlstein, Klinochlorschiefer. So wie die Gabbroamphibolite entwickeln auch die gröber- körnigen Gabbroschiefer durch Zurücktreten des Plagioklases massige feldspatarme bis feldspatfreie Hornblendite, die in den Schiefern plumpe Linsen und kleine Stöcke etc. formen und sporadisch verbreitet sind. Ich halte dafür, daß diese gröberkörnigen wohlgeformten Gesteinspartien unter anderen Bedingungen entstanden sind als die feinkörnigen Amphibolitgesteine ihrer Umgebung; es sind dies wahrscheinlich frühere Ausscheidungen, beziehungsweise Fest- werdungen, die dann eine parzielle Wiederauflösung erfahren haben, wobei sie mit dem umschließenden Gestein innig verschweißt wurden und so die Kugeln, Blöcke und sonstige Leutikulärmassen von Horn- blendit zur Ausbildung kamen. | Die gewöhnlich großindividualisierte schwarzgrüne Horn- blende des Hornblendits zeigt lokal große Neigung, sich in hell- grünen, durchsichtigen Aktinolith umzuwandeln, seltener und weniger durchgreifend wird der letztere auf den Strukturflächen in grünlichen und weißen, perlmutterglänzenden, schuppigen Talk über- geführt; akzessorisch sind Rutil, Leukoxen, kleinste Almandine. Solche zur Hälfte aus Aktinolith bestehende Hornblendite kommen am Mattenberg bei Marschendorf u. a. a. O. vor. Am Mattenberg, Steinhübel, Butterhübel, nächst Marschendorf, am Hofberg bei Wermsdorf sowie auch am Storchberg nördlich Zöptau bilden in den dortigen Gabbroschiefern und Gabbroamphiboliten sroßindividualisierte ‚Strahlsteinschiefer linsenför- mige Einlagerungen. Übergänge von den letzteren zu den Hornblenditen und den vorhin angeführten Gesteinen und deren Relikte sind Beweise dafür, daß diese Strahlsteinschiefer durch Umkristallisierung aus den Hornblenditen hervorge- gangen sind. Am Mattenberge beobachtete ich außerdem einen direkten Zerfall der dortigen feinkörnigen und höchst festen massigen Hornblendite in feinblätterigen, milden und weichen Rlinochlor- schiefer. Infolge Umwandlung des Plagioklases und zum Teil auch der Hornblende in zeisiggrünen und pistaziengrünen Pistazit und Epidot wurden bei fortgesetzter Anreicherung epidotisierte Gabbroschiefer ausgebildet; dies ist. insbe- sondere in der Nähe gewisser Epidotklüfte der Fall, so zum Beispiel 102 Franz Kretschmer. [50] am Pfarrerb und Viehbich (Zöptau) u. a. a. O. Am Jackwirtsberge (Zöptau) hat man Gabbroschiefer beobachtet, worin fast aller Plagioklas (insbesondere der äuf Adern und Klüften) in zeisig- grünen Pistazit umgewandelt erschien, dagegen die Hornblende intakt blieb. Zum Unterschiede von dem säulenförmigen Epidot erscheint der derbe Pistazit parallel-, radial- oder verworrenstängelig, radial- und diskordantstrahlig, krumm- und ver- worrenfaserig als auch körnig, er kommt auf Klüften, Nestern und Adern der Gabbroschiefer und Amphibolite vor, in seinem Gefolge befindet sich der Epidot. 5. Prasinit!) (Grünschiefer 2). Durch fortschreitende Verdichtung des Kornes, insbesondere an den Rändern unseres Massivs, übergehen die Gabbroschiefer in feldspatige Prasinite (Grünschiefer), in denen die Gemengteile makroskopisch nieht mehr zu unterscheiden sind und mehr oder weniger dünnschieferig erscheinen. In diesen Prasiniten sind sowohl die Hornblendesäulen als auch die Plagioklaskörner ge- wöhnlich- zur Schieferungsebene parallel gequetscht und zeigen ausgezeichnete Parallelstruktur und Fältelung; die papierdünnen, lauchgrünen, hornblendereichen und weißen plagioklas- reichen Schieferlamellen wechseln in unendlicher Folge miteinander ab, die des Öfteren vielfach gekröseartige Windungen darbieten. — U. d. M. läßt ihre Hornblende prismatische Spaltbarkeit, öfters Absonderung nach der Basis, Axenfarben und Auslöschungsriehtung wie bei den Gabbroschiefern erkennen. sie ist an den Schieferungs- flächen in Aktinolith umgewandelt. — Der Feldspat besitzt feine Zwillingslamellierung, die auf sauren Charakter schließen läßt, er gehört nach der Auslöschung der Trace der Axenebene La zu den albitischen Zwillingslamellen = 80° in die Oligoklas-Andesin- reihe. Der Feldspat läßt jedoch häufig undulöse Auslöschung beobachten, weil stark gequetscht und verwittert; er ist oft zu Leisten von Epidot und in Muskovit umgewandelt. Die Menge desselben ist eroßen Schwankungen unterworfen; manche Varietäten sind arm daran und enthalten kaum 10%,, in anderen steigt sie bis etwa 50%. Akzessorisch ist Ilmenit in Körnern, Rutil in Blättchen und Nädelthen. 6. Untergeordnete Einschlußmassen und Mineralien des Gabbroschiefers. Bei fortgeschrittener Umwandlung und unter geeigneten Be- dingungen, erfolgt die Ersetzung des Plagioklases im Gabbroschiefer durch die Ausbildung zuckerkörniger bis dichter Aggregate von asch- grauem und weißem Zoisit. Derselbe ist radial- und büschelstengelig, !) Diese Benennung wird hier im Sinne Zamboninis angewendet, siehe dessen Abhandlung: Uber die metamorphosierten Gabbro der Rocca Bianca im Susatale. Neues Jahrb. f. M., G. u. P. 1906, 1I, pag. 115. 2) Siehe E. Weinschenk, Spezielle Gesteinskunde. II. Aufl. 1907, pag. 325. [51] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 103 auch gelblichgrün und schmutziggrün und hellrot, er kommt ferner als säulenförmige Kristalle erbsgelb und graulichweiß vor. Die rosenroten Varietäten davon wurden früher irrtümlich als Rhodonit beschrieben, bis F. Slavik den Nachweis erbrachte, daß es dichter Zoisit (Thulit) sei. (Marschendorf und Wermsdorf.) — Pyroxen derb, körnig, lauchgrün, als große Nester und Trümmer mit Drusen von Diopsid XX und Quarz XX sowie Aktinolith. (Oberhalb Pfarrerb-Zöptau im Hornblendegneis.) Massen von derbem körnigem PyroxeninNestern und Butzen, darin Diopsid in XX und derb; Malakolith derb, stengelig, oft in Talk übergehend, Apatit den Malakolith durchtrümmernd, hier auch dichter und blätteriger Spargelstein (Marschendorf). — Prehnit in XX, erbsgelb, in kamm- und linsenförmigen sowie knolligen und körnigen Aggregaten, als Leisten, Streifen und Schnüre ; solche sind häufig im Gabbroschiefer zu finden, so zum Beispiel Pfarrerb, Storchberg (Zöptau). Überhaupt ist Prehnitisierung und Zoi- sitisierung der Feldspate in den Schiefern eine häufig wiederkehrende Erscheinung. — Quarz derb und weiß, pyramidal-prismatisch, aber auch farb- los als Bergkristall zum Teil in gestörter Entwicklung mit oberen und unteren Trapezoidern. — Feldspate, und zwar Orthoklas gelblichweiß und fleischrot; Adular farblos, rosenrot, Albit und Periklin, farblos, bläulich- weiß, schneeweiß, letzterer porzellanähnlich, sind häufige akzessorische Einschlüsse oder sie sind in größeren Bestandmassen selbständig aus- geschieden. Nach Kolenati fieischroter Ortboklas in Drusen auf Akti- nolith (?) zu Marschendorf, die Kristalle 8 X 5 mm groß der Komb.- Form © £.Po. Weitere akzessorische Gemengteile der Gabbroschiefer sind: Apatit als farblose Körner, Rutil selten, insbesondere auf den Strukturflächen verteilte kleine, nadeiförmige, diamantglänzende, co- chenillrote XX; Kalzit derb und in XX; Pyrit in Hexaödern sowie Pseudomorphosen von Göthit nach letzteren, zum Teil noch mit erhaltenem speisgelbem Kern. Es sind bekannte Tatsachen, daß Pistazit, Pyroxen, Aktinolith und Chlorit größtenteils auf Kosten der Hornblende des Gabbhro- schiefers gebildet wurden, wobei überdies Kalzit und Quarz aus- geschieden sind; dagegen die basischen Plagioklase rück- sichtlich ihres Gehaltes an Na A! Si, O, zu Albit und Periklin um- kristallisierten, wobei auch etwas Adular und Orthoklas gebildet wurde,während ihr Anorthitgehalt = Ca Al, Si, O, sich in Zoisit, Epidot und Prehbnit umwandelte, wobei ebenfalls Quarz und Kalzit zur Ab- scheidung kamen. — | 7. Sekundäre Kluftausfüllungen des Gabbroschiefers. Auf diesen epigenetischen, gang- und nestförmigen Hohlraum- ausfüllangen kommen jene altbekannten herrlichen Mineralien von Zöptau und Umgebung vor, deren edle Steinpracht in vielen öffentlichen und pri- vaten Mineraliensammlungen Österreichs und Deutschlands unser Auge 104 Franz Kretschmer. [52] entzückt, demzufolge wiederholt der Gegenstand eingehender Unter- suchung und Beschreibung waren). Dieselben kommen in folgenden Assoziationen auf mannigfaltigen Längs-, Quer- und Diagonal- klüften und anderen unregelmäßig gestalteten Hohlräumen vor, und zwar am „Pfarrerb“ und „Viehbich“ sowie am „Richter- erb“ zu Zöptau: 1. Ausfüllung mit vorherrschenden Epidot-, Aibit- und Adu- larkristallen zu prächtigen Drusen und Gruppen verbunden, während rostbrauner Ton die restlichen Zwischenräume ausfüllt; akzessorisch sind : Titanit XX, Ilmenit, Bergkristall, Aktinolith, Tremolit und Asbest. 2. Klüfte, worin derber Prehnit eine Matrix bildet, in welcher jene prachtvollen Drusen und Gruppen bis 14 cm langer und 41/, cm dicker Epidotkristalle eingewachsen sind, dazwischen rostbrauner plastischer Ton aile Kristalle überdeckt; akzessorisch sind hier präch- tiger Apatit XX, Titanit XX und Asbest. (Pfarrerb.) 3. Jene Klüfte, an deren Wänden die Assoziation von vorwal- tendem Epidot nebst Adular aufgewachsen ist; daneben erscheinen akzessorisch kleine Albite und Perikline sowie Nester von Asbest und von durch Pistazit grüngefärbtem Quarz, während rostbrauner Ton und graublauer Sand den übrigen Kluftraum ausfüllt. Dieser Sand ist durch die darin zahlreich eingestreuten kleinen und großen losen Titanitkristalle ausgezeichnet. (Viehbich.) Der Gabbroschiefer, welcher unmittelbar die Klüfte begrenzt, ist teils in mehr oder weniger hohem Grade epidotisiert, teils 1) Wichtigere Literatur über die Mineralien von Zöptau und Umgebung: F. Kolenati: Mineralien Mährens und Osterr.-Schlesiens. Brünn 1854. J. Melion: Über die Mineralien Mährens und Österr.-Schlesiens. Mitt. d. k. k. Akad. Gesell. Brünn 1855. V.v. Zepharovich: Mineral. Lexikon (I. Bd. 1859, II. Bd. 1873, III. Bd. 1892). — Epidot von Zöptau (Sitzb. d. böhm. Gesellschaft der Wiss. in Prag 1865, 2, 5.) Oborny: Verh. d. naturforsch. Vereins. Brünn. II. u. III. Bd. 1864 u. 1865. H. Daubrawa: Zeitschr. f. d. gesamten Naturwiss. 1874, 9, 37. R. Freyn: Verh. d. naturf. Vereins. Brünn 1877, 252. G.v. Rath: Mineralien von Zöptau. Sitzb. d. niederrh. Gesell. in Bonn 1880, 37. Bd. 55 und Groths Zeitschrift f. Krist. u. Min. V. Bd. 18°0. F. Kretschmer: Die Mineralfundstätten von Zöptau. Tschermaks Min.-petr. Mitt. XIV. Bd. 1895. — Die Zeolithe am Fellberg nächst Zöptau. Zentralbl. f. Min., G. u. P. 1905, 609. F. Slavik: Über die roten Zoisite aus Mähren. Zentralbl. f. Min. Geo]. u. Paläon. 1901, pag. 689. — Chrysoberyll von Marschendorf. Zeitschr. f. Kristall. u. Min. 39. Bd. 1904, pag. 303. V. Neuwirth: Magnetit in Granit von Wiesenberge. Tschermaks Min.-petr. ‚Mitt. XX. Bd. 1901. — Über einige interessante Epidote von Zöptau. Ebendaselbst 22. Bd. 1903. -— Der Epidot von Zöptau. Zeitschr. d. mähr. Landesmuseums. III. Bd. 1903. — Der Albit von Zöptau. Ebendaselbst IV. Bd. 1904. — Die Zeolithe a. d. Amphibolitgebiet von Zöptau. Ebendaselbst V. Bd. 1905. — Die paragenetisch. Verhältn. d. Mineral. im Amphibolitgebiet von Zöptau. Eben- daselbst VI. Bd. 1906. — Beiträge zur Mineralogie Mährens. Evendaselbst VIII. Bd. 1908. F.Becke: Titanite vonZöptau. TschermaksMin.-petr. Mitt. XII. Bd. 1893, pag. 169. H. Graber: Der Diopsid und Apatit von Zöptau. Ebendaselbst XIV. Bd. 1895, pag. 265—269. [53] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 105 | in eine filzige Asbestmasse umgewandelt, worin noch viele Hornblendenadeln erhalten blieben, bei weiterschreitender Umwandlung zerfällt der Schiefer in einen graublauen Sand oder es entsteht ein rostbrauner Ton daraus, welche die leergebliebenen Klufträume vollends ausfüllen. Diese Zersetzung des Gabbroschiefers ist mit der Bildung der obigen Mineralien zweifellos ursächlich ver- knüpft. — 4. Am häufigsten sind jedoch jene Klüfte, an deren Wänden derber Pistazit und säuliger Epidot oder Prehnit in xx, Knollen und Linsen sowie Albit und Periklin für sich allein oder zusammen auf- und eingewachsen sind; zuweilen finden sich jedoch darinscharfe, vollständig beiderseits aus- sebildete Epidotkristalle in Nestern lose inne- liegend, was auf eine freischwebende Bildung in den Klufträumen hinweist (Pfarrerb, Zöptau, Marschendorf etc.). — Am Richtererb sind ungewöhnliche, tafelförmige Epidote zu fächerförmigen Aggregaten gruppiert. — In den Klüften der Gabbroschiefer am Ostabhang des Mattenberges bei Marschendorf wurden folgende sekundär ge- bildete Mineralassoziationen beobachtet: Außer flächenreichen säu- lenförmigen Epidot, welchen Neuwirth beschrieb, auch noch tafelförmigen bis blätterigen Epidot, ferner di- vergentstrahligen Pistazit, Klinazoisit derb und kri- stallisiert, Albit- und Periklindrusen, fleischroter Adular, Zoisit, Prehnit, Bergkristall, Ilmenit. — Häufig sind sesinterte und kavernöse Massen bestehend aus kristallinen Aggregaten von vorherrschendem weißgelbem Klinozoisit, gelblich- weißem faserigem Diopsid, Bergkristall, reichlich II- menit nebst Magnetit gefunden worden. — Von demselben Fund- ort ist noch bemerkenswert eine Assoziation strahligen Aktino- liths mit feinfaserigem Diopsid, an deren Strukturflächen langsäuliger Epidot auskristallisiert erschien. — Von besonderem Interesse sind die sekundären Neubildungen in den Klüften des Gabbroschiefers am Steinhübel nördlich Marschen- dorf, bemerkenswert durch das reichliche Vorkommen von Pyroxen, und zwar Diopsid derb und in Kristallen sowie stengeligen, faserigen, asbestähnlichen Aggregaten ; damit. assoziiert ist großsäuliger bis fein- strahliger Aktinolith, zeisiggelber Pistazit, derb und in Kristallen sowie in strahligen und büscheligen Partien, Epidot durchsichtig, in pistaziengrünen, langsäuligen Kristallen zu Drusen und Gruppen ver- bunden ; akzessorisch kommen hinzu Periklin weiß, porzellanähnlich in XX und derb, Adular in XX und derb, Bergkristall, Titanit in lanzettförmigen und briefkuvertähnlichen Kristallen, Rutil, Ilmenit. Eine ähnliche, wenn auch nicht so reichhaltige Assoziation sekundär gebildeter Mineralien der Gabbroschiefer ist schon seit langer Zeit auch von dem benachbarten Butterhübel bekannt. Die schönen Epidote dieses Fundortes, welche eine Länge bis 55 mm erreichen, hat schon früher Kolenati, später Neuwirth aus- führlich beschrieben. Jahrbuch d. K. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Band, 1. Heft. (Fr. Kretschmer.) 14 106 Franz Kretschmer. [54] Von diesen Marschendorfer Fundpunkten stammt wohl auch der von G. Tschermak!) abgebildete Periklin mit Adularansätzen, während Verf. von hier und Zöptau Adular mit Albitansätzen als auch Albit mit Adularansätzen sowie auch perthitische Verwachsungen beobachtet hat. Auf den zahlreichen untergeordneten Strukturflächen des Gabbro- schiefers wurden außerdem bisher folgende sekundäre Mineralien ge- funden: VonZeolithen:nach Kolenati, Desmin und Stilbit auf Aktinolithschiefer zu Marschendorf ohne nähere Fundortangabe. Verf. fand schneeweißen, garbenförmigen Desmin in Gruppen auf Horn- blendit des Steinhübels zu Marschendorf. Apophyllit und Heulandit konstatierte Neuwirth auf der Sylivanzeche zu Wermsdorf. Nach dem bisher nicht veröffentkchten Manuskript des Herrn Hans Wilschowitz (Wien) kommt Chabasit und Natrolith im Pfarrgraben bei Zöptau vor. 8. Die Erzmassen des Gabbroschiefers. a) Das Magnetitvorkommen auf der Sylvanzeche bei Sieben- hofen nächst Wermsdorf. Es sind das Eisenerzmassen, die als Glieder der Gabbroreihe aufzufassen sind und einen extremen Fall magmatischer Differentiation darstellen, der zur Bildung dieser kristallinen Konzentrationsprodukte führte, so daß die Eisenerzlager durch Übergänge mit dem umschließenden Nebengestein eruptiver Entstehung innig verbunden sind und dem- zufolge nur als Fazies derselben erscheinen. Die Erzmassen bilden linsenförmige Einlagerungen inmitten des Gabbroschiefers, sie sind im Zentrum massig und grobkörnig, nach der Peripherie schiefrig, feinkörnig und amphibolitisiert. Diese magnetitreiche Fazies des Hornblendegabbro, beziehungs- weise seines Gabbroschiefers ist in der Art ausgebildet, daß die Erzmasse gegen. die Schiefer hin sich stetiezu Amphibol und auch Plagioklas anreichert, dagegen die Gabbroschiefer nach den Erzmassen immer mehr Magnetit aufnehmen und schließlich als jene dunkle Erzmasse erscheinen, in deren zentralem Teile der Plagioklas fast gänzlich fehlt, dagegen in dem peripherischen allmählich reichlicher wird. Merkwürdig ist, daß an dem Wermsdorfer Magnetit die sonst so häufigen Kristalle fehlen, es sind nur unregelmäßige Körner, auch blätterige und dichte Aggregate sichtbar; der Bruch ist kleinmuschelig, auf den Bruchflächen starker Metallglanz, sonst nur von schwachem oder mattem Glanze; häufig bunt angelaufen, mehr oder weniger stark magnetisch. Der Magnetit übergeht da und dort in mattbraunen Titanomagnetit; derselbe ist fast niemals rein, sondern zumeist mit den Übergemengteilen: Schwarzer Horn- blende, graugrünem Aktinolith, schwarzgrünem, großschuppigem Kliaochlor, etwas wachsgelbem Talk sowie spärlichem Plagio- klas innig verwachsen; akzessorisch ist Pyrit zum Teil limonitisiert, !) Lehrb. d. Min. 1905, pag. 538. [55] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 107 Ilmenit und Rutil. Es erscheint also das eisenschwarze Erz größten- teils als ein ungleichmäßiges Gemenge angeführter Komponenten. In den äußeren Teilen der Erzlagerstätten reichert sich zwillingsstreifiger Plagioklas an, es kommt femer Quarz dazu; gleichwie die Hornblende sukzessive an Menge zunimmt, erscheint auch der Aktinolith und Klinochlor reichlicher vertreten; zuweilen ist auch der Pyrit stärker eingestreut. Die schwarze Hornblende ist eisenreich und wird daher leicht zu Eisenamphibol und Eisen- chlorit gespalten. Die Erze übergehen zum Teil in grobkörnige Horn- blendite, die sich als ein inniges verworrenes Gemenge schwarzer prismatischer Hornblende und graugrüner faseriger Aktinolith- aggregate darstellen, Bezüglich der Nebengesteine ist hervorzuheben, daß der die Erzmassen umschließende Gabbroschiefer als Ubergemengteile Aktinolith, Klinochlor, etwas Talk, wenig Quarz, akzessorisch Pyrit führt, da und dort erscheint spärlich Biotit mit Hornblende ver- wachsen. Sekundär auf Klüften findet sichQuarz, Kalzit. DieGabbroschiefer stehen mit grobkörnigenGabbroamphiboliten inschlieren- förmiger Wechsellagerung; sie sind ferner in Verbindung mit einem sehr feinkörnigen Hornblendegabbro, bestehend aus vor- waltender, wirr gelagerter Hornblende nebstAktinolith, mit etwas Augit und reichlichem Plagioklas innig gemengt, als Hauptgemeng- teile anderseits sind Zusammenhänge mit großindividuali- siertem Hornblendit zu konstatieren, worin die anden Polen aktinolithisierten Hornblendeprismen bis Daumengröße erreichen und ein Teil der Hornblende bereits gänzlich in Aktinolith um- sewandelt ist, dagegen der Plagioklas fast ganz fehlt. Nach Kolenati kommen im „Sylvanschacht“ bei Wermsdorf 3, Linien große Würfel von Pyrit mit Magnetit und Hornblende vor, derselbe ist auch derb vertreten. Die alten Bergleute berichteten jedoch über wallnußgroße Pyritkristalle daselbst. Tatsächlich sind nicht bloß die Erze, sondern auch die umschließenden Gabbroschiefer der Sylvanzeche mehr oder weniger mit goldgelbem Pyrit imprägniert, derb, blätterig, zumeist aber in Kristallen, und zwar als © Oo (100) vorwaltend, os ao Kal, See (210); Riefung parallel den abwechselnden Kanten © O » (100); Kristallskelette mit vertieften Flächen, aber auch das Gegenteil mit Voraneilen in der Mitte, also lamellierte, treppenförmig überhöhte Flächen. Die Kristalle sind 1 bis 5 mm groß, im Magnetit und Quarz eingewachsen, ferner als Umhüllungs-Pseudomorphosen des letzteren, da und dort in Göthit umgewandelt. Auf der Halde des „neuen“ Annastollens wurden an den mit Pyrit imprägnierten Erzstufen als Zersetzungsprodukte derselben gefunden: Gips in zahlreichen aufgewachsenen Kristallen, Beschläge von Eisenvitriol und Limonit. — Besonders zu bemerken sind die im Gabbroschiefer der Sylvanzeche vorkommenden schönen Zeolithe, und zwar rosenroter Apophyllit, kristallisiert, mit grünlichweißen 14* 108 Franz Kretschmer. [56] Heulanditkristallen assoziiert, welche Neuwirth!) entdeckt und wiederholt beschrieben hat. Hinsichtlich ihrer Abbauwürdigkeit ist zu bemerken, daß die Sylvanzecher Erzmassen vielfachen Störungen unterworfen sind, ihre Mächtigkeit schwankt von 0'3 bis 2:3 m, doch kommen auch anhaltende Mächtigkeiten von 19 bis 38 m vor; das Streichen der Erze ist nicht konform dem allgemeinen Gebirgsstreichen, sondern davon abweichend WSW—ONO; das Verflächen erfolgt unter X 471159, ist aber entgegen dem herrschenden nordwestlichen Einfallen gegen SSO, demzufolge hier eine Spezialantiklinale der Gabbroschiefer vor- liegt, was auch durch die Beobachtungen an den obertägigen Fels- anständen im Bergbauterrain bestätigt wird. Das auf der Sylvanzeche einbrechende stufige Magneteisenerz enthält nach der diesfälligen Analyse des Chemikers Preisenhammer am Hochofenwerk zu Zöptau 58°/, metallisches Eisen. Auf das gedachte Erzvorkommen haben die Zöptauer Eisen- werke der Herren Gebrüder Klein (Wien) in den Jahren 1842 bis 1862 einen lebhaften und ergiebigen Bergbau betrieben. Zum Aufschlusse diente anfänglich der hoch am Gehänge des sogenannten Zechenberges angeschlagene Paulistollen, dem später der „alte“ Anna- stollen nachgefolgt war, worauf zuletzt der tiefere „neue* Anna- stollen auf die Länge von 444 m herangetrieben wurde; dieser hatte auf dem alten Annaschacht 31 m, am Wetterschacht 361 m an senkrechter Tiefe eingebracht. Von der obigen Stollenlänge ent- fallen auf abbauwürdige Erzmassen ungefähr 209 m, der Rest auf ver- drückte und schwache Lagerpartien. Die Erze hat man im Zöptauer Hochofen verschmolzen. Nachdem die Erzmassen unter die Annastollen- sohle hinabsetzen, bestand die Absicht, diese mit einem tieferen Bauhorizont zu fassen und zu diesem Zwecke einen Tiefstollen aus dem Brillgraben heranzutreiben. Die schwere Gewinnbarkeit sowie die sinkende Ergiebigkeit dieser Erzmassen brachten es mit sich, daß dieser Bergbaubetrieb seinerzeit zur Einstellung kam. db) An dem nördlichen Gehänge des gewaltigen Erzberges, dort, wo derselbe gegen Siebenhöfen abfällt, vom letzteren Orte 0:5 km entfernt, wurde im sogenannten Salzgraben eine ähnliche, aus Magnetit und eisenreicher Hornblende bestehende mag- matische Erzausscheidung des Gabbroschiefers erschürft, jedoch nicht weiter untersucht und abgebaut. — c) G. Trautenberger?) berichtet über ein Vorkommen von Kupferkies, Malachit und Stilpnosiderit „in einem quarz- ähnlichen (?) Gestein“ am Storchberg bei Zöptau. Es ist nicht ausgeschlossen, daß diese Erze einem Quarzgang jenes Gabbro- schiefers angehören, der den Scheitel des Storchberges zusammensetzt. !) Tschermaks Min.-petr. Mitt, Bd. XIX, pag. 336—338, hier heißt es, daß die Zeolithe auf „Hornblendeschiefer“ vorkommen. Zeitschr. d. mähr. Landes- museums V, 2. Heft 1905, pag. 8, wären sie auf „Aktinolithschiefer“ aufgewachsen ? Ebendaselbst VI, 1906, pag. 132 kämen dieselben auf „Hornblendeschiefer“, pag. 151 aber auf „Amphibolit“ vor? ?) Das Teßtal in Mähren. Mährisch-Schönberg 1893, pag. 10. [157] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 109 Am östlichen Scheitelgehänge des dem Storchberg benachbarten, in das Mertatal vorgeschobenen Hofsteins fand Verf. prächtigen, strahligen bis faserigen, blutroten Hämatit in Trümmern umher- liegend, der wahrscheinlich in dem dortigen Amphibolit anstehen dürfte, die Fundstelle konnte jedoch ohne einen Schurfversuch nicht fest- gestellt werden. Die Annahme, daß der Hämatit durch Zufall dahin geraten wäre, ist wohl sehr unwahrscheinlich. Auch G. Trauten- berger!) beschreibt „Roteisensteine bei Zöptau und Wermsdorf“. — 9. Kontaktmetamorphose im Gabbro. Endomorphe Kontaktgebilde. In der peripherischen Gabbrozone des Zöptauer Diorit-Gabbro- massivs ist zu beobachten, daß an deren Außenrand im Kontakt mit der Schieferhülle die Gabbrogesteine ringsum fast überall ganz allmählich in feinkristallige Gabbroschiefer, zum Teil auch in dichte Prasinite übergehen. Dieselbe Erscheinung kann man auch an den in das Gabbromassiv versenkten sedimentären Schieferschollen zum Teil an den basischen Ganggesteinen verfolgen; auch hier werden die Gabbroschiefer gegen ihre Nebengesteinschale stetig fein- körniger und dichter. Es sind die an der Berührungsfläche schneller abgekühlten, deshalb dichten und feinkörnigen äußeren Teile unseres Diorit-Gabbromassivs und müssen wir in dieser an dessen Außenrand selten fehlenden Strukturänderung das wichtigste Kortaktphänomen erblicken. Das allmählich abkühlende Magma folgte damit den einfachsten Erstarrungsgesetzen, was am Umfange zu dichten und feinkörnigen, gegen das Zentrum sukzessive grobkörnigen Strukturen notwendigerweise führen mußte. In dieser peripher fortschreitenden Verdichtung des erstarrenden Magmas liegt das sicherste Kriterium für die hier vertretene Anschauung von den stratigraphischen Ver- hältnissen, deren geologischem Bau und der eruptiven Entstehungsart des metamorphen Diorit-Gabbrogewölbes. EndogeneKontaktgebilde des Gabbro wurden insbesondere an der Südwestflanke des Massiv, und zwar am Rechtsgehänge des Krebsgrundes im Petersdorfer Traußnitz, festgestellt. Speziell in den Hammerbüscheln und nächst der Margaretenquelle sind — wie bereits oben auseinandergesetzt — Apophysen des Gabbro in der Richtung SSW in die kontaktmetamorphischen Glimmerschiefer hineingepreßt worden. Hierbei haben die peripherischen Gabbroamphibolite auffällige mineralische und strukturelle Ver- änderungen erlitten, und zwar sind im letzteren Gestein selbst folgende Kontaktbildungen entstanden: Gemenge von vorwaltendem Klinozoisit mit Diopsid und dessen Asbest, Granat (Hes- sonit), Quarz (Bergkristall) und reichlich schwarzockriger Ilmenit mit Leukoxen, akzessorisch ist trübweißer Periklin. Der farblose Klin o- zoisit ist häufig zu Drusen flächenreicher Kristalle verbunden, von teils säulenförmigem, teils tafelförmigem Habitus, herrschend scheint die !) Ebendaselbst pag. 9. 110 Franz Kretschmer. [58] Komb.-Form mit & P& (100).oP (001). P» (101). 1, P& (102) in der orthodiagonalen Zone und mit P (111). P«& (011) in der Klino- diagonalen Zone, häufig Zwillinge nach oPw.(100). Der Diopsid zeigt starken Perlmutterglanz und wird feinfaserig, asbestähnlich. Der Granat ist ein Kalktongranat, und zwar Hessonit orangegelb durch- sichtig, zumeist nur Körner, zuweilen jedoch auch © O0 (110) aus- bildend. — Außerdem hat man hier konstatiert innige Gemenge von körnigem und kristallisierttem Pistazit, breit stengeligem und faserigemDiopsid und wasserhellem Quarz und Ilmenit, akzessorisch sind Überreste von Kalknatronfeldspat; hier und dort kommt es zur Ausbildung pistaziengrüner Epidotsäulen, die mitunter flächenreich, entweder einzeln aufgewachsen oder in Drusen beisammen sitzen. — Ein anderes typisches Kontaktgestein besteht aus einem Gemenge von vorwaltendem Granat (Hessonit) und Quarz, Pistazit und Klinozoisit nebst reichlichem Ilmenit mit seinem Umwandlungsprodukt, dem Leukoxen; der letztere bildet gelblichweiße, feinfaserige Umrandungen; lokal ist der Ilmenit derart gehäuft, daß das Gestein damit völlig gespickt erscheint. —- In anderen Handstücken derselben Kontaktzone in den Hammer- büscheln und am Laßhübel konnte im Gabbrogestein karmoisinroter Kalkeisengranat (Almandin) und gemeiner Granat, ferner in den Plagioklasen Neubildung von Augit und Muskovit festgestellt werden; ferner hat man daselbst im Kontakt mit dem Quarzit eine lokale An- reicherung der Gabbrogesteine mit glasigem Quarz als auch mit den Erzen Magnetit und Ilmenit und den Umwandlungsprodukten Leukoxen und Limonit beobachtet. Da und dort wurde der früher anwesende Pyrit mit Rücklassung hexaödrischer Zellen zu Limonit- ocker verwittert. — In den vorstehenden Kontaktbildungen ist zu erkennen die allge- meine Epidotisierung und Zoisitisierung der basischen Plagioklase in den Gabbrogesteinen, ferner die Umwandlung der- selben zu körnigem Kalktongranat (Hessonit), welche Gesteine zu den Kalksilikatfelsen zu rechnen sind; ferner die reichliche Diopsidbildung und die an den Kontakt gebundene Anreicherung von Maenetit, Ilmenit und Quarz. Von besonderem Interesse sind die Kontaktgebilde im Gabbro- schiefer am Quarzit und Glimmerschiefer des Kupferberges dicht westlich der Wermsdorfer Mühle. Der Gabbroschiefer zeigt mancherlei Neubildungen, und zwar: Ein auffällig großer Teil der Horn- blende ist in Aktinolith umgewandelt; in den Plagioklasen öffnen sieh miarolithische Räume, an deren Wänden sich zahlreiche leistenförmige Plagioklaskristalle angesiedelt haben. In den Asgregaten der letzteren sitzen zahlreiche farblose oder rosenrot angehauchte Granate, zumeist der Form » OÖ (110); auch findet sich Quarz und reichlich Magnetit-Oktaöder; Rutil in zahlreichen fuchs- und rubinroten, wirrgelagerten Nadeln und auch Körnern, Ilmenit in Körnern und Überrindungen, die zum Teil limonitisiert, Titanitkörner gebildet unter wechselseitiger Einwirkung von Ilmenit und Plagioklas. Durch Aufnahme von Eisenoxyd aus dem [59] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. {11 L) Ilmenit färbt sich die sonst schwarzgrüne Hornblende sowie auch die farblosen und trübweißen Plagioklase braun und rot. Überdies ist dieses rotbraune Kontaktgestein durch starken Fettglanz auffällig. — In den grobkörnigenAmphiboliten macht sich die endogene Kontakt- metamorphose unmittelbar an der Berührungsstelle mit dem Quarzit des Kupferberges in einer Umkristallisierung der kalk- und eisen- reichen Hornblende zu körnigem, blätterigem und säulenförmigem, pistaziengrünem Epidot und gleichzeitiger, reichlicher Abscheidung von Bergkristall geltend. Unter diesen Verhältnissen erscheinen beide Mineralien als Kontaktprodukte. Solche Epidotisierung der Horn- blende ist auch weiterhin vom Kontakt wahrzunehmen, gleichzeitig nimmt darin die Azidität der Feldspate zu, die Plagioklase kristallisieren zu Periklin und Albit um, es kommt Orthoklas dazu, und zwar häufig als rosenroter Adular in scharfen Kristallen der Form © P. Po; außerdem ist da und dort neugebildeter Augit zu unterscheiden. — Die schönen exomorphen Kontaktgebilde des Gabbro am Glimmer- schiefer und Quarzit sollen in dem weiter unten folgenden Abschnitt „Schieferhülle“ im Zusammenhange mit den Gesteinen derselben aus- führlich besprochen werden. — Rückblick auf die periphere Gabbrozone. Wenn man rückblickend nochmals die Reihe der Gabbrogesteine auf unserem Dioritkern betrachtet, so liegt hier der alte geologische Erfahrungssatz neuerlich bestätigt vor, daß ein zentraler Dioritgneis- kern von einem Mantel grobkörniger, massiger Hornblendegabbros, mannigfaltiger körniger und plattiger Gabbroamphibolite, feinkörniger und schieferiger Gabbroschiefer und endlich dichter und feinschieferiger Prasinite eingehüllt wird. Diese Gesteine sind in der Regel durch teils rasche, aber auch allmähliche Übergänge auf kürzere, beziehungs- weise weitere Entfernung miteinander eng verknüpft. Hornblende- sabbro sowohl wie die Gabbroamphibolite und Gabbroschiefer bilden ein in geologischer Beziehung zusammengehöriges Ganzes, sowohl nach ihrem mineralischen und strukturellen Bestande sowie den Lagerungsverhältnissen. Die richtungslos grobkörnige, gabbroide, in den zentralen Teilen porphyrähnliche Struktur, die noch in den massigen Abänderungen erhalten ist, erscheint in den plattigen und grobschieferigen bereits verwischt und macht der granoblastischen Platz, mit Neigung zur Entwicklung porphyroblastischer Struktur. Flaserige Strukturen sind in unseren Gabbrogesteinen nur selten zu beobachten, dagegen wird dieselbe zur allgemeinen Erscheinung in den mit ihnen verbundenen Diorit-, beziehungsweise Gabbrogneisen. Je weniger Schieferung und Bänderung ausgeprägt ist, desto besser ist die alte Gabbrostruktur noch erhalten. Die Gabbrogesteine sind durchweg durch ihren stark melano- kraten Charakter sowie durch ihren basischeren Feldspat vom Diorit unterschieden ; ein weiterer Unterschied macht sich in der Bänderung der Gabbroamphibolite geltend, die auf eine primäre Fluidalerscheinung 112 Franz Kretschmer. [60] hinweist. U. d. M. offenbart sich die Verwandtschaft aller obiger Gabbrovarietäten von den massigen Hornblendegabbros, den plattigen Gabbroamphiboliten bis zu den Gabbroschiefern und Prasiniten. Unter- schiede machen sich besonders in der Weise geltend, daß die Menge der Plagioklase von den grobkörnigen zu den dichten Typen in stetiger Abnahme begriffen ist. Die dichten Prasinite und feinkör- nigen Gabbroschiefer repräsentieren lediglich die an der Peripherie des Lakkolithes rascher abgekühlten und durch mechanische Druckkräfte stärker beein- flußten Gesteinsmassen, die einem durch die ganze große Masse gleichmäßig zusammengesetzten Magma ihre Entstehung ver- danken. Die schwarzgrüne und blaugrüne Hornblende ist in den Zöp- tauer Gabbrogesteinen weitaus vorherrschend, braune Hornblende ist lediglich auf gewisse Kontaktzonen beschränkt. Die Intensität des Pleochroismus sowie die Stärke der Doppelbrechung weisen auf iso- morphe Mischungen von Hornblende mit Aktinolith hin sowie die blaugrünen Varietäten auf die Anwesenheit von Glaukophan- molekülen schließen lassen. — Unsere Hornblende ist wohl zum größten Teil eine magmatische, jedoch deuten die Einschlüsse von Diopsid innerhalb der Hornblende zum Teil auf ein zuerst ausgeschiedenes Glied der Pyroxenreihe. Dagegen sind Umbildungen des Hornblendit zu Uralit, Aktinolith und Smaragdit erst nach der Erstarrung des Gesteins, also sekundär, erfolgt und kann man solche meta- morphe Hornblende deutlich unterscheiden von der während der Erstarrung gebildeten. — Uralitische Hornblende ist übrigens in unseren Gabbrogesteinen selten vertreten, Verf. fand solche in den Gabbroschiefern und Hornblenditen der Sylvanzeche bei Wermsdorf, dagegen sind aktinolithische, tremolitische und smaragditähnliche Ab- änderungen allverbreitet. Wie wir oben gesehen haben, kommt die herrschende schwarzgrüne Hornblende in den drei Aggregationsformen als kompakte, blätterige und sogenannte schilfige Hornblende vor. Diese Aggregate zeigen überall an den Rändern strahlen- förmige Fortwachsungen von stengeligem, nadeligem bis faserigem Aktinolith, Smaragditund Tremolit gegen die basischen Feldspate hin. Die größeren, säulenförmigen Hornblende- individuen sind gewöhnlich an den Enden der Vertikalaxe zackig und und faserig und dann wie gebrochen aussehend. Es ist kein plausibler Grund zu der Annahme vorhanden, daß die schilfige (richtiger säulige) Hornblende keine primäre wäre, vielmehr von Augiten abstammen würde. — Die Plagioklase sind fast ausschließlich von basischem Charakter und gehören zur Labradorit- und Bytownitreihe, sie sind gewöhnlich frisch erhalten und als sehr ungleichgroße Körner, zu- weilen in tafeligen Individuen ausgebildet, an denen breite Zwillings- lamellierung sichtbar ist. — Die Reihenfolge der obigen Mineralausscheidungen hat sich so gestaltet, daß vielfach Phasenüberdeckung stattgefunden hat, wofür die Plagioklaseinschlüsse in den Hornblenden Zeugnis ablegen, die sich bis zur Ausbildung von Siebstruktur anhäufen, was jedoch die idiomorphe Gestaltung der Hornblende gegenüber dem Plagioklas [61] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 113 nicht aufhebt, welch letzterer, zu Aggregaten vereinigt, die Zwischen- räume der Hornblendeaggresate ausfüllt.. Anderseits bemerkt man häufig kleinste Hornblendeindividuen in den ‚Plagioklasaggregaten porphyroblastisch ausgeschieden. — N Aus der umstehenden Tabelle ist zu entnehmen die Übersicht der chemischen Verhältnisse der obigen Diorit- und Gabbrogesteine, hieran schließen sich die berechneten Molekularprozente und die Gruppenwerte nach Osann, worauf die Diskussion der Analysenresultate folgt. Der Dioritgneis enthält somit einen Durchschnitts-Plagioklas von der Zusammensetzung Ab, An;, ist also einsaurer Labradorit, zu dessen Bildung 38:90 SiO, nötig sind, es verbleibt dann noch ein Kieselsäurerest von 13'870/,, dagegen ist #= 2369; jener würde daher nur unter der Annahme, daß ein namhafter Teil von FeO und MnO als Erz vorhanden ist, zur Bildung von Metasilikaten der Amphibol-, resp. ‚Pyroxengruppe hinreichen. Gleichzeitig ergibt sich daraus die Unmög- lichkeit, daß freier Quarz ausgeschieden werden konnte. | Als Durchschnitts-Plagioklas des Gabbro ergibt sich Ab, An;, also ein basischer Labradorit, an den 28:20°%, SiO, gebunden sind. Gleichzeitig steigt die Menge der dunklen Gemengteile = 31:89, so daß wenn wir alles FeO und MnO als Erz annehmen, der Kiesel- erderest von 20'62°/, nicht zur Bildung der Metasilikate der Horn- blende hinreicht, was auf die Anwesenheit von ÖOrthosilikaten hin- weist, Auch hier war die Bildung freier Kieselerde als Quarz aus- geschlossen. Im Gabbroamphibolit ist die Menge der Feldspate sowie die der dunklen Gemengteile nahezu gleich geblieben. Der Durchschnitts- Plagioklas hat die Zusammensetzung Ab, An,, also einsaurer Labra- dorit. An Feldspat sind gebunden 35'50 8i0,, daher der Rest nur 17:13°/, beträgt, so daB selbst bei Annahme des ganzen FeO und MnO alz Erz nicht alle dunklen Gemengteile Metasilikate sein können. Wahrscheinlich sind basische, alkalihaltige, tonerdereiche Ampbibol- moleküle darin versteckt. Der Gabbroschiefer enthält einen Durchschnitts-Plagioklas von der Zusammensetzung =Ab,An,, demzufolge ein saurer Byto- wnit. Während die Menge der Felidspate stark gesunken ist, haben die dunklen Gemensteile eine Vermehrung erfahren. Zur Feldspat- bildung benötigen 20°45%, 8i0,, während der Rest = 24'36%), beträgt, was auch in diesem Falle für die Metasilikate der Amphibolgruppe nicht hinreicht und auf die Gegenwart von Orthosilikaten schließen läßt. UÜberblickt man die Reihe der chemischen Analysen sub I—IV, so zeigt sich, daß mit dem Steigen der Kieselsäure der Gehalt an Sequi- oxyden und Alkalien höher wird, während Kalkerde und Magnesia sinken. Aus den obigen Projektionswerten resultiert ferner, daß die Kiesel- säure bei steigendem a und c sowie bei abnehmendem / gleichzeitig wächst. Der Alkalireichtum ist im Dioritgneis am größten, nimmt in den Gabbrogesteinen sukzessive ab und erreicht im Gabbroschiefer das Minimum. Berechnet man nach Maßgabe obiger Gruppenwerte die einzelnen Mineralien, welche sich an der Zusammensetzung unserer Gesteine beteiligen, so ergibt sich, daß die Summe der Alkali- und Kalkfeld- Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Band, 1. Heft. (Fr. Kretschmer.) ]5 114 Franz Kretschmer. Tabellarische Übersicht der chemischen Verhältnisse obiger Gesteine. [62] Diorit- I gneis 11 Hornblende- Gabbro- Gabbro von Petersdorf Kieselsäure (Si0,) Titansäure (TiO,) Tonerde (Al,0,) . . Chromoxyd (Cr, 0,) .. Eisenoxyd (Fe,0,) . Eisenoxydul (FeO0) . Manganoxydul (MnO). Magnesia (Mg90) . Kalkerde (CaO) Glühverlust (H,O) Phosphorsäure (P,0,) . Summe . Kieselsäure Tonerde Eisenoxydul . Manganoxydul . Magnesia . . Kalkerde Natron und Kali. Phosphorsäure . Summe . YO m Natron und Kali (NaK),O. III IV Gabbro- Amphibolit | schiefer von Zöptau 4. Gewichtsprozente 48:60 46°80 48:05 44:35 Spur Spur Spur Spur 18:07 15°52 1495 13:42 Spur Spur Spur Spur 4-11 2:10 4:39 5:00 ma 8:44 883 6:10 2:18 118 1'52 2:04 534 9:50 148 13:28 9:12 12°94 10:40 13:90 4:16 2:48 373 1:15 0:47 074 0:50 053 062 0:30 0:15 0:23 100:00 100'00 100'00 100'00 B. Molekalarprozente BETT] 48:82 5063 | 4482 11:63 9:58 9:35 8:03 10:05 9:03 11:29 8:99 2:01 1:01 1.37 175 8:67 14 59 11:78 20:07 10.68 14'55 11'82 15'14 391 2:26 ax! 1-10 0:28 0:13 0:07 0:10 1000) 10000 100:00 100°00 C. Gruppenwerte nach Osann 52:77 48'82 | 50:63 44:82 391 226 321 1:10 772 1:3% 5:62 6:93 23:69 31:89 30:64 39:02 D. Projektionswerte nach Osann 22 10 1'85 0:46 4:4 3°5 2:8 2:95 134 15'3 153 16'6 [63] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 115 spate vom Dioritgneis bis zum Gabbroschiefer sukzessive von 62%, auf 350/, abnimmt und daß diese gleichzeitig durch Abnahme der Alkali- feldspate von 31°/, auf 9°/, dahin stetig basischer werden ; inumgekehrter Folge sind dagegen die dunklen Metasilikate der Amphibole untergeordnet, Pyroxene von 28°/, im Dioritgneis bis 49°/, im Gabbroschiefer in Zunahme begriffen, während sich die Menge der Erze mit 10°/, nahezu gleich bleibt. Nach Maßgabe der obigen Gruppen- und Projektionswerte ist der Plagioklas im Dioritgneis saurer Labradorit, in den Gabbrogesteinen ist es basischer Labradorit und saurer Bytownit. Diese Resultate stimmen mit den obenangeführten Ergebnissen der mikroskopisch- optischen Untersuchung, welche nach verschiedenen Methoden aus- geführt wurde, wohl bezüglich der Gabbrogesteine annäherungsweise überein, dagegen besteht bezüglich des Dioritgneises eine bisher un- aufgeklärte Differenz. Im Allgemeinen geben die chemischen Be- stimmungen basischere Feldspate, als dies bei den optischen Unter- suchungen der Fall war, welche in der Regel saurere Mischungs- verhältnisse ergaben. — Am Schlusse der beiden Kapitel über die Dioritgneise und Gabbro- gesteine erübrigt mir, Herrn Prof. Dr. Friedrich Becke (Wien) für die Güte herzlichsten Dank auszudrücken, womit er einige der aus der Umgebung von Zöptau vorgelegten Gesteine der mikroskopisch- optischen Untersuchung unterworfen hatte und mir dadurch auch bei vorliegender Arbeit, wie bei manchen früheren Arbeiten, seine lehr- reiche Unterstützung geliehen hat. — Ferner gilt dieser Dank Herrn Prof. Dr. Anton Pelikan (Prag) für die gütige Zustimmung, daß einige der aus der Umgebung von Marschendorf vorgelegten Gesteine an dem mineral.-petrogr. Universitätsinstitut durch die Herren Dr. J. Gareis und A. Scheit mikroskopisch-optisch untersucht werden konnten, für welche Mühewaltung auch diesen Herren herzlichst gedankt sei. IV. Ultrabasische Fazies der Gabbroreihe. Die Topfsteinstöcke und deren Schalen. Am Saume der peripherischen Gabbrozone, beziehungsweise an dem Südost- bis Nordostflügel unseres Diorit-Gabbromassivs sieht man zahlreiche Topfsteinstöcke in sporadischer Verteilung, welche auch schon früher die Aufmerksamkeit seitens der Geologen in erhöhtem Maße auf sich lenkten. An der östlichen und nordöstlichen Sattelflanke folgen sich, meist durch Steinbrüche aufgeschlossen, die Topfsteinvor- kommen am Storchberg nördlich Zöptau, am Hausberg dicht hinter dem Hegerhause im Sensenzipfel (Wermsdorf); im oberen Mertatal die Topfsteinlinse auf der vorderen Hüttellehne, oberhalb den letzten Häusern des Sensenzipfel (beim Wildzaun) und endlich die großen Topfsteinmassen oberhalb der großen „Dämme‘, welche an der Einmündung des Steinseifenbaches in den Mertabach angebracht ist. Die kleinen Topfsteinstöcke, und zwar im oberen Grundbachgraben zwischen Siebenhöfen und Schwagersdorf sowie 15% 116 Franz Kretschmer. [164] am Kupferberg westlich Wermsdorf, befinden sich näher der nord- westlichen Sattelflanke unserer. peripheren Gabbrozone. Alle diese Topfsteinstöcke haben eine sphäroidische Form, deren längere Axe parallel dem allgemeinen Streichen nach NO ge- streckt ist, dagegen das Einfallen durchweg sehr steil NW fast am. Kopf stehend erscheint; sie sind ausnahmslos von eimer inneren.,aus Talkschiefer wnd. einer.Väußeren "aus Chloritschiefer bestehenden Schale rings: umgeben. Nachdem das Topfsteinvorkommen des Storchberges durch einen langjährigen Steinbruchbetrieb der Zöptauer und Stefanauer Bergbau- und Eisenhütten-Aktiengesellschaft näher bekannt geworden ist, welchen Verf. durch 14 Jahre geleitet hat, ist er in der Lage, von dessen geologischen Verhältnissen ein vollständiges Bild zu entwerfen, woraus man das Verhalten der übrigen weniger aufgeschlossenen Vorkommnisse erkennen kann. A. Topfsteinbruch am Storchberg, NNO der Zöptauer Kirche. Hier wurden seither zwei Topfsteinstöcke bis zur Sohle des Stollens abgebaut, den man zum besseren Aufschluß am Steilge- hänge herangeführt hat. Des großen Stockes lange Axe ist (am Tage gemessen) 45 m, die kurze Axe 8—10 m, dieser wird im Liegenden von einem kleineren Stocke begleitet, dessen lange Axe mangels Aufschlusses nicht bekannt ist, dagegen die Mächtigkeit 3 bis 4 m be- trägt. Beide Stöcke werden im Hangenden und Liegenden von dem- selben dunklen Amphibolpyroxengneis umschlossen, wie er hiergegends vorkommt, der Schlieren von grobkörnigem Amphibolit enthält und weiterhin auch hier in Gabbroschiefer übergeht, welch letzterer plumpe Linsen, Stöcke und Kugeln von Hornblendit umschließt. Der Gneis jedoch ist vom Kopf seiner Bänke hinab tief in das Felsinnere zu rostgelben und erdgrauen, teilweise lehmigen und sandigen Massen zersetzt, die sich nur noch zur Not als quarzführender Biotitplagioklasgneis erkennen lassen, während der ursprüngliche Mineralbestand bloß an: wenigen intakt gebliebenen Gesteinspartien festgestellt werden konnte. Im Liegenden, dieht unter der Chloritschieferschale, werden die Topfsteinstöcke von einem un- gefähr 10 m mächtigen Gang von Muskovit- und Pyroxen- pegmatit begleitet. Ostlicher- und westlicherseits, unmittelbar an den Topfsteinstöcken, beziehungsweise ihrer Schalen sind die Gneis- bänke steil aufgestellt oder fast aufgestülpt, eine Schichten- stellung, die nur durch das ultrabasische Eruptivgestein bewirkt werden konnte. Von diesen Lagerungsverhältnissen und der kon- zentrischen Schalenstruktur gibt nachstehende Fig. 1 ein zutreffendes Bild, das der Verf, während des seinerzeitigen Betriebes naturgetreu entwarf, denn heute ist der Steinbruch verfallen und von den früheren Aufschlüssen nichts mehr zu sehen. Beide Topfsteinstöcke gewähren ein selten instruktives Beispiel von Schalenstruktur im Großen, und zwar besteht ihr vor- waltender Kern aus einer graumelierten, grobkörnigen sowie grob- blätterigen Topfsteinmasse, die stets massig, teils grobklotzig und | = [65] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 117 diekbankig struiert erscheint und an ihrer Peripherie rings umher in Talkschiefer übergeht. Auf diesen letzteren legt sich eine schwache und lückenhafte Schale von großindividualisiertem Strahlstein (Aktinolith), dagegen die äußere Schale von Chloritschiefer ge- bildet wird, ungefähr 0°5 bis 20 m stark ist, nirgends fehlt und durch ein Salband oder den erwähnten Pegmatitgang vom Neben- gestein getrennt erscheint. Die Topfsteinmasse ist so weich und mild, daß sie sich mit dem Messer und der Handsäge schneiden läßt und besteht makroskopisch aus feinschuppigem, elastisch biegsamem Talk, dagegen lauchgrüner grobschuppiger Chlorit, der nach seinem optischen Fig. 1. Toristeinst. I zZ ve Sruchsohle 2 Querprofi durch den Topfsteinbruch am Storchberg bei Zöptau. 1 Topfstein. — 2 Talkschiefer. — 3 Strahlstein unten, Chloritschiefer oben. — 4 Plagioklaspegmatit. — 5 Gabbroamphibolit. — 6 Biotitplagioklasgneis. Verhalten zum Klinochlor gehört, nur akzessorisch auftritt. Darin finden sich als Übergemengteile: Rhomboedrischer Dolomit (Rauten- oder Braunspat), der häufig in der Form R oder als unregelmäßige Körner eingesprengt ist!); ferner Magnetit in zahllosen hirsekorn- 1) V. Neuwirth (l.c.p. 166 und 167) als auch andere Autoren bezeichnen das Mineral irrtümlich als Magnesit (Bitterspat), auch Breunerit, denn dasselbe ist durch die hekannten chemischen Analysen von Dr. Fiedler und Prof. G. Tschermak richtig als Dolomit (Braunspat) nachgewiesen (Jahrb. d. k. k. geol. Reichsanstalt X. Jahrg. 1859), und zwar enthält er nach erfolgter Berichtigung der Druckfehler and Umrechnung: nach Fiedler Tschermak Prozent Prozent IKHIKATDONaE rn mar 0, NaaNzu 5372 Magnesiakarbonat : . . . . .. 8884 41'32 Risenkatbondtt« Jr BUNNUDAUAE A558 4:44 Mässenis;. jow.wantadlosıch „ug 1 Zusammen . ...:.'98:43 98-48 Es liegt also Dolomit vor, in welchem etwas Magnesiakarbonat durch Eisenkarbonat vertreten wird. 118 Franz Kretschmer. [66] großen Oktaödern oder Körnchen eingestreut und kleine schlanksäulen- förmige Individuen von Hornblende und Aktinolith. Akzes- sorisch sind außerdem Rutil, Ilmenit und Titanit, sehr kleine Pyrite der Form © Oo (100) zum Teil limonitisiert, Apatit und zuweilen Biotit. In der Bruchtiefe wird der Topfstein härter und hier ist es, wo in dessen Masse vereinzelte, an den Enden ausgefaserte, rost- braune, verwitternd Hornblendesäulen in reichlicher Menge erhalten geblieben sind. U. d.M. sieht man im Schliff ein schuppiges und breit- stengeliges, verworren gelagertes Aggregat von farblosem Talk, daneben einschlußreiche Kristalle oder Lappen von dichten bis fein- faserigem und farblosem Talk, die in den quadratischen Quer- schnitten Spaltbarkeit nach dem Augitprisma (=87°) erkennen lassen, was auf Pseudomorphosen nach Pyroxen hinweist (siehe neben- stehend Textfigur 2); bei gekreuzten Nicol zeigt der grobschuppige Talk prächtige Aggregatpolarisation, welche in dem feinfaserigen Talk RER ERR REES Talk pseudomorph nach Pyroxen. einheitlichen Interferenzfarben Platz macht; auch ist letzterer von schwarzen Schnüren durchzogen, die aus angereihten Magnetit- kristalilen bestehen. — Der lichtgrüne Chlorit ist verhältnis- mäßig spärlich vertreten, er ist schwach doppelbrechend: y—a = 0004, nimmt gegen den Rand noch ab und wird im äußersten Saume fast O, deutlich zweiachsig mit dem Axenwinkel 27’ y= 0—30°, Dispersion o>v. Weit häufiger sind Kristalle und Körner von Dolomit durch grobe rhomboedrische Spaltrisse charakterisiert, Zwillingslamellierung nach 2R (0221) kommt nur selten vor, derselbe verhält sich idiomorph und zuweilen in solcher Menge vorhanden, daß er einen wesentlichen Ge- mengteil ausmacht. — Magnetit ist sehr reichlich in allen vorge- nannten Komponenten in Kristallen und Körnern eingestreut, häufig mit Titaneisenerz verwachsen und dann peripherisch zu Leukoxen und Limonit umgewandelt. — Auch lebhaft polarisierender Titanit in Kristallen und Körnern ist ähnlich wie der Magnetit sowohl im Talk als auch Dolomit vorhanden, derselbe mag wohl aus Ilmenit hervor- gegangen sein. Bei dem Umstande, daß der Magnetit ebenso häufig im Dolomit wie im Talk eingesprengt ist, drängt sich die Folgerung auf, daß er sekundär aus den Eisenoxyden der kalkreichen Pyroxene [67] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 119 und Amphibole gleichzeitig bei der Abscheidung der Dolomite ent- standen ist. — Mehrere Handstücke, entnommen dem massigen Linsen- kern, bestehend aus grobschuppig-grobkörnigem Topfstein, zahlreiche Ausscheidlinge von Dolomit enthaltend, zu einer Durchschnittsprobe verarbeitet, ergaben folgende chemische Zusammensetzung: 2 Prozent LEEREN ee ee N; Titansäure . er; 7 "2. Mes — RN N ee Chromoxyd . Bang 22er ir } ge ae Da U N 0. ER ISENDRWOUL. 0. 0 Na See ra EN Mansanoxydulaliten u „1... Mu mann 23, BEISTTeRtar oe me von Venen) Walkorle namen, Dane All. DILERBEAMESTZTE NarsauundsWalter srclc mul. ten ar Ark 7220 Gohverke(Wasser) Sure Tann. 000 ERSMHOISAWTOrELAHLEND, WELCHEN ei Zusammen . . . 9932 Daraus erhält man die Proportion SO, : 180, :RO=31:1:1°6, die einem Grenzgliede der Gabbros gegen die Pyroxenite entspricht, ferner ist RO: RO=1:116. Nach Maßgabe der unten folgenden Tabelle resultiert nach der Klassifikation von Osann die Gesteinsformel 5596 Ay Cy-3 ee Wir begegnen einem solchen Gestein in dem sehr basischen, an der Grenze der Pyroxenite stehenden Gabbro vom Typus Molken- haus mit dessen Typenformel sis; @ı Ca fir, also nahezu überein- stimmend. Und in der Tat fand Verf. im Bruchtiefsten auf der Stollensohleanstehend ein höchst festes, äußerst zähes, richtungs- feinkörniges Massengestein, das sich u. d. M. als inniges Ge- menge diopsidischer Pyroxene erwies, und zwar vorwaltend von grünlichweißem, graugrünlichem Diopsid, dessen deutliche Spalt- barkeit nach dem Augitprisma durch zahlreiche Spaltrisse markiert, auch dichte Aggregate desselben sind vertreten. — Dazu gesellt sich an Menge in zweiter Reihe Diallag, körnige und blätterige Aggregate mit vollkommener Teilbarkeitnach © P& (100), oft deutlich stengelige Struktur und metallischer Schimmer auf der Querfläche ; häufig idiomorph, kurzprismatisch mit einfacher, terminaler Begrenzung durch P (111) oder +P; seine Farbe ist grünlichschwarz, braunschwarz und schwarz. — Akzessorisch sind zahllose kleinste Magnetite der Form O(111) oder in Körnern, Pyrit der Form o O& (100) und als Blättchen und Körnchen; spärlich Granat, Rutil. 120 Franz Kretschmer. [68] Es ist jedoch auch dieses zähe und harte Massengestein nicht mehr frisch, sondern zeigt beginnenden Zerfall der Pyroxene in ein Gewebe von Talk, Chlorit und Aktinolith, dabei bleibt die blätterige Struktur des Diallag oft erhalten, die Chlorit- und Talk- schüppchen ordnen sich parallei zu dessen Querfläche. Auch ITorn- blende ist da und dort in Säulen zu bemerken, die sich wohl’ auf Kosten der Pyroxene gebildet hat. Gleichzeitig wurden bei diesem Um- wandlungsprozeß Karbonate, und zwar Dolomit porphyroblastisch aus- geschieden. Im Dünnschliff sieht man zahllose Körner und quadratische sowie oktogonale Kristalldurchschnitte einzeln und zu Aggregaten ver- einigt von monoklinen Pyroxenen, welche nach Maßgabe der kleinen, nur 30° betragenden Auslöschurigsschiefe zum Diopsid gehören, der jedoch dem Jadeit angenähert erscheint. Der größte Teil davon muß nach der gedrungenen, kurzprismatischen Gestalt unter voll- kommener Spaltbarkeit nach © ? © (100) zum Diallag gestellt werden; seine Längschnitte zeigen stengelige Textur, derselbe ist sehr ein- schlußreich und sind von leichter, erkennbaren Interpositionen Magnetit, Iimenit und Titanit zu nennen. Der Mangel an Pleochroismus unter- scheidet die hier vertretenen Pyroxene von den Amphibolen. Der restliche Raum zwischen den Pyroxenen wird von einem verworren- faserigen bis dichten Gewebe von Talk ausgefüllt, der stets lebhafte Polarisationsfarben aufweist. Beginnende Umwandlung schreitet auf den Spaltrissen und Querklüften der frischen Pyroxene fort und verdrängt nach ‚und nach völlig die Pyroxensubstanz. Inner- halb der filzigen Talkgewebe bemerkt man größere Lappen von grünem Chlorit, während Schnitte senkrecht zu oP (001) langfaserig. er- scheinen. — Außerdem sind als Nebengemengteile reichlich ver- treten Ilmenit in Umwandlung zu Leukoxen begriffen, Titanit ebenso häufig. — Der Topfstein des Linsenkernes überzxeht insbesondere gegen dessen Peripherie in ausgezeichnet schieferigen, grünlichgrauen bis weißgrauen, grob- und mittelschuppigen Talkschiefer; derselbe ent- hältnebenTalk akzessorisch mehr oder weniger lauchgrünenProehlorit sowie Tafeln von schwarzgrünem, stark perlmutterglänzendem Klin o- chlor;gegen.diePeripherie der Topfsteinlinse sowie nach der Tiefe nimmtdieMengederÜhloritestetig zu und kann dies bis über 250%, der Gesteinsmasse hinausgehen, bis schließlich an der Grenze gegen die Chloritschieferschale der Talkschiefer völlig in Chloritschiefer. übergeht. Ausscheidlinge von Dolomit fehlen darin entweder gänzlich oder sie sind nur spärlich und klein. Der Talkschiefer wird. außerdem von reinem Talk in Adern und Nestern durchsetzt, der grünlichweiß bis apfelgrün gefärbt ist und eine ausgezeichnet feinschuppige bis blätterige Textur besitzt. Akzessorisch sind darin da und dort eingewachsene kleine gelbe durchscheinende Apatitkristalle. Von diesem grobschuppigen Talkschiefer, von der : inneren Schale des Topfsteinkörpers herrührend, liegen zwei chemische Analysen vor, und zwar bestand die Probe zur Analyse VI aus einem bläuliehgrünen Talkschiefer, der Giimmerblättchen und Eisen- A a udn [69] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 191 1} kieskörnchen enthielt; sie wurde von G. Werther!) ausgeführt, während die Analyse VII aus dem hüttenmännisch-chemischen Labo- ratorium zu Stefanau stammt; beide ergaben die folgenden, vom Topfstein stark abweichenden Resultate: v1. NAT. Prozent Prozent. Rieselsäurems» uinah zn ldimyiı 58:28 51:00 Bonettelta)rHieuikuiaid ianenorr4:43 3:92 Bisekoxydatulls bar. ısloaich5r1d 513 Eisenoxydulikaanlaa id onsUnL:04 = Macnesianlao hunde Jan ne24185 2877 Kalkerde eritisler: 1:51 2:44 NatronıtullıKakianadi. Acdbı „aanml:4g9 ? Glühverlust (Wasser) +8.23608: fi ‚9.806 Zusammeltt.. 9:90 93:06 Aus beiden Analysen geht im Entgegenhalte zu Analyse V hervor, daß der Talkschiefer nicht nur den an der Peripherie stärker wirkenden Druckkräften seine Struktur verdankt, sondern auch stoff- lich vom Topfsteinkern wesentlich verschieden ist. Die aus Analyse VI berechnete Proportion & O5: Rs 0,:R O0 =5'2:1:3'2 entspricht derjenigen eines einfachen Pyroxenits, das Verhältnis ,0:RO= 1:21. Nach Osann erhalten wir gemäß unten folgender Tabelle für das Substrat des Talkschiefers die Gesteinsformel Sys os Co4 JR und suchen wir unter den Tiefengesteinen nach einem Analogon, so findet man, daß unter den Pyroxeniten der Typus Webster un- serem Gestein fast vollständig entspricht, für welchen Osann die Typenformel si; @ cos fıys aufgestellt hat. Die Strahlsteinschieferschale wird gebildet von ge- schieferten Lagen und Trümmern, bestehend aus wirrgelagerten, parallel- und divergentstrahligen, farblosen, grünlichweißen und hell- grasgrünen durchsichtigen Aktinolith-, beziehungsweise Tremolit- prismen; darin sind schilfig-stengelige Hornblendesäulen häufig und zahllose größere und kleinere scharfe Magnetit-Oktaöder eingestreut; untergeordnet ist Pyrit in Hexa@dern, Rutil, Titaneisen- erz. — Daneben findet sich großindividualsierter lauchgrüner Strahlstein, dessen Aktinolithprismen 5—8 cm lang, 2—3 cm dick werden, stets divergentstrahlig angeordnet sind und zuweilen im Innern Hornblendereste enthalten. Der Aktinolith dieses Strahl- steins zeigt durchweg die Form » P(100)=1241!/,°, mit starker Längsstreifung, ausgezeichneter Spaltbarkeit nach dem Prisma sowie der Schiefendfläche als auch Querabsonderung senkrecht zur Haupt- axe. Durch oszillatorische Kombination von ® Pi110) und oP (100) entstehen schilfähnliche Aggregate, vielfach Zwillinge nach der !) Journal f. prakt. Chemie. 1864. XCI, 330. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Band, 1. Heft, (Fr. Kretschmer.) 16 192 Franz Kretschmer. [70] Querfläche. Zuweilen übergeht der Aktinolith in feinfaserigen hellgrünen und weißen seidenglänzenden Asbest. — An der Grenze von Talkschiefer und Strahlstein kommen die bekannten prächtigen Aggregate von schneeweißem Talk mit eisblumenähnlichem, glasglänzendem, pistaziengrünem Aktino- lith durchspickt; die Prismen des letzteren fallen durch ihr großes Längenwachstum auf, demzufolge sie nach der Hauptaxe stark vorangeeilt sind und durch zahlreiche dazu senkrechte Querrisse zer- stückte Individuen bilden.: Gegen die Strahlsteinschieferschale ver- schwindet der Talk und der Aktinolith wird allein herrschend; dagegen nimmt diese Schale nach außen hin sukzessive Chloritschuppen auf und übergeht in Chloritschiefer, der eben noch Strahlsteinaggregate enthält. U. d. M. beobachtet man, daß hauptsächlich ein farbloses bis weißgrünes Tremolitaggregat gänzlich in Talkschuppen um- gewandelt erscheint, dagegen sich die pistaziengrünen Aktinolith- prismen scharf von ihrer Umgebung abheben; jedoch bemerkt man auch an diesen da und dort beginnenden Zerfall in lamellare Talkaggregate. Die chemische Analyse des grobstengeligen divergentstrah- ligen Strahlsteins ergab folgende prozentische Zusammensetzung: vmM. Prozent Kieselsaure*. „2 Amlrraid. BUN. DREH Pitansaurer. dena ar a ? Tonerde gta zarten var er A Chramoxyd.,.u-wmds na Doberan Kisenexydanas euistesgenlank. nal, PO Eisenoxydul Tal. nasinsrwırt sah. rain WB Manganexydul | lokhmales. zii et Magnesia al. items. rss Ralkerdehrie. sl ods seta tiata lat Natron: und» Kali. ea uwtr!: band FR Glühverlust,( Wassep): «i . ou dass na ER Zusammen . . . 10004 Demzufolge hat dieser Strahlstein die Zusammensetzung einer sauren gemeinen Hornblende aus Diorit oder Gabbro, aus welcher er ursprünglich bestand, denn Strahlstein, Tremolit, Talk, Asbest sind nur Spaltungs-, beziebungsweise Umwandlungsprodukte der Hornblende. — Die Chloritschieferschale besteht wesentlich aus gras- srünem feinschuppigem weichem Prochloritsehiefer mit ausge- zeichnet paralleler Gruppierung der elastisch biegsamen Prochlorit- blättchen, diese entwickeln stets die Basis, ohne sonstige kristallo- graphische Begrenzung, des öfteren zu büscheligen, wirren und fächerför- migen Aggregaten vereinigt. Diesem gras- und lauchgrünen Prochlorit ist gewöhnlich etwas Talk beigemengt, demzufolge die Härte des Schiefers nur 1'5 beträgt, so daß er sich mit dem Messer oder der Handsäge [71] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 123 schneiden läßt. Untergeordnet ist ein lauchgrüner kleinschup- piger Chloritschiefer von der Härte = 2:0 bis 2°5, worin der Talk selten ist, dagegen neben herrschendem Prochlorit zum Teil auch schwarzgrüner glasglänzender Klinochlor vertreten ist. An Über- gemengteilen finden sich darin stellenweise: kleinste Hornblende- und Aklinolithsäulen; besonders ausgezeichnet durch sehr zahl- reiche scharfkantige Magnetit-Oktaäder, die, zumeist hirsekorn- und erbsengroß, sehr oft 10 und 15 mm Größe erreichen; akzessorisch ist Apatit teils in durchsichtigen smaragdgrünen flächenreichen Kristallen 8— 10 mm groß, oder als grasgrüner Spargelstein, un- durchsichtig fettglänzend in 8S—12 cm großen, 3—D cm dieken hexa- sonalen Prismen; ferner Pyrit der Komb.-Form © O a» (100). O (111) bis S mm groß, zum Teil limonitisiert, Titanit, Ilmenit, auch derbe Stufen von eisenschwarzem Magnetit und schwarzbraunem Tita- nomagnetit. Diese Mineralien des Chloritschiefers sind gewöhnlich mit einer Chlorit- oder Talkrinde überzogen. Schließlich verdienen noch Erwähnung kleine, auf Kluftflächen des Prochloritschiefers auf- gewachsene wurm- und schraubenförmige Prochloritkristalle, die nach dem Glimmer- und Periklingesetz polysynthetische Zwillinge bilden, davon die größeren prächtigen Pleochroismus zeigen, und zwar 2 =ß smaragdgrün, 7 = hyazinthrot. — Auf der Bruchsohle habe ich harte Klinochlorschiefer angetroffen, zusammengesetzt aus glas- und perl- mutterglänzendem schwarzgrünem Klinochlor sowie etwas Talk, worin schöne, wirrgelagerte Aktinolith-, beziehungsweise Tremo- litprismen einen nicht unwesentlichen Gemengteil bilden. In einer anderen, noch festeren Varietät des Klinochlorschiefers wurden strahlige Aggregate schilfigstengeliger Hornblende in größerer Menge beobachtet sowie auch völlige Gemenge von grobblätterigen Klinochlor, strahligem Aktinolith und schilfiger Hornblende festgestellt. Demzufolge wird die Hornblende in Strahlstein, dieser zu Chlorit, der Tremolit zu Talk umgewandelt. — U.d. M. im Dünnschliff hat man konstatiert: Vorwiegend Chlorit hellgrün bis farblos herab in größeren Lappen und Schuppen, in Schnitten senkrecht zur Spaltbarkeit, schwach pleochroitisch & = hellgrün bis farblos, 7 = grün, 5 von x nicht unterscheidbar; derselbe gehört, wie bereits oben erwähnt und wie weiter unten nachgewiesen wird, zum Prochlorit, welcher durch seine starke Doppelbrechung (7— = 0013) auffällt. — Talk farblos in breiten Stengeln, schmal leistenförmig in Querschnitten, bei nichtparallelen Kanten, keilförmig, wirrgelagert. — Da und dort Überreste von Hornblende in schlank- säulenförmigen Individuen oder Partikeln derselben. Magnetit reichlich vertreten in Kriställchen, Stäbchen und Körnern, zum Teil jedoch Titanomagnetit von Leukoxenrinde und Limonithof umgeben; kleinste Täfelchen von Titaneisenerz in großer Zahl; außerdem wurden im opaken Magnetit nicht selten Einschlüsse eines stark licht- brechenden violetten bis hellblauen optisch einaxigen Minerals in Säulchen und Körnchen beobachtet, jedenfalls Apatit. Titanit in vereinzelten Kriställchen lebhaft polarisierend. Epidot goldgelb hie und da auf Spaltrissen zu sehen, läßt Dichroismus grün und gelb deutlich erkennen. — Schon G. Tschermak hat im Chloritschiefer von Zöptau 16* 124 Franz Kretschmer. [72] festgestellt: deutlichkörnigen hellauchgrünen Klinochlor, und zwar Blättchen oft fächerförmig angeordnet, 2 E = 60°, stellenweise aber fast einaxig. (Akademie der Wissenschaften. Wien, 19. Februar 1891.) — Zur chemischen Analyse wurde der feinschuppige und weiche Prochloritschiefer ausgewählt, welcher die Hauptmasse der äußeren Schale des größeren Topfsteinstockes bildet; diese ent- hielt wohl zahllose kleinere Magnetite, worin jedoch die großen Por- phyroblasten von Maenetit fehlten; die Analyse ergab folgendes Re- sultat: IX. Prozent Kieselsäure U. Wat Van VEIT 2ER Titansäure asia — Tonerdetmear nn Ita,006 WM Rena BR Chromoxyd aa BE Bl EI DE 15 U EL EB 2 Riseuoxyat Wende) eb DENE RB NR Tüsenoxraol FM pr ia ra A Maneanoxyaulo. ale. rn ma, +0:28 Maenesialsanlpnintartog szaamllmal 41088 KalkerdesisN, ale), Ei: 1274 Netron>und Kalt ins rk au Bmteaael Glühvenlust(Wasserpun=u: , moRantsana 20318 Phosphorsäure "Jun! D managen OR Zusammen ,,. . 097 Daraus berechnet sich die Zusammensetzung dieses Prochlorit- schiefers aus: Prozent ProenloreH aitume, bay alten. 1293 DT Macher. note a shanjdnnoh ob DER Apatıt „Ir Pr 25 25. er AlSDNRWOBRN 2002 Andere Ausscheidungsprodukte der Gesteinsumwandlung, wie Kalzit, Quarz, Epidot, fehlen. Der Chlorit ist, wie bereits angeführt, in chemischer Bezjehung ein Prochlorit von der Zusammensetzung Spa At, nach Tschermaks Theorie und erhält man unter der Vor- aussetzung, daß Teile von Mg O-+ CaO durch äquivalenten FeO-+ Mn O vertreten werden, theoretisch: 28°16 Kieselsäure, 25°68 Tonerde, 21:15 Eisenoxydul, 12:04 Magnesia nebst Kalk und 12:97 Wasser, was dem obigen Analysenresultat ähnlich erscheint, wenn man berück- sichtigt, daß der Tonerdeüberschuß sowie alles Eisenoxydul (das nieht an die Erze gebunden) in Eisenoxyd übergeführt wurde, was in der fortgeschrittenen Gesteinsmetamorphose seine Begründung findet. Diese letztere bestand wesentlich in einer Anreicherung der Tonerde als der fixesten Basis, Aufnahme einer auffallend geringen Menge Wassers, während Kieselerde und Kalk eine kleine Abnahme aufweisen. Der Prochlorit vom Berge Greiner, Zillertal, Tirol, hat eine sehr ähnliche Zusammensetzung. Der Chlorit- schiefer der Topfsteinstöcke in der Umgebung von Zöptau ist also kein Klinoehlorschiefer, wie Tsehermak auf Grund optischen Befundes de ee Me na [73] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 195 angibt, weil er nicht dessen chemische Zusammensetzung besitzt; op- tisch zeigen die gedachten Orthochlorite gleiches Verhalten. Als Substrat des in Rede stehenden Prochloritschiefers ist sehr wahrscheinlich ein Hornblendit, respektive Amphibololit!) an- zusehen, dessen vorherrschender Gemengteil in einem orthosili- katischen Syntagmatit, beziehungsweise einerbarkevitischen Hornblende bestanden hat, wie sie gleich reich an AR, O, aus ge- wissen Syeriten ?) bekannt ist. Eine gleichbasische Zusammensetzung würde in der tonerde- und eisenoxydreichen Hornblende aus Mon- chiquit vorliegen, welcher bei km 36 der Sta. Cruz-Fisenbahn (Rio de Janeiro) vorkommt ?). Die orthosilikatischen Al, O;- und Fe O-reichen Amphibole sind zurzeit sowohl in chemischer als auch optischer Be- ziehung zu wenig untersucht. Nach Osann gehört das Substrat unseres Prochloritschiefers zu den mit Tonerde übersättigten Gesteinen und erreicht hier der Tonerdeüberschuß einen soleh ungewöhnlich hohen Betrag, dab die Bildung der Atomgruppe (Mg Fe) Al, O, und deren Zuaddierung zum Gruppenwerte Ü nicht zulässig erschien, weil dadurch der ultra- basische Charakter des Gesteins nicht zum Ausdruck gekommen wäre. Es wurde also gemäß unten folgender Tabelle der Tonerderest im Sinne Grubenmanns) der Gruppenwert 7’ = 1679 ausgewiesen. Unter dieser Voraussetzung resultiert demzufolge die Gesteins- formel 835 Qy Cı For: Unter den Tiefengesteinen würde ein ähnliches Gestein unter den Peridoditen im Typus Dun Mountains vorliegen, wofür Osann die Typenformel s;; a, co foo gefunden hat. Das Orthosilikat des Olivin im Dunit würde in unserem Archetyp durch orthosili- katischen Syntagmatit vertreten sein. Rosenbusch und Grubenmann neigen zu der Annahme, daß derartige tonerdereiche kristalline Schiefer sedimentogen sind, eine Entstehungsart, welche für unsere Chloritschieferschale gänzlich ausgeschlossen ist, wie schon aus den obigen sowie insbesondere den folgenden Ausführungen erhellt. | Und in der Tat ist dem Verf. die Auffindung des Substrats des obigen Prochloritschiefers gelungen, und zwar in jenem feldspat- freien Amphibololit, der mit ersteren durch regelrechte UÜber- gänge verknüpft, auf der Förderstollensohle des Topfstein- bruches am Storchberg, und zwar am Hangenden der Chlorit- schieferschale anstehend getroffen wurde. Der Amphibololit besteht fast ausschließlich aus schwarzer, stark glasglänzender Hornblende, die auch hier in den drei Aggregationsformen, das ist als kompakte, als blätterige Hornblende, sowie in 15—20 mm langen, 3—5D mm dicken, schlank säulenförmigen, an den Polen !) Nach der vollständigeren Nomenklatur dieser Gesteine von Lacroix. Siehe auch Weinschenk: Spezielle Gesteinskunde. 2. Auf). 1907, pag. 185 und 519. ®) Rosenbusch, Elemente der Gesteinslehre 190!, pag. 104, Analyse 8. ») Rosenbusch, Elemente der Gesteinslehre 1901, pag. 243, Analyse 3. *) Grubenmann, Die kristall. Schiefer II, pag. 13. 126 Franz Kretschmer. [74] ausgefaserten Kristallen auftritt. Dazwischen finden sich zahl- reiche kleinste Magnetitoktaäder, darunter aber auch ver- einzelte große Kristalle. — Faserige, hellgrüne und smaragdgrüne Aktinolithaggregate, in der Hornblende enthaltene Pyroxen- kerne, uralitische Umkristallisierungen weisen auf ursprünglich pyroxenische Komponenten hin, wahrscheinlich ist ein Teil der Horn- blenden aus Augit entstanden; dessenungeachtet ist der größte Teil der Hornblende primär, weil mechanische Deformationen daran nicht zu erkennen sind. Die Hornblende umschließt außer Masgnetit Titaneisenerz und etwas Apatit. — Die Struktur des Amphibololites ist dadurch eine porphyrartige, daß große idiomorphe Hornblende- individuen in einer Füllmasse kleinster Hornblendekörner lagern. Zwischen den Hornblendeaggregaten drängen sich anfänglich verein- zelte Häufchen von Chlorit, kleine Nestchen von Talk, welche sich auf Kosten der Füllmasse kleiner Hornblendekörner vermehren, suk- zessive erfaßt diese Gesteinsumwandlung, das heißt Chloritisierung auch die großen Hornblendeindividuen, bis diese letzteren zur Gänze in der grasgrünen feinschuppigen Prochloritmasse aufgehen und von den Hornblenden fast nichts mehr zu sehen ist. Nur hie und da er- innern sporadisch erhalten gebliebene schilfigstengelige Hornblende sowie restliche Aktinolith-, beziehungsweise Tremolitaggregate an die stattgefundenen Umwandlungsvorgänge. — Aus der gegenüberstehenden Tabelle ist die übersichtliche Dar- stellung der chemischen Verhältnisse des großen Topfsteinstockes am Storchberg und seiner peripheren Schalen zu entnehmen, worauf die berechneten Molekularprozente sowie die Gruppenwerte nach Osann nachfolgen. Während die Analyse VI von G. Werther herrührt, wurden die Analysen V, VII, VIII und IX auf meine Veranlassung mit dem von mir beigestellten Material an dem hüttenmännisch-chemischen Laboratorium des Hochofenwerkes zu Stefanau und dem Labora- torium der Witkowitzer Steinkohlengruben durch Herrn R. Nowicki ausgeführt. — \ Nebenstehende Tabelle gewährt den nötigen Uverblick über die chemischen Uharaktere des Storchberger Topfstein- stockes und seiner Schalen, woraus hervorgeht, daß die Ver- änderung des chemischen Bestandes im Ursprungsmaterial haupt- sächlich in der Wasseraufnahme bestanden hat und der übrige Che- mismus trotz der durchgreifenden Umkristallisation im großen und ganzen unverändert geblieben ist. Wir konnten daher unter Ver- nachlässigung des Wassergehaltes, beziehungsweise Umrechnung der Analysen auf wasserfreie Substanz, auf die chemische Zusammen- setzung der Ursprungsgesteine zurückschließen und daher die obigen Gesteinsformeln berechnen, ohne größere Fehler zu begehen. B. Die Topfsteinbrüche in der Umgebung von Wermsdorf. Genau so wie bei Zöptau bieten auch die Topfsteinstöcke in der Umgebung von Wermsdorf dieselbe Schalenstruktur dar, denn auch hier legen sich in der Regel auf den massigen und grobkörnigen 175] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 2 [) o 1 u. Tabellarische Übersicht der chemischen Verhältnisse der Topfsteinstöcke. v a vips) 37,0 IX | Topf- Talk- | Strahlstein- | Chlorit- stein schiefer | schiefer | schiefer \ | _ vom Storchberg nördlich Zöptau d | | Kieselsäure (SiO,) Titansäure (7iO,) Tonerde (Al,0,) . Chromoxyd (Cr,O,) . Eisenoxyd (Fe,0,) Eisenoxydu! (FeO). Manganoxyäul (I/nO).. Magnesia (My0O) . Kalkerde (CaO) Natron und Kali (NaA),O. Glühverlast (H,0) . Phosphorsäure (P,O,).. Kieselsäure Tonerde Eisenoxydul . Manganoxydul . Magnesia Kalkerde Natron und Kali. Phosphorsäure . . F T (nach Grubenmann) Summe , 4. Gewichtsprozente 50°00 5328 5240 | 27:30 Hr. p) ? | au 973 4'435 441 | 31:00 — ? Spur | — 647 579 1'869 1:19:94 0:54 1:04 6'553 1:68 —_ =: 0'485 028 12-10 29:85 20.83 10:88 12:78 151h#| ‚uibeow | 171 2:20 | 1'49 0:92133) 2:80 550 | 2:60 1:80 370 —_ Spur 047 99-32 | 99:99 100.04 99:76 l B. Mol ekularprozente 52-58 4841 ex 32:86 6:06 2:39 - 22:02 560 5'87 — 1981 — —_ _ 0:28 19:01 4055 — | 1957 14:50 147 — 2:22 2:25 at — 301 _ = E 0:23 100°00 100°00 — 100°00 ©. Gruppenwerte nach Osann 52:58 4841 _ 32'836 2:25 1:31 _ sol 3:81 1:03 — 2:22 35:30 4681 — 39:66 px u "orte 16:79 D. Projektionswerte nach Osaun yon! 0:53 | — 13 1'8 0:44 —_ | 10 17:1 19:03 — 197 ') Analyse VIII enthält 0'15°/, S. 128 Franz Kretschmer. [76] Topfsteinkern zunächst feinschuppige Talkschiefer, weiter nach aus- wärts auf diesen Strahlsteinschiefer und an der äußeren Peripherie Chloritschiefer, gegen die umschließenden Gabbrogesteine scharf ab- gegrenzt oder durch ein Saalband (Lettenbesteg) oder aber durch einen Pegmatitgang geschieden. Den Mineralbestand des Storch- berger Topfsteinvorkommens finden wir bei Wermsdorf wieder. Auch die Wermsdorfer Topfsteinstöcke besitzen gegenüber den um- schließenden Nebengesteinen jene diskordante Lagerung und Steilstellung, gleichwie wir solche am Storchberger Topfstein- vorkommen geschildert haben, welche durchgreifenden Lagerungsver- hältnisse infolge späterer Massenbewegungen und der dadurch be- wirkten Adjustierung teilweise verwischt worden sind. 1. Oberhalb des Kupferberges westlich Wermsdorf, gegen den Erzberg aufwärts, ist in den dortigen Gabbroamphiboliten eine untergeordnete Topfsteinlinse an der Südostflanke unseres Diorit- Gabbromassivs gelegen, durch Steinbruchbetrieb näher bekannt geworden. Dieselbe ist von dem Grundeigentümer Johann Küffel (Wermsdorf) zu Wasser- und Futtertrögen, Türstöcken, Stiegenstufen etc, ausgebeutet worden, jedoch ist die milde weiche, leicht zu bearbei- tende Topfsteinmasse nach der Tiefe sehr bald in einen festen, harten Amphibololit übergegangen, weshalb der Steinbruchbetrieb zur Ein- stellung kam. 2. und 8. Der Topfsteinstock oberhalb des herrschaftlich Wiesen- berger Hegerhauses in der zu Wermsdorf gehörigen Kolonie Sen- senzipfel am sogenannten Hausberg; gleichwie der Topisteinstock am oberen Ende der gedachten Kolonie beim Wildzaun auf der „vorderen Hüttellehne“, sind an der Grenze von Dioritgneis und Gabbroschiefer durchgestoßen. Der Dioritgneis der sogenannten „Schwefelsteine“* bildet daselbst das obengeschilderte Spezialmassiv, das sich vom Hausberg bis zur vorderen Hüttellehne ausbreitet und am Hangenden von Gabbroschiefer begleitet wird. — Im Hangenden dieser Topfsteinkörper wurde ebenfalls die Anwesenheit von Peg- matitgängen gabbroider Fazies konstatiert. — Ferner ist aus dem Steinbruche am Hausberg der dort mitvorkommende Gips zu erwähnen, der in kleinen, nadelförmigen Kristallen zusammen mit Dolomit einbricht; auch wurden daselbst große Gipskristalle in rhomboädrischem Kalksinter eingewachsen gefunden, die schöne Drusen bilden. 4. Auf demselben generellen Streichen gegen NO liegt das mächtige Topfsteinvorkommen oberhalb der sogenannten „großen Dämme“, einer kleinen Talsperre, am Zusammenflusse des Stein- seifen- und Mertabaches erbaut. Daselbst auf den Gehängen der „hinteren Hüttellehne* begegnet man einer Aufpressung von Gabbro- gesteinen, und zwar hauptsächlich Gabbroamphibolit, untergeordnet Gabbroschiefer und Hornblendit, welche drei dicht beieinander- liegende Topfsteinlinsen umschließen. Die Gabbrogesteine werden diskordant vom Chloritgneis überlagert, wie durch das nachstehende Profil Fig. 3 dargestellt ist. Vom Gabbroamphibolit umschlossen lagern hier zunächst zwei dicht beieinanderliegende, am Streichen nach 2 h 7 gd gereiht und durch Chlorit- und Strahlstein- Pd] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 129 schieferschalen voneinander getrennt; dagegen das Einfallen ungefähr unter X 80° nach 20 h 7 gd erfolgt oder vertikal am Kopf stehend erscheint. Gegen den zweiten Stock etwas im Hangenden versetzt, folgt der dritte Stock mit dem nämlichen Schalenbau. Die gesamte Mächtigkeit dieser Topfsteinstöcke ist quer auf das Streichen gemessen 35 m, während die streichende Länge auf 50 m bekannt geworden ist. Die zentrale Topfsteinmasse der ge- dachten Stöcke besteht hauptsächlich aus Talk und enthält wenig Chlorit, dagegen viel Dolomit und geht peripherisch in Talkschiefer über, welcher schalenförmig den Topfstein- kern umgibt; auf den Talkschiefer legt sich auch hier vorerst Strahl- stein, sodann Chloritschiefer alsäußere Schale allseitig herum. Hifıtere Hättelleihne N / . / Querprofil durch die Topfsteinstöcke auf der hinteren Hüttellehne bei Wermsdorf. -1 Topfstein. — 2 Talkschiefer. — 3 Strahlstein unten, Chloritschiefer oben. 4 Gabbroamphibolit. — 5 Hornblendit. — 6 Chloritgneis. Die beiden erstgenannten Stöcke wurden seinerzeit in drei überein- anderliegenden, in vertikalen Wänden anstehenden Etagen abgebaut, der dritte Stock dagegen steht noch unverritzt an. Der Topfsteinkern des ersten bis zum Niveau des fahrbaren Weges bereits abgebauten Stockes ist durch einen größeren Gehalt an Dolomit (Braunspat) bemerkenswert, welcher in der Topfsteinmasse in bis faustgroßen Kristallen und Aggregaten idioblastisch hervortritt; derselbe bildet Kerne, um die sich die Talklamellen flaserig und wellig herumlegen; Magnetit ist in zahllosen Oktaödern, Körnern und Rosetten dem Topfstein eingesprengt; lokale Partien desselben enthalten stark lichtbrechenden, fettglänzenden Apatit (Spargelstein) in smaragd- grünen prismatischen Kristallen und in Körnern. V. Neuwirth be- obachtete hier eine sekundäre Kluftausfüllung, enthaltend: Bergkristall mit Amianteinschlüssen, ferner freien Amiant mit Apatit- und Titanit- Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61, Band, 1. Heft. (Fr. Kretschmer.) 17 130 Franz Kretschmer. [78] kristallen, während Talk alle vorgenannten Mineralien überrindet; in brauner Erde eingebettet zahlreiche Pyrite. — An den Rändern der umfänglichen Chlorit- und Strahlstein- schale sind höchst zähe und feste, von der Metamorphose weniger berührte Felsmassen anstehend, welche u. d. M. die Relikte jenes Amphibololits erkennen lassen, aus dem diese Felsmassen umkri- stallisierten, bestehend aus schwarzer prismatischer Hornblende und farblosem bis grünlichweißem, filzigfaserigem Tremolit, während der übrige Mineralbestand zu Talk und Chlorit sowie Strahlstein umgewandelt ist, wobei auch reichlich Karbonat ausgeschieden wurde, gleichzeitig die im Gestein eingesprengten bis 10 mm großen Pyrit- hexaöder zu Götbit verwittert sind. — Außerdem fand Verf. in der Strahlsteinschieferschale sehr feste Massen von filzigfaserigem, grün- lichweißem Tremolitfels, dem Hornblende beigemengt ist; ak- zessorisch sind Dolomit und Magnetit zu sehen. Während sich der Tremolit zu Talk umwandelt, ist die Hornblende zu großen Aktinolithprismen gewachsen, welche nun dem Talk inne- liegen; Tremolitfels und Talk-Aktinolith sind miteinander durch alle Ubergänge verknüpft. Hiermit sei auch auf den nephritischen Charakter dieser dichten, filzigen, aus Tremolit- und Aktinolithfasern aufgebauten massigen, höchst zähen Gesteine der Strahlsteinschiefer- schale hingewiesen, die wohl dem Nephrit gleich zu achten sind. — Auch die in Rede stehenden Topfsteinmassen werden von Plagio- klas-Pegmatit begleitet, was für deren genetische Beziehungen wichtig erscheint. Die an der hinteren Hüttellehne aus Schiefergneisen und zwar weitaus vorherrschendem Chloritgneis bestehende Schiefer- hülle unseres Diorit-Gabbromassivs zeigt sich über den Gabbroge- steinen und deren Topfsteinmassen in fast schwebender Lagerung; weiter im Hangenden ist das Streichen des Chloritgneises 3h Ogd, das Verflächen 21h Ogd unter X 40°. Es gewinnt den Anschein, als bildet hier die Schieferhülle offenbar ein Dach über den aufgepreßten Gabbrogesteinen, das mit aufgehoben wurde und durch spätere teil- weise Abtragung desselben sind die ‚darunterliegenden Gabbroge- steine und Topfsteine freigelegt worden. 5. Am nordwestlichen Flügel unseres Massivs, dort, wo sich mächtige Gabbroamphibolite ausbreiten, begegnen wir am Karger- berge 0°5 km nördlich Siebenhöfen nochmals einem Topfstein- stock, dessen petrographische und Lagerungsverhältnisse genau das wiederholen, was wir an den übrigen Topfsteinkörpern gesehen haben. Auch hier übergeht der Topfsteinkern zunächst in Talkschiefer, auf dem sich zwiebelförmig der Strahlsteinschiefer und Chloritschiefer anlagert. Der Topfstein ist durch reichlichen Gehalt an Dolomit und Magnetit sowie Jokal durch zahlreich eingesprengte, 5—10 mm große Pyrithexaäder ausgezeichnet, welche größtenteils limonitisiert sind. Der Talkschiefer enthält ebenfalls Dolomit, ersterer sowie der Strahl- steinschiefer, der Prochloritschiefer führen sämtlich reichlich Magnetit in Oktaödern und Körnern. — Die in Rede stehende Topfsteinlinse wird von einem schwarzgrünen, feinkörnigen, plattigen Amphi- bolit umschlossen. — Der Steinbruchbetrieb ist dort seinerzeit mit u er Be [79] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 131 Rücksicht auf den zerstückten Grundbesitz eingestellt worden, weil das NW-Einfallen der Topfsteine in des Nachbars Grundstück ge- richtet ist. — C. Untergeordnete Topfstein- und Talkschiefermassen. 6. Im Bischofsgraben bei Ober-Zöptau lagert an der süd- östlichen Flanke unserer Gabbrozone ein schon länger bekanntes, interessantes Vorkommen von Talkschiefer, das nicht übergangen werden möchte, stammen doch von hier viele schöne Stufen in zahl- reichen Mineraliensammlungen ; derselbe wird von Gabbroschiefer umschlossen und besteht aus schneeweiß, hellgrasgrün und rosarot gefärbten feinschuppigen Talkmassen, worin smaragdgrüne, radial- strahlige Bündel von 5—8 cm langen Aktinolithprismen durch- wachsen sind; oft ahmen diese Strahlsteine bis handgroße, eisblumen- ähnliche Gebilde nach. Seither auf Topfstein unternommene Schurfversuche blieben ohne Frfolg. Nachdem diesem Vorkommen Topfstein sowie auch Schalenstruktur mangelt, darf es nicht mit den obigen Toptsteinstöcken verwechselt werden. 7. Ostlich des Rauhbeersteins im Petersdorfer Trauß- nitzwalde soll nach den mir gewordenen Berichten von Stein- brechern und nach Maßgabe der von dort mitgebrachten Gesteinsproben ebenfalls Topfstein vorkommen. Dasselbe dürfte mit demjenigen Topf- steinvorkommen identisch sein, worüber bereits F. Kolmati!) be- richtete; auch G. Trautenberger?) erwähnt den Topfstein „auf dem Traußnitzberge bei Petersdorf“. Verf. hatte keine Ge- legenheit, sich von der Richtigkeit dieser Angaben zu überzeugen. — 8. Um die Ähnlichkeit der beiden Flügel unseres peripheren Gabbrogewölbes in petrographischer Hinsicht noch vollständiger zu machen, ist es dem Verf. gelungen, am Nordwestflügel, beiderseits des Feldweges über den Schwarzenstein nach Theresiental, bereits am Westabhange im Walde, ebenfalls einen Topfstein aufzufinden, der mild und weich sich mit dem Messer und der Hand- säge schneiden läßt, der aber dessenungeachtet anderer Zusammen- setzung ist als die übrigen oben betrachteten Topfsteine bei Zöptau und Wermsdorf. Derselbe besteht fast ausschließlich aus einem filzig- faserigen Gewebe wirr- oder parallelstrahligen, nadeligen, asbestähn- lichen, weißen bis hellgrünen Tremolit, der in Talk umgewandelt wurde, jedoch seine ursprüngliche Struktur bewahrt hat; hier- zu gesellt sich Chlorit. Akzessorisch sind zahllose Magnetitoktaöder und Körner, ferner Rutil und Hornblendereste. In der hellgrüngrauen bis rostgelben schieferigen Gesteinsmasse sind zahllose mit Eisenoxyd gefülle Nestchen zu bemerken; jedenfalls ist hier ein Mineral weg- geführt worden, es dürften wohl Karbonate gewesen sein, die bei der Talkbildung abgeschieden wurden. Dieses Gestein ist im Gegen- satz zu den Talkchlorit-Topfsteinen von Zöptau und Wermsdorf als Tremolit-Topfstein zu bezeichnen. !) Die Mineralien Mährens und Österr.-Schlesiens. 1854, pag. 31. 2) Das Teßtal in Mähren. 1893, pag. 9. E72 132 Franz Kretschmer. [80] U. d. M. erkennt man ein schieferiges Gemenge von Tremolit und Chlorit; letzterer ist schwach pleochroitisch in gelblichen und srünlichen Farbentönen, besitzt schwache Doppelbrechung mit optisch positivem Charakter. — Die Tremolitsäulchen lassen das Horn- blendeprisma & P (110) = 124% 30° deutlich erkennen und zeigen häufige Querabsonderung sowie Auslöschung c:c im Maximum = 17°; sie sind an den Polen vielfach ausgefasert, büschel- und rosetten- förmig angeordnet und zumeist bei Erhaltung ihrer Formen in Talk umgewandelt, wie an den höheren und leuchtenden Polarisationsfarben nachweisbar. Dieser Topfstein übergeht einerseits in hellgrauen Talk- schiefer; anderseits wurden viele Gesteinsblöcke beobachtet, die äußerlich in Tremolit-Topfstein umgewandelt waren, während das in- takte Innere aus einem wirren Gefüge feinkristalliger, schilfig- stengeliger, schwarzer Hornblende bestand, die mit weißem, feinfaserigem Tremolit innig verwachsen erschien. Neben dem Topfstein sind Tremolitschiefer festgestellt worden, die fast gänzlich aus wirrgelagerten, farblosen Tremolit- prismen zusammengesetzt erschienen, zu welchen da und dort etwas Chlorit sowie auch Talk in wechselnder Menge hinzutraten. — Der in Rede stehende Topfstein ist wohl in der gedachten Lokalität nicht anstehend, sondern neben einer kleinen Steinbruchspinge in soleher Menge umherliegend, daß über dessen Einlagerung im Unter- srunde kein Zweifel obwalten kann. D. Ursprungsgesteine, Entstehung und Alter der Topfsteinstöcke. Die Reste ursprünglicher Textur und Struktur sowie des ur- sprünglichen Mineralbestandes führen im Verein mit dem chemischen Charakter auf die richtige Deutung des Archetyps solcher umkristal- lisierter Massengesteine, wie es die Talkchlorit-Topfsteine unseres Diorit-Gabbromassivs sind. Talk, Chlorit, Strahlstein, Dolomit sind sekundäre, wasserhaltige Umwandlungsprodukte. Talk bildet sich im vorliegenden Falle aus tonerdefreien, der Chlorit aus tonerdehaltigen Gliedern der Pyroxen-Amphibolgruppe. Es ist eine bekannte Tatsache, daß sich der Tremolit mit Vorliebe in blätterigen und stengeligen Talk umwandelt; dabei dringen die Talkblättchen von der Peri- pherie, den Querklüften und den Spaltrissen aus vor und verdrängen nach und nach die Tremolitsubstanz. Ein Beispiel hierfür ist gerade der vorhin betrachtete Tremolit-Topfstein von Schwarzenstein. Da- gegen sind Umwandlungsvorgänge von Aktinolith selten zu be- obachten, er ändert in der Regel nur seinen Aggregatzustand und geht in feinfaserigen Asbest über, wie man dies in unseren Topf- steinbrüchen häufig beobachten kann. — Es ist ferner ein an Pyro- xeniten häufig beobachteter Umwandlungsvorgane, daß sie unter Wasseraufnahme direkt zu Talk und Chlorit zerfallen, wobei gleichzeitig Dolomit zur Abscheidung gelangt. Gemäß den Ergeb- nissen der mikroskopisch-optischen Untersuchung und den oben be- rechneten Gesteinsformeln hat der Kern unserer Topfsteinlinsen [81] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 133 sehr wahrscheinlich aus feldspatfreiem, an der Grenze gegen Gabbro stehendem massigen Pyroxenit bestanden, zusammengesetzt aus einem Gemenge von saurem Diopsid und einem tonerdereichen Diallag; ersterer lieferte den Talk, letzterer den Chlorit des Topfsteins; dagegen ist der Talkschiefer an der inneren Peripherie aus einem druckschieferigen W ebst erit hervorgegangen, dessen Kom- ponenten kalkarme, diopsidische Pyroxene waren. — Ferner bestand ursprünglich die äußere Prochloritschieferschale aus feldspat- freiem, druckschieferigem Amphibololit, zusammengesetzt aus vor- waltender basischer, an Al, O, und FeO reicher barkevitischer Hornblende an der Außenseite, untergeordnet einer inter- mediären Hornblende an der Innenseite. Die Außenschale überging zunächst an ihrer inneren Seite in Strahlstein, während der äußere Teil derselben dort, wo eine vermehrte Wasseraufnahme an den Salbändern begünstigt war, in Prochlorit unter gleichzeitiger Bildung großer Magnetite umgewandelt wurde. Obige Auseinandersetzungen haben Geltung auch für alle übrigen Topfsteinstöcke der Umgebung von Zöptau und Wermsdorf, insofern, als sie dieselbe gesetzmäßige Schalenstruktur erkennen lassen, was bei allen größeren Topfsteinlinsen zutrifft. Außerdem muB noch hervorgehoben werden, daß die Talkschiefer und Chloritschiefer unserer Topfsteinstöcke keine kristallinen Schiefer im landläufigen Sinne sind, wogegenihrstockförmigerkonzentrisch-schaliger Aufbau in entschiedener Weise spricht. Obigen Ausführungen gemäß waren es also Pyroxenite, welche das Substrat bildeten, aus dem die Topfsteinkerne auskristallisierten, dagegen ist deren Chloritschieferschale in einem basischen Amphibo- lolit prädisponiert gewesen. Es war eine feldspatfreieGrenzform der peripherischen Gabbrogesteine, mit denen sie geolo- gisch verknüpft sind, so daß sie mit diesen und den Dioritgneisen des großen Sattelkernes eine geschlossene petrographische Reihe bilden. Die Schalenstruktur der Topfsteinstöcke ist durch eine schlierige Anordnung des ultrabasischen Magmas entstanden, wodurch eine Differenziation von Tonerde- und Maonesiasilikaten nach den Salbändern hin stattgefunden hat, so daß wir in der überall bei allen Topfsteinstöcken gesetzmäßig angeordneten Chloritschieferschale die an Basen reichste Form des gemeinsamen Magmas zu erblicken haben. Die strukturellen Verhältnisse sowie die magmatische Ausschei- dungsfolge des großen Diorit-Gabbrolakkoliths finden wir an den Topfsteinstöcken im kleinen wiederholt. Diese lassen dasselbe Gesetz der Spaltungsvorgänge erkennen, so daß an der Peripherie zunächst ultrabasische, im Zentrum basische Glieder desselben erup- tiven Magmas zur- Auskristallisierung gelangten. Im Kern lagern grobkörnige und massige sowie grobklotzige Gesteine, während die Schale nach außen gegen die Salbänder hin stetig feinkörniger und feinschuppiger wird. — Was das relative Alter dieser Topfsteinstöcke, bezw. der ursprünglichen Pyroxenite in Beziehung auf die umschließenden Diorit- und Gabbrogesteine betrifft, gegen die sie diskordante, 134 Franz Kretschmer. [82] beziehungsweise durchgreifende Lagerung erkennen lassen, so sind sie wohl Xenolithen der gedachten Nebengesteine, sie haben diese letzteren durchbrochen und sind als der letztemporgekommene Teil des gemeinsamen Magmas anzusehen. Die Topfsteinmassen gehören also einem späteren Nachschub der eruptiven Diorit-Gabbromasse an, die bereits früher emporgestiegen und erstarrt war. — Die obengeschilderte Schalenstruktur findet ihre Erklärung in der mineralischen Prädisposition, die durch die mag- matischen Spaltungsvorgänge im vorhinein gegeben war, damit schien der Weg für die spätere Umkristallisation zu dem heutigen Mineralbestand der Topfsteinstöcke vorgezeichnet. Es ist sehr wahrscheinlich, daß diese eingreifende und umfassende Gesteins- umwandlung, welche die mächtigen Topfsteinstöcke zur Gänze er- faßt hat, durch kräftige Agentien bewirkt wurde, und zwar pneu- matolytische Prozesse, die zur Mitwirkung gelangten, als die zuletzt aufgebrochenen Pyroxenite bereits verfestigt waren und noch lange Zeit hindurch ihre Tätigkeit ausgeübt haben. Insbesondere waren es Thermalquellen und deren Dämpfe, welche aus den heißen Gesteinspartien aufstiegen und die Hydration und Oxy- dation der Pyroxenite bewirkten, denn eine Zufuhr anderer Stoffe hat nicht stattgefunden. Auf diese Weise konnten so bedeutende Ver- änderungen des Mineralbestandes der Topfsteinlinsen und ihrer Schalen zustandekommen, wie sie heute vor uns abgeschlossen liegen. Eine wesentliche Stütze erhält diese Ansicht durch die Tat- sache, daß die Topfsteinkörper in der Umgebung von Zöptau und Wermsdorf in der Regel von durchschnittlich ungefähr 1’0 m mäch- tigen gabbroiden Pegmatitgängen im Liegenden oder auch im Hangenden parallel dem Streichen begleitet werden, welche im nächsten Kapitel einer eingehenden Besprechung unterzogen werden sollen. Wo solche Pegmatitgänge nächst den Topfsteinvorkommen scheinbar fehlen, sind sie uns durch mangelhafte Aufschlüsse bisher verborgen geblieben. Jedenfalls ist die Bildung dieser Pegmatitgänge und die Umkristallisierung der Pyroxenite zu Topfsteinen auf genetisch verknüpfte Vorgänge zurückzuführen. V. Neuwirth!) hat sich neuerdings mit der Genesis der ge- dachten Topfsteinkörper befaßt und dabei den Nachweis zu erbringen gesucht, daß der Talk des Topfsteins und des Talkschiefers aus Strahl- stein entstanden sei, was insbesondere mit vereinzelt beobachteten Pseudomorphosen von Talk nach Strahlstein begründet wird. Nachdem Strahlstein ein sekundäres Umwandlungsprodukt ist, so müssen wir nach dessen Herkunft fragen, können also darin keine zureichende genetische Erklärung finden, abgesehen davon, daß Strahlstein in solch geformten Massen, wie sie zur Bildung der Topfsteinlagerstätten nötig wären, nirgends in der Umgebung von Zöptau vorkommen. Und was fangen wir mit der Strahlsteinschieferschale an, die in der Schieferhülle der Topfsteinkerne erhalten blieb? Warum ist nicht auch diese der Topfsteinbildung zum Opfer gefallen? Als Gegenbeweis dürfen wohl auch jene obengeschilderten Talkmassen dienen, die mit !) Jahrb. des mähr. Landesmuseums VI, 1906, pag. 170—175. [83] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 135 scharfkantigen Aktinolithprismen förmlich gespickt erscheinen. Jeden- falls kann auf dem von Neuwirth eingeschlagenen Wege, die Genesis der Topfsteinkörper durch chemisch-wässerige Tätigkeit zu deuten, keine Lösung gefunden werden. Daß Topfstein nicht aus Strahlstein ent- stehen kann, wird wohl durch obige Auseinandersetzungen, insbesondere durch die obigen chemischen Analysen nachgewiesen. Diese Sache ist nicht so einfach, speziell im Hinblick auf die bei allen Topfsteinstöcken gesetzmäßig wiederkehrende konzentrische Schalenstruktur, welche übrigens bei Neuwirth hinsichtlich ihrer Entstehung mit Still- schweigen übergangen wird! Die Prädisposition zur Bildung der Topf- steinkerne und ihrer Talkschieferhüllen sowie der äußeren Strahl- stein- und Chloritschieferschale ist unleugbar und kann nur durch Spaltungsvorgänge in einem ultrabasischen pyroxenitischen Magma erfolgt sein. Auf diese Weise findet der ausgezeichnete konzentrische Schalenbau der Topfsteinkörper sowie deren ovoide Gestalt eine mit dem Vorkommen in Einklang stehende befriedigende Erklärung. — Wären die Topfsteinkörper in dem Zöptauer Diorit- und Gab- bromassiv nicht vorhanden, müßten wir jedenfalls nach deren Ur- sprungsgesteinen, den Pyroxeniten und Amphibololiten, suchen, denn diese letzteren sind als ultrabasische Grenzglieder der Gabbroreihe fast in allen Gabbroformationen vertreten und mit den basischen und sauren Gliedern zu einer geologischen Einheit verknüpft, und zwar nicht immer als frische Gesteine, sondern häufig als daraus hervor- gegangene Serpentine, die durch das reichliche Auftreten von Talk und Aktinolith ausgezeichnet sind). So hat uns G. H. Williams die Kenntnis eines zu den Pyroxeniten gehörigen Websterits ver- mittelt, der aus rhombischen und monoklinen Pyroxenen besteht mit akzessorischem Plagioklas, Olivin und Spuren von Eisenerzen, die am Patapeco-River und bei Baltimore vorkommen und oft eine beginnende, seltener weit fortgeschrittene Serpentinisierung zeigen, bei welcher das reichliche Auftreten von Talk und Akti- nolith charakteristisch ist. Nicht selten fehlt (wie in unserem Falle) die Serpentinbildung ganz und es entsteht nur Talk inoftrechtgrobblätterigen Aggregaten. Ferner hat derselbe Autor Websterit von Skinner’s Cove, Nachvack, La- brador beschrieben, der etwas grüne Hornblende und Magnetit ent- hält und in vorgeschrittener Umwandlung zu Talk be- eritfen ist. Wie aus den obigen Ausführungen bezüglich der Gabbrogesteine, namentlich der Topfsteinstöcke, zu ersehen, ist die Umwandlung der Hornblende im Zöptauer Gabbrogebiet eine sehr mannig- faltige, und zwar liefert sie sowohl Strahlstein und Asbest, Klino- chlor und Prochlorit, zum Teil auch Tremolit und Talk, ferner Epidot etc., was seine Begründung in dem wechselnden che- mischen Charakter der Hornblende und den äußeren Ein- wirkungen findet. Es ist klar, daß die metasilikatische, grüne Hornblende bei der Gesteinsmetamorphose wesentlich Aktinolith, unter !)H. Rosenbusch, Physiographie d. Min. u. Gest. 4. Aufl., Bd. II, 1907, pag. 480. 136 Franz Kretschmer. [84] Umständen Tremolit und Talk, jedoch keinen Chlorit liefert, daß ferner die eisen- und kalkreiche Hornblende sich zunächst in Epidot und Aktinolith umwandelt, dagegen die orthosilikatische Hornblende vom Typus des Syntagmatits bei der Umwandlung sich zu Strahlstein und Orthochloriten, und zwar Klinochlor und Prochlorit, spaltet. Des weiteren ergibt sich durch Vergleichung der chemischen Analyse IX mit barkevitischer Hornblende, daß die Außenschale von Prochloritschiefer der Topfsteinkörper nur aus einer ähnlichen Al, O0; und Fe O reichen Hornblende entstehen, keineswegs Tremolit und Talk bilden konnte. Es soll nicht gesagt werden, daß aus diesen Hornblendevarietäten nur die obigen sekundären Mineralien um- kristallisieren konnten, vielmehr diese dem geringsten Grad von Veränderung gegenüber den ersteren entsprechen, daher zunächst- liegend erscheinen. — Verwendung des Topfsteines. Infolge seiner Feuerbeständigkeit wird derselbe hauptsächlich zu Ziegeln geschnitten, welche für solche hüttenmännische Feuerungs- anlagen der Eisenwerke zu Zöptau, Reutenhau und Stefanau Ver- wendung finden, wo geringere Temperaturen in Betracht kommen, und zwar für Ausmauerung der Kupolöfen, der Generatoren, Glüh- und Temperöfen, zu Dampfkesselfeuerungen etc. Dagegen werden die Hochofengestelle, die Schweiß- und Pudelöfen, also Feuerungs- anlagen, wo größere Widerstandsfähigkeit gegen hohe Temperaturen gefordert wird, immer nur mit den plattigen. Quarziten aus dem Petersdorfer Traußnitz (Fuchsstein und Hirsch- brunn) und von Weikersdorf unter Anwendung von Chamottemörtel ausgefüttert. Gegenwärtig wird jedoch sowohl der Tepfstein als auch der Quarzit durch Chamotteziegeln mehr und mehr verdrängt. Außerdem werden die Topfsteine wegen ihrer leichten Bearbeitung vielfach für die Zwecke des Hoch- und Straßenbaues verwendet, und zwar zu Tür- und Fensterstöcken, Wassertrögen, Futterkrippen, Pflaster- platten, ferner zu Geländersäulen, Radabweisern und Kilometersteinen etc. etc. Die Bauunternehmung der Herren Gebrüder Kleinin Wien hat im Jahre 18359 beim Bau der mährisch-ständischen Straße von Gabel nach Troppau die Topfsteinbrüche auf der Hüttellehne oberhalb Wermsdorf durch italienische Steinmetze im großen Maßstab ausgebeutet. — E. Saure Ganggesteine von pegmatitischem Habitus der Gabbrozone (Gabbropegmatite). Gleichwie der zentrale Dioritgneiskern werden auch die peri- pherischen Gabbrogesteine von geringmächtigen Pegmatitgängen durch- trümmert, speziell die Topfsteinstöcke sind es, die von derlei Gängen begleitet werden. Im Gegensatze zu den oben eingehend geschilderten alkalifeldspatreichen Pegmatitgängen des Dioritgneisgewölbes haben wir es hier mit Pegmatitgängen zu tun, die reich an Kalk- natronfeldspaten sind und auf denen mehrere Pegmatitvarie- [85] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 137 , täten einbrechen, und zwar Muskovitpegmatite, die gewöhnlich Alkalifeldspate mitführen, ferner Pyroxen- und Amphibol- pegmatite, die in der Regel hauptsächlich aus Plagio- klas bestehen, während der Orthoklas fehlt. Daneben werden Spaltungen in aplitische und quarzige Fazies auf ein und dem- selben Gange ausgebildet. Wir wollen nun an die Untersuchung der verschiedenen Varietäten dieser leutokraten Gesteine und der bemerkenswerten Vorkommnisse gehen. Der Muskovitpegmatit bietet ein panidiomorphes, groß- körniges Aggregat von weitaus vorherrschenden Feldspaten, und zwar Orthoklas mit Mikroklin und Plagioklas, während Quarz dagegen zurücktritt. Der silberweiße Muskovit ist spärlich eingestreut, nur gelegentlich in größerer Menge vorhanden; Biotit fehlt ganz oder ist sehr selten. Im Pyroxen- und Amphibolpegmatit überwiegt stets der Plagioklas über den Orthoklas, Quarz ist nur selten zu sehen, während Muskovit und Biotit gänzlich fehlen ; dagegen ist der Pyroxen oder in seiner Vertretung die Hornblende mehr oder weniger reichlich im Plagioklas eingesprengt, wodurch das Gestein auf weißem Grunde grüngefleckt erscheint. — a) Am Pfarrerb, NNO der Zöptauer Kirche, auf der bekannten Epidot-Albitfundstätte, sind die Pegmatitgänge teils mit Muskovitpegmatit, teils mit Amphibolpegmatit ausgefüllt. Im letzteren ist der Plagioklas weitaus vorherrschender Gemensteil; — in dessen zahlreichen miarolitischen Räumen sind an den Wandungen häufig kleine, wohlgebildete Zwillinge von Albit aufge- wachsen; die Kristalle sind dicktafelig oder säulenförmig nach der Hauptaxe gestreckt und sowohl nach dem Albit- als auch Periklin- gesetz sowie Karlsbader Gesetz verzwillingt. Die häufig eingesprengte Hornblende ist schwärzlichgrün, schilfig und langsäulig ausge- bildet sowie durch ihre interessanten Umwandlungen zu Aktinolith, Amiant und Asbest bemerkenswerte. — An anderen Stufen von hier beobachtete Verf. an Stelle des Amphibols langsäulige Aggregate von pistaziengrünem Epidot, welcher sich auf Kosten der kompakten Hornblende gebildet hat, worauf erhalten gebliebene Relikte der letzteren zweifellos hinweisen ; bei der Epidotisierung wurde wie gewöhnlich glasiger Quarz abgeschieden; als untergeordnete Begleiter sind zu erwähnen Ilmenit, Rutil nadelförmig und körnig. db) Am Mattenberge nordwestlich Marschendorf erscheinen als Komponenten eines solchen Pegmatitganges: vorherrschend Plagio- klas, und zwar Albit, eingesprengt mit olivengrünem Pyroxen und blaugrünem Amphibol, akzessorisch Titanit, Ilmenit und Rutil. In seinen Drusenräumen sitzen zahllose kleine, aber wohlgebildete, scharfe Albite, und zwar als Durchkreuzungszwillinge (ähnlich jenen von Col du Bonhome und Roc-Tournee); daneben Zwillinge nach dem Karlsbader und Periklingesetz; dazwischen sind zahllose neugebildete Ilmenitkörner, außerdem einzelne größere Bergkristalle zu bemerken. — c) Als ein merkwürdiger Pegmatitgang muß derjenige hervor- gehoben werden, welcher an der Ostwand des Topfstein- Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Band, 1. Heft. (Fr. Kretschmer.) 18 138 Franz Kretschmer. [86] bruches am Storchberg (Zöptau) einsetzt; derselbe ist durch den seitherigen Steinbruchbetrieb gut aufgeschlossen und besteht teils aus Pyroxenpegmatit als basischen, teils aus Glimmerpegmatit und glasigen Quarzmassen, den sauren Gliedern seiner Ausfüllungsmasse.. Die Komponenten des Glim- merpegmatits sind vorwaltend Orthoklas und Mikro- klin nebst Plagioklas, daneben macht sich etwas Quarz bemerk- bar; außer diesen wesentlichen Gemengteilen spielen brauner Biotit und goldgelber und silberweißer Muskovit doch nur eine unter- geordnete Rolle. — Dagegen führt der Pyroxenpegmatit neben vorherrschenden Kalknatronfeldspaten schwarzgrünen, pyra- midal-prismatischen Augit, hellgrasgrünen Diopsid; spärlich findet sich da und dort brauner Biotit, orangeroter Granat und Rutil- nädelchen und Körnchen. Die Augite zerfallen vorwiegend zu fein- schuppigem, smaragdgrünem Klinochlor und etwas wachsgelbem Talk. Amphibol und seine Umwandlungsprodukte scheinen hier gänzlich zu fehlen. Besonderes Interesse knüpft sich an den vor- waltenden weißen, perlmutterglänzenden Plagioklas dieser Pegma- titvarietät; derselbe besitzt einen nach M tafeligen Habitus; die nach der Hauptaxe gestreckten, u. d. M. farblosen Individuen sind nach dem Albitgesetz, häufig auch nach dem Karlsbader Gesetz ver- zwillingt, wodurch die P-Flächen starke Riefung zeigen und poly- synthetisch zu förmlichen Kristallstöcken verwachsen; auch Zwillingsbildung nach dem Periklingesetz ist in diesen prächtigen Kristallstöcken häufig; die Zwillingslamellen erscheinen dann an der M-Fläche in ungezählter Folge wiederholt und indem die erwähnten Zwillingsgesetze in Verbindung tretev, erscheint schöne Gitterstreifung der Mineralmasse, wobei sich die Lamellenzüge auf der Basis etwas schiefwinkelig schneiden; außerdem kommt durch Fortwachsung die ausgezeichnet lamellare Struktur dieser Feldspate derartig zustande, daß die Lamellen sowohl in der Richtung der Makrodiagonale parallel nebeneinander sowie in Richtung der Brachydiagonale hintereinander- gewachsen sind und gleichzeitig treppenähnlich vorspringen. Auch einfache Albitformen in polysynthetisch paralleler Verwachsung sind keineswegs selten; überhaupt kann man sich nicht bald etwas Schöneres als diese Kristallstöcke von Albit und Periklin vorstellen. Eine an den Spaltblättchen ausgeführte Bestimmung der Auslöschungs- schiefe ergab + 4° 30° im Albitzwilling, wodurch die Bestimmung des Plagioklases als Albit bestätigt wurde. In unmittelbarem Kontakt mit der Chloritschieferschale der Topfsteinlinse ist der Albit zu dichtem, mattem, wachsähnlichem Zoisit umgewandelt und mit Bruchstücken des Chloritschiefers teilweise verknetet. — Schriftgranitische Verwachsungen fehlen hier gänzlich, sie sind auch im Glimmerpegmatit nicht häufig, da der Quarz zur selbständigen Ausscheidung neigt. Obige Pegmatitvarietäten weisen darauf hin, in welchem Maße dieselben von ihrem Stammagma abhängig waren und wie die Um- wandlungserscheinungen an ihrem Mineralbestande mit denjenigen ihrer Umgebung in Übereinstimmung stehen, weil denselben Ursachen unterworfen waren. — [87] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 139 Oberhalb dem Topfsteinbruch am Storchberggegen den Rabenberg, stieß ich auf einen ähnlichen Pegmatitgang, in dessen Umgebung der herrschende Gabbroschiefer in Chlorit- schiefer umgewandelt erschien und worin noch bis 0:5 m große Hornblenditkugeln als Relikte erhalten geblieben sind. Dieser Chloritschiefer war durch zwei Schurfgräben gut aufgeschlossen, welche in der Hoffnung auf Topfstein gezogen wurden, die sich jedoch nicht erfüllt hat. d) Der Topfsteinstock am Hausberg im Sensenzipfel (Wermsdorf) wird ebenfalls von einem Pegmatitgang begleitet, der jedoch hier im unmittelbaren Ilangenden einsetzt. — e) In der Nachbarschaft der Topfsteinstöcke an der „Hinteren Hüttellehne* (großer Bruch) treten auch solche Pegmatitgänge, und zwar hier im Liegenden auf, die ebenfalls vorwiegend aus stark zwillingsstreifigem Plagioklas mit eingesprengtem Pyroxen und Amphibol zusammengesetzt sind, welch letzterer des öfteren zu nadeligem Aktinolith und Asbest umgewandelt erscheint; die Wände ihrer miarolitischen Räume sind von Albit- und Periklinzwillingen besetzt oder diese letzteren bilden auch hier prächtige Kristallstöcke. In den Drusenräumen wurde außerdem säulenförmiger, pistaziengrüner Epidot, ferner schneeweißer Desmin, in Büscheln kreuz und quer angeschossen, als auch andere unbestimmte Zeolithe sowie Chloritstaub als ÜUberrindung beobachtet. — Daß diese Plagjioklas-Pegmatitgänge, welche in der Regel die Topfsteinstöcke begleiten, mit diesen genetisch verknüpft sind, scheint nach allem zweifellos. Feldspatfreie, stockförmige Pyroxenite und kalknatronfeldspatreiche Pegmatitgänge sind die extremen Formen eines gemeinsamen ultrabasischen Magmas und bilden im Hinblick darauf ein zusammengehöriges Ganzes. Wahrschein- lich sind die Plagioklaspegmatite auf denselben Spalten beziehungsweise Schlotten später emporgedrungen, auf welchem früher die Ursprungs- sesteine der Topfsteinstöcke, die Pyroxenite, emporgekommen waren. Jedenfalls waren es Kontraktionsspalten in dem erstarrten Diorit-Gabbro- massiv, auf dem diese Nachschübe des Magmaextraktes stattfanden. Die Umwandlung der Pyroxenite in Topfstein dagegen beruht auf hydro- thermalen Prozessen, welche noch lange Zeit hindurch auf diesen Spalten nachwirken konnten. — V. Die kristallinische Schieferhülle. Dieselbe zerfällt in zwei voneinander verschiedene petro- graphische Bezirke, von denen sich der kleinere von SSW her über einen Teil des Zöptauer metamorphen Diorit- und Gabbromassivs ausbreitet und vorwaltend aus Glimmerschiefern und Quarziten besteht, dagegen das an der Nordostflanke verbreitete, hauptsächlich aus Schiefergneisen zusammengesetzte Gebiet von NO her das gedachte Massiv bedeckt, dergestalt, daß letzteres unter ersteres 137 140 Franz Kretschmer. : E 8] untertaucht. Gewichtige Gründe sprechen dafür, daß die Glimmer- schiefer und Quarzite die obere, dagegen die Schiefergneise die untere Stufe vorstellen. A. Die Glimmerschiefergruppe und ihre Kontakthöfe. Dieser an der Südwestflanke der Zöptauer metamorphen Eruptiv- masse ausgebreitete Teil der Schieferhülle repräsentiert einen Komplex mannigfaltiger, rasch wechselnder Gesteinstypen, der überall an den Grenzen gegen die Tiefengesteine durch ausgedehnte Kontakt- sebilde von ansehnlicher Mächtigkeit ausgezeichnet ist, welch letztere untenfolgend den Gegenstand eingehender Schilderung bilden sollen. An der Zusammensetzung dieses Teiles unserer Schieferhülle beteiligen sich nachstehende Gebirgsglieder: 1..Quarzite. 2. Weißer Muskovit-Glimmerschiefer, zum Teil Granat- und Staurolith-Glimmerschiefer, auch Fuchsitschiefer und Disthen- Glimmerschiefer. 3. Echte Phyllite, feldspatige Phyllite (Gneisphyllite). 4. Manmnigfaltige Amphibolite und Grünschiefer von Diabasen abstammend. Der grobschieferige Quarzit übergeht durch Zunahme des Glimmers auf Kosten des Quarzes allmählich in Glimmerschiefer ; derselbe nimmt gelegentlich Feldspat auf und erscheint dann als Gneisglimmerschiefer. Letzterer übergeht des Öfteren durch phyllit- ähnliche, feldspatreiche Glimmerschiefer in Pbyllite, welche ihrerseits Feldspate und Muskovit aufnehmen und Gneisphyllite bilden. Der Feldspat ist gewöhnlich auf die Glimmerflasern beschränkt und bildet daselbst Flaserkerne. Durch die kolossalen Abtragungen des zentralen Längstales der Merta und des Zöptauer Quertales wurde die gedachte Schieferhülle in zwei heute voneinander getrennte Flügel und viele Schollen zerstückt, dagegen die Scheitelkalotte fehlt, deshalb die Rekonstruktion der einzelnen Teile dieses einstmals ausgedehnten Daches auf Schwierigkeiten stößt. (Siehe die geologische Übersichtskarte und Querprofile Fig. 1 und 2, Tafel V.) Als Überreste der einstigen Schieferhülle sind bisher folgende Gesteinskomplexe festgestellt worden: a) Ausgebreitete Quarzit- und Glimmerschieferzone im Trauß- nitzwald, die vom Fuchsgrund und dem Mittelstein herüberstreicht und am Butterhübel, den Hammerbüscheln, ferner an ihrem Südostflügel, das ist am Rauhbeerstein, zungenförmig in das metamorphe Diorit- und Gabbromassiv eingreift. Dieselbe umfaßt in Ihrem Hangenden mächtig entwickelte Quarzite, dagegen im Liegenden vier schwächere Quarzitlager, welche in die daselbst herrschenden Glimmerschiefer und Phyllite eingefaltet sind und ein interessantes Beispiel von Schuppenstruktur darbieten, wie wir weiter unten sehen werden. b) Relikte der Quarzit- und Schieferschollen am Kupferbersg, dicht westlich Wermsdorf. [89] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 141 ’ c) Große Quarzit- und Schieferscholle am Weißenstein nebst untergeordneten Einschaltungen davon am Ostgehänge des Schwarzensteines zu Petersdorf. d) Der restliche peripherische Nordwestflügel an dem Westgehänge des Steinigberges, des Schwarzensteines und in der Gabel an der Einmündung des Mertabaches in den Teßfluß nächst Petersdorf. — Überall dort, wo die Hüllschiefer an den metamorphen Diorit- und Gabbrokern und dessen Apophysen grenzen, haben sich charakte- ristische Kontaktgesteine in der Grenzzone ausgebildet, speziell werden die in die Eruptivmasse versenkten Schieferschollen rings umher von mehr oder weniger mächtig entwickelten Kontaktgebilden begleitet oder es wurden lokal ganze Schollen von der Kontakt- metamorphose erfaßt. Die Ahnlichkeit der Hüllgesteine, das heißt deren Relikte am Nordwestflügel am Weißenstein, Schwarzenstein und Steinigberg, mit jenen am Südostflügel im Petersdorfer und Zöptauer Trauß- nitzwald ist eine solch frappante, daß über die einstige Zusammen- gehörigkeit derselben vor deren Zerstörung kein Zweifel obwalten kann. Nachdem der Südostflügel unserer Schieferhülle noch weit besser und vollständiger erhalten ist, so soll nun zunächst dieser näher betrachtet werden. I. Kontaktschiefer und -Quarzite am Butterhübel (Lasswirtschaft) im Petersdorfer Traussnitz. Begreift man unter Glimmerschiefer ein Gemenge von Glimmer und Quarz, so wird im Gegensatze dazu der granatführende Schiefer vom Butterhübel gänzlich aus feinsten Lamellen von silberweißem Muskovit zu welligen Strähnen geordnet aufgebaut, worin der Quarz gewöhnlich fehlt, es ist also ein reiner Musko- vitschiefer; derseibe wird infolge Verwitterung erbsgelb, rostgelb, tombakbraun, durch Eisenglanzschüppchen blutrot oder durch Graphit rauchgrau gefärbt. Auf den Strukturflächen macht sich überall starker Seidenglanz geltend, die Muskovitlamellen legen sich um die zahlreichen Porphyroblasten von Granat etc. wellig herum und gewähren auch sonst den Anblick ausgezeichneter Parallelstruktur sowie zartester Fältelung. Die erwähnten Porphyroblasten von Almandin (Eisentongranat) sind kolumbin- und karmoisinrot bis amethystfarbig, durchsichtig, mit starkem Glasglanz, die Kristalle 4 bis 8 mm groß, ihre Kristall- formen sind: © 0 (110); 202 (211).00 (110); © 0 (110). 305 21); sämtliche Flächen von © O zeigen zarte Streifung parallel zur längeren Diagonale; die Kristalle oft zu Kristallstöcken vereinigt; auf den Strukturflächen auf- und eingewachsen. — Der gemeine Granat zeigt gewöhnlich nur die Form oO (110) und ist oft in sehr zahlreichen erbs- bis haselnußgroßen Kristallen in dem hell- farbigen Muskovitschiefer eingewachsen; die Kristalle sind matt, glanzlos, undurchsichtig, sehr häufig mehr oder weniger kantengerundet oder aber zerfressen; lokal ist das Gestein völlig damit gespickt. — 142 Franz Kretschmer. [90] Staurolith ist hier nur im untergeordneten Maße vertreten, dabei meistens stark korodiert. — Dagegen ist der Magnetit in zahllosen kleinsten O (111) und Körnchen der Muskovitmasse allüberall reichlich eingestreut. — Aus der Wechselwirkung von Plagioklas und Hornblende sind interessante Kontaktgebilde von Epidot entstanden, und zwar ist es grau- bis grasgrüner Pistazit in derben, körnigen sowie zuweilen auch kurzsäuligen Aggregaten in Begleitung der Aus- scheidungsprodukte: glasiger Quarz, Ilmenit und Limonit; in den Epidotdrusen findet sich Periklin, Amiant und Asbest. Der Pistazit tritt im Schiefer als schwache Adern und Ganstrümmer, die rasch absetzen, auf. — Ahnliche Kontaktmineralien wie hier am Liegendkontakt der Quarzit-Glimmerschieferzunge hat man weiter unterhalb am Westge- hänge des Butterhübels insbesondere dort angetroffen, wo der Wirt- schaftsweg tiefer in das Terrain einschneidet und gute Aufschlüsse darbietet. Der Muskovitschiefer ist auch hier mit gemeinem Granat in kleinen Kristallen gespickt, derselbe nimmt Chrom- slimmer auf, dadurch in schmalen Lagen grüngefärbt, dann Fuch- sitschiefer genannt. — Der Quarzit ist lokal sehr muskovit- reich sowie umkristallisiert, die Körner gerundet und innig verflößt; darin finden sich zahlreiche Bergkristalle zu Gruppen geordnet oder zu Drusen vereinigt, worin IIlmenit in Körnern und Plättchen sowie vereinzelt kleine stahlblaue Anataspyramiden, Rutil in Körnern sowie in kürzeren oder längeren Prismen gefunden wurden. Die Bergkristalle sind wohl nur 2 bis 10 mm groß, zeigen außer oaR.+tR.2P2 auch untere und obere Trapezoeder; die Flächen — R gewöhnlich natürlich geätzt, auf © R horizontale Streifung; neben den meist einfachen Individuen fehlen keineswegs Zwillinge. Im Gegensatze zu diesen Produkten der Umkristallisation sind andere Kontaktquarzite mehr oder weniger mit Pistazit imprä- gsniert oder sie nehmen größere Mengen von Plagioklas auf, da und dort finden sich darin etwas Granat, Diopsid, zum Teil in Talk umgewandelt. Einzelne Lagen dieser Kontaktquarzite sind mit Pyrit der Form © O0 © sowie in körnigen und kavernösen Aggregaten dicht gefüllt, welche jedoch gänzlich zu Göthit und Limonit umge- wandelt erscheinen. Die Fortsetzung der Quarzit- und Glimmerschieferzunge vom Laßweg finden wir im Taubenbüschel und in dem Rechtsgehänge des Krebsgrundes wieder, wo sie mit dem breiten Quarzitlager gegen SSW zusammenhängt; hier sind die Glimmerschiefer ebenfalls mit Granat reichlich gespickt, während die Quarzite durch ihren Reich- tum an Muskovit und Serizit derart auffällig erscheinen, daß sie teils als Quarzglimmerfelse, teils als flaserige Quarz- schiefer bezeichnet werden müssen. Diese Mineralneubildungen, Anreicherungen mit Erzpartikeln und Beschaffenheit der Gemengteile sowie Hornfelsstruktur sprechen deutlich dafür, daß gedachte Gesteine durch Kontaktmetamorphose am Diorit-Gabbromassiv umkristallisierten, wobei neue Komponenten darin entstanden sind. I) [91] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 143 2. Kontaktschiefer und Kontaktgneise in den Hammerbüscheln im Traussnitz, östlich Petersdorf. An dem Nordgehänge des Krebsgrundes greift die von SSW vordringende Schieferhülle mehrfach keilförmig in das meta- morphe Diorit-Gabbromassiv ein und haben sich in der ansehnlich verbreiteten Kontaktzone des daselbst anorthositähnlichen Gabbro, beziehungsweise seiner Amphibolite bemerkenswerte Kontaktgesteine ausgebildet. Dem gelblichweißen bis erbsgelben, seidenglänzenden Mus- kovitschiefer vom Butterhübel begegnen wir auch hier, jedoch ist er daselbst häufig dadurch ausgezeichnet, daß neben Muskovit smaragdgrüner bis spangrüner Fuchsitals wesentlicher Gemeng- teil auftritt, dem Gestein eine intensiv spangrüne Färbung verleihend. Im Gegensatz dazu steht die durch Hämatitschüppchen und Hämatitstaub blutrot gefärbte Varietät des Muskovitschiefers. Neben Muskovit bemerkt man in diesem Schiefer häufig Bündeln von faserigem und strähnigem, farblosem und weißem Sillimanit. In diesem Glimmerschiefer liegen ferner mehr oder weniger zahlreiche Ein- sprenglinge von Staurolith und Granat (teils Almandin, teils gemeiner Granat), seltener ist Disthen, um welche Porphyroblasten sich die dünnen, elastisch biegsamen Schieferlamellen flaserig herum- legen; außerdem enthält die Glimmermasse Magnetit in zahllosen Oktaödern, Körnchen und Trümmchen, zum Teil in Brauneisenerz verwittert; akzessorisch ist farbloser und weißer Plagioklas und Quarz. Die geschilderten Gesteine sind oft mit Staurolith, weniger mit Granat völlig gespickt und daher vorherrschend Stauro- lith-Muskovitschiefer, beziehungsweise Staurolith-Fuch- sitschiefer. Dıe erwähnten Kontaktmineralien sind wie folgt ausgebildet: Staurolith zumeist in einfachen, säulenförmigen Kristallen der Form © P (110). P &(010).. oP (001) bis 20 mm lang, 6 mm dick, schwarzbraun, mehr oder weniger glas- glänzend, des öfteren in schiefwinkeligen Kreuzzwillingen, wobei 38 Ko aus P2 5 (232) Zwillingsebene, demzufolge beide Individuen unter 60° gekreuzt. Eine andere, ebenso häufige Kombinationsform ist: o P (100). o P&(010).Px&(101).oP (001); wobei oP zuweilen fehlt, dann die Kristalle an den beiden Polen mit scharfer Schneide endigen. — Disthen (Cyanit) in langsäulenförmigen, bläulich und grünlichblau gefärbten, zuweilen wellig gebogenen oder zerrissenen Kristallen bis 25 mm lang, 3 mm breit in der gewöhnlichen Komb.-Form: o Po (100). P & (010) vorwaltend sowie &P(110).« P' (110) unter- geordnet, o P (001) selten, zumeist nur dünn- und breitstengelig; öfters zu garbenförmigen Aggregaten vereinigt. — Granat: hanfkorn- bis erbsengroße Kristalle der Form » 0, sehr oft kantengerundet, unregel- mäßig, kugelig, und zwar zumeist gemeiner Eisentongranat, rotbraun, undurchsichtig, mait oder glasglänzend; häufig jedoch auch als Almandin, karmoisin- und kolumbinrot, Kristalle der vielfachen 144 Franz Kretschmer. [92] Form © OÖ oder in Komb. mit 202, durchsichtig, bei starkem Glas- glanz, Bruchflächen fettglänzend. — Mit den gedachten feinschieferigen Kontaktschiefern von aus- gezeichneter Parallelstruktur und Fältelung stehen innig verknüpft srobschieferige, grobklotzige Gesteine, die sich als grob- körnige Gemenge von Orthoklas und Plagioklas, Muskovit und Fuchsit, Quarz, Staurolith und Granat erweisen; als Nebengemengteile sind darin vertreten: Magnetit und Ilmenit, Silli- manit und Disthen. Feldspate und Quarz sind da und dort durch Eisenglanzschüppchen blutrot gefärbt, der Staurolith zumeist kurz- säulig und in einfachen Kristallen. -— Andere Stufen lassen als Hauptgemengteile erkennen: Zwillingsstreifigen Plagioklas, zum Teil in deutlichen Kristallen, Orthoklas, Staurolith, Musko- vit und Fuchsit, reichlich faseriger Sillimanit, der insbesondere den Staurolith in Strähnen bedeckt, und Cordierit in blauen Körnern und Kristalloiden, wenig Quarz, zum Teil schriftgranitisch verwachsen; Magnetit und Ilmenit bilden Nebengemengteile. — Diese Gesteine besitzen die typische Hornfelsstruktur der Kontaktgesteine; auf den Strukturflächen treten die Feldspate als dichtgedrängte Knoten hervor (Blatterstein), so wie sie auch häufig die Flaserkerne bilden, um welche sich der Glimmer wellig anschmiegt. Diese Gesteine wären somit als Staurolith-Kontaktgneise anzusprechen. — 3. Der Südostflügel der Schieferhülle am Rauhbeerstein. a) Granatglimmerschiefer am Nordabhang. Auf der Spitze des Rauhbeersteins (Kote 790 m) selbst, türmt sich der Phyllit in nackten, zu Tage anstehenden Felsmassen hoch auf und fällt steil gegen West ab, während gegen Ost hin sich das Terrain sanft abflacht, ein Verhalten, das sich in der Schieferhülle und dem weiter östlich angrenzenden Unterdevon häufig wiederholt. Der Nordabfall des Berges besteht aus Glimmerschiefer, Quarzit, Phyllitgneis und echtem Phyllit in Wechsel- lagerung, welche Gesteine auch hier in die zentrale metamorphe Eruptivmasse keilförmig vorstoßen. (Siehe geol. Kartenskizze Taf. V.) Der Glimmerschiefer enthält jedoch neben seinen normalen Kom- ponenten auch noch größere Biotitschuppen, haselnußgroße Granatkristalle, insbesondere in den massenhaft eingelagerten Quarzlinsen und Quarzadern; dagegen herrschen an der West- seite des Rauhbeersteins seidenglänzende, rauchgraue Phyllite von zarter Fältelung, welche steil abstürzen und rasch in helle, gelblichweiße Glimmerschiefer verlaufen, die sowohl durch ihren auffälligen Seidenglanz sowie durch die darin massenhaft auf- tretenden Staurolithe ausgezeichnet sind, wovon untenfolgend die Rede sein wird. Das allgemeine Streichen schwankt 1 h bis 3 h, das Fallen er- folgt konstant gegen NW zwischen 19 h bis 21 h abwechselnd, an der Nordseite X 65—70°, auf der Bergesspitze X 40-—-45°, ferner an der Westseite unter X 45°. Die streichenden Kreuzklüfte folgen [93] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 145 Y = - 4 h, das Verflächen 10 h unter X 80%; dagegen die stärker geöffneten Querklüfte 9 bis 10 h streichen und mit 3 bis 4 h unter X 70 bis 80° verflächen. Solche Diaklasen wiederholen sich in der Umgebung von Zöptau in allen Formationsgliedern mit gesetzmäßiger Regelmäßigkeit, weil sie ihre Entstehung den großen, allgemein wirkenden geodyna- mischen Druckkräften verdanken, worauf wir noch weiter unten zurückkommen werden. Die Granatfundstelle am Nordabhang des Rauhbeersteins liegt bereits auf Zöptauer Terrain, und zwar auf den Wald- und Acker- parzellen der Erbrichterei, wo sich das granatführende Gestein, teils anstehend, teils in zahllosen Blöcken und Trümmern herumliegend, insbesondere auf den „Steinrücken“ findet. Der hier eingesprengte Granat ist ein undurchsichtiger semeiner Granat, der zum Eisentongranat gehört, seine kirsch- roten und rotbraunen durchwegs größeren, stark glasglänzenden Kristalle der einfachen Form o OÖ, sind gewöhnlich den Quarz- linsen des Glimmerschiefers eingewachsen, sie erreichen in der Regel die Größe von 15 bis 20 mm und darüber. b) Staurolithschiefer, Staurolithgneis und Staurolith- fels am Westabhang des Rauhbeersteins. Diese wichtigen Kontaktgesteine liegen bereits auf den zur Gemeinde Petersdorf gehörigen Waldparzellen, wo der hellfarbige, seidenglänzende Glimmerschiefer zu Tage ansteht oder in großen Blöcken aus dem Waldhumus hervorragt; darin finden sich neben den normalen Gemengteilen Muskovit und Quarz, letzterer in Adern und Linsen, viel Plagioklas (Albit) und etwas Orthoklas in Körnern, nebst schuppigem Biotit; derselbe ist zumeist mit größeren Staurolithen mehr oder weniger gespickt, die von Muskovit- lamellen umflossen sind; akzessorisch ist Fisentongranat, insbe- sondere in den Quarzadern und Linsen; ferner hirsekorngroße Magne- titkriställchen der Form O oder auch in gerundeten Körnern. Die deutlich pleochroitischen Biotitschuppen sind insbesondere in den Muskovit- und Plagioklasaggregaten eingestreut. Der Staurolith ist in der Regel dem Glimmerschiefer einge- wachsen oder auf seinen Strukturflächen aufgewachsen, teils in lang- prismatischen Einzelkristallen der Komb.-Form & P » (010)... P (110). P & (101), teils in zahlreichen schiefwinkeligen Kreuzzwillingen, EEE wobei sich die Individuen unter 60° schneiden und z P> @3) als Zwillingsebene erscheint, zuweilen schneiden sie sich unter 90°, daher B) 5 Po (032) die Zwillingsebene bildet. Die Kristalle sind schwärz- lichbraun, mitunter rötlichbraun, zeigen harzigen Glasglanz, sind undurchsichtig bis durchscheinend, pleochroitisch: c dunkelbraun ins Rote, « und 5b beide ähnlich lichtgelb, Härte = 7...7'5. Die lang- prismatischen Einzelkristalle erreichen die Größe bis 30 mm Länge und 10 mm Dicke, die Kreuzzwillinge sind gewöhnlich kleiner, Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Band, 1. Heft. (Fr. Kretschmer.) 19 146 Franz Kretschmer. [94] 20 mm lang und 5 mm dick. — Der mitvorkommende Granat ist gewöhnlich nur klein, zirka 3 bis 8 mm groß, es ist ein Eisenton- granat, undurchsichtig bis durchscheinend, kirschrot bis rotbraun, und zeigt gewöhnlich die wohlgebildete scharlkantige einfache Form ® 0, selten die Kombinationsform © O (110).3 O - (321). Da und dort erscheint der Granat durchsichtig, sanft rosenrot gefärbt und gehört zum Almandin. — Der Muskovit ist zum Teil serizitisiert und nehmen solche Serizitaggregate zuweilen eine faserige Textur an, welche dennoch äußerst zartschuppig erscheint. — Durch Zunahme der Staurolithe und der Feldspate im Stauro- lithschiefer auf Kosten der lamellaren Komponenten wird ein grob- körniger Staurolithgneis von granoblastischer Struktur ausgebildet, welcher insbesondere auf dem Querbruch ein mit Feldspaten, Staurolith, zum Teil Granat förmlich gespicktes Aussehen be- sitzt. — Zuweilen nimmt die Menge des Stauroliths derartig zu, dab er zum Hauptbestandteil wird, während Quarz, Muskovit und da und dort Plagioklas lediglich die Zwischenräume des idiomorphen Stauroliths ausfüllen; das Gestein erscheint schwarzbraun, von sehr grobkörniger, granoblastischer Struktur und muß füglich als Stauro- lithhornfels bezeichnet werden. — Diese prächtigen, plagioklas- reichen Staurolithschiefer und Staurolithgneise sowie die Staurolith- felse sind echte Kontaktgesteine, worüber die massenhaften Neubildungen wie nicht minder ihre Hornfelsstruktur keinen Zweifel übrig lassen. Dieselben sind an jene Apophysen gebunden, welche die Dioritgabbromasse auch hier an der Südostflanke ihrer Schieferhülle zwischen die Gesteine der letzteren entsendet und in der Grenzzone obige Gebilde der exomorphen Kontaktmetamorphose hervorgerufen hat. — Was die Mächtigkeit der obengeschilderten Kontaktbildungen betrifft, so ist man nur auf Schätzungen angewiesen, weil Waldbedeckung tieferen Einblick hindert, immerhin kann die Mächtigkeit nach den vorhandenen Entblößungen, Steinhalden und Lesestücken auf 20 bis 40 m und darüber geschätzt werden. — c) Granat-Glimmerschiefer bei der Annaquelle nächst dem Heidelbeerstein im Traußnitz. Diese Lokalität ist durch die im Muskovit-Glimmerschiefer massenhaft eingewachsenen Granaten ausgezeichnet und seit längerer Zeit in Sammlerkreisen, aber noch nicht in der Literatur bekannt. Von hier stammen die meisten und schönsten Zöptauer Granaten und Granatglimmerschiefer, welche in den privaten und Öffentlichen Samm- lungen Österreichs und Deutschlands zu sehen sind. Der daselbst auftretende weiße, stark seidenglänzende Glimmerschiefer streicht vom Rauhbeerstein hierher und besteht vorwiegend aus Muskovit und Quarz in Leisten, Trümmern und Linsen. Der Muskovit verwittert häufig rostgelb bis tombackbraun oder er ist durch Eisenglanzschüppchen blutrot, durch Graphit rauchgrau gefärbt, weshalb der Schiefer in denselben Farben erglänzt; der Magnetit ist auch in diesem Schiefer in zahllosen Körnchen eingestreut. [95] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 147 Der hier dem Glimmerschiefer in zahllosen Individuen einge- wachsene Granat ist gewöhnlich 5 bis 10 mm groß, größere Kristalle messen 20 bis 30 mm, sie erscheinen durch ihre regelmäßige, voll- flächige und scharfkantige Rhombendodekaäderform sowie deren lebhaften Glasglanz bemerkenswert, ihre Farbe ist in der Regel tief- dunkelrotbraun, seltener braunrot, undurchsichtig und kantendurch- scheinend, sie sitzen oft dichtgedrängt in zahlreichen Kristallen beisammen. Andere Mineralien scheinen hier nicht assoziiert zu sein. — In der Nachbarschaft dieser reichen Granatfundstelle wurde in jüngster Zeit in demselben Glimmerschiefer noch ein zweiter Granatfundort aufgedeckt, welcher gegenwärtig prächtige Stufen mit ebenso wohlgeformten Granatoedern liefert. — In der Nähe obiger Granatfundstätten lagert einschieferiger Amphibolit, dem Eisentongranaten eingesprengt sind, auf dessen Klüften Verf. schöne Drusen 5 bis 10 mm großer Berg- kristalle beobachtet hat, welche durch Eisenoxyd weingelb gefärbt erscheinen. Auf diesen Bergkristallen sitzen nun stahlblaue und cochenillrote Kristalle von Anatas, die 3 bis 5 mm groß sind; ihre Komb.-Form ist bei vorherrschenden Pyramiden: P (111). oP (001); und Pill). > P (112): sie sind halbdurchsichtig bis undurchsichtig und zeigen metallischen Diamantglanz. — Daneben kommt in den Bergkristalldrusen auch der Rutil in gelblichbraunen Säulen vor, und zwar in der Komb.-Form: oo P (110). oP (001); durchscheinend bis undurchsichtig, bei metallischem Diamantglanz. Dieses Vorkommen und jenes obenge- schilderte vom Butterhübel (Laßwirtschaft) bringt die Zöptauer Mineral- fundstätte gewissen alpinen, insbesondere jenen aus dem Rauriser und Krimmler Tal, näher. Hierher dürfte wohl auch jener Glimmerschiefer von Zöptau gehören, über den bereits F. Kolenati!) ohne nähere Fundortangabe berichtete und worin Turmalin in braunschwarzen bis 25 mm langen Prismen zusammen mit Staurolith vorkommt. Verf. fand seinerzeit einen graubraunen Glimmerschiefer mit solch großen Turmalinen (Schörl) bei Rudelsdorf, also am östlichen Flügel unseres Schiefermantels, allerdings nicht anstehend, sondern nur im Bachbettgerölle des Zöptauer Baches in größerer Menge. 4. Die Quarzitbrüche im Fuchsstein, Hirschbrunn im Petersdorfer Traussnitz und im Riegelbusch bei Weikersdorf. Die Quarzite daselbst bilden wesentliche Bestandteile der- selben Glimmerschieferzone, welcher die obengeschilderten exomorphen Kontaktgebilde angehören; erstere bestehen zunächst aus einem breiten Lager am Hangenden, dem gegen das Liegende vierin den Glimmerschiefer und Phyllit isoklinal ein- !) Die Mineralien Mährens und Schlesiens, pag. 47. 19* 148 Franz Kretschmer. [96] gefaltete schwächere Quarzitlager nachfolgen. Mit dem Fuchssteinbruche wird das erste Liegendlager abgebaut, das vom Krebsgrunde mit der Richtung SSW in den Fuchsgrund streicht. Der Hirschbrunnsteinbruch hat das zweite Liegendlager zum Gegenstande des Abbaues, das vom Krebsgrund gegen den Mittelstein weiterstreicht. Das breite Hangendlagser findet seine Fortsetzung im Riegelbusch bei Weikersdorf, worin hier zahlreiche Stein- brüche betrieben werden; weiterhin versinkt es unter dem Diluvium des Teßtales. Der QuarzitdesFuchssteinbruches ist ein kleinkörniges Asgregat innig miteinander verschränkter Quarzkörner mit glänzendem Bruch, dessen Parallelstruktur durch den auf den Schieferungsflächen reichlich verteilten Muskovit bedingt wird. Auf den Schieferungs- und sonstigen Strukturflächen ist dunkelstahlgrauer Eisenglimmer sowie blutrotes Roteisenerz aufgestreut, außerdem finden sich daneben vereinzelt gelbroter, säuliger oder körniger Rutil sowie da und dort schwärzlichbraune Ilmenitkörner. Glimmer und Erze verwittern gern zu messinggelben, kirsch- und blutroten Uberzügen auf den erwähnten Strukturflächen. Die Quarzite und Quarzschiefer im Traußnitz zeigen außerdem auffallende Spuren der. Einwirkung mechanischer Kräfte, und zwar Streckung, Zerrung und Fäitelung, so wie sie auch stellen- weise zu parallel gerieften Scheiben mit splitterigem Bruch zerquetscht erscheinen. H. Wilschowitz fand in den Quarziten der Rauhbeer- steingegend gar nicht selten Schnüre und Lagen sowie mehr als faustgroße Knollen grobspatigen Kalzit. — Das Quarzitlager des Fuchssteinbruches hat zum Hangenden einen stark verwitterten feldspatigen Phyllit (Gneisphyllit); sein: in Abbau genommene Mächtigkeit beträgt 16 m; gegen das Liegende hin übergeht er sukzessive durch Anreicherung der Muskovite in Glimmerschiefer. Das allgemeine Streichen ist 2 h, das Verflächen 20 h unter X 60° Von den gesetzmäßigen Klüften, die gerade im vorliegenden Falle von großer Wichtigkeit sind, werden beobachtet streichende Kreuzklüfte, deren Streichen 2 h, dagegen das Verflächen 8h X 40° ist; Querklüfte, deren Streichen 10 h, das Verflächen nach 4 h unter X 60 bis 70° ist; diese folgen sich in Inter- vallen von 50 bis 90 cm, während die Schichten 0:10 bis 35 cm in der Mächtigkeit wechseln. Hier sehen wir also dasselbe Diaklasen- system ausgebildet, wie wir es überall in der Umgebung von Zöptau in merkwürdiger Regelmäßigkeit zu beobachten Gelegenheit haben, wo dasselbe in den Quarziten besonders scharf ausgeprägt ist und dem wir die schöne Spaltbarkeit dieser Gesteine zu danken haben, welche sie für hüttenmännische Feuerungsanlagen erst verwendbar erscheinen läßt. Ahnliche Lagerungs- und Strukturverhältnisse herrschen auch im Hirschbrunnsteinbruch; im Hangenden verwitterte Phyllite, im Liegenden Übergänge in Glimmerschiefer; die Quarzite sind jedoch hier mehr gebrech und kürzer spaltend als die langspaltigen des Fuchssteinbruches. Die Quarzite der Weikersdorfer Steinbrüche sind durch ihre reine, schneeweiße Farbe und die zuckerkörnige [97] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau, 149 Struktur bemerkenswert, sie sind glimmerarm, womit ihre größere chemische Reinheit zusammenhängt, dabei jedoch brüchig und kurzspaltig. Die am hüttenmännisch-chemischen Laboratorium des Hochofen- werkes zu Zöptau ausgeführten Analysen der gedachten Quarzite ergaben folgende prozentische Zusammensetzung: RG xI. Prozent Prozent Kreselsäurei# ART SAFT UNI? 98:20 INonerdeidrs Re Fe 0:59 0:37 Eisenoxydi a dr: vr we N 1'46 0:33 Maonesiars u: BEitor.. 0:07 032 Kalkerdenen na Bee 0:05 Spur Alkkallienie SEI. PB 066 0:18 Zusammen 10000 100:00 ad X.) Quarzit aus dem Fuchssteinbruch im Traußnitz zu Petersdorf. ad XI.) Quarzit aus dem Steinbruch der Zöptauer und Stefanauer Eisenwerke zu Weikersdorf. Aus dem Analysenergebnis ist zu sehen, daß der Weikersdorfer Quarzit auch in chemischer Beziehung erößere Reinheit als derjenige des Fuchssteinbruches aufweist, daher für pyrotechnische Zwecke vorzu- ziehen ist. An den obenangeführten nt Punkten hat die Zöptauer und Stefanauer Bergbau- und KEisenhütten-Aktiengesellschaft für ihre Hüttenwerke zu Zöptau und Stefanau seit Mitte des vorigen Jahr- hunderts Steinbrüche in größerem Maßstabe und rationell betrieben. Im Fuchssteinbruche, wo der Quarzit die meisten und größten Spalt- stücke liefert, ergaben die erzeugten Bruchsteine durchschnittlich: Prozent Gestell- und Schachtsteine für Hochöfen . . . 10 Gespaltene Mauersteine für Kupolöfen, Schweib- und,budelöfen. 2°... nu 2 SUR a EN 270 Pochschotter zur Sanderzeugung für Chamotte- mörtel und. als? Schweißsand 7... 2... 20 100 Dabei bewegte sich die Größe der Spaltsteine für die verschie- denen Zwecke gedachter Feuerungsanlagen beiläufig in folgenden Grenzen: Hochofen-Gestellsteine Kupoloten- Schweiß- und Gewöhnlich Ausnahmsweise steine Pudelofensteine cm cm cm cm Länge . 50-90 100-110 25—40 20--30 Breite. 25—50 50—60 20—25 15—20 Stärke. 6-10 == 6—8 Se 150 Franz Kretschmer. [98] Nachdem in den letzten Jahren immer mehr Chamotte zur Mit- verwendung, insbesondere für Hochofengestelle, gelangt, so hat sich der Bedarf an Quarziten dem entsprechend vermindert, wodurch der Steinbruch am Hirschbrunn zum Stillstand kam. — Was die Stratifikation der obengeschilderten Gebirgsglieder der Glimmerschieferformation betrifft, so ist zu bemerken, daß sich auf den metamorphen Dioritgabbrokern zunächst Quarzite auflegen, diesen folgen die Glimmerschiefer, während Phyllite diese Schiefer- serie beschließen; den darin eingeschalteten körnigen Feldspatamphi- boliten sowie den dichten Grünschiefern fällt nur eine untergeordnete Rolle zu. Diese einfache Schichtenfolge weist im Traußnitzwalde am Süd- ostflügel unserer Schieferhülle auf eine vierfache Wiederholung derselben stratigraphischen Reihe in demselben Sinne hin, welche den vier liegenden Quarzitlagern entspricht. Es liegen jedoch keineswegs immer neue Formationsglieder vor, sondern wir haben es gewiß mit einem interessanten Fall isoklinaler Schuppentektonik zu tun. Es sind immer wieder die nämlichen Schichten, die in einer einge- klemmten Mulde lagern und durch streichende Verwerfungen in ihre heutige, dachziegelartig überschobene Lage kamen. Daß in den einzelnen Aufschlüssen der Phyllit jedesmal im Hangenden der Quarzite auftritt, weist auf Umkehrung der normalen Schichten- folge dergestalt hin, daß der Quarzit scheinbar zu oberst, der Phyllit zu unterst lagert, was eine Folge der Überfaltung des ganzen Diorit- gabbrogewölbes im Mertagebiete bei Zöptau ist. Es liegt also im bnzrelge als Ganzes betrachtet eine unsymmetrische Schichten- folge vor, die man wohl nur durch wiederholte Faltenüberschiebungen erklären kann, mit dem Resultat einer vierfachen Wiederholung derselben Schichtenfolge, zu unterst Quarzit, darüber Glimmerschiefer, zu oberst Phyllit. (Siehe geol. Kärtchen Tafel V.) Anders liegen diese Dinge am Nordwestflügel des zentralen metamorphen Dioritgabbrostockes, wo die in Rede stehende Schiefer- hülle nur eine einfache Schichtenfolge: Quarzit, Glimmerschiefer, Phyllit entwickelt. Es scheinen jedoch hier Störungen anderer Art vorzuliegen, worauf die wiederholten Einfaltungen und Versenkungen von Quarzit und Glimmerschiefer in die peripherische Gabbrozone unverkennbar hinweisen. 5. Relikte der Schieferhülle am Kupferberg westlich Wermsdorf. Es sind dies Überreste der einstigen Schieferhülle gegen den Scheitel der Zöptauer Eruptivmasse, dessen Erhaltung wir dem Um- stand zu danken haben, daß sie in das Magma genügend tief einge- sunken sind und demzufolge gegen Erosion besser geschützt waren. Solche Fragmente der einstigen kontaktmetamorphischen Schiefer- hülle erblickt Verf. insbesondere in dem Granatglimmer- schiefer am Kupferberg, worin kleine 3—5 mm große, kirschrote Granaten der Form © OÖ und in Körnern für sich oder zusammen mit Staurolith gefunden werden. Nach seinen Mitteilungen hat der Nestor unter den Mineralogen Mährens Herr Schloßgärtner Franz [99] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 151 Slaby zu Groß-Ullersdorf in früherer Zeit größere, prächtige Hes- sonite in demselben Glimmerschiefer am Kupferberg gefunden. Die Quarzitscholle wird hier zunächst von feinkristal- ligen Gabbroschiefern, weiterhin durch grobkörnige Gabbroamphi- bolite oben und unten umschlossen, aus denen die Hauptmasse des Kupferberges zusammengesetzt erscheint. Der Glimmerschiefer ist mit Quarziten eng verknüpft, an denen wichtige exomorphe Kontakt- erscheinungen zu beobachten sind. Die eingeschlossenen Quarzite waren einer weitgehenden Feldspatisation unterworfen, woran sowohl Orthoklas als auch Plagioklas beteiligt sind; außerdem enthält die rostrotgefärbte und grüngefleckte Gesteinsmasse zahlreiche Einsprenglinge, Nester und Streifen von schwarzem Pyroxen, grüner Hornblende, letztere teilweise zu Aktinolith und Chlorit umge- wandelt. Diese schwarzgrünen Flecken sind teils unregelmäßig, teils streifenförmig parallel der Schieferung interponiert. Der Magnetit erscheint zu Hämatit umgewandelt, wovon die blutrote Färbung dieser Kontaktquarzite herrührt; akzessorisch sind Rutil!, IImenit und Limonit. Außerdem wurden unter den Quarzitblöcken, welche am Kupferberg massenhaft umherliegen, solche gefunden, die mit sabbroidem Gesteinsmaterial in rundlichen Konkre- tionen (von den Amphiboliten herrührend) gleichwie verknetet erscheinen. Die Quarzite des Kupferberges stehen mit den obenerwähnten Glimmerschiefern, zum Teil Granat- und Staurolithglimmerschiefer, und mit Phyllit durch Übergänge verknüpft in Verbindung, sie bilden zu Tage anstehende, hochemporstrebende, wild zerklüftete Felsmassen ; ihr Streichen ist 3 h, das Verflächen widersinnig in den Berg hinein gerichtet unter X 50°, Als Bestandteile der einstigen Schieferhülle dieser Gegend sind wohl auch jene zahlreichen Findlinge von Quarziten anzusehen, welche im Grundbach und Brillgraben westlich der Werms- dorfer Kirche und bei Siebenhöfen umherliegend gefunden werden. Darin hat Verf. himmelblaue, breitstengelige Cyanite entdeckt, welche dem betreffenden Goldensteiner Vorkommen ähnlich sind und womit die mineralogische Gleichwertigkeit dieser beiden kontaktmeta- morphischen Schieferhüllen nur noch vollständiger wird. In denselben Quarzitfindlingen hat Verfasser auch Desmin und andere Zeo- lithe beobachtet. — 6. Der Nordwestflügel des Schiefermantels und seine Kontakt- gesteine. Derselbe fand schon in dem pag. 59, 60 und 62 gegebenen Gebirgs- profil an der Hohenstadt—Zöptauer Eisenbahn teilweise Erwähnung, er ist nur noch in wenigen, von der gewaltigen Talerosion des Teb- und Mertatales verschont gebliebenen Überresten vorhanden, die ihre Erhaltung ebenfalls dem Umstande zu danken haben, daß sie in die Gabbromassen tief eingesenkt erscheinen, es sind dies die Schiefer- mantelrelikte am Weißenstein, bei der herrschaftlich Wiesenberger Försterei zu Petersdorf, dicht an der Eisenbahn, und die größere Glimmer- 152 Franz Kretschmer. [100] schiefer- und Phyllitpartie am südöstlichen Ausläufer des Schwarzen- steins. Diese letztere Schieferpartie war bereits F. Becke bekannt, welcher sie auf der geologischen Kartenskizze ausgeschieden hat, die seinem „Vorläufigen Bericht über den geologischen Bau und die kristallinischen Schiefer des Hohen Gesenkes“ beiliegt !). a) Große Quarzit- und Glimmerschieferscholle am MWeißenstein zur Petersdiorf. An der Grenze des Gabbro am Schwarzenstein und Mittelstein (beziehungsweise der ihn begleitenden Amphibolite) im Hangenden und dem Dioritgneis im Liegenden ist eine ungefähr 80 m mächtige, 200 m im Streichen lange Scholle von Quarzit und Glimmerschiefer versenkt worden. Das Streichen dieser Schiefer ist 2 h 75 gd, das Verflächen 20 h 7:5 gd unter X 40—50°; ihr petrographischer Cha- rakter, speziell der Glimmerschiefer mit den zahlreichen Porphyro- blasten von Granat, an der Grenze der Gabbroamphibolite, weist unverkennbar auf den im Traußnitz gelegenen komplementären Süd- ostflügel unserer Schieferhülle hin. Der Quarzit des Weißensteins ist aus innig verschränkten Quarzkörnern zusammengesetzt, auf den Schieferungsflächen verbreitet sich reichlich Muskovit, der gelb und rötlich verwittert; Magnetit ist der Quarzmasse in zahllosen hirsekorngroßen Körnchen einge- streut, Eisenglimmer ist in dunkelstahlgrauen Blättchen auf den Strukturflächen verteilt, oder Hämatit als blutrote Schüppchen massenhaft interponiert, den Quarzit stark rot färbend; akzessorisch ist Rutil, was schon früher Oborny beobachtet hat. Der Glimmerschiefer gleicht vollständig dem oben be- schriebenen des Traußnitzwaldes; die Stufen sind zum Verwechseln ähnlich. Derselbe ist hier wie dort ein hellfarbiger, seiden- slänzender Muskovit-Glimmerschiefer von ausgezeichneter Parallel- struktur und Fältelung, worin sehr zahlreiche rotbraune Granaten der Form » OÖ eingewachsen sind; dieselben erreichen eine Größe bis 25 mm, sind zumeist scharfkantig, doch auch kantengerundet oder nur in erbs- großen Körnern vertreten. Nach G. Trautenberger?) soll hier auch Staurolith und Disthen (Cyanit) gefunden worden sein? Der Muskovit wird auch hier zuweilen durch Fuchsit verdrängt, wodurch bei weiterer Anreicherung grasgrüner Fuchsitschiefer entsteht, womit die nahezu vollständige Ahnlichkeit mit den Kontaktgebilden des Traußnitz hergestellt wäre. Dieses Quarzitvorkommen wurde früher seitens der Zöptauer Eisenwerke mit einem großen Steinbruche für hüttenmännische Feue- rungsanlagen abgebaut, der jedoch seit Eröffnung der Quarzsteinbrüche in Traußnitz stilliegt. !) Sitzungsb. d. k. k. Akad. d. Wissensch. in Wien, math.-naturw. Klasse, Bd. C 1. März 1892. ?) Das Teßtal in Mähren. M.-Schönberg 1893, pag. 10. [101] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 153 b) Schieierhülle an den südwestlichen Ausläufern des Schwarzensteins und am Westgehänge des Steinig- berges, Wie das instruktive Profil in den Einschnitten der Hohenstadt- Zöptauerbahn lehrt, lagert unterhalb des Sägewerkes und gegenüber dem sogenannten Grünenhause des Zöptauer Eisenwerkes, ebenfalls im tieferen Niveau, mächtiger Quarzit, welcher an der Grenzfläche mit den G@abbroamphiboliten interessante exogene Kontaktge- bilde zeigt, und zwar erscheint der Quarzit dadurch gebändert, daß helle Quarz-Plagioklaslagen mit dunklen Lagen und Bändern abwechseln, welche aus schwärzlichgrüner Horn- blende und hellgrünem Aktinolith bestehen, worin der Glimmer fehlt, dagegen ist Pyrit akzessorischh auch Plagioklasknollen sind darin zu bemerken; sukzessive stellt sich in 2 bis 53 m Ent- fernung von der Grenzfläche normaler Quarzit ein. — Weiter bahnab- wärts begegnen wir Interkalierungen von geringmächtigen, zersetzten, grobkörnigen Gabbroamphiboliten und dichten Prasiniten. — Noch weiter in das Hangende dieses Schichtenprofils vorkommend stoßen wir kurz oberhalb der Eisenbahnbrücke über den Mertafluß zunächst auf eine schwache Einlagerung von Schiefergneis, der Biotit und Muskovit führt und rasch in mächtige Muskovit- undZwei- glimmerschiefer übergeht, der als eine mächtige Decke im Han- genden entwickelt ist und Übergänge in Phyllit aufweist. Auch hier finden schwache Einschaltungen zersetzter, grobkörniger Amphibolite und dichter Grünschiefer statt. Diese Schieferserie finden wir in- struktiv aufgeschlossen in dem Steinbruche dicht bei den Häusern der Petersdorfer Ansassen. Die Abtrennung der Gabbroamphi- bolite der zentralen Eruptivmasse von den Diabasamphiboliten der Glimmerschiefergruppe im Felde ist gerade in diesem Profil eine schwierige Aufgabe und bedarf stetiger Kontrolle durch das Mikroskop. — Die Fortsetzung dieses Teiles der Schieferhülle faud Verf. vor langen Jahren auf den Abhängen des Schwarzensteins gegen Theresiental, und zwar links des Verbindungsweges von Zöptau nach dem letztgenannten Orte längs des Waldsaumes_ zer- streute Blöcke eines sehr festen, grobkörnigen Staurotith-Glim- merschiefers mit Übergängen in Staurotithfels (frappant ähnlich dem am Rauhbeerstein) in solcher Menge, daß über deren Anstehen im Untergrunde kein Zweifel obwalten konnte. Von den gedachten Blöcken ist allerdings heute nichts mehr zu sehen, denn sie mußten der fortschreitenden Bodenkultur weichen. — Wenn man auf dem Horizontalwege, welcher auf halber Höhe an den Westabhängen des Schwarzensteins gegen den Fellberg herum- führt, in der Richtung gegen Marschendorf fortschreitet, so stößt man zu- nächst unterhalb des Steinigbergesin denMarschendorfer Bauernbüscheln und den angrenzenden Feldern auf ausgebreitete erzige Quarzite in Begleitung vonGlimmerschiefer, welche jenen Gabbroamphiboliten auflagern, die auch an dieser Stelle die Fels- massen der Hornblendegabbro vom Schwarzenstein randlich begleiten. Die Amphibolite enthalten in der Grenzzone bis haselnußgroße Jah buch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Band, 1. Heft. (Fr. Kretschmer.) 20 154 Franz Kretschmer. [1 02] Granaten und Almandine eingewachsen, als Produkte der en- dogenen Kontaktmetamorphose. Ferner begegnen wir auch hier jenen exogenen Kontaktbildungen, wie wir dieselben an den Hüll- sesteinen im Traußnitz feststellten, und zwar sind sowohl die Glimmer- schiefer als auch die Quarzite reichlich mit gemeinem Granat, da und dort etwas Almandin, eingesprengt. Gewisse Glimmerschiefer enthalten neben Muskovit viel Biotit, auch ist reichlich Stauro- lith eingewachsen, akzessorisch ist Granat sowie Plagioklas. Speziell die reiche Biotitführung dieser Staurolithschiefer ist mit Sicherheit auf kontaktmetamorphische Einflüsse zurückzuführen. — Der Quarzit resorbiert Materialien der angrenzenden Gahbrogesteine und führt bis eigroße Nester von Pyroxen, so wie er auch Hornblende eingesprengt enthält; auch mit Epidot (Pistazit) eingesprengte Quarzite wurden daselbst beobachtet. Andere Quarzite wieder ent- halten kleinste, diehtangehäufte Almandine, so daß sie dadurch rotgefärbt erscheinen; akzessorisch finden sich darin Tur- malin, Rutil und Ilmenit; auch Sillimanit spärlich wurde mikroskopisch festgestellt. — Hierher mögen wohl auch jene Glimmerschiefer und Chlorit- schiefer bei Marschendorf gehören, von denen Fr. Kolenaäti!) ohne nähere Fundortangabe berichtete, daß sie Turmalin in 23 mm langen und 4 mm dicken, braunschwarzen Prismen © R mit undeut- lichen Endflächen, ferner Staurolith, gemeinen Granat (auch Aplom) © 0, 4—7 mm groß, ferner Pyrop (?) eingewachsen enthalten. Der Staurolith soll in sechsseitigen Säulen, 22 mm lang, 3 mm dick, in der Form » P. o Po vertreten sein. — Die weitere Fortsetzung der Schieferhülle hätte man nach MaßB- gabe der stratigraphischen Verhältnisse am Mattenberg bei Marschen- dorf zu suchen, wo sie aber fehlt, weil dieselbe durch die Erosion und Denudation des Teßtales weggespült und zum Teil durch Löß- massen etc. ersetzt wurde. Die Annahme erscheint plausibel, daß die Schieferhülle in dieser Gegend möglicherweise durch die Granitit- durchbrüche des Kahlhübel, Köhlersteins und des Erzberges aus ihrer Lage verrückt wurde. Am Radersberg vertritt die Schieferhülle an der Peripherie der dort stockförmig aufgebrochenen Pegmatit- masse, Biotitgneis (Beckes Teßgneis), dagegen an der Hüttel- lehne und am Hüttelberge ausgebreitete Gesteinsmassen des Chlorit- gneises. — Überblickt man die zuletzt betrachteten Gesteine der stark ‚udimentären Nordwestflanke, so müssen wir darin den komplemen- tären Gegenflügel der gleichen Schieferserie im Traußnitz an der Südostflanke erkennen, über deren einstige Zusammengehörigkeit kein Zweifel obwalten kann, es war eine einheitlich geschlossene Decke, welche über dem zentralen Eruptivkern ausge- breitet lag, wie dies die Ergänzungskurven Profil Fig. 1 und 2, Taf. V, versinnlichen. Wirft man ferner einen Rückblick über die obengeschilderten mannigfaltigen Kontaktgesteine der Glimmerschiefergruppe, so ist 1) Mineralien Mährens und Schlesiens, pag. 47. I [103] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 155 deutlich zu erkennen, daß dieselben keinesfalls einen stratigra- phischen Horizont bilden, sondern überall an die Grenz- zone des zentralenDioritgabbromassivs gebunden sind und außerhalb derselben fehlen. Im Traußnitzwalde speziell verläuft die Kontaktzone an der Südwestflanke der zentralen Eruptiv- masse undistsogar diagonalgegendasallgemeine Streichen der Glimmerschiefer gerichtet. (Siehe das geologische Kärtchen.) Diesbezüglich sind insbesondere die Kontakterscheinungen an den in die Eruptivmasse eingesunkenen Schollen der Glimmerschiefergruppe sehr charakteristisch, weil letztere überall an ihrer Peripherie mit kontaktmetamorphen Neubildungen reichlich durchspickt sind, welche gegen das Zentrum hin abnehmen, während im Kern normale Komponenten herrschen. In der Glimmerschiefergruppe begegnen wir wiederholt kör- nigen Amphiboliten und dichten Chlorit-Aktinolith- schiefern, welche, wie bereits oben erwähnt, von Lagerdiabasen abstammen, deren Augit amphibolitisiert wurde, wodurch körnige Amphibolite entstanden sind, während die gewöhnlich chloritisierten Grünschiefer von Diabastuffen herrühren. Ihre Unterscheidung und Abtrennung von den Gabbroamphiboliten und Gabbroschiefern des Dioritgabbrostockes kann unter Umständen insbesondere im Felde mit Schwierigkeiten verknüpft sein. Ähnlich metamorphosierte Diabas- gesteine werden wir auch unten in der Chloritgneisgruppe antreffen. — Zum Schlusse dieses Abschnittes fühle ich mich verpflichtet, dem Gymnasiallehrer Herrn H. Wilschowitz (Wien), einem gebürtigen Zöptauer, herzlichst Dank zu sagen für die Unterstützung, die der- selbe während der Feldesaufnahme, speziell in dem Terrainabschnitt des Traußnitzwaldes, mir zuteil werden ließ. B. Chloritgneisgruppe an der Südost- und Nordostflanke. Wesentlich andersgeartet ist derjenige Teil der Schieferhülle unseres metamorphen Dioritgabbrolakkoliths, welcher sich bei Rudels- dorf, östlich des Bischofsgrabens, bei der Kolonie Freiheitsberg, im Seifengrund, Schwarzgraben und Grasgrund bei Wermsdorf an die peripheren Gabbroschiefer anlagert und am Rabenstein, auf der Viebichkuppe, am Rabenberg, im Heinrichshau, am Katzenkopf und in der Hackschüssel östlich Wermsdorf ver- breitet ist. Im Gegensatz zu den mächtigen Quarziten der Traußnitz bilden diese hier nur untergeordnete Einschaltungen oder sie sind in Serizitquarzschiefer umgewandelt, dagegen werden mannig- faltige Gneise vorherrschend. Es ist dies die viel umstrittene Chloritgneisgruppe, nach der älteren Geologie als „Phyllitgneisgruppe* bezeichnet, welche im Grenzbereiche unseres metamorphen Diorit- und Gabbrostockes folgende mannigfaltige und rasch wechselnde Gesteinsarten umfaßt: a) Vorherrschend ist der Chloritgneis, der durch seinen Reichtum an Albit und in geringer Menge von Orthoklas ausge- zeichnet ist sowie dessen stumpfgrüne Färbung durch viele Chlorit- schmitze und etwas grünen Biotit hervorgebracht wird; 20* 156 Franz Kretschmer. [104] akzessorisch sind Epidot, Hornblende und Erze. Lokal breitet sich auf den Schieferungsflächen ein großtafeliger, silberweißer Muskovit in auffälliger Weise aus, derselbe ist von Chlorit durchspickt oder damit parallel verwachsen. Die Muskovittafeln sind teilweise rissig und serizitisiert. b) Feinkörniger Biotitgneis und Biotit-Muskovit- sneis, feinköriger Serizitgneis, die lokal ganz unvermittelt grobkörnig werden und deren feldspatiger Anteil ebenfalls zum größten Teil aus Albit besteht. Solche Biotitalbitgneise nehmen insbesondere am Rabenstein, am Hemmbersg, in der Umgebung von Rudelsdorf und Kleppel größeren Umfang an, so daß sie G@ v. Bukowski am Kartenblatt Mähr.-Neustadt— Schönberg als sogenannten „Teßgneis“ ausgeschieden hat. c) Serizit-Chloritschiefer, Serizit-Quarzschiefer, letztere grenzen in Gesellschaft mit den feinkörnigen Biotitalbit- gneisen am Rabenberg bei Ober-Zöptau unmittelbar an die Gabbro- schiefer östlich des Topfsteinbruches. d) Untergeordnete Formationsglieder sind Phyllite und Quarzite, letztere speziell in Begleitung der Amphibolite am Rabenberg u. a. 0. — Nach meinen und den Feststellungen des Herrn Hans Wilschowitz (Wien) ist das Vorkommen von Konglomeraten in der Chlorit- gneisgruppe nachgewiesen, und zwar haben wir in der Nähe des Hasengründels zwischen Ober-Rudelsdorf und Berggeist u. a. O. echte grobe Quarzkonglomerate umherliegend, leider nicht anstehend gefunden. Das Quarzmaterial ist haselnußgroß, gerundet und oft dattelkernartig in die Länge gezogen. Aus der ursprünglich tonigen Bindemasse ging Biotit und Chlorit sekundär hervor, welche die Quarzkörner umhüllen. Durch Zerrung und Druck hat sich bei feinerem Korn deutliche Parallelstruktur entwickelt. Letztere zeigen wiederum Übergänge zu quarzigen Chloritgneisen, die in der Nähe anstehen und als Konglomeratgneise angesprochen werden können. e) Vorstehende Gebirgsglieder umschließen lokal sehr grob- körnige Muskovitaugengneise in stock- oder lagergang- förmigen Massen, sie enthalten den Feldspat zum Teil in 5 bis 15 mm großen, gerundeten und oft zerdrückten Körnern, dazwischen der Quarz in Linsen und Stengeln eingeklemmt, der Muskovit in großschuppigen Lamellen sowie dicken Paketen davon eingewachsen ist, dagegen Biotit und Chlorit sich nur in schwachen Schmitzen da und dort bemerkbar machen; letztere reichern sich nach den Rändern hin an und übergehen in grobkörnigen Chloritaugengneis. Es ist zweifellos, daß diese Augengneise Kerne vorstellen, die ihre Herkunft von granitischen Intrusionen ableiten. Im Gegensatz zum Chloritgneis ist der Granitgneis ohne Schichtung, poly@drisch zerklüftet, großblockig, wollsackähnlich und des öfteren randlich mit dem schieferigen Chloritgneis innig ver- flochten. Ein großer Teil des Chloritgneises ist gewöhnlich als Gekröse- stein ausgebildet, welche Strukturform dem Augengneis abgeht. Außer- dem sind im Gebiete der Chloritgneisgruppe gangförmige Durch- setzungen von Muskovit- und Turmalin-Pegmatit als auch [105] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgehung von Zöptau. 157 feldspatreichem Chlorit-Pegmatit häufig, die zur Gefolg- schaft vorerwähnter Intrusivgneise gehören. Gleich der Glimmerschieferserie umschließt auch die Chlorit- gneisgruppe Amphibolite, welche jedoch nach Maßgabe ihrer Umwandlungsprodukte und ihrer Assoziation anderer Abstammung sind als die Gabbroamphibolite des zentralen Kernes. Nachdem es gelungen ist, am Rabenberg in ihrer Gesellschaft Massengesteine aufzufinden, die nach den diesfälligen Untersuchungen zum Uralit- diabas gehören, so erscheint es zweifellos, daß auch die mitvor- kommenden Amphibolite davon abstammen. Es wurden folgende Diabasgesteine festgestellt: J) Grobkörniger Uralitdiabas, wesentlich zusammenge- setzt aus feinfaserigem Uralit, der sich die quadratische Form des Augitprismas bewahrt hat; seine Nadeln sind der Vertikalaxe des Augits parallel, im Innern finden sich noch unver- änderte Partikel des letzteren, dabei zeigt der Uralit große Neigung, in aktinolithische und tremolitische Asgregate überzu- gehen. Der Feldspat ist ein stark lichtbrechender Plagioklas, der sich da und dort in Albit und Epidot, beziehungsweise Klino- zoisit umwandelt, wodurch das sonst lauchgrüne Gestein eine zeisiggrüne Färbung annimmt. — Ein anderer Uralitdiabas vom Rabenberge ist mittelkörnig und besteht aus grünem, zum Teil braunem Uralit nebst Plagioklas, der akzessorisch Aktinolith, viel neugebildeten Chlorit nebst Talk, spärlich Granat und Ilmenit enthält. Der Diabas durchbricht den Chloritgneis in Form von Lagern und Stöcken, ersterer findet sich auch in letzteren als einzelne Blöcke, oder Diabas, beziehungsweise dessen Chloritschiefer bilden mit dem Chloritgneis förmliche Gesteinsverknetungen. Die Hauptmasse dieser Gesteine besteht jedoch aus der diesfälligen metamorphen Fazies der Diabase, und zwar: 9) Vorherrschend sind mittelkörnige Amphibolite, zu- sammengesetzt aus schwarzgrüner Hornblende mit Plagioklas in schwankenden Mengen. Die fast ausschließlich schilfige Hornblende besitzt bei weitem nicht die Kristallisationskraft wie jene der Gabbroamphibolite und neigt im hohen Grade zur Aktinolith- bildung, dagegen sich der Feldspat gern zu Epidot umwandelt. Zwischen Gabbro- und Diabasamphibolit besteht insofern ein weiterer Unterschied, als erstere vorwiegend richtungslos körnige (grano- blastische) Struktur, dagegen letztere eine leisten- und lagenförmige Anordnung ihrer Hauptgemengteile erkennen lassen (poikiloblastische Struktur), was wohl auf stärkere mechanische Einwirkungen zurück- zuführen ist. — h) Die Diabasamphibolite stehen mit nachfolgenden metamorphen Diabastuffgesteinen im Zusammenhange: Aktinolith-Albitschiefer, worin die Hornblende nur noch in Relikten vorhanden ist, dagegen der vorherrschende Aktinolith strähnig, faserig und wellig gebogen erscheint; der Plagioklas ist größtenteils in auffällig wasserklaren Albit umgewandelt. Durch das Hinzutreten normaler Verwitterung ergeben sich: 158 Franz Kretschmer. [106] Chlorit-Aktinolith-Albitschiefer mit Relikten schilfiger Hornblende, die Albitaggregate reichlich mit Smaragdit durchspickt; ferner wurden Chlorit-Aktinolith-Epidotschiefer mit Talk auf den Strukturflächen und haufenförmigen Epidotaggregaten aus- gebildet. — Durch den direkten Zerfall des Uralits zu Chlorit entstehen die in ansehnlicher Mächtigkeit entwickelten und den übrigen Grün- schiefern parallel eingeschalteten Chlorit-Albitschiefer mit Uralitresten, worin Quarz, Kalzit und Magnetit mehr oder weniger reichlich vertreten sind. — Schon aus obigen mannigfaltigen Varietäten der Grünschiefer erkennt man den wesentlichen Unterschied zwischen den aus Diabas hervorgegangenen Amphiboliten gegenüber denjenigen der Gabbro- gesteine, welch letztere, ähnlich geartete Gesteine aus gleicher mine- ralischer Umwandlung entstanden und in gleich ansehnlicher Ver- breitung und Mächtigkeit fehlen. Die gedachten Tuffgesteine sind untereinander und mit den Amphiboliten sowie mit den Uralitdiabasen durch allmähliche Übergänge verknüpft. Schließlich müssen auch noch die für die Chloritgneisgruppe charakteristischen Fälle von Typenvermischung ihrer Eruptiv- gesteine hervorgehoben werden, und zwar beobachtete Verf. Fels- massen, an dem einen Ende bestehend aus grobklotzigem Granitgneis von teils pegmatitischer, teils Augenstruktur, während das andere Ende aus einem dickbankigen Diabas zum Teil chloritisiert zusammengesetzt erschien, beiderlei Gesteine miteinander innig verschweißt. Stellen- weise sind völlige Gesteinsverknetungen von Granitgneis und Diabas festgestellt worden, letzteres Gestein meist zu Chloritfels umgewandelt. Am Rabenstein, auf der Viebichkuppe, am Rabenberge, nord- östlich Ober-Zöptau, ferner bei der Kolonie Freiheitsberg sind die Gesteine der Chloritgneisgruppe sehr vollständig entwickelt und speziell am Rabenberge konnte Verf. zwei Züge von Amphiboliten, also auch die Tatsache feststellen, daß daselbst unmittelbar an den zentralen Dioritgabbrokern feinkörnige Serizit-Quarzschiefer und sehr feinkör- nige und kleinkristallige Biotitmuskovitgneise angrenzen. Die Fort- setzung der gedachten Diabasamphibolite in der Richtung gegen NO fehlt wohl im Wermsdorfer Seifengrund, jedoch am Katzenkopf und im Schwarzgraben sowie im Grasgrund begegnen wir ihnen in größerer Mächtigkeit wieder; dieselben ziehen von hier weiter nordwärts über die Kriechlehne usw. Daß grobkörnige und massige, dann feinkörnige und schieferige Uralitdiabase auch die Chloritgneisgruppe an zahl- reichen Punkten ihres weiten Verbreitungsbezirkes durchbrechen, ist übrigens nichts Neues, so zum Beispiel fand Verf. Lagergänge davon am Hinnewiederstein bei Karlsbrunn, am Spitzhübel bei Mos- kelle 1) dicht westlich Bladensdorf usw. — G. v. Bukowski?) fand am Hohenviehbich bei Bladensdorf ebenfalls Lagergänge von Uralit- diabas im Chloritgneis. — !, Jahrb. d. k. k. geol. R-A. 1899, Bd. 49, pag. 45. ?) Erläuterungen zum Kartenblatte Mähr.-Neustadt—Schönberg 1: 75.000, Wien 1905. [107] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgehung von Zöptau. 159 Sekundäre Kluftausfüllungen im Diabas-Amphibolit des Schwarz- grabens bei Wermsdorf. Der Chloritgneis und seine Amphibolite sind mit einer intensiven, gesetzmäßigen Zerklüftung versehen, die von den großen geo- dynamischen Vorgängen abhängig war, und zwar sind es die parallel dem Gebirgsstreichen nach 2 h streichenden Schich- tungsklüfte, deren Einfallen unter X 50 bis 70% nach 20 n gerichtet ist; hierzu kommen die besonders deutlich hervortretenden Querklüfte, die teilweise bis 1:0 m weit offen stehen, nach 8h streichen, nach 2 h oder 14 h unter X 70 bis 90° fallen, ferner kreuzfallende Längsklüfte, die 2 h streichen und 8 h ver- flächen, jedoch weniger deutlich ausgebildet sind als die vorigen. Speziell die Querklüfte des Amphibolits sind es, die teils mit Quarz allein, teils mit Quarz, Prehnit und Choorit sowie auch Kalzit oder Zellräumen nach diesen ausgefüllt sind. Andere Klüfte führen Bergkristalle lose abgebrochen oder aber direkt auf Amphibolit, als auch Rinden von Chlorit und derbem Prehnit aufgewachsen, wobei blätterige Chloritaggregate die Bergkristalle überrinden und verkitten. Akzessorisch sind auf den Strukturflächen aufgewachsene Pyrite der Formen » 0 » (100), 2 _. (210) und + a (210.201), zum Teil zu Göthit verwittert. 2 Besonderes Interesse knüpft sich an jene Klüfte im schwarz- grünen chloritisierten Amphibolit des Schwarzgrabens im Grasgrund bei Wermsdorf, deren Wände mit flächenreichen Berg- kristallen (mit Trapezo@dern und als Zwillinge) bekleidet sind, dazwischen Prehnit in tafeligen Kristallen, zum Teil in Pseudo- morphosen nach Kalzit UÜberzugsgruppen bildet; akzessorisch sind blätteriger Chlorit, Kalkspate; ferner überziehen Epidot- kristalle von teils säulenförmigem, teils tafelförmigem Habitus obgenannte Mineralien; auch wurden in Zellräumen von Kalkspattafeln gebildete Thuringitformen sowie kleine Titanitkristalle in Quarz eingewachsen beobachtet. Dieses Mineralvorkommen wurde früher von G. vom Rath), später auch vom Verf.?) beschrieben. Sekundäre Kluftausfüllungen im Chloritgneis in der Hackschüssel bei Wermsdorf u. a. 0. Zahlreiche Längs- und Querklüfte des Chloritgneises sind mit Bergkristallen förmlich besät, als deren. Begleiter stets Albitzwillinge und Periklinverwachsungen als auch tafel- förmige Chloritkristalle auftreten, akzessorisch sind in gedachten Klüften Pyrite und Pseudomorphosen von Göthit nach Pyrit in bis 10 mm großen Hexaädern, auch Kalzit kommt da und dort vor; Gegenwachsungsflächen und Zellräume weisen jedoch daraufhin, daß er früher viel häufiger war. Die Albitkristalle werden bis 10 mm !) Sitzungsber. d. niederrhein. Gesellschaft f. Naturkunde. Bonn 1880, pag. 15 des Separatabdruckes. 2) Tschermaks Mitt, XIV., 1894, pag. 172 bis 176. 160 Franz Kretschmer. [108] groß und sind zum Teil als tafelige Durchkreuzungszwillinge ausge- bildet, wie solche seither vom Roc Tournee als auch vom „Pfarrerb“ zu Zöptau bekannt geworden sind. Die tafeligen Chlorite sind zu eigentümlichen, kugeligen Gruppen verwachsen, die auf Chloritgneis völlige Uberrindungen bilden. Dem Chloritgneis sind auch in der Hackschüssel mehr oder weniger mächtige Lager von Chloritschiefer eingeschaltet, die von Magnetit-Okta@dern durchspickt sind. Im benachbarten Mus- kovitgneis sind die Querklüfte mit kleinen Orthoklasen besät. Von dieser Lokalität stammen jene 12 bis 15 cm großen herrlichen Bergkristalle, welche G. v. Rath!) sowie auch der Verf.?) be- schrieben haben. Auch bei der großen Dämme der kleinen Talsperre im Mertabach fand ich sowohl am Steinseifenbach als auch am Wege segen den großen Topfsteinbruch die Strukturflächen des Chloritgneises mit schwarzgrünem, säulenförmigem und tafeligem Epidot besät. Am sogenannten „Schlössel“ nördlich des Maiberges fand Prof. F. Becke im Chloritgneis kleine, honiggelbe Anatas- kristalle. Nach dem Berichte des Prof. Heinrich Laus (Olmütz?) wurde im Seifengrund östlich Wermsdorf Fuchsitschiefer gefunden, der jenem im Petersdorfer Traußnitz (siehe oben pag. 143) ähnlich wäre. Verf. hat ebenfalls ein smaragdgrün gefärbtes Gestein im Seifen- grund gefunden; die diesfalls angestellte Untersuchung ergab jedoch, daß das Gestein ein vielfach gefälteter Serizitgneis ist, der das Chromoxyd als lebhaft grünes Pigment enthält. — Daß der Chloritgneis von zahlreichen Muskovit- und Tur- malin-Pegmatitgängen durchsetzt wird, hat Verf. an zahlreichen Punkten in der Grenzzone des metamorphen Diorit- und Gabbromassivs festgestellt. Ein solcher Turmalinpegmatit nächst Kleppel auffällig durch vielen glasigen und weißen Quarz sowie seine Feldspatarmut, worin der Muskovit nicht reichlich eingestreut ist, ist jedoch durch vielen schwarzen Turmalin (Schörl) ausgezeichnet, der darin in zahlreichen rhomboödrischen Prismen der Komb.-Form © R (1010). o P2(1120) ohne terminale Begrenzung vorkommt, welche bis SO mm lang und 50 mm dick werden. Die Turmalinsäulen sind häufig gebrochen oder nur geborsten, worauf später die Bruchstücke und Sprünge durch Quarzmasse wieder ausgeheilt wurden. — Erzlagerstätten der Chloritgneisgruppe. a) Bleiglanzfundstätte am Rabenberge nordöstlich Zöptau. Schon im Jahre 1886 fand Verf. in der Zone mächtiger Chlorit- gneise nebst deren Diabasamphiboliten im Riede „Schillerhau“ der !) L. ec. pag. 4 bis 16. ) L. c. pag. 176 bis 183. ®) Sonderabdruck a. d. I. Bericht des Vereines „Botanischer Garten in Olmütz“, 1905. vw | )| Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 161 1109] Gemeinde Zöptau, und zwar auf der Ackerparzelle Nr. 1442 des Landwirtes Müller, Bleiglanz, wohl nur in losen Trümmern, jedoch in solcher Menge auf dem „Steinrücken“* und in der Ackererde umherliegend, daß ein kleiner Schurfversuch dessen Anstehen im Untergrunde der gedachten Parzelle vermutlich sehr bald konstatiert haben würde. Die gedachte Lokalität befindet sich nach Maßgabe der Riedbezeichnung in der Katastralkarie (wie erwähnt) im Riede „Schillerhau“ gegen die Zöptau-Kleppler Gemeindegrenze hin; nach Lage der Spezialkarte 1:75.000 aber liegt dieselbe am Südge- hänge des Rabenberge:s. Der Bleiglanz zeigt vollkommen würfeligen Blätterbruch und ausgezeichneten Metallglanz, seine Farbe ist bleigrau, er ist mit körnigem, weißem und weingelbem Quarz sowie mit seinem Ver- witterungsprodukt dem Cerussit sehr häufig innig verwachsen, zuweilen gesellt sich auch Siderit dazu, der gern zu Limonit verwittert. Der CGerussit erscheint teils in einzelnen Körnern, teils sind es zellige oder stengelige, zuweilen faserige Aggregate, die zwischen Bleiglanz, Quarz und Limonit sitzen oder aber von letzterem überzogen werden. Nachdem der Bleiglanz an derben Quarz gebunden ist, so erscheint es nicht unwahrscheinlich, daß das Vorkommen einem Quarzgange angehört, der in Begleitung von Derivaten des Diabases in der Chloritgneisgruppe des Rabenberges aufsetzt. Näheres über diese Lagerstätte könnte durch eine Schürfung leicht erbracht werden. — b) Schwefelkiesvorkommen auf der Kriechlehne nordöstlich Wermsdorf. In der nordöstlichen Fortsetzung dieser Zone der Chloritgneis- gruppe mit ihren Diabasamphiboliten kommen im sogenannten Kies- graben (oberstes Mertatal) und an der benachbarten Kriechlehne Schwefelkiese vor, welche man in den Jahren 1854 bis ein- schließlich 1857 auf der Franz-Josefszeche für die Schwefelsäurefabrik in Würbental (Österr.- -Schlesien) abgebaut hat. — Der Pyrit soll hier teils kristallisiert, teils derb und eingesprengt in einem aus Chlorit und Quarz bestehenden Gestein vorkommen ? — Die Vertreter des in Rede stehenden Schiefermantels hat Verf. auch am nordöstlichen Ende der metamorphen Dioritgabbrokuppel festgestellt, und zwar in den Quarziten an der Hirschgrabenbrücke des Kiesgrabens, die gefältelten grünlichen Glimmerschiefer und Phyllite an der Kriechlehne usw., ferner in den typischen Chlorit- gneisen sowie untergeordneten Serizitgneisen im Schlafwinkel des oberen Mertatales, an der vorderen und hinteren Hüttellehne und am Hüttelberg selbst, wo sie von Pyroxeniten (beziehungsweise Topf- steinmassen) aufgehoben wurden (siehe Profil Fig. 3, pag. 129), sämtliche Fundorte an der Nordflanke oder am Scheitel der ge- dachten Dioritgabbrokuppel. Auf der Sohle des hinteren Schlaf- winkels wurde im Chloritgneis eine mächtige Einlagerung von Chlorit-Aktinolithschiefer mit Epidotaggregaten konstatiert, dessen Schichtenköpfe unter einer mächtigen Endmoräne hervor- Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Band, 1. Heft, (Fr. Kretschmer.) 21 162 Franz Kretschmer. (1 10] lugen. In diesem Teile unserer Schieferhülle greifen die von NÖ gegen SW vordringenden Felsmassen des Chloritgneises in ansehn- licher Verbreitung entwickelt, als großartige Zungen in den darunter- liegenden metamorphen Dioritgabbrokern ein. Auch die Chloritgneisgruppe folgt meist dem allgemeinen Gebirgs- streichen SW—NO mit NW-Fallen, jedoch gegen die äußeren Teile beobachtet man zunächst flache und schwebende Lagerung, worauf das Umbiegen der Schichten gegen SO erfolgt, welches Verflächen durch steil NW einschießende Strukturflächen mehr oder weniger verwischt wird. Demzufolge formt die gedachte Chloritgneis- sruppe in dem hier in Betracht kommenden Gebiet einen zwischen die zentrale Eruptivmasse einerseits und dem südöstlich an- grenzenden Unterdevon einen eingezwängten Sattel. Das letztere ist mit dem Chloritgneis vielfach verzahnt und besteht aus bleigrauen, kohligen, feingefältelten Phylliten mit Quarziten, Chloritoidscehiefern nebst Einlagerungen von Uralitdiabas und seinen Tuffen. Die Auflagerungsfläche des Unterdevons ist jedoch keine normale, vielmehr liegt eine mehr oder weniger deutlich ausgesprochene Diskordanz vor, was schon früher Becke!) mit den Worten hervorgehoben hat: „daß die Grenze des Unterdevons segen den Chloritgneis zum Teil durch Längsbrüche bedingt wird.“ Petrogenetische Betrachtungen über die Chloritgneisgruppe. Die rasch wechselnden mannigfaltigen Gneise und sonstigen Schiefer der Chloritgneisgruppe weisen unverkennbar darauf hin, daß das Substrat dieser Gesteine ein ebenso wechselvolles war, das dann später einer durchgreifenden Metamorphose unterlegen ist. Während in den Gesteinen der Zöptauer Eruptivmasse alle Mineralien srößere und scharie Kristalle, frische Farben und hohen Glas- oder Metallglanz darbieten, haben die Gesteine der Chloritgneisgruppe eine kleinkristallige Ausbildung, glanzloses Aussehen, die Farben erscheinen stumpf, insbesondere gilt das von den stumpfgrünen Chloritschmitzen. Dieser Unterschied macht sich überall in auffälliger Weise geltend und ist sofort in die Augen springend. Bezüglich der in Rede stehenden Schiefergneishülle steht außer- dem fest, daß Übergänge davon zu den Kerngesteinen nicht statt- finden, die Grenze vielmehr überall scharf markiert ist; exomorphe Kontakterscheinungen in jener charakteristischen Ausbildung, wie wir sie in der Glimmerschiefergruppe an der Südwestflanke kennen lernten, existieren hier nicht; dagegen finden wir auch hier am Außenrande der zentralen Gabbroschale dieselbe den Er- starrungsgesetzen folgende Verdichtung des Gesteinskornes, wobei die Schiefergneishülle als Abkühlungsfläche wirkte, was ihre frühere Anwesenheit zur völligen Gewißheit erhebt. Dieselbe entspricht somit in unserem Gebiete dem Zwecke eines Mantels, der durch den zentralen Kern aufgehoben wurde, sie hat ihre stratigraphische Position an den Flanken und am Scheitel unseres Dioritgabbrostockes, !) L. c. pag. 296. ea [111] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 163 wo sie, wie oben gesagt, einen eingeklemmten Sattel formt. Es liegt also in der Chloritgneisgruppe in ihrer Gesamtheit keine abys- . sische Masse vor, die wir voraussetzen müßten für den Fall, daß wir ihren Ursprung gänzlich auf Massengesteine zurückführen wollten. Prof. Fr. Becke!) hat schon früher darauf hingewiesen, „daß der Chloritgneis keinen stratigraphischen Horizont darstellt, sondern eine petrographische Ausbildungsform, welche an die Grenze über- lagernder jüngerer Sedimente geknüpft erscheint, auch hat derselbe seine Anschauung dahin präzisiert, daß die äußeren Teile der in Rede stehenden Schieferserie sowie die sogenannten „Altvaterschiefer*“ wahrscheinlich sehr alte, umgewandelte Sedimente sind; bezüglich des Chloritgneises sowie des sogenannten „Teßgneises“ schien ihm diese Frage nicht gelöst. Neuerdings hat Becke?°) zur letzteren Frage Stellung genommen und stellt nun den Chloritgneis des Alt- vatergebirges zu seinen Diaphthoriten: kristallinen Schiefer- gesteinen, entstanden durch rückschreitende Metamorphose, bei welcher als typomorphe Gemengteile die Charakterminerale der oberen Tiefen- stufe sich entwickeln (Serizit, Chlorit, Albit, Quarz, Karbonate) auf Kosten proterogener Minerale der unteren Tiefenstufe. Demzufolge würde also unser Chloritgneis seine Abstammung vom Granitgneis herleiten, der durch jüngere geodynamische Vorgänge seine gegen- wärtige Beschaffenheit erlangt hat. Die diaphthoritischen Phyl- lite sollen früher ebenfalls Gneise gewesen sein, die ihre jetzige phyllitähnliche Beschaffenheit durch weitgehende Verschieferung unter solchen äußeren Umständen erlangt haben, welche als Neu- bildungen nur die Mineralien der oberen Tiefenstufe zuließen. Indes bezeichnet Becke es selbst als eine schwierige Aufgabe, in jedem einzelnen Falle den Nachweis zu erbringen. Im Gegensatz dazu befindet sich H. Rosenbusch?°), weil der- selbe die Chloritgneise ohne Rücksichtnahme auf deren Feldspatgehalt einfach unter seine sedimentogenen Paragneise einreiht und als hierher gehörig ausdrücklich die Chloritgneisgebiete zwischen Liebau und Schmiedeberg, in der Gegend von Berggieshübel und Tanneberg (Sachsen), im Wechselgebirge, im Maderaner Tal (Schweiz) u. a. O. aufzählt. Dagegen erklärt F. Weinschenk#) die Bildung solcher Gesteins- komplexe, wie sie in der Chloritgneisgruppe vorliegen, durch Pi&@zo- kontaktmetamorphose, wobei die gasförmigen Agentien unter besonders hohem Druck in das Gestein eingepreßt wurden, demzu- folge sich die kontaktmetamorphischen Erscheinungen viel intensiver gestalteten. Erhöhtes spezifisches Gewicht, Ausbildung hydrooxyl- reicher Neubildungen, Zunahme des Glimmers und damit im Zusam- menhange weite Verbreitung der Schieferstruktur sind die charakte- ristischen Modifikationen, welche diese Gesteine erleiden. Die mine- ralische Zusammensetzung folgt dem Volumgesetz, wodurch sich das Jule. pa2. 295 u. 300. 2) Tschermaks Mitt. 1909. XXVIII. Heft 4, pag. 17—23. ®) Elemente der Gesteinslehre 1910, pag. 610. *) Spezielle Gesteinskunde 1907. 21* 164 Franz Kretschmer. [11 2] Vorherrschen des Albits und des Glimmers erklärt, welche an Stelle der Mineralbildungen der normalen Kontaktmetamorphose treten, demzufolge Hornfelse fehlen. Wie man sieht, ist die Sache noch sehr kontrovers. Jedenfalls möchte aber speziell für unser Gebiet die genetische Frage nicht früher angeschnitten werden, bevor nicht eingehende chemische und mikroskopische Studien sowie ein vollständiges kartographisches Bild über die mannigfaltigen Gesteine der Chloritgneisgruppe vorliegen, was jedoch nicht zur vorliegenden Aufgabe gehört. Dessenungeachtet möchte ich nach Maßgabe der Lagerungsformen und aus strati- graphischen sowie tektonischen Gründen dem Gedanken Raum geben, daß die Chloritgneisgruppe hiesiger Gegend nicht einem einheit- lichen Bildungsakt ihre Entstehung verdankt; vielmehr werden wir zu der Annahme gedrängt, daß die Hauptmasse dieser wechsel- vollen Schiefergneisserie, speziell die äußeren Sattelteile, sedimento- genen Ursprungs sind; es war ein Massengesteinsderivat, welches später durch Injektionen von Muskovitgranit, der größere Kerne bildet, und Diabas in Form von Lagergängen durchbrochen wurde. Unter dem Einflusse der granitischen Intrusionen wurden die Sedimente einer anderen Art der Kontaktmetamorphose unter- worfen, die unter hohem Druck in der Weise wirksam war, daß ein natronfeldspatreiches Magma auf den zahllosen und mächtigen Spalten und Klüften des Gesteins aufgestiegen ist, dieses durch- tränkend, und allmählich die Gneisifizierung des sedimentären Substrats je nach dessen Zusammensetzung vollbrachte, wodurch sich die mannigfaltigen, rasch wechselnden Gneistypen der in Rede stehenden Gesteinsgruppe am besten erklären. Beweis dafür, daB an vielen Punkten des Chloritgneises seine zahllosen Spalten und Klüfte mit Albitzwillingen, Periklinverwachsungen, kleinen Quarz-, be- ziehungsweise Bergkristallen, derbem Prehnit, tafeligem und schup- pigem Chlorit, säuligem Epidot, kleinen Orthoklasen bekleidet worden sind. Gleichzeitig wurden unter geodynamischen Einwirkungen die intrusiven Granite zu Muskovitaugengneisen sowie auch die Diabase zu Uralitdiabasen und Amphiboliten umgewandelt, ferner durch die normale Verwitterung Aktinolith- und Chloritschiefer ausgebildet. — Diese ältereintrusiveKontaktmetamorphose macht es erklärlich, daß in der Chloritgneisgruppe ähnliche Kontaktbildungen, wie wir solche öben in der Glimmerschiefergruppe kennen lernten, hier gänzlich fehlen. Es ist wahrscheinlich, daß die Chloritgneisgruppe die Beschaffenheit der kristallinischen Grundgebirge bereits besaß, als die Aufwölbung der Zöptauer metamorphen Dioritgabbromasse eintrat, wofür auch eine ältere Parallelstruktur in manchen jener Gesteine spricht. An der nordwestlichen Flanke der Zöptauer metamorphen Dioritgabbromasse sind teils feldspatreiche, teils glimmer- reiche Schiefergneise verbreitet, welche sich als Bestandteile des Schiefergneisgewölbes im Wildenteßtal darstellen, das durch die gediegenen Arbeiten Beckes näher bekannt geworden ist‘), auf welche hiermit hingewiesen sei, weil Verf. seine mikro- 1) L. c. pag. 294. [113] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau, 165 skopischen und chemischen Untersuchungen auf dieses Gebiet nicht ausgedehnt hat. — Der gedachte Schiefergneissattel des Wildenteß- tales enthält allgemein in zentraler Lage feldspatreiche Biotit- gneise, während die peripherischen Bildungen an der Nordwest- flanke (Teßgebiet) durch glimmerreiche, feldspatarme Schiefergneise, dagegen die Nordostflanke (am Altvater) und die Südostflanke (im Mertagebiet) durch überwiegend feinkörnige und schieferige Chlorit- Albitgneise vertreten sind. Die letzteren Chloritgneise im Mertagebiet sind identisch mit der obengeschilderten Chloritgneisgruppe. Die er- wähnten Gesteine des Teßtaler Schiefergneisgewölbes nebst der ein- gelagerten Phyllitmulde des kleinen Seebergs sowie ein Teil des Unterdevons werden gegen NO durch eine große, NW streichende Störungslinie Karlsbrunn--Gabel— Waldenburg abgeschnitten, jen- seits welcher sich die älteren, grobkristallinischen Biotitgneise der Urlichgruppe ausbreiten. — VI. Tektonische und Altersverhältnisse des metamorphen Diorit- und Gabbromassivs und seiner Schieferhülle. Die tektonischen Verhältnisse sind zum Teil bereits oben in den einzelnen Abschnitten, und zwar bezüglich des zentralen Dioritgneis- kernes, der peripherischen Gabbroamphibolitzone sowie der kristallinen Schieferhülle soweit als es nötig erschien und soweit sich hierzu die Gelegenheit dargeboten hat, zur Erörterung gelangt. Die gedachte Zöptauer Eruptivmasse bildet ein selbständiges, in sich abgeschlossenes Gewölbe und eine durch dieselbe kontakt- metamorphisch veränderte kristalline Schieferhülle an der Süd- west-, Südost- und Nordostflanke, gegen Nord hin wird das gedachte Massiv durch Granitit- und Pegmatitmassen flankiert, während am Nordwestflügel die kontaktmetamorphen Hüllgesteine bis auf wenige Überreste durch die gewaltige Erosion des Teßtales abgetragen erscheinen; auch gegen den Scheitel hin sind noch einige Schollen davon erhalten, welche in das Magma tief eingeblättert worden sind. Das Ganze erscheint demzufolge als ein im südwestlichen Teile NNO, im nordöstlichen Teil nach NO gestreckter Lakkolith, dessen lange Axe vom Rauhbeerstein (im Traußnitzwald) bis an den Hüttel- berg (Berggruppe des Ameisenhübel) 10 km mißt und dessen kurze Axe in dem Querprofil Bischofsgraben (Ober-Zöptau) bis Steinigberg (Schwarzensteingruppe) gemessen 44 km beträgt. Die Fortsetzung der zentralen Eruptivmasse südöstlich vom Rauhbeerstein bis in die Gegend von Rabenseifen läßt darauf schließen, daß dieselbe sich in der Teufe auch unter der angrenzenden Glimmerschiefergruppe ausbreitet. Während das Streichen der Bänke und Schlieren des Diorit- gneis- und Amphibolitkernes parallel zu dem oben angegebenen, all- gemeinen Gebirgsstreichen in den Grenzen 1 h bis 3 h erfolgt, ist das Verflächen fast durchweg unter steilen Winkeln isoklinal gegen NNW, beziehungsweise NW gewendet, was auf eine Überkippung gegen SO infolge Tangentialschubs hinweist. Es ist klar, daß der Bau des 166 Franz Kretschmer. 1 14] Zöptauer Diorit- und Gabbromassivs nicht als eine einfache Aufwölbung, als einheitliches Gebilde nach Art geschichteter Sedimente zu denken ist, vielmehr spielen hier Schieferung, Aufblätterung, Ab- schnürung sowie Versenkungen und Einfaltungen der Glimmerschiefer und Chloritgneise in die peripherischen Gabbroam- phibolite, als auch insbesondere Einfaltungen dieser letzteren in den darunterliegenden Dioritgneiskern, ferner gangförmige Durch- setzungen eine große Rolle. Wir müssen demzufolge Rücksicht darauf nehmen, daß sich die Regeln der Tektonik nicht so ohne weiteres auf die mannigfaltigen Verhältnisse der eruptiv - metamorphen, kristallinen Gesteine anwenden lassen, die man etwa von den ge- schichteten Sedimenten hierauf übertragen wollte. Durch die gedachten Störungen werden die sonst so einfachen tektonischen Verhältnisse kompliziert, so daß das Gewölbeprofil nicht zur Geltung kommt oder nur sehr unvollständig erscheint; in um so deutlicheren Umrissen lassen es die großen geologischen Erscheinungs- formen hervortreten, und zwar haben wir unwiderlegliche Beweise dafür, daßessich tatsächlich um ein Gewölbe handelt indersymmetrischen Verteilung der peripherischen Gabbrogesteine, sowie nicht minder der Schieferhülle, beziehungsweise deren Überreste auf den Flanken des in Rede stehenden Gewölbes. Daß die Gabbroamphibolite an den Nordost- und Südostflügeln eine weit mächtigere Entwicklung als am Nordwestflügel zeigen, kann wohl nicht als Mangel an Symmetrie auf- gefaßt werden. Wie wir weiter oben gesehen haben, übergeht der zentrale Diorit- gneis gegen die Randpartien in die sauren Formen des dioritischen Magma, und zwar dem Quarzglimmerdioritgneis am Reimerstein und Schinderhübel; die Reihe der Gabbrogesteine am Schwarzenstein findet ihre gleichwertigen Vertreter im Traußnitzwalde und östlich des Rauh- beersteins; in ähnlicher Verteilung an den Gewölbeflügeln finden wir die im Hangenden, beziehungsweise im Liegenden folgenden Hüllgesteine der Glimmerschiefergruppe und der COhloritgneisgruppe. Siehe das Quer- profil 2 auf Taf. V sowie dessen Ergänzungskurven; gleichzeitig sind daraus die in den metamorphen Dioritgabbrokern versenkten Schollen des Glimmerschiefers ersichtlich. Überall ist das Einfallen isoklinal gegen WNW und NW gerichtet, demzufolge diese Lagerungs- verhältnisse untrügiich ein großartiges, schiefliegendes, das heißt gegen SO überkipptes Gewölbe vorstellen. Ein ähnliches Bild ergibt ein Querprofil in der Linie Matten- berg (Marschendorf)—Topfsteinbruch (Storchberg), jedoch ist dasselbe nicht so vollständig als das vorige, weil die Schieferhülle des Mattenberges fehlt, die daselbst durch das Teßtal weggespült erscheint. Siehe das Profil 1 auf Taf. V sowie die zugehörigen Ergänzungskurven. Dagegen erhalten wir östlich des Topfsteinbruches am Storchberg die einander äquivalenten Gabbrogesteine, ferner den Pyroxenitstock des Topfsteinbruches und als Abschluß im Liegenden die mächtige Chlorit- gneisgruppe mit ihren Diabasgesteinen am Rabenberg. Die Mitte bringt die aus den peripheren Gabbrogesteinen bestehenden Scheitel- kalotten des Steinhübels, Butterhübels, beziehungsweise des Vorder- und Hinterberges sowie Hofsteins und Storchberges, soweit diese [1 15] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 167 noch von der Erosionsmechanik verschont geblieben sind, zum Schnitte, während die darunterliegenden zentralen Dioritgesteine die Tiefe be- herrschen. Auch daraus ergibt sich mit Konsequenz, dab diese Gesteine ein isoklinales Gewölbe formen, in deren Kern Diorit und an der Peripherie Gabbro, den Spaltungsgesetzen entsprechend, magmatisch ausgeschieden wurde. Daß die Grenzfläche beider Gesteinsfamilien eine sehr unregelmäßige und durch zahllose und mannigfaltige Schlieren gestörte ist, liegt in der Natur der Sache und wurde bereits weiter oben auseinandergesetzt. Man findet also auch in der Zöptauer Diorit-Gabbromasse nebst deren Pyroxeniten den geologischen Erfahrungssatz bestätigt, daß die sauren Tiefengesteine zuerst erumpierten, die basischen nach- folgten, während die ultrabasischen (die beiden anderen durch- brechend) den Schluß der Reihe bedeuten, woraus sich die Regel er- gibt, daß die gedachten Gesteine um so später zur Eruption gelangten, als sie basischer geworden sind. Heute, wo die metamorphosierenden Prozesse, die Umkristallisation der Diorite, Gabbro und Pyroxenite längst vollzogen ist, sehen wir einen mächtigen Kern flaserigen Hornblendeplagioklasgneises mit Schlieren von Biotitplagioklasgneis, umgeben von einem Mantel massiger Horn- blendegabbros nebst untergeordneten Hornblenditen, beziehungsweise Strahlsteinen, körnigen Gabbroamphiboliten und Gabbroschiefern sowie Prasiniten, während gegen den Saum hin zahlreiche Topfsteinstöcke mit Schalenstruktur erscheinen. Schon F. Becke und M. Schuster haben in dem eingangs- erwähnten Vortrag!) darauf hingewiesen, daß die Gesteine in der Um- gebung von Zöptau nicht nur nach den Lagerungsverhältnissen den stratigraphisch tiefsten Horizont, sondern auch durchweg eine hoch- kristalline Ausbildung zeigen. Auch aus unseren obigen Feststellungen geht unstreitig hervor, daß die Zöptauer metamorphe Eruptivmasse tatsächlich den geologischen Mittelpunkt des Altvatergebirges bildet und daß dieselbe nach den. Lagerungsverhältnissen das strati- graphisch tiefste Niveau behauptet. An diese zentrale, merkwürdig regelmäßig und hinsichtlich ihrer Gesteinstypen vollständig entwickelte eruptive Kernmasse legt sich das Schiefergneisgewölbe im oberen Teßtale dergestalt auf, daß die erstere von dem letzteren an der Nord- west- und Nordostflanke umschlossen wird. Wahrscheinlich hat die zentrale Eruptivmasse bei ihrer Aufpressung die Aufwölbung der benachbarten Teßgneise bewirkt, beziehungsweise die Chlorit- gneise emporgehoben, an der Südostflanke zu einem Sattel zu- sammengestauchtund an der Nordostflanke über die Kerngesteine dachförmig übergeschoben, wie dies bereits oben auseinander- gesetzt wurde. Es ist zweifellos, daß ein Teil der schieferigen „Teßgneise* sowie die Chloritgneise lediglich petrographisch verschiedene Ausbildungs- formen sind, die sich gegenseitig in gewissen stratigraphischen Niveaus vertreten, jedoch in tektonischer und genetischer Hinsicht einer ein- heitlichen Formation angehören. Die darin auftretenden Gneise von 2) Th..c. pag. 3. 168 Franz Kretschmer. [116] körniger, flaseriger und Augenstruktur sind auf granitische Intrusiv- massen zurückzuführen, welche durch Gebirgsdruck vergneist worden sind. Altersgliederung. Zum Schlusse vorstehender Ausführungen möchte wohl auch die schwierige Altersfrage bezüglich der Zöptauer metamorphen Dioritgabbrokuppel sowie ihrer Schieferhülle, und zwar sowohl der Glimmerschiefergruppe als auch der Chloritgneisgruppe in den Kreis der Erörterung gezogen werden, soweit dies nach dem heutigen Stande unserer Kenntnisse von dem gedachten Gebiet überhaupt möglich ist. — Zunächst muß bemerkt werden, daß alle meine Be- mühungen, in den Hüllgesteinen Graptolithen oder Tentaculiten sowie andere paläontologische Charaktere aufzufinden, bisher von keinem Erfolge begleitet waren, also vorläufig als fossilleer anzusehen sind. Vielleicht sind spätere Beobachter von mehr Glück begünstigt, denn erfahrungsgemäß sind Fossilien oft nur auf schwache Schichten und Bänke beschränkt und haben sich selbst in viel durchforschten Gegenden jahrzehntelang der Beobachtung entzogen, bis ein glücklicher Zufall sie dem Kundigen entdeckt. Verf. hat bislang keine Veran- lassung getroffen, daß die lokal eingelagerten graphitischen Phyllite und Quarzite der Glimmerschiefergruppe im Traußnitz nach Radio- larien oder anderen Mikroorganismen untersucht werden. Wir sind daher bei Beurteilung der Altersfrage lediglich auf die petro- graphischen und stratigraphischen Verhältnisse sowie auf die vor- handenen Diskordanzen angewiesen, was die Sache erschwert und unsicher macht. Betreffs der Hüllgesteine kann zunächst mit einiger Sicherheit konstatiert werden, daß die Chloritgneisgruppe zufolge ihres petro- graphischen und tekonischen Verhaltens den älteren, die Glimmer- schiefergruppe den jüngeren Schichtenkomplex vorstellt, und zwar besteht die erstere Stufe ihrem Wesen nach aus kalksteinfreien Silikatgesteinen, wobei auch den darin vorkommenden Quarziten lediglich eine untergeordnete Rolle zufällt. Im Gegensatze dazu wird die jüngere Stufe aus einem vielfachen Wechsel vorherrschender Quarzite und Glimmerschiefer nebst untergeordneten Phylliten zusammengesetzt. In beiden Stufen treten metamorphe Derivate von Uralitdiabasen auf, und zwar vorwaltend Amphibolite untergeordnet mannigfaltige Grünschiefer und Chloritschiefer. Ferner geht aus der Beobachtung tatsächlich hervor, daß die Gesteine der Glimmerschiefergruppe gleichwie diejenige der Chlorit- gneisgruppe mit den Bänken und Schlieren der zentralen Massen- gesteine nicht überall im konkordanten Verbande stehen, und zwar machen sich die geologischen Diskordanzen durch lokal vorkommende durchgreifende Lagerungsverhältnisse an den Nordost- und Südostflanken des Lakkoliths geltend, welche teils auf das fingerförmige Fingreifen desselben in die Hüll- gesteine, teils auf gangförmige Durchsetzungen zurückzuführen sind. Dieses tektonische Verhältnis ist bei der Natur der Sache nicht 1 17) Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 169 anders möglich, denn der intrusive Kern hob die Hüllgesteine nicht gleichmäßig, so daß sich daraus der lokal diskordante Anschluß zwischen Kern und Mantel notwendigerweise ergeben mußte. Ebenso ist die Auflagerungsfläche zwischen den Gliedern der Chloritgneisgruppe einerseits und dem südöstlich angrenzenden Unterdevon anderseits keine normale, vielmehr diese Formations- grenze durch Anderungen des Streichens sowie durch Brüche, Abrasion und Erosion gestört erscheint, was insbesondere in der Berglandschaft um Rabenseifen und Rudelsdorf auffällig wird, wo an den abnorm ostwestlich streichenden Chloritgneisen, plötzlich die Schichten des Unterdevon mit Nordsüdstreichen abschneiden und die Grenz- fläche auch sonst sehr unregelmäßig verläuft. Zwischen Chloritgneis- gruppe und Unterdevon liegt also eine große geologische Dis- kordanz vor. Es erscheint demzufolge zweifellos, daß während Bildung der Devonabsätze sich die Chloritgneisgruppe schon in gestörter Lagerung befand, also bereitsempor- gehoben und nicht mehr im Vollbestande seiner zu- gehörigen Gebirgsglieder war, weil die gebirgsbilden- den Kräfte sowie später Abrasion und Erosion bereits am Werke gewesen sind. Die Transgression des Ünterdevons über die Chloritgneisgruppe kommt dort am deutlichsten zum Ausdruck, wo die bleigrauen unterdevonischen Phyllite, beziehungsweise Ton- schiefer an die kristallinische Unterlage anstoßen. Daraus ergibt sich für die Chloritgneisgruppe als Abgrenzung nach oben hin mit Sicher- heit ein vordevonisches Alter. Nachdem jedoch in der Chloritgneisgruppe neben unterge- ordneten Quarziten auch Quarzkonglomerate und Konglomeratgneise nachgewiesen sind, sich also auch diese mannigfaltig zusammengesetzte Gesteinsgruppe unserer Schieferhülle durch ihre in manchen Fällen klastische Beschaffenheit auszeichnet, der bisherige Mangel an Fossilführung darauf zurückzuführen ist, daß die Fossilien durch spätere, oben geschilderte metamorphische Vorgänge unkenntlich ge- worden, so gelangen wir an der Hand dieser Tatsachen, speziell des stratigraphischen Verhaltens sowie der großen unterdevonischen Trans- gression zu der Schlußfolgerung, daß die Chloritgneisgruppe an dem Zöptauer metamorphen Dioritgabbromassiv in ihrer Hauptmasse wahr- scheinlich der präkambrischen oder besser gesagt algonkischen Formationsgruppe angehört. Das früher für diesen Komplex und die Gneisformation bei Zöptau angenommene „archäische“ Alter muB wohl künftighin fallengelassen werden. Freiherr v. Cammerlander!) betrachtet den „Phyllitgneis* der älteren Geologen, der zum Teil identisch mit dem Chloritgneis ist, als ein zwischen die „archäische“ Gneisformation und das Unter- devon des Haidenzuges (Hohehaide, Maiberg, Hirschkamm und Schiefer- haide etc.) eingeschobenen geologischen Horizont, dem er ein silu- risches Alter zuschreibt. Inwieweit diese Sätze mit den Tatsachen in Ubereinstimmung stehen, erhellt aus den obigen Darlegungen sowie auch das supponierte silurische Alter weder durch paläontologische !) Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. Nr. 12, 1886. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Band, 1. Heft. (Fr. Kretschmer.) 92% 170 Franz Kretschmer. [118] „noch durch petrographische Charaktere gestützt werden kann. Dessen- ungeachtet ist es für uns wichtig, daß auch v. Cammerlander die Chloritgneisgruppe unter die altsedimentär-metamorphen Bildungen einreiht. — Um das mutmaßliche Alter unserer Glimmerschiefer- gruppe feststellen zu können, müssen wir, da dies in unserem be- schränkten Gebiet nicht möglich ist, etwas weiter ausgreifen. Das weite Teßtal ist ursprünglich ein tektonisches Tal, das dort entstanden ist, wo die Grenzscheide liegt, zwischen dem Zöptauer Dioritgabbro- sattel im Osten und der großen GranitgneiskuppelderHoch- schaar-Kepernikgruppe im Westen. Nach Überschreitung dieser Depression finden wir die Fortsetzung der Glimmerschiefergruppe an den westlichen Gehängen des Teßtales, wo sie sich über dem aus Biotitaugengneisen bestehenden Lakkolith der Kepernikberg- gruppe und ihren Ausläufern ausbreitet und dessen intensiv kontakt- metamorphisch beeinflußte, allerdings vielfach zerstückte Schieferhülle bildet. Diese letztere wird in den gedachten Gebiet hauptsächlich zu- sammengesetzt aus einem schuppigen, glimmerreichen Glimmerschiefer mit einem weitverbreiteten Kontakthof ausge- zeichneter Staurolith-, Andalusit- und Granatschiefer, worin außerdem mächtige Kalksteinlager einsetzen, die jedoch fast gänzlich zu mannigfaltigen Kalksilikatfelsen umgewandelt sind, während quarzi- tische und graphitische Schiefer, plattige Biotitgneise und mannigfaltige Amphibolite bloß untergeordnet auftreten. Mit Abnahme der Kontaktmetamorphose vollzieht sich in der G e- birgsrinne Ramsau—Goldenstein ziemlich rascher Übergang des Glimmerschiefers in die Gesteine der Phyllitgruppe, an deren Zusammensetzung sich außer den dunklen Phylliten, mächtige kristalline Kalksteine, untergeordnete Quarzite sowie Amphibolite beteiligen. Auch diese Gruppe zeigt gegen das Granitgneismassiv hin vielfach kontakt- metamorpbische Beeinflussung, indem die Phyllite zum Teil muskovit- reich werden, die Kalksteine zum Teil in Marmor umgewandelt sind. Die Phyllite übergehen teilweise in tonschieferähnliche, durch massenhaft parallel eingeschwemmte Quarzstufen deutlich klastische Gesteine. Die petrographische Ähnlichkeit der in Rede stehenden Phyllit- gruppe mit den Phyllitzügen vom Uhustein und dem großen Seeberg— Wiesenberg einerseits sowie dem typischen Unterdevon östlich der Chloritgneisgruppe ist so auffällig, daß ich schon früher auf das mut- maßliche unterdevonische Alter dieser Phyllitkomplexe hinge- wiesen habe !). Halten wir daran fest, so sind wir zu der Annahme berechtigt, daß der Glimmerschieferkomplex im Kepernik- sebiet den der Phyllitgruppe nächsttieferen Horizont repräsentiert, also dem Silur angehört; demzufolge auch die ähnlich zusammen- gesetzte, durch typische Kontaktgesteine ausgezeichnete Glimmer- schiefergruppe auf dem Zöptauer Diorit- und Gabbrogewölbe ebenfalls auf ein silurisches Alter hinweist. !) Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1897, Bd. 47, pag. 39. RE 1 19] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 171 Aus diesen Feststellungen des algonkischen Alters für die Chlorit- gneisgruppe, des silurischen für die Glimmerschiefergruppe, des unter- devonischen für die eingeklemmten Phyllitmulden sowie der damit gleichzeitigen Hebung der im Südost angrenzenden Hauptmasse der mährisch-schlesischen Devonformation geht des weiteren hervor, dab die Aufpressung des Dioritgabbrogewölbes in der Umgebung von Zöptau in postdevonischer Zeit erfolgte und aller Wahrscheinlichkeit nach von kulmischem Alter ist. Demnach sind die oben beschriebenen Kontakthöfe im Traußnitzwald bestehend aus staurolith-, granat-, disthen- und turmalinführenden Muskovit- und Fuchsitschiefern in der Kulmperiode zur Entstehung gelangt. Dasselbe Alter ergibt sich für das Hervorbrechen der westlich angrenzenden Granitgneiskuppel und die großartigen Kontakthöfe ausgezeichneter staurolith-, andalusit- und granatführender Biotitschiefer und der Kalksilikatfelse. Jeden- falls sind beide benachbarten Lakkolithen, und zwar sowohl die große Granitgneiskuppel als auch die viel kleinere Dioritgneisgabbrokuppel gleichzeitig durch denselben geodynamischen Tangentialschub aufge- preßt worden, dessen größte Komponente senkrecht auf die Längser- streckung der gedachten Gneiskuppeln in der Richtung NW—SO wirk- sam gewesen war. Die Aufpressung der zentralen Intrusivkerne steht mit der Gebirgsfaltung im gleichzeitigen sowie ursächlichen Zusammen- hange, dagegen die Ausbildung der oben geschilderten, mannigfaltigen Kontakthöfe wohl der Hauptsache nach in die unmittelbar nachfolgende pneumatolytische Periode fällt. Ferner ist es nicht unwahrscheinlich, dab zur Zeit der Intrusion der Granitgneiskuppel im Kepernikgebiet sowohl, als auch der Dioritgneiskuppel in der Umgebung von Zöptau, die Gesteine der Chloritgneisgruppe des Haidenzuges und im Alt- vatergebiet die Beschaffenheit des kristallinen Grundgebirges bereits besaßen. Wie bereits oben der Nachweis erbracht wurde, hat der Granitit des gewaltigen Erzberges dıe zentralen Dioritgneise und die randlichen Gabbroamphibolite durchbrochen, wobei derselbe zu den weiter oben geschilderten, wichtigen endomorphen und exomorphen Kontaktgebilden Anlaß geboten hat; derselbe hat außerdem die teils feldspatreichen, teils glimmerreichen „Teßgneise* durchbrochen. Wir sind also zu der Schlußfolgerung berechtigt, daß der Erzberggranit jünger ist als die erwähnten Schiefergneise, ferner auch jünger ist als das Zöptauer metamorphe Dioritgabbromassiv, beziehungsweise die daraus hervor- gegangenen kristallinen Schiefergesteine. Eine nähere Altersbestimmung des Erzberggranits und seines mannigfaltigen Ganggefolges ist durch folgende Beobachtung ermöglicht worden. Der bereits obenerwähnte Phyllitzug vom Kleinen Seeberg und Dreigraben bei Wiesenberg (am linken Teßgehänge), bestehend aus dunklen Phylliten, Quarzschiefern und Amphiboliten, findet seine Fortsetzung am Kapellenberge sowie am Fichtelberge westlich Wiesen- berg und verliert sich am östlichen Gehänge des Lustbaches nächst Groß-Ullersdorf. Dieser Phyllitzug wird auf den genannten Anhöhen westlich Wiesenberg von kleinen Stöcken des Erzberggra- nits durchbrochen. Nun haben wir weiter oben gesehen, daß nach Maßgabe seiner petrographischen Zusammensetzung und strati- 29* 172 Franz Kretschmer. [120] graphischen Stellung der in Rede stehende Phyllitzug dem Unter- devon beigeordnet werden muß, wodurch sich das Alter des Erz- berggranits und seines Ganggefolges frühestens als postdevonisch erweist. Nachdem jedoch die Aufpressung des Dioritgneisgabbroge- wölbes in der Kulmzeit erfolgt ist, so muß der Erzberggranit mut- maßlich in der Oberkarbonperiode hervorgebrochen sein. Von gleichem Alter dürften auch die Biotitgranite von Blauda und Hermesdorf in der Umgebung von Mähr.-Schönberg sein, welche gleich dem Erzberggranit die jüngste Phase eruptiver Tätigkeit in dem hier in Betracht kommenden Gebiet bezeichnen. — Anders liegen die Altersverhältnisse bezüglich der gewaltigen Pegmatitmassen des Radersberges, die nach ihrer räumlichen Ent- wicklung und anderen trifftiigen Gründen nicht zum, unmittelbaren Ganggefolge des Erzberggranits gehören. Mehrfache Uberlegung läßt den Radersberger Pegmatit als älter erscheinen, und zwar dürfte dieser gleichalterig sein mit den westlich des Teßtales aufgebrochenen, Pegmatitmassen am Schloßberg bei Groß-Ullersdorf, im Pfaffen- busch und dem Bürgerwald nächst Reigersdorf, welche das Gang- sefolge der großen Gmeiskuppel in der Kepernikgruppe repräsen- tieren. — Die früher für archäisch gehaltene sogenannte „Gneisfor- mation“ der Umgebung von Zöptau wurde als das Grundgebirge be- trachtet, dem die Chloritgneise und Glimmerschiefer sowie die Phyllite als allmählich jüngere Formationsglieder auflagern. Bei der hier ver- tretenen Auffassung von der Intrusivnatur der Zöptauer Dioritgabbro- kuppel und ihrer mannigfaltigen Schieferumwallung als Kontakthof, erfährt die frühere Altersgliederung eine völlige Um- kehrung, und zwar haben wir gefunden, daß die Chloritgneisgruppe auf Grund ihrer petrographischen Charaktere, ihrer stratigraphischen Stellung, beziehungsweise der großen devonischen Transgression von algonkischem Alter ist und ein schon früher gefaltetes Gebirge vor- stellt; die Glimmerschiefergruppe gehört mutmaßlich zum Silur, während die weiterhin angrenzenden Phyllitgebiete ein devonisches Alter haben, so daß in der Schieferumrahmung vom Devon bis zum Algonkian eine nur durch das scheinbar fehlende Kambrium unter- brochene Reihe existiert. Des weiteren wurde zweifellos festge- stellt, daß die Intrusion der Dioritgneiskuppel und die Ausbildung ihrer Kontakthöfe frühestens in die Kulmzeit fällt, demzufolge die zentrale Dioritgneis- und Gabbroamphibolitmasse die jüngste Formation repräsentiert. In der Erwägung jedoch, daß die Aufpressung der oben ge- schilderten Gneiskuppeln mit der Faltung der Sudeten im ursäch- lichen Zusammenhange steht und unter Berücksichtigung der fest- stehenden geologischen Tatsache, daß die hereynische Faltung, welche zur Ausbildung des variscischen Kettengebirges führte, im Laufe der Oberkarbonzeit erfolgte, so erscheint es plausibel, auch die Intrusion unserer Gneiskuppeln in diese Zeit zu verlegen, obschon sich ein direkter Nachweis in unserem Gebiete dafür nicht erbringen läßt. [121] Das metamorphe Diorit- u. Gabhromassiv in der Umgebung von Zöptau. 173 Und in der Tat hat es C. Gäbert!) sehr wahrscheinlich gemacht, daß die sächsisch-böhmischen Gneiskuppeln frühestens am Ende der Kulmperiode aufgepreßt worden sind; ferner hat R. Scheibe für die Granitgneise des nordwestlichen Thüringer Waldes den Nachweis erbracht, daß diese wie die des südöstlichen Thüringer Waldes von postkulmischem Alter sind sowie auch die Intrusion des sächsischen Granulitlakkolithen nach den Neubearbeitungen von H. Credner, E. Danzig und E. Weise in postkulmischer Zeit erfolgt ist. Auf Grund obiger Altersfeststellungen verschiebt sich auch die Zeit, in welcher unser Erzberggranit zur Eruption gelangte, bis an das Ende der Oberkarbonzeit. — Obwohl am Ende dieser Abhandlung angelangt, betrachte ich diese dessenungeachtet nicht als abgeschlossen, denn wichtige geolo- sische Probleme harren noch der Lösung. Ich möchte mir daher in Zukunft in diesem reichen Arbeitsfeld weitere Ergänzungen, eventuell auch Berichtigungen vorbehalten, denn in dem Maße, als durch neue Steinbrüche, vielleicht auch durch neue Bergbaue sowie durch Weg- verlegungen infolge neuer Straßen- und Eisenbahnzüge bisher unbe- kannte Funde und Aufschlüsse erzielt werden, wird auch die geolo- gische Erkenntnis gefördert, vorausgesetzt, daß die feldgeologische Untersuchung unmittelbar nachfolgt, welche die frischen Entblößungen festhält, ehe diese wieder verwischt werden. Die geologische Feld- arbeit sowie jene im Laboratorium soll deshalb in dem Zöptauer Arbeitsgebiet weiter fortgesetzt und, sobald genügendes Tatsachen- material sowie neue Erfahrungen vorliegen, weitere Mitteilungen darüber gebracht werden, um die offengebliebenen geologischen Fragen ihrer Lösung näherzubringen. !) Die Gneise des Erzgebirges und ihre Kontaktwirkungen. Zeitschrift d. d geolog. Gesellsch. 1907, 59. Bd., pag. 368. 174 Franz Kretschmer. [122] Inhaltsverzeichnis. Seite Binleitungn ri. Vf NEL 2 ES TUR IE RI ET SE I. Generelle Übersicht der orographischen und petrographischen Ver- hältnisse. Gesteine in der Umgebung von Zöptau nach dem alten petrographischen System: Hornblendegneise, mannigfaltige Amphibolite und Hornblendeschiefer, Topfsteine und Chloritschiefer, Granit, pegmatitische und aplitische Ganggesteine . . . ; 55 Bisherige Auffassung der elastischen Vernalues al 1 obiee Gesteine seitens früherer "Beobachter de 2 2 55 „Das Gabbromassiv im bayrisch-böhmischen Grenzgebirac", von VERDIET DEM. une. 2" FOR 56 „Die Gruppe der Eher llrs im Mesehkikchen "Mitkelnehıree® von KEINE . 3 3 56 Die Gesteine in der Unschure von Zöptau Kan nnd Horn blendeplagioklasgneise von Dioriten abstammend, Hornblendegabbro, Gabbroamphibolite, Gabbroschiefer, Prasinite und Hornblendite . . 57 Verbreitung der Dioritgneise: Hauptmassiv im Traußnitzwalde, Oplustilberg, Reimerstein, Rauhbeer- stein, Storchberggruppe, Schwarzensteingruppe (Petersdorf), in der Umgebung von Marschendorf; Spezialmassiv am Hausberg und der vorderen Hüttellehne (Wermsdorf) . . oo. 2 0. 0 2 00 0 KmEna u Verbreitung der Gabbrogesteine: Hornblendegabbro am Schwarzenstein, Lagergänge davon und Horn- blendit im Bienergraben, im Traußnitz. Gabbroamphibolite und Gabbroschiefer östlich des Rauhbeersteins, am Viehbich, Pfarrerb, Schillerhau, Laßkoppe, Bischofserb (Zöptau).. . . ei.) Gabbroamphibolite und Gabbroschiefer am re ein Hüttellehne (Wermsdorf) und am Kargerberg (Siebenhöfen) ie! Mannigfaltige Derivate des Gabbro am Mattenberg, Steinhübel, Butter- hübel’und.am Kahlhübel (Marschendorf) ! ... 21.0.2. Er 61 Verbreitung der Quarzite, Glimmerschiefer und Schiefer- gneise: | Quarzite und Glimmerschiefer der Ausläufer des Schwarzensteins und | Steinigberges . . . Ni 62 Quarzite und Glimmerschiefer am Weißenstein und Kupferberg a, 62 Quarzite und Glimmerschiefer im Traußnitzwalde . 62 Schiefergneise (Chlorit- und Biotitgneise) bei Rudelsdorf, am Raben- stein, Freiheitsberg, Grasgrund und Hüttellehne ete. . . . . 63 | Kuppelförmiges Gewölbe von Dioritgneis im Kern, auf den en Hornblendegabbro, Gabbroampbibolite und Gabbroschiefer an den Flanken und dem Scheitel auflegen. . . 2... „Teenie un 0 u. 63 —64 , [123] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 175 II. Der zentrale Dioritgneiskern und dessen Ganggesteine. Seite (a Amphibolplagioklasgneis. Makroskopischer Befund; Ergeb- nisse der mikroskopisch-optischen Untersuchung . . . 65-66 Varietäten: Amphibolpyroxengneise, Amphibolbiotitgneise, Amphibol- epidotgneise . . . 67 Chemische Analyse des Amphibolplagioklasgneises und Gesteinsformel 68 Abstammung von körnigflaserigen Amphiboldioriten mit Schlieren von Flasergabbro und randlicher Differenzierung zu Quarzglimmerdiorit . 69 Schlieren von Biotitplagioklasgneis, mit lokaler Ver- errcntnoezue Muskovitsneist. 0. 2 ee 70 9. Basische Ganggesteine im Dioritgneiskern. Lagergänge von Hornblendegabbro im Bienergraben, Oplustilberg, Reimerstein IndsButterhübel gEraußnitz)i ou. saugen the: maus are en 7\ 3. Granititdurehbrüche nördlich Marschendorf. Makro- und mikroskopischer Mineralbestand des Granitits und seiner Varietäten Al Endomorphe Kontakterscheinungen im Granitit am Gabbro E 72 Exomorphe Kontaktgebilde in den Gabbrogesteinen am Granitit. . . 73-76 4. Saure Ganggesteine des Dioritgneiskernes. 16 A. Pegmatitdurchbrüche am Radersberg bei Phillipstal (stockförmige Massen) . . Mn 76 Petrographische Beschreibung und reichhaltige Mineralführung 0 191—178 B. Beryllführende Muskovit-Pegmatitgänge. Petrogra- phische Zusammensetzung, reiche Mineralführung, insbesondere ausgezeichnete Berylle . . . CHR): 78 2) Lagergänge unterhalb dem Mattenberg, Marsc ‚hendorf.. Abt ir 79 b) Lagergänge am Gemeindeviehbich, Marschendorf. . . h 79 c) Lagergänge am Ostabhang des Vorderberges, Marschendorf . . 80 d) Lagergänge im Scheibengraben, Marschendort „.:.. 30 Beschreibung der Gemeng- und Übergemengteile, insbesondere der Alkalifeldspäte sowie der Nebengemenstelle . ..... sl Quarzige Fazies dieser Pegmatitgänge . . 81 e) lıagergänge im Bienergraben zu Petersdorf. Resultate der mikro- skopisch- optischen Untersuchung BER E SPSH were 82 f) Lagergänge am ÖOpiustilberg . ... . SER up VER HE EHTAT 82 9) Lagergänge am Reimerstein, Traußnitz NA EEE NEL: 32 ©) Kreuzgängevonpegmatitischem Habitus am Schinder- Daubeie (Narschendorf)'2.004- 4. as 83 Varietäten: a) Pyroxenpegmatit; 5) beryliführender Muskovitpeg- matit; c) chrysoberyll- und beryliführender Sillimanitpegmatit. Ergebnisse der makro- und mikroskopischen Untersuchung am Sillimanitpegmatit und dessen Druckstruktur; © en im Dioritgneis am Schinderhübel etc. . . . - ; : . 84—87 Altersverhältnisse von Granitit und aeıen Gangefolge ge- genüber Dioritgneis und den Gabbrogesteinen . . ... h 88 D) Sekundäre Neubildungen: auf den ru kanklisie hen des zwentwalen Dioritsmeises alone. al ae nd III. Peripherische Gabbrozone. | Einfaltungen und Versenkungen, Injektionen (Gänge) der Gabbro- gesteine in den Dioritgneiskern . . 39 Gliederung der Gabbrozone an den beiden Gewölbef flügeln, "und zwar der basischen sowie der ultrabasischen Fazies der Gabbroreibe.. . 90 | 1. Hornblen a hbro, Ergebnisse der mikroskopisch-optischen Unter- suehungs‘..... re ee et zug 90 Chemische Analyse, ea) Übereinstimmung mit dem Gabbro- DE IKB ae. SER. apa. a, ee. Deine 1192 176 Franz Kretschmer. [124] Seite Struktur des Hornblendegabbro 2 93 Gangförmige Injektionen des Hornblendegabbro 93—94 2. Gabbroamphibolite,. Struktur derselben 95 Mikroskopisch-optische Gesteinsanalyse 95 Übergemengteile der Gabbroamphibolite . ea et sh 96 Chemische Analyse und Gesteinsformel, Abstammung vom Gabbhro- typus Keewenaw 97 Hauptentwicklung der Gabbroamphibolite an den nordöstlichen und südöstlichen Flanken sowie am Scheitel des Gneiskernes 98 3. Gabbroschiefer. Struktur und Mineralbestand 93-—99 Chemische Analyse und Gesteinsformel REN NEE 100 Zugehörigkeit zum Gabbrotypus Molkenhaus. . . ., 100 4. Einschlußmassen und Up eranesglhöder as Gabi schiefers: Hornblendite als Kugeln, Linsen und Stöcke 101 Umkristallisation derselben zu Strahlsteinschiefer und Klinochlor- schiefer . 101 Epidotisierte Gabbroschiefer 2 2 5. Prasinite (Grünschiefer). Dichte und Fee Struktur, ausge- zeichnete Parallelstruktur und Fältelung ; 102 6. Untergeordnete Einschlüsse desGabbr dsckerensi Zoisit (Thulii), Pyroxen (Diopsid), Prehnit, Quarz (Bergkristall), Orthoklas (Adular), Albit, Periklin, Apatit, Kalzit, Pyrit etc. . 102—103 7. Sekundäre Kluftausfüllungen des ae. ie. kommen der bekannten Zöptauer Mineralien auf mannigfalfigen Klüften und Hohlräumen in wechselvollen Assoziationen, und zwar ame BiarrerbsundeViehbichzete:1ZO pause . 103 — 105 Am Mattenberg, Steinbübel und Butterhübel; Marschendorf . 105—106 8. Erzmassen des Gabbroschiefers. a) Linsenförmige Magnetitlager als eisenreiche Fazies des Gabbro, auf der Sylvanzeche bei Siebenhöfen 106 Mineralbestand der Erzlagerstätte . . 106 — 107 Nebengesteine derselben . 107 Pyrite “und Zeolithe des Gabbroschiefers daselbst . 107 Mächtigkeit, Streichen und Verflächen der Erzlagerstätte 108 Spezialantiklinale der Gabbrogesteine daselbst 108 Bergbaubetrieb auf dieser Eisenerzlagerstätte . 108 b) Ähnliches Magnetitvorkommen am Erzberg . 108 ec) Kupferkies, Malachit und UDESGEH am Storchberg; Hämatit am Hofstein, Zöptau . 109 Kontaktmetamorphose im Gab Be 0. R hulliche Verdichtung des Gabbro zu Gabbroschiefer und Prasinit als Folge größerer Abküh- lungsgeschwindigkeit. 108 E ndogene Kontaktgebilde am Glimmerschiefer in 1 den Hammerbüscheln und bei Margaretenquelle, Traußnitz . 109—110 Desgleichen am Glimmerschiefer des Kupferberges, "Wermsdorf 110 kückbliek auf die peripherische Gabbrozone. Die Gabbro- gesteine bilden eine geologische Einheit . 1il Magmatische oder primäre Hornblende und deren sekundäre Um- bildungen, basischer Charakter der Plagioklase 112 Tabellarische Übersicht der chemischen Verhältnisse des Dioritgneises und der Gesteine der Gabbrozone sowie Diskussion der Analysenresultate . .113—115 IV. Ultrabasische Fazies der Gabbroreihe. Topfsteinstöcke mit gesetzmäßiger Schalenstruktur des metamorphen Dioritgabbromassivs 2 115 A. Topfsteinbruch am Storehberg (Zöptau): Beschreibung der beiden Topfsteinstöcke, des Pegmatitganges und der Nebengesteine 116 | \ [125] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 177 Seite Die Topfsteinkerne sind von ie Strahlstein- und Chlorit- schieferschalen umhüllt. . . . een: 2. LG Mineralbestand des Topfsteinkernes, mikroskopisch-optische Unter- suchung. . . .„ 117—118 Chemische Analyse der Topfsteinmasse und deren Gesteinsformel a N) Abstammung von sehr basischem Gabbro des Typus Molkenhaus (an der Grenze gegen Pyroxenit) . . Ser lg Pyroxenitreste auf der Bruchsoble, mikroskopisch- optische Analyse . 119— 120 Talkschiefer, innere Schale des Topfsteinkernes. Mineralbestand nach der makro- und mikroskopischen DEN NE ea 120 Chemische Analysen und Gesteinsformel. . . ara, BO Abstammung vom Pyroxenit des Typus Webster . Zn: 121 Strahlsteinschieferschale. Mineralbestand nach dem makro- undamikroskopischen.Befund!. 2 Eon rn... 2.12. 2. a, Bl Chemische Analyse a 122 Chloritschiefer, äußere Schale der Topfsteinstöcke. Mineralbestand vorwiegend Prochlorit ... . a a Pr DR Ergebnisse der mikroskopisch- optischen Untersuchung EEE RITE 123 Chemische Analyse und Diskussion des Resultates . . N EB. Substrat des Prochloritschiefers, ein basischer Amphibololit . RE Gesteinsformel, Abstammung nach Osannel .:. 125 Amphibololitrelikte auf der Bruchsohle und deren makro- und mikro- skopische Gesteinsanalyse . . 125—126 Tabellarische Übersicht der chemischen Verhältnisse der Topfsteinstöcke im Storchbergbruch . . . . . #127 B. Topfsteinstöcke in der Umgebung von Normen 1. Topfsteinbruch oberhalb des Kupferberges . . . a > 2. Topfsteinbruch am Hausberg nächst dem Sensenzipfel MEERE DE A 3. Topfsteinbruch auf der vorderen Hüttellebne (Wildzaun) . . . 128 4. Topfsteinbruch auf der hinteren Hüttellehne (große Dämme) Lagerungsverhältnisse der drei Topfsteinstöcke daselbst ... . . 128 Mineralbestand der zentralen Topfsteinmasse und ihrer Talkschiefer- Schale 3 : 129 Mineralbestand‘ der nephritischen "Strahlsteinschieferschale sowie der Chloritschieferschale . . . lau. 130 Gänge von Plagioklaspegmatit. Chloritgneis als Schieferhülle . N) 5. Topfsteinbruch am Kargerberg nördlich Siebenhöfen . ..... 180 ©. Untergeordnete Topfstein- und Talkschiefermassen: 6. Im Bischofsgraben . . . Ed RT ERNEST Zu Tender Bauhbeersteiga? eisen .mlane sin ara sl 8. Am Schwarzenstein.. . . . 131—132 | D. Ursprunggesteine, Entstehung undAlter "der Topfstein- | stöcke: | Substrat des Topfsteinkernes — Pyroxenit, beziehungsweise Websterit; Substrat der Chloritschieferschale — saurer und basischer Amphibo- | lolit, Kontentrisch-schaliger Bau eine Folge schlieriger Anordnung des ultrabasischen Magmas . . . 132—133 Pyroxenite jünger als die durchbrochenen Diorit- und Gabbrogesteine 134 Pegmatitgänge und Umwandlung des Pyroxenits zu a genetisch verknüpfte, pneumatolytische Vorgänge . . : 134 Mannigfaltigkeit des chemischen Charakters der Hornblende . . . . 135—136 Verwendung des Topfsteines . . . 136 E. Saure Ganggesteine von pegmatitischem "Habitus der Gabbrozone (Gabbropegmatite): Wesentlich Plagioklaspegmatite, und zwar Pyroxen- nnd Amphibol- pegmatite . . Eee A ö 136 a) Am Pfarrerb (Zöptau) DEE SD N EEE TESTEN IT NIE 137 b) Mattenberg (Marschendorf) . . . SIE EEFEERLST c) Pyroxen- und Glimmerpeematit, Topfsteinbruch (Zöptau) . . .„ 137—139 d) Pegmatitgang am Hausberg (Topfsteinbruch) . . u 0) e) Pyroxenplagioklas-Pegmatit, Topfsteinbruch (hintere Hüttellehne) 139 Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Band, 1. Heft. (Fr. Kretschmer.) 33 178 Franz Kretschmer. [126] V. Die kristallinische Schieferhülle. Seite A. Glimmerschiefergruppe und ihre Kontakthöfe: Vorherrschend Quarzite und Glimmerschiefer, untergeordnet Phyllite EEE KO En A Eee er . . 159—140 Zerstückung der Schieferhülle in zwei "Flügel und mehrere Schollen . 140-141 1. Kontaktschiefer und Kontaktquarzite am Butterhübel und im Tauben- buschelafraubnitzen ee N ee. 140— 142 3. Kontaktschiefer und Kontaktgneise im Hammerbüschel, Traußnitz 143—144 3. Südostflügel der Schieferhülle am Rauhbeerstein: a) Granatglimmerschiefer am Nordabhang . . ..... . . .„ 144—145 b) Staurolithschiefer, Staurolithgneis und Staurolithfels am West- abhang des Rauhbeersteins . : SD... 145—146 c) Granatglimmerschiefer nächst dem Heidelbeerstein ; 146—147 4. Quarzitbrüche am Fuchsstein und Hirschbrunn im Traußnitz und im Riegelbusch bei Weikersdorf: Mineralbestand, Struktur und Lagerungsverhältnisse . 143 Chemische Analysen der Quarzite . . s 149 Steinbruchsbetrieb und Verwendung der Quarzite - 149 Isoklinale Schuppentektonik der Glimmerschiefergruppe . . .. . 150 5. Relikte der Schieferhülle am Kupferberg (WerBe Granatglimmerschiefer und Kontaktquarzite . j > . 150-151 6. Nordwestflügel des Schiefermantels: a) Große Quarzit- und Glimmerschieferscholle am Weißenstein . 152 Granatglimmerschiefer, Fuchsitschiefer . .. ... 5 152 b) Schieferhülle am Schwarzenstein und Steinigberg. ... . 153 Kontaktgebilde in den Hüllgesteinen an der Eisenbahn . „ıeslae Staurolithschiefer, Kontaktquarzite, Turmalinschiefer am West- hang des Schwarzensteins und Steinigbergs. . ...... 153—154 Kontakthöfe der Glimmerschiefergruppe, gebunden an die Grenzzone.des Dioritgabbromassivs". .. 2... me 155 Abstammung der Amphibolite im Glimmerschiefer vom Diabas B. Chloritgneisgruppe an der Südost- und Nordostflanke. 155 Verbreitung und Zusammensetzung: Vorherrschend Chlorit- albitgneise, Biotitalbitgneise, Serizitgneise; untergeordnet Serizit- chloritschiefer, Serizitquarzschiefer, Phyllite und OO EIS . 155—156 Granitische Intrusionen als Muskovitaugengneise . H ! 156 Uralitdiabase und Auen ee Derivate von "letzteren und’Biabastullen. un. wel. I En ER 157 Unterschied von Gehlro und Diabasampnid ein Verbreitung letzterer . . er ’ ...„158 Kluftausfüllungen im Den bole de Sehen grabens, Wermsdorf (Bergkristall, Prehnit, Epidot, Titanit). . . 159 Kluftausfüllungenim Chloritgneis, Hackschüssel, Wermsdorf (Bergkristall, Albit, Periklin, Epidot, en . . 159— 160 Fuchsitschiefer im Seifengrund . RE a er a A IET AR A 160 Muskovit- und RO EDESE ERNST den Chloritgneis- STUPperL Er oo 160 Erzlagerstätten or Clones une A 5 . 160—161 StratigraphischeundtektonischeVerhältnisse der Chlorit- ENEISSTUBPE >... =. 0 Bee DES REN 162 Petrogenetische Betrarhen nern über die Chlarikeneien 162 Kontroverse Ansichten von Becke, Rosenbusch und Weinschenk 163—164 Unmaßgebliche Ansichten des Verfassers . . .. 2... 2.. . 164 Große Masse schieferiger Biotitgneise an der nördlichen Flanke (Beckes Teßgneise) . . ... .’..: A 165 [127] Das metamorphe Diorit- u. Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau. 179 VI. Tektonische und Altersverhältnisse des Dioritgabbromassivs und seiner Schieferhülle. Seite Einfache Tektonik des Massivs . . . ein BOB Ausdehnung und Dimensionen des Lakkolither DEE ih, Hauptstreichen desselben, isoklinales Fallen seiner Bänke ud Schlieren, Überkippung gegen Sr ea . 16 Schieferung, Aufblätterung, Abechninune Vorsenkunsen nd Kinfaltungen Iowa pangförmige Durchsetzungen! 2 . 2 . a. orte een ac... 166 Beweise für die Kuppelform des Lakkoliths; und zwar symmetrische Ver- teilung der Gesteine des Dioritgneiskernes, speziell der Gabbrozone; Erläuterung der beiden Querprofile Fig. 1 u. 2 auf Taf.V ... . .166—167 Verhältnis der Zöptauer Eruptivmasse zur SaBuler Srennpße und den BenschbartenTeßgneisen ... ..0. . “ur wie oe E87. 167 Altersgliederung: Fossilmangel erschwert die Lösung der Altersfrage . . . . . 168 Nach petrographischem Charakter Chloritgneisgruppe allareı Ahamen Schiefer jüngere Stufe „. 25 . ee. NE rL6D Diskordanzen zwischen Schieferhülle und der Tentralen Test ntanger. 2168 Große Diskordanz zwischen Chloritgneisgruppe und Unterdevon . . 169 Ablagerung der Chloritgneisgruppe fällt in vordevonische Zeit... 169 Zugehörigkeit der na UDE® zur no For- ZUSNONETLUDDEr vu. ihr ne Be 169 Glimmerschiefergruppe leichalterig mit limmerrehiererhune de Granitgneiskuppel des Hochschaar-Kepernikgebirges . . . . 170 Ableitung des silurischen Alters für die Ellamerschiefereruppe, and des unterdevonischen Alters für die Phyllitmulden . . . 170 Aufpressung des Zöptauer Dioritgabbrogewölbes, Bntstehung dr Kontakthöfe ist in der Kulmzeit erfolst . ...... 171 Gebirgsfaltung damit ursächlich und gleichzeitig verknüpft. ...... ı71 Erzberggranitit ist in der Oberkarbonperiode aufgebrochen... . 171 Umkehrung der früheren nee Gneisformation ne Glied; Semeternillen welralter. 2... 0. 2 NE a Hercynische Faltung fällt in is Oherkarbonzen daher unsere Gere kuppeln in dieser Zeit aufgepreßt: wurden...» . „rn 2a .00173 28* 180 Franz Kretschmer. 3 [1 28] Berichtigung zu Tafel V. In der beiliegenden „Geologischen Übersichtskarte“ (Taf. V) sind durch ein Versehen des Zeichners, die im Bienergraben am Ost- fusse des Steinigberges östlich gelegenen zwei Gabbrogänge irrtümlich als Pegmatitgänge eingezeichnet worden, dagegen ist der westliche richtig ein Pegmatitgang. Über Gneise der Ötztalermasse. Von Dr. Guido Hradil in Innsbruck. Mit einer Lichtdrucktafel (Nr. VI) und einer Zinkotypie im Text. Der überaus mannigfaltige Wechsel, dem die kristallinen Gesteine der westtirolischen Zentralalpen unterworfen sind, kommt am besten zum Ausdruck, wenn man ihre Entwicklung in nordsüdlich gerichteten Profilen, längs der tief in den Gebirgskörper einschneidenden Neben- täler des Inntales, so zum Beispiel des Pitz- und Otztales und des von ihnen begrenzten Pitztaler Kammes, studiert. Dann ist es wohl die von anderen Orten der Zentralzone her bekannte und vielfach — wie beispielsweise in den Tuxer Voralpen und einzelnen Teilen der Hohen Tauern — bereits ausführlich beschriebene Diskontinuität im allmählichen, nordsüdlich gerichteten Fortschreiten von minder kri- stallinen Gesteinstypen zu solchen höherer Kristallinität, also von Tonschiefern über Glimmerschiefer zu Gneisen, welches aus der Ge- nesis kristalliner Schiefer überhaupt sowie aus dem Aufbau der Zentralketten verständlich ist, die dem Beobachter entgegentritt und ein von dem erwarteten stellenweise völlig verschiedenes Bild schafft. Liegen beispielsweise noch am Eingang ins Pitztal weiche, mergelige Tonschiefer in schmalem Zuge zwischen Trias und Glimmerschiefer eingeschaltet, so kann man bereits an dem nur wenige Kilometer östlich davon gelegenen Ötztaleingang diesen Zug nicht mehr beob- achten und die kristalline Serie beginnt hier unvermittelt mit grob- struierten Flaser- und Augengneisen, wie solche unmittelbar südlich des ausgedehnten Moränen- und Bergsturzgebietes, in dem die Eisen- bahnstation „Ötztal“ liegt, im östlichen Talgehänge anstehend ge- troffen werden. Den erwähnten ganz ähnliche Gneise finden sich, nachdem man die Zone von Amphiboliten und Glimmerschiefern bei Otz verlassen hat, weiter südlich an mehreren Stellen das Tal durch- setzend und die beiderseitigen Kämme querend, so bei Tumpen, im Tauferer Berg, in der Maurach, wo jene mächtigen Bergsturzmassen das Tal sperrend ausgebreitet liegen, welche die Ursache der Tal- stufenbildung geworden sind. Die bunte und höchst mannigfaltige Wechsellagerung von amphibolitischen und eklogitischen Gesteinen in petrographisch selten schöner Ausbildung mit einförmigem Glimmer- schiefer sowie mit Flaser- und Augengneisen in dem Raume zwischen Längenfeld und Sölden sowie in dem zugehörigen Teile des Pitztaler Kammes (der Hohen Geigengruppe) sind nicht minder Zeugen jener Diskontinuität wie das Auftreten der bunten und äußerst wechselvollen Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Band, 1. Heft. (G. Hradil.) 182 Dr. Guido Hradil. [2] Gesteinssuite von Gurgl und den südlich davon gelegenen höchsten Kämmen der Zentralkette, wo granatführende Glimmerschiefer, Phyllite u. a. herrschen. Ein dem geschilderten ähnliches Schema der Ent- wicklung beobachtet man am Südabhang der Masse, wo die tiefein- schneidenden Tallinien des Zieltales, Schnalstales u. a. so überaus instruktive Einblicke in den Aufbau dieses Gebirgsteiles gewähren. Auch hier müssen einzelne der massig entwickelten Gneise, wie bei- spielsweise jene am Südausgang des Schnalstales bei Naturns), in gleicher Weise überraschen wie auf der Nordseite der Masse und zu Erklärungsversuchen ihrer Lagerungsverhältnisse und ihrer petro- graphischen Stellung anregen. Im nachfolgenden sollen nun einige Untersuchungen über eine Anzahl von Gneistypen des Pitztales und Otztales mitgeteilt werden. l. Gneis aus dem Sulztale bei Längenfeld, anstehend im Gehänge des kleinen Gaislenkogels (3145 m) nordöstlich der vorderen Sulztaler- Alm. Das Gneisvorkommnis dieser Lokalität besitzt eine ausgesprochene Paralleltextur: Lagen von Glimmer (Biotit, Muskovit) wechseln mit solchen von Orthoklas und Quarz: Plagioklas tritt stark zurück, Pistazit- und Zoisitaggregate erscheinen in großer Menge, während Zirkon und Masgnetit als Nebengemengteile auftreten. Die Struktur ist granoblastisch, stellenweise treten feinkörnige Gemenge von Orthoklas, Serizit und vielleicht auch Epidot zu einem unentwirrbaren, nahezu völlig dichten kryptodiablastischen Gewebe zusammen, dessen Grundelemente nicht mehr mit Sicherheit bestimmbar sind. Die Quarzkörner zeigen Zer- trümmerung und undulöse Auslöschung. Dieses Gestein ist ein Epi-Alkalifeldspatgneis. 2. Gneise des Pitztaler Kammes. Auf der Westseite des Pitztaler Kammes und großenteils auch im Innern der Hohen Geigengruppe trifft man Gneise von einem anderen Ent- wicklungstypus. Die Westgehänge des Gschrabkogels (3197 m) und Wurm- sitzkogels (3080 m) liegen teils im Gneis, teils im Glimmerschiefer, die im unteren Teile gegen Mittelberg überall durch die alten, mächtigen Moränenbildungen des Mittelberggletschers verdeckt werden. Im Auf- stieg von Mittelberg gegen das Pitztaler Jöchl trifft man auf dem (orographischen) rechts vom Gletscher und meist auf dessen mächtigen Seitenmoränen führenden Wege, sobald man die letzteren Bildungen !) Vergl. „Augengneise und verwandte Gesteine aus dem oberen Vintschgau“ von W. Hammer und C. v. John. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., Wien 1909, Heft 3 und 4, sowie d. Verf. „Gneiszone des südlichen Schnalsertales in Tirol“. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., Wien 1909, Heft 3 und 4. [3] Über Gneise der Ötztalermasse. 183 Y verlassen hat, ungefähr bei Punkt 2241 m!) auf eine Einlagerung eines weißen, annähernd dichten, aplitähnlichen Gesteins, welches in ungefährer Mächtigkeit von 5 m, in mehreren nach Art von Injektions- sängen verteilten Zügen, dem Glimmerschiefer konkordant eingelagert erscheint. (Str.: N 75° O, F.: 26° SO.) Der Glimmerschiefer zeigt hier ein vollständig gleichmäßiges, feinkörniges Gemenge von Quarz (möglicherweise auch noch von etwas Orthoklas), das von feinen und dünnen Serizitlagen und -zügen durchsetzt wird. Die Textur ist schieferig, die Struktur eine feingranoblastische. Der Glimmer ist teils Muskovit, teils Biotit mit Muskovit gemengt. Es sind dies die sedi- mentogenen, für die mittlere Zone der Alkalifeldspatgesteine der kristallinen Schiefer charakteristischen, tonerdearmen Glimmerschiefer. Jene aplitische Einlagerung zeigt u. d. M. ein gleichmäßig und sehr feingranoblastisch struiertes Gewebe, das aus Orthoklas und Quarz- körnern mit vereinzelten Plagioklaskörnchen besteht, die lagenförmige Textur erkennen lassen. Glimmer in Form von Serizitschüppchen und -blättern tritt im ganzen Gestein verstreut auf, bildet jedoch nur selten geschlossene Lagen und Züge. Auffallend sind die an den im Gewebe verstreuten Plagioklasindividuen zu beobachtenden starken Knickungen und Biegungen des Mineralkorns als Spuren einer starken kataklastischen Inanspruchnahme ?). Die chemische Untersuchung des Gesteins ergab folgende Resultate): Tabelle Nr. 1. Aplitischer Gneis, anstehend auf dem Wege von Mittelberg im Pitztal zur Braunschweiger Hütte, bei Punkt © 2098 der Karte. Spezifisches Gewicht: 2:67. Mittelwerte Bodken Auf 100 ulmle Rules Molekular- Prozente SAUFHON | gerechnet I prozente 1onen Bo N 75:12 75-12 75-45 12575 81:86 BI >. = _ = = —_ Or. 0:88 - = = = 20, a ee: 11:83 11-88 11:64 757 120 0:88 1:67 1:68 2-31 1:50 MO... 0:43 0:43 0:43 1:07 0:69 N 076 0:76 076 1:35 0:87 Bo... 5-98 5.98 601 6:38 415 0... 377 377 3-79 511 3:52 77,0 0:39. I = Bo... or ler — 3 — Summe. .|| 10098 | 9956 | 100.00 15361 | 99:96 ..)) Sämtliche topographischen Angaben beziehen sich auf die Karte 1:50.000 der Ötztaler und Stubaier Alpen (4 Blätter), herausgegeben vom Deutschen und Österreichischen Alpenverein. ?) Siehe Abbildung auf Tafel Nr. VI. ?) Die drei folgenden chemischen Analysen wurden von mir im chemischen Laboratorium des mineralogisch-petrographischen Instituts des eidgenössischen Polytechnikums in Zürich ausgeführt, wobei ich mich weitgehender Förderung und Unterstützung seitens des H. Prof. Grubenmann und Frl. Priv.-Doz. Dr. L. Hezner zu erfreuen hatte, denen ich hierfür an dieser Stelle meinen herzlichsten Dank sage. 184 Dr. Guido Hradil. [4] Werte nach Osann-Grubenmann: Se 285:0 Ana 1°A7 Typenformel: a So; Ay Co Fo 02:96 ee (Abteilung: 5) nächstverwandter nem Typus Osanns: R— N Typus Qalime yes ars ce Son M — 0:77 aus der Reihe der Granite. 0:00 Verrechnung der Analysenresultate nach amerikanischem System. = © in [= al Sl se 2 8 $ zei =2 | Ss: 222|2 » 2 ee | © © a | we [@) 25) la j.am| 8 = Es 2251222252 2 200m oa © ze |2 = = IR Alsas RZ SO 7512 |75'12 | 75:38 | 1256 | -- | 384 | 312 | 28 9 1519| — TiO, re a Bi. 6,0, 0:88) 088| 0858| 66 - | 5 ee AO, 1183/1183 | 11-872) 116 || 64| |) | are Feos: 0:88 | 0:88 0:88 131 6 — | — | 7/I—| — |, — | — MgoO 043 | 043 0:43 11|— | — | — | 7/4| — | — | — CaO.. 0:76 | 0:76 0:76 144|—| — | - /14|--) — | — | — 3,0% 51981 5:98 6°01 64|—|ı 4| — | -— | — | —- | — Na, O0 3:77\.377|-39| a) — |») ee H,0 0299| -- a Een __ | _. H,0 + 1200| ZEaneee | _.ı _ Summe. 100'98 | 99:65 | 100:00 | 1541 | 12 512 | 416 a: 18 ns BO, 2.0. .15197% 760) — 3114050 N K,041,0,6Si0, . 64 X 556 — as) 5 Sal. Na,0 Al,0,68i0, . 52 X 524 — 27248 ) re0.%9680,... 6xB2Zz 1392 M ] M90:50%,.... .4X100 = 400) hy | CaoO . SiO, ale 14 x 116 —— 1624 } Fem M90.8i0,.... 7X10 = 7WrENP n20% 500,0. ya 924 | N2,0% 5:0, 2, 9001085 1098 m> ) Q= 3114 BL N I Sal. — 93:97 IM 159 7.010 ar { RE: | Fem. = 604 ns —10 Summe = 100'01 [5] Über Gneise der Ötztalermasse. 185 Class: Order: Rang: Subrang: —————————— en re — - — — rm mE er 1. Persalane 4. Britannare 1. Liparase | 3. Liparose | Sal. __ 93:97 EB oa) MONO | 3,0... 0064 ,_ Fem. 604 Q 31:14 CaO Na, Obi 0.061 ‘12 5 3 Be oe ee en —=10<— >— 1 3 1 0014 3 5 a | 1 Liparose. L MORE 2 (ame nn RR N ANY N R AR \ oO [74 Nr. 1. Aplitischer Gneis von Mittelberg. ....... SuB 914 ( fe Br Gneis von, Sexegerten .. Jon. | 1... 1) «/» Verse Sue 4, Gr Yanıs Nr. 3. Lamprophyr von Schmiedhof . ........ Sa a, & Vin | Ordinatensystem: SiO, in Molekularprozenten. N Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Band, 1. Heft. (G. Hradil.) 94 186 Dr. Guido Hradil. [6] Die Verrechnung der Analysenresultate nach Osann-Gruben- mann führt zu einer den Graniten verwandten Typenformel. Die Vermutung liegt sehr nahe, daß das vorliegende Gestein ein saures Spaltungsprodukt eines granitischen Magmas repräsentiert, eine An- nahme, welche durch die geologische Erscheinungsform desselben als geringmächtiges lagergangartiges Vorkommnis eine weitere Unter- stützung erfährt. Diese aplitischen Züge werden weiter oberhalb des genannten Punktes von Gneisen abgelöst, die das eruptive Gepräge in noch viel höherem Grade zur Schau tragen. Im Aufstiege gegen die Braunschweiger Hütte des D.-O. A.-V. trifft man alsbald, etwa 300 m unterhalb der- selben, auf jene Gesteine, die von hier in der Richtung gegen das Kaarlesköpfel streichen. Es sind hellgraue, zum Teil grobkörnige Gesteine mit deutlicher Schieferung, deren Struktur u. d. M. als granoblastisch erkannt wird. Die Hauptgemengteile sind: Orthoklas, Plagioklas, Mikroklin, Pistazit, Chlorit, Mikroperthite. Das häufige Auftreten der letzteren sowie auch die Neigung einzelner Alkalifeldspate zur Bildung großer Individuen verleiht dem Gestein jenes eigenartige, bei vielen Eruptivderivaten beobachtete Strukturbild. Der Chlorit, der in auffallend reichlicher Menge in Form von großen Blättern und Schuppen sowie auch von blätterigen Aggregaten im Gestein vor- handen ist, besitzt niedrige Licht- und gleichfalls niedrige Doppel- brechung bei stets negativem Charakter, welche ungefähr dem La- vendelgrau der Newtonschen Skala entspricht. Die Achsendispersion zeigt deutlich v
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was für einen Plagioklas der Gruppe II oder III, das ist Oligoklas
(Abz An; bis Ab, An,) spricht.
Außer diesem Plagioklas erscheint noch ein anderer, zwillings-
gestreifter im Gestein, der hie und da auch gute Lamellendurch-
kreuzung nach Albit- und Periklingesetz zeigt. Der Gehalt an mikro-
24*
188 Dr. Guido Hradil. > [8]
perthitischen und myrmekitischen Bildungen wechselt, erreicht jedoch
niemals einen beträchtlichen Betrag. Desgleichen wechselt das gegen-
seitige Mengenverhältnis zwischen Hornblende, Biotit und dem farb-
losen Glimmer. Auch Granat in schwach grünlichen Körnern wird in
nicht unbeträchtlicher Menge angetroffen.
Auf dem Pitztaler Jöchl und in dessen nächster Umgebung
gegen den Kaarleskogel (3106 m) sowie auf dem Grat, der sich vom
Joch gegen Punkt - 3035 m der Karte in nordwestlicher Richtung
erstreckt, besitzt das Gestein bereits sehr deutlich ausgeprägte Flaser-
textur, während die Struktur teils rein granoblastisch, teils porphyro-
blastisch ist; die deutliche Schieferung wird durch Lagen von farb-
losem Glimmer hervorgerufen. U.d.M. zeigt sich ein teils fein, teils
gröber entwickeltes granoblastisches Gemenge von Quarz, Plagioklas
in beträchtlicher Menge, Orthoklas, stellenweise mikroperthitisch durch-
wachsen und stark serizitisiert, von Biotit und etwas grüner Horn-
blende, letztere in langen, stengelförmigen Individuen, ferner von
Pistazit und rhombischem Zoisit in beträchtlicher Menge. Die Paral-
lelanordnung der zahlreichen Züge von Biotit und des aus diesem
hervorgegangenen farblosen Glimmers bedingen eine ausgezeichnete
Schieferung. Titanit erscheint stellenweise in reichlicher Menge in
Form von walzen- oder eiförmig gerundeten Körnern mit sehr starker
Licht- und Doppelbrechung; auffallend ist in diesem Gneis das
stellenweise ziemlich bedeutende Auftreten von kalzitischen Massen,
welche die charakteristische polysynthetische Zwillingsriefung nach
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2; R (0112)
besitzen und im Gestein regellos verteilt erscheinen. Die zwillingsge-
streiften Plagioklase ergaben in Schnitten aus der symmetrischen
Zone (- 010) maximale Auslöschungsschiefen bis 16%, während die
Bestimmung des Plagioklases nach der Beckeschen Methode folgende
Resultate lieferte:
a) In Parallelstellung: b) In Kreuzstellung:
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Gruppe IV, V, VI. < Gruppe II, III, IV, V.
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Fig. 4. Schematische geologische Ansicht der Schubschollenlandschaft in der Umgebung der Ussernalpe südöstlich von Tannheim.
1 = Muschelkalk. — 2 — Rauhwacke. — 3 = Hauptdolomit. — 4 — Radiolarite. — 5 — Aptycherkalke.
Die vorzüglich aus Muschelkalk, Rauhwacken und Hauptdolomit bestehenden Schubschollen bilden eine obere eigene Zone, unter
welcher sich erst die vielfältigen Verfaltungen und Verknetungen von Kreideschiefern und Oberjuragesteinen befinden.
Deutliche Trennung in zwei tektonische Strukturfazies.
[13] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 543
Der nächste, etwas östlichere Seitengrat Fig. 2 zeigt am Fuß der
Gaishornnordwand ziemlich ähnliche Verhältnisse. Hier treten auch
noch über den Aptychenschichten Kössener Schichten auf und die
kleine Mulde im Hauptdolomit ist nicht mehr deutlich.
Noch weiter östlich in dem tiefen Graben gegen das Vilstal Fig. 3
sehen wir die Fleckenmergel unter den Hauptdolomit einschießen.
Jenseits des Vilstales haben wir nach kurzer Unterbrechung durch
den Schuttkegel des Gappenfeldbaches in klaren Umrissen die Fort-
‘setzung dieser Tektonik.
Wir sehen das nördliche Gewölbe, das hier die Kreide und
die Schubschollen der Ussernalpe trägt, und südlich daranstoßend die
Gaishornscholle, welche aber hier eine deutlich gegen Norden über-
kippte, gewölbeförmige Gestalt annimmt. Die Kreideserie und die
Schubschollenzone greifen über beide Wölbungen hinüber.
Wir erkennen daraus, daß die Störung an der Nordseite des
Gaishornes keine weitausgedehnte ist, da sie gegen Osten rasch in
kleine Verhältnisse übergeht.
Die Gaishornscholle bildet nur den nördlichen Teil von drei
sehr steil und eng aneinander gepreßten Schollen, welche durch die
Gipfel Gaishorn, Rauhhorn und Kugelhorn bezeichnet werden. Von
diesen drei Stücken zeigt nur das südlichste, welches den charak-
teristischen Namen Kugelhorn führt, wenigstens im oberen Teil
deutliche Gewölbeform. Im mittleren Stück herrscht saigere bis fächer-
förmige Schichtstellung, im nördlichen steil südfallende.
Zwischen Gaishorn und Rauhhorn zieht ein schmaler Streifen
von Fleckenmergeln und Kössener Schichten in die Tiefe, zwischen
Rauhhorn und Kugelhorn ist ein Keil von Fleckenmergeln und Haupt-
dolomit eingeschaltet.
In der Tiefe des innersten Vilstales erscheint gleichsam im
Bauche des Kugelhorngewölbes eine Zone von Fleckenmergeln mit
Schollen von Kössener Schichten und Hauptdolomit.
Es ist wahrscheinlich, daß diese Zone in der Tiefe an der Öst-
seite des Kugelhornes mit jener an der Scharte zwischen Kugelhorn
und Rauhhorn in Verbindung steht, wenn auch der Zusammenhang
nicht deutlich zu ersehen ist.
Am Südflügel des Kugelhornsattels stellen sich über den Kössener
Schichten Fleckenmergel, Doggeroolithe, Radiolarienschichten,
Aptychenkalke und eine mächtige Kreideserie ein, in welch letztere
eine Anzahl von schmalen Keilen von Aptychenschichten eingeschaltet
sind. Im habe im Jahrbuch der k. k. geol. R.-A. 1909 auf pag. 320—321
zwei Profile durch diese Zone veröffentlicht.
Die schmalen Keile von Aptychenschichten sind wenigstens teil-
weise aus abgerissenen, übertriebenen, liegenden Falten hervorgegangen.
Das erkennt man beim Verfolgen dieser Zone gegen Osten.
Gleich am nächsten parallelen Seitengrat Fig. 5, welcher das kühn-
geschwungene Horn der Rotspitze trägt, sehen wir einen mächtig
ausholenden liegenden Sattel von Aptychenschichten und Radiolariten.
Die düster roten und grünen Hornsteinkalke der Radiolarienschichten
bilden den arg verkneteten und verzerrten Kern, um den die pla-
stischeren, zäheren Aptychenschichten herumgeschlagen sind.
544
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Otto Ampferer und Wilhelm Hammer.
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[14]
[15] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 545
Der Aufbau der Rotspitze mit ihrem deutlichen, liegenden Sattel,
welcher kräftig gegen Norden vorgeschoben ist, gibt die Grundformel
für eine lange Zone von oberjurassischen Schichten, welche aus der
Gegend östlich von Reutte (vom Urisee an) bis zu den stolzen Hörnern
der Höfats streichen. Es ist ein nur selten und auf kurze Strecken
unterbrochener Zug, welcher sich hier dem Stirnrande der großen
Triasschubdecke vom Wildenkamm bis zur Gaichtspitze vorlegt.
An der ganzen Strecke sind damit zugleich Streifen von Kreide-
gesteinen verbunden und verfaltet.
Von der Rotspitze ostwärts erscheinen die Faltungen und
Schuppungen dieser jungen Schichtenzone äußerst eng gepreßt, flach
niedergedrückt, linsenförmig ausgequetscht, gleichsam hart nieder-
gebügelt.
An der Rotspitze beginnt der Einsatz einer größeren, weiter-
streichenden Sattelzone, welche sich dann zugleich mit dem Umbiegen
gegen Südwesten immer mehr aufrichtet und mit dem annähernd
saigeren Sattel der Höfats endet.
Mit dem Umbiegen gegen Südwesten ist eine beträchtliche
Anschwellung der Mächtigkeit besonders bei den normal sehr gering
mächtigen Raliolariten zu verzeichnen.
Diese sichtlich durch gewaltigen Zusammenschub und Ver-
schweißung erfolgte Verdickung der Radiolarienschichten erreicht im
Durchbruch des Hintersteiner Tales ihre größte Ausdehnung. Hier
finden sich auch statt der sonst so wohl- und feingeschichteten roten
und grünen Hornsteinkalke dicke, schichtungslose Massen von Horn-
steinkalk, die in großen rauheckigen Blöcken verwittern.
Diese hier kurz skizzierte tektonische Zone, welche mit der
Höfats im Osten beginnt und sich bis zum Urisee östlich von Reutte
hinzieht, hat ihr beinahe spiegelbildliches Gegenstück an der Südseite
der Tannheimer Berge. Vom Urisee bis zum Einstein nördlich von
Tannheim ist an den unteren Südhängen der steil aufsteigenden Tann-
heimer Kette (Vilser Alpen Rothpletz’s) ein Schichtenstreifen ein-
geschaltet, welcher ebenfalls aus eng und heftig verfalteten Radio-
larienschichten, Aptychenschichten und Kreidegesteinen besteht. Im
Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt 1909 sind mehrere
Profile 17, 18, 19, 20 (pag. 31l und folgende) abgedruckt, welche
ein Bild von den höchst innigen Verknetungen und Durchspießungen
dieser Zone entwerfen.
Die Gebirgsanschnitte sind hier durchweg sehr steil, so dab
man die Einschaltung dieser tektonisch stark beanspruchten Gesteins-
serie unter die großen, einfach gebauten Triasmassen der Tannheimer
Kette klar erkennen kann. Zwischen der großen hangenden Trias-
platte und dieser jungen Schichtzone stellen sich auch hier Schollen
von Trias ein.
So fremdartig und in der nächsten Umgebung unmotiviert das
Auftreten dieser Schichtenzone an der Südseite der Tannheimer Kette
ist, so deutlich ergibt sich im Verein mit der weiter südlich gelegenen
Gegenzone die Erklärung für diese Erscheinungen.
Beide Zonen mit ihren vielfältigen Verknetungen, Spießungen,
Abscherungen, den mannigfachen Schollen sind nur verständlich als
Jahrbuch d. k.k.geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Bd., 3. u. 4, Hft. (Hammer u. Ampferer.) 71
Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [16]
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Fig. 6. Profil von der Gaichtspitze zur Tannbeimer Kette nach den Aufschlüssen der Westseite,
Erklärung der Abkürzungen:
1 = Muschelkalk, 11 = Doggeroolith. ce = Große Scholle von gefaltetem
2 — Partnachschichten. 12 —. Aptychenschichten. Muschelkalk, Partnachschichten,
3 = Wettersteinkalk, eK eideschiefer mit.exbiechenide: Wettersteindolomit und Rauh-
4 = Raibler Schichten. röllen wacken.
5 — Rauhwacke und Mergel. d = Kleine Scholle von Wetterstein-
6 — Hauptdolomit. «a = Schollen von Partnachkalken und kalk.
7 —= Kössener Schichten. Schiefern. e = Schollen von Wettersteinkalk und
8 = Rote Liaskalke. b = Schollen von Dolomit, Rauh- Dolomit, Rauhwacken, Sand-
9 — Fleckenmergel. wacken, Sandsteinen und bitu- steinen und Mergeln (Raibler
10 = Radiolarienschichten. minösen Kalken (Raibler Sch.). Schichten).
[17] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 547
Bildungen an der Basis einer großen Bewegungsmasse. Es ist die
tektonische Verwebung von den jüngsten obersten abgeschürften Teilen
des Untergrundes mit hergezerrten, aus dem Leibe der Schubmasse und
aus der Tiefe gerissenen Stücken und Schollen.
Eine tektonische Mischungszone großen Maßstabes verbindet
somit die Tannheimer Kette mit der weit ausgedehnteren südlicheren
Schubmasse.
Die Schubschollenlandschaft der Ussernalpe stellt ein Stück des
dazwischen noch erhalten gebliebenen Reibungsteppiches dar.
Noch klarer ist der ehemalige Zusammenhang östlich von Nessel-
wängle an dem Verbindungskamm zwischen Gaichtspitze und Tannheimer
Kette Fig. 6 dargelegt. Wenn man von den übersichtlicheren Auf-
schlüssen an der steileren Westseite dieses nordsüdlich streichenden
Kammes ausgeht, so bemerkt man als Grundlage des sichtbaren Auf-
baues ein von Sprüngen zerstücktes, etwas gegen Norden gedrängtes
Gewölbe von Hauptdolomit, über welchem Kössener Schichten, teilweise
rote Liaskalke, Fleckenmergel, Radiolarite und Aptychenschichten
lagern. Die Radiolarite und Aptychenschichten zeigen besonders im
Bereiche des Südschenkels lebhafte Schub- und Faltzeichen.
Uber den Aptychenschichten sind noch stellenweise wenig mächtige
Reste von Kreideschichten und Konglomeraten mit bunten exotischen
Geröllen erhalten. Die Verfaltungen und Schuppungen der jüngsten
Schichtglieder erreichen in der Gegend des Gaichtpasses ihren
Höhepunkt. Hier legt sich dann von Süden her die gewaltige Triaskalk-
masse der Gaichtspitze unmittelbar darauf. Sie besteht der Hauptsache
nach aus hellem Wettersteinkalk, der bei Weißenbach im Lechtal
von Raibler Schichten überlagert wird.
An der Nordseite unterteufen Partnachschichten den Wetterstein-
kalk, unter denen am Hornbergl (nordöstlich von der Gaichtsiptze)
mächtige Muschelkalkschichten sich einstellen.
Die Schichtserie der Gaichtspitze ergänzt sich gegen Osten
ebenso rasch wie sie gegen Westen abnimmt. 2 km westlich vom
Gaichtpasse sind sowohl der Wettersteinkalk als die Raibler Schichten
zwischen Hauptdolomitmassen verschwunden. Auf dem Kammstück
zwischen Gaichtspitze und Tannheimer Kette liegen nur eine größere
Anzahl von kleineren und großen Schollen verschiedener Trias- und
Juragesteine. Es sind Kalke und Mergel des Muschelkalks, Kalke
und Tonschiefer der Partnachschichten, Wettersteinkalk und Dolomit,
Sandsteine, Mergel, Kalke, Rauhwacken der Raibler Schichten, Dolomit-
breecien, Radiolarienschichten und Aptychenschichten.
Nur der Muschelkalk des Hahnenkamms bildet eine größere
Scholle, welche auch eine teilweise lebhafte Faltung aufweist. Am
östlichen Seitengrat des Hahnenkamms bemerken wir eine kleine,
zusammengeklappte Mulde, deren Öffnung ostwärts gerichtet ist. Auch
am Hornbergl tritt eine von Ost gegen West gerichte Faltung hervor,
welche hier einen gegen West überkippten Sattel bildet.
Die Scholle des Hahnenkamms steigt gegen Osten tiefer ab und
zeigt sich entlang ihres Nordsaumes auf Rauhwacken und Sandsteine
der Raibler Schichten aufgeschoben.
71*
548 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [18]
Steil und tiefer eingefaltet als die Triasschollen sind die Radio-
larienschichten und Aptychenkalke am Titzlberg.
Nördlich dieses Kammstückes setzt die mächtige, steil nord-
fallende Triasplatte der Tannheimer Kette in die Tiefe. Muschelkalk,
Partnachschichten, Wettersteinkalk, Raibler Schichten, Hauptdolomit
folgen hier regelmäßig übereinander.
Gegen Osten rücken die Ränder der Tannheimer Kette und der
Gaichtspitzscholle immer näher zusammen. In der Gegend des Uri-
sees östlich von Reutte werden beide Züge nur durch eine schmale
Zone vön oberjurassischen Schichten und Kreidegesteinen getrennt
und von einer gewaltigen Hauptdolomitmasse übergriffen.
Es ist auf Grund der heute vorliegenden Beobachtungen sehr
naheliegend, in dem Profil Fig. 6 die Trias der Gaichtspitze mit jener
der Tannheimer Kette zu verbinden und allgemein die Tannheimer
Berge nur ais einen Teil der großen südlichen Schubmasse aufzufassen.
Die Schollen zwischen den Erosionsrändern der Schubmasse
in der Zone Reutte—Nesselwängle— Tannheim können nun entweder
als Reste der von der Erosion zerstörten Deckenverbindung oder als
Schubschollen an der Basis der Überschiebung gedeutet werden. Nach
meinen bisherigen Beobachtungen sind diese Schollen besser als basale
Schubschollen denn als Deckenreste verständlich.
Dies tritt weiter westlich zum Beispiel in der Schollenlandschaft
der Ussernalpe Fig. 4 deutlicher hervor, da hier die Schollen vor-
herrschend aus Muschelkalk bestehen, während sowohl im Süden wie
im Norden die Ränder der großen Schubmassen nur von Hauptdolomit
zusammengesetzt werden.
Die ältere Trias bleibt in den großen Schubkörpern schon weiter
östlich zurück.
Während also die Sippschaft der Triasschollen mit großer Wahr-
scheinlichkeit als tektonisches „Grundgeschiebe* zu betrachten ist,
sind die Verfaltungen und Schuppungen in den jüngsten Schichten
des Untergrundes als mehr lokale Schürf- und Zerrwirkungen der
darüber bewegten Massen anzusehen.
Die Triasschollen und manche der oberjurassischen Schollen
und Falten wären so gewissermaßen der weitergewanderten Grund-
moräne, die Verfaltungen und Schuppungen im obersten Untergrunde
den Bodenstauchungen eines Eisstromes zu vergleichen.
Mit dem Kastenkopfe tritt der Querschnitt aus dieser reich-
gegliederten geologischen Weltin den Bereich der einförmigen, vorzüglich
von Hauptdolomit gebildeten großen Schubdecke ein. Einfache, weit-
gespannte Faltung beherrscht die großen, ziemlich einheitlichen Dolomit-
massen. Es sind ungenau ostwestliche Faltwellen, die hier vorliegen.
Das Schwarzwassertal folgt einer Mulde, der Hochvogelkamm
bildet zusammen mit der gewaltigen Hornbachkette eine breitmächtige
Aufwölbung, an welche sich schon im Bereiche des Lechtales eine
neue, tiefeingreifende Mulde anfügt.
Aus dieser großen, in schwere, breite Wogen geworfenen Haupt-
dolomitplatte sind an zwei Stellen, einerseits in der Westfortsetzung
des Schwarzwassertales, anderseits im Bereiche des Hinterhornbach-
tales, große, spitzwinklige Stücke herausgeschnitten.
[19] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 549
Während der schmale nördliche Ausschnitt: sich nur bis in den
Hintergrund des Schwarzwassertales verfolgen läßt, greift der viel
breitere südliche bis ins Lechtal in die Gegend von Stanzach zurück.
Aber nicht nur in den Dimensionen, sondern auch in der Tektonik
und Schichtgruppierung sind zwischen diesen beiden Deckeneinschlitzen
große Unterschiede vorhanden. Der schmale Einschnitt im Norden
des hochragenden Gewölbes des Hochvogels ist charakterisiert durch
eine vom Hauptdolomit bis zu den Aptychenschichten reichende voll-
ständige Schichtserie, welche sich wenigstens an der Glasfelderscharte
in regelrechter Weise an die heftig aufgefalteten Hauptdolomitschichten
der Fuchskarspitze anschmiegt.
Gegen Osten verhindern in der Tiefe des Schwarzwassertales
mächtige Schuttmassen den Einblick in den Zusammenhang, im Westen
in der Umgebung des Prinz-Luitpold-Hauses, Fig. 7, greifen bald
kleine Überschiebungen ein, durch welche die lebhaft gefalteten
Hauptdolomitschichten über einen Keil von oberrhätischem- und rotem
Liaskalk und dieser wieder über Fleckenmergel und Radiolarite vor-
geschoben erscheint. Im Hintergrunde des Hintersteinertales ver-
schwindet diese Junge Zone und am Himmeleck ist nur in den Haupt-
dolomitschichten des Wildenkammes ein Rest jener kleinwelligen
Auffaltung zu erkennen.
Die Nordgrenze dieser Einschaltung von jüngeren Schichten ist
durchaus eine südfallende Schubfläche. Der hier angrenzende Haupt-
dolomit zeigt sich’in schroffem Gegensatze zu den prachtvoll gefalteten,
klaren Dolomitschichten der Fuchskarspitze und des Wiedenerkopfs
(Fig. 7) großenteils strukturlos und feinbreceiös. Weiter ab von der
Schubfläche tritt auch da wieder deutliche Schichtgliederung ein.
Es ist wahrscheinlich, daß diese UÜberschiebung sich durch das
Schwarzwassertal und über den Saldeinersattel bis in die Gegend von
Stanzach im Lechtal fortsetzt.
Nach den vorliegenden Beobachtungen dürfte diese Einschaltung
Junger Schichten nördlich des Hochvogels nicht als ein Fenster, als
ein Durchblicken des Untergrundes, sondern im Gegenteil als eine
Einrollung, eine Niederzerrung der Hangendschichten der großen
Hauptdolomitplatte aufzufassen sein.
Die auffallend lebhafte kurzwellige Faltung, welche die Haupt-
dolomitschichten knapp südlich der jungen Schichten des Glasfelder-
kopfes zeigen, steht jedenfalls in engster Beziehung zu dem Vorgang
der Einschaltung. Sie verrät gegenüber der weitgedehnten, groß-
zügigen Architektur der Hochvogelgruppe einen schroffen Gegensatz
und gibt ein ausgezeichnetes Bild einer ganz lokal begründeten
Fältelung, einer Schichtzerknitterung wegen erhöhter Reibung beim
Vormarsch der Schubmasse.
Wahrscheinlich gab eine kleine Senkung des Untergrundes den
Anlaß zu einer Einsenkung der Schubmasse. Die eingesenkten Teile
wurden dann von Südosten her teilweise überwälzt und heftig gepreßt.
Die jungen Schichten, welche nach dieser Auffassung ins Hangende
der Schubmasse gehören, wurden durch die Einsenkung und Ein-
rollung vor der Abtragung bewahrt, welche dieselben sonst weit und
breit von der Hauptdolomitdecke entiernt hat.
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Otto Ampferer und Wilbelm Hammer. [20]
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[21] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 551
Ganz anderen Verhältnissen begegnen wir in den tiefen Ein-
schnitten des Hinterhornbachtales. Hier liegt in wunderbar klaren,
einfachen Umrissen ein gegen Westen geöffnetes Fenster der großen
Hauptdolomitschubmasse vor, unter der weithin Fleckenmergel, seltener
Liaskalke, oberrhätische Kalke und Kössener Schichten zum Vorschein
kommen. Wir haben da vielleicht das deutlichste und am besten
aufgeschlossene Fenster der nördlichen Kalkalpen vor uns. Es kommt
dies dadurch zustande, daß sowohl die Decke als auch der Untergrund
jeweils fast ausschließlich von einer Gesteinsserie gebildet werden,
welche außerdem in jeder Richtung große Verschiedenheiten aufweist.
Unten haben wir die weicheren, der Vegetation freundlichen liasischen
Fleckenmergel, oben die rauhgestuften und schroffverwitternden Haupt-
dolomitbänke. Der landschaftliche Eindruck dieser beiden Regionen
wird durch die großen Räume, welche beiden zur Verfügung stehen,
und die monumental einfache Architektur der flach gegen Westen
ansteigenden Grenzlinien ausgezeichnet gehoben.
Das schöne Hinterhornbachtal ist mit seinen Seitengräben fast
allenthalben tief in die Fleckenmergelzone eingeschnitten. Nur am
Eingang des Tales, bei Vorderhornbach, verläuft der Bach im Haupt-
dolomit der hier tief herabgesunkenen Hornbacherkette, während sich
die Fleckenmergelzone höher oben am nördlichen Berghang noch bis
ins Lechtal bei Stanzach hinzieht. Der Anschnitt der Schubfläche,
welcher das Fenster umrandet, zeigt einen beträchtlichen Anstieg von
Osten gegen Westen. Im Lechtal gegenüber von Stanzach steigt die
Schubfläche in zirka 935 m unter das Lechbett hinab. Im Westen
liegt dieselbe am Hornbacherjoch bei 2023 m, am Kanzberg bei
2016 m, an der Westseite der Jochspitze bei 2216 m, am Grat
südlich des Kreuzecks bei 2340 m, am Märzle bei 2201 m Höhe.
Das ergibt im Durchschnitt auf eine Strecke von 13—17 km ostwest-
licher Erstreckung einen allerdings nicht gleichmäßigen Anstieg von
zirka 1100—1300 ın.
Die Fleckenmergelschichten nehmen im allgemeinen flache, leicht
verbogene Stellungen ein, sind jedoch besonders in dem engen öst-
lichen Teil des Fensters von einer kräftigen Kleinfältelung durch-
drungen.
Über den meist sehr steilen Lehnen und „faulen Wänden“ der
Fleckenmergel thronen dann allenthalben die mächtigen Hauptdolomit-
bauten der großen Schubdecke.
Die Dolomitschichten ruhen durchaus mit einer glatten, scharfen
Schubfläche den Fleckenmergeln auf und es ist mir bisher nicht ge-
lungen, mit Sicherheit irgendeine fremde Zwischenschichte entlang
der weithin offen zutage liegenden Schubgrenze zu erkennen. Es gilt
dies sowohl für den nördlichen als auch den südlichen Fensterrahmen.
Vergleicht man dieses auffallende Fehlen der Radiolarite,
Aptychenschichten und Kreideschiefer im Gebiete des Fensters des
Hinterhornbachtales mit der gewaltigen Anhäufung und Zusammen-
faltung in der Höfats-Schneck-Rotspitzzone, so entsteht die Vor-
stellung, daß wir in dieser letzteren Zone die weiter süd- und ost-
wärts abgeschürften obersten Lagen des Untergrundes aufgespeichert
vor uns haben.
552 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [22]
Was im Bereiche des Fensters des Hinterhornbachtales an
Oberjura und Kreide fehlt, liegt wenigstens zu großem Teil in dieser
Schürfzone vor der Stirn der großen Schubdecke angehäuft. Wir
haben schon früher darauf hingewiesen, daß auch der Aufbau dieser
eigenartigen Zone mit ihren kühnen Grasfelshörnern dieser Auffassung
zustimmt. :
Die Hauptdolomitsehichten bilden über das Fenster hinweg, wie
schon erwähnt wurde, ein weitgespanntes Gewölbe.
Dieses Gewölbe verengt und versteilt sich gegen Osten. Gegen
Westen wird es sehr breit und hat eine leicht wellig verbogene
Scheitelzone. Hier ist am Kanzberge und an der Jochspitze ein fast
ganz abgetrenntes Stück des Scheitels zwischen Hinterhornbach-
und Jochbachtal erhalten, welches nur noch mit einer schmalen
Dolomitfaser an dem breiten Massiv ‚der Wilden hängt, sonst aber
allseitig frei auf den Fleckenmergeln schwimmt. So besitzt das
Fenster des Hinterhornbachtales auch noch einen ganz ausgezeichnet
erschlossenen Deckenzeugen.
Neben diesem großen Deckenrest sind noch am Grat zwischen
der Hornbachkette und dem Kreuzeck sowie im Marchkar kleine
Dolomitschollen auf dem Fleckenmergelsockel erhalten, welche von
G. Schulze und C. A. Haniel zuerst festgestellt und kartiert
wurden.
Im Süden des Fensters von Hinterhornbach senken sich die
mächtigen Schichttafeln des Hauptdolomits wieder ziemlich steil süd-
wärts ab.
Es ist eine außerordentlich starke Hauptdolomitplatte, welche
hier vorliegt und aus welcher die stolzen Gipfel und die weiten
Kare der Hornbachkette herausgemeißelt sind. Die überaus große
Mächtigkeit der Hauptdolomitschichten läßt schon von vornherein
eine mehrfache Ubereinanderlagerung der Schichten vermuten, für
welche wenigstens im westlichen Abschnitt auch unzweideutige Be-
weise vorhanden sind.
Zu beiden Seiten des nördlich von Holzgau tief eingeschnittenen
Höhenbachtales sehen wir die südfallenden Hauptdolomitmassen durch
eine Verschiebung zerlegt, an welcher eine stark zerquetschte junge
Schichtzone eingeschaltet erscheint.
Diese Einschaltung reicht vom Südwestgehänge des Ramstallkopfes
bis zum Südabhange des Biberkopfes und umfaßt Plattenkalk, Kössener
Schichten, oberrhätische Kalke, rote Liaskalke, Fleckenmergel und
Gosauschichten. Die Gosauschichten sind auf den Bereich südlich
des Hohen Lichts beschränkt. C. A. Haniel hat diese Zone zuerst
genauer geologisch erforscht und das Vorhandensein der Gosauserie
erkannt. |
Wie schon bemerkt, verliert die in der Nachbarschaft des Hoheı
Lichts sehr mannigfaltige und interessante Einschaltung sowohl gegen
Nordosten als auch gegen Südwesten im Streichen ziemlich rasch
ihren jüngeren Schichtinhalt und es legt sich weiterfort nur Dolomit
auf Dolomit.
Diskordanzen in der Schichtstellung und brecciöse Strukturen
lassen sich aber noch beiderseits weiterhin nachweisen.
[23] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 553
Der Bau der Einschaltung ist ziemlich kompliziert, wenn man
auch stets feststellen kann, daß die Schichtfolge das regelrechte
Hangende der nördlichen Hauptdolomitschuppe (Kamm: Biber-
kopf—Hohes Licht—Mädele Gabel—Krottenkopf) ist und von Süden
her überschoben wurde. Bezüglich der Einzelheiten dieser Zone sei
auf die gründliche, jüngst erschienene Arbeit von ©. A. Haniel
(Die geologischen Verhältnisse der Südabdachung des Allgäuer Haupt-
kammes und seiner südlichen Seitenäste vom Rauhgern bis zum
Wilden. Zeitschrift der Deutschen Geologischen Gesellschaft, Bd. 63,
Jahrgang 1911, Heft 1) verwiesen.
Wie man aus dieser Einschaltung erkennt, dürfte wohl die ganze
große Dolomitmasse der Hornbachkette durch eine Übereinander-
schiebung von zwei Schollen ihre gewaltige Mächtigkeit erlangt haben,
‚wobei allerdings meist Dolomit auf Dolomit gelegt wurde. Diese
Überschiebung dürfte nach ihrem Auftreten nur eine lokale Bedeutung
und geringe Dimensionen besitzen. N
Ob die jungen Schichten größtenteils schon vor der Über-
schiebung abgetragen waren oder erst durch den Schubvorgang ab-
geschoben wurden, habe ich nicht entscheiden können.
Wahrscheinlicher ist mir bei der starken Beanspruchung der
ganzen Zone eine tektonische Entfernung.
Die Schichten dieser durch den Gehalt von Gosau charakteri-
sierten Einschaltung gehören ebenso wie jene der Einrollungszone
nördlich des Hochvogels ins Hangende der großen Hauptdolomitplatte.
Daß auch hier der Ablagerung der Gosauschichten eine starke Erosion
vorausgegangen ist, beweisen die oft ziemlich groben Breceien und
die Auflagerung der Gosau auf die Fleckenmergel. Die Radiolarien-
und Aptychenschichten, vielleicht auch noch Kreidegesteine, sind
schon vorher zerstört und weggeführt worden.
Die Hauptdolomitschuppe, welche diese Gosaueinschaltung von
Süden her überschiebt, zeigt einen regelmäßigen Schichtbestand bis
zu den Aptychenschichten, über welchen die ebenfalls von C. A.
Haniel erforschten senonen Kreideschiefer von Holzgau lagern.
Diese Schichtgruppe ist zu einer tiefen Mulde verbogen, in deren
Kern die gerade genannten Kreidegesteine ruhen.
Zu beiden Seiten des Höhenbachtales ist sehr gut zu sehen,
wie diese Schichtenscholle von Längs- und Quersprüngen zerschnitten
und verschoben wird. In der Gegend westlich des Höhenbachtales
erreichen diese kleineren Verschiebungen und Stauchungen den leb-
haftesten Ausdruck.
Daß auch ostwestliche Bewegungen mitbeteiligt sind, erkennt
man an der schönen liegenden Falte in der Nordwand des Kammes
Muttekopf— Wildmahdspitze. Die Stirn dieser Falte aus Kössener
Schichten und oberrhätischen Kalken ist gegen Westen gekehrt.
Außerdem erscheint die Kreidemulde von Holzgau in ihrer
Fortsetzung gegen Osten nördlich der Mündung des Sulzeltales um
mehr als I km gegen Norden verschoben. Die Ursache dieses Ver-
schubes ist in dem Vorstoß der nördlichsten Hauptdolomitschubmasse
der Lechtaler Alpen zu suchen, welche hier auf die Nordseite des
Lechs herüberdringt.
Jahrbuch d.kk.geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Bd., 3. u. 4. Hft.(Ampferer u. Hammer.) 79
554 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [24]
Die Kreidemulde von Holzgau taucht gegen Westen unter die
eben genannte Schubmasse hinab, während sie gegen Osten bis in
die Gegend von Elbigenalp fortstreicht. Als Muldenform erst noch
mit einem Oberjurakern, später nur mehr mit Fleckenmergeln, läßt
sich diese Zone trotz einer neuerlichen Nordverschiebung in der
Gegend von Namlos bis ins Lermooser Becken verfolgen.
Lechtaler Alpen.
Die Lechtaler Alpen werden von dem Querschnitte westlich von
ihrer höchsten Erhebung der Parseierspitze, aber noch immerhin im
Bereiche von hohen und stolzgeformten Gipfeln durchbrochen. Insbe-
sondere sind es die kühn und eigenartig gebildeten Häupter der
Freispitz- und Wetterspitzeruppe, welche diesem erst in jüngster
Zeit genauer erforschten Gebirge weithin lesbare, sehr charakterische
Linien geben.
Das Hauptprofil übersetzt den Lech in der Gegend von Stockach
und folgt nun dem schöngeschwungenen Kamme, welcher das tief
eingeschnittene Sulzeltal an der Ostseite bis zum Gipfel der Feuer-
spitze begleitet. Das erste größere tektonische Element, das uns hier
begegnet, ist ein sehr mächtiges, ungleichseitiges Gewölbe aus Haupt-
dolomit mit einem Kern von Rauhwacken und Dolomitbreccien. Eine
deutliche Gewölbeumbiegung ist im Bereiche des Querschnittes weder
in den Hauptdolomitschichten, noch in dem meist äuberst heftig ver-
drückten Kern zu sehen. Trotzdem ist die Auffassung als Antiklinale
die nächstliegende.
Der Nordflügel ist hier viel mehr tektonisch beansprucht als
der ruhig steilgeschichtete Südflügel. Der Kern, der meist nur aus
Rauhwacke und Dolomitbreecien besteht, bringt weiter östlich jenseits
der Mündung des Alperschontales einen ziemlich ausgedehnten Streifen
von Gips zutage, welcher schon seit längerer Zeit im Abbau steht.
Das hier besprochene Gewölbe läßt sich auf etwa 50 m Entfernung
von der Gegend des Schachtkopfes südlich von Biberwier bis an das
Nordgehänge des Pimits westlich von Steeg im Lechtal verfolgen. Hie
und da treten im Innern dieses Zuges unzusammenhängende Linsen
von Rauhwacken und Breceien auf, zu denen öfters auch Gips hinzutritt.
Der unmittelbar an der Fernpaßstraße nördlich von Nassereith
gelegene, heftig gefaltete Gipsstock gehört ebenfalls der Kernzone
dieses Gewölbes an.
Es ist sehr wahrscheinlich, daß die Rauhwacken und Gipszonen
zu den Raibler Schichten gehören.
Während diese Antiklinale im Osten am Abbruch des Mieminger
Gebirges ganz unvermittelt beginnt, endet dieselbe im Westen von
Steeg mit einem gegen Nordwesten geschlossenen Sattel.
An zwei Stellen, einerseits zwischen Obergiblen und Schönau,
anderseits bei Steeg, tritt diese Hauptdolomitmasse auf die Nordseite
des Lechtales über, wobei sie mit einer Schubfläche auf jüngeren Schichten
.r
[25] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 555
aufrukt. Diese Schubfläche scheint keine große Bedeutung zu haben,
da sich östlich von Elbigenalp wieder mehr regelmäßige Lagerungen
an den Nordflügel unserer Antiklinale anschließen.
Trotzdem zeigt der auf der Nordseite des Lechtales nördlich
von Stockach lagernde Vorposten dieser Schubmasse eine mehrfache
innige Verfaltung und Verkeilung von Hauptdolomit, Plattenkalk und
Kössener Schichten, wie sie für die Stirnregion von Schubmassen
charakteristisch ist, welche eine große Reibung zu überwinden hatten.
Es ist nun interessant zu sehen, daß dieser vorspringende und
so verfaltete Teil der Schubmasse die schon oben beschriebene Kreide-
mulde von Holzgau in seinem Bereiche um zirka 1 km weiter nach
Norden verschoben hat. Der Vorsprung der Hauptdolomitmasse ent-
spricht genau der auffallenden Knickung der Kreidemulde nördlich
von Stockach. C. A. Haniel hat in seiner jüngst erschienenen Arbeit
(Die geol. Verhältnisse der Südabdachung des Allgäuer Hauptkammes
und seiner südlichen Seitenäste vom Rauhgern bis zum Wilden. Zeit-
schrift der Deutschen Geol. Gesellschaft 1911, Bd. 63, H. 1) auf seinem
tektonischen Übersichtskärtchen unsere hier beschriebene Antikline
als „Burkopfschuppe* bezeichnet.
Im Süden schließen sich im Bereiche des Querschnittes nun eine
ziemlich breite und tiefe Mulde und ein Sattel an, welche mehrere
kleinere Auffaltungen in sich enthalten. Die Mulde wird im allge-
meinen in regelmäßiger Aufeinanderfolge von einem Schichtsystem
ausgefüllt, dessen höchste Teile zum Genoman oder zu noch jüngeren
Kreideschichten gehören. Im einzelnen zeigt diese Mulde jedoch gar
manche Unregelmäßigkeiten, welche hauptsächlich durch eine mächtige,
darauf aufgeschobene Schubdecke herbeigeführt wurden.
Die Kössener Schichten, welche in reicher Entwicklung über
dem Hauptdolomit folgen, zeigen besonders im Bereiche des Nord-
flügels der Mulde unregelmäßige Auflagerungen.
Auf die mächtige, durch Zusammenschub erzeugte Verdickung
unterhalb des Tajakopfes folgt dann eine auffallende Verdünnungs-
zone im Bereiche des hinteren und vorderen Sonnenkogels.
Die Schichten des darunter lagernden Hauptdolomitgewölbes
stoßen sowohl im Streichen als auch senkrecht dazu diskordant gegen
die Kössener Schichten ab. Das ist besonders deutlich an den Nord-
abhängen der beiden Sonnenkögel gegen das Lechtal zu sehen.
Knapp unter dem Gipfel des hinteren Sonnenkogels ist sogar
eine stark gefaltete Scholle von Aptychenkalk direkt der Hauptdolomit-
basis aufgesetzt. Man hat hier den Eindruck, daß die Kössener Schichten
und über ihnen wohl auch die anderen Jüngeren Schichtgruppen unter
der Last der darüber bewegten Schubmassen teilweise von ihrem
Untergrund abgeschürft und abgezerrt wurden.
Die Verfaltungserscheinungen sind innerhalb der Kössener
Schichten besonders im Hintergrunde des Sulzeltales besonders schön
und in großartigen Dimensionen entwickelt.
Uber den Kössener Schichten folgen nun im Bereiche dieser
Mulde und des nächst südlicheren Sattels nicht wie gewöhnlich in
den Lechtaler Alpen oberrhätische Kalke (oberer Dachsteinkalk) mit
eng darangeschweißten roten Liaskalken, sondern es bauen sich darüber
12*
T
556 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [26]
sraue, wohlgeschichtete Kalke mit schwarzen Hornsteinen auf. Über
diesen kommen dann erst die typischen, vorzüglich mittelliasischen
Fleckenmergel. In die Fleckenmergel ist eine Zone von Mangan-
schiefern eingeschaltet, welche jedoch bei weitem nicht die Mächtigkeit
wie in den Allgäuer Alpen erreicht und nur streckenweise entwickelt
erscheint. Uber den Fleckenmergeln kommen die Hornsteinkalke und
Aptychenschichten. Uber den letzteren ist dann noch stellenweise
eine sehr mächtige Gesteinsfolge von Sandsteinen, feinkörnigen
Konglomeraten, Pflanzensandsteinen, Hornsteinbreccien, schwarzen
Schiefern, hellfarbigen, seidenweichen, dünnblättrigen Mergeln...
vorhanden.
An einigen weiter östlich gelegenen Stellen wurden in dieser
Gesteinsreihe Sandsteine und Konglomerate mit Orbitulina concava Lam.
gefunden. (Vergleiche den Fundbericht darüber in den Verhandl.
der .k. k. geol. R.-A., Wien 1910, Nr. 2.)
Es ist selır wohl möglich, daß sich über dem Cenoman noch
jüngere Kreideschichten befinden, doch ist bisher kein sicherer Anhalt
dafür gewonnen worden.
Es erscheint dies aber umso wahrscheinlicher, als sich hier
ganz ähnliche Mergel finden wie in der Kreidemulde von Holzgau,
in welcher von C. A. Haniel senone Foraminiferenmergel nach-
gewiesen wurden.
Wie man aus dem Vergleich des Hauptprofils mit den Neben-
profilen erkennt, ist der Inhalt dieser Mulde in ziemlich benachbarten
Schnitten ein recht verschiedener. Es kommt dies daher, daß gerade
in diesem Teil der Lechtaler Alpen zu der Nord-Südfaltung eine nahezu
ebenso kräftige Ost-Westfaltung hinzutritt. Wie das beistehende Profil
Fig. 8 zeigt, haben wir es mit hochwogenden Verbiegungen zu tun,
welche jedoch auch die auflagernde Schubmasse mitbetroffen haben,
also jünger als die Aufschiebung sein müssen.
Ein schönes, weithin sichtbares Beispiel für diesen ostwestlichen
Faltenwurf bilden die Oberjuraschichten des Tajakopfes, welche wie
ein Sattel auf dem nordsüdlich streichenden Fleckenmergelrücken sitzen.
Die jüngsten Schichten der Kreideserie dürften auch hier wie
sonst in den Lechtaler Alpen nur durch die Bedeckung mit mächtigen
Schubmassen vor der Abtragung gerettet worden sein.
Noch stärker verbogen im einzelnen als die eben besprochene
Mulde ist der südlich daran geschlossene Sattel.
Der Kern aus Hauptdolomit ist wegen seiner tiefen Lage nur
an wenigen Stellen aufgeschlossen. Darüber folgt nun wieder die eben
besprochene Schichtgruppe, wobei besonders die Kössener Schichten
durch ihren lebhaften, oft geradezu auflodernden Faltendrang hervor-
treten.
Im Hintergrunde des Sulzeltales ist der Sattel auf der Ostseite
durch Einschaltung einer schmalen sekundären Mulde doppelköpfig ent-
wickelt.
Im Bereich des Südschenkels dieses Sattels treten auch hier die
Kreideschiefer wieder auf. Sie sind in der intensivsten Art mit
Hornsteinkalken, Aptychenschichten und Fleckenmergeln verfaltet und
verkeilt.
[27] Geologischer Qnerschnitt durch die Ostalpen. Son
Die beistehende Skizze der Nordwand der Wetterspitze Fig. 9 gibt
ein Bild dieser interessanten und in den hohen, nackten Felswänden
wunderbar erschlossenen tektonischen Verschlingungen und Zer-
reißungen. Hier ist bei der häufig sehr schwierigen Zugänglichkeit
und den ungünstigen Schneeverhältnissen die vollständige Entzifferung
aller Stellen noch nicht zum Abschluß gebracht worden. Eine genaue
tektonische Analyse kann hier nicht gegeben werden, dieselbe bleibt
der geologischen Beschreibung der Lechtaler Alpen vorbehalten.
Hier sollen nur einzelne, besonders wichtige Grundzüge kurz
angedeutet werden.
Die Motivierung für die so stark gesteigerte Innigkeit der Fal-
tungen, für die häufigen Wiederholungen und Einschaltungen von
Streifen, Schollen und Keilen älterer Gesteine in jüngere Schichten,
Fig. 8.
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Das Profil zeigt die starke ostwestliche Faltung in dem Gebirge südlich von
Holzgau, welche auch die Schubflächen betrifft.
i — Hauptdolomit. -— 2 —= Kössener Schichten. — 3 — Liashornsteinkalke. —
4 — Fleckenmergel. — 5 = Radiolarienschichten. — 6 — Aptychenkalke. —
7 = Kreideserie.
für die vielfachen Zerreißungen, Ausquetschungen und Anhäufungen
besteht in dem Vordrang einer mächtigen Schubmasse, welche den
stolzen Keil der Wetterspitze vor sich her sendet. Während die Skizze
der Wetterspitznordwand einen ost-westlichen Anschnitt dieser Zone
liefert, bringt die Skizze der Ostflanke der Guflespitzen Fig. 10 einen
nordsüdlichen Schnitt durch dieselbe Zone.
Auch dort sehen wir dieselbe Schubmasse an der Basis mit
einer liegenden Falte von Hauptdolomit gegen Norden vordrängen
und ein Durcheinander von Schollen und Schuppen vor sich her treiben.
Die Wirkung des Vordringens einer Schubmasse auf ihre eigenen
Schichtlagen und auf die Komponenten ihres Untergrundes und Ver-
bandes ist in geradezu ausgezeichneter Klarheit und bis in die feinsten
Details lesbar an diesen steilen Berghängen verzeichnet.
Wir erkennen, wie die liegende Fußfalte der Schubmasse durchaus
nicht durch eine Fernwanderung, sondern lediglich durch die große
558 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [28]
Reibung an der Basis zustande kommt, welche die untersten Schichten.
mehr betrifft als die darüber folgenden. Die vordersten und untersten
Schichtlagen bleiben etwas zurück und werden dadurch zu einer Falte
verzerrt, während die hangenden Zonen ungefaltet vorwärts gelangen.
Es hat diese Erscheinung manche Ahnlichkeit mit dem Fließen von
Lava-, Schlamm- oder Eisströmen, wo auch die unteren Lagen wegen
der gesteigerten Reibung von den höheren überholt, überschoben oder
überwälzt werden. Dagegen kommen jene zum Beispiel im Hoch-
vogelgebiete so lebhaft ausgebildeten Faltungen der ganzen Stirnregion
von einem Widerstande her, welcher der ganzen Masse mehr gleich-
mäßig entgegentritt.
Der Untergrund und das Vorland einer Schubmasse wird in sehr
kräftiger Weise deformiert. Einerseits finden Abschürfungen, Aus-
walzungen, Verdünnungen von einzelnen Lagen statt, anderseits werden
die mitgeschleppten Schollen und Keile wieder abgelagert, mit anderen
Schichten verknetet, verfaltet, verkeilt oder es werden einzelne
Schichten durch Zusammenschub örtlich verstärkt.
Man kann geradezu von einer tektonischen Abtragung
und einer tektonischen Ablagerung sprechen, die entlang der
Schubflächen vor sich geht. Aus dem Vergleich der beiden senkrecht
zueinander orientierten Schnitte geht auch hier wieder deutlich her-
vor, daß neben der Nord-Südbewegung noch eine kräftige Ost-West-
bewegung sich bis zu den kleinsten Details hinab ausdrückt.
Zu erwähnen wäre hier auch, daß sich an der Südwand der
Wetterspitze große, saiger stehende, ostwestlich streichende Rutsch-
flächen befinden, welche mit annähernd horizontalen Rutschstreifen
sraviert sind.
Auch die Schubmasse, welche diese Schürfungs- und Mischungs-
zone unter und vor sich liegen hat, erscheint in der Ostwestrichtung
stark verbogen.
Die Zusammensetzung dieser nun zu schildernden Schubmasse
ist eine ziemlich komplizierte. Wir haben einerseits eine mächtige
untere Hauptdolomitmasse und anderseits darüber eine sehr mannig-
fach verbogene und verfaltete jüngere Schichtenzone.
Die untere Hauptdolomitmasse erreicht in der Gegend unseres
Querschnittes eine sehr bedeutende Mächtigkeit und sie baut hier
einen schönen, mächtigen Berg, die eisgekrönte Vorderseespitze, allein
auf. Bei flüchtiger Betrachtung scheint der Bau dieses Systems von
meist steil gegen S einfallenden Hauptdolomitschichten ganz einfach
zu sein. Durch sorgfältige Kartierung der Schichtstellungen läßt
sich aber feststellen, daß hier 4—6 einzelne, selbständige Schuppen
vorliegen, die gegeneinander wahrscheinlich nur um geringe Beträge
verschoben sind. Charakteristisch für diese Verschiebungen ist aber
die Ausbildung von kleinen Stirnfalten an den Schubflächen, wie wir
eine solche, die nördlichste dieser Schar, im Hintergrunde des Sulzel-
tales etwas näher betrachtet haben.
Am schönsten ausgebildet und aufgeschlossen sind diese Stirn-
falten unserer Hauptdolomitschuppen am Westgehänge der Aple Plaiß-
spitze gegen das Kaisertal hinunter.
Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 559
[29]
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560 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [30]
Hier sehen wir zwischen den einzelnen Hauptdolomitfalten die
auflagernden Kössener Schichten tief mit eingefaltet und mit hinein-
gezogen.
Selbst in dieser so eng und streng nordsüdlich zusammen-
gepreßten und zusammengeschobenen Masse fehlt es nicht an deutlichen
Zeichen für ostwestliche Bewegungen. So sehen wir in der Nordwand
der schon erwähnten hochaufragenden Vorderseespitze die Haupt-
dolomitschichten eine kräftig ausholende, ostwestliche Faltenschlinge
beschreiben.
Im Hintergrunde des Alperschontales bilden die dichtgedrängten
Hauptdolomitschuppen eine weite Hochfläche, die sogenannten Knappen-
böden. Diese auffallende, große, flachgewölbte Felsfläche dürfte da-
durch entstanden sein, daß sich mehrere nebeneinanderliegende Kare
durch Zerstörung ihrer Scheidegrate in eine gewaltige Karfläche ver-
einigten.
Auf diesen Hauptdolomitschuppen ruhen nun im Bereiche der
Feuer- und Aple Plaiß-Spitze lebhaft gefaltete jüngere Schichten.
In dem genannten Gebiete beteiligen sich daran Kössener
Schichten, oberrhätische Kalke, rote Liaskalke, Fleckenmergel und
Hornsteinkalke. Durch das starke Hervortreten der oberrhätischen- und
roten Liaskalke unterscheidet sich die Schichtausbildung dieser Mulde
von der vorher beschriebenen.
Während nun aber im westlichen Teil die Hauptdolomitmasse
nur eine schmale und dünne junge Zone trägt, verbreitert und ver-
stärkt sich die letztere gegen Osten gar sehr und erreicht in dem
Kammstück Freispitze—Rotplatte—Rotspitze ihre größte und mannig-
faltigste Entwicklung.
Im Westen an den Aple Plaiß-Spitzen finden wir nur eine äußerst
lebhafte Faltung der Kössener Schichten, auf denen die kühnen Gipfel-
türme aus oberrhätischen Kalken (mit einer Spur von rotem Liaskalk)
wie Schiffe auf hohen Wellen tanzen. An der Feuerspitze beteiligen sich
schon alle Schichten bis zu den Hornsteinkalken und es zeigt sich
die Ausbildung einer doppelten Falte. Die oberrhätischen Kalke sind
in den Biegungen dieser Falten vielfach zerbrochen, zerrissen und
zu einer Perlenschnur aufgelöst.
Während bei den Aple Plaiß-Spitzen noch von Süden her eine
zusammenhängende Hauptdolomitschuppe bis in. die Gipfelregionen
hinaufreicht, treffen wir auf dem Plateau der Feuerspitze am Südeck
eine kleine, ganz isolierte Decke von arg zerdrücktem Hauptdolomit,
welche auf Fleckenmergel ruht. N)
Man wird nicht fehlgehen, in diesem Überschiebungszeugen
den letzten Rest der einst viel weiter nordwärts vorragenden Schuppe
der Vorderseespitze zu suchen.
Noch interessanter war die Auffindung einer etwas größeren
Schubdecke von Hauptdolomit am Gipfel der Rotplatte. Auch dieser
hochgelegene, völlig isolierte Rest dürfte in ähnlicher Weise mit einer
benachbarten südlichen Hauptdolomitschuppe in Verbindung gestanden
haben, wenn diese Schuppen auch heute im Süden der Rotplatte nicht
gegen Süden, sondern widersinnig gegen Norden einfallen. Jedenfalls
56l
Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen.
[31]
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Jahrbuch d.k.k. geol. Reichsanstalt, 1911,61. Bd., 3. u.4. Hft. (Ampferer u. Hammer.)
562 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [32]
liefern die klaren Verhältnisse an der Aple Plaißspitze für alle diese
Erscheinungen einen einfachen und gutpassenden Erklärungsschlüssel.
Die junge Schichtzone, welche die Gipfelfalten der Aple Plaiß-
und Feuerspitze bildet, setzt sich nicht unmittelbar in der ent-
sprechenden Zone der Fallenbacherspitze und der Freispitzgruppe
fort, sondern letztere erscheint einer etwas nördlicheren Mulde des
großen zugrunde liegenden Hauptdolomitmassivs eingesenkt. Diese
Mulde ist breit und tief. Selbst das tief eingeschnittene Alperschon-
tal erreicht nicht ihre Sohle. Ihr Bau tritt am klarsten in der An-
sicht der Freispitzgruppe Fig. 11 hervor.
Wir sehen im Norden wie im Süden Hauptdolomit, Kössener
Schichten, oberrhätische Kalke, rote Liaskalke und Fleckenmergel
muldenartig gegeneinander fallen. Der Kern dieser Mulde besteht
nun aber nicht aus den entsprechend jüngeren Schichten, sondern aus
einem Bündel von eng fächerförmig zusammengepreßten älteren und
jüngeren, bunt durcheinander gefalteten Schichten. Es sind viele
Keile und Linsen von oberrhätischen Kalken, von Hornsteinkalken
und Aptychenschichten den mächtigen Fleckenmergeln eingefaltet und
eingeschoben. Im Kerne der gewaltig verkneteten Aptychenkalkmulde
der Rotplatte sind sogar noch Kreideschiefer eingeklemmt. Die tekto-
nische Entwicklung ist so mannigfaltig und überraschend, daß sich
keine einfachere Faltungs- oder Schiebungsformel für dieses Gebilde
geben läßt, wenn auch ersichtlich ist, daß neben höchst gesteigerter
Faltung und Abquetschung auch noch Hereinschub von südlicheren
Schichtgliedern stattgefunden hat.
Es ist jedem aufmerksamen Beobachter klar, daß hier nur äußer-
lich eine Mulde vorliegt, indem zum Schlusse eine hoch komplizierte
Faltungs- und Schiebungszone eben muldenförmig verbogen wurde.
Ich glaube, daß diese Verbiegung mit zu jenen gehört, die alle größeren
Schubllächen in diesem Teil der Nordalpen betreffen und folglich nach
der Auslösung der Schubwirkungen erst eingetreten sein können.
Die südliche Begrenzung der großen Hauptdolomitzone, welche
die eben beschriebenen jungen Schichten unterteuft, ist ebenso wie
die nördliche eine glatte, scharfe Schubfläche.
Während aber die nördliche Schubfläche durchaus gegen Süden
zu einfällt, wechselt die Neigung der südlichen Grenzfläche sehr rasch
und um große Beträge. In der Gegend der Ansbacher Hütte (nörd-
lich von Flirsch) und gleich östlich davon finden wir ziemlich flache,
nordfallende Neigungen. Weiter östlich im Hintergrund des Parseier
Tales dagegen haben wir steile, saigere und endlich nordwärts der
Parseier Spitze sogar südfallende Schubflächen. Auch westlich von der
Ansbacher Hütte richtet sich die Neigung dieser Fläche schon im
Bereiche des benachbarten Schnanner Tales saiger und geht noch
weiter westlich in südfallende Lagen über.
Wir haben also in der kurzen hier betrachteten Strecke zweimal
Südfallen und dazwischen eine nordfallende Zone.
Dabei ist die Schubfläche allenthalben mit ausgezeichneter Schärfe
entwickelt, so daß an ihrem Zusammenhange nicht der mindeste Zweifel
bestehen kann. Auf lange Strecken stößt diese südliche Grenzfläche
unserer Hauptdolomitzone ganz unmittelbar oder mit unbedeutenden
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1m
Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen.
[33]
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564 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [34]
Zwischenlagen an die uns schon bekannten Kreidegesteine an, welche
ein den verschiedenen Neigungen der hangenden Schubfläche gehor-
sames Einfallen ‚zeigen.
Als Zwischenschaltung kommen schmale, zerpreßte Keile von
Aptychenkalken vor, von denen einer gerade oberhalb der Ansbacher
Hütte (die Hütte steht auf Kreideschiefer) am Wege zur Samspitze
leicht zugänglich ist.
Es ist naheliegend, auch diese Verdrehungen im Streichen einer
einheitlichen Schichtfläche auf nachfolgende Faltungen derselben in ,
zwei Richtungen zurückzuführen. j
Der Bau der Kreideschieferzone ist anscheinend überaus einfach.
Mit Ausnahme der Gegend östlich der Ansbacher Hütte, wo wir im
Hintergrund der Flirscher Klamm einer sehr ungleichseitigen und
unregelmäßigen Antiklinale begegnen, findet sich meistens nur einfache,
südfallende Lagerung. Da indessen große Teile der weichen Schiefer
nicht so sehr mit Faltung als mit Druckschieferung auf Pressungen und
Zusammenschiebungen antworten, so ist ohne die allerschärfste Auf-
merksamkeit das Detail des Aufbaues dieser Zone nicht zu entziffern.
Auffallend ist, daß im Hintergrunde der Flirscher Klamm, im
Bereiche der antiklinalen Verbiegung in großer Ausdehnung intensive
Kleinfältelung besonders in den flach liegenden Schichtteilen Platz greift.
Eine nähere stratigraphische Zerlegung dieser vorzüglich von
Sandsteinen, Konglomeraten und verschiedenen Schieferarten bestehenden
‚ Zone ist bisher noch nicht gelungen. Sie stehen dem weiter nord-
wärts fossilführenden Cenoman in der petrographischen Ausbildung
so nahe, daß ich dieselben vorläufig ebenfalls dazu und zur oberen
Kreide zähle.
Einschlüsse von anderen Schichten konnten darin bisher nicht
nachgewiesen werden. Es ist des weiteren eine sehr merkwürdige
Erscheinung, daß östlich der Flirscher Klamm über diese Kreidezone
ein mächtiges Gewölbe von Fleckenmergeln, Hornsteinkalken und
Aptychenschichten aufgeschoben ist.
Diese Aufschiebung, welche längs einer gegen Süden einfallenden
Fläche erfolgt, setzt an der steilen Westflanke des Griesmuttekopfes
ein und greift dann in die Parseierspitz Gruppe über.
Das gewaltige, hochaufgefaltete Fleckenmergelgewölbe der Par-
seier Spitze selbst mit seiner weithin sichtbaren Krone von roten und
grünen Radiolariten und grauem Aptychenkalk gehört dieser Zone an
und ist nordwärts über die liegende Kreidezone vorgeschoben.
Die Aufschiebung dieser mächtigen Masse von liasischen und
oberjurassischen Gesteinen, durch welche die Kreidezone scheinbar
im Streichen ersetzt wird, dürfte wohl die Ursache gewesen sein,
weshalb die letztere bisher immer für Allgäuschiefer gehalten wurde.
Die Südgrenze unserer Kreidezone ist nun ebenfalls wieder eine
Schubfläche, welche jedoch in dem hier betrachteten Gebiete ständig
mit einer ziemlich gleichmäßigen steilen Neigung gegen Süden zu
einschießt.
Mit ihr beginnt eine neue, mächtige, meist überkippt liegende
Schichtserie, welche ihrerseits im Süden bereits sich an das kristalline
Gebirge der Silvretta anschließt.
65
Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen.
[35]
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566 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [36]
In dieser Zone treten außer den bisher in den Lechtaler Alpen
erwähnten Gesteinsarten noch ältere Triassedimente wie Raibler
Schichten, Wettersteinkalk, Partnachschichten, Muschelkalk, Reichen-
haller Schichten und Buntsandstein auf. Keine dieser Schichten
läßt sich aber als zusammenhängender Streifen über größere Ent-
fernungen verfolgen. Sie bilden alle mehr oder weniger ausgedehnte
Linsen, Schollen, Keile, welche sich gegenseitig ablösen. So kann man
hier in keinem einzigen Profil alle Schichtglieder in vollständiger
Reihenfolge antreffen.
Bei der stratigraphischen Untersuchung, welche Skuphos im
Jahrbuch der k. k. geol. R.-A. Wien 1903, Bd. 43, H. 1 über die
Entwicklung und Verbreitung der Partnachschichten veröffentlicht hat,
gibt dieser Autor auch ein Profil (Fig. 6), welches unsere Zone in
der Gegend nördlich von Flirsch durchschneidet.
Skuphos hat hier Reichenhaller Schichten mit Natica Stanensis
Pichl., Myophoria costata Zenk. und Myophoria Böhmi nachgewiesen.
Außer der Angabe von Buntsandstein und Muschelkalk sowie der
Schichtfolge nördlich der Grieselspitze sind alle übrigen Aussagen
seines Profils unrjchtig. Statt Glimmerschiefer ist Quarzphyllit zu
setzen. Seine sogenannten Partnachschichten des Eisenmutterkopfes =
Eisenspitze lösen sich auf in Hauptdolomit, Kössener Schichten, Lias-
breceie, Manganschiefer, Fleckenmergel, Radiolarite und Aptychenkalk.
Der Sattel der Allgäuschichten seines Griesmuttekopfes enthält Radio-
larite und Aptychenkalke und ist einer tieferen Kreidezone auf-
geschoben. Die Raibler Schichten zwischen Griesmuttekopf und
Grieselspitze erweisen sich größtenteils als Hauptdolomit.
So hat Skuphos bei seiner flüchtigen Begehung dieses schwie-
rigen Gebietes gleich eine ganze Menge von Fehlgriffen getan und
ein völlig falsches Bild erhalten. Die Kartierung dieser südlichsten
Zone der Lechtaler Alpen setzt ein sorgsames und schrittweises
Abgehen voraus, weil alle Schichtglieder in ihrem Streichen den
größten Mächtigkeitsschwankungen bis herab zum völligen Verschwinden
unterliegen.
Die vorhin beschriebene Kreidezone ist das letzte, weithin gleich-
mäßig verfolgbare Schichtglied. Dann finden wir erst in der kristallinen
Zone wieder weitgestreckte, langzügige Gesteinsfolgen. Die Zwischen-
zone hat aber gewissermaßen in großen Umrissen die Struktur eines
gequälten Augengneises.
Der Umfang dieser Zone ist besonders nach oben ein recht ver-
schiedener. Während wir zum Beispiel in der Flirscher Klamm über
Buntsandstein, Rauhwacken, Muschelkalk nur noch eine Zone von
Partnachschichten finden, die schon an die Kreidezone stößt, so be-
gegnen wir in der westlich benachbarten Schnanner Klamm schon
einer Schichtfolge, welche über den Partnachschichten noch Wetter-
steinkalk, Raibler Schichten und Hauptdolomit enthält. Noch viel
reicher wird die Serie knapp östlich der Flirscher Klamm im Ge-
biete der Eisenspitze. Hier treffen wir über Buntsandstein, Rauh-
wacken, Wettersteinkalk, Raibler Schichten Hauptdolomit, Kössener
Schichten, Liasbreccie, Manganschiefer, Fleckenmergel, Radiolarite
und Aptychenkalke.
[37] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 567
Fig. 13—16.
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Profile durch die Grenzregion von Kalkalpen und Quarzphyllitzone.
q = Quarzit im Quarzphyllit. — gr — Serizitische Quarzgrauwacke. — v — Ver-
rucano, Konglomerate und Schiefer. — b = Buntsandstein. — x — Rauhwacken
(Myophorienschichten). — m = Muschelkalk. — w — Wettersteinkalk und Dolomit.
— hd = Hauptdolomit. — K = Kössener Schichten. — dk — Oberrhätischer Kalk.
4A — Rote Liaskalke, Fleckenmergel, Liasbreccie, Manganschiefer, Radiolarite,
Aptychenkalke.
a — Keil von Aptychenkalken.
568 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [38]
Erst diese stoßen an der Kreideserie ab. Man erkennt bei der
3jegehung der Nordgrenze dieser Zone sofort, daß der Schichten-
umfang durch das mehr oder weniger tiefe Eingreifen der großen
Schubfläche bestimmt wird, mit welcher sie der Kreidezone auflagern.
Die Skizze der Ostflanke der Blankspitze Fig. 12 zeigt in aus-
sezeichneter Weise den Typus dieser tektonischen Unterschneidung,
welcher hier in ausgedehntem Maße zur Geltung kommt. Im allge-
meinen nimmt dadurch der Schichtumfang gegen die Taltiefen hin ab
und gegen die Höhen hin zu.
In der Tiefe der Flirscher Klamm ist die Kreidezone am breitesten,
die südliche Triaszone am schmalsten entwickelt. Von Osten und
Westen nimmt der Schichumfang der letzteren bedeutend und rasch zu.
Am großartigsten kommt diese Vermehrung des Schichtbestandes
in der Parseierspitz Gruppe zum Ausdruck, wo über den Triasgliedern
noch mächtige liasische und oberjurassische Schichten folgen, welche
zu einer hohen und breiten Antiklinale aufgewölbt und von kleineren
Verwerfungen zerteilt sind.
Aber auch die Südgrenze dieser durch das Auftreten der
unteren Trias ausgezeichneten Zone ist keine regelrechte. |
Buntsandstein und Verrucano, die durch zahlreiche Übergänge
miteinander verbunden sind, stellen im allgemeinen die räumliche
Verbindung mit der Quarzphyllitzone her. Neben gewaltigen An-
häufungen von Buntsandsteinen und Verrucano, wie zum Beispiel in der
Gegend westlich von Pettneu finden sich wieder Stellen, wie zum
Beispiel nordwestlich und nordöstlich von der Dawinalpe, wo von
dieser sonst mächtigen Zone nur schmale Fetzen vorhanden sind oder
es fehlen wie in der Gegend östlich von Grins sogar diese flüchtigen
Reste von Buntsandstein zwischen. Trias und Quarzphyllit.
Auch die im Hangenden des Buntsandsteins befindlichen grell-
roten Rauhwacken (stellenweise mit Gips verbunden) treten nur ver-
einzelt in großen Massen auf wie nördlich von Grins, nördlich von
Flirsch, nördlich von Pettneu, während sie dazwischen gar nicht oder
nur in Spuren vorhanden sind.
Die Phyllitzone, welche zwischen Flirsch im Westen und Perjen
im Osten auf die Nordseite der Rosanna, Sanna und des Inns übertritt
und am Aufbau der Vorhöhen der Parseier Gruppe einen bedeutenden
Anteil erlangt, besitzt ebenfalls einen ziemlich reich zusammen-
gesetzen Aufbau.
Ihre Grenze gegen die nördliche Triaszone ist, wie aus den bei-
sefügten Profilen Fig. 13—18 hervorgeht, zum mindesten stark tekto-
nisch umgestaltet worden. Das Streichen dieser Zone ist etwa ostwest-
lich mit einem steilen Einfallen der Schichten gegen Süden. Ausnahmen
von diesem Einfallen finden sich Jeweils in geringer Ausdehnung, beson-
ders an der Nordbegrenzung dieser Zone. Das vorherrschende Gestein
ist ein normaler Quarzphyllit, der besonders in den südlichen Lagen in
Granatphyllite und Gneisphyllite übergeht. Der Granatphyllit tritt beson-
ders in der Zone zwischen Flirsch und Zintlkopf in den Vordergrund.
Als Einschaltungen im Quarzphyllitgebiete lassen sich Quarzite,
Quarzgrauwacken, Diabasporphyrite, Diabasmandelsteine, Diabas sowie
Zonen von Muskovitgneis nachweisen.
569
Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen.
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Jahrbuch d.k.k.geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Bd., 3.u. 4. Hft. (Ampferer u. Hammer.) 74
570 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [40]
Quarzit tritt vor allem in einem langen, zusammenhängenden
Streifen östlich von Flirsch am Fuße der Eisenspitze hervor. Es ist
ein schönes, festes, weißes Gestein, das sich bei mikroskopischer
Prüfung als ein stark gepreßter Quarzsandstein erweist. Derselbe hat
sroße Ähnlichkeit mit einzelnen Lagen von weißen Quarzsandsteinen im
Buntsandstein wie solche zum Beispiel nördlich von Grins am Wege
zur Augsburgerhütte zu sehen sind. Allerdings erreichen diese Sand-
steinlagen nur geringe Mächtigkeit und wechseln rasch mit rötlich
gefärbten ab.
Während nun aber dieser Quarzitzug, welcher sich wahrscheinlich
auch noch südwestlich von Flirsch bis gegen das Malfontal fortsetzen
dürfte, ganz an der Nordgrenze des Quarzphyllits erscheint, streicht
ein allerdings nicht so mächtiger Zug nordöstlich vom Zintlkopf
(1467 m) durch. Dieser steht hier mit serizitischen Quarzgrauwacken
Fig. 18.
Stanser
Terrasse
E 7.253000
ph = Quarzphyllit. — w = Wettersteindolomit.
in enger Verbindung, übersetzt, wenn auch nicht unmittelbar zu-
sammenhängend, die Sanna und wird ‚oberhalb des Bahnhofes von
Pians an der neuen Straße nach Tobadili aufs neue angeschnitten.
Hier kommen zu den schon genannten Gesteinen auch noch Diabas-
porphyrite und Diabasmandelsteine hinzu. Nach der Untersuchung von
W. Hammer dürfte die ganze Gesteinsfolge als eine Vertretung von
Verrucano anzusehen sein. Dieser Verrucanostreifen ist durch Einfal-
tung oder Einschiebung ins Innere der Quarzphyllitzone gelangt.
Im mittleren Dawingraben stellen sich Lagen von Muskovitgneis
mit gebleichtem Biotit sowie granatführende Gneisphyllite ein.
Östlich von Grins kommt ein Zug von Diabas zutage, welcher
sich mit einer kurzen Unterbrechung im Streichen 1 km weit ver-
folgen läßt. Der Diabas zeigt kataklastische Paralleltextur und er-
scheint konkordant den Schichten des Quarzphyllits eingelagert.
Die Südgrenze der Quarzphyllitregion fällt schon ganz in den
Bereich der kristallinen Silvrettagruppe.
[41] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 571
Neuere Literatur zu den Abschnitten Vorland, Allgäuer
und Lechtaler Alpen.
0. Ampferer, Bemerkungen zu den von Arn. Heim und A. Torngquist
entworfenen Erklärungen der Flysch- und Molassebildung am nördlichen Alpen-
rande. Verhandl. d. k. k. geol. R.-A., Wien 1908.
— Über den geol. Bau der Berge des Sulzeltales. Jahresbericht des akademischen
Alpenklub, Innsbruck 1909.
— und Th. Ohnesorge. Über exotische Gerölle in der Gosau und verwandten
Ablagerungen der tirolischen Nordalpen. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., Wien 1909.
— Aufnahmsergebnisse in den Jahresberichten. Verhandl. d. k. k. geol. R.-A.,
Wien 1905—1911.
— Aus den Allgäuer- und Lechtaler Alpen. Verhandl. d. k.k.geol. R.-A. Wien 1910.
Ü. Diener, Bau und Bild der Ostalpen und des Karstgebietes, Wien und
Leipzig 1903.
W. v. Gümbel, Geologie von Bayern. Kassel 1894.
C. A. Haniel, Vorläufige Mitteilung über das Vorkommen von Gosau südlich des
Hohen Lichts. Verhandl. d. k. k. geol. R.-A., Wien 1908.
Die geol. Verhältnisse der Südabdachung des Allgäuer Hauptkammes und seiner
südlichen Seitenäste vom Rauhgern bis zum Wilden. Zeitschr. d. D. G. Ges. 1911.
Arn. Heim, Zur Kenntnis der Glarner Überfaltungsdecken. Zeitschr. d. D. G.
Ges. 1905.
— Die Brandung der Alpen am Nagelfluhgebirge. Vierteljahrschr. d. Naturf. Ges,,
Zürich 1906.
— Zur Frage der exotischen Blöcke im Flysch. Eclogae Geol. Helv. 1907.
— Zur Tektonik des Flysches in den östlichen Schweizeralpen. Beiträge z. geol.
Karte der Schweiz, 1911.
Alb. Heim, Das Säntisgebirge. Beiträge z. geol. Karte der Schweiz, 1905.
H. Mylius, Die geol. Verhältnisse des hinteren Bregenzer Waldes. Landesk.
Forschungen der geogr. Ges. in München 1909.
. Pontoppidan, Die geol. Verhältnisse des Rappenalpentales sowie der Berg-
kette zwischen Breitach und Stillach. G. Jh., München 1911.
. Reiser, Über Eruptivgesteine des Allgäu. Min. und Petrogr. Mitteil. von
Tschermak. Wien 1889.
A. Rösch, Der Kontakt zwischen dem Flysch und der Molasse im Allgäu.
A
München 1905.
. Rothpletz, Geol.-paläont. Monographie d. Vilseralpen. Palaeontographica.
Stuttgart 1886.
— Geol. Querschnitt durch die Ostalpen. Stuttgart 1894.
— Geol. Alpenforschungen, I, München 1900.
— Geol. Führer durch die Alpen. Das Gebiet der zwei großen rhätischen Über-
schiebungen zwischen Bodensee und dem Engadin. Berlin 1902.
— Geol. Alpenforschungen, II, München 1905.
C. Schmidt, Bild und Bau der Schweizeralpen. Basel 1907.
G. Schulze, Die geol. Verhältnisse des Allgäuer Hauptkammes von der Rotgund-
spitze bis zum Kreuzeck und der nördlich ausstrahlenden Seitenäste. G. Jh.
München 1905.
G. Steinmann, Geol. Probleme des Alpengebirges. Zeitschr. d. D. u. Ö. A.-V. 1906.
Stuchlik, Die Faziesentwicklung der südbayrischen Oligocänmolasse. Jahrb. d.
k. k. geolog. R.-A. 1906.
Tornquist, Die Allgäu-Vorarlberger Flyschzone und ihre Beziehung zu den ost-
alpinen Deckenschüben. N. Jb. f. M., G. u. P., Stuttgart 1908.
— Noch einmal die Allgäu-Vorarlberger Flyschzone und der submarine Einschub
ihrer Klippenzone. Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1908.
V. Uhlig, Der Deckenbau in den Östalpen. Mitteil. d. Geol. Ges, Wien 1909.
M. Vacek, Über Vorarlberger Kr’ide. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., Wien 1879.
Weithofer, Einige Querprofile durch die Molassebildungen Oberbayerns. Jahrb.
der k. k. geol. R.-A., Wien 1902.
E. Wepfer, Die nördliche Flyschzone im Bregenzer Wald. N. Jb. f. M., G. u. P.,
Stuttgart 1908.
74*
72 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [42]
a7
Kristalline Zone der Silvretta.
An der Stelle, wo der Querschnitt in den’ kristallinen Bereich
der Silvrettagruppe eintritt, ist die Grenze von Trias und kristallinem
Grundgebirge von dem Schutt der Talsohle überdeckt. Weiter östlich,
zwischen Flirsch und Zams, sieht man, daß die kristallinen Schiefer
mit sehr steilem Südfallen dem Triasgebirge anliegen. Die Beschrei-
bung dieser Grenzverhältnisse erfolgte sehon im vorhergehenden.
Die Durchquerung der Berggruppe zwischen Rosanna und Tri-
sanna führt uns durch ein Pakett anscheinend konkordant hinter-
einander folgender steil südfallender Schiefer; das Streichen der-
selben ist OW gerichtet und dreht sich im mittleren Paznaun gegen OSO
herum. An den tiefen Hängen bei Ullmich begegnet der Schnitt steil
N einfallenden Schichten, südlich davon fallen sie wieder S und der
Rand gegen die Samnauner Bündnerschieferregion fällt wieder steil
nach N ab. G. A. Koch, dem wir die einzigen näheren Angaben über
diesen Gebirgsteil verdanken, gruppierte die Schichten in der Ver-
wallgruppe in drei Antiklinalen. Im vorliegenden Profil sind sie wohl
ganz geschlossen und daher nicht mehr ersichtlich — eine weitere
Verfolgung der Lagerungsverhältnisse nach beiden Seiten konnte nicht
ausgeführt werden und wird auch nur bei einer sorgfältigen Kartierung
der ganzen Gebirgsgruppe zu brauchbaren Ergebnissen führen. Wir
können uns hier begnügen mit der Wahrscheinlichkeitsannahme, daß
es sich nicht um eine einfache Schichtfolge, sondern um engge-
schlossene große Falten handelt.
Die Gesteinsfolge läßt schließen, daß der Nordrand der kristal-
linen Schiefer in überkippter Stellung sich befindet: zunächst an die
ebenfalls überkippte Schichtreihe der unteren Trias grenzen phylli-
tische Gesteine. Ober Pians gleichen sie dem Quarzphyllit der Inns-
brucker Gegend, nähern sich lagenweise aber schon dem Glimmer-
schiefer; in der Schlucht der Trisanna, zwischen Wiesberg und See
(Paznaun) liegen sie am Ausgang der Schlucht, auch hier meist eher
einem sehr glimmerreichen Muskovitglimmerschiefer ähnlich sehend,
und weiter talein gehen ausgesprochene Glimmerschiefer mit Granat
und Staurolith daraus hervor. Wo der Querschnitt durchzieht — im
Malfontal südlich Pettneu — beginnt die kristalline Serie südlich der
Arlbergbahn gleich mit Granatphyllit und Granatglimmerschiefer, welche
gegen Osten mit denen von Wiesberg— See zusammenhängen. Talauf-
wärts kommt man dann in Gneise. Zuerst gehen die Granatglimmer-
schiefer in Phyllitgneis über; dann schaltet sich ein mächtiges Lager
eines zweiglimmerigen Flaser- und Augengneises ein, dem der Riffler
und das Blankahorn angehören dürften und darüber — alles fällt gleich-
nach Süden ein — setzen die Paragneise wieder mit Phyllitgneis ein,
der vielfach in gemeine Zweiglimmergneise übergeht. Nun folgt ein
zweites, ebenfalls sehr mächtiges Lager von Orthogneis; der nördliche
Rand desselben ist ein ganz schwach schieferiger Biotitgranit, daraus
geht nach oben ein zweiglimmeriger Flasergneis hervor und schlieB-
lich ein Muskovitflasergneis. Auch dieses Lager hat nach beiden Seiten
eine weite Erstreckung in den umliegenden Bergkämmen.
[43] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 573
Das Hangende bildet eine Zone von gräanat- und staurolith-
führendem Glimmerschiefer, in dessen Mitte beim Lattejoch ein
Lagergang von diabasischem Charakter aufsitzt. Der Glimmerschiefer
geht gegen Süden in einen glimmerreichen zweiglimmerigen Gneis über
mit Anklängen an Phyllitgneis. Daran schließt sich gegen das Paz-
nauntal zu (im Schnitt auf der Seßladalpe) ein Biotitgneis (meist
feldspatarm, also mehr Gneisglimmerschiefer) sedimentogenen Charak-
ters, dessen Biotit in größeren Schuppen und Nestern aus dem feinen,
silberglänzenden Gemenge von Muskovit und Chlorit, welches die
Schichtflächen überzieht, hervortritt. Im Paznauntal selbst durchquert
der Schnitt wieder einen Strich von Phyllitgneis, um dann bis zum
Vesulspitz in zweiglimmerigen gemeinen Schiefergneisen zu ver-
laufen. Beide Zonen dieser Zweiglimmergneise sind durch Amphibolit-
lager ausgezeichnet, welche besonders weiter westlich in der Verwall-
gruppe und Silvretta große Ausdehnung und Mächtigkeit erreichen —
ihr verdanken viele der schönen Felshörner dieser Berggruppe ihre
kühne Form — aber auch gegen Osten hin sich verfolgen lassen. Die
Zone der Phyllite und Granatglimmerschiefer am Nordrand ereicht
südlich Landeck den Inn. Inder Hocheder Gruppe begegnet man
nach den Untersuchungen Ohnesorges wieder in ebenso steilstehend
überkippter Lagerung einer ähnlichen Reihe von Phyllit, Glimmer-
schiefer und Gneis mit Einschaltungen ebensolcher Orthogneise wie
im Verwall, als Nordsaum der Otztaler Masse.
Wenn man die Gesteine des Schnittes Pettneu-Vesulspitz mit den
kristallinen Schiefern südlich des „Engadiner Fensters“ vergleicht,
so ergeben sich bei Heranziehung der kristallinen Schiefer zwischen
Finstermünz und Reschenscheideck mehrfache Unterschiede: Während
nördlich des „Fensters“ gemeine Zweiglimmergneise mit starkem Her-
vortreten von Amphiboliten das herrschende Gestein sind, breiten sich
in den Nauderer Bergen Biotitgneise mit Perlstruktur in Wechsellagerung
mit feinschuppigen Biotitschiefern aus, während Amphibolite fehlen.
Weiter südlich erst finden sich dann im oberen Vintschgau größere
Amphibolitlager in Begleitung der Perlgneise und Phyllitgneis; im
Matschertal Granat- und Staurolithglimmerschiefer. Die Zweiglimmer-
gneise des Vesulspitz gleichen am meisten den gemeinen Zwei-
glimmergneisen der Ultener Alpen; Gneisglimmerschiefer mit den
Biotitnestern und Biotitporphyroblasten wie auf Seßlad sind mir aus
den kristallinen Bereichen südlich des Inn nicht bekannt. Gemein-
sam sind beiden Gebieten die mächtigen Lager von Augen- und Flaser-
gneisen eruptiver Herkunft.
Die genannten Unterschiede können auf die regionale Ver-
breitung einzelner altersverschiedener oder nur faziesverschiedener
kristalliner Komplexe zurückgeführt werden. Über die Art des ursprüng-
lichen Zusammenhanges beider läßt sich daraus kein Schluß ziehen.
Uber das Inntal zwischen Prutz und Landeck weg besteht nach
Kochs Aufnahmen ein direkter Zusammenhang mit dem geographisch
zu den Ötztaler Alpen gehörigen Venetberg; der weitere Zusammen-
hang mit den Gesteinen des Pitztales und damit der inneren Ötztaler
Alpen ist aber, wie aus der von Blaas aufgefundenen Überschiebung
im vorderen Pitztale und daran schliessenden Studien des Ver-
74 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [44]
a
fassers geschlossen werden darf, kein so ungestörter, als es nach den
älteren Aufnahmen erscheint. Weiteres darüber im nachfolgenden.
Das Gebiet der Bündner Schiefer im Unterengadin und
Oberinntal.
Nach dem Verlassen der kristallinen Zone des Verwall durch-
schneidet unser Querschnitt den rings von alten kristallinen Schiefern
umsäumten Bereich der Bündner Schiefer des Unterengadin,
neuerdings oft als „Engadiner Fenster“ bezeichnet — einen der
interessantesten und für die Erkenntnis des Gebirgsbaues besonders
wichtigen Teil des Querschnittes, gleichzeitig aber auch derjenige,
welcher dem Geologen die meisten und schwierigsten Rätsel zu lösen
gibt. In einem Gebiet wie die Samnauneralpen — welche der Quer-
schnitt eben durchzieht — kann nur eine vieljährige Detailunter-
suchung, wie sie von W. Paulcke durchgeführt wird, zu einem ab-
schließenden Urteil führen. Dem Verfasser dieses Abschnittes ist
zwar durch seine im Zuge befindliche genaue Kartierung der Ööster-
reichischen Hälfte des „Engadiner Fensters“ die Gelegenheit gewährt,
zu einer eingehenden Kenntnisnahme der Bündnerschieferregion —
dem vom Querschnitt getroffenen schweizerischen Teil konnte aber
naturgemäß nicht eine gleich eingehende Untersuchung gewidmet
werden. Deshalb sowohl als auch, weil die Aufnahme des österreichi-
schen Anteiles erst nach Jahren abgeschlossen sein wird und der Fort-
schritt in diesem Teil voraussichtlich zu manchen Verbesserungen
und Umänderungen der hier vorgetragenen Anschauung führen wird,
kann diesem Abschnitt nur der Rang einer vorläufigen Mittei-
lung zugesprochen werden.
Ich versuche nun zunächst einen Einblick in die stratigraphischen
Verhältnisse zu geben.
Zur Stratigraphie des Bündnerschiefergebietes.
Den größten Teil des Bündnerschiefergebietes nimmt ein an-
scheinend einförmig zusammengesetzter Komplex von gebankten Kalken,
Kalkschiefern und Tonschiefern ein, welcher von Stache als „Kalk-
tonphyllit“, von anderen Autoren als „graue Bündner Schiefer“ zu-
sammengefaßt wurde. Er ist zu einer mächtigen Antiklinale aufge-
wölbt, deren Achse vom mittleren Val Sinestra über den Mondin zum
unteren Stubental, nach Tschupbach und bis Fendels verläuft. Von
dieser Linie fallen die Schichten bis zum Rand des Gmneisgebirges
— von untergeordneten Fältelungen abgesehen — gleichförmig nach
den beiden Seiten ab. Auch die tiefsten erschlossenen Schichten
dieser Antiklinale gehören noch den Bündnerschiefern an; ihr Liegendes
ist nicht sichtbar.
Nach der Beschreibung von Tarnuzzer und Grubenmann
liegt im Südwest des Gebietes die Granitmasse des Saßmajur bei Ardez,
Tasnagranit genannt, im Kern der großen Antikline und stellt also den
[45] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 575
tiefsten Teil des erschlossenen Profils dar. Der Granit ist, nach den
Autoren, teilweise noch von einer Schale von Sedimentgneis, welchen
er intrudiert hat, umschlossen; über ihm liegen Serizitphyllite, welche
das Aufarbeitungsprodukt der quarzporphyrischen Randfazies des
Granites sind, und darüber klastische Schichten, welche von Gruben-
mann teils als heibungsbreccien gedeutet, teils aber auch als sichere
Konglomerate beschrieben werden. Ein solches enthält am Piz Min-
schuns Gerölle von Kalkphyllit, Kalksandstein und Quarz, die Breccie
bei Clunas auch Gneis und Granit. Das Zement ist bei Clavigliadas
hauptsächlich grüner Serizitquarzit. Über den klastischen Schichten
folgt dann die Serie der Bündner Schiefer. Der Granit ist nach
Grubenmann sicher älter als die Bündner Schiefer. Auf der
Karte ist aber die Grenze zwischen Granit, Gneis, beziehungsweise
Serizitphyllit einerseits und grauem Bündner Schiefer anderseits
durchwegs als Dislokationslinie eingezeichnet, der Kontakt beider
also nach der Autoren Ansicht nicht der primäre.
In der großen Masse der „grauen“ Bündner Schiefer sind zahl-
reiche Faziesschwankungen deutlich zu beobachten. Einen An-
halt für diese nach ihrer Gesteinsbeschaffenheit schwer zu gliedernden
Schichtmassen bieten nur einige charakteristische Gesteinshorizonte,
welche auf größere Erstreckungen hin zu verfolgen sind, vor allen
Lagen feinkörniger primärer Breccien und für den mittleren Teil
auch die eingeschalteten Decken diabasischer Effusiva.
Dem eben bezeichneten Verlauf der Sattelachse zufolge sind die
tiefsten Teile dort aufgeschlossen, wo die tief eingerissenen Schluchten
der nördlichen Seitentäler des Inn die Antiklinale durchschneiden:
im Stubental, unteren Samnauner Tal (Schalklbach) und im Val Sinestra.
Dem tiefsten Breccienhorizont begegnet man an den
Südhängen des hohen Kreuzjoch (bei Pfunds); er streicht vom west-
lichen Ast des Stubentales bis Spiß und seinem Horizont dürften die
Breceienbänke im oberen Fernertobel und am Ostgrat des Schalklkopf
entsprechen. Diese Sedimentationsbreecien enthalten Bröckelchen eines
ockerfarbenen Dolomits und größere rundliche Quarzkörner in einer
feinsandigen kalkigen Grundmasse und werden von sandig-kalkigen
Schiefern begleitet. Die unter diesem Horizont liegenden Schichten sind
vorwiegend kalkiger Natur und sind zum großen Teil so weit kristallin,
daß sie noch als Kalkglimmerschiefer bezeichnet werden können. Doch
verschwindet diese Kristallinität gegen Südwesten zu, so daß schon am
Schalklbach größtenteils wenig oder nicht metamorphe dunkelgraue
Kalke und Tonschiefer anstehen und ebenso in der Tiefe des mittleren
Val Sinestra.. Zwischen Schalkl- und Stubenbach bildet den innersten
Kern der Antiklinale eine Zone von schwarzen Tonschiefern, teils
von Kalkbänken, teils von quarzitisch-sandigen Schichten begleitet.
In den kalkigen Schichten liegt als unterstes dieser Art das Lager
von Diabas (Grünschiefer) ober Raut. Innerhalb des Breccien-
horizontes schaltet sich das große Lager von Diabas ein, welches
am Kamm des Mondin sich ausbreitet und die Antiklinalwölbung
schön zur Erscheinung bringt. Im Osten sieht man es in flacher
Wölbung den tieferen Schiefern aufliegen, gegen Westen und Nord-
westen, sowie an der Costa bella im Süden taucht es unter die
576 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [46]
auflagernden höheren Teile der Bündnerschieferfolge hinab. Es sind
dies im Westen quarzitische und kalkige Sandsteine mit Zwischenlagen
von Tonschiefern. Sie gehen in der Gipfelkappe des Mondin in Kalk-
schiefer über und auf der Südseite sind es rein kalkige Sedimente,
welche den Diabas überlagern.
Der gleichen Breccienzone wie jene von SpiB dürften weiter im
Westen die petrographisch gleichen Breccien auf dem Piz Arina ent-
sprechen, welche auf dem Querschnitt getroffen sind — ich habe das
Verbindungsstück östlich des Muttler nicht untersucht. Sie werden
von gleichen sandigen Schiefern begleitet wie am Kreuzjoch; außerdem
erscheinen aber über ihnen am Kamm Muttler-Arina viel Tonschiefer,
weiße, diekbankige und quarzitische grüngraue Sandsteine mit Breccien-
lagen und über ihnen zum erstenmal dunkelgraue diekbankige Kalke
mit den gleichen ockergelben Dolomitfragmenten, weißen Glimmer-
blättchen und schwarzen, kleinen Crinoidenstielgliedern, ein
Gestein, welches für die Kreide auf der Alpe bella und anderen
Orten charakteristisch ist.
Den Anhaltspunkt für die Gleichstellung der Arinabreccien mit
jenen von Kreuzjoch-Spiß bietet der über den besprochenen Gesteinen
des Arina-Muttlerkammes folgende Schieferhorizont. Es sind dies
graue, dünntafelige Kalkschiefer, deren meist mit feinem Glimmerbelag
bedeckte Flächen von kleinen schwärzlichen (05—1 mm) Tupfen,
stellenweise bis zu kleinen Knötchen anschwellend, gleichmäßig dicht
übersät sind. Im Dünnschliff entsprechen ihnen rundliche oder läng-
liche dichte Ansammlungen allerkleinster farbloser Nädelchen und
Körnchen in dem Karbonat-Quarzgemenge des Gesteins, welche
vielleicht als unbestimmbare Reste von kleinen Organismen gedeutet
werden können. Diese Schiefer umziehen den Sockel des Stammer,
streichen bei der Furcla Maisas auf die Westflanke des Muttler hinüber
und ich vermute, daß sie sich ihrem Streichen entsprechend dem
Kamm zwischen Val Maisas und Sampuoir entlang fortsetzen, da ich sie
ober Spissermühle wieder auffand und von hier zusammenhängend bis
zur Masner Alm im Stubental verfolgen konnte. Im Lafairschtal habe ich
sie bisher noch nicht gesehen, doch traf ich Spuren derselben wieder bei
Tschupbach und im Stalanzer Tal, so daß, wenn die Zwischenstücke noch
sefunden werden, dieser Horizont vom Val Sinestra — ob er nach Westen
vielleicht noch weiter reicht, weiß ich nicht — bis ins Stalanzer Tal,
also nahe an den Ostrand den ganzen Bündner Schieferbereich durch-
zieht und damit einen guten Leithorizont für das ganze Gebiet gewährt.
Am Kreuzjochkamm und im Stubental schalten sich zwischen den
untersten Breccienhorizont und die „Tüpfelschiefer* immer noch
Kalkglimmerschiefer ein, wenn auch schon mit abnehmender Kristal-
linität; auch die Tüpfelschiefer selbst sind hier mehr kalkig und
kristallin und daher nur schwer mehr aus der einförmigen Folge
gleicher Kalkschiefer herauszufinden, da die Tüpfel gleichzeitig immer
seltener und undeutlicher werden. Dieser Horizont liegt im Nord-
flügel der Antiklinale; im Südflügel ist mir bisher nur ein Vorkommen
bekannt geworden, im Saderergraben, unsichere Vorkommen auch in
ähnlichem Niveau am Roßkopf, Fluchtwand und bei Parditsch, so daß
hier vielleicht auch ein ausgedehnter Horizont derselben vorliegt.
[47] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 577
Auch der Breccienhorizont vom Kreuzjoch scheint im Südschenkel
nicht entwickelt zu sein. Wohl aber entsprechen dem Diabaslager
des Mondin die Grünschiefer bei Weinberg in der Talschlucht des
Inn und geben so einen Anhalt zur Festhaltung jenes Niveaus.
Im Stubental beobachtete ich über den Tüpfelschiefern einen
zweiten höheren Breccienhorizont von geringer Mächtigkeit. Auch
am Stammer liegt über den Tüpfelschiefern noch eine kalkige Breccien-
bank nahe unter der Basisfläche der Triasschichten. Diesem Niveau
dürfte eine Breccienlage entsprechen, welche ich in den Wänden über
Hochfinstermünz (Fluchtwand) fand; sie wird ebenfalls von ein paar
kleinen Diabasschieferlagen begleitet (2. Grünschieferniveau der Finster-
münz). Dieser Horizont ist nur durch vereinzelte, beiderseits bald
auskeilende Breccienbänke bezeichnet. Es sind fast rein kalkig-dolo-
mitische Breceien mit den ockergelben Dolomitfragmenten.
Im Finstermünz-Nauderser Gebiet herrscht eine vorwiegend rein
kalkige Fazies. Unter und besonders über dem 2. Grünschieferhorizont
entfalten sich mächtige, dunkelgraue, dünnbankige Kalke mit schwachen,
tonigglimmerigen Belägen. In ihnen steckt ein 3. Grünschiefer-
horizont, durch Lager an der Straße oberhalb des Forts und an
der Nordseite des Bazallerkopfs vertreten. Auch das Diabaslager an
der Teilung des Radurscheltales mag diesem Niveau ungefähr
gleichstehen. Wenig höher als der Diabas gelegen, gesellt sich zu
ihm wieder ein vereinzeltes Breceiexvorkommen mit Crinoiden am
Seleskopf. Die Kalke gehen nach oben in dünntafelige Kalkschiefer
über, welche von der Schweizergrenze bis ins Radurscheltal sich
ausbreiten. In ihnen traf ich in der Nauderser Gegend (Parditsch,
Fluchtwand) und im Saderergraben (Radurschel) die oben erwähnten
Lagen, welche sehr an schlecht erhaltenen Tüpfelschiefer erinnern.
Im Nordflügel der Antiklinale entsprechen den oberen kalkigen
Schichten des Forts etc. vielleicht die mächtige Folge dunkler Kalke,
welche am Kamm „In der Keil*-Blauwand und am Gamsbleiskopf
(Stubental) anstehen. Sie enthalten kleine Schmitzen lichtgrüner Ton-
schiefer. Doch ist die Parallelisierung in diesen höheren Teilen des
Profils eine durchaus unsichere, weil manches dafür spricht, daß hier
bereits Schuppungen sich einstellen.
Im südlichen Gebiet hebt sich ober der kalkigen Abteilung eine
besonders tonschieferreiche hervor, welche am Schmalzkopf
in eine ausgesprochen quarzitische Fazies übergeht, welch letztere
bis zum Tösner Tal anhält, bereits im Radurscheltal aber wieder teil-
weise durch Kalkschiefer ersetzt wird (Ulrichskopf, Zonnenkopf) mit
Schmitzen grüner serizitischer Schiefer. Auch bei diesen Kalkschiefern
ist eine tektonische Einmengung nicht ausgeschlossen. In diesem
ganzen Niveau treten wieder mehrfach Breccien auf (3. Breccien-
horizont). In der quarzitischen Fazies liegt an der Nordseite des
Schmalzkopf eine rein kalkige Breccienbank; an der Landesgrenze —
wo sich über dem tonschieferreichen Teile eine mehr kalkig-sandige
Fazies an Stelle der quarzitischen Fazies östlich des Stillebachs ent-
wickelt — erscheint eine quarzführende Breccie gleich jener am
Arina. In dieser Schichtgruppe liegt in der weiteren Fortsetzung gegen
Jahrbuchd.k.k.geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Bd.,3.u. 4. Hft.(Ampfereru. Hammer.) 75
578 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [48]
Westen die von Schiller beobachtete Breccie bei Saraplana, in
welcher Schiller Reste von Lithodamnium fand.
In großer Ausdehnung stellen sich Crinoidenbreccien aber an
der oberen Grenze dieser Tonschieferquarzitgruppe ein. Von der
Schweizergrenze bis ins Tösner Tal konnte ich zusammenhängend
solche dunkelgraue, kleinkörnige Crinoidenbreccien (meist mit weißem
Glimmer und ockergelben Dolomitbröckelchen, seltener reine Cri-
noidenkalke) beobachten, desgleichen fand ich sie wieder am Südrand
auf der Fendelseralpe und die Angaben Schillers lassen vermuten,
daß er auch von Raschwella bis Tarasp derartige Gesteine beob-
achtet hat. Dieser oberste Breccienhorizont wird ebenfalls wieder
von ausgedehnten Diabaslagern begleitet. Sie setzen schon am
Ausgang des Val Torta (Raschwella) ein, entfalten sich aber besonders
stark inmitten der Breccien von der Schweizergrenze an ostwärts, von
wo ein mächtiges zusammenhängendes Lager über Nauders bis zum
Sadererjoch sich hinzieht. Noch weiter östlich fand ich bisher nur un-
bedeutende Reste von Diabas in diesem Horizont. An Mächtiskeit steht
dieser oberste Breceienhorizont dem untersten (Kreuzjoch etc.) gleich,
unterscheidet sich von ihm aber dadurch, daß er fast ausschließlich
aus Crinoidenbreccien besteht, während jener fast ebenso ausschließlich
aus den quarzführenden Breccien besteht und von sandigen Schichten
begleitet wird.
Alle im vorstehenden angeführten diabasischen Gesteine
liegen als flache Fladen konkordant zwischen den Sedimentschichten.
Am Rande gegen die Kalke beobachtet: man nicht selten einen mehr-
fachen Wechsel feiner Lagen von kalkigem und von diabasischem
Material. Makroskopisch erscheinen sie fast durchweg dicht, meist
schieferig, nicht selten auch massig. An manchen Stellen beobachtet
man schon makroskopisch (umgewandelte) Einsprenglinge, mikrosko-
pisch ist dort und da noch die Diabasstruktur deutlich erhalten, in
der Mehrzahl der Fälle hat eine weitgehende Umwandlung in Grün-
schiefer verschiedener Art stattgefunden. Der Zusammensetzung
und Struktur nach sind sie zu den Diabasen (manche vielleicht zu
den Diabasporphyriten) zu stellen. Spilite, das heißt dichte Diabase
mit Mandelsteinstruktur beobachtete ich mehrfach in den „bunten
Bündner Schiefern“ (siehe unten), dürften aber auch den anderen Vor-
kommen nicht ganz fehlen. Variolitähnliche Formen stehen an der
Flimspitze und in der Gegend von Ardetz an. An diesen und an anderen
Lagern treten stark schieferige Gesteine von wechselnd dunkelroter
und grüner Farbe auf (an manche Gesteine im Verrucano erinnernd),
welche aus kalkreichem, sedimentärem und wohl auch tuffigem Material
bestehen.
Der petrographische Charakter als Diabas, Spilit und Variolit,
die randliche Vermengung sedimentären und eruptiven Materials, die
Lagerung und das häufige Zusammenvorkommen von Diabaslagern und
Breccienhorizonten spricht für eine effusive Entstehung dieser
Gesteine.
A. Heim hat die Grünschiefer in den Bündner Schiefern des
Rheintales seinerzeit als Effusiva und Tuffe derselben gleichen Alters
[49] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 579
wie die Schiefer selbst gedeutet; neuerdings hat Preiswerk!) die
Grünschiefer in den Bündner Schiefern der Walliser Alpen untersucht
und ist dazu gekommen, für dieselben größtenteils effusive Entstehung
und Gleichalterigkeit mit den Schiefern anzunehmen.
Sowohl diese als jene von Graubünden und Engadin haben das
gemein, daß sie ganz oder zum Teil eine Umwandlung in kristalline
Schiefer (Amphibolit, Grünschiefer ete.) durchgemacht haben.
Daneben kommen aber auch diabasische Gesteine als Gänge und
Stöcke vor. Grubenmann beschreibt mehrere solche aus dem SW
des Gebietes. Ich beobachtete auf der Gamoralpe bei Nauders solche.
Spuren von Kontaktmetamorphose gibt Grubenmann von ihnen an;
bei einem Vorkommen umgewandelten Diabases in den Wänden ober
Finstermünz beobachtete ich am Kontakt eine starke Anreicherung
von Turmalin im Kalkschiefer, welche als Kontaktmetamorphose ge-
deutet werden kann, wenn auch Turmalin in geringer Menge auch
außerhalb des Bereichs der Diabase in den Bündner Schiefern sich
findet. Die Gänge von Diabas und Diabasporphyrit gliedern sich einer
zweiten Gruppe von basischen Eruptivgesteinen an, welche als Intru-
sivgesteine gang-, stock- oder lagerförmig auftreten und im Gegen-
satz zu den obigen effusiven Bildungen einer Umwandlung in kristalline
Schiefer nicht oder nur lokal in beschränktem Ausmaße unterlegen
sind. Es sind vor allem ausgedehnte Serpentinmassen, ferner
gabbro-peridotitische Gesteine, welche nach Grubenmann besonders
in der Gegend von Schuls die Engadinschiefer intrudiert haben, Diallag-
gabbro (Flimspitz) und die von Paulcke beschriebenen Nephrit-
gänge im Serpentin des Flimspitz, endlich Diabas- und Diabaspor-
phyritgänge.
Dies sind jüngere Durchbruchsgesteine, welche besonders an den
sroßen Dislokationszonen aufbrechen. Wo sie mit den Diabasdecken
zusammengetroffen, sind sie von diesen deutlich getrennt. So steckt
im Diabasschiefer der „schwarzen Wände“ im Samnaun der Ser-
pentin in kleinen Nestern (Gängen) und ebenso scheiden sich die
Gänge von Diallaggabbro am Flimspitz deutlich vom Diabasschiefer.
Der Altersunterschied zwischen „grünem Bündner Schiefer“—
Diabaslager, beziehungsweise Grünschiefer und Serpentin wurde be-
reits von Rothpletz im Oberengadin betont, wo er Gänge von Ser-
pentin graue und grüne Bündner Schiefer (Diabasschiefer), Serizit
und Röthidolomit durchbrechend fand.
Tarnuzzer?) gibt aus der Falknisbreccie Gerölle von „grünem
Bündner Schiefer“ und Spilitschiefer an, was für ein präjurassisches
Alter mindestens eines Teiles der grünen Bündner Schiefer im west-
lichen und südlichen Bünden sprechen würde. Die Funde sind aller-
dings von Lorenz?) nicht bestätigt worden. Neuerliche besondere
Aufsammlungen wären wertvoll.
Von den „grauen“ Bündner Schiefern hebt sich deutlich ein
Schieferkomplex ab, welcher von manchen Autoren als „bunte
!) Beiträge zur geolog. Karte der Schweiz. 26. Liefg. 1907.
2) Jahresbericht d. naturf. Ges. Graubündens. XXVII. Bd.
®) Bericht d. naturf. Ges. i. Freiburg i. Br. XII. Bd., 1902.
75*
580 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [50]
Bündner Schiefer“ bezeichnet wurde. In diesem Komplex lassen
sich zunächst zwei Gesteinsgruppen unterscheiden. Die eine besteht
aus Gesteinen, welche in gleicher Art den Verrucano im oberen
Etschgebiet und am Südrande der nördlichen Kalkalpen bilden: es
sind grünlichweiße Serizitquarzschiefer (Porphyroide), Serizitquarzite,
lokal mit dicken Lagen reinen Quarzes, weiße und rote Quarzsand-
steine, grobkörnige serizitische Sandsteine mit weinroten Quarzkörnern,
gsrobkörnige grünliche Arkosen, Quarzkonglomerate und dunkelrote,
rotviolette und hellgrüne Tonschiefer. Diese Verrucanogesteine
sind besonders gut in der Gegend von Prutz entwickelt, erscheinen
aber auch weiter westlich oft, zum Beispiel Arrezjoch, Malfrag, Vider-
joch. Die aus einer quarzporphyrischen Randfazies hervorgegangenen
Serizitphyllite, welche den Tasnagranit bedecken, erinnern stark
an das Vorkommen einer ähnlichen Randfazies an der Münstertaler
Gneismasse (siehe nächster Abschnitt) und die diese bedeckenden
Serizitquarzite, Arkosen etc. des Verrucano. Theobald stellt jene
Phyllite am Tasnagranit zum Verrucano.
Die andere Gruppe wird gebildet von hellgrünen Tonschiefern,
grünen, grauen, schwarzen halbphyllitischen Schiefern, grünen Serizit-
schiefern mit Quarzknauern, in geringer Menge dann verschiedene kalkige
Schiefer, gelblich-bräunliche oder serizitisch-grün oder grau mit Quarz-
und Kalzitlagen, braune sandige Kalkschiefer, flyschähnliche Schiefer,
ferner erscheinen in ihnen kleine Lager polymikter Konglomerate und
in ihnen liegen auch die großen Gipslager von Salas und Zebles neben
einigen kleineren Gips- und Rauhwackenvorkommen an anderen Orten;
endlich beobachtete ich in ihnen im östlichen Teil der Fließer Alpe
Lagen feinkörniger Breceien (mit ockergelben Dolomitstückchen in
Quarzkörnern), wie sie in den grauen Bündner Schiefern vorkommen;
sie scheinen an dieser Stelle in primärem Verband mit den verschie-
denen serizitischen Schiefern zu stehen.
Die beiden Gruppen stehen an verschiedenen Orten, zum Bei-
spiel am Arrezjoch, Viderjoch usw. im engsten Verband miteinander,
so daß eine Abtrennung schwer durchführbar ist; an anderer Stelle
treten sie getrennt auf, zum Beispiel die Verrucanogesteine bei Prutz,
die zweite Gruppe bei Ried-Fendels, am westlichen Fließer Berg, bei
Schuls und anderen Orten.
Diese zweite Gruppe steht also einerseits im engen Verband mit
dem Verrucano, anderseits aber wird sie an zahlreichen Stellen von
Resten von Triasdolomit und Kalk begleitet (Fließer Alpe, Frudiger
Kopf, Fendels usf.).. Es läge nahe, sie als untere Trias anzu-
sprechen, wofür ja auch das Auftreten von Gips und Rauhwacke
spricht; die oben angeführten polymikten Konglomerate enthalten
Dolomitgerölle, die Triasdolomiten gleichsehen, ferner gibt Tar-
nuzzer an, daß die Gipse von Ardez und Schuls Gerölle von Trias-
dolomit und Kalk enthalten; demzufolge müßte man jene Schichten
eher dem oberen Rauhwackenhorizont, den Raibler Schichten gleich-
setzen.
Umstände, welche bei der Deutung als Trias noch der Auf-
klärung harren, sind die innige Vermengung mit Flyschschiefern bei
Zebles-Piz da Valgronda (Einfaltung, Schuppenbildung?) und die
[51] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 581
Breccienbänke auf der Fließer Alpe. Aus den Lagerungsverhältnissen
lassen sich schwer Schlüsse für diese Schichtgruppe ziehen, da sie
durchweg in stark gestörten Bereichen zutage treten. Ihr Haupt-
verbreitungsgebiet ist der West- und Nordrand, von Ardetz über das
Fimber Tal und Samnaun bis Prutz, während sie am Südrand nur in
der Schulser Gegend sich verbreiten.
Die „bunten Schiefer“ enthalten vielfach Lager von basischen
Eruptivgesteinen, aber nur von geringer Ausdehnung und Mächtigkeit;
so bei Ardetz, am Fließer Berg, Pellinkopf--Schwarze Wand, Kauner
Berg und anderen Orten. Es sind Diabase, und zwar kommen be-
sonders in diesen Schichten häufig echte Spilite mit Mandelstein-
struktur vor. Es ist bemerkenswert, daß gleiche Mandelsteindiabase
auch den Verrucano bei Tobadill-Pians (Arlbergbahn) begleiten.
Die gelblichen feinkörnigen bis dichten unreinen Kalke, welche
in den bunten Bündner Schiefern eingelagert sind, sind dasjenige
Gestein, welches am nächsten mit den gelben Bröckelchen in den
Breccien der grauen Bündner Schiefer im Aussehen übereinstimmt,
nur sind sie mehr kalkig, jene dolomitisch. In der Gesteinsreihe der
grauen Bündner Schiefer fehlen solche Schichtbänke.
Eine weitere Schichtgruppe, welche von den älteren Autoren zu
den Bündner Schiefern einbezogen wurde und ihnen auch in der all-
gemeinen Tracht sich anschließt, läßt sich davon abtrennen: fein-
sandig-kalkige, dünntafelige, bräunlich oder gelblich verwitternde
Schiefer, bräunlichgraue feine Sandsteine, Breccienlagen und Quarz-
konglomerate, Lagen von grauen knauerigen Kalken und feinblätterige
Tonschiefer. In den sandigen Schiefern findet man oft große Tafeln
mit Helminthoiden bedeckt, seltener Fucoidenreste. Es sind viel-
fach Gesteine gleicher Art wie jene, welche den Flysch in den
Allgäuer Alpen zusammensetzen, und können auch hier als Flysch
herausgehoben werden. Sie ziehen in breiter Zone von der Alpe
bella im Samnaun ins obere Fimber Tal, wo sie an der Krone den
Kamm gegen das Inntal überschreiten.
Außer den verschiedenen Arten von Bündner Schiefern beteiligen
sich aber noch Schichten, welche sich durch ihre lithologische Aus-
bildung klar davon abtrennen, an dem Aufbau der Bündner Schiefer-
region des Unterengadin.
Paulcke hat zuerst das Vorkommen von mariner Trias
am Stammer und einige kleine Vorkommen im Samnaun entdeckt
und beschrieben. Nach unseren Beobachtungen an der Südwand und
an der Nordseite des Stammer liegen zuunterst eine Folge von gelblich
verwitternden schwarzgrauen Kalken mit mergeligen Zwischenlagen;
einzelne der Kalkbänke sind reich an Fossilresten, besonders Brachio-
poden; darüber folgt ein lichtgrauer splitteriger Dolomit von geringer
Mächtigkeit, dann nochmals Bänke dunkelgrauen Kalkes, der Zwei-
schaler enthält (und am Nordgrat ein paar Fischschuppen lieferte)
mit sehr geringmächtigen mergeligen Lagen, die zum Teil durch ihre
bunte, von Paulcke treffend als herbstlaubfarben bezeichnete Ver-
witterungsfarbe auffallen. Diese ganze, an der Südseite des Stammer
582 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [52]
etwa 150 m mächtige Schichtfolge wird überlagert von einem Dolomit
vom Aussehen des Triasdolomits des Engadin; im untersten Teil mit
Breccienstruktur, ähnlich den Sedimentationsbreccien im Ortlergebiet;
im oberen Teil diekbankig; nahe der oberen Grenze enthält eine
Bank zahlreiche schwarze Hornsteinknollen. Die Zinnenkrönung und
den Nordabfall des Stammer nehmen schwärzliche, braun anwitternde
mergelige Kalkschiefer ein; am Nordhang liegen dickere Kalkbänke
mit Fossilien.
Paulcke deutet (1904) diese Schichtfolge als Wettersteinkalk,
Raibler Schichten (herbstlaubfarbener Mergel), Hauptdolomit und Rhät
(am Gipfelkamm). Aus seiner Publikation von 1910 ist weiters zu
entnehmen, daß er das Alter der Rhätkalke auch durch Auffindung
einer Fauna dieses Niveaus sicherstellen konnte und eine vorwiegend
aus dunklen Kalken und Tonschiefer zusammengesetzte Breccie am
Stammer zum Lias stellt. Soweit ich aus mündlichen Mitteilungen
Herrn Prof. Paulekes sowie aus dieser letzten Publikation schließen
kann, dürfte Paulcke das Stammerprofil jetzt stratigraphisch etwas
anders deuten als 1904. Unsere oben angegebene Gesteinsfolge stimmt
mit seiner Schichtbeschreibung (1904) überein, über dem hellgrauen
Dolomit im unteren Teil des Profils fand er noch eine Lithodendron-
bank. Die dunklen Kalke und Mergel an der Basis nähern sich in
ihrem Aussehen stark den Kössener Schichten der Nordalpen und
diese Vermutung wurde durch Fossilfunde bestätigt. Von den schlecht
erhaltenen Fossilen ließen sich annäherungsweise bestimmen:
Avieula contorta Portl.
Anatina praecursor (Quenst.
Gervilleia inflata Schafh.
von der Nordseite des Kammes und von den Funden an der Südseite:
Dimyodon intustriatum Emmr.
Y
Es kann demnach die ganze Kalk- und Mergelfolge samt dem
eingeschalteten lichten Dolomit und der Lithodendronbank wohl als
Aquivalent der Kössener Schichten betrachtet werden. Aus
den Schichten am Gipfelkamm gewannen weder Paulcke noch wir
bestimmbare Fossile, doch fanden wir auf den Halden am Nordfuß
des Stammer (oberstes Val Bolscheras) Kalkplatten mit zahlreichen
Belemniten gleicher Art wie jene im Lias der Greitspitze, welche
nur vom Stammer herabgestürzt sein können — eine Zufuhr von
fernher auf glazialem Wege ist wegen der Höhenlage ausgeschlossen —
und auch ihrem Gesteine nach mit den Kalkbänken der Gipfelschichten
übereinstimmen. Es steht am Gipfelkamm des Stammer also noch
Lias an, was auch durch Übereinstimmung in der Ausbildung mit
dem Lias im Süden und Norden bekräftigt wird.
Reste der mittleren und oberen Trias gleicher Fazies
sind im Fimbertal, Samnaun und längs des ganzen Nordrandes, be-
sonders in der Prutzer Gegend noch vielfach anzutreffen, doch nur
in mehr oder weniger unvollständiger Entwicklung. Oft sind es nur
Keile von grauem, feinkristallinem Kalk oder Dolomit. An der
Westseite des Bürkelkopf ist zwischen Diabasschiefer ein Blatt
[53] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 583
von breceiösem Dolomit eingeschoben, welches begleitet wird von hell-
grauen, schwach rötlichen, klingenden Kalkschiefern, welche ganz
solchen Gesteinen im Muschelkalk des Piz Lad bei Nauders und am
Jaggl gleichen. Sie sind hier teilweise marmorisiert und dann weiß.
Am P. 2754 des Kammes Blauwand-Frudigerkopf sind die lichtgrauen
Kalke vergesellschaftet mit milden grauen blättrig-tafeligen Kalk-
mergeln, welche stellenweise in großer Menge Bactryllien ent-
halten und vielleicht den Partnachschichten der Nordalpen entsprechen.
Gleiche Mergel sowie feine Sandsteine beobachtete ich bei Prutz in
der Begleitung des Dolomits. Die karbonatischen Gesteine sind teils
lichte, feinkristalline Kalke, teils hell- oder dunkelgraue oft bituminos
riechende Dolomite.
Das Vorkommen von Lias in der Samnauner Alpe ist schon
seit Theobald bekannt, dank dem Reichtum an Fossilien in seinen
Gesteinen. Paulcke hat diese interessante Liaszone von Malfrag bis
unter das Fluchthorn genauer untersucht und beschrieben. Er ist
hauptsächlich in der Gestalt von grobkörnigem gelblichgrauem Crinoiden-
kalk entwickelt, ferner beteiligen sich Kieselkalke, dichte graue Kalke
mit rötlicher Anwitterung und in geringer Mächtigkeit auch, wahrschein-
lich an der Basis, dünnblättriger schwärzlicher Mergelschiefer.
Paulcke konnte zuerst durch Funde von Arietites ex. af. Buck-
landı das Alter dieser Kalke als unterliasisch feststellen. Ammo-
niten sind ziemlich selten, dagegen sind neben Crinoiden Brachiopoden
und Belemniten in großer Menge zu finden. Die Gesamtmächtigkeit
des Lias veranschlagt Paulcke auf 30 m.
Fossilführende Ablagerungen des oberen Jura sind aus dem
Antirhätiken bisher nicht bekannt geworden.
Die älteste Ablagerung unter den im vorhergehenden beschriebenen
zahlreichen Schichtgesteinen des Unterengadiner Bündner Schiefer-
bereiches, deren Alter durch Fossile bestimmt ist, gehört der
Trias an. Die fazielle Entwicklung der Trias des Stammer stimmt
in ihrer dolomitischen Hauptkomponente mit jener der Nordalpen und
mit der Lischannagruppe überein, steht aber der Fazies der ersteren
insofern näher, als Kössener Schichten bisher in der Lischannagruppe
nicht gefunden wurden (mit Ausnahme eines sehr beschränkten und
unsicheren, nicht durch Fossile bestimmten Vorkommens im Val
Dascharina). Der Lias transgrediert hier direkt über dem ober-
triadischen Dolomit. Dagegen bieten die Kalkschiefer in dem Trias-
keil westlich des Bürkelkopf einen Vergleichspunkt mit der unteren
Trias in der Lischannagruppe. Die Trias des Stammer findet ihre
abgerissene Fortsetzung längs einer Dislokationsfläche in den Dolomit-
keilen des Piz Munschuns und Mont da Cherns; in diese Kette von
Triasfragmenten gliedert sich auch das Gipsvorkommen von Che
d’mott ein. Es ist aber wohl kein zu weitgehender Analogieschluß,
wenn man dieses Gipsvorkommen, dem von Zebles und Salas
gleichstellt und in ihm eine Brücke sieht, welche von der Trias
des Stammer und seiner Anhängsel zu dem Komplex der bunten
Bündner Schiefer hinüberführt. Diese enthalten die großen Gips-
584 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer, [54]
lager von Zebles nnd Salas, verbunden mit Rauhwacken und Dolomit-
brececien und mit bunten Schiefern. Eng mit ihnen verbunden tritt
auch Verrucano auf und Quarzite, welche vielleicht auch hierher ge-
hören dürften. An der Basis des Stammer stecken in den getüpfelten
Kalkschiefern und Tonschiefern, welche den obersten Teil der Bündner
Schieferunterlage einnehmen Quetschlinsen und auch größere Lagen
— an der Nordseite drei übereinander — eines quarzreichen serizit-
überzogenen Gesteines von lichtgrüner, manchmal auch hellrötlicher
Färbung, welches aus der Ferne stark gequetschten Diabasschiefern
ähnlich sieht, obzwar es hellerer Färbung ist als jene. (Querbruch
weiß!) Die mikroskopische Untersuchung zeigt ein sehr feinkörniges
seschichtetes Quarzaggregat mit vielen kleinen länglichen Kalzitnestern.
Wenn es also auch keinesfalls ein Diabasschiefer ist, so erinnert es
doch an jene rotgrünen Schiefer in Begleitung der Diabase. Im Dünn-
schliff unterscheidet es sich von jenen durch den größeren Quarzgehalt
und die Sonderung des Kalzits in Nester, mehr bemerkenswert ist
aber daran, daß in den Kalzitnestern dieselben dichten Anhäufungen
kleinster Mineraleinschlüsse auftreten wie die Tüptfel der oben
genannten Tüpfelschiefer und daß hier in diesen Tüpfeln — deutlich
an einem, undeutlich in mehreren derselben — kleine kugelige per-
forierte Organismen sich vorfinden, je zu mehreren in einem Tüpfel
vereint. Es gibt dies sowohl einen Hinweis auf die Natur der Tüpfel
als auch auf die Zusammengehörigkeit der fraglichen Gesteine an der
Stammerbasis mit dem einschließenden Bündner Schiefer, nämlich dem
ganzen Tüpfelschieferhorizont, welcher die Stammertrias in großer
Mächtigkeit unterlagert.
Sicher nachzuweisen ist nur Rhät. Der Dolomit selbst dürfte in
seinem Alter eher dem Hauptdolomit als dem Niveau des Wetter-
steinkalkes entsprechen.
Die Fazies des Lias steht, wie Paulcke hervorhob, der Ad-
nether Fazies und den crinoidenreichen Liasgesteinen der Nordschweizer
Klippen nahe, beziehungsweise hat zum Teil einen eigenen Fazies-
charakter. Innerhalb des engeren Gebietes besteht zwischen dem
Liaszug Malfrag—Fimbertal und der Liaskappe am Stammer Über-
einstimmung darin, daß einerseits die belemnitenhaltigen Stücke vom
Stammer dem Gestein nach nicht zu unterscheiden sind von dem
belemnitenführenden Bänken jener Zone und daß anderseits die
schwärzlichen Mergelschiefer beiden gemeinsam sind, doch ist ihre
Mächtigkeit am Stammer wahrscheinlich eine größere. Das unter den
Namen Steinsbergkalk von Ardetz im Engadin bekannte Liasvorkommen
bildet die Fortsetzung der Samnauner Liaszone und stellt faziell einen
Ubergang zwischen dem Lias von Samnaun und jenem der Lischanna-
gruppe dar, wie dies auch schon Paulcke schreibt. Doch steht der
Steinsbergkalk noch dem Samnauner Lias entschieden näher.
Die Liasschiefer des Lischanna sind petrographisch den Gipfel-
schiefern des Stammer sehr ähnlich, doch liegen sie über den Lias-
breccien, während im Samnauner Gebiet die Schiefer wahrscheinlich
an der Basis liegen.
Der Faziesunterschied zwischen dem Rhät und Lias des
Lischanna—Samnaun gegenüber jenen der Lechtaler Alpen ist jeden-
[55] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 585
falls bedeutend größer als jener zwischen den ersteren beiden. In den
Lechtaler Alpen mächtige Entwicklung der Kössener Schichten und
Vorwiegen der Liasentwicklung als Allgäufleckenmergel — im Lischanna
Kössener fehlend, im Samnaun nur am Stammer — und der Lias als
Crinoidenkalk beziehungsweise Dolomitbreccie mit nur untergeordneter
Entwicklung von Mergeln.
Paulcke hat auf die großen faziellen Unterschiede, welche
zwischen dem Samnauner Gebiet und Rhätikon-Prätigau im Mesozoikum
bestehen, aufmerksam gemacht; das Tithon, im Rhätikon so stark
hervortretend, fehlt im Antirhätikon völlig‘), während der Lias im
Rhätikon stark zurücktritt. Radiolarienhornsteine, die auch in der
Lischannagruppe wieder auftreten, fehlen ebenfalls im Samnauner
Gebiet. Dagegen nimmt Paulcke 1904 von der unteren Kreide
an wieder eine Meeresverbindung mit dem Prätigau an, die in der
„Bündner Fazies (mit helvetischen Anklängen)“, der Kreidefolge des
Samnaun und in den flyschähnlichen Schiefern seine Begründung hat.
Den Bemühungen Paulckes ist es zu verdanken, daß in dem
Antirhätikon die Kreide durch Fossilfunde nachgewiesen ist. Er
fand in der vorwiegend kalkigen Schichtgruppe, welche den Lias von
Malfrag über das Fimbertal bei Ardetz begleitet, Orbitulinen
(0. concava) und Diplopora Mühlbergi.
Diese kretazischen Schichten bestehen aus dichten dunkelgrauen
Kalken, feinkörnigen dunkelgrauen Crinoidenbreccien und dunkel-
grauen tafeligen Kalkschiefern, bräunlich sandigen Kalkschiefern, und
feinblättrigen grünlichgrauen Tonschiefern mit zwischengeschalteten
Breceienbänken. Ein Teil der Kalke ist breceiös und enthält kleine
Bruchstückchen eines ockerfarbenen Dolomits und weiße Glimmer-
blättehen — sowohl diese als die Crinoidenbreccien und die Bänke,
welche beide Charaktere verbinden, finden sich aber, wie oben aus-
einandergesetzt wurde, in ganz gleicher Ausbildung in verschiedenen
Horizonten der „grauen Bündner Schiefer“ im primären Verband.
Außerdem hat Paulcke (1910) noch am Piz Roz einen Orbitoides
(Orthophragmina??) gefunden in einer quarzhältigen Breccie gleicher
Beschaffenheit wie jene am Piz Arina und anderen Orten und Schiller
gibt bereits 1906 aus einer ähnlichen Breccie bei Saraplana einen
Fund von Lithodamnium bekannt.
Damit sind Anhaltspunkte für die Altersbestimmung der „grauen
Bündner Schiefer“ gegeben.
Der Südrand wird also (mindestens) von Saraplana an ostwärts
bis Fendels von kretazischen Gesteinen begleitet. Allerdings fand
ich bisher außer den Crinoiden keine bestimmbaren Fossile im öster-
reichischen Gebiet in dieser Zone, doch ist die Gesteinsgleichheit der
Crinoidenbreccie eine so vollständige, daB zusammen mit Schillers
Lithodamnium-Fund die obige Annahme als berechtigt gelten darf.
!) Paulcke glaubt (1910), daß man im Futschöltal helle marmorisierte Kalke
als Tithonäquivalente deuten könnte.
2) Nach R. Schubert ist das vorliegende Fossil nicht ausreichend zu einer
derartigen Gattungsbestimmung. Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1910.
Jahrbuch d.k.k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Bd.,3.u.4. Hit. (Ampferer u. Hammer.) 76
586 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [56]
Nun ist es nicht sicher, daß die kretazischen Gesteine am Südrand
in ungestörtem Verband mit ihrem Liegenden sich befinden — deutliche
Anzeichen einer Störung fehlen allerdings — es kann also nicht sicher
aus ihnen auf das Alter des Liegenden geschlossen werden.
Es liegen aber schon in den tieferen Teilen der Antiklinale, in
denen keinerlei Anhaltspunkte für die Annahme großer Schichtver-
dopplungen, Schuppungen oder Falten gefunden wurden, auch schon
Crinoidenbreccien gleicher Art, welche sich im primären Verband
mit den unter- und überlagernden Schichten befinden.
Die tiefstliegende Crinoidenbreccie ist, soweit meine bisherigen
Beobachtungen reichen, jene am Kamm Muttler-Arina, unter welcher
noch die quarzführenden Breccien am Arina liegen.
In Finstermünz tritt wenig höher, im „2. Breccienhorizont“, eine
Bank von Breccie mit gelben Dolomitfragmenten und Glimmer, aber
ohne Crinoiden auf. Die tiefstliegenden Breceien überhaupt, jene am
Kreuzjoch-Spiß, haben bisher keine Fossile geliefert, sind aber petro-
graphisch denen vom Arina gleich.
Wenn man nun auch diese fossilfreien Quarzbreccien außer
acht läßt unter der Annahme, daß auch in älteren Schichten als die
Kreide Breccien gebildet wurden, welche petrographisch jenen gleich
sind, so wird man doch kaum umhin können, für die Schichtfolge von
dem untersten Crinoidenhorizont aufwärts ein kretazisches (bis ter-
tiäres) Alter anzunehmen, und nachdem auch die hangendsten Schichten
am Südrand aus kretazischen Schichten gebildet werden, bleibt nur noch
der innerste Teil der Antiklinale als allenfallsiger Vertreter älterer
Schichten übrig. Läßt man die Quarzbreccien Kreuzjoch-Spiß als
Aquivalente der Arinabreccien oder jener am Piz Roz gelten, wofür
die petrographische Gleichheit spricht, so bleibt noch ein hauptsächlich
aus Kalkglimmerschiefer bestehender Antiklinalkern von vielleicht
1000 m Mächtigkeit!) der Schenkel übrig, für welche gegebenenfalls
ein höheres Alter angenommen werden kann. Daß über dem untersten
Crinoidenhorizont noch ältere Schichten abnormal eingeschoben sind,
dagegen spricht der Umstand, daß hier nahe übereinander an ver-
schiedenen Stellen mehrere Breccienlager und die Tüpfelschiefer sich
einschalten,
Für das Alter des innersten Kernes der Antiklinale liegen wenig
Anhaltspunkte vor. Das Liegende der grauen Bündner Schiefer ist
hier nicht erschlossen, Fossile fehlen. Die Gesteinsähnlichkeit und der
Mangel jeder deutlichen Abgrenzung schließt sie mit den oberen
Teilen zusammen.
Es ist nicht die Aufgabe dieses Querschnittes, das wichtige
Kapitel der Stratigraphie der Bündner Schiefer in vollem Umfange
zu entwickeln und Stellung dazu zu nehmen, sondern es sollen nur
ein paar auf den besonderen Fall bezügliche Umstände in Kürze zur
Sprache kommen. Der Hauptschauplatz für diese Frage liegt weiter
westlich.
!) Ohne die Kleinfältelung zu berücksichtigen.
[57] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 587
Dienert), Gümbel?) und Rothpletz°) ‘haben sich für das
paläozoische Alter eines Teiles der Bündner Schiefer aus-
gesprochen unter Heranziehung der Verhältnisse im Oberengadin und
dem Rheintal und dessen Seitentälern. Da von fast allen Geologen
die weitgehende petrographische Übereinstimmung der grauen Bündner
Schiefer des Unterengadin mit den Bündner Schiefern aus dem Rheintal
betont wird, haben jene Beobachtungen auch für das Unterengadin
große Wichtigkeit. Das stärkste Argument für das paläozoische Alter
ist die ursprüngliche Überlagerung mit Trias. Rothpletz hat
eine solche im Oberengadin festgestellt, ohne daß neuere Detailunter-
suchungen eine Widerlegung dieser Beobachtungen gebracht hätten.
Dagegen steht im Splügener Gebiet diese Schichtfolge neuerdings
nach den Angaben von Welter‘) nicht mehr einwandfrei da, wenn-
hin es sich vielleicht nur um lokale Zerreißungen einer ursprünglich
gleichen Schichtfolge handeln könnte. Rothpletz gibt aber daneben
noch mehrere andere Profile aus Oberhalbstein (Tiefenkastel ete.) an,
mit gleicher normaler Überlagerung der ‘Bündner Schiefer durch
Röthidolomit, deren Gültigkeit noch nicht umgestoßen wurde.
Es frägt sich also, in welchem Verhältnis im Unterengadin die
Trias zu den grauen Bündner Schiefern steht: am Stammer liegt
eine in sich völlig umgestürzte Schichtgruppe (Kössener Schichten —
Hauptdolomit—Lias) auf den Bündner Schiefern. Es liegen dort die
unterlagernden Schiefer schon über den unterkretazischen Crinoiden-
breccien, so daß also aus allem erhellt, daß die Auflagerung eine
durchaus gestörte ist. Die bunten Bündner Schiefer, von denen oben
ein triadisches Alter als wahrscheinlich angenommen wurde, sind
beiderseits des Zeblesjochs von den grauen Bündner Schiefern durch
braune sandige Schiefer getrennt, in welchen am Piz Roz (Vesulspitz)
die Orbitoides-Breccie enthalten ist. Auch hier ist der Kontakt beider
Schichtgruppen nur ein tektonischer. Längs des Nordrandes hin bis
Prutz treten die untertriadischen Schiefer stets in der Zone großer
Überschiebungen auf, in mehrfacher schuppenförmiger Wiederholung
übereinander, können also zu stratigraphischen Schlüssen wenig heran-
gezogen werden. Jene Schichten im Kern der Antikline, deren Alter
hauptsächlich in Frage kommt, stehen nirgends im Kontakt mit Trias.
Der paläozoische Habitus, welcher von jenen Autoren
auch als Anzeichen ihres Alters beschrieben wird, ist hier ebenso
vorhanden (Kalkglimmerschiefer) und unterscheidet diese untersten
Teile des Bündner Schieferprofils von den höchsten. Die Ahnlichkeit
mit den Kalkphylliten (Brenner Schiefern etc.) der Zillertaler Alpen
1) Diener, Geologische Studien im südwestl. Graubünden. Sitzungsber. der
Ak. d. Wiss. i. Wien, mathem.-naturw. Kl. XCVII. Bd. 1888, pag. 606 u. f.
2) Gümbel, Geologisches aus dem Engadin. Jahresber. d. naturf. Gesellsch.
Graubündens. XXI. Jahrgang, und Geol. Mitteil. über die Mineralquellen von
St. Moritz i. Oberengadin. Sitzungsber. d. mathem.-physik. Klasse d. kgl. bayrischen
Ak. d. Wiss. 1893, XXIII. Heft, pag. 1.
3) Rothpletz, Über das Alter der Bündner Schiefer. Zeitschrift d. deutschen
geol. Gesellsch. 1895, pag. 1 u. f., und Geologische Alpenforschungen. I. 1900 u.
II. 1905.
4) O0. Welter, Stratigraphie und Bau der Alpen zwischen Hinterrhein und
Safiental. Eclogae geol. Helv. X. Bd. 1909, pag. 804 u. f
716*
988 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [58]
-ist ein weitgehender. Die Einschaltung der Diabaslager erinnert so-
fort an verschiedene paläozoische Gebiete der Ostalpen. Die Engadiner
Gesteine wurden deshalb auch von Stache!) als Kalktonphyllite be-
zeichnet und als eine Fazies der paläozoischen Schichtgruppen der
Ostalpen den Quarzphylliten und Kalkphylliten der östlicheren Verbrei-
tungsgebiete paläozoischer Schichten größtenteils äquivalent aufgefaßt.
Die Tonschiefer des Unterengadin sind übrigens nur wenig phyllitisch,
jedenfalls weit weniger umkristallisiert als die Quarzpbyllite.
Eine entscheidende Beweiskraft kann bekanntlich aber in diesem
halbkristallinen Habitus der Gesteine nicht gesehen werden.
Rothpletz gibt als Unterschiede zwischen paläozoischen und
mesozoischen Bündner Schiefern an, daß Dolomit, Marmore und die
grünen Schiefer auf die paläozoischen Schiefer beschränkt seien, dies
trifft jedoch rücksichtlich der grünen Schiefer für unser Gebiet nicht zu, |
da Diabasschiefer sicher noch (normal) zwischen den obersten feinkörnigen
Crinoidenbreccien liegen. Daß in den jüngeren Teilen arkosenartige
Sandsteine auftreten und überhaupt sandige und konglomeratische
Bildungen häufig sind, trifft auch im Unterengadin zu, ebenso, daß
beiden die schwarzen Tonschiefer (die glimmerarmen Kalkplatten) und
quarzitische Gesteine gemeinsam sind, besonders die erstgenannten.
Eine (primäre) Diskordanz zwischen den unteren und den oberen
Teilen der Bündner Schiefer konnte im Unterengadin nicht festgestellt
werden.
In der Lischannagruppe folgen über dem Gneis gleich Verrucano
und Trias ohne Zwischenlagerung von paläozoischen Schiefern — im
Gegensatz gegenüber der Schichtfolge nördlich davon, wenn man die
unteren Bündner Schiefer für paläozoisch ansieht; schon Steinmann?)
hat darauf als Einwand gegen letztere Annahme aufmerksam gemacht.
Da aber zwischen beiden Schichtfolgen zwei UÜberschiebungen sich
einschalten, so wäre wohl ein Raum für den nicht mehr sichtbaren
Fazieswechsel gegeben. Wir befänden uns am überschobenen Rand
eines begrenzten paläozoischen Absatzgebietes.
Gümbel und Böse?) halten die Unterengadiner Bündner
Schiefer größtenteils für paläozoisch; Böse hat in seinem Profil des
Lischanna aber die obere Gneiszone übersehen, welche seine paläo-
zoischen Schiefer und Marmore von dem Buntsandstein (Verrucano)
trennen, wodurch der Anschein einer ununterbrochenen Schichtfolge
von Gneis über Paläozoikum zum Trias hervorgerufen wird.
G. A. Koch dagegen vertrat die Ansicht, daß die Bündner
Schiefer Bildungen seien, „welche wahrscheinlich in der paläozoischen
Zeit beginnen und bis tief ins Tertiär (Eocän) hinangehen“.
Theobald zeichnete auch die tiefsten Teile der Bündner
Schiefer als Lias auf seine Karte ein; Tarnuzzer stellt jene grauen
!) Stache, Die paläozoischen Gebiete der Ostalpen. J.d.g. R.-A. 1874, pag, 159.
?) Steinmann, Geologische Beobachtungen in den Alpen I. Das Alter
der Bündner Schiefer. Ber. d. naturf. Gesellsch. i. Freiburg i. B. Bd. X, Heft 2, 1898.
Steinmann rechnet jetzt natürlich beide zu verschiedenen Decken (ostalpine
und lepontinische Decke).
®) E. Böse, Zur Kenntnis der Schichtenfolge im Engadin. Zeitschr. d.
Deutschen geol. Gesellsch. 1896, pag. 557 u. £.
[59] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 589
Bündner Schiefer des Antiklinalkernes zu seinen „Engadiner Schiefern*
unbestimmten Alters, bemerkt aber, daß diese zum Teil liasisch sein
können.
Der Umstand, daß die grauen Bündner Schiefer vom innersten
Kern der Antiklinale bis zu den Kreidebreceien in ununterbrochenem
Ubergang stehen, petrographisch beide Teile vielfach übereinstimmen
und auch für eine Vertretung triadischer Schichten, welche man
zwischen beiden bei Annahme paläozoischen Alters der tiefsten Teile
erwarten müßte, keine Andeutung besteht, läßt es als wahrscheinlicher
erscheinen, daß jene tiefsten Horizonte nicht paläozoisch sind und am
ehesten noch der Kreide oder dem Jura angehören dürften.
Den Allgäuschiefern entsprechen sie lithologisch nicht. Als
liasisch bestimmbare Fossile sind in dem ganzen Bündnerschiefer-
bereich bisher nur aus den oben beschriebenen Liaskalken und Breccien,
nicht aber in den grauen Bündner Schiefern gefuuden worden. Dies
und die lithologisch gut charakterisierte und durchaus verschiedene
Ausbildung des höheren Lias zusammen mit den Kreidefossilfunden
lassen es als nicht wahrscheinlich erscheinen, daß in den eigentlichen
Bündner Schiefern nochmals Lias vertreten sei.
Tektonik.
Die Bündner Schiefer sind, wie schon oben angeführt wurde
zu einer Antiklinale aufgewölbt, deren Achse näher dem Südrand
und diesem parallel NO verläuft: von Ardetz über P. Soer zum Val
Sinestra, über den Mondin, das untere Stubental, Tösens bis zu den
Hängen zwischen Fendels und der Fendleralpe. Im österreichischen
Teil ist sie steil aufgebogen, die Schichten des Schenkels stehen sehr
steil, im Westen ist die Wölbung eine flachere, wie dies auf dem
Querschnitt zur Anschauung kommt. An den Schenkeln beobachtet
man vielfach eine intensive Kleinfaltung.
Auf beiden Schenkeln, besonders aber auf dem nördlichen, sind
an Schubflächen schuppenartig zahlreiche ausgedehnte Blattschollen
aufgeschoben, deren äußerste dem kristallinen Gebirge des Verwall,
beziehungsweise der Otztaler Alpen angehören.
Eine innerste große Störungsfläche im Nordteil wird durch die
Triasreste des Stammer, das Gipsvorkommen von Ch& d’mot und
die kleinen Triaskeile von Piz Munschuns, Punkt 2754 des Kammes
Frudigerkopf—Blauwand, Pezidkopf—Südkamm (Stubental) und Burg-
schrofen (Fendels) markiert und entspricht im Samnaun Paulckes
„Stammerüberschiebung“ von 1904.
Die isolierte Scholle der Stammerspitze ist nicht ein in sich
geordnetes Schichtpakett oder eine vollständige Falte, sondern aus
Schollen zusammengeschoben: der Hauptdolomit liegt einerseits auf
Kössener Schichten und wird anderseits von Lias überlagert. Der Kon-
takt von Lias und Hauptdolomit am Gipfelkamm ist ein sekundärer;
die Bänke des Dolomits stoßen mit spitzem Winkel an der Grenz-
fläche gegen die Liasschiefer ab, außerdem deutet schon der große
Mächtigkeitsunterschied im Dolomit zwischen Nord- und Südprofil auf
abnormalen Verband. Die Liasschiefer sind in eine flache Mulde ver-
590 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [60]
bogen; am Nordrand stecken Keile von Dolomit in den untersten
Schieferschichten.
Von Piz Munschuns ostwärts bis Fendels sind die Triasdolomite
und Kalke in eine Zone bunter (untertriadischer?) Bündner Schiefer
eingereiht, welche an der Schubfläche auf kretazische Kalke auf-
geschoben sind. Uber ihnen liegt wieder eine Zone kretazischer
(und tertiärer?) Bündner Schiefer und wird an einer zweiten großen
Störungsfläche wieder von den bunten Bündner Schiefern überschoben ;
es sind die gipsführenden Schiefer von Piz da Valgronda-Salas, welche
auf dem Orbitoides-führenden Schiefer des Piz Roz—Piz Ott liegen.
Auch sie setzt sich über das Gebiet der Fließer Alpe und des Stuben-
tal (Matschiberlesattel—Frudiger Kopf) gegen Osten fort und wird
hier wieder von ausgedehnten Schollen von Triasdolomit begleitet.
Ihre Fortsetzung östlich des Arrezjochs habe ich noch nicht begangen,
vermute aber, daß sie im Zusammenhang steht mit der gleich orientierten
zweiten Schubzone im Prutzer Gebiet wo Verrucano und Trias von
Ladis und Faggen ihr entspricht. Sie wird im Samnaun von Flysch
(Pellinkopf, Malfrag) und kretazischem Bündner Schiefer überlagert.
Im Samnauner Gebiet reiht sich nun gegen außen eine dritte
Störungszone an, welche besonders auffällig durch die weitgehende
Zerstörung des ursprünglichen Schichtverbandes und die bunte Mischung
ihrer verschiedenartigen Bestandteile hervortritt. Sie wird charakte-
risiert durch das Auftreten des Lias, welcher im Malfragtale zuerst
als langgestreckte Mauer herausragt, weiter westlich aber gänzlich in
einen Schwarm von riesigen Blöcken und Schollen aufgelöst ist. Da-
zwischen und zu beiden Seiten schieben sich flyschartige Schiefer,
Kreide, Trias, Verrucano und vereinzelte Schollen von Gneis ein,
zusammen gleichsam eine tektonische Riesenbreccie bildend. Die
Mengung sehr verschiedenartiger Gesteine — eine relativ dünne
Platte massigen Kalkes zwischen glimmerführenden Schiefern und
Mergeln, Quarzsandsteine und dünnbankige Kalke findet ihren Aus-
druck in der Verschiedenheit ihrer tektonischen TImformung gegenüber
den lithologisch gleichmäßigeren Massen der grauen Bünder Schiefer.
Diese Zone reicht von Malfrag über das Fimbertal bis Ardetz-
Gegen innen schließt sich ihr die oben genannte Flyschkreidezone an,
mit welcher sie eng verbunden ist, da auch in ihr Schollen von Liaskalk,
vermutlich zum Lias gehöriger Quarzit, bunter Bündner Schiefer und
andere stecken.
Die eigentliche „Liaszone“ endet, soweit mir bisher bekannt, im
Osten im Bereich der Fließer Alpe. Nur die Kreidekalke, welche von
Alp bella an gegen O in zusammenhängendem Verlauf den Lias be-
gleiten, setzen sich noch über das Stubental hin fort, zwischen das
kristalline Grundgebirge von Paznaun und der gipsführenden Zone
bunter Schiefer eingeklemmt.
Während in den inneren Schuppen NW-Fallen von mittlerer bis
steiler Neigung herrscht, überwiegt in der Liaszone saigere Stellung
der Schichten. Besonders der Lias selbst ist wie ein Pfahl senkrecht
in die umgebenden ähnlich gestellten Schichten eingerammt. Im Osten
zeigt er auf der Alp bella eine steilgewölbte Antiklinale.
[61] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 591
An die Liaszone reiht sich nach außen dann die Grenzzone
gegen das kristalline Grundgebirge, welches meist nicht mit einer
einzigen großen Dislokationsfläche an die Liaszone grenzt, sondern
durch mehrere enggedrängte Schuppenflächen mit ihr verwoben ist.
Der Schuppenbau des Nordrandes entfaltet sich besonders in der
NW-Ecke im Fimbertal—Samnaun und ist auch in der Prutzer Gegend
deutlich und ausgebreitet; in der zwischenliegenden Zone drängen
sich die Schuppen in einem schmalen Streifen zusammen (zum Bei-
spiel Arrezjoch). Die Schubflächen verlaufen gleichsinnig wie der Rand
gegen das Kristalline: die starke Abbiegung, welche im Fimbertal
der NO- in NS-Verlauf erfährt, macht in gleichem Sinne auch die
Stammerüberschiebung mit, und ebenso die Liaszone und die Zone
der gipsführenden bunten Schiefer. Die Dislokationslinien scharen
sich im Gebiet des Stubental näher zusammen und treten im Osten
und besonders im Westen weiter auseinander. Damit steht in Über-
einstimmung die Steilstellung der Hauptantiklinale im Pfundsergebiet,
die Verflachung derselben im Westen und in geringerem Maße auch
im Osten.
An der Südseite der Hauptantiklinale fehlt eine derartige Ent-
faltung von Schuppen — die Achse der Antiklinale liegt dem Süd-
rand näher.
Eine Schubfläche läßt sich zwischen den bunten gipsführenden
Schiefern von Schuls und den darunterliegenden grauen Schiefern an-
nehmen. Weiter östlich fehlen alle sicheren Anzeichen von Schub-
flächen im Südflügel der Antiklinale, womit allerdings deren wirkliches
Fehlen noch nicht bewiesen ist; doch sprechen die Verhältnisse jeden-
falls für eine bedeutend weniger gestörte einheitliche Lagerung als
im Nordflügel.
Die Filyschschiefer des Fimbertals und ein Analogon der
Liaszone fehlen hier. Erst in der Grenzzone gegen das Kristalline
findet man wieder eine ähnliche Schuppenstruktur wie am Nordrand.
Das kristalline Grundgebirge ist am Westrand, im Fimber-
tal, in einer klaren Überschiebung über die jüngeren Schichten auf-
geschoben; diese greifen in Zungen an den tieferen Jöchern über den
Kamm des Gebirges in die westseitigen Täler über (Larainjoch, Jam-
tal), während die dazwischenliegenden Gipfel des Kammes (Flucht-
horn und andere) aus kristallinen Schiefern bestehen. Die größte
aufgeschlossene Förderungslänge im Jamtal beträgt 3—4 km.
Weiter südlich sind die Lagerungsverhältnisse am Westrand
(Val Tuoi, Inntal, Val Sampuoir) sehr verwickelte und noch weiterer
Untersuchungen bedürftig. Am Piz Cotschen liegt eine mächtige Platte
von kristallinem Grundgebirge südfallend auf dem Bündner Schiefer ;
am Inn, oberhalb Ardetz, greifen die jungen Schichten in einer steil-
stehenden Mulde (?) in das Kristalline ein.
Am Nordrand sind die Grenzflächen von Gneis und jüngerem
Gebirge durchweg steil gestellt. Im Bereiche der Vesulspitze fallen
die jüngeren Schichten steil unter den Gneis ein, am Grübelekopf
stehen beide saiger, ober der Fließer Stieralpe fällt der Gneis sehr
steil unter die jüngeren Schichten hinein, weiter östlich herrscht
wieder das umgekehrte Verhältnis — östlich des Arrezjoches kenne
592 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [62]
ich die Grenzfläche eine größere Strecke weit noch nicht und bei
Pontlatz ist die Grenzfläche senkrecht gestellt.
Zwischen dem Fimbertal und der Fließer Alpe ist der Nord-
rand von parallelen Dislokationsflächen begleitet, an denen Schollen
der Paznauer Gneise zwischen die jüngeren Schichten sich einschieben,
zum Beispiel am Joch zwischen Bürkelkopf und Vesulspitz. Bei diesen
randlichen Schuppen beteiligen sich besonders stark basische Erup-
tiva, vor allem Diabasschiefer mit Variolitbildung und in ihnen kleine
Stöcke und Gänge von Gabbro und Serpentin und die von Paulcke
und Welter zuerst entdeckten Nephritgänge, außerdem kommen an
ihnen auch kleine Schollen von Triasgesteinen und Flyschschiefer zu-
tage. Ebenso lauft nördlich Prutz im Gneis eine durch Verrucano-
und Triaskeile bezeichnete Störungslinie parallel dem Nordrand.
Am Südrand fallen die Bündner Schiefer steil unter die Gneise
der Otztaler Gruppe ein. An einzelnen Stellen steht die Grenzfläche
saiger, zum Beispiel Lahnkopf, Sadererjoch.
Ähnlich wie am Samnauner Nordrand besteht der Rand auch hier
im Schweizer Gebiet und in der Nauderer Gegend aus mehreren
parallelen Dislokationen.
Uber den bunten Schiefern, welche bei Schuls, und den Crinoiden-
breccien, welche bei Nauders das Hangende des geschlossenen Bündner
Schieferprofils bilden, folgt eine schmale Gneiszone.
Die petrographische Untersuchung, welche Grubenmann den
von allen früheren Autoren als Gneis bezeichneten Gesteinen dieser
Zone südlich von Schuls gewidmet hat, hat ihn zu dem Ergebnis
geführt, daß es feldspatführende Glimmerquarzite sind, welche nicht
den Ötztaler Gneisen zugehören, sondern durch vielfache Intrusion und
Injektion von gabbro-peridotitischem Magma umgewandelte Engadiner
Schiefer (Bündner Schiefer !) darstellen. "Weiter westlich schieben sich
aber in dieser Zone (auch nach Grubenmann-Tarnuzzer) wieder
Schollen des kristallinen Grundgebirges zwischen die Bündner Schiefer
am Inn und die südlichere Zone derselben ein (Gneis in Vals Arsas,
Gneis und Granit von Chaposch) als ein Zeichen, daß auch hier ein
Aufbrechen des Grundgebirges in einer, wenn auch fragmentarischen,
unteren Gneiszone stattfindet.
Über ihr folgt sowohl in der Schweiz wie bei Nauders ein
geringmächtiges, aber weithin verfolgbares Blatt von Bündner Schiefer
und Trias; Schiller gibt für die Schulser Gegend graue und bunte
(gipsführende) Bündner Schiefer an und eine vereinzelte Bank von
Crinoidenkalk (Lias?). Meinen Beobachtungen nach scheint mir auch
schon in der Schulser Gegend Trias (Kalkschiefer des Muschelkalk ?)
sich zu beteiligen. Sicher ist dies in der Nauderer Gegend der Fall.
SW von Nauders (Tiefhof) treten Kalkschiefer auf, welche ich den
Muschelkalk-Kalkschiefern am Piz Lad am ehesten gleichstellen möchte.
!) Da zur Zeit des Erscheinens von Grubenmanns Abhandlung das Quer-
schnittprofil bereits im Drucke war, war eine Abänderung der dort als Gneis ein-
getragenen Schichte nicht mehr möglich. Für die tektonische Deutung ist diese
Verschiedenheit, wie oben angegeben, nicht von großem Belang. Das gleiche gilt
für die möglicherweise eher schon zum Verrucano zu stellende obere Gneiszone
unter dem Lischanna.
[63] Geologischer Querschnitt durch die Östalpen. 593
— E. Suess bezeichnet sie als sicher ostalpine Trias — doch sind
daneben auch Bündner Schiefer (schwärzliche Tonschiefer, dunkel-
graue Kalkschiefer) vorhanden und die Fortsetzung dieser Zone NÖ
Nauders besteht nur aus Muschelkalk-Kalkschiefern und größtenteils
Triasdolomit. Auf der Gamoralpe endet sie.
Die peridotitischen Intrusionen entwickeln sich zwischen unterer
Gneiszone und Bündner Schiefer-Triaszone zu mächtigen ausgedehnten
Serpentinmassen sowohl in der Gegend südlich Schuls bis Val
Sampuoir, als auch im SW von Nauders.
Uber der oberen Bündner Schiefer-Triaszone folgt dann im
Gebiet östlich von Nauders die geschlossene Gneismasse der Otztaler
Alpen, welche sich in die Gneiszone südlich des Inn bei Remüs-Schuls
fortsetzt, wo sie von der Trias-Jurafolge des Lischanna überlagert wird.
Tarnuzzer faßt die schmale Fortsetzung derselben -— welche die
Verbindung mit dem Silvrettagneis der Nunagruppe herstellen würde
— südlich von Schuls als Verrucano auf; stark gepreßter Gneis und
ebensolche Arkosen etc. des Verrucano geben leicht Anlaß zu ver-
schiedener Deutung. Für die tektonische Deutung ist der Unter-
schied unwesentlich, da zwischen den Bündner Schiefern im Liegenden
und dem Gneis, beziehungsweise Verrucano im Hangenden der Kontakt
in keinem Falle der primäre ist und sowohl von Schiller als
Tarnuzzer als Dislokation bezeichnet wird.
An der tirolischen Landesgrenze wird der obere Gneiszug noch-
mals von einer Schubfläche zerteilt; oberhalb des Grünsees fand
ich im Gneis abermals Trias (Muschelkalk) eingeschaltet und in Spuren
läßt sich die Schubfläche bis zum Stillebach verfolgen. Der darüber-
liegende Gneis ist dann die normale Basis der Trias des Piz Lad.
Ich vermute, daß jene oberste Dislokationsfläche der letzte Ausläufer
der westlichen Randüberschiebung der Otztaler Alpen ist (siehe nächster
Abschnitt). Der unmittelbare Zusammenhang ist unterhalb Piz Lad
durch Halden überdeckt.
Eine Fortsetzung östlich des Stillebach vermochte ich bisher
nicht zu sehen.
Außer den genannten Aufbrüchen von Serpentin an den Dislo-
kationsflächen beobachtet man am Nord- und Südrand auch in den
Gneisen der Verwallgruppe und der Otztaler Alpen eruptive Auf-
brüche; sowohl die Amphibolite des Fluchthornkammes als die Gneise
vom Vesulspitz bis zur Fließer Scharte (weiter östlich habe ich noch
keine darauf bezüglichen Nachforschungen unternommen) sind durch-
schwärmt von feinen Adern eines felsophyrischen Ganggesteins
(mikrofelsitische Grundmasse mit viel Quarz- und wenig Feldspat-
einsprenglingen), welches in den Fluchthornamphiboliten stellenweise
schöne Eruptivbreccien bildet. Im Süden dagegen beobachtete ich in
den Gneisen von Nauders bis ins Tösner Tal einen Schwarm größerer,
aber wenig zahlreicher Gänge von Diabas und Diabasporphyrit,
welche den Südrand begleiten und deren Verbreitung und Zahl
beim Weiterschreiten der Kartierung sich voraussichtlich noch ver-
größern wird. |
Jahrbuch d.k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Bd.,3. u.4. Hft. (Ampferer u. Hammer.) 77
594 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [64]
Die eigenartigen Verhältnisse des Unterengadiner Gebietes lassen
eine Erklärung in zwei Richtungen geben.
Die eine, welche von Rothpletz, E. Suess, Steinmann,
Termier, Uhlig und jetzt auch von Paulcke und Tarnuzzer
vertreten wird, denkt sich die Gneise der Otztaler- und der Silvretta-
gruppe als eine ursprünglich geschlossene Decke über den Bündner
Schiefern ausgebreitet, welche später durch die Erosion durchlöchert
wurde, so daß nun die darunterliegenden tieferen Schichten in einem
Fenster zutage treten. Die Bündner Schiefer setzen sich dieser Er-
klärung nach unter der Silvrettamasse fort und kommen im Prättigau
wieder zutage.
Die andere Erklärungsweise geht dahin, daß die Schichtfolge
des Bündner Schiefergebietes in einem selbständigen, zeitweise gegen
Westen geöffneten Meeresbereich abgelagert wurde und daß dieses
Gebiet ein Senkungsgebiet ist, dessen Ränder allseits von den um-
gebenden kristallinen Massen überschoben wurden. Diese Ansicht vertrat
Paulcke in seiner Abhandlung von 1904.
Bei der ersteren Erklärung nimmt Rothpletz eine Bewegung
der Gneisdecke von O nach W, alle anderen eine solche gegen N an.
Paulcke leitete bei seiner früheren Erklärung den Schub haupt-
sächlich aus vier Richtungen her, nämlich aus N von der Verwallmasse,
NW bis W von der Silvrettamasse, S von der Berninamasse und SO
von der Ötztaler Masse.
Als Hauptgrund für die Deutung als Fenster wird angeführt,
daß die Gneise sich ringsherum zusammenschließen und die Bündner
Schiefer und sonstigen jüngeren Schichten nach allen Seiten unter
die Gneise einfallen. Das letztere trifft im allgemeinen zu, wenn auch
die vorwiegend steile Stellung der Grenzfläche jedenfalls die An-
nahme einer nachträglichen Steilstellung notwendig macht.
Der Zusammenschluß der Gneise ist, soweit die bisherigen
Untersuchungen reichen, zwischen Silvretta- und Ötztaler-Gneis im
NO des „Fensters“ sehr wahrscheinlich unterbrochen: J. Blaas!)
hat im vorderen Pitztal eine Überschiebung aufgefunden — sie ist
auch teilweise schon auf den Manuskriptkarten der Reichsanstalt von
G. A. Koch ersichtlich — an welcher die Gneise der Ötztaler
Gruppe über die Phyllite des Vennetberges aufgeschoben sind. Die
Phyllite und der aufgeschobene Gneisrand erreichen bei Roppen das
Inntal, die UÜberschiebung läuft hier mit der tektonischen Inntal-
linie zusammen. ıe
Gleich wie an der Überschiebung im vorderen Pitztale die aus
höher kristallinen Gneisen und ihren Einlagerungen bestehende Otz-
taler Gneismasse den Phylliten des Vennetberges gegenübersteht,
so werden auch auf der kurzen Strecke vom vorderen Pitztale (Wenns)
bis zur NO-Ecke des Bündnerschieferbereiches unter der Aifenalpe
die einförmigen Phyllitgneise und phyllitischen Schiefer des Piller
von den hauptsächlich aus Granitgneisen und geringeren Zwischen-
schaltungen von Zweiglimmergneis und Amphibolit bestehenden
!) J. Blaas, Ein Profil im vorderen Pitztale. Verhandl. d. k.k. geol. R.-A.
1909, pag. 197.
[65] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 595
kristallinen Massen der Aifenspitze überragt, so daß eine Fortsetzung
der Pitztaler Uberschiebung von Wenns längs einer über Matzlewald
segen Harben verlaufenden Linie bis zum Östrande des Bündner-
schiefergebietes als sehr wahrscheinlich erscheint. NÖ von Harben
steht noch Triasdolomit an, an der den Nordrand bei Pontlatz be-
gleitenden Störungslinie. Wenn auch die genaue Kartierung des ganzen
Bereiches noch im Gange ist, so konnte doch bis jetzt ein derartiges
Fortstreichen der Gneis- und Amphibolitzüge aus der Verwall- in die
ÖOtztaler Gruppe, wie sie die oben genannte Manuskriptkarte ver-
zeichnet, nicht beobachtet werden.
Ähnlich wie die Pitztaler Überschiebung im NO an den Öst-,
beziehungsweise Südrand tritt auch im SW eine Bruchlinie an diesen
Rand heran. Aus dem Oberengadin streicht über den Straglia-
vitapaß eine Dislokationslinie her, an welcher (nach Dyrenfurth)
die Gneise der Silvretta mit den mesozoischen Schichten der Münster-
taler Alpen an saigerer oder sehr steil geneigter Fläche aneinander-
stoßen. Ihre Fortsetzung ist die von Schiller beschriebene Störungs-
fläche zwischen Lischannatrias und oberem Gmneishorizont südlich
Schuls; nach Tarnuzzers Darstellung würde dieselbe bei Schuls
den Rand des Bündnerschieferbereiches bilden, also direkt in die
Südranddislokation des „Fensters“ übergehen, so daß auch
hier der Zusammenhang der Gneise unterbrochen ist. Es scharen sich
in der Gegend von Schuls die Schubflächen in einem Pakett eng-
gedrängter Schuppen; die gleiche Erscheinung wiederholt sich bei
Nauders, wo die Otztaäler Westrandüberschiebung an den Rand des
Bündnerschieferbereiches herantritt.
Im Südwesten greifen die Bündner Schiefer an drei Stellen in
das Kristalline ein: im Val Sampuoir — hierüber sind die Unter-
suchungen Dyrenfurths abzuwarten; zwischen Ardetz und Guarda
am Inn: nach Tarnuzzer „gliedern sich hier die Phyllite (Bündner
Schiefer) der kristallinen Mulde von Giarsun an“. Isolierte Reste von
Triasgesteinen (Muschelkalk nach Tarnuzzer) dringen hier als letzte
Ausläufer der Ardetzer Liaszone weit zwischen die kristallinen Schiefer
vor und bilden ein Gegenstück zu den Kalkkeilen am Piller; auch
hier scheint eine Dislokationszone die Gneisumrandung zu zerteilen;
die dritte Stelle ist Val Tuoi: hier fallen am Piz Clavigliadas nach
Grubenmanns Beschreibung die Gneise steil gegen S unter (?)
die Bündner Schiefer ein und werden anderseits vom Kristallin des
Piz Cotschen überschoben. Für den Westrand fehlen genauere An-
gaben.
Als verbindende Reste der abgetragenen Decke wurden von
E. Suess und Steinmann die Triasscholle der Stammerspitze
angesehen (ostalpine Decke) und die Grünschiefer des Mondin,
letztere als Reste der zunächst unter der Gneisdecke liegenden und
ebenfalls das „Fenster“ ehemals überspannenden Decke der grünen
Schiefer (rhätische Decke). Auch Paulcke sieht nunmehr in der
Stammerscholle einen Rest des invers unter den Gneisen liegenden
Trias der „ostalpinen* Uberfalte.
Die Grünschiefer des Mondin liegen, wie auf dem Quer-
schnitte ersichtlicht ist, nicht als Kappe auf den Bündner Schiefern,
-
IL
596 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [66]
sondern sind den tieferen Teilen der großen Wölbung als Lager ein-
geschaltet, können also nicht als Deckschollen gedeutet werden. Aber
auch die Stammertriasscholle liegt nicht derart auf den Bündner
Schiefern, wie sie als Rest der aufliegenden ostalpinen Decke liegen
müßte, denn die Schiefer des Piz Vadret—Piz Roz gehen, wenn man
ihre erodierten Schichtköpfe ergänzt, über den Stammerspitz hinaus,
die Stammerscholle tritt an einer Schubfläche innerhalb der Bündner
Schiefer zutage. Damit in Übereinstimmung stehen die Trias-
reste, welche in der östlichen Fortsetzung dieser Störungszone auf-
treten: sie stecken als Keile in den Bündner Schiefern drinnen, die
Erosion hat sie noch nicht so herausgearbeitet wie jenen Rest an der
Stammerspitze. Übrigens ist die Lagerung der Triasschichten auf dem
Stammer so gestört, daß das Vorhandensein der für den liegenden
Triasüberzug der „ostalpinen*® Überfalte geforderten inversen Lagerung
ganz der subjektive n Meinung anheimfällt: der Hauptdolomit wird
von Rhät, beziehungsweise Lias unter- und überlagert.
Ein weiteres Anzeichen für die Fensternatur kann darin gesehen
werden, daß die Bündner Schiefer nur in ihm entwickelt sind,
dagegen in der Schichtfolge des Lischanna fehlen, während sie ander-
seits Übereinstimmung mit den Bündner Schiefern des Prättigau und
von Oberhalbstein aufweisen. Da eine Verbindung über die Gneise der
Silvretta weg fehlt und die Schiefer beiderseits unter die Gneise einfallen,
wurde daraus auf eine Verbindung unter den Gneisen geschlossen.
Durch die Auffindung von orbitulinenführenden Schiefern und
Sandsteinen, welche den Südrand der Lechtaler Alpen weithin
durchziehen, eröffnet sich auch nach dieser Seite eine fazielle Ver-
bindung der Engadiner Kreide mit den umliegenden Gebieten. Die Kreide-
schichten der südlichen Lechtaler Alpen sind lithologisch in manchen
Gesteinstypen (sandige Kalke, dunkelgraue Kalke und andere) denen
des Engadin sehr ähnlien, die Unterschiede nicht größer als sie inner-
halb dieses weiten Bereiches und auf Grund der Beziehungen zum Unter-
grund gut angenommen werden können (Glimmergehalt des zentral-
alpinen Gebietes). Bei Prutz— Landeck nähern sich die beiden Gebiete
bis auf wenige Kilometer. Die Mächtigkeit der Lechtaler Kreide
nimmt gegen Süden hin zu; bemerkenswert ist dabei, daß die
Porphyrgerölle der Lechtaler Kreide gegen Süden zu a
Diese Lechtaler Kreide liegt, wie aus dem vorhergehenden er-
sichtlich, auf beziehungsweise zwischen der Trias und gehört der über
dem kristallinen Grundgebirge der Silvrettagruppe liegenden Sediment-
decke an.
Die faziellen Beziehungen zur Umgebung lassen sich auch von
der Annahme aus erklären, daß in einem Senkungsgebiet die Sedimen-
tation vor sich ging, welches zeitweise im Zusammenfluß und in Fazies-
ausgleichung mit den angrenzenden Gebieten stand.
Zur Zeit der Ablagerung des Verrucano besteht Faziesgemein-
schaft mit der Umgebung und zwischen Prutz und Pians nähern sich
die Verrucanoreste so, daß eine ehemals zusammenhängende Bedeckung
von den Nordalpen bis zum Ortler angenommen werden kann. Auch
die Gipse und Rauhwacken der Trias sind dem Engadin und den um-
gebenden Gebieten gemeinsam, besonders aber die Dolomite und Kalke
FE
167] Geologischer (uerschnitt durch die Ostalpen. 597
der Trias, welche im „Fenster“ weit verbreitet sind. Ebenso kann
für die Kreidezeit nach Norden und Westen ein Zusammenhang der
Sedimentation angenommen werden.
Der jetzige Mangel eines Verbindungsstranges nach W läßt sich
durch die Überschiebung seitens der Gneismassive und die Erosion
erklären.
In einem ganz analogen Verhältnis steht heute das Triasgebiet
der Münstertaler Alpen: vom Lischanna bis zum Ortler breitet sich
ein mächtiges Verbreitungsfeld ostalpiner Trias aus, welches sich aber
gegen Westen zu zwischen kristallinen Massen immer mehr einschränkt
und nur ein schmaler Strang verbindet diesen rings von kristallinem
Gebiet eingeschlossenen Bereich mit der Triasregion des westlichen
und nördlichen Graubünden und der Vorarlberger Alpen.
Auch hier ist es mehrfach zu Überschiebungen des Kristallinen
über die mesozoischen Bereiche gekommen (Piz Lad—Schlinig, Chazfora,
Urtiola, Piz Väuglia ete.). Hier liegen die Verhältnisse aber ein-
facher und kaum denkt jemand an ein „Fenster“, weil die Auflagerung
der Trias auf die Gneise noch auf weite Strecken zu sehen ist und
ebenso der Verbindungsstrang mit den umgebenden Faziesbezirken
noch erhalten ist.
Die oben erwähnte Verbindung von Verrucano und Trias gleicher
Fazies in und außerhalb des Bündnerschiefergebietes gliedert den
„Fensterbereich* den „Rahmengebieten“ stratigraphisch an. Der Ver-
rucano ist im Fenster auf das engste mit buntem Bündner Schiefer
verbunden, kommt aber in gleicher Ausbildung auch auf den umlie-
genden Gneisgebirgen vor. Die triadischen Kalke und Dolomite sind
in gleicher Ausbildung über das ganze Bündnerschiefergebiet verteilt,
kommen im randlichen Grundgebirge in Schollen vor, welche den
Übergang zum Lischannatrias vermitteln und lassen sich nicht von der
Stammertrias abtrennen; auch die Bactrylllienmergel, die an Raibler
Schichten erinnernden Sandsteine und die starke Beteiligung von Kalken
gliedern sie der ostalpinen Fazies an. Wenn einzelne Vorkommen nur
ein oder ein paar Triasgesteine zeigen, so ist diese Unvollständigkeit
zunächst darin begründet, daß es Schollen an oder zwischen Schub-
flächen sind. Nimmt man alle Vorkommen zusammen, so erhält man
als Vertreter der Trias: Kalkschiefer der unteren Trias, Schiefer mit
Gips und Rauhwacke (untere? Trias), Bactryllienmergel, Sandstein,
Dolomit und Kalk des mittleren (?) und oberen Trias, bis zu 80 m
Mächtigkeit mindestens, Kössener Schichten; eine Entwicklung, welche
also nicht so lückenhaft ist, als es die einzelnen Vorkommen erscheinen
lassen. Paulcke hält sowohl die Stammerscholle als die Schollen in
der östlichen Verlängerung der Stammerzone und die am Rande ein-
geklemmten Triasschollen für ostalpin. Anderseits ist die Lagerung so,
daß sie nicht bei der Entstehung des angenommenen Deckenbaues von
der obersten in die tiefste Decke hinabgelangt sein können. Nimmt man
aber an, wie dies Paulcke tut, daß nach Bildung des Deckenbaues
das Fenster durch Erosion geöffnet und erst bei einer späteren noch-
maligen Gebirusbewegung die jetzige Struktur im einzelnen zustande
kam, so ist jener Herleitung der Triasschollen durch die Erosion die
Quelle entzogen, wenn man nicht annehmen will, daß die Erosion
598 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [68]
gerade an den Stellen das untere Triasblatt der ostalpinen Decke
allein verschont habe und diese Erosionsreste dann eingesenkt wurden.
Ohne Hindernis können sie an Brüchen und Überschiebungen
aus der Tiefe, in welcher sie unter den Bündner Schiefer abge-
lagert wurden empor und zwischen die kretazischen Schichten hinauf-
geschoben worden sein.
Während die triadischen Schichten in einem weit über das
engere Bündner Schiefergebiet hinausreichenden Bereich abgelagert
wurden, läßt sich die geringere Verbreitung der kretazischen
Schichten dann durch die Beschränkung der Sedimentation auf die
sich senkenden mittleren Teile des Gebietes erklären; auf den höher
liegenden umgebenden Gebirgsteilen fehlen gleichaltrige Bildungen.
Auf diese Weise ließe sich auch erklären, daß vorwiegend nur
in den randlichen Teilen noch die triadischen (und permischen) Gesteine
zum Vorschein kommen und die Bündner Kreide nach den Seiten
rasch verschwindet. B
Mit der Auffassung der Randdislokationen als Brüche und Über-
schiebungen am Rande eines Senkungsfeldes steht das Auftreten der
Durchbruchsgesteine in Einklang; die Serpentinmassen be-
gleiten alle mit Ausnahme jener von Val Laver, den Rand, die von
Grubenmann beschriebenen gabbro-peridotitischen Intrusionen durch-
schwärmen die randliche Dislokationszone südlich Schuls, Schwärme von
Diabasgängen, Adern von mikrofelsitischen Injektionen treten am Süd-,
beziehungsweise Nordrand auf, der Granit der Platta mala bei Remüs
liegt an der Hauptüberschiebung und so fort. Ein Teil derseiben
(Diabasgänge Nauders— Tösnertal, Mikrofelsite, Remüser Granit) durch-
bricht deutlich die Gneise der Öztaler-, beziehungsweise Silvretta-
masse; es kann sich also dabei nicht um an der Schubfläche mit-
geschleppte Massen handeln. Sowohl diese als jene innerhalb des
„Fensters* am Rand desselben zeigen, von lokalen Rutschungen
abgesehen, keine Druckschieferung und besitzen ganz oder zum
größten Teil ihre ursprüngliche Eruptivstruktur. An keiner Stelle
ist ein wurzelloses „Schwimmen“ derselben zu beobachten.
Während die Gneise der Otztaler Alpen und Silvrettagruppe
unabhängig vom Verlauf ihres Randes gegen das Schiefergebiet OW
bis ONO—WSW streichen, folgt das Streichen der jüngeren Schiefer
genau demselben. Ebenso wie die Schubflächen im NW Teil (Fimber-
tal- Samnaun), so schwenkt auch das Streichen der Schichten ent-
sprechend der Abbiegung des Randes aus NO—SW in NS-Richtung;
am Eingang ins Kaunser Tal dreht sich das Streichen der Schichten
aus der ONO—WSW-Richtung in NW—SO und schließlich NS herum,
entsprechend dem Ostrand; in der Gegend von Nauders kann man diese
Anpassung bis in Einzelheiten verfolgen und ähnliches ist an vielen
anderen Stellen zu beobachten. Im NO-Winkel entstehen besonders
komplizierte Lagerungsverhältnisse, ebenso an den Stellen, wo, wie
im Fimbertal. das Streichen stark umschwenkt; der Höhepunkt der
Verworrenheit und Zerstückelung scheint in dem SW-Winkel bei
Ardetz zu erfolgen.
Die Streichungsrichtung der Hauptantiklinale ist NO—SW; sie
divergiert stark mit dem Streichen der Gneise und ist mit einem
[69] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 599
NS-Deckenschub schwer in Zusammenhang zu bringen. Eher deutet
dies auf eine Interferenz einer NS- und einer OW-Bewegung;
die Abhängigkeit der Lagerung vom Verlauf des zufälligen Erosions-
randes des kristallinen Gebirges ist bei einem Fenster in einem
Deckensystem nur verständlich, wenn man, wie dies Paulcke neuer-
dings tut, eine zweite Gebirgsbildungsphase annimmt, welche durch
konzentrischen Zusammenschub (also so wie 1904) in dem schon
durch die Erosion geöffneten Fenster jene Abhängigkeitsverhältnisse
und die starke Verfaltung und Verkeilung höherer und tieferer Decken-
teile schafft. Also wenn man auch vom Deckenbau ausgeht,
ist man gezwungen, die tatsächlich vorhandene Struk-
tur dadurch zu erklären, daß ein tieferliegendes Feld
(Senkungsfeld oder tiefere Decken in einem Erosionsfenster) von den
umgebenden höheren Teilen zusammengeschoben und
überschoben wird — die Annahme eines Deckenbaues ist zur
Erklärung der gegenwärtigen Lagerungsverhältnisse nicht notwendig.
Dabei würde, wenn das schon geöffnete Fenster von einem späteren
konzentrischen Schub betroffen würde, die Wirkung desselben in erster
Linie wohl dahin gehen, die Öffnung durch Vorschieben der freien
Ränder der oberen Decken wieder zu schließen, während eine Steilstellung
der oberen Decken an den freien Rändern dabei nicht zu erwarten ist.
In dem Erosionsanschnitt einer buckelförmigen Auftreibung eines
Deckensystems müssen die Anschnitte einzelner Decken als konzen-
trische Zonen ringsum laufen. Dies ist im Unterengadin nicht der Fall.
Zum Beispiel ist die Liaszone nur im NW vorhanden, dagegen wieder-
holen sich die Zonen mit buntem Bündner Schiefer und Triasdolomit
am Nordrand mehrmals übereinander, während sie nahezu am ganzen
Südrand fehlen; der Kern von „grauen“ Bündner Schiefern rückt im
Süden fast durchweg ganz an den Gneisrand heran, während im
Norden und NW eine breite Reihe verschiedener Zonen sich da-
zwischen schiebt. Das Fehlen der Zonen kann man durch Aus-
quetschung und Zerreißung zu erklären suchen, ist dabei aber genötigt,
anzunehmen, daß weit mehr ausgequetscht wurde, als noch übrig blieb;
bei der Wiederholung der Zonen ist man wieder auf die nachträgliche
Verschuppung angewiesen; mit anderen Worten man sieht eigentlich
nur lauter Ausnahmen und nachträgliche Umänderungen an Stelle des
geforderten Deckenbaues.
Dies wird besonders auffällig, wenn man den Versuch macht,
eine bestimmte Deckenfolge für dieses Fenster festzustellen und im
einzelnen in seinem Auftreten zu verfolgen, wie dies von Paulcke
geschehen ist, welcher das von Steinmann für Graubünden auf-
gestellte Schema hier anwendet. Danach hätten wir zutiefst die
„Bündner Decken“, die große Masse der Bündner Schiefer umfassend,
darüber der Reihe nach „Klippendecke“, „Brecceiendecke* und „rhätische
Decke“ und zu oberst die „ostalpine Decke*. Soll diese Deckenfolge
im Unterengadiner Gebiet zu Recht bestehen, so müssen also fünf
Schichtgruppen von selbständigem Charakter vorhanden sein und, wie
Paulcke sagt, „die Reihenfolge und die relative Entfernung der
verschiedenen Decken voneinander im Fensterrahmen stets annähernd
gleich bleiben“.
600 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [70]
Beim Überblick über das ganze Gebiet kann man zwei große
Schichtgruppen unterscheiden: die Bündner Schiefer einerseits und
das kristalline Grundgebirge mit den auflagernden mesozoischen
Schichten anderseits. Beide sind aber nicht streng getrennt von-
einander, Gesteine der ostalpinen Decke vereinen sich mit solchen
der Bündner Decke in gemeinsamen Zonen, wie oben schon aus-
geführt wurde (steter Verband von Trias ostalpinen Charakters mit
bunten Bündner Schiefern, Trias— Bündner Schieferzone des Tiefhof
usw.); sie sind also nicht so selbständig, wie es zwei so weit von-
einander abstehenden Decken wie Bündner und ostalpine Decke
entspricht, sondern durch Bindeglieder verbunden.
Die Klippendecke fehlt so gut wie ganz. Nur eine polygene
Breccie, welche man der Falknisbreccie gleichstellen könnte, am
Futschölpaß kann Paulcke von den für die Klippendecke bezeich-
nenden Gesteinen namhaft machen. Das Fehlen des Malm, der für
diese Decke im Rhätikon und Plessurgebirge als Hauptbestand er-
scheint, ist für den Antirhätikon charakteristisch. Was Paulcke
sonst als vermutlich dieser Decke zugehörig anführt, ist faziell weit-
gehend von den in Bünden hieher gerechneten Gesteinen verschieden
und in seinem Alter unsicher (fossilfrei), kann also keineswegs für _
die Existenz einer Klippendecke als Beleg angeführt werden.
Die Brecciendecke Paulckes entspricht dem, was hier
als Liaszone des Samnaun angeführt wurde und neben den beiden
Hauptgruppen (Bündner Schiefer und kristallines Grundgebirge mit
Mesozoikum) am ehesten noch als selbständige Zone sich heraushebt.
Die starke Entwicklung der Liasbreccien und Kalke, welche im übrigen
Gebiet fehlen, ihre Vergesellschaftung mit Verrucano und das Auf-
treten der Flyschschiefer sind bezeichnend dafür. Triasdolomit tritt
ganz zurück. Stark beteiligt sich aber an dieser Zone auch besonders
Bündner Kreide. Durch diese, welche in vollständig gleicher Aus-
bildung im ganzen Bereiche der Bündner Decke weit verbreitet ist,
außerdem auch das Eintreten bunter gipsführender Bündner Schiefer,
ist sie trotz ihrer selbständig hervortretenden Liasentwicklung der
„Bündner Decke“ faziell angegliedert. Gegenüber dem nach der
Deckenlehre nächstliegenden Vorkommen der Brecciendecke im Rhä-
tikon ergeben sich Unterschiede dadurch, daß dort der Lias zurück-
tritt, Trias stark beteiligt ist und überdies die im Antirhätikon ganz
fehlenden couches rouges auch an dieser Decke sich beteiligen. Die
Fazies des Lias im Antirhätikon steht nach Paulcke (1904) übrigens
nicht nur den crinoidenreichen Liasgesteinen der Nordschweizer
Klippen, sondern auch der Adnether Fazies nahe, beziehungsweise
besitzt eine bis zu gewissem Grade selbständige fazielle Aus-
bildung.
Die rhätische Decke besteht nach Paulcke aus Spilit,
Variolit, Gabbro, Serpentin und Nephrit und überlagernden tonigen
und sandigen Schiefern unbekannten Alters. Wie schon oben ange-
führt wurde, sind Diabase (Spilite) als Lager (in primärem Verband)
in den grauen Bündner Schiefern weit verbreitet, können also keines-
falls als Zeichen einer anderen Decke verwendet werden. Dies gilt
besonders auch von dem Diabas des Mondin, welchen Paulcke auf
K23 Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 601
seiner Kartenskizze der rhätischen Decke zuweist, obwohl er zweifel-
los in primärem Verband mit den Gesteinen der „Bündner Decke“,
und zwar der tieferen Teile derselben steht. Das gleiche gilt für die
ausgedehnten Diabaslager am Südrand !). Die für die rhätische Decke
bezeichnenden Radiolarite fehlen im Antirhätikon gänzlich; es bleiben
also für die rhätische Decke — abgesehen von jenen ganz alters-
unsicheren und lithologisch unbezeichnenden Tonschiefern und Sand-
stein — nur Gabbro, Nephrit und Serpentin übrig. Sie treten in
kleinen Gängen und Stöcken im Gebiete der Flimspitze und des Bürkel-
kopf auf, außerdem erscheint Serpentin in großen Intrusionsmassen
an den Dislokationsflächen des Südrandes und im Innern des Ge-
bietes im Val Laver (Piz Tasna ete.). Bei Schuls durchädern gabbroide
Magmen die „Engadiner Schiefer“ nach Grubenmann. Am Flim-
spitz sitzen die Gänge teils in dem Diabas (Spilit, Variolit), teils im
Flysch auf. Die Serpentine am Südrand werden bei Schuls und Nauders
teilweise von grauen Bündner Schiefern überlagert. Es liegt kein
Kriterium vor, welches gegen ein Aufbrechen an Ort und Stelle und
für einen Transport aus weiter Ferne her spricht. Keinesfalls können
einzelne Gänge und Stöcke von Serpentin und Gabbro, welche an
Störungszonen zwischen die verschiedensten Gesteine (Diabas, Flysch,
graue und bunte Bündner Schiefer, Gneis, Trias) eindringen, als selb-
ständige Gesteinsserie, als Decke aufgefaßt werden.
Es können also höchstens drei, keinesfalls fünf Schichtserien
abgetrennt werden.
Von den drei Decken, welche zwischen Bündner Decke und
ostalpiner Decke liegend das Fenster umsäumen müßten, fehlt die
Klippendecke so gut wie ganz, die „rhätische Decke“ beschränkt sich
auf einige Intrusiva, welche überhaupt nicht als Vertreter einer Decke
gelten können, und die Brecciendecke beschränkt sich auf den Nord-
westrand; in der ganzen NO-Hälfte und am Südrand ist sie nicht
nachweisbar. Entweder bestehen zwei der Decken hier nicht oder sie
sind im ganzen weiten Bereich „ausgequetscht“* und auch die dritte
müßte zu zwei Drittel dieses Schicksal teilen. Vergleicht man die
nächsten bündnerischen Gebiete, so sieht man, daß auch dort kaum
irgendwo die geforderten Decken alle der Reihe nach vorhanden
sind; im Plessurgebirge fehlt die Brecciendecke ?), im Rhätikon sind
Breccien- und rhätische Decke in eins verschmolzen.
!) Steinmann betont in den Mitt. d. geol. Gesellschaft in Wien 1910
(pag. 294), daß er nur die Ophiolithe, aber nie die Ophite zu den „grünen Ge-
steinen“ rechne, welche mit Tiefseeabsätzen verknüpft und bezeichnend für die
rhätische Decke sind. 1905 (Ber. d. naturf. Gesellsch. z. Freiburg i. B., Bd. XVI)
führt Steinmann aber Spilit, also einen Ophit, als bezeichnend für die rhä-
tische Decke in der Chablaiszone in Gesellschaft mit Radiolarit an und
noch zahlreiche andere Fälle einer solchen Vergesellschaftung aus außeralpinen
Gebieten. Auch die Grünschiefer in den Bündner Schiefern (also diabasische Ge-
steine) werden einbezogen. Daß Ophite und Ophiolithe sich durchaus nicht meiden,
ist aus dem Vorkommen am Flimspitz ersichtlich, abgesehen von den anderen,
seinerzeit von Steinmann selbst angeführten Zusammenvorkommen. Jedenfalls
können auch nach Steinmann nunmehr die Diabase am Mondin nicht als
Zeichen rhätischer Deckenreste gelten.
?) Nach Hoek ist sie „andeutungsweise“ durch eine polygene Liasbrececie
am Aroser Weißhorn in einem kleinen Rest vertreten.
Jahrbuch d. k.k.geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Bd., 3. u.4. Hft. (Ampferer u. Hammer.) 78
604 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [74]
G. Steinmann, Geologische Beobachtungen in den Alpen. I. Das Alter der
Bündner Schiefer. (Fortsetzung.) Bericht der naturf. Gesellsch. in Freiburg
i. B..X...Bd., 1898, pag, 215 u. ft.
Studer, Geologie der Schweiz, I. Bd. Bern u. Zürich 1851.
E. Suess, Über das Inntal bei Nauders. Sitzungsber. der kais. Akad. d. Wiss. in
Wien. Mathem.-naturw. Kl. CXIV. Bd. 1905, pag. 699.
P. Termier, Sur la fenetre de la basse Engadine. Comptes rendus 24. Okt. 1904,
G. Theobald, Geologische Beschreibung der nordöstlichen Gebirge von Grau-
bünden. Beiträge zur geol. Karte der Schweiz. II. 1864.
— Unterengadin. Geographische Skizze. Neue Denkschrifı der schweiz. naturf.
Gesellsch. Bd. 17.
Chr. Tarnuzzeru. Grubenmann, Beiträge zur Geologie des Unterengadin. Bei-
träge zur geologischen Karte der Schweiz. Neue Folge, XXIII. Lieferung 1909.
O. Züst, Über granitische und diabasische Gesteine in der Umgebung von Ardetz.
Inaug.-Dissertation. Zürich, bei Markwalder 1905.
Das Gebiet zwischen Inn und Adda.
Vom Inn im unteren Engadin bis zum Veltlin durchschneidet
das Alpenprofil den Zentralstamm der Ostalpen.
h: Östlich des Schnittes breiten sich die kristallinen Massen der
Ötztaler Gruppe aus, eine im Lauf mehrfacher Faltungsperioden in
geschlossene steile, auch überkippte Falten mit wechselndem Streichen
zusammengeknetete Zone kristalliner Schiefer, welche nur an den
Rändern noch Reste mesozoischer Überdeckung aufweist. Im Bereiche
der tirolisch-schweizerischen Grenze senkt sich das kristalline Gebirge
unter eine gegen Westen zuimmer mehr um sich greifende Überdeckung
von jüngeren Schichten hinab. Der erste Vorbote derselben ist der
Endkopf bei Graun; im Bereiche des Querschnittes ist der kristalline
Sockel bereits von drei ausgedehnten Zungen mesozoischer Gesteine
überlagert und im oberen Scarl- und Münstertal verschwindet der
letzte Ausläufer der Otztaler Gneise unter einer geschlossenen Decke
von Triasdolomiten und Kalken, welche den ganzen mittleren Teil
der Münstertaler Alpen umfaßt. Erst im oberen Engadin kommen
wir an den westlichen Rand dieses inneralpinen Depressionsgebietes.
Im Süden reicht diese Einsenkung bis zu der Bruchlinie, längs welcher
die Dolomitgebirge von Fraele und die hohen Dolomitmauern des
Ortler gegen die Quelltäler der Adda niederbrechen. Im Westen
steht das Münstertaler Dolomitland durch einen schmalen Streifen von
mesozoischen Schichten über den Albulapaß weg mit dem Verbreitungs-
bereich des innerbündnerischen Mesozoikums in Verbindung, ein
Streifen, welcher einerseits von der Silvrettamasse, anderseits von den
kristallinen Massiven des oberen Engadin wie ein Engpaß um-
schlossen wird. :
Das kristalline Gebirge in diesem Teil des Querschnittes
besitzt nur geringen Wechsel an Gesteinsarten. Kristalline Schiefer
sedimentogener Natur sind durch den seit Staches Aufnahmen als
Phyllitgneis bezeichneten, feldspatführenden, mehr oder weniger phyl-
litähnlichen Schiefer vertreten, der gegen Osten zu den eigentlichen
[71] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 601
seiner Kartenskizze der rhätischen Decke zuweist, obwohl er zweifel-
los in primärem Verband mit den Gesteinen der „Bündner Decke“,
und zwar der tieferen Teile derselben steht. Das gleiche gilt für die
ausgedehnten Diabaslager am Südrand !). Die für die rhätische Decke
bezeichnenden Radiolarite fehlen im Antirhätikon gänzlich; es bleiben
also für die rhätische Decke — abgesehen von jenen ganz alters-
unsicheren und lithologisch unbezeichnenden Tonschiefern und Sand-
stein — nur Gabbro, Nephrit und Serpentin übrig. Sie treten in
kleinen Gängen und Stöcken im Gebiete der Flimspitze und des Bürkel-
kopf auf, außerdem erscheint Serpentin in großen Intrusionsmassen
an den Dislokationsflächen des Südrandes und im Innern des Ge-
bietes im Val Laver (Piz Tasna ete.). Bei Schuls durchädern gabbroide
Magmen die „Engadiner Schiefer“ nach Grubenmann. Am Flim-
spitz sitzen die Gänge teils in dem Diabas (Spilit, Variolit), teils im
Flysch auf. Die Serpentine am Südrand werden bei Schuls und Nauders
teilweise von grauen Bündner Schiefern überlagert. Es liegt kein
Kriterium vor, welches gegen ein Aufbrechen an Ort und Stelle und
für einen Transport aus weiter Ferne her spricht. Keinesfalls können
einzelne Gänge und Stöcke von Serpentin und Gabbro, welche an
Störungszonen zwischen die verschiedensten Gesteine (Diabas, Flysch,
graue und bunte Bündner Schiefer, Gneis, Trias) eindringen, als selb-
ständige Gesteinsserie, als Decke aufgefaßt werden.
Es können also höchstens drei, keinesfalls fünf Schichtserien
abgetrennt werden.
Von den drei Decken, welche zwischen Bündner Decke und
ostalpiner Decke liegend das Fenster umsäumen müßten, fehlt die
Klippendecke so gut wie ganz, die „rhätische Decke“ beschränkt sich
auf einige Intrusiva, welche überhaupt nicht als Vertreter einer Decke
gelten können, und die Brecciendecke beschränkt sich auf den Nord-
westrand; in der ganzen NO-Hälfte und am Südrand ist sie nicht
nachweisbar. Entweder bestehen zwei der Decken hier nicht oder sie
sind im ganzen weiten Bereich „ausgequetscht“* und auch die dritte
müßte zu zwei Drittel dieses Schicksal teilen. Vergleicht man die
nächsten bündnerischen Gebiete, so sieht man, daß auch dort kaum
irgendwo die geforderten Decken alle der Reihe nach vorhanden
sind; im Plessurgebirge fehlt die Brecciendecke ?), im Rhätikon sind
Breccien- und rhätische Decke in eins verschmolzen.
!) Steinmann betont in den Mitt. d. geol. Gesellschaft in Wien 1910
(pag. 294), daß er nur die Ophiolithe, aber nie die Ophite zu den „grünen Ge-
steinen“ rechne, welche mit Tiefseeabsätzen verknüpft und bezeichnend für die
rhätische Decke sind. 1905 (Ber. d. naturf. Gesellsch. z. Freiburg i. B., Bd. XV])
führt Steinmann aber Spilit, also einen Ophit, als bezeichnend für die rhä-
tische Decke in der Chablaiszone in Gesellschaft mit Radiolarit an und
noch zahlreiche andere Fälle einer solchen Vergesellschaftung aus außeralpinen
Gebieten. Auch die Grünschiefer in den Bündner Schiefern (also diabasische Ge-
steine) werden einbezogen. Daß Ophite und Ophiolithe sich durchaus nicht meiden,
ist aus dem Vorkommen am Flimspitz ersichtlich, abgesehen von den anderen,
seinerzeit von Steinmann selbst angeführten Zusammenvorkommen. Jedenfalls
können auch nach Steinmann nunmehr die Diabase am Mondin nicht als
Zeichen rhätischer Deckenreste gelten.
?) Nach Hoek ist sie „andeutungsweise® durch eine polygene Liasbreccie
am Aroser Weißhorn in einem kleinen Rest vertreten.
Jahrbuch d.k.k.geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Bd.,3. u. 4. Hft. (Ampferer u. Hammer.) 78
604 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [74]
G. Steinmann, Geologische Beobachtungen in den Alpen. I. Das Alter der
Bündner Schiefer. (Fortsetzung.) Bericht der naturf. Gesellsch. in Freiburg
ji. B. X. .Bd., 1898, pag. 215 u. #.
Studer, Geologie der Schweiz, I. Bd. Bern u. Zürich 1851.
E. Suess, Über das Inntal bei Nauders. Sitzungsber. der kais. Akad. d. Wiss. in
Wien. Mathem.-naturw. Kl. CXIV. Bd. 1905, pag. 699.
P. Termier, Sur la fenötre de la basse Engadine. Comptes rendus 24. Okt. 1904,
G. Theobald, Geologische Beschreibung der nordöstlichen Gebirge von Grau-
bünden. Beiträge zur geol. Karte der Schweiz. II. 1864.
— Unterengadin. Geographische Skizze. Neue Denkschrift der schweiz. naturf.
Gesellsch. Bd. 17.
Chr. Tarnuzzeru. Grubenmann, Beiträge zur Geologie des Unterengadin. Bei-
träge zur geologischen Karte der Schweiz. Neue Folge, XXII. Lieferung 1909.
O. Züst, Über granitische und diabasische Gesteine in der Umgebung von Ardetz.
Inaug.-Dissertation. Zürich, bei Markwalder 1905.
Das Gebiet zwischen Inn und Adda.
Vom Inn im unteren Engadin bis zum Veltlin durchschneidet
das Alpenprofil den Zentralstamm der Ostalpen.
2 Östlich des Schnittes breiten sich die kristallinen Massen der
Ötztaler Gruppe aus, eine im Lauf mehrfacher Faltungsperioden in
geschlossene steile, auch überkippte Falten mit wechselndem Streichen
zusammengeknetete Zone kristalliner Schiefer, welche nur an den
Rändern noch Reste mesozoischer Überdeckung aufweist. Im Bereiche
der tirolisch-schweizerischen Grenze senkt sich das kristalline Gebirge
unter eine gegen Westen zu immer mehr um sich greifende Überdeckung
von Jüngeren Schichten hinab. Der erste Vorbote derselben ist der
Endkopf bei Graun; im Bereiche des Querschnittes ist der kristalline
Sockel bereits von drei ausgedehnten Zungen mesozoischer Gesteine
überlagert und im oberen Scarl- und Münstertal verschwindet der
letzte Ausläufer der Otztaler Gneise unter einer geschlossenen Decke
von Triasdolomiten und Kalken, welche den ganzen mittleren Teil
der Münstertaler Alpen umfaßt. Erst im oberen Engadin kommen
wir an den westlichen Rand dieses inneralpinen Depressionsgebietes.
Im Süden reicht diese Einsenkung bis zu der Bruchlinie, längs welcher
die Dolomitgebirge von Fraele und die hohen Dolomitmauern des
Ortler gegen die Quelltäler der Adda niederbrechen. Im Westen
steht das Münstertaler Dolomitland durch einen schmalen Streifen von
mesozoischen Schichten über den Albulapaß weg mit dem Verbreitungs-
bereich des innerbündnerischen Mesozoikums in Verbindung, ein
Streifen, welcher einerseits von der Silvrettamasse, anderseits von den
kristallinen Massiven des oberen Engadin wie ein EngpaßB um-
schlossen wird.
Das kristalline Gebirge in diesem Teil des Querschnittes
besitzt nur geringen Wechsel an Gesteinsarten. Kristalline Schiefer
sedimentogener Natur sind durch den seit Staches Aufnahmen als
Phyllitgneis bezeichneten, feldspatführenden, mehr oder weniger phyl-
litähnlichen Schiefer vertreten, der gegen Osten zu den eigentlichen
[75] Geologischer Querschnitt dureh die Ostalpen. 605
Glimmerschiefern des Otztales Platz macht; auch am Ciavalatschkamm
nähern sich die Phyllitgneise schon stark dem Habitus der Glimmer-
schiefer und ebenso sind die am Urtirola durchschnittenen Schiefer dem
Glimmerschiefer näher stehend als den typischen Phyllitgneisen. Die
Verbreitungszonen der Phyllitgneise sind im allgemeinen arm an Ein-
lagerungen anderer kristalliner Gesteine. Karbonatlager fehlen fast
gänzlich — in der kristallinen Kappe des Piz Chazfora ist ein kleines
Lager von Cipolin zu sehen — Amphibolite sind öfter zwischen-
geschaltet. So treten am Urtirola mehrere Lager dieses Gesteins
auf. Am Piz Lad und Monte Braulio treten an Stelle der Phyllitgneise
bereits die über ihnen folgenden Phyllite auf, am Scorluzzo mit Ein-
schaltungen von Grünschiefern. Das Gestein, das in der Fläche des
Querschnittes am stärksten beteiligt ist, gehört aber zu jener Gruppe
von Orthogneisen, welche im oberen Vintschgau besonders in der
Form von muskovitreichen Augengneisen weite Verbreitung be-
sitzen. Ihre sonst meilenweit hinstreichenden Lager verdichten sich
im unteren Münstertal zu einem geschlossenen Massiv, der „Münster-
taler Gneismasse*, in dessen mittlerem Teil ein kleinkörniger Musko-
vitgranit nach Art eines jüngeren Nachschub sich entfaltet, während
im nördlichen Teil einerseits am Sesvenna und Scharljöchl ein
Porphyrgranit und anderseits in geringerem Ausmaße Gesteine von
tonalitischem Charakter sich aus der Masse der Augengneise heraus-
heben. Jene‘ durch ihre großen, manchmal blaß rötlichen einsprengling-
artig hervortretenden Kalifeldspate ausgezeichneten grobporphyrischen
Gesteine sind bei Stache und Theobald als Sesvennagranit oder
als Gigantgneis erwähnt. Eine petrographisch-chemische Untersuchung
dieser Gesteinsgruppe wurde von ©. v. John und W. Hammer
durchgeführt und im Jahrb. der k. k. geol. R.-A. 1909 (pag. 691 u. ff.)
veröffentlicht. Ihrer chemischen Zusammensetzung nach sind die Augen-
sneise und Flasergneise von granitischen, beziehungsweise quarzporphy-
rischen Magmen abzuleiten, die durchweg nach ihrer Erstarrung mehr
oder weniger metamorphosiert wurden. Hauptsächlich lassen sich chemisch
und mineralogisch eine saurere, vorwiegend muskovithaltige, lichte
Art und eine etwas basischere biotitreiche, graue Art unterscheiden,
außerdem die tonalitischen Gesteine.
Sowohl die ausgedehnten Lager im Vintschgau, als die Münster-
taler Gneismasse stehen im Verhältnis der Konkordanz zu den anderen
kristallinen Schiefern. Zufolge der Lagerungsverhältnisse einerseits
und dem porphyrischen COharakter der Gesteine anderseits scheint
mir eine Auffassung der Lager als Effusivdecken und der Münster-
taler Gneismasse als einer Verbindung von Ergüssen und intrusiven
Nachschüben besser den Verhältnissen zu entsprechen, als die Annahme
einer durchweg rein intrusiven Entstehung. Ein vorpermisches
Alter ergibt sich für die Münstertaler Gneise durch die Transgression
des Verrucano über allen ihren Teilen.
Die Münstertaler Gneismasse wird von dem gewählten Profil west-
lich des Piz Sesvenna durchschnitten — auf eine Einzeichnung der
petrographischen Unterarten des Gesteins konnte natürlich nicht einge-
gangen werden — dessen Gipfel aus dem Porphyrgranit besteht; das-
selbe Gestein wird am Scharljöchl geschnitten. Der Sockel des Ster-
608 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [78]
Ein ganz eigenartiges Schichtglied erscheint an der Nordseite
des Piz Lad im Münstertal (wohl zu unterscheiden vom Piz Lad
bei Nauders). Hier schalten sich zwischen einen unteren Dolomit
und der größeren oberen Dolomitfolge Rauhwacken und gelbe kalkige
Tonschiefer ein, unter denselben aber liegt anscheinend ganz kon-
kordant ein Lager eines dunkelgrünen Gesteins, das an den meisten
Stellen (besonders weiter westlich) in einer dichten grünen Grund-
masse Einsprenglinge von schwärzlichgrünem Ausgit enthält und im
Dünnschliff als ein stark umgewandelter Diabasporphyrit sich zu er-
kennen gibt, während es besonders im östlichen Teile makro- und
mikroskopisch völlig die Zusammensetzung und Struktur eines fein-
körnigen Plagioklasamphibolits an sich trägt — also ein Fall, wo
örtlich auf geringe Ausdehnung begrenzt, innerhalb sonst nicht meta-
morphisierter Gesteine ein Eruptivgestein in einen kristallinen Schiefer
umgewandelt ist. Schlagintweit sowohl als auch ich haben
hier an die tektonische Einfügung einer Scholle aus dem kristallinen
Grundgebirge in die Triasschichten gedacht, wobei es aber immer
auffällig blieb, daß gerade nur dies eine Gestein aus dem Gneisgebirge
herausgeschält worden sei, und zwar ein Gestein, das in seiner nicht-
metamorphen Form sonst nirgends in den umgebenden Kristallinen
beobachtet wurde — es müßte dabei das Gestein, das sonst als Amphi-
bolit mehrfach am Ciavalatschkamm in den Gneisen liegt, gerade hier
an der besonders gestörten Stelle seine ursprüngliche Gesteinsbeschaffen-
heit behalten haben ! Wie nun Herr Dr. Spitz die Freundlichkeit hatte
mir mitzuteilen, erstreckt sich dieser Diabas-Amphibolit gegen Westen
noch weithin immer im gleichen Niveau der Schichtfolge (an der Nord-
seite des Piz Turettas) und geht schließlich in bunte Schiefer über,
welche Kalkbrocken einschließen. Nach all dem erscheint es mir nun-
mehr in Übereinstimmung mit Dr. Spitz weit wahrscheinlicher, daß
dieser Diabasporphyrit ein dem oberen Rauhwackenhorizont zugehöriges
gleichaltriges Ergußgestein ist und keine dem Grundgebirge entrissene
Scholle.
Wo also ein oberer Rauhwackenhorizont vorliegt, ist eine Gleich-
stellung mit Wettersteinkalk und Hauptdolomit wohl möglich, wo dies
aber nicht der Fall ist und in dem sehr häufigen Falle starker Ver-
faltungen und Zerreißungen der Schichtfolge, ist eine Altersbestim-
mung einzelner Dolomitkomplexe nicht durchführbar.
In der Ortlergruppe schalten sich, wie schon bemerkt, in den
obersten Horizonten des Dolomits schwarze Kalkschiefer ein (ohne be-
stimmbare Versteinerungen), eine Einlagerung, welche den anderen
Teilen des Gebiets fehlt.
Der stärkste Faziesunterschied macht sich in den Ablag$rungen
des Rhät und Lias geltend. {
In der ganzen Lischannagruppe fehlen Schichten vom Habitus
der Kössener Schichten !), während sie an der Südgrenze des Gebietes
im Brauliotal und Fraele reich entfaltet sind. Ihr lebhaft wechselnder
Gesteinsbestand ist: schwarze Kalke mit gelbem mergeligem Überzug,
1) Mit Ausnahme eines kleinen, unsicheren Restes im NO-Teil der Lischanna-
gruppe.
[75] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 605
Glimmerschiefern des Otztales Platz macht; auch am Ciavalatschkamm
nähern sich die Phyllitgneise schon stark dem Habitus der Glimmer-
schiefer und ebenso sind die am Urtirola durchschnittenen Schiefer dem
Glimmerschiefer näher stehend als den typischen Phyllitgneisen. Die
Verbreitungszonen der Phyllitgneise sind im allgemeinen arm an Ein-
lagerungen anderer kristalliner Gesteine. Karbonatlager fehlen fast
gänzlich — in der kristallinen Kappe des Piz Chazfora ist ein kleines
Lager von Cipolin zu sehen — Amphibolite sind öfter zwischen-
geschaltet. So treten am Urtirola mehrere Lager dieses Gesteins
auf. Am Piz Lad und Monte Braulio treten an Stelle der Phyllitgneise
bereits die über ihnen folgenden Phyllite auf, am Scorluzzo mit Ein-
schaltungen von Grünschiefern. Das Gestein, das in der Fläche des
Querschnittes am stärksten beteiligt ist, gehört aber zu jener Gruppe
von Orthogneisen, welche im oberen Vintschgau besonders in der
Form von muskovitreichen Augengneisen weite Verbreitung be-
sitzen. Ihre sonst meilenweit hinstreichenden Lager verdichten sich
im unteren Münstertal zu einem geschlossenen Massiv, der „Münster-
taler Gneismasse“, in dessen mittlerem Teil ein kleinkörniger Musko-
vitgranit nach Ärt eines jüngeren Nachschub sich entfaltet, während
im nördlichen Teil einerseits am Sesvenna und Scharljöchl ein
Porphyrgranit und anderseits in geringerem Ausmaße Gesteine von
tonalitischem Charakter sich aus der Masse der Augengneise heraus-
heben. Jene durch ihre großen, manchmal blaß rötlichen einsprengling-
artig hervortretenden Kalifeldspate ausgezeichneten grobporphyrischen
Gesteine sind bei Stache und Theobald als Sesvennagranit oder
als Gigantgneis erwähnt. Eine petrographisch-chemische Untersuchung
dieser Gesteinsgruppe wurde von ©. v. John und W. Hammer
durchgeführt und im Jahrb. der k.k. geol. R.-A. 1909 (pag. 691 u. ff.)
veröffentlicht. Ihrer chemischen Zusammensetzung nach sind die Augen-
gneise und Flasergneise von granitischen, beziehungsweise quarzporphy-
rischen Magmen abzuleiten, die durchweg nach ihrer Erstarrung mehr
oder weniger metamorphosiert wurden. Hauptsächlich lassen sich chemisch
und mineralogisch eine saurere, vorwiegend muskovithaltige, lichte
Art und eine etwas basischere biotitreiche, graue Art unterscheiden,
außerdem die tonalitischen Gesteine.
Sowohl die ausgedehnten Lager im Vintschgau, als die Münster-
taler Gneismasse stehen im Verhältnis der Konkordanz zu den anderen
kristallinen Schiefern. Zufolge der Lagerungsverhältnisse einerseits
und dem porphyrischen Charakter der Gesteine anderseits scheint
mir eine Auffassung der Lager als Effusivdecken und der Münster-
taler Gneismasse als einer Verbindung von Ergüssen und intrusiven
Nachschüben besser den Verhältnissen zu entsprechen, als die Annahme
einer durchweg rein intrusiven Entstehung. Ein vorpermisches
Alter ergibt sich für die Münstertaler Gneise durch die Transgression
des Verrucano über allen ihren Teilen.
Die Münstertaler Gneismasse wird von dem gewählten Profil west-
lich des Piz Sesvenna durchschnitten — auf eine Einzeichnung der
petrographischen Unterarten des Gesteins konnte natürlich nicht einge-
gangen werden — dessen Gipfel aus dem Porphyrgranit besteht; das-
selbe Gestein wird am Scharljöchl geschnitten. Der Sockel des Ster-
608 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [78]
Ein ganz eigenartiges Schichtglied erscheint an der Nordseite
des Piz Lad im Münstertal (wohl zu unterscheiden vom Piz Lad
bei Nauders). Hier schalten sich zwischen einen unteren Dolomit
und der größeren oberen Dolomitfolge Rauhwacken und gelbe kalkige
Tonschiefer ein, unter denselben aber liegt anscheinend ganz kon-
kordant ein Lager eines dunkelgrünen Gesteins, das an den meisten
Stellen (besonders weiter westlich) in einer dichten grünen Grund-
masse Einsprenglinge von schwärzlichgrünem Augit enthält und im
Dünnschliff als ein stark umgewandelter Diabasporphyrit sich zu er-
kennen gibt, während es besonders im östlichen Teile makro- und
mikroskopisch völlig die Zusammensetzung und Struktur eines fein-
körnigen Plagioklasamphibolits an sich trägt — also ein Fall, wo
örtlich auf geringe Ausdehnung begrenzt, innerhalb sonst nicht meta-
morphisierter Gesteine ein Eruptivgestein in einen kristallinen Schiefer
umgewandelt ist. Schlagintweit sowohl als auch ich haben
hier an die tektonische Einfügung einer Scholle aus dem kristallinen
Grundgebirge in die Triasschichten gedacht, wobei es aber immer
auffällig blieb, daß gerade nur dies eine Gestein aus dem Gneisgebirge
herausgeschält worden sei, und zwar ein Gestein, das in seiner nicht-
metamorphen Form sonst nirgends in den umgebenden Kristallinen
beobachtet wurde — es müßte dabei das Gestein, das sonst als Amphi-
bolit mehrfach am Ciavalatschkamm in den Gneisen liegt, gerade hier
an der besonders gestörten Stelle seine ursprüngliche Gesteinsbeschaffen-
heit behalten haben ! Wie nun Herr Dr. Spitz die Freundlichkeit hatte
mir mitzuteilen, erstreckt sich dieser Diabas-Amphibolit gegen Westen
noch weithin immer im gleichen Niveau der Schichtfolge (an der Nord-
seite des Piz Turettas) und geht schließlich in bunte Schiefer über,
welche Kalkbrocken einschließen. Nach all dem erscheint es mir nun-
mehr in Übereinstimmung mit Dr. Spitz weit wahrscheinlicher, daß
dieser Diabasporphyrit ein dem oberen Rauhwackenhorizont zugehöriges
gleichaltriges Ergußgestein ist und keine dem Grundgebirge entrissene
Scholle.
Wo also ein oberer Rauhwackenhorizont vorliegt, ist eine Gleich-
stellung mit Wettersteinkalk und Hauptdolomit wohl möglich, wo dies
aber nicht der Fall ist und in dem sehr häufigen Falle starker Ver-
faltungen und Zerreißungen der Schichtfolge, ist eine Altersbestim-
mung einzelner Dolomitkomplexe nicht durchführbar.
In der Ortlergruppe schalten sich, wie schon bemerkt, in den
obersten Horizonten des Dolomits schwarze Kalkschiefer ein (ohne be-
stimmbare Versteinerungen), eine Einlagerung, welche den anderen
Teilen des Gebiets fehlt.
Der stärkste Faziesunterschied macht sich in den Ablagerungen
des Rhät und Lias geltend.
In der ganzen Lischannagruppe fehlen Schichten vom Habitus
der Kössener Schichten !), während sie an der Südgrenze des Gebietes
im Brauliotal und Fraele reich entfaltet sind. Ihr lebhaft wechselnder
Gesteinsbestand ist: schwarze Kalke mit gelbem mergeligem Überzug,
!) Mit Ausnahme eines kleinen, unsicheren Restes im NO-Tei! der Lischanna-
gruppe.
[79] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 609
dicht erfüllt von Zweischalern, Kalkschiefer, oft glimmerhältig, ein
phyllitisch aussehender Tonschiefer („herbstlaubfarbene“ Schiefer) und
im Liegenden blaugraue, dichte Kalke mit Rissoa alpina. Im Fraele-
tal lieferten diese Schichten mehrere gut bestimmbare Leitfossiie des
Rhät (siehe Schlagintweit).
Im Lischannagebiet geht der Hauptdolomit noch oben in eine
Dolomitbreceie über, welche in den höheren Lagen mit rotem oder
gelbem Zement verkittet ist, stellenweise treten auch Kalke auf. Im
Hangenden der Breccie breiten sich schwärzliche, gelb verwitternde,
oft etwas kalkige Tonschiefer aus (Allgäuschiefer). In der Breccie hat
Schiller Versteinerungen gefunden, welche für liasisches Alter
sprechen. Die Ahnlichkeit mit dem Steinsbergkalk, mit welchem Namen
die Breccie vom Lischanna belegt wurde, ist eine geringe; der Lias
von Steinsberg gleicht mehr den Liaskalken der Samnauner Alpen und
bildet mit diesem zusammen eine der Lischannafazies deutlich unter-
schiedene Ausbildung. Auch Paulcke verbindet die Gesteinsarten
in dieser Weise und sieht im Lias von Steinsberg einen Übergang zur
Lischannafazies.
Im NO-Teil der Lischannagruppe fand Schiller in einem ört-
lich sehr eng begrenzten Vorkommen einen braunroten Mergelkalk, der
Hildoceras bifrons Brug. sp. führt und demnach zum oberen Lias gehört.
Am Südrand der Münstertaler Alpen werden die Kössener
Schichten von Lias überlagert im Val Fraele und westlich davon.
Nach der Schilderung von Schlagintweit ist die Entwicklung eine
wechselnde und zeigt Anklänge an verschiedene Faziesgebiete; im
Östen vertreten Hornsteinkalke sehr wahrscheinlich den unteren Lias,
während gegen Westen zu Konglomerate (aus Dolomit und Rhätkalk),
welche an die Ausbildung am Lischanna erinnern, auftreten und in
Kieselkalke mit Versteinerungen des unteren Lias übergehen; über
dem Liaskonglomerat liegen noch typische Allgäufleckenmergel.
Ist schon die Verbreitung des Lias in den Münstertaler Alpen
eine geringe, so sind noch jüngere Schichten nur in vereinzelten ganz
kleinen Resten im Norden des Gebietes erhalten. Schiller wies
in der Lischannagruppe das Vorhandensein von Acanthicus-Kalken nach
in winzigen Resten im Lischannatal und am Piz Schalambert; in etwas
größerer Ausbreitung sind noch dem Tithon zuzuzählende Tonschiefer,
Kalkschiefer und grüne und rote Hornsteine vorhanden, darunter auch
aptychenreiche Mergelkalke. 1
Aus diesem in Kürze zusammengedrängten Überblick der meso-
zoischen Schichten ersieht man, daß dieses Gebiet mit den weiter
östlich gelegenen zentralalpinen Triasgebieten übereinstimmt in dem
vorwiegend dolomitischen Charakter der Ablagerungen. Dagegen
unterscheidet sich das Münstertaler Triasgebiet von dem Brenner-
gebiet durch die mächtige Entfaltung der permisch-untertriadischen
Sandsteine und Arkosen und besonders durch das Vorhandensein
anisisch-ladinischer Kalke und Dolomite, während im Brennergebiet
die mittel- und obertriadischen Dolomite, beziehungsweise Kalke der
Carditaschichten die Reihe der Trias eröffnen, wogegen in den Rad-
städter Tauern wieder untertriadische Kalke abgelagert sind. Auch
inder Entwicklung der rhätischen Schichten und des Lias bestehen
Jahrbuchd. k.k.geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Bd.,3.u.4. Hft. (Ampfereru. Hammer.) 79
610 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [80]
Unterschiede. Wohl aber ergiebt sich in der Ortlergruppe bei Annahme
der Basisschichten als Raiblerniveau ein fazieller Anschluß an das
Brennergebiet.
Jeder der zentralalpinen Triasbereiche der Ostalpen besitzt
eine gewisse Selbständigkeit seiner Stratigraphie in Rücksicht auf den
verschiedenen Eintritt der Triastransgression, als auch in der Aus-
bildung der jüngeren Schichten. Gegenüber der südalpinen Trias und
dem Lias der Südalpen bestehen wesentliche Verschiedenheiten, da-
gegen schließt sich die Trias der nördlichen Münstertaler Alpen und
des Jaggl der Fazies der Nordtiroler Kalkalpen an.
A. Lischannagruppe.
Auf dem Querschnitt ist die mesozoische Bedeckung der
Münstertaler Alpen durch das Aufbrechen des Grundgebirges in
vier Teile getrennt, deren nördlichster die Lischannagruppe ist. Trias
und Jura liegen hier, im großen betrachtet, als eine Mulde in das
Grundgebirge eingesenkt, deren nördliche Lippe der Tiefe des Inn-
tales entlang zieht, während der Südrand hoch oben an den Kämmen
der Berge erscheint.
Die Bündner Schiefer, deren Schichtflächen an der Sonnenseite
des Inntales zwischen Schuls und Remüs mit dem Gehänge zu Tal
fallen, unterteufen an einer den Innlauf begleitenden und mehrmals
überkreuzenden Linie den schmalen Streifen von Granitgneis (und zum
Teil kontaktmetamorphen Engadinschieferr nach Grubenmann),
welcher das Südufer einnimmt, mit steillem SO-Fallen. Uber ihm
folgt, wie früher schon beschrieben, wieder eine schmächtige Zone
von Bündner Schiefern und Trias, die mit einem ausgedehnten Ser-
pentinlager verbunden ist — wie auch die tiefere Zone von perido-
titischen Intrusionen durchdrungen ist. Alles fällt stark gegen SO ein.
Diese Wiederholung der Schichten ist innabwärts bis Nauders zu ver-
folgen. Auf die obere Bündner Schieferzone ist nun wieder Gneis
(beziehungsweise Verrucano?) aufgeschoben und dieser bildet das
Liegende der genannten großen Mulde, denn über ihm entwickeln sich
nun der Altersfolge nach immer jüngere Schichten bis hinauf zum
Gipfel des Piz Lischanna. Der Schnitt folgt dem schon von Böse und
Schiller gegebenen Profil durch das Val Triazza, das vom Inn bis
zuhöchst ins Gebirge hinauf eine selten unterbrochene Reihe von
Aufschlüssen bietet. Es schichten sich in der oben schon beschriebenen
Ausbildung übereinander auf: Verrucano, Buntsandstein, Muschelkalk,
unterer Triasdolomit, obere Rauhwacke, oberer Triasdolomit, welcher
die Wände bildet. Die ganze Folge bis zum Hauptdolomit bildet den
Nordschenkel einer Mulde, wie an der Lagerung des Hauptdolomits
zu erkennen ist; sie steigt gegen NO an und ist im tief eingeschnittenen
Uinatal bis zu ihrem eng zusammengepreßten untersten Teil auf-
geschnitten; man sieht dort die Synklinale im Muschelkalk und tal-
aufwärts kommt wieder die Gneisbasis in der südlich anschließenden
Aufwölbung zutage. In der Muldenmitte liegt am Nordgrat des Lischanna
noch der Lias, der sich aber auch auf dem N fallenden Südschenkel
des Hauptdolomits diskordant auflagert und eine Bekrönung mit Malm
cn A ee EEE
[81] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 611
trägt. _ Schiller zieht zwischen Hauptdolomit und Lias durchweg
eine Überschiebungsfläche durch, doch kann die Diskordanz in Rück-
sicht darauf, daß der Lias ja als sedimentäre Breccie entwickelt ist,
wohl hauptsächlich eine primäre sein. Daß an einer solchen Schicht-
grenze im stark gestörten Faltengebirge leicht Abreißungen eintreten
können, ist zu vermuten, und die von Schiller angeführten Rutsch-
flächen sprechen dafür, daß hier solche eingetreten sind. Gehen wir
über die Hochfläche des Lischannagletschers — eines typischen
Plateaugletschers — hinweg und steigen die Südabdachung des
Gebirgsstockes ins Sesvennatal hinab, so durchlaufen wir die gleiche
Schichtreihe wieder hinab bis zum Verrucano; die Mächtigkeit der
einzelnen Formationsglieder ist eine stark verschiedene von jener an
der Nordseite; besonders auffällig ist zum Beispiel die geringe Mäch-
tigkeit des Hauptdolomits. Diese Unterschiede sind sicher zum Teil
fazielle — große Schwankungen in der Mächtigkeit und Ausbildung
sind in diesen Berggruppen allenthalben auch in den am wenigsten
gestörten Teilen zu beobachten — teils auch tektonische, wie die
Faltungen ober der Alpe Sesvenna lehren; für eine so weitgehende
Zusammenlegung in liegende Falten, wie sie Schiller in seinem
Profil eingezeichnet, scheinen mir jedoch keine genügenden Anhalts-
punkte vorzuliegen.
Wir haben damit die ausstreichenden Schichtköpfe der Südschenkel
der ganzen Lischannamulde durchstiegen und stehen wieder auf dem
kristallinen Untergrund der großen Synklinale. Das Lischannaprofil
setzt sich nach beiden Seiten fort gegen NO zum Piz Lad bei Nauders,
wobei es sich stark verschmälert, enger zusammengepreßt und über-
kippt ist, und nach SW zum Piz Pisoc, in welcher Richtung sich der
Faltenbau stärker entfaltet.
Ein Element kommt nun aber noch dazu: Am Südgipfel des Piz
Lischanna sowie am Piz Cornet überraschen den Geologen kleine
Kappen von Gneis, welche auf den jurassischen Gesteinen aufsitzen.
Im Osten des Profils überdeckt eine bedeutend größere Gneisscholle
die Liasbreccie am Piz Rims (im Uinatal, zum Unterschied von den
zahlreichen anderen Gipfeln gleichen Namens in den umliegenden
Bergen) und jenseits der Schlucht des Uinatales fallen die Trias-
dolomite unter den Rand der zusammenhängenden kristallinen Ge-
birgsmasse westlich des Reschenscheideck ein. Diese Aufschiebung
des kristallinen auf die jüngeren Sedimente ist von Stillebach bei
Nauders in weiten, NS verlaufenden und gegen W vorgewölbten
Bogen über das oberste Uinatal, Schlinigpaß und durch das Schlinig-
tal bis Schleis an der Etsch zu verfolgen.
Es wurde im vorhergehenden Abschnitt schon erwähnt, daß die
oberste Triasschuppe über dem{Grünsee bei Nauders als letzter Aus-
läufer der großen Ötztaler Westrandüberschiebung gedeutet werden
kann. Östlich des Stillebach ist keine Fortsetzung mehr zu beob-
achten. Von der Südrandüberschiebung des Bündner Schieferge-
bietes ist sie nur durch eine geringmächtige Gneiszone getrennt —
ein Zusammenhang beider ist nicht feststellbar. Der Piz Lad gehört
dem übergeschobenen Gebirge an und, entspräche tektonisch dem
Jaggl. Wir stehen hier am Rand der Ötztaler Masse, welche gegen
19=
612 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [82]
W über das Depressionsgebiet der Lischannagruppe vorgeschritten
ist und der als letzte vereinzelte Restchen jene kleinen Kappen am
Lischannakamm zugehören. Die Gesteine, welche den Rand des
kristallinen Gebirges bilden sind Biotitplagioklasgneis und Glimmer-
schiefer, welche ganz denen in der Westhälfte der eigentlichen Otz-
taler Gruppe entsprechen. Außerdem durchbrechen am tirolisch-
schweizerischen Grenzkamm zahlreiche Gänge porphyrischer Gesteine
(Quarzporphyre, Labradorporphyrite) die Schiefer und ein dieser Gang-
sruppe angehöriges Gestein ist auch noch am Piz Cornet in der auf-
sitzenden Kappe zu sehen, ein Zeichen ihres ehemaligen Zusammen-
hanges mit den westlichen Gebieten.
Von der Stelle an, wo im obersten Uinatal der Südrand der
Triasliasmulde der Lischannagruppe nach Westen umbiegt und die
Gneismasse des Sesvenna darunter hervortaucht, lagern die aufge-
schobenen Otztaler Schiefer auf der Münstertaler Gneismasse auf;
zwischen beiden ist aber noch ein dünnes Blatt der mesozoischen
Uberdeckung der Gneismasse in stark gestörten, teilweise verdoppelten
Schollen erhalten, begleitet im obersten Uinatal als Lage von zer-
rissenen und wirr durcheinandergeschobenen Resten verschiedener
Trias- und Juragesteine den Rand des Kristallinen und ist längs der
Schubfläche bis in die Ladgruppe zu verfolgen. Auch die Kappe von
Lischanna und besonders die noch etwas weiter westlich gelegene des
Piz St. Jon wird von Fetzchen verschiedener Triasgesteine begleitet.
Die Reste an der Schubfläche sind nicht Teile eines überkippten
Mittelschenkels, denn abgesehen von der Regellosigkeit ihrer Lagerung
zeigt das Streichen der Schichten, daß die UÜberschiebung.hier nicht
aus Faltung hervorgegangen ist; die Otztalerschiefer streichen OW
bis ONO—WSW, und ebenso die Schichten der Trias und des Lias
im Lischannagebiet, die Überschiebung aber verläuft quer dazu, sie
ist nicht die höchste Steigerung des Faltungsvorganges, sondern un-
abhängig von diesem und jene Reste sind mitgerissene Teile des
überschobenen Gebirges. Die flachen Zerreißungen innerhalb der
Trias-Jurakette — an der Basis des Lias am Lischanna, und ähnliche
am Schalambert, sind Begleiterscheinungen der großen Aufschiebung.
Im unteren Rojental hat die Erosion die Gneisdecke durch-
genagt und darunter tauchen nochmals die Trias- und Juragesteine
der Lischannagruppe hervor.
B. Der Sterlexkamm.
Im Sesvennatal tritt der Querschnitt in die Münstertaler Gneis-
masse ein, welche den Gebirgsstock des Piz Sesvenna von Scarl im
NW bis ins Etschtal bei Glurns umfaßt. Ihre Gesteinsarten wurden
bereits oben dargelegt. Die ganze Gneismasse nördlich des Münster-
tals war ursprünglich mit Verrucano und Triassedimenten überdeckt,
wurde aber durch die tiefer schneidende Erosion derselben soweit ent-
kleidet, daß östlich des Avignatales nur mehr einzelne Reste auf verschie-
denen Höhen anzutreffen sind, so besonders am Kamm Arundakopf-
Krippenland. Auf dem Sesvennastock selbst ist am Piz Plazer Verrucano
in den Gneis eingefaltet, der vielleicht unter dem Sesvennagletscher
[83] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 613
durch mit der Einschaltung von Paragneisen in die Augen- und Flaser-
gneise am Fernerspitz in Verbindung steht, außerdem am Westkamm
des Plazer. Auch der oberste Felskopf des Piz Sesvenna wird noch
von einer schmalen Quetschzone durchzogen, an welcher sehr verru-
canoähnliche serizitische Gesteine anstehen. Eine besonders starke
Überdeckung besitzt aber noch der Kamm des Piz Sterlex (Starlex
auf der Schweizerkarte) — es ist der 'östlichste Teil des zusammen-
hängenden Dolomitgebietes der zentralen Münstertaler Alpen. An
beiden Seiten bildet noch die Gneisbasis die unteren Berghänge; im
Norden schneidet die Triasbedeckung an einem NO—SW verlaufenden
saigeren Bruch ab. Er verläuft vom NW-Fuß des Piz Murtera zum
Martrel (P. 2708 der Schweizerkarte) und von dort zur Probirteralm
im Avignatal. Man sieht hier an der NO-Seite des Berges die ge-
falteten, flachliegenden Triasschichten und den Verrucano von dem
Gneis des Martrel abstoßen. Sie läßt sich auch noch von der Alpe
gegen NO weiter verfolgen zum Joch zwischen Koschteras und Arunda-
kopf, wo wieder der flachliegende Verrucano vom steil aufgerichteten
Gneis abstoßt; im Arundatal (Schleiseralm) verliert sich ihre Spur.
Uber dem Gneissockel des Sterlexkammes breitet sich zunächst
der Verrucano in großer Mächtigkeit aus und zieht als breites Band
an der ganzen Ostseite hin bis auf die Furcla Sterlex und erscheint
auf der Westseite wieder am Fuß des Piz Murtera. Von den Trias-
gliedern hebt sich der Muschelkalk durch violettgraue Kalkschiefer
und rötlichgelbe, gut gebankte Kalke von dem grauen Dolomit ab,
welcher ‘den Wandkörper bildet. Auf dem Kamme sind stellen-
weise noch lichte, weißliche, gut gebankte Kalke oft mit bräunlich-
tonigem Belag und mit rostbraunen, talkigen Schmitzen (untergeordnet
auch etwas Rauhwacke) erhalten, für welche sich durch den Vergleich
mit vollständigeren fossilführenden Schichtfolgen der Raibler Schichten
weiter westlich eine Zugehörigkeit zu diesen annehmen läßt.
Die ganze Verrucano-Triasbedeckung ist in enge Falten zusammen-
gestaut, welche zwischen NO—SW und NNO—SSW streichen, an den
kleinen Falten an der Basis des Sterlex beobachtet man auch NS-
Streichen. Das Hauptprofil geht also stark schräg zum Streichen, wodurch
die Falten etwas zu flach und gestreckt erscheinen; die Lage wurde
trotzdem im Interesse des besseren Anschlusses mit den angrenzenden
Teilen gewählt und um durch den Schnitt längs dem Kamme zusammen-
hängend Aufschlüsse verwenden zu können, während sonst starke Unter-
brechungen durch Schuttlager sich ergeben. Das Profil Fig. 19 gibt
einen Schnitt senkrecht zum Streichen. Die Falten sind durchweg
gegen NW überkippt.
Am Piz Murtera (westlicher Seitenkamm des Sterlexkammes)
beobachtet man auf weithin eine gegen NW überkippte Antiklinale,
in deren Kern, an den Südostwänden Muschelkalk ansteht; die Nord-
westabdachung des Berges wird von den gleichfallenden Dolomit- und
Kalkbänken gebildet, während am Fuß der Wände auf dieser
Seite die Raibler Kalke bereits wieder bergein fallen. In ihrem Ver-
lauf gegen NO wird diese Antiklinale von einer dem Martrelbruch
ungefähr parallel laufenden Verwerfung so angeschnitten, daß der höchste
Felsturm des Laurenziberges nur mehr von den steil stehenden
Otto Ampferer und Wilhelm Hammer, [84]
614
Fig. 19.
P. Sterlex
EV.
2 Murlera ©
27 A
ee
ER d
N
NW
Profil über deu Piz Sterlex. — Maßstab: 1:25.000.
M = Muskovitgranitgneis. — v — Verrucano. — 5 — Quarzsandstein. — m — Muschelkalk.
d = Wettersteindolomit. — r = Raibler Schichten.
[85] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 615
Muschelkalkplatten des Nordschenkels gebildet wird. Ihm gliedert sich
gegen Norden eine durch einen kleinen Dolomitkeil gedoppelte Mulde
an, deren Kern der Diploporendolomit an der zweiten Zackengruppe
am Grat südlich des Martrel bildet; nördlich durchschneidet wieder ein
kleiner Verwurf die Falte, an welchem der nördliche Teil aus einer
ebenfalls gegen NW übergelegten kleinen Doppelfalte bestehend so weit
abgesunken ist, daß die Kalke des Raibler Niveaus in die Höhe des
Diploporendolomits, beziehungsweise des Muschelkalkes gerückt sind.
Der Sterlex selbst besteht aus ebenfalls kräftig gefaltetem Diploporen-
dolomit mit aufliegenden Raibler Kalken, welch letztere an der Murtera-
Laurenzibergverwerfung an den Muschelkalk anstoßen. An der östlichen
Basis des Sterlex bilden Verrucano, Buntsandstein und Muschelkalk
eine kleine, liegende, völlig geschlossene Falte, wie aus der Reihen-
folge, in der die Schichten sich übereinander wiederholen, geschlossen
werden kann. Eine Umbiegung ist hier nicht zu sehen. Dasselbe
wiederholt sich am Fuße des Piz Cotschen. Auch ein Fetzen von
Diploporendolomit beteiligt sich an der Ostseite des Sterlex noch
daran. Dagegen liegt der größere Teil des Verrucano außerhalb dieser
basalen Faltung, welche NS streicht und anscheinend ohne Beteili-
gung an derselben.
Am Gipfel des Sterlex aber liegt auf dem Triasdolomit
noch eine sehr dünne in Blöcke aufgelöste Kappe von Verrucano. Da
der Gipfel beiderseits in steilen Wänden abfällt, kann es sich nur
um Überschiebungsreste handeln. J
Der Umfang und die Art dieser Überschiebung erschließt sich
aus der Fortsetzung des Profils überden Urtirola (Urtirolaspitze)
ins Münstertal.
An der Furcla Sesvenna sinkt der Kamm bis in die Verrucano-
zone herab. Südlich davon, am Piz Cotschen, liegt auf ihm wieder
Granitgneis, der abermals von Verrucano überlagert wird. In dieser
oberen Verrucanozone sitzt ein Gang eines sehr stark umgewandelten
und zerpuetschten Eruptivgesteins auf, das vielleicht auf einen Diabas-
porphyrit zurückzuführen ist.
Wo der Kamm in schrofferen Umrissen wieder gegen den Gipfel
des Urtirola anzusteigen beginnt, tritt man neuerlich in den Granitgneis
ein, dessen Bänke flach gegen Süden fallen. An der Ostflanke sieht
man, daß der Verrucano bis tief unter den Gneis hinein sich fortsetzt.
Erst in dem Kar östlich unter dem Gipfel biegt die bisher flach gegen
Süden verlaufende Grenze des Verrucano gegen den aufliegenden
Granitgneis plötzlich nach Osten und bergabwärts ein und zieht mit
steilerem Südfall längs der Landesgrenze hinab bis zur Ausmündung
des Avignatals ober Münster. Auf der Westseite des Kammes aber
zieht die untere Grenze der Kristallinen zur Furecla Sassalba,
wo man sehr deutlich den Gneis mit flach südfallender Fläche auf
den hier über dem Verrucano noch erhaltenen Triasdolomit auflagern
sieht. Der Ausstrich der Überschiebung ist weiterhin um den Muntet
herum nach Lü zu verfolgen, wo wieder der Verrucano zutage kommt.
und am Südgehänge gegen Lüssai zu in breiter Zone durchzieht.
Hier ist er ein Stück weit unterbrochen, setzt aber auf Alp
Sot (Valpaschun) wieder ein und ist bis zur Alpe Terza zu verfolgen.
616 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [86]
Zwischen dieser und dem Gehöft Terza bildet eine Zone von Phyllit
(gleich dem vom Ciavalatsch—Glurnserköpflkamm), welcher hin und
hin von Granitgneis überlagert wird und etwas tiefer eine Quetsch-
zone die tektonische Fortsetzung jener Verrucanozone bis Tanter
Ruinas, wo sie an einer WNW-—-OSO streichenden Verwerfung endet.
Infolge dieser Unterlagerung durch Verrucano und Trias erscheinen
die kristallinen Schiefer, welche die Gipfel des Urtirola und Muntet,
die oberen Teile der Südflanke und die Ostflanke bilden, als eine
auflagernde Platte. Sie besteht größtenteils aus Granitgneis, unter
ihm kommen am Gehänge gegen Taufers sowie korrespondierend
dazu an der Furca Sassalba Phyllitgneis und Amphibolitlager zutage,
die Schichten sind wellig verbogen, vorherrschend S fallend, bei um
die OW-Richtung schwankendem Streichen. Bei Münster erreicht
diese Platte die Talsohle des Münstertales. Die Platte ist im ganzen
also gegen OSO geneigt. An ein paar Stellen sind auch Reste des
normal auf der Gneisplatte liegenden Verrucano erhalten.
Der überschobene Verrucano transgrediert am Südfuß des Urti-
rola über Granitgneis gleichwie am Sterlex. und auch diese Granit-
gneisbasis gehört der Münstertaler Gneismasse an, da zwischen ihr
und dem an der anderen Talseite zwischen St. Maria und Münster
auslaufenden Teil jener kein Zeichen und keine Wahrscheinlichkeit
einer Trennung vorhanden ist.
Im Westen des Muntet liegt noch (nach A. Spitz) am Minschuns
eine kleine Kappe kristalliner Schiefer als westlicher Teil der Urtirola-
schubmasse. Gegen Norden ist der Verrucanorest am Gipfel des
Sterlex mit dieser Überschiebung in Verbindung zu bringen. Er
könnte auch mit der Aufschiebung von Gneis auf Verrucano am Piz
Cotschen in Zusammenhang gebracht werden, doch endet diese beider-
seits rasch und scheint nur lokaler Art und geringer Ausdehnung
zu sein.
Östlich des Avignatales ist die dem Sterlexkamm entsprechende
Bedeckung von Verrucano und Trias schon weit stärker von der
Erosion zerstört als an diesem, so daß außer Verrucano nur noch
ein paar dürftige Reste von unterer Trias erhalten sind, welche ver-
schiedene kleine Störungen und Unregelmäßigkeiten der Auflagerung
zeigen; auch die Verrucanokappe am südlichsten Kopf des Kammes
(Krippenland) zeigt solche, insofern hier über dem Granit gleich eine
Lage jenes lichtgelben halbkristallinen, stark glimmerhaltigen Kalkes
folgt, wie sie sonst in den hangendsten Teilen des Verrucano erscheint,
und darüber Serizitschiefer. Am übrigen Teil des Kammes beginnt
die Auflagerung normal mit den grünen Arkosen und $erizitquarzit-
schiefern. Alle diese kleinen Störungen dürften wohl den engen Verfal-
tungen und Verschollungen, wie sie an der Basis des Sterlex voll-
ständiger zu beobachten sind, gleichgeordnet werden.
Die Gesteine der Urtirolaschubmasse sind durchweg solche,
welche in der umgebenden Gebirgsregion herrschend sind; im beson-
deren stimmen sie mit denen des Kammes Glurnserkopf— Ciavalatsch
überein durch die Vergesellschaftung von phyllitgneisähnlichen
Schiefergneisen mit Amphibolit und größeren Lagen von Augen- und
Flasergneis. Der Kamm Ciavalatsch—Glurnserkopf wird von mehreren
[87] Geologischer Querschnitt durch die Östalpen. 617
Schubflächen durchschnitten — wie im nächsten Abschnitt noch be-
sprochen wird — und außerdem wird der mächtige Granitgneissockel
des Glurnserkopfes von mindestens zwei weithin zu verfolgenden Quetsch-
zonen durchzogen, an denen der Granitgneis zu einem phyllitischen
Schiefer zermalmt wurde — lauter Anzeichen, welche es ermöglichen,
den Ursprung jener vorgeschobenen Massen hier zu suchen. Wie in
einer späteren Übersicht dargetan wird, stimmt dies mit dem allgemeinen
in dieser Region beobachteten Auftreten einer gegen Westen gerichteten
Gebirgsbewegung überein.
C. Der Umbrailkamm.
Hier folgt der Schnitt dem schon seit Theobald bekannten
und neuerlich durch die Arbeiten von Termier, Rothpletz und
Schlagintweit in den Vordergrund des Interesses gerückten Profil
über den Piz Lad, Piz Ohazfora und Piz Umbrail.
Den Sockel des Bergkammes bilden dieselben Gneise wie am
Urtirola; der Schichtneigung entsprechend kommen sie an der Nord-
und an der Südseite in breiter Zone zutage und sind auch an der
Ostseite noch im Muranzatal freigelegt. Das Profil setzt sich aus einer
nordfallenden und einer südfallenden Schichtfolge zusammen, erstere
gipfelt im Piz Umbrail, letztere im Piz Lad. Das Profil über dem
Lad stellt bis nahe unter den Gipfel eine vollständige Schichtreihe
dar von Gneis über Verrucano, unterer Rauhwacke, unteren Dolomit,
oberer Rauhwacke, unterlagert vom Diabasporphyit — siehe oben die
stratigraphischen Bemerkungen dazu — bis zu dem mächtigen oberen
Dolomit. Das ganze Profil setzt sich in voller Entfaltung über Val
Vau weg zum Kamm des Piz Turettas fort (oberes Münstertal), doch
schieben sich an der Talstufe unter dem Rimssee schwarze Schiefer
in die höheren Lagen des oberen Dolomits ein. Im Osten aber
schnürt sich die Triaszone im Muranzatal bis auf eine schmale Rauh-
wacken-(und Gips)-Zone ein, wobei gleichzeitig das OW-Streichen am
Lad in NO und dann im Val Schais in NS einschwenkt.
Im Umbrailteil folgt über den basalen Kristallinen — hier
größtenteils Phyllit — am Umbrail direkt ein stark brecciöser Dolomit,
weiter westlich im Val del gesso aber dazwischen noch Gips.
Der Dolomit ist teilweise Sedimentärbreccie, wie es der Ortler-
dolomit häufig zeigt, und zugleich noch tektonisch zertrümmert. Im
unterlagernden Phyllit sitzt ein isolierter Dolomitkeil.
Beiden Teilen ist nun das eine gemeinsam, daß sie im Hangenden
wieder eine Bedeckung von kristallinen Schiefern tragen, welche am
Sattel zwischen Umbrail und Chazfora beginnt und mit einer Unter-
brechung zwischen Chazfora und Piz da Rims, wo eine Bank von
Dolomit sich dazwischenschiebt, den Kamm bis zum Piz Lad bildet,
wobei die Schiefer am Lad nach S, jene am Piz da Rims und Chazfora
nach N mit geringem Winkel einfallen. Die kristallinen Gesteine sind
die gleichen wie in der Basis des Umbrail: Phyllit mit Ubergängen
zu Phyllitgneis und mächtige Granitgneislager.
Nach beiden Seiten (OÖ und W) ändert sich das geologische Bild
auffallend rasch und im entgegengesetzten Sinne; gegen W vereinen
Jahrbuch d.k.k. geol. Reichsanstalt, 1911,61. Bd.,3.u.4. Hft. (Ampferer u. Hammer. 80
618 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [88]
sich die beiden Dolomitplatten zu der ausgedehnten Dolomitlandschaft
um den Rimsersee und nur die kleine kristalline Kappe am Monte
Praveder erinnert an die Gipfelregion des Lad-Chazfora als deren
Fortsetzung gegen W; wir stehen am Beginn des von eintönigen,
schwer zu gliedernden Dolomitmassen aufgebauten Felsgebirges
zwischen den Münsterer Almen und dem Fraeletal. Gegen Osten
dagegen verschwinden im Muranzatal mit einem Schlage die ganzen
Dolomite des Umbrailkammes — mit Ausnahme jenes schmalen Rauh-
wackenstreifens bei Punt Teal, der gerade genannt wurde — und der
das Tal am rechten Ufer einfassende Kamm, der gleich hoch und
steil wie der Umbrailkamm aufsteigt, besteht zur Gänze aus Granit-
gneis und Schiefergneis, beziehungsweise Phyllit und ist der Westrand
des fast ausschließlich aus kristallinen Schiefern bestehenden Cia-
valatschkammes.
Die Dolomitplatte des Umbrail sinkt an der Westseite des
Muranzatales anfangs flach, dann steil gegen N ab bis ins Tal von
Rims pitschen, das vom Sattel zwischen Piz Lad und Piz da Rims
herabkommt, und stoßt hier mit der kürzeren und mächtigeren Süd
fallenden oberen Dolomitplatte des Lad zusammen, welche letztere
hier noch an einer auch weiterhin N fallenden Fläche auf der Gneis-
basis des Umbrail aufliegt. Die kristalline Basis des Umbrailkammes
setzt sich ununterbrochen mit gleichem Streichen und Fallen in den
Kamm östlich des Muranzatales und von dort zum Ciavalatschkamme
fort und zeigt an dem erstgenannten eine Fächerstruktur (siehe
Profil Fig. 20).
Dieser Fächer setzt sich aber auch in die kristallinen Ge-
steine der Umbrailbasis fort und die nach N fallende Grenz-
fläche gegen den Dolomit schneidet den Fächer nach oben ab; die
Schnittfläche ist nicht die normal Auflagerungsfläche auf dem Kristal-
linen, sondern an ihr haben starke Verschiebungen stattgefunden.
In der Darstellung, welche ich im Jahrb. der k. k. geol.
R.-A. 1908 vom Umbrailprofil gegeben habe, ist dieser Umstand, den
erst eine spätere neuerliche Begehung der beiderseitigen Hänge des
Muranzatales zutage gebracht hat, nicht in Betracht gezogen und es
kann daher die dort gegebene Erklärung nicht aufrechterhalten
werden, da dieser Fächer demnach nicht als „Stiel“ einer Pilzfalte
angesehen werden kann, deren obere Ausladungen die kristalline
Kappe des Chazfora und Lad wären.
Die kristalline Kappe des Chazfora—Lad muß folglich als
schwimmende Deckscholle aufgefaßt werden. Die beiden Dolomit-
platten des Umbrail-Ladprofils sind zwei synklinal zueinander gestellte
Schollen, welche an einer Dislokationsfläche aneinandergrenzen.
Während in der nördlichen die vollständige Schichtfolge vom Gneis bis
zum Hauptdolomit hinauf vorliegt, ist bei der südlichen zwischen den
Abscherungsflächen nur eine breceiöse Dolomitmasse übrig geblieben.
(Auch die Chazforascholle ist in zwei kleinere Schollen zerteilt.)
Das plötzliche Aussetzen der Dolomite an der rechten Seite des
Muranzatales kann nicht durch einen Querbruch erklärt werden, da
das kristalline Profil beider Talseiten vollständig übereinstimmt. Des-
gleichen setzt die Verrucanozone unverrückt unterhalb Punt Teal von
619
Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen.
[89]
ImoLOT = qT — YDeayney = y — 'omeonım\ — 4 — 's[RUFIOSELT pun -medny = 00 — srusypigg = ubyd
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520 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [90]
der einen auf die andere Talseite über. Die darüberfolgende Rauh-
wacke, Gips und Dolomit an der rechten Talseite sind die Fortsetzung
des Triasprofils am Nordhang des Piz Lad, das an diesem etwa 1200 m
mächtig ist, und am Punt Teal plötzlich auf wenige Meter zusammen-
schrumpft.
Östlich des Muranzatales schwenkt das Streichen des Triaszuges
in die NS-Richtung um, so daß er sich bei Guad sehr der Tiefe des
Münstertales nähert, von dort an aber infolge des hier wieder ein-
setzenden OW-Streichens höher ins Gebirge hinaufzieht. Die gleiche
Schwenkung im Streichen vollführen die überlagernden Phyllitgneise.
Die Triaszone läßt sich von Guad über Val Plazöl zum Mun-
warther östlich des Ciavalatsch verfolgen und von dort leiten ein paar
ganz kleine Triasreste zum Fallaschjoch, von dem man durch das
Costainastal zur Punt Teal im Muranzatal hinabsteigt. Die Triasreste
werden von Phyllitgneis überlagert, der eine die Kammregion ein-
nehmende Synklinale bildet.
Die Trias am Fallaschjoch ist das ebenfalls äußerst verschmä-
lerte Aquivalent der Umbraildolomitplatte. Die über
dem Kranz von Triasresten liegende Synklinale kristalliner Schiefer
ist die Fortsetzung der kristallinen Kappe auf dem Umbrail-Ladkamm.
Es wurde schon in der Darstellung vom Jahre 1900 ausgeführt, daß
die Gesteine über jenen Triasresten, denen unter denselben gleich
sind, so daß dort, wo keine Triasreste liegen, eine Trennung über-
haupt nicht durchführbar ist. Die einzige Abweichung im Gesteins-
charakter besteht in dem Auftreten von perlgneisähnlichen Abarten
des Phyllitgneises, wodurch eine stratigraphisch-strukturelle Beziehung
zu den Gneisen beiderseits der Malserheide, also der Otztalergruppe,
hergestellt ist; auch die Biotitglimmerschiefer der Schludernsergegend
zeigen dann und wann Übergänge in diese Struktur, ebenso die
Phyllitgneise am Glurnserköpfl.
Die Triasreste nehmen nicht durchweg das gleiche Niveau ein,
sondern liegen teils über, teils unter einem den Ciavalatsch um-
kreisenden Band von Orthogneis.
Es erhellt daraus, daß die Synklinale des Ciavalatschkammes
offenbar nicht aus weiter Ferne hergeschoben wurde und daß sich
überhaupt nicht sein oberer Teil als selbständige, durch eine einheit-
liche Basis abgegrenzte Deckscholle heraustrennen läßt.
Der Ciavalatschkamm liegt zwischen der gegen S, beziehungs-
weise SO gerichteten Uberschiebung an der Trafoierlinie und der
Münstertaler Gneismasse. In dieser Enge der sich drängenden und
aufeinandertürmenden Falten und Schollen des Gebirges entwickelten
sich bei der Auffaltung des Ciavalatschkammes Dislokationsflächen,
an welchen UÜberschiebungen eintraten, und die Triasbedeckung
eingekeilt wurde. Die nach der OW-, beziehungsweise NO—SW-
Faltung einsetzende Westbewegung erzeugte neue Bewegung an den
Zerreißungsflächen — die oberen kristallinen Teile des Ciavalatsch-
kammes wurden gegen Westen auf den Dolomit des Umbrail und
Lad hinaufgeschoben, die Urtiroladecke auf die Trias des Muntet etc.
Der rasche Wechsel in der Mächtigkeit der Trias ist meines
Erachtens nicht nur ein Ergebnis der Gebirgsbewegung, sondern ist
[91] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 621
in einer starken Verschiedenheit der ursprünglichen Ablagerung vor-
gebildet. Das Münstertaler—Ortlergebiet liegt am Rande der Engadiner
Triasbucht, zahlreiche Faziesschwankungen sowohl in der Ausbildung
als in der Mächtigkeit oder dem Fehlen der Schichtglieder sind
festgestellt und deuten auf eine zwischen Inseln, Untiefen, tieferen
Meeresteilen und Festland wechselnden Untergrund. Eine derartige
Unregelmäßigkeit der Triasbedeckung begünstigt dann wieder, das
Entstehen besonderer Ungleichheiten in der Tektonik, das Über-
schieben tiefergelegener Teile durch höheres älteres Gebirge und
dergleichen. Alle die kristallinen Kappen und Decken gehören dem-
selben kristallinen Grundgebirge an, wie der heute noch unter der
Trias liegende kristalline Sockel. Das Zusammentreffen stark wech-
selnder Reliefverhältnisse verschieden gerichteter und verschieden
zeitiger Bewegungen haben eine intensive Durcheinanderschiebung
und Ubereinandertürmung des durch Zerreißungsflächen in Schollen
zerteilten Gebirges verursacht.
Die Urtiroladecke liegt der gleichen Gneis-Triasschichtfolge auf
wie die Chazforadeckscholle. Im oberen Münstertal stehen die über-
schobenen Gebirgsteile in unmittelbarem Zusammenhang; ihre Wurzel
liegt aber tiefer als jene der Chazforascholle. Durch die Herleitung
der Chazforascholle aus Osten ist die 1908 hervorgehobene Schwierig-
keit die Richtung ihrer Herkunft zu bestimmen behoben — eine Her-
leitung aus Osten lag damals noch nicht so nahe, da der Umfang der
Westbewegung an der tirolisch - engadinischen Grenze noch nicht
bekannt war.
Die letzten Ausläufer der Bewegungsbahnen, auf denen die
Chazfora- und Urtirolaschollen sich vorschoben, können in der
Quetschungs- und Überschiebungsregion gesucht werden, welche die
Gehänge ober Spondinig und Eyers durchziehen, gleichzeitig der Treft-
punkt für die Schliniger- und in die Trafoier-Überschiebungslinien. Aus
den höheren Teilen des Matscherkammes können dieselben nicht her-
geleitet werden, da hier andere Schieferarten austehen, welche jenen
Schollen fehlen, insbesondere die marmorführenden Biotitglimmer-
schiefer.
Gegen Westen erstreckt sich die kristalline Basis des Umbrail
bis zum Monte Pedenollo, wo unter ihr wieder eine Dolomitzone
hervorkommt. Die Fortsetzung dieses Kristallinen ist durch die isolierten
Reste auf der Bocchetta del Lago, Passo dei pastori und am Monte
Forcola gegeben; der untere Rand der sie unterteufenden Dolomitzone
ist durch die kristallinen Reste am Monte Solena bezeichnet; sie
ist nach den Angaben Schlagintweits auch selbst wieder schuppig
zusammengesetzt.
D. Die westliche Ortlergruppe.
Sowohl der kristalline Untergrund des Umbrail, die Gneise und
Phyllite des Monte Braulio, als auch die darunter hervortauchenden
Dolomitschuppen des Piz Schumbraida liegen mit einer gegen N ein-
fallenden Überschiebungsfläche den südlichen Faltenzügen auf.
622 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [92]
Von Prad im Vintschgau über das Stilfserjoch in das Braulio-
und Fraeletal ist jene Störungsfläche zu verfolgen, welche östlich des
Stilfserjochs saiger steht, gegen Westen zu aber nach Süden überkippt
ist und mit wechselnder Steigung gegen N einfällt. Der landschaftliche
Gegensatz zwischen den kahlen grauen Dolomitfelsen und den dunklen
begrünten Urgebirgshängen läßt den Verlauf längs der Paßstraße von
Trafoi nach Bormio augenfällig hervortreten. Einerseits derselben die
aus Trias und Rhät bestehenden Faltenzüge der Ortlergruppe, ander-
seits die daraufliegende kristalline Basis des Umbrail; wo unter ihr
die tieferen Dolomitschuppen des Schumbraida an die Schubfläche
angrenzen, verschwindet jener Gegensatz und das Vorhandensein der
Störung ist überhaupt fast nur noch an den eingeklemmten Gneis-
fetzchen am Solena erkenntlich.
Der ausgesprochene Kettengebirgscharakter der westlichen Ortler-
gruppe ist der Ausdruck eines sehr regelmäßigen Faltenbaues; von
Livigno ostwärts streicht eine Schichtmulde von Hauptdolomit, Rhät
und Lias, welche stark nach Süden überkippt ist; im Nordflügel,
westlich S. Giacomo, liegt der Hauptdolomit überschiebungsartig direkt
auf Lias auf; östlich von S. Giacomo hebt sich der Lias heraus und
nur das Rhät bildet den Kern. Im Brauliotal und Val Vitelli ist die
Rhätmulde verdoppelt und bis zur Muldenbiegung aufgeschlossen; am
Naglerspitz in der Ortlergruppe geht auch das Rhät in die Luft aus,
die Muldenachse steigt gegen Osten an. Die Einschaltung schwarzer
Kalkschiefer in dem Ortlerdolomit gibt ein Mittel an die Hand, um
zu erkennen, daß die mächtige Dolomitmasse, welche im Kristallo-
kamm, also an der Stelle, wo unser Schnitt die Ortlergruppe
durchläuft, das Liegende der Rhätmulde bildet, eine mehrfach zu-
sammengefaltete und ebenso wie die Rhätmulde nach Süden überkippte
Schichtmasse ist. Gegen Osten zu lösen sich diese zusammengeklappten
Falten teilweise deutlich voneinander ab (Trafoier Eiswand, Zebru-
Königsspitze), das Streichen ist gegen ONO gerichtet und jene Schwen-
kung im Streichen, welche oben von den Schichten des Ciavalatsch-
kammes und von dem Verlauf der Trafoier Bruchlinie gemeldet
wurde, erfolgt auch hier wieder; um das Massiv des Ortlers drehen
sich die Schichten aus ONO- ın NS-Streichen herum, welches denn
auch der ganze Hochleitenkamm aufweist.
Den Südrand für das ganze Trias-Liasgebiet bezeichnet ein
saiger stehender oder wenig um die Senkrechte schwankender Bruch,
welcher von Livigno an in OSO-Richtung über Bormio ins Val
Zebru streicht und dann mit NO-Streichen ins oberste Suldental
übertritt, wo sich in den südlichsten Bergen der Laasergruppe ihre
Spur verliert. Sie hat von Frech und Hammer die Bezeichnung
Zebrubruchlinie erhalten. Ihre Weltrichtung bringt es mit sich, daß
sie alle Falten der Ortlergruppe in spitzem Winkel schräg abschneidet.
Den Südflügel des Bruches bilden kristalline Schiefer (vorwiegend
Phyllite mit einzelnen Marmoreinlagerungen), welche östlich Bormio
noch von Verrucano überdeckt werden.
Zwischen die Falten des Ortlerdolomits und den kristallinen
Flügel ist fast durchgehends eine senkrecht aufgerichtete schmale
Platte von Dolomit eingeklemmt. Auf der Alpe Trela ist der nord-
[93] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 623
fallende Dolomitschenkel stark gegen S auf diese saigere Dolomitschicht
aufgeschoben. Im einzelnen ergeben sich an dieser bedeutungsvollen
Bruchlinie viele Komplikationen, wie zum Beispiel die Auflagerung
von Verrucanoresten auf die saigeren Dolomite ober Premadio,
Komplikationen, wie sie an jeder großen Störungszone auftreten und
für die regionale Tektonik von keiner weiteren Bedeutung sind.
Überblicken wir den Abschnitt Inn - Adda des Querschnittes,
so sehen wir vom Inn- bis ins Münstertal Faltenbildungen, welche
gegen den Inn zu überkippt sind, in der Umbrail- und Ortlergruppe
dagegen solche, welche nach S überschlagen sind; der gegen SO ein-
fallenden Überschiebung der Gneise und darüberfolgenden Trias auf
die Bündner Schiefer des Unterengadin steht die gegen NW geneigte
Aufschiebungsfläche der Gneise auf die Trias des Ortler gegenüber.
Es kommt also auch hier zunächst jene fächerförmige An-
ordnung zum Ausdruck, welche für die Zentralzone der Alpen
charakteristisch ist. Für die angrenzenden Otztaler Alpen haben schon
Stotter und Pichler (1864) diese Struktur aufgedeckt und sie
kommt auch auf dem von Grubenmann dem Wiener geologischen
Kongreß 1905 vorgelegten Profil wieder zum Ausdruck. Wo, wie in
den Münstertaler Alpen, jüngere stratigraphisch besser bekannte
Schichten die kristallinen Schiefer überdecken, kommt sie in den
Einfaltungen der Bedeckung zu deutlicher Ausprägung. So stehen zum
Beispiel an der Brennerlinie den gegen Süden überkippten Ein-
faltungen von Trias, welche Teller in den Sarntaler Alpen entdeckte
und bis gegen Sillian im Pustertal weiter verfolgen konnte, die nach
Fr. E.Suess gegen N überfalteten Tarntaler Köpfe gegenüber. Während
in dem Grundgebirge der Ötztaler Alpen der zentralalpine Fächer sehr
steile Schichtstellungen mit geringer Überkippung nach den Seiten
besitzt, zeigen die von jüngeren Sedimenten erfüllten Depressions-
gebiete der Münstertaler Alpen und des Brenners starke Überkippungen
und Überschiebungen gegen außen.
Für das Münstertaler Gebiet findet diese Fächerstellung aber
eine besondere lokale Erklärung.
Die Untersuchungen von A. Spitz und G. Dyrenfurth in
den zentralen Unterengadiner Dolomiten haben ihren Vorberichten
nach zu dem sehr bedeutungsvollen Ergebnis geführt, daß das Strei-
chen der Falten einen weiten gegen Westen konvexen Bogen
beschreibt, welcher die Falten der Lischannagruppe mit jenen des
Umbrail und Ortler in Verbindung bringt. Das NO—SW-Streichen in
der Lischannagruppe geht in NS-Streichen der Gegend des Ofenberg
über und schwenkt dann in NW--SO-Richtung über, welche zum
Umbrail führt. Längs diesem ganzen Halbkreis ist die Bewegung stets
gegen außen gerichtet; wo Sattel- oder Muldenumbiegungen erhalten
sind, zeigen sie eine Überkippung der Falten gegen außen an.
Betrachtet man die umstehende Kartenskizze, so findet man im
Zentrum dieser Bogen die Münstertaler Gneismasse. Sie er-
scheint als der festere Kern, um welchen sich die Falten herumlegen
624 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [94]
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Fig. 21.
Punktiert: Granitgneismassen des Münstertales, vom Angelus, Plawen und Schlanders.
Wagrechte Schraffen: Mesozoische Schichten der Münstertaler und Ortler Alpen
und des Jaggl.
Senkrechte Schraften: Bündnerschiefer des Engadin.
Quergegliederte Streifchen beiderseits der Etsch : Marmore von Laas und Schluderns.
Wellenlinien: Faltenstreichen.
Gestrichelte Linien: Überschiebungen und Bruchlinien.
[95] Geologischer Querschnitt durch die ÖOstalpen. 625
in einer von ihr nach NW, W und SW ausstrahlenden Bewegungs-
richtung.
Dieses Faltensystem wird von einer jüngeren Krustenbewegung
überwältigt, welche sich in großen Abscherungsüberschiebungen in
westlicher Richtung äußert: Die Otztaler Gneise sind über die Falten
des Lischanna und über die Münstertaler Gneismasse hinaufgeschoben.
Eine Zerreißung der Kruste, unabhängig von den vorhandenen Falten,
quer zu diesen und ohne von stärkerer Umfaltung des alten Falten-
baues begleitet zu sein, liegt in ihr vor, Kleinere Überschiebungen
gleicher Art haben weiter südlich stattgefunden: Die Urtirolaüber-
schiebung, bei welcher, ebenso wie bei der Schliniger eine Scholle
gefalteten Bodens abgehoben und senkrecht auf das Streichen der
alten Falten vorwärtsgeschoben wurde; das OW-Streichen der Schichten
in der Urtirolaschubmasse ist ebenso wie bei der Otztaler Über-
schiebung unvereinbar mit der Annahme einer Entstehung aus einer
gegen Westen bewegten liegenden Falte, abgesehen davon, daß ein
Mittelschenkel völlig fehlt. Die südlichste derartige Schubbewegung
zeigt dann die Chazforascholle und ihr Hinterland am Ciavalatsch-
kamm an.
Spitz und Dyrenfurth haben außerdem gefunden, daß die
Triasfalten der Engadiner Dolomiten von einer diskordant auf ihnen
liegenden riesigen Hauptdolomitdecke überlagert werden, deren Strei-
chen ebenfalls den bogenförmigen Verlauf von NO—SW über NS zu
SO—NW mitmacht und deren Faltungen im gleichen Sinne wie die
tieferen Falten überkippt sind. Diese Hauptdolomitdecke wird von den
genannten Autoren auf einen Abschub des Hauptdolomits von seiner
Unterlage durch die von Osten her andringenden Münstertaler Über-
schiebungsmassen gedeutet.
Nur untergeordnet wurde diese Westbewegung auch von neuer-
lichen Faltungen begleitet. So gibt Schiller eine das Hauptstreichen
verquerende geringe Faltung in NS-Richtung ın der Lischannagruppe
an. Im Münstertal kann die Verrucanomulde am Tellajoch auf diese
Bewegung zurückgeführt werden; es ist hier eine NS streichende
Mulde von Verrucano in den Granitgneis eingesenkt, deren Ränder
noch etwas gegen die Mulde übergebogen sind.
Vielleicht könnte auch die Umbiegung der Falten des Ortlers
in die NS-Richtung und die analoge Schwenkung der Trafoierlinie auf
eine derartige Einwirkung zurückgeführt werden.
Nach den Untersuchungen von Zöppritz!) zersplittert sich die
Zebrulinie westlich von Livigno im Gebiet des Casanapasses in eine
Anzahl von schmalen gegen S übergekippten Einkeilungen mesozoischer
Schichten in das kristalline Grundgebirge. Die Zebrulinie tritt in das
Gebiet intensivster Schuppenbildung rings um den Piz Väuglia ein.
Die Liasmulde des Fraelepasses setzt sich aber in gleich nach S über-
kippter Form bis zum Inn unterhalb Zuoz fort und wird ebenso wie
im Fraelegebiet (Alpisellapaß) von der Triasdolomitmasse der Quater-
valsgruppe überschoben.. Diese Faltenüberschiebung kann als westliche
!) Geol. Untersuchungen im Oberengadin zwischen Albulapaß und Livigno.
Ber. d. nat. G. i. Freiburg i. B. Bd. XVI, 1906.
Jahrbuch d.k.k.geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Bd., 3. u.4. Hft. (Hammer u, Ampferer.) 81
696 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [96]
Fortsetzung der Braulioüberschiebung angesehen werden (Spitz
und Dyrenfurth zufolge gehören die kristallinen Reste am Murtiröl
etc. zur Chazforadecke und sind nicht die Fortsetzung der kristallinen
Schuppe am Monte Solena). Im Norden setzt sich die Stragliavita-
linie in den Südrand der Keschmasse fort, welche steil über die Lias-
zone westlich des Inn am Albulapaß aufgeschoben ist. Von NO und
SO laufen also hier im mittleren Engadin konvergierend die Störungs-
linien, welche das mesozoische Gebiet der Münstertaler Alpen ein-
fassen, zusammen (siehe Tafel XXXIV) und der schmale Strang von
Lias und Triasgesteinen des Albulapasses bildet eine Fortsetzung
jenes Gebietes und eine Verbindung mit den mesozoischen Arealen
im zentralen Graubünden; er wird von beiden Seiten von steil
darübergeneigten kristallinen Massen eingefaßt. Ein Teil der Syn-
klinalen des Piz Väuglia zweigt gegen das Oberengadin ab.
In der Gegend, wo die konvergierenden Hauptrandlinien des
Münstertaler Gebietes zusammentreffen, biegt die Triasmulde Fraele-
Val Trupschun in scharfer Biegung um die Quatervalsgruppe herum
aus der SO- in NNO-Richtung um, mit stets nach außen (SW, WNW)
gerichteter Überkippung. Sie kann als der äußerste westliche Bogen
der Münstertaler Bogenfalte angesehen werden.
Das Münstertaler Gebiet ist also im Osten von dem Ötztaler kri-
stallinen Gebirge überschoben, im Süden ist es an der Zebrulinie
gegenüber den kristallinen Aipen des Veltlin, im NW an der Straglia-
vitalinie gegen die Silvrettagneise und die Keschmasse abgesunken; esist
ein breit keilförmiges Senkungsfeld mit gegen West gerichteter
Spitze; die Absenkung nimmt gegen Westen zu — am Sesvenna
und Sterlex im Osten streicht die kristalline Basis der mesozoischen
Decke auf den Kämmen des Gebirges aus, während sie im Westen
auch in den tiefsten Tälern nicht mehr zum Vorschein kommt. In der
Ortler-Fraelemulde streicht am Naglerspitz. (s. Stilfserjoch) das Rhät
am Kamm des Gebirges in die Luft aus, während im Westen der
Liaskern in der Tiefe des Spöltales erschlossen ist.
Gegen diese tiefliegende Westspitze hin hat eine westlich ge-
richtete Gebirgsbewegung gewirkt, die mesozoischen Schichten gewisser-
maßen in diesen Winkel hineingedrängt; bogenförmige Faltenwellen
schmiegen sich in das keilförmige Feld hinein und die oberen Teile
der Sedimentdecke werden abgehoben und vorgeschoben und darüber
hinauf türmen sich noch die von Osten nachdrängenden kristallinen
Massen.
Wenn wir, der Schilderung des Südteiles vorgreifend, die ganze
(Juerzone, von welcher unser Schnitt eine charakteristische Profilkette
heraushebt, überblicken, so eröffnen sich überall Anzeichen einer
westlichen, transversal zum Alpenstreichen erfolgten Gebirgsbewegung.
Wir haben in den Lechtaleralpen meridionale Faltenzüge gesehen,
und dieses Bild wiederholt sich in besonderer Intensität im mittleren
Teil des Querschnittes: Ein weitgespannter Faltenbogenmit
dahinteranrückenden Schubdecken.
In allen beobachteten Fällen erweist sich die ostwestliche Be-
wegung als die jüngere; der nordsüdlichen gewaltigen Haupkgalkups
der en ist eine schwächere ostwestliche gefolgt.
[97] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 627
Es ist das Verdienst von A. Rothpletz, zuerst die Bedeutung
und das große Ausmaß derartiger Bewegungen in den westlichen Ost-
alpen erkannt und dargelegt zu haben. Seinen Westschub der Ost-
alpen in seiner Gesamtauffassung zu beurteilen, soll hier nicht ver-
sucht werden; die von Rothpletz angenommenen nördlichen und
südlichen Randspalten (welche der Querschnitt durchkreuzen würde),
konnten wir bei unseren Aufnahmen nicht bestätigt finden, wohl haben
aber die Untersuchungen an unserem Querschnitt das Vorhandensein
weitverbreiteter und kräftiger gegen W gerichteter Gebirgsbewegungen
im allgemeinen bestätigt.
Betrachtet man die Übersichtskarte der Strukturlinien inDieners
„Gebirgsbau der Westalpen“ (1591), so fällt sofort das starke Hervortreten
N— Sstreichender Faltensysteme, welche auch durch neuere Unter-
suchungen bestätigt werden, an der Grenze der Ost- und Westalpen
auf; im Norden im Rhätikon (und in die Allgäuer Alpen, wie aus dem
ersten Teil dieses Querschnittes ersichtlich) und besonders in der
Zentralzone zwischen dem Oberengadin und dem Val Blegno (Adula-
system, Tambo, Suretta, Curver). Aus allen diesen nordsüdstrei-
chenden Zonen wird Überkippung der Falten gegen West berichtet.
An den meridional verlaufenden Dislokationslinien sind die östlichen
Schollen über die westlichen hinaufgeschoben. Im nördlichen Teil biegen
die Faltenzüge in NO-Richtung ab, manche am Südende in SO-Richtung,
so daß ein bogenförmiger Verlauf ähnlich dem der Münstertaler
Alpen entsteht. Diener schreibt: „Adulasystem und Rhätikon sind
Teile eines großen, dem Rheintal zugekehrten Bogens, der quer auf
das Streichen der Westalpen vom Tessin bis zum Montavon sich
erstreckt und die bogenförmige Krümmung der Westalpen um die
piemontesische Ebene gewissermaßen wiederholt.“ In einer anderen
Form kommt der das Grenzgebiet von Ost- und Westalpen umfassende
Grundzug der Tektonik in Rothpletz’ Rhätischen Überschie-
bungen zum Ausdruck.
Es mag daran erinnert werden, daß eine ähnliche transversale
Zusammenschiebung für die skandinavischen Gebirgszüge von Törne-
bohm und anderen angenommen wurde.
Bemerkungen zur Deutung des Gebietes Inn—Adda als
Deckenbau.
Schlagintweit, Steinmann, E. Suess, Termier und
Uhlig haben die Tektonik des Gebietes zwischen Inn und Adda im
Sinne der Deckenlehre zu erklären gesucht. Während Steinmann,
Suess und Uhlig sich nur in allgemeinsten Umrissen damit befassen,
hat Termier zuerst und später Schlagintweit eine Deckenfolge
und Verbreitung derselben im einzelnen aufgestellt.
Vom Fuße des Lischanna bis zur Adda würde demnach nur
die „ostalpine Decke“ sichtbar sein, eine weitere Einteilung sich
also auf „Teildecken“ jener beziehen.
s1*
628 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [98]
Nur E. Suess (Antlitz der Erde III. Bd.) nimmt ein Wieder-
auftauchen der lepontinischen Decken östlich und südlich des Ortler
an, indem er die Marmore von Laas für Trias ansieht, desgleichen
Quarzite der Laaserschichten und in dem Zusammenvorkommen dieser
beiden mit Amphiboliten die charakteristischen, hier völlig kristallinisch
gewordenen Vertreter der lepontinischen Decken erblickt. Abgesehen
davon, daß meines Erachtens die Laasermarmore nichtjenen der Sobretta
und Val Zebru gleichgestellt werden können, sondern, wie dies im
Profil über die Laaserspitze ersichtlich, unter den letzteren liegen,
so ist betrefis der ersteren zu bemerken, daß ihre kalkige Zu-
sammensetzung sowohl als auch ihre große Mächtigkeit schlecht mit
Röthidolomit übereinstimmt, ferner, daß die Quarzite nicht, wie Suess
mit mißverständlicher Berufung auf meine Beschreibung der Laaser-
berge angibt, „in der Übergangszone von Marmor und Schiefer“ liegen,
sondern an der Übergangszone der Laaserschichten, das heißt des
ganzen Schieferkomplexes, in welchem die Marmore eingeschaltet sind,
zum Phyllitgneis und zum Quarzphyllit, ähnlich den Quarziten, welche
in weiterer Verbreitung in den Ortler Alpen zwischen Phyllitgneis und
Phyllit liegen. Der Gips des Pedertales muß, wenn man ihn zur
Trias stellen will, doch wohl zu den benachbarten Gipsvorkommen
zwischen Verrucano und Ortlertrias, also zu der ostalpinen Trias, bezogen
werden Was endlich die Amphibolite anbelangt, so sind solche in dem
sicher ostalpinen kristallinen Gebirge der Otztaler Alpen usw. so
viel verbreitet, daß sie nie als charakteristischer, Bestand der lepon-
tinischen Decke verwendet werden können. Im übrigen erwächst aber
aus jener Deutung die Schwierigkeit, daß diese „lepontinischen“
Laaserschichten dann den kristallinen Sockel der transgredierenden
Ortlertrias bilden würden.
P. Termier zählt sechs Decken übereinander auf, von welchen
nappe 1 und 2 südlich des Engadin nicht mehr an die Oberfläche
kommen. Die nappe 3 (Tribulaundecke) soll im Norden als ein Trias-
band im Engadin über den Bündner Schiefern, im Süden als kri-
stalline Schiefer des Confinale zutage kommen, das geforderte Trias-
vorkommen fehlt aber im Hangenden der Bündner Schiefer des Engadin
vollständig — dieselben werden unmittelbar vom Kristallin (beziehungs-
weise von Serpentin) überlagert. Da das zu dieser Decke gehörige
kristalline Grundgebirge bei Termier selbst im Norden als fehlend
eingetragen wird, so bleibt für diese Decke im Engadin überhaupt
nichts übrig. Im Süden läßt Termier die mesozoischen Schichten
unter der Erdoberfläche auskeilen, so daß diese Decke hier wieder
nur durch kristallinen Schiefer (paläozoisch oder älter) vertreten ist:
es sind die Phyllite des Confinale, welche eine große Antiklinale
bilden vom Fuß der Triaswände der Ortlergruppe bis nach Valfurva
— eine Abtrennung eines tieferen Teiles derselben als nappe 3, von
einem höheren als nappe 4 ist hier rein willkürlich und der petro-
graphischen und stratigraphischen Einheitlichkeit der Schichten wider-
sprechend. Die „Tribulaundecke“ ist zwischen Inn und Adda also
nicht nachweisbar.
Es wurde schon an anderen Orten auf den gegen die Annahme
eines Deckenbaues sprechenden Umstand hingewiesen, daß Schwärme
[99] Geologiseher Querschnitt durch die Ostalpen. 629
von Dioritporphyritgängen sowohl die nappe 3 (und ihre Wurzelzone)
als auch das Grundgebirge und die Trias der vierten Decke durch-
brechen.
Die „Ortlerdecke“ (nappe 4) soll im Engadin in der untersten
Gneiszone und in darüber folgendem ostalpinem Mesozoikum zutage
treten: dieses Mesozoikum besteht aber in der Lischannagruppe aus
Bündner Schiefern — weiter im Osten gemeinsam mit ostalpiner Trias
— also aus dem typischen Gestein der zweiten Decke, kann also nur als
Abspaltung dieser, nicht aber als wiederauftauchende Ortlerdecke
gelten, und damit fehlt auch für diese ein Nachweis im Engadin. Im
Süden rechnet Termier zu dieser Decke einen Teil der besagten
Phyllite des Confinale und die Trias des Ortler. Diese bildet aber, wie
oben beschrieben wurde, vom Spöltal bis ins Suldental mit allen ihren
Schichten eine gegen Süd überkippte und nach unten geschlossene
Mulde. Auch die kristalline Basis des Umbrail, welche der nächst-
höheren Decke angehören würde, steht noch im Verhältnis eines
Hangendschenkels der liegenden Mulde zu den Phylliten im Zebrutal
(ist aber durch Schubflächen von der Trias abgerissen). Die Auf-
lagerung der Ortlertrias auf ihrem kristallinen Sockel (im Osten) ist
eine primäre (wie dies auch Termier und Schlagintweit an-
nehmen), hier läßt sich ebensowenig wie in den Phylliten im Süden
eine basale Bewegungsfläche für eine Decke nachweisen.
Schlagintweit sieht denn auch — obwohl sonst auf dem
Standpunkt der Deckentheorie stehend — Ortlertrias und Sockel und
die westliche Fortsetzung derselben als autochthon an.
Im Norden fehlen also irgendwelche als wiederauftauchende Ortler-
decke deutbare Schichten, im Süden besitzen die dafür angesprochenen
Gebirgsteile eine Lagerung, welcher ihre Deutung als Decke wider-
spricht }).
Durch die genannte nach S überkippte Mulde verbindet sich
die nappe 4 mit der nappe 5 (Umbraildecke) zu einer Einheit, welche
das ganze Gebirge bis zum Südrand der Bündner Schiefer umfaßt.
Die tieferen Decken sollen auch nach Termier hier nirgends wieder
aufbrechen. Die südliche Begrenzung bildet die große Livigno—Zebru-
bruchlinie. Die „Umbraildecke” soll sich in die Schiefer an der Nord-
seite der Etsch bei Eyers—Schlanders fortsetzen. Sie werden aber
in den höheren Teilen der betreffenden Bergkämme von den letzten
Ausläufern jener marmorführenden Schieferserie überlagert, welche
Termier in der Texelgruppe (Pfelderstal) zur nappe 3 rechnet; es
läge hier also 5 über 5.
Der nappe 6 gehören als Reste die Scholle des Chazfora und
jene am Piz Lischanna und Umgebung an. Die Urtiroladeckscholle
würde Termier wahrscheinlich auch hierher gerechnet haben.
Überblickt man also die Teildeckenkonstruktion Termiers, so
bleiben von ihr nur die zwei Elemente übrig, welche schon in der
!) Auf Termiers Profil Ortler-Engadin fließen nördlich des Engadin die
nappes 3 und 4 zu einem einzigen Band von Mesozoikum zusammen, auf welchem
gleich die 5. Decke liegt, eine Vereinigung, welche, wenn man an die Entstehung
der Decken als liegende Falten denkt, wohl ein mechanisches Kuriosum ist.
630 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [100]
obigen Schilderung des Gebirges beschrieben wurden; ein aus kristalliner
Basis und primär auflagerndem Mesozoikum bestehendes Gebirge, von
dem eine Unterlagerung durch jüngere Schichten, beziehungsweise durch
Decken nirgends sichtbar ist und ein paar auflagernde Deckschollen
von kristallinen Schiefern.
Wollte man Paulckes Deckendeutung vom Rande des Engadin
gegen Süden fortspinnen, so müßte man den Ortler als invers liegende
Trias der ostalpinen Decke auffassen gegenüber der ihrem kristallinen
Kern auflagernden Trias ete. vom Lischanna bis Umbrail, die auflagernden
kristallinen Schollen als höhere Teildecke ansehen und die Basis
des Ortlers als autochthon, beziehungsweise zur Wurzelregion gehörig,
eine Auffassung, welcher ebenfalls die Muldenform des Ortlertrias, die
Bodenständigkeit derselben gegenüber dem kristallinen Sockel und
der Mangel einer inversen Schichtfolge entgegenstehen. Stellt aber
die Ortlertrias der Lischannatrias tektonisch gleich, also normale
Auflagerung auf die kristalline Basis, dann kommt man zu dem gleichen
Bestand wie oben: ein Grundgebirge, welches im Süden an einer
regionalen Bruchlinie endet und ein paar kristalline Deckschollen trägt.
Der halbkreisförmige Verlauf der Falten in den Münstertaler
Alpen und ihre stets gegen außen gerichtete UÜberkippung ist das
deutlichste Zeichen dafür, daB die gegen S überkippte Mulde des
Ortlers durchaus keine untergeordnete sekundäre Erscheinung —
wie Schlagintweit meint!) — sondern in dem regionalen Bau
bedingt ist. Die Beziehungen, welche zwischen diesem und den Über-
schiebungen dieser Region bestehen, geben aber auch ein Argument
dafür, daß jene kristallinen Schollen am Lischanna und Chazfora am
besten von Osten hergeleitet werden, womit ihre petrographische
Übereinstimmung mit dem östlich davon liegenden kKristallinen Be-
reiche zusammentrifft.
Des weiteren spricht jener regionale Faltenbau gegen eine Deutung
des ganzen Gebirges als von Süden hergewanderte Decke, da ein
derartiger Bau nicht ohne weitgehende Zerstörung seiner Struktur in
Form einer Schubmasse sich bewegen konnte, ganz besonders, wenn
man sich die Schubmasse als eine aus einer Wurzelzone ausgestoßene
faltenartige Bildung vorstellen soll.
Vielleicht wird man versuchen, das Münstertaler Senkungsgebiet
als Fenster aufzufassen mit der Otztaler Überschiebung, Chazfora und
Urtirolascholle und den an den Bruchlinien abgesunkenen Gneisen des
Veltlin und der Silvretta als Rahmen desselben. Die Gneise fallen
aber am Nordrand (von Schuls ostwärts) unter die Trias ein und
werden selbst bei Nauders von der Otztaler Randüberschiebung wieder
überschoben. Am ÖOstrand fehlt am ÖOrtler dem Fenster eine Ab-
grenzung, da die Gneise als Sockel unter der Trias liegen. Die
!)Schlagintweit faßt alles, was nördlich über der Braulio-Trafoidislokation
liegt, als Decke auf, deren Wurzel er in den zwischen Zebrulinie und Kristallin
eing-klemmten Triasresten sieht; die Einbeziehung sowohl der autochthonen
„Addascholle“ (Ortlertriaszone) als des Umbrail in die große Faltenzone der Münster-
taler Alpen spricht auf das deutlichste gegen diese Deutung, abgesehen von dem
mechanischen Widerspruch jener S gerichteten Faltung und der N bewegten
Brauliodecke.
[101] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 631
Abhängigkeit im Verlauf der Faltenbogen von den Randlinien ist
durch ein „Fenster“ nicht erklärbar. Nimmt man das Gebiet als
Fenster, so muß es dem Engadiner Fenster tektonisch äquivalent
sein, weil die Gneise an der Basis der Lischannagruppe die gemein-
same kristalline Decke für beide Fenster wären, die ostalpine Trias
käme also in das gleiche Niveau mit den lepontinischen Bündner
Schiefern.
Literatur des Absechnittes.
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x
Das kristalline Gebirge zwischen der Zebrulinie und der
Adamellomasse.
Mit dem Überschreiten der Zebrulinie betritt unser Querschnitt
jene breite Zone kristalliner Gesteine zwischen dem Ortler und der
Tonalitmasse des Adamello, welche Stache den Veltliner Hauptzug
nannte.
Den nördlichen Teil desselben bilden die Faltenzüge des Quarz-
phyllits, im südlichen Teil herrschen die Gneise und ihre mannig-
fachen Einlagerungen.
Am nördlichen Ultentalerkamm beginnt die Quarzphyllitregion
im Osten in Gestalt einer den Gneisen auflagernden Mulde, verbreitert
sich rasch gegen Westen und breitet sich über die Kämme der Laaser-
gruppe und der südlichen Ortlergruppe aus, die Ortiertrias von Osten
und Süden umfassend. Sie stoßt an der Zebrulinie von den Trias-
dolomiten des Ortler ab, baut den Confinalekamm auf, umfaßt die
ausgedehnten Hänge des Valfurva, aus ihr besteht der prächtige
Gletscherkamm vom ÜCevedale bis zum Piz Tresero, und auch die
breiten Massen der Sobretta und der C. Vallacetta gehören zum größten
Teil ihr an; sie überschreitet das Becken von Bormio und ist über
Valle di Dentro nach Livigno hinüber zu verfolgen. Der Phyllit hat
die Gesteinstracht des Quarzphvllits der Ostalpen ; gerade in den Hängen,
welche das Profil durchschneidet, ist diese Entwicklung in typischer
Ausprägung zu sehen; in den östlichsten Teilen und auch am Südrand
treten Übergänge zu Granatglimmerschiefern auf (Ultentalerkamm und
Veneziakamm) — es sind die tiefsten Horizonte.
Zum Unterschied vom Kalkphyllit ist der Karbonatgehalt nicht
über das ganze Gestein hin verteilt, sondern auf einzelne Kalklager
beschränkt und dementsprechend überhaupt weit geringer als in jenem.
Solche Lager von Bänderkalk und Cipollin und untergeordneten kalkig-
phyllitischeu Zwischengliedern durchziehen in reicher Entfaltung das
oberste Martelltal und reihen sich hier zu einer kalkreichen Zone an,
welche von der Zufrittspitze (Ultental) über das oberste Martelltal, Zebru-
tal und Valle di Dentro streicht. Eine zweite solche Zone kommt
an der Ost- und Nordseite der Sobretta (Val delle alpe). zutage und
ihr dürfte der Marmor von Piatta südlich Bormio zuzustellen sein.
Zwei Horizonte der Phyllitformation sind durch Quarzitent-
wicklung ausgezeichnet. Die Quarzite sind teils grünlichgraue, dichte
diekbankige Quarzite, teils mehr noch rostfarben verwitternde musko-
vithaltige Quarzitschiefer. Der eine dieser Horizonte bildet den Über-
gang aus den Phyllitgneisen in die Phyllite und ist längs dem ganzen
Südrand des Phyllitbereiches vom Corno dei tre Signori bis ins Ultental
zu beobachten. In ihm findet man in den Tälern von Pejo gelegentlich
[103] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 633
dünne Lagen eines lichtgelblichen, granulitähnlichen dünnbankigen
Gesteins. Die zweite Quarzitzone liegt im Hangenden des Phyllits,
enthält dieselben Muskovitquarzitschiefer und wird unmittelbar und
ohne deutliche Grenze von den Serizitphylliten und Arkosen des
Verrucano im Zebrutal überlagert. Mit dem oberen Quarzit sind ober
Bormio und am Oonfinalekamm Grünschiefer in manchmal be-
deutender Mächtigkeit verbunden, außerdem im Zebrutal im Liegenden
auch Feldspatphyllitee Am Confinale beobachtet man in ihnen auch
geringmächtige Lager von dünnplattigem, glimmerarmem Muskovitgneis.
Dieser obere Quarzit kann nicht, wie westalpine Geologen vielleicht
geneigt sein dürften, zur Trias gezogen werden.
Südlich des Phyllitbereiches kommt in den Tälern von Pejo —
besonders im Val della Mare — im Rabbital und gegen Ulten hin unter
dem Phyllit eine petrographisch sehr eintönig ausgebildete Region
von Phyllitgneis zutage, in der ein paar kleinere Granitmassen lakko-
lithartig eingefügt sind.
Noch ungeklärt ist die Stellung, welche die Serie von Gneis
und Quarzit, welche ich in der unten verzeichneten Arbeit Pejoserie
getauft habe, zu den Phyllitgneisen und Phylliten einnimmt ; eine mächtige
Schichtplatte eines quarzreichen, feinkörnigen, biotitreichen Zwei-
glimmergneises eröffnet im Liegenden die Folge, deren charakte-
ristischer Bestand die darüber folgenden 300—400 m qnarzitischer
Gesteine darstellen. Neben den feinkörnigen massigen Quarziten und
Quarzitschiefern fällt ein in geringer Menge auftretender schwarzer
Schiefer auf, der bei mikroskopischer Untersuchung als Grauwacke
sich herausstellt. Nach oben zu schalten sich immer mehr zwei-
glimmerige Gneise ein, welche kleine Lager kristallinen Kalkes ent-
halten.
Avs der Gegenüberstellung der Teile des Schiefermantels am
Granitit der Cima Verdignana ergibt sich eine wenigstens teilweise
Aquivalenz dieser Pejoserie mit dem Phyllitgneis. Diese Sefie nimmt
den Nordhang der Berggruppe zwischen dem Val del Monte und der
Tonalestraße ein und setzt sich nach Osten über den Cercenapaß in das
Rabbital fort, wo sie mit einer lokalen quarzitischen Ausbildung der
Phyllitgneise, welche noch unter dem unteren Quarzithorizont der
Phyllite liegt, in Verbindung zu treten scheint. Den Nordrand der
Pejoserie begleitet großenteils eine Bruchlinie, welche den Zusammen-
hang mit den Gneisen an der Nordseite des Val del Monte verhüllt.
Ein dritter Faziesbereich gneisiger Gesteine gliedert sich dann
südlich an die Zone der Pejoserie an; jene Zweiglimmergneise, welche
die Tonalestraße im Norden begleiten und die darüber aufragenden
Berge aufbauen. Es sind zweiglimmerige Phyllitgneise, welche aber
großenteils durch feinste Durchtränkung und Durchäderung mit pegma-
titischem Magma ein höher kristallines Aussehen erworben haben, als
die Phyllitgneise des Val dela mare und Umgebung; sie sind biotitreicher
geworden und kontaktstruiert. Außerdem unterscheiden sie sich aber
auch durch die häufige Einordnung von Marmorlagern und Amphibolit
von jenen. Die Marmore führen überall Glimmer (Phlogopit),
Quarz, Feldspat, Tremolit und Erze (Schwefelkies und Magnetkies),
außerdem an Stellen, wo sie mit Pegmatit in Berührung gekommen
Jahrbuch d.k.k.geol. Reichsanstalt, 1911,61. Bd.,3. u. 4. Hft.(Ampfereru. Hammer.) 82
634 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [104]
sind, als Kontaktminerale monoklinen Pyroxen, Granat, Titanit, Epidot-
Zoisit und als Seltenheit Wollastonit. An manchen Stellen häufen
sich diese Minerale zur Bildung von Kalksilikathornfelsen in schmalen
Zonen. Gerade die Gegend, wo der Querschnitt das Gebirge durch-
zieht, enthält mächtige und ausgedehnte Marmorlager (C. Cady— Monte
Tonale), die einerseits an die Nordseite des Camonicatales sich fort-
setzen, anderseits gegen Osten zu über den Cercenapaß nach Rabbi
durchstreichen und beiderseits des Noce bei Öeledizzo und Comasine
durch Kontaktmetamorphose entstandene Eisenerzlager führen.
Ein weiterer hervorzuhebender Bestandteil dieser Zone ist
Olivinfels, dessen Vorkommen am Monte Tonale vom Schnitt getroffen
wird, der aber weiter östlich in den Ultentaler Alpen in weit größerer
Häufigkeit erscheint.
Wie früher bemerkt, legen sich auf die Quarzite der Pejoserie
Zweiglimmergneise mit Kalklinsen; diese bilden den Ubergang zu den
eben besprochenen Gneisen des Tonale und sind von diesen nicht
senau abzugrenzen; es scheint, daß sie mit diesem Teil der oberen
Pejoserie äquivalent sind.
Die Bergzone nördlich des Tonalepasses von Ponte di Legno
bis Comasine hebt sich, wie schon angedeutet, von den angrenzenden
Regionen besonders dadurch ab, daß sie von massenhaften Pegmatit-
intrusionen durchschwärmt ist, Pegmatite, meist Turmalin führend,
welche stellenweise das Gestein bis aufs feinste durchtränken, aber
auch in mächtigen Lagern und auch quer durchbrechenden Gängen
auftreten und in den Kalken jene Kontakthöfe entstehen ließen. Die
Pegmatitzone setzt sich durch das Val Camonica ins Veltlin hinüber
fort, im Osten nehmen die Pegmatitintrusionen bei Rabbi rasch ab.
W.Salomon faßt die kristallinen Schiefer nördlich des Tonale-
passes unter der Bezeichnung Tonaleschiefer zusammen, womit er
vorzüglich die durch Einlagerung von Amphibolit und Marmor und
durch Pegmatitintrusionen gekennzeichneten Gneise meint; inwieweit
die Gneise und Phyllite weiter nördlich noch zu den Tonaleschiefern
zu ziehen seien, läßt er unentschieden, vermutet aber, daß die Zebru-
linie ihre Nordgrenze darstellt. Diese Gesteinsgesellschaft läßt sich
gegen Westen an der Hand zahlreicher Vorkommen von Marmor,
Kalk und Dolomit über das obere Camonicatal ins Veltlin hinüber
verfolgen und durch das ganze untere Veltlin hinab bis zum Comersee
und Langensee, woraus sich ergibt,, daß diese Gesteinszone die
streichende Fortsetzung der Zone von Ivrea ist. Indem Salomon
diesen teilweise schon von Rolle und Diener vermuteten Zusammen-
hang klarlegt, erweitert sich ihm die als Südbegrenzung der Tonale-
schiefer bezeichnete Verwerfung, die Tonalelinie zu einer Bruch-
linie von großer Bedeutung — zum peridinarischen Randbruch, der
bei .Dimaro im Sulzberg als Abzweigung des Judikarienbruches
beginnt und bis Ivrea reicht.
Da der in jenem Gebirgsstreichen liegende Dolomit von Musso
(am Gomersee) Hauptdolomitfossilien führt und die gesteinsgleichen
Vorkommen des unteren Veltlin sehr wahrscheinlich auch in die Trias
gestellt werden müssen, folgert Salomon daraus, daß die Marmore
des Tonale metamorphe Triaskalke sind und. die Tonaleschiefer im
[105] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 635
ganzen einen Komplex von triadischen und auch von älteren, vielleicht
auch vorpaläozoischen Schichten umfassen, ähnlich der Zone der
Pietre verdi in den Westalpen.
Wenn auch für das untere Veltlin neuere Untersuchungen und
Karten von größerem Umfang zur Verfolgung dieser Zusammenhänge
fehlen, so ist doch aus Salomons Darlegungen das Bestehen dieser
mit größter Wahrscheinlichkeit zu entnehmen. Wie auch Salomon
hervorhebt, bildet diese Zone Ivrea—Tonale nicht eine strati-
graphische Einheit, sondern ist aus Sedimente verschiedenen Alters
zusammengesetzt und durch das Auftreten gewisser basischer Eruptiv-
gesteine gekennzeichnet. Diese letzteren sind im Tonalegebiet in
weit geringerer Menge vorhanden als in der Zone: Ivrea—Verbano,
sind aber besonders vom Tonale ostwärts durch ein charakteristisches
Glied vertreten, nämlich den Olivinfels, der in einem halben Hundert
von Vorkommen vom Tonale bis in das Ultental gefunden wurde. Da nach
den Untersuchungen der italienischen Aufnahmsgeologen Franchi und
Novarese auch die Stronagneise noch zu der diorito-kinzigitischen Zone
(Zone von Ivrea) gerechnet werden können, so überwiegen auch hier die
gneisigen Komponenten der Zone gegenüber den grünen Gesteinen. Än
die Kinzigitgneise des Ivrea-Verbanogebietes erinnern die Zyanitgranat-
gneise und die Granulite, welche im südlichen Ultentaler Kamm in der
östlichen Fortsetzung der Tonalezone auftreten und sich in den biotit-
reichen Formen stark den Kinzigiten nähern. Der graphitische Schiefer
im Gampertal liegt in ihnen, und das in den alten Tiroler Mineralogien
angeführte Graphitvorkommen der Seefelder Alpe (Ulten) ist benachbart.
Gemeinsam sind der ganzen Zone ferner die massenhaften Intrusionen
von Pegmatit.
Aile jene Gesteine des südlichen Ultentaler Kammes enden an
derJudikarienlinie, von der sie im spitzen Winkel abgeschnitten
werden, wobei randlich meist eine parallele Anpressung an den Ver-
lauf der Bruchlinie eintritt. Auch von den Schichtzügen, welche
nördlich der Faltschauer an die Judikarienlinie heranrücken, über-
schreitet nur ein kleiner Teil bei Meran das Etschtal; die Gneise,
welche im unteren Passeiertal durchstreichen und die Iffinger-Brixner
Granitmasse dann im Norden begleiten, sind die Fortsetzung der-
jenigen, welche. die beiden Flanken des Vintschgau bilden, bis
hinauf nach Prad. Am Nordhang des Marlingerjoches, ober der Töll
streichen die Schichten nahezu O W, weshalb die Biotitflasergneise
nördlich Naturns hier bei Bad Egart noch an den Hang des Marlinger-
joch herüber sich fortsetzen. Uber den Rücken des Marlingerjoches
streicht in NNO-Richtung eine Bruchlinie — ungefähr parallel zum
Judikarienbruch und nur 3 km davon entfernt, welche wahrscheinlich
bis Forst an der Etsch herabreicht und jene OW streichenden Schiefer
von dem schmalen Zug der NO streichenden Gneise abtrennt, welche
von Marling über die Etsch zum Küchelberg ober Meran durchstreichen.
Diener bezeichnet den Gebirgsstrich vom Lago d’Orta über
das Veltlin zu den Ultentaler Alpen als Zone des Veltlin. Da, wie
schon oben bemerkt, der Stronagneis, mit dem die Zone im Westen
einsetzt, nach den neueren Untersuchungen mit der Zone von Ivrea auf
das engste verbunden ist und im weiteren Sinne zu dieser zugerechnet
82*
636 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [106]
wird und weil im tirolischen Teil der Veltlinerzone wieder die Olivin-
felse als charakteristischer Bestandteil der grünen Zone von Ivrea
und die kinzigitähnlichen Gneise erscheinen, so können jene Zonen-
bezeichnungen vereinigt werden und in diesem Sinne endet dieZone
von Ivrea®) an der Judikarienlinie zwischen Dimaro und
Meran, wie dies übrigens Diener bereits auf seiner Karte der Leit-
linien der Westalpen andeutet und in „Bau und Bild der Ostalpen“
neuerlich angibt.
Die Zona diorito-kinzigitica Ivrea-Verbano (und die Stronagneise)
werden von den Geologen der italienischen Landesanstalt zum Pre-
carbonifero gerechnet und so in der Karte der Westalpen (1908) ein-
getragen. Den Nordrand der Zone begleitet ein schmales Band von
Perm und Triasdolomiten, worauf nördlich die Schiefer von Rimella
und Fobello und dann die zweite diorito-kinzigitische Zone sich an-
gliedern. In den Gneisen der Zone Ivrea-Verbano treten in großer Zahl
Lager von kristallinen Kalken und Cipollinen auf welche Granat, Pyroxen,
Vesuvian, Glimmer, Pyrit ete. enthalten und infolgedessen den Marmoren
des Tonale petrographisch durchaus entsprechen. Diese Marmore der
Ivrea-Zone werden von Franchi, Novarese und ihren Kollegen als
gleichaltrig mit den Gneisen und durchaus verschieden von den Trias-
gesteinen der benachbarten Triaseinfaltungen bezeichnet und in der Karte
eingetragen. Ebenso stehen sich im untersten Veltlin die Gneise, Granat-
glimmerschiefer und die in denselben konkordant eingelagerten Kalk-
marmore von Ogliasca, Musso etc. einerseits und die fossilführenden, nicht
metamorphen Triasdolomite von Musso, Dubino und anderen Orten
gegenüber. Aus dem Marmor von Musso beschreibt Repossi?) auch
Amphlibolitlagen und Schlieren, ganz ähnlich wie jene im Marmor der
Cima Cady am Tonale. Gerade in Repossis sorgfältiger Darstellung
tritt der Gegensatz zwischen dem von Schieferlagen durchzogenen
schmalen, dem Streichen der Schiefer folgenden und diesen konkor-
danten Marmorlagen und dem diskordant zu den Schiefern liegenden
und scharf von ihnen getrennten unregelmäßig umrandeten Haupt-
dolomitlappen deutlich hervor; bei der großen Zahl von Marmorlagern
und solchen Triasresten ist der Zufall, daß hier einmal beide zusammen-
treffen kein so befremdender, als daß deshalb der in die Augen
springende Gegensatz beider ignoriert werden dürfte.
In den Bergen zwischen Tirano und Edolo fand Salomon noch
Marmor und daneben auch Reste von Dolomit und Rauhwacke. Weiter
östlich fehlen die letzteren völlig, während die Marmore in reicher
Entfaltung über die Berge an der Nordseite des oberen Val Camonica
!) Ich glaube, daß man, um Mißverständnissen vorzubeugen, diese Zone von
Ivrea keineswegs als Zone der pietre verdi bezeichnen sollte, wie das Salomon
tut, da nach «en Darstellungen von Franchi, Novarese, Stella, Zarcagna
und anderen die Zona delle pietre verdi und die Zona diorito-kinzigi-
tica Ivrea-Verbano zwei petrographisch und tektonisch durchaus ver-
schiedene Gebilde sind, wie dies auch auf der 1908 erschienenen Karte der West-
alpen, welche von den genannten Autoren redigiert wurde, deutlich zum Ausdruck
gebracht ist, eine Verschiedenheit, dıe eben so groß ist wie in diesem Querschnitt
zwischen den Bündner Schiefern des Engadin und den Tonaleschiefern.
?) E. Repossi, Osservazione geologiche e petrograf. sui dintorni di Musso
(Lago di Como). Atti d. soc. ital. d. sc. nat. Milano 1904. Bd. XLIII, Heft 3.
[107] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 637
zum Tonale streichen. Noch weiter östlich werden ihre Lager klein
und selten. e
Im ganzen Verlauf der Zone von Ivrea stehen sich also kri-
stalline Marmore, welche konkordant im Gneis und Glimmerschiefer
liegen und durch Wechsellagerung mit diesen verknüpft sind und
nicht metamorphe, streng von den Schiefern getrennte und oft diskordant
zu diesen gelagerte Dolomite (und untergeordnet auch Kalke) gegen-
über, welche letztere zur Iriäs' zu rechnen sind, während erstere
gleichaltrig mit den Gneisen und altpaläozisch oder archäisch sind.
Im Tonalegebiet sind nur die letzteren zu sehen.
Es schiene mir ein Rückschritt in der Erkenntnis, zwei so
deutlich voneinander getrennte Ablagerungen zusammenzuwerfen. Über-
gänge zwischen beiden fehlen und es wäre auch physikalisch unverständ-
lich, warum zwei ursprünglich gleiche Gesteine welche, miteinander und
unmittelbar nebeneinander die gleichen Gebirgsbewegungen mitgemacht
haben, das einemal zur Gänze, ohne Umänderung aus dieser hervor
gehen, ja ihre Fossilreste noch gut erhalten bewahren sollen, das
anderemal ebenso vollständig aber ein hochkristallines Gestein daraus
hervorgehen soll bei in beiden Fällen gleich starker Metamorphose der
umgebenden Schiefer — abgesehen davon, daß die Marmore stets reines
Kalkkarbonat, die Triasgesteine fast immer ebenso typischer Dolomit sind!
Wendet man die von Salomon gewählte Einteilung in Ren-
dena-, Edolo- und Tonaleschiefer, zur Abgrenzung letzterer auf die
Berggruppen nördlich der Tonaletiefenfurche an, so sind nur die durch
Marmor, Amphibolit und Olivinfels ausgezeichneten Gneise, welche
den Kamm zwischen Val del Monte und der Tonalestraße und be-
sonders dessen Südhänge bilden, zu den Tonaleschiefern zu rechnen;
nördlich des Val del Monte verbreitet sich die Fazies des Pbyllitgneis
und daran anschließend jene des Quarzphyllits, welche wie im nächsten
Abschnitt auseinandergesetzt werden soll, den Rendena-, beziehungs-
weise den Edoloschiefern entsprechen, so daß also die Tonalezone
hier sehr schmal ist. Wje aus dem vorhergehenden ersichtlich, breitet
sich die Phyllitregion auch im ganzen Valfurva, von der Zebrulinie
bis zum Gaviapaß aus, so dab diese Teile keinesfalls mehr zur Tonale-
zone gerechnet werden könnten. Östlich des Rabbitales ist eine Ab-
grenzung gegen Norden nur dadurch möglich, daß man die Tonale-
zone auf die durch Olivinfels und Granatgneis ausgezeichnete Zone
des südlichen Ultentaler Kammes beschränkt, denn Gneis- und Phyllit-
horizonte, welche durch Führung von Marmor Ampbhibolit und Pegmatit ge-
kennzeichnet sind, treten beiderseits des Vintschgaues vom Glurnser-
becken abwärts in weitester Erstreckung auf, selbständige Zonen in
dem kristallinen Massiv der Ötztaler Gruppe und der Ortleralpen
bildend. Das, was die Zone von Ivrea von den umliegenden Regionen
kristalliner Schiefer abhebt, ist aber hauptsächlich nur die Gleichheit
der Intrusionen vor allem der basischen, daneben auch der sauren
pegmatischen ; sie ist, wie Salomon hervorhebt, keine stratigraphische
Einheit. Die Tonaleschiefer, nördlich der Tonalestraße können als
durch die Pegmatitintrusionen umgewandelte Phylliteneise aufgefaßt
werden, da diese auch an anderen Stellen, zum Beispiel im Ultental,
Marmorlager enthalten.
638 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [108]
Den Südrand der Tonalezone bildet bei Salomon die Tonale-
bruchlinie, welche ein Teil des peridinarischen Bruches ist. In Um-
kreis des Tonalepasses, besonders im Sulzberg, konnten G. B.
Trener und der Schreiber dieses keinen sicheren Anhalt für
das Bestehen einer derartigen regionalen Störung finden.
Die der senkrechten genäherte Schichtstellung erschwert die
Feststellung einer dem Streichen folgenden Verwerfung und das
Vorkommen gleicher Gesteine nördlich und südlich davon spricht
gegen eine weitere regionale Bedeutung dieser anderwärts vielleicht
besser erkenntlichen Verwerfung. So wie die Tonaleschiefer an
der Judikarienbruchlinie abschneiden, so endet auch die Tonalelinie
an dieser und man muß wohl, auch wenn man eine Tonalebruchlinie
in weiterer Ausdehnung annimmt, sie als die untergeordnete gegen-
über jener bezeichnen, um so mehr, als die Judikarienlinie zwei weit
mehr voneinander verschiedene Regionen — Regionen mit verschieden
gerichteten Leitlinien des Baues — voneinander trennt, als eine im
gleichen Schichtstreichen zwischen gleichen Schichten durchziehende
Tonalelinie.e. Auch im Seengebirge wird die Zone von Ivrea
gegen Süden nicht durch eine Bruchlinie vom kristallinen Teil des
Seengebirges und der auflagernden Decke jüngerer Bildungen getrennt.
Beobachtet man das Schichtfallen in diesem Teil des Quer-
schnittes, so scheint die Lagerung eine sehr einfache zu sein, doch
eröffnet sich, wenn man sich von der Profillinie gegen Osten weiter
wendet, der Einblick in einen Faltenwurf des Gebirges, der sich in
dem dargestellten Hauptschnitt unter der gleichmäßigen Schicht-
lagerung verbirgt.
Zunächst zeigt die Grenze zwischen Gneis und Phyllit im Quer-
schnitt, daß ersterer über den Phyllit überkippt ist an der Grenze,
eine Lagerung, welche ostwärts bis zum Val della mare anhält, dort
aber weiterhin der normalen Auflagerung Platz macht.
Die Schichtmasse südlich davon bis zum Tonalepaß erscheint
im Profil als ein isoklinales Schichtpaket; dasselbe löst sich ostwärts
in steilstehende Mulden und Sättel auseinander, welche mehrfach
von Verwerfungen zerschnitten werden. Während das Streichen
im allgemeinen ONO gerichtet ist, keilen sich längs Brüchen NW
streichende Schollen dazwischen ein — eine Erscheinung, die bis
zur Judikarienlinie hin noch vielfach wiederkehrt. Ein Längsbruch
durchschneidet an der Punta Ercavallo das Schichtsystem und setzt
sich wahrscheinlich durch das ganze Val del monte fort und in weiterer
Fortsetzung beobachtet man am ÜCercenapaß wieder Dislokationen,
welche gegen das Bad Rabbi hinausleiten. Die drei Eisensäuerlinge
von Celentino, Pejo, Rabbi (vielleicht auch der von S. Apollonia im
Val dei Messi) liegen an dieser Linie.
Die Antiklinale an der Nordseite des Val del monte verflacht
sich gegen Osten zu der weitgespannten Wölbung, welche östlich von
Val della mare den Granitlakkolith der Cima Verdignana birgt.
In dem Teil des Querschnittes, der durch die Phyllitregion geht,
verrät das Auftreten einer Quarzitzone innerhalb des Phyllits, daß
hier keine so einfache Lagerung herrscht, als das Schichtfallen vor-
täuscht. Der oberste Teil des Piz Tresero besteht aus Quarziten, Mus-
[109] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 639
kovitquarzitschiefern und feinkörnigen biotitführenden gneisigen Schiefern
vermengt mit Phyllit, die an den Gipfelgraten mäßig S fallen; sie
erreichen bei Ponte di pietra die Sohle des Valle di Gavia, wobei
ihr Fallen, je näher sie dem Tal kommen, immer steiler wird. Da
dieser quarzitischen Schichtfolge die Grünschiefer vollkommen fehlen,
welche die oberen Quarzite am Oonfinale und im Zebrutal immer
begleiten, so sind sie eher dem unteren Quarzithorizont gleichzustellen,
so daB also bier eine große, nach N überschlagene Antiklinale im
Phyllit vorläge, deren Kern die unteren Quarzite am Tresero bilden.
Es stimmt dies damit überein, daß schon am Piz Dosegü und Punta
S. Matteo die Gneise über die Phyllite übergeneigt sind. Das Streichen
der Schichten ist am Tresero und im Gaviatal O bis ONO.
Die Mulde, mit welcher die Phyllite am nördlichen Ultentaler
Kamm beginnen — wie oben angeführt wurde — läßt sich längs des
ganzen Kammes hin bis zum Hauptkamm der Ortleralpen verfolgen,
den sie südlich des Cevedale erreicht. Im Val Oedeh ist ihr Ver-
lauf. dadurch schwer erkennbar, da hier eine NS verlaufende Ver-
faltung der Schichten sich quer dazu einschiebt (Kamm des Monte
Pasquale), doch ist die Kombination kaum eine zu gewagte, wenn
man annimmt, daß ihre Fortsetzung im Talausschnitt des Valfurva
liegt und demnach sich an jene nach N übergelegte Antiklinale des
Tresero angliedert. Die Schichten in dem massiven Sockel des
Tresero neigen sich auch stark gegen N, doch tritt gegen den Baito
del pastore zu schon durchweg S-Fallen ein, anfangs flach, weiter
talaufwärts steiler. Die Marmorlager an der Ostseite der Sobretta
sind sehr flach muldenförmig, wellig gelagert und sind die Fort-
setzung der flachliegenden Schichten am Fuß des Tresero, von ihnen
aber durch eine der Talschlucht folgende Störung getrennt.
Am Confinale sinken die Phyllitlagen in welligen Verlauf mit
einer dem Berghang sich anschließ2nden Neigung gegen Valfurva ab
und auch am Nordhang herrscht noch S-Fallen; erst im Val Zebru und
besonders an dessen westlichem Auslauf sowie in den Höhen ober
S. Antonio tritt deutlich eine flach sattelförmige Aufwölbung hervor.
Ihren Scheitel nehmen die oberen Quarzite und die Grünschiefer ein.
Sie wird gegen Osten zu von der Zebrulinie angeschnitten, so daß an
der Südseite der Königsspitze (Pale rosse) schon die südfallenden
Phyllite an der saigeren Bruchfläche in steiler Aufrichtung anlehnen.
Bei Bormio tritt, ähnlich wie im Cedehtal, wieder NS-Streichen mit
Schichtfall gegen Westen ein.
Die überschlagene Falte des Tresero geht nach Osten zu bald
in eine stehende Falte über.
Die Phyllitzone wird von zahlreichen Gängen und Lagern por-
phyritischer Gesteine durchsetzt aus der Gruppe der Suldenite
und Ortlerite und von Diorit. Das obere Val Zebru zeigt solche
Gänge beiderseits der Zebrulinie — der Triasdolomit der Königsspitze
und Cima della miniera ist durchspickt mit solchen Gängen, an
welchen der Ortlerdolomit stark kontaktmetamorph geworden ist, wobei
stellenweise ein bedeutender Erzgehalt in dem Kontakthofe sich ange-
reichert hat. In den Phylliten nehmen sie meist die Form von Lager-
gäugen an. Reich an solchen Gängen ist der Öonfinalekamm und
640 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [110]
auch im Gaviatal und Val delle Alpe sind davon viele zu sehen; die
Gänge am Gipfel des Oonfinale sind sehr stark druckschieferig —
ein Zeichen, daß nach ihren Intrusionen noch Gebirgsbewegungen
stattgefunden haben. Ihre Intrusionszeit fällt also zwischen die Trias
und jener letzten Bewegungen der Schichten. An der Cima della
manzina treten auch Lager von Quarzporphyr auf, welche ebenfalls
stark druckschieferig sind.
Literatur.
Curioni, Geologia applicata delle prov. lombarde. 1877
H. v. Foullon, Über mineraleführende Kalke aus dem Val Albiolo in Südtirol.
Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1880, pag. 146.
W. Hammer, Mitteilung über Studien in der Valfurva und Val Zebru bei Bormio.
Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1902, pag. 320.
— Über die Pegmatite der Ortleralpen. Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1903, pag. 345.
— ÖOlivingest:ine aus dem Nonsberg, Sulzberg und Ulteutal. Zeitschr. f. Naturwiss,
Stuttgart, Bd LXXII, 1899.
-- Die kristallinen Alpen des Ultentales I. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1902, U.
Jahrb: d. k. k. geol. 1904.
— Geologische Aufnahme des Blattes Bormio-Tonale. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A.
1905, pag. 1.
— und G. B. Trener, Blatt Bormio-Tonale der geologischen Spezialkarte von
Österreich samt Erläute rungen 1908.
W. Salomon, Die Adamellogruppe 1. Teil. Abhandl. d. k. k. geol. R.-A. Bd. XXI,
Heit 1, 1908.
G. Stache, Die a Verhältnisse des Gebietes zwischen Bormio und Passo
del Tonale. Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1878, pag. 127.
— Der kıistalline ehe zwischen dem hinteren Ultengebiet und Unter-
sulzberg. Verb. d. k. k. geol. R.-A. 1880, pag. 249.
— Über das Vorkommen von Olivingesteinen in Südtirol. Verh. d. k. k. geol. R.-A.
1880, pag. 250.
— Neue Daten über das Vorkommen von Olivingesteinen im Sulzberg-Ultentaler
Gebirgszug. Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1831, pag. 296.
G. Stache u. C. John, Geologische and petrographische Beiträge zur Kenntnis
der älteren Eruptiv- und Massengesteine der Mittel- und Ostalpen. II. Cevedale-
gebiet. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1879.
G. B Trener, Geologische Aufnahme im nördlichen Abhang der Presanellagruppe.
Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1906, pag. 405 u. ff.
P. Termier, Les Alpes entre le Brenner et la Valteline. Bulletin d. 1. soc. geol.
de France. 4. Serie, Bd. V, 1905.
Vom Tonalepaß zum Passo croce domini (Adamello-
gruppe).
Von den Bergen, welche die breite Paßsenke des Tonale süd-
wärts einschließen bis zum Passo ceroce domini breitet sich im Quer-
schnitt als ein bedeutendes Glied in der Reihe der durchschnittenen
Gebirgszonen die Eruptivmasse des Adamello aus; es kann nicht
die Aufgabe dieses Begleittextes sein, Umfang, Beschaffenheit und
Mechanik dieser gewaltigen Tonalitmasse ausführlich darzulegen, sondern
es sei diesbezüglich auf die großangelegte, eingehende Monographie
verwiesen, welche W. Salomon unter dem Titel: „Die Adamello-
gruppe, ein alpines Zentralmassiv und seine Bedeutung für den Ge-
[111] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 641
birgsbau und unsere Kenntnis von dem Mechanismus der Intrusionen*“
in der Abhandl. der k. k. geol. R.-A. 1908—1910, Bd. XXI heraus-
gegeben hat sowie auf die Arbeiten Dr. 6. B. Treners. Erstere
enthält auch ein vollständiges Verzeichnis der Literatur dieses Ab-
schnittes, weshalb von einer besonderen Aufzählung dieser Art bei
diesem Kapitel abgesehen werden kann. Hier soll nur ein kurzer
Überblick über die Adamellomasse entworfen und einige Bemerkungen
über die umgebenden Regionen kristalliner Schiefer geäußert werden.
Die aus dem von Rath als Tonalit benannten dioritisch-
granitischen Eruptivgestein bestehende Adamellomasse grenzt sich
im Norden durch eine dem Schichtstreichen folgende Linie vom Monte
Aviolo ober Edolo im Ogliotal bis zu den nordöstlichsten Ausläufern
der Presanellakette ab, ihr Ostrand begleitet die Judikarienlinie, zuerst
unmittelbar von ihr gebildet, gegen Süden immer mehr von ihr zurück-
weichend; im Westen buchtet sich die Tonalitmasse im Val Saviore
tief ein und wird durch diese Einschnürung in einen weit größeren
nördlichen Teil: den Adamellostock und einen kleinen südlichen
Teil: den Stock des Re di castello geschieden. Der sonst richtungslos
struierte Tonalit wird am Nord- und am nördlichen Teil des Ostrandes,
von einer basischen Randzone von Tonalitgneis und Tonalit mit Parallel-
struktur umsäumt.
Die Form der Intrusion ist ein Mittelding zwischen Stock und
Lakkolith und wird von Salomon als Ethmolit bezeichnet. Das
Streichen der Schichten ist vorwiegend parallel dem Tonalitrand mit
sehr steilem Einfallen der Schichten unter die Tonalitmasse hinein.
Am Nordrand entspricht dies der allgemeinen Steilstellung der Schiefer,
am Süd- und Südostrand nehmen die zwischen Tonalit und Judikarien-
linie, beziehungsweise Trompiabruch sonst flachliegenden Schichten
bei Annäherung an den Tonalitrand rasch steileres Fallen an und
schießen sehr steil unter den Dolomit ein. In der Gruppe des
Re di castello und besonders deren südlichen Teil, dem Freronestock,
greift die Eruptivmasse mannigfach in die Sedimenthülle ein, ent-
sendet Apophysen in dieselbe, und anderseits sind mehrfach isolierte
Reste einer Überdeckung des Tonalits mit den triadischen Sedimenten
auf dem Tonalit noch erhalten, so daß Salomon eine ehemals voll-
ständige UÜberdeckung der Freronegruppe durch Trias annimmt, welche
erst durch die Erosion zerrissen wurde. Apophysen sind übrigens in
allen Teilen des Randes zu finden, am wenigsten am Nordrand. Jene
durch Fossilfunde teilweise als obertriadisch festgestellten Reste sind
durch den Kontakt des Tonalits stark umgewandelt worden und geben
dadurch eine untere Grenze für das Alter der Intrusion.
Im Gebiete der Cime delle Casinelle (im Verbindungsstück
zwischen Adamello- und Re di Castellostock) hat G. B. Trener!)
noch die obersten Bänke des Hauptdolomits im primären Eruptivkontakt
mit dem Tonalit gefunden, der Tonalit ist also Jünger als Haupt-
dolomit.
ı) G. B. Trener, Über das Alter der Adamelloeruptivmasse. Verh. d. k. k.
geol. R.-A. 1910, pag. 91 u. ff.
Jahrbuch d.k.k.geol. Reichsanstalt. 1911, 61. Bd., 3. u. 4. IIft. (Ampferer u. Hammer.) 83
642 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [112]
W.Salomon schreibt der Tonalitintrusion tertiäres Alter zu;
einerseits geht er dabei von der theoretischen Überlegung aus, daß
alle jene längs der Judikarien- und Draulinie und innerhalb derselben
auftretenden Eruptivmassen, welche er als periadriatische Massen
zusammenfaßt, ungefähr gleichaltrig seien, für die dazugehörige
Klausnereruptivmasse wegen ihrer Beziehungen zur Villnösserbruch-
linie aber ein spätkretazisches oder postkretazisches angenommen
werden muß; anderseits kommt er zu dem Schluß, daß die Intrusion
gleichzeitig mit der Faltung erfolgte: gegen eine Intrusion vor der
Faltung spricht die steile Aufrichtung der Schichten in den noch
erhaltenen Resten der Sedimentdecke und der Mangel einer Beein-
flussung der regionalen Tektonik durch die Tonalitmasse, gegen eine
Intrusion nach der Alpenfaltung die Anschneidung der Intrusivmasse
durch die Judikarienbruchlinie — für die Gleichzeitlichkeit die Zu-
nahme der Faltungsintensität am Rande der Intrusionsmasse. Da die
Auffaltung des Perm und der Trias in den Südalpen erst im Tertiär
erfolgte, gelangt man wieder Zu einem tertiären Alter der Tonalit-
intrusion. Salomon verweist im besonderen auch auf Apophysen-
gänge welche gefaltete Triasbänke quer durchbrechen.
Die erstere Begründung ist nun dadurch hinfällig geworden, daß
durch die Auffindung von typischen Geröllen der Cima d’Astagranitmasse
in permischen Konglomeraten durch Krafft!) und Trener?) sowie
von charakteristischen Stücken des Iffingergranits im Kastelruther
Porphyr und in Porphyrtuffen des Sarntales durch Wolff?) und
Sander*) das vorpermische Alter dieser beiden Intrusivmassen so
viel wie sicher ist, die Syngenese der periadriatischen Massen also
nicht weiter aufrechterhalten werden kann.
Die zweite Schlußkette Salom ons ist nicht zwingend, die Deck-
schollen können durch die Intrusion selbst in steile Stellung gerückt
worden sein, und die Beeinflussung des Faltenbaues durch die Intrusiv-
masse ist wohl verschieden deutbar. G. B. Trener verweist auf die
schmalen, eng zusammengepreßten Sedimentzonen des Val Blumone
und des Monte Gallinera, welche von Westen in die Tonalitmasse
eindringen und ebensogut als tektonische Wirkung der Intrusion wie
als Erzeugnisse der tertiären Alpenfaltung gedeutet werden können.
Dies gilt auch für die besonderen Fälle, in welchen geradlinig ver-
laufende Tonalitapophysen gefalteten Muschelkalk durchkreuzen. Die
angeführten Falten liegen jm Gebiet des Monte Frerone, unmittelbar
am Rand der Intrusivmasse, können also auch durch die Intrusion
allein entstanden und durch spätere Gangintrusionen durchbrochen
worden sein. Es ist also zunächst nur das posttriadische Alter, nicht
aber das tertiäre Alter nachgewiesen.
Für diese Enstehungsfragen scheinen mir die Anschauungen,
welche E. Reyer°) über den Mechanismus großer Intrusionsmassen
im allgemeinen geäußert hat, sehr berücksichtigungswert zu sein,
') Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1898.
?) Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1901.
®\ N. J. f. Min. u. Geol. 1908.
*) Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1906.
°) Geologische Prinzipienfragen. Leipzig 1907, Verlag Engelmann.
[113] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 643
welche dahin gehen, daß bei derartig ausgedehnten Eruptivmasen
eine Entstehung in mehrmaligen zeitlich getrennten Intrusionen
(und Eruptionen) wahrscheinlich ist, wobei durch die Intrusion selbst
auch Faltungen des Sedimentmantels eintreten können.
In der Adamellomasse lassen sich mehrere verschiedene Gesteins-
typen voneinander unterscheiden, welche teils auf Differentiation inner-
halb einer Intrusion, teils auf altersverschiedene Intrusionen zurückge-
führt werden können. Bereits Teller hat eine saure Fazies in der
engeren Adameliogruppe gegenüber den basischen Randzonen und der
Re di Castellomasse in seiner Karte ausgeschieden und die Unter-
suchungen von Salomon und Trener haben ein genaues Bild der
vielfachen Differenzierungen geschaffen. Nach Trener!) ist die
Granodioritmasse des Cornoalto (-Sabbionediorit Salomons)
als ältester Teil des ganzen Intrusionsgebietes anzusehen. Ihr folgen
in der zeitlichen Reihenfolge gemischte Gänge eines Hornblende-
gesteins, dann der Re di Castellotonalit und weiterhin jüngere
Granitintrusionen an der Ostseite der Adamellogruppe; über das Alter
des Adamellotonalites im engeren Sinne hat sich Trener sein Urteil
bis zum Abschluß der weiteren Aufnahmen vorbehalten. Salomon
sieht innerhalb der Adamellomasse die Schlierenknödel (Lazerations-
sphäroide Salomons) als Reste einer ältesten Erstarrungsdecke des
Magmas am Urort an. Den ältesten Teil der Intrusion bildet dann der
Biancotonalit, ihm folgen im Alter die „gewöhnlichen“ Tonalitvarietäten
(Kerntonalit, saure Randfazies, pyroxenführender Tonalit), dann der
Apophysentonalit und zuletzt die Aplite, Pegmatite und der größte
Teil der Porphyrite.
Die Feststellung derartiger Altersunterschiede innerhalb der ein-
zelnen Gesteinsarten des Adamellointrusionsgebietes spricht zugunsten
der genannten Reyenschen Auffassung und läßt eine Lösung der
Altersfrage in dem Sinne als möglich erscheinen, daß die Intrusion
weder ganz tertiär noch ganz vortertiär war, sondern sich über weite
Zeiträume, mindestens mit Hauptdolomitalter beginnend, verteilen.
(An den Cime Casinelle steht sowohl der Re di Castello- als der
Adamellotonalit im engeren Sinne im primären Kontakt mit Haupt-
dolomit.)
Die Breite der Kontaktzone wird von Salomon mit 2 km im
Höchstmaß angegeben; Trener fand am Nordrand als größte Breite
der Kontaktzone in den kristallinen Schiefern 0:75 km. Nach seinen
Untersuchungen in Judikarien, zufolge freundlicher mündlicher Mit-
teilungen, ist aber auch dort die von Salomon angegebene Erstreckung
der Kontaktzone auf die lokalen Kontaktwirkungen einzelner Gänge
zurückzuführen und Trener mißt auch dort der Kontaktzone nur
eine Breite von höchstens 1 km zu.
Wenn man dem den gewaltigen Umfang der Tonalitmasse gegen-
überstellt (Länge Frerone--Meledriotal ungefähr 50 km, Breite 7—20 km),
so ist die geringe Breite des Kontakthofes bemerkenswert im Hinblick
auf die Weitwirkung, welche Weinschenk bei seiner Theorie der
1) @. B. Trener, Die Lagerungsverhältnisse und das Alter der Cornoalto-
eruptivmasse, Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1910, pag. 373.
e 83*
644 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [114]
Piezo-Kontaktmetamorphose den zur Erklärung herangezogenen und
oft sehr weit entfernten Eruptivmassen zuschreiben zu dürfen glaubt.
Zahlreiche porphyritische Gänge begleiten den Tonalit und sind
in der Kontaktzone besonders häufig. Außerdem setzen auch Pegmatit-
gänge im Tonalit und außerkalb desselben auf. Die Pegmatitgänge im
Tonalit sind insofern von Bedeutung, daß dieselben, da sie offenbar
jünger als der Tonalit sind, aufein tertiäres oder kretazisches Alter dieser
Pegmatite hinweisen. Wahrscheinlich sind also diese Pegmatite und
jene der Ortleralpen, besonders des Martelltales, verschiedenen Alters,
nachdem die Durchbrechung eines dieser Pegmatitgänge durch den
Tonalitporphyrit (Töllit) an der Töll bei Meran aus der Ganggefolgschaft
des Iffingertonalits für ein höheres Alter der Ortlerpegmatite spricht.
(Auch Salomon hält die Adamellopegmatite für eine gesonderte Gruppe
gegenüber jenen nördlich des Tonale.)
Im Norden, Osten und teilweise auch im Westen umschließen
kristalline Schiefer den Tonalit und sind in den Randzonen durch
diesen kontaktmetamorph geworden.
Am Nordrand, im Sulzberg und im obersten Osgliotal besteht
dieser Schiefermantel aus Phylliten: Quarzlagenphyllite und gemeine
Phyllite. Verschiedene für die Phyllite der südlichen Ortler-
gruppe charakteristische Ausbildungen und Beimengungen
kehren hier wieder: Übergänge in Quarzite und in Glimmer-
schiefer, beziehungsweise Phyllitgneis, wie solche Übergänge in der
Basis des Phyllits der Ortlergruppe auftreten, ein fleckenweise stark
hervortretender Granatgehalt (ohne bestimmtes Niveau), Feldspatphyllite,
ähnlich denen im Val Zebru und bei Bormio, ferner die von Salomon
als Colmit bezeichneten granulitähnlichen Quarzfeldspatgesteine,
welche sowohl in den unteren Lagen der Phyllite des Ortlerhaupt-
kammes als auch in der Pejoserie sich vorfinden.
Eine dem Ortlergebiet fremde Ausbildung sind nur die kohlen-
stoffreichen Phyllite, welche lagenweise und ohne scharfe Abgrenzung
in die gewöhnlichen Phyllite an vielen Stellen eingeschaltet sind.
Nach der Bestimmung von G. B. Trener ist der Kohlenstoff als
amorpher Kohlenstoff in feinster Verteilung im Gestein enthalten.
An der Grenze der Kohlenstoffphyllite gegen den Augengneis von
Stavel steht ein schwärzliches dichtes Gestein an, das große Ahnlich-
keit mit den Grauwacken der Pejoserie besitzt, wenn auch hier der
primär klastische Charakter desselben nicht sicher erkennbar ist.
Salomon faßt es als Reibungsbreccie auf. Dieselbe Folge phyllitischer
Schiefer erfüllen auch die weite Einbuchtung der Tonalitmasse im
Val Saviore, hier noch von permischen Sandsteinen, teilweise auch
von Trias überlagert. Wie diese hier von den Permsandsteinen werden
die Phyllite des Ortler vom Verrucano transgrediert.
An der Ostseite der Adamellomasse verbreitet sich eine Schiefer-
serie, welche im ganzen einen höheren Grad der Metamorphose zur
Schau trägt, da sie sich hauptsächlich aus Glimmerschiefer (zwei-
glimmerig und Muskovitglimmerschiefer), Phyllitgneis, Muskovitgneis und
Übergangsgesteinen zu Phyllit zusammensetzt. Hier tritt auch häufig
der Colmit auf, seltener Edolite und Quarzite. Gesteine dieser Schicht-
gruppe tauchen auch bei Cedegolo unter den Phylliten auf und auch
[115] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 645
von anderen Orten gibt Salomon eine Unterlagerung der Phyllite
durch die höher metamorphen Gesteine an, für die also ein höheres
Alter durchaus wahrscheinlich ist.
Wie aus der Gesteinsbezeichnung hervorgeht, entsprechen die
Phyllite vollständig den Phylliten der Ortlergruppe und wurden
auch schon von Stache diesen gleichgestellt, während die zweite
Schichtfolge die Schieferarten der Phyllitgneise Staches umfaßt.
Salomon benennt erstere Edoloschiefer, letztere Rendenaschiefer
— nach den Orten ihrer stärksten Ausbreitung — da er sie trotz
von ihm bestätigter petrographischer Gleichheit nicht ohne weiteres
gleichstellen will, nachdem dieselben in zwei „tektonisch einander ganz
fremden Gebirgsteilen“ liegen. Es scheint mir, daß hier ein Kreis-
schluß vorliegt. Die Phyllite diesseits und jenseits der „Tonalelinie“
können nicht gleichgestellt werden, weil diese Linie sie verschiedenen
Alpenteilen zuweist und diese Verschiedenheit der Schichten ist dann
wieder ein wichtiges Argument für das Bestehen der Tonalelinie.
Der Nachweis der Tonalelinie an der Nordseite der Presanellakette
erscheint schon von vornherein aussichtslos, wenn man bedenkt, daß
diese Verwerfung parallel dem Streichen in nahezu saiger stehenden
kristallinen Schiefern verlaufen soll. Der Wechsel von gneisigen
Gesteinen nördlich der angenommenen Linie zu phyllitischen südlich
derselben, kann ohne Hindernis als normale Schichtfolge aufgefaßt
werden, wofür das Auftreten von Quarziten an der Grenze spricht;
tatsächlich treten auch schon nördlich der von Salomon als Ver-
werfung angesprochenen Linie Phyllite auf, welche in die Gneise
übergehen. G. B. Trener hat die Gründe, welche für und wider
eine Verwerfung im Presanellagebiet sprechen, eingehend auseinander-
gesetzt und kommt zum Schlusse, daß kein Argument zur Annahme
einer Verwerfung zwingt, allerdings auch kein strenger Beweis für
das Nichtvorhandensein gegeben werden kann. Das von Salomon
als Reibungsbreecie gedeutete Gestein ist petrographisch identisch
mit Grauwacken aus der Pejoserie. Festgestellt kann nur werden,
daß eine Pressungszone dem Val Vermigliana entlang streicht innerhalb
eines die normale Schichtfolge von den Gneisen zu den Phylliten
darstellenden Schichtkomplexes. „Die weit größere Wahrscheinlichkeit
spricht vorläufig gegen die Existenz einer Bruchlinie* (Trener).
Für das Veltlin gibt Stella ebenfalls einen allmählichen Über-
sang der in der westlichen Fortsetzung der „Edoloschiefer“ liegenden
kristallinen Schiefer (Filladi, gneis chiari, quarziti etc.) in Gesteine
der „Tonaleschiefer“ (micaseisti grigi, gneis scuri) an). Desgleichen
wurde der Mangel einer solchen Abgrenzung bereits im früheren Ab-
schnitt für das Seengebiet angeführt.
Wir sehen also, daß einerseits die gleichen Gruppen der kri-
stallinen Schiefer — die Phyllitgneise und die Phyllite — sich von
den Ortleralpen südlich bis an die Bergamaskeralpen und die Adamello-
1) Contributo alla geologia delle formazione pretriasiche sul versante meridio-
nale delle Alpi Centrali. Bolletino d. C. G. 1894.
Stella betont die petrographische Gleichheit der Phyllite von Valcamonica
mit denen von Nordtirol (Quarzphyllit südlich Innsbruck).
646 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [116]
gruppe in gleicher Ausbildung ausbreiten, daß anderseits, da eine
Verschiedenheit der Schichten beiderseits der Salomonschen Tonale-
linie fehlt, aber auch die örtlichen Verhältnisse die Annahme einer
Verwerfung als sehr unwahrscheinlich erscheinen lassen — daß ander-
seits keine Umstände für die Existenz einer Störungslinie von so
allgemein alpiner Bedeutung an dieser Stelle sprechen — mit anderen
Worten: die zentrale Alpenkette und die als Dinariden be-
zeichneten Gebirgsketten stehen an der Tiefenlinie Veltlin—Aprieca—
Tonalepaß-—-Sulzberg in unlöslichem Zusammenhang, sie bilden
eine geschlossene Gebirgsmasse.
Die Schichtentafel zwischen der Adamellomasse und
der Trompialinie.
Der Tonalitmasse des Re di castello ist im Süden ein Bergland
vorgelagert, welches durch seinen geologischen Bau den Alpenzonen,
welche der Querschnitt vorher und nachher durchschneidet, als eine
durchaus eigenartige Erscheinung gegenübersteht. Blickt man von
einer der begrünten Kuppen südlich des Passes Croce domini über
das Val Caftfaro und seine Höhenrücken oder hinüber zum Kamm des
Monte Colombine, so sieht man die oft bunt gefärbten Schichtbänder in
einem wenig von den Höhenlinien der Karte abweichenden Verlauf durch
Berg und Tal hinziehen — das Bild eines von der Erosion tief zerschnit-
tenen Tafellandes. So wie südlich der Granitnarbe Meran—Franzens-
feste— Bruneck auf der Porphyrtafel von Bozen die triadischen Ablage-
rungen in flacher Ausbreitung ein von Brüchen durchschnittenes Plateau
land bilden, wiederholt sich hier dieselbe Schichtfolge in derselben Lage-
rungsweise. Hier wie dort überdecken Porphyrströme das aus zusammen-
gefalteten kristallinen Schiefern, besonders Phylliten bestehende ältere
Grundgebirge und über ihnen häufen sich die terrestren oder küsten-
nahen Ablagerungen am Übergang vom Perm zur Trias in mächtigen,
flachliegenden Schichtenmassen auf und werden von den Resten der
marinen Trias überdeckt. Während wir dort aber südlich der Judikarien-
Draulinie, also in dem als Dinariden bezeichneten Alpenteil stehen,
bildet hier die Judikarien-, beziehungsweise die Trompialinie den Süd-
und Ostrand und die in Bau und Fazies den Südtiroler Dolomiten
entsprechenden permotriadischen Schichten, transgredieren im Camonica-
tal über den südlichsten Ausläufern der ostalpinen Zentralzone kri-
stalliner Schiefer, welche mit nördlicher gelegenen Teilen der Zone
des Veltlin und diese wieder mit den Ortler- und Otztaleralpen in
einem Zusammenhang stehen, der durch keine umfassende tektonische
Scheidungslinie, wie sie die Judikarienlinie ist, unterbrochen ist.
Alpen und Dinariden ermangeln im Valcamonica einer Trennungslinie.
Die kristalline Basis der Schichttafel zwischen Tonalitmasse und
Trompialinie ist der schon von den ersten geologischen Kundschaftern
als bedeutsam hervorgehobene Zug kristalliner Schiefer, welcher von
Artogne-Darfo im Tal des Oglio an der Südseite des Mufetto-Colombine-
kammes sich bis Bagolino im Caffarotal erstreckt. Der Schiefer
[117] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 647
schwankt in seiner Gesteinstracht zwischen Phyllit und Glimmer-
schiefer und entspricht völlig den Schiefern aus der Umrandung der
Adamellomasse, besonders Salomons Edoloschiefern.
An der oberen Grenze derselben, nahe unter dem Porphyr, beob-
achtete schon E. Suess die Einschaltung eines Gneislagers, das er
mit dem in den Erzbauen von Arnaldo (bei Bovegno) auftretenden
Granit gleichstellte und dessen später auch Gümbel und andere
Beobachter erwähnen. Salomon bestimmte das Gestein als meta-
morphen Quarzglimmerdiorit. Dasselbe Lager setzt sich gegen Osten
über den Kamm zwischen Trompia- und Caffarotal fort und liegt im
Val Dasdana und dem untersten Teil der Val Vaja in größerer Mächtig-
keit als zweiglimmeriger, stellenweise hornblendeführender Ortho-
gneis, unmittelbar unter dem Grenzporphyr, wie dies auf dem Profil
zum Ausdruck kommt.
Die Reihe der jüngeren Ablagerungen eröffnet dann ein starkes
Lager von Quarzporphyr, welches unmittelbar dem gefalteten und
abradierten kristallinen Schiefern aufruht. Im Dasdanatal ist die
bedeutende Differenz des Fallwinkels von Gneis und Porphyrlager
wohl als Ablagerungsdiskordanz zu verstehen. Diese Quarzporphyr-
decke ist vom Muffetto über Val Caffaro bis Lodrone am Chiese zu
verfolgen und entspricht in ihrer Lage den unteren Strömen des
Bozener Quarzporphyrs. Daß es sich um ein ausgedehntes Lager und
nicht um Gänge oder Stöcke von jüngerem Alter als die Walchien-
schiefer handelt, wie Curioni und Lepsius es deuteten, geht,
aus den schon von E. Suess, Gümbel und späteren Beobachtern
festgestellten Vorkommen von Porphyrgeröllen in diesen Schiefern
hervor und erhellt auch aus den Lagerungsverhältnissen, die an
dem tiefen Taleinschnitt des Caffaro und seiner Seitentäler klar er-
sichtlich sind.
Das Val Vaja, in dessen Bereich unser Querschnitt diese Alpenzone
durchschneidet, bietet ein vorzügliches Profil der über dem Quarz-
porphyr folgenden Ablagerungen. Steile Talstufen von Wasserfällen
überwölbt, wechseln in rascher Folge übereinander mit kleinen Tal-
weitungen, den Wechsel der Gesteinsarten abbildend, während ober
der Holzgrenze die dürftigen Alpenmatten allenthalben den Felsgrund
hervorschauen lassen. Man steigt oberhalb des Quarzporphyrs, der den
Talausgang abriegelt, über eine Folge von grünen, gelbbraunverwitternden,
dichten Schiefern; darüber lagern sandige Quarzite und Grauwacken
und diekbankige graue Quarzite; dann schaltet sich ober Casa Stablei
ein starkes Lager von grobkörnigem, lichtem Porphyrtuff ein. Darüber
liegen glimmerig-sandige, schwärzliche Schichten, aus denen sich in
manchen tonigen Lagen rundliche, oft versteinerungsähnliche Linsen
und Knollen herauslösen, die wohl Curionis „frutti* entsprechen
dürften. Diese Schichten reichen bis an die Schwelle der Seemulde und
enthalten in den dachschieferartigen schwarzen Platten bei der oberen
Malga zahlreiche Pflanzenreste von teilweise ziemlich guter Erhaltung.
Uber ihrem oberen Rande beim Lago Vaja breitet sich ein
kleines Porphyrlager aus, außerdem aber sind ihnen zwischen der
untersten und oberen Malga zwei kleine Lager von Porphyr und
Porphyrtuff eingeschaltet.
648 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [118]
Bei dem See steht man dann auf den untersten grob-
körnigen Lagen der roten Sandsteine und Konglomerate, welche alle
überragenden Höhen zusammensetzen. Sie sind reich an Geröllen
fremder Gesteine. Hundert Meter über dem See, bei Casinetto Vaja
(österreichische Spezialkarte), streicht durch den ganzen Talhinter-
grund bis gegen Pt. Setteventi hinauf ein Lager roten Quarzporphyrs,
eingeschaltet in die roten Sandsteine, welche den Monte Mignolino
zusammensetzen und nach N bis nahe zum Monte Rondenino reichen.
Dieselbe Schichtfolge ist weiter auseinandergezerrt und etwas
weniger gut aufgeschlossen, bei der Wanderung durch das Val Caffaro
zu studieren und auch schon von Gümbel, Tarameli, Baltzer
und anderen Autoren beschrieben worden. Der erstgenannte fand auch
hier Pflanzenreste und traf (auch Curioni berichtete davon) nördlich
der Talteilung Sanguinera—Catftaro beiderseits ein Porphyrlager nahe
unter der Liegendgrenze des roten Sandsteins. Das große unterste
Quarzporphyrlager durchquert das Haupttal bei S. Carlo. Gümbel
gibt auch unterhalb desselben Lagen von grüngrauem Sandstein und
Tuff an, was aber seither von keiner Seite eine nochmalige Bestätigung
gefunden hat. Die lithologische Ausbildung der Gesteine ist die
gleiche wie im Val Vaja: Feinkörnige Quarzsandsteine, Quarzite, tonig-
sandige Schichten, Grauwacken und Tuffe. Stache zeichnet auf
seiner Karte beiderseits des Caffaro Porphyrlager ein, eingeschaltet
in die Permschichten.
Ebenso wie nach Osten, ins Caffarotal und ins Tal des Chiese,
läßt sich die Schichtfolge von Vaja leicht gegen Westen verfolgen, wo
in nächster Nähe das berühmte Profil des Monte Colombine die-
selben Schichten wieder zeigt (siehe Profil Fig. 22). Uber dem Quarz-
porphyr eröffnen tuffige Schichten mit Porphyrtrümmern, Breccien und
Konglomerate mit Porphyrgeröllen die Reihe der Schichten, über denen
dann die Sandsteine und Quarzite folgen, in deren sandigen Zwischen-
lagen die von D. G. Bruni zuerst aufgefundene und von Geinitz
bestimmte fossile Flora des Rotliegenden enthalten ist. Es ist derselbe
Horizont, wie bei der Alpe Vaja. Im Hangenden an der Grenze gegen
die roten Konglomerate des Gipfels liegt — über der neugebauten
Fahrstraße, welche am Südhang des Gipfels eben hinleitet — ein
gelblich-weißer Porphyr; E. Suess vermutet bereits das Vorhanden-
sein von Porphyrlagern in diesem Horizont, indem er Porphyr-
brececien fand. Die Gipfelfelsen bestehen aus rotem Konglomerat,
welches besonders an der Nordseite des Gipfels in Menge gerundete
Gerölle (bis zu Kopfgröße) von Urgebirgsgesteinen neben vielen Quarz-
geröllen enthält. Wenn man über die flach gegen Norden geneigten
roten Schichten ins Grignatal absteigt, sieht man bei Casa Renole
Vaje (österreichische Spezialkarte) am Abfluß des Sees unter den-
selben die tieferen grauen Sandsteine (hier selten dürftige Pflanzen
reste) wieder hervorkommen und flach zum Grignabach abschießen.
Über den vom Bach gescheuerten Platten derselben erhebt sich
am Nordufer als niedere Mauer wieder der Anschnitt eines wenig
mächtigen Porphyrlagers, das am Talhang wieder von rotem Sand-
stein und Konglomerat überlagert wird. An den gegen Westen
schauenden Hängen des obersten Talgrundes (Tal der Seen von Renole)
[119] Geolögischer Querschnitt durch die Ostalpen. 649
sieht man die gleichen Schichten in flachem Anstieg zum Kamm
östlich des Colombine sich fortsetzen; über den niederen Sattel nördlich
des Monte Dasdana dürfte ein direkter Zusammenhang der grauen
Sandsteine mit denen des Colombine und von Vaja—Monte Matto
bestehen.
Wie schon aus Salomons und Baltzers Schilderung bekannt,
wandert man durchs Grignatal hinab gegen Prestine schier endlos immer
durch den roten Sandstein und trifft bei der Mündung des Travagnolo-
tales im roten Sandstein drei Porphyrvorkommen, von denen ohne
weitere Untersuchung nicht zu entscheiden ist, ob sie einem durch
Störungen wiederholten Porphyrlager oder zwei oder drei getrennten
angehören ; jedenfalls dürften sie einen höheren Horizont einnehmen
als die Lager am Colombine, vielleicht entsprechend dem ober dem
Lago Vaja.
Die Mächtigkeit der grauen Sandsteine etc. vom unteren Grenz-
porphyrlager bis zum oberen beträgt am Monte Colombine etwa 250 m,
im Val Vaja steigert sie sich auf 1000—- 1200 m und im Val Caffaro
dürfte sie 2000 m erreichen oder noch überschreiten, da bis jetzt keine
Zeichen größerer Störungen aus diesem Tal bekannt geworden sind;
die Mächtigkeit dieser Schichten nimmt also gegen Osten beträchtlich
zu, während sie gegen Westen rasch sinkt. Vom Monte Colombine
gegen Westen zu verschwinden sie vollständig und es liegen die roten
Konglomerate und Sandsteine auf dem Porphyr oder unmittelbar auf
den kristallinen Schiefern. Auch schon im südlichen Teil des Colombine-
profils, im Val Seramando, fehlen sie.
Gümbel, Lepsius, Baltzer und auch andere Autoren
trennen diese pflanzenführende Serie von den darüberfolgenden roten
Sandsteinen und Konglomeraten, dem Grödner Sandstein, be-
ziehungsweise Verrucano, wie er von verschiedenen genanat wird, wäh-
rend Salomon den Wechsel der Farbe nur als eine zu einer solchen
Trennung nicht berechtigende Faziesschwankung auffaßt. Das UÜber-
greifen des Grödner Sandsteins über das Verbreitungsgebiet der grauen
Sandsteine sowie besonders das neuerliche Auftreten grober Kon-
glomerate mit Gneis- und Phyllitgeröllen an der Basis des roten Sand-
steins, der in diesem Gebiet stets das höhere Niveau einnimmt,
scheinen mir doch eine Abtrennung zu rechtfertigen. Taramelli
vermutete, daß der untere Teil der grauen Sandsteine und Grauwacken
im Val Caffaro noch zum Karbon zu stellen sei.
Das Korn des Grödner Sandsteins verfeinert sich nach oben und
ohne deutliche Grenze geht der Servino daraus hervor, der an dem
Rondeninokamm unseres Profils kaum vom Grödner Sandstein zu unter-
scheiden und wohl nur sehr geringmächtig ist. Die roten Schiefertone
und feinen Sandsteine wechsellagern im Hangenden mit dünnen Dolomit-
bänkchen als Übergang in den Zellendolomit. Besser ist der Servino
zwischen Campolaro und Passo croce domini erschlossen, von wo ihn
Salomon beschreibt. Der weite, sanft geneigte Berghang vom Ronde-
nino bis zum Passo croce domini wird von dem Zellendolomit und
der Rauhwacke überdeckt, welche nördlich des Passes die Unterlage
des Muschelkalk bilden. Am Rondenino wird der Zellendolomit (Zellen-
kalk) noch. von einem der vielen den Tonalit begleitenden Porphyr-
Jahrbuch d.k.k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Bd., 3. u. 4. Hft. (Ampferer u. Hammer.) 84
650 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [120]
gänge durchstoßen, ebenso Zellenkalk und Muschelkalk am Monte
Bazena.
Der Monte Bazena besteht zur Gänze aus den Schichten des
unteren und oberen Muschelkalks, nördlich dessen noch ein schmales
Band von stark kontaktmetamorphen Wengener Schichten und ? Esinokalk
ihn vom Tonalit trennt. Die Grenze läuft über die Kuppe südlich
des Monte Mattoni, an welcher die beiden das oberste Val Gera
umfassenden Kämme (Monte Asinino und Monte Bazena) sich vereinen
und welche von Salomon Cima di Teller getauft wurde. Zwischen
Muschelkalk und Reizischichten dringt am Sattel Cima di Teller—
Monte Bazena ein breiter Tonalitaufbruch durch. Auf die Darstellung
der stratigraphischen Verhältnisse des Muschelkalks und der darüber
folgenden Triasstufen gehe ich hier nicht näher ein, da ich darüber
keine besonderen Untersuchungen angestellt habe, in Rücksicht auf
die zahlreichen trefflichen Arbeiten, welche über dieses Thema schon
vorliegen, abgesehen davon, daß stratigraphische Forschungen nicht
der Zweck dieses Querschnittes sind.
Es wurde oben als bestimmend für das Landschaftsbild die flache
Lagerung der Schichtung bereits hervorgehoben. Die kristallinen
Schiefer zwischen Val Dasdana und dem Manivasattel neigen sich zu
einer großen flachen Mulde der Mitte zwischen beiden Grenzen zu,
woran sich nahe dem Dasdanatal noch eine steilere und schmälere
Antiklinalzone angliedert; auch in unmittelbarer Nähe der Trompia-
linie sind die Phyllitglimmerschiefer steiler aufgerichtet, vorwiegend
mit Nordfallen, wobei jedoch am Rande einer solchen Störungslinie
viele Unregelmäßigkeiten und Quetschungen fast selbstverständlich sind;
im kleinen sind alle Schiefer noch außerdem wellig gefältelt; in dem
zwischen Bruchlinien eingeklemmten Streifen im unteren Seramandotal
sind sie heftig zusammengepreßt und gefaltet, wie dies schon E. Suess
in seinem Profil zum Ausdruck gebracht hat. Der Hauptstock der
Schiefer, der die Unterlage des Perm bildet, ist aber wieder sehr
flach gelagert, wie an dem eingelagerten Gneis sichtbar wird, bei
lebhafter Kleinfältelung.
Auf einer flachliegenden, gegen N geneigten Abrasionsfläche
breitet sich darüber der Porphyr aus und die permischen Schichten.
Mit geringer Neigung senken sie sich dem Tonalit zu. Am Passo
eroce domini steigert sich rasch die Nordneigung der Schichten —
vielleicht schneidet hier auch eine untergeordnete Störung durch
(siehe Salomons Beschreibung). Die Triassedimente schießen steil
unter den Tonalit ein und zeigen in dieser Randzone stellenweise
starke Faltungen, die wohl mit dem Intrusionsvorgang in Zusammen-
hang gebracht werden dürfen.
Im Osten biegt sich nach den Profilen Bittners der Rand der
Schichttafel in der Nähe der Judikarienlinie rasch gegen diese herab.
Gegen Westen beginnt die Schichttafel im unteren Valcamonica sich
in starke Wellen aufzuwerfen, von Brüchen durchschnitten.
Nach der Darstellung Salomons sind die Sedimente im Um-
kreis des Tonalits nicht nur steil aufgerichtet und gefaltet, sondern
werden auch von zahlreichen, verschieden orientierten Verwerfungen
durchschnitten. Aber auch in dem ruhiger liegenden Teil weiter
[121] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 651
südlich schneiden mehrfach Verwerfungen dureh, welche, soweit sie
mir bekannt wurden, alle eine zwischen NW -SO und NO—SW
schwankende, vorwiegend nordsüdliche Richtung einhalten.
Eine auffällige Verwerfung schneidet im Val Vaja von ©. Fondo
aufwärts in NNW-Richtung etwa 1 km weit durch, wobei der öst-
liche Flügel gesenkt ist. Ein Quarzgang, der mauerartig aus dem
Alpboden herauswittert, bezeichnet teilweise seinen Verlauf. Zwischen
Monte Colombine und Ipoferrato gibt E. Suess einen ungefähr NS
streichenden Bruch an, ebenfalls mit Senkung des Ostflügels. Aus
der Umgebung von Collio beschreibt Cacciamali mehrere NW —SO
streichende Verwerfungen mit denen die Richtung eines Teiles der Erz-
gänge dieses ehemals eifrig bearbeiteten Spateisensteinreviers überein-
stimmt. E. Suess stellte zwei hauptsächliche Erzstreichen fest: eines
in NS-Richtung, welches den genannten Brüchen entspricht und ein
zweites in OW-Richtung, also parallel zu dem Trompiabruch. Mit
diesen Brüchen ist wahrscheinlich auch das Auftreten mehrfacher Por-
phyritdurchbrüche in der Gegend von Collio in Verbindung zu bringen.
Sicher wird eine genauere Durchsuchung der geologisch noch
wenig genau erforschten Permzone zwischen Judikarien und dem
Camonicatal noch eine Menge weiterer Bruchlinien aufdecken, ähnlich
wie es Tilmanns Untersuchung im Südosten des Gebietes ergeben
hat. Dagegen scheinen mir für das Vorhandensein von Schuppenstruktur
in diesem Gebiet keine Anzeichen vorhanden zu sein.
Den Südrand der in diesem Abschnitt behandelten Zone bildet
eine Störungslinie, welche schon lange unter dem Namen Trom-
pialinie bekannt ist. Die älteren Autoren -— es genügt, hier E.
Suess, Lepsius und Bittner zu nennen — sahen in derselben
durchweg eine saiger stehende Verwerfung und zeichneten sie auch
dergestalt in ihre Profile ein. Baltzer aber beschrieb diese Dis-
lokation 1901 als eine gegen Süden gerichtete flache Überschiebung,
an welcher der serizitische Gneis und Phyllit mit dem darüberlastenden
Perm des Muffetto-Colombinekammes um 2—6 km über das südlich
angrenzende Triasgebirge vorgeschoben wurden und benannte sie
cammunische Überschiebung. In einer kürzlich !) erschienenen Notiz
schränkt Baltzer diese Ausführungen insofern ein, als er das Über-
schiebungsprofil „als solches nur mit Vorbehalt und als eine hypo-
thetische Konstruktion aufrechterhalten“ will. Möglicherweise sei statt
Überschiebung liegende Faltung am Südrande anzunehmen. Neuer-
dings hat N. Tilmann auf Grund seiner Untersuchungen im Val
Trompia und Valcamonica sich gegen die Auffassung als Überschiebung
und zugunsten der älteren Anschauung ausgesprochen. Meine Exkur-
sionen in demselben Gebiet und im Val Caffaro haben mich zum
gleichen Schlusse geführt.
Im Val Caffaro tritt bei Bagolino der Charakter der Störungs-
linie im Landschaftsbilde augenfällig in die Erscheinung: wir sehen
gegenüber Bagolino die schroffen kahlen Triaskalkfelsen des Dosso
!) Bemerkungen und Korrekturen zum geologischen Kärtchen der Um-
gebungen des Iseosees und zu den Überschiebungen zwischen Camonica- und
Chiesetal. Zentralbl. f. M., G. u. P. 1909, Nr. 5.
84*
B52 ‚Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [122]
alto senkrecht aufragen und daneben an einer vom Manivapaß bis
Bagolino, gerade herablaufenden Grenze die weichgeformten und prächtig
bewachsenen Hänge des Glimmerschiefers daran anstoßen. Die
Bruchlinie streicht vom Manivapaß gerade OW nach Bagolino und
über dieses hinaus immer in: der gleichen Richtung über Berg und
Tal nach Lodrone. Aufschlüsse des Glimmerschiefers sind bis ungefähr
zur Isohypse 1000 herab am Rio Maniva vorhanden, in den tieferen
Gehängen fehlen Aufschlüsse derselben, bei Selva setzt der südliche
Flügel mit einem Streifen permischer Sandsteine ein, dem gleich
Werfener Schichten und Muschelkalk südwärts folgen. Am Rio Das-
dana sind Aufschlüsse der kristallinen Schiefer noch tiefer herab gegen
den Oaffaro vorhanden. Der ganze Abhang des Manivakammes zwischen
Rio Maniva und 8. Carlo besteht also bis zum Caffaro herab aus Gneis
und Glimmerschiefer (beziehungsweise Phyllit). Läge hier eine Über-
schiebung vor, so müßte sich die Trias des Dosso alto an den unteren
Hängen östlich des Maniva weit nach Bagolino hinein verfolgen
lassen — tatsächlich lauft die Grenze beider Gesteine aber unbeirrt
von dem tiefen Taleinschnitt des Oaffaro geradeaus nach Osten.
Vom Collio bis Pezzaze (Avano) hat Tilmann Verlauf und
Stellung der Bruchlinie beschrieben und ich kann für das Gebiet von
Collio und zwischen Bovegno und Pezzaze, welche Gebiete ich daraufhin
genauer besichtigte, seine Angaben vollends bestätigen. Auf dem bei-
gegebenen Profil sind .die Lagerungsverhältnisse bei Collio ersichtlich.
Der Hauptbruch streicht auch hier ohne Ablenkung der Schnittlinie
über Berg und Tal in ONO-Richtung und fällt sehr steil gegen N ein.
‚Er wird hier von einem parallelen Bruch bei Memmo begleitet. Zwischen
beiden Brüchen ist eine Scholle von Phyllit und Permsandstein ein-
gesunken und südlich stößt daran die Antiklinale von Perm (und Trias)
zwischen der Mella und Memmo. Auf dem Profil von E. Suess sind
diese Lagerungsverhältnisse für das Val Seramando bereits klar
ersichtlich. Eine Überlagerung von rotem Sandstein durch die Gneise
und Phyllite, wie sie Baltzer in seinem Profil von Memmo—Sette
crocette zeichnet, ist keineswegs vorhanden.
Zwischen dem Meolatal und Avano schneidet der Bruch in NO-
Richtung senkrecht durch; das Aneinanderstoßen des Glimmerschiefers
mit dem Grödner Sandstein ist über den dazwischenliegenden Höhen-
rücken gut zu verfolgen, beide sind an der Bruchlinie steil gestellt,
das Fallen des Glimmerschiefers verflacht sich weiter entfernt davon
— ganz ähnlich wie im Seramandotal. Im Meolatal sowie am Weg
von Pezzaze zum Oolle S. Zeno sind alte Baue auf Eisenspat an der
Grenze beider Gesteine.
Desgleichen muß ich mich Tilmanns Einwänden gegen die
Überschiebungsannahme für das Gebiet zwischen dem Trobiolo-
graben und Artogne im Valcamonica anschließen. Die Grenze
von kristallinem Schiefer und rotem Sandstein, beziehungsweise Kon-
glomerat streicht von Foppella (am Kamm zwischen Colle S. Zeno
und Dosso Pedalto) geradeaus gegen NW, überquert in gleich geradem
Verlauf den zum Dosso Pedona ziehenden Kamm und senkt sich bis
tief unter die tiefststehenden Hütten von Zoncone im Trobiolotal
hinab (bis 700 m?, beträchtlich tiefer als auf Baltzers Karte), wendet
653
Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen.
[123]
1
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654 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [124]
sich dann plötzlich gegen N, steigt hinauf bis ungefähr 1400 m östlich
von Casa di Tetto und senkt sich jenseits bis in den untersten Teil der
Schlucht des Val Palotto (bei 600 m), denn die untere Grenze des Kri-
stallinen (hier Feldspatphyllit) liegt hier nicht wie Baltzers Karte angibt,
an der Talteilung unter Pendese, sondern dieses reicht noch bis S. Pietro
ober Solato hinaus, sinkt also bis mindestens 500 mn herab, um dann
wieder neuerdings etwas anzusteigen — dem Bergrücken entsprechend
— bevor sie sich gegen Artogne hinabsenkt. Man müßte also die
gewiß unwahrscheinliche Annahme machen, daß die Überschiebungs-
fläche ganz gleich gewellt ist wie das jetzige Bergrelief. An der
Südgrenze zwischen Fopella und dem Trobiolo müßte die Grenzfläche
auch jedenfalls eine senkrechte oder doch sehr steile Stellung ein-
nehmen, da sonst die darüber aufragenden steilen Hänge und Wände
des Guglielmo aus den Gesteinen der Schubmasse bestehen mußten,
nicht aber aus den überschobenen Triasgesteinen, welche dort an-
stehen. In den obersten Teil des Trobiolograbens ist auch die Neben-
einanderordnung von Perm-Triasfolge auf dem Südufer und der
Glimmerschiefer auf dem Nordufer ganz gut zu sehen. Die kristallinen
Schiefer setzen sich nicht unter die Sandsteine hinein fort, sondern
stoßen daran ab.
Die Frage, ob die Schwenkung der Bruchlinie in die NS-Richtung
durch einen jüngeren Querbruch verursacht wird, oder durch eine
Richtungsänderung der Trompialinie selbst, beantwortet Tilmann
dahin, daß das letztere statt hat. Es steht dies in Übereinstimmung
damit, daß das Streichen der Triasschichten am Westabfall des
Guglielmo ebenfalls gegen N umbiegt und westlich des Oglio bei
Lovere und Volpino auch diese Richtung beibehält. Verbunden
damit ist ein Absinken der Schichten gegen den Iseosee. Eine
Fortsetzung der Bruchlinie über das Trobiolotal in südlicher Richtung
hinaus ist am Kamm des Guglielmo nicht zu beobachten. Dagegen
sind wohl Andeutungen einer Fortsetzung der Trompialinie dem Tro-
biolotal entlang vorhanden. Wie schon Baltzer und Salomon an-
nehmen, setzt bei Grignaghe eine dem Schichtstreichen parallele Ver-
werfung durch; während an der linken Talseite die Gipsmergel und
Rauhwacken und darunter der Servino mit den Spateisenstein-Baryt-
lagern tief unten am Bach liegen mit flachem SO-Fallen, reicht der
Servino an der rechten Talseite hoch hinauf und fällt flach gegen NO.
Die Baryt-Eisenspatlager sind zwischen Pontasio und Grignaghe auf-
geschlossen und erst oberhalb Grignaghe tritt die darüberliegende
Rauhwacke zutage. Es scheint demnach der Taltiefe eine Verwerfung
mit Absinken des Südflügels entlang zu laufen. Ebenso setzt aber
auch zwischen den Rauhwacken und dem Servino von Grignaghe und
den südlich folgenden, steil N fallenden roten Sandsteinen sehr wahr-
scheinlich ein Längsbruch durch. Die Scholle von Grignaghe wird im
oberen Trobiolotal, wie schon Baltzer auf seiner Karte angibt, von
einer NNO streichenden Verwerfung abgeschnitten, an welcher der
Servino von Grignaghe gegen roten Sandstein abstoßt. Da auch der
Querbruch, welchen Tilmann im obersten Val delle Selle beobachtete,
die Trompialinie nicht verwirft, so scheint ein Teil der Querbrüche
in diesem Gebiet gleichzeitig oder älter zu sein als der Trompiabruch.
[125] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 655
Der Zusammenhang mit dem Wechsel des Streichens spricht für Gleich-
zeitigkeit.
Am Östende der Trompialinie, im Val buona, gibt Bittner
eine Durchkreuzung mit der Judikarienlinie an, indem er Brüche im
Val Ampola als Fortsetzung der Trompialinie auffaßt, während die
Judikarienlinie sich über den Caffaro hinaus zum Idrosee fortsetzt,
in dessen Hauptdolomitregion sie dem Auge des Geologen entschwin-
det. Die neueren Aufnahmen Treners konnten aber erstere An-
nahme — mündlichen Mitteilungen Herrn Dr. G. B. Treners zu-
folge — nicht bestättigen.
Von der Trompialinie zur Poebene.
Dieser Teil des Querschnittes folgt genau Bittners Profil
Collio—Pavone (1831), von dessen Richtigkeit ich mich auch an
Ort und Stelle leicht überzeugen konnte. Es gibt ein charakteristisches
Bild der südlichen lombardisch-judikarischen Faltungsregion. Neu
hinzugekommen sind nur das Profil über den Dossoalto, für dessen
größeren nördlichen Teil aber auch mehrere Vorlagen (Curioni,
Lepsius, Fraas, Salomon) zur Verfügung standen, abgesehen von
den zahlreichen Beschreibungen desselben, und das Profil über die
Selva piana, das aebr indirekt auch schon durch die Arbeiten
Bittners gegeben war und nur an einer Stelle eine Veränderung
gegenüber Bittners Angaben erfuhr.
Was schon bei der Besprechung der Trias am Rande des
Adamellomassivs im vorigen Abschnitt ausgesprochen wurde, muß
hier wiederholt werden: Es wird auf ein Eingehen in die Strati-
graphie dieser Region vollständig verzichtet, teils, weil dies außerhalb
der Ziele der Arbeit liegt, teils weil gerade über die Stratigraphie
der Trias und des Jura der Südalpen so eingehende und treffliche
Bearbeitungen vorhanden sind, daß es — besonders ohne eingehendste
Detailstudien im Felde — bloß auf eine Wiederholung von lang Be-
kanntem hinauskäme.
Die Schichtenreihe reicht von den Werfener Schichten bis zum
Eocän. Erstere kommen nur bei Forno d’Ono und ein paar benach-
barten Orten noch ein wenig zutage. Die Triasglieder, welche hier
das obere Val Sabbia beherrschend und formgebend auftreten, sind
der Muschelkalk und Raibler Schichten. Ersterer tritt besonders durch
die mächtigen dunklen Graciliskalke hervor, denen gegenüber der
Brachiopodenkalk und die Kalke mit Ceratites nodosus im Hangenden
infolge ihrer geringen Mächtigkeit stark zurücktreten. Ein charakte-
ristischer Horizont sind die darüberfolgenden knolligen Kieselkalke
mit Pietra verde, die Buchensteiner Schichten Bittners, Kalke mit
Protrachiceras Reitzi bei Tilmann. Auch die darüber folgenden
Wengener Daonellenschiefer und die Wengener Riftkalke (Esinokalke)
sind wenig mächtig entfaltet. Erstere sind am Dosso alto abweichend
von der sonst bekannten Ausbildung als tuffig-sandige Ablagerungen
entwickelt, während die im Val Ponticello und Val Dignone den Über-
656 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [126]
sang zu den typischen Daonellenschiefern in Val Sabbia bilden. Letzterer,
in wechselnder Mächtigkeit als klotziger, bald hell, bald dunkel ge-
färbter Kalk oft mit Evinospongienstruktur, wird in steilen Wandab-
sätzen oder mauerartigen Graten durch die Verwitterung hervorgehoben.
Eine durchaus eigenartige Ausbildung, welche besonders den aus den
Nordalpen kommenden befremdet, und gleichzeitig sehr starke Ver-
breitung besitzen die Schichten, welche dem Raibler Niveau ent-
sprechen: es sind im Val Sabbia vorwiegend rot gefärbte, sandige,
tuffige, mergelige und auch konglomeratische Schichten, manchmal
mit Einschaltung grünlicher, gelblicher oder grauer Mergelschiefer.
Im Liegenden erscheinen knollige Kalkbänke mit Fossilien dieses
Horizonts, in Hangenden Gipse. Mit dem Hauptdolomit sind sie
durch Übergänge verbunden. An mehreren Orten (zum Beispiel
Barghe, Monte Pezzeda) beteiligen sich auch Eruptivgesteine (Diabas-
porphyrit nach John und melaphyrartige Gesteine nach Lepsius)
an dieser Schichtgruppe.
- Das Muschelkalk-, Wengener-, Raibler-Gebiet des oberen Val
Sabbia umrahmt im Norden, Osten und Süden der Hauptdolomit,
welcher besonders in dem Gebirge zwischen Idro- und Gardasee eine
gewaltige Entfaltung gewinnt und durch den rauhen, schluchtigen
Gebirgscharakter auch landschaftliche Eigenart besitzt.
Nur das südliche Ende des Profils schneidet dann noch jüngere
Horizonte an. Es folgen über dem Hauptdolomit rhätische Mergel
und Kalke — bei Clibbio an der Selva piana versteinerungsfübrend —
und der von Bittner noch zum obersten Rhät gestellte Grenzdolomit,
der Corna der italienischen Geologen entsprechend und von diesen
zum untersten Lias gezählt. Dann tritt man in den Zug von Jura-
und Kreideablagerungen ein, welcher dem Westufer des Gardasees
entlang streicht und westlich Salö an der Selva piana den Chiese über-
schreitet. Die Kreide ist in der bekannten Form des Biancone und
der Scaglia entwickelt, der obere Jura in der brescianischen Ent-
wicklung.
Bei Prandaglio umschließt die Synklinale noch einen Rest
eocäner sandiger Mergel.
Am Monte S. Bartolomeo bei Salö lagert über der Kreide trans-
sredierend ein mariner Tegel und über ihm ein nach oben gröber
werdendes Konglomerat, welch ersterer eine pliocäne Fauna enthält.
Da beide als Seichtwasserbildungen 400—600 m über dem heutigen
Meeresspiegel anstehen, sind sie — ebenso wie gleiche Reste weiter
westlich an der Sesia — ein Zeugnis einer postpliocänen Hebung der
Alpen gegenüber der gesunkenen Poebene, in der die Quartärschichten
im Bohrloch von Cremona bei 200m Tiefe noch nicht ihre Basi
hatten).
Wie schon aus der Aufzählung der Schichten, dem Fehlen älterer
als triadischer Sedimente hervorgeht, ist das Land südlich der Trompia-
linie bedeutend gesenkt gegenüber der hochliegenden Tafel permischer
Ablagerungen im Colombinezug — dasselbe Verhältnis, wie es längs der
') Siehe darüber Penck und Brückner, Die Alpen im Eiszeitalter, mit
Angabe der über das Pliocän von Salö bestehenden Literatur.
[127] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 657
Judikarienlinie zwischen dem kristallinen Westflügel und dem aus den
jüngeren Schichten der Etschbucht bestehenden Ostflügel besteht.
Die Zone taucht am Langensee aus der Poebene auf — hier noch
nicht durch jenen Senkungsbruch vom nördlichen Gebirge abgetrennt —
und streicht in ostwestlicher Richtung dem Rand der Poebene entlang
bis zum Chiese; hier schwenkt sie gegen NNO ein und behält diese
Richtung durch Judikarien und den Nonsberg: das Etschbuchtgebirge.
Unser Schnitt muß wegen seiner meridionalen Lage den OW
streichenden Teil wählen und führt durch diesen an seinem östlichen
Ende, dicht vor der Umbiegung in die judikarische Richtung.
Die Tektonik dieser Zone wird durch drei Elemente gekenn-
zeichnet: Falten, Längs- und Querbrüche.
Die Faltung kommt besonders schön in den drei Antiklinalen
zum Ausdruck, welche der Schnitt zwischen Forno d’Ono und Barghe
aufdeckt, von denen die von Levranghe und jene zwischen Nozza und
Barghe auch im Felde sehr augenfällig und gut zu übersehen sind,
da sie von tiefen Tälern quer zum Streichen durchrissen werden.
In beiden Fällen tauchen die mächtigen dunklen Kalke, der untere
Muschelkalk überwölbt vom oberem Muschelkalk, und Wengener
Schichten unter der umschließenden Decke von Raibler Schichten
hervor. Die zwischen beiden liegende Antikline von Vestone ist
kleiner und läßt im Kern nur mehr Wengener Schiefer zum Vorschein
kommen. Alle drei haben das eine Merkmal gemeinsam, daß sie gegen
Süden übergeneigt sind: der nördliche Schenkel ist flacher, der süd-
liche steht saiger, wie dies besonders an dem Durchbruch des Chiese
durch die Antiklinale Nozza-Barghe besonders gut ersichtlich ist. Im
Scheitel der zwei großen Antiklinalen treten kleine Einmuldungen auf.
Im südlichen Teil sind es zwei Synklinalen, welche stärker her-
vortreten. Am Monte Casto, südlich von Pavone, ist die Corna
muldenförmig gelagert — an dieser einzigen Stelle müßte eine Be-
richtigung gegenüber Bittners Karte eingesetzt werden, da der
Monte Casto nicht aus Hauptdolomit besteht, sondern aus einem dichten,
gelblichweißen bis lichtgrauen, selten rötlich gefleckten Kalk, der
völlig der Corna am Rücken der Selva piana entspricht; er setzt sich
auch über den Chiese nach NÖ fort und nimmt östlich von Pavone
die Hänge ober der Straße ein, häufig in Karren verwittert, wie dies
ja auch sonst für die Corna bezeichnend ist. Die andere Synklinale
streicht am SO-Hang der Selva piana durch; sie umfaßt Biancone und
Scaglia und in ihrer Mitte bat sich auch noch ein kleiner Rest von
Eocän bei Prandaglio erhalten. Sie ist im Zug des Querschnitts stark
gegen SO überkippt; gegen Vobarno zu öffnet sie sich und unter der
Kreide kommt Jura und oberer Lias heraus.
Die Synklinale von Prandaglio gehört dem Streichen Jungmeso-
zoischer Gesteine an, welche das Westufer des Gardasees von Salo
bis Limone bildet und nach den Beschreibungen von Bittner und
und Cozzaglio in intensive, gegen OSO überkippte Falten gelegt
und von Überschiebungsbrüchen parallel den. Falten mehrfach durcb-
schnitten wird.
Jenseits des Chiese steht der Selva piana der Hügel Monte
Covolo gegenüber; ich habe denselben nicht untersucht, sondern mich
Jahrbuch d.k. k. geol. Reichsanstalt, 1911,61. Bd.,3. u.4. Hft. (Ampferer u. Hammer.) 85
658 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [128]
Bittners Angaben (Karte) darüber bedient. Cozzaglio gibt aber
(1891) an, daß er nicht nur aus Biancone und Scaglia, wie Bittners
Karte anzeigt, bestehe, sondern ein vollständiges Profil von der Corna
bis zur Scaglia (und dem Eocän des Hügellandes östlich davon) gebe
mit südöstlichem Abfall der Schichten. Die tektonische Deutung
Cozzaglios (als nach NW überkippte Antiklinale mit Bruchrand im
NW) erscheint aber wohl sehr unwahrscheinlich, wenn auch ein Bruch
im Chiesetal den Covolo von der Selva piana abtrennen mag. Auch
die Bruchlinie an der NW-Seite der Selva piana fällt nach meinen
Beobachtungen nicht nach SO ein und ist wohl nur eine ganz unter-
geordnete Verschiebung innerhalb der Schichtfolge. Gewiß ist aber,
wie auch Bittner betont, und aus Cozzaglios Untersuchungen
hervorgeht, der Bau des Selva pianakammes ein recht komplizierter,
komplizierter als es auf dem einen Schnitt des Profils zum Ausdruck
kommt.
Die Sedimentdecke zwischen Trompialinie und Poebene ist also
in eine Reihe kräftiger Falten zusammengeschoben, welche OW
streichen und durchweg eine gegen die Poebene gerichtete Über-
kippung besitzen. Denselben Charakter der Faltung besitzt die ganze
lombardisch-judikarische Faltenzone; gehen wir nach Westen, so sehen
wir als Vorbild derselben am Iseosee die prächtige, weit nach S über-
selegte Falte von Predore und ähnlichen Charakter besitzen die von
verschiedenen Forschern (E. Philippi, C. Schmid, C. Porro und
andere) veröffentlichten Profile aus dem Gebiete zwischen Iseo- und
Langensee. Besonders typisch ist dieser Faltenbau aber auch im
Osten erschlossen; in den Profilen Bittners aus Judikarien sind
die Falten fast durchweg gegen außen, also hier gegen O oder OSO
übergeneigt.
Außer den OW streichenden Hauptfalten beobachtete Philippi?)
im Grignagebirge am Comersee eine schwächere Auffaltung mit NS
streichenden Faltungsachsen. Sie ist jünger als die Hauptfaltung mit
OW-Achse. Da die Querfalten steile Ost- und flache Westschenkel
haben, schließt Philippi auf eine gegen O gerichtete Bewegung.
In ähnlicher Weise konstatierte Tilmann im mittleren Val Trompia
neben der NS gerichteten Hauptfaltung eine schwächere Faltung senk-
recht dazu. Endlich berichtet Cacciamali für die Umgebung von
Collio schwache Faltungen mit NS-Achse.
Die Muschelkalkantiklinalen unseres Profils besitzen alle eine
nur geringe Erstreckung im Streichen, so daß sie auf der Karte als
Ovale erscheinen. Diese Erscheinungen dürften am besten ebenfalls
durch eine derartige Querfaltung zu erklären sein ; jede Antiklinale
des Querschnitts bildet auch in der Richtung senkrecht darauf eine
solche und stellt einen nach allen Seiten abfallenden länglichen Rund-
buckel dar?). Zeichen ostwestlicher Gebirgsbewegungen sind auch
!) E. Philippi, Beitrag zur Kenntnis des Aufbaues und der Schichten-
folge im Grignagebirge. Z. d. D. g. G. 1895.
’) In seiner Arbeit über den Guglielmo bemerkt Tilmann, daß die Er-
scheinungen, welche er in der früheren Arbeit als Ergebnisse zweier aufeinander
senkrechter Faltungen ansah, besser als Erscheinungen des allgemeinen Senkungs-
prozesses der Südalpen zu erklären seien.
[129] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 659
aus den Südtiroler Dolomiten durch neuere Untersuchungen bekannt
geworden. Ogilvie-Gordon!) beobachtete große westliche Über-
schiebungen am Langkofel und der Sella, Kober und Furlani
haben westwärts überkippte Faltungen in den Ampezzaner Dolomiten
und an der Sella festgestellt. Sie reihen sich den analogen Angaben
aus den anderen Zonen der Östalpen an und bezeugen die allseitige
Verbreitung von transversalen Faltungen und Überschiebungen in den
Östalpen. Aus dem Etschbuchtgebiet sind solche Querfaltungen nicht be-
kannt. Hauptfaltungsrichtung und Querfaltung der südlichen Gebiete sind
hier dieselben. Die einzelnen Fältenelemente erlangen eine sehr
bedeutende Längenerstreckung — von Querbrüchen durchschnitten —
und dementsprechend das Gebirge ausgesprochenen Kettengebirgs-
charakter, während im Gebiete des mittleren Val Sabbia und Trompia
weniger langgestreckte Bergketten sich gebildet haben.
Fig. 23.
Dosso alto
M = Reitzikalke. — W = Wengener Schichten. — E = Esinokalk.
H = Hauptdolomit. — x = Porphyrit.
Nach den Profilen von Tilmann sind bei den Querfalten im
mittleren Val Trompia auch, wie im Grignagebirge, die Ostflügel
steiler geneigt als die Westflügel. 4
Die Längsbrüche nehmen fast durchweg die Form von Über-
schiebungen an, mit nach N abfallender Aufschiebungsfläche.
Im Bereiche des Caffarotals verläuft parallel zum Trompiabruch
ein Längsbruch im oberen Val Berga. Zwischen ihm und der Trompia-
linie steht die Scholle des Dosso alto, welcher an seiner Nordab-
dachung das oft beschriebene Profil von den Werfener Schichten bis
zum Esinokalk (Wengener Riffkalk) des Gipfels darbietet, dessen
Schichten durchweg sehr steil gegen S abfallen. Weniger einfach
liegen die Verhältnisse an seiner Südseite, dem Abhang gegen Val
Berga, indem hier nicht die Raibler Schichten und dann der Haupt-
dolomit über den Esinokalk folgen, wie dies am Ausgang des Val
Berga der Fall ist, sondern nochmals die grauen Sandsteine der
Wengener Schichten beiderseits umgeben von Knollenkalken des Reitzi-
1) Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1910.
85
660 - Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [130]
horizonts auftauchen, dann zu unterst am Hang wieder der Esino-
kalk, der unmittelbar an den Hauptdolomit des südlichen Begrenzungs-
kammes von Val Berga anstößt, und zwar liegt der Hauptdolomit dort
flach N fallend und schießt nur nahe der Bruchgrenze steil gegen N
ein, während der Esinokalk steil gegen S verflächt. Nahe unter dem
Gipfel des Dosso alto steht übrigens noch ein zweitesmal eine schmale,
gegen Osten auskeilende Zone von Wengener Sandstein eingeklemmt
zwischen die steil S fallenden Esinokalkplatten an, einer kleinen
sekundären Aufwölbung oder wohl eher einem bruchweisen Hervor-
stoßen entsprechend.
Der Valbergabruch steht senkrecht und überschreitet am oberen
Ende des Tales den Kamm gegen das Tal der Mella. Ich kenne hier
die Fortsetzung nicht näher, nach Bittners Angaben treten hier in der
Verlängerung ‚des Ponticelloquerbruches sehr verwickelte Lagerungs-
verhältnisse ein; ich vermute aber, daß seine Fortsetzung jene Über-
schiebung ist, welche Bittner und Tilmann an der Nordseite des
Pezzedakammes (Cima Blaceca—Monte Ario) festgestellt haben. Die
permischen Sandsteine bilden im Mellatal eine Antiklinale, über welcher
an der Südseite, am Abhang des Pezzedakammes sich die nächst-
jungen Schichten bis zum Graciliskalk aufreihen und im oberen Teil
eine Synklinale bilden. Diese Schichtfolge ist längs einer gegen N
einfallenden Fläche auf die flachliegenden Schichten des Pezzeda-
kammes binaufgeschoben. Ist die Schubfläche auch meist ziemlich
steil, so biegt sich (nach Tilmanns Angaben) die Schubfläche am
Monte Ario doch oben ziemlich flach aus, so daß eine Überschiebung
von 15km zustande kommt. An der Schubfläche liegen am Monte
Ario und im Val Fontanelle Fetzen von Raibler Schichten eingeklemmt
zwischen überschobenem und übergeschobenem Gebirge, welche von
manchen Tektonikern sonst wohl als Reste eines Mittelschenkels aufgefaßt
werden dürften, doch stimme ich Tilmanns Anschauung bei, daß es
sich hier um eine Bruchüberschiebung und nicht UÜberfaltung handle.
Dieser Längsbruch wurde gegen Westen von Tilmann bis an die
Mella südlich Bovegno verfolgt. Ein weiterer Längsbruch, dessen
Aufdeckung wir denselben Autoren verdanken, grenzt den Pezzedakamm
im Süden ab zwischen Forno d’Ono und Ombriano. Auch dieser ist
eine gegen Süden ansteigende Überschiebung, an der die Scholle des
Pezzedakammes auf die südlich davon liegende Antiklinale von Levranghe
hinaufgeschoben ist: die Werfener Schichten als Basis der ersteren
liegen auf den Raibler Schichten der letzteren. Nach Tilmanns
Erforschung ist die Scholle zwischen den beiden genannten Längs-
überschiebungen noch von zwei weiteren steilstehenden Längsbrüchen
betroffen worden.
Ein Längsbruch schneidet auch die Synklinale von Prandaglio
im NW ab und ebenso begrenzt ein solcher wahrscheinlich auch
den Südostrand der Liassynklinale des Monte Casto. Auch der Bruch
von Prandaglio ist etwas gegen außen (SO) überkippt.
Einen der größten Querbrüche des Gebietes stellte Bittner
im Val Ponticello fest; er trennt die Hauptdolomiteinöde des Iseosee-
gebietes von dem Raiblerschiehtenmantel der Antiklinale von Le-
vranghe und von der Schichtfolge des Corno di Po- (beziehungsweise
[131] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 661
deren Fortsetzung). Wahrscheinlich reicht sie: bis ins Val Trompia
hinüber. Einen zweiten großen Querbruch fand Tilmann von
Ombriano bis Valle d’Irma. Zahlreiche kleinere wurden von ihm
außerdem noch festgestellt. Mindestens ein Querbruch durchschneidet
auch den Zug des Selva piana. Schon im früheren Abschnitt wurde
der kleinen Querbrüche in der Gegend um Collio Erwähnung getan.
Allen Querbrüchen ist die Richtung NNW-—SSO gemeinsam.
Die Querbrüche sind jünger als die Längsbrüche, welche von
den ersteren verworfen werden.
Es braucht kaum erwähnt zu werden, daß ganz analoge Bruch-
netze die judikarischen Bergzüge durchschneiden, wo sie von Bittner
in der Gaverdinagruppe festgestellt wurden. Dem Wechsel des
Streichens entsprechend laufen die Querbrüche dort OW oder ONO,
die Längsbrüche NNO.
Gleichartige Bruchsysteme zerteilen die Gebirge westlich der
Mella, wobei auch hier die Längsbrüche als gegen S gerichtete Über-
schiebungen ausgebildet sind. Cacciamali beschreibt eine große,
flache S- -Überschiebung aus dem südlichen Teil der Guglielmogruppe
zwischen Iseosee und Val Trompia; Porro berichtet von solchen aus
den Bergamasker Alpen, Philippi und Benecke stellten im Grigna-
und Resegonegebirge, C. Schmidt in der Alta Brianza nach S ge-
richtete Überschiebungen an Längsbrüchen und sie durchschneidende
Querbrüche fest). Bittner hat schon 1894 eine große Anzahl von
Südüberschiebungen in den Südalpen zusammengestellt.
Faßt man das tektonische Bild der südlichen Alpenzone zu-
sammen, so ergibt sich, daB die südlichen Kalkalpen in der Art der
Faltung, dem Zusammenwirken von Faltung, Längs- und Querbrüchen
und Überschiebungen sowie in der nach außen gerichteten
Überkippung der Falten und der Bewegung .der Überschiebungen
nach außen den nördlichen Kalkalpen Tirols entsprechen. Ver-
sleicht man Profile aus dem Karwendel mit solchen von Judi-
karien oder den lombardischen Voralpen, so fällt die Analogie sofort
in die Augen: dort sind die Überkippungen und die Überschie-
bungen gegen N, hier gegen S gerichtet. „Die seither gemachten
Erfahrungen. drängen aber zu der Vorstellung, daß diese für die Nord-
kalkalpen schon längst erkannte und in ihrer tektonischen Bedeutung
gewürdigte charakteristische Faltenbildung in gleicher Weise auch die
ganze Außenzone der Südalpen beherrscht....*, spricht Bittner
bereits 1881. Auch Profile aus den nieder- und oberösterreichischen
Voralpen zeigen die gleichen Bilder. Ein Unterschied ergibt sich aber,
wenn man das Südende des Querschnittes mit seinem nördlichen
vergleicht, mit dem Schnitte durch die Lechtaler Alpen, und dieser
Unterschied ist in geringerem Maße auch schon bei den weiter östlich
gelegenen Profilen der Nordkalkalpen erkenntlich; es ist der Unter-
schied in der Intensität der Faltung und besonders der Überschie-
bungen. Während wir dort Überschiebungen von vielen Kilometern
Weite finden, schränken sich diese Förderungslängen hier auf ein
- 1) Für das Gebiet der drei Seen enthält Taramellis Schrift „I tre laghi“,
Mailand, bei Artaria 1903, eine gute Übersichtskarte der Bruchlinien.
662 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [132]
weit geringeres Maß ein, überhaupt ist die Heftigkeit der Zusammen-
pressung, die Dichte der Schuppenstruktur weit geringer. Es besteht
also kein Unterschied in der Art, wohl aber im Ausmaß der Gebirgs-
bildung.
Gehen wir den Südalpen entlang gegen Osten, so kommen wir
aber in Regionen, wo auch hier das Ausmaß der Horizontalbewegungen
ein weit größeres wird. Kossmat hat in Krain Überschiebungen von
ähnlicher Ausdehnung wie in den Nordtiroler Kalkalpen festgestellt;
in einem östlichen Alpenquerschnitt würde vielleicht nach den bis-
herigen Kenntnissen sogar das Verhältnis von Nord- und Südalpen um-
gekehrt wie im vorliegenden sein; in letzteren größere Überschie-
bungen als in den österreichischen Nordalpen.
Mit einer „Rückfaltung*, im Gefolge des staffelweisen Absinkens
in ein Senkungsfeld, können derartige Überschiebungen nicht erklärt
werden. Da in Nord- und Südalpen die gleichen Faltungserscheinungen
vorliegen, nur graduell abgestuft, muß ihnen beiden auch gleiche Ent-
stehungsweise zugeschrieben werden.
Beide stehen im gleichen Verhältnis zu den Zentralalpen, denen
gegenüber sie tiefer liegen und von denen sich ihre Bewegung ab-
wendet. Ihre Gesamtheit wurde nach der Hauptalpenfaltung von einer
transversal dazu wirkenden Gebirgsbewegung betroffen.
Literatur zu den zwei letzten Abschnitten.
Baltzer A., Geologie der Umgebung des Iseosees. Geol. u. paläont. Abh. v. Dames
u. Kaiser. N. F., Bd. V, Heft II, 1901.
Bittner A., Über die geologischen Aufnahmen in Judikarien und Val Sabbia.
Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1881.
— Nachträge zum Bericht über die geologischen Aufnahmen in Judikarien und Val
Sabbia. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1883.
Cacciamali G. B., Studio geologico dei dintorni di Collio V. T. Comment. d.
Atheneo di Brescia per anno 1903.
— Una falda di ricoprimento tra il lage d’Iseo e la Val Trompia. Bollettino d.
soc. geol. italiana XXIX. Bd. 1910, pag. 240 u. ff.
Cozzaglio, Note esplicative sopra alcuni rilievi geologici in Valcamonica. Giorn.
di Min. d. D. Sansoni Vol. V. fasc. 1.—2. Mailand 1894.
— ID bacino di Collio Guida-itinerario delle escursioni XX. Congr. geol. ital. in
Brescia 1901.
— Össervazioni geologiche sulla riviera bresciana del Lago di Garda. Boll. Soc. geol.
ital. X. 1891.
— Studi di geologia continentale sui laghi di Garda e Iseo.
Comm. d. Atheneo di Brescia per 1900 (1902).
Curioni G., Geologia applicata delle provincie lombarde 1877.
— ÖOsservazione geol. sulla Val Trompia. Memm. d. R. Ist. lomb. Val XII, 1870.
Gümbel, v. C. W., Ein Streifzug durch die Bergamasker Alpen. Sitzungsber. d.
kgl. bayr. Akad. d. Wiss. 1880.
Lepsius R., Das westliche Südtirol. 1878.
Ragazzoni G., Profile geognostico del pendio meridionale delle prealpe lombarde.
Comm. del Atheneo di Brescia 1875.
Salomon W., Die Adamellogruppe 1. Teil. Abhandl. d. k. k. geol. R.-A. Wien 1908.
Stache G., Die Umrandung des Adamellostockes und die Entwicklung der Perm-
formation zwischen Val buona und Valcamonica. Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1879.
Suess E., Über das Rotliegende im Val Trompia. Sitzungsber. d. k. Akad. d.
Wiss. I, Wien 1869.
[133] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 663
Taramelli T., Spiegacione delle carta geologica della Lombardia 1890, Mailand
und carta geol. d. Lomb. 1:250.000.
Tilmannn N., Tektonische Studien im Triasgebirge des Val Trompia, Inaugural-
dissertation. Bonn. C. Georgi 1907.
— Beitrag zur Stratigraphie und Tektonik der Trias am Monte Guglielmo. Monats-
berichte der deutschen geol. Gesellschaft. Bd. 61, Jahrg. 1909, Nr. 4.
II. Tektonische Übersicht.
Nach der Vorlage des Beobachtungsmaterials erhebt sich nun-
mehr die Frage nach den Bewegungen, welche aus den ursprünglich
meist ziemlich ebenflächig oder regelmäßig abgelagerten Sedimenten
jenes bunte, wirre Durcheinander von Gesteinslagen geschaffen haben,
das wie ein wildflutender Strom über die Ufer schäumt.
Sind gesetzmäßige Ordnungen in diesem Schichtgehäufe vor-
handen und wie kann man zu deren Kenntnis gelangen ?
Diese Fragen sind schon unzähligemale von den Geologen im
Anblick des großartigen Alpengebirges gestellt worden und gar viele
Antworten wurden darauf gefunden, denn die Natur ist tiefer und
reicher als jede Vorstellung.
Auch wir wollen im folgenden einige Antworten auf die zahl-
reich hier ertönenden Fragen geben, sind uns aber sehr wohl bewußt,
wie eng begrenzt unsere Erfahrung und wie kurzsichtig unsere Ein-
blicke in das Innere des gewaltigen Mechanismus sind, von dem uns
nur ganz wenig zugänglich und offenbar gemacht wurde.
Der Weg, welcher nun hier bei der tektonischen Gesamtbe-
trachtung eingeschlagen werden soll, läßt sich kurz etwa folgender-
maßen charakterisieren.
Da durch Faltung, so lange dieselbe nicht zu ausgedehnteren
Zerreißungen oder Ausquetschungen führt, keine Unklarheiten in den
Bauplan getragen werden, so handelt es sich bei einer Diskussion
des Querschnittes vor allem um jene Stellen, wo mehr oder weniger
plötzliche Änderungen im Gefüge eintreten, also um die Kenntnis
und Prüfung aller mechanischen Kontakte oder aller das Gebirge
durchsetzenden Bewegungsflächen.
Es wird zuerst für jede der einigermaßen selbständigen Gebirgs-
zonen eine Übersicht der darin nachweisbaren Bewegungsflächen, ein
motorisches Inventar gegeben. Die Bewegungsflächen werden nach
dem Ausmaß der an ihnen erfolgten Verschiebungen und Veränderungen
auf ihre Bedeutung hin geprüft. Ist so mit Hilfe der Bewegungsflächen
und der Faltungen in einer Zone eine Übersicht der wichtigsten ein-
wirkenden Bewegungen ermöglicht, so wird zur Kombination derselben
untereinander vorgeschritten. Für jede Zone wird auf Grund dieser
Erfahrungen nun gewissermaßen das typische Störungsbild entworfen.
Ist dann das motorische Inventar und die Kombinatorik aller
Zonen zusammengetragen, so kann an eine Kombinatorik der Zonen
untereinander herangetreten werden.
664 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [134]
Auch hier sollen wieder alle wichtigeren möglichen Ver-
knüpfungen wenigstens in den Haupttypen einer Prüfung und Ver-
gleichung unterworfen werden.
Aus der nunmehr schon sehr großzügigen Zusammenfassung er-
gaben sich dann bei noch weiterer Schematisierung endlich die
Beziehungen des Alpenkörpers zu seiner Umgebung und zu seinem
Untergrunde.
Der Weg, welcher hier in der Beschreibung verfolgt wird, die
schrittweise immer konzentriertere und allgemeinere Zusammenfassung
und Betrachtung spiegelt sich auch in den beiliegenden Zeichnungen
wieder.
Ausgehend vom großen Querschnitt, werden zuerst für alle
größeren und wichtigeren Zonen stark verkleinerte Skizzen gegeben,
in denen nur mehr der charakterisierende geologische Inhalt erscheint.
Diesen Skizzen werden im gleichen Maßstab zirka 1:230.000 schema-
tische Zeichnungen zugesellt, auf denen die wahrscheinlichsten
Kombinationen der tektonischen Elemente in Typen veranschaulicht
werden sollen. Für die Prüfung der Verknüpfung der Zonen unter-
einander sind Zeichnungen in noch viel kleinerem Maßstabe gewählt,
welche auf kleiner Fläche eine Übersicht über die ganze Alpenbreite
gestatten.
Während also bei der Mitteilung des Beobachtungsmaterials
auf möglichst eingehende Darstellung aller Einzelheiten Gewicht
gelegt wurde, wird hier eben auf Grund dieser Kenntnisse immer
mehr und mehr das unwesentliche Beiwerk fallen gelassen und so
allmählich das Skelett der wichtigsten Bauträger bloßgelegt.
Mit der Verkleinerung geht Hand in Hand die leichtere
Möglichkeit, die verschiedenen Verbindungen der oberflächlichen
Lagerungsformen mit tieferen Zonen des Untergrundes anschaulich
und begrenzbar zu machen.
Es zeigt sich in voller Deutlichkeit die Abhängigkeit der
Struktur der obersten Zone von den Bewegungsvorgängen in ihrem
Untergrunde.
Die Diskussion des Querschnittes kann nicht abgeschlossen
werden, ohne daß noch eine Scheidung der zahlreich vorhandenen
Anzeichen von ostwestlichen Bewegungen von den südnördlichen an-
gebahnt wird.
Eine Tafel und mehrere Zeichnungen versuchen ein den heutigen
Erfahrungen ungefähr entsprechendes Bild von diesen Vorgängen zu
geben, auf welche zuerst Prof. Rothpletz die Aufmerksamkeit der
Geologen gelenkt hat. Nach seiner Ansicht wurde das Alpengebiet
zuerst in ostwestlich streichende Falten gepreßt. Dann bildeten sich
große Abspaltungsflächen, längs denen nun von Osten gegen Westen
weite Verschiebungen der schon gefalteten Schichtmassen eintraten.
Es ist indessen nicht möglich, wie dieser Alpenforscher meint, ledig-
lich mit ostwestlichen Verschiebungen alle Bewegungsflächen dieses
Gebietes zu beleben. Es haben sicherlich schon vorher große Massen-
transporte entlang von ausgedehnten Schubflächen in der Richtung
von Süden gegen Norden im Gefolge mächtiger Tiefenumlagerungen
stattgefunden.
[155] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 665
Aus dem Studium des Querschnittes wird endlich der Begriff
der „Verschluckungszonen* abgeleitet und beim Ausbau einer
neuen Alpenbauformel verwendet. Eine Skizzierung und Vergleichung
der wichtigsten anderen modernen Bauformeln der Alpen beendigt die
Arbeit.
Die tektonische Behandlung der einzelnen Zonen ist leider
durchaus nicht eine gleichwertige. Am ausführlichsten sind die Allgäu-
Lechtaler Alpen beschrieben, da sich hier ein tektonisch hoch-
interessantes und dank der klaren Stratigraphie auch sehr durch-
sichtiges Gebiet dem Studium darbietet. Weit weniger genau sind
die tektonischen Verhältnisse der kristallinen Zonen bekannt, in denen
noch großenteils keine sichere Schichtenordnung den tektonischen
Forschungen zugrunde gelegt werden kann.
Vorland.
Die Vorlandregion besteht aus drei sehr verschiedenen Zonen,
der Molasse-, Kreide- und Flyschzone.
Die Molassezone am Nordrande der Alpen besteht aus zwei
verschieden gebauten Stücken, einem südlichen, meist steil aufge-
richteten, gefalteten und einem nördlichen, flachlagernden. Im südlichen
Abschnitt herrscht die ältere, im nördlichen die jüngere Molasse vor.
Die Molassezone besitzt dadurch, daß weder tiefgreifende Ver-
werfungen, Überschiebungen oder Faltungen in ihrem Innern vor-
kommen, eine außerordentliche Geschlossenheit ihres tektonischen
Gefüges. Nirgends treten innerhalb ihres Bereiches fremde Schicht-
massen zutage und nur an ihrer Südgrenze sind kleine Einschaltungen
und Aufschiebungen bekannt.
Die Südgrenze der Molasse ist eine der auffallendsten und
wichtigsten Grenzlinien im ganzen Alpenbau, sowohl was ihre Länge
und geringe Verbiegung als auch ihre jedenfalls bedeutende Tiefen-
erstreckung anbelangt. Schon wegen dieser Länge und Beständigkeit
muß dieselbe als Ausstrich einer sehr tiefgreifenden Bewegungsfläche
bezeichnet werden. Das Einfallen ist meistens steil und alpenwärts
gerichtet.
Die Molasse stellt sich als die Verschüttungsserie einer am
Nordrande der Alpen hinziehenden Geosynklinale dar. Die Beiträge
zu der Verschüttung sind von allen Seiten, weit überwiegend jedoch
von den Alpen entsendet worden. Das beweist die Zunahme der
Geröllgröße gegen Süden und vor allem die im Süden aufgestapelten
ungeheuren Nagelfluhmassen.
Diese grobklastischen Ablagerungen müssen durch zahlreiche
Streifen, Bänder und Fäden von Buchten, Flüssen und Bächen mit
dem . damaligen Alpenkörper engstens verknüpft gewesen sein.
Heute sind am Nordrand oder im Innern der Alpen nur sehr spärliche
Reste von Ablagerungen vorhanden, welche mit der Molasse ver-
bunden werden können. In unserem Gebiete kann hier nur vielleicht
Jahrbuch d.k.k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Bd., 3.u.4. Hft. (Ampferer u. Hammer.) 86
666 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [136]
auf die Tertiärbucht im Unterinntal hingewiesen werden, wo M.
Schlosser in seiner Arbeit (Zur Geologie des Unterinntals, Jahrb.
d. k. k. geol. R.-A. 1909) oligocäne molasseähnliche Ablagerungen
unterschieden hat.
Die breite Zuführungszone, welche zwischen dem Molassebecken
und dem Alpenkörper bestanden haben muß, ist heute also nicht
mehr mit Sicherheit zu erkennen. Sie muß entweder von der Erosion
zerstört oder durch tektonische Bewegungen in die Tiefe gezogen
worden sein. Nach dem ziemlich geraflinigen Ausstrich der Molasse-
südgrenze scheint eine vorwiegend vertikale Bewegungsfläche vorzu-
liegen. Wenn längs derselben eine Erhebung des südlichen Alpen-
landes bewerkstelligt wurde, so ist das Fehlen der Verknüpfungszone
durch Abtragung wohl erklärlich.
Die Faltung der Molasse mit ihrem fein abgestuften Ausklingen
gegen Norden ist wohl nur in Verbindung mit dem Vorschub der
Alpen verständlich. Die enggepreßten, gleichsinnig zusammengeklappten
Falten am Nordrand unseres Querschnittes stellen eine geschlossene,
eng zusammengeschobene, nicht tiefgreifende Faltenzone dar. Die
Molasse muß hier wenigstens im Süden teilweise von ihrem Unter-
srund abgeschürft worden sein.
Wir sehen in der Molassezone gewissermaßen die Puffer-
region der Alpenfaltung vor uns.
Arn. Heim hat in seiner Arbeit über die Brandung der Alpen
am Nagelfluhgebirge (Vierteljahrschrift der Naturforschenden Ge-
sellschaft in Zürich, Jahrgang 51, 1906) den Gedanken ausgesprochen,
daß Alpen und Nagelfluhgebirge zwei unabhängig voneinander ge-
bildete Gebirge seien, die erst in jüngster Zeit, wahrscheinlich im
älteren Mittelpliocän, zusammengestoßen wurden.
In dem Gebiet unseres Querschnittes sind weder für noch
gegen diese Anschauung entscheidende Beobachtungen gemacht
worden.
Durch die Deutung von Arn. Heim wird aber die nur im An-
schluß an den Alpenschub verständliche, stark einseitige Struktur
der Molasse völlig rätselhaft gemacht.
Die südlich an die Molasse stoßende Kreidezone ist im Be-
reiche des Querschnittes nur ein wenig mächtiger, enggepreßter
Schichtenkeil.
Während .sich diese Zone gewissermaßen nur wie ein schmales
Grenzgitter zwischen Molasse und Flysch noch weit gegen Osten
nachweisen läßt, gewinnt dieselbe gegen Westen rasch an Breite und
Bedeutung.
Schon am Grünten schwingt sie sich zu schönen, spitzbogigen
Falten empor, um dann im Bregenzer Wald und im Säntis eine eigene
reichbewegte Gebirgswelt zu bilden.
Wir haben in dieser Zone ein sowohl stratigraphisch wie tek-
tonisch selbständiges und eigenartiges Gebiet vor uns. Die helvetische
Kreidezone ist ebenfalls eine streng geschlossene Faltenzone, an der
keine fremden älteren Schichtglieder Anteil nehmen, in deren Innerem
sich nirgends tiefgreifende Verwerfungen oder Überschiebungen zu
erkennen geben.
[137] Geologischer Querschnitt durch die ÖOstalpen. 667
Dagegen muß diese Zone als Ganzes schon wegen ihrer engen,
geschlossenen Struktur als eine vom Untergrund abgelöste Decke
‚begriffen werden.
Die eleganten, leicht geschwungenen Falten des Grüntens, des
Bregenzer Waldes und des Säntis können nur als Gebilde einer dünnen,
sehr elastischen Decke bei ungehemmter Beweglichkeit entstanden
sein. Hätten tiefere Gebirgszonen daran Anteil genommen, so wären
sicher statt der zierlich aufhüpfenden breit und plump hinschreitende
Falten zustande gekommen.
Auch die besonders im Bregenzer Wald so scharf hervortretende
Exzentrizität des ganzen Bauplanes (das Kerngewölbe des Tithons
von Au liegt ganz am Südrand!) spricht für freie Beweglichkeit der
Kreidezone.
Die außerordentliche Verschmälerung, welche der helvetische
Kreidestreifen östlich vom Illertal erleidet, ist in deutlicher Weise
nicht allein in einer Verschmälerung ihres ursprünglichen Ablagerungs-
gebietes, sondern in einer tektonischen Verschiebung großen Maß-
stabes zu suchen.
Die Verschiebung (vergleiche die Strukturskizze Fig. 24) be-
trägt in nordsüdlicher Richtung zirka 10°5 km,, also nahezu soviel als
die mittlere Breite des Kreidegebirges im Bregenzer Wald ausmacht.
Der erste Eindruck ist hier an eine einfache Verschiebung längs
einer saigeren nordsüdlich streichenden Spalte zu denken.
Eine genauere Überlegung aber zeigt, daß dadurch nur ein Teil
der Erscheinung erklärt wird. Das Faltenbündel des Grünten ist ein-
mal gegenüber den Falten am Ostende des Bregenzer Waldes viel enger
zusammengedrückt, dann verschwindet östlich der Iller auch jener
breite Saum von Flysch, der westlich noch zwischen Kreide und Mo-
lasse eingeschaltet ist.
Es ist möglich, daB durch genauere Detailuntersuchungen auch
noch ostwärts vom Grünten zwischen Kreide und Molasse Spuren von
Flysch nachweisbar sind, aber jedenfalls nur in sehr geringfügigen
Massen. Des weiteren erscheint an der Südseite des Grüntens eine
höchst auffällige Anhäufung von Nummulitenschichten und Kalkeisen-
erzzonen, welche westlich der Iller an der Südseite der Kreide völlig
fehlen.
Außerdem wurden aber von A. Rösch (Der Kontakt zwischen
dem Flysch und der Molasse im Allgäu. München 1905) in der Gegend
von Sigishofen Schollen von Eocän und Kreide überschoben auf
Flysch, bei Bihlerdorf weiter nördlich aber Schollen von Eocän
und Kreide auf Molasse geschoben kartiert.
Damit ist schon nahegelegt, daß es sich nicht so sehr um eine
Verschiebung längs einer senkrechten Fläche, sondern vielmehr um
eine Überschiebung entlang einer mehr horizontalen Fläche handeln kann.
Der Grünten stellt nicht einfach die gegen Norden um 10'5 km
verschobene Fortsetzung der Kreidezone von Langenschwand dar,
sondern er ist nur der Stirnrand der von Südosten her überschobenen
und gegen Nordwesten vorgeschleppten Kreidezone.
Die Kreidezone östlich des Illertales wird von den südlichen
Gebirgsmassen, also vor allem den Allgäuer Alpen, gegen Norden und
86*
Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [138]
668
Dreg egenx ©
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Strukturschema der Nordalpen.
1 —= Molassezone. a — Verschiebung der Kreidezone. f = Anhäufung von Muschelkalk-Partnach-
2 — Helvetische Kreidezone. b — Schubschollen am Rande der Allgäuer schichten. ER
3 — Flyschgebiet. Überschiebune. = ENDE der Karwendel-Kreide-
Au Kulkalnenie zz ce — Sattelzone Höfats— Schneck—Rot-Sp. DE nl Uran Enkerküberschiehune,
5 — Kristalline Zonen. d — Lechtalerschubmasse, i — Faltenzone der Scesaplana.
6 — Bündnerschiefergebiet. e = Rand der Wetterstein — Mieminger i, = Faltenzone des Tajakopfs.
7 = Paläozoische Grauwackenzone. Überschiebung. i, — Faltenzone des Sonnwendgebirges.
[139] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 669
Nordwesten gedrängt, wobei dieselbe unmittelbar bis an die Molasse
hinangedrückt wurde.
Dadurch wird nicht nur die mächtige Ausbiegung gegen Norden,
welche auch von den Allgäuer Alpen mitbeschrieben wird, sondern
auch die UÜberschiebung von Kreide- und Eocänschollen auf das west-
liche Illerufer bei Sigishofen und Bihlerdorf erklärt.
Ebenso erscheint der gepreßte Bau des Grüntens und die An-
häufung der Nummulitenschichten dadurch begründet.
Die letzteren wurden von einem größeren Verbreitungsgebiete
durch den Schub abgehoben und zusammengestapelt.
Die Flyschzone, welche südlich an die Kreidezone grenzt, scheint
wenigstens in den unmittelbar hangendsten Lagen in ursprünglichem,
sedimentärem Verband mit der helvetischen Kreide zu stehen.
Ihre Südgrenze gegen die Kalkalpen ist jedoch im Bereiche
unseres Querschnittes eine klar ausgesprochene Überschiebungsfläche
mit reicher und mannigfaltiger Schollenförderung. Der innere Bau der
Flyschzone ist wohl sehr kompliziert. Eine reiche Bewachsung und
die Gleichartigkeit vieler Schichtglieder erschweren jedoch gar sehr
ein Eindringen in das Gefüge.
Allgäuer und Lechtaler Alpen.
Wie schon bei der Detailbeschreibung hervorgehoben wurde,
sind die Allgäuer und Lechtaler Alpen in ganz auffallender Weise von
meist gegen Süden einfallenden Schubflächen zerschnitten.
Gegenüber dem Ausmaße der an diesen Flächen vollzogenen
Verschiebungen tritt die Wirkung der reinen Faltung entschieden
zurück. Vertikale Bewegungen sind im Bereiche des Querschnittes
nur in ganz geringen Dimensionen ausgelöst worden.
Man kann die Allgäuer und Lechtaler Alpen in mancher Hin-
sicht mit einer gewaltigen Steintreppe ohne Anstieg ver-
gleicnen, deren Stufen meist aus Schichten von Hauptdolomit bis zur
Kreide bestehen.
Am Nordrande beginnt die Kalkalpenzone mit kleineren, wie
Klippen aufragenden Schollen, welche vielfach auch durch eine ab-
weichende stratigraphische Entwicklung der Jura- und Kreideglieder
ausgezeichnet sind.
Diese ausgezeichnete stratigraphische Stellung, vereint mit dem
am Nordsaum der Alpen und Karpathen perlschnurartigen Hinziehen
dieser eigenartigen Bildungen, hat Prof. Uhlig die Veranlassung
gegeben, dieser von ihm als „pieninische Klippenzone“ bezeichneten
Region den Rang einer selbständigen Decke zuzusprechen.
Die Vorteile dieser Auffassung sind naheliegend, doch kann man,
auch ohne an eine selbständige Decke zu denken, der Stellung dieser
Randzone gerecht werden. Wenn wir ihren abweichenden Schicht- -
besitz betrachten, so zeigt sich, daß die Hierlatzkalke durchaus nicht
nur auf diese Zone beschränkt, sondern auch noch weiter südlich ver-
670 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [140]
breitet sind. Die Doggeroolithe wurden, wenn auch nicht fossilreich, in
einem großen Teil der Allgäuer und sogar in den Lechtaler Alpen
durch die Neuaufnahmen nachgewiesen. Ebenso gehen die Genoman-
bildungen bis an den Südrand der Lechtaler Alpen. Stellen diese Schichten
Verbindungen mit den südlicheren Kalkzonen dar, so weisen die Gault-
mergel auf Beziehungen zur helvetischen Kreide. Es ist doch von
vornherein wahrscheinlich, daß am Rande einer großen Geosynklinale
andere Absatzvorgänge als im Innern derselben stattfinden.
Es ergibt sich aus dieser Überlegung, daß die Randzone
eben als Randzone fort und fort stratigraphisch abweichende
Bildungsverhältnisse hatte, welche sich gegen das Innere der Kalk-
alpen hin mehr oder weniger rasch verloren.
Die Zerschellung in viele kleinere und schmälere Schollen er-
scheint ebenfalls am Stirnrand einer mächtigen Schubdecke als sehr
natürlich und in der Mechanik ihres Vordringens begründet,
Es ist schon betont worden, daß die Überschiebung an der
Nordseite des Zinkens ein Stück jener gewaltigen Schubfläche ist,
welche von Rothpletz als rhätische (Allgäuer) Schubfläche bezeichnet
wurde und in ihrer ganzen Ausdehnung beschrieben worden ist. Sie bildet
die scharfe Grenze zwischen Kalkalpen und Flysch und an ihr sind
zahlreiche Schollen zutage gefördert worden, nicht nur solche von
Trias-Jura-Kreidegesteinen, sondern auch eruptive und kristalline
Gesteinsarten.
Es ist der Ausstrich einer Bewegungsfläche ersten Ranges die
mit monumentaler Geberde zwei Gesteinswelten scheidet.
Bezüglich der Einzelheiten muß auf die klaren und eindringlichen
Schilderungen von Prof. Rothpletz verwiesen werden, welcher diese
Erscheinung zum Gemeingut der modernen Alpengeologie gemacht hat,
Die Schubfläche der nächsten kleinen Scholle ist dagegen
sekundär.
Von größerem Ausmaße ist wieder die flache Schubfläche, welche
die weite Mulde des Tannheimer Tales unterfährt. An ihrem Anschnitt
sind wieder verschiedene Förderungsschollen zu sehen, unter denen
eine ziemlich große Masse von Buntsandstein am Nordhang des Iselers
am auffallendsten ist.
Die steilen Schubflächen, welche die Gaishorn-, Rauhhorn-, Kugel-
horngruppe durchsetzen, haben nur eine mehr lokale Bedeutung. Sie
dürften von der großen, nördlichen Schubfläche unterfahren werden.
An der Nordseite des Gaishorns und zwischen Rauh- und Kugel-
horn ist es zur Auffahrt von kleinen Schubschollen gekommen.
Südlich des Kugelhorns tritt uns wieder eine Schubfläche mit allen
Anzeichen von mächtigen Einwirkungen entgegen.
Lebhafte Verfaltungen und Verknetungen der jüngsten Schicht-
gruppen des Untergrundes und Herbeischleppung fremder Schicht-
massen (Wettersteinkalk, Raibler Schichten) zeigen die Nähe der Schub-
fläche an.
Dieselbe fällt mit flacher Neigung gegen Süden zu ein.
Wir wissen, daß der Ausstrich dieser Schubfläche sich gegen Osten
bis zum Urisee, östlich von Reutte, hinzieht, dann umkehrt und die
Tannheimer Berge im Süden, Westen und Norden umsäumt.
[141] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 671
Gegen Westen umzieht dieselbe die Hochvogelgruppe, kehrt im
Hinterhornbachtal bis Stanzach ins Lechtal zurück und begleitet dann
die Hornbacher Kette und weiter den Allgäuer Hauptkamm bis in die
Gegend des Biberkopfes. Es ist der Anschnitt einer sehr ausge-
dehnten und weithin flachen Schubfläche, welche von Prof. Roth-
pletz ohne Kenntnis ihres genaueren Zusammenhanges kurzweg als
„Lechtaler Überschiebung* in die geologische Literatur eingeführt
wurde.
Es ist schon betont worden, daß entlang dieser Fläche gewaltige
Gesteinsmassen über eine von jüngeren Schichten bedeckte Haupt-
dolomitplatte bewegt wurden, wobei im Süden die Öberjura- und
Kreideschichten abgeschürft und am Nordrande wieder angehäuft
wurden. Die stolzen Hörner der Höfats, des Schnecks und der Rot-
spitze sind aus dem Material dieser Schürfzone herausgeschnitten.
... An.der Nordseite der Hochvogelgruppe ist eine höhere, kleinere
Uberschiebung entwickelt, welche sich durch das Schwarzwassertal
und über den Saldeinersattel bis ins Lechtal verfolgen läßt.
Der nächsten deutlichen Bewegungsfläche begegnen wir im
Innern der großen Dolomitmasse der Hornbacherkette. Es ist eine
ziemlich weithin erkennbare Schubfläche, welche in der Gegend
nördlich von Holzgau-Steeg eine junge Schichtgruppe mit Gosaukreide
übergreift. Ebenfalls als eine Schubfläche von geringerer Förderungs-
weite tritt uns die Nordüberschiebung der Lechtaler Alpen entgegen.
Diese Störungszone läßt sich von der Gegend des Schacht-
kopfes bei Biberwier bis westlich von Steeg verfolgen und zeigt
meist steiles Einfallen gegen Süden. Schollenauswurf ist nirgends
zu sehen.
Charakteristisch für diese Verschiebung ist der Umstand, daß
die südliche Schubmasse hin und hin mit einem Sattel beginnt, der
einen Kern von Raibler Schichten enthält.
Es ist schon erwähnt worden, daß die Kreidemulde von Holz-
gau von einem Vorsprung dieser südlichen Schubmasse um zirka
1 km gegen Norden vorgestoßen wurde.
In den Lechtaler Alpen begegnen wir neben den meist steiler
gestellten Schubflächen auch einer dichter gedrängten Faltung.
Von jenen zahlreichen kleineren Schubflächen an den Grenzen
starrer und weicherer Gesteine muß hier abgesehen werden.
Einer großen Schubfläche begegnen wir an der Wetterspitze. Die
Wirkungen der Schubbewegung sind hier ganz ausgezeichnet ent-
wickelt und im ersten Teile dieser Arbeit auch eingehender beschrieben
und abgebildet worden. RE
Wir haben ein ganzes Büschel von steilen, südfallenden Überschie-
bungen hier vor uns. Die von diesen Flächen zerschnittene, große Haupt-
dolomitmasse sinkt ost- und westwärts bald in die Tiefe. Beiderseits legt
sich dann eine weit größere Schubscholle darüber, zu der auf den Neben-
profilen die Schollen der Ruitelspitze und der Wildtalerspitze gehören.
Am Südabfall der Lechtaler Alpen treten uns eng aneinander-
gereiht mehrere Bewegungsflächen entgegen, von denen diejenige an
der Grenze zwischen Kreidezone und alter Triaszone im Ausmaße die
bedeutendste sein dürfte.
672 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [142]
Wenn wir nun nach dieser Übersicht über die Bewegungsflächen
dieselben miteinander in Verbindung zu bringen suchen, so ergeben
sich für eine solche Verknüpfung verschiedene Möglichkeiten.
Es ist schon bei der Einzelbeschreibung der sichtbaren Schub-
flächen darauf hingewiesen worden, daß sich nirgends Anhaltspunkte
ergeben haben, die Schubkörper im großen als liegende Falten zu
begreifen. Keine einzige der vielen Hauptdolomitplatten läßt sich als
aus zwei Teilen zusammengeschweißt erkennen, von denen der hangende
normale, der liegende inverse Schichtfolge zeigen müßte.
Dasselbe gilt von der unter den Hauptdolomitmassen liegenden
Fleckenmergel- und Kreideschieferserie. Auch diese sollten sich vom
Standpunkt der Faltungslehre aus als zusammengeklappte, liegende
Mulden darstellen mit den jüngsten Schichten in der Mitte. Auch hier
beobachten wir durchaus nur einfache, normalliegende Serien, die
knapp unter der hangenden Überschiebungsmasse ihre jüngsten Be-
standteile zeigen,
Es ist hier sehr bemerkenswert, daß die einzige tiefere und
nordwärts überkippte Mulde dieses Bereiches, die Kreidemulde von
Holzgau nicht unter, sondern am Rande einer Schubmasse liegt und
durch ihre Struktur deutlich zeigt, daß sie durch das Vordrängen
dieser Schubmasse gebildet und verschoben wurde.
Ebensowenig läßt sich, wie vielleicht bei flüchtiger Betrachtung
erscheinen könnte, die aus zwei Schuppen bestehende gewaltige Haupt-
dolomitmasse der Hinterhornbachkette als ein liegender Sattel auf-
fassen, denn die zwischen diesen Schuppen eingeschlossene Schicht-
zone enthält nicht ältere, sondern vielmehr jüngere Schichtfolgen.
Auch die häufig verwendete Ausrede, daß eben die fehlenden
Teile ausgequetscht oder zurückgeblieben seien, führt zu keiner Er-
klärung. Denn man muß hier gerade soviel ausgequetscht und zurück-
geblieben sein lassen, als eben einfache Verschiebungsschollen von
vornherein weniger enthalten als wie entsprechende Falten.
Auf der nebenstehenden Zeichnung, Fig. 25, ist der Versuch ge-
macht, die Allgäuer und Lechtaler Alpen als Überfaltungsdecke, als
eine Verzweigungsdecke aufzufassen.
Die dunkler gehaltenen Teile sollen die beobachteten Stücke,
die helleren die zu einer vollständigen Zweigdecke noch notwendigen
Teile versinnlichen.
Wie man gleich erkennt, fehlen alle inversen Bestandteile
dieses Mechanismus. |
Derselbe verliert dadurch jedoch durchaus nicht die Bewegungs-
möglichkeit, sondern gibt uns bei Weglassung aller nicht vorhandenen
Teile, das heißt, wenn man statt liegender Sättel und Mulden überall
einfache Schichtplatten einsetzt, eine kurze Verknüpfung der einzelnen
Schollen untereinander an.
Die Formel hat also als Faltungsformel keine Anwendung, weil
der Beobachtungsinhalt ihr nicht entspricht und nicht in ihrem Sinne
weiter entwicklungsfähig ist, dagegen kommt sie als Verknüpfungs-
formel der einzelnen Schubkörper in Betracht.
Bevor wir näher auf die Verknüpfungsmöglichkeiten eingehen,
muß noch darauf hingewiesen werden, daß der Typus jener Ver-
675
Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen.
[143]
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3.u.4. Hft. (Ampferer u. Hammer.) 87
“2
Jahrbuch d.k.k.geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Bd
674 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [144]
zweigungsdecke, welcher sich mit den Lagerungen in den Allgäuer
und Lechtaler Alpen wenigstens in großen Zügen in Übereinstimmung
bringen läßt, wesentlich von jenem abweicht, welcher gegenwärtig
gewöhnlich zur Erklärung der Schweizer Alpen verwendet wird.
Es ist der Typus der Tauchdecke, welcher in den Westalpen
sowohl in den tiefliegenden Regionen im Innern der Alpen (Simplon)
wie in den Brandungsdecken am Nordrande zur Geltung kommt.
Seine Formel ist auf die tektonischen Erscheinungen der All-
gäuer und Lechtaler Alpen nicht anwendbar, wenn man nicht etwa
annehmen will, daß nach der Bildung der Tauchdecke alle Lagerungen
geradezu völlig umgewendet worden sind.
Fig. 26a.
&
Fig. 26b.
a — Tauchdecke. — 5b — Springdecke.
Die Ziffern bedeuten die Reihenfolge der Bildung der einzelnen Teilfalten.
Während bei der Tauchdecke, Fig. 26a, das Wachstum ihrer
Elemente von innen nach außen vorschreitet, die jüngere Falte also
über die ältere zu liegen kommt, zeigt sich bei ihrer Umkehrung,
der Springdecke, Fig. 265, das Entgegengesetzte.
Hier würde das Wachstum von außen nach innen vorschreiten.
Die Tauchdecke muß unbedingt als viel verständlichere Form
gelten als die Springdecke.
Das geht aus ihrer Entstehung hervor. Bei der Tauchdecke
schiebt sich erst eine kleinere Falte vor. Bei einer bestimmten
Entwicklung dieser Falte tritt der Fall ein, daB die zur Weiterbildung
der tiefliegenden Falte erforderliche Kraft nun größer wäre als die
zur Bildung einer neuen, höher ansetzenden. Es wird daher eine
höhere Falte über die liegende vorgeschoben, welche nun verhältnis-
mäßig leicht über die liegende hinuntergleitet. Hat diese Falte
[145] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 675
wieder eine zu große Reibung und Rückstauung gefunden, so bildet
sich abermals eine Abzweigung und so weiter.
Dieser Vorgang erscheint in dem wechselweisen Anschwellen
und Abnehmen von Reibung und Rückstauung wohl verständlich.
Bei der Springdecke, wie sie zur Erklärung der Lagerungsformen
der Allgäuer und Lechtaler Alpen erforderlich wäre, müßte sich
zuerst eine außerordentlich große Grundfalte ausbilden. Das ist an
und für sich schon recht unwahrscheinlich. Der Hangendflügel dieses
riesigen liegenden Sattels müßte aber nun noch von außen nach
innen, also gegen die Schubrichtung vorschreitend, Zweigsättel auf-
werfen. Das ist noch unwahrscheinlicher.
So schließt schon die Grundformel des Zweigdeckenbaues für
unser Gebiet große Unwahrscheinlichkeiten ein, welche sich nicht
umgehen lassen. R
Wenn sich also nach diesen Überlegungen die Schubmassen
nicht als liegende Falten begreifen lassen, so können trotzdem die
UÜberschiebungen aus anfänglichen Falten entstanden und faltenartig
miteinander verknüpft sein.
Diese Art der Verknüpfung liegt der Zeichnung Fig. 27—28 zu-
grunde, wobei natürlich zu beachten ist, daB nur der Grundzug der
Anordnung bestimmt erscheint, das Detail jedoch als völlig variabel
und zurzeit noch nicht genauer begrenzbar zu gelten hat.
Wir hätten nach dieser Anordnung also eine Reihe größerer
und kleinerer Schollen, welche sowohl an ihren oberen als an den
unteren Enden von Bewegungsflächen abgeschnitten sind.
Es liegt im Sinne dieser Bewegungen, daß sowohl am Kopf-
wie am Schwanzende der Schollen kleine Einrollungen der Schichten
in der Bewegungsrichtung stattgefunden haben. Bei der Detailbe-
schreibung sind mehrfach solche Gebilde beschrieben worden, welche
vielfach irrtümlich für Beweise der Faltennatur der Schubmassen
angesehen werden, obwohl sie nur in der Ausdehnung beschräukte
und ganz lokal begründete Erscheinungen an den Rändern von be-
wegten Massen sind.
Eine Verknüpfung wie die in Fig. 238 angedeutete setzt eine
flache, ursprünglich einheitliche, sehr ausgedehnte, dünne Schubplatte
voraus, welche erst bei der Vorwärtsbewegung zerstückelt und wie
ein Stoß von Brettern übereinander aufgeschlichtet würde.
Eine so ausgedehnte und dabei verhältnismäßig so dünne Platte
erscheint als Ganzes nicht gut transportfähig. Sie muß zerbrechen und
die Stücke schieben sich dann aufeinander. Dadurch tritt nicht nur
ein bedeutender seitlicher Raumgewinn, sondern auch eine Ver-
stärkung und Versteifung des ganzen Schubkörpers ein, der nunmehr
leichter als einheitliche Masse bewegbar wird.
Wir haben in gewissem Sinn eine ganz ähnliche Verstärkung vor
uns, wie sie auch bei der Faltung einer Schichtplatte eintritt und die
von Arn. Heim sehr zutreffend als Wellblechstruktur bezeichnet wurde.
Während also nach dieser Vorstellung zuerst eine ausgedehnte,
flach in die Tiefe ziehende Abspaltungsfläche entsteht (siehe Fig. 29 a)
und erst bei der Schubbewegung dann die große, dünne Schichtplatte
zerteilt und schuppenartig verstärkt wird, würden, wenn die Teilschub-
87*+
[146]
Fig. 27.
ALLCÄUER ALPEN ZLECHTALER ALPEN
Zinher
Otto Ampferer und Wilhelm Hammer.
Schematisches geologisches Profil der Allgäuer und Lechtaler Alpen.
Fig. 27. Die schwarzen Ellipsen bedeuten den Ausstrich von Schubflächen mit Schollenförderung.
Fig. 28. Gestrichelt sind ältere Triasgesteine, schwarz Hauptdolomit, punktiert Kössener Schichten—Tertiär bezeichnet.
676
[147] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen 677
flächen selbständig in die Tiefe reichten (Fig. 295), ganz andere Ver-
hältnisse zutage kommen als in den Nordalpen zu sehen sind.
Die Verknüpfung der einzelnen Schubschollen nach Art von
übereinandergreifenden Dachziegeln hat den großen Vorzug einer
einfachen, vollkommen mit den Beobachtungen übereinstimmenden
Mechanik. Zudem erfordert diese Verbindung nur verhältnismäßig
geringe Untergrundergänzungen.
Das Prinzip ist dabei, keine Scholle ohne speziellen Grund in
der Tiefe sich weiter ausgedehnt zu denken, als nach den vor-
handenen Aufschlüssen notwendig ist.
Die Rechtfertigung dieser Anschauung ist in dem raschen Ab-
lösen der Schollenelemente an der Oberfläche gegeben, welches ja
sein Widerspiel in der Tiefe haben muß.
Neben diesen Verknüpfungen, die im Grunde sich als Faltungen
oder Übereinanderschiebungen einer ausgedehnten, dünnen Schichten-
Fig. 29a. Zuerst bildet sich die Trennungsfläche A—B und erst bei der Vorwärts-
bewegung die Teilschubflächenschar a, b, c, d, e, f.
Fig. 29. Die Schubflächen A, B, C, D, E, F, @ sind ungefähr gleichzeitig und
| gleichwertig.
platte darstellen und also mit vorzüglich horizontalen Bewegungen
arbeiten, müssen auch Verknüpfungen mit mehr vertikaler Tendenz
noch berücksichtigt werden.
Eine solche Verknüpfung ist nur denkbar, wenn die oberflächlich
meist ziemlich flachgeneigten Schubflächen sich gegen die Tiefe zu
rasch steilstellen. Wie man aus der nachstehenden Zeichnung Fig. 30
ersieht, ergibt eine derartige Kombination ganz unmögliche geome-
trische Verhältnisse.
Die’Kalkalpenzone unseres Querschnittes bildet in ausgezeichnet
klaren Umrissen eine für sich nach oben und unten geschlossene
Decke. Das heißt mit anderen Worten, weder über ihr, noch unter
ihr liegende Schichtsysteme können in gleicher oder auch nur ähn-
licher Weise an ihrer Tektonik Anteil nehmen (siehe Fig. 31).
Sie muß, da ja keine geschlossene Überlagerung vorhanden war,
also wenigstens an ihrer Unterseite durch ein Geflecht von Be-
wegungsflächen (vielleicht auch eine einheitliche Fläche) von ihrem
Untergrund abgetrennt sein.
678 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [148]
So bildet die Kalkalpenzone lediglich mit Rücksicht auf ihre
geschlossene Struktur eine für sich selbständige Decke, die man
nicht direkt mit ihrer Unterlage verkoppeln kann.
Wenn nun aber die Kalkalpen in diesem Sinne eine Decke für
sich bilden, so ist damit noch nicht gesagt, daß sie von der Ferne
her auf einen fremden Untergrund aufgeschoben wurden.
Es liegt von vornherein noch immer die Möglichkeit vor, daß
sich unter der Kalkalpendecke (siehe Fig. 31) ihr ursprünglicher
Untergrund, aber in einer ganz anderen Tektonik befinde.
Diese Tektonik kann sich wegen der sehr erschwerten Möglichkeit
des Ausweichens nicht mehr der gleichen Mittel, also vor allem nicht
mehr flacher, weitausgreifender Überschiebungen bedienen.
Fig. 30.
Fig. 30. Mit gestrichelten Flächen sollen ältere Trias—Archaikum, mit schwarzen
Hauptdolomit, mit punktierten’ jüngere Schichten bezeichnet werden.
Diese Art von Raumgewinn ist gewissermaßen nur im obersten
Stockwerk möglich, während sich für die tieferen tektonischen Stock-
werke in den meisten Fällen eine enggepreßte Faltung und Ver-
knetung als erste Bewegungsmöglichkeit ergibt.
Aus dieser Überlegung leitet sich nun gleich der Schluß ab,
daß selbst wenn der Untergrund der Kalkalpenzone der ursprüngliche
Boden dieser Sedimente wäre, dennoch die Schubflächen von oben
nicht ungebrochen oder unverändert in die Tiefe setzen können.
Es ist somit ausgeschlossen, jede der Überschiebungen so in
die Tiefe zu verlängern, daß an jeder Scholle noch paläozoische
oder kristalline Zonen Anteil nehmen können.
Vertikale, tiefgreifende Verknüpfungen sind somit in diesem
Bereiche der Nordalpen nicht anzunehmen.
Es ist eine auffallende Erscheinung, daß die Schollen der Kalk-
alpenzone nicht nur in der Richtung von S—N, sondern auch in der
1149] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 679
von O—W sich dachziegelartig übergreifen. Für die erstere Richtung
ist das eine längst bekannte Tatsache, für die zweite ist sie weit
weniger beachtet und überlegt. Auf Fig. 24 sind für die Nordalpen
vom Bodensee bis über den Achensee hinaus die Ausstriche der
wichtigeren Bewegungsflächen schematisch angedeutet.
Man erkennt deutlich, wie nicht nur gegen Süden, sondern
auch gegen Osten Scholle um Scholle untertaucht.
Neben diesem Untertauchen findet nun aber ebenfalls in beiden
Richtungen, also von N—S und von W—0O, entlang den Schubflächen
ein Auftauchen von älteren Schichtreihen statt.
Am schönsten ist diese Erscheinung am Nord- und Südrahmen
des Nesselwängler Fensters und entlang der großen Schubgrenze
Heiterwand, Boden, Namlos, Ruitelspitze zu sehen.
Die ältesten Schichten, die im Osten an der Basis der Schub-
massen hier zutage treten, sind Muschelkalkschichten. Sie besitzen die
geringste Erstreckung gegen W. So ziemlich mit ihnen enden auch
Fig. 31.
die Partnachschichten. Wesentlich weiter greifen die mächtigen
Massen des Wettersteinkalkes aus. Ebenfalls wieder ungefähr mit
dem Wettersteinkalk enden die Raibler Schichten. Ungleich weiter
aber dringt nun über den Raibler Schichten der Hauptdolomit vor,
welcher bis zu den Westrändern der Schubmassen deren Basis bildet.
Es zeigt uns diese Erscheinung, deren Abstufungen auffallender-
weise in dem nördlicher gelegenen Nesselwängler Fenster ziemlich
genau parallel mit jenen der südlicheren Linie erfolgen, daß die Schub-
flächen gegen Osten in immer größere Tiefen hinabdringen.
Das Gefälle ist dabei ein außerordentlich flaches und stets folgt
die Schubfläche auf längere Strecken hin den Hauptformationsgrenzen.
Es möge hier auch darauf hingewiesen werden, daß sowohl für
die Schubschollen im Bereiche des Fensters von Nesselwängle als
auch für jene am Rande der Allgäuer Überschiebung zwischen Hin-
delang und Oberstdorf es weit näher liegt, eine Heraufschleppung
von Osten als von Süden anzunehmen, weil sich die Schubflächen
in dieser Richtung rascher in ältere Schichtbereiche versenken.
680 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [150]
Das Tiefergreifen der Bewegungsflächen in der Richtung von
N—S kommt vor allem dadurch zum Ausdruck, daß die ältere Trias
in vorherrschenden Massen am Südrande auftritt.
Reichenhaller Schichten (Myophorienschichten), Buntsandstein und
Verrucano aber sind im Bereiche der Allgäuer und Lechtaler Alpen
so gut wie ausschließlich an den Südrand gebunden.
Das Einsetzen der älteren Schichtgruppen findet aber in dieser
Richtung anscheinend lange nicht so regelmäßig statt wie in der
früher besprochenen Westostrichtung. Es erscheinen erst südlich des
Lechs die älteren Gesteinsgruppen, erst Raibler Schichten, dann Wetter-
steinkalk-Dolomit (Arlbergschichten), Partnachschichten, Muschelkalk,
Reichenhaller Schichten, Buntsandstein, Verrucano. Der ungeheuer weit-
gedehnten Vorherrschaft des Hauptdolomits im Norden steht so im
Süden nur eine ganz schmale Zone mit älteren Schichtgliedern gegenüber.
Man darf aber nicht vergessen, daß wir in der Westostrichtung
einheitliche, zusammenhängende Aufschlüsse an ein und derselben
Schubfläche haben, in der Nordsüdrichtung dagegen fort und fort von
einer Scholle zur anderen überspringen müssen.
Diese Erscheinung des Auftauchens immer älterer Schichten in
einer bestimmten Bewegungsrichtung wird vom Standpunkt der Über-
faltungslehre als Zurückbleiben der Faltenkerne, vom Standpunkt
der Überschiebungslehre als Tiefersteigen der Schubflächen erklärt.
In beiden Fällen wird so das Auftreten der älteren Schichten ur-
sächlich mit dem Bewegungsvorgang verbunden.
Als ungünstig für die Überfaltungslehre muß auch hier wieder
betont werden, daß die älteren auftauchenden Schichten ebenfalls
durchaus nur normale und nirgends invers verdoppelte Lagerungen
zeigen. Abweichend von der bisher beschriebenen einfachen Zunahme
des Schichtumfanges an der Basis von Schubmassen tritt an den
meist steilgestellten südlichsten Schubflächen der Lechtaler Alpen
ein wechselweises Zunehmen und Abnehmen des Schichtbestandes ein.
Auf Fig. 12 ist diese Erscheinung an einem nordsüdlichen Anschnitt
deutlich zu sehen. Dieselbe tritt aber ebenso intensiv in der ost-
westlichen Erstreckung der Schubflächen auf.
Die Schubmassen, an denen diese Erscheinungen eintreten, sind
nun durchgehends überkippt und das kristalline Gebirge der Silvretta
stößt ebenfalls überkippt daran.
Kehrt man die Überkippung um, so könnte man bei flüchtiger
Betrachtung glauben, die Kreideschiefer lagern einem tiefeinge-
schnittenen Relief auf.
In diesem Falle wäre dann die Grenze keine Bewegungs-, sondern
eine Erosionsfläche.
Dieser Erklärungsweg ist aber ungangbar, weil einerseits die
Grenzfläche vielfach in deutlichster Weise sich als Bewegungsfläche
kundgibt und anderseits dieselben Erscheinungen im Innern der Trias-
schubmasse und an ihrer südlichen Grenze gegen die Quarzphyllit-
region zutage treten.
Es gibt hier keine konstant fortstreichende Schichtenzone mehr,
sondern lauter mehr oder weniger umfangreiche, linsenförmig begrenzte
Gesteinskörper, welche sich gegenseitig ablösen. In der Detail-
[151] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 681
beschreibung ist diese Gebirgsstruktur mit der Konstitution eines
Augengneises verglichen ‚worden.
Es ist hier der Ort, darauf aufmerksam zu machen, daß diese
eigenartige Struktur an der ganzen Südgrenze der Kalkalpen von
Wörgl bis zum Arlberg entwickelt ist und zum Beispiel in der
Gegend nördlich von Innsbruck am Südfuße des Karwendelgebirges
eine weite Verbreitung gewinnt.
Während die Schollen, die wir bisher in unsere Betrachtungen
eingezogen haben, sich nach kürzerer oder längerer Erstreckung
gegen Süden zu in die Tiefe versenkten, finden wir in den Lechtaler
Alpen eine weitgestreckte Schollenzone, welche sich nieht in die
Tiefe fortsetzt, sondern anscheinend frei auf jungen Schichten schwimmt.
Im Bereiche des Hauptquerschnittes gehört zu dieser Region
das enggepreßte Schichtenbündel mit den Gipfeln der Feuer- und
Vorderseespitze. Auf dem oberen Nebenprofil wäre die Scholle der
Ruitelspitze sowie jene der Saxerspitze und der Freispitzgruppe
hierherzunehmen. Auf dem unteren Nebenprofil wären die Schollen
der Wildtalerspitze und das Schichtenbündel der Aple Pleiß-Spitze
und des Kridlonsees hier aufzuführen.
Für diese Schollen läßt sich ein Untertauchen gegen Süden nirgends
unmittelbar erkennen, ja es sprechen viele Beobachtungen dafür, daß
die Schubflächen, welche im Norden unter diese Schollen einschießen,
im Süden wieder darunter emportauchen.
Auf der schematischen Skizze der Allgäuer und Lechtaler Alpen,
Fig. 28, ist diese Auffassung bereits zur Darstellung gebracht worden.
Wie man aus der Strukturkarte der Kalkalpen, Fig. 24, ersieht, ist
pur im Süden eine allerdings sehr Janggestreckte und auch sehr
mächtige Scholle vorhanden, für welche die Auffassung als frei-
schwimmende Decke wahrscheinlich ist.
In der Gegend unseres Querschnittes ist infolge der hier vor-
handenen starken nordsüdstreichenden Aufwölbungen (vergleiche Profil
Fig. 8) keine einheitliche Uberdeckung, sondern nur eine Zerfransung
in mehrere kleinere Schollen vorhanden.
Aber weiter gegen Osten, schon von Madau an, tritt eine ge-
waltige geschlossene Decke auf, welche sich dann zusammenhängend
bis in die Gegend von Schwaz im Unterinntal verfolgen läßt. Sie
umfaßt nicht nur das weite Dolomitgebirge südlich der Heiterwand
mit der Gosauinsel des Muttekopfs, sondern auch die großen Massen
des Mieminger-, Wetterstein- und Karwendelgebirges.
In den geologischen Lokalbeschreibungen dieser Gebirge ist
fort und fort mit Nachdruck die Anschauung vertreten worden, daß
sich die hier zutage tretenden Erscheinungen vollständiger und
besser lokaltektonisch erklären lassen.
Es ist in dieser Hinsicht nichts mehr hinzuzufügen, wohl aber
bedarf die regionaltektonische Erklärung noch einer weiteren Aus-
führung, da ihre Anwendungsfähigkeit durch die neuen Aufnahmen im
Bereiche der Allgäuer und Lechtaler Alpen vielfach bewiesen worden ist.
Auf der schon mehreremal zitierten Strukturskizze der Kalk-
alpen, Fig. 24, ist die Umgrenzung dieser großen Scholle mit ihren
abgelösten Randschollen im Westen einheitlich hervorgehoben.
Jahrbuchd.k.k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Bd.,3.u.4. Hft.(Ampferer u. Hammer.) 88
%
682 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [152]
Für das Wettersteingebirge wurde von einer völligen Umgrenzung
abgesehen, da die Verhältnisse an seinem Nordrand in dieser Hinsicht
noch nicht genügend genau studiert werden konnten.
Für die große südliche Scholle ist aber nunmehr durch die
Feldarbeiten der letzten Jahre festgestellt, daß dieselbe von einer
einheitlichen. zusammenbänpgenden Schubfläche begrenzt wird, welche
westlich von Innsbruck beginnt, das südliche Karwendelgebirge um-
säumt, das Miemingergebirge im Norden umrandet und dann nahezu
geradlinig bis zur Mündung des Alperschontales verläuft.
Hier umgreift die Überschiebung den Sockel der Ruitelspitze
und wendet sich dann gegen Süden an der Memminger Hütte vorbei
bis an den Nordfuß der Parseier Spitze. Von hier kehrt die Schub-
fläche durch das Patroltal und über den Silbersattel ins Inntal bei
Schönwies zurück. Hier verschwindet dieselbe dann bald Östlich unter
dem kristallinen Gebirge.
In der Strecke zwischen der Gegend von Imst und von Krane-
witten, westlich von Innsbruck, erscheint nun gerade ein starker Vor-
stoß der kristallinen Massen der Ötztaler Alpen, dem nordöstlich von
Telfs die breite Niederbeugung der Kalkalpen im Bereiche des Sattels
von Buchen— Seefeld entspricht.
Es ist wahrscheinlich. daß in dieser Strecke das Urgebirge über
die Kalkalpen vorgeschoben ist und die Depression von Buchen—
Seefeld damit in Verbindung steht.
Schon allein die nunmehr festgestellte Tatsache der geschlossenen
Umrandung dieser ganzen, sonst streng zusammengefüsgten Masse von
vorwiegend älteren Triasgesteinen (Vorherrschaft von Wettersteinkalk)
spricht für eine große, einheitliche basale Bewegungsfläche.
Außerdem aber haben gerade die stark gepreßten und so eigen-
tümlich linsenförmig struierten Zonen in der Gegend nördlich von
Innsbruck und zwischen Imst-Landeck eine so auffallende Ähnlichkeit,
daß der Gedanke an eine Zusammengehörigkeit sehr nahegelest wird.
Wir hoffen übrigens von Fräulein Dr. M. Möller. welches die Trias-
zone an der Südseite des Inns zwischen Imst-Landeck bearbeitet,
nähere Aufschlüsse und genauere Vergleiche über dieses bisher noch
wenig erforschte Gebiet zu erhalten.
Jedenfalls ist nach dem heutigen Stande der geo
logischen Erforschung Nordtirols die Anschauung von
der Deckennatur dieser ausgedehnten Gebirgswelt
nicht mehr als unmöglich oder auch nur als unbe-
gründet von der Hand zu weisen.
Für den Westrand gibt die Auffassung als freitreibende Scholle
ein allen Beobachtungen vollkommen entsprechendes Bild der Sachlage.
Für das allerdings weit größere östliche Stück der Scholle läßt
sich eine solehe Deutung nicht direkt beweisen, aber auch nicht
direkt widerlegen. Dafür erscheinen im ganzen Zusammenhang nach
dieser einheitlichen Auffassung alle die vielen Überschiebungen und die
merkwürdig ähnlich angeordneten Schichtzonen an den Enden im Osten
und Westen als Wirkungen ein und derselben Bewegung. Ebenso ist
die fast der ganzen Nordfront folgende, so äußerst intensiv verfaltete
und verkeilte Zone der jungen Schichten als Schub- und Schürfzone
[153] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 683
doch ungleich verständlicher und in ihrer so hoch komplizierten und
variablen Architektur viel besser in der Gefolgschaft von großen Hori-
zontalbewegungen erklärbar.
Die junge Schichtzone zum Beispiel zwischen Wetterstein- und
Miemingergebirge erinnert in ihrem Aufbau (vergleiche die Arbeit:
Geologische Beschreibung des Seefelder-, Mieminger- und südlichen
Wettersteingebirges. Jahrb. d. Kk. k. geol. R.-A. Wien 1905) vollständig
an die Abschürfungs- und Anhäufungszonen von jungen Schichten in
den Allgäuer und Lechtaler Alpen, welche da so unzweideutig als
Teile der UÜberschiebungswirkungen erkennbar sind.
Wenn man nun diese große südliche Scholle der Kalkalpenzone
als frei schwimmend annimmt, so ergibt sich sogleich die Frage nach
der Herkunft und nach der Verbindung mit den unter ihr liegenden
Schollen. Nach ihrer stratigraphischen Zusammensetzung haben wir
keine Ursache, für die Bildung ihrer Sedimente nach einer anderen,
sehr entfernten Geburtsstätte zu suchen, denn sie wird von denselben
Schichtgruppen in gleicher oder doch ähnlicher Ausbildung aufgebaut,
welche auch in ihrer Unterlage vertreten sind. Unterschiede in kleinerem
Ausmaße sind jedoch unverkennbar vorhanden. Man braucht bloß
daran zu denken, daß zum Beispiel die sogenannte Ramsauentwicklung
der Trias (ein starkes Vorwiegen der Dolomitmassen .. ) der Schollen-
region fremd, dagegen überallan ihrem Südrand vorhanden ist. Nördlich
von Innsbruck treten sich diese zwei Faziesbezirke außerordentlich
nahe, was schon seinerzeit in unserer ersten geologischen Arbeit
(Geologische Beschreibung des südlichen Teiles des Karwendelgebirges.
Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. Wien 1898) vielfach betont worden ist.
Da wir nun diese Scholle von Norden nicht aus ihrem Unter-
srund und wegen ihrer weiten Frstreckung auch nicht gut von
Östen her ableiten können, so bleibt nur übrig, sie von Süden her
zu beziehen. Das heißt mit anderen Worten, die heute an das kri-
stalline Gebirge angeschlossene Triaszone stellt nicht die Südgrenze
der Kalkalpen dar, sondern unsere große Scholle ist noch weiter
südlich daranzureihen.
Silvretta und Unterengadin.
Für diese Gebiete, insbesondere für das zweite, ist bereits im
ersten Teil der Abhandlung alles wichtigere tektonische Detail schon
aufgeführt und teilweise auch kritisch betrachtet worden. Es erübrigt
hier nur ein kurzer Überblick und eine gegenüber jener vorzüglich
lokaltektonischen Zusammenstellung mehr allgemeinere Betrachtung
der mechanischen Erscheinungen. Die Silvrettazone, welche hier im
Querschnitt in einer Breite von 17—18%km durchschnitten wird,
besteht aus einem Büschel von dichtgedrängten, steil fächerartig auf-
gerichteten Gneisen und Schiefern mit zwischengeschalteten Lagern
von Orthogneisen und Amphiboliten.
Es ist eine im Vergleich zu den angrenzenden Kalkalpen oder
Bündner Schiefern außerordentlich viel dichter gefaltete Schichten-
88*
[154]
Otto Ampferer und Wilhelm Hammer.
684
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AN N =
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Kopie des schematischen Profils durch die Schweizeralpen von Ü. Schmidt.
(Nach Fig. 78 in Bild und Bau der Schweizeralpen.)
älter gefaltete Massen mit transgressiven Schichtdächern. Bei der jüngeren Alpenfaltung blieben diese Zonen ziemlich starr
und wirkten wie die Backen einer Presse.
Y
B — Pressungsraum — Herd der Faltungseruptionen. — ( — herausgepreßte Massen.
[155] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 685
folge, welche am ehesten noch mit den Molassefalten am Nordrande
dem Typus nach verglichen werden kann.
Ohne auf eine Zerlegung in einzelne Falten näher einzugehen,
da die dazu nötigen Untersuchungen noch ausstehen, kann man mit
hoher Wahrscheinlichkeit die ganze Zone als aus enggepreßten Falten
hervorgegangen bezeichnen. Es ist wahrscheinlich, daß die zweimalige
fächerartige Struktur durch nochmalige Faltung einer vorher schon
ganz zusammengefalteten Zone erzeugt worden ist,
Ob nun die steile Schichtenstellung durch Faltung oder durch
schuppenartige Schiebung zustande gekommen sei, jedenfalls haben
wir eine vollkommen geschlossene Schichtendecke vor uns, die Ab-
schluB nach oben und unten verlangt.
Dieser Abschluß nach oben bedeutet aber nicht die Unmöglich-
keit einer Überdeckung mit jüngeren Schichten. Es ist sehr wohl
möglich, daß die Zusammenpressung der kristallinen Schichten größten-
teils schon älter als die Trias ist und diese ruhig transgressiv auf
der kristallinen Decke zum Absatz kam. Wir sehen ein ähnliches
Verhältnis in der Schweiz, im Gebiete des Aarmassivs, Fig. 32, wo
ebenfalls Jüngere Schichten ein altes, gesperrt gefaltetes Massiv über-
lagern. Der Abschluß nach unten wäre in diesem Falle ebenfalls
schon mit der älteren Faltung vollzogen worden.
Es kann aber auch sein, daß die enge Zusammenpressung erst
bei der großen Uberschiebung zustande kam.
Jedenfalls können wir also nach dieser Struktur von einer selb-
ständigen kristallinen Decke der Silvretta in dem schon früher um-
grenzten Sinne dieses Ausdruckes reden.
Überschiebungen oder Einschaltungen jüngerer Schichten sind
bisher hier nicht bekannt geworden.
Während die Silvrettadecke im Norden teilweise mit über-
kipptem Quarzphyllit, also ihren Hangendschichten, an die Kalkalpen
stößt, wird sie im Süden von einer vorherrschend steil stehenden
Schubfläche unvermittelt abgeschnitten. Hier fehlt jede Andeutung
von phyllitischen Gesteinen.
Es ist naheliegend, diese weithin streichende, rasch in die Tiefe
ziehende Bewegungsfläche mit der unter der Silvrettadecke theoretisch
erschlossenen Abtrennungsfläche in Verbindung zu bringen.
Durch diese Bewegungsfläche wird nun die Silvrettadecke im
Süden von der mächtigen Aufwölbung der Bündner Schiefer getrennt.
Diese Trennung ist jedoch insoferne keine schroffe, als sich eine
breite Zone von verschiedenartigen Schollen und Schuppen, eine ge-
waltige tektonische NMischungszone, dazwischen einschiebt.
Das Detail dieser hochkomplizierten Zone ist im ersten Teil
genauer beschrieben, hier soll nur eine größere Übersicht gegeben
werden.
Das Gewölbe der Bündner Schiefer zeigt im westlichen Teil
eine mehr flache, im östlichen Teil eine steilere Aufwölbung von
bedeutenden Dimensionen. Auf der Südseite dieser Wölbung tritt uns
dann wieder eine Schuppenstrukturzone entgegen und darüber die
gewaltige Masse der Lischanna, welche einer tieferen Gneissynklinale
aufruht.
[156]
Fig. 33.
Samnaur IN Inntal ori 7
\\
FIN INN IT m G7 ae zu REIT DER
Fig. 34.
7 ee Era 7
Otto Ampferer und Wilhelm Hammer.
Schematisches geologisches Profil des Unterengadins.
1 — Granitmasse. — 2 — Bündnerschiefer. — 3 = Schuppungszone. — 4 — Silvrettamasse.
5 — Rest der von Osten aufgeschobenen Ötztalermasse.
686
[157] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 687
Im ersten Teil der Arbeit sind nun vor allem die Vorteile einer
lokaltektonischen Begreifung dieser Erscheinung vorgeführt worden.
Es ist dies der erste Schritt zu einer Erklärung, welche jedoch einen
sroßen Aufwand von gegenseitig unabhängigen Bewegungen erfordert.
Deshalb liegt es nahe, nach einer Erklärung durch Bewegungsvorgänge
zu suchen, die enger und notwendiger zusammengehören. Das kann
aber nur bei einer regionalen Betrachtung erreicht werden. Hier
sollen nun zur Ergänzung einige neue mechanische Standpunkte ge-
seben werden, von denen aus die Auffassung als Fenster näherliegend
erscheint.
Die hier zu beiden Seiten der eroßen Bündner Schieferauf-
wölbung auf dem beiliegenden Schema, Fig. 33 —34, als tektonische
Mischungs- oder Schuppungszonen bezeichneten Streifen zeigen in
ihrem reichen, oft wechselnden und variablen Detail mit den in den
Fig. 35.
Nordalpen mehrfach so klar entwickelten Schuppungs- und Schürf-
zonen unter oder am Rande von großen Schubmassen eine große Ahn-
lichkeit in ihrer inneren Anlage.
Dazu kommt noch die ausgesprochene Exzentrizität ders» Auf-
wölbung der Bündner Schiefer.
Solche Exzentrizitäten haben wir gleichfalls häufig als Wirkungen
von großen Schubbewegungen (vergleiche Fig. 35) verstehen gelernt.
Denkt man sich die Aufwölbung schon vor oder während der
Schubbewegung gebildet, so müssen die oberen Schichten der Südseite
abgetragen und auf die Nordseite hinübergeschleppt werden. Hier
können sich dieselben gewissermaßen im Schutze der Aufwölbung
wieder teilweise ablagern und anhäufen.
Wird später durch die Erosion die hangende Schubmasse zer-
stört, so kann man noch aus der Struktur des Untergrundes ihre ehe-
malige Ausdehnung erkennen.
688 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [158]
Die merkwürdige Schuppenzone zwischen Bürkelkopf und Vider-
joch im Samnaun scheint in dieser Beleuchtung mechanisch viel ver-
ständlicher zu sein.
Auch die Triasmütze der Stammer Spitze wäre noch zu diesen oft
zwischen Bündner Schiefern eingeschobenen Gesteinslinsen zu zählen.
Um dieser Vorstellung größere Anschaulichkeit zu geben, ist
in Fig. 36—37 der Skizze des Unterengadins das Profil durch das
Fenster von Nesselwängle beigegeben. Die tektonische Ahnlichkeit
ist eine sehr auffallende, wenn man von den verschiedenen Schicht-
gruppen absieht, die beiderseits ins Spiel kommen.
Auch im Profil des Nesselwängler Fensters tritt die starke,
im Sinne der Schubbewegung orientierte Exzentrizität des liegenden
Gewölbes und die tektonische Massenumlagerung deutlich zutage. Die
Verteilung der tektonischen Schuppungszonen ist ebenfalls dieselbe.
Um nun diesen rein mechanischen Beweis noch zu vervoll-
ständigen, mag darauf hingewiesen werden, daß alle sicher als Ein-
senkungen erkannten Gosau- und Tertiärbecken in den Alpen nicht
eine große, einheitliche Gewölbestruktur, sondern im Gegenteil stets
Muldenstruktur zur Schau tragen. Die Ränder dieser Becken sind
mehr oder weniger steil aufgerichtet und selbst wenn die Senkung
von den Seiten her überschoben wird, tritt keine Aufwölbung des
Beckens, sondern lediglich Uberkippung der Ränder ein.
Es scheint dies zusammen mit der starken Exzentrizität des
Gewölbes doch entschieden gegen eine Entstehung aus einer Ein-
senkung zu sprechen. 3
Es ist somit nach diesen Überlegungen die einfachste Lösung,
an eine große Überschiebung des liegenden Bündner Schiefergewölbes
zu denken.
Wir hätten so drei hauptsächliche miteinander in enger Ver-
bindung stehende tektonische Vorgänge, erstens die mächtige Auf-
wölbung der Bündner Schiefer, zweitens die große Überschiebung,
welche drittens die Exzentrizität, die Massenumlagerungen und die
Mischungszonen hervorruft.
Diese Hypothese, welche eine Auflösung der Mischungszone in
verschiedene Decken ausschaltet, braucht auch nicht die Annahme
einer späteren eigenen Auffaltung der Bündner Schiefer. Dagegen
hat der Durchbruch der Eruptivgesteine wohl teilweise erst später
stattgefunden.
Münstertaler-Ortleralpen.
Das hier tektonisch zu besprechende Gebirgsstück, siehe Fig. 38
und Fig. 39, ist dadurch ausgezeichnet, daß zu seinem Aufbau sowohl
kristalline als jüngere Gesteinsgruppen gleichzeitig und wechselweise
in Verwendung stehen.
Das kristalline Gebirge, welches die sichtbare Grundlage der
höheren Stockwerke bildet, zeichnet sich gegenüber dem streng ge-
schlossenen Bau der Silvrettazone durch einen viel lockereren Falten-
689
Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen.
[159]
‚Sundomaqqnyog dp yaanp sopunısıayun sap Sunyonıdsuwog uayıBıs ap »Sforur Sunpprquoddnyag pun yeyızLıyu9zxy
"SNNIY—OTSURAJOSSIN UOA 199sU9J Wop Alu suıpeduaısjun) SEP yarsfdıoı
E 2 & 4
BR DIENEN, AU VWHRDEDDER =
A
.,3.u.4. Hft.(Ampfereru. Hammer.) 89
61. Bd
‚1911,
Jahrbuch d.k.k.geol. Reichsanstalt
690 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [160]
wurf aus, welcher auch die Teilnahme von tieferen Erdzonen an
derselben Tektonik gestattet.
Die Basis, mit welcher die jüngeren Schichten dem Grund-
gebirge aufliegen, zeigt auf weite Strecken, so besonders in der Ses-
vennagruppe, flache, nur leicht verbogene Lagerflächen.
Zugleich mit dem Vorherrschen flacherer Lagerungen stellen
sich stärkere vertikale Bewegungen ein, welche, wie zum Beispiel
die Zebrulinie, eine große Ausdehnung und Bedeutung gewinnen.
Man kann an den ausgezeichnet erschlossenen Schichtbauten
hier meist drei gesonderte Stockwerke übereinander unterscheiden.
Als sichtbare Grundlage gibt sich ein mächtiges kristallines
Gebiet (Münstertaler Gneismasse) zu erkennen. Darüber, teilweise
noch mit Primärkontakt daran gebunden, stellt sich eine Serie von
vorzüglich triadischen Ablagerungen ein. Diese Serie wird dann noch
an vielen Stellen oben von kristallinen Kappen gekrönt, welche diesem
Stück des Querschnittes ein besonders eigenartiges Aussehen geben.
Uber die Grundlage des kristallinen Sockels läßt sich aus der
Struktur allein nichts Genaueres angeben. Daß die Auflagerung des
zweiten tektonischen Stockwerkes wirklich noch in ungestörtem Ur-
verband mit dem ersten steht, läßt sich wohl nur insofern behaupten,
als nur Bewegungen parallel der Grenzfläche hier in Betracht kommen.
Wenn man nämlich, was wohl kaum zu umgehen ist, das zweite
Stockwerk der Piz Lad- und Piz Umbrailgruppe mit dem zweiten der
Piz Starlex- und Piz Urtirolagruppe über das Münstertal hinweg ver-
bunden denkt, so geht aus der Beobachtung der Basalüberschiebung
in der südlichen Gruppe wohl auch deren Vorhandensein in der
nördlichen hervor.
Wie der Anblick des Querschnittes und des Schemas Fig. 39
lehrt, kehrt derselbe dreistöckige Bau in der Lischanna-, Piz Cornet-,
der Piz Starlex-, Piz Urtirola-, der Piz Lad- und Piz Umbrail- und in
gewissem Sinne auch in der Ortlergruppe wieder.
Es ist naheliegend, darin einen gemeinsamen Bauplan und den
Ausdruck von gemeinsamen Grundbewegungen zu suchen.
Das unterste Stockwerk wird ausschließlich von kristallinen Ge-
steinen gebildet, das mittlere ausschließlich von jüngeren Schichten,
das oberste dagegen aus einem Gemisch beider Gruppen mit starkem
Uberwiegen des kristallinen Anteils.
Es ist schon erwähnt worden, daß der Faltenwurf des kristallinen
Sockels ein verhältnismäßig lockerer ist. Auch die Faltung des
mittleren Stockwerkes ist keine enggeschlossene, sondern eine vor-
wiegend flache, mit Einschaltungen von Zerknitterungs- und Schuppungs-
zonen.
Des weiteren ist für dieses Stockwerk bald eine mächtig an-
schwellende Verdickung und Häufung der Schichten, bald eine starke
Verdünnung derselben charakteristisch. Insbesondere der Aufbau
des Lischanna zeigt uns hochmächtige Aufstauung und Zerknitterung,
während am Piz Urtirola und Piz Umbrail scharfe Verdünnung knapp
neben Verdiekungen eintritt.
Es ist bemerkenswert, daß die dieken Enden der Schichtkeile
jeweils gegen Norden gerichtet sind.
631
Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen.
[161]
"OSSELLIATBIZIO UEUFTOTIKAZIAT UAISO UOA AOp 2ysoay —= 9
USSEBWEINF-SELL] = GC — '9SSBUISIEUN 1afeJTajsuny — F — 'auozsdunddnyag = g — "ıoperypsmupung = g — "OssewjlugId) — ]
"uod[EIO IQ — 19[E}19JSUNJL 1Op [HOIT SOYOSL30]098 soyasryewayag
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DL LEFZEISER W N
ILENDHIHTTLEIO
89*
692 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [162]
Eine weitere Eigentümlichkeit der Faltung dieses mittleren
Stockwerkes besteht in der gleichsam gebügelten, niedergedrückten
Anlage desselben.
Nirgends finden wir, wie zum Beispiel in den Nordalpen, steil
und frei auflodernde Sättel und mannigfache Ausgelassenheit des
Faltenwurfes.
Der Grund für diese Verdickungen und Verdünnungen wie für
die Verknitterungen und die ganze gedrückte Faltenstruktur ist in
dem Uberschub des dritten Stockwerkes zu suchen.
Diese Überschiebung, welche wohl nach allem ebenfalls als eine
sroße zusammenhängende Decke von der Lischanna bis zur Ortler-
gruppe zu denken ist, hat unter sich durch das ungeheure Gewicht
und die Schubgewalt ihres Leibes diese Strukturformen hervorgerufen.
Es handelt sich nun nach der Feststellung dieses Grundbau-
planes vor allem darum, einen Einblick in die Bewegungsrichtungen
dieser Schubkörper zu gewinnen. Das ist in diesem Gebiete bei Be-
rücksichtigung der tektonischen Verhältnisse der weiteren Umgebung
im Westen und Osten unschwer zw erreichen.
Wie ein Blick auf Tafel XXXIV lehrt, befinden wir uns hier
in einer Region der Alpen, wo sich außerordentlich deutliche An-
zeichen einer von Osten gegen Westen gerichteten Bewegung kundtun.
Es sind dies vor allem die schönen, gegen Norden, Westen und
Süden, also nach auswärts überschlagenen Faltenbogen, welche in
mehreren Kränzen hier entwickelt sind. Sie liegen gewissermaßen
wie Randmoränenwälle eines nunmehr zurückgewitterten Stein-
gletschers vor uns und geben uns ein Bild seiner einstigen Ver-
breitung. Als der dazugehörige Steingletscher ist aber in unzwei-
deutiger Weise die gewaltige Otztalermasse zu erkennen, deren Vor-
posten noch heute auf den Gipfeln der Münstertaler Berge lagern.
So klar und geschlossen sich dieser große mechanische Zu-
sammenhang in der Gebirgsstruktur zu erkennen gibt, so scheint er
doch nicht allen tektonischen Formen gerecht werden zu können. Es
ist eine auffallende Erscheinung, daß die heute noch erhaltenen Reste
unseres mittleren Stockwerkes, im großen genommen, keilförmige
Stücke bilden, deren dicke Enden gegen Norden schauen. Es sind dies
bei einer reinen Ostwestschiebung nicht recht verständliche Gebilde.
Möglicherweise verrät uns diese Keilstruktur des zweiten Stockes,
daß der Ostwestüberschiebung schon in nordsüdlicher Richtung starke
Bewegungen vorausgegangen sind.
Während sich also das oberste Stockwerk als Vorderteil der
großen Schubmasse der Otztaler Alpen ausweist, erscheint das
mittlere Stockwerk nicht so sehr als einheitliche selbständige Be-
wegungsdecke, sondern vielmehr als nur teilweise mitgezerrte und
stark strapazierte Unter- und Vorlage der oberen Schubmasse.
Es ist sehr bemerkenswert, daß nach den Aufnahmen von A.
Spitz und Dyrenfurth weiter westwärts eine mächtige Haupt-
dolomitplatte die Rolle der kristallinen Otztalermasse, also gewisser-
maßen die Rolle des Bügeleisens übernimmt.
Wir hätten so auch hier, wie in den Nordalpen, ein von West
gegen Ost gerichtetes Tiefergreifen der großen Bewegungsfläche.
[163] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 693
Im Zusammenhang mit dieser mechanischen Erklärung lassen
sich vielleicht auch die vertikalen Bewegungen als Belastungs- und
Entlastungssprünge auffassen.
Jedenfalls tritt südwärts der Zebrulinie eine starke und aus-
gedehnte Hebung ein.
Tonale— Adamello.
Entlang der Zebrulinie, welche die südliche Begrenzung des
Münstertaler Senkungsfeldes darstellt, hat eine starke Höherschaltung
des Gebirgskörpers stattgefunden.
Die Gebirgsmasse besteht hier bis zur Adamellomasse hin aus
zwei durchaus nicht gleichwertigen Stücken.
Zwischen Zebrulinie und der Bäderlinie (Rabbi—Pejo) haben wir
noch ein ziemlich weitfaltiges Gebirgsstück, das vorzüglich aus Phylliten
und Quarziten zusammengestellt ist.
Zwischen der Bäderlinie und der Tonalelinie tritt dann eine eng-
gepreßte, dichtgeschlossene Schichtenzone zutage, welche nach Salomon
als Fortsetzung der Zone von Ivrea zu gelten hätte. Zwischen Tonale-
linie und der Kontaktfläche des Adamellotonalits aber ist eine ebenfalls
steilstehende und geschlossene Schichtenserie eingeschaltet, die in
größerem Umfange durch Kontaktwirkungen der nahen Granitmasse
verändert ist.
Die Tektonik des Gebirges zu den Seiten der Val furva ist von
verhältnismäßig einfacher Anlage.
Es ergeben sich im wesentlichen nur zwei Kombinationen je nach-
dem man die Quarzite des Confinale als jünger als jene des Piz Tre-
sero und Dosegu annimmt oder dieselben mit denen des Piz Tresero
gleichsetzt. Die zweite, scheinbar einfachere Deutung ist aber weniger
wahrscheinlich, weil die Quarzite des Confinale (und des Kristallo-
kammes) von Grünschiefern begleitet werden, jene des Piz Tresero
aber ebenso wie die Quarzite an der Basis der Phyllite (Dosegu) nicht.
Benützen wir diese wahrscheinlichere Kombination, so würde im
Gebiete der Val furva eine breite Mulde vorliegen, welche im Süden
von der Antiklinale oder Aufschiebung des Piz Tresero überkippt oder
überschoben wird.
Daran würden sich südwärts bis zur Bäderlinie noch engere
Falten anreihen.
Nach der zweiten Kombination würden die Phyllite und Quarzite
über die Val furva ein Gewölbe spannen.
Das Schichtenbündel zwischen der Bäder- und Tonalelinie zeigt
sich als streng geschlossenes, isoklines, steil gegen Süden einfallendes
Faltenpaket, welches sich gegen Osten zu etwas auseinanderlöst, so daß
dort einzelne Faltenelemente sichtbar werden.
Die Zone südlich der Bäderlinie hebt sich von der nördlichen
durch das Auftreten einer eigenen, besonders durch Quarzite cha-
rakterisierten Schichtserie, der Pejoserie, ab. Diese ist aufs engste ver-
bunden mit den südlich anschließenden Schichten (Salomons Tonale-
schiefer, durch Mischung mit magmatischem Material veränderte Gneise
[164]
Otto Ampferer und Wilhelm Hammer.
694
Fig. 40.
ADAMELLO CRHUPPE
Val Savıore
>
a2
Schematisches geologisches Profil der Adamellogruppe.
1 = Älter gefaltetes kristallines Grundgebirge mit einem transgressiven Schichtdach.
M.Arerore
— 2 = Tonalitmassen.
[165] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 695
und Einlagerungen von Marmoren, Amphiboliten und Olivinfels). Beide
sind gemeinsam in Falten zusammengepreßt und werden von Brüchen
durchsetzt, an denen NW streichende Schollen eingeklemmt sind.
Die gleichen Querstörungen und Drehungen des Streichens wieder-
holen sich weiter östlich und westlich und dürften auf eine Wieder-
holung verschieden gerichteter Gebirgsbewegungen zurückzuführen
sein. (Nordsüdbewegung und spätere Ostwestbewegung ?)
An das geschlossene Faltenbündel schließt sich die ebenso isoklinale
Schichtfolge an, welche den Nordrand der Adamellomasse umsäumt.
Wie in einem früheren Abschnitte dargetan wurde, kann die Tonale-
linie Salomons nicht als Bewegungsfläche von großer regionaler
Bedeutung erachtet werden, sondern nur als untergeordnet und im
Bereich des Profils kaum feststellbar. Das Entstehen einer Bewegungs-
fläche an dieser Stelle könnte mit dem Intrusionsvorgang der Adamello-
masse in Verbindung gebracht werden.
Fassen wir das, was oben in tektonischer Beziehung über die
Adamellomasse (Fig. 40—41) mitgeteilt wurde, in ein paar kurze
Worte zusammen, so ergibt sich: Das kristalline Grundgebirge südlich
der Tonalefurche und die seinem südlichen Teil auflagernden paläo-
und mesozoischen Schichten werden von einer aus mehrfachen Intru-
sionen zusammengeschweißten Eruptivmasse durchbrochen, wobei im
Süden ein Einsinken der sonst wenig gestörten Schichten unter die
Intrusivmassen mit begleitenden Faltungen stattfand. Am Nord- und
Nordwestrand bewegt sich die Intrusivmasse großenteils parallel den
steilstehenden, früher schon stark gefalteten Schichten empor, wäh-
rend im Süden Durchbruchskontakt mit schwimmenden Schollen vor-
herrscht. Die Form der Intrusion ist nach Salomon ein Zwischending
zwischen Lakkolith und Stock (Ethmolith Salomons).
Südalpen.
In den Südalpen (Fig. 42—43) können zunächst zwei Zonen
geschieden werden. Die erste — die Schichttafel zwischen Adamello-
masse und Trompialinie — gehört noch dem hochliegenden Gebirgs-
teil südlich der Zebrulinie an.
Das stark gefaltete kristalline Grundgebirge wird hier von
paläozoischen und triadischen Sedimenten transgrediert, welche noch
wenig gestört sind. Nur Brüche geringerer Ausdehnung und die Ein-
senkung und Faltung am Rand der Intrusivmasse haben ihre ruhige
Lagerung verändert.
Die Trompialinie ist der innerste Absenkungsbruch gegen die
Poebene. Weiter südlich kommt das kristalline Grundgebirge nicht
mehr zutage und immer jüngere Sedimente nehmen die Oberfläche ein.
Das Land südlich der Trompialinie bildet eine zweite Zone:
die Jombardisch-judikarische Faltenzone. Die Sedimente sind in kräftige
gegen S mehr oder weniger überkippte Falten gelegt, welche aber noch
nicht so eng geschlossen sind, daß nicht auch tiefere Schichten an
der Faltung mitbeteiligt gedacht werden können.
[166]
Otto Ampferer und Wilhelm Hammer.
696
Fig. 42,
/l Frerore DossoAlto
Va! Sabbra
Gardases
NM N AFILENN eh
Schematisches geologisches Profil der Südalpen.
1 — Älter gefaltetes kristallines Grundgebirge. — 2 = Paläozoisch-mesozoische Schichtentafel mit Durchbruchskontakt und
Schollenauflösung. — 3 — Tertiär. — 4 = Tonalitmassen.
[167] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 697
Eine Anzahl von Bruchflächen, Diskontinuitäten, durchtrennen
den Verband der Falten: Schubflächen, an denen schuppenartig jeweils
die nördliche auf die südliche Scholle (gegen S) aufgeschoben wurden.
Die Bewegungsflächen sind gleichzeitig Senkungsflächen; an den weiter
gebirgseinwärts gelegenen Schollen kommen immer ältere Schicht-
glieder noch zum Ausstreichen. Die Stärke der Schuppung nimmt
gegen innen zu. Die innerste Scholle, jene des Dosso alto, ist an
der Trompialinie steil aufgestellt; ihre Außenfläche ist bereits eine
Aufschiebungsfläche (am Dosso alto steil [siehe Fig. 43] weiter westlich
am Monte Ario gegen N geneigt).
Die Größe der Absenkung wird ersichtlich durch den Vergleich
der Höhenlage des Kristallinen am Manivasattel mit der Tiefe, bis zu
welcher das Quartär unter die heutige Poebene hinabreicht.
Querbrüche zergliedern die Zone in der Richtung des Streichens.
Das typische Störungsbild der zweiten Zone der Südalpen ist
das eines durch Schuppung zusammengedrängten und nach außen
immer tiefer sich absenkenden Faltenlandes. Auch in den Südalpen
gesellen sich zu der Hauptfaltung noch Faltungen im Gefolge von
ostwestlichen Bewegungen.
Zusammenfassung.
Nach dieser tektonischen Charakterisierung der einzelnen Zonen
sollen nun die Verbindbarkeiten der Zonen untereinander noch einer
Uberlegung unterzogen werden.
Für die Verbindung der Zonen gelten dieselben Standpunkte
wie für die Verbindungen der kleineren tektonischen Elemente. Hier
tritt die Einwirkung der modernen Auffassungen nun am deutlichsten
zutage, indem nicht nur die einzelnen Kombinationen, sondern über-
haupt die ganze Fragestellung erst möglich wurde, nachdem der
Glaube an die Unverrückbarkeit der gegebenen Zonenordnung er-
schüttert worden war.
Durch die Überfaltungslehre wurden gleichsam wie durch eine
Revolution die Fesseln einer altüberlieferten Bodenständigkeit und
strengen Rangordnung gelöst und alle Zonen auch im großen Stil als
gegeneinander beweglich erklärt. Das bedeutet jedenfalls, abgesehen
von allen anderen Momenten, schon deshalb einen Fortschritt, weil
ein bisher für selbstverständlich gehaltenes Dogma nunmehr zum Gegen-
stand der Untersuchung erhoben wurde.
Als das wichtigste Prinzip bei der Beurteilung der Zonen in
Rücksicht auf die Fortsetzung ihres Bauplanes in die Tiefe, hat sich
das Studium der mehr oder weniger geschlossenen Struktur erwiesen.
Wir können damit innerhalb gewisser Grenzen den Zustand des Unter-
grundes beleuchten. Von diesem Standpunkt aus haben wir erkannt,
daß viele Zonen des Alpenquerschnittes durch eine Bewegungsfläche
von ihrem Untergrund abgelöst sein müssen.
Hierher gehören der südliche Teil der Molassezone, die Kreide-
und Flyschregion, die nördlichen Kalkalpen, die Silvretta, die Tonale-
zone und teilweise die Südalpen.
Jahrbuchd.k.k.geol. Reichsanstalt, 1911,61. Bd.,3. u.4. Hft.(Ampferer u. Hammer.) 90
698 Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. [168]
Die Gebiete des Engadiner Fensters, die Münstertaler-Ortler-
alpen und die Adamellogruppe zeigen Strukturen, welche in größere
Tiefen sich fortsetzen können.
Die Verhältnisse der Zonen bis zum Südrand der nördlichen
Kalkalpen sind durch mehr oder weniger ausgedehnte Aufschiebungen
von Süden her zu erklären. Die südlichere Zone ist jeweils über
die nördlichere vorgeschoben, wobei festzuhalten ist, daß die jetzige
Form der Südgrenze der Molasse wohl auf weite Strecken die einer
Verwerfung ist.
Eine andere Verbindung, als diese hier in der Natur vorge-
zeichnete anzunehmen, liegt im Bereiche unseres Querschnittes
keine Ursache vor.
Mehrdeutiger werden jedoch die Verbandsverhältnisse der Kalk-
alpendecke mit der kristallinen Decke der Silvretta.
Obwohl hier kein Zweifel bestehen kann, daß die Kalkalpen-
decke über die Silvrettadecke gegen Süden zu verlängern ist, herrschen
doch kompliziertere Beziehungen zwischen beiden Gebieten.
Die Kalkalpendecke ist nicht mehr wie die nördlicheren Zonen,
von der südlicheren Decke überschoben, sondern nur überkippt.
Wenn wir von der Deckenstruktur der Kalkalpen ausgehen, so
liegen vor uns zwei Möglichkeiten der Tiefenfortsetzung.
Da der Untergrund der Kalkalpendecke nicht an ihrer Tektonik
teilnehmen kann, so muß entweder der Untergrund eine andere Tektonik
besitzen, welche eine ebenso starke Verschmälerung ergibt, oder die
Kalkalpendecke wurde von seitwärts hereingeschoben.
Um nun zu sehen, welche Art von Ausgleichung in unserem
Gebiete vorliegt, brauchen wir nur in der Streichriehtung gegen Westen
bis an den Rand der Kalkalpen vorzugehen. Wäre der erste Typus
vorhanden, so müßten wir hier unter der hochlagernden Kalkalpen-
decke das ältere enggepreßte Gebirge erkennen.
Das ist aber nirgends zu sehen. Im Gegenteil finden wir genau
dieselben Überschiebungsverhältnisse wie am Nordrande der Kalkalpen
und schließen daraus, daß der zweite Typus vorliegt.
Die gleiche Überlegung können wir nun für. die Silvrettazone
wiederholen.
Auch diese bildet eine streng gefaltete, geschlossene Decke.
Folgen wir derselben im Streichen, so begegnen wir an ihrem West-
und Südwestrand ebenfalls nicht den Anzeichen einer älteren, tieferen,
stark gepreßten Gebirgszone.
Kalkalpen und Silvretta können also nicht in der Tiefe ein
Äquivalent von anders zusammengeschobenen älteren Schichten haben,
sie müssen daher auf fremder Unterlage ruhen.
Diese lediglich aus der Struktur geschöpfte Erkenntnis wird
durch die tiefgreifenden Aufschlüsse im Engadiner Fenster bestätigt
und erweitert. Die allgemeine Lagebeziehung der Kalkalpendecke
zur Silvrettadecke wird durch die Zwischenschaltung von älterer Trias
und Verrucano als Auflagerung wahrscheinlich gemacht.
Obwohl nun sicher nach den Profilen durch die Grenzregion
zwischen Kalkalpen und Silvretta (Fig. 13—18) entlang dieser Grenz-
zone starke Verschiebungen stattgefunden haben, geht aus denselben
[169] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 699
doch nicht hervor, dab die Kalkalpen etwa als Ganzes von Süden her
über die Silvretta geschoben wurden.
Es hat vielmehr den Anschein, daß die Hauptmasse der Kalkalpen
von jeher nördlich der Silvrettazone angeordnet war, wenn auch die
letztere von Sedimenten überdeckt war, welche jetzt davon entfernt sind.
Denkt man sich also die Kalkalpendecke mit der Silvrettadecke
verbunden und beide durch Bewegungsflächen von einem fremden
Untergrunde abgeschieden, so ist es naheliegend, diese Bewegungs-
flächen als zusammengehörig und aneinanderschließend zu begreifen.
Wir hätten dann eine große Bewegungsfläche (oder ein Geflecht von
solchen Flächen) vor uns, welche von Norden gegen Süden in tiefere
Erdzonen niedersteigt.
Im Engadiner Fenster würde nun diese Bewegungsfläche an der
Basis der Silvretta und Lischanna sichtbar.
Weiter südwärts sind keine Anzeichen mehr vorhanden, sie muß
dort ihr Ende erreichen.
Es ist schon erwähnt worden, daß die gewaltige, breite Auf-
wölbung der Bündner Schiefer eine Strukturform zeigt, die durch ihre
weite Spannung auf bedeutende Tiefenerstreckung schließen läßt.
Es ist neben der Adamellomasse das größtangelegte, einheitliche
tektonische Element im Bereiche unseres Alpenquerschnittes.
Wir haben keinen Grund, diese Aufwölbung (die von Granit unter-
lagert wird) als nicht grundständig anzusehen.
Als Fortsetzung der Silvrettazone wäre dann südwärts wahr-
scheinlich die Münstertaler Gneismasse mit ihrem Triasfeld anzu-
nehmen. Bei dieser Zusammenschließung von Kalkalpendecke, Silvretta-
Münstertaler Gneismasse zu einer gewaltigen Schubmasse (nicht zu
einer Überfalte!) erhebt sich einerseits die Frage nach den riesigen
fehlenden Massen an der Unterseite, anderseits jene nach der Be-
schaffenheit und Zusammensetzung des Untergrundes. Wenn wir uns
durch die oberen Teile der Erdhaut eine ausgedehnte, flach in die
Tiefe ziehende Bewegungsfläche gezogen und an ihr dann den oberen
Flügel über den unteren in bedeutendem Ausmaße vorgeschoben
denken, so ist dies nur möglich, wenn entweder der untere Teil der
Erdhaut gegenüber dem oberen etwas stärker kontrahiert wurde und
hier eine Summation aus bedeutender Ferne stattfand oder eine gewal-
tige Massenabsorption in der Tiefe vor sich ging und große Teile der
oberen Zone dabei verschluckt wurden.
‚ In der Arbeit über das Bewegungsbild der Faltengebirge (Jahrb.
d. k. k. geol. R.-A. 1906) ist ausführlich gezeigt worden, daß die
Annahme der Gebirgshäufung durch Fernschiebungen sich nicht aufrecht-
erhalten läßt.
Wenn aber dieser Ausweg ungangbar ist, so bleibt nur noch die
Möglichkeit, an eine Einsaugung nach der Tiefe hin zu denken, wo-
durch an der Oberfläche breite Zonen überschüssig werden, welche
an Bewegungsflächen aus der Tiefe aufsteigen und große Schollen
übereinander hinführen.
Diese Überlegung führt uns zu dem Begriff der Ver-
schluckungszonen, welcher für das weitere Verständnis des
Alpenbaues manche Einblicke gewährt.
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Die dicken schwarzen Linien sollen den obersten Teil der Erdhaut, die senkrecht schraffierten Flächen tiefere Teile derselben, die
gegitterten aber Bereiche von Tiefenbewegungen und Masseneinsaugungen vorstellen.
Otto Ampferer und Wilhelm Hammer.
Fig. 44 veranschaulicht die räumlichen Verhältnisse unter der Voraussetzung, daß eine starke Masseneinsaugung gegen die Tiefe zu
stattfindet. Dadurch wird eine gewaltige Hereinschiebung von seitlichen Massen veranlaßt, wobei die obersten starren Zonen schuppen-
förmig übereinander getrieben werden. Zur Gebirgshäufung werden hier in der Hauptsache nur die obersten Erdschichten verwendet,
während die unteren in die Tiefe sinken. Der Motor der Gebirgsbildung ist eine verhältnismäßig lokale starke Massenverringerung
im Untergrunde.
Fig. 45 gibt die Massenanordnung nach der Überfaltungslehre. Hier wird ebenfalls nur die oberste Erdzone zur Gebirgshäufung ver-
wendet, welche aber dadurch zustande kommt, daß durch Fernschiebungen der Kontraktionsüberschuß eines größeren Teiles des Erd-
umfanges an einer Stelle summiert wird. Die tieferen Zonen bleiben unbeteiligt. Der Motor ist eine allgemeine gleichmäßig verteilte
Kontraktion der Erde.
700
Die Buchstaben geben jeweils die Lage einer und derselben Stelle vor und nach der Gebirgsbildung an. In Fig. 44 unten lies statt D A..
[171] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 701
Durch die Verschluckungszonen wird zum Beispiel der Begriff
der Wurzeln für die Ableitung der einzelnen Decken überflüssig. Es
ist seit der Begründung der Überfaltungslehre trotz aller Bemühungen
nicht gelungen, die Stellen einwandfrei nachzuweisen, aus denen die
angeblichen Überfalten herausgepreßt worden sein sollen.
So klar und deutlich sich vielfach der Deckenbau in den Schweizer-
alpen enthüllt, weder in der sogenannten Rhein-Rhonenarbe noch in der
berühmten Zone von Ivrea konnten dieselben Schichten nachgewiesen
werden, welche die daraus abgeleiteten Überfalten zusammensetzen.
Man mußte zu der Hypothese greifen, daß die in den sogenannten
Wurzelzonen zurückgebliebenen Schichten durch gewaltigen Druck
und hohe Wärme völlig umgestaltet worden seien. Eine Entstehung
der Überfalten durch Zusammenpressen von anfänglich sehr breiten
Mulden ist eine mechanische Unmöglichkeit.
Denkt man sich aber statt Überfalten Überschiebungen mit
gelegentlichen Einrollungen, Walz- und Schubschollen, so bereitet das
Fehlen der Wurzelzonen keine Schwierigkeiten mehr.
Die Bewegungsflächen, von denen die Schubmassen gefördert
werden, sinken in die Tiefe und erlöschen dort. Der große Massen-
überschuß an der Oberfläche entsteht durch Finsaugung tieferer Zonen
erdeinwärts. Der große so entstehende Uberschuß der obersten
Zonen aber wird durch gewaltige Überschiebungen und- Faltungen
ausgeglichen. Das Suchen nach den Heimstellen der Überfalten oder
(nach unserer Meinung) der Überschiebungen ist völlig aussichtslos, da
diese Gebiete eben in der Tiefe begraben und dort assimiliert sind.
Nach dieser Anschauung, welche auf Schema Fig. 44 im Gegen-
satz zu dem Summationsgebirge Fig. 45 zur Darstellung gebracht ist,
würde die oberflächliche Zusammenschiebung und Faltung einer in
größerer Tiefe vor sich gehenden Massenverminderung entsprechen.
Der Hauptteil der horizontalen Raumgewinnung wird entlang von
Schubflächen vollzogen, weil dadurch bei geringerer Arbeit eine größere
Wirkung erreichbar ist.
Was nun die Beschaffenheit der Unterlage der riesigen, hier als
einheitlich dargestellten Schubmasse anbelangt, so ist darüber nur
nach den Aufschüssen am Nord- und Westrande sowie im Engadiner
Fenster zu urteilen. Am Nordrande tauchen überall Flyschschichten,
am Westrande Flysch und Bündner Schiefer, im Engadin Bündner
Schiefer unter den Rändern der großen Schubimasse hervor.
Flysch wie Bündner Schiefer zeichnen sich durch gewaltige
Mächtigkeit und stumpfe, gleichartige Entwicklung aus. Sie haben
diese Eigenschaften in mancher Hinsicht mit den Fleckenmergeln und
Kreideschiefern der Nordalpen und mit den Schiefern und Phylliten
der Grauwackenzone und der Zentralalpen gemeinsam. Es sind nach
ihrer Natur Ablagerungen von weiter Erstreckung und erschreckender
Gleichförmigkeit, welche auch riesige Ablagerungsräume und lange
gleich bleibende Bedingungen zu ihrer Entstehung voraussetzen. Ein
Gebilde wie die Bündner Schiefer kann nicht in einem so engen
und kleinen Trog, wie ilın der Rahmen des Engadiner Fensters vor-
schreibt, hergestellt werden. Dazu sind weit größere Dimensionen der
Bereitungsstätten erforderlich.
702 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [172]
Denkt man sich die große Schubmasse abgehoben, so hätten wir
darunter ein gewaltiges, wahrscheinlich von solehen Schichten erfülltes
Feld, die Verlandung einer breiten und tiefen Geosynklinale vor
uns liegen.
Zwischen diese Basis und die Schubmasse wären die ihrem Volumen
nach allerdings verschwindend geringen Massen des bei der Bewegung
geschaffenen und liegengelassenen Reibungs- und Schiebungsmaterials
eingeordnet. Dieses Material entstammt teils dem Untergrund, teils
dem Schubkörper selbst. So ist es zum Beispiel nicht unwahrscheinlich,
daß die fossilreichen Lias-Crinoidenkalke am Nordrande des Enga-
diner Fensters aus der Stirnregion der Kalkalpendecke (der sogenannten
EURER
Run REG BER EZ
Fig. 47.
Oberstdorf Lechtal Unterengadır Orkler Adamello
Fig. 46. Schräg schraffiert —= Große Schubdecke Kalkalpen—-Silvretta-—- Ortler. —
Unterbrochen — Reibungs- und Schuppungszone. — Senkrecht schraffiert = Hel-
vetisches Kreidegebirge. — Punktiert — Flysch- und Bündnerschieferland. —
Geringelt = Molasse. — Gegittert — tieferes Grundgebirge.
Fig. 47. Schematische Darstellung der Faltungsdecken in den ÖOstalpen nach
G. Steinmann (Kopie von Fig. 26 aus Geologische Probleme des Alpengebirges.
Zeitschrift des D. u. Ö. A.-V. 1906).
Schräg schraffiert = ostalpine Decken. — Schwarz —= lepontinische Decken. —
Punktiert — helvetische Decken.
pieninischen Zone) beim Vormarsche entnommen wurden. Vergleichen
wir nun diese hier versuchte Kombination der Zonen (Fig. 46) mit jener,
welche Steinmann (Geologische Probleme des Alpengebirges, Zeit-
schr. d. D. u. ©. A.-V. 1906) gegeben hat (Fig. 47) und die den Ar-
beiten seiner Schüler zugrunde liegt, so ergeben sich gar manche Unter-
schiede. Dieselben bestehen darin, daß einmal keine Überfaltungs-
decken, sondern nur reine Überschiebungsdecken vorhanden sind, daß
weiter unsere Reibungs- und Mischungszone am Nordrande als eigene
lepontinische Decke erscheint, welche mit den Bündner Schiefern ver-
schmolzen wird, daß die helvetische Decke noch unter der lepon-
tinischen bis ins Gebiet der Münstertaler Alpen zurückgeführt wird
und endlich alle drei Decken aus Wurzelgebieten herausgeleitet
werden.
[173] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 103
Über das Verhältnis von Decken und Wurzeln haben wir uns
schon ausgesprochen. Die Verlängerung der helvetischen Decken so weit
nach Süden ist wohl unnötig und unerweisbar.
Die Verbindung der sogenannten lepontinischen Schollen am
Alpennordrande mit den Bündner Schiefern zu einer Decke ist aber
unmöglich. Die Schollen von Melaphyr, Amphiboliten, Gneisen...
haben mit den Bündner Schiefern nichts gemeinsam und sind auch
nicht Reste einer Decke, sondern deutliche Schubschollen. Außerdem
dürften sie, wie schon erwähnt wurde, viel wahrscheinlicher durch
ostwestliche Verschiebungen in der Tiefe abgeschürft und empor-
gefördert worden sein. Wenn man hier eine Verbindung annehmen
will, so kann man von einer Reibungs- und Mischungszone zwischen
Untergrund und großer Decke reden. Dann würden aber diese
Schollen am Alpennordrand nur den Schollen am Engadiner Fenster-
rahmen gleichzuachten sein.
Diese tektonische Reibungs- und Mischungszone ist aber durch-
aus nicht als eine irgendwie geschlossene Decke aufzufassen, sondern
dieselbe ist bald hier, bald dort abgelagert oder nicht vorhanden wie
die Grundmoräne zwischen Gletscher und Felsgrund. Sie zeigt auch
ebenso wie die Grundmoränen deutliche Lokalfärb ung, indem die
Schollen einer Region meist eine ganz charakteristische Zusammen-
setzung und Mischung verraten.
Die Schollen können bald weite, bald kurze Wege beschrieben
haben und sowohl vom Untergrund als auch von der Schubmasse ab-
stammen. Ihre Erscheinungsweise wiederholt sich in allen Grundzügen
ebenso an den vielen kleineren Überschiebungen, für welche die All-
gäuer und Lechtaler Alpen so schöne Beispiele enthalten.
Während wir so für den ganzen nördlichen Teil des Querschnittes
einen verhältnismäßig einfachen und groß angelegten Überschiebungs-
plan mit wahrscheinlich nordsüdlicher Tendenz erkannt haben, lassen
sich die Erscheinungsformen im mittleren Teil des Querschnittes besser
und klarer durch eine Schubbewegung von Osten gegen Westen be-
greifen.
Bei der Detailbeschreibung und der tektonischen Charakteristik
der Münstertaler-Ortleralpen ist diesem Gedanken bereits Ausdruck
verliehen worden.
Es ist die Otztalermasse, welche hier von Osten her über das
Münstertaler Triasfeld hereinrückt und die deutlichsten Spuren ihres
Gewaltmarsches dem Untergrund unverwischbar eingeprägt hat.
Wir haben viele Analogien mit den Verhältnissen unserer großen
nördlichen Schubmasse. Auch diese hier setzt sich gegen ein weites
Senkungsfeld hin in Bewegung, welches hier mehr von Triasschichten,
dort von Flysch und Bündner Schiefern ausgefüllt wird.
Es zeigt aber eine genauere Prüfung der Grenzzone zwischen
Öst- und Westalpen, daß sich nicht bloß am Westrande der Otztaler-
masse Anzeichen für ostwestliche Bewegungen finden, sondern daß
auch in den nördlicheren Zonen eine Menge von geologischen Strukturen
ebenfalls auf Verschiebungen in dieser Richtung oder in einer Kompo-
nente von südnördlicher und ostwestlicher Richtung hinweisen. Auf
Tafel XXXIV sowie auf Fig. 24 sind die wichtigsten hierhergehörigen
704 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [174]
geologischen Linien zusammengestellt und miteinander in Verbindung
gebracht.
Fig. 24 gibt ein schematisches Bild der Strukturumrisse der Nord-
alpen zwischen Achen- und Bodensee. Wir bemerken das auffällige
Vorherrschen von eckenförmigen Umrissen, welche durchaus nicht
etwa allein auf zufällige Erosionsbeschneidungen zurückgeführt werden
können.
Es ist dies im Grunde dieselbe Frage wie die nach der Begren-
zung der Östalpen gegen die Westalpen. Ist diese so auffallend gegen
Süden zurückziehende Grenze, wie die Vertreter der Überfaltungslehre
meinen, lediglich der Erosionsrücktrieb der ostalpinen Decken, her-
vorgerufen durch die Höherwölbung der Schweizeralpen oder ist diese
Begrenzung in der Struktur der ostalpinen Randzone näher begründet?
Bevor wir uns zu einer Entscheidung neigen, seien die hierher-
gehörigen Strukturen noch kurz betrachtet.
Das Strukturbild der Nordalpen (Fig. 24) zeigt uns von Westen
gegen Osten zuerst die gewaltige Abknickung der helvetischen Kreide-
zone, dann die damit parallelen Ränder der Kalkalpendecken, von
denen der vordere mit einem Saum von Schubschollen aus eruptiven
und kristallinen Gesteinen geschmückt ist. Weiters begegnen wir der
starken Umbiegung der Sattelzone Höfats—Schneck —Rotspitze, dem
Westabbruch des Wetterstein-Miemingergebirges mit dem Ehrwaldit-
durchbruch, der großen Knickung der tiefen Kreidemulde nördlich
des Achensees und dem Westrande der Unutz-Guffert-Überschiebung.
Dazu sind noch von den mehr nordsüdlich streichenden Faltungs-
richtungen jene der Scesaplana, des Kammes Tajakopf-Wetterspitze
und des Sonnwendgebirges aufgeführt. Als wichtige Ergänzung gehört
aber auch noch hierher das häufige Vorkommen von steil stehenden,
ostwestlich streichenden und mit meist mehr horizontalen Reibungs-
striemen gravierten Rutschflächen. Als besonders schöne Beispiele sei
hier auf die Südwände der Schüsselkarspitze gegen das Puitental
(Wettersteingebirge), auf die Südwand des Säulings östlich von Reutte
und die Südwand der Wetterspitze (Lechtaler Alpen) hingewiesen.
Es handelt sich in diesen Fällen nicht etwa um kleine Rutschungen,
sondern um große, einheitliche Schubflächen.
Diese Strukturen können nicht als zufällig bezeichnet werden
und sie sind nur verständlich, wenn man sich die Kalkalpendecke von
ostwestlichen Bewegungen ergriffen und streifenweise ungleich ver-
schoben denkt. Innerhalb der Silvrettazone sind uns keine solchen
Erscheinungen bekannt geworden. Im Engadiner Fenster dürfte wohl
vielleicht die Verdrehung der großen Gewölbeachse in eine schräge
Richtung und die starke Pressung des Gewölbes am Nordostende
auf Druckwirkungen aus mehr südöstlicher Richtung zurückzuführen sein.
In den Münstertaler Ortleralpen haben wir dann die schönen und
klaren, gegen Westen übertriebenen Fältenbögen und Schiebungen.
Versucht man diese hier nur flüchtig zusammen-
getragenen Anzeichen von ostwestlichen Bewegungen,
welche sich sicherlich noch vermehren lassen, zu über-
blicken, so hat man den Eindruck, daß dieselben erst
nach den Südnordüberschiebungen eingetreten sind.
179] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 105
Des weiteren führt uns das merkwürdige Zusammenschreiten des
Östalpenrandes und der Judikarienlinie (periadriatische Linie Salo-
mons) zu der Vermutung, daß auch dazwischen ein tieferer Zusammen-
hang bestehe. Auf Fig. 48 ist ein kleines Bild dieses Zusammenspieles
gegeben. So sicher der zackige Nordostrand der Ostalpen die Aus-
nm
Fig. 48.
AN
Schema der Alpenknickung.
I = Kalkalpen. — IH = Zentralalpen. — III — Südalpen.
fransung durch Rückwitterung zeigt, so sicher weisen aber auch die
früher aufgezählten Strukturen auf eine ostwestliche Gesamtbewe-
gung hin.
Hält man beide Linien zusammen, so scheinen sie eine Verbie-
gung, eine Knickung des Alpenstranges im großen Stile anzuzeigen.
Die äußere Grenze ist der Ausstrich einer mächtigen, leicht
geneigten Bewegungsfläche, die innere dagegen mit ihrer Granitperlen-
Jahrbuch d.k.k.geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Bd., 3. u. 4. Hft.(Ampferer u. Hammer.) 9]
[176]
Otto Ampferer und Wilhelm Hammer.
706
dm Gardase>
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f
Fig. 49. Schema des Alpenquerschnittes.
A — Kalkalpendecken. — B — Silvrettadecke. — © — Engadiner Fenster. — D —= Münstertaler—Ortleralpen. — E— Adamellomasse.
F — Südalpen.
m — Molassezone. — h — Helvetische Kreidezone. — f — Flyschzone. — k — Klippenzone. — s = Schuppungszone.
o — Reste der Ötztaler Schubmasse.
Fig. 50. Profil durch die Schweiz vom Bodensee zum Luganersee.
(Verkleinerte Kopie aus der Arbeit von H. Schardt „Die modernen Anschauungen über den Bau und die Entstehung des Alpen-
gebirges. St. Gallen 1907.“)
Die Buchstaben haben die gleiche Bedeutung wie bei Figur 32.
277 Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 107
kette jener einer weit steileren und tiefgreifenderen Bewegungszone.
Beide zusammen zeigen uns eine Herausbewegung des Alpenstranges
aus seiner Streichrichtung, eine Knickung der wichtigsten Leitlinien an.
Es ist wahrscheinlich, daß die in jüngster Zeit von Ogilvie
Gordon (The Thrust-Masses in the Western District of the Dolomites.
Transactions of the Edinburgh Geological Society. 1910) in den Dolo-
miten nachgewiesenen flachen, ostwestlichen Verschiebungen mit hier-
hergehören und wahrscheinlich in den Südalpen weit verbreiteter sind
als bisher angenommen wurde.
Nach dieser Auffassung ist es begreiflich, daß der Versuch von
Prof. Rothpletz, zu seinem reinen Ostwestschub eine südliche Rand-
spalte zu suchen, mißglücken mußte. ii
Ebensowenig darf man aber im Sinne der Überfaltungslehre
die Ostalpengrenze als nicht tiefer begründet und als lediglichen
Erosionssaum deuten. Der äußere Zuschnitt ist allerdings Erosionswerk,
aber die Veranlagung der ganzen großen Ausbiegung ist tief im Alpen-
baue befestigt.
Es erübrigt uns nun noch, diese hier gegebene Auffassung des
Alpenbaues (Fig. 49) in kurzen Umrissen mit den wichtigeren modernen
Bauformeln zu vergleichen. Eine Rücksichtnahme auf die älteren
Theorien der Gebiresbildung ist überflüssig, nachdem durch das heute
aus allen Teilen der Alpen vorliegende gesicherte Beobachtungs-
material eine ungeheure Fülle von Beweisen für ganz gewaltige
Massenbewegungen erbracht ist, welche keineswegs mehr im Rahmen
jener naiven Vorstellungen Platz finden können.
Wir wenden uns daher gleich der UÜberfaltungslehre zu, welche
heute im Mittelpunkte der lebendigsten Interessen steht und ganze
Scharen von neuen Fragestellungen aufgeworfen hat.
Es ist hier nicht der Ort, um genauer auf die zahlreichen von
den Anhängern dieser Lehre bereits aufgestellten Variationen der-
selben einzugehen, es sollen nur ein paar Haupttypen kurz vorgeführt
werden.
Eine sehr elegante und wunderbar durchsichtige Lösung der
Tektonik der Schweizeralpen hat der Begründer dieser Lehre Hans
Schardt gegeben. Wir sehen auf Fig. 50 eine schematisierte Kopie
eines von ihm entworfenen Durchschnittes der Westalpen zwischen
Boden- und Comersee (aus H. Schardt. Die modernen Anschauungen
über den Bau und die Entstehung des Alpengebirges. Verh. d. Schweizer
naturf. Ges. in St. Gallen 1906).
Wir nehmen auf dieser Skizze im Norden und Süden je eine
mächtige, aus steilgefalteten kristallinen Gesteinen bestehende Masse
wahr, über welcher je eine verhältnismäßig ruhig gelagerte jüngere
Zone aufruht. Zwischen diesen großen, scheinbar starren Zonen, den
Backen eines Schraubstockes vergleichbar, ist nun eine äußerst intensiv
gedrängte, tief gefaltete Zone eingeschaltet, aus der ein Büschel von
steil emporsteigenden Sätteln herausgepreßt wurde, welche sich nach
Norden umlegten und wie Eisströme oder Lavaergüsse übereinander
in die weite nördliche Vorsenke niederglitten.
Das ist eine außerordentlich einfache und in ihrer Wirkung sehr
anschauliche Mechanik, bei welcher aber die gegenseitigen Dimen-
gı1*
708 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. . [178]
sionen sowohl zwischen der heute noch erhaltenen Gebirgsmasse und
der theoretisch erforderlichen, als auch jene zwischen der Breite und
Tiefe des Faltungsraumes und der Menge der Überfalten in keinem
entsprechenden Verhältnisse zu stehen scheinen.
Noch deutlicher treten diese Mißverhältnisse auf dem Schema
Fig. 32 hervor, welches Prof. C. Schmidt seiner schönen Arbeit
über Bild und Bau der Schweizeralpen, Jahrb. d. S. A. ©. Basel 1907,
beigegeben hat. Vergleicht man in diesen Querschnitten das angeblich
abgetragene Volumen mit den Massen von Flysch, Molasse und Glazial-
schutt, welche ja die Hauptzerstörungsprodukte der Alpen gleichsam
wie in Schuttrögen aufgesammelt haben, so tritt deutlich genug hervor,
daß die Alpen niemals solche Dimensionen gehabt haben können.
Dabei ist noch zu bedenken, daß ja Flysch und Molasse zur Zeit
der Überfaltungen wenigstens größtenteils schon abgelagert waren.
Es steht also, und, das gilt für beliebige Querschnitte in den Schweizer-
alpen, nach der Überfaltungslehre das Massenverhältnis von Abtragung
und Ablagerung in einem allzu schroffen Mißverhältnisse, was nur darauf
zurückzuführen ist, daß sowohl die Zerlegung in einzelne Decken als
auch die theoretische Ergänzung viel zu umfangreich ist.
Ein ähnliches Mißverhältnis besteht nach diesen Alpenbauformeln
auch zwischen dem Anteil der kristallinen und der jüngeren Gesteins-
massen an den UÜberfaltungen.
Die kristallinen Schichten bilden verhältnismäßig schmale, gering-
fügige Sattelkerne, während die jüngeren Schichtgruppen großartige
Exkursionen unternehmen.
Denkt man sich die Decke der jüngeren Schichten wieder in
ihrer ursprünglichen Art ausgeglättet, so erhält man einen wohl 2—3mal
breiteren Streifen als bei der Ausglättung der jungen kristallinen
Falten, selbst wenn man die Dicke der an dem Faltengang beteiligten
kristallinen Schichten als sehr gering anschlägt.
Dabei zeigen aber die tief eingreifenden Mulden, daß doch nicht
bloß oberflächliche Teile des Grundgebirges in Bewegung waren,
sondern auch tiefere Zonen mit ins Spiel traten.
Wir stehen also mit anderen Worten auch hier
wieder nach diesen Zeichnungen vor der Entscheidung,
entweder eine Summation einer verhältnismäßig
dünnen und sehr ausgedehnten Schichtenlage aus
weiter Ferne oder eine Absorption der tieferen Zonen
anzunehmen. Wir wissen, daß das erstere ausge-
schlossen ist und haben uns deswegen der zweiten Er-
klärungsweise zugewendet.
Darin liegt gegenüber der Überfaltungslehre ein wesentlicher
Unterschied vielleicht noch tiefer als jener des Ersatzes der Über-
falten durch einfache Schubmassen.
Die Unterschiede gegen das von Steinmann aufgestellte Schema
sind schon früher hervorgehoben worden.
Während nach der Überfaltungslehre der Bildungsraum der Falten
(zwischen den Schraubstockbacken) gegen das Erdinnere abgeschlossen
erscheint, wäre nach unserer Darstellung dies nicht der Fall, sondern
im Gegenteil unter der oberflächlichen Zone der großen Schiebungen
[179] Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. 709
und Faltungen ein tiefer Herd von magmatischen Bewegungen, bei
welchen mächtige Teile der oberen Zone in die Tiefe gesaugt wurden.
So ist die gewaltige oberflächliche Zusammenschiebung erklär-
bar, welche, wenn tiefere Erdzonen gleicherweise beteiligt wären. eine
Aufwölbung von 40—50 /m Höhe hervorrufen müßte.
Will man diesen Ausweg trotzdem einschlagen, so wird man
dazugeführt, an eine gewaltige liinsenkung des Alpenkörpers zu denken.
Der gefaltete Alpenkörper würde dann, ähnlich wie Eisberge ins Meer
eingetaucht, so in die breiten Festlandschollen eingesenkt sein.
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Uhlig V., Der Deckenbau in den Ostalpen, Mitteil. d. Geol. Ges. Wien 1909.
Dem Druck übergeben Wien, Mai—Juli 1911.
710 Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. [180]
Inhaltsverzeichnis.
7 77 Seite Autor
Binleitanp = ur career wie Dr BO AR Er 551...111. 20288
I, &eologische Detailbeschreibung . . . . . 2 2.2.2....535 [5] a
Vorland und Allgäuer Alpen. ... . TR AND a
Lechtislen, ANEEHWENIE STERN UDTENT Re} 554 ja E
Neuere Literatur zu den Abschnitten Vorland, "Allgäuer
und.sbechtaler Alpend; . ... 2. .n: a
Kristalline Zone der .Sulyretta, u u. u a nn 572 [42] W.H.
Das Gebiet der Bündner Schiefer im Unterengadin und Ober-
bee ea ee a 574- (garen
Zur Stratigraphie des Bündnerschiefergebietes . ee...
Tektonik des Bündnerschiefergebietes. . . . . Be 0
Literatur zum Abschnitt Verwall und Engadin . . ...60 [73] ,„
DastG&ebiet-zwischen-Inn und-Adda,.....r2.. u Syeiana k 604 [74 „
A.»Lischannagruppe.. ...... » Ist ik ae ar ernee r O ORT OT
B.4SterlexKkamm,..\.S uni anni etie I Ders geoenmrart aueh ke RO KOT
C. Umbrailkamm . . unse Aa Sa" ana ie „OT ee Ar
D. Die westliche Ortlergruppe BEREIT E E : 621 "9 ur
Bemerkungen zur Deutung des Gebietes Inn-Adda als Decken-
Bau ee nen N THE WERNEPESEE: 2 38 027. ‚(deleses
Literatur des Abschnittes . ... . .'681: HOLE
Das kristalline Gebirge zwischen den Zebra und de
Adamellomasse . . . 2.2... ne ee. O2
Titeratur 0 Me N ER NER RE 640° Tor =
Vom Tonalepaß zum Pass eroce domini (Adamellogruppe) . 640 [110] ,„
Die Schichtentafel zwischen der Adamellomasse und der
Trompialinie zen uc. ae 0 Meg ee rn. BASS RC
Von der Trompialinie zur Pocbene EEE a 40-
Literatur zu den zwei letzten Abschnitten... . . . . . . 662 [132] „
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Die tektonischen Verhältnisse
der beskidischen Oberkreideablagerungen im
nordöstlichen Mähren.
Von Dr. Heinrich Beck.
Mit einer geologischen Übersichtskarte (Taf. Nr. XXXV) und 29 Zinkotypien
im Text.
Im Bereiche des Gebietes derscenlesischen Kreide treten
uns oberkretazische Sedimente in zweifacher Ausbildungsweise ent-
gegen. Den Nordsaum des Neokomgebirges begleiten sandige, kalkige
und mergelige Ablagerungen dieser Stufe, die Baschker- und Frie-
deeker Schichten, die in völlig isolierten Resten einer ehemalig
zusammenhängenden, einheitlichen Gesteinsdecke über dem Neokom
transgredierend auftreten. Ihr Verbreitungsgebiet ist beschränkt auf
einzelne relativ bedeutende Erhebungen in der Gegend zwischen Neu-
titschein und Friedeck.
Wesentlich ausgedehnter ist das Oberkreidegebirge an der Süd-
seite des Neokoms. Fast ohne Unterbrechung zieht sich ein breites
Band einheitlich entwickelter Oberkreidesedimente aus der Gegend
von Wadowitz über Saybusch, Istebna, Jablunka und RoZnau bis hart
an das Westende des Neokomgebirges in die Gegend von Wall.-Mese-
ritsch, die sogenannten Istebner Schichten. Sie bilden ein ganz
außerordentlich konstantes Glied der schlesischen Kreide, das schon
durch die ungewöhnliche Regelmäßigkeit seines Baues mit keinem
anderen Horizont verglichen oder verwechselt werden kann.
In den Tälern der Czeladna und Ostravitza beobachtet man völlige
Konkordanz und stratigraphischen Ubergang zwischen
Istebner Schichten und dem Godulasandsteine, dem jüngsten Glied
der Neokomserie, insofern auf diesen Gesteinszug die Bezeichnung
Neokom noch als zulässig erscheinen kann, während westlich von Rofnau
eine ausgesprochene Diskordanzzwischen beiden besteht. Desgleichen
spricht Uhlig von einem Übergreifen der Istebner Schichten im
Olsatal.
Stratigraphisch gliedern sich die Istebner Schichten in ein tieferes
Schieferniveau und darübergelagerte Sandsteine und Konglomerate. Die
Schiefer sind tonig-sandiger Natur, rotbraun bis schwärzlich, stellen-
weise glimmerig und enthalten mehrere Toneisensteinflötze, die in früherer
Zeit hüttenmännische Verwertung fanden. Die Sandsteine, meist in
Jahrbuch a. K. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Bd., 3. u. 4. Hft. (Dr. H. Beck.)
712 Dr. Heinrich Beck. [2]
dicken Bänken abgelagert, zeigen verschiedenes, in der Regel jedoch
mittel- bis feinkörniges, zum Teil zuckerkörniges Gefüge. Die fein-
körnigen Partien zeichnen sich meist durch große Härte und Wider-
standsfähigkeit gegen die Verwitterung aus, während die nur lokal
entwickelten gröberen Partien mitunter sogar in Grus zerfallen.
Eine besonders markante Bildung sind die reichlich vertretenen
kleinkalibrigenKonglomerate. Von spärlichem sandigem Binde-
mittel verkittete, gleichmäßig haselnußgroße, wohlgerundete, weiße
Kiesel bilden, in mächtigen Bänken. gelagert, oft kilometerweit hin-
streichende steile Kämme. Ein besonderes Niveau scheinen sie jedoch
nicht zu vertreten, sondern nur eine lokale Fazies der Sandsteine.
Bei der Verwitterung bleiben die kleinen Kiesel erhalten, während das
Bindemittel als feiner Sand herausgewaschen und verschwemmt wird,
so daß die Berghänge oft von einer mehrere Dezimeter bis 1/, m
dicken Schichte von losem Kies bedeckt sind, was stellenweise zum
Vergleich mit einem wohlgepflegten Park berechtigt, dessen Wege mit
ausgesuchtem Kiesmaterial bestreut wurden. Da das Bindemittel häufig
stark eisenschüssig ist, sind die Kiesel oft mit verschieden intensiv
braunroten und grellroten Häuten von Eisenhydroxyd überzogen.
Eine technische Verwendung finden diese kleinkalibrigen Kon-
glomerate nirgends.
Eine andere, häufig auftretende Fazies der Istebner Sandsteine
sind grobe Konglomerate von kristallinen Felsarten, unter denen
besonders Gneise, Granite, Porphyre, Glimmerschiefer und Phyllite
vorherrschen. Auch weißer Stramberger Kalk findet sich in diesen
Konglomeraten. Die Größe der durchaus nicht immer wohlgerundeten
Gesteinsfragmente wechselt sehr stark — neben nußgroßen Geröllen
erscheinen häufig auch kristalline Blöcke, die über 1m Durchmesser
aufweisen. Speziell in der Umgebung von Roänau wurden solche
Blockanhäufungen beobachtet (Hradisko).
Außer das eigentliche „Gebiet der schlesischen Kreide“ fallen
die im folgenden angeführten Vorkommnisse von Oberkreide im Bi-
strickatal bei Roucka ‘südlich von Wall.-Meseritsch und beim Dorfe
Chwalezow bei Bistritz am Hostein. Beide liegen inmitten jenes
mächtigen Gebirgszuges, der von Paul als Magura-Sandsteinzone be-
zeichnet und für alttertiär erklärt worden ist. Für einen großen Teil
dieser aus Schiefertonen, Mergelschiefer und Sandsteinen bestehenden
Zone komnte allerdings durch eine Reihe von Nummulitenfunden das
alttertiäre Alter durch den Autor bestätigt werden. An den beiden
genannten Punkten jedoch glückte es ihm, sichere Oberkreidever-
steinerungen zu finden, und zwar im Bistrickatal einen wohlerhaltenen
Pachydiscus Neubergicus und bei Chwalezow Bhynchonella cfr. compressa.
In beiden Fällen stammen die Funde aus einem harten, blaugrauen,
dichten Kalksandstein, der in ebenmäßigen dicken Bänken mit schiefrig-
tonigen Zwischenlagen auftritt und in Steinbrüchen als wertvollstes
Quadernmaterial der nächsten karpathischen Umgebung für die dortigen
Talsperrenbauten gewonnen wird.
Wenn auch vorläufig eine kartographische Abgrenzung des die
genannten Oberkreidefixpunkte verbindenden hohen Bergzuges gegen die
nördlich und südlich davon verlaufenden sicher alttertiären Ablage-
[3] Beskidische Oberkreide in NO-Mähren. 7113
rungen noch nicht durchgeführt werden konnte, so wurde doch der
Beweis erbracht, daß die faziell im Detail so mannigfaltige, im großen
und ganzen aber einheitlich erscheinende sogenannte Magura-Sand-
steinzone durchaus kein so einheitliches Gebilde darstellt, wie Paul
annahm. Da jedoch die aufklärenden Detailarbeiten noch nicht
beendet sind, sehen wir uns bemüßigt, die gemeinsame Bezeichnung
der ganzen Zone beizubehalten und alsMaguraschichten sowohl die
kretazischen wie auch die alttertiären Sedimente südlich des schlesi-
schen Kreidegebietes zusammenzufassen.
Noch bleibt als möglicherweise oberkretazisch ein Schichtsystem
zu betrachten, das bereits Paul unter der Bezeichnung „Javornik-
Sandstein“ an der mährisch-ungarischen Grenze vom Magurasand-
stein getrennt und als wahrscheinlich kretazisch bezeichnet hat. Fossilien
haben diese Gesteine bisher nicht geliefert, in der Fazies zeigen sie
vielfache Anklänge sowohl an die Istebner- wie an die Magura-
schichten. Auffällig ist nur ein gewisser morphologischer Gegensatz
zwischen dem Javornikgebirge und dem Zug der Maguraschichten.
I. Das Verhältnis des Baschker Sandsteins und der
Friedecker Mergel zum schlesischen Neokom und der
subbeskidischen Decke.
Die Detailuntersuchungen des Autors in den mährisch-schlesischen
Beskiden haben in bezug auf die stratigraphische Stellung der Baschker
und Friedecker Schichten keine neuen Ergebnisse gezeitigt, weshalb
in diesen Fragen auf die bereits vorhandene Literatur hingewiesen sei).
Wir betrachten mit Liebus (l.c.) diese Schichten als Vertreter des
Senon. Besondere Beachtung verdienen dagegen die lithologischen
Verhältnisse. Den unverkennbaren Typus der Baschker Schichten
repräsentieren feinkörnige, hellgraue, harte Sandsteine mit bedeuten-
dem Kalkgehalt, und graue und gelblichgraue spröde Kalkmergel mit
charakteristischem muscheligen Bruch. Zwischen den feinkörnigen
Sandsteinen und den Mergeln bestehen allerorten kontinuierliche Über-
sänge. Die Schichtung ist außerordentlich regelmäßig. Gewöhnlich sind
Sandsteine und Mergel verhältnismäßig dünnschichtig — plattig —
entwickelt; die Mergel zeigen daneben häufig eine plattigschiefrige
bis dünnschiefrige Ausbildung, die Sandsteine vielfach eine dickbankige.
Das spezielle Charakteristikum der genannten Schichten ist das
reichliche und konstante Auftreten von grauen Hornsteinbändern.
Außerdem ist noch besonders hervorzuheben, daß bei der Verwitterung
die feinkörnigen harten Sandsteine senkrecht zur Schichtung in scharf-
kantige prismatische Stücke zerfallen, wie es in diesen Gegenden in
gleich ausgezeichneter Weise nur noch bei den Ellgother Sandsteinen
beobachtet werden konnte. Der äußerst geringe Gehalt an Eisen-
karbonat bringt es ferner mit sich, daß die Sandsteine meist eine
hellgraue und seltener die bräunliche Verwitterungsfarbe zeigen.
1) Liebus und Uhlig, Über einige Fossilien der karp. Kreide. Beiträge
z. Geol. u. Pal. Öst.-Ung. und des Orients. Wien 1902, Bd. XIV.
Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Bd., 3. u. 4. Heft. (Dr. H. Beck.) 993
714 Dr. Heinrich Beck. 14]
Schichten mit den genannten lithologischen Eigentümlichkeiten
sind immer mit Sicherheit als Baschker Schichten anzusprechen. Die
Senonschichten am Beskidennordrand aber, die wir als Baschker
Schichten anzusprechen haben, zeigen vielfach einen ganz anderen
Charakter, der mit dem eben geschilderten und von Hohenegger
und Uhlig als Typus hingestellten gar keine Ähnlichkeiten oder
Analogien aufweist, vielmehr dem der neokomen Grodischter Schichten
so nahe steht, daß bei dem gänzlichen Mangel an brauchbaren Fos-
silien eine Verwechslung beider Bildungen leider allzuleicht möglich
ist. Insolange das Alter gewisser Schichten nicht durch Fossilfunde
erwiesen sein wird, werden auch die Zweifel — ob Neokom, ob
Senon — nicht zu beheben sein. Die Lagerungsverhältnisse allein
können in einem so lebhaft gestörten Gebiet nicht überall eine sichere
Richtschnur für die Altersbestimmung abgeben.
Am Liebischberg, in der Umgebung von Stramberg und Nessels-
dorf, im Palkovitzer und Kozlovitzer Gebirge treten allenthalben und
meist in bedeutendem Ausmaß zuckerkörnige und grobkörnige, ge-
wöhnlich stark zermürbte Sandsteine auf, ebenso (Piskovnia und
LauSka bei Nesselsdorf) in Verbindung damit Tithonkalkbreccien und
-konglomerate, die bisher die widersprechendsten Deutungen gefun-
den haben.
Am Liebischberg wurden die groben Sandsteine und einzelne
dicke Bänke von Tithonkalkbreccien und -konglomeraten als Zwischen-
lagen in dem typischen feinkörnigen, kalkigen Baschker Sandstein
angetroffen, ebenso auf der Bila hora bei Strambereg.
Auf Schauenstein (Schostin) und Piskovnia bei Nesselsdorf fanden
sich plattige Baschker Sandsteinschichten mächtigen Kalkkonglomeraten
und -Breccien vereinzelt eingelagert; die grauen Hornsteinbänder
wieder in den groben mürben Sandsteinen der Palkovitzer Berge in
Begleitung plattiger hellgrauer und gelblichgrauer harter Mergel.
Ein Unterschied zwischen den von mir zum Senon gezählten
groben Sandsteinen und dem Grodischter Sandstein scheint bemerkens-
wert: unter den ersteren wurden jene weißen, zuckerkörnigen Sand-
steine nicht angetroffen, die in den Grodischter Schichten so mächtig
entwickelt sind (Gimpelberg, Peczavska hora bei Janovitz, Sklenauer
hurka, Hurkaberg nördlich von Alttitschein usw.) und die überall als
leicht zu bearbeitender Baustein gebrochen werden. Ebenso finden
sich auch in dem fraglichen Senon keine Nulliporenbänke, wie sie
für die Grodischter Schichten charakteristisch sind. Sonst aber herrscht
fast durchweg völlige Gleichartigkeit der Fazies. Sie mag wohl
hauptsächlich damit zu erklären sein, daß speziell die Grodischter
Sandsteine vielfach das Material zum Aufbau senoner Schichten ge-
liefert haben, denn gerade an jenen Stellen, wo Grodischter Schichten
mit dem Senon im Kontakt stehen oder in unmittelbarer Nachbarschaft
davon auftreten, ist die Entwicklung der fraglichen Senonbildungen
am reichsten (Nesselsdorf, Chlebowitz-Palkovitz).
Der Baschker Sandstein bildet zwischen Neutitschein und dem
Östravitzatal eine Reihe relativ bedeutender Erhebungen, die fast
durchweg durch Erosion voneinander getrennt sind. Am weitesten
westlich liegt von diesen senonen Gebirgsfragmenten der Liebisch-
[5] Beskidische Oberkreide in NO-Mähren. 115
berg, dessen östlicher Gipfel die Reimlicher Hurka genannt
wird. Am Abhang dieses letzteren gegen Saversdorf findet sich
eine kleine Klippe von Stramberger Kalk.
Rings um die große Stramberger Tithonklippe schließt sich ein
Mantel von Baschker Sandstein. Er unterteuft von Nordwesten her
die Kalkmasse des Kotou£, umschließt die steil aufragende Klippe
der Trouba und bildet nördlich vom Ort Stramberg die Bila hora,
an deren Abhang gegen Nesselsdorf vier kleine Blockklippen auftauchen.
Am Südende von Nesselsdorf steht das Senon der Bila hora durch
einen schmalen Streifen mit der umfangreichen Masse von Czerveny
kamen, Piskovnia und Holy vrh in Verbindung.
Genau südöstlich vom Steilabfall des Kotous hebt sich eine flache,
bewaldete Kuppe von Baschker Sandstein aus ihrer neokomen Um-
gebung heraus (Punkt 379).
Auf dem Berg Na Peklach bei Bordowitz findet sich ebenfalls
ein Relikt von Baschker Sandstein.
ÖstlichderLubina bildet dieser die steilaufragenden Tychauer
Berge (U Vichy, Tycehava hurka, Lozina bei Mischi), den
Berg Kaeczniezow, Skalka, Hochwälder Schoßberg sowie
den Südostabhang der Sklenauer Hurka. Ferner das Palko-
witzer Gebirge und den Zug des Kozlowitzer Berges mit den
Höhen von Metillowitz und jenseits der Ostravitza die Hügel von
Baschka und PrZno.
Das niedrige Hügelland zwischen Staritsch und Lothrinko-
witz besteht gleichfalls aus Baschker Sandstein, der hier stellenweise
in weichere Mergelschiefer übergeht.
Räumlich sehr beschränkt sind die Vorkommnisse von Friedecker
Mergel bei Friedeck und Leskowetz.
Als östlichstes Vorkommen von echtem Baschker Sandstein ist
eine sehr kleine Partie davon bei Nied.-Domaslowitz nördlich
von Woikowitz zu nennen !).
a) Liebischberg und Reimlicher Hurka.
Auf Hoheneggers Karte ist das ganze Gebiet zwischen dem
Dorfe Reimlich und dem Söhler Busch mit dem genannten Berg als
Oberkreide angegeben. Die Manuskriptkarte Tausch’s, die dem
Autor als Grundlage zur Reambulierung diente, zeigt bereits eine den
tatsächlichen Verhältnissen mehr entsprechende Umgrenzung der Ober-
kreide, indem nur der Berg selbst als solche eingezeichnet erscheint.
Tausch verzeichnet in seiner Manuskriptkarte in der nördlichen,
östlichen und südlichen Umrahmung des Baschker Sandsteins nur
Diluvium (Lehm und Löß), während er am Westfuß eine kleine
Partie Alttertiär angibt. Lehm oder Löß bedeckt nach ihm auch die
Terrainsenke zwischen dem Baschker Sandsteinberg und dem Höhen-
zug Holiwak — Söhler Busch, die als Godula-Sandstein angegeben
ı) Uhlig, Stratigraphische Bemerkungen zu Liebus: Über einige Fossilien
der karp. Kreide. Beitr. z. Geo]. u. Pal. Österr.-Ung. 1902, XIV. Bd., pag. 124.
z 92*
716 Dr. Heinrich Beck. [6]
sind. Richtig verzeichnet er am Nordostende von Reimlich einen
Pikritaufbruch.
Nach Hohenegger wird der Baschker Sandstein im Westen,
Norden und Osten von Alttertiär umschlossen, im Süden grenzt er an
Obere Teschener Schiefer. Den ganzen Gipfelkamm der Hurka nimmt
nach ihm eine Tithonklippe ein.
Bei den Reambulierungsarbeiten, die der Autor im Auftrage der
k. k. geologischen Reichsanstalt durchzuführen hatte, ergaben sich
wesentliche Abweichungen von den genannten Kartengrundlagen,
Söhler Busch und Hohlweg (Holiwak) bestehen nicht aus Godula-
Sandstein, sondern Grodischter Sandstein. ‚Diesen unterteufen
von Norden her obere Teschener Schiefer, in denen das Dorf Reimlich
eingebettet liegt. Am Nordende des Dorfes grenzen diese Schiefer
an den Baschker Sandstein der Hurka und des Liebischberges.
Gegen Westen, im obersten Teil des Krumbachgrabens, versinken die
oberen Teschener Schiefer unter der diluvialen Bedeckung, die auch
bis an den Südwestabhang des Liebischberges hinaufreicht. Fluviatiler
Diluvialsand verkleidet seinen Westfuß, während im Norden und Osten
oberhalb Liebisch und Saversdorf Schotter mit nordischen Geschieben,
die über den fluviatilen Sanden lagern, bis unmittelbar an den Steil-
hang herantreten.
Westlich und südwestlich vom Liebischberg tauchen subbeskidische
Gesteine an mehreren Stellen empor.
Im Hohen Wald nördlich der Reichsstraße konnte der Autor in
einem tief eingeschnittenen Seitengraben des Sedlnitzbaches alttertiäre
graue Schiefertone nachweisen, die bei ONÖ-Streichen unter 40°
gegen SSO einfallen. Dieses Vorkommen korrespondiert mit den Auf-
schlüssen von alttertiären Schiefertonen im Titschbach bei Neutitschein
und Schönau.
Am Südrand des Hohen Waldes, beim Schwefelbad, stehen
Menilitschiefer in ziemlich beträchtlicher Ausdehnung an. Sie werden
von mittel- bis grobkörnigen, hieroglyphenführenden Sandsteinen, die
mit bräunlichen, sandigen, schiefrigen Mergeln wechsellagern und
rein südlich einfallen, offenbar konkordant überlagert. Diese Sand-
steine, die zweifellos der subbeskidischen Decke angehören, bilden
einen leicht kenntlichen, O—W verlaufenden breiten Rücken, der
am Südfuß des Liebischberges beginnt. Leider mangelt es gerade in
dieser Gegend an Aufschlüssen, welche einen tieferen Einblick in das
Verhalten dieser Sandsteine zu dem Baschker Sandstein gewähren
würden. Es ist nur zu konstatieren, daB beide Schichtkomplexe
südlich einfallen.
Am äußersten NW-Fuß des Liebischberges erscheint in einem
kleinen Steinbruch zu unterst der typische, regelmäßig und eben-
flächig geschichtete Baschker Sandstein mit Hornsteinzwischenlagen,
flach südlich einfallend. Darüber, scheinbar ungeschichtet, ein gelb-
lichgrauer, gröberer Sandstein, der allerdings eine gewisse Ähnlichkeit
mit subbeskidischen Alttertiärsandsteinen besitzt, welche Hohen-
egger zur Einzeichnung von Alttertiär veranlaßt haben mag, weit
mehr aber an Grodischter Sandstein erinnert, jedoch infolge seiner
Lagerung zwischen den typischen Oberkreideschichten von diesen
17] Beskidische Oberkreide in NO-Mähren. RT
absolut nicht zu trennen ist. (Fig. 1.) In geringer Entfernung nörd-
lich von diesem Aufschluß findet sich ein zweiter, in welchem aber-
mals typischer Baschker Sandstein zutage tritt. Dieser zweite Auf-
schluß liegt noch etwas tiefer als der erstgenannte, gleich diesem in
einer diluvialen Terrasse.
Den Kamm von Liebischberg und Reimlicher Hurka bilden harte
Kalkmergel und Sandsteine. Zwischengelagerte weiche Mergelschiefer
scheinen seltener aufzutreten. (Großer Steinbruch westlich unter dem
Gipfel des Liebischberges.) Die Fallrichtung ist hauptsächlich rein
südlich.
Häufig treten Breccien von Tithonkalk und ebensolche Kon-
glomerate auf, besonders auf der Westseite des Berges. Diese
sreceien und Konglomerate bilden einzelne Bänke von bedeutender
Steinbruch am Nordwestfuß des Liebischberges (Reimlicher hurka).
a — Plattiger, hellgrauer Baschker Sandstein mit Hornsteinbändern.
b — Grauer, anscheinend ungeschichteter, gröberer Sandstein.
Ter. = Diluvialterrassen.
Mächtigkeit und besitzen große Ahnlichkeit mit den analogen Bil-
dungen der Grodischter Schichten.
Vom Hurkagipfel zieht sich ein wenig markanter Kamm gegen
NO hinunter. Auf der Saversdorf zugekehrten Seite dieses Kammes
tritt die schon bekannte Tithonklippe auf, allerdings von wesentlich
bescheidenerem Umfang, als sie Hohenegger dargestellt hat. Wir
können sie nur als eingefaltete Blockklippe ansprechen.
Auf der Manuskriptkarte Tausch’s ist sie nicht verzeichnet.
Uber den Kontakt des Baschker Sandsteins mit den oberen
Teschener Schiefern bei Reimlich können leider keine Angaben
gemacht werden, da nirgends entsprechende Aufschlüsse vorhanden
sind, die ihn erkennen oder wenigstens seine Art vermuten lassen
könnten. Auch die oberen Teschener Schiefer fallen gemäß dem regel-
mäßigen Schuppenbau des ganzen Gebirges in südlicher Richtung ein.
718 Dr. Heinrich Beck. [8]
b) Umgebung von Stramberg und Nesselsdorf.
Die große Tihtonkalkklippe von Stramberg (Kotou£) ist mit Aus-
nahme ihrer SO-Seite vollständig eingehüllt in Baschker Sandstein,
der sowohl von NW als auch NO her gegen die Klippe einfällt. An
der Westseite erkennt man unschwer, wie diese Hüllschichten den
Klippenkalk tatsächlich unterteufen, indem der Kalk vom Gipfel
des Kotouö in schräger Richtung quer über den Westabhang zum
Südfuß des Berges herunterzieht. Hinter dem Kalk, allerdings größten-
teils durch Gehängeschutt verdeckt, steht Baschker Sandstein an.
Entlang der Südostseite des Kalkriffes streicht ein schmaler Zug
von unteren Teschener Schiefern, därüber folgen die oberen Teschener
Schiefer. In den ersteren taucht am Eingang zum großen Gutt-
mannschen Steinbruch eine kleine Pikritintrusion auf. Eine ıf der
Südseite des Riffes angesetzte Bohrung ergab als Liegendes des Kalkes
die unteren Teschener Schiefer. Der Baschker Sandstein wurde hier
nicht angetroffen.
Bereits in seiner Abhandlung über die Klippen der Karpathen
wie in Bau und Bild der Karpathen hat Uhlig den Nachweis erbracht,
daß das Riff aus den unteren Teschener Schiefern emporgewachsen
ist, die mit demselben in auffallender Weise ursprünglich verwachsen
sind. Am deutlichsten ist dieses Verhältnis von Kalk und Schiefer
im alten Gewerkschaftssteinbruch zwischen dem Guttmannschen
3ruch und dem Ort Stramberg zu erkennen. Die graubraunen Mergel-
schiefer greifen allenthalben unregelmäßig in den Kalk ein, erfüllen
alle Höhlungen desselben und sind meist eng gestaut und verfaltet.
Meist schaltet sich zwischen Kalk und Schiefer eine wenig mächtige
Schicht von Konglomeraten und Breccien des Riffkalkes ein wie aus
den nachfolgenden Abbildungen ersichtlich ist.
Der Kalk ist ungeschichtet,. nur an einer Stelle erweckt er den
Anschein von Bankigkeit, doch kann es sich in diesem Fall auch um
Parallelklüftung handeln. (Fig. 2, 3.)
Zweifellos war das Stramberger Rift, nachdem es durch vorsenone
Erosion aus seiner Umgebung von weichen Neokomgesteinen heraus-
modelliert worden war, allseitig von Baschker Sandstein eingehüllt.
Doch während unter seinem Schutze die Hülle an der Nordseite er-
halten geblieben ist, wurde sie auf der Südseite bis auf einen kleinen
Rest vollkommen abgetragen. Dieser letzte Rest, der Zeuge der
allseitigen Umhüllung durch das Senon, liegt auf dem bewaldeten
Hügel 379, an dem die Straße von Stramberg nach Senftleben vorbei-
führt. Seine Unterlage bilden obere Teschener Schiefer, für die er
bei der späteren Hauptfaltung (Uberschiebungsphase) jedenfalls ein
nicht sehr nachgiebiges Hindernis darstellte, denn gerade rings um
diesen Hügel zeigen sich lokale Störungen, wie aus dem regelwidrigen
Einfallen der oberen Teschener Schiefer zu ersehen ist. Während
das normale Fallen in diesem Schieferzug durchweg 30 bis 45° gegen
SO gerichtet ist, zeigt sich am Südrand dieser kleinen senonen Hügel-
kappe ein Fallen von 22° gegen WSW, am Westrand ein Fallen von
25° in rein westlicher Richtung. Im Baschker Sandstein selbst konnte
[9] Beskidische Oberkreide in NO-Mähren. 119
mangels eines entsprechenden Aufschlusses das Verflächen nicht kon-
statiert werden.
Besonders instruktiv ist das Verhältnis des Baschker Sandsteins
zu der zweiten großen Klippe am oberen Ende von Stramberg, der
Trouba. Diese Klippe ist tatsächlich allseits von Senon umgeben.
Im Bachbett südlich der Trouba steht Baschker Sandstein an mit süd-
lichem Einfallen. Desgleichen ist derselbe am Westabhang mehrfach
sichtbar sowie an der Nord- und Ostseite. Vom höchsten, mit einem
Turm gekrönten Punkt der Trouba zieht sich ein steil geböschter
IE Na DR Ve
TE,
Sr
Kontakt der unteren Teschener Schiefer mit dem Strambergerkalk im alten
Gewerkschaftssteinbruch in Stramberg (Koton&).
K = Tithonkalk. — Kg! — Konglomerat aus Geröllen des Tithonkalkes. —
Sfr — Untere Teschener Schiefer.
felsiger Kamm zur Bila hora hinüber. Dieser Kamm besteht aus
ziemlich grobkörnigem Baschker Sandstein, der hier in der unmittel-
baren Nachbarschaft des Riffes stellenweise so vollkommen von Bruch-
und Rollstücken des Kalkes erfüllt ist, daß er hier ohne weiteres äls
Breccie anzusprechen ist. Je weiter wir uns von dem Riff entfernen,
desto ärmer wird der Sandstein an Kalkbrocken, bis er auf der
Bila hora wieder den normalen Typus des Baschker Sandsteins
aufweist.
Ganz gleiche Erscheinungen treffen wir am Nordostrand des
sroßen Riffes, das ist am Südwestabhang der Bila hora. Auch hier
720 Dr. Heinrich Beck. [10]
treten stellenweise massenhafte Anhäufungen von Kalkbreecien im
Baschker Sandstein auf. Wir haben hier zweifellos ein ursprüngliches
Anlagerungsverhältnis vor uns, das auch durch die intensiven tekto-
nischen Bewegungsvorgänge der späteren Epochen nicht verwischt
worden ist.
Im Baschker Sandstein der Bila hora stecken knapp oberhalb
des Südendes von Nesselsdorf in der Nachbarschaft der großen
Klippe vier kleine Blockklippen. Ihre Entfernung vom Hauptriff
beträgt zirka 150 bis 300 m.
Auf der Westseite der Bila hora (Weißer Berg) beim Bad Stram-
berg und unmittelbar am Fuß der Trouba stehen jene grauen grob-
körnigen Sandsteine an, deren auffallende Ähnlichkeit mit gewissen
Schichten des Grodischter Sandsteins hervorgehoben wurde und die
zweifellos mit den groben Sandsteinen des Liebischberges identisch
sind. Auch hier sind sie mit typischem feinkörnigen, plattigen Baschker
Sandstein und mit Kalkbreccien innig verknüpft, so daß wir sie hier
wie dort dem Senon zurechnen müssen, zumal vielfach auf der Bila
hora Übergänge zwischen diesem eroben Sandstein und dem bekannten
typischen zu beobachten sind.
Derselbe graue grobkörnige Sandstein ist auch teilweise der
Träger der Breceien und Konglomerate, die, wie erwähnt, bis weit
hinauf gegen den Gipfel des Berges zu verfolgen sind. Die dicken
Bänke streichen ONO und fallen unter nahezu 50% gegen SSO ein.
Speziell auf der N- und Ö-Seite des Berges dominieren die fein-
körnigen, harten, kalkigen Sandsteine, was insbesondere mit Rücksicht
auf die Angabe Prof. Fritz Hirths!), daß sowohl der Gipfel als auch
die ganze Osthälfte der Bila hora aus Alttertiärgesteinen bestehen,
hervorzuheben ist. Dieser Irrtum Prof. Hirths erscheint dadurch
von vornherein erledigt. Wichtiger sind die Angaben von Hohen-
egger und Uhlig über das Auftreten alttertiärer Schichten am Fuß
der Bila hora, sowohl auf der N-Seite, als insbesondere auf der öst-
lichen, bei Nesselsdorf. Anstehende Schichten konnte ich hier nirgends
konstatieren, bloß diluviale Sande, Lehm und Gehängeschutt. Da-
gegen scheint das Auftreten zahlreicher Quellen am Fuß des Berges
auf das Vorhandensein wasserdichter Schichten hinzuweisen; ob es
sich dabei um das Auftauchen alttertiärer Gesteine handelt, muß bei
der AufschluBßlosigkeit dieser Gegend dahingestellt bleiben.
Ganz außerordentliche Schwierigkeiten bieten sich dem kartie-
renden Geologen in dem Gebirgsabschnitt östlich von Nesselsdorf,
der durch die Gipfel ÖOzervenikamen (728 m), Piskovnia (602 m)
und Holy vrceh (509m) bezeichnet ist. Die Mannigfaltigkeit der
daselbst vorhandenen Gesteinstypen, das Fehlen bezeichnender Fossi-
lien bringen es naturgemäß mit sich, daß trotz genauesten Studiums
nicht alle Zweifel mit einem Schlag zu beseitigen waren.
Hohenegger und Tausch haben auf den genannten Bergen
Baschker Sandstein ausgeschieden, dazwischen eine ziemlich breite
Zone von Wernsdorfer Schiefern, entsprechend den tief einge-
} !‘) Jahresbericht der mähr. Landes-Oberrealschule in Neutitschein 1888/89:
Übersicht der geolog. Verhältnisse des Neutitscheiner Bezirkes.
[11] Beskidische Oberkreide in NO-Mähren. 1721
schnittenen Tälern. Aber bereits Prof. Uhlig hat in der dem Autor
freundlichst zur Weiterführung überlassenen Manuskriptkarte der
Umgebung von Stramberg keine Wernsdorfer Schichten mehr ange-
geben, sondern nur Baschker Sandstein mit einer Umrahmung von
Alttertiärgesteinen im Westen una Norden. Eine kleine, steil auf-
ragende Klippe von Tithonkalk am Südabhang der Piskovnia erscheint
bei allen den genannten Autoren angegeben.
In einer kurzen Notiz hat sich endlich Dr. M. Remes mit dem
nördlichen Teil dieses Gebietes befaßt. Wir werden speziell darauf
zurückkommen müssen.
Am Westfuß von Czerveni kamen, im Tal von Nesselsdorf,
sind in einzelnen Hohlwegen graue, plattige Sandsteine mit viel
Pflanzenhäcksel und Hieroglyphen auf den glimmerigen Schichtflächen
und zwischengelagerte weiche, graue Schiefertone aufgeschlossen.
Hohenegger verzeichnet in seiner Karte innerhalb dieser
Zone nummulitenführende Schichten, wonach das tertiäre Alter sicher-
gestellt erscheint. Obwohl es mir selbst nicht gelungen ist, diese
Schichten wieder zu finden, hege ich gleich Prof. Uhlig über die
Richtigkeit dieser Angaben keinen Zweifel, speziell im Hinblick auf
die faziellen Eigentümlichkeiten der betreffenden Sedimente.
Diese Schichten streichen ungefähr parallel dem Fuß des Berges
gegen ONO und fallen bergwärts ein. Unmittelbar darüber erhebt
sich erst verhältnismäßig sanft der eigentliche Fuß des Czerveni
kamen, die sogenannte Horeökova. Hier finden sich ausschließlich
bankige, gröbere Sandsteine von grauer und gelblicher Farbe, völlig
analog denen vom Liebischberg und der Bila hora, somit ganz ähnlich
den Grodischter Sandsteinen. Verwittert sind sie sehr mürb und
zerfallen in Sand.
Diese Sandsteine lassen sich kontinuierlich als breiter Außen-
saum des Berges längs dessen Nordflanke — der steile Gipfelkamm
des Berges erstreckt sich ungefähr O—W — über den Sattel zwischen
Özerveni kamen und Piskovnia (Punkt 490) bis zum nordöstlichen
Vorgipfel, dem Holy vrch, verfolgen. Der Holy vreh besteht zur
Gänze aus diesem Sandstein. Ebenso findet sich derselbe grobe Sand-
stein auf der Ostflanke der Piskovnia und in dem Graben an deren
N-Seite, wo er stellenweise in kleinen Bachrunsen schön aufge-
schlossen ist.
Besonders gute Aufschlüsse liegen knapp oberhalb des Dorfes
Velöowitz am Abhang gegen das Lubinatal, auf dem östlichen Hügel
von Louska (Punkt 333 m). Hier sind die groben Sandsteine in zwei
Steinbrüchen entblößt. Sie zeigen massige Bänke mit — sehr spärlichen
— Zwischenlagen von dünnplattigen groben Sandsteinen mit verein-
zelten kleinen Kohlenbröckelchen, etwas Pflanzenhäcksel, aber ohne
Glimmer und Hieroglyphen, zum Unterschied von den Alttertiär-
gesteinen bei Nesselsdorf. Auch hierin liegt eine Analogie mit Gro-
dischter Schichten. Die Sandsteine streichen ONO und fallen unter
35° gegen SSO ein.
Der Abhang von Holy vreh und Czerveni kamen gegen das
Lubinatal zeigt durchweg dieselben Sandsteine.
Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Bd., 3. u. 4. Hett. (Dr. H. Beck.) 93
122 Dr. Heinrich Beck. [12]
Den steil aufstrebenden Gipfelkamm des Czerveni kamen bilden
ebenfalls Sandsteine, doch zeigen diese meist ein etwas feineres
Korn und nicht die bräunliche, sondern mehr eine graue Ver-
witterungsfarbe, nähern sich somit mehr den feinkörnigen Typen von
Baschker Sandstein. Stellenweise erscheinen auch tatsächlich typische
Baschker Schichten den gröberen Sandsteinen beigemengt. Vielfach
enthalten die Sandsteine Einschlüsse von Mergelknollen, besonders
am West- und Südabhang des Czerveni kamen. Diese Knollen sind
unregelmäßig geformt und ziemlich flach. Infolge ihrer hellgrauen
Farbe haben sie gewisse Ähnlichkeit mit Tithonkalkgeröllen.
Auch am Üzerveni kamen finden sich stellenweise, besonders an
der Südseite, Bänke mit Kalkbreccien und -geröllen, wie auf der
Bila hora. Auf der Ost- und SO-Seite gehen die etwas weniger groben
Sandsteine des Gipfelkammes wieder in die groben Sandsteine über.
Östlich unterhalb des Gipfels streichen die groben Sandsteine
NW-—SO fallen steil gegen NO ein. Gegen das Lubinatal zu stellt
sich wieder O—W-Streichen ein bei verschiedener Fallrichtung. Am
Westende des Berges, gegenüber dem Bahnhof Stramberg streichen
die Schichten OSO bei südlichem Einfallen. Offenbar verdankt der
Gipfelkamm der ostwestlichen Streichrichtung der Schichten seine
Form. Das NO-Fallen östlich des Gipfels deutet wohl sicher auf Zer-
stückelung des Gebirges durch Verwerfungen.
Der Berg Piskovnia nördlich des Ozervenikamen und
westlich vom Holy vrch, von beiden durch tief eingeschnittene
Täler getrennt, trägt, wie schon erwähnt, eine verhältnismäßig kleine,
aber landschaftlich sehr auffallende, mit einer hohen, senkrechten
Wand aus dem Wald aufstrebende Klippe von weißem Stramberger
Kalk. Die Hülle wird hier nicht wie bei der StrambergerTrouba
auf der Bilahora durch grobkörnige, konglomeratische und breceiöse
Sandsteine gebildet, sondern von dem typischen feinkörnigen, grauen
Sandstein mit den Zwischenlagen von hellgrauem harten Kalkmergel
und den Hornsteinbändern. Der Gehängeschutt zeigt die charakte-
ristischen, scharfkantigen, langen Prismen, in welche die plattigen
Sandsteine senkrecht zur Schichtung zerfallen. Breccien- und Kon-
glomeratbänke fehlen in der unmittelbaren Umgebung des Riffes ganz.
Die feinkörnigen Sandsteine bilden die Gipfelpartie der Pis-
kovnia und reichen am Südabhang ziemlich weit unter die Kalk-
klippe hinunter. Leider finden sich gerade in dieser Gegend keine
weiteren Aufschlüsse.e Am Südfuß sowie auf dem Ost- und Nord-
abhang stehen deutlich erkennbar und in mehreren kleinen Bachrunsen
schön aufgeschlossen wieder die massigen grobkörnigen Sandsteine an,
die den Holy vreh und Czerveni kamen bilden.
Westlich und nördlich ist ‚der Piskovnia ein Kranz von steil
aufragenden, wesentlich niedrigeren Bergen vorgelagert, der mit dem
Schauenstein (Schostin!) bei Nesselsdorf beginnt und mit
dem Höhenzug Louska bei Velcovitz endet.
') Auf dem Gipfel dieses Berges, der in der Spezialkarte unbenannt ist,
sind noch Reste von Wall und Graben einer Ritterburg zu finden, von deren
Mauern nur mehr schwer kenntliche Spuren vorhanden sind.
[13] Beskidische Oberkreide in NO-Mähren. 123
Der ganze Schauenstein nebst einem beträchtlichen Teil
des Westabhanges der Piskovnia besteht aus massigen Tithonkalk-
konelomeraten und -breceien. Greröllfreie Schichten sind auf dem
Schauenstein nirgends aufgeschlossen. Die Konglomerate und
Breccien streichen nach Norden und Osten um die Piskovnia herum
und sind allerorten gut aufgeschlossen. Anschließend an den Schauen-
stein erhebt sich ein langer, außerordentlich steil geböschter, grat-
artig zulaufender Kamm (Punkt 504 m der Spezialkarte), an dessen
Nordwestflanke die mächtigen Konglomerat- und Breccienbänke stellen-
weise als blanke Felsleisten zutage treten. Zwischen diese Bänke
schalten sich ab und zu mittel- bis feinkörnige, gelbliche oder graue
plattige Sandsteine ein, welche speziell dem sogenannten typischen
Baschker Sandstein sehr ähnlich sind, nur ist das Korn etwas gröber
und der Kalkgehalt geringer. Die Schichten streichen in diesem
Gebirgsstück parallel dem Kamm NO und fallen gegen SO, also
bergwärts ein.
Die Konglomerate und Breccien streichen am Rande der ganzen
Berggruppe gegen die diluviale Ebene iu breiter Zone weiter gegen
Osten fast bis zum Lubinatal bei Velöowitz, wo sie unmittelbar
bei dieser Ortschaft unter den groben, bankigen Sandsteinen des öst-
lichen Hügels von Louska verschwinden.
Auf der ganzen Erstreckung von Punkt 504 ın bis Velcovitz werden
sie von diesen Sandsteinen überlagert. Am Ostfuß der Piskovnia treten in
diesen Sandsteinen abermals mächtige Konglomeratmassen auf, deren
Abgrenzung jedoch wegen der üppigen Vegetation nicht genau durch-
führbar war. Ausgezeichnet ist dieses Vorkommen durch die Bildung
kleiner, allerdings fast ganz verschütteter Höhlen. Dieses isolierte
Auftreten von Tithonkonglomeraten inmitten des Sandsteins etwa
durch komplizierte tektonische Konstruktionen erklären zu wollen,
halte ich bei der ohnehin unsicheren stratigraphischen Grundlage
nicht für gerechtfertigt. Wahrscheinlich handelt es sich um eine eng
begrenzte lokale Aufhäufung von Kalkgeröllen innerhalb der Sandsteine,
somit um eine Faziesdifferenzierung ganz nach Analogie der Grodischter
Konglomerate.
Vor allem müssen wir uns hier klar werden über das Alter
dieser verschiedenartigen Sedimente. Die Versuchung, die grobkörnigen
Sandsteine an der Basis des Üzerveni kamen (Horeckova), am Holy
vreh, auf Piskovnia und LouSka, sowie die massigen Konglomerate
und Breceienbänke von Tithonkalk am Schauenstein und auf Louska
ohne weiteres den Grodischter Schichten zuzurechnen, ist wegen der
ausgesprochenen Übereinstimmung der Fazies äußerst naheliegend.
Auf der Bila hora bei Stramberg aber war ebenso wie auf dem
Liebischberg völlige Konkordanz und Wechsellagerung und kontinuier-
licher fazieller Ubergang zwischen den grobkörnigen bankigen Sand-
steinen mit Tithonkalkkonglomerateinlagerungen und dem „typischen“
feinkörnigen, plattigen, grauen Baschker Sandstein zu konstatieren.
Dort ist ein Zweifel über die Zusammengehörigkeit dieser verschieden-
artigen Sedimente ausgeschlossen.
Analog dazu sehen wir im Gebiete des Czerveni kamen typische
Baschker Schichten den gröberen Sandsteinen eingelagert. Zwischen
93*
724 - Dr. Heinrich Beck. [14]
den massigen Konglomeratbänken rings um die Piskovnia finden sich
gleichfalls plattige, feinkörnige, graue Sandsteine eingelagert, die dem
Baschker Sandstein entsprechen.
Besonders auffallend ist außerdem das Fehlen jener bezeich-
nenden exotischen Gerölle von ziegelrotem Porphyr, die in den ana-
logen Konglomeraten der Grodischter Schichten in der Umgebung
von Neutitschein wie bei Hochwald und Richaltitz so häufig
angetroffen werden. Dafür konnte ich jedoch am Nordabhang der
Hügelgruppe LouSka unter den wohlgerundeten Tithonkalkgeröllen
auch einzelne größere Gerölle von Toneisenstein konstatieren. Es
ist wuhl zweifellos, daß es ich dabei um Gerölle und nicht primäre
Toneisensteinknollen handelt. In derart groben Geröllanhäufungen,
wie sie gerade auf Louska sich vorfinden — die einzelnen Kalkroll-
stücke erreichen oft mehr als Kopfgröße, manche haben einen Durch-
messer von über !/; m — wird gewiß niemand an die Bildung kopf-
sroßer Konkretionen glauben. Es muß hier konstatiert werden, daß
die Grodischter Schichten wohl Tithongerölle führen, bisher aber noch
nirgends darin Fragmente der das unmittelbar Liegende bildenden
oberen Teschener Schiefer, aus denen allein derartige Gerölle stammen
könnten, nachgewiesen werden konnten, obwohl sie offenbar einer be-
deutenden negativen Bewegung des Meeresspiegels ihre faziellen Eigen-
tümlichkeiten verdanken. Das Vorkommen von Toneisensteingeröllen
in den Konglomeraten von Louska deutet somit darauf hin, daß diese
Schichten jünger sein müssen als die Grodischter. Seit der Ablagerung
dieser aber gibt es am Nordrand der Beskiden bis zum Senon keinen
geröllführenden Horizont mehr, Godulasandstein ist hier nie zur Ent-
wicklung gekommen, auch hat er absolut keine fazielle Ahnlichkeit
mit diesen Schichten, es kann sich somit nur um senone Ablagerungen
handeln. Zu diesem Ergebnisse führt außerdem auch der Vergleich
mit den Faziesverhältnissen im Baschker Sandstein auf der Bila hora
bei Stramberg und am Liebischberg. Uberdies könnte das Auftreten
von typischem Baschker Sandstein in Wechsellagerung mit den grob-
körnigen Sandsteinen am Czerveni kamen wie mit den Konglomeraten
nordwestlich der Piskovnia allein als hinreichender Beweis für das
senone Alter gelten.
Leider ist es nicht möglich, das Verhältnis der aus typischem
Baschker Sandstein bestehenden Klippenhülle auf der Piskovnia zu
den benachbarten Sandsteinen und Konglomeraten anzugeben, da hier
entsprechende Aufschlüsse fehlen. Es scheint jedoch, nach dem Ge-
hängeschutt zu urteilen, daß hier eine ganz ähnliche Faziesänderung
vorliegt, wie auf dem Gipfel der Bila hora. Bemerkenswert ist, daß
gerade in der unmittelbaren Klippenhülle das feinklastische Sediment
sich findet, ohne Einschaltung von Breccien oder Konglomeraten.
Jedenfalls befand sich diese kleine Klippe nicht im Brandungsbereiche
des Senonmeeres. Sie hat auch sicher kein Material für die benach-
barten Konglomeratberge geliefert !). (Fig. 4).
!) In einer kurzen Notiz: Nove naleziste Strambersk&ho väpence
ve Vl&ovicich u Pfibora, Zprävy kommisse pro pfirodovedeck6 prozkoumäni
Moravy. Odd&leni geol. palaeont. &is 1 Brünn 1905, hat sich Dr. M. RemeS mit dem
[15] Beskidische Oberkreide in NO-Mähren. 125
Die tektonischen Verhältnisse des Gebirgsstockes Üzerveni
kamen—Piskovnia— Holy vreh scheinen nicht sehr kompliziert zu sein.
Das allgemeine Streichen der Schichten ist O—W bis ONO, auf dem
sratartigen Rücken, Punkt 504 m der Spezialkarte, nördlich der Pis-
kovnia, NO, das Verflächen fast durchaus südlich. Bloß auf dem
Östende des Hauptrückens von Uzerveni kamen wurde Streichen in
NW bei NO-Fallen beobachtet. Offenbar liegt in diesem Gebirgsteil
eine größere sekundäre Störung durch Verwurf der Schichten vor.
Im Westen ruhen die Baschker Schichten auf dem Alttertiär der
Nesselsdorfer Bucht auf, das unter das Senon einfällt. Von einem
normalen Anlagerungskontakt ist hier keine Rede. Die Faltenzüge
der Baschker Schichten streichen schräg über die des Alttertiär gegen
Westen hinüber zur Bila hora, die wohl nur durch die Erosion der
Koprivnitza (Nesselsdorfer Bach) vom Czerveni kamen und der Pis-
kovnia getrennt ist. Am Südende der Nesselsdorfer Bucht, beim Bahn-
Fig. 4.
CZETUCKYROTMIU °
SEskoumta N 0
Se
a Loutzhu
>
R >
z Fee = EIER Sn
> See 2 GE
I
Profil durch Czerveni kamen und Piskovnia.
1. Tithonkalkkonglomerate und -breceien. — 2. Grobkörniger Sandstein. — 3. Fein-
körniger Sandstein. — 4. Subbeskidisches Alttertiär des Senftlebener Fensters.
(Diese Schichten sind im Streichen geschnitten). — 5. Terrassendiluvium.
K = Kalkklippe auf der Piskovnia.
hofe Stramberg, hängen beide Senonmassen noch durch eine schmale
Brücke von Baschker Sandstein zusammen. Hier streichen die
Schichten nach einer Messung am äußersten WestfuB des Czerveni
kamen gegen WNW und fallen südlich.
An seiner Südseite grenzt der Czerveni kamen bei Stramberg
an die oberen Teschener Schiefer, sodann an die Alttertiärgesteine
des Senftlebener Fensters und hierauf bis zum Lubinatal wieder an
obere Teschener Schiefer.
Gebirgsstück Piskovnia, Holy vreh, LouSka befaßt und ein geologisches Kärtchen
dazu entworfen. RemeS$ faßt die Tithonkonglomerate nördlich der Piskovnia und
LouSka als anstehende intakte große Kalkklippe auf, wobei ihm die Geröllnatur
des Kalkes sowie die Sandsteinzwischenlagen der Konglomeratbänke offenbar ent-
gangen sind. Die groben Sandsteine bezeichnet er nach den vorhandenen Karten-
grundlagen (Hohenegger, Tausch) als Friedecker Schichten. Dagegen be-
trachtet er den typischen Baschker Sandstein der Klippenhülle auf der Piskovnia
sonderbarerweise als Wernsdorfer Schichten! Ich halte es für überflüssig, diese
Angaben näher zu kommentieren und muß nur noch hinzufügen, daß die karto-
graphische Darstellung dieser Studienergebnisse eine würdige Illustration dazu
darstellt.
726 Dr. Heinrich Beck. [16]
Alle drei Gesteinszüge streichen gleichsinnig gegen NO und
tauchen zweifellos unter die Senonsandsteine des ÜOzerveni kamen
unter, der wie ein Fremdkörper sich darüber erhebt, in seiner äußeren
Begrenzung wie in seinem Schichtenverlauf völlig unabhängig davon.
Wir haben ohne Zweifel eine reine Denudationsgrenze vor uns.
Zwischen dem Özerveni kamen und dem Kotout liegt auf den oberen
Teschener Schiefern, wie schon früher angegeben (siehe pag. 718), ein
kleines Denudationsrelikt von Baschker Sandstein, am Westfuß des
Kotou6 greift dessen Senonmantel weiter gegen SW vor. Bila hora und
Özeveni kamen sind gegenwärtig noch verbunden, auf der Nord-
flanke von Na Peklach, von dem später die Rede sein wird, liegt
gleichfalls noch ein kleines Relikt von Baschker Sandstein. Der
ehemalige Zusammenhang dieser heute isolierten Reste ist jeden-
falls sicher. Prof. \{Uhlig hat nun in seiner Abhandlung über
„Die karpathische Sandsteinzone und ihr Verhältnis zum sudetischen
Karbongebiet“* !) die Baschker und Friedecker Schichten als subbes-
kidische Bildungen aufgefaßt, ergo müßten sie vom beskidischen
Neokom überschoben und mit dem subbeskidischen Alttertiär „tekto-
nisch innig verknüpft“ sein. Uhlig folgert dieses innige tektonische
Verhältnis aus Beobachtungen bei Friedeck, es müßte aber naturgemäß
auch an anderen Punkten zu sehen sein, speziell in der Nesselsdorfer
Bucht und am Senftlebener Fenster.
Gerade hier aber schließt sich das subbeskidische Alttertiär
durch sekundäre Verfaltung in seiner Tektonik vollkommen an das
benachbarte Neokom an und steht zum Senon in demselben tekto-
nischen Gegensatz wie das Neokom. Von einer Zusammengehörigkeit
ist hier absolut nichts zu sehen. Auch die gezwungene Konstruktion
einer senonen Teildecke des Subbeskidikums würde hier das ge-
wünschte Resultat nicht geben können, denn das Ergebnis wäre, daB
die beskidische. Decke auf der einen Seite, (Kotous
Bila hora) auf der subbeskidischen Senonteildecke und
gleich daneben unter derselben liegen müßte. Dieses Rätsel
wüßte wohl auch der scharfsinnigste Konstrukteur kaum zu lösen.
Wir stehen gegenwärtig vor zwei unbestreitbaren Tatsachen:
Die Alttertiärschichten des Senftlebener Fensters hängen mit denen
der Nesselsdorfer Bucht unter dem Neokom der beskidischen Decke
unmittelbar zusammen; über dem Neokom und dem subbeskidischen
Alttertiär liegen in ihrer speziellen Tektonik unabhängig davon die
einzelnen Denudationsrelikte der Baschker Schichten als Zeugen einer
ehemaligen großen, zusammenhängenden Masse. Da diese nicht als
eine nach rückwärts umgeschlagene Teildecke der subbeskidischen
Decke aufgefaßt werden kann, so kann es sich nur um eine trans-
sressive Auflagerung des Senons über dem Neokom
handeln. Die Baschker Schichten gehören demnach zur
beskidischen Serie und sind mit dem Neokom gemeinsam über
das subbeskidische Gebiet überschoben.
') Mitteilungen der geol. Gesellsch., Wien I., 1908.
[17] Beskidische Oberkreide in NO-Mähren. 72
I
c) Na Peklach.
Der am Südfuß des Cerveny kamen zum Vorschein kommende
Zug von oberen Teschener Schiefern bildet in seiner vollen Breite
den Sattel Bartoschka, der den Cerveny kamen von dem südlich davon
gelegenen Berg Na Peklach trennt. Nach Hoheneggers Karte
wird dieser Berg von einem mächtigen Teschenitaufbruch gebildet,
während Tausch ihn als Baschker Sandstein eingezeichnet hat.
Prof. Uhligs Manuskriptkarte zeigt Baschker Sandstein mit Teschenit-
intrusionen. Uber das Altersverhältnis dieser zu jenem macht Prof.
Uhlig keine positiven Angaben (Bau und Bild der Karpathen,
pag. 898 — 899).
Prof. Uhlig hat bereits an der NW-Seite des Berges, zwischen
dem Senftlebener Alttertiär und dem angeblichen Senon, obere Teschener
Schiefer ausgeschieden und am Südabhang Grodischter Sandstein, der
von Wernsdorfer Schichten überlagert wird (Wernsdorf-Bordovitz).
Allen diesen älteren Angaben gegenüber hat die Spezialaufnahme
des Verfassers wesentlich andere Resultate geliefert.
Am SW-Fuß des Berges Na Peklach erscheint in einem Stein-
bruch ein zuckerkörniger, etwas mürber, glitzernder Sandstein in dicken,
massigen Bänken. In den obersten Partien des Steinbruches treten
als Einlagerungen schwärzliche blätterige Schiefer mit dichten Sand-
steinbänkchen auf. Wir haben es hier mit typischen Grodischter
Schichten zu tun. Darauf bezieht sich jedenfalls auch die Ein-
zeichnung von Grodischter Sandstein in der Manuskriptkarte Prof.
Uhligs.
Den am weitesten westlich gelegenen Kamm des Berges aufwärts
verfolgend, trifft man durchweg in deutlichen Aufschlüssen (Fahrweg)
denselben glitzernden, zuckerkörnigen Sandstein anstehend. Die Farbe
ist meist weiß, gelblich weiß, auch rötlich.
Im Steinbruch streichen die Schichten N 30% O und fallen unter
30° OSO, weiter oberhalb auf dem genannten Kamm fallen sie 60°
N 35 W, gleich darauf wieder unter 350 OÖ 15—20° S. Wenige
Schritte weiter aufwärts erscheint ein Fallen von 35° S 5° W.
Diese letztere Partie besteht aus Sandstein mit zahllosen kleinen
Splittern von Stramberger Kalk.
Nach oben folgt am Gehänge in gleichbleibender Höhe hin-
streichend ein schmaler Teschenitaufbruch, darüber wieder der bisher
beobachtete Sandstein. Die Kuppe des Berges bildet ein mächtiger,
anscheinend einheitlicher Teschenitstock. In der Einsattelung des
Bergrückens zwischen den Punkten 612 und 6027 erscheint eine
wahrscheinlich im Teschenit schwimmende Partie von schwarzen und
grauen, blätterigen, etwas sandigen Schiefern, welche unter 25° gegen
S 10° W einfallen.
Fine Kontaktmetamorphose konnte nicht mit Bestimmtheit erkannt
werden. Die Grenzschichten der Schiefer gegen den Teschenit sind
von Geröll und Ackerkrume verdeckt. Doch dürfte die Bleichung
einzelner loser Schieferbrocken und -splitter auf Kontaktmetamorphose
zurückzuführen sein.
798 Dr. Heinrich Beck. [18]
Der lithologische Charakter der am SW-Abhange des Na Peklach
beobachteten Sedimente entspricht aun vollkommen dem Typus
der Grodischter Schichten. Von Baschker Sandstein sind hier
keine Spuren aufzufinden. Für Grodischter Schichten, also Neokom,
würde auch die allerdings nicht sicher konstatierte Veränderung am
Teschenitkontakt sprechen. (Beck, Verh. d. k. k. geol. R-A. 1906).
Den Abhang des Berges gegen Bordowitz bilden genau dieselben
Sandsteine.
Östlich des Grabens, in welchem die Ortschaft Bordowitz liegt,
erstreckt sich bis zum Dorfe Lichnau gegen Norden wieder ein haupt-
sächlich aus Sandsteinen der Grodischter Schichten bestehender nie-
driger, schmaler Bergrücken. Zwischen diesem und Na Peklach, im
Graben von Bordowitz, treten in zahlreichen natürlichen Aufschlüssen
zwischen mächtigen Sandsteinbänken auch die typischen Schiefer der
Grodischter Schichten auf — vielleicht als Einlagerungen, vielleicht
aber bezeichnen sie das Vorhandensein einer zur Schuppe zerrissenen
Falte, wie sie für das beskidische Neokom nahezu Regel ist.
Auf jeden Fall herrschen auf Na Peklach sowohl am Abhang
gegen Wernsdorf wie auf der Bordowitzer Seite einschließlich der
Pikrite und Teschenite nur Neokomgesteine.
Auf der dem Senftlebener Alttertiärfenster zugekehrten NW-
Flanke dagegen liegt, wie an mehreren Punkten zu konstatieren ist,
tatsächlich Senon. Oberhalb des Schwarzwaldes (Cerny les) wurden
in einem ungefähr zur Nordecke des Berges hinaufziehenden Graben
flach (zirka 10°) gegen den Pikrit des Hauptrückens einfallende harte,
plattige feinkörnige Kalksandsteine und Mergelkalke von heller Farbe
angetroffen, in einer südwestlich benachbarten Bachrinne graue Kalk-
mergel mit einer kleinen Fauna von senonem Habitus!). Auf der West-
flanke des Berges sowie auf der nördlichen Abdachung ist somit --
den Angaben Tausch’ und Prof. Uhligs entsprechend — ein Rest
ehemaliger Umhüllung durch Baschker Schichten vorhanden. Die
Lagerungsverhältnisse sind allerdings infolge des Mangels an Auf-
schlüssen schwer zu konstatieren. Die plattigen Sandsteine am Nord-
ende des Hauptkammes streichen N 20° 0 bei einer Neigung von 10°
in östlicher Richtung. Dieses Streichen stimmt weder überein mit
dem der nächstgelegenen Senonmasse des Cerveny kamen, noch mit
dem der neokomen Umgebung (obere Teschener und Grodischter
Schichten). Offenbar ist diese kleine Partie von Baschker Schichten
sekundär mit dem Neokom verfaltet.
d) Tychauer Berge.
Das Schichtpakett: obere Teschener Schiefer, Grodischter
und Wernsdorfer Schichten, das bei Lichnau an das Lubinatal heran-
tritt, und dessen südwestlichen Teil wir eben besprochen haben, setzt
sich östlich jenseits der Lubina über Tychau und Kozlowitz bis Metillo-
!) Das Ergebnis der paläontologischen Untersuchung wird demnächst in den
Verhandlungen unserer Anstalt publiziert werden.
[19] Beskidische Oberkreide in. NO-Mähren. 7129
witz an die Ostravitza fort. Es komplettiert sich in diesem Teil noch
nach unten durch das Hinzutreten der Teschener Kalke.
Zwischen dem Lubinatal und der Fortsetzung des genannten
Zuges — wir heißen ihn den Kozlowitzzug — stehen drei durch
Erosion getrennte steile Berge von Baschker Sandstein, Punkt 464
westlich von Tychau, nördlich davon Tychava horka (566 m) und
Punkt 413 bei Weltschowitz (Lozina). Sie bilden die direkte Fort-
setzung von Cerveny kamen und Holy vrh und zeigen, wie diese,
ostwestliches Streichen bei südlichem Einfallen. Der Gesteinscharakter
ist derselbe wie in der westlichen Fortsetzung, grobe Sandsteine mit
typischem Baschker Sandstein in Wechsellagerung. Die Gesteine des
Kozlowitzzuges streichen ohne Zweifel unter diesen Bergen durch
gegen SW, doch ist infolge des Gehängeschuttes sowie diluvialer Löß-
bedeckung der Kontakt zwischen dem Neokomzug und dem Baschker
Sandstein nicht wahrnehmbar.
e) Hochwälder Berge; Durchbruchstal der Ondrejnitza.
Hohenegger verzeichnet zwischen dem Lubinatal bei Maus-
dorf (Mischy) und dem Östravitzatal bei Prfzno und Baschka nördlich
des neokomen Kozlowitzzuges eine geschlossene, ausgedehnte Masse
von Baschker Sandstein, die im Norden teilweise von Wernsdorfer
Schiefern und Godulasandstein umrahmt wird. Auf Tausch’s Manu-
skriptkarte erscheint das Gebiet des Baschker Sandsteins dieser Gegend
demgegenüber wesentlich eingeschränkt. Sklenauer Hurka, Ha-
jowberg und der östliche Teil des Palkowitzer Gebirges
sowie der Kozlowitzerberg sind als Godulasandstein eingetragen.
Desgleichen weist die Darstellung des Kozlowitzzuges erhebliche, wenn
auch keineswegs vorteilhafte Abweichungen gegenüber derjenigen
Hoheneggers auf.
Die Kartierungsarbeiten des Autors ergaben gegenüber beiden
Angaben abweichende Resultate, die für die Auffassung der Tektonik
dieses Gebietes bestimmend sind.
Danach gehören dem Baschker Sandstein an: Kaczniczow (615),
Skalka (430), Hochwälder Schloßberg (4%), Kozlowitzer
Berg (613), und das Palkowitzer Gebirge mit Babi hora (387),
Kubankov (662) und Ostruzena. Außerdem der Südostabhang der
Sklenauer Hurka (451). Dieses Senongebirge wird vom Durch-
bruchstal der Ondrejnitza zwischen Kozlowitz und Hochwald in
SO—NW-Richtung bis auf den neokomen Untergrund durch-
schnitten. Dadurch wird das Palkowitzer Gebirge von dem durch
Erosion zerteilten eigentlichen Hochwälder Gebirge, wie wir es
nennen wollen, getrennt. Wir rechnen dazu den Hochwälder Schloß-
berg, die Skalka, den Kaczniczow und die Sklenauer Hurka. Die
tiefe Furche von Palkowitz und Mislik, gebildet vom Palkowitzer
und Misliker Bach, trennt das Palkowitzer Gebirge vom Kozlowitzer Berg.
Das breite Alluvium der Ondfiejnitza verdeckt am Nordrande
von Kozlowitz den Kontakt des Neokoms mit dem Baschker Sandstein.
Ebenso schaltet sich westlich der Ondfejnitza bei Mörkovitz zwischen
Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Bd., 3. u. 4. Heft. (Dr. H. Beck.) 94
730 Dr. Heinrich Beck. [20]
den Baschker Sandstein und die hier besonders ausgedehnten Teschener
Kalkvorkommnisse eine ziemlich breite, von Lößlehm erfüllte Depression
ein, so daß auch hier das tektonische Verhältnis beider Bildungen
sich der direkten Beobachtung entzieht.
Verfolgen wir das ÖOndrejnitzatal von Kozlowitz nach Norden
gegen Hochwald. In einem engen Durchbruchstal windet sich der
Bach zwischen dem Palkowitzer Gebirge und der steilgeböschten Skalka
hindurch.
Nordöstlich der Skalka erweitert sich unvermittelt das Tal der
Öndrejnitza zu einem Kessel, der im Osten und Süden von Palko-
witzer Gebirge und Skalka, im Westen von Kaczniezow, im Norden vom
Hochwälder Schloßberg eingeschlossen wird. Die Ursache dieser
kesselartigen Erweiterung des sonst so engen Durchbruchtales wird
leicht erklärlich durch das am Westufer des Baches zu beobachtende
Auftreten schwarzer, blättriger Schiefer, die zweifellos dem Neokom
angehören. Wir haben nämlich dünnblättrige, in kleine Blättchen zer-
Fig. 5.
BS Ws BS
g. N.
7, my
Skalku 430° Hochwald 480"
OWETEFNTE ZN aan
Aufschluß im Ondfejnitzadurchbruch südlich von Hochwald.
BS = Baschker Sandstein. — WS = Wernsdorfer Schichten.
fallende schwarze Schiefer vor uns, wie sie für die Wernsdorfer
Schichten charakteristisch sind. Dazwischen Einlagerungen von ban-
kigem Sandstein nach Art des Grodischter Sandsteins. Der ganze
Habitus dieses Neokomaufbruches entspricht vollkommen jenen Grenz-
schichten zwischen Wernsdorfer und Grodischter Schichten, die im
Einschnitt der Stramberg-Wernsdorfer Bahn gleich oberhalb Werns-
dorf zutage treten. Sie sind entlang der ganzen Westseite des
Kessels vom erzbischöflichen Jagdhaus an durch den ganzen tiefer
gelegenen Teil des Tiergartens bis zum Fuß des Schloßberges
sehr schön aufgeschlossen, sowohl an der Ondrejnitza selbst, als in
den kleinen aus dem Tiergarten kommenden Gräben. Sie zeigen
durchweg südsüdwestliches Einfallen mit bedeutender Neigung (48° bis
60°). ‚Besonders bemerkenswert ist ein Aufschluß unmittelbar an der
Öndfejnitza am Südfuß des Schloßberges. Unterhalb einer steilen
Wand von frei zutage tretenden NO fallenden Baschker Schichten
erscheinen eine beträchtliche Strecke weit die südfallenden Werns-
dorfer Schichten aufgeschlossen, wie aus der beigegebenen Fig. 5
ersichtlich ist.
[21] Beskidische Oberkreide in NO-Mähren. 7131
Zwischen Schloßberg und Babi hora ist das Ondrejnitzatal wieder
schluchtartig verengt.
Der Baschker Sandstein des Hochwälder Schloßberges zeigt
vielfach regelmäßige Wechsellagerung von grauen und gelblichen
Mergeln mit den plattigen und bankigen Sandsteinen.
Kaczniezow und Schloßberg sind im Westen und Süden von diluvialen
Bildungen umgeben, ebenso voneinander durch eine von Lößlehm er-
füllte breite Furche getrennt, in welcher der Gestütshof des: Hoch-
wälder Gutes gelegen ist. Dem Kacznizcow gegenüber erhebt sich über
dem Dorf Sklenau ein steiler, scharf konturierter Berg: die Sklenauer
Hurka (451 m). An ihrem West- und Nordabhang tritt ein weißer,
mürber, bankiger Sandstein zutage, der wohl bisher keine Fossilien
geliefert hat, doch nach seinem petrographischen Habitus nur als
Grodischter Sandstein angesprochen werden kann. Er wird: auch
in einem oberhalb des Dorfes an der Nordseite gelegenen Steinbruch
als Baustein für Stufen und Fassadesteine gebrochen. In diesem
Steinbruch wurde ein NO gerichtetes Streichen bei südöstlichem Ver-
flächen beobachtet. Auf der Höhe des Bergkammes jedoch ist in
Fig 6.
NW. öenauer Hurka 41” 5,
DO >. Znschker
D BE ‚ ; >
CTOÄLSCHLEr Sandst, JoNast.
mehreren kleinen Gruben ein grauer, plattiger, dichter, kalkiger Sand-
stein mit Hornsteinbändern und Zwischenlagen von schiefrigen Kalk-
mergeln entblößt, der unter 30—45° in SO-Richtung einfällt: typischer
Baschker Sandstein. Die Südostseite der Sklenauer Hurka wird
ganz vom Baschker Sandstein eingenommen, der somit den Grodischter
Sandstein überlagern muß. (Fig. 6.)
Die genannten Beobachtungen lassen die geologischen Verhält-
nisse des Hochwälder Gebirges mit voller Klarheit erkennen. Schwie-
riger aber ist dies beim Palkowitzer Gebirge, wo speziell die
fazielle Ähnlichkeit zwischen neokomen und senonen Sedimenten eine
nicht zu umgehende Unsicherheit in der gegenseitigen Abgrenzung
bedingt.
Die südwestliche Hälfte des Palkovitzer Gebirges, die im Kuban-
k o v (662 m) kulminiert undim Ondrejnitzatal mit den Hochwälder bergen
zusammenhängt, wird von groben Sandsteinen, analog denen der Bila
hora und des Özerveni kamen mit Einlagerungen von typischem Baschker
Sandstein gebildet. Die nordöstliche Hälfte, Kabatica und Ostru-
zena bei Chlebovitz-Palkowitz bestehtnach Hoheneggerund Tausch
aus Godulasandstein, der von Wernsdorfer Schichten im Norden und
Osten unterteuft wird. In Kalkkonglomeraten bei Chlebowitz, an der
94*
732 Dr. Heinrich Beck. [22]
Basis des sogenannten Godulasandsteins fand Hohenegger Bruch-
stücke von Belemniten, die er als Bel. minimus List beschrieb. Die
Revision von Liebus ergab, daß es sich nur um ähnliche, nicht aber
identische Formen handle und er fügte die Bezeichnung „cf.“ bei (l. c.).
Paul und Tietze rechneten die Konglomerate von Chlebowitz
zu ihren Ellgother Schichten!), ebenso Uhlig auf Grund der Be-
stimmungen von Liebus.
Trotz dieser Angaben so hervorragender Autoritäten können wir
die Frage nach der eigentlichen Stellung der Konglomergte von Chlebo-
witz nicht als abgeschlossen betrachten. Nirgends konnte der Autor
bisher an der Basis des Godulasandsteins oder in den echten Ellgother
Schichten tithonkalkführende oder besser gesagt, fast ausschließlich
aus diesen bestehende Konglomerate auffinden. In den höheren Lagen
des Godulasandsteins treten wohl konglomeratische Bänke auf, aber
die Konglomerate von Chlebowitz haben damit keine Ähnlichkeit, da
es eben fast. reine Tithonkalkkonglomerate sind, die viel treffender
mit den mächtigen Kalkgeröllanhäufungen der Grodischter Schichten
verglichen werden können, wie wir sie aus der Gegend von Milotitz,
Hustopetsch, Alt- und Neutitschein sowie von Richaltitz und Hajow
kennen. Das in seiner faziellen Entwicklung so scharf ausgeprägte
Niveau der Ellgother Schichten kann zum Vergleich überhaupt
nicht herangezogen werden. Es sei im folgenden an der Hand von
Beobachtungen, wie sie zum Zwecke der Kartierung gemacht werden
mußten, dargetan, in welcher Weise andere Grundlagen für die Analyse
des Palkowitzer und Kozlowitzer Gebirges gewonnen wurden.
Auf der stark zertalten höchsten Diluvialterrasse, die sich westlich
von Chlebowitz am Nordfuß des Kabatica hinzieht, finden sich allerorten
Lesesteine, bestehend aus weißlich-grauem und gelbem meist mürbem
Sandstein von mittlerem bis grobem Korn. Stellenweise auch harte,
scheinbar bankige oder plattige Sandsteine. Dazwischen eine Unzahl
von Kalkgeröllen des Tithon, gleich wie in Richaltitz: das Chlebowitzer
Konglomerat. Wir finden es ebenso auch östlich des Dorfes auf der
Fortsetzung der genannten Terrasse.
In einem Steinbruch, zirka 1 km westlich von Chlebowitz, trifft man
prächtige Aufschlüsse, in denen jedoch die Konglomerate nicht zum
Vorschein kommen. Man sieht darin stark verwitterte und zermürbte
mittelkörnige Sandsteine von gelber, grauer und weißer Farbe, da-
zwischen harte, kalkige, klingende Sandsteine in mäßig dicken
Bänken, auf den Bruchflächen fein gestreift, und schwärzlich graue,
sandige, plattige und bröckelige Schiefer mit spärlichem Glimmerbelag
auf den Schichtflächen. Die Schichten fallen unter 25° gegen S 15 ©.
Die schiefrigen Partien treten gegenüber den Sandsteinen stark zurück.
Diese letzteren, namentlich die mürben groben Bänke, haben mit
Grodischter Sandstein die größte Ähnlichkeit.
Weiter westlich, gegen den Forst Zamrkly zu, finden sich auf
der Terrasse wieder ausgewitterte Konglomerate in großer Menge.
!) Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1877.
[23] Beskidische Oberkreide in NO-Mähren. 133
An der Nordwestecke der Kabatica, unmittelbar am Rande der
Terrasse, finden sich in einem Steinbruch wieder ganz dieselben
Schichten, wie in dem vorher genannten, doch treten hier die kalkigen
Sandsteine mehr in den Vordergrund und außerdem erscheinen
in den tiefsten Partien zwischen Sandstein- und Schieferbänken
eingeschlossen zwei Bänke von grobem Tithonkalkkonglomerat
mit grobsandigem und schiefrigem Bindemittel. Auch hier südliches
Einfallen.
In dem vom Forst Zamrkly heraufziehenden Graben finden
sich gegen die Höhe des Gebirges zu fast durchweg grobkörnige,
mürbe Sandsteine, die im Verein mit den eben besprochenen Vor-
kommnissen für eine Zuweisung sämtlicher Schichten zum Grodischter
Sandstein sprechen würden, wenn nicht auffallenderweise an
einer höher gelegenen Stelle des Grabens auch reich-
lich Bruchstücke von feinkörnigem, sehr kalkreichen
plattigen Sandstein von charakteristischer hellgrauer
Färbung aufträten, wie wir sie sonst allgemein als Re-
präsentanten des typischen Baschker Sandsteins anzu-
sprechen gewohnt sind. Gleichsam zur Erhärtung der
damit schon angedeuteten Vermutung zeigen sich in
den Sandsteinen auch Hornsteinbänder, die in den vorher
besprochenen Aufschlüssen nicht zu konstatieren waren.
Auf der Höhe des Überganges nach Palkowitz stehen wieder
rotbraune, gänzlich verwitterte grobe Sandsteine au. Im Tal von
Chlebowitz treffen wir ganz ähnliche Sandsteine, ebenso am Ost- und
Südabhang des Berges. Plattige Sandsteine sind ziemlich selten hier
anzutreffen. Leider sind die Aufschlußverhältnisse äußerst ungünstig.
Der Gipfel des Kubankov (622m), in dem das Palkowitzer
Gebirge kulminiert, verdankt seine steile Form dem Auftreten
von harten, plattigen, hellgrauen und gelblichgrauen
Mergelkalken und feinkörnigen Kalksandsteinen mit
reichlichen Hornsteinbändern. Da haben wir wieder den
typischen Baschker Sandstein, der auch bereits von Hohen-
egger und Tausch als solcher kartiert worden ist. Westlich und
südlich vom Kubankov erscheinen dagegen vielfach wieder in relativ
großer Ausdehnung grobkörnige, mürbe Sandsteine, ganz ähnlich denen
des östlichen Gebirgsstückes, so daß es wohl außerordentlich schwer
fallen müßte, zwischen die plattigen, hornsteinführenden und die
sroben, bankigen Sandsteine eine Formationsgrenze zu legen, noch
dazu in diesem so einheitlichen, kompakten Gebirgsstock. Es hat viel
eher den Anschein, als ob das ganze Palkowitzer Gebirge aus einem
einheitlichen Schichtkomplex gebildet wäre, der bloß fazielle Differen-
zierung aufweist und nicht als eine kompliziert gebaute Masse, bestehend
aus stratigraphisch wie tektonisch verschiedenen Elementen.
Zu ganz gleichem Resultat haben die Untersuchungen des Autors
im Kozlowitzer Gebirge geführt, das von dem Palkowitzer Bergen
bloß durch die tief eingeschnittene Längsfurche von Palkowitz und
Myslik getrennt ist,
Der westliche Teil dieses Gebirges mit dem eigentlichen Kozlo-
witzer Berg (613 m) besteht größtenteils aus plattigen harten Kalksand-
734 Dr. Heinrich Beck. [24]
steinen und mergeligen Kalken mit Hornsteinbändern — gröbere Sand-
steine treten hier anscheinend mehr untergeordnet auf — während
weiter östlich, unmittelbar oberhalb der Ortschaft Palkowitz (Zahumny)
wieder die mürben, grobkörnigen Sandsteine dominieren. In einem
sroßen Steinbruch (Besitzer Herr Rada in Palkowitz) liegen zu oberst in
ihrem Gefüge vollkommen gelockerte mächtige Bänke eines gelblichen,
kalkfreien, körnigen, mürben Sandsteins. Darunter, durch einige etwas
geringer mächtige Sandsteinbänke mit Schieferzwischenlagen getrennt,
eine Reihe von harten, spröden Kalksandsteinbänken von !/, bis 1m
Dicke. Diese letzteren zeigen hellgraue Farbe und bräunlichgelbe
Verwitterungsrinde; sie scheinen reichlich Wasser aufzunehmen und
rasch zu verwittern.
Die Schiefer sind durchweg grau, größtenteils rein sandig, mit
spärlichem Glimmerbelag auf den Schichtflächen. Ab und zu treten
auch dünne Lagen von bläulichgrauem schiefrigen Ton auf. Im Abraum
wurden auch plattige Mergelkalke und Trümmer vonHorn-
steinbändern gefunden, deren Ursprung im Anstehenden des Stein-
bruches nicht mehr zu konstatieren war.
Der ganze im Bruch aufgeschlossene Schichtkomplex fällt unter
150 gegen O 25° S, somit bergwärts ein. Die liegendsten Schichten
sind fast ausschließlich Kalksandsteine der genannten Art und sind
je tiefer sie liegen, je härter und spröder. Die Weichheit der oberen
Sandsteinpartien ist wohl fast allein der Auslaugung des kalkigen
Bindemittels zuzuschreiben.
Auf der Kammhöhe des Kozlowitzer Gebirges sowie in der nächsten
Umgebung von Metillowitz erscheinen neben den mürben Sandsteinen
wieder dieselben Schichten wie am Gipfel des Kubankov, plattige,
feinkörnige Kalksandsteine und Mergelkalke mit Hornsteinbändern.
Ebenso wie dort, müssen wir sie auch hier als
Baschker Schichten ansprechen, lassen sie sich doch
in geschlossenem Zuge mit stets gleichbleibendem
faziellen Habitus von Kozlowitz über Metillowitz bis
Baschka ins Ostrawitzatal verfolgen! Es würde wohl viel
zu weit führen, wollte man hierfür durch Anführung aller möglichen
Beobachtungen an Lesesteinen und in den Terrainanschnitten und
Steinbrüchen einen erschöpfenden Beweis führen. Es mag genügen,
daß ebenso wie auf den Höhen südlich von Palkowitz und westlich von
Metillowitz auch bei Myslik am Kozlowskyberg jene plattigen, hell-
srauen Kalksandsteine und Mergelkalke mit Hornsteinbändern vor-
kommen, welche allein ein ausgezeichnetes Charakteristikum des
Baschker Sandsteins gegenüber allen anderen Gliedern der Flyschzone
in Mähren und Schlesien bilden.
Dies sei besonders im Hinblick darauf betont, daß Tausch das
Gebirgsstück zwischen Metillowitz und Kozlowitz, somit den eigent-
lichen Kozlowitzer Berg als Godulasandstein kartierte und nur das
Gebirge östlich von Metillowitz zur Oberkreide rechnete.
Wie wenig verläßlich die Angaben von Tausch bezüglich des
Auftretens von Godulasandstein sind, geht schon daraus hervor, daß
er fast sämtliche Vorkommnisse von gröberen Sandsteinen und speziell
der bereits mehrfach erwähnten Tithonkalkkonglomerate in der weitern
[25] Beskidische Cberkreide in NO-Mähren. 7135
Umgebung von Neutischitschein als Godulasandstein bezeichnete. Zu-
meist handelt es sich dabei um Grodischter Schichten !), bloß im
Palkowitzer und Kozlowitzer Gebirge liegt eine Ver-
wechslung mit Baschker Sandstein vor.
Es bleibt noch die Frage zu erörtern, welchem Horizont
die. Schichten mit den Chlebowitzer Konglomeraten
angehören.
Vorerst sei ihre Ausdehnung festgestellt: Sie liegen am Nordfuß
des östlichen Teiles des Palkowitzer Gebirges und nehmen die Reste
der stark zertalten höchsten Diluvialterrasse zu beiden Seiten vom
Dorf Chlebowitz ein. Nach Osten zu sind sie nicht weiter zu ver-
folgen, dagegen sehen wir gegen Westen an der Reichsstraße unter
diluvialem Schotter in der Nähe von Fritschowitz, in der direkten
Fortsetzung der Chlebowitzer Vorkommnisse abermals an zwei Stellen
(Schottergruben) dieselben Konglomerate auftauchen in Verbindung
mit ganz analogen Sandsteinen. Gleich daneben aber erheben sich die
typischen Grodischter Schichten des Hajovberges mit reich-
lichen Konglomeratlagen, unter denen die von Richaltitz die be-
kanntesten sind. Sie wurden früher vielfach zur Kalkgewinnung
abgebaut.
Auf dem Gipfel des Berges Hajov (424 m) treten uns nun ganz
dieselben schiefrigen Sandsteine entgegen, welche wir vom Steinbruch
westlich von Chlebowitz her kennen. Ebenso auch körnige bankige
Sandsteine von verschiedener Färbung und stellenweise die typischen
sandigen Grodischter Schiefer.
Es scheint wohl nach dem Gesagten ein Zweifel an der Zusammen-
gehörigkeit der Chlebowitzer Schichten mit denen des Hajovberges
unbegründet, zumal die Entfernung beider Vorkommnisse durch das
Auftreten beiden analoger Sandsteine und Konglomerate östlich von
Fritschowitz an der Reichsstraße überbrückt wird. Wir rechnen
daher auch die Schichten von Chlebowitz zum Gro-
dischter Horizont.
Das Einfallen der Chlebowitzer Schichten erfolgt durchweg ver-
hältnismäßig flach südlich also unter den Baschker Sandstein
des Palkowitzer Gebirges. Selbst erscheinen sie wieder unterlagert
von blättrigen schwarzen Schiefern, die bereits Hohen-
egger als Wernsdorfer Schichten angesprochen hat. Die
.Aufschlüsse sind zwar äußerst ungünstig, da das Schiefergebiet mit
Feld- und Wiesenkulturen bedeckt ist, doch ist kein Grund vorhanden,
die Hoheneggersche Deutung abzulehnen, obwohl sie eine besondere
Komplikation des tektonischen Bildes dieser Neokomschuppe involviert.
!) Siehe Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1906, Nr. 4.
Die betreffenden Örtlichkeiten sind von West nach Ost: Hurkaberg und
Alttitscheiner Schloßberg, Svinee und Gimpelberg bei Neutitschein, Söhler Busch,
Tannenberg und Wachberg bei Stramberg, Hajov und Sklenauer Hurka bei Hoch-
wald. — Ferner kartierte Tausch die Grodischter Schichten des Dubravawaldes,
von Milotitz und Daub, Löschna—Perna— Wysoka—Jassenitz als Alttertiärgesteine,
und die Ellgother Kieselschiefer der Buniavka und bei Hotzendorf als Godulasandstein.
736 Dr. Heinrich Beck. [26]
Die Wernsdorfer Schiefer sind auf den Nordostfuß des Palko-
witzer Gebirges beschränkt, den sie halbmondförmig umschließen.
In der tieferen Furche des Palkowitztales zwischen Palkowitzer
und Kozlowitzer Berg erscheinen subbeskidische Schiefertone
und -mergel, die mit Menilitschiefern vergesellschaftet sind. Sie
streichen von hier weiter hinaus bis an die Ostrawitza. Auch ihre Ein-
fallrichtung ist südlich.
Das halbmondförmige Herumschwenken der Wernsdorfer Schichten
um den Nordfuß des Palkowitzer Gebirges scheint auf das Empor-
tauchen einer geschlossenen Neokommulde hinzuweisen, zumal auch
die Grodischter Schichten von Chlebowitz, soweit sie unter dem
Baschker Sandstein hervorkommen, von Wernsdorfer Schichten umrahmt
sind und den Bogen mitmachen. Es muß leider dahingestellt bleiben,
ob es sich bei den schwarzen Schiefern tatsächlich um Wernsdorfer
und nicht um Grodischter Schichten handelt. Im ersteren Fall ist
dann zwischen sie und die Sandsteine und Konglomerate von Chlebo-
witz eine tektonische Grenze, einer Schuppe entsprechend, zu legen
(Fig. 7); im letzteren Fall wären sie als das Liegende der Mulde an-
zusehen.
Auf den muldenförmigen Untergrund scheint auch eine Beob-
achtung im Baschker Sandstein westlich oberhalb Palkowitz hin-
zuweisen: Der Baschker Sandstein fällt hier gegen Westen, als
ob auch er muldenförmig gebaut wäre und gewissermaßen den Bau
des neokomen Grundgebirges wiederholte. Das Auftreten der sub-
beskidischen Gesteine in der Palkowitzer Furche kann entweder als
eine Aufwölbung, eine Mitauffaltung mit der Neokomdecke oder ebenso-
gut als Ergebnis des Absinkens einer Neokom-Senonscholle entlang
eines Verwurfes gedeutet werden. Als abgesunken wäre dann wohl
nur das Palkowitzer Gebirge anzusehen, der stehengebliebene Teil
würde repräsentiert durch den Kozlowitzer Berg mit der subbeski-
dischen Unterlage bei Palkowitz. Die Bruchlinie wäre an dem Süd-
ostrand des Palkowitzer Gebirges zu suchen.
Infolge des muldenförmigen Baues dieses letzteren jedoch und
wegen des Fortstreichens der subbeskidischen Schichten gegen Norden
und Nordwesten zurück in die Gegend von Chlebowitz scheint uns
die erste Deutung besser zu entsprechen. (Fig. 7.)
Daß der Baschker Sandstein der Palkowitzer Berge auf dem
Neokom aufruht, ist nach den Aufschlüssen bei Hochwald im Ondrej-
nitzatal sowie bei Chlebowitz und Palkowitz nicht zu bezweifeln.
Uber den Höhenzug des Kozlowitzer Gebirges wurde
bereits das Wichtigste, die Zugehörigkeit zum Baschker Sandstein,
mitgeteilt und die faziellen Differenzierungen besprochen. Ebenso wurde
bereits das Verhältnis dieses Senongebirges zu dem subbeskidischen
Alttertiär von Palkowitz hervorgehoben (siehe Fig. 7).
Es erübrigt nur noch über den Südrand, die Grenze gegen den
schon bei früherer Gelegenheit genannten Neokomzug von Kozlowitz
das leider nur recht spärliche Beobachtungsmaterial anzugeben.
Die Aufschlußverhältnisse am Südfuß des Kozlowitzer Berges sind
allerdings recht schlecht zu nennen, sowohl im Senon wie im Neokom.
137
Beskidische Oberkreide in NO-Mähren.
[27]
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95
Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Bd., 3. u. 4. Heft. (Dr. H. Beck.)
138 Dr. Heinrich Beck. [28]
Die Grenze beider Bildungen wird jedoch durch die Geländeform mit
Sicherheit angegeben. Nur an wenigen Punkten läßt sich die bei-
läufige Einfallrichtung der oberen Teschener Schiefer ermitteln. Sie
ist gegen Süden gerichtet. Bei Metillowitz, Lhotka und am Südende
von Mislik werden die Schiefer von kurzen Kalkzügen unterlagert.
Diese Kalkzüge treten, wie immer, deutlich in der Landschaft hervor
und sind verhältnismäßig leicht von ihrer Umgebung abzugrenzen.
Während der Kalkzug südlich von Metillowitz (Kamenku) an einer
Neokom und Senon durchsetzenden Querstörung abgeschnitten zu werden
scheint, tauchen die Kalke von Lhotka und Mislik unter den Baschker
Sandstein unter. Zwischen ihnen wölbt sich der Fuß des Kozlowitzer
Berges auf die oberen Teschener Schiefer vor. Die Kalkzüge erhalten
dadurch die Form von Keilen, deren Spitzen gegeneinander gerichtet
sind. Es ist nach dem sonstigen allgemeinen Verhalten der Teschener
Kalke allerdings kein zwingender Grund vorhanden, eine Verbindung
der Kalke von Mislik und Lhotka unterhalb des Baschker Sandsteins
anzunehmen, doch sei schon in Anbetracht einer eventuellen Gewinnungs-
absicht auf die Möglichkeit eines kontinuierlichen Zusammenhanges
hingewiesen.
In dem Kalk am Südende des Misliktales (gegenüber dem Nord-
ende von Kozlowitz) tritt in einem schmalen Streifen eine Pikrit-
intrusion auf, die ungefähr der Kalkschiefergrenze parallel verläuft,
und zwar WNW--OSO, während etwas oberhalb im Tal von Mislik
ein Streichen des Baschker Sandsteins in NW—SO-Richtung bei
ziemlich flachem SW-Fallen zu konstatieren ist.
Bei Metillowitz ist durchweg südliches Fallen im Senon zu
beobachten.
f) Staritsch.
Alle bisher besprochenen Vorkommnisse von Oberkreide reprä-
sentieren sich in ihrem allgemeinen Habitus als Sandsteinkomplexe,
die nur stellenweise mergelige Zwischenlagen in einzelnen Bänken ent-
halten und morphologisch als relativ hohe, steilgeböschte Berge auf-
treten. Das nunmehr zur Besprechung gelangende Oberkreidegebiet
zwischen Staritsch, Lothrinkowitz und Chlebowitz weist im Gegensatz
dazu eine mehr mergelig-schiefrige Ausbildung auf, in der Sandsteine
nach Art des Baschker Sandsteins stark zurücktreten. Die mergelig-
schiefrigen Bildungen führen binüber zur Fazies der Friedecker Mergel,
während die als mehr oder minder mächtige Einschaltungen ent-
wickelten Sandsteine als typischer Baschker Sandstein anzusprechen
sind. Auf dieses Argument stützt sich die Zuteilung dieses Komplexes
zum Senon. Fossilien sind daraus bisher noch nicht bekannt, doch
hat bereits Hohenegger hier Senon eingetragen. Auch Tausch
ist dieser Auffassung gefolgt und wir können auf Grund unserer detail-
lierten Beobachtungen diese Auffassung aus den bereis genannten
Gründen nur bestätigen.
Speziell der Staritsch zugewendete Abhang dieses sanftwelligen
Hügelterrains besteht aus hellgrauen, mitunter etwas rötlich gefärbten,
weichen, schiefrigen Mergeln. Uber die Punkte 306, 393 (StraZnica)
[29] Beskidische Oberkreide in NO-Mähren. 739
und 373 streicht ein schmaler Zug von Sandsteinen, die vollkommen
dem Typus des Baschker Sandsteins entsprechen. Südlich davon
verläuft durch tief eingeschnittene Wasserläufe deutlich markiert
abermals ein etwas breiteres Niveau von schiefrigen Mergeln, an das
sich südlich ein Sandsteinzug von bedeutender Breite anschließt, der
jedoch stellenweise mächtige Mergelzwischenlagen enthält.
Eine Gliederung läßt sich aber trotz dieses anscheinend regel-
mäßigen Verlaufes von Sandstein- und Mergelzügen nicht gut durch-
führen. Sandsteine und Mergel zeigen nirgends scharfe Grenzen,
sondern gehen allmählich durch Wechsellagerung ineinander über, so
daß eine gesonderte Ausscheidung beider Typen bloß eine Schemati-
sierung der natürlichen Verhältnisse bedeuten und keinerlei praktischen
Wert involvieren würde.
Südwestlich von der StraZnica tritt ein kleiner, schlecht auf-
geschlossener Pikritaufbruch zutage. Er steckt aber nicht, ‚wie
Tausch angibt, im Senon, sondern in einer kleinen, keilförmig
Fig. 8.
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Profil durch das Hügelland von Starzitz.
1 = Untere Teschener Schiefer. — 2 — Teschener Kalk. — 3 —= Obere Teschener
Schiefer. — z = Pikrit. — 5 = Mergelschiefer (Friedecker Mergel). — 6 — Baschker
Sandstein. — 7 = Terassendiluvium.
begrenzten Partie von oberen Teschener Schiefern, die hier ganz
deutlich unter dem Senon am Abhang gegen den Kosicabach auftaucht.
Die Lagerungsverhältnisse dieser Neokompartie sind allerdings infolge
des Mangels an Aufschlüssen nicht zu erkennen, dagegen ist deutlich
in den nach Starzitz hinüberführenden tief eingeschnittenen Feldwegen
zu sehen, wie die Mergelschiefer des Senons mit ihren harten Sand-
steinzwischenlagen flach nordwärts, also vom Neokomaufbruch weg,
einfallen.
Auf der Hoheneggerschen Karte sind hier die oberen
Taschener Schichten bereits angegeben.
Dagegen konnte auch das von Hohenegger schematisch
eingetragene Alttertiär zwischen dem Staritsch-Lothrinkowitzer Senon
und dem Palkowitzer Kreidegebirge unter der gerade hier anscheinend
sehr mächtigen Diluvialbedeckung nirgends anstehend beobachtet werden.
Da wir es aber bei Palkowitz, Chlebowitz und Fritschowitz als Unter-
lage der Kreide gesehen haben, liegt es nahe, nach dem Vorgange
Hoheneggers diese Beobachtungspunkte unter dem Diluvium über
Chlebowitz und das Revier Zamrkly zu verbinden.
95*
740 Dr. Heinrich Beck. [30]
Die Tektonik des Staritsch-Lothrinkowitzer Senons zeigt keine
besonderen Komplikationen. In dem größeren östlichen Abschnitt
herrscht verschieden steiles Südfallen. An der StraZnica erscheinen
gegen Osten fallende Baschker Sandsteine, westlich davon zeigen alle
Aufschlüsse nördliches Fallen.
In der Furche von Staritsch grenzt das Senon an die Brauns-
berger Unterkreidescholle, die im Gegensatz zum Senon von leb-
haftesten Faltungsvorgängen. Zeugnis gibt, die sie betroffen haben.
(Steingraben.) Mächtige Eruptivlagergänge und -stöcke durchschwärmen
die aus unteren Teschener Schiefern, Teschener Kalk und oberen
Teschener Schiefern gebildete Scholle. (Fig. 8.)
Östlich von Borosin trifft man, vom nördlichsten Kalkzug gegen
Braunsberg abwärts steigend, auf den Feldern lose, scharfkantige
Bruchstücke eines hell gelblichgrauen, feinkörnigen, harten, kalkigen
Sandsteins, der seinem Aussehen nach nur mit Baschker Sandstein zu
identifizieren ist. Anstehend wurde dieser hier allerdings nicht beob-
achtet, doch scheint es sich um ein kleines Denudationsrelikt des-
selben zu handeln, das die flache Kuppe östlich von Borosin bildet.
g) Friedeck — Leskowetz— Domaslowitz— Skalitz.
Die östliche Fortsetzung des Senonzuges von Staritsch bilden
die bekannten Vorkommnisse von Baculitenmergeln bei Friedeck und
am Leskowetzer Bach, nördlich dieses Städtchens. Da meine eigenen
Exkursionen in dieser Gegend nur informatorischen Charakter hatten
und ich den bisher veröffentlichten Beobachtungen nichts Neues oder
Wesentliches hinzuzufügen habe, verweise ich auf die ausführlichen
Angaben Hoheneggers und Uhligs!).
h) Sonstige in der Literatur angeführte Vorkommnisse von
Senon am Beskiden-Nordrand.
Zwischen Kattendorf und Fritschowitz verzeichnen Hohen-
egger und Tausch Baschker Sandstein auf dem das Ondrejnitza-
tal vom Trnavkatal trennenden Rücken.
Am Südende von Kattendorf fand ich im Bachbett anstehend
graue und bläulichgraue schiefrige Tone des subbeskidischen Alttertiärs,
die sich nach Westen über den Oberhof und das Ose£lina genannte
Gehölz bis Klogsdorf an die Lubina verfolgen lassen. Oberhalb der
genannten Stelle in Kattendorf erhebt sich ein ziemlich steiler, be-
waldeter Rücken, der in östlicher Richtung aufwärts zieht. Mehrere
kleine Vertiefungen im Wald zeigen, daß man hier ab und zu Kalk-
stein gewinnt. Von Sandstein ist keine Spur vorhanden. Der ganze
Rücken besteht aus hellgrauem, stellenweise durch sandig-toniges
Material verunreinigten Kalk, offenbar Teschener Kalk.
Dieser kurze Kalkzug ist auf Hoheneggers Karte nicht ver-
zeichnet. Dafür zeigt sie ebenso wie die Karte von Tausch am
Südabhang des Sowinetzberges östlich oberhalb Kattendorf
A, 1660,
[31] Beskidische Oberkreide in NO-Mähren. 741
Baschker Sandstein an. Von diesem konnte ich jedoch nichts ent-
decken. Die flache Einsattelung zwischen Kattendorf und Fritscho-
witz ist von Diluviallehm vollkommen verdeckt. Nur am Südende
von Kattendorf treten neben dem genannten Kalkzug in zwei kleinen
Steinbrüchen Sandsteine zutage, die ihrem petrographischen Habitus
nach vollkommen mit den subbeskidischen Sandsteinen des Helenen-
tales bei Freiberg übereinstimmen.
Es sind gelblichgraue, gröbere Sandsteine mit glimmerigem Schicht-
flächenbelag und spärlichen Steinkohlenbrocken und harte, bankige
Kalksandsteine sowie stellenweise auch konglomeratische Lagen.
Diese Sandsteine begleiten das eingangs erwähnte Schieferniveau
von Kattendorf und Fritschowitz, also vom Ondfrejnitzatal angefangen
über Cerna strana und Hajek bis zur Lubina bei Klogsdorf--Freiberg. Bei
Klogsdorf wurden in diesem Sandstein von Pfarrer Josef Slaviöcek
in Liebisch, Dr. Remes und Trauth senone Korallen gefunden,
deren Bearbeitung Herr Dr. Friedrich Trauth durchgeführt hat!).
In der Nachbarschaft der Klogsdorfer Sandsteine, anscheinend
im Liegenden derselben, hat Dr. M. Remes bei Gelegenheit einer
im Bereiche der genannten Ortschaft ausgeführten Kohlenschürfung
dunkelgraue, hell verwitternde Mergel angetroffen, die eine aus-
gesprochen senone Fauna lieferten ?).
Anderseits gibt Hohenegger unmittelbar östlich von den Kiogs-
dorfer Kreidefundorten und im Streichen der betreffenden Schichten
gelegene nummulitenführende Schichten an. Wenngleich es mir nicht
gelungen ist, in der Kürze der einem Aufnahmsgeologen für Aufsamm-
lungen verfügbaren Zeit die Nummulitenfunde Hoheneggers durch
eigene Funde zu bestätigen, so hatte ich doch reichlich Gelegenheit,
den Gesteinscharakter zu studieren. Es sind dieselben Gesteine, die
ich eben von Kattendorf beschrieben habe, die auch im Fundgebiet
des Klogsdorfer Senons vorkommen, und auf welche auch die Be-
schreibung Dr. Trauths vollkommen paßt. Ich kann weder die
Richtigkeit des einen wie des anderen Fundes anzweifeln, aber ganz
gewiß erscheint mir die innige fazielle Übereinstimmung und Zu-
sammengehörigkeit des ganzen Gesteinszuges. Es handelt sich dabei
aller Wahrscheinlichkeit nach um eine Antikline, deren Westende bei
Klogsdorf sich höher emporwölbt und einen senonen Kern entblößt.
Mit dem beskidischen Senon aber hat dieser nichts zu tun.
Seine Fazies weist mit aller Deutlichkeit nur auf die Gesteine der
subbeskidischen Serie hin. Wir sehen darin auch das besondere
Charakteristikum derselben: sie enthalten grobe Konglomerate aus
sudetischen Gesteinen, Kulmsandsteinbrocken mit den bezeichnenden
Pflanzenresten und Kohlenstücke.
Ferner stehen sie mit den sicher subbeskidischen alttertiären
Schiefertonen in so innigem tektonischem Verband, daß wir sie mit
voller Überzeugung der subbeskidischen Gesteinsserie zuzählen können.
!) Die oberkretazische Korallenfauna von Klogsdorf in Mähren. Eingeleitet
von Dr. M. Reme:s.
2) Vrehni vrstvy kfidove v kloko&ove u Pribora. (Obere Kreideschichten in
Klogsdorf bei Freiberg.) Bericht der Kommission für die naturwissenschaftliche
Durchforschung Mährens, geol.-pal. Abt. Nr. 5, Brünn 1906.
1742 Dr. Heinrich Beck. [32]
Die Sandsteine und Mergel von Klogsdorf stellen
demnach den ersten in Mähren bekannt gewordenen
oberkretazischen Horizont in der subbeskidischen
Decke vor!).
Auf Hoheneggers Karte der Nordkarpathen finden sich
schließlich in dem Hügelgebiete westlich von Freiberg Friedecker
Schichten eingetragen. Leider bieten aber die Erläuterungen in diesem
wie in vielen anderen Fällen infolge ihrer Knappheit keinen Anhalts-
punkt über die Gründe einer bestimmten Eintragung. Baschker Sand-
stein, Friedecker Mergel oder Klogsdorfer Sandstein sind westlich
von Freiberg nicht zu beobachten. Es handelt sich hier um gröbere,
stellenweise kalkige Sandsteine mit schiefrigen Mergelzwischenlagen
und zahlreichen Einschaltungen von Nulliporenbänken. Der ganze
Habitus dieser Ablagerungen verweist auf die neokomen Hüllgesteine
der Kalkklippe von Jassenitz am Westrand des Domoratzwaldes süd-
lich von Alttitschein, die sich von hier aus am Außensaum der bes-
kidischen Neokombildungen weiter verfolgen lassen über Perna und
Wolfsdorf bei Alttitschein nach Ehrenberg und Schönau bei Neutit-
schein und die durch das reichliche Vorkommen von Pentacrinus
neocomiensis Desor ausgezeichnet charakterisiert sind. Da ich dieses
Fossil auch in ganz unzweifelhaft den Grodischter Schichten an-
gehörenden Ablagerungen gefunden habe?), nehme ich keinen An-
stand, auch die übrigen Träger desselben diesem Horizont zuzuweisen,
was durchweg durch die sonst noch zu beobachtenden lokalen geo-
logischen Verhältnisse seine Bestätigung gefunden hat. Für die Nulli-
porengesteine von Freiberg liegt mir allerdings noch kein Beweis
durch spezielle Fossilfunde vor, doch halte ich ihre Zugehörigkeit zu
den Grodischter Schichten wenigstens für äußerst wahr-
scheinlich. In den hiesigen beskidischen Senonablagerungen habe
ich bisher nirgends Litothamnienbänke angetroffen, und sonst könnte
es sich höchstens um eine subbeskidische Bildung handeln.
Wie sich aus den in den vorhergehenden Blättern angeführten
zahlreichen Detailbeobachtungen mit aller Klarheit ergibt, tragen die
Baschker und Friedecker Schichten ein ganz bestimmtes fazielles Ge-
präge. Sie repräsentieren sich als eine ursprünglich außerordentlich
mächtige Ablagerung von groben, bisweilen konglomeratischen Quarz-
sandsteinen mit lokalen Finlagerungen von Tithonkalkbreccien und
ebensolchen Konglomeraten, deren Rollstücke oft ganz bedeutende
Dimensionen annehmen, so daß gewisse Partien als Blockanhäufungen
bezeichnet werden können und von feinkörnigen, harten, plattigen
Kalksandsteinen, dichten, muschelig brechenden, spröden Kalkmergeln
und von weicheren, grauen, schiefrigen Mergeln mit einzelnen Zwischen-
lagen der eben genannten feinkörnigen Kalksandsteine.
Wie sich gezeigt hat, überwiegen die groben, litoralen Sedimente
weitaus über die offenkundig in größerer Tiefe abgelagerten fein-
!) Beck, Zur Kenntnis der Oberkreide in den mährisch-schlesischen Beskiden,
Verh. d. k. k. geol. R. A.: 1910.
”) Am Nordabhang des Swinz bei Neutitschein.
133] Beskidische Oberkreide in NO-Mähren. 7143
klastischen kalkig-tonigen. Daß beide Faziestypen zusammengehören,
beweisen die häufig zu beobachtenden faziellen Übergänge und die
Wechsellagerung, welche an den Faziesgrenzen auftritt.
Ganz besonders auffällig ist die in den vorhergehenden Ab-
schnitten so oft betonte fazielle Ahnlichkeit mit gewissen Teilen der
neokomen Grodischter Schichten.
Anderseits besteht ein unbestreitbarer Gegensatz zwischen
Baschker Schichten und vermutlich gleichaltrigen Schichten der sub-
beskidischen Decke (Sandsteine von Klogsdorf). Wollten wir mit
Uhlig annehmen, daß die Baschker und Friedecker Schichten zu
dieser gehören, dann müßten wir, was Uhlig als Argument gegen
die Zugehörigkeit zur beskidischen Serie anführt, zweiverschiedene
Entwicklungsweisen des Senons der subbeskidischen
Decke annehmen, von denen die eine auffällig charakterisiert ist
durch Einschlüsse sudetischer Gerölle, die andere, unmittelbar be-
nachbarte, durch die Baschker Schichten, die erstere im Verein mit
dem Alttertiär vom beskidischen Neokom überschoben ist, während
die andere über dem Neokom liegt.
An dieser Lagerung der Baschker Schichten über dem Neokom
der beskidischen Decke ist absolut nicht zu rütteln. Das beweisen
klar die Verhältnisse bei Stramberg—Senftleben—Nesselsdorf, ins-
besondere aber die Aufschlüsse im Ondrejnitzatal bei Hochwald und
auf der Sklenauer hurka. Ebenso ist aber auch die Überlagerung des
subbeskidischen Alttertiärs durch die Baschker Schichten sicher, wie
speziell bei Senftleben und Nesselsdorf zu sehen ist.
Der subbeskidischen Decke gegenüber bilden somit die Baschker
und Friedecker Schichten mit dem Neokom eine tektonische Einheit.
Das Lagerungsverhältnis zum Neokom kann nun nur als Transgression
aufgefaßt werden, wie dies bereits Hohenegger und später Uhlig
in Bau und Bild der Karpathen im Jahre 1903 angenommen haben.
Der beskidischen Decke gehören demnach tatsächlich zwei einander
stratigraphisch entsprechende, aber faziell verschiedene und räumlich
getrennte Senonablagerungen an, am Nordrand die Baschker, am Süd-
rand die Istebner Schichten. Hier hat wenigstens stellenweise eine
kontinuierliche Sedimentation vom Neokom bis zum Senon statt-
gefunden, dort dagegen besteht eine beträchtliche Sedimentations-
lücke. Bereits die Faziesentwicklung der Grodischter Schichten deutet
auf ein oszillierendes Schwanken des Untergrundes unseres Neokom-
gebirges.
Für die folgenden Epochen dürfen wir zweifellos das Auftreten
weiterer, größerer Schwankungen annehmen. Das Auftauchen der
älteren Neokomglieder an der Nordseite, ihr Untertauchen unter die
Ellgother und Godulaschichten im Süden gibt zweifellos die ursprüng-
lichen regionalen Sedimentationsverhältnisse der Neokomscholle wieder
und ist nicht etwa das alleinige Produkt späterer Denudation.
Durch eine einfache Schwankung erklärt sich die positive Meeres-
bewegung im Süden der Neokomscholle, wie die negative am Nord-
rand. Zur Zeit der Oberkreide erfolgte aber auch hier wieder eine
positive Bewegung, allerdings nur in einem relativ beschränkten Ge-
biet, soweit eben die Baschker und Friedecker Schichten reichen.
744 Dr, Heinrich Beck. [34]
Jedenfalls war die Erhebung des Nordrandes der Neokomscholle be-
reits von Faltenbildung in den Neokomschichten begleitet, denn das
Senon liegt diskordant darauf. Selbstverständlich traf das Senon auf
ein bereits erodiertes Relief, denn es verdeckt die aufgerichteten
Schichtköpfe der verschiedenen Neokomgesteine.
Für die Verfaltung der Senonablagerungen in sich und mit dem
Neokom und im Verein mit diesem mit den subbeskidischen Schichten
ist natürlich nur die Hauptfaltung der Sandsteinzone (Überschiebungs-
phase) in Betracht zu ziehen.
II. Die Istebner Schichten.
Entlang der Südseite des Neokomgebirges verläuft vom Domoratz-
wald bei Wall.-Meseritsch im Westen bis nahe an das Tal der Skava
südlich von Wadowitz in Galizien jene eigenartige Oberkreidebildung,
die nach dem Orte Istebna von Hohenegger als die Zone von
Istebna (Istebner Schichten) bezeichnet wurde.
Dem lithologischen Charakter nach sind in dieser Zone dunkle
bis schwarze, rotbraun verwitternde etwas sandige Schiefertone und
Sandsteine mit Konglomeraten und Geröllanhäufungen zu unterscheiden.
Nach Hohenegger enthalten die Istebner Schichten einen Zug von
Sphärosideriten, der in früherer Zeit bergmännisch abgebaut wurde.
Hohenegger betrachtete auf Grund des scheinbar regel-
mäßigen Lagerungsverhältnisses der Istebner Schichten über dem
Godulasandstein sowie einer Anzahl von Versteinerungen diese Zone
als cenoman. Doch konnten Liebus und Uhlig (l. ec.) bei der
Revision der Hoheneggerschen Sammlung den Nachweis führen,
daB abgesehen von den sicher nicht aus den Istebner Schichten
stammenden, auch schlecht erhaltenen Exemplaren, das einzige zur
Horizontierung brauchbare, nämlich Hoh eneggers Amm. Mantelli
Sow., eine Leitform des Obersenon darstellt: den Pachydiscus Neu-
bergicus v. Hauer. Die übrigen von Hohenegger genannten Exem-
plare stammen nach E. Tietze (Geognostische Verhältnisse von
Krakau, pag. 351) und Uhlig (Über einige Fossilien der karpathischen
Kreide) aus den Ellgother Schichten Westgaliziens (Gegend von Sucha)
und wurden infolge ihres schlechten Erhaltungszustandes von Hohen-
egger falsch gedeutet. Damit war wenigstens für einen Teil der
Istebner Schichten obersenones Alter festgestellt. Nach der Hohen-
eggerschen Etikette fand sich der genannte Pachydiscus Neubergieus:
„in einer Dockel im Bache Dychanec, unweit des Flusses Cerna an
der Barania in Althammer, am südlichen Abhang der Lissa hora*.
Diese Stelle liegt hart an der Südgrenze der Istebner Schichten
und etwa 5km in senkrechter Richtung von der Grenze gegen den
Godulasandstein, also scheinbar in den obersten Partien der Istebner
Schichten.
Nun betrachtete Uhlig mit Paul dieselben als eine Wechsel-
lagerung von Schiefern und Sandsteinzügen, hielt daher die ganze
Zone für außerordentlich mächtig, was bei der steilen Schichtstellung
[35] Beskidische Oberkreide in NO-Mähren. 745
und der beträchtlichen Breite der Zone nur selbstverständlich schien,
und gründete darauf die Vermutung, es könnten in den tieferen
Partien der Istebner Schichten doch auch die älteren Oberkreide-
horizonte vertreten sein, so daß wir eine kontinuierliche Ablagerung
vom Cenoman über Turon bis ins Obersenon vor uns hätten.
Meine Untersuchungen gelegentlich der Detailaufnahme der Karten-
blätter Wall.-Meseritsch (Zone 8, Kol. XVIN) und Viszoka—Mako—
Kisuca-Ujhely (Zone 8, Kol. XIX) sowie einer Reihe von Orientie-
rungstouren in dem von Uhlig aufgenommenen Blatt Teschen—
Mistek—Jablunkau (Zone 7, Kol. XIX) ergaben dagegen eine wesentlich
andere Auffassung.
“Danach wird die Zone der Istebuer Schichten nicht aus einer
mächtigen Serie miteinander wechsellagernder Schiefer und Sandsteine
gebildet, sondern aus einer Anzahl paralleler gleichartiger Faltenzüge,
und die Mächtigkeit reduziert sich infolgedessen auf eine liegende
Schiefer- und eine hangende Sandsteinschichte. Veranlassung gab zu
dieser Auffassung die Beobachtung zahlreicher Profile, die Möglichkeit,
die einzelnen Sandsteinzüge ohne Unterbrechung viele Kilometer weit
zu verfolgen, ebenso die dazwischen in den Depressionen und Tälern
verlaufenden Schieferniveaus, die sehr häufige Dichotomie einzelner
Faltenzüge und die sichere Beobachtung des Überganges ‚aus steil-
gestellten in überkippte Falten. Fig. 29 (Profil längs des Cerniktales
bei Althammer).
Als spezielle Regel für den Bauplan der Istebner Schichten
gilt die reihenweise Anordnung nach Nord überkippter oder zu
Schuppen zerrissener Falten. In der Natur selbst finden sich aller-
dings keine bestimmten Anhaltspunkte dafür, wo Falten- und wo
Schuppenbau herrscht, da wir eine bloß aus zwei faziell verschiedenen
Elementen bestehende Ablagerung vor uns haben. Es wurden daher
in den Profilen ganz schematisch die identischen Schichten durch
Faltenlinien verbunden, womit selbstverständlich nicht mehr als eben
das einfachste Schema eines gefalteten Gebirges angedeutet werdeu
soll, ohne Rücksicht auf die verschiedenen, zweifellos auch hier vor-
handenen tektonischen Detailkomplikationen, wie Schuppenbildung
oder Verwürfe,
a) Oberer Domoratzwald bei Hotzendorf.
Im sogenannten oberen Domoratzwald, der südlich von Hotzen-
dorf und Hostaschowitz sowie westlich von Jassenitz gelegen ist, östlich
vom Tal des Srnybaches begrenzt wird und nach Süden bis gegen
das Dorf Binina reicht, haben wir das westliche Ende der Istebner-
zone vor uns. Die halbkreisförmig gekrümmte zentrale Hauptmasse
besteht aus Sandsteinen und Konglomeraten, zu ihren beiden Seiten
treten schiefrige Bildungen auf.
Die Umrahmung des Domoratzwaldes bilden fast durchweg die
kieseligen Schiefer und Sandsteine der neokomen Ellgother Schichten,
die gleich den sie von Westen und Norden her unterlagernden Werns-
dorfer und Grodischter Schichten in regelmäßigem, der orographischen
Form des Berges entsprechendem Bogen von Mezenowitz über Hosta-
Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Bd., 3. u, 4. Heft. (Dr. H, Beck.) 96
746 Dr. Heinrich Beck. [36]
schowitz gegen Hotzendorf herumschwenken. Nur an der Südseite
bei Binina ist der unmittelbare Zusammenhang mit dem Ost-West ver-
laufenden Hauptzug der Istebner Schichten erhalten.
Von Osten her schiebt sich das Godulasandsteingebirge als
stumpfer Keil zwischen diesen letzteren und den .Domoratzwald.
Die äußeren Umrisse dieser Senonmulde, das Vordringen von
Istebner Schichten über den Godulasandstein nach Norden und speziell
der Verlauf der neokomen Umrahmung deuten auf äußerst kompli-
zierte tektonische Vorgänge hin, deren Analyse im folgenden versucht
werden soll.
Bereits Paul und Tausch hatten die Gesteine des Domoratz-
waldes mit den Istebner Schichten identifiziert. Doch kommt in ihren
Darstellungen das Wesentliche der Tektonik nicht zur Geltung, da —
speziell bei der Aufnahme des Kartenblattes Neutitschein durch Tausch
— die den Domoratzwald umgebenden Neokomgesteine nicht erkannt
und durchweg irrig gedeutet wurden und auch ein Teil des Godula-
sandsteins — die schiefrigen Basisbildungen — zu den Istebner
Schichten gerechnet ‚wurde (Paul). Wir werden daher von diesen
älteren Kartenvorlagen bei den folgenden Erörterungen gänzlich ab-
sehen. Das beigegebene Kärtchen des Domoratzwaldes ist eine direkte
Kopie der Originalaufnahme des Verfassers und enthält alle Beob-
ACRLUDESEBIGES, Em
I. Die Istebner Schichten des re
An der Südseite des Domoratzwaldes streicht ein ziemlich mächtiger
Sandsteinzug (Zug von Jehlizna!) beim Dorf Binina aus und verliert
sich unter den Diluvialbildungen am Rande des Betschtales. Er wird
im Norden und Süden begleitet von Schieferzügen. Die Sandsteine
bei Binina sind im allgemeinen grobkörnig und zuckerkörnig, bald
verhältnismäßig hart, vielfach aber auch gänzlich mürbe, licht gelblich-
grau gefärbt, stellenweise mit rötlichbrauner Verwitterungsrinde. In
der Regel sind sie bankig abgesondert; die Bänke erreichen oft
beträchtliche Dicke. Häufig sind sandig-tonige Schieferlagen da-
zwischen enthalten, die aber niemals besondere Mächtigkeit erreichen.
Auffallend ist der Reichtum an dieken Bänken des charakteristischen
kleinkalibrigen Konglomerats, welche speziell die nördliche
Randpartie einnehmen. Östlich vom Dorfe Binina erscheinen auf den
Höhen ausgewitterte große Blöcke von Stramberger Kalk, die auf’ das
Vorhandensein von Blockschichten in den Istebner Sandsteinen hin-
weisen.
Die Sandsteine und Konglomerate fallen durchweg südlich ein,
mit Neigungen bis zu 60% Unmittelbar beim Dorf Binina wurden in
einem kleinen Steinbruch saiger stehende Schichten beobachtet. (Fig. 9.)
Den Oborskibach, der vom Domoratzwald kommend das Dorf
Binina durchfließt, über den eben besprochenen Sandsteinzug aufwärts
verfolgend, überquert man den nördlich anschließenden Schieferzug,
1) Siehe im folgenden pag. 757.
[37] Beskidische Oberkreide in NO-Mähren, 747
I
In nıı
null
ill
hit
UNHHRTE
Fig. 9. Geologische Detailkarte des Domoratzwaldes.
Zeichenerklärung:
el Ti DIA
Tithonkalkklippe Grodischter Wernsdorfer Ellgother
.. von Jassenitz. Sandstein. Schichten. Schiefer.
—_—
r i Ererere
Ellgother Basisschiefer des Godula- Istebner
; Sandstein. Godulasandsteins. sandstein. Schiefer. af
Istebner Sandstein. _ Diluvium. Alluvium. ' Teschenit und Pikrit.
96*
748 Dr. Heinrich Beck. [38]
der speziell im Oborskital von sandigen Lehmen des Diluviums
(Terrassen) stark zugedeckt wird. Zu beiden Seiten des Tales aber
finden sich recht gute Aufschlüsse in Gräben und Hohlwegen. Wir
treffen darin den gewöhnlichen Typus der Istebner Schiefer: rotbraune,
plattige, sandig-tonige Schiefer mit einzelnen dickeren Sandstein-
zwischenlagen. Dünne Sandsteinbänkchen sind reichlich darin ver-
treten. Die Schiefer brechen meist muschelig.
Bei MeZenowitz erreicht dieser Schieferzug sein westliches Ende.
Gerade dort finden sich gute Aufschlüsse, in denen wir das O—W-
Streichen und südliches Einfallen (zirka 400% konstatieren können. Auf
das Vorhandensein sekundärer Detailfaltung deutet eine kleine, flach
N fallende Schieferpartie.
Wir verfolgen die Schiefer nach Osten zum Oborskibach und in
dessen östliche Seitengräben, die vom Hügel 411 »» herunterziehen.
Im Oborskibach herrscht O—W-Streichen bei südlichem steilen Ein-
fallen. Südlich von dem scharf konturierten Hügel 411 findet sich
ostwärts gerichtetes Einfallen, nördlich davon wieder das normale W—O-
gegen OSO-Streichen bei unbestimmbarer Neigung, meist steil, bis
saigerstehende Schichten. Punkt 4il selbst aber besteht aus Sand-
steinen und Konglomeraten. Knapp unter dem Gipfel sehen wir
die Sandsteine gegen Osten einfallen, im Bahneinschnitt, oberhalb des
Srnytales dagegen normal gegen Süden.
Die Sandsteine von Punkt 411 setzen über das Srnytal nicht
hinüber, dort stehen bereits die schiefrigen Basisbildungen des Godula-
sandsteinzuges an. Die südlich von Punkt 411 vorbeistreichenden
Istebner Schiefer sind am östlichen Gehänge des Srnytales noch eine
kurze Strecke weit zwischen Godulaschichten und dem Istebner Sand-
steinzug von Jehlniza—Binina zu verfolgen.
Die auffallende Anderung im Streichen der Schiefer und Sand-
steine beim Punkt 411 hat wohl ihre besonderen tektonischen Ur-
sachen, welche bereits mit der Vorwölbung des Domoratzwaldes in
Zusammenhang zu bringen sein dürften.
Nördlich vom Hügel 411 streichen die Istebner Schiefer, die von
Mezenowitz ununterbrochen über das Oborskital zu verfolgen sind,
durch eine ziemlich tiefe Einsattelung in das Srnytal hinüber, schwenken
hier aus der WO-Richtung ab und verlaufen am Abhang des oberen
Domoratzwaldes entlang dem Srnytal erst in der Richtung gegen NNO
zum Bahnhof Hotzendorf-Domoratz und weiter nach einer abermaligen
Schwenkung gegen NW bis Hostaschowitz. Die Aufschlüsse im Srnytal
sind außerordentlich ungünstig, bloß in den Gräben westlich oberhalb
der Station Hotzendorf-Domoratz sind die Schiefer bis hoch hinauf
an die Grenze des Istebner Sandsteins deutlich zu verfolgen. Sie
streichen dort beiläufig NO und fallen unter 30° gegen SO ein.
Noch schlechter als im Srnytal sind die Aufschlußverhältnisse bei
Hostaschowitz, wo sich der Beobachter mit den von Feldmäusen und
Maulwürfen heraufgebrachten Gesteinssplittern und der sumpfigen Be-
schaffenheit der Wiesen als einzigen Anhaltspunkten begnügen muß.
Kehren wir nun zurück nach MeZenowitz. Oberhalb des Schiefer-
zuges erhebt sich ein ziemlich steiler, O—W verlaufender, aus
Sandsteinen gebildeter Kamm, bezeichnet durch die Punkte 423 und
[39] Beskidische Oberkreide in NO-Mähren. 749
414 oberhalb des Theresienhofes. In ziemlich gleichbleibender
Breite verläuft dieser Sandsteinzug bis zu den Quellen des Oborski-
baches, von wo er sich, stark verbreitert, zum eigentlichen Domoratz-
wald (501 m) erhebt. Im Quellenbereich des Oborskibaches zeigt er
dieselbe Krümmung wie die ihn begleitenden Schiefer gegen Norden.
Sandsteine und kleinkalibrige Konglomerate herrschen hier fast
ausschließlich vor, Schiefereinlagerungen kommen nur spärlich in den
Aufschlüssen der tiefer eingeschnittenen Bachrunsen zur Beobachtung.
Bei Punkt 423 oberhalb des Theresienhofes finden sich Blockan-
häufungen von kristallinen Gesteinen, speziell rote Granite mit großen,
regelmäßig entwickelten Feldspaten und graue Gneise und an einer
Stelle besonders viel Blöcke von Tithonkalk.
Wenngleich im eigentlichen Domoratzwald die Aufschlüsse auf
ein Minimum reduziert sind, bleibt doch kein Zweifel über die wahre
Natur des Gebirges, da fast durchweg die ausgewitterten kleinen,
weißen, wohlgerundeten Kiesel, welche den Waldboden bedecken,
das Auftreten der charakteristischen Konglomerate des Istebner Sand-
steins verraten.
Das Einfallen der Schichten wurde bei Meänowitz mit 400 gegen
Süden, oberhalb der Quellen des Oborskibaches, bereits in dem N—S
streichenden Abschnitt, mit 25° gegen O und OSO konstatiert. An
der Umbiegungsstelle oberhalb des Srnytales (nördlich von Punkt 411)
fand sich erst gegen N, gleich darauf wieder SO gerichtetes Ver-
flächen, begleitet von einer starken Zerklüftung der Sandsteine, auf
die wohl das abnormale N-Fallen zurückzuführen ist. Bezeichnend
ist, daß gerade an der Beugungsstelle eine so auffällige Klüftung zu
bemerken ist, die, wie in dem Detailkärtchen darzustellen versucht
wurde, wenigstens teilweise durch radialgestellte Verwürfe bedingt ist.
Südlich von Hostaschowitz sehen wir in einer kleinen Grube
des Waldbodens Konglomerate mit widersinnigem SW-Fallen, was
wahrscheinlich mit sekundären Störungen zusammenhängt.
Auf der Innenseite des Sandsteinbogens des Domoratzwaldes
treten in verschiedenen Bachrinnen wieder Istebner Schiefer auf.
Der Domoratzwald besteht somit aus einem mächtigen, bogen-
förmig gekrümmten Sandsteinzug. der von beiden Seiten von Schiefern
begleitet wird. Da fast ausschließlich — abgesehen von sekundären
Störungen — gleichsinniges Einfallen herrscht, muß man nach Analogie
mit dem Bauplan der ganzen übrigen Zone der Istebner Schichten
(siehe die folgenden Kapitel) den Domoratzwald als eine gegen N und
W überschlagene Mulde betrachten, deren randliche Partien von den
Istebner Schiefern, deren Mitte von den Sandsteinen und Konglo-
meraten gebildet wird.
2. Die neokome Umrahmung des Domoratzwaldes.
Im Sroytal grenzt die Mulde der Istebner Schichten an den
Godulasandsteinzug des Javornik-Trojackagebirges, das vollkommen
regelmäßig sich aufbaut. Wie aus der Detailkarte ersichtlich ist, treten
im südlichen Teil die Basisschiefer des Godulasandsteins,
750 Dr. Heinrich Beck. [40]
weiter nördlich die sie unterteufenden Ellgother Schichten an
-den oberen Domoratzwald heran.
Ellgother Schichten bilden vom Srnytal angefangen durchweg den
Rahmen der Senonmulde, bloß am äußersten Westende bei MeZenowitz
treten noch ältere Schichten des Neokoms — Grodischter Sandstein —
mit -den Istebner Sandsteinen in Kontakt. Eine kleine Partie EII-
gother Schiefer liegt noch — an diese Grodischter - Schichten an-
schließend — auf der Südseite des Sandsteinrückens vom Theresienhof.
Die Untersuchungen im Neokomgebirge hatten wohl mit großen,
‚durch die fazielle Entwicklung bedingten Schwierigkeiten zu kämpfen,
doch konnten sie schließlich durch glückliche Fossilfunde !) und
wiederholte Begehungen der fraglichen Gebiete (1904—1910) zum
Abschluß gebracht werden.
. Die plattigen und bankigen, wohlgeschichteten graugrünen Sand-
steine der Godulaschichten des Trojaökakammes werden auf
der Nordseite unterlagert von bunten. schiefrigen Tonen und sandig-
tonigen Schiefern, worin häufig verschieden mächtige Bänke des
typischen grünlichen, etwas quarzitischen Godulasandsteins als Ein-
schaltungen vorkommen. Außerdem finden sich vielfach Toneisen-
steinknollen und -flötzchen darin. Die etwas härteren und weniger
lebhaft, — meist bräunlichgrau — gefärbten Schiefer haben eine ge-
wisse Ahnlichkeit mit den Istebner Schiefern, mit denen sie auch
von Paul und Tausch verwechseit wurden.
Im Sraytal tauchen unter-diesen Godulaschiefern die schwarzen
splitterigen, kieseligen Schiefer und Hornsteinschiefer der Ellgother
Schichten empor: bei der Station Hotzendorf-Domoratz erscheinen
auch die quarzitischen, grauen bis etwas grünlichgrauen, scharfkantig
brechenden Sandsteine der Ellgother Schichten, die nur in
den höheren Jaagen dieser Formation zur Entwicklung kommen, aber,
wie es scheint, stellenweise auch durch die schiefrige Fazies ver-
treten sind.
Die Ellgother Schichten umschließen den ganzen Domoratzwald.
Das Dorf Hostaschowitz liegt ganz in den Schiefern. Der Berg
Buniavka — ein längerer Rücken mit auffallend steilen Abhängen —
südwestlich von Hostaschowitz besteht fast ausschließlich : aus schiefrigen
Hornsteinen.
. In der Mitte .des vom Domoratzwald gebildeten Bogens springen
die Ellgother Schichten gegenüber von Jassenitz etwas zurück, Werns-
dorfer Schichten entblößend, die von Grodischter Sand-
steinen unterlagert werden.
Äuf der Südseite des Istebner Sandsteinkammes von Theresien-
"hof treten auf einer kleinen, runden Kuppe bei Mezenowitz abermals
Ellgother Kieselschiefer auf.
Die Wernsdorfer Schichten von Jassenitz und am Zakribybach
sind gut zu.beobachten. Es sind die gewöhnlichen schwarzen, blättrigen,
tonigen Schiefer mit dünnen Sandsteinbänkchen und Toneisensteinen.
‚Bloß in einer schlecht aufgeschlossenen Partie, gerade gegenüber von
‚der ‚Jassenitzer Tithonklippe jenseits eines kleinen Hügels von Gro-
!) Beck, Verh. d.'k. k. geol: R.-A. 1910, Nr. 5.
[41] Beskidische Oberkreide in. NO-Mähren. 751
dischter Sandstein, auf dem linken Ufer des Zakribybaches, könnten
Zweifel über ihre Identität auftauchen, da hier in den Feldern stellen-
weise lichte, graue Schieferbröckchen aufzufinden sind, wie sie häufig
im subbeskidischen Alttertiär vorkommen. Entweder aber ist die
Bleichung dieser Schiefer eine Folge der Verwitterung oder die
Wernsdorfer Schichten sind hier im Kontakt verändert, wie. dies aller-
orten mit derselben Erscheinung der Ausbleichung in den Neokom-
schiefern zu sehen ist !).
Die bisher sowohl von den älteren Autoren als auch vom Ver-
fasser selbst für subbeskidisches Alttertiär gehaltenen Hüllgesteine
der Jassenitzer Tithonklippe wurden erst in allerjüngster
Zeit durch Funde von Pentacrinus neocomiensis Desor als Grodischter
Schichten erkannt. Es sind dickbankige, reichlich Nullipören führende
kalkige Sandsteine und Kalksandsteine mit sandig-tonigen Schiefer-
zwischenlagen, einzelne Bänke auch konglomeratisch, mit den-für die
Grodischter Schichten so bezeichnenden Tithonkalkgeröllen.
Zu den markantesten Erscheinungen der Gegend von Hostaschowitz
und Jassenitz gehört das Auftreten zahlreicher Pikrit- und Teschenit-
intrusionen, vor allem der mächtige Stock des Pohorilee, der von hier
bis Neutitschein reicht. Er enthält zahlreiche schwimmende Schollen
von Neokomgesteinen.
2 Tektonik des Domoratzwaldes.
-Den speziellen Erörterungen vorgreifend sei bemerkt, daß die
Istebner Schichten östlich von Wall.-Meseritsch mit dem Godulasand-
stein des Javornik-Trojackagebirges in abnormalem Kontakt stehen,
sie sind gegen den letzteren angepreßt und aufgeschoben, wie später,
speziell bei der Besprechung der Gegend von Zubri und Bon ge-
zeigt werden wird. (Siehe pag. 766.)
Wir haben bereits erwähnt, daß die Istebner Schichten des
Domoratzwaldes eine aus der normalen West-Ostriehtung in die Nord-
richtung gekrümmte und gegen Norden und Westen überkippte Mulde
bilden.
Die neokome Umrahmung bietet dagegen jenes Bild, welches
sowohl von Brüchen wie auch von zu Schuppen zerrissenen- Falten
erzeugt wird, indem sich die Schichtfolge mit gleichsinnigem Einfallen
beiderseits des Domoratzwaldes wiederholt, soweit es sich um die EIl-
gother Schichten handelt, da. ja das ganze Mittelstüäck vom Senon
bedeckt wird. Wir finden sowohl bei Hostaschowitz wie im Sranytal
im Liegenden die Schiefer, im Hangenden die- an ln
der Ellgother Schichten.
Die.gekrümmte Senonmulde wird an der
seite-vondenEllgother Schichten fast geradlinig abge:
schnitten — quer auf ihr Streichen. Darin erblicken wir
das Besondere am Bau des Domoratzwaldes. nn
| !) Als besonders charakteristisches Beispiel hierfür sei das Vorkommen von
fast weiß gebleichten Grodischter Schiefern- bei Palzendorf auf dem Dez
hügel genannt. DR | HOE a BÄDELRIN BEP IE
152 Dr. Heinrich Beck. [42]
Die Folge eines einfachen Verwurfes kann diese Erscheinung
nicht sein. Die Ellgother Schichten zeigen fast nirgends eine größere
Mächtigkeit und folgen mit der größten Gesetzmäßigkeit überall
sonst dem Bau des Godulasandsteinzuges. Selbständige Detail-
faltung größeren Stils, wie sie im Gebiete des Domoratzwaldes
angenommen werden müßten, sind dem Ellgother Horizont durch-
aus fremd. Eine transgressive Auflagerung des Senons bloß auf
Ellgother Schichten und Absinken an einer Bruchlinie Hostaschowitz-
MeZenowitz erscheint demnach ausgeschlossen.
Es scheint vielmehr, als ob ein Vorschub des Senons gegen
Norden und hierauf gegen Westen stattgefunden hätte, den auch die
Ellgother Schichten von Hostaschowitz mitgemacht haben. Dafür
spricht deutlich noch ein anderer Umstand: Bei Hostaschowitz stoßen
Ellgother Schichten unmittelbar an den Grodischter Sandstein, von
dem sie sonst durchweg in den ganzen Beskiden durch die Werns-
dorfer Schichten getrennt sind. Bei Jassenitz und Hotzendorf dagegen
herrscht anscheinend das normale Verhältnis. Die unmittelbare Auf-
lagerung von Ellgother auf Grodischter Schichten bei Hostaschowitz
durch eine Sedimentationslücke zu erklären, ist von vornherein aus-
geschlossen, es kann nur tektonischer Kontakt durch Anpressung mit
UÜberschiebung der Wernsdorfer Schichten vorliegen.
Bezeichnenderweise findet dieser tektonische Kontakt gerade
dort statt, wo die Istebner Schichten im Domoratwald gegen Nord
und Nordwest zurückgekrümmt sind, so daß der kausale Zusammen-
hang dieser beiden höchst auffälligen Erscheinungen kaum zu be-
zweifeln ist. e
Ein Blick auf die Übersichtskarte zeigt, wie der Godulasandstein-
zug Javornik—Trojaöka längs der Linie Frankstadt—RoZnau vom
RadhoStmassiv losgerissen und gegen Norden vorgeschoben wurde. An
ihn pressen und überschieben sich von Süden her die Faltenzüge der
Istebner Schichten (sielie besonders pag. 762 ff.). Am äußersten West-
ende dringen diese Falten bis über den Godulasandsteinzug, auf dessen
Nordseite hinüber bis auf das Neokom. Die Godulaschichten ver-
sinken im Srnytal unter dem Senon. Wie in einem späteren Kapitel
nachzuweisen versucht werden wird (pag. 775), liegen die Istebner
Schichten teils konkordant und lückenlos auf dem Godulasandstein
(Ostrawitzatal), teils sind sie wahrscheinlich durch Ablagerungslücken
davon getrennt und in rein tektonischem Verband damit. Begründet
wird diese Annahme mit der geringer werdenden Mächtigkeit des
Godulasandsteins gegen das Westende zu.
Dementsprechend können die Istebner Schichten hier im äußersten
Westen auf die Godulaschichten transgrediert haben.
Der weitere Vorgang, der zur Entstehung der eigentümlichen Bau-
art des Domoratzwaldes geführt hat, wäre dann etwa folgendermaßen zu
erklären: Das Westende des Godulasandsteinzuges senkte sich durch
Verwürfe mitsamt seiner senonen Überdeckung so weit, daß Senon
und die Ellgother Schichten in Kontakt kamen.
An der Linie Frankstadt— RoZnau erfolgte eine Zerreißung
des Godulasandsteinzuges, die Jawornik-TrojaCkamasse wurde gegen
Norden geschoben und gleichzeitig ein Stück gegen Westen abgedrängt.
[43] Beskidische Oberkreide in NO-Mähren. 153
Die äußerste Westspitze dieser Masse stand jedoch nicht mehr in
fester Verbindung mit dem Trojaökamassiv und wurde nun von diesem
ebenfalls gegen Norden und Westen weitergeschoben. Da aber der
Zusammenhang mit der gleichfalls nachdrängenden Hauptmasse der
Istebner Schichten nicht gelöst war), so äußerte sich der Druck auf
Fig. 1.
N. SUSSCHHLZ f A \ N ;
Zukfiby Daclv " ‚Bintina,
K Fig. 11.
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Fig. 12.
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IS IN Sr I E g ıy 9
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K = Tithonkalkklippe von Jassenitz.
1 = Grodischter Sandstein. — 2 — Wernsdorfer Schichten. — 3 = Ellgother
Schiefer. — 4 = Ellgother Sandstein. — 5 = Basisschiefer des Godulasandsteins.
— 6 = Godulasandstein. — 7 = Istebner Schiefer. — 8 = Istebner Sandstein,
— 9. = Diluvium. — r Teschenit und Pikrit.
die abgesunkene Partie in der Art, daß sie vor allem zu einer Mulde
zusammengeklappt und von Osten her vom Godulasandsteinmassiv und
dessen Ellgother Basis überschoben wurde. Gleichzeitig wurde die
Senonmulde abgeknickt und gegen Westen zurückgebogen, so daß die
!) Man hat wohl bei diesem scheinbaren Widerspruch an ein flexurartiges
Nachgeben der Istebner Schichten gegenüber dem Absinken des Westendes der
Godulasandsteinmasse zu denken, wodurch die Senondecke intakt blieb.
Jahrbuch d.k.k, geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Bd., 3, u. 4. Heft. (Dr, H. Beck.) 97
154 Dr. Heinrich Beck. [44]
Streichrichtung der Schichten in diesem abgebogenen Teil N—S wurde.
Die Ellgother Schichten, welche vorher schon nördlich an das abge-
sunkene Senongebirge infolge der Verwürfe angrenzten, und die wir
heute bei Hostaschowitz vorfinden, mußten naturgemäß bei all diesen
Vorgängen in Mitleidenschaft gezogen werden und wurden von den
Istebner Schichten und mit ihnen ebenfalls gegen Norden und Westen
gedrängt, wobei sie die ganze Zone der Wernsdorfer Schichten über-
schoben. (Fig. 10, 11, 12.)
Eine schwer zu beantwortende Frage bildet wohl die nach der
zeitlichen Reihenfolge: der Bewegungen der einzelnen Gebirgsglieder.
Mit der Antwort darauf greifen wir vielfach den folgenden Ausfüh-
rungen vor, speziell was das Verhältnis der Istebner Schichten zum
Godulasandstein betrifft, wovon bereits oben die Rede war.
Betrefis des Senons auf der Nordseite der Beskiden, der Baschker
und Friedecker Schichten, sind wir zu der Überzeugung gelangt, dab
dieses auf dem Neokom transgredierend aufruht, somit bereits ein
wenigstens teilweise gefaltetes und erodiertes Relief vorgefunden
haben muß.
Von den Istebner Schichten gilt dies nur in beschränktem Maß,
da wir im Ostrawitzatal einen kontinuierlichen Übergang aus dem
Neokom über den Godulasandstein in das Senon wahrnehmen, während
besonders gegen Westen tatsächlich eine Sedimentationslücke vor-
handen zu sein scheint. Durch die meist gleichartige Tektonik der
benachbarten Schichten sind die ursprünglichen Verhältnisse derart ver-
wischt, daß sichere Schlüsse — ohne Fossilfunde — kaum zu ziehen sind.
Wenn wir aber im Ostrawitzaprofil eine Entwicklung von Cenoman
und Turon zwischen Gault und Senon annehmen dürfen (siehe pag. 775),
anderseits auf der Trojacka und im Srnytal an eine Vertretung dieser
Formationsglieder im Einklang mit allen älteren Autoren nicht recht
glauben können, so sind wir hier zu der Annahme einer Transgression
des Senons auf Gault genötigt.
Man hat sich etwa ein Oszillieren der ganzen beskidischen
Schichtplatte vorzustellen, in der Art, daß wahrscheinlich schon vor
dem Gault der Nordrand derselben sich erhob und zu falten begann,
während in den südlicheren Regionen die Sedimentation ununterbrochen
fortdauerte!). Dem Rande des heutigen Karpathenbogens entsprechend,
gehört auch das Westende des Godulasandsteinzuges zu den äußeren,
randlichen Partien, in denen die Sedimentation früher unterbrochen
wurde als etwa in der Gegend des ÖOstrawitzatales. Eine neuerliche
Senkung der randlichen Regionen nach abwärts, das Vordringen einer
positiven Meeresbewegung aus dem zentralen Beskidengebiet zur Senon-
zeit muß ein teilweises Transgredieren des Senons über das westliche
Godulasandsteingebirge zur Folge gehabt haben. Ob dieses letztere bereits
gefaltet oder in Faltung begriffen war, ist nicht mit Bestimmtheit zu
sagen, wohl aber im Hinblick auf die vorsenone Faltung der älteren
Neokomschichten als wahrscheinlich anzunehmen.
!) Siehe pag. 743.
[45] Beskidische Oberkreide in NO-Mähren. 155
Vielleicht haben wir gerade in dieser Zeit das Absinken des
Westendes des Godulasandsteinzuges zu vermuten und nicht erst beim
Beginn der postoligocänen Faltungsperiode.
Sicher ist, daß die Lostrennung des Jawornik-Trojaökazuges von
dem Radhostmassiv an der Linie Frankstadt—Roinau nicht vorsenon
ist, da die Istebner Schichten ebenfalls diese Verschiebung mitmachen,
somit, daß die Beugung der Istebner Schichtenmulde des Domoratz-
waldes, die Überschiebung der Ellgother Schichten von Hostaschowitz
über die Wernsdorfer Schiefer, nur ein Detail aus dem Bilde der
großen vormiocänen Überschiebung der beskidischen Decke sein kann.
b) Das Gebirge nördlich der Betschwa zwischen Krasna und
Roznau !).
Nicht minder interessant als der Domoratzwald ist seine östliche
Fortsetzung. Zahlreiche vortreffliche Aufschlüsse lassen den Bau dieser
Zone auf das deutlichste erkennen.
Wie aus der Karte ersichtlich ist, verlaufen in diesem Gebirgs-
stück drei, respektive vier parallele Sandstein- und Schieferzüge, unter
denen bei dem Dorfe Zubri sowie südlich des Passes Pindula, den
die Straße von Frankstadt nach RoZnau übersetzt, Bildungen der Unter-
kreide zutage kommen. Wir kennen in der ganzen Istebner Schichten-
zone keine Stelle, die, mit Ausnahme des Domoratzwaldes, für die
tektonische Analyse der Flyschzone von solcher Bedeutung wäre, wie
das Gebiet von Zubri. Sonderbarerweise ist die Unterkreide von
Zubri den früheren Beobachtern entgangen.
Die Sandsteinzüge geben, wie schon in der Einleitung erwähnt,
der Zone der Istebner Schichten jenes eigentümliche landschaftliche
Gepräge, das sie von den übrigen Flyschbildungen auf den ersten
Blick unterscheidet. Sie treten als kontinuierlich verlaufende, lang
hingestreckte Kämme und Rücken auf und sind im Gegensatz zu den
meist mit Feldern bebauten Schiefergebieten in der Regel bewaldet.
Längstäler sind äußerst selten, während eine Reihe von Quertälern
die Istebner Zone in kurze Gebirgsstücke zerlegt. Diese Quertäler
liefern durchweg ausgezeichnete Beobachtungspunkte, weshalb wir auch
in den folgenden Darlegungen speziell diese zum Ausgangspunkt unserer
Betrachtung wählen.
I. Tal von Binina (Oborskital).
Von Krasna führt über den Bininer berg ein Feldweg nach
Binina und weiter durch das Dorf in nördlicher Richtung entlang
!) Am Nordrand der Blätter Wall.-Meseritsch und Viszoka—Mako—Kisula-
Ujhely hat Paul entlang dem Godulasandsteinzug Istebner Schichten, Sandsteine
und Schiefer ausgeschieden. Doch ist die Ausscheidung kaum detailliert, auch in
der Abgrenzung von Schiefern und Sandsteinen in der Regel den tatsächlichen
Verhältnissen nicht entsprechend, so daß bei unseren weiteren Darlegungen über
diese äußerst interessante Zone eine Anknüpfung an die Paulsche Darstellung
durchaus keinen praktischen Nutzen bringen kann, weshalb wir uns mit der obigen
einfachen Konstatierung begnügen. Wir bringen deshalb im folgenden nur das
Ergebnis der eigenen geologischen Spezialaufnahmen in den Blättern Wall.-Mese-
ritsch und Viszoka-Mako—Kisuca-Ujhely.
g7E
756 Dr. Heinrich Beck. [46]
dem Oborskibach zum Theresienhof im Domoratzwald. Auf dem
Bininer Berg beobachtet man die Schichtköpfe des plattigen Steinitzer
Sandsteins (subbeskidisches Alttertiär), der hier 50 bis 60° gegen
Süden fällt. Ein verhältnismäßig tief eingeschnittenes kurzes Längstal
bildet die Grenze gegen die Istebner Schichten, die am Anfang des
Dorfes Binina in den Hohlwegen an der Ostseite des Oborskitales
tadellos aufgeschlossen sind. Die Schiefer sind sandig-tonig, braunrot
gefärbt, im frischen Bruch fast schwarz und fallen mäßig steil gegen
Süd. Sie nehmen den unteren Teil des Dorfes ein, während der obere
Teil bereits in dem wohlbekannten Sandstein mit den kleinkalibrigen
Konglomeraten und kristallinen Geröllen liegt. Auch die Sandsteine
fallen nach Süden. Sie hängen unmittelbar mit denen des Domoratz-
waldes zusammen, deren Umschwenken nach Norden gerade am Nord-
ende des Dorfes Binina einsetzt.
Westlich vom Oborskital sind die Istebner Schichten von Diluvial-
lehm verdeckt (siehe Fig. 10).
2. Das Tal von Krhowa (Srnibach).
Der unterste Teil des Tales ist sehr eng, da hier der Krhova
(Srni-)bach die Steinitzer Sandsteine des Belvedere durchschneidet.
Die Anlage dieser Talpartie ist sicher tektonischen Ursprungs. Denn
im Eisenbahneinschnitt, der an der Westseite des Tales am Abhang
des Belvederes verläuft, ist durchweg steiles Südfallen zu erkennen,
Fig. 13.
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NULD er Su N | Delvedere = BEN
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S N | £ SS = S
Profil entlang dem Tal von Krhova (Eisenbahneinschnitt).
1 = Sandsteinzug von Jehliczna. — 2 — Sandsteinzug von Binina.
3 — Sandsteinzug von Krhova.
s — Steinitzer Sandstein (subbeskidisch).
während die Steinitzer Sandsteine auf der anderen Talseite oberhalb
Krhowa unter 15° westlich und am Abhang gegen die Betschwa
nördlich fallen. Bei der großen Ziegelei von Hrachowetz (Haltestelle
der Bahn Krasna-RoZnau) erkennt man wieder steiles SO-Fallen in
den etwas schiefrigen Tertiärsandsteinen.
Jenseits des Steinitzer Sandsteins treffen wir auf die Istebner
Schichten, die am besten in den einzelnen Bahneinschnitten zu beob-
achten sind. (Fig. 13.)
[47] Beskidische Oberkreide in NO-Mähren. 157
Erst erkennen wir, gerade oberhalb des Dorfes Krhowa die
Istebner Schiefer, dann durchschneidet die Bahn einen wenig aus-
gesprochenen Rücken, der von bankigen Sandsteinen und Konglome-
raten gebildet wird, dann abermals ein Schieferniveau beim Domoratz-
hof und hierauf wieder Sandsteine. Es folgen abermals Schiefer und
darauf kleinkalibrige Konglomerate und Sandsteine, die unmittelbar
dem Godulasandstein des Trojaökammes aufruhen. Das allgemeine
Fallen der Istebner Schichten ist ziemlich steil (bis zu 60°), gegen
Süden gerichtet. Nur an der Grenze gegen den Steinitzer Sandstein
wurde in einen kleinem Schieferausbiß N-Fallen gemessen. Sehr
schön ist auf eine größere Strecke im Bahneinschnitt beim Domoratzhof
(Semaphor) der Sandsteinzug aufgeschlossen, der von Binina herüber-
streichend in der Talsohle des Srnibaches sich aushebt, so daß am
Östgehänge des Tales nur die liegenden Schiefer zum Vorschein
kommen.
Derselbe Sandsteinzug führt oberhalb des Domoratzhofes gegen
Binina zu eine große Anzahl größerer Blöcke von Stramberger Kalk,
die im konglomeratischen Sandstein eingeschlossen sind.
Auf dem Abhang östlich von Krhowa lassen sich die entlang der
Bahntrasse beobachteten Schiefer und Sandsteinzüge weiter verfolgen.
Die Sandsteine und kleinkalibrigen Konglomerate, die westlich oberhalb
des Dorfes den vorerwähnten kleinen Rücken bilden, setzen auf der
östlichen Talseite einen auffallenden, steilen Berg zusammen. Ich
nenne zur leichteren Orientierung diesen Sandsteinzug den Zug von
Krhowa.
Der nächste nördliche sei als der Zug von Binina bezeichnet.
Es ist der, der sich im Krhowatal auf eine kurze Strecke in die Luft
aushebt. Seine östliche Fortsetzung beginnt südlich des Bades Jehliezna.
Dieses Bad selbst liest am Nordrand der nördlichsten Schieferzone ;
an diese schließt sich am Südabhang der Trojacka der letzte Sand-
steinzug, den wir als den Zug von Jehliezna bezeichnen wollen.
3. Srnowybach.
Im Tal des Srnowybaches treffen wir von Nord nach Süd schön
aufgeschlossen alle bisher genannten Züge, über dem Godulasandstein
den Jehliznazug, die Fortsetzung des Bininazuges und den Zug von
Krhowa. Die Schiefer südlich davon stehen erst saiger, im untersten
Teil des Tales jedoch fallen sie steil nach N. Knapp vor dem Austritt
in das Betschtal stellen sich unter den Schiefern abermals Sandsteine
und Konglomerate ein (Zaschauer Zug), die unter 39° nördlich
einfallen, also verkehrte, überkippte Lagerung. Da ein derartiges Lage-
rungsverhältnis sonst nirgends beobachtet wurde, ist die Ursache nur in
ganz lokalen Störungen zu suchen. Wahrscheinlich hängt diese Er-
scheinung mit dem Abbruch der Steinitzer Sandsteinpartie östlich von
Krhowa zusammen, wie denn überhaupt die Grenze zwischen Steinitzer
Sandstein und Istebner Schichten auf der Strecke Binina—Station
Hrachowetz eine Bruchlinie darzustellen scheint, an der die Istebner
Schichten abgesunken sind. (Fig. 13 und 14.)
Ba |
gu
00
Dr. Heinrich Beck. [48]
4. Zaschau.
Etwa 1'/, km vor Zaschau sind an der Straßenböschung am Rande
des Betschtales die Sandsteine des letztgenannten Zaschauer Zuges,
der bei Zaschau seine größte Breite erreicht, gut aufgeschlossen. Wir
finden hier gelbbraune Konglomerate und graue Sandsteine mit zwischen-
gelagerten braunroten und grauen, sandigen, eisenschüssigen Schiefern.
Fig. 14.
I
Profil durch das Srnowytal.
1 — Zug von Jehliczua. — 2 = Zug von Binina. — 3 = Zug von Krhova. —
4 — Zug von Zaschau.
Die Sandsteine sind mäßig hart, im Innern grau, in der Verwitterungs-
rinde dunkelgrau bis schwarz, die Konglomerate bestehen aus Quarz-
rollstüicken von Nuß- bis Eigröße, seltener sind wohlgerundete Ge-
schiebe eines harten Sandsteines (Godulasandstein ?). Das Bindemittel
der Geschiebe ist ein rotbrauner, eisenschüssiger Sandstein, der häufig
schwarze Verwitterungsrinde zeigt. Die Konglomerate sind ziemlich
feste Gesteine, sie liegen in Schichten von 1 bis 2m Dicke, ebenso
die Sandsteine. Die braunroten Schiefer dazwischen ° wechseln mit
grauen, sandigen Schiefern. Auch sie sind ziemlich fest.
Fig. 15.
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Profil durch das Tal von Zaschau.
1 = Zug von Jehliezna. — 2 — Zug von Binina. — 3 —= Zug von Krhora
(Pohorzberg). — 4 — Zug von Zaschau.
Das südliche Ende des Dorfes Zaschau ist in diesen Zug ein-
gebettet. Im Dorfe selbst wird er unterlagert von normal südfallenden
Schiefern. Am Pohoräberg am Nordende des Dorfes haben wir
wieder den Zug von Krhowa vor uns. Der unterste Teil des Abhanges
entblößt bereits auf Wegen und Straßen einen hellgrauen, mürben, grob-
körnigen Quarzsandstein und einzelne härtere Konglomeratbänke. Da-
[49] Beskidische Oberkreide in NO-Mähren. 759
zwischen erscheinen abermals einige dünne Schieferlagen. In dem
großen Steinbruche am Pohoräberg außerdem mittel- bis feinkörnige,
mächtige Sandsteinbänke ohne Kalkgehalt und von sehr bedeutender
Härte. Auf der Unterseite dieser Bänke häufig riesige Hieroglyphen und
Wülste. Auf der westlich dem PohorZberg gegenüberliegenden Lehne
befindet sich in der Fortsetzung dieser harten Quarzsandsteine eben-
falls ein größerer Steinbruch. Fallen der Sandsteine 45° gegen Süden
mit leichter Neigung gegen SW.
Nördlich vom PohorzZberg breitet sich wieder ein fruchtbares
Schieferniveau aus, worauf die Sandsteine und Konglomerate des Zuges
von Binina folgen, dann abermals eine sumpfige Schieferdepression
und endlich der Zug von Jehliczna am Abhang der Trojaöka. Hier
sehr reichlich vertreten die kleinkalibrigen Konglomerate, daneben
hellgraue, auch gelbliche und rötliche mürbe Sandsteine.
Das Profil des Zaschauer Tales entspricht vollkommen dem von
Krhowa, nur ist es um eine Antikline reicher (Zaschauer Zug). (Fig. 15.)
5. Zubri, Stary Zubri, Pindula.
Das westliche Godulasandsteinmassiv (Jawornik—Trojatkagebirge)
ist an einer in der Richtung Frankstadt Roänau-verlaufenden Störung
von der Hauptmasse losgetrennt und gegen Norden und Nordosten
vorgeschoben worden. Es ist wohl im Vergleich zu dem schlesischen
Massiv, zu dem auch noch das Smrk-Radhostgebirge zu rechnen ist,
verhältnismäßig bescheiden in seinen Dimensionen wie auch insbe-
sondere in der ursprünglichen Mächtigkeit des Sandsteins. Wir er-
kennen dies in erster Linie an der wesentlich geringeren Breite des
Zuges, die wir infolge des muldenförmigen Baues direkt zu konsta-
tieren in der Lage sind, während im schlesischen Massiv nur am
Nordrand die liegenden Neokombildungen auftreten, die Südseite da-
gegen vom Senon der Istebner Schichten verdeckt ist. Die rasche
Massenabnahme des Godulasandsteinmassivs in seinem westlichen Aus-
läufer und die dadurch verursachte geringere Widerstandsfähigkeit
gab jedenfalls den letzten Anstoß zur Bildung der Blattverschiebung
am Pindulapaß. Dies ist ein Detail aus der Phase der großen beski-
dischen UÜberschiebung.
Das Jawornik-Trojackamassiv ist, wie bereits angedeutet, mulden-
artig gebaut. Entlang dem ganzen Nordabhang wird der Godulasand-
stein regelmäßig unterteuft von Ellgother und Wernsdorfer Schichten,
vom Domoratzwald über Murk und Wernsdorf bis Bordowitz. Hier
schwenkt die neokome Basis mit dem Godulasandstein ohne Unter-
brechung gegen Süden herum und läßt sich in gleichbleibender Reihen-
folge der Schichten über den Pindulapaß entlang dem Ost- und Süd-
abhange mit bergwärts gerichtetem Einfallen bis nach Zubfi verfolgen,
wo das Neokom unter den Istebner Schichten verschwindet. Strecken-
weise ist am Südabhang des Jawornik (Uvies) der oberflächliche
Zusammenhang der Eligother und Wernsdorfer Schichten durch Senon-
auflagerung unterbrochen, was nur als das Ergebnis tektonischer
Vorgänge (Überschiebung), nicht aber als Transgression zu deuten ist.
[50]
Dr. Heinrich Beck.
760
[8
D E F
RN
2
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[51] Beskidische Oberkreide in NO-Mähren. 761
Erklärung zu Fig. 16.
1 = Sandsteinzug von Jehliczna. — 2 — Sandsteinzug von Binina. — 3 — Sand-
steinzug von Krhova. — 4 — Sandsteinzug von Zaschau.
a, d,.c, d, e, f = Profillinien.
A = Wernsdorfer Schichten. — B == Ellgother Schiefer. — C — Ellgother
Sandstein. -— D = Godulasandstein. — E — Istebner Schiefer. — F — Istebner
Sandstein. — @ — Terrassendiluviuam. — H — Pikrit.
Der Pindulapab ist eingeschnitten in NW fallende Wernsdorfer
Schichten. Im Westen erhebt sich steil der Kiceraberg (8725 m), im
Osten das 1130 m hohe Radhostgebirge. Am Fuß des Kidera. herrscht
vollkommen regeimäßige Lagerung. Über den Wernsdorfer Schichten
folgen die kieseligen, von Hornsteinbändern durchsetzten schwarzen
Ellgother Schiefer, darüber die quarzitischen Ellgother Sandsteine,
sodann die auffallenden, häufig grellrot gefärbten Tone, welche zumeist
als Basis des Godulasandsteins gefunden werden, und endlich dieser
selbst. Sämtliche Schichten fallen gegen NW bis WNW, mäßig steil,
zirka 20—30°.
Am Fuß des Radhost grenzen die Wernsdorfer Schichten un-
mittelbar an Godulasandstein, der bei ungestörtem OW-Streichen,
abgesehen von lokalen sekundären Faltungen, gegen Süden einfällt.
Die Blattverschiebung ist orographisch bezeichnet durch das Tal des
Kanipotok, der von der Pindula zur Betsch fließt und bei RozZnau
mündet. Nördlich der Pindula ragt die vorgeschobene Jawornikmasse
aus der von Wernsdorfer Schichten gebildeten Niederung als westlicher
Abschluß des Frankstädter Kessels empor.
1!/, km südwestlich der Paßhöhe verschwinden die Wernsdorfer
Schichten. Die Ellgother Kieselschiefer streichen jedoch in größerer
Breite weiter um den Südfuß des MySiberges herum, während die EIl-
gother Sandsteine auskeilen. Die Schichtfolge ist demnach am Südfuß
des MySiberges auf die Ellgother Schiefer im Liegenden und den
Godulasandstein im Hangenden reduziert. Fallen mäßig steil berg-
wärts. (Paul hat die Schiefer südlich der Prindula irrig als Istebner
Schichten gedeutet.)
Die Ellgother Schiefer grenzen südlich zwischen Vermirowskytal
und Kanital an die Sandsteine des Chlacholowberges.
Diese Sandsteine sind hellgrau bis bräunlich, etwas quarzitisch
und enthalten mächtige Bänke von kleinkalibrigem Konglomerat. Es
sind die typischen Istebner Sandsteine. Nach Süden folgt ein
breiter Streifen rotbrauner, sandigtoniger, eisenschüssiger Schiefer,
Istebner Schiefer, die unter 45° gegen Süden fallen, dann wieder
ein kurzer Sandstein und Konglomeratzug (Punkt 464 der Spezialkarte)
und abermals am Abhang gegen das Betschtal Schiefer.
Daß an dieses Schieferniveau sich südlich noch einmal Sand-
steine anschließen, ist an einem aus typischem Istebner Sandstein
bestehenden kleinen Hügel am Rande des Betschtales oberhalb des
RoZnauer Kurparkes zu erkennen. An diesem Hügel steht die Villa
Fichtner.
Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Bd., 3. u. 4. Heft. (Dr. H. Beck.) 98
162 “Dr. Heinrich Beck. [52]
NW. Sl.
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0.
Zerr Schotter
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S
[53] Beskidische Oberkreide in NO-Mähren. 763
Fig. 22.
N.
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N .F
[AR
‚Mil Terrain
Erklärung zu den Profilen:
Fig. 17--22 sind Profile durch den Südost- und Südabhang des Javornik--
Trojackamassives zwischen der Pindula und dem Tal von Zubri nach den
Profillinien @—f in der Detailkarte.
1 = Wernsdorfer Schichten. — 2 — Eillgother Schiefer. — 3 = Ellgother Sand-
stein. — 4 = Goäulasandstein. — 5 = Istebner Schiefer. — 6 — Istebner Sand-
stein. — x = Pikrit.
In den Tälern des Kanibaches wie des Vermifowskybaches_ ist
die Senonschichtfolge vorzüglich aufgeschlossen: die genannten drei
Sandsteinzüge (Villa Fichtner, Hügel 464, Chlacholowberg) mit den
dazwischenliegenden Schiefern.
Auf der Seite des Vermirowskytales folgen auf die Istebner Sand-
steine des Chlacholowberges in einem sehr schmalen Streifen die
Ellgother Schiefer (in einem kleinen Bachkolk aufgeschlossen eine
offenbar sekundäre Verfaltung oder Stauung, abnormales Südfallen),
dann graugrüne massige Sandsteine, welche eine auffallende Kuppe
zwischen Chacholow und Mysiberg bilden. Zwischen diese Kuppe und
dem Fuß des Mysiberges schaltet sich ein schmales Band der rot-
braunen Istebner Schiefer ein. (Forsthaus Putirki.)
Diese letzteren übersetzen beim Forsthaus Putirki das Vermi-
rowskytal, ebenso die Sandsteine der erwähnten kleinen Kuppe,
welche zwischen dem Vermifowskytal und dem Tal von Stary Zubfi
den langgestreckten Rücken des Olsowskyberges bilden.
Dagegen haben die Istebner Sandsteine des Chlacholowberges
keine westliche Fortsetzung, nur das südlich davon verlaufende
Schieferband streicht zum Tal von Stary Zubri hinüber.
In den Sandsteinen des Olsowskyberges und der kleinen Kuppe
östlich des Jagdhauses Putirki erkennen wir unschwer die charakte-
ristischen Eigenschaften des Godulasandsteins. Es sind zumeist grau-
grüne, plattige, bankige und massige Sandsteine, denen grobkörnige
und stellenweise konglomeratische Bänke beigemengt sind. Keinerlei
Ähnlichkeit mit den Istebner Sandsteinen, zu welchen sie Paul ge-
rechnet hat.
Am Nordabhang des Olsowskyberges finden wir eine langge-
streckte schmale Depression, gebildet von den Istebner Schiefern, die
wir beim Jagdhaus Putirki beobachtet haben. Nördlich folgen auf
dieses Schieferband beim Drobnikhof wieder Istebner Konglomerate
und Sandsteine. Gerade unterhalb des genannten Gehöftes stehen
98*+
764 Dr. Heinrich Beck. [54]
grobe Konglomerate an. Das Bindemittel ist ein fein- bis mittel-
körniger, grauer Sandstein, die Gerölle sind wohlgerundet, faust- bis
kopfgroß und bestehen aus verschiedenartigen kristallinen Gesteinen,
roten und grauen, grobkörnigen Graniten, hellen glimmerigen Quarziten,
Quarzphylliten und Gneißen. Bei Stary Zubfi tritt zwischen diesem
Sandsteinzug und dem Godulasandsein noch einmal Istebner Schiefer
auf. Sämtliche Istebner Schichten fallen im Gegensatz
zum Neokom und dem Godulasandstein südlich ein.
Zwischen dem Godulasandsteinzug des Olsowskyberges und den
nördlich davon verlaufenden Istebner Schichten taucht bei Stari Zubfi
zu beiden Seiten dieses Tales der Sudflügel der Godulasandsteinmulde
mit den Ellgother und Wernsdorfer Schichten wieder empor, und
zwar in derselben Reihenfolge der Schichten wie südlich des Pin-
dulapasses. An der Grenze von Ellgother und Wernsdorfer Schichten
tritt in der unmittelbaren Nachbarschaft des Olsowskyberges auch ein
bedeutenderer Pikritstock auf.
Höchst instruktiv ist das Profil im Tal von Zubfi. Auf der
Höhe des Godulasandsteinzuges fallen die Schichten noch südlich ein,
gegen Zubri zu jedoch, durch den Zubribach mehrfach aufgeschlossen,
sehen wir den Godulasandstein flach nördlich einfallen.
Er besteht hier aus plattigen graugrünen Sandsteinen mit zwischen-
gelagerten sandig-tonigen und mergeligen dunklen Schieferbändern.
Oberhalb des Dorfes Zubri wechselt das Einfallen der Schichten mehr-
mals infolge sekundärer Faltungen und Verschiebungen, die vielleicht
mit der Anpressung und Aufschiebung der Istebner Schichten in
Zusammenhang zu bringen und als Stauchungserscheinungen
zu deuten sind.
Die Schichten des Godulasandsteins, die im Bachbett bei Zubri
aufgeschlossen sind, zeigen interessante Verwitterungs- und Auflösungs-
vorgänge. Die festen Sandsteinbänke sind in prismatische Stücke und
Platten zersprungen, zeigen aber noch vollkommen die ursprüngliche
Zusammengehörigkeit. Durch die Lockerung des Gefüges entstand
eine Längsausdehnung der Schichten, das Ganze folgte ähnlichen Ge-
setzen unter dem Einfluß des fließenden Wassers wie der Schotter
und wurde wie dieser intensiv geschleppt und gestaucht. (Diese
„rezenten“ Erscheinungen haben mit den oben genannten „tektonischen
Stauchungen“ nichts zu tun.)
Am oberen Ende des Dorfes quert man erst die südfallenden
Sandsteine und Schiefer der Istebner Schichten, dann erscheinen auf
dem niedrigen Rücken, der die Täler von Zubfi und Stary Zubfi
trennt, ziemlich steil nördlich fallende Ellgother und hierauf Werns-
dorfer Schichten, deren Südrand von Diluvium verdeckt ist. Am
Westgehänge des Zubritales dagegen queren wir vom Godulasandstein
angefangen ebenso wie in Zaschau die Falten der Istebner Schichten,
erst den Sandsteinzug von Jehlizna, dann den von Binina und zuletzt
den Zug von Krhowa und dazwischen die entsprechenden Schiefer-
niveaus. Erst am Südende des Dorfes Zubri, unmittelbar anstoßend
an den Sandsteinzug von Krhowa, erscheinen auch am westlichen
Talgehänge typische Wernsdorfer Schichten, welche die Fortsetzung
der oben genannten, östlich von Zubri liegenden bilden, und zuletzt
[55] Beskidische Oberkreide in NO-Mähren. 165
als Fortsetzung des Godulasandsteins vom Olsowsykyberg auch dieser
in einem steilen kegelförmigen Denudationsrelikt.
Wie schon eingangs erwähnt, gehört das eben beschriebene
Gebiet zu den tektonisch kompliziertesten nicht bloß der Istebner
Zone, sondern der ganzen Beskiden. Allerdings handelt es sich hier
nur um lokale Erscheinungen, aber gerade aus der Detailkenntnis solcher
Gebiete ergeben sich die wichtigsten Anhaltspunkte für die Erforschung
des noch rätselhaften Mechanismus der großen allgemeinen Bewegungen
der Flyschzone, in erster Linie der beskidischen Überschiebung.
In kurzer Zusammenfassung läßt sich das Beob-
achtete folgendermaßen wiedergeben: Eine flache
Mulde von Godulasandstein, r egelmäßig unterlagert
von Ellgother- und Wernsdorfer Schienen südlich
anschließBendein weiterer kleinerZug von Godulasand-
stein (Olsowskyberg). Uber dem Südflügel der Mulde
Denudationsrelikte von ziemlich steil südfallenden
Istebner Schichten.
Vor allem müssen wir uns über die Frage klar werden, in leer
tektonischen Verhältnis der kleine Godulasandsteinzug des Olsowsky-
berges zur Hauptmasse steht. Leider mangeln gerade in diesem
Gebirgsstück entsprechende Aufschlüsse. Die F allrie htung bleibt infolge-
dessen ungewiß. Ostlich oberhalb des Jagdhauses Putirki ist möglicher-
weise noch ein Zusammenhang mit dem Godulasandstein des MySiberges
vorhanden. Auch wird der sekundäre Godulasandsteinzug hier noch von
Ellgother Kieselschiefern unterlagert (nördlich vom Chlacholowberg).
Die nächste Stelle, wo zwischen dem Olsowskyzug und dem
Neokom eine Berührung stattfindet, ist bei Stary Zubri. Hier aber
liegt das Neokom nördlich, die Sandsteine des Olsowskyberges grenzen
unmittelbar an Wernsdorfer Schiefer, die in einem kurzen Seiten-
sraben gut zu sehen sind. Ebenso grenzt der Godulasandstein des
vorher erwähnten kegelförmigen Denudationsreliktes am Südende des
Dorfes Zubfi direkt an Wernsdorfer Schichten.
Die Wernsdorfer Schichten bilden nun mit den Ellgother und
Godulaschichten der Hauptmasse bei Zubri und Stary Zubfi eine un-
trennbare Einheit, folglich kann der Kontakt zwischen den Werns-
dorfer Schichten und dem Godulasandstein des Olsowskyberges nur
tektonischer Natur sein, höchstwahrscheinlich eine Verwerfung.
Das Auffallendste dabei ist jedoch das Verhältnis der Ellgother
Schichten zu diesem Olsowskyzug nördlich vom Chlacholowberg. Hier
liegt eben Neokom auch südlich des Olsowskyzuges. Es wäre nun
zu denken, daß von der Verwerfung auch ein Teil der Ellgother
Schichten nördlich vom Chlacholowberg betroffen wurde.
Passender scheint uns. aber: in- Anbetracht der
starken Anpressung und des Vorschubes der jüngeren
Istebner Schichten die Vorstellung, daß der an einer
Verwerfungstehen gebliebene Godulasandsteinzug des
Olsowskyberges mit den ihn umhüllenden Istebner
SchichtenaufdenSüdranddergroßenMulde wenigstens
in seinem östlichen Teil(Vermirowskytal, Putirki) auf-
geschoben wurde.
766 Dr. Heinrich Beck. [56]
Und nun das Verhältnis der Istebner Schichten zur
Mulde. Wir haben im Tal von Zubri gesehen, daß der Godulasandstein
flaclı nach Norden fällt, ebenso das Neokom, dieses allerdings je weiter
nach Süden, um so steiler. Während in den Ellgother Schiefern bei
Zubri an einer Stelle ein Einfallen gegen NW unter 40° konstatiert
wurde, fand sich in den Wernsdorfer Schiefern bereits ein solches
von 50—60°. Die nachgiebigen Schiefer wurden demnach bei der
Anpressung an den Godulasandstein wesentlich steiler emporgepreßt
als dieser.
Wären nun die an der Grenze des Godulasandsteins und des
Neokoms im Bereiche des Muldensüdflügels gelegenen Istebner Schichten
an Ort und Stelle transgredierend abgelagert worden, so müßten sie
in ihrer Tektonik dochirgendeineAbhängigkeitvom Baudes
Untergrundes aufweisen und könnten nicht, wie es der Fall ist, ihr
regelmäßiges südwärts gerichtetes Verflächen bewahrt haben, ohne
wenigstens sekundäre Stauungs- und Faltungserscheinungen zu zeigen.
Sie fallen bei Zubri und Stary Zubri unter zirka 45° südlich, ebenso
bei Drobnikhof und Putirki. Sonst sehen wir durchweg deutliche
Abhängigkeit der Istebner Schichten vom Bau des älteren Kreide-
gebirges. Gewiß ist eine solche auch in der Doppelmulde des Domo-
ratzwaldes vorhanden. Ein anderes großartiges Beispiel hierfür liefert
die Gegend des Olsatales zwischen Jablunkau und Bistfitz in Schlesien.
Wir wollen durchaus nicht die Möglichkeit einer Transgression
der Istebner Schichten über dem Südrand der schlesischen Neokom-
Gaultinsel damit in Abrede stellen. Es wird sich sogar bei Be-
sprechung des Östrawitzaprofils Gelegenheit bieten, dieser Auffassung
in gewissem Sinne das Wort zu reden. Aber gerade hier im Süden
sind die ursprünglichen Ablagerungsverhältnisse durch tektonische
Vorgänge derart verwischt, daß bisher herzlich wenig Positives darüber
gesagt werden kann. Und eben, weil die Vorherrschaft tekto-
nischer Erscheinungen so sehr in die Augen springend ist,
anderseits auch das Profil von Zubri nur sehr gezwungen durch
Annahme einer transgressiven Ablagerung der Istebner Schichten in
loco zu erklären wäre, halten wir auch hier an der tekto-
nischen Auflagerung der Istebner Schichten im Sinne
einer kurzen Anpressung und Auf- oder Überschiebung
auf den Südflügel der großen Mulde fest.
Mit dieser Annahme harmoniert auch der im Domoratzwald beob-
achtete Vorschub des Westendes unserer Zone mitsamt seiner neo-
komen Unterlage und in unserem speziellen Fall, in der Gegend des
Stary Zubfi- und Vermirowskytales, das Verhalten des Olsowskyzuges,
dessen tektonischen Charakter wir bereits vorweggenommen haben.
Noch bleibt aus der Gegend von Zubfi ein Detail zu erwähnen.
In der Fortsetzung des Olsowskyzuges erhebt sich westlich neben
Zubii das bereits "mehrfach erwähnte kegelförmige Godulasandstein-
relikt. Daran schließt sich nördlich ein kurzer Zug von Wernsdorfer
Schichten der unter den Istebner Schichten emportaucht. Die Fall-
richtung ist SSO gegen SO unter 50°, somit der desselben Zuges auf
der anderen Talseite von Zubfi konträr. Wir glauben diese Erscheinung
auf eine Verwerfung zurückführen zu können, die parallel dem Tal von
[57] Beskidische Oberkreide in NO-Mähren. 767
Zubri verläuft und mit einer quer auf das Streichen gerichteten seit-
lichen Verschiebung der beiden Talseiten verbunden ist, was auch in der
beigegebenen Detailkarte deutlich zum Ausdruck kommt. Auch das
unvermittelte Abschneiden des Neokoms spricht dafür.
ec) Die Istebner Schichten östlich von Roznau im Quellgebiet
der Roznauer Betsch, des Celadnabaches und der Ostrawitza.
Eine ähnlich genaue Beschreibung dieses Teiles der Istebner
Zone, wie sie im vorhergehenden für deren westliches Ende gegeben
wurde, wäre ohne Beigabe einer geologischen Detailkarte durchaus
unverständlich und daher vollkommen zwecklos. Irgendwelche besondere
Komplikationen, wie sie am Westende zu beobachten sind, kommen
in diesem Gebirgsteil nicht vor. Wir finden ebenso wie im Profil
von Zaschau über dem Godulasandstein südlich einfallende, regelmäßig
verlaufende Züge von Schiefern und Sandsteinen von stets gleich-
bleibendem petrographischen und faziellen Habitus, genau so wie in
der westlichen Fortsetzung die dunklen, rotbraun verwitternden, sandig-
tonigen Schiefer mit Toneisensteineinlagerungen, die bald quarzitischen,
feinkörnigen, bald harten, zuckerkörnigen und bald wieder mürben
gsrobkörnigen Sandstein mit Konglomeraten und Blockanhäufungen
und die so ausgezeichnet charakteristischen kleinkalibrigen Konglome-
rate. Alle Züge streichen untereinander fast durchweg parallel,
seltener treten Stauungen einzelner Faltenpakete in Erscheinung.
Dafür etwas häufiger lokale Virgation. Das Bemerkenswerteste ist
die große Anzahl der übereinander folgenden Züge. 10 bis 12 Sand-
stein- und ebenso viele Schieferzüge sind in einzelnen Durchschnitten
zu finden. P
In der beigegebenen Übersichtskarte ist der Verlauf der Sand-
steinzüge durch Striche angedeutet, die gleichzeitig eine Vorstellung
der Morphologie des Gebirges vermitteln, indem die Sandsteinzüge
durchweg langgestreckte Kämme bilden, zwischen denen, durch
sumpfige Depressionen bezeichnet, die Schieferniveaus hinziehen. Auf
diese letzteren sind fast durchweg die Siedlungen beschränkt.
Das ganze Gebirgsstück ist vorzüglich aufgeschlossen, fast jeder
Bach und jede Rinne entblößt die Schichtköpfe der regelmäßig ziemlich
steil gestellten Istebner Schichten. Trotzdem ist es nicht leicht, zu
einem sicheren Urteil über den Bau dieser Zone zu gelangen, wie ich
schon eingangs zu erwähnen Gelegenheit hatte.
Wie schon einleitend bemerkt wurde, werden die Istebner
Schichten nur selten von eigentlichen Längstälern durchschnitten.
Selbst die Betsch, die in ihrem Oberlauf bis Rozuau ganz in der
Istebner Zone verläuft, trägt durchaus nicht den Charakter eines
Längstales, sondern durchschneidet schräg die einzelnen Faltenzüge,
ohne daß man eine merkliche Beeinflussung ihres Verlaufes durch die
Sandsteinzüge erkennen kann. Dabei ist es ein typisches Erosionstal.
Bei RoZnau hat die Betsch auch den Südfuß des Godulasandstein-
massivs durchschnitten, indem sie mit einer breiten und tiefen male-
768 Dr. Heinrich Beck. [58]
rischen Furche den Karlsberg vom Radhost abgetrennt hat. Über
dem Godulasandstein des Karlsberges ist am Abhang gegen das Betsch-
tal bei Unter-Betschwa ein schönes Profil der Istebner Schichten
schräg zum Streichen angeschnitten. (Profil Roäönau—Solanetztal ent-
lang der Betsch.) (Fig. 23.)
Die isolierte Godulasandsteinpartie des Karlsberges bei Roznau
zeigt steiles Südfallen, 45 bis 55%. Infolge des etwas bogenförmigen
Verlaufes des Betschtales nähert sich dieses gegen OSO immer mehr
dem Streichen des Gebirges, so daß die auf den Godulasandstein
folgenden Istebner Schichten schließlich fast im Streichen angeschnitten
werden. Die Neigung der Schichten ist verschieden, sie schwankt
zwischen 30 und 70°. Die Schiefer zeigen die normale Beschaffenheit,
dunkelbraunen und rotbraunen Überzug, sind stark sandig, etwas
slimmerig. Die im Profil auftretenden Sandsteinzüge enthalten be-
sonders viel Konglomerate, speziell die charakteristischen kleinkalibrigen
Konglomerate sind reichlich vertreten (Östry-Berg, Hutisko). Die
Fig 23.
NNW. 050.
Kurisherg Ostry. DB 41% Hußshoßrig
Ynter Betsehton
Das südliche Gehänge des Betschtales bei Unter-Betschwa.
Sandsteine führen stellenweise auch Einlagerungen eines hellgrauen,
sandigen Mergels sowie häufig Zwischenlagen der typischen braunen
Istebner Schiefer.
Es sei bei Besprechung dieses Profils gleich eine Angabe Pauls
richtiggestellt, die sich auf den Südabhang des Hutiskoberges bezieht.
Paul erwähnt die hier auftretenden Konglomerate und gibt an, daß
die Kirche von Hutisko darauf erbaut sei. Demgegenüber sei fest-
gestellt, daß die Konglomerate ziemlich weit oberhalb der Kirche
vorbeistreichen und der ganze Südabhang des Berges aus den Schiefern
der Istebner Schichten besteht.
Ein sehr instruktives vollständiges Profil durch die ganze Zone
der Istebner Schichten senkrecht auf das Streichen ist unter anderem
auch jenes durch das Kn&hynatal quer über die Betsch und in gerader
südlicher Richtung weiter durch das Kivnackatal in die Zone der
Maguraschichten. (Profil durch die Täler des Knehyna- und Kivnacka-
baches.) (Fig. 24.)
Das Profil bedarf keiner besonderen Erklärung. Es sei nur im
besonderen hervorgehoben, daß es vom Godulasandstein bis zur Betsch
vollkommen identisch ist mit dem des westlich benachbarten, parallel
dazu verlaufenden Tal von Batov und daß die in der Zeichnung
weiß gelassenen Sandsteinzüge sich in dem die beiden Täler trennenden
[59] Beskidische Oberkreide in NO-Mähren. 769
Höhenzuge von Jezowec vorzüglich markieren, indem sie steile,
schmale, steinige Kämme bilden, die fast durchweg mit Birken bewaldet
sind. -In den Schieferniveaus sind Feld- und Wiesenkulturen angelegt.
Während der graugrüne plattige Godulasandstein unter 25 bis 30°
nach Süden einfällt, sind die Istebner Schichten wesentlich steiler
Fig. 24.
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Querprofil durch die Zone der Istebner Schichten beim Wirtshaus Zavadilka in
Mittel-Betschwa entlang den Tälern der Knehyna und Kivnacka.
gestellt, ihre Neigung beträgt 45 bis 60%. Südlich der Betsch, im
Kivnackatal sind die Schieferzonen etwas breiter, es ist die Fort-
setzung des Gebirges von Hutisko, wo die Schiefer durchweg eine
+
Fig. 25 und 26.
39W. NN.
Xobilsky Tal rechte Talsetite
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ee bodula.Sundst
Parallelprofile durch die Istebner Schichten zu beiden Seiten des Kobilskybaches
nach den Aufschlüssen an den beiderseitigen Gehängen und in der Talsohle.
ziemlich ansehnliche Mächtigkeit aufweisen. Auch hier steiles Süd-
fallen 45 bis 65°. Mit ungefähr gleicher Neigung folgen darüber die
hellgrauen und bläulichgrauen Sandsteine der Maguraschichten.
Das Profil erweckt den Eindruck einer großen, in sich sekundär
eng gefalteten und gegen Norden überschlagenen Mulde.
Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Bd., 3. u. 4. Heft. (Dr, H. Beck.) 99
770 Dr. Heinrich Beck. [60]
Durch Verwerfungen kommt es bei Ober-Betschwa am
Öervenec zu einer unwesentlichen Komplikation. Die rechte und
linke Talseite des östlich von diesem Berg verlaufenden Quertales des
Kobilskybaches stimmen nicht im Bau überein, wie aus den folgenden
Profilen zu ersehen ist. Auch auf der Übersichtskarte ist diese Stelle
gerade nördlich von Ober-Betschwa zu erkennen. Es scheint, daß gerade
die Faltenzüge des Öervenec an der Seite des Kobilskytales stärker
deformiert sind. Sie verlassen in auffallender Weise die normale
OW-Streichrichtung und sind unter einem Winkel von 60 bis 70°
gegen SSO abgeknickt. Auch sekundäre Längsverwerfungen dürften
in diesem Profil eine Rolle spielen. (Profil durch die rechte und
linke Seite des Kobilskytales.) (Fig. 25 und 26.)
Der untere Teil des Kobilskytales ist vollkommen ungestört,
wie an dem ruhigen Verlauf der ersten drei Faltenzüge zu erkennen
ist. Dann aber treten auf dem rechten Ufer des Baches am Fuß
eines vom Öervenec herunterziehenden Rückens NNW streichende
bankige Sandsteine auf, die auch noch am linken Ufer des Baches zu
sehen sind. Das regelwidrige Streichen entspricht vollkommen dem
Verlauf des genannten Rückens sowie der beiden nordöstlich folgenden
im Oberlauf des Tales. Das Fallen ist mäßig steil gegen ONO, also
gleich dem Streichen entgegen der allgemeinen Regel. Es folgt auf
diese normale kurze Störungszone wieder eine vollständige Mulde vor
der Godulasandsteingrenze. Die linke Talseite (Abhang des Kobilsky-
berges) ist dagegen vollkommen normal gebaut. Die Breite des einen
Sandsteinzuges erklärt sich wohl hauptsächlich aus der etwas flacheren
Lagerung von zirka 30°,
An der Ostseite des Kobilskyberges bietet das tief eingeschnittene
Mecuvkatal prächtige Aufschlüsse. Das Profil ist ganz übereinstimmend
mit dem des linken Gehänges im Kobilskytal, nur quert es in seinem
untersten Teil noch eine Falte mehr als dieses, da hier die Betsch-
furche weiter südlich gelegen ist.
Von der Mündung des Solanbaches unterhalb Hutisko bietet das
Betschtal durchweg ebenso wie unterhalb auf der Strecke Solan-
bach—Roznau vortreffliche Aufschlüsse. Erst verläuft es bei Mittel-
Betschwa eine kurze Strecke als Längstal in einem Schieferniveau,
dessen beträchtliche Breite sich dadurch erklärt, daß die drei Sand-
steinzüge, welche in dem Profil durch das Kn&hyna- und Kivnackatal
beim Wirtshaus Zawadilka und unmittelbar südlich davon noch vor-
handen sind, durch Ausheben in die Luft verschwinden, ohne daß
damit irgendeine Störung verbunden wäre. Es handelt sich hier
offenkundig um einzelne parallele Schiefer-Sandstein-
mulden, die bald tiefer, bald seichter sind, so daß
stellenweise bei tiefergehender Erosion auf den um-
liegenden Höhen noch vorhandene Muldenteile (Sand-
stein) in den Tälern bereits abgetragen sind.
Gerade bei der Mündung des im vorhergehenden bereits er-
wähnten Tales von Baöov in Mittel-Betschwa zeigt sich, wahrscheinlich
durch eine lokale Verwerfung bedingt, verworrene Lagerung der im
Flußbett angeschnittenen Schiefer, doch konnte diese Störung weder
[61] Beskidische Oberkreide in NO-Mähren, 771
nach Norden, ins Bacovtal, noch nach Süden, gegen Pod Grunem
weiter verfolgt werden.
Vom Wirtshaus Zawadilka aufwärts durchschneidet die Betsch
wieder vollkommen regelmäßig in schräger Richtung die ganze südliche
Serie der Faltenzüge, von denen bereits einige in den oben gezeich-
neten Profilen durch das Kobilsky- und Meäuvkatal dargestellt wurden.
Auf der Übersichtskarte kommt dies deutlich zum Ausdruck. Der
petrographische Charakter der Schiefer und Sandsteine bleibt immer
derselbe, auch die charakteristischen Konglomerate sind reichlich zu
finden.
Bei Be6vica quert die Betsch noch die südlichsten Istebner
Falten, ihre Quellen liegen bereits in der Zone der Maguraschichten,
am Nordabhang der Visoka (1024 m). Knapp unterhalb der Wasser-
scheide zwischen Betsch und Bila (Quelllluß der Ostrawitza)
betritt man ein Niveau von plattigen und bankigen Sandsteinen mit
reichlichen Schieferzwischenlagen. Die Sandsteine sind mittel- bis
feinkörnig, von zahlreichen Spatadern durchsetzt, grau und bläulichgrau,
in der Verwitterungsrinde bräunlich und gelblich; mitunter sind sie
ziemlich hart, ab und zu erscheint ein schwarzer Überzug auf den
Bruchflächen herrührend von Mn und Fe-Gehalt. Die Schiefer sind
bläulich-schwarz und grauschwarz, tonig bis sandig-tonig, fast niemals
rotbraun verwittert.
Diese Gesteine gehören nicht mehr zur Zone der Istebner
Schichten und sind, wie aus dem Gesagten ersichtlich, auch leicht
davon zu trennen. Sie bilden den Nordsaum der Magurazone und
dürften dem Alttertiär angehören. Ihr Streichen ist hier ONO bis
NO, das Fallen verschieden steil, 30 bis 60°,
Die Bila verläuft anfänglich in diesen Schichten, knapp vor dem
Zusammenfluß mit dem Lucovecbach tritt sie jedoch nach einer Krüm-
mung gegen NNO ebenfalls in die Zone der Istebner Schichten ein,
quert einen Sandsteinzug und folgt fast bis zum Ostrawitzatal einem
Schieferniveau, ein Längstal bildend.
Einen ausgezeichneten Einblick in den einförmigen Faltenbau
der Istebner Schichten gewährt das Profil durch das Lutowetz- und
Celadnatal. Das Ludowetztal ist mehrfach gewunden, eine kurze
Strecke verläuft es im Streichen. Diese Stelle ist in dem folgenden
Profil ein wenig schematisiert und durch einen darüber gesetzten Haken
bezeichnet. Irgendwelche Komplikationen bietet das Profil an keiner
Stelle, es herrscht durchweg gleichsinniges Streichen und Fallen. Nur
im Neigungswinkel der Schichten zeigen sich naturgemäß lokale Diffe-
renzen.
Auf der Seite des Öeladnatales ist die scheinbar grobe Mächtig-
keit der Schiefer auffallend. Doch findet sie hier ebenso leicht ihre
Erklärung wie bei Mittel-Betschwa, da an den beiderseitigen Gehängen
Sandsteinzüge auftreten, welche beweisen, daß auch diese breite Zone
nur aus einer Reihe tief abgetragener zusammengelegter Mulden besteht.
Die Grenze gegen den Godulasandstein ist leider im Celadnatal nicht
mit Sicherheit zu erkennen, da es an entsprechenden Aufschlüssen
mangelt. Sie verläuft etwa über das Jagdhaus Podolanky. (Fig. 27.)
99*
Dr. Heinrich Beck. 162]
712
nn N
"mriE N
m
Foaula Sandstein
Zryyunva, 980"
N 1 Magura zone
Querprofil durch die Zone der Istebner Schichten im Lucovec- und Öeladnatal.
(Die über dem Profil eingetragenen Winkelstriche bedeuten Talkrümmungen.
[63] Beskidische Oberkreide in NO-Mähren. 173
Von ganz besonderem Interesse ist das Profil durch das Ostra-
witzatal, welches in ununterbrochener Folge die denkbar günstigsten
Aufschlüsse in den Istebner Schichten sowie im Godulasandstein bietet
und dadurch wenigstens für dieses Gebiet das Verhältnis der beiden
Zonen zu einander erkennen läßt. (Fig. 28.)
Während nördlich des RZecicatales (Schanzen) an den Abhängen
der Lysa hora und des Smrk sowie im Bett der Ostrawitza selbst
srößtenteils der plattige oder massige, graugrüne Godulasandstein auf-
geschlossen erscheint, zeigt sich bereits bei der Mündung der RZecica
ein stärkeres Hervortreten vereinzelter schiefrig-toniger Zwischenlagen
von grauer bis bräunlichgrauer Färbung, die weiter gegen Süden tal-
aufwärts immer mehr an Häufigkeit und Mächtigkeit zunehmen und
sich auch in ihrem Habitus immer mehr dem Typus_ der Istebner
Schiefer nähern. Es stellt sich gewissermaßen eine Übergangszone
zwischen Godula- und Istebner Schichten heraus, bis man beiläufig bei
der Mündung des Dudov- und Hrachowicankatales die typischen Istebner
Schiefer erkennt. Doch läßt sich infolge des allmählichen Überganges
sowie der vollkommen konkordanten Lagerung eine genaue Grenze
beider Schichten nicht mit Sicherheit angeben. Man gewinnt unbedingt
den Eindruck, daß sich die Istebner Schichten im Ostrawitzaprofil
unmittelbar aus den höchsten Partien des Godulasandsteins entwickeln,
ganz im Sinne einer kontinuierlichen Ablagerung.
Wenn nun an dieser einen Stelle eine ununterbrochene Sedimen-
tation aus dem Godulasandstein in die senonen Istebner Schichten
hinüberleitet, liegt es nahe, anzunehmen, daß dies durchweg der Fall
gewesen sein müßte. Es steht nun aber keineswegs fest, daß dem
Godulasandstein überall dieselbe vertikale Ausdehnung zukommt, denn
wenn die Istebner Schichten Senon sind, müßte der Godulasandstein
Gault, Cenoman und Turon vertreten, was bei seiner enormen Mächtig-
keit im Ostrawitzagebiet nicht ausgeschlossen erscheint. Es ist vielleicht
die Annahme berechtigt, daß wenigstens weiter im Westen, gegen
das Ende dieser Zone zu, eine Unterbrechung der Sedimentation
zwischen Gault oder Genoman und dem Senon stattgefunden hat, was
mit der geringeren Mächtigkeit dieses Teiles des Godulazuges erklärt
werden könnte. Wir konnten westlich vom Ostrawitzatal nirgends
eine ähnliche Übergangszone konstatieren, die Grenze zwischen Istebner
Schichten und Godulasandstein ist überall deutlich markiert und wohl
größtenteils tektonischer Natur.
Diese Fragen zu lösen ist jedoch leider nur möglich auf Grund
von glücklichen Fossilfunden. Vollgültige Beweise dürften von der
weiteren Detailaufnahme kaum zu erwarten sein, da sie eben wahr-
scheinlich, wie in unserem Falle, nur für eine bestimmte Gegend oder
ein einzelnes Profil, nicht aber für die ganze Zone zu ermitteln sein
dürften.
Sonst ist über das Profil durch das obere Ostrawitzatal nichts
Besonderes zu sagen. Durch flache Lagerung sowie Ausheben ein-
zelner Sandsteinzüge haben sich auch hier breitere Schieferniveaus
gebildet (Welky, Aithammer). Desgleichen scheint die außergewöhn-
liche Breite der nördlichsten Sandsteinpartie (Kitceraberg 656 m), an
deren Abhang die Kirche und das Dorf Althammer stehen, durch
174 Dr. Heinrich Beck. [64]
Vereinigung mehrerer schmaler Züge gebildet zu sein, die in der süd-
westlichen Fortsetzung im Streichen der Sandsteine des Kicera gelegen
sind. Der ursprüngliche Zusammenhang ist bei Samcanka und Loika-
scanka durch Emportauchen der liegenden Schiefer unterbrochen.
Oberhalb Althammer quert die Ostrawitza weiter die ganze
Serie der Istebner Falten. Bei Tichanec findet in einem breiten Sand-
steinniveau der Zusammenfluß der beiden Quellbäche Bila und Oerna
statt. Gleich westlich von dieser Stelle tritt eine Spaltung des Sand-
steinzuges auf, indem sich ein Keil von Schiefern einschiebt: eine
gegen Osten untertauchende Falte, deren Vorhandensein im beifolgenden
Profil durch eine Punktlinie angedeutet ist.
Durch ein schmales Schieferband getrennt, erhebt sich südlich
von Tichanee der Schornstein (702 m), dessen felsiger Gipfel die
Sandsteine mit Konglomeraten der Istebner Schichten aufweist. Er
hängt mit der Skalka (684 m) zusammen, die gleich ihm in steiler Fels-
wand gegen das Cernatal abbricht. Im Lazenskabach, der die beiden
Berge voneinander scheidet, sind die Sandsteine gut zu sehen. Es
folgen dann noch unter 50° südfallende Istebner Schiefer und darüber
beim Wirtshaus Barani die Maguraschichten.
Wesentlich mitbestimmend für meine Auffassung vom Bau der
Istebner Zone waren die Beobachtungen im Gerniktal, das von den
Abhängen des Berges Trojaöka in ONO-Richtung zum Ostrawitzatal
führt, wo es gegenüber von Althammer ausmündet. Da die Falten
der Istebner Schichten in dem Gebirgsstück zwischen Celadna- und
Östrawitzatal NO bis NNO streichen, bildet das Gerniktal ein Quertal,
in dem eine Reihe von Faltenzügen schräg durchschnitten wird. (Fig. 29.)
Unterhalb des Jagdhauses Samcanka, gegenüber von Althammer
stehen am Steilufer des CGernikbaches unter 30° SO fallende Istebner
Schiefer an. Südlich vom Gehöft Lojkasöanka streichen die Schiefer
NNO und stehen fast senkrecht, doch ist eine Neigung gegen OSO
bemerkbar (Punkt 540 m). Am südlichen Gehänge des Tales hebt
sich ein spitz zulaufender Sandsteinzug in die Luft aus, er ist im
Profil durch eine in der Luft mit Punktlinie angezogene Mulde
angedeutet. Die Schiefer zeigen dann steiles WNW-Fallen; an einer
Stelle knapp vor dem nächstfolgenden Sandsteinzug wurden 60° als
Neigungswinkel ermittelt. Es folgen mit gleichem Einfallen die eben
genannten Sandsteine, die eine aufrechte Mulde bilden, indem sie am
Westrand des Zuges wieder südöstliches Fallen aufweisen. Sie werden
von 40° SO fallenden Schiefern unterlagert. Bis zum Trojatkagipfel
(986 m) quert das Tal noch weitere drei Sandstein-Schieferzüge, die
wieder das regelmäßige SO-Fallen aufweisen. Da keinerlei Ursache
vorhanden ist, im Cerniktal eine Störung (Verwerfung) anzunehmen,
wie sich auf den ersten Blick auf der geologischen Karte erkennen
läßt, kann es sich nur um eine normale, aufrechte Mulde handeln,
als welche diese Partie auf dem Profil (Fig. 29) dargestellt ist.
Das Istebner Gebirge östlich der Ostrawitza ist ganz analog dem
bisher beschriebenen Teilen gebaut. Es sei nur speziell darauf
hingewiesen, daß es wesentlich weiter nach Süden reicht, als die
175
Beskidische Oberkreide in NO-Mähren.
165]
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776 Dr. Heinrich Beck. 166]
Paulsche Übersichtsaufnahme des Kartenblattes Viszoka Mako—
Kisuca Ujhely angibt. Pa ul bezeichnet die Sandsteine und Schiefer
südlich des Cernatales bereits als Magura-, resp. obere Hieroglyphen-
schichten. Welches Charakteristikum diesen letzteren von Paul am
Nordrand der Magurazone ausgeschiedenen Schichten zukommt, habe
ich bereits bei der Besprechung der Gegend oberhalb Beövica, dem
Quellgebiet der Betsch und des Bilabaches ausführlich dargetan. Dieses
trifft aber durchaus nicht auf die Schiefer südlich der Cerna zu, es
sind die typischen braunroten, innen schwärzlichen, tynig-sandigen
und glimmerigen Istebner Schiefer mit Sphärosideriten. Ebenso wie
nördlich der Cerna verlaufen in ihnen die langgestreckten schmalen
Sandsteinzüge, bestehend aus harten Sandsteinbänken und, was
besonders hervorgehoben sei, auch aus den auffallenden kleinkalibrigen
Konglomeraten, die in solcher Ausdehnung und Mächtigkeit nur den
Istebner Schichten eigentümlich sind. Ich konnte sie noch unmittelbar
am Gehänge des Kornicatales bei Rigostcanka und Samajovce auffinden, wo
sie fast allein einen langen Höhenzug zusammensetzen. Im Kornicatal
treten noch typische Istebner Schiefer auf, darüber erst folgen die
von mir den Maguraschichten vorläufig zugerechneten Schiefer und Sand-
steine, die aus B&cvica und dem oberen Bilatal beschrieben wurden.
Am linken Gehänge des N—S verlaufenden Predmirtales,
das nach Turzovka hinunterzieht, fand ich als Basis der Magura-
schichten jene grellroten Tone, welche Uhlig in Schlesien und
Galizien als Belovezaschichten bezeichnet hat. Sie scheinen vom
Predmirtal angefangen gegen Osten ziemlich. kontinuierlich fortzu-
streichen und sind noch am Jablunkapaß an der Grenze der Istebner
Schichten und der Magurasandsteine der Gyrowa zu finden. Im
Liskytal, oberhalb Jablunkau am NW-Abhang des genannten Berges,
sind sie wieder vorzüglich aufgeschlossen, desgleichen bei den Jablunk-
auer Schanzen.
Es ist sicher, daß wir in diesen roten Tonen, die ich als Belo-
vezaschichten nach Uhligs Vorbild anzusprechen keinen Anstand
nehme, die Basis der nächstinneren Zone, der sogenannten Magma-
schichten vor uns haben. Somit haben wir außer dem petrographischen
Habitus der Gesteine zwischen Cerna und Kornica ein weiteres Beweis-
mittel, diese letzteren noch als Istebner Schichten anzusprechen.
Uber das Predmirtal nach Osten wurde bisher die Detailgliederung
der Istebner Schichten nicht fortgesetzt. Ebenso steht diese am Süd-
rand des Kartenblattes Teschen—Mistek— Jablunkau noch aus. Doch
konnte bei mehreren Orientierungstouren das Fortstreichen der ein-
zelnen Faltenzüge eine Strecke weit verfolgt werden.
d) Die nördliche und südliche Grenze der Istebner Schichten.
Die Grenze der Istebner Zone gegen den Godulasandstein haben
wir bereits im vorhergehenden zur Genüge kennen gelernt. Es sei
nur im kurzen rekapituliert:
In Schlesien (Ostrawitzagebiet) liegen die Istebner Schichten
konkordant auf dem Godulasandstein. Westlich davon (wahrscheinlich
schon am Südabhang der Kniehyna) ist die für das Ostrawitzagebiet
[67] Beskidische Oberkreide in NO-Mähren. rer
bezeichnende UÜbergangszone nicht mehr vorhanden, die Grenze der
Istebner Schiefer und des Godulasandsteins ist sehr scharf ausgeprägt,
auch herrscht gewöhnlich verschiedenes Einfallen beider Gesteine,
indem die Istebner Schichten steiler aufgerichtet sind. Westlich von
Roznau und des Pindulapasses erscheint intensive Anpressung der
letzteren gegen den Godulasandsteinzug des Frankstätter Javornik und
der Trojatka, die bei Zubfi sogar in eine kurze Überschiebung über-
geht. Fbenso tektonischer Natur ist das Vordringen der Istebner
Schichten im Domoratzwald über das Westende des Godulasandstein-
zuges nach N und NNO bis Hostaschowitz und Hotzendorf.
Haben wir somit den größten Teil der Nordgrenze der Istebner
Zone als tektonische Grenze erkannt, so zeigen sich gegen die Magura-
schichten, also an der südlicheren Grenze ganz analoge Erscheinungen.
An der Grenze selbst mangeln allerdings zumeist entsprechende
Aufschlüsse. Dafür aber bietet sich im Verlauf der Istebner Sand-
steinzüge ein untrügliches Mittel, das tektonische Verhalten der beiden
Zonen zueinander zu erkennen.
Auf der Übersichtskarte kommt dies deutlich zum Ausdruck.
Besonders in dem Gebirgsstück östlich von Beövica sieht man die
Sandsteinzüge der Istebner Zone schräg gegen die Maguraschichten
streichen. Die Istebner Falten werden speziell bei Beövica m auf-
fallender Weise von letzteren abgeschnitten, an anderen Punkten
wieder gestaut und parallel dem Streichen derselben abgebogen oder
auch geknickt.
Die starke Verschmälerung der Istebner Zone westlich von
Beevica und das dadurch bedingte enge Zusammendrängen der ein-
zelnen Faltenzüge ist sicherlich, nur auf Rechnung des Andrängens
der Magurazone zu setzen. Bei RoZnau werden die Istebner Falten
wiederum von den Maguraschichten schräg abgeschnitten.
Westlich von Roznau verdeckt das Alluvium der Betsch die
weitere Grenze.
Während also das Streichen der Istebner Falten zum aller-
größten Teil nicht mit dem Verlauf der Grenze übereinstimmt, sehen
wir die verschiedenen Bildungen der Maguraschichten, abgesehen von
einzelnen durch Erosion bedingten Ausnahmen, durchweg parallel der
Grenze hinziehen. Es kann sich somit also auch hier nur um eine
tektonische Grenze handeln. Inwieweit eine Aufschiebung der Magura-
schiehten auf die Zone der Istebner Schichten erfolgte, ist bisher
noch nicht mit Bestimmtheit anzugeben, da die betreffenden Unter-
suchungen erst im Gange sind. Das eine ist jedoch jetzt schon zu
sagen, daß eine Überschiebung der Maguraschichten im Sinne einer
eigenen Decke nicht vorzuliegen scheint. Es dürfte sich im allgemeinen
um ähnliche Erscheinungen handeln, wie sie an der Istebner—Godula-
srenze bei Zubfi auftreten. Doch sind, wie gesagt, diese Fragen
gegenwärtig noch nicht spruchreif und sind erst weitere Detailstudien
zu ihrer Lösung erforderlich.
In kurzem lassen sich die bisher gemachten Beobachtungen in
den Istebner Schichten westlich des Jablunkauer Passes folgendermaßen
zusammenfassen:
Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1911, 61. Bd., 3. u. 4. Heft. (Dr. H. Beck.) 100
178 Dr. Heinrich Beck. [68]
Die Istebner Schichten gehören dem Senon an. Sie bestehen aus
Schiefern und darüberliegenden Sandsteinen und Konglomeraten und
sind in eine große Anzahl paralleler, gegen N überkippter Falten ge-
legt. In der Umgebung des Ostrawitzatales liegen sie ohne Ablagerungs-
lücke konkordant über dem Godulasandstein, der dementsprechend bis
an die untere Senongrenze reichen dürfte, während in den westlich
davon gelegenen Gebieten tektonischer Kontakt zwischen Godula- und
Istebner Schichten herrscht, indem diese auf jene aufgeschoben und
sogar überschoben sind (Zubri). Am Westende des Godulasandstein-
zuges wurden die Istebner Schichten samt der neokomen Unterlage
vorgeschoben und in letztere eingefaltet (Domoratzwald).
Die Grenze der Istebner Zone sowohl gegen den Godulasand-
stein wie auch gegen die Zone der sogenannten Maguraschichten ist
größtenteils tektonischer Natur. Wie die Istebner Schichten auf den
Godulasandstein teilweise aufgeschoben sind, werden sie selbst wieder
von den Maguraschichten mit allen Erscheinungen einer Aufschiebung
überlagert.
III. Anhang.
Zone der sogenannten Maguraschichten.
Unter dieser Bezeichnung fasse ich vorläufig jenen Schichten-
komplex zusammen, der das Gebirge zwischen den Istebner Schichten
im Norden und dem Waagtalklippenzug bildet. Da die Untersuchungen
über diese Zone verschiedenartiger Bildungen noch nicht zum Abschluß
gebracht werden konnten, sei vorläufig nur das Wichtigste der bis-
herigen Ergebnisse der Detailaufnahme hier festgehalten.
Wie ich bereits in den Verhandlungen unserer Anstalt!) mit-
geteilt habe, gelang es mir, an mehreren Punkten bezeichnende
Fossilien aufzufinden. Nummuliten führende Schichten traf ich bei
Jarzowa, südlich von Wall.-Meseritsch, ferner bei Stfitesch in einem
kleinen Graben knapp vor dessen Ausmündung in das Betschtal gegen-
über von Zaschau, sowie endlich bei RoZnau östlich vom Berge Hra-
disko oberhalb des RoZnauer Brauhauses.
Die genannten drei Fundstellen paläogener Fossilien liegen am
Nordfuß eines hohen, einheitlichen Sandsteinzuges, in dem, wie bereits
in dem zitierten Sitzungsbericht angegeben, oberkretazische Fossilien
nachgewiesen wurden. Ich fand bei Chwalezow, südlich von Bistritz
am Hostein, in einer Breceien- und Konglomeratbank dieses Sand-
steinzuges Irhynchonella cfr. compressa Sow. und erhielt von der Bau-
leitung der im Bistritzkatal südlich von Wall.-Meseritsch in Ausführung
begriffenen Talsperrenbauten ein prächtiges Exemplar von Pachydiscus
Neubergieus v. Hauer, das im sogenannten Vantuch-Steinbruch in
Bistritzka gefunden wurde’).
!) Zur Kenntnis der Oberkreide in den mährisch-schlesischen Beskiden.
Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1910, Nr. 5.
”) Das gesamte paläontologische Material aus der Zone der sogenannten
Maguraschichten wird den Gegenstand einer eigenen, demnächst in den Schriften
unserer Anstalt erscheinenden Publikation bilden.
[69] Beskidische Oberkreide in NO-Mähren. 19
Leider sind diese Fossilfunde derzeit noch vereinzelt geblieben,
so daB es noch fraglich ist, ob man den ganzen Sandsteinzug als Ober-
kreide anzusprechen hat.
Südlich schließt sich daran ein breites Niveau von schiefrigen
Mergeln mit zwischengelagerten harten Kalksandsteinbänken, darüber
folgt in dem durch die Wsetiner Betsch aufgeschlossenen Querprofil
eine Zone von roten Tonen, ähnlich den Belovezaschichten, die eine
Mulde zu bilden scheint, sodann in der Gegend der Stadt Wsetin
abermals Sandsteine, die wahrscheinlich mit denen: von Chwalezow
und Bistritzka zu identifizieren sein dürften, ferner eine außerordentlich
breite (10 km!) Zone von schiefrigen Tonen und Mergeln, in denen
als Längstal der Oberlauf der Wsetiner Betsch eingeschnitten ist, und
noch weiter im Süden, an der mährisch-ungarischen Grenze eine von
Paul als Javorniksandstein bezeichnete Zone, bestehend aus braun-
roten Schiefern und harten Sandsteinbänken, weshalb sie dieser Autor
mit den Istebner Schichten in Parallele brachte und als wahrscheinlich
oberkretazisch bezeichnete. Beweise für diese Annahme fehlen bis jetzt.
Jenseits dieser Javornikschichten folgen abermals Mergelschiefer,
Tone und Sandsteine (Sandsteinzug des Makittagebirges, Teufelssteine
im. Senicatal), über deren stratigraphische Stellung sowie tektonische
Verhältnisse nur sehr dürftige Angaben vorliegen. Im großen ganzen
ist die ganze Zone tektonisch charakterisiert durch das Auftreten auf-
rechter Falten, im Gegensatz zu dem durch überkippte Falten und
Schuppenbau ausgezeichneten Gebiet der Istebner Schichten und der
„Schlesischen Kreide“ sowie der subbeskidischen Decke.
Ich hoffe, in kurzer Zeit mehr und speziell Positives über dieses
ausgedehnte Gebiet berichten zu können. Die Ergebnisse der Detail-
aufnahme desselben werden den Gegenstand einer eigenen Publikation
in diesem Jahrbuche bilden.
100*
7s0 Dr. Heinrich Beck.
Inhaltsverzeichnis.
Zur Einleitung 20 2 nl, 3083 A EUR:
I. Das Verhältnis des Baschker Sandsteins und der Friedecker
Mergel zum schlesischen Neokom und der subbeskidischen Decke
a) Lüebischberg und ’Reimlicher‚Hurka) 9.27 „ur ET I23-E
b) Umgebung von Stramberg und Nesselsdorf .....
e),Na. Boklachiu a. BI un Te ee
d) Tychauer Berge ß
e) Hochwälder Berge; archbrache@l; der Ondke nitze :
f) Staritsch i
9) Friedeck— ee Donate kalte, ; ;
h) Sonstige in der Literatur ausgeführte Vorkommnisse von Senon
II. Die Istebner Schichten . . . . ie air
a) Oberer Domoratzwald bei okzandork
1. Die Istebner Schichten des Domoratzwaldes
2. Die neokome Umrahmung des Domoratzwaldes
3. Tektonik des Domoratzwaldes }
Das Gebirge nördlich der Betschwa zwischen Krasna und RoZnau
b)
1.!Talövon "Binina'(Oborsktal) 7 tu EI,
2. Das Tal von Krhowa (Srnibach)
3. EDTHOW DACH In. ER RE RA TER
4. haschausser se. BETTEN SEROERBRLERSE EU ERTEILEN,
5. Zubfi, Stary Zubfi, ndu 5
c) Die Istebner Schichten östlich von Bord im Queligehien
der Roänauer Betsch, des Öeladnabaches und der Ostra-
witza s
d) Die nördliche und südliche ereie dir 18feßneh Schichten ;
III Anhang. 0... SENSE LE ae
Zone der nannten Mas urinchichen RER RR UT
Gesellschafts-Buchdruckerei Brüder Hollinek, Wien III, Steingasse 25.
170]
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155 [45]
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758 [48]
759 [49]
767 [57]
776 [66]
778 [68]
778 [68]
Tafel XXIX.
Nachträge zur jungtertiären (pliocänen) Fauna
von Tehuantepee.
a —————————
Fig.
Fig.
Fig.
Fig.
Fig.
Fig.
Fig.
Fig.
Fig.
Fig.
Fig.
Fig.
Fig.
Fig.
Fig.
Fig.
Fig.
Fig.
Erklärung zu Tafel XXIX.
Ostrea af. vespertina Conr.
a Außen-, 5b Innenansicht.
Pecten (Amussium) cf. Mortoni Rav. (nov. sp.?)
a Außen-, b Innenansicht.
Pecten (Amussium) aff. Mortoni Rav. (nov. sp.?)
a Außen-, b Innenansicht.
Pecten (Amussium?) Frechi n. sp.
a Außen-, b Innenansicht. Das Kreuzzeichen zeigt die natürliche Größe an.
Arca (Bathyarca) Spenceri Dall.
a Linke Klappe, Außenansicht. 5 Innenansicht. ce Vergrößerung der Ober-
fläche. d Rechte Klappe von außen. e Vergrößerung der Oberfläche,
feinrippige Varietät. f Rechte Klappe von außen, grobrippige Varietät.
Leda cf. acuta (Conr.) Dall (n. sp.?)
a Außen-, 5 Innenansicht in dreimaliger Vergrößerung.
Lucina Frechi n. sp. in dreimaliger Vergrößerung.
a Außen-, b Innenansicht.
Nassarina isthmica Böse var. elongata nov. var,
Murex (Trophon) Werneri nov. spec. in zwei Ansichten.
Murex spec. ind. (Neue Art?)
Marginella Frechi nov. spec. in zweimaliger Vergrößerung.
Cancellaria Zahni Böse nov. var,
Mitra Almagrensis nov. spec.
Pleurotoma (Clathurella?) Christiniana nov. spec. in dreimaliger Ver-
größerung.
Pleurotoma (Clathurella®) trilineata nov. spec. in dreimaliger Vergrößerung.
5 (Glyphostoma) mexicana nov. spec. in zweimaliger Vergrößerung
2 (Surcula) Santa Lucreciana nov. spec. in zweimaliger Ver-
größerung.
Pleurotoma (Surcula) ef. Angermanni Böse (viell. neue Art) in zweimaliger
Vergrößerung.
Die Originale von Fig. 3, 17 und 18 stammen von der Station Santa
Lucrecia (bei Kilometer 127) aus 30 m Meereshöhe.
Alle übrigen Originale von Almagres (bei Kilometer 70) aus 43 m Meereshöhe.
Die Originale liegen im geol. Museum der Universität Breslau.
Tafel XXX ().
Die jungtertiäre Fauna von Gatun am Panamakanal.
Fie: =:
Fig.
Fig. 2.
Fig. 4.
tig... 5,
Fig. 6.
Fig. 7.
Fig. 8.
Fig. 9.
Fig. 10.
Fig. 11.
Fig. 12.
Fig. 13.
Fig. 14.
Erklärung zu Taf. XXX (D.
Oculina spec.
Encope gatunensis n. sp.
a von oben, b von unten.
Pecten pinnulatus n. sp.
a von oben, b von unten.
Arca gatunensis n. sp.
a Außenseite, 5 Innenseite.
Solen spec. aff. Solen vagina L.
Turritella (Haustator) af. Hanleyana Reeve. —= 1. lineolata (Kiener)
Tryon. Viell. eine neue Art. -
a Stück der unteren Hälfte, 5 aus der Spitzeregion.
Dolium (Malea) spec. Viell. eine neue Art.
a Außenlippe, 5 ein Stück der Schalenoberfläche.
Columbella gatunensis n. sp.
a Unterseite, db Oberseite.
Coralliophila (2?) gatunensis n. sp.
Cancellaria (Trigonostoma) aff. C. buliata Sow,
Pleurotoma spec. af. Fl. alesidota Dall var. macilenta,
Pleurotoma spec.
Petrochirus cf. granulatus Olivier sp.
Krabbenschere von der Unterseite. Vielleicht zu den Trapezoideen gehörig.
Alle Originale von Gatun befinden sich in der geologischen Sammlung der
k. k. Technischen Hochschule in Wien.
Das Größenverhältnis ergibt sich aus den Maßen im Texte.
Tafel XXXI (Il).
Die jungtertiäre Fauna von Gatun am Panamakanal.
Jahrbuch d. k. k. geol. Beichsanstalt, 1911, 61. Bd., 3. u. 4, Heft. 101
Erklärung zu Taf. XXX] (II).
Fig. 1. Fecten af. subhyalinus Smith. Viell. eine neue Art.
Fig. 2. Pectunculus gatunensis n. sp. Außen- u. Innenansicht.
Fig. 3. Lucina (Codakia) gatunensis n. sp. Außenseite und Schloß.
Fig. 4. Cardium minutissimum n. sp. Außen- u. Innenseite.
Fig. 5. Cytherea (Callista, Meretrix) af. rudis Poli. Außen- u. Innenseite,
Fig. 6. Tellina cf. punicea Born. Außen- u. Innenseite.
Fig. 7. Corbula aff. carinata Duj. Außen- u. Innenseite.
Fig. 8. Dentalium armillatum n. sp. af. D. Oerstedi Mörch.
In natürlicher Größe und ein Stück vergrößert.
Fig. 9. Cadulus (Gadila) af‘. albicomatus Dall.
Fig. 10. Teinostoma cf. carinatum d’Orb. Vielleicht eine neue Art.
Fig. 11. COyelostrema quadrilineatum n. sp. af. C. excavatum Wats.
Fig. 12. Crepidula gatunensis n. sp. Von innen u außen.
Fig. 13. Turbonilla af. scalpidens Wats.
Fig. 14. Cerithium (Bittium) af. scabrum Olivi.
Fig. 15. Columbella (Atilia) gracılis n. spec.
Fig. 16. Phos semilineatum n. sp.
Fig. 17. Coralliophila incerta n. sp.
Fig. 18. Marginella af. nitida Hinds = M. suceinea Conr. Viell. eine neue Art.
Fig. 19. Terebra acuaria n. sp.
Fig. 20. Pleurotoma gatunensis Toula var. (nov. var.)
Fig. 21. Conus (Cheliconus) tortuosopunctatus n. sp.
Fig. 22. ’ R tortuosostriatus n. sp.
Fig. 23. „ Dalli n. sp. Drei verschieden große Individuen.
Fig. 24. Tornatina af. candei d’Orb.
Fig. 25. Cylichna (?) aff. Cylichnella bidendata d’Orb.
Fig. 26. Operculum. Viell. zu Natica gehörig. Von innen (a), von außen (b).
Alle Originale befinden sich in der geologischen Sammlung der k. k. Tech-
nischen Hochschule in Wien.
Die Größenverhältnisse ergeben sich aus dem Texte. Vergrößerungszahlen
sind bei jedem Stücke angegeben.
H. Leitmeier: Krist. Umrandung des Grazer Beckens. Taf. XXVIM
Fig. 1. Fig. 2.
Autor phot.
Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Bd. LXI, 1911.
Verlag der k. k. geologischen Reichsanstalt, Wien III. Rasumofskygasse 23.
F. Toula: Fauna von Tehuantepee. Tat IRIR,
O0, Fies del Chemigraph. von C, Angerer & Göschl.
Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Bd. LXI, 1911.
Verlag der k. k. geologischen Reichsanstalt, Wien III. Rasumofskygasse 23.
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Be |
FR. TOULA: JUNGTERTIÄR V. GATUN. (I)
Heliogr. u.Druck „Graphische Union’ Wien Vil
JAHRBUCH DER K.K.GEOLOGISCHEN REICHSANSTALT BAND LXT. 191.
VERLAG DER K.K. GEOLOGISCHEN REICHSANSTALT, WIEN,II. RASUMOFSKYGASSE 23
FR. TOULA: JUNGTERTIÄR V. GATUN. (I)
Gez. v. O.Fiess Heliogr. u. Druck ‚Graphische Union’ Wien Vi.
JAHRBUCH DER KR.GEOLOGISCHEN REICHSANSTALT BAND LXT.191.
ERLAG DER K.K.GEOLOGISCHEN REICHSANSTALT, WIEN, Ill. RASUMOFSKYGASSE 23
O. Ampferer und W. Hammer: GEOLOGISCHER ALPENQUERSCHNITT.
Taf. XXXIV.
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Krmelln paskau Ki x Kulm Sandstein u.Schiefer (@raumurke)
? ° Stramberger Kalk (Zithon )
Untere Teschener Schiefer
Teschener Kalk (Berrüassien )
ObereTeschener Schiefer (Yalanginien )
Grodischler Schichten (Aawteririen )
0) " Auhübel ER 7 \ g Wernsdorfer Schichten) (Barremien)
Sponau "ny. A ‚N ; h Ellgother Schiefer >
Ellgother Sandstein
Godula Sandstein (Gwelt bis Turon )
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Oberkreideaufbrüche)
| Subbeskidisches Gebirge 4Mrtäru.Oberkreide 2)
Miozän ( Sande und Zegel)
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Dr. Fritz Kerner v. Marilaun. Mit 12 Textillustrationen . . 385
Zur Petrographie der Stubalpe in Steiermark. Ein Beitrag zur Petrographie |
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Franz Toula. Mit einer Tafel (Nr. XXIX) und zwei Zinkotypien - |
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Die jungtertiäre Fauna von Gatun am Pinaudknaa) Von Franz Toula. a
II. Teil. Mit 2. Tafeln (Nr. XXX [I] und XXXI[I])). ... 2... 487 I
Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen vom Allgäu zum Gardasee.
Von Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. Mit drei Tafeln
(Nr. XXXII—XXXIV) und 50 ‚Textbiklern ER TE AI 531
Die tektonischen Verhältnisse”der beskiliischen Oberkreideablagerungen m
nordöstlichen Mähren. Von Dr. Heinrich Beck. Mit einer golo-
Krk Übersichtskarte rat, Nr. XXXV) und 29 Ren im
Text) . RN ER RS RER 2 Ta RE Rare te.
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Hauptdolomitbreccie
fauhwacken u. Gips II]
der Haibler Sch |
2,
Wettersteinkalk IE
dw In
Fartnach - Sch.
S
Muschelkalk
a
N
D
Aauhwacke und
Buntsandstein
r
Verrucano
Guarlar
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eg Öocän am Gardasee
Seaglia
Biancone
Tıthon des Lischanna
Flecken mergel,
Lias des Stammers
und Lischanna.
un
Unterer Lias des Engadins
(KHalke und Breceien
ı. Corn
Rhät
Unterrhälische Kalke
des Ortlers
Hauptdolonz
Ortlerdolomit
Haibler Sch.
Diploporendolomit
Esinokalk
Wengener Sch.
Muschelkalk
Buchensteiner Sch.
Zellendoloqjt
Bauhwacke
Servino
Verrucano und
Guarzsandstein
Ser zzibphyllt des Ortler-
trebiets
Grödner Sandstein
Wälchtenschiefer
/erm u. Formokarbon
rn
De .
Dentralu. Sudabben.
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(9)
Jacies d. Crinoidenbreceien
feretacisch)Quarzbreccien/Arina)
A—
Vonschieler
Yory2g doupunc
Fücies der bunten
Schiefer
RZ)
17
| Facies der Kalke und
Phyllit
Kohlen sstoffphyllit
Granalphyllit
Ünarzite der
Phyllite
Fejo guarz vle
unlere
Granal-und
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PEEBSENS
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T
N
Staurolilhglimmerschiefer
\
Muscovitglimmerschiefer
daloryo
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Adergreiß
(ne klionsgneiß)
Phyllitgneiß
J
Marmore
B totilgneiß im
Verwal!
2-Glimmergneiß im
Verwal. Fejogneiß
Mi Augen -
2 ‚gnein
Orthagneiße |" gkgrit
‚granit
gneiß
Guarzporphyr
YGuarzp orphyrlıud Je
Granit
Tonalıt
Granodiorit
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———
Diabas ulhabasporphyrit
Diabasschiefer
Diorit — F
Dabas FPorphyrite
IUNJSOH-AMANLO
De
Amphibolit
Serpentin
Olivinfels
Grünschiefer
kKonlaktmelamorphe
Gesteine.
Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Band LXI, 1911.
Verlag der k.k. geologischen Reichsanstalt ‚Wien IN., Rasumoffskygasse 23.
BEREIT nn
Lüpfelschieler u Beglı eitgesteine. L
Taf. xxx.
Rocies der Ayscharligen Sch. =, m
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10004