pen ab onaibı ala a0 Me Wr nn een ER een Ten a Dpper morägergeorteszectere et: halt generated C Zn - E x I reeN h " 5 ' 2 a ie een per LErSe bi eeerehen \ y " h N 2 N . even - er an ee e Taerar « > N v nh- £ I I ne een een P Kr Si) j l tesa 0 4 Se et Erren 0 4 ge ee en nn ee er nn ng mr nen m te PAS. RN an Er % | u vr f' y ER LU REN LRERBANN DU EINER NG © 2 Fa NORA Be ‘ ’ { 037 were ve RR JAHRBUCH D. ir Jsiein® GEOLOGLICHLN RBEICHSANSTALT Ausgegeben am 15. April 1877. JAHRBUCH DER KAISERLICH - KÖNIGLICHEN GEOLOEISCHEN REICHSANSTALT, Fa » en Jevs vAVT ° un Fr s* JAHRGANG 1877. XXVII. BAND. NRO. 1. JÄNNER, FEBRUAR, MÄRZ. | (Hierzu Dr.Gust. Tschermak, Mineralogische Mittheilungen, VI. Band, 1. Heft.) SER S\D,) [Q) ES BR Br WIEN. | | ALFRED HÖLDER K. K. HOF- UND UNIVERSITATS-BUCHHÄNDLER. | Rotbenthurmstrasse' 15. Druck von J. &. Fischer & Comp. Wien, Preis pro Band (4 Hefte): 8 fl. — Einzelne Beite 2 fl. 50 kr. Oe. W. PX) ’ 73 e Verhandlungen der k. k. geologischen Reichsanstalt. 18671875. re Be .. pro. EN N x 3 Pi Kenngott, Dr. 6. A. Uebersicht der Resultate mineralogischer Forschungen. An "den Jahren AS en 1849. Herausgegeben von der k. k. geologischen Reichsanstalt RE SE A EB „ Uebersicht der Resultate, mineralogischer Forschungen in den Jahren 1850. ‚und‘ = 2 „ Uebersicht der Resultate mineralogischer Forschungen in: dem Jahre 1852 . Sa ae FE ee Catalog der Ausstellungsgegenstände bei der Wiener Weltausstellung I813-. u. 3 Kar Commission Verlag von A. Hölder, k. k. Hof- und int Bänder in Win Abhandlungen der k. k. geologischen Reichsanstalt. Band I. Mit 48. lithographirten Tafeln ERERE =. % & = : - TE ATTRESE B Er ER, a n ” n ” ” a re en BE > wREE IV. BD EEE NN Der dritte und vierte Band enthällen Blaschiiesetäin 2% Ä SS RE S. ; Dr. M. Hörnes. Die fossilen Mollusken des Tertiärbeckens von Wien. Far Abhandlungen der k. k. geolog. Reichsanstalt. Band V, Mit ‘43 lith. Tafeln a A RE OR Heft 1. Dr. M. Bunzel. Die Reptilfauna der Gosauformation in der ‚Neuen Welt bei wr.-Neustadt: Mit-lithogr.: Tafelü! x. ER. Sa en ee ee RE . Heft 2. Dr. M. Neumayr. Die Cephalopodenfauna der Solithe von Balin bei Krakau. Re Mit 7>Jithogr. Tafeln AI Der Er Heft 3. Dr. 6. €. Laube. Die Echinoiden der österreichisch- ünzarischen oberen Tertiär- ablagerungen.: Mit. & lithogr;; Dafeln. un a a ae en N ehe Heft &. Dr. A. Kornhuber. Ueber einen fossilen. Saurier. ‚aus Lesina, Mit 2 lithögr. Doppeltafeln ES HE Da REN RER ENTER. ®: Heft 5. A. Redtenbacher. Die Gephalopodenfaund "der "Gosauschichten. in den nordöst“ x lichen Alpen. Mit 9 lithogr. Tafeln .... ? R ve Heft 6. Dr. M. Nehilagr: Die Fauna ‚der Schichten mit Aspidoceras BEN "Mit 13 Lthopr Dafeln ur sn Sr eh TE EEE RBREN"e Fass EN RE Abhandlungen der k. k. geolog. "Reichsanstalt. Band VI. £ ee Dr. Edm. v. Mojsisovies. Das Gebirge um Hallstatt. I. Theil. Die, Mollusken- -Faunen der Zlam- bach- und Hallstätter-Schichten. Heft 1. (Orthoceras, Nautilus, Zytooeras, Phylloceras, Pinacoceras, Sageceras, Arcestes 2. ge: Mit:3%. lithogr. Tafeln 7 Se RN ae Er ae a Ba Re Heft 2. (Arcestes, Didymites, Lobites). Mit 38 lithogr. Tafeln’ Fe I er E Abhandlungen der k. k. geologischen Reichsanstalt. Band VIL 2 : Heft 1. Dr. Alois v. Alth. Ueber die paläozoischen Gebilde Poäoliens‘ und‘ ER Ver- 2 steinerungen. I. Abtheilung. Mit 5 lith. Tafeln... .. . h Ka Rn Heft 2. Dr. Ednı. v. Mojsisovics. Ueber die triadischen Pelecypoden-Gattungen Daonella and. Halobia: Mit; H-lith. Talelas Er He RE ee B Heft 3. Dr. M. Neumayr u. €. M. Paul. Die Oongerien- und Paludinenschichten Blarontane, Et Mit 10 lithogr, Tafeln .. ..... Be ee Abhandlungen der k. k. geolog. Reichsanstalt. Band VIII. a a , . Heft 1. D. Stur. Die Culmflora des mährisch-schlesischen Dachschiefers, Mit 7 lithogr. 53 Tafeln FE A RR Re 283 Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt 1850, 1852, 185 1861-1866 “00, „pro Bd. a 5 5 = De SE 1ER en. : Be A = 5 5 ey ie „ General-Register der ersten zehn "Bände BI ER ee U mi der ‚Bände SH und der Jahr- gänge 1860-1870 der" orange m 7 BASE BAHR GE aa as m Fuchs Th. Geologische Karte der CET Wien’ s. Mit einem Heft Beläuterungen an "drei lich, TaLoln Se N TER EEE RR Ta > SEE SEE ET RE 4 Haidinger, W. Naturwissenschaftl. Abhandl. "Gesammelt und durch Subseript. herausgegeben. U.Bd. m. 30 lith. Tafeln 18 fl. 92 kr., III. Bd. mit 33 lith. Taf. 21 f,IV. Bd. m. 30 lith. Taf. . „ Berichte über die Mittheilungen von Freunden der Naturwissenschaften in ae Gesammelt und durch Subscription herausgegeben. III. Bd. 3 fl. 52 kr.,IV. Bd. 2 fl. 80 kr., V. und VI. Ba.AıA. 60 kr, vIL. Ba. 2 8. 42 kr. Verlag von A. Hölder, k. k. Hof- u. Universitäts-Buchhändler in Wien, Geologische Uebersichtskarte der Oesterreichischen Monarchie, nach den Aufnahmen der k. K e geologischen Reichsanstalt bearbeitet von Franz Ritter v. Hauer ‚complet | Blatt I Titelblatt. Blatt IF Böhmen*) -.. 2... 2.2. vn a 5: AIE"Westkarpathen, einzeln aa un. a ee een ae ee a a ee „ -IV;Ostkarpathen, einzeln. . „uno RE A Ta BU „ .V Westliche Alpenländer, einzeln . ....... x... TE »„ . VI Oestliche Alpenländer, einzeln . . . 2.2... ET ER Te wi. (UngarisehesTiedand -einzelu or ee SR Be „ "VI Siebenbürgen, "einzeln N... rat Mae a ae er We „=, 1X Färbenerklärung,. einzeln... a, 5 a Rue ee een ee are 2.75%. Dalmation, einzeln ‘ans TE N „ XI und XII Vergleichende Formationstafel®). Res a ; Hauer Fr. Ritt. v. Die Geologie und ihre Anwendung auf die Kenntniss der Bodenbeschafenbeit. der-Oester.-Ungar. Monarchie, 18742... 3% u Ra Ge ee *) Werden nicht getrennt abgegeben. Geologie Kaiser-F ranz-Josefs-Hochquellen- Wessrleitng. Geologische Studie über die Tertiärkildungen am Westrande in alpinen Wiener Beckens. Von’ Sr: Sl ' Felix dire ar a ‚ Herausgegeben von der k.k. OBER. Reichsanstalt, (Abhandlungen. Bd. X) Mit 12 Tafeln geologischer Durchsehnitte in Farbendruck, 6 en und architeetonischen Tafeln, a zahlreichen im Texte eingeschalteten Holzschnitten. Er ni n Ge . Preis fl. 36 — 72 M. a - ” 2 ae, A Verlag v. Alfred Hölder, k. k. Hof- u. Univers.-Buchhändler in Wien, Rolhelhurmtras b K; 27. Band. 1877. JAHRBUCH I. Heft. . KAIS. KÖN. GEOLOGISCHEN REICHSANSTALT. : Ueber einen kurzen Ausflug nach Krasnowodsk im westlichen Turkestan. N Von Dr. Emil Tietze. % Auf der Rückkehr von Persien begriffen, unternahm ich im Sep- | tember 1875 von Baku aus, wo ich mich zu meiner persönlichen In- formation über das Phänomen der dort in der Nähe auftretenden Schlammvulcane und Naphtaquellen etliche Tage aufhielt, einen kurzen Ausflug an das Ostufer des caspischen Meeres bei Krasnowodsk, wo seit etwa 7 Jahren eine russische Militärcolonie sich zu einem verhält- nissmässig rasch aufblühenden Städtchen entwickelt. Wo früher nur einige elende turkomanische, bienenkorbähnliche Kibitken standen, er- heben sich jetzt um eine schmucke Kirche herum verschiedene wohl gebaute massive Häuser. Die Bai von Krasnowodsk, die vielleicht 3 mit Ausnahme von Tjub Karagan den besten Ankerplatz an der ganzen A Ostseite des Caspisee’s bietet, und die relative Nähe Chiwa’s machen br diesen Punkt zu einem .der wichtigsten jener Gegenden in strategischer und in Zukunft vielleicht auch in commercieller Hinsicht, namentlich wenn Projecte, wie das der Bewässerung des alten Oxusbettes oder das einer Eisenbahn von hier nach Chiwa sich einmal verwirklichen sollten. Vorläufig leidet der Platz hauptsächlich an einem Uebelstande, dem Wassermangel, welchem, da Brunnen mit genügender Wassermenge bis jetzt noch nicht entdeckt wurden, zum Theil durch Destillation von Meerwasser abgeholfen wird. Das Wasser des Golfes ist ausserordent- lich rein und klar, worauf auch der russische Name des Platzes an- spielt. Von dem Seeboden hier hat Iwanschizeff (vgl. Petermann’s geogr. Mitth. 1870, p. 342) nachgewiesen, dass er sich senke. Ueber die topographischen Verhältnisse dieser Gegend orientirt man sich am besten, wenn man die in Petermann’s geogr. Mittheilungen 1873 publieirte „Karte eines Theils der transkaukasischen Länder, zusammen- gestellt nach den neuesten Aufnahmen in der kriegstopographischen Abtheilung des kaukasischen Kriegsdepartements in Tiflis“ vornimmt. Der Balchanbusen, dessen Fortsetzung und Erweiterung die Bai von Krasnowodsk ist, erscheint als Fortsetzung des alten Oxusthales, und der südliche Theil der den Busen von Krasnowodsk nach Westen | U. schliessenden flachen Halbinsel von Bechowitsch erscheint in Verbin-, 7, dung mit der flachen, nach Norden sich erstreckenden Landzunge‘‘ der durch ihre Salz- und Naphtaführung ausgezeichneten Insel Tsche- leken fast wie eine alte Barre, namentlich wenn man noch die in! Jahrbuch d. k. k' geol. Reichsanstalt. 1877. 27. Band. 1. Heft, (E. Tietze.) 1.4 c | C\ f $ SL RN / \ ) E. Tietze. [2] siidöstlicher Fortsetzung von Bechowitsch im Meere vorhandenen Untiefen in Betracht zieht. Die flache Halbinsel Dardscha wird von Kosch- kull geradezu als Deltabildung des Oxus betrachtet. Koschkull schrieb in russischer Sprache einen Aufsatz über jene Gegend, dessen geologische Resultate von Barbot de Marny in seiner jüngsten Schrift über die Fortschritte der Geologie in Russland mitgetheilt wurden. Am Nordrande der Bai von Krasnowodsk und des Balchanbusens erstreckt sich eine Gebirgskette von mässiger Höhe, die an verschie- denen Punkten verschiedene Namen führt, bis zum sog. grossen Bal- chan. Unmittelbar bei Krasnowodsk ist das. Bektemirgebirge im Westen von dem Kubadagh, im Osten durch eine ziemlich breite Thalfurche getrennt. Die beiden Gebirge, die sich durch grosse Vegetationsarmuth auszeichnen und ganz kahl erscheinen, liegen das eine in der unmittel- baren Fortsetzung des andern und dürfte desshalb das Bektemirgebirge ganz dieselbe Zusammensetzung haben, wie der Kubadagh. Schon in ziemlicher Entfernung, wenn man sich mit dem Schiffe der Küste von Krasnowodsk nähert, bemerkt man die hellgrauen, etwas gelblichen Farbentöne dieser Gebirge, und auf’s Deutlichste deren Schich- tung. Vor denselben aber treten einige dunkle, grünlichgraue Hügel hervor, an denen wenigstens im Grossen und in der Entfernung keine Spur von Schichtung wahrnehmbar ist. Ein Formationsunterschied zwischen den Vorbergen und den höheren Gebirgen dahinter fällt also auf den ersten Blick in die Augen. Die Berge im Hintergrunde bestehen im Wesentlichen aus einer Kalkformation, die Vorberge aus Eruptivgesteinen. Am unmittelbaren Fusse eines der letzteren liegt die Stadt Krasnowodsk, der Vorberg etwas mehr östlich heisst Ufrak, und seine äusserste, dem Meere zu- gekehrte Spitze ist das Cap Swistunow. Der Vorberg von Krasnowodsk und das Vorgebirge Ufrak liegen sozusagen in einer Zone, doch ist dieselbe unterbrochen, da das Meer zwischen Ufrak und Krasnowodsk fast unmittelbar auf eine ziemliche Strecke an das Kalkgebirge her- antritt. Die Eruptivkuppen sind übrigens von den dahinter liegenden Kalkbergen durch ein mehr oder minder breites Thal derart geschieden, dass die Beziehungen des Kalkes zu den Gesteinen jener Kuppen nicht direct erkannt werden können. Doch empfängt man den Eindruck, dass der Kalk die spätere Bildung sei. Seine Schichten fallen von den Eruptivgesteinen ab. Eichwald (Reise auf dem caspischen Meere und in den Kau- kasus, Stuttgart und Tübingen 1834, 1 Bd., 8. Capitel) ist der erste, dem wir über diese Gegend einige geologische Daten verdanken. Er hat die Küste von Krasnowodsk bis hinein in den Balchanbusen an mehreren Punkten besichtigt. Wichtig erscheint, dass er verschiedene vorspringende Landecken fand, die aus einem sehr grobkörnigen Granit bestanden. Der Granit war aus rothem Feldspath, farblosem Quarz und tombakbraunem, glänzendem Glimmer zusammengesetzt. Ich selbst bin bei meinem sehr kurzen Aufenthalt dort an keinen Punkt gekommen, wo ich diesen Granit hätte beobachten können. Da- gegen hatte ich augenscheinlich Gelegenheit, eines der Gesteine zu sehen, welche von Eichwald als Porphyre bezeichnet wurden. Es ee [3] Ueber einen kurzen Ausflug nach Krasnowodsk etc. 3 sind das die Massen, aus denen die oben bezeichneten Vorberge von Krasnowodsk und Swistunow der Hauptsache nach bestehen, und welche die dunkle Gehängefärbung dieser Vorberge bedingen. Ich fand diese Berge nämlich zusammengesetzt aus einem porphyrischen Gestein, bei welchem in einer grünlichgrauen Grundmasse zahlreiche, 2—4 Mm. lange, helle Plagioklaskrystalle ausgeschieden sind. Hornblendekryställ- chen sind schon mit der Loupe in der Grundmasse wahrzunehmen. Die mikroskopische Untersuchung des Gesteins wurde freund- lichst von Hrn. Cornelio Doelter ausgeführt, und fand derselbe dabei zahlreiche grössere, fein gestreifte Plagioklaskrystalle, Orthoklas in un- bedeutender Menge und Hornblende in grünen oder braunen Krystallen vorkommend. In den Feldspathen sieht man zahlreiche Mikrolithen und auch Glaseinschlüsse, ebenso in der Hornblende, welche auch viel Apatit enthält und oft etwas zersetzt ist. Grössere Magneteisenkry- stalle (mikroskopisch) sind ziemlich häufig. Die Grundmasse besteht aus kleinen Feldspathkrystalloiden und enthält ziemlich viel Magneteisen. Die chemische Untersuchung des Gesteins ergab, wie mir Herr Bergrath C. v. Hauer mittheilt, in 100 Theilen: 64:10 Kieselsäure, 15:39 Thonerde, 6°57 Eisenoxydul, 5°11 Kalk, 2:11 Magnesia, 2:22 Kali, 3:80 Natron, 0°99 Glühverlust. Phosphorsäure war nicht nachweisbar. Die Dichte des Gesteins wurde zu 27 gefunden. Herr Doelter bestimmt das Gestein als Porphyrit, Abich nannte es Grünsteintrachyt, und Siewers Hornblendeandesit, und Koschkull glaubt, dass es den Kubadagh gehoben habe. Wir haben keinen Beweis für ein so junges Alter dieses Eruptivgesteins finden können, wie es diese letzteren Meinungen voraussetzen. Der soeben beschriebene Porphyrit zeigt an einigen Punkten eine deutliche säulenförmige Absonderung. Die Säulen sind meist fünfseitig und oft von grossem Durchmesser, viel breiter als die bekannten Säulen des Porphyrs der sog. „grossen Orgel“ bei Schönau in Preussisch- Schlesien. Nur liegen sie leider meist in durch Verwitterung abgebro- chenen Stücken umher. An einigen wenigen Stellen zeigt das Gestein von Ufrak auch förmliche Schichtung, wie dergleichen ja auch bei- spielsweise bei Tyroler Porphyren vorkommt. An einer Stelle war diese Schichtung nicht conform dem nördlichen Einfallen der Schichten des nördlich davon ansteigenden Kubadagh, sondern ging südlich, doch braucht diess keinem allgemeinen Verhalten zu entsprechen, ich hatte es vielleicht mit einer abgebrochenen Gesteinsscholle zu thun. Meist sieht man indessen von Schichtung keine Spur in dem Gestein von Ufrak. Dasselbe zeigt übrigens dort, wo es in Säulen vorkommt oder dort, wo es in Schichten auftritt, genau dieselbe Beschaffenheit, als dort, wo sich keine besonderen Eigenschaften der Absonderung an dem- selben erkennen lassen. In räumlich beschränkter Weise kommt am Cap Swistunow auch ein Feldspathgestein vor, welches sich schon äusserlich durch seine rothe Farbe an den Gehängen des Gebirges unterscheiden lässt. Sein Verhältniss zum grünen Porphyrit ist noch nicht sichergestellt. Möglicher- weise durchbricht es denselben gangförmig. In seinem Habitus erin- nert es an die schwedische Helleflinta und nicht entfernt an ein jün- geres Eruptivgestein. Ich glaube demnach, dass die am Nordrande 1* 4 E. Tietze. der Bai von Krasnowodsk und des Balchanbusens auftretenden Erup- tivgesteine ziemlich alt seien, womit auch das Auftreten des von Eich- wald angegebenen Granits gut übereinstimmt, insoweit die freilich nicht immer siehere Altersdeutung aus der Vergesellschaftung von Eruptivgesteinen zulässig ist. C. v. Hauer übernahm freundlichst die Analyse auch des rothen Felsitgesteins und fand in 100 Theilen: 75:14 Kieselsäure, 1433 Thon- erde, 300 Eisenoxyd, 1'52 Kalk, 0'20 Magnesia, 3°46 Kali, Natron, 2-26 Glühverlust. Diese Zusammensetzung stimmt sehr gut mit der der quarzreichen Felsitporphyre überein, wie sich aus dem Vergleich mit Roth’s Gesteinsanalysen ergibt. Hauer fand die Dichte des Ge- steins zu 2'638. “ Der Hauptsache nach ist der Kubadagh aus einem hellen Kalk zusammengesetzt. Beim Kalkofen zeigt derselbe ein gelblichgraues Colorit und ist von blassröthlichen Adern durchzogen. An andern Punkten, wie in der sog. Gypsschlucht, fand ich den Kalk ein wenig dunkler und späthige Reste von Crinoiden einschliessend, die aber leider nicht bestimmbar waren. i 5 Die Gypsschlucht, etwa 4—D Werst östlich von der Stadt Krasno- wodsk befindlich, ist jedenfalls der merkwürdigste Punkt und der beste Aufschluss des Gebirges. Auf dem Wege dahin, der grösstentheils zwischen der Küste und dem Gebirge führt, trifft man auf eine kurze Strecke auch jüngere, horizontal geschichtete Gebilde zwischen der pe: Küste und den Kalkfelsen, welche letztere bei nördlichem Fallen ihre Schichtenköpfe nach Süden dem Meere zuwenden. Erst weiterhin werdet man sich links nach Norden, dort, wo das Meer zurücktritt und ein breites, flaches Thal sich zwischen dem Kalkgebirge und den Erup- tivmassen des Ufrak und Swistunow auszubreiten anfängt, und kommt, das Gebirge durchquerend, in eine enge, tief eingeschnittene Schlucht. Die Schichten des Kalkes sieht man dort, wie schon im Allge- meinen betont wurde, nördlich fallen. Meist ist die Neigung keine sehr grosse, doch kommen auch steile Stellungen von 60—70 Grad Fallwinkel vor. Mehr gegen den Gyps zu werden gewisse Partieen des Kalkes mergelig und haben desshalb der Erosion geringeren Wider- stand geleistet, als die härteren Bänke dieses Schichtensystems, welche bei steiler Schichtstellung als hohe Kämme die durch Erosion vertieften Stellen überragen. Dann kommt der Gyps, der meist rosenroth, sel- tener blutroth oder weiss gefärbt ist, als mächtiger Stock (nach Kosch- kull bis zu 20 Klftr.). Er ist hie und da von unregelmässigen Lagen eines grünlichen Mergels durchsetzt. Mehr gegen das Hangende zu gewinnen die Mergel an Masse und auch ein grober Sandstein oder ein feines Quarzconglomerat kommt vor. Den Gyps verwenden die Russen jetzt zu verschiedenen, recht hübschen Arbeiten, als: Schalen, Becher u. dgl. Kalk, Gyps und Mergel gehören zu einem geologischen Ganzen. Koschkull stützt sich auf das Vorhandensein des Gyps, um diese For- mation der Salzformation des Kaukasus gleichzustellen. Die Salz füh- rende Formation des russischen Armenien ist aber von Abich (Mem. de V’acad. de St. Petersbourg 1859) als der mittleren Tertiärepoche an- gehörig erwiesen worden. 04 Wi - 5 u ER R a rn u Bang ne U dr BF Se = — n; rn N ” a ge [5] Ueber einen kurzen Ausflug nach Krasnowodsk etc. ) Weder das, was ich bei meiner freilich flüchtigen Durchreise durch die Gegend von Nachitschewan in Armenien, noch was ich später ge- nauer von der miocänen Salz und Gyps führenden Formation Persiens gesehen habe, bietet Aehnlichkeit mit der Formation des Kubadagh, noch sah ich anderwärts, in Sicilien oder Galizien, wo das Steinsalz etwa derselben Epoche angehört, Kalksteine, wie die von Krasnowodsk, mit den betreffenden Bildungen verknüpft. Die persisch-armenische Salzformation befindet sich südlich vom Alburs und seiner nordwestlichen Fortsetzung nach den armenischen Gebirgen. Die Tertiärschichten auf der Nordseite dieser Gebirgs- erhebung haben einen total andern Habitus, als das Salzgebirge. Zudem muss der Umstand betont werden, dass die miocäne Salz- formation meist als Randgebilde grösserer Gebirge, wie in den Kar- pathen, oder doch zum mindesten als Ausfüllung von Becken auftritt, die von älteren Gebirgen zum Theil eingeschlossen sind. Würden die Gypse und Kalke von Krasnowodsk dieser Formation entsprechen, dann hätten wir das auffällige Verhalten, dass der Hauptkamm eines Ge- birges aus Schichten bestände, welche sich anderwärts meist in niedri- geren Vorbergen zeigen. Im persischen Alburs fand ich mächtige Gypsstöcke an verschie- denen Stellen mit dem Kalke der paläozoischen Formation vergesell- schaftet; aber diese Gypse zeigen in den sie begleitenden Gesteinen keinerlei Analogie mit den Gesteinen des Kubadagh. Viel näher würde es liegen, hier an die grauen oberjurassischen Kalke des östlichen Kau- kasus zu denken, denen nach Abich (memoire sur la structure et la geologie du Daghestan) Gypslager untergeordnet sind. Eichwald, der (l. ec. pag, 260) an einem östlich von Krasno- wodsk gelegenen Punkte die Kalksteinmassen direct auf Granit auf- ruhend beobachtete, erklärte, dass durch diese Vergesellschaftung der aufliegende Kalkstein „ein älteres Ansehen“ gewinne. Der Vergleich, den er an einer anderen Stelle seines Werkes zwischen den Kalken von Krasnowodsk und denen von Aschref in Masenderan macht, welche ich (Mitth. der geogr. Ges. Wien 1375, p. 76) der oberen Kreide zuzähle, führt jedenfalls der Wahrheit näher, als ein Vergleich der be- treffenden Schichten mit den miocänen Salzlagerstätten. Der Mangel an bestimmbaren Versteinerungen im Kubadagh erschwert allerdings bis auf’ Weiteres die sichere Altersdeutung seiner Gesteinsmassen, allein die Zugehörigkeit jener Kalke und Gypse zu einer der mesozoischen Formationen bleibt wohl das Wahrscheinlichste. Im Norden des Kubadagh und diesem parallel zieht sich das Kyrregebirge hin, dessen Schichten, wie uns Koschkull berichtet, gleichfalls nach Norden fallen, und aus Thonschiefer und Glaukonit- kalkstein bestehen. Tectonisch ist das Gebirge bei Krasnowodsk sehr interessant als Fortsetzung der Erhebungslinie des Kaukasus, wie bereits Abich (Mem. ac. Petersb. 1863 pag. 112) betont hat. Durch die Son- dirungen russischer Seeofficiere ist nämlich nachgewiesen worden das Vorhandensein einer linearen Anschwellung des Meerbodens in Form eines submarinen, flachen Höhenzuges zwischen der Halbinsel Abscheron und der Insel Tscheleken. Dazu kommt, dass man etwa 70 Werst 6 E. Tietze, fe] östlich von Baku auf dem Seewege nach Krasnowodsk nicht weit von einer Gruppe kleiner, niedriger Klippen vorbeikommt, welche grössten- theils, nach Abich, aus einem naphtahaltigen Sandstein bestehen, und desshalb den Namen Naftanj Kameni führen. Eine beträchtliche Quantität der werthvollen Kohlenwasserstoffverbindung geht hier un- benützt im Meere verloren. Dieser kleine Archipel liegt in der Ver- bindungslinie von den durch Naphtagewinnung ausgezeichneten Punkten von Abscheron und Tscheleken. Aber ausser dem naphtaführenden Sandstein bestehen einige dieser Klippen aus einem dunklen krystallini- schen Gestein, von welchem Abich vermuthet, dass es mit dem Erup- tivgestein der Vorgebirge von Krasnowodsk übereinstimme. Man sollte das letztere freilich eher in einer nördlich von den Naphtaklippen ver- laufenden Linie erwarten. f Auch im Sinne der Theorie von der Einseitigkeit der Gebirge kann die Gegend von Krasnowodsk als Beispiel genommen werden, und gerade desshalb habe ich mir erlaubt, trotz der Spärlichkeit meiner Beobachtungen, die Aufmerksamkeit auf diesen eigenthümlichen Fleck der caspischen Ostküste zu lenken. Die Einseitigkeit des Fallens im Kubadagh ist eclatant. Die Bai von Krasnowodsk kann als Senkungs- feld auf der Innenseite der Kette genommen werden, und zwar wie die Eingangs eitirten Untersuchungen Iwanschizeff’s beweisen, als eine Depression, deren Senkung noch fortdauert. Den Porphyrit und das rothe Felsitgestein von Ufrak betrachte ich freilich nicht als ein der Entstehungsepoche des Kubadagh gleichzeitiges oder posteriores Ge- bilde, sondern als präexistirende, bei der Gebirgsbildung passive Massen. Das grosse Balchangebirge, welches östlich von dieser Gegend in einer Entfernung von 15 Werst von der Bucht gleichen Namens be- _ ginnt, betrachtet Siewers (Petermann’s geogr. Mitth. 1873, p. 288) als eine Plateaulandschaft. Nach den überaus werthvollen Mitthei- lungen Koschkull’s besteht es aus denselben, nur mächtiger ent- wickeiten Felsarten, wie der Kubadagh. Die Neigung der Schichten ist sanft, daher der Plateaucharakter, aber südlich gerichtet, und der Steilabfall des Gebirges ist an dessen Nordseite. Die westliche Fort- setzung des grossen Balchan aber verschwand in der Bucht von Krasnowodsk. Sie würde also einen anticlinalen Gegenflügel des Ku- badagh gebildet haben. Diese Thatsache ist desshalb von Bedeutuug, weil sie beweist, dass Gebirge, die wir heute als einseitige erkennen, ursprünglich nicht als solche angelegt zu sein brauchen. Ferner ergibt sich aus den ceitirten Beobachtungen der Russen am Balchan im Vergleich mit den Thatsachen, die uns über die Gegend von Krasnowodsk bekannt sind, dass der westliche Theil der betreffenden Anticlinale nicht in dem- selben Sinn einseitig ist, wie der östliche, sondern im entgegengesetzten. F Ist das Sphenophyllum in der That eine Lycopo- diaceae ? Von D. Stur. Der Fortschritt in der Erkenntniss der Fructification der Cala- marien, der in den letzten 10 Jahren, man kann sagen, seit der Publi- cation der Geinitz’schen Steinkohlenflora Sachsens (1855) gemacht wurde, ist unverhältnissmässig grösser, als die Errungenschaften auf diesem Felde der älteren Periode, vor Geinitz und bis zur Zeit Schlotheim’s zurückreichend. Die geleisteten Arbeiten lassen sich, der Natur des untersuchten Materials entsprechend, in zwei parallel verlaufende Reihen stellen. Die einen Forscher ') hatten ein verkieseltes Materiale zur Un- tersuchung, wie solches in England und Frankreich vorgefunden wird. Dieses liefert kleine Bruchstücke von Pflanzenresten von so ausseror- dentlich günstiger Erhaltung für mikroskopische Untersuchung, dass in gewissen Fällen, wie es Prof. Strassburger von seinem Präparate der Scolecopteris elegans Zenker sagt, „man meinen könne, frisch dar- gestellte Querschnitte noch lebender Pflanzentheile vor sich zu sehen.“ Die andern Forscher?) hatten die betreffenden Pflanzenreste im verkohlten und stark gepressten Zustande vor sich. Dieser Erhaltungs- zustand lässt nur eine bei auffallendem Lichte von mässiger Vergrös- serung der Objecte unterstützte Untersuchung zu, und ist die letztere insbesondere dadurch in den allermeisten Fällen sehr erschwert, dass ') W.C. Williamson: On the Organisation of the fossil Plants of the Coal-Measures. — Part I. Calamites Philos. Transact. of the royal Society of Lon- don 1871, Vol. 161, Part I. — Part V. Asterophyllites, ibidem 1874, Vol. 164, Part I. ; B. Renault Recherches sur l’organisation des Sphenophyllum et des An- nularia. Ann. des science. natur. Botanique, Ser. V, Tom. XVII, 1873, p. 5. Taf. 1 bis 5 und 19 bis 22. — Recherches sur la fructif. des quelques vegit. provenant de gissement silicifiös d’Autun et de St. Etienne, ibidem Ser. VI, Tom. II, 1876. p. 5, Taf. 1—4. ?) Geinitz: Steink. Sachs. 1855. Schimper: Traite I, 1869. Weiss: Zeitschr. d. D. geol. Gesellsch. XXV, 1873, p. 256. — XXVII, 1876, p. 164, 419, 435. Schenk: Bot. Zeit. 1876, p. 529 und 625. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt. 1877. 27. Band. 1. Heft. (D. Stur.) g D. Stur. [2] die einzelnen Theile der Fruchtstände auf einander gepresst, aus ihrer ursprünglichen Lage verschoben, kurz möglichst unkenntlich ge- macht wurden. Im ersten Anblicke beider sehr verschiedener Erhaltungszu- stände möchte man sich dem verkieselten Materiale entschieden zu- neigen, das nach geringer Mühe Präparate liefert, die volle Einsicht in das kleinste Detail der Organisation des Gegenstandes erlauben. Doch sehr bald gewahrt der Forscher auch die leider sehr grossen Nach- theile des verkieselten Materials, die vorzüglich darin bestehen, dass man in diesem Falle fast durchwegs nur Bruchstücke von Pflanzen- resten erhält, die, ob sie nun als grosse Theile von Stämmen oder äusserst kleine Stückchen von Aestchen und Fruchtständen vorliegen, stets nur von einander völlig isolirte Fragmente der betreffenden Pflanzen darstellen, die oft entblättert, entrindet, entästet, nicht nur keine specifische, sondern in neuen Fällen auch keine generische, oft nicht einmal eine familielle, sichere Bestimmung des Gegenstandes zulassen, und insbesondere über die Zusammengehörigkeit der ohne Zu- sammenhang durch einander vorkommenden Reste den Beobachter völlig im Zweifel lassen. Kurz, man untersucht im verkieselten Materiale die Structur von unbekannten Pflanzentheilen. In jenen Fällen, wenn die -jetzt noch lebenden Analoga genau bekannt sind, erkennt man unmittelbar aus der anatomischen Structur des Gegenstandes sogar die generische Stellung des betreffenden Pflanzenrestes. Immerhin ist auch in diesem sehr seltenen Falle die Anwendung des gefundenen Resultates sehr schwierig, oft unmöglich. Denn kaum je wird der Fall eintreten, dass man sagen könnte: die im verkieselten Materiale gesehene anatomische Structur gehöre dieser oder jener Art, die im verkohlten Zustande gefunden wird. Es ist daher unvermeidlich, auch die im Schiefer gepresst und verkohlt vorkommenden, in allen Ländern weitaus häufigeren Pflan- zenreste, obwohl deren Erhaltungszustand ein in der Regel höchst un- günstiger ist, sorgfältigst zu untersuchen. Allerdings ist es stets ein äusserst seltener Fall, unter den ge- pressten und verkohlten Pflanzenresten, insbesondere Fruchtstände hin- reichend günstig erhalten zu finden. Oft stehen der klaren Erkennt- niss der Organisation eines Fruchtstandes in Folge der Pressung und Verkohlung der Gegenstände Hindernisse entgegen, die auch die ge- schickteste Präparatorshand nicht beseitigen kann. Immerhin ist eine abermalige Aufsammlung neuer, vollständigerer Gegenstände, die den schon untersuchten völlig gleichen, daher die Vermehrung und Vervollständigung des Materiales in der Regel viel leichter bei dieser Erhaltungsweise zu bewerkstelligen und zu erzielen. Hat man aber einmal ein brauchbares Resultat erreicht, so ist die Fixirung desselben an den betreffenden Gegenstand mit geringeren Schwierigkeiten ver- bunden, indem die so vorliegenden Gegenstände ja eine sogenannte specifische Bestimmung zulassen, und ihre Identificirung sogar aus ver- schiedenen Welttheilen in sehr vielen Fällen gelingt. Diese sicherere Anwendung des erzielten Resultates ist es, welche jene Forscher, die vorzüglich nur verkohlte Pflanzenreste zu unter- suchen Gelegenheit haben, vor den unendlichen, mit der Erreichung [3] Ist das Sphenophyllum in der That eine Lycopodiaceae ? 9 des brauchbaren Resultates verbundenen Schwierigkeiten nicht zurück- schrecken lässt. Sie vervielfältigen - ihr eigenes Materiale nach Mög- lichkeit, suchen in anderen Museen vorliegendes Material durch Zu- sendung zur Ansicht zu erhalten oder machen Studienreisen eigens zu diesem Zwecke, um nicht transportable werthvolle Gegenstände be- sichtigen und so den Kreis ihrer Erfahrungen und Anschauungen erweitern zu können, dem Sprichworte gemäss: gutta cavat lapidem. Der Gang der Untersuchung der fossilen Pflanzenreste ist somit derselbe, wie bei der lebenden Pflanzenwelt. Die erst erwähnte Reihe von Untersuchungen und Arbeiten über fossile Pflanzen gibt uns Auf- schluss über deren histologische Beschaffenheit, während man bei der Untersuchung der verkohlten Pflanzenreste vorzüglich die äussere Ge- stalt derselben und die der einzelnen Theile feststellt. Es besteht leider trotzdem ein grosser Unterschied zwischen dem Studium fos- siler und lebender Pflanzen und deren Resultaten. Es ist diess jene Sicherheit, die den Forscher über lebende Pflanzen bei seiner Unter- suchung stets begleitet und dem Paläontologen stets mangelt: das Bewusstsein, dass er die Histologie einer Pflanze untersucht, die ihm ihrer ganzen Gestalt nach als völlig bekannt vorliest. Wir suchen allerdings auf indirectem Wege den Zusammenhang zwischen den für histologische Studien wohlerhaltenen Bruchstücken im Kieselmagma und den gepressten Pflanzenresten festzustellen, doch gelingt uns diess wahrheitsgemäss sehr selten nur; oft machen wir falsche Schlüsse und stellen uns damit Dämme und Fallen, die den Fortschritt sehr wesent- lich hemmen; oft stellen wir über einen und denselben Gegenstand in Folge dieser Unsicherheit sehr abweichende Ansichten auf, die uns als ein schwerer Ballast in unserer mühsamen Arbeit völlig niederdrücken. Es sei gestattet, hier einen hierhergehörigen Fall kurz zu be- sprechen und vielleicht zur Aufklärung desselben im Verlaufe der Zeilen beizutragen. Ich wähle dazu die Gattung Sphenophyllum und glaube ohne Weiteres der Kürze wegen in medias res einzutreten, um so mehr, als ich an eine meisterhafte Abhandlung: über die Frucht- stände fossiler Equisetineen von Hofrath Schenk (Bot. Zeit. 1876, p. 531 £.) unmittelbar anknüpfen kann. Zwei ausgezeichnete Forscher über verkieselte Pflanzenreste haben die Histologie einiger Fossilreste studirt, die sich durch einen höchst eigenthümlichen inneren Bau ihrer respectiven Stämmchen und Aeste auszeichnen. B. Renault hat die betreffende Abhandlung: Recherches sur lorganisation des Sphenophyllum et des Annularia (Ann. des scienc. naturell. Botanique, Ser. V, 1873, Tom. XVII, p 5, Taf. 1—5) am 30. Mai 1876 übergeben; W. C. Williamson’s Abhandlung: On the Organisation of the Fossil Plants of the Coal-Measures Part V. Asterophyllites (Philos. Transact. of the Royal Society of London 1874, Vol. 164, Part I, p. 41, Taf. I—-IX) datirt vom 17. Mai 1873. Der Anblick der Abbildungen der ersteitirten Abhandlung Tafel 1—5, und der zweiten Abhandlung Taf. I, Fig. 4, Taf. III und IV belehrt den Beschauer, dass beide Forscher sehr nahe, vielleicht sogar generisch verwandte Fossilreste histologisch studirt und dargestellt haben. . Von diesen Fossilresten standen Renault einige Stückchen zur Disposition, die er l. ce. Taf. I, Fig. 1, 2 und 3 abbildet, und die Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt. 1877. 27. Band. 1. Heft. (D. Stur.) 2 10 D. Stur. [4] auch die äussere Gestalt des Gegenstandes erkennen liessen. Diese, namentlich an den in Fig. 1 und 2 dargestellten Bruchstücken, zeigt an einer runden Axe wirtelig gestellte Narben, höchst wahrscheinlich von Blättern, und hierin eine grosse Aehnlichkeit mit Sphenophyllum, in Folge welcher Renault diesen Rest für ein Sphenophyllum erklärt, während Williamson im Allgemeinen die von ihm untersuchten Reste für Asterophylliten ansieht und nur in einem Falle im Zweifel bleibt, ob er seinen Gegenstand zu Sphenophyllum oder Astero- phyllites rechnen soll, dagegen aus den histologischen Eigenthümlich- keiten dieser Reste den Schluss zieht, dass dieselben den Lycopodia- ceen näher stehen, als den Equisetaceen. Hofrath Schenk in seiner eitirten Erörterung hebt hervor, „dass der Bau der von Renault un- tersuchten Stengelfragmente jenen der Wurzeln einer Anzahl von Coni- feren, durch den dreistrahligen primären Holzkörper, durch die den Vorsprüngen des primären Holzkörpers entsprechenden breiten Mark- strahlen und Canäle, welche nicht nothwendig Luftgänge zu sein brau- chen, ferner durch den aus dickwandigen, gestreckten Zellen bestehenden secundären Holzkörper, welchem jedoch die bei den Coniferen vorhan- denen schmalen Markstrahlen fehlen, ganz ausserordentlich nahe stehe“, und stimmt daher Williamson insofern zu, der die von ihm unter- suchten Pflanzenreste den Lycopodiaceen näher stehend erklärt, als den Equisetaceen. Unter den Eindrücken, die die Untersuchung Renault’s und Williamson’s auf jeden Leser der erwähnten Abhandlungen zurück lässt, hat ferner Hofrath Schenk eine Revision aller Beobachtungen über die Fruchtstände von Sphenophyllum vorgenommen, und zwar hatte er sich zu diesem Zwecke alle bekannten Originalien kommen lassen, wovon keines aus dem Kieselmagma, sondern sämmtliche aus den Schiefern der Steinkohlenformation stammen, somit gepresst und verkohlt erhalten sind. Das am deutlichsten erhaltene Originale ist jenes, das Geinitz in seiner Steinkohlenformation Sachsens Taf. XX, Fig. 14 abbildet, und p. 12 als Sphenophyllum oblongifolium Germ. beschreibt. Er sagt: „Die Blätter der Fruchtähren erweitern sich an ihrer Basis zu einer gewölbten nierenförmigen Fläche, die einen nabelförmigen Ein- druck zeigt. An diesem entspringen zwei Nerven, welche in die gran- nenartig gewordenen Lappen des Blattes verlaufen, während nach der Basis des Blattes einige divergirende Furchen ausstrahlen. Das Spo- rangium ist auf der inneren Seite des Fruchtblattes wahrscheinlich an einer nabelförmigen Erhöhung, welche der äusseren Vertiefung ent- spricht, befestigt gewesen und gleicht einer flachen Linse.“ Die letztere Thatsache über die Anheftung des Sporangiums, ob- wohl höchstwahrscheinlich, ist noch nicht erwiesen gewesen. Ich selbst habe aus dem unserem Museum von Geinitz geschenkten kostbaren Materiale ein einziges Präparat anfertigen können, an welchem ich an dem Nabel der erwähnten Erweiterung des Fruchtblattes des Sph. ob- longifolium Germ. auf der Ober-(Inner-)Seite desselben die Anheftungs- stelle des Sporangiums in der That sichtbar gemacht habe, und man möchte aus den kurzen Resten der Sporangial-Umhüllung, die an dem r \ 7 5 < 35 ; Yu Ya 3 % a ne Ehe ie e: r „s? > Zn Er ar - u ) ee Fa Pa er er) ya Da ai De lu 2 ee [5] Ist das Sphenophyllum in der That eine Lycopodiaceae ? 11 kurzen Fruchtstielchen haften, schliessen, dass deren zwei daselbst pla- eirt waren. ’ Der zweite Fruchtstand eines Sphenophyllum, der von Hofrath Schenk wieder untersucht wurde, war der des Sph. angustifolium Germ., welcher wohl erst seit der Publication Schimper’s über die Organisation der gereiften Fruchtähren genauer bekannt geworden (Trait I, 1869, p. 337, Taf. XXV, Fig. 2, 3, 4) war, woselbst sie der genannte hochverdiente Autor folgend beschreibt: spicae ramulorum locum tenentes cylindraceae, plus minus elongatae, bracteis e basi recurva subito sub angulo acuto sursum curvatis, sporangiis solitariis bractearum. basi adfixis. Nach einer ganzen Reihe sehr wohlerhaltener Stücke von dieser Art aus Wettin, die unser Museum aus der Privatsammlung Beer’s (Verh. d. k. k. geolog. R.-A., Wien 1873, p. 265) überkommen hat, habe ich früher schon, die Angaben Schimper’s bestätigend, darauf aufmerksam machen können, dass man die geknickten Bracteen nur an den verlängerten, verhältnissmässig sehr schmalen Aehren zu sehen bekomme, dass an diesen reifen Aehren in den Winkeln der Bracteen feingekörnte nierenförmige Sporangien, die unten nabelförmig einge- drückt sind, placirt seien, dass, obwohl die Anheftung nicht klar ent- blösst ist, dieselbe doch vom Nabel auszugehen scheine und die Bractee treffe; dass es ferner auffällig sei, dass die Sporangien eines Quirls nicht gleich hoch gestellt sind, sondern die vorliegenden tiefer, die hinter der Aehrenachse liegenden höher stehen, was auf eine Verschie- bung der Sporangien in Folge der Quetschung der Aehre im Gestein hinzudeuten scheint; dass ein kleines Stückchen einer Aehre linkerseits die Bracteen in geknickter Form zeige, während diese rechts von der Axe in einem flachen Bogen nach oben aufsteigen, ohne geknickt zu sein. Hieraus war ich fast mit Bestimmtheit zu schliessen geneigt, dass das Geknicktsein der Bracteen bloss eine Erhaltungsweise dieser Reste bedeute, wie auch die erwähnte ungleichhohe Stellung der Spo- rangien eines und desselben Quirls eine schiefe Quetschung der Aehren andeute. | Diese zwei Thatsachen fasste Hofrath Schenk in folgenden Satz zusammen: dass die Sporangien der Fruchtähren von Sphe- nophyllum demnach auf der Basis des fertilen Blattes standen. Eine weitere Thatsache hebt noch Hofrath Schenk hervor, die bisher nicht ausgesprochen wurde, die aber in mehreren Abbildungen älterer Autoren Ausdruck gefunden hat, nämlich dass die Sprossen bei Sphenophyllum über einem Blatte und in der Achsel desselben stehen. Diese drei Thatsachen: der innere Bau des Sphenophyllum nach Renault und Williamson, besser mit dem einiger jüngeren Coni- feren-Wurzeln und mit dem der jüngeren Lycopodiaceenaxen stimmend ; die Anheftung der Sporangien bei Sphenophyllum auf der Basis der Bracteen, wie bei Lycopodiaceen; die Stellung der Sprossen über einem Blatte in, der Achsel desselben, abweichend von der bei Calamarien und Equiseten bekannten — bewogen Hofrath Schenk zur folgenden 9* 19 D. Stur. [6] ‘assung seines Resultates: „Diess Alles spricht für Lycopo- diaceen, zu welchen, meiner Ansicht nach, die Spheno- phyllen zu stellen sind.“ Dieser Ausspruch eines so hochachtbaren und hochgehaltenen Mannes der Wissenschaft wird nothwendigerweise einen allgemeinen Eingang und allseitige Zustimmung finden, und es mag als ein Wag- niss erscheinen, gegen «denselben etwas einzuwenden. Doch sind die folgenden Zeilen theils auf allgemein bekannte Thatsachen gestützt, theils auf solche, die in möglichst kurzer Zeit veröffentlicht werden sollen, und auch allsogleich besichtigt werden können. Ich halte nämlich dafür, dass die vorliegend erörterten Gründe nicht genügen, die Sphenophyllum-Arten aus der Familie der Calama- rien, wohin sie gehören, herauszureissen und dieselben zu den Lycopo- diaceen zu stellen. Eine allgemein bekannte Thatsache, die dagegen spricht, dass man das Sphenophyllum wegen der Anheftung seiner Sporangien auf der Basis des fertilen Blattes zu den Lycopodiaceen rechnen solle, ist die folgende. Milde (Monogr. Equisetorum p. 164 u. f., 1867) be- schreibt ausführlich die Metamorphose des Aehrenringes, und zeigt, dass derselbe aus einer Veränderung der Blattscheide entstehe, und auf seiner oberen (inneren) Fläche Sporangien trage. Er sagt ferner: „Bei Equiseta eryptophora bestehe nämlich der Ring am Grunde der Aehre sehr gewöhnlich aus einer kleinen, aufrecht abstehenden Scheide (Taf. XIX, Fig. 29); die einzelnen Blättchen sind mit einander ver- wachsen. Zähne sind auch deutliche vorhanden, jedes Blättchen trägt aber auf seiner Innen-, d. h. Oberseite, ein Sporan- gium. Ueberhaupt ist es eine bezeichnende Eigenthüm- lichkeit der Zwischenbildungen aller Equiseten-Arten, dass die Sporangien stets der Innenfläche der Blättchen angewachsen erscheinen.“ Es ist zu erwarten, dass die Stellung der Sporangien auf der Oberseite der Scheiden oder Ringblättchen, die bei jetzt noch lebenden Equiseten nur als eine zufällige Erscheinung zu bezeichnen ist, eben nur die letzte erhaltene Spur dieser Erscheinung sei, die auf den vor- weltlichen Calamarien viel häufiger auftrat, theilweise sogar die Regel . sein konnte. Diess beweist in der That eine neue Gattung von Cala- marien, die ich Zleutherophyllum nenne, und nächstens veröffentlichen werde. Auf dieser sind sämmtliche Sporangien des fruchttragenden Stammes auf der inneren oberen Fläche der Blätter angeheftet. Uebri- gens ist bisher noch keine einzige Sphenophyllum-Aehre derart erhalten vorhanden, dass man sagen könnte: die beobachtete Anheftungsweise der Sporangien auf dem Fruchtblatte erscheine durch die ganze Sphe- nophyllum-Aehre regelrecht durchgeführt, und die höheren Sporangien nicht etwa in die Achsel des Blattes, oder sogar auf die Axe selbst überträten. Ich werde nächstens Gelegenheit finden, die Fruchtähre des Sphe- nophyllum tenerrimum Ett. zu beschreiben und abzubilden, und aus den an derselben erhaltenen Thatsachen den Schluss zu ziehen, dass dessen Sporangien, wie man zu sagen pflegt, in der Achsel des Frucht- blattes, eigentlich in der Achsel des Fruchtblattquirls, angeheftet sein a Yen = 5 en a U Ne [7] Ist das Sphenophyllum in der That eine Lycopodiaceae ? 13 müssen, und dass es höchst wahrscheinlich sei, dass die Anheftungs- stellen der Fruchtblätter und der Sporangien in über einander ge- stellten Quirlen mit einander abwechseln, wie diess ja auch an der Aehre des lebenden Equiseten stattfindet. Beide Stellungen der Sporangien in den erörterten Fällen an Sphenophyllum-Aehren: die eine Stellung bei Sph. oblongifolium und Sph. angustifolium auf dem Fruchtblatte, die andere bei Sph. tener- rimum in der Achsel des Fruchtblattquirls an der Aehrenaxe' in ab- wechselnder Stellung mit dem Fruchtblatte findet man ja an einer und derselben Aehre eines lebenden Eguisetum, wenn das Blättchen der ringförmigen Scheide oder des scheidenförmigen Ringes ein Sporangium trägt, welches jedenfalls in abwechselnder Stellung gegen das nächst- höher folgende Receptaculum gestellt sein muss. Wenn diess der Fall ist, dann liegt auch der Grund vor, zu sagen, dass die Fruchtähren auch bei den bekannten Sphenophyllum-Arten einen verschiedenen Bau haben können, wie es thatsächlich der Fall ist. Die zweite, allgemein bekannte und jedenfalls wichtigste That- sache, die gegen die Trennung des Sphenophyllum von den Calamarien spricht, und die bisher beim Studium der fossilen Calamarien ganz ausser Acht gelassen wurde, ist die eigenthümliche Bildung des Sten- sels, die die Calamarienstämme als unzweifelhafte Verwandte des Equi- setums hinstellt und allen zusammen eine völlig isolirte Stellung unter den Gefässeryptogamen sichert. „Das Eqwisetum wiederholt sich eigentlich in jedem Internodium von Neuem; und wer ein Internodium kennt, kennt auch die ganze Pflanze,* sagt Milde.l. c. p. .369. | An der Internodiallinie des Stengels der lebenden Equiseten sind bekanntlich (Milde l. c. p. 126) drei Quirle von vegetativen Organen vorhanden. Der eine Quirl enthält die zu einer Scheide verwach- senen Blattorgane, ein weiterer Quirl die Knospen, aus denen sich die Aeste, ein dritter Quirl die Knospen, aus denen sich die Wur- zeln des Stengels oder des Rhizoms entwickeln. Diese „drei vege- tativen Quirle“, der Blattquirl = B, der Astquirl = A und _ der Wurzelquirl = W, am oberen Ende des Internodiums ganz nahe zu- sammengerückt, haben bei Eguisetum bekanntlich eine gegenseitige Stellung, die sich durch folgende Formel sehr präcise bezeichnen lässt: B A W d. h. die Astknospe steht unterhalb und zwischen zwei Scheidenblättern auf der Commissurallinie, und unter der Astknospe die Wurzelknospe. Diese drei vegetativen Quirle sieht- man auf dem Rhizome des Equisetum stets _in voller Entwicklung begriffen, da am Rhizome die "Scheiden nie fehlen, das Rhizom ferner immer Aeste treibt, die sich zu Secundären Rhizomen entwickeln und auch bewurzelt ist. Auf dem Luftstengel eines Zguwisetum treibt der unterste Quirl nur in beson- deren Lagen und Verhältnissen die Wurzeln, während aus den Ast- knospen man häufig die Aeste sich entwickeln sieht und die Scheiden nie fehlen. Doch ist jener Fall am Luftstengel sehr häufig, dass die beiden unteren Knospenquirle im latenten Zustande verharren und nur 14 D. Stur. [8] die Scheide sichtbar ist; doch legt man ein Stück eines Luftstengels in Wasser, so entwickeln sich in kurzer Zeit aus den fast unkenntlich gewesenen latenten Knospen jedesmal Aeste und Wurzeln, zum Be- weise, dass die Anlagen dieser drei vegetativen, höchst charakteristi- schen Quirle stets vorhanden seien, und nie fehlen. Was mit diesen drei vegetativen Quirlen im Umfange der Frucht- ähre bei. Eguiselum geschieht, ist meiner Ansicht nach nicht sorgfältig genug untersucht, und wären für eine eingehende Untersuchung des Verhältnisses dieser drei Quirle zum Ringe und dessen Metamorphosen und zur übrigen Fruchtähre, die bekanntlich der Sonderung in einzelne Internodien entbehrt und auch keine unfruchtbaren Blätter trägt, die Phytopaläontologen den Phytologen gewiss zu grossem Danke verpflichtet. Eine solche Untersuchung würde auch sicherlich die beste Basis liefern für die Entscheidung: ob die Ansicht Milde’s, dass die Frucht- blätter (Receptacula) der Equiseten verwandelte Scheidenblätter seien, oder die von Duval-Jouve angenommene Ansicht Meyer’s, nach welcher die Receptacula metamorphosirte Aeste seien, die richtige sei; welche letztere in Hinsicht auf die bekannten Daten über die Organi- sation der fossilen Calamarien-Fruchtstäinde denn doch eine Berech- tigung hat. ') Dass bei den fossilen Calamarien die letzterwähnten drei vegeta- tiven Quirle an der Internodiallinie der betreffenden Stämme zu beob- achten sind, finde ich Gelegenheit, in einem nächsten Heft meiner Bei- träge ausführlich an einigen Culmcalamarien zu erörtern. Ich fand, dass diese drei Quirle bei Archaeocalamites radiatus Bgt. sp. anders übereinander und nebeneinander folgen, als bei Kgquisetum, und lässt sich dieses Verhältniss durch folgende Formel ausdrücken: B B W A wobei die Ast-, als auch die Wurzel-Knospe allerdings zwischen zwei Blätter zu stehen kommen, aber beide überdiess untereinander ab- wechselnd so gestellt sind, dass die Wurzelknospe höher und näher zum Blatte zu stehen kommt, als die Astknospe, und der entwickelte Ast oft merklich tief unter der Internodiallinie am Internodium ange- heftet erscheint. Die schon erwähnte neue fossile Gattung, die ich Eleutherophyllum benenne, zeigt die drei vegetativen Quirle in derselben Ordnung unter einander gestellt, wie bei Equisetum : BB A WW ') Bleiben hier an der Aehre die Blätter im latenten, unentwickelten Zu- stande, wie an Psilotum? Wenn ja, dann müssten die Receptacula metamorphosirte Aeste sein! wie ich diess unten weiter ausführe. % En - [9] Ist das Sphenophyllum in der That eine Lycopodiaceae? 15 Doch ist hier die Wurzelknospe dem Blatte untergestellt, wäh- rend mit den beiden genannten die Astknospen abwechseln. Die echten Calamiten zeigen im Allgemeinen dieselbe Unterein- anderfolge der vegetativen Quirle, wie das Egquisetum, aber die gegen- seitige Stellung der einzelnen Elemente dieser Quirle ist eine verschie- dene, je nachdem die betreffenden Stellen der Internodiallinien abwech- selnde Rippenenden (equisetaler Typus des Fibrovasalstrangverlaufes) zeigen, oder die Rillen über die Internodiallinie passiren, ohne abzu- wechseln (archäocalamitaler Fibrovasalstrangverlauf). Im Falle des equisetalen Fibrovasalstrangverlaufes ist die Stellung der einzelnen Elemente der drei Quirle die folgende: nB Bn A W wie bei Egquisetum; im Falle des archäocalamitalen Fibrova- salstrangverlaufes dagegen diese: nB Bn A nW Wn wie bei Eleutherophyllum. Bei beiden ist ferner noch insoferne ein Unterschied bemerkbar, als die Anzahl der Knospen im Astquirl der Anzahl der Blätter im Blattquirl gleich oder verschieden ist; indem bei gewissen Arten die Blatt- und Wurzelnarben viel zahlreicher auf- treten, als die Astknospen (d.h. n = 2, 3, 4 und 5 bedeuten kann); ferner noch insoferne, als bei gewissen Oalamitenstämmen die Ast- knospen nur periodisch, z. B. auf jedem 2.—9. Internodium zur Ent- wicklung gelangen, während die der andern Internodien latent ver- bleiben. Am Sph. tenerrimum Ett. werde ich in erwähnter Abhandlung ausführlich zeigen können, wie an diesem die einzelnen, auch zu zweien und dreien gruppirten Knospen des Wurzelknospen-Quirls genau in der Commissurallinie zwischen den einzelnen Blattbasen placirt, also wie bei Equisetum, mit den Blättern abwechselnd gestellt sind. Hiermit erweise ich auch das Vorhandensein der drei vegetativen Quirle bei Sphenophyllum: den Astknospenquirl, den Blätterquirl und den Wurzel- knospenquirl, womit zugleich der unzweifelhafte Beweis dessen gelie- fert, ist, dass das Sphenophyllum, dessen Stamm die wichtigste Eigen- thümlichkeit des Eyuisetum-Stengels, die ihn vor allen übrigen Ge- fässeryptogamen auszeichnet, besitzt, unmöglich zu den Lycopo- diaceen, sondern ganz bestimmt und unzweifelhaft zu den Calamarien, neben das Equisetum gestellt werden müsse. Bei Sphenophyllum ist die Uebereinanderfolge der drei Quirle eine von den bisher erörterten Typen insofern abweichende, als: A B W 16 D. Stur. [10] man an dessen Stengel die Aeste in der Achsel des Blattquirls, also über dem Blattquirl, hervorbrechen sieht. Diese drei vegetativen Quirle im Equisetum-Stengel: Blattquirl, Astknospenquirl, Wurzelknospenquirl, sind also bei allen in ihren Stämmen uns bekannten Calamarien-Gat- tungen in der That vorhanden, isoliren und zeichnen die fossilen Cala- marien aller Epochen ebensogut wie das Eqwisetum heute von den übrigen Gefässcryptogamen so präcise aus, dass man es ohne Weiteres mit Milde behaupten kann, die vorweltlichen Calamarien und das heutige Equisetum stehen: als eine ganz isolirte Pflanzenordnung da. Die erwähnten drei Quirle haben aber weder ihre Untereinander- folge, noch die specielle Stellung der einzelnen Elemente stets so ein- gehalten, wie solche heute im Equisetum-Stengel zu beobachten ist, sondern sie waren in beiden Hinsichten einem sehr lebhaften Wechsel unterworfen. Ihre Stellung heute am Eqwisetum ist nur ein specieller Fall; so war z. B. bei Hleutherophyllum und bei den Calamiten die- selbe Untereinanderfolge, wie bei Eguwisetum, eingehalten, während bei Archaeocalamites der Astquirl unter dem Blatt- und Wurzelknospen- quirl folgte, bei Sphenophyllum der Astquirl über den beiden andern situirt zu finden ist. Das Vorhandensein dieser drei vegetativen Quirle bei jenen Ge- genständen aus dem Kieselmagma, die Renault als Sphenophyllum, Williamson als Asterophyllites beschrieben haben, ist meines Erach- tens nach nicht nachgewiesen — und solange diess der Fall ist, ist es unstatthaft, anzunehmen, dass diese Gegenstände in der That Cala- marien sind. Es ist wirklich möglich, dass die l. c. beschriebenen Gegenstände aus dem Kieselmagma zu Lycopodiaceen, vielleicht auch zu Coniferen gehören könnten. Ich meine vorzüglich jene drei Stengelreste, die Renault. c. Taf. I, Fig. 1, 2 und 3 in. natürlichem Maassstabe ab- gebildet hat, und die manche Zweifel zu erregen und nähren im Stande sind. So zeigt das in Fig. 3 abgebildete Stückchen einen deutlichen Ast. Dieser Gegenstand, so wie er dargestellt ist, kann unmöglich einer Calamariae angehören, da an Calamarien ein Ast nur unmit- telbar über oder unter einem Blattquirl vorkommen kann, von welchem hier keine Spur zu sehen ist, obwohl an den beiden andern Resten Quirle von Narben sehr wohl erhalten sind. Obwohl ich nun die Möglichkeit der nachträglichen Erweisung der drei vegetativen Quirle an diesen Resten des Kieselmagma’s nicht bestreiten will, darf man so lange als das unzweifelhafte Vorhanden- sein der drei Quirle des Calamarienstengels an denselben nicht nach- gewiesen ist, auch den durch die Studien der erwähnten Autoren bekannt gewordenen Bau dieser Reste nicht auf die Sphenophyllen übertragen. Bevor diess geschehen kann, müssen diese Gegenstände ebensogut wie die sonst sehr ausgezeichnet behandelten Präparate Williamson’s über: Calamiten (Philos. Transact. of the royal Society of London 1871, Pars II, p. 477, Taf. XXIHI—XXIX) noch einmal studirt werden: von 111] Ist das Sphenophyllum in der That eine Lycopodiaceae ? 17 dem Gesichtspunkte der drei vegetativen QuirleimStamme der Calamarien, der der allein ausschlaggebende ist. Dass aber die drei vegetativen Quirle an Calamarienresten, die verkieselt sind, nachgewiesen werden können, und was mit diesen drei Quirlen im Bereiche der fossilen Fruchtähre geschieht, das hat Re- nault in seiner neuesten Arbeit: Recherches sur la Fructi- fication de quelques Vegetaux provenant des gissements siliecifies d’Autun et de St. Etienne (Ann. des scienc. naturell. Botanique, Ser. VI, Tom. H, 1876, pag. 5, Taf. 2, 3, 4) in der That in einer bewunderungswürdigen Weise dargestellt und gezeigt. Eine flüchtige Durchsicht der bezeichneten Tafeln lehrt den Be- schauer vorerst, dass die Fruchtähre fossiler Calamarien nicht blattlos ist, wie die des lebenden Zquwisetum. Die fossilen Fruchtstände der Calamarien haben einen Blätter- (Frucht- blätter-, Bracteen-) Quirl genau an derselben Stelle, wie am übrigen Stamme, d. h. die fossile Fruchtähre der Calamarien zeigt eine in deutliche Internodien abgetheilte Axe, obwohl derselben, wie der blatt- losen des Equwisetum das Diaphragma fehlt. Ausser dem Blattquirl ist ein zweiter Quirl, und zwar der Frucht- trägerquirl (oder Receptaculenquir]) stets vorhanden und deutlich entwickelt. Dieser Fruchtträgerquirl nimmt in der Regel eine solche Stellung ein, wie der Astknospenquirl am sterilen Stamme. So z.B. l. c. Taf. 2 in Fig. 1, 4, 5 stellt Renault die Fruchtträger genau über dem Blattquirl dar, wie man diess in ähnlicher Weise beispielsweise an Sphenophyllum sieht. Ebenso sind die Fruchtträger situirt an der fossilen Fruchtähre, die 1. c. Taf. 4, Fig. 16 dargestellt ist, die Renault für eine Volkmannia- artige Fructification des Asterophyllites eqwisetiformis erklärt. Eine Stellung des Fruchtträgerquirls unter dem Blattquirle hat Renault auf der Taf. 3 und 4, insbesondere in Fig. 12 und 13, nachgewiesen. Die Spuren des dritten, nämlich des Wurzelknospenquirls, wird man an einer Fruchtähre der Calamarien kaum vermuthen, um so mehr, als die Andeutung der Wurzelknospen an der Equisetum- Aehre spurlos verschwunden zu sein scheint. Und dennoch sind Anzeichen da, die eine solche, freilich in veränderter Gestalt, anzu- deuten scheinen. Bekanntlich erscheint im Egwisetum-Stengel der Fibrovasalstrang der Wurzelknospe als ein Appendix des Fibrovasalstranges der Ast- knospe (siehe Duval-Jouve: hist. nat. des Equisetum de France 1864, p. 49, Taf. 1, Fig. Th). Bei den fossilen Calamarien ist derselbe wohl ebenfalls, eine ähn- liche’ Rolle spielend, zu erwarten. Doch ist die Stellung der Wurzel- knospe bei fossilen Calamarien eine wechselnde, so dass dieselbe bald unterhalb dem Blatte gestellt, bald der Astknospe infraponirt ist, nach den beiden Schema’s: BB Bra B A und A WW W Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt. 1877. 27. Band. 1. Heft (D. Stur.) 3 18 D. Stur. [12] Im ersten Falle muss man daher die Spur der Wurzelknospe unter dem Blatte suchen. In der That zeichnet Renault l. c. Taf. 2, Fig. 1 und 5 an den Blättern ein nach abwärts gekehrtes Anhängsel (ec), welches genau dieselbe Stellung am Blatte einnimmt, wie der Fibro- vasalstrang der Wurzel an dem Fibrovasalstrange des Astes (siehe, wie oben eitirt, bei Duval-Jouve). Ein viel stärker entwickeltes solches Anhängsel habe ich an der Annularienähre, die Geinitz (Steink. Sachs. Taf. XVII, Fig. 9) ab- gebildet hat, und die auch dem Hofrathe Schenk neuerlich vorgelegen ist, im Dresdener Museum beobachtet, wie eine Skizze meines Tage- buches, die ich gerne zu zeigen bereit bin, diess beweist. Damals hatte ich selbst für diese Erscheinung keine andere Erklärung, als dass an betreffender Stelle zwei Blätter sich kreuzen, wovon eines nach oben, das andere nach unten gekehrt erscheint. In diesem Falle, wenn die Wurzelanhängsel an den Blättern vor- handen sind, fehlt im Internodialraume ausser den Fruchtstielehen und den Sporangien jede weitere Bildung. In jenem zweiten Falle, wenn die Wurzelknospe mit dem Blatte alternirt, dürfte jene merkwürdige Bildung, die Renault 1. c. Taf. 3, Fig. 1, 4 und 5 dargestellt und mit f bezeichnet hat, als der verän- derte Wurzelknospenquirl betrachtet werden können. Es ist diess eine horizontale Zone eines zarten Zellgewebes (f), die häufig ganz zerstört ist und einen unter dem Blattquirl unmittelbar folgenden Quirl dar- stellt, von welcher aus vertical herab bis an und unter das Fruchtstielchen reichende, daher diesem scheinbar supraponirte Lamellen eines Zellge- webes (0) in Form von senkrechten Scheidewänden (cloison) in den Inter- nodialraum herabhängen, diesen in nach oben abgeschlossene Logen (loges) abtheilend, in welchen die Sporangien Platz finden. Jetzt, nachdem diese Renault’schen Figuren publicirt sind, wissen wir sehr genau auch, was wir von jenen rosendornförmigen Fruchtstielchen, die somit thatsächlich existiren, zu halten haben, die, auf Annularien-Aehren, die dem Schiefer von Mannebach ent- nommen sind, Weiss!) zuerst beobachtet und dargestellt hat, und die auch ich ausführlicher erörtert habe.?) Die über den Fruchtstielchen sich erhebende, das Fruchtstielchen zur Gestalt eines Rosendorns er- gänzende Fläche ist jene Lamelle, die Renault in seinen Figuren mit o bezeichnet, und welche in der That ein Fach, eine Hülle bildet, in welcher das Sporangium placirt war. Ich für meinen Theil habe somit richtig genug beobachtet, und habe jetzt wohl keine Ursache, die beobachtete, von Schenk geläugnete Thatsache fallen zu lassen und zu bekennen, dass ich Erhaltungszustände unrichtig aufgefasst hätte — wenn mir auch das Bild nicht so klar vorlag, wie diess jetzt mit- telst der Darstellungen Renault’s nach einem ausgezeichneten Mate- riale der Fall ist. Da nun ferner auf einer und derselben Axe, sogar an einem und demselben Internodium, bald der equisetale Fibrovasalstrangverlauf mit abwechselnden Rippen und Rillen, bald der archäocalamitale mit durch- ') Zeitschr. d. D. geol. Ges. XXV, 1873, p. 261, Fig, 2. ?) Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1874, p. 169—170. [13] Ist das Sphenophyllum in der That eine Lycopodiaceae ? 19 gehenden Rippen und Rillen herrschen kann, und in Folge davon beide Stellungen der vegetativen Quirle, und zwar: B'.B BB A und A W W _W innerhalb einer und derselben Aehre möglich sind, so muss man a priori erwarten, dass die rosendornförmigen Fruchtstielchen, also die Fruchtstandorganisation, die Renault als Druckmannis bezeichnet (seine Bruckm. Grand’ Euryi), und die runden Fruchtstielchen, also die Fruchtstandorganisation, die Renault Volkmannia nennt (siehe seine Volkmannia gracilis) — nicht nur an einem und demselben In- dividuum auf verschiedenen Aehren, wie es Weiss!) nachgewiesen hat, sondern sogar an einer und derselben Fruchtähre vorkommen können, wie solches Vorkommen auch Schenk in der That erwähnt. Sind diese verschieden organisirten Fruchtstandstheile, die man nach Renault als Druckmannia ?)-artige und Volkmanni«-artige be- zeichnen könnte, die Träger verschiedenartiger Sporangien und Sporen, wovon die einen als Macrosporen, die andern als Microsporen zu bezeichnen wären, trotzdem sie vielleicht in ihrer Grösse nicht ver- schieden sind ? Es bleibt nur noch darauf hinzuweisen, dass wenigstens eine fos- sile Calamariae mir bekannt sei, nämlich das schon erwähnte Eleu- therophyllum, an welchem das Sporangium seine gewöhnliche Stelle auf dem Fruchtstielchen an der Axe der Aehre verlässt und auf die Ober- seite des Blattes wandert; eine ähnliche Erscheinung, wie bei dem scheidenförmigen Ringe oder der ringförmigen Scheide der lebenden Equiseten, mit dem Unterschiede, dass diess bei Kquwisetum nur an der Basis der Aehre geschieht, während in der Culmzeit das Sporangium im obenerwähnten Falle auf dem ganzen Fruchtstande diese Stellung zeigt. Mit dem erwähnten Falle möchte ich den interessanten Fall, den Renault Taf. 4, Fig. 20 darstellt (sein Zquisetites infundibuliformis) nicht in eine Kategorie stellen; da hier die Anheftungsweise des Spo- rangiums, welches allerdings auf dem Blatte ruht und mit grossen Sporen (Macrospores Renault’s) erfüllt ist, nicht ersichtlich gemacht wurde. Die in dieser Figur mit c bezeichneten Spuren möchte ich ebenfalls als Andeutungen des den Wurzelknospenquirl vertretenden Gebildes ansehen; doch scheint diese Aehre an ihrem äussersten Um- fange nicht völlig erhalten, und ein grosser Theil der Blätterspitzen abgerieben zu sein. Die Thatsache, dass an dem hier erörterten Reste die Blätter zu einer tellerförmigen Scheide verwachsen er- scheinen, zwingt mich, jenes Falles hier zu gedenken, den Weiss (Zeitsch. d. D. geol. Gesellschaft, 3. Mai 1876, XXVIIL, p. 422) nach einem Breslauer Stücke, einer Aehre der Huttonia spicata von Radnitz, 1) Zeitschr. d. D; geol. Gesellsch. 1876. XXVIH. p. 167. ?) Beide Namen sind hier nicht im Sinne Sternberg’s angewendet, denn letzterer hat mit dem Namen Bruckmannia die gewöhnliche sogenannte Annularia- Aehre bezeichnet, während unter Volkmannia eine andere Calamarien-Aehre ge- meint war, die äusserlich ganz verschieden aussieht. 3% 20 D. Stur. [14] erörtert, und bemerkt hat: „dass das Stück an sechs Stellen unter dem Blattwirtl einen scheibenförmigen Körper (nämlich einen zu einer Scheide verwachsenen Quirl) mehr oder weniger vollkommen erkennen liess, ähnlich wie bei Cingularıa, welcher weiter nichts Anderes als ein Fruchtträger gewesen sein kann.“ Das betreffende Stück, welches ich sehr genau kenne, und wel- ches ich wiederholt untersucht, und auch dazu Veranlassung gegeben habe, dass es an Prof. Weiss während meines Aufenthaltes in Breslau abgesendet wurde, da es unzweifelhaft darauf hinweist, dass die Blatt- quirle dieser Aehre an ihrer Basis kelchförmig zusammengewachsen sind, wenn auch diese Verwachsung häufig zerrissen erscheint — ist derart erhalten, dass man den unter dem Blattquirl vorkommenden scheibenförmigen Körper für einen Fruchtträger zu halten berechtigt erscheint. Diesen mir nicht klaren Fall habe ich mir in einer eigen- thümlichen Weise, folgendermassen erklärt. Ich habe eine derartige Radnitzer Huttonia spicata-Aehre zer- brochen. Da fiel mir ein ganzes Internodium der Aehre heraus. Die obere Fläche des Stückchens zeigte mir den scheibenförmigen Körper am oberen Ende des Internodiums, von dessen unterem Rande nach aufwärts die Scheidenblätter des oberen Blattquirls aufsteigen: die untere Fläche zeigte mir die zu einer kelchförmigen Scheide verwach- senen Blätter des unteren Blattquirls. Ich hatte somit zwischen dem scheibenförmigen Körper oben, und dem Blattquirl unten den ganzen Internodialraum mit Gestein ausgefüllt vor mir, doch war dieser ge- heimnissvoll verhüllt. Ich nahm eine Säge zur Hand und sägte den Ge- genstand parallel zur und durch die Axe durch, um zu sehen, in welcher Weise an dem vermeintlichen Fruchtträger die Sporangien angeheftet seien. Meine Befriedigung war gross, als ich sah, dass der vermeint- liche Fruchtträger mit den im Internodialraume vorhandenen Sporan- gien gar nichts zu thun habe. In der Achsel des unteren Blattquirls, und zwar genau in den Commissurallinien desselben, entspringen die eigentlichen stielförmigen, dünnen, runden Fruchtträger, steigen schief in den Internodialraum auf, etwa wiees Weiss an seiner Macrostachya (Zeitschr. d. D. geol. Ges. 1873, XXV, p. 261, Fig. 4) gezeichnet hat, und sind die eigentlichen Träger der in der That ebenfalls grossen Sporangien, deren Umriss in sehr feinen Linien zu bemerken ist. Dieser Fall ist somit völlig ident mit jenem, den Renault. c. als Volkmannia gracilis Taf. 2, Fig. 1, 4 und 5 darstellt: das Frucht- stielchen ist über dem Blattquirl gestellt und ragt mit den Sporangien in den Internodialraum hinein, und die Blätter haben jenen mit e bezeichneten, dem Wurzelknospenquirl zugeschriebenen Fortsatz, den Weiss für den Fruchtträger zu halten geneigt war, mit dem Unter- schiede, dass hier an der Radnitzer Aehre die Blätter an der Basis zu einer kelchförmigen Scheide verwachsen sind. Die Kohlensubstanz der Blätter und der Axe ist verschwunden, und in Folge davon gibt der obere Abdruck jeder kelchförmigen Scheide die Gestalt des Hohlraumes derselben, der untere Abdruck, die Gestalt der Unterseite der Blätter mit dem Fortsatze c, der für den Fruchtträger gehalten wurde. [15] Ist das Sphenophyllum in der That eine Lycopodiaceae ? 9 An die Erörterung über Huttonia spicata Sternb. schliesse ich eine kurze Erwähnung des zweiten Typus von Aehren, den man früher unter Huttonia eingereiht hatte und welchen später Schimper (Traite I, p- 333, Taf. XXIII, Fig. 16, 17) zu seiner Macrostachya bezog, indem er einfach 1. ec. die von Germar unter dem Namen Huttonia carınata abgebildeten Aehren copirte. Indem ich nun alles früher über diesen Fruchtstand, den ich vorläufig als Maecrostachya gracilis St. bezeichnet habe, Gesagte (Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1874, p. 257 u. £f.) heute noch als ganz richtig und wahr bezeichne, und wiederhole, dass an dem Zusammengehören dieser Aehre einerseits und dem Stengel, den Sternberg Il. c. als Volkmannia graeilis abbildet, und der einfach- gabelige Blätter. trägt, andererseits, gar kein Zweifel besteht, will ich hier nur das seither erreichte Detail über die Organisation der er- wähnten Fruchtähre mittheilen. Ich bin in den Besitz einer zweiten, ganz gleichen Aehre gelangt, in deren Internodialraum aber Gestein eingedrungen ist. Ich habe nun von dieser Aehre zwei Durchschnitte verfertigen können. Der eine ver- ticale Schnitt durch die Axe derselben gibt ein völlig identes Bild mit jenem, das Weiss (Fl. d. jüngst. Steink. und d. R. p. 122, Taf. XVII, Fig. 31) von seiner Macrostachya Schimperiana gegeben. Während auf der einen Seite die Querschnitte der Blätter erst nach abwärts und dann knieförmig nach aufwärts gebogen erscheinen, sind auf der andern Seite dieselben steil aufwärts strebend. In der Achsel eines der Blät- terquirle sieht man von der Axe ein Fruchtstielchen aufsteigen, das sich im mit Gestein ausgefüllten Internodialraume verliert. Links davon geht von der Axe ein zweites solches Fruchtstielchen aus; dieses steigt jedoch nach abwärts, wie der Querschnitt des zugehörigen Blattes, was offenbar einer schiefen Pressung der Aehre während ihrer Einlagerung zuzuschreiben ist. Der zweite Schnitt senkrecht auf die Axe geführt, lehrt, dass die Blätter der Aehre zu einer continuirlichen kelchför- migen Scheide verwachsen sind, indem ihr Durchschnitt als eine conti- nuirliche Linie rund um die Axe zu verfolgen ist; was übrigens auch ein Querbruch der Aehre bestätigt. Es bleibt daher kein Zweifel darüber, dass die Aehre der Macro- stachya gracilis ganz die Organisation besitzt, wie die Macrostachya Schimperiana Weiss, die ihrerseits ein Analogon zu der Volkmannia- artigen in Renault’s Sinne bildet, mit dem Unterschied, dass hier die Blätter zu einer kelchförmigen Scheide verwachsen sind, wie Re- nault l. c. Taf. 3, Fig. 2 bei seiner Druckmannia Grand’Euryi und seinem Equisetites infundibuliformis zeichnet. Betreffend die Thatsache, dass an dem Exemplare der Macrosta- chya gracilis von Hostokrey an einer verhältnissmässig sehr dünnen Axe die grossen Fruchtähren hangen, und diese Axe viel länger ist, als in allen bisher derartig bekannten Fällen, indem z. B. die sog. Annularia-Aehren, auch die Aehre von Huttonia spicata, mit einem verhältnissmässig sehr kurzen Stiele unmittelbar an dickeren Calama- rien-Stämmen haften, muss ich daran erinnern: dass bei Egquwisetum nicht nur der Hauptstengel an seiner Spitze eine Aehre trage, sondern ein jeder Ast erster, zweiter und höherer Ordnung dazu bestimmt ist, an seiner Spitze eine Fruchtähre zu tragen, wenn es auch oft zur 29 D. Stur. 116] Entwicklung derselben nicht kommt; dass die Länge dieser Aeste jedoch mit ihrer höheren Stellung am Hauptstengel abnehme, und dass man oft ganz kurze Aeste an der Spitze der Stämme ebensolche Aehren tragen sehe, wie solche an der Spitze der tiefsten und längsten Aeste zu treffen sind. Es ist daher a priori zu erwarten, dass solche Maero- stachya-Aehren, wie die eben erwähnten, auch an sehr kurzen Stielen, unmittelbar an diekeren Stämmen angeheftet gefunden werden. Es ist ' aber auch bekannt, dass die Aeste sehr oft eine wesentlich verschie- dene Gestalt bei Agqwisetum zeigen, als die Hauptstämme, von denen sie abzweigen, daher auch zu erwarten steht, die Entdeckung ganz kurzgestielter Macrostachyen an dicken Stämmen, die keine beson- dere Aehnlichkeit mit dem Stengel zeigen dürften, den Sternberg mit dem Namen der Volkmannia gracilis bezeichnet hat, und an wel- chem ich diese Aehren angeheftet vor mir liegen habe. Nachdem ich nun eine grosse Reihe der uns bekannten Calama- rien-Fruchtstände erörtert habe, so sei es erlaubt, auch noch des in der neuesten Zeit erst durch Weiss entdeckten Fruchtstandes Oingu- laria zu gedenken. i Weiss!) beschreibt denselben zuletzt folgendermassen: „In der gegliederten Aehre dieses Fruchtstandes existiren an jeder Gliederung 2 Blattwirtel dicht übereinander, oft im Abdruck so nahe aufeinander gepresst, dass der eine wie die Fortsetzung des andern, aber beide wie ein einziger Wirtel erscheinen kann, was indessen nicht der Fall ist. Der obere ist steril, eine tellerförmige Scheide, welche am Rande in viele gleiche, mehr oder weniger lange Zähne sich vertheilt; der untere Wirtl ist fertil, flach scheibenförmig und durch abwechselnd tie- fere und seichtere Einschnitte in 20 oder 24 keilförmige, ‘an der Spitze breit abgestutzte Abschnitte getheilt. Jeder Zipfel zerfällt durch eine Quertheilung, welche auf der Oberseite als Furche, auf der Unterseite als Kante erscheint, in zwei Felder, und ebenso der ganze fertile Wirtl in einen äusseren und inneren Kreis. Jedes Feld, namentlich deutlich das nach aussen gelegene, trägt eine runde oder rundliche Narbe, die, wenn Gestein an ihr haften bleibt, wie ein auflagernder rundlicher Körper (Sporangium) aussieht. Indessen ist es nur die Insertionsnarbe der Sporangien: letztere sind ziemlich grosse, rundlich viereckige Körper, flachgedrückt oder ursprünglich flach, mit fein linürter Ober- fläche, und waren bisher nicht bekannt. An jeder Insertionsnarbe des Trägerwirtls haftete auf der Unterseite ein Sporangium, so dass bei vollständiger Entwicklung ein solcher Wirtl 40 oder 48 Sporangien von je 5 Mm. Höhe und 3 Mm. Breite trug.“ „Dass die beiden Blattkreise getrennt sind, kann man bei guter Erhaltung bestimmt wahrnehmen, indem sich Gestein zwischen sie ein- drängt; auch geht es unter Anderem daraus hervor, dass die Zipfel des unteren fertilen Wirtels die Einschnitte des oberen sterilen über- ragen, also nicht durch Abfallen der Zähne der oberen Scheiben ent- stehen können.“ Zu dieser sehr sorgsam ausgeführten Beschreibung kann ich Fol- gendes nach dem Materiale, das ich mir selbst an den Skalley-Schächten ') Zeitschr, d. D. geol. Gesellsch. 1876, XXVII, 7. Juni 1876, p. 435, 117] Ist das Sphenophyllum in der That eine Lycopodiaceae ? 23 bei Dudweiler in Saarbrücken geholt habe, hinzufügen. Ich habe ein Stückchen des unfruchtbaren Blattquirls und des Fruchtträgerquirls derart erhalten vor mir, dass die Axe der Aehre weggenommen er- scheint, daher die Stelle frei ist, an welcher diese Quirle an der Axe hafteten. Dabei ist der sterile Blattquirl nach oben, der fruchttragende nach unten geneigt, der Zwischenraum zwischen beiden mit Gestein ausgefüllt, somit ihre gänzliche Trennung bis an die zusammenhän- gende Basis derselben, mit der sie an der Axe hafteten, in diesem Falle ganz klar ersichtlich. ') Ich habe ferner mehrere theilweise ent- blätterte Aehrenaxen mit sehr guter Erhaltung gesammelt, an welchen die Narben beider Quirle ziemlich genau zu sehen sind. Aus der Stel- lung dieser Narben in zwei sehr nahegerückten Reihen, ferner aus der gegenseitigen Stellung der einzelnen Blätter des fertilen und frucht- tragenden Quirls in obenerwähnter, ziemlich klarer Stellung entnehme ich die Thatsache, dass die Anheftungsstellen der Blätter dieser beiden Quirle miteinander abwechseln, und für die Oingularia höchst wahrscheinlich folgendes Schema zu gelten habe: bi:B A EN jedoch mit der speciellen Beschränkung, dass die Anzahl der Blätter doppelt so gross ist, als die der Fruchthalter, d. h. gleich der Anzahl der Blättchen des äusseren Kreises der Fruchthalter, welche doppelt so gross ist, als die des inneren Kreises, also nach folgendem Schema; B B B B was man kurz folgend 2B B2 A A bezeichnen könnte: A WWW. W ZN 2 Dieser Fall erinnert sehr lebhaft an die Darstellungen, die Re- mare 0: 131... 8102,41 °und. 5; und “Taf. 4, Fig: 8 zibt,, nur. “mit dem Unterschiede, dass bei der Bruckmannia Grand’ Euryi Renault die Wurzelknospen genau unter dem Fruchtstielchen gestellt sind, wäh- rend sie bei Cingularıa unter dem Blatte stehen. Während ferner im ersten Falle das Fruchtstielchen an seiner Spitze erst in zwei kurze horizontale Arme spaltet (l. c. Taf, 3, Fig. 3t), wovon jeder abermals in zwei secundäre Arme, die aber vertical je einer nach oben und einer nach unten aufsteigen, und je ein Sporangium tragen, die zu zweien übereinander rechts und links vom Fruchtstielchen horizontal zu liegen kommen (l. c. Taf. 4, Fig. 8) scheint bei Cingularia vorerst das Fruchtstielehen mit den horizontal abgeflachten metamorphosirten Auswüchsen der nächststehenden zwei Wurzelknospen zu den eigen- thümlich gestalteten Fruchtträgern sich umzugestalten, dann aber etwa in der Mitte der Länge dieser Fruchtträger sich horizontal zum ersten- male in zwei kurze Arme zu spalten, die nach rechts und links ') Ob diess in allen Fällen sich gleichbleibt, möchte ich nicht behaupten, und der Nachweisung anderer Verhältnisse keine Hindernisse in den Weg legen — da in einem Beispiele der innere Fruchtträgerkreis, mit der Blätterscheide verwachsen, sich darstellt und nur der vordere frei erscheint. 94 D. Stur. [18] abzweigend, die Fruchtträger in zwei Hälften theilen, in eine hintere, an der Axe gestellte, und auch mit dem Stielchen verwachsene, und in eine vordere, die, horizontal schwebend, frei bleibt. Jeder der beiden Arme des Fruchtstielchens entsendet rechts und links, also nach vorn und rückwärts, einen kurzen horizontalen Ast, an dessen Ende so ziem- lich in der Mitte der vier fast viereckigen Theile des Fruchtträgers ein nach abwärts in den Internodialraum herabhängendes Sporangium haftet (siehe die von Weiss gegebene erste Skizze seiner Cingularia, Zeitschr. d. D. geol. Gesellsch. XXV, 1873, p. 261, Fig. 5), die noch verkehrt gezeichnet ist, an der man aber die Lage der vier Sporangien sehr gut ersehen kann. Nach dieser Betrachtungsweise des Cingularia-Fruchtstandes ist derselbe nichts anderes, als eine Modification des Druckmannia-artigen Fruchtstandes (im Sinne Renault’s 1. ec. Taf. 4, Fig. 8) mit dem wesentlichen Unterschiede, dass bei Cingularia horizontal, bei Bruckmannia Renault’s vertical gestellte vier Sporangienträger vor- handen sind, und bei Cingularia das dem Wurzelknospenquirl entspre- chende Zellengebilde mit dem Fruchtstielehen zu dem eigenthümlichen Fruchtträger verschmolzen, durchwegs horizontal sich ausbreitet, wäh- rend bei BDruckmannia Renault’s dasselbe vertical herabreichende Scheidewände absendet. Es sei hier nur noch bemerkt, dass die Sporangien der Cingularıa sehr oft neben den Fruchtähren als abgefallen gefunden werden und an Macrostachya mir Narben von abgefallenen Fruchtträgern bekannt seien. Aus den bisher erörterten Fällen von Fruchtständen ist es klar einleuchtend, dass von den drei vegetativen Quirlen des Calamarien- Stammes im Bereiche der fossilen fertilen Aehrenaxe der Blattquirl der beständigste ist, der stets seine bestimmte Stelle am oberen Ende des Internodiums, mit dem er verwachsen ist, einhält; während die Ele- mente des Fruchtträgerquirls und des Wurzelknospenquirls mancherlei Metamorphosen durchmachen können, und überdiess die Elemente des Fruchtträgerquirls an sehr verschiedenen Stellen des In- ternodiums auftreten, somit ihre Stellung zu dem Blätterquirl sehr wesentlich verändern und damit directe auch die Stellung der Wurzel- knospen beeinflussen können — indem sie bald wie an der Cingularia: unmittelbar unter dem Blattquirl stehend, mit dem dem Wurzelknospen- quirl aequivalenten Zellengebilde zu flachen, horizontal ausgebreiteten Fruchträgern verwachsen erscheinen, bald wie in jenem Falle, den Re- nault BDruckmannia nennt, in der Mitte des Internodiums zurück- bleiben, und bei weiterer Streckung des Internodiums das untergestellte, an ihnen haftende, dem Wurzelknospenquirl aequivalente Zellengebilde in Form von verticalen Scheidewänden sich auszudehnen nöthigen; oder endlich wie in jenem Falle, den Renault mit dem Namen Volk- mannia bezeichnet hat, am unteren Ende des Internodiums stehen bleiben, und es nicht weiter hindern können, wenn das mit ihnen abwechselnde Aequivalent des Wurzelknospenquirls dem darüber ge- stellten Blatte als ein kleines Anhängsel angefügt, mit diesem an das obere Ende des sich streckenden Internodiums hinaufrückt. Es ist hiernach offenbar, dass es der Blätterquirl ist, dem [19] Ist das Sphenophyllum in der That eine Lycopodiaceae ? 25 die fossile Aehrenaxe, ebenso wie der Stengel, die Ein- theilung in Internodien zu verdanken hat. Aus eben denselben Fällen ist es ebenso offenbar und unzwei- felhaft, dass die fertile fossile Aehrenaxe der Galamarien, trotzdem sie einen Blätterquirl trägt, auch einen Quirl sogenannter Receptacula trägt, die jenen Fruchtgebilden, die man an der Equisetenähre Recep- tacula nennt, z. B. im Falle, den Renault als Volkmannia graeilis bezeichnet, völlig ident sind. An der fossilen Fruchtähre der Gala- marien, da diese ja den Blätterquirl trägt, Können daher die Re- ceptacula aus den metamorphosirten Blättern nicht ent- standen sein, es kann ihnen somit auch bei Eguisetum dieser Ursprung nicht zugeschrieben werden, ebenso auch die Ansicht, dass die Receptacula der Eqwisetum-Aehre meta- morphosirte Blätter seien, nicht die richtige sein. Die Recep- tacula, die am Internodium sehr verschiedene Lagen einnehmen können, sind in dieser Richtung weit mehr den Astknospen verwandt, die bei fossilen Calamarien die Aeste so entstehen lassen, dass dieselben bald oberhalb, bald unterhalb dem Blätterquirl oder auch tiefer am Inter- nodium (Archaeocalamites) hervorbrechen. Sind aber die Receptacula der Equiseten-Fruchtähre nicht als metamorphosirte Blätter, sondern ‘als aus der Metamorphose der Aeste entstanden zu betrachten, dann fehlen der Equisetenähre die Blätter, und mit dem Mangel der Blätter ist gleichzeitig der Mangel der Ein- theilung der Axe in Internodien fühlbar, die in den Fällen, wenn zwei oder drei Aehren übereinander folgen, und zwischen den einzelnen Aehren Blattscheiden auftreten, mit der Entwicklung der Blätter also gleich wieder eintritt, somit der zwischen den ungegliederten Stücken der Receptacula tragenden Axe befindliche beblätterte Theil gegliedert ist. (Siehe die Monstrositäten der Equisitenähre in Milde, Nov. act. Brad 1.2.0. mat cur 1858; XXYL Pars DI, Taf.-32,: Fig. 25, Taf. 34, Fig. 44.) Die letzten, höchsten, entwickelten Blätter des Equisetum- Stengels sind somit im gewöhnlichen Falle die Blätter des Ringes. Der Ring ist zugleich die einzige Stelle am Stengel des Eiguisetum, wo man die Sporangien auf die obere Blattfläche von der Axe heraufwandern sieht, wo man die Blätter in den Ring umgewandelt bemerkt. Es ist daher möglich, dass die Blätter auf der Equisetum-Aehre in einem sehr jugendlichen Zustande, wie sie in der Scheitelzelle des Blattwulstes an einer noch unterirdischen, nicht entwickelten Knospe der Equiseten beobachtet werden, latent verbleiben, wie man diess an den wurzelähnlichen Sprossen bei Psilotum triquetrum kennt (Sachs: Lehrb. d. Bot. 1873, p. 407), „wo die Blattanlagen nur aus wenigen Zellen, die nicht über die Oberfläche hervorragen, sondern im Gewebe versteckt bleiben, bestehen, und die sich weiter entwickeln können, wenn der betreffende Spross über den Boden hervortritt.“ Ein solcher latenter Zustand der Blattanlagen ist um so wahr- scheinlicher, als auch der Astknospen- und Wurzelknospenquirl am Equisetum-Stengel sehr häufig und oft durch das ganze Leben des Individuums in solchem Zustande verbleibend hinreichend bekannt sind, und bei geänderten Umständen und Verhältnissen sich sofort weiter entwickeln können. Jahrbuch d. k. k. geol, Reichsanstalt. 1877. 27. Band. 1. Heft. (D. Stur.) 4. 96 D. Stur. [20] Ist ein solcher latenter Zustand der Blätter an der Equiseten- Aehre möglich, dann ist dieser Zustand auch am Calamarienstengel möglich. Hiermit wäre die Erklärung jener zwei verschiedenen Fälle am Calamitenstengel geboten, dass man bald solche findet, an denen deutliche Blattnarben durch Abreissen der Blätter oder nach natür- lichem Abfalle derselben entstanden, bemerklich sind, bald solche, an denen nur eine ganz kleine unbedeutende Spur vom Blatte bemerklich ist, _ über welcher sogar die Epidermis ganz unbeschädigt hinwegzugehen scheint. In dem einen Falle waren Blätter vorhanden gewesen und sind entweder abgefallen oder abgestreift worden, im zweiten Falle sind die Blätter nie zur Entwicklung gelangt, sind latent unter der Oberhaut des Stammes seblieben und haben als Zeichen ihrer Existenz an dieser Oberhaut nur eine kleine unbedeutende Erhöhung zurückgelassen, die dem Beobachter von ihrem kaum merkbaren Vorkommen sichere Kunde überbringt. Die Frage: welche von diesen kurz erörterten Frucht- ständen als eigene Gattungen aufzufassen seien, ist heute kaum in genügender Weise zu beantworten. Wir haben noch eine grosse Schwierigkeit vorher zu bewältigen, nämlich die Zugehörigkeit der Fruchtstände zu den betreffenden Stengeln und Stämmen festzu- stellen und factisch nachzuweisen. Von einzelnen Fällen ist diess bereits geschehen. So kann ich Jedermann, der es sehen will, am Originale davon die Ueberzeugung verschaffen, dass der Fruchtstand, den Sternberg als Volkmannıa distachya abgebildet hat, zu einem Calamiten mit periodischer Astent- wicklung aus der Gruppe des Calamites varians Germ., den ich Cala- mites distachyus St. sp. genannt habe, gehöre, und dieser Fruchtstand zeigt unzweifelhaft die Organisation wie Renault’s Volkmannia, mit dem Unterschiede, dass dessen Blätter am Grunde verwachsen sind, wie bei Huttonia spicata St. Auch die Anhängsel an den Blättern, die für Fruchtträger gehalten wurden, fehlen dieser Aehre nicht. Es ist möglich, dass der Calamites distauchyus St. sp. die Spitze eines Frucht- standes darstellt, der tiefer unten so aussah, wie Volkmannia arbo- rescens 8t.") Es ist ferner höchst wahrscheinlich, dass jene Aehren, die Preslals Huttonia spicata abgebildet hat, mit den Aehren Volkmannia distachya St. völlig ident sind und die scheinbaren Unterschiede nur der Erhaltungsweise zuzuschreiben wären. Der Stiel erscheint auch bei Volkmannia distachya ungegliedert, wenn derselbe im Abdrucke vorliegt, da in diesem Falle die Spitzen der Blätter, die ihn bedecken, allein sichtbar werden und die Gliederung zum Abdrucke nicht zulassen. Nun ist aber aus der von Weiss erörterten Thatsache bekannt, dass von zwei an einem und demselben Stamme angehefteten Aehren seiner Annularia, die eine mit den rosendornförmigen Fruchtstielchen die Druckmannia-artige Organisation, die andere mit runden Frucht- stielchen die Volkmannia-artige Organisation zeige; woraus folgt, dass diese sonst sehr verschiedenen Organisationsweisen der Fruchtähren sogar einem Individuum angehören, daher keine verschiedenen Gattungen darstellen können, dass ferner, wenn ja die eine ') Vergleiche auch den Asterophyllites foliosus Geinitz, Steink. Sachs. Taf. XVI, Fig. 1 [21] Ist das Sphenophyllum in der That eine Lycopodiaceae ? 97 sicherlich einem Calamiten angehöre, auch die andere dieser Gattung angehören müsse. Die uns jetzt vorliegende Thatsache, dass der betreffende Stamm, worauf diese Aehren haften, anders aussieht, als irgend ein anderer Calamit '), da dessen Rippen schwächer ausgedrückt seien, darf uns nicht beirren, denn ich habe lange Zeit hindurch aus Altwasser in Walden- burg den Archaeocalamites radıatus Bgt. sp. wahrscheinlich in macerirtem Zustande stets nur in gleichartiger, unbestimmter Gestalt erhalten, wie die ist, in der der bewusste Annularia-Stamm Weiss’s vorliegt — und doch kamen nachträglich besser erhaltene und sicher bestimmbare an’s Tageslicht. Die Hinweisung auf das Mitvorkommen der Annularia- Aehren in Wettin mit dem Equwisetites lingulatus Germ.?) ändert an der Sache gar nichts, da dieses Petrefakt höchst wahrscheinlich nichts an- deres, als die abgelöste Oberhaut eines Calamiten darstellt, dessen Blätter zufällig so erhalten sind, dass sie an ihrer Basis zu einer Scheide verwachsen erscheinen, wie an den Calamiten-Blättern, die als Bockschia flabellata Goeppert und Geinitz bekannt gemacht haben. Solche abgelöste Stücke der Oberhaut, an der die Blätter noch haften, nach deren Abfallen rundliche- kettenförmig aneinandergereihte Blätter- narben zurückbleiben, sind bei Calamites varians Germ., besonders ausführ- lich bei Cal. varians Sternb. bekannt. Geinitz’s Equisetites priscus (Steink. Sachs. Taf. X, Fig. 9) ist desswegen hier ganz besonders zu erwähnen und wichtig, als das betreffende Originale bei einer Beleuchtung die Scheide als zusammengewachsen erscheinen lässt, wie sie abgebildet wurde, während es um 90° gedreht, die Scheide aus losen, nicht zusammen- hängenden Blättern, die bis zur Basis getrennt sind, zusammengesetzt zeigt. Uebrigens, wenn auch in der That, wie an dem Equisetides rugosus Sch. (Traite Taf. XVII, Fig. 3) von Saarbrücken (nicht ]. ce. Fig. 1 und 2, die aus der jüngeren sächsischen Steinkohlenformation’stammen,) und an dem Equwisetides brevidens Sch. (1. c. Fig. 4), ebenfalls aus Saarbrücken, es dargestellt ist, die Blätter wirklich zusammengewachsen sein sollten, und an ihnen anhaftend Annularien-Aehren nachgewiesen wären, würde die Berechtigung, diese Dinge aus dem Verbande mit ächten Calamiten herauszureissen, nicht vorliegen. Denn gerade in diesem Falle wäre der Beweis geliefert, dass die oben genannten, bei Equisetides eingereihten Reste zu Fruchtständen gehören. Dass aber an den Fruchtständen des Calamites distachyus St. sp. (Huttonia spi- cata St. und Volkmannmia distachya St.) die Blätter zu einer kelch- förmigen Scheide verwachsen, trotzdem sie am Stamme selbst frei sind, ist als bekannt vorauszusetzen. Ebenso sind bei den Fruchtständen, die Renault ausführlich untersucht hat, die Blätter bald verwachsen, bald frei. Auch die an solchen Stämmen angehefteten Annularien- Aehren (es sind 3 solche Fälle bekannt) zeigen in der That nicht den Typus der Fructification einer Equiseten-Aehre, welche bekanntlich blattlos ist und ihr die Eintheilung in Internodien mangelt, Charak- tere, die der Annularien-Aehre gänzlich fehlen. Diess ist gegenwärtig die beste Erklärung für jene Funde, die 1) Weiss: Zeitschr. d. D. geol. Ges. 1876, XXVII, p. 165. ?) Schenk: Bot. Zeitschr. 1876, p, 539. A® 98 D. Stur. [22] man als Equisetides lingulatus Germ., E. priscus Gein., E. rugosus Sch. und E. brevidens Sch. beschrieben und abgebildet hat, dass sie nämlich im Fruchtstande befindliche Calamiten Stamm- theile und Träger der Annularien-Aehren seien. An den zwei letztgenannten ist auch die Berippung der Stämme noch erhalten, während die ersteren wahrscheinlich nur herabgestreifte Stücke der Oberhaut von Calamiten darstellen. Die unter dem Namen Cingularia bekannte Fructification ist in einem Exemplare, das Weiss abbilden wird, und in einem zweiten, das ich selbst besitze, als appendiculär an einem Calamarienstamme bekannt, ähnlich wie Volkmannia elongata Presl (Verh. d. Gesellsch. d. vaterl. Museums in Böhmen 1838, p. 26, Taf. 1), deren Organi- sation nach meinen Beobachtungen in der Coll. Sternbergii des Prager Museums ganz dieselbe ist, wie die der Renault’schen Volkmannia, ohne dass mir die Anhängsel (c) an den Blättern aufgefallen wären. Diese Thatsachen und die ausgesprochenen Ansichten über die Deutung der einzelnen Theile der Fructification lassen wohl auch die Oingularia nicht so sehr entfernt stehen von der Druckmannia Renault’s, als dass man der Ansicht nicht Platz gestatten könnte, sie sei auch nur ein specieller Fall eines Calamiten-Fruchtstandes. Die von mir erwähnte Macrostachya gracilis kann, trotzdem dass man sie momentan an einem Stengel haftend kennt, der in Gestalt der "olkmannia graecilis St. Blätter trägt, die, einmal gabelig, in zwei lange Spitzen endigen, doch einen Calamitenfruchtstand darstellen, da wir ja an Sphenophyllum und an Archaeocalamites mehrmals getheilte Blätter kennen. Die Organisation der Macrostachya gracilis, an wel- cher allerdings nur das Fruchtstielchen bekannt ist, spricht deutlich dafür, dass sie einem Sphenophyllum wenigstens vorläufig nicht zuge- wiesen werden könne, da sie durch das Fruchtstielchen von den be- kannten Sphenophyllum-Aehren abweicht, ebenso gut, wie sie eine Ver- einigung mit Archaeocalamites weder in der Beschaffenheit des Stammes, noch in der äusseren Gestalt des Fruchtstandes zulässt. Aus der Besprechung dieser Thatsachen und den erörterten Ansichten würde daher folgen, dass wir vorläufig ausser dem lebenden Zgquisetum innerhalb der paläozoischen Formationen nur folgende Typen der Frueti- ficationen der Calamarien als Typen von Gattungen betrachten könnten: I. Equisetum: Aehre blattlos und ungegliedert, von einem Ringe unterstützt; die Stellung der drei vegetativen Quirle am Stamme und Rhizome nach der Formel: Bi.B A W II. Archaeocalamites: Aehre Equiseten-ähnlich, in gewissen Ab- ständen von Blättern unterbrochen, daher auch stellenweise eine Glie- derung zeigend; die Stellung der drei vegetativen Quirle am Stamme und Rhizome nach der Formel: B B NW A III. Eleutherophyllum: YFruchtbarer Stengel mit Sporangien auf [23] Ist das Sphenophyllum in der That eine Lycopodiaceae ? 29 der oberen Fläche der Blätter; die Stellung der drei vegetativen Quirle am Stamme nach der Formel: BB A N Ze IV. Oalamites: Mit dreierlei Typen der Fructification, an welchen die Blattwirtel stets entwickelt sind, und der fertilen Axe ebenso wie der sterilen eine Gliederung in Internodien ertheilen. 1. Oingularia Weiss: Die Stellung der drei fertilen Quirle an der Aehre nach folgender Formel; wobei das Fruchtstielchen mit den zelligen Auswüchsen der nächstanliegenden Wurzelknospen zu dem eigenthümlichen horizontalen Fruchtträger verwächst, an welchem die 4 Sporangien vertical in den Internodialraum herabhängen. nB Bn A nW Wn 2. Bruckmannia Renault: Die Stellung der. drei fertilen Quirle an der Aehre nach folgender |Formel; wobei das Fruchtstielchen an der Aehren-Axe in der Mitte des Internodiums zurückbleibend den, den Wurzelknospen entsprechenden zelligen Auswüchse-Quirl zurückhält und ihn zur Bildung der verticalen Scheidewände (cloison) veranlasst, und sich überdiess im vertical-tangentialen Sinne in 4 Aestchen theilt, an welchen die Sporangien, je zu zweien rechts und links von der Scheide- wand in den durch diese gebildeten Logen horizontal!) liegen. nB Bn A W 3. Volkmannia Renault: Die Stellung der drei fertilen Quirle an der Aehre nach folgender Formel; wobei das Fruchtstielchen an der Aehren-Axe noch tiefer zurückbleibt, indem es fast in der Achsel des Blattquirls des nächsttieferen Internodiums gestellt ist, während die Wur- zelknospen mit den Blätterbasen zu einem kleinen Appendix verwachsen, sich bis zum oberen Ende des Internodiums bei dessen Streckung miterheben. nB| |Bn A nW, Wn Die Stellung der drei vegetativen Quirle am Calamitenstamme ist verschieden, je nachdem an betreffender Stelle desselben entweder der equisetale Fibrovasalstrangverlauf herrschend ist, in welchem Falle folgende Formel giltig ist: nB Bn A W ‘) Ist die Erscheinung, dass bei Cingularia die sehrreifen Sporangien zu vieren an einem horizontal ausgestreckten Fruchtträger nach abwärts herabhängen, während die Anheftungsstielchen der Sporangien bei Bruckmannia in verticaler Richtung verzweigt erscheinen, nur als ein Unterschied in der Reife des Fruchtstandes aufzufassen ? 30 D. Stur. [24] oder der archaeocalamitale Fibrovasalstrangverlauf vor- handen ist, in welchem Falle folgende Formel giltig ist: nB. WDn A nW Wn Es wäre somit möglich, dass alles das, was wir unter den Namen: Calamites, Asterophyllites, Bockschia, Equisetites und Equise- tides 2. Th., Calamocladus, Annularia, Oyclocladia L. et H. (als Ober- haut von Talamiten mit periodischer Astentwicklung), Volkmannia, Bruck- mannia, Huttonia, Macrostachya, Calamostachys und Cingularia bisher kennen gelernt haben, nichts anderes als specielle Fälle von Stämmen, Aesten, Blättern, herabgestreiften Epidermalgebilden und Fruchtständen von Calamites-Arten wären. Die Fructification, die oben als Volk- manmia aufgeführt ist, Kennt man gleichzeitig auf einem und dem- selben Stamme mit der, die als Bruckmannia bezeichnet ist. V. Sphenophyllum : Aehre beblättert und die fertile Axe geglie- dert, mit Sporangien, die bald auf der oberen Fläche der Blätter, bald in der Achsel des Blattquirls sitzen; die Stellung der drei vegetativen Quirle an den Stämmchen nach folgender Formel: A B N und zwar ist wegen der sehr geringen Anzahl der fast stets einzeln stehenden und sehr aufgetriebenen Aeste die specielle (abwechselnde oder supraponirte) Stellung der Aeste zum Blatte mir vorläufig nicht bekannt, während zwischen je zwei Blattbasen in der Commissurallinie 1—3 Wurzelknospen placirt sind, diese somit mit den Blättern ab- wechselnd gestellt sind. Es sei hier die Bemerkung beigefügt, dass an den dicksten Stämmchen eines Sphenophyllums, die ich bisher ge- sehen habe, die Breite derselben einen Centimeter nur wenig über- stieg, und ich bisher keinen dickeren Stamm kenne, den ich für ein Sphenophyllum betrachten könnte. Wirft man endlich noch einen Blick auf die Thatsachen, die uns über das Auftreten der besprochenen Fruchtstände und zugehöriger Stämme in den verschiedenen übereinander folgenden Schichten-Abthei- lungen des Culm und der Steinkohlenformation vorliegen, so findet man auch hier einige Belehrung. Der Archaeocalamites, Stamm und Fruchtstand, sind bisher nur in den Culm-Schichten gefunden, ebenso das Eleutherophyllum. Das Sphenophyllum tenerrimum Ett. in den Ostrauer Schichten, ebenso wie die nächstjüngere Art Sph. dichotomum Kaulf. Germ. (nach einem Stücke bei Weiss) in den Schatzlarer und Saarbrücker Schichten zeigen die Sporangien in der Achsel des Blattwirtels angeheftet. Am Sph. angustifolium in den viel jüngeren Schichten von Wettin sitzt das Sporangium an der Basis des Blattes, während im Plauen’schen Grunde, unmittelbar an der Grenze der Dyas, am Sph. oblongifolium Geinitz das Sporangium tragende Fruchtblatt erweitert und genabelt, also etwas verändert aussieht. Die vorliegenden Thatsachen sprechen somit RETTET [25] Ist das Sphenophyllum in der That eine Lycopodiaceae ? 31 vorläufig dafür, dass die Wanderung der Anheftungsstelle des Sporan- giums an der Sphenophyllen-Aehre, und zwar in der Richtung von der Achsel des Blattquirls auf das Blatt hinauf, nach und nach, im Ver- laufe einer überaus langen Zeitepoche erst vollbracht wurde, und dass mit dem thatsächlichen Fortschreiten dieser Wanderung in Hinsicht auf den Fruchtstand das Sphenophyllum vom Calamarien-Typus sich entfernend, jenem der Lycopodiaceen sich mehr näherte. Cingularia ist bisher nur in den Saarbrücker Schichten, also in den tiefsten Schichten der Steinkohlenformation, gefunden worden. Der Bruckmannie-artige Fruchtstandstypus, der, im Falle die An- hängsel des Fruchtstielchens, d. h. die Scheidewände (cloisons), zerstört sind, das darstellt, was man bisher als Annularia mit rundem Frucht- stielehen zu bezeichnen pflegte, tritt zuerst in den mittleren Saar- brücker Schichten (Geislautern, Grube Gerhard, Belgien) auf, und ist in diesem älteren Niveau von viel längeren und schmäleren Blät- tern der Aehre begleitet, als man solche an den Annularia-Fruchtähren der jüngeren Steinkohlenzeit in Sachsen, Mannebach und Wettin, zu sehen bekommt. Der Volkmannia-artige Fruchtstandstypus, insbesondere in der Gestalt, die man Macrostachya nannte, beginnt schon in den Schatz- larer und Saarbrücker Schichten als Maecrostachya infundibuliformis Bgt. (beblätterte zugehörige Stengel tragen sehr lange haardünne, ein- malgabelige Blätter), ist in ähnlicher Gestalt auch in den Schwado- witzer Schichten zu treffen, tritt in sehr grossen Fruchtähren in Sachsen auf, wo ich dieselbe Macrostachya Geinitzii nannte, in kleineren, kürzer begrannten Aehren in dem jüngeren Wettin, wo sie als Macrostachya carinata Germ. beschrieben und abgebildet wurde, und als Macrosta- chya gracilis St. sp. mit sehr verlängerten Grannen in den Radnitzer Schichten, wobei die Blätter der Fruchtähren bald tellerförmig, bald kelchförmig verwachsen sind und auch lose zu sein scheinen. Huttonia spicata St. = Calamites distachyus St. sp. und Volkmannia elongata St. sp. finden sich endlich in dem sogenannten Svinnä-Gestein der Radnitzer Schichten beisamınen. Die beiden Fruchtstandstypen Druckmannia Renault (und Annu- laria mit runden Stielchen), und Volkmannia Jenault (und Macrosta- chya) treten somit durch die ganze Schichtenreihe der Steinkohlenfor- mation parallel nebeneinander in nach und nach sich verändernder Ge- stalt auf und werden hier in paralleler Weise von den Stämmen be- gleitet, die man Calamiten genannt hat. Dieser Parallelismus beweist die Zusammengehörigkeit der drei Erscheinungen um so mehr, als man bis heute aus diesen Schichten keine anderen Stämme kennt, die mit den genannten Fruchtständen den wichtigsten Charakter der Calama- rienstengel, nämlich die drei vegetativen Quirle an jedem Internodium — gemeinsam hätten, da, wie erwähnt, die bei Fguwise- tides eingereihten Arten, mit zu einer Scheide verwachsenen Blättern versehene fruchttragende Theile von Calamiten-Stämmen sein dürften. Es drängt sich daher auch hier wieder die Frage auf, ob die Sporan- gien dieser zwei Fruchtstandstypen wicht etwa auch darin eine ver- 39 D. Stur. [2 6] schiedene Rolle spielen, als sie Macrosporen') und Mierosporen führen, trotzdem solche am lebenden Equisetum bisher nicht erwiesen sind (die Sporen des Ringes sind meines Wissens nicht untersucht), und trotzdem man keine Unterschiede in der Grösse der Sporen an den lebenden Equiseten beobachtet hat. Diese Grundzüge einer Morphologie der fossilen Calamarien basiren auf dem wichtigsten Charaktere des sehr eigenthümlichen Cala- marien-Stammes, den drei vegetativen Quirlen desselben. Die drei vegetativen Quirle des Calamarien-Stammes sind es, die die fos- silen Calamarien mit dem letzten Sprössling derselben, mit dem noch lebenden Fguisetum, innigst verbinden, und beide von den übrigen Gefässkryptogamen ganz präcise sondern und isoliren. Den Phytopaläontologen liegt noch eine schwierige Arbeit vor, die specielle, somit auch die generelle Zuweisung der einzelnen Frucht- stände zu den betreffenden Stämmen auf dem thatsächlichen und müh- samen Wege der Erfahrung und Beobachtung; die Ausmerzung alter Beobachtungsfehler, die uns am Fortschritte hindern; die Befestigung jener Ansichten, die vom Standpunkte der drei vegetativen Quirle sich uns aufdrängen. Von den Phytologen erwarten wir eine Revision der Ansichten über den Fruchtstand des Egquisetum, die mit den thatsächlich be- kannten unbestreitbaren Erscheinungen auf dem Fruchtstande der fos- silen Calamarien und mit den charakteristischen „drei vegetativen Quirlen“ des Equisetum im Widerspruche stehen; es ist diess vorzüg- lich die Ansicht, die Receptacula seien metamorphosirte Blätter, wo- gegen für die andere, sie seien metamorphosirte Aeste, im Vorangehenden die Gründe, die der fossile Fruchtstand bietet, mitgetheilt wurden. Eines ganz besonderen Studiums bedarf der bisher wenig beach- tete Ring am Equisetum, der ausnahmsweise Sporangien trägt, und bei den Calamarien bisher so gut wie unbekannt ist. Das that- sächliche Verbleiben der Blätter an der Aehre des Equwisetum im latenten Zustande, (deren Entwicklung vielleicht durch die dicht- schliessende Stellung der Receptacula, zurückgedrängt wird), wie an Psilotum, würde uns Sicherheit in der Anschauung verschaffen, dass am Calamiten-Stamme ein Zustand der Blattlosigkeit zugegeben werden müsse. Jedenfalls dürfte das jetzt erlangte Resultat der Phytopaläon- tologie, welches über die einstige Art und Weise des Auftretens und Bedeutung einzelner Theile des jetzt noch lebenden Equisetums auf dem Calamarien-Stamme ein in grossen Zügen fest gezeichnetes Bild gibt, somit durch die genauere Kenntniss der fossilen Urahnen des- selben die Kenntniss der jetzt noch lebenden Pflanze fördert, geeignet sein, zur möglichst gewissenhaften Fortsetzung solcher und ähnlicher Arbeiten und Bemühungen aufzumuntern und ihnen nach und nach auch die Werthschätzung der Phytologen zu gewinnen. ') Vergl. hiemit die Angabe Renault’s über seine Macrosporen.c. p- 21, Taf. 1, Fig, 11. TaR 4, 71078520: Studien in der Sandsteinzone der Karpathen. Von €. M. Paul und Dr. Emil Tietze. Vorbemerkungen. Wie allgemein bekannt, gehört der galizische Abhang der Kar- pathen zu denjenigen Gebieten, über deren geologischen Bau im Vergleiche mit andern Gegenden bisher sehr wenige Daten vorlagen. Wohl sind die beiden Endpunkte dieses Gebietes, nämlich die Karpathen Schlesiens und der Krakauer Gegend einerseits, durch die bekannten Arbeiten von Hohenegger und Falleaux'), die der Buko- wina anderseits durch die Resultate der in den letzten Jahren von einem von uns in diesem Kronlande durchgeführten Aufnahmen?) etwas besser bekannt; das ausgedehnte, zwischen diesen beiden weit von ein- ander entfernten Grenzen liegende Gebiet war aber, abgesehen von Niedzwiedzkis neuesten Mittheilungen aus der Gegend von Pfe- mysl?) und von einigen anderen, ausschliesslich locale Verhältnisse be- rührenden Notizen, sowie von den älteren, für den gegenwärtigen Stand- punkt unserer Wissenschaft wohl kaum mehr benützbaren Angaben in Pusch’s „Geologie von Polen“, so ziemlich terra incognita geblieben. Es hatte diess seinen Grund sowohl in den mangelhaften Com- municationsmitteln und anderweitigen ungünstigen äusseren Verhält- nissen des Landes, als auch in dem Umstande, dass man es hier fast ausschliesslich mit sogenannten Karpathensandsteinen zu thun hat, einem Faciesgebilde, dessen Studium als ebenso schwierig wie undankbar bisher von den meisten Geologen begreiflicherweise in zweite Linie ge- stellt, und so viel wie möglich „späteren Zeiten vorbehalten“ wurde. Als wir im Sommer 1876 von Seite der Direction der k. k. geo- logischen Reichsanstalt mit der Detaildurchforschung eines Theiles dieses Gebietes (nämlich des südlichen Kolomeer und eines Theils des Stanislauer Kreises) betraut wurden, handelte es sich daber für ) L. Hohenegger, Geognost. Karte der Nordkarpathen in Schlesien und den angrenzenden Theilen von Mähren und Galizien, Gotha 1861. L. Hohenegger und C. Falleaux. Geognost. Karte der ehemaligen Ge- biete von Krakau. Wien 1866. l °) Paul, Grundzüge der Geologie der Bukowina, Jahrb. d. k.k. geolog. R.-A. 1876, 3. Heft (mit Uebersichtskarte). ®) Jahrb. d. k.k. geolog. R.-A. 1876, 3. Heft, p. 331. Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1377. 27. Band. 1. Heft. (C.M. Paulu.E. Tietze.) b) 34 C. M. Paul und Dr. E. Tietze. [2] uns nicht, wie bei Detailaufnahmen in anderen Gegenden, um die speciellere Ausführung oder eventuelle theilweise Modification älterer, in ihren Grundzügen feststehender Anschauungen über das Gebiet, sondern um die Anwendung der in anderen, genauer gekannten Theilen der Karpathensandsteinzone gewonnenen Erfahrungen auf dasselbe. Wir mussten somit einerseits untersuchen, inwieferne die von einem von uns für das Sandsteingebiet der Bukowina aufgestellte Glie- derung sich im weiteren Verfolge derselben nach Westen als constant erweise; andererseits aber die sich hiebei ergebenden Anschauungen mit den Verhältnissen in Schlesien und den Karpathen des Krakauer Gebietes in Uebereinstimmung zu bringen trachten. Zur Lösung dieser Aufgabe suchten wir zunächst das bestgekannte und daher lehrreichste Karpathensandsteingebiet, den Teschner Kreis Schlesiens, aus eigener Anschauung kennen zu lernen. Im ersten Abschnitte unserer Mittheilung haben wir einige, bei dieser Gelegenheit in der erwähnten Gegend gemachte Beobachtungen zusammengestellt; sie sollen statt einer genereller gehaltenen Ueber- sicht über Karpathensandsteine im Allgemeinen, wie sie schon in der obencitirten Arbeit über die Bukowina versucht wurde, und daher hier entfallen konnte, gewissermassen als Einleitung für das Folgende dienen. Um keine allzugrosse Beobachtungslücke zwischen den in Ver- gleich zu ziehenden Gebieten zu lassen, die Verhältnisse der schlesi- schen Karpathen nicht allzu unvermittelt mit denen des fernliegenden Ostgalizien in Beziehung setzen zu müssen, unternahmen wir eine Ex-. cursion in Westgalizien von Bochnia über Sandec bis an die Klippen- linie am Poprad, und suchten uns hiebei über die Art und Weise der stratigraphischen und petrographischen Modificationen zu informiren, denen die Gebilde der Sandsteinzone von West gegen Ost unterworfen sind. Selbstverständlich stehen die Resultate dieses verhältnissmässig etwas flüchtiger begangenen Durchschnittes in Beziehung auf Vollstän- digkeit und Sicherheit der Deutungen hinter denen der folgenden zurück, auf welche mehr Zeit verwendet werden konnte; immerhin dürften aber einige der hier fixirten Beobachtungen als vermittelnde Bindeglieder zwischen den Verhältnissen der West- und Ostkarpathen nicht ohne alle Bedeutung sein. Ein noch weit wichtigeres derartiges Bindeglied stellen die neuen Erfahrungen Niedzwiedzki’s bei Prfemysl her; wir glaubten daher auch diese in den Bereich unserer Betrachtung ziehen und unsere An- sichten über die Bedeutung derselben der vorliegenden Mittheilung ein- fügen zu sollen. Die folgenden Abschnitte geben die Schilderung der wichtigsten Hauptdurchschnitte des uns in erster Linie beschäftigenden Terrains in Östgalizien, welches westlich durch das Bistritzathal, südlich durch die ungarische Landesgrenze, östlich durch den Üzeremoszfluss, nördlich durch das galizische Neogenland begrenzt ist. Ermüdend dürften vielleicht hier die zahlreichen Schilderungen einförmiger, sich häufig wiederholender Lagerungsverhältnisse, minu- tiöser petrographischer Details ete. erscheinen. Wir glaubten dieselben jedoch nicht unterdrücken zu sollen, indem uns hiedurch für spätere [3] Studien in der Sandsteinzone der Karpathen. 35 Forscher in jenen Gegenden die Möglichkeit geboten zu sein scheint, alle jene Einzelheiten, aus denen wir unsere Resultate in Beziehung auf Gliederung, Deutung etc. zogen, in der Natur selbst wieder zu finden, und sich aus eigener Anschauung ein Urtheil über dieselben zu bilden. k Jeder der geschilderten Durchschnitte ist in gewisser Beziehung belangreich, und wir konnten daher keinen übergehen, so sehr sich auch die Resultate derselben unter einander gleichen. So ergab das Profil des Bistritzathales zwischen Nadworna und Pasieczna zuerst das sichergestellte Lagerungsverhältniss zwischen den in diesem Theile der; Karpathen ziemlich verbreiteten fischführenden Schiefern zu Nummuliten führenden Schichten. Der Durchschnitt des Pruth von Delatyn bis an die Quellen dieses Flusses auf die Ozerna Hora ergab uns bereits ein ziemlich vollständiges Bild der das ganze Terrain zusammensetzenden Gesteins- gruppen und ihrer relativen Niveau’s, während die Route von Kossow an den oberen Lauf des schwarzen Uzeremosz namentlich in tectonischer Beziehung die wichtigsten Aufschlüsse lieferte. Der Durchschnitt am weissen Czeremosz endlich zeigt die eigen- thümlichen Modificationen, welche sowohl in der Verbreitung, als auch in der petrographischen Entwicklung der einzelnen Schichtgruppen von West gegen Ost eintreten, und gestattet den Vergleich zwischen den Verhältnissen Ostgaliziens mit denen der Bukowina. Derartige Vergleiche, sowie alles Allgemeinere über die Glie- derung, Deutung und Verbreitung der unterschiedenen Etagen enthalten die unserer Mittheilung beigegebenen Schlussbemerkungen, in welchen wir das Wichtigste von dem, was eine Combination der in den vorher- gehenden Abschnitten geschilderten Detaildurchschnitte in stratigraphi- scher und tectonischer Beziehung ergab, in gedrängter Kürze zusam- menzufassen suchten. I. Beiträge zur Kenntniss der Karpathensandsteinbildungen in der Teschner Gegend. Indem wir in dem Folgenden die Resultate einiger Excursionen mittheilen, die wir unter der sachkundigen Führung des Herrn Ra- kus, erzherzogl. Albrecht’schen Schichtmeisters, im Teschner Kreise in Oesterreichisch-Schlesien unternahmen, wollen wir (mit Ausnahme eines einzigen, später zu berührenden Punktes) keineswegs die ausgezeich- neten, wohl jedem Fachgenossen bekannten Arbeiten Hohenegger’s über dieses Gebiet verbessern oder modificiren, sondern nur einige Localbeobachtungen wiedergeben, die in Hohenegger’s mehr allge- mein gehaltenen Publicationen fehlen, die aber für den. Vergleich mit den Karpathensandsteingebilden Galiziens, deren Deutung und strati- graphische Horizontirung gegenwärtig unsere Hauptaufgabe bildet, viel- leicht nicht ohne einige Bedeutung sind. a. Untere Abtheilung der Karpathensandsteine (Neo- comien und Aptien, Untere Teschner Schiefer, Teschner Kalke, Obere Teschner Schiefer, Grodischter Sandstein, Wernsdorfer Schichten). Eine 5% 36 C. M. Paul und Dr. E. Tietze. [4] sehr lehrreiche Exeursion zum Studium der hiehergehörigen Bildungen ist die von Teschen über Unter-Lischna nach den östlich von dem ge- nannten Orte gelegenen Eisensteinbergbauen. An der am rechten Olsaufer hinlaufenden Strasse zwischen Teschen und Unter-Lischna stehen an vielen Punkten die untersten Glieder der Teschner Neocomienbildungen, Hohenegger’s untere Teschner Schie- fer!) mit ziemlich verworrener, meist steiler Schichtenstellung an. Sie sind stets lichter gefärbt, als die oberen Teschner Schiefer und Werns- dorfer Schichten, minder blättrig, im Innern grau, auf Verwitterungs- flächen gewöhnlich licht bläulichgrau, und stets rauher anzufühlen, als die Schieferlagen höherer Abtheilungen. Sie enthalten keine Thon- eisensteinlagen und keine Hieroglyphenschichten. Die nicht seltenen Fucoiden heben sich gewöhnlich licht von dem Gesteine ab. Am Olsa- ufer, westlich von der erwähnten Strasse, sind diesen Schiefern kal- kige Bänke eingelagert; in diesen fanden sich jene kleinen Exogyren, von denen eine Suite im verflossenen Jahre durch Hrn. Rakus an un- sere Anstalt eingesendet worden war. Sowohl das Gestein, als die Form der Exogyra erinnert sehr an ein ähnliches Vorkommen bei Mjestja Kuluj in der Bukowina. ?) Auch an der Strasse selbst sieht man stellenweise etwas kalki- sere Schichten den Mergelschiefern eingelagert, wodurch ein petrogra- phischer Uebergang zu der nächsthöheren Abtheilung, den Teschner Kalken, hergestellt erscheint. Am Eingange des Lischnathales bei Träynietz gegen Osten von der Strasse abbiegend, sieht man einen niederen felsigen Rücken vor sich, der von WNW nach OSO streicht, und dessen Steilabfall bei nordnordöstlichem Fallen der Schichten gegen SSW gerichtet ist. Dieser Rücken, der durch einige kleine Steinbrüche aufgeschlossen ist, besteht aus Teschner Kalk. In der unteren Partie derselben findet man viel- fach plattige, dünngeschichtete Sandsteine und Sandsteinschiefer von bräunlicher Farbe, die auf den Schichtflächen mit zahlreichen verkohlten Pflanzenfragmenten bedeckt sind, gerade wie die in der Bukowina bei Kimpolung mit Aptychenschiefern und Muntelconglomerat in Verbin- dung stehenden Schichten. Sie wechseln mit kalkigeren Schiefern ab, in denen nach Mittheilung des Hrn. Rakus wiederholt Aptychen ge- funden worden sein sollen, und werden von den eigentlichen Kalken überlagert, die hier keine bedeutende Mächtigkeit haben. Der Kalk selbst ist sehr sandig (er enthält bei 30°/, Kieselerde), und hat überhaupt nur im ganz frischen Bruche das Ansehen eines Kalksteins. Auf den Verwitterungsflächen erscheint er meistens als eine feine Breccie aus kalkigen und quarzigen Fragmenten und kleinen, jedoch unkenntlichen Conchylientrümmern. Es ist dieses die von Hohenegger als oberer Teschner Kalk bezeichnete Abtheilung; der untere Teschner Kalk scheint hier durch die erwähnten plattigen Sand- steinschichten mit verkohlten Pflanzenresten ersetzt zu sein. Dem Strei- chen dieses Kalkrückens gegen OSO folgend, trifft man Lagen von ') Geogn. Verh. der Nordkarpathen, Gotha 1861, p. 23. °’) Paul, Grundzüge der Geologie der Bukowina. Jahrb, d. k. k. geol. R.-A, 1876, 3. Heft. [5] Studien in der Sandsteinzone der Karpathen. 37 hydraulischem Kalk, die sich aus den mit den kohligen Sandsteinen wechselnden Kalkschiefern zu entwickeln scheinen, und die auch von Hohenegger dem unteren Kalkniveau zugezählt werden. Steigt man über die Schichtenköpfe des Kalkes in’s Hangende hinauf, so erreicht man eine nicht sehr breite Plateaumulde, die nord- wärts wieder von einem Kalkrücken (der Höhe von Koikowitz) be- srenzt wird, und in welcher in westnordwest-ostsüdöstlicher Richtung eine Reihe von Eisensteinbergbauen eröffnet sind. Wir befinden uns hier im Niveau der oberen Teschner Schiefer, ohne Zweifel der wich- tigsten Abtheilung der unteren Karpathensandsteine, sowohl in prak- tisch-bergmännischer Beziehung, da der grösste Theil (25 Flötze) der in Abbau stehenden Thoneisensteinlager dieser Abtheilung angehört, als auch in geologischer Beziehung, da die scharfe petrographische Markirung derselben die Möglichkeit bietet, sie allerorts leicht wieder- zuerkennen und als stratigraphischen Orientirungshorizont zu benützen. Auf den Schachthalden der erwähnten Eisensteinbaue, von denen man den sogenannten Albrechtschacht sogleich vor sich sieht, wenn man oberhalb des Kalkbruches von Unter-Lischna angelangt ist, sowie im Bachbette im Orte Ober-Lischna, kann man die petrographischen Eigenthümlichkeiten der oberen Teschner Schiefer sehr gut studiren. Dieselben bestehen aus einer Wechsellagerung von Schiefern, festen Kalksandsteinbänken und Thoneisensteinlagern. Die Schiefer sind schwarz, glänzend, blätterig, bituminös, in der Verwitterung bläulichgrau, und enthalten, soviel uns bekannt wurde, keine Fossilreste; was bisher an solchen in dieser Abtheilung gefunden wurde, stammt aus den festen Lagen oder aus den Thoneisenstein- flötzen selbst. Die festen Lagen (in der Bergmannssprache „Strzolka“ ge- nannt) bestehen aus einem meistens ziemlich harten und dichten dun- kelgrauen, an der Oberfläche ebenfalls gewöhnlich etwas lichter bläu- lichgrau verwitterndem Kalksandsteine (Sandstein mit kalkigem Binde- mittel). Mit der Schichtung parallele Bruchflächen dieser Gesteine zeigen immer sehr viel Glimmer und constant eine eigenthümliche krumm- schalige Structur. Besonders charakteristisch für diese Schichten ist das massenhafte Auftreten der unter dem Namen der „Hieroglyphen“ bekannten Reliefzeichnungen auf den Schichtflächen, von denen einige neben vielen anderen, die entweder gar nicht zu deuten, oder nur mit grösserer oder geringerer Wahrscheinlichkeit auf Fucoiden zurückzu- führen sind, wegen der auffallenden Constanz ihrer Form, sowie wegen des Umstandes, dass sie streng auf das Niveau der oberen Teschner Schiefer beschränkt sind, wohl etwas mehr Beachtung verdienen, als ihnen bisher geschenkt wurde. Ohne hier eine Deutung dieser Formen versuchen zu wollen, die erst bei sehr bedeutendem vorliegenden Untersuchungsmateriale möglich, und dann immer noch schwierig genug sein wird, wollen wir nur auf zwei Formen aufmerksam machen, die, nachdem sie in sicher bestimmten höheren oder tieferen Niveau’s niemals gefunden wurden, dagegen in gewissen Horizonten der oberen Teschner Schiefer in grosser Häufig- keit auftreten, wie bestimmbare Leitfossilien benützt werden können, und auch thatsächlich bei den bergbaulichen Arbeiten als sichere, 38 C. M. Paul und Dr. E. Tietze. [6] scharfe Anhaltspunkte dienen. Es sind dieses die sogenannten M-Striche, sehr regelmässige, dünne, als scharfe Reliefs hervortretende, zuweilen aus sehr zahlreichen Elementen bestehende Zickzacklinien — und gewisse ebenso charakteristische hufeisenförmige Gestalten. Die letzteren, bei denen vor Allem die grosse Constanz der Krümmungsverhältnisse bei allen Exemplaren auffällt, springen häufig von dem Gesteine ab, auf welchem sie aufsitzen, und beweisen dadurch ein abweichendes Zusammensetzungs- material. Sie können entfernt an sehr plattgedrückte Hamiten erin- nern, doch wurde eine auf Lobenlinien oder Oberflächensculptur zu- rückzuführende Zeichnung bei ihnen nicht beobachtet. Eine deutliche und ebenfalls constante Sculptur zeigen jedoch, wiewohl selten, gewisse andere Hieroglyphenformen, die aus radial an- geordneten, jedoch miteinander nicht zusammenhängenden Wülsten be- stehen. Einige dieser Wülste zeigen deutlich eine Längsfurche, und neben derselben beiderseits feine Querrippen. Wir besitzen übrigens aus dem Neocom von Niedek eine ganz ähnliche Form, welche die Längs- furche auf den Wülsten nicht aufweist. Im Jahre 1870 haben Dunkan und Jenkins im 159. Bande der philosophical transactions der royal society aus der Kohlenformation eine äusserlich den eben besprochenen Hieroglyphen ähnliche Form unter dem Namen Palaeocoryne beschrieben, zu den Hydrozoen gestellt und auf die mögliche Verwandtschaft derselben zur lebenden Bimeria vestita Wright hingewiesen. Allman (Monogr. of the Hydroide, R. Society 1872) sprach Zweifel gegen diese zoologische Classification der fraglichen Form aus und meinte, letztere besser bei den Rhizopoden unterbringen zu können. Dunkan hielt jedoch (quaterly journal 1873, pag. 417) seine frühere Ansicht aufrecht. Wir eitiren diesen Fall, um zu zeigen, dass trotz der Schwierig- keit der Deutung hieroglyphenartiger Versteinerungen , welche wohl zum Theil Reste von Organismen aus solchen Thierclassen sind, deren Vertreter sich wegen Mangels einer leicht conservirbaren Substanz in den meisten Ablagerungen nicht erhalten haben, der Versuch einer solchen Deutung nicht immer absolut erfolglos zu sein braucht. Ob diese letztbesprochenen Formen auf die oberen Teschner Schiefer beschränkt seien, wie die beiden ersterwähnten, können wir nicht mit Sicherheit behaupten ; andere, wie z. B. die sehr häufigen warzenför- migen Protuberanzen, kommen auch in den Wernsdorfer Schichten und im Godulasandsteine vor. Wollte man nun auch, da eine Einreihung der in Rede stehenden Formen in irgend eine bestimmte Thier- oder Pflanzenfamilie vorläufig nicht durchführbar ist, an der organischen Natur derselben zweifeln — ein Bedenken, welches uns gegenwärtig wohl nicht mehr für alle diese Gestalten berechtigt erscheint — so bleiben doch einige derselben, wie die M-Striche und Hufeisenformen, für die Niveaubestimmung wichtig, und zwar dieses um so mehr, da sie an gut aufgeschlossenen Punkten sehr häufig gefunden werden, während die sicher erkennbaren Fossil- reste nur als Seltenheiten erscheinen. Was diese letzteren betrifft, so enthalten die Sammlungen der Herren Falleaux in Karwin und Rakus in Teschen schöne Ammoni- [7] Studien in der Sandsteinzone der Karpathen. 39 tidensuiten aus dem hier eben in Rede stehenden Eisensteinzuge zwischen Lischna und Wendrin, die aber nur durch jahrelange, von allen Berg- arbeitern getheilte Aufmerksamkeit zusammengebracht wurden. Auch die schöne Perisphinctes-Form, die unsere Anstalt der Güte des Herrn Rakus verdankt, stammt aus diesem Zuge. Ueber dieselbe theilte uns Herr M. Vacek freundlichst die fol- gende Notiz mit. Perisphinctes cf. Euthymi Pictet sp. „Eine stark evolute Form mit flachen Umgängen, die durch das Breitenverhältniss des letzten Umganges zum Durchmesser, sowie durch die charakteristische Art der Rippenverzierung sich zumeist der Pic- tet’schen Art Amm. Euthymi nähert. Der letzte Umgang ist mit ab- wechselnd stärkeren und schwächeren Rippen verziert, von denen die ersteren mit einem starken Knoten an der Naht entspringen, eine Strecke weit ungetheilt bis zu einem zweiten Knoten verlaufen, der etwa in zwei Drittel der Höhe des flachen Umganges liegt, und von welchem an sich einzelne dieser starken Rippen in zwei am Extern- rande abermals mit vorspringenden Knoten endigende Aeste theilen, während andere ungetheilt bis an den Externrand verlaufen und hier auch mit einem Knoten enden. Dieselbe Endigung besitzen auch die theils einzeln, theils zu zwei den starken Rippen interpolirten ungeknoteten schwächeren Rippen, die gegen die Naht hin allmählig ganz auskeilen. Nach dem Inneren der Spirale hin werden die Knoten immer schwächer und verschwinden ganz an den innersten Windungen, die nur mit schwachen, kaum merk- lich geschwungenen Rippen geziert sind. Die complicirte Lobenlinie entspricht wohl mehr der Gattung Hoplites Neum., als den eigentlichen Perisphincten, und besteht aus einem starken, unpaarigen, ersten La- teral, der den Siphonallobus, sowie auch den zweiten Lateral bedeu- tend an Länge übertrifft. Die Auxiliarloben hängen etwas herab und erinnern so an den Nahtlobus der Perisphincten. Sie verdrängen jedoch keinesfalls den zweiten Lateral in der Art, wie diess bei Peri- sphinctes der Fall ist, sondern der zweite Lateral ist frei und verhält- nissmässig stark entwickelt. Die Einreihung der vorliegenden Form in die Gattung Perisphinetes ist nur mit demselben Vorbehalte zu ver- stehen, mit welchem Prof. Neumayr eine kleine Gruppe von Formen (Per. Chaperi, Malbosi, Euthymi) provisorisch zu Perisphinctes stellt, die in ihren Jugendzuständen wohl deutlich den Perisphinctencharakter zeigt, sich mit dem Alter aber immer mehr von demselben entfernt und durch die vorliegende Form eine neue Bereicherung erfährt.“ Die in dem Vorigen kurz angedeutete petrographische Charak- teristik der oberen Teschner Schiefer zeigt, wie bereits wiederholt in unseren Druckschriften erwähnt wurde, ihre vollkommene Ueberein- stimmung mit denjenigen Schichten, die in Ungarn und der Bukowina mit dem Localnamen „Ropiankaschichten“ belegt worden waren. Da aber in den genannten Ländern nur die StrZolka-ähnlichen Lagen zur Cha- rakterisirung der Gruppe vorlagen, und solche auch, wie später er- wähnt werden soll, in den Wernsdorfer Schichten vorkommen, und da sich ferner in den östlicheren Karpathenländern auch in den tieferen, 40 C. M. Paul und Dr. E. Tietze. [8] den unteren Teschner Schiefern äquivalenten Niveau’s hieroglyphen- reiche Schichten einschalten, die in Schlesien fehlen, so erscheint der Begriff der Ropiankaschichten als ein etwas weiterer, als der der oberen Teschner Schiefer. Er umfasst nämlich ausser den oberen Teschner Schiefern auch noch diejenigen nächsthöheren und nächsttieferen Bil- dungen, zu deren Trennung, die in Schlesien durch Hohenegger’s Fossilfunde ermöglicht wurde, in den Ostkarpathen noch keine Anhalts- punkte vorliegen. Ein weiteres Analogon der Teschner Neocombildungen mit den Ropiankaschichten stellt der Umstand her, dass auch bei Lischna Pe- troleumspuren im Neocomien vorkamen, die auch zu Gewinnungsver- suchen Veranlassung gaben. Zur leichteren Orientirung für etwaige spätere Besucher dieser Gegend fügen wir die nebenstehende Skizze bei, welche die Lagerungs- verhältnisse der Neocomienbildungen bei Unter-Lischna veranschau- lichen soll. Fig. 1. Lischna-Bach Olsa-Fluss Maierhof Albrecht- Stavisku-Bach Koikowitz Unter-Lischna : Kalkbr. Schacht . Untere Teschner Schiefer. . Sandsteinplatten mit verkohlten Pflanzenresten und Aptychenschiefern. . Kalkstein. . Obere Teschner Schiefer mit Sträolka- und Eisensteinlagern. > WW — In den höheren Lagen der oberen Teschner Schiefer schalten sich die von Hohenegger mit dem Namen „Grodischter Sandstein“ belegten Sandsteinmassen ein. Zur Besichtigung derselben unternahmen wir einen Ausflug von Teschen westwärts auf der Ostrauer Strasse bis Stanislowitz, von wo wir, die Strasse verlassend, südwärts in das Thal des Stanislowitz- baches hinabstiegen. In letzterem findet man bereits, im Bachbette anstehend, einzelne mehr oder weniger mächtige Bänke von grobem Sandstein mit blaugrauen, kalkigsandigen Schichten (echter StrZolka) wechseln. In den letzteren fanden wir einen guterhaltenen Aptychus Didayi Coqu. und Belemnitenfragmente. Diese Schichten führen hier ziemlich häufig Schwefelkies in knolligen, den Schichtflächen aufge- wachsenen Partieen. Von hier westwärts sind in den Sandsteinen, die gegen das Hangende zu prävaliren, eine Reihe kleiner Steinbrüche eröffnet. Die petrographischen Eigenschaften dieses Sandsteins hat bereits Hohenegger kurz, aber deutlich präeisirt, daher wir uns in dieser Beziehung sehr kurz fassen können. Er ist mittel- bis grobkörnig, [9] Studien in der Sandsteinzone der Karpathen. 41 weisslich, mitunter in der Verwitterung gelblichbraun, und dann sehr zerreiblich, bisweilen bis in’s Innere schneeweiss, besitzt ein glänzendes, ziemlich scharfkantiges Korn, und ist in massigen Bänken geschichtet. In einem der Brüche sieht man diesen Sandstein mit Schiefer- lagen von sehr verschiedener petrographischer Beschaffenheit wechseln. Die untere dieser Schieferlagen, weicher und thoniger als die höheren, enthält gerundete Geschiebe von Jurakalk eingeschlossen. In den höchsten Lagen tritt ein grobes Conglomerat auf, welches ausser Quarz ebenfalls Geschiebe von solchem Jurakalk enthält, und aus dem wir Aptychus Didayi Coqu. und Belemniten besitzen. Die übrigen Fossilreste, die Hohenegger aus dieser Stufe auf- führt, scheinen sich hier ebenso selten zu finden, als die in den tie- feren Niveau’s der oberen Teschner Schiefer. Von den erwähnten Steinbrüchen gingen wir südwärts in das Be- reich der nächsthöheren Etage, der von Hohenegger dem Aptien zu- gezählten, durch ihre schöne Ammonitidenfauna bekannten Wernsdorfer Schichten, in welchen bei Grodischt zahlreiche Eisensteinbergbaue bestehen. An diesen letzteren, sowie am Strzelmabache, südöstlich von Niedek, konnten wir diese Schichten studiren. Es sind immer beinahe ausschliesslich schwarze, blätterige, glän- zende, bituminöse Mergelschiefer, die wir allerdings, für sich betrachtet, von denen der oberen Teschner Schiefer nicht zu unterscheiden wüssten. Während jedoch in den oberen Teschner Schiefern die festen, kalkig- sandigen Lagen (Strzolkabänke) überall in rascher Wechsellagerung mit den Mergelschiefern auftreten, meistens sogar prävaliren, finden sich feste Lagen in den Wernsdorfer Schiefern selten und immer nur in sehr geringer Mächtigkeit vor, wodurch eine merkliche Verschiedenheit im Gesammthabitus dieser beiden Schieferniveau’s begründet ist. Die, wie erwähnt, immer nur dünnen, festen Lagen der Werns- dorfer Schichten führen Hieroglyphen und warzenförmige Protuberanzen, und sind dadurch der Strzolka der oberen Teschner Schiefer ähnlich, doch sind sie immer weit sandiger, rauher auf den Schichtflächen, zu- weilen etwas glasig, und können nur als Sandsteinschichten, nicht aber wie die echte Strzolka als Kalksandsteine bezeichnet werden. Diese allerdings etwas minutiös erscheinenden petrographischen Unterschiede sind für die Teschner Gegend constant, und die geübten Montanbeamten dieses Gebietes vermögen mit Hülfe derselben die Niveau’s mit grosser Sicherheit zu unterscheiden: ob aber diese feinen Unterschiede auf grössere Streichungserstreckungen sich nicht in irgend einer Weise verwischen und modificiren, muss vorläufig dahingestellt bleiben. Die Fossilreste, die in dieser Abtheilung vorwiegend in den schwarzen Schiefern selbst vorkommen (erst in neuester Zeit wurden sie auch im Thoneisenstein gefunden), scheinen hier nicht so selten zu sein, als in den tieferen Etagen. Wir sahen bei jedem Besuche min- destens Spuren und Fragmente von Cephalopoden, die beim Bergbau- betriebe gefunden worden waren. Auf den Halden findet man jedoch nichts, da die Schiefer sammt den Fossilien, der Luft ausgesetzt, sehr schnell in kleine Stückchen zerfallen. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt. 1877. 27. Band. 1. Heft (C. M.Paul u. E. Tietze.) 6 42 C. M. Paul und Dr. E. Tietze. [10] Der Güte des Herrn Rakus, der, sowie Herr Fallaux in Kar- win, sehr werthvolle Cephalopodensuiten aus dieser Abtheilung besitzt, verdanken wir einige schöne Ammonitidenformen aus derselben. Noch müssen wir, als eines bei Hohenegger nicht erwähnten Um- standes, des Vorkommens eines petrographisch scharf unterschiedenen Grenzgebildes erwähnen, das sich nach oben zwischen den Wernsdorfer Schichten und den sich darüber erhebenden Godulasandsteinen einschaltet. Diese nicht sehr mächtigen Grenzschichten beobachteten wir im Strzelmathale bei Niedek und bei Ober-Ellgoth am rechten Bachufer, unmit- telbar hinter der Mühle, sie sollen jedoch nach Mittheilung des Herrn Rakus eine constante, weitverbreitete Zone bilden. Dieselben bestehen aus lichteren, ungefähr den unteren Teschner Schiefern ähnlichen Mer- gelschiefern mit zahlreichen, sehr dünnen Sandsteinlagen. Fossilien wurden, so viel uns bekannt ist, in diesen Schichten bisher richt gefunden. b. Mittlerer Karpathensandstein (Albien, Godulasandstein). Diese Abtheilung untersuchten wir in den Thälern Gluchowa und Strzelma bei Niedek, in den Thälern von Smilowitz und Ober-Ellgoth, endlich auf der Höhe des die beiden letzteren trennenden Godulaberges, und constatirten hiebei, dass dieselbe in drei unterscheidbare Niveau’s zer- falle, die, wenn sie auch vielfach in einander übergehen, und auch nicht überall alle entwickelt sind, doch im Allgemeinen als constant betrachtet werden können. Die tieferen Lagen bestehen aus ziemlich kieseligen, in kleine Stückchen zerfallenden Schiefern mit dünnen, festeren, kieseligen, zu- weilen im wirklichen Hornstein übergehenden Lagen, die den Gehängen ein gebändertes Ansehen verleihen, und aus Sandsteinplatten von bräun- licher, auf den Schichtflächen häufig röthlichgelber Farbe, die sehr glimmerreich sind und zahlreiche Hieroglyphen enthalten, wodurch sie der Strzolka der oberen Teschner Schiefer einigermassen ähneln. Sie unterscheiden sich jedoch leicht von letzterer durch die Farbe, die niemals dunkel blaugrau ist, wie die der Strzolka, durch den Mangel der für letztere charakteristischen krummschaligen Structur, und durch im Allgemeinen abweichende Hieroglyphenformen, unter denen M-Striche, Hufeisenformen und gewisse kleine, feine, wahrscheinlich Cilindriten entsprechende Zeichnungen niemals gefunden werden. Auch sind diese Lagen stets weniger kalkig, als die Strzolka. Es ist dieses das Haupt- niveau der Keckia Godulae Hohen., einer geschlängelten aus einer An- einanderreihung halbmondförmiger Elemente bestehenden Form. Ein grosser Theil derjenigen Schichten, die in Ungarn mit dem Namen Belowezer Schichten bezeichnet wurden, entspricht petrographisch diesem tieferen Niveau der Godulasandsteine, und nachdem die Belowezer Schichten in Ungarn stets constant das Niveau über den als Neocom nachgewiesenen Ropiankaschichten einnehmen, so scheint uns kein Grund vorzuliegen, an ihrer mindestens theilweisen Zugehörigkeit zum Albien zu zweifeln. Die Anwendung dieses Namens ist aber nunmehr wohl nicht mehr wünschenswerth, da er sehr wahrscheinlicher Weise auch zuweilen auf petrographisch ähnliche Eoeänschichten ausgedehnt wurde; es empfiehlt 1 1] Studien in der Sandsteinzone der Karpathen. 45 sich wohl viel eher, diese Gruppe als „Schichten von Ellgoth“ zu be- zeichnen, da sie am rechten Gehänge des Thales von Ober-Ellgoth sehr deutlich aufgeschlossen ist. Die nächsthöheren Schichten der Godulagruppe bestehen vorwie- gend aus grünem, glaukonitischen, meist mittelkörnigem Sandsteine. Derselbe ist entweder plattig oder in Bänken von 1—2’ Mächtigkeit geschichtet und stets sehr ebenflächig. Denen des unteren Niveau’s ähnliche gelbe Hieroglyphenlagen kommen auch hier, wiewohl sehr untergeordnet, noch vor. Die Steinbrüche von Smilowitz sind in diesem Sandsteine angelegt, und der Berg Godula selbst besteht zum grössten Theile aus demselben. Das oberste Niveau der Godulasandsteine bildet grober Quarz- sandstein, in Quarzconglomerat übergehend, wie man ihn beispielsweise am Höhenzuge Czantory-Loczka, östlich von Niedek, findet. Manchen Durchschnitten fehlt der grüne Sandstein, und es liegt dann der grobe Quarzsandstein unmittelbar auf den Hieroglyphen- reichen Bänken. Ebenso steht das tiefere mit dem mittleren Niveau zuweilen durch Wechsellagerung in enger Verbindung. Immer aber ist der grobe Quarzsandstein das höchste Glied der Gruppe. Sehr instructive Aufschlüsse in den älteren und mittleren Kar- pathensandsteingebilden zeigt ein Durchschnitt von Niedek in östlicher Richtung durch das Strzelmathal gegen den Höhenzug Czantory-Loczka, den wir hier beifügen. Fig. 2. Höhenzug Oestliches Ende von Niedek. Czantory-Loczka NrQ 1. Teschner Kalk. 2. Obere Teschner Schiefer und Strzolka. 3. Wernsdorfer Schichten. 4. Sandsteinschiefer. 5. Plattige Sandsteine. 6. Grober Quarzsandstein. Die nächsthöhere, von Hohenegger ausgeschiedene Karpathen- sandsteinetage, die „Istebnasandsteine“, lernten wir beim Orte Istebna selbst kennen, wo sie unmittelbar vor dem Dorfe an der zur Bahnstation Jablunkau führenden Strasse gut aufgeschlossen sind. Es sind meist grobe, buntpunktirte Sandsteine, Lagen mit groben, wulst- artigen Hieroglyphen, schwarze, schüttige Schiefer und Thoneisenstein- bänke. Unsere Excursion dahin hatte übrigens nur den Zweck per- 6* 44 C. M. Paul und Dr. E. Tietze. [12] sönlicher Instruction und ergab keine über Hohenegger’s Mitthei- lungen hinausgehenden Resultate. Die übrigen, nur in sehr untergeordneter Entwicklung auftre- tenden, von Hohenegger der oberen Kreide parallelisirten Sandstein- gebilde (Baschker Sandstein, Friedeker Mergel), die auch nach der von ©. Fallaux herausgegebenen geologischen Karte des Krakauer Gebietes !) gegen Osten vollständig zu verschwinden scheinen, konnten wir keiner eingehenderen Untersuchung unterziehen. c)Obere Karpathensandsteine (Eocän, Nummulitenschichten, Menilitschiefer, Grudeker Sandstein). Die Eocänablagerungen des Teschner Kreises, welche hier an bereits paläontologisch sichergestellte cretacische Sandstein- und Schiefergebilde grenzen, und daher mit letz- teren in unmittelbaren Vergleich gezogen werden können, besitzen für das Verständniss der ganzen Karpathensandsteinzone eine bedeutende Wichtigkeit, daher wir dieselben möglichst genau aus eigener An- schauung kennen zu lernen suchten. Wir wollen auch hier, wie im Vorhergehenden, unter Hinweis auf Hohenegger’s eingehende Beschreibung auf die Verbreitung, Abgrenzung und ähnliche allgemeinere Verhältnisse dieser Ablagerungen nicht eingehen, sondern uns darauf beschränken, unsere Localbeobach- tungen als Vergleichsmaterial für andere Karpathensandsteingebiete zu fixiren. Im sogenannten Komparzowkagraben, südöstlich von Teschen, östlich von der Strasse zwischen Wendrin und Grudek, finden wir, vom Liegenden gegen das Hangende schreitend, zuerst einen intensiv grün gefärbten Sandstein, jedoch nur in sehr geringer Mächtigkeit.”) Darüber folgt ein Wechsel von grauen Schiefern mit groben, conglomeratartigen Sandsteinen. Letztere enthalten vorwiegend Quarz, Gneiss und andere Urgebirgsgeschiebe und sehr zahlreiche Nummuliten. In den höheren Lagen finden sich die Fischreste führenden, unter dem Namen der Menilitschiefer bekannten Gebilde. Diese Menilitschiefer besitzen einen sehr ausgesprochenen petro- graphischen Habitus. 1) Wien 1866. °) Wir wurden durch diesen Sandstein sehr an die Grundmasse eines Con- glomerates von Lubno erinnert, das wir in Handstücken in der Sammlung des Hrn. Fallaux sahen. Der Genannte besitzt mehrere Belemniten aus diesem Conglome- rate; trotz dieser Fossilien wird es, da es im Streichen Nummuliten-führender Schichten liegen soll, sowie seiner Zusammensetzung wegen von Hrn. Fallaux als eocän betrachtet, und auch auf der Hohenegger’chen Karte erscheint es als eocän. Genaue Untersuchung dieser Belemniten wäre wohl von hohem Interesse, insofern das Vorkommen von Belemniten bereits von Bou6 (Geogn. Gemälde von Deutschland 1829, p. 339 u. 575) am Kressenberge, den man jetzt zum sichern Eocän rechnet, erwähnt wurde und später U. Schlönbach seinen Belemmites rugifer aus dem eocänen Tuffe von Ronca (Jahrbuch der k. k. geol. R.-A. 1868, p. 455) beschrieb. Da übrigens bereits Hohenegger (Die geogn. Verh. d. Nord- karp. p. 35.) von dem „Auffinden von Ammoniten und Belemniten (welche aber nach genauer Untersuchung sich als den eingeschlossenen älteren Gesteinen angehörend erwiesen)“ in den Nummulitengesteinen spricht, so ist die Vermuthung wohl nahe liegend, dass auch die Belemniten von Lubno nur einem Geschiebemateriale ent- stammen dürften, [13] Studien in der Sandsteinzone der Karpathen. 45 Sie sind im Innern braun, an der verwitterten Oberfläche weiss, und zeigen muscheligen Bruch. Mit dieser Varietät vergesellschaftet treten die bekannten Meni- litopale auf, die der Gruppe den Namen gaben. Niemals haben wir in der Teschner Gegend in diesem Niveau schwarze, blätterige oder spaltbare Schiefer, etwa denen der oberen Teschner Schiefer oder Wernsdorfer Schichten ähnlich gesehen. Ueber diesen petrographisch scharf markirten Gebilden, die im Komparzowkagraben sehr viele undeutliche Fischreste enthalten, folgen liehtbräunliche, ebenfalls noch Fischreste enthaltende Schiefer, und darüber graue Schiefer, die kleine Glimmerschieferfragmente einge- schlossen enthalten. Ueber allen diesen Bildungen liest bei Grudek am Olsaufer in Steinbrüchen und Entblössungen aufgeschlossen ein massiger, mittel- bis grobkörniger Sandstein, den wir zuerst an einem südlich fallenden, östlich gegen das Hangende der Menilitschiefer des Komparzowkagra- bens fortstreichenden Partie am rechten Olsaufer beobachteten. Er ist lichtgrau oder hell grünlichgrau (niemals schneeweiss, wie viele Partieen des Grodischter Sandsteins) gefärbt, enthält einzelne etwas grössere Quarzgeschiebe, und ist genau dem Sandsteine gleich, der z. B. auf der Babiagura an der Grenze des Arvaer Comitates auftritt, dort ebenfalls von den Nummuliten-führenden Schichten von Polhora unterlagert wird, und gewöhnlich als Magurasandstein bezeichnet wurde. In sehr dünnen Lagen sind dem Grudeker Sandsteine blätterige, glim- merreiche, auf frischen Bruchflächen von kohligen Bestandtheilen dun- kelgefärbte, im verwitterten Zustande schmutzig braun gefleckte Schiefer eingelagert. Von Grudek den Olsafluss nördlich abwärts findet sich am rechten Ufer eine der des Komparzowkagrabens ähnliche Schichtenfolge aufge- schlossen, nur sind hier die typischen Menilitschiefer nicht so gut ent- blösst zu sehen. Man trifft hier, vom Hangenden (dem Grudeker Sandsteine) aus- gehend, zunächst die Gesteine der Menilitschiefer — und Nummuliten- gruppe, darunter in ziemlicher Mächtigkeit hellbraune Mergelschiefer, denen eine Menge exotischer Blöcke eingelagert sind, namentlich fallen Steinkohlentrümmer, gewisse anscheinend petrefaktenleere Mergelkalke von brauner Farbe, Gneisse und andere krystallinische Schiefergesteine in die Augen. Die Blöcke sind zum Theil nicht gerundet, von unregel- mässiger Gestalt, und haben oft mehrere Klafter im Durchmesser. Nähere Daten über diese exotischen Blöcke finden sich in Hohen- egger’s Publication. Weiter abwärts sind die Aufschlüsse undeutlicher, erst gegenüber von Tr2ynietz, am linken Olsaufer, beobachteten wir wieder lichte, grünliche, bisweilen auch röthliche, knollige, gefleckte Mergel, welche hier unmittelbar an die unteren Teschner Schiefer grenzen, und die liegendsten Schichten dieses Profiles darzustellen scheinen. Nebenbei erwähnen wir dunkle Schiefer, die wir in einem Graben östlich von der Jablunkauer Strasse zwischen Wendrin und Bistritz beobachteten, die nach Hohenegger’s Karte ebenfalls dem Eocän angehören, und die vielleicht in die erwähnte Lücke zwischen dem 46 C. M. Paul und Dr. E. Tietze. [14] Niveau der exotischen Blöcke und die knolligen Mergel von Tr2ynietz hineinfallen dürften. In Bruchstücken fanden wir in diesem Bache auch Conglomerate ohne Nummuliten. Alle tieferen Schichten, bis inclusive dem Niveau der exotischen Blöcke, sind im Komparzowkagraben, der vermöge seines kürzeren und ausserdem nicht senkrecht gegen das Streichen der Schichten gerichteten Laufes nur einen Theil der eocänen Schichtenfolge schneidet, nicht aufgeschlossen. Alle erwähnten Schichten streichen mit geringen Abweichungen O—W und fallen gegen S. Die in dem Vorhergehenden kurz geschilderten, der Beobachtung ohne Schwierigkeit zugänglichen, und daher leicht controlirbaren Schich- tenprofile ergeben mit Evidenz, dass die Sandsteine von Grudek (die ihrerseits wieder mit den Sandsteinen des nördlichen Trentschiner und Arvaer Comitates im Zusammenhang stehen) in Schlesien sicher als höchstes Glied der eocänen Schichtengruppe über den Menilitschiefern liegen. Es ist dieses der einzige Punkt, in welchem die Resultate unserer Beobachtungen mit den in allen übrigen Beziehungen als wahrhaft classisch zu bezeichnenden Anschauungen Hohenegger’s nicht über- einstimmen. Hohenegger theilt nämlich!) die schlesischen Eocängebilde in zwei stratigraphische Niveau’s, von denen er das tiefere, welches er als „Nummulitenperiode“ bezeichnet, dem Suessonien, das obere dagegen die „Menilitgebilde“ dem Parisien parallelisirt. Die Sandsteine von Grudek nun, und die des angrenzenden Theiles von Ungarn führt er unter den Gliedern der tieferen (Nummuliten-) Periode auf, eine Hori- zontirung, die mit den bei Grudek so deutlich aufgeschlossenen Lage- rungsverhältnissen nicht stimmt. Auch bezüglich der von Hohenegger ausgesprochenen, auf einer Combination fremder Angaben beruhenden Vermuthung, dass die Menilitgebilde gegen Osten längs des ganzen Nordrandes der Karpathen eine weite Verbreitung haben, ist grosse Vorsicht nothwendig, damit dieselbe nicht allzu buchstäblich genommen, ein der Entwicklung rich- tiger Deutungen schädliches Vorurtheil begründe. Wie wenig es an- gehe, Schiefergebilde, welche die charakteristischen petrographischen Merkmale der echten schlesischen Menilitschiefer nicht zeigen, auf Grund irgend einer undeutlichen Fischschuppe oder eines anderen nicht sicher bestimmbaren Fischrestes ohne Weiteres mit letzteren zu iden- tifieiren, wurde von einem von uns unter Hinweis auf das Zusammen- vorkommen deutlicher gestreifter Meletta-Schuppen mit Hoplites tarde- furcatus Leym. bei Krasnahorka in der Arva bereits wiederholt betont.?) Wir werden noch in einem späteren Capitel auf diesen für die Karpathensandsteingeologie sehr belangreichen Gegenstand zurückzu- kommen Gelegenheit haben. !) 1. c. p. 34—38. ?) Paul, Die nördl. Arva, Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1868, Nr. 2, p. 247’ und Grundz. d. Geol. d. Bukowina, Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1876, Nr. 3, p. 301° | 15] Studien in der Sandsteinzone der Karpathen. 47 Il. Von Bochnia bis an die Klippenlinie bei Ujak. Ueber die Lagerungsverhältnisse des Salzgebirges von Bochnia haben A. Hauch (Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 2. Jahrg., 3. Heft, p. 30), und später Franz Foetterle (Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1869, p. 29) Mittheilungen gemacht, aus denen hervorgeht, dass die salzfüh- renden Schichten mit 70—75 Graden gegen Süd, das ist scheinbar unter die Karpathensandsteine fallen, sich aber in der Tiefe umbiegen und eine flache Neigung nach Nord annehmen, so dass ihr tectonisches Verhalten das einer schiefen Mulde ist, deren südlicher Rand als über- kippt bezeichnet werden muss. Geht man von Bochnia südlich auf der Strasse nach Sandec vor, so beginnt erst in der Gegend des romantisch gelegenen Wisniez mit den höher ansteigenden Bergen die Region des Karpathensandsteins. Anfangs sind wenig oder keine Aufschlüsse an der Strasse zu beobachten. Das Terrain erscheint viel mit Berglehm bedeckt. Die blauen, hie und da Hieroglyphen-führenden Sandsteine, welche man überall als Strassenbeschotterungsmaterial verwendet sieht, stammen einer von uns eingezogenen Erkundigung zufolge aus einem nördlich von Krölowka in der Gegend der Poststation Nuchowka befindlichen Steinbruch. Ihr Habitus ist cretaeisch. Bei Polom duze treten nahe der Strasse bräunliche, etwas grob- körnige Sandsteine auf, die bisweilen in feinkörnigen, weisslichen Sand- stein übergehen. Der ganze Charakter dieses Gebildes stimmt völlig mit dem des Neocomsandsteines von Grodischt bei Teschen. Sogar die gewisse, den letzteren auszeichnende Scharfkantigkeit der einzelnen Quarzkörner und das Zerfallen verwitterter Partieen in bröcklige Stück- chen entsprechen diesem Vergleich. Diese Sandsteine halten eine ziemliche Strecke lang an. Vor Lakta beobachteten wir links von der Strasse rothe und grüne thonige, etwas knollige Mergel in unmittelbarer Nähe von südlich fal- lenden, etwas dünnschichtigen Sandsteinen mit wulstartigen Hierogly- phen. Gegenüber von Lakta befindet sich auf der entgegengesetzten (linken) Bachseite ein Aufschluss in einem Sandstein, welcher grobkör- nig, mürbe, verwittert bräunlich, im Innern weisslich ist. Er ent- spricht ebenso wie der Sandstein von Pulom duze dem Grodischter Sandstein. Seine Schichtenstellung ist beinahe vertical mit einer Ten- denz zu nördlichem Einfallen. Der Sandstein wechselt unten am Bach- ufer mit dunklen, grünlichen oder bläulichgrauen, rostbraun verwit- ternden, weichen, sandigen Mergelschiefern, auf deren Schichtflächen Warzen oder Hieroglyphen-artige Reliefs zu sehen sind. Der Weg führt nach Rzegocina. Unterhalb des Steges bei der Poststation stehen, durch den Bach deutlich entblösst, eigenthümliche grüne, zuweilen rothe Mergel an, welche mit dunklen Schiefern und blaugrauen, glimmerreichen Kalksandsteinbänken (Strzolka) wechseln. Die Kalksandsteine führen Hieroglyphen. Der ganze Schichtencomplex fällt südlich. Weiter bachaufwärts sind ähnliche Schichten vom Habitus der Ropiankaschichten noch besser aufgeschlossen. Wir rechnen alle bisher namhaft gemachten Gebilde der unteren karpathischen Kreide 48 C. M. Paul und Dr. E. Tietze. [16] zu, mit welcher sie in den Sandstein- und Kalksandeteiin die zwei- felloseste Uebereinstimmung zeigen. Die Mergel und Mergelschiefer allerdings finden im Neocom von Teschen kein petrographisch absolut eleichartiges Aequivalent. Doch schwanden unsere diessbezüglichen Bedenken, später, als wir das paläontologisch sicher bestimmte Neocom der Gegend von Ujak gesehen hatten, gänzlich. Wir kommen auf diesen Punkt noch zurück. Neumayr (Jahrb. 1871, p. 472) nimmt die Fortsetzung der nördlichen karpathischen Klippenzone bis Rzegocina an. Von einer Klippe daselbst ist uns jedoch nichts bekannt. Desshalb ist das Citat bei Niedzwiedzki (Jahrb. 1376, p. 339), welches von einer Kalk- klippe bei Rzegocina spricht, dahin zu berichtigen, dass Neumayr hier nur im Allgemeinen an die Fortsetzung der Aufbruchswelle ge- dacht hat, in welcher die Klippen Mährens gelegen sind. Südlich Rzegocina beginnt das Gebirge höher anzusteigen. Noch ehe man an die durch eine Tafel an der Strasse markirte Gemeinde- grenze kommt, ist am linken Bachufer eine Entblössung wahrzunehmen, durch welche ein Wechsel von Schiefern und Sandsteinen aufgeschlossen ist, deren Einfallen noch immer südlich geht. Die Schiefer sind dunkelbraun und enthalten stark kieselige Lagen, ähnlich den dem Albien zugerechneten Schiefern von Smilowie in der Teschner Gegend. Die den Schiefern eingelagerten Sandsteinbänke aber sind grünlich und erinnern an gewisse Varietäten des Godulasandsteins. Weiter aufwärts werden die Kuppen des ganzen Höhenzuges zwischen Rzegocina und dem Thal der Pososina von grünen, zum Theil plattig abgesonderten Sandsteinen eingenommen, die ebenfalls nur im Godula- sandstein der Teschner Gegend ihr Analogon finden. Am Abhange dieses Höhenzuges gegen die Pososina zu kommen die oben beschrie- benen Schiefer wieder zum Vorschein. Die Sandsteine im unmittel- baren Hangenden derselben fallen nördlich. Das Fallen der Schiefer wird dasselbe sein, so dass der ganze in Rede stehende Höhenzug als eine oben von Sandstein ausgefüllte Mulde jener Schiefer aufzufassen ist. In dem breiten Thale, durch welches jetzt die Strasse führt, sind eine Strecke lang ceologische Beobachtungen über die Zusammensetzung des Gebirges (immer abgesehen von quaternären Bildungen) nicht mög- lich. In der Nähe von Limanowa aber sind am linken Bachufer, an den niedrigen Hügeln, die dort dasselbe bilden, gute Aufschlüsse vor- handen. Dieselben zeigten uns ein System von graugefärbten, sandig kalkigen Schichten, welche mit grünlichen, thonigen Mergeln verbunden sind. Das Gestein der sandig-kalkigen Schichten enthält äusserst feine, in der Masse reichlich vertheilte Glimmerschüppchen, und zeichnet sich durch zahlreiche, Hieroglyphen-artige Wülste und Protuberanzen auf den Schichtflächen aus. Unter den Hieroglyphen dieser Localität er- regten namentlich gewisse längsgerippte, etwa nelkenkelchförmige, in einen schmäleren, dünneren Stiel übergehende Körper unsere Aufmerk- samkeit. Die meisten Hieroglyphen jedoch bedeckten als ein Gewirr von kleinen Warzen oder Stielen die Schichtflächen. Die Schichten- stellung dieser Gebilde erschien an den besuchten Aufschlüssen selbst auf kleine Erstreckungen hin ausserordentlich gestört und verworren. Knickungen, Faltungen, Verwürfe und diametral entgegengesetztes [ 17] Studien in der Sandsteinzone der Karpathen. 49 Streichen konnten zusammen auf einem Wege von kaum 40 Schritten beobachtet werden. Wir halten die Zugehörigkeit dieser Gebilde zu den Ropiankaschichten für so gut wie ausgemacht. Auf der anderen Seite von Limanowa, an dem nach Sandec zu liegenden Ausgang des Ortes sahen wir, wie bei einer Brunnengrabung, an welcher wir zufällig vorüberkamen, ebenfalls Strzolka-ähnliche Ge- steine zu Tage gefördert wurden. Südöstlich von Limanowa führt die Strasse allmählig auf einen langgedehnten, ungefähr ostwestlich streichenden Gebirgsrücken hinauf, auf dessen Höhe sie sich lange Zeit, nach Norden und Süden schöne Aussichten bietend, fortzieht. Das Dorf Kanina liegt auf diesem Rücken. Wenigstens im westlichen Theile des letzteren lassen die vorhandenen Aufschlüsse ein ungefähr südliches Einfallen wahrnehmen, und der evident zu beobachtende Steilabsturz der in der westlichen Verlängerung dieses Rückens gelegenen Berge nach Norden lässt für dieselben ebenfalls ein südliches Fallen der dieselben zusammensetzen- den Schichten voraussetzen. Erst am östlichsten Theile des in Rede stehenden Gebirgsrückens, etwas unterhalb der Stelle, von welcher aus man zum ersten Male den Blick auf Sandec haben kann, sahen wir in einem Steinbruch unmittelbar links nördlich neben der Strasse auffal- lenderweise ein mehr östliches, flaches Einfallen, dem wir jedoch nur locale Bedeutung beimessen zu sollen glaubten, um so mehr, als die veränderte Fallrichtung der Schichten nicht wesentlich auf das Strei- chen und die Configuration des Gebirgzuges zu influenziren schien. Dem beschriebenen Fallen nach gehören die Schichten des Berg- rückens von Kanina in das Hangende der Ropiankaschichten von Lima- nowa oder wenigstens in die östliche Fortsetzung dieses Hangenden. Der Gesammthabitus der Schichten von Kanina erinnert an die Belowezsaschichten Ungarns. Auch rief uns derselbe in manchen Details den Eindruck zurück, den wir in der Teschner Gegend bei Ellgot von den unteren Lagen des Godulasandsteinsystems gewonnen hatten. Wir hatten hier einen raschen Wechsel vor uns von sandig-mergeligen, dünnen Lagen mit stärkeren Sandsteinbänken und weicheren mergeligen Schichten. Die erstgenannten sandigen Lagen enthalten Glimmer in zahlrei- chen feinen Schüppchen, fast immer schwach glimmerigen Ueberzug auf der Bruchfläche bildend. Einzelne der dünneren Lagen, die zum Theil Fucoiden führen, zeigen hellbräunliche bis gelbliche oder röthliche Fär- bungen auf den Schichtenflächen, und zeigen sich gerade dadurch ge- wissen Partieen der Belowezsaschichten, sowie der Schiefer des Godu- lasandsteins bei Ellgot verwandt, und zwar derart, dass man Mühe haben würde, gewisse Handstücke von ElIlgot und Kanina von ein- ander zu unterscheiden. In jenem schon genannten Steinbruche, der seines anomalen Schichtenfallens wegen besprochen wurde, fanden sich ziemlich zahl- reich auch eigenthümliche Hieroglyphenformen, die mit den bei Lima- nowa beobachteten nicht übereinstimmten. Sie erinnerten vielmehr an die räthselhaften Zeichnungen, welche Schafhäutl in seinen geognostischen Untersuchungen des südbairischen Alpengebirges (München 1851, Taf. 9) aus den Mergeln über dem Grünsand abgebildet und Helminthoida erassa genannt hat. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt. 1877. 27. Band. I. Heft (C. M.Paulu. E. Tietze.) 7 50 C. M. Paul und Dr. E. Tietze. [18] Die Sandsteine des Bergrückens von Kanina sind zum Theil grünlich, wie Godulasandsteine. Zu dem Systeme der letzteren (Albien) glauben wir nach dem Gesagten den ganzen beschriebenen Schichten- complex rechnen zu müssen. Wenn Herr Fallaux in seinen Erläu- terungen der geognostischen Karte des ehemaligen Gebietes von Kra- kau (Wien 1866, p. 25) bemerkt, das Albien (der Godulasandstein Hohenegger’s) erhebe sich im Gegensatze zu den abgerundeten Eocän- hügeln steiler und zeige schmale Rücken in dem von ihm beschrie- benen Karpathengebiet, so haben wir hier in dem Rücken von Kanina ein Beispiel, das ganz zu der Fallaux’schen Schilderung passt, vor uns. Mit unserer Deutung im Einklange ist auch der Umstand, dass die Schichten von Limanowa, in welchen wir das System der Ropianka- schichten erkannt haben, im Liegenden der Schichten von Kanina ent- wickelt sind, und umgekehrt erhält unsere Deutung der bei Limanowa anstehenden Formation durch die Charakteristik der in’s Hangende derselben gehörigen Gebilde von Kanina eine neue Stütze. So gewinnt man aus einem an sich nicht lückenlosen Beweis- material doch sichere Elemente einer Anschauung, welcher sich die verschiedenartigen Thatsachen der karpathischen Geologie relativ leicht und fasslich unterordnen lassen. Beim Herabfahren von dem Rücken von Kanina gegen Neu- Sandec, unterhalb des letzten Steinbruchs, sieht man auf längere Er- streckungen die Gehänge von verwitterten Schiefern intensiv roth gefärbt. Von Neu-Sandec gegen Krynica, wo der Weg von Nowajowa über Labowa bis aufwärts nach Krzyzowka in einem Längsthal und von Krzyzowka nach Slotwyna und Krzynica über den Gebirgsrücken der Huta führt, herrschen Sandsteine, die sich von den zwischen Sandec und Wiszniez beobachteten etwas unterscheiden. In einzelnen Varie- täten, wie bei Frycowa, östlich Nowajowa, erinnerten uns dieselben an die Sandsteine von Czaca, südlich des Jahlunkaupasses, ‘oder an den Sandstein der Babia.göra bei Saypusch. Sie sind in der Regel grob- oder mittelkörnig, nicht allzu fest, führen oft fremdartige Ein- schlüsse, wie kleine, thonige Kügelchen oder kleine Partieen von Glim- mer und glimmerführenden Gesteinen, und zeigen endlich nicht selten jene schwarzen und weissen Punkte oder Fleckchen, durch welche viele Eocänsandsteine der Karpathen ausgezeichnet sind. Alle diese Merk- male zusammengenommen, sowie der Umstand, dass eine der Kreide- formation zuzurechnende Schieferfacies auf diesem Wege nicht ange- troffen wurde, lassen uns die Zugehörigkeit genannter Sandsteine zum Eocän voraussetzen. Nicht ohne Interesse mag sein, dass das Schichtenstreichen in diesem Gebirgstheile meist nicht mehr rein ostwestlich ist, sondern oft schon eine mehr nordwest-südöstliche Richtung andeutet, entsprechend der Biegung, welche der ganze Karpathenzug östlich des Meridians von Sandec macht. Nur noch in der nächsten Nähe von Krynica treten Sandsteine, ähnlich den beschriebenen, ausschliesslich auf. Bei einigen Fxeur- sionen, die wir nach verschiedenen Richtungen in der Umgebung Kry- nica’s machten, zeigten sich mehrfach wiederum andere Gesteine, deren [19] Studien in der Sandsteinzone der Karpathen. 51 Zugehörigkeit zur Tertiärformation den ernstesten Bedenken unterliegt. So treten östlich Krynica bei Tylicz an den tiefer gelegenen Punkten der Berggehänge weissliche, zu weissen Sanden verwitternde Sandsteine theilweise mit dünneren, dunkleren Schichten verbunden, auf, welche merkwürdigerweise ein NO-SW-Streichen und ein nordwestliches Ein- fallen besitzen. Es ist bekannt, dass die Schichten der älteren Kreideformation in den Karpathen nicht selten ein von der allgemeinen Gebirgsrichtung abweichendes Streichen und demzufolge auch anomale Einfallsrich- tungen, d. h. eine bis zu einem gewissen Grade selbstständige Tektonik ‚aufweisen, wenn sie schliesslich auch später den allgemeinen Bedin- gungen der karpathischen Gebirgsbildung mit untergeordnet wurden. Von diesem Gesichtspunkte aus kann allein schon die angegebene Streichungsrichtung der Sandsteine von Tylicz den eocänen Charakter derselben zweifelhaft erscheinen lassen. Dazu kommt noch ihre petro- graphische Aehnlichkeit mit dem neocomen Sandstein von Grodischt. Doch halten wir vorläufig mit unserem Urtheil über diesen Gegenstand zurück und erwähnen nur noch, dass auch der quaternäre Schotter zwischen Krynica und Slotwyna Geschiebe führt, die petrographisch mit dem weissen Sandstein von Tylicz übereinstimmen. Südlich des Badetablissements von Krynica und östlich der Dorf- strasse, die an der Kirche von Krynica vorbeiführt, erhebt sich nicht allzu hoch über das Thalniveau ein Berg, von welchem aus in nörd- licher Richtung der Czerwonygraben, in westlicher Richtung gegen die Kirche zu eine andere Thaleinsenkung herabkommt, die an ihrem ober- sten Theile den Namen Szezawne führt. Die Sandsteine dieses Berges sind feinkörniger als die eocänen Sandsteine der Karpathen in ihrer typischen Gestalt, obwohl sie auch stellenweise eine schwarze Tüpfe- lung zeigen. Oberhalb der Quelle Szczawne sind bläuliche Mergel ent- wickelt. Aehnliche blaugraue Mergel mit meist weisslichen, feinkör- nigen, dünn geschichteten Sandsteinen wechsellagernd, stehen im Czer- wonygraben an. Auch in diesen Bildungen vermuthen wir die creta- eische Formation mit einiger Bestimmtheit. Gewisse hufeisenförmige, stets in ihrer Färbung von der der Ge- steinsschichtfläche verschiedene Zeichnungen, wie sie in den „oberen Teschener Schiefern (Neocom) und sonst nirgends in einem geologisch sicher gestellten Niveau der schlesischen Karpathen beobachtet wurden, fanden sich auch hier in sandigen Einlagerungen der Mergel des Czer- wonygrabens, wenn auch selten. Bei Gelegenheit eines anderen Ausflugs überstiegen wir die Sand- steinberge, welche sich zwischen Krynica und dem westlich davon ge- legenen Dorfe Jastrzebyk aufbauen. Wir haben keinen Grund, der Deutung dieser Sandsteine, in deren Gebiet wir stellenweise grosse Bergrutschungen bemerkten, als eocän zu widersprechen. Dagegen stehen unterhalb südlich des Dorfes Jastrzebyk, namentlich an den Bachufern, südlich einfallende Schichten an, die durchaus den Habitus der „Ropiankaschichten“ zeigen, mit Hieroglyphen und Wülsten auf den Schichtflächen. Wir sehen hier die untere Kreide als vertreten an. Ins Hangende dieser Formation gehören die südlich davon bei dem Städtchen Muszyna entwickelten Sandsteine. Ob der untere Theil Tas 52 C. M. Paul und Dr. E. Tietze. [20] derselben ein Aequivalent der Godulasandsteine sei, lassen wir unent- schieden. Dagegen rechnen wir auf Grund der petrographischen Merk- male die am Berge der alten Burgruine von Muszyna auftretenden “ Gebilde zum Eocän. Diese Gebilde sind sehr gut aufgeschlossen in der Nähe der Fahrbrücke und der Eisenbahnbrücke. (Unser Weg erreichte hier die neue Bahnlinie der Tarnow-Leluchower Eisenbahn.) Wir haben es hier mit Sandsteinen zu tbun, die in mächtigen Bänken geschichtet sind und nur selten von sehr dünnen Lagen dunkler Schiefer unter- brochen werden, Faltung dieser Bänke zu schief gestellten Sätteln war hier in deutlicher und auffallender Weise zu beobachten. Dieselben Sandsteine halten flussabwärts (wir haben hier den Poprad erreicht) gegen SW noch einige Zeit an und sind meist durch den Eisenbahnbau gut aufgeschlossen. Am rechten Popradufer, östlich von Milik, sahen a bereits ein flach nordöstliches Fallen der Sand- steinbänke. Am rechten Boprädufer bei Andriowka treten grünliche Sand- steine, wechselnd mit Mergelschiefern, auf, die seltener grün, meist röthlich gefärbt sind und zur Zerbröckelung neigen. Die Gehänge der von diesen Schiefern gebildeten Hügel erinnern, wenn auch in viel klei- nerem Masstabe, an die roth gefärbten Gehänge, die uns am östlichen Ausläufer des Bergrückens von Kanina gegen Neu-Sandec hin auffielen. Das Einfallen der Mergelschiefer ist nach NNO gerichtet. Wir erkannten in denselben die Facies desjenigen Theils der „Belowezsaschichten“, welchen wir dem Albien von Ellgoth parallelisiren. Dieselben rothen Gehänge sahen wir stellenweise auch auf der anderen (ungarischen) Seite des Poprad gegen Kiss Lipnik zu. Ehe wir hier die Beschreibung des Profils der Gegend gegen Ujak in Ungarn zu fortsetzen, wollen wir kurz der Sandsteine gedenken, welche sich westlich Andriowka bis gegen den Kurort Zegestow und wahrscheinlich noch weiter über diesen Punkt hinaus ausbreiten. Ein langer Tunnel der Eisenbahn ist hier zwischen dem Punkt, wo die Brücke auf dem Wege nach Kiss Lipik über den Poprad führt und der Seite der Station Zegestow angelegt worden, um nicht mit dem Bau der Eisenbahn einer grossen Curve des Flusses folgen zu müssen. Das Gestein, in welchem der Tunnel führt, ist ein bläulicher Sand- stein mit vielen feinen Glimmerblättchen, stellenweise auf den Kluft- flächen mit kleinen Schwefelkieskrystallen bekleidet. Der Weg von An- driowka nach dem Badeort Zegestow führt über den Tunnelberg hinweg. Hier sieht man meist mittelkörnige, grünliche Sandsteine, selten auch mit wulstartigen Hieroglyphen auf den Schichtflächen. Das Gestein ist meist in dieken Bänken geschichtet, mitunter auch plattiger. Bei Zegestow selbst sahen wir nordöstliches Fallen, etwa oberhalb des Tunnelausgangs von Zegestow dagegen fielen die "Schichten nach Süden. Es schien uns, sofern man sich in einer so wie hier mit Wald bedeckten Gegend nicht irrt, die ganze Sandsteinmasse einen Sattel zu bilden, dessen tiefere Partieen der bläuliche Sandstein des Tunnels vorstellen würden, und der seinerseits die östliche Fortsetzung seines nördlichen Flügels in den Belowezsaschichten von Andriowka finden könnte. Bei Andriowka wäre dann nur von einem Luftsattel zu reden, und die dortigen Be- lowezsaschichten könnten als ein tieferes Glied der Schichtenreihe oder [21] Studien in der Sandsteinzone der Karpathen. 53 als Facies eines Theils der Sandsteine von Zegestow aufgefasst werden. Uebrigens werden die Mergelschiefer von Andriowka in der That nach Norden von Sandsteinen überlagert, die Hieroglyphen führen und nicht ganz mit dem Kocänsandstein der Ruine bei Muszyna übereinstimmen. Wir sind, Alles in Allem genommen, geneigt, die besprochenen Sand- steine von Zegestow trotz kleiner Abweichungen im Gesteinscharakter den Godulasandsteinen der Teschener Karpathen gleichzustellen. Mit Eocänbildungen stimmen sie nicht überein. Wir setzen jetzt unsern Weg nach Ujak fort. Bei Kiss Lipnik kommen wieder Sandsteine zum Vorschein, denen wir vorläufig keinen sicheren Platz in der geologischen Schichtenreihe anweisen können. Die Strasse führt uns auf eine Wasserscheide, deren kleine Bäche allerdings beiderseits dem Popradflusse zueilen, insofern wir letzteren, der in dieser Gegend gewaltige Bögen beschreibt, hinter Ujak wieder erreichen werden. Beim Anstieg auf die Wasserscheide fallen zunächst grobe Conglomerate in die Augen. Unter den Ge- schieben des Baches fanden sich feste Sandsteine, genau mit denjenigen übereinstimmend, welche wir weiterhin als unter dem neocomen Apty- chenkalk an der Popradbrücke bei Ujak liegend erwähnen werden. Bald darauf sahen wir dicht an der Chaussee mürbe Sandsteinschiefer mit zahlreichen zerkleinerten, verkohlten Pflanzenresten auf den Schich- tungsflächen anstehen. Dieselben sind ähnlich denen von Lischna bei Teschen, und stimmen mit gleichartigen Schiefern des Neocom an der Popradbrücke von Ujak überein. Sie fallen südwestlich. Mit glei- chem Fallen folgt darüber beinahe schon auf der Höhe der Wasser- scheide ein grober, bunt punktirter Sandstein. Derselbe enthält in einer feinkörnigeren, gelbgrauen, mit einem Stich in’s Grüne spielenden Grundmasse gröbere, dunkle Quarzkörner, feine, weisse Glimmerblätt- chen und viele weisslichgelbe Punkte oder Körnchen, die indessen nicht organischen Ursprungs sind. Auf der Höhe der Wasserscheide, geniesst man einen präch- tigen Blick auf einen Theil der karpathischen Klippenlinie, während im WSW die gezackten Conturen der hohen Tatra den Horizont be- grenzen. Hier stehen weisse Kalkmergel des Neocom an. Etwa 50 Klafter seitlich rechts von der Strasse (gegen Westen) tritt bereits eine isolirte Klippe als vereinzelter Vorposten der Klippenlinie aus dem Gebirge hervor, welche auf ihrer nördlichen Seite aus rothem und weisslichem Crinoidenkalk, auf ihrer Südseite aus rothem, breccienartigen Kalk besteht. Streichen und Fallen dieser Massen war durchaus un- deutlich. Das Kalkmaterial dieser jurassischen Klippe wird zu Strassen- schotter verwendet, und ist desshalb ein Fahrweg bis zu derselben angelegt worden. An diesem Fahrwege constatirten wir abermals das Vorkommen jenes groben, bunt punktirten Sandsteins, den wir soeben beschrieben haben. Die nahe Vergesellschaftung desselben mit sicheren Gesteinen des Neo- com lässt wohl auf ein ebenfalls neocomes Alter desselben schliessen. Die Beschreibung der jurassischen, von einer Neocomhülle um- gebenen Klippen des Hauptklippenzuges bei Ujak ist nicht unsere Auf- gabe. Wir kommen nur kurz auf das sicher bestimmte Neocom dieser Gegend selbst zu sprechen. Am besten ist dasselbe am linken Ufer des Poprad bei Ujak, gegenüber Plawnieza, aufgeschlossen. Von dieser 54 C. M. Paul und Dr. E. Tietze. [22] Stelle haben Franz v. Hauer und Freiherr v. Richthofen (Bericht über die geologische Uebersichtsaufnahme im nordöstlichen Ungarn im Sommer 1858, Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1859, p. 18 des Aufsatzes) eine detaillirte Schilderung gegeben. Das betreffende Profil ist dess- halb von bedeutender Wichtigkeit, weil sich aus demselben der Nach- weis der Wechsellagerung von Schichten der Karpathensandsteinfacies mit paläontologisch, als der unteren Kreide angehörig, festgestellten Mergeln und Kalken ergibt. Die Schichten fallen hier, wie schon Herr v. Hauer angibt, steil nach Südost. Der Fluss nimmt dabei einen südlich gerichteten Lauf, wesshalb flussabwärts die geologisch höheren Schichten zum Vorschein kommen. Gleich an der Brücke, zum Theil noch unterhalb derselben bei der Einmündung eines kleinen Baches, sahen wir meist grau gefärbte Kalkschiefer. Bald treten im Liegenden derselben und durch Ueber- gänge damit verbunden kalkige blaugraue, grünliche und rothe, von Kalkadern durchsetzte Mergel von zum Theil knolliger Beschaffenheit auf. Die Knollen sivd oft sehr fest. Strzolkaähnliche Hieroglyphen- schichten sind nicht selten diesem ziemlich mächtigen System von Mer- seln und Schiefern eingelagert. Weiter gegen das Liegende beobach- teten wir ein Sandigwerden des ganzen Schichtsystems. Doch sind den oberen sandigen Lagen noch dünne Platten weissen Kalkes oder dickere einer gelblich weissen Kalkbreceie eingeschaltet. Der nun auf- tretende, Hieroglyphen führende Sandstein ist bereits äusserlich in der Plastik der Gegend kenntlich, insofern er dem Fluss nicht mehr einen so steil abgewaschenen Uferrand zukehrt, wie die kalkigen Mergel. In seinem Liegenden tritt dann wieder ein weisser Aptychenkalk in felsigen Bänken mit grossen schwarzen Hornsteinknollen auf, in wel- chem auch wir ohne Mühe Aptychen auffanden. Im Liegenden des Aptychenkalkes fanden wir dünnplattige Sandsteinschiefer mit verkohlten, zerkleinerten Pflanzenresten, ähnlich wie sie bei Lischna in der Teschner Gegend unter dem Teschner Kalk vorkommen, und feste, sehr feinkör- nige Hieroglyphensandsteine. Die Färbung derselben ist gelblichgrau mit einem Stich in’s Grüne. Unter den Hieroglyphen dieser Localität fielen langgestreckte, grade, nicht sehr dicke Stengel auf. Hr. v. Hauer gibt im Liegenden dieses Sandsteins noch röthlich gefärbte Schiefer an. Wir sehen also, dass nicht allein in den schlesischen Karpathen Sand- steine der Flyschfacies mit Hieroglyphen der Kreide angehören, sondern auch anderwärts. Wir sehen ferner, dass die grünen oder rothen, zum Theil auch knolligen Mergel, die wir bei Lakta, Rzegocina und Limanowa mit Strzolka-artigen Schichten vergesellschaftet beobachteten, und deren Habitus allerdings kein genaues Analogon in den neocomen Gesteinen der Gegend von Teschen findet, ihr nur noch mächtiger ausgebildetes Aequivalent in dem Neocom von Ujak besitzen. Ein Unterschied ist nur der, dass die Neocommergel von Ujak kalkiger, die der früher ge- nannten Localitäten thoniger sind. Mit der Annäherung an die süd- liche jurassische Klippenkalkzone ist eben auch ein Kalkigerwerden der Neocomschichten verbunden. Die Darlegung unserer Beobachtungen macht also, wie wir glau- ben, für den unbefangenen Beurtheiler die Ansicht zugänglich, dass in dem zwischen der Gegend von Bochnia, bezüglich Wiszniez und der Gegend [23] Studien in der Sandsteinzone der Karpäthen. 55 von Ujak gelegenen Stück der Karpathen Gesteine der Kreideformation eine hervorragende Rolle spielen. Die grosse Entwicklung des Eocänen im karpathischen Gebiet von Krakau liess zwar Fallaux (l. c. p. 28) mit vieler Wahrschein- lichkeit vermuthen, dass weiter im Osten das Karpathengebirge zum grössten Theile aus diesem Formationsgliede bestehen werde, und Hr. Prof. Dietl (Der Kurort Krynica, Krakau 1857, p. 56) glaubte aus dem Umstande, dass in Luzna bei Gorlice Nummuliten gefunden wur- den, sowie aus den Lagerungsverhältnissen schliessen zu dürfen, dass die ganze Gebirgsmasse zwischen Szezawnica, Krynica und Bartfeld der eocänen Formation angehöre, allein der Versuch einer vergleichenden stratigraphischen Gliederung war eben in diesem Gebiete bis heute nicht unternommen worden. Wir betonen hier ausdrücklich, dass wir von den eocänen Meni- litschiefern oder Melettaschiefern, wie sie uns aus der Gegend von Teschen und auch aus den Ostkarpathen bekannt sind, längs des von uns bereisten Durchschnitts Bochnia-Ujak, selbst in den auch von uns als Eocän gedeuteten Schichtgliedern nichts gesehen haben, am allerwenigsten jedoch an solchen Punkten, wie Limanowa und Rzego- cina.. Aus dem Vorkommen von Nummuliten mehrere Meilen östlich von unserem Durchschnitt bei Gorlice geht nur hervor, dass eben dort eine grössere oder kleinere Partie eocäner Gesteine existirt. Die For- mationsdeutung dieser Partie aber auf die Gesammtmasse des Gebirges zu übertragen, hiesse einen ähnlichen Fehler begehen, wie er in den Südalpen mit der Deutung der gesammten, unter dem Namen Gail- thaler Schichten begriffenen Gebilde als Kohlenkalk begangen wurde auf Grund des Vorkommens von Kohlenkalkfossilien in einigen relativ beschränkten Horizonten dieser Schichten. Jeder urtheilt nur nach dem ihm vorliegenden oder zugänglichen Beobachtungsmaterial. Warum nun sollten wir bei völligem Fehlen directer paläontologischer Nachweise in der einen oder der anderen Richtung gewisse zu bestimmende Formationscomplexe oder Schicht- glieder beim Vergleich mit sicher bestimmten Schichtgliedern desselben Gebirges grade auf solche beziehen, mit denen sie keine Aehnlichkeit haben, und nicht vielmehr auf solche, mit denen sie vielfach in petro- graphischen Merkmalen und im Habitus der Gehänge, Aufschlüsse und Bergformen übereinstimmen. Wir sind bei diesem Vorgehen Irrthümern ausgesetzt, aber wir sind nicht willkürlich. Uebrigens wollen wir nicht mit Stillschweigen übergehen, dass auch Fallaux (l. c. p. 24) wenigstens für den Nordrand der Karpathen eine östliche Forterstreckung des Neocom vermuthet hat. Eine glän- zende Bestätigung dieser Vermuthung. erblicken wir in der Auffindung von Neocom-Ammoniten durch Hrn. Prof. Niedzwiedzki bei Prie- mysl, die wir noch an anderer Stelle besprechen. Anhangsweise fügen wir diesem Abschnitt einige kurze An- gaben über die Mineralquellen der Gegend von Krynica bei. Ueber die Mineralquellen (Eisensäuerlinge) von Krynica finden sich bereits werthvolle Angaben in den Publicationen des dortigen Brunnenarztes Hrn. Dr. Zieleniewski und der bereits erwähnten Schrift Prof. Diet!’s. 56 C. M. Paul und Dr. E. Tietze. [24] Ausser der Hauptquelle, die unterhalb des sog. Quellenberges am Fuss einer Diluvialterrasse hervortritt, befindet sich etwas unterhalb südlich davon im Hofe des Badhauses eine etwas schwächere Quelle, die unter ähnlichen Bedingungen auftritt. Ebenfalls genau südlich von der Hauptquelle erscheint weiterhin an einer etwas erhöhten Berglehne die Quelle Plaza, auch auf der linken Thalseite gelegen. Noch weiter im Süden tritt unterhalb der Kirche von Krynica eine nicht unbedeu- tende gleichartige Quelle, ebenfalls am Fuss einer Diluvialterrasse, aber am rechten Bachufer auf, nicht zu gedenken einer kleinen, durch ihre ockrigen Niederschläge sich verrathenden Quelle etwas oberhalb der Kirche im Niveau des Baches selbst, an dessen rechter Seite. Etwas seitlich westlich von dieser nordsüdlichen Quellenlinie, sahen wir im Seitenthälchen des Czarny potok in einiger Entfernung von einander, nahe dem Bachbett oder in diesem selbst, an der Basis einer Schotter- terrasse drei Mineralquellen, deren Verbindungslinie (hora 9'/,) in ihrer südöstlichen Verlängerung etwa die Quelle bei der Kirche treffen würde. Ebenfalls zum südlichen Quellengebiet von Krynica zu zählen sind die Quellen des schon bei einer anderen Veranlassung erwähnten, östlich vom Dorfe Krynica und südlich vom sogenannten Quellenberge . gelegenen Berges, von welchem der in seinem unteren Theile Dolinki genannte Szezawnegraben und der Üzerwonygraben herabkommen. Der Szezawnegraben mündet 4n der Nähe der Kirche in den Bach von Krynica. Das ganze rechte Gehänge dieses Grabens wird durch feuchte Gehänge und durch Süsswasser- oder vielleicht schwach saure Quellen bezeichnet. Ziemlich oben an seinem Ursprunge aber tritt ein Eisen- säuerling auf, der einen flach gerundeten Tuffhügel eines kalkigen, durch ockrige Beimengung gelb und braun gefärbten, anscheinend auch etwas kieseligen Tuffs gebildet hat. Dieser Absatz beweist natürlich, dass die Substanzen, aus denen er besteht, auch in dem Wasser der Quelle in beträchtlicher Menge enthalten sind, wesshalb dieses Wasser eine nicht unwesentliche Verschiedenheit von dem Wasser der Haupt- quelle von Krynica besitzt. Die mergeligen, nach unserer Deutung der Kreideformation angehörigen Schichten, aus denen hier der Säuerling hervortritt, geben, wie sich mit Sicherheit annehmen lässt, die Veran- lassung zu dem mehr kalkigen Gehalt desselben. Dasselbe gilt von den nunmehr zu erwähnenden, ziemlich zahlreichen, aber weit unbe- deutenderen Quellen des Czerwonygrabens an demselben Berge nord- westlich der beschriebenen Tuffquelle von Szcezawne. Dieselben bilden ebenfalls Tuffabsätze, und treten aus zum Theil mergeligen Gesteinen der Kreideformation hervor. Abwärts vom ÜCzerwonygraben in der Verlängerung seiner Quellenlinie gegen Bad Krynica zu treten bei einer uns mit dem Namen Zaplazom bezeichneten Localität wieder einige kleine Eisensäuerlinge auf, aber diessmal ohne Neigung zur Tuff- bildung. Eine abseits davon weiter östlich im Gebirge gelegene Mineral- quelle Namens MoZzu (auch der Name Werski potok wurde genannt) besuchten wir nicht. Bei Muszyna sprudelt nach Zeuschner (Geogn. Beschr. Szezawnica und Szlachtowa, Neues Jahrb. 1835, p. 663) in der Nähe des Marktfleckens ein schwacher Säuerling hervor. [25] Studien in der Sandsteinzone der Karpathen. 57 Aus dem nördlichen Quellengebiet von Krynica ist vornehmlich die gegenwärtig schon als Trinkquelle benützte Quelle von Slotwyna bekannt, die am Fusse des das linke Thalgehänge bildenden Berges entspringt. Sie steht nicht vereinzelt da, denn im Dorfe Siotwyn selbst entspringen im Niveau des dortigen Baches 2 Mineralquellen direct aus grobkörnigen, deutlich ostwestlich streichenden, nach Norden fallenden Eocänsandsteinen. Etwas höher oben an der linken. Bachseite und ausserhalb des Inundationsgebiets des Baches befindet sich noch eine wasserreiche, aber dem Gehalt nach schwächere Quelle. Die Richtung, in der diese Quellenpunkte liegen, ist etwa hora 8. Die ersterwähnte, bereits in die Kuranlagen hineingezogene Trinkquelle von Slotwyn, die Siotwyner Hauptquelle, liegt in der Verlängerung dieser Linie. Zwischen der Siotwyner Hauptquelle und der Hauptquelle von Krynica befinden sich noch einige Quellenpunkte, deren wir hier Er- wähnung thun wollen; die eine ist die Quelle Jastrzebyk, die andere die dem Bauer Dudzyk gehörige Quelle, welche mitten im Alluvial- gebiete des Palenikabaches, etwas vor der Vereinigung desselben mit dem Bach von Krynica entspringt, und daher stark mit Süsswasser vermischt ist. Diess ist aber nicht die einzige Quelle im Gebiete des Palenikathales, das von der zwischen Krynica und Tylicz befindlichen Wasserscheide herabkommt. Im oberen Theile dieses überaus an- muthigen, waldigen Thales befinden sich östlich vom ärarischen Walde Romanowka einige kleinere, aber stark eisenhältige Quellen, etwa dort, wo man den dritten Theil des Weges zwischen Krynica und Tyliez zurückgelegt hat. Die Richtung der betreffenden Quellenlinie ist etwa hora 8!/,. Nachdem man die genannte Wasserscheide überschritten hat, kommt man dicht beim Bradowezanybach an eine stark kohlensaure Quelle, südöstlich der Quellen von Romanowka gelegen. Südwestlich vom Marktflecken Tylicz, 900 Klafter von der Mitte dieses Fleckens entfernt, sind auf der rechten Seite des Muszynkabaches Moorlager im Catastralriede Szwarcowa constatirt worden. Innerhalb derselben zeigen sich an mehreren Punkten eisenhältige Kohlensäuerlinge, welche sich durch heftig brodelnde Gasausströmung bemerkbar machen. Das Wasser derselben ist, weil meist mit fein zerriebenen Theilchen von Moorerde gemengt, nicht wohl geniessbar. Die Moorerde dieses Riedes ist übrigens als echtes Eisenmoor von Wichtigkeit für eventuelle Be- nützung zu Moorbädern. Weiterhin, ebenfalls südwestlich von Tylicz, treten am Sychownybach einige kleinere, ebenfalls durch starke Koh- lensäureentwicklung, aber relativ schwächeren Eisengehalt charakteri- sirte Quellen auf. Ein starker, qualitativ ausserordentlich guter Eisen- säuerling endlich wird auf der entgegengesetzten Seite von Tylicz am linken Bachufer, unmittelbar hinter dem Orte selbst, beobachtet. Um die Aufzählung der Mineralquellen um Krynica zu vervoll- ständigen, erwähnen wir noch einige Eisensäuerlinge an der linken Thalseite des Dorfes Jastrzebyk (nördlich Muszyna), die in der Nähe eines kleinen Baches aus anstehendem Sandstein entspringen, und einer ungefähr nordsüdlichen Quellenlinie anzugehören scheinen. Aus den angeführten Angaben geht, im Vergleich mit unseren früheren geognostischen Bemerkungen, hervor, dass das Auftreten von Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1877. 27. Band. 1. Heft. (C. M. Paulu.E. Tietze.) 8 58 C. M. Paul und Dr. E. Tietze. [26] Eisensäuerlingen bei Krynica an sich unabhängig ist von den verschie- denen, in dieser Gegend entwickelten geologischen Formationsgliedern. Wir sehen bei dieser Bemerkung ganz ab von dem Umstande, dass mehrere der erwähnten Quellen aus quaternären Gebilden hervortreten, weil die letzteren sozusagen nur accessorisch an der Zusammensetzung des Gebirges theilnehmen. Aber wir sehen z. B. bei Slotwyna die be- treffenden Quellen aus eocänem Sandstein, bei Tylicz in dem Gebiet einer von diesem petrographisch verschiedenen, von uns mit dem Gro- dischter Sandstein verglichenen Formation, und im Üzerwonygraben und bei Szezawne aus einem Complex von der Kreideformation zuge- rechneten Mergeln und Sandsteinen hervortreten. Die Qualität der Quellen wird allerdings von der Natur der Ge- steine, aus denen sie an die Oberfläche kommen, nicht unwesentlich beeinflusst, wie denn z. B. die Quellen von Szczawne und dem Czer- wonygraben ihren grösseren, durch die geschilderten Tuffabsätze sich verrathenden Kalkgehalt evident den Mergeln verdanken, in deren Be- reich sie entspringen. Wir theilen auch vollkommen die Meinung Pro- fessor Dietl’s (l. ec. p. 61), dass alle mineralischen Bestandtheile des Mineralwassers von Krynica in den Gesteinen, aus welchen dasselbe hervorkommt, enthalten seien. Wir betonen nur nochmals, dass diese Gesteine nicht überall gleichartig und noch weniger überall gleichaltrig, mit einem Wort, dass sie nicht überall der eocänen Formation ange- hörig seien. Weil die Richtung der Quellenlinien nirgends genau mit dem Streichen der Gesteinsschichten übereinstimmt, oft sogar eine ganz ent- gegengesetzte ist, und eben wiederum, weil die betreffenden Quellen aus dem Bereich verschiedener Gesteinsglieder entspringen, so ist ferner der Schluss berechtigt, dass die Krynicaer Säuerlinge nicht zu den Quellen gehören, welche durch das Gegeneinandergrenzen zweier ver- schiedenartiger Schichtflächen oder Schichteomplexe bedingt werden. Wir können zwei ungefähr nordsüdliche Quellenlinien annehmen, deren eine durch die Hauptquelle von Krynica und die Quellen an der Kirche von Krynica bezeichnet wird, und zu der die Quelle Plaza, die Quelle im Badhause und die Jastrzembykquelle nördlich Krynica ge- hören, während der zweiten, freilich nur auf sehr kurze Längener- streckung bekannten, und desshalb nicht sicher fixirbaren, die Quellen beim Dorfe Jastrzebyk und vielleicht der Säuerling von Muszyna ange- hören. Wir kennen die SO-NW (hora 8) verlaufende Quellenlinie von Siotwyna und die in fast eben derselben (hora 8'/,) Richtung strei- chende Quellenlinie des Palenikathales. Einer ähnlichen Richtung folgen die Linien, zu denen einerseits die Quellen des Czerwonygrabens mit der Quelle Szczawne, andererseits die Quellen des Czarny potok gehören. Wir haben schon früher bei Gelegenheit angedeutet, dass die Quelle bei der Kirche von Krynica auch auf die Linie des Czrnya potok bezogen werden könne. Nordwest-südöstliche Richtung entspricht also für die Quellenlinien von Krynica einem häufig zur Geltung gebrachten Ge- setze. Diese Thatsache wäre nicht ganz ohne tektonische Bedeutung für diesen Theil der Karpathen. Wir haben schon Veranlassung gehabt, darauf hinzuweisen, dass östlich des Meridians von Sandec eine Knickung im Streichen der Karpathen erfolgt, dass wir dem entsprechend auch ee Be u De ac [27] Studien in der Sandsteinzone der Karpathen. 59 an einigen Punkten zwischen Sandec und Krzyzowka nordöstliches Schichtenfallen, d. i. NW-SO-Streichen bemerkten. Wenn nun in der Gegend von Krynica wieder, wenn auch nur in begrenzter Ausdehnung, ein deutlich ostwestliches Streichen, wie es im Dorfe Siotwyna so schön zu beobachten war, zur Herrschaft gelangt, so liegt dafür wenigstens in den NW-SO verlaufenden Quellenlinien der Gegend von Krynica, wenn wir dieselben auf Spalten zurückführen dürfen, die Andeutung einer Kraft, die anderwärts das Streichen der Gebirgsmassen bestimmte. Zeuschner (N. Jahrb. 1835 1. c. p. 649) spricht im Allgemeinen von dem Gebiet der Säuerlinge zwischen Szezawnica Wysowa, zu wel- chen auch Krynica gehört, und sagt in Bezug auf die Richtung der Quellenlinien: „Dieser Quellen liegen mehrere in einer graden Linie, und dieser gibt es verschiedene, die einander parallel sind, oder sich in die Quere durchschneiden. Die Thäler ziehen sich in diesem Theil der Karpathen von Süd nach Nord und geben die Linien ab, auf denen die Sauerbrunnen vorkommen, mit der Eigenthümlichkeit, dass sich letztere niemals auf den westlichen Abhängen vorfinden, sondern ohne ‘ Ausnahme auf den östlichen, und zwar am Fusse der Berge.“ Wir haben nun wohl einige nordsüdliche Quellenlinien bei Krynica soeben zu erwähnen Veranlassung genommen, und wollen die auffallende That- sache, dass viele Quellen hier grade auf der Ostseite der Thäler vor- kommen, nicht anfechten, müssen aber doch z. B. für die Quellen bei der Kirche von Krynica das Gegentheil constatiren. Auch die Säuer- 2. der Torfmoore von Tylicz liegen auf der Westseite des dortigen hales. Dietl und Zeuschner glaubten das Erscheinen der Säuerlinge des Gebietes von Szezawnica, Krynica und Bartfeld als Nachwirkung einer in der Tertiärzeit stattgehabten eruptiven Thätigkeit in jenen Gegenden ansehen zu dürfen. Doch ist nur bei Szezawnica und Szlach- towa das Vorkommen von Trachyt bekannt. Weder unsere Untersuchun- gen bei Krynica haben das Auftreten jüngerer eruptiver Gesteine daselbst nachzuweisen, vermocht, noch sind bei Bartfeld oder bei den Sauer- quellen von Zegestow und Sulyn bis jetzt dergleichen entdeckt worden. Dagegen ist es möglicherweise interessant, anzuführen, dass nach der Angabe des Freiherrn v. Richthofen (Bericht über die geol. Ueber- 'sichtsaufn. im nordöstl. Ungarn, p. 41, Jahrb. der k. K. geol. R.-.A. 1859) im Gebirge von Eperies und Tokai (südöstlich von unserem Quel- lengebiet) die dasselbe durchsetzenden trachytischen Gangmassen nach Stunde 20—21 (d. i. Stunde 8—9 des sächsischen 12stündigen Com- passes) streichen, was mit der Richtung mehrerer der von uns an- genommenen Krynicaer Quellenlinien gut übereinstimmt. Ill. Die Ammonitenfunde Niedzwiedzki’s bei Przemysi und deren Bedeutung für die Karpathensandstein-Geologie. Was ältere Nachrichten über die geologische Zusammensetzung der Gegend von Przemysl anbelangt, so kennen wir nur einen kurzen Bericht von Stur und Wol£f.!) Derselbe lautet: „Zuoberst liegt der ') Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1859, Verh. p. 104. 8*F 60 C. M. Paul und Dr. E. Tietze. [28] Löss mit Lössschnecken auf einer mächtigen Decke von Diluvialge- röllen, in welchen grosse, abgerundete Granite, Syenite und Quarz- blöcke häufig auftreten. Unter dem Diluvium bemerkt man einen Tegel, der, bläulich und roth gefleckt, auffallend jenem Tegel ähnelt, der bei Balin die bekannten Versteinerungen des braunen Eisenooliths führt. In tieferen Lagen wechselt er mit Sandsteinschichten und ent- hält sehr grosse und kleinere, gut abgerundete Gerölle von gelblichem Korallenkalk eingeschlossen. Nach unten werden die Sandsteinzwischen- lagen mächtiger, und das Ganze bietet das Aussehen einer eocänen Ablagerung. Endlich erscheinen graue und gelbliche Mergel, die jenem des Kreidemergels von Lemberg sehr ähnlich sind.“ Diese Deutung der Sandstein- und Schiefergebilde von Przemysl, die als die einzige bis dahin vorliegende Angabe über diesen Gegen- stand auch auf die grosse v. Hauer'sche Uebersichtskarte der österr.- ungar. Monarchie übergegangen ist, erscheint nunmehr wohl als ver- altet, seitdem es den eifrigen und in hohem Grade verdienstlichen Be- mühungen des Hrn. Prof. J. Niedzwiedzki gelungen ist, im Gebiete der Karpathensandsteine bei Pralkowce unweit Przemysl eine Reihe sicher neocomer Fossilreste, nämlich Zytoceras ef. Juilletti, Hoplites cf. Neocomiensis, H. cf. auritus, Pecten Cottaldinus, Terebratulina cf. auriculata etc. aufzufinden. !) Noch vor dem Erscheinen seiner eitirten Mittheilung durch Hrn. Niedzwiedzki selbst auf dieses höchst wichtige Vorkommen aufmerk- sam gemacht, begaben wir uns noch im Laufe des Sommers 1876 nach Przemysl, um uns über die dortigen Verhältnisse durch persönliche Beobachtung zu informiren. Wir begingen das Thal des Sanflusses am linken Gehänge bis Babice, auf der rechten Thalseite bis oberhalb Pralkowce, und consta- tirten hiebei, dass der Nordrand des Karpathensandsteingebietes hier durch einen Schichtencomplex zusammengesetzt ist, der aus Sand- steinen mit verkohlten Pflanzenresten, hieroglyphenreichen Lagen, weiss- lichen oder ganz weissen, muschelig brechenden Fucoidenmergeln, dünnen Bänken eines feinen breccienartigen Conglomerates, und verschieden- artigen, zuweilen sehr an die unteren Teschner Schiefer Hohen- egger’s erinnernden Schieferlagen besteht, und hier mit vorwiegend gebirgswärts gerichtetem Fallen eine zusammenhängende Zone bildet. Das häufige Auftreten von Jurakalkgeröllen in den Schiefern des rechten Sanufers stellt ein sehr auffallendes Analogon her zu den Ver- hältnissen bei Grodischt, auf die wir bereits oben (p. 9 dieser Arbeit) hingewiesen haben. Alle die erwähnten Gesteinsvarietäten, welche petrographisch zum Theile genau denjenigen entsprechen, wie wir sie allerorts im tiefsten Niveau der Karpathensandsteine antreffen, und gewöhnlich mit dem Namen der „Ropiankaschichten“ zu belegen pflegen, gehören, wie durch zahlreiche, sicher und deutlich zu beobachtende Wechsellagerungen er- wiesen ist, einem zusammengehörigen Schichtensysteme an. 1) J. Niedzwiedzki, Beiträge zur Geologie der Karpathen, Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1876, 26. Bd., 3. Heft. [29] Studien in der Sandsteinzone der Karpathen. 61 In dieser Zone nun liegt bei Pralkowce an der Sanoker Land- strasse der Punkt, von welchem Niedzwiedzki’s Ammonitenfunde stammen. Nachdem nun die Ropiankaschichten bereits wiederholt: als neocom bezeichnet worden waren, so schien uns in diesem Vorkommen nur ein neuer, erfreulicher Beweis für die Richtigkeit unserer diessbezüg- lichen, aus anderen Gründen geschöpften Anschauung zu liegen. Zu unserem Erstaunen fanden wir jedoch in Niedzwiedzki’s obeneitirter Mittheilung diesen Schluss nicht gezogen, sondern statt desselben einige Bemerkungen, die uns zur Klärung der Frage nicht beizutragen scheinen, und die wir daher im Interesse der Sache nicht mit Stillschweigen übergehen können. So sagt Niedzwiedzki l. c. p. 338: „...es war vordem frag- lich, ob die Glieder der Kreideformation, wie sie von Hohenegger und Fallaux in den schlesischen und westgalizischen Karpathen nach- gewiesen wurden, auch weiter östlich eine Rolle spielen; ganz neulich hat sich aber diese Frage dahin zugespitzt, ob die mittel- und ost- galizischen Karpathen ganz zum Eocän oder zur Kreide gestellt werden sollen. Es wurden nämlich bis jetzt allgemein (also z. B. auch von Hohenegger und Alth) aus paläontologischen und stratigraphischen Gründen das ganze Gebiet der Menilit- und Fischschiefer, der Salz- und Petroleumquellen zur Eocän-Formation gerechnet, und das sind so ziemlich die ganzen Karpathen Mittel- und Ostgaliziens, welche dem auch ganz entsprechend auf der Karte von Hauer als eocän er- scheinen. Nun wurde neulichst von Paul (Verhandl. d. k. k. geolog. R.-A. 1875, p. 294) die Fortsetzung dieses Gebietes in der Bukowina als Kreideformation bestimmt. Der Gegensatz dieser Bestimmungen, resp. der Beobachtungen, worauf sie sich stützen, erscheint noch nicht behoben etc.“ Hiegegen müssen wir bemerken, dass es unseres Wissens in neuerer Zeit Niemandem einfiel, die Gesammtheit aller Karpathensand- steine zur Kreideformation zu rechnen. Am allerwenigsten geschieht diess durch die von Niedzwiedzki citirte Notiz in unseren Ver- handlungen (1875, p. 294), in welcher ebensowohl von cretacischen Ropiankaschichten, als von Magurasandsteinen die Rede ist, von wel- chen letzteren ausdrücklich bemerkt wird, „die überwiegende Haupt- masse derselben ist wohl nach den im Trencziner, Arvaer und Zem- pliner Comitate darin gemachten Nummulitenfunden eocän.“ Es ist gerade im Gegentheile das Hauptbestreben unserer gegenwärtigen Arbeiten im Karpathensandstein- gebiete, die cretacischen Glieder desselben von den eocänen zu trennen. Für die etwas gewagte Behauptung, dass „so ziemlich die ganzen Karpathen Mittel- und Ostgaliziens“ identisch seien mit dem Gebiete der Menilit- und Fischschiefer, der Salz- und Petroleumquellen, fehlen alle Belege. Was in der Fortsetzung dieser Gebiete in der Bukowina als cretacisch bestimmt wurde, sind eben andere Ablagerungen, als Menilit- und Fischschiefer. Dass aber nicht das ganze Karpathensand- steingebiet der Bukowina als cretacisch aufgefasst wurde, beweist die 62 C. M. Paul und Dr. E. Tietze. [30] über diesen Gegenstand von einem von uns vor Kurzem publicirte Mittheilung. ') Um schliesslich unseren Standpunkt in der in Rede stehenden Frage zu präcisiren, müssen wir betonen, dass uns eine Zuspitzung derselben in der von Niedzwiedzki angedeuteten Richtung geradezu ein Zurückgreifen auf einen veralteten Standpunkt zu sein schiene. Wir unterscheiden einfach die verschiedenen Glieder der so um- fangreichen Gruppe der Karpathensandsteine nach ihren relativen Niveau’s, und suchen dann die einzelnen Glieder mit grösserer oder geringerer Wahrscheinlichkeit in das stratigraphische System einzu- reihen. Zweifellos müssen wir Hrn. Prof. Niedzwiedzki sehr dankbar sein, dass er uns durch seinen wichtigen Fund einen Beleg an die Hand gab, durch welchen sich das bisher aus anderen Gründen ge- schlossene neocome Alter unserer Ropiankaschichten und der mit den- selben in Verbindung stehenden weissen Fucoidenmergel nunmehr auch paläontologisch nachweisen lässt. IV. Das Auftreten des Nummulitengesteines von Pasieczna. Bei Pasieczna (Ferencuk), im Thale des Bistritzaflusses, zwischen Nadworna und Zielona (südlich von Stanislau) gibt die v. Hauer’sche Uebersichtskarte eine Partie von Nummulitengestein im Gebiete der Karpathensandsteinzone an. Das Auftreten paläontologisch sichergestellter Bildungen zwischen Karpathensandsteinen ist selbstverständlich für die stratigraphische Horizontirung dieser letzteren von grosser Wichtigkeit, daher wir diesem Punkte unsere besondere Aufmerksamkeit widmeten. Man erreicht das am rechten Ufer der Bistritza gelegene Dorf Pasieczna von Nadworna aus in etwa zwei Wegstunden. Gegenüber vom Dorfe am linken Ufer, sowie auch in einer klei- neren Partie auf der rechten Thalseite sieht man die Nummulitenfüh- renden Gebilde mit flacher, im Allgemeinen gegen Süd gerichteter Nei- gung der Schichten in steilen Felsmauern anstehen. Wohl nur die äusseren Felsformen dieser Gesteine waren es, welche Lipold?) ver- anlassten, dieselben als „Klippenkalk“ zu bezeichnen. _ Gleich bei dem Stege, der gegenüber der Einmündung des Buch- lowiecbaches über den Fluss führt, kann man an den quer durch das Flussbett streichenden Schichten die Entwicklung dieser Gebilde studiren. Dieselben bestehen aus Sandstein und demselben untergeordneten Bänken von ziemlich festen, plattigen Schiefern. Der Sandstein ist feinkörnig, gelblichweiss bis lichtbräunlich, sehr fest, zeigt in frischen Partieen stets feinsplitterigen Bruch, vereinzelte dunklere Glaukonitkörnchen und etwas grössere grüne Punkte, die ) Paul, Grundzüge der Geologie der Bukowina, Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1876, 3. Heft. ?) Geognost. Notizen über das Gebiet der Herrschaft Nadworna, naturw. Abh., herauszeg. von W. Haidinger, Wien 1849. [31] Studien in der Sandsteinzone der Karpathen. 63 vielleicht von der Zersetzung der letzteren herrühren. Glimmer kommt nur sehr selten in verschwindend kleinen Schüppchen vor. Einzelne, etwas grössere Quarzstückchen, die man im frischen Bruche nicht ‘bemerkt, stehen an den meist rauhen Verwitterungs- flächen des Gesteins hervor, und verleihen ihm dann stellenweise ein etwas breccienartiges Ansehen. Das Bindemittel ist, wie das starke Aufbrausen mit Säuren be- weist, kalkig. Nummuliten finden sich in diesem Sandstein schon beim Stege, und noch mehr an der Felswand am linken Flussufer ziemlich häufig, wir fanden jedoch nur ganz kleine Formen. Die mit dem Nummulitensandsteine wechselnden schieferigen Lagen sind nirgends kKleinblättrig oder schüttig, sondern bilden feste, plat- tige Bänke, und gehen mannigfach in den Sandstein über. Ohne uns in eine, wohl zwecklose Schilderung aller auftretenden petrographischen Varietäten einlassen zu wollen, machen wir nur auf eine besonders häufig auftretende charakteristische Abänderung auf- merksam. Es sind diess mergelig-kieselige, im Inneren dunkelbraune, an den Verwitterungsflächen beinahe ganz weisse, schieferige Schichten, die, wiewohl sie den muscheligen Bruch der echten Menilitschiefer Schlesiens nicht zeigen, doch sowohl an diese, als andererseits an die Smilnoschiefer Ungarns sehr erinnern. Einzelne Schichtflächen dieses Gesteines sind ganz mit grossen, undeutlichen, häufig über 2 Centimeter breiten Fucoiden bedeckt. Neben dem Stege sahen wir unter diesen eine geschlängelte, aus halbmondförmigen Elementen zusammengesetzte Form, die wir von dem, von Hohenegger Keckia Godulae benannten, und als leitend für die Albien-Sandsteine bezeichneten Fossilreste nicht zu unterscheiden wüssten. Wenn auch vielleicht sehr wohlerhaltene Exemplare irgend einen constanten Unterschied erkennen lassen sollten, so kann doch diese Form in der gewöhnlich vorkommenden Erhal- tungsweise nun wohl nicht mehr als Hülfsmittel für die Unterschei- dung eocäner und cretacischer Karpathensandsteine benützt werden. Auf derselben Schichtfläche kommen auch sehr undeutliche Con- chylienschalen-Reste, wie es scheint, von Bivalven herrührend, vor. Eine etwas abweichende Gesteinsvarietät stellt ein bläulicher, fester, kalkiger Schiefer vor, der jedoch nur sehr untergeordnet aufzu- treten scheint, da wir ihn nur in einem einzigen Bruchstücke fanden. Alle bisher erwähnten schieferigeren Lagen bilden dem Nummu- litensandsteine gegenüber durchaus kein gesondertes Niveau, sondern bilden mit demselben zusammen einen eng verbundenen Complex, der sich als eine homogene, auch in Beziehung auf den Gehänge-Habitus scharf geschiedene Felsmasse von den im Liegenden folgenden Bil- dungen abhebt. Am linken Bistritza-Ufer thalabwärts, gegen das Liegende der Schichten vorschreitend, fanden wir in den tieferen Lagen des Num- mulitensandsteins eine nicht über zwei Meter lange, und an ihrer dick- sten Stelle etwa einen halben Meter mächtige Linse eines bröckligen, grünen Mergels eingeschaltet, und bald darauf erreichten wir die, 64 C. M. Paul und Dr. E. Tietze. [32] petrographisch sehr wohl unterschiedenen Bildungen, welche hier im Liegenden des Nummulitensandsteines folgen. Es ist dieses ein Complex von thonigen, grünen Mergeln und Sandsteinen. Die Mergel sind kalkarm, weich und bröcklig, sehr ähnlich denen der obenerwähnten linsenförmigen Lage; die Sandsteine sind ziemlich fest, an der verwitterten Oberfläche grünlich, im Inneren bläulich, auch einzelne Conglomeratlagen stehen mit denselben in Verbindung. An einem Sandsteinstücke sahen wir verworrene, hieroglyphenähnliche Re- liefs, die jedoch mit den bekannten Formen tieferer Karpathensand- stein-Niveau’s keine Aehnlichkeit zeigten. In einer Sandsteinpartie der oberen Lagen fand sich noch ein Nummulit, daher dieser Schichten- complex noch dem Eocän zuzuzählen ist. Zwischen den höheren und tieferen Partieen dieser Gruppe zeigt sich zwar nicht in der petrographischen Beschaffenheit einzelner Hand- stücke, wohl aber im Gesammt-Habitus der Ablagerung ein nicht un- merklicher Unterschied. Während nämlich gegen oben bei ausgespro- chenem Prävaliren der Mergel Sandsteine in einzelnen linsenförmigen, bis mehrere Fuss Mächtigkeit erlangenden Bänken auftreten, zeigt sich gegen unten ein rasches Alterniren von Sandstein und Mergel in dünnen, nicht über einige Zoll mächtigen Schichten. Da jedoch alle diese Schichten vollkommen concordant gelagert sind, so scheint eine Trennung der Gruppe in zwei Glieder nicht ge- rechtfertigt, und wir bezeichnen daher diesen ganzen Complex als die tiefere Abtheilung des Eocän. In dem kleinen Thälchen, welehes man, weiter gegen Nordost in’s Liegende vorschreitend, noch vor Erreichung des grösseren Kozarky- thales schneidet, fanden wir noch die grünen Mergel und Sandsteine anstehend; der Rücken zwischen diesem Thälchen und dem Kozarky- thale jedoch, welcher sich nordwestwärts in einer Reihe gespitzter Kuppen fortsetzt, besteht schon aus ganz abweichenden Gesteinsbil- dungen. Wir fanden hier einen massigen, homogenen, feinkörnigen Sandstein von lichter, gewöhnlich gelblichgrauer Farbe, der sich von allen obenerwähnten Eocänsandsteinen deutlich unterscheidet; er steht mit festen, quarzigen, an der Oberfläche gewöhnlich gelblichbraunen Lagen in Verbindung, die überall die bekannten warzenförmigen Pro- tuberanzen und Hieroglyphen zeigen, wie man sie im Godulasandsteine bei Ellgoth, sowie in der Strzolka der oberen Teschner Schiefer und in den Ropiankaschichten anzutreffen gewöhnt ist. Der Gesammt-Habitus des Gesteines, die gelbliche Farbe, sowie der Mangel des in den neocomen Hieroglyphenschichten stets vorwal- tenden Kalkgehaltes schliesst hier wohl jede Deutung dieser Schichten als untere Kreide aus, und weisst direct auf eine Parallelisirung der- selben mit dem Godula- oder Istebna-Sandsteine, im Allgemeinen also auf mittlere oder obere Kreide hin, womit auch die Position derselben im Liegenden der Nummulitenschichten am besten übereinstimmt. Noch weiter im Liegenden, im Kozarkythal selbst, stehen, mit ganz abweichendem, nordsüdlichem Streichen und nahezu senkrechter Schichtenstellung sehr ähnliche bräunliche Hieroglyphenschichten in dünnen Bänken mit dunklen, schüttigen Schiefern wechselnd, an. Unter [33] Studien in der Sandsteinzone der Karpathen. 65 den Hieroglyphen dieses Niveau’s fiel uns besonders eine zopfartige Form auf, welche sehr an die von Quenstedt (Petrefaktenkunde Deutsch- lands, Echinodermen) aus dem unteren Lias Schwabens abgebildeten, als Fährten von Seesternen gedeuteten Formen erinnert. Ungefähr im Streichen dieser Schichten liegen die Halden eines nunmehr aufgelassenen Thon- eisensteinbergbaues. Ob mit diesem letzteren nicht bereits Lagen auf- geschlossen waren, die den oberen Teschner Schiefern (in Schlesien dem Hauptniveau der. Eisensteinflötze) äquivalent sind, kann aus den verwitterten, auf den Halden umherliegenden Stücken nicht mit Sicher- heit angegeben werden. Die im Kozarkythale anstehenden Schichten gleichen vielmehr noch den Hieroglyphenbänken des Godulasandsteines. Vom Kozarkythale weiter nordostwärts herrscht, wie die beifol- gende Skizze zeigt, entgegengesetztes (nordöstliches) Einfallen, und man schneidet daher, weiter thalabwärts vorschreitend, dieselbe Schich- tenfolge in umgekehrter Ordnung. Fig. 3. SW Kozarky-Bach NO er = x 1. Hornstein führende, dünnblätterige. kieselige Schiefer (Fischschiefer). 2. Nummulitenführender Sandstein mit untergeordneten Lagen, weissverwit- ternder Schiefer. 3. Grüne Mergel mit Sandsteinbänken. 4. Massige, homogene Sandsteine mit Hieroglyphenschichten, 5. Blätterige, schüttige Schiefer mit Hieroglyphenbänken. Zunächst ist es wieder, an der ersten, höher ansteigenden Berg- kuppe nördlich vom Kozarkythale anstehend, und bis an den Fluss herabstreichend, der massige Sandstein mit seinen Hieroglyphenbänken. In seinem Hangenden folgt eine sehr wenig mächtige Lage eines dunklen, festen Sandsteins, der theils gerundete, theils eckige Geschiebe eines grünen oder schwarzen dioritischen Gesteins aufnimmt und da- durch in Conglomerat übergeht. Das Öonglomerat erinnert sehr an das durch Hippuritenfunde als Turon nachgewiesene Upohlawer Con- glomerat des Waagthales, und an manche Gosau-Conglomerate. Ueber diesem Conglomerate liegt eine kleine Partie der grünen Mergel, und darüber wieder das Hauptniveau der Nummuliten, sowohl durch den splitterigen Sandstein, als die mit demselben in Verbindung stehenden dunkelbraunen, weiss verwitternden Schiefer vertreten. Ueber diesen folgt endlich als höchste Lage ein Wechsel von Hornsteinbänken mit dunklen, gelblich verwitternden, kieseligen Schie- fern, die meistens in sehr dünne Scheiben spaltbar sind. Abgesehen von der letzteren Eigenschaft gleichen diese Schiefer denen des Num- mulitensandsteines sehr. Diese Schiefer und Hornsteine setzen von hier mit anfangs nord- Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt. 1877. 27. Band, 1. Heft. (C. M. Paul u. E. Tietze.) 9 = 66 C. M. Paul und Dr. E. Tietze. [34] östlicher, weiterhin mehrfach wellenförmig gebogener Schichtenstellung das Ufer des Bistritzaflusses bis gegen Nadworna zusammen. Es sind diess dieselben Bildungen, in denen weiter südöstlich, bei Lubiznia unweit Delatyn, zahlreiche Fischreste vorkommen; wir werden im näch- sten Abschnitte bei Besprechung der erwähnten typischen Localität auf diese Gebilde zurückkommen. Fassen wir die bei Pasieczna gewonnenen Resultate in wenige Worte zusammen, so ergibt sich, dass wir hier einen Complex eocäner Bildungen vor uns haben, die in ihren höchsten Lagen aus den Horn- steinführenden Fischschiefern, in der Mitte aus dem Nummulitensand- steine und seinen Schiefern, in ihrem unteren Niveau aus grünem Mergel und Sandstein bestehen, und die sich, einen sog. Luftsattel bildend, d. i. beiderseits regelmässig abfalleud, über eine Aufbruchs- welle älterer cretacischer Karpathensandsteine wölben. Diese Verhältnisse sind hier in einem leicht zugänglichen Schich- tenprofile mit einer solchen Klarheit aufgeschlossen. wie sie sich wohl im ganzen Karpathensandsteingebiete an wenigen Punkten wiederfinden dürfte. V. Von Delatyn auf die Czernahora und in die Marmarosch. Delatyn liegt in einer Seehöhe von 1261 Fuss über dem adriati- schen Meere am Nordostrande der Karpathensandsteinzone, südlich von Stanislau und westlich von Kolomea. Der Ort zieht sich am linken Ufer des Pruth hin, welcher hier einen weiten Thalkessel bildet. Der Fluss bespült den westlichen und nördlichen Rand des Kessels. Das Dorf Zarzyce liegt weitläufig gebaut am rechten Pruthufer, und nehmen die zu demselben gehörigen Felder und Wiesen den grössten Theil des Thalgrundes ein. Die niedrigen Berge, die im Norden und Nord- osten diesen Kessel begrenzen, und durch welche der Pruth gleich nach seiner Vereinigung mit dem ÖOslawabache seinen Ausgang er- zwingt, bestehen aus Gesteinen der miocänen Salzthongruppe. Die höher ansteigenden Berge im Westen und Süden gehören bereits verschie- denen Formationsgliedern des Karpathensandsteins an. Diluvialgebilde, nämlich Berglehm und die demselben zugehörigen Schottermassen sind vielfach am Rande des Thalkessels entwickelt und bedecken sogar einen grossen Theil der Oberfläche der Miocänberge bis zu relativ be- trächtlichen Höhen. Löss und Lössschotter bilden der Hauptsache nach die nivelli- rende, terrassirte Ausfüllungsmasse des Thalkessels, gegen die Pruth- thäler zu auch jüngeres Diluvium, und schliesslich Alluvium. Vom Niveau des Pruth, von der Brücke am unteren Ende von Delatyn gegen Zarzyce aufsteigend, sieht man eine Anzahl von immer älteren Ter- rassen sich über einander bergwärts erheben, und ist gerade in dieser Hinsicht eine Promenade nach Zarzyce recht lehrreich. Auf einer solchen Löss- oder Lössschotterterrasse stehen auch die Gebäude der k. k. Franz Joseph-Saline. Westlich erhebt sich hinter derselben die Hiyboka, deren pruthwärts gekehrte Gehänge mit nicht terrassirtem Berglehm bedeckt sind. Oestlich unter der Lössterrasse ist noch eine niedrigere Terrasse jüngerer Quaternärbildungen dem Inundationsgebiete [35] Studien in der Sandsteinzone der Karpathen. 67 des Flusses entrückt. Erst dann steigt man in das schmale Alluvial- gebiet herab. Schmal ist dieses Alluvialgebiet in der That, denn der Fluss arbeitet sich nicht etwa bloss durch lockere Quaternärbildungen hin- durch, sondern schneidet sich in ältere Gesteine ein, welche in zum Theil sehr deutlichen Profilen an den Steilufern des Pruth entblösst sind, und zwar zeigen diese Entblössungen im oberen Theile des Dela- tyner Thales noch Schichten der Karpathensandsteinglieder, während sie abwärts die Gebilde des Salzthons erkennen lassen. Letztere sind trotz relativer Weichheit doch sehr zäh und bilden schroffe, oft senk- rechte Ufer mit stellenweise sogar überhängenden Gesteinspartieen. Alle diese Formationsglieder an den Pruthufern weisen geneigte Schichtenstellungen auf, aber die Schichtenköpfe sind oben durch das Terrassen-Diluvium glatt abrasirt. Man darf geneigt sein, den Delatyner Thalkessel für eine see- beckenartige Erweiterung des Pruththales in jener Zeit aufzufassen, in welcher der Durchbruch der Gewässer durch die den zähesten Wider- stand entgegensetzenden Salzthongebilde und die Sandsteine von Do- brotow noch, nicht genügend erweitert war. Soviel mag zur allgemeinen Orientirung über die Lage Delatyns und die Natur der Aufschlüsse am Pruth daselbst genügen. Wir werden diese Aufschlüsse beschreiben, dabei aber nicht umhin können, auch die seitwärts von dem Pruthprofil zunächst gelegenen Localitäten zu berücksichtigen. Die zuerst in Betracht kommende Formation ist die der unter- sten Abtheilung des Neogens angehörige, in ihrem Charakter jedoch noch vielfach den Karpathensandsteinen verwandte Salzthongruppe, welche hier, wie vielfach anderwärts den Nordostrand der Karpathen einnimmt. Die Saline von Delatyn benützt Soolen, welche durch das Zutreten von Laugwässern zu einem Salzstock erzeugt werden, welcher dieser Formation untergeordnet ist. Die Verhältnisse dieses Salzstocks sind einigermassen klar ge- stellt worden durch 13 Bohrungen, welche vom August 1850 bis zum October 1852 vorgenommen wurden, und welche eine Ausdehnung des- selben von 1360 Klaftern in die Breite dargethan haben. Einige dieser Bohrlöcher wurden vor Erreichung des Salzlagers aufgelassen, das tiefste derselben hatte eine Tiefe von 42 Klaftern, doch kam man an » anderen Stellen schon nach 3—9 Klaftern auf das Salzgebirge. Man - eonstatirte ein NNW-SSO-Streichen des letzteren und ein westliches Fallen von 45 Graden. In seinem Aufsatz über die Soolequellen von Galizien (Jahrb. d. geol. R.-A. 1876) hat Hr. Kelb die Verhältnisse der Soolezuflüsse und der Auslaugung, die am Kopfe des Salzflötzes von Delatyn vor sich geht, auseinandergesetzt. Es ist möglich, dass die Bildung des Thalkessels von Delatyn mit dieser fortschreitenden Auslaugung des dortigen Salzstocks in Be- ziehung steht. Wir beginnen naturgemäss unsern Durchschnitt mit dem flachen Höhenzuge, über welchen die Strasse von Dobrotow nach Delatyn führt, und welcher, vom Pruth bei Dobrotow durchbrochen, die nörd- liche Begrenzung des Delatyner Thalkessels bildet. Dieser Höhenzug 9* 68 C. M. Paul und Dr. E. Tietze. [36] ist namentlich auf der vom Pruth abgewendeten Nordseite vielfach von Diluvium (Berglehm) bedeckt. Doch tritt an einer Stelle dicht bei der Strasse, kurz bevor dieselbe von Dobrotow aus die Höhe des flachen Hügels erreicht, ein Sandstein mit grünen Glaukonitkörnern auf. Am Lotowiebach aber und den in denselben mündenden, tief eingerissenen Schluchten in der Nähe oberhalb des Punktes, wo sich die Strasse nach Nadworna von der Strasse nach Delatyn abzweigt, ist unter der Diluvialbedeckung in eben jenen Schluchten Salzthon von bläulicher und rother Farbe blossgelegt. Dem Thon sind hier Lagen von gross- blätterigem, wasserhellem Gyps eingeschaltet. Das Fallen der Schichten hier ist südwestlich. Mitten unter diesen Thonlagen tritt ein Gebilde auf, welches aus einem Wechsel von blaugrauen Schiefern und dünnen, Strzolkaähn- lichen Sandsteinbänken mit Hierogiyphen besteht. Das Fallen dieser letzteren, evident cretacischen Schichten ist ebenfalls südwestlich, an- scheinend concordant mit der Lagerung des Salzthons im Hangenden und scheinbaren Liegenden dieser Partie. Doch kann man es dabei nur mit einem inselartigen Aufbruch älterer Schichten im Gebiete des Neogens zu thun haben. Dass dabei das Fallen der Schichten im Nor- den und Süden der Kreide ein gleichmässiges, südwestliches ist, fällt nicht sonderlich auf, wenn man bedenkt, dass solche Uebereinstimmung des Fallens, solches scheinbare Unterteuftwerden älterer Schichten durch jüngere in den Karpathen in Folge von Verwerfungen oder schiefer Mulden und Sättel wiederholt vorkommt. Besser ist die besprochene Hügelkette an ihrer ‚Südseite durch den Pruth und dessen Nebenfluss Lubiznia aufgeschlossen. Wenn man von Dobrotow nach Delatyn nicht auf der Kaiserstrasse, sondern den Pruth und die LubizZnia aufwärts geht, sieht man einen Wechsel von Sandsteinen und sandigen oder thonigen Schiefern. Die Sandsteine enthalten vielfach Einschlüsse von thonigen Klümpchen oder Brocken, bisweilen sind sie grobkörniger mit grünen Gemengtheilen. Grobe Wülste auf den Schichtflächen des Sandsteins dürfen nicht mit Hieroglyphen verwechselt werden. Von Fucoiden fand sich hier keine Spur. Ueber den geschilderten Schichten, welche südwestlich fallen, findet sich ein heller, dünn geschichteter Sandstein, dem nur in der Mitte eine mächtigere Bank von etwa 2 Meter Dicke eingeschaltet ist. Noch höher liegt dann ein Wechsel von grauen Sandsteinen mit dünnen, hellgrauen Schiefern. Alle diese Schichten fallen mit nicht sehr steiler Neigung südwestlich. Nachdem nunmehr auf längere Erstreckung keine Entblössungen am Gehänge vorhanden oder zugänglich sind, kommen schon in der Nähe von Delatyn hellröthliche und grünliche, aber nicht plastische Thone mit bläulichen Schiefergesteinen wechselnd zum Vorschein. Hie und da sind denselben auch einige unbedeutende Partieen von Gyps untergeordnet. Die Gehängefarbe hier ist blassroth. Bald wird sie hell blaugrau und es herrschen schieferige Sandsteine. Am Solonetzbache kommt aus diesen Gesteinen eine Salzquelle hervor. Hier befinden wir uns wie am Lotowiebach in sicher zur Salzthongruppe gehörigem Terrain. Zweifelhafter scheinen die Sandsteine von Dobrotow in ihrer Zugehörigkeit zu dieser Gruppe. So sehr sie aber im Allgemeinen [37] j Studien in der Sandsteinzone der Karpathen. 69 den Habitus von Karpathensandstein besitzen, so wenig kann man be- haupten, dass sie mit irgend einer speciellen Facies eocäner oder cre- tacischer Karpathensandsteine in allen Merkmalen übereinstimmten. Wir werden ähnliche Sandsteine auch anderwärts antreffen, aber immer am Karpathenrande in örtlicher Vergesellschaftung mit sicher zur Salz- formation gehörigen Bildungen, wesshalb ihre stratigraphische Stellung im Rahmen dieser Formation mehr als wahrscheinlich ist. Kurz vor der Vereinigung des Lubizniabaches mit dem Solonetz- bach stehen am unteren Ende der Stadt Delatyn, dicht bei der Strasse, schüttig zerfallende, hellgraue Schiefer mit zum Theil mürben, ähnlich den Schiefern gefärbten sandigen bis sandsteinartigen Lagen an, denen sehr blätterige, kieselige, bituminöse Schiefer mit gelben Verwitte- rungsbeschlägen untergeordnet sind. Diese Schiefer sind nicht zu un- terscheiden von einer später zu erwähnenden Schiefervarietät, welche sich, wie wir noch näher erörtern werden, in einem eocänen, bezüglich oligocänen Schichtencomplex, nämlich in den Menilit- und Fischschie- fern bei Delatyn und an andern Punkten der Ostkarpathen findet. In- sofern rings um den bezeichneten Ort die Gesteine der der unteren Mediterranstufe angehörigen Salzformation anstehen, und insofern auch noch Gyps hie und da daselbst vorkommt, möchte man der Vermuthung Raum geben, als könnten Schiefer, wie die beschriebenen, auch noch in Schichten dieser Neogenformation vorkommen, wenn man nicht vor- zieht, am Zusammenfluss des Solonetz und der Lubiänia eine Insel von Eoeänschiefern anzunehmen. Das Fallen der Schichten an diesem Punkte ist ein südwestliches, wie wir es auch fernerhin als die Regel in dem zu beschreibenden Ge- birge antreffen werden. Oberhalb der Brücke, welche das untere Ende von Delatyn mit Zarzyce verbindet, bemerkt man am rechten Pruthufer Aufschlüsse sandiger bis sandsteinartiger Lagen von hellgrauer Gehängefarbe. Die Sandsteine sind zersetzt und mürb, und scheinen in manchen Partieen einem zersetzten Zustande des Glaukonitführenden Sandsteins von Dobrotow zu entsprechen. Die Fallrichtung ist hier undeutlich. Aehnliche Bildungen, zum Theil thoniger werdend, aber immer mit derselben Gehängefarbe, halten flussaufwärts eine ziemliche Strecke lang an. Aus denselben bricht eine Salzquelle am rechten Ufer her- vor, schrägüber der Sooleförderung auf der linken Thalseite. In den bereits dem eocänen Karpathensandstein benachbarten Lagen der Salzthonformation beobachteten wir einen etwa 1 Meter mächtigen Horizont, in welchem gut gerollte Geschiebe zerstreut lagen. Dieselben sind von Faust- bis Kindskopfgrösse und gehören ausschliess- lich einem äusserlich grünsteinartigen, sehr dichten, festen, kleine Pyritwürfel führenden Gesteine an, über welches uns Hr. Dr. Edmund Neminar, der freundlichst die mikroskopische Untersuchung des- selben durchführte, mittheilt, dass es in auffallender Weise den Cha- rakter eines klastischen Gesteins an sich trage. „Nächst der ausgespro- chenen psammitischen Textur“, sagt Neminar, „welche bei diesem grünlichgrauen Gestein eine grosse Aehnlichkeit mit manchen feinkör- nigen Sandsteinen verursacht, sind es auch die öfter vorhandenen hexaödrischen Abdrücke der in diesem Gestein häufig vorkommenden 70 C M. Paul und Dr. E. Tietze. [38] Pyrite, welche es ausser allen Zweifel setzen, dass dasselbe secundären Ursprungs sei. Bei einer mikroskopischen Untersuchung erweist sich das Gestein als ein gröbliches Gemenge von Quarz, Feldspath und Chlorit, wobei Quarz und Feldspath vorherrschen, der Chlorit etwas zurücktritt, welcher Umstand auch die mehr graulichgrüne Farbe des Gesteins bedingt. Der Quarz zeigt mitunter Glas- und Flüssigkeits- einschlüsse, in der Regel ist er jedoch völlig rein, während die Feld- spathfragmente nur in wenigen Fällen noch diese Frische haben, dass man sie als Plagioklas erkennen kann. Meist sind sie in einem sol- chen Zersetzungszustande, dass ihre Conturen ganz unbestimmt werden und allmählig in die amorphe Bindemasse übergehen. Der Chlorit zeigt grasgrüne dichroitische Blättchen, die jedoch meist zu grösseren Com- plexen vereinigt und ganz ungleichmässig in dem Gestein vertheilt sind. Sonst findet sich noch Magnetit und Calcit in kleinen Körnchen im Gestein zerstreut. Das Gestein ist als Tuff zu bezeichnen.“ Andere Geschiebe fanden sich hier absolut nicht, obwohl man Vertreter der verschiedenen Karpathensandsteine, wie sie selbstver- ständlich in den Diluvialschottern dieser Gegend dominiren, hätte er- warten können. Die Gesteine der Salzformation sind, abgesehen von dem Pruth- aufriss in der Thalebene von Delatyn und Zarzyce, gänzlich von Dilu- vium bedeckt. Weiter östlich kommen sie erst wieder in den Hügeln um Oslaw zum Vorschein. Der Berg Rachow besteht, obwohl an der Oberfläche mit Berglehm bedeckt, in seinem Kerne aus mürben Sand- steinen. Ist man, von Delatyn kommend, in das Thal von Oslaw her- abgestiegen, so sieht man am rechten Ufer des Baches, nördlich von der Kirche, plattige, thonige, weiche Sandsteine mit. Schieferzwischen- lagen, welche von NNW nach SSO streichen und mit circa 40 Graden westlich fallen. Am linken Ufer wiederum im unmittelbaren Hangenden dieser thonigen Sandsteine, und nur durch den Bach von ihnen getrennt, stehen mit beinahe gleichem Fallen festere, gelbe Sandsteine an, über welchen flussaufwärts immer mit ähnlichem Einfallen sandige, hellblau- graue Mergel des Salzthones folgen, aus denen schrägüber der Kirche wieder ein Sandsteinfelsen hervorsieht. Die Salzformation am Kar- pathenrande besteht eben nicht ausschliesslich aus thonigen Gesteinen, wie der manchmal dafür übliche, aber nicht ganz passende Name Salz- thonformation glauben machen könnte. Zwischen Oslaw und Berezow treten unter der Berglehmbedeckung an verschiedenen Stellen, wie an Bacheinschnitten, die Gesteine dieser Formation zu Tage. Geht man von Berezow nördlich nach PeezenyzZyn, so trifft man westsüdlich fallende Mergel mit Sandsteinbänken. Hie und da kommt in Folge von Knickungen auch die entgegengesetzte Fallrichtung vor, doch fallen oben am Kamme die Schichten deutlich südwestlich. Hinter diesem Kamme gegen Sioboda Rungurska zu erheben sich Berge von etwas kühneren Formen, als die Berge der gewöhnlichen Gesteine der Salzformation sie aufzuweisen pflegen. Der Weg führt am Abhange des östlicheren dieser Berge fort. Man ist einigermassen überrascht, hier nichts als Schotter, zum [39] Studien in der Sandsteinzone der Karpathen. al Theil in grösseren Blöcken, zu finden. Dieser Schotter rührt indessen von einem losen, leicht zerfallenden Conglomerat her. Den besten Auf- schluss hier bildet ein kleiner Bach, dessen Wasser nach Sioboda Run- gurska fliesst. Gewisse festere Lagen des Conglomerats enthalten von aussen weiss aussehende Kalkgeschiebe, welche sich angeschlagen als schön hellrother Jurakalk erweisen. In der Nähe dieser Partieen ist der Bach durch Kalktuffbildung ausgezeichnet. Von sonstigen Gemengtheilen des losen Conglomerats erwähnen wir noch einen weisslichen, etwas gefleckten, festen Kalk, viele Geschiebe von Milchquarz und namentlich ein zum Theil in grossen Blöcken auftretendes Gestein von dunkelgrüner Farbe. Diess Gestein wurde von Dr. E. Neminar auf unser Ansuchen eingehend geprüft. Es zeigt eine ziemliche Verwandtschaft mit dem Pyritführenden Gestein von Zarzyce. Es ist von feinkörnigem Aus- sehen und zeigte bei der mikroskopischen Untersuchung ein relativ grobes Gemenge von Quarzkörnern, Feldspathfragmenten und Chlorit- blättchen. Die verhältnissmässig ziemlich grossen Quarzkörner sind öfter von Chloritblättchen vollkommen umschlossen, und manchmal mit Interpositionen von Glas- und Flüssigkeitsspuren so angefüllt, dass sie ziemlich trübe erscheinen. Nicht wesentlich kleiner als der Quarz sind auch alle Feldspathfragmente, die im Allgemeinen nicht stark zersetzt erscheinen, und sich demnach auch noch grösstentheils als Plagioklas mit deutlich Jamelloser Zwillingszusammensetzung erkennen lassen. In ebendemselben Masse, wie die Quarzkörner und die Plagioklasfragmente, ist endlich auch der Chlorit vertreten, der in grasgrünen, ziemlich stark dichroitischen, kurzen Blättchen erscheint, die in dem Fall, wo sie grösser sind, nur vereinzelt auftreten, in dem Fall jedoch, wo sie nur winzig erscheinen, zu grösseren Complexen vereinigt sind. Sehr häufig bilden aber diese winzigen Chloritblättchen im Verein mit einer’ feinkörnigen, chloritischen Masse förmliche Stränge, welche das ganze Gestein netzartig durchziehen und hierdurch mitunter Erscheinungen hervorrufen, die deutlich auf das allmählige Absetzen dieser feinen chloritischen Masse zwischen den gröberen Quarzkörnern und Feld- spathfragmenten hinzuweisen scheinen, Hin und wieder nehmen auch vereinzelte gelblichbraune, stark dichroitische Blättchen, sehr häufig jedoch winzige Magnetitkörnchen an diesem oft netzartigen Geflechte Antheil und verursachen dann dessen dunklere Färbung. Die gelblich- braunen Blättchen, welche durch einen starken Dichroismus ausge- zeichnet sind, erscheinen häufig mit Chloritpartikeln so innig verbunden, dass ein Uebergang der ersteren in die letzteren unzweifelhaft ersicht- lich wird. Da nun aber eine secundäre Chloritbildung — und eine solche liegt ja hier vor — am häufigsten bei Hornblende oder Augit stattfindet, von diesen beiden Mineralien jedoch nur die Hornblende durch einen starken Dichroismus sich auszeichnet, welchen- überdiess nur noch Minerale zeigen, bei denen eine Chloritbildung nicht leicht denkbar ist, so ist es wohl evident, dass die fraglichen gelblichbraunen, stark dichroitischen Blättehen Hornblende sind, aus der sich somit im vorliegenden Falle sämmtlicher Chlorit gebildet haben dürfte. Die Bindemasse, welche das klastische Material, aus dem das Gestein auf- gebaut ist, cementirt, tritt ganz zurück, und nur in seltenen Fällen 12 6. M. Paul und Dr. E. Tietze. [40] bemerkt man zwischen dem netzartigen, chloritischen Geflechte eine amorphe Masse hervortreten. Obwohl nun auch diese amorphe Binde- masse nicht in dem Masse zur Geltung kommt, dass diess klastische Gestein einen speeifisch tuffartigen Typus bekäme, so wird dasselbe doch am besten mit dem Ausdrucke Tuff bezeichnet werden können. Soweit Herr Neminar über das fragliche Gestein. Ausser den Geschieben dieses Grünsteintuffes wurde in der frag- lichen Geröllablagerung auch ein grosser Block eines hellen Quarzites mit grossen Nummuliten gefunden. Dieses Nummulitengestein ist von uns nirgends in den Karpathen anstehend beobachtet worden. Seine Auffindung ist aber wichtig, weil sie das posteocäne Alter des besprochenen lockeren Conglomerats ausser Zweifel stellt und somit auch das jüngere Alter der Sandsteine des Bergkammes nördlich von Berezow beweist, welche sich im Hangenden unseres Uonglomerats befinden. Ebensowenig wie das Nummulitengestein lassen sich die andern hier erwähnten, in dem Conglomerat auftretenden Gemengtheile auf in dem südlich von dieser Gegend gelegenenen Karpathentheil vorkom- mende Formationen zurückführen, höchstens mit Ausnahme des weissen Quarzes, der den krystallinischen Schiefern an der ungarisch-galizischen Grenze entnommen sein könnte, auf deren Vorhandensein wir bei einer späteren Gelegenheit hinweisen werden. Doch wäre es seltsam, wenn aus den entlegensten Kämmen der Karpathen Steine hieher transportirt worden wären, ohne dass von den dazwischen liegenden Karpathen- sandsteinen eocänen oder cretacischen Alters sich massenhaft Roll- stücke eingestellt hätten. Man wird also hier einen Transport der Geschiebe von Süden her schwerlich annehmen können. Wir kommen in den Schlussbetrachtungen unserer Arbeit auf diesen Gegenstand zurück. Das Conglomerat von Stoboda Rungurska, welches man auch etwas südlich der Linie Miodiatyn-Laczyn wieder antrifft, stellt, wo nicht das älteste, so doch ein älteres Glied der Salzformation vor. Nachdem wir nunmehr die altneogene Randbildung der Karpathen in der näheren und weiteren Umgebung Delatyns skizzirt haben, nehmen wir die Beschreibung des Profils am Pruth bei Delatyn wieder auf. Einige hundert Schritt nördlich der dem Pruthufer benachbarten Kirche von Zarzyce erblickt man plötzlich einen Wechsel von san- digen und schieferigen, wohlgeschichteten Bänken, welche in Stunde 9 nordwest-südöstlich streichen und nordöstlich unter die Salzformation einfallen. Wir befinden uns hier bereits in der Gruppe der Menilit- schiefer von Delatyn, welche, wie in der Besprechung der Gegend süd- lich Nadworna gesagt wurde, dem oberen Eocän angehören. Ehe wir aber in der Beschreibung desselben fortfahren, zu wel- chem Zwecke wir einigen, seitlich unseres Profils gelegenen Punkten einen Besuch abstatten müssen, machen wir den Leser mit einem diese Schiefer hier an der zuerst genannten Oertlichkeit durchsetzenden hete- rogenen Gesteine bekannt. Es ist diess ein überaus fester Sandstein, oder besser Quarzit, von grauer Farbe. Die klastische und speciell die Sandsteinnatur des Ge- steins ist nach der mikroskopischen Untersuchung, welche Dr. Nemi- = ur ud un [41] Studien in der Sandsteinzone der Karpathen. 73 nar auf unsere Bitte übernahm, zweifellos. Hr. Bergrath C. v. Hauer theilt uns die Resultate der von ihm freundlichst durchgeführten che- mischen Analyse desselben Gesteins mit. Darnach enthielten 100 Theile der Masse: 8241 Kieselsäure 799 Thonerde mit wenig Eisenoxyd 8:85 Kalk 1:00 Magnesia 100:25 Auch nach diesen Angaben ist an der Sandsteinnatur des Ge- steins nicht zu zweifeln. Das letztere bildet (siehe die nebenstehende Zeichnung) zwei Fig. 4. gangförmig auftretende Platten von je etwa fünf Zoll Dicke. Diese Platten stehen in Folge grösserer Festigkeit an der Aufschlusswand etwas hervor, sind quer gegen Streichen und Fallen der Schichten gestellt und convergiren gegeneinander, als ob sie im Inneren der hier aufgeschlossenen Schichtmasse in einer Kante zusammentreffen würden. Auch ist der Umstand bemerkenswerth, dass die Sandsteinbänke und Schieferschichten des Nebengesteins in keiner Weise durch das Gang- gestein alterirt werden, und dass namentlich die Schichtung zu beiden Seiten jeder Gangplatte keinerlei Störung erleidet. Nicht einmal eine kleine Verwerfung kommt vor. Das ist das Auffallendste. Wir glauben, diesen Gangquarzit am besten als ein Analogon der klastischen Ganggesteine auffassen zu sollen, welche als Gangthon- schiefer, Gangthone (Glamm), Gangconglomerate (Dowky’s) schon viel- fach in der Literatur genannt worden sind. Wir kehren zur Beschreibung der als Menilitschiefer oder Fisch- schiefer von Delatyn zu bezeichnenden Schichtenfolge zurück. Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt. 1877. 27. Band. 1. Heft. (C. M. Paul u. E. Tietze,) 10 74 C. M. Paul und Dr. E. Tietze. [42] Die zuerst bekannt gewordenen Funde von Fischresten aus diesen Schichten stammen von LubiZnia, westlich Delatyn. Von dort sind die Stücke, welche Herr Kelb vor einigen Jahren an die geologische Reichsanstalt einsandte. Es ist desshalb vielleicht nicht unpassend, gerade die im Lubizniathale entwickelten Schichten als Vorbild der Gruppe zu nehmen. Zudem zeigen die Aufschlüsse am Pruthufer nicht alle Gesteinsvarietäten, die bei Lubiznia leicht beobachtbar sind. Vom Marktplatz der Stadt aus betraten wir das hier vor der Einmündung in den Pruth sich erweiternde Lubizniathal. Anfangs sahen wir am linken nördlichen Ufer desselben noch den Salzthon anstehen, der von Berglehm und Schotter bedeckt war. Bald verengte sich das Thal, und wir sahen ein System von schieferigen Bänken über den Bach streichen (unter Stunde 10), welche südwestlich einfielen. Es war ein Wechsel von kieseligen, blätterigen, in sehr feine Lamellen spaltbaren, schwarzen Schiefern, welche sich durch gelbe Verwitte- rungsbeschläge, mitunter auch durch sternförmig gruppirte kleine Gyps- krystalle auf den Schichtflächen bemerkbar machten und an Dysodil- schiefer erinnerten, mit etwas dicker geschichteten schwarzen, thoni- geren Schiefern und schwärzlichen oder hellbraunen, weiss verwittern- den Schiefern. Die letzteren sind gewissen Varietäten der Menilit- schiefer von Teschen in Schlesien sehr ähnlich. Schwärzliche Horn- steine sind den Schiefern von LubiZnia bankweise eingeschaltet. Menilit, wie der Menilit von Teschen, kommt zwar sehr selten, aber doch vor. Hr. Hüttenmeister v. Rogawsky in Delatyn besitzt eine Probe davon, die er uns zur Bestimmung vorlegte, und welche über die Existenz dieses Minerals in den Schiefern von LubiZnia keinen Zweifel liess. Gleich hier an der ersterwähnten Oertlichkeit, am Ausgange des Lubizniathales, fanden wir Schuppen und Skelettheile von Fischen in den Schiefern, jedoch in der Regel nicht in den feinblätterigen, Dyso- dilartigen Varietäten. Auch mit dem Hornstein sind bisweilen Ge- wirre von Knochen und Gräten verkittet. Doch ist es nicht leicht, gut und vollständig erhaltene Exemplare zu sammeln. Bitumen ist in dem besprochenen Schichtcomplex sehr verbreitet. Beim Schlagen ge- wisser Schiefervarietäten entweicht dem Gestein ein penetranter Geruch. Um die Beschreibung der Schiefervarietäten zu vervollständigen, nennen wir noch eigenthümlich hell und dunkel gefleckte Schiefer mit scharfer Abgrenzung der Flecken. Die schwarze Farbe entspricht der ursprüng- lichen Gesteinsfarbe, die hellen Flecken entsprechen unregelmässigen, mit der Schichtung nicht übereinstimmenden Absonderungsflächen des Gesteins. In den höheren Lagen schalten sich den Schiefern dünne, meist weissliche Sandsteinbänke ein, welche selten grobe, knotige, undeutliche Relieffiguren auf den Schichtflächen besitzen, deren wir nur desshalb Erwähnung thun, um vor Verwechselungen mit den deutlich markirten, Sculptur zeigenden Hieroglyphen der Ropiankaschichten zu warnen. Hier haben wir es entschieden mit blossen Druckerscheinungen zu thun. Es mag desshalb gleich erwähnt werden, dass an anderen Localitäten, wo wir die betreffenden Sandsteinlagen beobachteten, wie z. B. am Pruthufer, von solchen groben, knotigen Reliefs nichts zu sehen war. [43] Studien in der Sandsteinzone der Karpathen. 75 Kurz weiter thalaufwärts nach einer nordsüdlich gerichteten Bie- gung des Baches, noch unterhalb des Porybniez genannten Gebänges, wurde eine Aenderung im Streichen des besprochenen Schichtensystems beobachtet, und kommt hier bei vielfach gewundener Schichtenstellung ein nordwestliches Einfallen vor. Nunmehr nordwärts an der linken Thalseite gegen den bewal- deten Höhenrücken Kliwa aufsteigend, fanden wir denselben allgemein aus weisslichem Sandstein bestehend. Hinter den ersten Häusern von LubiZnia erreichten wir wieder das Bachufer, wo der Bach die Fischschiefer ihrem Streichen nach aufschliesst. . Von dieser Localität stammen die durch Herrn Kelb an die geolo- gische Reichsanstalt eingesendeten Fischreste. Auch wir konnten hier Einiges finden. Hier sind namentlich die braunen Schiefer mit weissen Verwitterungsrinden aufgeschlossen. Das Streichen der Schichten ist in Stunde 10, das Fallen unter 53 Grad nach Südwest. Gewisse dunkel röthlichgraue Sandsteine, welche zuweilen mit Bitumen imprägnirt und dann schwärzlich erscheinen, kamen hier im Bach in losen Stücken vor. Auch südlich vom LubiZniabache, am nörd- lichen Gehänge der Hlyboka, aber mehr gegen Delatyn zu, sahen wir solche Sandsteine im Walde anstehend. Wir rechnen sie dem Schicht- complex der Fischschiefer zu, da wir denselben anderwärts, nämlich am Pruthufer und am Berge Kliwa bei Zarzyce Östlich vom Pruth ebenfalls in diesem Complex begegneten. Von Norden kommend mündet bei LubiZnia eine kleine Eisen- quelle in den Bach, und findet sich auf den Wiesen in der Nähe Rasen- eisenstein. Wir gedenken dieses Umstandes hauptsächlich desshalb, weil auch am Kliwa bei Zarzyce zahlreiche, durch rothe Niederschläge sich als eisenhältig kennzeichnende Quellen im Gebiet der Fischschiefer angetroffen wurden. Wir nehmen, nachdem nunmehr die eocänen (oligocänen?) Fisch- schiefer von. Delatyn in ihren wichtigsten Eigenschaften an ihrer typi- schen Localität charakterisirt sind,. die Beschreibung der am Pruth bei Delatyn aufgeschlossenen Schichtenfolge wieder auf. Von dem Punkt an, an welchem das gangförmige Auftreten eines Quarzits in den Lagen der Fischschiefer constatirt wurde, trifft man flussaufwärts gerade unterhalb der Kirche einen weisslichen Sandstein, der flach (20—25 Gr.) deutlich nordöstlich einfällt. Gegenüber der Franz Josephs-Saline erscheint dann ein rascher Wechsel von dünnblät- terigen, bituminösen Schiefern, unter welchen namentlich die Dysodil- artigen Varietäten der Fischschiefer vertreten sind mit dünnplattigen, weisslichen, zum Theil auch grünlichen oder bräunlichen Sandsteinen. Die Schichten stehen hier zuerst ganz senkrecht, fallen weiterhin all- mählig flacher gestellt südwestlich, und nehmen schliesslich kurz vor ihrer Berührung mit den sogleich zu beschreibenden cretacischen Bil- dungen ein nordöstliches Fallen an, fallen also von der Kreide ab. Die Grenze dieser Fischschiefer gegen die älteren Ablagerungen ist am rechten Pruthufer übrigens minder scharf als am linken zu erkennen, wo beide Schichtcomplexe unmittelbar unter den Verwaltungsgebäuden der Saline anstehen. Es kann bemerkt werden, dass sich an dieser Stelle die Fischschiefer auch durch Hornsteinführung und Fischschuppen 10* 76 C. M. Paul und Dr. E. Tietze. [44] auszeichnen, die wir an den Aufschlüssen des rechten Pruthufers ver- missten. Solches Vermissen ist natürlich, wenn man bedenkt, dass die Hornsteinbänke und die Fischreste wenigstens ihrem häufigeren Vorkommen nach auf gewisse Lagen der besprochenen Formation be- schränkt sind. Das Antreffen solcher Lagen hängt von der Günstig- keit und Zugänglichkeit der Aufschlüsse ab. Hervorzuheben ist der Umstand, dass hier bei Delatyn die tie- feren Glieder des Eocän, welche wir bei Nadworna im Liegenden der Fischschiefer kennen lernten, vollständig fehlen. Weder die grünen Mergel, noch die Nummulitensandsteine von Pasieczna sind hier an der Oberfläche vorhanden, und doch ist Pasieczna von dem Pruth bei der Saline Delatyn in der Luftlinie nur etwa 2!/, deutsche Meilen entfernt. Entweder sind daher die tieferen Eocänglieder hier bei Delatyn verdrückt und erst in der Tiefe als vorhanden und gegen die Kreide abstossend anzunehmen, oder sie existiren hier überhaupt nicht mehr, und die Fisch- schiefer haben ihnen gegenüber eine grosse Unabhängigkeit desAuftretens. Wir fügen hinzu, dass auch am Kliwa bei Zarzyce die Horn- stein führenden Fischschiefer direct gegen die in der höher anstei- senden Malowa entwickelten Gesteine der Kreide angrenzen. Am linken Pruthufer bei der Saline liegt flussaufwärts unter den Hornstein führenden Fischschiefern zunächst ein heller Sandstein. Bald tritt bei im Ganzen nordwest-südöstlichem Streichen und mit steilen Schichtenstellungen ein Complex von ausserordentlich gestörten Schichten auf. Die Störungen dieser Schichten sind wesentlich auf scharfe, sich in kurzen Entfernungen -wiederholende Knickungen zurückzuführen. Da nun durch die horizontal den fraglichen Bildungen aufruhende Diluvialschotterterrasse die obersten Gesteinsmassen derselben wegrasirt und somit die den nach oben gestellten Knickungskanten zunächst be- findlichen Schichtpartieen meist zerstört sind und fehlen, so könnte man bei oberflächlicher Beurtheilung leicht glauben, eine fortlaufende Reihenfolge von mehr oder minder verticalen Gesteinsbänken vor sich zu haben, während doch in Wahrheit immer nur Wiederholungen der- selben Dinge stattfinden. Namentlich fiel uns hier ein wenig mächtiges, der Hauptfarbe nach grünes, bald gröberes, bald feineres Conglomerat auf zumeist aus grünen und schwärzlichen, theils gerollten, theils scharfkantigen, und desshalb breccienartig mit einander verbundenen Gesteinsfragmenten bestehend, das sich mit dem grünen Breccienconglomerat, welches bei Pasieczna im Liegenden des eocänen Schichteomplexes angetroffen wurde, petrographisch als ziemlich übereinstimmend erwies. Die Verhältnisse der Gemengtheile, die Art der Verkittung, das ziemlich plötzliche Ueber- gehen in dunklen Sandstein waren hier in genau derselben Weise beob- achtbar, wie dort. Die grünen Gesteinsbrocken erwiesen sich nach der eingehenden, auf die mikroskopische Beobachtung von Dünnschliffen gestützten Untersuchung Dr. Neminar’s als grüner Schiefer. Herr Neminar sagt: „Das grüne, schieferige Gestein erweist sich unter dem Mikroskop als ein äusserst feinkörniges Gemenge winziger Quarzkörn- chen, feiner Feldspathfragmente und verhältnissmässig grösserer Chlo- ritblättchen. Der Quarz bildet, wie bereits erwähnt, nur winzige, meist scharfkantige Körnchen, die bei starken Vergrösserungen oft eine Reihe [45] Studien in der Sandsteinzone der Karpathen. wer Flüssigkeitsinterpositionen zeigen und sich im Allgemeinen von den in grösserem Masse vorhandenen, jedoch zumeist zersetzten Feldspathfrag- menten ziemlich scharf abheben. Der Feldspath tritt zumeist in win- zigen Fragmenten auf, die in der Regel zersetzt sind, nur selten finden sich auch grössere, mehr oder minder unzersetzte Partikeln mit deut- lich lamellarer Structur, welcher Umstand auch gewissermassen zu der Annahme berechtigt, dass die Feldspathfragmente dieses schieferigen Gesteins mindestens zum grossen Theil tricliner Natur sein dürften. Als vorherrschender Bestandtheil dieses Gesteins hat indessen der Chlorit zu gelten, welcher bald in grösseren, bald in ganz winzigen Blättchen ziemlich gleichmässig durch das ganze Gestein vertheilt ist, und hierdurch dessen grüne Farbe, sowie durch die parallele An- ordnung der Blättchen auch dessen schieferige Textur bedingt. Die kurz- blätterigen Durchschnitte sind schön grasgrün, ziemlich stark dichroi- tisch und mitunter auch mit feinen, gelblichbraunen, stark dichroiti- schen Blättchen aggregirt, die als Hornblende angesehen werden können. Nächst diesen wesentlichen Bestandtheilen, die ein so inniges (Gemenge bilden, dass die sie verkittende Masse fast gar nicht hervor- tritt, findet sich auch noch Magnetit in winzigen Körnchen und Caleit in sehr feinen Adern, die manchmal das Gestein ganz wirr durch- ziehen. Berücksichtigt man nun bei dieser mineralogischen Zusammen- sezung auch den äusseren Habitus des Gesteins und den Umstand, dass die Bestandtheile, wo sie etwa Krystallform zeigen, immer nur ganz scharf ausgesprochene Fragmente sind, so ergibt sich, dass das Gestein, welches den Hauptbestandtheil des Neocomconglomerats von Delatyn bildet, unzweifelhaft ein klastisches Gebilde ist, das in einer Parallele zu den durch Chlorit charakterisirten grünen Schiefern ge- stellt und kurzweg grüner Schiefer genannt werden kann.“ Sehr bemerkenswerth erschienen hier organische Reste in dem Breccienconglomerat und namentlich in den thoniger werdenden oder mehr verwitterten Partieen desselben. Diese Einschlüsse heben sich mit gelblichweisser Farbe von dem Gestein ab. Wir bemerkten Nulli- porenartige Körper, Korallen, keulen- oder stabförmige, späthige Cida- ritenstacheln, Zweischaler, Bryozoen, die etwa zu Üeriopora gehören, und eine zur Gattung Scalpellum gehörige Crustacee. Das entschiedene Fehlen von Nummuliten in einem solchen Ge- stein, wie unser Conglomerat es ist, muss besonders betont werden. Gerade derartige Gesteine sind ja sonst dem Auftreten und der Conser- virung jener Foraminiferen besonders günstig. Für die Annahme eines eocänen Alters des grünen Breccienconglomerats liegt also hier ebenso wenig, als bei Pasieczna, ein Beweis vor. Wenn uns bei Pasieczna sein Vorkommen im Liegenden der mit Sicherheit dem Eocän zuge- theilten Schichten als Beweis seines voreocänen Alters galt, so können wir ausserdem aus den Verhältnissen hier bei Delatyn entnehmen, dass dieses grüne Breccienconglomerat in seinem Auftreten von den Eocän- gesteinen ganz unabhängig ist. Würde es als ein tiefstes Glied dem System der Nummulitensandsteine und grünen Mergel angehören, dann dürfte es hier bei Delatyn ebenso gut fehlen, wie diese Sandsteine und Mergel. Statt dessen sehen wir es mit Gesteinen von älterem Habitus vergesellschaftet, nämlich mit ähnlichen Sandsteinen und Hieroglyphen 18 C. M. Paul und Dr. E. Tietze. [46] führenden sandigen Platten, wie zwischen Pasieezna und Nadworna. Es kann somit dieses Conglomerat, zumal es leicht wiedererkennbar ist, trotz seiner geringen Mächtigkeit zu einem nicht unwichtigen Niveau für die Orientirung in diesem Theile der Karpathen werden, allerdings zunächst nur, insofern es überhaupt Kreide andeutet, denn es sind augenscheinlich mehrere Lagen ähnlicher Art in dieser Formation ver- theilt, wie aus später zu erwähnenden Funden hervorgeht. Um unter den bei Delatyn in der Nähe des Conglomerats und innerhalb derselben Schichtknickungen vorkommenden Gesteinen die wichtigsten kurz zu beschreiben, gedenken wir zunächst wenig mäch- tiger Mergelschiefer, welche selbst noch fremdartige Gesteinseinschlüsse ähnlicher Art, wie das Conglomerat, enthalten und sich stellenweise aus demselben nach unten zu entwickeln scheinen, ähnlich wie nach oben mit demselben ein fester, dunkelgrauer Sandstein eng verbunden ist, der zuweilen feine Glaukonitkörnchen führt. Ebenfalls ziemlich unmittelbar im Hangenden des Conglomerats ist ein auf den Verwit- terungsflächen schön grüner Sandstein zu beobachten, der sich auf fri- schen Bruchflächen als aus einer sehr feinkörnigen, grünlichgrauen Grundmasse mit intensiv grünen Punkten bestehend erweist. Andere, im Allgemeinen etwas tieferen Lagen angehörige Sand- steine des Conglomerats sind hellfarbig und ganz ähnlich denen, die zwi- schen Nadworna und Pasieczna in der die grünen Eocänmergel zu- nächst unterteufenden Schichtgruppe dominiren. In einer dieser Sand- steinbänke sah man eine kleine Linse von Glanzkohle. Nicht weit davon zeigten sich schwarze Kohlenschiefer in geringer Mächtigkeit. Auf einer sandigschieferigen, dünnen Lage sahen wir meist kohlige Ab- drücke von blasenartigen, unregelmässig runden Körpern (zu Fucoiden gehörig?). Dass auch Hieroglyphen führende Schichten mit den Sand- steinen vorkommen, haben wir bereits angedeutet. Weiter südlich ist vor der Brücke über den von Luch kommenden Przemyskabach an der Strasse ein System von Sandsteinbänken und sandigen Schiefern aufgeschlossen, denen wenig mächtige und anschei- nend auch sehr seltene Lagen heller Kalkmergel untergeordnet sind, welche letztere stellenweise durch Fucoidenführung sich auszeichnen und an den hellen Kalkmergel von Przemysl in einzelnen Handstücken oft sehr erinnern. Auch die sandigen Schiefer führen zahlreiche, zu ver- schiedenen Arten gehörige Fucoiden, welche in einigen Fällen sich hell von der Grundmasse abheben, meist aber schwarz erscheinen. Grob- plattige, bisweilen schieferige Lagen mit kohligen, klein zertheilten Pflanzenresten wurden ebenfalls beobachtet. Die Sandsteinbänke führten auf den Schichtoberflächen vielfach verschiedene Hieroglyphen und scharf markirte Reliefformen, deren Habitus evident cretacisch erschien. Un- tergeordnet kamen auch Bänke von sehr grobem Sandstein mit weiss- lichen kleinen, unregelmässig runden, organischen Körpern vor, welche sich, mit der Loupe betrachtet, als Bryozoen erwiesen. Dieses letztere Vorkommen erinnerte uns an ein ähnliches, von uns unfern Babice bei Przemysl beobachtetes. Die Schichtenstellung an diesem Aufschlusse zeigte, ähnlich wie kurz vorher am Pruthufer, unter der Saline in kurzen Distanzen sich wiederholende mehrfache Knickungen und ein steiles Einfallen abwech- [47] Studien in der Sandsteinzone der Karpathen. 79 selnd gegen SW und NO. Diese Knickungen sieht man in noch deut- licherer Weise im Streichen sich am gegenüberliegenden rechten Pruth- ° ufer fortsetzen. Da die Przemyska, welche wir jetzt erreichen, diesen Schichtencomplex annähernd im Streichen aufschliesst, so sind dort die Schichten theilweise in grossen Platten blossgelegt, während sie noch zuvor an der Strasse sich mehr im Profil präsentirten. Wenn man die Przemyska aufwärts gegen Luch zu eine Seitenex- cursion macht, dann sieht man auf der linken Thalseite bei der ersten Häusergruppe von Luch mit nordöstlichem Einfallen Schichten an- stehen, welche im Habitus noch mehr an die Ropiankaschichten erin- nern, als die soeben besprochenen Gebilde. Unter den Hieroglyphen der hier auftretenden blaugrauen Sandsteine fanden wir auch in meh- reren Exemplaren Formen, welche den M-Strichen der oberen Teschner Schiefer sehr nahe standen. Im Bachbette, unmittelbar unterhalb dieser Stelle, stehen die Schichten senkrecht. Von Luch nordwärts gegen die Höhe des Dumaciow Vrh hinaufsteigend, sahen wir anhaltend nordöst- liches Einfallen vorwalten. Auf dem Kamme folgten gelblichbraune, ziemlich feinkörnige, stark zersetzte und daher mürbe Sandsteine, welche bis gegen die zu den Fischschiefern von Lubiznia gehörigen Gesteine herrschen. Sie erinnerten wieder an die Hauptmasse der Sand- steine im Liegenden des Eocäns von .Pasieczna. - Kehren wir an den Pruth zurück. Gleich oberhalb der zuletzt beschriebenen Knickungen sieht man am Abhange der Malowa (am rechten Ufer des Flusses) die Schichten noch immer etwas steil nach Südwest fallen. Bald wird die Schichtstellung flacher mit fort- dauernd südwestlicher Neigung, aber nur wenig von der horizontalen Lage abweichend, und zeigen sich oberhalb des Einflusses des Padhyrs- kiebaches am rechten Pruthufer eigenthümliche Z-förmige Knickungen des hier aufgeschlossenen Schichtcomplexes, welche wir durch die bei- stehende Zeichnung veranschaulichen. Fig. 5. 1. Hieroglyphenschichten. 2. Sandstein. Auch am linken Pruthufer sind gute Aufschlüsse vorhanden. Wir haben es hier noch überall mit einem System von meist dünnen Sand- 80 C. M. Paul und Dr. E. Tietze. [48] steinbänken mit sandigen Schiefern zu thun. Die Sandsteinbänke führen Hieroglyphen auf den Oberflächen, welche typisch den Hiero- glyphen der Ropiankaschichten ausserordentlich gleichen. Auch das Gestein selbst zeigt grosse Aehnlichkeit mit der Teschner Strzolka, aber es ist nicht kalkig wie diese. Fucoiden kommen hier allenthalben vor, und wurden schöne Exemplare vou Zoophycos beobachtet. Mit den Sandsteinen ist stellenweise in wenig mächtigen Lagen ein grünes Con- glomerat verbunden, das in vieler Beziehung dem oben beschriebenen Breccienconglomerat ähnlich scheint, aber feinkörniger ist. Am Debricabache, der am linken Pruthufer mündet, wurde eben- falls ein breccienartiger grüner Sandstein beobachtet, und stammt eine interessante Hieroglyphenform unserer Aufsammlung, welche einer von oben gesehenen Blume gleicht, von der Einmündung des Baches aus dortigem Hieröglyphensandstein. Vom Debricabach gegen den Berg Sisnia hinauf, auf welchem Sandsteine herrschen, die sich oben stel- lenweise als ruinenartige Felsen präsentiren, finden sich auch zahlreiche Spuren des breccienartigen grünen Conglomerats. Dasselbe tritt dort bald feinkörniger, bald grobkörniger auf, bisweilen mehr als faust- grosse Geschiebe von grünem Schiefer führend. Weiter pruthaufwärts stehen im Kamionkabache bei Dora blau- graue Sandsteine an, deren Habitus ausgesprochen an Ropiankaschichten erinnert, zu welchen wir auch alle soeben beschriebenen Gebilde von der Grenze der Fischschiefer bei der Saline Delatyn angefangen bis hierher rechnen. Allerdings stellen sich in dem beschriebenen Schich- tensystem den Ropiankaschichten sonst fremdartige Glieder ein, und namentlich ist das Sandigwerden der Strzolka-artigen Lagen geeignet, anfangs Bedenken hinsichtlich unserer Formationsdeutung zu erregen, aber es stimmt nicht allein der Gesammtcharakter der besprochenen Ablagerung am besten mit der sonst in den Karpathen bekannten Ent- wicklung der unteren Kreide überein, sondern es wurde uns auch bei der Verfolgung unserer Studien durch die ganze Breite der hiesigen Karpathen hindurch evident klar, dass wir es hier mit einem untersten Gliede der Karpathensandsteinzone zu thun hatten. Bei Dora sieht man die Schichten dieser Bildung vielfach geknickt und gebogen, wenn man das linke Ufer des Pruth unterhalb des über ihn führenden Steges besucht. Verhältnissmässig trifft man hier seltener auf Hieroglyphenlagen. Dieselben sind aber ganz typisch entwickelt. Auch eine feine, grüne Breccie kommt hier in einigen Bänken vor, wie man sie ähnlich schon schrägüber der Z-förmigen Knickung beob- achtete. Endlich darf erwähnt werden, dass sich unter den Hierogly- phen auch eine Form fand, welche mit Keckia viel Aehnlichkeit hat. Wir haben schon bei Besprechung des Eocäns von Pasieczna betont, dass diese Versteinerung nicht auf das Niveau des Godulasandsteins beschränkt sei. Oberhalb des Steges bei Dora sind die besten Aufschlüsse auf dem rechten Ufer des Flusses. Hier hören die Knickungen so ziem- lich auf, und es herrscht südwestliches Fallen. Es schalten sich viele grüne Sandsteinbänke ein, welche mit grauen Sandsteinen und un- bedeutenden Schieferlagen wechseln. Man bemerkt hier grobe hiero- glyphenartige Reliefs auf den Schichtflächen. [49] Studien in der Sandsteinzone der Karpathen. 81 Am linken (südlichen) Ufer des Kamionkabaches bei Dora, dort, wo der Weg auf die Panczeniacka hinaufführt, stehen durch ein steiles Gehänge aufgeschlossen mit südwestlichem Fallen Sandsteine mit unter- geordneten sandigen Schieferlagen im Hangenden der Ropiankaschichten an. Die Sandsteine sind hier von sehr wechselndem petrographischen Charakter, bisweilen grünlich, und führen stellenweise Hieroglyphen. Die Schiefer sind fast nie thonig, mergelig oder blätterig, sondern bei- nahe immer sandsteinartig. Gewisse Lagen derselben enthielten verkohlte Pflanzenspuren. Diese Schichten entsprechen theilweise den am Pruthufer oberhalb des Steges bei Dora entwickelten Gesteinen. Ueber denselben finden sich hergaufwärts, dort, wo das Gehänge etwas flacher wird, zunächst weisse, zuckerkörnige Sandsteine in durch Verwitterung nur an den Kanten etwas gerundeten Blöcken herumlie- gend, die offenbar den südwestlich fallenden Sandsteinen schrägüber an der rechten Pruthseite entsprechen, welche dort am Wesnarki-Preluka- berge in plumpen, massigen Felsen den Ropiankaschichten aufruhen. Unter den Fragmenten des Gehängeschuttes sahen wir an dieser Stelle auch einen bunt punktirten Sandstein, ähnlich dem an der Wasser- scheide zwischen Kis Lipnik und Ujak, aber stark zersetzt. Weiter aufwärts besteht die ganze Masse des Berges Panczeniacka aus Sand- stein. Der Sandstein der Panczeniacka ist licht gelblichbraun, meist etwas verwittert und weiss punktirt. Die weissen Punkte rühren von zersetzten Blättchen hellen. Glimmers her. Wenn wir die Schichten am Pruth zwischen Delatyn und Dora für untere Kreide nehmen zu müssen glauben, dann sind die von Dora an im Hangenden dieser unteren Kreide constatirten Sandsteinmassen für Vertreter jüngerer Kreideglieder zu halten, denn erstlich folgen sie den Ropiankaschichten in einer Weise, die von concordanter Lagerung keinesfalls viel abweicht, und zweitens sind sie ganz anders entwickelt, als die uns in mannigfaltiger Entwicklung bekannt gewordenen Eocän- gesteine, und endlich drittens werden wir die Aequivalente dieser Sandsteine später von Eocänschichten überlagert finden. Unser Profil pruthaufwärts fortsetzend, finden wir oberhalb Dora bei Jaremeze wieder Ropiankaschichten, deren Fallen auch hier ein südwestliches bleibt. Nicht ohne Interesse schien uns eine hier am rechten Pruthufer wahrzunehmende Schichtenstellung, insofern die un- teren Lagen dieser Ropiankaschichten gleichmässig geneigt sind, während die höheren von mannigfaltigen Knickungen betroffen wurden. Eine Verwerfung längs des Gebirgsstreichens lässt hier die untersten Kreide- glieder abermals hervortreten. Ueber denselben treten grünliche, schüttige Schiefer mit Zwi- schenlagerungen dünner, fester Bänke auf. Dann folgen in der Nähe der Brücke, über welche die Strasse auf die rechte Seite des Pruth führt, massigere Sandsteine von grüner, brauner oder weisser Farbe, flach südwestlich fallend. Oft entspricht die grüne Farbe der Sand- steine nur einem äusseren Verwitterungsüberzug, während die in- nere Masse braun ist. Bald werden die Sandsteine noch massiger und dickschichtiger. In der Nähe der Strasse, wenn man von Delatyn Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt. 1877. 27. Band. 1. Heft. (C.M. Paul u. E. Tietze.) 11 82 C. M. Paul und Dr. E. Tietze. [50] kommt rechts, zeigt hier der Pruth einen etwa 1'/, Klafter hohen, breiten Wasserfall, nachdem er vorher in zahlreichen kleineren Wasser- stürzen eine Stromschnelle gebildet hat. Die Stromschnelle und der Wasserfall werden durch den Widerstand der flach fallenden Bänke des massigen Sandsteins bedingt. Der Weg führt nunmehr eine Strecke lang im Streichen dieser Sandsteinformation parallel einer Biegung des Pruthlaufes. Ungeheuere, zum Theil hausgrosse, kantige Blöcke des Sandsteins bedecken in grosser Zahl die Gehänge bis in den Fluss herab. Die Aufschrift zum Andenken an den Erbauer der Strasse ist an einem dieser Blöcke an- gebracht. Der Sandstein selbst ist feinkörnig, weisslich, verwittert bräunlich und zeigt nicht selten kleine schwarze Punkte. Die Aussen- fläche der Blöcke ist immer weisslichgrau. Gleich hier kann bemerkt werden, dass der betreffende Sandstein an andern Punkten seines Auf- tretens, die wir später kennen lernen werden, trotz typischer Aehn- lichkeit und trotz ebenfalls grosser Massigkeit, doch nicht mehr ganz die enorme Dickschichtigkeit erreicht, welche sich in den colossalen Felsfragmenten der jetzt besprochenen Localität verräth. Bei Jamna biegt die Strasse, immer dem Pruth flussaufwärts fol- gend, für eine kurze Strecke in eine südliche Richtung ein. Am linken Pruthufer daselbst sieht man den soeben beschriebenen massigen Sand- stein von in dünneren Bänken geschichteten Sandsteinen mit südwest- lichem Fallen überlagert, welchem Bänke mit warzenförmigen Hiero- glyphen untergeordnet sind. Nach oben wechsellagert dieser Sandstein mit grünen Schiefern, und endlich tritt ein System von grünlichen Schiefern mit darin eingeschalteten festeren Bänken auf. Auch diese Schichten fallen südwestlich. j Oestlich von Jamna tritt der massige Sandstein über das Flussthal auf das gegenüberliegende linke Ufer hinüber, und bei einer Krümmung der Strasse nach Norden sieht man sich plötzlich in der Nähe des auf der grossen Generalstabskarte mit Na Rywnym bezeichneten Punktes wieder im Liegenden des Sandsteins, in dem Gebiete der Ropianka- schichten. Ein Seitenbach stürzt als Wasserfall über die festeren, flach südwestlich geneigten Bänke dieser Formation von ziemlicher Höhe herab. Dieser Punkt liegt im Streichen der Ropiankaschichten von Jaremeze. Die Strasse macht jetzt wieder eine Wendung nach Süden und tritt damit von Neuem in das Gebiet des auch hier noch flach südwest- lich fallenden massigen Sandsteins, welches sie erst bei der weiten Thalöffnung von Mikulyczyn verlässt, wo von Neuem die schon bei Jamna erwähnten grünlichen Schiefer herrschen. Die letzteren werden von uns dem Eocän zugerechnet, da sie in den tieferen Lagen eine Analogie mit dem unteren Niveau des Eocäns von Pasieczna aufwei- sen, und da sich bei Mikulyczyn selbst dünnschieferige Gesteine in denselben zeigen, welche in dieser Art auch in den Fischschiefern von Delatyn vorkommen. Diese Gebilde fallen mit sehr flacher Neigung südwestlich ein. Erst weiter südlich wird die Sache undeutlich. Von der Thalverengung oberhalb Mikulyczyn bis zu dem Punkte, wo die Strasse das von Zeniec herkommende Seitenthal des Pruth [51] Studien in der Sandsteinzone der Karpathen. 83 erreicht, herrschen Sandsteine. Anfänglich sind sie in dünneren Bänken geschichtet und wechseln mit Hieroglyphenlagen, wie sie in den die Ropiankaschichten überlagernden mittleren Karpathensandsteinen vorzu- kommen pflegen, dann entwickelt sich derselbe auch hier noch durch mächtige Blöcke an den Gehängen markirte massige Sandstein, wie wir ihn zwischen Jamna und Jaremeze am Wasserfall des Pruth kennen gelernt haben. Anfänglich beobachtet man nordöstliche Fallrichtungen, dann nimmt Alles wieder für einige Zeit das in dieser Gegend gewöhn- lichere Südwestfallen an, bis unmittelbar vor der Biegung des Pruth am Zusammenflusse mit jenem Bache die Sandsteinmassen doch wieder nach Nordost geneigt sind, so dass sie, im Grossen betrachtet, den südlichen Flügel einer Mulde bilden, deren nördlicher Gegenflügel von dem durch den Pruth am Wasserfall bei Jamna durchbrochenen Sand- steinzuge dargestellt wird. Die mittlere Ausfüllungsmasse der Mulde sind die Schiefer von Mikulyezyn. Ueber den von uns südlich von Mikulyezyn durchquerten Sand- steinen, die sich in einem weithin sichtbaren Bergzuge südostwärts über den Liszniow bis an die Schylka fortziehen, folgen bald wieder in gänz- lich discordanter Lagerfolge petrographisch ganz abweichende Bildungen. Die von Mikulyczyn nach Tartarow führende Poststrasse setzt bei der Einmündung des erwähnten Seitenthals nach einer scharfen Krüm- mung von dem rechten auf das linke Pruthufer über, um von hier aus bis gegen Tartarow in südöstlicher Richtung dem allgemeinen Streichen zu folgen. Hier sind die nun in Rede kommenden Ablage- rungen aufgeschlossen. Sie lehnen sich von hier bis Tartarow am rechten Pruthufer in steil südwestlich fallenden dünnen, auf weite Er- streckung entblössten Schichten an den Sandstein an. Es sind vorwie- gend schieferige, meistens kieselige, zuweilen in dünnen Scheiben spalt- bare Gesteine; am linken Ufer wechseln sie mit Sandsteinbänken. An der Einmündung des Pletnybaches bei Tartarow fanden wir in diesen Complex eingelagerte Hornsteinbänke und ziemlich deutliche Reste kleiner Fische. Zweifellos haben wir es hier wieder mit den mehrfach berührten eocänen Fischschiefern zu thun, mit denen auch der allgemeine petro- graphische Habitus der Gesteine übereinstimmt, wenn auch einzelne Lagen etwas bröckliger, sandiger, mergeliger oder sonstwie abweichend erscheinen. Einige kleine eisenhältige Quellen, die aus diesen Schie- fern hervortreten, stellen, wenn man will, ebenfalls eine Analogie mit den Fischschiefern von Delatyn und Lubisznia dar. Südwärts im Hangenden dieser Fischführenden Schiefer folgen im Flussbette des Pruth bis zur Einmündung des Prutecbaches deutlich entblösst wieder Sandsteine, den im Liegenden der Fischschiefer beob- achteten ziemlich ähnlich; die Ueberlagerung ist jedoch so sicher zu beobachten, dass von einer Verwerfung oder sonstigen Dislocation, welche etwa liegendere Schichten hier wieder an die Oberfläche ge- bracht hätte, keine Rede sein kann. Diese Sandsteine entsprechen somit ziemlich genau denjenigen, die bei Lubisznia über den Fischschiefern folgen, sowie dem Grodecker Sandsteine Schlesiens. ı11* 84 C. M. Paul und Dr. E. Tietze. [52] Verfolgt man, die Poststrasse verlassend, am linken Pruthufer den Weg gegen Worochta, so beobachtet man bald entgegengesetztes, d. i. nordöstliches Einfallen. Es erscheinen hier grüne und rothe, weiche, beinahe plastische Thone, mit sandigeren, festeren Bänken wechselnd, welche, nach Analogie der Teschner Gegend, wohl mit Sicherheit noch dem Eocän zuzuzählen sind. Nach Ueberschreitung des Flusses bei der Einmündung des War- bylskybaches trifft man (am rechten Ufer) ebenfalls noch mit nordöst- lichem Fallen, abermals sehr kieselreiche Schiefer, die im Inneren schwarz, an der verwitterten Oberfläche weisslichgrau, einerseits den in den Nummulitengesteinen von Pasieczna beobachteten Schiefern, an- dererseits aber auch sehr auffallend den Smilnoschiefern Ungarns gleichen. Auf der Strecke zwischen Tartarow und dem letztberührten Punkte hat man somit, den gegebenen Andeutungen nach, eine Mulde eocäner Schichten verquert, deren tiefere Lagen aus den kieseligen und Hornsteinführenden Schiefern bestehen, während die höheren als Sandsteine entwickelt sind; von den rothen und grünen Thonen des linken Pruthufers können wir, obwohl sie sicher demselben eocänen Complexe angehören, ihres räumlich etwas isolirten Auftretens wegen nicht mit Sicherheit angeben, welche Stellung sie in der eocänen Schicht- reihe einnehmen. Derartige deutliche Mulden mit synklinaler Schichtenstellung sind im Gebiete der Karpathensandsteinzone ziemlich selten zu beobachten. Gewöhnlich sind die Mulden schiefgestellt und verdrückt, so dass beide Gegenflügel mit anscheinend concordanter Lagerung das in dem ganzen Gebirgszuge vorwiegende südwestliche oder südliche Einfallen zeigen, oder es fehlt der südliche Muldenflügel ganz, und die höheren Glieder des jüngeren Complexes stossen südlich an den älteren Gesteinen ab, ein Verhältniss, welches sehr leicht zu Irrungen und falscher Deutung der relativen Lagerfolgen führen kann. Klare Lagerungsverhältnisse, wie die eben geschilderten, sind daher, obwohl sie vielleicht unbedeutend erscheinen können, für die Auffassung der tektonischen Verhältnisse des ganzen Sandsteingebietes von Wichtigkeit. Fig. 6. Jahodinek Tichybach Warbilskybach Rebrovac 1. Hieroglyphen- und Fucoidenschichten. 2. Massiger Sandstein. 3. Schwarze, weiss verwitternde, kieselige Schiefer (Smilnoschiefer). 3‘, Hornstein- und Fischresteführender Schiefer. 4. Sandstein. [53] Studien in der Sandsteinzone der Karpathen. 85 Weiter pruthaufwärts gegen Süden vorschreitend trifft man bald nach Ueberschreitung des Warbilskybaches am rechten Flussufer an- stehend Hieroglyphenreiche Schichten mit sehr zahlreichen und schönen Fucoiden (O’hondrites, Zoophycos etc.), welche, einen sehr deutlichen Schichtensattel bildend, gegen NO und SW einfallen, und von massi- gem Sandstein überlagert werden, der mit durchaus südwestlichem Ein- fallen den ganzen Rebrovacberg zusammensetzt, nordwestwärts auf das linke Pruthufer übersetzt, und über die Magura auf den Chomiak fortstreicht. Die vorstehende Skizze möge die angedeuteten Lagerungsver- hältnisse veranschaulichen. _ Es scheint uns keinem Zweifel zu unterliegen, dass wir in diesen sattelförmig auftauchenden Hieroglyphenschichten ein ungefähres Ana- logon jenes Schichtencomplexes, der bei Jaremeze die massigen Sandsteine unterteuft, mit anderen Worten eine kleine Aufbruchswelle der unteren Karpathensandsteine vor uns haben. Gegenüber von der erwähnten Stelle am linken Flussufer, etwas flussabwärts, stehen mit mehrfach geknickten Schichten bläuliche Gesteine an, die auch im Gehänge- habitus sehr an Ropiankaschichten erinnern; dieser Aufschluss ist jedoch unmittelbar vom Flusse bespült und vollständig unzugänglich, so dass wir bezüglich desselben Sichereres nicht angeben können. Nach Verquerung der massigen Sandsteine des Rebrovac-Magura- zuges gelangt man noch vor Worochta an einen Wechsel von licht bläulichgrauen Schiefern mit Sandsteinbänken. Das Auftreten dieser Gesteine, welche mit gleichbleibendem südwestlichem Einfallen dem massigen Sandsteine aufliegen, ist auch orographisch durch niedrigere Bergkuppen markirt. Weiter gegen das Hangende treten die Sandsteinbänke immer mehr zurück und die schieferigen Varietäten prävaliren. Am linken Pruthufer, wo der Fluss die Höhenkette Sere@ina schneidet, schaltet sich eine nur wenige Zoll mächtige Lage eines ganz abweichenden schwarzen, thonigen, blätterigen Schiefers ein. Diese Lage enthält kleine Schwefelkiesknollen und plattgedrückte, spitzkegelförmige Körper, die sich von der Unterlage stets rasch abblättern. Dieselben erinnern ent- fernt an sehr zerdrückte Bakuliten, doch kann an eine wirkliche Deu- tung dieser sehr undeutlichen Reste nicht gedacht werden. Ausser dieser schwarzen Schieferlage kommen hier auch festere Bänke mit gelblichen Verwitterungsflächen vor, die zuweilen mit Hie- roglyphen bedeckt sind. Mit den Hieroglyphenbänken der Ropianka- schichten haben diese jedoch keine Aehnlichkeit. Ob dieser ganze, über dem massigen Sandsteine liegende Complex bereits dem Eocän oder noch einem höheren Kreideniveau angehöre, darüber fehlen uns gegenwärtig noch alle Anhaltspunkte. Im Hangenden desselben folgen mit etwas mehr westlichem Fallen die bekannten Dysodil-artigen, in dünne Scheiben spaltbaren Eocän- schiefer. Dieselben stehen hier mit Sandsteinen mit weissen Glimmer- blättchen in Verbindung. Von Worochta aufwärts bis zur Einmündung des ArdieluZabaches ist das Thal des Pruth ein Längenthal; man folgt in dieser Erstreckung 86 C. M. Paul und Dr. E. Tietze. [54] dem Streichen der erwähnten Eocänschichten. Höher hinauf hat das Thal wieder als Querthal eine südwest-nordöstliche Richtung. Noch vor Erreichung der grossen, Zawojela genannten (auf der Generalstabskarte mit Risza bezeichneten) Wiese beobachtet man am rechten Flussufer, leider an ganz unzugänglicher Stelle, sehr stark ge- knickte Schichten, wie sie an vielen Punkten des in Rede stehenden Gebirges die die einzelnen verworfenen Gebirgsschollen trennenden Dislocationslinien bezeichnen und daher meistens als Anzeichen einer erreichten Formationsgrenze dienen können. Wirklich trifft man auch hier bald abweichende Gesteine, An der Einmündung des Hawrilece und eines zweiten, auf der Karte nicht näher bezeichneten Baches treten Hieroglyphenreiche Schichten von durchaus cretacischem Habitus auf, ebenso scheinen die feinkörnigen Sandsteine des Höhenzuges Kostrica-Kukul, den der Fluss oberhalb der erwähnten Wiese schneidet, sowie sandig-kalkige, Strzolka-ähnliche, wiewohl hieroglyphenleere Lagen, die in der Nähe desselben auftreten, viel besser mit mittleren oder tieferen, als mit eocänen Karpathensand- steinen zu stimmen. Wir glauben daher nicht zu irren, wenn wir den Höhenzug Kostrica-Kukul als einen Aufbruch cretacischer Bildungen bezeichnen. Die Form dieses Aufbruchs scheint, im Ganzen betrachtet, die einer Verwerfung zu sein, indem allerorts, wo Schichtenstellungen beob- achtet wurden, deutliches südwestliches Fallen herrschend bleibt. Verfolgt man den sehr beschwerlichen Weg noch weiter pruth- aufwärts bis zum Quellgebiete dieses Flusses an der Czernahora, so gelangt man an dem nächsten Parallel-Bergzuge (Marezewska-Koznieska) an Sandsteine, die sich von denen des Kostrica-Kukul-Zuges scharf unterscheiden. : Sie sind durchaus grobkörnig, stellenweise in Conglomerat über- gehend, und enthalten sehr viel weissen Glimmer in zum Theil ziem- lich grossen Schüppchen. Diese Sandsteine halten bis auf den Kamm der Czernahora an, den sie mit flachem südwestlichen Einfallen ganz zusammensetzen. Ein kleiner Unterschied in der petrographischen Zusammensetzung tritt nun insoferne ein, dass gegen oben ausser den grösseren Quarzkörnern, durch deren Auftreten das Gestein conglomeratartig wird, sich auch kleine Geschiebe aus thonigen Gesteinen darin einstellen. Unter dem Namen der Czernahora begreift man den hohen, in einer nordwest-südöstlichen Erstreckung von über vier Meilen an der Grenze von Galizien und der Marmaros sich erhebenden Gebirgszug, an dessen Nordgehänge der Pruth, an dessen Südgehänge die weisse Theiss entspringt. Die drei bedeutendsten Kuppen dieses Kammes (Howerla, Danczez und Czerna gorna), welche bis zu einer Seehöhe von circa 6200 Fuss ansteigen, bezeichnen zugleich die höchsten Erhebungen der Ostkar- pathen. Was die obenerwähnten, diesen Gebirgszug zusammensetzenden Sand- steine betrifft, so stimmt ihre petrographische Zusammensetzung genau mit den gewöhnlich als Magurasandsteine bezeichneten Sandsteinmassen, welche im Saroser und Zempliner Comitate über Smilnoschiefern, auf [55] Studien in der Sandsteinzone der Karpathen. 87 der Babiagura in der Arva über den Nummulitenführenden Gesteinen von Polhora liegen, und die daher dem Eocän zugehören. Auch das Auftreten der Sandsteine der Czernahora mit flacher Schichtenstellung im Hangenden aller auf dem Nordabhange dieses Höhenzuges entwickelten Schichten spricht dafür, dass wir es hier mit Karpathensandsteinen jüngeren Alters zu thun haben, und rechtfertigt deren Zuzählung zum Eoeän. Mit den den Eocänschiefern von Worochta eingeschalteten Sand- steinen stimmt der petrographische Habitus der Czernahora-Sandsteine ebenfalls ziemlich gut überein. Nach einer nicht näher motivirten Angabe im Pamietnik towar- zystwa tatrzanskiego (Krakau 1876, p. 86) sollen Nummuliten im Czerna- horagebirge an der Pohane misce vorkommen. Wir haben diesen Punkt nicht besucht. In jedem Falle aber kann diese Angabe unsere Ansicht über die Sandsteine der Czernahora nur bestätigen. Wenn auch mit dem Hauptgegenstande vorliegender Mittheilung nicht in unmittelbarem Zusammenhange stehend, so doch vielleicht von einigem allgemeineren Interesse scheinen uns deutliche Spuren der Glacialepoche, die wir bei unserer Anwesenheit auf der Zaroslak- alpe (am Nordabhange der Howerlaspitze) zu beobachten Gelegenheit hatten. Von der Alpenweide Zaroslak aus sieht man südlich zwei Berg- kuppen sich über die Kammlinie der Özernahora erheben, deren öst- liche der Przymoratek heisst, und deren westliche mit dem Namen Plecze bezeichnete die hinter ihr ansteigende Spitze des Hoverla ver- deckt. Zwischen beiden Kuppen liegt oben im Gebirge ein kleiner Thal- kessel, dessen Gewässer, einen der Quellbäche des Pruth bildend, sich in einem hohen Wasserfall in einen zweiten, theilweise mit schönen Knieholzbeständen und Rhododendron bewachsenen, oder von Moor- boden eingenommenen Kessel herabstürzen, welcher bereits unter dem Namen Zaroslak mitinbegriffen wird. Zu beiden Seiten des durch den Wasserfall markirten Einrisses ziehen sich in den Kessel von Zaroslak schluchtartige, nur von spär- licheren Quellen bewässerte Vertiefungen herab, deren Fortsetzungen sich in dem Kessel selbst gut erkennen lassen. Die Mitte des Kessels wird nämlich von einem vom Gebirge herabkommenden, aus Gebirgsschutt und Blockanhäufungen bestehenden, ziemlich breiten Walle durchzogen, welcher den Thalkessel in eine kleinere östliche und eine grössere west- liche Hälfte theilt. Ebenso sind kleinere Schuttdämme ähnlicher Art, wenn auch durch später herabgefallenen Gehängeschutt theilweise ver- wischt, am östlichen und am westlichen Rande des Kesselthales zu er- kennen, welches nordostwärts, d. i. an der dem Gebirgsabfall zuge- kehrten Seite, ebenfalls von einem mächtigen Schutt- und Blockdamm begrenzt wird, durch den die Gewässer sich durcharbeiten müssen. Wir haben hier also die Configuration der Schutthalden eines Gletschers mit Endmoräne, Mittelmoräne und Seitenmoränen vor uns. Der Bach des Wasserfalls stürzt sich über die breite Mittelmoräne herab, in deren westliche Hälfte er sich einschneidet und entspricht jedenfalls erst einem in relativ allerjüngster Zeit gebildeten Wasserlaufe, während die Bewegung der zu Eis erstarrten Wassermassen in der Diluvialzeit 88 C. M. Paul und Dr. E. Tietze. [56] offenbar hauptsächlich den beiden Schluchtrinnen rechts und links von dem heutigen Wasserfall folgte. An polirten und parallel gekritzten Gesteinsflächen und breiteren Gletscherschrammen aller Art fehlt es bei halbwegs aufmerksamem Suchen in den Blöcken der beschriebenen Schuttwälle nirgends. Auch eine eigenthümliche Ablagerung von Gletscherlehm wurde im westlichen Theile des Thalkessels beobachtet, welche im Aeusseren nicht wenig an einzelne der unter dem Namen Berglehm zusammengefassten Dilu- vialgebilde der den Karpathen im Norden vorgelagerten Hügel er- innert. Analoge Verhältnisse scheinen in der Gegend der Danczes-Spitze im östlicheren Theil der Czernahora obzuwalten. Wenigstens sieht man dort drei ähnlich dem Moränenthal von Zaroslak geformte Kessel an der Gebirgslehne übereinander gestellt. Doch erlaubten weder un- sere knapp bemessene Zeit, noch die Ungunst eines herannahenden Un- wetters unsere Nachforschungen bis dorthin auszudehnen. Es ist sowohl auf der galizischen Seite der Czernahora ein kleiner Gebirgsee bekannt, als sich auch auf der ungarischen Seite dieses Ge- birges ein ähnliches Wasserbecken befindet. Gleich den Gebirgsseen der Tatra bezeichnet man diese Wasserbecken als Meeraugsen. Ob die Bildung derselben mit Vorgängen der Glacialzeit ebenfalls in Be- ziehung steht, bleibt vorläufig noch fraglich. Die Eiszeitspuren auf der Czernahora sind übrigens nicht die ersten aus den Karpathen bekannt gewordenen, insofern (vergleiche F. v. Hauer, Geologie der österr.-ungar. Monarchie, p. 122) grosse ‘ Moränen im Tatragebirge als Beweise für die Wirkungen einstiger Gletscher gehalten werden müssen. Wir können übrigens nicht umhin, zu betonen, dass wir, weit entfernt zu den Eiszeitenthusiasten zu gehören, nur aus dem Zusammen- treffen und der Uebereinstimmung aller Kriterien zu der sicheren An- nahme von Glacialwirkungen auf der Özernahora gelangt sind, und dass die unserer Beobachtung zugänglich gewesenen Thatsachen keines- wegs eine übertrieben grosse Ausdehnung der alten Gletscher auf jenem Gebirge nach abwärts vermuthen lassen. Diese Ausdehnung ging nicht viel unter die heutige Grenze von Krummholzregion und Waldregion herab. Wir sind desshalb einigermassen überrascht von der Thatsache, dass man neuerdings in einem anderen Theile der österreich.-ungar. Monarchie, der sich eines wärmeren Klima’s erfreut, als die Karpathen, in Croatien, von Glacialspuren am Fusse eines nur circa 1000 Meter hohen Gebirges gesprochen hat (vgl. Verhandl. d. k. k. geolog. R.-A. 1876). nn blosse, nicht moränenartig geordnete Vorkommen von Ge- birgsschutt mit scharfkantigen Gesteinsfragmenten ist bekanntlich allein kein Beweis für Gletscherwirkungen, und ebenso wenig kann die Auf- findung einiger gekritzten oder polirten Steine an sich allein einen solchen Beweis herstellen. Wer je Gesteinsrutschflächen oder die den Bergleuten wohlbekannten Spiegel im Inneren von Minen gesehen hat, wird in dieser Hinsicht sehr vorsichtig sein. Wollten unsere Leser sich mit Beweismitteln, wie die angedeuteten, begnügen, dann könnten wir ohne Schwierigkeit die einstige Vergletscherung der Karpathen fast ‚ [57] Studien in der Sandsteinzone der Karpathen. 809 bis an ihren Fuss am Nordrande derselben nachweisen. Steine mit einseitig polirten Flächen haben wir z. B. auf dem in einem der fol- genden Abschnitte zu erwähnenden Ovidiusberge bei Kutty gefunden, ‘und dieser nur 330 Klafter hohe Berg ist am äussersten Rande der Kar- pathen, dort wo der Czeremosz dieselben verlässt, gelegen. Wir setzen aber als selbstverständlich voraus, dass unter anderen Gesteinspartieen, die durch Verwitterung von der Gebirgsmasse abbröckeln, sich auch solche befinden können, innerhalb deren sich durch Verwerfungen oder Verschiebungen Rutschflächen gebildet haben, und dass man Fragmente der unmittelbar an solchen Verschiebungsebenen gelegen gewesenen Gesteinsmassen in den Schutthalden jedes beliebigen Gebirgs finden könne. Ein auffallendes Vorkommen eines polirten und regelmässig ge- kritzten Felsens sahen wir an einer andern Stelle des Czeremoszthales, die wir im folgenden Capitel dieser Arbeit noch zu nennen haben werden. Nördlich von Zabie nämlich, etwas südlich von der Einmün- dung der Berecznica in den schwarzen Czeremosz, findet sich am linken Ufer des letzteren ein Sandsteinfelsen dicht bei der Fahrstrasse, welcher nicht allein auf eine Erstreckung von vielen Quadratklaftern polirt erscheint, sondern deutlich überall von parallelen, vom Gebirge abwärts gewendeten, unter einem Winkel von mindestens 25 Grad gegen das Thalniveau gerichteten feinen Streifen und Ritzen bedeckt ist. Und doch ist diess kein Gletscherschliff. Erstlich würde der zu bedeutende Winkel, unter welchem die Streifen der polirten Felsenfläche gegen die Thallinie geneigt sind, doch einige Schwierigkeiten der Er- klärung machen, umsomehr, als gleich oberhalb des betreffenden Fel- sens nicht etwa hohe Gebirgslehnen sich vorfinden, von Jenen ein Gletscherstrom mit starkem Gefälle hätte herabkommen können, son- dern die flach hügelige Thalerweiterung von Zabie, und zweitens liegt dem also polirten und gekritzten Felsen gegen den Fluss zu eine an- dere, aus dem gleichen Sandstein bestehende kleinere Felsmasse in unregelmässiger Form knapp an oder vor, ohne selbst im Geringsten polirt oder gekritzt zu sein. Die vorliegende Sandsteinmasse ist offenbar von dem hinteren polirten Felsen durch eine ebene Rutschfläche getrennt, und diese Rutschfläche ist dort, wo sie nicht durch die vorliegende Sandsteinmasse verdeckt ist, als polirte Felswand bemerkbar. Wir führen solche Beispiele aus dem von uns beschriebenen Gebiet an, um zu zeigen, wie verführerisch bisweilen einzelne Thatsachen für Solche werden könnten, denen es um eine möglichst ausgedehnte Vergletsche- rung unseres Erdtheils zur Diluvialzeit zu thun ist. Am wenigsten zulässig erscheint uns aber das Argument, dem- zufolge die Vergletscherung niedrigerer Berge, z. B. Croatiens, vor sich gegangen sein soll, weil durch die Vergletscherung der höheren Gebirge, z. B. der Alpen, die Temperatur allgemein erniedrigt worden sei.') Wäre eine solche Anschauung begründet, dann dürften für die Vergletsche- rung gar keine Grenzen denkbar sein. Die vergletscherten niedrigeren Berge müssten dann ihrerseits die Gletscherbildung auf den niedersten sie umgebenden Hügeln bewirken. Dann müsste man sich wundern, warum z. B. heute der Rigi im Angesichte des imposanten Uriroth- 1) Verhandl. der k. k. geol. R.-A. 1876, Nr. 10, p. 235. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt. 1877. 27. Band. 1. Heft (C. M.Paulu.E.Tietze) 12 90 C. M. Paul und Dr. E. Tietze. [58] stockgletschers sich nicht ebenfalls mit ewigem Schnee und Eis be- deckte. Wir schreiben die vorstehenden Bemerkungen übrigens nicht, um in einer Frage, die eigentlich ausserhalb des Gegenstandes unserer Aufgabe liegt, eine Polemik zu beginnen, oder gar die Möglichkeit des Vorkommens von Spuren der Eiszeit in kleineren Gebirgen,. wie das Slemegebirge bei Agram, a priori zu läugnen, sondern nur, um durch die Kennzeichnung unseres eigenen Standpunktes in der Discussion der Kriterien der Eiszeit dem Leser einige Garantie für die von uns vor- geschlagene Deutung der Schuttablagerungen der Alpe Zarozlak am Hoverla zu bieten. Nach dieser kleinen Abschweifung kehren wir nun von der Czernahora nach Tartarow zurück, und setzen von hier unseren Durch- schnitt längs der Poststrasse in die Marmaros fort. Tartarow liegt, wie bereits oben erwähnt, an der Einmündung des Pruteebaches in den Pruth auf Eoecänschichten, die in ihren tie- feren schiefrigen Lagen Fischreste führen, und nach oben zu als Sand- steine entwickelt sind. Diese Eocänsandsteine verquert man an der Strasse unmittelbar westlich von Tartarow. Sie enthalten hier gerundete, zum Theil ziemlich grosse Blöcke von einem anderen festen, dunkleren Sandsteine, und von einem grauen Kalke eingeschlossen. Dieses Vorkommen entspricht wohl ziemlich genau demjenigen, das man anderwärts in Flyschgebieten mit dem Namen „exotischer Blöcke“ zu bezeichnen pflegt. Die Schichten fallen hier steil, nahezu senkrecht gegen Südwest; von der am Pruth beobachteten regulären synklinalen Stellung der Schichten ist hier nichts mehr zu sehen, obwohl die Entfernung bis dahin kaum 3 Kilometer beträgt. Am Südostgehänge des Chomiak erreicht man, der Strasse folgend, wieder den Zug massiger Sand- steine, der sich, wie oben erwähnt, vom Rebrowac über die Magura bis an den genannten Berg erstreckt. Wie am Pruth, findet sich auch hier an der Basis des Sandstein- zuges ein kleiner Aufbruch der tieferen, dünngeschichteten Hierogly- phenschichten. Man trifft dieselben bei der zweiten Brücke (von Tar- tarow aus), wo die Strasse wieder auf das linke Ufer des Prutec über- setzt. Die Schichten zeigen (südlich unterhalb der Brücke) eine scharfe Knickung; südwestlich von derselben legen sie sich gegen Südwest, nordöstlich stehen sie auf kurze Erstreckung senkrecht, und nehmen dann (am Gehänge am linken Ufer) deutliches nordöstliches Fallen an, so dass der Aufbruch, im Ganzen betrachtet, eine Antiklinale darstellt. Bis vor Jablonica verquert man nun den Zug der massigen Sand- steine. Nahe der Thaltheilung entspringt aus demselben eine Salzquelle. Vor Jablonica wird das Thal weiter, die Berge niedriger. Man erreicht hier den schon nördlich von Worochta am Pruth geschnittenen Zug von Schiefer- und Sandsteinbänken, welche hier wie dort mit süd- westlichem Fallen das Hangende des massigen Sandsteins bilden. Von Jablonica aufwärts gegen Südwest herrschen die eocänen Fischschiefer, ebenfalls noch stellenweise mit Sandsteinbänken wechselnd. Auch hier sind sie durch das Auftreten eisenhältiger Quellen bezeichnet. [59] Studien in der Sandsteinzone der Karpathen. 91 Dieselben setzen mit durchaus südwestlichem Fallen den sog. Tar- tarenpass, den Grenzzug zwischen Galizien und Ungarn, zusammen und reichen auf der südlichen (ungarischen) Abdachung bis an das Laze- scinathal hinab. Die Kreidesandsteine des Kostrica-Kukul-Zuges, die man dem Gebirgsstreichen nach an der Wasserscheide zu finden erwarten sollte, sind hier nicht entblösst. Dagegen verrathen zahlreiche Geröllstücke von Hieroglyphengesteinen, die in den Thälern gesammelt und zur Strassenbeschotterung benützt werden, dass die cretacischen Gebilde bis ziemlich nahe an den Pass heranstreichen und hier vielleicht nur local von den Eocänschiefern bedeckt werden. Am südlichen Ufer des Lazescinabaches und nächst der Einmän- dung desselben in die Theiss bei Körösmezö, auch am nördlichen stehen sehr glimmerreiche Sandsteine und Schiefer mit entgegengesetztem (nordöstlichen) Einfallen an. Dieselben gehören wohl noch der eocänen Fischschiefergruppe an. Am rechten Ufer der Theiss, gegenüber vom südlichen Ende von Körösmezö jedoch, sowie bei Wolowetz, beobachtet man blaugraue, dünngeschichtete, kalkig-sandige Schichten, die zwar keine Hieroglyphen enthalten, im Uebrigen aber der Teschner Strzolka vollkommen gleichen, sowie Sandsteine und untergeordnet, ein feinkörniges Conglomerat, zusam- mengesetzt aus prävalirenden gelblichgrauen, zuweilen späthigen Kalkkör- perchen, hellem Quarz und kleinen schwarzen Geschieben, durchaus Gesteine, wie sie in der Fischschiefergruppe nicht aufzutreten pflegen, und die daher mit einiger Wahrscheinlichkeit cretacisch sein mögen. Die Schichten dieser Bildungen sind bei Körösmezö vielfach ge- bogen und geknickt, bei Wolowetz fallen sie steil südwest. Von Wolowetz aus besuchten wir das auf der v. Hauer’schen Uebersichtskarte als Teschenit bezeichnete Vorkommen eines Eruptiv- gesteins mit Jurakalkblöcken am Westgehänge des Sessaberges. F. v. Hauer, welcher diesen interessanten Punkt schon vor längerer Zeit besuchte, sagt darüber folgendes’): „Die Stelle liegt südlich von Körösmezö, südöstlich von Swidowecz, hoch im Gebirge auf der sogenannten Mlakier-Wiese. Aus dem rings herum herrschenden Karpathensandsteine bricht hier eine kleine Partie eines dioritischen Gesteines hervor, und dieselbe enthält ungeheuere Blöcke von Kalkstein eingewickelt. Einer dieser Blöcke war eben im Abbau begriffen, als wir die Stelle besuchten; auf drei Seiten zeigte er sich von dem dioritischen Gestein umgeben, nach unten zu hatte er noch das Ansehen einer anstehenden Felsmasse. Dass man es aber wirklich nur mit Blöcken, die auf secundärer Lager- stätte sich befinden, zu thun hatte, dafür sprach namentlich auch, dass auf der Halde des Bruches Stücke ganz anderer Kalksteinvarietäten, als rothe Crinoidenkalke, rothe, dichte Kalksteine (wohl Klippenkalk) u. Ss. w. von schon früher gewonnenen Blöcken umherlagen. Der weisse Kalkstein wurde schon an Ort und Stelle seinem petrographischen An- ) F. v. Hauer und F. Frhr. v. Richthofen, Bericht über die geolog. Uebersichtsauf. im nordöstl. Ungarn im Sommer 1858, Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., 10. Jahrg. 1859, III. Heft, p. 60. _ 12* 92 C. M. Paul und Dr. E. Tietze. [60] sehen nach für Stramberger Kalk gehalten; die Untersuchung der Petrefakten, die wir mitbrachten, bestätigte diese Bestimmung voll- ständig.“ Leider Konnten wir bei unserem Besuche keine näheren, über die citirten Angaben hinausgehenden Details gewinnen. Der von dem Kalkvorkommen gegen Wolowetz herabführende Waldweg, auf welchem der Kalkstein zum Ofen geführt wurde, ist längst durch Windbrüche verlegt und unfahrbar gemacht, der Abbau des Kalkes daher schon seit mehr als 10 Jahren eingestellt, und die Stelle des Vorkommens selbst mit Gestrüpp verwachsen, so dass heute von den von v. Hauer beobachteten Verhältnissen nichts mehr zu sehen ist. Wohl sieht man noch einzelne Jurakalkfelsen hervorragen, das umhüllende Eruptivgestein jedoch, sowie der angrenzende Sand- stein, sind nirgends mehr anstehend entblösst, und können nur mehr aus den umherliegenden Stücken erkannt werden. Der Sandstein ist feinkörnig, fest, im Inneren blaugrau, gegen aussen bräunlich, enthält sehr zahlreiche Glimmerblättchen und gleicht ganz den gewöhnlichen Wienersandsteinen von Sievring etc. bei Wien. Hieroglyphen und Fucoiden führende Lagen wurden nicht in demselben beobachtet. Ueber das Eruptivgestein theilte uns Hr. Dr. Neminar freund- lichst die folgende Notiz mit: „Das dunkelgrünliche Gestein des Seszaberges, das bisher mit dem unter dem Namen Teschenit bekannten Eruptivgesteine identificirt wurde, zeigt eine Mikrostructur, die in gar keiner Hinsicht zu der des Teschenites in Beziehung steht. Es finden sich nämlich nebst einer hyalinen, hellen Masse vorherrschend meist scharf ausgebil- dete Plagioklasleisten, denen mitunter auch ziemlich grosse Plagio- klaskrystalle beigesellt sind, die öfter etwas zersetzt und mit einem netzartigen Gewebe eines schmutzig grünen — wahrscheinlich augiti- schen — Materials bedeckt sind. Die Plagioklasleisten sind fast durch- gehends vollkommen frisch und stets ganz regellos angeordnet, und manchmal mit Glaseinschlüssen, Feldspath- und Augit-Mikrolithen stark angefüllt. Nächst dem Plagioklas finden sich deutlich individualisirt nur noch grünliche Körnchen, sehr selten Säulchen, mit sehr schwachem Dichroismus, die als Augit anzusehen sind, und einzelne grössere Magne- titkörner. Zwischen diesen Bestandtheilen liegt eine meist grünlich- graue, bei einigen etwas zersetzten Gesteinen dieser Localität gelblich- braun werdende amorphe Masse, die allenfalls ein Umwandlungsproduct von Augit sein dürfte. Hin und wieder finden sich auch einzelne Cal- eitkörnchen als Ausfüllungen winziger Blasenräume. Die hyaline Masse enthält sehr häufig fetzenartige, oder etwas in die Länge gezogene rundliche Glaseinschlüsse, und ist mitunter von winzigen Magnetitkörn- chen und gelblichbraunen amorphen Körperchen so durchschwärmt, dass sie dann eine dunkle Farbe annimmt. Vergleicht man diese Art der Mikrostructur mit der der Tesche- nite, so ergibt sich, dass zwischen diesen beiden Gesteinen in gar keiner Richtung irgend ein Zusammenhang besteht, der sich überdiess auch rücksichtlich des äusseren Habitus mit keinem Teschenite, deren mir eine sehr grosse Anzahl zur Untersuchung vorliegen, herausfinden lässt. [61] Studien in der Sandsteinzone der Karpathen. 93 Öhne erst auf den Vergleich der einzelnen Details einzugehen, genügt es schon, auf die Art der Ausbildung des Hauptbestandtheiles, nämlich des Plagioklases, in dem Gestein vom Seszaberge hinzuweisen, um zu zeigen, dass dieses Gestein mit dem Teschenite nicht identificirt werden kann. Vielmehr deutet die ganze Art und Weise der Mikrostructur dieses Gesteines vollkommen auf einen Melaphyr, unter welche Gruppe somit das Gestein vom Seszaberge zu stellen sein wird.“ Vom Seszaberge stiegen wir nach Szwidovee herab, und trafen hier an beiden Ufern der Theiss bei der Einmündung des Szwidovec- baches zu unserer Ueberraschung ein den uns bekannten Bildungen der Karpathensandsteingruppe ganz fernestehendes Gestein. Es ist dieses ein echter, etwas glimmeriger, dem gesammten Habitus nach sehr an paläozoische Gesteine (namentlich Culmschie- fer) erinnernder Thonschiefer. Es ist nun zwar durch die neuesten hochwichtigen Erfahrungen von Professor Neumayr in Griechenland ') der Nachweis geliefert worden, dass nicht nur Gesteine vom petrographischen Typus älterer Bildungen, sondern sogar wirkliche krystallinische Schiefergesteine sicher der Kreideformation angehören können; trotzdem glauben wir aber hier nicht an derartige Bildungen denken, sondern die einfachere Auf- fassung, dass man es hier mit einem Aufbruche paläozoischer Schichten zu thun habe, vorläufig festhalten zu sollen. Wir glauben zu dieser Anschauung um so mehr berechtigt zu sein, als der. fragliche Punkt bei Szwidowece genau in jene Dislocationszone fällt, welche als die muth- massliche südöstliche Fortsetzung der schlesischen Aufbruchswelle schon einmal von einem von uns bezeichnet worden war ?), in welcher uns daher das Auftauchen irgend eines der die Ablagerungsbasis der Kar- pathensandsteine formirenden Gebilde am wenigsten überraschend er- scheinen Konnte. Die Schichten des Thonschiefers fallen am linken Ufer flach öst- lich unter die Sandsteine des Seszaberges; am rechten Ufer neigen sie sich, flach wellenförmig gebogen, gegen West und Südwest. Dieser Thonschiefer bildet thalabwärts bis gegen Borkut die Ge- hänge der Theiss; ungefähr in der Mitte zwischen Szwidowec und Borkut treten Sandsteine auf, die meistens dunkelgrau, zuweilen aber auch braunroth gefärbt sind, stellenweise in feines Conglomerat über- gehen, und durch Wechsellagerung mit dem Thonschiefer in enger Ver- bindung stehen. Auf den Höhen rechts und links vom Theissthale scheinen jedoch die Karpathensandsteine fortzusetzen, wie aus zahlreichen, in das Thal herabgerollten Blöcken zu schliessen ist. Von Borkut südwärts bis Boczko Raho herrschen wieder Kar- pathensandsteine. Sie gleichen meistens denen des Seszaberges, und überhaupt denjenigen, die wir als der älteren Abtheilung der Karpathen- sandsteingruppe zugehörig aufzufassen pflegen. !) Neumayr, Jahrb. d. k. k. geolog. R.-A. 1876, p. 253 2) Paul, Grundz. d. Geol. d. Bukowina, p. 45. 94 C. M. Paul und Dr. E. Tietze. [62] Von den für diese Abtheilung anderweitig so charakteristischen Hieroglyphen wurde hier jedoch auch nicht die kleinste Spur gefunden, daher die Deutung dieser Sandsteine sehr unsicher bleibt, umsomehr, als ja auch das Auftreten noch älterer, als cretacischer Formations- glieder in einer, der Karpathensandsteinfacies ähnlichen Entwicklung principiell nicht ausgeschlossen werden kann. Das Fallen der Schichten ist vorherrschend ein südwestliches. Bei Boczko Raho beginnen die älteren, schon durch v. Hauer’) bekannten, und auf der Uebersichtskarte eingezeichneten Gebilde, welche das Grundgebirge der Karpathensandsteinablagerung darstellen. Südlich von der Stadt beobachteten wir ganz ähnliche glimmerige Thonschiefer, wie bei Szwidowec; Rollstücke des allen Karpathengeo- logen bekannten, gewöhnlich als Verrucano bezeichneten und der Dyas zugezählten Quarzconglomerates, wie es beispielsweise in der Bukowina eine regelmässige Randzone zwischen den krystallinischen Schiefern und der Trias bildet, fanden wir am Eingange eines westlichen Seiten- thales, wie es schien, aus dem Hangenden der Thonschiefer stammend. Eine eingehendere Untersuchung der erwähnten älteren Gebilde lag ausserhalb des Gegenstandes unserer Aufgabe. Wir schliessen daher hier unseren Durchschnitt ab, und wollen nun versuchen, die Hauptresultate desselben in wenigen Worten zu- sammenzufassen. Wir sahen die Gesammtmasse der auf der geschilderten Strecke entwickelten Karpathensandsteingebilde in drei Hauptgruppen zerfallen. Die tiefsten derselben sind die hieroglyphenreichen Schichten von Dora und Luch, die wir, trotz mannigfacher petrographischer Ver- schiedenheiten, vorläufig den Ropiankaschichten (d. i. der Karpathen- sandsteinfacies des Neocomien und Aptien) parallelisiren. Diese Bil- dungen sind, wie in der Teschner Gegend, vorwiegend im nördlichen Theile der Zone entwickelt. Die mittlere Gruppe begreift den massigen Sandstein sammt den in den tieferen Lagen desselben auftretenden, von den Ropianka- schichten etwas verschiedenen Hieroglyphen- und Fucoidenbänken. Wir glauben denselben wohl mit Recht als ein ungefähres Aequivalent der mittleren oder oberen Kreide (des Godula- oder Istebna-Sandsteines Schlesiens oder des Orlower Sandsteins des Trencziner Waagthals) auf- fassen zu können. Die Hauptverbreitung dieser Gruppe bezeichnet un- gefähr die Mitte zwischen dem Nordrande der Zone und dem galizisch- ungarischen Grenzkamme. Die oberste Gruppe endlich ist die der eocänen Fischschiefer sammt den mit denselben in Verbindung stehenden Sandsteinen. Die- selben finden sich einerseits als Randzone an der Nordgrenze der Kar- pathensandsteine gegen das Neogenland, andererseits in einzelnen auf- gelagerten Mulden und eingefalteten Partieen innerhalb des Hauptver- breitungsgebietes der massigen Sandsteine, endlich in einem breiten Zuge an der galizisch-ungarischen Grenze. An mehreren Stellen ist, wie wir hier schon betonen wollen, eine auffallende Discordanz zwischen Yo CAPRI ur [63] Studien in der Sandsteinzone der Karpathen. 95 den Eocängebilden und den mittleren Gliedern der Karpathensandsteine zu beachten. Auf einzelne, zwischen diesen beiden Gruppen sich ein- schaltende Schichtencomplexe, für deren Deutung noch keine genü- genden Anhaltspunkte vorliegen, wollen wir hier noch nicht eingehen. Diess wäre in den allgemeinsten Zügen die Gliederung der zwi- schen dem Nordrande der Karpathensandsteinzone bei Delatyn und dem Grundgebirge derselben in der Marmaros entwickelten Sandstein- und Schiefergebilde. Näheres über diesen Gegenstand, sowie namentlich über die Tek- tonik der Zone, wollen wir den zusammenfassenden Schlussbetrach- tungen vorbehalten, welche wir am Ende unserer vorliegenden Mitthei- lung beifügen. VI. Vom Karpathenrande bei Jablonow und Kossow nach dem oberen Thale des schwarzen Czeremosz. Die zur Gruppe des Salzthones gehörigen Gebilde, welche wir in allgemeinen Umrissen aus der Gegend von Delatyn und Peczenyzyn kennen gelernt haben, setzen südöstlich von dieser Gegend auch die bei Jablonow und Kossow den’ Karpathenrand bildenden Berge zu- sammen. Bei Berezow nizny (Unter-Berezow) sind in der Umgebung des Punktes, an welchem der von Berezow kommende Bach mit dem von Tekucza kommenden Bache Akryn sich vereinigt, deutliche Aufschlüsse zu beobachten von Gesteinen, welche in der Streichungsfortsetzung der zwischen Berezow nizny und Sioboda rungurska entwickelten Schicht- glieder liegen. Es sind südwestlich fallende Bänke von grauen, schie- ferigen Lagen und Sandsteinen. Den Schiefern sind in eigenthümlicher Weise grosse Sandsteinknollen eingelagert, welche jedoch nicht als exo- tische Einschlüsse zu betrachten sind, sondern als Concretionen, inso- fern ihre Masse nicht mit scharfer Begrenzung von der Masse der Schiefer geschieden erscheint, sondern durch Uebergänge mit derselben verbunden ist. Andererseits zeigen die Sandsteine scharf begrenzte thonige Einschlüsse, ganz ähnlich den Sandsteinen von Dobrotow. Von Berezow östlich gehend, gelangt man etwas vor Lucza in den Bereich des echten Salzthons, und ist gradeüber vom Jägerhause von Lucza auf der südlichen Thalseite in der Nähe eines Petroleum- schachtes das Ausgehende eines Salzstockes bekannt. Etwas vor der Thalerweiterung von Jablonow streichen Conglomerate über den Bach, offenbar dem Conglomerat von Sioboda rungurska entsprechend. Sie sind gegen Jablonow zu von sehr steil nach NO fallenden schieferigen, sandig-thonigen Lagen bedeckt, welche sich durch bedeutende Gyps- führung auszeichnen und vielfach von Sandsteinbänken unterbrochen sind. Der Gyps erscheint hier in Form grosser Blätter oder durch- schwärmt das Gestein in dünnen, faserigen Partieen. Seine Fasern stehen senkrecht gegen die Schichtflächen. Die Störungen innerhalb der Salzthonformation dieser Gegend können fast mit den gestörtesten Lagerungen der älteren Karpathensandsteine verglichen werden. Noch zwischen Jablonow und Stopczatow sieht man an den Auf- schlüssen des Luczkabaches die zum Salzthon gehörenden Schichten 96 C. M. Paul und Dr. E. Tietze. [64] vielfach, sogar im Kleinen, geknickt und verbogen, obwohl diess die dem flachen Hügellande und der Ebene zugewendete Partie der For- mation ist. Ja sogar die jüngere, durch .Braunkohlenführung charak- terisirte Neogenformation, welche sich gegen Kolomea zu den Karpathen vorlagert, ist an ihrer Anlagerungsgrenze bei Kowalöwka noch von diesen Störungen erfasst worden und liegt erst bei Myszyn vollkommen flach. Zwischen Jablonow und Pistyn treten der Salzthon oder die zu ihm gehörigen Gesteine an mehreren Punkten zu Tage, obwohl stellen- weise, wie auf dem breiten, flachen Hügel zwischen Jablonow und Utorop, Berglehm mit Schotter das Tertiärgebirge verdeckt. Bei der Brücke am westlichen Ende von Utorop fallen die Schichten des letz- teren mit 30—35 Grad nach NO. Bei Pistyn bilden hierher gehörige Gesteine ziemlich steile Kuppen. Eine Strecke südwestlich von Utorop an einer Anhöhe im Walde sollen einmal Steinbrüche auf Kalk bestanden haben, und soll unter diesen Kalksteinen sich namentlich ein rother Kalk bemerkbar gemacht haben. Wir haben den betreffenden Punkt nicht besucht, da wir erst nach unserer Abreise aus jener Gegend Kunde davon erhielten; wir vermuthen jedoch, dass dort das Conglomerat der Salzformation mit Kalkgeschieben entwickelt ist. Bei Kossow wird nicht nur aus Laug- werken Salz gewonnen, sondern auch ein Abbau auf Steinsalz be- trieben. Man berechnet die Mächtigkeit des Wechsels von reinen Steinsalzlagen mit Thon hier auf 36 Klafter, doch beisst dieser Salz- stock nicht über Tags aus. Durch den Grubenbau ist er in eirca 300 Meter aufgeschlossen. Bänke eines grauen, sehr harten Sandsteins sind der Salzformation in der Grube eingeschaltet. Das Auftreten sol- cher Sandsteine, wie bei Berezow und Dobrotow, deren Habitus an den vorneogenen Karpathensandstein erinnert, darf uns also nicht mehr be- fremden. . Oberhalb der Saline Kossow, die Rybnica aufwärts, sieht man zunächst die bezeichnenden hell blaugrauen Gehänge der sandigen Schieferlagen, Thone und Sandsteine des Salzthons, dann anscheinend im Hangenden derselben grünliche Sandsteinschiefer, steil südwestlich fallend, und durch ihren Widerstand eine Stromschnelle bildend. Ueber diesen folgt dann ein festes grünes Conglomerat. Es enthält Grün- steineinschlüsse, grosse Geschiebe von Sandstein und Kalk, welcher letztere für die kalkarme Gegend ein schätzbares Material vorstellt und abgebaut wird. Ausserdem finden sich in grösseren Partieen Einschlüsse von eocänem Menilitschiefer (Fischschiefer). Noch etwas weiter flussaufwärts steht dieser letztere an mit ebenfalls südwestlichem Fallen im scheinbaren Hangenden des beschriebenen Conglomerats. Wir haben es hier also evident mit einer überkippten Schichtenfolge zu thun. Dem Conglomerat wird durch. seine intermediäre Stellung zwischen den Menilitschiefern und den eigentlichen Gesteinen des Salz- thones der Platz an der Basis der letzteren Formation angewiesen und auch die Einschlüsse von Menilitschiefer beweisen deutlich sein post- eocänes Alter. Es entspricht der bunten Zusammensetzung seiner Ge- mengtheille nach dem Conglomerat von Sioboda rungurska, aber [65] Studien in der Sandsteinzone der Karpathen. 97 während das letztere sehr locker ist, und leicht zu Schotter zerfällt, ist das Salzthonconglomerat von Kossow ein fest cämentirtes. Auch hier, wie bei Jablonow, hat die gebirgsbildende Kraft noch den äussersten Südrand der gegen die Ebene zu den Salzthon über- lagernden jüngeren Neogenbildungen mitergriffen,, diess beweist die steile Schichtenstellung an dem kahlen Gehänge des Sandberges unmit- telbar. nördlich derStadt Kossow. Losen Sanden sind dort einzelne Bänke und Lagen mürben Sandsteins eingelagert, welche die Schichtung dieser Gesteinsmasse markiren. Die Sandsteinbänke werden manchmal durch Aufnahme kleiner Rollstücke etwas conglomeratisch, doch herrscht auch in derartigen Bänken die feinkörnige Sandsteinmasse den vereinzelten Rollstücken gegenüber vor. Nach einer freundlichen Mittheilung des Hrn. Bergwerkdirectors Schmidt in Novosielica wurde hier auch ein Braunkohlenflötz beobachtet, dessen Kohle durchaus mit der bei Novo- sielica abgebauten und mit einer gemischt mediterran-sarmatischen Fauna in Verbindung stehenden Kohle übereinstimmt, sowie auch die erwähnten losen Sande den losen Sanden des jüngeren Neogens von Myszyn und Novosielica vergleichbar sind. Die Schichtenstellung der hier kurz beschriebenen Bildung vom Sandberge bei Kossow ist, wie angedeutet, nahezu vertical. Weiter nordwärts bei Novosielica und schon vorher ist dieselbe Formation noch ganz unberührt von der Gebirgstörung und durchaus flach gelagert. Angesichts solcher Thatsachen gewinnt man fast die Ueberzeugung von einer hier nordostwärts gerichteten Vorwärtsschie- bung der Karpathen, welche nach und nach die dem Gebirgsrande vor- gelagerten Gebilde erfasst und aufstülpt. Wir verlassen jetzt die Gesteine der Randzone und wenden uns dem Inneren des Gebirges zu. Geht man von Pistyn die Pistinka aufwärts, so erblickt man schon bei den ersten Häusern von Szeszory, dort, wo der Fahrweg ein vom Westen herkommendes Seitenthälchen an seiner Mündung übersetzt, dunkle, schüttige Schiefer mit Horn- steinbänken mit steiler Schichtenstellung nordöstlich fallend. Es ist die Gruppe der Fischschiefer von Delatyn (Menilitschiefer). Weiterhin, aber immer noch ziemlich entfernt nördlich von der Kirche erscheint westlich vom Wege eine räumlich beschränkte Partie massigen Sandsteins, der aber nicht auf das östliche Flussufer fortsetzt. Man beobachtet vielmehr die Menilitschiefer vom Sandstein abfallend am Bache sich fortziehen. Ist man am Sandsteine vorüber, so sieht man die Hornstein führenden Schiefer südwestlich fallen. Sie umlagern daher den Sandstein deutlich mantelförmig. Südlich der Kirche kommt dann wieder ein nordöstliches Fallen vor. Mit dem ansteigenden Höhen- zuge Tarnieza jedoch treten steil südwestlich fallende Sandsteine auf. Bei Prokurawa stehen wieder eocäne Schiefer an. Sie führen gestreifte Hornsteine, welche echten Meniliten schon sehr nahe stehen. Sie fallen am Nordgehänge des betreffenden Berges flacher, in der Tiefe am Bache selbst steiler nach NO. Der Höhenzug Brusny besteht aus weisslichem massigem Sandstein, der bei der Thalverengung von Prokurawa nach NO fällt. An seiner Grenze fallen die Menilitschiefer sehr steil nordöstlich von demselben ab. Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1877. 27. Band. 1. Heft. (C.M. Paulu. E. Tietze.) 13 98 ©. M. Paul und Dr. E. Tietze. [66] Südwestlich von Kossow grenzt, wie schon gesagt wurde, bei Monasterska eine schmale Zone von Menilitschiefer mit südwestlichem Fallen an die Gesteine der Salzthongruppe. Sie bildet die Fortsetzung eines Theils der Eocänschiefer von Szeszory. Kurz vor Horod bildet wenig mächtiger, aber sehr massiger Sandstein an der linken Thalseite einen malerisch gezackten Kamm. Er fällt äusserst steil südwestlich, scheinbar die Menilitschiefer überlagernd, nimmt aber unten gegen die Thalsohle zu eine mehr verticale Stellung ein, was vielleicht auf eine unterirdisch zu suchende Umbiegung in die normale Lage dieses Sand- steins als Liegendes der Menilitschiefer hinweist. Besagte Partie von Sandstein scheint aber nicht bis in das Pistinkathal sich fortzuer- strecken, sondern nur eine kurze Ausdehnung des Streichens zu besitzen. Gleich dahinter kommen flussaufwärts wieder die Gesteine der Menilitschiefergruppe zum Vorschein. Sie liegen noch immer in der südöstlichen Streichungsfortsetzung der Schiefer von Szeszory. Vor Sokolowka tritt ein Zug massigen Sandsteines auf beiden Thalseiten auf. Er bildet die directe Fortsetzung des Sandsteinzuges zwischen Szeszory und Prokurawa. Wir stellen ihn gleich den andern, in diesem Capitel bereits erwähnten massigen Sandsteinen zu dem Sandstein von Jamna, mit welchem er petrographisch im Gehängehabitus und der relativen Schichtenstellung übereinstimmt, und nehmen ihn als Repräsentanten der Gruppe der mittleren Karpathensandsteine. Am rechten Ufer der Rybnica ist eine kleine, demselben einge- faltete Partie von Eocänschiefern deutlich aufgeschlossen. Bei dem Dorfe Sokolowka herrschen anfangs grünliche, schüttige Schiefer mit dünnen Sandsteinlagen dazwischen. Doch treten am an- deren (südwestlichen) Ende der Thalerweiterung weiss verwitternde, dunkle Schiefer mit Hornsteinbänken auf. Seltener sind denselben feinblät- terige Schiefer mit gelben Verwitterungsbeschlägen untergeordnet. Der zuletzt erwähnte Hornstein führende Schiefercomplex bietet petrographisch alle wünschenswerthen Analogien mit den Fischschiefern von Delatyn und Lubiznia, nur ist das Massenverhältniss der einzelnen Gesteinsvarietäten ein etwas anderes; die anfangs erwähnten grün- lichen, schüttigen Schiefer jedoch lassen sich mit ganz typischen Fisch- oder Menilitschiefern nicht wohl vergleichen. Sie bieten vielmehr die meiste Aehnlichkeit mit der im Pruththal bei Mikuliczyn entwickelten Schieferfacies des Eocäns, von welchem sie eine untere Abthei- lung darstellen dürften, ähnlich den grünen Mergeln von Pasieczna. Alle diese Schiefer von Sokofowka fallen im Ganzen südwestlich ein. Ob sich unmittelbar an ihrer Südgrenze etwa ein anderes Fallen einfindet, haben wir nicht beobachtet. Gleich oberhalb der Thalgabelung, bei welcher sich die Rzyczka mit dem von Jaworow kommenden Bache vereinigt, um dann von Sokolowka abwärts die Rybnica zu bilden, treten wieder Sandsteine auf, die bis zur Thalerweiterung von Jaworow anhalten. Anfangs sind sie in dünneren Bänken geschichtet, als es der Sandstein von Jamna in der Regel zu sein pflegt, und zeigen mehrfache Sattelfaltungen. Erst kurz vor der Thalerweiterung von Jaworow kommt der echte massige Sandstein zum Vorschein und bildet auf der östlichen Thalseite den mächtigen, von Jaworow gesehen, sich imponirend präsentirenden Höhenzug Sokulski. | | | | | | | | j | [67] Studien in der Sandsteinzone der Karpathen. 99 Petrographische Kennzeichen, Farbe und Charakter der Gehänge, von denen grosse Blöcke in’s Thal gestürzt sind, und die stumpf kegel- förmige Form der Bergkuppen stimmen am Sokulski mit der Erschei- nungsweise des Sandsteins von Jamna überein. Zu erwähnen wäre noch, dass bei dem letzten, namentlich gut am rechten Bachufer aufgeschlossenen Sattelaufbruch der dünner geschichteten Sandsteinbänke unmittelbar vor dem Erscheinen des Sandsteins von Jamna vereinzelte Hieroglyphenlagen gefunden wurden. Es liegt uns die Vermuthung nahe, diese dünner geschichteten, durch mehrfache Faltungen bemerkenswerthen Sandsteinbänke mit Hie- roglyphenlagen, welche von dem massigen Sandstein gegen Jaworow zu überlagert werden, für Vertreter der Gruppe der unteren Karpathen- sandsteine zu nehmen. Bei dem Fehlen des Sandsteins von Jamna an der Nordostgrenze dieser Partie gegen Sokolowka zu würde dann die Annahme zulässig sein, dass die Hornstein führenden Schiefer von Soko- iowka in Folge einer Verwerfung ohne Zwischenschiebung mittlerer Karpathensandsteine an die unteren Karpathensandsteine anstossen. Bei der Thalerweiterung von Jaworow kommen anfangs über dem massigen Sandstein des Sokulski wieder die grünlichen, schüttigen Schiefer zum Vorschein, welche wir bei Sokolowka in derselben Lage- rungsfolge über dem Sandsteine des Kiernicznyzuges kennen gelernt haben. Doch treten darüber schon im Dorfe, dort wo der Fahrweg nach Zabie bei der Bachgabelung dem westlichen Zuflusse sich an- schliesst, die Hornstein führenden Schiefer der Menilitschiefergruppe auf. Dieselben bilden dann einen sehr breiten Zug und sind unter Anderem auch ähnlich den gleichalterigen Schiefern im Pruththale durch das Auftreten kleiner, ockriger Eisenquellen ausgezeichnet. Etwas unterhalb der Einmündung des Besulkabaches ragt eine kleine Partie massigen Sandsteins klippenartig aus den Schiefern her- vor. Nordöstlich grenzen die Schiefer mit steiler Schichtenstellung an den Sandstein, während sie sich südlich mit flacherem südwestlicherem Fallen an denselben anlagern. Bald darauf treten flussaufwärts wieder Sandsteine auf, die aber nicht massig geschichtet sind. Ihnen folgen Schiefer mit Sandstein- lagen, in einzelnen Fällen feine Hieroglyphen führend, anfangs noch durch Eisenquellen bezeichnet, welche übrigens noch den benachbarten Schiefern des Eocäns ihren Ursprung verdanken, und durch Spalten bis hierher geleitet sein können. Dieser Schichtencomplex ist uns zweifelhaft geblieben in Bezug auf den Platz, den wir ihm in der Reihenfolge der Karpathensandstein-Niveau’s anweisen sollen. Sein Gesteins- und Gehängetypus schien uns mit der Erscheinungsweise keines der stratigraphisch sichergestellten Glieder des Karpathensand- steins gut übereinzustimmen. Da mit dem Höhenzuge des Strutzkow in- dessen wieder typischer, massiger Sandstein auftritt, so könnte man der Analogie mit den Verhältnissen zwischen Sokolowka und Jaworow zufolge auch hier zwischen dem massigen Sandstein und den Schiefern des Eocän einen Aufbruch älterer Karpathensandsteine annehmen. Doch macht uns die anscheinende Armuth an Hieroglyphenschichten in dem fraglichen Schichtencomplex vor der Hand für diese Annahme etwas vorsichtig. 13* 100 C. M. Paul und Dr. E. Tietze. [68] Hat man den massigen Sandstein des Strutzkow durchquert, so wendet sich bei einer schon zu Jasienow gerechneten Häusergruppe der Weg nach Westen und folgt eine Weile beinahe der Streichungsrich- tung der Gebirgsmassen an der Grenze zwischen dem massigen Sand- stein des Strutzkow und einer neuen, südlich davon gelagerten Eocän- partie. Die letztere beginnt wieder mit grünen Mergeln und Schie- fern, die gleich dort, wo der Weg wieder nach Süden umbiegt, aufge- schlossen sind. Darüber folgen dunkle dünnblätterige Schiefer mit Sandstein- und Hornsteinbänken, und theilweise schön gestreiften Me- niliten. Alle diese Schichten fallen südwestlich und setzen hier die Wasser- scheide zwischen der Rybnica una dem schwarzen Üzeremosz zusammen, über welche der Weg nach Zabie sich namentlich anfangs in steilen Serpentinen hinzieht. Hat man die Wasserscheide passirt, so gelangt man beim Ab- steigen nach Krzyworownia in das Thal des schwarzen Czeremosz zuerst an ein System vielfach geknickter Schichten, unter denen wir hiero- glyphenreiche Lagen, grünpunktirte Sandsteine, Sandsteinschiefer mit klein zertheilter verkohlten Pflanzenresten, etwas weiterhin auch helle Kalkmergel, ähnlich denen des Neocoms von Przemysl bemerkten, und welche wir ohne Weiteres der unteren Abtheilung der karpathischen Kreide zurechnen. Dieser Schichtencomplex wird gegen Süden von massigen Sandsteinen überlagert, die in ihrem unmittelbaren ea grüne Schieferlagen enthalten. Der Czeremosz nimmt von Krzyworownia abwärts für eine kurze Strecke eine genau westöstliche Richtung. Bei dem Streichen der Ge- birgsmassen von NW nach SO müssen also flussabwärts nach und nach wieder etwas liegendere Schichten zum Vorschein kommen. Bald zeigen sich in der That an der linken nördlichen Thalseite unter Stunde 20°/, streichend und mit 45 Grad nach SW fallend theils massige, theils plattige Sandsteinbänke mit grünen Schieferlagen. Die Sandsteine sind theils weisslichgrün, theils durch Verwitterung bräun- lich, immer feinkörnig und zeigten Hieroglyphen auf den Schichtflächen. Auch grüne, Hieroglyphen führende Mergel treten hier auf. Wir sind hier zunächst in die Zwischenbildung zwischen mittlerem und unterem Karpathensandstein gelangt, die wir schon etwas ober Krzyworöwnia gegen die beschriebene Wasserscheide zu einmal geschnitten hatten, es gehören aber die unteren hieroglyphenreicheren Lagen dieser Partie gewiss schon ganz in die untere Abtheilung des Karpathensandsteins. Erst dort, wo der Fluss sich in der Gegend des Miynskithales wieder süd- lich gewendet hat, kommen bei der Thalverengung wieder die echten, dem Sandstein von Jamna entsprechenden massigen Sandsteine als Han- sendes der besprochenen Schichten zum Vorschein. Wir erinnern daran, dass auch den Sandstein von Jamna in der Nähe des Wasserfalls am Pruth grünliche Sandsteine und grünliche Schieferlagen zunächst unterlagern und ein Zwischenglied gegen die noch liegenderen Ropiankaschichten von Jaremeze bilden. Es ist vor- läufig gleichgiltig, ob man solche Zwischenbildungen mit den zunächst älteren oder den zunächst jüngeren Schichtencomplexen verbinden will. Für uns haben sie im vorliegenden Falle zunächst die Bedeutung, dass ln A an tn en = ar ne ee ee ee a ee a an Di u u a BE Pen 169] Studien in der Sandsteinzone der Karpathen. 101 an den Stellen ihres Auftretens ein vermittelnder Uebergang zwischen dem unteren und oberen Karpathensandstein hergestellt wird, und da der untere Karpathensandstein der von uns beschriebenen Gegend Ost- galiziens, wenn auch nicht dem Neocom ausschliesslich, so doch jeden- falls den unteren Kreidegliedern im Allgemeinen entspricht, so wird die Deutung des massigen Sandsteins an solchen Punkten, wie der in Rede stehende, als voreocän jedenfalls sehr wahrscheinlich. Da wir den untersten Lauf des schwarzen Özeremosz noch in dem folgenden Capitel kurz besprechen werden, so kehren wir nach Krzyworöwnia zurück und setzen unsern Weg flussaufwärts fort. Zu- nächst begegnen wir, namentlich so lange der Weg uns westlich beinahe dem dGebirgsstreichen entlang führt, noch immer dem massigen mittleren Karpathensandstein. Erst oberhalb der Einmün- dung der Berecznica treten Gebilde von etwas abweichendem Habitus auf. Es sind zum Theil intensiv grüne, kieselige Sandsteinschiefer, in unregelmässige Knollen von gerunzelter Oberfläche zerbröckelnd. Ihnen sind feinkörnige, stark kieselige Sandsteinlagen eingeschaltet, die stel- lenweise in ein Gestein von scharfkantigen Bruchflächen mit glasigem Glanz übergehen. Andere Sandsteine dieses Complexes sind feinkörnig mit rauhen Bruchflächen, zeigen feine weisse Glimmerschüppchen und sind braun mit grünlichen Verwitterungsflächen. Einige der Sandstein- bänke werden ausserordentlich dick und massig. An einem von diesen massigen Bänken gebildeten Felsen beobachteten wir jene polirte und parallel gestreifte Fläche, von welcher wir im vorigen Capitel dieser Arbeit als von einer eigenthümlichen, nicht auf Gletscherspuren zu deu- tenden Rutschfläche geredet haben. Was die Deutung dieser Gesteine anlangt, so ist ihre Stellung im Hangenden des echten massigen Sandsteins mindestens sehr wahr- scheinlich, und wenn uns die grünen, kieseligen und knolligen Schiefer an die unterste Partie des Eocäns von Pasieczna und vielleicht auch etwas an die bei Sokolowka und bei Jaworow beobachteten untersten Glieder dieser Formation erinnern, so können andererseits auch die erwähnten, beim Schlagen in scharfkantige Stücke zerfallenden, auf fri- schen Bruchflächen glasig glänzenden Sandsteine bereits als eine An- deutung derjenigen Facies des Eocäns betrachtet werden, welche man in der Bukowina Schipoter-Schichten genannt hat, und welche wir im Verlaufe dieses und des folgenden Capitels noch zu erwähnen haben werden. Weil uns jedoch die Uebereinstimmung mit den in den Ver- gleich gezogenen Eocängesteinen nicht vollständig genug erschien, so lassen wir die Sache vorläufig im Zweifel, um nicht möglicherweise gut charakterisirte Formationsgruppen durch Beiziehung minder gut bezeich- neter Gesteinsfolgen zu discreditiren. Wir kommen in die Thalerweiterung von Zabie, welche mit der Thalerweiterung von Worochta des Pruthprofils correspondirt und mit derselben durch ein nicht von hohen Bergen, sondern von relativ nie- drigeren Hügeln bedecktes Terrain verbunden ist. Mürbe Sandsteine und Sandsteinschiefer bilden die Hauptmasse der hier entwickelten Schichten. Die Sandsteine sind häufig weisslich und enthalten stellenweise kleine, Hieroglyphen ähnliche Protuberanzen. Die Sandsteinschiefer sind grau und glimmerreich. Auch thonige, dunkle, 102 C. M. Paul und Dr. E. Tietze. [70] blätterige Schiefer kommen vor. Die Schichtenstellung dieser Gebilde ist vielfach gestört, zuweilen sehr steil, die Fallrichtung im Allgemeinen südwestlich. .So sehr wir der ganzen Stellung dieser Formation wegen genöthigt sind, dieselbe in die obere Abtheilung der Karpathensand- steine zu stellen, so wenig vermögen wir dieselbe mit genügender Sicherheit einer der echten karpathischen Eocänbildungen gleichzu- stellen. Nicht zu leugnen ist übrigens ein gewisses Symmetriegesetz, wel- ches sich im bisherigen Verlauf unseres Durchschnittes von Kossow oder genauer von Sokolowka an herausgestellt hat, und demzufolge durch eine Anzahl paralleler Verwerfungen bedingt sich stets eine Folge unterer Karpathensandsteine, massiger Sandsteine, dem Sandsteine von Jamna entsprechend, und jüngerer Karpathensandsteine von Norden nach Süden wiederholt, und wir werden sogleich, flussaufwärts wan- dernd, dieser Gesetzmässigkeit noch einigemal begegnen. Von diesem Gesichtspunkt ausgehend, wird am Ende doch die Annahme wahr- scheinlich, dass Alles das, was wir als Endglied der dreigliederigen Schichtenfolge über dem Sandstein von Jamna liegen sehen, zusammen- gehöre, so schwer auch im Einzelnen die Parallele zwischen typischen und untypischen Gliedern der oberen Abtheilung uns werden möge. Am oberen Ende der Thalerweiterung von Zabie erhebt sich zwi- schen dem Ileczabach und dem Krasnikibach ein Berg, dessen Schichten ausser südwestlichen stellenweise auch nordöstliche Fallrichtungen zei- gen, und der im Wesentlichen aus dünnen, geschichteten Sandstein- bänken, stellenweise mit Hieroglyphen besteht. Einige dieser Sand- steine zeigen krummschalige, glimmerige Bruchflächen, wie die Teschner Strzolka, oder sind von weissen Kalkspathadern durchzogen, was ihren Kalkgehalt beweist. Dieser Kalkgehalt ist sogar bedeutend genug, um einigen kleinen Bächen an’ der Südseite des Berges zur Bildung von Kalktuff Veranlassung zu geben, welcher in dieser kalkarmen Gegend trotz seiner geringen Mächtigkeit aufgesucht und zum Kalkbrennen verwendet wird. Der Kalktuff schliesst breccienartig eckige Fragmente des Kalksandsteins und ausserdem bisweilen Landschnecken (Clausilien) ein. Er überzieht ausserdem stellenweise in einer dünnen, weissen Kruste die im der Nähe der Bäche am Gehänge als Schutt herumlie- genden Steine, was diesen Gehängen ein etwas fremdartiges Aussehen gibt. Einige der Sandsteine sind durch Eisen roth gefärbt, und könnten ihrer Schwere nach sogar als schlechte Eisensteine bezeichnet werden. Wir rechnen diesen Schichtencomplex zur unteren karpathischen Kreide. In seinem unmittelbaren Hangenden treten am Krasnikibache mit südwestlichem Fallen lichtblaue, graue, seltener dunkle, weichere, mer- gelig sandige Schiefer auf, über welche wir Näheres nicht anzugeben vermögen. Wir bringen sie vorläufig noch bei den unteren Karpathen- sandsteinen unter. Jetzt haben wir den Zug der Kostrica erreicht, deren westliches Ende mit dem Kukul wir bereits am Pruth kennen gelernt haben. Der ÜOzeremosz durchbricht hier diese Kette, deren östliche Fortsetzung auf der rechten Thalseite des Flusses Krenta genannt wird, in einer wilden, durch viele Stromschnellen bezeichneten Schlucht. a [71] Studien in der Sandsteinzone der Karpathen. 103 Zunächst beginnen am Ostabhang des Hediaberges mit südwest- lichem Fallen plattige Sandsteine mit Hieroglyphen, nach oben mit sehr massigen Bänken wechselnd. Endlich entwickelt sich daraus am Hauptzuge der Kostrica ein sehr massiger, in grossen Blöcken die Ge- hänge und das Bett des Flusses bedeckender Sandstein, der feinkörnig, wie der Sandstein von Jamna, nur etwas grauer, als dieser ist. Wir tragen trotz dieser eben nur unbedeutenden Differenz kein Bedenken, die beiden Sandsteine zu parallelisiren. Die plattigen Sandsteine des Hedia jedoch gehören in einen etwas tieferen Horizont und sind viel- leicht der unteren Abtheilung des Godulasandsteins der Teschner Ge- gend nicht fernstehend. Gleich oberhalb der Einmündung des Bystrzecbaches in den (ze- remosz treten dann feinkörnige, fest cämentirte, sehr harte, splitterige Sandsteine mit glasig glänzenden Bruchflächen auf in Wechsellagerung mit etwas gröberen, zuweilen in feines Conglomerat übergehenden Sandsteinen, welche viele weisse Glimmerschüppchen führen. Diese Sandsteine sind in zum Theil mächtigen, aber doch nicht so massigen Bänken, wie diejenigen der Kostricakette geschichtet. Einzelne sandige Schieferlagen enthalten Fucoiden. Alle diese Schichten stehen sehr steil. Da der Fluss von hier aufwärts nur wenig schräg gegen das Streichen verläuft, so bleibt man eine ziemliche Zeit im Bereiche dieses Schichtencomplexes, zu welchem sich bald darauf am linken Flussufer gut aufgeschlossene, aber schwer zugängliche Partieen grüner Mergel- schiefer gesellen, aus welchen kleine, Eisenocker absetzende Quellen hervortreten, ganz ähnlich wie aus den Menilitschiefern von Delatyn und anderen gleichalterigen Schichten. In dieser ganzen Schichtenfolge erkennen wir die oberen eocänen Karpathensandsteine, und zwar eine eigenthümliche Mischung verschie- dener Typen derselben. Die kieseligen Sandsteine mit glasigen Bruch- flächen entsprechen den Sandsteinen der Schipoter Schichten der Buko- wina, die gröberen, Glimmer führenden, in Conglomerat übergehenden Sandsteine erinnern deutlich an die Entwicklung des Eocäns der Czerna- hora, und die grünen Mergelschiefer sind ein Typus, den wir in ähn- licher Weise schon wiederholt im Eocän der von uns beschriebenen Gebiete der ostgalizischen Karpathen angetroffen haben. Nur echte Menilit- oder Fischschiefer sahen wir hier nicht mehr. Im Ganzen betrachtet, haben wir also in dem Stück unseres Profils von Ileza bis Bystrzec abermals eine Wiederholung der schon von Sokolowka an mehrfach wiederkehrenden Reihenfolge von älteren, mittleren und jüngeren, von Nord nach Süd aufeinanderfolgenden Karpathensandsteingliedern. Die Regelmässigkeit dieser Wiederholung erleidet jetzt insofern eine kleine Ausnahme, als hinter dem beschriebenen Systeme von Eocänschichten nicht zunächst wieder ältere Karpathensandsteine, son- dern massige Sandsteine, die wir für mittleren Karpathensandstein halten, auftreten. Man trifit dieselben bei der Thalverengung unter- halb Zeleny. Bei dem allgemeinen Fallen der Schichten nach SW haben wir es daher in dem Profile zwischen der Kostrica-Krentazone und Zeleny mit einer schiefen Mulde zu thun. 104 C. M. Paul und Dr. E. Tietze. [72] Die Umgebung von Zeleny wird dann wieder von unterem Kar- pathensandstein, von Ropiankaschichten eingenommen, die namentlich an den beiden Flussufern mit ihren ausserordentlich nach allen Rich- tungen geknickten und gebogenen Schichtenstellungen aufgeschlossen sind. Sie führen wenige, aber bezeichnende Hieroglyphenlagen. Die festeren Bänke sind - glimmerig, mitunter von Kalkspathadern durch- zogen und zeigen krummschalige Bruchflächen. Kurz vor Javornik treten, durch grosse Gehängeblöcke charak- terisirt, wieder die massigen Sandsteine der mittleren Karpathensand- steinabtheilung an das Thal und ruhen, nicht sehr steil südwestlich fallend, auf den Ropiankaschichten. Sie bilden die Kuppen des Sko- ruszny genannten Bergzuges. Es folgt bei Javornik ein System von dunklen, meist völlig schwarzen, kieseligen Schiefern und dünneren Lagen eines dunklen, feinkörnigen, ebenfalls kieseligen, splitterigen, glasig glänzenden Sand- steins. Oberhalb Javornik herrschen noch immer schwarze, kieselige Schiefer, in kantige Stücke zerbröckelnd. Sie wechseln mit Sandsteinen und feinkörnigen Quarzconglomeraten. Die Sandsteine enthalten viel weissen Glimmer in grösseren Schüppchen und thonige Einschlüsse, viel seltener schwarzen Glimmer, zuweilen auch grössere Körner von hellem Quarz, aus deren Ueberhandnehmen das Conglomerat hervor- geht. In schieferig sandigen Lagen treten auch Pflanzenspuren auf. Einzelne Partieen der Schiefer sind dünnspaltiger und blätteriger. Diese Schichten von Javornik stellen nicht allein ihrer Lagerung über den massigen Sandstein nach die obere Abtheilung der Karpathen- sandsteine vor, sie stimmen auch in ihren petrographischen Charakteren theils mit den eocänen Sandsteinen und Conglomeraten der Üzernahora, theils mit den Schipoter Schichten der Bukowina überein. Zudem liegen sie im Streichen sowohl jener Sandsteine, insofern wir uns hier an der östlichen Abdachung der Czernahora befinden, als auch in der west- lichen Verlängerung des Streichens der Schichten von Schipot und deren Fortsetzung bei Hrynjowa, welche wir im nächsten Capitel er- wähnen werden. Die Schichten von Javornik nehmen also ihres ört- lichen Vorkommens wegen und in Folge des bei ihnen zu beobachtenden Ineinandergreifens zweier in ihren Endgliedern sehr abweichender Ge- steinsfacies eine intermediäre Stellung in dem ostkarpathischen Eoecän ein. Die oberhalb Javornik zwischen Szibeny und Borkut entwickelten Schichten sind nicht ganz leicht zu deuten. Es sind dort massige Sandsteine mit untergeordneten Schieferlagen wechselnd zu beobachten. Die Sandsteine sind feinkörnig, dunkelgrau, und enthalten feine, aber zahlreich in der Masse vertheilte Glimmerschüppchen. In der Gegend von Szibeny sahen wir den Sandstein auch stellenweise von weissen Kalkspathadern durchzogen. An einigen Punkten bemerkten wir nord- östliches Einfallen dieser Schichten, doch war die Fallrichtung nicht überall mit Sicherheit zu ermitteln. Mit dem Sandstein von Jamna stimmen die massigen Lagen des hier besprochenen Sandsteins nicht überein, doch erscheint, uns dessen Zuzählung zur Kreide gerechtfertigt. Bei Borkut tritt, wie der Name dieses Punktes andeutet, ein Säuerling auf. Derselbe ist eisenhältig und zeigt einen schwachen Schwefelwasserstoffgeschmack. [73] Studien in der Sandsteinzone der Karpathen. 105 Unter den Gesteinen oberhalb Borkut, welche auch in dem schräg- über der Sauerquelle auf der linken Czeremoszseite einmündenden Thale zu beobachten sind, ist namentlich ein dunkelgrauer, von weissen Kalk- spathadern durchzogener Kalksandstein zu bemerken, welcher mit weniger kalkigen Sandsteinen und Schiefern wechselt. Auch ein nicht sehr grobes Conglomerat tritt auf, dessen Gemengtheile vorwiegend weisser Quarz und schwarzer Kieselschiefer sind, in welchem aber auch Chlo- ritschiefereinschlüsse wahrgenommen wurden. Dieses Conglomerat ist wohl auf’s Nächste verwandt mit dem am Saratabach in der Bukowina (Paul, Bukowina ]l. c. p. 311) beobachteten Neocomconglomerat. Der Czeremosz hat oberhalb Borkut sein Thal auf eine ziemlich lange Erstreckung annähernd im Streichen der Schichten gebildet. Man trifft desshalb auf einige Zeit, flussaufwärts gehend, im Ganzen immer wieder dieselben Gebilde an. An der galizisch-ungarischen Grenze jedoch bestehen die die Wasserscheide bildenden Berge aus Glimmerschiefer. An der Polonina Özewczyn, wo früher ein Bergbau auf angeblich silberhältigen Bleiglanz, der in Gängen im Glimmerschiefer vorkam, bestand, hat bereits Alt!) diesen Glimmerschiefer beobachtet. Die Grenze des Glimmerschiefers gegen den Sandstein befindet sich, wie schon Alt angibt, etwa dort, wo an den Quellen des Ruskowabaches der Gebirgskamm sich senkt. Oestlich von Czewezyn schieben sich im obersten Quellgebiet des Czeremosz Kalke von meist heller Farbe zwischen die Sandstein- und die Glimmerschieferzone. Wir müssen dieselben als äusserste westliche Fortsetzung der in der Bukowina entwickelten Zone von Triaskalken ansehen. Versteine- rungen besitzen wir von dieser Stelle nicht. Die Glimmerschiefer der galizisch-ungarischen Grenze sind einer- seits als die Fortsetzung der Zone kıystallinischer Schiefer anzusehen, welche in der südlichen Bukowina bekannt ist, andererseits findet sich im Westen die Fortsetzung dieser Region in den älteren Gesteinen der Gegend von Bocsko Raho in der Marmarosch. Nach den Beobachtungen Alt’s ist jedoch anzunehmen, dass diese Region krystallinischer Schiefer keine ganz ununterbrochene Gesteins- zone in der Marmarosch darstellt (wenigstens nicht an der Oberfläche), sondern dass sich Inseln oder Streifen von Karpathensandstein im Ge- biet dieser Zone finden. Alt gibt z. B. (l. c. p. 11) an, dass der Sauerbrunnen Szuliguli aus Glimmerschiefer, und zwar an der Grenze zwischen gewöhnlichem quarzigen und einem schwarzen, talkigen Schiefer hervorkommt, sowie dass im Fainathale Glimmerschiefer herrscht. Auf dem Wege aber vom Fainathale, nördlich nach der Alpe Üzewezyn, fand er in einer Einsattlung zunächst ein Lager von schwarzem Kiesel- schiefer und ein solches von grauem Kalkstein, dann aber trat auf dem Kamme ein grobes DEUGSHEINGDHENLuerAt auf, welches auch die Alpe Szuligul zusammensetzt. ') Ein Ausflug in die Marmaroscher Karpathen, Mitth. der k. k. geogr. Ges. Wien 1858, p. 12. Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt. 1877. 27. Band. 1. Heft. (C.M. Paulu. E. Tietze.) 14 106 C. M. Paul und Dr. E. Tietze. [74] vll. Von Kutty nach dem oberen Gebiet des weissen Czeremosz. Wir beginnen unser Profil mit dem Ovidiusberge bei Kutty, dessen nördlichster Vorsprung von den Gesteinen der Salzthongruppe zusam- mengesetzt wird. Es sind graue, mürbe Sandsteine, stellenweise sehr feine Glimmerschüppchen führend, lichte, weiche Schiefer und röthliche oder bläuliche Thone. Die Entblössungen zeigen namentlich an dem nach Süden gerichteten Abhang einer der kleineren Terrainfurchen daselbst die uns von früher bekannte hell blaugraue Gehängefarbe. Das Fallen dieser Schichten ist südwestlich, so dass auch hier ein schein- bares Unterteufen des älteren Gebirges stattfindet. Südwestlich von den beschriebenen Gesteinen sieht man Spuren des die älteste Abtheilung dieser Gruppe bildenden Salzthonconglome- rates, zwar ohne deutlichen Aufschluss, aber durch die herumliegenden Rollstückelemente des Conglomerats markirt. Weiter folgen mit südwestlichem Fallen dunkle, blätterige Schiefer mit gelblichen Beschlägen, wechselnd mit dünngeschichteten, weisslichen Sandsteinen. Wir haben hier die Menilitschiefergruppe vor uns. Dann liegen um einen sumpfigen, auf der halben Höhe des Berges befindlichen, von den Bewohnern jener Gegend als Meer- auge bezeichneten Teich Blöcke und Brocken verschiedener Gesteine herum, unter denen wir feinkörnige, gelbliche Sandsteine oder sehr kieselige, mit etwas glasigen Bruchflächen versehene und auf natür- lichen Spaltflächen mit einer Kruste feiner, glänzender Quarzkry- ställchen überzogene Sandsteine und sehr zahlreiche grüne Breccien- conglomerate bemerkten. Die letzteren zeigen viele Aehnlichkeit mit den Gonglomeraten von Delatyn oder Pasieczna, führen auch vorwie- gend Brocken desselben chloritischen Gesteins, welches wir von dort kennen gelernt haben, und ausserdem weisse Quarzkörner, welche den Conglomeraten am Pruth und der Bistritza allerdings fehlen. Bisweilen gehen sie in Sandstein über, in vielen Fällen aber ist ihr Bindemittel so kalkig, dass sie fast einen Kalkstein mit eingebackenen, heterogenen Gesteinsbrocken vorstellen. Sie enthalten nicht selten Stengelglieder von Crinoiden, an den späthigen Querschnitten derselben erkennbar. _ An einigen Sandsteinbänken beobachtete man anfangs nordöstliches, später doch wieder südwestliches Fallen. Es ist uns nicht gelungen, bei den ungenügenden Aufschlüssen, die der Berg gerade in dieser Gegend zeigt, mit Sicherheit die hier beschriebenen Gesteine auseinan- derzuhalten. Während die kieseligen Sandsteine mit glasigen Bruch- flächen an die Schipoter Schichten, also noch an Eocän erinnern, deutet das grüne Breceienconglomerat auf die Vertretung der Kreideformation hin. Es wäre nicht unmöglich, dass beide Formationen an dieser Partie des Berges mit ineinandergreifender Lagerung auftreten, und bei den Störungen, die namentlich den Rand des Gebirges betroffen haben, ist es schwer, jedes einzelne Lagerungsverhälniss zu deuten. Wir kamen bei unserem Wege von dem erwähnten Teich gegen Südwest an den oberen Theil einer tief eingerissenen Schlucht, welche von der Westseite des Ovidiusberges nach Süden gegen die Strasse herabführt, gegenüber der auf der Bukowinaer Seite des Czeremosz gelegenen Ortschaft Riwna. Die hier zu beobachtenden Aufschlüsse [75] Studien in der Sandsteinzone der Karpathen. 107 sind überraschend schön. Mit nordsüdlichem Streichen und westlichem Fallen steht hier eine Aufeinanderfolge meist dünn und ziemlich gleichmässig geschichteter Schieferlagen an. Die Schiefer sind grün, an der Oberfläche röthlich verwitternd. Ihnen sind Schichten dichten, zum Theil in Thoneisenstein übergehenden Kalksteins eingeschaltet. Diese Schichten sind immer nur einige Zoll dick und werden von quer durch dieselben gehenden zahlreichen Klüften durchsetzt, was den ent- blössten Schichtplatten ein pflasterförmiges Aussehen gibt. Jene Klüfte entsprechen übrigens wohl nur thonigeren, weicheren Partieen, welche durch die Einwirkung der Denudation auf die freigelegten Platten ent- fernt wurden, wodurch die festeren Kalkprismen in jener pflasterstein- artigen Anordnung hervortraten. Die beschriebenen Gebilde sind namentlich auf der Westseite der Schlucht entwickelt, reichen aber in einer kleineren Partie auch auf die Ostseite der Schlucht immer mit westlichem Fallen herüber, wo sie gänzlich discordant von entgegengesetzt, das ist östlich fallenden Schichten überlagert werden (siehe Fig. 7), deren untere Partie aus Fig. 7. 1. Mittlerer Karpathensandstein. 2. Unterer Karpathensandstein. grünlichen, schüttigen Schiefern mit eingelagerten, dünnen Sandstein- bänken, und deren obere aus dem feinkörnigen, gelblichen, oben schon erwähnten Sandstein besteht, der mit dem grünen Brecciencon- glomerat des Ovidius vorkommt. Steigt' man die Schlucht abwärts und somit auch in’s Liegende der Schichten, so findet man wieder Conglomeratbänke, den oberen sehr ähnlich, aber augenscheinlich einem tieferen Niveau angehörig. Nach und nach stellen sich auch hieroglyphenreiche, aber immer noch grünliche Lagen ein, und endlich sogar eine Masse von in mächtigen Bänken abgelagertem, hellem, zuckerkörnigem Sandstein, dessen Wider- stand das Bächlein der Schlucht zu einem Wasserfall veranlasst. Unter diesem Sandstein liegen bläuliche Hieroglyphensandsteine, welche thal- abwärts in blaue Schiefer übergehen. Letztere zeigen eine gewisse Aehnlichkeit mit den unteren Teschner Schiefern, führen aber auch noch Hieroglyphen. Zweifellos haben wir in der genannten Schlucht die Gruppe der unteren Karpathensandsteine vor uns. Die sich discordant zunächst darüber legenden Sandsteine und Schiefer müssen wir wohl vorläufig der mittleren Karpathensandstein- gruppe zuweisen, obwohl, wie wir oben andeuteten, eine sichere Fixi- rung der vom Ovidius östlich zwischen den Menilitschiefern und den 14* 108 C. M. Paul und Dr. E. Tietze. [76] unteren Karpathensandsteinen vorhandenen Gesteine nicht gut thunlich war. In jedem Falle geht aus den beschriebenen Verhältnissen hervor, dass es in den Karpathensandsteinen Ostgaliziens mehrere Lagen eines dem grünen Breccienconglomerat von Delatyn ähnlichen Gebildes geben könne, höhere und tiefere, wenn dasselbe auch im Allgemeinen als cre- tacisch und meistens als charakteristisch für die untere Gruppe der Karpathenkreide betrachtet werden muss. Von einigem Interesse scheint uns das anomale nordsüdliche Streichen der unteren Karpathensandsteine an diesem Punkte zu sein. Wir haben im Verlaufe dieser Arbeit schon für die untersten Schichten des Sattelaufbruchs von Pasieczna und für die Ropiankaschichten bei Limanowa in der Gegend von Sandec ein ähnliches Verhalten nachge- wiesen. Es scheint fast, als hätte das karpathische Neocom an einigen Stellen bereits frühzeitig eine Hebung erfahren, und als habe diese Hebung eine andere Richtungslinie besessen, als die später in den Kar- pathen zum Ausdruck gekommene. Doch können solche anomale Strei- chungslinien auch das Resultat sehr complicirter späterer Dislocationen sein, denn der an mehreren Stellen des von uns beschriebenen Gebiets stattfindende allmählige Uebergang der unteren Karpathensandsteine in die Gesteine der mittleren Gruppe spricht nicht für die Allgemeinheit solcher Hebungen der älteren Glieder vor Absatz der jüngeren. In der That, geht man vom unteren Ende der geschilderten Schlucht das Czeremoszthal aufwärts nach Tudiow, so sieht man, dass der besprochene Complex unterer Karpathensandsteine sein Streichen etwas dreht und bei mehr nördlichem Fallen der Thalerweiterung von Tudiow stellenweise seine Schichtenköpfe zuwendet. Doch bleibt die Neigung gegen Westen noch immer nicht ganz zurückgedrängt, wie man an der Fortsetzung der die Mitte der Formation einnehmenden massi- geren Sandsteine wahrnehmen kann, welche nur durch einige, relativ kleine Verwerfungen unterbrochen, sich durch abweichende Gehänge- farben von den anderen Schichten verschieden als breites Band weithin am Witrina- und Ilmaberge verfolgen lässt. In jedem Falle gibt uns der Ovidius bei Kutty eine deutliche Vorstellung der Thatsache, dass grade am äussersten Nordrande der Karpathen, so zu sagen am Ende dieses Gebirges, noch sehr intensive Dislocationen stattgefunden haben. Daher überraschte uns hier die Auffindung von Steinen mit geglätteten Rutschflächen nicht im Min- desten. Wir haben aber nicht den geringsten Anhaltspunkt gefunden, um aus solchen Flächen auf die einstige Vergletscherung dieses Berges zu schliessen. Wir kommen nach Tudiow. An der linken Thalseite des von Rozen maly kommenden Baches und vom Czeremosz durch eine breite Diluvialebene getrennt, erhebt sich ein kleiner Berg. An seinem Süd- westabhange gegen. den Bach zu besteht er aus gröberem, glimmerrei- chem Sandstein, der nach NO fällt. Ueber diesem Sandsteine folgen dünner geschichtete Sandsteine mit untergeordneten dünnen Schiefer- lagen, in denen zahlreiche Hornsteinbänke vorkommen. Eine kleine, kurze Schlucht kommt von dem Berge auf dessen Ostseite herab, und an der Nordseite dieser Schlucht wurde eine kleine Partie losen Con- glomerates, ähnlich dem Conglomerat des Salzgebirges, beobachtet. > a N B [77] Studien in der Sandsteinzone der Karpathen. 109 Gleich darauf gegen NO sieht man wieder mit steiler Schichtenstellung weissliche, dünngeschichtete Sandsteine anstehen, welche mit den weissen Sandsteinen der Menilitschiefer bei Delatyn übereinstimmen. Dieser ganze Schichtencomplex ist eocän (bezüglich oligocän), vielleicht mit Ausnahme des losen Conglomerats, welches eine kleine, schon etwas mehr als gewöhnlich gegen das Innere des Gebirges vorgeschobene Partie der alleruntersten Abtheilung des älteren Neogens vorzustellen scheint. Oberhalb der Thalerweiterung von Tudiow treten dünngeschichtete, sandige Fucoidenlagen auf, welche südwestlich fallen und in der Ge- gend des zur Erinnerung an den Strassenbau errichteten Obelisken von massigem Sandstein deutlich überlagert werden. Der massige Sand- stein entspricht dem Sandstein von Jamna; die Fucoidenschichten in seinem Liegenden gehören somit in die untere karpathische Kreide. Da die letzteren von den alttertiären Schiefern und Sandsteinen von Tudiow scheinbar abfallen, so muss das von Rozen maly kommende Thal als Verwerfungsspalte aufgefasst werden. Ueber dem massigen Sandstein beim Obelisken folgen immer noch mit südwestlichem Fallen dünn und gleichmässig geschichtete, kiese- lige, grünliche, roth verwitternde Lagen, welche ihrerseits von dünn geschichteten Sandsteinen bedeckt werden. Ein Wasserfall stürzt hier am steilen Gehänge herab. Dieser ganze Schichtencomplex hat ein ' ausserordentlich fremdartiges Aussehen, und stimmen die grünen und rothen kieseligen Lagen mit keiner der uns bekannten Facies der ver- schiedenen Karpathensandstein-Niveau’s überein. Doch müssen wir diesem Schichtensystem seiner Lage über dem massigen, mittleren Kar- pathensandstein wegen seinen Platz im Rahmen des oberen Kar- pathensandsteins anweisen. Vielleicht entsprechen die grünen, roth verwitternden kieseligen Lagen den grünen Schiefern und Mergeln, welche wir anderwärts an vielen Punkten als unterstes Glied des ost- karpathischen Eocäns kennen gelernt haben. Am Eingange des Javerinskithales und am Hrebinberge steht massiger Sandstein an. Bald constatirt man gegen Podzaharyez zu einen kleinen Aufbruch von unterem Karpathensandstein, der zunächst von weicheren, grünen, leicht zerbröckelnden Mergeln mit eingeschal- teten festeren Lagen bedeckt wird. In den grünen, bröckligen Mergeln beobachteten wir stellenweise in ziemlicher Menge relativ grössere zerbrechliche Foraminiferen von runder Form und papierdünnem Querschnitt, welche zu Orbitulites ge- hören dürften. Sie heben sich durch ihre weissliche Farbe von dem grünen Gestein ab und lösen sich leicht von demselben los. Darüber kommt dann massiger Sandstein. Dann kommen dünner geschichtete Lagen eines feinkörnigen, dunklen Sandsteins, und grün punktirte Sandsteine mit seltenen Hiero- glyphen. Diese Schichten gehören zum unteren Karpathensandstein. Sie werden thalaufwärts wieder von massigem Sandstein bedeckt. Darüber beobachtet man ein nur wenige Klafter mächtiges System von dünn geschichteten, südwestlich fallenden Sandsteinbänken. Dieser Sandstein ist etwas grobkörnig und hat ein sehr kalkiges Bindemittel. Er erinnert sehr an den kalkigen Nummulitensandstein von Pasieczna 110 C. M. Paul und Dr. E. Tietze. [78] bei Nadworna. Nummuliten beobachteten wir hier zwar nicht, dafür aber eine andere eocäne Foraminiferenart, nämlich Orbitoides stellata d’Arch. Ueber dem eocänen Sandstein folgen Schiefer, massigere Sand- steine und dünn geschichtete, weissliche Sandsteine, welche den weiss- lichen jüngeren Eocänsandsteinen bei Delatyn sehr ähnlich sind, und wiederum Schiefer. Die Schiefer sind sehr dünn geschichtet, enthalten Lagen von gestreiftem, Menilit-artigem Hornstein und sind meist kie- selig von bläulicher Farbe mit weissen Verwitterungsflächen, entspre- chen also in vielen Kennzeichen den Menilit- und Fischschiefern von Delatyn und anderen Orten, die wir im Verlauf unserer Arbeit nam- haft gemacht haben. Sie treten, wie frühere Untersuchungen in der Bukowina dargethan haben, nicht auf das rechte Ufer des Czeremosz hinüber. Flussaufwärts bei Rostoky tritt wieder der untere Karpathensand- stein auf mit Hieroglyphenschichten, weisslichen, Fucoiden führenden Kalkmergeln, welche denen des Neocoms von Przemysl entsprechen und hier sich etwas mehr bemerkbar machen, als im Pruththale. Unter den Hieroglyphen fiel uns am Südostgehänge der Lysienka wieder eine in offener Spirale gewundene Form auf, wie wir sie ähnlich schon im unteren Karpathensandstein bei Dora am Pruth gesehen hatten. Gegenüber der auf der Seite der Bukowina gelegenen Häuser- gruppe von Rostoky treten auf der linken Thalseite zwei kleine Fels- partieen von etwas massigerem Sandstein mit weisslicher Gehängefär- bung auf, welche wahrscheinlich ähnlich wie die massigen Sandsteine, die sich vom Ovidiusberge nach dem Witrina- und Ilmaberge ziehen, nur Einlagerungen in den unteren Karpathensandstein vorstellen. Dagegen betrachten wir den massigen Sandstein, der nördlich von Bialoberesko unter der Einmündung des Mlenikybaches in den Czeremosz im Hangenden der soeben besprochenen Partie der unteren karpathischen Kreide zum Vorschein kommt, als mittleren Karpathen- sandstein, d. i. als Vertreter des Sandsteins von Jamna. Bei Bialoberesko sind wieder dünnere Schichten entwickelt, die aber am rechten Ufer des Flusses deutlicher aufgeschlossen sind, als auf der von uns begangenen Seite, und dort südwestlich fallen. Auf dem Wege von Bialoberesko nach Chorocowa ist eine flache Mulde eines Systems von Schichten aufgeschlossen. Das untere Glied dieses Complexes ist ein ungeschichtetes, massiges, dem Ansehen nach sandig mergeliges Gestein, welches übrigens mit Säuren nicht braust. Es enthält concretionenartig Partieen von sehr festem, quarzitischem, blaugrauem Sandstein. Darüber liegt dann ein sehr massiger Sand- stein, von welchem hausgrosse Blöcke in’s Thal herabgefallen sind. Der Sandstein ist feinkörnig, weisslich mit feinen, dunklen Punkten, stellen- weise auch relativ grössere, grüne Schüppchen enthaltend, ähnlich ge- wissen Sandsteinlagen nördlich von Zabie. Abgesehen von der letztgenannten Varietät stimmt dieser massige Sandstein sehr gut mit dem Sandstein von Jamna überein, welchem er auch seiner Lagerung nach entspricht, denn bei Chorocowa treten in seinem Liegenden: wieder die unteren Karpathensandsteine auf, unter [79] Studien in der Sandsteinzone der Karpathen. 111 denen wir namentlich dunkle Sandsteine mit weissen Kalkspathadern und das grüne Breccienconglomerat des Neocom bemerkten. Schrägüber von Uscie putila fallen diese Schichten schon wieder südwestlich und werden von massigem, mittlerem Karpathensandstein überlagert, welcher die Höhe des Trienzuberges bildet und bei der Thalverengung an den Üzeremosz herantritt. Hinter der Thalverengung, wo der Czeremosz wieder auf eine Strecke lang westöstlich fliesst, sind wieder die unteren Karpathensandsteine zu beobachten, welche hier nordöstlich fallen, so dass der massige Sandstein in ihrem Hangenden eine Mulde bildet. Ausser den gewöhn- lichen Hieroglyphenschichten und Fucoidenlagen bemerkten wir auch hier das grüne Breceienconglomerat. Diese Gesteine halten an bis Uscieriki, wo die Vereinigung des weissen und schwarzen Üzeremosz stattfindet, und noch weiter den Czeremosz aufwärts. Oberhalb Krasnoila, dort wo der von Jasienow kommende Fluss auf einen Augenblick eine nordsüdliche Biegung macht, sieht man, dass man es mit dem nördlichen Flügel des Aufbruchs eines Luftsattels zu thun hatte, der sich dort schliesst, insofern der massige mittlere Kar- pathensandstein daselbst von beiden Seiten über dem unteren Kar- pathensandstein zusammentritt. Unter dem massigen Sandstein liegen dort zuoberst grüne Schie- ferlagen, mit Sandsteinbänken wechselnd. Tiefer folgen Schichten, unter denen wir blaugraue Sandsteine mit Kalkspathadern, Bänke eines weissen zuckerkörnigen Sandsteins, an den neocomen Grodischter Sand- stein der Gegend von Teschen erinnernd, lichte Kalkmergel, wie im Neocom von Przemysl, sandige Schiefer mit Fucoiden, grüne Breccien- conglomerate, stellenweise gröber wie das der unteren Karpathensand- steine von Delatyn, stellenweise feiner wie die feinkörnige Breccie am Pruthufer bei Dora, und festere Bänke eines meist feinkörnigen und grünlichen Sandsteins hervorheben. Auch an Hieroglyphenlagen fehlt es nicht, und fanden wir auch hier jene in offener Spirale aufgerollte Form. Wir verlassen jetzt den schwarzen Czeremosz, dessen oberen Lauf wir im vorangegangenen Abschnitt beschrieben haben, und gehen von dem Vereinigungspunkt. desselben mit dem weissen Özeremosz den letz- teren aufwärts. Wir haben es zunächst mit dem südlichen Flügel des Luftsattels zu thun, in dessen Mittelaufbruch das Thal des schwarzen Czeremosz eingegraben ist. In dem ersten Seitenthal am linken Ufer des weissen Czeremosz stehen vertical gestellte Gesteinsbänke an. Es sind röthlich- braune und grünliche Sandsteine, stellenweise Hieroglyphen führend. Dann folgt eine kleine Partie massigen Sandsteins, dem Sandstein von Jamna entsprechend, und dann kommt eine mächtige oder zum Mindesten horizontal weit ausgedehnte Entwicklung der unteren kar- pathischen Kreide, welcher stellenweise Bänke eines massigen Sand- steins eingeschaltet sind, ähnlich wie zwischen Kutty und Tudiow. Diese Sandsteine enthalten etwas fein vertheilten Glimmer und treten in Gesellschaft von Strzolka ähnlichen Lagen auf. Vielfache, am rechten 112 C. M. Paul und Dr. E. Tietze. [80] und linken Ufer zu beobachtende Knickungen beweisen, dass auch hier die Ropiankaschichten grossen Störungen unterworfen worden sind. Bei Dolhopole, etwas oberhalb des Wirthshauses, schrägüber der auf der Bukowinaer Seite gelegenen Kirche beobachtet man einen Wechsel von licht blaugrauen, krummschalig gebogenen Schiefern, festen blaugrauen Kalksandsteinen mit Hieroglyphen, hydraulischen, hellen Kalkmergeln, dünnspaltigen, blauen, sandig-kalkigen Schiefern und Schichten mit weissen Kalkspathadern. Hier sind auf kleinem Raume eine Menge der für die unteren Karpathensandsteine bezeich- nenden Gesteinstypen vereinigt. Oberhalb Dolhopole sind in diesem Schichtensysteme wieder die mannigfachsten Knickungen bei im All- gemeinen steiler Schichtenstellung wahrzunehmen. Die Gesteinsbänke sieht man hier quer über den Fluss streichen. Dann trifft man bei der Thalverengung auf einen Wechsel dünn geschichteter Bänke, etwa vom Typus der Gesteine, die man sonst Beloweszaschichten genannt hat. Bald darauf kommen grobe Sandsteine, in ihren untersten Lagen etwas Glimmer enthaltend, und in ein sehr massiges Quarzconglomerat, welches seltenere Einschlüsse von Glimmerschiefer enthält, übergehend. Darüber treten wieder Strzolka-artige Schichten auf, mergelige, weiss verwitternde Schiefer, dickblätterige, graue Schiefer mit Fucoiden, dichte Sandsteine mit feiner Schichtenstreifung, in Verbindung mit grünen, feinschüttigen Schiefern oder groben, buntpunktirten Sandsteinen und selteneren Hieroglyphenlagen. Die Schichtenstellung ist dort, wo die grünen Schiefer auftreten, eine steile, vorher aber zeigte sich süd- westliches Einfallen. Wir ziehen diese Gebilde bei der Thalverengung oberhalb Dolhopole zum mittleren Karpathensandstein. Doch entspre- chen sie jedenfalls einer unteren Abtheilung desselben, und könnten etwa den unteren Schiefern des Godulasandsteins gleichgestellt werden. Gegen Jablonica zu treten dann dickschichtige, conglomeratische Sandsteine mit weissem Glimmer und groben Quarzkörnern auf. Dahinter stehen bei Jablonica selbst dünne graue Schiefer mit eingelagerten Sandsteinbänken an. Das Einfallen ist südwestlich. Es ist schwer, diesen Schichten einen sicheren Platz in der Reihen- folge der karpathischen Formationen anzuweisen. Sicher ist, dass sie Jünger sind, als die untere karpathische Kreide, und dass sie älter sind, als die zum Eocän gehörigen „Schipoter Schichten“, welche wir sogleich im Hangenden der betrachteten Schichtengruppe finden werden. Doch stimmt die Petrographie der Schichten von Jablonica mit keiner Abtheilung der sichergestellten karpathischen Schichtglieder genügend überein, um weitere Schlussfolgerungen zuzulassen. Vielleicht darf man den conglomeratischen, dickschichtigen Sandstein vor Jablonica als un- gefähren Vertreter des Sandsteins von Jamna und die dünnschichtigeren Gesteine bei Jablonica selbst als ein jüngeres Glied der karpathischen Kreide betrachten. In jedem Falle ziehen wir vorläufig diese Gebilde zu unserer Gruppe der mittleren Karpathensandsteine. Einige Minuten vor Hrynjowa betritt man dann das Gebiet, der aus der Bukowina herüberstreichenden Schipoter Schichten, welche, wie schon andernorts hervorgehoben wurde, aus einem System seiden- glänzender oder glasig glänzender Sandsteine und kieseliger Schiefer f E L 3 P [81] Studien in der Sandsteinzone der Karpathen. 113 von, man möchte sagen, gefrittetem Aussehen bestehen, und deren Petro- graphie wohl die besondere Beachtung von Specialisten verdienen würde. Stellenweise werden kurz vor Hrynjowa die betreffenden Sand- steinbänke sehr massig. Oberhalb Hrynjowa verlieren die Sandsteine ihren glasigen Cha- rakter. Am Berge Medwedie treten grobe Sandsteine mit grösseren Quarzkörnern, weissem Glimmer und thonigen Einschlüssen auf, welche stellenweise in ein feines Quarzconglomerat übergehen, und von denen mächtige Blöcke die Gehänge bedecken. Wir erkannten in diesen Schichten die Sandsteine der Czerna- hora wieder, in deren Streichungsfortsetzung sie überdiess gelegen sind. Es ist also auch in dieser Gegend eine Verknüpfung zweier Facies des Eoeäns bemerkbar. Noch etwas südlicher im Thale von Mali Hramitni treten wieder Gesteine vom Habitus der Schipoter Schichten auf. Im oberen Ende dieses Thales soll sich, nebenbei gesagt, vor alten Zeiten ein Gold- bergbau befunden haben. Wir haben keinerlei Anhaltspunkte für die Bestätigung dieser Sage auffinden können. Die Berge, welche das Thal von Mali Hramitni umgeben, bieten einiges Interesse, da sich hier innerhalb der Schipoter Schichten ver- schiedene Gesteinsvarietäten unterscheiden lassen, welche zum Theil an Gesteine anderer Entwicklungen des Eocän erinnern. So sahen wir dunkle Schiefer mit weissen Verwitterungsflächen, welche den Smilno- schiefern ähnlich sehen, nur dass sie minder thonig und dafür split- teriger sind. Auch dunkle, dünnblätterige Schiefer mit fleckigen Be- schlägen kommen vor, in denen man den Typus der feinblätterigen Eocänschiefer von Delatyn erkennt. Ausserdem sieht man dunkle, äusserst feinkörnige Sandsteine mit seidenglänzenden Bruchflächen und hellere, ein wenig gröbere, stellenweise röthlich gefleckte und löcherige, quarzitische Sandsteine mit glasglänzenden Bruchflächen. Auch kie- selig-thonige, in unregelmässig prismatische Stücke zerfallende dunkle Schiefer kommen vor. Dass dann weiter südlich wieder ältere Karpathensandsteine folgen, ‚bis schliesslich die Kalk- und Glimmerschieferzone der galizisch-ungari- schen Grenze erreicht wird, brauchen wir hier im Hinblick auf die im vorigen Capitel und in den „Grundzügen der Geologie der Bukowina“ mitgetheilten Einzelheiten nicht weiter auseinanderzusetzen. Schlussbemerkungen. In den vorhergehenden Abschnitten haben wir die wichtigsten Hauptdurchschnitte des von uns im Sommer 1876 gemeinsam bereisten Gebietes geschildert, uns hiebei jedoch darauf beschränkt, die der Beobachtung direct sich darbietenden Thatsachen wiederzugeben, ohne mehr, als es zum Verständnisse unumgänglich nöthig erschien, auf Vergleiche und Verallgemeinerungen einzugehen. In dem Folgenden wollen wir nun durch Zusammenfassung der aus den zerstreuten Einzelbeobachtungen resultirenden Hauptergebnisse Jahrbuch d. k. k, geol. Reichsanstalt. 1877. 27. Band. 1. Heft. (©. M. Paulu. E.Tietze.) 15 114 C. M. Paul und Dr. E. Tietze. [82] einen kurzen Ueberblick über die Zusammensetzung und den Bau des in Rede stehenden Gebietes zu geben versuchen. Die uns hier in erster Linie beschäftigende Gegend ist der öst- liche, südlich an die Marmaros, östlich an die Bukowina angrenzende Theil des galizischen Karpathensandsteingebirges. Wir sehen die dieses Gebirge zusammensetzenden Glieder der Kar- pathensandsteingebilde, wie in der angrenzenden Bukowina, in drei, in den meisten Fällen ziemlich gut von einander zu trennende Hauptgruppen zerfallen, von denen die unterste wohl zum grössten Theile den tie- feren Etagen der Kreideformation, die oberste mit Sicherheit dem Eoeän angehört, während die mittlere einen zwar minder genau hori- zontirbaren, sicher aber zwischen den beiden erwähnten Niveaugrenzen liegenden Schichtencomplex darstellt. A. Untere Abtheilung der Karpathensandsteine. Sehr mannigfaltig in ihrem petrographischen Habitus, aber doch stets durch gewisse charakteristische Gesteinstypen. untereinander ver- bunden sind die Schichten, die in unserem Gebiete das tiefste Niveau der Karpathensandsteine einnehmen. Wie in allen besser studirten Gegenden der Karpathensandstein- zone zeigt sich auch hier die untere Abtheilung als das Hauptniveau der Hieroglyphen. Der Gesteinscharakter der hieroglyphenreichen Schichten ist nicht überall im Gebiete gleich, doch finden sich stellen- - weise einzelne Lagen, welche alle Eigenschaften der im ersten Ab- schnitte dieser Mittheilung geschilderten sogenannten „Strzolka* der oberen Teschner Schiefer Schlesiens in vollkommenster Weise wieder- erkennen lassen. Ein zweiter, wie es scheint, auf den östlicheren Theil der Sand- steinzone beschränkter Gesteinstypus ist das bei der Beschreibung un- serer Durchschnitte mehrfach erwähnte Conglomerat aus Geschieben von grünem chloritischem Schiefer, welches an vielen Punkten mit den Ernen Hieroglyphenschichten in deutlicher Wechsellagerung auftritt. Ein drittes, wenn auch nicht überall, so doch an den meisten Punkten des Auftretens dieser Gruppe in mehr oder weniger typischer Entwicklung den obigen Varietäten sich einschaltendes Gestein sind die lichten, fucoidenreichen Kalkmergel, die sich in ihrer petrographischen Ausbildung einerseits an die Fucoidenmergel von Przemysl und an die hydraulischen Kalkmergel von Lischna in Schlesien, andererseits an die Cementmergel der Bukowina anschliessen; im Czeremoszthale tritt auch eine gefleckte, muschelig brechende Abänderung auf, die ihrer- seits den allbekannten Neocom-Fleckenmergeln der karpathischen Hoch- gebirgsfacies und der südlichen Klippenlinie petrographisch vollkommen entspricht. Neben den erwähnten charakteristischen Gesteinsvarietäten, die in ihrer Combination auch bei undeutlichen Lagerungsverhältnissen zur Wiedererkennung der Gruppe dienen können, treten in derselben stellen- weise noch mehr oder weniger reine Thoneisensteinbänke, sowie sehr [83] Studien in der Sandsteinzone der Karpathen. 115 vielgestaltige Schiefer und dünngeschichtete Sandsteine auf, auf die wir hier nicht weiter eingehen wollen. Bemerkenswerth erscheint noch eine in der Gegend von Kutty inmitten des hieher gehörigen Schichtencomplexes eingelagerte Partie eines weisslichen, manchmal zuckerkörnigen, massigen Sandsteins, der, auch petrographisch dem Grodischter Sandsteine nicht unähnlich, hier zu den Hieroglyphenschichten Ostgaliziens in demselben Verhältnisse zu stehen scheint, wie der Grodischter Sandstein zu den oberen Teschner Schiefern Schlesiens. In der Bukowina gelangt dieser Sandstein zu noch bedeutenderer Entwicklung. Die rothen Mergel und hornsteinreichen Aptychenkalke, die in der südlichen Klippenlinie (z. B. bei Ujak), oder die rothen und grünen Mergel, wie sie bei Rzegocina in den tiefsten Lagen der Kar- pathensandsteine auftreten, fehlen in Ostgalizien. Die kalkige Ent- wicklung der Gruppe tritt überhaupt hier gegen die sandige sehr zurück; die Hieroglyphenschichten zeigen dieselbe beinahe nur im Süden und Osten des Gebietes, während die des Pruththales (z. B. bei Dora), wenn auch dem äusseren Ansehen nach den Kalksandsteinen (Strzolka) der oberen Teschner Schiefer sehr ähnlich, mit Säuren sehr wenig brausen, daher ein sehr kalkarmes Bindemittel besitzen. Auch die Lagen von Kalkmergeln treten im Süden und Osten unseres ostgalizi- schen Gebiets häufiger, im Pruththale dagegen nur in Spuren auf. Diess mag auffällig sein im Hinblick auf den Umstand, dass gerade ähnliche Mergel bei Przemysl, also westlicher, gut entwickelt sind. Als einen für die äussere Charakteristik der in Rede stehenden Gruppe bemerkenswerthen Umstand müssen wir noch die auffallenden Biegungen, Faltungen und scharfen Knickungen erwähnen, welche die Schichten derselben nahezu an allen Punkten ihres Auftretens zeigen. Ein ganz analoges Verhalten wurde auch bei den tieferen Lagen der Karpathensandsteine des Saroser, Zempliner und Ungher Comitates beobachtet. An wirklich bestimmbaren Fossilresten sind die unteren Kar- pathensandsteine Ostgaliziens so arm, wie überall. Die einzigen, mindestens der Thierklasse nach sicher erkennbaren Fossilien fanden sich im Conglomerate bei Delatyn. Es sind Cerio- poren, Cidaritenstacheln und ein Lepadidenrest (Pollicipes oder Scalpel- lum?), der jedoch mit keiner der bei Reuss') abgebildeten Formen übereinstimmt. An zum Theil sehr schön erhaltenen Fucoiden (meistens den Gat- tungen Zoophycos. und Chondrites angehörig) sind die unteren Kar- pathensandsteine Ostgaliziens (namentlich in den kalkigen Mergel- lagen) sehr reich. Diese Vorkommnisse werden jedoch wegen der grossen verticalen Verbreitung anscheinend ganz gleicher Formen, insolange für die stra- tigraphische Deutung der Karpathensandsteine werthlos bleiben, als nicht ein sehr eingehendes Studium derselben eventuelle constante Unter- schiede zwischen den cretacischen und eocänen Formen festgestellt häben wird. 1) Sitzb. d. k. Akad. XLIX.. Bd. 1864, 15* 116 C. M. Paul und Dr. E. Tietze. [84] | Bis jetzt liegt uns, was diesen Gegenstand betrifft, nur ein Auf- satz C. Ettingshausen’s über die fossilen Algen des Wiener und Karpathensandsteins (Sitzb. d. math.-naturw. Cl. d. Akad. d. Wiss. Wien 1863, p. 444) vor. Ettingshausen hebt besonders hervor, „dass gerade die verbreitetsten Algenformen der Fucoidenschiefer so- wohl in Schichten gefunden werden, die man nach charakteristischen Thierresten der Kreide zuweisen muss, als auch in solchen, die sich als unzweifelhaft eocän herausstellten, ja dass sogar einige Formen des Chondrites Vindobonensis bis in den Jura und Lias herab verfolgt werden können.“ Es erschien desshalb diesem bekannten Phytopaläon- tologen „kaum möglich, aus den vegetabilischen Einschlüssen des Wiener- und Karpathensandsteins irgend einen sicheren Anhaltspunkt zur Bestimmung des Alters dieser Schichten zu gewinnen.“ Endlich müssen wir noch der sog. Hieroglyphen erwähnen, die, wie aus dem uns vorliegenden Materiale nunmehr wohl mit Sicherheit erkannt werden kann, mindestens zum grossen Theile ebenfalls organi- schen Ursprungs sind. Dass einige derselben auf Fucoiden zurückzu- führen seien, wurde schon wiederholt, zuletzt von Boue'!) hervor- gehoben. Es finden sich aber auch zahlreiche andere, kelchartige oder spiralgerollte, oder mit regelmässiger Querrippung versehene Formen, die nicht wohl Fucoiden, noch weniger aber bei ihrer auffälligen For- menconstanz innerhalb desselben Niveau’s blosse Zufälligkeiten sein können. Zweifellos wird es seinerzeit möglich werden, auch diese heute noch räthselhaften Formen irgend einer Thier- oder Pflanzenfamilie einzureihen, doch muss wohl hiefür das Vorliegen eines noch weit reichlicheren Materiales abgewartet werden, als uns gegenwärtig zur Verfügung steht. Was die Verbreitung der in Rede stehenden Gruppe betrifft, so nimmt dieselbe (innerhalb des oben abgegrenzten Terrains) von Ost gegen West in auffallender Weise ab, indem hieher gehörige Ablage- rungen den grössten Theil des Czeremoszthales von Dolhopole bis Kutty zusammensetzen, während dieselben im Pruththale, einige ganz kleine und unbedeutende Aufbrüche abgerechnet, bereits nur mehr auf den Nord- rand der Zone beschränkt sind, und im Bistritzathale, wo ihre Strei- chungsfortsetzung gesucht werden sollte, gänzlich unter jüngeren Ab- lagerungen verschwinden. Zur Rechtfertigung der oben gegebenen Deutung dieser Gruppe als untere Kreide geben nun die erwähnten dürftigen Fossilreste der- selben allerdings keine genügenden Anhaltspunkte; wir finden solche jedoch in dem Zusammentreffen verschiedener anderer Momente in aus- reichendem Maasse. Wir haben es hier zunächst mit der directen Fortsetzung der unteren Karpathensandsteine der Bukowina zu thun, welche durch ihre enge Verbindung mit Aptychen führenden Schichten, durch den Ammo- nitenfund Herbich’s bei Kimpolung, und dessen Beobachtungen in Siebenbürgen etc. mit hinreichender Sicherheit horizontirt sind. ?) 1) Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1870, Nr. 2. 2?) Vgl. Paul, Grundzüge der Geologie der Bukowina, Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1876, 3. Heft. Eee ee rn [85] Studien in der Sandsteinzone der Karpathen. 117 Wir können ferner theils vollkommene, theils sehr nahe petro- graphische Uebereinstimmung mit den sichergestellten Neocomien- schichten von Przemysl und Schlesien nachweisen. Wir können endlich an vielen Punkten den hier in Frage kom- menden Complex als relativ tiefstes Niveau aller Karpathensandstein- gebilde des Terrains direct beobachten. Da nun in anderen Theilen der Zone, z. B. in Schlesien, bei Przemysl, und in der Bukowina das tiefste Glied der Karpathensand- steine als neocom erkannt ist, so fehlt wohl jeder Grund, petrogra- phisch nahe übereinstimmende Schichten desselben Gebirgszuges, die unter gleichen Verhältnissen auftreten, hier anders zu deuten. So sehr aber die allgemeine Bezeichnung unserer Schichtgruppe als untere Kreide verhältnissmässig wohlbegründet erscheinen mag, so lässt sich doch. eine schärfere Parallelisirung derselben mit engeren Gliedern des stratigraphischen Systems vorläufig durchaus nicht durch- führen. Ob diese Gruppe nur das Neocomien, oder auch das Aptien um- fasse, oder ob vielleicht sogar stellenweise Lagen des unteren Albien in einer Gesteinsfacies auftreten, die ihre Trennung von den tieferen Gliedern unmöglich macht — diess sind Detailfragen, zu deren Lösung unser gegenwärtiges Beobachtungsmaterial nicht ausreicht, und wir müssen uns begnügen, auch die unteren Karpathensandsteine Ostgali- ziens in den weiten, aber dem gegenwärtigen Stande unserer Kennt- nisse am besten sich anpassenden Begriff der „Ropiankaschichten“ ein- zureihen. B. Mittlere Abtheilung der Karpathensandsteine, Wenn auch stellenweise etwas schwankend in ihrer Begrenzung gegen oben und unten, so doch ihrer Hauptmasse nach nahezu überall leicht ausscheidbar sind die Gesteinsfolgen, die wir dieser Abtheilung zuzählen. Im westlichen Theile des Gebietes (dem Wassergebiete des Pruth) zerfallen die hieher gehörigen Bildungen ziemlich constant in drei Glieder. Zu unterst finden wir meistens einen Wechsel von grünen Mer- geln mit Sandsteinen, zuweilen in Verbindung mit gelblichen Hierogly- phenschichten und Fucoidenschiefern. Die Mitte der Abtheilung nimmt der so charakteristische, grossmassige Sandstein ein, wie er beispiels- weise bei Jamna, zwischen Mikuliczyn und Tartarow etc. entwickelt ist. Nach oben endlich werden die Schichten des Sandsteins dünner, es zeigen sich zuweilen wieder gelbliche Hieroglyphenschichten oder Conglomerate, die denen der unteren Abtheilung sehr ähnlich sind, oder sehr verschiedenartige Schieferlagen. Wo die oberen Lagen der mittleren Abtheilung in der erwähnten Weise entwickelt sind, ist die Grenze gegen die obere Abtheilung ge- wöhnlich ziemlich undeutlich, sowie andererseits die hieroglyphenreichen Lagen an der Basis der mittleren Gruppe von den unteren Karpathen- sandsteinen oft sehr schwer auseinanderzuhalten sind, 118 C. M. Paul und Dr. E. Tietze. [86] Auch in Schlesien gleichen die tieferen, hieroglyphenreichen Lagen des Godulasandsteins, für die wir oben die Bezeichnung „Ellgother Schichten“ vorschlugen, der „Strzalka* der oberen Teschner Schiefer sehr. Hier sind, wie schon in den der vorliegenden Mittheilung vor- ausgeschickten Bemerkungen über die Karpathensandsteine Schlesiens erwähnt wurde, eine Reihe constanter petrographischer Merkmale fest- gestellt, durch welche diese beiden Niveaus unterschieden werden können. Ob aber solche zum Theil ziemlich minutiöse Gesteinsunterschiede bis in die entfernten Gebiete der Ostkarpathen, von denen wir hier sprechen, constant bleiben, ist immerhin fraglich, und wir sind daher, wo zur Trennung der Ropiankaschichten von den tieferen Lagen der mittleren Karpathensandsteine nur derartige Unterscheidungsmittel vor- liegen, wohl hie und da vor Verwechselungen nicht vollständig sicher. Die erwähnte Dreitheilung der mittleren Gruppe ist im östlichen, an die Bukowina angrenzenden Theile des Gebietes nicht mehr so deutlich entwickelt, namentlich der massige Sandstein tritt hier sehr zurück, und es schalten sich statt seiner Sandsteine anderer petrogra- phischer Entwicklungsformen ein, die, wenn sie auch keineswegs mit Sicherheit als ein stratigraphisches Aequivalent des massigen Sandsteins von Jamna bezeichnet werden können, doch ‚wegen ihrer intermediären Stellung zwischen sicheren unteren und oberen Karpathensandsteinen in die mittlere Abtheilung gestellt werden müssen. | Was die Verbreitung der mittleren Karpathensandsteine innerhalb des hier in Betracht gezogenen Theiles von Ostgalizien betrifit, so be- stehen im Centrum des Gebietes nahezu alle bedeutenderen Höhenzüge aus hieher gehörigen Bildungen, die hier ungefähr dieselbe orogra- phische Bedeutung haben, wie die Godulasandsteine in den schlesischen Karpathen. Wir heben diesen Umstand mit besonderem Nachdruck hervor. Gegen Osten nimmt die Entwicklung dieser Gruppe ab, und es prävaliren an der Grenze der Bukowina die unteren. den Ropianka- schichten äquivalenten Gesteine. Nur einige der Züge mittlerer Sand- steine setzen südostwärts in die Bukowina fort. Näheres über diesen Gegenstand ergeben die Schilderungen der einzelnen Durchschnitte, wie sie in den vorhergehenden Abschnitten versucht wurden. C. Obere Abtheilung der Karpathensandsteine. In dieser Gruppe fassen wir alle diejenigen Glieder des grossen Flyscheomplexes zusammen, deren Zugehörigkeit zum FEocän theils durch paläontologische Beweise festgestellt, theils durch das Zusammen- treffen anderweitiger Umstände mit an Sicherheit grenzender Wahr- scheinlichkeit anzunehmen ist. Die petrographische Entwicklung der eocänen Karpathensandsteine und Schiefer lässt sowohl von Westen gegen Osten, als von Norden gegen Süden eine allmählige Modification erkennen. Eine engere Gliederung derselben ist namentlich im Nordwesten des Gebietes zu beobachten. ee a [87] Studien in der Sandsteinzone der Karpathen. 119 Hier finden wir als tiefstes Glied grünliche Mergel mit Sandstein- lagen, darüber Nummuliten führenden Kalksandstein mit untergeord- neten Schieferlagen, darüber den bei Besprechung unserer Durchschnitte gewöhnlich unter dem Namen der „Fischschiefer“ zusammengefassten Complex von dunklen, weiss verwitternden, kieseligen Schiefern (Smilno- Schiefern), dünnblätterigen Dysodilschiefern, Lagen gestreifter Horn- steine (Menilite) etc., welche an mehreren Punkten die bekannten Reste von Lepidopides, Olupen etc. lieferten. Erwähnen müssen wir, dass unter den ziemlich zahlreichen Fischresten, die uns aus diesen Schichten vorliegen, auch nicht eine Spur von Amphysile Heinrichi sich findet, daher die übliche Bezeichnung derselben als „Amphysilenschiefer“ nicht zulässig erscheint. In den höheren Lagen dieser Fischschiefer stellen sich häufig Bänke eines weisslichen, mürben, sehr dünn geschichteten Sandsteins ein, der, allerdings nur local, zuweilen nach oben allein herrschend wird. Ein Vergleich dieser Reihenfolge mit der der Eocänbildungen Schlesiens, von der wir im ersten Abschnitte dieser Mittheilung ein Beispiel gaben, zeigt deren vollständige Uebereinstimmung. Wir haben hier wie dort über dem Niveau der Nummuliten die Menilitschiefer, zu oberst eine Sandsteinfacies. Aber nur an sehr wenigen Punkten unseres Terrains haben wir alle diese Glieder deutlich unterscheidbar entwickelt. ‘Namentlich der Nummuliten führende Kalksandstein , der im Bistritzathale eine ziemlich bedeutende Mächtigkeit erlangt, verschwindet gegen Osten und Süden. Nur eine, wenige Klafter mächtige Lage eines petrographisch nahe übereinstimmenden Kalksandsteins bei Rostoki am Czeremosz, mit Orbitoides stellata d’Arch., deutet eine. südöstliche Fort- setzung desselben an. Sonst finden wir überall statt des Sandsteins nur die auch im Bistritzathale in Wechsellagerung mit demselben beobachteten dunklen, licht verwitternden Schiefer allein entwickelt, und da diese von ganz ähnlichen Lagen in den Fischschiefern nicht zu unterscheiden sind, so ' verschmilzt möglicherweise in solchen Fällen das Niveau des Nummu- litensandsteins mit den Menilitschiefern zu einem nicht weiter trennbaren Complexe, während dagegen die grünen Liegendmergel meistens noch als gesonderte Etage unterschieden werden können. Dieses ist in der Mitte des Terrains, beispielsweise zwischen Kossow und dem schwarzen Czeremosz, das herrschende Verhältniss. Am äussersten Südrande des Terrains, längs der ungarisch-gali- zischen Grenze, finden wir abermals eine abweichende petrographische Entwicklung des Eocäns. An dem westlichsten, hier in Betracht kommenden Punkte dieses Grenzkammes, am Tartarenpasse bei Jablonica, sind noch Schiefer- gebilde herrschend, zwar nicht überall die typischen Merkmale echten Menilit- oder Smilnoschiefers zeigend, aber doch noch mit genügender Sicherheit wiederzuerkennen. Am Gebirgszuge der Czernahora gelangt die Sandsteinfacies dieser Etage zu bedeutender Entwicklung, und zwar in derselben petro- graphischen Ausbildung, wie sie so häufig in den ungarischen Karpathen- 120 C. M. Paul und Dr. E. Tietze. [88] sandsteingebieten im Hangenden der Smilnoschiefer beobachtet, und gewöhnlich als „Magurasandstein* bezeichnet wurde. Es ist ein grober, mürber, sehr glimmerreicher Sandstein mit einzelnen grösseren Quarz- körnern. Durch die Magurasandsteine Ungarns ist die Verbindung dieses Gebildes mit dem Grudecker Sandsteine Schlesiens hergestellt. Verfolgt man die Sandsteinbildungen der Czernahora dem Strei- chen nach gegen Südost, so findet man schon im Thale des schwarzen Czeremosz einzelne Lagen von festen glasigen Sandsteinen und kie- seligen Schiefern, die sich den groben, glimmerreichen Varietäten ein- schalten. Weiter gegen Südost werden dann die letztgenannten Ge- steine herrschend. Es sind dieses diejenigen Bildungen, die in der directen Strei- chungsfortsetzung der Schichten der Czernahora sich in die angren- zende Bukowina fortziehen, wo sie mit dem Namen „Schipoter Schichten“ belegt, und ebenfalls als höchste Etage der Karpathensandsteine auf- gefasst worden waren.!) Die Schipoter Schichten entsprechen übrigens zum Theil gewiss nicht bloss den Czernahorasandsteinen, sondern auch den Menilitschiefern von Delatyn u. s. w. Es wäre wohl ziemlich verfrüht, wenn wir aus den Verhältnissen der Ostkarpathen irgend eine detaillirtere Parallelisirung unserer Eocän- Niveau’s mit den in ausserkarpathischen Gebieten aufgestellten engeren Eocän-Etagen ableiten, etwa die grünen Mergel und Nummulitensand- steine dem unteren, die Menilitschichten dem mittleren Eocän gleich- stellen, und die Magurasandsteine in das Oligocän versetzen wollten; auch wäre es nicht leicht, mit unbedingter Gewissheit von jeder ein- zelnen Gesteinsfacies unserer oberen Karpathensandsteine zu sagen, ob sie einer der anderen Facies ganz oder nur theilweise entspräche, und in letzterem Falle inwiefern, sicher aber gehören alle in Obigem be- rührten Gebilde zum älteren Tertiär. Nicht so sicher in dieser Beziehung blieb leider eine ziemlich verbreitete Gesteinszone, die sich von Zabie über Worochta bis Jablo- nica am Tartarenpass hinzieht, constant auf dieser Erstreckung die Ablagerungen der oberen von den der mittleren Abtheilung trennend. Die Horizontirung dieser Zone muss erst von dem Fortschreiten der Untersuchungen gegen Westen erwartet werden. Was die Verbreitung des Eocäns in unserem Gebiete betrifft, so finden wir dasselbe sowohl als Randzone gegen das Neogenland, als auch im Innern der Sandsteinzone, und gerade die Hauptentwicklung desselben in den mächtigen Sandsteinmassen der Czernahora ist, über- einstimmend mit den in der Bukowina, im Trencziner Comitate Un- garns und in anderen Karpathensandsteingebieten beobachteten Ver- hältnisse, näher gegen den Südrand, als gegen den Nordrand der Zone gerückt. Vergleichen wir die im Vorstehenden kurz skizzirte Gliederung der Karpathensandsteine des Kolomeaer und Stanislauer Kreises mit der ') Vgl. Paul, Grundzüge der Geologie der Bukowina. Jahrb. der k. k. geol. R.-A. 1876, 3. Heft. [89] ; Studien in der Sandsteinzone der Karpathen. 121 der Bukowina, wie sie von einem von uns vor Kurzem publicirt wurde !), so ergibt sich, dass die in beiden Gebieten gewonnenen Resultate sehr nahe übereinstimmen, und dass durch die gegen Westen vorschrei- tenden Untersuchungen keine wesentlichen Modificationen unserer An- schauungen in dieser Beziehung bedingt wurden. Als Fortschritt können wir die nunmehr gewonnene sichere strati- graphische Horizontirung der Schipoter Schichten, der den Smilnoschie- fern entsprechenden Bildungen, und der Fischschiefer bezeichnen, Ab- lagerungen, deren eocänes Alter nach den Verhältnissen der Bukowina nur mit Wahrscheinlichkeit vermuthet, nicht aber mit Bestimmtheit ausgesprochen werden Konnte. Ein Unterschied zwischen den Karpathensandsteinen des Kolo- meaer Kreises und denen der Bukowina ist insofern zu erkennen, als die Entwicklung der obersten Niveau’s (der Menilit- oder Fischschiefer) in letzterem Lande bedeutend zurücktritt. Ebenso leicht lässt sich die Reihenfolge der Karpathensandsteine Ostgaliziens mit denjenigen in Uebereinstimmung bringen, die bei den Aufnahmsarbeiten im Saroser, Zempliner und Ungher Comitate Ungarns aufgestellt wurde. In diesen Gebieten hatte man unterschieden (von oben nach unten): Magurasandstein, Smilnoschiefer, Belowezsaschichten, Ropiankaschichten. Den Magurasandstein finden wir in unserem Sandsteine der Üzerna- hora, die Smilnoschiefer in unseren Fischschiefern wieder. Die Belowezsaschichten sind, wie bereits im ersten Abschnitte dieser Mittheilung betont wurde, ein weiter Sammelbegriff, welcher alle die mittleren Niveau’s der Karpathensandsteine in den erwähnten Ge- bieten Ungarns einnehmenden Gebilde umfasst. Nach unseren heutigen Erfahrungen sind in denselben petrographisch ähnliche Ablagerungen von der mittleren Kreide bis inclusive dem tieferen Theile des Eocän zusammengefasst. Die Ropiankaschichten Ungarns endlich stimmen petrographisch, sowie ihrer Lage nach ganz mit unserer „unteren Gruppe der Karpathensandsteine*, daher wir keinen Anstand nahmen, dieselbe oben mit diesem Namen zu bezeichnen. Vergleichen wir die Gliederung, die wir für die hier in Betracht gezogenen Gebiete Ostgaliziens versuchten, endlich noch mit derjenigen, welche Dr. Herbich in Siebenbürgen gewann, so finden wir ebenfalls sehr auffallende Analogien. Auch Herbich parallelisirt einen grossen Theil der die untere Abtheilung der siebenbürgischen Sandsteinzone constituirenden Bildungen auf Grund mehrfacher Cephalopodenfunde mit den oberen Teschner Schiefern (Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1573, Nr. 16), und eitirt aus anderen Partieen Inoceramus Oripsi, Belemnitella mucronata, Turriliten etc. (Verh. 1872, Nr. 2), wodurch das Auftreten mittel- und obercretacischer Karpath@nsandsteine auch in Siebenbürgen constatirt ist, und die oben gegebene Deutung un- serer „mittleren Abtheilung“ erhöhte Wahrscheinlichkeit gewinnt. Uebereinstimmend gilt für alle bisher genauer untersuchten Kar- pathensandsteingebiete der Satz, dass der tiefste Theil des karpathi- ') Paul, Grundzüge der Geologie der Bukowina. Jahrb. der k. k. geol. R.-A. 1876, 3. Heft, p. 321. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt. 1877. 27. Band, 1. Heft. (C. M. Paul u. E. Tietze.) 16 122 C. M. Paul und Dr. E. Tietze. [90] schen Flysch neocom, der höchste desselben eocän ist. In den zwischen diesen beiden Endgliedern liegenden Ablagerungen hat man in Schle- sien sichere Repräsentanten des Albien (im Godulasandsteine), und des Öenomanien (im Istebnasandsteine); im Trencziner Waagthale sicheres Cenomanien (in den exogyrenreichen Orlowersandsteinen), und wahr- scheinliches Turonien und Senonien (im Upohlawer Conglomerat und den Puchowerschichten) erkannt. Welchem dieser Niveau’s zwischen Eocän und Neocom unsere ost- galizischen mittleren Sandsteine entsprechen, können wir nach den uns heute vorliegenden Daten nicht angeben. Endlich darf betont werden, dass die Facies der im galizischen Hügellande entwickelten Kreideschichten sich, soweit bis jetzt bekannt, in den galizischen Karpathen nicht wiederfindet. Eine Ausnahme hie- von schienen noch vor Kurzem die Verhältnisse von Przemysl vorzustellen. Wenn indessen Stur und Wolf die Kreidemergel von Przemysl mit denen von Lemberg verglichen, mit welchen sie, wie wir auf Grund persönlicher Anschauung versichern können, wohl nur insoweit Aehn- lichkeit haben, als eben jeder Mergel mit jedem Mergel solche besitzt, so ist durch die Beobachtungen Niedzwiedzki's die ‘karpathische (Geologie von jener Ausnahme endgiltig befreit worden. Wir möchten die Besprechung des stratigraphischen Materials der in Rede stehenden Gegend Ostgaliziens nicht abschliessen, ohne auch ein Wort über die Salzformation zu sagen. Die Gesteine derselben werden stellenweise namentlich denen der Gruppe der jüngeren Kar- pathensandsteine sehr ähnlich, wie diess im Allgemeinen schon Franz v. Hauer (Geologie p. 608) ausgesprochen hat. So z. B. erinnern gewisse Sandsteine mit thonigen Einschlüssen, welche wir, wie die Sand- steine von Dobrotow und von Berezow, zur Salzformation rechnen zu müssen glauben, sehr an solche Eocänsandsteine, in denen ebenfalls thonige Einschlüsse vorkommen. Von nicht geringer Bedeutung für gewisse, vorläufig freilich rein theoretische Fragen, scheint uns das bunte Gemenge der verschiedenen, in den CGonglomeraten der Salzformation enthaltenen Gesteine zu sein. Thatsächlich liessen sich in diesen Conglomeraten nur dort, wo wir sie in unmittelbarster Nachbarschaft der Karpathensandsteinzone beobach- teten, wie bei Kossow, auch Fragmente von Gesteinen dieser Zone er- kennen. In jedem Falle dürfen wir behaupten, dass diese letzteren nur in untergeordneter Weise den Elementen der altneogenen Conglo- meratbildung am Nordrande der Karpathen beigemischt sind. Woher die verschiedenen Kalke stammen, welche als Geschiebe sich in dieser Bildung finden, ist eine schwer zu beantwortende Frage. Einige dieser Kalke, wie z. B. der rothe, von uns für oberjurassisch gehaltene Kalk des Conglomerats von Sioboda Rungurska besitzen aller- dings den Habitus von Kalken der karpathischen jurassischen Kalk- und Klippenzone, aber in dem ganzen, von uns bereisten Gebiete Ost- galiziens findet sich nicht eine Spur anstehender Gesteine, die damit zu vergleichen wären. Im Norden in der podolischen Ebene sind solche Gesteine ebenso wenig bekannt. [91] Studien in der Sandsteinzone der Karpathen. 123 Sehr merkwürdig sind aber die grünsteinartigen Gemengtheile der altneogenen Conglomeratbildungen, über welche uns, wie an den be- treffenden Stellen hervorgehoben wurde, Dr. Edmund Neminar aus- führliche Details als Ergebniss einer auf unser Ansuchen vorgenom- menen Untersuchung mitgetheilt hat, und welche, wie sich aus den Beschreibungen ergibt, in naher petrographischer Beziehung zu dem grünen schieferigen Gesteine des grünen breccienartigen Neocomconglo- merats unseres Gebietes stehen. Diese petrographische Verwandtschaft erstreckt sich übrigens auch auf ein Gestein, dessen Fundort ausserhalb unseres galizischen Ge- bietes, nämlich in der Bukowina am Nordrande des Karpathenzuges bei Krasna sich befindet. Dieses Gestein bildet nach der Beobachtung des Einen von uns bei Krasna einen hausgrossen Felsen. Doch ist es nicht absolut sicher, ob dieser Felsen die Kuppe eines anstehenden Ge- steines oder einen grossen Block vorstellt. Wir geben die Beschrei- bung dieses Gesteins von Krsna mit den Worten des Hrn. Dr. Edmund Neminar: „Das grüne, schieferige Gestein erweist sich unter dem Mikro- skop als ein krystallinischer, grüner Schiefer, welcher nach den in grosser Menge vorhandenen Hornblendeblättchen, die durch ihre parallele Lagerung auch die Schieferung dieses Gesteins verursachen, Hornblende- schiefer genannt werden kann. Der Quarz, der in etwas geringerer Menge auftritt, als die Feldspathe, ist zumeist rein, mitunter aber mit Glas- und Flüssigkeitsinterpositionen vollkommen erfüllt. Seine Körn- chen sind von mässiger Grösse, und ziemlich regelmässig durch das ganze Gestein vertheilt. Unter den Feldspathen ist sowohl Plagioklas als Orthoklas vertreten, indessen prävalirt der erstere in hervorragender Weise. Die Plagioklaskrystalle sind zumeist frisch, während die Ortho- klase, die hin und wieder Zwillinge nach dem Karlsbader Gesetze zeigen, in der Regel etwas zersetzt sind. Hornblende findet sich in dünnen Blättchen ziemlich gleichmässig ausgebildet und parallel an- geordnet. In manchen Fällen finden sich diese stark dichroitischen Hornblendeblättchen mit schön grasgrünen, ebenfalls ziemlich stark dichroitischen Blättchen verbunden, die als Chlorit anzusehen sind, der hier ein secundäres Product der Hornblende ist. Sonst trifft man noch Magnetit, der indessen nicht stark vertreten ist, und gewöhnlich in winzigen Körnchen das Gestein durchschwärmt.“ Hr. Dr. Neminar knüpft in dem uns mitgetheilten Manuseript an die Detailbeschreibung der einzelnen von ihm bei dieser Gelegen- heit untersuchten Gesteine folgende allgemeine Bemerkungen: „Vergleicht man auf Grund der mineralogischen Zusammensetzung den klastischen grünen Schiefer des Neocomconglomerates von Delatyn mit den tuffartigen Gesteinen, die den Hauptbestandtheil des Salzthon- conglomerates von Sioboda Rungurska und von Zarzyce bilden, so wird mit Evidenz ersichtlich, dass zwischen diesen Gesteinen, von deren Habitus abgesehen, kein wesentlicher Unterschied besteht. Vollkommen übereinstimmend zeigt jedes derselben dieselben wesent- lichen Bestandtheile, nämlich Quarz, Feldspath und Chlorit, unter gleichen qualitativen Verhältnissen als mehr oder minder grobes klastisches Material, das nur in einem Falle zu einem schieferigen, in den beiden 16* 124 C. M. Paul und Dr. E. Tietze. [92] andern zu einem tuffartigen Gebilde regenerirt wurde. Sind schon die gleichen qualitativen Verhältnisse bei den gleich wesentlichen Bestand- theilen jedes dieser drei Gesteine wichtige Gründe für eine Annahme der Zusammengehörigkeit, so ist noch bei diesen drei Gesteinen der Umstand, dass ein wesentlicher Gemengtheil, der Chlorit nämlich, den- selben secundären Bildungsprocess (von der Hornblende) ganz deutlich illustrirt, so gewichtiger Natur, dass ein Zusammenhang zwischen ihnen mit Recht als unzweifelhaft bezeichnet werden kann. „Selbstverständlich liegt es nun nach diesem Ergebniss nahe, anzunehmen, dass diese drei, in ihrem äusseren Habitus wohl verschie- denen, in ihrer Wesenheit jedoch vollkommen übereinstimmenden secun- dären Gesteiue auf ein und dasselbe ursprüngliche Gestein zurückzu- führen sind. Nach der mikroskopischen Untersuchung nun erwies sich das Gestein von Krasna als ein krystallinischer, grüner Schiefer, der im Wesentlichen dieselbe mineralogische Zusammensetzung hat, als die oben erwähnten drei klastischen Gesteine. Der einzige nennenswerthe Unterschied aber, dass hier nämlich der Chlorit fast ausschliesslich durch Hornblendeblättchen vertreten ist, mit denen er auch in einigen wenigen Fällen aggregirt erscheint, weist im Gegentheil deutlich darauf hin, dass das Gestein von Krsna mit den erwähnten drei klastischen Gesteinen in Beziehung steht. Denn wenn eben in den klastischen Gesteinen sich Chlorit findet, der secundären Ursprungs ist, und sich offenbar auf Hornblende zurückführen lässt, wie es ganz deutlich das Gestein von Sioboda Rungurska zeigt, wenn ferner sowohl diese Horn- blende, als auch das Umwandlungsproduct, dem Chlorit des krystallini- schen, grünen Schiefers von Krsna völlig gleicht, und überdiess auch die anderen Bestandtheile des klastischen Gesteines denen des krystal- linischen vollkommen entsprechen, so liegt doch nichts näher, als an-- zunehmen, dass das Material der klastischen Gesteine von dem krystal- linischen, grünen Schiefer, wie er bei Krsna vorkommt, herrührt.* In den betreffenden Gesteinen nun dürfen wir also eine zusam- mengehörige Formationsgruppe erkennen, deren Reste sich in den ge- nannten Conglomeraten erhalten haben, und welche jedenfalls älter, als die Kreideformation ist, da sich Trümmer derselben schon im Neocom finden. Hinzufügen müssen wir, dass sich die betreffenden Gesteinselemente der Conglomerate der Salzformation schon desshalb unmöglich von den Gesteinselementen des neocomen Breccienconglomerats ableiten lassen, weil sie zum grössten Theile so bedeutende Dimen- sionen besitzen, wie sie bei den Chloritgesteinen des Neocomconglo- merats nicht vorkommen. Man könnte im Hinblick auf die fremdartigen Elemente des Salz- formationsconglomerats sich fast an die Verhältnisse der sogenannten Nagelfluh der Schweiz erinnern, wie sie z. B. den Gipfel des Rigi bildet, und welche ja überdiess ein ungefähres Altersäquivalent unserer unteren Mediterranstufe vorstellt. Auch in dieser Nagelfluh finden sich bekanntlich Geschiebe, wie jener dem Granit des Schwarzwaldes gleiche Granit, deren Ursprung nicht aus den südlich davon gelegenen Alpen abgeleitet werden kann. Wir machen auf diese eigenthümliche Ana- logie nur im Vorübergehen aufmerksam, ohne weitere Schlussfolgerungen daraus zu ziehen. | | | | | EEE GE WE WE. VCHERE TERN nn Bee ee Zu een ee ee ee ee Zee De a a Frl as ı? A a ? [93] Studien in der Sandsteinzone der Karpathen. 195 Wenn schon für die zum Theil sehr grossen exotischen Blöcke, wie sie in dem Eocän der Karpathen, z. B. an der Olsa oberhalb Teschen auftreten, und wie sie von uns auch in Östgalizien bei Tar- tarow nachgewiesen wurden, welche ja in gewissen Vorkommnissen im Flysch der Schweiz ebenfalls ihr Analogon finden, nur schwer eine Er- klärung in der aus vielen Gründen noch sehr ungenügenden Hypothese ihres Transports durch Eismassen der Eocänperiode gefunden werden kann, dann glauben wir eventuell derartige Vermuthungen erst recht ablehnen zu müssen, wenn es sich um die Erklärung des Ursprungs der Geschiebe in unserer karpathischen Salzformation handeln sollte. Es ist richtig, dass wir diesen Ursprung nicht im Süden des Orts der Entwicklung unserer Conglomerate suchen dürfen. Andererseits ist uns aber auch im näheren oder entfernteren Norden nichts bekannt, was den im Conglomerat der Salzformation durch Geschiebe vertre- tenen Bildungen entspräche. Es ist auch nicht einzusehen warum, wenn diese Geschiebe von Norden gekommen wären, sich nicht solche ältere Gesteine unter denselben finden sollten, welche thatsächlich im Norden der Karpathen anstehen. Nicht ein Stück davon wurde auf- gefunden.!) Wir werden also auf die Vermuthung geführt, dass die betref- fenden Geschiebe ihrem Ursprung nach einer Region angehören, welche ungefähr mit dem Orte des jetzigen Auftretens der Conglomerate der neogenen Salzformation zusammenfällt, woraus folgen würde, dass noch zu Beginn der Neogenzeit die Formationen, deren Trümmer uns in jenen Conglomeraten erhalten blieben, eine randliche anstehende Ge- steinszone am Nordrande der ostgalizischen Karpathen bildeten. Das wäre im Hinblick auf den Punkt, wo bei Krasna in der Bukowina noch gegenwärtig nach den Beubachtungen des Einen von uns mesozoische Kalke am äussersten Nordrande der Karpathen anstehen, und wo sich jener Felsen von aphanitischem Hornblendeschiefer findet, von einiger Wichtigkeit. Wir gelangen vielleicht auf diesem Wege zur Recon- struction der nördlichen Ablagerungsbasis der Karpathensandsteinzone - und zu der Auffassung, dass die Karpathensandsteinzone ursprünglich als eine grosse Mulde angelegt war, eine Betrachtung, mit der wir bereits das Gebiet der Tektonik berühren, über welches wir noch weiterhin einige Bemerkungen folgen lassen werden. | Etwas befremdlich scheint der Umstand, dass in dem neocomen Breecienconglomerat oder in anderen Gliedern der Ropiankaschichten unseres ostgalizischen Gebiets sich mesozoische Kalkgeschiebe nicht finden liessen. !) Die einzige Andeutung, die wir von dem Vorkommen möglicherweise unseren chloritischen ähnlicher Gesteine ausserhalb unseres karpathischen Gebietes besitzen, findet sich in einem Aufsatze von G. v. Blöde (Beitr. zur Geol. d. südl. Russlands, N. Jahrb. 1841, p. 508), wo von eigenthümlichen Dioritdurchbrechungen im Granit- gebiete des Dniestr und des Bug geredet wird. In einigen Fällen beobachtete Blöde wirkliche Gänge von Diorit in jenem Granit, in andern sah er Blöcke von kleinkörnigem Diorit, der übrigens häufig in „grün gefärbten Feldstein“ überging, lose umherliegen. Diese bessarabischen Vorkommnisse, auf die wir nur im Vorüber- gehen hinweisen wollen, um solchen, welche später einmal die hier angeregte Frage studiren möchten, einen Anhaltspunkt in’s Gedächtniss zu rufen, liegen nun weder nördlich, noch südlich von unserem Gebiete, sondern östlich davon. 126 C. M. Paul und Dr. E. Tietze. [94] Man darf desshalb vermuthen, dass die älteren Kalke, deren Ge- schiebe uns im Conglomerat der Salzformation entgegentreten, zum Be- ginne der Kreideperiode, wenn auch selbstverständlich vorhanden, so doch noch nicht gehoben waren, dass erst spätere Dislocationen die- selben an der Zusammensetzung jener, die nördliche Ablagerungsgrenze der Karpathensandsteine markirenden Terrainanschwellung Theil nehmen liessen, welche in jener Zone bis dahin, wie es scheint, ausschliesslich von den älteren aphanitischen Hornblende- und Chloritgesteinen ge- bildet wurde. M. Neumayr in seinem Aufsatz über die penninischen Klippen?) meinte, dass der Rand der karpathischen Kalkzone auf der Südseite der Sandsteinzone zur Eocänzeit bereits eine Uferlinie gebildet habe und etwa in der oberen Kreidezeit (das ist also nach der Neocom- periode) gehoben worden sei. Dass jedoch andererseits diese alten Dislocationen, durch welche bereits zu einer Zeit, als die Gegend der heutigen Sandsteinzone noch von Wasser bedeckt war, einige Conturen des Karpathensystems fest- gestellt wurden, an anderen Orten des Karpathengebietes mit stärkerer Intensität oder schon vor der Neocomzeit begonnen haben, deutet der Umstand an, dass am nördlichen Rande der West- und Mittelkarpathen ‘wie bei Teschen und Przemysl sich Geschiebe jurassischer Kalke schon in den Neocomschichten vorfinden. Was die Tektonik des in Rede stehenden Gebietes betrifft, so ergibt ein zusammenfassender Rückblick auf die in den früheren Ab- schnitten wiedergegebenen Einzelbeobachtungen einige bemerkenswerthe Thatsachen, die wir hier als Materiale für spätere Benützung anführen wollen. Als auffallendste Erscheinung muss vor Allem die im ganzen öst- lichen Gebiete mit sehr geringen Ausnahmen herrschende südwestliche Fallrichtung der Schichten bezeichnet werden. ?) Das durch diesen Umstand bedingte wiederholte Auftreten älterer und jüngerer Schichten in anscheinend concordanter Lagerung lässt sich in unserem Gebiete mit Sicherheit auf drei tektonische Erschei- nungen zurückführen: auf schiefgestellte Sättel, schiefe Mulden und Verwerfungen. Der Nachweis für diese Deutungen ergibt sich nicht nur im Grossen aus der regelmässigen Wiederkehr derselben Schichten- folgen, sondern es ist auch an mehrfachen Beispielen im Kleinen das thatsächliche Vorkommen dieser Lagerungsverhältnisse direct zu beob- achten. So sind beispielsweise schiefgestellte Sättel bei der neuen Eisenbahnbrücke der Tarnow-Leluchower Bahn bei Muszina deutlich aufgeschlossen ; schöne schiefe Mulden sind am rechten Özeremosz-Ufer bei Dolhopole zu beobachten etc. Ein vollkommenes Analogon für diese Art des Schichtenbaues 1) Jahrbuch d. k. k. geol. R-A. 1872, p. 534. ?) Auch ın Schlesien, bei Sandec und an mehreren anderen Punkten der Sandsteinzone fanden wir den gebirgswärts gerichteten Schichtenfall als Regel. [95] - Studien in der Sandsteinzone der Karpathen. 127 finden wir in den Lagerungsverhältnissen der alpinen Wienersandsteine, wie, sie in Franz v. Hauer’s Geologie (p. 508) schematisch dar- gestellt sind. Regelmässige Mulden mit synklinaler Fallrichtung kommen aller- dings ebenfalls, jedoch sehr selten vor. Ein Beispiel einer solchen ist die Eocänmulde bei Tartarow, welche jedoch dem Streichen nach jeder- seits sehr bald wieder zu einer schiefen wird, indem die Schichten ihres südlichen Flügels sich aufrichten, umkippen, und endlich dasselbe allgemeine südwestliche Fallen annahmen, wie die des nördlichen Mul- denrandes. Für Wiederholungen derselben Schichtenreihe in Folge von Ver- werfungen liefert uns die Gegend zwischen Kossow und Zabie ein’ gutes Beispiel. Im Centrum aufgebrochener Sättel erscheinen meistens die Ro- piankaschichten mit auffallend gebogenen, gewundenen und geknickten Schichten. Solche Knickungen und Biegungen zeigen übrigens ausser den tiefsten Lagen (den Ropiankaschichten) auch die höchsten (die eocänen Fischschiefer), während die mittleren Abtheilungen der Karpathensand- steine solche nahezu nirgends erkennen lassen, eine Beobachtungsthat- sache, auf die wir die Aufmerksamkeit lenken, ohne eine genügende Erklärung dafür geben zu können. Bemerkenswerth erscheint der Umstand, dass die Schichten der tiefsten Lagen (der Ropiankaschichten) zuweilen ein von dem Allge- meinen abweichendes, mehr nordsüdliches Streichen zeigen. Es ist diess wohl auch theoretisch ziemlich leicht erklärlich. Die ältesten Sedimente mussten sich noch den Unebenheiten ihrer Ablagerungsbasis, die erst durch sie selbst nach und nach bis zu einem gewissen Grade nivellirt wurden, anschmiegen, es mussten somit hier noch ziemlich verschieden- artige Streichungstendenzen herrschen, deren Spuren durch die späteren Parallel-Faltenbildungen, die heute das Hauptstreichen innerhalb der karpathischen Sandsteinzone bedingen, nicht überall vollständig ver- wischt werden konnten. Die Annahme, dass die Ablagerungen der unteren Kreideperiode local noch von Gebirgsfaltungen betroffen wurden, deren Richtung von den später herrschend gewordenen differirte, könnte übrigens wohl auch als Erklärung der fraglichen Erscheinung dienen. 'Was die Lagerungsverhältnisse der einzelnen Glieder gegen ein- ander betrifft, so können wir an mehreren Stellen (am deutlichsten am nördlichen Rande der Eocänmulde von Tartarow) deutliche Discordanz zwischen den sicheren Eocänbildungen und den Gliedern der mittleren Abtheilung constatiren, und ebenso besteht (wie namentlich die Beob- achtungen in der Schlucht südlich von Kutty beweisen) stellenweise eine solche Discordanz zwischen der mittleren und unteren Gruppe. In den meisten Fällen sieht man allerdings die Glieder der drei Gruppen in anscheinender Concordanz übereinander folgen, was seinen Grund in den späteren Faltenbildungen und Störungen hat, von denen alle gemeinsam betroffen wurden. Die Gesteine der Salzformation schliessen sich nicht allein in mancher Hinsicht petrographisch, sondern auch tektonisch den Kar- 128 C. M. Paul und Dr. E. Tietze. [96] pathensandsteinen an. Die scheinbar unter die Karpathensandsteine einfallenden Salzstöcke von Bochnia, Delatyn und Kossow haben tek- tonisch genau dieselbe Bedeutung, wie die andern schiefgestellten Mulden im Inneren des Sandsteingebiets. Wir weisen jedoch darauf hin, dass die Salzformation sich nur am Rande der Sandsteinzone findet, während noch die eocänen Fisch- schiefer und Hornsteinschiefer im Inneren der Zone vorkommen. Zur Zeit der Ablagerung des Salzes war also die Karpathenkette schon als Erhebung deutlich markirt, und doch haben die Bedingungen der Ge- birgsbildung und Schichtenstörung, denen diese Kette ihr Entstehen verdankt, noch fortgewirkt bis nach der Ablagerung des Salzes und der mit ihm verbundenen Gesteinsbänke, sonst wäre die Salzformation nicht derartig in gleichem Sinne, wie der Karpathensandstein gestört, wie wir diess sehen, ja, dieselben gebirgsbildenden Kräfte haben noch Spuren ihrer Activität aus der jüngeren Neogenzeit zurückgelassen, wie die steile Aufrichtung des jüngeren Neogens bei Jablonow und Kossow unmittelbar am Gebirgsrande beweist. Aus solchen Thatsachen geht hervor, dass der Vorgang der Gebirgsaufrichtung in den Karpathen ein stetiger durch lange Zeit hindurch gewesen ist, und die Vermuthung liegt nahe, ihn noch keineswegs für abgeschlossen zu halten. Die Idee der plötz- lichen Aufrichtung grosser Gebirge findet zum Mindesten in den Kar- pathen keine Bestätigung. Als ein Merkmal von Niveauveränderungen, die noch in der Dilu- vialzeit stattgefunden haben, darf man die Verhältnisse in dem Thal von Oslaw und Berezow ansehen. Das Thal ist von altem Diluvium (Berglehm) ausgefüllt, welches in schwach hügeligen Formen auftritt, und welches sich zwischen den hohen Berglehnen zu beiden Seiten des Thales hinzieht. Etwa in der Mitte des Thales, in der Posiez ge- nannten Gegend, liegt eine niedrige Wasserscheide, welche den Bach von Ostaw von dem nach der anderen Richtung des Thals abfliessenden Luczkabache trennt, in ähnlicher Weise, wie diess für gewisse, in der- selben Thalfurche nach verschiedenen Seiten fliessende Wasserläufe der Alpen (Pusterthal, Thal zwischen Tarvis und Pontafel) bemerkt werden kann. Es darf also im gegebenen Falle an eine Terrainanschwellung gedacht werden, welche sich in jenem alten Flussthale erst nach Ab- satz des Berglehms gebildet hat. Welches die Ursachen gewesen sein mögen, denen die Karpathen ihre Erhebung verdanken, liegt uns hier zu erörtern ferne. Dass aber ein annähernd horizontaler Druck wirksam gewesen sei, lässt sich kaum leugnen. Das beweisen z. B. Erscheinungen, wie die am rechten Pruth- ufer bei Jaremeze beobachtete Schichtenstellung, bei welcher die un- teren Lagen der Ropiankaschichten mit mässigem Fallwinkel geneigt erscheinen, während. die darüber folgenden Lagen vielfach gebogen sind. Ob aber die Richtung des Drucks bei der Entstehung der Kar- pathen von Süden gekommen sei, wie es der vonSuess in seiner „Ent- stehung der Alpen“ (Wien 1575) entwickelten Ansicht entsprechen würde, oder von Norden, diese Frage können wir vorläufig nicht näher angehen. Unsere Beobachtungen bei Jablonow und Kossow scheinen aller- dings in eine Anschauung hineinzupassen, welche der von Suess ver- tretenen conform sein würde. [97] Studien in der Sandsteinzone der Karpathen. 129 Die Karpathen gelten Suess als ein Hauptbeispiel einseitiger Gebirgsbildung. In der That, die Gruppirung der Trachyte, und der altkrystallinischen Bildungen auf der ungarischen Seite, und die sym- metrische Stellung der Karpathensandsteinzone, hauptsächlich auf der schlesisch-galizischen Seite dieses Gebirgszuges, illustriren diese Ein- seitigkeit höchst charakteristischh und doch gibt es wiederum That- sachen, welche einer allzu schematischen Auffassung dieses Verhält- nisses nicht das Wort reden. Würde man, wie das der früheren unvollkommenen Kenntniss der Karpathensandsteine entsprach, die Sandsteinzone als etwas Ein- heitliches, Ungegliedertes auffassen, dann würde ihre örtliche Stellung ohne Weiteres zu der Vorstellung einer einseitigen, räumlichen Anord- nung der Formationen in den Karpathen passen, so aber sehen wir sie aus verschiedenaltrigen Schichtgliedern zusammengesetzt, und finden auffallender Weise grade die zur Kreide gehörigen Glieder eher mehr auf der Nordseite, als auf der Südseite der Zone verbreitet, dagegen um- gekehrt auf der Südseite der Zone eine nicht unbedeutende Entwick- lung der Eocängesteine. Diese Thatsache hängt mit dem oben betonten Umstande zu- sammen, dass die vorherrschende Fallrichtung der Schichten der Sand- steinzone gegen Süden oder Südwesten, d. i. gegen die Linie zu ge- richtet ist, in welcher die ältesten Gesteine der Karpathen zum Vor- schein kommen. Erst kurz vor dem Rande dieser älteren Zone nehmen die Schichten des Karpathensandsteins ein von dieser abgewendetes Fallen an. $ Nehmen wir hierzu die Thatsache der Existenz einer nördlichen Klippenlinie in Mähren und Schlesien, und die Thatsache des Auf- bruchs mesozoischer Kalkmassen bei Krsna in der Bukowina ganz am Nordrande des Gebirges, so erhellt zum Wenigsten, dass auch die Nordseite der Karpathen von tiefer greifenden Dislocationen nicht ver- schont geblieben ist. Die Einseitigkeit des Baues der Karpathen ist demnach bei den complicirten Verhältnissen dieses Gebirges keine ganz unbedingte.e Wir bitten hier auch die Auseinandersetzung zu verglei- chen, welche wir oben bei Besprechung der Geschiebe im Neocom und der Salzformation gegeben haben, wobei wir zum Schluss die Annahme betrachteten, die Sandsteinzone der Karpathen sei ursprünglich als Mulde angelegt gewesen. Inhalt Seite Vorbemerkungen - » =» een 1 (33) — 3 (35) I. Beiträge zur Kenntniss der Karpathensandsteinbildungen der Teschner Gegend. a) Untere Abtheilung der Karp.-Sandsteine — von Teschen nach Lischna — Teschner Kalk bei Lischna — obere Teschner Schiefer — Strzolka — Bezeichnende Hierogly- phenformen — Perisph. Euthymi — Analogie der oberen Teschner Schiefer mit den Ropiankaschichten — Durchschnitt vom Olsa- ufer nach Koikowitz — Grodischter Sandstein bei Stanislowitz — Wernsdorfer Schichten bei Grodischt und am Strzelmabache — Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt. 1877. 27. Band. 1, Heft (C. M.Paulu.E. Tietze.) 17 130 C. M. Paul und Dr. E. Tietze. [98] AU Seite Grenzgebilde zwischen Wernsdorfer Schichten und Godulasand- stein. b) Mittlerer Karpathensandstein — Gliederung der Godula- gruppe in drei Etagen — Durchschnitt bei Niedek — Istebna- sandstein. c) Obere Karpathensandsteine — Durchschnitt im Komparzowkagraben — Olsaufer bei Grudek — Stellung des Grudeker Sandstein -»- « » «ee een. 3 (35) — 14 (46) Il. Von Bochnia bis an die Klippenlinie bei Ujak. Bochnia — Polom 15 (47) -—- 27 (59) duze — Lakta — Rzegocina — Höhenzug zwischen Rzegocina und Pososina — Pososinathal — Limanowa — Rücken von Ka- nina — Von Sandee nach Krynica — Muszina — Popradthal bei Andriowka — Zegestow — Kis Lippik — Neocomaufschluss bei Ujak — Rechtfertigung der angenommenen Formationsdeutungen — Mineralquellen von Krynica - »- » en. Ill. Die Ammonitenfunde Niedzwiedzki’s bei Przemysi und deren Bedeutung für die Karpathensandsteingeologie. Aeltere Deu- tung der Mergel von Przemysl als Lemberger Kreide — Funde von Neocomfossilien bei Pralkowce—Bemerkungen Niedzwiedzki’s über den gegenwärtigen Stand der Karpathensandsteinfrage — - Standpunkt der Verf. in derselben - » » ee... 27 (59) — 30 (62) IV. Das Auftreten des Nummulitengesteines von Pasiezna. Num- mulitensandstein — tiefere Eocänschichten — Aufbruch cereta- eischer Sandsteine — Luftsattelförmige Schichtenstellung — Horn- steinschiefer als oberstes Eoeänglied - »- - - en. 30 (62) — 34 (66) V. Von Delatyn auf die Czernahora und in die Marmaros. Thal- kessel von Delatyn — Salzthongruppe — Dobrotow — Geschiebe im Salzthon bei Zarzyeze — Oslaw — Berezow — Conglomerat von Stoboda Rungurska — Grünsteintuffgeschiebe — Pruthufer bei Zarzycze — Gangförmiger Quarzit — Fischschiefer von Lu- biznia — Conglomerat von Delatyn — Geschiebe von grünem Schiefer — Luch — Schichtenstellung an der Mündung des Pad- hyrskiebaches — Dora — Panezeniaczka — Jaremeze — Jamna — Mikuliczyn — Tartarow — Durchschnitt von Johodinek auf den Rebrowace — Worochta — Höhenzug Kostriea — Kukul— Czernahora — Spuren der Glacialzeit auf der Czernahora — Von Tartarow nach Jablonica — Körösmezö — Szwidowec — Eruptivgestein des Sessaberges — Thonschiefer von paläozoischem Habitus bei Szwidowee — Bocsko Raho — Rückblick - - » - 34 (66) — 63 (95) VI. Vom Karpathenrande bei Jablonow und Kossow nach dem oberen Thale des schwarzen Czeremosz. Karpathenrand bei Be- rezow, Jablonow und Kossow — Steile Aufrichtung des jüngeren Neogen am Gebirgsrande — Von Pystin nach Prokurawa — Von Kossow nach Sokolowka — Jaworow — Krzyworownia — Zabie — Ileza — Bystrzee — Zeleny — Javornik — Szibeny— Borkut — Glimmerschiefer an der galiz,-ungar. Grenze » »- » * + - 63 (95)—74 (106) VII. Von Kutty nach dem oberen Gebiete des weissen Czeremosz. Ovidiusberg bei Kutty — Discordanz zwischen unteren und mitt- leren Karpathensandsteinen — Tudiow — Rostoky — Bialobe- resko — Chorocowa — Uscieriki — Krasnoila — Dolhopole — Jablonica — Hrynjowa — Hramitnithal- » - » ee... 74 (106)—81 (113) Schlussbemerkungen. Gliederung — Untere — Mittlere — Obere Abtheilung der Karpathensandsteine — Vergleich mit anderen Karpathensandsteingebieten — Salzformation — Dr. Neminar’s Bemerkungen über die untersuchten krystallinischen Gesteine der Geschiebemateriale von Delatyn und Stoboda rungurska, sowie des Felsens von Krasna — Vermuthungen über den Ursprung der grünsteinartigen Geschiebe — Bemerkungen über die Tektonik des Gebietes — Allmählige Entstehung des Gebirges — Die Schich- tenstörungen in der Sandsteinzone als Wirkungen eines horizon- talen Druckes — Verhältniss der im Gebiete der Karpathensand- steine gewonnenen Resultate zur Theorie der Einseitigkeit der Gebirge - = wie. 28 ee Ve RA 81 (113)—97 (129) ie EUGANEEN. Bau und ‚Geschichte eines Vulcanes An A aa b EE er von = ” N 3 BSD Eduard Reyer, re an der Universität in Wien. n3 ‚Mit Karte, VV un Balkan "und die benachbarten Gebiete. ar j Unternommen im Spätsommer 1375 “ ae BE von a ee ee tr De Pranız Toula. j Mit einer Karte, Preis f. 1.20 = Mark 2.20. en Die Bestimmung AS eo der. Detrographisch wichtigeren ie höherer Lehranstalten, Bergingenieture, Techniker etc. U < = N RR Br C. Doelter, Professor an er Universität in Graz. Gage Karte von Oesterreich Ungarı. ‚von Franz. ‚Ritter von Hauer, Director. der = k. @eologischen Reichsanstalt in Wien. mn so“ Höhe und 92 Centim. Breite, in eilffachem Farbendruck. re, Tai, en in Mappe fi .7=UuM Eine. Halo: wie diese, Zesh das. geologische Gesammtbild Oesterreich- -Ungarns zur En existirte, Be nicht; sie en dem neuesten Standpunkte der Wissenschaft 2 "Geologische Uebersichtskarte 5 28 " Res Beleg RR RS Balssn ER für ue kk. = EN durchgeführten Akne ke u. ER. der Herren Baron O. v.Petrino, Bergrath B. Walter, Bergrath Dr. ‚stur 2 und Prof. Niedöwiedaki, entworfen von ER A ee x Ba De c. 'M. Paul, RER Er k. Bergrath. Pr aa in Gfachem ‚Farbendruck a Centimeter, Preis 1. x =. akostin, Von Dr. Emil Tietze, Berl en cn RE ET HM. Ist das Sphenophylium i in der That eine Lyeopodiaceae? ‘Yon II. Studien in der Sandsteinzone der Karpathen. Von €. M. Br. Emil Meta ı Aue ar Mineralogische Mittheilungen. BR 1. Gold von Sysertsk am Ural. Von R. Helmhacke r. (Mit Tat, 2, u ll. Ueber Diabas von Almaden und MEI, von Hankock. Von Helmhacker. “ Re . El, ee za FE U RN hr IH. Untersuchungen über die Binvirkung | des hohlen rehal IV. Bemerkungen über die japanischen Vulkane Asama-Vama, Jal Iwa-wasi-Yama und Fusi-Yama. ‚Von Dr. Richard von Dr B (Mit Tafel IH. bis IX.) - BE N Ha Pa Se EN ee V. Nachtrag zur chemischen Amalyae des 5 Mejonits, a X NBLERe. I Pe a Fi a ei FRE ; En VII. Bericht über die vulkanischen Ra .. N | . A form le Verse Nachtrag ve Abhan lung che ‚graph. Beschaffenheit der im Grazer De ® a ER rc neuer El N u Fi pr < PR Ausgegeben a am 2. Jul 1877 .i Nano. r APRIL, MAL, JUNT. EA ER ji Mit Tafel Lu | L Gust. Too chermak, nrelogie Miheiungen, vn. Band, 2. Zufo. IE a 4 d 2 a j< Ei + # > & & Er 5 Ä N N “ - © e" sg h et, “nn BR z H Br Ku, Ex ar Te % > ne ae Bor! 245 \ . FREE Fe k LaraRe. SD r > er " « \ v ' — n 4 % >F KE \ Fr i FRE Fe 4 % m Fore: > e Hefe om a. 2; kr. 0. w a? Bf 2 Abhandlungen der k. k. PC OR NIER Reichsanstalt. Bası e Mil 48 3 Miographieen Tafeln 2 Abhandlungen der k. k. geelog. Reichsanstalt. Band V. Mit 43 lith. Tafeln .. . Abhandlungen der k. k. geolog. Reichsanstalt. Band VI. 5 i3 Dr. Edni. v. Mojsisovies. Das Gebirge um Hallstatt. I. Theil. Die Mollusken-Faunen der Zlam Abhandlungen der k. k. geologischen Reichsanstalt. Band VII. Abhandlungen der k. k. geolog. Reichsanstalt. Ban "Ya & n r ” n a ER 9 PN a er ER » ” ” a SASLHE 5 EBEN Ta Re nA 85 Er a ER Er Der dritte und vierte Band enthalten ausschlienslich 3. m 2.114 ne. 5 a A e Dr. M. Hörnes. Die fossilen Mollusken des Tertiärbeckens von Wien. RG, BR Heft 1. Dr. M. Bunzel. Die Reptilfauna der SORTE in’ ‚der Neuen "Weit bei Wr.-Neustadt. Mit lithogr. Tafeln!. .. . Heft 2. Dr. M. Neumayr. Die Cephalopodenfauna der "Oolithe von Balin bei Krakau. Mit 7: lithogr. Tafeln: Ay ad RE he NETTER TER PAR. re Heft 3. Dr. 6. C. Laube. Die Echinoiden der Österreichisch-ungarischen oberen Tertiär- ' ablagerungen. Mit 4 lithogr. Tafeln . .. 2... ..... N g 2 Heft 4. Dr. A. Kornhuber. Ueber einen fossilen Saurier ‚aus Lesina. Mit 2 ichogr. Doppeltateim.. 2... 2 a ee u ER BE ER RE BUN Std e Heft 5. A. Redtenbacher. Die Cephalopodenfauna der Gosauschichten in den nordöst- lichen Alpen. ‘Mit 9. lithogr. "Tatelnı. 77. 2.70, Fr a er en ee . Heft 6. Dr. M. Neumayr. Die Fauna der Schichten mit ee acanthicum. "Mi lithogr. Tafeln...» 7,2% 1% EUER TUCH ER *. ‘ bach- und Hallstätter-Schichten. BR Heft 1. (Orthoceras, Nautilus, Lytoteras, Payliogeras; "Pinacoceras, Sageceras, Arcestes ar Mit 32’ Jithogr, „Tafeln 7.0.2.2) BE ER I RR Heft 2, (Arcestes, Didymites, Lobites). Mit 38 lithogr. Tafeln. LER RES TRK Heft 1. Dr. Alois v. Alth. Ueber die paläozoischen, Gebilde Podoliens u und deren. Ver- ‘. steinerungen. I. Abtheilung. Mis 51th. Tafeln. N a en 9 Heft 2. Dr. Edm. v. Mojsisovics. Ueber die ERadEHeN Pelecypoden-Gattungen Daonella & und :Aalobia, Mit-D-lith. Tarolaı. a er a a a Re ar e Heft 3. Dr. M. Neumayr u. €. M. Paul, Die Congerien- und Paludinenschichten Siavoniens. ne "Mit 10 lithogr. Tafeln ...... EEE OT EC Le N ee Stur. Die Culmflora des Mäheischachlstichen Daöhssktpfere Mit 17 7 lithoge x BREIT. aa ea EEE ERS FEIR Eee 75 2 a RTFERE 28 Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt 1850, 1859, 1859, 18611866 ET DIR Ba, ; gänge 1860-”1370 der. Ve ER EN TE un n ” = v2 ar 1867--1875 . tie HU ER Usage un Mn 2 9e ” n ” ” AR x ” + G@eneral-Register der ersten zehn Bände Re en 2 der ‚Bände ar und der Jah RN! er.) Verhandlungen der k. k. geologischen Reichsanstalt. 18671875 . ? .o us 2 DTO: Jahrgang. Kenngott, Dr. 6. A. Uebersicht der Resultate mineralogischer Forschungen in. dan Jahren 1344 n Uebersicht der Resultate mineralogischer Forschungen in den Jahren 1850 und 1851 Sy „ Uebersicht der Resultate mineralogischer Forschungen in dem Jahre 1852...» .... Catalog der Ausstellungsgegenstände bei der Wiener Weltausstellung 1873 ... . . . Ra Fuchs Th. Geologische Karte der Umgebung Wien’s. Mit einem Heft Erläuterungen und drei lich, 1849. Herausgegeben von der k. k. geologischen Reichsanstalt : .. ... 2 ...... Talelnı sn De Tr SEE LIE re EEE Re he Haidinger, W. Naturwissenschaftl. Abhandl. Gesammelt und durch Subseript. herausgegeben. 1. Ba. St „ Berichte über die ‘Mittheilungen von Freunden der Naturwissenschaften. in Wien. Gesammelt III. Bd. 3 fl. 52 kr,IV. Bd, 2 fl. 80 kr., V. und VI. Bd. al A. 60 kr., VI. Ba. 2. 42 kr. En Geologische Uebersichtskarte der Oesterreichischen Monarchie, nach den rend der k. eo Hauer Fr. Ritt. v. Die Geologie und ihre ei as auf. die PR der Bodenbenchaflenheit er *) Werden nicht getrennt abgegeben. 2.5 St m. 30 lith. Tafeln 18 fl. 92 kr., IH. Bd. mit 33 lith. Taf. 21 A.,,IV. Bd. m. 80 lith. Taf. .. und durch ‚Subscription herausgegeben. = Verlag von A. Hölder, k. k. Hof- u. Universitäts-Buchhändler in Wien. geologischen Reichsanstalt bearbeitet von Franz Ritter v. Hau er complet Blatt I Titelblatt. Blatt II Böhmen*) -.... 22.2.2. 200. wre 5,14 -Westkarpathon, Sinzeln.. 2 sun ae, 3 Zee ae Rd ie) - wo . IV Ostkarpathen, einzeln ...... ar V Westliche Alpenländer, einzeln ... 2. 2... 2.2... Jr .. VI Oestliche Alpenländer, einzeln VII Ungarisches Tiefland, einzeln VIII Siebenbürgen, einzeln . .. .» IX Farbenerklärung, einzeln . ” X Dalmatien, einzeln . ..«.. ES ar a ENTE ER XI und XII Vergleichende PRRERDER, ı iR kN “ VE LE GE BEER TER R a ADNLRTzE er =» 3133333 EREE IRE der Oester.-Ungar. Monarchie. 1874... ..... Mer Reese Ge ae an eine DIE EUGANEEN. . Bau und Geschichte ‚eines Vuloanes es von : a Dr. Eduard RN Docent an der Universität in Wien. RER y“. ERS hy Mit Karte. ' 3 27. Band. 1877. JAHRBUCH II. Heft. DER Ueber das Neogen-Becken nördlich von Ploesei (Walachei). Von ©. D. Pilide. Im September letzten Jahres gestattete inir Se. Exc. der Minister für öffentliche Arbeiten in Bukarest, D. Sturdza, einen vierwöchent- lichen geologischen Ausflug in die Walachei zu machen. Der Zweck dieser Reise war ein ausschliesslich wissenschaftlicher, und die Tracirung der neuen Eisenbahn von Plovesci nach Kron- stadt in Siebenbürgen schien mir in Betreff dieses Gegenstandes wich- ‚tige Aufschlüsse zu verschaffen. Am 3. September also verliess ich Bukarest, um mich nach Ploesci, dem Ausgangspunkte meiner künftigen Forschungen im Norden, zu begeben. Von Bukarest nach Ploesci durchschneidet die Eisenbahn einen Theil. jener ungeheuren Diluvial-Ebene von durchschnittlicher Höhe von 120 Meter über dem Spiegel des Schwarzen Meeres, welche sich von der Donau an bis zu den Ausläufern der walachischen Kar- pathen erstreckt. Diese Ebene, welche sich dem Gebirge entlang zieht, hebt sich gegen das Gebirge in der Richtung von Süd nach Nord unmerklich von Guirgin an der Donau bis etwa oberhalb Ploesci, indem sie so in der in Rede stehenden Richtung (Guirgin-Ploesci) ungefähr zwei Drittel des Landes bedeckt. In der That beginnen erst ungefähr 8 Kilometer im Norden von Ploesci die ersten Vorberge des walachisch-sie- benbürgischen Grenzgebirges. Zwei durch das breite Thal von Teleajan getrennte Plateau’s von beinahe gleicher Höhe (400 Meter), aber von verschiedener Oberflächen- gestaltung, sind der Kette vorgelagert, von welcher sie durch ein breites Thal getrennt sind. Dieselben scheinen so die Vorhut der Tertiär- hügel, über welche ich bald berichten werde, zu bilden. Diese Plateau’s sind ‘es, welche man auf der linken Seite der von Ploesci nach Valenii de Munte führenden Strasse bemerkt. Kaum hat man das diese beiden Plateau’s trennende Thal durch- schritten, so gelangt man in. eine Kette von rundlichen Hügeln von Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt. 1877. 27. Band. 2. Heft. (C. D. Pilide.) 18 132 C. D. Pilide. [2] verschiedener Höhe, welche, unter einander verbunden, an jene Hügel erinnern, welche die Salinen von Wieliczka in Galizien beherr- schen. Diese Reihenfolge von Hügeln, zwischen Matitza und Opa- ritzi im Osten, Slanik und Comarnik im Norden, und dem Pra- hova-Thale im Westen, welche einen kleinen Theil des Aussenrandes der Karpathenkette bilden, waren der Hauptgegenstand meiner For- schungen. Die Gesammtmasse des so begrenzten Terrains besteht im All- gemeinen aus einem unregelmässigen Schichtensysteme von sehr tho- nigen und sandigen Mergeln, aus Kalkmergeln, Thon, Sandstein und Sand, aber man findet daselbst auch Kalksteinbänke mit und ohne Fos- silien. Unter diesen Gesteinsarten ist der Thon vorwiegend vorhanden. Alle diese gespaltenen und gekrümmten Lager mussten grosse Störungen erlitten haben, und darin besteht der den Terrains, die ich _ zu studiren Gelegenheit hatte, eigenthümliche Charakter. Auch würde es schwierig sein, genau die Mächtigkeit jeder Schichte zu bestimmen. Es liegt hier in der That eine solche Verworrenheit der über einander gelagerten Theile, welche diese Lager bilden, vor, dass es beinahe unmöglich wird, sie auf eine bestimmte Distanz hin zu ver- folgen, ohne dass ihre Beschaffenheit rasch wechselt. Man wird daher leicht einsehen, dass unter den gegebenen Be- dingungen der Neigungswinkel der Schichten innerhalb weiter Grenzen schwanken muss. Im Allgemeinen ist das Streichen der Schichten OW, das Fallen S. Wiewohl das Territorium ziemlich beschränkt ist, war es mir doch möglich, eine genaue Eintheilung zu treffen. Ich gebe hier die Aufeinanderfolge der verschiedenen Etagen, welche ich studirte und erkannte: 1. Erste mediterrane Stufe. 2. Zweite mediterrane Stufe. 3. Sarmatische Stufe. 4. Congerien-Stufe. I. Erste Mediterranstufe. Diese Stufe beginnt in ihrem unteren Theile mit einem System von Mergeln, welche hauptsächlich durch ihre Verschiedenheit charak- terisirt, und ebendesshalb auch leicht erkenntlich sind. Die von rothem, oxydirtem Eisen durchdrungenen Schichten dieses Systems wechseln häufig mit grün und gelb gefärbten Lagen ab, was dem Ganzen ein eigenthümliches, buntes Aussehen verleiht. Einzelne Gypskerne, oft selbst auch Krystalle, finden sich da und dort in diesen Schichten zerstreut. Der Gyps erreicht aber bloss in dem oberen Theile des Complexes eine grössere Ausdehnung. Man findet ihn hier in der That mächtig genug, um nutzbar gewonnen zu werden. Hauptsächlich tragen aber zum Interesse der Stufe jene [3] Ueber das Neogen-Becken nördlich von Ploesci. 133 prachtvollen Ansammlungen von Steinsalz bei, welche darin einge- schlossen sind, und welche die Rumänische Regierung in dem in Rede stehenden Territorium zu Slanik am Flusse gleichen Namens, und zu Telega an der Doftana gewinnt. Ueberall, wo ich das Steinsalz constatirte, fand ich es von blauem, salzführendem Thon bedeckt, mit “ Ausnahme einiger weniger Orte, wo das Salz in Folge von Störungen des Bodens durch alle Formationen zu Tage tritt, welche es bedecken, wie diess z. B. bei Slanik am rechten Ufer des das Dorf durchströ- menden Flusses der Fall ist. Stellenweise geht dieser Thon in seinem oberen Theile in grauen, oft ziemlich compacten Mergel über und bildet feste Bänke. Alle diese Schichten haben starke Störungen ihrer ursprünglichen Lage erlitten, so dass, wie auch von Herrn Edmund Fuchs!) bemerkt wurde, bald der Gyps mit eingeschalteten Mer- seln fast senkrecht emporgehoben wurde, wie zu Campina am Land- gute des Prinzen Stirbey, bald die Thon- und daher mehr plasti- schen Schichten bloss gebogen und auf sich selbst zurückgeneigt wurden. Ich habe in dieser Stufe keine Fossilien gefunden, die denjenigen analog wären, welche heute in Oesterreich in Folge der bemerkens- werthen Arbeiten des Hrn. Prof. Suess?), Hrn. Custos Th. Fuchs’) und Prof. Dr. R. Hoernes‘) so bestimmt das Niveau des Schlier bestimmen, an welches sich die Salzlager von Wieliczka, Bochnia und im Allgemeinen alle diejenigen anschliessen, welche am nördlichen Aussenrande der Karpathen gelagert sind. Die unwiderlegliche Thatsache jedoch, dass diese Gruppe in Slanik deutlich vom Leithakalke, und in der Umgegend von Telega von Sandlagern mit Cerithium Duboisi Hoern. bedeckt ist, bestimmt mich, diese Stufe von der nächsten vorläufig zu trennen und der des Schlier zu nähern. Ich habe aber allen Grund, zu glauben, dass wenn die Zeit es mir erlaubt hätte, das Feld meiner Forschungen weiter nach Ost und West auszudehnen, und die verschiedenen Lager dieser Gruppe auf detaillirtere Art zu studiren, als ich es während einer so kurzen Reise thun konnte, ich dazu gekommen wäre, diese zwei Niveaux gleichzustellen. Am Nordrande des Territoriums stützt sich diese Stufe auf den Karpathensandstein, wie es bei Keia an der Doftana der Fall ist, und bei Comarnik an der Prahova. Gegen Süden zu verbirgt sie sich andererseits unter den Con- gerienschichten, um nicht wieder zu erscheinen. Im zwischenlie- genden Theile ist sie unregelmässig theils von Lagern der zweiten Mediterranstufe, theils von den der Sarmatischen Stufe, theils 1) Ed. Fuchs et Sarasin, Notes sur les sources de petrole de Campina (Valachie) 1873. Geneve. ?2) Suess, Untersuchungen über den Charakter der österreichischen Tertiär- ablagerungen. Sitzb. der k. k. Akad. d. Wiss. 1866, 1. Abth., p. 87. ®) Fuchs, Petrefacten aus dem Schlier von Hall und Kremsmünster in Ober- österreich. Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1874, p. 111. *) Hoernes, Die Fauna des Schliers von Ottnang. Jahrbuch der k. k. geol, R.-A. 1875, p. 333 u. ff 18* 134 C. D. Pilide. [4] von den Congerienschichten, theils selbst unmittelbar von dem Diluvium, wie später gezeigt werden wird, bedeckt. 2. Zweite Mediterranstufe. Diese, abwechselnd aus Kalk, Mergel, Thon, Sand und Sandstein gebildete Stufe ist durch eine gewisse Anzahl mariner, bekannter Fos- silien charakterisirt, welche mit Genauigkeit ihr Niveau in der Strati- ficationsreihe des hier in Rede stehenden Terrains bestimmen. Das bezeichnende Gestein dieser Gruppe ist der Leithakalk, wel- cher bei Zapode in der Nähe von Slanik das Steinsalz bedeckt und so sein Alter bestimmt. Ausser den Nulliporen habe ich in diesem Kalksteine folgende Fossilien gefunden: Cerithium scabrum Olivi. Trochus sp. Ditrupa incurva Ren. Venus sp. Pecten sp. Derselbe Nulliporenkalk, welcher das Dörfchen Zapode trägt, wurde auch am rechten Ufer der Grosanka, einer der Neben- flüsse des Slanik, gegen die sogenannten systematischen, jetzt exploi- tirten Salinen zu constatirt. Dieser Kalk besitzt hier eine mittlere Mächtigkeit von ungefähr 10 Meter, neigt unter 24° nach Süden und scheint hier das Flussbett zu bilden. Der Leithakalk wurde nicht an den Ufern der Doftana bemerkt, aber im Süden des kleinen Fleckens Telega in einer dünnen, grob- körnigen Sandschichte von gelber Farbe, welche die Lager der ersten marinen Stufe bedeckte, konnte ich einige prachtvolle Exemplare von Cerithium Duboisi Hoern. sammeln. Die Zeit erlaubte mir nicht, den grünlichen, marinen Thon mit dünnen, eingeschobenen Sandlagern, welche den Leithakalk bedecken, zu untersuchen, aber Hr. Prof. Stefanescu') aus Bukarest bemerkt in seinen interessanten Forschungen über das Becken von Bahna im Norden von V&rciorova (Orsowa) in Rumänien in einem ähn- lichen Thone das Vorkommen von Cerithium plicatum Brug., Buceimum miocenium Mich., Pleurotoma spinescens Partsch, Pleurotoma Jouanneti Des Moul., Ostrea crassissima Lam., und weiter in einem groben Kalke, welcher leicht der Leithakalk sein könnte: Conus Berghausi Mich., Lucina miocenica Mich., Pecten Hofmanni (?) Goldf., sowie Corallen und Foraminiferen. Diess ist ein weiterer Beweis für das Auftreten der Mediterranstufe in der Walachei. Leider liegt in Bahna, nach den Forschungen des Hrn. Stefanescu, diese Stufe unmittelbar auf dem Glimmerschiefer, und kann daher gar keinen An- haltspunkt in Betreff des geologischen Alters der Salzformation. geben. !) Stefanescu, Notä asupra bassinului tertiarsia lignitului de la Bahna (judecul Mehediutii) Buletinul Societatii geografice romane. Nr. 9—10, p. 97, zu Das u ee er Di. ee nl ne nn 2 9 I nn > [5] Ueber das Neogen-Becken nördlich von Ploesei. 135 Der grünliche Thon ist in dem von mir durchforschten Terri- torium bedeckt von einer Sandlage, welche in ihrem oberen Theile in Folge von Agglutination zu Sandstein umgewandelt ist, welcher oft, aber bloss an der Basis, mit mehr oder minder dünnen Lagern jenes Thones abwechselt. — Diess kann man bemerken zu Telega am ‘ linken Ufer der Doftana, wo der Rotunda genannte Hügel bloss daraus zu bestehen scheint, ebenso bei Valenii de Munte am linken Ufer des Teleajan etc. Dieser Sändstein, der Petrefakten gänzlich zu entbehren scheint, stimmt aber, was die Stratification betrifft, mit dem grünlichen Thon überein. Eine wichtige Bemerkung ist, dass die verschiedenen Lagen der zwei Stufen, welche wir soeben beschrieben, oft durchdrungen sind von Petroleum, und manchmal einige dünne Braunkohlenschichten enthalten. 3. Sarmatische Stufe. Trotzdem diese Stufe nicht von derselben Bedeutung ist, wie die vorhergehenden, ist sie doch im Norden von Ploesci so wohlcharak- terisirt, dass es der Mühe werth ist, darüber Einiges zu berichten. Ich hatte zu Poiana, am rechten Ufer der Prahova, im Nord- Westen von Campina, oberhalb des Dorfes, zum ersten Male Gelegen- heit, diese Stufe zu constatiren. Eine Reihe von Steinbrüchen, aus welchen man das Material zur Erbauung der neuen Eisenbahn gewinnt, befindet sich an der Lehne eines hohen Hügels, welcher fast ausschliesslich aus weissem compactem Kalkstein mit muscheligem Bruche und verworrener Stratification be- steht. Dieser Kalkstein ist voll von Versteinerungen, unter welchen man genau erkennt: Tapes gregaria Partsch. Ervilia podolica Eichw. Cardium obsoletum Eichw. Die Muschelfragmente, welche die verschiedenen Lagen dieses Kalksteines bilden, sind manchmal so zahlreich, dass sie ein wahres Conglomerat bilden, dessen Bestandtheile fast ohne bemerkbare Binde- mittel sind, wesshalb ich fürchte, dass die Kalke für die technischen zu welchen sie jetzt gewonnen werden, keine besondere Eignung be- sitzen. Bei Telega, im Flecken selbst, und in dem vom gleichnamigen Flusse angeschwemmten Sande findet man oft grosse Blöcke eines grob oolithischen, compacten Kalksteines von rother Farbe, welcher neben den obengenannten Fossilien auch noch folgende enthält: Cerithium pietum Bast, Cerithium rubiginosum Eichw., zahlreiche kleine Gasteropoden- Steinkerne, welche wahrscheinlich von einer Rissoa stammen. Diese Blöcke gehören ohne Zweifel irgend einer Schichte der sarmatischen Stufe an, die in Zerstörung begriffen ist, über deren Stellung ich mich aber noch nicht bestimmt aussprechen kann, trotz 136 C. D. Pilide. [6] der eingehenden Studien, die ich in Betreff derselben während meines kurzen Aufenthaltes in Telega anstellte. Als zu derselben Stufe gehörig, muss ich noch das sandige, rothe Conglomerat am rechten Ufer des Verbileu, einige Kilometer thal- abwärts von den Salinen von Slanik, nennen, in welchem ich fol- gende Fossilien sammeln konnte: Buceinum duplicatum Sow. Cerithium rubiginosum Eichw. Cerithium pietum Bast. Tapes gregaria Partsch. Ervilia podolica Eichw. Cardium obsoletum Eichw. Der in Folge der Gerölle fragmentäre Zustand des Lagers gibt ihm das Aussehen einer secundären Ablagerung. Der letzte Ort, an welchem ich diese Gruppe constatiren konnte, ist Coda malului, auf der linken Seite der Strasse, welche von Valenii de Munte nach Ploesci führt. Coda malului ist ein kleiner, von Weinbergen und Obstbäumen bedeckter Hügel, welche dem Auge des Beobachters die Beschaffenheit des Gesteins entziehen. Nur durch einen Steinbruch am Abhange dieses Hügels, wel- cher das Material zur Herstellung der Brücke von Bucov, im Nord- Osten von Ploesci, lieferte, war es mir möglich, seine Beschaffenheit zu erkennen, welche übrigens sehr einfach ist. Die Hauptmasse besteht aus halbhartem, fein oolithischen, gelben Kalksteine, der bläulich anwittert und muschelig bricht, wenn Fossilien darin vorkommen, unregelmässig dagegen wenn keine solchen darin sich finden. Von Zeit zu Zeit ist dieser Kalk parallel mit seiner Schich- tungsebene von dünnen Lagern sehr kalkigen Mergels durchzogen, welche stellenweise, und diess ist häufig der Fall, das Aussehen eines durch ein Bindemittel verbundenen Muschelconglomerates haben. Im oberen Theile findet sich in diesem Kalke gelber Sand, welcher immer mehr und mehr vorwiegend wird. In dem mergeligen Theile erkennt man: Tapes gregaria Partsch, Ervilia podolica Eichw., Modiola Vol- hynica Eichw., und eine Lucina, welche sehr ähnlich ist der Zucin« Dujardini Desh., von welcher Hr. Coquand') in suinen Studien über das Petroleum in der Walachei spricht. Man weiss, dass diese Muschel in der ersten Mediterranstufe des Wiener-Beckens (Grund, Pötzleinsdorf ete.) vorkommt, aber es ist eine merkwürdige Thatsache, der man Rechnung tragen muss, dass Herr Prof. Pilar?) aus Agram dieselbe Muschel in Croatien bloss in der sarmatischen Stufe, wo sie ziemlich reichlich vorkömmt, gefun- den hat. Ferner muss ich eines in diesem Kalke sehr häufigen Vorkom- !) Coquand, Sur les gites de petrole de la Valachie et de la Moldavie et sur läge des terrains qui les contiennent. Bul. de la Societe geologique de France 1866—67, p. 505. °) Pilar, Dr. Gjuro, Trecegorje i Podloga mu u glinskom Pokupju. Rad Jugoslavenske Akademije Znanosti i um jetnosti 1873, XXV, p. 53. ” [7] Ueber das Neogen-Becken nördlich von Ploesci. 137 mens, nämlich eines neuen Cerithiums, welches zwischen Cerithium dis- junctum Sow., und Cerithium pietum Bast. steht, erwähnen. Ich nenne dasselbe Oerithium Pauli und werde es später beschreiben. Zu Coda malului findet man nicht selten auf einem nur einige Quadrat-Centimeter grossen Stücke dieses Kalkes eine grosse Anzahl Steinkerne, von jenem Cerithium mit jener ZLucina, von welcher wir soeben sprachen, sowie Modiola Volhymica Eichw., welche sogar oft mit Ervilia podolica Eichw. und Tapes gregaria Partsch vorkömmt. In Folge einer langen Einwirkung athmosphärischer Einflüsse löst sich das Kalkconglomerat und dann rollen zahlreiche Cerithien mit wohl- erhaltenen Schalen über den Abhang des Hügels, wo man sie zu Tau- senden findet. L Dieser Kalkstein wurde ebenfalls constatirt zu Malaesci am linken Ufer des Verbileu, zu Vulcanesci am Cosmana-Bache, einem der Zu- flüsse des Teleajan in Telega, in den unter dem Namen Pacuri und Stramatin bekannten Orten, sowie endlich an der Doftana, 1 oder 2 Kilometer von der Mündung dieses Flusses in die Prahova. Hier behält der Kalk denselben petrographischen Charakter bei, aber er bildet weniger mächtige Bänke, als an Coda malului. Die flüchtige Untersuchung gestattet mir nicht, augenblicklich eine nähere Bestimmung über die relative Lage der sarmatischen Hori- zonte an allen diesen verschiedenen Orten anzugeben. Ich begnüge mich, zu bemerken, dass, was die lithologische Beschaffenheit betrifft, die Kalklager des rechten Ufers der Prahova (Poiana) eine von denen, von Coda malului, und letztere von denen von Poiana, am rechten Ufer des Verbileu-Baches, gänzlich verschiedene Facies zeigen. Hier, wie früher, erscheinen einige Theile des Lagers von Petro- leum durchdrungen, aber Braunkohle konnte ich nicht constatiren. 4. Congerienstufe. Wenn es wahr ist, dass die Ausdehnung einer Stufe deren Wich- tigkeit bedingt, so müssen die Congerien-Schichten den ersten Platz in dieser Arbeit einnehmen. Diese Stufe bildet in dem kleinen Territorium, welches ich letztes Jahr durchforschen konnte, ein weites Petroleum-Becken (in der That wurden auch bloss in dieser Stufe bis jetzt mit Vortheil Petroleum- brunnen gegraben), und das Vorkommen von Lignitschichten in diesen Lagern von nicht weniger als 6 Meter Mächtigkeit, wie sie überall (mit Ausnahme Rumäniens) der Gegenstand lebhafter Nutzung sind, musste die Aufmerksamkeit der Regierung in einem Augenblicke haupt- sächlich auf sie lenken, in welchem die Wälder in Folge der Jagd, welche die Eisenbahnen auf sie machen, bald bei uns fehlen werden. Schon 1860 zeigt Capt. Spratt!) das Vorkommen dieser Stufe in dem südlichen Theile von Bessarabien, Moldau, Walachei und Bulgarei, dann 1866 Mr. Coquand’) in Pacuretzi im Norden 1) Spratt, On the Freshwater Deposits of Bessarabia, Moldavia, Walachia and Bulgaria. London. Geological Society 1860, p. 281. 2) Coquand, bereits erwähnt. 138 ©. D. Pilide. [8] von Ploesci, 1870 Hr. Foetterle!) in Matitza bei Pacuretzi, und neuerdings wieder Stefanescu°) ihr Vorkommen am Westende des Landes bei Bahua im Norden von Verciorova an. Ich selbst hatte Gelegenheit, sie mehr als ein Mal in meinem Terrain zu con- statiren, wie man es bald sehen wird. Diese Stufe besteht aus einer Reihe von Schichten, die aus erauem, sehr zähem Thon, Sand, sandigem Mergel und Kalkmergel bestehen. Die Gesammtmasse erreicht eine Mächtigkeit von beiläufig 200 Meter. Sie liegt zu Coda malului und zu Vulcänesei auf der sar- matischen Stufe und verschwindet gegen Süden unter einem Winkel von 20—25° unter dem Diluvial-Schotter der Donauebene. Fast überall sind die Schichten aus ihrer alten Lage gebracht. Ihre Neigung ist verschieden. g Bei Pacuretzi z. B., dem Mittelpunkte einer starken Petro- leum-Gewinnung, ist die Durchschnittszahl für eine grössere Anzahl von Neigungswinkeln annäherungsweise 33°. Diese genau durch eine an Individuen wie an Gattungen reiche Fauna charakterisirte Stufe lässt sich überall leicht erkennen. Ich muss aber bemerken, dass man sie am häufigsten ganz am Aussen- rande der Karpathenzone antrifitt, während sie in eben dem Maasse, als man sich der topographischen Axe der Kette nähert, schwächer zu werden scheint, ja gänzlich mangelt. Die bemerkenswerthesten Fossilien wurden von Hrn. Prof. Neu- mayr?°) und Hrn. Custos Th. Fuchs bestimmt, und ich erlaube mir, ihnen hier meinen besten Dank auszudrücken. Folgendes ist die Liste der Fossilien: Vivipara achatinoidos Desh. Fuchsi Neum. 7] . pannonica Neum. % cf. Suessi Neum. und drei andere neue Species, welche Hr. Prof. Neumayr bei näch- ster Gelegenheit beschreiben wird, und die er mit folgenden Namen bezeichnet: Vivipara Pilidei. »„ levantina. subangularis. Zwei weitere neue Species, gefunden von Hrn. Foetterle 1870 zu Matitza, erhielten von Hrn. Prof. Neumayr folgende Benen- nungen: Vivipara Foetterlei. ” Rumana. ') Foetterle, Die Gegend zwischen Bukarest und der siebenbürgischen Grenze. Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1870, p. 209. ?) Stefanescu, bereits erwähnt. ®) Neumayr, Ueberr einige neue Vorkommnisse von jungtertiären Binnen- mollusken. Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1876, p. 366. Di In Lu 0 a 2 U a u dm [9] Ueber das Neogen-Becken nördlich von Ploesci. 139 Die erstgenannte Species, Vivipara Achatinoides, ist uns von der Krimm!) bekannt, während die drei folgenden zuerst von den Herren Paul und Neumayr?) in Slavonien aufgefunden wurden. Die letzten fünf charakterisiren bis jetzt ausschliesslich die Walachischen Congerienschichten. Neben diesen Arten findet sich eine Melania, welche, da sie sehr schlecht erhalten war, nicht näher bestimmt werden konnte, sowie auch eine neue Species Neritina, die sehr häufig in diesen Schichten auftritt, und sich etwas der Neritina Platystoma Brus?) aus Sla- vonien nähert, mit welcher man sie aber nicht identificiren kann. Ich nehme mir vor, sie zu beschreiben, wenn ich eingehender auf das Stu- dium des walachischen Tertiärterrains zurückkommen werde. Ich muss überdiess in diesen Lagern noch das Auftreten von Valvata und Bythinia bemerken, welche nicht determinirt werden konnten. Von Bivalven hat Hr. Custos Fuchs folgende erkannt: Congeria rostriformis Desh. » . sp. sehr häufig. ” ” n ” Cardium planum Desh. = squamulosum Desh. = pseudo-cattilus Abich. » Abichi R. Hoernes. 5 Lenzi? R. Hörnes. " sp. Unio sp. Alle diese Fossilien kennen wir von der Krimm *) und Kischenew. Was die Verbreitung dieser Stufe betrifft, so habe ich sie zuerst bei Oparitzi constatirt, wo sie alle die Höhen der Hügel, welche die Kirche des Dorfes beherrschen, zu bilden scheint; ferner zu Pa- zuretzi, Malitza, Ochisori am Aussenrande der Karpathen, zu Mälaesci am Verbileu, wo die Congerienschichten den Fluss übersetzen, und sich im Osten weiter zu erstrecken scheinen, bei Telega am Flusse gleichen Namens, in dem Scumpia genannten Orte, welcher jetzt leider nur zu bekannt ist durch die Abrutschungen des Caranicea-Berges, zu Vulcanesci am Cosmana-Bache, einem Zuflusse des Teleajan, in den Valea Dracului und Valea Isvo- rului genannten Schluchten mächtige Lignitlager einschliessen. Hier fand ich in dem von der Cosmana angeschwemmten Erdreiche einige Stücke von Ozokerit, jenem interessanten Minerale, von dem Herr 1) Verneuil und Deshayes, Memoire geologique sur la Crimde. Me&moires de la Societe geologique de France 1838, p. 47 et suivantes. 2) Paul und Neumayr, Die Congerien- und Paludinenschichten Slavoniens. Abhandl. der k. k. geol. R.-A. Bd. VII, Heft Nr. 3, p. 1. 2) Spiridon Brusina, Fossile Binnenmollusken aus Dalmatien, Croatien und Slavonien. Agram 1874, p. 12. *#) R. Hoernes, Tertiärstudien. Jahrbuch der k. k. geol. R.-A. 1874, p. 1. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt. 1877. 27. Band. 2. Heft. (C.D. Pilide.) 19 140 C. D. Pilide. [10] A. Bou&!) in Progres des sciences geologiques spricht, welches be- kanntlich zuerst in Rumänien entdeckt wurde. Endlich finden sich auch Congerienschichten an der Doftana, unweit der Mündung dieses Flusses in die Prahova, an der süd- lichen Spitze des dreieckigen Plateau’s, welches das Dorf Campina trägt, und in Campina selbst am linken Ufer der Prahova. Bemerkenswerth ist der Umstand, dass im Neogen-Becken im Norden von Ploesci, am Boden der Thäler und hauptsächlich in der Richtung OW in einer Reihe von Ortschaften Salzquellen und Salzaus- blühungen sich zeigen, woraus man auf eine weite Ausdehnung der an mehreren Orten in der Walachei exploitirten Salzlager nach dieser Richtung schliessen könnte. Man darf jedoch diese Anzeichen nicht für .zu wichtig halten, da die Ursache des Salzgehaltes der Wässer, wie man weiss, in dem ganzen Terrain, welches dieselben durchfliessen, gesucht werden muss, somit oft an Stellen, die von dem Punkte des Hervortretens sehr weit entfernt sind. Ausser diesen Salzquellen findet man auch Mineralwässer, von welchen ich in der Umgegend von Valenii de Munte Schwefeleisen führende und selbst Alkali hältige erkannt habe. Nichtsdestoweniger finden sich aber in jedem derselben, nur in verschiedener Quantität, dieselben Elemente. Ich muss hier auch das Vorkommen von anhy- dritischem Eisenoxyd erwähnen, welches einige Sandsteinlager im- prägnirt. Zu Slanik sind die Salinen von einem mächtigen grünen, Rhyo- lith-ähnlichen, in seinem oberen Theile verwitterten, aber nach unten zu sehr harten Gestein überragt. Dieses in Siebenbürgen unter dem Namen Palla°) bekannte Gestein ist nichts anderes, als trachytischer Tuff. Derselbe gehört ebensowohl in Slanik, wie in Fogarasch dem ältesten Theile der Miocän-Stufe an. Ich bedaure, dass die Zeit mir es nicht gestattete, dieses Gestein einer näheren Analyse zu unterziehen. Die Streichungsrichtung des Gesteins ist deutlich OW. Aus dieser Studie, wie unvollständig sie auch sein mag, scheinen mir zweifelsohne drei Sachen zu resultiren. 1) Dass man in dem eben beschriebenen Theile des Neogen- Beckens dieselben Stufen anzunehmen hat, wie sie schon seit lange in der österr.-ungarischen Monarchie bekannt sind. 2) Dass in diesem Territorium das Steinsalz unwiderleglich ein Theil der ersten Mediterranstufe oder des Schlier ist. 3) Dass das Petroleum, trotzdem es alle Tertiärlager imprägnirt, doch hauptsächlich sich in den Congerienschichten vorfindet. Bevor ich schliesse, sei es mir noch gestattet, einige Worte über die geologische Beschaffenheit der Donau-Ebene und der Plateau’s, von denen im Anfange dieser kleinen Studie die Rede ist, hinzu- zufügen. ') A. Boue, Extrait du resume des progres des sciences geologiques pen- dant l’annde 1833. Bul. de la Societe geologique de France. Tome 5, p. 148, Paris. ?) Geologie Siebenbürgens von Hauer und Stache, p. 87, 1874. [11] Ueber das Neogen-Becken nördlich von Ploesci. 141 Hr. Prof. Stefanescu') spricht wohl von den quarternären Terrains Rumäniens in einer verdienstvollen Note in den Bulletins der französischen Societe geologique, aber in dieser Skizze ist viel mehr von der unteren Donau-Ebene zwischen Giurgiu und Bukarest die Rede, als von jener zwischen Bukarest und den Karpathen. Es zeigen aber in der letzteren Gegend die quarter- nären Terrains ein gänzlich verschiedenes Aussehen von dem- jenigen, welches im Profil des Hrn. Stefanescu gegeben ist. Bei Giurgiu an der Donau ist die Mächtigkeit der Lösslage so ziemlich 10 Meter, bei Bukarest nur mehr 5—6 Meter, und im Norden von Ploesci endlich nur 0'4—0°5 Meter. Von letzterem Orte angefangen ist dieses Lager oft so mit Sand überladen, dass der Lehm beinahe nicht mehr sichtbar ist, und das, was diesen Verlust an Mächtigkeit ausgleicht, ist hier weder das graue, noch das rothe Diluvium, von dem Hr. Stefanescu spricht, wohl aber eine theilweise von Sand bedeckte, und am häufigsten in ihrem oberen Theile in ein grobes Conglomerat umgewandelte Schotter- terrasse. Doch zeigt sich diese Terrasse, welche bei Bukarest mit grob- körnigem Sande anfängt, am Bahnhofe von Ploesci als Schotter von mittlerer Grösse, ebenso längs der Strasse, welche von letzterem Orte nach Campina führt, und als Schotter mit grossen Bestandtheilen in dem Thale des Teleajan zu Strembeni, wo diese Terrasse eine Mächtigkeit von 15—20 Meter erreicht. Theile dieser, wie ich schon bemerkte, in ein Conglomerat um- gewandelten Terrasse lösen sich in Folge der atmosphärischen Einflüsse ab und rollen nach dem Thalboden. Diess ist die Erklärung, die man sich von dem Vorkommen dieser grossen Blöcke geben muss, welchen man so häufig in den neuen Anschwemmungen des Teleajanthales zu Strombeni, Valenii de Munte etc. begegnet. Von grösserer Wichtigkeit als diese Schotterterrasse ist das dem Löss ähnliche Lehmlager, welches jetzt unter dem Namen Berglehm?) bekannt ist, welches der Hr. Bergrath Paul auch in der Bukowina kennen lernte, und welchen ich an mehr als einem Orte in meinem Terrain am Abhange der Hügel liegen fand. Oberhalb des Berglehms findet sich erst der in Strembeni durch Helix, Suecinea und Clausilia charakterisirte Löss. Die Farbe dieser Muscheln ist weiss. Eine Sandmuschel, welche sich sehr häufig in diesem Lager findet, ist Cyclostoma elegans, welche oft ihre Zeich- nung beibehält. Ebenso wie in der Bukowina muss man in den Gegenden der Walachei, welche ich letztes Jahr besucht habe, die jüngeren Dilu- vialbildungen von den eigentlichen Alluvial-Terrassen unter- scheiden. 1) Stefanescu, Sur le Terrain quarternaire de la Roumanie et sur quelques ossements de mammiferes tertiaires et quarternaires du möme pays. Bul. de la So- ciete geologique de France 1873, p. 119. 2) Paul, Grundzüge der Geologie der Bukowina. Jahrbuch der k. k. geol. R.-A. 1876, p. 328. 19% 142 C. D. Pilide. [12] Ich bemerke endlich als Lager neuerer Bildung das Vorkommen von Kalktuff, welcher im Lande unter dem Namen Siga bekannt ist, mit Einschlüssen von Helix und Baumblättern, und den man zerstreut auf der Lehne eines Hügels findet. Er kommt vor am rechten Ufer der Lupa (in der Umgegend von Telega), etwas vor dem Punkte, wo der Bach seinen Namen in Malurosa umändert. Dieses Gestein verdankt zweifellos seine Entstehung Quellen, welche Kalk-Carbonat führen, und welche man am Fusse des Hügels, welcher dasselbe trägt, emporquellen sieht. ‚Geologische und petrographische Beiträge zur Kenntniss u älteren Eruptiv- und Massengesteine der Mittel- und Ost-Alpen. Von Dr. @uido Stache und Conrad John. Nr.1. Die Gesteine der ER ADSUEDIEBERDEE in Westtirol, nebst einer orientirenden Einleitung über das oberste Wassergebiet der Etsch und der Adda. (Mit Tafel I und II.) Vorwort. Bei den geologischen Aufnahmsarbeiten, welche in den Central- alpen Tirols von dem Verfasser der zunächst folgenden einleitenden Bemerkungen im Verlaufe der letztverflossenen Jahre durchgeführt wurden, musste der Fortschritt in der Erkenntniss der geologischen Verhältnisse dieser schwer zu behandelnden Hochgebirgsgebiete vorwie- gend in zwei Richtungen angestrebt werden. Einerseits erschien zum Zwecke der Feststellung wenigstens einiger Horizonte der fast versteinerungsleeren Schichten, welche die paläolithische Reihe der inneren Alpengebiete repräsentiren, der Be- ginn vergleichender stratigraphischer Studien in den bezüglich der Petrefactenfunde hoffnungsreicheren Gebieten der nächst angrenzenden Gebirgsketten unserer Nord- und Südalpen erforderlich; andererseits aber durfte auch die speciellere petrographische Untersuchung der fraglichen Schichtenfolgen selbst, sowie diejenige ihrer älteren kry- stallinischen Unterlage nicht zurückbleiben. Dieses letztere bildet räum- lich ja doch den bei Weitem grössten Theil der untersuchten Gebiete, und das Studium derselben regt nicht nur häufig zu Vergleichen an mit manchen anscheinend sehr ähnlich ausgebildeten Schichten und Lagen der nächst höheren Reihe, sondern führt auch auf Anhalts- punkte, welche der Erklärung mancher genetischen Beziehungen dienen können. Jahrbuchd. k. k. geol. Reichsanstalt. 1877. 27. Band. 2. Heft. (G.Stache u. C. John.) 144 G. Stache und C. John. - [2] Von dem Beginn der in der erstgenannten Richtung unternom- menen Vorarbeiten haben bereits „Die Studien in den paläozoischen Gebieten der Ostalpen* (Nr. Tu. H, A u. B, Jahrb. der k. k. geol. R.-A. 1873 u. 1874) Nachricht gegeben. Dieselben bedürfen aber der Ergänzung in zwei Richtungen, und ich stehe nicht an, in der Form von besonderen Beiträgen diese Ergänzung nach beiden Richtungen bereits zu beginnen, obwohl die Besprechung der paläozoischen Haupt- gebiete selbst nach dem in den genannten Studien vorausgeschickten Plan noch nicht zum Abschluss gelangt ist. Es scheint mir nämlich zweckmässig, zwanglos nur in gewisser natürlicher Gruppirung sowohl erstens die bisher gemachten paläontologischen Funde, welche zur Illu- stration und Bestätigung des in den genannten Studien Gesagten dienen, zu veröffentlichen, und zweitens auch das bei den Aufnahmsarbeiten ge- sammelte interessantere, petrographische Material bereits zur Kenntniss zu bringen, und damit der oben angedeuteten zweiten Richtung gerecht zu werden. Der Zeitpunkt, wo das ganze krystallinische und paläolithische Material der Ostalpen im Wege der Kartenaufnahme zur Kenntniss gelangt und einheitlich durchgearbeitet sein wird, liegt noch ziemlich ferne. Man kann daher ohne Schaden für den Fortschritt der Sache, mit der Bekanntgebung des bereits Gewonnenen nicht leicht so lange _ zurückhalten, bis ein Abschluss gewonnen ist. Das schliessliche Zu- sammenfassen der Hauptresultate für eine Gesammtanschauung der geologischen Entwicklung unserer Alpen bis zur Triasperiode wird dann um so leichter sein. Bezüglich der Anordnung muss ich bemerken, dass ein ganz strictes, systematisches Vorgehen nicht durchführbar ist. Wenn man eine derartige Arbeit unternehmen wollte, müsste man eben bis zum Schluss der geologischen Aufnahme des ganzen Gebietes zuwarten. Es soll jede einzelne Mittheilung bis zu einem gewissen Grade etwas Selbstständiges für sich bilden, und doch als einzelnes Glied in den Rahmen des Ganzen gehören. Um das zu erreichen und dabei durch den im Hochgebirge naturgemäss langsamen Fortgang der Auf- nahmsarbeiten nicht behindert zu sein, muss die Bearbeitung der all- gemein verbreiteten Gesteinsgruppen, bei welchen die Uebersicht über das ganze Material abgewartet werden muss, für den Schluss gespart werden. Die ganze grosse Abtheilung der Schiefer und Phyllite wird für eine zweite Reihe von Beiträgen vor der Hand ganz bei Seite gestellt. Unter den massigen Gesteinen wird auch ein grosser Theil der Gmeisse im Anschluss an die echten Granitgesteine behandelt werden, und zwar sollen sie sammt diesen den wesentlichen Inhalt des zweiten Hauptabschnittes der hier begonnenen ersten Reihe von Beiträgen bilden. Derselbe wird somit vorwiegend diejenigen Ge- steine umfassen, welche nicht nur in allen Theilen der Centralalpen ver- treten sind, sondern auch räumlich als ein bedeutenderer Factor an der Zusammensetzung der inneralpinen Gebirgsmassen Antheil nehmen. Das dem ersten Hauptabschnitte vorbehaltene Material, welches „die Gesteine von localer und sporadischer Verbreitung“ umfassen soll. kann natürlich nicht leicht systematisch behandelt werden. Die [3] Geologische und petrographische Beiträge etc. 145 Aufnahmsarbeiten der letzten zwei Sommer, welche mir überhaupt erst den Beginn dieser Beiträge nahe gelegt haben, schreiben bis zu einem gewissen Grade auch die natürliche Anordnung vor. Ich lernte in dieser Zeit einzelne Gebirgsabschnitte kennen, welche durch besondere Eruptivgesteine charakterisirt sind und ein locales Hauptverbreitungs- gebiet dieser Gesteine zu repräsentiren scheinen. Die Anordnung muss hier also eine geographische werden. Natürlich dürften Nachträge zu jedem Separatbeitrage nicht zu vermeiden sein, insofern der Fortschritt der Aufnahmsarbeiten immer wieder neue Fundpunkte für schon be- handelte Gesteinstypen mit sich zu bringen verspricht. Da die Gesteine auch in ihrem geologischen Verhalten und in ihrem Zusammenhang mit dem Bau der ganzen Gebirgsgegend be- trachtet werden sollen, und da bei der sehr beschränkten Ausdehnung vieler dieser localen Verbreitungsgebiete die vorauszuschickende geo- logische Uebersicht zu häufig Wiederholungen mit sich bringen würde, so soll dieselbe sogleich für einen etwas grösseren, womöglich mehrere Localgebiete von verschiedenen Eruptivgesteinen umfassenden Gebirgs- abschnitt berechnet sein. Jedes dieser Gebirgsgebiete wird in seiner Ausdehnung auf einer beigegebenen kleinen Kartenskizze ersichtlich gemacht sein. Die erste dieser einleitenden Uebersichten bezieht sich nun auf das Gebiet, welchesin NW von dem Hochgebirgskamm des Cevedale in seiner Erstreckung vom M. Serottini bei Boladore im Veltlin bis zum Flimm- joch zwischen Ulten und Martell über die Etschlinie reicht. Die nörd- liche Grenzlinie der beigegebenen Kartenskizze geht durch den Wasser- scheidepunkt Reschen-Scheideck zwischen Etsch und Inn. In diesem Hochgebirgsabschnitt, welcher dem obersten Wassergebiet der Etsch (Ober-Vintschgau) und dem obersten Wassergebiet der Adda (Val Tellina) angehört, liegen drei durch eigenthümliche Typen von Eruptivgesteinen ausgezeichnete und räumlich sehr gut von einander geschiedene Son- dergebiete. Zwei derselben haben Hochgebirgsspitzen, das dritte einen Thalabschnitt als mittleren Orientirungspunkt. Es sind diess die Zwöl- ferspitze bei S. Valentin auf der Haid im Ober-Vintschgau, der Monte Cevedale (Zufallspitz), und die Ortschaft Leprese im Veltlin. Wir be- handeln speciell in diesem ersten Beitrage nur die der Zwölferspitz- Gruppe besonders eigenthümlichen Gesteine und schliessen daran nur einige vereinzelte Vorkommen, welche sich örtlich oder ihrer speciel- leren Verwandtschaft wegen damit in nächste Beziehung bringen lassen. Die vorangeschickte topographische und geologische Uebersicht wird jedoch als Einleitung für die drei genannten, zunächst in Arbeit genom- menen Abschnitte gerichtet sein. Die sich später anschliessenden Fortsetzungen werden in ähn- licher Weise durch Kartenskizzen orientirt und durch eine einleitende Skizzirung der geologischen Hauptzüge des betreffenden Gebietes ver- deutlicht werden. Der Anschluss soll in der Richtung gegen Süd und Ost erfolgen, so dass dabei das südostwärts von der oben genannten Linie M. Serottini, Cevedale, Flimmjoch gelegene Gebiet, welches die Adamello-Gruppe umfasst, zur Untersuchung und Erörterung gelangt. Da petrographische Mittheilungen, wenn sie -nicht direct zu mineralogisch-systematischen Zwecken gemacht werden, sondern vielmehr 146 G. Stache und C. John. [4] nur als Theil von Vorstudien für die geologische Entwicklungsgescbichte einer ganzen Gebirgskette dienen sollen, der, wenn auch nur vorläu- figen Erläuterung genetischer und topisch geologischer Hauptmomente nicht entbehren können, so konnte ich die Verwerthung des von mir bei den Arbeiten im Felde gesammelten Materials nicht ganz aus der Hand geben. Andererseits aber würde ich die ganze Arbeit nicht leicht haben unternehmen können, wenn ich nicht für die chemische und mikroskopische Analyse, welche die Basis und Hauptstütze auch derartig angelegter petrographischer Arbeiten bleiben muss, einen stän- digen und zuverlässigen Mitarbeiter gewonnen hätte. Es gereicht mir zu besonderer Befriedigung, Hrn. Conrad John als solchen nennen zu können. Der von ihm geleistete Theil der Ar- beit sichert den folgenden Beiträgen sicher einen bleibenden Werth auch dann, wenn der Fortschritt in der Auffassung der geologischen und genetischen Verhältnisse der älteren Eruptiv- und Massengesteine der Alpen manche der hier niedergelegten Anschauungen ergänzt oder widerlegt haben wird. G. Stache. Topographische und geologische Orientirung im obersten Wasser- gebiete der Etsch und Adda. A. Allgemeine Begrenzung und Oberflächengestaltung. Nur der oberste Theil des Vintschgau und des Veltlin (Val Tellina) fällt in das Gebiet unserer Kartenskizze (Taf. 1). Dieselbe repräsen- tirt, wenn man die neue Generalstabskarte von Tirol (1:75000) zu Grunde legt, welche westwärts Theile der Schweiz und der Lombardei des Abschlusses wegen mit einbezogen hat und zur Darstellung bringt, das südliche Drittheil des Blattes Nauders (Zone 18, Col. III.) (süd- wärts der Linie Pizlat-Weissseekogel) das vollständige Blatt Glurns (Zone 19, Col. III), und das Blatt Bormio und Passo del Tonale. Dieses letztere Blatt ist zwar zum Zweck der Orientirung über den Anschluss des zunächst zur Aufnahme und Bearbeitung in Aussicht stehenden fast vollständig auf der Skizze vertreten; es kommt jedoch hier nur der nordwestlich von der diagonalen Kammlinie des Cevedale gelegene Abschnitt in Betracht. Geographisch scheidet sich das Gebiet der Wasserscheide ent- sprechend in zwei natürliche Hauptabschnitte; von diesen gehört der nördliche dem Quell- und Flussgebiete der Etsch, der südliche dem Quell- und Flussgebiete der Adda an. Von den drei localen Verbrei- tungsgebieten von Eruptivgesteinen, welche in dieses Terrain fallen, gehört eines dem Etschabschnitte an, nämlich das der Zwölferspitz- Gruppe: es liegt im Bereich des Blattes Nauders. Das zweite dieser Gebiete gehört dem Etsch- und Adda-Abschnitte gemeinschaftlich an; der kleinere Theil ist auf dem Blatte Glurns ostwärts vom ÖOrtler gelegen, der grössere Theil desselben jedoch erscheint nordostwärts und südwestlich vom Cevedale auf dem Blatte Bormio. Das dritte Sondergebiet von Eruptivgesteinen gehört ganz dem Blatte Bormio zu, [5] Geologische und petrographische Beiträge ete. 147 in dessen südwestlichsten Theil sich die betreffenden Vorkommen um die Ortschaft Leprese gruppiren. Versuchen wir zunächst, in Kürze den Etschabschnitt topogra- phisch zu skizziren. Wir haben zunächst die Grenzlinien zu markiren, welche den in Rede stehenden Abschnitt des Etschgebietes einerseits von den Gebieten des Ober-Inn und der Oberen Adda, und andererseits von dem Fluss- gebiete des mittleren Etschlaufes scheidet. Die Linien fallen mit den Gratlinien der Hochkämme zusammen, welche von dem Gebirgsknoten des 3761 Meter hohen M. Cevedale (Zufallspitz oder Firkele) gegen NW, NO und S ausstrahlen. Gegen O und NO sich streckend, zweigt vom Cevedale der lange Hochkamm ab, welcher die ostwärts vom Martell dem Etschbette zuströmenden Wasserläufe (Ulten, Val Rabbi etc.) von dem oberen Etschgebiet scheidet. Auf unserer Kartenskizze schneidet diese Linie mit dem Flimmjoch ab. Die Sattelpunkte dieses Hoch- kammes haben theils wenig unter, theils ein wenig über 3000 Meter Seehöhe; die Gipfelpunkte liegen zwischen 3000 und 3400 Meter: Flimmjoch 2900 M., Tufer Sp. 3091 M., Soy-Joch (Scharte 2861 M., Spitze 3018), Zufritt-Sp. 3431 M., Weissbrunner-Sp. 3243 M., Gramsen- joch 3018 M., Hinter-Rothspitz 3341 M., Venezia-Sp. 3380 M., Hohen Fernerjoch 3204 M., und Firkele-Scharte östlich unter dem Cevedale 3020 M. Die Grenze zwischen dem Addagebiet und dem Vintschgauer Etsch- Abschnitt vermittelt die zunächst dem Cevedale noch grössere Gipfel- höhen erreichende, aber im weiteren Verlaufe durch tiefe Einschnitte unterbrochene Kammlinie zwischen dem Cevedale und dem Ofenpass. Vom Cevedale senkt sich dieselbe auf ein kürzes Stück zum Sulden- jochh um über Sulden-Sp. (3385 M.), und Schrötter-Horn (3369 M.) zur Königsspitze bis auf 3854 M. Seehöhe anzusteigen. Es folgt M. Zebru mit 3706 M., Ortler- Pass 3346 M.; der Ortler selbst (3905 M.) ist nordwärts aus der Kammlinie herausgerückt. Die Fort- setzung des Kammes bildet die fast ostwestlich streichende Trafoier- Eiswand mit der Thurwieser-Sp. (3630 M.), und der grossen Schnee- glocke (3427 M.). Von den Krystallspitzen (3444 M.) wendet die Linie wieder scharf nach NW und verläuft über die Geisterspitze, 3461 M., und die grosse Naglerspitze 3256 M. entlang dem Eben-Ferner zum Stilfser-Joch 2756 M., von dem sie bei S. Maria am Wormser-Joch noch bis 2512 M. absinkt. Von hier ab steigt die Grenzlinie zwischen Etsch- und Adda- Gebiet im Piz Umbrail auf 3034 M., und bildet dann einen westwärts ausgebauchten Bogen um das obere Quellgebiet des Rombaches, wel- cher durch das Münsterthal der Etsch zufliesst. Dieser Bogenlinie, welche lombardisches Gebiet berührt und in die Schweiz eingreift, gehört zunächst ein kurzer Wasserscheiderücken zwischen dem Quellgebiet der Adda und der Etsch (Rombachgebiet Val S. Giacomo) an, der steile Hochkamm zwischen Piz Umbrail und dem Passo dei Pastori. Von diesem fast ostwestlich gestreckten Steilrücken, dessen tief- ster vorgenannter Sattelpunkt sich nur bis 2860 M. senkt, fällt ein nordwärts gerichteter kurzer Grat in steilen Absätzen ab zu dem tief Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt. 1877. 27. Band. 2. Heft. (G. Stache u... John.) 20 148 Dr. G. Stache und C. John. [6] eingeschnittenen Thalsattel Dosso rotondo (circa 2100 M. Seehöhe), dem ersten Wasserscheidepunkt zwischen Etsch und Inn-Gebiet. Von diesem Punkt steigt die Wasserscheidelinie steil aufwärts zum Gipfel der Durettas-Wände (2959 M.), und zieht von hier westlich, wenig in Nord, zum Piz Daint (2791 M.) über den Sattel zwischen Val Bella und Fuldera (2600 M.). Zwischen Piz Daint und M. della Bescha erreicht sie den westlichsten Punkt auf dem Giogo di Buffalora Sür Som 2155 M. (Ofen-Pass); vom letztgenannten Gipfel zieht sie direct ostwärts über den Minschuns (2526 M.), den Champatsch-Sattel zwischen Cierfs und Scarlthal (2251 M.), und den M. da Valpaschun (2762 M.) zur Urtolaspitze (2903 M.), einer Grenzmarke zwischen der Schweiz und Tirol. Diese ist zugleich der Endpunkt der westlichen Ausbuchtung der Wasserscheidelinie und liegt direct nördlich von dem Ausgangspunkt derselben, dem Piz Umbrail. Die Wasserscheide zwischen Etsch und Inn verfolgt nun eine fast nördliche Richtung über die Kammlinie des Sterlex (3073 M.) zum Scharl-Jöchel (La Cruschetta 2291 M.), von da über die Maipitsch- Spitz (3160 M.), und Föllia-Spitz (2887 M.) zum Schliniger Joch (Ob der Wand, Möserboden 2357 M.), weiterhin über den Rassas- Berg (2938 M.), und den Grian-Kopf und Rücken(2890 M.), zur Grisn- Platten (2840 M.), von wo die nördliche bis nordnordwestliche Richtung der Kammlinie in ONO abbiegt und auf dem Kaarles-Rücken (2717 M.) bis zum Nockenkopf (2787 M.) anhält. Von diesem Punkt springt die Wasserscheidelinie direct in Ost um und fällt steil über einen kurzen, schmalen Seitenrücken zum Thalsattel von Reschen- Scheidek ab, in dessen unmittelbarer Nähe die Etsch entspringt (1571 M.). ÖOstwärts von der Etschthallinie setzt die Wasserscheide nordwärts entlang dem Langtauferer-Thal über den langen Kamm fort, der das- selbe nordwärts in weitem Bogen begrenzt. Dieser Hochgebirgskamm trennt die Quellgebiete des Pfunders-, Kaunser- und Fender-Thales, die dem Inngebiete zugehören, vom Langtauferer Thal. Vom Reschensattel ostwärts bis zur Oetzthaler-Scharte im Weiss- kamm wird er durch folgende Gipfel und Sattelpunkte markirt: Berg- kastel-Alpe (2061 M.), Klopaier-Sp. (2913 M.), Mathaunkopf (2818 M.), Schafkopf (2996 M.), Tscheyer-Schartl (2804 M.), Hennesiegel-Sp. (3138 M.), Wieszackelkopf (3124 M.), Karlspitz (3270 M.), Weiss- Seekogl (3530 M.), Oetzthaler-Scharte (3300 M.). Südwärts von diesem letzteren Punkt erhebt sich die Weisskugel zu.3741 M. Seehöhe und sendet etwas südlicher vom Hinter-Eisjoch (3498 M.) eine östliche Kammlinie ab über den Hochjoch-Ferner, welche die Wasserscheidelinie zwischen dem Oetzthal (Inngebiet) und dem Etschthal fortsetzt, und eine direct südliche Kammlinie, welche das Wassergebiet unseres oberen Etschgebietes von demjenigen des mittleren Etschlaufes trennt. Dieser letztere Hochrücken wird durch die Punkte Schwemsser - Spitz (3455 M.), Saturn-Sp. (3431 M.), Taschl-Jöchl (2785 M.), Mastaun-Sp. (3195 M.) und Zerminiger-Sp. (3053 M.) bezeichnet. Südwärts von diesem letztgenannten Gipfel liegt die Mündung des Martellthales und das Flimmjoch, die östlichen Grenz- punkte unseres Gebietes. [7] Geologische und petrographische Beiträge etc. 149 Es bleibt übrig die östliche und südliche Grenze des in Rede kommenden Stückes des oberen Addagebietes zu fixiren. Die nördliche Grenze gegen das Vintschgau wurde bereits gegeben, und die west- liche Grenzlinie ist die Kartengrenze, welche etwa mit dem Meridian von St. Agnese bei Sondalo zusammenfällt. Vom Cevedale ab zunächst südwärts zieht die Kammlinie zum M. di Vioz (3631 M.), dann in SW umbiegend über Monte Saline (3620 M.) zur Punta Cadini (3557 M.), von hier direct westlich bis zum Pizzo del Mare (3633 M.), und so- dann wieder südwestlich zu der Pyramide des Corno dei tre Signori (3324 M.). Von diesem Knotenpunkt gelıt südostwärts und zuletzt in Süd die Wasserscheidelinie zwischen Val Camonica (Oglio-Addagebiet) und Sulzberg (Noce-Etschgebiet) über den Montozzo (3062 M.), Passo di Montozzo (2601 M.), Albiole (2975 M.), und M. Tonale (2597 M.) zum Passo del Tonale (1874 M.), während die Kammlinie, welche das obere Addathal (Val Tellina) selbst, vom Ogliogebiet scheidet, durch den tief eingeschnittenen Gavia-Pass (S. Catharina — Ponte di Legno) vom Corno dei tre Signori scharf nordwestwärts abspringt und vom Monte Gavia in die SW-Ecke unserer Kartenskizze d. i. südlich von Sondalo und Boladore vorüberzieht. Der steile Hochrücken wird durch die ihm angehörenden Gipfelpunkte Savoretto, Sasso Mauroner, C. di Tremon- celli und Monte Serottini (2926 M.) um wenig überragt. Nach Feststellung der Begrenzung widmen wir der Gliederung und Oberflächengestaltung des Inneren der beiden Gebietstheile einige Worte. 1. Das Ober-Etschgebiet oder Vintschgau ist, wie die Ver- folgung der Grenz- und Wasserscheidelinien zeigt, mit Inbegriff seiner Seitenarme in Süd, West, Nord und Ost von den höchsten Rücken- linien umschlossen, nur in der Richtung des Etschlaufes gegen Ost mit breiterem Eingangsthor versehen. Die Hauptlinie des Gebietes ist diejenige des Etschlaufes, welche scharf einen nördlich-östlichen von einem südlich und westlich gelegenen Abschnitt abscheidet. Jener bildet einen Theil der Oetzthaler Hoch- gebirgsmasse; dieser umfasst den Hauptstock der Ortler Alpen und den östlichen Theil des Engadiner Grenzgebirges. Die grosse Gebirgsfurche des oberen Etschlaufes ist von grossem Interesse wegen ihrer Richtung und Abstufung. Der obere Theil vom Etschursprung bis zum Zufluss des Ramm- baches bei Glurns (Eingang in’s Tauferer- oder Münsterthal) ist direct von Nord nach Süd eingeschnitten und durchquert die Hauptstrei- chungsrichtung der Schichten des krystallinischen Grundgebirges. Der untere Theil des oberen Etschthales hat weit hinaus über die Grenzen unseres Gebietes die Richtung von West nach Ost an- nähernd parallel dem Hauptstreichen der älteren Schichtencomplexe. Das kurze Zwischensegment von Glurns bis Neuspondinig, welches der Rammbach und der Praderbach markirt, vermittelt durch den Ueber- gang in die SO-Richtung die Verbindung des nordsüdlichen mit dem westöstlichen Thalgebiet. Die beiden Thalabschnitte liegen in merklich verschiedenen, durch einen jäheren Abfall von einander getrennten Höhenstufen. 20* 150 Dr G. Stache und C. John. [8] Die obere Thalstufe, das Gebiet der 3 Seen (Reschen-See, Mitter- See und Haider-See) liegt zwischen 1490 und 1440 M. Seehöhe bei einer Länge von 11 Kilometer (Reschen-Absatzbrücke) und einer grössten Breite von 1'6 Km. auf dem alten Seeboden von Graun. Die untere Thalstufe hat im alten Seeboden von Glurns bis zur Thalsperre des Kortscher Berges bei Laas eine Seehöhe von 915 bis 869 M. auf eine Strecke von etwa 14 Km. (Glurns-Laas) und 2:5 Km. Breite im Praderfeld (Strasse von Prad nach Neuspondinig). Auf die kurze Strecke vom Ende des Haider-See’s bis Glurns (78 Km.) über den Malser Berg stürzt die Etsch demnach 525 M., d. i. mit dem starken Gefäll von 1 M. auf 15 M. in die zweite Thalstufe ab. Durch den Kortscher Berg (5° Km.) zwischen Laas und Göflan bricht die Etsch nur mehr mit einem Gefäll von !/,; im Göflaner Boden zwischen Schlanders und Goldrain, welchen der aus dem Mar- tellthal kommende Plimabach mit seinem alten Murkegel schliesst, ist die Seehöhe des Etschbettes etwa 690—680 M. Der weitere Verlauf der mittleren Thalstufe bis zum jähen Absturz zur dritten Hauptstufe in den Kessel von Meran fällt hier ausser Betracht. Es erübrigt, in Kürze die seitlichen Zuflüsse des Ober-Etsch- gebietes zu nennen und die Gebirgsabschnitte zu bezeichnen, in welche durch dieselben die nordöstliche oder Weisskugel-Gebirgsmasse, und die westliche oder das Engadiner Grenzgebirge sammt der südlichen, Ortler-Gebirgsmasse zerfallen. Alle seitlichen Hauptthäler, d. i. alle diejenigen Seitenthäler, - welche von den grossen Grenzkämmen des Flussgebietes ihren Ausgang nehmen, haben die correspondirende Hauptrichtung NO nach SW im Ost-Abschnitt und SW nach NO in der westsüdlichen Gebirgsmasse. Am schärfsten ausgesprochen ist diese Richtung bei den auf das Kniestück des Etschthales herabziehenden grossen Seitenfurchen. Das vom südwestlichen Gletscherabschnitt der Weisskugelmasse herabziehende lange Matscher-Thal mit dem Salurnbach trifft unter sehr consequentem Einhalten der NO-SW-Richtung fast auf die Mitte des zwischen der NS- und WO-Linie des Etschlaufes eingeschobenen NW-SO-Stückes. Es spaltet auf diese Weise den grossen nordöstlichen Gebirgsabschnitt unseres Gebietes in zwei nahezu gleiche Massen, die in den Hauptzügen ihrer Plastik einen gewissen Parallelismus zeigen. Der nördliche, der obersten Etschthalstufe oder dem Seegebiet zugewendete Gebirgsstock wird durch das lange, mehr: O nach W, als NO-SW gestreckte Langtauferer-Thal, durch welches der Carlinbach gegen den Mittersee fliesst, gegen das oben erwähnte Stück des nörd- lichen Grenz- und Wasserscheidekammes (Reschen-Scheideck-Oetzthal- scharte) abgesondert. Wir nennen diesen Theil den Rosskopf- Abschnitt. Der Rosskopf (3182 M.) ist selbst ringsum vergletschert durch einen ganz vereisten Hochrücken von westöstlicher Hauptrichtung mit der Weisskugel verbunden, somit deren westliche Abzweigung; er ist der Knotenpunkt, von welchem aus zwei lange Hochkämme gegen SW zur Etsch ziehen, und von dem der Punibach entspringt, welcher das enge, lange, diese beiden Kämme trennende Planailthal durchströmt. Der westliche Rücken ist der des Danzewell (3139 M.); derselbe [9] Geologische und petrographische Beiträge etc. 151 schliesst mit dem Bärenbartkopf (3182 M.) an den Rosskopf und streicht über Mittereck (2904 M.) bis zum Höfer-Berg (2103 M.), der gegen die Malser-Haide abfällt. Der östliche Rücken mag nach der in seiner Mitte aufgesetzten Portles-Spitze (3060 M.) seinen Namen tragen. Die Ver- bindung gegen Nord mit dem Rosskopf ist durch den Rabenkopf und Wallnellspitz markirt, während die Fortsetzung des langen Rückens gegen SW durch Taborette (2845 M.) das Hohe Joch (2587 M.), und das Niedere Joch (2469 M.) wenig hervorstechend contourirt ist, und mit dem breiten Gehänge des vom Niederjoch gegen West umbiegenden Endstückes (Spitzige Lun 2319 M.) gegen die weite Mündung des Tauferer Thales abfällt. Während dieser lange östliche Flügel der Rosskopfmasse sowohl gegen die Matscher-, wie gegen die Planailthal- furche beiderseitig nur kurze Seitengräten und Steilabfälle zeigt, ist der westlichere Flügel (Danzewell) auf seiner gegen NW und W. dem Langtauferer Thal und dem Seegebiet des Etschthales zugekehrten Seite ziemlich breit entwickelt und durch eine Reihe von Nebenrücken und kleinen Thälern ausgezeichnet, welche von Ost her aus der nörd- lichen durch die nordwestliche in die südwestliche Streckung über- gehen; die dem Planailthal zugekehrte westliche Gehängseite ist steil und ungegliedert, wie die Seitengehänge des Portlesrückens. Von einiger Bedeutsamkeit unter den Seitenthälern des Danze- well-Rückens sind nur die vom Danzewellkopf gegen Kapron im Lang- tauferer Thal herabziehenden und sich vor dem Absturz in’s Hauptthal vereinigenden Alpenthäler (Kuhthal und Ochsenbergthal), sowie die vom Mittereckrücken gegen das Seegebiet der oberen Etschthalstufe aus- strahlenden Hochthäler (Vivanithal und Plawenthal). Die in 5 Rücken sich spaltende Bergmasse des Grosshorn-Spitz (2626 M.), welche ihre Breitseite dem Seegebiet zukehrt, trennt das Plawenthal von dem Vivanithal, und letzteres wird durch den Rücken des Habicherkopf (2894 M.),. der sich am Ende zu dem Plateauboden des Endkopfs (oder Jackel) ausbreitet, von dem Öchsenbergthal abgeschieden. Ganz analog mit dem Rosskopf-Abschnitt ist die der westöst- lichen Etschthalstufe zugekehrte Gebirgsmasse gegliedert, deren Knoten- punkt der Salurnkopf (3333 M.) ist. Dieselbe steht durch den süd- nördlich gestreckten Hochrücken des Schwemser Spitz (3455 M.) einer- seit mit dem Weisskugelmassiv in Verbindung, und entsendet andererseits gegen S und SO zwei gewaltige Hochkämme ab, welche ihre verkürzten Steilabfälle der tief eingeschnittenen langen Thallinie zuwenden, welche sie von -einander trennt. Es.ist das steil SSO verlaufende Schlan- derauner Thal, welches hier die analoge Situation hat, wie das SW verlaufende lange Planailthal im oberen Abschnitte der Weisskugel- Gebirgsmasse. Die beiden Hauptzweige des Salurnkopf sind der Hoch- alt-Rücken und der Mastaunspitz-Rücken. Der erstere endet in dem von der Weissen Riepl (2946 M.) südöstlich gewendeten Rossberg- Rücken mit dem Kortscher Jöchl (2618 M.), und ist auf seiner West- seite breit und mit hohen, mehrfach verzweigten Hochkämmen ent- wickelt, die in NW gegen das Matscherthal und gegen SW und S nach dem Etschthal zu ausstrahlen. Die bedeutendste Seitenverzwei- gung des Hochalt-Rückens zeigt der von der Marbelthal-Spitze nach West streichende Hochkamm; derselbe bildet einen Knotenpunkt im Litzner 152 Dr. G. Stache und C. John. [10] Spitz (3199 M.), von dem aus sich ein Nordwestarm abtrennt, dem die hohe Rem-Spitze (3200 M.) aufsitzt, und ein Südwestarm, der im Madatschknott (3070 M.) sich von Neuem in zwei Rücken trennt, in denjenigen des hohen Kreuzjoch (2980 M.), der nach West streicht und sich nochmals gabelt, und in den Schwarze-Wand-Rücken (2735 M.), der über den Rauscheck (2290 M.) mit den Laaser Leiten gegen das Etschthal abstuft. Der lange Rücken der Mastaun-Spitze fällt mit den Ausläufern der Zerminiger-Spitze gegenüber dem Eingang in’s Martellthal nach dem Etschboden ab. Das Schnalser-Thal scheidet den ganzen, unserer Besprechung nahe liegenden Abschnitt der Weisskugelmasse gegen den östlick anstossenden Gebirgsabschnitt der Similaun- und Texl-Spitze in analoger Weise, wie das Langtauferer-Thal den nördlich angrenzenden Weiss-Seekogel-Abschnitt davon trennt. Von den vom hohen Kreuzjoch auslaufenden beiden Rücken ist der eine, parallel mit dem Remspitzrücken verlaufend, dem Matscher Thal zugekehrt (Runnerköpfl 2579 M.); der andere zieht über den Schwarzenknott (2763 M.) zum Kaltern-Berg und breitet sich zu der breiten, steilen Gehängstufe zwischen Schluderns und Eyers aus, welche der Oeffnung des Praderthales zugekehrt ist. Alle weiter südwärts vom Marbelthal-Spitz gegen SW und S ab- zweigenden Seitenrücken sind verhältnissmässig kurz und einfach. Zur Vervollständigung der Hauptlinien der Plastik in dem grossen Gebirgsabschnitt der Weisskugel nordöstlich vom Ober-Etschlauf mögen den angeführten Höhenangaben der Hauptrücken des Gebietes die See- höhen der Hauptstufen der Thalgebiete zur Seite gestellt werden. Im Langtauferer-Thal liegt die hintere Stufe mit nordwestl. Thalrich- tung (Gletscher-Ende bis unterhalb S. Magdalena bei Kappl) zwischen 2000 und 1800 M., die mittlere Stufe, der Haupttheil des Thales mit südwestlicher Richtung (S. Magdalena bis unterhalb Pedross (1800 bis 1600 M.), die untere Stufe endlich bis zur Mündung in’s Etschthal bei Graun (1600—1500 M.). Das Vivanithal hat in seinem erweiterten Thalboden eine Seehöhe von 2300—2000 M., von der der Vivanibach durch steile Schlucht abstürzt; der kurze Plawenthalboden wird durch den Hals des Schuttkegels gebildet, welcher sich zur Malser Haide aus- breitet und senkt sich steil von 1900 auf 1600 M. Das Planailthal zeigt im engen oberen Theil vom Gletscher bis zum Puni-Bachbett unterhalb der Alpbergalpe 2600—2100 M., im erweiterten mittleren Theil 2100—1700 M., und im untersten Theile 1700—1500 M. Seehöhe. Das Matscherthal hält im hintersten, nordsüdlich gerichteten Thalabschnitt zwischen 2500 und 2100 M., und weiterhin bis zur Sa- lurnbachbrücke unter dem Heinisch-Meierhof 1800 M.; im mittleren Theile bis zum Beginne der Schlucht südlich von Matsch schneidet der Salurnbach allmählig bis 1300 M. Seehöhe ein und hält sich beim Eintritt in’s Etschthal auf der kurzen letzten Durchbruchsstrecke zu in 918 M. Seehöhe. Schliesslich wäre noch unter Uebergehung der kurzen Thal- rinnen, welche von dem Hauptknotenpunkt des Hochalt-Rückens, der Marbelthalspitze ausstrahlen, das Schlauderauner-Thal hervorzuheben, dessen mittlerer, etwas erweiterter nordsüdlicher Haupttheil zwischen f11] Geologische und petrographische Beiträge etc. 153 1988 und 1100 M. eingetieft liegt, während der Mündungsrayon im Etschgebiet etwa 690 M. hoch liegt. Noch mannigfaltiger gegliedert als das eben skizzirte, ist das rechtsseitig vom Etschthal inW und S gelegene Hochgebirgsgebiet, dessen dominirender Hauptgipfel der Ortler (3905 M.) ist. Durch die grossen tiefen Thaleinschnitte des Rammbaches und des Praderbaches wird ein mittleres Gebirgssegment ausgesondert, welches gegenüber der Ausmündung des Matscher-Thales, der Hauptfurche des Weiss- kugel-Abschnittes, die äussere Knielinie des Etschthalumbruches mit seiner untersten, gegen NO gekehrten Gehängstufe begrenzt. Es ist diess der lange, von SSW gegen NNO gestreckte Rücken der Ciavalatsch- spitze (2756 M.). Derselbe zweigt zwischen den beiden, nahe von ein- ander gelegenen Hochsattel- und Wasserscheidepunkten Stilfser Joch (2756 M.), und Wormser Joch (2512) vom Hauptgrenzkamm zwischen dem Etsch- und Addagebiet ab und sendet in seinem südlichen Theile seine längeren Nebenzweige nordwestwärts dem Münsterthal zu, wäh- rend der nördliche Theil eine bedeutendere Entwicklung von Seiten- rücken und Einschnitten gegen Ost dem unteren Praderthal und dem Etschthal zukehrt. Vom Stilfser Joch aufwärts beginnt der grosse Mittelkamm mit der Röthelspitze (3030 M.), und setzt über die Kor- spitze 2927 M.), Furkelspitze (2940 M.) und Prader Schafberg (2930 M.) zum Ciavalatschh und von da über den Valplannakopf nach dem Glurnserköpfl (2389 M.) fort, dessen nordöstliche Kammlinie direct auf Glurns gerichtet ist. Dieser grosse mittlere Seitenkamm der grossen bogenförmigen Hauptrückenlinie, welche eingangs markirt wurde, trennt die beiden Hauptgebirgsabschnitte der rechten Etschseite. Der östliche Abschnitt, welcher dem West nach Ost gerichteten Theile des Etschthales seine steilen Abfälle zukehrt, mag nach dem Thal, welches seine beiden Hauptmassen trennt, der Sulden-Abschnitt, der gegen West und vor- wiegend nach Nord entwickelte, welcher das nordsüdliche Etschgebiet flankirt, der Schlinig-Abschnitt genannt werden. Das Suldenthal trennt die eigentliche Ortlermasse von der Laaser Hochgebirgsmasse, welche vom Suldenspitz abzweigt und durch den Hohen Angelusspitz dominirt wird. Die grössere Laaser Gebirgsmasse wird durch das lange Thal des Plimabaches (Martell) gegen Süd und Ost abgegrenzt, und ist durch den von der Suldenspitze zur Schildspitze NÖ bis N gestreckten Hochkamm der Eisseespitze mit dem Hauptkamme des Cevedale ver- bunden. Sie besteht ausser diesem Verbindungsglied im Wesentlichen aus zwei Hochrücken, welche von der Schildspitze aus sich gegen NO und NW ausgabeln und durch das steile Laaser-Thal getrennt sind. Der östliche Flügel mit der Laaser-Spitze (3299 M.) setzt seine Kammlinie bis zum Eichkogel bei Morter zum Ausgang des Martell fort, der westliche Flügel mit dem Hohen Angelus und der Tschengelser Fer- nerwand (3371 M.) ist bis zum Stiereckkamm (2834 M.) scharf mar- kirt. Die nordwärts abzweigenden Seitenkämme des Angelusgrates, wie des Laaserspitz-Grates bilden die Steilabfälle, welche sich als süd- liche Gehängseite des westöstlichen Etschthal-Abschnittes präsentiren. Unter den diese Nebengräten scheidenden, grabenartigen engen und 154 Dr. G. Stache und C. John. [12] steilen Einschnitten ist im Westflügel der von Tschengls, im Ostflügel der von Göflan der bemerkenswertheste. Der bei Weitem weniger ausgedehnte, vom oberen Praderbach und Suldenbach eingefasste Abschnitt, welchem der Ortler aufgesetzt ist, besteht im Wesentlichen nur aus dem einen gradaus süd- nordwärts gestreckten Hochrücken, welcher am Eiskogel (3346 M.) sich von dem Hauptgrenzkamm abtrennt, durch den kurzen Rücken des Ortler-Pass mit demselben verbunden ist und von der nur wenig nordwärts aus der Hauptkammlinie herausgerückten höchsten Spitze über die Tabarettaspitze (3126 M.) und die Hochleitenspitze zum Zum- panellberge abfällt. Reicher gegliedert ist die westlich und nordwärts von dem Scheiderücken des Ciavalatsch ausgedehnte Gebirgsmasse. Wie das Suldenthal als Nebenzweig der Prader Thallinie die Ortlermasse von der das Etschthal unmittelbar flankirenden Laaser Gebirgsmasse scheidet, so trennt das vom Scharl-Jöchel des Haupt- grenzkammes gegen das Tauferer-Thal herabziehende Avignathal die nördliche das oberste Thalgebiet der Etsch westlich begleitende Haupt- gebirgsmasse von dem Intercalartheil, dessen 3 Rücken concentrisch vom Hauptkamm gegen den hintersten Theil des Tauferer-Thales (wel- cher speciell als Münsterthal bezeichnet wird) d.i. zum Thalkessel von S. Maria sich absenken. Vom Wormser Joch herab zieht Val Muranza, von Dosso rotondo her Val S. Giacoma, und vom Ofenpass das hintere eigentliche Mün- sterthal, um sich hier zu vereinigen, und diesen Radiallinien entspre- chend fallen vom Piz Umbrail her der Rücken des Piz Ett (3007 M.), und Pizlat (2883 M.), vom Piz Daint der Durettaskamm (2859 M.), und von der Urtolaspitze der Rücken des M. di Valpaschun (2126 M.) diesem Vereinigungspunkte zu ab. Die nördliche Grenzgebirgsmasse des Etschthales zwischen Reschen und Glurns wird im Norden durch das in den Reschen-See mündende Rojen-Thal mit wesentlich nordnordöstlicher Richtung und scharfem Umbug nach Ost kurz vor der Ausmündung vom Hauptkamm der Wasserscheide abgetrennt. Das vom Rassasjoch nach Schleiss bei Mals in südöstlicher Hauptrichtung auslaufende Schlinigerthal trennt zwei Gebirgsgebiete. Das südliche, die Masse des Arundakopfs (2879M.), knüpft an den Hauptkamm nächst dem Piz Seesvenna an und wird durch das Schleisserthal in zwei Segmente getheilt; das nördliche, die Zwölferspitzmasse, welche durch das Zerzerthal in die Vernung- masse (2801 M.) mit dem Watlesberg (2531 M.) und das eigentliche /wölferspitzgebiet zerfällt, gabelt sich unmittelbar am Knotenpunkt des Rassas-B. (2938 M.) in diese beiden Sondergebiete. Die Gesteine des letzteren bilden das Hauptobject der ersten Nummer der hier begonnenen Beiträge. Der zuerst fast ostwärts: vom Rassas abstreichende Rücken mit dem Schwarzekogel (2732 M.) wendet im Seebodenspitz (2857 M.) nordwärts und gabelt sich vom Zwölfer- Gipfel (2920 M.) aus in 2 Arme, den des Elferkopfs gegen West und den des Zehnerkopfs gegen Ost. Diese Arme verlaufen nach kurzer Strecke aus der NW- und NO-Richtung fast parallel wieder nordwärts und umschliessen ein Kesselgebiet, welches den Namen Wildkaar trägt. [ 13] Geologische und petrögraphische Beiträge etc. 155 Dieses kleine Gebiet nun liefert die wesentlichsten Beiträge für die petrographische Specialuntersuchung sowohl wie für die Beurtheilung der geologischen Verhältnisse der hier in Rede kommenden beiden wichtigsten Gesteinsreihen. . Die Abstände der Seehöhen der Thaleinschnitte, welche das ganze Gebirgsland der rechten Etschseite durchfurchen, von den Höhenpunkten der durch dieselben abgegliederten Theilgebiete mögen durch folgende Zahlen angedeutet werden. Das Rojenthal liegt in dem grösseren, NNO gestreckten Theil zwischen 2006 und 1672 M., das Zerczerthal vom Vereinigungs- punkt des Schafthales und Oberdorfer Alphüttenthales bis zur Schlucht, durch welche es in den Haidersee abstürzt, zwischen 2000 u. 1800 M., das Schlinigthal hat im hinteren erweiterten Thalboden zwischen 1900 und 1800 M., in der vorderen Thalstufe fliesst der Bach in 1700 bis 1400 M. Seehöhe, das Bett des Rammbaches zeigt in der Stufe von Fuldera 1600 M., bei S. Maria im Münsterthal 1343 M., zwischen Münster und Taufers an der Einmündung des Avignabaches 1232 M.; das Bett des Praderbaches liegt unterhalb der heiligen drei Brunnen 1600 M., bei Gomagoi an der Vereinigung mit dem Suldenbach etwa 1240 M., und der hintere Suldenthalboden zwischen S. Gertrud und den Gampenhöfen zwischen 1878 und 1845 M. über Meeresniveau, das Laaserthal hat in seinem hintersten, etwas ausgeweiteten Theile eine Seehöhe von 2000-1800 M.; endlich sind die Stufen, welche das lange Plimabachgebiet (Martell) aufzuweisen hat, 2299 M. im Boden ober der Zufallhütte, 1815 M. im Ober-Alpboden, 1650M. in der Weitung gegenüber dem Rosimbachzufluss, 1540 M. bei S. Maria in der Schmelz und 1250 M. in der Thalweitung von Gand. Um die topographische Skizzirung des Gebietes abzuschliessen, erübrigt es, einige Bemerkungen über das obere Addagebiet, soweit es für uns hier vorläufig in Betracht kommt, beizufügen. Von den westwärts vom Addalauf und der Fortsetzung der Stilfser Jochstrasse durch das obere Veltlin bis Boladore gelegenen Gebirgsmassen reichen nur die das obere Veltlin zwischen Bormio und Sondalo unmittelbar begrenzenden untersten Gehängestufen in das Ge- biet unsererer Kartenskizze. Dieselben werden nur durch kurze Gräben und Bacheinschnitte durchzogen. Eine schärfere Trennung findet nur statt durch den unterhalb der Bagni von Bormio bei Premadio in den Addafluss mündenden Bach des Val Viola, welcher das rechtsseitige Gneiss- und Schiefergebirge des oberen Veltlin von dem Kalk- und Dolomitgebirge, welches der oberste Addalauf durchschneidet, scharf absondert. Das östliche oder linksseitige Gebirgsgebiet des oberen Adda- laufes, welches aus vorwiegend strahlenföürmig von dem bogenartigen Gebirgskamm (Piz Umbrail, Geisterspitze, Königsspitze, Cevedale, Pizzo del Mare, Corno dei tre Signori, Monte Gavia und C. di Tremoncelli) einwärts gegen das Thal von Bormio gerichteten Gebirgs- rücken zusammengesetzt ist, bildet hier das Hauptobjeet der Unter- suchung. Seine besonderen Glieder sind folgende: Im Norden scheidet der vom Stilfser Joch beginnende Einschnitt des Val di Braulio den vom Piz Umbrail sich ablösenden Nebenrücken, Jahrbuch der k.k. geol. Reichsanstalt, 1877. 27. Band .2. Heft, (G. Stacheu.C. John.) 2 156 G. Stache und C. John. [14] welcher sich durch Val Forcola in den Steilrücken des Passo dei Pastori und die Pedenollo-Kämme mit dem Mte. Braulio trennt, von dem Rücken der Vedrette di M. Cristallo, der zwischen der Geisterspitze und den Krystallspitzen sich westwärts abzweigt. Diesen Rücken trennt das tief eingeschnittene Val del Zebrü, das grosse nördliche Seitenthal des Val Furva mit dem Frodolfo-Bach von dem direct westwärts gestreckten Rücken des Monte Confinale (3292 M.), welcher durch den vereisten, ans Süd in Nord gewendeten Kamm der Vedretta del Zebrü an die Königsspitze der Hauptrückenlinie unseres Gebietes anschliesst. Die Confinale-Masse wird nach Ost und Süd durch die bedeutendste seitliche Thallinie des oberen Addagebietes, diejenige des Frodolfo ab- getrennt; dieselbe hält im hintersten Theile als Val di Cedeh, sowie in der zweiten Stufe bis zum Kessel von S. Catharina als Val di Forno die Richtung NO-SW ein, während der lange, aus SO nach NW gerichtete untere Theil des Thales bis zur Ausmündung in die grosse Thalweitung von Bormio als Val Furva bekannt ist. Diese seitliche Hauptlinie des oberen Addalaufes trennt den aus den genannten Nebenrücken be- stehenden nördlichen Abschnitt von dem südlichen, dessen Westgehänge die linke Thalseite des oberen Veltlin zwischen Bormio und Bola- dore bilden. Der südliche Abschnitt besteht aus drei Gliedern, von denen das mittlere das ausgedehnteste und verzweigteste ist. Das- selbe ist durch den nordostwärts vom Monte Gavia abgehenden Rücken mit der Grenzkammlinie, welche das Ogliogebiet vom oberen Adda- "gebiet scheidet, verbunden. Im Osten ist von demselben der mit dem Pizzo del Mare des Hauptkammes eng verbundene Stock des spitz pyramidenförmigen Pizzo Tresero (3616 M.) durch das bei S. Catharina in’s Frodolfothal mündende Val Gavia abgeschnitten. Im Süden scheidet das Val di Rezzo davon zunächst direct die Abfälle des Hauptkammes und weiter westwärts die kleine Gebirgsgruppe, welche vom Sasso Mauroner ausgeht und durch Val Scala in zwei kleine Rücken ge- spalten wird. Das mittlere Hauptglied selbst zerfällt in drei Segmente durch die Einschnitte des Val del Alpe, welches dem Val Gavia zugeht, und das Val di Sobretta, welches in das Val Furva mündet. Es sind diess der kleine scharfe Gavia-Rücken zwischen Val Alpe und Val Gavia, der Sobretta-Stock mit dem M. Malerbi, und der Gebirgsstock der Cima di Gobetta. Der Sobretta-Stock hat drei gegen O, SO und SW ausstrahlende Kammlinien. Von diesen zieht diejenige des Monte Malerbi gegen S. Catharina in Val Furva, der mittlere Sobretta-Kamm gegen Monte Gavia, von dem er durch den Sattel von Clevo zwischen Val del Alpe und Val di Rezzo getrennt ist, und der westwärts abzweigende Kamm des M. Staila südwärts gegen Val di Rezzo zum M. Boero (2880 M.), welcher die Abfälle gegen das Rezzothal und das Addagebiet zwischen Morignone und Leprese bilde. Der Gobettastock ist mit dem Sobrettastock nur durch den Sattel der Lai delle tre Mote ver- bunden, dagegen durch die Thaleinschnitte Val di Sobretta (des Frodolfo- gebietes) und Val Presura (des Addagebietes) scharf von demselben ge- trennt. Er bildet eine von NO nach SW bis S gerichtete Kammlinie, von welcher eine Reihe von kurzen Gräten gegen NW und W ausstrahlen und re [15] Geologische und petrographische Beiträge etc, 157 sich zu den breiteren Gehängstufen ausbreiten, welche das Addathal zwischen Morignone und Bormio sowie das untere Frodolfothal flankiren. Zum Vergleich der Abstände zwischen den Tiefenlinien und den Kammhöhen des Gebietes, welche bei Erwähnung der einzelnen Ge- birgsglieder eingeschaltet wurden, mögen folgende Zahlen dienen: Addathal: Passo del Fraele (1986 M.), Ebene bei $. Giacomo (1960 M.), Ponte del Piano (circa 1650 M.), Bagni Nuovi (1360 M.), Ebene von Bormio (1200 bis 1225 M.), Thalweitung bei S. Antonio Morignone, Thalweitung bei Boladore (885 M.); — Brauliothal: bei S. Rainieri (2419 M.), I. Cantoniera (2032 M.), gegenüber von Val - Pedenollo (eirca 1800 M.); — Frodolfogebiet: Val di Cedeh (2000 bis 2200 M.), Val Forno (eirca 1900 M.), Ebene von $. Catha- rina (1720 bis 1770 M.), Einmündung des Val di Zebrü (1300 M.), Mittlerer Theil des Val di Zebrü zwischen Case del Zebrü und Prato Reghina (1900 bis 2000 M.). Es darf nach den gegebenen Daten kaum besonders hervor- gehoben werden, dass die Ueberwindung der durch die schroffe, steile Hochgebirgsplastik gebotenen Hindernisse die geologische Aufnahme dieses Gebietes im Allgemeinen, sowie die Specialbeobachtung und be- sonders die Verknüpfung der speciellen Untersuchungsresultate vielfach erschweren. Die Schwierigkeit dieses Verhältnisses wird überdiess noch verstärkt durch die Vergletscherung grosser Gebietstheile und durch die häufige Verhüllung der älteren Gebirgsunterlage in Folge der be- deutenden Rückstände von jungen und älteren Glacialschuttmassen, eine Erscheinung, die im folgenden geologischen Capitel etwas näher berührt werden muss. B. Geologische Uebersicht. Bei der kurzen geologischen Skizze, welche gleichsam nur als zweiter Abschnitt der allgemeinen Einleitung zu den drei zunächst in Bearbeitung genommenen Speeialbeiträgen zu dienen hat, können nur die in’s Auge fallenden, gewissermassen als natürliche Gruppe sich repräsentirenden Ablagerungen und dGesteinsbildungen berücksichtigt werden. In das Detail der geologischen Gliederung soll auch da nicht eingegangen werden, wo entsprechende Daten dafür bereits vorliegen. Man kann sechs schärfer charakterisirte, wenn auch nicht immer scharf von einander abzugrenzende Complexe als wesentliche Factoren der geologischen Zusammensetzung des Gebietes hervorheben. Es sind diess folgende: 1. Die Gruppe der Glacialablagerungen, deren Bildung, Absatz und Umsatz der Quartärzeit angehört und bis heute fortdauert. 2. Die Gruppe der Kalksteine und Dolomite mit untergeordneten Schiefern,Rauhwacken und Breccien etc. etc., welche dem älteren Ge- birge in der Form von grösseren, inselartigen Massen aufsitzen oder als kleinere Gebirgsschollen in dasselbe eingebettet erscheinen. 3. Die Gruppe der grünen Talkschiefer und arkosenartigen Talk- wacken, welche durch Uebergänge und Wechsellagerung einerseits mit schwarzen Thonschiefern und Quarzphylliten, andererseits mit Sandsteinen 21* 158 G. Stache und ©. John. [16] und Conglomeraten, und endlich auch mit gneissartigen Bildungen in Verbindung stehen. 4. Die Gruppe der Quarzphyllite und der krystallinischen Kalke, Bänderkalke mit Chlorit-, Kalkthon- und Kalkglimmerschiefern, welche mit einander wechsellagern und sich stellenweise vertreten. 5. Die Gruppe der Gneissphyllite und Gneisse mit Glimmerschie- fern, Hornblendeschiefern u. s. w., welche die Hauptmasse und Haupt- basis des ganzen Gebirges bilden. 6. Die Gruppe der vorwiegend nur innerhalb der 3 letztgenannten Complexe zur Entwicklung gelangten Eruptiv- und Massengesteine, deren Besprechung uns zu dem speciellen Theile dieser Mittheilung führen wird. Bei der folgenden kurzen Skizzirung des Auftretens der genannten Gruppen in dem eingangs umgrenzten Gebiete des oberen Etsch- und Addalaufes werden sich auch die auf das Gebiet bezüglichen Literatur- nachweise anknüpfen lassen. 1. Glacialablagerungen und Gehängschutt. Das ganze Vintschgau und das ganze Veltlin waren vergletschert nahezu bis in die Zeit historischer Erinnerung. Während die äussersten Endzungen der Gletschermassen, welche heute noch die gewaltigen Hochgebirgsrücken zur Linken und zur Rechten der beiden grossen Thallinien bedecken, kaum mehr bis zum Boden der obersten Stufe der Seitenthäler herabreichen, zeigen die beiden Hauptthäler selbst bis weit hinaus über die Grenzen des hier in Rede stehenden Gebietes die Spuren älterer Gletscherbewegung in Stein gezeichnet. Rundhöcker, Schliffe und Kritzen findet man in verschiedener Höhe sowohl an den blossgelegten Felswänden der Seitenthäler, wie der Hauptthäler selbst in genügender Anzahl. Bei Reschen-Scheidek, bei Tartsch nächst Mals, zwischen Glurns und Lichtenberg, und vor Allem weit abwärts noch im unteren Vintsch- gau, wie z. B. dicht an der Strasse auf der Strecke Staben-Naturns, sind an leicht zugänglichen Stellen sehr deutliche Schliffflächen zu beobachten. ) Rundhöckerbildungen und ältere Moränenwälle sind fast in allen Thalgebieten zu sehen, und rückständiges Schlamm- und Blockmaterial, sowie vereinzelt zurückgebliebene Wanderblöcke aus mehr oder minder entlegenen Gebietsabschnitten sind auf den verschiedenen Gehängstufen der Hauptthäler, wie der Seitenthäler zu finden. Bezüglich der Rundhöckerbildung ist im Addagebiet z. B. die Bergzunge zwischen der Adda und dem Thal von Premadio west- lich von Bormio, die unteren Gehängstufen des M. Boero bei Leprese, die Umgebung von Clevo im Rezzothal, Val dell Alpe, die Gegend zwischen Val Forno und Val di Gedeh im Frodolfogebiet und der Case del Zebrü im Zebrü-Thal zu nennen. Aus den Gebirgsabschnitten der rechten Etschthalseite darf, abgesehen von den hinteren Thalgebieten, in welche nächstliegende Gletscher wahrscheinlich noch in historischer Zeit hinabgereicht haben, die Gegend zwischen S. Maria in der Schmelz und den Unter-Alphütten im mittleren Martellgebiet, der untere Theil [17] Geologische und petrographische Beiträge ete. 159 des Val Muranza ober S. Maria im Münsterthal, das hintere Avigna- thal, der Wildkaarboden der Zwölferspitze u. s. w. hervorgehoben werden. Auf den unmittelbar an das Etschthal angrenzenden Gehäng- stufen finden wir diese Anzeichen alter Gletscherarbeit von Reschen ab bis zum Eingang in’s Martell fast an allen Ausgängen der Seiten- thäler in gewissen Höhenstufen wieder. Aehnlich gestaltet sich dieses Verhältniss am Ausgang der zur linken Etschthalseite zugehörigen Thäler zwischen dem Planail-Thal und Matscher-Thal. Im Etschthal- gebiet selbst zeigt es der gegen Glurns vorspringende Tartscher Bühel. Es würde hier zu weit führen, auf diese speciellen Erscheinungen aus den verschiedenen Perioden der quartären Eiszeit einzugehen. Dieselben werden nur erwähnt, um zu zeigen, dass auch diesen Ver- hältnissen, so weit es thunlich, bei den Aufpvahmen einige Aufmerk- samkeit zugewendet wurde. Ebenso können wir hier nicht auf die Unterscheidung echter Mo- ränenwälle von den nur durch spätere Erosion im zusammengeschobenen oder geschwemmten Moränenmaterial entstandenen, ähnlichen wallartigen Bildungen eingehen, noch auch versuchen, ein Bild zu geben von der Vertheilung der theils auf den Gehängstufen zurückgebliebenen, theils in den Thalböden zusammengeschwemmten, und endlich auch in der Form von Murkegeln jüngster und ältester Ordnung in die Haupt- thäler aus den Nebenthälern und Seitengräben hinausgeschobenen Moränen- und Gehängschuttmassen. Auch kann hier eine nähere Dar- stellung der alten, durch correspondirende Moränen erzeugte Thal- sperren und Seegebiete nicht erwartet werden. Es mag jedoch angedeutet werden, dass die Zeit, in welcher die gneissartigen Tonalitgesteine des Klopaierspitz ostwärts von Reschen als Schüblinge oder Rollblöcke bis auf die Höhenstufe von Tanas (1427 M.), d. i. 500 bis 550 Meter über den in 880—860 M. See- höhe gelegenen Etschboden zwischen Neu-Spondinig und Laas gelangen konnten, eine weit zurückliegende sein muss gegen diejenige, in wel- cher der ganze Etschboden zwischen Glurns und Laas bereits ein ein- getieftes Seegebiet war, bis zu dessen hinterem Ende noch über den Tartscher Bühel hinab der grosse längstverschwundene Malser Gletscher reichte. In eine uns bedeutend näher stehende Zeit fällt dann die Kata- strophe des Durchbruches der grossen, durch den riesigen Kortscher Murkegel im Verein mit den alten Muren des Laaser- und Göflaner- Thales geschaffene Thalsperre zwischen Laas und Göflan, das Zurück- ziehen der Hinter-Vintschgauer Gletscher gegen die Wasserscheide von Reschen, die Bildung des erst in historischer Zeit dreigliederig ge- stalteten Seegebietes der obersten Etschthalstufe, und endlich die ganze Ausbildung des oberen Etschflusses in der Thalstufe von Glurns abwärts ‘gegen Meran. Das Schub- und Schlamm-Material der alten Gletscherbildungen reicht hoch hinauf an den Berglehnen des Hauptthales, sowie der Neben- und Seitenthäler des Etsch- und Adda-Gebietes. Wo die Ter- rainverhältnisse günstig waren, hat es sich festgesetzt und ist durch spätere Nachfuhr zu grösseren Massen angewachsen, die endlich durch die Ueberkleidung mit einer continuirlichen Vegetationsdecke eine gewisse 169 G. Stache und €. John. [18] Consolidirung und Stabilität erlangten. Von steilen Böschungen und allen dem Wasserandrang besonders exponirten Stellen wurde es durch Nachrutschen, Auslaugung der feineren Bestandtheile und directe Fort- schwemmung gänzlich oder theilweise entfernt. Oft blieben nur grös- sere Blöcke vereinzelt zurück. Nach einer Zeit verhältnissmässiger Ruhe, bedingt durch die Festigung in Folge des Eintritts von günstigen Verhältnissen der Configuration und Beschaffenheit der Unterlage und der Böschungswinkel während einer für vollkommenere Berasung und Be- waldung ausreichenden Zeit, trat eine neue Periode der Unruhe und Bewegung ein durch die unverständige Ausartung der Culturarbeit des Menschen. Der wohlthätigen Schutzarbeit der Natur wurde durch sinnlose Entwaldung der Steilgehänge entgegengearbeitet, das leicht bewegliche Material wurde wieder blossgelegt und der Gewalt der athmo- sphärischen Agentien preisgegeben. Das Gebiet der oberen Etsch und der Adda befindet sich jetzt, und seit geraumer Zeit schon in einem bedrohlich vorgeschrittenen Stadium der Austrocknung und Kahl- waschung seiner Steilgehänge, der Ueberhandnahme verwüstender Mur- brüche, der Verschlemmung und Erhöhung der Fluss- und Bachbetten und der damit verbundenen Ueberschwemmungsgefahren für die tiefer gelegenen fruchtbaren Thalweitungen. Das riesige, leicht bewegliche Gesteinsmaterial, welches der Gletscherfrass seit Beginn der Quartärzeit vom festen Gebirge losge- schuppt, und welches das periodisch abschmelzende Gletscherwasser geschlemmt hat, dient auf grosse Strecken nicht mehr als fruchtbare Vegetationsunterlage dem Fortschritte der Culturarbeit, sondern ver- nichtet und bedroht das mühsam und langsam durch die gemeinsame Arbeit der Natur und des Menschen Geschaffene. Die Verbreitung der jüngeren Umbildungen, sowie der älteren Formen der Glacialablagerungen ist eine so ausgedehnte, vielfältige und zerstreute, dass eine einleitende geologische Skizze in specieller Weise darauf nicht eingehen kann. Es mag genügen, diejenigen Punkte hervorzuheben, an welchen diese jüngste Ablagerung des Hochgebirgs- terrains in besonderer Massenhaftigkeit und Deutlichkeit aufge- schlossen ist. Im Addagebiet ist in dieser Richtung besonders der Eingang und der untere Theil des Thales von Premadio, die Seitengehänge der Adda zwischen den Bagni, Bormio und Fumarogo, die Umgebung von Frontale, das untere Frodolfogebiet nächst der Einmündung des Val Zebrü und von 8. Antonio abwärts gegen Terregna, sowie Val Zebrü von Ardovo bis Prato Reghina und der obere Theil von Val Alpe zu nennen. Im Etschgebiete ist die stufenförmige Vertheilung, besonders im Hauptthal, auf der ganzen Strecke zwisch Mals und Goldrain an beiden Gehängseiten stellenweise sehr augenfällig entwickelt. Die Ab- fälle gegen Tartsch, gegen Neu-Spondinig, die Bergstufen von Tanas’ und der Laaser Leiten, sowie der Schlandersberg zur Linken und das breite Gehänge des Nördersberg zwischen Laaser-Thal und Martell zur Rechten zeigen diese Erscheinung in ganz markanter Weise. Unter den Seitenthälern mag in dieser Richtung das Rojenthal hervorgehoben werden. rer Be; [19] Geologische und petrographische Beiträge etc. 161 Die bedeutendste Massenanhäufung finden wir oft in jenen Thälern, welche im Hauptverlauf bis nahe an die Ausmündung in’s Hauptthal sich in einer über diesem ziemlich hoch gelegenen Höhenstufe halten und mit demselben gleichsam nur durch eine tief eingeschnittene, jäh abfallende enge Schlucht verbunden sind, durch welche der Bach in steilen Stufen abstürzt. Besonders mächtige Glacialschuttwände in dieser Position legt der Salurnbach im Matscher-Thal bloss, ehe er in die enge gewundene Schlucht abstürzt, welche sich erst gegen Schluderns zu wieder etwas erweitert. | Grossartig sind auch die Glacialschuttberge im unteren Theile des Prader-Thales, besonders die Partie, auf der Stilfs liegt, und ihre Fortsetzung gegen Prad und Agums, ferner die Schuttberge im Martell bei Gand, Thal und Salt, und diejenigen am Ausgange des Rojen- thales. Bezüglich der alten, aus den Seitenflanken im Hauptthal als Mur- kegel vorgeschobenen Massen ist in erster Linie der aus dem Plawen- thal stammende Hauptkegel zu erwähnen, welcher vereint mit dem aus dem Planailthal und dem Schlinigthal herausgeförderten Material den gewaltigen Malser-Berg mit der Malser-Haide bildet. Hinsichtlich der Höhe und Ausdehnung reiht sich zunächst der Kortscher-Kegel an, über welchen die Strasse von Laas nach Schlanders führt, und der aus dem Avignathale ausgeschüttete Kegel, auf welchem einerseits Münster, andererseits Taufers liegt. Wegen seiner eleganten, regel- mässigen Form mag schliesslich noch der Glurnser-Kegel hervor- gehoben werden. Wo Kalkwässer aus nahe liegenden Kalkschichten durch den an- gehäuften Moränenschutt sickern, entstehen Tuffe und Tuffbreccien. Letztere enthalten nicht selten neben dem unvollkommen abgeschliffenen, in der Grösse sehr ungleichen Moränenschotter und grösserem Block- werk auch scharfeckige Stücke von localem Gehängschutt eingeschlossen. Der vorhandene feinere Gletschersand wird in diesen Fällen zu einer mürben Tuffmasse verkittet. Derartige Bildungen sind z. B. sehr gut an dem Gehänge zwischen Schluderns und Neu-Spondinig zum Theil unmittelbar an der Strasse, an den Gehängen gegenüber Trafoi, auf Gomagoi zu, sowie ausser dem Dorfe Lü im Münsterthalgebiet zu be- obachten. Wenn man eine Beziehung suchen will zwischen den Studien, welche bei Gelegenheit der Aufnahmen über die Ausarbeitung der jetzigen Hochgebirgsplastik durch die während der Quartärzeit thätigen Agentien gemacht werden können und den petrographisch-geologischen Untersuchungen, welche hier begonnen werden sollen, so lässt sich eine solche immerhin finden. Je mehr man im Stande sein wird, be- sonders die auf bestimmte Fundstrecken beschränkten Gesteine in ihrer Verbreitung zu fixiren und nach ihrem besonderen Habitus wiederzu- . erkennen, desto sicherer wird man die auf verschiedenen Höhenstufen in Glacial-Schuttresten oder als isolirte Findlinge zurückgebliebenen Gesteins- formen bezüglich ihrer Herkunft beurtheilen und für die Geschichte der Gletscherbewegungen und der Erosionserscheinungen der Glacialzeit verwerthen Können. 162 G. Stache und C. John. [20] In dem in Rede stehenden Gebiete sowohl, wie in den angren- zenden Hochgebirgsgebieten Tirols, der Schweiz und der Lombardie wurde den besprochenen Ablagerungen bisher wenigstens bezüglich der kartographischen Darstellung nur wenig Aufmerksamkeit zugewendet. 2. Kalk- und Dolomit-Gebiete. Im Westen des Gebietes und im Süden bis zur Linie des Sul- denthales sitzen dem älteren krystallinischen Grundgebirge, jedoch von diesem fast immer getrennt durch mehr oder minder mächtige Zonen von Quarzphylliten, Thonschiefern, talkigen Grünschiefern und Talk- wacken (Verrucano), grossartige zerrissene und scharf contourirte Kalk- und Dolomitmassen mit untergeordneten Rauchwacken, Gypslagern und Schiefern auf. Sie bilden hier theils ununterbrochen die höchsten Kammlinien und Hochgipfel, wie die Ortlermasse mit dem langen, vom Addathal und Val Braulio durchschnittenen Rücken des Monte Cristallo, theils sind sie in kleinere und grössere insulare Gebirgskörper ge- trennt, welche als eine Reihe von mehr oder weniger weit von einander abstehenden schroffen Gipfelmassen den Rückenflächen auf- gesetzt erscheinen. Es sind diess die Ausläufer und Vorposten des Graubündner Kalk- und Dolomitgebirges. In geringer Anzahl er- scheinen auch kleinere, von den Hauptinseln weiter entfernte schollen- artige Massen inmitten des älteren Schiefergebirges. Alle die zusam- menhängenden oder in Reihe gestellten Aufsatzmassen gehören dem Hauptgrenzkamme an oder stehen in nächster Verbindung mit den diesem aufsitzenden Kalk- und Dolomitcomplexen. Auch die ganz iso- lirten kleineren Schollen gehören dem Westabschnitt des Etschgebietes an. Als einzige Ausnahme und als am Weitesten ostwärts vorge- schobener Posten erscheint die Kalk- und Dolomitinsel des Endkopfs (Jackel) bei Graun, deren Schichten den Etschboden und die Strassen- linie zwischen S. Valentin und Graun nahezu berühren. Die Stilfser-Joch-Strasse oder vielmehr der Einschnitt des Prader- thales und des Braulio schneiden die compacte Ortlermasse von der schon zerrisseneren Gebirgsmasse ab, welche aus den gegen West mit dem grösseren Rücken des Passo dei Pastori zusammenhängenden Partieen des M. Pedenollo und des M. Braulio, dem Piz Umbrail, der Rimser Gruppe mit dem M. Praveder und zwei kleineren, in’s Val Muranza abfallenden Schollen besteht. Nächstdem folgt nördlich, getrennt durch die Spalte von S. Gia- como, der zungenförmig nach Ost gestreckte, schneidige Grat der Durettas. Weit abstehend von diesem durch das breit ausgemuldete Münsterthal stehen zu beiden Seiten des engen Durezzagrabens die zur Sattelhöhe zwischen Scarlthal und Münsterthal absinkenden Kalk- stollen von Champatsch an. Durch den Thalkessel Costainas sind dieselben von der dem Grenzkamme aufgesetzten Inselmasse des Sterlex abgeschnitten, von welchem gegen Ost jenseits des Avignathales auch eine kleine Kalk- scholle auf der Höhe des Krippenland — südlich vom Arundakopf sitzen geblieben ist. Von hier nordwärts und ziemlich weit getrennt durch die Gneissmasse des Seesvennastockes reicht das Bündner Kalk- gebirge mit der noch zum Piz Cornet gehörenden Kalkmasse - EZ 2 [21] Geologische und petrographische Beiträge etc. 163 der Kristannesspitze auf den Grenzkamm. Die vom Fölliakopf herab- ziehende, das Schlinigthal gegen das Scharler-Jöchl ‘zu abschliessende Schwarze Wand, sowie die kleinen isolirten Kalkschollen auf der vom Vernung- und Watles-Rücken gegen das Schlinigthal gekehrten Gehäng- stufe sind die östlichsten, jetzt isolirt erscheinenden Reste des Kalk- und Dolomitgebirges, welches sich vom Rassasberg ab bis zur Grian- platten vom Grenzrücken entfernt hält. Die Grianplatte gehört der schon im Engadiner-Gebiet gelegenen Schalambertgruppe zu, und reicht nur wenig in den äussersten Westwinkel des Rojenthalgebietes hinab. Eine vereinzelte Kalkscholle ist weit weg von diesem Grenzpunkt tief unten im Rojenthal unter Schlummeck und Stieleck zurückgeblieben. Der Grenzkamm in seiner ganzen Erstreckung über den Kaarles- rücken bis zum Sattel von Reschen-Scheideck ist frei. Die am Wei- testen gegen Nord vorgeschobene Kalk- und Dolomitinsel, welche in der Fortsetzung des Hauptrückens wieder in auffallender Form als Gipfelmasse auftritt, wird von dem schon im Wassergebiet des Inn gelegenen Pizlat gebildet. Die Festsetzung des Alters der einzelnen Glieder, aus welchem der ganze, zum Theil colossal mächtige Complex von Kalken, Kalk- schiefern, Thonschiefern, Rauchwacken und Dolomiten besteht, ist sehr schwer und bedarf noch sehr eingehender Studien. Die bisher ge- machten Petrefaktenfunde sind noch bei Weitem nicht genügend, um die bisherigen Auffassungen mit Sicherheit zu bestätigen oder zu modi- ficiren. Auf der alten Tirolerkarte erscheint die Insel des Endkopfs und die Ortlermasse als älterer Alpenkalk. Pichler hat in seiner Skizze der Oetzthaler-Masse (1864) die ganze Schichtenfolge des Endkopfs oder Jackel, soweit sie über den älteren krystallinischen Schiefern liegt, als Trias gedeutet, und dabei die Hauptmasse der kalkigen und dolo- mitischen Bildungen speciell der oberen Trias zugetheilt. Auf Theobald’s schöner Karte von Graubünden ist ziemlich constant als unmittelbare Unterlage des Engadiner Kalk- und Dolomit- gebirges, dessen directe Fortsetzung die in unser Gebiet hineinrei- reichenden oder darin versprengten Partieen sind, Verrucano ein- gezeichnet. Zunächst darüber folgt unmittelbar 1) Untere Rauch- wacke und Kalk (unterer Muschelkalk), 2) Streifenschiefer, 3. Vir- gloriakalk (oberer Muschelkalk), 4) Partnach-Schichten (unterer Keu- per), 5. Arlbergkalk (Hallstätter Kalk), 6) Lüner-Schichten (obere Rauchwacke), 7) Hauptdolomit (der oberen Trias), 8) Kössener-Schichten (Contortaschichten), 9) Dachsteinkalk, 10) Steinsbergkalk (unterer Lias ?), 11) Lias überhaupt. Von diesen Gliedern nimmt der Hauptdolomit in Bezug auf Mächtigkeit und Ausdehnung das bei Weitem grösste Terrain ein. Die Glieder 1—6 erscheinen nur als schmale, unter ihm hervor- tretende Zonen, auf der Karte als feine, breitere Flächen umrandende Bänder, darunter mit einiger Constanz nur der obere Muschelkalk und die obere Rauchwacke. Die Schichten 8—11 sind nur sporadisch und fleckenweise in grösseren oder kleineren Massen dem Hauptdolomit aufgesetzt, wie am Piz Lischan und am Schalambert, oder in langen Zügen zwischen seine Massen eingeschoben, wie im Val Alpisella zwi- schen Münsterthal und Livigno. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt. 1877. 27. Band. 2. Heft. (G. Stache u. C. John.) 22 164 G. Stache und ©. John. [22] Da die bei den Aufnahmen im Örtlergebiet, im Gebiet des End- kopfs und am Pizlat gemachten Funde zu einer eingehenderen Würdi- gung dieser Schichtenfolge noch nicht ausreichen, und eine nähere Be- ziehung von Eruptivgesteinen zu der ganzen Schichtengruppe der über dem Verrucano Theobald’s folgenden Kalke, Rauchwacken und Dolo- mite nirgends beobachtet wurde, darf hier wohl von einer Discussion über das Alter und die Gliederung abgesehen werden. Wir betrachten dasselbe hier im Ganzen als jüngeres Kalk- und Dolomitgebirge im Gegensatz zu den älteren Complexen, auf denen es ruht, und insbesondere zu dem durch Interposition von vorwiegend krystallini- schen Kalkmassen charakterisirten Gliede dieser Reihe, ohne Rücksicht darauf, ob sich darin auch ältere als triadische Horizonte finden könnten... Bei den Verhältnissen am Endkopf scheint zwar Manches für die Vertretung der Trias zu sprechen. In den oberen helleren dolomitischen Schichten sind Daectylopora-Arten vertreten, und in den tieferen kie- seligen, schwarzen, dolomitischen Kalken kommen neben zahlreichen Crinoidenresten Brachiopoden vor, welche auf den ersten Anblick sehr an Retzia trigonella des Virgloriakalkes erinnern. Unter den Crinoidenstielen finden sich jedoch überwiegend Formen, welche eher zu paläozoischen, (Cyathocrinus ete.) als zu triadischen Typen gehören. Bei einigen könnte man sogar noch leichter an eine Zugehörigkeit zu Apioerimus denken, als sie sich auf eine der bekannten Triasformen beziehen. Ebenso ist eine grosse scharfrippige Brachiopodenform, soweit man nach den unvollkommen im Stein erhaltenen Resten zu schliessen ver- mag, eher zu der jurassischen Terebratula trigonella, als zu der tria- dischen .Retzia in Beziehung zu bringen. Nachdem aber andererseits unter den Auswitterungen der klei- neren Brachiopoden solche Formen vorkommen, welche an die devo- nische Retzia ferita Sandb. erinnern, und die scharfen Rippen der grossen Form auch bei paläozoischen Brachiopoden (z. B. bei Spiri- feren) vorkommen, bleibt die Entscheidung der Auffindung besser erhal- tener und präparirbarer Formen vorbehalten. Das Vorkommen von Dac- tyloporiden in den höheren Schichten kann nicht leicht als entscheidend betrachtet werden, da dieselben wohl charakteristisch für eine Facies sind, aber nicht für eine bestimmte Formation oder einen bestimmten Horizont. Die genauere Feststellung der angedeuteten Fragen hat nicht nur Wichtigkeit für die -richtige Auffassung der in Rede stehenden grossen Gesteinsmassen an sich, vielmehr wird sie auch für die Beur- theilung der grossen Gruppe der Kalkthonphyilite des Engadins und des Tiroler Oberinngebietes, welche Theobald in ihrer Gesammtheit als oberen Lias aufgefasst hat, von Bedeutung sein. Dass diese Gruppe nämlich zum guten Theil eine dem Kalk- und Dolomitgebirge Grau- bündens und des Oberetsch- und Adda-Gebietes äquivalente Facies ist, scheint nach den bisher gesammelten Erfahrungen sehr wahrscheinlich. Sowohl in der Facies des Kalk- u. Dolomit-Gebirges als in derjenigen der Kalkthonphyllite sind die Verhältnisse nicht so einfach als sie nach Theobald erscheinen. Besonders für die letztere ist ein Vergleich mit der viel umfassenden Facies des Karpathensandsteins in sofern zulässig, als auch in ihr geologisch ziemlich entfernt von einander liegende Hori- zonte in petrographisch sehr ähnlicher Ausbildung vertreten sind. 7 [23] Geologische und petrographische Beiträge etc. 165 3. Talkwacken, Quarzphyllite und Wackengneisse, (Inneralpine Grauwackenformation.) Eine zum Mindesten ebenso schwierige Aufgabe als diejenige ist, welche die schärfere Gliederung und Altersbestimmung der voran- gestellten, in der Hauptmasse jüngeren Kalk- und Dolomitgruppe an den Alpengeologen stellt, birgt der Schichtencomplex in sich, welcher in dem Gebiete der Etsch und der Adda demselben als nächste Unterlage dient, oder auch selbstständig das ältere krystallinische Gebirge über- lagert. Die drei vorangestellten Namen deuten die Hauptgesteins- formen an, welche an der Zusammensetzung der ganzen Schichtenreihe den wesentlichsten Antheil haben, und zwar in der Weise, dass sich dieselben stellenweise schwer gegen einander abgrenzen lassen. Immer- hin dominiren die Talkwacken und ihre Schiefer und Sandsteine fast durchwegs in der oberen Abtheilung des Complexes, Quarzphyllite und Wackengneisse jedoch in der unteren, aber die Mächtigkeit der oberen Abtheilung ist sehr verschieden, und es ist sehr wahrscheinlich, dass stellenweise die Faciesentwicklung der unteren Abtheilung ziemlich hoch hinaufreicht, oder die obere Abtheilung sogar ganz ersetzt. Die beiden Abtheilungen entsprechen dem „Verrucano“ und der „Casanna- schiefergruppe“ Theobald’s. Da die Bezeichnung „Verrucano“ in der alpinen Stratigraphie in sehr wenig consequenter Weise angewendet wurde, kann sie nur als petrographischer Begriff in Verwendung bleiben. Der Name „Casanna- schiefer“ soll gleichfalls vermieden werden, nachdem demselben von Suess eine von Theobald’s ursprünglicher Fassung abweichende Be- deutung beigelegt wurde, Der Besprechung der specielleren Ausbildung und der wahrschein- lichen Altersverhältnisse der Gruppe wird am zweckmässigsten eine kurze Skizze der, Verbreitung vorausgeschickt. Auf der linken Etschseite (Weisskugelabschnitt) gibt ein be- deutender Zug mit ‚vorwiegender Ausbildung der oberen Abtheilung aus dem Langtauferer-Thal unter der Kalk- und Dolomitmasse des Endkopfs bis oberhalb Dörfl (Monteplair) bei S. Valentin. In sehr charakteristischer Ausbildung ist weiter südlich die dreifache Ausbil- dungsweise entlang der ganzen Gehängseite von Schluderns bis Gold- rain entwickelt. Auf der rechten Etschseite (Ortlerabschnitt) ver- misst man diese Schichten von Morter bis Schgums. Der bedeutende, fast ununterbrochene Zug, der vom Pizlat bei Nauders unter dem Griankopf und Kristannesspitz durch als Unterlage des Kalkgebirges in das Sesvennathal und nach Scarl streicht, liegt nur auf der kurzen Strecke vom Pizlat zum Klampergrat auf der Innseite des tirolischen Gebietes, in dem grössten Theile seiner Ausdehnung jedoch zieht er . jenseits des Grenzkammes durch Graubünden. Sehr stark entwickelt ist die ganze Schichtenfolge bereits in den zwischen dem Schlinigthal und dem Avignathal eingeschlossenen Kämmen. Sie kommt im hinteren Schlinigthal unter der Kalkmasse der schwarzen Wand und der Föllia- spitze zum Vorschein und zieht gegen den Arundakopf, von wo sie die 22+ 166 G. Stache und C. John. [24] Schleisser-Alpe herabreicht, wie andererseits eine auf dem Monterodes- rücken liegende Partie, welche weiter abwärts durch das Schleisserthal zieht und mit der auf dem Tellarücken sitzenden Masse in Verbindung steht. Endlich ist der vom Arundakopf gegen Taufers streichende, das Avignathal flankirende Rücken des Krippenland von diesen Schichten und einer kleinen Kalkscholle gekrönt. Man durchschneidet eine Zunge dieses Verbreitungsstriches auf dem Wege von Taufers nach der Tella- Alpe. In sehr mächtiger Entwicklung und Ausdehnung breitet sich der Complex auf der Westseite des Avignathales in dem Gebirgsstock des Sterlex und Urtolaspitz aus. Hier bildet er die Hauptmasse des Gebirges, auf dem die grosse Kalk- und Dolomitinsel des Sterlex sitzt und senkt sich über die breiten Abfälle des M. di Valpaschun zwischen Valcava und Cierfs in den Boden des Münsterthales. Auf der Südseite des Münsterthales erscheint die Fortsetzung derselben Massen als Basis der scharfen Kalkgräte der Durettas und der zerrissenen Kalk- schollen des Rimser-See’s und des Piz Umbrail, und ist besonders im unteren Theile des Val Muranza, am Wege von S. Maria im Münster- thal nach dem Wormser-Joch gut zu beobachten. Von hier zieht ein Flügel unter der Ciavalatschspitze nach dem Glurnser-Köpfel, ein an- derer setzt unter dem Piz Umbrail ober der Wormser Jochhöhe in das Addagebiet hinüber. In ausgezeichneter Weise kommen endlich gegenüber der zwischen Schluderns und Eggers auf den unteren Ge- hängstufen des Kalternberges sitzenden Partie die Talkwacken und Phyllite zu beiden Seiten des Eingangs in das Praderthal unter den Glacialschuttmassen zum Vorschein. Sie lehnen sich einerseits von Glurns her, andererseits von Tschengls her an das untere Etschthal- gehänge und kleiden das Praderthal bis nahe bei Gomagoi aus, das Bachbett und die seitlichen Gehängstufen. Zwischen Gomagoi und Trafoi tritt phyllitischer Gneiss und Granit in der Thalsohle und am rechten Gehänge hervor. Der Schichten- complex der Grauwackenschiefer und Talkwacken bildet zur Rechten die Basis der Ortlerkalkmasse ; derselbe beginnt unter der nördlichen Nase der Hochleitenspitze, setzt unter dieser über den Zumpanell- rücken in’s Sulden und streicht dort unter den Tabarettaabfällen durch über den Hintergratspitz und verschwindet unter den Moränen- und Eismassen des Suldengletschers. Zur Linken geht dieselbe unter der Kalkscholle des Köpfel hinüber in das Val Costainas, und der Thal- sohle und Stilfser-Jochstrasse entlang zieht sie aufwärts und setzt über das Stilfser-Joch in das Addagebiet. Im Addagebiet sind die Fortsetzungen dieses letzteren Zuges unterhalb des M. Braulio einerseits und gegen M. Scorluzzo anderer- seits zu bemerken. Der bedeutendste Zug jedoch ist der, welcher aus dem Thal von Premadio (Val Viola) in bedeutender Breite durch das Val Zebrü streicht und in der Breite von den Bagni von Bormio bis Piatta durch den Addalauf geschnitten wird. Auf der rechten Seite des Suldenthales bilden dunkle Thonglim- merschiefer den höchsten Theil des Laaser Gebirgstockes. Sie bilden den Hochgrat der Eisseespitze, ziehen über die Pederspitzen zur Schild- spitz und von da lassen sie sich einerseits über den hohen Angelus [25] Geologische und petrographische Beiträge etc. 167 und der Fernerwand gegen die verborgene Blais, andererseits über den Laaserspitz hinaus verfolgen. Vom Eisseespitz westwärts setzt die Schiefermasse unter dem Eis der Suldenspitze durch in’s Addagebiet und steht in Verbindung mit der Hauptzone dieses Gebietes, welche zwischen dem Confinale-Rücken und der Königswand aufwärts streicht. Im Addagebiet sind die Fortsetzungen des Stilfser Schieferzuges in der Richtung gegen M. Braulio und unterhalb der M. Scorluzzo zu beobachten. Der Hauptzug des Gebietes jedoch streicht aus dem Thal von Premadio (Val Viola) in bedeutender Breite durch das Val Zebrü und wird durch das Addabett in der Strecke von den Bagni von Bor- mio bis Piatta geschnitten und durch den breiten Thalboden von Bor- mio getrennt. Kleine Partien sind in Val Fomo und Val Gavia nördlich, öst- lich und südlich von S. Catharina in das ältere Gebirge eingeschaltet und sitzen auf dem Rücken des M. Gavia, sowie auf dem Sobretta- und dem Gobettastock auf. Im Grossen und Ganzen lässt sich in dem als Repräsentant der Grauwackenformation aufgefassten Complex trotz mehrfacher Ueber- gänge eine obere und eine untere Abtheilung unterscheiden. Der oberen Abtheilung werden beigerechnet: 1. Braune Sandsteine und schwarze Thonschiefer (Ortler-- und Rimsergebiet), welche unter dem tiefsten Horizont des Kalk- und Dolomitcomplexes nur local und in verhältnissmässig geringer Verbreitung zum Vorschein kommen. Dieselben erinnern am meisten an gewisse Sandsteine und Schiefer der alpinen Steinkohlenformation (Steinacher-Joch) und liegen über den grünen Talkschiefern oder über Thonglimmerschiefern. Dieselben schliessen sich am besten vor der Hand hier an, obwohl sie bei engerer Fassung der Grauwackenformation gesondert zu halten sein dürften. 2. Gelbe Sandsteine und verschieden hellfarbige Schiefer, welche noch durch reichlicheren Talkgehalt und engste locale Verknüpfung sich als oberes Niveau aus den Gesteinen der tal- kigen Grünschiefer und Talkwackengruppe direct entwickelt haben (S. Valentin, Endkopf, Schlinigthal, hinteres Val di Zebrü etc.). 3. Grüne und weisse Talkschiefer (zum Theil als Sericit- schiefer !) aufgeführt), talkreiche Sandsteine, welche in talkreiche Conglomerate, Breccien und gneissartige Arkosen übergehen. Dieselben zeigen nicht selten auch röthlichgraue bis violette Farbentöne. Der Vergleich dieser Schichtengruppe mit der in engster Bezie- hung zu den Thonglimmerschiefern stehenden Talkschiefer- und Wacken- zone der Grenzstriche gegen das nördliche Kalkgebirge der Alpen und derjenigen, welche aus den Salzburger Tauern durch das hintere Ziller- gebiet streicht, ist sehr naheliegend. Es dürfte sich die Altersäqui- valenz der petrographisch so ähnlich ausgebildeten Complexe, welche ) Studer (Index 1872, p. 219) betont die Uebereinstimmung der grünen Schiefer der Schweiz mit denen von Salzburg, hebt jedoch dabei auch die schwan- kenden Verhältnisse hervor, welche sich in den bisher gemachten Bauschanalysen solcher Schiefer zeigten, und verweist auf die Untersuchungen Scharff's, welche die Selbstständigkeit des „Sericits“ in Frage stellen. 168 G. Stache und C. John. [26] Foetterle vom Semmering, Lipold und Rolle von Salzburg (Gasteiner-Thal), Osttirol und Kärnten, und Stur aus der steierisch- österreichischen Grauwackenzone beschrieb, als aueten wahrscheinlich hinstellen lassen. Statt des Namens „Verrucano“ ist bei einem Theil der Schweizer Geologen die früher für dieselben Bildungen und besonders für das Melserconglomerat in Glarus eingeführte Bezeichnung „Sernifit* und „Sernfschiefer“ im Gebrauch. Wenn wir hinzufügen, dass auch Theobald für die unserem Gebiet direct angrenzenden, von ihm als „Verrucano“ ausgeschiedenen Schichtmassen von gleicher stratigraphischer Stellung zu einer ähn- lichen Auffassung gelangt ist, scheint uns das paläozoische Alter der Gruppe hinreichend begründet. Die speciellere Horizontirung innerhalb der ganzen paläolithi- schen Reihe aber ist von dem Fortschritt der begonnenen Unter- suchungen mit ziemlicher Sicherheit zu erwarten, und kann überdiess in dieser allgemeinen Einleitung nicht Gegenstand der Discussion sein. Die Aehnlichkeit gewisser Ausbildungsformen dieses Complexes mit dem Taunusquarzit bei Frankfurt und Wiesbaden, welche Theobald (l. e. p. 57), sowie Lipold und Rolle an sehr weit von einander gelegenen Punkten bemerkten, weist bereits auf die nächstliegende ausseralpine Faciesentwicklung hin, welche bei der specielleren Behand- lung des Thema’s in Betracht gezogen werden wird. Die Ausbildung der Schichtengruppe in der Form von sandstein- artigen, conglomeratischen und breccienartigen Bildungen, für welche wir den. gemeinsamen Namen „Talkwacke“ gebrauchen wollen, lässt sich am besten in dem Zuge von S. Valentin, im Schlinigergebiet, im Sterlexgebiet zwischen Sterlex und Urtolaspitz und mehrfach im Mün- sterthal, beispielsweise auf dem Wege zwischen Valcava und Lü, studiren. 4. Thonschiefer und Thonglimmerschiefer. Die untere Abtheilung des ganzen Complexes, den wir als eine der allgemeineren Faciesentwicklungen der paläozoischen Reihe der inneralpinen Gebiete zu betrachten berechtigt sind, herrscht in gewissen Verbreitungsgebieten so sehr vor, dass sie daselbst wohl als eine theilweise Stellvertretung der oberen Abtheilung zu betrachten ist. In anderen Gebieten, wie beispielsweise in den die Etsch flankirenden Zügen zwischen Prad und Glurns und zwischen Schluderns und Eyers, kommen Wechsellagerungen zwischen den dunklen Schiefern der unteren Abtheilung und den hel- leren talkigen Gesteinen der oberen Abtheilung vor. Die Hauptgesteine der unteren Abtheilung sind: a) Quarzreiche Phyllite, wie sie in der grossen nördlichen Quarzphyllitzone herrschen. b) Grünliche, talkige, zum Theil auch chloritische, aber dunkelfarbige Thonglimmerschiefer. ec) Dünnschieferig-blätterige, graue und schwarze Thonschiefer. Im Allgemeinen repräsentiren die beiden letztgenannten Schiefer- bildungen ein oberes Niveau, aber sie erscheinen auch inmitten der Quarzphyllite, und es kann vor der Hand eine schärfere Gliederung noch nicht durchgeführt werden. Anhangsweise wäre noch zu bemerken, dass an einzelnen Stellen ne | \ [27] Geologische und petrographische Beiträge etc. 169 im Bereiche der phyllitischen Abtheilung der ganzen Grauwackengruppe Partieen von Kalkthonschiefern vorkommen, welche dem Hauptgestein der Kalkthonphyllit-Gruppe sehr nahe entsprechen. Die Beobachtungen über diese Vorkommen sind jedoch noch nicht ausreichend, um darauf sichere Schlüsse auf das gegenseitige Altersverhältniss oder das stellen- weise Ineinandergreifen dieser augenscheinlich jüngeren und weiter auf- wärts reichenden petrographischen Facies mit derjenigen der Quarz- phyllite zu bauen. 5. Arkosen und Wacken-Gneisse. Die Beschreibung dieser Gesteine würde wegen der Mannigfaltigkeit, in der sie auftreten, hier zu weit führen. Einige vorläufige Bemerkungen darüber sollen weiter unten im Anschluss an die Gmeisse der Gmeissphyllitgruppe folgen. Eine specielle Ausbildungsform derselben ist diejenige, welche in ziem- lich bedeutender Verbreitung zwischen Schluderns und Schlauders in Verbindung mit Grünschiefern und Thonglimmerschiefern die ‚unteren Gehängstufen zusammensetzt. Diese Gneisse stimmen am auffallendsten mit der Beschreibung, welche Studer (Index p. 19) von der Haupt- form des Arollagneisses der Matterhornmasse gibt. In dieselbe Gruppe gehören auch die Knoten- und Augengneisse, welche in den Gebirgsabschnitten der rechten Etschthalseite die Thonglimmerschiefer und grünen Schiefer theils unterlagern, theils ersetzen und mit den- selben Theobald’s Casannaschiefer-Complex darstellen. Auch Studer erwähnt die theilweise Ausbildung des Arollagneisses als Augen- gneiss und spricht von dem streckenweisen Ersatze der grünen Schiefer der penninischen Alpen durch den Arollagneiss und von der engen Verbindung, in welcher derselbe mit diesen Schieferbil- dungen steht. 6. Andesitische Eruptivgesteine. Anhangsweise müssen hier als ein local charakteristischer, wenn auch nicht gerade wesent- licher Bestandtheil der Gruppe, die meist in Decken und mit der Schichtung parallelen Lagermassen erscheinenden Gesteinsbildungen er- wähnt werden, welche das specielle Object der zweiten Nummer dieser Beiträge bilden wird. Eine kürzere vorläufige Orientirung über die- selben kann überdiess in dem Capitel 6 der allgemeinen Einleitung „Eruptiv- und Massengesteine“ nicht leicht vermieden werden. Mit den beobachteten Verhältnissen stimmt das, was der scharf und gewissenhaft beobachtende Theobald (]. ec. p. 57—58 und p. 69) sagt, auf das Beste überein. Weit weniger aber kann man den bei Gelegenheit der Auseinandersetzung des Begriffs seiner „Casanna- schiefer“ und der Beziehungen zwischen „Verrucano* und „gneiss- artigen Bildungen“ entwickelten theoretischen Ansichten beipflichten. Es ist wohl hier nicht der Raum gegeben, auf eine aus alpinen Verhältnissen geschöpfte Widerlegung des Theobald’schen Massen- Metamorphismus einzugehen, abgesehen davon, dass die in dieser Richtung bei den geologischen Aufnahmen gemachten Studien noch nicht abgeschlossen und gereift genug sind; aber es mögen zur Charakteristik des Standes der Frage für diesen Fall Theobald’s Ansichten wörtlich eitirt und mit einigen Bemerkungen begleitet werden. Eine eingehendere Behandlung der Frage kann bei Darstellung der Endresultate der hier begonnenen, den stratigraphischen Studien 170 G. Stache und C. John. [28] im Felde zur Hand gehenden petrographischen Beiträgen, in Aussicht gestellt werden. Ueber das „Casannagestein“ sagt Theobald (l. ec.) Fol- gendes: „Es ist dieselbe Felsart, die wir schon von Livigno her kennen, und die über den Casannapass hin tief in das Gebirge zwischen Livigno und Engadin eingreift. Es ist aber schwer, sie bestimmt zu charak- terisiren. Vorherrschend ist ein gelblich- oder röthlichgrauer Glimmer- schiefer, dessen krystallinische Structur aber oft nicht recht entwickelt ist. Er wechselt mit einem grauen oder schwärzlichen ähnlichen Ge- stein, das bald in Thonschiefer, bald in Talkschiefer übergeht. Beide enthalten gewöhnlich viel Quarz, bestehen aber oft auch fast ganz aus Glimmer. „Dazwischen liegen Bänke von bald körniger, bald flaseriger Structur, bald zu Quarzit entwickelt, bald feldspathhaltig, und dann in Gneiss übergehend, ebenfalls gelblich, bald hell oder dunkelbleigrau. Nach unten geht alles das in wirklichen Gneiss über; eine feste Grenz- linie zwischen beiden ist mir nicht möglich gewesen. Ebenso ist der Uebergang nach oben in rothen „Verrucano“ oft so unmerklich, dass auch hier keine scharfe Scheidung vorgenommen werden kann; oft fehlt der Verrucano auch ganz, erscheint aber bald wieder, um sich abermals auszukeilen, — wo er aber ansteht, nimmt er immer die Stelle zwischen den Kalkbildungen und diesen halbkrystallinischen Schiefern ein.“ Hieraus liest sich jedenfalls der nahe Zusammenhang und die ungestörte Altersfolge der Glieder des ganzen Complexes unter sich und. die engere genetische Verbindung desselben mit dem unterlie- genden Gneissphyllitgebirge heraus. Es erscheint der Complex somit in der That als eine eigenthümliche alpine Facies eines wahren alten Uebergangsgebirges. Bezüglich der „Verrucanogesteine“ und ihrer Uebergänge aus dem erwiesen klastischen in den Zustand eines deutlichen krystallini- schen Gemenges äussert sich Theobald, wie folgt: „Unten werden diese Quarzite, welche meist viel Talk und theil- weise Chlorit enthalten, mehr krystallinisch, und nehmen dreierlei Form an. Die dünnschieferigen und sandigen gehen in eine Art Glimmer- schiefer über; die stark talkhaltigen modificiren sich zu dem protogyn- artigen Gneiss, der am Bernina und in Poschiavo gewöhnlich die Decke des rein krystallinischen Gebirges bildet, und drittens gibt es For- men, in denen sich Feldspath und Glimmer auf eine Weise entwickeln, dass sie von wirklichem Gneiss gar nicht mehr zu unterscheiden sind. „Diese scheinen aus einem gröberen Sandstein entstanden zu sein. „Es liegt nun sehr nahe, weiter zu schliessen, dass die krystallinischen Schiefer überhaupt, Gneiss, Glim- merschiefer, Hornblendeschiefer etc. eigentlich nichts anderes sind, als die nach unten fortschreitende, weiter gediehene Metamorphose ursprünglicher Sandsteine und Schiefer.“ Diesen extremen Ansichten Theobald’s widersprechen die für [29] Geologische und petrographische Beiträge etc. 171 die Beobachtung offen liegenden Thatsachen ebensosehr, wie der ruhige wissenschaftliche Gedankengang. Es hat immer nur der-dem supponirten entgegengesetzte Pro- cess stattgefunden. Die Verwandtschaft und die Uebergänge klasti- scher zu erwiesen krystallinischen Gesteinsschichten des gleichen Ver- breitungsgebietes rühren wohl viel eher von dem Mangel einer weit fortgeschrittenen Metamorphose der einzelnen mineralogischen Bestand- theile, als von einer nachträglichen Krystallisation innerhalb pelitischer oder klastischer Bildungen durch metamorphische Agentien her. In jedem Falle ist es natürlicher und leichter erklärlich,h dass bei- spielsweise die in den Knotenschiefern und Knotengneissen liegenden gequetschten, abgestumpften oder gerundeten Feldspathindividuen aus früher gebildeten Granit- oder Gneiss-Magmen stammen oder in ähn- licher Weise wie die krystallinischen Gemengtheile der Porphyrtuffe in Sedimente gelangten, welche unter hydroplutonischen Einwirkungen zu Stande kamen, als dass im Laufe der Zeit sich die in Thonschiefern und Sandsteinen vorfindlichen, zur Feldspathbildung gehörigen Elemente oder fertige Feldspathpartikeln allmählig .zu grösseren krystallinischen Feldspathkörnern aggregirt oder ausgewachsen haben, um die Ueber- einstimmung mit Knoten- und Augengneissen zu erreichen. Noch schwieriger wäre dann die weitere Ausbildung zu den vollkommen porphyrisch ausgebildeten Gneissen. Man müsste, um zu diesem Schlussstadium der Metamorphose zu gelangen, sich denken können, dass die krystallinischen Feldspathkörner und -Linsen innerhalb des festen Gesteins mit der Zeit sich zu voll- kommeneren Krystallen mit scharfen Kanten und Ecken auswachsen konnten. Gewisse Anhaltspunkte gegen die allmählige Umbildung von Schichtensystemen in dem von Theobald angeführten Sinne sind auch vielfältig zu finden bei dem Vergleich ‘des Breceienmaterials sehr ver- schiedener Zeitabstände. unter sich und mit dem Material des Haupt- gesteins, welchem dieser oder jener Schiefer oder Gmeiss-Brocken ent- nommen ist. Das ursprüngliche Schiefergestein hat im Vergleich mit dem in der nahen Breccienablagerung eingeschlossenen Stück keinerlei wesentliche Veränderung erlitten, obwohl die Zeitdauer, in welcher letzteres unter völlig verschiedenen Verhältnissen als Probestück inner- halb einer fremden Einhüllung aufbewahrt wurde, oft eine sehr lange ist. In ähnlicher Weise verhalten sich auch die Schiefereinschlüsse im krystallinischen Kalk. Es ist in den meisten Fällen eine vollkommene Uebereinstimmung des Einschlusses mit dem Material der nächst unter- liegenden Schieferschicht zu constatiren. Ebenso wenig, wie ein Dolomitgebirge im Grossen aus einem reinen Kalkgebirge entstanden ist, sondern der Bittererdegehalt im Grossen schon während der Zeit des Absatzes beigestellt wurde, ebenso war auch in den sogenannten metamorphischen Schiefern die Bedingung zu der von ihren Aequivalenten, ‘ihren direeten Fortsetzungen oder ihren Grenzschichten abweichenden Ausbildung schon bei ihrem ursprüng- lichen Absatz in der ursprünglichen Mischung gegeben. Es sind diese Bedingungen nahezu gleichartige gewesen, wo die äussere Erscheinung und die chemische Zusammensetzung sich gleichartig Jahrbuch d. k. k. geol, Reichsanstalt, 1877. 27. Band. 2. Heft. (G. Stache u.U. John.) 23 172 Dr. G. Stache und C. John. [30] erweist. Die allgemein wirkenden Agentien, welchen in höherem oder geringerem Grade alle Gesteinsbildungen ausgesetzt sind, verändern dieselben eben auch nach Massgabe ihrer ursprünglichen Mischung. Von dem Einfluss local wirkender metamorphosirender Agentien, wie mechanische Pressung und Druck oder chemische Durchdringung mit Lösungen oder Dämpfen, ist hier natürlich abzusehen. Nur gegen die zu weit gehende Rolle, welche dem Metamor- phismus zugeschrieben wird, soll hier gesprochen werden. Man soll ihn nicht herbeiziehen zur Erklärung von Erscheinungen, welche sich ohne seine Zuhilfenahme besser erklären lassen, und durch künstliches Herbeiziehen desselben zu anderen Bedenken Anlass geben. Dolomitbänke, welche sich auf grosse Strecken zwischen reineren Kalksteinbänken mit Rudisten hinziehen oder vereinzelte Kalkbänke zwischen dolomitischen Schichten, wie sie in der küstenländischen Kreideformation erscheinen, haben ihre von der Umgebung verschie- dene Zusammensetzung ebenso der Verschiedenartigkeit der Verhält- nisse beim ursprünglichen Absatz zu verdanken, wie die grünen Talk- schiefer und Chloritschiefer, welche in den Alpen einmal zwischen Kalken oder Kalkglimmerschiefern, ein anderes Mal zwischen Quarz- phylliten und Thonschiefern liegen. Die Verschiedenheit der petrographischen Facies liegt hier, wie in anderen einfacheren Fällen, in den Verhältnissen beim Absatz, und diese Verhältnisse sind in gewissen Strecken und Gebieten eben andauernd und gleichbleibend, in anderen wechselvoll gewesen und es haben sich gleichartige und ähnliche Verhältnisse in sehr weit von einander liegenden Perioden wiederholt. Dass in jüngeren Zeitperioden locale Verhältnisse des Absatzes eingetreten sein können, welche verschiedene, den älteren krystallini- schen Schieferbildungen ähnliche Schichtgesteine zur Ausbildung ge- langen liessen, ist jedenfalls weniger schwer zu glauben, als dass aus einem Sandstein oder Conglomerat eine Rückbildung in Granit oder Gneiss statt hatte. Abgesehen von den Arbeiten Theobald’s, finden wir in der Literatur nur wenige Daten, welche sich auf die besprochene Schicht- gruppe beziehen. Auf der Tiroler-Karte sind in ganz allgemeinen Zügen auf der Nordseite des Endkopfs, zwischen Mals und Glurns, zwischen Schlu- derns und Eyers, kleinere, und zu beiden Seiten des Praderthales eine zusammenhängende grosse Partie als Thon- und Thonglimmerschiefer ausgeschieden. Pichler hat auf seinem kleinen Kärtchen der Oetz- thaler Masse (l. c.) eine vordere schmale Zone von Thonglimmer- schiefer zwischen Mals und Eyers, und eine hintere mächtige Zone von Thonglimmerschiefer und Kalk desselben zwischen dem Matscher- und Schlanderauner-Thal ausgeschieden. Die mit den krystallinischen Kalken in dieser Weise zusammen- gezogenen Grünwacken und Thonglimmerschiefer sind zu trennen, ob- wohl sich die nahen Beziehungen der an Kalksteinlagern reichen näch- sten Gruppe zu den Quarzphylliten und gneissartigen Bildungen der Jüngeren Schichtengruppe nicht verkennen lassen. Be [31] Geologische und petrographische Beiträge etc. 173 4. Krystallinische Kalke und Schiefer der sogenannten Schieferhülle. (Kalkphyllit-Gruppe.) Es wurde bereits in dem einleitenden Theile zu der Abhandlung: „Die paläozoischen Gebiete der Ostalpen“ (Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1874, Heft 2) darauf hingewiesen, dass der Schichtencomplex der sog. Schieferhülle der früheren Alpengeologen eine Faciesentwicklung ist, welche sich unmittelbar entweder über den festeren, als Centralgneiss bezeichneten Gesteinsmassen oder über den phyllitischen Aequivalenten derselben aufgelagert findet. Es wurde überdiess angedeutet, dass im Zillerthaler-Gebiet und im: Brenner-Gebiet die im Salzburger Tauern-Gebiet in höchster petro- graphischer Mannigfaltigkeit entwickelte Gruppe zum grösseren Theile in einfacherer Form auftrete. Die bunte Schieferreihe verschmälert sich und ist entweder durch einen einförmigeren Schiefercomplex vertreten oder durch den früheren Beginn der Entwicklung der Dolomit- und Bänderkalk-Massen mit un- tergeordneten Kalkglimmerschiefern und mit phyllitischen, bald mehr dunklen, glimmerschieferartigen, bald talk- und chloritschieferartigen, grünen Zwischenschichten. Die an Kalkglimmerschiefern und Chlorit- schiefern reiche Masse der Schieferhülle stellt sich durch diesen Ueber- gang indlirect als eine unter besonders wechselvollen Verhältnissen des Absatzes entstandene Facies des unteren Theiles der Quarzphyllit- Gruppe dar, in welcher einförmige Thonglimmerschiefer und Thon- schiefer herrschen und krystallinische Kalke fehlen oder nur mehr un- tergeordnet auftreten. Das Auftreten der durch weisse, krystallinische Marmore, bunte Bänderkalke und Kalkglimmerschiefer im Wechsel mit sehr verschieden- artigen Schiefergebilden gekennzeichneten Schichtengruppe, welche weiter ostwärts als besondere Schieferhülle von centralen Gneissmassen auf- gefasst wurde, gewinnt in dem Gebiete der Etsch und Adda in mehr- facher Beziehung Interesse und Bedeutung. Durch die enge Verknüpfung, welche die oberste Kalkzone des Complexes in dem nordwärts der Etsch gelegenen Gebiet, besonders in dem Strich am Weissen Eck nördlich von Laas, mit den gneissartigen Bildungen zeigt, welche als Basis und stellenweise Vertretung der Quarzphyllit-Gruppe auftreten, sind die Beziehungen der beiden Gruppen angedeutet. Sowohl bei Schluderns, als in den Kalkzügen am Kaltenberg und an dem eben genannten Punkt finden sich krystallinische Gesteins- Einschlüsse, welche mit der nächsten Unterlage des Kalklagers über- einstimmen, im Kalkstein vor, und am Weisseck selbst Zwischenlagen des Wackengneisses. Volger und seine Anhänger würden daraus vielleicht noch Kühner die Umwandlung von Kalkstein in Granit dedueiren können, als einst aus dem Karlsbader-Sprudel. Dem in dieser Richtung Unbefangenen liegt die Annahme submariner Eruptiv-Tuffe, in deren letzte Absatz- und 23* 174 Dr. G. Stache und C, John. [32] Umbildungsperiode bereits die Bildung kalkreicher Sedimente fiel, viel näher. Das Verhältniss der an Kalklagern reichen Phyllite und Schiefer zu dem Quarzphyllit-Complex wird durch die Lagerungsverhältnisse, welche am Hintergratspitz unter dem Ortler, in Val Forno und Val Alpe constatirt wurden, näher beleuchtet. In Val Forno liegen die durch die Decken und Lagergänge der alten Andesitgruppe ausgezeichneten Quarzphyllite scheinbar unter dem durch grüne Chloritschiefer und Kalklager markirten Schichtencomplex. Da aber weiterhin die typischen Gesteine der Gneissphyllit-Gruppe in unmittelbarer Ueberlagerung folgen, so ist eine Ueberkippung oder faltenförmige Ueberbiegung der ganzen Reihe anzunehmen, zumal in Val Alpe die durch die gleichen Eruptivgesteinslager markirte Zone der Quarzphyllit-Gruppe in ziemlich flacher Lagerung über dem Kalk- phyllit-Complexe folgt, welcher den Thalboden und das untere Gehänge einnimmt. Wenn man diesem Verhalten die Schichtenfolge am Hinter- gratspitz zur Seite stellt, wo die Quarzphyllit-Zone mit den Örtlerit- und Suldenit-Lagern einerseits durch die Grünschiefer und Talkwacken- Abtheilung von der Dolomit- und Kalkmasse des Ortler getrennt er- scheint, und andererseits auf jener Abtheilung von Phylliten, Knoten- schiefern und Knotengneissen liegt, welche immer im obersten Niveau der Gneissphyllit-Gruppe entwickelt ist und auf grosse Strecken hin direct in die Schichten der Quarzphyllit-Gruppe (durch Thonglimmer- schiefer) übergeht, so kann man wohl Folgendes schliessen: Ueber dem typischen Gneissphyllit-Complexe, welcher das sichtbar älteste Grund- gebirge bildet, entwickeln sich auf grosse Strecken hin grosse Com- plexe von Knoten-, Augen- und Wackengneissen, Schiefern und Phyl- liten, welche nach unten in die typische, alpine Gneissformation, nach oben aber ohne Zwischentreten der Kalkphyllit-Gruppe in die schon die Grauwacken-Formation repräsentirende Quarzphyllit-Gruppe über- gehen. Da diese Schichtenfolge nur schwach entwickelt ist oder fehlt, wo die Kalkphyllit-Gruppe zu vollkommener Ausbildung gelangt, ist sie mindestens zum grösseren Theile als stellvertretende Facies der letzteren zu betrachten. Eine vom Hauptverbreitungsgebiet durch das Eitschthal abge- trennte Masse liegt auf der Nordseite des Etschthales zwischen dem Matscherthal und dem Schlauderaunthal, und breitet sich südwärts vom Litznerspitz und Marbelthalspitz aus. Ausgedehnter und mächtiger, sowie reicher an bedeutenden Ein- lagerungen von weissem, krystallinischen Marmor und Zügen von bunt gestreiften Bänderkalken ist, der südwärts von diesem Gebiet und dem Etschthal der Gmneissphyllit-Basis aufgesetzte Complex, welcher die Laaser Gebirgsmasse bis nahe zur Höhe ihrer Gipfel und Kammlinien zusammensetzt. Derselbe zeigt sich mit seiner an Kalkeinlagerungen reichsten Zone in der Nähe des Ausgangs des Martellthales am wei- testen abwärts. Der vordere Zug dieser Zone erscheint auch noch im Göflaner- und Laaserthal, wo sie, wie im Martell, durch Steinbrüche ausgebeutet wird, und steigt dann zwischen Saurüssl und dem kleinen Angelusspitz hinüber gegen den Kamm der das Tschenglsthal ab- schliessenden Fernerwand, wo die grösseren Kalkzüge sich auflösen h" "A A {3 [33] Geologische und petrographische Beiträge etc. 175 und im überhandnehmenden Schiefermaterial zu verschwinden scheinen. Der in’s Martell hinabreichende hintere Zug, der aus einer grösseren Reihe mächtiger Kalklagen besteht, zieht über Weissmandel gegen die hohen Gräten des Laaserspitz in’s Laaserthal. In der Strecke vom Schluderspitz zum Madritschjoch scheinen die stärkeren Kalklagen sich auszukeilen und die Zwischenschiefer überhand zu nehmen. Hier er- scheinen auch die mannigfaltigen Gesteine der Schieferzone (Granaten- Glimmerschiefer, Strahlsteinschiefer, Chloritschiefer und Serpentine), welche im Ziller- und Brenner-Gebiet mehrfach an der Basis der kalk- reicheren oberen Abtheilung des Complexes erscheinen. Im Madritschthal zeigen sich wieder stärkere Kalkzüge. Die- selben dürften unter dem Zufallferner mit der mächtigen, schön ent- wickelten Zone von Bänderkalken in Verbindung stehen, welche im hinteren Plimabachgebiet in hoher Wand südostwärts von der Zufall- hütte unter dem V. Rothspitz und Schranspitz durchstreichen. Diese Wand gehört dem durch das Martellthal von der Laaser-Masse abge- trennten grossen Flügel des Complexes an, welcher an der Zusammen- setzung des langen Rückens theilnimmt, der das Martell- und das hin- tere Ultenthal scheidet. Die im hinteren Plimagebiet vereinten Flügel setzen, wie es scheint, unter dem Gletschergebiet der Zufallspitze durch. Es ist mindestens sehr wahrscheinlich, dass die durch Bänderkalke charakterisirten Schiefer-Complexe, welche durch Val Forno, Val Gavia und Val del Alpe durchschnitten werden, und welche bis in das hin- terste Gebiet von Val die Rezzo reichen und die Sobretta- und Go- bettamasse flankiren, die directe Fortsetzung der im hinteren Plima- gebiet entwickelten Massen dieser Gruppe sind. Nicht grundlos ist über- diess auch die Annahme, dass die im Suldengebiet, wie es scheint, von der Basis der Königsspitze her herabkommenden Blöcke von bunten Bänderkalken von einer westwärts herüberreicheuden Zunge dieses Schichtencomplexes herstammen. Endlich mag noch erwähnt werden, dass bei Boladore Kalke erscheinen, welche auf eine noch weitere süd- liche Verbreitung des Complexes im Addagebiete hindeuten. Eine speciellere Gliederung der Gruppe ist vorderhand noch nicht durchführbar, doch werden sich mit der Zeit Anhaltspunkte dafür finden lassen. Es ist bisher nicht mit Sicherheit nachgewiesen, ob Eruptiv- gesteine vom Typus der den Quarzphylliten zugehörigen alten Andesite oder Labradorgesteine und Quarzporphyre, wie sie in den Gneissphyl- liten auftreten, auch in dieser Gruppe vorkommen. Dieselbe scheint vielmehr ihre eigenen, mit Serpentinmassen zusammenhängenden Erup- tivgesteine zu haben, und es ist nicht unwahrscheinlich, dass die aus dem Ultenthal bekannt gewordenen Olivingesteine hierher gehören. Ueberdiess aber liegen aus dem hinteren Suldengebiet und dem Con- finalegebiet Funde vor, welche auf das Vorkommen von eigenthüm- lichen porphyrischen Bildungen innerhalb der Schiefer der Gruppe deuten. Was die früheren Kenntnisse über die Gruppe betrifft, so be- schränken sich dieselben auf Angaben über das Vorkommen krystallini- scher Kalkmassen im Gneiss- und Schiefergebirge überhaupt. In der Tiroler-Karte sind im Gebiete des Glimmerschiefers, unter welcher Be- zeichnung auch Knotenschiefer, Gneisse und Gneissphyllite einbezogen 176 Dr. G. Stache und C. John. [34 sind, Kalke als grössere Massen und strichförmig vereinzelte Lager zwischen dem Laaserthal und Martellthal, sowie auf der Ostseite des Martell zwischen Brandabach und Flimbach und zwischen Nonnenspitz und Rothspitz angegeben. Ebenso ist das Vorkommen im Saldurbach bei Schluderns, sowie am weissen Eck, nördlich Eyers, angemerkt. Irrigerweise ist auch die ganze Ortlermasse, sowie die Kalkscholle zwi- schen Gomagoi und Trafoi mit zu dieser tiefen Kalkstein-Gruppe gestellt, während die Endkopf-Kalkmasse auf derselben Karte mit der Farbe des älteren Alpenkalkes erscheint. 5. Gneissphyllite, Hornblendeschiefer und Gneisse. (Gneissphyllit-Gruppe.) Bezüglich dieser Gruppe kann man von einer Besprechung der allgemeinen Verbreitung absehen. Sie bildet die Grundlage des ganzen Gebietes und tritt überall dort hervor, wo sie nicht durch die skizzirte Verbreitung der anderen Gruppen verdeckt ist. Die bedeutendste Ausdehnung zeigt sie natürlich in dem grossen, linksseitigen Gebirgsabschnitte des Etschgebietes, welcher durch die Weisskugel beherrscht wird. Hier wird sie nur in der Umgebung der Endkopf-Kalkmasse und entlang den Abfällen gegen das Etschthal zwi- schen Schluderns und Schlanders in ausgiebigerer Weise von höheren Schichtcomplexen verdeckt. In compacter Masse und in besonders interessanter Entwicklung erscheint sie als Hauptbestandtheil der ganzen Zwölferspitzmasse zwischen Schlinigthal und Rojenthal. Endlich er- scheint sie wiederum mit besonderen Eigenthümlichkeiten ausgebildet, und ein grösseres Terrain beherrschend, im Addagebiet zwischen Piatta und Boladore; sie streicht in der Breite dieser Strecke südostwärts in das Ogliogebiet, vom Val di Rezzo durchschnitten, und östlich von den an Kalkzügen reichen Phyllit-Complexen des Sobretta- und Gavia- Gebirges überlagert. In den Gebirgsabschnitten der rechten Etschseite, welche durch den Aufsatz von Schichtmassen der jüngeren drei Phyllitgruppen und beson- ders der Kalksteine und Dolomite der obersten Hauptgruppe des Ge- bietes beherrscht erscheinen, ist die Verbreitung der Gneissphyllite vorwiegend auf die untersten Thalstufen beschränkt. Im Ciavalatsch- Abschnitt und im Seesvennastock ragt sie auch in Gipfelpunkten heraus. In diesen Gebieten ist es jedoch überhaupt oft sehr schwer, die obere Abtheilung der gneissartigen Bildungen, welche an Stelle der kalkreichen Schiefercomplexe unter den Quarzphylliten erscheint und in diese übergeht, von der tieferen Hauptgruppe zu trennen. Bedeutende Schwierigkeiten sind auch zu überwinden, wenn man in dem in steilen Falten angelegten Hauptverbreitungsgebiet der Gneissphyllit-Gruppe in dem linken Eitschthal-Abschnitt versuchen will, die Zonen auszu- scheiden, welche ihrer petrographischen Ausbildung nach dieser oberen, durch Knotengneisse und Knotenschiefer ausgezeichneten Abtheilung gneissartiger Bildungen zu entsprechen scheinen. Diese Verhältnisse können hier nur vorübergehend angedeutet [35] Geologische und petrographische Beiträge ete, 1747 werden. Nach Durcharbeitung der zunächst in Angriff genommenen specielleren Gesteinsgruppen wird vielleicht in dieser Richtung bereits ein Beobachtungsmaterial vorliegen, welches gestattet, die verschie- denen Gneisse, welche zur chemischen und mikroskopischen Unter- suchung gelangen sollen, auch in Bezug auf den geologischen Horizont schärfer zu fixiren. Die Gliederung der Gneissphyllit-Gruppe in besondere Horizonte wird fast unüberwindlich erschwert durch den Umstand, dass innerhalb derselben bedeutende Faciesunterschiede vorkommen, und dass bei steilen Faltenstellungen in so schwer zugänglicher Hochgebirgsgegend, selbst bei petrographisch gut charakterisirten Schichten, es fast un- möglich ist, zu constatiren, ob man denselben Horizont vor sich hat, oder eine Wiederholung einer ähnlich ausgebildeten Schicht in tieferem oder höherem Niveau. Vorderhand muss die Gruppe als nach oben nicht in jedem Falle schärfer begrenzbares Ganzes aufgefasst werden, und man muss sich begnügen, die verschiedenen Erscheinungsformen, in denen sie auftritt, zur Kenntniss zu nehmen, und die Möglichkeit gegenseitiger Stellvertretung in Betracht zu ziehen, auch wo sie bisher weder mit Sicherheit, noch auf Wahrscheinlichkeitsgründe hin ange- nommen werden kann. Sicher ist, dass überhaupt festere Gneissmassen innerhalb vor- wiegend phyllitischer Bildungen auftreten, und dass beide vielfach in der Weise in einandergreifen und sich ersetzen, dass sie als gleich- zeitig aufgefasst werden müssen. Da nun aber eine grössere Anzahl solcher fester, meilenlang zu verfolgender festerer, je nach ihrer tek- tonischen Position deckenförmig oder stockförmig erscheinender ein- facher oder durch phyllitische Intercalationen zusammengesetzter Len- ticularkerne in den Gneissphyllit-Gebirgen erscheint, so hat man bei steilen, faltenförmigen Schichtensystemen die Frage zu entscheiden, ob man es in diesem oder jenem Falle mit der Wiederholung der glei- chen Lagermasse oder mit altersverschiedenen ähnlichen Bildungen zu thun hat. Es wird ferner eine nicht leichte Aufgabe sein, für die in flachen, welligen Gebirgsgebieten in den Thaleinschnitten zu Tage tre- tenden Gneissdecken die Altersäquivalente in der Reihe derjenigen Gneisse zu suchen, welche die steilgestellten Schicht- und Lagermassen der Kämme bilden. Jedes der hier hervorgehobenen Verbreitungs- gebiete der Gneissphyllitgruppe zeigt seine Besonderheiten. Es würde aber nicht angehen, von vornherein die petrographische Gleichartigkeit oder Aehnlichkeit als allein entscheidend für das gleiche Alter und die abweichende Ausbildungsweise der einzelnen Glieder der Reihe in entfernt von einander liegenden Gebieten als massgebend für die Altersverschiedenheit zu betrachten. Unter solchen Verhältnissen bleibt hier nichts übrig, als in Kurzem die wichtigeren Ausbildungsformen zu skizziren, in welchen die phyl- litische Abtheilung der Gneissformation einerseits, und die massige Ab- theilung andererseits in Erscheinung treten. Ein vorgreifendes Urtheil über Altersäquivalenzen innerhalb der aufzuführenden Glieder unter sich oder mit ausseralpinen krystallini- schen Bildungen der azoischen Formationen muss vorderhand noch ver- mieden werden. Es führt ein vorzeitiges Aufstellen von Gliederungen und 178 Dr. G. Stache und C. John. [36] Parallelisirungen zu leicht zu Verwirrungen, und nicht immer zu klarem, unverstecktem Widerruf und Eingeständniss des Irrthums. Meistens haben auch wohl nur jüngere Gelehrte die Schwäche, sich stark genug zu fühlen, um im ersten Anlauf Fragen zur Entscheidung bringen zu wollen, zu deren Lösung erfahrenere Forscher eine grosse Summe von Zeit und Arbeit für nothwendig erachten. 1. Die phyllitische Reihe der Gneissphyllit-Gruppe tritt in folgenden Ausbildungsformen auf: a) In der Amphibolit-Facies. Ueberwiegend blättrige und schiefrige, zum Theil auch filzig schuppige, dunkelfarbige Gneissphyl- lite häufig mit Uebergängen in Glimmerschiefer erscheinen im Wechsel mit mehrfach sich wiederholenden Amphibolschieferlagen. Diese sind natürlich ziemlich verschieden in Bezug auf Mäch- tigkeit, Streckung und Ausbildung. Ihre Abänderungen und Uebergänge werden theils durch Zurücktreten von den neben der Hornblende auf- tretenden Gemengtheilen, theils durch Ueberhandnahme derselben ge- bildet, sowie durch die Verschiedenheit der Krystallisation des Horn- blende-Gemenges. Es sind einerseits verschieden fein oder grob-kry- stallinische Amphibolite (Hornblendefels), Eklogit und Granatfels und dioritische Gesteine, sowie Hornblendegneisse und Hornblendegranite, in den dem Tonalit sich anschliessenden Ausbildungsformen mit mehr oder weniger engem Anschluss an die grossen Amphibolitschiefer-Züge innerhalb dieser Facies der Gneissphyllit-Gruppe zur Entwicklung ge- langt, andererseits sind die Hornblendeschiefer selbst durch Ueber- handnahme von Feldspath, Glimmer, Talk und Chlorit, Pistazit und Granat nach verschiedenen Richtungen varürt. Ihre Hauptverbreitung in deutlicher und charakteristischer Aus- bildung hat diese Facies im Langtauferer-Gebiet des linksseitigen Etsch- abschnittes, im Watlesgebiet zwischen dem Serczer- und dem Schlinigthal im rechtseitigen Etschgebiet und im südlichsten Theil der das Addagebiet durchstreichenden Gneissphyllitmasse zwischen Val di Rezzo, Val Piana und Sondalo. In jedem dieser Gebiete sind innerhalb der Gruppe eigenthümliche Eruptiv- und Massengesteine zur Entwicklung gelangt, über welche der nächste Abschnitt eine übersichtliche Zusammenstel- lung geben soll. Die Art der Verbreitung der Amphibolschiefer, wie dieselbe zwi- schen dem Zwölferspitz und Schlinigthal, im Engadin und im hinteren Paznaun auf den Karten Theobald’s angemerkt ist, entspricht nicht den natürlichen Verhältnissen. Statt in Zügen innerhalb der Phyllite erscheinen nicht selten die Hornblendegesteine in grossen, schematisch nur nach der Verbreitung der Findlinge und Blöcke umgrenzten, ganze Gebirgsrücken zusammen- setzenden Massen. b) In der euritischen oder felsitischen Facies spielen feste Bänke eines röthlich-, bräunlich-, bläulich- oder grünlich-grauen, dichten bis äusserst feinkörnigen Gesteins an Stelle der Hornblende- schiefer die charakteristische Hauptrolle. Die Farbe wird theils durch die Feldspathbeimengung, theils durch den in feinsten Schüppchen und Punkten eingestreuten Glimmerbestandtheil bedingt. [37] Geologische und petrographische Beiträge etc. 179 In einer Richtung entwickeln sich hier reine Quarzite und Hälle- flintartige Gesteine, in anderer Richtung feinschuppige Quarzitglimmer- schiefer und greisenartige Gesteine, wenn der Feldspathbestandtheil zurücktritt und der Glimmer überhandnimmt. Unter den die festen Bänke trennenden und dieselben in ihrem Ausgehen ersetzenden Schichten nehmen neben Gneissphylliten verschiedenartig ausgebildete Glimmerschiefer einen hervorragenden Antheil. Eine bedeutende Entwicklung hat diese Ausbildungsform der ‘Gruppe beispielsweise im hinteren Schnalser- und Matscher-Gebiet. ec) Eine granitische Facies kann anhangsweise an die vor- genannte Ausbildungsform aufgeführt werden. In der Zwölfermasse treten nämlich im Wechsel mit Gneissphylliten statt der euritischen feinkörnig granitische oder feinschuppig, parallel flaserig- oder auch cornubianitisch ausgebildete Platten und bankartige Zwischendecken auf. Dieselben zeigen vorwiegend hellen Feldspath und dunklen Glim- mer. Näheres darüber folgt in dem speciellen Theil, welcher das Verhält- niss der in dieser Abtheilung auftretenden eigenthümlichen Eruptiv- gesteine erläutern soll. * Ueber das gegenseitige Verhältniss der hier aufgeführten Ausbil- dungsformen müssen noch weitere Beobachtungen gemacht werden. Es ist nicht sichergestellt, dass dieselben durchgehends altersverschiedene Niveaux repräsentiren; es scheint vielmehr eine theilweise Stellver- tretung stattzufinden. Dagegen ist die letzte Ausbildungsform phyllitischer Gneisse, welche wir nur vom petrographischen Standpunkte aus hier noch anschliessen können, in ihrer Hauptmasse sicher von jüngerem Alter, als die bisher genaunten. Schwierigkeit bereiten, wie bereits angedeutet wurde, die- jenigen Zonen von jüngeren gneissartigen Gesteinen, welche ausser Zu- sammenhang mit der aus ihnen und über ihnen sich entwickelnden Reihe der inneralpinen Grauwackenbildungen mitten in den steilgefal- teten krystallinischen Hauptgebieten auftreten. Wir nennen daher im Anhang als eine vierte besondere Facies mit phyllitisch gneissartiger Ausbildung hier noch d) diejenige der phyllitischen Knotengneisse, welche die Uebergänge zwischen verschiedenen massigen Gneissformen und den arkosenartigen Talkwacken u. s. w. vermitteln. 2. Die Reihe der massigen Gneisse der Gneissphyllit- Gruppe ist gleichfalls eine mannigfaltige. Wir schliessen derselben überdiess auch die in das höhere Niveau der phyllitischen Knotengneisse ge- hörenden massigen Gneissvorkommen an. Vom petrographischen Standpunkte aus sind sowohl in Ansehung der Structurverhältnisse, als bezüglich der mineralogischen Mischung die Abänderungen sehr zahlreich. Neben der Variation vom typisch gneissartig flaserigen in das granitisch parallel schuppige einerseits, und von der porphyrischen Textur zur augenförmig knotigen bis zur lamellar und stängelig knotigen oder der unregelmässig wacken- artigen Ausbildung andererseits, tritt hier auch bezüglich der Grössen- unterschiede der Gemengtheile eine auffallende Verschiedenheit ein. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt. 1877. 27. Band. 2. Heft. (4. Stache u. €. John.) 24 180 G. Stache und C. John. [38] Neben der üblichen Makrostruetur, d. i. einer Mischung von für das freie Auge noch leicht sichtbaren Gemengtheilen bis etwa zu 1OLinien Durchmesser, kommen im Gegensatz zur mikromeren Mischung Ge- menge vor, bei welchen ein, zwei oder selbst alle drei Hauptbestand- theile in mehr als zollgrossen Individuen oder Aggregaten erscheinen. Für diese Fälle wäre die Anwendung des Ausdrucks Gigantstructur geeignet. Dieselbe kommt sowohl in Verbindung mit den porphyri- schen, als mit den granitischen, knotigen und lamellaren Texturformen der Gneisse des Etsch- und Addagebietes vor. Es mag daher nicht auffallen, wenn der Kürze wegen der Ausdruck Gigantgneiss ein- geführt wird. Die folgende kurze Uebersicht der massigen Gneisse des Gebietes gibt schon eine Andeutung von der Grösse und Mannigfaltigkeit des Materials, welches bei der Inangriffnahme der die alpinen Gneisse um- fassenden chemischen und mikroskopischen Untersuchungen zu bewäl- tigen sein wird. Auf Vollständigkeit kann dabei noch nicht Anspruch gemacht werden. Es sollen nur einige der bemerkenswertheren Aus- bildungsformen des Gmeisses hervorgehoben werden. Die Variation der petrographischen Ausbildung ist ebenso "gross im Wechsel der typischen und stellvertretenden Bestandtheile, als in den Texturverhältnissen. In ersterer Beziehung macht der Wechsel des Glimmer-Bestand- theils und seine theilweise Stellvertretung durch Talk, Chlorit und Hornblende und die Ausbildung des Feldspath-Bestandtheils das Meiste aus. In zweiter Richtung bedingt, wie bereits bemerkt wurde, die Grösse der Bestandtheile, ihr gegenseitiges Quantitätsverhältniss, sowie die Form ihrer Ausbildung und die Art ihrer Gruppirung und Verthei- lung einen ganz ungewöhnlichen Reichthum von verschiedenen Ab- änderungen. Obgleich eine Ordnung des Materials nach den specielleren Alters- verhältnissen, wie schon angedeutet wurde, angestrebt wird, muss diese Aufgabe doch noch bei Seite gelassen werden und für den die Gneisse handelnden Specialbeitrag reservirt bleiben. Es wird sich dort gleichfalls als zweckmässig herausstellen, die petrographische Gruppirung des Materials nach dem Glimmerbestand- theil und dessen Vertretung in erster Linie, und innerhalb der so gewonnenen Hauptgruppen erst eine Anordnung nach den anderen Verhältnissen vorzunehmen. Demnach ergeben sich folgende Hauptgruppen: a) Gneisse mit vorherrschend weissem Glimmer (Muscovit-Gneisse, - z hl). b) Gneisse mit vorherrschend dunklem Glimmer (Biotit-Gneisse). c) Gneisse mit Vertretung des Biotits durch Hornblende (Amphi- bol-Gneisse). d) Gneisse mit Vertretung des Glimmerbestandtheils durch Talk- glimmer oder Talk (Talk- und Sericit-Gneisse). [39] Geologische und petrographische Beiträge etc. 181 a) Gneisse mit vorherrschend weissem Glimmer (Muscovit- Gneisse). Innerhalb dieser Abtheilung sind diejenigen Gesteine, welche sich in engerer Verbindung mit den petrographiseh aus denselben Ele- menten gebildeten Graniten oder dem Pegmatit im engeren und wei- teren Sinne befinden, durch ihre grössere Verbreitung von Wichtigkeit. ‘Man könnte dieselben als Pegmatitgneisse bezeichnen. Ausserdem spielen selbstständige, aber petrographisch ziemlich ähnlich ausgebildete Gneissmassen eine bedeutende Rolle innerhalb der ganzen Gneissphyllit- Gruppe des Gebietes. Es muss Aufgabe der weiteren Studien sein, zu entscheiden, inwieweit diese Lagermassen denselben Horizont reprä- sentiren, und inwieweit feinere Unterschiede in der chemischen und mineralogischen Zusammensetzung bei denselben zu constatiren sind. Auffallend ist, dass diese Gesteine in dem ganzen Gebiete über die Gneisse mit dunklem Biotit, wie sie in den Ziller-, Stubaier- und den östl. Oetzthaler Gebirgsgebieten theils in granitischer, theils in typisch grossflaseriger Ausbildungsform vorkommen, bedeutend überwiegen. Aus der ersten Gruppe sind zu nennen: 1. die schuppig- flaserigen, feinkörnigen Gesteine von weisser bis gelblichgrauer Farbe, welche, mit den Pegmatiten des Martellthales vereint, die gewaltige Lagermasse des Martellthales bilden. 2. Die granitisch körnigen Ge- steine des Zwölferstockes und des Fallung- und Griankopfes, die theils durch vorherrschend röthlichen Feldspath charakterisirt sind (Vernung- spitz), theils durch weissen Feldspath (Kaschon). Aus der zweiten Gruppe sind die durch das Schlanderer- und Schnalserthal und die durch das Opiathal in’s hintere Matschergebiet streichenden Züge her- vorzuheben, sowie die schönen Gneisse der unteren Stufe im hinteren Tschengelsthal unter der mächtigen Tschengelser-Wand. Die Gesteine sind hellfarbig weiss in’s gelbliche oder röthliche durch das starke Her- vortreten des felsitischen Quarz-Feldspath-Gemenstheiles, aus dem ein- zelne besser individualisirte Individuen hervortreten. Die feinen, breiten Flasern oder häutigen Ueberzüge, welche das Gestein durchziehen, be- stehen meist aus einem Gemisch von hellfarbigem und dunklem Glimmer, und sind je nach den Feldspath-Ausscheidungen mehr oder minder unregelmässig wellig gewunden. b) Gneisse mit dunklem Biotit (Biotit-Gneisse). Abgesehen von den aus den letztgenannten Gneissen sich durch Ueberhandnehmen des Biotits entwickelnden Abänderungen sind innerhalb dieser Gruppe vorzugsweise zwei ganz extreme Ausbildungsformen hervorzuheben: 1. Gneisse von auffallend mikromerer Mischung, und 2. Gneisse mit Gigantstructur oder Gigantgneisse. 1. Zu der ersten Abtheilung gehören die feinkörnigen, fein parallel schuppigen, quarzreichen Biotitgneisse des Zwölferstockes, welche zum Theil in Greisen übergehen. Daran schliessen sich auch die Gneisse mit linearer Parallelstructur desselben Gebietes, die zum Theil als Ge- steine ausgebildet sind, welche man als Bändergneisse bezeichnen könnte. Lagen, in denen der dunkle Glimmerbestandtheil herrscht, wechseln mit hellen Lagen eines glimmerarmen, granulitischen oder felsitischen Gemenges. An diese Gruppe schliessen sich die feinschuppigen Biotitgneisse an, welche im Val di Rezzo vorkommen. 24* 182 G. Stache und C. John. [40] 2. Die auffallendsten und schönsten Gesteine der ganzen Gruppe sind die durch einen auffallend blauen Feldspath ausgezeichneten Gigantgneisse; die bisher bekannt gewordene Hauptverbreitungs- gebiete sind: das hintere Schlinigthal und das hintere Avignathal (Mai- pitschgruppe), sowie das Gebirge östlich von S. Valentin auf der Haide. Die porphyrische und die knotig oder knollenartig porphyrische Aus- ° bildung ist dabei überwiegend, wiewohl Uebergänge in die knotig- lamellare und grossflaserige, und andererseits in eine halbgranitische Form des Gefüges vorkommen. Diese letzte Abänderung erscheint im hinteren Schlinig- und. Avignathal, und wurde, wie es scheint, von Theobald als Granit der Maipitsch-Gruppe ausgeschieden. Es ist ein gigantkörniges Gemenge_ von mehr als zollgrossen bläulichgrauen Feldspathkrystallen, fast gleich- grossen Quarzknollen und grossen, meist rundlichen, nesterartigen Flaserflecken von überwiegend dunklem Biotit. Diese Bestandtheile sind durch eine Art Zwischenmittel, welches sehr zurücktritt, verbunden. Aehnlich sind die porphyrischen Hauptabänderungen zusammengesetzt. Es bilden dabei nur Glimmerbestandtheil und Quarz in Verbindung mit kleineren Feldspaththeilen ein gewunden, mehr oder minder knotig lamellares oder grobflaseriges Hauptgemenge, aus dem die grossen blauen oder blau und weiss gestreiften Feldspathe allein oder ausser diesen auch Quarzknoten porphyrisch sich herausheben. Neben dem zum Theil in Zwillingen nach dem Karlsbader-Gesetz ausgebildeten blauen Orthoklas scheint auch noch heller Plagioklas in diesen Ge- steinen aufzutreten. 3. Zunächst an den eben erwähnten porphyrischen Gigantgneiss von S. Valentin schliessen sich grob- und mittelkörnige blaue Gneisse gleichfalls mit Neigung zur porphyrischen Ausbildung. Dieselben haben die grösste Verbreitung im Gebiete östlich von S. Valentin, und er- scheinen auch im Addagebiet bei Clevo im Val di Rezzo. Ganz abweichend von dieser Ausbildung und wieder näher an- schliessend an die biotitreicheren, gewunden feinflaserigen Gneisse des Tschengelsthales sind einerseits gewisse Augengneisse des Laaserthales, andererseits Streifengneisse, wie sie beispielsweise im hinteren Val Forno im Addagebiet auftreten. Die ersteren zeigen in einer von welligen dunklen Glimmerflasern durchzogenen, kleinknotig lamellaren Haupt- masse grössere krystallinische, kurze, weisse Feldspathaugen. Bei letzteren wird in einem weissen bis gelblichen, feinkörnigen bis felsitischen Gemenge durch zarte, in Längsstreifen von der hellen Grundmasse unterbrochene Parallelhäute von vorherrschend dunklen Glimmerschüppchen eine gestreifte oder breitstriemige Ausbildung her- vorgebracht. c) Amphibolgneisse kommen vorzugsweise in nächster Ver- bindung mit Hornblendeschiefer-Zügen als besondere Ausbildungsform einzelner Lagen derselben, und mehr selbstständig in Verbindung mit granitisch ausgebildetem Hornblendegestein, wie z. B. mit den dem Tonalit sich anschliessenden Plagioklas-Hornblendegesteinen des Klo- paierspitz vor. Besonders in diesem Gebiete ist die Mannigfaltigkeit der Ausbildung von gneissartigen Hornblendegesteinen in den Ab- stufungen vom granitischen zum phyllitischen Typus, in dem Wechsel [41] Geologische und petrographische Beiträge ete. 183 des Vorherrschens des durch Hornblende, Chlorit und dunklen Biotit gebildeten Gemengtheils gegen das hellere, feinkörnige Granit- oder dichtere Felsit-Gemenge sehr auffallend und lehrreich. In direeter Verbindung mit Hornblendeschiefer-Zügen erscheinen gneissartig ausgebildete Gesteine im Val d’Assa, zwischen Schleins und Burgeis, im Schnalser-Thal (Unsere Frau) etc. d) Gneisse mit grünlichem und weissem Talkglimmer (Serieit- und Talkgneiss, Arollagneiss). In ausserordentlicher Verbrei- tung treten in dem ganzen Gebiete in den oberen Horizonten der ganzen Gneissphyllit-Gruppe, oder in directer Verbindung mit den höheren Quarzphylliten, Thonschiefern und Grünschiefern der paläolithischen Reihe (Grünwacken-Facies) Gneisse auf, welche durch lichte Fär- bung, Vorherrschen der knotigen, gewundenen und der linear gestreckten Lamellarstructur, und die Vertheilung des zartschuppigen Glimmer- bestandtheils in feinen, fettglänzenden, weisslichen oder lichtgrünen Häuten oder Ueberzügen ausgezeichnet sind. Diese Gesteine stimmen in vollständigster Weise mit der von Studer (Index p. 19) gegebenen Beschreibung des Arolla-Gneisses sowohl in Beziehung auf die petrographische Ausbildung, als die geo- logische Position überein. Die enge Verbindung mit den grünen Schie- fern der penninischen Alpen von oberhalb Aosta nach NO bis an’s Weisshorn, welche Studer betont, und die Stellvertretung durch Massen- entwicklung der grünen Schiefer in dem rechtsseitigen Gebirge von Aosta und in Mittelbünden, auf welche dabei hingewiesen wird, bestätigt die aus unserem Gebiete gewonnene Ansicht, dass diese Gneisse geo- logisch als eine besondere stellvertretende Faciesentwicklung, mindestens eines Theiles der alpinen paläolithischen Schichtenreihe anzusehen sind. In den Gebirgsabschnitten des Etschgebietes und des Addagebietes ist die Zahl der kleinen Abänderungen dieser Gesteinsgruppe sehr be- deutend. Hier mag nur hervorgehoben werden, dass neben Augen- und Knotengneissen von besonders charakteristischer Ausbildung, wie sie z. B. im Sulden- (Razoibachgebiet) auftreten, auch Gneisse mit fast vollkommen ausgebildeter linearer Parallelstructur vorkommen. Unter letzteren ist in geologischer Beziehung besonders das Ge- stein vom Weissen Eck bei Eyers (NO) von grossem Interesse. Dieses Gestein zeigt einen Wechsel von graulichen Quarzlamellen und weissen, feldspathreicheren Parallel-Lagen. Die Grenzflächen sind mit feinen, talkigen, grünlichgrauen Häutchen überzogen, auf denen überdiess einzelne silberglänzende grössere Glimmerblättchen zerstreut sind. Das geologisch Bemerkenswerthe bei diesem Gestein ist, dass es in einzelnen, wenig mächtigen Lagen mit krystallinischen Kalken wech- selt, welche ihrerseits dunkle Zwischenlagerungen von Kalkthonschiefer und Kalkglimmerschiefer zeigen. Dadurch wird man zugleich auf die Beziehung der durch Krystal- linische Kalke ausgezeichneten Ablagerungen des Gebietes zu der phylli- tischen Reihe der Thonglimmerschiefer und Grünschiefer aufmerksam gemacht, und es wird die Frage aufgeworfen, inwieweit und in wie grosser Ausdehnung der Arolla-Gneiss und die Wacken-Gneisse überhaupt, die Gruppe der Quarzphyllite und grünen Grauwackenschichten, und die 184 G. Stache und C. John. [42] Gruppe der Kalkglimmerschiefer und Krystallinischen Kalke als geolo- gische Aequivalente oder als Faciesentwicklungen derselben Formations- gruppe anzusehen sind. Man sieht hier bei aller Schwierigkeit, in dieser Richtung Etwas festzustellen und zu verfolgen, doch die Mög- lichkeit, stratigraphisch wichtige Resultate mit Beihilfe petrographischer Beobachtungen zu erzielen. Als eine dritte Ausbildungsform dieser Gneissgruppe des Gebietes ist ein Gestein zu erwähnen, welches im hinteren Tschengelsthal auftritt. Dasselbe zeigt zum Theil sehr ausgezeichnete Lamellarstructur mit Neigung zu linsenförmiger Anschwellung der einzelnen weissen, fein- körnigen, quarzreichen Lagen, aus denen grössere Feldspathflächen oder vollkommener ausgebildete Krystalle verhältnissmässig selten her- vortreten. Die talkig glänzenden Glimmerhäute sind deutlich grün- gefärbt und streifenweise, nesterweise und auch unregelmässig in ver- einzelten Schuppen durch grössere bräunliche, gelbliche und weisse Glimmerblättchen verstärkt. Diese Gesteine gehören einem tieferen Niveau an, als z. B. die weissen Wackengneisse der Gehänge zwischen Neuspondinig und Eyers. Man sieht also, dass nur eine sehr in’s Detail gehende petrogra- phische Unterscheidung in Verbindung mit der genauen Beobachtung der stratigraphischen Position und der tektonischen Verhältnisse zu sicheren Resultaten bei dem Versuch einer Gliederung der alten inner- alpinen Complexe von Schicht- und Massengesteinen führen kann. Der Ausdruck Wacken-Gneiss soll vorderhand nicht specieller petrographisch und geologisch umgrenzt werden. Er soll als vorläu- figer Bequemlichkeitsname für Gneisse gelten, für deren jüngeres Alter. gegenüber der Hauptmasse der ganzen Gneissphyllit-Formation und für deren Zugehörigkeit zu den ältesten (cambrisch-silurischen) Grau- wackenbildungen die grösste Wahrscheinlichkeit spricht. Es mag dabei zugleich (vgl. die Alpinite Simler’s') das stellenweise klastische Aus- sehen mancher der hierher gehörigen Gesteine selbst oder einzelner ihrer Bestandtheile angemerkt werden. Die Ansicht, die man über die Bildungsweise dieser und ähnlicher Gesteine gewinnt, neigt durchaus nicht zum Metamorphismus. Der Vergleich mit den submarinen Tuff- und Conglomeratbildungen jüngerer Eruptivmassen, wie z. B. der Süd- tiroler Porphyre, gewinnt an Anhaltspunkten, je mehr man die Sache in der Natur verfolgt. Die grosse Anzahl von Gneissen und gneissartigen Gesteinen, welche in den benachbarten Schweizer und Lombardischen Alpen vor- kommen und zum Theil mit verschiedenen Localnamen bezeichnet wurden, zeigt, wie nothwendig und in der Natur gelegen die Special- und Localbezeichnung ist, um die Constatirung und das Festhalten einer Beobachtung zu erleichtern. Ohne frühere Specialisirung lässt sich weder eine Uebersicht gewinnen für die systematische Gruppirung vom petrographischen Standpunkte aus, noch eine Basis für die ver- gleichende Stratigraphie. Es wird daher für die zukünftige Durcharbeitung der Gneisse 1) Simler, Petrogenese 1862, Peträa 1866. [43] Geologische und petrographische Beiträge etc. 185 unserer österreichischen Alpen nothwendig sein, in erster Linie den Vergleich mit den schon bei Studer aufgeführten localen Ausbildungs- formen nicht nur bezüglich der petrographischen Eigenschaften, son- dern so weit als möglich auch noch bezüglich der geologischen Position durchzuführen. Antigorio-Gneiss, Crodo-Gneiss, Rofla-Gneiss, Strona-Gneiss, Tes- siner-Gneiss und andere Localformen des Gneisses werden sich theils als wenig verschiedene petrographische Abänderung desselben Hori- zontes, theils als geologisch bedeutsamere Gesteinsgruppen, wie der Arolla-Gneiss, darstellen. Innerhalb des hier umschriebenen Gebietes, und zumal in dem zu Tirol gehörenden Theil, wurde eine Verschiedenheit innerhalb der Gneisscomplexe bisher nirgends zum Ausdrucke gebracht. In der alten geognostischen Karte von Tirol ist Glimmerschiefer die vorherrschende Gebirgsart. Gneisspartieen erscheinen in der Form unregelmässig ausgedehnter Flecken angegeben bei Reschen, bei Laatsch, im hinteren Matscherthal und im Walchenthal (Schlanderaun -Thalgebiet). J. Trinker gibt in seinen „Petrographischen Erläuterungen“ auch das Vorkommen von Gneiss im Rojenthalgebiet, zwischen dem Prader- thal und Martellthal, und bei Kastelbell im Vintschgau an. M. Stotter (Ueber die Kette des Danzebell und Langtaufers. I. Die Oetzthaler-Masse. Zeitschr. d. Ferdinandeums. Innsbruck 1859. 3. Folge, 8. Heft, Nachlass) bemerkte, dass ostwärts vom Striegelbach bis an die Gletscher im Langtauferer-Gebiet nur mehr gneissartiger Glimmerschiefer auftrete. Er erwähnt überdiess von der Bergreihe am rechten Ufer des Carlinbaches Hornblendeschiefer und das Vorkommen eines granitischen Gneisses, der vom Klopaierspitz abstammt. Von Hornblendeschiefern sind bei Trinker erwähnt und auf der Tiroler-Karte eingetragen, grössere Partieen zwischen Mals und S. Valentin und zwischen Langtaufererthal und Kaunserthal (glimmer- reicher Hornblendeschiefer mit Kyanit). A. Pichler unterscheidet in seiner Skizze: Die Oetzthaler-Masse (Beitr. z. Geogn. Tirols. Zeitschr. d. Ferdinandeums, 4. Folge, 1864) ebenfalls Gneiss im Allgemeinen, Hornblendeschiefer und Glimmer- schiefer. Richtiger, als auf der Tiroler-Karte, erscheint auf G. Theo- bald’s „Geologischer Karte von Ost-Graubünden mit den umgebenden Gebirgen“, welche dessen geognostischer Skizze „Unter-Engadin“ bei- gegeben ist, sowie auch auf den später erschienenen amendirten Blät- tern der Schweizer-Karte (Blatt X und XV), welche zum Theil in österreichisches Gebiet hinüberragen, die Farbe des Gneisses als die herrschende in dem ganzen krystallinischen Gebiete. Glimmerschiefer ist nur in untergeordneten Partieen ausgeschieden. Weniger stimmt die etwas zu übersichtliche, das Verhältniss der Zwischenlagerung nicht berücksichtigende Ausscheidung der Hornblendeschiefer. Die bei Theobald als Granit ausgeschiedene Maipitsch-See- svenna-Masse ist wenigstens in ihrer Fortsetzung über das Scharl- Jöchel und in’s Avignathal Gneiss, und zwar vorwiegend die oben als Gigant-Gneiss bezeichnete Abänderung. Schliesslich mag noch hinzugefügt werden, dass Dr. C.W.C. Fuchs 186 G. Stache und C. John. [44] in seiner Schrift: „Die Umgebung von Meran. Ein Beitrag zur Geo- logie ler deutschen Alpen“ (Gein. und Leonh. Jahrb. 1875) die Be- zeichnung Gneissphyllit für den überwiegenden Theil der krystallini- schen Schichten jenes Gebietes acceptirt, und dass die dieser Gruppe daselbst zugerechneten Gesteine, wie natürlich, viele Vergleichungs- punkte mit der Entwicklung in unserem Ober-Etsch-Gebiet zeigen. 6. Die den Phyllit-Complexen untergeordneten Eruptiv- und Massengesteine. Die Uebersicht über die Felsarten, welche in dem untersuchten Gebiete in der Form von Decken, Lagermassen, Lagergängen, Stöcken und gangförmigen Massen oder auch als vereinzelte Absonderungen auftreten, kann bis zu einem gewissen Grade zugleich als Plan für die zunächst folgende Reihe der hier begonnenen Beiträge dienen. Es werden desshalb diejenigen Gesteinsgruppen, deren specielle chemische und mikroskopische Untersuchung bereits vorliegt, an das Ende dieser Uebersicht gestellt erscheinen. Dagegen mag die Gruppe, deren Untersuchung erst nach Abschluss der zuerst in Aussicht ge- nommenen 3 Beiträge begonnen werden kann, hier vorangestellt worden. Il. Granit-Gesteine. Der Umfang dieser Gruppe ist so gross, dass erst nach Durch- forschung eines noch grösseren Gebietes es möglich sein wird, zu über- sehen, ob dieselbe sich in einem einzigen Beitrage zusammenfassen lässt. Derjenige Theil der granitisch ausgebildeten Gesteine, welcher nur als besondere Ausbildungsform der Massengneisse erscheint, soll hier nicht noch einmal zur Sprache kommen; aber es gibt Granit- Gesteine von mehr selbstständigem Auftreten und origineller Ausbil- dung in dem Gebiete, und unter diesen auch solche, deren Abson- derung von dem Haupttypus durch speciellere Bezeichnung gerechtfer- tigt erscheint. Man kann im Ganzen drei Unter-Gruppen unterscheiden nach der Beschaffenheit des neben dem Quarz- und Feldspath-Gemeng- theil erscheinenden dritten Hauptgemengtheiles. Es tritt weisser, gelb- lieher oder grünlicher Muscovit, dunkler Biotit oder auch Eisenglimmer, und drittens Hornblende, zum Theil in Verbindung mit Diallag auf. Die dritte dieser Abtheilungen umfasst vorwiegend Plagioklas- "Gesteine, die im Verein mit den typischen Tonaliten als besonderer Abschnitt behandelt werden soll. a) Muscovitgranite oder Pegmatite im weiteren Sinne. Der für Schriftgranite oder auch für Ganggranite mit Gigant- structur gebräuchliche Name Pegmatit ist für die Alpen in zweck- mässiger Weise als Gruppenbezeichnung für eine Reihe von durch weissen Glimmer ausgezeichnete Granitgemenge zu wählen, welche stellenweise häufig in schriftgranitartige Gemenge und in Granite mit Gigantstructur übergehen. Es enthält die Gruppe jedoch auch mikro- mere und makromere Gemenge von derselben Mischung, und diese [45] Geologische und petrographische Beiträge ete. 187 zeigen nicht selten durch Zurücktreten des Glimmers Neigung zur gra- nulitischen Ausbildung, abgesehen von der ganzen, gneissartig ausge- bildeten Abtheilung gleicher Zusammensetzung. Nach der Verschiedenheit des Feldspathes, der blau, roth und weiss auftritt, und des Hinzutretens von dunklem Glimmer zum weissen, grünlich- oder gelblichweissen Muscovit, werden Abänderungen auch durch das Hinzutreten von grünem Chlorit ‚und Talkglimmer, von schwarzem Turmalin und von rothen Granaten hervorgebracht. Die Hauptverbreitungsgebiete dieser Gesteine sind: Das Martell- thal, dessen Hauptgestein von Suess als Martellgranit bezeichnet wurde, der Gebirgsstock des Remspitz und Litznerspitz nördlich von Eyers, das Gebiet ostwärts vom Endkopf im Langtaufererthal und der Kaarles- und Grian-Rücken im Rojenthalgebiet im Etschabschnitt, endlich das Ge- biet von Val Rattona bei Boladore im Adda-Abschnitt. Durch schwarzen Turmalin ausgezeichnete Gesteine (Schörlpeg- matite) treten untergeordnet, zum Theil an der Grenze von Gangbil- dungen (Val Rattona), vorzugsweise im unteren Martellgebiet, im Litznerstock und in dem Gebiete von Boladore im Veltlin auf. Unter den Pegmatitgesteinen mit Gigantstructur sind solche mit vorherrschend blauem und weissem Feldspath, wie der Martellgranit, fast immer auch durch grossblättrigen, ausgezeichneten Muscovit, zu dem hin und wieder untergeordnet auch dunkler Biotit hinzutritt, ausgezeichnet, wogegen der durch fleischrothen Orthoklas charakteri- sirte Pegmatit vorwiegend grünfarbigen, unvollkommen schuppig, häutig oder in Nestern mit einer Art Grundmasse gemischten Chlorit oder Talkglimmer enthält. Zwischen beiden Gruppen ist auch ein wesentlicher Altersunter- schied zu constatiren, über dessen Constanz allerdings die bisher vor- liegenden Beobachtungen noch nicht entscheiden können. Die Gesteine vom Typus des Martell-Granits kommen in Lagermassen und Gängen in der typischen Gneissphyllit-Gruppe vor; die andere Ausbildungsform gehört den obersten, die Quarzphyllit-Gruppe ersetzenden Gneisshori- zonten an, auf welchen stellenweise unmittelbar die grünen Schiefer und Talkwacken der Grauwacken-Formation liegen. Ueberdiess wird sich vielleicht auch noch ein Unterschied fest- stellen lassen zwischen denjenigen Pegmatitlagern, welche mit den oberen Hornblendeschiefer-Horizonten verknüpft erscheinen, und den- jenigen, welche, wie das Martellgestein, mit euritischen und hälleflint- artigen Gesteinen und Glimmerschiefern in Wechsellagerung auftreten. Eine specielle petrographische Charakteristik der einzelnen Ab- änderungen der ganzen Gruppe, sowie die Besprechung ihrer etwaigen Beziehungen zu den im ganzen Weisskugel-Abschnitt stark vertretenen Muscovitgneissen wird neben dem Versuch, die bereits angedeutete geologische Horizontirung genauer festzustellen, eine Hauptaufgabe der die Granite behandelnden Beiträge werden. b) Granite mit dunklem Biotit. 1. Grosskörniger Biotit-Granit von Val Rezzo und Boladore. Ungleichförmig grobkörniges, licht bläulichgraues Gestein Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1877. 27.Band .2. Heft. (G. Stache u. C. John.) 25 188 Dr. G. Stache und C. John. [46] mit Neigung zur granito-porphyrischen Structur. Bläulichgrauer und weisser, meist derber oder unvollkommen auskrystallisirter Feldspath (zum Theil grosse Plagioklase mit ausgezeichnet schöner gestrickter Structur) überwiegen meist über den unregelmässig körnig ausgebil- deten weissen oder graulichen Quarz. Dunkler, meist brauner Biotit ist in kleinen Schüppchen und Schuppen-Aggregaten dazwischen ver- theilt, und zwar bei der Mehrzahl der Stücke ziemlich sparsam. Daneben erscheint sparsam auch weisser Glimmer. Das Gestein variirt in dem Verhältnisse der Vertretung des blauen und weissen Feldspath- Gemengtheils. Bei Clevo im Rezzothal kommen Stücke mit Ueber- wiegen des weissen Feldspathes häufiger vor. Auch das Mischungs- Verhältniss des Biotits, sowie des Quarzes, bedingt leichte Abän- derungen. Eine grosse, mächtige Lagermasse den Gesteins streicht im hin- teren Rezzothal über Clevo unmittelbar unter dem Kamme des hohen, gegen den Mte. Savoretto ziehenden Steilrückens durch. Diese Gesteine schliessen sich den Gneissen von Clevo mit blauem Feldspath-Gemengtheil an, und stehen mit demselben geologisch und genetisch wahrscheinlich in engerer Verbindung. 2. Feinkörniger Biotit-Granit von Val di Rezzo. In der Gegend von Ülevo und Portola tritt ein feinkörniger bis mittel- körniger, ziemlich glimmerreicher Granit auf, welcher durch Zurück- treten des Quarzes und Aufnahme von Hornblende etwas variirt, und da es nach der Streifung einzelner Krystallflächen scheint, dass auch ein Plagioklas an seiner Zusammensetzung Antheil hat, so ist es nicht unwahrscheinlich, dass derselbe mit den Tonalit-artigen Gemengen des Gebietes in Beziehung steht. 3. Gelber, grobkörniger Granit aus Val di Rezzo. Bei S. Bernardo im Val di Rezzo tritt ein eigenthümliches Gestein auf, welches durch die gelbe Färbung seines Grundgemenges und die aus demselben hervorstechenden Pützen von dunklem Biotit auffällt. Im gelben Grundgemenge überwiegt der gelbe nur stellenweise deutlich krystallinische Feldspath (Orthoklas) über einen hellen, weisslichen Feld- spath-Gemengtheil und ein wenig selbst über den Quarz. Die Structur des Gesteins ist als unregelmässig und verschwommen grobkörnig zu bezeichnen. Ein nahe stehendes Gestein kommt im Gebiet des Zielbaches bei Partschins, nordwestlich von Meran vor. 4. Der Granit von Fumarogo im oberen Addagebiet ist fein und mittelgrobkörnig und durch schwarzen Glimmer gekennzeichnet. Er erinnert sehr an den Granit von Brixen. Dieser Granit scheint im Westen ober dem genannten Ort eine grössere Gebirgsmasse zusammen- zusetzen, und es scheinen auch die Granite, die gegenüber von diesem Orte in der Umgebung von Ceppina in der Nachbarschaft der Tonalit- gesteine auftreten, dazu zu gehören. Als specieller Anhang zu der Gruppe der eigentlichen Granite, über deren zweckmässigste Anordnung hier noch nicht discutirt werden kann, muss eine Reihe von Gesteinen abgehandelt werden, welche, ie genommen, nicht mit den echten Graniten vereinigt bleiben sollte. [47] Geologische und petrographische Beiträge etc. 189 c) Haplophyre. Unter diesem Namen sind Gesteine zusammenzufassen, welche bezüglich der Gemengtheile zwar zur Granitfamilie gehören, bezüglich der structurellen Verhältnisse aber eine Mittelstellung zwischen graniti- scher und porphyrischer Ausbildung zeigen. Das Wesentliche dabei ist, dass ein oder mehrere der Hauptbestandtheile eine Art Grund- masse bilden, dass diese Grundmasse aber nicht überwiegt, sondern mit dem anderen mehr individuell auskrystallisirten Gemengtheile ein mehr grosskörnig granitisches, als porphyrisch ausgebildetes Gestein bildet. Aus dem hier in Rede stehenden Gebiete sind vorzugsweise zwei Gesteine hieher zu rechnen, nämlich: 1. Der blaue Trafoier Granit aus dem oberen Gneissphyllit des Praderthales. Das Gestein ist stellenweise kalkhaltig und zeigt oberflächlich ein durchaus granitisches Aussehen. Es besteht aus einem mittel- bis grobkörnigen Gemenge von .auffallend wässerig-blauem bis milchblauem Quarz, mattweissem bis grünlichgrauem, meist dichten, selten Krystallflächen zeigenden Plagioklas und einem Mischbestand- theil, welchem ziemlich reichlich kleinere und grössere dunkelbraune Biotit-Blättchen beigemengt sind. Ueberdiess scheinen in diesem Grund- masse-artigen dritten Bestandtheil Pistazit und Chlorit neben dem Biotit vorzukommen. 2. Der grüne Granit aus dem Rojenthal wurde im Gebiete selbst nicht anstehend gefunden, jedoch gehört er ziemlich wahrschein- lich zu der Gesteinsreihe, welche in charakteristischer Ausbildung im benachbarten Engadin zwischen Martinsbruck und Remüs auftritt. Wir schliessen eine kurze Charakteristik dieser Gesteine hier als Nr.3 an. Das grüne Gestein aus dem Rojenthal ist ein grobkörniges Ge- menge von lebhaft grünem, derbem Feldspath, welcher etwas überwiegt und gemeinsam mit dem Glimmer-Bestandtheile gleichsam als Grund- masse ausgebildet ist, und von grossen Quarzkörnern. Das Feldspath- Gemenge scheint vorzugsweise Plagioklas zu sein und zeigt nur selten kleine spiegelnde Krystallflächen. Der Glimmerbestandtheil erscheint meist stark zersetzt. Man bemerkt vorzugsweise nur talkige, grünlich bis bräun- ‘ lich gefärbte, helle, dünne, mit weissen, mattglänzenden Schüppchen über- häutete Glimmerblättchen und Flasern. Dieselben sind zum Theil un- vollkommen parallel flaserig angeordnet. 3. Der rothe und grüne Remüser Granit, welcher in engster Verbindung mit grünen Phylliten und arkosenartigen bis conglo- meratischen Grünwacken erscheint, dürfte schon der Grauwacken-Gruppe angehören. Er entspricht den grün- und rothgefärbten Gneissen, welche . bei S. Valentin z. B. in enger Verbindung mit den Grünschiefern und grünen Talkwacken auftreten, welche als Repräsentanten einer Abthei- lung der paläolithischen Reihe aufgefasst wurden. Unter den granitisch-porphyrischen Remüser Gesteinen sind fol- gende Abänderungen zu unterscheiden: a) Grob- bis grosskörniges, granitisches Gemenge von fleisch- rothem Orthoklas, weissem Quarz, wenig Biotit und einem licht- bis 25* 190 Dr. G. Stache und C. John. [48] dunkelgrünen Mischbestandtheil, welcher hauptsächlich aus Feldspath mit grünen Chloritschüppchen besteht, in welchem kleine Plagioklase zu erkennen sind. Der Mischbestandtheil tritt gegen den röthlichen Or- thoklas entweder zurück oder bildet bis nahezu oder etwas mehr als ein Drittel des Gemenges. b) Grobkörniges, granitisches Gemenge des dichten, lebhaft grünen Feldspath-Gemengtheils mit graulichweissen, grossen Quarzkörnern und besser individualisirten Schuppen-Aggregaten von dunklem Biotit. Der rothe Orthoklas ist durch einen weisslichen zweiten Feldspath-Bestand- theil ersetzt, welcher jedoch selten schärfer von der grünen Masse ab- gesondert ist, und nur vereinzelt in einzelnen grösseren lichten Flecken neben dem Quarz erscheint. c) Verschwommen grossporphyrisches Gemenge mit Ueberwiegen der dunkelgraugrün gefärbten dichten Feldspathmasse. Glimmer und grüner Chlorit tritt in die Masse zurück, und grosse weisse bis schmutzig- gelbe, unvollkommen individualisirte und unregelmässig begrenzte Quarze, und seltener auch Feldspath treten aus derselben hervor. Mit dieser Gesteinsgruppe scheint auch ein dem Granittypus näher stehendes Gestein verknüpft zu sein, welches als lichtgrünes, ver- schwommen kleinkörniges Gemenge von derbem, grünlichen Feldspath, mit weissem Feldspath und Quarz bezeichnet werden kann; dasselbe schliesst sich durch vollständiges Fehlen des Glimmer-Bestandtheils den Granuliten an. Der weissliche Feldspath tritt theilweise in einzelnen glasig spiegelnden Flächen hervor, und zeigt stellenweise die Zwillings- streifung der Plagioklase sehr deutlich. Ein besonders charakteristi-. sches Gestein dieser Abänderung steht bei Fettau im Engadin an. An diese Gesteinsgruppe von granitartig ausgebildeten Porphyr- gesteinen schliesst sich das von Theobald als Tschiervagranit aufge- führte, von G. v. Rath aber als Tschiervaporphyr beschriebene Ge- stein aus der Berninagruppe (Piz Tschierva, Ponteresina, Morteratsch- gletscher). Wenig weit davon steht überdiess auch jedenfalls der bei Studer (l. c.) als Persporphyr aufgeführte Persgranit Theobald’s (Ponteresina, M. Pers, Westseite des Berninapasses). Jedenfalls kann man Gesteine von der oben beschriebenen Aus- bildungsform nicht leicht als Granitporphyre bezeichnen, denn für diese ist ein granitisches Grundgemenge bezeichnend, welches nur die Stelle einer Grundmasse gegenüber den ausgeschiedenen Feldspathkrystallen vertritt. Man kann sie aber auch nicht direct zu den echten Porphyr- gesteinen stellen, weil die Grundmasse nicht vollkommen genug ent- wickelt ist. Von Graniten finden wir auf der Tiroler-Karte nur den Granit von Trafoi und den Granit des Martellthales eingezeichnet. Die Karte von Theobald zeigt in dem unserem Gebiete zunächst gelegenen Grenzgebiete zu beiden Seiten der Maipitschspitze und bei Remüs im Unter-Engadin Granitmassen. Der Granit von Trafoi und derjenige von Remüs wurde hier bereits von den echten Graniten getrennt und im Anhang besonders behan- delt. Die Granite der Maipitschgruppe sind zum grossen Theile grani- tische Gneisse. En! [49] Geologische und petrographische Beiträge etc. 191 Bei Gelegenheit einer Tour über das Soyjoch und durch das Martellthal hat Suess (Jahrb. 1865, Heft 3, S. 207) die bemerkens- werthen Eigenschaften des „Martellgranits* hervorgehoben. Es wird erwähnt, dass derselbe durch Grosskörnigkeit, grosse weisse Glimmer- blätter und das Vorkommen von grossen Turmalin-Krystallen ausge- zeichnet sei, und dass er überdiess dicke Bänke von dichtem leber- braunem Quarz oder Hornstein enthalte. (Wohl meist Hälleflintartige oder felsitische Zwischenlagen.) ll. Dioritische U Dura oder Tonalite im weiteren inne. An die fein- und kleinkörnigen Biotitgranite schliessen sich petro- graphisch, local mehrfach durch directe Uebergänge verbunden, fein- und kleinkörnige granitische Gemenge an, mit denen einerseits die granitischen typischen Tonalitgesteine, andererseits eigenthümliche Am- phibolporphyre, sowie Diallag und Granat führende Gesteine verwandt sind, welche durch das Zurücktreten von Quarz und Ueberwiegen von Plagioklas sich dem Diorit näher anschliessen. Diese Gesteine wurden anderwärts zum Theil als Syenite aufgeführt. Es soll hier den erst dem dritten oder vierten der hier begonnenen Beiträge vorbehaltenen speciellen Untersuchungen über diese Gesteine allerdings nicht vorgegriffen werden. Die einzelnen bei der Aufnahme bekannt gewordenen Plagioklas- Hornblendegesteine mögen hier aber doch bereits zur Orientirung über das vorhandene Material in Kürze Erwähnung finden. 1. Fein- bis kleinkörnige Hornblendegranite von Val Rezzo (Addagebiet). Im Wesentlichen gleichförmig gemischte Ge- steine von weissem oder gelblichem Feldspath (darunter immer Plagio- klase), Quarz, schwarzem oder braunem Biotit und dunkler Hornblende, welche in gewissen Abänderungen ganz oder theilweise durch Chlo- ropit oder durch Putzen von Diallag ersetzt scheinen. Im hinteren Val di Rezzo bei Clevo kommt das Hauptgestein vor mit einer Reihe von Abänderungen, die sich je nach Zurücktreten von Quarz und des einen oder des anderen Feldspath-Bestandtheiles bald mehr dem Horn- blendegranit, bald mehr einem Glimmer-Diorit anschliessen. Darunter ist eine Abänderung zu bemerken, welche als Glimmerporphyr be- zeichnet werden könnte. Aus dem feinkörnigen Gemenge, in dem über- wiegend die Hornblende den Glimmer vertritt, heben sich dunkle Flecken porphyrartig heraus, welche aus einer Anhäufung von dunklen Biotitblättchen bestehen. 2. Im vorderen Val di Rezzo bei Portola erscheint ein Lager eines dem vorigen äusserlich sehr ähnlichen Gesteines im Gneiss- phyllit, welches jedoch petrographische Eigenthümlichkeiten besitzt, die eine besondere Aufmerksamkeit verdienen wegen der Beziehung zu einigen der dort verbreiteten Tonalite. In dem feinkörnigen Gemenge von Feldspath und Quarz mit schwachem fleckartigem Ueberwiegen des weissen Feldspath-Bestandtheiles stechen grössere lichtgrüne Putzen eines fein gestreiften Mineral-Aggregates neben den braunen, reichlich 192 Dr. G. Stache und C. John. ' | [50] vertheilten kleinen Biotitschüppchen hervor, welche aus chloritischer Hornblende und Diallag zu bestehen scheinen. Ueberdiess erscheint accessorisch nicht gerade selten Titanit in kleinen gelben Krystallen und Körnchen. Einzelne glänzende kleine Feldspathflächen zeigen Plagioklas- streifung. 3. Die dioritischen Granite von Val Forno und Val Zebrü. Innig und gleichförmig kleinkörniges Gemenge von schwarzen glänzenden oder dunkelgrünen, matteren Putzen und Säulenstümpfchen von Hornblende mit weissem, matten Feldspath (überwiegend Plagio- klas), Quarz, und sparsamen braunen Biotitblättchen. Vereinzelt- er- scheint auch Augit. Magnetit und Eisenkies ist nicht selten. Ortho- klas ist nachweisbar. Die Feldspathe, besonders die grösseren Pla- gioklase, zeigen ausgezeichnet zonare Structur. Stellenweise, aber selten, bemerkt man grössere krystallinische, dunkle Hornblende-Aggre- gate als besondere Ausscheidung. 4. Gewisse, porphyrisch ausgebildete Plagioklas- Hornblende-Gesteine des hinteren Sulden-Gebietes, vor- derhand nur in vereinzelten Blöcken nachgewiesen, schliessen sich hier zunächst an. Es wurden drei Abänderungen constatirt.. Alle sind ausgezeichnet durch Ueberwiegen häufig schön zonar ausgebildeter Plagioklase im Hauptgemenge, welches aus Feldspath und Chloritschüpp- chen mit mehr oder weniger Quarz, Hornblende und Biotit besteht, und durch die porphyrische Ausscheidung grösserer Hornblende-Kry- stalle.e. Zum Theil ist das. Hauptgemenge ganz gleichförmig licht, so dass das Gestein in der That den Namen Amphibolporphyr verdient. Diese Gesteine erscheinen mitten in dem Gebiete, in dem die andesitische Gesteinsreihe vertreten ist, und es scheint fast, als würde sich eine nähere Beziehung zwischen diesen der Tonalitreihe nahe stehenden Gliedern und den Grünstein-artigen Ortleriten, sowie den trachytischen Suldeniten noch constatiren lassen. 5. Die Tonalitgesteine des Klopaier-Spitz bei Graun zeigen eine überwiegende Neigung zur unvollkommenen Parallelstreckung und porphyrartigen Ausscheidung des Biotit- und Hornblende-Bestand- theils, selbst bei den granitisch grobkörnigen Massen, welche, abge- sehen von den früher besprochenenTonalitgneissen, im Klopaier-Gebiet vorherrschen. Unter den Abänderungen sind die zwei entfernter stehenden hervorzuheben, es sind diess: a) Quarzreiche, grobkörnige, Hornblende- und Biotit-reiche Gesteine. Die 4 Hauptgemengtheile, Quarz und Feldspath, Horn- blende und Biotit sind zu je zwei enger mit einander verwachsen. In dem lichten, weiss, graulich oder gelblichweiss, sehr häufig auch grünlich gefärbten Quarz-Feldspath-Gemengtheil ist der in groben eckigen oder lamellar gestreckten Körnern und Aggregaten erscheinende graulich- weisse Quarz überwiegend gegen den derben oder krystallinisch fein- körnig ausgebildeten Feldspath-Gemengtheil, aus dem bei manchen Stücken nicht selten kleine spiegelnde Flächen mit Plagioklas-Streifung herausglänzen. Grüne Hornblende, meist in unregelmässigen Aggre- gaten, selten in vollkommenen Säulchen, ist mit grossen tomback- braunen Glimmerblättchen oft sehr innig verwachsen, jedoch erscheinen [51] Geologische und petrographische Beiträge etc. 193 daneben auch schärfer individualisirte sechsseitige Täfelchen von 3 bis 5 Mm. Durchmesser und selten auch dicke, kurze Säulchen. Dieses Gestein stimmt in Structur und Zusammensetzung sehr nahe mit dem Tonalitgesteine überein, welches bei Auhof nächst - Bruneck im Pusterthal vorkommt. b) Die quarzarmen, zum Theil fast porphyrisch ansgebildeten Abänderungen zeigen ein bedeutendes Ueberwiegen des hellen Quarz- Feldspath-Gemengtheiles, so dass der dunkle Hornblende-Biotit-Bestand- theil oder stellenweise auch die grosstafeligen Glimmer-Aggregate allein porphyrisch aus dem lichten Grundgemenge hervortreten. Letz- teres ist meist feinkörnig oder kleinkörnig, der Quarz tritt stark zurück und es erscheinen deutlicher nur kleine spiegelnde Flächen mit Plagioklas-Streifung. 6. Die Tonalitgesteine des Addagebietes, welche vor- zugsweise in Val di Rezzo und in der Gegend von Morignone zu grös- serer Entwicklung gelangen, sind durch Ueberwiegen ausgezeichnet schön lamellar ausgebildeter Plagioklase über Biotit und Hornblende, und ihr granitisches Aussehen charakterisirt; sie schliessen sich zum grossen Theile wegen der geringen Quarz-Ausscheidung wieder näher an typische Diorite an, zum Theil bilden sie durch das Eintreten von Diallag und Granat besondere Gesteinstypen. Für das Granatgestein von Morignöne, welches mit dem Granatgestein von Mostallone, wie es Studer charakterisirt (rother, derb mit weissem Feldspath verwach- sener Granat und wenig Hornblende) nicht vereinigt werden kann, wurde (vgl. Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1876, Nr. 15) bereits der Name „Veltlinit“ vorgeschlagen. Es sollen übrigens diese Diallag führenden Gesteine sowohl, wie die verschiedenen Granatgesteine, welche sich theils in Verbindung mit dem Amphiboliten und Dioriten, theils mit den granitischen Diallag- gesteinen vorfinden, schon in dem die Diallag-Gesteine der Umgebung von Leprese behandelnden Beitrag zur Sprache kommen. Ill. Diorit und Amphibolfels. Ausser denjenigen körnigen Amphibol-Gemengen, welche in engster Verknüpfung mit den langgestreckten Amphibol-Schieferzügen des Gebietes auftreten, kommen stellenweise auch dioritische Gesteine vereinzelt in selbstständigen Lagermassen oder in localer Verbindung mit anderen Gesteinen vor. Im ganzen Etschgebiet ist das Gebundensein solcher Gesteine an die Hornblendeschiefer der Gneissphyllit-Gruppe die Regel. Dasselbe gilt für das ganze Zillerthaler- und Oetzthaler-Gebiet. Es wird sich Gelegenheit finden, auch die Gesteine dieser Gebiete in Vergleich zu bringen, und beispielsweise das Capitel über die eklogitartigen Ge- steine, welche an Hornblendeschiefer-Massen gebunden sind, durch Be- rücksichtigung der bekannten Vorkommen der Östalpen überhaupt zu ergänzen. Im Adda-Gebiet kommen Diorite und Granatgesteine vor, welche gleichfalls local an Hornblendeschiefer-Züge gebunden sind. Ausserdem 194 Dr. G. Stache und C, John. [52] aber treten in der Gegend von Leprese und Boladore dioritische, theils Bictitreiche, theils Biotitarme Gesteine auch in nächste locale Bezie- hung zu Graniten und zu den typischen Diallaggesteinen. Es werden sich daher wahrscheinlich auch mancherlei Uebergangsformen zwischen diesen verschiedenen Typen herausstellen. Das Capitel über diese Ge- steine ist daher am besten dem Hakyas, welcher die Tonalite um- fasst, anzuschliessen. Der von Trinker schon re gangartige Dioritporphyr vom Badhaus in der Töll, Pichler’s Töllit (vgl. Beitr. zur Geognosie Tirols. Neues Jahrb. Leonh. u. Geinitz 1375) gehört wohl zu den später zu behandelnden andesitischen Dioriten, deren Hauptverbreitungsbezirk das Cevedale-Gebiet ist. IV. Diallag-Gesteine und Granatite sind die charakteristischen Gesteinsbildungen, welche dem Gebiete von Leprese eigenthümlich sind, über das der dritte Beitrag han- deln soll. Unter den Diallag-Gesteinen werden, soweit die bisherige Kenntniss des Gebietes reicht, folgende zwei Gruppen zur näheren Untersuchung kommen: a) Diallag-Hornblendegesteine (Diallag-Tonalite), meist granitisch ausgebildet, welche sich dem Tonalit und Diorit anschliessen. b) Gabbro in verschiedenen Ausbildungsformen, sowohl was die Zusammensetzung, als die Gruppirung der Gemengtheile anbelangt. Es kommen beispielsweise Gesteine mit grossporphyrischer Ausscheidung des Diallag vor, welche als Diallag-Porphyre der Gabbrogruppe be- zeichnet werden können; andererseits kommen körnige und apha- nitische, sowie solche Gesteine vor, in denen der Labrador porphyrisch hervortritt. Es sind darunter vorzugsweise die von Rose, Zirkel!) und Hagge?) schon gekannten und untersuchten Gesteine mitinbe- griffen. Unter den Granatiten, d.i. unter den Gesteinen, in welchen sich Granat als wesentlicher Gemengtheil einstellt, werden, abgesehen von den den Eklogiten sich näher anschliessenden Gesteinen, aus dem Ge- biete von Leprese vorzugsweise 3 Ausbildungsformen zur Erörterung kommen, und zwar: a) Der Veltlinit, welcher sich aus dem dioritischen Diallag- Gestein dadurch herausbildet, dass kleine Granaten durch das ganze Gemenge reichlich und in gleichförmiger Beimengung vertheilt sind. b) Granatporphyr, Gesteine, in denen in einem kleinkrystal- linischen bis gröberkörnigen, weissen bis bläulichgrauen Hauptgemenge Granaten in ziemlicher Regelmässigkeit eingestreut liegen. c) Sondalit. Bläulich bis grünlichgraue fettige Masse von Cordierit und Quarz in verschwommen grobkörniger Verwachsung mit unvollkommen ') R. Hagge, Mikrosk. Unters. über Gabbro etc. 1871. ?®) F. Zirkel, Die mikroskopische Beschaffenheit der Mineralien und Gesteine 1873, p. 442. [53] Geologische und petrographische Beiträge etc. 195 auskrystallisirtem oder derbem, lichtrothem Granat, fein durchsprengt mit feinen schwarzen Turmalin-Körnchen, und mit seltenen, lebhaft glänzenden Nadeln von ? Disthen durchschossen. Die als Hypersthen-Gesteine mehrfach aufgeführten Vor- kommnisse des Gebietes sind in mannigfaltiger Ausbildung vertreten, und zwar überwiegend in granitisch-körniger bis porphyrischer Ausbil- dung. Sie gehören jedoch wahrscheinlich insgesammt theils zu den Dioriten, theils zu den Diallag-Gesteinen des Gebietes. Die als Hypersthengranit zuerst von Necker') und nach ihm von Theobald?) aufgeführten Gesteine von Leprese unterhalb Bormio wurden zuerst von G. Rose als zum Gabbro gehörende Diallag- Gesteine erkannt. Nach G. Rose?) sind in diesem Gesteine kleinere Hornblende-Ausscheidungen und grosse Krystalle vorhanden, welche Diallag mit einer Rinde von Hornblende sind. Letztere ist glänzend braun und hat Aehnlichkeit mit Hypersthen. Auch diejenigen Ge- steine, welche in den Gebirgen von Andorno und in den Thälern der Sesserra, Sesia und von Mostallone als Syenit bei Studer, v. Rath, Theobald und Gerlach aufgeführt werden, schliessen sich den Tona- liten und Dioriten näher an, als dem Syenite, und gehören zum Theil vielleicht ebenso zu einer neuen Gruppe von Gesteinen, wie diejenigen des Veltlin. k Studer erwähnt des Vorkommens von Granatfels zwischen Bola- dore und Leprese, und bemerkt, dass derselbe wesentlich zwischen dem dort auftretenden Hypersthen-Syenit und dem denselben umschlies- senden Gneiss vorkomme. In der zweiten Nummer dieser Beiträge soll speciell das Ceve- dale-Gebiet mit seinen mannigfaltigen Eruptivgesteinen, unter denen nach dem Typus der Andesite und Trachyte ausgebildete Plagioklas Hornblende-Gesteine überwiegen, näher behandelt werden. V. Paläo-Andesite oder Alpen-Andesite. Die Mannigfaltigkeit in der petrographischen Ausbildung dieser Gesteine ist ausserordentlich gross, und das Interesse, welches sie wegen der grösseren Aehnlichkeit beanspruchen, die sie unter homo- logen Gesteinsreihen mit derjenigen der tertiären Andesite, gegenüber- gehalten derjenigen der ihnen geologisch näher stehenden Melaphyre und Porphyrite der mittleren Perioden bekunden, wird noch erhöht durch ihren Reichthum an verschiedenen Einschlüssen und Ausschei- dungen. Ihr Studium scheint dadurch in vieler Beziehung geeignet zur Aufklärung mancher genetischen Verhältnisse und der geologischen Altersverhältnisse ihrer Hauptabänderungen unter sich und einer Reihe von Gesteinen, welche in Einschlüssen in ihnen sich eingebettet finden. Bisher wurden zwei Hauptglieder dieser Reihe unter den Namen Örtlerit und Suldenit herausgehoben. Beide sind wesentlich Horn- !) Necker, Bibl. univ. Oct. 1839. ?) Theobald, Bünden IH, 1866. °) G. Rose, Poggend. Ann. 34., Bd., p. 17. Jahrbuch der k.k, geol, Reichsanstalt. 1877. 27. Band. 2. Heft. (G. Stache u. C. John.) 26 196 G. Stache und C. John. [54] blende-Andesite und unterscheiden sich in der Hauptsache durch die petrographische und chemische Ausbildung des Gemenges, in dem die Hornblende-Krystalle ausgeschieden wurden. Es hat aber durchaus den Anschein, als ob die ganze Gesteinsreihe sich noch weiter werde gliedern lassen. Die oben erwähnten Amphibol-Porphyre deuten schon darauf hin. Dieselben könnten weder zum Örtlerit gestellt werden, der durch dunkle basische Aphanit-Grundmasse ausgezeichnet ist, noch zum Suldenit, der durch eine mikrokrystallinische bis feinkörnige trachytische Grundmasse ausgezeichnet ist. Ebenso sind weiterhin Gesteine bekannt geworden, in denen bei ähnlicher Zusammensetzung im Ganzen die Hornblende in die Grundmasse tritt und der Feldspath allein porphyrisch oder granito-porphyrisch ausgeschieden ist. Die grosse Uebereinstimmung, die ein grosser Theil dieser Ge- steine in ihrer äusseren Erscheinung mit den vonv. Richthofen unter der Bezeichnung „Propylite* zusammengefassten Grünsteintrachyten und Daciten zeigt, wird vielleicht bei der speciellen Gliederung und Grup- pirung einen neuen Gruppen-Namen wünschenswerth machen. Um die Beziehung dieser alten Alpen-Andesite zu den homolog ausgebildeten Gesteinen der Tertiärzeit zu markiren, würde der Gruppen-Name „Pro- topylite* vielleicht geeignet sein. Die Doelter’sche Bezeichnung „Paläo-Andesit“, welche für ein besonderes Glied der ganzen Reihe der alten andesitischen Gesteine der Alpen, nämlich für das Quarz und Biotit führende Gestein von Lienz vorgeschlagen wurde, wird am besten als allgemeine Bezeichnung für alle paläolithischen Gesteine mit Andesit- typus beibehalten. Der Fortschritt der geologischen Untersuchung wird zeigen, dass innerhalb dieser neuartigen Gesteinsreihe sehr verschieden- artig ausgebildete Gesteine auftreten, und dass dieselben vorwiegend Lagermassen bilden, welche zwar auf einen gewissen älteren Schicht- complex beschränkt sind, aber innerhalb desselben Altersverschieden- heiten zeigen. Die in einigen Verbreitungsgebieten beobachtete paral- lele Lagerungsform innerhalb wenig geneigter Schichtenfolgen spricht von vornherein für die Alterszugehörigkeit zu demselben alten Schich- tencomplex. So wenig wie die später zu beschreibenden Eruptivge- steine aus dem Gneissphyllit des Zwölferstocks, welche gleichförmig steil, wie die Phyllitschichten stehen, mit denen sie wechseln, etwa Jüngere intrusive Gänge sind, ebenso wenig sind es die Gesteine der Cevedale-Gruppe. Die grosse petrographische Uebereinstimmung so alter Gesteins- bildungen, wie es diese wahrscheinlich vorcarbonischen Alpen-Andesite sind, mit den jungen Grünsteintrachyten Ungarns weist ebenso wie das um- gekehrte Verhältniss, d. i. beispielsweise die petrographische Aehnlich- keit gewisser, granitisch ausgebildeter, tertiärer Gesteine aus der Reihe der siebenbürgischen Dacite mit dem Granit, den man nur als alte und älteste eruptive Gesteinsbildung zu denken gewohnt war, darauf hin, dass es Gesteinsbildungen gibt, welche von einem internen Meta- morphismus nicht wesentlich zu leiden haben. Es wäre doch wunderbar, dass bei so genereller Wirkung des Massen-Metamorphismus, wie man- cherorts angenommen wird, gleichartige Gemenge der Primärzeit und der Tertiärzeit, trotz der riesigen Verschiedenheit der Zeiträume, in [55] Geologische und petrographische Beiträge ete. 197 denen sie seinem Einflusse ausgesetzt waren, gleichartig unverändert aussehen. Bei scheinbar gleichartig gebildeten Gesteinen, die in verschie- dener Weise, ohne local nachweisbare, externe metamorphische Ur- sachen, in sich eine Umwandlung erleiden, muss daher wohl immer eine kleine ursprüngliche Verschiedenheit der Mischung die Praedispo- sition zu abweichender Umbildung aus sich heraus verschuldet haben. Es mag hier noch der ersten Notizen gedacht werden, die über das Vorkommen der Alpen-Andesite vorliegen. Im Jahrbuch der geologischen Reichsanstalt 1865 (Heft I, Verh. 'p. 52) gibt E. v. Mojsisovies Nachricht von dem Funde eines eigenthümlichen trachytischen Gesteines im hinteren Theile des Mar- tellthales (Felspartie am linkseitigen Firnrand des grossen Zufallferners). C. v. Hauer fand in dem Gestein 58°3 Kieselsäure. Tschermak beschreibt das Gestein und vergleicht es mit den Amphibol-Andesiten. In dem zweiten Hefte desselben Bandes (S8. 121) spricht sich F. v. Hoch- stetter für die Zustellung dieses Gesteins zu den Dioriten aus, wäh- rend S. Tschermak in demselben Heft (S. 137) vom petrographi- schen Standpunkt aus die Zustellung dieser Gesteine zur Trachytreihe festhält. Man sieht, dass v. Hochstetter vom geologischen Standpunkt den Typus richtig als den eines älteren Gesteins erkannte. Es ist diess Sache der geologischen Erfahrung, die in solchen Fällen zwar oft nur instinetiv, aber richtig urtheilt. Tschermak seinerseits betonte mit gleich gutem Grunde vom mineralogischen Standpunkt die Analogie mit den jüngeren Andesiten. Es geht daraus in sehr deutlicher Weise hervor, dass man ein Eruptivgestein nur richtig auffasst, wenn man in der Lage ist, sowohl sein geologisches Verhalten, als seine petrogra- phischen Eigenschaften genauer zu prüfen. Die beiden genannten Forscher haben also gemeinschaftlich das Richtige bereits diagnosticirt. Im dritten Hefte desselben Bandes, welcher die obigen Notizen bringt, erwähnt Suess und v. Mojsisovics bei Besprechung einer gemeinschaftlich unternommenen Tour speciell ein Lager dieses Tra- chyt-ähnlichen Gesteins zwischen grauem Glimmerschiefer vom Südab- hang des Soyjoches (Martell-Ulten). Endlich führt v. Mojsisovics in seinen 1866 veröffentlichten „Touristischen und topographischen Notizen aus den Ortler Alpen“ (Sep.-Abdr. Oesterr. Alpen-Ver. II. Bd., S. 41) an, dass der Weg aus dem oberen Theil des Pederthales in das Madritschthal über das Peder-Madritschjoch für den Geologen interessant sei wegen eines „Gyps- Vorkommens im Casanna-Schiefer* und wegen des „Auftretens Tra- chyt-ähnlicher Diorite.“ Es wird hier also in dieser Bezeichnung der Ansicht v. Hoch- stetter’s und Tschermak’s bereits Rechnung getragen. Hier ist noch hinzuzufügen, dass Dr. A. Koch im Jahre 1874 ein Vorkommen dieser Gesteine am Eisseepass constatirte. Die Auf- nahme des Jahres 1875 und 1876 brachte ein ebenso reiches Material von Gesteinen zur Untersuchung von sehr verschiedenen Punkten des Cevedale-Gebietes, als von Beobachtungen über das locale Vorkommen und die geologische Position der Lagermassen dieser Gesteinsgruppe. Besonders wird die interessante Sammlung von fremdartigen Einschlüssen 26* 198 G. Stache und C. John. [56] und von Ausscheidungen, an welchen manche dieser Eruptivgesteine ausserordentlich reich sind, dazu beitragen, dem bezüglichen Beitrag ein höheres Interesse zu sichern. Allerdings erfordert die chemische und mikroskopische Bearbeitung wegen der grossen Reihe von Ana- lysen und von Dünnschliff-Untersuchungen, die sich dabei als noth- wendig herausstellen, eine längere Zeitdauer, und auch der geologische Theil wird durch die Aufnahmstouren des Sommers 1877 noch einige Erweiterungen erfahren. VI. Olivingesteine und Serpentine. Da in dem dem Cevedale-Gebiet benachbarten Ultenthale ausser Gesteinen der vorgenannten umfangreichen Gesteinsgruppe auch Ge- steine bekannt geworden sind, welche eine im Verhältnisse zu derselben sehr basische Gruppe von Gesteinen repräsentiren, so liegt die Frage nahe, ob dieselben auch anderwärts noch zugleich mit den alten An- desiten vorkommen, und ob sich ähnliche genetische Beziehungen zwi- schen diesen petrographisch von einander so entfernt stehenden Gruppen auffinden lassen werden, wie sie zwischen den beiden Hauptgruppen des Zwölferspitzgebietes nachgewiesen wurden. Die von Hrn. Dr. Möhl!) aus Cassel erwähnten Olivingesteine des Ultenthales sind durch das reichlichere Auftreten von Enstatit, Chromdiopsid, Chrompieotit ete. ausgezeichnet. Natürlich ist die Möglichkeit in keiner Weise ausgeschlossen, dass diese Gesteine einem von dem der andesitischen Gesteine sehr verschiedenen Horizonte angehören. Es dürfte jedoch das Vorkommen aller Wahrscheinlichkeit nach nicht der Gneissphyllit-Gruppe, sondern einem der darüber folgenden Complexe, und zwar entweder dem der Quarzphyllite oder dem der Kalkglimmerschiefer zufallen. Der Untersuchung dieser Gesteine wird womöglich noch diejenige der älteren Serpentine und der mit diesen zusammenhängenden Eruptiv- gesteine angeschlossen werden. Der erste hier anschliessende Specialbeitrag, welcher die dem Eruptionsgebiet der Zwölfer-Gebirgsgruppe besonders eigenthümlichen Gesteinsgruppen in etwas detaillirterer Weise darstellen soll, umfasst vornämlich zwei Gesteinsreihen, nämlich: vil. Diabase und Proterobase, mit Inbegriff von Labradorporphyren und Aphaniten, welche sich der grossen Diabasfamilie als Untergruppe beiordnen, und Vill. Quarzporphyre und Quarzporphyrite, welche in geologischer und genetischer Verbindung mit den vorigen stehen, und wie diese in den Fichtelgebirgs-Proterobasen so in den ') Tagsblatt der 40. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte. Ham- burg 1876. p. 88. « > z ud & N 4 " 4 ze une ee er ie a Men dl re u a EEE ne u [57] Geolog. und petrograph. Beiträge ete. Nr. 1. Zwölfersp.-Gebiet. 199 von Gümbel als Keratophyre beschriebenen Fichtelgebirgs- Gesteinen die nächsten Verwandten haben. Es soll hier vorderhand der Versuch einer tabellarischen Ueber- sicht der aufgeführten Gesteinsgruppen nach ihren Altersverhältnissen unterbleiben. Derselbe wird mit grösserer Aussicht auf Vollständigkeit und Genauigkeit am Schluss der ersten Reihe dieser Beiträge gemacht werden können, welche nach dem gegebenen Plane 5 bis 6 gesonderte Abschnitte umfassen soll. Specieller Theil. Nr. I. Das Zwölferspitz-Gebiet als Hauptdistriet ältester Quarzpor- phyre und Proterobase. A. Topographische und geologische Verhältnisse. In der einleitenden Orientirung wurde der Gebirgskörper, welcher den gut begrenzten nördlichsten Abschnitt des ganzen rechtseitigen Hochgebirgsgebietes der Etsch bildet und den hier zu erörternden Ge- birgsstock in sich schliesst, nach dem Rassasberge, dem Knotenpunkte, benannt, an dem es sich von dem grossen Grenzzuge zwischen dem Wassergebiet des Inn und der Etsch abzweigt. Dieser von der Kamm- linie des Grenzrückens sich östlich abzweigende Seitenflügel stellt sich als ein fast genau gleichschenkliges Gebirgs-Dreieck dar. Dasselbe reicht von seinem Scheitelpunkt, dem die Zwölferspitze nur um wenige Meter überragenden Rassasberg (2938 M.) bis zur Etschthallinie Pitz-Schleiss, welche gleichsam die breite Basis bildet, während die tief eingeschnittenen Linien des Royenthales und des Schlinigerthales oder die Linien Rassasberg-Pitz und Rassasberg-Schleiss die Schenkel markiren. Von der Rassasspitze, die nur durch einen kurzen Zwischenrücken mit dem Grenzkamm im Rassasberge zusammenhängt, gabelt sich un- mittelbar das Gebirge, und das Zerzer Schafthal trennt einen süd- lichen von einem nördlichen Gebirgsflügel ab. Das Südstück ist aus dem südöstlich streichenden Kamme der Vernungspitze (2301 M.), und dem durch das Oberdorfer Alphüttenthal und dessen auf (2332 M.) eingetieftem Sattel abgeschnürten, breiten Watles Stock (2531 M.) zu- sammengesetzt. Die Watles-Masse biegt mit ihrem Hauptkamme aus der SO-Richtung scharf nach NO um. Es ist die Kammlinie, welche durch den Watles selbst und den Schafberg (2385 M.) markirt wird, und nach dem Absturz des Zerzer-Baches in den Haider-See ausläuft. Die durch den Plongrond-Berg und den „See Eck“ (2241 M.) bezeich- neten Rücken setzen die ursprüngliche Hauptrichtung des Vernung- Kammes fort und streichen gegen Schleiss und Burgeis aus. Der nördliche Flügel besteht aus einer einzigen, gegen Nord gestreckten, ein spitz ausgezogenes Fünfeck darstellenden Gebirgsmasse, deren 5—5!/, Kilom. breites und etwa 9 Kilom. langes Fundament durch eine scharf herausgehobene, steile Kammlinie gekrönt wird. Das Schafthal mit dem Zerzerthal (2300—1800 M.) bildet seine südliche 200 G. Stache und C. John. 158] Grenze, Fallungbach und Rojenbach (2300— 1600 M.) scheidet ihn gegen W und NW vom Bündner Grenzrücken (Grian und Kaarles), und der Seeboden des Ober-Etschlaufess am Ausgang des Langtaufererthales (1500— 1440 M.) isolirt ihn gegen O und NÖ von den beiden Ausläufern der Weisskugelmasse, dem Endkopf und der Klopaierspitze. Der scharfe Hochgrat, welcher aus diesem Gebirgskörper heraussteigt, zieht vom Knotenpunkte der Rassasspitze zuerst in ONO über den Schwarzkopf (2732 M.) bis zum Seebödenspitz (2857 M.). Von hier zieht er, ab- gesehen von einer kleinen Abschwenkung gegen West (2812 M.) direct nordwärts zum Hauptgipfel des Gebirgskörpers. Die Zwölferspitz-Kuppe (2920 M.) spaltet sich nordwärts in zwei 'steile, schroffe Gräten, welche einen unebenen, steinigen, tief eingesenkten Kaar-Boden, das Wildkaar, umschliessen. Der östliche Grat streicht zunächst in der Erstreckung von nahezu 1 Kilometer nach NO, biegt dann nach N mit schwacher Drehung nach NW um und behält diese Richtung auf der ganzen, noch etwa 1'/, Kilom. langen Strecke, in der er sich aus der sanfter gewölbten, breiten, mit Almböden uud Wald bedeckten Basis heraus- hebt, bei. Derselbe hat in dem etwa in der Mitte dieser letzteren Strecke gelegenen Zehnerkopf noch 2676 M. Seehöhe. Der west- liche Grat streicht unter fast demselben Winkel vom Zwölferspitz gegen NW ab, wie der Zehnerkopf-Grat nach NO und zeigt in der gleichen Entfernung vom Gabelungspunkt, wie dieser, eine scharfe Biegung nach Nord. An der Biegung erhebt er sich zu dem 2749 M. hohen Elfer- kopf, streicht von da ab direct nordwärts weiter, fällt aber etwas früher, als der Zehnerkopf-Grat, gegen das sanftere Gewölbe der Alm- böden ab. Der von den beiden Hochgraten umschlossene Wildkaar- boden steigt in mehreren, durch Gräben und Einschnitte in einzelne srössere und kleinere Berge und Felsbuckeln zerlegten Stufen gegen den hinteren Steilabfall der Zwölferspitze an. Er liegt zwischen 2300 und 2500 M. Seehöhe, also im Durchschnitt etwa 250 M. zwischen den seitlichen Kämmen eingetieft, 400—500 M. unter der Zwölferspitz- Kuppe. Der Hauptriss, der ihn durchschneidet, ist der des Gamper- baches, welcher in das Royenthal abstürzt. Man kann die Höhenschichtenlinie von 2500 Meter als diejenige annehmen, bis zu welcher auf der breiter ausgedehnten östlichen und nördlichen Gehängseite die verhältnissmässig noch sanfteren, bewach- senen Bergstufen ansteigen. Darüber hinaus beginnen die schroffen, nackten Steinmassen, welche in steilen Absätzen und wilden Wänden zur Höhe der Kammlinie ansteigen. Ueber dem Seeboden mit 1440—1470 M. Seehöhe erhebt sich die etwa 2 Kilom. breite Gehängstufe des Haiderwaldes um mehr als 800 M., und auf diesem Gebirgssockel steht die langgestreckte Fels- mauer, welehe mit ihrer auf bedeutende Strecken schneidig zuge- schärften und wildgezackten Rückenliniie um weitere 400—500 M. ansteigt. Südwärts von dem Hauptgipfelpunkt ist ein tiefer Einschnitt, der sich als eine starke Einsenkung mit zwei Gräben gegen das Fallung- thal hinabzieht. Derselbe kann als südliche Grenze des Zwölferspitz- Gebietes im engeren Sinne, d. i. des Hauptverbreitungs-Gebietes der beiden näher untersuchten Gesteinsgruppen angesehen werden. 2 Kt u Be .. 1“ [59] Geolog. und petrograph, Beiträge ete. Nr. 1. Zwölfersp.-Gebiet. 201 Es mag jedoch der ganze Gebirgsabschnitt des Rassas oder das Zwölferspitz-Gebiet in weiterer Fassung in wenigen Worten geolo- gisch charakterisirt werden, ehe das speciellere Gebiet zur Sprache gebracht wird. Die durch Hornblendeschiefer und Pegmatit-artige Gneissgranite und typische Pegmatite ausgezeichnete Abtheilung der Gneissphyllit- Formation bildet die Hauptmasse des ganzen Gebirgskörpers. Nur der Zwölferspitz-Abschnitt und zum Theil auch der Abschnitt des Rassas- und Seebödenspitz weichen davon ab. Hier tritt nämlich vorwiegend die durch feinkörnig granitische bis felsitisch euritische Gneisse und fremdartige Eruptivgesteine ausgezeichnete Ausbildungsform der Gneiss- phyllit-Gruppe auf. Besonders reich an Hornblendeschiefer-Zügen ist der Watlesstock. Entlang der Strasse vom Haidersee nach Burgeis und auch südlich von Burgeis noch gegen Schleiss treten dieselben sehr zahlreich und zum Theil in bedeutender Mächtigkeit an der unteren Gehängstufe hervor und setzen mit überwiegend nordöstlicher Streichungsrichtung in meist sehr steilen Schichtenstellungen durch das Etschbett unter die Murmasse der Malser Haide. Weiter nördlich zu beiden Seiten der Zerzer Schlucht ist die Richtung in NW—SO gedreht. Dieselbe Richtung haben die kleinen Hornblendeschiefer-Züge im Vernung-Ab- schnitt, in welchem überdiess rothe Gneissgranite mit weissem Glimmer . unter dem Vernunggipfel und porphyrisch ausgebildete blaugraue Gneisse in grösseren Massen an der unteren Gehängseite im Schlinigthal er- scheinen. Ueber diesen liegt dann auf der südlichen Gehängseite des Schlinigthales die Gruppe der Knotengneisse, Thonglimmerschiefer und grünen Grauwackengesteine des Maipitsch- und Arunda-Gebietes. In der nördlich der Zwölferspitz-Masse vorliegenden, in das Knie des Rojenbaches sich ausspitzenden Gebirgszunge, welche in Ost der Reschensee, in West das Rojenthal begrenzt, erscheinen wiederum Hornblendeschiefer-Züge und Pegmatitlager. Es ist diess augenschein- lich die Fortsetzung der zwischen Graun und Reschen unter der Tonalit- gneiss-Masse des Klopaier-Rückens durchstreichenden, an Hornblende- schiefer-Zügen reichen Gneissphyllite. Hier herrscht wieder die nord- östliche Streichungsrichtung mit steilen Schichtenstellungen vor. Dieselben Schichten bilden auch die Hauptmasse des anstossenden Grenzrückens auf der Westseite des Rojenthals. Sie kommen beson- ders deutlich auf der Höhe des Kaarles-Rückens zum Vorschein. In dem zackigen, scharfen Verbindungsrücken des Zwölferspitz- Gebietes mit dem Abschnitt des Seebödenspitz sind den dunklen phyl- litischen Gneissen und Glimmerschiefern mit Hornblendeschiefer-Zügen ausser Pegmatit-artigen Flasergneissen und Gmneissgraniten in ziemlich mächtigen Partieen Lagermassen eines eigenthümlichen Gesteins ein- gefügt, welche sich am Nächsten an die Hornblendegneisse der Klo- paiergruppe anschliessen. Dieselben unterscheiden sich von denselben vorzugsweise nur durch die feinschuppige Anordnung des Glimmer- Bestandtheils und das Zurücktreten des Hornblende-Bestandtheils zu Gunsten eines grünen chloritischen Bestandtheils, der wohl ein Um- wandlungsproduct der Hornblende sein kann. Ein Ueberwiegen des Quarzes über den Feldspath-Bestandtheil, wie bei diesen Gesteinen, 202 G. Stache und C. John. [60] kommt auch bei den Tonalitgneissen des Klopaierspitz vor, sowohl bei den grobkörnigen, als bei den feinkörnig ausgebildeten. Der ganze Schiehtencomplex, dem diese Gesteinslagen angehören, steht steil bis nahezu senkrecht, und die Streichungsrichtung ist nahezu westöstlich quer auf die Streckung der ganzen Kammlinie. Das dem kleinen Gebiet des Zwölfer zunächst anstossende Ge- birge musste in Kürze geologisch skizzirt werden, weil später zum Verständniss der Tektonik und der Altersverhältnisse darauf Bezug genommen werden muss. Das Zwölferspitz-Gebiet im engsten Sinne, das ist Zwölfer-, Elfer- und Zehner-Rücken sammt dem Wildkaarboden be- steht aus 2 Haupt-Elementen, nämlich 1. aus Schichten der Gmneiss- phyllit-Gruppe mit granitischen Lagermassen, und 2. aus eigenartigen Eruptivgesteinen, welche innerhalb desselben als lagerförmige Massen erscheinen, und zwei bezüglich des Kieselsäuregehaltes weit von einander liegenden Gruppen angehören. 1. Der Gneissphyllit-Complex des Gebietes besteht vorwiegend aus glimmerreichen, phyllitischen Gneissen und Glimmer- schiefern in Verbindung und Wechsel mit sehr festen, dünnplattigen, feinschuppigen Gneissen, die zum Theil in feinkörnige, fast granitische Gesteine, zum Theile in Felsite übergehen. Diese Gesteine zeigen durchweg schwarzen Glimmer. In grösseren Lagermassen kommen jedoch innerhalb dieser Gesteinsreihe auch helle, grobkörnige, grani- tische Gneisse mit Plagioklas und weissem Glimmer vor (vgl. vorn S. 39). Der beste Punkt für das Studium der dunklen, feinkörnigen Gesteine ist die Zwölferspitz-Kuppe selbst. Dagegen zeigt der Elferkopf die hellen Granitgneisse in stärkerer Entwicklung, und scheinen die Züge derselben eine Fortsetzung der westlich davon im Fallunggebiete ent- wickelten lichten Gneisse zu sein, Die feinkörnigen Gneisse des Zwölfer-Rückens sind durch das häufige Auftreten einer feinen Fältelung ausgezeichnet, welche sich besonders an den helleren feldspathreichen Lagen durch die ziekzack- förmige Vertheilung der feinen, dunklen Glimmerschüppchen in charak- teristischer Weise zu erkennen gibt. Die ganze Schichtenreihe ist steil aufgerichtet in der Umgebung der Zwölferkuppe zum Theil senkrecht, nordwärts vom Zehnerkopf noch 50—60 Grad mit nördlichem Einfallen. Das Streichen sämmt- licher Schichten bleibt durchweg ein die Rückenlinie der von Süd nach Nord gestreckten Kämme durchquerendes. Die Richtung desselben schwankt zwischen W-O und SW-NO; nähert sich aber vorwiegend der westöstlichen Richtung. 1. Die Eruptivgesteine des Gebietes gehören, wie bereits oben in der allgemeinen Uebersicht über die Eruptiv- und Massen- gesteine des oberen Etsch- und Addagebietes angeführt wurde, theils in Gümbel’s Gruppe der Proterobase, theils zu den Quarz- porphyren und Quarzporphyriten. Erstere repräsentiren eine Reihe, welche von licht- und dunkel- grünen bis schwarzen Aphaniten, durch fein- bis grobkörnige, grani- tische und granito-porphyrische Gemenge bis zur ausgezeichnetsten grossporphyrischen Ausbildung eine ganze Reihe von Texturformen [61] Geolog. und petrograph. Beiträge ete. Nr. 1. Zwölfersp.-Gebiet. 203 zeigen. Nachdem durch die Analyse der grossen, porphyrisch ausge- schiedenen Krystalle Labrador als wesentlicher Gemengtheil nachge- wiesen wurde, andererseits aber durch eine grössere Reihe von Analysen bei fast allen Gliedern der Reihe ein Kieselsäuregehalt nachgewiesen ist, der denjenigen der typischen Diabase bedeutend übertrifft und überdiess nächst dem Kalkfeldspathe durch die mikroskopische Un- tersuchung bei der grösseren Zahl von Gesteinen als zweiter Haupt- bestandtheil Augit neben Hornblende und Chloropit nachgewiesen ist, schliesst sich die ganze Gesteinsreihe im Grossen der Proterobas- Gruppe der Diabasfamilie jedenfalls enger an, als den Epidioriten. Die dunkelfarbige Proterobasreihe repräsentirt eine basische Ge- steinsgruppe gegenüber der fast gleichzeitigen, ‚nur wenig jüngeren, sauren Gruppe der hellen Quarzporphyre, welche mit den von Gümbel als Keratophyr bezeichneten Gesteinen des Fichtelgebirges eine ziem- lich bemerkenswerthe Verwandtschaft besitzen. Die Quarzporphyre der Zwölfergruppe sind ebenfalls in einer kleinen Reihe von Abänderungen ausgebildet, welche von dem fast fel- sitischen bis hornsteinartigen Typus bei völligem Zurücktreten der Ausscheidungen durch die Kleinporphyrische auch Textur-Uebergänge in die granitisch grossporphyrische Ausbildungsform zeigen. Das besondere Interesse, welches sich an die beiden im Zwölfer- spitz-Gebiet besonders schön entwickelten, aber auch wohl noch an anderen Punkten des Ober-Etsch- und Adda-Gebietes sowohl, als in Graubünden auftretenden Gesteinsgruppen knüpft, liegt nicht so sehr in der Beson- derheit ihrer petrographischen Ausbildung, als in ihrem geologischen Verhalten und in ihren genetischen Beziehungen. Die Terrainverhältnisse setzen dem genaueren Studium bedeu- tende Hindernisse in den Weg, und es ist überdiess nicht leicht thun- lich, bei Gelegenheit der Aufnahmen einem Object zu viel Zeit zu widmen. Es werden daher hier nur Beobachtungen mitgetheilt, welche innerhalb zweier, je eintägigen Excursionen gemacht werden konnten. Auf den unteren Gehängstufen der Zwölfermasse, insbesondere auf der Strecke vom unteren Ende des Reschen-Sees bis zum Zerzer- Thal liegen Blöcke und kleinere Brocken des grünen, aphanitischen, sowie des porphyrisch ausgebildeten Labradorgesteines herum. Zwischen Unter-Spinn und Gorfhof kommt eine ganze Schutt- halde hierzu gehöriger Gesteine aus dem steilen, dicht bewaldeten Gehänge herab. Es wurde, um diesen Gesteinen nachzuspüren, die Besteigung der Zwölferspitze von S. Valentin aus unternommen. Rechts an der Haider Alm vorbei wurde der Weg zuerst auf den gerundeten Kegel zwischen der Seebödenspitze und der Zwölferspitze genommen und von dort über den schroffen, zackigen Verbindungsgrat eine Kletterpartie auf die oben Hache, zu einem kleinen Plateau er- weiterte Hauptkuppe fortgesetzt. Kurz ehe man diesen plateauför- migen Theil der Höhe erreicht, aber schon nach Ueberwindung des steilen und schroffen südlichen Hauptabfalles sieht man sich vor fremd- artigem Gestein. Ein heilfarbiger Quarzporphyr liegt in zahlreichen Stücken umher. Ueberraschender noch, als sein Erscheinen mitten Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt. 1877. 27. Band. 2. Heft. (G. Stache u. C. John.) 27 204 Dr. G. Stache und C. John. [62] zwischen den steil aufgerichteten Schichten der Gneissphyllit-Formation ist sein Reichthum an dunkelfarbigen, fremdartigen Einschlüssen. Diese Einschlüsse sind sehr verschiedenartig bezüglich ihrer Ge- stalt und Grösse, aber sehr gleichförmig bezüglich ihrer Gesteins- beschaffenheit. Kleine, haselnuss- bis nussgrosse Brocken wechseln in denselben Blöcken mit faust- bis kopfgrossen Trümmern. Alle, selbst die kleineren Trümmer sind scharf gegen die Umhüllungsmasse des Quarzporphyrs abgegrenzt. Kleinere Brocken zeigen wohl theilweise abgerundete Ecken und Kanten, aber nie vollkommene Abrundung oder Verschmelzung mit dem fremden Umhüllungsmagma. Die grös- seren Trümmer sind meist scharfkantig mit ein- und ausspringenden Winkeln (vgl. Taf. I, Fig. 1, 2 u. 3, wobei mit « die Quarzporphyr- masse, mit b die Einschlüsse bezeichnet sind). Der Zeichner hat den Gesteinscharakter gut wiedergegeben. | Die Einschlüsse sind durchweg aphanitische Grünsteine von grau- lichgrüner bis grünlichschwarzer Färbung. Von den angrenzenden Schichten der Gmneissphyllit-Gruppe scheinen merkwürdigerweise kei- nerlei Einschlüsse vorzukommen. Die Aphanitstücke zeigen in der Nähe des Quarzporphyrmagma’s nicht selten kleine Quarzkörner ein- geschlossen. Ausserdem lassen sich mit freiem Auge keinerlei Ge- mengtheile oder Ausscheidungen wahrnehmen. Sie sind sowohl bezüg- lich der äusseren Ausbildung, als der mikroskopischen und chemischen Ausbildung den Aphaniten der Proterobasreihe und der aphanitischen Grundmasse der Labradorporphyre dieser Reihe vollkommen gleich. Nur der Kieselsäuregehalt stellt sich wegen der Aufnahme freier Kiesel- säure in der Form von kleinen und grösseren Quarzkörnern höher, als bei dem Durchschnittsgestein. | Jedes der auf Taf. II abgebildeten drei Stücke zeigt ausser dem angegebenen allgemeinen Charakter etwas Besonderes. Fie. 1 ist ein Stück mit frischen Bruchflächen. Die kleinen, porphyrisch ausge- schiedenen Quarze und Feldspathkörner treten hier, wie bei allen fri- schen Stücken, weniger scharf aus der licht grünlichgrauen Grundmasse heraus, als bei den schwach angewitterten Flächen, wie selbe Fig. 2 zeist. Fig. 1 lässt ausser zwei seitlich eingreifenden Ecken grösserer Bruchstücke einen ganz kleinen gestreckten, und einen nussgrossen rundlichen Einschluss mit scharfer Umgrenzung mitten in dem Quarz- porphyr sehen. Das Musterstück Nr. 2 zeigt die scharfe Grenzlinie des Quarzporphyrs gegen ein grosses Aphanitstück, überdiess einen kleinen, ganz umschlossenen, einseitig abgerundeten Brocken, einen langgestreckten, fast vollständigen Einschluss und die äussersten Ecken von zwei anderen Aphanitbruchstücken. Das Musterstück Nr. 3 ist wohl das interessanteste. Es ist, wie auch die beiden anderen, in natürlicher Grösse abgebildet. Der einem ziemlich grossen Aphanitstück angehörende dunkle, dreiseitige Ein- schluss ist von zwei Seiten durch die Porphyrmasse umschlossen. Die dritte Seite zeigt die Abbruchsfläche von dem Hauptblock. Es erscheint nun auf der Hauptfläche des dunklen Aphanit-Ein- schlusses, wie auf der seitlichen Abbruchsfläche (Fig. 3a), ein heller, unregelmässig ausgezackter Einschluss, welcher in einer graulichgrünen [63] Geolog. und petrograph. Beiträge etc. Nr.1. Zwölfersp.-Gebiet. 205 Grundmasse Quarzkörner und Feldspath enthält, wie der das Ganze einschliessende Quarzporphyr. Es entsteht dabei die Frage: Hat man es hier mit einer apo- physenartigen Verzweigung des sauren Umhüllungsmagma’s in dem um- hüllten, mehr basischen Grünsteinaphanit zu thun oder mit einer dem Quarzporphyr ähnlichen sauren Ausscheidung innerhalb des früher er- starrten basischen Magma’s. Das erstere ist wohl das wahrscheinlichste und naheliegendste. Bei dem so engen Ineinandergreifen der sauren und basischen Gesteins- reihe und ihrem geologisch fast gleichzeitigen Auftreten lässt sich auch der Fall denken, dass Partieen des basischen Magma’s in noch nicht versteintem, zähflüssigem Zustande beim Erguss in den sauren Strom gelangt sind. Kurz, man hat hier an den beiden, wegen der allgemeinen Steil- aufrichtung der Schichten gangartig erscheinenden Lagerströmen süd- lich ander Zwölferkuppe die ersten wichtigen Anhaltspunkte für die Beurtheilung der genetischen Beziehungen und der Alters-Verhältnisse der beiden eruptiven Gesteinsreihen des Gebietes. Zu erwähnen ist noch die Beobachtung, dass einer dieser Quarz- porphyr-Ströme, wahrscheinlich beide auf längere Strecken gegen die einstige Phyllitunterlage ein schmales schwarzes Schmelzband zeigen. Dasselbe weicht, wie diess im petrographischen Abschnitt erörtert werden soll, sowohl von der Beschaffenheit des Quarzporphyrs, als derjenigen der Aphanite ab. Die beiden Quarzporphyrlager müssen weiter ab- wärts gegen Ost mit den dort entwickelten Proterobaslagern in directem Contact stehen. Die plateauförmige, sanft gewölbte Kuppe und das nächste Stück des nördl. Steilabfalls des Zwölfergipfels besteht z. Th. aus den feingra- nitischen, felsitischen und euritischen Gneisslagen, deren bereits Er- wähnung geschah. Ihre specielle petrographische Besprechung bleibt den viel später in Aussicht genommenen Beiträgen über die Gneisse der Ostalpen vorbehalten. Der Abstieg über die Rückenlinie gegen den Elferkopf zu und hinab zum Wildkaarboden ist ziemlich beschwerlich. Man kann da so Manches übersehen, zumal Geröll und Schuttwerk grössere Strecken verdeckt. Es wurde jedoch das Vorhandensein mehrerer Lagermassen von Quarzporphyr, von dunklem Aphanit und von körnigen und por- phyrischen Gesteinen der basischen Reihe constatirt. Eines der grösseren Lager von Quarzporphyr zeigt in der Aus- bildung des Gesteins eine kleine Abweichung. Das Gestein ist hier fast weiss, die Grundmasse ist überwiegend, so dass die Ausschei- dungen stellenweise ganz zurücktreten. Ueberdiess neigt die Grund- masse mehr zur rauhen felsitischen bis feinkörnigen Ausbildungsweise. Man überschreitet ferner mehrere Lagermassen des hellen peg- matitartigen Gneisses, und unter dem Elferkopf ist eine bedeutende Wand dieses Gesteins sichtbar. Der Gedanke wird stellenweise nahe liegend, dass ein genetischer Zusammenhang zwischen diesen Gesteinen und den weissen felsitischen Porphyren bestehe. Die Beobachtungen sind jedoch noch nicht ausreichend, um diese Frage schon hier zur Erörterung zu bringen. 27* 206 Dr. G. Stache und C. John. N [64] Im Wildkaarboden ragt im hinteren höheren Theil ein ziemlich auffallender rundlicher Buckel heraus. Derselbe wurde zunächst an- gegangen. Auf seiner gegen Nord gekehrten Steilseite zeigt er den grossporphyrisch ausgebildeten Labradorporphyr, aber überwiegend mit einer ähnlichen, wenig scharf begrenzten putzenartigen Ausbildung des Labradors, wie Gümbel es für den porphyrisch ausgebildeten Pro- terobas von Steben (den Streufackelgrünstein) angibt, welcher sich dem grossporphyrischen Feilitzer Gestein ebenso anschliesst, wie dieses Gestein des Wildkaars dem typischen Labradorporphyr von der Öst- seite des Zwölferrückens. Von hier wurde der Weg gegen die vom Zehnergrat gebildete Ostflanke des Wildkaarbodens genommen, an der man schon von Weitem einige lichtere, gangartig erscheinende Lagermassen durch die schwärzlichen Phyllite zur Gratlinie emporsteigen sieht. Die auffal- lendste Lagermasse, welche trotz der schon etwas vorgerückten Zeit noch in Augenschein genommen werden konnte, zeigte einerseits ein srünes Proterobasgestein, andererseits einen @Quarzporphyr, welcher manchen Granitporphyren sehr ähnlich ist. Die Zeit gestattete damals keine eingehendere Untersuchung der interessanten Localität. Es stand noch der weite Rückweg über die Reuten und durch den Spinnerwald über Kaschon nach S. Valentin bevor. Es musste ein zweiter Besuch für das nächste Jahr (1876) in Aussicht genommen werden. Bei diesem Besuch wurde von S. Valentin der directe Weg in’s Wild- kaar ober den Reuten gewählt und die Flanke des Zehner-Rückens durch den Einschnitt des Gampergrabens aufwärts bis zu dem Winkel zwischen dem Zehnergrat und dem östlichen Zwölfergrat genauer besichtigt. Es wurde hierbei südwärts vom Zehnerkopf gegen den Zwölfer eine ganze Reihe von Lagermassen der basischen Gesteinsreihe (vgl. Taf. II, Fig. 5) constatirt, und zwar vorherrschend solche, welche aus aphanitischen und kleinkörnigen Gemengen bestehen. Grossporphy- rische Gesteine der Reihe, welche denen entsprechen, welche die Fels- köpfe nordostwärts unter dem Zwölfer zusammensetzen, und in Riesen- blöcken auf dem Wege von Kaschon nach dem Spinnerwald zu sehen sind, erscheinen in grösserer Ausdehnung erst in den hinteren Lagermassen in der Nähe der Einsattlung zwischen Zwölfer- und Zehner-Rücken. Eine der mächtigsten der zunächst südlich vom Zehnerkopf dem Phyllit eingeschalteten Lagermassen von aphanitischem, körnigem und kleinporphyrischem Proterobasgestein ist Taf. I, Fig. 3 skizzirt. In dieser Lagermasse bildet das kleinkörnige Gestein der Pro- terobasreihe (Analyse Nr. 6) einen wesentlichen Hauptbestandtheil. Aus einer der noch weiter südlich eingelagerten Aphanitmassen stammt der dunkle Aphanit (Analyse Nr. 9), welcher das an Kieselsäure ärmste Glied der ganzen basischen Reihe ist und chemisch den Uebergang zu dem eigentlichen Diabastypus vermittelt. Das Hauptaugenmerk wurde vor dem Abschluss dieser zweiten Excursion auf den oben erwähnten gemischten Lagerstrom nördlich vom Zehnerkopf gerichtet. Innerhalb des Wildkaarbodens gehört der- selbe der zweiten Höhenstufe an und bildet den Steilabfall dieser Stufe gegen die nördliche flachere Ausweitung des Wildkaars zwischen den [65] Geolog. und petrograph. Beiträge etc. Nr. 1. Zwölfersp.-Gebiet. 207 Enden des Elfer- und Zehner-Rückens. Der obere Theil des Gamper- baches durchschneidet ihn in einer kleinen engen Schlucht und stürzt über seinen Steilabfall in den unteren, flacher contourirten Theil des Kesselthales. Während die östliche, mit dem Abfall der Zehnerwand zusammenhängende Seite der kleinen Gamperschlucht zerrissen und mit Blockwerk vielfach verdeckt ist, zeigt die westliche, der Wildkaarstufe angehörende Seite auf eine längere Strecke eine 2—3 Klafter hohe Steilwand entblösst, welche die unmittelbare Auflagerung des Lager- stromes auf den Gneissphyllit und die höchst merkwürdige Zusammen- setzung der ganzen Eruptivmasse deutlich erkennen lässt. Die Skizze Taf. I, Fig. 2 gibt die Ansicht dieses natürlichen Pro- files wieder. Wir verfolgen dasselbe mit dem Gesicht gegen die Felswand gekehrt von Süd nach Nord. Auf den dünnschichtigen, uneben grob- flaserig bis blätterig abgesonderten Gneissphyllit (a) mit vorherrschend dunklem Glimmer und röthlichen dünnen, feldspathreichen Streifen liegt unmittelbar die eruptive Gesteinsmasse (b, bis b,), conform der Schichtenstellung der Unterlage unter einem Winkel von etwa 45° auf. Obgleich in dem speciellen petrographischen Theil die Analysen der beiden Eruptiv-Gesteinsreihen der Zwölfermasse vollständig in natürliche Gruppen geordnet aufgeführt werden, dürfte doch die fol- gende tabellarische Illustration der chemischen Zusammensetzung der Hauptlagen des interessanten Lagerstromes an dieser Stelle die rich- tige Auffassung der Erscheinung unterstützen. Schwarzer Labra “ Ben: | * chwarzer Labra- ER ” en a nn Be uraher Bas oterobas 0 De en/niger Pr Grenze gegen b, uarzporphyr Gesteins- Bezeichnung schwarz, dicht | grünlich, fein- Grundmasse aphanitisch, körnig, überwiegend zurücktretend hell, grünlich- grau, körnig, zu- rücktretend grünlich, dicht überwiegend Feldspath matt, und eutlich be- Grosse Ortho- Feldspath weiss, Feldspath, Augit al scharf begrenzt, | und Hornblende klaskrystalle und Ausscheidung klein bis mittel, klein, über- Me zu.) Quarzkörner zurücktretend wiegend rürkfretend überwiegend Benameohe n Bauschal Bauschal Bauschal Bauschal Kieselsäure 55:18 5455 59:80 71:65 Thonerde 16°80 15°15 16°45 1558 Eisenoxyd 0:33 4:62 5:19 064 Eisenoxydul 11:97 10:42 580 2:21 Kalk 6:90 6'06 4:94 2:13 Magnesia 2:62 2:93 2:67 0:05 Kali 2-42 1:20 2:62 3:66 Natron 3:20 4:25 2:40 3:44 Glühverlust 1'63 1'97 179 1:48 Summe 101’10 10115 101'66 100:84 " Dichte 2818 3 | ‚2828 2:786 2-678 208 Dr. @. Stache und C. John. [66] Zur weiteren Erklärung ist noch Folgendes hinzuzufügen: Der Gneissphyllit zeigt an der Grenze keine wesentliche Verän- derung, er ist nur feldspathreicher, als die zunächst nach unten fol- genden Lagen. Der Feldspath tritt in kleinkörnigen, knotiglamellaren, dünnen Lagen auf, welche mit feinen, welligen Lagen von dunklem Biotit wechseln. Die Grenzlinie zwischem dem Phyllit und dem Eruptivgestein ist scharf, aber uneben. Das Eruptivgestein hat die Unebenheiten der Unterlage ausgefüllt, aber eine Einwickelung von Trümmern der Ge- steinsschicht, über welche der Strom sich ergoss, ist an der zugäng- lichen Stelle nicht zu beobachten. Es spricht diess wohl für eine schnelle Bewegung des ergossenen Gesteinsmagma’s auf schwach geneigter Basis. Die Figur 4 der Tafel II gibt ein kleines Contactstück der Phyllitbasis mit der tiefsten Gesteinschicht des Stromes naturgetreu wieder. Diese unterste Schicht des Lagerstromes (Analyse b,) ist ein Labradorporphyr mit schwarzer, fast basaltähnlicher, dichter Grund- masse und kleinen und mittelgrossen, ziemlich scharf begrenzten Labradorkrystallen. Die Zeichnung entspricht dem Aussehen des Ge- steins ganz getreu. Der dunkle Labradorporphyr bildet nur etwa !/; bis !/, der unteren basischen Masse des Stromes. Er geht nach oben in ein fein- bis kleinkörniges, grünliches, weiss melirtes Gestein über, welches in der Mitte durch Hervortreten einzelner, etwas grösserer heller Feldspathe eine granitisch kleinporphyrische Textur zeigt. Diese Gesteine (Analyse b, entspricht der mittleren Hauptabänderung derselben) setzen den grössten Theil der unteren basischen Abtheilung des Stromes zusammen. In dem oberen Horizonte der dunklen Ge- steinsmasse tritt die grünlichgraue Grundmasse überwiegend hervor, der Feldspath-Bestandtheil ist unvollkommen auskrystallisirt und er- scheint nur in unbestimmten, etwas lichteren, kleinen Flecken; dagegen erscheinen glasig glänzende, frische Quarzkörner je weiter nach oben, um so reichlicher eingestreut. Die ganze Breite der dunkelfarbigen unteren Gesteinsmasse be- trägt etwa 24 Schritt (60—70 Fuss). Darüber folgt nun die lichtere Gesteinsmasse des granitischen Quarzporphyrs-ohne irgend welche Un- terbrechung und ohne Andeutung einer Altersverschiedenheit, wie etwa Einhüllung von Schollen des unterliegenden basischen Gesteins u. S. w. Die Ausbildung der Grundmasse zeigt in Bezug auf grünliche Fär- bung und dichtere Beschaffenheit nur auf kurze Strecke einen Ueber- gang zu b,. Sehr bald hat des Gestein den Charakter des Haupt- gesteins der mächtigen sauren Decke des ganzen Lagerstromes ange- nommen. Das Gestein (Analyse b,) mit krystallinischer Grundmasse, reich- licher Quarzausscheidung und einzelnen grossen, porphyrisch hervor- tretenden hellen Orthoklaskrystallen stammt von einem nicht sehr weit von b, gelegenen Felsvorsprung. Das Profil des Lagerstromes endet mit einem von dem Quarzporphyr gebildeten Felsabsturz. Die Grenze der Quarzporphyrdecke nach oben gegen die über- lagernden Phyllitschichten konnte nicht mehr in der Nähe studirt [67] Geolog. und petrograph. Beiträge etc. Nr. 1. Zwölfersp.-Gebiet. 909 werden. Da die untere Partie des gegenüberliegenden Steilgehänges ‚mit Blockwerk überschüttet ist, wäre ein Aufstieg nöthig gewesen, zu welchem die Zeit gebrach. Es unterliegt keinem Zweifel, dass sich an die Zusammensetzung dieses gemischten Lagerstromes einige für die Entstehung verschie- dener Eruptivgesteine sehr wichtige Fragen knüpfen. Die erste Vorfrage dabei ist: Gestatten es die geschilderten Ver- hältnisse, anzunehmen, dass in dem gemischten Lagerstrom des Zehner- kopfes die saure Decke als ein, wenn auch nur wenig jüngerer Strom betrachtet werde, dessen Erguss unmittelbar auf denjenigen des basi- schen Magma’s erfolgte? Der Umstand, dass an der Grenze Einschlüsse der Unterlage in dem sauren Gestein nicht vorkommen, spricht wenigstens dagegen, dass sich auf dem basischen Strom eine Erstarrungskruste gebildet haben konnte, ehe das saure Magma nachfloss. Freilich repräsentirt die Beobachtungsstelle nur einen kleinen Abschnitt des ganzen Lager- stromes, und es könnte das Verhältniss zwischen der sauren Decke und der basischen Unterlage an anderen Stellen ein anderes sein, aber es lässt sich nicht läugnen, dass der Eindruck der Einheitlichkeit des Stromes an dieser Stelle der überwiegende ist. Die Absonderung der vier bezeichneten Hauptformen der Gesteinsbildung innerhalb dieses Stromes zeigt einen deutlichen Parallelismus. Es liegt daher hier ein ganz besonderer und‘ extremer Fall einer einseitigen Ausbildung von Mineralgemengen aus einem Magma oder coexistirenden Magmen in einheitlichem Erguss vor. Nur im Grossen und Ganzen gehört diese zu jener allgemeinen Gruppe von Erscheinungen, welche schon v. Richthofen!), Tscher- mak?) und Doelter’) an der Eruptivmasse der Umgebung von Pre- dazzo (Monzoni und S. Pellegrino), J. W. Judd‘*) in dem alten Vul- cangebiet von Schemnitz, E. Reyer?) in den Euganeen (Lozzo), und an dem jungen Lavastrom S. Sebastiano des Vesuv studirt und be- kannt gemacht haben, und welche man als ursprüngliche Differenzirung der Mineralgemenge (Gesteinsformen) innerhalb geologisch (d.i. nach Zeit und Raum) einheitlicher Ergussformen bezeichnen kann. Was Reyer „Sich schlieren“ und Verschlierung des Magma’s nennt, ist vorbereitet durch Mischung ungleichartiger Magmen vor dem Erguss. Bei dieser endogenen Differenzirung ist das Verschwimmen und die Unregelmässigkeit der Begrenzung zwischen den mineralogisch oder bloss texturell verschiedenen Gemengen nach dem Austritt aus dem Bil- dungsherd in die Eruptionsspalten und über die Gebirgsunterlage die vor- aussichtliche Regel. Bei solchen Ergüssen muss aber dann noch das weitere durch den Druck und die Bedingungen der Abkühlung veran- lasste Differenzirungs-Moment hinzutreten. !) Umgebung von St. Cassian und Predazzo. ?) Porphyrgesteine, S. 6, 113 und 151, °) Der geologische Bau, die Gesteine und Mineralfundstätten des Monzoni- Gebirges (Jahrbuch d. k. k. geol. R.-A. 1875). N *) On the ancient Volcans of the distriet of Schemnitz. Quaterly Journ. 1876 . 222, ) Die Euganeen, Seite 70 und 71. 210 Dr. G. Stache und C. John. [68] Wo eine schon endogene Differenzirung oder eine Vermischung von Magmen die Gesteinsbildung nicht mitbeeinflusst hat, sondern ein durchaus gleichförmig gemischter starker Erguss eine mächtige Decke auf wenig geneigter Fläche bildet, werden die Verhältnisse des Druckes und der Abkühlung allein und sehr gleichförmig wirken und eine besondere Form einer exogenen Differenzirung hervorbringen Können, Es drängen sich nun für unseren gemischten, aus 4 Parallelzonen von verschiedenen Gesteinsformen bestehenden Lagerstrom auf Grund solcher Erwägungen die Fragen auf: 1. Kann die ganze Erscheinung der Parallel- Differenzirung in zwei chemisch so stark entgegengesetzte und der Dichte nach entsprechend verschiedene Gesteinslagen allein auf die Wirkung der Verschiedenheit des Druckes und der Abkühlung zurückgeführt werden? 2. Widerspricht die chemisch wohl im Ganzen geringe, aber doch immerhin bemerkenswerthe Verschiedenheit der Mischung, sowie die auffälligere Abänderung der Textur des Mineral- gemenges, welche die Grenzzonen der basischen Hauptschicht gegen die Phyllitunterlage und gegen die saure Hauptschicht zeigen, der Annahme einer solchen Differenzirung des gesteinsbildenden Magma’s innerhalb der einheitlichen, gleichförmig gemischten Masse während und nach erfolgter Ausbreitung des Ergusses auf der älteren Phyllitunterlage ? Wenn es vorderhand auch noch vermieden werden soll, in die specielle Beantwortung dieser Fragen einzugehen, weil noch die Er- gänzung durch weitere Beobachtungen aussteht, und weil am Schlusse der ersten Reihe dieser Beiträge voraussichtlich sich in Bezug auf die Verhältnisse der Bildung von Eruptivgesteinen noch schärfere und zahl- reichere Gesichtspunkte werden gewinnen lassen, so kann hier doch immerhin schon bemerkt werden, dass sich für die thatsächliche Erschei- nung nicht leicht eine andere, als die in der Fragestellung angedeu- tete Erklärung findet. Ein wiederholter, wenn auch der Zeit nach noch so nahe liegender Ueberguss schon ursprünglich ungleicher Magmen, stimmt nicht scharf genug mit den Verhältnissen, welche das Durch- schnittsprofil der Lagermasse zeigt; jedenfalls dürfte ein aus zwei chemisch stark differenzirten Magmen mit vollkommen paralleler Vertheilung bestehender, und im Fluss diesen Parallelismus der Mischung auf grös- sere Strecken bewahrender Lavastrom zu den seltensten Ueber- raschungen der Natur gehören. Die ganze Zusammensetzung und Structur dieses alten Stromes des Zehner-Rückens unterstützt die Annahme, dass man es hier ganz vorwiegend mit einem Systeme von ursprünglich deckenartig ausgebrei- teten Ergüssen zu thun habe, welche mit sammt den steilgestellten Phyllitschichten, zwischen denen sie jetzt mit fast vollkommenem Pa- rallelismus eingereiht sind, an der Steilaufrichtung und eventuellen steilen Faltung dieser alten Schichtencomplexe Theil nahmen. Man kann hier bei den in dem ganzen Gebiete herrschenden Verhältnissen des Gebirgsbaues ebenso wenig an intrusive Injectionsgänge, als an Eruptionsgänge oder Ausfüllungen radiärer oder paralleler Eruptions- spalten eines relativ jüngeren Vulcans denken. Bei Eruptionsgängen kann wohl local einseitige Mineralausscheidung und jede Form ver- worrener Mischung verschiedener gleichalteriger Magmen als etwas [69] Geolog. und petrograph. Beiträge etc. Nr. 1. Zwölfersp.-Gebiet. Sr ganz Naturgemässes betrachtet werden, aber eine so ausgezeichnet parallele Differenzirung des Magma’s ist nicht leicht denkbar. Uebrigens werden die weiteren Untersuchungen in den in An- griff genommenen Gebieten dahin führen, über die Natur der Erup- tions-Erscheinungen während der Bildung der alten Phyllitcomplexe der Alpen nähere Aufklärung zu geben. Der Verwechslung von auf- gerichteten Lagermassen und Gangbildungen ist man in diesem Ge- biete besonders leicht ausgesetzt. Es wird also auf die Unterschei- dung solcher Lagermassen von Eruptivgesteinen und wirklichen Erup- tionsgängen die besondere Aufmerksamkeit gerichtet werden, um An- haltspunkte für die Form der eruptiven Thätigkeit während der Bil- dungszeit der alten Phyllitcomplexe der Ostalpen zu gewinnen. Vom petrographischen Standpunkt aus wird die beachtenswerthe Aehnlichkeit zwischen den Proterobasen und Keratophyren des Fichtel- gebirges mit der basischen und der sauren Gesteinsreihe des Zwölfer- Gebirgsstocks in dem nächsten Abschnitt beleuchtet werden. Es ist aber schon hier zu bemerken, dass auch in Bezug auf das geologische Altersverhältniss an sich und die Alters-Beziehungen der sich hier und dort ergänzenden beiden Gesteinsgruppen unter einander gewisse Ver- gleichungspunkte nicht fehlen. Wie bei Gümbel’s Proterobas fehlt bei der basischen Gesteinsreihe der Zwölfergruppe jede Spur von Man- delsteinbildung. In Bezug auf das Altersverhältniss reichen nach Gümbel die Gesteine dieser Gruppe aus vorsilurischen Horizonten bis in’s Mittel- silur. Die Gesteine des Zwölfergebietes sind ziemlich sicher vorsilu- risch; schliessen sich also, mag ihre Entwicklung auch nicht voll- ständig mit derjenigen der homologen paläolithischen Gesteinsreihe des Fichtelgebirges zusammenfallen, derselben doch jedenfalls näher an, als derjenigen der silurisch-devonischen Diabase. Die Fichtelgebirgs-Gesteine erscheinen nach Gümbel in gang- artigen Massen. Den Eindruck von Gängen hat man bei oberfläch- licher Betrachtung auch bei den Vorkommnissen des Zwölferstocks. Für einen grossen Theil derselben ist es jedoch nachweisbar, dass es den Phyllitschichten conform eingebettete Lagermassen sind, welche von deckenartig ausgebreiteten einstigen Strömen eines lavaartig ergos- senen leichtflüssigen Magma’s herstammen müssen. Da Gümbel nur von gangartigen Massen, nicht von wirk- lichen Gängen spricht, ist vielleicht auch in dieser Richtung eine Ana- logie vorhanden. Für seinen Keratophyr gibt Gümbel an, dass er meist in Vergesellschaftung mit dem quarzitischen Schichtgestein der Phycodenschiefer des Fichtelgebirges in Lagergängen von bedeu- tender Ausdehnung zu Tage tritt. Hier liegen Vergleichungspunkte mit den Quarzporphyren des Zwölfergebietes schon näher, wenn gleich eine Parallelstellung der begleitenden Phyllite und ihrer euritischen und quarzitischen Gneisslager mit dem Phycodenschiefer vorderhand noch der erforderlichen Begründung entbehrt. Ein weiteres Eingehen auf die Vergleichungspunkte, welche die Entwicklung der paläolithischen und archäischen Complexe der Ost- alpen mit denjenigen der ‚zunächst nördlich auftretenden Gebirgskör- per bieten, muss wohl dem Schlusscapitel vorbehalten werden, welches Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt. 1877. 27. Band. 2. Heft. (G. Stache u. C. John.) 283 212 G. Stache und C. John. [70] die Resultate aller der hier erst in Aussicht genommenen Special- Untersuchungen zusammenfassen soll. Es bleibt uns übrig, hinzuzufügen, dass, wiewohl das Zwölfer- gebiet das charakteristische Studienfeld für die tektonische Bedeutung und genetische Entwicklung dieser paläolithischen Eruptivgesteine ist, auch ausser dem engeren Kreise derselben Gesteine vorkommen, welche sich den beiden hier entwickelten Gesteinsreihen auf das Engste an- schliessen. Von Gesteinen der basischen Reihe erwähnen wir die Protero- base und Aphanite im hinteren Schlinigthal des Rassasrückens, des Fallungspitz und Griankopfes , des Val Porta am Pizlat und der Labradorporphyre der Sobretta, welcher in Blöcken im Val dell’ Alpe und in einzelnen Stücken im Val di Rezzo vorkommt. Unter den Quarzporphyren mag zunächst das Auftreten ähnlicher Gesteine im Gebiete des Griankopfes constatirt werden. Besondere Erwähnung aber verdient in erster Linie der schwarze Quarzporphyrit von Graun, welcher innerhalb der Hornblendeschiefer von Graun und Arlund (vgl. Taf. II) als untergeordnete Lagermasse erscheint, und als Findling auch bei Mallag im hinteren Langtauferer- Thal unterhalb des von Hornblendeschiefer-Zügen durchschwärmten Gneissphyllit-Complexes am Karlspitz und Nockspitz vorkommt. Ein auch von diesem abweichendes Vorkommen haben die schieferigen Quarzporphyre des ÜCevedalegebietes, von denen ein Vorkommen auf dem Gipfel des Mte. Confinale durch A. Koch constatirt wurde. Dieses Vorkommen scheint dem höheren Complexe der Quarzphyllite anzu- gehören. Das Vorkommen von Quarzporphyren ist somit in drei verschie- denen Gebieten und in drei verschiedenen Horizonten constatirt. Das äussere Ansehen, wie die speciellere Zusammensetzung weist auch, wie diess in dem petrographischen Capitel ersichtlich ist, einen nicht unbedeutenden Unterschied zwischen den drei Gesteinen auf. Um die Tektonik des Zwölferstocks in befriedigender Weise zu erklären, müssten einige allgemeine stratigraphische Vorfragen bezüg- lich der Schichtenfolge innerhalb des Gneissphyllit-Complexes, an deren Lösung eben gearbeitet wird, schon vollständig gelöst sein. So lange es nicht festgestellt ist, ob die durch Hornblende- schiefer-Züge charakterisirten Gmneissphyllit-Horizonte eine constante Position über oder unter den durch felsitische und feinkörnig euri- tische und quarzitartige Lagermassen ausgezeichneten Gneissphyllit- Complexen haben oder ob sich dieselben auch als stellvertretende Facies ersetzen können, ist eine Klarstellung von steilgestellten Falten- systemen, in. denen diese beiden stratigraphischen Elemente auftreten, nicht leicht möglich. Die Sache wird um so mehr erschwert, als es den Anschein hat, als ob zwar im Grossen die beiden verschieden ausgebildeten Complexe constant ein tieferes und höheres Niveau in der ganzen Reihe einnehmen, aber kleinere Complexe der tieferen Ausbildungsform innerhalb der oberen Schichtenmasse als Zwischen- glied wieder erscheinen. Die steil gestellte Hauptmasse der durch Felsite, feinkörnige Gneisse u. s. w. und durch die geschilderten Lagermassen von eigen- [71] Geolog. und petrograph. Beiträge ete. Nr. 1. Zwölfersp.-Gebiet. 913 thümlichen Eruptivgesteinen gebildeten Phyllite des Zwölferstocks sind allem Anscheine nach eine solche dem höheren Complexe der hornblende- schieferreichen Gneissphyllite zugehörige Unterabtheilung. Sie werden im NW, W und SO von an Hornblendezügen reichen ‘ Phyllitmassen umgeben, über denen theils Quarzphyllite und grüne Talkwacken, theils jüngere Knotengneisse folgen. Einzelne Hornblendeschiefer-Züge sind auch innerhalb ihres Ver- breitungsgebietes vertreten. Es liegt somit nahe, in dem ganzen steilen Schichten-Systeme der Zwölfer-Masse den inneren Steilaufbruch am westlichen Ende des Sattels einer grossen Gebirgsfalte des alten Gneiss- phyllit-Systems zu sehen. Der weitere westliche Verlauf dieser Falte ist zwar durch jüngere Gebirgsmassen von den Quarzphylliten aufwärts verdeckt, aber der Verlauf der durch die Hornblendeschiefer-Züge an- gedeuteten Faltenflügel deutet auf ein baldiges Zusammentreffen der- selben nicht weit in West von der Zwölfermasse. Aus diesem Um- stand würde folgen, dass hier nicht ein Faltenaufbruch bis zu den tiefsten Horizonten der Schichtenreihe vorzuliegen brauche. Diess wäre die eine Auffassung. Es ist jedoch auch eine andere Möglichkeit nicht ausgeschlossen. Wenn man nämlich den durch Horn- blendeschiefer bezeichneten Complex als älteres Glied auffassen müsste, läge der Schichtecomplex der Zwölfergruppe als höherer Complex und steilster innerer Theil in einer steil gestellten Falte der tieferen Schich- tenfolge eingebettet. Es ist wohl begreiflich, dass ein entscheidendes Urtheil hierüber nur mit Zuhilfenahme der allerspeciellsten und detailirtesten Aufnahmen der Schichtenfolgen und der einzelnen denselben eingefügten Lager- massen der beschriebenen Eruptivgesteine gefällt werden könnte. Eine solche Arbeit kann aber nicht in den Kreis der fortlaufenden geo- logischen Aufnahme mit einbezogen werden, da sie mindestens ebenso viele Monate in Anspruch nehmen würde, als bisher Tage der Be- kanntschaft mit dem interessanten Gebiete gewidmet werden konnten. B. Petrographische Ausbildung der beiden Gesteinsgruppen. I. Labradorporphyre, Proterobase und Aphanite der Diabasgruppe. Makroskopische Beschaffenheit. Die innerhalb der Reihe der Diabasgesteine sich der von Gümbel aufgestellten Gruppe der Proterobase am nächsten anschliessenden basischen Geteine des Zwöl- ferstockes zerfallen nach den mit freiem Auge erkennbaren Eigenschaften, besonders nach Textur und Gefüge, in drei Abtheilungen: a) Vollkommen mittel- bis grossporphyrisch ausgebildete Gemenge. b) Unvollkommen kleinporphyrisch bis nahezu vollkommen gra- nitisch ausgebildete Klein- und feinkörnige Gemenge. e) Aphanite. 28* 214 G. Stache und C. John. [72] a) Vollkommen porphyrisch ausgebildete — Labradorporphyre. 1. Labradorporphyre mit feinkörnig krystallinischer Grund- masse und grösseren, porphyrisch darin vertheilten Plagioklaskrystallen (Analyse Nr. Ic Grundmasse: Weiss und dunkelgrünlich fein melirtes, für den Totaleindruck dunkel grünlichgraues, fein krystallinisches Gemenge von weissen und graulichen, selten spiegelnden Feldspathkörnchen und Flimmer mit dunklen, bräunlichen bis schwarzen Körnchen (Ausit), und helleren kurzen Nädelchen und ausgefranzten Putzen (Hornblende und Chloropit). Als accessorische, aber für diese Hauptabänderung charakteristische Nebenbestandtheile erscheinen darin ziemlich constant, aber local verschieden reichlich, schwarze Leistchen, Blättchen und Be- schläge (Magneteisen oder Titaneisen), ferner lebhafter metallisch glänzende Krystallkörnchen und feinkörnige Aggregate von Magnet- eisen und nahezu goldgelbem Eisenkies (Analyse Nr. 1b). Ausscheidung: Im Wesentlichen tritt nur weisser bis grau- lichweisser Plagioklas (nach der Analyse Nr. 1a Labrador) in meist scharfbegrenzten, grösseren tafelförmigen Krystallen aus dem Grund- gemenge hervor. Die Klüftung und der Bruch des Gesteins gehen meist nicht conform der Hauptspaltungsrichtung der in derselben Ebene liegenden Krystalltafeln, sondern durchqueren dieselben mit Vorliebe in verschiedener Richtung. Es ist daher selten, dass vorherrschend die breiten Tafelflächen auf dem frischen Anbruch oder den angewit- terten Kluftflächen erscheinen, vielmehr überwiegen meist die schmalen Durchschnitte (mit Parallelstreifung) und geben der porphyrischen Textur des Gesteins einen eigenthümlichen Habitus. Einzelne grössere Tafelflächen fehlen jedoch fast auf keiner Bruchfläche. Im Mittel sind die Tafeln 6—10 Mm. lang, 4—6 Mm. breit und 1—3 Mm. dick; besonders grosse Krystalle erreichen bis 13 Mm. Länge und 12 Mm. Breite. Im Ganzen ist die Vertheilung der ausgeschiedenen Individuen eine gleichförmige (5—6 mittelgrosse und kleinere Krystall-Durch- schnitte auf einer Gesteinsfläche von 20 [_]Mm.). Diese Gleichförmig- keit wird stellenweise gestört durch Freibleiben von 15—25 [_]Mm. grossen Partieen der Grundmasse von jeder solchen Ausscheidung, oder andererseits auch durch das Auftreten einzelner oder mehrerer besonders grosser Tafelflächen. Nicht selten zeigen einzelne der schmalen Flächen frische, glasig spiegelnde Stellen mit deutlicher Plagioklas-Streifung. Ueberdiess er- scheinen bei den meisten Individuen entfernt stehende Parallelstreifen, wie sie Gümbel auch bei den grossen tafelförmigen Feldspath-Kry- stallen des grobkörnigen Proterobas von Feilitz angibt. Abgesehen von der Parallelstreifung, ist nicht selten auch eine netzförmige Structur in den Feldspäthen "zu beobachten, wobei eine graue, glasige Masse die Umgrenzung, weisse, anscheinend etwas zersetzte Feldspath-Substanz die Ausfüllung der Maschen bildet. Ganz gewöhnlich ist die regellose locale Ungleichförmigkeit der Zersetzung. In sehr verschiedener Be- grenzung und Vertheilung erscheinen innerhalb der Feldspathmasse [73] Geolog. und petrograph. Beiträge ete. N. 1. Zwölfersp.-Gebiet. 215 der meisten Krystalle gelblichgraue, glasige, körnigrissige Partieen in matter, weisser Umhüllung. Fremdartige Einschlüsse in den Feldspath- Krystallen sind ziemlich häufig. Ausser den einzelnen Mineralien der Grundmasse kommt auch Grundmasse selbst als Einschluss und in Form von kleinen Apophysen vor. Vereinzelt treten ausser dem Hauptbestandtheil hin und wieder auch kleine röthlichbraune Augite auf. Selten und local beschränkt ist das Vorkommen von Quarzkörnern. Abänderungen und Fundorte: Das normale Hauptgestein ist in den Lagermassen nordöstlich vom Zwölferkopf, westwärts hoch ober Greinhof stark vertreten, es erscheint auch auf der Sattelhöhe zwischen Zwölfer- und Zehner-Rücken. Die Abänderungen nach Grösse, Meuge und Vertheilung der Feldspath-Ausscheidung sind nicht beson- ders auffallend. Bemerkenswerth ist die im Wildkaarboden auftretende Varietät des Labradorporphyrs. Das grossporphyrische Gestein zeigt Neigung zu der verschwommen grossflockigen Ausbildung, welche Gümbel an dem Proterobasgestein der Buttermühle bei Steben her- vorhebt. In der mehr graulich- als grüngefärbten Grundmasse über- wiegt feinkörniger Feldspath. Die grossen Labradore erscheinen in wenig scharfer Begrenzung vorwiegend mit Herauskehrung der grossen Tafelflächen, und das Gestein springt und klüftet eben gern nach der Richtung der Hauptspaltungsfläche der in einer Ebene liegenden Kry- "stallausscheidungen. Uebergänge in Gesteine mit verschwommen gross- bis kleinkörniger Textur sind nicht selten. Sehr reichlich vertreten sind hier die schwarzen Leistehen von Magneteisen. Hier schliessen sich auch die Abänderungen an, welche nur sehr zerstreute und vereinzelte grössere Feldspath-Ausscheidungen in feinkörniger bis mikrokrystallini- scher Grundmasse zeigen. In Val Porta am Pitzlat, am Rassas-Rücken und am Ausgang von Val di Rezzo wurden Findlinge derartiger, auch im Zwölfergebiet auftretender Varietäten constatirt. Es bilden diese Abänderungen den Uebergang zur nächsten Hauptabänderung der Reihe. 2. Labradorporphyre mit grüner aphanitischer Grundmasse. Die grünlichgraue Grundmasse lässt ausser eingesprengtem Eisenkies selbst unter der Loupe keinerlei individualisirte Gemengtheile erkennen. In wenig regelmässiger Vertheilung, aber nicht grade selten, sind darin ziemlich grosse (12—20Mm.) lange Kıystalltafeln eines matten, bläu- lichgrauen, zum Theil weisslich gestreiften Feldspathes (Labrador) aus- geschieden. Dieselben treten jedoch nur selten scharf aus der ähn- lich gefärbten Grundmasse heraus. Man findet diese Gesteine sowohl auf der Ostseite des Zwölfer- Rückens (Analyse Nr. 2) und Zehner-Rückens, als unter den Find- lingen in Val Porta. 3. Labradorporphyre mit schwarzer, mikrokrystallinischer bis dicht aphanitischer Grundmasse. Die Grundmasse ist bräun- lich- bis bläulichschwarz, einfärbig, von gleichförmig sandigrauhem, feinkrystallinischem bis dichtem, basaltartigen Aussehen. Von accesso- rischen Ausscheidungen ist darin kaum eine Spur zu sehen. Magnet- eisen und Eisenkies scheinen ganz zu fehlen oder nur äusserst sparsam vorhanden zu sein. 216 G. Stache und C. John. [74] Die Feldspath-Ausscheidung bedingt den Charakter des Ge- steins. Es erscheinen entweder nur kleine und mittelgrosse Krystall- tafeln in zerstreuter Vertheilung oder grosse und zahlreiche Tafeln. Dieselben zeigen meist die schmalen, langen Durchschnitte (von 8 bis 18 Mm. Länge), und die Gruppirung der Tafeln in Parallellagen und verschieden gekreuzten Figuren, wie der grüne Labradorporphyr. Die erste Form der Ausbildung ist am besten in dem gemischten Lager- strom des Zehnerkopfs im Wildkaar (Analyse Nr. 5), die zweite in der Sobrettagruppe in der Nähe des Passes zwischen Val di Rezzo und Val dell’ Alpe (Analyse Nr. 4) vertreten. In dem schönen Gestein dieses weit ausserhalb der Zwölfermasse gelegenen Fundpunktes hat der überwiegend weisse porzellanartig matte Feldspath ziemlich häufig frische glasglänzende, hell bräunlich gefärbte Partieen, und auf diesen Flächen Stellen mit ausgezeichneter Plagioklasstreifung. Zwischen-Nuancen jeder Art verbinden diese beiden texturellen Abänderungen, welche sich an der Ostseite des Zwölfer- und Zehner- Rückens in besonders reicher Vertretung vorfinden. Diese Gesteine, und zwar besonders die Mittelformen, erinnern im angewitterten Zustande ausserordentlich an die porphyrisch aus- gebildeten Abänderungen der karpathischen Trias-Melaphyre südwärts der hohen Tatra. b) Unvollkommen kleinporphyrische und körnige Pro- terobase. Eine grosse und sehr mannigfaltige Reihe von mittelkörnigen (Gesteinen. 1. Zerstreut und unregelmässig aus dem körnigen Gemenge hervor- tretende, nur selten auch einzelne, etwas grössere Feldspathe vermitteln einen Uebergang zu den Labradorporphyren (a. 1). Im Uebrigen sieht man die feinkörnig ausgeschiedenen Gemengtheile der Grundmasse des grünen Labradorporphyrs in gröberer Auflage wieder. Eisenkies ist reichlich vertheilt. Quarzkörner treten sporadisch auf. Fundorte: Östseite des Zwölfer-Rückens, gemischter Hauptstrom im Wildkaar (Analyse Nr. 5). 2. Vollkommen kleinkörnige Proterobase. Sehr schöne, weiss und grün melirte Gesteine, in denen der körnige Feldspath sich noch gut von dem Augit, Hornblende und Chloropit enthaltenden zweiten Gemengtheil absondert. Die Gesteine sind alle reich an Eisen- kies, zum Theil auch an Magneteisen. Quarzkörner, zum Theil ziem- lich grosse, sind stellenweise gar nicht selten. An der Zusammen- setzung der Lagermassen südlich vom Zehnerkopf, besonders der- jenigen, auf welche man vom Gipfelpunkte südwärts zuerst stösst, nehmen diese Gesteine einen sehr wesentlichen Antheil (Analyse Nr. 6). 3. Gleichförmig feinkörnige Proterobase. Diese Ge- steine zeichnen sich durch dunklere, schmutziggrüne bis grünlichgraue Färbung aus. Der Feldspath-Bestandtheil erscheint unter der Loupe grünlich gefärbt und etwas zurücktretend gegen die schwärzlichen und grünen Körner, Fasern und Putzen. Eisenkies und Magneteisen ist immer vorhanden, ersterer häufig ziemlich reichlich. 175] Geolog. und petrograph. Beiträge etc. Nr. 1. Zwölfersp.-Gebiet. 217 Die hinteren Lagermassen des Wildkaars unter der Zwölferkuppe zeigen diese Ausbildungsform zum Theil ganz überwiegend. Ueberdiess wurden im hintersten Schlinigthal gegen den Rassas-Rücken zu Vor- kommen dieser Art constatirt. c) Aphanite. Vom Standpunkt des äusseren Aussehens lässt sich über diese und ähnliche Gesteine überhaupt nicht viel sagen. In der Farbe wech- seln sie von hell grünlichgrau, durch verschiedene dunklere Nuancen bis in ein Schwarz mit leichtem Stich in’s Grüne. Eisenkies ist in einzelnen Körnchen, feinen Aggregaten und Schnürchen vorhanden. Kalkspath tritt in einzelnen Klüften und Adern auf. Als Einschlüsse im Quarzporphyr der Zwölfergruppe (Analyse Nr. 8, vgl. Taf. II, Fig. 1, 2 und 3) zeigen sie meist lichtere, grau- lichgrüne Farben. Das schwarze Aphanitgestein von den hintersten Lagermassen im Wildkaar unterhalb der Zwölferwand (Analyse Nr. 9) ist das an Kieselsäure ärmste Glied der ganzen Reihe. Es zeigt den Durchschnittsgehalt der meisten Diabase. Der im Quarzporphyr eingeschlossene Aphanit ist das kieselsäurereichste Glied dieser Aus- bildungsform. Es enthält frei ausgeschieden einzelne Quarzkörner und hat nahe Verwandtschaft mit der Grundmasse des nächstfolgenden Gesteins. d) Uebergangs-Gestein zwischen der Diabas-Reihe und Felsit-Reihe. Grenz - Gestein zwischen der basischen und sauren Abthei- lung des gemischten Lagerstromes am Zehnerkopf (Analyse Nr. 7).') Die hellgraue, einen leichten Stich in’s Grüne zeigende Grundmasse überwiegt. (Nach der chemischen Analyse und der mikroskopischen Untersuchung ist sie von derjenigen der aphanitischen Gesteine der Diabasreihe nicht wesentlich verschieden.) In derselben erscheinen kleine und mittelgrosse Feldspath-Ausscheidungen als nur matte, selten etwas schärfer begrenzte Flecken und Quarzkörner. Letztere sind nicht local an einzelne Partieen des Gesteins gebunden, wie in den vom Quarzporphyr umschlossenen Aphanitstücken, sondern etwas ungleich- föormig durch das ganze Gestein verstreut (2—5 Korn auf 20 [_]Mm. Gesteinsfläche). Mikroskopische Untersuchung, Allgemeiner Charakter der Gesteinsgruppe. Die vorbeschriebenen Gesteine der Diabasreihe erscheinen in Dünnschliffen unter dem Mikroskop als ein Gemenge von vorwal- tendem Feldspath mit Augit, Hornblende und einem chloritischen Mineral. Letzteres zumeist durch Umwandlung aus dem Augit und der Hornblende entstanden, entspricht Gümbel’s Chloropit. 1) Die bisher und weiterhin angegebenen Nummern der Analyse beziehen sich auf die Nummern der in den weiterhin folgenden Tabellen zusammengestellten Analysen (Nr.1 bis Nr. 9, Seite [84], [85] und [86]. 218 G. Stache und C. John. [76] Nebst diesen .Gemengtheilen erscheint Magnetit, Schwefelkies und Apatit, in einigen Gesteinen auch Quarzkörner in mehr oder weniger bedeutender Menge. i Unter diesen Bestandtheilen wiegt der oder jener mehr oder weniger vor, tritt etwas zurück oder verschwindet ganz. Der Feldspath-Bestandtheil ist quantitativ am reichlichsten vertreten. Anders ist das Verhältniss bei Augit und Hornblende. Der Augit ist wohl in den meisten Gesteinen vorhanden, tritt aber oft auch ganz untergeordnet auf und verschwindet sogar ganz. Hornblende ist auch in manchen Abänderungen der Reihe ziemlich reichlich, an anderen wieder gar nicht vertreten. Chloropit ist in allen Gesteinen vorhanden, tritt aber nicht selten zurück gegen die anderen Bestandtheile. Die ganze Reihe von Gesteinen bildet ein Verbindungsglied zwi- schen Dioriten und Diabasen, welches sich im Ganzen jedoch mehr den Diabasen nähert. Auffallend ist das Vorkommen von Quarz in einigen dieser Ge- steine, umsomehr, als dieselben nebenbei, wenn auch in geringerer Menge, als die quarzfreien Gesteine, Augit enthalten. Im Ganzen schliessen sich demnach diese Gesteine auch in ihrer mikroskopischen Beschaffenheit den von Gümbel unter der Bezeich- nung Diabas und Proterobas beschriebenen Gesteinen des Fichtel- gebirges an. Abänderungen, welche, bezüglich des Hornblendegehaltes so nahe an die Diorite heranreichen, wie die von Gümbel unter dem Namen „Epidiorit“ beschriebenen Gesteine, wurden nicht beobachtet. Die einzelnen Bestandtheile der Gesteinsreihe zeigen folgende Eigenschaften: Der Feldspath stellt sich unter dem Mikroskope meist als stark zersetzt dar; er ist durchspickt mit grauen Körnchen und Nädelchen, und daher an den meisten Stellen undurchsichtig: Einzelne Partieen, an denen man eine lamellare Zusammen- setzung deutlich sehen kann, zeigt fast jedes Gestein. Daneben kommen auch recht klare Feldspathe vor, und andere wieder, die in ihrer ganzen Masse undurchsichtig sind und an keiner Stelle deutliche Pola- risationsfarben zeigen. Der in grossen Tafeln ausgeschiedene Feld- spath der porphyrisch ausgebildeten Abtheilung der Reihe ist Labra- dor, wie diess die chemische Analyse eines dieser Feldspathe evident nachwies. Die kleineren Individuen, die die Grundmasse zusammensetzen, dürften dem hohen Kieselsäuregehalt der chemisch untersuchten Ge- steine nach wenigstens theilweise einem sauren Plagioklas, Andesin oder Oligoklas zuzuzählen sein. Es spricht dafür auch, dass die klei- neren, die Grundmasse zusammensetzenden Feldspathe immer weniger trübe erscheinen, als die grossen ausgeschiedenen Labradore. Man kann also wohl annehmen, dass in den meisten Gesteinen zweierlei Plagioklase vertreten sind, nämlich Labrador und Oligoklas im wei- teren Sinne des Wortes. Orthoklas konnte mit Sicherheit nur in dem Labradorpor- phyr (Analyse Nr. 1) von der Ostseite des Zwölfer-Rückens, von wel- chem sehr viele Schliffe untersucht wurden, nachgewiesen werden; es [77] Geolog. und petrograph. Beiträge ete. Nr. 1. Zwölfersp.-Gebiet. 219 ist aber mit Rücksicht auf die Analysen der Gesteine anzunehmen, dass die meisten der Gesteine Orthoklas enthalten. Die sichere Con- statirung desselben ist dadurch ungemein erschwert, dass die meisten der Feldspathe trüb sind und daher keine Polarisationsfarben mehr geben. Der Augit zeigt im Dünnschliff durchwegs hellbraune Farbe und erscheint selten in vollkommen ausgebildeten Krystallen. Die im Dünnschliff erscheinenden Krystalldurchschnitte sind meist ziemlich stark abgerundet, so dass man sie als Körner-Durchschnitte bezeichnen muss. Der Augit kommt sowohl in einfachen Krystallen, als auch häufig als Zwilling vor. Unregelmässige Risse zeigen die meisten Individuen, und ihre Ränder sind häufig in eine grüne chloritische Substanz verwandelt. Am frischen Augit bemerkt man keinen oder nur äusserst schwachen Dichroismus; der zersetzte, in chloritische Substanz verwandelte da- gegen ist in der Umrandung deutlich dichroitisch. Behandelt ‚man einen Augit, der nur an seinen Rändern in Chlorit umgewandelt erscheint, im Dünnschliff mit Salzsäure, so löst sich der chloritische Rand auf und der Kern des noch frischen Augites bleibt zurück. Hornblende erscheint in den untersuchten Gesteinen im Ganzen nicht in grosser Menge. In einzelnen Gesteinen sind grosse rissige, stark dichroitische Säulen von Hornblende vorhanden, meist jedoch erscheint dieselbe in kleinen, ebenfalls stark rissigen Nädelchen, die stark mit Magnetit durchsetzt erscheinen. Die Hornblende ist noch mehr als der Augit der Umwandlung in die chloritische Substanz aus- gesetzt gewesen. Diess zeigt sich auch sehr gut bei der Behandlung des Dünnschliffes mit Salzsäure. Wie beim Augit wird der chloritische Theil zerstört, während die noch unzersetzte Hornblende von der Salzsäure nicht weiter affieirt erscheint. Der chloritische Bestandtheil (Chlorophaeit oder Chlo- ropit) ist in allen Gesteinen vorhanden und erscheint in zwei Formen, nämlich in ganz kleinen unregelmässigen Partieen, die in der ganzen Masse vertheilt sind und als Zersetzungsproduct der Hornblende und des Augits. In diesem Falle behält er oft ganz die Form von Hornblende bei und ist von derselben nur durch den schwächeren Dichroismus und sein Verhalten gegen Säuren zu unterscheiden. Oft ist nach der Be- handlung mit Salzsäure der grösste Theil einer solchen hornblende- artigen Säule aufgelöst, und nur einzelne Partieen bleiben zurück, die noch als Rest der ursprünglichen Hornblende anzusehen sind. Solche Säulen haben an verschiedenen Stellen verschieden starken Dichroismus, selbst dann, wenn sie im gewöhnlichen durchfallenden Lichte eine gleichmässige grüne Farbe zeigen. Ebenso verhalten sie sich im polarisirten Licht zwischen den Nikols; manche Stellen er- scheinen nur hell und dunkel, oder zeigen bloss schwache Polari- sationsfarben, während andere ziemlich starke Polarisationsfarben geben. Die grünen unregelmässigen Partieen des Chlorits werden bei Drehung der Nikols oft nur hell und dunkel; die Polarisationsfarben gebenden Durchschnitte zeigen dieselben meist wenig lebhaft. Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1877. 27.Band.2. Heft. (G. Stacheu.C. John.) 29 220 Dr. G. Stache und C. John. [78] Biotit kommt in einzelnen der Gesteine vor und zwar in Form von kleinen rothbraunen Leistehen und Blättchen. Derselbe zeigt sehr starke Absorption. Magnetit und Schwefelkies kommt in den meisten der Gesteine vor, wahrscheinlich auch Titaneisen. Bei der Behandlung mit Salzsäure verschwindet ein Theil der schwarzen Körner, während der andere Theil ungelöst bleibt. Apatit kommt in langen Nadeln in vielen der Gesteine vor, nimmt aber immer nur eine untergeordnete Rolle ein. Quarzkörner finden sich vereinzelt vorwiegend nur in jenen Schliffen, welche von Gesteinsstücken genommen wurden, die nach- weisbar von directen Contactstellen mit Quarzporphyr stammen oder wenigstens in der Nähe dieses Gesteins auftreten. Specielles über die Dünnschliffe der einzelnen Gesteinsformen. a) Typisch porphyrisch ausgebildete Gesteine Labradorporphyre). Die Grundmasse dieser Gesteine ist überwiegend über die grossen darin ausgeschiedenen Labradore, und zeigt sich unter dem Mikro- skope als ein feinkrystallinisches Gemenge von Feldspath mit Chloropit, Augit, etwas Hornblende, nebst etwas Magnetit und Pyrit. «) Gesteine mit feinkörniger Grundmasse und zahlreichen grösseren scharf- begrenzten Labradorkrystallen. 1. Labradorporphyr der Lagermassen nordöstlich von der Hauptkuppe (Analyse Nr. 1 a, b, ce). Das Ergebniss der Untersuchung von 6 Dünnschliffen ist fol- gendes: Die über die Einsprenglinge überwiegende Grundmasse dieses Gesteins stellt sich als körniges Gemenge von Plagioklas, Augit, Chlo- ropit, wenig Hornblende, etwas Orthoklas, nebst Magnetit und Eisen- kies dar, in dem überdiess nicht grade reichlich kleine Apatitnadeln eingestreut liegen. An einzelnen Punkten zeigt das Gestein im Dünn- schliff zahlreiche kleine Leistehen und unregelmässig gelappte Blätt- chen eines rothbraun erscheinenden Biotits mit sehr starker Ab- sorption. Der Plagioklas der Grundmasse zeigt stellenweise die schönste polysynthetische Zwillings-Zusammensetzung; sehr oft aber ist er trübe und sein lamellarer Bau nicht mehr erkennbar. Einzelne kleine Durchschnitte, die, wenn auch getrübt, doch deut- liche Polarisationsfarben zeigen und keine Zwillingsstreifung erkennen lassen, sondern als einfache Krystalle erscheinen, können nur als Or- thoklas gedeutet werden. Augit ist reichlich in ‚kleinen Durchschnitten von hell roth- brauner Farbe vertreten, deren Umrandung meist in Chlorit umwan- delt ist. [79] Geolog. und petrograph. Beiträge etc. Nr. 1. Zwölfersp.-Gebiet. 991 Chloropit erscheint in der Form von Säulchen und in unregel- mässigen Putzen und Partieen von grüner Farbe mit ziemlich starkem Dichroismus. | Hornblende in unveränderter Beschaffenheit ist selten; sie er- scheint in kleinen rissigen, stark dichroitischen Säulchen von grüner Farbe. Magnetit ist fast nur in Form von lang gezogenen Leistchen vorhanden: Körner und quadratische Durchschnitte fehlen. Die grossen, in der Grundmasse ausgeschiedenen Plagio- klase (Analyse Nr. 1a) sind wohl zumeist trübe und zersetzt; aber sie zeigen doch hinreichend oft klare, nicht zersetzte Stellen mit ausge- zeichneter, fein lamellarer Zusammensetzung. 2. Labradorporphyr von dem mittleren Hügel im Wildkaar. Bei diesem durch grosse fleckenartige Labrador- Ausschei- dungen ausgezeichneten Gestein besteht die vorherrschend feinkörnige Grundmasse in den untersuchten zwei Dünnschliffen vorwiegend aus Feldspath, gelbbraunem Augit, unregelmässig begrenztem grünem, deut- lich dichroitischem Chloropit, Leistchen von Magnetit und unregelmäs- sigen Partieen von Schwefeleisen. In dieser Masse liegen grosse, deutlich polysynthetisch zusammengesetzte Plagioklase, die zwar ziem- lich zersetzt erscheinen, aber doch an einzelnen klareren Stellen deut- liche Polarisationsfarben zeigen. In der ganzen Grundmasse sind zahlreiche Nadeln von Apatit vorhanden. 8) Gesteine" mit einer helleren aphanitischen Grundmasse. Die Gesteine, die dieser Gruppe angehören, sind meist stark zer- setzt, sie enthalten daher mehr Chloropit, als die anderen Glieder der Gesteinsreihe. Auch die grossen ausgeschiedenen Feldspathe sind stark trübe und zeigen nur stellenweise klarere Partieen. 3. Das typische Gestein für diese Gruppe bildet der nordöst- lich vom Zwölferspitz vorkommende Labradorporphyr (Ana- lyse Nr. 2). Die Grundmasse desselben besteht aus einem Gemenge von Feld- spath mit ziemlich zersetztem Augit, Chloropit, Magnetit und etwas Schwefelkies, zwischen dem einzelne mehr oder weniger zersetzte Hornblendenadeln sich befinden. Der Chloropit tritt hier im Verhältniss in bedeutender Menge auf und bedingt dadurch die in’s Grüne spie- lende Farbe der Grundmasse. In dieser Grundmasse erscheinen grosse, unregelmässig begrenzte, sehr stark zersetzte Feldspathe, die nur hie und da noch Andeutungen ihres lamellaren Aufbaues erkennen lassen. 4. Gestein von Val Porta unter dem Pizlat. Im Dünn- schliff stellt sich dieses Gestein der Hauptmasse nach als ein Gemenge von vorherrschendem Feldspath mit etwas Augit, viel Chloropit und wenig Magnetit dar. Die Grundmasse ist noch feinkörniger, als die des vorbeschrie- benen Gesteines und herrscht weitaus vor gegen die eingesprengten Feldspathe. 29+ bop) Dr. G. Stache und C. John. | [80] Der Chloropit ist in kleinen unregelmässigen Partieen oder Nädelchen vorhanden, von grüner Farbe, und zeigt ziemlich deutlichen Dichroismus; er dürfte grossentheils durch Zersetzung von Hornblende entstanden sein. Der Augit ist stark zersetzt und grossentheils in Chlorit ver- wandelt, so dass nur in der Mitte ein Kern unzersetzten Augites sich vorfindet. Es finden sich auch einzelne rissige Nädelchen von noch nicht zersetzter Hornblende vor. An vielen Stellen ist, wenn auch in untergeordneter Menge, Glasbasis bemerkbar, die sich zwischen den einzelnen, die Masse zusammensetzenden Bestandtheilen eingezwängt befindet. In der be- schriebenen, weitaus vorherrschenden Grundmasse sind nun einzelne grosse, sehr zersetzte Feldspathe vorhanden, die nur mehr Andeutungen von lamellarem Aufbau zeigen. y) Gesteine mit schwarzer aphanitischer Grundmasse und kleinen, ziemlich zahlreich ausgeschiedenen Feldspathen. . 5. Labrador-Porphyr der Basis des gemischten Lagerstromes des Zehnerkopf im Wildkaar (Analyse Nr. 3).. — Die bedeutend vorherrschende Grundmasse dieses Gesteines er- - scheint im Dünnschliff als eine sehr fein krystallinische Masse, aus Feldspath und zahlreichen graubraunen, schwach durchsichtigen Körn- chen und Nädelchen bestehend, die vielleicht zersetzte Hornblende darstellen, und als eine Art erdiger Chlorit bezeichnet werden können; daneben ist noch etwas Magnetit und rothbraune, deutlich dichroi- tische, weniger zersetzte Hornblende in ganz kleinen unregelmässigen Säulchen in untergeordneter Menge vorhanden. Der in dieser Masse ausgeschiedene Feldspath erscheint im Dünn- schliff ziemlich klar und enthält nur einzelne trübe Partieen. Er zeigt polysynthetische Zwillings-Zusammensetzung. Hie und da, jedoch sehr selten, sind auch einzelne grössere hellbraune Augitdurchschnitte im Dünnschliffe zu sehen. d) Gesteine mit schwarzer aphanitischer Grundmasse und zahlreich ausgeschiedenen grossen Feldspathen. 6. Grossporphyrisches Gestein zwischen Val dell’ Alpe und Val di Rezzo (Analyse Nr. 4). — Die scharf geschie- dene, sehr feinkrystallinische Grundmasse besteht aus Feldspath, einem erdigen, chloritischen Bestandtheil, Magnetit und etwas stark zersetztem Augit. Der Chlorit erscheint in ganz kleinen Partieen, die ziemlich zersetzt und trübe erscheinen und von schmutziggrüner Farbe sind, doch aber ziemlich deutlichen Dichroismus zeigen. Der Chlorit dürfte durch Zersetzung von ursprünglich vorhandener Hornblende ent- standen sein, da er oft in Form von kleinen Nädelchen auftritt, von wel- chen manche eine Art rissiger Beschaffenheit und stärkeren Dichrois- mus zeigen, und vielleicht auch jetzt noch theilweise als Hornblende anzusehen sind, — le [81] Geolog. und petrograph. Beiträge etc. Nr. 1. Zwölfersp.-Gebiet. 223 In dieser Grundmasse erscheinen nun grosse Plagioklase ein- gebettet, daneben aber auch einzelne Augite und Krystalldurchschnitte von Hornblende, die aber nie, auch nur annähernd, die Grösse der ausgeschiedenen Plagioklase erreichen. b) Körnig kleinporphyrische und einfach kleinkörnige Gesteine. a) Kleinporphyrische Gesteine. Kleinere Feldspäthe sind in zahlreicher Menge ausgeschieden und heben sich aus der fein- bis kleinkörnigen Grundmasse nicht so scharf, wie bei den Gesteinen mit typisch porphyrischer Textur ab. 1. Hauptgestein der basischen Abtheilung des ge- mischten Lagerstromes am Zehnerkopf (Analyse Nr. 6). — Die Untersuchung von drei Dünnschliffen zeigte, dass die Hauptmasse des Gesteins aus etwas grösseren Feldspathkrystallen besteht, die deut- lich die Zwillings-Zusammensetzung des Plagioklases erkennen lassen; überdiess nimmt ziemlich viel hellbraun erscheinender, häufig in Zwil- lingsform ausgebildeter Augit an der Zusammensetzung Theil. Die Ränder der Augitdurchschnitte sind häufig in eine chlori- tische, dichroitische Substanz umgewandelt. Chloropit durchschwärmt in kleinen Partieen die ganze Masse des Gesteins. Dazu treten einzelne rissige Nadeln von stark dichroi- tischer grüner, nur theilweise auch in Chlorit verwandelter Hornblende, nebst etwas Magnetit und Schwefelkies, und endlich Apatit, der in sehr feinen Nadeln in der Grundmasse zerstreut erscheint. Ziemlich zer- setzte grössere Plagioklase unterbrechen hie und da das gleichförmige Gemenge. 2. Gestein der letzten Lagermasse nördlich vom Zehnerkopf. — Die Dünnschliffe zeigen ein körniges Gemenge eines meist sehr deutlich an der polysynthetischen Zwillings-Zusammen- setzung erkennbaren Plagioklases mit zahlreichen hellbraunen,. kleinen Körnern von Augit, grünem Chloropit und Hornblende. Der Chloropit erscheint in kleinen unregelmässigen Partieen, die Hornblende in ris- sigen Säulchen oder in Krystalldurchschnitten, mit theilweiser Umwand- lung in Chloropit. Magnetit kommt durch die ganze Masse zerstreut in Körnern und Leistchen vor, ebenso Schwefeleisen. In dieser Masse sind überdiess ziemlich zahlreich grössere, meist trübe, stellenweise jedoch noch klare Plagioklase mit sehr fein lamellarer Zusammensetzung ein- gestreut. 3. Grenzgestein der Proterobase gegen den Quarzpor- phyr (Analyse Nr. 7). — Die eigentliche Grundmasse dieses Gesteins ist sehr feinkörnig — fast aphanitisch — und besteht aus ziemlich zersetztem Feldspath, der meist trübe erscheint und keine deutlichen Polarisationsfarben zeigt, mit stark zersetztem Augit und etwas Magnetit; dazwischen sind etwas grössere Krystalldurchschnitte und Nadeln eines im Schliff sehr lichtgrün erscheinenden Minerals sichtbar, das aber trotz seiner lichten Farbe doch ziemlich deutlichen Dichroismus 294 Dr. G. Stache und C. John. | [82] zeigt, aber meistens zwischen den Nikols nur hell und dunkel wird, und wohl auch als in Chlorit umgewandelte Hornblende angesehen werden kann. Ferner sind nicht grade selten grössere Quarz körner und vereinzelte Augit-Krystalldurchschnitte im Dünnschliff bemerkbar. Endlich befinden sich darin grosse, vollkommen trübe Feldspathe eingesprengt, die der Analogie mit den an deren hier beschriebenen Gesteinen nach wohl Plagioklase sein dürften. 8) Kleinkörnige Gesteine. 1. Körniges Gestein der Lagermasse südlich vom Zehner-Hauptlager (Analyse Nr. 5). — Im Dünnschliffe sieht man, dass dieses Gestein aus vorwaltendem Plagioklas, Hornblende, etwas stark zersetztem Augit und unregelmässigen Partieen von Chloropit, nebst etwas Magnetit und Schwefelkies besteht. Der Plagioklas ist verhältnissmässig frisch und zeigt deutlichen lamellaren Aufbau. Die Hornblende erscheint in grösseren rissigen Säulen, ist von ziemlich lichter grüner Farbe und zeigt nicht beson- ders starke Absorption; dieselbe ist vielfach in Chlorit verwandelt. Augit ist im Ganzen wenig vertreten und grösstentheils zersetzt, und nur an manchen Stellen sind eine ganze Masse von kleineren Augittrümmern, die meist in chloritische Substanz verwandelt sind, angehäuft. Ueberdiess erscheinen vereinzelt grosse Quarzkörner. Hierher gehört auch ein körniges Gestein vom Nordostabhang der Zwölferspitze, welches allmählig in das bei den Labradorporphyren beschriebene Gestein übergeht. Dasselbe erscheint im Dünnschliff als ein Gemenge von vorwal- tendem Plagioklas, der ganz deutlich und schön polysynthetische Zwillings- Zusammensetzung zeigt, mit grösseren Körnern von lichtbraunem Augit, ziemlich viel grünem Chloropit, dann einzelnen Säulchen von grüner, theilweise in Chloropit umgewandelter Hornblende, und einzelnen Leist- chen von braunem, sehr starke Absorption zeigendem Biotit, nebst etwas Magnetit und Schwefelkies. 2. Feinkörniges, dunkles Gestein der hintersten Lager- masse des Wildkaar-Gebietes. — Das Gestein stellt sich im Dünnschliff als ein Gemenge von Feldspath, der meist sehr schön als Plagioklas erkennbar ist, viel Augit, etwas Chloropit, einzelnen Horn- blende-Nadeln und Magnetit dar. Die Hornblende erscheint in grünen und braunen kleinen Säul- chen, die ziemlich starken Dichroismus zeigen. Der Chloropit ist in kleineren Schüppchen und unregelmässigen Partieen im Gesteine ver- theilt. Der Augit zeigt licht rothbraune Durchschnitte von meist rund- lich begrenzter Form und ist an einzelnen Stellen theilweise in Chlo- ropit verwandelt. Diese Gesteine sind durch feine Nuancen mit den für das freie Auge vollkommen dicht erscheinenden aphanitischen Abänderungen ver- [83] Geolog. und petrograph. Beiträge ete. Nr. 1. Zwölfersp.-Gebiet. 235 bunden, welche vielfach durch das völlige Zurücktreten des Hornblende- Bestandtheils sich ganz und gar den typischen Diabasen anschliessen. 3: Feinkörniges dunkles Gestein aus dem Schlinig- thal. — Im Dünnschliff sieht man ein krystallinisches Gemenge von vorwaltendem Feldspath mit sehr licht gefärbtem Augit, Magnetit und etwas Chloropit, in dem einzelne etwas grössere Plagioklase ausge- schieden sind, die aber nur wenig grösser sind, als die in grösserer Menge vorhandenen, die eigentliche Masse des Gesteins zusammen- setzenden Feldspathe, welche übrigens häufig auch ganz deutlich als Pla- gioklase erkennbar sind, während andere so zersetzt sind, dass eine nähere Unterscheidung derselben nicht möglich ist. Chloropit erscheint im Ganzen selten in unregelmässigen licht- grünen Partieen. Auch kleine Durchschnitte von braunem, stark dichroitischem Biotit sind in der Masse des Gesteins vertheilt. c) Aphanitische Gesteine. 1. Schwarzer Aphanit der hintersten Lagermasse im Wildkaargebiet (Analyse Nr. 9). — Dieses Gestein erscheint im Dünnschliff als ein feinkrystallinisches Gemenge von Feldspath, der sich meist als Plagioklas deutlich erkennen 4ässt, mit stark zersetztem, in kleineren abgerundeten Krystalldurchschnitten erscheinendem Augit, dann mit sehr lichtgrünem, schwachen Dichroismus zeigendem Chlo- ropit, etwas Magnetit und Pyrit. Auch kleine, nicht eben häufige Leistechen und Blättchen von braunem, stark dichroitischem Biotit sind im Dünnschliffe dieses Gesteines zu bemerken. 2. Gestein aus der Mitte des Wildkaar-Bodens — Dieses Gestein erscheint ebenso, wie es makroskopisch als gleich- artige Masse sich darstellt, auch im Dünnschliff als ein gleichartiges krystallinisches Gemenge. Es besteht aus Feldspath, der meist zer- setzt und trübe erscheint; daneben ist noch Chloropit reichlich in un- regelmässigen Partieen und Schüppchen von grüner Farbe, und Magnetit in Körnern und Leistchen vorhanden. Ausserdem finden sich noch accessorisch hie und da einzelne Quarzkörner in die Masse eingestreut, auch unzersetzte Hornblende in Form von kleinen rissigen Säulchen mit starkem Dichroismus kommt nicht grade selten in dem Gesteine vor; der grösste Theil der ursprüng- lich wohl in grösserer Menge vorhandenen Hornblende ist jedoch in Chlorit verwandelt. 3. Aphanite des Nordostabhangs der Zwölferspitze. — Dieses Gestein stellt sich im Dünnschliffe als ein Gemenge von ziemlich stark zersetztem Feldspath mit Magnetit, etwas Schwefelkies und Partieen eines grünen, erdig aussehenden chloritischen Minerals dar, zwischen welchem Gemenge man hie und da Partieen einer im Dünnschliff graulich erscheinenden Glasmasse bemerkt, die zwischen gekreuzten Nikols ganz dunkel erscheint. Hie und da sieht man auch einzelne stark zersetzte Augite und kleine Nädelchen von Hornblende, sowie kleine rothbraune Leistchen von Biotit. 296 Dr. G. Stache und C. John. [84] 4. Aphanit-Einschlüsse im Quarzporphyr südlich unter der Zwölfer-Hauptkuppe (Analyse Nr. 8). — Ganz die- selbe Beschaffenheit, wie bei der vorbeschriebenen, zeigt sich auch bei diesen Gesteinen. Ein Unterschied besteht nur darin, dass sie mehr- fach, besonders in der Nähe der Abgrenzung gegen den umhüllenden Quarzporphyr grosse Quarzkörner enthalten. Chemische Zusammensetzung. Wir schicken das Resultat der ausgeführten Analysen in tabella- rischer Anordnung einer kurzen Besprechung voran: a) Typisch porphyrisch ausgebildete Gesteine der Reihe (Labradorporphyre). | anne | Nr. 1 | Nr.2 | Nr. 3 | Nr. 4 s Re RN Aphani- |; Aphani- | Aphani- Mikrokrystallinisch bis fein- |.: : : Grundmasse RT Kar tisch hell-| tisch tisch a grünlich | schwarz | schwarz Klein bis) ’ \ Gross Ausgeschie- Gross, ver-| mittel- dener ne A: INSEENZb schwomm. scharf Be Labrador sparsam | nicht keichlich sparsam Wildkaar Sobretta . Nordöstl. | Gemischt.| __. Hauptgestein zwischen Fundort Felsköpfe, NO unterhalb |Wnter der) Haupt- | yy] dei) 5 ; Zwölfer- | strom des der Zwölfer-Spitze Spitze | Zehner- Alpeu.Val kopfs di Rezzo u —— _— in! Chemische 2. b. c. Bestandtheile |Feldspath | Grundmasse | Bauschal | Bauschal | Bauschal | Bauschal Kieselsäure - | 53:19 | 55-46 | 5462 | 5455 | 5518 | 5175 Thonerde - 29:86 18:42 20:76 20:10 16:80 18'96 Eisenoxyd - —_ 5:13 4:85 1:72 1'93 2:34 | Spur Eisenoxydul == 5'26') 5:07 566 | 10:37 10'42 Kalk - - - 10:23 6°56 676 801 690 6.84 Magnesia - - Spur 3:98 2:98 3:78 2:62 325 Kali. - - - 1'23 2:78 2:15 1.42 2:42 1:93 Natron - - 4:62 2:36 3:78 3.36 3:20 3-45 Mangan Spur Spur Spur — —_ Glühverlust - 1:23 1:00 098 153 1:63 1'23 Summe 10036 10107 10185 | 100'13 101°10 100:17 Dichte - 2:6915 — 2'875 2'903 2'818 2'837 ') Die Eisenoxydul-Bestimmung wurde in der Art ausgeführt, dass das Ge- stein in zugeschmolzenen Röhren mit Schwefelsäure und Flusssäure aufgeschlossen und dann das Eisenoxydul mit Chamäleon titrirt wurde. [85] Geolog. und petrograph. Beiträge ete. Nr. 1. Zwölfersp.-Gebiet. 997 b) Kleinporphyr. u. körnige Gesteine. c) Aphanite. ee , , —— _ — — nn —— ———— — — —/ arurunge- | NT. 5 | Nr. 6 Nr. 7 Nr. 8 NEU Grundmasse grünlich Re Feinkörnig , oder körniges | ungleich- leichfänmig bis dichtapha-| Graulich | Schwarzgrau Haupt- förmig gr nitisch, n fast- sch gemenge kleinkörnig kleinkönnie grünlichgrau EN Ne klein porphy- N | “ FE Be ur local und kleine Ausgeschie- en accessorisch | hellere Feld-| Yereinzelt dene grössere nei] Dr: . | kleine und | spathflecken 0 Bestandtheile | Las, |, grosse und wenig Augit Bang Quarzkörner a Wildkaar j Wildkaar : ee sl Wildkaar | Grenzgestein || Zwölferspitz Me dert -. |d a 1. Lagerstrom| von Nr. 5 Einschluss | Sr ec uu nn südlich vom | gegen die im Z A en d (b,) Zehnerkopf |Quarzporphyr- Quarzporphyr \ Zr “ | decke Rü ücken Chemische | | \ Bauschal Bauschal Bauschal Bauschal Bauschal Bestandtheile Kieselsäure 54:55 55'35 59:80 56.79 46°65 Thonerde 15:15 1751 1645 15:60 17:80 Eisenoxyd - 4:62 3:39 5:19 4:38 313 Eisenoxydul | 10:42 761 5:80 7:28 10:33 Kalk 6:06 6:36 4:94 5:18 10:14 Magnesia - 2:93 1'45 2:67 1:96 4:00 Kali 1:20 3'45 2:62 1:68 3:08 Natron 4:25 351 2:40 345 3:10 Mangan - — — Spur _ Glühverlust 1-97 1:82 1:79 370 2:32 Summe - | 10115 100:45 101:66 100:02 10055 | Dichte - - | 2.828 | 2.794 2:786 2:775 2'845 Jahrbuchd.k.k. geol. Reichsanstalt. 1877. 27. Band. 2. Heft. (G. Stache u. C. John.) 30 298 Dr. G. Stache und C. John. [86] Die chemische Zusammensetzung der untersuchten proterobas- artigen Gesteine der Zwölferspitz-Gruppe stimmt nur mit der der sauer- sten aller jener Gesteine überein, welche bisher unter die Diabas- gruppe eingereiht wurden. Die von Roth unter der Rubrik Diabas zusammengefassten Gesteinsanalysen (etwa 41 Nummern) zeigen nur fünf Gesteine, die einen so hohen Kieselsäuregehalt (53—59°/,) auf- weisen, wie die hier vorliegenden Analysen; besonders die in neuerer Zeit untersuchten Diabase ergaben immer einen niederen Kieselsäure- gehalt (40—49°/,)- Es ist sehr wahrscheinlich, dass die proterobasartigen Gesteine, die hier beschrieben wurden, neben dem makroskopisch ausgeschie- denen Labrador auch noch einen anderen saureren Plagioklas ent- halten, der den Kieselsäuregehalt der Gesteine erhöht. Es ist anzu- nehmen, dass wenigstens ein Theil des die Grundmasse zusammen- setzenden Feldspathes ein saureres Glied der Kalk-Natron-Feldspath- Reihe, etwa Andesit oder Oligoklas, ist, denn alle die Gesteine zusam- mensetzenden Bestandtheile dürften, wenn man den ganzen Feldspath als Labrador annimmt, einen mehr oder weniger geringeren Kiesel- säuregehalt haben, als die Bauschalanalyse im Durchschnitt ausweist, nämlich als 53—55°/, Si O,. Das Gestein vom Nordostabhange der Zwölferspitze im Contact mit dem Quarzporphyr, welches gegen 60°/, Kieselsäure enthält, kann als Ausnahme gelten, da demselben eine nicht unbedeutende Menge von Quarzkörnern beigemengt erscheint; ebenso ist das aphanitische schwarze Gestein der hintersten Lagermasse zwischen Zwölfer- und Zehner-Rücken (Analyse Nr. 9) als eine den Kieselsäuregehalt typi- scher Diabase zeigende Ausnahme im entgegengesetzten Sinne zu be- trachten. Einzelne Analysen, so z. B. die des Proterobases vom ersten Lagerstrom südlich vom Zehnerkopf, weisen auch einen verhältniss- mässig ziemlich grossen Gehalt an Kali, nämlich 3°45°/,, auf. Es ist sehr wahrscheinlich, dass in den meisten Gesteinen auch Orthoklas vorkommt; da aber die Feldspathe im Allgemeinen stark milchig und trübe sind, so war es nicht möglich, unter dem Mikroskope eine schärfere Schei- dung desselben von den ebenfalls meist stark zersetzten Plagioklasen vorzunehmen. Feldspathe, die weniger zersetzt waren und halbwegs deut- liche Polarisationsfarben zeigten, erwiesen sich im Dünnschliff immer als lamellar zusammengesetzt, d. h. als Plagioklase, womit nicht ausge- schlossen ist, dass einzelne trübe Feldspathe doch Orthoklase sein könnten, umsomehr, als die Orthoklase in alten Gesteinen meistens stark trübe erscheinen. Mit Bestimmtheit konnte Orthoklas nur in dem Labradorporphyr (Nr. 1) nachgewiesen werden, dessen Grundmasse auch einen verhält- nissmässig grossen Kaligehalt, 2°78°/, gegen den Kaligehalt von 1'23°% des ausgeschiedenen Labradors zeigt. Im Vergleich mit den Proterobas-Gesteinen des Fichtelgebirges bei Zugrundelegung der von Gümbel aufgeführten Analysen sind die /wölfergesteine ebenfalls an Kieselsäuregehalt bedeutend voraus. Das früher als Hyperit und später als Diorit aufgeführte Proterobasgestein Er a A u ee Ziel [87] Geolog. und petrograph. Beiträge ete. Nr. 1. Zwölfersp.-Gebiet. 299 des grossen Ganges von Fichtelberg hat nur 47°60, das des Heilig- grabgesteins von Hof 52'28°/,, das von der Buttermühle bei Steben 46°75°/, Kieselerde.e Man hat es hier demnach mit einem saureren Typus der Gruppe zu thun, in dem jedoch der ausgeschiedene Labrador mit 10'23°/, Kalkerde und nur 123°, Kali sich ents@&eden schärfer an den typischen Labrador anlehnt, als der bei Gümbel als Labrador angesprochene Feldspath des Fichtelberger-Gesteins, der bei 6'25°/, Kalkerde 6'01°/, Kali ergab. Trotz ihrer kleinen Abweichungen ist die Gesteinsgruppe doch nicht scharf genug von der Proterobasgruppe zu trennen, und ein besonderer Gruppenname wäre wohl vorderhand nicht zu rechtfertigen. Die erörterte Gruppe ist ein im ganzen Gebiet der Tiroler- und Schweizer-Alpen bisher unbekannt gebliebenes Glied der paläolithischen Gesteinsreihe. Nach Studer (Index etc. 1872, p. 27) finden sich augitische Felsarten nicht auf schweizerischem Boden, weder auf der Nordseite, noch auf der Südseite des; Alpenzuges, wohl aber andere Gesteine der Pyroxenfamilie mit Diallag oder auch mit Diopsid. Von allen denjenigen Gesteinen, welche in den benachbarten Ge- bieten der Schweiz aufgeführt werden, könnte man nur die Vermuthung hegen, dass Gesteine, welche als Diorite bezeichnet wurden, in die- selbe Gesteinsreihe gehören oder sich derselben zunächst anschliessen. Indessen ist alles, was bisher aus den schweizerischen Gebieten unter den Namen Aphanit, Spilit, Spilitdiorit, Diorit und Dioritporphyr be- kannt wurde, mit den Zwölfergesteinen, soweit die vorhandenen petro- graphischen Beschreibungen und die Angaben über das geologische Auftreten reichen, schwer vergleichbar. Auf der geologischen Karte Graubündens von Theobald er- scheinen Diorite fast nur in Verbindung mit Serpentin und werden mit Spilit und Variolit zusammengefasst. Der Brogniart’sche Name Spilit aber wird in der Schweiz für grüne und zum Theil auch rothe und violette, mit Säuren brausende, Epidot und Chlorit enthaltende Apha- nite angewendet, welche in Mandelsteine oder in Variolithe übergehen. Ebenso erscheinen nach Studer in den Serpentinregionen von Wallis ‘ und Bünden nicht selten Diallag-Aphanite. Mit diesen Gesteinen, welche nach Theobald’s Karte zumeist an die Grenzen der älteren krystallinischen Gesteine und der Thon- glimmerschiefer mit jüngeren Kalkthonphylliten gebunden erscheinen, ist jeder Vergleich ausgeschlossen. Auch die an die Verbreitung von Hornblende-Schieferzügen der Gneissphyllitgruppe gebundenen dioritischen Gesteine kommen ausser Betracht. Dagegen liesse sich vielleicht eher vermuthen, dass man in den feinkörnigen Dioriten und Dioritporphyren, welche G. v. Rath aus dem ÖOber-Engadin und der Bernina-Gruppe beschreibt und deren gangförmiges Zusammenvorkommen mit Granit er hervorhebt, ein nahe stehendes anderes Glied der Reihe entwickelt finden wird, welche die Diabasgruppe mit der Dioritgruppe verbindet. 30* 930 G. Stache und C. John. [58] Il. Quarzporphyre und Quarzporphyrite. a) Die lichten Quarzporphyre des Zwölferstocks. Makroskopische Beschaffenheit. Unter den bisher beob- achteten Quarzporphyren des Zwölfergebietes befinden sich drei Haupt- abänderungen: 1. Weisse felsitische Gesteine mit unvollkommen kleinporphyrischer Ausbildung. 2. Licht grünlichgraue Gesteine mit ausgezeichnet kleinporpbyrischer Ausbildung. 3. Nahezu granitische Gemenge mit grossporphyrischer Ausbildung. 1. Weisse felsitische Abänderung der Lagermasse zwischen dem Zwölferspitz und dem Elferkopf (Analyse Nr. 1). Die Grundmasse ist fein krystallinisch sandig bis dichter felsitisch, licht, fast weiss, stark überwiegend. Unter der Loupe er- scheint sie mit feinen grünen Pünktchen durchstäubt. Von Ausscheidungen bemerkt man Feldspath, Quarzkörner und feine grünliche oder bräunliche talkige Schuppen oder Häutchen, welche im Durchschnitt als kurze dunkle Striche erscheinen und auf zersetzten Biotit und Hornblende zurückzuführen sind. Der ausgeschiedene Feldspath-Bestandtheil ist matt, weisslich, selten eine schimmernde Fläche zeigend, klein (1—2 Mm. Durchmesser) und sparsam vertheilt. Der Quarz, in hellgrauen bis wasserhellen kleinen Körnchen, tritt gleichfalls nicht besonders scharf aus der Grundmasse hervor, ist jedoch etwas häufiger (2—3 Körner auf 15 Mm. Quadratfläche). 2. Deutlich kleinporphyrisches, licht grünlichgraues Gestein der Lagermassen des Zwölfergipfels (Analyse Nr.2). Die Grundmasse überwiegt, jedoch theilweise nur in geringem Maasse, hat stets einen Stich in’s Grüne, und erscheint dicht felsitisch bis fast hornsteinartig; unter der Loupe jedoch meist fein krystalli- nisch, und das Felsitgemenge zeigt fein vertheilte nadelstichgrosse, pistazitgrüne Körnchen und Faserchen, die auf angewitterten Flächen bräunliche Punkte bilden. Die ausgeschiedenen Bestandtheile sind klein (1—3Mm. » im Durchmesser), aber reichlich vorhanden und nicht sehr gleichförmig bezüglich der Vertheilung. Der Feldspath (überwiegend Orthoklas) ist selten im Ueber- gewicht über die Quarzausscheidung, scharf begrenzt, weiss bis röth- lichgelb, und zeigt selten frische glänzende Flächen. Sehr selten treten glasige, spiegelnde, kleine Flächen von Plagioklas mit deutlicher Zwil- lingsstreifung aus der Grundmasse heraus. Scharf begrenzte grössere Krystalle von 3—4 Mm. Durchmesser sind selten. Der Quarz erscheint reichlich in rauchgrauen und glashellen, meist abgerundeten Krystallkörnchen von 1—2 Mm. Durchmesser, sel- tener auch in dicht verschmolzenen Körneraggregaten. Sehr selten bemerkt man auch sechsseitige Durchschnitte und Kanten von aus- gebildeten Krystallen. Die Quarzkörnchen haben die Neigung, sich in [89] Gcolog. und petrograph. Beiträge ete. Nr. 1. Zwölfersp.-Gebiet. 931 Gruppen zu zeigen. Es gibt Stellen von 10—15 Mm. Quadratfläche, wo dieselben ganz fehlen, und andere, wo auf noch kleinerem Raume 10—12 Individuen gruppirt erscheinen. Glimmer (zersetzter Biotit) spielt eine untergeordnete, aber, wie es scheint, für das Gestein charakteristische Rolle. Er erscheint fast nur in feinen Schmitzen und unregelmässig begrenzten häutigen blättchen, ist meist graulichgrün, seltener bräunlich gefärbt, und zeigt schwachen Fettglanz und weisslichen Schimmer der Oberfläche. Hornblende ist sehr sparsam in vereinzelten, unregelmässig begrenzten Partikelchen vertreten. 3. Granitisch körnig porphyrisches Gestein des ge- mischten Lagerstromes des Zehnerkopfs (Analyse Nr. 3). Die Grundmasse ist ganz zurücktretend kleinkörnig bis mikro- krystallinisch; unter der Loupe erscheint sie als inniges Gemenge eines grünlichen und eines deutlicher krystallinischen, mattweissen Feldspathes mit Quarz. Die Färbung des grünen Feldspathes ist durch Beimengung feiner grünlicher Punkte und Fasern veranlasst. Dieselbe ist mit den mittelkörnigen Ausscheidungen eng zu einem fast granitischen Gemenge verwachsen. Unter den mittelgrossen Ausscheidungen überwiegt dunkler bis hellgrauer Quarz in 3—4 Mm. im Durchmesser haltenden, theils scharfkantigen, theils abgerundeten Krystallkörnern oder grösseren kör- nigen Aggregaten, überdiess weisser Orthoklas, vereinzelte Plagioklas- flächen, sparsam auch chloritischer Glimmer und Hornblende, ersterer in Blättchen und Flasern, letztere in einzelnen Säulenstümp- chen und faserigen Aggregaten. In grossen Krystallen porphyrisch heraustretend, erscheint nur weisser matter oder glasig glänzender Feldspath, meist in Einzel- Individuen, selten auch in Zwillingen mit 10—14 Mm. Durchmesser. Auch der Quarz tritt zuweilen mit grösseren Ausscheidungen neben dem Orthoklas auf. Dieses Gestein, sowie die vorbeschriebenen, ist sehr hart und fest. Es springt in grossen scharfkantigen Scherben mit unvollkommen muscheligem, unebenem Bruch. Angewittert zeigen alle drei Abän- derungen mehr oder minder stark röthlichgraue Farbentöne, die Kluft- flächen erscheinen nicht selten rostbraun. Die plattige Absonderungs- form scheint vorzuherrschen, verbunden mit parallelopipedischer Klüftung. Mikroskopische Untersuchung. Allgemeiner Charakter der Gesteinsgruppe. Alle Gesteine dieser Gruppe bestehen aus einer mehr weniger vorherrschenden Grundmasse, in welcher Quarzkörner oder Quarzkry- stalle und Orthoklase, hie und da auch Plagioklase und Hornblendenadeln, eingebettet erscheinen. Magnetit kommt meist mit der Hornblende eng verbunden vor, aber vereinzelte Körner finden sich auch in der "Grundmasse. Die Grundmasse der untersuchten Quarzporphyre ist eine feinkrystallinische, und nur hie und da sind Partikelchen einer im 939 G. Stache und C. John. [90] Dünnschliff farblos erscheinenden Glasmasse vorhanden, die sich zwi- schen den einzelnen kleinen, die Grundmasse zusammensetzenden Kry- ställchen hinzieht und als Rest des ursprünglichen Magma’s aufzufassen ist, aus dem sich die grösseren Krystalle und die feinkrystallinische Grundmasse selbst gebildet haben. Diese amorphen Partieen sind jedoch nur in der Grundmasse eines Theiles der untersuchten Quarzporphyre vorzufinden. | Die körnige oder feinkrystallinische Structur der Grundmasse ist nun mehr oder weniger deutlich entwickelt, oft erkennt man sie schon im gewöhnlichen Lichte, häufig tritt sie aber erst zwischen den Nikols hervor, wobei dann die einzelnen Körnchen oder undeutlichen verscho- benen Kryställchen durch verschiedene Farben sich deutlich von ein- ander abheben. Vorwiegend sieht man dabei Körnchen, welche weniger starke Polarisationsfarben zeigen und die für den etwas zersetzten Feldspath charakteristischen grauen Pünktchen oder Körnchen ent- halten — Orthoklas. Daneben erscheinen in mehr oder weniger zahl- reicher Menge andere klare, vollkommen durchsichtige Partieen, mit den lebhaften Polarisationsfarben des Quarzes. In die Grundmasse eingestreut erscheint auch etwas Chlorit, jedoch immer nur in untergeordneter Menge. Die Grundmasse besteht also aus einem mehr weniger feinkörnigen Gemenge von Feldspath und Quarz, zwischen dem manchmal noch Reste eines ursprüng- lichen Gesteinsmagma’s vorhanden sind und einzelne Partieen von Chlorit eingestreut erscheinen. Die in den Quarzporphyren makroskopisch ausgeschiedenen Quarze erscheinen im Dünnschliff als vollkommen klare, durchsich- tige, selten schön hexagonale, sondern meist abgerundete Krystalldurch- schnitte oder noch häufiger als rundliche Durchschnitte von Quarz- körnern. Dieselben, besonders die grösseren, sind durchzogen von einzelnen, nicht grade zahlreichen unregelmässigen Sprüngen, und ent- halten zahlreiche, sehr kleine, meist unregelmässig angeordnete Gas- poren, die aber auch oft, wie in einzelnen Schnüren angeordnet, den Quarz durchziehen. Die Form dieser Gasporen ist meist rundlich, es kommen aber auch verschieden verästelte und schlauchartige Formen vor. Die Grösse ist sehr verschieden; während die grössten 0'05 Mm. lang sind, erscheinen die meisten bei sehr starker Vergrösserung noch als dunkle Punkte. An Einschlüssen ist der Quarz ziemlich arm, er enthält Ein- schlüsse von Grundmasse, oft ziemlich bedeutende Partieen derselben, dann Mikrolithen in Form von Säulchen, wahrscheinlich Apatit, jedoch ziemlich selten. Manchmal sind diese Säulchen zerbrochen in zwei oder drei Stücke, die zusammenpassen und die darauf schliessen lassen, dass diese Säulchen nach vollendeter Bildung erst zerbrochen wurden. Dann finden sich häufig Nädelchen von Hornblende und überdiess, wenn auch sehr selten, Kleine parallel gestreifte Leistchen von brauner Farbe mit sehr starkem Dichroismus, die wahrscheinlich Biotit sind. Die ausgeschiedenen Feldspathe 'sind meist ziemlich gut als Krystalle entwickelt. Daneben kommen aber auch weniger gut aus- gebildete, abgerundete Formen vor. Der Feldspath ist fast durchwegs im Dünnschliff trübe erscheinender [91] Geolog. und petrograph. Beiträge etc. Nr. 1. Zwölfersp.-Gebiet. 233 - Orthoklas, welcher nur selten freie, klarere Stellen besitzt. Derselbe zeigt an den trüben Stellen gewöhnlich schwache, aber doch deutlich er- kennbare, an den klareren Stellen jedoch recht schöne Polarisations- _ farben. Die Krystalle sind überwiegend einfache Individuen, ziemlich häufig aber auch Zwillinge nach dem Karlsbader Gesetz. Die trüben Stellen der Orthoklase bestehen aus einem Haufwerk von kleinen grauen Nädelchen und Körnchen, die verschieden dicht in der klaren Masse eingebettet erscheinen. An vielen Stellen sind die Körnchen so dicht, dass der Feldspath undurchsichtig und optisch unactiv wird. Der Feldspath zeigt oft deutliche Längsrisse, die eine Verwechslung mit der polysynthetischen Zwillings-Zusammensetzung der Plagioklase nicht leicht zulassen. Neben dem vorstehend beschriebenen Orthoklas kommen in ein- zelnen Quarzporphyren auch Plagioklase vor, jedoch immer in unter- geordneter Menge. Dieselben sind ebenfalls ziemlich zersetzt, zeigen jedoch noch immer recht deutlich ihre polysynthetische Zwillings- Zusammensetzung. Der schwarze Quarzporphyr von Graun enthält wohl meistens Plagioklase. Derselbe gehört aber nicht strenge zu den im Zwölfer- gebiet vorkommenden Quarzporphyren, und soll nur im Anhange an dieselben abgehandelt werden. Die Hornblende erscheint meist in unregelmässigen kleinen Partieen in der Grundmasse zerstreut, dann aber auch in etwas grös- seren Säulchen und Aggregaten: in letzterem Falle ist sie immer durchsetzt von schwarzen, undurchsichtigen Körnchen, die wohl als Magnetit anzusehen sind. Die Säulchen, welche unregelmässige Längs- risse zeigen, sind, wie die übrige vorhandene Hornblende, von grüner Farbe, und zeigen sehr deutlichen Dichroismus, der von gelbbraun zu dunkelgrün wechselt. Die Hornblende ist zum grossen Theile in eine chloritische Sub- stanz verwandelt, die durch Säuren leicht zerlegbar ist und schwä- cheren Dichroismus zeigt, als die noch frische Hornblende. Specielles über die Dünnschliffe der einzelnen Gesteinsformen. 1. Weisse felsitische Abänderung (Analyse Nr. 1). Ge- steine zwischen Zwölfer- und Elferkopf.—Die Grundmasse tritt in den zwei von diesem Gestein vorliegenden Dünnschliffen sehr stark hervor im Verhältniss zu den Einsprenglingen. Dieselbe ‚ist ziemlich fein- körnig, besteht aus meist trübem Feldspath, der mit Quarz gemengt erscheint. Zwischen der Grundmasse eingestreut erscheinen kleine un- regelmässige Partieen eines chloritischen Minerals. In der Grundmasse makroskopisch ausgeschieden sind: ziem- lich viel Quarz, etwas Feldspath und einzelne Säulchen von mit Magnetit durchsetzter, deutlich dichroitischer, grüner, oft schon in eine chloritische Substanz verwandelter Hornblende. Der Quarz erscheint in undeutlich ausgebildeten Krystalldurch- schnitten oder in Form von Körnern. 934 G. Stache und C. John. [92] Der Feldspath, der sich in allen untersuchten Schliffen als Ortho- klas herausstellte, ist mehr oder weniger trübe und zeigt nur einzelne klare Stellen. Manche Krystalle sind aber noch wenig zersetzt und zeigen sich als einfache Individuen oder Zwillinge nach dem Karls- bader Gesetz. 2. Kleinporphyrische Ai Hauptgestein der Lager- gänge des Zwölfergipfels (Analyse Nr. 2). — Bei fünf Schliffen dieser Varietät treten die Einsprenglinge wohl meist noch stark zurück gegen die vorherrschende Grundmasse, sind aber doch in grösserer Menge vorhanden, als bei der vorbeschriebenen felsitischen Ausbildung. Die Grundmasse unterscheidet sich von der der früheren Varietät dadurch, dass der trübe Feldspath über den Quarz bedeutend über- wiegt. Kleine Partieen eines chloritischen Minerals durchschwärmen auch bei dieser Varietät die Grundmasse. Die Grundmasse dieser Varietät ist im Allgemeinen deutlicher individualisirt, als die der vorhergehend beschriebenen. Von den makroskopisch ausgeschiedenen Bestandtheilen herrscht der Quarz auch hier am meisten vor. Er erscheint meist in Körnern, seltener in mehr weniger gut ausgebildeten Krystallen. Der Feldspath ist fast immer stark zersetzt und bildet meist einfache Krystall-Indi- viduen. Die Hornblende erscheint in grünen Säulchen, die meist starken Dichroismus zeigen und mit Magnetit durchsetzt sind. Zum Theil ist die Hornblende in eine chloritische Substanz umgewandelt. Andere Stücke desselben Hauptfundortes zeigen bei stark vor- herrschender Grundmasse einzelne, nicht eben häufige Feldspathe und zahlreiche Quarzkörner und Quarzkrystall-Durchschnitte. Der Feldspath erscheint hier im Dünnschliff in etwas grösseren Krystallen, die zwar ein milchig trübes Aussehen, aber trotzdem deut- liche Polarisationsfarben zeigen. Diese Orthoklaskrystalle zeigen meist scharfe Längsrisse und sind theils als einfache Individuen, theils als Zwillinge nach dem Karlsbader Gesetz ausgebildet. Auch hier erscheinen einzelne Hornblendenadeln von dunkel- grüner Farbe, mit zahlreichen Längsrissen durchzogen, mit Magnetit durchsetzt, und stellenweise in eine chloritische Substanz umwandelt. Der Quarz, der sowohl in rundlichen Körnern, als in Krystallen vorhanden ist, hat einzelne Krystallnadeln von Apatit eingeschlossen und enthält zahlreiche Gasporen. In anderen zu derselben Gesteinsform gehörenden Schliffen er- kennt man in der aus Quarz und Feldspathkryställchen bestehenden Grundmasse unregelmässige Partieen von amorpher Substanz, die zwi- schen gekreuztem Nikol ganz dunkel erscheint. Die vorhandenen, ziemlich grossen Feldspathe sind hier meistens Zwillinge nach dem Karlsbader Gesetz. Chlorit ist in zahlreichen, ganz kleinen Partieen in der Grundmasse vertheilt. Der Quarzporphyr (Taf. II, Fig. 3), mit Einschluss des grossen dunklen, aphanitischen Gesteinsstückes, zeigt im Wesentlichen dasselbe Bild unter dem Mikroskope, wie der erst beschriebene Typus. Nur [93] Geolog. und petrograph. Beiträge etc. Nr. 1. Zwölfersp.-Gebiet. 235 sind hier in dem ganzen Gestein viel mehr kleine unregelmässige Par- tieen von Chlorit zerstreut, die theilweise recht schönen Dichroismus zeigen, theils aber mit ganz kleinen grauen Körnchen so durchsetzt sind, dass sie undurchsichtig werden und weder Dichroismus, noch Polarisationsfarben zeigen. Das in diesem Quarzporphyr vorkommende aphanitische Gestein schliesst sich ganz an das an, welches bei den diabasartigen Gesteinen der Zwölferspitz-Gruppe als aphanitische Ausbildung des Labrador- Porphyres vom Nordostabhange der Zwölferspitze beschrieben wurde. Die vier von dem Gestein Taf. II, Fig. 1 entnommenen Schliffe zeigen in besonders gut individualisirter Grundmasse einzelne unregel- mässige Partieen der schon früher erwähnten farblosen Glasmasse, die zwischen gekreuzten Nikols schwarz erscheint, und sich zwischen den einzelnen Feldspathen und Quarzen der Grundmasse durchzieht. Die graue Färbung zersetzter Feldspathe, welche von kleinen grauen Kügelchen herrührt, sieht man auch hier in der Grundmasse; es zeigen diese Partieen trotzdem noch deutliche Polarisationsfarben, so dass die Feldspathnatur dieser Partikelchen nicht zu verkennen ist. Die Aphaniteinschlüsse verhalten sich ganz so wie der Aphanitein- ‚schluss bei Fig. 3. 3. Granitische Ausbildung. Bei dieser Varietät der Quarz- porphyre tritt die Grundmasse zurück gegen die makroskopisch aus- gebildeten Bestandtheile. Dieselbe ist sehr feinkörnig und deutlich individualisirt. Chlorit enthält dieselbe sehr wenig. Reste eines amor- - phen Glasmagma’s sind in derselben nicht bemerkbar. Von den makroskopisch ausgeschiedenen Bestandtheilen herrscht der Quarz bedeutend vor und ist in grösseren Krystallen und Körner- Durchschnitten im Dünnschliff ersichtlich. Der Feldspath ist meist stark zersetzter Orthoklas, der sowohl als einfacher Krystall, als auch als Zwilling vorkommt. Nur vereinzelt findet sich auch Plagioklas. Die Hornblende, die nicht grade häufig vorkommt, bildet etwas grössere Nädelchen und Säulchen, als in den bisher beschriebenen Ge- steinen, und ist mit Magnetit durchsetzt. Das Hauptgestein der Decke des gemischten Lager- stromes am Zehnerkopf (AnalyseNr. 3) zeigt in 4 Dünnschliffen deut- lich das Zurücktreten der Grundmasse gegen die makroskopisch ausgebil- deten Mineralien. Dieselbe ist durchaus körnig und. zeigt deutliche Polarisationsfarben, eine amorphe Glasmasse ist darin nirgends be- merkbar. Der Quarz erscheint meist in wohlausgebildeten hexagonalen Durchschnitten, seltener in Körnern. Der Feldspath ist sehr stark trübe, fast undurchsichtig, und zeigt selten deutliche Polarisations- farben, einzelne weniger zersetzte Krystalle lassen sich als einfache Krystall-Individuen erkennen. Ganz vereinzelt erscheint zersetzter Pla- gioklas mit stellenweise noch erkennbarer polysynthetischer Zusammen- setzung, Hornblende ist mit Magnetit durchsetzt und in der ganzen Masse des Gesteins vertheilt. Ein von einem ähnlichen Gestein, aber von einem anderen Punkte desselben Hauptfundortes entnommener Dünnschliff zeigt den überwie- genden Quarzbestandtheil in Form. von grossen abgerundeten Krystall- Jahrbuch derk.k. geol. Reichsanztalt. 1877. 27. Band. 2. Heft. (G. Stache u. C. John.) 31 236 G. Stache und C. John. [94] Durchschnitten und Körnern, und zahlreiche grössere Einschlüsse von der Grundmasse. Das seltenere Nebengestein, welches durch auffallendes Ueberwiegen grosser Quarzkörner ausgezeichnet ist, zeigt auch in den Dünnschliffen deutlich das Zurücktreten der Grundmasse gegen die hier in grosser Menge vorhandenen grossen Quarzkörner. Die Grund- masse ist sehr feinkörnig und zeigt sehr deutliche Polarisationsfarben. Hornblende ist sehr wenig da, es finden sich nur einzelne grüne, mit Magnetit durchsetzte Nädelchen. Chlorit ist ebenfalls sehr wenig in der Grundmasse zerstreut. Die Feldspathe sind ziemlich zersetzt, an einzelnen Stellen fast schwarzgrau, undurchsichtig, an anderen jedoch ziemlich klar und ent- halten zahlreiche kleine Einschlüsse von Grundmasse; sie sind deut- lich als Orthoklase erkennbar. Im Anhange schliessen wir hier noch einige Worte über die Beschaffenheit des Schmelzbandes an, welches der Quarzporphyr der Zwölferkuppe (Analyse Nr. 2) stellenweise an der Grenze gegen die Phyllitunterlage zeigt. Dasselbe haftet am hellen Quarzporphyr fester, als an der Phyllitschicht, schneidet gegen denselben jedoch mit scharfer, theils wellig gebogener, theils gerader Linie ab. Diese Linie entspricht der Ablösungsfläche zwischen Quarzporphyr und Schmelzband, und es gelingt selten, einen Dünnschliff von wünschenswerther Feinheit zu erhalten, bei dem der Zusammenhang der beiden verschiedenen Ge- steinsbildungen gewahrt bleibt. Die äusserlich gleichförmig hornsteinartig bis pechsteinartig aus- sehende schwarze Masse des Schmelzbandes gfenzt auch im Dünn- schliff in scharfer Linie gegen das lichte Magma des Quarzporphyrs ab. Unter dem Mikroskop sieht man, dass dieselbe aus einer gleich- förmig gemischten, dunkler grünlichgrauen, kleine lichtere und dunkle grünliche, nicht scharf differenzirte körnige Partieen darstellenden Hauptmasse besteht, aus welcher ziemlich reichlich darin verstreute, scharfbegrenzte weisse, durchsichtige zarte Kryställchen in Form von langgestreckten Leistchen oder Säulchen hervorstechen. Das Grund- gemenge zeigt schwachen Dichroismus. Die feinen Krystall-Aus- scheidungen sind meist vereinzelt, zum Theil auch in kleinen Gruppen vertheilt; dieselben zeigen lebhafte Polarisationsfarben und sind meist aus wenigen (3—4) Lamellen zusammengesetzt. Neben diesen deutlichen Plagioklas-Kryställchen erscheinen nicht grade selten auch solche, welche nur aus zwei Lamellen mit einfachem Wechsel der Polarisationsfarbe bestehen und als Orthoklase ge- deutet werden können. Ausserdem erscheinen noch hellere grünlich- gelbe, weniger regelmässig begrenzte Ausscheidungen. Chemische Zusammensetzung. Von allen drei Hauptabänderungen des Gesteins wurden Analysen gemacht. Die zweite derselben zeigt die Zusammensetzung des klein- porphyrischen Gesteins der Zwölferkuppe, welches so reich ist an Ein- schlüssen von grünlichen Aphaniten der basischen Gesteinsreihe (vgl. [95] Geolog. und petrograph. Beiträge ete. Nr. 1. Zwölfersp.-Gebiet. 237 Taf. I, Fig. 1, 2 und 3). Die Probe wurde von dem interessanten Stück Fig. 3 entnommen. | Die dritte Analyse gilt für das granito-porphyrische Gestein, welches die mächtige Decke des gemischten Lagerstromes am Zehner- kopf bildet (vgl. Taf. II, Fig. 1 und Fig. 264). Zum Vergleich fügen wir die Analyse des granitischen Kerato- phyrs von Reizenstein nach Gümbel bei. | | Abänderungsform | Nr. 1 » |" weiss, felsi- grünlich, | grünlichgrau, | Granitischer Grundmasse tisch vorherr- | dicht über- feinkörnig schend wiegend zurücktretend | Keratophyr von 3 Feld- NS Klein Ausgeschiedene 43 gross A : Bestandtheile > I: wa überwiegend | Reizenstein | nach Zwischen 5 nacheer Gümbel Fundort Zwölfer Haupttypus d 7 n und Zwölferkuppe Er : a Elfer an Wildkaar Am ah Bauschal Bauschal - Bauschal Bauschal Kieselsäure - - - 72:52 71:55 71:65 67:02 Thonerde - - - » 16°57 15:00 15:58 15-11 Eisenoxyd - - - - E= 0:87 0:64 — Eisenoxydul - - - 095 301 2.21 5:28 Kalkan 0:46 1:21 2:13 1'117 Magnesia - +» - - 0:04 0:06 0:05 0:89 Kalar ar 0.085. 5:34 4-92 3:66 4:32 Natron »- :» : » - 3:87 3:61 344 3:52 Mangan - - - - —_ Spur Spur —_ Glühverlust - - - 0:86 0:75 1:48 1.77 E ee I ER EI | ne Summe 101:06 10084 99:08 Dichte 2:6609 2.6787 b) Der Quarzporphyr (Keratophyr) des Monte Confinale. Makroskopische Beschaffenheit. Die Gesteinsmasse ist verschwommen streifig, hell grünlichgrau bis gelblichgrau, durch mittel- grosse, theils matter, theils lebhafter glänzende, graue glasige und tz 238 Dr. G. Stache und C. John. [96] schwarzblaue Krystallkörner ausgezeichnet. Nach einer Richtung zeigt das Gestein mehr oder minder vollkommene Spaltbarkeit mit unebenem Bruche, im Uebrigen springt es uneben klüftig. Die Grundmasse wiegt vor und bestimmt die Grundfarbe des Gesteins; sie ist dicht felsitisch bis lithoidisch mit fein linearer Parallel- structur und Uebergang in Schieferstructur, welche dadurch sich ergibt, dass feine breitere Häutchen oder kürzere Flasern von grünlicher Talk- substanz und weiss glänzenden Glimmerschüppchen mit dünnen Lagen der dichten Felsitgrundmasse wechseln; letztere besteht, wie man unter der Loupe sieht, aus gelblichem oder weissem Feldspath mit Quarz, zum Theil in netzförmiger Vertheilung. Ausgeschiedene Bestandtheile sind Quarz und ein Feld- spath von eigenthümlichem Aussehen. Der Quarz ist fettig- bis glasig- glänzend, grau durchsichtig bis matt weisslich halbdurchsichtig: in kleinen, höchstens schrotkorngrossen Krystallkörnern von abgerundeter, selten scharfkantiger Form hervortretend, nicht sehr gleichförmig, aber noch ziemlich reichlich (3—8 Körner auf die 20 Mm. Fläche) vertheilt. Der Feldspath, ausgezeichnet durch wohlbegrenzte Krystallform, lässt sich zum Theil ziemlich gut aus der Grundmasse lösen. Ein Theil desselben fällt auf durch die dunkel schwarzblaue Farbe und den fast metallischen Glanz der Spaltungshauptflächen. Die Krystalle sind ungleich gross, ungleichförmig vertheilt und, obwohl fast durchweg frisch, doch ungleichartig ausgebildet. Ausser Krystallen von 1 bis 2 Mm. kommen auch solche von 3—5 Mm. Hauptaxe vor. Diese letz- teren zeigen nicht selten einen hellen, weisslich glasglänzenden Kern, der bei manchen Individuen scharf von der dunklen Umhüllung ab- sticht, bei andern in dieselbe allmählig übergeht. Nach den anderen Spaltungsrichtungen gesehen, erscheint die Färbung etwas heller neu- tralblau. Der Talk- und Glimmer-Bestandtheil tritt nie in deut- licher Form aus der Grundmasse heraus. Mikroskopisohe Untersuchung. » Die Dünnschliffe zeigen, dass die vorherrschende Grundmasse hauptsächlich aus Feldspath besteht, zwischen dem in untergeordneter Menge Quarzkörner vertheilt erscheinen. Der makroskopisch ausgeschiedene Feldspath erscheint im Dünnschliffe zwar ziemlich trübe durch eine Unmasse von grauen Körn- chen, aber er zeigt trotzdem auffallend starke, schöne Polarisations- farben. Die Krystalle erweisen sich alle als einfache Individuen von Orthoklas.. Der Quarz kommt in Körnern vor, und zwar in der ver- schiedensten Grösse, von den grossen Körnern, die so gross erscheinen, wie die Feldspathe, bis zu den kleinsten Partieen, die die Grundmasse mit Feldspath zusammen bilden. Die Grundmasse ist überdiess durchzogen von feinen aderför- migen Partieen von rostbrauner Farbe, die an manchen Stellen deut- lichen Dichroismus zeigen, an manchen wieder gar keinen; dieselben entsprechen auch den dem blossen Auge sichtbaren glimmerig-talkigen Ueberzügen. oh ER Pen [97] Geolog. und petrograph. Beiträge etc. Nr. 1. . Zwölfersp.-Gebiet. 239 c) Der schwarze Quarzporphyrit von Graun und Mallag. Makroskopische Beschaffenheit. Das dunkle schwarz- graue, theils in’s Bräunliche, theils in’s Bläuliche stechende Gestein erinnert auf frischen Anbruchsflächen an gewisse dunkle Andesite, in welchen die Ausscheidungen in die Grundmasse zurücktreten und nur der Feldspath durch spiegelnde Flächen seine Anwesenheit verräth. Angewitterte Flächen zeigen weissliche, aber wenig scharf heraustre- tende Ausscheidungen. Die Kluftflächen des stark klüftigen Gesteins sind braun; der frische Bruch unregelmässig scharfkantig, splittrig, selten unvollkommen muschlig. Sehr häufig ist unvollkommene Schie- ferung mit talkig-glimmerigem Uebergang der Schieferungsflächen zu beobachten. Die Grundmasse ist von dunkelgrauer Färbung und anschei- nend über die Ausscheidungen sehr bedeutend überwiegend. Auf den angewitterten Flächen jedoch oder wenn man die frischen Bruchflächen anfeuchtet und unter der Loupe betrachtet, bemerkt man, dass die Ausscheidungen in weit grösserer Menge vorhanden sind, als der erste Augenschein zeigt. Sie ist meist felsitisch, nicht selten mit einer Neigung zum Hornsteinartigen und zur unvollkommen linearenParallelstructur. Ausgeschiedene Bestandtheile. Die glänzenden und spie- gselnden Flächen, welche äusserlich auffallen, sind theils Quarz, theils Feldspath. Der Quarz ist meist grau, in kleineren und grösseren, meist abgerundeten Körnern ausgeschieden, ziemlich reichlich, aber nicht besonders gleichförmig vertheilt (4—5 Körner auf 20 []Mm. Fläche). Der Feldspath erscheint in meist kleinen, sporadisch auch in grös- seren glasglänzenden Krystallen, welche wenig scharf aus der Grundmasse heraustreten und häufig die feine Streifung der Plagioklase zeigen. Wenn man das Gestein befeuchtet, so sieht man zahlreichere matt- weisslich graue, schärfer eckig begrenzte Feldspath-Individuen sich von der dunkleren Grundmasse abscheiden. Glimmer und Hornblende treten niemals auffällig daraus hervor. Mikroskopische Untersuchung. Die Grundmasse tritt zurück gegen die Menge der eingesprengten Bestandtheile. Dieselbe stellt unter dem Mikroskope dasselbe Bild dar, wie es ein zersetzter Feldspath gibt, die einzelnen Individuen sind gegen einander nicht scharf abgegrenzt. Von den Einsprenglingen herrscht Feldspath bei Weitem vor. Er ist meistens Plagioklas mit deutlich polysynthetischer Zusammen- setzung, in verschiedenen Grössen ausgebildet ; neben demselben ist noch Orthoklas sowohl in einfachen Krystallen, als in Zwillingen nach dem Karlsbader Gesetz vorhanden. Ausser Feldspath ist noch ziemlich viel rothbraun gefärbte Horn- blende vorhanden, die meist mit schwarzen Körnern (wahrscheinlich Magnetit) durchsetzt erscheint. Neben Hornblende ist auch rothbraun erscheinender Biotit vorhanden, von dem man im Dünnschliff schmale 240 Dr. G. Stache und C. John. [98] Leistchen sieht, die fein parallel gestreift erscheinen, oder aber er- scheint er in unregelmässig gelappten Blättchen. Der Quarz ist stellenweise nur in geringer Menge vorhanden, und zwar in Form von rundlichen Körnern. Wir stellen zur Vergleichung die von Tschermak publicirte Analyse Konya’s (Wien. Akad. Ber. I, 55, 291, 1867) des schwarz- grauen Quarzporphyrits von Val San Pelegrino (Südabhang des Monte Bocche) daneben. Chemische Analyse, a) Quarzporphyrit b) Triadischer Quarzporphyrit von Graun von San Pelegrino Kieselsäure »- » » 6967 - =» =.» 6675 Thonerde »-.,,2%=7 16:86. ++ 2302-7 4693 Eisenoxyd =. 1.402. u 0R Eisenoxydul’- :. + ..— - “wir. 276 Kalk BIT SEE IN Magnesia - » » » 143°. «te... 264 Kali RENT AR A Natron: 2-2 „200% BE: = als tie lan 2:86 Mangan - - » » » Spur»... . je Glühverlust * +. + 7730. -7 #7 = 2530272 Summe - -100°29 - » - .... 10185 Dichte nase 30-3 2 7.9.7230 Verwandtschaft. Unter den beschriebenen Quarzporphyren zeigen die lichten Gesteine der Zwölferspitz-Gruppe sowohl bezüglich der allgemeinen petrographischen Eigenschaften, als bezüglich der chemischen Zusammensetzung unverkennbar mancherlei Beziehungen und Vergleichungspunkte mit den von Gümbel unter dem Namen „Keratophyr“ zusammengefassten Quarzporphyren des Fichtelgebirges. Es sind zwar bemerkenswerthe Unterschiede vorhanden, wie beispiels- weise in der Ausbildung des Quarzes, der in den Fichtelgebirgs-Ge- steinen nur in Putzen, nie in Krystallen erscheinen soll, und in dem gegenüber den Zwölferspitz-Gesteinen niedrigeren Kieselsäuregehalt bei stärkerer Vertretung der Alkalien der Mehrzahl der von Gümbel untersuchten Gesteine; aber im Grossen und Ganzen spricht sich eine gewisse Analogie in der Ausbildung und chemischen Zusammensetzung noch deutlich genug aus. Besonders darf wohl auf den Reichthum an verschiedenen Modi- ficationen aufmerksam gemacht werden, den die fichtelgebirgische Reihe zeigt und der in ähnlicher Weise auch bei den Quarzporphyren des Ober-Etsch- und Adda-Gebietes auftritt. Gümbel führt aphanitische, quarzitisch hornfelsähnliche, por- phyrartige, granitische, gneissartige und schiefrige Modificationen der Reihe auf. Nun sind unter den Quarzporphyren des Zwölferspitz- Gebietes zwar ganz vorwiegend die porphyrartig und granitisch aus- gebildeten Abänderungen der Reihe vertreten, aber die anderen Aus- bildungsformen kommen untergeordnet doch auch vor. [99] Geolog. und petrograph. Beiträge etc. Nr.1. Zwölfersp.-Gebiet. 241 Die bemerkenswerthesten gneissartig-flasrigen und schiefrigen Porphyre (Schieferporphyroide) gehören zwar nicht grade dem Haupt- gebiete an und sind auch nicht mit Sicherheit ganz gleichaltrig mit dem Hauptgestein, aber sie ergänzen doch in dem ganzen Gebiete die Reihe der alten Quarzporphyre und dürften auch dem Alter nach nicht sehr entfernt von der Hauptreihe liegen. Unter den von Theobald in den benachbarten 'Theilen Grau- bündens aufgefundenen Eruptivgesteinen (Geologische Beschreibung von Graubünden, Bern 1864, und Blatt X und XV des eidgenössischen Atlas) findet sich keines, welches der Beschreibung und dem Lagerungs- Verhältnisse nach zu den beschriebenen Quarzporphyren gestellt werden könnte. Der Porphyrgranit Theobald’s sowohl, wie der Juliergranit (p- 49) zeigt nur sehr wenige Vergleichungspunkte. Die (p. 50) auf- geführten Vorkommen von Feldsteinporphyr stehen petrographisch wohl der grünlichen Abänderung des Quarzporphyrs der Zwölfergruppe etwas näher, gehören jedoch einem viel höheren Niveau an. Besonders gilt dies für das dem hier behandelten Gebiet zunächst liegende Porphyr- Vorkommen von Lischanna. Schlussbemerkungen. 1. In dem umgrenzten Gebiete der beigegebenen Karte sind, wenn man von den massigen Gneissen und Graniten absieht, drei räumlich, sowie geologisch und petrographisch gut markirte Haupt- distriete von älteren Eruptivgesteinen constatirt — die Gebiete der Zwölferspitze, des Monte Cevedale und der Umgebung von Leprese. 2. Jeder dieser drei Eruptionsdistricte ist durch eine besondere Gesteinsreihe ausgezeichnet, welche saure und basische Glieder ent- hält, die in der Weise mit einander wechseln oder parallel entwickelt sind, dass ihre Zugehörigkeit zu derselben Eruptionsperiode nicht frag- lich ist. 3. Die Gesteinsreihe des Eruptivgebietes von Leprese ist durch Gabbro und eine damit in Verbindung stehende Nebengruppe von pla- gioklasreichen Diallag-Hornblende-Gesteinen charakterisirt, an welche sich als relativ saurere Gegengruppe eine granitisch körnig ausgebil- dete Abtheilung von biotitreichen, Quarz führenden, dem Tonalit ver- wandten Gesteinen anschliesst. Alle diese Gesteine sind innerhalb der Gneissphyllit-Complexe entwickelt. 4. Die Gesteinsreihe des Eruptionsgebietes des Mte. Cevedale besteht aus einer grossen Anzahl einzelner Glieder, welche alle Varia- tionen der dioritischen Grünsteintrachyte (Propylite), sowie der dem Trachyttypus näher stehenden Amphibol- und Biotit-Andesite in dennoch eigenartiger Ausbildung vorbilden und demnach als sauerstes Glied auch ein dem „Dacit“ entsprechendes Gestein in sich schliessen dürften. Diese vorläufig dem allgemeinen Namen „Paläo-Andesit“ unterstellte Gesteinsreihe gehört in ihrer Hauptentwicklung dem mit krystallini- schen Kalken in naher Verbindung stehenden Quarzphyllit-Complex an, ae TE N ee > TEE NR Nr ’ yr 242 Dr. G. Stache und C. John. [100] welcher die tiefere Abtheilung der paläolithischen Schichtenreihe zu vertreten scheint. 5. Die Gesteinsreihe des Zwölferspitz-Gebietes wird durch. eine texturell sehr verschieden difterenzirte basische Gruppe der in diesem Theile der Alpen bisher ungekannten Diabasfamilie und durch eine eng damit verknüpfte saure Gruppe von eigenthümlichen Quarz- porphyren gebildet und gelangte innerhalb der Bildungszeit der Gneiss- phyllite zur Entwicklung. 6. Die ganze Reihe bietet geologisch und petrographisch die näch- sten Vergleichungspunkte mit den von Gümbel beschriebenen alten Eruptivgesteins-Gruppen des Fichtelgebirges, den Proterobasen und den Keratophyren. Dieselbe zeigt bezüglich des Kieselsäuregehaltes des basischen und sauren Endgliedes einen viel stärkeren Gegensatz, als die Gesteinsreihen der oben genannten Gebiete. 7. Die Gesteine treten überwiegend in Lagermassen auf, welche den Phyllitschichten conform eingelagert sind und an deren Steilauf- richtung mit Theil genommen haben. 8. Diese Lagermassen repräsentiren Ströme eines Gesteinsmagma’s, welches sich vorwiegend schon vor dem lavaartigen Erguss über die phyllitische Unterlage chemisch differenzirt haben muss, und es erfolgten die periodisch sich wiederholenden Ergüsse der beiden Magmen wäh- rend der Zeit des Absatzes der phyllitischen Schichten theils geson- dert, theils einheitlich in Bezug auf Ort und Zeit. 9. Die Einschlüsse von basischem Magma im Quarzporphyr der Zwölferspitze und die Art der Ueberdeckung des unteren basischen Theiles der grossen Lagermasse am Zehnerkopf durch eine mächtige Parallelmasse des sauren Quarzporphyrs deuten darauf hin, dass in dem letzteren Falle der Erguss des sauren Magma’s relativ später er- folgte, als die Differenzirung und der Erguss der basischen Mischung, und dass bei Annahme eines mächtigen, völlig einheitlichen Stromes auch eine vollständigere nachträgliche Differenzirung nach der Dichte bedingt durch die Verschiedenheit der Abkühlung und des Druckes stattgefunden haben könnte. 6.Stache u.C.John. Aeltere Eruptivu.Massengesteine der Ostalpen. N°T.Zwölferspitz Gebiet. Stacheu.C.Icn. Alen Bruköru ana Gesteine der Otalgen. Karezu dm Beiträgen N°I. NL TaPl. 2 Sp 7m Orientirungs-Karte Re. : Er Nock Sp = Fig. T. bemischter A über Ka 7 fer er PR £e ee S Lagerstrom am. Zehnerkopf. dasVorkommen der Gesteine. ah . $ ; 2,0 BürenburtKupf x Br nd: 6Grisn a = gt Weisskugel I. Gigantgneiss Platten „= : nn 2. Granit im Allgem . aj z u.Pegmatit x 3. Schörlpegmatit 5 S 4._Irafbier Granit Fr men er { Sp. & 5. Grüner Granit - ; ne 6. Quarzporphyr Kristännes 2 u. ( grüner u:weisser) N Sl sr 7. Quarzporphyr N Poli“. a e — (schwarzer) s Moipitsch‘ ; 25% 8. Tonalit/.Temalit Gneiss)| e 40_Ampkibolit und Saar 6 ni Diorit S fh \ Litzner __ . N ki 2 . re =. z > A. Afpenandesit NW A Ko S ( Sulderatu. Ortlerit) |4Sterle ke! 2. Labradorporphyr |‘ 8 (‚roter obas, Aphanit) N 13. babbro und se & Hypersthenit Urtola a N *: 'S L, A ’ O . dr Kortso N /4. Sondalit % 1/4 O\ ASchlanders!| — Varkommen des besteins: BEE ) 1 (ASS || 8 Z TinanstehendenFelsmassen £ PAST 9 Ass SRH, N S 2 - ? ie (N \ Oo = wblöcken, za, > a ” % N Pr.> X Dosso ro ondo 8 vil2 IS $ 1 A; or Aa Runs PB h Pi Umbrail 4 Taası erıSp Rs Fr sei | > EN, L = cn Ä 2 ch 7° 2 R x th = a 1 Eins. = -ı Ped Sp 1 D \ Ortlera mi I,Eoler En ® \ Contactstück- Tafll ( Fig.) Sir. ” by bz -bz By M.Lristallo a. Uneissphylit. b. Eruptirgesteine : Labradlorporphyr w.Proterobas (/2) @uarzporphyr (6) Ze ütte | (det ZeBr5\. iM N 7 a N R X, Zus 2 Firkele- . = a IE Venezia Sp S Fig. 3. Cangartige M.Confinale. N Lagermassevon Proterobas S südlich vom. } Zehnerkopf. IS nm S i Uusiano er 79 a > £ > zic E 4 Bere Lith.Anst.v.Appel & Comp.Wien. N d.Natgez u.lith vA $woboda Jahrbuch der k.k. Geologischen Reichsanstalt. Bd. XXVI. 1877. r * f E ' « . \ ir m \ ‘ . - F ’ . N * - D rn ‚ R . hi . x . ‚ a r ' . » . v [ f . . ‚ . 6.Stache u.C.John. Aeltere Eruptiv:u Massengesteine der Ostalpen. N°T. Zwölferspitz Gebiet. Taf.l. Fig. 1. 5 Apkanat. . b b > Apkanı b Guarzponphyr Ouanzporpkyr © = q. 5. { i Fig Zwölfer Spitz __ 1980 " m 2 - Aufschluss Fig. 6. E = zwischen Be z an der. Strasse zwischen Graun u.S. Valentin Arlund — ed 3 Elferkopf zrgm = Aeltnerkapt ml: M Langtauferer ” SW Auarz Porph \ NN \ \ = ln = = 2 (Fig. 1.2.3.) N RN“ Io N \ nn fi N a _lLarlın Bah IE 3 ; ‚8 10 # Myll. 72 — Phyll. 9 Phyl. , 2 NM 7 _1aBgm a > 2500 ” über dem Neeresniveau Wild-Kaar-Boden (F9 % a Oneiss u.bneissphyllit. b Amphibollels u Schiefer. ler veau € Grüne Schiefer, d Kalkstein u.Dolomit. e Glacialablagerungen. x. Gehängeschutt. 7. Sohwarzer Ouarzporphyr Fig 3 b schwarzer Labradorporphyr Fig.3 2 2 b Aphanit a Äuarzporphyr db Aphanit | Lith Anst.v. Appel &Comp.Wien N d.Natgez ulithv.A.Swoboda Jahrbuch der k.k. Geologischen Reichsanstalt . Bd. XXVIL. 1877. ln 2 und seine nächste a N } Y h Von F Seeland. ie Inspector 2 Directions-Mitglied, der Hüttenberger Eisenwerks-Gesellschaft. * Mit 3 Tafeln und slaoR geologischen Karte in Farbendruck. ‚ Preis fl. 4 —3M. ‚60 Pf. westlichen Balkan und die benachbarten. Gebiete. ‚ Unternommen. im Spätsommer IR von FL Ds Frans Toula, 7 nn... es "Mit Eng Preis fi 1.20 — Mark 2.40. k 17 Karte Ton Oesterreich > Yon Franz Ritter von Hauer, _ Director der k. k. Sun Reichsanstalt in Wien. Sr Preis in nsehlag ER oder flach 1.6 = 12 M. Be Auf Leinwand aufgezogen in Mappe fl. 7.= 14 M. Safari der Eee Bali ‚Studie ‘über die Tertiärbildungen am Westrande des alpinen Wiener ae Ka | - Von PR, Fr Felix Karrer. _ Herausgegeben von der k. k. Geologischen Reichsanstalt - (Abhandlungen. ER Pe 12 Tafeln geologischer Durchschnitte in Farbendruck, 6 Falkoninlagihaien und. Ben eeoneiben, Tafeln, ‚und zahlreichen im ‚Texte eingeschalteten Holzschnitten. ‘ a. ‚Preis f. 36 — 72 M. | Tr ‚ Unter der Presse: FYSIK DER VULKANE NR Dr. Eauara Heer t a sh Docent ‚an der Universität in Wien. 8 ‚Cirea 10 3, gr. 8 Tagen Oranisiar Jen von A. Hö der, | k ” It, und ee der k. k. geologischen Reichsanstalt. Band 1. Mit 48 Hthographirten. Tateln ” ” n ” ” ee ir ” ne 2 are A R » „ f x e x HIT. 52 ir n x Para e x Be N Der dritte und vierte Band enthalten’ Asschtaiiien: ER SEN Dr. M. Hörnes. Die fossilen Mollusken des Tertiärbeckens von Wien. Abhandlungen der k. k. geolog. Reichsanstalt. Band V, Mit 43 lith. Tafeln E. : Heft 1. Dr. M. Bunzel. Die Reptilfauna der "osauformation in der Neuen Weit bei Wr.-Neustadt. Mit Iithogr. Tafeln ........ RER: ; BERN Heft 2. Dr. M. Neumayr. Die Cephalopodenfauna. der ‚Oolithe von EL, 4 ee MH; 7:lithoen. Rateln: Ha TR Se : Heft 3. Dr. @. €. Laube. Die Echinoiden der österreichisch-un ablagerungen. Mit 4 lithogr. Tafeln ....2.... ? De Heft 4. Dr. A. Kornhuber. Ueber einen fossilen Saurier aus, Lesina, Mit 2 ich gr. Doppeltateln m TE ee ee er RL Pe er ER Heft 5. A. Redtenbacher. Die Cephalopodenfauna der Gosauschichten in den ‚lichen Alpen. Mit 9 lithogr. Tafela ...... DR RE Heft 6. Dr. M. Neumayr.. Die Fauna der Schichten mit Aspidoceras acanthicum, lithogr. Tafeln... ... FAME Be vide Abhandlungen der k. k, geolog. Reichsanstalt. Band VL Dr. Ednı. v. Mojsisovies. Das Gebirge um Hallstatt. I. Theil. bach- und Hallstätter-Schichten. Mit 82 Hthogr.r Tafeln A ea u ea ee eo Heft 2. (Arcestes, Didymites, eh "Mit "38. lithogr. Tafeln . eng elle ale BerLah Abhandlungen der k. k. geologischen Reichsanstalt. Band VI. Heft 1. Dr. Alois v. Alth. Ueber die paläozoischen Gebilde psdoliena ‚und abtan Ver- steinerungen, I. Abtheilung. Mit 5 lith. Tafeln...» 2... 222.2... Heft 2. Dr. Edm. v. Mojsisovics. Ueber die triadischen Pelecypoden-Gattungen Daomella ’ und‘ Zalebia:.Mit. 5 lith. Bafeln..- . SR. nn Heft 3. Dr. M. Neumayr u. €. M. Paul. Die Congerien-. und Paludinenschichten Blavonietud Er Mit 10° Iithogr: Taten. SEE LE en lee ne helle, aa Se Abhandlungen der k. k. geolog. Reichsanstalt. "Band van. Heft 1. D. Stur. Die Culmflora des mährisch-schlesischen Dachschiefers. Mit 17 7 lithogr Tateln 1.2030 RE N» ler ee lerne Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt 1850, 1852, 1859, 1861—1866 RES LE S SR e = PEST HTE e EN ” „ 5 ” y General- Register der ersten zehn "Bände BET 5 5A der Bände XI—XX und der Jahr gänge 1860 "1870 der" Verhandlungen A, REEL NN Far a ER ET E 8 Verhandlungen der k. k. geologischen Reichsanstalt. 1869—1875..... v.... . pro Jahrgang a B Kenngott, Dr. 6. A. Uebersicht der Resultate mineralogischer Forschungen in "den Jahren 1844 1849. Herausgegeben von der k. k. geologischen Reichsanstalt » ».. » m... 2.0. 375 » Uebersicht der Resultate mineralogischer Forschungen in den Jahren 1850 und 1851 Rue n Uebersicht der Resultate mineralogischer Forschungen in. dem: Jahre,1852.... .n. 0 Cutalog der Ausstellungsgegenstände bei der Wiener Weltausstellung 1873 . . .. . .... Fuchs Th. Geologische Karte der SE RNE, Wien’s. Mit einem Heft. ‚Erläuterungen und: drei lith, . Rafeln.i „unsere ae BETEN RE ER NE SARA EEN D es Haidinger, W. Naturwissenschaftl. Abhandl. Gesmmel und durch Subscript. herausgegeben. SR, ‚Bd. m. 30 lith, Tafeln 18 fl. 92 kr., III. Bd. mit 33 lith. Taf. 21 fl.,Iv. Bd. m. 30 lith. Taf, . „n Berichte über die Mittheilungen von Freunden der Naturwissenschaften in Wien. Gesammelt . und durch Subscription herausgegeben. IS III. Bd. 3 fl. 52 kr.,IV. Bd. 2 fl. 80 kr., V. und VI. Bd. & 1 fl. 60 kr., VII Bd. 2 fl. 42 kr. EN —— "Verlag von A. Hölder, k. k. Hof- u, Universitäts- Buchhändler in Wien Geologische Uebersichtskarte der Oesterreichischen Monarchie, nach den Aufnahmen der k. ko dk geologischen Reichsanstalt bearbeitet von Franz Ritter v. Hauer complet Blatt T. Titelblatt. Blatt IE Böhmen"? - ..... na ne ee „0 IE Westkarpathen, einzeln. u nn REN REEL DI „EV. Osikarpathen,“eihzein: =. 2% 23 ie nee tele Ser N, „ V Westliche Alpenländer, einzeln ..... TE NET N ET. n. VI‘ Oestliche Alpenländer, einzeln ". 2... u. en. 200 an. ». VII Ungarisches Tiefland, einzeln ..:.. 22cm rer ns „ .VUI Siebenbürgen, einzeln . .. =“ 2.2.2... NEL DE RR „ IX Farbenerklärung, einzeln. ..... Be Re Ne DE NE ER 7,8% Dalmatien, einzeln acc s.. ne er nee EN Ta „ XI und XII Vergleichende Formationstafel* . . n.. en em. iR Hauer Fr. Ritt. v. Die Geologie und ihre Anwendung auf die Kenatnisg. der Bodenbeschaffenheit : der Oester.-Ungar. Monarchie. 2. Aufl. Lief. 1. 1 fl. 40 kr. Tief: 160 kr... 2.0 £ 9 . 20 * Werden nicht getrennt abgegeben. Die Höhlen und die Uroinwohuer Europas v. W. Boy a Da kins, Professor der Geologie am Owens College in Manchester. 2 Aus dem Englischen übertragen von Dr. J. W. S pengel. Mit einem Vorwort va Professor Dr. Oscar Fraas. Mit farbigem itelblatt und 129 Holzschnitten. Autorisirte Ausgabe. gr. 8. geh. = er In Leinwand Ebanen 8 Mar] a DU 27. Band. 1877. J AHRB U6 H III Heft. DER KAIS. KÖN. GEOLOGISCHEN REICHSANSTALT. Beitrag zur Kenntniss des jungtertiären Süsswasser- Depöts bei Ueskueb. Von Dr. Leo Burgerstein. (Mit Tafel Nr. III.) Das tertiäre Depöt von Ueskueb, einer nicht unbedeutenden Stadt und Eisenbahnstation am linken Ufer des Vardar in Macedonien, wurde zuerst von Bou&'), dann von Viquesnel?) besucht und be- schrieben, und die folgenden Zeilen sollen einen kleinen weiteren Beitrag zur Kenntniss desselben bilden. Ich erlaube mir zugleich an dieser Stelle den wärmsten Dank für ihre gütige Unterstützung auszusprechen, vor Allem meinen ver- ehrten Lehrern, Hrn. Prof. Suess und Hrn. Prof. Neumayr, ferner Hrn. Director Prof. Tschermak und nicht minder Hrn Custos Th. Fuchs, sowie Hrn. Prof. Brauer. Die Sedimente von Ueskueb bilden einen kleinen Theil der Ausfüllung jenes grössten Tertiärbassins von Macedonien, dessen Grenzen ungefähr durch die Orte Köprili, Kafadartzi, Istib, Koma- nova und Ueskweb angedeutet sind, das sich aber über diese Linien hinaus noch ziemlich weit in die Thäler erstreckte; eine dieser Fort- setzungen verläuft über Ueskueb in das Thal des Lepenatz gegen Kacianik; von hier aus zog sich wahrscheinlich eine Verbindung gegen Mitrowitza.’) Bou& schon erwähnt‘), dass das Becken von Mustapha ein- 1) Boue, La Turquie d’Europe, 1840. ea Vique snel, Journal d’un voyage dans h Turquie d’Europe. Mem. soc. geol. 1. S. T. V. 1842 und 2. 8. T. L 1844. N Viquesnel, M. 8. g. 1.8. T. V..p. 3. #) Boue&, 1. c. p. 305. Jahrbuch derk.k. geol. Reichsanstalt. 1877. 27. Band. 3. Heft. (Dr. L. Burgerstein.) 32 44 Dr. L. Burgerstein. [2] genommen werde von Ebenen, erfüllt mit Sand und Lehm und Hügeln, zusammengesetzt aus mergeligen Thonen und Sandstein; weiters con- statirte Boue, dass das Bassin des oberen Vardar „häufiger von süssem Wasser erfüllt gewesen sei, als von salzigem“, und auf Süss- wasserschnecken, Kohlenspuren und Pflanzenreste gestützt, konnte Viquesnel!) mit voller Sicherheit schliessen, dass der Boden der Ebene von Mustapha von einer lacustren Bildung erzeugt sei; ferner wurden im Thale des Lepenatz, besonders in einer Erweiterung desselben, 1’, Stunden von Kacianik, mergelige Thone und sehr feine Sandsteine aufgefunden mit Blättern dicotyledoner Bäume und Lignitflötzen. Von Ueskueb etwa eine Stunde thalaufwärts an der Bahn gehend, findet man gleichfalls derartige tertiäre Bildungen, dem alten Schiefergebirge (den Ausläufern der Plotscha) angelagert, mit einem grünlichblauen Tegel, welcher bis 1 Meter mächtige Flötze einer sehr unreinen Braunkohle führt, die vereinzelte verdrückte Schnecken und Bänder von Trümmern derselben umschliesst; man sieht diese Lignite in kleinen Thalrissen am rechten Ufer des Lepenatz entblösst und überlagert durch graue und gelbe Sande von mehreren Metern Mäch- tigkeit ohne Spur von Petrefakten, harte Bänke einschliessend. Die Braunkohle hat trotz der Nähe der Bahn und der Stadt, und obwohl an mehreren Stellen zu Tage ausgehend, und vielleicht mehrere Flötze bildend, an der in Rede stehenden Oertlichkeit kaum praktische Be- deutung, da das sichtbare Material sehr schlecht ist, und anderseits die horizontale Verbreitung nur gering sein kann, weil das alte Ge- birge von der einen, die Alluvionen und der Fluss von der anderen Seite ihre mögliche Ausdehnung auf ein sehr bescheidenes Maass be- schränken. Der erwähnte Tegel führt Spuren von Conchylien (Helix). Immerhin sind diese Vorkommnisse desshalb einer grösseren Aufmerk- samkeit werth, da Braunkohlen schon mehrfach in jenen Gegenden nachgewiesen sind, und vielleicht manche Stellen ganz abbauwürdige Flötze enthalten mögen. Reicher an organischen Resten sind die Ablagerungen unmittelbar nördlich bei Ueskueb, wo dieselben in einem steilwandigen, unterhalb der Citadelle beginnenden, und wohl 1 Stunde hart am Vardar hin- laufenden Aufschlusse gut entblösst sind. Auch diese Stelle wird von Viquesnel?) erwähnt. Es sind graue, sandige Tegel und gelbe Sande, welche SSO fallen. Gegen das Ende der Entblössung tritt eine Erweiterung des Flussthales ein, in welcher die Tertiärbildungen sich nach Osten ausbreiten, und der Fluss in Folge des allmählig niedri- geren Abfalles der Umgebung aufhört das Ufer zu unterwaschen. Diese Entblössung lieferte die Hauptmasse des im Folgenden be- schriebenen, nur aus Gasteropoden bestehenden Materiales. 1) Viquesnel, M.3.g. 2.8. T. »), Viquesnel, M.s.g. 1.8. T. [3] Süsswasser-Depöts bei Ueskueb. 245 Beschreibung der Arten. Prososthenia Suessi n. sp. Gehäuse thurmförmig, aus 7 Umgängen aufgebaut; die des Ge- windes in der Mitte winkelig gebogen; Mündung etwa !/, der ganzen Höhe; 2!/, Embryonalwindungen, die andern mit stärkeren oder schwä- cheren Querfalten bedeckt, deren 12—15 auf eine Windung kommen; sie sind unter der Naht sehr schwach eingebuchtet, die über der Ein- buchtung liegenden Rippentheile (Knoten) verbreitert. Mundöffnung schräg oben etwas spitz zugezogen, breiteiförmig, Mundränder zusam- menhängend, besonders die äussere Lippe dünn, schwach zurück- gebogen, in dem unteren Theile bogenförmig vorgezogen; die innere oben anliegend, unten mit mehr oder weniger deutlicher schmaler, schiefer Nabelritze. Höhe - »- - - » » » 65 Mm. Durchmesser - -»- » 2:5 Mm. Durch die erwähnte Einschnürung wird, besonders auf der Schluss- windung mancher Exemplare, ein Längskiel angedeutet. Die einzelnen Individuen variiren sonst sehr wenig, nur eines zeigt auffallend stär- kere und spärlichere Rippen, so dass nur 10—11 auf eine Windung kommen, und ist verhältnissmässig breiter, wodurch es auf die im Folgenden beschriebene, noch viel plumpere Art hinweist. Es ist wahr- scheinlich, dass diese Form eine eigene Art vertritt, doch erscheint es nicht rathsam, diese auf ein unvollständiges Exemplar hin aufzustellen. Obwohl die vorliegende Art dünne Mundränder hat, stelle ich sie doch zu Prososthenia, einerseits wegen der vorgezogenen Aussen- lippe, anderseits weil sie sonst im Totalhabitus am besten in. diese Gattung passt, Mundrandverdickungen aber bei den südosteuropäi- schen Siüsswasserschnecken auch bei sonst dünnlippigen Gattungen bisweilen auftreten. Eines der vorliegenden Exemplare hat ein sehr recentes Aussehen. 22 Exemplare aus dem grauen Sand 5 P aus der Kohle. Prososthenia crassa n. Sp. Schale conisch-eiförmig, aus 7'/, Umgängen bestehend; Mündung etwa ?2/, der ganzen Höhe einnehmend; die ersten vier Windungen platt, die übrigen mit ziemlich starken Querfalten bedeckt, deren 9 bis 10 auf eine Windung kommen; Querfalten unter der Naht eingeschnürt und die abgetrennten oberen Theile zu Knoten aufgetrieben, so dass ein Kiel angedeutet ist, der runde Knoten trägt; schwache Längsstrei- fung; Mundöffnung stark verengt, schräg eiförmig; Columellarlippe oben anliegend, unten abstehend, mit kurzer Nabelspalte?, äussere Lippe dünn. Höhe - » » » » » » 8 Mm. Durchmesser - »- » +» 4 Mm. 32+ 246 Dr. L. Burgerstein. [4] Bei dieser Art könnte die Gattungs-Zugehörigkeit etwas zweifel- haft sein, zumal da beide Exemplare, die mir vorliegen, unvollständig sind; Micromelania Brusina ') würde sich schon wegen der weiten Fassung der Diagnose-gut eignen, doch ist die vorliegende Form zu: niedrig kegelförmig. Die Aussenlippe ist bei den zwei Exemplaren abgebrochen, wodurch leider das Vorhandensein oder Fehlen eines wichtigen Charakters sowohl von Prososthenia Neumayr, als Microme- lania Brusina unentschieden bleibt. Lest man ein normales Exemplar der Prososth. Suessi, ferner das erwähnte stärker gerippte, plumpe Exemplar derselben Art, weiters das eine der beiden Stücke von Prososth. crassa, welches schlanker ist als das zweite, und endlich auch dieses verhältnissmässig plumpste neben einander, so lässt sich (obwohl ein vollständiger Uebergang, der alle Exemplare zu Varietäten einer Art machen würde, nicht exi- stirt) doch eine fortschreitende Gradation in Plumpheit der Hauptform und Stärke der Berippung nicht läugnen. Dieser Grund bewegt mich, die vorliegende Art zu Prososthenia zu stellen. Grauer Sand, 2 Exemplare. Prososthenia nodosa n. sp. Schale conisch-eiförmig; Zahl der Umgänge? 1'!/, Windungen glatt, die übrigen mit Querrippen geziert, welche durch eine Einschnü- rung in zwei unvollständig getrennte Knoten zerfallen; diese Verzie- rung nimmt an den unteren Windungen stark an Mächtigkeit zu. Mündung...? Höhe des besten FEnphalipkenn - «95 Mm. KR Durchmesser 5 An dem besterhaltenen Stücke sind 7 Umgänge sichtbar, min- destens einer fehlt; von Mündung ist nichts zu sehen. Die Berippung und Knotung nimmt, wie erwähnt, an den unteren Windungen rasch an Stärke zu, und die Furche, welche die Rippen in zwei Knoten auf- löst, ist besonders auf diesen stark ausgeprägt; sie liegt über der Mitte der Windungen, wie es der unterste der erhaltenen Umgänge, der von keinem folgenden mehr bedeckt wird, zeigt; auf diesem sind die unter der Abschnürung liegenden Rippentheile doppelt so lang, als die über derselben liegenden Knoten. Ich schliesse diese Form an Prososthenia an, weil sie ein letztes Glied der erwähnten angedeuteten Reihe zu bilden scheint; von Be- stimmtheit ist bei dem Erhaltungszustand nicht die Rede. Die Furche, welche die Rippen einschnürt, ist bei der vorigen Art, wie erwähnt, vorhanden, aber weniger entwickelt, als hier. Von den drei mir vorliegenden Stücken ist eines schlanker und hat mehr 1) Brusina $., Fossile Binnenmollusken aus Dalmatien, Croatien und Slavo- nien. Agram 1874. % & 4 { R u 4 [5] Süsswasser-Depöts bei Ueskueb. 947 schief verlaufende Rippen, als die beiden anderen; an der Basis des besten Bruchstückes sind zwei Längsrippen angedeutet. Grauer Sand, 3 Exemplare. (Prososthenia) reticulata n. sp. Gehäuse verlängert eiförmig, spitz, Windungen anfangs schnell, dann langsam wachsend; letzte verengt. Zahl der Umgänge 6'/,, die zwei obersten glatt, die übrigen in der Mitte, ferner über und unter der Naht mit je einem Längskiel; ausserdem auf der untersten Win- dung zwischen dem mittleren und unteren, und zuletzt noch zwischen dem mittleren und oberen noch je eine feine Längslinie; weiters laufen schmale Querrippen, deren 14—19 auf eine Windung kommen, über die Umgänge und schwellen an den Kreuzungsstellen mit den Längs- rippen zu Knoten an; an der Basis (des letzten erhaltenen Umganges) liegen fünf weitere geknotete Kiele, in gleicher Entfernung von ein- ander, von der Verlängerung der Querrippen geschnitten; Schlusswin- dung verengt, nach abwärts gezogen; Mündung '/,;, der ganzen Höhe einnehmend eiförmig, oben etwas spitz zugezogen, Lippen kaum verdickt. Des grössten Exemplares a. d. Sand (Bruchstück) a. d. Kohle Hohe =." .72°.97° Mm. «+...» 10° Mm. Durchmeser - » »4 Mm. - »- » » -4'5 Mm. Die Querrippen sind nach rückwärts etwas winklig gebrochen; von den Kielen über und unter der Naht ist der erstere etwas stärker ; von den zwei feinen Längslinien, welche gleichfalls bei der Kreuzung mit den Rippen zu Knoten anschwellen, tritt die untere früher auf und ist stärker, als die obere; von den fünf geknoteten Linien der Basis (?) sind die vier oberen stärker, die fünfte ist nur angedeutet, die Rippen laufen über alle; die Schlusswindung und Mündung ist nur bei den zwei verquetschten Exemplaren aus der Kohle und auch hier nur schlecht erhalten. Diese Art vertritt ohne Zweifel eine neue Gattung; unter allen Umständen aber ist eine Gattungsdiagnose, gegründet auf eine Art, problematisch, da es kaum möglich ist, aus einer Form das ihr mit anderen unbekannten Gemeinsame zu finden: um wie viel eher, wenn der Erhaltungszustand nicht einmal erlaubt, die volle Diagnose der Art zu geben! Provisorisch möge sie an Prososthenia angeschlossen werden. 6 Exemplare (3 aus dem grauen, 1 aus dem gelben Sand, 2 aus der Kohle). Neritina Neumayri n. sp. Gehäuse halbkuglig, aus drei rasch wachsenden Umgängen auf- gebaut; die beiden ersten glatt, die Schlusswindung mit vier Kielen geziert, wovon der oberste und unterste glatt, der zweite geknotet 248 Dr. L. Burgerstein. [6] ist, der dritte einen bis zwei, selten mehr Dornen trägt; Mundöffnung halbmondförmig, rechter Mundrand dünn, an der Stelle der Kiele wellig; Columellarplatte durch eine Ausbuchtung von der halbmond- förmigen callösen Basis getrennt; Deckel dick. Höher rare er 65 Mm. Durchmesser - -»- -»- - 75 Mm. Von dieser schönen Art finden sich Exemplare sowohl in der Kohle, als auch (wenn selbe wirklich auch dieser Art angehören) im gelben Sand; die aus der Kohle sind sämmtlich mehr oder weniger von verschiedenen Seiten verdrückt, zeigen aber die Sculptur erhalten, wohingegen die zwei aus dem Sande vorliegenden Exemplare abgerollt sind, aber den Hauptumriss erkennen lassen; das eine der letzteren ist bedeutend grösser als die aus der Kohle; die Aufstellung einer zweiten Art ist bei dem schlechten Erhaltungszustande der beiden ge- nannten Exemplare und der Variabilität der Süsswasserschnecken über- haupt nicht statthaft. Die vorliegende Form zeichnet sich vor den meisten fossilen Neri- tinen durch grossen Reichthum der Verzierung aus; die zweite Win- dung zeigt bereits mit einem stufenförmigen Absatz den Beginn des obersten Kieles der Schlusswindung an, welcher von dieser Stelle, an Stärke zunehmeud, auf der Schlusswindung fortläuft; der zweite Kiel trägt auf der zweiten Hälfte der Schlusswindung 4—5 nicht ganz gleiche, zum Theil längliche Knoten; der dritte ist schmal, scharf, wellig, und trägt in einiger Entfernung vor dem Mundrand einen ab- stehenden hohlen Dorn, hinter welchem bei einigen Stücken noch einer oder mehrere stehen. Die Bildung dieser Dornen ist ganz analog jener der Dornen etwa von Murex; ihr Ende ist offen, ebenso bleibt die nach vorne gerichtete Seite. Sieht man von den Knoten ab, so fällt bis zu diesem dritten Kiel die Schlusswindung nach aussen ab, von hier aber nach innen (gegen die Basis), und es folgt noch ein vierter Kiel, welcher stärker als der dritte und schwächer als der erste ist, und wie dieser knotenlos erscheint; zwischen ihm und der Columellarplatte liegt die erwähnte, stark callöse Basis, welche, wie die Platte, ungestreift ist, während die Schale sonst aussen rostgelb und mit braunen Wellenlinien ge- zeichnet erscheint. An einem Exemplar ist der Deckel erhalten. 16 Exemplare, 14 a. d. Kohle, 2 a. d. gelben Sande. Melania macedonica n. sp. Gehäuse conisch eiförmig, spitz, aus sechs mässig gewölbten Um- gängen aufgebaut; Mündung etwa */, der ganzen Höhe; Mundöffnung zugespitzt eiförmig, Mundränder zusammenhängend, Innenlippe an- gewachsen (?), Spuren von Längsstreifung auf den unteren Theilen der Schlusswindung. des grössten Exemplars des besterhaltenen Höhe» - » «» -21 Mm.- » +.» 145 Mm. Durchmesser -13 Mm.» » ». - -» 9 Mm. [7] Süsswasser-Depöts bei Ueskueb. 249 Diese Form hat viel Aehnlichkeit mit der’ lebenden M. Holandri. Bedenkt man die Variabilität der M. Holandri, so könnte man sich versucht fühlen, die vorliegende Form mit ihr zu identificiren. Dafür würde auch die Verbreitung der lebenden Art sprechen; aber abgesehen von der bedeutenderen Grösse der fossilen Form ist es überhaupt be- denklich, eine lebende Art mit einer fossilen zu identificiren, wenn nieht vollständigste Uebereinstimmung stattfindet. Die Windungen der M. macedonica sind unter der Naht etwas eingebuchtet, wodurch die Zuspitzung der Mündung an ihrem oberen Ende herbeigeführt wird; hierauf wölben sie sich, und dann findet ein neuer steiler Abfall statt, wie aus der Abbildung ersichtlich. Gelber Sand, 25 Exemplare, und viele Bruchstücke. Von den beschriebenen Formen fanden sich sonach In der Braunkohle: Prososthenia Suessi (Prososthenia) reticulata Neritina Neumayri. In dem sie umschliessenden Tegel: Helix sp. In dem grauen sandigen Tegel und dem gelben Sande bei der Citadelle: | Prososthenia Suessi k crassa nodosa (Prososthenia) reticulata Neritina Neumayri (?) Melania matedonica - Clausilia sp. Die systematischen Fragen sind in den vorliegenden Zeilen nicht mit der wünschenswerthen Sicherheit beantwortet; allein bei dem augenscheinlich bedeutenden Reichthum und der folgerichtig gewiss - noch sehr geringen Kenntniss der südosteuropäischen jungtertiären Ge- biete in paläontologischer Beziehung sind eben diese Fragen bis jetzt zum Theil nur einer provisorischen Beantwortung fähig, um so eher, wenn man die grosse Variabilität der Süsswassermollusken, wie sie in so hervorragender Weise durch die Arbeiten besonders der jüng- sten Zeit bewiesen wurde, in Betracht zieht. | Die erwähnte Andeutung einer Reihe bei den Prososthenien wurde benützt, weil die Aufsammlung einiger Stunden in einem, wie die bei- gesetzten Zahlen beweisen, nicht sehr reichen Terrain zu gewagteren 350 Dr. L. Burgerstein. [8] Schritten zwingt; die Aufstellung einer neuen Gattung auf das vor- handene Material wäre noch unpraktischer. Die Altersfrage kann hier nur insoweit beantwortet werden, als wir es zu thun haben mit den Bewohnern eines jener Süsswasser- becken, welche in so grosser Zahl und mit so formenreichen Faunen in der jüngeren Miocänzeit und in der Pliocänzeit das südöstliche Europa bedeckten; genauere Angaben sind nicht möglich: Schichtungs- verhältnisse geben hier keinen Aufschluss, die Arten sind neu. Die Miocänschichten von Gamlitz bei Ehrenhausen in Steiermark. (Nebst Bemerkungen über erratische Vorkommen daselbst.) Von Dr. Vincenz Hilber. (Mit Tafel IV.) Einleitung. Nicht minder wechselvoll und bedeutsam als die Formationen älterer Perioden, sind in unserem steierischen Lande die Ablagerungen jenes Zeitraumes, welcher die Ausfüllung der grossen Gebirgslücken und Weitungen hinterlassen hat: die Absätze der mittleren Tertiär- formation. Jeder einzelne Bezirk, ob sein Boden der unteren oder der oberen Meeresstufe derselben angehöre, oder einer jener limni- schen Bildungen, welche sich der einen wie der andern einfügen, jeder ist mehr oder minder voll von wichtigen und interessanten Einzelnheiten. Vorliegender Versuch wird ein kleines Gebiet umfassen, nur eine halbe Quadratmeile gross, doch inhaltsreich genug, um mancherlei Schwierig- keiten darzubieten, deren Ueberwindung mir vielleicht nicht immer glücklich gelungen ist. Es sind die Schichten von Gamlitz bei Ehrenhausen, ausgezeichnet durch das Braunkohlenflötzchen am Labitschberge, ein Theil jener Tertiärlandschaft vom Alter des Wiener Beckens, welche die westliche Hälfte von Mittelsteiermark bis an die Alpen hin einnimmt. Das Thal von Gamlitz hat eine genau westöstliche Richtung. Beim Markte Ehrenhausen mündet es in das Murthal und verschmälert sich von hier allmählig nach rückwärts. Mitten darin liegt Gamlitz, ein nettes Dorf mit freundlichen Bewohnern, die hier hart an der Wendengrenze ihre deutsche Nationalität unvermischt gewahrt haben. Die nach Norden und Süden abschliessenden Höhenzüge bestehen aus Sedimenten der oberen Mediterranstufe. Schon in früherer Zeit hat dieser Punkt die Aufmerksamkeit der Geologen auf sich gezogen. Die Aufschlüsse, die der vor ungefähr 19 Jahren begonnene Bergbau auf ein in dieser Gegend durch seine Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt. 1877. 27. Band. 3. Heft. (V. Hilber.) 33 252 Dr. V. Hilber. f2] blosse Existenz überraschendes Kohlenflötz über die in den Schichten unmittelbar darüber vorkommenden Thierreste gewährte, erregten in hohem Grade die Beachtung des Hrn. Bergrathes Stur, in dessen schönem Werke „Geologie der Steiermark“ die Schichten von Gamlitz eine nicht wenig hervorragende Stelle einnehmen. ) Vordem schon hatte Herr Dr. Rolle bei seinen Untersuchungen des weststeierischen Tertiärs mehrfach der Leithakalke und Tegel von Gamlitz Erwähnung gethan. ?) Die Gliederung der Schichten, wie sie sich aus den anzuführenden Beobachtungen ergab, ist folgende: 1. Tegel und Sande. 2. Braunkohle. 3. Thoniger, cerithienreicher Sand. 4. Conglomerat. 5. Grauer harter Mergel mit Cerithien-Abdrücken und -Stein- kernen. 6. Conglomerat, Sandstein, Sand und Schotter. 7. Leithakalk und Nulliporenmergel, Tegel, Mergel. Da diese Folge von derjenigen, welche Herr Bergrath Stur in seinem eitirten Werke aufgestellt hat, nicht unerheblich abweicht, füge ich dieselbe zum Vergleiche bei. . Tegelgebilde von St. Florian. . Kohle mit Planorbis pseudoammonius Voltz und Wirbelthier- Resten. . Cerithienreiche Schichte (wie zu Waldschach). . Tegelgebilde von St. Florian (Acephalenschichten). . Oberer Sand und Schotter. Leithakalk und Nulliporenmergel als Hangendes. Der wesentlichste Unterschied dieser Auffassung besteht demnach darin, dass der genannte Autor dem Leithakalk eine höhere Stelle an- weist, als dem Tegel, während, wie weiter zu erörtern sein wird, dieser hier, wenigstens in seinen über der Kohle befindlichen Theilen, ein zeitliches Aequivalent jener Bildung darstellt. on Ola m DD Labitschberg. Um die tiefsten, in der Gegend anstehenden Schichten kennen zu lernen, besuchen wir den westnordwestlich von Gamlitz, am Fusse des östlichen Gehänges des Labitschberges befindlichen Kohlenbau. GrafBrandis, dem er früher gehörte, machte den Versuch durch den damaligen Obersteiger, Hrn. Reiter, die Kohle bergmännisch ausbeuten zu lassen, und erhielt den Bau mehrere Jahre wegen der Güte des geförderten Brennstoffs trotz dessen geringer Mächtigkeit. Im Jahre 1872 verkaufte er denselben an Hrn. Heliodor Pruck- ner. Dieser gab ihn einem Pächter, welcher zur Winterszeit in den ') Dionys Stur, Geologie der Steiermark, p. 559—562. ?) Dr. Fr. Rolle, die tertiären und diluvialen Ablagerungen in der Gegend zwischen Graz, Köflach, Schwanberg und Ehrenhausen in Steiermanrk. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt 1856. [3] Die Miocänschichten von Gamlitz ete. 953 alten, verlassenen Gängen weiter wühlte, um den Bedarf der nächsten Umgebung zu decken. Neuerdings wird, wie ich eben erfahre, die Ausbeutung wieder mit etwas grösserer Energie vorgenommen. Mehrere Meter über dem Thalniveau sind horizontale Stollen neben einander in den Berg getrieben, welche der hier zu Tage aus- gehenden Kohle folgen, und im weiteren Verlaufe sich verzweigend etwas ansteigen. Auch ein verticaler, mit Wasser gefüllter Schacht, der ohne Erfolg auf Liegendflötze angelegt wurde, ist zu sehen. Das Liegende des Flötzes fand ich nirgends aufgeschlossen ; doch verdanke ich der Gefälligkeit des Hrn. Reiter einen Auszug seines Bohrjournales, den ich hier wortgetreu folgen lasse. Bohrloch unter dem Hause des „Schreiner“: M Cm. 1. Grünlicher, auflöslicher Sandstein - » » - - 7 5 2. Weissgrauer, fester Sandstein » » » * +. — 24 3. Grüner Sandstein mit rothen Thonzwischen- lagen, lichter und weicher als Nr. 1 (Nachfall liefernd) » © = - le sn a alien. 3 84 4. Schieferthon, dunkelroth (tritt bei der age: Simongregergraben-Keuschen zu Tage) - - - 2 8 5. Sandstein, grünlichgrau, sehr ERLUeTzeIch und EICH, te no ae une ee aa een _— 24 6. Schieferthon, iskolkraiun ea: ieh te 6 7. Sandstein, wie Nr.5 - - « _ 26 8. Sandstein mit Bee Seeken Ale: tere dürften vom Nachfall herrühren - - - » — 63 9. Schieferthon, dunkelbraun - » » ... .- 2 iR! 10. Sandstein, fest »- »- een. — 47 11. Braune Schieferthonschichten El eingelager- ten dünnen Sandsteinplatten »- +» » +. = 34 14 Nachdem man die letztgenannte Schichte über 34 Meter verfolgt hatte, wurde die Bohrung sistirt. Fossilreste kamen nach Angabe Hrn. Reiter’s sehr spärlich vor. Leider wurde nichts von den er- haltenen Fragmenten aufbewahrt. Das Flötzchen selbst hat eine durchschnittliche Mächtigkeit von 65 Cm. und besteht aus einer glänzenden, muschelig brüchigen Braun- kohle vorzüglicher Qualität.!) Es fällt, sowie die Schichten darüber, unter 8 Grad nach Osten ein. Plattgedrückte Gehäuse einer ziemlich grossen Planorbisart, vielleicht Planorbis pseudoammonius Voltz, kommen im Verein mit zahlreichen kleinen Planorbenschalen namentlich in den oberen dünnschieferigen Partieen der Kohle vor. Im Jahre 1870 wurde in derselben der Rest eines Unterkiefers gefunden, den Herr Prof. Peters nach drei deutlich erhaltenen Zähnen als Hyotherium Sömmeringi H. v. M. bestimmte. ?) 1) C. v. Hauer, Analyse der Braunkohle von Gamlitz. Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt 1866, p. 125. 2) Verhandlungen der k. k. geol. Reichsanstalt 1870, p. 174. 33* 254 Dr. V. Hilber. [4] Es sei gleich hier bemerkt, dass diese der ersten Wirbelthier- fauna Suess angehörige Schweinegattung nicht nur im Bezirke von Eibiswald und Wies 'die herrschende ist, sondern auch im Flötz von Rosenthal bei Köflach vorkam. Das Thier dürfte demnach nicht auf einen engeren Zeitraum beschränkt geblieben sein, sondern sich bis in die späteren Abschnitte der miocänen Periode überall da erhalten haben, wo Terrainbeschaffenheit und hinreichende Nahrung seinem Ge- deihen günstig war. — Hier im Flötzchen von Gamlitz liegt die Be- ziehung zu Eibiswald am nächsten, und man dürfte kaum fehlgreifen, wenn man diese geringe Kohlenablagerung als eine mit der mächtigen Flötzbildung von Eibiswald und Wies zusammenfallende Erscheinung auffasste. Schon viel früher hatte Hermann v. Meyer einen ihm zuge- sandten kleinen Kieferrest unter dem Namen Mustela Gamlitzensis bekannt gemacht. ') Im Hangenden folgt ein grauer, thoniger Sand, etwa 1 Meter mächtig, und ganz voll von Schnecken- und Muschelschalen. Letztere zerbrechen bei dem durchfeuchteten Zustande des Sandes sehr leicht und wäre die Anwendung von Wasserglas zu ihrer Conservirung sehr vortheilhaft gewesen. Nachstehende Molluskenarten, von denen ich die meisten auf der Halde gesammelt, kommen mehr oder minder häufig darin vor. An Individuenzahl überwiegt Cerithium pictum Bast. bei Weitem. *Oonus Aldrovandi Broce.?) »„ Mercati Brocc. (In kleinen Exemplaren.) „ Dujardini Desh. Die vierte Varietät von M. Hoernes (Gasteropoden des Wiener Beckens, p. 40), welche auch im Wiener Becken in den älteren Schichten herrscht. Die hier gefundenen Exemplare sind durchwegs klein und ziemlich hoch thurmförmig. Buccinum coloratum Eichw., sehr häufig, doch klein. »„ miocenicum Mich., vorzüglich in der von Hoernes Fig. 22 gezeichneten Varietät. „Haueri Micht. nicht selten, in kleinen charakteristischen Exem- plaren. Purpura stiriaca Stur, ziemlich häufig. Murex sublavatus Bast. Diese wichtige Species kommt in sehr grossen Exemplaren häufig vor. Mehr noch als jene Buceinum-Arten, deutet sie auf schwach salziges Wasser hin. Die Exemplare sind sehr stark gekielt und mit kräftigen Zuwachsstreifen versehen. Murex brandarıs Linn., in kleinen, zierlichen Individuen, wahr- scheinlich Jugendexemplaren, welche mit Formen aus einem Sande von Cephalonia befriedigend übereinstimmen. *Pyrula cornuta Ag. Das Vorkommen dieser wichtigen und für die unteren mittelmiocänen Schichten des ausseralpinen und des alpinen Wiener Beckens so bezeiehnenden Art hat von jeher die Aufmerk- samkeit der Beobachter erregt und dieser Lagerstätte ihre besondere 1) Verhandlungen der k. k. geol. Reichsanstalt 1867, p. 97. 2) Die auch von Stur angeführten Arten sind mit Sternchen bezeichnet. [5] Die Mioeänschichten von Gamlitz ete. 955 Bedeutung verliehen. Die Exemplare scheinen nicht mehr als Faust- grösse zu erreichen. Cerithium pictum Bast. Diese unbeständige Form tritt auch hier in verschiedenen Varietäten auf. Am häufigsten sind Stücke, bei denen in typischer Weise auf die erste vorherrschende Knotenreihe eine Reihe kleinerer, quergestellter und auf diese eine dritte, wieder etwas grösserer Knoten folgt, die unter denen der ersten Reihe stehen. Die Knoten sind rund und hie und da röthlich gefärbt. Diesen Formen schliessen sich jene an, deren Knotenreihen den eben beschriebenen gleich beschaffen, aber durch eine sehr deutliche erhabene Linie getrennt sind. Sehr häufig ist auch eine zweireihige Varietät mit stumpfen, genau unter einander stehenden, fast viereckigen, gleich grossen Knoten, jedenfalls das von Stur angeführte Cerithium nodoso-plicatum Hoern. Etwas grösser und noch häufiger kommen ebenfalls zweireihige Formen vor, mit spitzen, fast dornartigen Knoten, deren erste Reihe vorherrscht. Von dieser Spielart sind einige Exemplare intensiv dun- kelrothbraun gefärbt. | Sämmtliche Varietäten stehen an Grösse hinter den sarmatischen Formen aus dem Wiener Becken bei Weitem zurück. *Oerithium lignitarum Eichw. s Duboisi Hoern. Beide Species häufig in sehr charak- teristischen, kräftigen Exemplaren. Letztere auch hier, wie im Wiener Becken (Grund), häufiger, als erstere. Cerithium doliolum Brocc. Nur in einem Stücke gefunden. Cerithium theodiscum Rolle. Von Stur angeführt, von mir nicht gefunden. Cerithium n. sp. cf. subcorrugatum d’Orb. Ein von Prof. Ferk vor Jahren gefundenes, 60 Mm. langes, thurmförmiges Exemplar mit starken, wulstartigen Längsrippen und ziemlich tiefen Querfurchen. Die allgemeine Sculptur hat mit der der genannten Species grosse Aehnlichkeit, nur sind die Knoten stärker und stehen weiter ausein- ander. Auch ist die Gestalt gedrungener. Jene Art findet sich in der ersten Mediterranstufe von Bordeaux. Die Bestimmung dieses, sowie mehrerer anderer zweifelhafter Exemplare führte Hr. Prof. Hoernes bei Gelegenheit eines Aufenthaltes in Wien aus. *Turritella gradata Menke. Es ist diess die einzige, in dieser Schicht vorkommende Turritellenart; ihre stratigraphische Bedeutung wird durch diese Vereinsamung noch erhöht. Natica redempta Micht. Nicht selten, klein. Nerita picta Fer. Ein kleines unvollständiges, jedoch mit deut- licher Farbenzeichnung versehenes Exemplar. Rissoa Moulinsi d’Orb. Nicht häufig. Tellina donacina Linn. In zartschaligen Doppelgehäusen. * Lucina incrassata Dubois * „ Dwujardini Desh. * Psammosolen coarctatus Gmel. * Venus multilamella Lam. „ Basteroti Desh. Ein winziges Stück. 256 Dr. V. Hilber. | [6] Chama gryphoides Linn. Ein von Hrn. Ferk gefundenes Jugend- exemplar. * Arca lactea Lam. Mytilus Haidingeri Hoern. Diese sonst der ersten Mediterran- stufe eigenthümliche Art und das merkwürdige Cerithium cf. subcorru- gatum Orb. machen, da der Charakter der übrigen Fauna der der zweiten marinen Stufe ist, die Einreihung dieser Sandlage in eine von beiden schwierig. Wahrscheinlich haben wir es hier mit einer Zwischen- bildung zu thun, näher vielleicht der letzteren Abtheilung. Pecten sp. Jugendexemplar. Ostrea gingensis Schloth. In kaum mehr als 20 Cm. langen, nicht sehr dickschaligen, isolirt und in kleinen Bänken vorkommenden Exem- plaren. Nach Foraminiferen und Ostracoden durchsuchte ich die Rück- stände meiner Schlemmproben vergeblich. Conchylienbrut dagegen enthielten diese in Menge. Diese Bildung von, wie die Fossilreste lehren, ausgesprochen bra- kischem Charakter ist unterbrochen durch eine Conglomeratbank, deren obere Grenze wegen der bedeckenden Humusschicht nicht ersichtlich ist. Es sind Quarzgerölle, durch Kalkcement verbunden. Ihre Mäch- tigkeit mag 2—3 Meter betragen. Ueber derselben setzt sich die brakische Bildung fort in Gestalt eines festen grauen Mergels, der reich ist an Steinkernen vom Aussehen von Miniaturkorkziehern und den zugehörigen Abdrücken. Sie gehören dem Cerithium pietum Bast. an. Von Schalen ist keine Spur; sie haben nach ihrer Lösung zur Cementirung des ursprünglich dem unteren Cerithiensand gleichen Ge- steines gedient. Schreiten wir weiter, den Labitschberg hinan, so treffen wir auf einen compacten grauen Sandstein, der mit Säure braust und keine Versteinerungen zu enthalten scheint. Ueber ihm liegt wieder Con- glomerat, welches ganz zu oberst von einer gelblichen, gering mäch- tigen Tegeldecke überlagert wird; sie enthält grösstentheils unbestimm- bare Steinkerne, hie und da mit einem dünnen Ueberbleibsel der Schale, sowie auch Blattabdrücke, die ebenfalls sehr schlecht erhalten sind. Mit Sicherheit liessen sich nur Zurritella turris Bast. und Venus islandicoides Lam. erkennen. Vielfach ist der Tegel auf dem Kamme des Labitschberges ganz weggewaschen, so dass das Conglo- merat zu Tage tritt. Hier will ich noch bezüglich des oft gebrauchten Wortes Tegel erwähnen, dass ich damit nicht eine Thonschichte bezeichnen will, die etwa dem Badener Tegel vergleichbar wäre, letzterem schon desshalb nicht, weil der Gamlitzer Tegel wahrscheinlich in etwas seichterem Wasser zum Absatze gelangt ist. Aber auch in petrographischer Be- ziehung entspricht er diesem Ausdrucke nur sehr beiläufig. Abgesehen von stark sandigen Einlagerungen, die namentlich zunächst der Grenze vom Conglomerat sich häufen, besteht die Schichte zumeist aus einem kalkreichen Thongestein, welches in Wasser schwer oder gar nicht zerfällt, ursprünglich blaugrau, oxydirt gelblich und mitunter sehr fest ist. Nichtsdestoweniger nimmt dasselbe in frischem Zustande lebhaft glänzende Schnittflächen an. An organischen Einschlüssen ist es keines- [7] Die Miocänschichten bei Gamlitz etc. 957 wegs arm, ja, es finden sich hie und da Muschelbänke ; doch sind die Schalen kaum häufiger erhalten, als im Nulliporenkalkstein, und nur die von caleitischer Textur. Die übrige Menge der Kalkmasse ist in Lösung im Gestein selbst aufgegangen. Von einem Tegel, wie er an- derwärts und in so ausgezeichneter Weise in allen Stufen des Wiener Beckens heimisch ist, kann hier gar nicht die Rede sein. Dessenun- geachtet ist die Schichte an einer Stelle (in der Nähe des auf der Karte verzeichneten „Kamilitz Klapsch“) zur Ziegelerzeugung geeignet, offenbar in Folge localer Durchweichung. Der Erhaltungszustand der Fossilien ist auch hier kein günstigerer. Auf dem westlichen Abhange des Labitschberges sieht man an dem Fusssteige, welcher nach Krannach führt, Conglomerat mit grossen Rollstücken anstehen. Folgen wir diesem Steige, und werfen wir einen Blick auf die Verhältnisse in dem ähnlich construirten Hügel von Krannach. Wir finden Conglomerat in grosser Mächtigkeit, wechsellagernd mit Sand, Sandstein und Tegel. Die Schichten sind in gestörter Lagerung und fallen unter beträchtlichem Winkel (bis 25°) in SO ein. Molluskenreste fand ich hier, ausser in dem gleich zu erwähnenden Brunnen, weder im Tegel, noch im Sandstein; dagegen sind beide reich an Pflanzenresten in Form von Abdrücken stark beschädigter Blätter, zerbrochener Blattstiele, Coniferennadeln und Pflanzendetritus aller Art. Interessante Aufschlüsse gaben zwei Brunnengrabungen. Die eine wurde auf einem der höchsten Punkte, beim „Graben- bauern Weber“ vorgenommen. Diese Localität befindet sich etwa drei Viertelstunden westlich vom Kohlenbau, und in einem über 100 Meter höheren Niveau. Hier fand ich die vorhin besprochene cerithienreiche Schichte wieder. Es ist derselbe, hier gelbliche Sand, durch Thon verkittet. Er enthält kleine Cerithien und Zweischaler, welche, wenn auch durch die starke Durchfeuchtung sehr mürbe und oberflächlich angegriffen, doch als den oben besprochenen Arten angehörig zu er- kennen sind. Beim Einfahren in den damals unvollendeten Brunnen konnte ich folgende Schichtenfolge feststellen (von oben nach unten): Conglomerat Sandstein 770 Cm. Cerithiensand Geringmächtiger, blauer Tegel mit papierdünner, kohlig färbender Zwischenlage. Conglomerat. Von hier noch weiter im Westen fand der Brunnengräber nach ‘seiner Angabe eine über drei Finger mächtige Kohlenschichte. Vom „Grabenbauern Weber“ führt in südöstlicher Richtung ein Weg in’s Thal; der Berg senkt sich unter gleichem Winkel mit dem Fallen der Schichten. So darf es nicht überraschen, dass wir nahe der Thalsohle dieselben Sedimente unter den Füssen haben, wie auf der Höhe. Diess that auch eine Brunnengrabung kund, deren Vollen- dung ich übrigens gleich der eben besprochenen nicht abwarten konnte, 258 Dr. V. Hilber. [8] Sie fand statt beim „Bowoden“, einer dem „Koglwirth“ gehörigen Nebenbaulichkeit. Ich verfolgte die Grabung bis zu 7!/, Meter Tiefe: M. Cm. Conglomerat - -» - - + >> 63 Sandstein » »- » =...» 2 Ar Schnürchenkohle, Conglomerat — 323 Tegel? nun Ve u erler 3 80 Conglomerätt » » + - Ar 65 und darüber Die Vergleichung beider Ergebnisse lässt in dem ersteren den Mangel der Kohle, in dem letzteren den der Cerithienschichte auffallen, was auf locale Verschiedenheiten bei nahe gleichzeitiger Bildung zurückzu- führen ist. Die Analogie mit dem Labitschberge bezüglich der Schichten- folge ist mit Ausnahme der dort unter der Kohle nicht vorhandenen Conglomeratschichte gleichfalls unverkennbar. Eine nähere Untersuchung dieses bis jetzt, wie ich glaube, noch gänzlich unbeachteten Theiles könnte vielleicht noch manche inter- essantere Details liefern. Grubthal. Das zu dieser Ortschaft gehörige Gebiet liegt östlich vom Labitsch- berge und dem gleichnamigen zugehörigen Complexe. Die Grenze beider läuft auf der Schneide des östlich vom Labitsch- berge sich erstreckenden Hügels. Aus Zweckmässigkeits-Gründen be- trachten wir jedoch auch den westlichen Abhang desselben an dieser Stelle. Ueberschreitet man vom Labitscher Kohlenbau an den Weg, der dem (südöstlich verlaufenden) Thälchen folgt, so trifft man auf einen gelben, stark sandigen, fest verkitteten Mergel, der nur die Turritella gradata Menke in grossen, prächtigen Exemplaren führt. Er entspricht dem an Cerithien und Turritellen reichen Sande über der Kohle und liegt auch in demselben Niveau. Begeht man den Fuss des Hügels weiter in südöstlicher Rich- tung, so trifft man an der Lehne, etwas höher gelegen, als diese Turri- tellenschichte, auf einen Steinbruch in einem durch Kalk cementirten Quarzconglomerat. Darunter befindet sich nach Angabe des Besitzers ein fester Sandstein. Eine Entblössung desselben konnte ich nirgends gewahren. An dem Wege, der von hier nach der Höhe führt (nord- östlich) wechselt Conglomerat mit Sandstein und lockerem Sande. Un- weit der Höhe beginnt der acephalenreiche Mergel der Gegend, den ich überall Tegel genannt habe. Hier und in dem nahe gelegenen „Berghold’schen Weingarten“ ist er dicht erfüllt von Muschel- und Schnecken-Steinkernen, deren Bestimmung, freilich unter grossen Schwierigkeiten, fast vollständig gelang. An dem Wege, der von jenem Steinbruche nach dem Kamme führt, fand ich zunächst Thracia ventricosa Phil. Fragilia fragilis Linn. Oytherea Pedemontana Ag.? [9] Die Miocänschichten von Gamlitz etc. 959 und auf dem Rücken des Hügels einige durch die Güte des Herrn Prof. Freih. v. Ettingshausen bestimmte Pflanzenreste: Cinnamomum lanceolatum Ung. 5 polymorphum A. Braun. Coniferennadelbüschel. Eine reiche Ausbeute aber ergab der etwas weiter nordöstlich vom Fundorte eben genannter Bivalven befindliche „Berghold’sche Wein- garten“. Jedes Frühjahr fördern die Leute beim sog. Schanzgraben mächtige Blöcke aus den Weingärten, welche sie gewöhnlich an .Ort und Stelle liegen lassen und den Atmosphärilien zum Zerkleinern preisgeben; diese besorgen ihr Geschäft an diesen Tegelgesteinen dann auch sehr rasch. An eben dieser Localität bezeichnete man mir eine Stelle, wo man vor Jahren eine Platte mit nach einer und derselben Seite gerichteten Fischabdrücken fand, und darunter eine zweite, wo, wie man angab, die Köpfe alle nach der entgegengesetzten Richtung gekehrt waren. (Jedenfalls die Gegenplatte.) Von Gamlitz aus ist dieser Weingarten nordwestlich. Der Hügel, auf dem er steht, springt etwas vor und besteht bis fast zur Spitze aus mächtigen, gegen das Dorf zu entblössten Conglomerat-Bänken, auf welchen eine dünne Tegelschichte, die, sowie die darin enthaltenen Steinkerne, stark gelb gefärbt ist, aufsitzt. - Es fanden sich darin: Krabbenscheeren, gross, die Spitzen in der gewöhnlichen Weise gegen einander gekehrt. Pyrula rusticula Bast. Venus umbonaria Lam. Turbinella labellum Bon? „ islandicordes Lam. Turritella turris Bast. „. plicata Gmel. Natica sp. Cardium hians Brocc. Olavagella sp. » turonicum Mayer. Psammosolen strigilatus Linn. Lucina cf. multilamellata Desh. Thracia ventricosa Phil. Arca diluvii Lam. Lutraria oblonga Chemn. Ostrea digitalina Desh. Fragilia fragilis Linn. Schizaster sp. Von den Conchylien fand sich mit Ausnahme der Ostrea Alles nur in Steinkernen, welche aber nach Wegführung der Schale meist den Abklatsch der Höhlung angenommen haben, und desshalb, trotzdem sie ein Präpariren der Schlosszähne nicht gestatten, mit einiger Mühe die Bestimmung ermöglichen. Von hier nordöstlich gelangt man durch einen kleinen Abstieg in’s eigentliche Grubthal mit seinen Kalksteinbrüchen. Schon an den diesseitigen Hängen ist nahe dem Fusse, Loppi’s Steinbruch gegenüber, und von da weiter südlich (im Hirschmann’schen Steinbruch) in halber Höhe Leithakalk aufgeschlossen. Erstere Entblössung ist sehr klein. Die Verwitterung ist weit vorgeschritten, und ausgewitterte Nulliporen-Kügelchen sind in Menge zu sehen. Von anderen Fossilien ist nichts wahrzunehmen. Die zweite, der Hirschmann’sche Steinbruch, ist schwer zu finden, da sie ganz im Walde versteckt liegt und durch die schon seit vielen Jahren genossene Ruhe sich wieder mit Vegetation zu bekleiden be- ginnt. Die Verwitterung ist demnach auch hier hochgradig, wodurch Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt. 1877. 27. Band. 3. Heft. (V. Hilber.) 34 260 Dr. V. Hilber. [10] die Steinkerne vollends unbrauchbar. Mit Sicherheit war nur das Vor- kommen der grossen ÖOstrea crassicostata Sow. zu constatiren. Ich habe auf der Karte den Zwischenraum zwischen beiden Auf- schlüssen mit Leithakalk ausgefüllt, trotzdem er in demselben an keiner Stelle aufgedeckt ist, weil zwischen den gegenüberliegenden Loppi’schen und Gmnaser’schen Steinbrüchen der Zusammenhang durch kleine bloss- gelegte Partieen nachweisbar ist, und dieser Kalkstein wieder vor der Thalerosion mit dem gegenüber befindlichen zusammengehangen haben muss. Von erstbesprochener Entblössung an erscheint der Leithakalk gegen Norden wie abgebrochen. Er scheint weder bedeckt, noch weg- gewaschen, sondern hier überhaupt nicht mehr gebildet worden zu sein. Das Terrain senkt sich da etwas gegen Norden. An dieser Stelle nun (ein paar hundert Schritte von besagter Blösse) wurde im April vorigen Jahres (1876) ein Schacht gegraben, um eine Fortsetzung des Labitscher Flötzes zu finden. Er ging bis zu einer Tiefe von 30 Metern durch den schon öfters genannten Tegel, der hier, weil frisch, eine blaugraue Farbe besitzt. Darunter folgte, wie zu erwarten war, das Conglomerat, und setzte dem weiteren Graben ein Ziel. Man versuchte noch, durch dasselbe ein Bohrloch niederzustossen, gab es aber bald auf. Bemer- kenswerth ist hier die Mächtigkeit des Tegels und sein tiefes Hinab- reichen in’s Thal. Auf der andern Seite des Berges sind in gleicher Höhe Conglomerate. Vielleicht war an dieser Stelle zur Zeit der Tegel-. bildung der Meeresboden tiefer, als anderwärts in der Nachbarschaft. An Fossilresten fand sich im Schacht in dem gewöhnlichen Erhal- tungszustande: Thracia ventricosa Phil. Fragilia fragilis Linn. Venus cf. islandicoides Lam. (Die Mantelbucht ist weniger spitzig und der Rücken weniger gebogen, als bei islandicoides). Pecten substriatus d’Orb. Schizaster sp. Flabellum sp. An einer andern entfernteren Stelle des’ Grubthales, in „Loppi’s Weingarten“, fand der Besitzer 5 Exemplare von Conoclypus plagio- somus Ag. in einer mehr sandigen Schichte. Sie standen bei ihm als Stütze der Weinfässer oder in ähnlicher Eigenschaft in Verwendung, bis sie von Hrn. Prangner gerettet wurden. Wir wenden uns nun zur östlichen Grenze des Thales, zu den beiden Steinbrüchen des „Loppi“ und „Gnaser“. Letzterer befindet sich südöstlich von jenem. Ueber beide wüsste ich in geologischer Beziehung keine Verschiedenheiten anzugeben, wesshalb ich sie ge- meinsam bespreche. Der Leithakalk ist von einer Bank grauen Kalk- mergels in der Mächtigkeit eines Meters durchzogen, welche in ihren scharfen Trennungslinien die ziemlich horizontale Lagerung des Ganzen erkennen lässt. Der Kalkstein ist, frisch gebrochen, weich und erhärtet rasch an der Luft. Hier wird er wenig zu Bauzwecken, sondern fast: nur zur Beschotterung und zur Kalkerzeugung gewonnen. Beide Stein- brüche sind reich an organischen Resten, leider zumeist nur in Stein- [11] Die Mioeänschichten von Gamlitz ete. 261 kernen; es fanden sich: Schwarze Fischzähne, sowohl spitze, als auch Gaumenzähne, wahrscheinlich von Haien herrührend. Phymatocarcinus speciosus Reuss. Wundervoll erhaltene Scheeren und Reste vnn Rückenpanzern, welche Hr. Dr. A. Bittner als dieser Art angehörig bestimmte (Sitzung der k. Akademie der Wissenschaften vom 26. April d. J.). Im Grubthal fand ich sie nur in Gnaser’s Stein- bruch, aber in grosser Häufigkeit. Ein anderer Fundort befindet sich im Tegel der Weinleiten, was an entsprechender Stelle zu erwähnen sein wird. | Pyrgoma sp. (Balane). Pecten latissimus Broce. Serpula sp. „. . solarium Linn. Conus Sp. »„ Desseri Andrz. Oypraea cf. leporina Lam. „ substriatus d’Orb. Strombus coronatus Defr. Ostrea crassicostata Sow. Sazxicava n. sp., sehr gross, nur Cidariten-Stachel. Bohrgänge und Steinkerne. Olypeaster intermedius Desm. Venus Aglaurae Brongn. Turbinolia sp. Cardita sp. Astraea sp. Lithodomus Avitensis Mayer, auch mit Schale. Klüfte und Höhlungen im Kalkstein sind ganz oder zum Theil erfüllt von Kalkspathkrystallen, welche auch im Sandstein und Con- glomerat der Gegend in derselben Weise auftreten. Bemerkenswerth ist auch das Vorkommen eckiger Kohlenstückchen im Gnaser’schen Bruch, welche ich auch in einem Sandsteinbruch der Weinleiten an- getroffen habe. Auf den nördlichsten Höhen von Grubthal liegt wieder der Tegel, im Verein mit einem gelben Sande, welcher (bei „Schaffer“) eigen- thümliche Kalkconcretionen in Form von Scheibchen und Stengeln ent- hält, welche dem Sande lagenweise eingefügt sind. Weinleiten. Nördlich von Gamlitz läuft in westöstlicher Richtung ein sanft in’s Thal sich senkender Bergrücken hin, reich mit Reben bepflanzt, die ihm auch seinen Namen gaben. Es ist die „Weinleiten“. Von der Thalsohle an bis fast zur Höhe (diese mag etwa 50—60 Meter betragen) reicht das schon vielerwähnte Conglomerat. Es besteht grösstentheils aus bloss quarzigen Theilen mit etwas Kalkcement ver- bunden und liefert die als sehr dauerhaft geschätzten Ehrenhausener Mühlsteine Auch zu Tischplatten u. dgl. findet es Verwendung. In Nader’s Steinbruch enthält es, soviel aus Handstücken zu entnehmen, stellenweise nicht unbedeutende Pyritbeimengungen. Hie und da führt es ein marines Fossil, besonders Oonus-Steinkerne. Ein Exemplar aus dem Gamlitzer Conglomerat befindet sich in den Sammlungen des l. Joanneums in Graz, bestimmt als Conus Mercati Broce. Ausserdem findet man nicht selten einen kleinen blauen Pecten, der, wenn die . Rippen nicht alle gleich stark wären, unbedenklich zu P. substriatus d’Orb. zu stellen sein würde. 34* 962 Dr. V. Hilber. [12] Beiläufig in der Mitte der Weinleiten, wo gegen Ehrenhausen zu der Wald beginnt, befindet sich ein aufgelassener Steinbruch, der schon zu den Römerzeiten im Betrieb gewesen sein soll. Er erstreckt sich weit in den Berg hinein, ist aber mit Wasser gefüllt, das nur nach langem Regenmangel zurücktritt. Hier geht das Conglomerat nach oben zu durch allmählige Verfeinerung des Materials in einen com- pacten, mit Säure brausenden Sandstein über. Dieser lieferte folgende Reste: Balanus Holgeri Gein.? Pecten Leithajanus Partsch. Pyrula cingulata Bronn. Olypeaster gibbosus BRisso sp. „ geometra Bors. » intermedius Desm. Venus islandicoides Lam. So gleichmässig nun das Conglomerat, zu welchem auch dieser Sandstein zu zählen, als Basis des Schichtensystems auf der Wein- leiten verfolgbar ist, so wechselnd ist sein Hangendes. Am westlichen Ende ist es Leithakalk, welcher daselbst (bei „Steinleitner“) deutlich vom Tegel überlagert wird. Gleich daneben (östlich) liegt aber dieser selbst wieder unmittelbar auf dem Conglomerat. Dieser Wechsel wieder- holt sich nun mehrere Male. Besonders klar ist das Verhältniss von Tegel und Conglomerat in einem "Steinbruche links vom Fusssteig, der von Gamlitz nach Ehrenhausen führt. Zu tiefst das Conglomerat, darüber ein grauer, feinsandiger Mergel, dessen Fossilreste ihn in eine Linie mit den bis jetzt besprochenen Tegelbildungen stellen. Es sind: Phymatocarcinus speciosus Beuss. Turritella gradata Menke. 3 turris Bast. Lutraria oblonga Chemn. Venus cf. marginata M. Hoern. Der allgemeine Umriss ent- spricht dem dieser Species, doch sind nur wenige entfernt stehende, senkrechte Lamellen vorhanden. Cardium hians Broce. Arca n. sp. Sehr hohe Form, rückwärts ein scharfer Kiel, enge Sculptur. Die Originalien sind noch sehr schlecht, so dass keine neue Art darauf gegründet werden könnte. — Sie würden noch am ehesten an Arca Rollei M. Hoern. anzuschliessen sein. Pecten Reussi Hoern. „ eristatus Bronn. Schizaster sp. Hr. Dr. Rolle erwähnt (l. ec.) einen ganz ähnlichen Mergel, der von den Anhöhen von Wagna bei Leibnitz sich über Spielfeld nach St. Egydi zieht und dort unter den Leithakalkmassen des Platsch ver- schwindet. Derselbe enthält gleichfalls Krebsreste, Pecten eristatus und zusammengedrückte Spatangiden, sowie ausserdem noch Foramini- feren (Leithakalkarten). Noch ist zu erwähnen eine etwas reiner thonige Schichte in der Nähe des früher genannten, wassergefüllten Steinbruchs. Die darin aufgefundenen Petrefacte gehören folgenden Arten an: Dentalium sp. Kleines Schalenfragment. Venus cf. marginata Hoern. Tellina donacina Linn. [13] Die Miocänschichten von Gamlitz etc. 263 Leda nitida Brocc. Pecten ceristatus Bronn. Pecten cf. substriatus d’Orb. An verschiedenen Punkten des Kammes der Weinleiten sammelte ich noch ausserdem im Tegel: Turritella gradata Menke. Venus cf. marginata M. Hoern. y turris Bast. Pecten latissimus Brocc. Das Vorkommen dieser Kamm-Muschel dürfte für die Natur unseres Tegels besonders bezeichnend sein. Pecten Leithajanus Partsch. „. substriatus d’Orb. Turbinolia sp. Dieselbe, wie im Kalkstein des Grubthales. Im Osten ist die Weinleiten, steil gegen den Gamlitzbach ab- fallend, durch eine mächtige Wand eines lichten, bröcklichen Nulli- porengesteins begrenzt. Nachdem nun die Lagerungsverhältnisse von Nulliporenkalk und Tegel auf der Weinleiten erörtert sind und schon früher beider Vor- kommen im Grubthal besprochen wurde, dürfte es an der Zeit sein, die Eingangs beim Ueberblick über die Schichten aufgestellte Ansicht zu rechtfertigen, dass beide als Aequivalentgebilde zu betrachten seien. Einen wichtigen Anhaltspunkt gibt das Conglomerat. Beide Bil- dungen lagern unabhängig von einander demselben auf und wechseln, wie auf der Weinleiten, sogar in geringer horizontaler Entfernung wiederholt. Stellenweise (am Platsch nach Dr. Rolle) verläuft der Tegel unter den Leithakalk hinein, greift aber andern Orts über den- selben hinüber, wie beim „Steinleitner“, auf der Weinleiten und im Grubthal. Die deutliche Nebeneinanderlagerung in demselben Niveau, auf derselben Liegendschichte, wie sie eben auf der Weinleiten beob- achtbar ist, scheint jedoch die stärkste Beweiskraft für ihre gleich- zeitige Entstehung zu haben. Auch in den organischen Einschlüssen lässt sich der gleiche Zu- sammenhang nachweisen, wenn auch die Fauna im Ganzen, entsprechend den abweichenden Verhältnissen, verschieden ist. Vollkommen ident sind in Leithakalk und Tegel Pecten latissimus Broce., die Turbinolia sp., Olypeaster intermedius Desm. und jene schönen Krebsreste (Phy- matocarcinus speciosus Reuss). Auch P. substrietus d’Orb. gehört hieher. Schwieriger ist es, die Bildung des Kalksteines neben einer Mergelmasse und von dieser umgeben zu verstehen. Es scheint, dass in dem miocänen Meere, das diese Gegend bedeckte, nicht alle Theile gleich starker Einschwemmung ausgesetzt waren, und die Lithotham- nien sammt ihren Bewohnern die minder getrübten Stellen aufsuchten und, während an den übrigen sich Sand und Thon niederschlug, zur Kalkbildung Veranlassung gaben. Vielleicht auch gediehen sie unter stärkerem Wellenschlag an seichten Meeresstellen, wo sich gleichfalls leicht suspendirbare Massen nicht absetzen konnten. Dass der Facies- wechsel auch mitten in der Bildung des einen, wie des andern Theiles statt hatte, ist aus dem Ueberlagern eines jeden durch den andern zu schliessen. Wo der Leithakalk übrigens hier auftritt, ist er nur auf geringe Horizontal-Distanzen verfolgbar und trägt den Charakter einer stock- oder lagerförmigen Einfügung in den Tegel. Wo er, wie im Grubthal, 964 Dr. V. Hilber. [14] auf der einen Seite des Berges ansteht, sucht man auf dem entgegen- gesetzten Hange vergeblich nach ihm. Sein Vorkommen muss irgendwo mitten im Berge abbrechen. Nördlich von der Weinleiten und theilweise noch zu ihr gehörig erstreckt sich weithin ein schwach undulirtes Terrain, bedeckt vom Tegelgebilde in Form von Mergeln und Mergelschiefern. Dieser Theil bietet wenig Bemerkenswerthes, indem fast gar keine Aufschlüsse sichtbar sind. Nur östlich vom „Klapsch“ steht zu beiden Seiten des Weges ein Letten an mit Ostrea digitalina Desh. Im Uebrigen erfährt man nur durch Erkundigung über die Gesteine in den Brunnen etwas über die unter der Humusdecke verborgenen Schichten. 10—16 Meter tief gehen jene in den „Opok“ hinein und liefern ein übelriechendes Wasser, das nach vierwöchentlichem Regenmangel, und nach Umständen früher, auszubleiben pflegt. Die Schichten liegen horizontal. Sörnau, Ecekberg, Ottenberg. Im Süden von Gamlitz nimmt das Conglomerat eine hervor- ragende Stelle ein. Es reicht zu bedeutenden Höhen hinan, wechsel- lagert sehr häufig mit Sand und Sandstein, und unterscheidet sich be- züglich seiner Zusammensetzung nicht von dem bereits Beschriebenen. Darauf sitzt hie und da noch eine dünne Tegellage mit reichlichen Pflanzenspuren oder eine Kuppe Leithakalk. Unverkennbar ist hier die Annäherung an das einstmalige Ufer. Es deuten darauf hin die Mächtigkeit des Conglomerates, sein gröberes Gefüge und die häufigen Pflanzenspuren im stärker sandigen Tegel. Es mag hier wohl die Conglomeratbildung noch fortgedauert haben, als in den nördlicheren Meerestheilen schon die Nulliporen ihr Werk begannen und an Stellen, die in der Richtung stärkerer Einschwemmung lagen, sich der Tegel absetzte, aber nothwendig ist diese Annahme nicht, um die Mächtigkeit des Conglomerates zu erklären; denn die Aufschüttung von Rollstücken musste auf einer meerwärts sich senkenden Ebene vor sich gegangen sein, deren dem Ufer nähere Theile mit einer dickeren und grob- massigeren Lage bedeckt wurden. Zwei Bäche haben ihre Thäler in dieses Gestein gewühlt; sie münden beide in den Gamlitzbach. Der eine, der Steinbach, fliesst zwischen Sörnauberg und Eckberg, und vertieft sein Bett in seinem oberen rascheren Laufe, ohne Sedimente zu bilden, im Conglomerat. Die nicht ganz gleiche Widerstandsfähigkeit desselben lässt einzelne Bänke stehen bleiben oder vielmehr der Erosion langsamer folgen, über welche das Wasser in kleinen Katarakten hinabstürz. Am Ge- hänge des Berges, östlich vom Bache, steht Conglomerat und Schotter an und an einer Stelle auch ein grauer Mergelschiefer, der keine makroskopischen Reste wahrnehmen liess und eine Zwischenbildung im Conglomerat ist, welches über ihm wieder beginnt. Auf der Höhe des Sörnauberges läuft ein Weg, an dessen seit- lichen Entblössungen sich Conglomerat und Sandstein mehrfach wieder- holen. Am südlichen Abhange befindet sich in halber Höhe ein an- sehnlicher Steinbruch im Conglomerat. Die Wand ist etwa 5 Meter hoch und zeigt ziemlich horizontale Schichtung. Unterhalb davon, [15] Die Miocänschichten von Gamlitz ete. 965 am Ostabhange, steht ein feiner lockerer Sand an, welcher kleine Kalkgerölle enthält und, wie das Conglomerat, versteinerungsleer ist. Weiter südlich hebt sich das Terrain wieder, und auf einem Berg- spitzchen trifft man einen gelben Mergelschiefer mit sehr viel Sand und Glimmer. Er enthält Pflanzenreste und entspricht jedenfalls dem vielgenannten Tegel. Vom Steinbach östlich erhebt sich der Eckberg. Ueber einem mächtigen Unterbau von Conglomerat begegnen wir auf der Höhe einem gelblich verwitternden Tegel von geringer Dicke. Er enthält die den- selben in der Gegend allenthalben charakterisirenden Reste. Eine ausser einigen vorstehenden Ecken nicht weiter aufgeschlossene Kalk- steinbank liegt weiter nördlich davon. Vom Eckberg östlich und durch einen Thaleinschnitt von ihm geschieden, ragt in ungefähr gleicher Höhe der Ottenberg auf. An seinen Westabfall lehnt sich, durch ein Bächlein getrieben, die sog. Trattmühle. Hier sieht man oberflächlich zu einem Schotter verwit- tertes Conglomerat. Weiter im Süden befindet‘ sich ein tiefer unbe- nützter Conglomeratbruch, dessen eisige Kühle im Hochsommer gern darin verweilen lässt. Noch weiter südlich rieselt eine Quelle herunter, deren Rinnsal ein hübsches Profil des Berges enthüllt. Bis nahe zur Höhe schreitet man über stufenförmige Bänke von Conglomerat, durch welche kleine Wasserfälle entstehen. Oben, noch vor dem Ursprung des Wässerchens, kommen wir zu Leithakalk, der durch das darüber strömende Wasser entblösst ist und keine bemerkenswerthen Ein- schlüsse erkennen liess. Am nördlichen Gehänge ist das Conglomerat im „Kaiserbruch‘ aufgedeckt. Ich sah darin Pecten cf. substriatus d’Orb. und Kalkspath- tafeln von Olypeaster. Es ist also zweifellos marin. Nach oben geht es allmählig in Sandstein über, welcher reich ist an mit Kalkspath- Krystallen gefüllten drusigen Spalten. Den höchsten Theil bei „Neubauer“ deckt Leithakalk. Oestlich bei der „Rizmühle“ (früher „Kochmühle*) ist der Leithakalk in seiner Bryozoenfacies entwickelt. Dr. Rolle gibt von da eine ausführliche Liste der darin vorkommenden Bıyozoen und Foraminiferen '). Bezüglich des südlichen Theiles meiner Karte ist zu bemerken, dass die Abgrenzung der Kalkstein- und Tegelpartieen einigermassen willkürlich geschah, indem die Aufschlüsse zu einer wünschenswerthen Genauigkeit nicht ausreichten. Zur besseren Uebersicht über die aufgefundenen organischen Reste folgt noch eine geordnete Zusammenstellung derselben: t) Dr. Friedrich Rolle: Ueber einige neue Vorkommen von Foraminiferen, Bryozoen und Ostracoden in den tertiären Ablagerungen Steiermarks. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt 1855, p. 351. 966 Dr. V. Hilber. | [16] und Sandstein 4 © 09 & Liste der Fossilien Cerithiensand merat Leithakalk Kohle Conglo- Sandstein Schacht in Grubthal Berghold Weinleiten Andere Localitäten De Conglomerat Mustela Gamlitzensis H. v. M.- - - | Hyotherium Sömmeringi H. v. M. - « Frschzähne: 8 verlesen ae an a: = » Phymatocarcinus speciosus Reuss- - | » | - a Grosse Decapodenscheeren » : » * * | . : | + Pyrgoma BB." ee De ek ehe en Nee ne . & E . Balanus Holgeri Gein.? - ++ - |. . — Serpula Sp. - - mt en). . = Conus Aldrwandi Brocc.- * * * + „..„ Mercati Broce.. » » = ste. - | „ Dujardini Desh.- -»- - + - - Cypraea cf. leporina Lam. » = +» Buccinum coloratum Eichw. » =» * * \ + | “ miocenicum Mich. » * * + | * Haueri Micht.- » - » * - |» Purpura stiriaca Stur. » +» | Strombus coronatus Defr. »- » - - - Murex sublavatus Bast. - - » +: » „ brandaris Linn. - - » » - - . . . I.» Pyrula rusticeula Bast. -» + +» Fe . : |+ „ eingulata Bronn.- » + | : „. geometra Bors.- » » + - - „ıncormuta Ag. = Ve e\e nie Turbinella labellum Bon.? » » - » » Cerithium doliolum Brocc. » » - - » - pictum Bast. - -» * . - -» I ® 5 lignitarum Eichw. » - - - & Duboisi Hoern. - » +» - - = theodiscum Rolle cf. subeorrugatum Orb. - Turritella gradata Menke - » » - - “ turris Bast.- - » » - »- »- Natica redempta Micht. - » «=» + - Nerita pieta Fer. - » er Rissoa Moulinsi Orb. - » *- » + - : Planorbis pseudoammonius Voltz? - + . ° a en Dentalium sp. » » ee... J . . . . I + Clavagella sSDp.: » er... Reale . . a ee Psammosolen strigilatus Linn. » » » |» | . : -I/++| | 2 | . ... . +4 44: ++ HH Hr ++ 444 4444444 + = coarctatus Grmel. » Sazicava N. SD." rer... Thracia ventricosa Phil. » +» - - + Lutraria oblonga Chemn. » * * : » BEN . - . Fragilia fragiis Linn. » » - + +» ll ar - e + ei + Tellina donacina Linn. » ++ |- |+ B Venus umbonaria Lam. » «» » + - - | - . - „ islandicoides Lam. » » +» - - | + . + „ Aglaurae Brongn.- » +» - |. : ; ; „ multilamella Lam.» »- » + - | - | + . . „> ABB n plicata Gmel.- » +. ++» . . [17] Die Miocänschichten von Gamlitz etc, 967 E I _ —____ _ — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — —_—_ _— __ — — —_—_______—_—_—_ u u _____—__—_______________} Conglomerat und Togel 5 || Sandstein Liste der Fossilien 2 |— , | | »|=|&83 | 3 1223 |: |S8|= sıa| ss | = |22|% 3 E48 oO © S Ln As|58 so |do| © “jo || ° a Melale| SıA Venus cf. marginata Hoern. »- - - - . E Basteroti Desh.- »- + + -» - + & : Ey a AR Cytherea Pedemontana Ag.? » - + |» | - 2 I a Cardium hians Brocc. - » » + + - | | + la Kehle turonicum Mayer »- » » - - . + | Chama gryphoides Brongn.- » » - - + 2 | Lucina incrassata Dubois » » » =» » - + / j # Slpys cf. multilamellata Desh.»- - »- |» - } ; .|+ » Dwjardini Desh.- - » + : F zu Cardita sp.» = re... le : e u ER Eee Leda nitida Brocc. »- -» - :» :» ..» AN Ye $ 5 BR A ae. Arca diluvii Lam. -» - +...» |. R } ST „» lactea Lam. - »- - ve. | + F > ER ’ BSD m. hassen ie weile . . E . . - I + g Lithodomus Avitensis Mayer - - lg : S Kl 7 + Mytilus Haidingeri Hoern. - » » - |» |+| - FR ‘ Pecten latissimus Brocc. » » » » - - ee 3 > BR - 2e „ solarium Linn. - » « - ..- . r „ Besser Andrz. - +. +. s ee „. Leithajanus Partsch 3 i »„ HBeussi Hoern. - - - ++» 4 3 „ substriatus Orb. -» » - . - - Eur 3 s ; =: - „ ef. substriatus Orb. »- » » - - Zur + : = = ! eristatus Bronn. - » * : : * sa F ; N ee Ostrea erassicostata Sow. - » - + - |: ; » zul? ol FEN e „ digitalina Desh. - » » - - - |. N . et »„ gingensis Schloth.- » - » - - Een: . A ee rpiihe Cidaris PD. » ser. nenn he e A ./:|.-.1-.|4# Schizaster PD. * ee... A : 3 : +|- 3 a h Olypeaster gibbosus Risso sp. - * + |» | - . + |». I+J+ . N intermedius Desm.- - » » |» | - + + Pa Conoelypus plagiosomus Ag. » * +» || - || - - » .I.|:- | +] - Flabellum sp. : - - :*. 0. .. h £ . 5 +|- ; a Turbinolia sSP.- *» een. . alire | e Ole ara 12 Er Dar IE Astraea SD re ante ee In re 5 ? R P e Se + Cinnamomum lanceolatum Ung.- » * | * | - . +|/+ polymorphum A. Braun El Coniferenmadelbüschel Bee hen +| - Erratisches Diluvium. Schon bei meiner ersten, nur eintägigen Anwesenheit in Gamlitz war mir das Vorkommen grösserer eckiger Gneissstückchen auf Fel- dern auffallend. Später sollte ich Ursache haben, diese Erscheinung in ihrem Werthe zu würdigen. Am Fusse des Öttenberges traf ich zuerst im Walde, aus dem Humus hervorragend, einen imponirenden Gneissblock, dessen ungefähre Lage auf der Karte angegeben. Einen Jahrbuch der k. k. geol, Reichsanztalt. 1877. 27. Band. 3. Heft. (V. Hilber.) 35 268 Dr. V. Hıilb. 1 8] zweiten entdeckte ich später in Sörnau, noch südlicher, als die Karte reicht, in bedeutender Höhe auf dem Conglomerat liegen. Jeder von beiden hat ein sichtbares Volumen von mindestens einem Cubikmeter. Auch bei letzterem ist der untere Theil im Humus versteckt. Am Öttenberge, in dem oben besprochenen Rinnsale, liegen derlei Blöcke, grössere und kleinere, in grosser Anzahl auf dem Conglomerat, ohne mit demselben zusammenzuhängen. Ebenso sind in Krannach, ober- halb des „Koglwirths*, und an benachbarten Oertlichkeiten derlei Fremdlinge zerstreut. In Labitschberg, Grubthal und auf der Wein- leiten dagegen fand ich keinen einzigen. Was die Erklärung ihres Vorkommens betrifft, so sind sie wohl mit den anderwärts schon längst gekannten erratischen Blöcken in eine Linie zu stellen, und können um so weniger überraschen, als durch Prof. Höfer im westlichen Nachbarlande ähnliche Erscheinungen bekannt geworden sind.!) Vom Koglwirth aufwärts und im Bachrinnsal des Ottenberges sind sie sogar reihenweise geordnet, alte Moränen, nur etwas dislocirt durch die seit- herige Abtragung ihrer Unterlage, mit welcher sie sich ebenfalls ge- senkt haben müssen. Ihrer petrographischen Beschaffenheit nach sind es mehr oder minder quarzreiche, schieferige, auch Turmalin führende Gneissblöcke von zum Theil sehr ansehnlichen Dimensionen. Glimmerschiefer und Quarzite sind in geringerem Umfange beigemischt. Riefen und andere Gletscherspuren sind nicht mit Sicherheit nachzuweisen, auch bei der hochgradigen Verwitterung, die den Blöcken ihre Rundung gab, nicht zu erwarten. Besondere Verbreitungslinien waren bei der engen Beschränkung des behandelten Gebietes nicht festzustellen, doch entsprechen diese Gneisse denen der Alpen, wie sie allenthalben zwischen Deutsch-Landsberg und Schwanberg anzutreffen sind. Vom Redl-Remschnigg-Gebirge dürften sie wohl desshalb nicht herzuleiten sein, weil man sonst erwarten müsste, sie in Gesellschaft triasischer Kalke zu finden, und auch die bedeutendere Höhe jener Gebirge einer Gletscher-Entwickelung günstiger ist. Ein Terrassen-Diluvium scheint in dem betrachteten Gebiete nur bei Ehrenhausen vorzukommen, wo ein zwischen zwei Leithakalk-Partieen liegender Lehm zur Ziegelfabrikation verwendet wird. Ueber Fossil- reste in demselben verlautete noch nichts. Unter ihm finden die Ziegel- macher blauen „Opok“, der zahlreiche Kohlenstückchen führen soll. Ueberblick und Schluss. In’s Innere miocäner Meeres-Ablagerungen vorgeschobene Braun- kohlenflötze sind aller Orten eine auffallende Erscheinung, zumal in Steiermark, wo die bedeutendsten Kohlenreviere dieser Periode an den Gebirgsrändern, insbesondere in Buchten des krystallinischen Hoch- gebirges ihren Platz haben. Sollen wir das Flötzchen von Gamlitz als eine entfernte Fort- setzung der Kohlenbildung von Eibiswald und Wies oder als eine mit den Kohlen von Voitsberg und dessen Nachbarschaft gleichzeitige Bil- ') Studien aus Kärnten, von Prof. H. Höfer. III. Die Eiszeit in Mittel- Kärnten. Leonhard und Geinitz’ Jahrbuch 1873, p. 128. er [19] Die Miocänschichten von Gamlitz etc. 269 dung betrachten? Zu scharfer Parallelisirung fehlen alle positiven Anhaltspunkte, indem die wenigen daselbst gefundenen Säugethierreste, die vereinzelte Art Mustela Gamlitzensis und Hyotherium Sömmeringi zwischen beiden Stufen nicht mit Sicherheit entscheiden. Soviel aus den Lagerungs-Verhältnissen ersichtlich ist, stimmt jenes Flötzchen, dessen Brennstoff-Qualität der Eibiswalder Kohle gleichkommt, mit der Position derselben befriedigend überein; dürfen wir die dort zwischen- gelagerten Braunkohlen-Schichten mit Melania Escheri Brongn. etwa als ein Aequivalent der oben beschriebenen Sandschichte betrachten, so stellen die beiderseits aufgelagerten Nulliporen-Kalksteine eine auf- fallende Analogie zwischen Gamlitz und dem Westrande der Wies- Eibiswalder Kohlenmulde her, während die cerithienreichen Sandbänke von Waldschach und Grossflorian eine besonders der Einströmung von Süsswässern ausgesetzte Meeresregion andeuten. Was die Schichten unter dem Kohlenflötz betrifft, so sind die Ergebnisse der alten Bohrungen leider nicht befriedigend und genügen keineswegs zur stratigraphischen Bestimmung. Nur soviel ist sicher, dass sie nicht die Beschaffenheit der Liegendschichten von Eibiswald haben, also hier offenbar eine gegen das Innere des Beckens vor- gerückte, wahrscheinlich marine Ablagerung darstellen. Die Mächtigkeit der Nulliporenkalk-Bildung bleibt hier allerdings hinter der Umgebung von Leibnitz bei Weitem zurück, doch ist die gleichnamige Schichte schon bei Ehrenhausen mächtig genug entwickelt. Auch im Laufe ihrer Ablagerung äusserte sich die landseitige Ein- schwemmung noch deutlich genug in dem über dem Conglomerat lie- genden Sandstein auf der Weinleiten und im Nulliporenkalkstein selbst, abgesehen von. der Massenbeschaffenheit der letzteren vertretenden sandigen Mergel und Tegel. Dass wir es hier mit dem im mittleren Theile von Steiermark allgemein verbreiteten Nulliporenkalke der zweiten marinen Stufe zu thun haben, wird ausser durch andere Thierreste und die Continuität mit den gleichnamigen Massen von Leibnitz durch das Vorkommen von Pecten latissimus dargethan. Der Mangel einer typischen Amphisteginen-Schichte unter oder in dem Leithakalke ist vielleicht mehr dem Mangel an günstigen Auf- schlüssen, als dem völligen Ausbleiben dieser Bildung zuzuschreiben. Uebrigens möchte es wohl auch sein, dass der Nulliporenkalkstein im ganzen Bereiche, wie auf der Weinleiten, in der Umgebung des nörd- lich gegen Leibnitz zu gelegenen Ortes Aflenz und am ÖOttenberge unmittelbar auf Conglomerat oder, wo dieses sich nach oben in Sand- stein fortsetzt, auf diesem aufgelagert ist. Bemerkenswerth ist auch, wie schon oben erwähnt wurde, die bedeutende Mächtigkeit klastischer Gebilde (Conglomerat und dessen Sandstein), die namentlich im Süden des Gamlitzer Thales so hervor- ragend entwickelt sind. Trotz ihrer constanten Unterlagerung des Leithakalkes und -Tegels sind sie jedenfalls als nur um ein Geringes ältere Bildungen zu betrachten. Auf die Betrachtnng von Hebungen und Senkungen in diesem Bereiche, wie sie Bergrath Stur gerade mit besonderer Bezugnahme 35* 970 Dr. V. Hilber. [20] auf Gamlitz besprochen '), bin ich des Näheren nicht eingegangen, zum Theil deshalb nicht, weil uns jene Ablagerungen unter dem Flötze keinerlei Anhaltspunkte gewähren, wohl auch aus dem Grunde nicht, weil es einer räumlich so beschränkten Untersuchung kaum zukommen dürfte, allgemein continentale Erscheinungen darin zu discutiren. Uebrigens bedarf der Wechsel brakischer und mariner Bildungen an und für sich noch keineswegs einer Niveau-Veränderung. Das Ab- schliessen einer Flussmündung durch eine Sand-Barre bringt einen ähnlichen Faunenwechsel häufig genug mit sich. Eingeschwemmte Pflanzenmassen breiten sich auf dem Boden eines solchen Aestuariums aus und können so Veranlassung zur Kohlenbildung geben. Kleine, kaum zolldicke Flötzchen im Tegel von St. Florian täuschten an vielen Stellen die unternehmungslustigen Schürfer und scheinen in ihrem wiederholten Auftreten nur die letztere Deutung zuzulassen. Auch die beiden im Labitscher Flötzchen gefundenen Kieferfragmente erklären sich am ungezwungensten durch die Annahme einer Einschwemmung mit den umgebenden Massen. Eine gleiche Auslegung gestatten die in der Kohle häufigen Planorbenschalen, welche im Florianer Tegel (so bei Guglitz) sogar mitten unter marinen Thierresten vorkommen. Was die erratischen Erscheinungen in diesem Punkte betrifft, so sollten sie vorläufig überhaupt nur als solche in Erwägung gezogen, keineswegs erschöpfend behandelt werden. Dass diese kleine locale Studie, unternommen durch einen An- fänger, nur durch mannigfache Unterstützung möglich war, versteht sich von selbst. Ich bin desshalb Hrn. Prangner, früher Lehrer in Gamlitz, und dem Professor der Geschichte an der Grazer Lehrer- Bildungsanstalt, Hrn. Franz Ferk, deren gefälliger Führung ich nicht nur eine rasche Orientirung in der Gegend und den Aufschlüssen, son- dern auch manchen werthvollen Fossilrest verdanke, ferner dem vor- maligen Obersteiger, Hrn. Reiter und dem Besitzer des Bergbaues, Hrn. Heliodor Pruckner, für bereitwilligst ertheilte Auskünfte in hohem Grade verpflichtet. Mein wärmster Dank aber gebührt den Herren Professoren Peters und Hoernes, deren freundliche, stets bereite Hilfe sich, ausser vielfacher Leitung in der Anlage der Arbeit, besonders bei der schwierigen und zeitraubenden Bestimmung der Fossi- lien, auf das Wirksamste bethätigte. Bemerkungen zur Karte. Als Basis derselben diente die Katasterkarte, welche vielfach in ihren Wasserläufen und der Richtung der Höhenzüge ungenau ist. Der Haupttheil der Karte wurde nach eigenen Beobachtungen bearbeitet, während im südlichen Theile derselben einzelne Vorkommen nach einer Manuscriptkarte von Dr. Rolle eingezeichnet wurden; theilweise war der Verfasser allerdings in der Lage, die Umrisse zu ergänzen, doch mangeln gerade in diesem stark bewaldeten Theile die Aufschlüsse, so dass auch aus diesem Grunde die Karte Einiges zu wünschen übrig lassen dürfte. ') 1. c. p. 617623. Beiträge zur Fauna der Bellerophonkalke Südtirols. Von Dr. 6uido Stache. Nr. 1. Cephalopoden und Gastropoden. Mit 3 Tafeln (I—III), Taf. V, VI und VII des Bandes 27. Einleitende Bemerkungen. Auf der alten geognostischen Karte von Tirol und in den darauf bezüglichen petrographischen Erläuterungen J. Trinker’s (1853) findet man zwischen dem rothen Sandstein, welcher daselbst zum Rothlie- genden gestellt wird und dem unteren Triascomplex mit dem rothen Sandstein der Werfener Schiefer eine nicht sehr mächtige, aber ziem- lich constante Zone von Kalkstein eingezeichnet. Dieselbe ist im ganzen Umkreise des westwärts von dem oberen Piavegebiet und südwärts vom Rienzgebiet aufgebauten Hauptabschnitte des Südtiroler Kalk- und Dolomit-Gebirges entwickelt, im Norden und Osten in fast ununterbro- chenem Zuge, im Süden und Westen in einzelnen zum Theil weit aus- einanderliegenden Partieen. Die für diese Zone gewählte Zustellung zum „unteren Alpenkalk“* der damaligen Zeit spricht für die gute Divinationsgabe Trinker’s. F. v. Richthofen schied in seiner „geognostischen Beschrei- bung der Umgegend von Predazzo, St. Cassian und der Seisser Alpe“ und der dazu gehörigen geologischen Karte den sich aus den Porphyr- tuffen entwickelnden unteren rothen Sandstein des Gebietes als „Grö- dener Sandstein“ aus und neigte, entgegen der Trinker’schen An- nahme, zu der Ansicht, dass derselbe den bunten Sandstein vertrete. Demgemäss vermochte derselbe auch den zwischen diesem Sandstein und den kalkigen Seisser Schichten von ihm beobachteten schwarzen bituminösen Kalkstein bei St. Martin und Piccolein keine bedeutsamere Stellung einzuräumen, obwohl er sein abweichendes, an ältere Grau- wackenkalke erinnerndes petrographisches Aussehen hervorhebt. Der Umstand, dass in dem oberen Theil des ganzen kalkigen Complexes dünngeschichtete Mergelkalke mit Posidonomya Clarai als Zwischen- Jahrbuchd, k. k. geol. Reichsanstalt. 1877. 27.Band. 3. Heft. (G. Stache.) 272 Dr. G. Stache. [2] lagerungen vorkommen, liess die directe Verbindung dieser Kalke mit den Schichten von Seiss allerdings als das Passendste erscheinen. Durch den wichtigen, von Suess gelieferten und durch die Be- stimmungen von Geinitz bestätigten Nachweis einer Walchien-Zone . des Rothliegenden über dem Quarzporphyr und seinen Breccien und Tuffen im Gebiete von Val Trompia einerseits und durch eine Reihe von Beobachtungen, welche ich im Gailthaler Gebirge, in den Karawanken und im Gebiet des grossen, das Veltlin gegen Süd abschliessenden Gebirgszuges gemacht hatte, andererseits gewann ich die volle Ueber- zeugung, dass die ganze Permformation, wenn auch in anderer Entwick- lung, als in den nördlicheren und östlicheren Verbreitungsgebieten Europa’s in den Alpen vertreten sein müsse. Dass ausser der unteren Abtheilung, welche direct nachgewiesen wurde, auch die obere Abtheilung der Permformation in der Südtiroler Schichtenreihe vertreten sein müsse, war mir vollkommen klar, sobald ich die schon von F. v. Richthofen betonte enge Verknüpfung und ungestörte Aufeinanderfolge der Schichten von den Porphyrdecken durch deren Breccien und Tuffe und den Grödener Sandstein bis in die typi- schen Triashorizonte sowohl in den Südtiroler Gebieten, als in den Hauptgebieten der Lombardei selbst etwas näher studiren konnte. Der Umstand, dass sich mir bei meinen Touren in der karnischen Kette (Kärnten und Krain) Anhaltspunkte für das Vorhandensein von Ueber- gangs-Horizonten zwischen Ober-Carbon und Dyas im Sinne der durch Geinitz und J. Marcou bekannt gemachten Entwicklung des Permo- Carbon von Nebraska ergeben hatten, und dass ich dabei auch auf die Annahme einer Vertretung der im Westen von diesen Gebieten in der rothen Porphyr- und Sandstein-Facies entwickelten Permformation in abweichender Facies-Entwicklung geführt wurde, erhöhte mir das Interesse, welches ich zuerst dem Studium dieser Schichtenreihen zu dem Zwecke gewidmet hatte, um Vergleichungspunkte für gewisse Schichtenreihen der centralen und an die nördliche Kalkzone gren- zenden Gebiete zu gewinnen. Nachdem ich die Ueberzeugung gewonnen und ausgesprochen hatte, dass die Vertretung der Permformation in Anbetracht des Vorhandenseins eines unteren Gliedes, sowie der Mäch- tigkeit und des ungestörten Absatzes der darüber bis weit aufwärts über den Werfener Horizont hinaus aufeinander folgenden Schichten keine stückweise unterbrochene sein könne, war es natürlich mein Streben, für diese logisch und theoretisch schwer anfechtbare Schluss- folgerung auch ein praktisch greifbares und sichtbares Beweismaterial zu finden. Die Zone des auf der alten geognostischen Karte von Tirol aus- geschiedenen, eben erwähnten „unteren Alpenkalkes“ war natürlich als der geeignetste erste Angrifispunkt für die Erreichung des Zweckes erkannt. Dass der Grödener Sandstein selbst ‚leicht ein Vergleichungs- material mit oberpermischen Schichten liefern könnte, war kaum zu vermuthen. Obwohl ich von der Voraussetzung ausging, dass derselbe vorzugsweise oder mindestens zum Theil eine alpine Ausbildungsform der Zechstein-Formation repräsentire, schien mir doch die Untersuchung der kalkigen Zwischenschicht zwischen der evidenten Triasformation und der präsumptiven oberen Abtheilung der Permformation als ein [3] Beiträge zur Fauna der Bellerophonkalke Südtirols. 273 eher einen Erfolg versprechendes Unternehmen. Ich wählte zunächst die durch v. Richthofen wegen des alten Aussehens der schwarzen bituminösen Kalksteine dieser Zone hervorgehobene Gegend von Picco- lein und S. Martin im Enneberg, und ging in der Hoffnung und Vor- aussetzung an diese Tour, wenn nicht eine Zechstein-Fauna, so doch eine Uebergangs-Fauna zwischen derjenigen der oberen Permgruppe und den untertriadischen Faunen zu entdecken. Die Resultate dieser ersten, in Gesellschaft von Herrn Director v. Hauer unternommenen Untersuchung waren, wenn auch nicht voll- ständig befriedigend, so doch hinreichend ermuthigend für die Verfol- gung der Aufgabe. Es wurde ziemlich tief unter dem Horizonte mit Posi- donomya Clarai innerhalb der harten schwarzen Kalke eine mürbe Schicht mit Steinkernen von Bellerophonten und zahlreichen, in Bruch- stücke zerfallenden Stacheln von Archaeocidaris entdekt ; einige Bival- ven und Gastropoden fanden sich auch in den harten schwarzen Kalken. Zu gleicher Zeit hatten auch v. Mojsisovics und Hoernes, welche ihre geologischen Aufnahms-Arbeiten in dem Gebiete zwischen Gröden und Sextenthal durchführten, Gelegenheit, diese Kalkzone an verschiedenen Stellen zu untersuchen. Dieselben schieden die Zone der Bellerophon- kalke kartographisch möglichst genau aus, betrachteten dieselbe jedoch noch als ein unteres Glied der Trias im Sinne v. Richthofen’s. Das von E. v. Mojsisovics aus der Umgebung von S. Ullrich und von R. Hoernes von vielen Punkten des Gebietes, besonders aber vom Kreuzberg bei Sexten, aus dem Pragser Thal, vom Ruefen- berg im Afferer Thal, sowie von Socosta und Val di Rin bei Auronzo mitgebrachte, zum Theil an Petrefakten reiche Gesteinsmaterial enthielt neue und für die Beurtheilung des Complexes sehr wichtige Formen. Ich sah, dass es möglich sei, wenngleich nicht ohne Mühe und grossen Zeitaufwand, aus dem Material eine ziemlich reiche und neuartige Fauna herauszupräpariren. Zu den durch die Verarbeitung dieses Hauptmaterials und aus unseren ersten Funden bei S. Martin heraus- gebrachten, zur Abbildung und Beschreibung geeigneten Exemplaren kam noch eine Reihe von Formen, welche ich im Sommer 1876 am Kreuzberg bei Sexten, im Pragser Thal, im Putzthal bei Niederndorf, sowie unter der Solschedia, dann ober Sta. Christina, und im Pitzbach im Gebiete von S. Ullrich in Gröden auffand. Obwohl ich nach Zahl und Mannigfaltigkeit der aus dem meist harten Material dieser Fundorte herausgearbeiteten Formen mit Recht schliessen kann, dass ich nur einen verhältnissmässig kleinen Theil der ganzen, in dem Complex der Bellerophonkalke Südtirols auf- bewahrten merkwürdigen und neuartigen Fauna vor mir habe, wollte ich doch nicht zögern, dieselbe schon jetzt in einzelnen Beiträgen zu veröffentlichen. Ich beschränke mich dabei zunächst auf die Cephalo- poden und Gastropoden, da besonders die Brachiopoden-Fauna und zum Theil auch die Bivalven einige Schwierigkeiten machen und es erwünscht scheint, über die Stellung der durch die ersteren charakterisirten be- sonderen Unter-Facies innerhalb des Complexes noch zu genaueren Resultaten zu gelangen. Die weitere systematische Ausbeutung, welche ich schon in diesem 274 Dr. G. Stache. | [4] Sommer fortzusetzen gedenke, wird, hoffe ich, auch ein noch vollstän- digeres Bild der Fauna zu Tage fördern. Womöglich soll sich die Fortsetzung schon im ersten Hefte des Jahrgangs 1878 anschliessen. Späteren Mitthei- lungen bleibt auch das Capitel mit den definitiven Schlussfolgerungen, der speciellen stratigraphischen Gliederung und den vergleichenden Betrachtungen über die Entwicklung der permischen Schichtengruppe in anderen Verbreitungsgebieten vorbehalten. Es wird diess dann um so leichter geschehen können, als bis dahin auch Gümbel’s Unter- suchungen über die „Foraminiferen- und Ostracoden“-Fauna dieser Schichten vorliegen dürften. Ohne Zweifel wird die im besten Einver- nehmen von beiden Seiten selbstständig betriebene Fortsetzung der Untersuchungen in den Aequivalenten und den oberen Grenzschichten der Permformation zu einer befriedigenden Lösung führen. Indem ich diesem verehrten Freunde für die liebenswürdige Zusendung des von ihm selbst in den Bellerophonkalken der St. Martinsmühle und des Kreuzberges bei Sexten, sowie in den gelben dolomitischen Schichten von Trudenthal bei Neumarkt gesammelten Materiales meinen besten Dank sage, schliesse ich dem einfachen Literatur-Nachweis eine kurze Uebersicht der von demselben in dem Complexe der südtirolischen Permformation und deren Grenzschichten gegen die Trias erlangten Resultate und vertretenen Ansichten an. Die Literatur der Bellerophonschichten beschränkt sich bisher nur auf kürzere Notizen und einige vorläufige Mittheilungen. Es sind diess folgende: 1853 J. Trinker: Petrographische Erläuterungen zur geognosti- schen Karte von Tirol. 1860 F. v. Richthofen: Geognostische Beschreibung von Pre- dazzo, St. Cassian und der Seisser Alpe in Südtirol. S. 49, 1874 G. Stache: Die paläozoischen Gebiete der Ostalpen etc. Nr. II. B. Südalpine Gebiete. Westliche oder cadorische Flanke. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. XXIV. Heft 4, S. 345 und 375— 377. 4 Dr. E. v. Mojsisovics: Untersuchungen in der Umgebung der Seisser Alpe und von St. Cassian. Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. Nr. 13. S. 321. A Dr. R. Hoernes: Aufnahme im Oberen Villnöss-Thal und im Enneberg. Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. Nr. 14. S. 347. 2 G. Stache; Vertretung der Permformation in den Süd- alpen. Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. Nr. 15. S. 365. 1875 Dr. R. Hoernes: Vorlage der Karte des oberen Villnöss- und Enneberg-Thales. Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. Nr. 7. S. 122, und Aufnahmen in Sexten, Cadore und Comelico. Ebenda Nr. 14. S. 266. 1876 Dr. R. Hoernes: Vorlage von Petrefakten des Bellerophon- kalkes aus Südtirol. Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. Nr. 2. S. 38. H G. Stache: Ueber die Fauna der Bellerophonkalke Süd- tirols. Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. Nr. 11. S. 257 und Nr. 12. S. 302. [5] Beiträge zur Fauna der Bellerophonkalke Südtirols. 275 1876 C. W. Gümbel: Geognost. Mittheilungen aus den Alpen. III. Aus der Umgegend von Trient. 1877 C. W. Gümbel: Die geognost. Durchforschung Bayerns. Rede in der öffentlichen Sitzung d. k. Akad. d. Wissensch. 28. März 1837. C. W. Gümbel: Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. Nr. 1. 3329, In den Anmerkungen!) zu seiner am 27. März 1877 in der öffentlichen Sitzung der k. Akademie der Wissenschaften in München gehaltenen Rede „Die geognostische Durchforschung Bayerns“ gibt Gümbel nun eine klare und ausführliche Darstellung über den Stand der Frage. Es wird zunächst die Uebereinstimmung constatirt, welche bezüglich der Zustellung der mit dem Porphyr Südtirols enger verbundenen breccienartigen Verrucano-Bildungen und der zugehörigen, durch Walchien und Farnreste charakterisirten Schiefer zum Roth- liegenden vorherrscht, dagegen aber hervorgehoben, dass jedoch die Ansichten über die unter den Campiler- und Seisser-Schichten ent- wickelten Complexe des rothen Sandsteins in Nordtiro)l und des sog. Grödener Sandsteins in Südtirol vorderhand noch auseinandergehen. Der Anstoss zu neueren specielleren Erörterungen über die Stellung dieses Complexes war insbesondere durch die im Eingang besprochene Auffindung einer reicheren Fauna von Cephalopoden, Gastropoden, Bivalven und Brachiopoden in der an Foraminiferen und Ostracoden reichen Schichtenfolge von dunklen Stinkkalken und Dolomiten gegeben worden, welche auf der alten geognostischen, von Tirol als eine be- sondere Zone mit der Bezeichnung „unterer Alpenkalk* ausgeschieden ist, durch v. Richthofen jedoch wegen ihrer nahen Verknüpfung mit den kalkigen Seisser-Schichten von diesen nicht getrennt wurde. Während ich selbst nun bei näherer Untersuchung der Fauna dieses jetzt unter dem Namen „Bellerophonschichten“ oder „Bellero- phonkalke* zu besonderer Bedeutung gelangten Zwischengliedes zwi- schen dem Seisser-Horizont mit Posidonomya Clarai und der Haupt- masse des rothen Sandsteins von meiner früheren Ansicht, man habe ein Mittelglied zwischen Dyas und Trias mit einer Uebergangs-Fauna vor sich, zu der prononeirteren Ansicht vorgeschritten bin, man könne dabei selbst an eine directe Zustellung zur oberpermischen Reihe und an eine mit vorwiegend paläozoischem Typus ausgebildete alpine Facies der ausseralpinen Zechsteinfauna denken, beschränkte sich Gümbel darauf, in dieser Fauna die Reste einer bis in die Triaszeit fortdauernden älteren paläozoischen Faunenreihe zu sehen. Dass Gümbel auch jetzt noch, trotzdem er in Bezug auf die tiefere Position der eigentlichen Bellerophonschichten sich nun gegenüber der früheren zu hohen Stel- lung derselben (Sitzber. d. Akad. d. Wissensch. 1. März 1873. 8.32 und 33) vollkommen im Einklang mit meiner Auffassung befindet (l. c. S.56 u. 57), und trotzdem er selbst im Grödener Sandstein Funde ge- macht hat, welche im Verein mit der Auffindung eines permische 1) Anm. 11 zu $. 27. Geognostische Stellung der rothen Sandsteine in den Alpen. 8. 55—67. Jahrbuch d.k. k. geol. Reichsanstalt. 1877. 27. Band. 3. Heft. (Dr. G. Stache.) 36 276 Dr. G. Stache. [6] Pflanzen führenden Horizontes unter den Röthschichten des Fünfkirchner Gebirges in Ungarn für das permische Alter des Grödener Sandsteins sprechen, — die Frage offen hält, hat immerhin seine Berechtigung. Die Möglichkeit, dass Pflanzen des Kupferschiefers in höheren Hori- zonten und selbst in den Schichten der unteren Trias wiederer- scheinen, ist ja nicht in Abrede zu stellen. Bei Gelegenheit der Untersuchung der Schichtenfolge im Truden- thale bei Neumarkt, welche Gümbel die tiefere Lage der von ihm als Vertreter der Bellerophonkalke angesprochenen, an Petrefakten- Steinkernen reichen gelben Dolomite unter den Schichten mit Posi- donomya Clarai erkennen liess, machte er in dem Profil zwischen der. Strasse von Neumarkt und dem Dorfe Mazzon, wo die Lagen des Grödener Sandsteins bis zu den auflagernden Mergeln mit Posidonomya Clarei, wie er bemerkt, „sozusagen Schicht für Schicht entblösst und zugänglich sind“, die oben erwähnte wichtige Entdeckung von Perm- pflanzen. Diese Pflanzen (Voltzia hungarica, Baiera digitata, Ul- mannia Bronni, U. Geinitzi, Carpolithes, ein Farnwedel, Aracaurites sp. und ein Calamites oder Equisetites. Vgl. Verhandl. der k. k. geol. R.-A. Nr. 1. 1877. S. 25) stimmen nach Schimper und Gümbel vollkommen mit den von Heer (V. Bd. d. Jahrb. d. k. ungar. geol. Anst. 1876) beschriebenen, und als Dyaspflanzen erklärten Formen, welche J. Böckh im Gebirge von Fünfkirchen in einer aus gelblich- grauem und rothem Sandstein und Schieferthon bestehenden und unter einem groben rothen Quarzconglomerat mit Porphyrstücken liegenden Schichtenfolge auffand, über welcher ein rother, dem Grödener Sand- stein ähnlicher Complex folgt, der nach oben in den Röth der Werfener Schichten mit Myophoria costata übergeht. Gümpbel zieht auf diese Thatsachen hin nun zwar die Gleich- stellung des Grödener Sandsteins mit den Schichten von Fünfkirchen nicht in Zweifel, hält aber die Identität von 4 Fünfkirchner und 5 Süd- tiroler Pflanzenresten mit Kupferschiefer-Formen nicht für hinreichend Ausschlag gebend, weil einerseits die Schwierigkeit einer sicheren Iden- tifieirung, und andererseits die Möglichkeit des Aufsteigens von mit den Formen des Kupferschiefers sehr verwandten Formen bis in die Zeit der Bildung des Buntsandsteins zugegeben werden müsse. Es wird daher betont, dass der Schwerpunkt für die Entscheidung der Frage in den Thierüberresten des Bellerophonkalkes liege. Dabei scheint Gümbel jedoch nur in dem Falle der Ansicht, dass der Ullmannien-Sand- stein und die Bellerophon-Schichten als alpine Facies der oberen Dyas zu betrachten seien, beipflichten zu wollen, als es gelänge, die volle Identität typischer Formen des Bellerophon- kalkes mit ausgeprägten Zechsteinarten nachzuweisen. Es wäre diess allerdings der günstigste Fall, aber es scheint mir die Anforderung an das Beweisverfahren etwas zu streng. Auch die Triashorizonte der Alpen würden sich zum grossen Theil sehr schwer parallelisiren lassen, wenn man ein grösseres Percent völlig identischer Arten dafür verlangen würde. Trotzdem ich den Bedenken Gümbel’s vollauf Rechnung trage, kann ich die Hoffnung nicht aufgeben, dass sich für die von mir ver- tretene Ansicht bei der Fortsetzung der hier begonnenen Unter- 7 Beiträge zur Fauna der Bellerophenkalke Südtirols. 277 suchungen eine grössere Anzahl günstiger paläontologischer Belege er- geben werden, als bisher. Es ist vollkommen richtig, die Fauna hat kein typisch europäisches Zechsteingesicht. Ich konnte bisher allerdings nur eine kleine Anzahl nahe Ver- wandter von Zechsteinformen hervorheben. Da aber der wichtigere und grössere Theil der Fauna sich vielmehr an paläolithische und be- sonders an carbonische Typen anschliesst, als an triadische, so liegt der Gedanke, die durch dieselbe charakterisirte Schichtenfolge auf den relativ tieferen Horizont zu beziehen, näher, als die Nothwendigkeit, sie in einen vom Carbon noch entfernteren höheren Horizont zu ver- setzen. Hierzu kommt nun noch die Auffindung der oben citirten per- mischen Pflanzenreste, welche immerhin eine sehr beachtenswerthe Er- gänzung bilden, zumal ihr Lager sich nach Gümbel unter dem der Bellerophon-Fauna befindet. Besonderen Nachdruck möchte ich aber immer wieder auf die schon bei meiner früheren Mittheilung stärker betonte Argumentation legen, dass die allgemein anerkannte Vertretung des Rothliegenden in Südtirol in Verbindung mit dem allerseits constatirten gleichförmigen ununterbrochenen Absatz der darüber folgenden Tuff- und Sandstein- Schichten und der über diesen liegenden sicher gestellten Complexe der unteren Trias, ganz logisch eine Vertretung auch der oberen Ab- theilung der Permformation innerhalb des vorwiegend durch den Grö- dener Sandstein eingenommenen Abschnittes der Schichtenreihe zwi- schen dem Porphyrconglomerat und den Tuffen des Rothliegenden einer- seits und dem unteren Triashorizont mit Posidonomya Clarai anderer- seits erfordert. Es scheint mir nun näher zu liegen, diese Repräsen- tation durch die bereits vorliegenden Nachweise eines durch permische Pflanzen charakterisirten Horizontes, des Ullmannien-Sandsteins und eines der Zechstein-Bildung petrographisch nahe stehenden Stinkkalk- und Dolomit-Horizontes mit einer vorwiegend paläolithischen Fauna für gegeben zu betrachten, als dieselbe in dem unter diesen Horizonten noch zur Verfügung stehenden Theil des Grödener Sandsteins und der Porphyrtuffe aufzusuchen. Einen bedeutsameren Gegengrund gegen die Ansicht, welche den Complex der Bellerophon-Schichten als den Abschluss der in den Süd- alpen zur Entwicklung gelangten permischen Reihe betrachtet, sehe ich selbst nur in der verhältnissmässig geringen Mächtigkeit der Seisser Schichten, welche in diesem Falle vorwiegend für die Repräsentanz des anderwärts mächtigen Buntsandsteins unter dem in den Campiler Schichten mitvertretenen Röth übrig bleiben. Wenn man jedoch überlegt, dass auch in anderen Fällen eine petrographisch und der Fauna nach verschiedene, wenig mächtige Facies einer unter anderen Verhältnissen zum Absatz gelangten mächtigeren Schichtenfolge als der Bildungszeit nach äquivalent angenommen worden ist und oft sogar angenommen werden muss, so wird auch dieser Einwand abgeschwächt. Der Seisser Complex wäre dann eben ein wenig mächtiger, kalkigmergeliger, durch eine besondere, mit der nachfolgenden Röthfauna schon näher verwandte Fauna charakterisirter Repräsentant des anderwärts in vollständig sandiger, petrefaktenleerer oder nur Reste von Pflanzen und Amphibien enthal- tender Facies ausgebildeten unteren Buntsandsteins. Er ist überdiess die 36* 278 Dr. G. Stache. [8] directe, etwas modificirte Fortsetzung der oberpermischen Stinkkalk- und Dolomit-Absätze. Das genaue Studium der ganzen Schichtenreihe und die Verfolgung der Abänderungen der Faunen in den einzelnen, nahe auf einander folgenden Bänken des oberpermischen Bellerophon- Complexes und des untertriadischen Complexes mit Posidonomya Olarai wird, denke ich, einerseits zu einer genaueren Orientirung über die wahrscheinlichste Grenze führen, sowie andererseits zu einer Prüfung der nahen Verknüpfung der permischen und triadischen Reihe der Süd- alpen. Während auf diese Weise auch die Repräsentanz des oberen Zechsteins in seiner kalkig-dolomitischen Facies in diesem Theil der Alpen meist eine verhältnissmässig geringe ist, erscheint der untere Zech- stein mit dem Ullmannien-Sandstein (dem Weissliegenden oder Grau- liegenden) viel mächtiger gleichsam als ein oberes Rothliegendes (im Sinne von Gutbier u. Geinitz) entwickelt. Anderwärts in den Alpen sind die Verhältnisse der Entwicklung der ganzen Permformation aller- dings wieder ganz andere. Ich enthalte mich hier jedoch, Fragen zur Sprache zu bringen, auf deren Vorhandensein ich durch meine Auf- nahmen und speciellen Studienreisen in Tirol, Kärnten und Krain ge- führt wurde, zu deren Lösung jedoch noch die Sammlung einer grös- seren Reihe von Thatsachen nothwendig ist. Die Ansicht, welche ich über das Verhältniss der Repräsentation der Permformation zu derjenigen der Trias in dem von der Porphyr- Bildung beeinflussten Absatzgebiete permischer Schichtenfolgen in. den Südalpen bisher gewonnen habe, vermag ich auf Grund der von Gümbel betonten, allerdings deutlichen Beziehungen der Fauna seiner dem Bellerophon-Horizont parallel gestellten gelben, sandigen Dolomite und Mergel zu den unteren Triasfaunen, sowie selbst in Anbetracht des durch Gümbel, Schwager, und die Herren H. B. Brady und Dr. G. S. Brady als sichtlich mesolithisch erkannten Charakters der Foraminiferen- und Ostracoden-Fauna der Bellerophon-Schichten, dennoch nicht aufzugeben. Bezüglich des paläolithischen Haupttypus der Fauna der an Bellerophonten reichen Stinkkalke und der damit verbundenen Brachiopoden-reichen, sandig-kieseligen Kalke herrscht kein Zweifel. Die übrigen Differenzen in der Auffassung werden sich wohl durch die fortschreitende gemeinsame Untersuchung der in Frage stehenden Schichtenfolgen aufklären und begleichen lassen. Die letzte Arbeit, in welcher die in Rede stehenden Schichten Erwähnung finden, ist diejenige von E. Weiss!) „Ueber die Entwick- lung der fossilen Floren in den geologischen Perioden“. Derselbe be- tont das jugendliche Gepräge der kleinen Zechsteinfloren von Fünf- kirchen in Ungarn und von Mazzon bei Neumarkt in Südtirol, und nimmt diese Erscheinung zum Ausgangspunkt einer Betrachtung über die Veränderung der Floren. Das Schlussresultat der interessanten Erörterung, dass „überall in den grösseren Entwicklungs- phasen des organischen Reiches die Umprägung der Pflanzen derjenigen der Thierevorausging‘“, fordert in der That dazu auf, nach neuen Thatsachen für die Bestätigung desselben zu suchen. Den Schluss dieser einleitenden Bemerkungen mag die tabella- rische Aufzählung der Petrefakten-Fundorte des Complexes bilden. ') Zeitschrift der Deutsch. geolog. Gesellsch. 1877. [9] Beiträge zur Fauna der Bellerophonkalke Südtirols. 279 A. Nördlicher Abschnitt von der Pufler Schlucht in Gröden bis Innichen im Pusterthal. Fundort Gesteins-Beschaffenheit und Erhaltung d. Petrefakten Allgemeiner Charakter 1. Pufler Schlucht St. Ulrich in Gröden W, wenig S. 2. Pitzbach nächst Se- bedin St. Ulrich in Gröden so. 3. Sta. Christina in Gröden Nordwärts gegen den Pitschberg. ' 4. St. Jacob in Gröden St. Ulrich O. Unterhalb u. oberhalb. a) Dunkelrauchgrauer, z. Th. bräunl. Stück- kalk von splittrig muschligem Bruch; b) hellgrauer Kalkstein m. Pyrit u. Bleiglanz; ce) graulichgelber Kalk- stein mit Stylolithen. Schwarze und hellere bräunliche u. rauchgraue Kalke, z. Th. mit mürben schieferig. Zwischenlagen. a) Dunkle bräunlich- graue, harte, scharf- splittrige Kieselkalke; b) mürbere, etwas mer- gelige Schichten. a) hell bis dunkelgraue, unregelm. plattig, etwas rauchwacken- artig poröse dolo- mit. Schieferkalke; b) dunkelgraue, stel- lenweise rostgelb gesprenkelte, klüf- tige, etwas mergelige Kalksteine; Bell. peregrinus Laube. c) gelblichgrau melir- ter, tuffartiger Kalk- sandstein. Durchschnitte von ver- kalkten Bellerophonten. Kleinere und grössere Bivalven, selten mit er- haltenen Resten d. Schale. Anscheinend petrefak- tenleer. dto. Ostracoden mit Schale, Durchschnitte von Belle- rophon. Nautilus Sebe- dinus (Steinkern, mit ver- kalkter innerer Schalen- schicht überzogen). Mit scharfen, z. Th. rostgelben Auswitterun- gen von Korallen, ein- zelnen sehr kleinen Bel- lerophonten und andern Gastropoden. Mit Ostracoden u. Fora- miniferen. — ziemlich reich an Steinkernen u. Ab- drücken v. Bivalven in wenig guter Er- haltung; — mit zahlreich. Stein- kernen kleiner und grosser Bellerophon- ten mit verkalkter, vom Steinkern sprin- gender, am Gestein haftender Schale; — mit@ervillia cf. cera- tophagau. vielen ver- kalkten, mit gelbli- cher Schale erhal- tenen Bellerophonten. 280 Dr. G. Stache. [10] En namen LT ron e sn ne ein Meinen nn un Ina nn u a ann mans ann ET nn EEE ns nn nn rn En mein mn Fundort Gesteins-Beschaffenheit Allgemeiner Charakter und Erhaltung d. Petrefakten 5. Pitschberg-Abhang; | gegen d. Kurtschenthal St. Ulrich ONO. 6. Graben zw. Pitsch- bergu. Solschedia SW unter d. Kreuz des Sattels. % 7. Weg zum Solsche- dia B. 8.Ruefenberg nächst d. Ursprung des Affrer Baches. 9. Joch zwischen St. Martin u. Bad Val- dander. 10. St. Martinsmühle. 11. Campilbach, obere Schichten. Untere Schichten im Bett d. Baches. a) hell gelblichgrauer dolomitischer Kalk- stein mit Stylolithen ; b) schwarzgrauer Kalk- stein mit Kalkspath- adern und Drusen, Bleiglanz führend u. stellenweise Stylo- lithen - Bildung zei- gend. ce) heller schiefrig. Kalk mit glimmerigen Ab- lösungsflächen und Bleiglanzkrystallen. a) Schiefrig-plattig ab- gesonderte schwarze Stinkkalke durch hel- lere graue und ganz lichte, kieselig-kal- kige Zwischenlagen, weiss gebändert, theil- weise fast in Kiesel- schiefer übergehend ; b) dunkelgraue Kalke, bräunlich bis rauch- grauer splittrig. Kalk; Graue scharfbrüchige, kieselig-sandige bis fein- krystallinische Kalke. Bräunlichgrauer split- teriger Stinkkalk. Schwarzer und dunkel- grauer Stinkkalk. Schwarze und grosse plattige Mergelkalke. Schwarze Stinkkalke u. bräunliche Breccienkalke, Spuren von Petrefakten. Unbestimmbare Fisch- Reste, darunter eine kl. Ganoidschuppe. Bellerophon, Spirifer und Nautilus fugax. Ziemlichreichan Brachio- poden. Productus cado- rieus etc. Mit Durchschnitten v. grossen dickschaligen Bel- lerophonten. Mit Steinkernen und Schalen-Durchschnitten v. grossen Bivalven, Bellero- phonten und anderen Ga- stropoden. Zahlreiche Ostracoden, Auswitterung von vielen kleinen Gastropoden und | Bivalven. Gervillia ceratophaga etc. Mit Bellerophonresten | und z. Th. mit der Schale |, erhaltenen kl. Bivalven. Beiträge zur Fauna der Bellerophonkalke Südtirols. Fundort Gesteins-Beschaffenheit | 281 Allgemeiner Charakter und 12. 13. 14. 15. 16. 17, 18. 19. Crepa di Lavaro Mündung des Cam- pilbaches in den Gaderbach. Felswand, Süd von St. Martin. Premorang WH bei St. Martin. Korspitze, nördlich St. Martin O. St.Vigiler Wald. Bad Bergfall. Burgstalleck im Welsberger Gebirge zwischen St. Veit in Ausser-Prags u.Brunst- Bach. St. Veit in Ausser- Prags. Alt-Prags. Schwarzbrauner Stink- | kalk. Schwarze mürbe, schie- ferige, bituminöse Kalk- mergel, Zwischenlage zwi- schen harten Kalken. Brauner dunkler Stink- kalk mit schieferigen Ab- lösungsflächen. Dunkel schwarzbrauner, muschelig splittriger Stink- kalk. Dunkelbr. bis rauch- grauer splittriger Kiesel- kalk. Dunkel rauchgrauer bis schwäarzbrauner musche- lig-brüchiger, dichter oder halbkrystall. Stinkkalk. Schwarzbrauner bis rauchgrauer und dichter schwarzer Kalk. Härtere schwarze Kalke u. mürbe schieferige Mer- gelkalke. a) Dunkelbräunl. gelb- lich melirter, fein breccienartiger bis oolith.Kalkstein, hart, unvollkommen mu- schelig brüchig. Vereinzelte Steinkerne v. grossen Bellerophonten. Zahlreiche Steinkerne v. Bellerophon, u. Bruch- stücke von Cidariten- Stacheln. Vereinz. Durchschnitte kl. Bellerophonformen. Steinkerne und Durch- schnitte v. Bellerophon, auf d. angewitterten Flä- chen zahlreiche Schalen- durchschnitte v. kl. Schal- thier-Resten, u. einz. aus- gewitterte Foraminiferen. Steinkerne und Hohl- drücke v. Bellerophon. Bell. Vigili. Reich an kleinen und mittelgrossen Durchschnit- ten u. Auswitterungen von Bellerophon. Bell. Gümbel:. Durchschnitte mittel- grosser Bellerophonten. Durchschnitte von Bel- lerophon, Steinkerne von Gastropoden, zahlreiche weisse Ostracodenschalen. Ausgezeichnet durch verschied. Brachiopoden- reste, sowie Steinkerne von Bivalven und verein- zelten Gastropoden. 282 Dr. G. Stache. [12] Fundort Gesteins-Beschaffenheit Allgemeiner Charakter | und Erhaltung d. Petrefakten 19. Alt-Prags. 20. Putzthal, südl. von Bad Maistadl bei Nie- derndorf. 21. Golser Bergb. Nie- derndorf. 22. Rohrwald b. Tob- lach, nördl. Fuss des Neunerkofels. 23.Innichen, Wildbad. b) schwarze splittrige Stinkkalke; c) schwarze Stink- schiefer. Graue u. schwarzbraune Stinkkalke. Schwarzer muschelig splittrig brechender, kie- seliger Stinkkalk. Schwarzbrauner schie- feriger bis splitteriger Stinkkalk mit mergelig schiefriger Ablösung der Schicht- und Verwitte- rungsfläche. Zum Theil mit gangförmigem Siderit u. Caleit. Schwarzer Steinkalk. Mit einzelnen grossen u. kleinen Durchschnitten von Bellerophon. Reich an weissen Ostra- codenschalen. Mit Durchschnitten u. Auswitterungen v. Belle- rophonten, Brachiopoden, Korallen u. allerlei klei- nen Schalenresten. Feine Auswitterungenv. kleinen Schalenresten etc. Steinkerne von verein- zelten, sehr grossen und kleinen Bellerophonten. Zahlreiche Steinkerne u. Schalenexemplare v. Bival- ı ven u. Bellerophonten, — | vereinz. Reste v. Nautilus. 24. Gsellknoten Innichen SSO, Inner- feldthal. 25. Kreuzberg. B. Oestlicher Abschnitt zwischen Innichen Schwarzer, unvollkom- men muschelig scharfbrü- chiger Stinkkalk. a) Schwarzer harter, scharfbrüchiger Stink- kalk. | | b) Grauer feinkrystal- | ‚linischer Kalk. und Pieve di Cadore. Mit Resten von Ostra- coden, Bellerophon u. an- deren grossen u. kleinen Schalthieren. a) Reich an Östracoden, ausgezeichnet durch das Vorkommen von Nautilus Hoernesi u. N. crux u. ver- schiedener Bivalven neben Bellerophon- ten, Bell. Sextensis und grossen Spiri- feriden ; b) z. Th. sehr reich an verschied. grösseren und kleineren Bra- chiopoden - Formen, aber arm an Belle- rophon-Resten. [13] Beiträge zur Fauna der Bellerophonkalke Südtirols. 283 Fundort | Gesteins-Beschaffenheit Allgemeiner Charakter und Erhaltung d. Petrefakten 26. 27. 28. 29. 30. 31. 32. Sattel zw. M. Malone und Colle Brusan. 33. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt. 1877. 27. Band. 3. Heft. (Dr. G. Stache.) Kreuzberg, erster Graben, Süd. Zwisch. Kreuzberg undCampotorondo, westl. nahe d. Strasse. Colle Castello zwi- schen Cornelio u. Cella di Auronzo. Torr. Diebba bei Auronzo. Navasse. Rio Socosta. Val di Rin. Schwarze und rauch- graue Stinkkalke. Schwarze schief. Stink- kalke. Hellgraue, weiss punk- tirte, mergelige Kalke. Schwarzgrauer Kalk mit weissen Kalkspathadern. Rauchgrauer kieseliger, unvollkommen muschelig scharfbrüchiger Kalkstein mit Nadelstich - grossen weissen und gelblichen Punkten. 1. Schwarzgrauer kiese- liger, klüft. Stinkkalk ; 2. dünne Mergelschiefer; a) schwarzer Stinkkalk mit sandig - rauher Verwitterungsfläche, welche stellenweise zahlr. kl. Punkte zeigt; schwarzer, unvoll- kommen muschelig springender Stink- kalk, plattig abge- sondert. b) Dunkel bräunlichgrauer Stinkkalk. . a) Schwarzer, weiss punct. Stinkkalk; b) schwarz- bis bräun- liehgrauer plattiger, unvollk. muschelig springender Stink- kalk. Mit Durchschnitten v. Bellerophon. Mit zahlreichen Bival- ven, vereinzelten Nautilen und Gastropoden, beson- ders unsymmetr. Belle- rophonten Bell. pseudohelix etc. mit Foraminiferen und unsymmetrischen Bellero- phonten. Auf den sandig-rauhen Verwitt.- Flächen zahl- reiche Durchschnitte von Bellerophon-Schalen. Wie es scheint, reich an Fora- miniferen u. Ostracoden. Bellerophonschalen u. Auswitterungen v. andern Schalenresten sind nicht selten. Dielichten Punkte dürftenv. Ostracoden und Foraminiferen herrühren. Aufd. Verwitt.-Flächen voll kl. Schalenreste, meist Bivalven. Mit Bivalvenschalen u. Ostracoden aufd. Schicht- flächen. Reich an Schalendurch- schnitten v. Bellerophon, u. verschiedenen anderen Formen u. Foraminiferen. Reich an Bivalven, be- sonders Pecten, Aviculo- Pecten u. Avicula etc. Kleine unbestimmte Aus- witterungen. Mit Bellerophon und Foraminiferen. Reich an Bivalven der- selben Art, wie v. Socosta. 37 284 Dr. G. Stache. Fundort 34. Mte. Cornon, Ab- stieg nach Lozzo. 35. Zwischen Posalz u. Colle S. Lucia. Im südl. Abschnitt 36. Zwischen Agordo u. S. Michele. Im westl. Abschnitt 37. Trudenthalb. Neu- markt. Gesteins-Beschaffenheit [14] Allgemeiner Charakter und Erhaltung d. Petrefakten Schwarzer, unvollkom- men schief. Stinkkalk. Grauer u. bräunlicher Kalkstein. Schwarzer scharfkantig brüchiger Stinkkalk, zum Theil an angewitterten Stellen weiss punktirt, mit Kalkspathadern. Gelbliche Dolomite und dolomitischer Sandstein. Mit Bivalven u. Aus- witterungen v. Foramini- feren und kleinen Scha- lenresten. Undeutl. Schalenreste. Gr. Bellerophon-Durch- schnitte mit weisser cal- cinirter Schale. Nach Gümbel Aequi- valente des Bellerophon- Horizontes, reich an Bi- valven, besonders Myo- ] phorien. Es ist nicht zu zweifeln, dass durch weitere Bemühungen die bisher schon erreichten Resultate sich bedeutend werden vervollstän- digen lassen. Mein besonderes Augenmerk werde ich darauf richten, bei Auffindung neuer und bei Durchprüfung und Ausbeutung der wich- tigsten der hier bereits aufgeführten Fundorte, die Position der durch Abweichungen in der petrographischen Zusammensetzung und in dem Charakter der Fauna bemerkenswerthen speciellen Ausbildungsformen gewisser Theile des ganzen Complexes nach ihrer horizontalen und verticalen Verbreitung zu studiren. Beschreibung der Fauna. Obwohl deutliche Anzeichen dafür vorliegen, dass wir allmählig auch einige Anhaltspunkte für die zur Zeit der Bildung der Bellero- phon-Schichten vorhandene Wirbelthier-Fauna werden gewinnen können, ist das bis jetzt gefundene noch zu unbestimmt und unbedeutend, als dass es für die Beschreibung und Abbildung hätte verwendet werden können. In den schieferig plattig spaltenden, bituminösen Kieselschie- fern und Kalken der Gegend zwischen dem Pitschberg bei St. Ulrich in Gröden und dem Solschedia-Berg fand ich einen Knochenrest, welcher mit dem bei Geinitz (Dyas Taf. IX, Fig. 1) unter b) ab- gebildeten Stirnbein eines Fisches aus der Familie der Sauroideen eine gewisse Analogie zeigt, und eine kleine Ganoidschuppe, welche eine entfernte Aehnlichkeit mit den auf derselben Tafel Fig. 3c ab- gebildeten Schuppen zwischen Rücken und Afterflosse von Palaeoniscus Blainvillei Ag. zeigt. : Ueberdiess mag hier das Vorkommen einer kleinen Serpula, welche der permischen Serp. planorbites Münst. nicht sehr nahe steht, in den Schichten bei St. Martin erwähnt werden (vgl. Taf. I, Fig. 10). [15] Beiträge zur Fauna der Bellerophonkalke Südtirols. 285 Das mir zur Verfügung stehende Material von Östracoden-reichem Gestein, worunter das Beste aus dem Pragser-Thal und vom Kreuz- berge bei Sexten stammt, habe ich an Gümbel übersendet, welcher ausser der Foraminiferen-Fauna auch die Ostracoden des Bellerophon- Complexes zu bearbeiten begonnen hat, und werde ich daher hier den Resultaten meines verehrten Freundes nicht vorgreifen, sondern mich erst in dem diese Beiträge abschliessenden Schlusscapitel darauf beziehen. Die Beschreibung beginnt daher mit den Cephalopoden und den Gastropoden. Eine kleine Inconsequenz in der Reihenfolge ist nur insofern nicht zu vermeiden gewesen, als einige kleine Cidariten- Reste auf Tafel I bereits untergebracht waren, ehe ich, besonders wegen der sicheren Constatirung der Brachiopoden-Horizonte, den Plan der Arbeit insofern änderte, als ich dieselbe nicht in einem Stück, sondern in mehreren Abtheilungen zu veröffentlichen beschloss. Es gibt mir diess Gelegenheit, für manche Formen möglicherweise noch bessere Exemplare zu acquiriren und andererseits noch die Beweise für die Zugehörigkeit aller der hier aufgeführten Brachiopodenkalke zu dem Gesammtcomplex der Bellerophonkalke, die ja nicht nur eine eng- begrenzte Schicht repräsentiren, zu suchen und nachzutragen. Bezüg- lich einzelner Localitäten ist kein Zweifel, da ich selbst Brachiopoden- und Bellerophonten-Durchschnitte in demselben Stück gefunden habe. Bei anderen, wie bei den wichtigen Localitäten des Ruefenberges, stützt sich meine Aussicht allerdings nicht auf die eigene Beobachtung, sondern auf die geologischen Aufnahms-Arbeiten von R. Hoernes, dessen Gewissenhaftigkeit ich jedoch das vollste Vertrauen schenke. Nichtsdestoweniger bin ich meinem verehrten Freunde Gümbel sehr dankbar, dass er mich durch die Aeusserung eines kleinen diessbezüg- lichen Zweifels (l. c. p. 59) zu dem Entschluss einer nochmaligen Prü- fung dieser Frage an Ort und Stelle im Sommer 1877 veranlasst hat. Die Beschreibungen der einzelnen Formen, sowie die Zahlen- angaben für Grösse und Wachsthum der beschriebenen Exemplare sind möglichst ausführlich gegeben, weil ich der Ansicht bin, dass der Geologe, welcher Localfaunen beschreibt, die künftige Benützbarkeit seiner Arbeit für systematisclı paläontologische Arbeiten im Auge be- halten soll. Anmerkung. Die im Folgenden angegebenen Zahlen für die Grösse und das Wachsthum der beschriebenen Nautilus- und Bellerophon-Formen bedeuten Milli- meter. Dabei sind folgende Abkürzungen gewählt: Vd —= Vertical-Durchmesser, Hd = Horizontal-Durchmesser, Nd = Nabel-Durchmesser, Mb = Mündungsbreite, Mh = Mündungshöhe, Ms = Mündungs-Secante, d. i. die Entfernung des Gipfel- punktes vom inneren oder vom äusseren Mündungswinkel. Das Verhältniss des Wachsthums oder Zunahme des letzten Umgangs ist, wo es angeht, nach 6 Punkten gemessen (y:«:ß8:y:d:2 — vgl. Taf. U, Fig. 1p u. Fig. 5a). «, 6, y und d sind die Berührungspunkte der die Embryonal-Windung kreuzend gedachten Durch- messer Vd (#6), und Hd («y) mit der Convexfläche des letzten Umgangs. % be- zeichnet den Beginn des letzten Umgangs; 2 bezeichnet die Schlussfläche, speciell den äusseren Mündungsumriss. HW = Höhenwachsthum, DW = Dickenwachsthum, SW — Höhenzunahme der Seitenwände, AW = Breitenzunahme der Aussenwand oder Convexwand. Bei unvollkommenen Exemplaren ist statt der eigentlichen Mün- dung der Umriss des Endes der Gehäuseröhre unter Mb, Mh und Ms zu verstehen. Bei Bellerophon ist die Zunahme nur nach DW gegeben. 37* 286 | Dr. G. Stache. [16] Cephalopvden. Nautilus. Die Gattung Nautilus bildet in dem ganzen Kalk-Complexe bis- her den einzigen Repräsentanten dieser Thierclasse. Sie ist jedoch durch 4 sehr charakteristische Formen der paläozoischen evoluten Reihe (imperfecti) vertreten, und zwar besonders durch Formen der- jenigen Abtheilung, welche durch Verzierung oder Bewehrung mit hohlen Knoten oder Dornen ausgezeichnet ist und als Gruppe der auf- gerollten, bewehrten Nautilen (imperfecti armati) bezeichnet werden kann. E. v. Mojsisovics hat uns zwar in seiner grossen Arbeit (Das Gebirge von Hallstadt Nr. I. Die Mollusken-Faunen der Zlam- bach- und Hallstädter-Schichten) eine Anzahl sehr schöner Formen dieser Gruppe (N. perarmatus, Schloenbachi, superbus, Wulfeni) aus der alpinen Trias (Karnische Stufe) zur Kenntniss gebracht; die Nau- tilen des Bellerophon-Horizontes schliessen sich jedoch viel weniger diesen Formen an, als dem in Murchison’s Russia abgebildeten carbonischen Nautilus tuberculatus Sow. — Die kleine, nebenbei auf- geführte einzige glatte Form, welche nicht gut genug erhalten ist, um ihre Zustellung zu Nautilus für ganz gesichert zu halten, würde sich, im Fall sie durch bessere Funde sich bestätigen lässt, zunächst an den permischen Naut. F'reieslebeni Fein. anschliessen lassen. Wir beginnen in der Beschreibung mit der einfacheren, der ge- nannten carbonischen Form sich am engsten anschliessenden Gliede und lassen die stärker verzierten folgen. Nautilus Hoernesi nov. form. Taf. I (Jahrb. Taf. V) Fig. 2a,b. Vorkommen und Erhaltungszustand: Ein einziges, von R. Hoernes aus dem schwarzen, an Ostracoden reichen Belle- rophonkalke des Kreuzberges bei Sexten mitgebrachtes Stück war für die Fixirung der neuen Form tauglich. Dasselbe zeigt nur den Steinkern eines starken halben Umgangs, hat jedoch ausreichend gute Merkmale. Aeussere Gestalt: Das Fragment, welches wahrscheinlich Mittel- stück eines letzten Umgangs ist, deutet auf ein mittelgrosses Gehäuse von breit ovalem Hauptumriss mit nicht sehr breitem und schwach gewölbtem Convextheil, wenig eingetieftem, in der Mitte erhöhtem Concavtheil, ab- geflachter, nicht sehr breiter, nur allmählig zunehmender Seitenwan- dung, mit tiefem und weitem Nabel und einem Umgangs- und Mün- dungs-Durchschnitt, welcher selbst in dem schmäleren oberen Theile breiter als hoch ist. Ueberdiess zeigt die Form folgende gut bemerk- bare Eigenschaften. Die Seitenwandungen erscheinen im Haupt- theil des Umgangs flach oder wenig von dem Nabelrande gegen den Aussenrand geneigt, im letzten Theile des Fragmentes erscheinen die- selben jedoch in der Nähe der Nabelkante etwas stärker aufgewölbt und gegen die Aussenkante mit deutlicher Neigung abfallend; so dass [17] Beiträge zur Fauna der Bellerophonkalke Südtirols. 287 der untere Theil im Durchschnitte durch den letzten Gehäuse-Abschnitt gegen die Mündung zu sichtlich breiter erscheinen muss, als der obere, ähnlich wie bei dem triadischen N. Schloenbachi. Die Rückwand (der Convextheil) ist schwach gewölbt und zweitheilig durch eine seichte, im Sinne der Zunahme des Umgangs sich leicht erweiternde Eintie- fung (Medianfurche), in deren Mitte eine feine Leiste (Normallinie) verläuft. Die zu Seiten der Normallinie liegenden Hälften der Convex- seite sind rundlich gewölbt im älteren, dagegen etwas platt gedrückt im letzten jüngeren Abschnitte des Steinkernes. Diesem Verhältnisse dürfte auch die Art der Wölbung der Aussen- seite der Schale selbst und die Form der Concavität der Innenseite nahezu entsprochen haben; nur dürfte die Medianfurchung auf der Schalenoberfläche im Ganzen schwächer hervorgetreten sein. Von dem inneren Theil der Nabelgegend konnte das Gestein nicht entfernt werden. Es ist daher fraglich, ob ein Nabelloch vor- handen ist, oder nicht. Die Nabelkante ist einfach, unverziert, schwach abgerundet; die Nabelwandung steil oder fast senkrecht. Der Aussenrand oder die Randkante zwischen Seitenwand und Aussenwand ist deutlich durch einen nicht sehr stumpfen Winkel markirt und mit einer Reihe ziemlich nahe stehender kleiner knotenförmiger bis stumpf dornen- artiger Erhöhungen (8—10 auf dem erhaltenen Theil) bewehrt. Von diesen Knoten her ziehen sich bis etwa zur Mitte der Seitenwände schwache Erhöhungen, die mit stärkeren Eintiefungen abwechseln, welche den Zwischenstellen der Knoten entsprechen; diese schwach wellige Beschaffenheit der an die Randkante grenzenden Hälfte der Seiten- wände ist nur auf den letzten zwei Dritteln des Steinkerns deutlich bemerkbar. Grösse und Wachsthumszahlen: Höhe oder Vertical- Durchmesser nach den 2 Abschnitten von der Nabelmitte nach unten und oben Vd=13—+25=38. Breite oderHorizontal-Durch- messer nach den 2 Abschnitten von der Nabelmitte nach rechts und links oder der Aussen- und Innenseite Hd =18-+12=30. Nabel- weite in der Richtung Vdund Hd, — Nd = 12 : 9. Verhältniss der grössten Breite des Durchschnittes der Gehäuseröhre am vorhan- denen Schlusstheil zur Höhe dieses Durchschnittes Mb : Mh = 2613. 16: Die Nabelwand ist 3—4 Mm. hoch und die Abstände der Knoten- spitzen nehmen ziemlich regelmässig von ß zu y zu d von 4 auf 6 bis 8 Mm. zu. Die Wachsthumszahlen von y : a : 6 : y : 6 2 ' Bw er ErdT1 = 743.070 1602008 DW age use 137 723 .10.425.,2@ 9 0 NOW ae Or er Tree ohna Dornen AW. er R 9: 19 14 ee er = A 2 er mit ® AW Innerer Bau und Schalenstructur. Das Fragment zeigt sehr deutlich den Verlauf der Kammerwandlinien. Dieselben zeigen auf der Aussenwandung eine schwache Buchtung nach abwärts inner- 288 G. Stache und C. John. [18] halb der Medianfurche, einen schwach bogenförmigen Verlauf über die Randkante und zwar ohne bestimmte Regel theils über die Knoten, theils seitwärts davon oder mitten zwischen denselben durch; ebenso bemerkt man auf der Seitenwand eine schwache Buchtung der Linien nach einwärts und ihren steilen Abfall über den Nabelrand. Die Kammern sind ziemlich eng, denn man zählt 14 Kammerwände auf dem nur einem halben Umgang entsprechenden Steinkern. Die Ab- stände der Kammerwände nehmen, nach der Normallinie gemessen, nur von 4—6 Mm. zu. Von der Schalenstructur sind nur in zartem Abdruck erhaltene erhöhte Linien auf dem Steinkern zu bemerken, welche Tiefenlinien der Innwandung der zerstörten Schale entsprechen, und als Anwachsstreifen gedeutet werden müssen. Dieselben sind deutlicher nur an der Convexwand zu sehen, wo sie auffallen, weil sie tiefer nach abwärts gebuchtet sind, als die Kammerwandlinien und dieselben daher kreuzen. Die auf dem Steinkern als feinstes Leistchen erscheinende Normallinie ist der ganzen Länge der Medianfurche des Convextheils nach deutlich erkennbar. Mojsisovics fand bei den evoluten Trias-Nautilen die Normal- linie häufig auf dem Steinkern der Wohnkammer in der Median- linie des Convextheils. Hier erscheint sie auf den älteren Kammern. Verwandtschaft: Am nächsten steht diese Form dem car- bonischen Nautilus tuberculatus Sow. (1845, Russia Vol. HI, Taf. XXV, Fig. 12, p. 362. — Sow. 1821. Min. conch. Vol. III, p. 90, Taf. 249, Fig. 4, — Phill. 1836. Geol. of Yorksh., Vol. I, p. 232, pl. 22, 218,.21,.29: Die in der „Russia“ von de Verneuil gegebene Abbildung und Beschreibung zeigt die ausserordentlich nahe Zusammengehörigkeit der uralischen Carbonform (Berg Kachkabache bei Artinsk) mit der- jenigen unseres Bellerophonkalkes in Tracht und Grösse. Es sind nahestehende, aber deutlich unterscheidbare Formen desselben paläo- zoischen Typus. Der Hauptunterschied liegt in der Form der Convexwand. Dieselbe ist bei der russischen Carbonform einfach, aber stärker gewölbt, ohne Mittelfurche und Abplattung: damit im Zu- sammenhang steht die etwas mehr in die Ebene der Seitenfläche ge- rückte Position ihrer Randkante mit der einfachen Knotenreihe, wo- durch die eigentliche Seitenwandung etwas schmäler (niedriger) erscheint. Ueberdiess ist die Carbonform noch stärker evolut, besitzt daher eine noch grössere Nabelweite; die Nabelwände jedoch scheinen, wenn die Abbildung genau ist, weniger steil und tief abzufallen. Die von Sowerby und Phillips abgebildete englische Form des N. tuber- culatus ist grösser und zeigt weniger eingebuchtete Kammerwände. Diese, sowie die bei Trautschold und Hayden abgebildeten Bruch- stücke grösserer Exemplare sind auch hier nicht gemeint, wenn von grosser Aehnlichkeit gesprochen wird. Ob die russische Form mit vollem Recht zu N. tuberculatus Sow. auch bei einer specifisch mono- graphischen Bearbeitung der ganzen Gruppe gestellt werden könnte, lässt sich hier natürlich nicht entscheiden. Unter den evoluten Nautilen der Trias sind nur sehr entfernte Verwandte bekannt. Man könnte beispielsweise an dem inneren Theil des letzten Umgangs und bei den älteren Umgängen von N. Schloen- [19] Beiträge zur Fauna der Bellerophonkalke Südtirols, 289 bachi Mojs. (Das Gebirge von Hallstadt, Taf. II, Fig. 1) gewisse Be- ziehungen herausfinden. Die interessante Form, durch welche der Anschluss der ganzen, mit Knoten und Dornen bewehrten evoluten Nautilen-Gruppe des tirolischen Bellerophonkalkes an die carbonische Gruppe des N. tuber- culatus am deutlichsten markirt ist, wurde nach Prof. R. Hoernes genannt, dem ich den grösseren Theil des bei dieser Arbeit verwer- theten Materials verdanke. Nautilus erux nov. form. Taf. II, Fig. 1a, b, c, und Taf. III, Fig. 1 (Jahrb. Taf. VI u. VII). Vorkommen und Erhaltungszustand. Es gelang, aus dem schwarzen, an Foraminiferen reichen Stinkkalk des Kreuz- berges bei Sexten ein einziges, etwas vollständigeres Exemplar herauszupräpariren. Dasselbe entspricht nahezu drei Umgängen, von denen jedoch nur die rechte Seitenwand und die halbe Aussen- wand des letzten erhalten ist; die linke Seite des Exemplars fehlt. Auf dieser Seite ist das Exemplar ungleichförmig abgewittert. Die Ge- steinsfläche zeigt den Durchschnitt der Gehäusespirale mit einer grös- seren Anzahl von Kammerwänden. Die Abwitterung geht schon über die Ebene des Median-Durchschnittes hinaus, es kommt daher nir- gends ein deutlicher Anhaltspunkt für die Beurtheilung der Lage des Sipho zum Vorschein. Von der Schalenoberfläiche und der mittleren Schalenschicht ist nur an einzelnen kleinen Stellen etwas zurück- geblieben, dagegen haften ziemlich grosse Partieen der schwarzen kör- nigen Runzelschicht der erhaltenen Seite des Steinkernes an. Aeussere Gestalt. Die mittelgrosse Form mit ovalem Ideal- umriss ist scheibenförmig abgeplattet, sehr evolut, mit grossem tiefem Nabel, und vielleicht selbst mit einem grösseren Nabelloche versehen, und durch ein auffallendes Wachsthum nach Höhe und Dicke, und die Bewehrung der Randkante mit sehr starken Dornen ausgezeichnet. Die Seitenwandungen sind im Ganzen flach, nur in der Nähe der rand- lichen Dornenreihe kommt eine der Aufeinanderfolge und schiefen Stel- lung der Dornen entsprechende wellige Beschaffenheit zum Ausdruck, und der Nabelkante entlang macht sich gegen das Ende des Umgangs eine deutliche Anschwellung bemerkbar, so dass die Wandflächen gegen die Randkante zu geneigt erscheinen. Die Convex- oder Aussenwand ist zweitheilig durch eine stark eingetiefte Medianfurche und durch die schief abwärts gerichteten Kanten der Dornen gleichsam in Segmente getheilt. Dieselbe bietet allem Anscheine nach noch manche Eigenthüm- lichkeiten, jedoch hindert das innige Anhaften des Gesteinsmaterials und die nur stellenweise bessere Erhaltung der vorhandenen Convex- Hälfte eine sichere Fixirung derselben. Jedenfalls ist die starke Ein- tiefung der Convexseite und das entsprechende Vorspringen der Con- cavseite eine derselben. Die Dornen der Randkante (12—14) sind durch ihre bedeutende Grössenzunahme in der Schlusshälfte des letzten Umgangs, ihre schiefe, von der Medianfurche abwärts und nach vorn ausgezogene Stellung, und durch die Eintiefung ihrer, der Convexwand zugewendeten Fläche 290 Dr. G. Stache. [20] bemerkenswerth. Die Nabelkante ist glatt, etwas abgerundet, die be- sonders im letzten Dritttheil des Umgangs sehr hohe Nabelwand ist nicht senkrecht, sondern steil gegen die Nabelmitte zu geneigt. Grösse und Wachsthum: Vd = 24 +45 =69 Hd = 33 +17=50. Nda=22:16. Unten Mb:Mh =31:36 (mit Dornen). Oben 25 : 32 (ohne Dornen). Die grösste Höhe der Nabelwand Zunahme vony: a:@:y:d:z — 10 Mm. HW. = %:10:15 20222 Zunahme d. Entfernung der Dornen (ohne Dornen) v. Spitze zu Spitze von 9auf 17Mm. HW = ?:11:16:22:32:? Breite des grössten Dornens oder (mit Dornen) grösste Entfernung dertiefsten Ensen- DW = 4: 6: 8:12:31:? kungsstellen der Randkante =17 Mm. unten über die Anschwellung Höhe des grössten Dornens über SW 6:.9 728 712 der tiefsten Stelle der Randkante 4 AW 2: 6:28: 1228022 bis 5 Mm. (mit Dornen) AW 2:72 10 Im Innerer Bau und Schalenstructur. Ueber den inneren Bau der Form gibt die abgewitterte Seite, über die Schalenstructur die erhaltene Seitenwand einigen Aufschluss. Erstere zeigt, dass die Kammerwände einwärts gebuchtet, zahlreich sind, so dass etwa 8 enge Kammern auf das erste Viertel des Umgangs kommen. Ueberdiess bemerkt man, dass die Kammerwände ziemlich dünn sind, die Ge- häuseschale selbst viel stärker, besonders in der Knotengegend. End- lich ist eine körnige Runzelschicht ziemlich deutlich ausgebildet. Verwandtschaft. Nautilus crux schliesst sich unter den hier beschriebenen Formen des Bellerophonkalkes dem vorbeschriebenen N. Hoernesi entschieden noch am nächsten an. Immerhin bedingt die Ver- schiedenheit des Wachsthums-Verhältnisses, die höher gestreckte Form des Gehäuse-Durchschnittes, und in Rücksicht darauf auch des nicht erhaltenen Mündungs-Umrisses, sowie endlich die starke Eintiefung der Convexwand, und besonders die Grösse, eingetiefte Form, und schiefe Stellung der Dornen einen ausreichenden Unterschied, um diese Form unter besonderem Namen zu fixiren. Eine immerhin bemerkenswerthe Beziehung lässt sich auch zwi- schen dieser Form und dem bei T. V. Hayden (Geol. Surv. of Nebraska 1872, Taf. XI, Fig. 17, p. 234) abgebildeten und beschrie- benen Bruchstück von Nautilus oceidentalis Swall. erkennen, welches aus der Abtheilung C der Schichtenfolge von Nebraska city stammt. Swallow stellte die Schicht, in der er das Original-Exemplar im Thal des Cottonwood Creek (Kansas) auffand, in die untere Abthei- lung der Permformation, welche Hayden als Permo-Carbon bezeichnet. Andere in Illinois, Pennsylvania und West-Virginia gefundenen Stücke dieser Form wurden in Schichten gefunden, welche als schon zu den Coal-measures gehörig betrachtet werden. Nautilus Sebedinus nov. form. Taf. III (Jahrb. Taf. VII) Fig. 2a, b, c. Vorkommen und Erhaltungszustand. Nahezu die zwei mittleren Viertheile eines letzten Umgangs mit kalkspathigem Ueberzug [21] Beiträge zur Fauna der Bellerophonkalke Südtirols. 291 der inneren Schalenschicht sind erhalten, aber nur an ver- einzelten Stellen ist die obere Schalenfläche zurückgeblieben. Die Seitenwände und die Aussenwand zeigen die Hauptcharaktere der äusseren Tracht und Gestalt; die in ihrer Lage einer zwischen Nabel- mitte und Nabelwand (also nahe von einem Hauptdurchmesser) ge- zogenen Secante des Halbbogens entsprechende, schwach angewitterte Durchschnittsfläche zeigt Kammerwandlinien, sowie Lage und Form des Sipho. Die bräunlichgraue Steinkernmasse, sowie der Erhaltungszu- stand der Schale stimmt vollständig mit der Beschaffenheit der vierten Form d. i. des schon durch E. v. Mojsisovics beschriebenen N. fugax. Die hier aufgeführte neue Form stammt aus dem Bellerophonkalk des Pitzbaches zwischen St. Ulrich in Gröden und Sebedin. Aeussere Gestalt. In Grösse und Gestalt schliesst die Form sehr nahe an N. fugax an; sie ist jedoch involuter, hat gleichmässiger und etwas stärker gewölbte Seitenwände und eine abweichende Orna- mentik. Die Seitenwände wölben sich gegen den Nabelrand zu von der Randkante her allmählig auf und fallen vor dem letzten Viertel der Seitenwandhöhe gegen die Nabelkante wieder ab. Der Nabelrand ist nicht scharf, scheinbar schwach wellig gebuchtet, und zeigt keine Verzierung durch Dornen oder Knoten. Der Aussenrand ist: scharf markirt durch eine mit kräftigen Dornen bewehrte Kante (7 Dornen auf dem Fragment und dem entsprechend 14—16 auf dem ganzen ergänzt gedachten Umgang); von den Dornen aus gegen den Nabel ziehen schwach geschwungene, im Mitteltheil verdickte Schwielen, welche mit breiteren seichten Radialfurchen abwechseln, die den Inter- nodialräumen entsprechen. Die Radialschwielen treten meist nur auf der Höhe der Bauchung schärfer hervor, gegen die Dornenreihe zu, sowie gegen den Nabelrand hin sind dieselben stark abgeschwächt. Allem Anscheine nach sind diese Radialschwielen und Furchen auf dem Steinkern schärfer markirt, als an den mit der Schalenschicht überdeckten Stellen. In dem vorliegenden Stück ist die Zunahme des Umganges in Höhe und Dicke eine nicht sehr rasche, besonders auf- fällig ist die nur ganz langsame und unbedeutende Breitenzunahme der Aussenwand. Dieselbe ist überhaupt nicht besonders breit, ziemlich platt, und der Medianlinie nach flach eingetieft. Grösse und Wachsthum: Vd=25 +35= 60 mit Dornen = 64. Hd= 26 + (20)? = 46. Zunahme von y: « TUE DR IaWp) ye zZ Die- Entfernung der Dornenspitzen HW = ?:?2:19:22:28:? wächst von innen nach aussen ohne Dornen von 10 auf 15 Mm. EIN. = RR Der Durchmesser der beiden sicht- haren Durchschnitte des Sipho (Siphonalring) von 1'5 auf 3 bis EN 4 Mm. AW — ?:2:15:16:19:? mit Dornen Innerer Bau und Schalenstructur. Das Exemplar zeigt eine verhältnissmässig dünne, krystallinisch verkalkte innere Schalen- schicht und nur an einzelnen kleinen Stellen noch die feinere braune Oberschale. Ueberdiess lässt sich der nach der Medianfurche der Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt. 1877. 27. Band. 3. Heft. (Dr. G. Stache.) 38 292 Dr. G. Stache. [22] Convexwand schwach abwärts eingebogte Verlauf einiger Kammer- wandlinien neben zarten, steiler abwärts gebogenen Wachsthumslinien ähnlich wie bei N. Hoernesi wahrnehmen. Der natürliche, etwas schief ausgefallene Querschnitt zeigt durch die Ungleichartigkeit der Verwit- terung von Stein- und Schalenmasse eine grössere Zahl der eng- stehenden Kammerwände und zwei ziemlich mittelständige Siphonal- ringe, von denen der dem Schluss des Umganges näher liegende den weiter einwärts liegenden Theil des Sipho bedeutend an Dicke übertrifft. Ueberdiess zeigt der Durchschnitt ein Stück Nabelwand und ein Stück eines Embryonal-Umganges. Verwandtschaft. Am nächsten steht die Form dem nächst- folgenden N. fugax Mojs. Die engere Nabelung, der Mangel der Be- wehrung der Nabelkante und die starken Radialschwielen der Seiten- wände unterscheiden ihn davon jedoch hinreichend. Die Ausbildung der Convex- oder Rückwand steht zwischen der des N. Hoernesi und der des N. fugax. Nautilus fugax v. Mojs. Taf.I (Jahrb. Taf. V), Fig. 1a, b, ce. 1869. E. v. Mojsisovics: Beiträge zur Kenntniss der Cephalopoden-Fauna des alpinen Muschelkalkes. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. XIX. Bd., Taf. XIX, Fig. 3, S. 589. Vorkommen und Erhaltungszustand. Das einzige, schon von v. Mojsisovics (l. Ss. c.) beschriebene und abgebildete Exemplar wurde von Stur (vgl. Jahrb. d. k. k. geolog. Reichsanstalt 1868, p. 536) auf dem Wege zur Solschedia, NO von St. Ulrich in Gröden gefunden. Die Vermuthung Stur’s, dass diese Form aus der Zone des Arcestes Studeri stamme, kann jetzt ebenso, wie die von Mojsisovics gegebene Andeutung, dass dieselbe auch höheren Schichten angehören könne, durch deren sichere Zustellung zu den Nautilen des Bellerophonkalkes ersetzt werden. Das Exemplar schliesst in Tracht und Erhaltungsweise ganz nahe an den vorbeschriebenen N. Sebedinus (Taf. III, Fig. 2) an. Theils der Vollständigkeit des Bildes der Fauna wegen, theils auf Grund von einigen, bei fortgesetzter Präparirung zum Vorschein gekommenen, früher nicht leicht erkenn- baren Merkmalen, wurde die Form hier neu abgebildet. Der Erhal- tungszustand ist ziemlich gut. An dem Exemplar ist nur der Schluss- theil des letzten Umgangs beschädigt, überdiess fehlt die Wohnkammer; die Nabelmitte ist nicht vom Gestein befreit, und endlich ist die äus- sere Schalenschicht nur stellenweise erhalten. Die innere Schalen- schicht ist krystallinisch feinkörnig verkalkt, bald weisslich, bald dunkel gefärbt durch etwas Bitumen, welches in geringerem Masse auch die dichte, den Steinkern bildende, mit feinen Schalenresten erfüllte, hellere bräunliche Kalksteinmasse durchdrinst. Das Exemplar zeigt mehr als zwei vollständige Umgänge, der Beginn der Wohn- kammer scheint in das verbrochene Ende zu fallen. Aeussere Gestalt. Die Form zeigt bei mittlerer Grösse einen ovalen Idealumriss, einen nahezu vollkommen evoluten, tief und weit F [23] Beiträge zur Fauna der Bellerophonkalke Südtirols. 293 genabelten Aufbau bei im Anfang ziemlich starkem, aber nicht ganz gleichförmigen, in Dicke und Höhe wenig differirenden Anwachsen der Umgänge und eine dreifache Bewehrung mit Dornen und Knoten. Die Seitenwände der Schale sind von der äusseren Kanten- linie gegen die innere Gehäusekante (Nabelkante) schwach aufgewölbt und zwar nicht ganz gleichartig bei dem inneren und dem äusseren Theil des letzten Umgangs. Die Wölbungshöhe liegt nämlich bei der inneren Hälfte ganz nahe an der Nabelkante, während sie sich in der letzten oder äussern Hälfte davon allmählig gegen die Mitte der Seiten- wände und darüber hinaus gegen den Aussenrand zu entfernt und verflacht. In Verbindung mit diesem Verhältniss steht die Anordnung desjenigen Theiles der Bewehrung oder Verzierung, welchen der Autor dieser interessanten Form noch nicht erwähnt hat. Ausser den beiden Reihen der sich ziemlich schnell zu grösseren Dornen entwickelnden knotenförmigen Erhöhungen, welche beiderseits die Nabelkante und die Aussenkante verzieren, kommt noch eine dritte Reihe viel schwächerer Knoten zur Entwicklung. Diese dritte Knotenreihe schliesst sich der vorerwähnten Wölbungslinie der Seiten- wände in der Weise an, dass sie im ersten Viertel sich noch nicht vollkommen von den Knoten der Nabelkante loslöst, sondern in Radial- schwielen vereint bleibt, welche in abgeschwächter Form auch noch die Knoten der Randkante mit den Nabelknoten verbindet. Im Verlauf des zweiten und dritten Viertels trennen sich die drei Knotenreihen durch Verflachung und Verbreiterung der Radialschwielen in einer sanften, mit Wachsthumslinien versehenen Radialwellung, wobei die mittlere Knotenreihe (wohl z. Th. wegen der unvollkommeneren Erhal- tung der Schale) nur schwach und lückenhaft angedeutet erscheint. Im letzten Viertel treten die Knoten näher an die Aussenkante, und hier erscheinen zuletzt die äusseren Dornen zu knotigen Erhabenheiten abgeschwächt und die Mittelknoten sind sowohl mit diesen, wie mit den starken Dornen der Nabelkante durch eine deutlichere Schwiele verbunden. Die Dornen der Nabelkante (etwa 8 sind sichtbar) nehmen zuletzt sehr an Stärke und Höhe zu, so dass die letzten ganz auf- fallend hervortreten. Die Dornen der Randkante (etwa 15 kommen auf den ganzen Umgang) erreichen in den mittleren zwei Vierteln die bedeutendste Stärke, gegen die Wohnkammer zu sind sie bedeutend abgeschwächt und verlieren sich endlich wahrscheinlich gänzlich. Dass die Nabelwandung zum Theil von den Knoten überdacht wird und ihr Abfall daher von der Nabelmitte weg nach dem Gehäuseraum zu ge- richtet erscheint, wurde schon von Mojsisovics hervorgehoben. Die Aussen- oder Convexwand zeigt besonders im mittleren Theile des letzten Gehäuse-Umgangs, wo auch die Dornen am meisten hervorspringen, eine deutlich markirte Medianfurche, welche durch je zwei die Knoten verbindende Schwielen, wie von zwei welligen, un- gleichförmig verdickten Leisten begrenzt erscheint. Diese Verbindungs- Schwielen scheinen sich zum Theil gegen die Mitte hin zu kleinen Knoten zu verdicken und deuten dann zwei innere Knotenreihen der Con- vexseite an. Da die grossen, durch tiefe Buchtungen von einander getrennten Dornen der Randkante mehr seitlich abstehen, erscheinen die kleinen Mittelknoten stellenweise überragend, wie Fig. 1a zeigt. 38* 294 Dr. G. Stache. 4] Im letzten Theile, wo die Breite auffallend zunimmt und die randlichen Dornen schwächer werden, schwindet dieses Verhältniss zu Gunsten einer flach convexen, in der Mitte kaum merklich eingetieften Rückenfläche. Grösse und Wachsthum: Vd =30+33=68 Hd=31 +24—=55. Nd=18:13. Mb:Mh=31:26 zwischen den Dornen. Die grösste Höhe der Nabel- “ Zunahme von ya: B Ss yrrgzz wand bis zum Dornenspitz HwW = 10:15:22 720 777 —:.9:Mm} Biszurzwischenliegenden Nabel- DW = 12:17:21. az kante = 7 Mm. über die Wölbung der Die Entfernung der Dornen der ftleren Dornenreihe Aussenkante von Spitze zu Spitze nimmt zu und wieder = IT ei ei 15:21:23:? abv0n0..9. 13: 1571 ee ea Die der Nabelkante nimmt zu Von ;3:.D9.::1 : 10212. AW.'= .:2:10: Be dar Die Höhe der grössten Dornen beträgt 4—5 Mm. mit Dornen AW = ?:12% 15: 2002877 Innerer Bau und Schalenstructur. Die zum Theil ab- geriebene Schale zeigt stellenweise auf der rechten Seitenfläche Kammer- wandlinien und Wachsthumslinien, welche in engeren büschelförmigen Gruppen nach der Höhe der Nabeldornen zu convergiren scheinen. Vom Sipho ist nichts zu sehen, da der letzte verbrochene Theil wahrschein- lich schon dem Anfang der Wohnkammer entspricht. Die auf der Convexseite des inneren Theiles des Schlussumgangs blossgelegten Kammerwandlinien stehen weiter auseinander, als diejenigen von N. erux und N. Sebedinus, und zeigen flacher einwärts gerichtete Medianbogen als letzterer. Verwandtschaft. Abgesehen von der Verwandtschaft mit den vorbeschriebenen Formen und besonders mit N. Sebedinus, welche trotz der besonderen Eigenschaften der Form, wie die dreifache Beweh- rung der Seitenwände und die Andeutung einer mittleren Knotenreihe und knotiger Linien auf der Convexseite und trotz der Abweichungen in Nabe- lung, Mündungs-Durchschnitt und Wachsthum der Gehäuseröhre durch- schlagend genug ist, sind Beziehungen hervorzuheben zu dem schon oben eitirten N. occidentalis Swall., welcher gleichfalls eine Medianfurche und mittlere Knotenreihen auf der Convexseite zeigt. Ueberdiess aber ist auch eine nicht unbedeutende Aehnlichkeit in Gestalt und Bewehrung mit einigen der von Mojsisovics be- schriebenen Triasformen, und zwar besonders mit N. Wulfeni (l.s. c. Taf. VII, Fig. 3a, b, c) vorhanden, wiewohl dieser durch die eigen- thümlich liniirte Schalenbeschaffenheit, Wölbung der Convexseite, Weite des Nabels, Abfall der Nabelwand und Mündungs-Durchschnitt viel weiter davon steht, als die carbonischen Formen aus der Gruppe des N. tuberculatus. [25] Beiträge zur Fauna der Bellerophonkalke Südtirols, 295 ? Nautilus sp. Taf. I (Jahrb, V), Fig. 3a, b, c,d. Vorkommen und Erhaltungszustand. Das abgebildete Exemplar ist ein Steinkern aus dem bituminösen Mergelkalk der an DBellerophon-Steinkernen reichen mürben Schicht südlich von St. Martin. Dasselbe erscheint etwas unsymmetrisch, es ist jedoch nicht sicher zu entscheiden, ob diess ursprünglich ist oder von Ver- drückung herrührt. Da ich mir übrigens nachträglich die volle Sicher- heit darüber, ob die feinen Linien, die sich an einzelnen Stellen beob- achten liessen, Kammerwand-Linien sind, durch Anschleifen nicht ver- schaffen konnte, ist die Zustellung zu Nautilus unsicher. Gestalt, Grösse und Verwandtschaft. Die kleine Form ist schmal, mit flach gewölbten Seitenwänden, einfach gewölbter Convex- wand, verhältnissmässig weitem Nabel versehen, und zeigt eine stärkere Wachsthumszunahme nur am Beginn und am Ende des Schlussumganges, und einen Gehäuse-Durchschnitt, der höher als breit ist. Die Haupt- dimensionen sind: Vd= 22, Hd = 16. Im Fall wirklich ein verdrückter Nautilus und nicht der Steinkern eines unsymmetrischen Bellerophon, oder eines Euomphalus vorliegt, könnte man an eine Verwandtschaft mit N. Freieslebeni Gein. denken. Gastropoden. Unter den Gastropoden nehmen die Bellerophonten, nach denen auch der Complex benannt wurde, die wichtigste Stelle ein. Ihr Antheil an der Fauna ist sowohl hinsichtlich ihrer allgemeinen horizontalen und zum Theil auch ihrer verticalen Verbreitung innerhalb des Complexes, als auch hinsichtlich der Häufigkeit einzelner Formen, und der Mannigfaltigkeit und Eigenthümlichkeit der zur Entwicklung gelangten Formenreihen ein hervorragender, die Facies des Complexes speciell charakterisirender. Es wird Gegenstand der weiteren Untersuchung sein, die genauere Stellung zu fixiren, welche verschiedene, allem Anscheine nach mehr local entwickelte Unterfacies, wie die Brachiopoden-Facies des Kreuz- berges und des Ruefenberges, die Bivalven-Facies von Val di Rin und Socosta, innerhalb des Ganzen unter sich, sowie zu der auch im Gestein abweichenden Bivalven-Facies mit Myophorien der gelblichen Dolomitschichten des Trudenthales, welche Gümbel entdeckte, ein- nehmen. Eine besondere Facies mit neuer eigenthümlicher Fauna von paläozoischem Hauptcharakter in der Schichtenfolge zwischen dem unter- triadischen Horizont mit Posidonomya Clarai und dem permischen Grödener-Sandstein repräsentirt der Complex jedenfalls, mag man nun, wie ich selbst, darin eine alpine Vertretung der oberen, hier mit Trias eng verknüpften Abtheilung der Permformation vermuthen oder der Ansicht Gümbel’s den Vorzug geben, dass die ideale Grenze zwischen Permformation und Triasformation abwärts davon in den Complex des Grödener-Sandsteins falle. Von geringerer Bedeutung sind die übrigen Gastropodenformen. Dieselben zeigen zwar theilweise gewisse Aehnlichkeiten mit permischen 296 Dr. G. Stache. [26] oder noch älteren Formen, aber diese sind weder so durchgreifend, noch ist der Erhaltungszustand bei den meisten Exemplaren so genügend, dass darauf ein besonderes Gewicht gelegt werden könnte. Immerhin aber behalten auch hierbei die Beziehungen zu älteren Formen über die Beziehungen zu Triasformen das Uebergewicht. Vertreten sind die Gattungen Natica, Turbonilla, Pleurotomaria, Murchisonia und fraglich auch Straparolus. Bellerophon. Die Gattung Bellerophon ist die den Charakter der Fauna vor- zugsweise beherrschende Form. Man wird, im Fall sich die hier vertretene Anschauung über die Stellung des Complexes als richtig erweist, denselben sehr wohl als Bellerophonfacies der oberen Permfor- mation bezeichnen können. Es ist hier das Beispiel einer Erscheinung im Kleinen gegeben, welche die Rudistenfacies der oberen Ab- theilungen der Karstkreide und bis zu gewissem Grade auch die Num- mulitenfacies des küstenländischen Mittel- und Ober-Eocän zeigt, nämlich das plötzliche Aussterben eines Formenkreises durch locale Ueberpro- duetion und Erschöpfung der innerhalb der localen Verhältnisse mög- lichen, demselben innewohnenden Variationsfähigkeit. Ueberdiess ist das Erscheinen der Bellerophonten in diesen Schichten ein scheinbar ganz unvermitteltes. Der nächste mir bekannte Fundort, das Gebiet von Pontafel im Gailthaler-Gebirge, liegt freilich nicht übertrieben weit von der Zone der Bellerophonkalke, welche durch das Sextenthal nach Comelico streicht; aber es ist ein viel tieferer Horizont, nämlich der Horizont der oberen Abtheilung des Carbon mit Bell, Uri, welcher von dem südtirolischen Bellerophon-Horizont nach abwärts zunächst erscheint. Es liegt die ganze rothliegende Dyas zwischen beiden, und es ist überdiess Bellerophon Urii Flem., der Repräsentant eines ganz beson- deren Formenkreises, welcher bisher unter den zahlreichen Bellerophon- Formen des Tiroler Bellerophonkalkes keinen Vertreter gezeigt hat. Die Bellerophonten sind hier vielmehr theils solche, welche sich dem Formenkreis untercarbonischer Typen, wie Dell. hiulcus Sow., Dumonti d’Orb., tenuifascia Sow. anschliessen, oder selbst mit noch älteren Formen verwandtschaftliche Beziehungen zeigen, theils solche, welche einer neuen eigenthümlichen Entwicklungsreihe angehören. Allen Anzeichen nach wird die Bellerophonten-Fauna dieser paläo- lithischen Grenzschichten Südtirols nach consequenter Untersuchung und Ausbeutung einen noch viel grösseren Formenreichthum ergeben und dazu führen, dass sicherere Resultate über ihren Zusammenhang mit der nächstliegenden Carbonfauna und über die Ursachen ihres plötzlichen Erlöschens in den Grenzbildungen gegen die mesolithische Schichtenreihe gewonnen werden. Die Lösung der angedeuteten Fragen muss in dem Gebiete gesucht werden, welches sich zwischen dem Sextenthal und der Gegend von Pontafel befindet. Hier wird man auch mit der Zeit die Bestätigung oder die Widerlegung der Ansicht finden, welche ich über die Entwicklung der Permformation in diesem östlich von dem grossen Absatzgebiet der mit den Porphyrmassen zu- sammenhängenden rothen Tuff- und Sandsteinfacies der Permformation En [27] Beiträge zur Fauna der Bellerophonkalke Südtirols. 297 gelegenen Gebirgslande ausgesprochen habe. Die Möglichkeit einer mit den obercarbonischen Fusulinenkalken enger zusammenhängenden Ver- tretung der permischen Reihe durch eine vorwiegend kalkig-dolomitische Facies ist gewiss nicht vorweg abzulehnen. Die oben erwähnte, dem tirolischen Bellerophon-Complex eigen- thümliche Bellerophon-Gruppe ist charakterisirt durch unsymmetrisch gebaute Formen. Diese Gruppe ist weder in die Nähe der unsym- metrisch gebauten Gattung Bellerophina d’Orb. zu stellen, noch auch direct an Plewrotomaria anzuschliessen, vbwohl man sie vielleicht als ein erstes Glied einer noch unbekannten, die Gattungen Bellerophon und Pleurotomaria verbindenden Formenreihe bezeichnen könnte. Einen besonderen Gattungsnamen für dieselbe einzuführen, halte ich vorderhand für noch nicht hinreichend gerechtfertigt. Erstens sind Uebergangs- formen da, welche der Gattung Bellerophon noch ausserordentlich nahe stehen, und zweitens konnten die schon stärker abweichenden Formen wegen der geringen Anzahl von Exemplaren, welche. bisher aus dem Gestein gelöst werden konnten, und wegen der nicht vollständigen Er- haltung derselben nicht so vollständig studirt werden, als mir diess für die Aufstellung einer neuen Gattung nothwendig erscheint. Wahrscheinlich hängt das Degeneriren in unsymmetrische Formen mit einer localen Ueberproduction zusammen. Es ist vielleicht eine ähnliche Erscheinung, welche Th. Fuchs bei Melanopsis studirt und als „chaotischen Polymorphismus“ bezeichnet hat. Ausser den in Bezug auf die Asymmetrie gemachten Beobach- tungen konnten bei der verhältnissmässig grossen Anzahl von Stein- kernen auch einige Beobachtungen über das Verhältniss von Steinkern und Schalenexemplar gemacht werden. Es kommen Formen vor, welche äusserlich sehr ähnlich aussehen, aber durch ihren Steinkern zeigen, dass sie innerlich ganz anders gebaut sind und ein abwei- chendes Wachsthums-Verhältniss zeigen. Formen mit ganz umfassendem letzten Umgang und nahezu völlig geschlossenem Nabel sind bezüglich der Aufrollung und Nabelung des Steinkerns sehr verschieden. Einen prägnanten Fall dieser Art bildet der Steinkern von Bell. Ulrici Taf. II, Fig. 4, und die dem- selben in dem Grade der Involubilität und der Enge des Nabels zunächst stehenden Steinkerne (Taf.'II, Fig. 6 u. Fig. 9), welche auffallend von den Steinkernen von Bell. peregrinus Laube (Taf. II, Fig. 5a), und Bell. St. Vigilii (Taf. II, Fig. 2d), durch die starke Involubilität und Enge der Nabelung abweichen, während die Schalenexemplare in dieser Rich- tung ziemlich gleichartig aussehen. Im Ganzen gruppiren sich vorläufig die Bellerophonformen der südtiroler Kalkfacies der obersten Permformation, wie folgt: A. Symmetrische Formen a) mit kielartig erhöhtem Schlitz- b) mit eingetieftem oder verdecktem band carinati Schlitzband sulcat:i. Bell. St. Vigilii (Taf. II, Be 2) Bell. peregrinus Laube (Taf. II, Fig. 5) „ cadoricus (Taf. II, Fig. 8) „ ÜUlrici (Taf. U, Fig. 4) „ Jacobi cf. hiulcus (Tat. III, Fig. 3) „ 5p.? (Taf. II, Fig. 6) 298 Dr. G. Stache. [28] B. Unsymmetrische Formen a) mit kielartig erhöhtem Schlitz- b) mit einfach nicht erhöhtem oder band vertieftem Schlitzband Bell. Sextensis’ (Taf. IL, Fig. 7) Bell. comelicanus (Taf. III, Fig. 6) „ Gümbeli (Taf. III, Fig. 5) „ pseudohelix (Taf. III, Fig. 7) „ fallax (Taf. II, Fig. 9) „ Mojsvari (Taf. II, Fig. 8) „ Janus (Taf. I, Fig. 3) Die Möglichkeit ist allerdings nicht ausgeschlossen, dass es nor- male symmetrische Formen gibt, welche ihren speciellen unsymmetri- schen Formenkreis haben und mit anscheinend weit abliegenden Glie- dern der unsymmetrischen Reihe durch Uebergangsformen verknüpft sind. Es ist aber natürlich, dass in dieser Richtung nur dann mit Erfolg gearbeitet werden kann, wenn das zu Gebote stehende Material gross genug ist, um Steinkerne und Schalenexemplare einer jeden Zwi- schenform herauszufinden. Vielleicht lässt sich mit der Zeit ein Material zusammenbringen, welches einer monographischen Bearbeitung des merkwürdigen, reich entwickelten Formenkreises der Bellerophonten-Familie, deren geolo- gischer Stammbaum in diesem vielverzweigten Hauptast in dem alpinen Verbreitungsbezirk wenigstens seinen Abschluss erlangt haben dürfte, eine hinreichende Basis bietet. A. Symmetrische Formen. a) Mit erhöhtem Schlitzband. Dellerophon Vigilii nov. form. Taf. II (VI), Fig. 2a, b, ce, d. Vorkommen und Erhaltungszustand. Ausser einer kleinen Anzahl von minder gut erhaltenen Exemplaren liegt aus dem dunkel bräunlichgrauen Stinkkalk des St. Vigiler-Waldes im Enne- berg ein Steinkern und der dazu gehörige Hohldruck in der Position vor, dass die davon entnommenen Kittabdrücke ziemlich vollständig die Mündungs-Ansicht dieses Exemplars wiedergeben. Aeussere Gestalt. Das Gehäuse (Röhre bei Sandberger) ist von schwacher Mittelgrösse, eher gestreckt als gedrückt, stark involut, in seinen zwei Umgängen regelmässig an Höhe und Breite (Dicke) zunehmend und zu ziemlich hoher und breiter Mündung erwei- tert; das Schlitzband erscheint durch einen auch auf dem Stein- kern bemerkbaren Kiel angedeutet. Der Steinkern ist ziemlich weit und tief genabelt, denn er lässt noch einen grösseren Theil der inneren Windung sehen. Auf der äusseren Schale (Oberfläche des Kittabdrucks) sind die Nabelgruben durch das Uebergreifen callöser, etwas überschlagener Mündungslappen, wie scheint, ganz verdeckt; die Mündungslappen dürften bei wohlerhaltenen Schalenexemplaren zu einer vollkommenen, den zwischenliegenden Convextheil des Endum- ganges überziehenden dünnen Mündungsschwiele (Bauchschwiele San db.) vereinigt gewesen sein. Der Durchschnitt der Gehäuseröhre, sowie der innere Mündungs-Umriss (Mündungs-Durchschnitt des Steinkerns) ist nicht einfach halbmondförmig, sondern oben von der Kielkante der [29] Beiträge zur Fauna der Bellerophonkalke Südtirols. 299 Convexseite aus mit schwach gebuchteter Linie stumpfwinkelig abgedacht und unten mit mittlerer, ziemlich starker Eintiefung und rundlich ab- gestumpften Mündungswinkeln versehen. Die Schlitzlinie ist auf dem Kiel des Kittabdruckes nicht deutlich sichtbar; im Fall sie tief und nicht bloss durch schwache Einbuchtung angedeutet war, muss der Schlitz sehr eng gewesen sein. Der Nabel- rand des Steinkerns ist abgerundet. Grösse und Wachsthums-Verhältnisse. Die Dimen- sionen des Gehäuses (nach dem Kittabdruck) und des Steinkernes sind folgende: va Hd Mb Mh Ms Vertical- Horizontal - Mündung- Mündungs- en Bam Durchmesser Durchmesser Breite Höhe er dungsrand Gehäuse 7+14=21 16 19 8 15 Steinkern 65 +125=19 15 15 6° e Wachsthum des Steinkernes oder des inneren y:a:B:y:d: Gehäuseraumes in der Dike— DW von 6: 1: 9,.10;13% 15 Schalen-Beschaffenheit. Abgesehen von der Nabelgegend und der callösen Ausbreitung der dieselbe verdeckenden Mündungs- lappen scheint die Schale ziemlich dünn gewesen zu sein. Der Kitt- abdruck zeigt Spuren von sehr feinen Wachsthumslinien. Verwandtschaft. Ziemlich nahe steht die Form dem car- bonischen Bell. tenuifascia Sow., einer der häufigsten Formen von Vise (de Konink, descr. des anim. foss. 1842—1844, Taf. XXVII, Fig. 4a, b, c, p. 347). Der tiefe feine Schlitz der de Konink’schen Abbildung ist allerdings nicht nachweisbar wegen des ungenügenden Erhaltungszustandes; jedoch liegt in der schlankeren, weniger kugeligen Gestalt und besonders in dem weniger gedrückten höheren Umriss des Mündungs- und Gehäuse-Durchschnittes, sowie in dem breiteren, stum- pferen Kiel und den stark callösen Mündungslappen immerhin ein genügender Grund zur vorläufigen Trennung. In gewisser Beziehung erscheint die Tiroler-Form als Zwischenglied zwischen Bell. tenwi- feseia und dem (l. s. c.) daneben abgebildeten Bell. Duchastelii Le- veille (Fig. 6a, b). Bezüglich der allgemeinen Gestalt, der stärkeren Nabel verdeckenden Entwicklung der Mündungslappen und der Höhe der Mündung ist die Verwandtschaft mit Bell. sublaevis Hall (Geol. surv. of Jowa. Vol. I, Part. 2, Taf. 23, Fig. 15a, b, c.) vielleicht eine noch grössere, Diese, aus dem carbonischen „Warsaw limestone“ von Illinois und Indiana stammende Form hat jedoch einen viel schwä- cher ausgeprägten Kiel. Endlich mag noch der Aehnlichkeit in der Gestalt mit Bell. nitens (Eichw. Taf. XLI, Fig. 11) und mit Bell. Sowerbyi d’Orb. (Ferussac et d’Orbigny, Hist. nat. des Cephalop. PI.5, Fig. 21 und 22) gedacht werden. Bellerophon cadoricus nov. form. Taf. II (VI), Fig. 8a, b. c. Vorkommen und Erhaltungszustand. Ein Exemplar mit unvollkommen erhaltener Mündung, und zur Hälfte als Steinkern, zur Hälfte mit Schale erhaltenem Convextheil, aus dem schwarzen Bellero- phonkalk des Kreuzberges. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt. 1877. 27. Band. 3. Heft. (Dr. G. Stache.) 39 300 Dr. G. Stache. [30] Gestalt und Bau. Das kleine Gehäuse ist gestreckt, bedeu- tend höher als breit, deutlich gekielt und mit hohem Mündungs-Umriss versehen. Der hoch und ziemlich steil gewölbte Convextheil der letzten Windung zeigt im Steinkern eine deutliche, dem Kiel entsprechende kantige Zuschärfung und eine schwache Abplattung der Seitenwände, an dem Schalentheile ein verhältnissmässig breites, aber nicht hohes, scharfkantig begrenztes Schlitzband. Unsere Abbildung ist noch etwas zu wenig schlank ausgefallen. Grösse und Wachsthum. vVd Hd Mb Mh 8:5 u ?5 3:5 DW; von. 9:02:18 wir da 28 SA a Schalenstructur. Die verhältnissmässig dicke Schale ist durch scharfe, in schwach abwärts geneigter Bogenlinie gegen den Kiel verlau- fende Wachsthumslinien verziert, welche fast geradlinig über das nie- drige kantige Kielband setzen, und dachziegelförmig übereinander liegen; dieselben sind schärfer, aber weniger zahlreich als bei Bell. Sextensis, und erscheinen in gewissen, scheinbar ziemlich regelmäs- sigen Abständen als etwas breitere, stärker hervortretende Leistchen. Verwandtschaft. In Gestalt, Kielform und Anordnung der Wachsthumsstreifen lässt sich eine grosse Aehnlichkeit mit dem kleinen bei Sandberger abgebildeten Bell. latofasciatus (Rhein. Schichten- system in Nassau, Taf. XXII, Fig. 4a u. b) nicht verkennen. Bei letz- terem sind die Anwachsstreifen nicht so gerad, sondern machen stärker nach abwärts gerichtete kleine Buchten. Auch Bell. nanus Eichw. (Leth. rossica Atlas Taf. XL, Fig. 36) hat bezüglich der Grössen- und Wachsthums-Verhältnisse und der äusseren Gestalt einige Aehnlichkeit. Bellerophon sp. Taf. III (Jahrb, Taf. VII), Fig. 4. Vorkommen und Erhaltung. Eine im Stein erhaltene Auswitterung der Mündungs-Ansicht eines ganz winzigen Exemplars. Im braunen Kieselkalk der Bellerophonschichten ober St. Christina in Gröden. Gestalt und Bau. Eine winzig kleine Form mit verhältniss- mässig hohem, demjenigen von Bell. Vigilii nahestehenden Mündungs- Umriss und allem Anscheine nach gekielt. Grösse. Vd Hd Mb Mh 3 ? 2:3 1 Verwandtschaft. In der Grösse etwa mit Bell. pygmaeus (Eichw. Leth. rossica Taf. XL, Fig. 33), im Umriss jedoch eher dem ebenda (Fig. 34) abgebildeten Bell. siluricus vergleichbar. Bellerophon Jacobi nov. form. cf. hiulcus Sow. Taf. III (Jahrb. VII), Fig. 3a, b. Vorkommen und Erhaltung. Ein Exemplar dieser grossen Form wurde, wenn gleich defect, so doch für Darstellung der allge- meinen Gestalt ausreichend, aus dem Gestein gelöst. Dasselbe stammt von St. Jacob in Gröden aus einem klüftigen braunen Kalkmergel. [31] ' Beiträge zur Fauna der Bellerophonkalke Südtirols. 301 Die krystallinisch lockere Beschaffenheit der Kalkschale erschwert die Erhaltung der oberen Schalenschicht. Dieselbe ist daher nur stellen- weise erhalten, auch fehlt der eigentliche Mündungsrand gänzlich, nur die Ansatzstellen desselben in der Nabelgegend sind erhalten. Gestalt und Bau. Das ziemlich grosse kugelige Gehäuse ist vollständig involut und zeigt kaum eine Spur einer Nabelgrube; es wächst allmählig, und zuletzt ziemlich stark in der Breite, und zeigt eine halbmondförmige breite, aber nicht hohe Mündung. Eine weit nach abwärts reichende, die verdickten Mündungslappen verbindende Mündungsschwiele verdeckt die Schalenoberfläche und das Schlitzband. Grösse und Wachsthum. Vd Hd Mb Mh Ms innere innere 13 mr RE 1 21 BEN VORs y) bein a Breite 0 22 E92 283 Nr Schalen-Beschaffenheit. An den von der Mündungsschwiele unverdeckten Stellen zeigt die Schale ziemlich feine und eng stehende Anwachsleisten, welche mit weiter von einander abstehenden wechseln. Auf der Oberfläche der Schwiele sieht man nur weiter von einander stehende erhöhte Bogenlinien mit breiteren eingetieften Stellen wech- seln. Am unteren Theil der Convexseite ist ein breites, kaum erhöhtes Schlitzband angedeutet. Die Schale ist durchwegs sehr dick. Verwandtschaft. Man könnte die Form fast zu Bell. hiulcus Sow. stellen. Bei näherer Betrachtung erscheint das verschiedene Verhältniss von Gesammthöhe (42 Mm.) und Mündungsbreite (49 Mm.), sowie der stark markirte Kiel, den Bell. hiuleus nach de Konink zeigt (vgl. de Konink, Anim. foss. Taf. XXVII, Fig. 2a, b, c) zu einer Trennung hinreichend. Nahe steht wohl auch Bell. Münsteri d’Orb. (d’Orb. Hist. nat. des Ceph. Pl. 2, Fig. 11—15). b) Mit eingetieftem Schlitzband. Bellerophon peregrinus Laube. Taf. II (VID), Fig. 5a, b, c,.d. Vorkommen und Erhaltung. Unter den ziemlich zahl- reichen, in dem dunklen Stinkkalk und dem gelbgrauen Kalksand- stein von St. Jacob in Gröden eingeschlossenen Bellerophon-Resten fanden sich zwei gute Steinkerne und ein zu dem einen derselben ge- hörender Hohldruck, welche als Grundlage für die Beschreibung ge- eignet sind. Der Kittabdruck des Hohldrucks zeigt eine vollständige Seitenansicht und einen Theil der Mündungs- und der Convex-Ansicht. Beide Steinkerne stammen aus dem dunklen Stinkkalk. Aeussere Gestalt. Das Gehäuse ist von stärkerer Mittelgrösse, kugelig, mit deutlicher Nabelgrube und für die Grösse schwach callösen, aber seitlich und abwärts ausgezogenen, etwas überschlagenen Mundlappen versehen, deren äusserer Rand ein wenig gegen abwärts zu einer den vorderen Nabelrand umgrenzenden und die Nabelgrube nicht ganz be- deckenden dünnen Schwiele verläuft. Ob die Nabelschwielen mitein- ander durch eine so weit abwärts greifende, die vordere Convexfläche überziehende Mündungsschwiele verbunden waren, ist nicht sicherzu- stellen, aber ziemlich wahrscheinlich. Der Querschnitt der Gehäuse- 39* 302 Dr. G. Stache. [32] röhre und der Mündungs-Umriss ist sichelförmig bis halbmondförmig. Die Convexseite (Rückenansicht) ist sehr ähnlich, wie bei Fig. 4 dem Bell. Ulriei. Es würde trotz der grösseren Rückenbreite und der stärkeren Ausbreitung der Flügel dieser letzteren Form kein hinrei- - chender Grund zur Trennnng vorliegen, wenn nicht die Steinkerne einen sehr abweichenden Bau anzeigten. Der sichtbare Theil des Schlitzbandes ist eingetieft zwischen zwei schwach erhöhten Leistchen. Nach den stark abwärts gegen das Schlitzband gezogenen Bogen der Wachsthumslinien war der Schlitz tief, und nach dem Mündungsrand zu erweitert, wie bei den von Laube gegebenen Abbildungen zweier Steinkerne. Die Steinkerne und besonders selbst der grössere, welcher einer etwa ebenso grossen Form entspricht, wie Bell. Ulric: Fig. 4, sind auffallend schlanker, als der zu diesem letzteren gehörende Steinkern; sie sind im Verhältniss zu diesem überdiess stark evolut und weit und tief genabelt, so dass etwa 1'/, innere Umgänge sichtbar bleiben, und zeichnen sich durch eine besonders auf dem inneren Theil des letzten Umgangs deutlich bemerkbare kantige Zuschärfung des Nabel- randes aus. Dieser Charakter findet sich auf dem in der Sammlung der Reichsanstalt befindlichen Original, aber bei Laube selbst weder auf den Abbildungen der beiden Steinkerne, noch in der Beschreibuug der- selben angemerkt. Die Aussenseite der Umgänge ist überdiess stark eonvex, glatt und gleichförmig gerundet, und zeigt höchstens gegen den Mündungsrand zu eine schwache Andeutung einer dem Schlitz- band entsprechenden kielartigen Erhöhung. Die Umgänge nehmen anfangs rasch an Dicke zu, im letzten Theil des Schlussumgangs bis zum Ansatz der flügelförmigen Mündungs-Ausbreitung jedoch nur langsam und wenig. Grösse und Wachsthum. Die Dimensionen, die der Kitt- abdruck und die beiden Steinkerne zeigen, sind folgende: 1. Gehäuse (Kittabdruck): va Ha Mb Mh Ms er a ee — 102 52) 10 21 2. Zugehöriger Steinkern: 85 -+175=26 20 23 9 15 3. Grösserer Steinkern: 9 +19 =28 21 28 10 17 Fig. 5c, d DW von den Punkten y ERTL E au u rl 29 er 3 ih. PER I en ER ER an). EEE ROSE ELLE Beta. Das nei der Nabelgrube nach Va: Hd ist bei 1. etwa 4 zu 3, bei 2) 6 : 5, und bei 3) 75 : 6 Schalen-Beschaffenheit. Soweit aus den Charakteren, die der Hohldruck und sein Verhältniss zum Steinkern zeigt, geschlossen werden kann, ergibt sich in Bezug auf Dicke und Oberfläche der Schale Folgendes: Der Abstand von der Convexseite der inneren gegen die Concavfläche des darüber liegenden äusseren Umgangs sind ziem- lich weit, 2—3 Mm. gegen die Mündung zu, die Schale war daher ziemlich dick, am dicksten in der Nabelgegend, wo sie überdiess von der Callosität der Mündungslappen am meisten verstärkt wurde, so [33] Beiträge zur Fauna der Bellerophonkalke Südtirols. 303 dass von der tiefen Nabelung, die der Steinkern zeigt, nur eine ver- hältnissmässig seichte Nabelgrube auf der Oberfläche übrig bleibt. Die Oberfläche des Kittabdrucks zeigt besonders deutlich im letzten Dritttheil des Schlussumgangs gegen den äusseren Mündungsrand zu ziemlich weit, aber ungleich von einander entfernte stärkere, scharfe Anwachsleisten, zwischen denen sich mehrere (etwa 3—5) schwächere einschieben. Diese Wachsthumslinien verlaufen in aufwärts gerichteten Bogen über die Convexfläche und wenden sich schon in ziemlicher Entfernung von der Schlitzfurche nach abwärts, so dass sie die breite Erweiterung nach oben und den tiefen Einschnitt des Schlitzes nach unten markiren. Verwandtschaft. Eine gewisse Beziehung zu dem im Carbon von Tournay und Vise vorkommenden seltenen Bell. bicorenus Leveille ist nicht zu verkennen, obwohl bedeutsamere Charaktere dieser Form der Tireler Form fehlen; dieselbe ist zwar gleichfalls durch ein ein- getieftes, von erhöhten Leisten begleitetes Schlitzband gekennzeichnet, aber zeigt diess nur in abgeschwächter Form im Vergleich mit den bei Konink (l. s. c.) abgebildeten drei Abänderungen (Taf. XXVI, Fig. 1, Taf. XXVIU, Fig. 1 und Taf. XXVII, 3). In der Grösse, im Bau und in der Form der Mündung steht unsere Form der letzteren der drei Figuren näher, ist wegen der Enge des Schlitzbandes und dem Verlauf der Anwachslinien jedoch davon am entferntesten und nähert sich in erster Richtung mehr der zweiten, und bezüglich der Anwachslinien der ersten Figur. Uebereinstimmend ist die nur wenig verdeckte Form der Nabelgrube. Für das einstige Vorhandensein einer ähnlichen Mündungsschwiele, wie sie Fig. XXVIL, 8 zeigt, spricht der Mangel der Anwachslinien auf der zwischen den Mündungslappen liegenden Fläche des Kittabdrucks. Vergleichungspunkte lassen sich wohl auch zu Bell. hiulcus Sow. finden, aber am wenigsten zu der bei Konink (I, c. Taf. XXVII, Fig. 2, p. 348) gegebenen Beschreibung und Abbildung. Bellerophon Ulrici nov. form. Taf. II (Jahrb. Taf. VI), Fig. 4. Vorkommen und Erhaltung. Ein mit der Mündungsseite noch im Stein haftendes, auf der Convexseite aber zum Theil mit vollständiger Schalen-Oberfläche, zum Theil als Steinkern erhaltenes Exemplar, welches von Mojsisovies sammt anderen Bellerophon- resten aus dem dunklen Stinkkalk von St. Jacob bei St. Ulrich in Gröden mitbrachte. Gestaltund Bau. Daskugelige, stärkere Mittelgrösse erreichende Gehäuse erscheint dickschalig, ungenabelt und gegen den Mündungs- rand stark ausgebreitet. Es zeigt ein schmales, zwischen zwei schwach erhöhten Leistenlinien eingetieftes Schlitzband. Der Steinkern ist breit gewölbt, fast ganz involut mit engschliessendem Nabel; der- selbe zeigt Anlage zu einer Mittelkante und eine Andeutung von zu der- selben parallel laufenden seitlichen, spiralen Kantenlinien. Von diesen ziehen auf der frei liegenden rechten Seite eine Anzahl wellig ge- bogener Linien gegen die Nabelgegend. Leider ist die Erhaltung nicht 304 Dr. G. Stache. [34] scharf genug, um dieses Merkmal als ein wesentliches constatiren zu können. Die Mündung muss sehr breit und verhältnissmässıg niedrig sein. Grösse und Wachsthum. Vd Hd Mb 28 235 32 DW von ya Ba Yankee Iisine 2:9,26 8 Steinkern — ? :?:?: 18 : 22:28 Schalen-Beschaffenheit. Die Schale ist sehr dick (besonders in der Nabelgegend bei 5 Mm., auf der Höhe der Convexseite immer noch 2 bis 2:5 Mm.), die bräunliche Oberfläche ist mit gröberen schwielenartigen und zwischenliegenden feineren Anwachsstreifen ver- ziert, welche in schwach abwärts gerichteten Bogen über die Convex- seite ziehen, sich in der Nähe der Schlitzfurche deutlich abwärts biegen und dadurch einen nicht sehr tiefen, nach aussen erweiterten Schlitz andeuten. Verwandtschaft. In der äusseren Gestalt steht die Form dem Bell. peregrinus sehr nahe, unterscheidet sich jedoch ganz wesent- lich durch den ganz abweichenden engnabeligen Bau des Steinkerns, welcher dem Taf. I, Fig. 6 abgebildeten sehr nahe steht. Zu dem ebenfalls äusserlich ähnlichen Bell. hiulcus Sow. kann sie wegen der verschiedenen Ausbildung des Schlitzbandes nicht gestellt werden, welche wie bei Bell. peregrinus in der Mitte zwischen der bei Bell. bicarenus und bei Bell. canaliferus Goldf. angegebenen steht. (Vergl. Fer. et d’Orb. Hist. nat. des Ceph. Pl. 4, Fig. 7 und 13.) Bellerophon sp. Taf. II (Jahrb. Taf.VI), Fig. 6a, b. Vorkommen und Erhaltung. Ein Steinkern aus der mer- geligen Zwischenschicht der Bellerophonkalke von St. Martin. Gestalt und Bau. Dieser Steinkern zeichnet sich durch seine im Vergleich zu den Verhältnissen der Steinkerne von Bell. peregrinus enge Nabelung, seine breite, flach gewölbte Convexseite und seine weit davon seitlich abstehenden Mündungsflügel aus. Er steht dem Stein- kern von Bell. Ulrici sehr nahe, zeigt aber eine gerundetere Convex- seite ohne Andeutung einer mittleren oder seitlichen Kantenlinie. Grösse und Wachsthum. Vd Hd Mb Mh Ms 28 11 222.27 7 252988 DW: von gi: aut Bisy nd: weilr 13210: SZ B. Unsymmetrische Formen. a) Mit kielartig erhöhtem Schlitzband. bellerophon Sextensis nov. form. Taf. II (VI), Fig. 7a, b, ce, d. Vorkommen und Erhaltungszustand. Ein ziemlich voll- ständig erhaltenes Exemplar mit schwarzbrauner Schale aus dem schwarzen Stinkkalk des Kreuzberges bei Sexten. Aeussere Gestalt. Das Gehäuse ist klein, gekielt, etwas ungleichförmig gebaut, mit. ziemlich stark in Höhe und Breite zuneh- nehmendem, steil convexen, gekielten letzten Umgang, der sich an den Mündungswinkeln zu kleinen, gerad abstehenden zugespitzten, etwas [35] Beiträge zur Fauna der Bellerophonkalke Südtirols. 305 ungleichen Ohren (Mündungslappen) erweitert. Die untere, zwischen dem inneren und äusseren Theil des letzten Umgangs gelegene Partie der Convexfläche ist abgeplattet. Die Abplattung kommt schärfer auf der glatten, dieken, äusseren, als auf der unteren, die charakteristische Streifung und den Kiel deutlich zeigenden Schalenschicht zum Vor- schein, und die hintere Umbugstelle zeigt dabei sogar einen vorsprin- genden kleinen Buckel. Die Mündung ist hoch halbmondförmig mit seitwärts stark ausgezogenen Mündungswinkeln. Unter dem kleineren, von weniger verdickter Schale gebildeten rechten Mündungsohr ist eine kleine Nabelgrube selbst in der Oberschale sichtbar, auf der anderen Seite ist das Ohr grösser und die Schale bedeutend dicker, und eine Nabelgrube nicht mehr sichtbar. Grösse und Wachsthum. Vd Hd Mb Mh Ms 13 95 mitOhren 14 5 äussere 8:10 ohne Ohren LO innere 6:8 Schalen-Beschaffenheit. Das Bemerkenswerthe an der Form ist, dass nicht nur der am Mündungsrand gelegene Theil der das kielartig erhöhte Schlitzband und die Anwachslinien zeigenden Schalenoberfläche, sondern das ganze Gehäuse über die Convexseite hin bis zum äusseren Mündungsrand mit einer glatten, auf dem inneren Theil des letzten Umgangs dicken, auf dem Convextheil dünnen, den Kiel und die Anwachsstreifen zeigenden oberen Schalenschicht bedeckt ist. Es ist jedoch nach Allem nicht leicht, das Exemplar bloss für den inneren Theil einer grösseren, durch eine sehr entwickelte Mün- dungsschwiele ausgezeichneten Form zu halten. Der Schlitz ist auf der inneren Schalenschicht durch ein nicht sehr breites und nicht stark erhöhtes kielartiges Band angedeutet, welches zu beiden Seiten gerundet abfällt und auf der Seite des grösseren Ohres von einer etwas stärker eingetieften Seitenlinie begleitet wird. Die Anwachslinien sind fein, aber scharf, nicht ganz gleichförmig gruppirt. Zwischen weiter von einander abstehenden stärkeren ist eine verschieden grosse Anzahl von zarteren Linien dazwischengeschoben. Dieselben bilden über die Convexseite einen schwach abwärts gegen den Kiel gerichteten Bogen und übersetzen denselben in nur sehr flach abwärts eingebogenen scharfen Leistchen. Verwandtschaft. Bezüglich der allgemeinen Gestalt lässt sich wohl nur eine sehr oberflächliche Beziehung zu Bell. lineatus Goldf. (nach der Fig. XXI, 5a,b in Sandberger’s Rhein. Schichten- syst. in Nassau) herausfinden. Eher noch stimmt im Umriss der devo- nische Bell. tuberculatus Feruss. (Kayserl. Petschoraland 1846, Taf. II, Fig. 5a und 5c) einigermassen überein. Bellerophon Gümbeli nov. form. Taf. III (Jahrb. Taf. VII), Fig. ba, b u. 9b. Vorkommen und Erhaltungszustand. In dem dunklen bräunlichgrauen Stinkkalk bei Bad Bergfall kommen zahlreiche Bellerophon-Durchschnitte vor, deren weisse verkalkte Schalen sich sehr scharf von der dunklen Steinmasse abgrenzen. Unter diesen meist kleinen bis schwach mittelgrossen Formen fallen einige durch 306 Dr. G. Stache. [36] ihren dachförmig zulaufenden gekielten Convextheil und die gerade, weit abstehende und zugespitzte Form der Mündungslappen beson- ders auf. Es gelang, davon ein Stück so herauszupräpariren, dass der die Mündungs-Ansicht repräsentirende Theil des Gehäuses sammt dem Schlussstück der Convexseite frei wurde, während die Rückseite einen etwas schiefen Gehäuse-Durchschnitt mit der Em- bryonal-Windung repräsentirt. Aeussere Gestalt. Das schwach mittelgrosse Gehäuse zeigt drei sehr schnell an Dicke zunehmende, stark convex-concave und um- fassende gekielte Umgänge, welche sich gegen die Mündungswand zu dickschaligen, die Nabelung ganz ausfüllenden, weit und fast gerad abstehenden, etwas rückwärts und mit dem Ende abwärts gebogenen gebogenen und zugespitzten Mundflügeln (Mündungslappen) ausbreiten. Hinter dem rechten Mündungsflügel erscheint eine kleine Nabelgrube. Der äussere Mündungsumriss ist gewölbt, spitzbogenförmig oder helm- artig, der innere Mündungsumriss und Durchschnitt der Umgänge halbmondartig bis sichelförmig. Die äusseren Mundränder sind inner- halb des zweiten Dritttheils ihres Verlaufes vom Kiel zur äusser- sten Spitze der beiden Flügel in stumpfem Winkel gebrochen. Der ober den dadurch entstehenden Ecken befindliche Theil der Mündungsränder ist etwas nach einwärts gerichtet, der untere Ver- lauf zeigt eine Einbuchtung nach rückwärts. Der Verlauf der un- teren Ränder der Mundflügel (oder der seitlichen Theile des inneren Mündungsrandes) ist gleichfalls schwach bogenförmig. Ob dieselben sich zu einer vollkommenen Mündungsschwiele vereinen, ist nicht nach- weisbar. Der Kiel ist auf der Rückseite stark markirt und tritt auch in der Mündungs-Ansicht noch scharf hervor, nur auf dem inneren Umgangs- stück der Mündungsseite ist er kaum mehr sichtbar, was auf Ueber- deckung durch eine Mündungsschwiele schliessen lässt. Zu bemerken ist, dass die Mündung nicht ganz symmetrisch ist, indem der eine Mündungslappen enger an den inneren Umgang gedrückt, der andere frei abstehend ist. Da diess auch an anderen Durchschnitten beobachtet wurde, kann man wohl annehmen, dass es ein constanter, den Ueber- gang zu den unsymmetrisch gewundenen Formen vermittelnder Cha- rakter ist. Grösse und Wachsthum. Die Dimensionen des abgebildeten Exemplars sind: Vd Hd Mb Mh Ms änssere äussere 185 16 20 7 links 17 rechts 15 DW: yon 9:2 8 #8 2.0 ua = is. lie 2 See Schalen-Beschaffenheit. Die Schale erscheint extrem ver- dickt in den die Nabelung verschliessenden Mündungsflügeln ; überdiess ist sie ziemlich stark, besonders in der Kielgegend, dagegen dünn an der Seitenwölbung der Rückseite. Nach dem Kiel verlaufen, dem Spitzbogen des Mündungsumrisses entsprechende, nach rückwärts gerichtete, ziemlich weit von einander abstehende scharfe Wachs- thumslinien. Dieselben machen über den Kiel noch einen seichten, dem Schlitz entsprechenden Ausbug nach rückwärts, und verursachen, wie es scheint, eine Kerbung oder Beschuppung des Kiels. Leider [37] Beiträge zur Fauna der Bellerophonkalke Südtirols. 307 war die ganze Schalenoberfläche nicht sehr rein und gesteinsfrei herzu- stellen. Verwandtschaft. Allenfalls lässt sich eine entfernte Aehnlichkeit mit manchen, zu Bell. lineatus Goldf. gestellten Formen herausfinden (vgl. Sandb., Verst. d. rhein. Schichtensyst. in Nassau, Taf. XXI. Fig. 5a, b, c. und Fer. et d’Orb. Ceph. Pl. 3, Fig. 14—17). Etwas näher bezüglich der allgemeinen Gestalt steht Bell. tuberculatus d’Orb. (vgl. Kayserling, Petschora-Land, Atlas Taf. II, Fig. 5). Nahe steht die Form jedenfalls der vorbeschriebenen; doch unterscheidet sie sich durch den schärferen Kiel die Mündungsform und die Anord- nung der Wachsthumsstreifung. Bellerophon fallax St. nov. form. Taf. II (Jahrb. Taf. VI), Fig. 9. Vorkommen und Erhaltung. Ein Steinkern mit wenigen, noch mit Schale bekleideten Stellen aus dem dunklen Kalkstein von St. Jacob in Gröden. Gestalt und Bau. Das Gehäuse ist etwa von der Grösse des Bell. Vigilii, unterscheidet sich davon jedoch wesentlich durch den stark involuten, etwas unsymmetrischen Bau des Steinkerns. Der letzte, hoch convexe Umgang nimmt gegen die Mündung ziemlich stark an Höhe und Breite zu. Die Mündung ist verhältnissmässig hoch und zeigt sehr stark nach abwärts gezogene Mundwinkel, welche von etwas verdickten und nach rückwärts überschlagenen äusseren Mundrändern umgeben sind, von denen der rechte die enge Nabelung ganz verdeckt, während der linke die weitere Nabelgrube der linken Seite selbst bei vollständigen Schalen-Exemplaren nicht ganz verdecken dürfte. Es scheint ein enger, tiefer Schlitz vorhanden zu sein, welcher sich an der Mündung stark verbreitert, wie bei Bell. peregrinus. Ueberdiess ist die Andeutung eines schwachen Kiels vorhanden. Grösse und Wachsthum. Vd Hd Mb Mh Ms äussere 184.,:.13, 0510 7 14 Schalenstructur. Nach den vorhandenen Resten der Schale war die Form verhältnissmässig dünnschalig und nur in der Nabel- gegend etwas stärker verdickt. Verwandtschaft. Die Form steht dem Bell. peregrinus äusserlich nahe, unterscheidet sich davon jedoch durch den mit Fig. 6 sehr ähnlichen Steinkern und die relativ bedeutendere Höhe der Mündung. Bellerophon Janus n. form. Taf. II (Jahrb. Taf.: VI), Fig. 3a, b. Vorkommen und Erhaltung. Ein guter Steinkern aus der mergeligen Zwischenschicht mit Archaeocidaris von St. Martin. Gestalt und Bau. Die mittelgrosse Form schliesst sich in gewisser Richtung an die tief und weit geschlitzten Exemplare von Bell. peregrinus an, wie sie Laube abbildet; aber dieselbe ist deut- lich gekielt und sehr unsymmetrisch ausgebildet. Die Mündung ist nach links schief gestellt; der rechte Mundrand also vorspringend, der Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt. 1877. 27. Band. 3, Heft. (Dr. @. Stache.) 40 308 Dr. G. Stache. [38] linke zurückstehend. Der Steinkern lässt auf beiden Seiten Nabel- gruben, wie Fig. 6 und Fig, 9, aber keine innere Windung sehen, die Nabelgrube der rechten Seite ist im Verhältniss zu derjenigen der linken Seite sichtlich weiter nach oben und vorn gerückt. i rechts links Grösse und Wachsthum. Vd Hd Mb Mh Ms Ms 23:5,.:20.:16%,108 Sl ESEE DW: von.% : a vB: v9: 8 2.955712: JSG Verwandtschaft. Der Steinkern gehört jedenfalls einem dem im Folgenden beschriebenen Bell. pseudohelix ganz nahe stehenden srösseren Gliede der unsymmetrischen Reihe an und müsste damit vereinigt werden, wenn nicht doch der tiefe Schlitz und die kielför- mige Erhöhung in der Fortsetzung desselben, sowie die etwas abwei- chende Form des Mündungsumrisses bis zur Auffindung von zugehörigen vollständigen Schalen-Exemplaren eine Trennung gerathener machten. b) Mit eingetieftem oder verdecktem Schlitzband. Bellerophon comelicanus nov. form. Taf. III (Jahrb. Taf. VII), Fig. 6. Vorkommen und Erhaltung. Das abgebildete Exemplar stammt aus dem schwarzen Bellerophonkalke auf der Südseite des Kreuzberges. Die Vorderseite ist ziemlich vollständig, die Convex- seite zeigt die innere Windung als Steinkern und die dicke, krystal- linisch verkalkte Beschaffenheit der Schale. Gestalt und Bau. Das mittelgrosse dickschalige Gehäuse besteht aus 2—3 vollständig umfassenden, aber nicht ganz in einer Ebene eingerollten Umgängen. Der letzte hochgewölbte Umgang nimmt in der inneren Hälfte mässig, und erst in der äusseren Hälfte stärker an Höhe und Breite zu und verdeckt mit seiner dieken Schale die Nabelgegend so vollständig, dass äusserlich beiderseits kaum mehr eine schwache Andeutung einer Nabelgrube sichtbar bleibt. Die Mündungs- öffnung ist spitzbogig gewölbt, beiderseits von einem stark verdickten, nach rückwärts überschlagenen Mündungswulst umgeben. Derselbe ist in der Gegend der Mundwinkel am stärksten und scheint sich am Gipfel abzuschwächen. Die Mündung steht nach links schief, indem der rechte Mündungswulst (-lappen) stärker entwickelt und mehr nach abwärts und vorn ausgezogen ist, während der schwächere linke etwas mehr nach hinten und aufwärts gerückt erscheint. Die unsymmetrische Form wird überdiess durch den etwas schiefen Verlauf der Schlitzband- linie und die ungleichartige Ausbildung der rechten und linken, hinter dem Wulst stärker eingetieften Wand der Convexseite markirt. Sowohl die Schale als der Steinkern zeigen hier Verschiedenheiten. Jedoch ist leider davon keine klare, vollständige Beschreibung möglich, weil weder ein ganzer Steinkern, noch ein ganzes Schalen-Exemplar zur Ver- fügung steht. Hervorzuheben ist nur, dass die rechte Seite dünnscha- liger ist und nach einer in einem einspringenden Winkel verlaufenden Linie in zwei verschieden gewölbte Abschnitte zerfällt. Ueberdiess verläuft auf dem Steinkern rechtseitig eine stark vertiefte Linie, die [39] Beiträge zur Fauna der Bellerophonkalke Südtirols. 309 einer inneren Leiste der Schale entsprechen muss; und auf der linken Seite gegen die Höhe der Wölbung nach vorn zu eine scharfe Kante, welcher eine Eintiefung auf der inneren Schale entsprechen muss. Grösse und Wachsthum: Vd Hd Mb Mh Ms äussere äussere äussere 28: 28 20.2.1 2204418 innere ınnere ınnere 14 9419:18 en ne one N: 11:5 2135 17.2.1920 Schalenstructur. Eine feine Mündungsschwiele verbindet die Mundwülste und überzieht zum mindesten den ganzen vorderen Theil der Schale. Die feinen Anwachsstreifen stehen eng und sind in der Nabelgegend durch etwas breitere vertiefte Furchen in schwach wellige ungleiche Partieen getrennt. Auf der Vorderseite sieht man, wo die Schwielenschicht abgesprungen ist, auf der Umgangsfläche den nach einwärts gerichteten, schwach gebogenen Verlauf und auf der Höhe derselben den Umbug der Wachsthumslinien, welcher dem Schlitz entspricht. Verwandtschaft. Mit Ausnahme des vorbeschriebenen Steinkerns und mehr noch der nächstfolgenden Formen ist bisher wenig Vergleich- bares bekannt; immerhin mag wegen der verdickten Mundränder und der unsymmetrischen Gestalt Bell. Dumonti d’Orb. (d’Orb. Hist. nat. des Ceph. Pl. 2, Fig. 16 und 17) genannt werden. Bellerophon pseudohelix nov. form. Taf. III (Jahrb. Taf. VII), Fig. 7a, b, c, d. Vorkommen und Erhaltung. Das abgebildete Exemplar stammt, wie das vorbeschriebene, aus den schwarzen Kalken der Süd- seite des Kreuzberges. Es ist ein fast vollkommen erhaltenes Schalen-Exemplar, bei welchem nur der linke Mundrand abgebro- chen ist. Gestalt und Bau. Das ziemlich kleine, fast einer verkehrt gewundenen Helix mit eingedrückter Spirale vergleichbare Gehäuse zeigt die unsymmetrische Ausbildung unter allen hier beschriebenen Formen am auffallendsten. Der letzte Umgang ist vollständig um- fassend, im letzten Theil stärker, im Ganzen aber allmählig und un- gleich nach rechts und links an Höhe und Breite zunehmend; er endigt mit einer auf den inneren Convextheil nach rechts schief gestellten, von einem überschlagenen ungleichen Mündungswulst umgebenen Mün- dung mit fast viereckigem inneren Umriss. In der That ist die Form von einer Ungleichseitigkeit mit ganz besonderen Widersprüchen. Wenn man das Exemplar in der Mündungs-Ansicht nach der Höhenlinie der Wölbung des inneren Theils des letzten Umgangs stellt, so fällt die schwach eingetiefte Schlitzbandlinie damit ziemlich genau zusammen, aber die Mittellinie der Convexseite und der Gipfelwinkel der Mün- dung fällt nach rechts aus der Ebene des Vertikal-Durchschnittes heraus. Die rechte Seitenwand ist im Allgemeinen flacher und um die Nabelgegend etwas eingetieft, ohne eine deutlicher markirte Nabel- grube erkennen zu lassen, im ganzen Umkreis um diese ziemlich cen- trale Eintiefung gleichförmig, jedoch schwach gegen die Mündung zu 40* 310 Dr. G. Stache. [40] stark convex aufgewölbt, der vorspringenden Bogenlinie des rechten Mundrandes entsprechend. Die linke Seitenwand ist ganz abweichend davon. Sie ist gegen die Mitte zu stark aufgewölbt durch die starke Verdickung der Schale um die Nabelgegend, und zeigt unter und hinter dem verdickten Mündungslappen deutlich gegen vorn und unten aus der Mitte gerückt eine deutliche sichelförmige Nabelfurche. Der dieser Seite entsprechende Mundrand setzt sich ziemlich weit oben in der Nähe der Schlitzlinie an den inneren Theil des Umgangs an und zieht sich bis in die Nabelfurche hinein. Der innere Mundwinkel dieser Seite steht daher deutlich höher, als derjenige der rechten Seite. Die Convexseite ist steil gewölbt, bildet jedoch erst im Schlusstheil gegen den Mündungsgipfel zu eine Art stumpfer Mittelkante. Grösse und Wachsthums-Verhältnisse., Vd Ha Mb Mh rechtsMs links Ms äussere: 22 17°5 15 6°5 14 16 rechts 89:5 innere: links 115 +6 9 5 85 6°5 Entfernung des rechten und linken inneren Mündungsrandes von der durch den Mündungsgipfel gelegten Vertical-Ebene 5 und 3°. DW won.y. le: By 0 er 6:85:10 119, Ta Schalen-Beschaffenheit. Die dieken wulstigen Mundränder sind durch eine verhältnissmässig starke, weit hinabreichende Mün- dungsschwiele verbunden, welche die Anwachsstreifung und die Schlitz- linie verdecken. Unter der Schwiele kommen sehr feine Anwachslinien und ein zartes, schwach eingetieftes Schlitzband zum Vorschein. Die Anwachslinien bilden über die Schalenfläche hin einen schwachen Bogen und wenden sich erst in der Nähe des Bandes steil einwärts, so dass dadurch ein enger, nicht sehr tiefer Schlitz angedeutet wird. Verwandtschaft. Die nächste Verwandtschaft hat die Form mit der nächstfolgenden. Von der vorhergehenden ist sie durch die schiefe vierseitige Form der Mündung, die ungleichartigere Ausbildung der beiden Seitenwände, der Nabelspuren und der Mundränder, sowie durch den Mangel des zweitheiligen Baues der rechten Seitenwand aus- gezeichnet. Bellerophon Mojsvari nov. form. Taf. III (Jahrb. Taf. VII), Fig. 3a, b. Vorkommen und Erhaltung. Ein Exemplar aus dem schwarzen Bellerophonkalke der Südseite des Kreuzberges mit ziemlich voll- ständig erhaltener Mündungsseite und vorwiegend als Steinkern bloss- liegender Convexseite. Gestalt und Bau. Das kleine kugelige Gehäuse ist sehr dick- schalig, wächst in Höhe langsam, in Breite nur im Schlusstheil des letzten Umgangs stärker bis zur breiten niedrigen, schief nach rechts gedrehten Mündung. Die rechte regelmässigere Wandung ist flacher gewölbt und zeigt ziemlich in der Mitte eine kleine Nabelgrube und [41] Beiträge zur Fauna der Bellerophonkalke Südtirols. 311 eine vom inneren Mundwinkel ausgehende, gegen den Nabel umge- bogene Spiralkante. Die linke Wandung ist hoch gewölbt und noch stärker in der Nabelgegend verdickt; ein kleiner, die Nabelgegend mar- kirender Spalt liegt etwas höher als die Nabelgrube der andern Seite, scheint jedoch durch Ausbreitung der Mündungsschwiele bei vollständig erhaltenen Exemplaren fast ganz verdeckt zu sein. Die breite, aber ziemlich niedrige Mündung ist etwa sichelförmig und durch eine ziem- lich weit rechts vonder Wölbungs-Mittellinie des inneren, stark gebauchten Umgangstheiles liegende schlitzartige Einbuchtung in zwei ungleiche Abschnitte getheilt. Der rechte Abschnitt des Mundrandes ist im unteren Theil stark nach innen callös verdickt, aber nicht nach aussen über- schlagen, und bildet nach aussen einen Bogen, der oben scharf umbiegt und den fast horizontal gegen den Einschnitt verlaufenden, weniger verdickten oberen Theil bildet; der linke Abschnitt des Mundrandes erscheint als flacher, gegen die Nabelgegend zu enger, an den inneren Umgangstheil gedrückter Bogen, der nach der Form der Abgrenzung des Steinkerns im Convextheil und dem erhaltenen verdickten Theil am Mündungswinkel zu schliessen, nach rückwärts überschlagen war und unten zu einem Mündungslappen ausgebildet ist. Der rechte Theil des Mundrandes begrenzt die höhere offenere, der linke Theil die ver- schmälerte, in einen spitzen inneren Mundwinkel auslaufende Seite der Mündungs-Oeffnung. Der auf der Convexseite freiliegende Steinkern zeigt die mittlere Wölbungslinie auf der linken Seite der Schlitzfalte des Mundrandes. Auf dieser Seite sind auch einige zart eingetiefte Spirallinien auf dem glatten Steinkern bemerkbar. Grösse und Wachsthum. Va Ha Mb Mh rechts Ms links Ms äussere innere äussere innere äussere innere #05 19.327169, ,. 10.0..45 11 6 14 105 Punsch. en Be wenn. 9515.18 155:16° Schalenstructur. Die Schale zeigt eine starke, die Mund- ränder und den inneren Theil des Schlussumgangs bis mindestens zur Höhe der Nabelgegend verdeckende Mündungsschwiele. Die Ober- fläche der Schale selbst zeigt äusserst feine dichte Anwachslinien. Der Theil der Convexfläche, welche das Schlitzband zeigen soll, ist nur im Steinkern erhalten. Vorn ist dasselbe theils wegen der Callosität, theils wegen der mangelhaften Erhaltung nicht sichtbar. Verwandtschaft. Mit der vorbeschriebenen Form ist die Ver- wandtschaft sehr deutlich, doch sind durch die breite kugelige Gestalt, die niedere breitgezogene Mündung, den durch eine Schlitzfalte deut- lich getheilten Mundrand, die kurze Spiralkante am inneren Mund- winkel der rechten Seitenwand, sowie die nach innen verdickte nicht wulstig nach aussen überschlagene Form des rechten Mundrandes hinreichende Unterscheidungsmerkmale gegeben. Weit untergeordneter bezüglich der Häufigkeit des Vorkommens und der Wichtigkeit für den Charakter der ganzen Fauna haben sich bisher die folgenden Gastropoden-Geschlechter erwiesen. 312 Dr. G. Stache. [42] ? Pleurotomaria sp. Taf. I (Jahrb. Taf. IV), Fig. 9a, b. Vorkommen und Erhaltungszustand. Ein Bruchstück, den grössten Theil der Schlusswindung darstellend, mit dunkler, bituminös verkalkter Schale, welche ziemlich deutlich die lineare Ver- zierung zeigt, ist erhalten. Dasselbe stammt aus der schwarzen mürben Bellerophonschicht südlich von St. Martin. Aeussere Gestalt und Verzierung. Aus der Form des Bruch- stückes lässt sich schliessen, dass das ganze kleine Gehäuse verhältniss- mässig niedrig, stumpf kegelförmig war und nur wenige Umgänge hatte. Der Umgang ist nach aussen durch zwei nahe aneinander tre- tende, gleichsam zu einer wulstigen Kante sich vereinigende Längs- kiele (scharfe Leistenlinien) in zwei Theile getheilt, einen oberen, gegen die Suturlinie zu aufgewölbten, etwas flacheren, und einen un- teren, die Nabelgegend umgebenden, stark gewölbten Theil. Der untere Theil zeigt 5—6 Kiellinien, welche vom Nabelabfall zur Läneswulst an Schärfe zunehmen und in etwas breiteren Zwischenräumen auf einander folgen. Der obere Theil verflacht sich nur im Schlusstheil des Um- gangs ein wenig, im älteren Theil ist er so stark gewölbt, wie der untere, er ist durch ein stärker eingetieftes Band gegen den Längs- wulst etwas schärfer abgesetzt, als der untere Theil, und zeigt ausser einer feinen Kiellinie innerhalb dieser Grenzfurche noch drei Kiellinien, bis zur Sutur zwei scharfe und eine zwischenliegende zartere. Die Mündung selbst ist nicht sichtbar, der Durchschnitt der Gehäuseröhre, abgesehen von dem kantigen Vorsprung, kreisförmig bis queroval. Die Anwachslinien sind nur an einzelnen Stellen etwas sichtbar; es ist daher nicht mit Sicherheit zu constatiren, wie das Schlitzband verlief. Es ist jedoch sehr wahrscheinlich, dass dasselbe ähnlich, wie bei Pleuro- tomaria evexieosta Sandb., schmal ist und innerhalb der die Längswulst bildenden Kiele liegt. Grösse: Durchmesser des Bruchstücks =5 + 3 = 13 Mm. Wachsthum der Höhe des Gehäuse-Durchschnittes von 45 Mm. auf 75 Mm. Verwandtschaft. Die Beziehungen zu dem permischen T’wrbo Thomsonianus King, welche ich bei der vorläufigen Mittheilung über die Fauna anmerkte, erwiesen sich nach besserer Präparirung und Untersuchung als bedeutungslos. Die Zugehörigkeit zu Pleurotomaria ist viel wahrscheinlicher, und in diesem Falle ist die Aehnlichkeit immerhin erwähnenswerth, welche sich mit Pl. evexicosta Sandb. aus der Gruppe der Pl. decussata (Stringocephalenkalk von Villmar und Paffrath) herausfinden lässt. Murchisonia tramontana n. form. Taf. III (Jahrb. Taf. V]), Fig. 10a, b. Vorkommen und Erhaltung. Ein Steinkern, der der ganzen Länge nach zur Hälfte in dem Gestein sitzt und den Gehäuse-Durch- schnitt zeigt, zur Hälfte frei abgesprungen ist, und die Form der Win- [43] Beiträge zur Fauna der Bellerophonkalke Südtirols. 313 dungen auf der einen, den entsprechenden Durchsehnitt auf der andern Seite sehen lässt. Das Exemplar stammt aus dem schwarzen Bellero- phonkalk der Südseite des Kreuzberges. Gestalt und Bau. Das schlank und spitz thurmförmige Spiral- gehäuse zeigt 12—14, scharf durch tiefe Suturlinien abgesonderte Um- sänge. Die ersten Umgänge nehmen allmählig, die letzten zwei bis drei, und besonders der letzte etwas auffallender an Höhe und Breite zu; dieselben sind ziemlich hoch und etwas kantig gewölbt, sie zeigen unter der Wölbungshöhenlinie eine schwache bandförmige Eintiefung auf dem Steinkern; auf der convexen Spindelfläche des letzten Umgangs sind einige feine Spirallinien bemerkbar. Der Mündungs-Durchschnitt ist höher als breit, gerundet oder schwach zugespitzt oval, die Mün- dungsränder sind nicht sichtbar. Auf dem letzten Umgang, welcher etwas schärfer die mittlere kantenartige Zuschärfung der Wölbung zeigt, als die früheren Umgänge, ist eine Andeutung der Schlitzlinien vorhanden. Grösse und Wachsthum. Höhe des ganzen Gehäuses 31, Höhe des letzten Umgangs 6, Breite 10. Verwandtschaft. Im ganzen Aufbau des Gewindes und durch die feine Streifung steht die Form der seltenen carbonischen Murchi- sonia striatula de Kon. von Vise (de Kon. Anim. foss. 1842—1844, Taf. XL, Fig. 7a, b, p. 415) so nahe, dass man sie vielleicht zu- sammenstellen könnte, wenn die Erhaltung der Schale vollkommen wäre, so dass man auch über die gleichartige Anordnung der Spiral- linien Sicherheit hätte. Als Unterschied kann man nur die etwas ge- ringere Anzahl der Umgänge bei gleicher Höhe und die Andeutung der kantigen Ausbildung der Wölbungshöhe bei den letzten Umgängen aufführen. Turbonilla (Chemnitzia) montis crucis nov. form. Taf. I (Jahrb. Taf. IV), Fig. 5a, b, c. Vorkommen und Erhaltungszustand. Ein Schalencomplex mit 9 Umgängen, aber defecter Schlusswindung und Spitze aus dem grauen feinkrystallinischen Brachiopoden-Kalkstein des Kreuzberges. Gestalt und Schalenverzierung. Das kleine, spitz thurm- förmige Gehäuse besteht aus 10—12 regelmässig anwachsenden Um- gängen, welche flach bis schwach convex erscheinen, aber durch wenig geneigte, scharf eingeschnittene Suturlinie von einander getrennt sind. Ausser durch äusserst feine Anwachsstreifen erscheint die Schale durch nicht sehr weit von einander abstehende, und nicht besonders gleich- förmig ausgebildete, wenig scharf hervortretende, gradeverdickte Streifen oder Rippchen verziert. Die Dimensionen des Bruchstückes: 10 Mm. Höhe, 3 Mm. Breite. Verwandtschaft. Obwohl nach Beschreibung und Abbildung eine gewisse Verwandtschaft mit Turb. Roessleri Gein. (Dyas Taf. XI, Fig. 9u.10, p. 47), und vielleicht noch mehr mit den fraglich damit vereinigten Formen Loxomena Swedenborgiana King (Perm. foss. p. 210), 314 Dr. G. Stache. [44] und Loxomena rugifera (Bull. Soc. geol. de France 1844, I, p. 35) nicht zu verkennen ist, unterscheidet sich unsere Form doch davon genügend durch die abgeflachte Form der Umgänge, die schlan- kere Gestalt und die zartere Berippung. Mehr Vergleichungspunkte bietet scheinbar Chemnitzia Dunkeri Klipst. sp. aus den Schichten von St. Cassian (Klipst. östl. Alpen, Taf. XII, Fig. 23, p. 189, und Laube, Fauna d. Schicht. von St. Cassian, Taf. XXIII, Fig. 16, p. 54). Die grössere Cassianer Form hat jedoch ein anderes Verhältniss der Dicke oder Breite zur Höhe, wenig eingeschnittene Nähte und etwas bogig gekrümmte Anwachsstreifen. Die ebenfalls dem äusseren Ein- druck nach sehr ähnliche St. Cassianer Chemnitzia turritellaris Münst. sp., welche schärfere Nahtlinien zeigt, wie die Form vom Kreuzberg, zeigt ein ganz anderes Wachsthums-Verhältniss, da nur 7 Umgänge auf 115 Mm. Höhe kommen, hat also merklich höhere Umgänge, als diese. ? Turbonilla. sp. Das nur als Steinkern erhaltene Fragment, welches eine Form repräsentirt, die mehrfach in dem schwarzen Kalk des Kreuzberges in einzelnen Bruchstücken vorzukommen scheint, unterscheidet sich von der vorgenannten durch die gewölbteren, in gestreckterer Spirale auf- gebauten Umgänge, welche demnach mit stärker geneigten, schiefen Suturen aneinander grenzen. Das 8:5 Mm. hohe und 2°8 Mm. dicke Fragment repräsentirt 5 Umgänge. Catinella nov. gen. Nach Catinus Klein 1753. Nebenform von Sigaretus Lamk. Die mir von Güm bel freundlichst zugestellte Form, welche derselbe (Geognost. Durchf. Bayerns. Rede i.d. öffentl. Sitz. d. k. Ak. d. Wiss. 28. März 1877. Anm. Seite 60) zu Janthina stellte und mit der Bezeichnung Janth. depressa versah, kann, wie ich mich, nach Ver- gleichung der im zoologischen Hofcabinet und in der Privatsammlung meines geehrten Freundes Prof. M. Neumayr vorhandenen Janthinen überzeugte, nicht als Janthina festgehalten werden. Schon der Ver- gleich mit der Beschreibung und den Abbildungen, die Chenu (Manuel de Conch. I, p. 118) von Janth. communis Lam. und Janth. exigua Lam. gibt, spricht nicht für diese Vereinigung. Auch in der Charakteristik der Janthina von Moerch (Journ. de Conch. 1860. 2 Ser. Form. IV. Materiaux pour servir & l’histoire de la famille des Janthines p. 270) konnte kein Anhaltspunkt dafür gefunden werden. Die schöne Janthina (Jodina) capreolata, welche Moerch (I. e. Taf. II. Fig. 4) abbildet und auch die fossile, wahrscheinlich carbonische Janthina issodon Vern. (Russia Taf. XXIIL Fig. 5) von Gerichhof im Altai, welche Moerch für eine Pleurotomaria hält, zeigen Hauptmerkmale, welche unserer Form fehlen. Ob Moerch im Recht ist, wenn er das fossile Vor- kommen von Janthina überhaupt bezweifelt und Janth. issodon de Vern. zu Pleurotomaria stellt, ist ohne Untersuchung des Originals nicht zu entscheiden. Jedenfalls steht die in der „Russia“ abgebildete Form F new » [45] Beiträge zur Fauna der Bellerophonkalke Südtirols. 315 einer echten Janthina näher, als die von Gümbel aufgefundene Form des Bellerophonkalkes; denn dieser letzteren mangeln zwei Haupt- charaktere von Janthina gänzlich. Erstens fehlt der bei allen Janthinen deutlich sichtbare, der oft fast kantigen Wölbungshöhe der Umgänge folgende geknickte Verlauf der Wachsthumslinien, welcher zuweilen sogar als eine schwache Furche wie ein Schlitzband markirt erscheint und zweitens ist auch von der geraden, verlängerten, den inneren etwas nach aussen überschlagenen Mündungsrand bildenden Form der Spindel, wie sie alle Janthinen zeigen, nichts zu bemerken. Ueberdiess kommt auch eine so starke Einwicklung der Jugendwindungen durch den letz- ten Umgang und eine so niedergedrückte Form der Spirale, wie sie das neue entweder zwischen Catinus (Sigaretus) und Natica oder bei Narica zu placirende Untergeschlecht zeigt, selbst bei den niedrig- sten Janthina-Formen nicht vor. Die Nerita ähnliche allgemeine Ge- stalt des Gehäuses, verbunden mit der für Catinus und Sigaretus charakteristischen welligen Spiralsculptur der Oberschale (vgl. Taf. III, Fig. 11 ce. d.) und einer zwischen derjenigen von Natica und Catinus stehenden Mundform dürften es rechtfertigen, dass die neue Form des Bellerophonkalkes weder direct bei Natica noch bei Catinus unter- gebracht wurde, zumal auch die Möglichkeit eines Anschlusses an die Velutiniden und selbst an die Familie der Neritopsiden vorliegt. Catinella depressa Gümb. sp. Vorkommen und Erhaltung: Ein einziges mit schwarzer Oberschale fast vollständig erhaltenes Schalenexemplar von St. Martin. Gestalt und Bau. Das aus zwei bis drei Umgängen bestehende Gehäuse hat von oben (Spiralseite) und von rückwärts (Convexseite) grosse Aehnlichkeit mit einer Nerita. Der in Breite und Höhe stark zunehmende letzte Umgang ist so stark umfassend, dass die in sehr flacher Spirale aufgerollte Jugendwindung nur als schwache Erhöhung sichtbar wird. Die Spiralfläche des Gehäuses zeigt in der Jugendwin- dung und im ersten Theil des letzten Umgangs eine schwach con- vexe Form, im zweiten Drittheil ist sie bereits flacher und plattet sich zuletzt noch stärker ab, so dass der Umbug in die Anfangs stärker, gegen die Mündung zu aber schwächer gewölbte Rückfläche immer prägnanter hervortritt und am Mündungsrand sich einem rechten Winkel nähert. Das Spindelende und der entsprechende untere Theil des inneren Mundrandes sind stark gegen den äusseren Mund- rand gebogen und bilden mit demselben einen nach abwärts gerich- teten, fast ausgussartigen unteren Mundwinkel. Ob der weite Nabel- winkel durch eine Callosität des inneren Mündungsrandes mehr oder weniger verdeckt war, ist nicht zu entscheiden ; dieselbe konnte nicht stark gewesen sein. Die Andeutung einer Nabelfurche ist vor- handen. \ Grösse und Wachsthum: Höhe 16, Breite 18, Mündungs- Durchmesser vom oberen zum unteren Mundwinkel 16, vom inneren zum äusseren Mundrand (Nabelwinkel zum Wölbungswinkel) 11. Die Zunahme des letzten Umgangs in der Dicke steigt von 4 auf 11 Mm., in der Höhe von 6 auf 14 Mm. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt. 1877. 27. Band. 3. Heft (Dr. G. Stache.) 41 316 Dr. G. Stache. [46] Schalenbeschaffenheit: Die Schale ist gegen den äusseren Mündungsrand zu sehr dünn, gegen einwärts merklich dicker. Die kalkige innere Schalenschicht ist von einer dunklen, glänzenden, äusseren Schalenschicht überzogen, welche stellenweise abgesprungen ist und von Salzsäure nicht leicht angegriffen wird. Dieselbe zeigt ziemlich engstehende zarte, hin und wieder mit etwas stärker markir- ten wechselnde Wachsthumslinien, und äusserst feine dicht gedrängte undulirte Spirallinien. Diese Schalensculptur ist derjenigen der unter Sigaretus vereinigten Untergattungen analog. Zwar zeigen die verschie- - denen Formen dieser Sippe meist etwas gröbere, für das freie Auge schon erkennbare undulirte Spirallinien, aber einerseits sind es auch grössere Formen wie die vorliegende, und andererseits gibt es unter denselben auch solche, welche in der Feinheit der Spiralsculptur unserer Form schon sehr nahe stehen, wie Catinus haliodoidea L. und Catinus zonalis Quoy. Verwandtschaft: Die Beziehungen zu den lebenden Unter- gattungen von Sigaretus und Natica sind wohl mannigfach aber nicht durchschlagend genug, um eine directe Vereinigung mit der einen oder der anderen zu rechtfertigen. Unter den fossilen Natica-Formen, unter denen ja so vielerlei sich befindet, was nur als provisorisch unter- gebracht betrachtet werden muss, gibt es nur wenige Formen, die eine beachtenswerthe äussere Aehnlichkeit zeigen. Die Verwandtschaft mit der bei Laube abgebildeten Natica Dehayesi Klipst., welche Gümbel (l. ec. pag. 60) hervorhebt, kommt in der Abplattung der oberen die Spirale markirenden Wandfläche des letzten Umgangs, im Gesammt- umriss und zum Theil auch im Mündungsumriss zum Ausdruck. Die Form des Bellerophonkalkes hat jedoch neben der abweichenden Schalenseulptur auch eine andere Stellung und Ausbildung der Spindel und des inneren Mundrandes, als die Cassianer Form. Letztere könnte nach Form der Spindel und des inneren Mundrandes viel eher zur Janthina gestellt werden, als jene; aber auch hier fehlt die charak- teristische Knickung der Anwachslinien. Natica Dehayesi zeigt zwar auch Spirallinien, aber dieselben sind einfach eingetiefte, ziemlich weit von einander abstehende nicht undulirte Linien, wie sie auch bei anderen Natica-Formen vorkommen. Von Natica maculosa 2 Klipst. (F. v. Hauer, Foss. d. Venet. Alpen 1850, Tafel IV, 16a, b), welche Gümbel gleichfalls (l. c.) er- wähnt, unterscheidet sich die Form, abgesehen von der Grösse und Schalenbeschaffenheit, auch durch den ganz verschiedenen Mündungs- umriss. Die Aehnlichkeit besteht hier nur in der gedrückten, über den letzten Umgang wenig hervorragenden Form der Jugendwindung und der starken Zunahme des letzten Umgangs. In dieser oberflächlichen Verwandtschaft stehen sehr verschiedene Formen, beispielsweise auch die grosse carbonische bei Koninck (l. ec. Pl. XLII, Fig. 2) abgehil- dete Nerita ampliata Phil. Natica comelicana n. f. Taf. III (Jahrb. VII), Fig. 12a, b, e,d. Vorkommen und Erhaltung. Das aus dem Bellerophonkalk der Südseite des Kreuzberges stammende Schalenexemplar ist ziem- lich vollständig erhalten. [47] Beiträge zur Fauna der Bellerophonkalke Südtirols. 317 Gestalt und Bau. Das kleine niedrige Gehäuse zeigt zwei Umgänge, von welchen der letzte so stark anwächst und umfassend ist, dass der Jugendumgang sich nur als schwaches stumpfwinklig zuge- spitztes Knöpfchen über der gerundeten Convexwölbung desselben erhebt. Die Mündung ist sehr weit, fast wie bei Sigaretus seitwärts hinausgezogen. Der äussere Mundrand ist scharf und verläuft in fast parabolischem Bogen, der innere Mündungsrand dürfte von einer die kleinen Nabelspalte verhüllenden Schwiele gebildet gewesen sein und er- scheint mit der Fortsetzung der Spindel gegen den Aussenrand umge- bogen und etwas nach vorne gedreht. Der Mündungsumriss erhält dadurch eine abgerundet vierseitige Form. Schalen beschaffenheit: Die Schale ist im Verhältniss zur Grösse dick und zeigt unter der Lupe ziemlich regelmässige feine Wachs- thumslinien und äusserst feine nicht undulirte Spirallinien (Fig. 12d). Grösse und Wachsthum. Höhe 65 — Kleiner Durchmesser oder Dicke 6, grosser Durchmesser oder Breite 9 Mm. Mündungs- durchmesser 6°5 : 5°5. . „Verwandtschaft. Bezüglich ‚der allgemeinen sigaretusähnlichen Gestalt und Mündungsform steht die kleine Form dem vorbeschriebenen neuen Genus sehr nahe. Abgesehen von der verschiedenen Schalen- sculptur liegt jedoch schon in der convexeren nicht abgeplatteten Form des Gehäuses und in dem verschiedenen Verhältnisse der Mündungsdurch- messer ein: bemerkbarer Unterschied. Natica cadorica n. f. cf. neritina Münst. Taf.I (Jahrb. Taf. V), Fig. 6 a, b, c und Fig. 8. Vorkommen und Erhaltung. Ein Schalenexemplar vom Kreuzberg und eine kleinere Form im Gestein von 8. Martin. Gestalt und Bau. Das sehr kleine kuglig convexe Gehäuse zeigt 2—3 Umgänge, von welchen der innere als flach zugespitztes Knöpfchen nur wenig über den stark gewölbten äusseren Umgang her- vorragt. Die Mündung ist etwa eiförmig, der äussere Mundrand ist etwas verdickt, etwa halbkreisförmig, der innere scheint gebildet aus einer schwachen, einen kleinen Nabel nicht ganz verdeckenden Callosität. Die Suturlinie ist ziemlich scharf markirt. Grösse und Wachsthum. Höhe 45 — Dicke 4 — Biıreite 5 Mm. Mündungsdurchmesser 4: 2:6. (Bei dem grösseren Exemplar.) Schalenbeschaffenheit: Die ziemlich dicke Schale zeigt scharfe, nicht sehr enge Wachsthumslinien aber keine Spirallinien. Verwandtschaft. Von der vorbeschriebenen Form weicht diese deutlich genug, abgesehen von der geringeren Grösse durch die mehr kuglige Form, die schmälere Form und geradere Stellung der Mündung und den Mangel von Spirallinien ab. Eine sehr nahestehende Form in Grösse und Gestalt ist die noch etwas kugliger gebaute Natica neritina Münst. (Vergl. Laube St. Cas- sian Tafel XXI. Fig. 7.) Nach Laube’s Beschreibung ist das innere Gewinde der Cassianer Form noch stärker verdeckt, als bei unserer 41* 318 Dr. @. Stache. [48] Form; überdiess zeigt letztere weder die abgeplattete Form der Mund- seite noch die Verdiekung des äusseren und die breite Callosität des inneren Mundrandes, welche für Nat. neritina hervorgehoben wird. Natica pusiuncula n. f. Taf. I. (Jahrb. Taf. V) Fig. 7a, b, e. Vorkommen und Erhaltung. Drei gut erhaltene Exemplare von der im Bellerophonkalke von St. Martin nicht seltenen Form liegen vor. Gestalt und Bau. Das winzig kleine Gehäuse zeigt 3 bis 4 Umgänge, von denen der letzte stark gewölbt ist und an Höhe den kegelförmig zugespitzten, aus den übrigen gebildeten, durch eine scharfe Suturfurche getrennten Aufsatz um das Vierfache übertrifft. Der Mün- dungsumriss ist länglich eiförmig; der äussere Mundrand scharf, der innere schwach callös überschlagen, den deutlichen Nabel nicht ganz verdeckend. Grösse. Höhe und Breite ziemlich gleich 1'5 bis 2 Mm., Dicke etwas geringer 1 bis 15 Mm. Schalenbeschaffenheit. Die schwarze glänzende Schale ist verhältnissmässig dick und erscheint selbst unter der Lupe glatt. Verwandtschaft. Im allgemeinen Bau und Umriss zeigt die viel grössere Natica variata Phil. aus dem Kohlenkalk von Bolland in Yorkshire viel Aehnlichkeit. Nachtragsbemerkungen. 1. Die speciellere Erläuterung zu den Taf. 1. Fig. 11—17 abgebildeten, an die von King zu Archaeocidaris Vernewiliana gestell- ten Stacheln (Perm-Form. Taf. VI. Fig. 24) zunächst anschliessenden Stachelbruch- stücken folgt am Schluss des nächsten Beitrages. 2. Bezüglich des Nautilus Hoernesin. f. ist zu bemerken (S.18), dass unter den Citaten über Nautilus tuberculatus die Angabe der Abbildungen aus d’Orbigny (Paläontologie universelle 1845) fehlen. Keine dieser Abbildungen steht jedoch unserer Form näher als das in der „Russia“ abgebildete Exemplar. 3. Zur näheren ÖOrientirung üher die neue Gattung Catinella kann ich schliesslich die Beziehungen zu derselben zu der Gattung Vanikoro Cloy und Gai- mard 1832 (syn. mit Narica Hecluz 1841) auf Grund der Vergleichung mit zwei in der Sammlung des k. k. zoologischen Hofmuseums aufbewahrten Formen hervor- heben, auf welche Hr. Custos Prof. Dr. Brauer mich aufmerksam machte. Die eine dieser Formen (Vanik. Deshayesiana Recl. sp. von Mauritius) hat bei grösserer Aehnlichkeit im Bau des Gehäuses und in der Mündungsform eine etwas weniger gleichförmige, aber doch sehr ähnliche zarte Spiralriefung; die zweite Form (Vani- koro sp. von Amboina) zeigt eine mit der von Catinella noch näher übereinstim- mende feine Schalensculptur, aber ein stärkeres Hervortreten der Jugendwindungen. Adams, der die zuerst in der „Voyage de l’Astrolabe“ aufgestellte Gattung zum Repräsentanten einer Familie erhebt, erwähnt, dass die zugehörigen Formen zum Theile irrthümlich zu Sigaretus gestellt wurden, dass sie sich nicht durch die Schale, sondern nur durch das Tbier von den Velutiniden unterscheiden und in seichten Gewässern leben. Die Zweckmässigkeit der besonderen Benennung unserer fossilen Form ist unter diesen Umständen ebenso ersichtlich als die Schwierigkeit, dieselbe definitiv in eine der genannten Gattungen einzureihen. Die Gegend von Nizniow und das Thal der Ziota Lipa in Ostgalizien. Eine geognostische Skizze von Dr. Alois v. Alth. Schon seit Lill?) ist es bekannt, dass die im östlichen Galizien von Norden her dem Dniester zuströmenden Flüsse in ihrem mittleren und unteren Laufe eine Reihe von älteren Gesteinen entblösst haben, aus immer vorherrschend rother Sandsteinbildung und einer darunter liegenden Kalk- und Schieferformation bestehend, welche Lill und nach dessen Vorgange auch Pusch?), als alten rothen Sandstein (gres rouge intermediaire Lill), und als Orthoceratitenkalk (calcaire & orthoceres Lill) bezeichneten und der früher sogenannten Uebergangs- formation beizählten. Spätere Untersuchungen haben gezeigt, dass diese Bildungen der devonischen und oberen Silurformation beizu- zählen sind, und ich habe es erst kürzlich versucht), nicht nur eine geognostische Charakterisirung derselben zu geben, sondern auch mit der Beschreibung der darin sich vorfindenden Petrefakten den Anfang gemacht. In dem östlichsten der galizischen Thäler, dem die Grenze mit Russland bildenden Zbruczthale, wie auch in dem nächstfolgenden, dem Nieclawa, erscheint nur die Silurbildung, in dem Seredthale tritt in dessen oberem Theile von Mikulince an bis oberhalb Czortkow nur der rothe Sandstein, von da herab bis zur Mündung dagegen treten die silurischen Kalke und Schiefer auf. Weiter nach Westen sehen wir im Thale des Dzuryn bis fast zu dessen Mündung, d. i. bis unterhalb 1) Lill de Lilienbach, description du bassin de la Galicie et de la Podolie in: Memoires de la societe geologique de France. Tome I., Memoire N. IV. 2) Geognostische Beschreibung von Polen und der übrigen Nord-Karpathen- länder 1863.- 1. Band. ®) Ueber die paläozoischen Gebilde Podoliens und deren Versteinerungen. 1. Abth. In den Abhandlungen der k. k. geologischen Reichsanstalt. Band VI. Heft Nr. 1. 1874, 320 Dr. A. v. Alth. [2] Czerwonogrod, nur den devonischen Sandstein, und erst bei dem un- mittelbar an der Mündung dieses Flüsschens gelegenen Städtchen Uscieezko treten die obersten Lagen der $Silurformation in Verbindung mit den rothen Schiefern des Oldred auf, während in den noch weiter westlich gelegenen Thälern der Strypa, des Barysz und des Koropiec nur der alte rothe Sandstein als das tiefste Gebilde erscheint und bei Nizniow am Dniester zwischen den Mündungen des Koropiec und der Ziota Lipa auch dieser nicht mehr sichtbar ist. Desto mehr muss es auffallen, dass Lill in seiner oben ange- führten Abhandlung erwähnt'), dass eine kleine Partie dieser seiner Uebergangsgebilde auch in dem Thale der Ziota Lipa zwischen Zawalow und Baranow sichtbar sei, dass dort insbesondere der alte rothe Sand- stein deutlich auftrete, und auch einige Anzeichen der Nachbarschaft des Orthoceratitenkalkes vorhanden seien. Lill bemerkt weiter ?), dass im Thale der Ziota Lipa, bei Zawadoioka, der alte rothe Sandstein mit einem bituminösen Orthoceratitenkalke wechsellagere, und sodann’), dass in diesem Thale zwischen Zalunyn und Konowa eine dichte und mergelige Varietät des Uebergangskalkes zugleich mit dem Stinkkalk entblösst sei, welcher letztere bei Zalunyn auf einer mergelig-kalkigen Breccie mit Bruchstücken des Stinksteins aufliege. Unter dieser Breccie soll nach Lill wieder Kalkstein ohne Fos- silien sichtbar sein, und bei Markowa soll dieser Stinkkalk mit Schichten in Berührung kommen, die dem Grünsand ähnlich seien; bei Zawa- döwka hingegen soll ein röthlicher Stinkkalk mit Zwischenlagen eines glimmerreichen rothen Sandsteins Felsen bilden, und das Ganze auf einem Orthoceratitenkalke aufruhen, welcher dem von Husiatyn ähnlich sei; endlich erwähnt Lill, dass auch bei Korcowa derselbe Stinkkalk vorkomme. Diese für die Verbreitung jener paläozoischen Gebilde Podoliens höchst interessanten Andeutungen veranlassten mich, da es mir damals nicht möglich war, jene Gegenden selbst zu besuchen, den Hrn. Gym- nasial-Professor Komnicki in Stanislau zu ersuchen, bei seinen in jene Gegenden zu unternehmenden zoologischen Exceursionen auch die geologischen Verhältnisse zu berücksichtigen und Gesteinsproben von den angeführten Localitäten an die physiographische Commission der k. k. Akademie der Wissenschaften zu Krakau einzusenden. Hr. Lom- nicki hat diesem Ansuchen bereitwilligst entsprochen und, obwohl nicht Fachmann, ausser Gesteinsproben auch kleine Durchschnitte jener Gegenden eingeschickt, daher seine dort gesammelten geognostischen Beobachtungen im VIII. Bande des Jahresberichtes der physiographi- schen Commission veröffentlicht wurden. Alles dieses bestärkte mich in meinem Entschlusse, jene Gegenden selbst zu besuchen, welchen Entschluss ich in den Sommern 1875 und 1376 ausführte. Diese Reisen haben zwar das Vorkommen der Silur- formation in jenem Thale nicht bestätigt, wohl aber das Auftreten des devonischen rothen Sandsteins constatirt, und nebstdem einige Zwischen- glieder zwischen diesem und den Schichten der Kreideformation erkennen 1,2. Pp: 9% 12.0997: alrc:3p..99: [3] Die Gegend von NiZniow etc. 391 lassen, also jedenfalls sehr interessante Resultate zu Tage gefördert, welche ich hiemit der k. k. geologischen Reichsanstalt vorzulegen mir erlaube, indem ich die Beobachtungen, welche ich in jenem Thale zu machen Gelegenheit hatte, kurz beschreibe, I. Geognostischer Theil. Ich begann meine Untersuchungen mit Nizniow, einem etwa eine halbe Meile unterhalb der Mündung der Zivota Lipa am rechten Dniester- ufer gelegenen Städtchen. Auf dem Wege von Stanislau über Tysmie- nica nach Nizniow hat man erst von Oleszöw, eigentlich Oleszowa an, Gelegenheit, geognostische Beobachtungen zu machen, da hier die Strasse in das tief eingeschnittene Thal des Tlumaczer Baches eintritt, welcher hier seine nördliche Richtung in eine nordöstliche und öst- liche verändert und bei Nizniöw in den Dniester mündet. Gleich in Oleszowa zeigt das rechte Thalgehänge bedeutende Ent- blössungen; an dem hier am Anfange des Dorfes befindlichen Kalkofen besteht der grösste Theil des Gehänges aus weisser Kreide mit Knollen von schwarzem Feuerstein und sehr seltenen Versteinerungen. Trotz des angelegentlichsten Suchens konnte ich nichts anderes finden, als eine kleine, dünnschalige bucklige, nicht gefaltete Auster, Bruchstücke von Inoceramen und kleine dünne Fischschuppen. Nur die Bruchstücke von Inoceramen, an der fasrigen Structur der Schale und dem verdick- ten, mit einer Reihe von Grübchen versehenen Schlossrande kenntlich, finden sich ziemlich häufig, und scheinen zwei Arten anzugehören, einer grossen nicht sehr gewölbten, deren concentrische Runzeln bis 15 Mm. von einander abstehen, welche sehr an Inoceramus Cuvieri Sow. erin- nert, und einer kleineren mit schärferen, mehr genäherten Runzeln. Eine nähere Bestimmung dieser Bruchstücke war mir jedoch unmöglich. Die Kreide ist sehr stark senkrecht zerklüftet, die Klüfte sind einander sehr genähert und parallel, so dass sie wie Schichtungsflächen aus- sehen, doch halten sie nicht an. Die obersten Lagen der Kreide werden gelblich, merglig und nehmen eine Menge kleiner schwärzlicher Punkte auf, führen jedoch dieselben Inoceramen wie die weisse harte Kreide. Unmittelbar über der Kreide liegt Gyps, 5—6 Klafter mächtig, in der Hauptmasse aus dichtem Alabaster bestehend und nicht ge- schichtet; erst nach oben treten horizontale, 1—2 Fuss dicke Schichten auf, welche abwechselnd dicht und krystallinisch sind; die letzteren aus grossen fächerförmigen Krystallgruppen gebildet. Auf dem Gypse liegt ein gelblichgrauer, dichter und sehr fester Kalkstein, welcher an der Stelle über dem Kalkofen, wo er ansteht, keine Versteinerungen führt; jedoch fanden sich in einem anderen Wasserrisse desselben Gehänges unter Kreideblöcken auch Blöcke eines ganz gleichen, gelblichgrauen dichten Kalksteines, der seltene und undeutliche Fischreste führt und zugleich voll ziemlich grosser birnförmiger Höhlungen ist, die von Bohrmuscheln herrühren und ihrerseits mit einem dunkelgrauen festen, sehr feinkörnigen Sandstein ausgefüllt sind, den ich nicht anstehend sah. Gerade über dem Kalkofen ist der über dem Gypse liegende Kalkstein stellenweise dünn geschichtet, voll kleiner dunkelgrauer 329 Dr. A. v. Alth. [4] Fleckchen, deren Menge die gelbe Grundmasse fast überwiegt, und dessen Klüfte mit winzigen unbestimmbaren Kryställchen ausgekleidet sind. Auch dieser Kalkstein löst sich leicht in Salzsäure mit Zurück- lassung eines thonigen Restes. Ueber diesem Kalkstein folgt sodann Löss, einige Klafter mächtig, mit ziemlich zahlreichen Mergelknollen von verschiedener Grösse. Die weiter hinab im Thale sich wiederholenden kleinen Ent- blössungen konnte ich, da es bereits dunkel wurde, nicht untersuchen; von Weitem gesehen, scheinen sie auch der Kreide anzugehören; das- jenige jedoch, was ich am nächsten Tage am anderen Dniesterufer gegenüber von Nizniow sah, überzeugte mich von dem Vorhandensein noch weit älterer Bildungen und veranlasste eine genauere Unter- suchung auch des rechten Thalgehänges im Jahre 1876 '). Am linken Dniesterufer befinden sich nämlich gleich hinter der Brücke am steilen Gehänge Steinbrüche, worin folgende Schichtenfolge entblösst ist. Es herrscht hier ein dichter harter, lichtrauchgrauer Kalkstein mit splittrigem Bruche, manchem Krakauer Muschelkalk sehr ähnlich. Wie dort sind auch hier manche Schichten breccienartig, in- dem Brocken dieses rauchgrauen Kalksteines in einer lichteren Kalk- steinmasse liegen; wie dort, liegen auch hier zwischen den Kalkstein- schichten Lagen eines gelblichgrauen, rostgelb gefleckten, ziemlich festen Mergelschiefers. Mit diesem Kalkstein, welcher ein- bis mehrere Fuss dicke Lagen bildet, wechseln einige zoll- bis fussdicke Lagen eines gleichen Kalksteins, welcher jedoch ausser den Brocken des dunkleren auch wirkliche Gerölle eines schwarzgrauen dichten Kalksteines führt; ebenso liegen zwischen diesen Kalksteinschichten Nester eines licht- grauen fetten Thones, welche ebenfalls jene Gerölle enthalten. Deutliche Versteinerungen konnte ich nicht entdecken, doch finden sich stellen- weise Häufchen von kleinen, ungefähr 1 Mm. langen und sehr schmalen fadenförmigen, rostgelb ausgekleideten Höhlungen, die auf einen organi- schen Ursprung deuten, jedoch selbst unter dem Mikroskope sich nicht näher bestimmen lassen. Die Lagerung erscheint, in unmittelbarer Nähe untersucht, als horizontal, nur von einiger Entfernung aus erkennt man eine schwache Neigung nach NW. Verfolgt man diesen Abhang in westlicher Richtung bis dorthin, wo die Strasse nach Monasterzyska das Dniesterthal verlässt, so sieht man bald eine kleinere Entblössung derselben Kalksteinschichten, welche je- doch hier 20—30°nachN. fallen und auch in diesem Nebenthale selbst noch eine kleine Strecke sichtbar sind, bis der Wald Alles verdeckt. Bleibt man aber im Dniesterthale und verfolgt diese Abhänge bis zur Mündung der Zlota Lipa, so kömmt man bald wieder auf eine grosse Entblössung im Walde. Hier liegt zu unterst derselbe dichte lichtgraue Kalkstein, wie an der Nizniower Brücke, nach oben jedoch mehr gelblichgrau werdend; in einer geringen Höhe von der Thalsohle ') Eine solche Untersuchung hat über mein Ansuchen Herr Prof. Lomnicki aus Stanislau während der Osterferien vorgenommen und mir seine Beobachtungen brieflich mitgetheilt, wie auch die Belegstücke hiezu eingesendet. Was er mir mit- theilte, bewog mich, diese Gegend im Herbste 1876 wiederholt zu besuchen; die Resultate beider dieser Besuche lasse ich weiter unten folgen. [5] Die Gegend von Nizniow etc. 323 trifft man auf eine Schicht dieses Kalksteines, welche unten dicht und fest, nach oben lichter und lockerer wird, so dass sie manchmal wie erdig aussieht. Unter der Loupe und noch besser unter dem Mikro- skope bemerkt man, dass dieser Theil der Schicht aus kleinen krystalli- nischen Kalktheilchen besteht, die nur locker mit einander verbunden sind, so dass sich überall winzige Hohlräume dazwischen finden. In dieser krystallinischen Masse liegen kleine, theils runde, theils ovale, theils eylindrische Körner eines festeren Kalkes, höchst wahrscheinlich organischer Abstammung. Diese Körner bedingen fast eine oolithische Structur des Gesteins, welche besonders an angewitterten Flächen sichtbar wird, da die Körner der Verwitterung besser widerstehen, als die umgebende Gesteinsmasse. In dieser Schichte finden sich, obwohl ziemlich selten, grössere deutlich organische Reste. Am häufigsten erscheinen kleine, kreisrunde Scheiben, deren runde Mitte aus der gewöhnlichen Kalkmasse besteht und manchmal vertieft ist, somit einen Hohlraum andeutet, welchen ein aus strahlenförmig auseinanderlaufenden röhrenförmigen Zellen bestehen- der Ring umgibt, und welche, wie diess im zweiten Theile dieser Ab- handlung nachgewiesen wird, die grösste Analogie mit Durchschnitten des unter dem Namen Cylindrum annulatum Eck (Nullipora, später Diplopora annulata Schaft, Dactylopora annulata Reuss, Gyroporella Gümb.) bekannten, für die Kalke und Dolomite der Trias-Formation bezeichnenden Fossils zeigen, daher ich auch diesen Kalkstein der Trias-Formation anreihen zu müssen glaube, besonders da auch die übrigen in derselben Schichte aufgefundenen spärlichen Versteinungen und die Lagerungs-Verhältnisse einer solchen Annahme nicht wider- sprechen, welche durch die im Jahre 1876 vorgenommene Untersuchung des rechten Dniesterufers zur Gewissheit erhoben wurde '). Hinter der eben erwähnten Entblössung wendet sich das Gehänge immer mehr nach Norden und tritt näher an den Fluss. Bevor man noch an die Mündung der Zlota Lipa kömmt, sieht man zu beiden Seiten eines kurzen Wasserrisses wieder eine Entblössung. Auch hier liegt zu unterst bis auf einige Klafter über der Thalsohle, jedoch nicht mehr so hoch hinaufreichend, wie auf der vorhin erwähnten Stelle, der oben beschriebene lichtgelblichgraue Triaskalk, nach oben weiss und fast erdig werdend, aber ohne Versteinerungen. | Darauf liest eine 6—8 Zoll dicke Lage eines grünen lockeren Conglomerates, dessen Hauptmasse aus einem grünen Sandstein be- steht, worin sehr zahlreiche abgerundete Brocken von schwarzem Horn- stein stecken. Ueber diesem Conglomerate folgt, sechs Fuss mächtig, ein loser, grobkörniger, meist gelblicher Sand, auf diesem wieder eine ungefähr sechs Fuss mächtige Lage eines grünen lockeren Sandsteins 1) Nach den von den Geologen der galizischen Section Bergrath Paul und Dr. Lenz in diesem Jahre bei Ni2niow und Bukowna vorgenommenen Untersuchun- gen und den von dort mitgebrachten paläontologischen Funden könnten die er- wähnten Schichten auch für ältere Kreide- oder Jura-Ablagerungen gehalten werden; conf. den Reisebericht von Dr. Lenz in Nr. 14 der-Verhandl. der k. k. geolog. Reichsanstalt. (D. Red.) Jahrbuch d.k.k.geol. Reichsanstalt. 1877.27.Band. 3. Heft. (A. v. Alth.) 42 394 Dr. A. v. Alth. [6] mit kleinen Brocken von schwarzem Hornstein, dann mit Schalen von Exogyra conica d’Orb. und kleinen Fischzähnen. Ueber diesem Sandsteine liegt grauer harter Mergelkalk, eben- falls mit schwarzen Hornsteinbrocken, 3—4 Klafter mächtig, dann weissliche harte Kreide, zwei Klafter mächtig, und zu oberst bräun- liches Diluvialgerölle, dem alten Dniesterbette angehörig. Am Eingange des Thales der Ziota Lipa stehen am linken Thal- gehänge hohe schroffe Felsen, die ein deutliches Bild der geognostischen Formationen dieser Gegend darstellen. Aus einer bis zur halben Höhe des ganzen Gehänges reichenden Schutthalde, welche aus scharfkantigen Stücken, theils von lichtgrauem Kalksteine, theils von weisser Kreide besteht, treten die obersten Lagen der dolomitischen Kalke hervor, ebenfalls gelblichgrau, nach unten fester, nach oben dagegen sieht man eine dünne Lage ganz weichen, fast schiefrigen Dolomites, hier jedoch voll Höhlungen, die mit mehligem Dolomit ausgefüllt sind, ein offen- barer Beweis, dass die Oberfläche des Dolomites durch sehr lange Zeit ohne Meeresbedeckung freilag. Und wirklich folgt unmittelbar darauf die Kreide-Formation, sehr scharf von den Dolomiten getrennt. Zu unterst liegt hier ein grüner chloritischer, gegen den Dolomit zu ocker- gelb gefärbter Sand, mit schwarzen Hornsteinbrocken, Exogyren und Fischzähnen, manchmal zu einem weichen Sandsteine verkittet, und darüber ein mauerförmiger Felsenabsatz, aus grauem festen Mergelkalk mit kleinen schwarzen Hornsteinbröckchen bestehend; beide diese Schichten gehören dem Cenoman an. Hierauf folgt nach einem mit Rasen und Gestrüpp bedeckten Zwischenraume die zweite höhere Felsenstufe, aus deutlich horizontal geschichteter und senkrecht zer- klüfteter weisser Kreide mit Knollen von Feuerstein bestehend, auf welcher Diluvialgerölle liegt. Das Thal der Zlota Lipa ist hier breit, das linke Gehänge ist steil, von zahlreichen Wasserrissen durchschnitten, die dieselbe geogno- stische Zusammensetzung zeigen. Ich untersuchte diese Wasserrisse des linken Thalgehänges zwar nicht selbst, jedoch hatte Prof. Lomnicki dieselben schon im Jahre 1873 besucht und Gesteinsproben aus dem Theile des Gehänges zwischen den Dörfern Lipa und Bobrowniki nach Krakau eingesendet, wonach dieses Gehänge zu unterst aus dem gelb- lichen dichten Triaskalk besteht, worauf gelblichgrauer lockerer Ceno- man-Sandstein, darauf lichtgrauer fester Mergelkalk mit Hornsteinbröck- chen, unten sandsteinartig, und über diesem weisse Kreide folgt. Dagegen bildet das rechte Gehänge eine zum Dniester abfallende bewaldete Höhe zwischen den Dörfchen Lipa und Nowosiolka, ganz aus einer mächtigen Ablagerung von Löss bestehend, unter welchem erst weiter nördlich, in den tiefen gegen das Dorf Ladzkie herabziehenden Wasserrissen weisse Kreide mit Feuersteinen sichtbar wird. Von älteren Schichten, selbst von Cenoman, ist in Ladzkie nichts mehr zu sehen, dagegen treten hier über der das Liegende bildenden weissen Kreide zum erstenmale deutliche tertiäre Schichten auf. Im Dorfe selbst nahe am Wirthshause finden sich am linken Lipa- ufer steile Gehänge, an denen die weisse Kreide mit Feuersteinen bis fast auf die Höhe hinaufreicht. Sie ist stark senkrecht zerklüftet, so dass man manchmal geneigt ist, dies für Schichtung anzusehen; an [7] Die Gegend von Nizniow etc. 325 anderen Stellen sieht man jedoch deutlich, dass die Schichten horizontal liegen und nur von zahlreichen senkrechten Klüften durchschnitten werden. Auch die Feuersteine liegen manchmal lagenweise vertheilt, und diese Lagen sind horizontal. Auch hier ist die Kreide sehr arm an Versteinerungen, doch fand ich einige Scyphien-Bruchstücke, auf flach tellerförmige Exemplare mit elliptischen Oeffnungen deutend, und zwei verschiedenen, jedoch nicht näher bestimmbaren Arten angehörig, dann Reste eines Inoceramus und eine ziemlich grosse platte Terebratel, diese jedoch nur in Durchschnitten. Unmittelbar über der Kreide liegt hier eine klafterdicke Lage eines etwas schiefrigen, durch zahlreiche Glauconitpunkte grünlich ge- färbten und mergeligen Sandsteines, der manchmal blos einen sandigen Mergel bildet, und nach seinen Versteinerungen der Miocänperiode und zwar den Kaiserwaldschichten der Gegend von Lemberg angehört. Er führt nämlich Steinkerne von Isocardia cor. Lam., von Mactra, Tellina, Cardium oder Lima und nur mit Bruchstücken der Schale erhaltene 3—4 Pectenarten, von denen eine ganz glatt und flach ist, und wahr- scheinlich dem P. denudatus Reuss. aus dem Salzthon von Wieliezka entspricht; eine zweite, ebenfalls flache Art trägt 6—7 flache und breite, auf der Oberfläche fein längsgetreifte Falten, und gehört viel- leicht zu P. septemradiatus Mill., eine dritte ist kleiner, mit ungefähr 12 durch Einsetzung sich vermehrenden Falten, vielleicht zu P. Malvinae Dubois gehörend, alle sind jedoch wegen ihres schlechten Erhaltungs- zustandes nicht genauer bestimmbar. Endlich enthält dieser Sandstein Terebratula grandis mit wohlerhaltener Schale, auch fand ich darin ein Täfelchen von Cidaris,' ein Bruchstück eines kleinen Echinitenstachels und verschiedene Foraminiferen. Ueber diesem Sandsteine liegt eine wenige Fuss dicke Lage eines gelbgrünen fetten Lettens ohne Versteinerungen, und zuletzt Diluvial- sehotter, einige Klafter mächtig, in manchen Lagen zu einem groben, wenig festen Conglomerat verkittet, dessen Bindemittel ein gelblicher Sandstein bildet; nach oben ist der Schotter mit gelbem Lehm gemischt. Ich verliess das Lipathal in Ladzkie; um die Gegend von Korösciatyn zwischen Nizniow und Monastereyska zu untersuchen, von wo ich erst in Karasiejöw wieder in das Lipathal zurückkehrte. Von Ladzkie gegen Norden bis Niskolyzy und Zadaröw wird das Thal breiter, die Gehänge flacher und in den Wasserrissen ist nach Lomnricki blos die weisse Kreide zu sehen. In dem zur Zlota Lipa parallel laufenden Thale von Korosciatyn, in welchem die Chaussee von Nizniöw nach Monasterzyska führt, sieht man zwischen Dobromysl und Korosciatyn nur Lehm und an dem Ein- gange der Wasserrisse herausgeschwemmte Kreidehalden; erst am süd- lichen Anfange des Dorfes Korosciatyn tritt eine deutlichere Entblös- sung auf. Es ist eine kleine Wand von weisser Kreide; unmittelbar unter derselben liegt ein sehr harter und fester grauer Kalkmergel, der in einem kleinen Steinbruche gewonnen wird. Er ist deutlich horizontal geschichtet, hat aber keine schiefrige Structur und enthält sehr selten Versteinerungen, namentlich schöne ästige blattförmige Ausbreitungen, von denen nur die Abdrücke zurückgeblieben sind, daher 42* 326 Dr. A. v. Alth. [8] sich nicht entscheiden lässt, ob sie Scyphien oder Fucoiden angehört haben, dann seltene undeutliche Muschelreste, wahrscheinlich Brachio- poden angehörend. Von Korosciatyn begab ich mich wieder in westlicher Richtung in das Thal der Ziota Lipa hinüber; ein ziemlich guter Weg führt zuerst hinauf auf die Wasserscheide, ohne dass auf dieser Seite eine Entblössung sichtbar wäre. Bald hinter der Wasserscheide dagegen sieht man im Walde in einem Wasserrisse am Wege eine kleine Ablagerung von losen Nulli- porenknollen, welche jedoch von einem höheren Punkte hierher ge- schwemmt sein müssen, da gleich daneben selbst in einem etwas höheren Niveau weisse Kreide ansteht. Auf der westlichen Seite kömmt man in das Thal eines kleinen Baches, an dessen Ufern zuerst überall weisse Kreide ansteht. Erst in der Nähe des Punktes wo sich die Wege nach Zadaröw und Krasiejöw trennen, sieht man am linken Thalgehänge zwei Steinbrüche in einem lichtgrauen, sehr harten und festen Mergelkalke, welcher demjenigen ganz ähnlich ist, der in Korosciatyn unter der Kreide liegt. Auch hier ist dieser Kalkstein horizontal geschichtet, führt dieselben scyphienähnlichen Abdrücke wie in Koroseiatyn, aber ausserdem noch andere Versteinerungen, und zwar einen grossen Pecten mit zahlreichen Radialfalten, der an P. ceretosus aus dem Grünsande von Essen erinnert, und eine grosse glatte Terebratel. Von hier gegen Karasiejow und auch in diesem Orte selbst, sieht man im Lipathale keine Entblössung. In Karasiejow wendet sich das Thal nach Westen und erst zwischen diesem Dorfe und Baranöw wird das rechte Thalgehänge wieder steil und von Wasserrissen durch- schnitten. Von unten bis fast auf die Höhe des Gehänges sieht man . nur weisse Kreide, welche nach oben härter und gelblich wird. Wo nach oben das Gehänge weniger steil ist, wird die Kreide von einem fetten grünnen Letten bedeckt, und am Gehänge liegen Stücke des schon oben in Ladzkie beschriebenen grünen Tertiär-Sandsteines herum, der zahlreiche glatte, ganz flache, mit der Schale erhaltene und manch- mal mit derselben aus dem Gesteine sich lösende Pectiniten führt. (P. denudatus Reuss.) Auch sieht man herumliegende Stücke eines gelben dichten Kalksteines, sehr ähnlich demjenigen, der bei Oleszowa vor Nizniow über dem Gypse liegt, doch ist er hier weder anstehend zu sehen, noch enthält er Versteinerungen. Verfolgt man das Gehänge auf der Höhe über der Kreide in nördlicher Richtung, so kömmt man an den ersten Häusern von Baranöw an eine Stelle, wo die Tertiär-Gebilde besser entblösst sind. Zu oberst liegt hier ein mächtiges Gypslager, oben ist der Gyps grosskrystallinisch und deutlich horizontal geschichtet, darunter liegt der schönste massige Alabaster. Unmittelbar unter dem Gypse liegt ein grüner feinkörniger Tertiär-Sandstein, dem von Ladzkie gleich, hier aber noch reicher an Versteinerungen, und zwar Terebratula grandis, Pecten Besseri Andrz., P. spinulosus Münst.; ein kleinerer Pecten mit zahlreicheren Radialfalten, vielleicht P. Malvinae Dub. oder P. substriatus d’Orb., ein zweiter eben- falls kleiner Pecten mit 7—8 breiten, flachen und fein längsgestreiften [9] Die Gegend von Niäniow etc. 3927 Falten, dem P. septemradiatus Miller sehr ähnlich, ferner grosse und breite, ganz glatte und flache Pectenschalen. Diese glatten Schalen erinnern am meisten an P. eristatus Bronn., aber im Innern findet sich keine Spur der für diese Species so be- zeichnenden Radialrippen und scheinen zu P. denudatus Reuss. zu gehören. Ausserdem finden sich häufig Steinkerne von Isocardia vor, manchmal mit Spuren aufgewachsener Serpulen, dann von Cardium und Cardita, endlich Milioliten. Der untere Theil des ehinge: besteht auch hier aus weisser Kreide, doch ist nicht zu sehen, ob der oben erwähnte Tertiär-Sand- stein, wie wahrscheinlich anzunehmen, der Kreide unmittelbar aufliegt. Diluvialschotter ist hier nicht zu sehen. Zwischen Baranöw und Jarhoröw macht der Fluss eine grosse Biegung nach Osten, so dass der Weg das Flussthal verlässt und ge- rade über die von dieser Krümmung eingeschlossene Höhe nach Jarhoröw führt. Man sieht hier blos weisse Kreide, die unmittelbar von Lehm bedeckt ist. In Jarhoröw trifft man wieder auf den älteren, unter der Kreide liegenden dolomitischen Kalkstein, von welchem oben beim Besprechen der Gegend zwischen Nizniow und Lipa die Rede war; wir haben somit hier, zwischen Jarhorow und Zaturzyn das westliche Ende der paläozoischen Gebilde Podoliens vor uns, da unter diesem Kalksteine hier, wie schon am Eingange erwähnt wurde, und gleich näher beschrieben werden soll, auch noch ältere Bildungen sichtbar werden. Zwischen Jarhoröow und Zubryk, ja bis Korzowa bildet dieser gelbe dolomitische Kalkstein das Liegende der hiesigen Bildungen, und erst in Korzowa treten die ersten Spuren noch älterer Bildungen auf. Deutlich entblösst ist der lichte dolomitische Kalkstein in einem bei den letzten Häusern am nördlichen Ende des Dorfes Jarhoröw befindlichen Wasserrisse. Er ist bald ganz dicht und fest, und dann lichtisabellgelb bis gelblichgrau, bald weicher und dem oben erwähnten versteinerungs- führenden Kalkstein zwischen Nizniow und Lipa ähnlich, er bildet fussdicke, horizontale, treppenartig vorstehende Schichten, die oberste Lage ist porös und zugleich conglomeratartig, indem Brocken eines lichtgrauen dichten Kalksteins durch einen weicheren, kleingefleckten, leichter verwitternden Kalkstein verkittet werden. Unmittelbar darauf liegt die Cenomanbildung, und zwar zu unterst eine nur wenige Zoll dicke Lage eines lockeren grauen Sandsteins mit zahlreichen schwarzen Hornsteinbrocken, und darauf grauer, fester, dünngeschichteter Mergelkalkstein mit kleinen, abgerundeten Kiesel- brocken. In der grauen Masse liegt eine Menge kleiner, nur unter der Loupe sichtbarer, weisslicher, nadelförmiger Einschlüsse, die sich jedoch nicht näher deuten lassen. Unmittelbar über diesem Kalksteine liegt Diluviallehm, mehrere Klafter mächtig, mit einer Zwischenlage von Schotter, in den tiefsten Lagen eine kleine Suceinea und Pupa führend. Hinter Jarhoröw macht der Fluss wieder eine grosse Ausbiegung nach Osten, am Ende dieser Ausbiegung liegen einige Häuser, auf der 398 Dr. A v. Alth. [10] Karte als Zubryk bezeichnet. Wo das Gelände steiler wird, besonders dort, wo sich das Thal wieder nach Westen zurückwendet, finden sich mehrere Wasserrisse, in welchen ebenfalls dieser dolomitische Kalkstein entblösst ist. Derselbe ist hier gewöhnlich gelblichgrau und bald dicht und hart, manchem Jurakalk ähnlich, bald fein krystallinisch und voll winziger runder Löcher, wie von Nadelstichen herrührend, die organi- schen Ursprungs zu sein scheinen, und nicht blos in der Oberfläche, sondern auch auf frischen Bruchflächen vorkommen; dieser letztere Kalkstein enthält an einer Stelle Steinkerne von kleinen Muscheln, welche sehr an die Myaciten des Muschelkalkes erinnern, aber keine nähere -Bestimmung zulassen. In anderen Fällen dagegen ist der Kalk- stein mehr intensiv gelb gefärbt und rauh, fast erdig. Dieser Kalkstein wird auch hier von Schichten der Cenoman- bildung bedeckt, doch war eine nähere Untersuchung des strömenden Regens wegen nicht möglich; desswegen konnte ich auch die am jenseitigen Thalgehänge, gegenüber vom Dorfe Korzowa sichtbaren zwei treppen- artigen Felsenvorsprünge nicht selbst sehen, deren unterer nach münd- licher Mittheilung des Herrn Professors Lomnicki aus dem dolomitischen Kalksteine, der obere aus dem harten Cenomankalke bestehen soll. Im Dorfe Korzowa ist unmittelbar am Wege eine kleine Ent- blössung zu sehen, worin die devonischen Bildungen zum ersten Male auftreten. Zu unterst liegt hier ein grüner Letten mit Lagen von grünem, auf Klüften rothgefärbten, sehr feinkörnigen Sandstein; auch fand sich hier ein Stück eines grauen, sehr festen quarzigen Sandsteines mit winzigen silberweissen Glimmerblättchen, an den Schichtungsklüften grün gefärbt, und mit kleinen verästelten Wülsten bedeckt, die wahr- scheinlich von Algen herrühren. Höher hinauf besteht das Gehänge aus dem gelben dolomitischen Kalkstein, welcher auch beim Wirths- hause an der Grenze von Zawadöwka ansteht. Im Dorfe Zawadöwka gegenüber von dem am rechten Lipaufer gelegenen Herrschaftshofe sind die devonischen Schichten deutlich ent- blösst. Zu unterst sieht man dunkelrothe Schiefer, und darin Schich- ten von plattenförmigem dunkelrothen Sandstein, von dem weiter östlich auftretenden Old red Sandstone nicht zu unterscheiden. In einem kleinen Wasserrisse sieht man über diesen rothen Schiefern grüne feste Schieferletten, manchmal mit schwarzen Flecken, und über diesen ungefähr 3—10 Klafter über der Thalsohle eine vorstehende, kleine Felsen bildende, 1—2 Klafter mächtige Lage eines dunkelbraungrauen, sehr harten bituminösen dolomitischen Kalksteins, der an einem der vorstehenden Felsen fein krystallinisch wird, kleine Dolomitrhomboeder führt, und hier voll Korallen ist, die jedoch so fest mit dem Gesteine verwachsen sind, dass sie nur an der stark verwitterten Gesteinsober- fläche hervortreten. Vorherrschend ist Stromatopora polymorpha Goldf., jedoch kleiner als die Exemplare aus dem Silurkalk von Skala und mit deutlicheren concentrischen Lagen, hierin mehr der Varietät Str. concentrica Goldf., (Petrefacten Deutschlands T. VIII. F.5) entsprechend; ebenfalls finden sich Cyathophylliden mit einfachen Polypenstöcken, verlängert kreisel- förmig mit sehr tiefen Kelchen, zahlreichen gleichen Sternlamellen, die [11] Die Gegend von Nizniow etc. 3239 bis an den Boden des Kelches reichen, und ohne Mittelsäulchen, dagegen mit einer tiefen Grube im Boden des Kelches, welche an die Septalfurche bei Zaphrentis erinnert. Diese Versteinerungen sprechen ungeachtet ihres schlechten Er- haltungszustandes dafür, dass dieser bituminöse Dolomit noch der devonischen Formation, und, da er über dem rothen Sandstein liegt, einer oberen Abtheilung derselben angehöre. Ueber diesem Dolomite liegt auch hier der lichtgelbe dolomitische Kalkstein, doch sieht man diese Gesteine nicht anstehend, und kann auf dessen Vorhandensein nur aus den, den Abhang bedeckenden Bruch- stücken schliessen. Weiter hinauf treten die gewöhnlichen Cenoman- schichten, nach unten aus conglomeratartigem Sandstein und darüber aus grauem festen Mergelkalk mit kleinen Rollkieseln bestehend, auf, worauf weisse Kreide mit Feuersteinen folgt. Es ist dies offenbar die Stelle, deren Beschreibung nach Lill ich oben in der Einleitung angeführt habe. Lill scheint den eben erwähnten bituminösen Dolomit mit Korallen für Orthoceratitenkalk genommen zn haben, der ebenfalls öfters, z. B. bei Skala, ähnliche Korallen führt, dieser müsste aber unter dem rothen Sandstein liegen, während der hiesige Dolomit demselben offenbar aufliegt; von einer Wechsellagerung ist nichts zu sehen. Die von Lill als zwischen Zaturzyn und Korzowa vorkommend angeführte dichte und mergelige Varietät des Uebergangskalkes dürfte dem cenomanen grauen Mergelkalk angehören, welcher ausser schwar- zen Hornsteingeröllen manchmal auch braune kalkige Knollen führt; der nach Lill unter dieser Breccie liegende Kalkstein ohne Versteine- rungen aber dürfte dem echten dolomitischen Triaskalk entsprechen. Von dem durch Lill beschriebenen Vorkommen dagegen, wonach bei Zawa- dowka ein röthlicher Stinkkalk mit Zwischenlagen eines glimmerreichen Sandsteines auf einem Orthoceratitenkalk ruhen soll, welcher dem von Husiatyn ähnlich sei, konnte ich nichts entdecken, vielmehr bestehen die Felsen in Zawadöwka, wie oben erwähnt, aus bituminösem Dolomit mit Korallen, welcher auf rothem Sandstein aufruht. Ebenso ist es von vornhinein unwahrscheinlich, dass bei Zaturzyn auf einer mergelig- kalkigen Breccie mit Bruchstücken des Stinksteines der eigentliche Stinkkalk, also das Gestein, aus welchem jene Bruchstücke stammen, aufliegen sollte. Die oben erwähnten dunklen Dolomitklippen reichen nur bis an das hier von Osten herabkommende kleine Thal, dann bedeckt Wald den ganzen Abhang, es ist keine Entblössung mehr zu sehen, und man erblickt auf dem Wege nach Markowa nur hie und da Kreideschutt. Im Dorfe Markowa befinden sich an der Brücke, über welche die Strasse auf das rechte Flussufer hinüberführt, ungefähr drei Klaf- ter über dem Niveau des Flusses wieder kleine Steinbrüche und Ent- blössungen. Unmittelbar an der Strasse liegt das lockere Cenoman- Conglomerat, welches auch an den früher beschriebenen Oertlichkeiten das Liegende dieser Formation bildete; es ist fast ganz zu Sand zer- fallen, mit einer Unzahl kleiner, bis haselnussgrosser Gerölle, von schwarzem Hornstein und seltenen Exemplaren von Exogyra conica. 330 Dr. A. v. Alth. [12] Unmittelbar darauf liegt der ebenfalls schon oben beschriebene lichtgraue harte Mergelkalk mit selteneren und kleineren Kieselgeröllen, welche nach oben ganz ausbleiben, so dass das Gestein dem oben be- schriebenen von Korosciatyn ganz gleich wird, welches dort unmittelbar unter der weissen Kreide liegt und auch hier sehr selten glatte Tere- brateln führt. Unter dem Conglomerat scheint unmittelbar am Wasser der gelbe dolomitische Kalkstein zu liegen, doch sieht man kein anstehendes Gestein, nur herumliegende Schollen. Oben im Walde soll hier weisse Kreide liegen, die zum Kalkbrennen verwendet wird. Gleich hinter Markowa tritt unmittelbar am Wege im Niveau des Flusses der lichtgelblichgraue dolomitische Kalkstein von Lipa anstehend auf. Ganz frisch ist das Gestein einem fein krystallinischen Dolomit ganz ähnlich. Verwittert wird es mergelig und erdig; auch liegen solche mergelige Schichten zwischen den dolomitischen. Die Schichten sind ungefähr fussdick und horizontal, Versteinerungen konnte ich keine sehen. Von Markowa macht das Thal wieder eine scharfe Biegung nach Osten gegen Zaturzyn. In Zaturzyn selbst, das am Grunde dieser Biegung liegt, sieht man gegenüber von 'dem Punkte, wo der Weg nach Huta sich abzweigt, am östlichen Thalgehänge einige Klafter über der Thalsohle einen kleinen einzeln stehenden Felsen, welcher wieder aus dem dunklen krystallinischen bituminösen Dolomit von Zawadowka besteht, so dass hier diedevonische Formation wieder zu Tage tritt. Diese Lage und die Höhe über der Sohle, welche hier um eben so viel geringer ist, als die Thalsohle bei Zawadöwka sich gehoben haben mag, scheint dafür zu sprechen, dass es die Fortsetzung derselben Schichten ist, welche bei Zawadöwka etwas höher am Gehänge auf- treten. Dass zwischen Zawadöwka und Zaturzyn diese Schichten ganz fehlen, spricht dafür, dass in der langen Zeit zwischen der Devon- und Trias- und beziehungsweise Cenomanbildung eine starke Abschwemmung stattgefunden hat, so dass nur einzelne Klippen jenes devonischen Dolomites stehen geblieben sind. Der Umstand, dass dieser bituminöse Dolomit bei Zaturzyn in einem etwas höheren Niveau auftritt, als das- jenige ist, in welchem bei Markowa blos die Gesteine der Cenoman- Formation zu sehen sind, dürfte die Ansicht Lill’s veranlasst haben, dass dieser Dolomit bei Zaturzyn auf jener cenomanen, mergelig-kalki- gen Brecceie aufliege, eine wirkliche Auflagerung dürfte er wohl kaum beobachtet haben. Was unter oder über diesem dunklen Dolomit liegt, ist bei Zaturzyn nicht zu sehen, erst weiter oben am Gehänge steht weisse Kreide mit Feuersteinen an, deutliche Schichten bildend. Von hier nordwärts gegen Seredne und Zawatöw sieht man nur noch weisse Kreide, welche an der Kamienna Göra bei Zawalöw das ganze Gehänge bildet, und noch weiter nördlich bei der Stadt Briezany, wie auch in dem gegen Podhajce führenden Seitenthale bei Uhrynöw von tertiärem Nulliporenkalke bedeckt wird. Wenn wir nun die bis hieher beschriebenen Vorkommnisse im Ziota Lipathale zusammenfassen und mit den geognostischen Verhält- nissen der weiter östlich, wie auch der westwärts gelegenen Thäler [13] Die Gegend von NiZniow etc. 331 vergleichen, so gelangen wir zur Ueberzeugung, dass der devonische rothe Sandstein, wie natürlich, erst dort zu Tage tritt, wo das Thal tief genug eingeschnitten erscheint; daher ist derselbe, je länger und daher unter gleichem Breitengrade je tiefer ein Thal ist, desto weiter nach Norden sichtbar. So erscheint derselbe im Seredthale schon nördlich von Mikulince, im Thal der Strypa erst bei Zarwanica, in dem kurzen Thale des Baryszbaches erst bei Barysz, im Thal des Koropiec und seines kleinen Nebenbaches erst bei Dobrowody; in allen diesen Thälern aber bleibt derselbe, einmal sichtbar geworden, ohne Unterbrechung bis an die Mündung in den Dniester sichtbar, und nur das Thal von Ziota Lipa macht hievon eine Ausnahme. Ungeachtet der Dniester bei Nizniow und der untere Theil der Zkota Lipa offenbar tiefer liegt, als der Koropiecbach bei Monasterzyska, so ist doch hier der rothe Sandstein nicht sichtbar, und das tiefste Gebilde ist der lichtgraue Triaskalk, zum Beweise, dass hier vor Ab- lagerung der Trias eine bedeutende Abschwemmung stattgefunden hat, bei welcher nur einzelne Inseln oder Klippen der älteren devonischen Gebilde stehen geblieben sind. — Solche Klippen sind eben im Lipa- thale zwischen Korzowa und Zaturzyn entblösst, wo der alte rothe Sandstein von einer noch jüngeren devonischen Bildung, dem dunklen bituminösen Dolomit bedeckt wird, der durch seine Korallen als Ufer- bildung charakterisirt wird. Jener lichte dolomitische Triaskalk, welcher den unteren Theil des Ziota Lipathales und die Gegend von Nizniow einnimmt, ist weiter östlich nur noch im Korojincthale zu sehen, wo er nach Prof. Lom- nicki bei Berezöwka unterhalb Monasterzyska und beim Wirthshause in Czechöw auftritt, wo er sich bis Welesziköw hinabzieht und auf grauem devonischen Sandstein aufliegt. Weiter nach Westen ist dieser Triaskalk, wie weiter unten gezeigt werden wird, am rechten Gehänge des Dniesterthales noch in Bukowna bei und über der oberhalb Petrylow befindlichen Ueberfuhr über diesen Fluss zu sehen; ja er zieht sich nach den Untersuchungen Lom- nicki’s an diesem Gehänge noch bis gegenüber dem Städtchen Uscie zielone, wo er im Niveau des Dniester unter den ihn bedeckenden Schichten der Kreide-Formation verschwindet und ebenso bei Dolhe an der Mündung des Stryhancerbaches nicht mehr sichtbar ist. Ob sich jedoch auch in dem westlich von der Ziota Lipa gelegenen Thale der bei Uscie zielone in den Dniester mündenden Lipa noch eine Spur der devonischen und Trias-Bildungen finde, ist bis nunzu nicht bekannt, auch dürfte ein solches Vorkommen bei der Kürze dieses Thales, dessen Sohle daher gegen Norden schnell ansteigt, kaum wahrschein- lich sein. In dem noch etwas weiter westlich gelegenen, bei Marianipol mündenden zweiten Thale ist selbst an dessen Mündung blos Kreide- mergel zu sehen, welcher dem von Lemberg und von Wolczyniec bei Stanislau ganz entspricht. Cieszöw, nördlich von Stanislau, ist der westlichste Punkt, wo Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt. 1877. 27. Band. 3. Heft. (Dr. A. v. Alth.) 43 339 Dr. A. v. Alth. [14] ich Kreidemergel noch anstehend sah, unweit von hier nach Südwest und West haben die tiefen Einschnitte der Albrechtbahn blos die blauen Letten der hiesigen Salz-Formation als tiefstes Gebilde entblösst, welche demnach unmittelbar auf dem Kreidemergel aufzuliegen scheinen, wenn auch der Contact nirgends sichtbar ist. Kehren wir nun wieder zur unmittelbaren Umgebung von Nizniow zurück, so sehen wir nach Lomnicki, dass die oben beschriebenen, das Gehänge des linken Ufers von der Nizniower Dniester-Brücke bil- denden grauem Triaskalke schon ungefähr 1800 Schritte unterhalb derselben durch den hier theils grau, theils noch roth gefärbten und dünn geschichteten devonischen Sandstein unterteuft werden, welcher hier keineswegs horizontale, sondern unter einem Winkel von ungefähr 20 Grad gegen West geneigte Schichten bildet, so dass jene Triaskalke schon vor Ostra aufhören. Die Höhe des Gehänges nehmen auch hier die oben beschriebenen Conglomerate und Mergelkalke der Cenoman- bildung ein, auf welchem weisse Kreide ruht, während dort, wo das Gehänge sanfter wird, der bis zur Thalsohle reichende Löss Alles bedeckt. Herr Prof. Lomnicki untersuchte im Frühlinge 1876 auch das rechte Dniesterufer unterhalb Nizniow, seinen Mittheilungen und der Prüfung der durch ihn eingesendeten Gesteinsproben sind daher fol- sende Bemerkungen hierüber entnommen. Unterhalb Nizniow münden auf der Strecke bis zu der gegenüber von Ostra gelegenen Stelle mehrere starke Wasserrisse in den Dniester, deren jeder einen besonderen Namen führt. Der der Stadt zunächst gelegene heisst Nastyn perewal, der zweite Olchowy perewal, der dritte Dymezyn perewal, der vierte, schon gegenüber von Ostra ge- legene endlich Motuz perewal. Gleich von der Mündung des von T4umacz nach NiZniow herab- kommenden Baches an bestehen die Gehänge nach Lomnicki zu unterst aus lichtgrauem dolomitischen Kalkstein, ganz demjenigen ent- sprechend, welcher das am jenseitigen Ufer bei der Dniesterbrücke gelegene, dort durch Steinbrüche entblösste Gehänge zusammensetzt, jedoch ohne die daselbst auftretenden Zwischenlagen von grünlichem, rostbraun gefleckten Mergelschiefer. Noch bevor man an die Mündung des Nastyn perewal kömmt, treten unter diesen von mir der Trias zugezählten Kalksteinen die echten devonischen Sandsteine hervor, hier als ein lichtgelblichgrauer, feinkörniger, fester und harter, mit Säuren nur wenig brausender Sand- stein entwickelt. In dem Wasserrisse Nastyn perewal liegen über diesem Sand- steine wieder die Triaskalke, deren mineralogisches Aussehen von unten nach oben sich ändert. Zu unterst sind dieselben gelblichgrau, porös, führen zahlreiche eckige, kleine Bruchstücke eines lichtgrünen Schiefer- lettens, seltener Sandkörner und grössere abgerundete Brocken des oben beschriebenen bituminösen Dolomites von Zawadöwka, wodurch sie manchmal conglomeratartig werden. Spalten und Drusenräume sind öfters mit lichtweingelben Kalkspath-Krystallen erfüllt. [15] Die Gegend von Nizniow etc. 333 Höher hinauf hört dieser conglomeratartige Habitus auf, manche Lagen werden dicht und weich, fast erdig, andere erscheinen wie von einer Unzahl äusserst feiner Nadeln durchstochen, zwischen welchen Stichen etwas grössere, bis 02 Mm. im Durchmesser habende Hohl- räume liegen, die von Organismen herzurühren scheinen. Zwischen den von oben herabgefallenen Bruchstücken finden sich Stücke eines ähnlichen, aber mehr verwitterten dolomitischen Gesteins, welche eine Menge Steinkörner einer Myacites ähnlichen Muschel ent- halten, doch konnte Prof. Lomnicki die Schichte, aus welcher sie stammen, nicht anstehend finden. Noch höher hinauf gehen diese Dolomite nach Lomnicki in einen ebenfalls gelblichgrauen, aber ganz dichten und festen Kalkstein über. Dieser Kalkstein hat nach den eingesendeten Exemplaren zwar ein anderes Aussehen als jene Dolomite, und gleicht mehr manchen ganz jungen tertiären Kalksteinen, führt auch keine Versteinerungen, wird jedoch ebenfalls von Oenoman-Sandstein bedeckt, und dürfte daher das gleiche geologische Alter, wie jene Dolomite besitzen. Nach Lom- nicki wird dieser Kalkstein im oberen Theile der Schlucht unmittelbar von einem lichtgrauen, rostgelb verwitternden Sandstein der Cenoman- periode bedeckt, welcher stellenweise durch eingebackene Gerölle con- glomeratartig wird. Ueber diesem Sandstein, welcher hier offenbar die Stelle der oben erwähnten Sandsteine mit Ostrea conica d’Orb. und Fischzähnen des linken Dniestergehänges einnimmt, folgt hier wie dort ein harter lichtgrauer Mergelkalkstein, ebenfalls der Cenomanperiode angehörig. Zwischen dieser und der nächsten Schlucht (Olchowy perewal) zieht sich eine Ablagerung von gelbem Diluviallöss bis an den Fluss und bedeckt alle älteren Bildungen; gleich hinter dem Olchowy perewal dagegen treten wieder steile Gehänge auf, an denen der graue devo- nische Sandstein schon bedeutend höher hinaufreicht, als in unmittel- barer Nähe von Nizniow, und etwas weiter unterhalb, in Motuz oder Martynowy perewal durch echten rothen Sandstein vertreten wird. Die Triaskalke sind hier nicht mehr zu sehen. Die oberhalb Nizniow gelegenen Gehänge des Dniesterufers wur- den im Jahre 1876 durch Prof. Lomnicki, und später, im August desselben Jahres, durch mich selbst untersucht. Das Dniesterthal ist hier breit, und der Fluss nähert sich in grossen Biegungen bald dem linken, bald dem rechten Thalgehänge. Bis gegenüber von Petrylöw am rechten, und bis Nowosiolka, westlich von der Mündung der ZHota Lipa, am linken Dniesterufer befindet sich der Fluss in der Nähe des nördlichen Gehänges, sein rechtes Uferland ist hier breit und ganz eben, wird von alten Dniesterarmen durchzogen, und lehnt sich in SW an ein bewaldetes Gehänge an, welches bis nunzu nicht näher unter- sucht wurde, und keine grösseren Entblössungen zeigt. Diese treten, obwohl auch hier selten, erst dort auf, wo, etwas unterhalb Petrylöw, der Dniester wenigstens mit einem Arme am südwestlichen Rande der 43* 334 Dr. A. v. Alth. [16] Ebene fliesst; diese Entblössungen, wie auch die weiter gegen Bukowna hin zum Dniester herabziehenden Schluchten und Wasserrisse, endlich die Gehänge zu beiden Seiten der zwischen Bukowna und Petrylow bei Buda gelegenen Dniesterüberfuhr und des von hier gegen Bukowna hinaufziehenden Thales, dann die Gegend von Dolhe, Stryhafce, Milowanie und Olszanica bis nach Tysmienica hin, habe ich selbst im August 1876 untersucht. In der dem Städtchen Nizniow am nächsten, obwohl schon auf Petrylower und Bukownaer Territorium gelegenen kurzen Schlucht Lipinka trifft man von oben nach unten zuerst auf die diluviale Ge- röllschicht, welche überall in dieser Gegend das Liegende des Diluvial- lehms bildet. Unmittelbar darunter folgt hier die gewöhnliche weisse Kreide in bedeutender Mächtigkeit, jedoch nur wenige Feuersteine führend; und gleich unter ihr liegt ein lichtgrünlichgrauer schiefriger Mergelkalk, welcher ockergelb verwittert und selten Rihynchonella octo- plicata führt. Nach unten hört diese schiefrige Structur auf, der Kalk wird fest, lichtgrau, im Anfühlen rauh, und enthält seltene: Ver- steinerungen, von welchen Pecten laminosus, Neithaea quinquecostata und Ehynchonella octoplicata sich bestimmen liessen; ausserdem fanden sich: Spondylus cf. striatus, eine kleine flache, fast kreisrunde, ziem- lich diekschalige Auster, ein undeutlicher Rest einer Terebratulina, vielleicht 7. chrysalis Schl.; eine walzige dickschalige Serpula und Fischzähne. Nach unten nimmt dieser Kalkstein kleine Quarzbrocken und Gerölle von schwarzem Hornstein in immer grösserer Anzahl auf, auch liegen darin grössere Brocken eines lichtbraunen, sehr viel Phosphor- säure enthaltenden Kalksteins, den Phosphoriten aus der Gegend von Chudykowce bei Uscie biskupie am Dniester ganz entsprechend. In diesen Schichten fand ich unbestimmbare Bruchstücke eines Belemniten, Zähne von Lamnia und Oxyrrhina, eine kleine, ganz glatte, stark ge- wölbte Terebratel und den Steinkern eines kleinen Inoceramus, welche durch die ungleiche Wölbung seiner Schalen und den spitzen, stark vorstehenden Wirbel der einen Klappe dem Inoceramus concentricus entspricht, jedoch stärker in die Quere verlängert ist. Alle diese Fossil- reste reichen zwar nicht hin, um die genauere Stellung dieses Kalk- steins in der Reihe der verschiedenen Glieder der Kreideformation zu bestimmen, weil die bestimmbaren Species eben solche sind, welche in verschiedenen Abtheilungen der Kreidebildungen vorkommen; es ist jedoch keinem Zweifel unterworfen, dass es derselbe Kalkstein ist, welcher nördlich vom Dniester bei Korosciatyn und im Ziota Lipathale zwischen der weissen Kreide und dem Sande und Conglomerate mit Ostrea conica liegt, mit welchem er durch Uebergänge verbunden ist. Da nun die galizischen Gesteine mit Ostrea conica allgemein zum Cenoman gezählt werden, so müssen auch diese Mergelkalke derselben Abtheilung der Kreideformation angehören. Unmittelbar unter diesen, an Kieselgeröllen reichen unteren Mergelkalken folgen hier lichtgelblichweisse, etwas erdige Triaskalke, manchen Lagen von der Tanutynska Göra sehr ähnlich, aber nur [17] Die Gegend von NiZniow ete. 335 Steinkerne kleiner Cyprina ähnlichen Muscheln, ferner nicht näher be- stimmbare Kerne und Abdrücke kleiner, Turbonilla ähnlichen Schnecken führend. Der unterste Theil dieser Schlucht ist mit Kreideschutt und Wald bedeckt, aber etwas oberhalb des Ausganges derselben treten unmittelbar am Dniester kleine Entblössungen auf, durch welche das Liegende jenes gelben Kalksteins sichtbar wird, worauf ich weiter unten wieder zurückkommen werde. Etwas weiter westlich von der Schlucht Lipinski perewal liegt eine grössere Schlucht ganz in der Nähe des Dorfes Bukowna, Pidcer- kiewezyn perewal genannt, (vielleicht identisch mit Lomnicki’s Popowy perewal) in welcher dieselben Schichten entblösst erscheinen. Auch hier sieht man über der weissen Kreide mit Feuersteinen eine Lage von kiesligem Diluvialschotter, von derselben durch eine ungefähr einen Fuss mächtige Lage von Kreideschutt getrennt, welcher als oberste Verwitterungsrinde der Kreide aus kleinen eckigen Brocken derselben besteht, die durch eine erdige weisse Kalkmasse verkittet sind. Der auch hier die weisse Kreide unterteufende graue Mergelkalk entspricht ganz der gleichen Bildung aus der Schlucht Lipinski perewal. Die oberen Lagen desselben enthalten auch hier weder Kieselgerölle noch Phosphoritknollen, sie führen Pecten laminosus, Fischschuppen und Zähne. Nach unten treten auch hier kleine Kieselgerölle und grössere Phosphoritknollen auf. Unmittelbar darunter liegt ein lichtgrauer, sehr fester Kalkstein, welcher in einer dichten Grundmasse mit splittrigem Bruche eine Menge kleiner runder, etwas lichter gefärbter Kalkbrocken enthält, wodurch er eine oolithisch conglomeratartige Structur annimmt, welche man, da der das Bindemittel bildende Kalkstein überwiegt, selbst oolithisch porfyroid nennen könnte. Diese Kalkbrocken, welche leichter ver- wittern als das Gestein selbst, zeigen unter dem Mikroskop meist keine besondere Structur, manche jedoch enthalten innere Kerne, von einer etwas abweichend gebildeten Schale umgeben, wieder andere erscheinen als Bruchstücke grösserer Körper von strahlig schaliger Structur. Unter der Lage ist eine organische Structur daran nicht wahrzunehmen, ausser diesen Körnern treten kleine, mit krystallisirtem Kalkspath aus- gefüllte Höhlungen auf. Diese Kalksteine erinnern durch diese ihre Structur an manchen deutschen, und auch an manchen Krakauer Muschelkalk. Die Oberfläche dieses Kalksteines unmittelbar unter dem Mergelkalke erscheint verwittert, manchmal glatt abgerieben und mit mehr oder weniger tiefen, oft genau kreisförmigen Höhlungen versehen, die mit einem sehr festen, dunkelbraunen Conglomerate ausgefüllt sind, welches vorherrschend aus kleinen, meist elliptischen dunkeln und glänzenden Quarzkörnern besteht, welche durch ein dunkelbraunes, kalkiges Cement verkittet sind. Dieselbe sandsteinartige Masse bedeckt auch stellenweise den Kalkstein, und nimmt dann grössere abgerundete Brocken von schwarzem Hornstein in sich auf, wodurch sie in das sandige Cenoman-Conglomerat mit Exogyra conica übergeht. Ausserdem wird diese oberste Kalksteinlage von langen und engen, röhrenförmigen Höhlungen durchzogen, welche von einer Serpula herrühren dürften und gewöhnlich ebenfalls mit jener braunen festen 336 Dr. A. v. Alth. [18] Masse ausgefüllt sind. In der Masse des Kalksteins selbst treten hie und da Brocken von ganz erdigem Limonit auf, wahrscheinlich von verwittertem Eisenkies stammend, und seltene Versteinerungen von Muscheln. Diese sind zwar mit der Schale erhalten, aber die Schalen sind in krystallinischen Kalk von der Farbe des Gesteins verwandelt und so fest mit demselben verwachsen, dass man beim Zerbrechen des Gesteins stets einerseits blos den Steinkern des Innern der Schale ohne Schlusstheile, andererseits die Innenseite der Schale selbst entblösst, während die Schlusstheile selbst stets mit dem Gesteine fest verwachsen bleiben, so dass eine genauere Bestimmung dieser Fossilreste äusserst schwierig ist, nur scheinen dieselben, wie diess in dem paläontologischen Theile näher auseinandergesetzt wird, zu Myophoria orbicularis Br. zu gehören. Auf der verwitterten Oberfläche des Gesteins treten die grösseren der oberwähnten, die oolithische Structur veranlassenden, runden Ein- schlüsse wegen ihrer leichteren Verwitterung und ihrer hiedurch noch lichter gewordenen Farbe noch deutlicher hervor, als im frischen Bruche, die kleineren sind ganz verschwunden und haben blos rund- liche Vertiefungen zurückgelassen. Dagegen verwittern die Schalen der eingeschlossenen Muscheln, welche, wie oben erwähnt, in krystallinischen Kalkstein verwandelt sind, schwerer als das Gestein, daher ihre Durch- schnitte auf der Oberfläche des Gesteins deutlicher hervortreten. Der ganze untere Theil des Gehänges bis an den Dniester wird hier und noch weiter oberhalb bis an die von Bukowna nach Petrylow führende Ueberfuhr von denselben Kalksteinen, jedoch ohne jene runden Höhlungen gebildet, welcher in dicken, zerklüfteten, horizontalen Bänken ansteht, welcher seltene Reste von Muscheln und zwar ÖOstrea cf. Schübleri Alb., Myophoria orbieularis Br., dann kleine Gasteropoden, wahrscheinlich Turbonillen enthält und ganz der Trias angehört. Darin finden sich endlich manchmal dieselben Serpularöhren, deren ich schon erwähnte, jedoch hier als blosse einfache Kalkröhren ohne jene sandige Ausfüllung. Je näher man der Ueberfuhr kömmt, desto mehr geht die bis hieher weisslichgraue Farbe des Kalksteins, besonders in seinen oberen Lagen, in eine gelbliche über, und zu beiden Seiten der Ueberfuhr wird er local von einem deutlich gelblichen, dichten Kalkstein mit splittrigem Bruche bedeckt, dessen Klüfte und sonstige Hohlräume von Eisenocker überzogen werden. Dieser Kalkstein wird durch seinen Reichthum an fossilen Resten für die Altersbestimmung dieser ganzen Bildung sehr wichtig, obwohl dieselben auch hier stets nur als Stein- kerne und Abdrücke erhalten sind, während die Schale selbst entweder ganz verschwunden, oder an deren Stelle blos ein feines gelbes Kalk- mehl zurückgeblieben ist. Dieser fossilreiche Kalkstein ist besonders in einem kleinen, noch unlängst betriebenen Steinbruche aufgeschlossen, wo er horizontale, stark zerklüftete Bänke bildet. Die unterste, in einer Mächtigkeit von drei Metern sichtbare Lage besteht aus einem gelblichweissen, massigen, stark verwitterten, fast erdigen Kalkstein mit wenigen Versteinerungen [19] Die Gegend von Niäniow etc. 337 und mit einer Zwischenlage von noch mehr verwittertem schiefrigen Kalkstein; schon in dieser Lage finden sich, wiewohl noch selten, Steinkerne von Nerineen. Unmittelbar auf dieser unteren Schicht und mit ihr verwachsen, liegt eine zweite, ungefähr zwei Meter dicke Bank, in welcher in horizontalen Lagen auftretende kleine Höhlungen, welche wahrscheinlich von ausgewitterten Petrefacten herrühren, eine Schichtung andeuten; auch diese Lage enthält nur noch wenige und nur kleine Fossilreste, geht jedoch nach oben in einen gelben, petrefactenreichen Kalkstein über. In dieser obersten, ungefähr drei Meter dicken Bank, sind alle Klüfte und die von ausgewitterten Petrefacten herrührenden Hohlräume mit Eisenocker überzogen. Fossilreste als Steinkerne und Abdrücke finden sich hier sehr zahlreich, besonders Gasteropoden, etwas seltener Acephalen, sehr selten Brachiopoden und Korallen. Unter diesen Ver- steinerungen konnte ich mit ziemlicher Sicherheit als mit bereits bekannten identisch bestimmen: Gyroporellen, Spiriferina palaeotypus var. acrorhyncha Loretz, Ostrea cf. Schübleri Alb., Hinnites comtus Gf., Nucula elliptica Gf., Turbo gregarius Gf., Turritella excavata Laube, Nerinea Mathioli Stopp. Alle diese Fossilreste sprechen für Trias und zeigen grosse Analogie mit denen der alpinen Trias, obwohl sich bis nunzu noch kein einziger Ammonit vorgefunden hat. Diese oberste Kalksteinbank wird von grauem Mergelkalk mit Kieselgeröllen unmittelbar bedeckt, welcher der Cenomanperiode angehört. Dass wir es hier mit einer ganz localen Bildung zu thun haben, geht schon daraus hervor, dass diese petrefactenreiche Schichte schon an dem von der. Ueberfuhr nach Bukowna durch die hier herabkom- mende Schlucht hinaufführenden Fahrwege sich nicht mehr findet. Hier herrscht der untere graue, nach oben gelb werdende, in dicken Bänken anstehende Kalkstein, welcher unmittelbar von dem grauen Merselkalke der Kreideformation bedeckt wird, auf welchem weisse Kreide mit seltenen Feuersteinen liegt. Verfolgt man diese Schlucht aufwärts bis in das Dorf Bukowna, so sieht man unmittelbar über der Kreide eine wenige Fuss mächtige, diluviale Schotterbank. Die Gerölle sind alle braun überzogen und bestehen meist aus grauem Sandstein, seltener aus einem gelbbraunen Hornstein. Dieser Schotter wird von sandigem Löss bedeckt, dessen Farbe nach oben hin immer reiner gelb wird. Fährt man von Bukowna nordwärts gegen Dolhe, so sieht man auf der Höhe im Walde blos die Anfänge der zum Dniester hinab- ziehenden Schluchten, somit blos Löss, während am Dniester selbst, wie diess schon oben erwähnt wurde, Prof. Lomnicki die oben be- schriebenen lichtgrauen dichten Triaskalke noch bis gegenüber von Uscie zielone verfolgen konnte, wo dieselben im Niveau des Flusses verschwinden und von den grauen Mergelkalken mit Kieselbröckchen bedeckt werden, worauf weisse Kreide liegt. Weiter gegen Dolhe werden die Gehänge stets niedriger, und in Dolhe selbst, an der Mün- dung des Stryhancer Baches wird das rechte Dniesterufer ganz flach. 338 Dr. A. v. Alth. [20] Auf der Strecke zwischen Uscie zielone und Dolhe fand Lom- nicki zu unterst nur noch die lichtgrauen Mergelkalke der Kreide- formation, jener schon ohne die für die unteren Lagen charakteristi- schen Kieselgerölle und mit Zwischenlagen eines schiefrigen, lichtgrün- lichgrauen Kalkmergels, in welchem ausser undeutlichen wulstförmigen Resten auch verdrückte Exemplare von Rhynchonella octoplicata vor- kommen. Noch höher folgt weisse Kreide, manchmal hart und licht- gelb werdend, aber auch dann undeutliche Fischschuppen führend. Noch höher und unmittelbar unter dem Diluvialschotter erscheint sowohl bei Dolhe als auch im unteren Theile des Stryhancerthales, stets die höheren Thejle des Gehänges einnehmend, ein fester und harter zerklüfteter Kalkstein, dem von Olejowa ähnlich und daher wahrscheinlich auch tertiär, was sich jedoch hier, da sein unmittel- bares Liegendes nicht sichtbar ist, nicht mit Gewissheit entscheiden lässt. Schon bei Stryhance selbst nimmt die weisse Kreide den Grund des Thales ein und ist hier ziemlich reich an Feuersteinknollen, ob- wohl nicht in dem Grade, wie bei Olejowa.. An der Kirche von Stryhance ist sie in mehreren Wasserrissen deutlich entblösst, horizon- tal geschichtet, mit Zwischenlagen von Feuersteinknollen, jedoch ohne Versteinerungen, mit Ausnahme einiger unbestimmbarer Reste von Pecten oder Spondylus und von verwitterten, ursprünglich verkiesten Spongien. Die oberste Lage der Kreide wird hart, grünlichgrau, rost- braun gefleckt, schiefrig und sehr zerklüftet, enthält winzige Glaukonit- körner, Bruchstücke von Inoceramus, Ostrea und Echiniden, endlich Foraminiferen. Diese oberste Kreidelage wird von Diluvialgerölle und sandigem Lehın bedeckt. Höher hinauf im Thale von Rozniow tritt Gyps im unmittelbaren Niveau des Baches auf, und bildet am rechten Ufer desselben mehrere Meter hohe Wände, im Bache selbst liegen Bruchstücke eines gelblich- braunen dichten und harten Kalksteins, demjenigen ähnlich, welcher bei Olejowa über dem Gypse vorkömmt, ferner Bruchstücke eines porösen Kalksteins, der sehr an manchen Süsswasserkalk erinnert, doch wurde weder der eine noch der andere dieser Kalksteine an- stehend gefunden. Noch höher im Thale in Mitowanic und Olszanica sieht man keine Entblössung, blos eine dicke Lage von Dammerde, unter welcher hie und da etwas Lehm hervorsieht. Von Milowanic geht der Weg über eine ziemlich bedeutende Höhe nach Tysmienica, welche Stadt an dem Flüsschen Worona liegt, dessen Bett von dem der Bystrica bei Stanislau nur durch sehr unbedeutende aus Lehm bestehende Erhöhun- gen getrennt ist, welche dem allgemeinen Charakter der Gegend als einer ausgedehnten, von den beiden Bystrica-Flüssen und der Worona durchströmten Ebene keinen Eintrag thun. Wenn wir nun die Resultate der obigen Untersuchungen zusam- menfassen, so sehen wir an dem Östrande der beschriebenen Gegend die letzten Ausläufer der in Podolien weit verbreiteten devonischen Sandsteinformation im oberen Theile des Zlota Lipathales bei Korzowa Da [21] Die Gegend von Nizniow etc. 339 und Zawadowka eine noch etwas weiter nach ‘Westen vorgeschobene kleine Parthie bilden und hier von einem braunen, schr harten und festen, stark bituminösen Dolomit bedeckt, der bis jetzt an keinem an- deren Punkte Galiziens bekannt ist, und dessen wenige und schlecht erhaltene Fossilreste, unbestimmbaren Korallen angehörend, wohl keine genaue Altersbestimmung zulassen, welche ich jedoch auf Grund der darin vorkommenden Stromatoporen noch der Devonformation beizählen zu müssen glaube. Darauf liegt nun eine, fast das ganze beschriebene Territorium einnehmende Kalksteinformation, aus licht gefärbten, theils grauen, theils gelblichen, manchmal dolomitischen, immer deutlich geschichteten Kalksteinen bestehend, an der Tanutynska göra durch das Auftreten von Gyroporellen und in Bukowna durch eine ziemlich reiche Fauna von Gasteropoden und Acephalen, ohne alle Cephalopoden, und fast ohne Brachiopoden, charakterisirt, deren Reste nur als Steinkerne und Abdrücke erhalten sind und im zweiten Theile dieser Abhandlung be- schrieben werden. Bedeckt wird dieser Kalkstein durch der Genomanbildung ange- hörende Conglomerate und Mergelkalke, welche ihrerseits von weisser Kreide mit Feuersteinen und von Tertiärbildungen überlagert werden. Wir haben demnach bei Bestimmung des Alters der erwähnten Kalksteinbildung die Wahl zwischen Kohlenkalk, Trias und Jura, denn an Zechstein ist wohl nicht zu denken, und da schon der allgemeine Charakter der Fossilreste auch den Kohlenkalk ausschliesst, so bleibt ohne genauere Bestimmung der Fossilreste nur die Möglichkeit, dass diese Kalkbildung der Trias ceder dem Jura, oder endlich der untersten Stufe der Kreideformation, dem Neocomien, angehöre. Das Vorhandensein der Gyroporellen spricht für Trias, da dieses Genus bis nunzu nur aus der Trias bekannt ist. Auch die übrigen Fossilreste lassen sich mit dieser Annahme wohl vereinigen, wenn auch deren Erhaltungszustand nur selten eine genauere Vergleichung mit schon bekannten Arten zulässt. Bis jetzt habe ich von den durch mich untersuchten (ungefähr 40) Arten nur folgende mit bereits bekannten vergleichen können : Spiri- ferina palaeotypus vor. acrorhyncha Loretz, Ostrea cf. Schübleri Alb., Pecten cf. Cainalli Stoppani, Pecten cf. Liscaviensis Giebel, Hinnites comtus Gf., welcher aber, wie im Allgemeinen alle hiesigen Fossilreste, bedeutend kleiner ist, als die mit ihnen verglichenen Vorkommnisse anderer Gegenden, Myophoria orbicularis Bronn? Nucula elliptica Gf., Actaeonina scalaris Laube, Turbo gregarius Gf., Turritella excavata Laube, Turbo cf. fasciolatus Münst. und Nerinea Mathioli Stopp., einige andere Nerineen lassen sich mit keiner bekannten Art identifici- ren, es sind diess gerade die grössten der von Bukowna bekannten Fossilien, und zwar nur als Steinkerne und Abdrücke erhalten; da sich aber von den letzteren sehr gute Guttapercha-Abdrücke nehmen lassen, . welche die Oberfläche der zerstörten Schale genau wiedergeben, so lässt sich deren Verschiedenheit von den bereits bekannten Species deutlich erkennen. Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1877. 27. Band. 3. Heft. (A. v. Alth.) 44 340 Dr. A. v. Alth. [22] Für Jura, und zwar weissen Jura spricht nur die äussere Aehn- lichkeit mancher Nizniower Triaskalke mit manchen Jurakalken; da aber andere Varietäten wieder sehr an Muschelkalk, insbesondere an Schaumkalk erinnern, und die Fossilreste, ausser dem Vorkommen der Nerineen, welche aber auch in manchen Triasbildurgen nicht selten sind, gar keinen Anhaltspunkt zur Vergleichung mit weissem Jura bieten, so glaube ich meine Eingangs erwähnte Ansicht aufrecht er- halten zu müssen, dass wir es hier mit einer triadischen Bildung, und zwar mit Muschelkalk zu thun haben. Welcher Stufe des Muschelkalkes aber die Nizniower Kalksteine entsprechen, lässt sich bei der geringen Anzahl der vergleichbaren Arten nicht genau feststellen. Krakau, im Juli 1877. Fig. Fig. Tafel IIL 1. Prososthenia Suessi n. sp. a) in natürl. Grösse, b) und c) 3mal vergrössert. 2, „ 5 »„ Exemplar mit stärkeren Rippen; a) in natürl. Grösse, b) 3mal vergrössert. . 3 und 4. Prososthenia erassa n.8p., 3 mit schwächeren, 4 mit stärkeren Rippen; a) in natürl. Grösse, b) 3mal vergrössert. . 5 und 6. Prososthenia nodosa n. sp., 5 mit schief verlaufenden Rippen; a) in natürl. Grösse, b) 3mal vergrössert. . 7. Prososthenia retieulata n. sp., &) natürl. Grösse, b) u. c) 3mal vergrössert. . 8—10. Neritina Neumayri n. sp. natürl. Grösse, b) und c) 2mal vergrössert (verdrückte Exemplare). . 11. Neritina Neumayri n. sp. (?), &) in natürl. Grösse, b) 1'!/,mal vergrössert (abgerolltes Exemplar). . 12. Neritina Neumayri n. sp., ideale Reconstruction nach dem verdrückten Originale und gewissen Varietäten der lebenden Ner. danubialis c. Pfeiff. sp. (v. carinata). N . 13—16 Melania macedonica n. SP. 13a) u. 16a) in natürl. Grösse. 13b) u. c) 1'/,mal vergrössert. 16 b) 3mal vergrössert. 14 u. 15 natürl. Grösse. (14 grösstes Exemplar.) Leo Burgerstein. Jungtert. Süsswasserbild$n.v. Veskueb. Taf.ll. b / 13. 2° fh W.Liepoldt del.&lith.. „ 2 Lith.Ansty.Appel & C? Wien Jahrbuch der kk Geologischen Reichsanstalt. Bd. XXVII. 1877. 3 F £ x F ” 10% = a 3 * un . 2; - Er | x = \ u i i . : 4 1 . 27 Pr k - e a, Wr u Fe s Pe ’ ’ E ri ’ K e - 1 Ä ı | +, ; a ’ j" - Fe \ u.’ Bi . ö \ iz ö Dr.V.Hilber.Miocänschichten v.Gamlitz. Tafel IV VryvvyYV, Fr KV Zr; r’r BEE ie z, #4 ET vr/r . vrir v vy/’ Yıy,b,ryvı c re RG vrvvyevY Erklärung akionken bBerg hold.s Weingarten c Schacht im Grubthal d Kalksteinentblössung va e/hirschmanns Steinbruch # Lop pis Steinbruch & Imasers Steinbruch h Naders Steinbruch. Buchstaben: Labitschberg Grubthal: Komilitzbach. Reztneibach Murthal TE { H ONE Zrrr EIFTE Yr tl Varyıı Er, r, ß Hirn WIPEFFLFEET A yyy,% ver Brei HFVF III ErE YrrriWYrsrrrr yYrKryYt we Erratische Blöcke NUN N N N a | Zeithakal GGG Lehm Tegel VNN vv Conglomerat u. Sandstein. lerithlensand. Labitschber 8 — Kohle Die punctirten Umrisse sind megen unzureichender Äufschlüsse ungenau. Geologische Karte der Umgebung von bamlitz. 2. WM... 2.3:3 DIVVOH 1977 Erklärung zu Tafel I (Jahrb. Taf. V). Seite Fig. 1. Nautilus fugax Mojs. vom Wege nach der Solschedia . 22 [292] a) Rechte, b) linke Seitenwand, c) vordere oder Mün- dungsansicht mit nach Messungen construirtem Durch- schnitte des Schlussstückes, d) Ansicht des besterhal- tenen Theiles der Convexwand im Mittelstücke des letzten Umganges. $ Fig. 2. „. „ Hoernesin: fvom Kreuzber&.\.-.. 2... 1.0 „2619861 a) Rechte Seitenwand, b) Convexwand Fig. 3. (P)\SP-. v0B St. Martindr. 09% ee Fig. 4. Turbonilla montis erueis n. f. vom Kreuzberge N .. .. 43. [813] a) Natürliche Grösse, b) Vergrösserung Ch). Fig. 5. 5 sp. vom Kreuzberg. . 44 [314] a) Natürl. Grösse, b) Rückseite und ) Mündungs- seite vergrössert ( ZUM Fig. 6. Natica cadorica n. f. vom Kreuzberg . re, OR a a) Natürl. Grösse, b) Mündungsansicht u. c) Pie.icd; » . Pusiuncula n. f. von St. Martin . . 48 [318] a) Nat. Grösse, b) Mündungsansicht, e) Convexseite, vergrössert (°/,) Fig. 8. „..18P,.cf. cadorica von St. Martin... ERTL EN A TE a) Nat. Grösse, b) Spiralansicht, vergrössert. Fig. 9. ? Pleurotomaria sp. von St. Martin. . ER as | a) Seitenansicht, b) Nabelansicht Fig. 10. Serpula sp. von St. Martin a) Nat. Grösse, Di und 27 Ver- grösserung (*/,) - ; . 14 [284] Fig. 11. Archaeoeidaris ladina n. f. von $t. Martin . . 48. [318] a) Seitenansicht des Basalstückes eines Stachels, b) Ansicht von unten. Fig. 12. N ER c) mittlere Bruchstücke von Stacheln mit verschiedener Stellung der Dornen a Fig. 13. X sp. a) Basalstück eines stärkeren Stachels von der Seite, b) Durchschnitt über dem Kragen, .c derselbe vergrössert . . ER: Fig. 14. “ sp. a) und b) Mittelstücke von stärkeren Stacheln mit verschiedener Stellung der Dornen . . er Fig. 15. n sp. a) Seitenansicht, b) "Durchschnitt des Basal- theils.einer abweichenden oder abnormen Kerm.i... 1, Fig. 16. n sp. von Burgstalleck. Abgewittertes grös- seres Bruchstück im Gestein . . a Fig. 17. 5 sp. Stachelfragment einer dornenfreien Varie- tat mit Spitze... Va 6. Stache. Zur Fauna der Bellerophonkalke Südtirols. Taf]. Taf.V. W.Liepoldt del.&lith. Lith.Anst.v. Appel &Comp.Wien. Jahrbuch der kk.6eologischen Reichsanstalt. Bd. XXVII. 1877. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. 1: [71 Erklärung zu Tafel II (Jahrb. Taf. VI). Nautilus erux. n. f. vom Kreuzberg . 5 a) Rechte Seitenwand, b) ee Be Seite, c) Durchschnitt des Gehäuses nach Messungen über den Dornen des besterhaltenen Mittel- stückes des letzten Umganges. Bellerophon Vigilüi n. f. aus dem St. Vigiler Wald .. a) Mündungsansicht des Kittabdrucks, b) des Steinkerns, c) Convexseite des Steinkerns, d) linke Nabelseite des Steinkerns. ir Janus n. f. von St. Martin . i a) Convexseite, b) linke Nebelsette de Brain: kernes einer unsymmetrischen Form. A Ulriei n. f. von St. Jakob in Gröden Convexansicht mit erhaltener Schale. 5 peregrinus Laube von St. Jakob in Gröden a) Rechte Seiten-, b) Mündungsansicht des Kitt- abdrucks, c) Convexseite, d) Rechte Seitenan- sicht des Steinkerns. 5 sp. cf. Ulriei von St. Martin i a) Convexansicht, b) linke Seite eines oh lich zu Bell. Ullrici gehörigen Steinkernes. e Sextensis n. f. vom Kreuzberg bei Sexten . a) Convexansicht, b) Mündungsansicht, c) linke Seitenansicht, d) Schalenstück mit Kiel ver- grössert. “ cadoricus n. f. vom Kreuzberg bei Sexten a) Convexansicht, b) Mündungsansicht, c) rechte Seitenansicht, d) Schalenstück mit Kiel ver- grössert. # fallax, n. f. von St. Ullrich in Gröden . - Rechte Seitenansicht eines Steinkernes mit len weise erhaltener Schale. Seite 19 [289] 28 [298] 37 [307] 33 [803] 31 [801] 34 [304] 34 [304] 29 [299] 37 [807] Ya 6. Stache. Zur Fauna der Bellerophonkalke Südtirols. Taf. W.Liepoldt del. & lith. Lith. Anst.v.Apoel &Comp.Wien. Jahrbuch der Kk.Geologischen Reichsanstalt. Bd. XXVII. 1877. k Gümbel. 1D „10: ie.14: Erklärung zu Tafel III (Jahrb. Taf. VII). Nautilus erux. n. f. vom Kreuzberg . ” Convexseite des Taf. I. Fig. 1 abgebildeten Exemplares. Sebedinus n. f. aus dem Pitzbach bei Sebedin in Gröden . . a) Seitenansicht, ») ‚Convexansicht, e) natürlicher Durchschnitt. Bellerophon Jacobi ec. f. hiuleus Sow. von St. Jakob in Gröden. )) a) Seitenansicht, b) Mündungsansicht. sp. von St. Christina in Gröden ausgewitterte Mündungsansicht im Gestein. Gümbeli n. f. von Bad Bergfall . . . f a) Mündungsansicht, b) natürlicher Durchschnitt. comelicanus. n. f. vom Kreuzberg, Südseite a) Mündungsansicht, b) Convexansicht, c) Seiten- ansicht. pseudohelix n. f. vom Kreuzberg, Südseite a) Mündungsansicht, b) Convexansicht, c) rechte, d) linke Seitenansicht. Mojsvari n. f. vom Kreuzberg, Südseite. a) Mündungsansicht, b) Convexansicht, c) Seiten- ansicht. sp. sp. Natürliche Durchschnitte im Gestein . a) von Bad Bergfall zu? Bell. Vigilii, b) von Burgstalleck zu? Bell. Gümbeli, c) von Prämorang. Murchisonia tramontana n. f. vom Kreuzberg, Südseite. a) Rückseite, b) Durchschnitt. Catinella nov. gen. depressa Gümbel sp. von St. Martin Natica comelicana n. f. von der Südseite des Kreuzberges. a) Mündungsseite, b) Convexwand, c) Spiralwand d) Vergrösserung eines Stückchens der Schalen- oberfläche von a) aus der Nähe des inneren Mundrandes, e) detto von c) aus der Nähe der Suturlinie. a) Mündungsansicht, b) Convexansicht, e) Spiral- ansicht, d) Vergrösserung eines Stückchens der Schalenoberfläche. Seite 19 [289] 20 [290] 30 [300]. ” ” 35 [305] 38 [308] 39 [309] 40 [310] 42 [312] 44 [314] 46 [316] Anmerkung: Alle auf den 3 Tafeln abgebildeten Exemplare befinden sich im Museum der Geologischen Reichsanstalt; nur Fig. 11. Taf. III. ist im Besitz von Herrn Oberbergrath C. W. 6.Stache. Zur Fauna der Bellerophonkalke Südtirol's Taf. Taf. Vi. W.Liepoldt del.alith. 33 Litf.Anstv.Appel & 0° Wien Jahrbuch der kk Geologischen Reichsanstalt.Bd.XXVII. 1877. | _ Verlagsbuchhandlung von R. Schultz & Comp. (Berger- Levrault’s Nachfolger) ‚in n Strassburg: Abhandlungen zur geologischen Specialkarte von Elsass-Lothringen. I. ‚Bd. 1. Heft. Einleitende Bemerkungen über die neue geologische Landes-Auf- nahme von Elsass-Lothringen. — Verzeichniss der mineralogischen und geo- logischen Literatur, zusammengestellt von E. W. Benecke und H. Rosenbusch. 4. I-XXVI und S. 1-77. — Preis: M. 3.25. » 2. Heft. Die Steiger Schiefer und ihre Contactzone an den Granititen von Barr-Andlau und Hohwald, von H. Rosenbusch. XXVII-XXIX und S. 79-393, En Mit einer geolog. Kartenskizze und 2 lith. Tafeln. — Preis: M. 12.50. Ba „ 8. Heft. Das Gneiss-Gebiet von Markirch im Ober-Elsass, von P. Groth. Sr S. 394-489. Mit einer geologischen Karte und 2 Profilen. — Preis: M. 5. „». 4. Heft. Ueber die Trias in Elsass-Lothringen und Luxemburg, von E. W. | Benecke. (Unter der Presse.) Verlag v. Alfred Hölder, k. k. Hof- u. Univers.-Buchhändler in Wien, Rothenthurmstrasse 15. Die Insel Reunion (Bourbon) im indischen Ocean. ' Mit einem Anhange über die Insel Mauritius von Dr. Richard v. Drasche. zen einem Earbondraok,. 7 heliographischen, 2 photolithographischen, 8 lithographischen Tafeln und 12 in den Text gedruckten Holzschnitten. er % Preis 10 fl. = 20 Mark. Ein wissähschaftlichen Prachtwerk ersten Ranges mit zahlreichen Kunstdruck-Tafeln und _ Illustrationen von vollendeter Ausführung, gehört dasselbe unbedingt zu den wichtigsten Publi- cationen auf dem Felde der Geologie und wird umsomehr die Blicke der gelehrten Welt auf sich ziehen, als der Gegenstand desselben eines der interessantesten und merkwürdigsten, aber wegen j" seiner insularen ZiEe nur selten von- Forschern besuchten Gebiete des Erdballs ist. DIE EUGANEEN. Bau und Geschichte eines Vulcanes von Dr. Eduard Reyer, Docent an der Universität in Wien. Mit einer Karte. 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Zur Kenn der. chemischen Ausamnenstzung des ni Von C Doelter BE Be ee x Se * Ba bis Ende September. 1877, —_ ee, Vivian e in Säugethierknochen. aus dem Laibacher Torfmoor. — Bemerkung zu den. Beiträgen zur. Mineralogie des Fassa- und Fleimserthales GB P > £ “ Re N L Ta 54 5 ES \ F KR - ; c #N PR ; WERT: &i Br 2 N a £3. IE EEE u ’ ! “ & } 6 BZ ar TR ne gr re BETTER Er a Sa es / \ ! \ b Re 5 jr e Kr = ; = @ Br! BR a > P a At Ak, Er 2. ER, Sr Te 7 BE Hare f e Unter der ERREBE: Ku BR ZU re KERLE 1877. XXVIL Band. Be JAHRBUCH DER K. K. GEOLOGISCHEN REICHSANSTALL, 5: Nr. 4 Oktober, November, Dezember. en E ? Ausgegeben am 1. Februar 1878. JAHRBUCH KAISERLICH - KÖNIGLICHEN -BEDLOBISCHEN REICHSANSTALT. _ JAHRGANG 1877. XXVII. BAND. ao, 4. OCTOBER, . NOVEMBER, DECEMBER. RE ; Mit 4 Holzschnitten. Erz Dr. Gust, Tscher mak, Mineralogische enger. VII. Band, 4. Heft). aan: WIEN, 1877. i - 20 ALFRED HOLDER K.._ K.HOF-. UND UNIVERSITÄTS-BUCHHÄNDLER. Rothenthurmstrasse Ih. Druck von J. ©. Fischer & Comp. Wien. - Preis pro Band (4 Hefte): 8 fl. — Einzelne Hefte 2 fl. 50 kr. Oe. W. Abhandlungen der k. k. geologischen BERN: Band I. Mit 48 lithographirten Tafeln ER n ” ” nt ae} ar IL Saar OBER ee EM y ö L “ iz „ IH. nd ee a aß Der dritte und vierte Band enthalten ausschliesslich: % Pe Dr. M. Hörnes. Die fossilen Mollusken des Tertiärbeckens von Wien. Abhandlungen der k. k. geolog. Reichsanstalt. Band V. Mit 43 lith. Tafeln Koameieh, Heft 1. Dr. M. Bunzel. Die Reptilfauna der Gosauformation in ‚der Neuen Wel Wr.-Neustadt. Mit lithogr. Tafeln ... ...% 2. ex Heft 2. Dr. M. Neumayr. Die Cephalopodenfauna. der "Dolithe ‚von-Balin. ‚bei Krakau, Mit 7 Dthogr.- Taleln nr ers EL N Bee > ankserh.e Heft 3. Dr. @. C. Laube. Die Echinoiden der_Österreichisch-ungarischen. oberen Tertiäi ‘ ablagerungen. Mit 4 lithogr. Tafeln... . 2.2. #. 2 u... EN Heft 4. Dr. A. Kornhuber. Ueber einen fossilen Saurier. aus Besind‘ ar 2 ithogr. Doppeltateln si FERTETST ee ee Tr a alie: Heft 5. A. Redtenbacher, Die re "der £ osauschichten in. den nordöst- lichen Alpen. Mit 9 lithogr. Tafela .. . EEE ke Heft 6. Dr. M. Neumayr. Die Fauna der Schichten” mit: Aspidoceras Bun 1ithogr. Taten Au Tau te er FRE Abhandlungen der k. k. geolög. Reichsanstalt. Band YL z 2 t Dr. Edn. v. Mojsisovies. Das Gebirge um Hallstatt. 1. Theil. Die. Mollusken-Faumen der Ziem bach- und Hallstätter-Schichten. E he Heft 1. (Orthoceras, Nautilus, Lytoceras, SPhyldcerds, Pinacoceras, Sageceras, Arcestes 3 2 Mit 33 thogr. Tafeln -'.-..... 2. ms Ba a AR ER Re i Heft 2. (Arcestes, Didymites, Zobites). Mit "38 lithogr. Tafeln,. . SB u Abhandlungen der k. k. geologischen Reichsanstalt, Band SALES: : Heft 1. Dr. Alois v. Alth. Ueber die „paläozoischen Gebilde ‚Podoliens und deren Ver- steinerungen. I. Abtheilung. Mit 5 lith. Tafeln... .. we TR ee Heft 2. Dr. Edn. v. Mojsisovics. Ueber die triadischen Peiecypoden-Gatiungen Daonella und? ZHalobia. Mit 5:Hth. Tateln re ne a RSTEETE ee en 6 Heft 3. Dr. M. Neumayr u. €. M. Paul. Die Congenien- und Paludinenschichten Slavoniens. * Mit 10-lithogr. Tafeln... 2 re a RER N Nez Heft 4. Vacek, M. Ueber Sstarreiahische Masthäonien: Mir 7. Nithogr. _Doppeltafeln Sn Abhandlungen der k. "k. geolog. Reichsanstalt, Band VIH. (Complet)... x... EN Heft 1. D. Stur. Die Culmflora des mährisch- ‚schlesischen Dachschiefers. Mit 17 ee: Tatelnz-N. Sr rege EEE Rein 23:28 m Heft 2..Stur, D. Die Culmflora der Ostrauer nnd Waidenburger Schichten. Mit 30 Tafeln 40% ” Abhandlungen der k. k. geolog. Reichsanstalt. Band IX. (Complet) .».. 2... 2. 20 2... 36 „ Enthält: Karrer, F. Geolögie der Kaiser Franz Josefs-Hochquellen „Wasserleitung. ” Mit 20 TaSSla en a Re DE ae Ep in. Be en 3, -— Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt 1850, 1852, 1859, ABO1T 13687 Sa Pro Ba. 8:5 5.25. a EST RITA RR a Se General-Register der ersten zehn Bände... ....1,„8 5 2 der ra XI—XX und der Jahr- % Zänge 860-1870 der" Verhandlungen RE Te RE ED RER RE TER 10 5 Verhandlungen der k. k. geologischen Reichsanstalt. 1867—1877. . = eK DO: Sanrang & 8» Kenngott, Dr. G. A. Uebersicht der Resultate mineralogischer Forschungen in den Jahren 1844— BR 1849. Herausgegeben von der k. k. geologischen Reichsanstalt . .. . 2. .n.. 2, u... 2 „ Uebersicht der Resultate mineralogischer Forschungen in den Jahren 1850 und LBS EER „ Uebersicht der Resultate mineralogischer Forschungen in dem Jahre 1852 . 2. ...... Cutalog der Ausstellungsgegenstände bei der Wiener Weltausstellung 1873. ...... 5 Fuchs Th. Geologische Karte der Umgebung Wien’s. Mit einem Heft Erläuterungen und 'arei lich, a TEILE IT Fr A ee ER REIT TIERE BE PER Tee ET Hauer, Fr. v. u. Neumayr, M. Führer zu den Heoursfonen der Döntsphen geolog. Gesellschaft nach der Sösen- Versammlung. in Wien 1877: 2 7 0 a a ee Eee ee ‘ Haidinger, W. Naturwissenschaftl. Abhandl. Gesammeltund durch Subseript. herausgegeben. I. Bä.. m. 30 lith. Tafeln 18 fl. 92 kr., III. Bd. mit 33 lith.. Taf. 21 f.,IV. Bd. m. 30 lith. Taf. .. „ Berichte über die Mittheilungen von Freunden der Naturwissenschaften in „Wien. ‚Gesammelt und durch Subscription herausgegeben. 6 = III. Bd. 3 fl. 52 kr.,IV. Bd, 2 fl. 80 kr., V. und VI. Bd. & 1 fl. 60 kr., VII. Bd. 2 fl. 42 kr.‘ n n » n > n h n ee N n Verlag von A. Hölder, k. k. Hof- u. Universitäts-Buchhändler in Wien. - Geologische Uebersichtskarte der Oesterreichischen Mona chie, nach den Aufnahmen der k. k. geologischen Reichsanstalt bearbeitet von Franz Ritter v. Hauer complet _ j 45 Blatt I Titelblatt. Blatt H Böhmen* ».... ... . vn... BE Es » HI-Westkarpathen, einzeln .« .. .... RS VERA EE > „. IV Ostkarpathen, einzeln ..... RENTE EEE Be BE 6 DR a RE RER A a 2 nV Westliche Alpenländer, nein FR Re SER ee 7m G »...-V1.Oestliche Alpenländerz; einzeln 3. 7.2 vr Au an He re ee x n.. VII Ungarisches Tiefland, einzeln ....... ne Eee n.= VOI- Siebenbürgen, einzeln 2%. u rn a acer a ae ADS REE 2 ee en n IX Farbenerklärung, einzeln... ........ ET TER TEE Se „2 »X Dalmatien, einzeln; a DE nu ar ER ee a Se R » ‚XI und XII Vergleichende Formationstafel* ....... ET ER” en ? * ; Werden nicht getrennt abgegeben. = ASIEN seine Zukunftsbahnen und seine Kohlenschätze. E > 5 Von Ferdinand v. Hochstetter, EERERE Präsident der k. k. geographischen Gesellschaft in Wien. a RE Mit einer Karte. Preis 3 8. 50.kr. = 6 Mark. | | A Verlag y. Alfred Hölder, k, k. Hof- u. Univers-Buchhändler in Wien, Rothenthurmstrasse 15. a de Es Be : BEE rt ei: u 27. Band. 1877. J AHRB UCH IV. Heft. DER KAIS. KÖN. GEOLOGISCHEN REICHSANSTALT. Zur Theorie der Entstehung der Salzsteppen und der angeblichen Entstehung der Salzlager aus Salzsteppen. Von Dr. Emil Tietze. Kaum beginnt die Anschauung des Freih. v. Richthofen über die suba@rische Art der Entstehung des Löss sich den wohlverdienten Eingang unter den Geologen zu verschaffen, als wir bereits einer weit- gehenden Anwendung dieser Auffassung auf einem etwas anderen Ter- rain begegnen, wie es denn häufig geschieht, dass Parteigänger einer neuen Lehre ein schnelleres Marschtempo annehmen, als diess vielleicht von dem Urheber der Doctrin erwartet wurde. Mein geehrter Freund, Hr. F. PoSepny, hat kürzlich einige Bemerkungen „zur Genesis der Salzablagerungen, besonders jener im nordamerikanischen Westen“ (Sitzb. d. Akademie d. Wiss. Wien 1877) veröffentlicht, welche in dankenswerther Weise einige neue Gesichts- punkte eröffnen, unter denen die Entstehung der Salzsteppen betrachtet werden kann, welche jedoch in der Verallgemeinerung, die der Ver- fasser seinen Schlüssen sowohl in Bezug auf Salzsteppen anderer Länder, als namentlich auch in Bezug auf die Lagerstätten von Stein- salz in älteren Gebirgen gibt, ich darf wohl sagen, mehr überraschen als überzeugen. Der von allen Fachgenossen hochgeschätzte Name des Herrn Ver- fassers, die Stellung des Organs, in welchem seine Bemerkungen publi- ceirt wurden, sowie der Umstand, dass Hr. PoSepny in der letzten allgemeinen Versammlung der deutschen geologischen Gesellschaft noch- mals auf seine Hypothese zurückkam, gestatten nicht, über den Ge- genstand stillschweigend hinwegzugehen, sondern rechtfertigen vielmehr ein specielleres Eingehen auf denselben. Gleichzeitig mag ein Theil der folgenden Zeilen als ein Beitrag zur Kenntniss eines der wichtigeren unter den bekannten Salzsteppen- Gebieten betrachtet werden, nämlich der persischen Salzwüsten. PoSepny bespricht die abflusslosen Salzsteppen im Westen der Jahrbuch d.k. k. geol, Reichsanstalt. 1877. 27. Band. 4. Heft. (Dr. E. Tietze.) 45 342 Dr. E. Tietze. [2] Vereinigten Staaten und die Salzwasser-Ansammlungen in jenen Ge- bieten, zu denen beispielsweise der grosse Salzsee von Utah gehört. Das Salz jener Steppen und Seen aus der Eindampfung von Meeresarmen abzuleiten, hält der Verfasser aus guten Gründen für durchaus unmöglich, etwa abgesehen von dem südcalifornischen Becken. Namentlich wird hervorgehoben, dass einmal die Terrain-Verhältnisse jener Hochländer gegen einen einstigen Zusammenhang der genannten Salzbecken mit dem Meere sprechen, und dann, dass Meeres-Bildungen im westlichen Nordamerika nur bis zur Eocänperiode reichen. Bi$S zu diesem Punkt seiner Darstellung ist es erfreulich, in den Beobachtungen des Verfassers die Bestätigung einer Theorie zu finden, welche durch v. Richthofen zuerst im Grossen für die Salzsteppen Tibets begründet und beispielsweise auch von Stache für die sog. Schotts der tunesisch-algerischen Sahara insofern vertheidigt wurde, in- dem sich dieser Forscher wenigstens gegen die Annahme eines histo- rischen Zusammenhanges dieser Schotts mit dem Meere aussprach. Zu einer ganz analogen Ansicht konnte ich mich in einem in unseren Verhandlungen allerdings nur sehr kurz resumirten Vortrage in der Sitzung der geologischen Reichsanstalt vom 20. Februar 1877 für die Salzsteppen des iranischen Hochlandes bekennen. Es sei mir gestattet, bei diesem Gegenstande mit einigen Zeilen zu verweilen, theils um im Hinblick auf etwa polemisch klingende Sätze meiner spä- teren Ausführung zu zeigen, dass ich a priori weit davon entfernt bin, ein Gegner der Theorie vom Absatz aus der Atmosphäre zu sein, theils weil es sich, wie PoSepny selbst betont, hier um ein allgemeines, in mehreren Erdtheilen auftretendes Phänomen handelt, dessen Beurthei- lung also ebenso gut von asiatischem Boden aus erfolgen kann, als vom Standpunkte eines Beobachters im westlichen Nordamerika. Ueber die persischen Steppen hat Freiherr v. Richthofen in dem nunmehr. erschienenen ersten Bande seines Werkes über China aus den ihm zugänglich gewesenen Beschreibungen Persiens eine zu- treffendere Ansicht sich gebildet, in der Art, wie er sie mit den Salz- steppen des eigentlichen Central-Asien vergleicht, als es die einiger Beobachter war, welche an Ort und Stelle Gelegenheit hatten, die Sache zu studiren. Buhse (Bull. soc. nat. Moscou 1850, p. 559) glaubte in einem Salzsee der persischen Salzwüste die Reste eines vormaligen grösseren Binnenmeeres zu erblicken. Beim Schwinden der Gewässer hätte sich ein Ueberrest derselben an der tiefsten Stelle gesammelt und sich so in der Folge der Salzsee gebildet. Für diese Vermuthung, meinte Buhse, liesse sich noch Manches anführen. Leider wurden die Gründe oder Beobachtungen, welche mit diesem „Manches“ gemeint sein können, nicht enthüllt. Auch Trautschold (Ueber seculäre Hebungen und Senkungen der Erdoberfläche, Moskau, Bull. soc. nat. 1869, p. 22) hielt den salzhaltigen Lehm der Ebene von Jesd für einen alten Meeresboden; ich will nicht entscheiden warum, vermuthlich jedoch eben jenes Salzgehaltes wegen, in ähnlicher Weise, wie auch Schmick (Die Aralo-Kaspi-Niederung, Leipzig 1874) auf den Salzgehalt der turkmenischen Steppen, als auf einen Beweis früherer Meeresbedeckung der letzteren einen, wie ich glaube, zu grossen Werth legt. [3] Z ur Theorie der Entstehung der Salzsteppen etc. 343 Ueber das Stück echten Wüstenbodens, : welches man zwischen Haus i Sultan und den südlich davon folgenden Hügeln von Pul i dalek, am Wege von Teheran nach Kum antrifft, und welches dort einen nach Westen vordringenden Busen der grossen nordost-persischen Wüstendepression bildet, weiss der Chevalier Lyclama a Nijeholt in seiner touristisch gehaltenen Reisebeschreibung (voyage en Russie, au Caucase et en Perse, Paris und Amsterdam, 2. Bd., 1873, p. 365) Folgendes zu erzählen: „Ich wanderte durch eine vollkommen dürre Ebene. Man nennt sie die Wüste von Khaver. Ehemals gab es der Sage nach dort einen See oder vielmehr ein Binnenmeer desselben Namens. Heute findet sich dort nichts als eine weite, mit Salz ge- mischte Erdfläche, auf der man weder Sträucher, noch überhaupt Pflanzen wahrnimmt.“ Ich muss gestehen, “dass ich von jener Sage nichts gehört habe.") Die Angabe des Chevalier dürfte auf einem Miss- verständniss beruhen, was mir um so wahrscheinlicher ist, als das Wort Kevir oder Khaver gar keine specielle Bezeichnung ist, sondern im Persischen so viel wie Salzwüste überhaupt bedeutet. Es kann desshalb auch nie ein See oder ein Meer (im Persischen dario) den Namen Kevir geführt haben. Man ist manchmal zu wenig kritisch in der Wahl von Beweisen, um einer, wie ich gern glauben will, optima fide angenommenen Hypothese Beifall zu verschaffen. Besonders hervorheben muss ich hier ferner die Ansichten Blan- ford’s, welcher vor einigen Jahren ganz Persien vom persischen Golf bis zum caspischen Meere zu bereisen Gelegenheit hatte, und über die Oberflächenabsätze (superficial deposits) des persischen Plateaus im Quaterly journal (1873, p. 493) berichtet. | Blanford nimmt an, dass Persien einen Uebergang von einem feuchten zu einem trockenen Clima durchgemacht hat. Mit Hebungen von Theilen des Plateaus seien seine früher nach dem Meere offenen Flussthäler in geschlossene Becken umgewandelt worden, in welchen sich grosse Seen von brakischem oder salzigem Wasser ansammelten. Später habe sich der Regenfall und der Niederschlag aus der Atmo- sphäre vermindert und die Seen seien eingetrocknet und zu Wüsten geworden. Die Bildungen, welche heute den Wüstenboden erfüllen, werden demgemäss als Absätze aus jenen Seen betrachtet. In einer kleinen, dem Aufsatz im Quaterly journal beigegebenen Karte werden grosse Theile von Persien als solche alte Seebecken markirt. Alle diese Vorgänge wurden als der jüngsten geologischen Zeit angehörig betrachtet. Es kann uns nicht Wunder nehmen, wenn solche Ansichten über 1) Glücklieher in dieser Beziehung scheint der spanische Reisende Figueroa gewesen zu sein (Don Garcias de Silva Figueroa Castiliano ambassade en Perse, traduit de l’espagnol par Wicgfort, Paris 1667, p. 57—59). Er hörte in Tangotolan (nach Ritter, 8. Bd., p. 751, das heutige Tangh i Dolon) von einem Armenier die Geschichte von einer berühmten persischen Frau erzählen, die vor alten Zeiten, als noch Wasser das Innere Iran’s bedeckte, einen Bergdurchschnitt gemacht haben soll, um dieses Meer ablaufen zu lassen. Diese Frau soll zur Zeit des Reisenden noch in ganz Persien ungemein verehrt worden sein. Mir scheint indessen, dass solche Märchen nicht recht zu Anhaltspunkten bei Lösung naturwissenschaftlicher Fragen benützt werden dürfen. 45* 344 Dr. E. Tietze. [4] die Natur der Salzsteppen Griesebach (Vegetation du globe traduit par Tehihatcheff p. 675) zum Theil unter speciellem Hinweis auf Blanford zu der Bemerkung führten, dass Steppen- und Wüsten- pflanzen desshalb geologisch so wichtig seien, weil sie in Gegenden wüchsen, die das Meer erst in allerjüngster Zeit verlassen habe, und dass dieser Umstand einer so rasch erfolgten Ansiedelung einer ganz eigenartigen Flora gegen die Descendenz-Theorie sehr schwer in’s Ge- wicht falle. Die Anhänger der Descendenzlehre können sich aber Glück wün- schen, wenn sie kein grösseres Hinderniss wegzuschaffen haben, als diesen Einwand Griesebach’s, denn dieser Einwand fällt, wenn man die irrigen Voraussetzungen desselben beseitigt, und wenn man sich den v. Richthofen’schen Anschauungen über die Entstehung der Salzsteppen anschliesst. Ueberhaupt würde man sich ja den Wechsel zwischen Meeresgrund und Steppenboden nicht als einen urplötzlichen vorzustellen brauchen. Es gibt gar keinen irgendwie stichhältigen Beweis dafür, dass die persischen Salzsteppen in geologisch jüngster Zeit vom Meere be- deckt gewesen seien. Die Anhänger dieser Meinung können sich eben nur auf den Salzgehalt des Bodens berufen, und fragen in der Regel nicht, ob denn dieser Salzgehalt nicht auf andere Weise dem Boden übermittelt sein kann. Die Beispiele jedoch, die wir von solchen Punkten kennen, wo sich das Meer sogar erst in historischer Zeit vom Lande zurückgezogen hat, zeigen uns, dass der Boden an solchen Stellen, die noch vor kaum 2000 Jahren vom Meere bedeckt waren, nicht die Spur eines auf Meeresrückstände zurückzuführenden Salzgehaltes besitzt. Ich sah wenigstens bei Ephesus in Klein-Asien, wo das Meer seit der Zeit des Apostels Paulus sich weit von der alten Küstenlinie zurückzog, nichts davon. Aehnliches gilt für die Gegend von Ravenna. Seiner Zeit habe ich bereits betont (Verhandl. R.-A. 1877, p. 66), dass es in Persien einen scharfen Unterschied zwischen der Salzwüste und den übrigen, gewöhnlich nicht mehr mit diesem Namen belegten Theilen des iranischen Plateaus nicht gibt, insofern einmal die Sen- kung des Terrains östlich der Linie Teheran-Kaschan unter die Durch- schnittshöhe des Plateaus eine sehr allmählige ist, und insofern an- dererseits Salzausblühungen auch schon in den höher gelegenen Theilen des Plateaus angetroffen werden. Auch von einer absoluten Vegeta- tionslosigkeit in der Salzwüste kann man kaum sprechen. Die meist nur im ersten Frühjahr grünenden und sonst verdorrten vereinzelten Krautbüschel, die in der persischen Landschaft, wie ein englischer Rei- sender (Augustus Mounsey, a journey through the caucasus and the interior of Persia, London 1872, p. 25) sich bezeichnend aus- drückt, nur dazu beitragen, die braune Farbe derselben noch brauner und ihre Oede noch öder erscheinen zu lassen, sind wohl noch sel- tener und stehen in noch weiteren Abständen von einander, als sonst, allein der Hauptunterschied zwischen der Wüste im eigentlichen Sinn des Wortes und den übrigen Theilen der persischen Landschaft südlich vom Alburs liegt nur darin, dass durch Zunahme des Salzgehaltes in jenen Depressionen, deren Bewohnbarkeit für den Menschen unmöglich wird, denn während einerseits ein geringer Salzgehalt der Fruchtbar- [5] Zur Theorie der Entstehung der Salzsteppen ete. 345 keit des Bodens keinen Abbruch zu thun scheint, wie diess die bereits der Salzwüste sehr genäherte Ebene von Veramin beweist!), und wäh- rend durch menschliche Thätigkeit Oasen in der Landschaft geschaffen werden können, so lange die einzelnen Plateautheile noch hoch genug liegen, um den künstlichen Irrigationscanälen der Perser einen Abfluss zu gestatten, und so eine partielle Entsalzung des Bodens herbeizu- führen, so wird andererseits bei den tiefsten Stellen des Plateaus, die nach keiner Seite hin mehr Wasser abgeben können, eine Entsalzung natürlich unmöglich sein. Die tiefsten Stellen der Salzwüste Persiens haben in keinem Fall mehr als 2000 Fuss Seehöhe, während die Durchschnittshöhe des Pla- teaus zu 4000 Fuss angenommen werden kann. Würden nun Salzefflorescenzen für ehemalige Meeresbedeckung beweisend sein, dann müsste man sich consequenter Weise entschliessen, auch die höheren und höchstgelegenen Theile des Plateaus als dilu- vialen Meeresgrund anzusehen, denn solche Ausblühungen finden sich schon bei den Ruinen von Rei unweit Teheran in mehr als 3000 Fuss, und bei Isfahan in mehr als 4000 Fuss Seehöhe, ja sogar die etwa 6000 Fuss über dem Meere liegende Ebene von Sultanieh ist davon nicht frei. Endlich sind dieselben nicht allein auf die Hochebenen beschränkt, sondern bedecken stellenweise auch die Flanken der Gebirge. Das Meer oder die Salzseen würden also dann viel weiter verbreitet ge- wesen sein, als diess auf der Blanford’schen Karte ange- nommen wird. Es müsste das ganze persische Plateau in seiner vollen Ausdehnung und der bedeutenden Höhendifferenzen seiner Theile wegen vielleicht auch mit ungleicher Intensität vor Kurzem dem Meere ent- stiegen sein, und doch fehlen namentlich in den eigentlichen Wüsten- gebieten alle Absätze, welche die Spuren eines postpliocänen Meeres verrathen würden (nicht eine Muschel!), und ebenso wenig finden wir in der Tektonik des persischen Hochlandes einen Anhaltspunkt für solche gewaltige und eventuell ungleiche Niveau-Veränderungen jüngster Zeit. Die Gebirge, welche heute dieses Hochland umgrenzen, waren nicht blos in der Diluvialperiode schon vorhanden, sondern zum Theil sogar schon in der älteren Tertiärperiode und noch früher markirt. Sicher ist, dass der Alburs schon zur Zeit der Ablagerung des per- sischen Steinsalzes in der miocänen, vielleicht sogar oligocänen Periode einen Grenzwall zwischen dem caspischen Meere und den Landschaften des heutigen Plateaus gebildet hat, was hier näher auszuführen mich allerdings zu weit führen würde. Also an einen Zusammenhang der heutigen Plateaugebiete mit dem diluvialen Meere ist nicht zu denken. Blanford meint allerdings (l. c. p. 501), die Erhebung der süd- 1) Ueber die Anwendung des Salzes als Dünger sind nach dem journal of horticulture von Peligot verschiedene Versuche gemacht worden, welche z. B. er- gaben, dass bei Cerealien das Salz die Halme stärkt und auch auf die Ergiebigkeit der Aehren wirkt. In den Niederlanden, wo die Erbsencultur so ausgedehnt ist, gilt die Anwendung von Salz für diese Cultur gewissermassen als unumgänglich nothwendig (Hannover’sches Wochenblatt für Handel und Gewerbe, Jahrgang 1874, p- 354). Im Allgemeinen ist freilich die Anwesenheit von Natronsalzen im Boden mehr schädlich als nützlich. Auch für die Flachsfelder soll übrigens Kochsalz- düngung zu empfehlen sein (Steirischer Landbote 1874, p. 30). 346 Dr. E. Tietze. [6] persischen Gebirge könne wohl nicht in alte Epochen hinaufreichen, weil dort Ketten von 10,000 Fuss Höhe aus Nummulitengesteinen be- stünden, und weil die Gyps führenden Schichten, welche jünger als die Nummulitenbildung seien, in einer Höhe von 7000 Fuss über dem Meere und die sogenannten, wahrscheinlich pliocänen Makrän-Bildungen bei- nahe dieselbe Höhe erreichten; allein das beweist doch noch nicht, dass zur diluvialen Periode eine offene Communication der heutigen persischen Hochthäler mit dem Meere statthatte. Wenn Blanford seiner Annahme von ehemals mit Abfluss be- gabten, später abflusslos und brakisch gewordenen grossen Süsswasser- seen Eingang verschaffen wollte, dann müsste doch ebenfalls erst ge- zeigt werden, wo dieser Abfluss statthaben konnte. Die betreffende Lücke der persischen Gebirgsumwallung ist aber noch nicht gefunden, so wenig wie die Spuren der alten Wasserläufe, in welchen der Abfluss stattgehabt hätte. Der einzige Fluss, welcher heute die nörd- liche Gebirgsumwallung Persiens durchbricht , ist der Sefid rud (Kysil Usen). Nun aber liest das Wassergebiet dieses Flusses dort, wo es noch dem Plateau angehört, selbst in seinem Thallaufe durchschnittlich um einige tausend Fuss höher als die Depressionen der nordostpersischen Salzwüste, und wird ausserdem durch den relativ zwar niedrigen, aber doch an 5000 Fuss absoluter Meereshöhe errei- chenden querstreichenden Gebirgsriegel westlich Kaswin von den öst- lichen Theilen des Plateaus getrennt. Ueberdiess fehlen dem persischen Plateau gerade so wie die be- treffenden marinen Ablagerungen auch die diluvialen Süss- oder Brack- wasser-Absätze, welche sich doch finden müssten, wenn Blanford’s Meinung die richtige wäre. Die angetroffenen Bildungen sind vielmehr suba@rischen Ursprungs. Nicht genug kann betont werden, dass das persische Plateau kein Plateau im tektonischen Sinne des Wortes ist, etwa wie das Plateau der Rauhen Alp in Württemberg oder gewisse Tafelländer des südlichen Afrika, sondern dass das Material jener Hoch- ebenen ein Ausfüllungsmaterial ist. Das persische Hochland wird von mehreren mehr oder minder ostwestlich streichenden Hügelketten oder Gebirgen durchzogen, welche stellenweise auch durch quer gestellte Bodenanschwellungen miteinander verbunden sind. Die Zwischenräume dieser Ketten stellen weite, oft sehr regelmässig sich abdachende, gegen die Mitte flacher werdende Mulden vor, welche von einem der Quarternärzeit angehörigen Material erfüllt sind. Dieses Material bewirkt die Ausgleichung der Oberfläche und den Plateaucharakter. Es besteht gegen die Gebirge zu aus grö- berem Gebirgsschutt, weiter abwärts ist es mehr erdiger Beschaffen- heit, enthält aber immer noch kleinere kantige Fragmente von Ge- birgsschutt beigemengt, und wird endlich in der Muldenmitte ein bald mehr sandiges, bald mehr lehmiges Terrain, das in den meisten Fällen eine lössartige Bildung vorstellt. „Wasser hat,“ wie ich mich schon in jenem Vortrage (Verh. 1877, p. 66) ausdrückte, „einen nur ge- ringen Antheil an der Bildung und Ablagerung dieser Massen gehabt, welche die Zwischenräume zwischen den parallelen Gebirgsketten ausfüllen.“ Die geringe Rolle, welche Flüsse im persischen Hochplateau spielen, fällt jedem Reisenden auf, dies hebt Blanford selbst hervor. Es [7] Zur Theorie der Entstehung der Salzsteppen etc. 347 gibt weite Zwischenräume zwischen einzelnen Gebirgsketten, welche gar kein Flussbett, nicht einmal ein trockenes aufweisen. Wenn man also beim europäischen Löss insofern viel eher an Flussabsätze denken konnte, als man wenigstens Flüsse zur Disposition hatte, so fällt das in Persien von selbst fort. Die aus den Gebirgen tretenden Bäche verschwinden meist nach kurzem Laufe, einige wenige grössere Wasseradern abgerechnet, und ausserdem trägt die uralte, durch die Nothwendigkeit dictirte Sitte der. Bevölkerung das aus den Gebirgen kommende Wasser in ein ver- zweigtes System von Wasserleitungen zu vertheilen, noch mehr zu dem Verschwinden der Flüsse bei. Stellenweise kommt dabei die Natur der Thätigkeit des Men- schen direct zu Hilfe. So zeigt der Südrand des Albursgebirges un- mittelbar an den Punkten, wo etwas grössere Flüsse aus dem Gebirge hervor- und in die Hochebene treten, eine eigenthümliche Erschei- nung, nämlich die deltaartige Vertheilung dieser Flüsse in zahlreiche Arme. Gute Beispiele hierfür sind der Keretschfluss bei Suleimanieh, der Dschedscherud, und in grossartigem Massstabe der von Firuskuh kommende Hablerud zwischen Kischlak und Aradan, östlich der sog. caspischen Thore, endlich auch der Delitschai. Diese Flüsse bewegen sich bei ihrem Austritt nach dem Plateau keineswegs, wie viele unserer Gebirgsflüsse, in einer beiderseits von Diluvialterrassen umgebenen Thalfurche weiter, sondern sie bilden plötz- lich ein breites Schotterterrain, einer sehr flach geneigten Schutthalde ähnlich, über welches dann die einzelnen, sich gleich anfangs thei- lenden Flussarme hinweglaufen, meist ohne sich sehr tief einzu- schneiden. Beiläufig bemerkt, sah ich am Südrande des östlichen Kaukasus ein ganz ähnliches Verhalten mancher Flüsse, so an dem Flusse, den man westlich Schuhmacha zwischen Achson und Kululi passirt, dann am Goktschai, an dem Flusse östlich der Poststation Kach, dem Flusse zwischen Gulluk und Sakatale, und namentlich an dem Flusse von Sakatale selbst. So erklärt es sich auch aus all dem Erwähnten, dass die per- sischen Lössplateaus nur wenig von Einschnitten durchzogen sind, so dass die natürlichen verticalen Aufschlüsse in diesem Terrain der Zahl nach sehr beschränkt sind. Horizontal auf der Oberfläche allerdings ist bei der Kahlheit und Nacktheit des Landes der Wechsel der Bodenarten nach den Gebirgen zu sehr genau zu verfolgen. v, Richthofen (l.c.p. 78) hat die Oberflächenform der flachen, von Kamm zu Kamm sich ausdehnenden abflusslosen Lössmulden der Mongolei dadurch charakterisirt, dass er die Form des Querschnittes der Oberfläche mit einem schlaff zwischen zwei Punkten gespannten Seile vergleicht. Dasselbe Verhältniss findet man in Persien wieder. Gerade diese äussere Form der Ablagerung aber ist es, welche an sich schon den Gedanken, dass wir einen Meeresboden vor uns hätten, aus- schliesst. So drängt uns Alles den lössartigen Bildungen Persiens denselben Ursprung zuzusprechen, wie denen China’s. Auch hier spielen Sand- stürme eine solche Rolle, dass es dem Geologen sozusagen leichter 348 Dr. E. Tietze. [8] wird, an den Absatz fester Theilchen aus der Atmosphäre zu glauben, als in Europa. Der Himmel wird von diesen Sandstürmen oft derart verfinstert, dass man, am Fuss eines Gebirges befindlich, dieses letztere kaum mehr wahrnimmt. Die feinen Staubtheile dringen in solchen Fällen sogar in geschlossene Räume, in die Zimmer der Häuser ein, alle Gegenstände mit einer dickeren oder dünneren Staubschicht bedeckend. Ich erinnere ausserdem an die zahlreichen oft riesigen Sandhosen, welche selbst bei ziemlich ruhiger Atmosphäre allenthalben in den per- sischen Steppen entstehen und in langsam fortschreitender Bewegung über dieselben hinwegziehen, um endlich beim Verschwinden ihr Sand- und Staubmaterial abzusetzen. Wer in Persien reist, wird nicht selten die eigenthümliche Erscheinung wahrnehmen, dass entferntere Gebirge an ihrem Fuss von einem breiten weisslichen, nebelartigen Streifen ein- gesäumt sind, welcher oft das Gebirge von der vorliegenden Ebene zu trennen scheint, so dass man glauben könnte, die Gebirgsketten stünden in der Luft. Diese Erscheinung ist nicht mit der sonst auch in jenen Gegenden vorkommenden Luftspiegelung zu verwechseln. Es ist der sog. trockene Nebel (brouillard sec), welcher durch zahlreiche feine, in der Luft suspendirte Staubtheilchen gebildet wird. Der Analogie wegen hoch interessant ist es in A. v. Humboldt’s Reise in die Aequi- noctialgegenden (deutsch von Hauff, 2. Bd., p. 258) zu lesen, was der grosse Forscher über ein ähnliches Phänomen in den ebenen Steppen von Caracas berichtet. „Die Luft war rein und der Himmel tief blau, aber den Horizont säumte ein blasser gelblicher Schein, der ohne Zweifel von der Menge des in der Luft schwebenden Sandes herrührte.“ Pottinger (trav. in Beloochistan and Sinde, London 1816, p. 132) beobachtete in den Sandwüsten Beludschistans, dass besonders um die Mittagszeit sich ein dichter Sandnebel auf der erhitzten Wüstenfläche erhob, der eine auf- und absteigende Bewegung zeigte. Der Atmo- sphäre sind in solchen Gegenden also beständig feste Theilchen bei- gemengt, die im gegebenen Falle zum Absatz gelangen können. Nirgends kann man sich dem Eindruck verschliessen, dass der gröbere, der feinere Gebirgsschutt und: der Löss, welche Bildungen die Plateautheile zwischen den Gebirgszügen ausfüllen, sich gegenseitig vertreten, dass es verschiedene, in einander übergehende Facies einer und derselben Epoche sind, und zwar einer Epoche, die bis in die Ge- genwart fortdauert. Die Zerstörung der älteren Gebirge und die Zerlegung ihrer Ge- steinsschichten in Gebirgsschutt schreitet auch in einem so trockenen Clima, wie dasjenige Persiens ist, beständig fort. Die Gebirge sind an ihrem Fuss von riesigen Schutthalden umsäumt, ja an manchen Punkten, obschon dieser Fall zu den selteneren gehört, erblickt man anstatt der vorstehenden Felsmassen bis an den Kamm hinauf aus- schliesslich Zerstörungsproducte, so dass das Gebirge in seinen eigenen Schutt eingehüllt erscheint. Ein deutliches Beispiel hierfür bietet uns die östliche Verlängerung des Schemirangebirges bei Teheran, welche man im sog. Kotel-Kutschik (kleinen Pass) überschreitet, um in’s obere Dschedscherud-Gebiet zu gelangen, und in ähnlicher Weise ist wohl auch eine Beobachtung Filippi’s (note di un viaggio in Persia, [9] Zur Theorie der Entstehung der Salzsteppen etc. 349 (Milano 1865, p. 255) hierher zu beziehen, welcher auf seiner Reise nach dem Demavend hinter Afdscheh auf die Höhe eines riesigen Bergrückens gelangte, die ganz aus unzusammenhängenden und bunt durcheinander gemischten Schuttelementen bestand. Auch an andern Stellen will Filippi ähnliche Trümmerbildungen angetroffen haben, von denen er ausdrücklich hervorhebt, dass sie mit Eiszeitspuren nichts zu thun haben. Wie sollten solche Detritusmassen, welche sich nir- gends an ihrer oberen Grenze an alte Uferlinien binden, sondern stets von den betreffenden Gebirgsketten abhängig erscheinen, mit Seebecken in Zusammenhang gebracht werden ? Das hat Blanford selbst nicht gethan. Die Massen von Ge- birgsschutt am Rande der Gebirge einerseits und der breiten Hoch- thäler des Plateaus andererseits wurden von ihm sehr wohl beobachtet. Er beschreibt eine Stelle am Wege von Bam nach Kerman, wo der Weg zwischen Ragyin und Mohun auf einen 9000 Fuss hohen Pass führt. Aufstieg und Abstieg sind dort sehr allmählig, da das Terrain daselbst aus Schutt und Thon besteht, während zu beiden Seiten des Passes Ketten von Kalkstein und andern Felsarten aufsteigen. Der englische Geologe war nun geneigt, diesen Randbildungen von Schutt eine andere Entstehung zuzuschreiben, als den Ausfüllungen der Mitte der Depressionen. In dem berührten Falle dachte er an Gletscher- wirkungen, in den meisten Fällen (l. ec. p. 498) scheint er jedoch an- zunehmen, dass durch Verwitterung (by chemical agency or the action of frost) an den Flanken der Berge sich Gesteinsbrocken ablösen, welche aber nur so weit nach der Mitte der Becken transportirt würden, als die Neigung der Gehänge noch steil genug sei, diess zu ermög- lichen. Auf diese Weise bildeten dann diese Schuttmassen randliche Zonen, während die Mitten der Becken als von Seeabsätzen ausgefüllt gedacht wurden. Gerade diese Bildungen in der Mitte der Depressionen (d.h. die persischen Lössbildungen) lassen sich aber in ihrer Betrachtung von den Randbildungen gar nicht trennen, und nimmt man, wie diess Blanford schliesslich doch im Ganzen für den Detritus am Rande der Depressionen thut, eine subaörische Entstehungsweise für die einen an, SO muss man sie auch für die andern gelten lassen. Die Regelmässigkeit, mit der so viele, namentlich niedrigere, Gebirgszüge des Plateaus?) mit sanft geneigten Schutthalden nach beiden Seiten abfallen, ist in der That für jene Gegenden eine bezeichnende Erscheinung. Der landschaftliche Charakter solcher Gebirgsabhänge, welche nur wenig durch Buckel oder Unebenheiten unterbrochene schiefe Ebenen mit nach abwärts flacher werdendem Fallwinkel bilden, lässt sich allerdings mit Worten kaum genügend beschreiben, muss 1) Von diesen niedrigeren Höhenzügen ist namentlich der von Kenarigird oder der Hügelzug von Pulidalek ein gutes Beispiel. Bei anderen Gebirgen, wie am Südabhange des Schemiran bei Teheran, wird die Regelmässigkeit der Schutthalden durch zahlreiche Erosionsfurchen gestört. Der Schemiran ist jedoch einer der höchsten Kämme Persiens, welcher einen grossen Theil des Jahres hindurch Schnee. trägt. Es ist natürlich, dass beim Schmelzen der Schneemassen sich solche Erosionsfur- chen bilden. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt. 1877. 27. Band. 4. Heft. (Dr. E. Tietze.) 46 350 Dr. E. Tietze. [10] aber jedem aufmerksamen Reisenden sofort auffallen. Man möchte den Zustand dieser Gebirge mit einem langsamen, allseitigen, gleichmäs- sigen Auseinanderfliessen vergleichen. Dieser Vergleich ist nicht so unzulässig, wie er auf den ersten Blick scheinen könnte. Wenn man zugestehen muss, „dass keine Felsart der gesammten Erdoberfläche absolut starr sei* (Suess, Ent- stehung der Alpen, p. 65), wie uns das allenthalben die oft bis in den kleinsten Massstab durchgeführten Faltungen von Schichten be- weisen, dann wird für eine aus losen, unverbundenen Elementen zu- sammengesetzte Masse, wie es der Gebirgsschutt ist, erst recht eine gewisse Nachgiebigkeit gegen solche continuirlich wirkende Kräfte, die eine andere Vertheilung dieser Masse anstreben, zu erwarten sein. Die leichte Verschiebbarkeit der Molecüle einer Substanz bewirkt den Aggre- gatzustand, den wir den flüssigen nennen. In einem Schuttterrain aber stellen die einzelnen Gesteinsstückchen desselben die gegenseitig leicht verschiebbaren Elemente der Masse vor. Eine solche Bildung wird sich tiefer gelegenen Stellen der Oberfläche gegenüber in einem langsam zähflüssigen Zustande erhalten, ähnlich, wenn der Vergleich nicht etwas hinkt, wie sich die an sich starren Eismassen der Gletscher in einer langsam fliessenden Bewegung befinden. Theodor Fuchs (Ueber eigenthümliche Störungen in den Tertiärbildungen des Wiener Beckens und über eine selbstständige Bewegung loser Terrainmassen, Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1872, p. 310) kam zu der Ueberzeugung, „dass es in der Natur eine bisher entweder vollständig übersehene, oder doch lange nicht in ihrer vollen Wichtigkeit gewürdigte, einzig und allein durch die Schwerkraft bedingte selbstständige Bewegung loser Terrainmassen gebe, die bald mehr rollend, bald mehr gleitend nur mit dem Fliessen eines Schlammstromes oder der Bewegung eines Gletschers verglichen werden könne.“ Gegen die Mitte nun solcher Depressionen, wie die in Rede stehenden, deren Ränder mehr von gröberem Schuttmaterial einge- nommen werden, erscheint, wie schon hervorgehoben, der Löss, welcher das letzte Zerstörungsproduct der Gebirge abgibt, und dessen Oberfläche hauptsächlich der Ort für die zahlreichen Salzefflorescenzen der Salz- wüste ist, abgesehen von den Stellen, wo eine leicht bewegliche Flug- sandbildung mit ihren Dünen der Gegend mehr den Charakter einer ächten Wüste aufdrückt, wie beispielsweise an gewissen Stellen zwi- schen Veramin und dem Siakuh. Nur nebenbei sei hier des Um- standes gedacht, dass man in solchen Dünen häufig wirkliche Schich- tung bemerkt, welche dem Löss zu fehlen scheint. An den tiefsten Stellen solcher Wüstenbecken bildet sich nun auch wohl unter günstigen Umständen, wenn ein Fluss seinen Weg bis dorthin findet, ein in seinem Wasserstande je nach den Jahreszeiten sehr veränderlicher See, dessen Ränder während der heissen Zeit von einem schlammigen, mit dicken Salzkrusten bedeckten Boden umsäumt sind, wie der See, den ich südlich von Siakuh bemerkte, hierfür ein Beispiel ist, während an manchen Punkten die tiefsten Stellen der Depressionen höchstens von einem kothigen Terrain mit einigen Salz- tümpeln markirt werden, denn die Flüsse gelangen, wie oben dargelegt, [11] Zur Theorie der Entstehung der Salzsteppen etc. 351 selten mit nennenswerther Wassermenge bis zu den Tiefen der Depres- sionen. Die Feuchtigkeit oder das Wasser in den Depressions-Tiefen ist desshalb häufig nur Sickerwasser. Dass solches Sickerwasser in der That vorhanden, beweisen verschiedene Brunnengrabungen. Der ganze, aus der Umgebung den Depressionen zugeführte Salz- gehalt, dessen Herkunft wir später besprechen werden, muss denselben, sofern sie abflusslos sind, verbleiben, und da das Salz nicht bloss rein mechanisch zusammen mit den andern Bodenbestandtheilen von den Gebirgen nach den Plateautiefen transportirt wird, sondern nament- lich im Winter, wenn der Boden durch Regengüsse, bezüglich Schnee- fälle erweicht wird, in Lösung übergeht, und dann besonders von den Sickerwässern stets nach den tieferen Stellen geführt wird, also schliess- lich rascher seinem letzten Bestimmungsort zueilt, als die erdigen, nur mechanisch fortbewegten Bodentheile, so ergibt sich die zunehmende Versalzung der Depressionen des persischen Plateaus von selbst. Diejenigen Efflorescenzen, welche sich noch ausserhalb der tiefst gelegenen Stellen der Plateaumulden beobachten lassen, bezeichnen ge- wissermassen die Zwischenetappen der von den Gebirgsrändern be- ständig nachrückenden Salze, welche erst in den tiefsten Depressionen am Ziel ihrer Wanderung anlangen. Das Hervortreten des Salzes an der Oberfläche ist bei einem porösen Boden dann einfach Folge einer Capillaraction. Ist also einmal- die Configuration geschlossener Terrainbecken gegeben, und ist in der Umgebung der letzteren Salz in irgend welcher Form vorhanden, dann hat man in keiner Weise nöthig, von Meeres- armen oder plötzlich abgesperrten Seen zu reden, dann hat man auch nicht nöthig, wie es Blanford that, grosse climatische Wechsel für jene Gegenden anzunehmen. Die Mächtigkeit des persischen Steppenlöss kann keine geringe sein, wenn man die Breite der Thaldepressionen, in welchen er. auf- tritt, sowie den Neigungswinkel der Gebirgsabhänge gegen diese Thäler in Betracht zieht. Nun lässt aber die Anwesenheit mächtiger Löss- absätze, nach den Ausführungen v. Richthofen’s zu urtheilen, viel eher auf ein trockenes, als auf ein feuchtes Clima für die Epoche von deren Bildung schliessen. Für Deutschland scheinen die Untersuchungen Nehring’s (siehe Nature, Nummer vom 5. Juli 1877, p. 195), der bei Westeregeln eine ausgesprochene Steppenfauna auffand, einen neuen Beweis dafür zu liefern, dass zwischen der Eiszeit und der Jetztzeit in welche Zwischenperiode der Schwerpunkt der dortigen Lössbildung fällt, ein Steppenclima bestand. Aus der Natur der Beckenaus- füllungen selbst wird man also in Persien auf die lange Dauer eines dem jetzigen ähnlichen Climas in der Diluvialzeit schliessen dürfen. Gemäss den Erzählungen alter Schriftsteller, meint Blanford (l. ce. p. 500), sei es höchst wahrscheinlich, dass die Bevölkerung Per- siens vor 2000 Jahren bedeutend grösser war als heute, und dass es damals mehr cultivirten Boden gab als gegenwärtig. Die Gegend sei also fruchtbarer gewesen, wohl in Folge von grösseren Regennieder- schlägen. Auch der Ausrottung der Wälder könne ein Antheil an der 46* 352 Dr. E. Tietze. 1 2] zunehmenden Verschlechterung des Bodens zugeschrieben werden. Ueber- haupt habe wohl im Allgemeinen in Central-Asien ein climatischer Wechsel stattgefunden seit der Zeit, als die grosse Ebene nördlich Persien unter Wasser war, als das schwarze, das caspische Meer und der Aralsee vereinigt waren, und als, wie Loftus gezeigt hat, die Ebenen von Mesopotamien zum persischen Golf gehörten. Ich lasse hier vorläufig die Discussion der Frage bei Seite, was die grössere Verbreitung von Meeren in der Umgebung Persiens für Folgen in dessen Clima hätte haben können, obwohl wir heute wissen, dass selbst die unmittelbare Nähe des Meeres allein nicht ausreicht, aus einem trockenen Clima ein feuchtes zu machen, oder ein steriles Land in fruchtbaren Boden zu verwandeln (Beweis die kahle Ostküste des Caspisees, welche nach Wojekoff (Die atmosphärische Cireu- lation, p. 26) zu den fast das ganze Jahr regenlosen Gebieten ge- hört, und das nördliche Afrika); ich beschränke mich, dabei zur thatsäehlichen Berichtigung auf den Umstand hinzuweisen, dass der einstige Zusammenhang des caspischen Meeres zur Diluvialzeit mit dem schwarzen überhaupt eine unerwiesene Hypothese ist, deren Widerlegung wir bereits G. Bischoff (Chem.-phys. Geologie, U. Bd., p. 1539) verdanken, und die dann neuerdings auch von Neumayr dahin erläutert wurde, dass die Trennung des pontischen vom aralo- caspischen Gebiete schon in der Miocänzeit erfolgte (Verh. d. k. K. geol. R.-A. 1875, p. 32). Hingegen möchte ich auf die von Blan- ford ausgesprochene Vermuthung mit einigen Worten zurückkommen, dass die Abnahme der atmosphärischen Niederschläge, verbunden mit der Entwaldung, vielleicht schon seit historischer Zeit zur Veränderung des persischen Climas und der weiteren Eintrocknung der supponirten Wasserbecken beigetragen haben könne. Man hört auch sonst häufig die Meinung äussern, ein Volk, das im Alterthum so grosse Thaten vollbracht, wie das persische, müsse auch in besseren, der Cultur zugänglicheren climatischen Verhältnissen gelebt haben, und es ist eigenthümlich, wie schnell man immer bei der Hand ist, von den üblen Folgen der Entwaldung zu reden, die den Verfall des Landes zu einer Steppen- und Wüsten-Landschaft ver- mittelt habe. C. Fraas (Clima und Pflanzenwelt in der Zeit, ein Beitrag zur Geschichte beider, Landshut 1847) meinte von den alten Culturlän- dern, Persien, Klein-Asien, Syrien, Griechenland, Egypten, sie seien von der Civilisation ausgebeutet, ihr Clima sei in Folge dessen ver- ändert worden. Die gewaltige Woge der Civilisation, die sich von Östen nach dem Westen wälzte, habe eine Oede hinter sich gelassen, aus der keine Frucht der Natur und Humanität zur Reife gelangen könne. Mit der Verwüstung, insbesondere der Wälder, sei Trocken- heit und Dürre und eine totale Veränderung der Vegetations-Verhält- nisse eingetreten. Ich rede hier nicht von Klein-Asien und Griechenland, wo sich an gewissen Stellen noch heute sehr schöne Waldungen befinden, trotz der beständigen Waldverwüstungen, welche daselbst seit den ältesten Zeiten bis auf heute stattgefunden haben und stattfinden. Und doch hat Fr. Unger (Wiss. Ergebnisse einer Reise in Griechenland, Wien [13] Zur Theorie der Entstehung der Salzsteppen etc. 353 1862, p. 196) an vielen Beispielen nachgewiesen, dass „Griechenland schon ursprünglich ein wasserarmes Land war und sein Clima bis jetzt sich darin nicht wesentlich veränderte.“ In Egypten, dessen höherer Culturgrad in der Vergangenheit ja zweifellos ist, mussten, wie wir in der Bibel lesen, die Juden Stroh zum Ziegelbrennen benützen, woraus ein früherer Waldreichthum dieses Landes nicht eben hervorgeht. Für Persien dürfte es noch etwas schwerer sein, aus zuver- lässigen historischen Quellen nachzuweisen, dass die kahlen Gebirgs- ketten, die öden Hochebenen, die wir dort einen grossen Theil des Landes einnehmen sehen, jemals in historischer Zeit wesentlich anders ausgesehen hätten als jetzt. C. Ritter (Erdkunde, 9. Bd., p. 84) hat zwar gemeint, dass es einst am Elwend bei Hamadan Cedern- und Cypressen-Waldungen gegeben habe, deren Holz zu dem Prachtbau des von Polybius be- schriebenen Palastes von Ekbatana verwendet werden konnte. Nun, der Elwend ist auch heute noch so wasserreich, dass man sich mit einem solchen Gedanken allenfalls befreunden kann; aber es darf nicht übersehen werden, dass die Gegend bei Hamadan und gegen Kurdistan zu, dessen Gebirge auch heute noch mit Wäldern oder Ge- büschen geziert sind, zu einem climatisch von den übrigen Theilen des persischen Hochlandes verschiedenen, zum Theil kühleren Land- strich gehört, wie aus den Berichten verschiedener Reisender, unter Anderen auch des abenteuerlichen -Honigberger hervorgeht, der Persien von dieser Seite betrat und dort den Eindruck eines unfreund- lichen, Kalten Landes empfing. Abgesehen aber von solchen Einzelheiten beweist schon das von . Polybius (X, 28, 3) erwähnte eigenthümliche Gesetz über die Be- nützung der Aquäducte und die Bewässerung der Aecker, welches bei den alten Persern bestand, dass solche Wasserleitungen und solche Bewässerungen der Aecker sich schon im Alterthum als ebenso noth- wendig erwiesen haben, als heute, wo dort keine menschliche Ansied- lung ohne dieselben bestehen kann. Während aber bei den alten Persern solche Wasserleitungen gewissermassen prämiirt wurden, scheut sich heute jeder Bauer in Persien mehr zu thun, als für sein unmittelbar- stes Bedürfniss nöthig scheint, da Niemand gern für Andere arbeitet. Auch spricht Polybius (siehe Ritter 1. c. p. 467) bei Erwähnung des alten Hekatompylon (Gegend des heutigen Damghan), wo Alexan- der der Grosse bei seinem Zuge nach Indien einige Zeit weilte, direct von dem Wassermangel jener Gegend, welcher die Bewegungen einer Armee ausserordentlich erschwere, ein Verhältniss, wie es heute noch für Persien gilt, und sehr zutreffend durch den Ausspruch des preus- sischen Reisenden, Baron v. Thielemann, illustrirt wurde, Persien mit einer Armee zu erobern, sei unmöglich, mit einem Regiment schwer, mit einem Bataillon sehr leicht. Man kann sich hier wohl auch auf einen Ausspruch des Königs Cyrus (siehe Herodot, Ende des 5. Buches) berufen. Dieser König sagte den Persern, die ihn bereden wollten, den Schwerpunkt seiner Macht nach reicheren und fruchtbareren Ländern zu verlegen, es sei besser, in einem armen Vaterlande, als in Ländern zu leben, durch deren Ueberfluss die Bevölkerung verweichlicht und unkriegerisch 354 Dr. E. Tietze. [14] werde. Diess sieht nicht darnach aus, als ob Persien damals ein von der Natur sehr begünstigtes Land gewesen wäre. Wenn man jetzt altpersische Ruinen, z. B. die von Periaoe in verödeter Gegend findet, so geht daraus nicht hervor, dass die natür- lichen Bedingungen jener Gegend einst besser gewesen sind. In einer von Natur aus ungünstigeren Lage, als das heutige Teheran, ist nicht leicht eine grössere Stadt angelegt worden. Die Existenz-Möglichkeit in einer solchen Stadt ist eine künstlich geschaffene. Das war sie auch für die Orte altpersischer Pracht und Herrlichkeit. Jemand hat auch vor wenigen Jahren in der Monatsschrift für den Orient (Wien 1874) die sonderbare Ansicht ausgesprochen, dass gewisse Aschenhügel, die man in Persien antreffe, den Beweis für ehemalige Waldbestände in diesem Lande liefern. Ernsthaft ist so etwas kaum zu nehmen. Wer würde sich die Mühe geben, und wel- chen Zweck hätte es, die Asche etwaiger Waldbrände auf einen Haufen zusammenzukehren. Ich selbst habe Hügel, die ausschliesslich aus Asche bestünden, in Persien nicht beobachtet. Es kommen der- gleichen aber, wie es scheint, in gewissen Theilen des Landes wirklich vor. Für diese sind die Mittheilungen Blau’s (Petermann’s geograph. Mitth. 1863, p. 202) über dessen Reise in die Gegend des Urmiasees sehr lehrreich. Hinter Jawschanly sah dieser Reisende die Ruinen eines ganzen Dorfes und in dessen Ecken vier Aschenhaufen. „Wie solche Aschenhügel,* fährt Blau fort, „deren besonders häufiges Vor- kommen in diesen Theilen Aserbeidschans die Tradition, und manche gelehrte Reisende veranlasst hat, in ihnen Reste der Zoroastrischen Feuerverehrung zu erkennen, noch in neuerer Zeit entstehen, hatte ich bei dem nächsten Dorfe Hamzakend zu beobachten Gelegenheit. In den winterlichen Wohnhütten der Dörfler wird ein Loch in die Erde gegraben und 4—5 Fuss tief mit Scheiben getrockneten Mistes gefüllt, der einzigen Feuerung, die man heutzutage hier kennt. Im Frühjahr oder jedesmal, wenn sich zu viel Asche gesammelt hat, räumt man diese Oefen aus und schafft die Asche auf einen abgesonderten Platz ausserhalb der Dorfschaften. Durch fortgesetztes Wachsen während langer Jahrhunderte haben einzelne solcher Hügel einen bedeutenden Umfang erreicht. Sie sind so gewissermassen die sprechendsten Zeugen für das höhere oder geringere Alter einer Ortschaft und deren jewei- lige Grösse.“ Die Existenz solcher Hügel wäre also sogar ein directer Beweis für die seit längerer Zeit bestehende Holzarmuth der betreffenden Ge- gend, denn wenn die Bewohner derselben genöthigt sind, im Mist ein Ersatzmaterial für Holz zu suchen, so muss es mit der Reichlichkeit des letzteren schlecht bestellt sein. Ich erlaube mir, bei dieser Gelegenheit auf ein Analogon zu jenen Aschenanhäufungen im Gebiete der österreichischen Monarchie hinzuweisen. In der Bukowina habe ich in Dörfern der waldarmen Partien am Dniestr die Sitte gefunden, mit getrocknetem Kuhmist zu feuern, die Asche sodann aber auf einen dem ganzen Dorfe für diesen Zweck gemeinsamen Platz zu werfen. Auf diese Weise entstehen dort kleine Aschenhügel, welche, wenn diese Sitte einige Jahrhunderte hin- durch fortdauert, ganz respectable Dimensionen annehmen müssen. [15] Zur Theorie der Entstehung der Salzsteppen etc. 355 Ich bin natürlich weit davon entfernt, mit allen diesen Ausfüh- rungen beweisen zu wollen, dass überhaupt in historischer Zeit kein Rückschritt in der Cultur Persiens erfolgt sei. Mit Recht aber be- zeichnet es ©. Ritter (Erdkunde 9, p. 33) als lächerliche Uebertrei- bung, wenn der Dichter Nizami von der Zeit der Blüthe der Sassa- niden (4. Jahrh.) sagt, es hätten damals von Isfahan bis Rei die Häuser in dicht gedrängten Reihen gestanden. Auch in Bezug auf andere orientalische Quellen, welche im Preisen gewisser Länder voll überschwänglichen Lobes sind, wird man Vorsicht anwenden müssen. Milch und Honig fliessen nicht überall reichlich, und Phantasie ist eines der besten Erbtheile aller Orientalen. Aerger kann man z. B. der Wahrheit nicht in’s Gesicht schlagen, als mit dem noch heut in Persien üblichen Sprichwort, in Iran könne man keinen Schritt thun, ohne eine Blume zu zertreten, wo doch das vielgerühmte Land der Rosen sich als ein wahres Muster der Vegetationsarmuth und Ver- ödung präsentirt. Wohl sind die Zeichen des Verfalls in Persien unbestreitbar, aber dieser Verfall hat ganz andere Ursachen, als cli- matische Veränderungen, und wenn auch früher einige Procent der Areals in Persien mehr cultivirt waren, als heute, so spricht das höchstens für eine grössere Arbeitsamkeit und eine bessere Verwaltung in jenen Zeiten, aber das beweist noch immer nicht, dass das Land damals von Wäldern oder Süsswasserseen bedeckt war. Nehmen wir noch hinzu, dass auch die ältesten persischen Sagen (siehe Ritter 8, p. 418) den Gegensatz zu kennen scheinen, welcher auch heute noch in aller Schärfe zwischen den feuchten Küstenstri- chen am caspischen Meere und dem persischen Hochlande besteht, indem sie von den bösen Geistern (div’s) sprechen, welche in Masen- deran gegen Ormuzd aufstanden und selbst das Licht der Sonne be- kämpften (eine Anspielung auf die dort selten wie sonst in Persien wolkenlose Atmosphäre), dann dürfen wir glauben, dass seit Menschen- gedenken kaum ein erheblicher Wechsel in der Natur des Landes ein- getreten ist. Diese waldigen Küstenstriche am caspischen Meere, aus welchem Nadir Schah einst Holz zum Schiffbau bis Buschir bringen liess, weil es eben im ganzen übrigen Persien keines hatte, sind das Hyr- kanien der Alten. Strabo (11. 7. Cap. 2) setzt auseinander, wess- halb diess Land zu keiner seinem Naturreichthum angemessenen Gel- tung komme, denn alles Nachbarland (z&i A yarwv arası yapı Ansräv zal vonddoy usoen zur Epsutxs) sei voll von Räubern, Wanderhirten und Wüsteneien. Das verhält sich auch heute nicht viel anders. Ich weiss nun wohl, dass historische Zeitläufte gegenüber geolo- gischen Vorgängen wenig zu bedeuten haben, aber es handelt sich hier gerade um geologische Vorgänge der quaternären Epoche, und da mag die Berücksichtigung der angeführten Daten immerhin entschuldigt werden, umsomehr, als auch Blanford selbst von den Veränderungen seit historischen Zeiten gesprochen hat. Denen übrigens, die vom Eintrocknen früher grösser gewesener Seen in Persien reden, lässt sich sogar ein Fall entgegenhalten, der uns zeigt, dass in historischer Zeit daselbst möglicherweise ein See neu entstanden ist oder sich vergrössert hat. Ich meine den Bakh- 356 Dr. E. Tietze. [16] tegan-See, welchen, wie Ritter (l. ec. 8. Bd., p. 766) hervorhebt, weder Strabo noch Curtius kennen, obschon diesen Autoren die übrige Topographie des betreffenden Theiles von Persien sehr gut be- kannt war. Doch lege ich hierauf kein grosses Gewicht. Wollte man die Frage, ob in Persien in der Quartärepoche ein climatischer Wechsel von Bedeutung stattgefunden habe, in aller Con- sequenz weiter verfolgen, dann müsste man aueh discutiren, ob es dort eine Eiszeit gegeben habe oder nicht. Was Blanford von Spuren der Eiszeit in Südpersien gesagt hat, wird von ihm selbst‘ nur als blosse Vermuthung hingestellt. Für Nord-Persien, auf dessen höchsten Bergen wir heute wohl einige Schneefelder, aber kaum einen ächten Gletscher beobachten, ist es vielleicht meine eigene Schuld, die Schuld unzulänglicher Beobachtung, wenn wir heute von einer Eiszeit in Per- sien noch nicht mit genügender Sicherheit sprechen dürfen. Mir sind allerdings eigenthümliche Thatsachen bekannt geworden, wie das Vor- kommen grosser, gleichsam erratischer Blöcke auf den Schutthügeln bei Sergende nördlich Teheran, oder das Auftreten eigenthümlicher Schutt- terrassen in der Gegend des Demavend, ich sah sogar grössere Blöcke von Granit, der offenbar von dem 14,000 Fuss hohen Berge Tachti Soleiman kam, bei Hassankeif bereits im Bereich der von Jurasandsteinen gebildeten Berge unter Verhältnissen liegen, die mir diesen Punkt als den geeig- netsten für das etwaige spätere Studium der Frage erscheinen liessen, aber ich wurde vorläufig noch von keiner der genannten Erscheinungen mit zwingender Nothwendigkeit auf die Annahme einer Eiszeit im Alburs hingedrängt. Es würde zu weit von unserem Gegenstande ab- führen, wollte ich hier noch weitere Bemerkungen über diese frag- lichen Eiszeitspuren einschalten. Ich erwähne nur, dass ein italieni- scher Naturforscher (Filippi, note di un viaggio in Persia, Milano 1865, p. 255) zu der Ueberzeugung kam, dass man im Alburs ver- gebens nach solchen Spuren suchen würde, und wenn z.B. Cotta für den Altai und Hochstetter für den Balkan von einer Eiszeit nichts wissen, dann würde das Fehlen einer solchen im persischen Alburs weiter kein Befremden erregen. Sollte indessen wirklich einst ein derartiger Nachweis geführt werden, dann wäre damit freilich eine Aenderung in den Temperatur- und Feuchtigkeits-Verhältnissen des Gebirges seit jener Zeit erhärtet, dass indessen damit auch eine durchgreifende Aenderung im Steppenclima des persischen Plateaus zusammengehangen haben würde, ist noch nicht so sicher ausgemacht, wenn man bedenkt, dass die trockenen Steppen Tibets die Gletscherkette des Himalaya, oder dass die Steppen der Kalmücken den schnee- und eisbedeckten Kaukasus in der Nachbarschaft haben, ohne eben einen anderen, als den Steppencharakter zu besitzen. Während nun die Annahme einer Eiszeit die seitherige Zunahme der Wärme in Persien voraussetzen würde, so hat es sogar Stimmen gegeben, welche eine Abnahme der Wärme in diesem Lande haben darlegen wollen, und zwar seit historischen Zeiten. K. v. Baer (Dattel- palmen an den Ufern des caspischen Meeres, sonst und jetzt, melanges biologiques t. III) hielt die wenigen Palmen, welche man heute bei Sari in Masenderan und auf der Insel Aschuradeh bemerkt, für Reste einer früher weitverbreiteten Dattelzucht. Das Zurückweichen dieser, [17] Zur Theorie der Entstehung der Salzsteppen ete. 357 sowie anderer Fruchtbäume, z. B. des Oelbaumes im Gebiet des caspi- schen Meeres, liess ihn auf eine Abnahme der Wärme schliessen, welche er wieder dem Erlöschen der vulcanischen Thätigkeit in jener Gegend zuschrieb. Man wird indessen diesen Ansichten gegenüber sich ebenso reservirt verhalten dürfen, wie wir gegenüber den entgegen- gesetzten, welche von einer Zunahme der Wärme und Austrocknung des Climas sprechen, es gethan haben. Wie wenig die vulcanische Thätigkeit in einer Gegend mit dem wärmeren Clima derselben zu schaffen habe, ist im Hinblick auf die bekannten Beispiele in Island, Kamschatka und in der Südpolar-Region nicht nöthig, auseinander- zusetzen. Das Zurückweichen der Culturbäume aber wird wohl natür- licher mit einem durch politische und sittliche Gründe bedingten Nie- dergange der Cultur selbst in Einklang gebracht, als mit der Ab- nahme der Wärme jenes Landstrichs. Was den Oelbaum anlangt, so spricht übrigens schon Strabo (Buch 11, Cap. 13, 7) von der Selten- heit seines Vorkommens in Persien, indem er sagt, der unterhalb der caspischen Thore gelegene Landstrich erzeuge allerlei Früchte ausser der Olive, und wenn dieselbe auch hie und da wachse, so sei sie mager und trocken, und auch von Baktrien heisst es bei demselben Autor (11. Buch, 11. Cap. 1), das Land trage alle Früchte, die Olive ausgenommen. Andererseits aber bildet dieser Baum im Thale des Sefidrud von Mendschil an bis Rudbar kleine Wälder und gedeiht dort trotz der höheren gebirgigen Lage dieser Punkte und trotz der hef- tigen, oft rauhen Stürme, die bei Mendschil zu herrschen pflegen, so ausgezeichnet, dass man seine relativ geringe Verbreitung in Persien nicht der Ungunst des Climas zuschreiben kann, Ich habe mich bei der Abwägung der Gründe, welche meiner Ueberzeugung nach gegen diejenigen Theorien sprechen, welche bei der Erklärung des Steppen-Phänomens in Persien von der Vorstellung erheblicher climatischer Veränderungen ausgehen, etwas länger auf- gehalten, als diess mit dem stylistischen Gleichgewicht der Darstellung verträglich sein mag. Doch wollte ich die Gelegenheit nicht ungenützt lassen, um namentlich den Anschauungen Blanford’s, als des einzigen geologischen Fachmannes, der vor mir in den allerletzten Jahren Per- sien zu besuchen Gelegenheit hatte, einige Einwände entgegenzustellen. Kehren wir aber zur Besprechung des PoSepny’schen Aufsatzes zurück. Aus dem Vorangegangenen ist wohl ersichtlich, dass eine nen- nenswerthe Meinungsverschiedenheit zwischen meinem verehrten Freunde und mir nicht existirt, soweit es sich darum handelt, die Annahme von Wasserbedeckungen, als Meeresarmen oder später eingetrockneten Süsswasserseen für die Erklärung der Bildung der Salzsteppen auszu- schliessen, und demgemäss auch die Zuhilfenahme aller meteorologi- schen Hypothesen, die sich auf Climawechsel beziehen, fallen zu lassen. Von diesem Standpunkte, dem Standpunkte der Negation aus, sind wir also vollkommen einig, und sind mir die Anschauungen PoSepny’s über die westamerikanischen Salzsteppen vollkommen zugänglich gewesen. Leider jedoch kann ich mich nicht entschliessen, meinem Freunde auch auf zwei andere Gebiete zu folgen, die er im Verfolg seiner Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt. 1877. 27. Band. 4. Heft. (Dr. E. Tietze.) 47 358 Dr. E. Tietze. [18] Studien betritt, deren eines die subaärische Zufuhr des Salzes in die Salzsteppen, und deren zweites die Entstehung aller Salzlager aus Salzsteppen betrifft. In der That überraschend erschien mir die Annahme PoSepny’s, dass die nach und nach aus der Umgebung der abflusslosen Salz- steppen diesen Depressionen zugeführten Salztheile für die Versalzung der betreffenden Gebiete nicht ausreichend seien. PoSepny hält eine derartige Annahme namentlich dann für un- genügend, wenn es sich, wie hier, um die Erklärung einer so allge- mein über verschiedene Erdtheile verbreiteten Erscheinung handle, wie es die Salzsteppen und Salzseen seien. Da müsse auch eine Erklärung sefunden werden, welche sich von der Rücksicht auf locale Verhält- nisse ganz emancipire. Ein Transport des Salzes durch die Atmo- sphäre wird desshalb als wahrscheinlich hingestellt. Der Salzgehalt der Seeluft sei eine Thatsache, mit der die Aerzte schon lange rechnen. „Durch den Wellenschlag, von den Vorgängen auf bewegter See zu schweigen, wird das Meerwasser in die feinsten Theilchen zerschlagen, und diese können ebenso gut mit fortgerissen werden, wie feinvertheilte feste Körper, von denen es bekannt ist, dass sie auf ansehnliche Distanzen von der Atmosphäre transportirt werden.* Der Verfasser beruft sich übrigens darauf, dass thatsächlich einmal zu Nancy Chlor- natrium im Regenwasser nachgewiesen wurde. Es ist nicht das erste Mal, dass die Ansicht von dem Chlor- natrium-Gehalt der Luft ausgesprochen wird. Bereits im Jahre 1868 sagte Dr. W. Knop (Der Kreislauf des Stoffes, Lehrbuch der Agri- culturchemie, 1. Bd., Leipzig, p. 228): „Von der Oberfläche des Meeres aber werden stetig geringe Mengen der in ihm enthaltenen Chloride wieder über das Festland verbreitet. Die Weasserbläschen nämlich, welche der Wellenschlag des Meeres erzeugt und in der Luft vertheilt, werden von den Winden, die über das Meer hinwehen, mit fortgerissen, und daher lässt sich auf den Continenten bei uns zur Zeit des West- windes Kochsalz in den meteorischen Niederschlägen nachweisen, und mit Hilfe des Spectroskops erkennt man die Anwesenheit des Chlor- natriums in der Luft an den beiden gelben Linien, welche das Natrium der Flamme ertheilt. Die Verbreitung freier Salzsäure aus vulcani- schen Quellen ist von zu geringer Ausdehnung, als dass sie für den Haushalt der Natur in Betracht käme, allein die oben genannte ist bei ihrer Constanz immerhin bemerkenswerth, wenn auf dem angegebenen Wege zur Zeit auch immer nur Spuren von Kochsalz dem Festlande mitgetheilt werden.“ Auch eitirt Knop (l. c. 2. Bd., p. 123) einige Analysen von Regenwasser. Nach den Versuchen von Barral auf dem Pariser Ob- servatorium enthält darnach 1 Liter Regenwasser 0'033 Gramm fester Stoffe, bestehend aus Gyps, Kochsalz, Eisenoxyd und einer gelben organischen, krystallinischen Materie, und Marchand fand im März 1850 zu Fecamp im Regenwasser 0'0114 Gramm, im Schneewasser 0:0170 Gramm Kochsalz. Man sieht, dass die betreffenden Beobachtungen immerhin noch spärlich genug sind. Mir liegt es übrigens sehr ferne, gegen die be- treffenden Analysen selbst das Geringste einwenden zu wollen, nur den [19] Zur Tbeorie der Entstehung der Salzsteppen etc. 359 einen Hinweis möchte ich mir erlauben, dass Analysen von atmosphä- rischen Niederschlägen in grossen Städten, wo die Luft durch Exhala- tionen aller Art, durch Dämpfe chemischer Fabriken verunreinigt wird, nicht völlig ausschlaggebend sein können. Ohne aber die Möglichkeit eines atmosphärischen Transportes von Salz irgendwie in Abrede zu stellen oder für die von PoSepny in dieser Richtung gelieferten Fingerzeige undankbar zu sein, kann ich doch die Bemerkung nicht unterdrücken, dass viele Salzsteppen zu den regenärmsten Gebieten der Welt gehören, und dass dieselben sich zum Theil in ungeheuren Entfernungen von den Küsten befinden, so dass ein massenhafter Transport des Salzes in jene Steppen durch Regen, und zwar durch Regen, welcher seine Wassertheilchen direct dem Meere verdanken würde, wenig wahrscheinlich ist. Namentlich sind die Steppen östlich vom Caspi-See fast regenlos. In den südlich vom Albursgebirge gelegenen Theilen Persiens regnet es während 7 Monaten im Jahre (April bis October) beinahe nie und in der übrigen Zeit wenig. In seltenen Fällen beobachtet man am Südabhang des Alburs bei Teheran während der heissen Julizeit einige kleine Gewitter- oder Strich-Regen, die von dem wolkenschwangeren Himmel Masenderans herüberkommen mögen, welche sich aber in der Regel so genau am Gebirge halten, dass sie Teheran, welches nur 2 Farsach vom Fusse desselben entfernt liegt, nicht erreichen. An einer einzigen Stelle auf der langen Strecke des Plateau zwischen Teheran und Isfahan (es mag nicht uninteressant sein, diess beiläufig zu erwähnen) scheinen auch im Sommer nicht selten Regenfälle einzu- treten. Es ist diess das relativ niedrige Gebirge bei Pasengan, süd- lich Kum am Rande der Salzwüste gegen Sinsin zu, wo ich während des Mai und Juni 1874 zweimal vorüberkam, und jedesmal zu meinem Erstaunen vom Regen überrascht wurde. Wie mir einer meiner Diener berichtete, der öfter schon früher auf diesem Wege gereist war, war auch ihm dieser Punkt als eine merkwürdige Ausnahme in Bezug auf die sonstige Trockenheit der Gegend bekannt. Die neuerlich von Przewalski durchreisten Gegenden der Wüste Gobi und des nördlichen Tibet erinnern nach dem Urtheil des be- kannten Meteorologen Wojekoff (Zum Clima von Inner-Asien, Zeit- schrift für Meteorologie, Wien 1877, p. 369), was die Trockenheit der Luft betrifft, an die Plateaus von West-Asien. „Namentlich in dem centralen Theile der Gobi sind die Regen so spärlich und die Hitze und die Trockenheit der Luft so gross, dass die Vegetation von diesen Regen wenig Nutzen zieht.“ Würde endlich Regenwasser mit marinem Salze die wesentlichste Zufuhrquelle für die Salzmengen abgeben, welche sich in abgeschlos- senen Becken concentriren, dann dürften die verschiedenen Becken, die hier in Betracht gezogen werden können, nicht so verschiedene Mischungs-Verhältnisse der gelösten oder incrustirten Salze aufweisen, als diess der Fall ist. Nach Forchhammer hat der nördliche Theil des atlantischen Oceans einen sehr unveränderlichen Salzgehalt. Die Analysen von Meer- wasser, welche Bischof (Chem.-phys. Geologie, 2. Bd., p. 1553) zu- sammengestellt hat, zeigen relativ nur kleine Abweichungen in den 47* 360 Dr. E. Tietze. [20] Mengen-Verhältnissen von Chlornatrium, Chlormagnesium, schwefel- saurer Magnesia und schwefelsaurem Kalk zu einander. Gehen wir aber zur Betrachtung der Binnenseen über, so zeigt gleich das todte Meer die auffallende Erscheinung, dass dort das Chlormagnesium nach den meisten Analysen (Bischof l. ec. p. 1541) das Chlornatrium be- deutend an Menge übertrifft, während es im Meerwasser den 7. oder 8. Theil des Gehaltes an Chlornatrium ausmacht. Im grossen Salzsee von Utah ist nach PoSepny’s eigenen Zusammenstellungen das Ver- hältniss von Chlornatrium zum Chlormagnesium wie 90°65 zu 1’11, im Sevier-See dagegen wie 72'11 zu 1192, und während im Wasser des srossen Salzsees in 100 Theilen Salz 824 Th. schwefelsauren Natrons enthalten sind, ergab die Analyse 15'51 Th. dieser Substanz in 100 Th. Salz aus dem Wasser des Sevier-Sees. v. Richthofen (China, p. 103) gibt an, dass ein abflussloser Kratersee bei Ragtown in der Humboldtwüste (Newada) sogar eine concentrirte Lösung von Gaylüssit (Doppelcarbonat von Kalk und Natron) enthält. Nach Abich (Vergleichende chemische Untersuchung des Wassers des caspischen Meeres, Urmia- und Van-Sees, mem. de l’acad. de St. Petersbourg 1859, p. 24) zeigen sich in 100 Th. Salz vom Wasser des Urmia-Sees in Persien 86°37 Th. Chlornatrium, 6'94 Th. Chlor- magnesium und 6'058 Th. schwefelsaure Magnesia, während der Van- See in Armenien als Hauptbestandtheile seines Salzes Chlornatrium, kohlensaures Natron und schwefelsaures Natron in den Verhältnissen von 46°54 zu 3120 zu 14'84 aufweist und sich dadurch den Natron- seen am Ararat, in Ungarn und Egypten anschliesst. Es ist ferner bekannt, dass einige der Natronseen Egyptens Kochsalz, die anderen Natroncarbonat führen. Die Salzausscheidungen am Neusiedler-See aber enthalten 84—85 Percent schwefelsaures Natron und nur 11—13 Percent IE und kohlensaures Natron (Jahrb. der k. k. geol. R.-A. 1876, p. 444). Das effloreseirende Salz der persischen Steppen enthält vielfach grössere Mengen von schwefelsaurer Magnesia beigemengt, das Wasser aller Brunnen oder Cisternen in der Umgebung der Salzwüste südlich vom östlichen Alburs, wie z. B. in der Gegend von Lasghird und Dehi nemek oder sogar das der Quellen, wie am Siakuh oder bei Abischur zwischen Pasengan und Sinsin, hat einen stark bitteren Geschmack. In den Bazaren von Isfahan wird ein unreines Wüstensalz verkauft, welches stark mit schwefelsaurer Magnesia imprägnirt ist, obgleich die Salz- effloresceenzen des Bodens der nächsten Umgebung von Isfahan nach Schlimmer (terminelogie medico-pharmaceutique francaise-persane, Teheran 1874, p. 529) keine schwefelsaure Magnesia, wohl aber schwe- felsaures Natron in grösserer Menge enthalten. Auch Ausblühungen von Salpeter kommen vor, deren Ursprung, wie aus der im Anschluss an meinen Vortrag (Verhandl. der k. k. geol. R.-A. 1877, p. 67) gegebenen Mittheilung Abich’s hervorgeht, hauptsächlich in den zahl- reichen, über das persische Plateau zerstreuten künstlichen Tumuli’s zu suchen ist. In dem Boden der westlich vom todten Meer in Palästina ge- legenen Salzwüste fand Marchand (Poggendorf’s Ann. Bd. 76, [21] Zur Theorie der Entstehung der Salzsteppen etc. 361 p. 463) sogar eine reichliche Menge Brommagnesium unter den lös- lichen Salzen desselben, und bei dem kleinen See Bul-Tsho in Tibet wird sogar Borax gewonnen (v. Richthofen |. c. p. 102). Diese wenigen Beispiele, welche man nach Bedürfniss leicht aus der diessbezüglichen Literatur vermehren könnte, zeigen genugsam, wie verschieden die Salze geschlossener Terrainbecken je nach den Localitäten sowohl untereinander als auch gegenüber dem Salze des Meerwassers sein können. Gerade diese Verschiedenheit je nach den Öertlichkeiten führt uns mit zwingender Nothwendigkeit dahin, den Salzgehalt jener Terrain-Depressionen mit der localen Umgebung der letzteren in Verbindung zu bringen und gerade aus dieser Umgebung abzuleiten. So sagt auch v. Richthofen (l. c. p. 101): „Es lässt sich von vornherein erwarten, dass der Charakter der Salze je nach den Gesteinen wechseln wird, welche in der Umgebung jedes einzelnen Beckens herrschen.“ Desshalb scheint es keinesfalls zutreffend, dass PoSepny (l. e. p. 14) die Versalzung solcher Becken „vom Unter- grunde unabhängig“ nennt, und jedenfalls unnöthig, dass er wegen der grossen Verbreitung des betreffenden Phänomens nach einer allgemein geltenden Quelle für die Zufuhr des Salzes zu diesem Becken sucht. Im Gegentheil wird in jedem gegebenen Falle das Studium der localen Verhältnisse den Ursprung der Versalzung nachzuweisen haben. Man könnte freilich einwenden, dass einige der Differenzen in den relativen Mischungs-Verhältnissen der Salzarten, wie sie sich beim Vergleich verschiedener Bassins ergeben, nicht. auf die Zufuhr verschie- denartiger Substanzen zurückgeführt zu werden brauchen, sondern dass dieselben vielleicht in einer späteren Umwandlung einzelner Salzarten ihre Erklärung fänden. So war v. Kvassay bemüht, die Soda des ungarischen Steppenbodens als aus Chlornatrium entstanden hinzu- stellen, und Abich (l. ce. p. 45) meinte, dass auf der Araxesebene eine lebhafte Vegetations-Thätigkeit der Sodakräuter eine continuir- liche Zerlegung der Natronsalze unterhalte, dass dort durch den Ver- wesungsprocess der alljährlich absterbenden Pflanzenwelt eine fort- dauernde Kohlensäurequelle in den obersten Bodenschichten gegeben erscheine. „Der Einfluss dieser freien Kohlensäure würde hier die chemische Wechselwirkung zwischen Chlornatrium , schwefelsaurem Natron und kohlensaurem Kalk, zumal in einem lockeren und porösen Alluvialboden, sehr wohl bedingen, und die durch Capillaraction unter- stützte Efflorescenz des kohlensauren Natron hervorrufen Können.“ Indessen sagt derselbe Autor (l. c. p. 42) in Bezug auf die Ent- stehung des Natroncarbonats, dass es ebenso gut ein Verwitterungspro- duct natronhaltiger, ursprünglich krystallinischer Gesteine, welche Thon- erde und Natron-Silikate enthalten, als ein Umwandlungsproduct von anderen Natronsalzen sein kann. Da nun beide Bildungsweisen sich möglicherweise auf einem Raum vereinigen können, so wird der Er- klärungsversuch der Herkunft des kohlensauren Natrons für eine ge- gebene Localität niemals auf die Präcision einer erschöpfenden Beweis- führung Anspruch machen können. Das möchte ich, im Vorübergehen bemerkt, auch den oben erwähnten Ausführungen Kvassay’s ent- gegenhalten. Für den See am Güsgündag kommt Abich unter Er- wägung aller Umstände übrigens zu dem Schluss (l. ec. p. 44), dass 362 Dr. E. Tietze. [22] ihm das kohlensaure Natron ursprünglich von aussen schon fertig ge- bildet zugeführt wurde. Auch in Bezug auf das Mengen-Verhältniss beispielsweise vom Chlornatrium zum Chlormagnesium in Binnenseen kann man sich vor- stellen, dass es zum Theil nicht von der Art der Salzzufuhr, sondern von dem Sättigungsgrade der Lösungen abhängt, und verhehle ich mir keineswegs, dass hierin eine weitere Schwierigkeit für die von mir versuchte Beweisführung liegt. Die Differenzen in den Mischungs- Verhältnissen der einzelnen Salzarten im Salzgehalt verschiedener Becken sind aber trotzdem noch immer viel zu gross, als dass man an eine allgemein giltige und von localen Umständen unabhängige Quelle der Salzzufuhr glauben könnte. Ja sogar innerhalb eines und desselben Beckens können local bedeutende Verschiedenheiten im angedeuteten Sinne statthaben, wie die von Abich gegebene Zusammenstellung von Analysen des Salz- gehalts des caspischen Meeres nach Proben an verschiedenen Punkten seiner Küste zeigt. Wenn sich herausstellt, dass z. B. in dem einen Falle das Verhältniss des Chlornatriums zum Chlormagnesium wie 5837 zu 1004, im anderen wie 63°93 zu O ist, oder dass in einem Falle unter 100 Th. Salz 779 Th. schwefelsaurer Kalk und 19'638 Th. schwefelsaure Magnesia, im anderen aber 24'54 Th. schwefelsaurer Kalk und gar keine schwefelsaure Magnesia sich befinden, so müssen ganz eigenthümliche, rein locale Bedingungen obwalten, um solche Ab- weichungen der Zusammensetzung zu ermöglichen. Die Abhängigkeit geschlossener Becken vom Boden ihrer Um- gebung in Bezug auf die Art ihrer Salzführung wird vielleicht auch dadurch illustrirt, dass es einige solcher Becken gibt, die überhaupt fast gar nicht gesalzen sind, denn es soll z. B. der See von Seistan an der Grenze von Persien und Afghanistan, in welchen der Helmund sich ergiesst, nach den Untersuchungen von Goldsmid (Blanford l. ec. p. 496) süsses Wasser führen. Neuerlichst (Eastern Persia, jour- neys of the persian boundary commission , London 1876, vol. H, p. 450) hat Blanford im Hinblick auf die älteren Untersuchungen Conolly’s diese Angabe freilich etwas eingeschränkt. Allgemein aber ist bekannt, dass der abflusslose Tschad-See in Afrika süsses Wasser enthält. Ein ähnliches Beispiel soll nach Blanford ein kleiner See bei Dastarjan, westlich von Schiras, abgeben. Es scheinen also in der Umgebung dieser Depressionen keine salzliefernden Gesteine anzustehen. Nach PoSepny’s Hypothese müsste man hier gerade so- gut eine Ver- salzung erwarten, wie anderwärts in abflusslosen Gebieten. Vielleicht lässt sich auch folgendes Argument gegen jene Hypo- these verwerthen. Trotz eines namentlich nach der Tiefe zunehmen- den, nicht unbedeutenden Bromgehaltes im Wasser des todten Meeres in Palästina, eines Salzsees, den Hr. PoSepny, wie ich bemerken muss, direct in den Kreis seiner Betrachtung zieht, konnten selbst bei besonderer, diesem Punkt geschenkter Aufmerksamkeit nach Lartet (bull. soc, geol. t. 23, p. 759) Stoffe, wie Silber, Jod, Cäsium, Lithium, Rubidium, in jenem Wasser nicht aufgefunden werden. Da diese Stoffe aber im Meerwasser vorhanden sind, so meint Lartet, der Salzgehalt des todten Meeres könne unmöglich auf die Residuen eines mit dem [23] Zur Theorie der Entstehung der Salzsteppen etc. 363 wirklichen Meere in Verbindung gewesenen Meeresarmes zurückgeführt werden. In vorliegendem speciellen Fall ist es nun für unsere Frage gleichgiltig, ob das Salz der Steppen und Steppenseen direct vom Meere dort zurückgelassen oder ob es indirect durch die Luft dorthin trans- portirt wurde. In jedem Falle müsste es dieselben Elemente aufweisen, die im Meerwasser enthalten sind. Ist diess nicht der Fall, dann spricht das Fehlen einiger derselben gerade so gut gegen den subaöri- schen wie gegen den directen Ursprung des Steppensalzes vom Meersalze. Wollte man trotzdem in der Nachgiebigkeit gegen die neue Hypo- these so weit gehen, dass man die dafür beigebrachten Gründe als ausreichend befände, um ihre akademische Möglichkeit zu etabliren, so ist doch der Nachweis, dass eine Sache möglich ist, noch kein Beweis dafür, dass sie wirklich ist. Dafür müsste der directe Nach- weis erbracht werden, und als solchen wird man die wenigen Regen- Analysen, in denen von Chlornatrium gesprochen wird, namentlich im Hinblick auf gewisse, oben erwähnte Fehlerquellen nicht anerkennen. Bleibt man aber in vorliegender Frage auf einem mehr conservativen Standpunkt und versucht man die Salzzufuhr aus irdischen Quellen zu erklären, so hat man das in den meisten Fällen sehr bequem, und es entspricht sicherlich der Methode exacter Naturforschung besser, sich an nahe und offen liegende Ursachen einer Erscheinung zu halten, als deren Erklärung im Wege der Speculation zu suchen, wie anregend und berechtigt auch die letztere an sich sein mag. Für die Salzsteppen Persiens beispielsweise war ich um die Her- kunft des Salzes in keiner Weise verlegen. Die miocäne Salzformation mit ihren stellenweise, wie in den caspischen Thoren, nackt zu Tage tretenden Salzstöcken umsäumt den Nordrand der grossen Salzsteppe und tritt auch sonst an vielen Punkten des persischen Hochlandes auf. Abich (Il. c. p. 27) leitet den Salzgehalt des Urmiasees von der theil- weisen Auslaugung der tertiären Salzlagerstätten in der Umgebung des See’s ab. Ich sah in der um die caspischen Thore herum ‚gelegenen Gebirgsmasse Bäche mit fast gesättigter Kochsalzsoole hervorkommen. An einigen Punkten, wo solch ein Bach über steile Lehnen als Wasser- fall herabgestürzt sein mochte, aber während der trockenen Jahreszeit versiest war, bot sich das Bild in Salz versteinerter Wasserfälle dar. Die Untersuchungen von Cordier (journal de physique 1816, p- 344) über die Auflösbarkeit des Steinsalzes der nackten Salzfelsen von Cardona in Spanien haben gezeigt, dass in 100 Jahren das Wasser von diesen Felsen eine Salzschicht von etwa 1!/; Meter entfernt. Das scheint wenig zu sein, indessen handelt es sich da nur um die atmo- sphärischen Niederschläge. Bäche und Quellen, welche in einem der- artigen Gebiet entspringen, werden viel grössere Mengen auflösen, wie das die Höhlungen im Salzstock des Djebel Usdom in Palästina be- weisen können. Wir werden also auch in Persien berechtigt sein, die dortigen Salzstöcke für die vorliegende Frage sehr ernstlich in Rech- nung zu ziehen. Aber ganz abgesehen von dieser Quelle der Zufuhr von Salz, fanden sich salzige Efflorescenzen auf vielen Berglehnen oft an nackten Felsen bis hoch hinauf im Gebirge in den Landschaften des Plateaus 364 Dr. E. Tietze. [24] oder auf der dem Plateau zugekehrten Seite seiner Randgebirge. Namentlich zeichneten sich in dieser Hinsicht die aus trachytischen Gesteinen bestehenden Hügelzüge südlich vom östlichen Alburs aus. Ich erwähne die Berge von Kenarigird, von Haus i Sultan, den Kuh i Kaleng, den Siakuh, dann gewisse Berge der Umgebung von Kum als Beispiele. In der Zersetzungsregion der Trachyte auf der Südflanke des Siakuh fand sich unter Anderem auch Alaun vor. Man darf auf diese Beispiele schon desshalb ein um so grösseres Gewicht legen, als kürzlich von E. v. Kvassay (Ueber den Natron- und Szekboden im ungar. Tieflande, Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1876) behauptet wurde, dass die Soda, welche vielfach dem Boden des ungarischen Tieflandes beigemengt ist, sich nicht aus verwitterten Trachyten bilden könne. Wir haben aber in den persischen Trachyt-_ gebieten den directen Nachweis für die Bildung solcher Salze aus Ge- steinsverwitterung. Auch Abich (l. c. p. 45) erinnert speciell daran, dass die Verwitterungsproducte vulcanischer Gebirgsarten sehr wohl örtliche Veranlassung zur Bildung von Natron-Efflorescenzen geben können. Bemerkenswerth scheint mir auch besonders der Umstand, dass man nicht bloss Salzausblühungen, sondern auch salzige Quellen mehr oder weniger hoch über dem Niveau der persischen Wüste findet, wie die schon erwähnte Bittersalzquelle von Abischur zwischen Sinsin und Pasengan oder die sämmtlich stark salzigen Quellen des Siakuh. Bei solchen Gebirgsquellen kann die Salzbildung nur innerhalb der Ge- steine des Gebirges vor sich gehen. Kommen nun noch Fälle vor, wie bei Abischur, wo eine Viertelstunde südlich der Salzquelle eine andere Quelle mit zwar wenigem, aber süssem Wasser auftritt, so wird die locale Begrenztheit der besprochenen Erscheinung und somit deren Unabhängigkeit von allgemeinen Ursachen im Sinne PoSepny’s wohl evident. Auch gewisse Alaunschiefer der jurassischen, Kohlen führenden Formation des Alburs zeigten oft ganz weiss incrustirte Gehänge, was mich an die weissen Salzausblühungen der unterjurassischen dunklen Schiefer der Krim erinnerte, welche aber nach Huot (E. Favre, etude stratigr. de la part. s.-ouest de la Crimee, Genf 1877, p. 14) schwe- felsaures Natron sind. Abich (l. ec. p. 43) nennt die „allgemeine und durchgehende Ver- breitung der schwefelsauren Magnesia in den Schichten der kaukasi- schen, wie der armenischen Gebirge, welches Salz durch Auswitterung ebenso häufig in den metamorphischen Gesteinen, in den Ablagerungen der jurassischen und Kreideperiode am ganzen nördlichen Kaukasus bis in das Herz von Daghestan zum Vorschein kommt, wie es in den Sandsteinen und gypsreichen Mergeln der Nummuliten- und Molassen- periode in Karthalinien und Armenien sich im Verein mit Glaubersalz efflorescirend zeigt,“ ein wichtiges geologisches Problem. Wir würden nun wahrscheinlich solchen auf der Zersetzung der Gesteine beruhenden Erscheinungen auch in unseren mitteleuropäi- schen Gebirgen häufiger begegnen, wenn unser Clima so ausserordent- lich trocken wäre, wie es das der Ööden Steppen- und Wüstenland- schaften Persiens und Armeniens ist, und wenn nicht die ausgewit- [25] Zur Theorie der Entstehung der Salzsteppen etc. 365 terten Salze sofort durch die Feuchtigkeit unserer Atmosphäre zer- fliessen und aufgelöst vom Regen weggespült würden. Doch können unter ausnehmend günstigen Verhältnissen auch in Europa derartige Erscheinungen direct wahrgenommen werden. Sogar in Torflagern hat Turley (Berg- und Hüttenm. Zeitung 23, p. 265) in der Gegend von Ammeberg in Schweden Ausblühungen von Alaun in traubigen und nierenförmigen Aggregaten beobachtet. Der Natron- gehalt der bei Dorozsma in Ungarn ausblühenden Soda stammt nach Szabö (Verh. d. k.k. geol. R.-A. 1877, p. 160) aus Feldpath-Körnern, die dort in massenhafter Anhäufung eine wahre Schicht bilden. Wer hindert uns nun, anzunehmen, dass auch in Böhmen, wo z. B. jüngere Eruptivgesteine eine grosse Verbreitung besitzen, solche Vorgänge statthaben. PoSepny beruft sich nämlich im Anschluss an die Untersuchungen Breitenlohner’s darauf, dass die durch die Elbe jährlich aus Böhmen fortgeführten Salzquantitäten beträchtlich grösser seien, als die von den dortigen Mineralquellen und dem Salzconsum der Bevölkerung repräsentirten Salzmengen, welche bei dem Fehlen älterer Salzlager die einzig nachweisbaren Quellen der dort durch die Gewässer in die Elbe geführten Salze abgeben sollen. Eine Hauptschwierigkeit für die richtige Erklärung der That- sachen, um die es sich handelt, liegt angeblich in dem Umstande, dass ein grosser Theil der betreffenden Salze Chlorverbindungen sind, welche, wie PoSepny meint, sich schwer aus der Zersetzung von Gesteinen ableiten lassen. Ich will nun zwar keine grosse, aber doch eine ge- wisse bescheidene Berücksichtigung auch für den Umstand in Anspruch nehmen, dass ein Theil der Eruptivgesteine sich als Apatit führend erweist, und dass der Apatit selbst immer kleine Mengen von Chlor enthält. Meist ist freilich dieser Apatit nur auf mikroskopischem Wege zu erkennen, doch sind beispielsweise in Böhmen auch grössere Apatit- Vorkommnisse, wie die von Schlackenwalde im Granit des Erzgebirges bekannt. Auch könnte in manchen der Phosphorite, welche man stellenweise in Böhmen so gut wie anderwärts zur Bodenverbesserung verwendet, etwas Chlor enthalten sein. Indessen haben wir vielleicht gar nicht nöthig, uns mit solchen subtilen Erörterungen aufzuhalten. Leider hat nämlich Posepny nicht angegeben, wie er zu der Ziffer von 8000 Tonnen, welche er für den jährlichen Salzconsum der Bevölkerung Böhmens aus- gibt, gekommen ist. Bei einer Bevölkerung von mehr als 5 Mil- lionen Einwohnern gäbe das etwa 3 Pfund auf den Kopf. Nach einer Auskunft, die mir im hiesigen k. k. Finanzministerium zu Theil wurde, rechnet man in Wien den jährlichen Verbrauch an Kochsalz zu 10 bis 12 Wiener Pfunden (1 Wiener Pfund gleich ”/, Zollpfund) auf einen Einwohner. Ebendaselbst erfuhr ich auch, dass von der preussischen Militär-Verwaltung 15 Zollpfund jähr- lichen Salzconsums auf den Mann gerechnet werden. Ich habe nicht ermangelt, auch bei hiesigen Familien Erkundigungen über deren jähr- lichen Salzverbrauch einzuziehen, und ziemlich übereinstimmend wurde mir diessbezüglich die Ziffer von 12 Wiener Pfunden für den einzelnen Kopf angegeben. Man darf kaum voraussetzen, dass in Böhmen das Salzbedürfniss ein wesentlich geringeres ist. Ich lese in einer „Die Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt. 1877. 27. Band. 4, Heft. (Dr. E. Tietze.) 48 366 Dr. E. Tietze. [26] Bodenverhältnisse Oesterreichs“ betitelten Schrift (Gedenkgabe für die 26. Versammlung deutscher Land- u. Forstwirthe zu Wien. Wien 1868, p. 93), dass in Böhmen für einen Knecht, der zwar im Allgemeinen als verheirathet vorausgesetzt wird, 20 Pfd. Salz als jährliches Deputat gerechnet werden, und dass in Slavonien (ebendaselbst p. 129) ein Bauernknecht ausser seinem Lohn und gewissen Deputaten jährlich sogar 50 Pfd. Steinsalz beansprucht. Aus diesen Angaben geht wohl hervor, dass die Correctheit jener Ziffer von 8000 Tonnen, insolange sie nicht durch officielle Daten er- härtet wird, bezweifelt werden kann, und dass der Ursprung der 25,320 Tonnen Chlornatrium, welche nach Breitenlohner (Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1876, p. 172) jährlich durch die Elbe aus Böhmen fortgeführt werden, vielleicht schon aus dem Speisesalzverbrauch der dortigen Bevölkerung erklärt werden könne. Für die von der Elbe in aufgelöstem Zustande fortgeführten Salzmengen und Chlorverbindungen kommt aber als Zufuhrquelle nicht allein der Speisesalzverbrauch der Bevölkerung in Betracht. Wir müssen auch der Salzmengen gedenken, welche von den Landwirthen als Vieh- oder als Dungsalze in Verwendung gebracht werden. Der Verbrauch an Dung- (namentlich Kali-) Salzen jedoch, welche letztere nach Böhmen hauptsächlich aus Stassfurt eingeführt werden, kann in einem so hoch- eultivirten Lande nicht gering sein. Hierzu ist noch der Salzverbrauch in chemischen und andern Fabriken zu rechnen. Das meiste Chlor, welches sich im Elbewasser findet, schreibt mir Hr. Breitenlohner, rührt von den Fabriken her, zum grössten Theile von den Zucker- fabriken, deren Abwässer viel Salzsäure, bezüglich Chlorcaleium ent- halten. Leider konnte ich mir bestimmte Zahlenangaben über den Consum von Dung- oder Fabriksalzen nicht verschaffen. Es ist aber evident, dass dieser Consum den Speisesalzconsum sehr übertreffen wird. Von diesen Betrachtungen ausgehend, wird man sich über die Menge der von der Elbe aufgelösten Chlorverbindungen nicht wundern dürfen, und da ein Deficit zwischen Ausgabe und Einnahme von sol- chen Verbindungen sonach kaum existirt, so wird es nicht erforderlich sein, dieses Deficit auf suba&rischem Wege zu decken. Kehren wir aber zur directen Betrachtung der Salzwüsten zurück. Für die Umgebung des Wüstenbeckens von Utah gibt Herr PoSepny selbst zu, dass dort sogar ältere Salzlagerstätten anstehen. Sie seien indess mehr ausserhalb des Beckens zur Entwicklung gelangt, und was davon in das Gebiet des Beckens eingreife, könne wohl den Salzgehalt des Utah-Beckens vermehrt haben, keineswegs aber könne es als Ursache des Salzgehalts der übrigen Theile des Wüstenbeckens betrachtet werden. Warum diess „keineswegs“ der Fall sein kann, das wird leider nicht näher erörtert. Warum die directe Zufuhr von Salz aus selbst unbedeutenden älteren Saizlagerstätten weniger aus- geben soll, als die Zufuhr von solchem aus der Luft, das ist doch nicht sofort ersichtlich. In der That sehen wir auch bei fast allen andern, nur einiger- massen näher studirten Salzwüstengebieten, dass sich ältere präexi- stirende Salzlager in ihrer Umgebung nachweisen liessen. So kennt man in der Nähe des todten Meeres mächtige Salzstöcke, wie die des [27] Zur Theorie der Entstehung der Salzsteppen etc. 367 Djebel Usdun. Nach Lartet würden auch salzhaltige Quellen, wie die von Emmaus, welche längs der Axe der grossen, durch die Jordan- spalte und das todte Meer bezeichneten Dislocation auftreten, zu der Versalzung jenes Sees beitragen. Der Elton-See in Itussland liegt, wie schon de Verneuil betonte, im Gebiet der Entwicklung der be- kanntlich oft durch Steinsalzführung ausgezeichneten Zechsteinfor- mation. Liest man das bekannte Werk von Murchison, Verneuil und Keyserling über Russland, so wird es in der That ganz klar, dass der Salzgehalt des Bodens in den Kirgisensteppen und in der Gegend von Astrachan in erster Linie auf ältere Steinsalz-Lager zurück- zuführen ist Auch in Bezug auf die Salzquellen jener Gegenden “sprachen sich die genannten Autoren dahin aus, dass solche Quellen . nur dort bekannt seien, wo Berge eines gewissen rothen Sandsteines, der der dortigen älteren Salzformation angehört, sich aus den weiten Ebenen erheben. Die Basis auch des Bogdoberges besteht aus salz- führenden Schichten thonigen Mergels. Coquand (sur l’äge des gise- ments de sell gemme, sur l’origine des ruisseaux sales et des lacs sales de l’Algerie, bull. soc. geol. 1868, p. 431) spricht es ganz bestimmt aus, dass die Versalzung der algerischen abflusslosen Depressionen (Schott’s) von der Auflösung und Auslaugung des Salzes der vielfach in Algerien verbreiteten Salzlager herrühre, von welchen die einen nach diesem Autor zum Eocän, die andern zum Pliocän gerechnet werden müssen. Für alle diese Gegenden entfällt also gerade so, wie wir es in Persien gesehen haben, vollständig die Veranlassung oder das Bedürfniss für eine neue und besondere Hypothese, welcher wir vorläufig höchstens die von Giles und Forrest bereisten Salz- steppen West-Australiens preisgeben müssen, insofern die geologischen Verhältnisse jenes Gebietes noch nicht so genügend erforscht scheinen, um über den Ursprung der betreffenden Versalzung ein Urtheil zuzu- lassen. Indessen mag man sich immerhin mit der Idee befreunden, dass auch die in der Atmosphäre suspendirten Wasserbläschen von Meer- wasser local eine Rolle im fortlaufenden Austausch und in der Wan- derung der Stoffe spielen. Ich will unparteiisch sein. Ich habe mir ausgerechnet, dass die 17,000 Tonnen oder 34 Millionen Pfund Salz, welche nach PoSepny jährlich in Böhmen herunterregnen, und wäre Böhmen abflusslos, das- selbe nach und nach versalzen würden, wohl eine stattliche Ziffer gegenüber dem k. k. Finanzärar vorstellen, dessen Controle sich dieser gegen alle Regeln des Salzmonopols stattfindende Salzimport begreif- licherweise entzieht, dass aber diese Menge Salz im Vergleich zu dem Regenfall in Böhmen doch so unbedeutend ist, dass die Reinheit des Regenwassers dadurch nicht wesentlich alterirt würde. Zieht man das Mittel aus den Untersuchungen von Carl Fritsch (Ueber die Tem- peratur-Verhältnisse und die Menge des Niederschlags in Böhmen, Sitzb. d. k. k. Akad. d. Wiss., Wien 1851, p. 428), so beträgt der durchschnittliche Niederschlag in Böhmen 23°45 Zoll, das ist beinahe 2 Fuss. Das gäbe 1152 Mill. Cubikfuss Wasserniederschläge auf eine Quadratmeile. Dieser bedeutenden Wassermenge würden, da Böhmen 900 Quadratmeilen hat, 37,777 Pfund, d. i. 18.888,500 Gramm Salz 48* 368 Dr. E. Tietze. [28] gegenüberstehen. Bei dieser Ziffer von 18 Mill. Gramm Salz käme also nır 1 Gramm Salz auf 64 Cubikfuss Wasser. Das ist gewiss nicht viel. Das ist sogar noch weniger als bei dem Verhältniss von 1 Gramm zu 1 Cubikmeter, welches Po$Sepny auf Grund anderer, wahrschein- lich genauerer Voraussetzungen herausrechnet. Es fehlt aber nur eines, und das ist der directe Nachweis, dass, alle Zufälligkeiten und Irrthums- quellen!) abgerechnet, dieses 1 Gramm Salz sich wirklich in den 64 Cubikfuss Regenwasser vorfindet. Bis dieser Nachweis geführt ist, wird man der neuen Hypothese gegenüber einige Zurückhaltung beob- achten dürfen. Viel schwerer noch wird man sich aber die Anschauung aneignen, dass auch grosse Salzlagerstätten im älteren Gebirge direct oder in-- direct subaerischen Ursprungs seien, wie diess PoSepny behauptet. Es mag gestattet sein, hier an eine andere Publication desselben Verfassers (Verhandl. d. k. geol. R.-A. 1876, p. 104) über das Salz von Bex in der Schweiz zu erinnern. Dasselbe alternirt nach den Beobachtungen PoSepny’s mit Kalkschiefern, in denen sich liassische Ammoniten verschiedener Niveaus befinden. Welchen unglaublichen Grad der Elasticität der Erdrinde müsste man da voraussetzen, wollte man hier bald die Erhebung des Landes zu abgeschlossenen Wüsten- becken, bald dessen Untertauchen unter das Meer in raschem Wechsel annehmen! Der Verfasser bezieht sich aber im vorliegenden Falle auf die Salzlagerstätten der Karpathen und Siebenbürgens, die er sich in ähn- licher Weise in gänzlich geschlossenen Binnenbecken gebildet denkt, wie die Salzkrusten der Salzwüsten und die Salzausscheidungen in Salzseen in der Mitte solcher Wüsten. Bekanntlich ist das Alter der Salzlagerstätten am Nordabhange der Karpathen auf Grund der in Wieliezka darin „in ziemlicher Menge und Mannigfaltigkeit“ gefundenen marinen Petrefakten als der unteren Abtheilung der Mediterranstufe entsprechend bestimmt worden. Natür- lich verträgt sich das Vorkommen mariner Petrefakten nicht mit der Annahme eines suba@rischen Ursprungs der betreffenden Salzlager- stätten. PoSepny hält deshalb diese Petrefakten für später aus prae- existirenden Schichten eingeschwemmt und nimmt dann consequenter ) Zu diesen Irrthumsquellen ist auch der Umstand zu rechnen, dass den atmosphärischen Niederschlägen fein vertheilter Staub beigemengt sein kann, in welchem schliesslich auch auflösbare Salze enthalten sein können. Von Interesse sind desshalb die Untersuchungen Tissandier’s (compt. rend. 1875, 80, 58), wel- cher den atmosphärischen Staub, den der Schnee aufnimmt, analysirte. Ausser Kieselsäure und Thonerde wurden dabei auch Chlorüre gefunden. Da es nun denkbar ist, dass schon während eines Regenfalles ein Theil der in den festen Staubtheilchen enthaltenen Salze aufgelöst wird, so wird die genannte Fehlerquelle sogar Schwer zu eliminiren sein. Das würde namentlich für die directesten Ver- suche gelten, welche man zur Prüfung der PoSepny’schen Hypothese anstellen könnte, nämlich für die Untersuchung der Regenfälle in Salzsteppengebieten. Gerade hier können von Winden, welche die atmosphärischen Niederschläge begleiten oder ihnen vorangehen, ausser den gewöhnlichen Staubtheilchen auch Salztheilchen un- mittelbar aufgewirbelt und in der Atmosphäre suspendirt werden. Das Salz, wel- ches man dann bei einer diessbezüglichen Regenanalyse finden könnte, würde gewiss nicht zum grössten Theil von salzhaltigen Meerwasserbläschen herrühren, die mit dem Regen sich niederschlügen. R: [29] Zur Theorie der Entstehuug der Salzsteppen ete. 369 Weise auch ein jüngeres Alter für die karpathischen Salzlager an, die er der sarmatischen Stufe zuweist. Zwei Arten der betreffenden Petre- fakten sollen zudem mit sarmatischen Arten übereinstimmen und diese Altersdeutung unterstützen. Es sind diess Bythinia Frauenfeldi Hoern. und Ervilia podolica Bichw. Ich erlaube mir über das Paläontologische dieser Frage kein Urtheil, sondern möchte nur fragen, wie es denn kam, wenn das Ter- rain von Wieliczka zur sarmatischen Zeit eine gänzlich vom Meer ge- trennte, der Versalzung anheimfallende Terraindepression nach Art der westamerikanischen oder asiatischen Wüstenbecken vorstellte, dass dann Individuen dieser beiden Arten über Berg und Thal ihren Weg in jene Depression fanden. Es ist da ein Widerspruch vorhanden, der 'im Sinne des Verfassers nur dadurch gelöst werden könnte, dass man auch schon sarmatische Schichten in der Umgebung der Salzlager als präexistirend annimmt, den letzteren aber ein noch jüngeres Alter, etwa im Niveau der Congerienschichten des Wiener Beckens anweist Auch der von PoSepny angeführte Umstand, dass in Siebenbürgen sarmatische Schichten über der Salzformation liegen, scheint mir kein Beweis dafür, dass die letztere selbst sarmatisch sei. Doch lassen wir das bei Seite. Jedenfalls gehört die Hauptmasse der Petrefakten von Wieliczka in die Mediterranstufe, und wird etwa dem Schlier von Ottnang parallelisirt. Die gute Erhaltung dieser Petrefakten scheint dem Verfasser kein Grund gegen die Annahme einer Einschwemmung durch Bäche aus älteren Schichten in das Salz- becken zu sein. „Nehmen wir an“ (so heisst es l. c. p. 29), „dass die Reste ursprünglich, wie es scheint, in einem feinen Schlier eingebettet waren, so konnte der mit den Petrefakten gleichzeitig transportirte Schlamm gewissermassen schützend gewirkt haben.“ Wo aber, darf man fragen, ist heute dieser Schlier, welcher mit seinen Fossilien das Material für die Einschwemmung geliefert haben soll, warum ist er seitdem spurlos verschwunden ? Ueberhaupt setzt die Annahme von vor der Salzablagerung der Karpathen präexistirenden Schichten der Medi- terranstufe voraus, dass sich in der Umgebung, und zwar im Liegenden dieser Salzstöcke, doch noch etwas von diesen Schichten vorfinden liesse. Dieser Nachweis fehlt aber bis jetzt. Allerdings ist das an- geregte Bedenken dem Verfasser nicht entgangen, und er meint dess- halb von den Liegendsanden von Wieliczka, dass sie vielleicht mit den weiter nördlich an der Krakau-Wieliczkaer Eisenbahn anstehenden, Ostreen, Cerithien, Cardien etc. enthaltenden und Aequivalente des Leithakalks, der Pötzleinsdorfer oder Neudorfer Sande vorstellenden Schichten zusammenhängen, in welchem Falle sie „den Boden des ab- geschlossenen Beckens vorstellen“ würden. Aber gerade diese Zusam- mengehörigkeit der Liegendsande von Wieliczka mit den an der Eisen- bahn zwischen Krakau und Wieliczka anstehenden Schichten ist vor- läufig noch zu erweisen. Wahrscheinlich gehören die betreffenden Schichten eher in’s Hangende, als in’s Liegende der Salzformation. Uebrigens, um noch einmal auf die Art der Erhaltung der Fos- silien von Wieliezka zurückzukommen, führt PoSepny selbst an (I. c. p. 28), dass in der Sammlung des k. k. Hofmineralien-Cabinets sich ein Exemplar von Solenomya Doderleini befindet, dessen beide Schaa- 370 Dr. E. Tietze. [30] lenhälften aufgeklappt neben einander liegen. In diesem Zustande kann das Fossil doch unmöglich aus einer älteren Ablagerung ein- geschwemmt worden sein. In der Sammlung der hiesigen Universität befinden sich Versteinerungen aus Wieliczka, welche mitten im reinsten Steinsalz selbst liegen. Wären diese Sachen eingeschwemmt, dann müsste sich doch auch Detritus von Sand oder Thon dabei er- kennen lassen. In unseren Studien in der Sandsteinzone der Karpathen (Jahrb. der k. k. geol. R.-A. 1877, p. 67, 95, 122, 127) haben Paul und ich ganz besonders darauf hingewiesen, dass die Salzformation auf der Nordseite der Karpathen sich tectonisch und in Bezug auf die damit verbundenen Sandsteine auch petrographisch völlig an die Karpathen- sandsteine anschliesst, so dass immerhin eine gewisse Continuität der Bildung angenommen werden kann, wenn auch, wie wir nachgewiesen haben, die Hauptmasse der Karpathensandsteine bereits in der Rich- tung der heutigen Kette gehoben war, als die Bildung der Salzfor- mation statt hatte. Es ist letztere diejenige Bildung, welche unmittelbar auf das System der eocänen Menilitschiefer folgt, ohne Zwischenschie- bung von Leithakalk-artigen Schichten oder dergleichen. Die eigenthümlichen Conglomerate, die wir z. B. bei Kossow, Sioboda Rungurska und Delatyn in dieser Formation nachgewiesen haben, liessen zwar in Bezug auf die Herkunft der darin enthaltenen Geschiebe noch manche Zweifel bestehen, sind aber doch Beweise grösserer Wasserwirkungen, und weder mit einer suba@rischen Ent- stehungsart der Salzlager, noch überhaupt mit der Form, in der sich die Bildungen der Salzsteppen absetzen, vereinbar. In der Grube zu Kossow hat man mitten im Salzstock Bänke eines festen Sandsteins angefahren. Die Materialien aber, aus denen das Terrain der Salz- steppen besteht, sehen ganz anders aus. Auch den Ablagerungen der persischen Salzformation fand ich bei den caspischen Thoren Conglomerate untergeordnet. Man könnte nun freilich fragen, ob sich nicht auch in versalzenen Binnenseen Con- glomerate bilden konnten. Da aber die meisten dieser Seen ausser- ordentlich flach sind (etwa das todte Meer ausgenommen) und selten felsige Ufer haben, so wird die Bildung von Geröll-Ablagerungen in denselben meist als ausgeschlossen zu betrachten sein. Ueberlagert wird die karpathische Salzformation in Ostgalizien von zum Theil Braunkohlen führenden, meist aus losen Sanden bestehenden Schichten, in denen ausser einer anscheinend zum grossen Theil aus Ahornarten bestehenden Flora auch marine Versteinerungen vorkommen. Stur (Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1874, p. 402) hat aus der fos- silreichen Schicht in der Nähe des Braunkohlenflötzes von Novosielica folgende Arten bestimmt: Buccinum miocenicum Mich., Cerithium Iignitarum Eichw., Cer. pictum Bast., Nerita Grateloupana Fer., Tel- lina cf. ventricosa Serr., Modiola Hoernesi Reuss. Ostrea digitalina Eichw., Cardium sp., Mytilus sp. und KRotalia Boccaria d’Orb. Namentlich scheint Cerithium lignitarum vorzuherrschen. Stur hält diese Ablagerung für eine brakische Facies der marinen Stufe und nimmt an, dass sie dem oberen Braunkohlen-Niveau unmittelbar unter [31] Zur Theorie der Entstehung der Salzsteppen etc. 371 den Leithakalk-Bildungen angehöre und insbesondere dem durch CZiZek bekannt gewordenen Vorkommen bei Mauer gleiche. Diese Schichten liegen nun evident im Hangenden der karpathi- schen Salzformation und zeigen ausserdem sehr flache Lagerung, welche erst unmittelbar am Gebirgsrande (Paul und Tietze l.c.p. 96 u. 97) in eine steil aufgerichtete übergeht, während die Schichten der Salz- formation nach allen Richtungen gestört sind und fast überall am Kar- pathenrande sogar unter die älteren Karpathen-Sandsteine einzufallen scheinen, wie diess ja auch PoSepny für Wieliczka selbst betont, wenn er von dem südlichen Fallen innerhalb der Salzformation spricht. Jedenfalls beweisen die angeführten Lagerungs-Verhältnisse vollkommen, dass die karpathische Salzformation nicht allein älter ist als sarmatisch, sondern auch älter als die obere Abtheilung der Mediterranstufe, der Leithakalk. Man wird also wohl die zu Wieliczka in dieser Formation gefun- denen marinen Versteinerungen, welche der Hauptsache nach ganz zu dem Niveau passen, welches die Salzformation in ihren Lagerungs- Verhältnissen thatsächlich einnimmt, als nicht aus älteren Schichten eingeschwemmt, sondern zu der Formation selbst gehörig betrachten müssen. Damit fällt der wesentlichste Grund fort, die karpathischen Salzablagerungen für Producte eines Wüstenbeckens zu halten. Ich will gerne zugestehen, dass sich kleinere Salzablagerungen auch älterer Perioden finden lassen können, welche sich auf die Ab- sätze von Salz in geschlossenen Wüstenbecken, das heisst, aus den in der Mitte solcher Becken existirt habenden Salzseen zurück- führen liessen. In solchen Fällen müsste nur auch ermittelt werden, dass die äussere Gestaltung des Landes in jener Zeit die Bildung solcher abflussloser, d. i. von allen Seiten mit Gebirgsumwallungen oder Boden-Anschwellungen umgebener Depressionen, welche in un- serem Fälle die Karpathen in einem grossen Bogen umgeben hätten, ermöglichte. Warum aber soll die Möglichkeit eines solchen Vor- kommens andere Möglichkeiten des Salzabsatzes ausschliessen, warum soll sich Salz in grösseren Mengen nicht auch aus isolirten Meeres- theilen niederschlagen können. Herr PoSepny legt den diessbezüg- lichen Vorgängen der Jetztzeit keine grosse Wichtigkeit bei. Nach ihm ist es höchstens möglich, den Absatz gering mächtiger Lager- stätten „aus der unerschöpflichen Quelle, dem Meere,* zu erklären, weil die betreffenden Meerestheile, in denen sich solche Absätze voll- ziehen könnten, wie beispielsweise die Limans am Asow’schen Meere, viel zu flach seien, um grosse Mächtigkeiten zuzulassen. Eine Wasser- säule von 100 Meter liefere eingedämpft erst 1’4 Meter Salz, und die grösste bekannte Meerestiefe von 13,620 Meter repräsentire erst 191 Meter Salz. „Auf diese Art sind die mächtigen Salzabsätze nicht zu erklären“ (l. c. p. 12), und so wird denn, da ein mächtiger Absatz des Salzgehaltes des Meeres auf directem Wege nicht plausibel er- scheint, dieser Absatz auf indirectem Wege vermittelst des Transports durch die Atmosphäre zu erklären versucht. Zunächst möchte von Neuem der Hinweis gestattet sein, dass wohl die meisten der uns aus der Jetztzeit bekannten Salzsteppenseen eben- falls ihrer Natur nach ausserordentlich flach sein müssen. Sie befinden 372 Dr. E. Tietze. [32] sich, wie der Salzsee, den ich in der persischen Salzwüste südlich vom Siakuh beobachtete, in der Mitte äusserst mässig geneigter Mulden. Die grösste Tiefe des Urmiasees fand Monteith (Abich |. c. p. 29) zu 45 Fuss und ist die mittlere Tiefe dieses Sees nach Rawlinson nur 12 Fuss. Der Tso-Gyaghär, welchen v. Richthofen (I. c. p. 139) als ein Beispiel der Salzseen von Tibet abbildet, zeigt einen breiten sandigen Uferrand, welcher durch das allmälige Eintrocknen des Was- sers blossgelegt wurde. „Die öde Natur, die sanfte Verflächung des Bodens und die Schuttbedeckung der Berggehänge treten hier, wie bei allen abflusslosen Salzseen hervor.* Die Salzbank, welche sich am Grunde der Bitterseen auf dem Isthmus von Suez befindet, hat nach Lesseps (ann. chim. phys. 1874, 3, 129) eine durchschnittliche Mäch- tigkeit von nur 9'638 Meter. Dabei sind die einzelnen wirklichen Salzlagen dieser Bank, welche von einander durch dünne Sandschichten geschieden werden, meist nur 6—10 Cm. dick. Solche Seebecken sind gewiss nicht geeigneter, mächtige Ablagerungen von Salz zu erzeugen, als Meerestheile, wie beispielsweise der Golf von Karabugas an der Ostküste des Caspisees, den wir als Muster der Jetztzeit für die marine Ablagerung von Salz ansehen können. Man darf auch die Berechnung der Salzmengen, welche sich aus Meerestheilen niederschlagen können, nicht in der von PoSepny an- gegebenen Weise einfach mit dem Verhältniss der Höhe der Wasser- säule zu der Höhe der dieser entsprechenden Salzsäule anstellen. Durch die schmale Meerenge, welche den Golf von Karabugas vom caspischen Meere trennt, strömt das Wasser des letzteren beständig mit der be- deutenden Geschwindigkeit von, 3'/; Seemeilen pr. Stunde ein, ohne je zurückzukehren. Ein unterseeischer Gegenstrom scheint wenigstens bis jetzt nicht nachgewiesen zu sein. Die starke Verdunstung auf der Oberfläche dieses von trockenen Steppengebieten umgebenen Golfes hält dieser Wasserzufuhr das Gleichgewicht. Das mit dem Meerwasser be- ständig hineingeführte Salz jedoch verbleibt dem betreffenden Becken, welches auf diese Weise einen Condensator für das Salz viel grös- serer Meeresmengen vorstellt, als des eigenen Cubikinhalts an Meer- wasser. | Die Frage, ob die Muscheln oder andere Seethiere, deren Reste man eventuell in den Absätzen solcher Meerestheile finden kann, in einem concentrirten Salzwasser gelebt haben können, und der Einwand, den man aus der verneinenden Beantwortung dieser Frage gegen die marine Natur solcher Absätze herleitet, kommt gar nicht in Betracht, denn mit einer solchen Strömung, wie diejenige, welche den Golf von Karabugas mit stets neuen Salzquantitäten versieht, können selbstver- ständlich auch Meeresthiere aller Art eingeführt werden. Eine eigene Fauna brauchen solche concentrirte Salzlösungen gar nicht zu besitzen und damit würde der Umstand stimmen, dass die Salzlagerstätten meist an Fossilien relativ sehr arm sind. Auch der Salzgehalt des Mittelmeeres geht nach Bischof (l. c. p. 1561) einer weiteren Concentrirung entgegen. Der einströmende Strom bei Gibraltar hat das Uebergewicht über den ausströmenden. Wenn sich auch nach Bischof (l. c. p. 1717) auf dem Boden dieses Meeres gewiss noch kein Steinsalz abgesetzt hat, so bleibt doch die [33] Zur Theorie der Entstehung der Salzsteppen etc. 373 Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass der in einer Tiefe von 4020 Fuss gefundene Salzgehalt von 17'3 Procent nach und nach immer höher heraufrückt. Ich konnte nicht umhin, an solche Dinge zu erinnern, um zu zeigen, dass die Verhältnisse, unter denen sich aus Meerestheilen Salz absetzen kann, nicht immer so kleinlich sind, wie sie mein verehrter Freund darstellen möchte, und dass im Vergleich dazu die Verhältnisse in: den Salzsteppen und den dazu gehörigen Salzseen viel eher als kleinliche bezeichnet werden dürfen. Erst jetzt, wo ich diesen Aufsatz abschliesse, wird mir die soeben erschienene Arbeit von Ochsenius über die Bildung der Steinsalz- lager (Halle, 1877) zugänglich. Dieser Autor kommt (p. 45) zu dem Ausspruch, dass alle Bedingungen für den Absatz mächtiger Salzlager gegeben seien, wenn man sich einen Meerbusen mit entsprechender Barre, dazu ein trockenes, hinreichend warmes Ulima und eine süss- wasserarme Umgebung denke. Die Verhältnisse des Mittelmeeres be- weisen übrigens, dass jene Trockenheit und Süsswasserarmuth nicht immer übertrieben auffällig zu sein brauchen. Da Hrn. PoSepny die älteren Salzlagerstätten als Producte ver- salzener Wüstenbecken gelten, so sucht er die Meinung, als könne die Versalzung solcher Becken durch das Auftreten älterer Salzlagerstätten in der Umgebung solcher Becken mit in erster Linie bedingt werden, dadurch ad absurdum zu führen, dass er darlegt, endlich müsse man doch einmal für die ältesten und ersten solcher Becken ein Ursalzlager annehmen, dessen Auslaugung der Versalzung als Grundlage gedient habe. Ein solches Ursalzlager sei aber nicht bekannt und seine An- nahme ein Unding. Darin hat er Recht, indessen bedarf es aber einer solchen Annahme gar nicht, wenn man die Entstehung von Salzlagern aus Meerestheilen zugibt. Den Salzgehalt ‚des Meeres aber müssen wir als etwas Gegebenes voraussetzen (das thut schliesslich auch mein geehrter Freund). Wie dann das Meer selbst zu diesem Salzgehalt sekommen sein mag, darüber zu speculiren ist vorläufig ganz müssig. Es erübrigt uns zum Schluss nur noch, einen besonders eigen- thümlichen Punkt aus der Reihe der PoSepny’schen Ausführungen hervorzuheben. Der Verfasser spricht sich (l. ec. p. 20) im Verlauf seiner Auseinandersetzung gegen die von Einigen geäusserte und wohl nur von Wenigen mehr gehegte Ansicht aus, dass die Salzlagerstätten Sublimations-Producte von Vulcanen seien, und nimmt bei dieser Gelegenheit Anlass, die Chlorverbindungen im Innern der vulcanischen Herde, wo daraus unter Mitwirkung von Wasserdampf und Glühhitze Salzsäure entwickelt werden könne, „abermals am leichtesten und un- gezwungensten aus atmosphärischen, salzhaltigen Niederschlägen* abzu- leiten. „Diese Erklärung,“ schreibt er, „wird allerdings Jene nicht befriedigen, welche die Vulcane als dii ex machina in Anspruch nehmen, allein es dürfte doch von Werth sein, eine allen Vulcanen zu statten kommende Salzquelle zu besitzen, statt, wie es früher noth- wendig war, eine Verbindung mit dem Meere oder die Existenz von tief liegenden Salzlagerstätten annehmen zu müssen.“ Da wäre doch die Frage gestattet, ob auch die riesigen Wasser- mengen, welche beispielsweise durch die beständig aus dem Vesuv, dem Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt. 1877. 27. Band. 4. Heft. (Dr. E. Tietze.) 49 374 Dr. E. Tietze. [34] Stromboli und anderen thätigen Vulcanen aufwirbelnden Dampfwolken repräsentirt werden, auf eingesickertes Regenwasser zurückzuführen sind. Uebrigens wird auch die Thatsache, dass thätige Vulcane stets mehr oder minder in der Nähe der Küsten auftreten, vorläufig noch immer berücksichtigt werden müssen, um so mehr, als durch die jüngsten Untersuchungen Muschtekoff’s (Les volcans de l’Asie centrale, bull. acad. Petersb. Bd. 23) im Anschluss an die früheren Beobachtungen Semenow’s und Venukoffs die Nichtexistenz der von Humboldt seinerzeit in Oentral-Asien angenommenen Vulcane erwiesen wurde. Auch hier liegt demnach noch keine Nöthigung vor, den Gedanken- sang PoSepny's zu acceptiren. Wenn man sich also auch daran wird gewöhnen müssen, den subaörischen Bildungen eine grössere Bedeutung als bisher in der Geo- logie zuzugestehen, so ist doch, wie ich in vorstehenden Bemerkungen zu zeigen versuchte, keine Veranlassung gegeben, die Theorie vom Absatz aus der Atmosphäre sogleich auf so verschiedene Gebiete zu übertragen, wie diess in der besprochenen Schrift geschehen ist. Man könnte dadurch der Verbreitung eines an sich so fruchtbaren, aber immer noch Widerstand findenden Gedankens eher hinderlich als för- derlich sein. | Nichtsdestoweniger können wir den von PoSepny bei der letzten Versammlung der deutschen geologischen Gesellschaft (Verhandl. der k. k. geol. R.-A. 1877, p. 223) ausgesprochenen Satz, dass die Salz- lagerstätten gewissermassen meteorologische Daten über die Beschaffen- heit des Klima’s früherer Formationsalter repräsentiren, nur auf das Dankbarste acceptiren. Es ist wahrscheinlich, dass dieser Gedanke einst noch sehr ausgebeutet werden und uns Anhaltspunkte zur Beur- theilung vergangener Epochen an die Hand geben wird, an die wir kaum noch gedacht haben. So z. B. war man auf Grund der weiten Verbreitung der sich in ihrem Charakter überall ziemlich gleichbleibenden und von den Breiten- graden unabhängig scheinenden Flora der paläozoischen Formation vielleicht geneigt, für jenes Zeitalter sich eine Atmosphäre als herr- schend zu denken, die ungefähr der feuchten Luft unserer Treibhäuser ähnlich gewesen sein könnte. Der Umstand, dass es selbst paläo- zoische Salzlager, z. B. in Amerika gibt, entspricht einer solchen Vor- stellung von der allgemeinen Verbreitung eines derartigen Treibhaus- klima’s nicht, sobald wir uns die Salzlager (und namentlich die grös- seren Salzlager) in Meerestheilen gebildet denken, deren Umgebung ähnlich wie am Kara Bugas so trocken ist, dass die Verdunstung auf der Oberfläche als eine ganz enorme gelten kann, oder bei deren Um- gebung wie am Mittelmeer wenigstens an solche meteorologische Ver- hältnisse gedacht werden muss, wie sie den vielbesungenen schönen Himmel Italiens und Griechenlands bedingen. Bemerkungen über die Tektonik des Albursgebirges in Persien. Von Dr. Emil Tietze. Bei dem erhöhten Interesse, welches neuerdings der tektonischen Geologie als solcher entgegengebracht wird, mag ein kurzes Eingehen auf die Tektonik auch der persischen Gebirge gerechtfertigt erscheinen, und will ich desshalb versuchen, die diessbezüglichen Verhältnisse des Albursgebirges zu skizziren, soweit die immer noch lückenhafte Kennt- niss, welche ich von dieser Kette gewinnen konnte, mir diess gestattet. Doch muss ich zunächst vorausschicken, was man unter dem Namen Alburs verstehen könne. Insoferne die geographische Bezeichnung eines Gebirges sich sowohl nach dessen natürlicher Begrenzung als, wenn möglich, nach dem Sprachgebrauch der dasselbe umwohnenden oder bewohnenden Völker zu richten hat, ist die Definition der in Rede stehenden Gebirgskette keine ganz einfache. Auf die wichtige Rolle, welche der Albordj, der Berg der Berge, in. der Kosmogenie der alten Perser spielt, hat C. Ritter (Asien, Erdkunde, Bd. 8, p. 42) ausführlich hingewiesen. Vorerst entstand Albordj, darauf die übrigen Berge der Erde. Er ist der älteste der Berge, denn er wuchs, als die Erde geschaffen war, auf das Geheiss des Ormuzd aus des Mitte der Erde empor, in 200 Jahren bis zum Sternenhimmel, in andern 200 bis zum Mondhimmel, in den dritten 200 bis zum Sonnenlichte, und in den vierten bis zum Urlichte, so dass er 800 Jahre zu seiner Vollendung gebrauchte (l. e. p. 45). Er ist der Lichtberg, der Nabel der Erde. Alle Gestirne kreisen um ihn. Aus dem Namen Albordj, welcher der Grosse, der Erhabene be- deutet, ging der Name Alburs hervor. Ritter macht nun darauf aufmerksam, dass dieser Name sich ursprünglich auf das hohe Gebirgsland im Norden Indiens bezog, durch die Arier jedoch späterhin auf westwärts davon gelegene Localitäten übertragen wurde, wie man denn mit diesem Namen auch die Zagros- kette belege, und wie auch der Name des höchsten Gipfels des Kau- kasus, Elbrus, hierher bezogen werden könne. Vielleicht erinnert nicht minder der Name unserer europäischen Alpen noch an diese uralte Bezeichnung. Jahrbuch derk.k. geol. Reichsanstalt. 1877. 27. Band. 4. Heft. (Dr. E. Tietze.) 376 Dr. E. Tietze. [2] Bei den Schriftstellern des elassischen Alterthums, Plinius und Strabo, macht das heutige Albursgebirge einen Theil ihres Taurus aus, der für sie von Klein-Asien bis Indien ‚sich erstreckte. Ritter hat das Grossartige dieser Auffassung anerkannt durch den bezeich- nenden Ausdruck des taurischen Gebirgssystems, aber er ‚warnt doch andererseits (l. c. p. 551) vor den Missverständnissen, welche aus einer Zusammenfassung von freistehenden Gebirgsketten mit Randgebirgen von Hochplateaus entstehen können. Bei dem heute in Persien üblichen Sprachgebrauch wird die Be- zeichnung Alburs in erster Linie auf die hohe, zwischen den Thälern des Talakhan und des Alamud sich erhebende Kette angewendet, für welche Grewingk in seiner Schrift über die orographischen und geo- gnostischen Verhältnisse des nördl. Persien (Petersb. 1853) den Namen Alamudhöhen vorgeschlagen hat, ein Vorschlag, der als Auskunftsmittel zur vorläufigen Verständigung seine Berechtigung haben mochte, aber doch insofern misslich ist, als er vom Sprachgebrauch der Eingebornen nie acceptirt werden dürfte. Hier, zwischen Talakhan und Alamud, haben wir also den Alburs par excellence. Indessen ist der Name auch für den grössten Theil der Kette, welche den Nordrand Persiens bildet, im Gebrauch. Man darf übrigens nie vergessen, dass die Bergnomenclatur der Eingebornen in Persien, wie anderwärts, eine ziemlich verschwommene ist, und dass, wenn es sich um allgemeine Bezeichnungen von grös- seren Gebirgen und Gegenden handelt, diese Bezeichnungen selten einem präcis definirten Begriff entsprechen. Der Geograph oder der Geologe müssen in solchem Falle etwas willkürlich dem Sprachgebrauch nachhelfen. Mit dem Namen des Albursgebirges wollen wir desshalb jenen Theil des nördlichen Randgebirges des iranischen Plateaus bezeichnen, welcher im Westen durch die Thalfurche des Sefidrud und vom Char- sanpass begrenzt wird. Der Sefidrud trennt hier den Alburs von den von Grewingk sog. Ghilan- und Talysch-Alpen, welche freilich eine der des Alburs in vieler Beziehung ähnliche Zusammensetzung zu besitzen scheinen, indessen von dem Sprachgebrauch kaum mehr unter dieser Bezeich- nung verstanden werden. Der Sefidrud (der weisse Fluss) ist der ein- zige Fluss, der das caspische Randgebirge des persischen Plateaus vollständig durchquert, und der einzige, in den Caspi-See gehende per- sische Fluss, welcher nicht in diesem Randgebirge seinen Ursprung nimmt, sondern aus dem Inneren des Landes kommt. Seine Thal- furche ist daher als Scheidelinie zweier Gebirge in unserem Fall be- deutungsvoller als jede andere. Dazu tritt für uns noch der Gesichts- punkt, dass gerade die zwischen der Linie Kaswin-Mianeh einerseits und der Küste von Ghilan und Lenkoran andererseits gelegenen Gebirgs- systeme ziemlich verwickelt werden, und namentlich das geologische Verhalten solcher Ketten, wie der Bulguschkuh zu der nordwestlichen Fortsetzung des Alburs noch nicht deutlich erkannt werden konnte. Es mag also zweckmässig sein, ganz unzulänglich Bekanntes vorläufig von der Betrachtung auszuschliessen. Da u [3] Bemerkungen über die Tektonik des Albursgebirges in Persien. 377 Nicht minder schwierig ist es, die Ostgrenze des Alburs zu fixiren. Wir wissen, dass er durch die Gebirgszüge im Norden Chorassans und Afghanistans mit dem Paropamisus und dem Hindukusch zusam- menhängt, aber es ist bei der immer noch sehr ungenügenden Kennt- niss, welche wir von diesen Gebirgszügen haben, misslich zu Sagen, wo der Abschnitt am passendsten gemacht werden soll. Der Engländer Conolly (A. Conolly, journey overland to north India, London 1834, vol. I, p. 239) setzte die Grenze zwischen Alburs und Paropamisus etwa in die Mitte zwischen Herat und Meschhed. Hier soll in der Gegend von Scherifabad eine Lücke, eine Einsenkung zwischen beiden Gebirgen vorhanden und die Verbindung derselben nur durch niedrige Berge hergestellt sein. C. Ritter (l.c.p. 260) wiederum setzte die Ostgrenze des Alburs in den Meridian von Asterabad, da erst hier der nördliche Grenzwall des iranischen Hochlandes bedeutendere Verhältnisse annehme, während die Bergzüge im Norden Chorassans relativ niedrig und unbedeutend seien. Diese Auffassung scheint mir jedoch nicht begründet. Im Meridian von Asterabad ist keinerlei irgendwie beträchtliche Einsenkung der Ge- birgskette wahrzunehmen. In dieser Gegend erhebt sich im Gegentheil der imposante Schahkuh, der zu den höchsten Gipfeln der Kette ge- rechnet werden kann, und östlich der Gebirgspässe, die man auf dem Wege von Asterabad nach Schahrud passirt, erhebt sich das Gebirge nicht viel niedriger, als westlich davon. Am zweckmässigsten mag es, so weit ich die Sache nach den eingezogenen Erkundigungen zu beurtheilen vermag, vorläufig sein, die Östgrenze des Alburs in die Gegend von Budschnurd oder Kutschan zu Setzen, da bis dorthin der zwischen Asterabad und Schahrud ent- wickelte Gebirgszug seinen geschlossenen Charakter bewahren soll. Ich gebe übrigens gerne zu, dass ein längerer Streit über die Grenzen eines Gebirges, welches nach beiden Enden hin Fortsetzungen hat, ziemlich müssig wäre. Wer vermöchte z. B. die Grenze zwischen See-Alpen und ligurischen Apenninen genau anzugeben oder wer könnte einen scharfen Schnitt zwischen den Karpathen und den transsylvanischen Alpen ziehen, obwohl diess sogar Gebirge von verschiedener Richtung der Kammlinien sind. In der von uns vor geschlagenen Begrenzung besitzt der Alburs bei einer durchschnittlichen Breite von mehr als 15 geographischen Meilen eine Länge von 90— 100 solchen Meilen. Seine Passhöhen übersteigen häufig 7000 Fuss. Manche seiner Gipfel oder Kammhöhen liegen zwi- schen 9000 und 14,000 Fuss über dem Meere. Sein höchster, aller- dings vuleanischer Gipfel, der Demavend, von welchem manche Messungen sogar dieHöhe von 20,000 Fuss angeben, lässt die höchsten Gipfel der Alpen weit hinter sich zurück, und könnte sich den hohen Kegelbergen der südamerikanischen Cordilleren würdig an die Seite stellen. So erscheint der Alburs dem Hochgebirge im Centrum unseres Welttheils, den Alpen mindestens ebenbürtig, und könnte sich ausser den Alpen kein anderes europäisches Gebirge mit ihm an Bedeutung messen. Der Alburs ist kein einfacher Gebirgszug, sondern besteht aus Reihen untereinander mehr oder minder paralleler Ketten, welche sich in ihrer Bedeutung als Wasserscheiden oder höchste Kammerhebungen 378 Dr. E. Tietze. [4] ablösen, bisweilen jedoch untereinander durch Querjoche verbunden erscheinen. Diese Querjöcher sind als Wasserscheiden einzelner Fluss- systeme oft von Wichtigkeit. So spielt z. B. die hohe Schemirankette nördlich Teheran, welche an Höhe ihre nördlich vorliegenden Parallelketten wie diejenige des Kendemun (Kendewan) übertrifft, als Wasserscheide gar keine Rolle, insofern alles an ihren nördlichen Flanken entspringende Wasser, sei es westlich durch den Keretschfluss, sei es östlich durch den Dsche- dscherud nach Süden, nach dem Wüstenlande abgeführt wird. Dagegen bildet ein zwischen den Ortschaften und Thälern von Scharistonek und Ahar sich erhebender Querriegel nördlich vom Schemiran die Wasser- scheide zwischen dem Keretschgebiet und dem Dschedscherudgebiet. Die vorhin erwähnte hohe Kette zwischen den Thälern des Talakhan und des Alamud bildet eben nur zwischen diesen beiden Thälern eine Wasserscheide, die sich aber nach Westen nicht fortsetzt, die Vereini- gung der beiden Flüsse nicht hindert, welche als Schahrud dem Sefidrud zueilen und so ihr Wasser in’s caspische Meer führen. Nur in der Gegend der Stadt Demavend ist die mächtige Kette, über welche der Pass von Imamsadeh Haschim führt, zugleich höchste Kammerhebung und Wasserscheide zwischen dem caspischen Meere und dem Wüsten- plateau.') Die Wasserläufe des Gebirges folgen in der Regel anfangs den zwischen den Parallelketten sich erstreckenden Längsthälern, um dann in oft engen, wilden Querthälern das Gebirge zu durchschneiden, und entweder wie Tschalus, Heras, Talar und Tedschen einen Ausweg nach der caspischen Seite zu suchen oder wie der Keretsch, der Dsche- dscherud und der Hablerud auf der Seite des Hochlandes in’s Freie zu gelangen. Halten wir ausserdem fest, dass der Alburszug sich als Rand- gebirge des persischen Hochlandes zwischen diesem einerseits und dem caspischen Meere, bezüglich der zur caspischen Depression gehörenden Turkmenensteppe andererseits hinzieht, so haben wir die allgemeinsten Grundlinien seines Verhaltens gegeben. Ehe wir aber auf Einzelheiten eingehen, wie sie im Aufbau dieser Kette uns entgegentreten, müssen wir noch einiger Eigenschaften des Alburszuges gedenken, welche sein allgemein landschaftliches Verhalten betreffen, soweit dasselbe von geologischen Beziehungen bestimmt wird. Nicht zu vernachlässigen bei der tektonisch-geologischen Schilde- rung eines Gebirges sind die Formen seiner landschaftlichen Conturen, da die Linien, mit welchen ein Gebirge vom Horizont sich abhebt, nicht allein von der Erosion, sondern auch von der Natur des Materials, !) Hier darf ich wohl einen Irrthum berichtigen, der sich bei Ritter in der Auffassung dieser Gegend eingeschlichen hat. Derselbe sagt nämlich (l. c. 8. Bd., p. 505): „Die Stadt Demavend, am Südost-Fusse des hohen Demavendpik, sendet ihren Gebirgsfluss, den Demavend, der vom gleichnamigen Pik herabströmt, südwärts in die Ebene von Veramin.“ Nun aber entspringt der bei Demavend fliessende Fluss an den Südabhängen jener Wasserscheide, während der Demavend- berg nördlich derselben steht. Die Hauptmenge der vom Demavendberge kommenden Wasseradern fliesst zum Heras, der nach Masenderan geht. Ein Theil der an der westlichen Flanke des Berges entspringenden Wässer aber scheint in den Dsched- scherud zu gehen, [5] Bemerkungen über die Tektonik des Albursgebirges in Persien. 379 welches die Gebirgsmasse zusammensetzt, und namentlich des Materials, aus dem die Gipfel und obersten Kammtheile bestehen, abhängt, sowie von der Natur der Störungen, denen diese Massen unterworfen waren. Wie verschieden solche Conturen sein können, wird z. B. der Reisende ermessen, welchem der Anblick der Alpen bei Salzburg bekannt ist, und der sich dann nach Schlesien oder Galizien begibt, um sich den Karpathen, sei es von Oderberg, von Lemberg oder von Stanislau aus zu nähern. In dem einen Falle hat er eine pittoreske Mannigfaltigkeit der Gebirgsformen bewundern können, in dem anderen wird er überall dieselben langgezogenen Linien wiederfinden, welche für den äusseren Anblick der karpathischen Sandstein-Zone vom Flachlande aus so bezeichnend sind. Ich möchte nun sagen, dass sich beim Anblick der Alburskette vom persischen Hochlande aus ein landschaftlicher Typus wahrnehmen lässt, der zwischen den beiden oben geschilderten Gegensätzen ungefähr die Mitte hält. Eine rückenförmige Gestalt der Gebirgskämme, die mit einfachen Linien den Horizont begrenzen, ist ziemlich charakteristisch für das Albursgebirge; allein die Höhendifferenzen in den einzelnen Theilen dieser Rücken sind dennoch meist bedeutender, als bei dem äusserst monoton aussehenden Walle, den die Karpathen vom galizischen Flach- und Hügellande aus vorstellen. Andererseits fehlen dem Alburs die phantastisch wilden Formen unserer Kalkalpen in den meisten Fällen. Seine meist durch Verwerfungs-Spalten getrennten Parallel- kämme bieten allerdings oft schroffe Gehänge dar, an gähnenden Ab- gründen von ungeheuerer Tiefe führen oft die Saumpfade im Innern des Gebirges vorüber, in wilden Schluchten durchbrechen reissende Gebirgsflüsse die Felsmassen, aber so grossartig die Scenerie im Innern des Gebirgszuges in Folge dessen sein mag, so gewaltig sie nament- lich durch die Massen wird, welche uns natürlich in einem so hoch aufragenden Gebirge entgegentreten, so vermissen wir doch bei der Annäherung an dasselbe von aussen her jene zackigen Gipfel, jene unruhig schroffen Kämme, wie sie uns aus den Dolomitbergen Tirols, aus den Kalkgebirgen Salzburgs bekannt sind und wie sie sogar in der granitischen Tatra emporragen. Doch gibt es einige Ausnahmen von dieser Regel. Zu diesen Aus- nahmen gehört der dolomitische Gipfel des Hesorbende im Gebiete des Lowrathales, gehören die Hörner des Baru Mirsa bei Rute im oberen Dschedscherud-Gebiete, einige Kuppen am Keretschthale in der Nähe von Duab (das ist in einem Gebiet, in welchem, wie später nochmals erwähnt werden soll, fächerförmige Schichtenstellungen auftreten), endlich einige kleinere Ketten im Süden des Weges von dem Karawan- serai Delitschai nach Aminabad (zwischen Stadt Demavend und Firus- kuh). Auch der Serin-Kuh, vom kleinen Taar-See aus gesehen, kann hier genannt werden. Dass schliesslich der Vulcan Demavend mit seiner kegelförmigen Gestalt in den Rahmen der hier geschilderten Landschaft gar nicht hineinpasst und ganz fremdartig für seine Umgebung aussieht, braucht nicht besonders betont zu werden. Einen grossen landschaftlichen Gegensatz des Alburs zu unseren Alpen bezeichnet das beinahe völlige Fehlen der Seen. Mir sind in 380 Dr. E. Tietze. [6] diesem ungeheueren Gebirgszuge nur wenige und zwar kleine Gebirgs- seen bekannt, und von diesen habe ich nur zwei selbst gesehen. Es sind das die Seen!) von Taar, auch Seen von Mumetsch genannt. Sie befinden sich nordöstlich von der Stadt Demavend ziemlich hoch im Gebirge, auf der Südseite der dort indem Kuhi-Mas gipfelnden Haupt- kette des Alburs, zwischen dieser und dem Serinkuh, und zwar liegt der grössere dieser Seen, wie ich besonders zu bemerken bitte, in einer tiefen Einsenkung mitten auf dem Querjoch, welches die Kette des Kuh i Mas mit der Erhebung des Serin-Kuh verbindet. Diese Position ist sehr merkwürdig. Morier (Sec. voy. Paris 1818) ist der Erste, der uns eine kurze Kunde von der Existenz dieses Wasserbeckens gegeben hat, olıne jedoch Einzelheiten über seine Lage mitzutheilen. Mit dem Demavendvulcan stehen diese Seen in keinerlei irgendwie searteter Verbindung, wie ich betonen muss, weil man nach Ritter, welcher (l. ec. 8. Bd., p. 564) dieselben unmittelbar bei Bespre- chung des Demavendkegels abhandelt, an eine solche Verbindung glauben könnte. Die Seen liegen mitten im Kalkgebirge, dessen Basis rother Sandstein ist, wie er auch am untersten Rande des grösseren Sees zum Vorschein kommt. Der grössere See hat etwa, wie Morier sagt, eine Stunde Umfang. Er zeigt vier Buchten. Die grösste dieser Buchten geht nord- wärts gegen das Hauptgebirge. In dieselbe mündet ein kleiner. Bach. Eine südliche Bucht ist gegen den Serinkuh zu gerichtet. Ausserdem ist östlich und westlich je eine Ausbuchtung des Sees wahrzunehmen. Eine ziemlich spitze Bergkuppe ragt an der Nordwestseite des Sees, zwischen dessen nördlicher und westlicher Bucht hervor, deren Gipfel von dunklem Kalk eingenommen wird, während unten in der Nähe des Wasserspiegels rother Sandstein ansteht, der sich auch unten am Nord- rande und an der Ostbucht des Sees fortzieht. Der See, dessen Spiegel von tiefblauer Farbe ist und so einen seltsamen Farbencontrast mit den hellen, kahlen Berglehnen, die ihn einschliessen, aufweist, hat keinen sichtbaren Abfluss, doch entspringt westlich vom See bei Taar ein Bach mit ziemlicher Wasserstärke, anscheinend unter dem Niveau des Seespiegels und es ist möglich, dass dieser Bach, der sich später mit dem Thale von Gelariwar ver- einigt und nach der Stadt Demavend geht, seinen Ursprung einem unterirdischen Abflusse des Sees verdankt. Eine halbe Stunde nordöstlich vom grösseren befindet sich der kleinere der beiden Taarseen, dessen Wasser grün erscheint. Er ent- spricht einer längsgestreckten, nordöstlich gerichteten Terrainfurche, welche nach Westen etwas concav gebogen ist. Etwa in der Mitte des östlichen Ufers springt ein Felsen vor, der zwei kleine Buchten von einander scheidet. Dieser Felsen ist indessen bei höherem Wasser- stande, der im Frühjahre eintreten mag, von Wasser bedeckt. Die Uferlinien bezeichneten jedenfalls einen mitunter 5—6 Klafter höheren Wasserstand, als derjenige war, den ich dort im Herbste beobachtete. ‘) Der Perser hat kein besonderes Wort für See. Er nennt einen Gebirgssce Dario und mit demselben Worte bezeichnet er auch das Meer. [7] Bemerkungen über die Tektonik des Albursgebirges in Persien. 381 Auch die Existenz einer Schlammkruste, mit welcher jener Felsen stellenweise überzogen war, kann zur Unterstützung dieser Ansicht dienen. Die Scenerie ist geschlossener, als beim grösseren See. Im Nor- den erheben sich die steilen Wände des Kuh i Mas, von welchem ein kleiner Bach herabkommt, und in den ebenfalls anscheinend abfluss- losen See sich ergiesst, im Süden erblickt man die von hier aus etwas zackigen Kämme des Serinkuh. Der rothe Sandstein, der am grösseren See zum Vorschein kommt, ist hier verschwunden. Eine Region stärkerer und schwächerer Quellen oder nasser Plätze, die man etwas weiter abwärts gegen Mumetsch zu, aber noch oberhalb des Angers Tschemendo antrifft, und welche als der Ursprung des Delitschai angesehen werden können, könnte einem unterirdischen Abfluss dieses kleinen Sees entsprechen. Eine Ansicht über die Art der Entstehung dieser Seen, welche weniger den grossen Seen der Alpen, als den Meeraugen der Kar- pathen und den Gebirgsteichen der Sudeten (Riesengebirge) zu ver- gleichen wären, habe ich mir nicht gebildet. Dieser Vergleich soll übrigens nur rein äusserlich das landschaft- liche Verhalten dieser Wasserbecken bezeichnen, ohne ein Präjudiz für deren Erklärung zu bilden. Diejenigen, die immer bei der Hand sind, unsere Alpen-Seen mit Glaeialwirkungen in Verbindung zu bringen, würden auch hier geneigt sein, ähnliche Ansichten auszusprechen. Die Ansicht indessen, dass die Seen der Alpen mit den tektonischen Verhältnissen der betreffenden Gebirgstheile zusammenhängen, hat bekanntlich nicht minder ihre Ver- treter gefunden. E. Favre hat auch besonders darauf hingewiesen, dass in der Kette des Kaukasus, obwohl dort Spuren der Eiszeit nach- gewiesen wurden, sich doch nur äusserst wenige Gebirgs-Seen be- finden (wie z. B. der kleine See von Duschet nahe der Strasse von Tiflis nach Wladikawkas), und dass dieses Fehlen der Seen daselbst ein Beweis für die Unabhängigkeit des Phänomens der Seebildung von Glacialwirkungen sei. Wollen wir aber eine tektonische Erklärung der Bildung der Taar-Seen versuchen, so wäre zu bemerken, dass ihr Auftreten kaum einen directen Zusammenhang mit einer der grossen tektonischen Linien jener Gegend erkennen lässt, denn obschon sie beide südlich von der dortigen Hauptkette des Alburs stehen, längs deren Südrand sich, wie wir später erkennen werden, eine Bruchlinie andeutet, so ist doch die Lage des grösseren Sees gerade auf einem quer gestellten Verbin- dungsjoch zweier Gebirgsmassen etwas befremdlich. Bei einem Kalkgebirge wird man gern an durch Unterwaschungen bedingte Einstürze denken. Dieser Gedanke wird aber in unserem Falle etwas gestört durch die Wahrnehmung, dass die Unterlage des betreffenden Kalkgebirges ein zu Aushöhlungen wenig disponirter Sand- stein ist, wie er auch am Grunde des grösseren Seebeckens hervor- kommt. | Von anderen Seen im Albursgebirge wäre noch der Istalch-See im westlichen Alburs zu erwähnen, welcher nach der Grewingk’chen Karte sich in dem Gebirgsstück befindet, welches durch den Winkel Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt. 1877. 27. Band. 4. Heft. (Dr. E. Tietze.) 50 382 Dr. E. Tietze. [8] den der Schahrud mit dem Sefidrud bildet, bezeichnet werden kann. In der Nähe von Viljabad, im Gebiete des Tschalusthales soll sich einer mir gewordenen mündlichen Mittheilung zufolge ebenfalls ein See befinden. Seine Lage muss ziemlich seitlich vom Tschalusthal anzu- nehmen sein, denn an dem Karavanenwege, welcher längs desselben dort nach Masenderan führt, ist von dem See nichts zu bemerken. In den von uns nicht mehr in die Betrachtung gezogenen Talysch- Alpen sah Fraser (narr. and adventures p. 292) einen kleinen See bei seinem Marsche nach Ardebil. Ueber die tektonische Bedeutung dieser Seen sind vorläufig kei- nerlei Vermuthungen zulässig. Wir wollen nun die Verhältnisse der Gebirgsbildung im Alburs betrachten nach dem Gesichtspunkt der räumlichen Vertheilung und Entwicklung der einzelnen Formationen und nach dem Gesichtspunkt der Schiehtenstellungen und Lagerungsverhältnisse. Da die uns verfügbaren Beobachtungsresultate im Vergleich zur Grösse des Gebirges wohl noch gering zu nennen sind, so dürfen wir freilich ein allgemein befriedigendes Ergebniss der von uns anzustellenden Dis- cussion kaum erwarten, denn die Lücken unserer Kenntniss sind bei Behandlung tektonischer Fragen noch viel gefährlichere Irrthumsquellen, als sie es bei stratigraphischen sein werden. Wir sind zufrieden, wenn es gelingt, gewisse, zum Theil untereinander noch unvermittelte Züge eines Bildes festzuhalten, dessen Ausführung und Colorirung Anderen überlassen werden muss. Zum Verständniss des Folgenden muss ich hier kurz die For- mationen aufzählen, aus deren Gesteinen sich der Alburs zusammen- setzt. Eine vollständige und genaue Beschreibung dieser Bildungen, wie sie nach den von mir mitgebrachten Gesteinsproben und Verstei- nerungen möglich wäre, kann ich hier begreiflicherweise nicht bringen, da diese Beschreibung von Einzelnheiten petrographischer oder paläon- tologischer Art mit der Darstellung tektonischer Verhältnisse nichts zu thun hat. Ich skizzire die Sachen nur ganz kurz. Von altkrystallinischen Gesteinen sind die Granite oder Syenite zu nennen, wie sie beispielsweise im Keretschthale, am Tacht i Soleiman und wohl in Verbindung mit krystallinischen Schiefern im nordwest- lichen Alburs gegen den Sefidrud zu auftreten, dann darf der azoi- schen, zum Theil vielleicht altsilurischen Schiefergesteine der Gegend von Asterabad gedacht werden. Paläozoische Gesteine spielen in dem Gebirge eine grosse Rolle. Zunächst muss hier ein alter rother Sandstein erwähnt werden, der nicht selten in Verbindung mit älteren Grünsteinen auftritt, und auf welchen ein System von meist dunklen Kalken und Schiefern zu folgen pflegt, in welchem Petrefakten des Devon und stellenweise des Carbon gesammelt werden können. Dann fand ich eine theils kalkige, theils sandige, häufig aus tuff- artigen Gesteinen bestehende Schichtenreihe, deren Glieder nicht selten an die sogenannte pietra verde der Trias Tirols erinnern, und welche überhaupt durch die grüne Farbe ihrer Gesteine höchst charakteristisch ausgezeichnet ist. Diese Schichten sowohl, welche ich als die „grünen Schichten des Alburs“ bezeichnen möchte, als gewisse, meist hellfar- | | i [9] Bemerkungen über die Tektonik des Albursgebirges in Persien. 383 bige Kalke und Dolomite, welche in ähnlichen Lagerungs-Verhältnissen über den paläozoischen Bildungen und unter dem Jura angetroffen werden, bin ich geneigt, als Aequivalente der Trias anzusehen. Augit- und Labradorporphyre, sowie andere Grünsteine, treten im Bereich der genannten Bildungen, namentlich der „grünen Schichten“, auf. Versteinerungen der Trias sind freilich bisher im Alburs nicht gefunden worden. Doch wäre es voreilig, die Existenz dieser For- mation daselbst leugnen zu wollen. Im Kaukasus gilt die Trias allerdings als fehlend. Dafür ist uns ihre Entwicklung aus dem Hima- laya bekannt, so dass a priori die Möglichkeit einer westlichen Fort- setzung dieser Formation bis in’s nördliche Persien hinein nicht un- denkbar wäre. Ich will hier einiger Lagerungs-Verhältnisse gedenken, welche für die von mir vorgeschlagene vorläufige Deutung beweiskräftig sein mögen. Am Hesorbende bei Haimadscha im Gebiet des Keretsch- und Lowrathales liegen über den in ihren oberen Lagen eine obercarbonische, bezüglich permocarbonische Fauna enthaltenden dunklen paläozoischen Kalken, die ihrerseits von rothem Sandstein unterteuft werden, zunächst helle Kalke, und über diesen folgen helle, grob geschichtete Dolomite als Gipfelgesteine des Hesorbende. Man sieht dieselben deutlich unter die nördlich davon entwickelten Liassandsteine einfallen. Sie setzen mit anscheinend verringerter Mächtigkeit fort nach dem unmittelbar westlich vom Hesorbende gelegenen Gipfel des Serijud, wo man die- selbe Reihenfolge der Formationen beobachten kann. Ein ganz ähnliches Profil kenne ich im Dschedscherud-Gebiet oberhalb Uschon, das Seitenthal von Rute aufwärts. Ueber dem nörd- lich fallenden rothen Sandstein kommen die Kalke des mit mächtigen Zacken und Hörnern aufsteigenden Baru Mirsa, zuunterst dunkler paläozoischer Kalk, darüber helle Kalke und Dolomite, und schliesslich mit nördlichem Fallen darüber lagernd der Liassandstein des Berges Ladschini. Nördlich der Stadt Demavend sammelt man auf der Südseite des Imamsadeh-Haschimpasses bei Muschah paläozoische Petrefakten in dunklen Kalken, welche ihrerseits auf rothem Sandsteine auflagern. Auf der Nordseite des Passes tritt im Hangenden der dunklen Kalke Liassandstein auf, in der Nähe der dortigen, nur wenig unterhalb der Passhöhe gelegenen kleinen Karavanserai. Hier scheinen dieselben Kalke, von denen wir sprechen, verdrückt zu sein durch ein discor- dantes Uebergreifen des Sandstein. Bachabwärts in der Richtung nach dem Herasthal zu sieht man dann aber helle Kalke mit steiler, vielfach gewundener Schichtenstellung anstehen, über welche dann weiter nördlich wieder Liassandsteine folgen. Eine andere Wiederholung dieser Verhältnisse erkannte ich in dem Profil vom Gedukpass nordöstlich Firuskuh, abwärts in das Thal des Talar. Während das Joch des Passes alten rothen Sandstein mit Dioritdurchbrüchen zeigt, welcher von dunklen paläozoischen Kalken überlagert wird, kommen, wenn man nordwärts geht, noch vor dem Dorfe Abassabad in der Nähe einer alten pittoresken Burgruine, welche als mansil i div i sefid (Wohnung des weissen Geistes) bezeichnet wird, die hellgrauen Kalke im Hangenden der vorher genannten Gebilde, und 50* 384 Dr. E. Tietze. [10] im Liegenden des bei Abassabad anstehenden Liassandsteins zum Vor- schein. Das Streichen dieses Formations-Complexes geht, wie ich an mehreren Kalkbänken beobachtete, von WSW nach ONO, und sind die Sehichtenstellungen hier oft äusserst steile. Weiter nördlich am Wege von Abassabad nach Urin, den Talar abwärts, kommt dann ein neuer Aufbruch des hellgrauen, triadischen Kalkes zum Vorschein. Auf einer seiner Felshöhen steht abermals die Ruine eines sog. mansil i div i sefid. Theilweise stellt der Kalk, wie ich ganz beiläufig anführe, hier eine Breceie vor, ähnlich gewissen Kalkbreceien der Alpen, wie z. B. am Semmering, wo ganze Kalkfelsen eine derartige Breccienstructur zeigen. Die Dislocation war hier übrigens nicht mehr energisch genug, noch die paläozoischen Schichten mit an die Oberfläche zu bringen. Diese Beispiele von Lagerungsverhältnissen werden vielleicht ge- nügen, meine Muthmassung vom Alter dieser Kalke zu rechtfertigen. Vielleicht ist später Jemand so glücklich, vom paläontologischen Stand- punkte aus darüber urtheilen zu können. Es darf nicht überraschen, wenn man vorläufig noch nicht aus allen Schichten der asiatischen Hochgebirge mit Versteinerungen aufwarten kann. Wer ohne die nach und nach von zahlreichen Gelehrten und Liebhabern aufgefundenen Fundorte der alpinen Triaspetrefakten zu kennen, eine erste Reise in die Alpen machen würde, dem würden die mächtigen Kalke und Dolo- mite, die wir dort jetzt als der Trias angehörig erkennen, so gut wie versteinerungsleer erscheinen. Was die grünen Schichten anlangt, zu denen ich beispielsweise die Bildungen rechne, welche die Höhe des Schemirankammes am Tochtschalpass nördlich Teheran zusammensetzen, so ist es mir weniger leicht geworden, ebenso deutliche und sichere Profile aufzufinden, aus denen ihre relative Lagerung sich ergeben könnte, als bei den bespro- chenen hellen Kalken. Doch erwähne ich die folgenden Beobach- tungen. Auf dem Wege, den ich von der Stadt Demavend zu den Seen von Taar machte, traf ich vor dem Dorfe Deschtimeso den grünlichen Sandstein der Liaskohlenformation; bei dem Dorfe Deschtimeso treten sodann die grünen Schichten auf, und auf der Nordflanke des Berg- rückens, an dessen Südseite das Dorf Deschtimeso liegt, sah ich die dunklen Kalke der paläozoischen Formation, und nördlich unter den- selben in dem engen, kurzen Längsthale, welches der östlichen Fort- setzung des später zu erwähnenden Sattelaufbruchs von Muschah ent- spricht, den alten rothen Sandstein zum Vorschein kommen. Aus diesem Profile, in welchem der alte rothe Sandstein und der Liassand- stein die Endglieder sind, ergibt sich die Lage der grünen Schichten zwischen der paläozoischen und jurassischen Formation. Auch die Fall- richtung der Schichten stimmt mit dieser Auffassung. Wohl kommen in den dunklen Schichten nördlich Deschtimeso nördliche Neigungen vor. Dieselben sind jedoch als ganz locale, wohl durch Rutschungen bedingte Störungen aufzufassen, denn man braucht nur einen erhöhten Aussichtspunkt zu gewinnen, um zu bemerken, dass die dunklen Kalke und die sie überlagernden grünen Schichten im Grossen und Ganzen hier überall südsüdöstlieh, das ist unter den vorerwähnten Liassand- Tı1] Bemerkungen über die Tektonik des Albursgebirges in Persien. 385 stein einfallen. Auch am Serinkuh, südlich ‚der Taar-Seen, ruhen diese grünen Schichten unmittelbar über den dort sehr versteinerungs- reichen paläozoischen Schichten. Bei der Aehnlichkeit indessen, welche einzelne Gesteine der grünen Schichten mit gewissen, später zu erwähnenden grünen Tuffen, die ich zur oberen Kreide rechne, besitzen können, wird man in Fällen undeutlich erkannter Lagerung sich vor Verwechslungen zu hüten haben. Noch wären manchmal ziemlich mächtige Gypslager zu erwähnen, welche sich stellenweise den älteren Schichteomplexen des Alburs ein- geschaltet finden, und die ihren Platz an der Grenze der grünen Schichten nach unten gegen die älteren Kalke und Schiefer haben. Bei Scharistonek und namentlich östlich von Scharistonek bei Ahar, sowie zwischen Dschowistan und Getterde sind derartige Gypse zu beobachten. Von grosser Bedeutung für die Zusammensetzung des Gebirges ist ferner eine durch Kohlenführung ausgezeichnete Sandsteinformation, ‘ welche ich in meinen Reisebriefen aus Persien dem Lias zugerechnet habe.') Gewisse helle, zum Theil Hornstein führende Kalke und Mergel- ‚schiefer der Demavend-Gegend, sowie gewisse dunkle Schiefer des Herasthales rechne ich vorläufig zur oberen Hälfte des Jura. Die Kreideformation ist durch helle petrefaktenarme Kalke, durch gewisse Schichten mit Seeigeln und anderen Versteinerungen (nach Grewingk), sowie durch gelbe sandige Mergel mit Inoceramen ver- treten, welche ich im Thal des Talar auffand. Ebenso rechne ich hierher gewisse grüne Tuffe, die zum Theil an die „Palla“ Siebenbürgens erinnern. Die Nummuliten-Formation ist theils durch Conglomerate, theils durch Kalke repräsentirt. Petrefaktenreiche Eocänschichten kommen beispielsweise im Siakuh vor, allerdings schon ausserhalb des Alburs. Die Salz führende Miocän-Formation ist am Südrande des Gebirges sehr verbreitet. Eine Partie sarmatischer Schichten sah ich in Masen- deran. Auch am Südrande des Alburs kommen einige Bildungen vor, welche etwas jüngeren Tertiärstufen angehören können. Rechnet man hiezu noch einige Punkte, wo, wie am Demavend oder zwischen Talakhan und dem Berge Esselik, jüngere Eruptiv- gesteine auftreten, dann sehen wir, dass die meisten der grossen Formations-Abtheilungen mit grösserer oder geringerer Sicherheit im Alburs als vertreten anzunehmen sind, wenn auch im Einzelnen zu- gestanden werden muss, dass für eine Menge enger begrenzter For- mations-Abtheilungen der Nachweis noch fehlt. Das ist das Material, aus welchem das Gebirge sich aufgebaut hat. Die räumliche Verthei- lung dieses Materials bietet Gelegenheit zu manchen nicht uninter- essanten Wahrnehmungen. Was das Hervortreten der einzelnen Formationen im Alburs- gebirge anlangt, so ist das zunächst wichtige Moment ohne Zweifel das Fehlen einer Axe altkrystallinischer Gesteine oder, wenn man sich an- ders ausdrücken will, einer fortlaufenden ununterbrochenen Zone älterer, t) Die fossile Flora dieser Formation hat nach den von mir mitgebrachten Stücken Hr. Prof. Dr. Schenk in Leipzig gütigst zur Bearbeitung übernommen. 386 Dr. E. Tietze. [12] primitiver Felsarten, sei es als mediane, sei es als seitlich stehende Axe des Alburs. Man kann ganze Durchschnitte durch das Gebirge machen, ohne eine hierher gehörige Felsart anzutreffen. Das ist z. B. der Fall, wenn man von der Stadt Demavend nach Amol reist, oder wenn man von Firuskuh über den Gedukpass und längs des Talarthales nach Masenderan geht. Dasselbe gilt für den Durchschnitt von Teheran über die Pässe des Tochtschal, des Kendewan und des Hesortschem nach der Mündung des Tschalus. Eine derartige Thatsache mag bei einem grossen Gebirge immer- hin befremdlich erscheinen, bleibt aber nicht ganz ohne Analogie. Russeger (N. Jahrb. 1837, p- 38) berichtete, dass er den klein- asiatischen Taurus kreuz und quer durchstreifte und den Centralzug dieser merkwürdigen Alpenkette ganz ohne sogenannte Primitivgebilde fand. Dasselbe gilt für die Apenninen in gewissem Sinne ebenfalls. „Zunächst fällt es auf,* sagt Suess (Ueber den Bau der italie- nischen Halbinsel, Sitzb. Akad. Wiss. 65. Bd., Wien 1872), „dass dem ganzen Appennin, im strengen Sinne der Kette des Gran Sasso, der orographischen Hauptlinie Italiens jedes Gestein fehlt, welches sich mit den älteren Gesteinen der Alpen vergleichen liesse.“ Am ehesten wird man noch für den Nordrand des Alburs eine in der Mitte ihrer Erstreckung indessen verschwundene Zone älterer Gesteine sich reconstruiren können, im Westen aus Graniten, Syeniten und krystallinischen Schiefern bestehend, im Osten bei Asterabad durch seien es vorsilurische, azoische, seien es altsilurische Schiefergesteine markirt. In dieser Beziehung zeigt die Alburskette eine gewisse Analogie mit dem Kaukasus, welcher ebenfalls im Norden, aber freilich mehr in dem mittleren Theil seiner Erstreckung, eine Zone altkrystallinischer oder überhaupt älterer Gesteine besitzt. Doch spielen derartige For- mationen im Alburs augenscheinlich eine viel untergeordnetere Rolle als im Kaukasus. Die meisten Gesteine dieser Art sind im Alburs, wahr- scheinlich auf der Seite von Ghilan, vorhanden. Der französische Reisende Trezel (A. Jaubert, voyage en Armenie et en Perse, suivi d’un mem. sur le Ghilan et le Masenderan par M. Trezel, Paris 1821) fand östlich Sukhtaser, östlich Rescht Granitfelsen un- mittelbar am Meere. Nach Grewingk (l. ec. p. 124) kommen bei Massula im Ghilangebirge, welches die unmittelbare nordwestliche Fort- setzung des Alburs bildet, Thonkalkschiefer mit Quarzgängen vor. Unter- halb Massula folgen denselben Glimmerschiefer und Granit, die sich bis in die Gegend des Sefidrud ziehen. „Dieselben und verwandte Gesteine,“ fährt Grewingk fort, „treten dann auch noch weiter am Fusse des Gebirges und entlang der Küste bis zum Tschalus auf. Ihr Vorkommen ist uns am Kuh i Derfek, bei Lahidschan, Lengerud, am Ausgange des Kachrudthales, im Kilischwaldgebirge 1!/; Werst von Abigerm, und mehr in’s Land hinein, 3 Werst von Kasamli an der Südwestseite eines Ausläufers des Churmoberges bekannt geworden.“ Br, h [13] Bemerkungen über die Tektonik des Albursgebirges in Persien. 387 Von diesen Punkten habe ich nur den Kuh i Derfek und auch diesen nur aus einiger Entfernung gesehen, nämlich von der Tscha- parchane (Posthaus) von Rustemabad am Sefidrud aus. Man geniesst hier eine der wundervollsten Gebirgsansichten in Ghilan, als deren Hintergrund sich eben der bewaldete, 7000 Fuss hohe Kuh i Derfek präsentirt. Der Berg hat in der That ganz das Aussehen einer Granit- kuppe und weicht im Habitus jedenfalls von den Conturen der rücken- oder kammförmigen Ketten des Alburszuges ab. Ferner vermag ich das Auftreten syenitischer und granitischer Gesteine am Tacht i Soleiman anzugeben, dem zweithöchsten Berge des Alburs, und dem höchsten, wenigstens nicht ausschliesslich vulcani- schen Gipfel dieses Gebirges, dessen Höhe auf 14,000 Fuss angegeben wurde, und der bisher, so viel ich weiss, nur vom Botaniker Kotschy besucht wurde. Dieser Autor (Der westliche Elbrus, Mitth. d. geogr. Ges., Wien 1861, p. 98 und 99) gibt im Gebirgsstock des Tacht i Soleiman Trachyt- und Porphyrmassen, sowie Serpentin an. Ohne das Vorkommen solcher Gesteine daselbst im Geringsten bestreiten zu wollen, wozu ich kein Recht hätte, da ich den Tacht i Soleiman nicht bestieg, möchte ich doch bemerken, dass Kotschy gar nicht die Ab- sicht hatte, mit den in seiner botanischen Reisebeschreibung zerstreuten geologischen Notizen einen vollständigen Abriss der Geologie des Tacht i Soleiman zu geben, und dass desshalb sehr wohl noch andere Ge- steine ausser den von ihm erwähnten in jene Gebirgsgruppe gehören können. Ich wenigstens fand bei Hassankeif, welches an der Mündung eines ziemlich grossen, vom Tacht i Soleiman kommenden Thales in das Kesselthal von Kelardescht gelegen ist, zahlreiche Blöcke eines Syenits von altem Aussehen umherliegen, welche durch eben jenes Thal ihren Weg nach Hassankeif genommen haben, also von der Nordseite des Tacht i Soleiman herabgekommen sein mussten. Ich bedaure, dass ich bei meiner Anwesenheit in jener Gegend durch die Verhältnisse genöthigt war, eine Verfolgung dieser Beobachtung zu unterlassen, und dass ich den imposanten Thron des Salomon (Tacht i Soleiman), ähn- lich wie den Kuh i Derfek auch nur von unten und par distance ge- sehen habe. So war es mir auch nicht möglich, die Erzählung einiger Leute aus Hassankeif zu prüfen, welche am Tacht i Soleiman ein Mineral beobachtet haben wollten, das beinahe wie Silber oder Gold glänze, und sich in sehr dünne und sehr grosse Blättchen spalten liesse.. Man kann diese Beschreibung wohl nur auf grossblättrigen Glimmer deuten, der wahrscheinlich einem Granit angehört. Der Tacht i Soleiman liegt auch noch westlich von der Tschalus- linie. Ich entdeckte indessen einige Meilen östlich der Mündung des Tschalus am Meeresstrande noch ein ziemlich grosses Geschiebe eines schönen Syenits. Es wäre also möglich, dass in den Bergen der Nord- seite des Alburs, die zunächst östlich der Tschaluslinie gelegen sind, noch eine räumlich beschränkte Partie jenes Gesteines vorkäme. In gewissen, wahrscheinlich eocänen Conglomeraten des unteren Talar- Gebietes, also in einem bedeutend östlicheren Theile des Alburs, will Bell (siehe Grewingk |]. c. p. 110) auch Granitgeschiebe gefunden haben. Im ganzen östlichen Alburs ist mir kein anstehender Granit bekannt. Möglich also, dass zur Eocänzeit noch eine Partie dieser 388 Dr. E. Tietze. [14] Felsart in jener Gegend emporragte. Uebrigens befinden sich die be- sprochenen Vorkommen ebenfalls auf der Nordseite des Alburs. Doch ist mir eine Ausnahme bekannt von der Regel, dass alt- krystallinische Gesteine im Centrum oder auf der Südseite des Alburs nicht vorkommen sollen. Diese Ausnahme beobachtete ich im westlichen Alburs im Thale des Keretschflusses, welcher 6 oder 7 deutsche Meilen westlich von Teheran aus dem Gebirge in das Plateau tritt, dort wo das Dorf glei- chen Namens und das Schloss Suleimanieh gelegen sind. Begehen wir das wildromantische Thal zwischen Suleimanieh und dem Duab (Zwei- wasser) genannten Punkte. Bei Duab fliesst der Keretsch aus dem Lowraflusse und dem von Scharistonek kommenden Bache zusammen. Geht man von da flussabwärts, so durchquert man zuerst ein System älterer, zum Theil von älteren Grünsteinen durchbrochener Schicht- gesteine, und trifft dann bei dem Dorfe Koschkebolo einen aus weissem Orthoklas und schwärzlichgrüner Hornblende bestehenden Syenit von oft sehr granitischem Habitus. Das Dorf Koschkebolo liegt am rechten Keretschufer, am oberen Ende einer durch zahlreiche Baumgärten gezierten Thalerweiterung. Eine kleine Strecke mehr abwärts befindet sich am linken Ufer des Flusses der Marktflecken Warion. Gleich unterhalb dieser Ort- schaft verengt sich das Thal zu einer wilden Schlucht, welche wiederum von Syenit gebildet erscheint. Dieser Syenit ist in jedem Falle älter als die paläozoischen Kalke des Alburs, denn weiter flussabwärts, wo das Thal sich etwas zu erweitern beginnt, liegen diese dunklen Kalke in durchaus regelmässiger Ueberlagerung über demselben und fallen mit südlicher mässiger Neigung davon ab. Der Syenit erscheint hier durchaus als passives Gebirgsglied, als das älteste Gestein eines Faltenaufbruchs. Man kommt jetzt nach Chosenkale. Das kleine Dorf liegt am linken Ufer des Flusses, der hier eine Biegung nach Westen macht. Bald sieht man das Dorf Aderan vor sich. Zwischen Chosenkale und Aderan liegen die paläozoischen Schichten ausserordentlich flach, oft geradezu horizontal. Diese Beobachtung beruht, wie ich ausdrücklich betone, nicht etwa auf Täuschung, die etwa dadurch hervorgerufen werden könnte, dass wir hier eine Strecke lang im Streichen des Ge- birges gehen. Der Charakter der Flussufer wird hier ein ganz anderer. Der Keretsch schneidet sich tief im die Schichtmassen ein, welche mit nahezu senkrechten, gleich hohen, deutlich stratifieirten Wänden zu beiden Seiten über dem Flusse aufragen, in der Weise, dass zwischen diesen Uferwänden eben nur für den Fluss selbst Platz bleibt, ein Verhalten, welches an die Ufer des Dniestr bei Onuth erinnert. Ein von der linken Seite unterhalb Chosenkale kommender Zufluss, der kurz vor seiner Vereinigung mit dem Keretsch einen hübschen Wasserfall bildet, zeigt ähnliche Aufschluss-Verhältnisse wie der Keretsch selbst. Ich erwähne diese flache Lagerung hier zum Theil desshalb, um zu zeigen, dass unser Syenit keinen Antheil an der Gebirgs-Erhebung dieses Theiles des Alburs besitzt. Dann ist es auch an und für sich auffallend, dass mitten in einem von oft sehr intensiven Störungen betroffenen Gebirge sich einzelne Partieen sogar älterer Schicht- gesteine in ruhiger Gleichgewichtslage erhalten konnten. [15] Bemerkungen über die Tektonik des Albursgebirges in Persien. 389 Gleich unterhalb Aderan befindet sich der unbedeutende, nur aus wenigen Häusern bestehende Ort Einistan. Dann verengt sich das Thal von Neuem bis Bina, wo abermals der Syenit auftritt, der unterhalb Bina ein mächtiges Massiv bildet, durch welches der Fluss in einer engen Schlucht sich hindurchzwängt. Dann kommen wieder bis Keretsch ältere Kalke und Grünsteine. Die Syenite des Keretschthales bilden jedoch, wie schon aus unseren früheren allgemeinen Bemerkungen über das Urgebirge im Alburs hervorgehen kann, keine langgedehnten Gesteinszonen, da sie weder östlich vom Keretschthal im Schemiran-Gebirge, noch westlich davon zwischen dem Talachaun und dem Südrande des Alburs an- getroffen wurden. Ueberhaupt stellen sie den einzigen, mir bekannten Fall vor, wo ein altkrystallinisches Gestein auf der südlichen Seite der Alburskette wahrgenommen wurde. Das Vorkommen von altem rothen Sandstein in Persien ist in mancher Hinsicht recht bemerkenswerth., Man kennt allgemein die Stellung des englischen oldred sandstone im Rahmen der Devon-For- mation. Man weiss, dass ähnliche Gesteine von ungefähr gleichem Alter sich in den baltischen Gebieten Russlands finden, dass das -Silur am Dniestr bei Zaleszezyky von rothen Devonsandsteinen bedeckt wird, und man weiss, dass auch in Armenien (vgl. Grewingkl. c. p- 36) rothe und braune Sandsteine in Verbindung mit Kalken gesehen wurden, deren Fossilien devonische Formen sind. Nun gelang es mir, das Auftreten von rothen Sandsteinen im Liegenden von Kalken und Kalkschiefern nachzuweisen, die durch ihre Fossilien sich ebenfalls als devonisch herausstellen. Wir haben also eine eigenthümliche Verbreitung dieses Typus gegen Osten zu con- statiren. Die Sache würde an Interesse noch gewinnen, wenn sich heraus- stellen möchte, dass gewisse rothe Sandsteine der älteren Schicht- gruppen des Himalaya hierher bezogen werden könnten. Doch scheint es, dass man dort über die zur sog. Krol-Gruppe gehörigen Gesteine noch zu keiner sichern Meinung gelangen konnte. Im Albursgebirge selbst tritt aber unser Sandstein mehr in dessen westlichen als in dessen östlichen Theilen auf. In der Gegend des Lowrathales, am Fuladkuh u. s. w., ist er bedeutend entwickelt. Weiter östlich sah ich ihn aber noch in den Gebirgen östlich von Firuskuh und zwischen Asterabad und Scharud, so dass seine Verbrei- tung selbst dort noch nicht abgeschlossen erscheint, Merkwürdig er- scheint das Fehlen unseres rothen Sandsteines in denjenigen Theilen des Keretschthales, in welchen, wie bei Koschkebolo und Bina, der Syenit auftritt, denn hier hätte man ihn vielleicht zwischen dem Syenit und den darüber lagernden Kalken erwarten können. Es lässt das auf Discordanzen zwischen den erwähnten Formationen schliessen. Die paläozoische , theils dem mittleren oder oberen Devon, theils dem Kohlenkalk entsprechende Formation mit kalkiger oder schiefriger Facies, sowie der Kohlen führende Lias sind in der ganzen Kette von ziemlich allgemeiner Verbreitung. Beschränkter ist die Verbreitung der zwischen diesen beiden Ab- theilungen eingeschalteten Bildungen der „grünen Schichten“ und der Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt. 1877. 27. Band. 4. Heft (Dr. E. Tietze.) 51 390 Dr. E. Tietze. [16] hellen, wahrscheinlich triadischen Kalke und Dolomite. Hier ist des besonderen Umstandes zu gedenken, dass die grünen Schichten mehr auf den westlichen Theil der Kette beschränkt erscheinen, während jene hellen Kalke dem Osten oder den mittleren Theilen des Gebirges anzugehören scheinen. Man könnte fast an eine gegenseitige Vertre- tung dieser beiden Bildungen denken. Doch liegen sie sich in den mittleren Theilen der Kette dazu zu genähert. Dazu kommt, dass die melaphyrartigen Gesteine und die Augit- und Labradorporphyre, welche im westlichen Alburs, z. B. im Keretschthale und südlich vom Talakhan, massenhaft auftreten, im Osten ebenfalls fehlen. Hier haben wir eines der wichtigsten geologischen Probleme des Alburs vor uns, dessen Lösung späteren Beobachtern, die bei grösserer Freiheit der Action als mir verstattet war, auch systematischer vorgehen können, nahe zu legen wäre. . Noch ist hervorzuheben, dass die betreffenden Kalke zwischen dem Liassandstein von Tasch und den paläozoischen Schichten von Kelbehide im Profil zwischen Schahrud und Asterabad nicht beobachtet wurden, was auf ein Auskeilen dieser Bildungen im Osten schliessen lässt. Das wäre um so auffallender, als uns doch im Himalaya und im Karakorum triadische Kalkbildungen bekannt geworden sind. Jurassische Gesteine jüngeren Alters als die Kohlen führende For- mation wurden nur sporadisch nachgewiesen, sofern man nach unseren nicht durch paläontologische Nachweise gestützten Angaben das Alter der betreffenden Ablagerungen überhaupt als jurassisch anerkennt. Es verdient nun besonders hervorgehoben zu werden, dass nur Gesteine obercretacischen Alters im Alburs gefunden werden konnten, dass die Glieder der unteren oder mittleren Kreide weder von mir, noch von Andern in diesem Gebirge beobachtet wurden. Ist man auch nicht berechtigt, daraus den Schluss zu ziehen, dass solche Glieder im Alburs völlig fehlen (ein solcher negativer Schluss wäre gewagt für ein rie- siges Gebirge, in weichem zahlreiche Punkte noch nie von einem Geo- logen besucht wurden), so gewinnt die hervorgehobene Thatsache des mangelnden Nachweises der unteren und mittleren Kreide im Alburs ein gewisses Interesse durch den Umstand, dass für eine Menge Ge- biete Europa’s, Asien’s und Nordamerika’s eine weitgehende Transgres- sion der oberen Kreide über ältere Formationen bekannt ist, was E. Suess (Entstehung der Alpen, 6. Abschnitt) umfassend ausein- andergesetzt hat. Da diese Frage der transgredirenden Lagerung der oberen Kreide von allgemeiner Wichtigkeit ist, so möchte ich hier kurz der Angaben gedenken, welche wir von dem Auftreten der Kreideformation in an- deren Theilen Persiens besitzen. William Ainsworth (researches in Assyria, Babylonia and Chaldäa forming part of the labours of the Euphrates expedition, London 1838, p. 232) spricht von Belemniten, Am- moniten und Turriliten, in den von ihm als persische Appenninen be- zeichneten Gebirgen zwischen Schiras und Buschir. Diese Angaben sind zu allgemein, als dass mit Sicherheit das nähere Niveau jener Kreide- schichten sich entnehmen liesse. Ebensowenig gewinnen wir diese Sicherheit aus den diessbezüglichen Angaben von Loftus (Turco-per- sian frontier, quat. jrn. London 1855, p. 286 und 289). Indessen | u - [17] Bemerkungen über die Tektonik des Albursgebirges in Persien. 39] scheint aus den neuesten Beobachtungen von Blanford (Eastern Persia, an account of the journeys of the persian boundary commis- sion vol. II, London 1876, p. 457) hervorzugehen, dass im südlichen Persien Hippuritenkalke sehr verbreitet sind, in denen man gern mit Wahrscheinlichkeit eine Vertretung der oberen Abtheilung der Kreide- formation annehmen wird. Uebrigens beschrieb schon Woodward im quaterly journal (1855, p. 58) Hippuriten aus Persien. Wenn dann Blan- ford viele der von Loftus noch dem Eocän zugerechneten Kalke zur Kreide stellt, so möchte für diese Schichtglieder doch eher ein ober- ceretacisches als ein untercretacisches Alter angenommen werden dürfen. Gewisse helle Mergel, die ich zwischen Kuhrud und So (nördlich Isfahan) unter rothen Eocän-Conglomeraten beobachtete, rechne ich ebenfalls zur oberen Kreide. Die Eocänschichten oder die vorläufig hierher zu beziehenden Ge- steinspartieen des Alburs sind sowohl auf dem Nord- als auf dem Südabhange des Gebirges wahrzunehmen. Ihre Verbreitung ist jedoch bereits eine beschränkte. Manche der hierher gehörigen Bildungen zeigen ausserdem schon eine gewisse Selbstständigkeit der Verbreitung, wie z. B. die jüngeren Eocän- (Oligocän-) Schichten vom Typus der Bil- dungen, wie sie auf der Nordseite des Siakuh entwickelt sind. Herr Th. Fuchs, der die daraus stammenden Versteinerungen zur Bear- beitung freundlichst übernommen hat, findet, dass diese Schichten in ihrer Fauna durchaus den Schio-Schichten Oberitaliens entsprechen. Um so merkwürdiger erscheint es, dass ein solcher europäischer Typus sich allem Anschein nach auf der Nordseite des Alburs nicht findet. Die Schichten der miocänen Salzformation fehlen jedenfalls auf der Nordseite der -Alburskette gänzlich. Für die Südseite des Alburs jedoch gehört ihr Auftreten zu den bezeichnendsten Erscheinungen, obschon sie diesen Südrand nicht in einer ununterbrochenen Zone einsäumen, sondern längs desselben nur stellenweise entwickelt sind. Es ist dieselbe Formation, die in Aserbeidschan und Armenien auftritt, und deren Alter bereits von Abich in seiner Arbeit über die geologische Stel- lung des Steinsalzes in Armenien (mem. de l’acad. Petersbourg 1859) als dem Miocän angehörig angenommen wurde. Das Vorgebirge des Alburs zwischen Aiwane Keif und Kischlak, über welches die Pässe der sog. caspischen Thore (pylae caspiae), auch Sirdara- (richtiger Ser i dere) Pässe genannt, führen, zeigt sich haupt- sächlich als aus der tertiären Salzformation bestehend zusammengesetzt. Es sind bunte, namentlich rothe, seltener grünliche oder bläuliche Mergel mit Gyps und Salzlagern. Auch Conglomerate kommen vor. Einen mächtigen Stock von grauem Steinsalz sieht man dort ganz ent- blösst. Eine Kunde von diesen Salzfelsen scheint schon vor einigen Jahrhunderten nach Europa gedrungen zu sein, denn der Jesuit Kir- cher spricht in seinem umfangreichen Mundus subterraneus (3. Aufl., Amsterdam 1678, p, 321) davon, dass die caspischen Berge aus Salz bestünden. Ich sah dieselbe Salzformation bei Lasghird. Sie scheint auch in dem Vorgebirge des Alburs zwischen Semnan und Kusche verbreitet zu sein. Nach Fraser (narrative of a journey into Chorassan p. 342) kommen bunte Sandsteine mit rothen Mergeln, welche Gyps und Stein- 51* 392 Dr. E Tietze. [18] salz einschliessen, am ganzen Nordrand der Salzwüste von Schahrud bis Herat vor, was auf eine riesige Ausdehnung der persischen Salz- formation bis nach Afghanistan hinein schliessen lässt. Auf der Nordseite des Alburs treten jüngere Tertiärschichten auf. Namentlich scheint eine Partie sarmatischer Schichten bemerkenswerth, die ich am Ausgange des Talar-Thales auffand. Diese Schichten, welche sich eine Viertelstunde unterhalb der kleinen Ansiedelung Bessel (oder Beschel) aufgeschlossen finden, zeigten ein fast genau nordsüdliches Streichen mit einem östlichen Einfallen von ungefähr 26 Graden. Gemäss diesen Ausführungen, die wir über die räumliche Ver- breitung der verschiedenen Formationen im Alburs gemacht haben, scheint es, dass dieses Gebiet während eines grossen Theiles der paläo- zoischen Periode und der Triaszeit unter Wasser war. Doch lässt sich aus den Unregelmässigkeiten, die wir für die wahrscheinlichen Aequi- valente der Trias angedeutet haben, der Schluss ziehen, dass hier be- reits Aenderungen sich vorbereiteten. Mit dem Auftreten der Kohlen führenden unterjurassischen Bildungen scheint dann ein Wendepunkt in dem Verhalten des heutigen Albursgebietes bezeichnet zu sein. Einmal deuten die an einigen Punkten zu dieser Formation gehörigen Conglo- merate die Anwesenheit oder die Nähe von Festland in jener Zeit an, eine Andeutung, die wir nicht minder aus dem Auftreten der Kohlen selbst und der fossilen Pflanzen jener Epoche ableiten müssen. Dazu kommt dann das nur sporadische Auftreten oberjurassischer Bildungen. Doch ist zu bemerken, dass diese letzteren am Demavend noch bis 9000 Fuss Meereshöhe hinaufgehen. Die Kreide bleibt schon unter dieser Höhe zurück. Das wahr- scheinliche Fehlen untereretacischer Bildungen würde mit der immer deutlicher. werdenden Anlage des Festlandes in dieser Gegend zusam- menhängen. Dem jüngeren Kreidemeer gelingt es dann noch einmal, in Buchten in dieses Festland einzudringen und dasselbe theilweise zu überfluthen. Aber schon der Wechsel verschiedenartiger Facies der Kreidebildungen bekundet, dass eine allgemeine gleichmässige Ueber- fluthung nicht mehr möglich war. Die Eocänbildungen bestehen theilweise wieder aus Conglomeraten, welche den Widerstand, welchen das Meer an Küstenlinien fand, beweisen. Zur Zeit der Ablagerung der Salzformation jedoch ist der Alburs schon als trennende Kette zwischen dem caspischen Gebiet und dem Gebiet des heutigen Plateau vorhanden, denn diese Formation findet auf der caspischen Seite kein Analogon. Bei den Höhenpunkten frei- lich, welche sie über dem heutigen Meeresspiegel einnimmt, ist anzu- nehmen, dass das Gebirge selbst noch nicht bis zu seiner heutigen Höhe aufgerichtet war. In der That finden sich auch noch vielfach gestörte Schichtenstellungen bei der Salzformation, welche beweisen, dass die gebirgsbildenden Kräfte nach dem Absatz derselben noch fort- gewirkt haben. | Es liegt nahe, hier an die Karpathen zu erinnern, deren Salz- formation, wie Paul und ich hervorgehoben haben (Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1377, p. 128), auf der Nordseite dieser Kette eine rand- liche Zone bildet, während die Eocänschichten dort noch allenthalben 1 9] Bemerkungen über die Tektonik des Albursgebirges in Persien. 393 mitten im Gebirge auftreten. Die Karpathen standen schon da, ehe die Salzformation von Wieliczka, Bochnia und Kossow sich ablagerte, und doch beweisen die intensiven Störungen in dieser Formation die Fortdauer der Gebirgsbildung bis in jüngere Zeiten hinein. Auf der Nordseite des Alburs sahen wir sogar sarmatische Schichten, obschon ganz randlich gestellt, doch noch Schichtenstörungen aufweisen. Es darf übrigens nicht übersehen werden, dass die jüngeren Tertiärbildungen auf der caspischen Seite des Alburs sich in ziemlich niedrigen Seehöhen halten, während nach Blanford im südlichen Per- sien pliocäne Schichten noch in einer Seehöhe von 7000 Fuss, eocäne sogar in 10,000 Fuss Seehöhe angetroffen werden. Jedenfalls sind die Miocänschichten am Südrande des Alburs einige Tausend Fuss über dem Meere befindlich. Es ist, als ob während der jüngeren Tertiärzeit der Wall des Albursgebirges der Intensität der im persischen Hochlande zum Ausdruck gelangten Bodenauftreibung nach Norden zu eine Schranke gesetzt habe. Wir finden wohl in den soeben kurz skizzirten Verhältnissen des Albursgebirges einen Beweis mehr für die Annahme, dass sich grosse Gebirge schwerlich auf einmal bilden. Solche Gebirge sind nicht das Product der Erdrinden-Bewegung während einer einzigen, geologisch kurzen Epoche, sondern das Resultat einer durch mehrere Epochen fortgesetzten derartigen Bewegung. Auch für die Alpen haben manche Beobachter schon vor Jahren eine ähnliche Ansicht geäussert. So sagte Brunner v. Wattenwyl (Neue Denkschr. d. allg. schweiz. Ges. für die ges. Naturw. Zürich 1857, p. 37): „Je mehr man die Alpen in Betreff ihrer Hebungsver- hältnisse studirt, desto mannigfaltiger häufen sich die Thatsachen, welche für ein langsam gleichförmig fortwirkendes Agens sprechen.“ Viel schwerer wird es in jedem gegebenen einzelnen Falle zu ermitteln sein, ob diese Bewegung stets eine gleichmässige war, und ob sie namentlich immer denselben Richtungen entsprochen habe. Betrachten wir nun die Schichtenstellungen und Streichungslinien im Alburs. Abich (Vergleichende Grundzüge der Geologie des Kaukasus, wie der armenischen und nordpersischen Gebirge, mem. acad. Petersb. 1859, p. 490) sagt: „Die Ketten- und Tafelzonen, welche das nord- persische Randgebirge zusammensetzen, gliedern sich nach Erhebungs- richtungen von OW nach Erhebungsrichtungen von SW-NO, nach Erhebungsrichtungen von SO-NW.“ Im Ganzen sind also bei der oro- graphischen Gestaltung ostwestliche Richtungen massgebend. Im Allgemeinen beschreibt der uns zunächst beschäftigende Theil des Albursgebirges zwischen dem Sefidrud und dem Meridian. von Schahrud einen gegen das caspische Meer zu concaven Bogen, dessen Concavität noch mehr hervortritt, wenn man die nordwestliche Verlän- gerung des Gebirges in den Gebirgen von Ghilan und Talysch mit in Betracht zieht. Schon dem Strabo (lib. 11, Anfang des Ca. 7) war diese halb- mondförmige Gestalt des caspischen Randgebirges bekannt. (Tobrwv 394 Dr. E. Tietze. [20] hekaa unvozıdcz 70 YA KAT TAG UTWDELNS, au TEIeUTÄCKL oc HLALTTAV TOLÜGL TOV mUYOV TOD ZONTON.) Suess (Entstehung der Alpen, p. 126) hebt border hervor, dass man in Europa mit Ausnahme der Beugung der Alpen bei Wien keine grössere Gebirgslinie kenne, welche nach Süd convex wäre. In Asien sei dies anders. Dort beschreibe sowohl der Himalaya, wie die ihm im Pendschab vorgelagerte Salt-Range eine nach Süden convexe Curve. „Mit geringer Krümmung und nur allmäliger Abänderung setzt sich dieser Verlauf des Streichens bis weit in die auseinandertre- tenden hohen Ketten Central-Asiens fort.“ Im caspischen Randgebirge hätten wir nun einen analogen Fall vor uns. Doch scheint dies Gebirge in seiner Fortsetzung Östlich von Schahrud gegen Afghanistan zu einen Bogen im umgekehrten Sinne zu beschreiben. Das wäre der Verlauf der orographischen Hauptlinien des Gebirges. In manchen Fällen werden die Streichungslinien der Schichten eines Gebirges mit den orographischen Hauptlinien desselben übereinstimmen. Man wird diese Voraussetzung in der Regel auch machen. Wir lernen jedoch in der Alburskette Thatsachen kennen, welche dieser Voraus- setzung nicht entsprechen, und ich glaube diesen Umstand ganz be- sonders hervorheben zu müssen. Wir constatiren, dass die Richtung der Gebirgsketten mit der Streichungslinie der Schichten nicht ganz zusammenfällt, z. B. für die Hauptkette des Gebirges nördlich von der Stadt Demavend. Beim Imamsadeh Haschimpass treten die Sandsteine und die ihnen unter- geordneten Schichten des Lias nördlich von der Passhöhe auf. Weiter östlich noch vor den Seen von Taar, nämlich im oberen Werinthale, tritt diese Formation schon auf die Südseite des nämlichen Gebirgskammes herüber, man sieht sie etwas vor der Höhe des Taarpasses auf eben dieser Seite, aber noch in ziemlicher Höhe, und noch weiter östlich jenseits der Taarseen treten sie ganz am Fusse der Fortsetzung jener (Gebirgserhebung auf, um dann sogar theilweise auf die andere Seite des südlich des Kammes demselben parallelen Thales überzugehen. Das lehrreichste Beispiel im angedeuteten Sinne ist jedoch der schmale Kamm des Schemiranberges am Tochtschalpasse. Der Berg selbst erhebt sich in ziemlich genau ostwestlicher Richtung, während die ihn zusammensetzenden Schichten in hora 8'/, mit nördlichem Fallen streichen, so dass man auf dem scharfen schmalen Kamme ein- herschreitend immer wieder auf andere Gesteinsbänke trifft. A. v. Humboldt legte auf derartige Thatsachen ein grosses Gewicht. Man dürfe, sagte er (Central-Asien, Uebersetzung von Mahl- mann, 1. Bd., p. 181), nicht glauben, dass die Ursachen, welche die Richtung der Kammlinien (den Winkel, unter welchem die Axe der Kette den Meridian schneidet) bestimmen, nothwendig mit den Ursachen verbunden sind, von denen das Streichen und Fallen der Schichten abhängt. Er führt verschiedene Beispiele an, welche nach ihm dar- thun, dass zwischen beiden Richtungs-Phänomenen keine Abhängigkeit stattfinde In den Ebenen fern von Gebirgen seien die Schichten oft ebenfalls stark geneigt und bildeten denselben Winkel mit dem Meri- dian, wie im Innern der Ketten. Es sei also wahrscheinlich, dass in 21 Bemerkungen über die Tektonik des Albursgebirges in Persien. 395 allen diesen Fällen die Aufrichtung der Schichten viel früher statt- gefunden habe, als die Hebung der Gebirge oder grossen Rücken. Gegen diese Folgerung wird sich nichts einwenden lassen, und es scheint fast, als ob bei den Theorien über Gebirgsbildung in neuerer Zeit die hier besprochene Kategorie von Thatsachen wenig berücksichtigt worden sei. Bei Gebirgen, die ihre Gestalt ausschliesslich Schichten- faltungen, und zwar Schichtenfaltungen in einem und demselben Sinne verdanken würden, möchte man allerdings eine Uebereinstimmung von Kammlinien und Streichungslinien voraussetzen. Wenn aber Faltungs- acte von verschiedener Tendenz oder Verwerfungen und Brüche die Erhebung der Gebirgskämme bestimmen, dann kann eine Kreuzung dieser Linien sehr wohl gedacht werden. Warum soll auch eine Ver- werfung mit mathematischer Genauigkeit der Richtung vorausgegan- gener Faltung folgen? Auffällig, und ich möchte sagen unbequem bleibt die Thatsache solcher Kreuzungen immerhin. In unserem spe- ciellen Falle wird aber daraus klar, welche Rolle das tektonische Moment der Verwerfungen im Alburs spielt. Uebrigens stehen Thatsachen wie die besprochenen, nicht ganz vereinzelt da. Abgesehen von den schon bei Humboldt erwähnten Fällen aus Sibirien, fand auch Ami Boue (siehe den 74. Bd. der Sitzb. d. k. k. Akad. d. Wiss. 1876, Ueber die Fortschritte des Wis- sens etc. p. 19) im Hämus eine Stratification, die nicht parallel mit der Kette ging, sondern dieselbe in einem schiefen, gegen Osten ge- richteten Winkel durchschnitt. Im nördlichen Griechenland (Verhandl. d. K. k. geol. R.-A. 1876, p. 219) gewannen österreichische Geo- logen, unter Anderem „das unerwartete und sehr sonderbare Ergebniss, dass die Structur der Gebirge von dem orographischen Streichen der einzelnen Ketten und Inseln quer durchschnitten wird und die geogra- phische Karte folglich kein richtiges Bild von dem Verlaufe der grossen tektonischen Linien gibt.“ Ganz ähnliche Verhältnisse beschreibt Gaudry (mem. soc. geol. de Fr. 1863, p. 165) von dem Gebirge der Insel Cypern. In der Sandsteinzone der Karpathen habe ich mehrfach Gelegenheit gehabt, bei den Schichten der unteren Kreide den sogenannten Ropiankaschichten wahrzunehmen, wie ihre Schichtenstrei- chungs-Linien ganz andere waren als das Hauptstreichen der Gebirgs- ketten und habe mir das in diesem Falle durch die Annahme prxexi- stirender Hebungen erklärt, welche einer anderen Richtung folgten als die es war, welche später zu überwältigender Geltung gelangte. Denn wollte man hier überall an locale Stauungen und Ablenkungen der Be- wegung denken, dann müssten ja die überlagernden Schichten davon auch betroffen sein. Paul und ich (Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1877, p. 49) sahen am Wege von Bochnia. nach Sandee an einer Stelle ein auffallender- weise nordsüdliches Schichtstreichen, obwohl der Gebirgsrücken, dem diese von uns dem mittleren Karpathensandstein zugetheilten Schichten angehören, eine ungefähr ostwestliche Erstreckung besitzt. Aehnliche Verhältnisse haben in der sog. Klippenzone der Kar- pathen den Geologen schon viel zu denken gegeben. Nach Robert Shaw scheint es, dass auch in der Pamir-Gegend die Schichten oft anders streichen als die Gebirgskämme. 396 Dr. E. Tietze. [22] Es ist vielleicht nicht unnütz, bei dieser Gelegenheit auch an den Umstand zu erinnern, dass, wie Suess bei Untersuchung der Erd- beben in Niederösterreich gezeigt hat, gewisse Erdbebenlinien, denen gewisse Verhältnisse der Gebirgsbildung entsprechen können, verschieden- artige Gesteinszonen quer durchsetzen. Das Phänomen, um welches es sich hier handelt, tritt übrigens nicht bloss in den mittleren Theilen des Alburs, zu denen die er- wähnten Berge bei der Stadt Demavend, und den Taarseen, sowie der Schemiran bei Teheran gehören, auf, sondern es zeigt sich namentlich auch im östlichen Alburs, wo es durch verschiedene Um- stände ein vielleicht noch höheres Interesse gewinnt. Der östliche Alburs hat nämlich nicht dieselbe Richtung als Ge- birgszug, wie der westliche. Er erstreckt sich statt in einer nordwest- südöstlichen in einer südwest-nordöstlichen Richtung. Ich habe bereits von Persien aus in einem Briefe an Hrn. Stur (Verhandl. d. k. K. geol. R.-A. 1875) Gelegenheit genommen, hervorzuheben, dass man am Wege von der Stadt Demavend nach Firuskuh, auf der Höhe von Ami- nabad stehend, sehr deutlich das Abschwenken der Höhenzüge nach der nordöstlichen Richtung wahrnimmt. Untersuchen wir nun, inwieweit das Streichen der Schichten durch diese Schwenkung beeinflusst wird. Auf dem Wege von Firuskuh über den Gedukpass nach dem Talarthale sieht man die dortigen Kalkbänke oberhalb des Dorfes Abas- sabad an verschiedenen Stellen von WSW nach ONO streichen. Weiter nördlich thalabwärts fallen die Kalkschiehten, welche die Felsen und den kleinen Engpass dicht oberhalb Urin bilden, südostsüdlich ein und streichen ebenfalls von WSW nach ONO. Noch weiter abwärts unter- halb Salare fallen bei der dortigen Thalverengung die Schichten bei ähnlichem Streichen nordwestnördlich, wie an dem hohen Berge auf der rechten Thalseite deutlich wahrzunehmen ist. Es erscheint sonach unzweifelhaft, dass im Gebiete des Talar- thales das Streichen der Schichten in der Hauptsache eine dem verän- derten Streichen des Gebirgszuges ganz entsprechende Richtung hat. Dieses Verhältniss hält aber nicht lange an. Geht man nämlich vom Austritt des Talar aus dem Gebirge an weiter nach Osten längs des Nordrandes des Alburs nach Asterabad, so constatirt man die eigen- thümliche Thatsache, dass dieser Nordrand keineswegs von einer und derselben Formation oder Gesteinszone gebildet oder begleitet wird, son- dern dass nach und nach immer andere Formationen an der Zusam- mensetzung dieses Randes theilnehmen. Die wenig geschichteten hellen Kalke, welche 1'/, Stunden östlich von Pul i Nika in plumpen Felsen hervortreten, machen gegen Safıabad und Aschref zu deutlich geschich- teten Kalken der Kreideformation Platz. Oestlich von Aschref verlässt die Zone der Kreidekalke den Gebirgsrand und zieht sich mit ostwest- lichem oder nordwest-südöstlichem Streichen quer in das Gebirge hinein. Es treten schwarze Dachschiefer, dann ältere Trappgesteine auf, bis in der Gegend südlich von Asterabad Talkschiefer, ältere Thonschiefer und zum Theil auch Versteinerungen führende paläozoische Kalke an den Gebirgsrand treten. Die Gesteinszonen und Schichten sind also nicht mehr parallel der veränderten Längsrichtung der Gebirgs- [23] Bemer kungen über die Tektonik des Albursgebirges in Persien. 397 erhebung angeordnet, sondern behalten die Tendenz einer Richtung bei, welche im westlichen Alburs auch für die Längsrichtung der Ge- birgserhebung zum Ausdruck gekommen war. Bei den Liassandsteinen von Tasch zwischen Schahrud und Aste- rabad sah ich wieder das im westlichen Alburs gewöhnliche Streichen der Schichten in Stunde 8. Ebenso spricht Grewingk (l. c. p. 115) von einem grauen, nicht näher gedeuteten Kalkstein mit kleinen Bivalven-Abdrücken aus der Gegend von Radkann (nördlich Damghan), dessen Bäuke mit 15—20° nach NNO fallen und demgemäss ein WNW— OSO-Streichen besitzen müssen. Auch noch weiter nach Osten scheint sich die Sache ähnlich zu verhalten. Nach Fraser und Burnes (siehe Ritter l. c. p. 247) erhebt sich in der Nähe von Schirwan am Wege von Kutschan nach Budschnurd eine kleine Reihe zerrissener felsiger Berge, deren Schichten mit 30—40° gegen N und NÖ fallen. Eine weitere Analogie für die zuletzt geschilderten Verhältnisse können wir wieder den Karpathen entnehmen. Am Nordrande dieser Kette sah ich ganze Gesteinszonen, wie zZ. B. die Menilitschiefer bei Solotwina, in die Ebene hinausstreichen, während die Linie des Gebirgs- randes eine etwas andere Richtung verfolgte. In dem eben _ eitirten Falle aus der Gegend von Solotwina taucht die betreffende Gesteinszone in ihrer Fortsetzung sogar noch einmal aus der Ebene auf, indem sie den isolirten Berg Kleba zusammensetzt, in ähnlicher Weise wie auch in der Ebene bei Aschref in Masenderan noch einige kleine Hügel auf- treten, welche aus dem bei Aschref entwickelten Kreidekalk bestehen. Ich kann die Besprechung der Fälle auffälliger und unerwarteter Streichungslinien nicht abschliessen, ohne der Störungen in mehr oder weniger meridianer Richtung zu gedenken. In der Vorgebirgsgruppe der sog. Ahuwanpässe zwischen Semnan und Kusche beobachtete ich ein solches nordsüdliches Streichen, wel- chem sogar die jüngeren der dort entwickelten Schichtglieder, nämlich die tertiäre Salzformation, unterworfen waren. Diese Gebirgsgruppe stellt eine Bodenanschwellung vor, welche den Südrand des Alburs mit einer demselben südlich vorgelagerten, anscheinend wie die Hauptkette, ostwestlich streichenden Bergreihe quer verbindet. Auch in der Um- gebung von Hif kommen local untergeordnet ausser ostwestlichen auch nordsüdliche Streichungslinien innerhalb der dortigen Kohlen führenden Formation vor. Am Wege von Dschowistan nach Getterde (das ist im oberen Talakhan-Gebiet gegen den Berg Esselik zu, den von Südosten kom- menden Zufluss des Talakhan aufwärts) passirt man zuerst ein Gebiet älterer, zum Theil mit Tuffen und groben Conglomeraten verbundener Trappgesteine, welche an einer Stelle von jüngeren Trachyten durch- brochen werden. Der Fluss zwängt sich durch diese Gesteine in engen und wilden Schluchten hindurch. Dann wird das Terrain flacher, das Thal breiter, und man erblickt Tuffsandsteine von intensiv grüner Fär- bung mit stellenweise mehr thonigen Zwischenlagen, den „grünen Schichten des Alburs“ angehörig. Dieselben ‘streichen anfangs von N nach S mit westlichem Fallen, später aber in Stunde 4 mit westlichem Fallen bei einer Neigung von durchschnittlich 30 Graden. Dann Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt. 1877. 27. Band. 4. Heft. (Dr. E. Tietze.) 52 398 Dr. E. Tietze. [24] kommt man an eine Zone von schneeweissem Gyps, endlich auf dunkle, zum Theil papierdünne Schiefer und Kalkgesteine, welche schliesslich wieder das normale Streichen anzunehmen scheinen. Nach Grewingk (l. c. p. 85) fallen bei Mendschil die dort von ihm zur Kohlen führenden Formation gerechneten Sandsteine am linken Ufer des Sefid rud meist nach NNW ein, während sie am rechten Ufer beinahe senkrecht stehen und von N nach S streichen. Noch auffallender, weil mitten im Hochgebirge auftretend, ist ein anderer Fall nordsüdlichen Schichtstreichens, den ich am Wege von Asterabad nach Schahrud zwischen den Pässen von Kusluk und Dschilin- Bilin bemerkte. Genauer gesagt, findet das Streichen dort nach Stunde 1 statt, wie ich das für die westlich fallenden Bänke des Kohlenkalkes etwas nördlich vom Dschilin-Bilinpasse ermittelte. Auch die orogra- phische Plastik jenes kleinen Gebirgsstückes zeigt sich in Ueberein- stimmung mit dem angegebenen Schichtenstreichen, obwohl südlich davon im Thale von Kelbehide und bei Tasch wieder die allgemeinen Regeln der Kamm- und Thalrichtungen Platz greifen. Hier aber zwi- schen Dschilin-Bilin und Kusluk oder genauer zwischen Dschilin-Bilin und dem Karavanserai Robat i sefid, zieht sich ein gegen Norden sanft aufsteigendes, östlich und westlich von Bergkämmen begrenztes Hoch- thal von südnördlicher Erstreckung hin, welches erst westlich vom Dschilin-Bilinpasse in eine mehr ostwestlich verlaufende Schlucht endigt. Bei genauerer Untersuchung dürften solche Beispiele von Stö- rungen in mehr oder weniger meridianer Richtung im Alburs noch häufiger aufzufinden sein. Wir müssen jedoch festhalten, dass diess immer nur Ausnahmsfälle sein können. Sie treten untergeordnet und gleichsam mehr versteckt auf. Den- noch ist ihre Anwesenheit vielleicht von besonderem Interesse, insofern sie im Kleinen schliesslich ein Gegenstück liefern zu den gewissen meri- dianen Bodenanschwellungen Central-Asiens. Allerdings hat sich . die Humboldt’sche Ansicht vom sog. Bolor-System als einer nordsüdlich streichenden Kette nicht aufrecht erhalten lassen. Nach Robert Shaw (vgl. Petermann’s geogr. Mitth. 1873) verlaufen die höchsten Kämme der Pamir-Region mehr von Ost nach West, und doch scheint in jener Region eine den Kammrichtungen entgegengesetzte, dieselbe in unregel- mässiger Weise durchschneidende meridiane Bodenanschwellung zu be- stehen, welche als Wasserscheide für die einerseits nach Westen und andererseits nach Osten abfliessenden Gewässer betrachtet werden darf, denn die grossen Ketten selbst stellen dort keine nennenswerthen Wasserscheiden vor. Auch Fedtschenko (Mittheil. d. Vereins für Erdkunde, Leipzig 1872), obschon er ebenfalls betont, dass es einen meridionalen Gebirgszug Bolor-Dagh nicht gebe, hebt doch die Bedeu- tung der Pamir-Region als meridionale Wasserscheide ausdrücklich hervor. Der Umstand, dass die sarmatischen Schichten von Bessel in Masenderan, wie wir schon bei einer früheren Gelegenheit erwähnten, ein nordsüdliches Streichen besitzen, weist darauf hin, dass die in dieser Richtung sich aussprechende Bewegungstendenz noch in, geologisch ge- sprochen, jüngerer Zeit sich geltend machte. Zn ad 2 od ee [25] Bemerkungen über die Tektonik des Albursgebirges in Persien. 399 Im Uebrigen ist die Frage, ob diese oder: jene Erhebungsrichtung im Alburssystem früher oder später zum Ausdruck gekommen sei, eine ziemlich verwickelte. Denn man kann immerhin glauben, dass mehrere Bewegungstendenzen sich’in einem und demselben Gebiete gleichzeitig in Wirksamkeit befunden haben. Aus den von Suess in seiner Arbeit über Erdbeben in Nieder- Oesterreich (Denkschr. Ak. Wiss. 1873) gemachten Darlegungen geht z. B. hervor, dass ein und dasselbe Gebiet von Schütterlinien verschie- dener Richtung betroffen sein kann innerhalb einer und derselben Periode, und solche Erdbebenlinien scheinen ja, wie schon gesagt, oft mit tektonischen Linien zusammenzufallen. Indessen zufolge der geschilderten Verhältnisse im östlichen Alburs sind wir wohl zu der Vorstellung gelangt, dass die nordwest-südöst- liche Richtung, wie sie im Streichen der Schichten oder Formationen sich bekundet, einer im Allgemeinen älteren Kraft entspreche, als es die der südwest-nordöstlichen Richtung ist, welche in den Gebirgs- kämmen daselbst vorwaltet oder als es die der Ostwest-Richtung ist, welche in einigen Kämmen des mittleren Alburs, z. B. in der Gegend von Teheran zum Ausdruck gelangt. Oberhalb Abigerm am Abhang des Demavend befindet sich bei der Localität Dariotsche in einer jungen vulkanischen Breccie eine ziemlich tiefe, 3—4 Fuss breite klaffende Spalte, die in ungefähr nordost-südwestlicher Richtung verläuft. Hier entspringt ein Eisen- säuerling. Jedenfalls ist die Kraft, welche diese Spalte hervorbrachte, erst in geologisch jüngster Zeit wirksam gewesen. Es nennt uns Grewingk (l. c. p. 81) eine bemerkenswerthe Thatsache aus der nordwestlichen Fortsetzung des Alburszuges, dem Ghilan-Gebirge. In den Thonkalkschiefern nämlich, welche 7 Werst von Massula anstehen und dort nach WSW fallen, treten mächtige Quarz- gänge auf, in welchen Brauneisensteine und Schwarzmanganerz mit Feldspaththon brechen, und welche von Westen nach Osten streichen, wie schon Gmelin (1770) bemerkte.) Hier würde also die Kraft der rein ostwestlichen Richtung sich nur in der Bildung von Spalten und Gängen bethätigt haben, während in der Schemirankette dieselbe Kraft die Richtung der Kette bestimmte. In beiden Fällen jedoch erscheint die NW-SO-Streichungsrichtung der Schichten der genannten Gebirge als pr&existirend gegenüber der in ostwestlicher Richtung zur Geltung gelangten Störungstendenz. Wenn also die Annahme, dass die Entstehung der Gebirgsketten keinem einmaligen kataklismatischen Act entspricht, überhaupt noch eines Beweises bedürfte, dann könnten wir die soeben betrachteten Thatsachen ebenso gut für diesen Beweis verwenden, als wir diess mit 1) Aehnliche Verhältnisse scheinen sich bis nach dem fernen Aserbeidschan hinein zu wiederholen, denn es heisst bei Grewingk (l. c. p. 48) gelegentlich der Beschreibung des Weges von Astamal nach Ardebil: „20 Werst vor Angert steht am linken Ufer des Sarmüsachlü ein aus Dioritporphyr entstandener Thonstein-ähn- licher, brauner Porphyr an, welchen ein Granat führender, 12 Faden mächtiger Feldspathgang von WO durchsetzt, in dem Rothkupfererz, Kupfergrün und gedie- genes Kupfer brechen.“ 52* 400 Dr. E. Tietze. [26] den Ergebnissen der Betrachtung der Formations-Vertheilung im Alburs gethan haben. In einem Briefe, den ich aus Teheran an Herrn v. Hochstetter richtete (Mitth. d. geogr. Ges. Wien 1875, p. 264), hatte ich bereits Anlass genommen, einige charakteristische Eigenschaften der Tektonik der nordpersischen Gebirge zu betonen. „Ich möchte,“ so schrieb ich, „bei dieser Gelegerheit hervorheben, dass in den von mir bis jetzt unter- suchten Theilen des nördlichen Persien die Fallrichtung der Schich- ten nach Norden unendlich häufiger vorkommt als die Fallrich- tung der Schichten nach Süden, und dass bei einer Menge von Bergen und Gebirgen diese Fallrichtung nach Norden bemerkt wird, ohne dass ein südlich davon gelegenes Gebirgsstück die entgegengesetzte Fallrich- tung aufwiese. Diess gilt z. B. für den nach Lemm bis zu 12247 Fuss sich erhebenden Kamm des Kuh i Schemiran im Norden der Ebene von Teheran und für den hohen Steilabfall des Alburs nördlich der Ebene von Keretsch (Suleimanieh), der dieser Ebene seine Schichten- köpfe zukehrt, diess gilt für mehrere hohe Parallelketten des Alburs in der Umgebung des Demavendberges, und dieselbe Beobachtung macht man bei den Bergen von Schahabdulasim. Es ist gewiss nicht ohne Wichtigkeit, zu constatiren, dass in einem grossen Gebiete die Faltenbildung beim Aufbau der Gebirge fast ausgeschlossen erscheint und beinahe völlig durch Verwerfungen ersetzt wird, aber Verwerfungen im grossartigsten Massstabe.“ Ich fügte indessen in jenem Schreiben sofort hinzu, dass mir immerhin einige Fälle von Sattel- und Mulden- bildung im Albursgebirge bekannt seien, überhaupt Punkte, welche auch südliche Fallrichtungen erkennen liessen. So z. B. fallen die Diorittuffe und die Conglomerate, aus denen der Charsan zwischen Mesräh und Mendschil (Weg von Kaswin nach Rescht) zusammengesetzt ist, südwärts gegen das Plateau zu. Wenn man freilich die nicht unbedeutenden, ihrer Zusammensetzung und ihrer Tektonik nach noch unbekannten Gebirgsketten berücksichtigt, welche sich südlich und südwestlich vom Charsan aus dem Plateau erheben, so erkennt man leicht, dass die Betrachtung der tektonischen Verhält- nisse in diesem Theile des nordpersischen Gebirgslandes mit der Kennt- niss der Fallrichtung am Charsan noch nicht abgeschlossen ist. Sonst konnte ich weiter östlich bis in die Gegend von Schahrud hin am Südrande der Kette das Hervortreten der abgebrochenen Schichten- köpfe als die allgemein herrschende Regel erkennen, in der Art, dass sich die Grenze des Alburszuges gegen das Plateau in den meisten Fällen als ein Bruchrand herausstellt. Es ist wohl nicht befremdlich und stört auch die aus Thatsachen abstrahirte allgemeine Regel wenig, wenn am Südrande des Alburs hie und da Spuren des in die Tiefe gesunkenen Gegenflügels der diesen Rand bildenden Massen wahrnehmbar sind. Eine derartige Beobachtung liess sich sogar an einer Stelle am Südfusse des Schemiran, und zwar bei Derike machen. Das Dorf Derike liegt am Fusse des westlichen Theils des Südabhanges der genannten Kette. Bei dem Dorfe selbst sind die Berggehänge zu beiden Seiten des kleinen Baches, der dort aus dem Gebirge tritt, durch kantigen kleinen Gehängeschutt maskirt. Doch treten die anstehenden Gesteine [27] Bemerkungen über die Tektonik des Albursgebirges in Persien. 401 trotzdem an einigen Punkten hervor. Z. B. sieht man am linken Ufer des Baches gleich geradeüber dem oberen Theile des Dorfes Felsen eines älteren Trapps, welcher von Klüften mit Rotheisenstein durch- schwärmt erscheint. In der Nähe befinden sich unsere „grünen Schichten“. Weiter nördlich sieht man an demselben Ufer diese Schichten steil aufgerichtet, doch mit einer Andeutung zur Neigung nach Süden. Noch etwas weiter nördlich fallen oberhalb der Dukemerun genannten Localität die grünen Schichten nördlich. Dann findet eine Strecke nördlicher, aber noch unterhalb des Punktes, wo der Bach von Derike aus seinen beiden Quellbächen zusammenläuft, ein Umkehren des Einfallens statt, und die grünen Schichten, welche von dem Bach hier in kleinen Cascaden durchsetzt werden, fallen südlich oder viel- mehr südwestlich bei einem Streichen in Stunde 8, wie es genau dem sonst in der Schemirankette üblichen Schichtenstreichen entspricht. Dann erst steigt im Norden das Gebirge plötzlich steil an, der Ebene von Teheran seine abgerissenen Schichtköpfe zukehrend. Nebenbei will ich hier bemerken, dass am ganzen Südabhang der Schemirankette, namentlich auch bei Passgalae, ältere Grünsteine auf- treten, welche die unteren Partieen einnehmen. Höher finden sich dann schwärzliche Kalke und Schiefer, denen die von mir (Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1874, p. 378) aufgefundenen Kupfererz-Lager- stätten untergeordnet sind, und die oberen Partieen werden von den dort in sehr wechselvoller petrographischer Gestaltung auftretenden grünen Schichten gebildet. Eine nicht unbedeutende Sattelbildung der Schichten an der Süd- seite des Alburs konnte ferner in der Umgebung der Stadt Demavend constatirt werden. Dieser kleine Ort liegt am Südrande eines nach Süden geneigten, gut angebauten und relativ baumreichen Kesselthales. Die im Norden dieses Thales aufragenden Berge sind die Hauptkette des Alburs, die Wasserscheide zwischen den dem caspischen Meere und den der Wüste zueilenden Gewässern. Ueber diese Kette, die, nebenbei gesagt, die Aussicht auf den Berg Demavend völlig verdeckt,. führt von der Stadt Demavend aus ein Weg über den Imamsadeh Haschim- pass hinüber in das Flussgebiet des Heras, wie schon bei andern Ge- legenheiten angedeutet wurde. Zunächst kommt man auf diesem Wege über das am Nordwestrande dieses Thales gelegene Dorf Tscheschmi- kalak nach dem Hochplateau von Muschah. Von dort erst steigt man direct nach Imamsadeh Haschim hinauf. Das Dorf Muschah besteht aus zwei Ansiedlungen, deren eine mehr unten am Bach, näher an Tscheschmikalak, deren andere oben auf dem eigentlichen Plateau liegt. Dieses Plateau ist ein breites Parallelthal der Alburskette, wel- ches im Westen höher, nach Osten flach geneigt ist. Die Oberfläche dieses Hochthales ist durch Gebirgsschutt nivel- lirt, die beiden Bergketten aber im Norden und Süden von Muschah bieten zusammen das Bild eines in der Mitte aufgebrochenen Sattels, eines Luftsattels, wie man ihn deutlicher nicht in dem als Lehrbeispiel bekannten Thale zwischen Quedlinburg und Halberstadt studiren kann. An beiden Flügeln des Hochthales tritt als tiefstes Gestein der alte rothe Sandstein des Alburs hervor, dem hie und da hellere, etwas quarzitische Bänke untergeordiet sind. Dieser Sandstein (man über- 402 Dr. E. Tietze. [28] sieht das z. B. deutlich, wenn man gegen Imamsadeh Haschim aufsteigt, von der Höhe aus) nimmt nach Westen hin an den Berglehnen bedeu- tendere Höhen ein, während. er nach Osten hin in niedrigere Niveaus herabsinkt. Der Aufbruch in der ostwestlichen Medianlinie des Hochthales ist also gleichzeitig mit einer nordsüdlich gerichteten Bodenanschwel- lung auf der Westseite desselben verbunden. Ueber dem Sandstein sah ich, nach Imamsadeh Haschim aufsteigend, zuerst gelblich verwit- ternde Bänke eines hellgrauen Dolomits. Dann kommt, natürlich nörd- lich fallend, ein dunkler Kalk, der die Höhen krönt, und von dem massenhaft Blöcke und Schuttmassen den steilen Abhang herunter- sefallen sind, in denen man dann stellenweise paläozoische Petrefakten sammelt. Erst jenseits des Passes auf der Nordseite des Gebirges kommen die Sandsteine des Lias über den Kalken zum Vorschein. Auf der Südflanke des Thales ist eine dem entsprechende Reihenfolge der Schiehten vorhanden. Macht man von der Stadt Demavend eine Ex- cursion nach den Seen von Mumetsch (auch Taar-Seen genannt), also in nordöstlicher Richtung, so trifft man vor dem Dorfe Deschtimeso den grünen Liassandstein. Bei dem genannten Dorfe trifitt man die „grünen Schichten des Alburs* und etwas dahinter auf der nördlichen Seite des Bergrückens, an dessen Südseite jenes Dorf liegt, sieht man, bevor man noch in das Bett des dort fliessenden Baches hinabsteigt, dunkle Kalke und schwarze Kalkschiefer der paläozoischen Gruppe, von welchem Profil wir schon bei einer früheren Gelegenheit reden mussten. An jenem Bache, der ostwärts fliesst, kommt dann auch der ältere rothe Sandstein heraus, und nördlich davon in der Hauptkette des Gebirges fallen dann alle die vorher berührten Schichten in ent- gegengesetzter Reihenfolge nördlich. Das Hochthal von Muschah liegt in der directen westlichen Fortsetzung des Punktes, von dem unsere Beschreibung handelt. Der Sattelaufbruch, der dort noch sehr breit war, ist hier bereits aus- serordentlich schmal, um noch weiter östlich am grossen Taarsee und unter dem Passe, der den südlich von der Hauptkette sich erhebenden Serin- kuh von ersterer trennt, unter den von beiden Seiten zusammentre- tenden Kalkbildungen gänzlich zu verschwinden. Dort ist der Sattel dann wenigstens in den tieferen Gliedern seiner Schichten geschlossen und hört auf, ein Luftsattel zu sein, wie bei Muschah. Das Einfallen der Schichten auf der südlichen Flanke des Sattels ist hier auch eher südöstlich als südlich, wie man sich von einem beliebigen erhöhten Standpunkte aus, von dem aus man eine Total-Uebersicht über die Configuration des Gebirges geniesst, leicht überzeugen kann, und solche Punkte, wo man ein nördliches Fallen bemerkt, wie z. B. am Abstieg von jenem Rücken, der das Dorf Deschtimeso von dem zuerst erwähnten Bache trennt, erscheinen dann als ganz locale, durch Absturz an Ge- hängen bewirkte Abweichungen. Noch vor dem Absteigen nach dem Bache von Gelariwar auf dem ferneren Wege nach Taar hat man eine grossartige Aussicht nach Westen, nach der Gegend von Muschah. Zwischen den nördlich und südlich von Muschah gelegenen Bergen wird der mächtige Kuh i Sche- miran sichtbar, den man hier nicht mehr als den langgestreckten Wall erblickt, wie bei Teheran, sondern als einen, schärfere Formen anneh- [29] Bemerkungen über die Tektonik des Albursgebirges in Persien. 403 menden Kegel, da man fast nur seine schmalere Ostflanke sieht. Das Profil des Sattels von Muschah ist von hier in seinen grossen Zügen sehr deutlich zu erkennen. Man darf nun nicht übersehen, dass der Nordflügel der Sattel- bildung von Muschah und Taar, welcher den Hauptkamm, die höchste Erhebung des Alburs in dieser Gegend vorstellt, an absoluter Höhe die zu dem Südflügel gehörigen Berge sehr überragt, und dass dieser Südflügel zwischen Taar und Muschah in der Mitte seiner Erstreckung fast völlig eingesunken erscheint. Die Tendenz eines Bruches ist dadurch schon angedeutet. Dass aber hier in der That eine Bruch- linie verläuft, ergibt sich auch aus dem schon früher erwähnten Um- stand, dass hier die Formation des Gebirges nicht mit dem Schichten- streichen zusammenfällt. Spuren von Sattelbildung lassen sich auch in der Gegend östlich von Firuskuh noch am Südrande des Gebirges wahrnehmen. Einen starken halben Farsach östlich von Firuskuh befindet sich die Quelle Maschur auf der Nordseite eines Berges gleichen Namens. Dieser Berg besteht der Hauptmasse nach aus einem dioritischen Ge- stein. An seinem Nordabhange bei der Quelle sieht man gelblich- grauen Dolomit in nördlich gegen die kesselförmig geschlossene Hoch- ebene von Firuskuh fallenden Bänken. Ein nördlich davon in der Hoch- ebene sich erhebender niedriger, aus Conglomeraten bestehender Höhenzug zeigt ebenfalls nördliches Fallen seiner Bänke. Die Höhe an der Südseite des Maschur erscheint von kalkigen Schichten ein- genommen, welche sich bis Firuskuh von dort fortsetzen und daselbst in steilen Auswaschungs-Wänden gegen das Thal grenzen und auf der andern Seite fortsetzen. Geht man von Firuskuh abwärts dem Flusse entlang in südlicher Richtung, so überzeugt man sich bald von der südöstlichen Fallrichtung der Schichten des Kalkes, die namentlich an der Spitze eines Berges der linken Thalseite ein deutliches Profil bieten. Bald darauf kommt ein stellenweise scheinbar horizontal ge- schichtetes, dann aber wieder deutlich nach Südosten einfallendes srobes Conglomerat, welches durch das allerdings seltene Vorkommen der Nummulina cf. laevigata als eocän bezeichnet wird, in mächtigen Massen zum Vorschein, ungefähr dort, wo im Thalbett das Auge des Wanderers an einigen hübschen Gärten einen Ruhepunkt findet. Auch im Innern des Gebirges und namentlich gegen die Nord- seite desselben hin liessen sich Beispiele von regelmässiger Faltung und demgemäss auch von südlichen Fallriehtungen ausser den nördlichen auffinden. Ich erinnere zunächst an die vorhin gegebene Darstellung von dem Auftreten des Syenits und älterer Kalke zwischen Chosen- kale und Warion im Keretschthale. Ein anderes Beispiel der Art bieten die Lagerungs-Verhältnisse des Gebirges bei Schahsadeh am unteren Heras. Eine Strecke ober- halb Schahsadeh, etwa schrägüber von dem Dorfe Halim, befindet sich eine Thalerweiterung. Flussabwärts gehend trifft man bald auf ein mächtiges System von Kalkschichten, welche südlich fallen. Doch markiren sich auch in dieser Gebirgsmasse zahlreiche Verwerfungen, ungefähr längs dem Streichen der Schichten. Den Fluss entlang ge- hend, sieht man im Profil des Gebirges zahlreiche grössere und 404 Dr. E. Tietze. R [30] kleinere Einschnitte und Kuppen, welche diesen Verwerfungen ent- sprechen. Man glaubt hier bei der plötzlich geänderten Fallrichtung einem bedeutungsvolleren Wendepunkt in den Gebirgs-Verhältnissen gegenüberzustehen. Nördlich von Schahsadeh stellt sich aber wieder das regelmässige Fallen nach N oder NO ein, wenn auch flussabwärts noch einige kleine Faltenbildungen untergeordnet bemerkt werden. Auch am unteren Tschalus ist dergleichen zu constatiren. Wenn man von der Küste den Tschalus aufwärts verfolgt und das niedrige Schwemmland verlassen hat, tritt man zunächst in ein Gebiet lehmiger Hügel. Dann steht bald ein gelbgrauer Kalkstein an, der nördlich fällt, welche Fallrichtung auch einige Zeit anhält. Etwas vor der Brücke aber, die auf das rechte Ufer des Tschalus führt, wird das Fallen ein umgekehrtes. Weiter aufwärts sieht man an dem Gehänge die blauen und grauen Färbungen des Lias-Kohlensandsteins. Darauf kommt im scheinbaren Hangenden desselben ein heller, etwas gelb- licher Kalk, darauf Mandelsteine und geschichtete Diabastuffe mit immer noch südlichem Fallen. Darüber kommen wieder dunkle Kalke, welche bald jedoch wieder von Diabas-Gesteinen in grösserer Mächtigkeit ab- gelöst werden. Augenscheinlich ist das Auftreten zum wenigsten der Grünsteine und der dunklen Kalke im scheinbaren Hangenden des Lias einer Verwerfung zuzuschreiben. Bei der Sugolischah genannten Thalerweiterung treten zu beiden Seiten des Thales Trümmergesteine auf. Hier geht der Weg westlich nach Kelardescht. Noch vor Kelardescht ist in der Umgebung des Dorfes Sennar eine sattelförmige Stellung der dortigen Kalkschichten wahrzunehmen. Das Streichen daselbst ist in hora 10/%,, zeigt also eine viel grössere Abweichung nach N und S, als das gewöhnliche NW-SO- Streichen der Schichten in hora 8. Immerhin wird die Beobachtung, dass hier im unteren Tschalus- thale, ähnlich wie wir diess soeben für das untere Herasthal gesehen haben, Fallrichtungen auftreten, welche denjenigen, die in den südlich davon gelegenen Gebirgstheilen herrschen, entgegengesetzt sind, zu einer besonderen Frage Veraulassung geben. Ich kann indessen nichts thun, als diese Frage andeuten, da die zwischen Tschalus und Heras liegenden Gebiete erst studirt werden müssten, ehe man sich ausspre- chen dürfte. Daun wird sich vielleicht herausstellen, ob die besprochene Aenderung der Tendenz der Aufrichtung auf der Nordflanke des Ge- birges einer bedeutenderen tektonischen Linie entspricht. So wenig wie regelmässige Sattel- oder Muldenstellungen im Alburs fehlen, ebenso wenig fehlen auch diejenigen Schiehtenstellungen, die man fächerförmige genannt hat. Namentlich im oberen Keretsch- gebiet, oberhalb Duab im Lowrathale sind mir hierher gehörige Bei- spiele bekannt geworden. Recht interessant ist auch das Vorkommen horizontaler Falten oder Schlingen, wie ich sie bei Haimadscha zwi- schen dem Hesorbende und dem Serijud beobachtet. Den Sandsteinen der Liasformation in jener Gegend sind feste Quarzitbänke unter- geordnet, welche der Verwitterung grösseren Widerstand leisten, als die mürberen Sandsteine, und demgemäss leicht an den Bergabhängen verfolgt werden können, wo sie gewissermassen einen Leitfaden für das Detail der Störungen abgeben, von denen jene Sandstein-Formation 131] Bemerkungen über die Tektonik des Albursgebirges in Persien. 405 betroffen wurde. Diese Quarzitbänke bilden nun dort evident horizon- tale Schlingen, deren Convexität nach Süden, deren Concavität nach Norden gerichtet ist. Man kann sich ein derartiges Phänomen wohl nur durch einen Seitendruck erklären, welcher local merkwürdigerweise in der Richtung der Gebirgsaxe und nicht senkrecht auf dieselbe gewirkt hat, wie man das doch sonst für die gewöhnlicher Schichten- faltungen annehmen muss. Auch in den Liassandsteinen bei Iro östlich Ask in der Dema- vendgegend habe ich ähnliche Erscheinungen wahrgenommen. Bei dieser Gelegenheit mag auch einer anderen Thatsache ge- dacht werden, die ich gleichfalls in der Umgebung des Demavend beobachtete. Den Bergen von Newoh, östlich vom Demavend, liegt durch das Thal von Amideh getrennt ein aus Kalk bestehender Gebirgs- zug nach Norden zu vor, dessen Schichten nördlich fallen und der ungefähr ostwestlich streicht. Vom Demavend aus übersieht man sehr gut den Verlauf dieser Kette. Da zeigt sich denn sehr deutlich eine wellenförmige wiederholte Biegung des Streichens der Kammlinie, wie wenn diese Kette einen vom Osten oder Westen kommenden Seiten- druck erlitten hätte. Wie das in der Natur der Sache liegt, hat die Aufzählung ein- zelner Ausnahmen der Schichtenstellung mehr Raum in Anspruch ge- nommen, als die Feststellung der Regel. Diese Regel ist aber für den Alburs, wir wiederholen es, das nördliche, bezüglich nordöstliche Fallen der Schichten.. Nicht überflüssig erscheint vielleicht die gewissermassen anhangs- weise Zusammenstellung einiger, obgleich spärlicher Angaben über Schichtenstreichen und Fallen in den andern persischen Gebirgen, weil daraus unter Umständen ein gesetzlicher Zusammen- hang der Tektonik jener Gebirge mit der Tektonik des Alburszuges gefolgert werden könnte. Es ist bekannt, dass die Richtungen der persischen Gebirgszüge, wenigstens in der Art, wie sie auf unsern Karten dargestellt sind, im Allgemeinen einen merkwürdigen Parallelismus aufweisen, und zum wenigsten im westlichen Theil Persiens eine ostwestliche, meist sogar mehr oder minder nordwest-südöstliche Richtung besitzen und dem westlichen Theil des Alburszuges parallel gehen. Ehe ich dabei zur Besprechung der vom Alburs entfernteren Ketten schreite, möchte ich noch einiger Beispiele gedenken, welche das Verhältniss der unmittelbar südlich vom Steilabfall des Alburs entwickelten und zum grössten Theile durch die Plateau-Ausfüllungen maskirten Schichtmassen illustriren Können. Bei Deh i Mullah (4 Farsach westlich Schahrud), unmittelbar südlich vom östlichen Alburs, erblickt man gleich im Norden des Dorfes und nordwestlich von dem dort befindlichen isolirten alten Karawanserai gegen das Gebirge zu einen ganz niedrigen Kalkhügel rückenartig aus der steinigen, vom Gebirge her langsam abfallenden Hochebene emportauchen. Derselbe streicht dem Gebirgsrande parallel. Er stellt augenscheinlich eine Art Klippe vor, welche den höchsten Gipfel einer im Uebrigen durch quaternären Schutt versteckten, dem Jahrbuch d, k. k. geol. Reichsanstalt. 1877. 27. Band. 4, Heft. (Dr. E. Tietze.) 53 406 ; Dr. E. Tietze. [32] Gebirge parallelen, niedrigen Kette bildet. Der Name dieses interes- santen Hügels ist Wertschemkuh. In gewissem Sinne wären hier auch die Berge südöstlich von Teheran zu erwähnen, für die ich in einem Briefe an Hın. Stur (Verhandl. d. k. K. geol. R.-A. 1875, p. 129) den Namen Gebirge von Schahabdulasim vorgeschlagen habe. Diese Berge gehören insofern noch zum Albursgebirge, als sie die Ausläufer eines aus der Gegend südwest- lich der Stadt Demavend herkommenden, vom Dschedscherud-Fluss, etwa in der Mitte seiner Ausdehnung durchschnittenen Gebirgs-Systems sind, welches östlich von Teheran mit der Hauptmasse des Alburszuges in direeter Verbindung steht durch das hügelige und bergige Terrain, über welches der Weg von Surchhasar nach der Stadt Demavend führt. Von Teheran aus gesehen macht aber das Gebirge von Schah- abdulasim den Eindruck einer relativ niedrigen Parallelkette des Alburs, insofern die im engeren Sinne so zu nennende Ebene von Teheran sich zwischen dem durch den Schemiranberg gebildeten eigentlichen Südabfall des Alburs und jener Kette befindet. Andererseits aber muss bemerkt werden, dass die Ebene von Teheran sich nach Osten hin verschmälert und bei Surchhazar, wo eben die Gebirge des unteren Dschedscherud-Thales anfangen, ganz aufhört. Sie stellt sich demnach als eine in das Gebirge eindringende Bucht der grossen Teheran-Kaswiner Hochebene dar, welche den Gebirgstheil, dessen westlichste Ausläufer die Berge von Schahabdulazim bilden, von der Hauptmasse des Alburs abtrennt. Diese Berge von Schahabdulasim werden gegen diese Stadt oder genauer gegen die Ruinen von Rei hin immer niedriger und ver- schwinden daselbst unter dem Niveau des Plateau’s. Nichts ist wahr- scheinlicher, als dass sie westlich von Rei unter den Ausfüllungsmassen des Plateau fortsetzen und dort einen sozusagen unterirdischen Höhen- zug bilden. Das Streichen der Kalksteinbänke, aus welchen die Berge von Schahabdulasim der Hauptmasse nach bestehen, fand ich fast genau ostwestlich und mit dem Gebirgsstreichen ungefähr übereinstimmend. Es verläuft nach Stunde 6 oder wie in der Nähe der dortigen seiner- zeit bereits von Czarnotta (Jahrb. geol. R.-A. 1852) erwähnten Erz- gruben in Stunde 6?/,. Da jedoch, wie früher erwähnt, die Schichten am Schemiran unter Stunde 8 streichen, so stellt sich heraus, dass der Parallelismus des Schichtenstreichens zwischen den Ketten südlich und nördlich der Teheraner Ebene kein absoluter ist. Dagegen zeigen die Berge von Schahabdulazim sich insofern als eine Wiederholung des tektonischen Typus, der durch die Schemiran- kette repräsentirt wird, als auch sie ihren Steilabfall auf der Südseite haben. Dort treten die abgerissenen Schichtenköpfe hervor, wie man unter Anderem sehr gut in der Nähe jener alten Erzgruben bemerken kann, von denen ich auch in dem citirten Briefe (Verh. 1875, p. 133) gesprochen habe. Das Fallen der Schichten war dort mit etwa 60 bis 70 Graden nach Norden. An anderen Stellen des Gebirges mag das Fallen minder steil sein. Doch geht die Richtung desselben immer nach Norden. ee ml a ed an ln u [33] Bemerkungen über die Tektonik des Albursgebirges in Persien. 407 Von anderen kleineren Gebirgen zunächst südlich vom Alburs wäre der Siakuh zu erwähnen, dessen Erhebung ebenfalls eine ost- westliche ist, und dessen stratificirte Gebilde ein nördliches Fallen haben. Die Hügelkette am Nordrande der grossen Salzwüste längs dem Fusse des Gebirges von Rischm besteht nach Grewingk (I. c. p. 112), der hier den Angaben des Botanikers Buhse folgt, aus grauen, gelblichgrauen und rothbraunen, an der Oberfläche verwitterten und mit Salzausblühungen versehenen Kalkmergelschichten, deren Einfallen häufig 45° Süd ist. Demnach kommt dort also wenigstens eine ost- westliche Streichungsrichtung zur Geltung. Von grosser Wichtigkeit wäre eine Untersuchung des Gebirgs- Systems der auf den Karten von Persien nach der Landschaft gleichen Namens, Karaghan-Berge genannten Erhebungen. Meine Absicht, eine Excursion dorthin zu unternehmen, die ich den Autoritäten, von denen ich in Persien abhing, vortrug, scheiterte, sowie manches Andere, an dem gänzlichen Mangel an Verständniss für wissenschaftliche Ziele, den ich an massgebender Stelle vorfand. Der Name Nemek Kuh (Salzberg), der mir für die südlich von der Tschaparstation Abdullabad (Weg von Teheran nach Kaswin) sich erhebenden Berge angegeben wurde, scheint das Vorkommen von Salz- lagerstätten, d. h. in Rücksicht auf persische Geologie, von tertiären Bildungen in jenen Bergen anzudeuten. (Auf der Grewingk’schen Karte erscheint ein Berg Namens Nemek Kuh als östliche Fortsetzung des Karaghan-Gebirges, doch ist diese Karte ungenau, und bildet der Nemek Kuh ein dem Karaghan nördlich vorgelagertes Gebirgsstück.) Die nicht unbedeutenden Gebirge aber, die im Süden von Sumgurabad (der zweiten Tschaparstation auf dem Wege von Teheran nach Kaswin) sich erheben, und die man schon auf dem Thurme des Schlosses von Keretsch (Suleimanieh) stehend deutlich vor sich sieht, zeigen mit- unter so eigenthümliche, schroffe, unregelmässige, an Kalkgebirge er- innernde Conturen, dass man in diesen Ausläufern des Karaghan- Systems wohl auch ältere Gebirgsglieder vermuthen darf, die vielleicht zum Theil den im Alburs entwickelten Kalken entsprechen. Dieses Gebiet sei hiermit nicht allein des Studiums seiner Formationen wegen, sondern auch der Aufschlüsse halber, die wir von demselben in tek- tonischer Beziehung erwarten dürfen, der Aufmerksamkeit späterer Reisender dringend empfohlen. Was die auf tektonische Fragen bezüglichen Beobachtungen an- langt, die ich bei Gelegenheit eines kurzen Ausfluges nach Central- Persien anstellen konnte, so ist zu erwähnen, dass ich im Kuhrud- Gebirge zwischen Isfahan und Kaschan, einer hohen Kette, deren höchste Gipfel mindestens 10,000 Fuss erreichen, auf der südlichen Seite dieses Gebirges die Kalke von Soh ostwestlich, zum Theil auch von OSO nach WNW streichen und südlich fallen sah. Die rothen Eocän- Conglomerate bei Soh zeigten nördliches Fallen. Der innerste Kern dieses Gebirges zeigt sich als aus einem Granit mit stellenweise rie- sigen Glimmerblättchen bestehend, welcher an vielen Punkten auch syenitisch wird und sowohl nördlich als südlich von verschiedenen älteren Trappgesteinen umgeben wird. Die Hauptmasse der Sedimentär-For- mationen fand sich auf der Südseite des Gebirges. 53* 408 Dr. E. Tietze. [34] Inwieweit und ob jener Granit mit dem Granit des auf 13780 Fuss Höhe angenommenen Elwend bei Hamadan zusammenhängt, muss erst die Zukunft lehren. Thatsache ist, dass der Granit des Elwend das erste derartige Gestein ist, welches man auf einem Durchschnitt. von Teheran nach Bagdad zu antrifft, und dass in gleicher Weise der Granit oder Syenit des Kuhrud-Gebirges das erste derartige Gestein ist, welches man auf dem Wege von Teheran nach dem persischen Golf zu Gesicht bekommt. Hier haben wir vielleicht die wahren Central- gesteine der ganzen iranischen Bodenanschwellung vor uns. Loftus (On the geology of portions of the Turco-Persian fron- tier and of the distriets adjoining, quat. journ. 1855) giebt das Auf- treten von Granit zwischen Gulpaigan und Japulak an und verbindet diesen Granit mit dem des Elvend. Die Streichungsrichtung des in dieser Weise construirten Granitzuges würde freilich südlich vom Kuhrudgebirge vorbeigehen, so dass der Granit des letzteren einem besonderen Aufbruch älterer Gesteinsmassen anzugehören scheint. Doch ist, wie gesagt, die Sache vorläufig nicht ganz ausgemacht. Nach einer Vermuthung, welche der Archäologe Dr. Andreas, noch ehe er in Persien war, in einem zu Bombay gehaltenen Vortrage (vgl. Mitth. d. geogr. Ges. Wien 1876, p. 266) aussprach, würde der Granitstock von Kuhrud bei Kaschan sich bis Chairabad fortsetzen. Es ist mir unbekannt, welches Chairabad hier gemeint ist. In jedem Falle bleibt die Begründung dieser Vermuthung abzuwarten, denn unsere Kenntniss über den centralen Theil von Persien ist noch zu dürftig, um weitgehende Speculationen zu wagen. Am Wege von Isfahan, westlich nach Chonsar, fand ich die Kalk- und Dolomitbänke, welche westlich Tiran anstehen, in hora 10 strei- chend und mit 40 Grad nach NO fallend. Noch etwas weiter west- lich bei Tschadschah sah ich steil aufgerichtete Kalkbänke in hora 8 streichen. Auf dem Wege von hier nach Berchposcht beobachtete ich ein Streichen in Stunde 9 und ein Nordostfallen mit 70 Graden von Seiten der dortigen gelben dolomitischen Kalke. Die Hauptmasse des Kalkes in dem mächtigen, auf unseren Karten nirgends verzeichneten Gebirge des Dalun-Kuh, südlich Kurd i bolo, strich in Stunde 10 und fiel südwestlich. Doch wechselt auf der Südflanke des Gebirges das Fallen einige Mal, und auf dem Wege von der südlich und südwest- lich davon sich ausbreitenden Landschaft Feridan nach Askerun fand ich südlich vom Kuh i Achmederese, welcher den östlichsten Gipfel des Dalunkuh-Gebirges vorstellt, das Streichen in hora 8. Auch in der Landschaft Feridan selbst, welche ich zum grossen Theile aus Glimmerschiefern zusammengesetzt fand, denen mächtige Eisensteinlager untergeordnet sind, sah ich hauptsächlich das Schicht- streichen nach Stunde 3 vertreten. In der niedrigen Gebirgskette, welche dem Dalun-Kuh nördlich vorliegt, sah ich bei Chairabad nordöstliches Schichtfallen und ein Streichen in Stunde 9'/,. [35] Bemerkungen über die Tektonik des Albursgebirges in Persien. 409 Die Schiefer zwischen Guschcharat und. Chonsar streichen in Stunde 9 und fallen steil nordöstlich. ') Gehen wir in Centralpersien noch weiter südlich, so treffen wir die imposante Kette des Zerd i Kuh (gelben Gebirges), welche an Höhe den mächtigsten Ketten des iranischen Hochlandes nichts nachzugeben scheint, denn ich salı den Nordabhang derselben im Juni (1874) noch ganz mit Schnee bedeckt. Leider habe ich die Bekanntschaft dieses Gebirges nur par distance gemacht. Ueber die uns interessirenden tektonischen Verhältnisse wissen wir nichts. Was die Zagros-Ketten anbetrifft, welche Persien im Südwesten begrenzen, so findet nach den Beobachtungen von Ainsworth (l. c.) im Gebiete der Zabflüsse das Schichtenfallen hauptsächlich nach NO statt, etwa mit Ausnahme der PBazian-Berge, welche südwestliches Schichtenfallen aufweisen und ihren Steilabsturz nach NO gerichtet haben. Ebenso zeigen die Kalkgebirge von El Kosch und Rabban Hormuz ein NW-SO-Streichen und einen sanften Abfall gegen S, einen steilern gegen N. Auch die rothen Sandsteine, welche dem Fuss der Rabban-Hormuz-Berge vorlagern, fallen südwestlich. Ein gleiches Fallen liessen die Conglomerate der Duleib-Berge (in der westlichen Verlän- gerung der Rabban-Hormuz-Berge) erkennen. Bei C. Ritter (Erdkunde, Bd. 9, p. 165) wird von den Strom- schnellen beim Dorfe Wais am Kuran unterhalb Schuster gesprochen. Hier setzen sieben Sandsteinbänke quer über den Fluss, welche ein NW-SO-Streichen besitzen bei nördlichem Fallen von 22 Graden. Bei dem Durchschnitt von Dizful nach Khorremabad (Loftus l. c. p. 262) kamen südöstliche und südwestliche Fallrichtungen zur Beobachtung. Das Thal von Gilalahu bei Dizful und die Berge seiner Umgebung haben eine NW-SO-Erstreckung (l. c. p. 260). Bei seinen Untersuchungen in der Gegend von Kirrind fand Loftus (l. ce. p. 265) sowohl nordöstliche als südwestliche Fallrichtungen der Schichten, woraus sich ein Streichen derselben von NW-SO ergiebt. Zwischen Kirrind und Mahidescht auf dem Wege nach Kirmanschah (l. ce. p. 275) zeigen sich die dortigen Eocänschichten steil nach SW. geneigt. Bei Derbend Khani (l. ce. p. 279), wo der Shirwan-Fluss die nordwestliche Verlängerung der Bamu-Kette durchbricht, constatirte Loftus süd- westliches Schichtenfallen. Also auch hier findet das Streichen von NW-SO statt. Auch der Kuh i Bizenan, welcher den Kuh i Bamu mit Karayez verbindet, streicht nach Loftus von NW-SO. Bemerkenswerth ist auch die Ansicht bei Loftus (]. c. p. 285), dass einige der von ihm besuchten Gebirgsketten Bruchlinien längs der Axe ihrer Erstreckung aufweisen. Auch Blanford verdanken wir einige Angaben in Bezug auf die Art der Schichten-Aufrichtung und das Gebirgsstreichen in den Gebirgen des südlichen Persien, und sogar auch eines Theiles von Be- ludschistan. Die Nummuliten-Schichten nördlich Schiras streichen nach diesem Beobachter (l. c. p. 495) theils ostwestlich, theils von NW nach 1) Ich hoffe, bei Gelegenheit genauere Einzelheiten über meine Beobachtungen in den Gebirgen um Chonsar und im Kuhrud-Gebirge veröffentlichen zu können. 410 Dr. E. Tietze. [36] SO. Die Berge in der Gegend der Sarjan-Ebene zwischen Kerman und Schiras (l. e. p. 492) zeigen ein der meridianen Richtung sehr genähertes NW-SO-Streichen und ein im Allgemeinen ostwärts gerich- tetes Schichtfallen. In der Nachbarschaft von Kerman (l. e. p. 489) treten Conglomerate auf, welche mit vulkanischen Gesteinen wechsel- lagern und südwestlich fallen. Das Streichen der Nummuliten-Kalke bei Dizak, zwischen Jalk und Bampur, ist nach O0 10°S gerichtet. Die Schichten bei Gischtigan, am Wege von Jalk nach Gwadar (1. c. p. 477), fallen in der Nähe des Hinduvan-Passes südlich. Leider haben wir es da überall nur mit vereinzelten Angaben zu thun, aus denen nicht mit Zuversicht geschlossen werden kann, ob in jenen Gebieten reguläre Faltenbildungen dominiren oder Verwer- fungen. Es lässt sich auch nicht mit Sicherheit ermitteln, ob in letz- terem Falle ein gewisses Symmetriegesetz zwischen den Gebirgen des südlichen und des nördlichen Persien obwaltet. So dürftig nun aber die gemachten Angaben noch sind, so er- möglichen sie doch den Schluss, dass wir auf dem persischen Hoch- lande nicht nur einen ungefähren Parallelismus der Gebirgslinien vor uns haben, sondern dass auch im Schichtenstreichen jenes Gebietes die ostwestliche und namentlich die NW-SO-Tendenz zur Geltung gelangt. Man mag über Elie de Beaumont’s Pentagonalnetz denken wie man wolle, jedenfalls hat der französische Geologe das Verdienst gehabt, die auch von Humboldt vertheidigte Idee zu kräftigen, dass in der Richtung der Gebirgsketten kein wildes Durch- einander, sondern gesetzmässige Regeln herrschen, wenn sich auch diese Regeln bei der Complicirtheit der Erscheinungen, die uns entgegentreten, nicht immer werden leicht erkennen lassen. Freilich ist die zu krystallographische Auffassung Beaumont’s heute verlassen, und man glaubt auch nicht mehr, dass Gebirgsketten von gleicher Richtung auch gleichaltrig sein müssen. Den schlagend- sten Beweis gegen diesen Hauptfehler der Beaumont’schen Hypothese haben vielleicht die Forschungen Stoliczka’s geliefert, denen zufolge (vgl. Zeitschr. d. deutsch, geol. Ges. 1875, p. 240) von den drei Ketten des Kwenlun, Karakorum und Himalaya der Kwenlun, dessen Formationen nicht über die paläozoische Zeit hinausgehen, die älteste ist, während im Karakorum schon alpine Trias repräsentirt ist und am Gebirgsbau des Himalaya sogar Tertiärschichten theilnehmen. Man weiss auch, dass oft ein und dasselbe Gebirge, wie diess die Karpathen so deutlich zeigen, in seinem Verlaufe das Streichen völlig wechseln kann, aber man geht doch wohl nirgends so weit, eine gewisse Gesetzmässigkeit bei der Aufrichtung der Gebirge überhaupt und nur desshalb zu läugnen, weil dieselbe noch nicht deutlich genug _ erkannt ist. Das hiesse das Kind mit dem Bade ausschütten. Das widerspräche..der fortgeschrittenen geographischen Anschauung von den Gebirgs- und Küstenlinien, wie sie uns schon C. Ritter in seinem Epoche machenden Vortrage über räumliche Anordnungen auf der Aussenseite des Erdballs vermittelt hat, in welchem Vortrage, wie Abich treffend bemerkt, ein geographisches Problem dem Höhenpunkte einer philosophischen Auffassung zugeführt wurde, wo dasselbe Gegen- stand der Geologie wird. Die Geologie aber darf ein Feld geographi- j | 3 | | | Be 137] Bemerkungen über die Tektonik des Albursgebirges in Persien. 411 scher Betrachtung nicht aufgeben, dessen sich sogar schon die Astro- nomie bemächtigt, wie die Untersuchungen von Stanislas Meunier (bull. de l’acad. des sc. de Paris, Sitzungen vom 1. u. 8. Sept. 1873 über die Form der Meere des Planeten Mars und dessen Alter beweisen. Und so sehen wir denn, dass man heute z. B. in Central-Asien von einem Altai-System oder von einem Tien-schan-System spricht, wie man früher in Europa von einem System der Pyrenäen oder von einem System des Hundsrück sprach, wenn man auch einen einge- schränkteren Sinn mit dieser Sprache verbindet. Freiherr v. Richthofen hat seinem ersten Bande über China, ein Capitel über das Gebirgsgerüst von Central-Asien eingeschaltet, worin die Beziehungen der mächtigen, dieses Land beherrschenden Gebirgsketten zu einander erörtert werten. In Ost-Asien herrschen dieser Auseinandersetzung zufolge die Richtungen von SW gegen NO, in West-Asien solche von NW gegen SO. Jene nennt er das Sinische System, diese das Altai-System. Das letztere hat eine ziemlich ein- heitliche Richtung. Dieselbe ist durchweg fast genau WNW-OSO. „Sie zeigt sich schon westlich vom Baikal-See im Sayan-Gebirge, dann im Tangnu und Khangai, im kleinen Altai, Tarbagatai, Karatau, Nuratau, im Gebirge von Khorassan, im Elburz (Alburs), in Persien, Armenien und im Kaukasus, und es ist schon von L. v. Buch nachgewiesen worden, wie die gleiche Richtung im südöstlichen Europa dominirt.“ Betrachtet man die Karte der Gebirge und Steppen von Central- Asien, welche v. Richthofen seinem Werke beigibt, so zeigt sich, dass dieses Altai-System auf dem asiatischen Continent in der Art zur Geltung kommt, dass es eine von SW nach NÖ sich erstreckende Region einnimmt. Die Erstreckung dieser Region ist also merkwür- digerweise der Richtung der Gebirgsketten dieser Region entgegen- gesetzt. Vielleicht erinnert man sich hier wieder Alexander v. Hum- boldt’s, der im Hinblick auf die Thatsache, dass die Hauptrichtung des Festlandes von Europa (SW gegen NO) den grossen Erdspalten und Dislocationslinien von NW gegen SO, wie sie in einem grossen Theile Europas und West-Asiens herrschen, entgegengesetzt sei, das rechtwinklige Durchkreuzen solcher geodäsischer Linien als ein beson- ders wichtiges Moment betont (Kosmos, 1. Bd., p. 319). Den Alburs rechnet v. Richthofen zu diesem Altai-System, was zum Mindesten für den westlichen Theil dieses Gebirges gut stimmt. Nun ist nicht zu läugnen, dass der östliche Alburs eine SW- NO-Richtung besitzt, so dass er als eine Andeutung von v. Richt- hofen’s Sinischem System in West-Asien erscheinen könnte, in der Art, dass die Alburskette im Kleinen eine Wiederholung der grossen Züge in der Gestaltung des central-asiatischen Continents darstellen würde. Ich habe aber für diesen östlichen Theil des Alburs oben zu zeigen versucht, dass zum Wenigsten die Linien des Schichtenstrei- chens einer NW-SO-Richtung noch zumeist entsprechen, wenn auch die Kammrichtung eine andere geworden ist. 412 Dr. E. Tietze. [38] Es wird nun davon abhängen, welchen von diesen Linien oder Richtungen man eine grössere Bedeutung zuerkennen will, wenn man ver- schiedene Gebirgssysteme eines Continents mit einander vergleicht. Aber es handelt sich bei der Betrachtung eines Gebirges nicht allein um seine Längenerstreckung und die Beziehungen, welche es in dieser Hinsicht mit anderen Gebirgen in Parallele bringen, noch andere Verhältnisse, die seinen eigenen Bau und namentlich den etwaigen Zu- sammenhang desselben mit vuleanischen Erscheinungen be- treffen, sind zu beleuchten, wenn man die Materialien sammeln hel- fen will, aus welchen dereinst die allgemeinen Gesetze und Ursachen der Gebirgsbildung auf unserem Planeten erkannt werden können. Von den Mathematikern werden unbekannte Grössen durch be- liebige Buchstaben bezeichnet und können dann nebst bekannten in Rechnung gezogen werden. In den Naturwissenschaften finden sich bei unbekannten Grössen statt der Buchstaben die Hypothesen ein. Die letzteren sind uns bei dem berechtigten Streben, allgemeine Regeln in das Chaos von unverknüpften Einzelbeobachtungen zu bringen, ebenso nöthig, wie dem Mathematiker seine Buchstaben. Sofern man sie nicht mit absolut festgestellten Wahrheiten verwechselt, werden sie in der Bedeutung vorläufiger Auskunftsmittel dem Fortschritt der Wis- senschaft sehr förderlich sein, indem sie eine Basis der Discussion schaffen. Die verschiedenartigen Thatsachen gruppiren sich leichter um die festen Linien einer Hypothese, die Vorstellungen reihen sich leichter an einander, und die Beobachtungen erlangen ein bestimmteres Ziel, als bei dem Mangel eines Versuches zur Aufstellung allgemeiner Gesetze. In diesem Sinne dürfen wir wohl an die theoretischen Betrach- tungen erinnern, welche Suess in seinem Buche über die Entstehung der Alpen (Wien 1875) angestellt hat, um die Einseitigkeit im Bau der meisten Gebirge darzulegen, eine Einseitigkeit, mit welcher die Lage etwaiger vuleanischer Ausbruchsstellen auf einer bestimmten Seite der betreffenden Ketten zusammenhängen und die, wie des Weiteren ausgeführt wird, einem einseitigen Seitendruck entsprechen soll. Gerade in Bezug auf die Alpen, die der Autor dabei zum Ausgangspunkt seiner Betrachtungen wählt, äussert sich freilich der ungenannte Referent in den Verhandlungen der geologischen Reichs- anstalt (1875, p. 132), dass man sie bis dahin als das Muster eines beiderseits der Mittelzone symmetrisch gebauten Gebirges angesehen habe. Auch einzelne Theile der Apenninen scheinen, für sich allein betrachtet, sehr regelmässig gebaut zu sein. Zittel (Geologische Beob- achtungen aus den Central-Apenninen, München 1869) spricht sich darüber folgendermassen (l. e. p. 87) aus: „Eine besondere Eigen- thümlichkeit Central-Italiens sind die ringsum geschlossenen ellipsoidi- schen Schichtgewölbe, welche sowohl in den Apenninen als in Toscana durch ihre Regelmässigkeit die Bewunderung der Geologen erregen, gewöhnlich gehören sie zu einem vorhandenen Gebirgszug, aus welchem sie vielleicht durch localen, unterirdischen Druck emporgepresst wur- den, und nur höchst selten tauchen sie als isolirte Berge aus der um- gebenden Ebene oder dem Hügellande auf.“ Central-Italien stellt nach diesem Autor eine Fläche dar, „welche, von beiden Seiten zusam- [39] Bemerkungen über die Tektonik des Albursgebirges in Persien. 413 mengedrückt, eine Anzahl ungleicher Runzeln erhalten hat.“ Endlich haben auch Paul und ich in unseren Studien in der Sandsteinzone der Karpathen am Schluss unserer damaligen Ausführungen auf gewisse Thatsachen hingewiesen, welche einer zu schematischen Anwendung jener Theorie auf alle Einzelheiten des karpathischen Gebirgsbaues entgegen zu stehen scheinen, obgleich aus einigen anderen der von uns angestellten Beobachtungen in der That auf die Existenz eines nord- wärts gerichtet gewesenen Seiteudrucks in jenem Gebirge geschlossen werden konnte. Es mag also zugestanden werden, dass für die absolute Anwendung der genannten Theorie auf die erwähnten Gebirge wenig- _ stens in Bezug auf mancherlei Details noch nicht jedes Bedenken be- seitigt ist. Nichtsdestoweniger werden in dem genannten Buche von Suess eine solche Menge von Thatsachen zur Sprache gebracht, welche über die Einseitigkeit einer Anzahl von wichtigen Gebirgen mindestens für deren allgemeine geologische Grundzüge so wenig Zweifel bestehen lassen, dass damit der tektonischen Betrachtung der Gebirge eine neue Perspective geöffnet erscheint, und dass man bei der geologischen Untersuchung minder bekannter Gebirgsketten sich stets auch die Frage wird vorlegen müssen, sind diese Ketten einseitig gebaut oder nicht. Einen neuen Beleg erhielt die Theorie von Suess bald nach dem Erscheinen des citirten Buches durch die Untersuchungen des Herrn Prof. Neumayr, der in seiner vorläufigen Mittheilung über die Insel Kos (Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1875, p. 173) die Idee ent- wickelte, dass die Gebirge von Attika und Euboea in ihrer Verlän- gerung durch die Cycladen nach Kos, Kalymnos und Kappari ein Kettengebirge vorstellen, an dessen südlichem Bruchrande eine Reihe vulecanischer Eruptionsstellen auftreten, zu denen u. A. Milo, Santorin und Kandeliusa gehören. Diese Auffassung der griechischen Inseln von Seiten Neumayr's erinnert, wie ich mir nicht versagen kann hervorzuheben, ungemein an die Darstellung, welche L. v. Buch (Physikalische Beschreibung der canarischen Inseln, Berlin 1825, p. 400) uns von den kleinen An- tillen gegeben hat. Dort liegen vulcanische Inseln in einer fortlau- fenden Kette hinter einander, ohne von nicht-vulcanischen Inseln unter- brochen zu werden. Dagegen zieht sich im Osten dieser Inseln ausser- halb gegen den Ocean eine andere, wenn auch weniger bestimmte Reihe von Inseln hin, welche von vulcanischen Phänomenen nur noch wenige Spuren zeigt und Vulcane selbst gar nicht enthält. „Diess eine höchst merkwürdige Thatsache. Grenada, St. Vincent, St. Lucie, Martinique, Dominica, Guadeloupe, Monserrat, Nieves, St. Christoph, St. Eustache sind die vulcanischen Inseln. Zur Kette der niedrigeren Kalkstein- Inseln gehören aber Tabago, Barbados, Marie Galante, Grande Terre, la Desirade, Antigua, Barbuda, St. Bartholomeo, St. Martin. Alles Inseln, welche den vorigen im Osten vorliegen und nicht eine von ihnen im Westen der vulcanischen Reihe.“ Ein Gesetz, wie wir es hier in den griechischen und westindi- schen Inselreihen ausgeprägt finden, kann natürlich auch an Fest- lands-Gebirgen zur Geltung kommen, die mit ihrer ganzen Basis über das Meeresniveau gehoben sind, denn die Wasserbedeckung jener Basis Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt. 1877. 27. Band. 4. Heft. (Dr. E. Tietze.) 54 414 Dr. E. Tietze. [40] bei den genannten Inselreihen ist geologisch eine für unsere Frage ganz irrelevante Thatsache. Gewissermassen im Kleinen ein Modell für solche einseitige Ge- birge ist der Siakuh in der Salzwüste, 20 Farsach südöstlich Teheran, über welches vereinsamte, öde Gebirge die ersten geologischen Mitthei- lungen geben zu können mir gegönnt war. Der Siakuh ist aus Schichten zusammengesetzt, deren Hauptmasse (grüne Tuffe, z. Th. der siebenbürgischen Palla ähnlich, und helle Mergel) ich für Kreide: halte. (Die betreffenden grünen Gesteine ähneln auch vielfach den von Abich der Kreide zugerechneten Gesteinen, wie ich sie z. B. bei Mtskhet im Kaukasus zu sehen Gelegenheit hatte.) Ueber diesem Schichtensystem folgt auf der Nordseite des Gebirges ein System an Versteinerungen reicher Schichten, die sich bei genauerer Durch- sicht der paläontologischen Funde als eocän und den Schichten von Schio in Ober-Italien entsprechend herausgestellt haben, wie Herr Th. Fuchs mir freundlichst mittheilt. Das Streichen der Schichten ist ein ostwestliches, das Fallen durchgehends nach Norden gerichtet. Auf der Südseite des Gebirges zeigt sich ein Bruchrand, und hier treten helle Gesteine der Trachytfamilie auf. Andere Trachyte, wie nicht verhehlt werden darf, sind allerdings auch auf der Nordseite des Gebirges an einigen Punkten zu beobachten. Doch gibt uns das Ganze ein Bild der Einseitigkeit in Bezug auf Formations-Vertheilung und Schichtenneigung, und schliesslich könnte der See, der im Süd- westen des Siakuh von mir gesehen wurde, und der die tiefste Stelle der im Süden des Siakuh befindlichen Depression dieses Theils der persischen Hochebene bezeichnet, ein Senkungsfeld darstellen, ähnlich wie es in viel grösseren Verhältnissen die ungarische Tiefebene gegen- über dem Karpathensystem vorstellt, oder wie es das tyrrhenische Meer gegenüber den südlichen Apenninen sein soll, worüber man auch den Aufsatz von Suess über die Erdbeben des südlichen Italien (Denkschr. d. math.-naturw. Cl. d. Ak. d. Wiss., Wien 1874, 34. Bd.) und die jüngst erschienene Arbeit Cornelio Doelter’s über die Vul- can-Gruppe der pontinischen Inseln (Denkschr. d. math.-naturw. Cl. d. Ak. d. Wiss.. Wien 1875, p. 182) vergleichen mag. Die grossen Bruchlinien, welche, wie wir früher sahen, den Süd- rand des Alburs auszeichnen, finden also ihrerseits sowohl in den ihnen parallelen Verwerfungen im Innern dieses Gebirges, als auch in den Bruchlinien, welche den steileren Südabfall einiger mehr oder weniger freistehender Gebirge des persischen Hochlandes südlich vom Alburs (wie der Siakuh oder die Berge von Schahabdulasim) markiren, ihr Analogon. Will man sich nun bloss auf die Anschauung der Thatsache be- schränken, dass solche Bruchlinien den Steilabfall auf der Südseite des Alburs bedingen, dann wäre diese Seite im Sinne von Suess das, was er die Innenseite eines einseitigen Gebirges nennt. Auf der Innenseite aber einseitiger Gebirge treten nach Suess in der Regel Gesteine vulcanischen Ursprungs auf, so auf der pannonischen Seite der Karpathen die Trachyte und auf der tyrrhenischen Seite der Apenninen, das Albaner Gebirge, die Rocca Monfina, die phlegräischen Felder, der Vesuv, der Epomeo, die Ponza-Gruppe und die liparischen [41] Bemerkungen über die Tektonik des Albursgebirges in Persien. 415 Inseln. Die Karpatheu und die Apenninen gelten nämlich als Haupt- beispiele einseitiger Gebirge. Nun kommen in der That südlich vom Alburs und diesem un- sefähr parallel Hügelreihen trachytischer Gesteine vor. Die meisten der kleineren Gebirgszüge, welche man auf dem Wege von Teheran nach Kum passirt, bestehen entweder aus Tertiärbildungen oder aus Trachyten und deren Tuffen. So erhebt sich nördlich von Kenarigird ein 2 Farsach breites, ostwestlich streichendes, nach Norden und Süden mit flach geneigten, sehr regelmässigen Schuttebenen abfallendes Ge- birge, welches aus einem grünsteinartigen Eruptivgestein der Trachyt- familie besteht. Die in einiger Entfernung südlich von Kenarigird auf dem Wege zur nächsten Tschaparstation Haus i Sultan sich er- hebenden Berge und Hügel bestehen zwar der Hauptsache nach aus Tertiärgesteinen, besonders der persischen Salzformation, doch nehmen an ihrem Aufbau auch Trachyte und deren Tuffe Theil. Wo diess der Fall ist, zeichnen sich die kahlen Gehänge durch den buntesten Farben- wechsel aus, der ein eigenthümlich belebendes Element in diese sonst trostlose Landschaft hineinbringt. Olivier (voyage dans l’empire ottoman, l’Egygte et la Perse, Paris 1807, vol. III, p. 92) hielt auch die allerdings noch von keinem Europäer näher untersuchte Kuppe des Kuh i telisma (Berg des Zaubers) bei Kum für vulcanischen Ursprungs. Bei meiner Reise von Teheran nach dem Siakuh entdeckte ich südöstlich von Veramin den ausgedehnten, langgestreckten, dem Alburs parallel laufenden niedrigen Trachytzug des Kuh i Kaleng. Der Siakuh selbst mit seinen Trachyten ist hier ebenfalls zu erwähnen. Gehen wir noch weiter nach Osten, nach Khorassan, wohin ich persönlich nicht mehr so glücklich war, zu kommen. Gestützt auf eine Angabe bei Fraser (narrative of a journey into Chorassan, London 1825, p. 375) hatte später Abich in seinen „Grundzügen“ (l. ec. p. 394) die Existenz eines erloschenen trachyti- schen Eruptions-Systems bei den Ruinen von Mesinum in Khorassan vorausgesetzt. Göbel, der geologische Begleiter der Khanikoff'schen russi- schen Expedition nach Khorassan wies aber nach (über einen ver- meintlichen Herd vulcanischer Thätigkeit in Khorassan, bull. de Vae. de St. Petersbourg 1863, tome 5, p. 328), dass das, was Fraser für Obsidiane gehalten hatte, Schlacken seien, die von uralter Kupfer- gewinnung herrührten, die er schon zwei Tagereisen vor Mesinum bei Miandascht in der Nähe eines unbewohnten Karavanserai beobachtete. Dieses Karavanserai lag ganz einsam in der Hochebene, die sich dort längs des Südrandes des Alburs ausbreitet. Sonderbarerweise enthält aber der Göbel’sche Aufsatz doch eine, wenn auch zufällige Genugthuung für die Abich’sche Hypothese. Göbel stellt sich nämlich die Frage nach dem Herkommen jener Kupfererze, von deren einstiger Verarbeitung wir in jenen obsidian- artigen Schlacken ein unzweifelhaftes Zeugniss besitzen, und fährt dann fort (p. 332): „Bei der Grösse des Landes, der Menge seiner Gebirgs- züge, und dem Wenigen, was ich näher zu sehen Gelegenheit gehabt, darf ich kaum wagen, ein allgemeines Urtheil über das Vorkommen des Kupfererzes abzugeben. Als Augenzeuge muss ich berichten, dass 54* 416 Dr. E. Tietze. [42] ein weitverbreiteter, der Tertiärformation angehöriger, brauner und schwärzlicher, porphyrartiger Trachyt mit mehrfachen Abänderungen, welcher in longitudinalen Durchschnitts-Spalten emporgestiegen, wesent- lich zur orographischen Gestaltung des Landes beiträgt, das haupt- sächlichste, Kupfer führende Gestein ist, welches jenes Metall in Form von gediegenem Kupfer, Rothkupfererz, Kupferkies und Buntkupfererz mit sich führt. Ausserdem sind es noch metamorphische Schiefer, in denen dort Kupfererze gefunden werden, und in seltenen Fällen Sand- stein mit Kupfergrün und Rothkupfererz imprägnirt.“ Also Trachytzüge im Süden auch des östlichsten Alburs. Das er- innert sehr an den Kuh i Kaleng. Der vorausgesetzte Herd einer er- loschenen vulcanischen Thätigkeit in Khorassan ist also doch vor- handen, wenn auch die Thatsachen, aus denen anfänglich auf seine Existenz geschlossen wurde, sich nicht bestätigt haben. Wenn wir demnach in den geschilderten Verhältnissen eine weitere Analogie zu den Erscheinungen erkennen müssen, wie sie Suess als charakteristisch für seine einseitigen Gebirge hinstellt, so darf dennoch andererseits nicht übersehen werden, dass gerade der bedeutendste vul- kanische Berg Persiens, der Demavend, sich nicht auf der Südseite des Alburs und der angedeuteten grossen Bruchlinien befindet, sondern nördlich der Hauptkette des Gebirges steht oder besser, derjenigen Kette, welche durch die Höhe ihrer Kammerhebung und durch ihre Bedeutung als Wasserscheide in dem betreffenden Stück des Gebirges als Hauptkette betrachtet werden muss. Es ist schon von frü- heren Reisenden in jener Gegend betont worden, dass man von der Stadt Demavend aus, welche am Südfusse dieser Kette gelegen ist, den Berg gleichen Namens nicht sehen kann, eben weil er nördlich von jener Kette auf einer der Parallelerhebungen zu dieser aufgesetzt erscheint. Eben diese Stellung des Vulkans mitten im Gebirge beweist auch, dass derselbe in seiner Entstehung von sogenannten Senkungsfeldern ebenso unabhängig war, wie es die grossen Andesitdome des Kaukasus, Elbrus und Kasbek gewesen sind, welche gleichfalls in Mitte des Hoch- gebirges stehen. Nach den Untersuchungen Abich’s hätten wir beim Kaukasus ebenfalls im Süden der Kette grosse Bruchlinien und Einsenkungen anzunehmen, und wurde E. Favre (etude stratigraphique de la partie sud-ouest de la Crimee, Geneve 1877, p. 59) durch „die Entstehung der Alpen“ angeregt, den Kaukasus als ein einseitiges Gebirge im Sinne von Suess zu bezeichnen. Da sich aber Elbrus und Kasbek nörd- lich der Wasserscheiden der höchsten Kammerhebungen des Kaukasus befinden, so gehören diese gewaltigen Eruptivberge, ebenso wenig wie der Demavend, der Innenseite eines einseitigen Gebirges an. Nach Suess (Entstehung der Alpen, p. 28) zeigt der Apennin zwei von einander wesentlich verschiedene Seiten, nämlich eine Seite der Stauung und Faltung und eine andere des Abrisses und der vul- kanischen Eruptionen. Die gefaltete Seite ist convex und stetig, die entgegengesetzte, welche als Innenseite des Gebirges gilt, ist von Sen- kungsfeldern unterbrochen. [43] Bemerkungen über die Tektonik des Albursgebirges in Persien. 417 Und doch giebt es als Ausnahmen von dieser Regel zwei Vul- kane des Apenninengebietes, welche auf der Externseite dieses Gebirges stehen, der Vultur und der Aetna. Das peloritanische Gebirge bei Messina und Taormina darf als eine Fortsetzung des calabrischen Zweiges der einen Bogen beschrei- benden Apenninen angesehen werden. Man braucht nun blos die von Suess in seinem hochwichtigen Aufsatz über die Erdbeben des süd- lichen Italien (l. c. p. 6) gemachten Ausführungen über die geologischen Verhältnisse dieses Gebirges nachzulesen, um zu erkennen, dass die Innenseite, die Bruchseite desselben nach dem tyırhenischen Meere, nach Norden zu liegt, wie dies übrigens Suess selbst folgert, und dass dagegen der Aetna südlich, das ist auf der Externseite des Gebirges steht, wie sich auch aus jeder Karte von Sicilien ablesen lässt. Ich sah bei meinem Besuch jener Gegend die Kalkbänke bei Taormina überall dem Aetna zufallen. Es unterliegt also keinem Zweifel, dass hier ein Vulkan, der, was die von ihm an die Oberfläche geförderten Massen von Laven, Tuffen und Trümmergesteinen anlangt, den bedeu- tendsten Vulkan des tyrrhenischen Bruchrandes, den Vesuv mit der Somma vielleicht um das Zehnfache übertrifft, eine Stellung einnimmt, die mit dem Absinken der Apenninen in das Senkungsfeld des tyrrhe- nischen Meeres in gar keiner Beziehung steht. Deshalb bringt auch Suess den Aetna.und den Vultur mit ge- wissen seismischen Linien in Beziehung, indem er meint, dass dort, wo die calabrische Hauptschütterlinie aus der Flyschzone des peloritanischen Gebirges hervortrete, der einzige Punkt liege, an welchem sich ein peripherischer Vulkan gebildet habe, der Aetna, dort aber, wo die Jukanische Schütterlinie aus der Flyschzone des Apennins hervortrete, liege die einzige Stelle derselben, auf welcher ein Vulkan entstanden sei, der Vultur. Es geht also aus diesen Thatsachen hervor, dass das Auftreten, namentlich einzelner Vulkane (im Gegensatz zu Vulkanreihen oder Gruppen) nicht immer mit den Senkungen, welche die Erhebung einer Gebirgskette begleiten können, in Verbindung gebracht werden muss. Der Umstand, dass jüngere Meeresbildungen am Fusse des Aetna über dem Niveau des Meeres liegen, scheint sogar anzudeuten, dass die Entstehung mächtiger Vulkane, wenn auch nicht direct mit Hebungen zusammenhängt, so doch gegenüber allgemeinen, vielleicht secularen Hebungen sich nicht störend zu verhalten braucht. Von diesem Gesichts- punkte ausgehend, wird man auch für den Demavend eine besondere Entstehungsursache, besondere tektonische Bedingungen seines Auf- tretens aufsuchen müssen. | Da ich vorhabe, in allernächster Zeit in einem besonderen Auf- satz das zusammenzustellen, was ich fussend theils auf der vorhandenen Literatur, theils auf eigenen Beobachtungen über diesen Vulkan zu sagen vermag, so will ich mich hier sehr kurz fassen in den Andeu- tungen, die ich über die etwaige Bedeutung desselben für die Tektonik des Alburs machen kann. Ich schicke gleich voraus, dass, wie ich bereits in einer Sitzung der k. k. geologischen Reichsanstalt erörtert habe (Verhandl. 1877, p. 41) die Entstehung des Demavendvulkans einen bestimmenden Ein- 418 Dr. E. Tietze. [44] fluss auf den Bau des Albursgebirges auch in dessen nächster Nähe nicht geäussert hat. Der Demavend fand die ihn jetzt umgebende Ge- birgsconfiguration bei seinem Entstehen im Wesentlichen bereits vor. In ähnlicher Weise wird man wohl nach den Ausführungen E. Favre’s über die grossen Eruptionskegel des Kaukasus denken müssen, deren Laven über quartären Gebirgsschutt flossen. Der Demavend unterscheidet sich eben dadurch schon wesentlich von den trachytischen Eruptionen im Süden des Alburszuges, dass er jünger ist als diese der Hauptsache nach der Tertiär-, zum Theil viel- leicht der oberen Kreidezeit angehörigen Eruptionen. Wollen wir nun bei der Frage nach den tektonischen Vorbedin- gungen, welche die Entstehung unseres Riesenvulkans begünstigten, ähnlich wie dies für den Vultur und den Aetna von Suess mit Erfolg geschehen ist, gewisse Erdbebenlinien aufsuchen, auf denen der Demavend entstanden sein könnte, so stellt sich unserer Nachforschung die Ungenauigkeit unserer Kenntniss von‘den Erdbeben in seiner Um- gebung als Hinderniss entgegen. ') Wir wissen, dass die Gegend von Teheran und Rei (Rhages der Bibel) manchmal von Erdbeben heimgesucht wurde. (In die Zeit meines Aufenthaltes daselbst fällt, ich möchte fast sagen leider, kein derartiges Ereigniss.) Nun aber beweist der Umstand, dass ein derartiges Erd- beben in einer volkreichen Stadt wie Teheran von mehr Leuten gespürt wird, als in den Einöden, welche nach anderen Richtungen hin zur weiteren Umgebung des Demavend gehören, noch nicht, dass diese Erdbeben in Teheran ihre grösste Intensität erreichen. Bei dem Mangel an vergleichenden Beobachtungen lässt sich sogar die Richtung der Linie, welcher die Erdbeben von Teheran angehören, nicht ermitteln. Ein anderer Punkt im Alburs, an welchem Erdbeben, wie es scheint, öfters vorkommen, ist die Gegend von Aschref in Masenderan. Nun aber habe ich die Umgebung von Aschref als ein Terrain kennen gelernt, welches aus Kreidekalken besteht, die ähnlich wie der Karst- kalk einer starken unterirdischen Auslaugung und Auswaschung unter- worfen sind. In der That liess sich auch die für ausgehöhlte Kalk- terrains so bezeichnende Dolinenbildung an der Oberfläche jenes Kalk- gebiets deutlich wahrnehmen. Es ist also denkbar, dass die Erdbeben bei Aschref wenigstens zum Theil auf locale Einstürze zurückzuführen sind. Jedenfalls würden genaue Angaben dazu gehören, wenn man ermitteln wollte, ob diese Störungen mit tektonischen Linien von Be- deutung zusammenfallen oder nicht. Ueberdies liegt Aschref schon weit 1) Die Kenntniss der Erdbebenerscheinungen in Persien ist überhaupt noch weit zurück. Am meisten wissen wir noch über die betreffenden Erscheinungen in der an die kaukasischen Gebiete anstossenden Provinz Aserbeidschan, insofern uns Abich in seinem Aufsatz über ein Erdbeben bei Täbris (bull. de lacl. phys. mathem. de l’ac. Petersb. 1858, p. 340), sowie in seiner Arbeit: sur les derniers tremblements de terre dans la Perse septentrionale et dans le Caucase (bull. Petersb. 1856) einige diesbezügliche Mittheilungen gemacht hat. In dem letzterwähnten Aufsatz (l. c. p. 53) findet sich auch die Notiz, dass Hentzsche zu Rescht ein Erdbeben beob- achtete, welches von ostwestlicher Richtung war. Auch in Bukhara wurden, wie ich anhangsweise bemerke, im Jahre 1818 von West nach Ost gehende Erdstösse ver- spürt (Grewingk l. c. p. 132). [45] Bemerkungen über die Tektonik des Albursgebirges in Persien. 419 entfernt von der Demavendgegend. Doch hat das Erdbeben von 1815 sowohl die Demavendumgebung als die Gegend von Aschref betroffen. Das ist eine Thatsache, die für einen Theil der Erschütterungen bei Aschref allerdings allgemeinere Ursachen vermuthen lässt. Noch weiter entfernt liegt aber die Erdbebenregion von Schahrud und Bostam auf der Südseite des östlichen Alburs. Mit der blossen Kenntniss also, dass an diesem oder jenen Punkte des Albursgebietes Erdbeben beobachtet wurden, lässt sich für unsern Zweck noch nichts anfangen. Eine einzige Beobachtung ist es, welche uns einen Fingerzeig über den etwaigen Zusammenhang gewisser seismischer Vorgänge mit der Tektonik des Albursgebirges und indirect auch mit der Lage des Demavendvulkans geben kann. Bei dem grossen Erdbeben von 1815 nämlich, welches eine grosse Anzahl von Dörfern im Gebiet des Heras- thales zerstörte und den Weg längs dieses Thales nach Masenderan für die nächsten zwei Jahre unwegsam machte, wurden auch einige Brücken über den Heras zerstört. Bell (vergl. geological notes on part of Masandaran, in geol. transactions, ser.12, vol. V, p. 77, siehe auch Grewingk |. ce. p. 104) besuchte diese Gegend im Jahre 1837 und sah noch die Spuren der Verwüstung. Ihm fielen namentlich Brücken- pfeiler auf, die das Ansehen hatten, als hätten sie nie denselben Bogen tragen können, weil sie in „ganz verschiedener Parallele“ standen, und überzeugte sich Bell davon, dass diese Verrückungen Folgen jenes Erdbebens waren. Danach würde das Herasthal, welches anfangs den Demavend östlich umgiebt, dann aber in ungefähr nördlicher Richtung gegen Amol zu verläuft, eine horizontale Verschiebung seiner Ufer erlitten haben. Die Frage liegt nahe, ob nicht schon aus früheren Zeiten von uns in Folge der öfteren Wiederkehr ähnlicher Ereignisse bedeutende Spuren derartiger Verschiebungen im Herasthal, welches sich dann als eine grosse nordsüdliche Spalte darstellen würde, zu constatiren sind. In der That sagt Grewingk in einem andern Capitel, aber auf derselben Seite seiner Schrift (l. c. p. 104), ohne übrigens eine Bezie- hung zwischen beiden Angaben herzustellen, Folgendes: „Das Bett des Flusses ist ein Riss, der sich continuirlich vom Gipfel bis zum Fuss des Gebirges zieht, und obgleich enge, doch schwerlich eine einzige Stelle aufweist, wo Uebereinstimmung in der Lagerung der gegenüber- liegenden Felsen zu finden wäre.“ Danach hätte es in der That den Auschein, als ob gerade im Meridian des Demavend in grossartigem Massstabe eine ‘jener Hori- zontal-Verwerfungen vorkäme, wie siein kleinem Massstabe auch inner- halb mancher europäischer Gebirge zu finden sind, und von welchen ich erst jüngst zwischen Luisenthal und dem Berge Pareu Kaylor bei Kimpolung in der Bukowina eines der deutlichsten und auffälligsten Beispiele zu sehen Gelegenheit hatte. Nun aber verhält sich die Sache doch nicht ganz in der von Grewingk angegebenen Weise. Der Heras zeigt nämlich in der Ge- gend von Ask und noch weiter abwärts an seinem linken westlichen Ufer eine Menge von Aufschlüssen vulkanischer Gesteine, welche nicht immer auf das andere Ufer hinübergreifen, denn auf dieser westlichen Seite des Flusses befindet sich eben der Vulkan, welcher mit seinen 420 Dr. E. Tietze. [46] Producten vielfach die älteren Sedimente maskirt, welch’ letztere auf der östlichen Thalseite viel freier blosgelegt sind. Stellenweise greifen diese vulkanischen Producte natürlich auch auf das rechte Flussufer hinüber, während dann unter Umständen auf dem entgegengesetzten Ufer ältere Sedimente durch spätere Erosion wieder aufgeschlossen sind. Es kann also, wenn man nur die Gesteine beider Flussufer im Allgemeinen ver- gleicht, sehr leicht an manchen Punkten ein auffallender Unterschied der betreffenden Bildungen wahrgenommen werden, ohne dass eine Nichtübereinstimmung der betreffenden älteren Sedimentgesteine beider Thalseiten stattzuhaben braucht, auf welche es doch in vorliegender Frage allein ankommt. Dasselbe gilt noch einige Meilen nördlich Ask für die Gegend von Waneh, wo die beiden Flussufer ‘in ihrer geologischen Zusammen- setzung viel besser übereinstimmen, als man nach der Grewingk’schen Darstellung glauben könnte. Das Dorf Waneh liegt am rechten Ufer des Heras in einer Thalerweiterung, die sich allerdings auf die linke Uferseite nicht fortsetzt. Dennoch ‘aber sind auf beiden Seiten des Flusses hier die Sandsteine und Schiefer der kohlenführenden Lias- formation zu beobachten und dürfte die Thalerweiterung am rechten Ufer ausschliesslich auf Rechnung der Erosion zu setzen sein. Am linken Ufer werden nun freilich die hier durch zahlreiche salzige Aus- blühungen ausgezeichneten Schiefer des Lias von sehr mächtigen Massen vulkanischer Trümmergesteine bedeckt, was dieser Thalseite ein anderes Ansehen giebt, als der entgegengesetzten, wo sie augen- scheinlich ebenfalls durch Auswaschung entfernt wurden, aber das Auf- treten solcher relativ junger Bildungen kann, wie gesagt, bei der Dis- cussion der vorliegenden Frage nicht mit benützt werden. Etwas unter- halb Waneh tritt dann der Heras in eine enge wilde Schlucht, welche auf beiden Seiten von Kalkfelsen gebildet wird. Die Ufer dieser Schlucht correspondiren also vollständig. Geht man noch weiter nördlich thalabwärts, so kommt man unter- halb der genannten Kalkschlucht zu einem Dorfe Namens Baidun (auch Baidschun genannt), welches zu dem Distriet oder Gau von Bulkulum gehört. Hier ist allerdings eine gewisse Ungleichheit im Aufbau beider Thalseiten wahrzunehmen. Das ist wahrscheinlich der Punkt, von welchem es bei Grewingk heisst, bei Bulkulum zeige ein Berg auf der rechten Herasseite horizontale Schichtenstellung, während man auf der linken Thalseite senkrechte Aufrichtung der Schichten beobachte. Nun aber zeigt sich hier auf der rechten Uferseite ein allerdings hori- zontal geschichtetes System vulkanischer Trümmergesteine, während auf der linken, steileren Thalseite wieder dieselben Schiefer mit Salz- ausblühungen steil aufgerichtet anstehen, die wir schon bei Waneh antrafen. An der Basis der vulkanischen Trümmergesteine kommen sie aber ebenfalls heraus. Dann scheinen wohl einige Unregelmässig- keiten vorzukommen, denn ich sah auf dem linken, mir von dort aus nicht zugänglich gewesenen Ufer des Heras ein Gestein von röthlich gelber Gehängefarbe hervortreten, dessen Spuren ich auf der rechten Thalseite vermisste. Gewisse schwarze, vielleicht oberjurassische Schiefer jedoch sah ich hier in der Gegend von Baidun auf beiden Flussseiten. Ein Stück thalabwärts treten dann die Sandsteine der kohlenführenden [47] Bemerkungen über die Tektonik des Albursgebirges in Persien. 421 Formation ganz nahe an den Fluss von beiden Seiten heran. Dann kommen wieder Kalke, die den Fluss auch zu beiden Seiten einfassen. Ich will die Aufzählung dieser Verhältnisse nicht weiter fort- spinnen und bemerke nur, dass noch weiter nördlich der von links in den Heras mündende Nur-Fluss dem Heras für einige Zeit seine west- östliche Richtung mittheilt, wodurch dann das Herasthal eine Strecke lang ein Längenthal wird und gleichzeitig als Scheidethal zweier For- mationen fungirt. Wenn also hier an diesem Punkte die Gesteine bei- der Ufer sich nicht entsprechen, so hängt das nicht mit einer horizon- talen Verschiebung oder Verwerfung zusammen, sondern erklärt sich leicht auf andere Weise. So bequem uns also auch die Auffassung des Herasthales als einer Verwerfungs- und Erdbebenlinie wäre, längs welcher schon in früherer Zeit bedeutsame Horizontalverschiebungen stattgefunden hätten, so leicht sich daraus unter Umständen eine Art tektonischer raison d’etre für den Demavend ableiten liesse, so musste ich doch der Wahr- heit zu Liebe der Versuchung widerstehen, dieser Linie des Heras- thales eine grössere Bedeutung zuzuerkennen, als ihr zukommt. Immer- hin aber mag der Umstand, dass hier in kleinerem Massstabe Hori- zontalverwerfungen durch Erdbeben bewirkt wurden, woran nach den Beobachtungen Bell’s nicht zu zweifeln ist, die Aufmerksamkeit der Geologen verdienen. Vielleicht kommt uns auch folgende Betrachtung zu Hilfe. Wir wissen aus dem Vorhergehenden, dass die Alburskette einen Bogen, oder wenn man will, eine geknickte Linie bildet, dass ihr westli- cher Theil im Ganzen eine nordwest-südöstliche, ihr östlicher Theil eine südwest-nordöstliche Richtung verfolgt. Wir haben gesehen, dass von der Gegend von Firuskuh angefangen diese nordöstliche Richtung des östlichen Alburs zum bestimmten Ausdruck gelangt. Westlich aber vom Meridian von Firuskuh bis zu dem Meridian von Teheran stellt der Alburs, wenn ich mich so ausdrücken darf, eine Interferenzregion der genannten ver- schiedenen Richtungen vor. In dieser Region kennen wir auch einige mehr rein ostwestliche Kammrichtungen, so dass hier Interferenzen von dreierlei Kammrichtungen vorkommen. Inmitten dieser Region der Knickung und Durchkreuzung ver- schiedener Kammstreichungs-, das ist, wie wir gesehen haben, Bruch- linien, befindet sich der Demavend. Dieser Vulkan nimmt also eine ähnliche Stellung in einem grossen Hochgebirge ein, wie ein anderer Vulkan in den südamerikanischen Cordilleren. Dort, wo diese Cordil- leren bei Arica plötzlich ihre Richtung verändern und einen scharf auch in der dortigen Küstenlinie ausgesprochenen Winkel bilden, steht der Vulkan Sahama, hier im Scheitel des Winkels, den die beiden Hälften der Alburskette mit einander bilden, steht der Vulkan Demavend. In gewissem Sinne wird man angesichts solcher Thatsachen auch an die Ausführungen von Suess erinnert, welcher nachweist, dass an den Durchkreuzungspunkten zweier Erdbebenlinien stets eine Zunahme der seismischen Intensität stattfindet. Die Analogie ist sogar ziemlich schlagend und ist vielleicht ein Beweis mehr für den wahrscheinlichen Zusammenhang vulkanischer und seismischer Vorgänge. Jahrbuch d. k, k. geol, Reichsanstalt. 1877. 27. Band, 4. Heft. (Dr. E. Tietze.) 55 499 Dr. E. Tietze. [48] Wird nun anerkannt, dass die Stellung des Demavendvulkans serade im Sinne der vorstehenden Bemerkungen keine ganz zu- fällige ist, dann ergiebt sich schon daraus die streng genommen sehr unbedeutende, weil sekundäre Rolle, welche der Demavend in Betreff der eigentlichen Gebirgsbildung im Alburs spielt, denn sein Auftreten erscheint abhängig von gewissen tektonischen Verhält- nissen einer ihm gegenüber präexistirenden Gebirgskette, nicht aber erscheinen umgekehrt diese tektonischen Verhältnisse bedingt durch das Auftreten des Vulkans. Die vulkanische Thätigkeit, welche sich an dem Ort, den der Demavend einnimmt, entwickelte, erscheint in diesem Lichte nur als eine Function derjenigen Kräfte und Bewegungen, welche die Gestaltung der Kammrichtungen des Alburs nach verschiedenen Richtungen hervorriefen, und welche schon wirksam waren zu einer Zeit, als es noch keinen Demavend gab. Auch Grewingk ist (l. ec. p. 147) der Meinung, dass die Haupt- conturen der persischen und armenischen Gebirgszüge vor der Erhe- bung der beiden Ararate, des Alaghös, Sawalan, der Trachyte des Sahend und Demavend festgestellt waren, glaubt aber trotzdem, dass diese gewaltigen Erhebungen, wie er sich ausdrückt, und die ihnen folgenden bis ins Frühroth der Menschengeschichte fortsetzenden Aus- brüche in ihrer Gesammtwirkung die Plateauerhebung und Trocken- legung des Bodens, wie sie uns heut zu Tage tritt, hervorriefen. Salz- seen wie der Urumiah-See u. s. w., seien gewissermassen die Reste des alten Tertiärmeeres. Hier wird also dem Vulkanismus eine direct niveauverändernde und hebende Kraft im Grossen zugeschrieben. Seit der Aufstellung dieser Anschauung ist freilich ein Vierteljahrhundert verflossen und in diesem für die junge geologische Wissenschaft so grossen Zeitraum haben sich die Ansichten über die Mitwirkung von Vulkanen bei der Hebung von Gebirgsmassen wohl geändert, aber noch im Jahre 1869 meinte Trautschold (Secularhebungen und Senkungen bull. de la soc. des nat. Moscou p. 63), obwohl er diesen Aufsatz ver- fasste, um gegen die Oscillationstheorie Protest einzulegen und obwohl er das Hervortreten der Continente der allmäligen Verminderung des Meerwassers zuschrieb und die Hebung des Festlandes durch die Volumvergrösserung der wasseraufnehmenden Gesteine erklärte, noch im Jahre 1869 also meinte Trautschold, dass die Bildung von Ge- birgen mit eruptiver Thätigkeit beginne und auf diese zurückzuführen sei. Die bogenförmige Reihe der Vulkane der Sunda-Inseln schien ihm eine Wiederholung des Himalaya werden zu wollen. Und doch ist der Himalaya durch das fast völlige Fehlen vulkanischer Erscheinungen ausgezeichnet, vielleicht das beste Beispiel von der Unabhängigkeit der Gebirgs-Erhebungen von solchen oder wenigstens davon, dass die Ursachen der Niveauveränderung allgemeinerer Natur sind. Schon A. v. Humboldt, dem man gewöhnlich nicht antivulka- nistische Anschauungen vorzuwerfen pflegt, bemerkte (N. Jahrb. v. Leonh. und Br. 1837, p. 264) zu dieser Frage: „Wenngleich in einem grossen Theil der Welt das Emporsteigen von Trachyt, Andesit- und Dolerit- massen die höchsten Gipfel der Ketten oder Inselgruppen gebildet hat, so lehren dagegen andere Zonen (z. B. der Himalaya und die östliche Andescordillere von Bolivia), dass dieser Zusammenhang zwischen dem [49] Bemerkungen über die Tektonik des Albursgebirges in Persien. 423 Maximum der Erhebung und der Natur des sichtbaren Gesteins kein nothwendiger ist.“ In Mexico sind, wie Humboldt ausdrücklich her- vorhob, alle Vulkane auf einer den Isthmus und die Axe der Kette fast rechtwinklig durchschneidenden Spalte aufgestiegen, und der lang- gestreckte Vulkan Pichincha in Quito bildet (Humboldt. c. p. 270) eine Mauer auf dem Rücken der Cordillere, deren Richtung von der Längsaxe der Cordillere um 35 Grad abweicht. Auch im Gebiete des westlichen Theils der Vereinigten Staaten von Nordamerika treten Züge von Eruptivgesteinen auf, welche, da sie eine ostwestliche Richtung besitzen, die dortigen Gebirge quer durch- setzen. (Vergl. PoSepny, Verh. der k. k. geol. R.-A. 1877, p. 65). Andererseits hat Abich (Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1877, p. 30) auf die eigenthümliche Thatsache hingewiesen, dass ein 80 Werst langes, in dem 11,000 Fuss hohen Samsar gipfelndes vulcanisches Gebirge in meridianer Richtung die ostwestlichen Ketten derjenigen kaukasisch-armenischen Gebirge schneidet, für welche er den Namen des thrialetischen Gebirges anwendet. Wir sehen also in der Lage der Vulkane sehr verschiedene Prin- cipien der Anordnung zur Geltung gelangen; wir erfahren, dass die Richtungen der Gebirgs-Erhebungen nicht immer übereinstimmen mit denen, in welchen die vulcanische Action zum Ausdruck gelangte. Man wird eben hier, wie bei anderen Fragen, entfernt von jeder Schablone in jedem gegebenen Falle sich besondere Rechenschaft ab- verlangen müssen bei den Deutungen, die man seinen Beobachtungen giebt. Mallet (Ueber vulkanische Kraft, übersetzt aus dem Englischen von Lasaulx, p. 4) sagt freilich, dass Vulkane, Erdbeben und heisse Quellen den Linien der Gebirgserhebung oder Gebirgsstörung folgen, ein Satz, der auch von Suess in vielfacher Weise illustrirt worden ist, aber doch betont Suess die vollkommen secundäre Rolle der vulka- nischen Erscheinungen, und hebt, wie wir sahen, eher den Zusammen- hang derselben mit Senkungen als mit Hebungen hervor. Die langgestreckten Trachytzüge des iranischen Plateaus im Süden des Alburs sind allerdings auf Spalten aufgestiegen, welche den Hauptbruch- rändern dieses Gebirges parallel sind und ein Zusammenhang ihres Aufstei- gens mit der nordpersischen Gebirgsbildung ist nicht zu leugnen, aber gehoben haben sie nichts, wie schon der Umstand beweist, dass sie sich zum Theil in der Nähe der tiefsten Stellen des Plateaus befinden. Ebenso hätte ein Berg wie der Ararat einen directen Einfluss auf die Erhebung des armenisch-persischen Hochlandes gehabt, dann dürfte man sich wohl fragen, warum das letztere gerade in der Umgebung des ersteren so tief unter das mittlere Niveau seiner Höhe herab- sinkt. Dieses mittlere Niveau beträgt 4000 Fuss und darüber. Für Eriwan geben aber die Karten nur 3300 Fuss und für Etsch- miadzin gar nur 2870 Fuss Meereshöhe an. Das eigentliche Araxes- thal liegt noch tiefer. Der Kegel des grossen Ararat steigt also bei seiner absoluten Höhe von mehr als 16.000 Fuss an 14.000 Fuss direct über die Ebene auf, was den wunderbar majestätischen Eindruck dieses durch die ältesten Erzählungen biblischer Geschichte geheiligten Berges auf den Beschauer erklärt. 55* 424 Dr. E. Tietze. [50] Wir haben nuumehr gesehen, dass der. Alburs in mancher Be- ziehung ein einseitiges Gebirge genannt werden kann, und wir haben die Beziehungen discutirt, welche seine Entstehung mit der vulkanischen Thätigkeit haben oder nicht haben kann. Wir müssen uns indessen vor einer blos schematischen Auffassung von der Einseitigkeit der Gebirge um so mehr in Acht nehmen, als Suess selbst von Verschiedenheiten spricht, welche z. B. zwischen gewissen von ihm als einseitig aufge- fassten Gebirgen Europas einerseits und Asiens andererseits bestehen, so dass die Aufstellung eines allgemein giltigen Gesetzes über die Art der Einseitigkeit der Gebirge auch von dem Autor der „Entstehung der Alpen“ noch als verfrüht betrachtet wurde. Es ist ja auch auf den ersten Blick nichts natürlicher, als dass jedes Gebirge seine besonderen Eigenthümlichkeiten nicht allein in der Natur des dasselbe zusammensetzenden Materiales, sondern auch in der Anordnung und dem Aufbau seiner Schichten besitzt. Es sei deshalb am Schluss dieser Betrachtung gestattet, auf einige Thatsachen hin- zuweisen, welche solche Eigenthümlichkeiten im Bau der Al- burskette im Gegensatz zu anderen Gebirgen begründen. Es ist bekannt, dass die Karpathenkette ihrer grössten Breite nach von einer Sandsteinzone gebildet wird, deren Glieder wir zum Theil der Kreide, zum Theil dem Eocän zuzählen müssen. In dieser Zone ist die Fallrichtung der Schichten zumeist eine nach Süden, be- züglich Südwesten gerichtete, das heisst, die Schichten fallen in diesem Falle derjenigen Seite des Gebirges zu, auf welcher sich die Reste der krystallinischen Axe, sowie die Zone der ungarischen Trachyte befinden, und welche Suess die Innenseite der Karpathen nennt. Allerdings findet, und ich bemerke das, um nicht missverstanden zu werden, gegen die durch ältere Gesteine repräsentirte Axe des Gebirges zu, zum Theil sogar schon gegen die sogenannte Hauptklippenlinie der Karpathen zu, vielfach ein Umwenden dieses Einfallens statt. In ähnlicher Weise wie für die Karpathen scheint in einem grossen Theil der Apenninen das Einfallen der Schichten nach SW. die Regel zu Sein. P.v. Tschichatscheff (Geognostische Schilderung des Monte Gargano, Neues Jahrb. von Leonh. und Br. 1841, p. 57) gab an, dass das Streichen der Apenninen im Durchschnitt in Stunde 8—9 statt- finde, das Fallen nach SW. gerichtet sei. „Ja sogar die Palermitanische Gebirgskette, die Sieilien durchschneidet, behält genau dasselbe Strei- chungsverhältniss, aber auch der Gargano bietet ein diesem sehr nahes Streichungsverhältniss und das Fallen ist vorherrschend ebenfalls nach Südwest.“ ') Für die Apenninen aber nimmt Suess, wie bekannt, die Seite, auf welcher sich das Albaner-Gebirge und der Vesuv befinden, als Innenseite des Gebirges an. Nun aber haben wir gesehen, dass nördliches Schichtenfallen im Alburs die Regel ist, während doch die Trachytzüge der Salzwüste und Chorassams sich im Süden dieses Gebirges befinden. Hier haben wir gleich einen fundamentalen Unterschied im Bau der verglichenen Ge- !) Nach Zittel allerdings würden in den toskanischen Apenninen mehr regelmässige Gewölbe vorhanden sein. Be [51] Bemerkungen über die Tektonik des Albursgebirges in Persien. 425 birge. In ähnlicher Weise wie im Alburs gilt auch im Kaukasus wenig- stens nach den Resultaten E. Favre’s (recherches geol. dans la partie centrale du Caucase, Genf 1875), die ich für die Gegend zwischen Tiflis und dem Kasbek nur bestätigen kann, das Gesetz des nördlich gerichteten Schichteneinfalls und auch für den Kaukasus nimmt man grosse Bruchlinien auf der Südseite der Kette an, welche also die Innenseite dieses Gebirges markiren. Während nun aber die Reste einer Zone altkrystallinischer Fels- arten in den Karpathen, als welche man z. B. die Granite der Tatra und das krystallinische Massiv der Bukowina betrachten kann, sich auf der Seite des grossen karpathischen Bruchrandes, auf der Innenseite der Karpathen befinden, während ferner in den krystallinischen Ge- steinen Calabriens, in gewissen alten Gesteinen der Ponza-Inseln, welche nach den Darlegungen Doelter’s einer älteren Zone anzu- gehören scheinen, die sich, grösstentheils vom Meere bedeckt, bis in die Gegend von Genua hinzieht, die Reste einer seitlich gestellten alten Axe der Apenninen gegeben scheinen, einer Axe, die sich ebenfalls auf der Innenseite dieser Kette befindet, so haben wir im Alburs die Frag- mente einer altkrystallinischen Gesteinszone im Norden auf der von den Bruchlinien im Süden abgewendeten Seite, das ist auf der Aussen- seite des Gebirges zu suchen, Ebenso zeichnet sich die Nordflanke des Kaukasus durch das Auftreten altkrystallinischer Gesteine aus, und nur an einer Stelle, in dem eigenthümlichen Querriegel der meskischen Berge nämlich, die man auf dem Wege von Poti nach Tiflis über- schreitet, kommen solche Gesteine auch auf der Südseite des Gebirges zum Vorschein. | Wollte man sich die von Suess in der „Entstehung der Alpen“ vertretene Anschauungsweise vollständig aneignen, oder doch für den gegebenen Fall zurechtlegen, dann könnte man vielleicht die Vermu- thung hegen, dass in jenen altkrystallinischen Gesteinszonen auf der Nordseite des Kaukasus und des Alburs eine Analogie für die alten krystallinischen Massive auf der Nordseite der Alpen gegeben sei, wie Böhmen ein solches ist, und wie sie die Aufstauung der bewegten Gebirgsmasse der Alpen bewirkt haben solien. Diese Vermuthung wird man jedoch fallen lassen, wenn man sich überzeugt, dass die betref- fenden Gesteinszonen im Kaukasus und im Alburs den allgemeinen Linien der Gebirgserhebung durchaus untergeordnet sind und dass ihnen eine selbstständige Stellung ausserhalb der Zone der durch diese Ketten repräsentirten Gebirgsaufrichtung nicht zukommt. Statt eines alten Festlandes, an dem er sich hätte stauen können, hat der Alburs im Norden das caspische Meer vor sich. Nach K. v. Baer (Kaspische Studien, 8. Bull. de la class. phys.- mathem. de l’academie imp. de St. Petersb., t. 15, p. 199) kann man im Centrum des Bogens, welchen das Albursgebirge von seinem An- fange aus der Moghanischen Steppe bis Asterabad bildet, die tiefste Stelle des Kessels der Südhälfte des caspischen Meeres erwarten. Die Tiefe dieses Meeres nimmt nach diesem Autor am raschesten in der Nähe der Südküste zu. „Auf Kosten der Nachbarschaft scheinen die Berge sich gehoben zu haben.“ Da haben wir vom Standpunkte der 426 Dr. E. Tietze. [52] Suess’schen Theorie aus eine Schwierigkeit vor uns, die sich nicht so schnell wird beseitigen lassen. Wenn aus den vorangegangenen Ausführungen sich gewisse Aehn- lichkeiten im Bau des Kaukasus mit dem Bau der Alburskette zu ergeben schienen, wie sie namentlich in der nördlichen Fallrichtung der Schichten, in der Art des örtlichen Auftretens altkrystallinischer Bildungen und in der Art des Auftretens der grossen Eruptivkegel auf der nördlichen Seite der Wasserscheiden in diesen Ketten begründet erscheinen, so darf die Bedeutung einer wesentlichen Differenz im Bau beider Gebirge nicht unterschätzt werden, welche darin gefunden werden muss, dass im Alburszuge, oder wenigstens in dessen westlichem Theile das Nordfallen der Schichten im Ganzen in der Weise statt- findet, dass in einem gegebenen Profilstück die jüngeren Schichten nördlich der älteren auftreten, wie dies als regelmässig erwartet werden kann, während die Schichtenfolge im Kaukasus oder wenigstens in dessen mittleren Theilen eine überkippte ist. Man beobachtet z. B. längs der Strasse vom Tiflis nach Wladi- kawkas diese überkippte Schichtenstellung, so dass trotz des Nord- fallens der Schichten die älteren Schichten stets nach Norden zu auf- treten. Erst weit unterhalb der auf der Nordseite des Gebirges gelegenen Station Kasbek wird die altkrystallinische Gesteinszone angetroffen. Bei der Station Kasbek treten aber auf beiden Seiten des Terekthales dunkle Schiefer (z. Th. prächtige Dachschiefer) in theilweiser Verbindung mit quarzitischen und grünen felsitischen Gesteinen auf, welche sich zwischen die krystallinischen Gesteine und die jüngere im Aragvathale zu beob- achtende Schichtenreihe einschalten. Hier ist der Punkt, wo der Wechsel des Einfallens stattfindet. Von dem zerfallenen grusinischen Kloster, welches sich auf einer Anhöhe der linken Terekseite befindet, geniesst man nicht allein einen grossartigen Blick auf den Riesendom des Berges Kasbek, sondern übersieht auch sehr gut die Schichtenstellung des auf der rechten Thalseite gelegenen Berges Kuru, welcher aus den ge- nannten dunklen Schiefern besteht, die von Favre der paläozoischen Formation zugetheilt werden. Diese Schichtenstellung ist eine deutlich fächerförmige, in der Art, dass die südlicheren Partien des Berges noch nördliches Einfallen besitzen, welches allmälig immer steiler wird, etwa in der Mitte des Berges dort, wo eine grosse mit Gesteinstrüm- mern und durch Schuttfelder bezeichnete Schlucht herabkommt, sich vertical stellt, bis dann die nördlichen Theile des Berges bereits ein südliches Einfallen zeigen. Der östliche Alburs verhält sich merkwürdiger Weise, wenigstens soweit ich nach einem zwischen Asterabad und Schahrud gemachten Durchschnitte darüber urtheilen kann, in Bezug auf die soeben behan- delte Frage dem Kaukasus, wie wir ihn auf der Strasse von Tiflis nacn Wladikawkas kennen lernten, ähnlicher als dem westlichen Alburs, wie er sich auf den Durchschnitten des Talar, des Heras und des Tschalus studiren lässt. Hier spielen ebenfalls Ueberkippungen eine Rolle. Es wäre demnach ein Irrthum, aus der im Alburszuge herr- schenden Einseitigkeit des Fallens der Schichten auf eine Gleichartig- keit der tektonischen Störungen in allen Theilen des Gebirges zu schliessen. [53] Bemerkungen über die Tektonik des Albursgebirges ın Persien. 497 An dem nördlich des Weges zwischen Deh i Mullah und Schah- rud sich erhebenden Berge Tapal sieht man die Schichten der juras- sischen kohlenführenden Formation unter die paläozoischen Kalke und Schiefer einfallen. In dem nördlich vom Tapal sich parallel demselben erstreckenden Hochthale, der sogenannten Sahra i Mudschen (Wüste von Mudschen) ist eine Verwerfung verborgen, denn nördlich davon in der, Umgebung von Tasch wiederholt sich das Auftreten der kohlen- führenden Formation, welche dort deutlich nach Nordosten unter die paläozoische, daselbst mit älteren Eruptivgesteinen verbundene, überall versteinerungsführende Schichtenreihe einfällt und ihrerseits von jüngeren Gesteinsgliedern, die ich vorläufig noch zum Jura rechne, und denen das Schwefelvorkommen östlich von Tasch angehört, scheinbar unterteuft wird. Weiter gegen Asterabad zu treten dann nur mehr paläozoische und noch ältere Gesteine auf, deren Schichtenstellung häufig eine verticale ist. Auch landschaftlich, und das hängt wohl mit der Tektonik des Gebirges zusammen, weicht der Nordrand des Alburs bei Asterabad im Aussehen von dem Nordrande desselben Gebirges bei Rescht, Amol oder Sari ziemlich ab, denn während gegen das Mündungsgebiet des Sefidrud, des Tschalus, des Heras und des Talar zu im Allgemeinen der Abfall des Gebirges ein sanfterer ist und durch eine Zone nie- driger Vorberge und Hügel vermittelt erscheint, steigt der Alburs bei -Asterabad viel plötzlicher und steiler in die Höhe. Dieses östliche Stück der Alburskette erscheint demnach sowohl im Norden als im Süden (bei Deh i Mullah und Schahrud) von Bruchlinien begrenzt. Eigenthümlich, obschon wohl zufällig ist es, dass einige Breiten- grade nördlich der hier besprochenen Gegend, aber ungefähr in dem- selben Meridian in demjenigen Gebirge des westlichen Turkestan, wel- ches in der Fortsetzung der Erhebungslinie des Kaukasus liegt, ein Wechsel der Tektonik stattfindet, der Art, dass der westliche Theil desselben im entgegengesetzten Sinne einseitig ist, als der östliche, . wie ich kürzlich (Ueber einen kurzen Ausflug nach Krasnowodsk, Jahrb. der k. k. geol. R.-A. 1877, p. 6) hervorgehoben habe. Doch dies sei nur im Vorübergehen berührt. Leider fehlen mir alle Anhaltspunkte, um zu beurtheilen, wie sich die diesbezüglichen Verhältnisse noch weiter östlich im Alburs und im Paropamisos herausstellen. Erst im nördlichen Indien stehen wir wieder auf bekannterem Boden. Als Oldham in einer Sitzung der geologischen Reichsanstalt (Verh. 1873, p. 168) die geologische Karte der Salt Range im Pend- schab vorlegte, stellte er dies Gebirge als eine etwas entfernte Vor- stufe des Himalaya dar, das sich nach Norden allmälig verflache, nach Süden jedoch steil und plötzlich abfalle. Im Himalaya findet bis zur ersten (südlichen) altkrystallinischen Zone, wie bekannt, das Einfallen der Schichten vorherrschend nach Norden, bezüglich Nordosten statt. Der Steilabfall nach Süden scheint bei diesem Gebirge selbst dem Nichtgeologen auffällig zu sein. So bemerkt Andrew Wilson in seinem hübsch geschriebenen Buche (the abode of snow, observations on a journey from Chinese Tibet to 425 Dr. E. Tietze. 154] the indian Caucasus, Edinbourgh and London 1875, p. 282), dass der Himalaya, indem er die tibetanische und andere Hochebenen Central-Asiens begrenze, gewöhnlich steil nach der indischen Seite zu und nach Norden mehr stufenweise abfalle. | Wollte man hier eine Analogie mit gewissen Verhältnissen in einem Theil der Alburskette erblicken, die noch dadurch verstärkt würde, dass, wie auch schon betont wurde, der Alburs ähnlich dem Himalaya einen nach Norden ausgeschweiften Bogen bildet, so darf doch wieder der bedeutsame Umstand nicht ausser Acht gelassen wer- den, dass die grosse Bodenanschwellung des persischen Hochlandes sich südlich vom Alburszuge, die Bodenerhebung des tibetanischen Hochlandes dagegen sich nördlich vom Himalaya befindet. F.-v. Hochstetter (Asien, seine Zukunftsbahnen und seine Kohlenschätze, Wien 1876, p. 23 und 24) entwirft in grossen Zügen eine Skizze des Verhältnisses der grossen Gebirgsketten Asiens zu den von ihnen eingeralımten Hochländern und Wüstenbecken. Danach wäre Persien in gewissem Sinne als Wiederholung des Hochlandes von Tibet aufzufassen. Das südliche Bollwerk des tibetanischen Hochlandes, die Himalayakette setzt sich nach dieser Auffassung in den Gebirgsketten von Kohistan und Kafıristan fort, bis es jenseits des Kabul-Flusses im Sefid Kuh bei Dschelalabad wieder erscheint und dann auch die hohe Suliman-Kette, sodann auch das östliche Grenzgebirgevon Afghanistan und Beludschistan bildet, um jenseits der Bolan- und Gandawa-Pässe in die Ketten auszulaufen, welche den indischen Ocean und den persi- schen Golf begrenzen und in den Zagrosketten und Kurdistan’schen Gebirgen bis Armenien sich hinziehen. Diejenigen Gebirgszüge aber, welche im Norden der tibetanischen Bodenerhebung sich erstrecken, wie Kwen-lun und Karakorum, finden nach Hochstetter’s Auffas- sung ihre westliche Fortsetzung im Hindukusch und Kuhibaba und so ihre Verbindung mit dem Paropamisos und dem Alburs. Von dem grossen Gebirgsknoten Armeniens treten dann diese Ketten noch ein- mal nach Westen auseinander, um das kleinasiatische Hochland als nordanatolisches Küstengebirge im Norden und als Taurus im Süden zu umgeben, so dass Klein-Asien zu einer neuen Wiederholung der in Tibet unter grossartigeren Verhältnissen zum Ausdruck gelangten geo- graphischen Anlage wird. Unser Alburs erscheint demnach im Sipne Hochstetter’s als die Fortsetzung nicht des Himalaya, sondern des Kwen-lun oder des Karakorum, und dies dürfte vom rein geographischen Standpunkte aus auch durchaus berechtigt sein. Allein geologisch betrachtet darf der Umstand nicht unberücksichtigt bleiben, dass im Alburs ähnlich wie im Himalaya noch Schichten tertiären Alters an der Gebirgserhebung theilnehmen, während doch nach den bei einer früheren Gelegenheit bereits eitirten Untersuchungen Stoliczka’s Karakorum und Kwen-lun ausschliesslich aus Gesteinen viel älterer Epochen zu bestehen scheinen. Wohin wir also auch blicken mögen, überall zeigen sich im Auf- bau der grossen Gebirgsketten so viele, ich möchte sagen, individuelle Figenthümlichkeiten derselben und demgemäss so principielle Verschie- denheiten dieser Ketten untereinander, dass wir leider von allgemein eiltigen Gesetzen der Tektonik bis jetzt kaum sprechen können. [55] Bemerkungen über die Tektonik des Albursgebirges in Persien. 429 Aber es ist schon ein Erfolg, nach einzelnen Richtungen hin Beziehungen zu ermitteln, durch deren Combination man einst bei erweiterter Kenntniss in den Stand gesetzt sein wird, das Feld blosser Hypothese mehr und mehr einzuengen. Gerade in diesem Sinne werden die geistvollen Anregungen, die wir Männern wie Suess, Richt- hofen verdanken, dazu beitragen, die Forschung anzuspornen und ein Problem der Lösung entgegen zu führen, welches zu den wichtigsten gehört, mit denen sich die moderne Geologie befassen kann, das Problem der Ursachen der Gebirgsaufrichtung. Wenn man, wie in unserem Falle, ein local begrenztes und dazu noch mangelhaft bekanntes Gebiet bespricht, so kann nicht die Ab- sicht vorliegen, ein derartiges Problem in universeller Weise zu dis- cutiren, es können nur nach Massgabe der Kenntnisse, die man über dieses Gebiet besitzt, die Punkte betont werden, welche dieses Problem berühren. Es können manche Fragen nicht beantwortet, sondern nur angeregt werden, und insofern das Aufstellen von Fragen späteren Reisenden in einem solchen Gebiete die Orientirung erleichtern kann, insofern habe ich es nicht für überflüssig gehalten, die vorstehenden Bemerkungen schon jetzt dem Druck zu übergeben. Inhalts - Uebersicht. Seite Einleitung. Definition des Albursgebirges - »- »- » «ve. een. 1— 3 Allgemeines orographisches Verhalten des Gebirges : » » er... 3—5 Geringe Zahl von Gebirgs-Seen im Alburs, Beschreibung der Seen von Taar 5— 8 Kurze Uebersicht der Formationen, die an der Zusammensetzung des Alburs INheilen chmennre 12 2 Ne ee ern n ehaine 8—-11 Räumliche Vertheilung dieser Formationen in der Kette » » » : . .- 11—18 Fehlen einer fortlaufenden Axe altkrystallinischer Gesteine. Aufzählung der Punkte, an welchen solche Gesteine bekannt sind - - - * v ..- 11—15 Verbreitung des alten rothen Sandsteins u. paläozoischer Kalke u. Schiefer. Allgemeine Verbreitung Kohlen führender unterjurassischer Gesteine 15 Unregelmässigkeiten in der Verbreitung der wahrscheinlichen ASQUITRLEBIR der Trias und der Gesteine der Melaphyr-Gruppe -»- » » = + + 15—16 Mangelnder Nachweis der unteren Kreide - » » - «ee. . nen. 16 Merbreitung des Tertiär =" = ‚=... 1.00, m a al nee nee en 17—18 Der Alburs ist das Resultat einer Erdrinden-Bewegung, deren Spuren sich schon seit der mesozoischen Zeit erkennen lassen » » ..- 19 Schichtenstellungen und Streichungslinien. Ostwestliche Richtungen - - - 20 Die Kammrichtungen fallen nicht immer mit dem Schichtstreichen zusammen 20—23 Störungen in meridianer Richtung - - » - » nennen 23 —24 Frage nach dem relativen Alter der verschiedenen Richtungen der Gebirgs- störung ES a mel l gab he edel Ye keihninheie, ev se, 04 ‚unter Aai lefahe ee 235 Fallrichtung der Schichten nach Norden und Verwerfungen : +» . 26 Ausnahmen von der nördlichen Fallrichtung - » rer... 27—30 Fächerförmige Schichtstellung und horizontale Faltung -» »- +» .. 30 Schichtenstreichen und Fallen in anderen persischen Gebirgen - » » * + - 31—36 Gesetzmässigkeit in der Anordnung der Gebirge - - » ve... 36 Beziehung des Alburs zu v. Richthofen’s Altai-Syttem - » 37 Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt. 1877. 27. Band. 4. Heft. (Dr. E. Tietze.) 56 430 Dr. E. Tietze. Art des Zusammenhangs der Gebirgsbildung mit vulcanischen Erscheinungen Theorie von der Einseitigkeit der Gebirge - - » » «re... Der Siakuh als Beispiel solcher Einseitigkeit - »- » +»: +...“ Jüngere Eruptivgesteine südlich vom Alburs - - » » ee... Der Demavend steht auf der Nordseite des Alburs » »- » » +... .. Geringe Kenntniss von den seismischen Erscheinungen im Gebiete des Alburs Andeutung einer Horizontal-Verschiebung im Meridian des Demavend - - Stellung des Demavend in der Interferenz- eo verschiedener Kammrich- tungen eh Ba RE Ye a TE RN Er ee REN Geringe Da der ea Erupdnen für die Aufrichtung der nordpersischen Gebirge ; jr - 2 = Smrun . Eigenthümlichkeiten im Bau des Alburs im Gegensatz zu ie Bebiezen Unmöglichkeit, schon jetzt Ann giltige Gesetze der Gebirgs- A tung aufzufinden » » » een Schlusszziir = fee Deere led a ae et a FRUST > [56] Seite 38—39 33—39 40 41—42 42 44 45-——47 47 48—49 50—54 54 Ueber die Natur des karpathischen Flysches. Von K. M. Paul. Unter dem Titel „Ueber die Natur des Flysches“ veröffentlichte unser geschätzter Fachgenosse, Hr. Th. Fuchs, im LXXV. Bande der Sitzb. d. k. Akad. d. Wiss., 1. Abth., Jahrg. 1877, eine interessante Abhandlung, welche in dem Satze gipfelt, „dass der ganze Complex von charakteristischen Eigenthümlichkeiten, welchen die Flyschbildungen aufweisen, sich nur unter dem Gesichtspunkte vereinigen lassen, dass man den gesammten Flysch nicht für eine Detritusbil- dung, sondern für das Product eruptiver Vorgänge er- klärt, deren beiläufiges Analogon in der Jetztzeit die sog. Schlammvulcane darstellen.“ In Beziehung auf die im Verhältnisse zu der enormen Verbrei- tung der Flyschbildungen am Nordrande der Alpen und Karpathen räumlich ziemlich beschränkten Argille scagliose Italiens ist diese Anschauung nicht neu, sondern wurde bereits von einer Reihe italie- nischer Geologen ausgesprochen und, soviel mir bekannt ist, wenig angefochten. Neu ist jedoch die Verallgemeinerung dieser An- schauung auf den „gesammten Flysch“, eine Bezeichnung, unter welcher nach dem herrschenden Sprachgebrauche die Hauptmasse aller Bildungen der Wiener- und Karpathen-Sandsteinzone verstanden werden muss. Nur auf die östlichen Karpathen wünscht Hr. Fuchs (l.c. p.20) seine Theorie nicht auszudehnen; ich muss jedoch hier gleich be- merken, dass nach den Erfahrungen, die ich seit beiläufig 10 Jahren in der Karpathen-Sandsteinzone zu gewinnen Gelegenheit hatte, die Annahme eines derartigen tiefgehenden genetischen Unterschiedes zwischen Ost- und Westkarpathen mir nicht zulässig erscheint. Wohl ist in stratigraphischer Beziehung ein Unterschied insoferne zu erkennen, dass in den Westkarpathen Schlesiens die cretacischen, in den Mittelkarpathen Galiziens die eocänen, in den Ostkarpathen der Bukowina und Siebenbürgens wieder die älteren cretacischen Glieder der Karpathen-Sandsteinzone prävaliren, allein sie schliessen sich desshalb durchaus nicht vollkommen. aus, und was die petrogra- phische Entwicklung der einzelnen Glieder betrifft (auf welche es, Jahrbuchd.k. k. geol. Reichsanstalt. 1877.27.Band. 4. Heft. (K. M. Paul.) 56* 432 K.M. Paul. [2] wie ich glaube, für die vorliegende Frage in erster Linie ankommt), so sind die Modificationen, die sich zwischen den Bildungen des Nord- randes der Zone und denen des Südrandes erkennen lassen, viel merk- licher als diejenigen, welche sich ergeben, wenn man von West gegen Ost vorschreitet, ja in den meisten Fällen ist das einförmige Gleich- bleiben der petrographischen Erscheinungsform der einzelnen Glieder von Schlesien bis in die Bukowina geradezu auffallend. So bin ich beispielsweise in der Lage, Handstücke von den tieferen, Hieroglyphen- reichen Partieen der Karpathen-Sandsteine aus der Bukowina, aus Ungarn und aus Schlesien vorzuweisen, welche selbst ein sehr geübtes Auge nicht als von so entfernt liegenden Fundpunkten stammend er- kennen würde. Der Eocänsandstein Schlesiens (von Hohenegger „Gru- decker Sandstein“ genannt) zeigt in vollkommenster Uebereinstimmung die petrographischen Eigenschaften seines stratigraphischen Analogons, das wir in Ungarn „Magura-Sandstein“ genannt hatten, und das sich, dort den bedeutendsten Bergzug des Gebirges zusammensetzend, bis an die Czernahora in Ostgalizien erstreckt; die Fisch-führenden sog. Menilit- schiefer sind in vollkommen übereinstimmender Weise in Schlesien, in West- und Ostgalizien entwickelt und, wenn auch räumlich wenig aus- gedehnt, auch in der Bukowina noch zu finden etc. etc. Die Lagerungs-Verhältnisse endlich sind in der ostgalizischen Karpathen-Sandsteinzone, wie wir bereits in unseren „Studien in der Sandsteinzone der Karpathen“ (Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., 1877, 1.H.) betonten, ganz analog denjenigen der alpinen Wiener Sandsteinzone, wie sie in F. v. Hauer’s Geologie (p. 508) schematisch dargestellt sind, und auch in den zwischen diesen beiden Gebieten liegenden West- und Mittelkarpathen herrschen. Wir haben überall dieselben scharfen Knickungen und Biegungen, das wiederholte Auftreten schiefgestellter Sättel und Mulden, das Prävaliren des widersinnisch (gebirgswärts) gerichteten Einfallens etc. Es sind, kurz gesagt, in tektonischer ebenso wenig wie in stratigraphischer oder petrographischer Beziehung zwischen West- und Ostkarpathen derartige Unterschiede vorhanden, dass an irgend eine principielle Verschiedenheit in genetischer Bezie- hung gedacht, und etwa angenommen werden könnte, die Hauptmasse der westkarpathischen Sandsteinzone sei eruptiver, die der ostkar- pathischen dagegen sedimentärer Natur. Eine Theorie, welche, von rein localen Verhältnissen absehend, für die Hauptmasse der Flyschbildungen eines Theiles der Karpathen Giltigkeit haben soll, müsste daher wohl auf den anderen ebenfalls passen. Seit einer Reihe von Jahren beinahe ausschliesslich mit dem Stu- dium der Karpathen-Sandsteinzone beschäftigt, glaube ich wohl ver- pflichtet zu sein, eine Theorie nicht zu ignoriren, die, von einem allge- mein geachteten Gelehrten ausgehend, mein specielles Beobachtungs- gebiet tangirt. Ich will daher versuchen, die verschiedenen Gründe, welche Fuchs zu seiner Ansicht von der eruptiven Genesis der Flyschbil- dungen führten, an der Hand unserer positiven Beobachtungen in den Karpathen kurz zu beleuchten. [3] Ueber die Natur des karpathischen Flysches. 433 Hr. Fuchs gruppirt (l. c. p. 4) die Momente, welche ihm zu Gunsten seiner Auffassung zu sprechen scheinen, folgendermassen: 1) petrographische Beschaffenheit des Flysches, 2) seine Verbindung mit Eruptivgesteinen, 3) fremde Blöcke und Klippen, 4) sein Verhalten zu Fossilien, 5) Verbreitung und Lagerung. Dieselbe Reihenfolge will ich auch bei den folgenden kurzen Bemerkungen einhalten. I. Zunächst sind es die petrographischen Eigenschaften der Flyschgebilde, welche für eine eruptive Bildungsweise der- selben sprechen sollen; die Materialien der Flyschbildung sollen nach Fuchs ausschliesslich solche sein, wie sie noch heute aus Schlamm- vulcanen ergossen werden, die Mergeln ein von dem gewöhnlichen sedi- mentären Mergeln ganz verschiedenes Aussehen zeigen. Conglomerate und Geröll-Ablagerungen, sowie Kohlenflötze, sollen in denselben gänzlich fehlen etc. Das wären nun wohl allerdings sehr auffallende Eigenthümlich- keiten, wenn sie sich in der Natur wirklich vorfinden liessen; das ist aber mindestens in den Karpathen nicht der Fall. Um die durchaus wohlgeschichteten Sandsteine, Kalksandsteine und Schieferthone, welche, wie später des Näheren gezeigt werden soll, die überwiegende Hauptmasse der karpathischen Flyschzone con- stituiren, als petrographisch übereinstimmend mit den Eruptions-Pro- ducten von Schlammvulcanen oder anderen eruptiven Bildungs-Thätig- keiten bezeichnen zu können, müssten wohl etwas bessere Analogien vorliegen, als wir sie in den Karpathen beobachten können. Nach einer freundlichen Mittheilung meines Freundes, Herrn Dr. Tietze, welcher die Schlammvulcan-Gebiete am caspischen Meere, sowie die Siciliens aus eigener Anschauung kennt, ist das Hauptpro- duct der Schlammvulcane ein in der Regel sehr kieseliger Thonschlamm, aus welchem die flachrunden Kuppen dieser Pseudovulcane bestehen, und welcher keine Schichtung zeigt, namentlich dort nicht, wo, wie an der Maccaluba bei Girgenti, die eruptive Thätigkeit auf eine grosse Zahl kleiner, in Bezug auf den Ort ihres Hervortretens nicht con- stanter Quellen vertheilt ist. (Eine einzige grössere Bocca der Macca- luba scheint constant zu sein.) Wenn in Fällen stärkerer Eruption die Schlammströme grösser werden, und die Thätigkeit des Auswerfens derselben centralisirter ist, wie am Schlammvulcane von Mese Ser bei Baku, dann können einzelne Schlammströme späteren Datums von älteren unterschieden werden, ähnlich wie man an Abhängen echter Vulcane jüngere Lavaströme über älteren unterscheidet, aber von einem Systeme regelmässig auf weite Strecken über einander gelagerter Schichten ist dabei keine Rede. Dabei gleichen die jüngeren Schlamm- ströme den älteren ausserordentlich, und sind nur durch grössere Frische von diesen zu unterscheiden. Dieser aus unmittelbarer Anschauung geschöpften Darstellung entspricht nun wohl der äussere Habitus unserer wohlgeschichteten Karpathensandsteine so gut wie gar nicht; schon die grosse petrogra- phische Mannigfaltigkeit der einzelnen Glieder der karpathischen Flysch- zone von unten nach oben, von der ich später ein Beispiel geben will, obwohl deren in der neueren Karpathen-Literatur bereits zahlreiche 434 K. M. Paul. [4] vorliegen, schliesst jede petrographische Analogie des Gesammtcharak- ters aus. Wohl finden sich z. B. unter den Auswürflingen der Maccaluba bei Girgenti Stücke und Blöcke von Hieroglyphen führenden, petrogra- phisch wirklich als Flysch zu bezeichnenden Sandsteinen (Herr Dr. E. Tietze theilte mir die bezüglichen Stücke freundlichst zur Ansicht mit), und unter denen des Schlammvulcans Mese Ser bei Baku fein- blätterige Dysodilschiefer, welche den Fischschiefern der galizischen Sandsteinzone gleichen und in der Nähe von Baku nicht anstehend bekannt, sondern sicher mit dem Schlamme ausgeworfen sind; diese Gesteine gehören jedoch zweifellos Schichten der Tiefe an, welche den Schlammvulcanen gegenüber praeexistirend sind und von welchen auf rein mechanischem Wege einzelne Brocken bei dem Hervorbrechen der Schlammmassen abgerissen und an die Oberfläche gebracht wurden. Diese Flyschgesteine können mit dem eigentlichen Eruptions-Materiale der Schlammvulcane ebenso wenig identificirt werden, als irgend ein Einschluss eines älteren Gesteins in einem jüngeren Eruptivgesteine mit diesem letzteren. Sie beweisen gerade im Gegentheile die voll- ständige Verschiedenheit der beiden Bildungen. In ähnlicher Weise scheint auch Abich (Geologie der Halbinsel Kertsch und Taman mem. Ac., Petersburg 1860) über die Auswürf- linge der Schlammvulcane am Eingange des Azow’schen Meeres zu denken. Als besonders analog mit den Eruptionsproducten der Schlamm- vulkane erscheinen Fuchs die den Flyschbildungen angehörigen Mergel- bänke, von denen er (l. c. p. 21) bemerkt, „sie bilden entweder dickere Bänke, welche senkrecht auf ihre Schichtungsfläche von unzäh- ligen feinen Rissen und Spalten durchsetzt sind (Albarese, Ruinen- marmor), oder aber sie sind mehr schieferig und zerfallen dann in lauter kleine eckige Bruchstückchen (Argille scagliose).“ Was die letztere schieferige Ausbildungsweise der Flyschmergel betrifft, so braucht man nur die von Fuchs selbst (p. 3 Anm.) von den echten Argille scagliose gegebene Schilderung zu vergleichen mit den stets wohlgeschichteten, plattigen, meistens in Scheiben spaltbaren, als echte Schieferthone zu bezeichnenden Mergelschiefern, wie sie in allen Etagen der Karpathensandsteine und auch im Wiener Sandsteine bei Sievering etc. auftreten, um einzusehen, dass mindestens von, einer sehr auffallenden petrographischen Analogie hier doch nicht wohl ge- sprochen werden kann. Sind schon einzelne Handstücke oft Schiefer- thonen der verschiedensten, den Flyschbildungen ganz fern stehenden Formationen vollkommen gleich, so liegt namentlich in der regelmäs- sigen Alternirung mit Sandsteinbänken und der stets ausgesprochenen regulären Schichtung ein ganz entschiedener Unterschied gegen die nach Fuchs selbst vorwiegend ungeschichteten „riesigen Schlamm- massen“ gleichenden Argille scagliose. Was die andere Ausbildungsform der Flyschmergel (als Ruinen- marmor, hydraulische Mergel, Albarese etc.) betrifft, so treten zwar echte Ruinenmarmore in den Karpathen beinahe gar nicht auf, wohl aber, und zwar in mehreren Niveau’s hydraulische Mergel, die jenen petrographisch ziemlich nahe stehen. x & [5] Ueber die Natur des karpathischen Flysches. 435 Ein Vergleich dieser Gesteine mit einer Probe des Eruptions- Materiales des Schlammvulcans Mese Ser, das mir Hr. Dr.‘Tietze freundlichst zur Ansicht mittheilte, zeigte mir schon äusserlich keine besonders auffallende Aehnlichkeit. Noch verschiedener als das Aeus- sere erwies sich aber die chemische Zusammensetzung dieser Bildungen. Hr. C. John war so gefällig, eine Untersuchung des Gesteines des Mese Ser, eines Ruinenmarmors aus dem Wiener Walde, eines hydraulischen Fucoiden-Mergels aus der Bukowina und mehrerer Sand- steine im chemischen Laboratorium der k. k. geologischen Reichsanstalt durchzuführen. Ich füge hier die Notizen bei, die mir Hr. John über diese Gegenstände freundlichst mittheilte. „Die chemische Zusammensetzung der mir übergebenen Mergel stimmt jeden- falls besser überein mit der des Tiefseeschlammes aus nicht zu grosser Tiefe, als mit der der Schlammvulcan-Laven, so weit dieselbe bis jetzt bekannt ist. Leider liegen bis jetzt nur sehr wenig Analysen von Schlammvulcan-Laven vor, so dass es schwer ist, schon jetzt einen bestimmten Schluss aus denselben zu ziehen, umsomehr als die chemische Zusammensetzung dieser Liaven jedenfalls abhängig ist von der Beschaffenheit der Umgebung. Die einzige vollständige, mir bekannte Analyse ist die von Abich, welche in dem Aufsatz über die Insel Kumani') enthalten ist. Eine zweite Analyse nahm ich selbst an der Schlammlava von Mese Ser (bei Baku) vor, welche mir von Hrn. Dr. Tietze freundlichst überlassen wurde. (Auf der Abich’schen Karte heisst dieser Schlammvulkan Sygylpyriy.) Diese beiden Analysen stimmen wohlnicht genau überein, zeigen aber doch so weit eine Uebereinstimmung, dass man wohl einige Schlüsse aus denselben ziehen darf. Der Kieselsäuregehalt, resp. der in Salzsäure unlösliche Theil dieser Laven ist in beiden Fällen ein unverhältnissmässig grösserer als der der untersuchten Mergel, und als der der Mergel überhaupt. Was die Aehnlichkeit der Zusammensetzung der Mergel mit Tiefseeschlamm aus einer Tiefe, die 2500 Faden nicht übertrifft, anlangt, so ist dieselbe eine weit grössere. Wenn die chemische Beschaffenheit solcher Tiefseeschlamme auch eine sehr wechselnde und verschiedene ist, so ist doch der Gehalt an kohlensaurem Kalke in allen Fällen ein sehr bedeutender. Was die chemische Zusammensetzung der Sandsteine anbelangt, so ist die- selbe im ganzen Grossen eine den Schlammlaven ziemlich ähnliche. Die folgenden Analysen sollen diese Verhältnisse illustriren: Tiefseeschlamm-Analysen. J. Pierre?) gibt zahlreiche Analysen von Tiefseeschlamm von französischen Küsten. Nach seinen Untersuchungen enthalten dieselben 23:0—53'3 Proc. kohlen- sauren Kalk. J. Hunter°) und Mahony*) geben Analysen von Tiefseeschlamm von Wor- thing (2435 Faden tief). Nach diesen Untersuchungen beträgt die Menge von kohlensaurem Kalk nach den Untersuchungen Hunter’s 61'34 Proc. neben 23'36 Proc. Kieselsäure, nach der Mahony’s 58:80 Proc. kohlensauren Kalk neben 26°60 Proc. Kieselsäure. J. Th. Herapath’) gibt die Untersuchung von Meerschlamm von Ilfracombe und von sog. Corallines (Meerschlamm an der Küste Englands, der zu agrieultur-chemischen Zwecken verwendet wird). Ersterer enthält 4744 Proc. kohlensauren Kalk neben 18:76 Proc. Sand und Kieselsäure, letzterer 8426 Proc. kohlensauren Kalk und 2°4 Proc. Sand und Kieselsäure. 1) Ueber eine im caspischen Meere erschienene Insel, nebst Beiträgen zur Kenntniss der Schlammvulcane der caspischen Region von H. Abich (Memoires de V’academie de sciences de St. Petersbourg, serie VII, tome VII). 2) J. Pierre, Comptes rend. 34, 107. ®) J. Hunter, Chem. soc. VIII. 144. *) Mahony, Chem. News. 23, 25. 5) Annalen der Chemie und Pharmacie LXI, 192. 436 K.M. Paul. [6] Gümbel!) untersuchte den Tiefseeschlamm des atlantischen Oceans unter 29° 26' 54‘ nördlicher Breite und 18° 19‘ 48° westlicher Länge, von einer Tiefe von 2350 Faden. 10 Procent bestehen aus Foraminiferen und grösseren Orga- nismen, 1'3 Proc. bestehen aus Quarz, Glimmer, Magneteisen etc. Der Rest (88:7 Proc.) enthält 59'65 Proc. kohlensauren Kalk, 29:9 Proc. Kieselsäure, 1'44 Proc. kohlensaure Magnesia, dann etwas Phosphorsäure, organische Substanz ete.“ Nach den neuesten chemischen Untersuchungen, die von J.S. Brazier?) an aus verschiedenen Meerestiefen stammenden, durch die Challengerexpedition im atlantischen Ozean gesammelten, Tiefseeschlammproben vorgenommen wurden, ergibt sich, dass bei einer Tiefe von 2500 Faden unter der Meeresoberfläche der Gehalt an Kohlensaurem Kalk bedeutend abzunehmen beginnt und bei 2700-3000 Faden nur mehr 3—4°/, beträgt. Der Tiefseeschlamm besteht dann vorwaltend aus einem Silikat von Thonerde und Eisenoxyd. Ruinenmarmor von Klosterneuburg. 8:35 Proc. Kieselsäure 140 ,„ Thonerde + Spur Eisen 10:54 Proc. in Salzsäure 056 „ Kalk unlöslicher Theil. 023 „ Magnesia 8071 ,„ Kohlensaurer Kalk 085 ,„ Kohlensaure Magnesia | 445 „ Eisenoxyd In Salzsäure löslicher Theil, 245 ,„ Thonerde 0:54 „ Kieselsäure 99:54 Mergel von Suczavitza (Bukowina). 17:85 Proc. Kieselsäure 435 „ Thonerde + Spur Eisen 23:02 Proc. in Salzsäure 054 ,,„' Kalk unlöslicher Theil. 028 ,„ Magnesia 6835 ,„ Kohlensaurer Kalk 190 ,„ Kohlensaure Magnesia | 240 ,„ Eisenoxyd In Salzsäure löslicher Theil. 290 „ Thonerde 0:65 „ Kieselsäure 99-22 Sandstein von Hütteldorf. 62'05 Proc. Kieselsäure | a 2 en 7274 Proc. in Salzsäure 094. Balk M unlöslicher Theil. » 015 ,„ Magnesia 1143 „ Kohlensaurer Kalk 0:98 ,„ Kohlensaure Magnesia 390 „ Thonerde 467 „ Eisenoxyd 103 ,„ Kieselsäure 423 „ Wasser Sandstein von Niedeck (Strzolka). 6890 Proc. Kieselsäure 478 ,„ Thonerde 75'02 Proc. in Salzsäure 032 „ Eisenoxyd unlöslicher Theil. 054 „ Kalk 038 ,„ Magnesia 1721 „ Kohlensaurer Kalk 065 „ Kohlensaure Magnesia 121 ,„ Thonerde 520 „ Eisenoxyd ') Gümbel, Neues Jahrbuch für Mineralogie 1870, p. 753. °) Voyage of the Challenger. The Atlantic. Vol. II. Appendix A. pag. 369. BT. er an. * S . 17] Ueber die Natur des karpathischen Flysches. » Schlammvulcan-Lava von Mese Ser bei Baku. 437 Derselbe enthält nur Spuren von mit Wasser auslaugbaren Substanzen, die Chloride und Sulphate sind. 8190 Proc. In Salzsäure unlöslicher Theil (ein Theil jedenfalls als Eisen- 5:75 2:55 5:23 1:04 3:53 Der in oxydul au CO, gebunden). Eisenoxyd Thouerde Kohlensaurer Kalk Kohlensaure Magnesia Alkalien, Verlust, Kohlensäure an Eisenoxydul gebunden, Spuren von Chloriden und Sulphaten. 86:25 Proc. Kieselsäure 8:50 2:60 0:60 0'35 170 ” ” ” ” Thonerde Eisenoxyd Kalk Magnesia Alkalien, ‘Verlust. Bauschanalyse des Schlammvulcanes von Mese Ser. 70:64 Proc. Kieselsäure 696 2:13 0:49 0:29 1:39 5:75 2:55 523 104 3:53 53:26 633 0:24 0:10 12:93 4:63 0:14 679 3:48 2:03 3'42 Thonerde | eg | 8190 Proc. in Salzsäure Magnesia [ unlöslicher Theil. Alkalien und Verlust bei der Analyse des unlösl. Theiles. Eisenoxyd Thonerde Kohlensaurer Kalk Kohlensaure Magnesia Verlust, Alkalien etc. Schlammvulcan-Lava von Kumani (Abich). Proc. Kieselsäure Kohlensäure Schwefelsäure Chlor Thonerde Eisenoxydul Manganoxydul Kalk Magnesia Kali Natron u. 460 Wasser und CH. Der im HCl unlösliche Bestandtheil besteht aus: _ 7772 Proc. Kieselsäure 14:03 172 2:55 395 » » ” n Thonerde Eisenoxyd Kali Natron. Jahrbuch d. k. k, geol. Reichsanstalt. 1877. 27. Band. 4. Heft. (K. M. Paul.) 57 Salzsäure unlösliche Theil hat folgende chemische Zusammensetzung : 438 K. M. Paul. [8] Ob sich aus diesen chemischen Aehnlichkeiten und Verschiedenheiten der an- geführten Gesteine ein bestimmter Schluss auf die Entstehung derselben führen lässt, mögen hiezu berufene Geologen entscheiden. Jedenfalls wäre es höchst wün- schenswerth, wenn möglichst viele Schlammlaven von verschiedenen Orten chemisch untersucht würden, um dann bestimmtere Schlüsse auf die Genesis dieser Gesteine vom chemischen Standpunkt aus machen zu können. (€. John.) Die senkrecht auf die Schichtungsflächen stehenden feinen Risse sind Spalten, durch welche die Mergel durchsetzt sind, das Zerfallen anderer in kleine eckige Bruchstückchen erklärt Fuchs als Contrac- tions-Erscheinungen beim Uebergange aus dem breiartigen in den festen Zustand. Wollte man nun auch die Richtigkeit dieser an sich nicht erwiesenen Erklärung zugeben, so scheint sie mir doch kein be- weiskräftiges Argument für die Annahme einer eruptiven Genesis der fraglichen Gesteine zu bilden. Auch sedimentäre Bildungen haben sich ja, bevor sie aus dem Meeres- oder Süsswasserschlamm zu festem Stein erhärteten, in einem weicheren Zustande befunden, und mussten ein solches Uebergangsstadium durchmachen, bei welchem Contractions- Erscheinungen eintreten konnten. Im Allgemeinen möchte ich aber der Betrachtung der rein petro- graphischen Verhältnisse keine allzu weitgehende Bedeutung beilegen. Petrographische Aehnlichkeiten sind immer sehr bedenkliche Behelfe bei geologischen Identificirungen. Wo sie aber an sich so gering sind, wie im vorliegenden Falle, sollten sie besser ganz bei Seite gelassen werden. Gehen wir nun an die Betrachtung der weiteren Argumente. Nach der Ansicht Fuchs’ sollen in den Flyschbildungen keine Geröll- Ablagerungen und Conglomerate vorkommen (l. ec. p. 5 und 21). Um zu untersuchen, inwieferne diese Ansicht in Beziehung auf die kar- pathische Flyschzone richtig sei, wollen wir einen Durchschnitt durch die Sandsteinzone der Westkarpathen (wie oben bemerkt, will Fuchs nur die Ostkarpathen ausgeschlossen wissen) von dem Nord- rande derselben in Schlesien bis an die südliche Klippenlinie im Treu- eziner-Comitate Ungarns betrachten. ') Vom Nordrande der Zone ausgehend, befinden wir uns zunächst im Gebiete der Teschner Neocomien - Bildungen. Zuoberst liegen Hohenegger’s?) „untere Teschner Schiefer“, wohl jedem Geologen, der die Gegend einmal besuchte, vom Teschner Schlossberge bekannt. Es sind sandig-thonige, zuweilen kalkige Mergelschiefer ohne Conglo- merat-Lagen (auf die Petrefaktenführung aller hier in Erwähnung kommenden Schichten will ich jetzt nicht eingehen, da ich später auf den Gegenstand zurückkomme). Darüber folgen die „Teschner Kalke*, die als ganz abweichende Bildungen hier ausser Betracht kommen. Ueber diesen gelangen wir an die „oberen Teschner Schiefer“, der- jenigen Bildung, mit welcher die Flyschfacies in typischer Ausbildung beginnt. Dieselben bestehen aus einem Wechsel von festen, glimmer- reichen Kalksandsteinbänken (der „Strzolka“ der schlesischen Berg- ') Vgl. Paul, Grundzüge d. Geol. d. Bukowina, Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1876, p. 300 (38 d. A.). ?) Geogn. Verh. d. Nordkarpathen. Gotha 1861. [9] Ueber die Natur des karpathischen Flysches. 439 leute) mit dunklen, bituminösen, blättrigen Schieferthonen und Thon- eisenstein-Flötzen. Die Kalksandsteinbänke, ein nicht nur in diesem, sondern auch in höheren Niveaus der Karpathensandsteine in der ganzen Zone ausserordentlich verbreiteter Gesteinstypus, sind, wenn sie, wie hier in der Teschner Gegend, dem Neocomien angehören, die eigentlichen Träger der für die Flyschbildungen so charakteristischen, unter dem Namen der „Hieroglyphen“ bekannten Reliefzeichnungen. !) In den höheren Lagen der oberen Teschner Schiefer schalten sich häufig grobe, weissliche Sandsteine ein, die endlich nach oben herr- schend werden (die sog. „Grodischter Sandsteine). In einem der in der Nähe des Ortes Grodischt in diesen Sandsteinen angelegten Stein- brüchen kann man beobachten, dass derselbe mit weicheren Schiefer- lagen wechselt, die in ziemlicher Menge gut abgerollte Geschiebe von Jurakalken enthalten. In den höchsten Lagen tritt darüber ein grobes Conglomerat auf, welches ausser Quarz ebenfalls Geschiebe von sol- chem Jurakalk enthält.) Gleiche Jurakalk-Gerölle finden sich auch in bedeutender Menge in den Flyschmergeln der Gegend von Pfzemysl.?) Wir haben hier somit. schon in der tieferen — neocomen — Gruppe der Karpathensandsteine eine ganz normale Geröll- und Conglomerat-Lage. Ueber dem Grodischter Sandsteine liegen die durch ihren Reich- thum an schönen Ammonitidenresten allgemein bekannten Wernsdorfer ‚Schichten. In ihnen prävaliren dunkle, blättrige, bituminöse, den oberen Teschner Schiefern sehr ähnliche Schiefer, während Hierogly- phen führende Sandsteine, die ihrerseits der StrZolka ähnlich, nur minder kalkig sind, in einzelnen dünnen Bänken darin auftreten. Südwärts vorschreitend gelangen wir nun in das Gebiet der- jenigen Bildung, welche, wie Hohenegger‘) bemerkt, „derjenige Theil der vielen Karpathensandsteine ist, welcher wohl am meisten darunter und unter dem Namen Wienersandstein und Fucoidensand- stein verstanden wurde“, nämlich des sog. „Godulasandsteins“. Der- selbe bildet die nördliche Kette des höher ansteigenden Gebirges in Schlesien und dem angrenzenden Mähren und Galizien mit den bedeu- tenden Höhenpunkten Kniehin, Smrk, Lissa gora, Trawno, Uplass, Gross Polom, Jaworowi, Czantori, Godula, Baranya etc. stellt somit zweifellos eines der wichtigsten der an der Zusammensetzung der Karpathen- sandsteinzone theilnehmenden Glieder dar. Dieser Sandstein nun, in seinen tieferen Lagen mehr plattig und mit Hieroglyphen führenden Sandsteinschiefern in Verbindung stehend, ist durchaus in seinen höheren Lagen grobkörnig, und geht nahezu immer in Quarzconglo- merat über. Schon Hohenegger sagt über diesen Gegenstand’): „Nach der oberen Grenze zu gehen die Sandsteine in colossale Bänke von Conglomeraten über, welche vorzugsweise aus zahlreichen Quarz- 1) Vgl. Paul und Tietze, Studien in der Sandsteinzone der Karpathen, Jahrbuch d. k. k. geol. R.-A. 1877, p. 37 (5 d. Aufs.). Al: cı-pr9. 31 c.p. 28. *) Geogn. Verh, d. Nordkarp. p. 30. 1. c. p. 30. 57* 440 K. M. Paul. [10] geröllen bestehen, hie und da aber auch Geschiebe von Gneiss und anderen krystallinischen Gesteinen enthalten. In Mähren zeigt sich unmittelbar über den Wernsdorfer-Schichten ein grossartiges Conglo- merat, meist aus abgerundeten Blöcken und Geröllen von Stramberger- Kalkstein bestehend, wie namentlich in Chlebowitz, Rihaltitz und Balkowitz“ etc. Ebenso sagt Babänek') über die Godulaschichten des Lomna- thales: „Wenn man von Jablunkau aus über Städtisch-Lomna in dieses Thal eintritt, so bemerkt man am rechten Ufer des Baches grobkör- nige, röthlichgelbe, weisspunktirte Sandsteine, die stellenweise in grös- sere Bänke von Conglomeraten übergehen, welche meist aus Quarz- gerölle bestehen“ etc. Wir haben somit nicht nur in der unteren — neo- comen — sondern auch in der mittleren Abtheilung der Karpathensandsteine Geröll- und Conglomerat-Lagen. Uebersteigen wir den aus den ebenberührten Godula-Sand- steinen bestehenden schlesisch-ungarischen Gebirgskamm und dringen weiter gegen den Südrand der Zone vor, so schneiden wir am Süd- sehänge der Beskiden gegen das Waagthal zu einen breiten Zug oberer — eocäner — Karpathensandsteine, der das sog. Javornik-Gebirge, das Thalgebiet der oberen Beczwa, sowie das der Kissuca bei Tur- zowka und Czacza zusammensetzt. Von der petrographischen Be- schaffenheit der Sandsteine dieses Zuges hat uns Babänek’°) sehr detaillirte Schilderungen gegeben. Es finden sich hier ausser verschiedenartigen mittel- und fein- körnigen, meist Nummuliten führenden Varietäten, im Kollarovicthale, Rownethale und Kissucthale bereits die grobkörnigen, conglomerat- artigen Quarzsandsteine mit einzelnen grösseren Quarz- und Feldspath- körnern, wie wir sie weiter östlich in den ungarischen Karpathen als „Magurasandsteine“ zu bezeichnen pflegten, und deren Uebergang in Quarzconglomerate eine ganz gewöhnliche Erscheinung ist. Es fehlen somit in unserem Durchschnitte durch die westkarpathische Sandsteinzone Conglomeratbildungen auch nicht in der oberen eocänen Gruppe. Wollte man, was für die gegenwärtige Frage wohl kaum mehr erforderlich sein dürfte, den Durchschnitt noch weiter nach Süden fort- führen, so würde man nach Durchschneidung einer schmäleren Zone obereretacischer Mergel und Sandsteine (der sog. Puchower Schichten) im Waagthale an die mitten zwischen den die Klippen umhüllenden Sandsteinen und Mergeln eingelagerten sog. Upohlawer Conglomerate kommen, und damit noch ein weiteres Beispiel von Conglomerat-Bil- dungen im Karpathensandstein-Gebiete finden. Ebenso treten in den die schlesischen Neocom-Bildungen über- lagernden Eocän-Ablagerungen wiederholt Conglomerat-Lagen auf, auf welche ich gar nicht hinweisen wollte, weil diese Eocän-Gebilde als nicht in eigentlicher Flyschfacies erscheinend bezeichnet werden könnten, ) Babänek, Die nördlichen Theile des Trencziner Comitates, Jahrbuch d. k. k. geol. R.-A. 16. Bd., p. 111. 2) ].c.p. 11l. [11] Ueber die Natur des karpathischen Flysches. 441 obwohl gerade sie die hauptsächlichsten Träger jener exotischen Blöcke sind, die an einer anderen Stelle von Fuchs zur Stütze seiner Theorie herangezogen werden. Aus östlicheren Gegenden der karpathischen Flyschzone könnte ich noch eine endlose Reihe von Beispielen des Auftretens echter Con- glomerat-Lagen anführen, glaube jedoch, dass das Gesagte hinreichen dürfte, um die Behauptung, dass Conglomerat- und Geröll-Ablagerungen in den Flysch-Bildungen nicht auftreten, als in den Verhältnissen der karpathischen Flyschzone nicht begründet erscheinen zu lassen. Ebenso verhält es sich mit dem von Fuchs (l. c. p. 22) auf- gestellten Satze: „Im Flysche sind noch niemals Kohlenflötze gefunden worden.“ Ich selbst habe schwache Kohlenflötzchen (auf die Mächtigkeit oder Abbauwürdigkeit derselben kommt es ja auch hier nicht an) nicht nur in den Ostkarpathen, in der Bukowina bei StraZa, sondern auch in den Westkarpathen wiederholt beobachtet. Bereits in meiner Arbeit über die Arva'!) bemerkte ich mit Bezug auf die eocänen Karpathensandsteine des rechten Arva-Ufers zwischen Kubin und Zaskalje: „Sie enthalten hier unbedeutende, nicht über 2 bis 3 Zoll mächtige Lagen einer unreinen Kohle, die ich hier nur er- wähne, um in Folge mehrseitig an mich gerichteter Anfragen vor etwaigen Abbauversuchen zu 'warnen.“ Ein ähnliches Vorkommen sah ich auf dem gräflich Osiecky’schen Gute im südlichen Theile des Tarnower Kreises, wohin ich vor einer Reihe von Jahren berufen worden war, um über die Abbauwürdigkeit des Flötzchens ein Gutachten abzugeben etc. etc. Ich muss hiebei ausdrücklich bemerken, dass es sich hier keineswegs um Einschlüsse älterer Steinkohlenbrocken, wie sie im schlesischen Eocän vorkommen, sondern um wirkliche, den Schichten regelmässig eingelagerte Flötzchen handelte. Derartige unbedeutende Kohlenlinsen fehlen aber auch im öst- lichen Theile der Wiener Sandsteinzone nicht. So wurde vor einiger Zeit eine Probe von Weidling am Bach an das Laboratorium der k. k. geologischen Reichsanstalt zur Untersuchung eingesendet. Die Probe ergab: Wasser 14'9°/,, Asche 8°0°/,, Calorien 4757, Aequivalent einer 30zölligen Klftr. 1104 Otr. Dieses Ergebniss beweist, dass man es auch hier nicht mit einem Einschlusse echter Steinkohle, sondern mit einer älteren Braunkohle zu thun hat, wie sie eben in Kreide oder Eocän aufzutreten pflegen. Als ferneren Umstand, welcher für eine eruptive Genesis der Flyschbildungen sprechen soll, bezeichnet Fuchs (l. c. p. 7u. 22) u. A. auch das Vorkommen von Petroleum im karpathischen Flysch. Was diese Frage betrifft, so möchte ich zunächst die Behaup- tung Fuchs’: das galizische Petroleum hat seinen Sitz ausschliess- lich in der Formation des Karpathen-Sandsteines“, richtigstellen. That- sächlich gehört gerade das bedeutendste galizische Petroleum-Vor- kommen, nämlich das von Boryslaw, wie zahlreiche andere, der neo- genen Salzthon-Formation an. Die den Karpathen-Sandsteinen selbst ') Jahrbuch d. k. k. geol. R.-A. 1868. 449 K. M. Paul. [12] angehörigen Petroleum-Vorkommnisse finden sich beinahe immer in Verbindung mit bituminösen Schiefern. So wurde in den oberen Teschner Schiefern bei Lischna in Schlesien Erdöl gefunden. Die meisten Petroleum-Vorkommnisse des Saroser, Zempliner und Ungher Comitates in Ungarn treten in den, wie die oberen Teschner Schiefer, aus einem Wechsel von Kalksandsteinen mit bituminösen Schiefern bestehenden Ropianka-Schichten auf. In Galizien findet sich das Petro- leum vorwiegend in den ebenfalls meist bituminösen, durch ihren con- stanten Reichthum an Fischresten ausgezeichneten eocänen Menilit- schiefern. Es liegt sehr nahe, das Petroleum als das Resultat eines natür- lichen Destillations-Processes des Bitumengehaltes dieser Gesteine zu betrachten, weich’ letzterer wohl nur aus eingeschlossenem organischen Materiale abgeleitet werden kann. Ein Analogon hiefür finden wir in den liassischen Posydonomien- Schiefern Schwabens, aus deren Bitumengehalt durch mehrere Fabriken Erdöl künstlich destillirt wird. Ganz ähnlich denkt auch H. Höfer (die Petroleum-Industrie Nordamerika’s, Wien 1877) über den Ursprung des amerikanischen Petroleums, indem er (l. c. p. 88) nach einer ein- gehenden Erörterung der Frage zu dem Schlusse kommt, „dass man nach dem gegenwärtigen Stande der Wissenschaft nur thierische Reste als Ausgangspunkt zur Erklärung der Petroleum-Genesis mit Sicher- heit voraussetzen darf. Aus ihnen hat sich unter Mitwirkung der Erd- wärme durch eine allmälige Destillation unter entsprechendem Druck das Rohöl gebildet.“ Ich will durchaus nicht behaupten, dass die Frage nach der Ent- stehungsart des Petroleums bereits eine endgiltig gelöste sei. Wahr- scheinlicher und natürlicher dürfte jedoch wohl der Mehrzahl der Fach- genossen die hier vertretene Anschauung erscheinen im Gegensatze zu der Hypothese, nach welcher das Petroleum aus der Exhalation von aus der Tiefe kommenden Kohlenwasserstoffen entstanden sei. Ist aber das Petroleum organischen Ursprungs, dann spricht es eher gegen als für eine eruptive Genesis der Gesteine, in denen es auftritt. Ausser den bisher in Betracht gezogenen Verhältnissen weist Fuchs (l. ec. p. 8 und 22) auch auf die so häufig auf den Schicht- flächen der Flyschbänke vorkommenden kuchen- oder thauförmigen, gewundenen Wulstigkeiten hin, welche ihm „den Eindruck eines dicken geflossenen Breies machen“, und daher ebenfalls für eine eruptive Genesis der Flyschbildunugen sprechen sollen. Wirklich gehören solche Wülste zu den verbreitetsten Erscheinungen in allen Wiener- und Karpathen-Sandsteinen. Allein einerseits ist die obige Erklärung doch nur der Ausdruck eines rein subjectiven Eindrucks, und andererseits scheint mir dasselbe Argument, welches ich oben bei Besprechung der muthmasslichen Contractions-Erscheinungen anwendete, hier auch wieder vollinhaltlich Geltung zu haben. Es ist nicht einzusehen, warum der sandige Meeresschlamm vor seiner Erhärtung zu festem Gestein nicht mannigfaltigen Bewegungs- und Druckwirkungen unterworfen gewesen sein, und stellenweise an seiner Oberfläche sich verschoben haben soll. Es wäre, wie mir scheint, weit , eher unerklärlich, wenn durch den Druck der darüber liegenden Wasser- [13] Ueber die Natur des karpathischen Flysches. 443 masse und die Bewegung dieser letzteren solche Erscheinungen nicht hervorgebracht worden wären, und sich das Sediment an seiner Ober- fläche ganz regelmässig eben begrenzt haben würde. Darum findet man aber auch solche Wülste nicht nur im Flysch, sondern so ziem- lich in allen Sandstein-Ablagerungen, die insgesammt für eruptiv zu erklären, doch wohl Niemandem einfallen dürfte. Im Uebrigen muss man sich auch hüten, rein mechanische Druckerscheinungen zu ver- wechseln mit den sog. „Hieroglyphen*, deren organischer Ursprung (mindestens der überwiegenden Mehrzahl nach) nicht mehr zweifelhaft sein kann. Herr Fuchs meint (l. c. p. 8), es wäre wohl auch noch zu erwägen, „ob nicht ein Theil der für die Flyschbildungen so charakteristischen Hieroglyphen sich in irgend einer Weise aus der eruptiven Natur des Flysches ableiten lassen könnte“, und weist hiebei namentlich auf diejenigen hin, „welche den Charakter von Spritzern haben“. Ich kann in Beziehung auf diese Frage auf dasjenige ver- weisen, was wir darüber bereits an einem anderen Orte gesagt haben. ') Dass die enorme Häufigkeit und Verbreitung von Vorkommnissen, die der Mehrzahl nach sichere, wenn auch leider nicht immer deutbare Reste und Spuren von Organismen sind, eine andere, als eine sedi- mentäre Genesis der betreffenden Gesteinsbildung anzeigen könne, scheint mir unverständlich. Gerade die spritzerartigen Formen besitze ich aus Schlesien und Galizien mit deutlicher, constanter Sculptur, dieselben sind daher wohl sicher keine blossen Zufälligkeiten, sondern organischen Ursprungs, wie die meisten anderen Formen. Blicken wir auf die vorstehenden kurzen, die petrographischen Verhältnisse der karpathischen Flyschbildungen betreffenden Bemer- kungen zurück, so dürfte sich, wie ich glaube, ergeben, dass irgend eine auffallende petrographische Analogie zwischen Karpathensandstein- Gebilden und eruptiven Bildungen nicht existire; dass Conglomeratlagen in zahlreichen Niveaus vorkommen, und auch Kohlenflötze nicht fehlen; dass die petrographische Beschaffenheit der Mergel ebenso wenig als das Vorkommen von Petroleum oder die wulstartigen Hervorragungen und Hieroglyphen für die Annahme einer eruptiven Genesis des kar- pathischen Flysches beweiskräftig sind; dass somit die von Fuchs in diesem Abschnitte seiner Abhandlung vorgebrachten Argumente nicht hinreichen, seine Theorie der Flyschbildung wahrscheinlich zu machen. I. Verbindung mit Eruptiv-Gesteinen. Dass der Flysch häufig in innigster Verbindung mit echten Eruptiv-Gesteinen getroffen wird, mannigfache Uebergänge in dieselben zeigt, und sich manchmal ähnlich wie eine Tuffbildung zu denselben verhalte, ist allerdings eine bekannte Thatsache, und ich bin weit entfernt, dieselbe anzweifeln zu wollen. Hat doch bereits Tietze?) ein solches Verhältniss im croa- tischen Flyschgebiete nachgewiesen, und ein längeres Verzeichniss ähn- licher Beispiele aus anderen Gebieten gegeben. ) Paul und Tietze, Studien in der Sandsteinzone der Karpathen, Jahr- buch d. k. k. geol. R.-A. 1877, p. 6 u. 84. d. A. 2) Das Gebirgsland südlich Glina in Croatien, Jahrbuch d. k. k. geol. R.-A. 1872, p. 275 (23 d. A.) 444 K. M. Paul. [14] Fuchs bemerkt jedoch selbst (]. ce. p. 8), dass diese Erschei- nung in den Karpathen und nördlichen Alpen bisher nicht bekannt geworden ist, sie ist daher eine rein locale und kann somit die Anwendbarkeit der Fuchs’schen Theorie auf die kar- pathische Sandsteinzone nicht beweisen. Es scheint mir gerade im Gegentheile, dass, wenn Flyschbildungen einerseits mit, andererseits aber (auf enorme Erstreckungen) ganz ohne solche Eruptiv-Gesteine. auftreten, diese beiden Bildungen von einander unabhängig sein müssen, irgend ein nothwendiger Nexus zwischen denselben nicht be- stehen könne. Ich möchte hier nebenbei noch auf die Thatsache hinweisen, dass in Schlesien, wo, wie allgemein bekannt, echte Eruptiv-Gesteine (die Teschenite) im Gebiete der Karpathensandstein-Zone auftreten, keine - der dortigen geschichteten Gesteins-Bildungen — von den Teschner Schiefern bis zum obereocänen Grudecker Sandsteine hinauf — in ihrer Zusammensetzung an die Teschenite erinnert, und etwa als Teschenit-Tuff bezeichnet werden Könnte. III. Fremde Blöcke und Klippen. Die sog. „exotischen Blöcke“, meist ziemlich eckige, zuweilen bedeutende Dimensionen errei- chende Bruchstücke von Granit, Gneiss, Glimmerschiefer , Chlorit- schiefer, Sandsteinen und Schiefern des Carbon und (seltener) Kalken verschiedenen Alters treten in den Karpathen in ihrer typischsten Ent- wicklung in den Eoeängebilden Schlesiens auf, in denen sie eine regel- mässige, 2—5 Klafter mäehtige Breccienschichte bilden. Ueber dieser Schichte folgen Conglomerate mit gerundeten Geschieben. Beide Niveaus enthalten Nummuliten. ‘) Ich glaube mit Fuchs, dass die Auffassung dieses Vorkommens als erratische Erscheinung, und die darauf basirte Supposition vordiluvialer Eiszeiten nicht acceptirt werden könne; allein ich möchte desswegen nicht zu einer Erklärungsart greifen, die, an sich noch viel unwahrscheinlicher, gerade das wirklich Räthselhafte an der Sache nicht erklären würde. Für das Auffallendste an der ganzen Erscheinung halte ich nämlich die eigenthümliche Vergesellschaftung, in der die exotischen Blöcke auftreten. Neben Steinkohlen-Trümmern, deren Ursprung in dem nahe- gelegenen oberschlesischen Steinkohlen-Reviere gesucht werden kann, finden wir Blöcke von krystallinischen Gesteinen von ganz dunkler Provenienz, wie sie nirgends in der Umgebung des Vorkommens an- stehend bekannt sind. Wenn nun, wie Fuchs (l. c. p. 11) meint, diese Blöcke „bei dem Empordringen der Flyschmasse aus der Tiefe mit heraufgebracht wurden,“ wie erklärt sich das Zusammen- Vorkommen so mannigfaltiger Dinge? Ich kann mir für dasselbe nur eine Erklä- rung denken, und das ist einfach die, dass die heterogenen Elemehte zusammengeschwemmt sind. Dass die Stücke eckiger sind, als die an- derer Conglomerate, scheint mir nur in der bedeutenderen Grösse der- selben seinen Grund zu haben. Sehr grosse Geschiebe werden der Natur der Sache nach langsamer transportirt, als kleine; sie werden nicht gerollt, sondern geschoben, die Abrundung aller Kanten tritt daher nicht in dem Masse ein, wie bei kleinen. Auch ist der Weg, !) Vgl. Hoheneggerl. ce. p. 35 und Paul und Tietze l. c. p. 13. [15] Ueber die Natur des karpathischen Flysches. 445 den die Blöcke zurückzulegen hatten, wahrscheinlich kein sehr grosser gewesen. Dass wir viele der Gesteine, wie wir sie in den exotischen Blöcken Schlesiens finden, in den Karpathen 'nicht anstehend kennen, ist wohl der schwerwiegendste Einwand, der gegen meine Anschauung erhoben werden kann; er beweist jedoch, wie ich glaube, doch nicht unbedingt deren Unrichtigkeit. Es ist durch nichts erwiesen, dass Gesteine, die heute in einer Gegend nicht mehr zu Tage tretend be- kannt sind, in einer früheren Periode nicht wirklich an der Oberfläche anstehen, und zu irgend einer Brandungsbildung das Material liefern konnten. Ich möchte in Beziehung auf diese Frage auch auf die Be- merkungen hinweisen, die wir über das der neogenen Salzthon-For- mation angehörige Conglomerat von Sloboda Rungurska in Galizien machten.') Auch dieses Conglomerat enthält ein Geschiebe-Material, welches, mindestens zum grossen Theile, den nähergelegenen Theilen der Karpathen fremd, zugleich aber auch nicht nachweisbar nordischen Ursprungs ist, was uns zu der Vermuthung führte, „dass die betref- fenden Geschiebe ihrem Ursprung nach einer Region angehören, welche ungefähr mit dem Orte des jetzigen Auftretens der Conglomerate der neogenen Salzformation zusammenfällt, woraus folgen würde, dass noch zu Beginn der Neogenzeit die Formationen, deren Trümmer uns in jenen Conglomeraten erhalten blieben, eine randlich anstehende Ge- steinszone am Nordrande der ostgalizischen Karpathen bildeten.“ Eine, wie ich glaube, beachtenswerthe Stütze findet diese Ver- muthung in dem Umstande, dass in allen Conglomeraten der ostgalizi- schen Sandsteinzone ein aphanitisches Hornblende-Gestein den prävali- renden Bestandtheil bildet, welches nur an einer einzigen Stelle — bei Kräsna in der Bukowina — und auch hier nur in einem kleinen Felsen anstehend beobachtet wurde. Dieses räumlich so beschränkte Vor- kommen kann nicht allein: der Ursprungsort des Materiales so aus- gedehnter, weit verbreiteter Conglomerat-Bildungen sein, und die An- nahme ist wohl nicht allzu unnatürlich, dass wir in dem Kräsnaer Phyllitfelsen den letzten Rest einer früher am Nord- rande der Sandsteinzone weiter verbreiteten, jetzt voll- ständig verschwundenen Zone älterer Gesteine vor uns haben. . Es lassen sich somit wenigstens Wahrscheinlichkeitsgründe für die Annahme einer einfach sedimentären Genesis der karpathischen exotischen Blöcke beibringen, während die Auffassung derselben als eruptive Auswürflinge in der Mehrzahl der Beobachtungs-Thatsachen keine Stützen findet. | Ganz überraschend ist die Ansicht Fuchs’ über die karpathi- schen Klippen. Dieselbe lautet (l. c. p. 22): „Die auf die Flysch- bildungen der Karpathen beschränkte Erscheinung der sog. Klippen scheint nichts als ein besonderes Vorkommen von „fremden Blöcken“ in riesigen Dimensionen zu sein.“ Auf p. 15 seiner Arbeit beschränkt Fuchs zwar diese Ansicht von den Klippen durch den Beisatz: „inso- 1) Paul und Tietzel. c. p. 39 und 93. Jahrbuch derk.k. geol. Reichsanstalt. 1877. 27. Band. 4. Heft. (K.M. Paul.) 58 446 K. M. Paul. [16] weit sie Blockklippen sind“; der eitirte zusammenfassende Schlusssatz aber kann nur so verstanden werden, dass Fuchs überhaupt an der Existenz wirklich anstehender, d. h. mit einer zusammenhängenden Gesteinszone in Verbindung stehender Klippen zweifelt, und der An- sicht ist, die Klippen seien insgesammt oder doch wenigstens der über- wiegenden Mehrzahl nach isolirte, allseitig von Flyschgebilden einge- hüllte Blöcke. Es ist zweifellos, dass es sowohl in den Klippengebieten des Trencziner und Arvaer Comitates, die ich selbst untersuchte, als auch im penninischen Klippenzuge, über welchen uns die Publicationen und cartographischen Einzeichnungen von Stache!) und Neumayr?) vor- liegen, einzelne klippenartig aus dem Karpathensandstein-Gebiete her- vorragende Kalkfelsen gibt, die als wirklich isolirte Blöcke erkannt werden können (Stache’s „Blockklippen“). Ebenso sicher ist es aber auch, dass diese Blockklippen die Minderzahl darstellen im Verhält- nisse zu jenen echten Klippen, für deren wirkliches Anstehen die direc- testen Beweise vorliegen. Ein solcher ist vor allen die bedeutende Grösse, welche einzelne Klippen erreichen; ein Blick auf eine geolo- gische Karte der bezüglichen Gebiete ergibt in dieser Richtung zahl- reiche Beispiele. So erreichten z. B. die Manin-Klippe, sowie die grosse Klippe von Radola im Trencziner Comitate dem Schichtenstrei- chen nach eine Länge von je über 3 Kilometer, die Krasnicka skala, die Podbieler Klippe, die Klippen gegenüber von Dubowa und viele andere in der Arva haben eine Basis von über 50,000 [_]Meter etc. Das wären doch ein wenig allzu grosse exotische Blöcke. Ein weiterer Beweisgrund für den Umstand, dass die meisten Klippen in der Tiefe unter einander in einem nur local stellenweise gestörten Zusammenhange stehen, ist das vielfach zu beobachtende Vorkommen von Klippenreihen mit unter einander übereinstim- mender Zusammensetzung und Streichungsrichtung. Ich habe in meiner Schilderung der Arvaer Klippen auf ein diessbezügliches Beispiel hin- gewiesen ?), das ich hier reproduciren will: Hat man im Dubowathale die sandigen Fleckenmergel und röthlichen Schiefer verquert, so ge- langt man (auf der östlichen Thalseite) an eine grosse Klippe. Diese Klippe bezeichnet das südwestliche Ende einer Reihe von 6 Klippen, welche, in einer von SW nach NÖ gerichteten Linie liegend, bis in das nächstöstliche Seitenthal (das Lutowathal) hinüberreichen, und alle genau dieselbe Zusammensetzung zeigen; alle bestehen nämlich in ihrem südöstlichen Theile aus rothem Crinoidenkalk, in ihrem nord- westlichen aus Csonsztynerkalk, das Streichen ist NO, das Fallen NW. Ich füge dem noch hinzu, dass die Entfernung der beiden äussersten Klippen dieser Reihe von einander etwa 3 Kilometer beträgt. Aehn- liches beobachtete Stache an den von Csorsztyn nach Falstyn sich ziehenden Klippenreihen etc. etc. !) Die geologischen Verhältnisse der Umgebung von Unghvär, Jahrbuch d. k. k. geol. R.-A. 1871. ?) Jurastudien, Jahrbuch d. k. k. geol. R.-A. 1871. ?) Die nördliche Arva, Jahrbuch d. k. k. geol. R.-A. 1868. 1 7] Ueber die Natur des karpathischen Flysches. 447 Angesichts solcher Thatsachen kann an eine Isolirung der eigent- lichen Klippen von einander nicht gedacht werden. Was die Blockklippen betrifft, so bestehen dieselben durchaus aus dem Materiale der nächstgelegenen anstehenden Klippen und sind nichts Anderes, als von den letzteren abgetrennte Blöcke. Heute noch kann man in allen Klippen-Terrains Kalkblöcke beobachten, die in historischer Zeit von den Klippen herabgestürzt sind, und wenn man die kühnen Zacken und Spitzen, die oft überhängenden, hoch in die Luft hinausragenden Felsen unserer Klippen betrachtet, wundert man sich, dass solches Herabstürzen nicht häufiger eintritt. _ Aehnliches musste, seit die die Klippen constituirenden Kalk- schollen durch energische Faltenbildung aufgerichtet, und viele Theile derselben aus dem stabilen Gleichgewichte gebracht waren, in allen Perioden stattgefunden haben. Es scheint mir kaum nöthig, auch noch die Thätigkeit einer Brandung zur Erklärung dieser Erscheinung zu Hülfe zu nehmen, wenn ich auch nicht in Abrede stellen will, dass Unterwaschungen u. dgl. vielfach fördernd auf dieselbe eingewirkt haben mögen. Vielfach findet man Blockklippen von Flyschgesteinen oder den- selben stratigraphisch äquivalenten Bildungen wirklich allseitig ein- gehüllt. Diese Erscheinung ist nicht mehr räthselhaft, seit wir nach- wiesen, dass die die steilen Faltenbildungen der Karpathen bedingende Kraft eine stetige, continuirlich wirkende, und bis in die jüngere Neogenzeit herauf thätig war.‘) Es konnten in allen Perioden von der älteren Kreide bis zum Neogen solche Blöcke in das Schichten- system eingefaltet werden. Es ist hier nicht meine Aufgabe, auf alle Theorien der Klippen- bildung einzugehen; ich wollte nur einige Beobachtungs-Thatsachen in Erinnerung bringen, die gegen die Auffassung der Klippen im Fuchs’schen Sinne sprechen. Ein Gelehrter von so allbekannter eminenter Beobachtungsgabe, wie Hr. Fuchs, würde wohl auch eine solche Anschauung kaum selbst festhalten, wenn er Gelegenheit hätte, irgend ein Klippenterrain aus eigener Anschauung kennen zu lernen. IV. Fossilien. Der alte Satz von der ausserordentlichen Fos- silienarmuth der Flyschgebilde wird begreiflicherweise ebenfalls von Fuchs als Stütze seiner Theorie aufgeführt?) ; namentlich sollen Bivalven- 1) Paul und Tietze, Studien in der Sandsteinzone der Karpathen, p. 26 96 d. A.). 2) In einer in unseren Verhandlungen (1872, Nr. 2) publicirten Notiz, in welcher Hr. Fuchsdie Carpenter’sche Ansicht, dass der Flysch möglicherweise eine Tiefsee- bildung sei, bespricht, heisst es wörtlich: „Der erste und zugleich auch wichtigste Einwurf, der sich gegen den von Carpenter angedeuteten Gedanken geltend macht, ist der Umstand, dass der von Carpenter vorausgesetzte Mangel organischer Reste im Flysch in Wirklichkeit nicht existirt.“ In der- selben Notiz spricht Fuchs von einem „zwar einförmigen, aber intensiven animali- schen Leben, welches dereinst die Sand- und Schlammbänke des Flysch belebte.“ Endlich sagt Fuchs ebendaselbst, dass die Sedimente, aus denen der Flysch be- steht, sehr häufig „ripple marks“, falsche Schichtung, sowie überhaupt alle jene kleinen Störungen zeigen, welche auf die unmittelbare Einwirkung des Wellen- schlages schliessen lassen.“ Die letzterwähnten Störungen deutet Fuchs jetzt 58* 448 K. M. Paul. [18] Bänke, und überhaupt solche Vorkommnisse, welche beweisen würden, dass hier an Ort und Stelle durch längere Zeit eine Ansiedlung von Thieren bestanden habe, vollständig fehlen, alle wirklich gemachten Funde, mit Ausnahme derjenigen von Fischen und Cephalopoden, einen rein sporadischen Charakter haben etc. Es ist bezüglich dieser Behauptungen vor Allem schwer einzu- sehen, warum Cephalopoden, wenn ihre Reste in bedeutender Individuen- oder Artenzahl in bestimmten Niveaus auftreten, nicht wirklich an Ort und Stelle gelebt haben sollen. Hätten wir es mit Vergesell- schaftungen von Formen zu thun, die in ganz verschiedenen Niveau’s zu Hause sind; fänden wir‘ z. B. irgendwo neocome und obercretaeische Arten in einer Schichte gemischt vor, dann hätte diese Anschauung einige Berechtigung (obwohl dann immer noch eine Zusammenschwem- mung der betreffenden Reste die nächstliegende Erklärung wäre). Diesen Fall kennen wir aber in den Karpathen nicht. Die zahlreichen, schon bei Hohenegger (l. c. p. 26) eitirten Cephalopoden der oberen Teschner Schiefer, einer Hieroglyphen-reichen, wie schon oben bemerkt, petrographisch den echtesten Flysch-Charakter an sich tragenden Bildung gehören durchaus dem Unterneocom an. Ebensowenig zeigen die noch weit zahlreicheren Cephalopoden der Wernsdorfer Schichten (ebenfalls einer ganz typischen Flyschbildung) irgend eine unnatürliche Vergesellschaftung. Bei Krasnahorka in der Arva, in dunklen, der Klippenhülle angehörigen Schiefern, liegt ganz massenhaft Hopl. tardefurcatus mit selteneren Exemplaren von Hopl. mamillaris, Turr. Mayorianus, Phyll. Velledae und einem Inoceramus beisammen.) Solche Anhäufungen zusammengehöriger Formen, wie sie in den gegebenen Beispielen vorliegen, können nichts Anderes be- weisen, als dass die betreffende Fauna wirklich an Ort und Stelle gelebt habe. Ich brauche nach denselben kaum mehr die wirklich selteneren, aber doch immerhin nicht abzuläugnenden Fossilfunde in anderen Theilen der Karpathen-Sandsteine zu erwähnen, so die Funde von PrZemysl, die im Godula- und Istebna-Sandsteine vorkommenden Fos- silien, die Hippuriten des Upohlaver Conglomerates, die Inoceramen der Puchower Schichten und der obercretacischen Karpathen-Sandsteine der Arva, die namentlich in Schlesien sehr häufigen, aber auch an vielen Punkten in Nord-Ungarn und Galizien im eocänen Karpathen- Sandsteine aufgefundenen Nummuliten etc.) anders, und es kann wohl auch kaum etwas dagegen eingewendet werden, wenn man seine Ansichten bezüglich der Erklärungsweise irgend eines Phänomens ändert. Etwas auffallend bleibt es dagegen, dass Fuchs die Existenz des Phä- nomens der falschen Schichtung, welche er hier als Beobachtungs-Thatsache gegen die Carpenter’sche Ansicht anführt, in seiner neuen Arbeit (Ueber die Natur des Flysches, p. 5) wieder läugnet, indem er ausdrücklich bemerkt: „Was die Sandsteine anbelangt, so ist an denselben auffallend, dass sie niemals das Phänomen der falschen Schichtung zeigen.“ ; ‘) Paul, Die nördliche Arva. Jahrbuch d. k. k. geol. R.-A. 1868, 2. Heft, p. 229, ?) Ich übergehe hiebei absichtlich die Ostkarpathen, sowie alle Funde, die in den in der Nähe der Klippen in die unteren Karpathen-Sandsteine sich einschal- tenden kalkigen Lagen gemacht wurden. Pr; RB [19] Ueber die Natur des karpathischen Flysches. 449 Wichtiger als alle diese Vorkommnisse erscheint mir aber zur Beurtheilung der vorliegenden Frage der Umstand, dass auch das von Fuchs hervorgehobene Fehlen von Bivalven-Bänken sich nicht be- wahrheitet. Der Orlower Sandstein des Treneziner Waagthales, ein ziemlich verbreiteter echter, in einzelnen Handstücken von anderen nicht unter- scheidbarer Karpathen-Sandstein enthält, wie schon seit lange bekannt, bei Vrtizer, Orlowe und an anderen Punkten Lagen, die ganz mit Exogyra columba angefüllt sind. !) Haben wir in diesem Vorkommen ein Beispiel von Bivalven- Anhäufung aus den die Klippen umgebenden Partien der Karpathen- sandstein-Zone, so kann ich ein zweites auch aus der Mitte der Zone anführen. Bei Also Vereczke im Beregher Comitate, nahe am Grenz- kamme zwischen Ungarn und Galizien, fanden wir nämlich im letzt- vergangenen Sommer in der höheren eocänen Abtheilung der Kar- pathen-Sandsteine eine Schichte eines thonig-sandigen Mergels, in wel- cher in ziemlich bedeutender Individuen-Anzahl Carditen, Isocardien etc. vorkommen; ich habe auf diesen Punkt bereits in einem Reiseberichte hingewiesen. °) Auch die überall in den Karpathen-Sandsteinen, wie in der Wiener Sandsteinzone verbreiteten Fucoiden sprechen durch die oft überraschend schöne Erhaltungsweise, in der sich diese zarten Orga- nismen vorfinden, mit voller Entsehiedenheit dafür, dass sie durch ein langsam, ruhig und regelmässig sich absetzendes Sediment einge- schlossen wurden. Jede eruptive Masse, mochte sie von unten oder seitlich vordringen, hätte dieselben zu unkenntlichen Knäueln zusam- menballen, wenn nicht vollständig zerstören müssen. Gerade der auch von Fuchs (l. c. p. 17 in Anm.) hervorgehobene Umstand, dass die Fucoiden, oft die Schichtungsflächen durchsetzend, in ihrer ursprüng- lichen Stellung und Ausbreitung vorkommen (namentlich an Zoophycos kann man diess häufig beobachten), lässt sich nur mit der Annahme einer sehr langsamen und allmäligen Einhüllung, nicht aber mit der einer plötzlichen Ueberschüttung durch irgend einen eruptiven Brei vereinigen. Ich glaube nicht, dass man gegen die Beweiskräftigkeit aller der in den vorstehenden Zeilen zusammengestellten Thatsachen die Ein- wendung erheben könne, alle diejenigen Bildungen, aus denen ich Fossilien. und normale Conglomerat-Lagen anführte, seien eben kein wirklicher Flysch, die Richtigkeit der Fuchs’schen Theorie könne also durch diese Vorkommnisse nicht alterirt werden. Wenn weder die unteren, noch die mittleren, noch die oberen Karpathen-Sandsteine, weder die die Klippen umhüllenden Gesteine, noch die inmitten der Zone auftretenden Bivalvenschichten von Vereczke, weder die Hierogly- phen-reichen oberen Teschner Schiefer, noch die die exotischen Blöcke einschliessenden Eocänbildungen Schlesiens Flysch sind, dann gibt es überhaupt kaum einen Flysch in den Karpathen; dann durfte man 4) Vgl. Paul, Das linke Waagufer ete., Jahrbuch d. k. k geol. R.-A., 15 Bd., 3. Heft. ?) Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1877, Nr. 11. 450 K. M. Paul. [20] niemals von einer karpathischen Flyschzone sprechen, und der Aus- druck Flysch schrumpft zu der ganz willkürlich begrenzten Bezeich- nung einer petrografischen Facies zusammen, die es in den Karpathen entweder gar nicht oder doch nur in sehr geringer Verbreitung gibt. Eine so enge Fassung dieses Begriffes widerspricht aber dem herr- schenden wissenschaftlichen Sprachgebrauche. In jedem Falle sprechen die aufgeführten Beobachtungs-Thatsachen gegen die Anwendung der Fuchs’schen Theorie auf die Bildungen der Karpathensandstein-Zone, mögen wir dieselben nun Flysch nennen oder nicht.') V. Verbreitung und Lagerung. Mit Bezug auf die Kar- pathen sagt Fuchs (l. c. p. 19) in diesem Abschnitte: „Hier treten sämmtliche Kreide- und Eocän-Bildungen in zweierlei Ausbildungs- weisen auf. Einmal in normaler Sedimentform mit zahlreichen Fossi- lien, mantelförmig die älteren Gebirgskerne umschliessend, und das zweite Mal in der Flyschform, ohne jegliche erkennbare Beziehungen zu den älteren Bestandtheilen des Gebirges in vollkommen selbststän- diger Weise den grössten Theil der Karpathen zusammensetzend.* Aus diesem Vorkommen soll hervorgehen, dass diese zweite, die „Flysch- form“, eruptiv ist. Wer jemals den Südrand der Karpathensandsein-Zone gesehen hat, kennt den allmäligen Uebergang, durch welchen die älteren Flysch- gesteine an zahlreichen Stellen mit den kalkigen Neocom-Gebilden der Karpathen in Verbindung stehen. Ueberall im Gebiete der dem Süd- rande der Zone naheliegenden Klippenlinie, sowie besonders deutlich in der Bukowina, sieht man die Hieroglyphen-führenden Sandsteine mit Aptychenkalken durch Wechsellagerung eng verbunden. Ich kann in dieser Beziehung auf die zahlreichen, in der Literatur niedergelegten Beispiele verweisen. °) Die Alternirung ist manchmal eine so rasche, der Zusammenhang auch durch mannigfache petrographische Uebergänge ein so enger, dass man die beiden Faciesgebilde zuweilen gar nicht treunen kann. !) Während der Drucklegung vorliegender Arbeit erschien eine neuere Mit- theilung von Fuchs (Ueber die Entstehung der Aptychenkalke, Sitzb. d. k. Ak d. Wiss. 1877, October-Heft, 1. Abth.), in welcher die Seltenheit und der, wie Fuchs sehr bezeichnend sagt, „schattenhafte“ Zustand der Fossilien im Flysch durch einen späteren Auflösungsprocess, dem die Schalen unterworfen waren, erklärt wird. Ich schliesse mich dieser Anschauung vollkommen an, nicht aber der weiteren, von Fuchs gezogenen Folgerung, dass der in Rede stehende Auflösungsprocess durch eruptive, mit verschiedenen Gasen imprägnirte Schlamm-Massen bedingt sei. Fuchs führt selbst in seiner letzteitirten, höchst interessanten Mittheilung eine Reihe von Beispielen an, welche beweisen, dass derartige Auflösungsprocesse im Meere unter Wasserbedeckung thatsächlich vorkommen. Es ist gewiss der einfachste und natür- lichste Vorgang, in diesen Thatsachen die Analoga zu den Erscheinungen im Flysch zu suchen. ?) Vgl. v. Hauer und v. Richthofen, Uebersichtsaufnahmen im nordöstl. Ungarn, Jahrbuch d. k. k. geol. R.-A. 1859, Heft 3. Stache, die geologischen Verhältnisse der Umgebung von Unghvär, Jahr- buch d. k. k. geol. R.-A. 1871. Neumayr, Jurastudien, Jahrbuch d. k. k. geol. R.-A. 1871. Paul, Die nördliche Arva, Jahrbuch d. k. k. geol. R.-A. 1868. » Grundzüge d. Geologie d. Bukowina, Jahrbuch d. k. k. gol. R.-A. 1876. [21] Ueber die Natur des karpathischen Flysches. 451 Diese Thatsache lässt sich mit der Anschauung, dass eine dieser beiden Bildungen eruptiv, die andere sedimentär sei, schwer ver- einigen. Wenn, wie es zuweilen vorkommt, ein Eruptiv-Gestein in ein Sedimentär-Gestein übergeht, so hat dieses letztere aus ersterem sein Material entlehnt, verhält sich zu demselben als Tuff. Dass aber die Aptychenkalke und Fleckenmergel der Karpathen der Tuff der mit ihnen verbundenen Sandsteine seien, wird doch wohl Niemand an- nehmen. Die bezüglichen Ablagerungen sind einfach in der Nähe der grösseren Karpathischen Kalkgebirge vorwiegend in kalkiger, weiter entfernt von diesen in sandiger und thoniger Facies entwickelt. Darauf reducirt sich, wie mir scheint, der ganze Unterschied zwischen den beiden von Fuchs bezeichneten Ausbildungsweisen. Ganz einfach würde sich vielleicht diese Thatsache "erklären, wenn wir von der oben angedeuteten (allerdings ebenfalls noch nicht direct erweislichen) Annahme eines seinerzeit in der Gegend des heu- tigen Nordrandes der Karpathen bestandenen Gebirgswalles ausgehen. Die exotischen Blöcke Schlesiens, deren Ursprung ich auf dieses alte Gebirge zurückführen möchte, zeigen nur sehr selten Kalke, in über- wiegender Mehrzahl verschiedene Arten krystallinischer Gesteine. Das Gebirge dürfte sonach vorwiegend aus diesen letzteren bestanden _ haben, und das Zurücktreten kalkiger Ablagerungen in der Karpathen- sandstein-Zone, deren Material in erster Linie aus diesem Gebirge ent- lehnt sein musste, hiedurch erklärlich werden. Auch die von Fuchs (l. c. p. 18) aufgeworfene Frage: „woher denn diese ungeheuere Masse von Detritus gekommen sei,“ würde auf diese Weise eine Lösung finden. Hiemit will ich ürigens nur eine Vermuthung aussprechen, ohne derselben mehr Werth beizulegen, als unerwiesene Hypothesen bean- spruchen dürfen. Von sehr untergeordneter Bedeutung für die Frage, ob der Flysch eruptiv oder sedimentär sei, erscheinen mir die schliesslich von Fuchs in Erwähnung gebrachten auffallenden Störungen, Knickungen und Faltungen der Flyschschichten. Es ist durch die im vorigen Jahre von Dr. Tietze und mir in Galizien gemachten Beobachtungen mit zweifelloser Evidenz constatirt worden, dass die im Norden an die Karpathensandstein-Zone sich anschliessenden Bildungen der neogenen Salzformation genau dieselben Störungen, genau dieselben energischen Falten-Bildungen zeigen, wie die Karpathen-Sandsteine selbst, ja dass sogar noch die der oberen Mediterranstufe angehörigen Schichten, welche das bekannte Kohlenlager von Novosielica einschliessen, am Karpathenrande senkrecht aufgerichtet sind‘). Wollte man diesen tektonischen Störungen irgend eine Beweiskraft für die in Rede stehende Frage zuerkennen, aus denselben auf eine eruptive Genesis schliessen, so müsste man unbedingt auch die gesammte neogene Salz- formation sammt ihren Salzstöcken für eruptiv erklären, eine Con- sequenz, die wohl auch Fuchs nicht wird ziehen wollen. Blicken wir nun zurück auf die Reihe von Beobachtungs-That- sachen und Erwägungen, welche ich in den vorstehenden Zeilen in 1) Paul und Tietze l. c. p. 95 (63), 96 (64), und 127 (95). 452 K. M. Paul. [22] möglichst objectiver Weise zusammenzustellen versuchte, so scheint sich mir zu ergeben, dass ein grosser Theil der „Eigenthümlichkeiten“, durch welche sich alle Flyschbildungen von normalen Detritus-Ab- lagerungen unterscheiden sollen, in den Karpathen thatsächlich nicht nachgewiesen werden können, während die übrigen, deren Existenz nicht angestritten werden kann, theils ganz andere Erklärungsarten, als die Fuchs’schen, zulassen, theils mit letzteren geradezu unver- einbar erscheinen. Ich kann daher meine Ansicht über diese Frage nur dahin aussprechen, dass die Hauptmasse der die Karpathensand- stein-Zone zusammensetzenden Bildungen nach wie vor als eine nor- male Detritus-Ablagerung betrachtet werden müsse, und dass eine eruptive Genesis derselben, möge man sich dieselbe der der Schlamm- vulcane oder der irgend einer anderen eruptiven Bildung ähnlich vor- stellen, nicht zugegeben werden könne. | Hiemit. soll jedoch keineswegs behauptet werden, dass nicht anderwärts (z. B. in den Appenninen) im Flyschgebiete Erscheinungen vor- kommen mögen, die auf eine tuffartige oder eruptive Bildungsweise der bezüglichen Lagen hindeuten. Auch in der so ausgedehnten Kar- pathensandsteinzone, die wir ja noch nicht in allen Theilen bis in die kleinsten Details kennen, kann möglicherweise irgendwo local und untergeordnet etwas Aehnliches vorkommen. Einen verallgemeinernden Schluss auf die Gesammtheit der die Zone zusammensetzenden Gebilde aus einer derartigen vereinzelten Erscheinung werde ich aber niemals für berechtigt halten können. Ueber die Grundform der Erosionsthäler. Von Theodor Fuchs. (Mit 4 Holszchnitten.) Wenn man sich genaue Modelle von der Oberfläche aller Con- tinente anfertigen könnte, so würde wohl ein Blick auf dieselben ge- nügen, um sofort bei Jedermann die Ueberzeugung wach zu rufen, dass die Reliefformen derselben fast ausschliesslich von der Erosion bedingt werden. Die ausserordentliche Wichtigkeit dieser Erscheinung geht wohl aus dieser einen Thatsache mit hinlänglicher Deutlichkeit hervor, und man sollte daher meinen, dass alle Thatsachen und Vorgänge, welche sich auf dieselbe beziehen, den Gegenstand genauer, fortdauernder Auf- merksamkeit von Seite der Geologen bilden müssten. In Wirklichkeit ist diess jedoch keineswegs der Fall. So oft auch von Seite der Geo- logen und Geographen das Wort Erosion im Munde geführt wird, so wenig ist dieser Gegenstand bis zur Stunde eigentlich wirklich studirt, ja man muss sogar sagen, dass selbst über den allerersten und aller- elementarsten Punkt, welcher hiebei in Betracht kommt, nämlich über die Form der Erosionsthäler ganz allgemein eine Anschauung ver- breitet ist, welche das gerade Gegentheil dessen ist, was man in der Natur tagtäglich auf Schritt und Tritt, hundert und tausendmal beob- achten kann und thatsächlich auch beobachtet. Wenn man mehreren Personen die Aufgabe stellt, zu einem Bache oder Fe. Flusse das dazu gehörige Erosionsthal zu zeichnen, so werden unter 100 gewiss 99 sich ihrer Aufgabe in der Weise entledigen wie Fig. 1 diess zeigt, d. h. sie werden die Erosions- furche spitz anfangen und in dem Masse, als der Fluss zunimmt, immer breiter werden lassen. In Wirklichkeit verhält die Sache sich jedoch gerade umgekehrt, d. h. jedes Erosionsthal ist hinten breit und n wird nach vorne zu schmäler, wie diess auf Fig. 2 dargestellt ist. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt. 1877. 27. Band. 4. Heft. (Th. Fuchs.) 59 = Ss 454 Th. Fuchs. [2] Ich bin vollkommen überzeugt, dass Jedermann, der sich die Mühe nimmt, die kleinen und grossen Thalbildungen in der Natur in dieser Richtung zu betrachten, in der kürzesten Zeit zu der Ueber- zeugung gelangt sein wird, dass in der That diese eigenthümlich birnförmige Gestalt die Grundgestalt aller Erosions- thäler ist, dass wirklich alle Erosionen, von den Regen- rissen angefangen, welche die Wände eines Eisenbahn- Einschnittes durchfurchen, bis zu den grossen stillen Alpenthälern ausnahmslos nach demselben Grundgesetz sebaut sind, dass sie alle hinten mulden- oder kessel- förmig beginnen und nach vorne zu sichimmer mehr ver- schmälern. Selbst die Catons, diese tiefen spaltenförmigen Furchen, welche das strömende Wasser in die Plateauländer einreisst, machen von dieser Regel keine Ausnahme, denn auch hier beginnt jede einzelne Furche hinten mit einem weiten circusförmigen Kessel, ist hinten weiter und wird nach vorne zu immer enger. Diese eigenthümliche Gestaltung des Canons ist bereits von Dar- win?) in ihrer ganzen Bedeutung erkannt worden, und ich kann es mir nicht versagen, hier die Schilderung wiederzugeben, welche er von diesen merkwürdigen Erosionsbildungen aus dem Sandsteinplateau von Neu-Süd-Wales entwirft: „Die grossen Thäler, von welchen die Blauen Berge und die an- deren Sandsteinplateaus dieses Theils von Australien durchschnitten werden, und welche lange Zeit selbst für die unternehmendsten Colo- nisten ein unübersteigbares Hinderniss bildeten, das innere Land zu erreichen, bieten den allerauffallendsten Zug in der Geologie von Neu- Süd-Wales dar. Sie sind von grossartigen Dimensionen und werden von fortlaufenden Reihen hoher Felswände begrenzt. Man kann sich nur schwer ein prächtigeres Schauspiel vorstellen, als dasjenige, wel- ches sich Jemandem darbietet, wenn er, auf den Hochebenen hingehend, ohne irgend ein vorheriges Anzeichen am Rande einer dieser Klippen anlangt, welche so senkrecht sind, dass er (wie ich es versucht habe) mit einem Stein die in einer Tiefe von zwischen 1000 und 1500 Fuss unter ihm wachsenden Bäume treffen kann; nach beiden Seiten hin sieht er einen Bergvorsprung hinter dem anderen an der zurücktre- tenden Klippenreihe; und auf der gegenüberliegenden Seite des Thales, häufig in der Entfernung von mehreren Meilen, erblickt er eine andere Reihe, welche sich zu derselben Höhe erhebt, wie die, auf der er steht, und welche aus denselben horizontalen Schichten blassen Sand- steines gebildet wird. Die Sohle dieser Thäler ist ziemlich eben und der Fall der in ihnen fliessenden Flüsse ist nach der Angabe Sir Th. Mitchell’s sehr sanft. Die Hauptthäler senden häufig in das Pla- teau hinein grosse bay-artige Arme, welche sich an ihrem oberen Ende erweitern; andererseits schickt auch das Plateau !) Geologische Beobachtungen über die vuleanischen Inseln, Stuttgart 1877, p- 137. [3] Ueber die Grundform der Erosionsthäler. 455 häufig Vorgebirge in das Thal und lässt selbst grosse, beinahe insel- förmig getrennte Massen in ihm stehen. Die das Thal begrenzenden Klippenreihen sind so continuirlich, dass es, um in manche dieser Thäler hinabzusteigen, nothwendig ist, einen Umweg von 20 Meilen zu machen; in andere sind die Landvermesser erst vor Kurzem ein- gedrungen, und die Colonisten sind noch nicht im Stande gewesen, ihr Vieh in dieselben zu treiben. Aber der allermerkwürdigste Punkt in der Structur dieser Thäler ist, dass dieselben, obgleich sie in ihren oberen Theilen mehrere Meilen weit sind, sich meistens nach ihrer Mündung zu so zusammen- ziehen, dass sie unpassirbar werden. Der Surveyor- General, Sir Th. Mitchell, versuchte vergebens, zuerst zu Fuss und dann kriechend zwischen den grossen zu- sammengesetzten Sandstein-Bruchstücken durch die Felsschlucht aufwärts zu dringen, durch welche sich der Fluss Grose mit dem Nepean verbindet; und doch bildet das Thal des Grose in seinem oberen Theile, wie ich gesehen habe, ein prachtvolles, mehrere Meilen weitesBassin undwird auf allen Seiten von Felsklippen umgeben, deren Gipfel man nirgends für weniger als 3000 Fuss über dem Spiegel des Meeres hoch hält. Wenn Vieh in das Thal des Wolgan auf einem Pfade (auf welchem ich hinabstieg), der zum Theil von den Coloni- sten eingehauen worden ist, eingetrieben wird, kann es nicht entfliehen; denn dies Thal wird an jeder anderen Stelle von senkrechten Klippen umgeben, und 8 Meilen weiter abwärts zieht es sich von einer mittleren Breite von einer halben Meile zu einem blossen Spaltzusammen, welcher für Menschen und Vieh gleich unpassirbar ist. Sir Th. Mitchell gibt an, dass das grosse Thal des Cox- Flusses mit allen seinen Zweigen sich da, wo es sich mit dem Nepean verbindet, zu einer 2000 Yards breitenund ungefähr 1000 Fuss tiefen Schlucht zusammenzieht. Es könnten noch andere ähnliche Fälle hinzugefügt werden. Wenn man, aus dem Flachlande kommend, sich einem Gebirge, z. B. den Alpen oder den Karpathen, nähert, stellt sich dasselbe dem Beschauer als eine geschlossene Mauer dar, und vergebens sucht das Auge nach den Thälern, welche dem Blick das Innere des Gebirges eröffnen würden. Durch eine schmale Thalenge, oft durch eine wahre Felsspalte betritt man das Innere der Gebirgswelt, kaum aber hat man dieselbe hinter sich, so beginnt das Thal sich zu erweitern, die Bergwände treten zu beiden Seiten immer mehr und mehr zurück, und schliesslich gelangt man in einen weiten Thalkessel, aus dem es keinen weiteren Ausweg als rechts und links über die Bergjoche gibt. Es ist diess der allgemeine Charakter aller Gebirgsthäler, die durch Erosion gebildet sind, und gewiss wird Jeder, der das Gebirge aus eigener Anschauung kennt, sich sofort aus eigener Erfahrung auf zahlreiche Beispiele erinnern, welche dieser Schilderung entsprechen. 59* 456 Th. Fuchs. | [4] Wenn man sich einen halbkugeligen Gebirgsstock vorstellt, der durch strahlenförmig herabrinnende Gewässer erodirt wird, so wird derselbe bei Annahme einer birnförmigen Gestalt der Erosionsthäler die Gestalt erhalten, welche auf Fig. 3 dargestellt ist. Man sieht einen mittleren Kern (a), von dem radienförmig eine Anzahl von Speichen (b) auslaufen, welche sich sämmtlich nach vorne zu verbreitern (ec). Indem nun die einzelnen Thäler sich hinten immer mehr und mehr verbreitern, werden nach und nach die radienförmigen Scheide- wände in der Nähe des Centralstockes immer mehr und mehr schwinden und schliesslich theilweise abgetragen werden, so dass der erodirte Gebirgsstock schliesslich die Gestalt von Fig. 4 annimmt. Fig. 4. Ansicht von oben. ET Ansicht von der Seite. Ansicht ven der Seite. Man sieht dann einen centralen Gipfel (a‘), der von einem Kranze niedriger Berge (c‘) umgeben wird, von deren jedem ein sattelförmig eingesenkter Grat (b‘) zum Centralstock hinüberführt. Wenn man eine Karte des Montblanc oder des Mte. Rosa be- trachtet, so findet man, dass dieselben thatsächlich die im Vorher- gehenden theoretisch supponirte Reliefform besitzen, und findet man, dass dieselbe in allen ähnlichen Fällen mit der grössten Regelmässig- keit wiederkehrt. Es ist wohl klar, dass die vorhergehenden Auseinandersetzungen von grösster Wichtigkeit für die kartographische Darstellung von Ge- birgsreliefen sind. [5] Ueber die Grundform der Erosionsthäler. 457 Wenn man eine beliebige unserer bisherigen Karten vornimmt und auf derselben die Darstellung des Gebirgsterrains betrachtet, so bemerkt man Folgendes: Soweit die Reliefformen wirklich nach der Natur aufgenommen sind, zeigen die Thäler ausnahmslos die vorbesprochene mulden- oder birnförmige Gestalt, sowie man aber in das feinere Detail kommt, welches nicht mehr aufgenommen, sondern nur nach einer gewissen Schablone manirirt ist, erhalten die Thalfurchen sofort die entgegen- gesetzte Gestalt, indem sie sämmtlich spitz beginnen und im weiteren Verlaufe breiter werden. Man sieht auf diese Weise auf unseren Karten zwei diametral entgegengesetzte Thalformen, von denen die eine hinten breit ist und sich nach vorne zu verschmälert, während die andere hinten spitz be- ginnt und sich nach vorne zu verbreitert. Würde man eine derartige Karte als den wirklichen Ausdruck der vorhandenen Verhältnisse annehmen und hierauf Betrachtungen über die Entstehung der Thäler anstellen wollen, so würde man natür- lich vollkommen irre gehen, indem man selbstverständlich für die zwei verschiedenen Thalformen auch zwei verschiedene Ursachen suchen würde. In Wirklichkeit verhält sich jedoch die Sache ganz anders. Es ist thatsächlich nur einerlei Thalform vorhanden, indem alle Thal- bildungen, vondemkleinsten Wasserrisseangefangen bis zu den grossen Hochgebirgsthälern, dieselbe birnför- mige Gestalt besitzen und mithin auch alle auf dieselbe Ursache, nämlich auf die Erosion, zurückgeführt werden können. Die Ursache dieser birnförmigen Gestalt der Erosionsthäler ist wohl bereits in ihrer ersten Anlage zu suchen. Bei jedem Erdsturz oder Regenriss fällt eine birn- oder keilförmige Terrainmasse, deren Spitze nach vorne gekehrt ist, heraus, und indem nun die Erosion in dem hinteren Theil der so gebildeten Aushöhlung mehr Angriffspunkte findet, als wie vorne, muss das Thal bei dem allmähligen Zurück- weichen immer breiter und breiter werden. Es wäre wohl sehr zu wünschen, dass diese Betrachtungen von Seite unserer Kartographen praktisch verwerthet würden, und würden unsere Gebirgskarten dadurch gewiss einen viel einheitlicheren und naturgemässeren Ausdruck erhalten, als sie gegenwärtig besitzen. 5 x co nn 2: wann un. y u #1 el r. Alfred Hi Höder, k. k. Hof- u. Univers.-Buchhändler in Wien, Rothenthurmstrase 5. Die Insel Reunion (Bourbon) 2 +3 P im indischen Ocean. mit. einem Anhange über die Insel Mauritius von Dr. Richard v. Drasche. 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GEOLOGISCHEN REICHSANSTALFT "Nr. 1. Jänner, Februar, März. MINERALOGISCHE MITTHEILUNGEN GESAMMELT VON GUSTAV TSCHERMAK. JAHRGANG 1877. Mit 12 Tafeln. (Diese Mittheilungen erscheinen zugleich als Beilage zum Jahrbuch der k. k. geol.. Reichsanstalt.) WIEN, 1877. ALFRED HÖLDER K. K. HOF- UND UNIVERSITÄTS-BUCHHÄNDLER ROTHENTHURMSTRASSE 15. VI. 1018 . Gold von Sysertsk am Ural. . Ueber Diabas von Almaden und Melaphyr von Hankock. VonR. Helm- . Bemerkungen über die japanischen Vulcane Asama-Yama, ‚Iwa-wasi-Yama und Fusi-Yama. Von Dr. Richard v. Drasche. (Mit . Untersuchung zweier Magnesia-Glimmer. . Ueber die Krystallisation des Struvits. . Die Porphyre und Grünsteine des Lenne-Gebietes in Westphalen. Von . Ueber Miargyrit und Kenngottit. . Die Grünsteine des Pribramer Erzreviers. Von Cärl Vrba . Ueber die Krystallform des Zinnsteins. Von Friedrich Becke. Re ame ale. I. Heft. Von R. Helmhacker. (Mit Taf. I u. II.) hacker Re iEH de DER De mar 1 a im wre Nahen ar a a Nee . Untersuchungen über die Einwirkung des kohlensäurehältigen Wassers auf einige Mineralien und Gesteine. Von R. Müller Cube. br Br BET na Jaki-Yama, we a a are a eh de. ne ner el aaa tere Tafel HI—IX.) . Nachtrag zur chemischen Analyse des Mejonits. Von Dr. E. Neminar . Beiträge zur Mineralogie des Fassa- u. Fleimser-Thales. Von ©. Doelter . Bericht über die vulcanischen Ereignisse des Jahres 1876. Von GC W. C. Fuchs - NEE Ind ER TR ARTE TAETFRR RENT Br . . Notizen: Zur Kenntniss der Mineral-Vorkommen von Kalusz. — Si- monyit von Ischl. — Künstliche Darstellung der Pseudomorphose von Malachit nach Atacamit. — Leonhardit aus dem Floitenthale. — Grund- form des Vesuvian. — Ein neuer Barytfeldspath. - - +... II. Heft. . Ueber den Glaukodot von Hakansboe und den Danait von Franconia. NWonehmveodtuchs, Bechke v2 meer eo nel sen orte he Von Dr. Fr. Berwerth- - Von A. Sadebeck. (Mit Taf. X.) H. B. Mehner nu a nut ar fe id je, See el ee te. var rie e Deha re. ie . Ueber einige Quarzporphyre und Diorite aus dem Silur von Böhmen. Von R. Helmhacker wre aka ee ta ae ie ale . Augit-Andesite des Smrekouz- ihre in Süd-Steiermark. Von Dr. F. Kreutz Be et Lime ee ent ee BLAKE gms Im) m te en eo dern Ye Yon U-SIpotz, =. ea ne Notizen: Nachtrag zu A. Sadebeck, über die Krystallisation des Struvits. — Sand aus der Sahara III. Heft. Dear Le ie Eralnal ou (Mit Tafel XI—XIL) : Die optischen Eigenschaften des Rohrzuckers. Von Friedr. Becke Seite 61 IV IV. Analysen aus dem Laboratorium des Herrn Professors E. Ludwig. (Oli- V. goklas, Skapolith, Leonhardit, Muscovit, Glaukonit, Sahlit, Chondrodit, Fahlerz, Copalin, Trachyt, Gabbro, Paläopikrit) - VI. Mineralogisches aus dem Ostindischen Archipel. Von A. Frenzel - als Notizen. Vermehrung der Meteoritensammlung des Mineralogischen Hofmuseums bis Ende September 1877. — Krystallisirter Vivianit in Säugethierknochen aus dem Laibacher Torfmoor. — Bemerkung zu den Beiträgen zur Mineralogie des Fassa- und Fleimserthales. - - IV. Heft. I. Der Meteorstein von Hungen. Von OÖ. Buchner in Giessen - II. Anhang zu der vorstehenden Mittheilung. Von G. Tschermak III. Mineralogisch-petrographische Notizen aus en Von Professor Dr. A. Koch in Klausenburg »- » » - - - ea 0 0 Vin, Jolie Eine IV. Untersuchung der a von Paris, Rozena u. Zinnwald. Von Dr. Fr. Berwerth .- - - - we er la, a rer V. Ueber den Milarit. Von E. RO ee En ee VI. Notizen: Winkel des Glaukodot von Hakansboe. — Tarmehpnil von Wiltau. — Neue Serie der Mineralogischen Mittheilungen. - » » - - Register-zu den Jahrgängen 1871-77.- »- - 0... a JE Verzeichniss der Tafeln. Tafel I. u. II. zu: R. Helmhacker. Gold von Sysertsk am Ural. I. Heft. II—IX. „ Dr. Richard v. Drasche. Bemerkungen über die japanischen Vulcane Asama-Yama, Jaki-Vama, Iwa-wasi-Yama und Fusi- Yama: NaSHeft 7.2 10er elle se hlartee 1ES) Ber Ko Le X. „ A.Sadebeck. Ueber die Krystallisation des Struvits. II. Heft XI- -XUI. „ Friedrich Becke. Ueber die Krystallform des Zinnsteins. INH eV an ee re Zur Kenntniss der chem. Zusammensetzung des Augits. Von 6. Doelter Seite 49 113 JAHRGANG 1877. I. HEFT. MINERALDGISCHE MITTEILUNGEN G. TSCHERMAK DIRECTOR DES K. K. MINERALOGISCHEN HOF-MUSEUMS. 1. Gold von Sysertsk am Ural. Von R. Helmhacker. Trotz der ungemein zahlreichen Arbeiten, die über Gold überhaupt geliefert worden sind, umfassen die meisten die Zusammensetzung desselben, viele das Vorkommen und nur die geringste Zahl derselben haben die Krystallgestalt des Goldes zum Gegenstande. Die beste Arbeit von Gustav Rose (Ueber die Krystallformen des Goldes und des Silbers. Poggendorf, Annal. der Physik und Chemie 23. Band, 1831, pag. 196 u. f.), gilt jetzt noch als die umfangreichste, welche wir über dieses Mineral besitzen. Eine andere Arbeit über Gold von Rath: „Einige Beobachtungen in den Golddistrieten von Vöröspatak und Nagyag im siebenbürgischen Erzgebirge. Bonn, 1876“, liegt mir leider nicht vor. In derselben werden Goldkrystalle von Siebenbürgen (Vöröspatak, Boitza und Abrudbänya), Brasilien und dem Ural beschrieben und ab- gebildet. Wiewohl Gustav Rose den Ural bereiste, erwähnt derselbe von dem Sysertsker Golde nichts näheres und die einzige Kenntniss, die wir über dieses uralische Gold haben, betrifft dessen Zusammensetzung, in ‚einer andern Arbeit dieses gelehrten Mineralogen und Che- mikers (G. Rose: Ueber die Chemische Zusammensetzung des gedie- genen Goldes, besonders des Goldes vom Ural, Poggend. Ann. d. Phys. u. Chem. 1831, Bd. 23, pag. 167 u. £.). Rose gibt nämlich die Zu- sammensetzung des Sisersker !) geschmolzenen Goldsandes mit Au = 91:78°/, und Ag = 8'22°/, an, was er aus der Tabelle des Goldgehaltes des eingelösten Goldes, das vom 1. Juli 1828 bis 1. Jänner 1829 ge- schmolzen wurde, nach der Zusammenstellung des damaligen Münzpro- bierers Weitz in Katharinenburg, entnommen hat. Um so erwünschter fand ich es, dass mir etwa 110 einzelne, meist lose Goldkrystalle vom Juzel(j)sky log (Juzel(j)sker-Schlucht) bei Sysertsk zur Untersuchung vorlagen, welche Hofrath Tunner, der auf seiner !) Die Schreibart Sisersk oder gar Sissersk ist unrichtig, der Ort am Ural führt den Namen Sysertsk. Mineralogische Mittheilungen. 1877, 1. Heft. (Helmhacker.) 1 2 R. Helmhacker. [2] ural’schen Reise vor 5 Jahren auch die Sysertsker Goldwäschen be- suchte und mitbrachte, und welche mir derselbe mit besonderer Bereitwilligkeit zur Beschreibung überliess, wofür ich mich mit Dank verpflichtet fühle. Ausser einigen in einer Ebene ausgebreiteten, strauchartigen und gestrickten kleinen Blechen als Krystallaggregaten, waren die Krystalle lose und vorherrschend von der Form (111). Die ganz deutlich ausge- bildeten Formen hatten 1 bis 2, ja selbst einige wenige Millimeter Länge in der Richtung einer Achse. Einige Krystalle sassen auf sehr verzerrten durchsichtigen Quarzkryställchen und umhüllten dieselben theilweise, andere hatten in sich noch kleine Quarzkörnchen stecken, an andern jedoch waren nur unregelmässige tiefe Grübchen oder eben- flächige Vertiefungen und tiefgehende Eindrücke zu bemerken, welche von Quarz herrührten, auf dem die Krystalle als jüngere Bildungen auf- gewachsen sein mochten. Die grösste Zahl von den Kryställchen war ziemlich gut ausgebildet. Einige Krystalle stacken in einer Rinde von dichtem Limonit als jüngerem Minerale. Was an den Goldkrystallen sogleich auffiel, war ihre Farbe. Ein . Theil der Kryställchen hatte oberflächlich die rein goldgelbe Farbe; andere zeigten jedoch eine bräunlich goldgelbe, ja selbst beinahe bronce- gelbe Farbe. Um die Ursachen dieser verschiedenen Oberflächenfarbe kennen zu lernen, wurden sowohl von den rein goldgelben als den bräunlich goldgelben Krystallen die specifischen Gewichte bestimmt. 36 goldgelbe Kryställchen durchwegs 111 oder 111, 311, oder 111, 110, 311, 1'17 Gramm schwer, gaben ein specifisches Gewicht von 173611; 24 bräunliche Kryställchen, durchwegs beinahe nur 111 oder 111, 110, 1'32 Gramm schwer, hatten ein specifisches Gewicht von 17'3698. N Die Dichte der oberflächlich goldgelben und bräunlich goldgelben Kryställchen ist beinahe die gleiche, die Zusammensetzung demnach auch dieselbe, ihre Farbe auf der Oberfläche ist demnach keineswegs auf die verschiedene Zusammensetzung derselben zurückzuführen. Am naturgemässesten erklärt sich die bräunlich goldgelbe, bis bei- nahe broncegelbe Oberflächenfarbe mancher Goldkrystalle durch einen überaus schwachen Ueberzug von Limonit. In Säuren hätte sich ein solches bräunliches Gold aufhellen müssen, weil der dünne Limonit-Ueberzug gelöst worden wäre; es wurde dies aber nicht gemacht, weil an der Natur des Ueberzuges als Limonit kein Zweifel gehegt wurde. Wenn angenommen wird, dass diese Goldkryställchen nur aus Gold und Silber bestehen, was der Wahrheit jedenfalls sehr nahe liegt, und wenn ausserdem die Dichte des Au mit 1937, die des Ag mit 10:52, beides nach den Angaben von G. Rose, angenommen wird, so ergibt sich für das Gold von der Dichte 173611, und 17'3698 folgende Zusammensetzung: Für ersteres: Au = 0'774 Ar. —-.0226 1'000 7 [3] Gold von Sysertsk am Ural, 5) Für das zweite: Au = 0'775 Ag: =' 0925 1.000 Beide haben demnach völlig gleiche Zusammensetzung und die ganz geringen Abweichungen können füglich auf die geringe Menge der zur Dichtenbestimmung angewendeten Substanz zurückgeführt werden, welche bei jedem andern specifisch leichteren Minerale hinreichend wäre; bei dem so schweren Golde aber schon einen etwas fühlbaren Beobachtungsfehler herbeiführen kann. Sämmtliche Goldkrystalle sind oberflächlich matt glänzend, nur ziemlich eben, und mit nicht scharfen, sondern abgerundeten Kanten und nicht ganz spitzen Ecken. Doch kann dieses als keine Abreibung der Krystalle angesehen werden, ja dieselben zeigen, trotzdem, dass sie aus einer Wäsche stammen, keinerlei bemerkbare durch Reibung hervorgebrachte Formveränderungen. Die beobachteten Formen sind an den Kryställchen folgende: Häufig ist 111; die kleinsten Kıystalle sind ebenflächig, die grösseren, ins- besondere wenn die Achsenlänge etwa 2 Millimeter und darüber erreicht, haben beinahe durchwegs rauh drusige Flächen. Häufig ist auch 111, 110; die Combinationskanten zwischen 111 und 110 sind nicht immer scharf, sondern etwas abgerundet. Auch 111, 311 und 111, 110, 311 finden sich nieht gar so selten vor. Dass die Flächen 311 wirklich das sind als was sie hier bezeichnet erscheinen und nicht der gemeinen Form 211 ange- hören, wurde durch Messung der Neigung zwischen 111, 113 unter dem Mikroskope nachgewiesen. Der Winkel soll 150° 30° betragen, durch Messung wurden Werthe gefunden, die auf wenige Grade, ja selbst auf einen Grad gut übereinstimmen, was eine hinlänglich gute Ueber- einstimmung ist bei Messungen von kleinen unebenen Flächen, die zu- dem nur mit der Hand unter dem Mikroskope eingestellt werden können. Auch die Combinationen 111, 201 konnten, wiewohl selten beob- achtet werden. Nur einmal aber fand sich die Form 100, 201 vor. Die Zahl der beobachteten Combinationen und einzelnen Formen ist demnach keine bedeutende. Sehr häufig sind jedoch die Verzerrungen der Krystalle. Die Octaeder sind entweder in der Richtung einer trigonalen Achse verkürzt wie Taf. I, Fig 4 eine solche Form zur Darstellung bringt, oder haben dieselben einen rhombischen Typus, indem sie in der Richtung einer rhombischen Achse verlängert erscheinen. Das Hexaeder erscheint in der Richtung einer quadratischen Achse verlängert. Häufig ist die ungleich grosse Entwicklung von Flächen zu bemerken und das gänzliche Verschwinden einiger derselben anzutreffen, wie auf Taf. I, Fig. 7 an der Combination 111, 110, 311, 100, wo neben der un- gleichen Centraldistanz der Flächen 311 auch die Flächen 100 und 110 unvollzählig sind. In Taf. I, Fig. 2 fehlen wohl einige der ungleich gross entwickelten Flächen von 311 als auch von 100. Dass solche Krystalle 1* 4 R. Helmhacker. [#] in ihrer Verzerrung nicht sogleich auf den ersten Blick zu deuten sind, davon gibt die Zeichnung den hinreichenden Beweis. Die Unvollzähligkeit mancher Flächen ist auf Subindividuen zurückzuführen, wie auf Taf. I, Fig. 1, wo das ungleiche Erscheinen von 201 nur auf je drei Würfelflächen, durch das Auftreten von Sub- individuen in parallel orientirter Lage gedeutet werden könnte. Bei manchen Octaedern ist statt einer Kante eine Rinne vorhan- den, wie auf Taf. I. Fig. 11; auch diese Rinne erklärt sich dadurch, dass das Octaeder aus zwei Subindividuen besteht, welche sich mit ihren Kanten und Flächen sonst überall, nur nicht in den Kanten, welche die Rinne begränzen, decken. Auch deutlich entwickelte Gruppenkrystalle konnten einmal beobachtet werden, wie die Taf. II, Fig. 12 dies veranschaulicht. Hier findet man nach einer quadratischen Achse sehr verzerrte Individuen der Form 110, 111, 100, in der Richtung der verkürzten quadratischen Achse so aufeinander gebaut, dass sich die Individuen je weiter nach oben auch nach den beiden andern quadratischen Achsen in dem Ver- hältniss verjüngen, dass der dadurch hervorgebrachte Treppenkrystall mit seinen Treppenkanten der Form 201 sich anpasst. Solche aus verzerrten, noch häufiger aber aus nicht verzerrten Subindividuen bestehende Gruppen oder Treppenkrystalle, deren Form an 201 erinnert, sind beim Fluorit häufig beobachtet worden. Für (diesen hier abgebildeten Treppenkrystall dürfte wohl eine Analogie fehlen, weil derselbe unten von einer ebenen 001 Fläche begrenzt ist, die oben an der Spitze gänzlich fehlt. Etwas ähnliches könnte man nur an den treppenförmigen Halit- skeletten beobachten, welche sich künstlich an der Oberfläche von Steinsalzlösungen schwimmend bilden, und bei denen die treppenförmige Vertiefung die durch parallele Gruppirung der langgezogenen Hexaeder in der Richtung einer quadratischen Achse entsteht, einer negativen, also in die Flächen eines Hexaeders eingelassenen Pyramide des Fluo- roides 201 entspricht. Die Streifungen der Krystallflächen sind verschiedener Art: Die Flächen des Rhombendodekaeders sind nicht selten parallel zu den kürzeren Diagonalen der Rhombuse oder parallel den Combi- nationskanten mit dem Hexaeder gestreift. Die Ursache dieser Streifung ist leicht nachzuweisen, weil oft Flächen von 110 angetroffen werden, welche durch oseillatorisch erscheinende (100) Flächen gekerbt sind, wie in Taf. I, Fig. 7, 9. Die Streifung rührt demnach von oscillatori- scher Gombination von 110 mit 100 her. An den Octaederflächen sind oft einzelne Striche parallel zu den Octaederkanten zu bemerken. Diese Riefung der Octaederflächen rührt von verschiedenen Ursachen her. Entweder ist bei sehr grober Riefung oder bei sehr breitem Streifen die Ursache des Striches das oscillatorische Auftreten einer Fläche von 311, wie dies auf der Fläche 111 in Taf. I, Fig. 5 er- scheint, die als Fig. 6 in der Ebene der Octaederfläche dargestellt ist; auch auf Fig. 8 rechts tritt ein solcher Streifen auf. Die . Octaeder- [5] Gold von Sysertsk am Ural. 5 fläche erscheint dann treppenförmig abgesetzt. Ein sehr enger Streifen von 311 bedingt dann die Streifung. Oder tritt manche rohe Riefung parallel zur Octaederkante nicht als flache Stufe sondern als Rinne auf, wie dies auf Taf. I, Fig. 8 oben dargestellt ist. Eine solche Rinne wird durch das oscillatorische Auf- treten von 511 und 110 hervorgebracht. Durch Interferirung von Streifen, die zu zwei oder gar drei Octa- ederkanten parallel laufen, wie auf der Fläche 111 oben in Taf. ], Fig. 9, entsteht eine federartige oder unter einem Winkel zusammen- stossende Streifung. Auch die Hexaederflächen erscheinen parallel zu den Kanten ge- streift. Diese Streifung erklärt sich nach Ansicht der Fig. 1 auf Taf. I einfach durch das oscillatorische Auftreten der Flächen von 021 auf 010. Auch die Schalenbildung ist bei dem Sysertsker Golde eine häufige Erscheinung, nur tritt dieselbe meist rudimentär auf, indem die Schalen sozusagen als Schalenskelette auftreten. Solche Schalenskelette erscheinen auf den Octaederflächen als Platten, wie die treppenartige Platte auf der Fläche 111, Taf. I, Fie. 11, welche nach oben zu von der Fläche 113, seitlich aber und in der Stufe, die rinnenförmig vertieft ist, von 201 begrenzt wird. Wegen dem Auftreten der Rinne könnte diese Schale als eine doppelte be- zeichnet werden. Eine andere derartige plattenförmige Schale bedeckt theilweise die Fläche 111 auf Taf. I, Fig. 9; dieselbe wird von den Flächen 113 und 111 begränzt. Das Octaeder Fig. 9 zeigt dort, wo keine Rhombendodekaeder- Flächen auftreten, statt den Kanten Rinnen, welche sich auf die Art erklären lassen, dass die ÖOctaederflächen sämmtlich Schalen tragen, deren Dicke die Tiefe der Rinne bestimmt. Das eben erwähnte Octaeder bestärkt die Richtigkeit dieser Erklärungsweise noch dadurch, dass es noch zur Bildung einer zweiten Schale kam, welche aber nur rudimentär nicht die ganze Fläche 111 bedeckt, sondern nur als Ske- lettstreifen auftritt, der ausserdem nur auf 2 Seiten von 111 begrenzt wird, auf den zwei andern Seiten aber die 115 Flächen trägt. Wiewohl noch eine Erklärungsweise durch Zwillingsbildung mög- lich ist, kann diese Auslegung der Rinnenbildung auch genügen. Uebrigens ist dieser Fall bei dem wirklich vollflächig tesseral krystallisirenden Cuprit und auch beim Quarz schon beobachtet worden (A. Lasaulx, Mineralogisch-krystallographische Notizen; Neues Jahrbuch f. Miner. Geol. u. Paläont. von Leonhard und Geinitz 1876. p. 264 bis 276). Aber nicht nur über Octaederflächen , auch über dessen Ecken treten Schalen auf, wie über dem oberen Eck in Fig. 11 der Taf I, wo eine Schale, die durch die Flächen von 311 begrenzt er- scheint, über demselben eine Kappe bildet, deren unterer Rand parallel zu den Octaederkanten läuft und in flacher Stufe abfällt. Bei der Kleinheit des Krystalles und der regelmässigen Begrenzung der über dem Ecke aufsitzenden Kappe wäre ein Irrthum leicht möglich, dies auf den ersten Blick für die Flächen irgend eines Adamantoides zu halten, welches mit dem Octaeder zu den Kanten desselben parallel 6 R. Helmhacker. [6] laufende Combinationskanten bildet. Dass dies wirklich eine Kappe, also eine Schale ist, lehrt die Neigung der Flächen 131, 311, 311, 131 etc., welche spitzer zulaufen als das Octaedereck selbst, dasselbe dem- nach nie zuspitzen könnten, wie ein Adamantoid, dessen Eck stumpfer sein muss als das Octaedereck selbst. An den Octaederflächen treten auch Schalen auf, wie in Fig. 8, Taf. I, in der Mitte, welche von den Flächen 311 aber ausnahmsweise auch von 101 begränzt erscheinen. Die Art der Schalenbildung könnte jedoch auch durch parallel orientirte, etwas hervorragende Subindividuen auf den Octaederflächen, demnach als Drusigkeit erklärt werden. Die trigonal begrenzten Schalen dieser Art erscheinen auf Octaeder- flächen häufig so nahe aneinander gedrängt, dass sie nur dort, wo sie sich nicht berühren, von den Flächen 311, die flach stufenförmig ab- fallen, begrenzt werden, wie dies auf Fig. 10, Taf. I, dargestellt ist. Auf der dargestellten Octaederfläche ist der punktirte Flächentheil der Schale um die Schalendicke höher, als die nichtpunktirten durch die schieffallende Stufe 311 oder 110, die zu den Octaederkanten parallel lauft, getrennten, tiefer liegenden Octaederflächen. Die schiefe Stufe lauft aber nicht immer stumpfwinkelig und geradlinig, sondern bogen-_ förmig, wie es auch an derselben Figur oben dargestellt ist, und die Octaederflächen erhalten durch diese Art der unterbrochenen Schalen- bildung ein landkartenartiges Aussehen. Bei den allermeisten unterbro- chenen Schalen dieser Art verlauft der Rand der Schalenrudimente nicht ganz geradlinig, die landkartenartige Zeichnung ist demnach eine vollkommene. Solche parallelepipedische Plättchen, die als Schalenrudimente aufzufassen wären, und deren Formen auf Fig. 11, Taf. I, auf der Fläche 111 ganz rein und scharf begrenzt auftreten, werden oft recht dünn, zu blossen Streifen oder Bändern, die entweder zu einer Octa- ederkante oder zu allen drei Kanten, indem sie sich winklig biegen oder winklig verzweigen, parallel laufen. Wenn solche Schalenbänder auf Octaederflächen auftreten, erschei- nen dieselben wie mit Schriftzeichen in bas-relief bedeckt, wie auf der Fläche 111 Taf. II, Fig. 14, auf welcher derlei unterbrochene Schalenbildungen deutlich zum Vorschein kommen. Manche dieser Schalenplättchen erlangen eine bedeutende Dicke, sie werden dann stabähnlich und treten zu den Octaederkanten parallel auf, wie auf den Flächen 111 und 111 in Taf. II, Fig. 15. Oder wenn solche Stäbe selbst in den Octaederkanten liegen, verstärken sie die- selben als Rippen bedeutend, Taf. II, Fig. 13, 15 und könnten schon als Krystallskelettkanten gelten. In den vertieften Krystallflächen, die an Krystallskeletten zu be- obachten sind, erscheinen die Vertiefungen dadurch bedingt, dass eine oder mehrere übereinander liegende Krystallschalen von bedeutender Dicke sich nicht völlig schliessen wie auf Tafel I, Fig. 13, der Fläche 111. Auch laufen die Skelettrippen nicht immer streng parallel zu einer Octaederkante, erscheinen auch nicht scharf, sondern wulstig ge- rundet oder angeschwollen wie auf der Fläche 111, Tafel I, Fig. 13. [7] Gold von Sysertsk am Ural. 7 Drusige Flächen sind an Gold-Octaedern von Sysertsk, be- sonders an den grösseren, die in irgend einer Richtung über 2 mm. messen, eine häufig zu beobachtende Erscheinung. Nur ist die Deutung der Drusigkeit wegen der verzerrten und unregelmässigen Ausbildung derselben nur an wenigen Krystallflächen mit völliger Sicherheit durchführbar. In vielen Fällen ist die Drusigkeit der Octaederflächen bedingt durch kleine, parallel orientirte Krystallflächen von 311 oder 311, 111, zu denen auch wohl 110 hinzutritt. Auf der Fläche 111, Taf. I, Fig. 5 und 6 ist ein einzelnes Eck des Deltoidikositetraeders 311 parallel zur Octaederfläche orientiert. Auf Tafel II, Fig. 14 zeigt die Fläche 111, die durch Ecken von 311 und auch von 311, 111 hervorgebrachte Drusigkeit recht deutlich; diese Drusigkeit wird aber undeutlich auf der Fläche 111 derselben Figur oder auf den Flächen 111 und 111 der Taf. II, Fig. 15. Auch negative drusige Flächen oder orientirte Eindrücke in Krystalllächen wie auf 111 oben in Taf. I, Fig. 14 lassen sich .bemerken und können dieselben auch als Vertiefungen, welche durch eine Krystallschale nicht ausgefüllt wurden, gedeutet werden, wie denn überhaupt der Begriff der Drusigkeit der Flächen auch in ge- wissen Fällen an die Schalenbildung erinnert. Manche drusigen Flächen zeigen halb verwachsene parallel orientirte Krystallflächen 311, 111 wie die Fläche 111 auf Taf. II, Fig. 15, welche Erscheinungen an Aetzfiguren auf Krystallflächen erinnern, ob- wohl damit in diesem Falle keine wirkliche Aetzfigur, im wörtlichen Sinne der Entstehung nach gemeint ist. Grössere Goldkrystalle zeigen sehr charakteristisch, die Skelett- bildung; meist sind es die Rhombendodekaederflächen also die Octaederkanten, wo die Anhäufung der Masse des Krystalles stattfand, während die Octaederflächen selbst vertieft erscheinen, Taf. II, Fig. 13, 15. Ueber den vertieften Octaederflächen breiten sich Balken meist parallel zu einer Octaederkante aus und versteifen so zu sagen das Kanten- krystallskelett, Taf. I, Fig. 15, Fläche 111. Manche solche Balken oder Bänder wenn sie dünner sind, erscheinen unausgebaut, indem sie von einer Octaederkante ausgehen aber nicht zu einer zweiten reichen; als wenn ihr Bau plötzlich aufgehört hätte, wie Fig. 15, Fläche 111 links zeigt. Von manchen Kanten sieht man im Wachsthum begriffene solche Querbalken ausgehen , welche kaum im Aufbau begriffen schon plötzlich spitzwinklig enden, Fig. 15, die zwei Kanten, welche die Fläche 111 begränzen. Auch verlaufen solche Balken, die sonst parallel zu einer Octaeder- kante, bei regelmässigem Aufbau der Krystallflächen gerichtet sind, in gebogenen Linien, insbesondere an den grösseren Krystallen, und bilden ein lockeres Maschenwerk, Taf. I, Fig. 13, Fläche ill; wie denn überhaupt die grösseren Krystalle die Eigenthümlichkeit haben, alle an kleineren Krystallen nachgewiesenen Regelmässigkeiten und geraden Kanten nur in Zerrformen und in wulstiger Rundung zu- zei- gen. Dass sich solche Balken oder Bänder der Skelette auch als 8 R. Helmhacker. [5] Krystallschalen auffassen liessen, wurde früher schon erwähnt, wie denn viele krystallographischen Erscheinungen sich verschiedenen Er- klärungsweisen gefügig zeigen. Als Skelettbildung können auch die treppenförmigen vertieften Flächen aufgefasst werden, wie dieselben auf Taf. II, Fig. 14 auf der Fläche 111 ersichtlich sind. Die Treppen vertiefen sich nicht gegen den Kern des Krystalles zu, womit die eigentliche Treppenbildung be- zeichnet wird, sondern sie laufen reihenförmig nur zu einer Kante parallel, wie in der Zeichnung angedeutet ist. Die Treppen, deren Bildung durch das Auftreten der Flächen von 110 und 001 hervor- gebracht wird, erscheinen nach oben zu selbst stufig und absätzig und interferiren mit undeutlich drusigen Bildungen. Diese wenigen Stufen sind an der Octaederfläche sehr deutlich; oft haben die Octaederflächen in einer Reihe verlaufende Stufen in ziemlicher Anzahl aufzuweisen, deren Regelmässigkeit durch die starke Kerbung derselben senkrecht auf ihre Längenrichtung etwas beeinträchtigt wird. Alle diese Erscheinungen, wie die Schalenbildung, landkarten- artige Zeichnung, Bänder, rauhe Drusigkeit, Treppenbildung, vertiefte Flächen, verschwommene Drusigkeit, die an Aetzfieuren erinnert, kommen nicht nur für sich an einem Krystall vor, sondern nicht selten zeigt eine jede Octaederfläche ein anderes Aussehen wie dies der genau nach der Natur gezeichnete Krystall, Taf. II, Fig. 14 auch Fig. 15 versinnlicht, wo jede Fläche auf andere Art ausgebildet erscheint. Auch regelmässige Verwachsung zeigen die Goldkrystalle in deutlichem Grade. Häufig findet man verzerrte Octaeder, welche mit einer 111 Fläche parallel an einander angewachsen sind, wo bald beide Individuen ziemlich gleich gross erscheinen oder das eine dem andern an Grösse nachsteht. Taf. I, Fig. 4, 5. Oder sind ziemlich regelmässig ausge- bildete Octaeder so aneinander gewachsen, dass ihre Achsen parallel laufen, Taf. I, Fig. 3; oder sind die Octaeder in der Richtung einer quadratischen Achse aneinandergereiht wie auf derselben Figur 3. er- sichtlich ist. Grössere Octaeder, die sich in der Richtung einer qua- dratischen Achse regelmässig aneinanderreihen, Taf. II, Fig. 13 werden immer undeutlicher; der oberste Krystall ist der deutlichste, die tieferen desto undeutlicher, je tiefer sie liegen und die untersten erscheinen bloss knollig verzerrt. Dass auch der auf Taf. II, Fig. 12 dargestellte treppenförmige Gruppenkrystall sich an (diese regelmässige Aneinanderwachsung in der Richtung einer quadratischen Achse ansc:uiiesst, ist keiner näheren Fr- klärung bedürftig. Von den bei Gold so häufig beobachteten Zwillingsbildungen des Octaeders, Hexaeders, des Deltoidikositetraeders 311, Tetrakis- hexaeders 210 oder des Rhombendodekaeders, welche als Juxtapositions- zwillinge eine Fläche des Octaeders gemeinschaftlich haben, ist mit Sicherheit nichts beobachtet worden. Vielen dieser _ Zwillinge kommen an gewissen Kanten einspringende Winkel oder Winkel, die grösser sind als 180° zu, ausser sie wären nach einer Achsenrichtung verkürzt oder verzogen (Rose 1. c. Poggendorf, Annalen l. c.; Friedr. Hessen- [9] Gold von Sysertsk am Ural, 9 berg Mineralogische Notizen 7. Heft, Tab. 3, Fig. 35, 36. Abhandlung der Senkenbergischen Gesellschaft in Frankfurt, Band 6). Dafür aber kommen am Sysertsker Golde häufig Zwillinge vor, an denen zwei Flächen von trigonaler Gestalt vorherrschen und die dadurch das Aussehen kurzer trigonaler Platten oder bei unbedeutender Dicke von trigonalen Blechen erlangen. An solchen Zwillingen sind einspringende Winkel meist nicht zu beobachten. Diese Zwillings- krystalle erlangen in ihrer grössten Ausdehnung 1 bis 5 Millimeter ; mit zunehmender Grösse derselben wird die Deutlichkeit unbedeutender. Solche trigonale Platten lassen sich als Octaeder-Juxtapositions- zwillinge, an denen die Berührungsebene eine Fläche des Octaeders ist, erklären. In Fig. 16, Tafel II ist ein Octaeder-Zwilling nach der Fläche 111 in Juxtaposition gezeichnet und mit dünnen Linien ausge- zogen. Wenn man aus den Flächen des Octaeders, welche der Be- rührungsebene parallel laufen und gegen einander umgekehrt liegen, Platten bildet, wie dieselben mit dicken Linien angedeutet sind und dieselben an den Ecken anwachsen lässt, wie dies die dicken Punkte anzeigen, und wenn man ausserdem die so erhaltenen zwei Platten, die umgekehrt liegen, sich mit der Octaederfläche, welche zur Berührungs- ebene parallel ist, berühren lässt, so dass sie beiden gemeinschaftlich wird, so erhält man diese bei Sysertsker Gold beobachteten Zwillinge. Wiewohl die gegebene Erklärung der Zwillingsbildung dieser Art hinreichend ist, so erscheint dieselbe doch gezwungen, da so manches vorausgesetzt werden muss. Viel einfacher wird diese Art der Zwillingsbildung erläutert, wenn das Gold als geneigtflächig hemitesseral krystallisirend angenommen wird. Wenn beide aus einem Octaeder durch Zerlegung desselben er- haltenen Tetraeder in ihrer ersten (+-) und zweiten (—) Stellung so an- einander gefügt werden, dass sie eine Tetraeder-(Octaeder)fläche gemein- schaftlich haben, wie es in Fig. 17, Tab. II dargestellt ist, wo die Fläche 111 des ersten Tetraeders in die Fläche 111 des zweiten Te- traeders fällt, so fallen die trigonalen Achsen beider Tetraeder, welche durch die beiden gemeinschaftliche Octaederfläche zum gegenüberliegen- den Eck gehen und wie dieselben in Fig. 17 durch dicke Linien punktirt erscheinen, nicht in eine Linie. Wenn das vordere, erste oder positive Tetraeder unverändert gelassen, das zweite, oder andere oder negative Tetraeder aber in der, beiden gemeinschaftlichen Octaeder- (Tetraeder)-Fläche um 180° gedreht wird, so fallen die trigonalen Achsen dieser beiden umgekehrt liegenden Tetraeder in eine Linie, Fig. 18, Taf. II. Tritt nun noch zu jedem Tetraeder eine Octaederfläche 111 und 111 hinzu, so stellen diese Gestalten Fig. 18 die am Golde von Sysertsk vorkommenden Zwillinge vor. Das Gesetz würde für diese Juxtapositions-Zwillinge heissen: Das erste und zweite Tetraeder haben eine Tetraederfläche und die auf der- selben senkrecht stehende trigonale Achse gemeinschaftlich und liegen demnach umgekehrt. Da sich diese Zwillingsbildung durch Annahme der tetraedrischen oder geneigtflächig hemitesseralen Krystallform des Goldes so leicht er- Mineralogische Mittheilungen. 1877, 1. Heft. (Helmhacker.) 2 10 R. Helmhacker. [10] klären lässt, muss wohl für das Gold die hemiedrische Krystallaus- bildung angenommen werden. Betreff der tetraedrischen Krystallgestalt des Goldes ist es hier nicht zum Erstenmale, dass darauf hingewiesen wird, denn schon Avd£&jov, der uralisches Gold analysirte, nennt in seinem Aufsatze (Ueber das krystallisirte Gold vom Bergingenieur-Capitän Avdeeff') in Poggendorf Annal. d. Physik und Chemie Band 53, 1841 auf pag. 159) „zwei zusammengewachsene Tetraeder von 0'986 Gramm Gewicht, deren speci- fische Schwere im ausgestreckten Zustände 1603 war“ und deren Zusammensetzung er angibt. Näheres ist von Avdejov über diese zusammengewachsenen Tetraeder von Gold, welche von den Gruben in Berezov im Jekaterinburger Bergamtsdistriet herstammen, nicht ange- geben, und wenn die Verwachsung dieser analysirten Krystalle der- jenigen ähnlich gemeint war, wie sie hier als Zwillingsgesetz ausge- sprochen wurde, so würde diese Art der Verwachsung schon lange auf- gefallen sein. Es ist anzunehmen, dass die Angabe der tetraedrischen Krystallgestalt des Goldes wie sie Avd&jov angibt, richtig ist, denn als Probirer in Jekaterinburg stammte er aus der berühmten mineralogi- schen Schule der Bergakademie von Petersburg; ausserdem hat der treffliche Mineralog General Cevkyn diese Mittheilung an G. Rose über- mittelt und dadurch die Richtigkeit der Angaben des Aufsatzes anerkannt. Die Dicke beider verkehrt liegenden Tetraeder ist nur in den selteneren Fällen gleich, wie auf Fig. 18, Taf. II, meistens sind die- selben ungleich dick, wie auf Fig. 19 und 20, wo das dickere in der Zeichnung nach Vorne zu gerichtet ist. Die Zwillinge sind entweder dick oder dünn plattenförmig, Fig. 19. Wie bei einfachen Krystallen sind die Flächen der Zwillinge gestreift; die trigonale Fläche trigonal, Fig. 19, Taf. II, die Ränder aber scharf gestrichelt, Fig. 20, Taf. 11. An den Randflächen erscheinen oft in vielfacher Wiederholung, also oscillatorisch, die Flächen von 211 als absätzige schwach geneigte Stufen, wodurch die Streifung der Ränder ihre Erklärung erhält. Schalenbildungen sind an den trigonalen Flächen nicht selten; so erscheint in Fig. 20, Taf. II auf der Fläche 111 eine ziemlich dicke Schale, welche Streifung trägt und trigonale Vertiefungen besitzt. Auch unvollkommene Schalenbildung ist zu beobachten, wie in Fig. 21, Taf. H, wo die Schalen nur als breite Platten die unten einen Winkel von 60° bilden, auf der Fläche 111 erscheinen und zwei trigo- nale Kanten verstärken. Deutliche Drusigkeit oder Skelettbildung, sowie andere Eigenthüm- lichkeiten der Flächen wurden auf den Zwillingsgestalten nicht beobachtet. Ausser diesen einfachen Gestalten treten auch Combinationen an Zwillingsformen dieser Art auf. Die Flächen des Hexaeders, Taf. I, Fig. 21, erscheinen mit 3 Flächen 100, 010, 001 als Abstumpfungen der Kanten, welche durch zwei Tetraederflächen gebildet werden; die Flächen 001, 100, 010 aber ') Ausgesprochen Avd&jov, demnach auch so zu schreiben. u [11] Gold von Sysertsk am Ural. 11 bilden eine Rinne im Zwillingskrystalle, welche die Zusammensetzungs- fläche dann recht deutlich erkennen lässt. Neben dem Hexaeder tritt aber auch das Deltoidikositetraeder 211 auf, welches auf Zwillingen dieses Gesetzes recht leicht erkannt werden kann, ohne dass man nöthig hätte dasselbe zu messen. Es stehen nämlich die Flächen dieser Gestalt auf einer der Octaeder- flächen, folglich auch auf einer der Tetraederflächen senkrecht. Auf der Fläche 111 oder 111 stehen in den Ecken der Flächen senkrecht: 121: 211 und. 112; auf denselben Flächen stehen in der Richtung der Kanten senkrecht: 112, 211, 121. Es stehen demnach auf dieser Tetraederfläche 111 sechs Flächen dieses Deltoidikositetraeders senk- recht; und weil diese Tetraederfläche die Zusammensetzungsfläche ist, so müssen auch diese sechs Flächen des andern in umgekehrte Lage gebrachten Tetraeders auf der Berührungsfläche senkrecht stehen, dem- nach diese sechs Flächen des Zwillinges nach der Drehung des einen Tetraeders in eine Ebene zusammenfallen. Es entstehen demnach keine einspringenden Winkel, was bei einem jeden anderen Deltoidikosite- traeder der Fall sein würde, weil bei keinem Deltoidikositetraeder nur bei 211 die Flächen auf den Octaederflächen senkrecht stehen. Diesen Zwilling zeigt Taf. II, Fig. 22. An demselben Zwilling treten auch nur 3 Hexaederflächen auf; die drei andern Hexaederflächen könnten nur in dem zarten Strich (als feiner Rinne) zwischen den, in der Rich- tung der Zusammensetzungsebene liegenden drei Flächen 112, 211, 121 und den mit denselben in eine Ebene fallenden 3 umgekehrt liegenden vorhanden sein. Nachdem die tetraedrische Ausbildung der Goldkrystalle nachge- wiesen ist, kann die auf Taf. I, Fig. 9 auf Octaedern auftretende Ker- bung der Kanten ohne bedenkliche Hindernisse, die dagegen sprechen würden, auch auf die Art erklärt werden, dass in solchen Krystallen eigentlich zwei sich durchdringende beinahe im Gleichgewicht ent- wickelte Combinationen des ersten (+) und des zweiten (—) Tetrae- ders vorliegen. Der Krystall Fig. 9 wäre demnach ein Penetrations- Zwilling, obwohl, wie oben angeführt, die Kantenfurchung auch durch Schalenbildung ihre Erklärung finden würde. Um möglicher Weise auf den Zusammenhang der tetraedrischen Krystallgestalt mit der Zusammensetzung zu kommen, wurde das speci- fische Gewicht aller dieser verfügbaren eigenthümlichen Zwillinge des Goldes von trigonaler Form im Gesammt-Gewichte von 0:50 Gramm (11 Stück) mit 16'416 bestimmt. Es kann jedoch aus der Dichte kein weiterer Schluss gezogen werden, ausser dass möglicher Weise das Gold der Zwillinge silber- hältiger ist, wenn auf die Richtigkeit der Dichtenbestimmung bei der geringen Menge eines so sehr schweren Minerales, wie es das Gold ist, ein besonderes Gewicht zu legen wäre. Im äussersten Falle ist das specif. Gewicht der Zwillinge demjenigen der Octaeder sehr nahe. An diesem Orte sei es gestattet die Beobachtung Avd&jov’s hier einzuschalten; dass die Gold-Rhombendodekaeder die goldreichsten sind und am Ural nie unter 91°/, Au enthalten, während die Octaeder und 9* 12 R. Helmhacker. [12] Tetraeder ärmer an Au sind; die Tetraeder aber wieder goldreicher als die Octaeder erscheinen. Diese zweite Angabe, dass die Tetraeder goldreicher als die ÖOctaeder wären, hat keine allgemeine Geltung, denn da nur ein ein- ziger solcher Versuch bei Avd&jov gemacht wurde, ist er nicht zu ver- allgemeinen; unsere Tetraederzwillinge wiedersprechen dem aber be- stimmt. Der bedeutende Reichthum an Gold in Krystallen der Form von Rhombendodekaedern gegenüber dem Goldgehalte anderer Krystall- gestalten des Goldes bewährt sich aber und findet an den Rhomben- dodekaedern des Goldes von Eule in Böhmen, die gegen 98°/, Au ent- halten, seine nochmalige Bestätigung. Auch einer anderen wichtigen Eigenschaft des Goldes, die in den Handbüchern meist vermisst wird und die Avd&jov nachwies, sei hier erwähnt; nämlich der Zunahme des specifischen Gewichtes, welches das krystallisirte Gold erleidet, wenn es ausgewalzt wird. Das krystalli- sirte Gold hat nicht das Maximum der Dichte des Goldes. Avd£jov wies dies durch vielfache Versuche nach, indem er die Dichte von Goldkrystallen bestimmte, dann dieselben verwalzte und die Goldstengel wieder auf die Dichte untersuchte. Zum Schlusse seien hier noch die bisher am Gold beobachteten einfachen Krystallgestalten angeführt: 1) 100 Hauy 7) 321 Lang?) 2) SHEREUN, 8) 421 Rose 3). 1102 1%, 9) 19, -11,..1.2 Rose) 4) 210 Rose 10) = 111 Avdejov‘) 5) 211 Dufrenoy') len! s 6) 311 Rose ‚Es ist demnach, trotzdem dass das Gold ein so gemein verbrei- tetes Mineral ist, welches auch nicht gar so selten krystallisirt ange- troffen wird, die Zahl der an demselben beobachteten Flächen eine unbedeutende, was der Kleinheit der Formen der Krystalle, noch mehr aber ihrer verzerrten Ausbildungsweise zuzuschreiben ist. ) Die Form 211 findet man selten in Lehrbüchern, oder als zweifelhaft angeführt, obwohl sie Dufrenoy Comptes rendu 29, 193 am Golde von der Provinz Goyaz in Brasilien angibt. Diese Form, deren Vorkommen hier unzweifelhaft nach- gewiesen ist, scheint wirklich nicht gemein zu sein. Mohs gibt im „Grundriss der Mineralogie“ 1824 p. 510 am Golde an: H 100, OÖ 111, D 110, C, 211, welches er richtig in Tom. I Fig. 30 abbildet. Bei Gold- zwillingen gibt er an die Zwillingsbildung C, nach O, die er auf Fig. 153 Tom. I zeichnet und auf pag. 729 als C, u. erklärt. Die Zeichnung Fig. 153 stellt aber nicht die Form C, sondern diejenige von C, 311 vor, so dass man schliesslich nicht sicher ist was wichtiger erscheint, ob der Text oder die Zeichnung? ?) Nach Lang, Jahresbericht für Chemie 1863, pag. 791 soll am Gold diese Form 305 vorkommen. Es scheint also diese Gestalt am Golde nicht gänzlich sichergestellt zu sein. ®) Diese in Poggendorf Annalen Band 23, 1831 p. 199 besprochene Form vereinfacht Quenstedt (Mineralogie 1863 p. 556) zu 3Sa:;a : 1a= 15, 9,1. *) Avdejov gehört die Priorität für diese Formen, da er (l. c, p. 159) von denselben spricht. Ueber Diabas von Almaden und Melaphyr von Hankock. Von R. Helmhacker. 1. Diabas von Almaden (Spanien). Die Stadt Almaden liest in dem Kreise Ciudad-Real in der Pro- vinz la Manche in Spanien. In der Umgebung der Stadt treten silurische und devonische Schichten auf, wie dies von Barrande und Verneuil nachgewiesen wurde, in deren ersteren die reichen Cinnabarit - Lager- stätten zum Vorschein kommen. Die Gesteine bestehen aus schwarzen, bräunlichen oder weissen Grauwackenschiefern mit Versteinerungen und aus meist weissen oder röthlichen, theilweise mit weissen Adern durchzogenen feinkörnigen Quarziten, welche in der Nähe der Schiefer schwarzgrau werden. Ein Vorkommen, welches an gewisse untersilurische Schichten in Böhmen, insbesondere an den unteren Theil der Etage D errinnert. Mit diesen Gesteinen kommt ein anderes vor, welches den Namen „Frailesca* führt, und das im Grauwackenschiefer mächtige Lager zu bilden scheint, welche in der Nähe der im Quazit auftretenden Cinna- barit-(Lager) Imprägnationen auftreten. Ob sich dieses Gestein im Hangenden oder Liegenden der Erzlager befindet, erscheint nach den Grubenkarten bei dem steilen und selbst beiderseitigen Verflächen der Schichten unentschieden, weil die Lager am Ausbiss nach 75—80° gegen Nord in der Grube aber am 9. und 10. Lauf nach Süden ein- fallen. Der San Teodoroschacht ist in dieser Frailesca bis zwischen dem 10. und 11. Lauf niedergeteuft. Die beste Beschreibung von den wenigen, die über Almaden’s Quecksilber-Bergbau bekannt sind, ist diejenige vom Bergwerks-General- inspector Jose de Monasterio y Correa, welche sich unter dem Titel: Mineralogische Mittheilungen. 1877, 1. Heft. (Helmhacker.) 14 R. Helmhacker. [2] „Notice sur les mines de mercure d’Almaden (Espagne)“ in der Revue universelles de mines, de la metallurgie etc. von Cuyper; Tome 29, I. Semestre 1871, auf pag. 1—26 vorfindet. Monasterio y Correa beschreibt nun dieses Gestein, welchem die Bergleute den Namen von „frailesca* oder „franeiscana“ wegen seiner Aehnlichkeit mit der Farbe des Kleides der Franciscaner, (Cordeliers — frailes franciscos), welche dasselbe oft besitzt, gegeben haben, fol- gendermassen (pag. 8. 1. c.): „Diese Gebirgsart hat eine schiefrige breccienartige Structur mit Bruchstücken von schwarzem Schiefer, mit dem Bindemittel von dolo- mitischem lichtgrauen Kalk, und ist untermischt mit kleinen Sand- und Quarzitkörnchen. Sie ist sehr hart und an der Luft sehr widerstands- fähig, zwei Umstände, welche dieselbe zum Abteufen der Schächte in Almaden recht geeignet machen, welche dadurch weder Zimmerung noch Mauerung bedürfen. Die Frailesca begleitet die Schichten, welche die Cinnabaritlager- stätte bilden, folgt ihren Biegungen, obwohl sie auf den ersten Blick den Anschein einer Art Insel hat, die inmitten der Quarzite und Schiefer ruht.“ Das zeugt nun für die Lagernatur dieses Gesteines. Weiter heisst es hier: „Die plutonischen Felsarten des Gebietes von Almaden sind ziemlich zahlreich und gehören ohne Zweifel ver- schiedenen Zeiträumen an.* „Wir erwähnen bloss die Melaphyre, die trachytischen Porphyre und die Granite; da es unser Zweck war nur eine Idee der allgemeinen Verhältnisse der Gegend zu geben, in welcher die Gruben sich befinden.“ Auf der Grubenkarte, die den neunten Lauf im Grundriss dar- stellt, ist ein solches mit dem Namen Porphyr bezeichnetes Gestein verzeichnet, an dem das San Nicolas - Lager im östlichen Grubentheil schief absetzt und welches demnach einen Stock oder Gang bilden würde, wenn nicht vielleicht eine Verwerfung vorliegt, worüber auszu- sprechen es hier unmöglich ist. Mit einer Suite das Erzvorkommen von Almaden auf der Wiener Weltausstellung 1873 vorstellend, erhielt ich Kenntniss von diesen beiden Gesteinen: dem Gestein, welches man in Almaden „Porphyr* und „Frailesca“ nennt. Dieselben sollen hier nicht nur aus der Ursache beschrieben werden, weil das Vorkommen des Erzes dort eines der interessantesten ist, sondern weil diese silurischen Gesteine bis zum Verwechseln an böhmische Vorkommnisse erinnern. Das unter dem Namen Porphyr von Almaden angeführte Gestein ist Diabas. Derselbe ist von den frischeren Diabasen von Sedlec bei St. Ivan und Radotin in Böhmen, welche in den oberen Schichten der Etage Dd, Lager (gewesene Decken) bilden, kaum zu unterscheiden, nur dass er etwas frischer erscheint, eben weil er aus der Grube stammt. Der nur wenig zersetzte spanische Diabas zeigt auf einer an- geschliffenen Fläche deutlich bis 1\/,;, mm. breite und bis 8 mm. lange [3] Ueber Diabas von Almaden. 15 Querschnitte von Plagioklas neben schmutzig dunkelgrünen andern Ge- menstheilen. Im Bruche sind die Spaltungsflächen des Plagioklases (Labradorites) glänzend, ziemlich deutlich, und die meisten auf 001 gestreift; selbst Kry- stalllächen von 001 und O10 lassen sich beobachten. Die Neigung dieser zwei freilich nicht gänzlich ebenen Flächen von 1 mm. Breite wurde unter dem Mikroskope durch Einstellen mit der Hand 93° 32° (aus mehreren Messungen) bestimmt. Die weissen Krystalle des Labradorites erscheinen stellenweise schmutzig grünlich durch staubartig eingedrun- genen Chlorit gefärbt, manche erscheinen wie gebrochen und mit wolkig vertheiltem Chlorit verbunden. Mit dem Labradorit der Menge nach ziemlich im Gleichgewichte stehend ist der Augit. Derselbe zeigt keine deutlich begrenzten Krystall- flächen, auch keine deutliche Spaltbarkeit, sondern einen unebenen Bruch und dunkelbraune Farbe. Er scheint sich mit seinen Formen mehr den früher krystallisirten Plagioklasen angeschmiegt zu haben. In geringerer aber doch hervortretender Menge tritt der Chlorit in sehr feiner Vertheilung auf, welcher theilweise in grösseren Partikel- chen ausgeschieden ist, aber als grünfärbendes Mineral im weissen Labradorit besonders auffällig wird. In geringster Menge finden sich kurze höchstens '/, mm. dicke Plättchen von eigenthümlich eisenschwarz glänzendem Ilmenit. In besonders günstigen Fällen lassen sich dessen nicht ganz pa- rallel verwachsene Gruppenkrystalle 0001, 1011? und 1010 schon mit der Loupe erkennen. Dass dieses Mineral wirklich Ilmenit und nicht Magnetit ist, zeigen dessen Bruchformen, die parallelepipedisch sind; ausserdem aber wurde dasselbe vor dem Löthrohr als Ilmenit bestimmt. Hie und da zerstreut finden sich Körnchen oder Gruppen von Pyrit in ziemlich untergeordneter Menge. Der wenig zersetzte Diabas enthält keinen Calecit als Zersetzungs- product des Plagioklases, indem derselbe in verdünnter Chlorwasser- stoffsäure keine Gasblasen entwickelt, ja der Labradorit sich gar nicht mit Bläschen von Kohlensäure bedeckt. Im Dünnschliff zeigt das Gestein folgende Eigenthümlichkeiten unter dem Mikroskope: Die Plagioklase erscheinen bei starker Vergrösserung nicht gänz- lich durchsichtig, obwohl sie im polarisirten Lichte recht deutlich wenige Zwillingslamellen zeigen. Entweder in der Richtung einer Spal- tungsfläche, oder ohne alle Regel zeigen sich in derselben kleine Chlorit- schuppen: stellenweise sind inmitten der Labradoritmasse nur sehr wenige, theilweise übereinander geschobene solche Schüppchen anzutreffen. Ausser diesen Chloriteinschlüssen sind in den Plagioklaskrystallen stel- lenweise sehr zahlreich hexagonale lange Apatitnadeln eingewachsen. Die Nadeln sind alle ziemlich gleich dick, etwa '/;, mm. Der Augit zeigt unter dem Mikroskope eine licht gelblichbraune Farbe und ziemlichen Grad von Durchsichtigkeit; derselbe ist von 16 R. Helmhacker. [4] zahlreichen dicken Sprüngen in allen Richtungen durchsetzt, innerhalb welcher die Augitsubstanz im polarisirten Lichte lebhafte Farben zeigt, entgegen den schwachen chromatischen Erscheinungen des Augites, des Diabases aus der Tiefe von 1000 m. des Adalberti - Liegendganges in Pribram. Die Ränder des Augites, obwohl scharf, sind dennoch nicht scharfkantig. Nur bei bedeutenden Vergrösserungen von 400—500 be- merkt man, dass sich in manchen Klüften des Augites etwas Chlorit angesiedelt hat. Wenn aber sonst am frischen Augit Chloritschuppen zu sehen sind, so lassen sich dieselben eher als selbstständige Aggregate als im Augit eingewachsene Parthien deuten. Starke Vergrösserungen lassen im Augit zahlreiche Flüssigkeitseinschlüsse bemerken. Fremdartige Einschlüsse, insbesondere aber Apatit, sind im Augit abweseud. Der Chlorit, obwohl nach Plagioklas und Augit das in geringerer Menge auftretende Mineral, ist durch reine gelblichgrüne, oder bräunlich grüne, meist aber lebhaft saftgrüne Farbe, wo er aus zahlreichen Schup- pen bestehende selbstständige Parthien bildet, auffällig. Die im Plagio- klas eingewachsenen, oder auch etwas loser gehäuften SrRunE sind mattgrünlich. Immer ist aber ihr Dichroismus bedeutend und zeigen dieselben auch chromatische Erscheinungen im polarisirten Lichte, wiewohl in schwachen Graden. Die nicht schuppig zusammengesetzten Chlorite zeigen bei starker Vergrösserung Flüssigkeitseinschlüsse. Der Ilmenit fällt durch seine Undurchsichtigkeit auf; Schliffe in der Richtung quer auf eine hexagonale Nebenachse lassen ihn als langgezogene Rechtecke zum Vorschein kommen. Häufig liegen solche Rechtecke, also die ursprünglichen Krystalle so nahe an einander, dass zwischen denselben nur ein so enger Zwischenraum stattfindet, der gegenüber der Dicke der Krystalle unbedeutend ist. Die Dicke der Ilmenitkrystalle schwankt zwischen '/,. bis ‘/; mm. Manche Krystalle dieses Minerales bilden im Schliffe netzförmig sich kreuzende Aggregate. Der Menge nach mit dem Ilmenit wohl übereinstimmend, oder nur unbedeutend zahlreicher sind kleine Quarzkörnchen von °/, bis ®/,. mm. Breite, die sich den Untersuchungen des Diabases mit der Loupe gänzlich entziehen und nur durch den bedeutenden Grad ihrer Durchsich- tigkeit, die wenig langgezogene, vielmehr gerundete Form, dann durch die zahlreichen Flüssiekeitseinschlüsse, welche sie bei starken Vergrös- serungen zeigen, sowie durch ihre starke Farbenveränderung im polari- sirten Lichte unter dem Mikroskope auffallen. Die Quarzkörnchen lieben besonders die Nähe des Plagioklases. Caleit, sowie irgend welche amorphe Glasmasse, ist nicht nachge- wiesen worden. Schwarze gehäufte Körner lassen sich als Pyrit erkennen. In einem an Chlorit anstossenden Quarzkörnchen stacken vom Chlorit aus büschelförmig verlaufend einige kurze am Ende schief ab- geschnittene Kryställchen von etwas bedeutenderer Dicke als die Apa- [5] Ueber Diabas von Almadön. 17 titkryställchen und von bläulich grüner Farbe. Da der Dichroismus der- selben ziemlich bedeutend war, so dürften dieselben als Amphibol zu deuten sein. Das specif. Gewicht des Diabases wurde mit 2874 (mit 242 Gramm) bestimmt. Nicht nur die äussere Erscheinungsweise, sondern auch das Ver- halten unter dem Mikroskope dieses Diabases von Spanien stimmt auf- fällig mit den Diabasen von Böhmen, die aber als etwas zersetzt Oaleit einschliessen. Frische Diabase von Böhmen dürften auch des Calecites entbehren. Das zweite, in Almaden als Lager vorkommende Gestein, die „Frailesca® ergibt sich als Diabastuffschiefer (oder Schalstein- schiefer) und hat mit manchen in der tiefsten Zone der Etage D und zwar in Dd, in Böhmen auftretenden Gesteinen, die auch mitunter ziemlich haltbar sind, eine bedeutende Aehnlichkeit. Das Gestein ist grobschiefrig, im Bruche unebenschiefrig und besteht aus einer schwarzgrauen, grauwackenschieferartigen feinkörnigen Masse, in welcher scharfkantige kleine bis höchstens haselnussgrosse Bruchstücke, mit der platteren Seite zur Schieferung parallel gelagert, von schmutzig lichtgrauer oder gelblichgrauer Farbe zahlreich einge- bettet sind. Diese scharfkantigen Trümmer erweisen sich als ein zusammen- gesetztes im hohen Grade zersetztes Gestein, vielleicht als Diabastuff. Sowohl die schwarzgraue schiefrige Grundmasse als auch die Brocken sind mit dem Messer ritzbar, angehaucht geben sie einen starken Thon- geruch von sich, und sind quer auf die Richtung der schiefrigen Textur mit dünnen, höchstens Millimeter dicken Caleitklüftchen, welche sowohl durch die Grundmasse als die eingebetteten Brocken durchgehen, spär- lich durchsetzt. Sowohl die Grundmasse als die Brocken entwickeln in kalter verdünnter Chlorwasserstuffsäure keine Bläschen, wohl aber in erwärmter, zum Beweise, dass sie durch Dolomit oder dolomitischen Kalk im- prägnirt sind. Mit dem Mikroskope kann man solchen hoch zersetzten Trümmer- Gesteinen nicht beikommen, es entscheidet da mehr die Aehnlichkeit mit andern schon gut bekannten Gebilden und da muss die zum Ver- wechseln grosse Aehnlichkeit von manchen (unter)-silurischen Gesteinen in Böhmen und Spanien auffallen. Durch die Munificenz des hohen Ministeriums für Landescultur und Bergwesen wurden die demselben untergeordneten Bergakademien mit einer Suite von Almadener Erzen und Gesteinen, welche auf der Wiener Weltausstellung vorlagen, betheilt, und dadurch diese Arbeit ermöglicht. Mineralogische Mittheilungen. 1877. 1. Heft. (Helmhacker.) 18 R. Helmhacker. [6] 2. Melaphyr von Hankock (Michigan U. S.). Die Melaphyre des Keweenaw-Point im Lake Superior, Michigan U. S. bilden mächtige Lager jm Untersilur und zwar in der Potsdam- Gruppe, welche aus Sandsteinen und Conglomeraten besteht. Früher wurden diese in Amerika als Trapp (Diabas) bezeichneten Gesteine der Permformation zugezählt, haben sich aber als untersilurische Mela- phyre, welche durch ihre reichen Lagerstätten von gediegen Kupfer und Silber berühmt geworden sind, erwiesen. Schon Geinitz bezeich- nete ein ihm übermitteltes Gesteinsstück aus der Kupferregion des Superior-Sees sogleich als Melaphyr. Schon lange war es mir sehr erwünscht, diese untersilurischen Gesteine zu erlangen und Prof. Kupelwieser erfüllte dies Jahr meine Bitte, indem er mir zwei Brocken des Eruptivgesteines mitbrachte, wofür ich demselben dankbar bin. Diese Gesteine stammen von der Quincy-mine, nördlich in der Stadt Hankock, welche im südlichen Theil von Keweenaw - Point am Lake Superior, Michigan U. S. liegt. Der eine Brocken ist vom Hangenden, der andere vom Liegenden der Kupfer-Lagerstätte. a) Melaphyr des Kupfer-Hangenden. Das Gestein im Hangenden der Lagerstätte von gediegen Kupfer ist kleinkörnig und schon mit freiem Auge erkennt man in demselben zwei Gemengtheile; einen blass fleischrothen spaltbaren, welcher in den grösseren Körnchen lichtgrünlich verblasst ist und den man auf den ersten Blick für Orthoklas halten könnte, wenn nicht andere kleinere stabähnliche Krystalle unter der Loupe eine oder höchstens zwei Fur- chen auf einigen der Spaltungsflächen zeigen würden. Weil dieses dem Orthoklas ähnliche Mineral im Dünnschliffe die Zwillingsstreifung nicht so deutlich zeigt als es wünschenswerth erscheinen würde und in welchem man wohl dann Orthoklas vermuthen könnte, wurde ein Bröckelchen, an welchem die Spaltungsrichtungen 001 und O10 ersichtlich waren, unter dem Mikroskope eingestellt und der Winkel beider Spaltungsrich- tungen aus 12 Beobachtungen im Mittel mit 86° 50° (Gränzwerthe von 84° 10° bis 88° 20°) bestimmt. Weil aber die Gränzwerthe zu weit auseinander fielen, was wegen der nicht vollkommenen Ebenheit der Haltungsflächen erklärlich erscheint, wurde ein anderer etwas grösserer gegen 2 mm. langer Krystall herausgelöst und zerbrochen und der Winkel der Theilungsflächen nochmals aus 7 Beobachtungen mit 93° 10° (zwischen den Gränzwerthen von 92° 20° und 94° 10°) bestimmt. Die Uebereinstimmung beider Beobachtungen bestätigt also das Vorhanden- sein eines Plagioklases. Der andere Gemengtheil ist tief dunkelgrün, wenig glänzend, dicht, uneben brechend; derselbe ist weder Olivin, weil er nicht dessen Härte besitzt, noch Serpentin, weil er sich mit Caleit leicht zu einem 'grün- [7] Gold von Sysertsk am Ural. 19 lichen Pulver schaben lässt und dabei milde ist. Das Mineral würde man am ehesten noch für dichten Chlorit oder ein demselben ähnliches Mineral zu halten geneigt sein. Mehr Mineralien sieht man mit freiem Auge in dem Gesteine nicht. ‘Im Dünnschliff zeigt das Gestein eine mannigfaltigere Zusammen- setzung als diejenige, welche sich dem freien Auge darbietet. Vorherrschend erscheinen unter dem Mikroskope langgezogene Stäbe von Plagioklas von gegen '/„ mm. Breite, durch deren parallele Verwachsung mit ihren längeren Seiten aber breitere, an den Ecken rechtwinklig stufig abgesetzte, oder nicht gebrochenlinig begränzte parallele Verwachsungen entstehen. Die Farbe ist licht fleischroth, doch nur stellenweise; ein Dritttheil bis die Hälfte der Plagioklasdurch- schnitte ist unregelmässig meergrün gefärbt. Die meergrüne Färbung, obwohl auch im Krystallinnern unbestimmt begränzt auftretend, nimmt meist die Enden oder Ränder der rechteckigen Querschnitte ein, so dass dieselbe als eine secundäre aufzufassen ist. Bei starken Vergrösse- rungen von 300—400 erweiset sich ein Theil der licht fleischrothen Farbe als von zarten, schmutzig röthlichbraunen, durchscheinenden Schuppen, wahrscheinlich von Haematit herrührend, während die Ur- sache der meergrünen Färbung nicht zu ergründen ist. Im gewöhn- lichen Lichte zeigen sich spärliche Zwillingsstreifen beinahe etwas deutlicher als im polarisirten, weil das Farbenspiel der Plagioklase ein undeutliches ist. Die frischeren fleischrothen Parthien zeigen andere, bald blässere bald deutlichere Farben im polarisirten Lichte als die meergrünen, welche Aggregatpolarisation zeigen und sich als wenig spaltbar, demnach als fein krystallinisch, bei sehr schwacher Vergrösse- rung als dicht ergeben. Wegen der undeutlichen Erscheinungen, welche auf wiederholte Zwillingsbildung, also auf einen Plagioklas deuten würden, wurden die früher angegebenen Winkel der Spaltungsgestalten bestimmt; ein Fingerzeig, wie leicht man den Plagioklas mit Orthoklas verwechseln könnte. Die kleineren Rechtecke des Plagioklases sind bis auf unbedeu- tende Parthien schon gänzlich meergrün gefärbt. Das zweite Mineral, nach dem Plagioklas das häufigste, tritt in ziemlich grossen, gerundet eckigen, lebhaft saftgrünen Massen auf, welche als ein Zersetzungsproduct des Olivins zu deuten wären. Dichroismus zeigt das saftgrüne Mineral wohl, aber nicht sehr bedeutend; im polari- sirten Lichte zwischen beiden Nikols zeigt es deutliche Farbenände- rungen von gelblich, gelblichgrün, grünlichbraun bis dunkelblattgrün und erweiset sich in den meisten Fällen als ein schuppiges Aggregat mit Aggregatpolarisation. Zersprungene Parthien sind nicht häufig zu beobachten; einige haben einen ganz deutlichen Rand; andere, aber nicht die meisten, besonders die kleineren wurden am Rande von röthlich- braunen durchscheinenden auch in’s Innere reichenden schuppigen Fetzen von Haematit eingefasst, welche am äussersten Rande durch einen schwarzen undurchsichtigen, wohl aus Ilmenit bestehenden Saum ver- stärkt werden. 5*+ 20 R. Helmhacker. [8] Manche dieser saftgrünen Körner werden von einer Zone von Ilmenit eingefasst; besonders die kleineren zeigen dies deutlich, ohne dass diese schwarze Umrandung als Zersetzungszone zu deuten wäre. Manche kleinere grüne Körner bestehen beinahe ganz aus Haematit- fetzen. Andere Ausscheidungen oder eingewachsene Mineralien sind in dem grünen Mineral nicht zu finden, ausser etwa von Plagioklasen, welche die grösseren Körner durchwachsen. Neben diesen zwei häufigsten Mineralien tritt in ziemlich grossen aber nur zerstreut auftretenden Brocken, von nicht deutlich geradlinig begränzten Umrissen der Augit auf. Derselbe zeigt seine in Dünn- schliffen charakteristische Farbe, ist netzförmig zersprungen und jedes zwischen den Sprüngen eingeschlossene Augitstückchen zeigt deutliche Polarisationsfarben. Ausser wenigen Körnchen von Magnetit sind in demselben keine anderen Einschlüsse zu bemerken. Häufig sind in dem Gemenge Stäbchen von Ilmenit von etwa Y/a, bis '/,, mm. Breite und bis Sfacher Länge zerstreut; dieselben sind aber nicht in anderen Mineralien eingewachsen, sondern lagern an den Gränzen zwischen den verschiedenen sich gegenseitig ganz oder mittelbar berührenden Gemengtheilen. Den zwischen den Gemengtheilen noch erübrigenden, sehr beschränk- ten Raum nimmt eine homogene, chokolade- bis graulichchokoladefärbige halbdurchsichtige Glasmasse ein, in welcher sich kleine zahlreiche Magnetitpunkte, oder zu rechtwinklig auf einander stehenden gekörnelten Stäbchen gruppirte Magnetitoctaeder, oder auch dünnere Stäbchen von ‚IImenit ausgeschieden finden. Diese Glasmasse erscheint manchesmal in den Plagioklaszwillingen, theilweise parallel zur Zwillingsebene als dünne Schicht mit ausgeschiedenen Magnetitkörnern eingedrungen. Nur selten ist auch ein einzelnes grösseres Korn von Magnetit in der saftgrünen Olivinpseudomorphose zu sehen. Apatit wurde mit Sicherheit nicht beobachtet. Das specifische Gewicht des Hangend-Melaphyres wurde aus 2-64 Grammen mit 2'827 bestimmt. b) Melaphyr vom Kupfer-Liegenden. Dieser Melaphyr ist von chocoladebrauner Farbe und dicht. In demselben glitzern kleine Krystallspaltungsflächen von kaum Mohngrösse; sowie sich auch in der dichten Grundmasse kleinwinzige schwarzgrüne matte Mineraltheilchen erkennen lassen. Nur ausnahmsweise ist ein bis erbsengrosser Krystall eines Plagioklases in dem Gestein von klein- porphyrartiger Textur eingewachsen. Solche grössere sehr spärliche Kry- stalle zeigen oberflächlich bei mehr oder weniger deutlicher Spaltbarkeit ein etwas verändertes, steatitähnliches Ansehen, ein Beweis des Ange- griffenseins derselben. Die haardünnen Klüfte, denen nach das Gestein abgelöst erscheint, sind entweder mit einem bläulichweissen oder schmutzig rothbraunen [9] Ueber Diabas von Almaden. 21 Hauch von Kaolin und Haematit überzogen. Andere Klüfte von der Dicke von wenigen Millimetern sind striemig gefurcht und bestehen aus einem schmutzig dunkelgrünen Mineral, wahrscheinlich Chlorit, in wel- chem Plättchen, wahrscheinlich von Orthoklas von fleischrother Farbe, eingelagert erscheinen, Im Dünnschliff unter dem Mikroskope erscheint der Melaphyr gleichfalls von porphyrartiger Textur, indem in einer verworren klein- krystallinischen Grundmasse grössere Krystalle eingewachsen erscheinen. Die eingewachsenen durchsichtigen farblosen Krystalle sind ent- weder einzelne Individuen von '/,, bis '/,; mm. Breite und einer 3- bis 6fachen Länge, oder Kıystallaggregate, entstanden durch rechtwinklige Verwachsung in Form von L oder durch Anreihung der Krystallindi- viduen den Längenseiten nach, wodurch sie auch mit stufenförmig gebrochenem Rande erscheinen, oder ganz regellose Anhäufungen bilden. Die L-förmigen Verwachsungen könnten Zwillinge sein, weil dieselben eine von der Ecke des L ausgehende Zwillingsfurche gegen beide Indi- viduen etwa gleich geneigt (45°) zeigen. Die kleinen Zwischenräume, in denen sich die Krystalle in den Aggregaten nicht berühren, sind mit gefärbter Grundmasse erfüllt, welche auch inmitten der Krystall- substanz wiewohl recht spärlich in kleinwinzigen Häufchen eingeschlos- sen erscheint. Die Krystalle, welche die phorphyrartige Structur bedingen, zeigen im polarisirten Lichte Zwillingsstreifung, jedoch weniger häufig, auch nicht so zahlreich und auch weniger scharf als man dies sonst bei ganz frischen Plagioklasen zu sehen gewohnt ist. Das etwas weniges veränderte Aussehen der grossen eingewachsenen Krystalle scheint dieses zu erklären, denn die allererste Aenderung, welche die Plagioklase durch die anfangende Zersetzung erleiden, ist das Undeutlich- werden, wenn nicht der gänzliche Verlust der Zwillingslamellen. Ausser diesen Plagioklaskrystallen und deren Aggregaten bemerkt man noch Körner des vordem beschriebenen Olivinzersetzungsproductes von grasgrüner Farbe, welches nur schwachen Dichroismus zeigt und der Grösse nach den Orthoklaskrystallen bedeutend nachsteht. Polari- sationsfarben zeigt es lebhafte von gelblichgrün bis tief blaugrün. Die Grundmasse ist ein Gewirre von Gemengtheilen, von denen ganz regellos zerstreut liegende kurze Stäbchen von durchsichtigem farblosen Plagioklas den Hauptgemenstheil bilden. Die Plagioklas- stäbchen zeigen constante Grösse, indem sie bei der Länge von !/; bis ', mm. die Breite von !/,, mm. besitzen. Dieselben zeigen im polarisirten Lichte nur einerlei Farbe, oder höchstens inmitten die Andeutung eines Zwillingsstriches, was nicht hindert dieselben für Pla- sioklas zu halten, da die Breite derselben ohnehin geringer ist als die Breite der wenigen Zwillingslamellen, aus welchen die phorphyr- artig eingewachsenen Krystalle zusammengesetzt sich zeigen. Nebst den Plagioklaskrystallen ist in der Grundmasse der Menge nach gleich häufig das grüne Zersetzungsproduct des ÖOlivins und Magnetit. 22 R. Helmhacker. [10] Das grüne Mineral bildet unregelmässige Körner von gleicher lichtgrasgrüner Farbe und nur stellenweise mit sich an dieselben an- legendem Magnetitkranz umrandet. Der Magnetit bildet einzelne Körner, welche die Breite der Plagio- klasstäbchen erreichen, oder noch häufiger aus wenigen Körnchen bestehende Aggregate. In diesem Gewirre finden sich ziemlich deutliche gelbrothe Flitter von Haematit ohne alle Regel zertheilt; dieselben dürften wohl, obwohl nicht als vorherrschender Gemengtheil der Grundmasse auftretend, die Farbe derselben zum Theil bestimmen. | Zwischen allen diesen Gemengtheilen der Grundmasse ist nun noch eine gelbbräunliche amorphe Masse (Glas), in der winzige Magne- titkörnchen sich ausgeschieden finden. Von allen den Gemenstheilen der Grundmasse, insbesondere aber vom Magnetit, dem grünen Mineral und der Glasmasse wohl auch die Haematitflitter mitgerechnet, finden sich auch, wiewohl spärlich, in den einzelnen wohlausgebildeten porphyrartig eingewachsenen Krystallen kleine Parthien eingewachsen; etwas grössere Einschlüsse bilden sie jedoch in den eingewachsenen Krystallgruppen. Die beiden Melaphyre, welche das Hangende und das Liegende der gangförmig auftretenden Ausscheidungen von gediegen Kupfer bilden, zeigen eine verschiedenartige Zusammensetzung. Dieselben sind dem- nach entweder verschiedenen Alters oder verschieden ausgebildete Theile eines Stromes. Ihre Berührungsstelle dürfte also deutlich angedeutet gewesen sein und die Ausscheidung des gediegen Kupfer in derselben begünstigt haben. — Das gediegen Kupfer kommt in den Gängen der Gruben bei Han- kock verschieden vor. Ein solches Vorkommen ist an Melaphyrtuff gebunden. In einem licht graulichgrünen matten Melaphyrtuff, in welchem dunkelschmutzig- grüne Flecke von etwas weniger weit zersetztem Melaphyr enthalten sind, erscheinen Körner bis beinahe Linsengrösse von schön ölgrünem Olivin und hie und da kleinere oder grössere Ausscheidungen von durchsichtigem Quarz. In der Nähe der Quarznester oder in denselben bildet das gediegen Kupfer zahnförmige, eckig drahtförmige, kleinere oder grössere Parthien. Innerhalb der ganzen Tuffmasse ist das Kupfer in dendritischen Plättchen richtungslos gewissen Klüftchen nach vertheilt. Ein anderes Kupfervorkommen ist merkwürdig. Die Gangmasse ist eine Breccie von rothbraunem Felsitporphyr, welcher in seinen scharf- kantigen Bruchstücken gegen aussen immer blassere Farben annimmt und vom fleischrothen bis zum ziegelrothen gefärbt erscheint. Kleinere Felsitporphyrbruchstücke sind nur fleisch- oder licht ziegelroth. Nur hie und da erscheint ein röthlich chokoladebraunes scharfkantiges Bruch- stück von etwas zersetztem Melaphyr nebst einigen zermalmten Olivin- körnern. Das Bindemittel der Breccie ist eine körnig zerdrückte Trümmer- masse von etwas gebleichter Farbe, zwischen welcher kleine Nester von FE [11] Ueber Diabas von Almaden. 23 späthigem, lichtweissem durchscheinenden Caleit zum Vorschein kommen. Das gediegene Kupfer ist in der Nähe des Calcites, oder im Caleit selbst in körnig zahnförmigen und zackigen kleinen Blechen angehäuft, welche mit die Stelle des Cementes der Breccie einnehmen. Der frische Felsitporphyr mit vorherrschender dichter braunrother Grundmasse enthält zahlreiche rundliche bis beinahe erbsengrosse durch- sichtige Quarzkörner; offenbar die in Porphyren vorkommenden bekannten Quarzkrystalle mit gerundeten Kanten. Einige Quarzkrystalle schliessen einen rundlichen Kern von der dichten Felsitgrundmasse ein. Nebst dem Quarz erscheinen in der felsitischen Grundmasse fleischrothe Ortho- klase eingewachsen, welche gegen den lichter gefärbten Rand der scharf- kantigen Felsitporphyrbruchstücke entweder durch Zersetzung gänzlich ausgehöhlt erscheinen oder den Spaltungsflächen nach regelmässige, wie durch Aetzung hervorgegangene Hohlräume zeigen, wobei sie freilich etwas von ihrem ganz frischen Aussehen schon eingebüsst haben. Im ersteren Falle sind dann solche Orthoklashohlräume am Rande der Brocken mit undeutlichen Kupferkörnchen als verzerrten Krystallgruppen bedeckt; oder wenn von der Orthoklasmasse nicht alles verschwunden ist, sind die Hohlräume derselben mit kleinwinzigen röthlich stahlgrauen Haematitkryställchen ausgekleidet. Weniger häufig als der Orthoklas treten in der Grundmasse weisse, deutlich gestreifte Krystalle von Oligoklas zum Vorscheine. Der in den Felsitporphyrbrocken am wenigsten häufige Gemeng- theil, welcher nur spärlich in kleinen vereinzelnten Körnchen zum Vor- schein kommt, ist Olivin, meist frisch, gegen den Rand der Trümmer aber zersetzt; ein Mineral, welches in Felsitporphyren bisher noch nicht nachgewiesen worden ist. Die mikroskopische Zusammensetzung des Felsitporphyres, insbe- sondere der Felsitgrundmasse ist eine merkwürdige, da von Orthoklas- und Oligoklaskıystallen, sowie von Olivin in einem ziemlich kleinen Dünnschliff nichts zur Beobachtung gelangen konnte. Entgegen den meisten Felsitporphyren ist die felsitische Grund- masse unter dem Mikroskope in ihre Gemengtheile zerlegbar. Sie besteht aus einem regellosen Gewirre von durchsichtigen, kurzen (etwa Y/,, mm. langen und '/s, bis '/ıoo mm. breiten) Stäbchen und mehr minder zusammenhängenden gelbrothen Schuppen von Haematit. In dieser krystallinischen Grundmasse finden sich spärlich Kryställchen von Magnetit ausgeschieden, deren Breite bald kleiner, bald aber bedeutend grösser ist als die Breite der Orthoklasstäbchen. Noch spärlicher aber enthält die Grundmasse Körnchen von. einem lichtgrünen Mineral ein- geschlossen, welches, da dasselbe keine säulenförmigen Querschnitte besitzt und nicht bedeutend dichroitisch ist, kaum Amphibol sein dürfte aber auch nicht zu Olivin gezählt werden kann, da es schwache, oder besser beinahe keine Polarisationsfarben zeigt. Möglich dass dies Chlorit ist. Im polarisirten Lichte aber erweisen sich die Stäbchen als Ortho- klas und erst unter diesen Umständen erkennt man die in dem krystal- 24 R. Helmhacker. [12] linischen Gemenge häufig eingewachsenen rundlichen etwa !/,, mm. breiten Körnchen von Quarz, welcher durch seine lebhaften Polarisa- tionsfarben sich deutlich abhebt. Die in der felsitischen Grundmasse ausgeschiedenen grösseren Quarze zeigen zahlreiche Flüssigkeitseinschlüsse. Die Felsitgrundmasse zeigt demnach eine deutliche Mengung von Orthoklas, Quarz, Haematitschuppen und ein im Felsitporphyr selten anzutreffendes Mineral, den Magnetit. Ill. Untersuchungen über die Einwirkung des kohlensäure- haltigen Wassers auf einige Mineralien und Gesteine. Von Richard Müller. Es ist jetzt allgemein angenommen, dass das kohlensäurehaltige Wasser in der Natur den grossartigsten Antheil an der Zersetzung der Felsarten und Mineralien nimmt. Man hat dies nicht nur durch zahl- reiche Analysen von Quellwassern nachzuweisen vermocht, sondern das durch den Gebrauch des Mikroskops erweiterte Studium der Pseudo- morphosen und die mannichfachsten Untersuchungen in chemischen La- boratorien haben auch bereits die wichtigsten Gesetze ermittelt, nach welchen die Gesteine und Mineralien Veränderungen durch das kohlen- säurehaltige Wasser unterworfen sind. Um sich aber von der Bedeutung und dem Umfange eines solchen Umwandlungsprocesses, von dem man weiss, dass er in der Natur ununterbrochen vor sich geht, vollständig Rechenschaft zu geben, ist es nicht allein genügend zu wissen, welche Substanzen hierbei Veränderungen erleiden, und welche neue Bildungen entstehen, es ist auch unbedingt nöthig, die absolute und relative Quan- tität derselben genau zu kennen. Sonderbarerweise hat man der Frage nach der Quantität der durch das kohlensäurehaltige Wasser löslichen Substanzen bisher wenig Beachtung geschenkt. Man hat wohl gefunden, dass z. B. Orthoklas, Oligoklas, Labrador, Hornblende, Augit und Olivin die in ihrer Zersetzung einflussreichsten Mineralien sind, hat aber nicht dabei gefragt, wieviel die genannten Mineralien unter bestimmten Bedin- gungen bei der Einwirkung von kohlensäurehaltigem Wasser abgeben, oder in welchem Verhältniss die in Lösung gegangenen einzelnen chemi- schen Bestandtheile untereinander stehen. Um aber einigermassen sichere Vergleiche zwischen den einzelnen Substanzen ziehen und überhaupt erst das Detail jener Vorgänge erfassen zu können, erscheint es un- erlässlich, den letzteren Fragen näher zu treten. Aus diesem Grunde wurden die unten folgenden Versuche über die Einwirkung des kohlensäurehaltigen Wassers auf einige Mineralien Mineralogische Mittheilungen. 1877. 1. Heft. (Müller.) 4 36 Richard Müller. [2] angestellt, welche zu den wesentlichen Gemengtheilen der Gesteine gehören. Bevor dieselben näher ins Auge gefasst werden, sei es gestattet, die hierauf bezüglichen Arbeiten und deren Resultate, soweit sie der Oeffentlichkeit übergeben sind, kurz anzuführen. Schon in den vierziger Jahren haben mehrere Chemiker bereits darauf aufmerksam gemacht, dass ein kieselsaures Alkali durch koh- lensäurehaltiges Wasser zersetzt wird. Es wird dies bestätigt von Doveri). Auch Liebig) sagt, dass die löslichen Silicate durch Kohlensäure vollkommen zersetzt würden. Ausführlichere Untersuchungen über die Löslichkeit der Mineralien und Gesteine durch kohlensäurehaltiges Wasser hat alsdann Struve’°) angestellt. Er liess mit Kohlensäure gesättigtes Wasser unter gleich- zeitigem Druck auf Pulver von Basalt, Phonolit, Gneiss, Granit, Thon- schiefer und Porphyr bei gewöhnlicher Temperatur einwirken und fand, dass vor allem Kalk, Natron und Kali, alsdann kleine Mengen Kiesel- erde, Kochsalz und ein geringes Quantum Chlorealeium (bei Gneiss, Granit und Thonschiefer) in Lösung gegangen waren. In ähnlicher Weise haben die Gebrüder Rogers‘): Feldspath, Serpentin, Chlorit, Actinolith, Hornblende und noch mehrere andere Mineralien mit kohlensäurehaltigem Wasser bei gewöhnlicher Temperatur behandelt, und es ergab sich, dass von den abgewogenen Substanzen 0'4 bis O'1 Theile in Lösung gingen, welche letzere aus Kalk, Magnesia, Eisenoxyd, Thonerde, Kieselerde und Alkalien bestand. Zu gleicher Zeit hat Bischof’) kohlensäurehaltiges Wasser auf künstlich hergestellte Lösungen von kieselsauren Alkalen einwirken lassen. Er fand dabei folgende Gesetze: „Die Silicate der Alkalien und alkalischen Erden, es Eisen- und Manganoxyduls werden durch die Kohlensäure bei gewöhnlicher Tem- peratur zersetzt.“ . „Es scheidet sich hierbei keine, oder doch nur eine ganz geringe Menge Kieselsäure aus.“ „Magnesiasilicat wird: nicht durch Kohlensäure zersetzt, wenn es nur im Wasser suspendirt ist.“ „Da sich Kohlensäure nicht mit Thonerde verbinden kann, so ist max dass Thonerdesilicat nicht durch diese Säure zersetzt werden ann.“ Phosphorsaurer Kalk wird in wässriger Kohlensäure aufgelöst.“ „Die Silicate von Zink-, Kupfer-, Nickel- und Silberoxyd werden durch Kohlensäure zersetzt.“ ') Liebig u. Kopp, Jahresber. 1847 u. 48, pag. 400. ?) Liebig, Agriculturchem. 6. Aufl. pag. 112. ®) Struve, „Ueber die Nachbildung der natürlichen Heilquellen.“ *) Americ. Jour. of Seienes a. Arts; May 1848. °) Bischof, Lehrbuch der chem. u. phys. Geologie. IL, pag. 38. [>] Untersuchungen. 97 Bezüglich der Löslichkeit der Kieselsäure in kohlensäurehaltigem Wasser erhielt C. Struckmann') ein von: Bischof abweichendes Resultat. Er fand, als er Tage lang durch eine verdünnte Lösung eines künstlich hergestellten Kali-Natronsilicats Kohlensäuregas leitete, dass das alkalische Siliecat von der Kohlensäure vollständig zersetzt und die Kieselsäure ausgeschieden wurde. Er zieht hieraus folgende Schlussfolgerungen : „In Kohlensäuerlingen kann ebenfalls freie Kieselsäure gelöst vorkommen.* „bei der langsamen Zersetzung der alkalischen Silicate im Boden, an der die Kohlensäure jedenfalls einen bedeutenden Antheil nimmt, wird die Kieselsäure, wenn ein hinreichender Ueberschuss an freier Kohlensäure vorhanden ist, stets als freie Kieselsäure ausgeschieden.“ Höchst schätzenswerthe Untersuchungen hat Dittrich?) angestellt. Er fand, dass kohlensäurehaltiges Wasser fast die doppelte Wir- kung des reinen Wassers auf die Gesteine ausübt, und dass Lehmboden ‘ und Porphyr vorzüglich alkalische Erden, Basalt hauptsächlich Alka- lien an das kohlensäurehaltige Wasser abgeben. Diese Versuche müssen später noch einmal herangezogen werden. Haushofer°) bestätigt Dittrichs Versuche. „Wasser, welches bei 0° mit Kohlensäure gesättigt war, extrahirte unter fast gleichen Ver- hältnissen etwa die doppelte Menge Alkali, wie reines Wasser.“ Der feingepulverte Granit, resp. sein Feldspath gab in 8 Tagen an die 25fache Gewichtsmenge reines Wasser 0,03—0.04°/, Alkalien ab. M. Daubree‘) unterwarf 2 Kilogr. gut abgerundeten Kiesel, übergossen mit 3 Liter kohlensäurehaltigem Wasser, 10 Tage lang der Rotation. Er erhielt das Resultat, dass Kali und Kieselsäure in Lösung gegangen waren, dass also die Gegenwart der Kohlensäure die Zer- setzung des Feldspathes in bedeutendem Grade bewirken hilft. Ueber die Löslichkeit des kohlensauren Kalkes in kohlensäure- haltigem Wasser und über den zersetzenden Einfluss des Wassers hat Alfons du Cossa?) verschiedene Versuche angestellt. (Richerche di Chim. miner. Udine. 1868.) Er liefert folgende Resultate: „Vom weissen zuckerkörnigen Marmor von Carrara lösten 1000 Theile mit Kohlensäure geschwängertes Wasser unter 753 Mm. Druck 1,181 Theile zwischen + 7,5° und 9,5°.“ Es werden dann noch ver- schiedene Gesteine angeführt. Feldspath, Granit, Gneiss, Syenit, Tra- chyt und Basalt hat er mit dem 25fachen Gewicht frisch destillirten Wassers 10 Tage lang bei + 17—18° in Berührung gelassen. Es er- gab sich beim Abdampfen des Filtrats ein wägbarer Rückstand. H. Ludwig‘) fand, dass fein zerriebener Feldspath, Granit, Trachyt, Porphyr an Wasser etwas Alkali und Kieselsäure abgeben. !) Wöhler u. Liebig, Ann. d. Chemie. 1855. pag. 337. ?) Journ. f. prakt. Chem. Bd. 74., pag. 129 fi. %) Journ. f. prakt. Chemie, Bd. 103, pag. 131 ff. *) Jahresbericht über die Fortschritte auf dem Gesammtgebiete der Agri- culturchemie. 1867. pag. 10. °) Journ. f. prakt. Chemie. Bd. 103, pag. 125 u. Bd. 106, pag. 381. °) Archiv d. Pharmacie. Bd. 91, pag. 147. 4* 28 Richard Müller. [4] Die umfassendsten Untersuchungen über die Einwirkung des kohlensäurehaltigen Wassers bei chemischen Zersetzungen hat G. Rose!) in Poggendorffs Annalen veröffentlicht. Es kamen jedoch hierbei künst- lich hergestellte Lösungen von kohlensauren Salzen in Anwendung; es können daher diese Untersuchungen, die noch vielfach mit den unten folgenden in keiner Beziehung stehen, übergangen werden. In neuerer Zeit hat noch F. Hoppe-Seyler?) in Strassburg hierher gehörige Versuche angestellt. In Platinröhren mit Kohlensäure und Wasserdampf gefüllt, wurden: Olivin, Augit, Frischschlacke, Broneit, Enstatit, Magnesiaglimmer, Oligoklas und Anorthit, nachdem man die- selben in kleine eckige Körner geschlagen hatte, auf 180—200° erhitzt. Es hatte sich kein einziges von den genannten Mineralien weder im äusseren Ansehen, Glanz, Durchsichtigkeit ete., noch an Gewicht (mit Ausnahme des Magnesiaglimmers) verändert, ein Ergebniss, welches in Anbetracht der früheren, oben angeführten Resultate sehr auffallend ist. Struve beschleunigte die Wirkung des kohlensäurehaltigen Wassers durch Druck, während Hoppe-Seyler durch Temperaturerhöhung seine Resultate zu erlangen suchte. Da der Druck die Absorptionsfähigkeit des Wassers bedeutend erhöht, so schien die Anwendung desselben am ge- eignetsten. Während Bischof und Struckmann zu ihren Versuchen künstlich hergestellte Lösungen von alcalischen Silicaten benutzten, haben Struve, Dittrich, Haushofer, Daubree, Ludwig und Hoppe-Seyler Kohlensäure und Wasser direct auf die gepulverten, natürlichen Mineralien und Gesteine wirken lassen. Um zuverlässigere Schlussfolgerungen ziehen zu können, hielt ich das letztere für zweckmässiger; ich verdanke der Güte des Herrn Prof. Dr. Zirkel folgende Mineralien und Gesteine, die zur Untersuchung verwendet wurden: . Adular von St. Gotthard. . Oligoklas v. Ytterby i. Schweden. . Hornblendefels v. Altenburg. Magneteisen v. Greiner (Zillerthal). Magneteisenerz vom Kaschberg (Böhmen). Moroxit v. Hammond, St. Lawrence ty. . Apatit v. Katharinenburg. . Spargelstein v. Chili. . Olivinfels aus dem Ultenthal (Tyrol). . Edler Serpentin v. Snarum (Norwegen). Diese Mineralien und Gesteine wurden sämmtlich gepulvert, gebeutelt, getrocknet und sofort nach der Wägung in vorher sorgfältig gereinigte Flaschen, welche ungefähr 1100 gr. Wasser fassten, gebracht. Um eine möglichst grosse Oberflächenwirkung zu erzielen, wurde auf die Pulverisirung besondere Sorgfalt verwendet. Beispielsweise sei hier das Ergebniss zahlreicher mikroskopischer Messungen der ja t) Poggendorffs Annalen. Bd. 83, 84, 85. ?) Zeitschrift d. deutsch. geol. Gesellsch. 1875, pag. 515. [aP.: Untersuchungen. 29 Adularstäubchen, an denen man bei stärkerer Vergrösserung vielfach graulich linienähnliche Striche und mit Flüssigkeit erfüllte oder leere Hohlräume zu beobachten Gelegenheit hat, angeführt. Die grössten Stäubchen hatten einen Durchmesser von 0,014 Mm., die kleinsten 0,002 Mm. Das chemisch reine kohlensäurehaltige Wasser hat mir Herr Dr. Struve in Leipzig, dessen Name, wie bekannt, mit der Erzeugung künstlicher Säuerlinge rühmlichst verknüpft ist, darstellen lassen. Es befand sich in einem vorher vollständig gereinigten Ballon unter 3°/, Atmosphären Druck bei gewöhnlicher Temperatur (ungefähr + 12°). Die das gepulverte Material enthaltenden Flaschen wurden nun unter Anwendung der grösstmöglichsten Vorsicht mit dem kohlensäurehaltigen Wasser gefüllt, fest verkorkt, versiegelt und alsdann in einem Keller- raum aufbewahrt, in welchem die Temperatur keinen grossen Verände- rungen unterlag. Von Zeit zu Zeit, wenn möglich täglich, wurden die Flaschen geschüttelt. Die nächste Aufgabe war nun, zu ermitteln, was für Bestand- theile und wie viel derselben durch die Einwirkung des kohlensäure- haltigen Wassers von den obengenannten Substanzen in einer bestimm- ten Zeit löslich werden. Es wurde daher jede Substanz auf 2, resp. 3 Flaschen vertheilt und jeder Theil abgewogen. Zur Ermittelung der relativen Menge des Gelösten wurden alsdann diejenigen Flaschen be- nutzt, von denen man am bestimmtesten annehmen konnte, dass bei ihrer Füllung mit kohlensäurehaltigem Wasser sämmtliche Vorsichts- massregeln Berücksichtigung gefunden hätten. Die zur quantitativen Untersuchung der in Lösung gegangenen Substanzen bestimmten Flaschen blieben vom 12. December 1875 bis 2. Februar 1876, resp. vom 24. April 1876 bis 12. Juni 1876 liegen, während welcher Zeit die zur Untersuchung verwendeten Materialien quantitativ analysirt wurden. Quantitative Bestimmung der zur Untersuchung verwen- deten Materialien und der durch das kohlensäurehaltige Wasser gelösten Substanzen. A. Allgemeines. Alle kleinen Vorsichtsmassregeln anzuführen, welche hierbei beachtet wurden, dürfte hier zu weit führen; es möge daher nur Fol- gendes erwähnt sein. Bei denjenigen Mineralien, welche durch Salzsäure und Salpeter- säure beim Digeriren in offenen Gefässen nicht zerlegt werden, wurde die Kieselsäure durch Aufschliessung mit kohlensaurem Kali-Natron 30 Richard Müller. [6] von den Basen getrennt und alsdann unter genauer Berücksichtigung der von Fresenius!) angegebenen Behandlungsweise als reine Kiesel- säure gewogen. Bei der Untersuchung der in Lösung gegangenen Sub- stanzen konnte die Kieselsäure direct bestimmt werden, indem durch Abdampfen und Trocknen die lösliche Modification in die unlösliche übergeführt wurde. Die Thonerde wurde im reinen Zustand gewogen, nachdem sie in der von Fresenius?) angegebenen Weise vom Eisenoxyd getrennt worden war. Kali wurde als Kaliumplatinchlorid bestimmt. Natron wurde als Natriumplatinchlorid durch Weingeist vom Kaliumplatinchlorid getrennt, das Filtrat verdampft, der Rückstand im Wasserstoffstrom zum gelinden Glühen erhitzt, mit Wasser ausgezogen und das in Lösung gegangene Chlornatrium gewogen. Kalk wurde mit oxalsaurem Ammoniak gefällt und bei Adular, Öligoklas, Hornblendefels und Magneteisenerz als kohlensaurer Kalk, bei den Apatiten als reiner Kalk gewogen. Magnesia konnte durch phosphorsaures Natron gefällt und als pyrophosphorsaure Magnesia bestimmt werden. Eisenoxyd wurde als Hydrat ausgefällt, getrocknet, geglüht und gewogen. Eisenoxydul wurde als Eisenoxyd bestimmt. Phosphorsäure wurde nach vorausgegangener Fällung durch Molybdänsäure-Ammon als pyrophosphorsaure Magnesia bestimmt. Wie bei dem Füllen der Flaschen mit kohlensäurehaltigem Wasser musste auch beim Oeffnen derselben die grösstmöglichste Vorsicht in Anwendung kommen. Dieselben wurden, nachdem sie vom Siegellack vollständig befreit waren, mittelst eines Sicherheitshahnes geöffnet, der Inhalt durch doppeltes Filter (bei Adular und Oligoklas von schwedi- schem Filtrirpapier gefertigt) filtrirt und das Filtrat über dem Wasser- bade in einer Porzellanschale (Adular und Oligoklas in einer Platin- schale) abgedampft. Die Rückstände, die sich in Salzsäure oder Sal- petersäure gewöhnlich unter Brausen lösten, wurden alsdann analysirt. B. Spececielles. 1. »Adular v. St. ‚Gotthardt. Die Analyse dieses farblosen, starkglänzenden, halbdurchsichtigen Feldspaths ergab in 100 Theilen D10,.==00,34 Al,0;::=:'18,15 Gau. >=,79828 K,0' =! 14,96 Fe’ == Spur 3973 ‘) Fresenius, Quantitative Analyse. pag. 460 ft. °) Dasselbe, pag. 574. [7] Untersuchungen. sl Merkwürdig erscheint es hierbei, dass kein Na,0 vorhanden war. Es wurden zur Ermittelung der relativen Menge des Gelösten 10,0715 gr. verwendet; diese enthielten demnach SiO, — 6,5706 gr. ALO, = 1,8279 , CaO — 0,1289 „ K0-=-1,5051 „ Fe0O = Spur 10,0355 gr. Der nach der 7Twöchentlichen Einwirkung des kohlensäurehaltigen Wassers erhaltene Rückstand des zur Trockne eingedampften Filtrats brauste fast nicht mit Salzsäure, Er enthielt Sach, == .:0.0102°cr. ALO. =70:0029.,, el Spur KO: == 0,0204 „, Ee&0, = Spur BSR: = 0,328°/, der angewendeten Menge. Von 100 Theilen sind demnach in Lösung gegangen Si0; = 0/1552 AL,O;, = 0,1368 K;0* =. 113527 BON Nopur Fe0 = !'Spür 2 \ 2. Oligoklas v. Ytterby in Schweden. Dieser Feldspath zeigt an der betreffenden Localität, wie auch die in den verschiedenen Sammlungen aufbewahrten Stücke desselben erweisen, so gleichmässige Substanz von so charakteristisch überein- stimmender Ausbildung, dass von einer quantitativen Analyse abgesehen und die Berzelius’sche Analyse als auch auf das zur Untersuchung erhaltene Stück sich beziehend ohne Bedenken verwendet werden Konnte. Nach Berzelius enthält der Oligoklas von Ytterby in 100 Theilen Sich. =. 61,55 ALO, == 23,80 F&,0, = Spur MO 38 Ms0O = 0,80 NO +: 46T KO HD 0:83 99,38 Zur Untersuchung wurden 8,906 gr. verwendet. Diese enthielten demnach: ? 32 Richard Müller. [8] SiO, = 5,4826 gr. ALO, =2,.1196; ', F&,0,.== nur GO = W2832, MED *==9:0119, N,0OTEN;SBILIE, Rs07 = 0,0338! , 8,8516 gr. Der ebenso wie beim Adular behandelte Rückstand brauste sehr wenig mit Salzsäure und enthielt: SiO, = 0,013 gr. ALO, _— 0,005 EFel.. =. Spar, ROT 0,0091, N3,0 = 0,0204 „ K,O = Spur 0,0475 gr. = 0,533°/, der ange- wendeten Menge. Von 100 Theilen Oligoklas sind demnach gelöst worden: B104 == 0,237 ALO, = 04713 FeÖO = Spur Ba = 3213 N3:0. =! 2367 0, = pm: 3. Hornblendefels von Altenburg. Dieses vollständig frisch aussehende Gestein war von zahlreichen dicken Quarzadern durchzogen, die bei der Zerkleinerung möglichst entfernt werden mussten, um ein reines Hornblendepulver zu erhalten. Die Analyse desselben ergab BIC. = 4912 Al?O, = 9,004 F&0, = 14,62 FeOÖ = 10,305 Cab: = 118,761 Met == 79.092 Ni 243 99,860 Zur Untersuchung wurden 10, gr. verwendet. Diese enthielten: SIi05 =:5;0102 gr. AO, =20,9484:", F&0, =:1,4912 , PeOr = ,098 5 GE0R =i.0,8936 °, Ms0O = 0,6038 „ N,0 = 02172 , 10,1855 gr. [9] Untersuchungen. 93 Von diesen waren durch das kohlensäurehaltige Wasser in Lösung gegangen: 8105 == 0,021 Ver: Beun'0,0594) 630 = 0,0762° , Al,O, = Spur N3,0 = Spur (wägbar) Mg0O = Spur 0,1566 gr. = 1,536°/, der ange- wendeten Menge. Der Rückstand brauste, als er mit Salzsäure in Be- rührung gebracht wurde. Von 100 Theilen wurden a SiO, = 0,419 Fe OÖ = 4,829 BET — 8,528 Al,O, = Spur N3,0 = Spur Mg0O = Spur 4. Magneteisen vom Greiner (Zillerthal). Zur Untersuchung wurden 6 aus dem Chloritschiefer herausge- löste Krystalle verschiedener Grösse in der Octaederform verwendet. Diese wogen fein gepulvert: 13,0626 gr. Nach Rammelsberg') besteht das Magneteisen aus Ees3l,- =; 61,59 Fels .32,54 100,13 Es kommen demnach auf 13,0626 gr: F&,0,;, = 8,8290 gr. #e0, =. 4,2505.', 13,0795 gr. Nach der Einwirkung des kohlensäurehaltigen Wassers wurden in dem Rückstand des eingedampften Filtrats gefunden: F&,0,;, = 0,0445 gr. = 0,04005 gr. FeO = 0,307°/, der angewendeten Menge. Da die oxydirende Wirkung der Luft nicht zu beseitigen war, konnte, wie auch bei dem Hornblendegestein, die Eisenverbindung nicht als Eisenoxydul, als welches dieselbe in Lösung gegangen sein muss, bestimmt werden. Es waren also von 100 Theilen Magneteisen in Lösung gegangen: Fe0 = 0,942. 5. Magneteisenerz vom Kaschberg in Böhmen. Das gepulverte Gestein erwies sich, obschon es dem blossen Auge als ganz reines und homogenes Erz erschien, unter dem Mikroskop als ein Gemenge von Augit und Magneteisen. Da es hier, wie auch bei 4) Handbuch der Mineralchemie. Mineralogische Mittheilungen. 1877. 1. Heft. (Müller.) 34 Richard Müller. [10] Nr. 4 vor allem galt zu ermitteln, ob und wie das kohlensäurehaltige Wasser auf reines Magneteisen einwirke, wurde erst durch den Magnet, alsdann durch Schlämmen versucht, das Magneteisen von dem augiti- schen Gemenge zu entfernen. Es blieben aber — wie das Mikroskop zeigte — immer noch kleine Stäubchen des letzteren an den Magnet- eisenkörnchen hängen, welche die Ermittelung eines genauen Resultates nicht gestattet hätten. Aus diesem Grunde wurde das gepulverte Mag- neteisenerz ohne vorherige Trennung des augitischen Gemenges von dem Magneteisen zur Untersuchung verwendet. Die Analyse desselben ergab: 10, 1,0655 F&0, = 61,14 Fe! = 33,2164 220. ==. 8507 AL,O,;, = 0,4815 99,3104 Angewendet wurden 11,205 gr. Diese enthielten: Ssio,: = :0,1193; gr. R&0, = 68507, EV, =3,7208.%, E29 1=:0,3929:) ALO: =: 0,053947, 11.131706 ‚er; Die Analyse der durch das kohlensäurehaltige Wasser gelösten Mengen ergab: E6&0;..=..0,09017' gr. =:0,0811 272 E98 GHITErH IT 5 SiO,;, = Spur (gering) 0,2041 gr. = 1,821 °/, der angewen- deten Menge. Von 100 Theilen waren demnach gelöst worden: Fe0 = 2,428 030: = 29,013. Der Rückstand des zur Trockne eingedampften Filtrats brauste stark, als Salzsäure hinzu gebracht wurde. 6. Moroxit von Hammond (N. Amerika). Von dieser bläulichgrünen Apatitvarietät wurde ein Krystall von der Form & P. P. © P2 pulverisirt, der sich durch den Glasglanz auf den Krystallflächen und durch den Fettglanz auf den Spaltungs- und Bruchflächen besonders auszeichnete. Die Analyse ergab: P,0,; = 44,088 Ca0O = 53,319 F&0, = 1,065 Cl = 0283 98,755 os "87 [11] Untersuchungen. Angewendet wurden 8,774 gr. In diesen waren enthalten: P,0, = 3,8682 gr. BIO = HT 5 r&0, = 0,0934 „ Cl = 0.0248 , 8,6626 gr. Hiervon wurden durch das kohlensäurehaltige Wasser gelöst: P,0, = 0,0548 gr. (a0 = 0,0794 0,1342 gr. = 1,529°/, der ange- wendeten Menge. Von 100 Theilen wurden demnach gelöst: EN EU Ca = 1,696; Von den folgenden Apatitkrystallen konnte wegen Mangel an hin- reichender Substanz keine quantitative Analyse vor der Einwirkung des kohlensäurehaltigen Wassers ausgeführt werden. Es wurde deshalb wenigstens der Gehalt an Phosphorsäure und Kalk berechnet, und zwar auf folgende Weise: Rammelsberg') unterscheidet bei den Apatiten 2 Grundver- bindungen: 1. Chlorapatite: 2. Fluorapatite: E82 1 P,0, = 40,92 P,0, = 42,26 Ca0o 7 53,80 N 101.44. 101,58 Das Mittel aus beiden ergiebt: 250, —.10.82 P,0; = 42,26 = 41,54 P;O;. 83,18 Ca0 = 53,80 Ca0O = 55,55 = 54,68 Ca0. 109,35 Diese Zahlen können ohne Bedenken als der Phosphorsäure- und Kalkgehalt der folgenden Apatite angenommen werden, da die Abwei- chungen nicht von allzugrosser Bedeutung sein können. 7. Apatit von Katharinenburg. Zur Untersuchung wurden verwendet: 12,95 gr. Diese enthielten nach der oben berechneten Formel: PO 1353794 gr. GO 498 L, 12,46 gr. ) Handbuch der Mineralchemie. 5* 3 Richard Müller. [12] Durch das kohlensäurehaltige Wasser wurden gelöst: PR, =WV0RBTEr 00 ==0,1937 2, 0,2515 gr. = 2,018°/, der ange- wendeten Menge. Von 100 Theilen wurden demnach gelöst: 730,7==21,822 Ca0?= 2,168. 8. Spargelstein von Chili. Angewendet wurden: 13,626. Diese enthielten nach der oben be- rechneten Formel: P,O.X8= 5,6602:8r. 630 ei74596., Hiervon waren gelöst worden: 0, — 0,12 gr. Baum. = 0:J49%,, Fe0O = Spur 0,265.gr. = :1,916°%, deren wendeten Menge. Von 100 Theilen sind demnach gelöst worden: P,0,; == 2.12 Ga07, = 1,946 Fe0O = Spur. 9. Olivinfels aus dem Ultenthal. Die Analyse dieses Gesteins ergab in i00 Theilen: SiO, = 40,60 AlLO,;, = 10,86 MO = 45,81 FeO ..—"12:35 Ca0O = Spur Cu0* — Spur 99,62. Zur Untersuchung wurden 10,0065 gr. verwendet, in denen sich also befanden: SiO, — 4,067 er AL,O, = 0,086 „ Ms0 = 4,583 „ ReON=,1,2207, CadO = Spur Cu0O = Spur 9,9967 gr. Hiervon waren in Lösung gegangen: [13] Untersuchungen. 97 810, :— 0,0355.er. Ms0O = 0,0692 „ Be 0,1066) %, Ca0 = Spur Cud, =. Spur 0,2113 gr. = 2,111°/, der angewen- deten Menge. Es sind demnach von 100 Theilen gelöst worden: SiO, == 0,873 Mal): — 17291 eo 8733 Ca0O — Spur Eu0 "= 'Spür. Der Rückstand brauste, als er mit Salzsäure übergossen wurde. 10. Edler Serpentin von Snarum. Die Analyse ergab: SiO, — 40,82 Me; ==.36,78 AL Os, 2,19 PEOF —A 6,01 50, = u2ds 99,28 Merkwürdig erscheint hierbei der Thonerdegehalt. Jedoch fand Scheerer') in einem Serpentin von Snarum 2,39°/, Al,O,. Es wurde auf die Trennung der Thonerde von dem Eisenoxyd besondere Sorgfalt verwendet; eine Ungenauigkeit liegt daher kaum vor. Angewendet wurden; 13,08 gr. Diese enthielten: DIOR: — 1,8302. gr. MsO = 4,8108 „ AL,O:,—..0:2865 5 Fe0 — 0.7861... H,O = 1,112 n 12,9946 gr. Nach 7wöchentlicher Einwirkung des kohlensäurehältigen Wassers, waren in Lösung gegangen: Si0 —=30:01890r; AO Spur Be07- 2.0.0127, MO = 0,1275 „ 0,1584 gr. = 1,24°/, der angewen- deten Menge. Es wurden demnach von 100 Theilen gelöst: ") Poggendorff, Annalen, Bd. 68, pag. 328. 38 Richard Müller. [14] SiO, —= 0,354 ALO, == Spurl FeO — 1,527 MO — 2,649. Ausser den obengenannten Mineralien wurden noch einige mit kohlensäurehaltigem Wasser behandelt, von denen die in Lösung gegan- genen Substanzen aber nur qualitativ bestimmt werden konnten: 1. Kaliglimmer aus dem Ural. Wie die höchst vollkommene Spaltbarkeit dieses Minerals, das dem Drusenraume eines granitischen Gesteins entstammt, schon beim Pulverisiren besondere Schwierigkeiten bereitete, verhinderte später, beim Füllen der Flaschen mit kohlensäurehaltigem Wasser, ein nicht vorhergesehener Unfall die quantitative Bestimmung der gelösten Sub- stanzen. Eine der mit dem Pulver des Kaliglimmers gefüllten Flaschen zersprang, wahrscheinlich des allzuhohen Druckes wegen. Da an dem- selben Tage und auch in derselben Woche die Füllung einer neuen Flasche nicht gut möglich war, so konnte nur eine Flasche zur Unter- suchung verwendet werden. Nach Verlauf von 4 Wochen fanden sich in dem zur Trockne abgedampften Rückstande: K,0, CaO, Fe,0, und Spuren von SiO,. Das sämmtliche Eisenoxydul des abgewogenen Materials schien in Lösung gegangen zu sein. Es fand sich wenigstens in dem von dem kohlensäurehaltigen Wasser nicht angegrifienen Rückstande kein Eisen- oxydul mehr, während es sich bei der Analyse des Minerals deutlich gezeigt hatte. 2. Kobaltblüthe aus dem Pucherschacht bei Schneeberg. Auch hier konnte die relative Menge des Gelösten nicht bestimmt werden. Wollte man die pfirsichblüthrothen, haarförmigen Krystalle von den Quarzkrystallen, auf denen dieselben sassen, trennen, so ergab dies zu wenig Substanz. Es wurden daher die Quarzkrystalle sammt der Kobaltblüthe gepulvert und zu diesem Gemisch das kohlensaure Wasser gebracht. Der durch Eindampfen des Filtrats erhaltene Rück- stand zeigte eine hellrothe Farbe; er brauste beim Zusatz von Salz- säure und wurde grün; bei fernerem Zusatz von Wasser färbte er sich dunkelbraun. Es fanden sich darin: Co, Ni, Fe;0, und deutliche Spuren von SiO;. 3. Nickelblüthe v. Schneeberg. Dieselbe konnte von dem Kobalterz, auf welchem sie sich befand, ebenfalls nicht getrennt werden. Im Rückstand, der ebenfalls mit Salz- säure brauste, wurden gefunden: Ni, Co und F&0,;. [15] Untersuchungen. 99 [3 4. Wolframit v. Zinnwald. Dieser war in eine Quarzmasse eingesprengt, von welcher man ihn nicht trennen konnte, ohne dass Quarztheilehen an demselben hängen blieben. Der Rückstand brauste mit Salzsäure und enthielt: MnO, F&0, und SiO,. Es sei hierbei bemerkt, dass schon bei diesen 4 Mineralien die von Bischof aufgestellten Sätze bezüglich der Löslichkeit der alkali- schen Silicate vollständig bestätigt gefunden wurden. Dass, wie Bischof so oft hervorhebt, Magnesiasilicat von kohlensäurehaltigem Wasser nicht zersetzt werden kann, möchte hier schon angezweifelt werden; es wird dieser Zweifel bei Besprechung des Serpentin noch seine nähere Be- gründung erhalten. \ Unwillkürlich drängte sich bei diesen Untersuchungen die Frage auf: ob nicht auch das Glas der verwendeten Flaschen von dem kohlen- säurehaltigen Wasser angegriffen würde. Um dies genau ermitteln zu können, wurden 6 Flaschen nur mit kohlensäurehaltigem Wasser ge- füllt. Nach Verlauf von 2 Monaten wurde der Inhalt eingedampft. Es zeigte sich dabei kein Rückstand, ein Beweis, dass das Glas der verwendeten Flaschen, welches nach einer brieflichen Mittheilung des Herrn Glasfabrikanten Friedrich Siemens in Dresden aus einem Ge- menge von 700 Gewichtstheilen Granit 150 5 Kalk und Mergel 25 .. Flussspath 130 er Glaubersalz dargestellt ist, nicht angegriffen wird. In nachstehender Tabelle sind die in Lösung gegangenen Sub- stanzen, nach Procenten berechnet, zusammengestellt worden, um die gewonnenen Resultate einer näheren Betrachtung unterwerfen zu können. Materialien | SiO, |A1,0, | K,O |Na,0 | MgO | 0a0 | P,0, | FeO | Summa Mar? 2... % 0,1552|0,13681,3527| — — — | Spur || 0,3287, Dligoklas . . . . 0,287 |9,1713| — 12,867 | — 13,213 | — | Spur || 0,533), Hornblendefels . . /0,419 | Spur | Spur | — 8,528 | — 14,829 || 1,536°), Magneteisen . . . | — — — — _ — — 10,942 || 0,3079, Magneteisenerz . - | Spur | — —_ — E= -— — 12,428 || 1,821°/, Horent \.’. —_ — — —_ — 11,696 11,417 | — 1,529°,, Malle HN. _ _ _ _ — 12,168 |1,822 | — || 2,018°/, Spargelstein ... . | — = _ — — 11,946 [2,12 | Spur || 1,976°/, IR Wa 0,873 | Spur | — — [1,291 | Spur | — 18,733 || 2,111%, Serpentin . . . . 0,854 | — E= un 6a9 | — — 11,527 || 1,211°/, Es muss zunächst constatirt werden, dass die in der Einleitung angeführten Resultate früher angestellter Versuche zum grössten Theil ihre Bestätigung finden. Es hat sich der Nachweis ergeben, dass das 40 Richard Müller, [16] kohlensäurehaltige Wasser im Stande ist, von den obengenannten Mine- ralien und Gesteinen die wesentlichsten Bestandtheile, als da sind: SiO,, Al,O;, K,;O, Na,0, CaO, MgO, FeO, NiO, CoO, P,O,, MnO zu lösen. Die Tabelle zeigt ferner, dass Kalk und Eisenoxydul am meisten, Kieselsäure und Thonerde am wenigsten von dem kohlensäurehaltigen Wasser angegriffen werden. Dies stimmt mit dem Erscheinen des kohlensauren Kalkes und des kohlensauren Eisenoxyduls in der Natur vollkommen überein. Unter allen kohlensauren Salzen sind neben Mag- nesiacarbonat diese in grösster Menge vorhanden. „Es ist daher un- zweifelhaft“, sagt Bischof!) mit Recht, „dass der kohlensaure Kalk bei weitem in den meisten Fällen auf nassem Wege krystallisirt, und dass bei weitem das meiste kohlensaure Eisenoxydul durch Zersetzung der Eisenoxydsilicate mittelst kohlensauren Wassers entstanden ist.‘ Es darf ferner mit Bischof?) wohl behauptet werden, dass die im Mineralreiche, in Quellen und in allen Gewässern vorkommenden Carbo- nate meist durch Zersetzung der ihnen entsprechenden Silicate ent- standen sind.‘ Was nun die beiden Feldspathe: Adular und Oligoklas anbelangt, so ist bei ihnen durch den quantitativen Nachweis der in Lösung gegangenen Substanzen der zuerst von Werner?) und Bischof aufgestellte Satz, „dass Kohlensäure und Wasser die Zersetzung des Feldspaths bedingen‘, hinreichend bewiesen. Ferner hat sich hier das Struckmann’sche‘) Resultat: ‚In Kohlensäuerlingen kann freie Kiesel- säure gelöst vorkommen“, durch den quantitativen Nachweis der gelösten Kieselsäure vollkommen bestätigt und kann daher die Ansicht Bischofs°): „Man könne nicht annehmen, dass die ausgeschiedene Kie- selsäure, als solche, neben dem ursprünglichen kieselsauren Alkali auf- gelöst sei‘, nicht getheilt werden. Ob die Kieselsäure als kieselsaure Thonerde oder als Hydrat in Lösung gegangen ist, lässt sich nicht mit Bestimmtheit feststellen. Jedenfalls ist das letztere wahrscheinlicher. Man kann auch nicht annehmen, dass das kohlensaure Kali, was sich zunächst gebildet haben muss, in so verdünnter Lösung die Bildung von kieselsaurem Kali ver- anlasst hat; unter diesen Verhältnissen ist die Kieselsäure nicht im Stande, die Kohlensäure auszutreiben. Es bleibt vielmehr wahrschein- licher, dass die Kieselsäure ausgeschieden wurde und als solche in Lösung ging. !) Bischof, chem. Geol. II, pag. 136. ?) Bischof, chem. Geol. I, pag. 31. °) Werner, Neue Theorie von der Zersetzung der Erzgänge. pag. 130, *) Ann. d. Chemie v. Wöhler u. Liebig. Bd. 94, pag. 344. °) Bischof, chem. Geol. I, pag. 32. [17] Untersuchungen. 4 Ebenso muss auch von der Thonerde angenommen werden, dass sich Thonerdehydrat gebildet und direct gelöst. hat. Dieses Resultat widerspricht der Behauptung der meisten Lehrbücher der Chemie, wie von Graham-Otto') u. a., „dass Thonerde in Wasser und kohlen- säurehaltigem Wasser unlöslich sei‘; auch stimmt es nicht mit dem von Bischof aufgestellten Satz überein: „Da sich Kohlensäure nicht mit Thonerde verbinden kann, so ist klar, dass Thonerdesilicat nicht durch diese Säure zersetzt werden kann.“ Es wird jedoch von den Gebrüdern Rogers und von Dittrich?) bestätigt, dass kohlensaures Wasser im Stande ist Thonerde, wenn auch in geringen Mengen, zu lösen. Letzterer hat gefunden, dass Humushaltiger Lehmboden - » - » - 029.9 Geglühter Lehmboden - »- » » » . . - Spur Thonsteinporphyrr » » «vn... 0,007°% Basar sea an ar erse NEE 001 05147 Eisenoxydul und Thonerde an das Eakdeneärehslties Wasser abgeben ; erstere führen unter den gelösten Substanzen bei der Einwirkung von kohlensäurehaltigem Wasser auf Hornblende, Actinolith, Epidot, Ser- pentin, Chlorit und Feldspath, auch Thonerde an. Der quantitative Nachweis der in Lösung gegangenen Thonerde vom Adular und Oligoklas stellt daher fest, dass das kohlensäurehaltige Wasser im Stande ist, aus dem Feldspath geringe Mengen Thonerde zu lösen. Betrachtet man die Summe der gelösten Substanzen vom Adular — 0,328°/,, so ergibt ein Vergleich mit Dr. Carl Haushofers?) Resultat, nach welchem die 25fache Gewichtsmenge reines Wasser aus fein gepulvertem Granit bei gewöhnlichen Temperatur- und Druckverhält- nissen in 8 Tagen 0,03°/, Alkali extrahirt, Folgendes: Die zur Untersuchung angewendeten Flaschen fassten eine Wassermenge von ca. 1000 gr. Beim Adular wurden 10,035 gr. zur Untersuchung verwendet. Es kam daher auf letzteren ungefähr die 100fache Ge- wichtsmenge Wasser. Bei gewöhnlichem Druck hätte nach Haushofer der Adular an reines Wasser 0,12°/, Alkali abgeben können. Da nun kohlensäurehaltiges Wasser, nach Dittrich und Haushofer, fast die doppelte Wirkung des reinen Wassers auf die Gesteine ausübt, so würde der Adular bei gewöhnlichem Druck 0,24°/, abgeben können. Berechnet man hierzu den erhöhten Druck und die längere Zeitdauer, so liess sich erwarten, dass vom Adular mehr als die erhaltene Menge 0,328°/, hätte gelöst werden müssen. Beachtet man jedoch, dass das zur Unter- suchung verwendete Stück vollständig frisch erhalten war, und dass bei den hiesigen Versuchen die Zeit nicht eine so grosse Rolle spielt, als man erwarten sollte, — wie es ein bei der Hornblende erhaltenes Resultat zeigen wird, — so stellt sich eine ziemliche Annäherung des beim Adular erhaltenen Resultates mit dem Haushofers heraus. 1) Graham-Otto, Lehrb. d. Chem. Bd. II, Abthl. IT, pag. 55. ?) Erdmann, Journ. £. pr. Chemie. Bd. TA. pag. 137. 3) Journal f. prakt. Chemie. Bd. 103, pag. 131. Mineralogische Mittheilungen. 1877. 1. Heft. (R. Müller.) 6 49 Richard Müller. [18] Dass Oligoklas leichter zersetzbar sei als Adular, konnte schon aus dem Kalk- und Natrongehalt des ersteren erwartet werden. Es hat sich dies vollkommen bestätigt. Ein Vergleich der Summen der in Lösung gegangenen Substanzen vom Adular und Oligoklas beweist es hinreichend. Im Allgemeinen stellen nun die bei diesen beiden Feldspathen erhaltenen Resultate fest, was Zirkel!) bei der Besprechung des Kaolin über die Zersetzung der Feldspathe sagt. Es heisst daselbst: „Die Verwitterung der einzelnen Feldspathspecies geht jedenfalls mit ver- schiedener Schnelligkeit vor sich; so widerstehen die kieselsäurereicheren Feldspathe länger der Zersetzung als die kieselsäureärmeren und die kalireichen werden ungleich schwieriger zersetzt als die natron- und kalk- reichen.‘‘ Hieraus erklärt sich auch die verschiedene Zusammensetzung der Kaoline, die, wie Werner, Forchhammer, Fuchs und Bischof zuerst nachwiesen, unbedingt als Zersetzungsproducte der Feldspathe anzusehen sind. Ferner ist die Erscheinung, dass viele Granite, Syenite, Gneisse und Felsitporphyre nicht selten von der Oberfläche her in viele Fuss tief zu einer krusigen Masse aufgelöst sind, der Wirkung des kohlen- säurehaltigen Wassers zuzuschreiben, indem dasselbe die Zersetzung der in jenen Gesteinen befindlichen Feldspathe bedingt. Auch ist es, nach Naumann?), dieser Zersetzungsprocess, welcher hauptsächlich das Material zur Bildung der Arkose oder feldspathreichen Sandsteine geliefert hat. Delesse?) unterscheidet zwei Stadien in der Zersetzung der Feld- spathe: die Rubifaction und die Kaolinisation und sagt, dass die Röthung um so lebhafter sei, je mehr Eisen die Feldspathe ent- hielten. Es kann dies durch das erhaltene Resultat der Einwirkung des kohlensäurehaltigen Wassers auf das Eisenoxydul, welches sowohl in dem Adular als auch in dem Oligoklas enthalten war, bestätigt werden. Obgleich das durch das kohlensäurehaltige Wasser gelöste Eisen- oxydul nicht quantitativ bestimmt wurde, so konnte doch bei beiden Feldspathen beobachtet werden, dass das Pigment am leichtesten löslich sei. Es fand sich in der vom kohlensäurehaltigen Wasser nicht ange- griffenen Feldspathsubstanz kein Eisenoxydul mehr. Die Umwandlung des Eisenoxyduls in kohlensaures Eisenoxydul und schliesslich in Eisenoxydhydrat wird darum wohl auch in der Natur als erstes Zeugniss der Zersetzung zu bemerken sein. Bei dem Hornblendegestein konnte schon während des Abdampfens der Lösung über dem Wasserbad deutlich bemerkt werden, dass auf dasselbe das kohlensäurehaltige Wasser bedeutend mehr eingewirkt habe, als auf die obengenannten Feldspathe. Die quantitative Analyse des zur Trockene eingedampften Rückstandes, der mit Salzsäure brauste, bewies dies deutlich. 1) Zirkel, Petrographie. Bd. II, pag. 609. ?) Naumann Geognosie. I, pag. 725. ®) Bull. d. la soc. geol. VI. pag. 396. [19] Untersuchungen. 43 Es stellte sich ferner heraus, dass Kalk und Fisenoxydul am leichtesten extrahirt werden, indem sie in bedeutenderen Mengen, als alle übrigen Bestandtheile der Mineralien und Gesteine als doppeltkoh- lensaurer Kalk und als kohlensaures Eisenoxydul in Lösung gehen. Die Kieselsäure hat sich höchst wahrscheinlich, wie bei Adular und Oligoklas, als Hydrat gelöst. Aus dem grossen Einfluss, welchen das kohlensäurehaltige Wasser auf die Hornblende ausübt, lassen sich die zahlreichen Pseudomorphosen nach derselben erklären, welche namentlich von Blum und Bischof vortrefflich beschrieben sind. Ebenso muss die tiefeingreifende Zerstö- rung derjenigen Gesteine, in welchen die Hornblende als vorwaltender Gemengtheil auftritt, der leichten Zersetzbarkeit der letzteren durch koh- lensäurehaltiges Wasser zugeschrieben werden. Was Bischof!) von der Umwandlung der Hornblende sagt, kann aus dem hier erhaltenen Resultate ebenfalls gefolgert werden: „Tritt die Kalkerde ganz und das Eisenoxyd mehr oder weniger aus der Mi- schung der Hornblende: so entsteht Chlorit. Scheidet sich gleich- zeitig die Thonerde aus: so entsteht Serpentin. Treten ausser der Magnesia alle Basen aus der Mischung: so entsteht Speckstein oder Talk.“ Die Hornblende, wovon reichliches Material vorlag, gab Gelegen- heit, den Einfluss der Zeit auf den Grad der Zersetzung zu ermessen. Ausser der 7wöchentlichen Einwirkung wurde auch noch eine 3wöchent- liche vorgenommen. Es stellte sich dabei folgendes Resultat heraus: Nach 3wöchentlieher Einwirkung des kohlensäurehaltigen Wassers waren von 9,015 gr. feingepulverter Hornblende gelöst worden BOOT. 020° 27097057, Fe0O = 0,0514 „ Al,O, = Spur 0,1237 er. — 1,359°], der: ange- gewendeten Menge. Nach 7wöchentlicher Einwirkung wurden 1,536°/, gelöst, also nur 0,175°/, mehr, als nach 3wöchentlicher Einwirkung. Es darf hieraus geschlossen werden, dass bei den in Rede ste- henden Versuchen die längere Zeitdauer verhältnissmässig wenig Ein- fluss ausgeübt hat, dass es vielmehr der stärkere Druck gewesen ist, welcher die Wirkung des kohlensäurehaltigen Wassers erhöhte. Da das Magneteisen bei der mikroskopischen Untersuchung selbst sehr zersetzter krystallinischer Massengesteine, z. B. Diabase, Melaphyre, so oft neben stark umgewandelten anderen Gemengtheilen vollkommen frisch und scharf umgrenzt erscheint, und da sich andererseits oft genug nachweisen lässt, dass die mikroskopischen Magneteisenkörner, welche bei dem Wachsthum der übrigen grösseren Gemengtheile eines Gesteins eingeschlosssen wurden, keineswegs secundäre Producte sein können, so konnte nicht erwartet werden, dass das kohlensäurehaltige Wasser, sofern demselben die Hauptrolle bei der Zersetzung der !) Bischof, chem. Geol. II., pag. 686. 6* 44 Richard Müller. [20] Felsarten zufällt, verhältnissmässig ebenso auf das Magneteisen ein- wirke, wie es die Salzsäure thut, eine Vermuthung, welche Zirkel!) bei Besprechung des Apatit folgendermassen ausspricht: „Es scheint demnach, dass man aus dem Verhalten der Felsarten- gemengtheile gegen Salzsäure nicht ohne weiteres auf deren Angreif- barkeit durch natürliche kohlensäurehaltige Gewässer schliessen dürfe, ein Punkt, welchem die Beschaffenheit des Magneteisens in den Fels- arten zur Unterstützung gereicht.“ Der quantitative Nachweis des vom Magneteisen gelösten Eisen- oxyduls stellt nun fest, dass das Magneteisen zwar ebenfalls vom kohlensäurehaltigen Wasser angegriffen wird, dass aber der Zersetzungs- process langsamer vor sich geht, als bei allen übrigen Gemengtheilen der Gesteine. So löst z. B. das kohlensäurehaltige Wasser von Oligo- klas 0,535°/,, vom Magneteisen unter den gleichen Verhältnissen nur die Hälfte. Die Hartnäckigkeit, mit welcher das Magneteisen den zer- setzenden Einflüssen des kohlensäurehaltigen Wassers widersteht, ist höchst wahrscheinlich in der grossen Verwandtschaft des Eisenoxyduls zum Eisenoxyd zu suchen. Bischof?) führt hierzu eine Analogie an und zwar in der Legirung des Silbers mit Gold, wenn Letzteres mehr als den dritten Theil beträgt. Er sagt: „Sowie in einer solchen Legirung das Silber gegen die oxydirende Wirkung der Salpetersäure durch das Gold geschützt wird, so wird im Magneteisen das Eisenoxydul gegen die oxydirende Wirkung des Sauerstofis durch das Eisenoxyd geschützt.“ Dass das untersuchte Mageteisenerz bedeutend mehr Eisen- oxydul abgeben würde als reines Magneteisen, durfte bestimmt gehofft werden, da es, wie schon oben bemerkt worden ist, unter dem Mikro- skop als ein Gemenge von Augit und Magneteisen erschien. Die Tabelle der gelösten Substanzen zeigt, dass das kohlensäurehaltige Wasser von diesem Gestein noch einmal so viel Eisenoxydul gelöst hat, als vom reinen Magneteisen. Wenn nun nach dem Vorhergehenden der” ausgezeichnete Erhal- tungszustand des Magneteisens in den Gesteinen mit der geringen An- griffsfähigkeit durch das als Hauptumwandlungsagens vorausgesetzte kohlensäurehaltige Wasser wohl übereinstimmt, so bietet der Apatit in dieser Hinsicht ganz abweichende Verhältnisse dar. Von den Apatiten sagt Zirkel?) „Sie gehören trotz ihrer Löslichkeit in Salzsäure zu den Gemengtheilen, welche den die Zersetzung bewirkenden Agentien am längsten Widerstand leisten; selbst in beträchtlich umgewandelten Ge- steinen, und wo sie in durch und durch molecular veränderten Horn- blenden und Augiten sitzen, haben sie ihre Klarheit und Grelligkeit oft noch gar nicht eingebüsst“. Der Annahme, dass der Apatit ein späteres Product der Bildung eines Gesteins sei, widerspricht ganz entschieden die Beobachtung, dass er oft gleichförmig durch alle Gemengtheile 1) Zirkel, mikrosk. Beschaffenheit d. Min. u. Gesteine, pag. 224. 2) Bischof, chem. Geol. II., pag. 935. 8) Zirkel, mikr. Besch. d. Min. u. Gest., pag. 224. [21] Untersuchungen. 45 eines Gesteins sich stecknadelartig in dichten Schwärmen oder vereinzelt hindurchzieht. Die Analyse der vom Moroxit, Apatit und Spargelstein durch das kohlensäurehaltige Wasser gelösten Substanzen hat nun ergeben, dass die Apatite keineswegs im Stande sind, den zersetzenden Einflüssen des kohlensauren Wassers besonderen Widerstand zu leisten. Vielmehr hat letzteres auf die Apatite sogar stärker eingewirkt, als auf Feldspath und Hornblende. Es hat sich Kalk als doppeltkohlensaurer Kalk aus- geschieden, während Phosphorsäure als solche gelöst wurde, was man aus dem Verhältniss der äquivalenten Mengen ersehen kann. Vom Moroxit sind z. B. gelöst: P2O, = 1,417°), CaO == 1,696°/, In den neuen Atomgewichten ausgedrückt, ist die Formel für Apatit: 3 CaO + P,O, oder 168 : 142. Dies stimmt mit den gelösten Mengen überein. Der Apatit von Katharinenburg verhält sich ähnlich wie der Mo- roxit von Hammond. Merkwürdiger Weise hat sich beim Spargelstein von Chili mehr Phosphorsäure als dieser entsprechender Kalk gelöst. Eine directe Lösung des phosporsauren Kalkes ist nicht denkbar. Wie nun auch die Apatite unter dem Mikroskop erscheinen mögen, so ist doch hier gewiss der Schluss gestattet, dass auch in der Natur die Apatite den zersetzenden Einflüssen des kohlensäurehaltigen Wassers nur geringen Widerstand zu leisten vermögen. Es sprechen hierfür noch folgende Thatsachen: Berzelius!) wies in den heissen Quellen Carlsbads phosphor- sauren Kalk nach. Bischof?) fand, dass 1 Theil Apatit nach starkem Schütteln sich in 96570 mit Kohlensäure gesättigtem Wasser löste. Ferner berichtet Bischof?) von dem Wasser eines artesischen Brunnens zu Wildegg im Canton Argau in der Schweiz, in welchem sich fast Dmal so viel phosphorsaure Salze (phosphorsaurer Kalk und phosphorsaure Magnesia) finden, als in Carlsbads Sprudel. Er schliesst hieran die Bemerkung: „Ohne dass es durch Analysen nachgewiesen zu werden braucht, ergibt sich von selbst die Nothwendigkeit von der Gegenwart des phosphorsauren Kalkes in allen Gewässern, welche dem Meer zufliessen.“ Auch ist es nach Lassaignes*) Untersuchungen, deren Resultat Dumas bestätigt, kohlensäurehaltiges Wasser, welches phosphorsauren Kalk den Pflanzen zuführt. 1) Gilberts Annalen Bd. 74, pag. 136. 2) Journ. f. pr. Chemie. Bd. 74, pag. 31. ®) Bischof, chem. Geol. Bd. II, pag. 241. *) Journ. chim. med. T. IV., pag. 534. 46 Richard Müller. [22] Schliesslich mag noch darauf hingewiesen werden, dass nach der Ansicht Sandbergers die mächtigen Phosphoritlagerstätten Nassaus von der Zersetzung der Apatite herrühren, welche ursprünglich in den be- nachbarten Diabasen und Schalsteinen eingewachsen waren und bei der Alteration dieser in Lösung geriethen. Wenn aber alle obigen Erfahrungen sich zu der Anerkennung des Satzes vereinigen, dass Apatit verhältnissmässig sehr leicht durch kohlensäurehaltiges Wasser gelöst wird, so wird die Frische der Apa- titdurchschnitte in den zersetzten Gesteinen dadurch nur um so ver- wunderlicher; ja, man wird fast zu dem Glauben gedrängt, dass es in solchen Gesteinen kein kohlensäurehaltiges Wasser gewesen sein kann, wodurch die Alterationserscheinungen der anderen begleitenden Mine- ralien herbeigeführt wurden. Vom Olivin haben hereits zahlreiche mikroskopische Untersuchun- gen nicht nur ergeben, dass er von den die Zersetzung der Felsarten bewirkenden Agentien stark angegriffen wird, sondern auch das gesetz- mässige Detail dieser Processe kennen gelehrt. „Bemerkenswerth ist es,“ sagt Zirkel!) bei Behandlung des Olivin, „wie oft der Olivin in den Felsarten so stark alterirt erscheint, ohne dass die benachbarten Gemengtheile besonders hervorstehende Merkmale der Verwitterung offenbaren, selbst diejenigen nicht, welche sonst als ziemlich angreif- bar gelten.“ Es muss hier ebenfalls bestätigt werden, dass der Olivin von den zur Untersuchung verwendeten Mineralien und Gesteinen am meisten vom kohlensäurehaltigem Wasser angegriffen wird, indem in beträchtlichem Maasse Kieselsäure höchst wahrscheinlich als Hydrat, Magnesia als kohlensaure Magnesia und Eisenoxydul als kohlensaures Eisenoxydul in Lösung gegangen sind. Es darf hieraus mit Recht geschlossen werden, „dass diejenigen Gesteine, in welchen Olivin selbst in seinen mikroskopischen Individuen die ursprüngliche Beschaffenheit noch besitzt, wesentlichen Zersetzungsprocessen bis jetzt nicht unter- worfen gewesen sind.“ Wie sich in der Natur und unter dem Mikroskop die Serpentini- sirung des Olivin oft genug nachweisen lässt, so kann man, da aus dem Olivin das meiste Eisenoxydul durch kohlensäurehaltiges Wasser fortgeführt wird, auch mit Sicherheit behaupten, dass der Olivin zur Bildung des Magneteisens und der Eisenoxydhydrate die meiste Veran- lassung gibt. Fasst man das procentuelle Verhältniss der aus dem Olivin durch Lösung entfernten Bestandtheile ins Auge, so erkennt man, dass in dem Rest Kieselsäure und Basen ungefähr in der gegenseitigen Proportion stehen, wie sie der Serpentin (abgesehen von seinem Wassergehalt) 1) Zirkel, mikr. Besch. d. M. u. Gest., pag. 217. 2) Ibid. pag. 218. [23] Untersuchungen. 47 besitzt; es steht daher von chemischer Seite nichts im Wege, sich die Umwandlung des Olivin in Serpentin als durch kohlensäurehaltiges Wasser erfolgt vorzustellen. Wie schon beim Olivin, so zeigte sich auch beim Serpentin der von Bischof aufgestellte Satz: „Magnesiasilicat wird nicht durch Kohlen- säure zersetzt“, auf diese beiden Mineralien nicht anwendbar. Im Gegentheil hat die quantitative Analyse der vom Serpentin durch kohlensäurehaltiges Wasser gelösten Substanzen ergeben, dass Magnesia- silicat zersetzbar ist. Es ist nicht wahrscheinlich, dass die Lössung der Magnesia hier nur eine Wirkung des hohen Druckes gewesen ist. Jedenfalls geht der- selbe Process, wenn auch langsam, in der Natur vor sich. Es ist auch, wie aus zahlreichen Analysen hervorgeht, in sehr vielen Serpentinvarie- täten etwas Kohlensäure nachgewiesen worden, welche mit Magnesia verbunden sein dürfte. Der im Mineralreich weit verbreitete Process der Serpentinisirung kann daher nicht als Endziel der Verwitterungsprocesse in der Natur angesehen werden. Es lässt sich vielmehr der Schluss ziehen, dass auch die Mineralien der letzten Umwandlungsprocesse nicht eine ewige Dauer haben, sondern in den Kreislauf zurückkehren, der sich im ganzen Mineralreich zeigt. Im Folgenden sind die hier erhaltenen Resultate zusammen- gestellt: 1. Sämmtliche obengenannten Mineralien und Gesteine werden vom kohlensäurehaltigen Wasser zersetzt. 2. Hiebei ‘werden folgende Substanzen, die wesentliche Bestand- theile der Mineralien und Gesteine bilden, in Carbonate umgewandelt: CaO, FeO, MnO, Co0, NiO, K,0, N30. 3. Bei der Einwirkung des kohlensäurehaltigen Wassers auf alkali- haltige Silicate, wie Adular, Oligoklas etc, gehen stets geringe Mengen Kieselsäure, höchst wahrscheinlich als Hydrat, in Lösung. 4. Selbst Tbonerde wird in ganz geringen Mengen gelöst. 5. Adular widersteht den zersetzenden Einflüssen des kohlen- säurehaltigen Wassers bedeutend länger als Oligoklas. 6. Die Röthung der Feldspathe kann als erstes, die Kaolinisirung als zweites Stadium der Zersetzung angesehen werden. 7. Hornblende wird leichter zersetzt als Feldspath. 8. Der stärkere Druck erhöht die Wirkung des kohlensäurehalti- gen Wassers mehr als die längere Zeitdauer. 9. Aus dem Verhalten des Magneteisens gegen Salzsäure kann nicht auf seine Zersetzbarkeit durch kohlensäurehaltiges Wasser ge- schlossen werden. Von allen hier genannten Mineralien und Gesteinen wird es am wenigsten angegriffen. 10. Der Apatit löst sich bedeutend leichter in kohlensäurehal- tigem Wasser, als man nach seinem Erscheinen unter dem Mikroskop erwarten kann. 48 Richard Müller. [24] 11. Olivin wird unter den untersuchten Silicaten am leichtesten von kohlensäurehaltigem Wasser zersetzt, ungefähr noch einmal so leicht als Serpentin. 12. Magnesiasilicat wird von kohlensäurehaltigem Wasser ange- griffen; die Serpentinisirung kann nicht als Endziel der Umwandlungs- processe im Mineralreich angesehen werden. Zum Schluss fühle ich mich gedrungen, den Herren Professoren Zirkel und Wiedemann, die mich bei dieser Arbeit sowohl, als auch in meinem Studium der Mineralogie und Chemie in der liebens- würdigsten Weise wesentlich gefördert und unterstützt haben, meinen herzlichsten Dank auszusprechen. Vita. Unterzeichneter wurde am 12. März 1853 zu Kamenz in der Oberlausitz geboren, erhielt seine Vorbereitung zum Lehrerberuf auf dem Seminar zu Bautzen, fungirte nach bestandener Abiturientenprüfung 2 Jahre als Lehrer zu Hauswalde bei Grossröhrsdorf, unterzog sich Ostern 1874 der Wahlfähigkeitsprüfung und besuchte alsdann die hiesige Universität, wo er die Vorlesungen der Herren Professoren Credner, Heinze, Hofmann, Hankel, Kolbe, Leuckhardt, Masius, Schenk, Strümpell, Wiedemann und Zirkel gehört hat und im chemischen Laboratorium des Herrn Professor Wiede- mann, sowie im mineralogischen Institut bei Herrn Professor Zirkel praktisch thätig gewesen ist. Julius Richard Müller. IV. Bemerkungen über die japanischen Vulkane Asama- Yama, Jaki-Yama, Iwa-wasi-Yama und Fusi-Yama. Von Dr. Richard von Drasche. (Mit 7 Tafeln.) Während eines dreimonatlichen Aufenthaltes in Japan besuchte ich die Vulkane des nördlichen Theiles von Nipon und gebe hier mit einigen Worten meine Resultate. Asama-Yama. Ich beginne die Reihe der von mir bestiegenen Vulkane mit dem thätigsten. Man erreicht ihn am besten von Yokohama aus, wenn man auf der grossen Strasse „Nakasendo“ bis Takasaki!) fährt. Man durch- schneidet so in südost-nordwestlicher Richtung die grosse mit Reis und Gemüsen bepflanzte Ebene. Die bedeutende Stadt Takasaki selbst liegt am Fusse des Gebirges, das wir nun besteigen müssen. Die Strecke von Yedo nach Takasaki legt man in dem seit Kurzen verkehrenden Post-Omnibus in 12 bis 14 Stunden zurück. Von Takasaki aus ist .der Weg nur mehr für Fussgänger oder Pferde gangbar; bis Sakomoto kann man sich indess noch zweirädriger von Menschen gezogener Karren, jinriksha genannt, bedienen; man verfolgt so stets aufwärts den weissen Usuigava. An der rechten Seite des Baches stehen schöne vulkanische Breccien an. Im Vordergrunde sehen wir das zackige Gebirge Megoi-dan, die richtige Sierra der Spanier. Im Hintergrunde erblicken wir den stets rauchenden Kegel des Asama-Yama (s. Taf. IV). Von Sakomoto aus führt nun der Weg ungemein steil den Berg hinauf. Derselbe trägt den Namen Haneishi-Yama; die Strasse wird Usue-toge genannt. Der Berg besteht aus einem schön pfeilerförmig, 1) Ich benütze bei der Schreibweise japanischer Wörter die von J. Hepburn angegebene Orthographie. Mineralogische Mittheilungen. 1877. 1. Heft. (Drasche.) 7 50 Richard von Drasche. [2] abgesonderten, doleritischen lichtgrauen Gestein, dasselbe Gestein, dem wohl das Megoi-dan-Gebirge seine zackigen Formen verdankt. Der höchste Punkt des Berges, den man in einer Stunde erreicht, heisst Togematshi und ist nach J. A. Lindo (Transactions of the asiatie society of Japan. Bd. III. 1874) 3300 Fuss hoch. Von hier aus führt der Weg langsam bergab in südwestlicher Richtung. Schon am Fusse des Haneishi- Yama bemerkte man häufige Bimssteinlager, welche nun aber in der Mächtigkeit bedeutend zunehmen. In einer Stunde erreicht man das Dorf Tamanaka-mura und in einer weiteren Togeitsha, von wo aus man steil in die Ebene heruntersteigt, aus welcher sich der Vulkan erhebt. Von Kalisawa aus schreitet man fast eben in 2 Stunden bis Oiwake, am südlichen Fuss des Asama. Die Ebene ist viele Meter hoch mit weissen Bimsstein-Auswürflin- sen bedeckt. Eine halbe Stunde von Oiwake sieht man endlich schwarze schlackige Laven die Bimsstein-Schichten überlagern. Zu unserer rechten Hand erhebt sich ein steiler, wohl circa 800 Fuss hoher Berg, dessen Spitze von einem Krater durchbohrt sein soll.(?) Es ist der Hanale-Yama (siehe Fig. 1). An den niederen Ge- birgen, welehe die Ebene im Osten einsäumen, sind zwei schöne hervorragende Gänge zu beobachten. Von Oiwake aus stellt sich der Vulkan als 2 Pr ein stark abgeplatteter rau- El chender Kegel dar. An seiner EEE westlichen Seite, von ihm durch einen tiefen Abgrund getrennt, erhebt sich ein gegen den Vulkan steil, nach Aussen sanft abdachender Berg, der „Kengamine“. Nach Osten verflacht sich der Kegel langsam und steht dann mit anderen Gebirgen in Verbindung. Der Vulkan ist bequem in einem Tage zu besteigen. Man schrei- tet zuerst gegen zwei Stunden sanft ansteigend durch Nadelwälder und überschreitet schliesslich den kleinen Bach Tshinoike-gawa, der eine hübsche Cascade über schwarze vulkanische Breccien bildet, die durch den Eisenreichthum des Wassers mit rothen Krusten überzogen sind. Am linken Ufer dieses Baches befindet sich in der Breccie eine geräu- mige Höhle, in welcher sich die Statue eines Buddha-Heiligen befindet. Von hier an fängt der eigentliche Aufstieg an, der jedoch nicht sehr beschwerlich ist, da die plattenförmigen Lavaschollen eine Art Stufen bilden; wir sind nun aus der Wald-Region heraus; bald passiren wir linker Hand einen steilen Hügel, der sich inselförmig aus dem Lavameer erhebt; es ist der „Shekisan“. Je mehr man sich dem Vulkan nähert, desto mehr verschwindet seine kegelförmige Gestalt; wir er- kennen bald die schöne nach Aussen geneigte Schichtung des Kenga- mine und halten ihn wohl nun mit Recht als den alten, jetzt durch ein tiefes Thal getrennten Abhang des Vulkanes. Fig. 1. [3] Bemerkungen über die japanischen Vulkane. 51 Wie mich die Ansicht des Berges von seiner westlichen Seite lehrte, umgibt der Kengamine in einem Viertelkreise den jetzigen Vul- kan (s. Karte des Vulkans Taf. VII). Der Shekisan dürfte ein Ueber- rest des südlichen Abhanges sein; ebenso zeigt eine gewaltige Kluft an der südlichen Seite des Berges, welche von dem „Biobuish“ genann- ten Abhange gebildet wird, dass hier einst grosse Störungen stattge- funden haben. Figur 2 soll eine Idee geben, wie sich der Berg von seiner Mitte aus von Süden gesehen präsentirt. Theile der Ostseite der alten Ab- Fig. 2. Kengamine Shekisan Bioboish ! AN) & a ı i ı ' i ' - ‘ ! { ' ı ‘ hänge dürften noch vorhanden und von den neueren Laven und Aus- würflingen des Vulkans bedeckt sein, das Thal, was im Westen vorhan- den, wurde im Osten von denselben angefüllt. Die vorwaltende östliche Ausdehnung des Berges scheint anzu- deuten, dass die neueren Ausbrüche hauptsächlich nach dieser Seite hin stattfanden. Der Biobuish zeigt so wie der Kengamine sehr schöne Lava-Schichtung. Das letzte Stück bis nach « (Fig. 2) ist gegen 31° geneigt und wegen der grossen Massen Rapillis ziemlich schwer zu erklimmen. Hie und da findet man faustgrosse und noch grössere Aus- würflinge des Vulkans, welche an der Oberfläche schön verglast sind; nur ein einziges Bimssteinstück fand ich und dieses war von schwarzer Schlacke theilweise umhüllt. Ausserdem findet man noch meist kleine weisse scheinbar felsitische Auswürflinge zerstreut. Hat man den Punkt a erreicht so befindet man sich in einem engen ringförmigen Thale, im Osten gebildet von dem letzten Eruptionskegel, im Westen von einer senkrechten Mauer, welche circa den 6. Theil eines Kreises darstellt, mit dem jetzigen Krater als Centrum; sie ist der übrig gebliebene Theil einer nach Osten vollkommen durchbrochenen Krater-Umwallung. Diese Wand ist stellenweise in schöne Säulen zerklüftet, die wieder von Rapilli-Schichten bedeckt werden. Wenn man den Rapillihügel erklommen hat, befindet man sich am Rande des brausenden Kraters, der heftige Dampfwolken aufwirbelt, die sich zu weissen Massen zusammenballen. Die senkrechten Krater- wände sind stark gebleicht, oft mit Schwefel incrustirt, bald überhangend, bald furchtbar zerklüftet; aus jeder Spalte sieht man heisse stark ge- 78 592 Richard von Drasche. [4] spannte Dämpfe hervordringen; den Boden des Kraters zu sehen ist unmöglich, da bloss von Zeit zu Zeit die dichten Dampfwolken einem eine nur geringe Aussicht in den Krater erlauben. Der Krater dürfte einen Durchmesser von circa 1000 Meter haben; seine Höhe über dem Meere ist nach früheren Messungen gegen 2340 . Meter!). Ich konnte den Krater leider nicht in seiner ganzen Ausdehnung umgehen, da ein heftiger Südwind den Aufenthalt auf der nördlichen Seite unmöglich machte. Gegen Osten ist, wie schon früher erwähnt der Asama-Yama be- deutend verlängert. An seinem Fusse befindet sich hier ein kleiner Eruptionskegel, der Ko-Asama (Sohn des Asama; Asama-Yama — Rauch- berg), der Einzige, welchen der Vulkan aufzuweisen hat. Dieser Kegel ist nur eirca 300 Fuss hoch, und an seiner Spitze von einem Krater durchbohrt, ein kleiner Lavastrom hat sich aus ihm ergossen. Die ganze Umgebung ist viele Meter hoch mit Bimssteinen bedeckt. Diese Auswürflinge verschwinden jedoch bald, wenn man vom Ko-Asama aus sich gegen Norden wendet. Die neueren Lava-Ausbrüche des Asama- Yama haben alle an der Nordost- und Ost-Seite des Berges stattgefun- den. Der bedeutendste unter ihnen nimmt seinen Ursprung auf drei Viertel der Bergeshöhe, verbreitert sich sehr schnell und theilt sich schliesslich in zwei kurze Arme. An einem Punkte der Nordseite des Vulkanes, beiläufig in seiner Hälfte sah ich eine Fumarole. Der Weg von Oiwake nach Osasa im Norden des Vulkans führt durch einen Nadelwald, welcher auf einem ganz ausserordentlich durcheinandergeworfenen Lavastrom Wurzel ge- fasst hat; hier sieht man haushoch aufeinander gethürmt Schollen, Taue, Riesen-Platten, Grotten etc. und überall hat die Vegetation Wurzel gefasst. Dieser Lavastrom soll nach Dr. Rein (Petermanns Mit- theil. 1875, S. 221) vor 200 Jahren dem Krater entflossen sein. Auf Taf. III ist der Vulkan skizzirt, wie man ihn von Norden aus, 1 Stunde von Osasa, sieht. Zur Rechten bemerkt man den Kengamine mit tief eingeschnittenen Wasserläufen, dem Beschauer zugewendet ist der grosse schwarze Lavastrom, dessen frisches Gestein sich schön von den schon verwitterten älteren Laven abhebt. Zur Linken haben wir schliesslich den kleinen Kegel Ko-Asama. Die Laven des Asama- Yama sind doleritischer Natur; in einer fein krystallinischen Grundmasse liegen kleine Krystalle von Plagioklas, Augit und Magneteisen. Der Augit tritt überall mehr zurück, grössere Plagioklase findet man häufiger. Es ist zu bemerken, dass die Augite sehr oft jene Zwillinge nach dem Orthopinakoide zeigen, welche Dr. Brezina beschrieb. Das Gestein, welches die Säulen bei a Fig. 2 zusammensetzt, ist von lichtgrauer Farbe und vorwiegend feldspathführend.. Im Dünn- schliffe sieht man Plagioklas-Krystalltrümmer in der feinkrystallinischen Grundmasse liegen, welche auch in den Feldspath selbst stellenweise eingedrungen ist. Die verglasten Auswürflinge sind nicht allein äusser- ‘) Meine sämmtlichen Messinstrumente waren durch den Sturz meines Lastpferdes auf Luzon unbrauchbar geworden; auch gelang es mir nicht mehr neue verlässliche zu erhalten. [5] Bemerkungen über die japanischen Vulkane. 53 lich mit einer dünnen lichtgrauen Schmelzrinde bedeckt: die Versinte- rung scheint auch im Innern Platz gegriffen zu ‚haben. Man erkennt zwei scharf von einander geschiedene Substanzen, eine weisse feldspa- thige und eine perlgraue pechsteinartige; beide Substanzen zeigen Ten- denz zu regelmässiger Anordnung nach einer Richtung. Ausser diesen Auswürflingen sieht man auf den Abhängen noch spärliche kleine, weisse, eckige Steinchen, die aus felsitischer fast quarzharter Grund- masse bestehen, öfters Quarzkrystalle enthalten und durch stellenweise Anhäufung eines blauen, nur mit dem Mikroskop erkennbaren, in Durchschnitten rectangulär erscheinenden Minerals blau gefleckt aus- sehen. Ich behalte mir eine nähere Untersuchung dieser merkwürdigen Auswürflinge vor. Es war mir unmöglich etwas näheres über stattgehabte Eruptionen des Asama-Yama zu erfahren; die Leute sprechen sehr oft von Stein- regen u. s. w.; aber alles redueirt sich schliesslich auf heftige Gewitter, bei welchen Steine von den Abhängen herunterrollten. Herr Dr. Naumann in Yedo soll jedoch in alten japanesischen Tempelschriften Eruptionen des Berges erwähnt gefunden haben, und dürfte wohl in nächster Zeit etwas darüber veröffentlichen. Poulette Scerope (Ueber Vulkane S. 422) erwähnt, dass der Asama-Yama im Jahre 1783 einen heftigen Ausbruch gehabt habe. Jaki-Yama. Dieser erloschene Vulkan liegt an der Westküste Japans in 36° 33° N. B., zwei Tagreisen südlich von Niigata, einem der Vertrags- häfen. Der Vulkan wird in den meisten Vulkan-Verzeichnissen als thä- tiger angeführt. Obwohl ich aus den japanesischen Karten seine beiläufige Lage ersehen konnte, gelang es mir doch nur nach vielen fruchtlosen Wegen ihn aufzufinden; der Zufall führte mich nämlich in einem Theehaus mit einem Manne zusammen, der jahrelang auf seinen :Abhängen Schwefel gewann. Für spätere Reisende, welche sich für diesen Vulkan interessiren sollten, führe ich den Weg an, den ich zu ihm einschlug. Von Osasa, einem Weiler am nördlichen Fusse des Asama-Yama übersetzt man den in vulkanischer Breccie strömenden Mansa-gawa und passirt stets über welliges aus zersetzten Laven bestehendes Gestein, lässt linker Hand den Shirani-Yama, ein erloschener Vulkan, dessen Laven wohl mit denen des Asama - Yama wechsellagern. Nach 6stündiger Wanderung erreicht man endlich den berühmten Badeort Kusatzu (sprich Ksatz). Aus Spalten in vulkanischen Breceien treten hier ausserordentlich mächtige heisse Schwefelwasserstoffquellen auf, welche in grossen höl- zernen, zolldick mit Schwefel inkrustirten Bassins gefangen werden, Diese Quellen sind wohl die mächtigsten Schwefelquellen Japans und haben einen grossen Ruf weit und breit unter den Japanern (Trans- actions of the asiatic society of Japan 1874. A journey from Yedo to Kusatzu). Von Kusatzu erreicht man in einem starken Tagesmarsch Shibu, indem man den gegen 5000‘ hohen Shibutoge (Shibu-Pass) überschreitet, 54 Richard von Drasche. [6] Man lässt linker Hand den erloschenen Shirani und Moto-shirani, an deren Gipfel Schwefel gewonnen wird. Der ganze Weg geht fort und fort in den doleritischen Laven des Shirani, von denen auch einige hornblendeführend sind. Unter ihnen fällt besonders auf ein lichtgraues äusserst lockeres Gestein, das aus viel schönen glasigen Plagioklas und Augit besteht; gewiss unter dieser Form ein seltenes Mineral-Aggregat. Dieser manchmal sogar ins bims- steinartige übergehende „Augit-Andesit“ erscheint in mächtigen Lava- strömen. Bevor man nach dem Orte Shibu hinabsteigt, passirt man einige kleine tiefblaue Seen; die Abhänge des Passes bestehen überall aus übereinandergeflossenen Laven. In Shibu selbst treten wieder zahlreiche warme Quellen auf. Etwa eine halbe Stunde vom Orte strömt aus einer kleinen Oeffnung im vulkanischen Gesteine hochgespannter Dampf brausend hervor. Die Japaner nennen diese Stelle jigoku (d. h. Hölle). Von Shibu aus kommt man bald in das Thal des Tshigugo-gawa, den man auf sein linkes Ufer nach I-Yama übersetzt und von dort sich über den aus vollkommen zersetzten weissen Laven bestehenden Tomikura nach Nagasawa begibt. Von diesem Orte steigt man in 5 Stunden über Arai nach dem grossen Orte Takadä. Von hier aus erreicht man nach weiteren 6 Stunden meist längs der Meeresküste in weissem schon ge- schichtetem Tuffgestein wandernd Kagayashiki den Punkt, von welchem man am besten den Vulkan ersteigt. Kagayashiki liegt am Ausfluss des kurzen Flusses Haya-gawa, der ın südnördlicher Richtung fliessend, von den Abhängen des Yaki-Yama seinen Ursprung nimmt. Das anfangs breite Thal verschmälert sich bald und nach 3stün- diger Wanderung erreicht man die Häusergruppe Odeira-mura, welche am Eingange in eine enge Felsenschlucht liegt, durch welche der Haya- gawa sich durchbricht. Bei Odeira-mura treten lauwarme, etwas schwe- felwasserstoffhaltige Quellen auf. Die Ufer des Flusses werden zusammengesetzt aus lichtgrauen, schön geschichteten vulkanischen Tuffen, welche häufig undeutliche Pflanzenreste führen; dazwischen befinden sich Lagen von schwarzen sandsteinartigen Gesteinen. Die Schichten sind stark verworfen und ge- knickt, was sich an vielen vom Wasser blosgelegten Flächen schön sehen lässt. Die Lagen haben ein abwechselndes Fallen von S—65° W. Bald wendet man sich an das linke Ufer des Flusses und betritt nun eine kleine Fläche, von welcher man zuerst den Anblick des Jaki-Yama ge- niesst. Der Berg ist fast bis zu seinem Gipfel bewaldet. Unendlich tiefe Barancos, die vollkommen kahl und mit Schnee erfüllt sind, durchfurchen seine Abhänge. Der Berg selbst hat eine konische Form mit abgeflachtem stark zerrissenen kahlen Gipfel. Er ist allseitig mit anderen niederen Bergen in Verbindung. Auf Tafel VII habe ich eine flüchtige Skizze desselben wiederge- geben. In den Barrancos findet man den inneren Bau des Berges schön aufgeschlossen. Vorherrschend ist eine lichtgraue äusserst poröse Lava, mit schönen Plagioklasen und grossen Hornblendekrystallen; ausserdem [7] Bemerkungen über die japanische Vulkane. 55 treten noch dichte, feinkörnige Varietäten auf; stets besteht aber die Grundmasse aus einem Gemenge von Plagioklas, Augit und Hornblende; in dieser liegen dann meist einzelne grössere Hornblendekrystalle; das Gestein dürfte somit den Namen Hornblende-Augit-Andesit verdienen. Der letzte Theil des Abhanges ist von Rapilli und Felstrümmern bedeckt. An vielen Stellen sind dieselben mit Schwefel inkrustirt. Etwa 200 Fuss unter dem Gipfel befindet sich ein Loch, aus welchem heisse Luft strömt. Meine Führer versicherten mich, dass noch vor wenigen Jahren aus demselben Schwefeldämpfe strömten. Die Wände der Höhlung sind auch durch und durch mit Schwefel imprägnirt. Die Spitze des Berges ist ein vollkommen in sich eingestürzter Krater. Riesige Felsentrümmer bedecken den ehemaligen Kraterboden, dessen Wände nur mehr hie und da in einzelnen hochaufstrebenden Pfeilern stehen geblieben sind. Nahe am Gipfel fand ich Quarz - Trachyt - Aus- würflinge mit weisser poröser Grundmasse, in welcher sich kleine Quarz- krystalle und zersetzte Feldspathe vorfinden. Ich schätze die Höhe des Berges auf mehr als 7000 Fuss; von Eruptionen ist nichts bekannt, es dürfte wohl seit seinem letzten Paro- xismus’ ein grosser Zeitraum verstrichen sein. Iwa-wasi-Yama. Wenn man auf jener Hauptstrasse Japans, welche von Awomori, der Hafenstadt im äussersten Norden Nipons bis nach Yedo führt, und „Naka-Kaido“ genannt wird, durch die eintönigen Tufflandschaften wandert, so erblickt man unweit von Morioka (7 Tagesreisen von Yedo mit jinriksha) im Westen einen hohen kegelförmigen Berg, den Iwa- wasi-Yama (das heisst wörtlich Türkischer Waitzen-Stein-Berg). Er liegt eirca 39° 50° N. B. Man erreicht seinen Fuss in 4 Stun- den von der grossen Stadt Morioka aus, indem man den nord-südlich strömenden Kita-no-gawa übersetzt und durch junge Nadelwaldungen langsam ansteigend bis zum Tempel Kakisawa geht. Der Berg steht unter dem Schutze eines Buddha -Priesters, der bis zur Spitze eine Art Weg angelegt hat und von jedem Wallfahrer 2 cens erhebt. Da den „heiligen Berg“ jährlich Tausende von Pilgern besteigen um auf seiner Spitze gutes Wetter für die Saaten zu erflehen, so macht diese Steuer eine hübsche Summe aus. Von der Regierung ist jedoch dem Buddha- Priester ein Controlls-Beamter beigegeben, welcher einen aliquoten Theil der Einkünfte für den Staat eincassirt. Von diesem Tempel aus kann man bequem in einem Tage den Gipfel des Vulkanes besteigen und Nachts wieder in Morioka sein. Von Kakisawa präsentirt sich der Berg, sowie ich ihn auf Taf. VI wiedergegeben habe. Es wird dem Beschauer sogleich klar, dass wir zwei verschiedene altersungleiche Theile unterscheiden müssen. Der Hauptkegel, mit stark abgestumpfter Spitze, ist bis oben mit Gestrüpp bewachsen. Aus diesem erhebt sich etwas nördlicher ein höherer kahler Aschenhaufen, der die nördlichen Abhänge des grossen Kegels weit über die Hälfte mit seinen Eruptionsproducten überschüttet hat, auf denen 56 Richard von Drasche. [8] noch keine Vegetation Wurzel fassen konnte. So einfach scheinbar die Verhältnisse liegen, so überraschend verwickelt stellen sie sich dar, wenn man den Gipfel des Berges erreicht hat. Von Kakisawa aus über- schreitet man zuerst eine 1 Stunde breite sanft ansteigende Grasebene. Linker Hand passirt man einen kleinen Rapilli-Hügel, der noch nahe beim Tempel ist, weiter oben einen grösseren Hügel von unregelmäs- siger Form. Nach einstündigem scharfen Anstieg durch Nadelwaldung steigt man einen tiefen Barranco hinunter, in welchem ein kleines Bächlein fliesst. Der Boden ist hier so glatt und lehmig, dass zum Anhalten der Hände ein Seil gespannt ist. Auf der anderen Seite erklimmt man wieder die Wand und wandert nun auf steilem Pfade längs des Ab- hanges hin. Im Barranco sind die übereinander gelagerten Lavaströme und Rapilli-Massen schön aufgeschlossen. Sie besitzen hier eine Neigung von 33°. Nach 5stündigem sehr beschwerlichen Anstieg kömmt man auf den Gipfel des alten Kegels. An seinem südlichen Abhang erhebt sich eine steile Lavamauer, der Rest einer ehemaligen Krater-Umwallung. Nördlich von dieser befindet sich nun ein steiler Rapilli-Hügel, der die Kratermauer um ein Bedeutendes überragt. Die Terrain-Ver- hältnisse sind bis jetzt vollkommen ähnlich denen des Asama-Yama. Hat man den Rapilli-Hügel erstiegen, so eröffnet sich eine über- raschende Aussicht; man befindet sich auf dem Rande eines Circus, aus dessen 2—300 Fuss tiefen Grunde sich ein zweigipfliger Aschen- hügel erhebt; ersterer dürfte einen Durchmesser von circa 500 Meter haben. Die südliche Seite der zweiten Ringmauer ist zum Theile ein- gestürzt, so dass man bequem auf den Boden gelangen kann. An der nördlichen Kraterwand stehen schöne Säulen an. Der höchste Punkt des Walles und des Vulkanes selbst liegt im Westen; ich schätze seine Höhe auf mindestens 7000 Fuss, Am südwestlichen Fusse des mittleren Rapillihügels gewahrt man den jüngsten nun erloschenen Krater. Er ist gegen 30 Meter tief und circa SO Meter im Durchmesser; seine südliche Wand ist eingestürzt, keinerlei Anzeichen seiner Thätigkeit sind mehr vorhanden; seine Wände sind von sauren Dämpfen zersetzt und gebleicht. Die. einzigen Spuren der unterirdischen Wärme konnte ich im Westen des Rapillihügels finden. Hier strömt aus Spalten des vulkani- schen Gesteines stark erwärmte Luft. — In Figur 5 gebe ich einen von Süd nach Nord geführten Durchschnitt des Vulkanes. Fie.“3. Als ich den Rand der westlichen Kraterwand erklommen, war der ganze Westen in dichten ‚Nebel gehüllt. Nach und nach zertheilte [9] Bemerkungen über die japanischen Vulkane. 57 sich derselbe jedoch und ich sah zu meiner höchsten Ueberraschung zu meinen Füssen sich ein grosses von senkrechten Wänden begrenztes Thal öffnen — einen vierten Kraterboden. Da die Nebelmassen sich jedoch nur theilweise hoben und andere Parthien wieder verdeckt waren, so konnte ich mir in dem steten Spiele der Wolken nur nach und nach ein dennoch unvollständiges Bild dieses Thales verschaffen, welches ich hiemit in Kurzem geben will. Die erste Ringmauer verlässt bei Z (siehe Karte des Krater Iwa-wasi- Yama, Tafel IX) plötzlich ihre Richtung und biegt sich wieder zurück, um in weitem Halbkreis ein westlich gelegeneres Centrum zu umgürten. Aus den Nebelmassen konnte ich indessen bei m Bruchstücke des gegenüberliegenden Halbkreises wahrnehmen, so dass kein Zweifel ist, dass auch hier einst eine geschlossene Ringmauer vorhanden war. Der Grund dieses Thalkessels ist mindestens 500 Fuss tiefer als der Krater- boden, aus dem sich der erste Rapillihügel erhebt. In ersterem liegt an der Südseite ein kleiner tiefblauer See, der im Süden von einem halbkreisförmigen Walle umgeben ist; es ist somit ein Kratersee. An einer Stelle bei ! strömen aus der Kraterwand Dämpfe her- vor. Zieht man einen Durchschnitt von g über f, e, h, k nach ! so erhalten wir beiläufig folgendes Profil (s. Fig. 4): Der ganze Krater ist mit dichten Wäldern bedeckt; mein Plan, dieses Gebiet näher zu untersuchen, wurde leider durch dicht hereinbrechenden Nebel verhin- dert. Es ist mir somit unmöglich zu sagen, in welcher Art sich der Vulkan nach Westen abschliesst und ob er nicht mit jenen hohen Ge- birgen in Verbindung ist, welche ich durch den Nebel erblicken konnte. Sowie der Asama-Yama sein Eruptionscentrum stets nach Osten vorrückte und wir alle Ringwälle nur im Westen erhalten finden, so scheint der Iwa-wasi-Tami vorzüglich gegen Norden seine vulkani- schen Kräfte zu äussern, gegen welche Weltgegend die meisten Circusse offen sind. Am nördlichen Abhang bemerkt man auch einen neueren Lavastrom. Die Laven des Iwa-wasi-Yama sind alle doleritisch, öfters werden sie jedoch feinkörnig und gehen so in Anamesite über, welche häufig Tachylit in sich eingeschlossen führen. Mineralogisehe Mittheilungen. 1877. 1. Heft. (Drasch e.) 8 58 Richard von Drasche. [10] Fusi-Yama. Der der Hauptstadt Yedo am nächsten gelegene Vulkan und zu- gleich der höchste Berg Japans ist der. weltberühmte heilige Fusi-Yama (wörtlich Feuerberg), besser Fusi-no-yama. Sein Fuss ist von der Stadt aus bequem in zweiundeinhalb Tagen zu erreichen. Man fährt am besten längs des Tokaido in 5 Stunden bis Odawara am Meere. Hier ergiesst sich der Hägakawa-Bach ins Meer. Der Hägakawa- Bach entspringt aus dem Hakone-See; kurze Zeit nachdem er densel- ben verlassen hat, biegt er plötzlich in rechtem Winkel um, und eilt nun in südöstlicher Richtung dem Meere zu. Dort wo er die scharfe Biegung macht, treten die Berge an seinem linken Ufer in weitem Bogen zurück, um ihn bald mit immer steileren Ufern einzuengen. In diesem engen Thale, an dessen Wänden man die übereinandergelagerten Lavamassen verfolgen kann, brechen eine Anzahl von Thermen hervor, so bei Imotto, Tanasawa, Mianoshta, Sokokura, Kiga u. s. f. Nicht weit von Imotto trifft man schön weisse, zerreibliche Tuffe an, weiter höher stehen vulkanische Breccien an, welche von Gängen durchsetzt werden, die doleritisch und reich an grossen Feldspäthen sind. Am rechten Ufer des Flusses bei Senkoku unweit seiner Krüm- mung erhebt sich der merkwürdig gestaltete Komoriga-take (Fleder- maus-Berg, s. Taf. VII.), der nach Dr. Rein eine Höhe von 1285 Meter besitzt. Er ist ein zweigipfliger Berg mit einem tiefen Ein- sturz in der Mitte; an seinem Gipfel und Abhängen wird Schwefel gewonnen; einige rauchende Fumarolen sieht man aus der Ferne; ich halte aus diesen Gründen den Berg für einen erlöschenen Vulkan. Längs den steilen Abhängen, welche sich im Bogen um die Fluss-Bie- gung ziehen, sieht man horizontal die Schichtungslinien der Laven verlaufen; dort wo diese Gehänge am niedersten sind, führt der Weg zum Fusi-Yama in das Himmelsthal. Der Aufstieg ist ermüdend und steil, hat man jedoch den Gipfel erreicht, so eröffnet sich nun ein überraschender Anblick. Tief unten breitet sich ein weites, reich be- bautes Thal aus, welches langsam ansteigt und schliesslich in die zu- erst bewaldeten, dann kahlen und zuletzt mit Schnee bedeckten Ab- hänge des grossen Vulkanes übergeht. Der Fusi-Yama hat vom Otomi- toge (dies ist der Name des Ueberganges) aus gesehen, keine rein konische Form, wie sie die Japaner gern in allen ihren Zeichnungen und Malereien darstellen. Seine Spitze wird von einer sanft geneigten Ebene gebildet. Im Süden gegen das Meer zu hängt der Vulkan an seinem Fusse mit einem anderen Berg zusammen, dem Ashinga-Yama, der sicher auch vulkanischen Ursprungs ist. Die Abhänge des Otomitoge nach dem Himmelsthale, die aus einem porösen, grauen, Plagioklas-Augit führenden Gesteine bestehen, sind ziem- lich sanft. Ist man unten in Goten angekommen, so sieht man eine Ebene, die. ganz aus schwarzem Rapilli mit weissen Bimssteinlagen besteht, bis zum Dorfe Subashiri, von wo ich den Vulkan bestieg. Drei Wege führen auf den Berg, einer von Süden, ein nördlicher und ein östlicher ;. ich [11] Bemerkungen über die japanischen Vulkane. 59 wählte den letzteren. Von Subashiri bis zum Ruheplatz Omagaishi — 2 Ri Weges — schreitet man noch stets in den Rapilli-Massen, erst von hier an nimmt die Steigung bedeutend zu und treten Lavaströme auf. Von hier bis zur Spitze des Vulkans führt der Weg im Zick-Zack steil über Laven; man kann den Gipfel von Omagaishi aus wohl in 6 Stunden erreichen. An 10 verschiedenen Punkten befinden sich an diesem Wege von Stein erbaute Hütten, in welchen die jährlich in enormen Massen auf den Berg wandernden Pilger ausruhen. Diese Hütten sind von den Monaten Juli bis September von Leuten bewohnt, welche Thee, Reis, Wasser etc. verkaufen; den ganzen übrigen Theil des Jahres wird der Berg der hohen Schneemassen wegen nicht bestiegen. In meiner Begleitung befand sich Herr Baron R. Stillfried, der sich die mühevolle Aufgabe gestellt hatte, den Krater des Vulkans zu photographiren. Wir hatten somit ein Gefolge von 20 Mann, um die Apparate hinauf zu schleppen; wir mussten in der 5. Station übernachten und gelangten erst den andern Mittag auf die Spitze des Berges bei stür- mischem und regnerischem Wetter. Oben befinden sich kleine Tempel und schlechte Hütten zur Aufnahme der Pilger. Erst den nächsten Morgen lichtete sich das Wetter, die Nebel hoben sich und ich konnte sowohl den Krater umgehen und Beobachtungen machen, als auch ge- lang es Herrn Baron R. Stillfried vier höchst gelungene Ansichten des Kraters photographisch aufzunehmen. Um ermüdende Beschreibungen zu vermeiden, gebe ich in Tafel IX eine Karte des Fusi-Yama-Kraters. Seine Höhe wurde verschieden angegeben, ja die Messungen va- riiren zwischen 10.500 und 14.200‘. Lieutenant Robinson gibt neuerdings die Höhe des Berges zu 14.177 Fuss an, das Mittel aus einer Anzahl ausgewählter barometrischer Höhenmessungen von verschiedenen Beob- achtern ist 12.200 englische Fuss. Der Krater des Berges ist fast kreis- rund und dürfte eine Tiefe von 7—800’ haben. Im Norden und Nord- westen wird der Krater in einiger Entfernung von einer steilen Mauer begrenzt, welche wohl der Ueberrest eines alten Kraterwalles sein dürfte. Der Raum zwischen ihm und den jetzigen Krater wird durch eine Anzahl Rapillihügel ausgefüllt, deren höchste Punkte sich an den alten Wall anlehnen. Im Westen befindet sich ein nach Osten offener kleiner Krater, dessen Wände von oben bis unten von einem Gange durchsetzt werden. Die Lava- und Rapilli-Schichten im Süden und Osten neigen sich gegen das Centrum des Kraters, fallen aber dann natürlich nach Aussen wieder parallel den Abhängen. Fir. 5 Der jetzige Krater dürfte früher SR bedeutend kleiner gewesen sein, da man noch bei « (siehe die Karte) einen ste- hen gebliebenen Pfeiler antrifft, der vollkommen isolirt aus dem Krater steigt und dessen Schichtung demselben zu- fällt (siehe Fig. 5). Grosse Schuttmassen, welche den Kraterboden bedecken, deu- ten auf stattgehabte Einstürze hin. Der 8* 60 Richard von Drasche. [12] Vulcan ist vollkommen erloschen, keine Dämpfe, keine Schwefel-Anflüge sind mehr vorhanden. Die letzte Eruption fand im Jahre 1707 statt. Die Tradition erzählt, der Berg sei in einer Nacht entstanden und zur selben Zeit habe sich bei Miaco ein See (der Bivao) gebildet. Die Aussicht vom Fusi-Yama muss bei heiterem Wetter (was übrigens sehr selten sein soll) überwältigend sein; wir waren leider nicht so glücklich selbes anzutreffen. Die japanesische Karte zeigt, dass am Nordfuss des Fusi 5 Seen, von denen einer ziemlich bedeutend, auftreten. Späteren Forschern bleibt es überlassen, diese geologisch ganz unbekannte Gegend zu erforschen. Die Laven des Fusi-Yama sind doleritisch, jene jedoch, welche die Kraterwände zusammensetzen, sind Anamesite, in welchen nur hie und da ein Feldspathkörnchen sichtbar ist. Bimsstein hat der Vulkan in der letzten Zeit nicht mehr ausgeworfen; seine den Kegel bedecken- den Auswürflinge sind nur schwarze blasige Schlacken. Bei ihm sowie beim Asama-Yama scheinen die Bimssteine den älteren Eruptionen an- zugehören. Unsern Rückweg nach Yokohama traten wir über Atami, Hakone und Odawara an. Man steigt von Subaschiri aus ein gutes Stück das reich mit Rapilli bedeckte Himmelsthal hinunter und übersetzt dann südöstlich einen langgezogenen Gebirgsrücken, der aus doleritischem Gestein besteht; so erreicht man den knapp am Meere liegenden Geysir von Atami, der seine Ausbrüche 6mal in 24 Stunden hat. Otto Kunze hat in den „Mittheilungen der deutschen Gesellschaft für Natur und Völkerkunde Ostasiens, Juni 1875“ eine ausführliche Schilderung dieser periodischen Quelle gegeben. Von Atami aus führt der Weg über mit hohem Gras bewachsene, langgezogene Rücken nach Hakone am gleichnamigen See, der im Osten von einigen kegelförmigen aus Dolerit bestehenden Bergen be- grenzt wird. Unweit davon befinden sich auch die heissen Schwefel- quellen von Ashinoju. Hakone liegt nach Dr. Martin 700 Meter hoch, Ashinoju 836 Meter. Von Hakone aus gelangt man über den niederen Hakone - Pass in 4 Stunden wieder nach Odawara. Die ganze Gegend zwischen dem Himmelsthale, Atami, Hakone und Hatta wird von grauen, porösen doleritischen Laven zusammenge- setzt, welche sich sowohl ihrem Aeussern als ihrer petrographischen Eigen- thümlichkeit nach, auf grosse Strecken vollkommen gleich bleiben. V. Nachtrag zur chemischen Analyse des Mejonits. Von Dr. Edmund Neminar Docent an der Universität Wien. In meiner Arbeit „Ueber die chemische Zusammensetzung des Me- jonits ')“ hob ich hervor, dass beim continuirlichen starken Glühen des Mejonits ein Theil seiner Alkalien sich verflüchtige. Es zeigte sich nämlich, dass der durch Glühen des Mejonits bis zum constanten Ge- wichte bestimmte Gewichtsverlust weit grösser war, als der nach einer direkten Bestimmungsmethode ermittelte Wassergehalt, dagegen jedoch die percentische Menge der aus dieser bis zum constanten Gewichte geglühten Substanz bestimmten Alkalien geringer, als die aus unge- glühter Substanz ermittelte. Dieser Umstand setzte es nun allerdings ausser allen Zweifel, dass beim continuirlichen starken Glühen des Mejonits Alkalien sich verflüchtigen, und dass somit der gegenüber dem Wassergehalt zu gross erscheinende Gewichtsverlust zum grossen Theil durch die Verflüchtigung der Alkalien hervorgerufen wird, bot aber auch dem Gedanken Raum, ob nicht etwa einerseits, schon bei dem für die direkte Wasserbestimmung erfolgten Glühen des Mejonits im Platinrohre, ein Theil der Alkalien zugleich mit dem Wasser ausge- trieben wurde, andererseits ein bei den bisherigen analytischen Unter- suchungen des Mejonits nicht bestimmter Körper, an den die Alkalien theilweise gebunden gewesen sein dürften, sich bei dem Glühen eben- falls verflüchtigte, und bei meinen früheren Bestimungen übersehen worden war. Durch die Untersuchung einer Reihe von Skapolithen, mit denen sich auch Herr Direktor Tschermak in letzterer Zeit eingehend beschäf- tigte, zeigte es sich nun, dass sich in dem Skapolith nächst den bisher bekannten Bestandtheilen auch Kohlensäure und Chlor befindet, welches letztere durch starkes Glühen in der Form von Chloralkalien und theilweise auch als Eisenchlorid ausgetrieben werden kann. Nach diesem Ergebnis bei den Mineralen der Skapolithfamilie !) Diese Mittheilungen. Jahrgang 1875. Heft II, pag. 51. Mineralogische Mittheilungen. 1877. 1. Heft. (Neminar.) 62 Edmund Neminar. [2] lag es nun nahe anzunehmen, dass im Mejonit, der wie bekannt in innigem Zusammenhange mit dem Skapolithe steht, ebenfalls Kohlen- säure und auch Chlor vorhanden sein dürfte, das sich möglicher- weise, zugleich mit der Kohlensäure, schon bei der direkten Wasser- bestimmung, wenn auch nicht als Eisenchlorid, da der Mejonit keinen Eisengehalt ergab, so doch in der Form von Chloralkalien, verflüchtigt hatte, und hiedurch in Folge seiner Aufnahme durch das zur Wasser- aufnahme vorgelegte Chlorcaleium einen verhältnismässig zu grossen Wassergehalt des Mejonits verursachte. Diese Erwägungen veranlassten mich nun den Mejonit, von dem mir durch die Güte des Herrn Direktors Tschermak der Rest jenes exquisiten Materials mit dem ich meine früheren Untersuchungen durch- geführt hatte, zur Verfügung stand, nachträglich auf Kohlensäure und Chlor zu prüfen, und die Wasserbestimmung nochmals, jedoch nach einer Methode durchzuführen, die wol ebenfalls eine direkte Be- stimmung erlaubte, wobei jedoch kein Fehler durch gleichzeitiges Aus- treiben des Chlors oder der Alkalien zu befürchten stand. Diese Bedingungen bei der Wasserbestimmung zu erfüllen eignete sich am besten die vom Professor E. Ludwig in seiner Arbeit „Ueber den Pyrosmalith')“, bei welchem Mineral das Wasser, des Chlor- sehaltes wegen, ebenfalls nicht durch einfaches Glühen im Platinrohr bestimmt werden konnte, angegebene Methode, nach welcher der Mejonit in einem ausgebauchten Platinrohr mit kohlensaurem Natron- Kali aufgeschlossen und das in Dampfform entweichende Wasser von einem trockenen Luftstrom in ein vorgelegtes gewogenes Chlocalcium- rohr überführt wurde. Für die Chlorbestimmung wurde der feingepulverte Mejonit in einem Platinrohr, durch welches gleichzeitig ein feuchter Luftstrom ge- leitet wurde, geglüht, das entweichende Chlor in mit chlorfreier Natron- lauge gefüllten Röhren aufgefangen und hierauf nach der gewöhnlichen gewichtsanalytischen Methode bestimmt. Gewöhnlich wird wol das Glühen bei dieser Methode der Chlorbestimmung in einem Strome feuchten Wasserstoffgases vorgenommen, Parallelversuche jedoch die bei der Chlorbestimmung von Skapolithen bald mit einem Strome von feuchtem Wasserstoffgas, bald mit feuchter Luft angestellt wurden, er- gaben gar keine Differenz der Resultate. Die Kohlensäure endlich wurde durch Glühen des Mejonits im Platinrohr ausgetrieben und durch einen gleichzeitig durch das Platin- rohr streichenden, vorerst aber durch ein System von Natronkalk- Aetzkali und Chlorcaleium-Röhren geleiteten Luftstrom in ein gewoge- nes mit Aetzkali gefülltes Röhrchen überführt, nachdem noch früher das entweichende Wasser in einem mit concentrirter Schwefelsäure gefüll- ten Röhrchen aufgefangen worden war. Die nach diesen kurz angedeuteten Methoden angestellten Unter- suchungen des Mejonits auf Wasser, Chlor und Kohlensäure lieferten nun folgendes Ergebnis: ') Diese Mittheilungen Jahrg. 1875. Heft IV. pag. 211. [3] Nachtrag zur chemischen Analyse des Mejonits. 63 1. a) 10015 Gramm Substanz, bei 100° Cel. bis zum constanten Gewichte getrocknet, ergaben 0'0028 Gr. Wasser. b) 10142 Gr. Substanz gaben 000144 Gr. Chlor. 2. a) 1'0215 Gr. Substanz gaben 0'0026 Gr. Wasser und 00074 Gr. Kohlensäure. Fügt man diese Daten an die bereits bei meinen früheren Unter- suchungen des Mejonits gewonnenen, unter Hinweglassung der früheren, in Folge der gleichzeitigen Verflichtigung von Chloralkalien und Koh- lensäure, zu gross erscheinenden Wasserbestimmung, was im vorliegen- den Falle, wo die Nachtragsbestimmungen mit einem Theile desselben Materials ausgeführt wurden wie die früheren, ohne weiteres statthaft ist, so ergibt sich nun für den Mejonit folgendes Gesammtresultat: I. a). 10315 Gr. bei 100° Cels. getrockneten Substanz gaben: 04473 Gr. Kieselsäure, 03311 Gr. Thonerde, 0'2217 Gr. Kalk und 0°0032 Gr. Magnesia. b) 0:9047 Gr. Substanz gaben: O'0111 Gr. Chlorkalium und 0:0231 Gr. Chlornatrium. II. a) 1'0948 Gr. einer bis zum constanten Gewichte im Platintiegel geglühten Substanz gaben: 0'2345 Gr. Kalk, 0'0123 Gr. Chlor- kalium und 0'’0164 Gr. Chlornatrium, also um 00055 Gr. Chloralkalien weniger als bei der Bestimmung mit ungeglühter Substanz. III. a) 1'0015 Gr. Substanz gaben 0'0028 Gr. Wasser. b) 1'0142 Gr. Substanz gaben 0:00144 Gr. Chlor. IV. a) 10215 Gr. Substanz gaben 00026 Gr. Wasser und 0'0074 Gr. Kohlensäure. Werden diese Zahlen in Procenten ausgedrückt, so ergibt sich nachstehende Zusammensetzung des Mejonits: IL I. II. IV. Mittel Kieselsäure - » - » » =». 43:36 = — — 4336 Thonerde : - =»... ». . 32.09 u — u 32:09 a ra ee nr 249 72242 _ — 2145 Macnesia vu. =. 2 02.2:0681 = — — 0:31 Natron EEE 1'35 — n— — 1'35 Me a a a ae — = — 0:76 De er a ae 1 N el _ 0:28 026 0:27 Blog re) 10 ee — 0:14 — 0:14 Kohlensäure - »- - » » 22.0 — — 072 0:72 10045 Nach diesen analytischen Resultaten erweist sich der Wasser- gehalt wol geringer als bei meinen früheren Bestimmungen, indessen erklärt sich dieses Verhältnis leicht dadurch, dass sich bei der frühe- ren Wasserbestimmung zugleich mit dem Wasser jedenfalls sowol die Kohlensäure, als auch das Chlor und mit diesem auch die dem Chlor- gehalt aequivalente Menge der Alkalien in der Form vom Chloralkalien verflüchtigt hatte, und hiedurch den Wassergehalt bedeutend grösser erscheinen liess als er thatsächlich war. Wird aber die percentische Menge jener erwähnten Bestandtheile in Verbindung gebracht, so ergibt 64 Edmund Neminar. [4] sich nahezu dieselbe Zahl die ich bei den früheren Enserabehnne en als Wasser gefunden hatte. Hält man nun dieses endgültige analytische Ergebnis He Mejonits seiner von mir berechneten empirischen Formel entgegen, so ergibt sich einerseits, dass das Wasser als selbstständiger Factor der Formel ent- schieden nicht bestehen kann, andererseits aber, dass der verhältnis- mässig unbedeutende Kohlensäuregehalt ebenso wie die geringe Menge von Chlor den übrigen Theil der Formel im Allgemeinen nicht alte- riren wird. Wien, Laboratorium des Herrn Prof. Dr. E. Ludwig. VI. Beiträge zur Mineralogie des Fassa- und Fleimser- Thales. Von €. Doelter. 11, Im Folgenden setze ich meine im Jahrgange 1875, III. Heft be- sonnenen Mittheilungen fort; dieselben enthalten ausser chemischen Studien über den Fassait noch die Beschreibung neuer Funde, nament- lich von Magnetit, Fassait, Granat, Adular, Pyrit ete. 10. Ueber die chemische Zusammensetzung des Fassaits. Der Fassait, krystallographisch gut bekannt, ist es viel weniger in Bezug auf seine chemische Constitution. Bis vor Kurzem war eine Analyse des Südtiroler Fassaits gar nicht ausgeführt worden, und von anderen ähnlichen Fassait-Vorkommen war nur der Fassait aus dem Zillerthal von Barthe analysirt worden. Die von v. Rath vor circa 2 Jahren publicirte Analyse bezieht sich auf die in Formen von Monticellit auftretenden Bildungen, nicht auf die reinen Krystalle dieses Minerals. Sowohl dieser als auch der von Barthe ausgeführten Analyse fehlt die so wichtige Trennung der beiden Oxydationsstufen des Eisens. Es schien mir daher zweckmässig bei dem Umstande, dass die Zusammensetzung des Fassaits als thonerdehältiger Augit und wegen der eigenthümlichen genetischen Verhältnisse derselben von einiger Wichtigkeit ist, neue Untersuchungen anzustellen. Ich habe desshalb drei Analysen von Fassait ausgeführt. Was die Methoden anbelangt, die zur Ausführung der Unter- suchung angewandt wurden, so sind es im Allgemeinen die gewöhnlich üblichen. Das Mineral wurde mit kohlensaurem Natronkali aufgeschlossen. Zur Bestimmung von Kieselsäure, Thonerde, Eisenoxyd, Magnesia und Kalk; Thonerde und Eisenoxyd wurden durch kohlensäurefreies Ammoniak gefällt und durch reines Aetznatron getrennt. Zur Wasser- bestimmung wurde grobes Pulver angewandt. Mineralogische Mittheilungen. 1877. 1. Heft. (C. Doelter.) 9 66 C. Doelter. [2] Ganz besondere Sorgfalt wurde beobachtet bei der Bestimmung von Eisenoxydul; ich gehe auf diese Untersuchung etwas näher ein: Die am meisten jetzt angewandte Methode zur Trennung von Eisenoxydul und Eisenoxyd besteht darin, dass man das Mineralpulver mit Flusssäure und Schwefelsäure bei Ausschluss von Luft in einer zugeschmolzenen Röhre von Kaliglas erhitzt. Bei dieser Methode vermeidet man namentlich die Reduction von Eisenoxyd, welche bei einer anderen oft gebrauchten Methode, der Aufschliessung durch Borax eintrifft. ') Ein kleiner Nachtheil ist jedoch auch bei dieser Methode vor- handen, indem meist die Flusssäure, sogar solche, die als rein gilt, Chamaeleon entfärbt; eine solche Entfärbung des -Chamaeleon tritt ein sowohl bei direct aus Flussspath und Schwefelsäure hergestellter Säure, als auch bei solcher, die durch Reinigung von roher Flusssäure gewonnen wird, ebenso bei Anwendung von Fluorammonium und Schwefelsäure. Um diesem Uebelstand abzuhelfen, ist es nach E. Ludwig vor- theilhaft, die Säure mit Chamaeleon zu destilliren, und stets einen Nebenversuch mit Flusssäure ohne Anwendung des Minerals zu machen. Durch verschiedene Versuche ergab sich mir, dass die Differenzen, welche man erhält, bei Anwendung von Flusssäure, ohne Zusatz von Chamaeleon und von solcher, der früher bis zur Entfärbung Chamaeleon zugesetzt wurde, keine gar kleinen sind; in letzterem Falle erhält man stets zu wenig Eisenoxydul. Ich habe desshalb noch eine andere Methode angewandt, und zwar habe ich, dem Rathe Professor Pebal’s folgend, die Flusssäure vor der Titrirung zu verjagen gesucht; dies wurde in einer Atmosphäre von Kohlensäure ausgeführt, indem die Substanz mit Flusssäure und Schwefelsäure in einen hohen Platintiegel gebracht wurde, welcher in ein hohes cylindrisches, oben spitz endigendes Gefäss gegeben wird ?), dann wird dieses Gefäss mit Kohlensäure angefüllt und dieses Gas ununterbrochen von oben in den Apparat geleitet, während der Tiegel von unten schwach erhitzt wird; bei gutem Schliessen des Apparates von unten kann keine Luft in denselben dringen und es kann alle Flusssäure verjagt werden ohne Gefahr einer Oxydation des Eisen- oxydul; nur ist es nöthig schon zu Beginn der Operation genug Schwefelsäure zuzusetzen, um eine wiederholte Einfüllung zu vermeiden, da dieselbe umständlich ist (zum Einfüllen kann man sich eines dünnen, wenig breiten Trichterrohres bedienen, das oben eingeführt wird.) Dass keine Oxydation dabei entsteht wird schon dadurch be- wiesen, dass ich bei Versuchen etwas mehr Eisenoxydul erhielt bei Anwendung letzgenannter Methode als bei der ersten, indess sind die erhaltenen Resultate nicht sehr von einander abweichend. !) Suida, in diesen Mittheilungen 1876, III. Heft. ?) Das cylindrische Gefäss wird auf einen eisernen runden Teller gesetzt und so verschlossen, dass keine Luft von unten in dasselbe eindringen kann. [3] Beiträge zur Mineralogie des Fassa- und Fleimser-Thales. 67 Ob diese Methode von allgemeinerer Anwendung sein wird, ver- mag ich noch nicht zu sagen und bin ich noch mit Versuchen über den Erfolg derselben beschäftigt. Ich will nur die Resultate einiger Versuche erwähnen, welche zum Vergleich der Methoden angestellt wurden. 1. 0:2398"- Eisendraht wurden mit Schwefelsäure im Kohlensäure- strom gelöst, dieselben erfordern 45'5°“ der Chamaeleonlösung. 2. Dieselbe Quantität Eisendraht wird auf dieselbe Weise gelöst ; vor der Titration jedoch circa 2° concentrirter reiner, aus reinem Flussspath und Schwefelsäure bereiteter Flusssäure hinzugesetzt; die- selbe Quantität Eisen erfordert hier 46'1°° derselben Lösung. 3. Dieselbe Menge Eisen wird in Schwefelsäure gelöst, hierauf mit circa 2° derselben Flusssäure in einen Platintiegel gebracht und in dem vorhin beschriebenen Apparat eingedampft; zur Titration sind dieses Mal 45'7°“ der Chamaeleonlösung erforderlich. 4. Dieselbe Menge Eisen in Schwefelsäure gelöst wird mit Fluss- säure versetzt, der früher O0'4°- Chamaeleon zugesetzt war, das Ganze dann in einer zugeschmolzenen Glasröhre erhitzt und titrirt. Erforderlich sind 44°6°° der Lösung. ') Zur genauen Prüfung werden allerdings noch weitere Versuche nothwendig sein; vorläufig ergibt sich nur, dass die Resultate der beiden Methoden also nicht sehr abweichend sind und sich gegenseitig controliren Können. Ich gehe nun über zu den Daten, die die drei ausgeführten Analysen ergaben. Der -Fassait kommt in Südtirol fast nur am Monzoni vor, mit Ausnahme des von mir heuer aufgefundenen Fundortes auf der Nord- seite der Malgola; ausser in Krystallen kommt er noch in krystalli- nischen Massen vor; die wichtigsten Fundorte sind Toal della Foja, Südabhang der Ricoletta und Nordabhang des Mal Inverno. I. Analyse des krystallisirten Fassait vom Toal | della Foja. Es‘ ist diess der älteste, am meisten bekannte Fundort des Fassait; er kommt hier am Contact des Kalksteines mit Monzonit vor in Begleitung einer grossen Anzahl von Mineralien, die an anderen Orten wiederholt angeführt wurden. Die Krystallform der Fassaite aus dem Toal della Foja ist hin- länglich bekannt, so dass sie einer Erwähnung hier nicht bedarf; die Krystalle sind zum Theil säulenförmig ausgebildet, oft ist auch ihr Horizontaldurchschnitt mehr länglich. 1) Die Summe der zuerst angewandten Menge O’4ec. Chamaeleon und der zur Titration nothwendigen ist also nicht genau gleich der theoretisch nothwen- digen 4ö'dee. 9* 68 C. Doelter. [4] Die Auswahl der Krystalle war keine leichte, da die meisten derselben matt und mit einer grauen oder bräunlichen oberflächlichen Rinde bedeckt sind, die auf eine beginnende Umwandlung des Fassaits hindeuten, die frischen Krystalle zeigen Glasglanz und sind von grüner Farbe und durchscheinend. Die zur Analyse verwendeten Krystalle waren ganz frisch und rein, es waren Zwillinge der Combination oP. oP». 2P. P. 2 Po. Das grobe Mineralpulver wurde sorgfältig untersucht, um jede Verunreinigung zu entfernen; übrigens zeigen die frischen Krystalle nur wenig Beimengungen. Schliffe solcher Krystalle zeigen im Polarisationsapparat für paralleles Licht sehr lebhafte Interferenzfarben; mit einem Nicol auf Absorption untersucht, zeigen sie nur unmerkliche Absorptionsunter- schiede. Die Substanz ist rein und enthält keinerlei Beimengungen. Die Analyse, zu der ungefähr für die Bestimmung von Si0,, Al,O,;, F&%O;,, (a0, MgO, 1°" angewandt wurde, ergab folgende Resultate: SiOz 43:81 Al,O; 391 F&0; ol FeO 1:52 MgO 12:51 0a0 25:10 H,O 0:51 10043 Spur von Manganoxydul und Alkalien. Das Eisenoxydul wurde durch folgende 3 Versuche bestimmt : Durch Aufschliessen mit HFl und Schwefelsäure im Glasrohr erhielt ich 1) für 08218" Mineralsubstanz 1:40 Ber 2) für 0:7358". Mineralsubstanz TRLDDRDEre, Durch Aufschliessen im Platintiegel in einer Kohlensäureatmosphäre erhielt ich: Bei Anwendung von 0'775®"- Mineral 1'61 Pere. Als Mittel der drei Bestimmungen ergibt sich 152 Pere Der Wassergehalt, den die Analyse nachweist, ist wohl kein ursprünglicher, derselbe verhindert jedoch die Aufstellung einer Formel für diesen Fassait, da er schon auf eine beginnende, wenn auch unbe- deutende Zersetzung hinweist. Die Analyse ergibt einen etwas auffallend hohen Thonerdegehalt, so wie auch einen bedeutenderen Eisenoxydgehalt gegenüber dem geringen Gehalt an Eisenoxydul. [5] Beiträge zur Mineralogie des Fassa- und Fleimser-Thales. 69 H. Analyse des krystallinischen Fassait vom Toal della Foja. An derselben Stelle wie der krystallisirte Fassait kömmt auch der krystallinische, grössere Massen bildend vor; er zeigt ein krystallinisch- körniges Gefüge; in Hohlräumen kommen Krystalle von Fassait vor mit pyramidalem Habitus. In grösseren Stücken sieht man hin und wieder blauweisse Caleitkörner regelmässig eingestreut; besonders gegen den Contact mit dem vorkommenden Kalksteine zu, nimmt die Menge des Calcites überhand und geht der Fassait allmählig in den Caleit über. Die Farbe des krystallinischen Fassait ist grasgrün, viel inten- siver als die des krystallisirten Fassait; auch ist letzterer meist ganz frisch im Gegensatz zu den häufig angegriffenen Krystallen. Ein dünner Schliff eines solchen Fassaites bietet unter dem Mikroskop ein Bild, welches einigermassen erinnert an das, welches Partien von Augit aus krystallinischen Gesteinen liefern; es zeigt nämlich eine Zusammensetzung aus zahlreichen selbstständigen Fassait- individuen, nicht etwa aus einem einzigen. Im Fassait sieht man hie und da wieder ein gestreiftes Calcit- korn. Der Fassait ist von zahllosen Sprüngen durchzogen, nach einer Richtung zeigen diese Sprünge oder Risse eine gewisse parallele An- ordnung, die wohl hervorgebracht wird durch die unvollkommene Spaltbarkeit nach dem Klinopinakoid. Im parallelen polarisirten Licht untersucht, zeigt der Fassait sehr lebhafte Interferenzfarben, welche, wenn der Schliff überall gleichmässig dick ist, dieselben für die ganze Fläche des Schliffes sind und auf eine gleiche Orientirung der Fassaitindividuen schliessen lässt. Dichroismus zeigt sich fast gar nicht, ebenso wenig wie beim krystallisirten Fassait; die Farbe im Schliff ist lichtgelb bis lichtgrün. Unter dem Mikroskop zeigen sich ausser dem erwähnten Caleit keine weiteren Einschlüsse, auch ist das Mineral ganz frisch ohne jede Trübung. Zur Analyse wurden die Stücke selbstverständlich genau unter- sucht, um die Caleitkörner zu entfernen, was bei einiger Sorgfalt nicht allzu schwer fällt, da dieselben nie sehr klein sind und durch die ver- schiedene Farbe von dem Fassait zu unterscheiden sind. Die Analyse ergab folgende Resultate: SiO, 44:06 ALO,; 1043 F&0O; rl FeO 1:67 MgO 18:10 CaO 2520 H,O 0:15 10052 Spec.-Gewicht —= 2°965 bei 16° C. Ausserdem fand sich eine Spur von Manganoxydul. 70 C. Doelter. [6] Die Eisenoxydulmenge wurde auch hier durch drei Versuche bestimmt. Durch Aufschliessen mit Flusssäure und Schwefelsäure im zuge- schmolzenen Glasrohre waren bei den beiden Versuchen erforderlich : 1.29% bei Anwendung von 0'548" 2,20%, bei Anwendung von 0'5328"- was in Percenten ausgedrückt, 1'’52 und 1:61 Perc. ergab. Bei dem Aufschliessen im Platintiegel in der Kohlensäure- atmosphäre ergaben sich: } bei Anwendung von 0'7998"- Substanz 1'837 Pere. wozu 5'8°° Chamaeleonlösung erforderlich waren. ') Bemerkt sei noch, dass sowohl hier als bei der ersten Analyse die Versuche 1 und 2 mit verschiedener Flusssäure angestellt wurden und zwar Versuch 1 mit aus Fluorammonium und Schwefelsäure erzeugter, Versuch 2 mit aus Flussspath und Schwefelsäure direct hergestellter Säure. Als Mittel der drei Versuche ergibt sich demnach: 167 Perc. Der Eisenoxydgehalt ist etwas geringer bei dem krystallinischen Fassait als bei den Fassaitkrystallen; der Magnesiagehalt um ein unbedeutendes höher. ; Im Uebrigen ist die Uebereinstimmung dieser Analyse mit der der Fassaitkrystalle ersichtlich. Il Analyse des Fassait vom Nordabhang des MaluInvern. Der Fassait findet sich hier im Caleit, mit Serpentin zusammen, im Contact von Monzonit und Kalkstein. ?) Die Krystalle haben pyramidalen Habitus. Sie sind von grasgrüner Farbe und scheinen auf den ersten Blick recht frisch zu sein, was jedoch nicht der Fall ist, wenigstens war es mir nicht möglich, ganz frische Krystalle aufzufinden. Zur Analyse wurden Krystalle angewandt, die ziemlich frisch dem Aussehen nach waren. Die Methode der Analyse war dieselbe wie bei den eben gege- benen, nur wurde das Eisenoxydul hier nur einmal bestimmt, durch Aufschliessen mit Flusssäure und Schwefelsäure im zugeschmolzenen Glasrohre. {) Selbstverständlich einer anderen Lösung als bei dem ersten Versuche; zur Titration wurden Mohr’sche Glashahn-Buretten mit Erdmann’schem Schwimmer verwendet. = Vergleiche C. Doelter, Jahrbuch der geologischen Reichsanstalt 1875, t. 9. He [7] Beiträge zur Mineralogie des Fassa- und Fleimser-Thales. 71 Die Analyse ergab: SiOa 4197 AO: 10'63 FeO; 7:36 FeO 0:55 MgO 10:29 CaO 26:60 H,O 270 10010 Vergleichen wir diese Analyse mit den beiden vorhin angeführten, so ergeben sich einige Unterschiede, die der Zersetzung, welche bei den zuletzt genannten Krystallen bereits begonnen hat, zuzuschreiben ist. Der Kieselsäuregehalt ist um 2 Perc. niedriger, der Kalkgehalt bedeutend höher, während weniger Magnesia vorhanden ist; der Wasser- gehalt ist schon ziemlich beträchtlich. Die Umwandlung scheint darin zu bestehen, dass auf Kosten des Fassait sich ein Maenesiasilicat bildete, welches weggeführt wurde, dagegen Kalk und Wasser auf- genommen wurden. Gehen wir nun etwas näher ein auf die chemische Constitution des Fassaits, dessen Zusammensetzung namentlich durch die Analyse des krystallinischen Fassaits ersichtlich ist; und vergleichen wir die- selbe mit den übrigen bisher vorhandenen und den hier zuerst gege- benen Analysen. Zur besseren Uebersicht stellen wir alle diese ausgeführten Analysen zusammen. I. Analyse des Fassait vom Zillerthal (Barthe). Dana’s Mineralogy, 5 Ed. II. Analyse des in der Form von Monticellit auftretenden Fassait vom Monzoni (Rath), Sitzungsber. d. Berliner Akad. 1874. III. Analyse der Fassaitkrystalle vom Toal della Foja (Doelter). IV. Analyse des krystallinischen Fassait von demselben Fundort (Doelter). V. Analyse der Fassaitkrystalle vom Nordabhang des Mal Inverno (Doelter). I. DL. II. IV. V. Kieselsäure - - 48°47 47.69 43:81 44:06 4197 Thonerde - - 8:22 201: 9:97 1043 10:63 Eisenoxyd - +» — — 701 De 136 Eisenoxydul - 430 362 152 1:67 0:55 Kalk... 15:59 16°10 1251 13:10 10:29 Magnesia - - 21'96 2457 2510 25:20 26:60 Wasser - - - 073 1:05 Os 0:15 2-70 99-27 3) 99-94 2) 10043 100°52 100:10 ') Glühverlust. 72 C. Doelter. [8] Vergleichen wir zunächst unsere Analysen, namentlich (III) und (IV), die mit frischem Material angestellt wurden, mit den früheren Analysen, so ergibt sich, was die Analyse II anbelangt, kein sehr bedeutender Unterschied. Frisches Material muss, nach dem Wasser- gehalt zu schliessen, der Analyse II nicht zu Grunde gelegen haben, auch ist nicht zu vergessen, dass dieselben sich auf eine pseudomorph nach einem anderen Mineral vorkommende Substanz bezieht, daher auch nicht an ganz reinem Material ausgeführt wurde. Der Kieselsäuregehalt erscheint an jener Analyse um etwas höher, ebenso der Magnesiagehalt. Der Eisengehalt ist dagegen um 2 Perc. geringer. Da bei dieser Analyse keine Eisenoxydulbestimmung vorliegt, so lässt sich, was diesen wichtigen Punkt anbelangt, kein Vergleich anstellen. In Betreff der von Barthe ausgeführten Analyse, ist nicht ganz erwiesen, ob wirklich Fassait vorliegt; diese Analyse unterscheidet sich von III und IV nur durch höheren Kieselsäuregehalt, auch hier liegt leider keine Eisenoxydul- und Eisenoxydtrennung vor. Betrachten wir nun zu welchen Resultaten die Analysen III und IV führen, indem wir namentlich die letztere als am frischesten Material angeführte ins Auge fassen, so ergibt sich vor Allem, dass der Fassait keineswegs, wie noch Descloizeaux anzunehmen geneigt ist, zum Diopsid zu rechnen ist, die chemische Zusammensetzung ist von der jenes Minerals gründlich verschieden. Am meisten Analogie in dieser Hinsicht zeigen mit dem Fassait die Thonerde-Augite, zu denen man dieselben zu stellen wohl am meisten geneigt wäre. Jedoch erlaube ich mir auf einige Differenzen aufmerksam zu machen, die keineswegs auf rein analytische Resultate zurückzu- führen sind. Vor Allem erscheint der Eisenoxydgehalt und namentlich das Verhältniss desselben zu der geringen Quantität von Eisenoxydul wesentlich verschieden von dem der Thonerde-Augite; bei allen jenen in Rammelsberg’s „Handbuch der Mineralchemie“ angeführten Analysen ist der Gehalt an Eisenoxyd ein beträchtlich geringerer als der des Eisenoxyduls, während hier das Gegentheil der Fall ist; aus seiner Uebersicht ist ersichtlich, dass nur äusserst selten bei Thonerde-Augiten der Eisenoxydgehalt beträchtlich höher ist als der Oxydulgehalt, wie diess bei dem Fassait der Fall ist; eine andere Frage ist nur die, ob dieser Gehalt an Oxyd ein ursprünglicher ist; der Frischheit des ange- wandten Materiales, besonders bei Analyse IV, wäre diese Frage zu bejahen, obgleich sich diess nicht direct nachweisen lässt. Es müsste diese Frage gelöst werden an vulkanischem, neu gebildeten Fassait. ') 1) Fouqu& (Comptes Rendus 1875) analysirte ein grünliches Mineral, das er Pyroxene Fassaite nennt, und in Auswürflingen von Santorin wo es mit [9] Beiträge zur Mineralogie des Fassa- und Fleimser-Thales. 13 Ein weiterer Unterschied, der hervortritt, ist der bedeutende Kalkgehalt, der den Magnesiagehalt beträchtlich übersteigt, während sonst (siehe Tschermak, Pyroxen und Amphibol, pag. 31) das Gegentheil der Fall ist. Berechnet man die Verbindungsverlältnisse von Ca und Mg, so ergibt sich, dass bei Fassait-Analyse IV, 12 0a0 und 20 MgO vorhanden sind, also ein auffallendes Resultat; ich kann jedoch kaum glauben, dass hier eine bedeutende Zersetzung vorliegt. Wenn man also annimmt, dass, wie es sehr wahrscheinlich ist, und durch die mikroskopische Untersuchung und jene im polarisirten Lichte bestätigt wird, ein frisches Material den Analysen III und IV zu Grunde liegt, so kann man den Fassait nicht gut zu den Thon- erde-Augiten stellen, da dieselben in Betreff des Eisen-, Kalk- und Magnesiagehaltes zu bedeutende Abweichungen von unserem hier untersuchten Mineral geben. Der Fassait ') hat also chemisch eine ziemlich selbstständige Stellung. 11. Neuer Fundort von Contactmineralien an der Malgola im Travignolo - Thale. Bis jetzt war der Fassait und seine charakteristischen Begleiter nur am Monzoni bekannt. Im Sommer 1876 fand ich nun auch an der Malgola ähnliche Vorkommen und zwar an einem bisher unbe- kannten Fundorte von Mineralien, nicht weit von der Boscampobrücke bei dem Fundort des Liebenerit, am Nordabhang der Malgola gegen das Travignolo-Thal. °) Der Monzonit, hier aus triklinem Feldspath, Orthoklas, Hornblende, Biotit, etwas Augit bestehend, tritt in dem Kalk gangförmig auf. Am Contact treten wie am Monzoni, Canzocali und an dem Westabhang der Malgola Contactmineralien auf und sind die Verhältnisse ganz analog denen jener bekannten Fundstellen. Wollastonit und Granat vorkömmt. Die Analyse ergab ihm: SiO, 46:8 Al,O, 10:1 FeO 104 CaO 249 MgO 68 99:0 Diese Analyse weicht von den vorhin genannten durch äusserst geringen Magnesiagehalt ab; gerade hier wäre eine Trennung der Oxydationsstufen des Eisens nothwendig gewesen; übrigens könnte der Analyse vielleicht nur ein grüner Augit zu Grunde liegen. 1) d. h. der Tiroler Fassait, der hier untersucht wurde; eine erneute Analyse der übrigen verwandten Vorkommen scheint wünschenswerth. 2) Derselbe mündet bei Predazzo in das Avisiothal, Mineralogische Mittheilungen. 1877. 1. Heft. (C. Doelter.) 10 74 C. Doelter. [10] Die Mineralien, welche ich hier auffand, sind bis jetzt folgende: Fassait. Granat. Brandisit. Spinell. Serpentin. Caleit. Es unterliegt keinem Zweifel, dass es mit der Zeit gelingen wird, die Analogie mit dem Monzoni durch Auffindung weiterer Contact- mineralien zu vervollständigen. a) Fassait. Kömmt nur in Krystallen vor; man findet meistens dieselben Combinationen wie am Toal della Foja. 1. Krystalle von rectangulär-säulenförmigem Habitus, die die Combination oP. oP». P. 2P zeigen, es sind zum Theil einfache Krystalle zum Theil Zwillinge. 2. Krystalle von lang säulenförmigem Habitus, dieselbe Combina- tion zeigend. 3. Krystalle von pyramidalem Habitus, zum Theil Zwillinge, zum Theil einfache Krystalle, sie zeigen die Combination : oP. 2P.P. 2Ro und oP. Po. 2P.P. b) Spinell. Kömmt mit dem eben erwähnten Fassait vor und zeigt selten schöne Krystallformen, meist nur das Octaeder; häufig sind auch /willinge nach dem bekannten Gesetze. c) Granat. Derselbe kommt in wohlausgebildeten bis 7"” dicken Krystallen vor und zwar in der Combination des Rhombendodecaeders, das vor- herrscht, mit einem Ikosi-Tetraeder | 0. 202 Die Krystalle sind von blassgrüner Farbe. Der Brandisit kömmt mit Fassait zusammen vor und zeigt sich nur in Blättchen. Der Serpentin bildet auch hier grössere Massen; Caleit ist weniger häufig. 12. Magnetit vom Mulatto. In den Verhandlungen der k. k. geologischen Reichsanstalt ") habe ich eine vorläufige Bemerkung über dieses Vorkommen gemacht. Der Fundort ist nicht, wie ich ursprünglich glaubte, an dem Berge Viezena, er liegt bereits an dem Mulattoberg und zwar am ') Jahrgang 1875, N. W. [11] Beiträge zur Mineralogie des Fassa- und Fleimser-Thales. 75 Ostabhang desselben gegen das Val di Viezena zu. Das früher von Liebener und Vorhauser ') erwähnte Vorkommen von Viezena, welches nach Richthofen ?) Titaneisen sein soll, steht mit unserem in keinem Zusammenhang, der Fundort ist mir fremd geblieben. Jenes soll am Contact zwischen Melaphyr und Granit vorkommen. Auch in den Sammlungen habe ich jenes Titan- oder Magneteisen nicht vorgefunden. Am Westabhange des Mulatto gegen das Val di Viezena °) findet sich eine stockförmige Masse von derbem Magneteisen, auf welches früher Bergbau getrieben wurde. (Auch heute noch lässt der Eigenthümer D. Rizzoli in Cavalese hie und da noch daselbst arbeiten.) Das Erz besteht aus fast ganz reinem Magneteisen; bis vor kurzem waren Krystalle noch ganz unbekannt, erst vor zwei Jahren wurde ich auf Krystalle von diesem Fundort aufmerksam gemacht. Es finden sich dieselben auf derbem Magneteisen aufsitzend; die Krystalle haben einen Durchmesser von 5— 8m, Die erste Stufe, die ich davon acquirirte, sandte ich an Herrn Oberbergrath von Zepharovich, der die Flächen nach Messungen bestimmte. Derselbe bestimmte die Combination : 0. 505), 303. O Zepharovich vergleicht die Krystalle mit den von Kokscharow aus Achmatowsk beschriebenen und in Taf. 46, Fig. 9 seines Atlas abgebildeten, bei denen jedoch noch “O0 zu beobachten ist. In dieser ersten Stufe waren die Krystalle hin und wieder ver- zerrt und zwar durch Vorherrschen einer Fläche von ©O oft tafel- förmig. — An den anderen Krystallen, die ich im Sommer 1876 erhielt, ist das Rhombendodecaeder mehr regelmässig ausgebildet; auch zeigt sich bei diesen Streifung der Dodecaederflächen, was bei den Krystallen der ersten Stufe nicht der Fall ist. Auch zeigen die später gefundenen Krystalle die Combination : &0. 303 50°];. O es herrscht das Ikositetraeder vor, während bei den ersteren das Hexakisoctaeder gegenüber dem Ikositetraeder vorherrscht; es nähern sich also die letzteren Funde noch viel mehr den Achmatowsk-Kıystallen, bei denen bekanntlich ebenfalls das Hexakisoctaeder mehr gegen das Ikositetraeder zurücktritt. !) Mineralien Tirols, p. 100. ?) Sitzungsberichte der k. Akademie, Bd. 27. ®) Dieses Thal mündet in das Travignolothal ein. 10* 76 C. Doelter. [12] Das Octaeder tritt bei den letzterwähnten Krystallen vom Mulatto nur klein auf. Die Krystalle haben hie und da über 1°” Durchmesser. Bis jetzt wurden von dem Vorkommen nur 4 bis 5 Stufen vorgefunden. Im letzten Jahre gelang es mir Stufen zu erhalten, die noch von einer anderen Stelle herrühren. Hier kömmt der Magnetit mit derbem Magneteisen, ferner noch mit Quarz in Nestern im Turmalingranit vor; das Gestein ist in der Nähe der Fundstätte sehr verändert und etwas verquarzt. Die Krystallform dieser Krystalle ist eine etwas andere als die der erwähnten Krystalle; es tritt hier nur das Rhombendodecaeder auf, es ist sehr verzerrt und tafelförmig, oft auch etwas in die Länge gezogen. Sehr hübsch sind kleine Zwillinge dieser Rhombendodecaeder nach dem Spinellgesetz. Ich kann wohl behaupten, dass die vorliegenden Vorkommen zu den schönsten gehören, die in den Ostalpen und in Oesterreich über- haupt sich vorfinden. Denn nach den Daten, welche uns das werthvolle Lexikon von Zepharovich gibt, wären in Oesterreich, was den Reichthum an Flächen anbelangt, nur die von Pfitsch noch zu nennen, welche von Kenngott beschrieben wurden; jene Krystalle sind von octaedrischem Habitus und zeigen vorherrschend OÖ, daneben 303. O&. &0. Auch von anderen europäischen Vorkommen dürften wenige dem Unseren an Schönheit gleichkommen; ich erlaube mir desshalb auf dieses Vorkommen speciell näher aufmerksam zu machen. 13. Contactmineralien an der Costa di Viezena. An der Costa di Viezena (auch Vitte di Viezena genannt), jenem Rücken, der sich von der Spitze des Viezena zum Mulattogipfel hin- zieht, findet sich theils Melaphyr, der deckenförmig vom Mulattogipfel hin nördlich sich ausdehnt, theils Kalkstein. Letzterer wird nun durch mehrere Gänge, die eine Mächtigkeit von 3—5” besitzen, durchbrochen. Am Contact mit dem Melaphyr ist der Kalkstein in ein grünes Silicat umgewandelt, das mit Calcit gemengt auftritt; ähnliche Vor- kommen finden sich am Canzacoli und anderen Punkten bei Predazzo im Contact mit Monzonit. In diesem von Silicaten erfüllten Kalksteine finden sich die ver- schiedenen zu nennenden Mineralien. Damit ist wohl der Nachweis geliefert, dass auch der Melaphyr seine Contactproducte hat, ebenso gut wie der Monzonit. [13] Beiträge zur Mineralogie des Fassa- und Fleimser-Thales. Fi Uebrigens finden wir auch im Val di Ref, einem Seitengraben des Sacinathales, den dichten Kalkstein in der: Nähe von Melaphyr- gängen umgewandelt, wobei sich in dem krystallinisch-körnigen Kalk- stein Lagen von grünen Silicaten finden. Ich lege auf diese Vor- kommen, die die Analogie mit den durch .Monzonit hervorgebrachten Contactmineralien nachweisen, einigen Werth, weil von anderer Seite das Vorkommen von Mineralien am Contact von Melaphyr bestritten wurde. ') Das häufigste Contactproduct ist. der Granat; derselbe zeigt sich in kleinen, 2—3”” grossen honiggelben Rhombendodecaedern (0) ohne andere Flächen, er sitzt auf Caleit oder auf dem an grünen Silicaten reichen Kalksteine direct auf. Ausser dem Granat zeigen sich noch: Spinell. Octaeder, einfache Krystalle oder Zwillinge, auch derb und in rundlichen Massen. Uralit-Krystalle. Dieselben zeigen keine Endflächen, sondern nur die Combination des Prisma mit dem Orthopinakoid. Endlich kommen noch vor: Epidot, Quarz und blaugrauer krystallinischer Calcit. Endlich sind noch zu erwähnen von einem anderen Orte, eben- falls am Contact von Melaphyr und Kalkstein (weit und breit kommt kein anderes Eruptivgestein vor) folgende Mineralien : Strahliger Amphibol mit Eisenglanz in Blättchen und Calcit, ganz so wie ich ihn von Le Selle beschrieben habe, (ersteres Mineral wurde auch von J.ohn analysirt und hat derselbe seine Zuge- hörigkeit zum Amphibol dargethan. ?) Es zeigten also diese Funde, dass am Contact von Melaphyr- gängen grösserer Mächtigkeit ebenso Contactmineralien vorkommen, wie am Contact des Monzonit mit Kalkstein, wie ich früher schon gezeigt habe. °) Einen weiteren Fall bringe ich unten. 14. Epidot von Viezena. Dieses Mineral kommt an mehreren Stellen der Costa di Viezena vor, meist jedoch nicht in guten Krystallen. Man findet sie in Hohl- räumen des Melaphyrs oder auch in Begleitung von Granat, Spinell etc. Meist sieht man nur lange Nadeln, die die Combination: IN, zeigen; Endflächen sind nicht sichtbar. 1) Rath Verhandl. der k. k. geolog. Reichsanstalt 1875, Nr. 14. 2) Verhandl. der k. k. geolog. Reichsanstalt 1876, Nr. 1. 3) Jahrbuch der geolog. Reichsanstalt 1875, 2. Heft. 78 C. Doelter. [14] An einem Stücke fand ich jedoch Krystalle mit Endflächen; hier findet sich der Epidot auf einer Gesteinskluft, es sind kurze dicke Säulen meist ohne Endfläche, sie zeigen die Combination der Domen und des Orthopinakoides und sind stark gerieft; einige zeigten jedoch ausserdem Endflächen und zwar tritt hier die Combination auf: Po. 0P. Po. aPoo. oo. P.. Pest (DIE Von den Endflächen herrscht &P gegenüber den 2 anderen Flächen ? und P& bedeutend vor. 15. Magneteisen und derber Anorthit vom Monzoni. In dem Allochetthale, das als Fundstätte von Epidot und Granat bekannt ist, findet sich auch krystallisirtes Magneteisen, das noch nicht erwähnt wurde; es sind dies Octaeder-Krystalle von 5®"® Länge, die häufig in Brauneisen umgewandelt sind. Ausser den von Rath entdeckten Anorthit-Krystallen von Pesmeda findet man an dem höchsten Fundort von Pesmeda auch derben Anorthit, der der Beachtung werth erscheint. Derselbe bildet daselbst mit grünem Glimmer und etwas Fassait grössere blassrothe Massen. Die mikroskopische Untersuchung desselben ergab eine vollkommene Analogie des Schliffes mit denen von derbem Orthoklas; der ganze Schliff besteht aus einem Individuum, nicht etwa, wie man vielleicht erwarten könnte, aus mehreren verzwillingten Individuen. 16. Magneteisen als Contactproduet am Monte Comon. Südlich vom Satteljoch am Wege aus dem Val Sacina gegen den Monte Comon tritt im Kalkstein ein 3—4” mächtiger Melaphyrgang auf, der wiederum von einem schmäleren Gange von Orthoklasporphyr durchbrochen wird. Am Contact von Melaphyr und Kalkstein ist letzterer in gross- blättrigen Caleit umgewandelt und finden sich darin grössere Partien von derbem Magneteisen. Es ist dies wiederum ein schönes Beispiel der Contactwirkungen des Melaphyr; wenn man die zahllosen Gänge letzteren Gesteines, die in dieser Gegend auftreten, etwas näher untersucht in Bezug auf ihre Contactwirkungen, so findet man, dass diejenigen Gänge, welche keinerlei Einwirkungen auf das Nebengestein gehabt haben, schmale Gänge sind, meist solche, die einfach aus grösseren Gangmassen her- vorgegangen sind und als Ausfüllung von bestehenden Spalten zu betrachten sind, dagegen haben sehr viele der grösseren, mächtigeren Gänge ebenso Veränderungen des Kalksteines hervorgebracht wie der Melaphyr, wenngleich, was die Zahl der Contactmineralien und die Ausdehnung der Producte anbelangt, jene ungleich bedeutender und wichtiger sind. [15] Beiträge zur Mineralogie des Fassa- und Fleimser-Th ales. 79 17. Pyrit von Viezena., Der Pyrit kommt an drei Punkten in verschiedenen Formen vor. a) Auf dem Soracrep. Hier kommen 4—8"” dicke Pyritkrystalle, die die Combination : 02 ol —— zeigen, vor; sie sitzen in einer Breceie, die aus Kalksteinbruchstücken durch Melaphyrtuff cementirt, besteht. b) Mit dem eben erwähnten Granat: An der Costa di Viezena, auf einem an Silicaten reichen grünen &02 Kalkstein sitzen kleine Octaeder mit untergeordnetem 3 in Brauneisen umgewandelt; auch Zwillinge kommen häufig vor, Endlich . ebenfalls auf umgewandeltem Kalk am Contact von Melaphyr mit Caleit: Pentagondodecaeder, zum Theil einfache Krystalle, zum Theil Durchkreuzungszwillinge. Auch diese Krystalle sind ganz in Brauneisen umgewandelt. 18. Pyrit vom Monzoni. Auf Le Selle bei dem Fundorte des strahligen Amphibols und Eisenglanzes findet sich, wie bekannt, auch Pyrit; in dem gross- blättrigen Marmor, der dort im Contact mit Melaphyr vorkommt, fanden sich neulich Pyritkrystalle, die ziemlich reichliche Combinatonen bieten; leider sind dieselben meist abgerundet, was die Messungen erschwert. Die Dicke der Krystalle beträgt 1—5"”, die meisten derselben sind oberflächlich, zum Theil auch vollständig in Brauneisen um- gewandelt. Die am meisten vorkommenden Combinationen sind: 23 208 . 0 3 u 0 = nn oder nu o0 rn und zwar oft mit vorherrschenden Dyakisdodecaeder oder auch häufig mit Würfel und Dyakisdodecaeder ziemlich im Gleichgewicht ausgebildet. [Aehnlich wie Fig. 36 und 19 bei Strüver.] ') Die Krystalle sind oft etwas verzerrt. ‘) Pyrite del Piemonte etc. — Turin 1869, 80 C. Doelter. [16] Für denjenigen, der die Mineralogie Oesterreichs, speciell der Alpenländer verfolgt, mag dieser Fund wohl insoferne nicht uninter- essant sein, als jene Combination überhaupt nur selten, in Tirol gar nicht vorgekommen ist, wie sich aus Zepharovich’s Uebersicht ergiebt. — 19. Mineralien aus dem Melaphyr vom Mulatto. In Hohlräumen des Melaphyrs vom Mulatto, der deckenförmig an diesem Berge auftritt, findet man eine Reihe von Mineralien, unter denen früher hauptsächlich der derbe Kupferkies bekannt war, welcher auch in älteren Zeiten in grösseren Massen vorgekommen sein soll so, dass darauf Bergbau getrieben wurde. | Mit dem derben Kupferkiese konnte ich nun noch einige andere Mineralien entdecken, worunter ich nenne: Krystallisirter Kupferkies. Adular. Lievrit. Apatit. Pyrit. a) Kupferkies. Kommt in 5—10®” dicken Krystallen vor, die die gewöhnliche SE do k > i Combination BU RUge, zeigen mit einem vorherrschenden und einem untergeordneten Sphenoid. b) Adular. Kommt in einfachen Krystallen und in Zwillingen vor. Die Krystalle sind von blassgelber Farbe, vollkommen durch- sichtig und wohl ausgebildet; sie zeigen alle einen kurz säulenförmigen Habitus; ihre Länge schwankt zwischen 4—$"”, Die einfachen Krystalle, die auch die häufigsten sind, zeigen die Combination : coR.\!Pes.\.0P (U. oder auch PP. Po. oP oPo DD) (9 (BD (M Die Zwillinge sind etwas seltener als die einfachen Krystalle, sie sind nach dem DBavenoer - Gesetze verzwillingt und zeigen die Combination : of. oP. Po Po c) Apatit. Kommt in langen Säulen »P. oP vor; der Pyrit tritt in Pentagondodecaedern [e >) . . . . 3 auf, die auch hier in Brauneisen umge- wandelt sind. [17] Beiträge zur Mineralogie des Fassa- und Fleimser-Thales. 81 Der Lievrit zeigt sich nicht in Krystallen, nur in strahligen Massen. 20. Mineralien aus dem Turmalingranit des Mulatto. In Drusenräumen des Mulatto fanden sich kürzlich folgende nennenswerthe Mineralien : a) Orthoklas. ; 1—2 m lange tafelförmige Krystalle der Combination : Br Vo. Pe 2 Pe 0P..P Daneben findet man auch Krystalle von säulenförmigem Habitus bis 2°” lang der Combination : Po. 0P 2Po »oP b) Orthoklas mit Quarz als Ausfüllungsmassen von Hohl- räumen des Granits: 4m Jange !/a—°/,°" dicke säulenförmige Krystalle der Combination: 0oP. Po. oP wozu verhältnissmässig sehr klein dazutreten : »P3 2Po 2Po. P c) Turmalin (krystallisirt). Kömmt mit Quarz und Albit zusammen vor, in Nestern des Granits. Ausser strahligem Turmalin findet man noch ziemlich häufige undurchsichtige Krystalle von dick säulenförmigem Habitus, die die Combination: oR — 2R R zeigen; Länge ungefähr 6"”, d) Albit. Kleine Zwillinge von 1—2”" Länge, die die Combination: ap se ap. Pa zeigen. Graz, 3. Januar 1877. Mineralogische Mittheilungen. 1877. 1, Heft. (C. Doelter.) 11 82 €. Doelter. Beiträge zur Mineralogie des Fassa- und Fleimser-Thales. [18] Berichtigungen. In dem ersten Theile der Arbeit (Mineralogische Mittheilungen 1875, 3. Heft) sind folgende Fehler zu berichtigen : Pag. 175, Zeile 4 lies: in den Formen des Feldspathes. „ 178, „19 nach Kalksteine lies: stehenden Gesteine. „. 178°, 26 lies: Quarz statt Amethyst. LS 1 3 nach 2Po- lies: AP. „ 182, „ 15 nach Titanit lies: südl. Ricolettaabhang. VII. Bericht über die vulkanischen Ereignisse des Jahres 1876. Von €. W. C. Fuehs. In dem Jahre 1876 ist der seltene Fall eingetreten, dass wir von keiner grösseren Eruption zu berichten haben. Immerhih ist die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass trotzdem ein oder der andere in letzter Zeit ruhige Vulkan in eruptive Thätigkeit überging, denn wir müssen wiederholt auf die mangelhaften Nachrichten hinweisen, die uns aus den vulkanreichsten Gegenden der Erde, z. B. dem Süd- osten Asiens, dem ehemaligen russischen Nordamerika und selbst von einzelnen Theilen Süd-Amerika’s zukommen. Aus all den genannten Ländern dringen der Regel nach über die dort so häufigen vulkanischen Eruptionen nur dann Nachrichten zu uns, wenn sie in aussergewöhn- licher Heftigkeit auftreten und ungeheure Verwüstungen nach sich ziehen. Der Mangel an Nachrichten rechtfertigt darum nur bis zu diesem Punkte gehende Schlüsse. Dagegen waren die Erdbeben in diesem Jahre ziemlich zahlreich, wenn auch keines dieser Ereignisse in der furchtbaren Stärke auftrat, von der fast jeder meiner Jahres- berichte ein oder das andere Beispiel aufzuführen hat. A. Eruptionen. Vesuv. Der Vesuv verharrt noch immer in der, seit der kurzen und heftigen Eruption im Frühjahre 1872 eingetretenen und nur einmal, im Juli 1874, etwas gestörten Ruhe. In vollständiger Unthätigkeit ist er dagegen nur zeitweise und durch Rauch und Erderschütterungen gibt er meist Anzeichen von dem im Innern fortwirkenden Kampfe. Gegen Ende des Jahres 1875 schien, meinem vorjährigen Berichte zu folgen, die Neigung zur Thätigkeit sich von neuem geltend zu machen, indem der dicke, schwarze, aus der südöstlichen Ecke des grossen Kraters der letzten Eruption ausströmende Rauch bisweilen von Feuerschein hell erleuchtet wurde. Mineralogische Mittheilungen. 1877. 1. Heft. (Fuchs.) als 84 C. W. C. Fuchs. [2] Von dem 22. Januar 1876 an belebte sich die Thätigkeit noch mehr. Sie war um diese Zeit periodisch stärker und schwächer und die Schwingungsapparate des Öbservatoriums geriethen in so lebhafte Bewegung, dass Palmieri gegen Mitte Februar den Beginn einer Eruption glaubte voraussagen zu können. Besonders seit den ersten Tagen des Februar waren die Erderschütterungen sehr zahlreich und obgleich die den Gipfel bedeckende Rauchwolke jede Annäherung ver- hinderte, war doch aus dem Widerschein zu schliessen, dass schon Lava das Innere des Kraters ziemlich hoch anfüllte, Statt der erwarteten Eruption trat jedoch grössere Ruhe ein, bis in der Nacht zum 18. März die Thätigkeit abermals zunahm. Der Rauch entströmte dem Vulkane mit grosser Gewalt und hatte röthliche Farbe; der Reflex des Feuers liess sich deutlich unterscheiden und die seismischen Apparate waren sehr unruhig. Die folgenden Tage dauerten diese Erscheinungen an und in der Nacht vom 3—4. April erfolgte sogar ein kleiner Aschenauswurf, dem reichlich Ammoniaksalze beigemischt waren. Noch einmal schien sich der Vulkan zu beleben, indem er gegen Ende Juli ab und zu Rauch unter lebhaftem Getöse aussties. Damit verschwanden aber die Anzeichen einer bevorstehenden Eruption und, abgesehen von der Rauchentwicklung, herrschte bis zum Schluss des Jahres verhältnissmässig Ruhe. Aetna. Rauch und Feuerschein zeigten sich seit Mitte December 1875 am Aetna und dauerten auch im Anfang des Jahres 1876 fort. In der ersten Hälfte des April verstärkten sich diese Erscheinungen noch mehr und der Seismograph wurde durch leichte Erderschütterungen in unaufhörlicher Bewegung erhalten. Weitere Folgen traten aber auch in diesem Jahre nicht ein. Mauna Loa. Am 11. August 1875 hatte an dem Gipfelkrater des Mauna Loa, Mokunweoweo genannt, eine Lavaeruption begonnen. Nach den neuesten Berichten aus Hawai, welche von Mitte März 1876 datiren, dauerten zu dieser Zeit die Eruptionserscheinungen noch fort und hatten auch die auf der südlichen Abdachung des Berges gelegene Kilauea ergriffen. Die Eruption des vorhergehenden Jahres setzte sich also fort und hatte an Ausdehnung zugenommen. Schlammvulkane. Nahe dem westlichen Ufer des caspischen Meeres ist einer der bekanntesten, dort so zahlreichen Schlammvulkane, die Insel Loss. Im Beginn des Jahres 1876 hatte sie eine grosse Eruption. Stunden- lang war die Insel vollständig von Rauch verhüllt, dann erhob sich, [3] Bericht über die vulkanischen Ereignisse des Jahres 1876. 85 leuchtend im Feuerschein, eine mächtige Rauchsäule und grosse Schlammströme ergossen sich nach verschiedenen Seiten. Die Schlamm- massen waren so reichlich, dass die Grösse der Insel durch sie erheblich vermehrt und ihre Gestalt gänzlich verändert wurde. Nach der Eruption lag die Längenaxe der Insel in der Richtung von West nach Ost, während sie sich früher von Nord nach Süd erstreckte. B. Erdbeben. Folgende Zusammenstellung enthält die mir bekannt gewordenen Erdbeben. Januar. 4—5. Januar. Nachts furchtbares Erdbeben in Peru, wodurch die Stadt Abencay zerstört wurde. Im Departement Apurimac ereigneten sich zwischen 7'/; Uhr Abends und 6 Uhr des andern Morgens 30 Erderschütterungen; der heftigste Stoss, durch welchen die Mehr- zahl aller Häuser zerstört wurde, trat um 9!/, Uhr ein. 5. Januar. 12 Uhr Nachts schwacher Erdstoss in Innsbruck. 6. Januar. Abends 10 Uhr 3 Minuten in Adelsberg (Krain) zwei Erdstösse von Süd nach West in der gesammten Dauer von 7 Secunden. 15. Januar. Gegen 4 Uhr Morgens in Marmaros-Sziget dumpfes Getöse, dem sofort drei Erderschütterungen folgten, so dass Fenster klirrten und Bilder an den Wänden schwankten, Gegen 6 Uhr wieder- holte sich das Erdbeben schwächer. 16. Januar. Mehrere Erdstösse zu Comrie, unweit Krieff in Pertshire (England), von denen 2 gegen 3 Uhr Morgens, der dritte Mittags erfolgte. 20. Januar. Morgens 9 Uhr verticaler Erdstoss in Constantine (Algier) von 2 Sekunden Dauer. 22. Januar. Schwache, aber anhaltende Erderschütterungen auf dem Vesuv. 27. Januar. Kurz nach Mitternacht und um 5 Uhr Morgens mehrere Erdstösse in Ravenna. Zeitungsberichten zu folgen soll im Januar in Davos ein Erd- beben beobachtet worden sein, dessen Datum ich jedoch nicht fest- stellen konnte. Ende Januar fanden in Copiapo eine Anzahl Erderschütterungen statt, anfangs schwach, später heftig. Februar. 5. Februar. Nachts 1°?/, Uhr Erdbeben von Süden her in Bourg-madame, 2 Secunden anhaltend. 6. Februar. Abends 6'/, Uhr Erdstoss von. einigen Secunden mit dumpfem Getöse in Coutances und an der Küste von Calvados. 86 C. W. C. Fuchs. [4] In der ersten Woche des Februar wurden die Apparate des Observatoriums auf dem. Vesuv von leisen Erderschütterungen in fast ununterbrochenen Schwankungen erhalten. 9. Februar. Morgens gegen 3 Uhr zwei Erdstösse von NW. nach SO. und !/, Secunde dauernd in Chambery. 12. Februar. An diesem Tage traf die Nachricht ein, dass auf der Insel Arhamoede (Caspisches Meer) durch ziemlich heftige Erd- beben mehrere Dörfer zerstört worden seien. 15. Februar. Auf derselben Insel Morgens wieder mehrere Erd- stösse von 2 Secunden Dauer. 24. Februar. Abends 7 Uhr zu Wartmannstätten und Neuen- kirchen in Niederösterreich 2—3 Secunden lang Erderschütterungen. 25. Februar. Nachts 11 Uhr 50 Minuten zwei starke Erd- stösse in Ragusa, die sich über Mostar, Metlovic, Slano und Jagnina erstreckten. 26. Februar. Nachts 1 Uhr 26 Minuten abermals, aber schwächere Erderschütterungen in den angegebenen Bezirken Dalmatiens und der Herzegowina. Die Eruption der Insel Loss war mit zahlreichen Erderschüt- terungen in der näheren Umgebung verbunden. März. 2. März. Abends und Nachts wiederholte Erdstösse im Süden Dalmatiens und in der Herzegowina, besonders in Mostar, Metlovic, Sigu, Ragusa u. a. O. Anfangs März traten abermals Erderschütterungen in Philippeville und Djigelly in der Provinz Constantine ein. 5. März. Morgens: 7 Uhr 50 Minuten Erdstoss auf dem Pie du Midi in den Pyrenäen. 10. März. Abends 5'/, Uhr zwei schwache Erdstösse in St. Martin de Hink (Landes), der erste von S. nach N., der zweite von N. nach 8. 10. März. Abermals Erderschütterung in Mostar und Umgebung. 12. März. Schwache Erderschütterung in demselben Gebiete, wie am 2. und 10. März bei Mostar. 12. März. Abends 9!/); Uhr in Leonberg (Würtemberg) drei wellenförmige Erdstösse von SW. nach SO. 5—6 Secunden lang, während eines heftigen Orkans. 12. März. Der bei dem vorhergehenden Erdbeben erwähnte Orkan hatte im westlichen Deutschland eine grosse Ausbreitung. Während desselben will man auch in Düren am Niederrhein zwei Erdstösse gespürt haben. 17. März. Morgens 5 Uhr 10 Minuten wieder ein leichter Erd- stoss auf dem Pic du Midi von O. nach W. Die Eruptionsthätigkeit des Mauna Loa erschütterte im Laufe des Monates März wiederholt den Boden. Die Bewegung beschränkte sich jedoch meist auf die Masse des Berges. 18. März. Die Apparate auf dem Observatorium des Vesuv zeichneten sich an diesem Tage durch ungewöhnliche Bewegung aus. [5] Bericht über die vulkanischen Ereignisse des Jahres 1876. 87 18. März. Kurz vor 4 Uhr Morgens heftiger Erdstoss in Kesmark. 29. März. Heftiges Erdbeben auf der Insel Chios. Sechs Stösse waren so heftig, dass die Einwohner flohen. Ende März fanden zu Blidah, Medeah und Cherchell in Algier, dem „Petit Journal“ zu folgen, zwei Erdstösse statt, deren Datum jedoch nicht angegeben ist. April. 2. April. Morgens 5 Uhr 55 Minuten starkes Erdbeben von ©. nach W. in Neufchatel. Dasselbe erstreckte sich einerseits bis Twann und Erlach im Canton Bern, andererseits in das Depart. du Doubs, besonders nach Pontarlier und Umgebung. 3.—4. April. Nachts verstärkte Erderschütterungen auf dem Vesuv, gleichzeitig mit dem Aschenauswurf. Anfangs April waren auch die Apparate auf dem Aetna in unauf- hörlicher Bewegung. 6.—7. April. In dem Dorfe Guarasi bei Cefalu in Sicilien hörte man in dieser Nacht ein so heftiges unterirdisches Getöse, dass alle Einwohner auf die Strasse flohen. Sogleich begann der Boden sich zu senken und nach zwei Stunden waren zehn Häuser gänzlich ver- schwunden, die anderen waren eingestürzt. 20. April. Morgens 10 Uhr 25 Minuten sehr schwaches Erd- beben in Kronstadt in Siebenbürgen. 22. April. Um Mitternacht in der Stadt Corleone (Sizilien) heftiges Erdbeben. 28. April. Morgens 7 Uhr in Corleone abermals Erdbeben. 28. April. Gegen 7 Uhr Morgens Erdbeben in Rom. Mai. 2. Mai. Morgens 8!/, Uhr Erdbeben in Neufchatel. 4. Mai. Abends 3!/; Uhr schwache Erderschütterung zu Medeah in Algier. 7. Mai. Abends 8'/a Uhr ziemlich starker Erdstoss in Reichenhall. 22. Mai. Abends 7 Uhr leises Erdbeben in Innsbruck. 23. Mai. Morgens 3 Uhr weniger 5 Minuten starker Erdstoss in Innsbruck. 23. Mai. Erdbeben in Canea auf Kreta. 27. Mai. Morgens 4!/;, Uhr abermals ziemlich heftiges Erdbeben mit unterirdischem Gepolter in Innsbruck. Man konnte mehrere verticale Stösse unterscheiden. Juni. 4.—5. Juni. In der Nacht um 12 Uhr 30 Minuten erfolgte in Podgoriza eine so heftige Erderschütterung, dass viele Personen aus den Betten geschleudert wurden. Einige Minuten später bewegte sich nochmals eine leichte Erderschütterung von N. nach 8. 88 C. W. C. Fuchs. [6] 7. Juni. Die Erdbeben, welche am 22. April bei Corleone be- gonnen hatten, nahmen am 7. Juni an Heftigkeit so zu, dass die Kathedrale zusammenstürzte. Dabei breiteten sie sich auch über einen grösseren Raum aus und wurden in Palazzo, Adriano, Missimari und sogar in Messina gespürt. 7. Juni. Nach Zeitungsnachrichten soll an diesem Tage im Etschthale eine Erderschütterung stattgefunden haben. 8. Juni. Morgens 3 Uhr 45 Minuten im Süden von Dalmatien 6 Secunden lang ein ziemlich starkes Erdbeben. Es waren mehrere Stösse, von denen besonders Ragusa, Cattaro und Budua betroffen wurden. 25. Juni. In Pitten bei Neuenkirchen in Niederösterreich ziemlich heftiges Erdbeben. Von den beiden Stössen war der erste mit rollendem Geräusch verbunden. Der zweite, welcher um 11 Uhr 35 Minuten Morgens eintrat, war sehr stark, aber ohne Geräusch. Vom 18.—26. Juni heftige Erdstösse in Korinth, die auch in Athen, auf Euböa und in Volo, sowie auf CGephalonia gespürt wurden. Sieben Dörfer bei Korinth, besonders das aus 300 Häusern bestehende S. Georgios wurden sehr beschädigt. Auch vom 26.—29. Juni dauerten die Erderschütterungen in dem bezeichneten griechischen Distrikte fort, waren jedoch viel schwächer, als in den vorhergehenden Tagen und erstreckten sich von W. gegen O. Juli. 9. Juli. Abermals starkes Erdbeben zu Korinth; mehrere Häuser und Felsen stürzten zusammen. 9. Juli. Abends 4 Uhr 35 Minuten zwei Erdstösse in Nizza von NO. nach SW. zwei Secunden lang. Anfangs Juli erfolgte wieder in Darmstadt und Umgegend eine Erderschütterung zwischen 5 und 6 Uhr Abends. 17. Juli. Erdbeben zu Simlah am Fusse des Himalaya und in Mussurieh. 17. Juli. Nachmittags 1 Uhr 22 Minuten heftiges Erdbeben in Wien, aus drei von NO. nach SW. sich bewegenden Stössen bestehend, die 6—8 Secunden dauerten. Stühle und Tische schwankten, Gläser klirrten und mehrere Schornsteine, darunter der.der Universität, stürzten zusammen, auch erhielten einzelne Häuser Risse. Die Verwirrung und der Schrecken waren gross; die Börse leerte sich rasch und die Geschäfte hörten auf. In den oberen Stockwerken war die Empfindung der Bewegung eine noch stärkere, als in den unteren. Der zweite Stoss war der heftigste. — Die Erderschütterung breitete sich über einen sehr grossen Raum aus. Ziemlich ganz Nieder- österreich und Mähren, sowie angrenzende Theile von Steiermark, Oberösterreich, Böhmen (bis Prag) und Ungarn wurden davon betroffen. Im Donauthal erstreckte sie sich von Passau bis über Pressburg. Als äusserste Grenzen der Erschütterung werden angegeben: im Norden Wittingau, Schelletau, Budweis, Trebitsch, Tischlowitz und Prerau; im Süden Oedenburg, Kindberg und die Norischen Alpen. Das Centrum ’ Sr [7] Bericht über die vulkanischen Ereignisse des Jahres 1876. 89 soll im westlichen Niederösterreich bei Scheibbs gelegen haben, wo drei Stösse in der Dauer von 10 Secunden viele Gebäude erheblich beschädigten. — Unter den nicht allzu seltenen, aber doch gewöhnlich sehr schwachen Erdbeben, von denen Wien betroffen wird, soll dieses eines der stärksten der bisher beobachteten gewesen sein. Die heftigsten der in Wien vorgekommenen Erdbeben ereigneten sich in folgenden Jahren: 1201, 1267, 1348, 1442, 1590, 1679, 1711, 1763, 1766, 1873, 1876, und unter diesen zeichnete sich wieder das Erdbeben von 1590 durch besondere Stärke aus. Eine eigenthümliche Erscheinung meldete die „Neue freie Presse.“ Im Golf von Kradasura soll sich nämlich das Wasser erhitzt und Schwefelwasserstoff ausgestossen haben. Die Erscheinung war von’ ungleicher Intensität, indem sich das Wasser nur zeitweise von Schwefel trübte und eine ungewöhnliche Wärme besass. Nichts deutet auf eine vulkanische Thätigkeit an dieser Stelle hin, sondern es scheint ein zeitweiliger Durchbruch heisser Schwefelquellen auf dem Meeresboden gewesen zu sein. 19.—20. Juli. Nachts heftiges Erdbeben in Ogulin in Croatien. 28. Juli. In Vajnasalva (Siebenbürgen) Erdbeben, dessen Schwin- gungen über 3 Secunden anhielten. Die Apparate des Vesuv waren in den letzten Tagen dieses Monates noch in grösserer Bewegung, als in den vorhergehenden Monaten. August. 5. August. Kurz nach 2 Uhr heftiger Erdstoss in Darmstadt und der ganzen Umgebung, besonders im Reichenbacher Thal. Der Felsberg scheint wieder der Ursprung des Erdbebens gewesen zu sein. 17. August. Abends nach 10 Uhr senkrechter Erdstoss in Kitzingen. Aus Konina (Iconium) eingegangene Nachrichten !) erzählen von einer Vulkanbildung auf dem Berge Kuju-Pinar, in der Nähe des Dorfes Tiganköi (Provinz Konia). Nach einem etwa zwölftägigen gewaltigen unterirdischen Rollen öffnete sich dort ein Krater, welcher grosse Felsstücke und Baumstämme ausschleuderte (? vielleicht eine Gasexplosion). 24. August. Nachmittags gegen 3 Uhr heftiger Erdstoss mit donnerähnlichem Getöse, während einer Secunde wellenförmig von SSW. nach NNO. sich fortpflanzend, bei Hohenwang und Langenwang im Mürzthal. Im Monat August fand auch ein nicht näher bestimmtes, jedoch so heftiges Erdbeben in Patras statt; dass mehrere Häuser einstürzten. September. 7. September. Erderschütterung im hessischen Odenwald. Die schwankende Bewegung dauerte 1!/, Secunden. Gleichzeitig soll auch im unteren Maingebiet eine Erderschütterung gespürt worden sein. ‘) „Augsburger Allgemeine Zeitung.“ Mineralogische Mittheilungen 1877. 1. Heft. (Fuchs.) 12 90 C. W. C. Fuchs. [8] 11.—12. September. Nachts 11°/, Uhr starkes Erdbeben in Oberkrain, besonders im Gebiete von Flisch und im Trentathale und Tolmain im Görzischen. 12.—13. September. Nachts ziemlich heftiges Erdbeben im Osten der Balkanhalbinsel und an den Küsten des ägäischen Meeres, am stärksten in Salonichi. 12.—13. September. Nachts heftiges Erdbeben in Sicilien (z. B. in Messina sehr stark) in der Dauer von 20 Secunden. Auch in Reggio stürzten mehrere Häuser ein. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass dieses Erdbeben zu dem vorher erwähnten in der Türkei gehört. Im September traten auch in Essen wieder Bodenbewegungen ein, wodurch mehrfach innerhalb der Stadt Senkungen einzelner Stellen erfolgten. 27. September. Morgens 7 Uhr Erdstoss zu Digne, Departement Basses Alpes. Die seit April häufigen Erderschütterungen in Corleone dauerten vom 22. September an fast ununterbrochen fort, so dass unterirdisches Getöse und Erschütterungen fast ohne Zwischenräume auf einander folgten. October. 6. October. Morgens 5 Uhr 35 Minuten heftiger Erdstoss von N. nach S. auf dem Pic du Midi. Man spürte ihn in dem ganzen, von Bagneres de Bigorre nach Cap Vern sich erstreckenden Gebirgs- zuge sehr stark. Die heisse Quelle von Salies stieg von 51° auf 58°C. 12. October. Unter diesem Datum. ward aus Zakany an der Drau telegraphirt, dass in Sura seit 12 Stunden ununterbrochen Erd- erschütterungen von NO. gegen SW. andauern, fast alle mit unter- irdischem Getöse verbunden. Heftige Stösse folgten in Pausen von einer Secunde (einer der heftigsten um 8 Uhr), so dass Thüren und Fenster aufsprangen und Möbel gerückt wurden. Die Erdstösse wieder- holten sich von da an lange Zeit täglich und hauptsächlich der 21. October zeichnete sich dadurch aus. In Gross-Kanisza machte sich das Erdbeben vom 12. October Nachts kurz nach 12 Uhr durch dumpfes Getöse bemerklich, dem sogleich Schwankungen des Bodens folgten, die sich eine halbe Stunde später und besonders um 8 Uhr Morgens wiederholt einstellten. 13. October. Abends 8!/, Uhr Erdstoss von N. nach S., etwa 3 Secunden lang, in Neuenweg und Schopfheim (Baden). 14. October. Morgens 11 Uhr 10 Minuten ziemlich starkes Erdbeben in Kehl von W. nach O., begleitet von dumpfem, donner- ähnlichem Getöse. 17. October. Morgens 2 Uhr 5 Minuten im westlichen Theile von Dortmund starke Erderschütterung, am heftigsten in der Linden- strasse. Hie und da stürzten Schornsteine herab. In der Kampstrasse und am Westenhallwege wurde die Erschütterung nicht gespürt, wohl aber in der Heinrichs-, Josef- und Friedrich-Strasse und jenseits der Bahnen in der Sedanstrasse. ri [9] Bericht über die vulkanischen Ereignisse des Jahres 1876. 91 17. October. Einige Minuten nach 11 Uhr Vormittags heftiger Erdstoss in Strassburg. 20. October. Um 10 Uhr 21 Min. zwei Sec. anhaltendes Erdbeben von SW. nach NO. mit dumpfem Dröhnen in Petrinja (Kroatien). 21. October. Erdbeben in Legrad und Nagy-Kanisza. 22. October. Morgens 4 Uhr 22 Min. heftiger Erdstoss von N. nach S. in Knin in Dalmatien. Derselbe dauerte unter donnerähnlichem Rollen 3—4 Secunden und wurde auch in Kopreiwitz beobachtet. 22. October. Vormittags 9 Uhr 12 Minuten Erdbeben in Pontafel (Kärnthen).. Um dieselbe Zeit fanden auch Erderschütterungen in Saifnitz und Hermagor statt. 28. October. Morgens 7 Uhr 12 Minuten abermals Erdstoss in Pontafel, in 3 Intervallen von SW. nach NO. Im Monat October hielten die Erderschütterungen bei Corleone ebenfalls noch an. 31. October. Vormittags 11. Uhr 50 Minuten in Werder bei Potsdam zwei Erdstösse von SW. nach NO., von denen der zweite so stark war, dass Möbel merklich schwankten. November. 11. November. Abends 10 Uhr zu Weichselboden in Steiermark ziemlich heftiger Erdstoss. 11.—12. November. Nachts 11 Uhr 20 Minuten ziemlich heftige Erdstösse von N. nach S. in Galatz. 25. November. Morgens heftiger Erdstoss mit vorhergehendem unterirdischen Getöse in Sarmede, Provinz Treviso. 30. November. Vormittags 10!/; Uhr ein mehrere Secunden dauerndes Erdbeben in Gross - Kanisza, welches alle andern dieses Jahres daselbst an Heftigkeit übertraf. 30. November. Abends 7!/, Uhr starker . Erdstoss in Yverdon (Schweiz). December. 1. December. Nachts 12 Uhr 24 Minuten in Mitterdorf in Steiermark Erdbeben mit donnerähnlichem Getöse 3 Secunden lang von OÖ. nach W. Die Erscheinung war so heftig, dass Uhren an der Wand schwankten und Bahnwärter ihre Hütten verliessen, weil sie deren Zusammensturz fürchteten. In Langenwang wurde die Erschütterung ebenfalls gespürt. 2. December. Nachmittags 1'‘/; Uhr Erdstoss in Friedrichshafen. 6. December. Morgens 9 Uhr zwei heftige Erdstösse von NO. nach SW. in Mohäcs in Ungarn. Mehrere Mauern bekamen Risse und Schornsteine stürzten herab. Das Erdbeben muss weit verbreitet gewesen sein, da um dieselbe Zeit auch in Villany eine Erderschütterung gespürt wurde. | 11. December. Heftiges Erdbeben in Chile 50—60 Secunden lang. Besonders stark und mit Getöse verbunden war es in Santiago, Illapel, La Serena, Vallenar und Los Andes. Schon mehrere Tage vorher waren wiederholt schwache Erderschütterungen vorgekommen. 12* 92 C. W. C. Fuchs. [10] 12. December. Nachts 12 Uhr 35 Minuten Erdbeben mit unter- irdischem Getöse in einem Theile von Croatien, 6 Secunden lang, worauf um 1 Uhr 48 Minuten noch eine schwächere Erschütterung folgte. Nachrichten über die Beobachtung dieses Naturereignisses sind aus Velesver, ‘Kloster Iranic, Sissek, Kostajnica, Dawuwar und a. O. eingegangen. Die Bewegung pflanzte sich von SO. nach NW. fort, an einigen Orten umgekehrt, vön SW. nach NO. Seit 1861 soll keine so feste Erderschütterung mehr in dieser Gegend vorgekommen sein. 20. December. Abends 7 Uhr 40 Minuten drei ziemlich starke Erdstösse in Taschkend. 21. December. Abends gegen 5 Uhr leichtes Erdbeben in Cannes, im Quartier Croisette. Dasselbe bestand aus einem Stosse, dem Zittern des Bodens folgte. Das Ganze dauerte nur eine Secunde. 21. December.. Nachmittags 3'/, Uhr leichter Erdstoss in Algier. 25. December. Unter diesem Datum brachte das Pariser „Petit Journal“ die Nachricht von zwei leichten Erderschütterungen in den Cantonen Severac und Vezieres (Aveyron), ohne genaue Zeitangabe. In der vorhergehenden Zusammenstellung der Erdbeben des Jahres 1876 sind 104 solche Naturereignisse aufgezählt. Dieselben vertheilen sich in folgender Weise auf die einzelnen Monate: Januar. Teer 10 Inline ns ee 8 Februar" +... No 10 August =» Sen 0a 5 Marz. el de ee 14 September - » » » . - 7 April A AEPNEL} October: Hr sterne 14 May Set a ee 1 November: . » ».222% 5 TUNTaN OR See meg sn dla ei December 7... 7.2 9 oder im Frühling (März, April, Mai) » » - - -...- 29 „ Sommer (Juni, Juli, August) »- » » -.... 20 „ Herbst (September, October, November) - - » - 26 „ Winter (December, Januar, Februar) - - »- - - 29 Diese 104 Erdbeben traten an 95 verschiedenen Tagen ein und an folgenden Tagen ereigneten sich mehrere Erdbeben an verschiedenen Orten: 5. Januar: Abancay in Peru. Innsbruck. 10. März: St. Martin (Landes). Mostar.- 12. März: Mostar. Leonberg. Düren. 18. März: Vesuv. Kesmark. 28. April: Corleone. Rom. 23. Mai: Innsbruck. Canea. 7. Juni: Corleone. Etschthal. 25. Juni: Neuenkirchen. Korinth. 9. Juli: Korinth. Nizza. 17. Juli: Simlah. Wien. 12. September: Krain und Görz. Salonichi. 17. October : Strassburg. Dortmund. 22. October: Knin. Pontafel. 11. November: Weichselboden. Galatz. 21. December: Cannes. Algier. Fri} Bericht über die vulkanischen Ereignisse des Jahres 1876. 95 Von 65 Erdstössen, deren Eintritt genauer angegeben ist, er- folgten 44 in der Nacht (von 7 Uhr Abends bis 7 Uhr Morgens) und 21 am Tage. Mehrmals im Laufe des Jahres wurden folgende Orte von Erd- beben betroffen : Vesuv. 22. Januar. 1—8. Februar. 18. März. 3. April, im Juli sehr oft. Innsbruck. 5. Januar. 22. und 23. Mai, 27. Mai. Mostar. 25. und 26. Februar. 2. März, 10. und 12. März. 8. Juni. Neuenkirchen. 24. Februar. 25. Juni. Constantine. 20. Januar. Anfang März. Pic du Midi. 5. März, 17. März. 6. October. Corleone. 28. April. 7. Juni. Vom 22. September an mehrere Tage fast ununterbrochen und im October sehr oft. Neufchatel. 2. April. 2. Mai. Medeah. Ende März. 4. Mai. Korinth. 18.—29. Juni. 9. Juli. Hessischer Odenwald. 5. August. 7. September. Gross-Kanisza. 25. Februar. 2., 10. und 12. März. 8. Juni. 12. October, 30. November. Das .bedeutendste Erdbeben des Jahres war das vom 4. zum 5. Januar in Peru, welches die Stadt Abencay fast ganz zerstörte. Eine besondere Aufmerksamkeit, trotz ihrer geringen Stärke, verdienen die Bodenbewegungen in Essen. Man wird sich erinnern, dass in früheren Jahren mehrfach von dort ähnliche Erscheinungen mitgetheilt wurden, indem die Stadt der Schauplatz häufiger leiser Erderschütterungen und kleiner Senkungen war, besonders in den Jahren 1867 (am’ stärksten am 15. April) und 1868, und dass, nach der in diesen Berichten ausgesprochenen Ansicht, die Ursache davon in den Kohlenflötzen jener Gegend zu suchen ist. (Siehe meine Berichte in Jahrb. f. Min. 1868, S. 433 und 1869, S. 686). Gegenwärtig scheint die Ueberzeugung von der Richtigkeit dieser Erklärung allgemein durchgedrungen zu sein. Ob dem Betriebe der Gruben jedoch dabei ein Verschulden zugeschrieben werden könnte, wie eine damals an mich gerichtete Anfrage zu wissen wünschte, lässt sich heute sowenig, wie damals vom rein wissenschaftlichen Standpunkte entscheiden. Die chemischen Veränderungen in den Kohlen können allerwärts solche rasch sich bemerkbar machende Folgen haben, nur kann der Bergbau auch unvermeidlich zu deren Beschleunigung da- durch beitragen, dass in Folge des damit verbundenen Luftzutrittes die chemischen Processe unterhalten und verstärkt werden. Im Wesentlichen unterscheiden sich aber diese Vorgänge nicht von einer ganzen Reihe analoger Erderschütterungen nicht-vulkanischen Ursprungs. Während z. B. die Bodenbewegungen, durch welche ein Theil des Dorfes Guarasi am 7. April versank, in gleichartigen, wenn auch nicht durch Kohlenflötzen hervorgerufenen Processen begründet sind, ist das Erdbeben vom 17. October in Dortmund, das ebenfalls dieser Classe 94 C. W.C. Fuchs. Bericht über die vulkanischen Ereignisse des Jahres 1876. [12] angehört, wohl ebenso sicher, wie das von Essen, auf die Kohlen- ablagerungen zurückzuführen. Obgleich die Arbeiter in der Grube „Westphalia“ die Erderschütterung nicht bemerkt hatten (eine bei Erdbeben schon häufig bestätigte Erscheinung) liegt darin doch kein Grund, die Ursache der Bewegung anderswo, als in den chemischen Veränderungen der Tiefe zu suchen. Die durch solche chemische Veränderungen hervorgerufenen mechanischen Bewegungen sind eben so minimal, dass sie in der Tiefe keine merklichen Veränderungen er- zeugen und dass ihre Schwingungen nur in den der Erdoberfläche nahen Schichten sich zu merkbaren Erschütterungen verstärken. A >’ Sie w x VI. Notizen. Zur Kenntniss der Mineralvorkommen von Kalusz. Von der Kalisalz-Lagerstätte in Kalusz (Ostgalizien) erhielt ich vor einiger Zeit, knapp vor der Schliessung des dortigen Bergwerks- Betriebes, eine Suite von Mineralien, welche einiges bemerkenswerthe Neue enthielt. Vorerst fand sich eine für das Steinsalz überhaupt neue Kıy- stallform vor. Man beobachtete nämlich bis jetzt bekanntlich am Steinsalz von Krystallformen neben den so häufigen Hexaedern nur noch ganz selten das Octaeder und Rhombendodekaeder. An dem Kaluszer Steinsalz tritt nun mit dem Hexaeder auch der Pyramiden- Würfel &02 auf. Eine solche Combination zeigen eine Anzahl abge- brochener Steinsalzkrystalle von 4—24”"” Grösse, welche aus den Haufen von durcheinander gewachsenen Steinsalz-, Gyps- und Syngenit- Krystallen herstammen, die in einer nun verschütteten Seitenstrecke des Bergbaues vor einigen Jahren als letzte Neubildungen angetroffen wurden. Die genannten Steinsalzkrystalle, obgleich nur zum kleinern Theil regelmässig ausgebildet, lassen doch die erwähnte Combination ganz augenfällig erscheinen, indem wenigstens an einem Eck ein Paar der Flächen von O2 und zwar oft in gleicher Grösse mit den Hexa- eder-Flächen zum Vorschein kommen. Ein kleiner Krystall (4”” im Durchmesser) erscheint sogar fast vollflächig rundum ausgebildet, indem seine Anwachsstelle kaum zu sehen ist; er erscheint aber durch sehr ungleiche Grösse der Flächen ganz unregelmässig verzogen. Die Krystallflächen selbst sind ziemlich glatt und glänzend, bei beiden Gestalten der Combination gleich; die Kanten recht. scharf. Eine Anzahl Messungen ergaben mir für beiderlei Kanten des Pyramiden- Würfels Winkelwerthe zwischen 142° 56‘ und 143° 12’, so dass es zweifellos ist, dass wir es hier mit der (isogonalen) Form &©02 zu thun haben, welcher der Kantenwinkel 143° 7' 48‘ entspricht. Weiters ist unter den Kaluszer Vorkommnissen das Auftreten eines faserigen Sylvins hervorzuheben. Es liegen mir nämlich mehrere kleine Thonstücke vor, welche durchwachsen erscheinen von plattigen Adern von feinstängligem Sylvin. Die Adern sind bis 2°® dick, ver- laufen etwas gekrümmt, gabeln sich und keilen sich aus. Die Fasern sind zum Theil farblos, vorwiegend jedoch blau und blass violett Mineralogische Mittheilungen 1877. 1. Heft. (Notizen.) 96 Notizen. [2] gefärbt; sie stehen bald senkrecht auf der Begrenzungs-Fläche, bald etwas schief, sind auch zuweilen etwas gebogen. Das Ganze zeigt überhaupt ein Analogon des faserigen Gypses, welcher so oft salz- führende Thone durchschwärmt. Beim ersten Anblick habe ich geglaubt faseriges Steinsalz vor mir zu haben ähnlich jenem von Bochnia, doch überzeugte mich also- gleich der bitterlich-salzige Geschmack, dass hier Sylvin vorliegt. Ich untersuchte einzelne von verschiedenen Stellen herausgelöste Fasern in der Flamme und erhielt immer Kalium- und Natrium-Färbung. Dem entsprechend ergaben auch einige quantitative Bestimmungen in ver- schiedenen Proben dieses Fasersalzes einen Gehalt von 60 —80°/, Chlor- kalium gegen 20—40°/, Chlornatrium, so dass letzteres hier dem ersteren in verschiedenen Mengen isomorph beigemengt zu sein scheint. Was den näheren Fundort der erwähnten Stücke anbetrifft, so habe ich leider darüber nichts erfahren können, doch ist so viel sicher, dass sie aus unmittelbarer Nähe der Nester des gewöhnlichen grob- und grosskörnigen Sylvins herstammen, da ein solcher, roth gefärbt, stellenweise dem Thon anhaftet. Bekanntlich nimmt Anhydrit an der Zusammensetzung des Stassfurter Salzlagers einen wesentlichen Antheil und tritt dort in zweierlei Weise auf. Vorerst in ansehnlicher Menge — circa 3°/, des Salzkörpers ausmachend — in den 3 unteren Regionen des Salzlagers entweder in dünnen Schichten von dichter Textur und ziemlich rein oder im körnigen Gemenge mit Kieserit und Carnallit. Dieser Anhydrit ist jedenfalls bei der ursprünglichen Ausscheidung des unteren Salz- lagers entstanden und wir können ihn mit Sicherheit als primär bezeichnen. Zu diesem Auftreten des Minerals steht in vielfacher Beziehung im Gegensatze das der Menge nach ganz unbedeutende Vorkommen in den obersten Lagen des Stassfurter Salzlagers. Es findet sich dort nämlich „nahe am Hangenden der obersten Abtheilung“ (Bischof F. D. Steinsalzwerke b. Stassfurt. 2. Aufl., p. 50) innerhalb der Zone der secundären Umwandlungsproducte (vor allem Sylvin) Anhydrit in eingewachsenen recht vollkommen ausgebildeten Krystallen von bis 1°® Grösse, farblos oder von blass violettblauer Farbe. Das Auftreten des Anhydrites nun innerhalb des Kaluszer-Salz- lagers ist bis jetzt nur ganz nebenbei und flüchtig durch v. Kripp (Verhäl. d. geol. R.-A. 1868, pag. 32) notirt, so dass das Vorkommen nicht einmal in das so vollständige mineralogische Lexicon von Zepharovich aufgenommen erscheint. Ich war desshalb sehr erfreut, in den Besitz eines Kaluszer Anhydrites zu gelangen und mich über die Art des Vorkommens zu belehren, umsomehr als sich dieses nicht nur morphologisch ganz eigenthümlich, sondern auch für die Paragenese der Kalisalze wichtig darstellt. Der Kaluszer-Anhydrit — ' durch alle charakteristischen, physikalischen und chemischen Kenn- zeichen mit Sicherheit als solcher bestimmt — bildet blass violblaue oder grauliche fest aneinander gewachsene Kugeln von 3—4°® Durch- messer, welche wieder für sich eine ausgezeichnete dünnstänglig concentrische, zum Theil dabei auch eine concentrisch schaalige Textur aufweisen. Abgesprengte Stängelchen, oft I"” breit, erscheinen [3] Notizen. 97 halbdurchsichtig und sonst Splittern von Kıystallen des Minerals ganz gleich. Die erwähnten Kugeln stossen nicht immer, sich gegenseitig abflachend, unmittelbar an einander, sondern lassen oft Zwischenräume zwischen sich und diese werden vollständig vom gewöhnlichen gross- späthigen Sylvin, zum Theil mit eingeschlossenem blauen Steinsalz, ausgefüllt in einer Weise, die darüber keinen Zweifel aufkommen lässt, dass beide Mineralien unter Einem entstanden sind. Wenn nun mit grosser Wahrscheinlichkeit vorausgesetzt wird, dass Sylvin eine Neu- bildung aus Carnallit ist, so muss jedenfalls der kuglig-stänglige Anhydrit von Kalusz und vielleicht auch analoger Weise der krystalli- sirte aus den obersten Lagen bei Stassfurt zu den secundären Um- wandlungsproducten der Kalisalzlager gerechnet werden und bei Er- klärung der Bildungsweise jener mitberücksichtigt werden. J. Niedzwiedzki. Simonyit von Ischl. Nach einem Berichte der Herren Prinzinger und Aigner in Ischl wurden in der letzten Zeit an der linken Ulm des Riethaler Sinkwerkes bei Ischl ein grünes Salz entdeckt, welches von grauem Anhydrit, sowie von weissem und rothem körnigem Steinsalz begleitet ist.- Selten kommen honiggelbe Körner von Löweit vor. Jenes grüne Salz stimmt in allen seinen Eigenschaften mit dem Simonyit überein, welcher vor mehreren Jahren bei Hallstadt gefunden wurde (Sitzungs- berichte der Wiener Akademie 1869, Band LX, pag. 718.) Künstliche Darstellung der Pseudomorphose von Malachit nach Atacamit. Bei einer früheren Gelegenheit wurde von mir gezeigt, dass gepulverter Atacamit durch eine Lösung von doppelt kohlensaurem Natron bei gewöhnlicher Temperatur binnen wenigen Tagen in Malachit verwandelt wird. ') Zugleich wurde bemerkt, dass Krystalle von Atacamit während einer so kurzen Zeit keine Veränderung erfahren. Um eine Verwandlung von Krystallen herbeizuführen, wurden mehrere gut ausgebildete Prismen des Atacamits von Wallaroo, welche bis 1'2 Millimeter Dicke hatten, längere Zeit in einer Lösung von doppelt kohlensaurem Natron liegen gelassen. In Zeiträumen von je einem Jahre wurde nachgesehen und durch Zerbrechen eines ein- zelnen Krystalles der Fortgang der Verwandlung verfolgt. Nach vier Jahren war der Process vollendet und waren alle Prismen von der angegebenen Dicke in vollständige Pseudomorphosen verwandelt. Ar ‘) Diese Mitth. 1873, pag. 41. Mineralogische Mittheilungen. 1877. 1. Heft. (Notizen.) 13 98 Notizen. [4 Leonhardit aus dem Floitenthale. Während der Jahre 1865—1871 wurde das Floitenthal in allen seinen Theilen auf Mineralien ausgebeutet, wodurch eine Sammlung von beiläufig 3000 Stück vorwiegend Adular, Periklin, Quarz, Apatit, Sphen, Leonhardit, Desmin, Epidot, Pyrit, Amphibol — sowie je in einem Exemplare, Natrolit und Oligoklas — zusammengebracht wurde, welche im nächsten Hefte ausführlich beschrieben werden wird. Vorläufig seien nur die Leonhardite kurz erwähnt, welche im untersten Theile der Baumgartkarklamm in theils mit Chlorit gemengten, theils innen chlorithaltigen, aussen reinen, bis zu 4°” langen, 2°” breiten, 1°® dicken Krystallen in Gruppen und Drusen sich vorfanden. Die Krystalle zeigen nur die Combination 110. 001, sind zu- weilen büschel- und kammförmig, in seltenen Fällen auch kugelförmig gehäuft und gleichen vollkommen den von Liebener und Vorhauser, seinerzeit von Pfitsch — ohne näheren Fundort — beschriebenen, von denen sie sich nur durch ihre Grösse und Schönheit unterscheiden; es liegt die Annahme nahe, dass jenes ältere Vorkommen ebenfalls der hier angegebenen Localität entstamme. Die sämmtlichen Stücke sind bis auf einige wenige nur von fein- schuppigem Chlorit und tafelförmigem Kalkspath begleitet; auf einzelnen Stücken sitzen die ziemlich vereinzelten, 2—3"” langen, Laumontit ähnlichen Krystalle auf grossen Quarzkrystallen auf. Brezina. Grundform des Vesuvian. Die von Breithaupt an vielen Substanzen gefundene Abweichung ihrer wirklichen Symmetrie von ihrer scheinbaren wurde neuestens von Mallard aus den Reticularanordnungen der Krystalle auf ein- fache Weise erklärt und als eine sehr allgemeine Erscheinung nach- gewiesen. Beobachtungen an Vesuvian hatten schon lange und auch in Mallard’s Arbeit die Zweiaxigkeit ergeben, ohne eine befriedigende Schärfe der Untersuchung zu gestatten. Nun bot mir ein etwa 5°” langer, 2 und 1’5°® dicker klarer Manganidokras von Ala, Gelegenheit, die optischen Verhältnisse genau zu bestimmen. Der Krystall ist innen tief weingelb, nach aussen zu durch con- centrische tief hyacintrothe Schichten dunkler erscheinend; besteht aus 10 grösseren und vielen kleineren parallel der Hauptaxe nebeneinander- gelagerten, einander nicht umhüllenden Individuen in Zwillingstellung nach Flächen der Prismenzone, also mit parallelen aufrechten Axen; alle Individuen haben constanten Axenwinkel — scheinbar in Luft 62° 25° für roth (nahe Zi) 62° 47° für gelb (Na) und deutliche geneigte Dispersion, so dass also die Symmetrie höchstens eine mono- kline sein kann. Die eingehende optische und krystallographische Untersuchung dieses und eines andern äusserst regelmässig auskrystallisirten derartigen Krystalles wird seinerzeit publicirt werden. Brezina. [5] Notizen. 99 Ein neuer Barytfeldspath. (Briefliche Mittheilung an Dr. Brezina.) Paris, 22. März 1877. In einer Schachtel mit Spaltungsstücken fand ich 5 oder 6 Stücke ohne Localität, farblos, wasserhell oder einfach durchscheinend, welche ziemlich ähnlich der schönen Albitvarietät von St. Vincenz, Steiermark, aussahen. Allein der Winkel der 2 Hauptspaltungsrichtungen pg’, so- wie der einspringende Winkel, der durch die breiten Streifen der Basis gebildet wird, sind sehr nahe denen des Labradorit p»g' = 86° 37', pp = 113° 14‘, während die Orientirung der optischen Axenebene und der beiden Mittellinien, die gewöhnliche sowie die gekreuzte oder horizontale Axendispersion, kurz alle optischen Eigenschaften der Doppelbrechung gleichzeitig denen des Albits und des Oligoklases nahestehen, dabei doch ein vollkommen selbstständiges Ganzes bildend. Die Analyse ergab denn auch eine neue Plagioklasart mit 55°), Kieselsäure, 7'3°/, Baryt, 7'4°/, Natron mit einem Verlust in Weiss- gluth von 3°7°/,; also chemisch als Barytlabradorit zu bezeichnen, so wie der Hyalophan ein Baryt-Orthoklas ist; und obwohl das Sauer- stoffverhältniss genau 1:3:8 ist, wie im monoklinen Hyalophan und im Andesin, besteht doch gar kein Zusammenhang zwischen letzterem — wo pg‘ = 86° 4‘ und die optischen Eigenschaften die des Oligoklasess — und dem neuen Feldspath. 6. April 1877. Da das Aussehen der Substanz, ihre Durchsichtigkeit, der Perl- mutterglanz und die breiten Cannelirungen der Basis, sowie die mikro- skopische Untersuchung im parallelen Lichte mich im Zweifel liessen, zwischen einem Oligoklas (es finden sich ähnliche in Mineral Hill) und einem Albit, untersuchte ich zwei Platten, welche als Abstumpfungen der spitzen und stumpfen Kante pg‘ unter Winkeln von 101° bezie- hungsweise 112° gegen p geschnitten waren. Da beide zur Axenebene stark geneigt waren, dachte ich sofort, nicht an eine Anomalie, sondern an eine neue Varietät oder Species. Die am genauesten zur Axenebene senkrechten Platten werden erhalten, wenn man die spitze Kante pg‘ durch eine etwa 91° 30‘ gegen p geneigte Fläche abstumpft. Die stumpfe positive Bisectrix ist dann nahezu senkrecht zu diesen Platten; ich fand nämlich an zweien von ihnen in Oel: rechte Hyperbel zur Plattennormale - » » » » - DU,.H8: 52° 46 linke a R 2 een ee Yarli 49 30 47 48 2.H, = 101° 2839900734 In der Hyperbelstellung ist die eine Hyperbel von lebhaften Farben, röthlichgelb aussen, blau innen, die andere von kaum wahr- nehmbaren Farben, aber mit derselben Anordnung, begränzt; es ist also o<(v und die geneigte Dispersion kräftig. 13* 100 Notizen. [6] In der Kreuzstellung ist der Balken des 1. Systemes von kaum wahrnehmbaren, der des 2. im Gegentheil von sehr lebhaften Farben begränzt; dieser Gegensatz zwischen den Ringsystemen bei den zwei Stellungen deutet auf schwache gekreuzte verbunden mit starker geneigter Dispersion. (In den Oligoklasen hat man im Gegentheil um die positive Bisectrix starke gekreuzte und schwache geneigte Disper- sion mit e<{v.) Die spitze negative Bisectrix ist beinahe parallel g9’ und senk- recht zu Flächen, welche mit der Basis Winkel von 87° ungefähr bilden. — Ich fand in Oel: rechte Hyperbel zur Plattennormale - - - 44° 17 linke N L ? n . 47 4 2 Ha zB (Die Platte war also nicht genau senkrecht zur Bisectrix, jedoch sehr nahe normal zur Axenebene.) Die eine Hyperbel hat bedeutend lebhaftere Farbensäume, als die andere: o>v; schwache horizontale Dispersion verbunden mit ausgesprochener geneigter. (Am Oligoklas haben die negativen Platten ebenfalls o—> v, jedoch die horizontale Dispersion ist in beiden Systemen fast gleich stark, die geneigte somit schwach.) Durch dünne Platten parallel der Basis findet die Auslöschung wie beim Labradorit in einer um 5° gegen die Kante pg‘ geneigten Richtung statt; auf Platten parallel g‘ im Mittel unter 7° 30° gegen diese Kante (eine gegen die Oligoklase und Andesine sehr grosse Zahl). Die genauen Zahlen der Analyse von Pisani sind: Sio, 5510 8 ERER 2320 3 Fe&0,; 045 BaO 730 CaO 183 | MgO 056 7, 1 NaO 745 | KO 083 flüchtig 3.72 Dichte 2835. 100°44 Der Verlust bei Weissgluth ist für eine anscheinend so reine Substanz sehr beträchtlich; wir konnten uns noch nicht versichern, ob diess ausser Wasser noch einer andern Substanz zuzuschreiben ist. Das Verhältniss 1:3:8 scheint der Anwesenheit des Baryt zuzu- schreiben zu sein, denn es ist dasselbe wie im Hyalophan, der vollständig das Aussehen eines homogenen Orthoklases besitzt; und ich sehe eben, dass Herr Carl Hebenstreit barytische Orthoklase der Formel 1:2°6:9 findet, welche er einer noch eigenthümlicheren Varietät Knop’s vom Verhältniss 1: 2'3 : 75 mit 2:27 Baryt nahestellt. Ich würde gern diese Orthoklase optisch untersuchen, die viel- leicht zur Analyse nicht vollständig rein ausgesucht wurden. A. Des Cloizeaux. E Nachtrag zur Abhandlung über die petrograph. Beschaffenheit der im Grazer Devon vorkommenden Tuffe. Diese Mitth. 1876. p. 206. Auf Seite 208 sind zwei Illustrationen ausgeblieben, welche hier folgen. “a WSAES Fig. 1, Profil Be von Gösting und Plawutsch. Fig. 2. VÄTDy a SIERT \ YY Ri SH EL AA : DR N] 07. B en I; ER 0 In Ih Y: m WEN U VEN, N u »- a Profil durch das ganze Devon nördlich über Graz. Ferner ist noch auf Seite 209 212 213 215 216 219 Zeile Dev. u. zu lesen statt Kramenzel-, Kramengel- nun nur bisweilen nur In manchen grösseren Partien statt Es sind etc. Ballen „ Balken „als solches“ zu streichen. rein grüner Substanz sind etc. Helmhacker:: Gold von Sysertsk Taf. Constr.v. R.Helmhacker ‚ Lith.Inst.v. F. Köke ‚Wien Tschermak: Mineralogische Mittheilungen 1877. Jahrb. d. Seol Reichsanstalt Bd. XXVI. 078 > 2 ü - ä n u Me en ! = N ’ 4 4 I 2, . E f y f 17 u ji En r j N w ern ” B 2 * Er: Eu: ie - 0 \ 2. 1 ie ” h i h N Mi v ' n 2 “ W n P 7 ! ü 70 t = j 5 ‚n - f) i ü . 1 w « A 1 Es & { B F9 «72 Be | - f* u A, ” r { - I = { j r N 4 2 IE N, u r Ä Te (u 4 ur? Fr as 2er Aa T 2 Bi MEER Helmhacker: Gold von Sysertsk.. Taf.ll. Constr.v.R.Helmhacker i Lith.Inst.v. E Köke Wien. Tschermak: Mineralogische Mittheilungen 1877. Jahrb. d. Seol Reıichsanstalt Bd. XXVII R.v. Drasche: Japanısche Vulkane Tafel I. | Asama-yama von Norden. Tschermak. Mineralogische Mittheilungen 1877 Heft |. Jahrb. d.geol. Reichsanstalt Ba.XXV ll. E „A r x r 2 ö . ® \ 2 . D ' ae j y € x ! { = 3 7 r e gi en A a \ \ i ° - „e Ih ge’ Al j ? I% * Megoi dan und Asama yama von Sakomoto.. Tschermak. Mineralogische Mittheilungen 1877 Heft I. Jahrb. d.geol.Reichsanstalt Bd. AVIl. er | ANA FE 2jejsuesyaray josb 'p quyep |4+®H LL8\ uabunjıaynıy) ayasıbojeuaunyj yeWJayıs] “BWeBÄ-ISEM-EM] Sap JalEıy / \ 27, en —— I 3% SG war.= DEP iR N IE 4 - | ar 35 ” ’ N E} L} N = ) k \ \ N L \ j ' B 1 1 2 n {ra T j ' \ 7 ei] j N [3 A ve 7 ß B er u) 4 1 E 2. f NIOLE BR A EE | 5 wi 11, RR I k i 4 a0 a. = # 1 { ) [3 mL T 1 Nr h ; N Mi = iD, co { r f R . Z » bu : Y ! Era, N i n AN r MM \ 3 | ı Ä N 1 j “ 7 E v N ! i AR, \ KL N D An a Iwa-wasi-yama von Kakisawa Ru. Drasche. lach d. Nat.gez.v. N i Jahrb.d. geol. Reichsanstalt Bd.XXV]| Tschermak. Mineralogische Mittheilungen 1877, Heft. "NAXXPg ajersvesysiay joab 'p’quyer 11334 ZL8l uabunjteygy ayosıbojeuauıyy Yewuauyas] “aye} - ebJuowoy alasosd Ay uoa-zeb yon p Yaoy| pe un ? eweA- ıyef | | Lay 'ayo)f za sborny ayosnıg nr zab ‘ey p wi. Ipoy aueyjnyayasıueder:ayaseal A'Y INTEL Den fur Mt IAXX Pg Hersuesysiay joabp quyep | 233H 228) wabunjtaynıp) ayasıbojessung :yewuayos] Va ARUR AT ewehruresy ueyinn DI op OLTEY y TE n © = E eg 2 i / / 4 =4 | a re 2,7 s»av Tuasjoug a Awons00 7} WYr74ass20y puruszpodg u unps} SO7Joy sep Asa Wu Jepay 8 - aumjozoum IERZZECITVG EWEL ISEMEMF UEYInA s @ag uop aumpoy ı aeg umz zumgsgp q sp TED“ j 977627220) TOM LAST e Jajeuy Jap SHISHA ET ENN MINALRSIT a.Tey "HAXXPE AIeISUeSyslay ;joab p quyer [4°H L18l uabunjıaynıy ayasıbojesaum yewuaydsı JaJEJY ee) isn} SIE JAHRGANG 1877. II. HEFT. MINERALOGISCHE MITTHEILONGEN G. TSCHERMAK DIRECTOR DES K. K. MINERALOGISCHEN HOF-MUSEUMS. l. Ueber den Glaukodot von Hakansboe und den Danait von Franconia. Von Friedrich Becke. Der Glaukodot kommt gewöhnlich nur in derben spaltbaren Massen wie bei Huasko in Chile oder in grossen krummflächigen Krystallen vor, die z. B. an der Fundstätte bei Hakansboe bis 4 Centimeter gross werden. Diess mag wohl auch die Ursache sein, dass man über die Winkeldimensionen dieses Minerales viel weniger weiss, als über die seiner nächsten Verwandten, des Danaits und des Arsenkieses. Ueber den Glaukodot von Huasko findet sich eine Angabe bei Miller (Phillips Elementary Introduction in Mineralogy; new edition by Brooke and Miller, pag. 189) der den Prismenwinkel mit 67° 24° anführt. An den sehr schönen und grossen, aber namentlich am Prisma krumm- flächigen Krystallen von Hakansboe, deren das Wiener Mineralien- Cabinet eine bedeutende Anzahl besitzt, hat Herr Director Tschermak vor einigen Jahren mit dem Anlegegoniometer Messungen ausgeführt und in den Sitzungsberichten der kaiserl. Academie der Wissenschaften in Wien 1866, LV. Bd., pag. 447 veröffentlicht. Er war es auch, der zuerst ausdrücklich auf die grosse Aehnlichkeit mit dem Arsenkies hinwies. Vor einiger Zeit hatte Herr Director Tschermak die Güte, mir zwei kleinere Glaukodot-Krystalle von dem mehrfach genannten Fund- orte zu übergeben, um zu sehen ob sie vielleicht eine genauere Mes- sung, eventuell eine Bestimmung des Axenverhältnisses gestatteten. Es sei mir erlaubt, Herrn Director Tschermak für die vielfältige Unter- stützung, die er mir bei der Arbeit angedeihen liess, meinen ergebensten Dank auszusprechen. Bevor ich indess zu den Resultaten der Messung übergehe, muss ich einiges über das Aussehen der Krystalle vorausschicken. Wie bereits bemerkt, sind die Krystalle von Hakansboe meist sehr gross, oft 5 bis 6 Centimeter, sie sind meist ringsum ausgebildet und zeigen die rhom- Mineralogische Mittheilungen. 1877. 2. Heft. (Becke.) 14 102 Friedrich Becke. [2] bischen Formen des Arsenkieses. Es sind folgende Gestalten zu beob- achten: a m I s 17 e (100) (110) (011) (012) (021) (101) Fig. 1. Glaukodot, Glaukodot, einfacher Krystall. Zwilling nach dem Doma (101). Die häufigsten Combinationen sind: m.s, msl, ams, amsl (Fig. 1), msIu. Die Fläche « (100) erscheint meist sehr gekrümmt, so dass man sie oft kaum mehr als Krystallfläche ansprechen kann, indem die beiden Prismen allmählig in einer sanft geschwungenen Fläche verlaufen, so dass die Kante wie abgerollt aussieht. Das Prisma m (110) ist meist sehr stark glänzend und in der Regel convex gekrümmt, seltener etwas matt, dann aber ziemlich eben. Die Domen /!, s und « sind sämmtlich stark brachydiagonal gerieft, am auffallendsten s, das unter allen anderen Domen prävalirt, « (021) ist eine Seltenheit. Das Prisma m (110) und das Doma s (012) geben zusammen eine Combination, die auffallend an das Okta@der erinnert, diess ist bemerkenswerth, da die der Eisen-Verbindung isomorph beigemengte Kobaltverbindung in ihrem unvermischten Vorkommen im tesseralen System krystallisirt. Selten beobachtet man lang säulenförmige, nach dem Prisma m gestreckte Gestalten. Sehr charakteristisch ist die häufige Zwillingsbildung. Die Zwil- linge sind nach zwei Gesetzen gebaut: 1. Zwillingsfläche m (110) (Fig. 3). 2. Zwillingsfläche e (101) (Fig. 2). [3] Ueber den Glaukodot von Hakansboe und den Danait von Franconia. 103 Beide Gesetze sind auch am Arsen- kies bekannt. Bei der ersten Art ist das eine Individuum meist grösser und über die Zwillingsfläche hinaus ausgebildet. Diese Zwillinge haben, von der einen Seite besehen, eine gewisse Aehnlich- keit mit den bekannten Spinellzwillingen. Die Zwillinge der zweiten Art sind häufig mit übergreifenden Rändern ausgebil- det. Einfache Krystalle sind selten. Bekanntlich unterscheidet sich der Glau- kodot der Form nach vom Arsenkies wesentlich durch die deutliche basische Spaltbarkeit, die sich auch an Stellen, wo die Krystalle abgebrochen sind, deut- lich zeigt. Von den beiden Krystallen, die der Messung unterzogen wurden, war der eine ein Zwilling nach m der Com- bination m s, er zeigte alle Untugenden, ee: Glaukodot, die eine Messung der Glaukodot - Kry- Zwilling nach dem Prisma m (110). stalle so schwer machen: das Prisma krumm, das Doma stark gerieft und, wie diess häufig vorkommt, von Kupferkies-Krystallen unterbrochen. Grösse 15 Centimeter. An diesem Krystall wurde nur der einsprin- gende Prismenwinkel approximativ bestimmt. Der zweite Krystall zeigte die Combination m (100), s (012), 2 (011) und « (021), er war verhältnissmässig klein — 1 Centimeter — und hatte auf der einen Seite ziemlich glänzende, glatte Flächen, die eine Messung mit dem Wollaston’schen Goniometer gestatteten; namentlich war das Prima günstig ausgebildet, indem die Flächen zwar etwas matt aber eben waren. Auch dieser Krystall zeigt Zwillings- bildung nach dem Doma, die Ränder theilweise übergreifend. Die folgenden Messungen sind das Resultat von je 30 Einzel- Beobachtungen, indem in der Regel sechsmal repetirt und die ganze Messung fünfmal wiederholt wurde. Die mit einem Stern bezeichneten Winkel wurden der Rechnung zu Grunde gelegt. Zum Vergleich sind die von Tschermak gefundenen Winkel, dann die aus Miller’s Angaben berechneten Winkel des Arsenkieses angesetzt. Glaukodot Arsenkies Becke | Fi asgaa tr Somneme eis Teen T r il Beobachtet | Berechnet | SENIEAR | aller Krystall DI. 1.1* Ueber die Seitenkante SO en: _ 80°. 8U* W.l 7 17% 15:5‘ 17° 155° DER S; 19° 17.9 19° 12:3 19° 199 219:9% | | 14* 104 Friedrich Becke. 63 nn Glaukodot Arsenkies Becke Borkpniihann so] Tschermak Miller ? Beobachtet | Berechnet | | Krystall I. | 5 ae 0 ‚mi 0 10 pl ; > | Ueber die | 63: Ba en 02 Er EN a Ri 114° 23:5‘ ar 1140 923. & 68 4 6 9 | 091,0 68° 48“ mm, ! 68° 85, Er vB m s* el ie) = 79° 13°: .13°41 m.I I 64% 312° 64° 362% | — 64° 232° Mm. U re ee —_ 580 -37.3° (e . ©) | m (59° 163%) en 590 294 Krystall I. | m . m einsprin- gender Winkel 40° 50° 43° 40:8° — 42° 24! Wie man sieht, stimmen meine Messungen nur beim Prisma nicht mit denen von Tschermak; diess ist auch sehr erklärlich, wenn man bedenkt, wie störend die bedeutende Krümmung der Prismenflächen bei grossen Krystallen ist. Aus derselben Ursache erklärt sich auch die sehr bedeutende Differenz zwischen Rechnung und Messung beim Krystall I. Uebrigens ergibt sich aus den angeführten Messungen unzweifel- haft die Isomorphie zwischen Glaukodot und Arsenkies. Bei Gelegenheit der Durchsicht der einschlägigen Literatur behufs einer näheren Ver- gleichung des Glaukodots mit seinen Verwandten stiess ich in Bezug auf den Danait von Franconia auf so abweichende Angaben, dass es mir angemessen schien, die Danaite des k. Hof-Mineralien-Cabinets durchzusehen. Ich fand auch einige zur Messung taugliche Krystalle. Einer derselben war etwa 3 Mm. gross und zeigte die Combination: m l s r (9 e v (110) (011) (012) (031) (001) (101) (211) m und e parallel ihrer Combinationskante tief gerieft. s und r, sowie die Basis c, die am Danait bis jetzt noch nicht beobachtet wurde, stark brachydiagonal gestreift. 2 glatt und glänzend, » sehr schmal. Die beiden anderen Krystalle waren Kaum 0'’5 Mm. gross und zeigten bloss das aufrechte Prisma m und das Brachydoma 1. In allen bis jetzt besprochenen Verhältnissen: in dem Auftreten der Basis c, in der charakteristischen Streifung auf m und e, in der Reichhaltigkeit der Combination bei grösseren Krystallen, der Einfach- heit bei kleineren Krystallen, stimmt der Danait von Franconia mit den von Rumpf beschriebenen Krystallen des Arsenkieses von Leyer- schlag überein (Tschermak, Mineralogische Mittheilungen 1874, 3. Heft. pag. 5), ein Factum, das um so auffallender ist, als der Danait von Franconia nach der Analyse von Hayes 6 Proc. Kobalt enthält, während der Arsenkies von Leyerschlag nach Rumpf’s eigener Analyse kein Kobalt, sondern nur 0'29 Ni enthält. [5] Ueber den Glaukodot von Hakansboe und den Danait von Franconia. 105 Als Grundmessungen benützte ich zwei Winkel, die ich an dem grösseren Krystall mit ziemlich grosser Genauigkeit messen konnte, da die Flächen glatt und eben waren und ganz scharfe Fadenkreuze lie- ferten. Es waren diess die Winkel: LT 7081, 800.13%° 110 FLIEGER DAN Am selben Krystall erhielt ich für das Supplement zur ersten Messung: ? 011011 =,99% 45:54 Ich hätte nun beide Messungen auf 180° corrigiren können, allein jch unterliess es, da die letzte Messung wegen geringerer Vollkommen- heit der zweiten Fläche weniger genau war. An den zwei anderen Krystallen erhielt ich: 011.011 = 80° 9-9 und 80° 9:6’ 011.011 = 99° 42° ,„ 99° 517 110.110 ==! 6794944; Die ausserordentliche Kleinheit der verfügbaren Krystalle (kaum 0:5 Mm.) und in Folge dessen die schwache Reflexion der Flächen, macht diese Abweichung wohl erklärlich, und ich glaube nicht berech- tigt zu sein, desswegen ein Schwanken der Winkelwerthe in dieser Zone annehmen zu dürfen. Uebrigens erhielt ich am ersten, grösseren Krystall noch folgende Messungen, die mit denen von Kenngott (Sitzungsber. d. k. Acad., Bd. IX, 1852, pag. 552) und von Teschemacher (nach Dana System of Mineralogy 1872, pag. 78) zusammengestellt sind. | RE ei Kenngott || Teschemacher | Beobachtet | Berechnet m.m* | 67° 54° m. m’ — 11289016: 112° 33° 112°—112° 1‘ RR id 80° 133° — 80° 6‘ 1.1, 99° 45:5‘ 999.46’ 42" 99° 54' 100° 15’ e.e 1219221:9) 1202527 52° 121020! 1242302 m .I1 64% 43°9' 64° 42° 53 Lese 4124377. IT DR 1 l.e über m 108° 40-9’ 10807317 53" m.e 44° 0:3’ 43° 49° I:8 19031:72 192117 52% TOMTE l.t apr. 27° 55° 280.182 2% 25° 10° l.c apr. 49% 14° 49° 38.21” e.c apr. 60° 53° 60° 26' 26” Man sieht, dass meine Messungen mit denen von Kenngott nicht sehr gut übereinstimmen, besonders auffallend ist die Abweichung bei dem Prisma m und bei dem Querdoma e. Man kann diess aber begreiflich finden, wenn man neben den von mir angeführten Messungen den Prismenwinkel einmal mit 111° 47° findet, oder den Winkel des Querdomas mit 58° 42'3‘, wie mir F4 106 Friedrich Becke. [6] das thatsächlich geschehen ist. Es zeigt diess eben, dass bei Mineralien, die äusseren Einflüssen so zugänglich sind, wie es beim Arsenkies der Fall ist, vereinzelte Messungen nicht massgebend sind, und dass nur eine grosse Zahl von Messungen verlässliche Resultate liefern wird. Leider stand mir für die Ausdehnung der Messungen kein taugliches Material mehr zu Gebote. Jedenfalls dürfte aber Kenngott einen extremen Krystall gemessen haben, während die von mir angeführte Messung m.m = 111° 47‘ dem anderen Extrem nahe liegt. In der That steht diese Messung bei mir ganz vereinzelt da, nirgends wird die Uebereinstimmung zwischen Rechnung und Beobachtung besser, wenn man diesen Werth einführt. Daher dürften die von mir der Rechnung zu Grunde gelegten Winkel dem wahren Mittelwerthe ziemlich nahe kommen. Man scheint bisher der Meinung gewesen zu sein, dass es der Kobaltgehalt sei, der bei der Gruppe der Arsenkiese einen grösseren Flächen-Reichthum und eine Verkürzung der .Brachydiagonale hervorrufe, wie diess Scheerer ausdrücklich ausspricht. (Poggendorff, Annalen, 42. Bd., 1837, pag. 546.) Die folgende Tabelle, in der ich die Grund- winkel, das Axenverhältniss und den Kobaltgehalt einer Reihe von Arsenkiesen, Danaiten und des von mir gemessenen Glaukodots zusam- mengestellt habe, mag zeigen, in wie weit diese Ansicht berechtigt ist. Die eingeklammerten Zahlen sind blos berechnet und an den betreffenden Varietäten nicht beobachtet worden. Ausser dem Axenverhältniss für b = 1 ist zum leichteren Vergleich auch das Verhältniss - angegeben. = ” = e 110 . 10011: ori 101: 1 a:b:c | Fe | Co Glaukodot v. Hakans- | boee - « - . ... 68°9:6'| 80° 7°5° (599 16°3°),0°6765 :1:1'1891| 1:7577|16°06*) Danait von Skutterud, ‚68° 20‘ (78° 42°)| 58° 30° |0:6830::1::1'2196| 1'7856 S Scheerer?) - - - |67° 58°(79026'4‘)| 58° 30' |0:6740:1: 1'2036| 17856 on Danait von Franconia, Kenngott- - - - 167° 27) 80%6° |58° 37706679: 1:1:1896| 17810 6-45 Becke ein 672. 54'800 13:3°| 590 7:1: \0°6732 :1:1:1871| 17577 } Arsenkies von Leyer- 0-29 Ni schlag, Rumpf?) - 167° 37'| 80° 18‘ 158° 55°5°|0:6696 :1: 1'1854 1770216; Co Arsenkies v.Walchern, AR Zepharovich‘) - |68° 48'80° 16:2'59° 59'9'/0:6847 :1:1'1861| 17322] — Arsenkies v. Freiberg?) 68° 33| | — — 06815:1 — — — Arsenkies von Breiten- brunn in Sachsen‘) - 168° 31‘| 80° 24° 159° 51'7°\0'6811:1:1'1834| 17374 | Arsenkies, Eisenerz?) 168° 16| — — 106779:1 — — | Arsenkies, Miller’) [68° 47’ 80° 8° 159° 51:6°/0:6845 :1: 1'1889) 17370 ) Nach einer Analyse von Prof. E. Ludwig, welche Tschermak a. a. O. veröffentlichte. ?) Scheerer, Ueber zwei norwegische Kobalterze von Skutterud. Pogg. Ann. 42. Bd. 1837, pag. 546. 3) J. Rumpf, Ueber Minpickel von Leyerschlag in Tschermak’s Min. Mittheil., 1874, 3. Heft, pag. 5. *) Zepharovich, Min. Mitth. Sitzungsber. d. Akad. d. Wissensch., LVI. Bd., 1867, I. Abth., pag. 39 u. ff. ’) Miller, Elementary introduction, pag. 188. [7] Ueber den Glaukodot von Hakansboe und den Danait von Franeonia. 107 Aus der vorstehenden Tabelle geht schlagend hervor, dass die Abweichungen in den Winkeln dem Kobaltgehalt nicht proportional sind. Man könnte darin eine Bestätigung der in neuerer Zeit wieder- holt ausgesprocheven Ansicht sehen, dass isomorphe Mischungen nicht immer in Formen krystallisiren, die zwischen beiden Endgliedern mitten inne liegen. Allein dem widerspricht der Umstand, dass ganz kobaltfreie Arsen- kiese (Leyerschlag) Formen zeigen, die von den normalen Arsenkiesen (Erzgebirge, Walchern) mehr abweichen als der Glaukodot, ja sogar mehr als die meisten Danaite. Vergleicht man die Axenverhältnisse der angegebenen Formen, so sieht man, dass die Abweichungen in dem Verhältniss -. das ist in der Zone der Brachydomen am geringsten sind. Die Maximaldifferenz beträgt 00362. Dieselbe wird noch geringer, wenn man die Zahlen für den Danait von Skutterud nicht berücksich- tigt; dieselben sind nämlich nicht wie bei den übrigen Formen aus den direct gemessenen Winkeln berechnet, sondern aus den beiden anderen Abmessungen. Man erhält dann die Maximaldifferenz zwischen 1'1896 (Danait von Franconia, Kenngott) und 1'1834 (Arsenkies von Breiten- brunn, Zepharovich) per 0'0062; also eine verhältnissmässig geringe Abweichung. Viel bedeutender ist die Maximaldifferenz in der Prismenzone zwischen 0'6679 (Danait von Franconia, Kenngott) und 0°6847 (Arsen- kies von Walchern, Zepharovich) = 0'0168. Am stärksten sind aber die Differenzen in der Zone des Makrodomas: 1'7856 (Danait von Skutterno, Scheerer) und 1'7322 (Arsenkies von Walchern) Zepha- rovich) = 0'0534. Berechnet man diese Differenzen in Procenten der grösseren Zahl, so erhält man: I. für die Brachydomen 0:53 Proc.; 11. für das Prisma '2'30:'Proe.; III. für das Makrodoma 3'00 Proc. ‘Und zwar kommt die grössere Zahl bei I. den Danaiten zu, bei II. den normalen Arsenkiesen, bei Ill. wieder den Danaiten. Dem- nach haben die normalen Arsenkiese weniger verschiedene Axen als die Danaite, bei denen im Allgemeinen eine Verkürzung der Brachy- diagonale eintritt. Alles diess gilt auch von dem Arsenkies von Leyer- schlag, der kein Kobalt enthält. Eine eigenthümliche Stellung nimmt dagegen der Glaukodot ein, a b hält zwischen der Gruppe der Danaite und den normalen Arsenkiesen ; indem derselbe bezüglich der Verhältnisse — und — fast genau die Mitte nur in dem Verhältniss ; in welchem übrigens die Abweichungen über- haupt viel geringer sind, steht er den Danaiten ziemlich nahe. Bemerkt man nun, dass alle jene Formen, welche in dem Ver- hältniss 5 und — bedeutend abweichende Zahlen haben, auch durch einen viel bedeutenderen Flächenreichthum ausgezeichnet sind, so scheint 108 Friedrich Becke. 18] wohl der Schluss nicht ganz unberechtigt, dass es eine allen diesen Formen gemeinsame Ursache sein müsse, welche diese Erscheinungen bedingt; und diese kann dann nicht der Kobaltgehalt sein, da eben diese Erscheinungen bei sehr kobaltreichen Verbindungen (Glaukodot) fehlen, dagegen bei kokaltfreien Verbindungen (Arsenkies von Leyer- schlag) in ganz eminenter Weise auftreten. Anmerkung. Das specifische Gewicht des von mir gemessenen Glaukodot-Krystalles ist 5°915, also nahezu übereinstimmend mit dem von Ludwig analysirten, der 5'973 hatte. Vor Kurzem hat Herr W. J. Lewis in London in dem 1. Hefte der von Groth heraus- gegebenen „Zeitschrift für Krystallographie* pag. 67 einige Beobach- tungen über den Glaukodot von Hakansboe veröffentlicht. Er führt ausser den von mir angegebenen Flächen auch zwei Pyramiden an: (111) und (212). Ausserdem wird der Winkel des Prismas mit 69° 40°, der des Querdomas mit 118° 59°/;‘ angegeben. Il. Untersuchung zweier Magnesiaglimmer. Von Dr. Friedrich Berwerth. Die Untersuchung der beiden Glieder der Glimmergruppe — des Glimmers von Edwards und eines Glimmers vom Vesuv — steht im Zusammenhang mit den gleichfalls im Laboratorium des Herrn Prof. E. Ludwig durchgeführten Untersuchungen der ganzen Reihe der Glimmer-Minerale, deren analytische Resultate in diesen Mittheilungen zum grössten Theile bereits niedergelegt sind. Obgleich die Analysen der verschiedenen Arten aus der Glimmerfamilie nicht alle von Einem Chemiker ausgeführt wurden, so ist der Nutzen, den eine einheitliche Prüfung ähnlicher Körper besitzt, doch annähernd ganz erreicht, da in allen Fällen mit gleicher Genauigkeit und Strenge dieselben Trennungs- Methoden in Anwendung kamen, so dass bei gleicher Operation even- tuell auch immer derselbe Fehler begangen wurde. Die hohe Bedeutung systematisch angestellter chemischer Untersuchungen, besonders der complieirter zusammengesetzten Silikatverbindungen, tritt heute haupt- sächlich darin hervor, dass vorzugsweise mittelst einer Revision aller älteren Analysen die Chemie sich in ihrer Führerrolle, die ihr in der Classification der Mineralien nicht mehr streitig gemacht werden kann, behaupten wird. Als eine weitere Vorarbeit zu den Studien des Herrn Director Tschermak über die Glimmergruppe gedenke ich demnächst auch einige Analysen von lithiumhaltigen Glimmern mitzutheilen, bei deren schwieriger Zerlegung die versuchsweise angewandten Methoden einiges Interesse bieten dürften. Meinen hochverehrten Lehrern Herrn Director Tschermak und Prof. Ludwig sei aber auch an dieser Stelle mein aufrichtigster Dank gesagt für die Förderung; meiner im Gebiete der Mineral-Chemie be- gonnenen Studien. Barythaltiger Phlogopit von Edwards. Aus der Gegend von Edwards, St. Lawrence Co., N. Y. hat Craw') drei Phlogopite von verschiedenem Habitus analysirt. Zu meiner Unter- suchung dienten braune durchscheinende Tafeln, welche Herr Director Tschermak von Herrn J. D. Dana in Newhaven erhalten hatte, und welche vom selben Fundorte herrühren. Nach der Besclıreibung, welche Craw von seinem zur Analyse angewandten Materiale gibt, hatten ihm zu seiner Analyse Nr. I Glimmertafeln von gleicher Beschaffenheit ge- dient. Ich habe aber die Zusammensetzung dieses Glimmers wesentlich anders gefunden, als Craw. Im Laufe der Untersuchung wurde näm- lich die Anwesenheit von Baryterde in der Verbindung constatirt, %) Am. J. Sc. II. X. 383. Mineralogische Mittheilungen. 1877. 2. Heft. (Berwerth.) 15 110 Friedrich Berwerth. [2] deren Entdeckung hauptsächlich den gefundenen Alkaliengehalt beein- flussen musste, weil nach den angewandten analytischen Methoden bei der Bestimmung der Alkalien das Uebersehen der Baryterde einen Fehler erzeugen musste, welcher im hohen Alkaliengehalte seinen Aus- druck fand. Mit der Nachweisung der Baryterde in diesem Phlogopit ist in der Reihe der magnesiaführenden Glimmer ein correspondirendes Glied gefunden für den unter den Kaliglimmern als Oellacherit bezeich- neten Barytglimmer. Seitdem J. Oellacher die Analyse des von Liebener als Margarit ihm zugestellten Barytglimmers aus dem Pfitsch- thale nächst Sterzing in Tirol Kenngott!) mittheilte und mit dem eleichen Materiale auch Rammelsberg°) eine unvollständige Analyse anstellte, ist von einem anderweitigen Vorkommen eines barythaltigen Glimmer nichts bekannt geworden. Die Behauptungen, welche Brush’) laut werden liess, dass der von Oellacher analysirte Margarit vom Pfitschthal keinen Baryt enthalte, fanden durch eine Anmerkung von Krantz*) in Bonn ihre Widerlegung. Mein Arbeitsmaterial bestand aus elastischen, glänzenden Tafeln, deren Aussehen vollkommen frisch war. Fremdartige Beimengungen waren auch mikroskopisch nicht zu entdecken. Die mikroskopische Prüfung war auch mit dafür entscheidend, dass der Baryt nicht als Schwerspath im Gefüge der Glimmerblätter vorhanden sei. Bei den angestellten Versuchen kamen die jetzt gebräuchlichen quantitativen Methoden in Anwendung. Der Gehalt des Eisenoxyduls wurde durch Titrirung mit übermangansauerem Kalium in dem mit Schwefelsäure und Flusssäure im zugeschmolzenen Glasrohr aufgeschlos- senen Minerale ermittelt. Die zur Verwendung gekommene Flusssäure war durch Zusatz von übermangansauerem Kalium und Destillation voll- kommen gereinigt worden. Das Baryumoxyd wurde nur einmal direct gefällt und zwar nach Abscheidung der Kieselsäure in der schwach salzsaueren Lösung. In den zwei anderen Fällen wurde aus dem unlöslichen Rückstande des schwefelsaueren Baryums in der flusssaueren Aufschliessung das Baryum- oxyd berechnet. Es unterliegt fast keinem Zweifel, dass’Craw diesen unlöslichen Rückstand in der flusssaueren Aufschliessung, welchen er bei Anwendung dieser Methode ebenfalls erhalten musste, ohne ihn auf seine Eigenschaften zu prüfen, als unaufgeschlossenes Mineral von der Menge der in Arbeit genommenen Substanz in Abzug gebracht hat. Diese Vermuthung wird dadurch gestärkt, dass Craw’s Analyse eine hohe Summe von Alkalien angibt und wenn ich den unauflöslichen schwefelsaueren Baryt von meiner angewandten Substanz als solche abziehe, in meiner Analyse sich der Alkaliengehalt annäherend zu der Menge der Alkalien in Craw’s Analyse erhebt. In einem besonderen Versuche wurde mittelst eigens zu diesem Zwecke auf ihre Reinheit geprüften Reagentien die vollständige Abwesenheit der Schwefelsäure in der Verbindung erwiesen. ‘) Kenngott’s Uebers. 1860, 49. — 1862, 135. ?) Ztschr. Geol.-Gesellsch. XIV., 763. ®) Am. J. Sc. II. XXXIV. 216. *) Am. J. Sc. II. XLIV. 256. [3] Untersuchung zweier Magnesiaglimmer. 141 Zur Bestimmung des Wassers wurde die Substanz nach der Methode des Herrn Prof. E. Ludwig!) im ausgebauchten Platinrohre im getrockneten Luftstrome mit entwässertem kohlensaueren Natron-Kali aufgeschlossen und das in das Chlorcaleiumrohr übergeführte Wasser ge- wogen. Aus Mangel an Substanz war es mir nicht möglich einen Parallel- versuch anzustellen. Die Methode leidet aber an keinen Mängeln und ist ihre exacte Durchführung in vielen Versuchen schon erprobt worden. Einen wesentlichen Dienst wird diese Methode überall dort leisten, wo Fluor und Chlor neben Wasser, in einer Verbindung zur Bestimmung kommen, oder wo zur Analyse kein reichliches Material vorhanden ist. Das Fluor wurde nach der von Rose verbesserten Methode ab- geschieden. Der Niederschlag gab deutliche Fluor-Reaction. Die einzelnen Bestimmungen gaben folgende Resultate: 1. 0:8756 Gramm Substanz bei 105° C. getrocknet gaben: 03525 Gramm Kieselsäure, 0'1362 Gramm Thonerde, 0'0268 Gramm Eisen- oxyd, 06733 Gramm pyrophosphorsauere Magnesia, welche Menge 0'2426 Gramm Magnesia entspricht. — 05160 Gramm Substanz im zuge- schmolzenen Glasrohr mit Schwefelsäure und Flusssäure aufgeschlossen, verbrauchten 0'9 Cube. Chamaeleon (1 Cube. Chamaeleon entsprach 0°00343 Eisen) entsprechend 0'003969 Gramm Eisenoxydul. 2. 0:7892 Gramm Substanz ergaben: 0'3190 Gramm Kieselsäure, 0:0316 Gramm schwefelsaueren Baryt, entsprechend 0'02074 Gramm Baryumoxyd, 0'6188 Gramm pyrophosphorsauere Magnesia, entsprechend 0222 Gramm Magnesia. 3. 1'0995 Gramm Substanz ergaben: 0'0359 Gramm schwefel- saueren Baryt, entsprechend 0'0235 Gramm Baryumoxyd, 0'4360 Gramm Kaliumplatinchlorid, entsprechend 00838 Gramm Kaliumoxyd, 0'0567 Gramm Chlornatrium, entsprechend 0°0300 Gramm Natriumoxyd. 4. 10828 Gramm Substanz gaben: 0'0433 Gramm schwefelsaueres Baryumoxyd, entsprechend 0'0287 Gramm Baryumoxyd, 0'3670 Gramm Kaliumplatinchlorid, entsprechend 00706 Kaliumoxyd, 0'0502 Gramm Chlornatrium, entsprechend 0'0266 Gramm Natriumoxyd. .5. 09545 Gramm Substanz gaben: 0'0160 Gramm Fluorcaleium, entsprechend 0°00779 Gramm Fluor. 6. 0:8727 Gramm Substanz gaben: 0'0280 Gramm Wasser. Aus diesen Zahlen ergibt sich folgende procentische Zusammen- setzung des Glimmer von Edwards: D. III. IV. V. WI. Mittel Eon — —..— ,02 — 082 Kieselsäure +... 1.4026 2402 77 4. 2 40:34; Thonerd . . . . 114 — —_ -— .—-- —- 114 Eisenoxyd..!.. N... 12:20 .- — — — = — 2:20 Baryumoxyd . . . — 2.62, 2a, 269... — — 2:46 Bisenoxydul: .u...4 20:70. — N re 0:77 Macnesiumoxyd.“.. ... 27-11) 28247 2 — nn —. 1.,.20:97 Kaliumoxyd . . . — —. 5:62 1,692! a9 Ser 7:07 Natriumoxyd . . . — — 22 245 — — 2:58 Masern en — —— 0. — 321 3:21 De en 10256 !) Min. Mitth. 1875. 213. 112 Friedrich Berwerth. [4] Das specifische Gewicht wurde mit 1'6431 Gramm Substanz in Blättchen im Pyknometer bei 16° C. zu 2'959 bestimmt. Glimmer vom Vesuv. Zur Verwendung kam ein schwärzlicher, in dünnen Blättchen lauchgrüner, in sechsseitigen Tafeln ausgebildeter Glimmer, dessen Blätter mit gelben Idokraskrystallen oft sehr innig verwachsen waren. Er scheint ursprünglich die Wände eines grossen Hohlraumes eines Kalkauswürflings bekleidet zu haben. Mit den bisher analysirten Vesuv- glimmern!) lässt er sich nicht vergleichen. Seine Blättchen besitzen geringe Elastieität. Vor dem Löthrohr werden dieselben matt und schmelzen schwer zu einem eisenschwarzen Glase. In Arbeit wurden nur gewissenhaft auf ihre Reinheit geprüfte Blättchen genommen. Die Methoden waren die gleichen, wie die bei dem Phlogopit angewendeten. Das Fluor wurde im Niederschlage nachgewiesen. Die einzelnen Bestimmungen gaben folgendes Resultat: 1. 0:6906 Gramm Substanz bei 105° C. getrocknet gaben: Kiesel- säure 02714 Gramm, Thonerde 0'1171 Gramm, Eisenoxyd 0'0636 Gramm, Manganoxydul 000409 Gramm, Calciumoxyd 0'0057 Gramm, pyrophosphorsauere Magnesia 0'4196 Gramm, entsprechend 0'1512 Gramm Magnesiumoxyd. 2. 04934 Gramm Substanz im zugeschmolzenen Glasrohr mit Schwefelsäure und Flusssäure aufgeschlossen, verbrauchten 3'3 Cube. Chamaeleon (1 Cube. Chamaeleon entsprach 0'00915 Fe), entsprechend 0°0388 Eisenoxydul. 3. 07645 Gramm Substanz gaben: 0'3094 Gramm Kaliumplatin- chlorid entsprechend 0'0596 Gramm Kaliumoxyd, 00071 Gramm Chlor- natrium entsprechend 0'0038 Gramm Natriumoxyd. 4. 0:8265 Gramm Substanz gaben: 00152 Gramm Fluorcaleium, entsprechend 0:007405 Gramm Fluor. 5. 07805 Gramm gaben: 0'0314 Gramm Wasser. Aus diesen Zahlen ergibt sich folgendes procentische Mengen- verhältniss: “ Fluor 0:89 Kieselsäure 39:30 Thonerde 16:95 Eisenoxyd . 0:48 Eisenoxydul 186 Manganoxydul 0:59 Calciumoxyd 0:82 Magnesiumoxyd 2189 Kaliumoxyd 7:79 Natriumoxyd . 0:49 Wasser . 4:02 J. pr. Chem, LXV. 190. Summe 101'08 Das speeifische Gewicht bei 16° C. im Pyknometer mit zerschnit- tenen Blättchen im Gewichte von 3°3224 Gramm bestimmt, ist 2:864. ') Pogg. Ann. LV. 112, — Pogg. Ann. LXI. 381. — Pogg. Ann. LXXXVI 1. — ge - WE Il. Ueber die Krystallisation des Struvits. Von Alexander Sadebeck. Als nach dem grossen Brande in Hamburg im Jahre 1845 beim Grundbau der Nicolaikirche in einer aus Viehmist gebildeten Moorerde prachtvolle Krystalle von Ammonium - Magnesiumphosphat gefunden wurden, entspann sich ein heftiger Streit, ob diese Krystalle dem Mine- ralreich zuzuzählen seien oder nicht. Für den Krystallographen ist diese Frage ohne jegliche Bedeutung, da sich derselbe mit allen Kry- stallen, mögen es natürlich ‘gebildete oder in Laboratorien gezogene sein, zu beschäftigen hat, um eine allgemeine Kenntniss der Krystall- formen und ihrer Beziehungen zu einander zu erlangen. Herr Dr. Ulex hat sich um die Förderung der Kenntniss, der von ihm „Struvit* genannten Krystalle besonders verdient gemacht und alles darauf bezügliche in einer Schrift niedergelegt: „Controverse über die Frage: Was ist Mineral Species? veranlasst durch die im Herbste 1845 beim Grundbau der St. Nicolaikirche in Hamburg ent- deckten Krystalle, nebst einer Charakteristik des Struvits in Hinsicht seines Vorkommens, seiner Krystallisation, seiner chemischen, physi- schen, optischen Verhältnisse ete. Von C. Marx, Hamburg 1846. Eine spätere Mittheilung gibt Ulex im Neuen Jahrb. f. Mineral. ete., 1851, S. 51. Ueber die Krystallformen des Struvits hielt Herr Dr. L. Meyn auf der Versammlung Deutscher Naturforscher und Aerzte in Kiel 1847 einen Vortrag, welcher im „Amtlichen Bericht“ S. 246 abgedruckt ist. Ueber ein neues Vorkommen von Struvit in Hamburg berichtet J.H.C. A. Meyer in der Zeitschr. d. Deutsch. geol. Gesellsch. Bd. VI, S. 641, ohne jedoch nähere krystallographische Angaben zu machen. Die Beziehung des schon von Marx betonten Hemimorphismus des Struvits zur Pyroelektricität wurde von Hausmann klargelegt, Nachr. d. G. A. Univ. u. d. Königl. Ges. d. Wissensch. zu Göttingen, 1846, S. 121. Ausser den Hamburger Krystallen beschreibt Marx noch kurz solche, die beim Ausbringen der Abzugscanäle einer Caserne in Dresden gefunden wurden und in der Form den Hamburgern sehr ähnlich sind. Mineralogische Mittheilungen. 1877. 2. Heft. (A. Sadebeck.) RER INT 114 A. Sadebeck. [2] Teschemacher hat grosse, messbare Krystalle im Guano der Küste von Afrika, Saldanha Bey gefunden und Guanit genannt, ein kurzer Bericht darüber findet sich im L’Institut, I. Sect., T. IV, Paris 1846, Nr. 628, die Winkelangaben und eine Krystallskizze stehen im Philosophical Magazine, III. Sir., XXVIIL, 1846, pag. 546. Neuerdings hat Herr Ottmer, N. Jahrb. f. Miner., 1873, S. 400, Kunde von Krystallen gegeben, die in einer verschütteten Düngergrube bei Erbauung der Synagoge in Braunschweig gefunden wurden. Einige dieser Krystalle hatte er die Güte mir für das mineralogische Museum der Universität Kiel zu verehren. Es ist eine längst bekannte Thatsache, dass sich aus alkalischem Harn mikroskopische Krystalle des Ammonium - Magnesium - Phosphates ausscheiden, von den Medicinern Tripelphosphat genannt und an der Sargdeckelform erkennbar, sie finden sich vielfach abgebildet z. B. in dem Atlas zu Robin und Verdeil, Trait€ de chimie anatomique et physiologique, Paris 1853; Neubauer und Vogel, Anleitung zur qualitativen und quantitativen Analyse des Harns etc., Wiesbaden 1876, S. 132, Taf. I, Fig. 3 und 5; Schmidt, krystallonomische Unter- suchungen, Metau und Leipzig 1846 ete. Kürzlich hat Herr Dr. C. Stein in Göttingen die Krystalle des Tripelphosphats wieder künstlich dargestellt und in dem Deutschen Archiv für klinische Medicin 1876, S. 207 beschrieben: „Ueber alkali- schen Harn, bedingt durch Ueberschuss von fixem Alkali etc.“ Das Studium der Struvitkrystalle von Braunschweig veranlasste mich die wegen des Hemimorphismus so interessanten Krystalle über- haupt einer eingehenderen Untersuchung zu unterwerfen. Durch schöne Hamburger Krystalle, welche ich der Güte des Herrn Dr. Zimmer- mann und Dr. L. Meyn verdanke, war ich in der Lage genaue Mes- sungen mit dem Repetitionsgoniometer anzustellen, während bisher nur das einfache Reflexionsgoniometer angewendet worden war. Ferner handelte es sich darum, die einzelnen Typen zu fixiren und die Zwillingsverwachsungen genau zu bestimmen. Dann machte ich Aetzversuche, um die Beziehungen der Flächen zu den beiden Enden der hemimorphen Axe kennen zu lernen und untersuchte überhaupt die Veränderungen, denen die Krystalle durch die Aetzung unterliegen, um die Gestalt der Subindividuen, sowie den Bau der Krystalle zu bestimmen. 1. Krystallformen des Struvits. Nach dem Vorgange Hausmann’s und in Uebereinstimmung mit dem Kieselzinkerz empfiehlt es sich am meisten, die pyro@lek- trische Axe als Hauptaxe c anzunehmen und das positive Ende, also den antilogen Pol, als das obere, das negative, den analogen Pol, als das untere Ende zu betrachten. Für die Bezeichnung der Flächen sollen im en die von Marx eingeführten Buchstaben angewendet werden. Es springen nun zunächst bei der Mehrzahl der Struvit-Krystalle zwei Flächenräume in die Augen, o die Längsfläche und r die Endfläche. INTIRE WR [3] Ueber die Krystallisation des Struvits. 115 Nach Marx sind die Krystalle nach der Längsfläche am deutlichsten spaltbar, während er eine Theilbarkeit nach der Endfläche nicht als Spaltbarkeit, sondern als die Folge schaliger Zusammensetzung auf- fasst. Bei genauerer Betrachtung jedoch erweist sich gerade die letztere Theilbarkeit als die deutlichste Spaltbarkeit, welche auch häufig in Form von Rissen und Spalten im Innern des Krystalles zur Erscheinung kommt, die Spaltbarkeit nach der Längsfläche ist zwar vorhanden, aber nie so deutlich. Demgemäss sind auch die Angaben in den Lehrbüchern über die Spaltbarkeit des Struvits umzuändern. Die Längsfläche o kann durch den Hemimorphismus nicht beeinflusst werden, erscheint also an beiden Enden der 5b-Axe, sie ist uneben, häufig gewölbt, trübe, nur selten glänzend. Die Unebenheit rührt von Subindividuen her, welche theils nach einer Richtung, parallel der a-Axe angeordnet, eine unterbrochene Streifung auf den Flächen her- vorrufen (Fig. 7), theils auch abgerundete niedrige Ecken bilden, deren Form (Fig. 9) weiterhin besprochen werden soll. Die Wölbung, welche wie die Streifung, in der Zone der a-Axe liegt, führt nach oben zu den Flächen des Hauptlängsprismas m. (o a:b:c) (Fig. 1) und ist an der Combinationskante am stärksten, so dass man zuweilen eine nur wenig gegen o geneigte Abstumpfung der Combinationskante m/o zu sehen glaubt, welche Naumann!) als (© @«:b:4c) angibt. Diese flache Abstumpfung erweist sich jedoch bei näherer Betrachtung als Scheinfläche, hervorgerufen durch die Intermittenz von m und o. Da die Einigung der Subindividuen in o keine vollkommene und gleich- mässige ist, so erscheint die Combinationskante m/o vielfach gebogen und geknickt. Die Flächen » gehören nur dem positiven Ende der Hauptaxe an und lassen dadurch den Hemimorphismus deutlich her- vortreten; sie sind glatt und glänzend, und geben bei Messungen gute Reflexe. An der entgegengesetzten Seite von o sind bei vielen Krystallen keine weiteren Flächen vorhanden (Fig. 1), sondern o tritt direct an die untere Endfläche —r heran, bei anderen liegen zwischen r und o noch die Flächen eines Längsprismas N (> a:b:2c), welche am oberen Ende fehlen (Fig. 2). Die Endfläche + ist an den beiden Enden der Hauptaxe ver- schieden ausgebildet, am oberen Ende erscheint sie zuweilen als schmale Abstumpfung der Kante »n/m, welcher parallel sie auch fein gestreift ist, so dass sie in die durch die «-Axe bestimmte Zone gehört, im Uebrigen ist sie ziemlich eben und glänzend. Häufiger ist sie am unteren Ende, wo sie in nur verhältnissmässig seltenen Fällen fehlt, hier ist sie auch grösser, aber meist; uneben und wenig glänzend. Die Un- ebenheit rührt von unregelmässigen Erhöhungen her oder von Sub- individuen, welche, parallel der b-Axe angeordnet, eine unterbrochene Streifung hervorrufen und häufig eine Wölbung der Fläche bewirken. Die Wölbung geht über in die Flächen eines Querprismas (Fig. 1), die in demselben Sinne, wie r gestreift (Fig. 4) eigentlich ) Naumann, Elemente der Mineralogie. 116 A. Sadebeck. [4] nur Scheinflächen sind und als solche, so wie durch die Wölbung in der Zone der b-Axe keine sichere Bestimmung gestatten; zuweilen scheinen sie dem Hauptquerprisma (a: © b:: c) anzugehören, einzelne Messungen mit dem Anlegegoniometer führten auf (a: ob: !/,c) und nach Nau- mann auf (a: b:'/;c). Ueber ihnen liegt mehr oder weniger aus- gedehnt das obere Querprisma s = (a: ob: c), dessen Flächen glatt und glänzend zu goniometrischen Messungen gut geeignet sind. Oben stossen sie mit den m-Flächen in einer okta@drischen Ecke zusammen und unten erkennt man ihre Reflexe auf den Scheinflächen «, in denen sie mit der unteren Endfläche intermittiren. Es sind also die Flächen aus der Zone der a- und b-Axe hemi- morphisch ausgebildet. Vollflächig erscheinen die Flächen p aus der verticalen Zone (Fig. 11), deren Zeichen (a: '/,b:: c) ist, so dass ihre stumpfe Kante durch die Längsfläche gerade abgestumpft wird; sie sind glänzend und messbar. Marx gibt noch okta@drische Flächen ? am unteren Ende an, welche in die Diagonalzone von p und « fallen sollen, so dass ihr Zeichen (@: '/;b:c) seia müsste, auch sollen sie nicht vollflächig, son- dern tetraödrisch auftreten, eine Angabe, welche Meyn und Ram- melsberg wiederholen. An kleinen Krystallen habe ich Andeutungen derartiger Flächen gesehen und zwar in Intermittenz mit p und «, von dem hemiödrischen Auftreten konnte ich mich jedoch nicht überzeugen. Es ist nicht unmöglich, dass bei einzelnen Krystallen gerade nur die der Hemiedrie entsprechenden Flächen herrschend auftreten; dem liegt aber kein Gesetz zu Grunde, da sonst auch andere Oktaederflächen der Hemiedrie unterliegen müssten. Derartige Flächen # (Fig. 6) kommen zwischen s(«) und r vor, so dass die Combinationskanten mit r an o spitze Winkel bilden (Fig. 10). Die Flächen sind mit griechischen Buchstaben bezeichnet, dass es vicinale Flächen sind. Sie treten auch an den auf r erscheinenden Subindividuen auf, so dass auf r Streifen erscheinen, welche einen Rhombus bilden. Derartige Streifen sind mit einer Hemiedrie durchaus unverträglich. Da die Flächen selbst gestreift und etwas gewölbt sind, war eine Ermittelung ihres krystallographischen Zeichens nicht ausführbar. Damit ist die Zahl der bis jetzt beim Struvit beobachteten Formen erschöpft. 2. Winkel des Struvits. Zu scharfen Winkelmessungen konnte ich nur die Hamburger Krystalle benutzen und zwar besonders kleine lichtgelbe Krystalle. Bei den Messungen wurde der Websky’sche Spalt angewendet. Gut mess- bar waren die Flächen des Hauptquer- und Längsprismas m und s, ich fand: SiS nr HB ALL, san —=..112%.5630% mim = 95° 16’ in c. [5] Ueber die Krystallisation des Struvits. 117 Von diesen drei Messungen waren die zuverlässigsten die ersten beiden, wesshalb ich aus diesen den Winkel m/m zur Controle berech- nete und auch gleich dem gemessenen fand. Es wurde jedoch der Winkel von 95° 16‘ genau nur dann gemessen, wenn der Spalt senk- recht gegen die zu messende Kante gestellt war, war dagegen der Spalt parallel der Kante gestellt, so erhielt ieh schwankende Werthe. Die Erklärung dafür ist leicht. Steht der Spalt parallel der Kante, parallel welcher auf den zu messenden Flächen eine Intermittenz von vicinalen „Flächen stattfindet, also parallel der Flächenstreifung, so werden bei verschiedenen Messungen verschiedene Flächentheile die deutlichsten Reflexe geben; steht der Spalt dagegen senkrecht gegen die Streifung, so werden die einzelnen Reflexe in einen mittleren Reflex vereinigt und der gemessene Winkel bezeichnet die mittlere Lage der Flächen. Dies Verhalten darf man bei goniometrischen Messungen überhaupt nicht ausser Acht lassen. Bei. einem Instrument mit horizontalem Kreise ist das Einstellen auf einen, von horizontalem Spalt herrührenden Reflex bei einfachem Fadenkreuz schwierig, da man die Entfernung der Enden vom Mittel- punkt nur taxiren kann, wesshalb es sich dann empfiehlt, mehrere verticale Fäden anzubringen. Auch grössere dunklere Krystalle gestatteten Messungen mit dem Repetitionsgoniometer, welche bei Stellung des Spaltes parallel der Kante m/m Winkel von 95° 6° bis 95° 18° für m/m ergaben. Ausser den drei Winkeln konnte ich noch an einem kleinen wein- gelben Krystall A/h = 57° 16’ messen, dagegen waren die Flächen p zu scharfen Messungen nicht recht geeignet, zeigten aber doch Winkel, welche den berechneten entsprachen. In der folgenden Uebersicht sind neben den von mir gemessenen und den nach meinen Messungen berechneten die von Marx, Meyn und Rammelsberg gemessenen Winkel zusammengestellt. Winkel nach A. Sadebeck Marx Meyn Rammelsberg berechnet m/m in ce 95° 16‘ 959.1075.,.992 144 93: =,6t m/o — — — 132% 40° ER TG p/p in a — de Le = 820% 54° 20” po = — — 133.92 138%.33° 20% h/h 57° 16‘ 57.1062 „D12P1HR — 51°. 27°:50% s/s Hana 832.302.:..63029 — =: m/s 112°. 56° 50° —_ — _ — 3. Stellung der Struvit-Krystalle. Da die Flächen m und s am +Ende der pyroelektrischen Axe am häufigsten vorkommen und zu Messungen am besten geeignet sind, so empfiehlt es sich am meisten, Naumann und Quenstedt zu folgen und diese Flächen der Berechnung des Axenkreuzes als Hauptlängs- und Querprisma zu Grunde zu legen. Meyn und Rammelsberg nehmen das verticale Prisma p als verticales Hauptprisma an und betrachten m als Hauptquerprisma. Mineralogische Mittheilungen. 1377. 2. Heft. (Sadebeck.) 10 118 A. Sadebeck. [6] Marx stellte die Fläche o äls Basis, das Prisma p als Haupt- längsprisma, aber A als Hauptquerprisma. Es ist dann die optische Mittellinie Hauptaxe und die pyroelektrische Axe die a-Axe. Derselben Stellung schliesst sich Dana!) an, mit dem Unter- schiede jedoch, dass er dem Axenkreuze statt A die Flächen m = li zu Grunde legt. Folgende Tabelle zeigt die verschiedenen Bezeichnungen der Flächen und die von den einzelnen Autoren angegebenen Verhältnisse der Axen in der Reihenfolge, dass die 1. Axe die ist, welche bei den Krystallen keine Normalfläche hat, die 2. Axe die Normale von o und > die 3. diejenige von r. A. Sadebeck und Naumann Meyn und Rammelsberg Axen: a:b:c—= 06213: 1'0964:1 - ef ie Flächen: vu.8 = (aueh Meere + mr el [lorhae) Mi kodiert e Hlioe Soe h =. (od: Vase. 2 erailaneobr2nl o =(wa:b:oc)= PS - -» -» -» » -» (a:b: oc) r Eee!) OR ar le lebe) pp =fhardhb eo) ZIP are are: bireen) ei rare ee bez Marx Dana PDT 333 au NY Teen) * v2 m. "= (is 265636) li h fa rssch=) "ai a NE HEOdEREDEL) 1 = (a: sob2,b:c). Das letzte Zeichen gibt die Veränderung an, welche die Fläche s selbst in ihrer Lage erlitten hat, also die Fläche s, da der Reflex der unveränderten Fläche mit einem Winkel von 121° 50° 30° nicht mehr zur Erscheinung kam. Die natürlichen Kanten und die Kanten r/m sind bedeutend weniger angegriffen, als r/s. Dies ist ein ganz analoges Ver- halten zu der Art des Aufbaues von mechanisch verletzten Krystallen, da auch bei solchen, wenn man sie in eine Mutterlauge hängt, die Anlagerung der Subindividuen vornehmlich an den verletzten Stellen vor sich geht, gewissermassen um die dem Krystall fremden Flächen zu entfernen. Die Combinationskanten von o mit & sind nicht geradlinig, indem noch vieinale Oktaöder hinzutreten, welche den unteren Oktaäder- flächen 9 entsprechen. Auf einer angeschliffenen Endfläche —r erscheint keine Streifung parallel der Kante mit o, überhaupt werden die künstlichen Kanten wenig angegriffen, was sich leicht daraus erklärt, dass die angeschliffene Fläche eine in dem Formenkreis des Struvits häufige ist. Die Einwirkung des Aetzmittels fand nicht nur an der Oberfläche statt, sondern ging von ihr aus auch in das Innere des Kıystalls. Es bildeten sich hohle Canäle von nahezu geradlinigem Verlauf, welche in der Nähe von —r nahezu parallel der Kante »n/o liefen, von —r nach w hin convergirten, aber nahezu der Kante «/r parallel. Je mehr sich diese Canäle ausdehnten und je zahlreicher sie wurden, desto mehr erhielten die Krystalle ein zerfressenes Aussehen und verloren zuletzt sanz ihre äussere Form. Die Auflösung der Struvit-Krystalle erfolgt also in ganz ähnlicher Weise, wie die Umwandlung z. B. der Olivinkrystalle in Serpentin, welche man in verschiedenen Entwicklungsstadien leicht u. d. M. beob- achten kann. “. Gestalt der Subindividuen. Wie bei den Krystallen überhaupt geben uns auch hier die Aetz- erscheinungen einen Einblick in die Gestalt der Subindividuen niederer 124 A. Sadebeck. 1 2] Stufe. Die deutlichsten Aetzeindrücke, die auf der angeschliffenen Fläche +r, sind gebildet von vieinalen Quer- und Längsprismenflächen, von denen die ersten stärker ausgebildet auch auf den Flächen m wieder zur Erscheinung kommen, während die Querprismenflächen kleiner, sich mit Sicherheit auf s nicht nachweisen liessen. In den Aetzeindrücken spiegelten Flächen mit den Aetzflächen ein, welche die Abstumpfungs- flächen der Kanten m/s sind, somit sind auch vieinale Oktaöderflächen als Flächen der Subindividuen zu betrachten, dasselbe gilt von den Abstumpfungen der Kanten s/o. Die Flächen ® und s sind vieinale Scheinflächen und lassen den Aufbau aus Subindividuen deutlich erkennen. Auf den frischen Flächen kann man nur in seltenen Fällen deut- liche Flächen an den Subindividuen wahrnehmen, da dieselben meist in Form von verschwommenen Höckern und Schmissen zur Erscheinung kommen. Einzelne Hamburger Krystalle sind jedoch durch gut aus- gebildete Subindividuen niederer Stufe ausgezeichnet. 1. Auf den Flächen o kommen, abgesehen von den parallel der a-Axe verlaufenden Schmissen, welche von vieinalen Längsprismen her- rühren, Subindividuen von der Fig. 9 gezeichneten Gestalt vor. Die- selben sind begrenzt von einem oberen vicinalen Längsprisma u, einem desgleichen unteren eg, einem nach s hinüberführenden, vieinalen Oktaöder s und einem desgleichen 7, welches in die Zone der Kanten o/w fällt. Da die vicinalen Längsprismen herrschen, so ist die Zone der a-Axe als die tektonische Hauptzone zu betrachten. Diese Zone ergibt sich auch aus den Aetzerscheinungen, indem die ihr angehörigen Flächen auf der angeschliffenen Endfläche +r herrschen. Auf der angeschliffenen Fläche —r trat diese Zone nicht hervor, es ist also eine Zone, welche vom positiven Ende ausgehend, nach dem negativen hin verkümmert, so dass man sie als charakteri- stisch für das positive Ende betrachten muss. Damit in Zusammenhang steht auch das verhältnissmässig seltenere Auftreten des unteren Längs- prismas h. 2. Auf —r erscheinen zunächst einfache Streifen parallel der Kante mit «, welche sich auch auf « fortsetzen, indem r und « viel- fach intermittiren, es herrscht also die Zone der b-Axe. Bei den grossen bernsteingelben Krystallen des Ill. Typus treten auf r und « vicinale Okta&der auf, welche vieinalen Zonen der b-Axe angehören (Fig. 6). Diese Flächen begrenzen die s-Flächen in scharfen Kanten und sind nach r hin verschwommen, so dass letztere Fläche gewölbt erscheint. Die Flächen s liessen keine bestimmteren Subindividuen erkennen und auf der angeschliffenen Fläche +r treten die vicinalen Querprismen sehr zurück. Die Zone der b-Axe gehört also zumeist dem negativen Ende an und verkümmert nach dem positiven hin, gerade umgekehrt wie die Zone der a-Axe, die obere Basis fällt somit in die Zone der a-Axe, die untere in die der b-Axe. Damit stimmt auch das Verhalten der Krystalle mit angeschliffener positiver Basis bei Aetzung überein. Da diese Fläche der Zone der b-Axe fremd ist, so treten an ihrer Stelle vieinale Querprismen auf, welche sich aus dem Bestreben, die [13] Ueber die Krystallisation des Struvits. 125 Fläche verschwinden zu lassen, erklären; vieinale Längsprismen dagegen kommen nicht oder mehr untergeordnet zur Erscheinung, weil die obere Endfläche in ihre Zone gehört. 8. Bau der Krystalle. Nimmt man an, dass durch Einigung der Subindividuen niederer Stufe sich zunächst die Flächen m und s am +FEnnde bildeten, so wird eine Fortbildung in der Zone der b-Axe sich hauptsächlich auf das negative Ende erstrecken, eine in der Zone der a-Axe dagegen auf das positive. Bei den sehr vollkommen ausgebildeten Krystallen des II. Typus, welche nach Ulex ihre Entstehung einer ruhigen Bildung verdanken, war die tektonische Hauptaxe die b-Axe und die Zone dieser Axe gelangte am negativen Ende durch —r, als tektonische r-Fläche, zum Abschluss, wobei sich zugleich Flächen aus vicinalen Zonen bildeten. Die «-Axe ist hier als tektonische Nebenaxe zu betrachten, die Flächen ihrer Zone sind durch die der Zone der b-Axe getrennt, die Längsfläche ist die herrschende und macht sich als tektonische Fläche geltend. Auch bei den reinsten Krystallen, denen des IV. Typus, ist die Längs- fläche tektonische Fläche und zwar tektonische Hauptfläche, die Zone der a-Axe herrscht, dann folgt die der c-Axe und die der b-Axe tritt zurück. In letzterer Hinsicht stimmt die Tektonik mit den Krystallen des II. Typus, welche sich aus sehr unreiner Mutterlauge gebildet haben und zwar rasch, da sie reichlich Theile derselben einschliessen. Das Zurückbleiben der Bildung in der Zone der b-Axe thut sich schon dadurch kund, dass die Flächen s häufig Vertiefungen zeigen, und ein- gefallen erscheinen (Fig. 4), diese Vertiefungen setzen sich auch auf « fort, welche Flächen am —Ende keine scharfen Kanten bilden, sondern gewissermassen ausgehöhlt erscheinen, wobei im Innern der Höhlung —r zur Erscheinung kommt. Am meisten macht sich die a-Axe als tektonische Hauptaxe und die Längsfläche als tektonische Hauptfläche bei den dreiseitigen Krystallen des II. Typus (Fig. 8) geltend, bei welchen die Flächen aus der Zone der «a-Axe fast ganz verdrängt werden und die Subindividuen in o zu Schalen geeinigt sind, die sich vielfach hypoparallel bedecken. Von diesen Krystallen sagt Ulex, dass sie, als zu oberst liegend, den meisten Störungen ausgesetzt waren, woraus sich ihr vielfach zerfressenes Aussehen erklärt. Schliesslich bei den Krystallen des I. Typus scheinen beide tek- tonische Zonen ungefähr gleichmässig zur Ausbildung gelangt zu sein, obwohl öfters ein Zurückbleiben der Fortbildung in der Zone der b-Axe wahrnehmbar ist, und zwar an unvollkommener Ausbildung der s-Fläche, welche darin besteht, dass entweder die Mitte der Fläche rauh ist oder an der Kante s/m Vertiefungen vorhanden sind, wie es Fig. 4 zeigt. Mineralogische Mittheilungen. 1877. 2. Heft. (A. Sadebeck.) 17 126 A. Sadebeck. [14] 9. Resultate. Als die wichtigsten Resultate sind folgende hervorzuheben: 1. Die Hauptspaltbarkeit geht parallel der Basis, eine zweite Spaltbarkeit parallel der Längsfläche ist unvollkommener. 2. Die Gestalt der direct zur Erscheinung kommenden oder durch Aetzung erhaltenen Subindividuen beweist, dass der Struvit nicht tetra@drisch ist. 3. Die Winkel der Krystalle sind veränderlich und zwar am meisten in der Zone der a-Axe, weniger in der der b-Axe. 4. Durch Aetzung entstehen nicht nur Eindrücke auf den Flächen und Abstumpfungsflächen der Kanten, sondern die Flächen selbst ändern ihre Lage. 5. Der Struvit hat dreierlei tektonische Zonen, welche durch die drei Grundaxen bestimmt sind. Von diesen sind in zweien, denen der a- und b-Axe die Flächen hemimorphisch entwickelt, in der Art, dass die Flächen der a-Axe vorwiegend dem negativen Ende angehören, die der b-Axe dagegen dem positiven, die Zone der c-Axe hat ringsum gleiche Beziehungen. | IV. Die Porphyre und Grünsteine des Lennegebietes in Westphalen. Von Hermann Bruno Mehner. I. Allgemeines, Historisches und Geologisches. Das in vorliegender Arbeit einer Untersuchung unterworfene Mate- rial gehört einer Gegend an, deren geologische Verhältnisse und deren Gesteine seit der ausgezeichneten Abhandlung des Herrn Oberberg- hauptmanns v. Dechen über jenes Gebiet das höchste Interesse der Geognosie in Anspruch nehmen. Letzteres wird besonders hervorgerufen durch gewisse Gesteine, welche ihrer Zusammensetzung und ihrem ganzen Habitus nach entschieden zu den Eruptivgesteinen zu gehören scheinen, dieser Annahme aber durch die zu beobachtenden geologischen Verhältnisse und Beziehungen, theils durch das ausgezeichnet lagerhafte Auftreten zwischen den entschieden sedimentären Schichten des Neben- gesteins, theils durch einen allmähligen Uebergang in die Schichten des devonischen Schiefergebirges vollständig zu widersprechen scheinen. Diese Verhältnisse sind zum Angelpunkt einzelner für die Geognosie sehr wichtiger Theorien geworden. Namentlich die Gegner des Pluto- nismus haben jene Vorkommnisse mit mehr oder weniger Erfolg sich zu nutze und zum Stützpunkt ihrer Hypothesen zu machen versucht. Begegnen wir daher in fast allen geognostischen Werken einer mehr oder weniger ausführlichen Besprechung dieser Verhältnisse, so ist doch trotzdem in den letzten Jahrzehnten seit den ersten, sehr speciellen Forschungen seitens des Herrn Oberberghauptmannes v. Dechen in jener Gegend wenig oder eigentlich gar nichts weiter in der Unter- suchung jener Gesteine und ihrer Beziehungen zu den Nachbargesteinen geschehen, was in erster Linie seinen Grund in der grossen Unzugäng- lichkeit jener Gegend Westphalens haben mag, welch’ letztere zugleich eine der unwirthlichsten von ganz Deutschland ist. Es sei gestattet, zur näheren Orientirung eine kurze Schilderung der in Betracht kommenden geologischen Verhältnisse und der Art und Weise des Auftretens der Eruptivgesteine der Lennegegend hier Mineralogische Mittheilungen. 1877. 2. Heft. (Mehner.) 17* 128 H. B. Mehner. [2] folgen zu lassen, wie sie der gründlichste Kenner jener Gegend, Herr Oberberghauptmann v. Dechen geboten hat.!) Derselbe sagt darüber: „In dem Bereiche der Grauwackengruppe (Devonformation) treten in gewissen Zügen plutonische Gebirgsarten auf, die in einer näheren Beziehung zu den sie umgebenden Schichten stehen. Grosse Theile dieses Gebirges sind ganz frei davon, während andere damit erfüllt sind. So treten diese plutonischen Gebirgsarten in dem Umfange der unteren Grauwacke (Unterdevon) nur allein in der nordöstlichen Spitze bei Birkelbach und Schameder an drei Punkten auf; in dem ganzen übrigen Raume ist aber nichts davon bekannt. Dagegen finden sie sich in dem der mittleren Abtheilung der Grauwackengruppe (Mitteldevon) angehörenden Lenneschiefer sehr zusammengedrängt, auf der Nordseite der unteren Abtheilung und südlich von dem mit der oberen Abthei- lung erfüllten Becken zwischen Schönhalthausen und Meggen, welcher Raum durch die Endpunkte Iseringhausen, südwestlich von Ölpe, Schmallenberg und Rospe bezeichnet wird.?) Sehr zerstreut kommen dieselben plutonischen Gebirgsarten auf der Nordseite desselben Beckens zwischen Niedergenkel und Hagen, südlich von Allendorf vor. So wird das Becken von Schönholthausen und Meggen auf beiden Seiten von Zügen dieser plutonischen Gebirgsarten begleitet. Am wichtigsten ist der Zug, den sie auf der Grenze der mittleren und oberen Abtheilung der Grauwackengruppe und innerhalb dieser letzteren von Oberberge bis Giershagen bilden. Diese Gesteine folgen hier vielfach dem Streichen der Gebirgsschichten. Das Vorkommen derselben im Allgemeinen ist ein sehr verschiedenes; sie bilden (doch selten) Gänge, indem sie bei geringer Mächtigkeit die Gebirgsschichten durchschneiden ; oder Durch- brüche, wo sie in kleineren Partien und in grösseren Massen unabhän- gig von den Schichten auftreten; oder endlich Lager, die, soweit die Beobachtung zu urtheilen verstattet, sich dem Verbande der Schichten einfügen. Die Längenerstreckung beinahe aller dieser Partien stimmt wesentlich mit dem Streichen der Gebirgsschichten überein.“ Auch der Porphyr der Bruchhausener Steine am Isenberge zwi- schen Bruchhausen und Elleringhausen gehört hierher.°) Dieses Vor- kommen ist am weitesten gegen NO. vorgeschoben und ziemlich ent- fernt von allen übrigen. Der Porphyr ragt an dieser Stelle in fünf grossen Felsmassen bis zu 500 Fuss Höhe aus dem umgebenden Thon- schiefer hervor. Die Schichten des letzteren schneiden an dem Porphyr ab, welcher sich gangförmig oder wie ein Durchbruch verhält. Sehr merkwürdig sind aber grosse Keile von Thonschiefer, welche in diesem Porphyr so eingeschlossen sind, dass sie eine mit der umgebenden ‘) Verhandlungen des naturhistorischen Vereines d. pr. Rheinlande und West- phalens. 2. Heft. 1855. pag. 190. — Karsten’s und v. Dechen’s Archiv f. Min, u. Geognosie. Bd. XIX. pag. 367 ff. ’) Zur Orientirung diene die dem XIX. Bd. des Archivs beigegebene Karte. Ferner: „Geologische Uebersichtskarte des Rheinlandes und Westphalens“, von Dr. v. Dechen. °) Noeggerath, Die Bruchhauser Steine am Isenberge, im Regierungsbezirk Arnsberg. Karsten’s Archiv. II. Bd. pag. 95 fl. — Noeggerath, Das Gebirge von Rheinland und Westphalen. II. Bd. 1824. [3] Die Porphyre und Grünsteine des Lennegebietes in Westphalen. 129 Masse übereinstimmende Schieferung zeigen. In diesem Thonschiefer stellen sich viele kleine Punkte und Flecke, sowie grössere Partieen von Feldspathsubstanz, beziehentlich Porphyrmasse ein, die nach und nach überwiegend werden. Je mehr sie überhand nehmen, um so höckeriger und unebener werden die Schieferungsflächen des Thon- schiefers. „Indem sie näher nach dem Porphyr zu an Menge und Grösse zunehmen, gewahrt man deutlich an dem Querbruch, dass der Thon- schiefer gar nicht mehr der vorwaltende Theil des Gesteins ist: weisse, eckige, scharfkantige und fragmentähnliche, sowie rundliche, längliche Massen von der Grösse mehrerer Linien nehmen bis zu drei Viertel der ganzen Bruchfläche ein. Das Gestein ist noch schiefrig und sieht auf den Schieferungsflächen ganz thonschieferartig aus. Diese Einschluss- massen werden allmählig zu zoll- bis fussgrossen Brocken von solcher Häufigkeit, dass die schwarze Masse des Schiefers nur noch als schwache Streifen, als Adern und Trümmer darin erscheint, bis sich zuletzt auch diese verlieren und damit der Uebergang in Felsitporphyre voll- endet ist.“ Mit Recht hebt v. Dechen das hohe Interesse hervor, welches ein derartiger Uebergang eines allem Anschein nach eruptiven Gesteins in die geschichteten Ablagerungen eines zweifellos sedimentären Gesteins mit Bezug auf die Bildungsverhältnisse des ersteren haben muss. Der- artige Uebergänge in Sedimentärgesteine wurden vor Allem für die schiefrigen Feldspathporphyre und für die als Schalsteine bezeichneten Gesteine festgestellt. Es soll nun zunächst auf die Untersuchung der Porphyre einge- gangen werden, auf welche sodann die Beschreibung der Schalsteine und Grünsteine folgen wird. v. Dechen scheidet sämmtliche Porphyre der Lennegegend hin- sichtlich ihrer Structur in drei Abtheilungen: Ein Theil derselben zeigt „im Kleinen und Grossen ein massiges nach allen Richtungen gleiches Gefüge; ein Theil dagegen ein deutlich schiefrigflasriges Gefüge und die Hauptmassen zwischen Brachthausen und Oberhundem vorzugsweise ein versteckt schiefriges Gefüge, welches bisweilen nicht bemerkt werden würde, wenn die deutlichen Abänderungen nicht vorlägen, und welches sich durch ein verschiedenes Ansehen des Querbruchs zu erkennen gibt.“ Während in denjenigen Gesteinen, welche nur Feldspathaus- scheidungen, aber keine solche von Quarz enthalten, das schiefrige Gefüge sehr ausgeprägt ist, tritt es in denjenigen, welche ausser Feld- spath auch Quarz porphyrisch ausgeschieden zeigen, sehr zurück. Ein grosser Theil der Porphyre, vor Allem der schiefrigflaserig ausgebilde- ten, enthält zahlreiche Fetzen und Bruchstücke von Schiefer einge- schlossen. Dieselben nehmen hin und wieder so überhand, dass der - Porphyrhabitus des Gesteins nahezu verwischt wird und man es mit einer Arkose zu thun zu haben glaubt. v. Dechen sagt darüber: „Bei weitem die wichtigste Erscheinung unter den hier betrachteten Gebirgs- arten sind die schiefrigen Abänderungen einer dichten Feldspathgrund- masse, theils mit krystallinischen Ausscheidungen von Quarz und Feld- spath, theils nur von Quarz, theils nur von Feldspath, mit Partien von 130 H. B, Mehner. [4] gewöhnlichem Schiefer, wie er in der Nähe das Grauwackengebirge vor- zugsweise zusammensetzt; glänzende Ueberzüge auf der Schieferungs- fläche, welche aus Thonschiefermasse zu bestehen scheinen, finden sich ganz besonders und beinahe immer in derjenigen Abänderung, welche nur krystallinische Ausscheidungen von Feldspath, mit Ausschluss von Quarz, enthält. In den Abänderungen dagegen, worin Feldspath und Quarz ausgeschieden sind, fehlen gewöhnlich diese Schieferpartieen und Flasern, sie kommen nur an einigen Punkten darin vor.“ Häufig tragen die Partien und Flasern von Schiefer ein derartiges Gepräge, dass sie durchaus nicht ohne Weiteres als Bruchstücke eines Schiefers bezeichnet werden können; es sind oft „dünne Flasern mit gezahnten und sich verlaufenden Rändern, keineswegs in Formen, wie sie der Schiefer bildet, der so häufig als Bruchstück an dem Quarz oder Spatheisenstein der Gänge dieses Gebirges vorkommt. Wenn die Form dieser Partien irgend mit einer Entstehungsart derselben in Ver- gleich gestellt werden sollte, so würde nur etwa anzuführen sein, dass die Reste des Schiefers so aussehen dürften, welche in irgend ein Auf- lösungsmittel getaucht worden wären.“ Bezüglich der Bildungsweise dieser Porphyre spricht sich v. Dechen dahin aus, dass bei den massigen Porphyren, wie z. B. bei denen von Olpe, Pasel, Wipperfurt, Ahlbaumer Ley etc., keine einzige Beobach- tung vorzuliegen scheine, welche der Ansicht widerspräche, dass die- selben aus grösseren Erdtiefen lange nach der Bildung der Schichten der Devonformation in diese eingedrungen wären, wenn sie auch nicht gerade deutliche Beweise dieses späteren Eindringens in die umgebenden Gebirgsschichten zur Schau tragen. Wenn sich nun aus diesen massigen Porphyren schiefrige Gesteine durch allmählige Uebergänge entwickeln, welche Quarz- und Feldspath-Ausscheidungen enthalten, so bleibt hier die grosse Schwierigkeit vorhanden, zu entscheiden, wie weit für diese gelten soll, was für die massigen Porphyre nach guten und sicheren Gründen angenommen werden kann. Dagegen sind nach v. Dechen’s Ueberzeugung die schieferigen Porphyre nur mit Feldspath-Ausschei- dungen oder nur mit Quarz-Ausscheidungen, welche bestimmt von den massigen getrennt erscheinen und bei denen kein Uebergang in diese erkannt werden konnte, andere Bildungen und ist nach ihm eine Aus- dehnung der Ansicht über die Entstehung der massigen auf diese nicht gerechtfertigt. Bezüglich des höchst interessanten Vorkommens bei Schameder, wo bekanntlich in solch’ einem schieferigen Feldspath- porphyr das Schwanzschild eines Homalonotus gefunden wurde, von welchem ausdrücklich betont wird, dass es keineswegs in einem im Por- phyr eingeschlossenen Schieferfragment enthalten sei, urtheilt v. Dechen, dass es ausser allem Zweifel stehe, dass dieses Gestein „nicht in einer hohen Temperatur aus der Erdtiefe gekommen und hier erstarrt‘‘ sein könne, da dann das Auftreten des organischen Restes in demselben keine Erklärung finde. Genannter Forscher ist nun der Meinung, dass nur folgende zwei Ansichten möglich seien, diese beobachteten eigenthümlichen Erschei- Be Er, [5] Die Porphyre und Grünsteine des Lennegebietes in Westphalen. 131 nungen an den geschichteten, nur Feldspath oder nur Quarz führenden Porphyren zu erklären: ') 1. Der schieferige Porphyr ist durch Umwandlung aus gewöhn- lichen Schichten der Devonformation lange nach der Ablagerung dieser Gebirgsschichten und wohl gleichzeitig mit dem Eindringen der massi- gen Porphyre in die devonischen Schichten enstanden. 2. Der schieferige Porphyr ist gleichzeitig mit den darunter und darauf liegenden Schichten des Devon unter solchen Verhältnissen ent- standen, dass Meeresorganismen darin eingeschlossen und ihre Reste darin enthalten bleiben konnten. Die Ansicht eines späteren massenhaften Eindringens des schiefe- rigen Porphyrs ist seiner Meinung nach vollständig zu verwerfen. Die obige zweite Auffassung, von der gleichzeitigen Entstehung der schiefe- rigen Porphyre mit den Schichten des Devon, nach welcher die ersteren (da er von einer submarinen, plutonischen Bildung dieser Gesteine ebenfalls absehen zu. müssen glaubt) wohl nur als eine Conglomerat- bildung aufzufassen seien, erklärt v. Dechen dadurch wieder für ent- kräftet, dass die porphyrischen Gemengtheile dieser Gesteine weder Bruchflächen, noch an ihrer Oberfläche die Wirkung einer Reibung zeigen, also weder den Charakter von Bruchstücken, noch von Geschieben zeigen. Gegen die erstere Ansicht (Entstehung der schieferigen Por- phyre aus Thonschiefern durch Umwandlung) werden von ihm zwar ebenfalls sehr gewichtige und gerechtfertigte Einwendungen, vor Allem solche localen Charakters ?) gemacht, doch scheint ihm diese doch noch die grösste Wahrscheinlichkeit für sich zu haben. Lossen theilte nicht nur diese letztere Ansicht hinsichtlich der schieferigflaserigen Porphyre, sondern er ging noch weiter, er setzte auch Zweifel in die eruptive Natur der massig ausgebildeten, mit keiner deutlichen oder mit. versteckter flaseriger Structur und ohne Schiefer- flasern. Auf die Bemerkung v. Dechens, dass diese letzteren Gesteine genau. dieselben Massen wie die Elvangänge im Killas von Cornwall, wie die Porphyrgänge im Gneisse von Freiberg seien, und wenn sie auch nicht die deutlichen Beweise ihres späteren Eindringens in die umgebenden Gebirgsschichten wie diese an sich trügen, sich doch aus der Analogie dasselbe schliessen lasse, da das Gegentheil durch nichts begründet sei, entgegnet Lossen°), dass er sich dieser Ansicht nicht anschliessen könne, ‚da der durch v. Dechen selbst hervorgehobene, allerwärts zu beobachtende innige petrographische Zusammenhang zwi- schen den massigen und den versteckt, d. h. nur der Structur nach oder den durch eingemengte Thonschieferflasern schieferigen Porphyr- 1) Bergmeister Schmidt bezeichnete diese Gesteine als „einen, dem Schal- stein sehr nahe stehenden Thonschiefer, vollständig in Feldspathporphyr übergehend.“ Der Oberbergrath Erbreich spricht von Thonschiefer innig mit Feldspath durch- zogen und ‚von einer Durchdringung des Schiefers mit der Grundmasse des Por- phyrs.‘“‘ Archiv Bd. XIX. 2) Zu deren speciellerer Kenntniss muss hier auf das Werk selbst verwiesen werden. Archiv Bd. XIX. 3) Zeitschr. d. D. geolog. Gesellsch. 1867. XIX, pag. 671 f. 132 H. B. Mehner. [6] lagern doch ein so schweres Gewicht in die Waagschale des Gegen- theils werfe.‘‘ Er stellt die Frage auf, ‚ob diese Gesteine nicht vielmehr por- phyrartig entwickelte Gneissgesteine, aus der Verwandtschaft der Hälle- flinte‘‘ seien. Um an die Eruptivität dieser Gesteine glauben zu kön- nen, fordert Lossen den Nachweis eines deutlichen Porphyrganges für dieselben. | Da die schieferigflaserigen Porphyre der Lennegegend sowohl in ihrem äusseren Habitus, als auch hinsichtlich ihrer Lagerungsverhält- nisse grosse Aehnlichkeit mit den in anderen Gegenden ebenfalls zwi- schen devonischen Schichten auftretenden Gesteinen von gleichfalls porphyrartigem Aussehen haben, für welche Lossen bekanntlich den Namen „Porphyroid‘‘ vorschlug, so haben sie in neuerer Zeit wohl auch selbst diese Bezeichnung erfahren. Auf Grund der mikroskopischen Untersuchung dieser Flaserporphyre der Lennegegend soll später nach- zuweisen versucht werden, ob eine solche Identificirung derselben mit den sogenannten Porphyroiden anderer Gegenden, die übrigens Cred- ner als ‚feldspathführende Phyllite‘‘ bezeichnete'), gerechtfertigt ist. Noch sei hier hinzugefügt, dass kurz vor der Vollendung dieser Abhandlung durch den Sectionsgeologen Herrn Rothpletz auch in Sachsen Gesteine nachgewiesen worden sind, die in Folge ihrer Lage- rungsverhältnisse, ihrer Struetur und ihres makroskopischen Aussehens wesentlich mit den Porphyroiden anderer Gegenden übereinstimmen sollen, und darum auch von ihm mit demselben Namen belegt wurden.) Diese Gesteine treten zwischen Colditz und Altenburg am nordwest- lichen Abhange des sächsischen Mittelgebirges auf, regelmässig den Schichten des Devon eingelagert. Als Ergebniss makroskopischer und mikroskopischer Untersuchungen erklärt Herr Rothpletz dieselben als Diabastuffe und knüpft daran die Vermuthung, dass sich vielleicht auch noch andere, als Porphyroide bezeichnete Gesteine als Grünstein- tuffe ergeben dürften. Für die hier untersuchten „Porphyroide“ muss diess, wie hier vorgreifend erwähnt sein mag, in Abrede gestellt werden, damit jedoch nicht, dass dieselben zum Theil Tuffbildungen überhaupt seien. Da nun seit langer Zeit, vor Allem seit Verwerthung des Mikro- skops in der Petrographie nie wieder an der Untersuchung dieser höchst interessanten Gesteine der Lennegegend gearbeitet worden ist, und die mikroskopische Untersuchung eines Gesteines im Stande ist, nicht nur über die Zusammensetzung, sondern in vielen Fällen auch über die Bildungsverhältnisse einen Aufschluss zu geben oder wenigstens einigen Anhalt zu bieten, so schien eine Untersuchung dieser Gesteine mit Hilfe des Mikroskopes eine lohnende Arbeit zu sein. Diese Unter- suchung ist in Folgendem versucht worden. Das Material dazu erhielt Verfasser zum grossen Theil durch gütige Vermittlung seines verehrten Lehrers, des Herrn Prof. Zirkel, vom Herrn Oberberghauptmann v. Dechen in liebenswürdigster Weise zugestellt, theils wurde es dem ') Sitzungsberichte d. d. geolog. Gesellsch. 1875. ?) Sitzungsberichte d. Naturf.-Gesellsch. zu Leipzig. Sitz. v. 12. Dec. 1876. [7] Die Porphyre und Grünsteine des Lennegebietes in Westphalen. 133 hiesigen mineralogischen Museum entnommen, wohin dasselbe in früheren Zeiten ebenfalls durch Güte des Herrn v. Dechen gelangt ist. Die Aufgabe dieser Zeilen wird sein, darzulegen, ob wir es in diesen Por- phyren der Lennegegend, auch in dem schieferigen Varietäten mit wirklichen Porphyren zu thun haben, oder ob sich die letzteren Ab- arten nur als Tuffe oder gar nur als metamorphosirte Schiefer erweisen, und zugleich, aus welchen Gemengtheilen sich diese Gesteine zusam- mensetzen. Daran soll sich die Untersuchung der als Schalsteine, Hyperite und Grünsteine bezeichneten Gesteine schliessen. Untersucht wurden folgende Gesteine: Rother Porphyr vom Berg Löh bei Brachthausen. In der röthlichgrauen bis violetten Grundmasse liegen zahlreiche röthliche, zum Theil scharfkantige Feldspathkrystalle, mit glänzenden Spaltungsflächen; in noch bedeutenderer Anzahl durchsichtige, wasser- helle Quarzkörner, welche theilweise die Pyramidenform erkennen lassen. Gefüge ist vollkommen massig; echte Porphyrstructur. Grössere Schiefer- einschlüsse fehlen. Kleine dunkle Schüppchen und Blättchen scheinen fremde Einschlüsse zu sein. Porphyr vom Stückenbruch zwischen Brachthausen und Ahlbaum. Grundmasse lichtgrau bis gelblich, in derselben porphyrisch aus- geschieden zahlreiche röthlichgelbe bis erbsengelbe Feldspathkrystalle, zum Theil bereits stark zersetzt; ferner Quarz in hirsekorn- bis erbsen- grossen Körnern in bedeutender Menge. Ausgezeichnet massiges Gefüge. Nach v. Dechen kommen mit der Grundmasse fest verwach- sen kleinere und grössere Punkte und stumpfeckige Partien vor, die einer feinkörnigen Grauwacke ähnlich sehen. Rother Porphyr von Altenhundem (aus dem Mitteldevon). Grauviolette Grundmasse, mit porphyrischen, weisslichen und gelb- lichen, dem Anscheine nach bereits kaolinisirten Feldspathen und un- regelmässig begrenzten Feldspathpartien, und zahlreichen zierlichen Hornblende-Individuen, meist langsäulenförmig ausgebildet und stark umgewandelt. Quarz nur in sehr feiner Vertheilung vorhanden, makro- skopisch schwer zu erkennen. Selten schwarzer Magnesiaglimmer. Gefüge massig; von Schieferung keine Spur. Bei Betupfen mit Chlorwasser- stoffsäure braust das Gestein an den meisten Stellen in geringem Maasse. Porphyr von Eichert bei Eichhagen und Porphyr vom Hohenstein (linkes Ufer der Günze, Mitteldevon). Grundmasse in beiden hellgrau, dunkelgrau gefleckt und geadert, in derselben porphyrisch ausgeschieden kleine Individuen von Feld- spath und Quarz, beide in nur sehr geringer Anzahl. Von Schieferung ist nichts zu bemerken, vielmehr ist die Structur in beiden Gesteinen vollkommen massig, richtungslos. Mineralogische Mittheilungen. 1877. 2. Heft. (Mehner.) 18 134 H. B. Mehner. [8] Porphyr von Ruenhardt (Gemeinde Ebbelinghagen, Ebbegebirge). Graulichweisse, sehr harte Grundmasse, von feinsplittrigem Bruch, rauh anzufühlen. Porphyrisch ausgeschiedene Individuen selten und sehr klein (Feldspath und Quarz). Structur im Handstück durchaus massig, doch soll das Gestein im Grossen nach v. Dechen platten- artige Absonderung zeigen. Schieferiger Porphyr vom Langeneier Kopf, unweit Altenhundem. Sehr feste lichtgraue Grundmasse, in derselben zahlreiche kleine, röthliche bis gelbe Feldspathkrystalle mit glänzenden Spaltungsflächen. Ausserdem röthlichgelbe Feldspathflecken. Quarz ist makroskopisch nicht erkennbar. Durch die ganze Grundmasse zerstreut liegen zahl- reiche, schwarzgefärbte Schieferfragmente, von kleinen Pünktchen an bis zu 2 Centimeter grossen, starkglänzenden Schieferblättchen. Diese scheinen zum grossen Theil parallel gelagert zu sein und zeigen häufig die früher erwähnte eigenthümliche Ausfransung der Ränder. Die Schie- ferung des Gesteins ist, eine versteckte und ähnelt dasselbe in seiner Structur mehr den massigen Porphyren. Schieferiger Porphyr von Altenhundenm. Grundmasse grau bis grünlichgrau. Porphyrisch ausgeschiedene fleischrothe bis gelbe Feldspathe, bis zu 5 Centimeter Grösse, zahl- reich. Quarz makroskopisch nicht erkennbar. Beschaffenheit der sehr zahlreich eingelagerten Schieferfragmente wie vorher. Structur eben- falls noch ziemlich massig, nur versteckt flaseriges Gefüge. Schieferiger Porphyr von der Bigge, zwischen Olpe und Rüblinghausen. Grundmasse dunkelgrau bis grünlichgrau, bereits ziemlich stark zersetzt. Durch eine reichlich abgeschiedene, wesentlich wohl aus Eisen- oxydhydrat bestehende Substanz ist das ganze Gestein gelblichbraun gefärbt; ausserdem noch weissliches, kaolinartiges Zersetzungsproduct. Die kleinen porphyrisch ausgeschiedenen Feldspathe zeigen nur selten regelmässige Begrenzung. Eingelagerte Schieferfragmente klein, aber sehr häufig. Die Structur ohne deutliche Schieferung, mehr massig-körnig. Schieferiger Porphyr vom Bratschkopf bei Olpe. Gestein mit dunkelgrauer Grundmasse; die porphyrisch ausge- schiedenen Gemengtheile sind von sehr geringer Grösse, treten nur undeutlich als gelblichweisse bis weisse kleine Flecken aus der dunklen Grundmasse hervor, und scheinen wesentlich kaolinisirte Feldspäthchen zu sein. Quarz ist makroskopisch als Gemengtheil nicht zu beobachten. Im Handstück zeigt das Gestein nicht gerade sehr deutliche Schiefe- rung. Nach v. Dechen ist das Auftreten desselben ein ausgezeichnet lagerhaftes; es fällt 60° gegen Nord ein, das Liegende desselben ist ein kalkhaltiger Schiefer, welcher Versteinerungen führt, das Hangende wird von einem dünnblättrigen Schiefer gebildet. Bee. [9] Die Porphyre und Grünsteine des Lennegebietes in Westphalen. 135 Porphyr von Nöckel bei Iseringhausen. Gestein von lichtgrauer Grundmasse; in nicht bedeutender Anzahl erbsengelbe Feldspathe, ausserdem unregelmässig begrenzte Feldspath- partien. Quarz ist makroskopisch nicht wahrzunehmen. Structur aus- gezeichnet schieferig, auf dem Querbruch des Gesteines ausserdem zumeist eine abwechselnde Färbung einzelner Lagen beobachtbar. Ein- geschlossene Schieferfragmente nur wenig und diese von nur geringer Grösse. Beim Betupfen mit Chlorwasserstoffsäure brausen zahlreiche Partien des Gesteins. Schieferiger Porphyr von Steimel bei Schameder. In diesem Gestein wurde das Schwanzschild des Homalonotus gefunden, ohne dass es indess, trotz vielfachen Suchens gelungen wäre, irgend einen andern organischen Ueberrest darin zu entdecken. Das Gestein ist ausgezeichnet schiefrig; in der dichten, grünlichen, bis grünlichgrauen Grundmasse, welche auf den Spaltungsflächen einen matten Fettglanz zeigt, liegen zahlreiche fleischrothe Feldspathkrystalle (bis zu 0°5 Centimeter Grösse). Die eingeschlossenen Schieferfragmente sind theils nur hauchdünne Häutchen und Blättchen, welche eigentlich den Namen Fragment kaum verdienen, theils sind sie wirklich eckige Bruchstücke oder auch Körner von schwarzer Farbe. v. Dechen sagt, dass er an jener Localität auch Schieferplatten von bedeutender Grösse (von mehreren Zoll Durchmesser) im Gestein eingeschlossen gefunden habe. Quarz ist als porphyrischer Gemengtheil nicht vorhanden. Schieferiger Porphyr von Niederdresselndorf bei Haiger in Nassau. Dieses Gestein stammt aus dem südlichst streichenden Zuge der schieferigflaserigen Porphyre, welcher weder dem Flussgebiet der Lenne, noch dem unteren Mitteldevon, wie die Lenneschiefer, angehört, son- dern in den Coblenzschichten an der preussisch-nassauischen Grenze vom Burbacher Grunde über Haiger bis gen Simmersbach aufsetzt. !) Die Art und Weise des Auftretens, wie auch der petrographische Habitus dieses Gesteins bringen es in die nächste Beziehung zu den Lenneporphyren, was auch v. Dechen (Archiv Bd. XIX, pag. 440) constatirte, und soll es daher auch hier im unmittelbaren Anschluss an dieselben beschrieben werden. Von einigen Forschern (Stifft, Sandberger) als Grauwacke mit scharf ausgebildeten Feldspathzwillingen charakterisirt, muss erklärt werden, dass im Handstück das hier untersuchte Gestein von Nieder- dresselndorf nichts weniger als einer Grauwacke gleicht, vielmehr einen durchaus porphyrartigen Habitus an sich trägt. In der grauen bis grünlichgrauen Grundmasse, welche wiederholt durch eisenoxydhaltige Substanzen in Streifen rothbraun gefärbt ist, liegen röthliche Feldspathe, oder, wie es mehr scheint, Feldspathfrag- mente, sodann unregelmässige, glasglänzende Körnchen von Quarz und 1) 2. d. D. g. G. Bd. XIX, pag. 672. 18* 136 H. B. Mehner. [10] sehr vereinzelt kleine, silberglänzende Glimmerblättchen. Die Structur ist ausgezeichnet schieferig, so dass sich das Gestein beim Zerschlagen in sehr dünne Blättchen, allerdings meist mit unebenen Spaltungsflächen zerlegen lässt. Die eingeschlossenen Fragmente sind meist nur sehr kleine, dunkelgraue oder grünliche, glänzende oder endlich bräunliche Schüppcehen; nur ein einziges grösseres Schieferfragment von circa 3 Centimeter Durchmesser war zu beobachten. Porphyr vom Weinberg bei Brachthausen. Nach Angabe v. Dechens führt dieser „Porphyr“ Stielglieder von Enkriniten. Er ist ein feinkörniges Gestein von dunkelrothbrauner Farbe. Die Gemengtheile sind vorherrschend theils dunkle, theils wasser- klare, abgerundete Quarzkörnchen, zwischen denen sich einzelne gelb- liche, grünliche, bräunliche und schwärzliche Schüppchen und Körnchen eingelagert befinden. Von einer zwischen den erkennbaren Gemeng- theilen auftretenden Felsitgrundmasse ist nichts wahrzunehmen. Das Gestein ist ungemein innig mit Eisenoxydhydrat imprägnirt, welches sich auf den Klüften zu gelben, erdigen Massen angehäuft hat. Schon makroskopisch keineswegs einem Porphyr gleichend, ergibt sich das Gestein durch die mikroskopische Untersuchung, wie bereits hier vor- ausgeschickt sein mag, als ein feinkörniger Sandstein. IR Mikroskopische Untersuchung. Der Begriff der felsitischen Grundmasse oder des Felsits, welcher bei der Beschreibung der makroskopischen Beschaffenheit der unter- suchten Gesteine wiederholt Verwendung fand, soll hier ganz in der Weise aufgefasst werden, wie ihn Zirkel in seiner „Mikroskopischen Untersuchung der Mineralien und Gesteine“ darlegt. Es ist darunter die dem blossen Auge homogen erscheinende, dichte Masse zu ver- stehen, welche in diesen Porphyren die makroskopische Grundmasse für die ausgeschiedenen Krystalle bildet. Um Verwechslungen und Miss- verständnissen vorzubeugen, sei hier noch einmal auf den Unterschied zwischen Felsit und Mikrofelsit aufmerksam gemacht. Letzterer ist die Bezeichnung für eine mikroskopische Structurausbildungsweise, und ist darunter eine, als solche nur unter dem Mikroskop erkennbare, amorphe, das Licht einfachbrechende Entglasungsmasse, aus nicht wirklich indi- vidualisirten Theilchen zusammengesetzt, zu verstehen. Beide Begriffe können also unter Umständen zusammenfallen, wenn nämlich die Grund- masse unter dem Mikroskop sich als mikrofelsitisch erweist, doch tritt dieser Fall bei Porphyren verhältnissmässig selten ein. Auf die verschiedenen Ansichten über die Zusammensetzung und Structur der felsitischen Grundmasse, welche bis in die jüngste Zeit aufgestellt worden sind, näher einzugehen, dürfte hier nicht am Platze sein, dieselben scheinen einen endgiltigen Abschluss durch die mikro- skopischen Untersuchungen von Zirkel und Kalkowsky nach dieser Richtung gefunden zu haben. Nach diesen Forschern zeigt die felsitische Grundmasse der Quarzporphyre u. d. M. theils ein deutlich körniges Kre] Die Porphyre und Grünsteine des Lennegebietes in Westphalen. 137 Gefüge, theils enthält sie eine unauflösliche Basis, welche wieder mikro- felsitisch oder glasig sein kann. Die vom Verfasser an den Porphyren der Lennegegend angestell- ten Untersuchungen ergaben, dass dieselben, soweit sie überhaupt Por- phyre sind, sämmtlich eine in der’ zuerst genannten Weise ausgebildete Felsitgrundmasse besitzen: alle zeigen ein körnigkrystallinisches Gefüge, welches bei einigen sehr deutlich, bei anderen allerdings weniger deut- lich ausgeprägt ist. Sinken die Körnchen der Grundmasse an einzelnen Stellen der Gesteine auch bis zu sehr geringer Grösse herab, so dass sie alsdann ein so inniges Gewirr bilden, dass die einzelnen Individuen nur noch sehr schwer zu erkennen und zu unterscheiden sind, so kann doch auch für diese Stellen keineswegs die Bezeichnung Mikrofelsit in Anwendung gebracht werden, da eben eine Individualisation auch hier stattgefunden hat, wofür auch das lebhafte Polarisiren dieser Stellen spricht, welches bekanntlich beim Mikrofelsit nicht zu beobachten ist. Mikrofelsitisch ist also die Grundmasse keiner dieser Porphyre aus- gebildet. Ebenso wenig konnte die Anwesenheit einer glasigen Grund- masse oder- eines ersten. Umwandlungsproductes derselben constatirt werden. Eine grüne, schwachdichroitische und schwachdoppelbrechende, feinfaserige Materie, die sich zwischen den Gemengtheilen der felsiti- schen Grundmasse in fast allen geschichteten Porphyren wiederfindet und auch von Kalkowsky in einigen sächsischen Porphyren beob- achtet wurde, ist wohl kaum, wie von diesem für möglich gehalten wird, mit dem Umwandlungsproduct der Glasmasse in Diabasen, Basal- ten etc. zu identificiren; vielmehr sprechen verschiedene Umstände dafür, dass es eine gleichzeitig mit den übrigen Gemengtheilen des Felsites in der vorliegenden Structurweise ausgebildete Substanz ist. Das dunkelrothbraune, an Quarzkörnchen ungemein reiche und ebenfalls als „Porphyr“ aufgeführte Gestein vom Weinberg bei Bracht- hausen, in welchem Enkriniten-Stielglieder gefunden worden sind, und welches schon makroskopisch einen Zweifel an seiner Porphyrnatur gestattet, erweist sich unter dem Mikroskop als ein vollkommen kla- stisches Gestein: es ist ein aus abgerundeten Quarzkörnchen und eben- falls abgeschliffenen Gesteinsfragmenten zusammengesetzter Sandstein. Das Vorkommen organischer Reste in diesem vermeintlichen Porphyr stösst daher auf keine Schwierigkeit mehr. Die mikroskopische Unter- suchung dieses Gesteins wird im Anschluss an die Porphyre noch aus- führlicher dargelegt werden. Nach diesen vorausgeschickten allgemeinen Bemerkungen soll nun auf die Zusammensetzung und Structur der felsitischen Grundmasse spe- cieller eingegangen werden. Während nun in einigen Gesteinen das kry- stallinische Gefüge in ziemlich gleichmässiger, einförmiger Weise durch die ganze Grundmasse zu beobachten ist, zeigt es in anderen sehr auf- fällige, durch abweichende Grösse und Anordnung der die Grundmasse zusammensetzenden Individuen hervorgerufene Abwechslung, die beson- ders bei Anwendung des Polarisations-Apparates in ausgezeichneter Weise hervortritt. Die erstere Ausbildungsweise ist durchgängig denjenigen Porphyren eigen, welche sich schon makroskopisch im Handstück als echte, massige Quarzphorphyre zu erkennen geben, während die letztere 138 H. B. Mehner. [12] stets bei den deutlich schieferigflaserigen Porphyren wiederkehrt. Da diese beiderlei Porphyre auch sonst noch wesentlich von einander ab- weichen, so dürfte es angemessen sein, sie getrennt von einander zu betrachten. 1. Die vollkommen massig ausgebildeten Porphyre. Dazu gehören: Der rothe Porphyr vom Berg Löh bei Brachthausen, der lichte Porphyr vom Stückenbruch, der an Hornblende reiche Porphyr von Altenhundem, die Porphyre vom Hohenstein und vom Eichhagen bei Olpe und von der Ruenhardt bei Ebbelinghagen. A. Felsitische Grundmasse. Die Gemengtheile der krystallinischen Grundmasse sind von sehr abweichender Grösse, theils bilden sie ziemlich grosse Körnchen, so dass von ihnen nahezu ein Uebergang zu den porphyrisch ausgebildeten Individuen stattfindet, theils sinken sie entgegengesetzt zu solcher Winzigkeit herab, dass es oft schwer fällt, bei dem meist verschwom- menen Charakter eines so dichten Gewirrs, die einzelnen Gemengtheile von einander zu trennen und zu unterscheiden. Im gewöhnlichen Lichte erscheint die Grundmasse obengenannter Porphyre zumeist sehr trübe, was zunächst in der reichlichen Einlagerung höchst kleiner dunkler Pünktchen und Körperchen, sowie in der durch vorgeschrittene Um- wandlung verursachten Trübung gewisser zur Grundmasse gehöriger Gemengtheile, und endlich wohl auch in der sehr feinkörnigen Zusam- mensetzung des Felsits begründet liegen mag. Von der krystallinischen Zusammensetzung ist im gewöhnlichen Lichte nichts wahrzunehmen, die ganze Grundmasse erscheint vielmehr als eine graue, homogene Masse, aus welcher nur einzelne wasserhelle Gemengtheile, wie z. B. Quarz, hervortreten. Die Untersuchungen über Zusammensetzung und Structur des Felsits müssen daher immer im polarisirten Lichte vorgenommen werden. Die krystallinische Beschaffenheit der Grundmasse fällt dabei sofort in die Augen. Das Präparat bietet stets ein ausgezeichnetes, lichtmarmorirtes Bild eines innigen Gemenges kleiner Körnchen, Blättchen und Schüpp- chen dar. Diese Gemengtheile sind jedoch nur selten scharf gegen ein- ander abgegrenzt, sondern zeigen meist verschwommene Ränder, dass es häufig fast den Anblick gewährt, als seien dieselben ausgefranst, oder sogar, als gingen sie in einander über. Diese Verschwommenheit hat zum grossen Theil ihren Grund in der Kleinheit der Individuen, welche bedingt, dass man, auch bei grosser Dünne des Schliffes, nie eine einzige, einfache Schicht der Gemengtheile, sondern letztere stets in einer übereinandergreifenden Lagerung erblickt, wodurch dann selbst- redend die Begrenzungslinien der einzelnen Individuen verwischt werden. Die Grundmasse aller dieser Porphyre erlangt dadurch im polarisirten Lichte ein eigenthümlich fleckiges Aussehen; helle und dunkle Stellen wechseln in ihr ab. Bei gleichzeitiger Drehung beider Nicols oder beim Drehen des Präparats zwischen gekreuzten Nicols zeigen die früher [13] Die Porphyre und Grünsteine des Lennegebietes in Westphalen. 139 dunklen Stellen auch Polarisation und erweisen sich gleichfalls als aus einzelnen Individuen zusammengesetzt. Lebhafte, bunte Farben zeigt diese dichte, fleckige Grundmasse niemals, die Gemengtheile wechseln nur zwischen schwach milchigblauer und gelber Farbe. Nur einzelne etwas grösser ausgebildete und alsdann meist scharfbegrenzte Individuen zeigen in polarisirtem Lichte Farben höherer Ordnung. Die den Felsit zusammensetzenden Gemengtheile sind Quarz und Feldspath, in einigen Porphyren betheiligt sich auch noch Glimmer in sehr feiner Vertheilung an der Zusammensetzung desselben. Einige andere Gemengtheile, welche später Erwähnung finden werden, treten hie und da noch hinzu. Auch in den Gesteinen, in welchen Glimmer als wesentlicher Gemengtheil auftritt, ist derselbe an Menge sehr unter- geordnet. Nach oberflächliger Taxirung, welche hier allein nur möglich ist, sind Quarz und Feldspath in den meisten dieser Porphyre ungefähr im Gleichgewicht vorhanden, höchstens könnte für die Porphyre vom Hohenstein und vom Eichhagen, vielleicht auch für diejenigen des Stückenbruchs und von Altenhundem ein Vorwiegen des Quarzes con- statirt werden. Der Feldspath der Grundmasse ist fast nur Orthoklas. Trotzdem, dass unter den porphyrischen Feldspathen der Plagioklas in all’ diesen Porphyren reichlich auftritt und daraus sein Vorhandensein auch in der Grundmasse vermuthet werden sollte, konnten trikline Feldspathe als Gemengtheile derselben nur für die Porphyre vom Stücken- bruch und von der Ruenhardt nachgewiesen werden. Sie sind meist von sehr geringer Grösse und treten im Gegensatz zum Orthoklas stets in Leistenform auf; die trikline Streifung lässt sie leicht und sicher als Plagioklase erkennen. Der Orthoklas zeigt niemals an regelmässige Krystallformen erinnernde Begrenzungsflächen, im Gegentheil ist der unregelmässige, gefranste, verschwommene Rand für den Orthoklas der Grundmasse dieser Porphyre geradezu charakteristisch. Gegenüber dem ebenfalls unregelmässig aber scharflienig begrenzten Quarz zeichnet sich der Feldspath durch seine grössere Trübheit aus. Ursachen dieser Trübung können sein: Flüssigkeitseinschlüsse, sowie Einschlüsse winziger, solider, lamellarer oder punktförmiger Körperchen, die wiederholt be- obachtet wurden, und endlich Umwandlungsvorgänge, theils molekularer, theils chemischer Natur, durch welche der Feldspath eine eigenthüm- liche, die klare Substanz trübende Faserung oder Längsstreifung erfährt, die ihn vom Quarz ziemlich deutlich unterscheidet. Sehr bedeutend ist sämmtlicher Feldspath im rothen Porphyr von Altenhundem umgewan- delt. Wie ein Schluss von den grossen Quarzen auf die kleineren schon vermuthen lässt, führen auch diese, wie jene wiederholt Einschlüsse. Diese sind zumeist Flüssigkeitseinschlüsse; als solche geben sie sich in den etwas grösser ausgebildeten Quarzen der Grundmasse, wo sie nicht schwer aufzufinden sind, deutlich zu erkennen; wiederholt wurden dabei bewegliche Libellen in den Einschlüssen beobachtet. Die Ein- schlüsse zeigen theils kreisrunde, theils ovale, theils vielfach verzweigte Formen. Etwas dunkler gerandete Einschlüsse lassen sich als Dampf- poren erklären, in denen gewissermassen die Libelle den Einschluss vollständig ausfüllt. Im Porphyr von Altenhundem wurden in zwei, einigermassen gross ausgebildeten Quarzen der Grundmasse auch Glas- 140 H. B. Mehner. 1 4] einschlüsse nachgewiesen. Eine auffällige Erscheinung bieten noch zu kleinen, zusammenhängenden Partien vergesellschaftete Quarze in dem mehrfach erwähnten rothen Porphyr von Altenhundem dar. Sie unter- scheiden sich durch ungemein trübe Beschaffenheit, welche durch sehr zahlreiche Flüssigkeitseinschlüsse und durch Einlagerung vieler kleiner, dem Anscheine nach compacter Fäserchen und Körperchen hervor- gerufen wird, ganz wesentlich von den übrigen, isolirt in der Grund- masse liegenden kleinen Quarzen. Dabei ist die Beziehung unverkenn- bar, in welcher diese kleinen, trüben Quarzpartien zu den sehr bedeu- tend zersetzten, porphyrisch ausgeschiedenen Feldspathen stehen; in deren nächster Nähe sie zumeist auftreten. Allem Anschein nach sind besagte Quarze secundärer Entstehung und vermuthlich ein Zersetzungs- product der Feldspathe. Wie schon früher erwähnt, nimmt auch Glimmer in einigen dieser Porphyre hervorragenden Antheil an der Zusammensetzung der Grund- masse. Im Porphyr vom Stückenbruch ist derselbe jedoch nur in geringer Menge zu beobachten und im röthlich-violetten Porphyr vom Berg Löh fehlt er in der Grundmasse vollständig, was hier um so auffälliger ist, als in diesem Gestein Glimmer in grossen Blättchen als makroporphyri- scher Gemengtheil auftritt. Die Beschaffenheit des Glimmers in den übrigen Porphyren ist eine eigenthümliche; er kommt nämlich nur höchst selten in Gestalt kleiner Blättchen und Schüppchen vor, sondern fast immer in feinen Nädelchen, die bei geringer Breite oft eine ansehnliche Länge erreichen, sowie in zugespitzten Fäserchen und Schmitzchen. Diese kleinen Gebilde liegen zumeist richtungslos durch die ganze Grundmasse zerstreut und finden sich sowohl in den feinkörnigen, als auch in den gröberen Partien wieder. Häufig sind diese Nädelehen und Schmitzchen zu zierlichen Büscheln und Haufwerken vereinigt, und treten dann um so deutlicher hervor. Solche Aggregate finden sich besonders in grobkörnigen Partien, wo sie zwischen Quarz- und Feld- spathkörnern auftreten. Im gewöhnlichen Lichte ist dieser Glimmer nur schwer zu erkennen, da er fast farblos, nur ganz schwach licht- srünlich gefärbt ist, und die Nädelchen, wegen ihrer sehr geringen Grösse nur wenig aus der meist trüben Grundmasse hervortreten. Um so mehr fällt er aber im polarisirten Lichte auf, da er darin, vor Allem, wo die Fäserehen kleine Büschel und Haufwerke bilden, in leb- haften, leuchtenden Farben erscheint, die auch dann noch zu beobachten sind, wenn wegen grosser Dünne des Schliffes der Quarz nur noch ganz matte, bläulichweisse Farbe zeigt. Im Porphyr von der Ruenhardt und vom Stückenbruch treten neben den kleinen Nädelchen auch noch kleine Schüppchen und langgezogene Blättchen desselben Minerals, aber nur in geringer Anzahl auf. Alle diese Gebilde sind entschieden als Kaliglimmer oder doch als ein diesem sehr nahe verwandtes Mineral in mikrolithartiger Ausbildung aufzufassen. Kalkowsky beobachtete dieselben ebenfalls in einigen sächsischen Porphyren, in einem Frei- berger Gangporphyr von der Grube Himmelfahrt in besonders grosser Menge. Mehrere Präparate sächsischer Porphyre, die dem Verfasser zum Vergleich freundlichst überlassen wurden, zeigten hinsichtlich des Glimmers vollständige Uebereinstimmung mit den hier untersuchten [15] Die Porphyre und Grünsteine des Lennegebietes in Westphalen. 141 Porphyren. In den Porphyren der Ruenhardt und vom Eichhagen wurden derartige kleine Glimmerfäserchen im Quarz eingeschlossen vorgefunden. Von diesem feinvertheilten Glimmer, der ohne Zweifel gleich bei Festwerdung des Gesteinsmagmas aus diesem ausgeschieden wurde, ist eine in Folge ihrer ebenfalls feinfaserigen und schuppigen Ausbildung und ihrer optischen Eigenschaften ihm ungemein gleichende secundäre Substanz zu unterscheiden, welche später unter den Umwandlungs- und Zersetzungsproducten dieser Porphyre beschrieben werden wird. Dunkler Magnesiaglimmer wurde niemals als Gemengtheil der Felsitgrundmasse beobachtet. Ferrit findet sich in den Porphyren vom Eichhagen, vom Hohenstein und von der Ruenhardt als Gemengtheil der Grundmasse nicht vor, nur auf Klüften des Gesteins ist er wieder- holt reichlich abgesetzt. Im Porphyr vom Stückenbruch liegt er in röthlichbraunen bis gelbbraunen Körnchen von unregelmässiger Form durch die ganze Grundmasse zerstreut, oft zu kleinen Haufwerken zusammengelagert. Am reichsten an Ferrit erweisen sich die Porphyre vom Berg Löh und von Altenhundem, was beide Gesteine auch schon durch die violette, röthliche Farbe im Handstück verrathen. Im Porphyr vom Berg Löh ist derselbe durch die ganze Grundmasse in sehr feiner Ver- theilung in kleinen, unregelmässig begrenzten Schüppchen und Körnchen verbreitet, die bei gehöriger Dünne blutrothe bis rothbraune Farbe zeigen. Nur selten treten dieselben zu grösseren Haufwerken zusammen. Wiederholt sind die Körnchen linienartig aneinander gereiht, und diese Reihen büschelförmig, mit radialer Anordnung der Strahlen, vereinigt; oder die Körnchen sind durch versteckt sphärulitische Structur der Grundmasse zu bogen- und halbkreisförmigen Linien angeordnet. Im Porphyr von Altenhundem tritt Ferrit in ganz ähnlicher Weise auf. Leicht zu unterscheiden von diesem feinvertheilten Ferrit, der als ursprünglicher Gemengtheil der Grundmasse aufzufassen ist, sind Kleine Anhäufungen von rötlılichbraunem Eisenoxydhydrat in diesen Gesteinen, die entschieden theils Zersetzungsproducte, theils Absätze eirculirender Gewässer sind. Ausser den bisher behandelten Gemengtheilen der felsitischen Grundmasse sind nun aber in allen Porphyren in reichlicher Menge noch kleine, oft zu ungeheuerer Winzigkeit herabsinkende, bei geringer Vergrösserung sämmtlich dunkel erscheinende Pünktchen zu beobachten. Ein Theil derselben ist ohne Zweifel für Flüssigkeitseinschlüsse, be- ziehentlich Dampfporen in den die Grundmasse zusammensetzenden pelluciden Gemengtheilen zu erklären, sie bleiben auch bis zur stärksten Vergrösserung vollkommen dunkel. Viele jener Pünktchen erweisen sich anderntheils aber entschieden als solide Körperchen; sie zeigen bei starker Vergrösserung entweder eine farblose, wasserhelle oder auch eine schwach gelblich, bis bräunlich gefärbte Mitte mit äusserem dunk- len Rande. Dieselben sind zum grossen Theile abgerundet, während einige auch vielseitige, unregelmässige Umgrenzung zeigen. Sie finden sich unter den ersterwähnten Flüssigkeitseinschlüssen in reicher Menge durch die ganze Grundmasse wieder und sind am besten da zu unter- Mineralogische Mittheilungen. 1877. 2. Heft. (Mehner). 19 142 H. B. Mehner. [16] suchen, wo die Grundmasse über einen schräg zur Schlifffläche liegenden pelluciden Quarz hinweggreift. Auch in den Einbuchtungen und Ein- schlüssen von Grundmasse in den Quarzen sind sie stets zu beobachten. Eine Erklärung über die Natur dieser kleinen soliden Gebilde abzu- geben ist sehr schwierig. Sie sämmtlich mit den in andern Gesteinen häufig zu beobachtenden Globuliten zu identificiren, dürfte gewagt er- scheinen. Ein grosser Theil scheint mit weit mehr Wahrscheinlichkeit durch Bearbeitung der Thonschiefereinschlüsse, die sich in den meisten dieser Gesteine finden, in die Grundmasse, als sie noch plastisch war, gekommen und durch dieselbe verbreitet worden zu sein, welche An- sicht dadurch unterstützt wird, dass sich in den eingeschlossenen Gesteinsfragmenten derartige winzige Gebilde in ungemein grosser Menge vorfinden, und sodann, dass sich in der nächsten Umgebung derselben die Grundmasse stets als ganz besonders reich an jenen kleinen Körnchen erweist. Die Präparate und Handstücke zweier dieser Porphyre (ob diese überhaupt, muss unentschieden gelassen werden) sind frei von eingeschlossenen Gesteinsfragmenten, trotzdem waren in der Grundmasse derselben ebenfalls die genannten kleinen Körnchen, wenn auch in weit geringerer Menge zu beobachten. Was nun die Structurverhältnisse dieser Porphyre betrifft, so ist schon vorgreifend angedeutet worden, dass die Grundmasse bei einigen eine vollkommen gleichartige, einförmige, körnige Structur zeigt, so vor Allem in den Porphyren vom Stückenbruch, vom Berg Löh und von Altenhundem. In dem ersten der angeführten drei Gesteine finden sich ausserdem noch an zwei Stellen die Gemengstheile der Grundmasse derartig gruppirt, dass eine Fluctuationsstructur deutlich hervortritt.! Wiederholt geht die körnige Structur durch das gegenseitige Uebereinandergreifen und das dadurch bedingte verschwommene Aus- sehen der Körnchen in die weiter oben bereits beschriebene flecken- artige Ausbildung über, welche besonders in den Porphyren vom Hohen- stein, von der Ruenhardt und vom Eichhagen zu beobachten ist. End- lich zeigen zwei der untersuchten massigen Porphyre eine ausgezeich- nete sphärulitische Structur, indem inmitten der fleckig-körnig ausgebildeten Grundmasse kleine concentrische und radiale Kugelbil- dungen auftreten, durch welche diesen Gesteinen sofort beim ersten Blick in’s Mikroskop der Stempel eines echten Porphyrs aufgedrückt ist. Am ausgezeichnetsten zeigt die Sphärulite der Porphyr vom Eich- hagen, in geringerer Anzahl derjenige vom Hohenstein. In den Sphäruliten erfährt die Grundmasse eine derartige Anordnung, dass ganz dichte und trübe Masse den Kern des Kugelschnittes bildet, der in der Regel von einem Quarzring allseitig umgeben ist, welcher sich durch seine Pellueidität von der trüben Grundmasse nach innen und aussen, beson- ders im polarisirten Lichte, deutlich abhebt. Dieser Quarzring ist häufig ein Individuum, was sich aus der einheitlichen Farbe im polarisirten Lichte ergibt; hin und wieder wird er aber auch von mehreren Indi- viduen in verschiedener Lage gebildet, was sich zwischen den Nicols durch die verschiedene Färbung derselben ergibt. Durch den lichten (Quarz verlaufen übrigens häufig radiale Strahlen von der Mitte nach dem Umfang der Sphärulite; sie sind theils durch aneinandergereihte [17] Die Porphyre und Grünsteine des Lennegebietes in Westphalen. 143 Flüssigkeitseinschlüsse, theils durch linear gelagerte solide Körperchen gebildet. Anderntheils finden sich aber auch Sphärulite vor, die eine entgegengesetzte Anordnung der Substanzen zeigen, indem bei ihnen die trüb beschaffene, dichte Grundmasse den äusseren Ring bildet, während die Mitte von lichtem Quarz eingenommen wird. Bei diesen Sphäruliten scheinen in dem äusseren Ringe kleine Nädelchen von Glimmer, wie sie früher beschrieben wurden, besonders vorzuherrsehen. Eine scharfe Grenze zwischen beiderlei Sphäruliten ist nicht zu ziehen, vielmehr findet ein allmähliger Uebergang zwischen ihnen statt. Ein Polarisationskreuz ist in denselben nur selten, und dann nur in ver- schwommener Weise zu beobachten. Wiederholt sind Sphärulite nur zum Theil, als einzelne Kugelsegmente ausgebildet. B. Porphyrische Gemenstheile. . Einige dieser massigen Porphyre sind sehr reich an porphyrischen (Gemengtheilen, andere zeigen deren nur wenige, wie schon aus der makroskopischen Beschreibung zu ersehen ist. ‚Reich daran sind z. B. die Porphyre vom Stückenbruch, vom Berg Löh und der rothe, horn- blendeführende Porphyr von Altenhundem, arm daran diejenigen vom Hohenstein und Eichhagen, sowie von der Ruenhardt. Die makrosko- pischen Gemengtheile der ersteren zeichnen sich auch noch durch ihre Grösse gegenüber denjenigen der letztgenannten Gesteine aus. Als porphyrische Gemengtheile treten vor Allem Quarz und Feldspath auf. Die Gestalt der Quarze ist ziemlich verschieden, und zwar nicht nur bezüglich der einzelnen Gesteine untereinander, sondern auch in ein und demselben Gestein zeigt sich der Quarz in sehr ab- wechselnden Gestalten. Zum Theil lassen die Individuen deutlich die Krystallform des Quarzes erkennen. Die Ecken und Kanten sämmt- licher Formen sind nie scharf ausgebildet, sondern immer mehr oder weniger abgerundet, welche Eigenthümlichkeit wohl eher als die Folge des die Krystallisation hemmenden Einflusses der umgebenden Grund- masse anzusehen, als auf eine Abschmelzung der Kanten und Ecken in dem gluthflüssigen Magma zurückzuführen ist. Neben diesen einiger- massen regelmässig begrenzten Quarzen finden sich zahlreiche andere, die nur selten einzelne, geradlinig verlaufende Ränder zeigen. Endlich treten noch ganz unregelmässig begrenzte, splitterartige Formen auf. Fast sämmtliche grösseren Quarze, sowohl diejenigen mit Krystallgestalt, als auch diejenigen von abgerundeter Körnerform, führen kleine Massen der umgebenden Grundmasse in sich eingeschlossen. In auffallend reichem Maasse zeigen diess die Quarze der Porphyre vom Stücken- bruch und vom Berg Löh. Die Grundmasse dringt theils in stumpf- eckigen oder rundlichen, birnförmigen Buchten oder in breiten Spalten oft tief in das Innere der Quarzdurchschnitte ein, theils bildet sie kleine abgerundete oder auch genau die Form der hexagonalen Doppel- pyramide wiedergebende, isolirt im Quarz erscheinende Flecken. Letz- tere können angesehen werden, entweder als Querschnitte oben be- schriebener Einbuchtungen, die in der Richtung der Mikroskopaxe im Quarz verliefen und daher als isolirte Einschlüsse nur erscheinen, oder 19* 144 H. B. Mehner. [1 8] als solche Einschlüsse, welche wirklich als allseitig von der Quarzsub- stanz umschlossen zu erkennen sind; letzterer Art sind namentlich die Einschlüsse von der Form der Doppelpyramide. Mehrfach sind ferner in den Porphyren zerborstene und zertrümmerte Quarze zu beobachten, theils mit nur geringer, theils mit bedeutender Verrückung in der Lage der einzelnen Splitter. Ist im ersteren Falle die ursprüngliche Zusam- mengehörigkeit der Theile leicht zu constatiren, so ist dieses bei einer grösseren Verschiebung oft schwierig, ja geradezu unmöglich, wenn nicht besonders charakteristische Formen diese Arbeit erleichtern. Von den oben erwähnten unregelmässigen, oft splitterförmigen Quarzen ist entschieden ein grosser Theil als dergleichen Fragmente anzusprechen, doch wäre es gewiss zu weit gegangen, wollte man alle unregelmässig begrenzten Querdurchschnitte in diesen Porphyren auf Trümmerstücke zurückführen, vielen ist vielmehr entschieden Ursprünglichkeit zuzuer- kennen. Der verstümmelnde Einfluss der umgebenden Grundmasse, der bereits als Ursache. der Abrundung der Ecken bei den regelmässigen Quarzindividuen hingestellt wurde, konnte auch ein so bedeutender sein, dass Individuen, von lauter unregelmässigen Druckflächen begrenzt hervorgingen. Den augenscheinlichen Beweis für die letztere Ansicht liefert z. B. der Porphyr vom Eichhagen. Grössere, regelmässig begrenzte Quarze gehören in ihm zu den Seltenheiten, dagegen ist er an kleinen Quarzen ungemein reich. Diese letzteren zeigen sämmtlich jene unregel- mässig begrenzte Splitterform und zugleich eine eigenthümliche Anord- nung, sie sind fast stets zu 2, 3, 4 oder mehr hintereinander gelagert, so dass dadurch jedesmal ein schmaler Quarzstreifen im Dünnschliffe gebildet ist, der sich gewöhnlich nach den beiden Enden allmälig aus- spitzt. Im gewöhnlichen Lichte einheitlich erscheinend, gibt sich der- selbe im polarisirten Lichte sofort als aus einer Anzahl von Individuen zusammengesetzt zu erkennen. Diese letzteren sind durchaus keine Trümmerstücke, sondern entschieden ursprüngliche Gebilde, die nur durch die umgebende Grundmasse verhindert wurden, sich in regel- mässigen Formen des Quarzes auszuscheiden. Diese. langgezogenen Streifen von Quarz, die allem Anschein nach Querschnitte dünner, parallelverlaufender Lamellen sind, deuten übrigens auf eine Fluctua- tion der Porphyrmasse, beziehentlich auf einen auf dieselbe ausgeübten Druck hin. Aehnliche Bildungen des Quarzes, wie die eben beschrie- benen des Porphyrs vom Eichhagen kommen noch in den Porphyren vom Hohenstein und von der Ruenhardt vor. Ausser durch die zahlreichen Einbuchtungen und Einschlüsse von Felsitmasse geben sich die ausgeschiedenen Qarze auch dadurch noch als echte Porphyrquarze zu erkennen, dass sie neben zahlreichen Flüs- sigkeitseinschlüssen auch mehr oder weniger Glaseinschlüsse führen. Ein bestimmtes Quantitätsverhältniss zwischen beiderlei Einschlüssen lässt sich nicht nachweisen. Am reichsten an Glaseinschlüssen sind die Quarzdurchschnitte der Porphyre vom Berg Löh und vom Stücken- bruch; zugleich sind sie hier am grössten ausgebildet. Auch die übrigen massigen Porphyre führen sämmtlich in ihren Quarzen Glaseinschlüsse, doch sind dieselben bei ihnen etwas seltener. In einem Quarzdurch- schnitt des Porphyrs vom Eichhagen befindet sich ein kreisrunder [19] Die Porphyre und Grünsteine des Lennegebietes in Westphalen. 145 Durchschnitt von eingeschlossener, sehr dichter Felsitmasse, in welcher wieder ein nahezu ebenso grosser hyaliner Einschluss mit Bläschen sitzt, so dass die Felsitmasse nur noch einen ganz schmalen Ring um den Glaseinschluss bildet. Daraus geht hervor, dass die Einschlüsse feinkörniger Felsitmasse, die so häufig in den Porphyrquarzen wieder- kehren, keineswegs erst durch Umwandlung von Glaseinschlüssen secun- där entstanden sind,') sondern dass von den Quarzen bei ihrer Bildung sowohl amorphes Glas, als auch bereits krystallinisch gewordene Felsit- masse umschlossen wurde. Auf den Werth des Nachweises von Glas- einschlüssen in den Gemengtheilen eines Gesteins für die Deutung der Bildungsweise desselben aufmerksam zu machen, dürfte unnöthig sein; auch wird später nochmals darauf zurückgekommen. Flüssigkeitseinschlüsse sind in den porphyrischen Quarzen in un- gemein reicher Anzahl vorhanden, nur hin und wieder finden sich Quarzkörner oder einzelne Stellen in den Individuen, die ziemlich frei davon sind. Theils sind die Flüssigkeitseinschlüsse zu Strängen oder breiten Streifen angeordnet, welche den Quarz nach. verschiedenen Richtungen durchlaufen, theils sind sie auch in einfacher Reihe hinter- einander angeordnet, oder liegen endlich richtungslos in dem Quarz zwischen jenen Linien und Streifen zerstreut. Die Formen der Ein- schlüsse sind wie gewöhnlich sehr wechselnd. Ein Bläschen, oft in zit- ternder Bewegung, war in den meisten derselben wahrzunehmen. Die Beobachtung, dass die Grösse des Flüssigkeiteinschlusses zur Grösse der in demselben befindlichen Libelle durchaus in keiner Beziehung steht, kann hier nur bestätigt werden. Dicht neben grossen Einschlüssen mit kleiner Libelle, finden sich kleine Einschlüsse, in denen das Bläschen fast den ganzen Raum ausfüllt. Derartige Einschlüsse, in denen nur noch wenig Flüssigkeit, oft blos noch in den feinen Aus- spitzungen und Ausschweifungen, neben dem Bläschen enthalten ist, bilden den Uebergang zu den wirklichen Dampfporen, die sich neben den Flüssigkeitseinschlüssen ebenfalls in reichlicher Menge in den Quar- zen finden und an ihrem breiten dunklen Rand erkennbar sind. Die Gestalt derselben ist ebenfalls sehr wechselnd, doch scheint eine läng- liche, abgerundete Form, auf einer Seite oder auf zwei Seiten mit Aus- spitzung, vorzuherrschen. Kleine nadelförmige, farblose Mikrolithe fanden sich nur einige Male im Quarz eingeschlossen vor. Wie die Quarze, so sind auch die porphyrisch ausgeschiedenen Feldspathe in einigen Porphyren sehr reichlich vorhanden, während sie in anderen nur vereinzelt auftreten. Viele makroskopische Feld- spathe führen die auch an Quarzen' reichen Porphyre vom Stücken- bruch und vom Berge Löh, ferner der rothe, hornblendeführende Por- phyr von Altenhundem; auch der Porphyr von der Ruenhardt enthält deren noch eine ziemlich bedeutende Anzahl, während die Gesteine vom Eichhagen und vom Hohenstein arm daran sind. Neben Orthoklasen finden sich Plagioklase in grosser Anzahl, doch ohne das Uebergewicht über erstere zu erlangen. Im Porphyr 1) Eine Auffassung, welcher Vogelsang besonders das Wort redete. 146 H. B. Mehner. [20] von der Ruenhardt scheinen beide ungefähr in gleicher Menge vorhan- den zu sein. Dass auch im rothen Porphyr von Altenhundem neben Orthoklasen Plagioklase vorhanden waren, lässt sich wohl vermuthen, aber nicht feststellen, da der sehr weit vorgeschrittenen Zersetzung wegen trikline Streifung nicht mehr zu beobachten ist. Vielfach zeigen die Feldspathe sehr regelmässig begrenzte Formen oder es sind wenig- stens mehrere Seiten und Winkel der einzelnen Individuen regelmässig und scharf ausgebildet. Daneben treten aber auch vollständig unregel- mässig begrenzte, zum Theil abgerundete, sowie splitterförmige auf, welche, wie beim Quarz, als Bruchstücke aufzufassen sein dürften. Dass übrigens eine theilweise Zertrümmerung der Feldspathe in den Porphyren factisch stattgefunden hat, als die Grundmasse noch plastisch war, ist mehrfach, : besonders ausgezeichnet aber an einem Präparat des rothen Porphyrs vom Berg Löh zu beobachten. In demselben be- findet sich ein grosser Feldspath, der in mehrere unregelmässige Stücke zerborsten ist, welche aber nur eine geringe Verschiebung erfahren haben, so dass einige derselben im polarisirten Lichte noch mit gleichen Farben erscheinen, also ihre gemeinsame optische Orientirung mit Bezug auf die Axe des Mikroskopes bewahrt haben. Die Zwischenräume zwi- schen den einzelnen Fragmenten sind durch felsitische Grundmasse ausgefüllt, die vollständig mit der den Feldspath umgebenden Grund- masse übereinstimmt und bei Zerberstung des Feldspaths in die Lücken zwischen den Fragmenten eingedrungen ist, ein Zeichen, dass die por- phyrischen Feldspathe bereits fertig ausgebildet waren, als die übrige Grundmasse sich noch in plastischem oder sogar flüssigem Zustande befand. Die monoklinen als auch die triklinen Feldspathe sind meist als sehr breite Individuen ausgebildet. Lange, schmale Leistenformen, wie sie sonst dem Plagioklas eigen zu sein pflegen, sind hier nur höchst selten zu beobachten. Eine Zwillingsverwachsung der Orthoklase nach dem Karlsbader Gesetz war vereinzelt in den Porphyren vom Stücken- bruch, vom Berge Löh, von der Ruenhardt und vom Eichhagen, dagegen eine solche nach dem Bavenoer Gesetz nur in einem einzigen Falle, in einem Präparate des rothen Porphyrs von Altenhundem nachzuweisen. Wiederholt finden sich in Orthoklasen der untersuchten Porphyre Lamellen eines triklinen Feldspathes eingewachsen. Belege dazu bieten die Porphyre vom Berge Löh, vom Stückenbruch und von der Ruen- hardt. Die dem Orthoklas eingeschalteten triklinen Lamellen verlaufen meist mit der Hauptaxe des Orthoklases parallel, doch sind sie auch mehrfach senkrecht zu derselben eingelagert. In einzelnen Fällen ver- laufen sie in einem und demselbem Individuum auch nach beiden Rich- tungen. Die eingeschlossenen triklinen Feldspathe sind nur selten gut ausgebildet, vielmehr besitzen die einzelnen Lamellen häufig ganz ver- schiedene Länge. Auch Verwachsungen trikliner Feldspathe unter sich sind nicht selten zu beobachten. Dieselben sind einestheils in der Weise erfolgt, dass die Lamellen der verwachsenen Individuen in ihrer Richtung voll- ständig übereinstimmen, dass sie aber an den schmalen Seiten, wo sie sich berühren, in scharfen Linien gegeneinander abgegrenzt sind, was [21] Die Porphyre und Grünsteine des Lennegebietes in Westphalen. 147 durch die häufig ganz abweichende Breite und durch die meist andere Färbung der in die fortgesetzte Richtung einer Lamelle zu liegen kommenden anderen Lamelle besonders auffallend hervortritt. Die andere Art der Verwachsung, welche die Lamellen der verwachsenen Individuen in nahezu senkrechter Stellung zu einander zeigt, ist nach dem zuerst von Stelzner') dargelegten Periklingesetz (86° 40‘) erfolgt. Nur wenige der porphyrischen Feldspathe sind klar und vollkom- men pellucid, vielmehr zeigen fast sämmtliche eine grössere oder geringere Trübung. Diese rührt her theils von einer stattgefundenen molekularen Umwandlung, wie sie bei den Feldspathen der Granite und Syenite häufig zu beobachten ist, anderntheils aber. und zwar zumeist wird dieselbe durch eine bedeutende Menge von Einschlüssen in der Feldspathsubstanz hervorgerufen. Diese Einschlüsse sind häufig durch den ganzen Feldspath gleichmässig verbreitet, mitunter aber auch nur auf einzelne Partien desselben beschränkt, während andere fast frei davon sind, wodurch bei geringer Vergrösserung eine wolkenartige Trü- bung solcher Feldspathe entsteht. Die zwischen den verdunkelnden Einschlüssen liegende Feldspathsubstanz ist pellueid und polarisirt zumeist noch lebhaft. Die Einschlüsse selbst sind theils Flüssigkeits- einschlüsse, theils Dampfporen, wie aus dem breiten dunklen Rand zu schliessen ist, theils endlich feste Körper, die meist in Gestalt läng- licher, oft stäbchenartiger Blättchen und Lamellen von gewöhnlich dunkler Farbe und geringer Durchsichtigkeit auftreten, und fast immer parallel zur Längsaxe des Feldspathes gelagert sind. Ueber die Natur der eingelagerten Körperchen lassen sich eine Menge Vermuthungen aufstellen, ohne damit aber ein Resultat zu erzielen. Die chemische Umwandlung, welche an allen porphyrischen Feld- spathen, wenn auch in verschieden starkem Maasse zu beobachten ist, liefert vollkommen pellucide Zersetzungsproducte. Hinsichtlich des Grades der Zersetzung sind in einigen Porphyren die Feldspathe noch gut erhalten, indem das Zersetzungsproduct nur auf Spalten des Indi- viduums oder in einzelnen Punkten in der Masse zerstreut zu beob- achten ist; Beispiele liefern zahlreiche Feldspathe der Porphyre vom Stückenbruch, vom Berg Löh, Eichhagen und Hohenstein, sowie von der Ruenhardt. Daneben finden sich häufig in einem und demselben Präparat solche Feldspathe, in welchen nur noch geringe Theile der Feldspathsubstanz erhalten geblieben sind, und endlich sogar auf solche, in welchen von dieser nichts mehr wahrzunehmen ist; letzterer Fall ist am häufigsten im rothen Porphyr von Altenhundem. Die Umwandlungs- producte der Feldspathe sind theils Kaolin, theils die bereits früher bei Beschreibung des durch die Grundmasse feinvertheilten Glimmers erwähnte und diesem sehr ähnliche Substanz, theils endlich kohlen- saurer Kalk, womit jedoch keineswegs gesagt sein soll, dass letzterer in eben derselben Weise aus der Feldspathsubstanz hervorgegangen sei, wie wir es für Kaolin und den Glimmer anzunehmen gute Gründe haben; der kohlensaure Kalk ist vielmehr entschieden durch circulirende Gewässer als doppeltkohlensaurer Kalk nach dieser Stelle geführt und !) Berg- und 'Hüttenmännische Zeitung. 1870. Bd. XXIV, pag. 150. 148 H. B. Mehner. [22] hier bei Zersetzung der Feldspathsubstanz als einfach kohlensaurer Kalk an ‚Stelle jener abgesetzt worden. Alle drei Zersetzungsproducte sind im gewöhnlichen Lichte nur schwer zu erkennen, da sie pellucid und vollständig oder doch nahezu farblos sind. Das erstgenannte der drei Umwandlungsproducte bricht das Licht nur sehr schwach, gibt sich bei sehr heller Beleuchtung als ein fein- körniges, verschwommenes Aggregat zu erkennen, welches zwischen den Nicols ziemlich schwer eine schwach milchigbläuliche Farbe wahr- nehmen lässt und ist in diesen Eigenschaften vollständig identisch mit dem Zersetzungsproduct des Feldspaths in dem vollständig kaolinisirten Porphyr von Rasephas bei Altenburg, von welchem dem Verfasser zur Vergleichung ein Präparat zu Gebote stand. Dieses Umwandlungs- material ist, trotzdem die Feldspathe der untersuchten Porphyre in den Handstücken ganz den Anschein der Kaolinisirung darbieten, in auffallend geringem Maasse u. d. M. zu beobachten. Viel häufiger findet sich die zweite Substanz; diese bildet meist kleine, in der Feld- spathsubstanz liegende Fäserchen und Nädelchen oder nach beiden Enden zugespitzte schmale Blättchen und Schüppchen, welche theils farblos sind, theils einen ganz lichtgrünlichen bis lichtgelblichen Schein zeigen, starkes Lichtbrechungsvermögen besitzen und sich häufig zu kleinen faserigen Büscheln vereinigt haben. Auch durchsetzt dieses Umwandlungsproduct die Feldspathe in schmalen und breiten Streifen, so dass zu erkennen ist, dass es den Zerklüftungen der Feldspathe folgt und von diesen dann weiter in die Masse eindringt. Ausserhalb der Feldspathe füllt diese feinfaserige Materie häufig durch die Grund- masse verlaufende schmale Spältchen aus, in denen dann die Fäserchen meist eine senkrechte Stellung zu den Salbändern bewahren. Bei der auffallenden Uebereinstimmung dieses Umwandlungsproductes mit dem in einigen Porphyren beobachteten feinvertheilten Glimmer der Grund- masse ist man von vornherein geneigt, auch dieses als Glimmer, oder mindestens als ein glimmerartiges Mineral aufzufassen. Kalkowsky, der dasselbe Zersetzungsproduct in zahlreichen sächsischen Porphyren beobachtete, bezeichnete es auch als solches, welcher Auffassung ja auch nichts entgegen steht. Trotzdem muss die Möglichkeit zugegeben werden, dass diese Substanz doch vielleicht nur Kaolin in kryptokrystallinischer Ausbildung ist. In den Feldspathen kommt dieses zweite Zersetzungs- product theils allein, theils mit dem ersten, theils mit dem sogleich zu beschreibenden dritten, oder mit beiden zugleich vor. Während in den Porphyren vom Stückenbruch, vom Berg Löh und v. a. O. nur verein- zelte Feldspathe einer sehr vorgeschrittenen oder vollständigen Um- wandlung unterlegen gewesen sind, zeigt sich in dem rothen Porphyr von Altenhundem die Substanz fast sämmtlicher Feldspäthe vollstän- dig durch das Umwandlungsproduct verdrängt. Da aber trotzdem die Gestalt der Feldspathe vollkommen erhalten geblieben ist, liegen hier vollständige Pseudomorphosen dieses glimmerartigen Minerals (Kaolin?) nach Feldspath vor. i Wie neben den beiden beschriebenen Zersetzungsproducten auch Kalkspath die frühere Stelle der Feldspathsubstanz einnimmt, ist in [23] Die Porphyre und Grünsteine des Lennegebietes in Westphalen. 149 ausgezeichneter Weise ebenfalls an dem rothen Porphyr von Alten- hundem zu beobachten. Der kohlensaure Kalk überragt hier häufig das glimmerähnliche Zersetzungsproduct bedeutend an Menge. Im gewöhn- lichen Lichte nur schwer erkennbar, tritt er im polarisirten Lichte durch seine ziemlich grelle, irisirende Farbe in sehr auffälliger Weise hervor. Er bildet theils zusammenhängende Partieen, theils Haufwerke kleiner Individuen, welche ab und zu die Rhomboedergestalt erkennen lassen. Bei Behandlung eines Dünnschliffes mit HCl wurden diese Partien unter heftigem Aufbrausen vollständig aufgelöst und dabei beobachtet, dass sich kohlensaurer Kalk auch durch die ganze Grundmasse sehr ver- breitet findet, aber meist in so feiner Vertheilung, dass er bei der blos optischen Untersuchung dem Beobachter leicht entgeht. Ausser Quarz und Feldspath tritt als porphyrischer Gemenstheil noch Glimmer auf und zwar in den Porphyren vom Stückenbruch, vom Berg Löh, und im rothen Porphyr von Altenhundem in reichlicher Menge, dagegen in denen vom Hohenstein und: vom Eichhagen nur ganz vereinzelt in kleinen Blättchen, während er endlich im Porphyr von der Ruenhardt vollständig fehlt, trotzdem gerade in diesem Gestein Glimmer als Gemengtheil der Grundmasse sehr reichlich vorhanden ist. Die Porphyre vom Stückenbruch, vom Berg Löh, vom Eichhagen und Hohenstein führen nur lichten Kaliglimmer, dagegen der Porphyr von Altenhundem durchaus keinen solchen, sondern nur dunklen stark dichroitischen Magnesiaglimmer (Biotit). Der Kaliglimmer (Muscovit) bildet farblose oder schwachgelbliche oder grünlich angehauchte Blättchen von nur selten scharfer Um- randung. Dieselben sind zum Theil langgezogen und zeigen alsdann häufig wellenförmige Windungen und Knickungen. Deutlich tritt zumeist ihre lamellare Zusammensetzung hervor. Die Ränder, welche parallel zur Faserung verlaufen, sind meist scharf begrenzt, während die übri- gen vielfach zerfranst und zerfetzt sind. Im Porphyr vom Berg Löh zeigt der vollkommen pellucide Muscovit im durchfallenden Lichte stets eine gelbliche Umrandung, die im auffallenden Lichte intensiv weiss erscheint. Desgleichen durchlaufen von den schmalen Rändern der Glimmerblättchen aus, parallel zur Spaltungsrichtung, zahlreiche Bänder und Streifen dieselben, welche ganz die Beschaffenheit des trüben Randes zeigen. Sie durchsetzen die Blättchen theils vollständig, theils nur stückweise, sind nach den Enden zu häufig ausgespitzt und fügen sich vollständig den wellenförmigen Biegungen und Knickungen der Glimmerlamellen an. Bei stärkerer Vergrösserung ergeben sich diese trüben Ränder und Streifen aus unzählig vielen kleinen, runden Körn- chen zusammengesetzt, welche im durchfallenden Lichte einen dunklen Rand und schwachgelbliche, pellucide Mitte erkennen lassen, im auf- fallenden Lichte aber intensiv weiss aussehen. Die Natur dieser kleinen Körnchen ist schwer zu bestimmen, sie als Umwandlungsproducte des Glimmers aufzufassen, scheint keineswegs statthaft zu sein, da die Glimmersubstanz zwischen den einzelnen Körnchen noch lebhaft ein- heitlich polarisirt. Vielmehr scheinen dieselben bei der Ausscheidung des Glimmers von diesem umschlossen und in die eigene Krystallform Mineralogische Mittheilungen, 1877. 2. Heft. (Mehner.) 20 150 H. B. Mehner. [24] mit hineingezogen worden zu sein. Auch der Muscovit des Porphyrs vom Stückenbruch zeigt zum Theil eine solche Beschaffenheit. Der Biotit im Porphyr von Altenhundem ist nur in wenigen Exemplaren noch leidlich erhalten; meist ist er bereits einer sehr be- trächtlichen Zersetzung unterworfen gewesen, so dass zwischen den Umwandlungsproducten nur noch wenige kleine Schmitzchen erhalten sind oder endlich gar vom Glimmer nichts mehr wahrzunehmen ist, und nur die Umgrenzung des Umwandlungsaggregates verräth, dass früher Glimmer an der betreffenden Stelle gesessen hat. Die noch un- zersetzten Lamellen des Biotits, von gelblichbrauner bis brauner Farbe, sind stark dichroitisch.h An einem bräunlichgelben Glimmerblättchen war eine unzweifelhafte Durchwachsung von Lamellen des farblosen Muscovits zu beobachten. Ausserdem umschliesst der Biotit wiederholt Apatit, der in regelmässigen, lichten Sechsecken aus dem dunklen Glimmerhintergrund deutlich hervortritt. Neben Biotit führt dieser Porphyr von Altenhundem auch noch Hornblende, oder besser gesagt, hat sie geführt, denn in sämmt- lichen angefertigten Präparaten ist von Hornblendesubstanz auch nicht eine Spur mehr wahrzunehmen, dieselbe hat, wie einzelne Glimmer- blättchen, eine vollständige Zersetzung erfahren, so dass hier ebenfalls nur die äussere Umgrenzung des Zersetzungsproductes, die stets sehr scharf erhalten ist, das frühere Vorhandensein der Hornblende nach- weist. Die Umwandlungsproducte der Hornblende und des Glimmers sind ganz ähnliche, nämlich vor Allem eisenoxydhaltige Substanzen. Dieselben umgeben die Ränder der noch unzersetzten Glimmerlamellen, theils in einzelnen Körnchen, theils in breiten Zonen, oder sie dringen längs der Spalten in die Glimmerblättchen ein oder liegen endlich als Körnchen innerhalb derselben unregelmässig zerstreut. Wo die Zer- setzung schon weiter vorgeschritten ist, wie bei einzelnen Glimmer- blättchen und bei der Hornblende, da bilden die Ferritverbindungen meist einen dunklen Rand, der die Form der Krystalle wiedergibt und in dessen Mitte die übrigen Körnchen des Zersetzungsproductes in regellosem Gewirr durcheinander liegen. Die Zwischenräume zwischen diesen einzelnen Körnchen und Haufwerken derselben werden ausser von noch erhaltenen Glimmerlamellen von kohlensaurem Kalk und von einer sehr schwach polarisirenden feinkörnigen Masse ausgefüllt, welche viel Aehnlichkeit mit Kaolin hat und vermuthlich durch circulirende Gewässer an Ort und Stelle abgesetzt wurde. Magneteisen findet sich in den Porphyren nur sehr selten, so z. B. hin und wieder in den Porphyren vom Stückenbruch und Berg Löh, am häufigsten noch im Porphyr von Altenhundem. Am äusseren Rande sind die Körner und grösseren Massen schon bedeutend in Eisen- oxydhydrat umgewandelt. Entgegengesetzt zum Magneteisen tritt Titaneisen in einigen der untersuchten Porphyre in ziemlich reicher Menge auf. Bekanntlich sind Magneteisen und Titaneisen, beide im vollkommen frischen, un- zersetzten Zustande, ohne Prüfung ihrer Löslichkeit in Chlorwasserstoff- säure, nur schwer von einander zu unterscheiden, wenn nicht eine regelmässige Krystallform derselben den Ausweis liefert, [25] Die Porphyre und Grünsteine des Lennegebietes in Westphalen. 151 Um so leichter lassen die gewöhnlichen Umwandlungsproducte beider eine solche Unterscheidung zu. Das im auffallenden Lichte schnee- weisse bis gelblichweisse Zersetzungsproduct des Titaneisens liefert stets einen untrüglichen Anhalt, dass letztgenanntes Erz vorliegt. Auch in diesen Porphyren tritt das Titaneisen niemals mehr vollständig frisch auf, sondern ist entweder zum Theil oder auch vollständig in jenes weisse Mineral umgewandelt. Theilweise umgewandeltes Titaneisen ist z. B. im Porphyr vom Stückenbruch zu beobachten; das schwarzglän- zende Erz wird hier von einem Saume seines weissen Zersetzungs- productes umgeben, welches sich ausserdem auch auf seiner Oberfläche wolkenartig ausbreitet. Im Porphyr vom Berg Löh ist das Zersetzungs- product sehr zierlich angeordnet, es bildet schmale Streifen, die in derselben Richtung wie die Spaltbarkeit in Kalkspathkörnern verlaufen und sich gegenseitig unter spitzem Winkel (60°) durchschneiden, zwi- schen sich dunkelgraue, schwachdurchscheinende Massen einschliessend. Aehnliche Bildungen sind in Diabasen sehr häufig zu beobachten. Das reichliche Auftreten des Titaneisens in einigen dieser Porphyre erscheint um so erwähnenswerther, als bis jetzt, soviel dem Verfasser bekannt, das Vorkommen dieses Erzes in Quarzporphyren noch nie constatirt worden ist. Regelmässige Umrisse besitzt das Titaneisen in keinem dieser Gesteine. Noch reichlicher als in den beiden genannten Porphyren treten ganz ähnliche weisse Körnchen im Porphyr von der Ruenhardt auf, ohne dass indess im ganzen Gestein noch eine Spur von unzer- setztem Titaneisen zu entdecken wäre. Da auch kein einziges dieser Körner die oben beschriebene, charakteristische Streifung erkennen lässt, so ist nicht mit voller Sicherheit anzugeben, ob die weissen Massen in diesem Porphyr wirklich auch Zersetzungsproduct des Titaneisens sind. Zum Theil sinken die weissen Körnchen zu sehr geringer Grösse herab, liegen jedoch dann häufig in so bedeutender Anzahl in der Grundmasse zerstreut, dass sie in derselben trübe Wolken bilden, die bei auffal- lendem Lichte intensiv weiss erscheinen. Was jenes weisse Zersetzungs- product des Titaneisens seiner Natur nach sei, ist bekanntlich noch unentschieden. Kohlensaures Eisenoxydul ist es auf keinen Fall, da nach anhaltendem Liegen eines Präparats in heisser Salzsäure durch- aus keine Veränderung an der weissen Substanz wahrzunehmen war. Apatit findet sich nur im rothen Porphyr von Altenhundem, und auch in diesem nicht gerade häufig, theils in langer Säulenform mit der charakteristischen Quergliederung, theils in kurzen Rechtecken, theils endlich in Hexagonen. Aus allen dargelegten Beobachtungen geht hervor, dass wir in diesen bisher ausführlicher behandelten Gesteinen echte Quarzporphyre vor uns haben, die sich, ausser durch die mehrfach wiederkehrende sphärulitische Structur, vor Allem durch die Glaseinschlüsse in den Quarzen unzweifelhaft als Eruptivgesteine zu erkennen geben. In porphyrartig entwickelten Gneissgesteinen, für welche, wie früher er- wähnt, Lossen diese Gesteine halten zu dürfen glaubte, würde man vergeblich nach dergleichen Einschlüssen suchen. Aus den gewonnenen Resultaten geht also nicht allein die Unrichtigkeit dieser Ansicht Los- sens hervor, sondern es erweisen sich auch die Zweifel an der Erupti- 20* 152 H. B. Mehner. [26] vität dieser Gesteine überhaupt, die Lossen den Auseinandersetzungen von Dechen’s gegenüberstellte, als ungerechtfertigt, denn die Glasein- schlüsse in den Gemengtheilen dieser Gesteine sprechen für die Erupti- vität derselben ebenso unzweifelhaft wie die von Lossen verlangten Gänge. 2. Schieferig-flaserige Porphyre. Wie schon früher hervorgehoben wurde, unterscheiden sich diese schieferig-flaserigen Porphyre von den bisher betrachteten, schon im Handstück als echte, massige Porphyre zu erkennenden Gesteinen durch ihr schieferig-flaseriges Gefüge im Handstück, als auch im Dünn- schliff u. d. M. durch die eigenthümliche Anordnung der Gemengtheile der Grundmasse. Die Porphyre vom Langeneier Kopf, von Altenhundem, von Nöckel bei Iseringhausen, von der Grube Birkenstrauch bei Olpe, von Schameder, vom Bratschkopf bei Olpe und von der Bigge bei Olpe, welche sämmt- lich hierher gehören, liefern im Dünnschliff u. d. M. ein entschieden anderes Bild als die bisher beschriebenen Gesteine. Wie diese besitzen sie allerdings auch eine deutlich krystallinische Grundmasse, doch sind die dieselbe zusammensetzenden Gemengtheile in eigenthümlicher, sofort in die Augen fallender Weise angeordnet, was in besonders ausgeprägter Weise bei den Porphyren vom Langeneier Kopf, von Altenhundem, von der Grube Birkenstrauch bei Olpe und von Schameder hervortritt, während in den übrigen obengenannten Gesteinen diese Structur etwas versteckter und seltener ist. Von der Beschreibung dieser eigenthüm- lichen Structur sei nochmals auf die in diesen Gesteinen auftretenden Schiefereinschlüsse zurückgekommen. Wie schon im Handstück zu erkennen ist und bei der makro- skopischen Beschreibung hervorgehoben wurde, sind sämmtliche schie- ferigen Porphyre sehr reich an solchen Schiefereinschlüssen, die auch unter dem Mikroskop durch ihre dunkle Beschaffenheit aus der lichten » Grundmasse deutlich hervortreten. Zum Theil sind es scharfbegrenzte abgerundete Stücke, zum Theil unregelmässig begrenzte, lappenförmige Gebilde, mit vielfach zerfetzten und zerrissenen Rändern, an denen man noch deutlich die erlittene Bearbeitung seitens der umschliessenden Porphyrmasse wahrzunehmen im Stande ist. In nächster Umgebung dieser Schiefereinschlüsse finden sich die die Einschlüsse zusammen- setzenden kleinen Gemenstheile oft: in ungemein” hoher Anzahl in der Grundmasse des Porphyrs zerstreut, mit der Entfernung vom Schiefer- einschluss allmählig abnehmend und häufig durch die später zu be- sprechende Fluctuation der Porphyrgrundmasse zu langen Streifen und Reihen angeordnet. Ferner sind die Schiefereinschlüsse wiederholt von Porphyrgrundmasse durchbrochen. Die meisten dieser eingeschlossenen Partien von Schiefermaterial liefern den Anschein, als seien sie nicht als Fragmente eines bereits erhärteten Schiefers von der Porphyrmasse umschlossen worden, sondern als noch weicher, plastischer Thonschiefer- schlamm. In ihrer Zusammensetzung stimmen sie wesentlich mit Thon« schiefern von Olpe und Brilon, die in Dünnschliffen behufs Vergleichung Bee YiR- f * r hi [27] Die Porphyre und Grünsteine des Lennegebietes in Westphalen. 153 zur Untersuchung herangezogen wurden, überein. Sie bestehen vorherr- schend aus kleinen, durchsichtigen, dunkelumrandeten, kurzen Säulchen und Körnchen, sowie aus unzählig vielen punktartigen Gebilden; in geringerer Anzahl finden sich die in anderen Thonschiefern oft so häufigen braun-schwarzen Nädelchen. In sehr reichlichem Masse bethei- list sich sodann lichter Glimmer in Gestalt kleiner länglicher Schüpp- chen und Nädelchen an der Zusammensetzung dieser eingeschlossenen Schieferpartien. Er erscheint im gewöhnlichen Lichte fast farblos bis schwach grünlich und tritt zwischen den Nicols mit den charakteristi- schen, leuchtenden Farben des Glimmers hervor. Namentlich sind die Schiefereinschlüsse im Porphyr vom Langeneier Kopf sehr reich an Glimmer. Während in den untersuchten anstehenden Thonschiefern von Olpe und Brilon Kalkspath theils in Körnchen und Schüppchen, theils in trefflichen, rhomboedrischen Kryställchen in sehr bedeutender Menge vorhanden ist, fehlt er in den Thonschiefereinschlüssen in diesen Por- phyren vollständig. A. Felsitische Grundmasse der schieferig-flaserigen Porphyre. Im gewöhnlichen Lichte ist von der krystallinischen Ausbildung der Grundmasse dieser Gesteine ebenfalls kaum etwas zu bemerken. Am leichtesten ist dieses noch möglich bei den stark zersetzten Gesteinen, deren Gemengtheile sich durch verschieden starke Trübung besser von einander abheben und unterscheiden lassen. Durch die ganze Grund- masse verbreitet, finden sich in allen diesen Gesteinen in noch viel reicherer Anzahl als in den früher beschriebenen massigen Porphyren höchst winzige, bei durchfallendem Lichte dunkelerscheinende Körnchen, , beziehentlich Pünktchen. Die Beschreibung derselben soll gleich hier folgen, da sie in allen diesen Gesteinen mit schieferiger Structur eine sehr wichtige Rolle spielen. Die Natur der kleinen Gebilde lässt sich ihrer ungemein geringen Grösse wegen nur schwer erforschen, doch können die meisten derselben mit Sicherheit als solide Körperchen erklärt werden, Bei nahezu 900facher Vergrösserung vermag man bei heller Beleuchtung die grössten derselben als pellucide, farblose Körn- chen zu erkennen, die weder dichroitisch sind, noch polarisiren. Wie alle kleinen, durchsichtigen, abgerundeten Körperchen zeigen sie bei der sehr bedeutenden Vergrösserung einen breiten dunklen Rand. Die übrigen, kleineren Körnchen, die auch bei stärkster Vergrösserung immer noch als dunkle Pünktchen erscheinen, darf man demnach wohl als identisch mit jenen, auch als pellucide Körnchen auffassen, die nur ihrer geringen Grösse wegen dunkel aussehen. Für die Auffassung, dass wir es hier wirklich mit Körnchen und nicht etwa mit Flüssig- keitseinschlüssen oder Dampfporen zu thun haben, spricht auch noch, dass dieselben bei auffallendem Lichte dasselbe in ziemlich bedeutender Weise zurückwerfen, so dass sie in der übrigen dann dunkel erschei- nenden Grundmasse mit weisslichgrauer Farbe recht deutlich hervor- treten, was besonders an den Stellen auffallend ist, wo sie in grösserer Menge in Häufchen vereinigt oder zu Streifen angeordnet auftreten. 154 H. B. Mehner. [28] In den Porphyren von der Bigge bei Olpe und vom Bratschkopf, sowie im Porphyr von Niederdresselndorf kommen diese kleinen dunklen Körnchen in so ungemein reicher Anzahl vor, dass sie der ganzen Grundmasse ein vollständig trübes Aussehen verleihen. Die kleinen Körnchen sind in ihnen fast gleichmässig in regellosem Gewirr und dichter Aneinanderlagerung durch die ganze Grundmasse verbreitet, nur stellenweise lässt sich eine reihen- oder streifenartige Gruppirung derselben beobachten. Im Porphyr von Niederdresselndorf ist eine der- artige Anordnung nirgends zu bemerken, so dass dieser vor Alleın, in minderem Maasse aber auch die übrigen zwei, unter d. M. mehr das Aussehen eines Porphyrtuffes als eines Porphyrs erhält. In den Por- phyren vom Langeneier Kopf, von Altenhundem, von der Grube Birken- strauch, von Schameder und von Nöckel bei Iseringhausen, in welchen diese kleinen Körnchen, wenn auch noch recht reichlich, so doch in etwas geringerer Menge auftreten, liegt nur ein Theil derselben regel- los durch die Grundmasse zerstreut, während die meisten jene linien- und streifenartige Aneinanderreihung zeigen. Am ausgeprägtesten ist eine derartige Anordnung im Porphyr vom Langeneier Kopf. Die dunk- len Linien und Streifen, welche aus solchen kleinen Körnchen zusam- mengesetzt sind, laufen stets in sich zurück und umschliessen somit stets einen Theil der lichten Grundmasse, wodurch die mannigfaltigsten und vielgestaltigsten Figuren entstehen, und die ganze Grundmasse ein marmorirtes bis breccienartiges Ansehen gewinnt. Meist zeigen diese Figuren die Form langgezogener Schlieren, die bald gerade verlaufen, bald Bogen beschreiben, oder mannigfache schlangenartige Windungen und Verzerrungen besitzen. Hin und wieder bilden sie auch kreisrunde oder elliptische Formen, oder Dreiecke, oder Rechtecke, Vielecke mit eingebogenen Seiten oder wohl auch hammer- und knochenförmige Gestalten. Hinsichtlich der Natur dieser eigenthümlich gruppirten Körnchen liegt vor Allem nahe, sie als identisch mit den sogenannten Globuliten Vogelsang’s aufzufassen, jenen kleinen Gebilden, welche so häufig die glasige Basis der Basalte und Melaphyre devitrificiren. Dieser Auf- fassung gemäss, der nichts zu widersprechen scheint, hätten sich diese Globuliten aus dem gluthflüssigen Magma zuerst ausgeschieden, ohne dass sie sich jedoch zu wirklicher Individualisation zu erheben ver- mochten. Durch die in der übrigen, noch beweglichen flüssigen Grund- masse stattfindende Strömung wurden diese Globuliten in der oben geschilderten Weise angeordnet, so dass jene, mit so mannigfachen und eigenthümlichen Umrissen erscheinenden Partieen der Grundmasse nichts anderes sind, als Durchschnittsflächen durch Schlieren der Grundmasse, die bei der Strömung der Grundmasse entstanden und an ihrem Um- fange von den kleinen schon festgewordenen Körnchen begrenzt worden sind, indem letztere an den Reibungsflächen der verschieden gerichteten Ströme zur Ablagerung und streifenartigen Anordnung gelangten. Um etwaigem Irrthum hinsichtlich des in Folgendem oft wieder- kehrenden Begriffs Schliere vorzubeugen, sei hier darauf aufmerksam gemacht, dass bier unter Schliere nicht die von den kleinen Körnchen gebildeten äusseren Begrenzungsflächen der durch ihre Structur von [29] Die Porphyre und Grünsteine des Lennegebietes in Westphalen. 155 einander abweichenden Partien der Grundmasse, sondern diese Partien selbst, also nicht flächenhafte, sondern körperliche Gebilde zu ver- stehen sind. Die oben gebotene Erklärung über den Ursprung der Körnchen kann, wenn sie auch für den grösseren Theil derselben Geltung haben mag, doch nicht auf alle erstreckt werden. Ein Theil derselben ist viel- mehr ganz entschieden anderen Herkommens, nämlich durch mechanische Bearbeitung des in sämmtlichen Porphyren reichlich auftretenden Thon- schiefermaterials in die Grundmasse gekommen. Die scharfbegrenzten Schieferfragmente, sowie auch die wie Schlammmassen erscheinenden Thonschieferpartien führen nämlich, wie früher bereits erwähnt, der- artige kleine Körnchen in ungemein reicher Anzahl, ja werden hin und wieder wesentlich aus ihnen zusammengesetzt. Bestätigt wird die Rich- tigkeit dieser letzteren Auffassung noch dadurch, dass sich an der Zusammensetzung der die Grundmasse durchlaufenden Streifen und Linien ausser den kleinen Körnchen auch häufig Schüppchen und Nädel- chen eines glimmerartigen Minerals, sowie kleine Blättchen und Körnchen von Ferrit betheiligen, die sämmtlich in reichlicher Menge in den ein- geschlossenen Schieferpartieen vorhanden sind. Im Porphyr von Nöckel bei Iseringhausen enthalten die eingeschlossenen Schieferfragmente viele opake Körnchen, oft von regelmässiger quadratischer Umgrenzung, welche bei auffallendem Lichte sich zum Theil als Eisenkies, zum Theil als Zersetzungsproduct desselben zu erkennen geben. Beide Mineralien finden sich nun in diesem Gestein auch in bedeutender Menge in den Streifen und Linien zwischen den übrigen zum Theil durchsichtigen kleinen Körnchen wieder. Daraus geht zur Genüge hervor, dass das Thonschiefermaterial bei der Einschliessung seitens der noch beweglichen Masse des Por- phyrs eine Bearbeitung erfuhr, dass es dadurch zum Theil in höchst feiner Zertrümmerung in die Grundmasse überging und, dass es in der- selben in Gemeinschaft mit den Globuliten an der Aussenseite der Schlieren abgelagert wurde. Damit steht die schon früher erwähnte Beobachtung in Uebereinstimmung, dass in der nächsten Umgebung der Schiefereinschlüsse jene kleinen Schüppchen und Körnchen meist in sehr reichlicher Menge zerstreut liegen, während mit der Entfernung von diesen ihre Zahl abnimmt. Etwa alle jene kleinen zu Streifen an- geordneten Körnchen aus der Zertrümmerung fremder Einschlüsse her- zuleiten, ist durchaus nicht gerechtfertigt. Schon die ungemein grosse Anzahl derselben müsste eine solche Annahme zweifelhaft erscheinen lassen. Zudem finden sich ähnliche kleine Körnchen, wenn auch in weit geringerer Zahl, auch in den von Thonschiefereinschlüssen freien, mas- sigen Porphyren. Ein Theil, vielleicht die vorwiegende Anzahl der kleinen Gebilde scheint demnach doch, wie zuerst hervorgehoben wurde, als Globuliten gedeutet werden zu müssen. Im polarisirten Lichte ist zu erkennen, dass die Anordnung der kleinen Körnchen in der- innigsten Beziehung zur Structur der Grund- masse steht. In denjenigen Gesteinen, in welchen sie in regellosem Gewirr fast gleichmässig durch die ganze Grundmasse verbreitet liegen, ist auch die Structur der letzteren fast durchgängig eine gleichförmige 156 H. B. Mehner. [30] (Porphyre vom Bratschkopf, von der Bigge und von Niederdresseln- dorf); wo die Körnchen dagegen in der oben beschriebenen Weise an- geordnet sind, zeigen die von ihnen alsdann umschlossenen Partieen, also die eigentlichen Schlieren, eine von der übrigen Grundmasse ab- weichende Structur. Man erkennt deutlich, dass durch das Einschliessen gewisser Partieen der Grundmasse vermittelst der Körnchen ein bestimm- ter Einfluss auf die umschlossenen Massen ausgeübt wurde. Dieser gibt sich sowohl in der abweichenden Grösse der ausgeschiedenen Individuen, — indem dieselben inmitten der Schlieren stets gröber ausgebildet sind, als in der umgebenden übrigen Grundmasse, — als auch in der besonderen Gruppirung der Individuen in den Schlieren zu erkennen. Auf ganz ähnliche Erscheinungen in Ryolithen aus Nord- amerika machte mich während meiner Untersuchungen mein hochver- ehrter Lehrer Herr Prof. Zirkel aufmerksam. In diesen Gesteinen waren unter dem Mikroskop ebenfalls meist zahlreiche braungesäumte Schlieren zu beobachten, welche im Innern ganz dieselbe Structur, wie die hier beschriebene zeigten, nur mit dem Unterschiede, dass in ihnen nicht deutlich erkennbare Individuen, sondern immer nur feine Nädel- chen vorhanden waren, die aber, wie jene, theils eine radiale, theils eine rectanguläre Stellung zu den Grenzen der Schlieren aufwiesen. Aus dieser in den Porphyren zu beobachtenden abweichenden Structur einzelner Partien der Grundmasse und der abweichenden Grösse des Korns der dieselben zusammensetzenden Individuen von den Gemengtheilen der übrigen Grundmasse geht ferner für diese Gesteine hervor, dass die Individualisirung der Masse nicht in toto, nicht gleich- zeitig und in gleicher Weise, sondern für die einzelnen Partien zu ver- schiedenen Zeiten geschah. Dabei ist wieder als am wahrscheinlichsten anzunehmen, dass die Individuen in den Schlieren, also in den von den Körnchen umschlossenen Partieen sich zuerst ausgeschieden haben, während dies für die übrige Grundmasse erst später erfolgte. Durch die Schlieren erhalten die Gesteine ein Aussehen, welches sehr an die Fluctuations-Structur anderer Eruptivgesteine erinnert; am aufiallendsten ist diese Structur in den Porphyren vom Langeneier Kopf, von Altenhundem und von der Grube Birkenstrauch, in ihnen erlangen die Schlieren gegenüber der übrigen Grundmasse sogar das Uebergewicht, und letztere ist dann nur noch als bescheidener Ueber- rest zwischen den gewundenen Schlieren zu beobachten. Auch der Por- phyr von Schameder zeigt eine durch solche Schlieren ausgeprägte Structur, nur sind bei ihm die die Schlieren zusammensetzenden Gemeng- theile in der Individualisation nicht so weit vorgeschritten, wie es in den übrigen Porphyren der Fall ist. Der eruptive Charakter wird dadurch auch für das Gestein von Schameder sehr wahrscheinlich gemacht, was hier von erheblichem Interesse ist, weil man des darin vorgefundenen organischen Restes wegen von Anfang an geneigt ist, dasselbe für einen umgewandelten Schiefer zu halten, vor Allem, da das makrosko- pische Aussehen des Gesteins einer derartigen Deutung nicht gerade zu widersprechen scheint. Noch ist hier hinzuzufügen, dass in einem Dünnschliff vom Por- phyr des Langeneier Kopfes sich eine grössere Partie der Grundmasse [31] Die Porphyre und Grünsteine des Lenvegebietes in Westphalen. 157 durch sehr ausgeprägte sphärulitische Structur ausgezeichnet. Fast sämmtliche Sphärulite zeigen vollkommen deutliche Polarisationskreuze. Die Partie liegt keineswegs scharf abgegrenzt in der übrigen schlieren- reichen Grundmasse, sondern geht nach allen Richtungen allmälig in dieselbe über. Aus welchen Gemengtheilen wird ausserdem die fel- sitische Grundmasse dieser schieferig-flaserigen Por- phyre zusammengesetzt?')) Vornehmlich sind es wiederum Quarz und Feldspath, welche die Grundmasse dieser Gesteine zusammensetzen; dieselbe erscheint eben daher, wie erwähnt, im gewöhnlichen Lichte ziemlich farblos und durelsichtig, liefert dagegen im polarisirten Lichte ein buntes, mosaik- artiges Bild. Oft ist es bei der stellenweise ungemein feinkörnigen Ausbildung nicht möglich, Quarz- und Feldspathindividuen mit Sicher- heit von .einander zu unterscheiden. Bei Partien von gröberem Korn kann 'man dies jedoch immer, demnach vor Allem innerhalb der Schlie- ren, welche sich fast sämmtlich, wie bereits erwähnt, durch die grös- sere Ausbildung ihrer Individuen auszeichnen. Quarz und Feldspath scheinen zumeist an Menge circa im Gleich- gewicht vorhanden zu sein. In den Porphyren von der Grube Birken- strauch, von der Bigge bei Olpe und vom Bratschkopf ist indess der Feldspath im Uebergewicht vorhanden; vor Allem gilt das für das Innere der Schlieren, welches im ersteren Gestein oft vorherrschend, in den letzteren beiden häufig vollständig von Feldspathindividuen gebildet wird. Im Porphyr von Nöckel scheint entgegengesetzt der Quarz etwas vorzuherrschen. Die Quarze zeigen niemals eine regelmässige Form, weder in den grobkörnigen Schlieren, noch in den übrigen feinkörnigen Partien der Grundmasse. In ersteren, wo sie hin und wieder eine recht an- sehnliche Grösse erreichen, wie z. B. in den Porphyren vom Langen- eier-Kopf, von Altenhundem und von der Grube Birkenstrauch, sind sie zum grössten Theil in Keil- und Splitterform ausgebildet. Sie stehen dann fast immer senkrecht zum Rande der Schlieren und ragen in radialer oder rectangulärer Richtung in das Innere derselben hinein, im letzteren Falle häufig mit den Spitzen kammartig in einander greifend. Ausserhalb der Schlieren zeigen alle kleinen Quarze unregelmäs- sige, mehr abgerundete Körnerform. Sämmtliche Quarze der Grund- masse, soweit sie überhaupt eine Untersuchung nach dieser Richtung zulassen, führen Einschlüsse; manche sind arm daran, während andere damit auffällig überhäuft und dadurch getrübt sind. Die Einschlüsse liegen theils wirr durcheinander, theils sind sie zu Reihen und Linien angeordnet, wie es für den Quarz charakteristisch ist. Sie scheinen wesentlich Flüssigkeitseinschlüsse zu sein, die grössten derselben liessen 1) Der Porphyr von Schameder weicht bezüglich der Zusammensetzung seiner Grundmasse so wesentlich von den übrigen schieferig-flaserigen Porphyren ab, dass derselbe später besonders besprochen werden soll. Mineralogische Mittheilungen. 1877. 2. Heft. (Mehner.) 21 158 H. B. Mehner. [32] wiederholt bewegliche Libellen erkennen. Glaseinschlüsse sind nirgends zu beobachten. Die Feldspathe der Grundmasse sind theils monoklin, theils tri- klin, und zwar treten die letzteren nicht etwa nur vereinzelt, sondern in sehr reichlicher Anzahl auf, den monoklinen häufig an Menge nahezu gleich. In den meisten Porphyren polarisiren die Feldspäthchen der Grundmasse noch sehr lebhaft, so dass sie hin und wieder beinahe die leuchtenden Farben des Quarzes erlangen. Die Zwillingsstreifung der kleinen Plagioklase tritt daher auch sehr leicht erkennbar hervor. Viele Feldspathe bilden im Gegensatz zum Quarz ziemlich regelmässige Gestalten, meist breite Leistchen, von denen wenigstens immer die Seitenlinien parallel zur Hauptaxe scharf und geradlinig ausgebildet sind. Derartig gestaltete Feldspäthchen treten vor Allem in den Schlieren zumeist zwischen den keilförmigen Quärzchen auf, mit denen sie als- dann Stellung und Richtung gemein haben, so dass sie auch wie jeue in’s Innere der Schlieren hineinragen. Hin und wieder füllen die Feld- spathe mit Quarzen oder auch allein inmitten der Schlieren den freien Raum zwischen den vom Rande her einschiessenden Individuen aus und sind alsdann gewöhnlich vollständig unregelmässig. Die Feldspathe in der ausserhalb der Schlieren sich ausbreitenden Grundmasse sind alle sehr klein und ebenso wie die Quarze an diesen Stellen von voll- ständig unregelmässiger, etwas abgerundeter Form, so dass die Grund- ınasse daselbst das früher erwähnte, einförmige, fleckige Aussehen erhält. Plagioklase gehören in diesen Partien der Grundmasse zu den Seltenheiten. In zahlreichen ganz frischen Feldspathen finden sich kleine, dunkle, punktförmige, als auch längliche, nadelförmige Gebilde einge- schlossen. Mehrfach sind in diesen Gesteinen auch Schlieren zu beob- achten, an deren Zusammensetzung der Quarz nur geringen Antheil nimmt, die vielmehr wesentlich aus Feldspath gebildet sind, ja endlich auch solche, die lediglich aus Feldspathen zusammengesetzt sind. Der- gleichen quarzarme Schlieren sind wiederholt und zwar unmittelbar neben quarzreichen in den Porphyren vom Langeneier-Kopf und von Altenhundem zu sehen. Die Feldspathe darin sind wiederum theils monokline, theils trikline. In den Porphyren der Grube Birkenstrauch, vom Bratschkopf und von der Bigge bei Olpe nimmt Quarz überhaupt nur in unter- geordneter Weise an der Zusammensetzung der Schlieren Theil; die wesentlich oder nur aus Feldspath gebildeten Schlieren gehören hier zur Regel; in den übrigen Partien der Grundmasse dieser Gesteine hält Quarz dagegen dem Feldspath das Gleichgewicht. Die Schlieren dieser drei Porphyre unterscheiden sich auch in anderer Hinsicht nicht unwesentlich von denen der übrigen Porphyre. Sie werden in der Regel aus nur einer sehr geringen Anzahl von Feldspathindividuen, oft nur drei oder vier, zusammengesetzt, die dem entsprechend grösser sein müssen. Eine so zierliche Gruppirung, wie in den Schlieren der anderen Porphyre ist daher hier von vornherein ausgeschlossen. Die erwähnten Feldspathe sind fast nur Orthoklase; dieselben sind in der Regel, wie auch fast die sämmtlichen, in der übrigen Grundmasse zerstreuten Feldspathe, von trüber Beschaffenheit, welche ebensowohl Folge theils [33] Die Porphyre und Grünsteine des Lennegebietes in Westphalen. 159 molekularer, theils chemischer Umwandlung ist, als sie auch andern- theils durch die reichliche Menge von Einschlüssen in den Feldspathen verursacht wird. In den Porphyren von der Bigge und vom Bratschkopf gibt sich die sehr vorgeschrittene Zersetzung des Gesteins vor Allem in der sehr bedeutenden Umwandlung der Feldspathe der Grundmasse deutlich wieder zu erkennen. Viele derselben sind zum Theil, zahlreiche bereits vollständig umgewandelt. Das Product der Umwandlung ist ein inniges Gemenge kleiner Nädelchen und Körnchen, die im gewöhnlichen Lichte vollkommen farblos erscheinen, zwischen gekreuzten Nicols aber mit bläulichweisser Farbe lebhaft aus dem Hintergrunde hervortreten. Das Zersetzungsproduct ist durch die ganze Grundmasse häufig wieder- zufinden, ausserhalb der Schlieren meist in feiner Vertheilung, da hier die Feldspathe zerstreut liegen und von geringer Grösse sind, im Innern der Schlieren dagegen oft in grossen Haufwerken, zuweilen einen gros- sen Theil der Schlieren ausfüllend. Jedenfalls ist das Aggregat, wenn nicht Kaolin selbst, doch eine kaolinartige Masse. In grosser Häufigkeit findet sich ausserdem in fast sämmtlichen dieser schieferigen Gesteine eine grüne, schwachdichroitische und schwachdoppelbrechende, feinfaserige Materie, welche einige Aehnlich- keit mit dem Viridit in Diabasen zeigt, und der Kürze halber hier auch so bezeichnet werden mag, ohne dass damit ausgedrückt sein soll, dass dieser Viridit dasselbe sei wie jener. Am häufigsten tritt derselbe inmitten der Schlieren zwischen den Feldspathen und Quarzen auf, theils in zusammenhängenden Partien, theils nur in geringer Aus- breitung scheinbar als Ausfüllungsmaterial zwischen jenen Gemeng- theilen. Andererseits kommt diese grüne Substanz auch am Rande der Schlieren vor, oft einen vollständigen Kranz um die nach der Mitte einschiessenden Quarz- und Feldspathindividuen bildend. Auch kleine radial-strahlige Aggregate werden von diesem Viridit zusammengesetzt; dieselben liegen theils vereinzelt, theils zu Haufwerken vereinigt oder zu Reihen angeordnet in der Grundmasse, innerhalb als auch ausser- halb der Schlieren. In den Partien der Grundmasse ausserhalb der Schlieren tritt die grüne, faserige Substanz allerdings vorherrschend in feiner Ver- theilung, in vereinzelten: kleinen Nädelchen und Fäserchen auf, und erinnert in solcher Gestalt an den früher beschriebenen feinvertheilten Glimmer in den massigen Porphyren, lässt sich aber im polarisirten Lichte sehr leicht von jenem unterscheiden, da diese Nädelchen zwi- schen den Nicols durchaus nieht die lichten, grellen Farben der kleiner Glimmerblättchen zeigen, sondern das Licht nur ganz schwach doppel- brechen. Ganz dieselbe grüne Materie beobachtete Kalkowsky, wie bereits a. a. O. erwähnt, in einigen sächsischen Porphyren unter ganz ähnlichen Verhältnissen und musste es unentschieden lassen, ob die- selbe „als Zersetzungsproduct einer hyalinen Masse oder nur als Aus- füllungsmaterial primärer Hohlräume“ aufzufassen sei. Auch hier kann nicht mit voller Sicherheit darüber entschieden werden, doch sprechen verschiedene Beziehungen und das ganze Auftreten dieser Substanz mit 21* 160 H. B. Mehner. [34] erosser Entschiedenheit dafür, dass sie weder das Eine, noch das Andere, sondern mit Feldspath und Quarz gleichzig gebildet sei. Glimmer tritt als wirklicher Gemengtheil der Grundmasse nur in den Porphyren von der Bigge, vom Bratschkopf und von Nieder- dresselndorf in kleinen, fast farblosen, lichtgrünlichen Schüppchen und Nädelchen, aber auch nicht gerade häufig auf. In der Grundmasse der übrigen Porphyre finden sich zwar auch hin und wieder, vor Allem in der Nähe der Schiefereinschlüsse, kleine Glimmerblättchen, doch ist für dieselben mit fast vollkommener Sicherheit anzunehmen, dass sie sämmtlich dem Schiefermaterial zugehören. Die noch unzerstörten Schieferpartien sind durchgängig reich an diesen Glimmerschüppchen. Im Porphyr von Altenhundem findet sich Kalkspath wiederholt als Ausfüllungsmaterial von Hohlräumen, derselbe zeigt mehrfach aus- gezeichnete Zwillingsstreifung. Auch die Grundmasse des Porphyrs von Nöckel ist reich an Haufwerken erdigen, kohlensauren Kalkes. Ferrit findet sich als secundäre Substanz in röthlichbraunen bis gelblichen Massen in allen diesen Porphyren auf Klüften und in Hohl- räumen, sowie vor Allem in der Umgebung grösserer zersetzter Feldspathe. Da der „Porphyr von Schameder“ sich bezüglich seiner Grundmasse wesentlich von den übrigen flaserigen Porphyren unter- scheidet, so soll derselbe hier anhangsweise, wenigstens zum Theil, noch besonders geschildert werden. Wie schon früher erwähnt, zeigt er ebenfalls wie jene, eine an Fluctuation erinnernde Structur. Gleich- falls wird dieselbe hier durch die zahlreichen, in der Grundmasse ver- laufenden Schlieren erzeugt, die ebenso von Reihen und Streifen kleiner Körnchen eingefasst sind und sich durch die Ausbildung und Anord- nung des sie zusammensetzenden Materials von der übrigen Grundmasse abheben, wie es von den übrigen bisher betrachteten flaserigen Por- phyren beschrieben wurde. Die Schlieren des Porphyrs von Schameder erscheinen im gewöhn- lichen Lichte alle fast farblos und sehr pellucid, während die übrige Grundmasse, die in diesem Gestein an Quantität weit hinter den Schlieren zurücksteht und ein inniges Gemenge höchst winziger Körn- chen, Schüppchen, dunkler Blättchen und Nädelchen ist, — sehr trübe Beschaffenheit zeigt, so dass die lichten Schlieren bereits im gewöhn- lichen Lichte sehr deutlich zu erkennen sind. Im Gegensatz zu den übrigen schieferigen Porphyren werden die Schlieren hier niemals von (Quarz und Feldspath zusammengesetzt, sondern von einem Gewirr höchst feiner Nädelchen, das im gewöhnlichen Lichte bei geringer Vergrösse- rung seiner grossen Pellueidität wegen leicht als homogene Masse auf- gefasst werden kann, sich aber bei stärkerer Vergrösserung eben als aus lauter feinen Nädelchen zusammengesetzt erweist. Diese Nädelchen sind theils vollkommen farblos, theils mit einem lichtgrünlichen Schim- mer behaftet und besitzen starkes Lichtbrechungsvermögen, was sich schon im gewöhnlichen Lichte zu erkennen gibt. Im polarisirten Lichte zeigt dieses Gemenge von Nädelchen sehr lebhafte Farben, ähnlich denen des Kaliglimmers, und zwar in der Weise, dass stets viele neben- einander liegende Nädelchen in derselben Farbe erscheinen, die aber, allmälig 'verschwimmend, in die Farbe der nächsten Partie übergeht, [35] Die Porphyre und Grünsteine des Lennegebietes in Westphalen. 161 so dass dadurch die ausgezeichnetste Aggregatpolarisation hervortritt. Diese feinfaserig ausgebildete Grundmasse innerhalb der Schlieren kann keineswegs als mikrofelsitisch bezeichnet werden, ist vielmehr als eine sehr feinkrystallinische Masse aufzufassen, deren Gemengtheile sich jedoch nicht zu wirklicher Individualisation zu erheben vermochten. Was die Nädelchen ihrer mineralogischen Natur nach seien, lässt sich nicht mit Bestimmtheit angeben. Auch ausserhalb der Schlieren sind deutlich ansgebildete Individuen von Quarz und Feldspath nur in grosser Seltenheit vorhanden. Nur hin und wieder waren einige neben- einander liegende, unregelmässig begrenzte Quarzkörnchen und noch seltener dergleichen Feldspäthchen zu beobachten. Reichlich sind im Gestein kleine, unregelmässig begrenzte, hell- bis schmutziggrüne Partien vertheilt, die häufig faserartig zusammengesetzt sind und dann grosse Aehnlichkeit mit dem Serieit in Sericitschiefern und Serieit- gneissen besitzen. Ob sie wirklich identisch mit diesem sind, konnte nicht bestimmt entschieden werden. Diese feinfaserige, grüne Masse scheint es übrigens zu sein, welche im Handstück als grünliches, fett- glänzendes, dünnes Häutchen die Spaltungsflächen des Gesteins stellen- weise überkleidet und ihm dadurch die grosse Aehnlichkeit mit einem Sericitschiefer verleiht. Im Anschluss daran sei noch erwähnt, dass auch in den Por- phyren von Altenhundem, von der Bigge und vom Bratschkopf bei Olpe einzelne Schlieren vorkommen, die ganz oder theilweise so ausgebildet sind, wie die eben beschriebenen im Porphyr vom Steimel bei Schameder. Aus dieser Schilderung der Grundmasse des Gesteins von Scham- eder mag sich ergeben, dass diese sehr abweichend von derjenigen der übrigen flaserigen Porphyre beschaffen ist; trotzdem muss das Gestein als letzteren sehr nahestehend und engverwandt bezeichnet werden, was sich, abgesehen von dem ganz gleichartigen geologischen Auftreten, namentlich in der vollkommenen Uebereinstimmung der mikroskopi- schen Structur beider ausspricht. B. Porphyrische Gemengtheile der schieferig-flaserigen Porphyre. Ueber die porphyrischen Gemenstheile dieser Gesteine lässt sich nur wenig sagen. Auffallen muss es entschieden, dass in sämmtlichen schieferig-flaserigen Porphyren, mit Ausnahme desjenigen von Nieder- dresselndorf, Quarz niemals als porphyrisch ausgeschiedener Gemeng- theil zu beobachten ist. Wie schon bei der Betrachtung dieser Gesteine im Handstück zu erkennen ist, tritt in ihnen der Feldspath am häufig- sten porphyrisch ausgeschieden auf. Reich an dergleichen Feldspathen sind z. B. der Porphyr vom Steimel bei Schameder und derjenige vom Langeneier Kopf; auch die Gesteine von Altenhundem und von Nöckel bei Iseringhausen führen eine nicht gerade geringe Anzahl; dagegen sind die Porphyre vom Bratschkopf, von der Bigge, von der Grube Birkenstrauch bei Olpe und von Niederdresselndorf arm daran. Die Feldspathe sind theils Orthoklase, theils Plagioklase; in den Porphyren vom Langeneier Kopf und vom Steimel bei Schameder 162 H. B. Mehner. [36] erlangen letztere sogar das Uebergewicht über die Orthoklase. In ihren Eigenschaften stimmen die Feldspathe wesentlich mit den früher be- schriebenen der massigen Porphyre überein. Vollständig regelmässige Formen zeigen die Durchschnitte nur verhältnissmässig weniger Feld- spathe, dieselben sind vielmehr häufig nur theilweise geradlinig oder auch vollständig unregelmässig begrenzt. In den Gesteinen von Nieder- dresselndorf, vom Bratschkopf und von der Bigge scheinen nur Frag- mente von Feldspathen vorhanden zu sein. Mit wenig Ausnahmen sind die porphyrisch ausgeschiedenen Feldspathe von sehr breiter Gestalt. Im Porphyr von Schameder sind dieselben im gewöhnlichen Lichte tiefgrau und vollständig trübe und heben sich dadurch aus der lichteren Grundmasse hervor. Diese Trübung wird, abgesehen von einer theil- weisen molekularen Umwandlung bei einigen, durch dunkle Einschlüsse hervorgerufen, an welchen diese Feldspathe, monokline wie trikline, ungemein reich sind. Bei geringerer Vergrösserung als dunkle Punkte und Striche erscheinend, zeigen viele derselben bei starker Vergrös- serung eine lichte Mitte. Der grösste Theil davon erweist sich als Flüs- sigkeitseinschlüsse, beziehentlich Dampfporen, doch ebenso sicher andere auch als lamellare, solide Körper. Aehnliches zeigen die Feldspathe der übrigen Gesteine. Hinsichtlich der chemischen Umwandlung und Zersetzung der Feldspathe zeigen sich diejenigen des Porphyrs von Schameder am wenigsten angegriffen. Das Umwandlungsproduct ist hier wiederum die früher erwähnte glimmerähnliche, faserige Substanz (mikrokrystallinischer Kaolin ?); dieselbe findet sich in kleinen Nädelchen und Schmitzchen, welche sich wiederholt zu kleinen Büscheln vereinigen, zerstreut in der Feldspathsubstanz vor. Dasselbe Umwandlungsproduct des Feldspathes, aber in grösserer Menge zeigen die Porphyre vom Langeneier-Kopf, von der Grube Birkenstrauch, von Niederdresselndorf, vom Bratschkopfe und von der Bigge. Bei letzteren beiden tritt ausserdem noch Kaolın in seiner gewöhnlichen Ausbildung als Zersetzungsproduct auf. In den Porphyren von Altenhundem und Nöckel ist das glimmerähnliche Material als Umwandlungsproduct des Feldspaths merkwürdiger Weise niemals vorhanden; an Stelle der zersetzten und hinweggeführten Feld- spathsubstanz tritt hier vielmehr (wie theilweise in den zersetzten Feld- spathen des früher beschriebenen rothen Porphyrs von Altenhundem) immer kohlensaurer Kalk auf. In dem erstgenannten der beiden Ge- steine ist er in Körnern und kleinen Haufwerken im Innern der Feld- spathe abgelagert; in dem Gestein von Nöckel ist er bedeutend reich- licher vorhanden, so dass oft von grossen Feldspathen nur noch wenig Substanz erhalten, oder diese vollständig von ihm verdrängt ist. In beiden Porphyren findet sich ausserdem kohlensaurer Kalk auch durch die ganze Grundmasse verbreitet, theils als Ausfüllungsmaterial schmaler Klüfte, theils in zusammenhängenden Massen, im Porphyr von Alten- hundem häufig Hohlräume ausfüllend. In fast sämmtlichen Porphyren ist um die Feldspathe ein Rand von Eisenoxydhydrat gebildet, und ausserdem dringt dasselbe auch noch auf Klüften und Spältchen in das Innere derselben ein. [37] Die Porphyre und Grünsteine des Lennegebietes in Westphalen. 163 Der Quarz, der mit Ausnahme des Porphyrs von Schameder, in allen diesen Gesteinen als wesentlicher Gemengtheil der Grundmasse auftritt, findet sich, wie bereits erwähnt, als porphyrisch ausgeschiede- ner Gemengtheil nur im Porphyr von Niederdresselndorf; in diesem überwiegen die Quarze die Feldspathe an Zahl bedeutend. Sie bieten wenig Auffälliges dar. Vollständig unregelmässig begrenzt, sind viele arm an Einschlüssen, nur in wenigen treten letztere in bedeutender Anzahl auf. Diese sind wieder theils Einschlüsse von felsitischer Grund- masse, — welche allerdings nur spärlich auftreten und theils in eckigen Gestalten die Form des Quarzes andeuten, theils abgerundet sind, — theils sind es Flüssigkeits-Einschlüsse. Glas-Einschlüsse wurden nicht darin beobachtet. Lichtgrünlicher, fast farbloser Glimmer findet sich ebenfalls mehr- fach ausgeschieden, doch sind die faserigen, lamellar zusammengesetzten Blättchen desselben meist so klein, dass sie kaum den porphyrischen Gemengtheilen zuzuzählen sind. Eisenkies ist ungemein reichlich im Porphyr von Nöckel vorhan- den, meist in kleinen Körnchen ausgebildet, die häufig die Würfelform deutlich erkennen lassen; anderntheils bildet er auch grössere, unregel- mässige Haufwerke. Im auffallenden Lichte zeigt er die charakteristische messinggelbe Farbe. Da die in diesem Porphyr eingeschlossenen Schie- ferfragmente sich ungemein reich an Eisenkiespartikelchen erweisen, so hat die Annahme, dass der in der Porphyrgrundmasse liegende Eisen- kies erst durch Bearbeitung der Schiefereinschlüsse in jene gekommen sei, grosse Wahrscheinlichkeit für sich. Ausserdem findet sich in dem- selben Gestein in grosser Häufigkeit jene Substanz, welche im Porphyr von der Ruenhardt beschrieben wurde, welche bei auffallendem Lichte intensiv weiss erscheint und grosse Aehnlichkeit mit dem Zersetzungs- product des Titaneisens besitzt. Es scheint diese Substanz im Porphyr von Nöckel aber in einer gewissen Beziehung zum Eisenkies zu stehen; in grösseren Massen und Haufwerken dieser weissen Substanz findet sich wiederholt in der Mitte oder am Rande frischer Eisenkies einge- lagert, so dass die weisse Masse um ihn den Anblick eines Zersetzungs- productes von ihm gewährt. Ausserdem tritt die weisse Substanz häufig in sehr scharfumgrenzten, regelmässigen Vierecken und vollständigen Würfeln auf, die auf eine Pseudomorphose nach Eisenkies schliessen lassen. Ihrer Natur nach muss diese Substanz leider ebenso räthselhaft bleiben, wie diejenige des Zersetzungsproductes des Titaneisens. Aus diesen an den schieferig-flaserigen Porphyren gemachten Beobachtungen ergibt sich, dass dieselben mit Ausnahme des Gesteins vom Steimel bei Schameder und vielleicht auch desjenigen von Nieder- dresselndorf, wenn sie auch, sowohl in der Structur als in ihrer Zu- sammensetzung, vor Allem in Folge des durchgängigen Fehlens porphy- risch ausgeschiedenen Quarzes nicht unwesentlich von den massigen Porphyren abweichen, doch als wirkliche Porphyre aufzufassen sind; - doch veranlassen uns die Unterschiede anzunehmen, dass die Ent- Stehungsweise der schieferig-flaserigen Porphyre — wenn sie auch ebenso wie die massigen Porphyre Eruptivgesteine sind — eine andere gewesen sein mag, als die der massigen. Worin diese Abweichung 164 H. B. Mehner. [38] bestehe, und welches überhaupt die Art und Weise der Entstehung wirklich sei, muss hier unentschieden gelassen werden, und muss es genügen, an der Hand der mikroskopischen Untersuchung die Erupti- vität und Porphyrnatur dieser Gesteine constatirt zu. haben. Für das Gestein von Schameder ist aber auch dieses Letztere nicht einmal möglich, denn eine derartige Erklärung stösst wegen des in diesem Gestein vorgefundenen Abdruckes eines Organismus auf bedeutende Schwierigkeiten. Ein metamorphosirter Schiefer, für den man es halten zu dürfen glaubte, ist dieses Gestein ganz entschieden nicht, wie auch aus der Beschreibung desselben hervorgegangen sein wird. Weicht es auch bezüglich des Materiales einigermassen von den übrigen flaserigen Porphyren ab, so zeigt es doch in seiner Structur, wie in seinem ganzen Auftreten grosse Aehnlichkeit und Uebereinstimmung mit denselben. Es fragt sich nun: Sind wir berechtigt, die eruptive Entstehung, die wir den übrigen flaserigen Porphyren zugeschrieben haben, auch auf das Gestein aus der Nähe von Schameder auszudehnen ? Das heisst mit anderen Worten: Dürfen wir annehmen, dass die Art und Weise der Bildung eines solchen schieferig-flaserigen Porphyrs, die, wie bereits erwähnt eine von derjenigen der massigen Porphyre abweichende sein musste, eine derartige gewesen sei, dass von demselben das Schwanz- schild eines Homolanotus umschlossen und der Abdruck desselben erhalten bleiben konnte? Bei Verneinung dieser Frage bleibt nichts übrig, als dieses Gestein als submarine Tuffbildung eines Eruptivgesteins, und zwar eines Porphyrs aufzufassen. Bekanntlich hat Anger in seinen „Studien über klastische Gesteine“ ') bezüglich der Tuffe dargethan, dass es falsch ist, die einzelnen zusammensetzenden Elemente der Tuffe immer als zusammengeschwemmte Fragmente eines früheren, prae- existirenden Gesteins aufzufassen, dass es auch Porphyrtuffe gibt, welche sich keineswegs aus Bruchstücken eines zertrümmerten, ursprünglich massigen Porphyrs aufbauen. „Die meisten Tuffbildungen, namentlich der älteren Perioden, schliessen sich eng an die ihnen entsprechenden Massengesteine an, und ihre Entstehung fällt in gleiche Zeiten mit den- selben. Das Material ist der Hauptsache nach dasselbe, als wesentlicher Factor ihrer Bildung trat aber das Wasser hinzu, welches dem durch Eruption gelieferten Material eine solche Beschaffenkeit verlieh, dass dasselbe schichtenweise zum Absatz gelangen konnte.“ Auch bezüglich der Structur der Porphyrtuffe sagt Anger, dass dieselbe wiederholt mit derjenigen der Porphyre nahezu oder vollstän- dig übereinstimme. J.C. Ward?) gelangte durch seine Untersuchungen zu gleichem Resultat, dass nämlich sowohl feingeschichteter als auch srobkörniger Tuff, wenn er in hohem Grade verändert ist, in seiner mikroskopischen Structur von einer unzweifelhaften Felsitgesteinslava nicht zu unterscheiden ist, dass höchstens hin und wieder die Umrisse einzelner Fragmente die wahre Natur des Gesteins erkennen lassen. ) Min. Mittheil. 1875. 3. Heft. I. 0H Ward verbalen mikroskopische Gesteinsstructur einiger älterer und neuerer vulk. Gebilde. (Quart. Journ, of the Geol. Soc. XXXI. Nr. nr Neues Jahrb. f. M. 1876, pag. 211.) [39] Die Porphyre und Grünsteine des Lennegebietes in Westphalen. 165 Daraus geht hervor, dass in gewissen Fällen die Unterscheidung zwischen Porphyren und Porphyrtuffen im Dünnschliff u. d. M. sehr schwierig, ja geradezu unmöglich werden kann. In jedem solchen Fall ist es daher nicht nur billig, sondern geradezu nothwendig, die geologischen Be- ziehungen und Verhältnisse des betreffenden Gesteins mehr als je zu berücksichtigen und ihnen bei Beurtheilung der Natur und der Ent- stehungsart des Gesteins den überwiegenden Einfluss gegenüber den Folgerungen aus der mikroskopischen Beschaffenheit zuzuerkennen. Das Gestein von Schameder scheint ein derartiges Beispiel zu bieten, und es wird daher nur gerechtfertigt sein, wenn wir den Lagerungsverhält- nissen des Gesteins und namentlich dem Vorkommen eines organischen Restes in demselben Rechnung tragen und die Möglichkeit zugeben, dass dieses Gestein vom Steimel bei Schameder ein Porphyrtuff sei. Dass das Gestein so wesentlich mit den übrigen schieferig-flaserigen Por- phyren übereinstimmt, spricht nach den Anger’schen und Ward’schen Entwicklungen nicht gegen diese Auffassung; jedoch muss entschieden die eigenthümliche, durch Schlieren hervorgerufene und an die Fluc- tuationserscheinungen echter Eruptivgesteine erinnernde Structur dieses Gesteins dann auffallen, die keineswegs mit der von J. C. Ward er- wähnten, durch Metamorphismus hervorgerufenen, scheinbaren Fluctua- tion einer chloritischen Substanz um die grösseren Fragmente iden- tisch ist. Wenn Lossen bei Erörterung der Frage nach Bildung und Ent- stehung der von ihm untersuchten Porphyroide die Auffassung der letzteren als submarine Tuffbildungen von Eruptivgesteinen für unan- nehmbar erklärt, so geschah diess, weil ihm einestheils für die Por- phyroide des Taunus, der Ardennen und des Ostharzes die zu einer solchen Erklärung nöthigen Eruptivgesteine fehlten (im letzteren Orte wenigstens kein Porphyr, sondern nur Diabas), und anderntheils, weil die flaserigen Porphyroide eine andere Ausbildung als die sonst beob- achteten, echten Porphyrtuffe, Thonsteine zeigen.“ Verliert der zuletzt angeführte Grund durch die Anger’schen und Ward’schen Darlegun- gen schon an und für sich an Bedeutung, so fällt für das Gestein von Schameder auch das zuerst angeführte Hinderniss insofern weg, als dieses Gestein in naher Beziehung zu massigen Porphyren, wenn auch räumlich getrennt von denselben auftritt. Der Annahme einer submari- nen Tuffbildung betreffs dieses Gesteines scheint also nichts entgegen- zustehen. Damit soll nun keineswegs eine gleiche Art der Bildung der obenerwähnten Porphyroide Lossen’s angedeutet werden, vielmehr dürfte daraus nur hervorgehen, dass das Gestein von Schameder, wie überhaupt die schieferig-flaserigen Porphyre der Lennegegend ganz andere Gesteine sind als jene, und sich durchaus nicht auf gleiche Art und Weise der Bildung zurückführen lassen. Wenn auch die Porphyrnatur des Gesteins von Niederdresselndorf andeutungsweise als etwas zweifelhaft bezeichnet wurde (pag. 95), so geschah es, weil dasselbe u. d. M. infolge des gänzlichen Fehlens der Schlieren, sowie durch die reichliche Vermengung der porphyrischen Masse mit Thonschiefermaterial und das fragmentartige Aussehen der grösseren Mineralogische Mittheilungen. 1877. 2. Heft. (Mehner.) 22 166 H. B. Mehner. [40] porphyrischen Gemengtheile, mehr wie ein Porphyrtuff als. wie ein echter Porphyr erscheint. III. Porphyrtuffe. Als entschiedener Porphyrtuff erweist sich zunächst ein Gestein von den Bruchhausener Steinen in Westphalen. Die Untersuchung unter dem Mikroskop lässt nicht den geringsten Zweifel dagegen aufkommen: Das Gestein besteht ungefähr zur Hälfte aus feinzertheiltem porphyri- schen Material (porphyrischer Asche?), zum andern Theil aus Thon- schieferschlamm; ersteres bildet zahlreiche, unregelmässige, im Dünn- schliff durchsichtige bis durchscheinende Partien, während das Thon- schiefermaterial als grüne bis grünlichbraune Masse jenen Partien zwischengelagert ist. Meist sind die Grenzen zwischen diesen beiderlei Partien ziemlich scharf, andernfalls tritt aber auch ‘an den Rändern häufig eine Vermengung des beiderseitigen Materiales ein, was vor- nehmlich durch den schlammartigen Zustand des Schiefermaterials be- dingt gewesen zu sein scheint. Im polarisirten Lichte liefern die im gewöhnlichen Lichte fast einheitlich erscheinenden, lichten Partien des Gesteins ein sehr buntes, mosaikartiges Bild und ergeben sich dadurch als aus einer ungemein grossen Summe sehr kleiner, unregelmässiger, vielseitiger, spitzer und splittriger Individuen zusammengesetzt. Die- selben polarisiren mit sehr lebhaften Farben und scheinen vornehmlich dem Quarz anzugehören, doch betheiligt sieh auch Feldspath an der Zusammensetzung dieser Partien; derselbe ist nur selten deutlich vom Quarz zu unterscheiden, mit voller Sicherheit nur da, wo er sich durch regelmässige Form als solcher zu erkennen gibt. Die dunklen Partien von Thonschiefermasse zeigen grosse Aehn- lichkeit mit dem Thonschiefer von Brilon, von dem ein Dünnschliff zur Vergleichung zugezogen wurde. In einer das Licht einfachbrechenden, homogenen, fast farblosen Materie liegen unzählige kleine, schwarze, krystallinische Nädelchen, welche, richtungslos durcheinander gelagert, den Partien ein filzartiges Aussehen verleihen. Zwischen diesen feinen Nädelchen, die nur in den seltensten Fällen, bei grösserer Ausbildung eine lichte Mitte erkennen lassen, liegen kleine Schüppchen, Blättchen und Fäserchen eines lichtgrünlichen Glimmers von schwachem Dichrois- mus richtungslos zerstreut. Sie sind von unregelmässiger Gestalt und an den Rändern meist gefranst und zerfasert. Zwischen gekreuzten Nicols tritt dieser Glimmer mit hellleuchtenden Farben stark hervor. Endlich betheiligt sich auch Quarz in untergeordneter Weise an der Zusammensetzung der Thonschieferpartien. Dagegen ist kohlensaurer Kalk, der im Thonschiefer von Brilon in sehr reichlicher Menge auf- tritt, hier nicht zu beobachten. Grössere makroskopische Individuen finden sich in ziemlich reicher Anzahl durch das ganze Gestein und zwar sind es Quarz und Feldspath. Dieselben treten sowohl inmitten des porphyrischen Mate- rials als auch inmitten des Thonschieferschlammes auf. Der Quarz ist an Menge überwiegend vorhanden, zeigt vollständig unregelmässige [41] Die Porphyre und Grünsteine des Lennegebietes in Westphalen. 167 Umrisse und hat meist das Aussehen von Bruchstücken und Splittern. Während einige derselben reich an Flüssigkeitseinschlüssen sind, führen viele andere nur auffallend wenige derselben. Glaseinschlüsse waren nicht in ihnen zu beobachten, dafür aber in einigen derselben die für die Quarze der Porphyre so charakteristischen Einschlüsse von fein- körniger, felsitischer Grundmasse. Auch die Feldspathe sind fast sämmt- lich nur unregelmässig gestaltete Bruchstücke grösserer Individuen. Da, wo ihre rectanguläre Gestalt noch ziemlich deutlich an die des Feld- spaths erinnert, sind doch die Ecken stets bedeutend abgerundet und die Ränder mehr oder weniger alterirt. Sie sind sämmtlich einer sehr bedeutenden Umwandlung unterlegen gewesen, so dass sie, mit Aus- nahme weniger kleiner Partikel und Schmitzchen in grösseren Feld- spathen, gar nicht mehr polarisiren, vielmehr eine sehr trübe, bräun- liche, mehlige Masse darbieten, die von wenigen lichten, meist paral- lelen Linien durchsetzt ist, ähnlich wie es bei zahlreichen Orthoklasen in Syeniten, Graniten und Gneissen zu beobachten ist, und welches namentlich auf eine molekulare Umwandlung der Feldspathsubstanz zurückgeführt wird. Im auffallenden Lichte zeigen diese Feldspathe eine weisse bis weisslichgelbe Farbe. Das Material, das zu dieser Untersuchung vorlag und welches der Verfasser ebenfalls durch die Freundlichkeit des Herrn Professor Zirkel erhielt, trug noch die ursprüngliche Etiquette: „Thonschiefer im Beginn der Metamorphose zu Porphyr, Bruchhäuser Steine, West- phalen.“ Bereits im Anfange dieser Abhandlung wurde dieses Porphyrs der Bruchhäuser Steine und des interessanten Uebergangs desselben in Thonschiefer gedacht. Hier sei in Kürze nochmals darauf zurück- gekommen, dass sich daselbst „in der Nähe des Porphyrs im Thon- schiefer viele kleine Punkte und Flecke, sowie grössere Partien von Feldspathsubstanz, beziehentlich Porphyrmasse einstellen, die nach dem Porphyr zu an Menge und Grösse zunehmen, so dass schliesslich der Thonschiefer gar nicht mehr der vorwaltende Theil des Gesteins ist, vielmehr weisse, eckige, scharfkantige und fragmentähnliche, sowie rundliche Massen von der Grösse mehrerer Linien bis zu drei Viertel der ganzen Bruchfläche einnehmen. Das Gestein ist dabei noch schie- ferig und sieht auf den Schieferungsflächen ganz thonschieferartig aus. -Diese Einschlussmassen werden allmälig zu zoll- bis fussgrossen Brocken von solcher Häufigkeit, dass die schwarze Masse des Schiefers nur noch als schwache Streifen, als Adern und Trümmer darin erscheint, bis sich zuletzt auch diese verlieren und damit der Uebergang in Felsitporphyr vollendet ist.“ Diesen Uebergang hat man, wie auch die oben angeführte Bezeichnung des Gesteins besagt, durch die Annahme einer Umwandlung des Thonschiefers zu erklären versucht. Lossen sagt darüber): Es scheinen echte Eruptivporphyre porphyrartige Um- bildungen im Thonschiefer bewirkt zu haben und überdiess Breccien den falschen und echten Porphyr zu verbinden. Die mikroskopische Untersuchung lässt dagegen, wie eben dargethan, mit aller Entschieden- heit erkennen, dass wir es in diesem Gestein nicht mit einem umge- 1) Zeitschrift. d d. g. G. 1869, pag. 322. 22* 168 H. B. Mehner. [42] wandelten Schiefer, sondern mit einem Porphyrtuff zu thun haben. Dass bei einem solchen in der Richtung nach dem Porphyr hin das porphyrische Material, in der Richtung nach dem Thonschiefer hin aber das Material des letzteren vorherrschen kann, ja muss,. ist selbstver- ständlich und bedarf darum keiner weiteren Worte. Die Annahme der Umwandlung des Thonschiefers zur Erklärung des allmäligen Ueber- ganges ist infolge dessen gar nicht mehr nöthig. Das speciell hier untersuchte Gestein entspricht jener Zwischenstufe, wo porphyrisches Material und Thonschiefermasse ungefähr im Gleichgewichte stehen und bedauert Verfasser nur, dass ihm nicht auch noch Proben von anderen Stufen des allmäligen Ueberganges zur Verfügung standen. Die als „Schalsteine“ bezeichneten Gesteine von der Grube Vietor bei Assinghausen in zweierlei Vorkommnissen und vom Stollen der Grube Grönebach bei Elpe sind ebenfalls ohne allen Zweifel Por- phyrtuffe. An die Schalsteine erinnert nur der in ihnen abgelagerte kohlensaure Kalk, der bei einigen derselben in sehr bedeutender Menge vorhanden ist. Von Material, welches den Gemengtheilen der Grünsteine entspräche (was doch zum Begriff der Schalsteine unbedingt gehört) ist keine Spur wahrzunehmen: weder Augit, noch Hornblende, noch Magneteisen, noch deren Umwandlungsproducte; trikliner Feldspath nur in seltenen Fällen. Da diese Gesteine wesentlich auch aus einer dichten, feinkörnigen Masse bestehen, in welcher einzelne grössere Krystalle, Körner und Bruchstücke, vornehmlich von Quarz und Feld- spath auftreten, so empfiehlt es sich, auch hier, wie in den Porphyren, die feinkörnige Masse zunächst zu betrachten, um dann zur Beschrei- bung der gröberen Gemengtheile überzugehen. Damit soll jedoch keines- wegs gesagt sein, dass hier ein ähnlicher Gegensatz, respective eine ähnliche Beziehung wie in den echten Porphyren zwischen Grundmasse und porphyrisch ausgeschiedenen Mineralien herrsche; ebensowenig soll, wenn die dichte Masse dieser Tuffe, der Kürze des Ausdrucks wegen, im Fernern zuweilen mit „Grundmasse“ bezeichnet wird, diese dadurch als identisch mit der porphyrischen Grundmasse erklärt werden. Unter dem Mikroskop zeigen diese Gesteine in ihrer Beschaffen- heit nur unbedeutende Abweichung von dem früher beschriebenen Por- phyrtuff von den Bruchhäuser Steinen. Sie sind nämlich ebenfalls aus porphyrischem Material und aus Thonschiefermasse zusammengesetzt, doch ist in diesen Gesteinen eine derartige Sonderung des Materials, wie sie in jenem Gestein fast durchgängig zu beobachten war, nicht - durchgeführt. Die beiderseitigen Massen gehen eine viel innigere Ver- mischung ein; eine factische Durcheinandermengung derselben hat statt- gefunden. Daneben sind allerdings auch in untergeordnetem Maasse Partien nur aus den Bestandtheilen des Thonschiefers aufgebaut, und wiederum andere, welche nur aus porphyrischem Material zusammen- gesetzt sind, zu beobachten. Die grösste Menge von Thonschiefermate- rial findet sich in dem einen Tuff von der Grube Victor; daher zeigt auch derselbe im Handstück, vornehmlich auf den Spaltungsflächen, grosse Aehnlichkeit mit einem grobflaserigen, weichen Thonschiefer. In den beiden andern Gesteinen (von der Grube Grönebach und in einem zweiten Vorkommen von der Grube Victor) ist das Porphyrmaterial [43] Die Porphyre und Grünsteine des Lennegebietes in Westphalen. 169 zum Theil überwiegend vorhanden und ähneln diese Gesteine im Hand- stücke daher schon mehr einem Porphyr; trotzdem sind sie noch aus- gezeichnet geschichtet und nach einer Richtung leicht spaltbar. In dem einen Porphyrtuff von der Grube Victor wechseln im Handstück dünne Schichten von grosser Spaltbarkeit und mit weisslich glänzenden Spal- tungsflächen, die wieder durch zwischengelagerte Theilchen von Eisen- ' oxydhydrat hellröthlich marmorirt und punktirt sind, mit Partien von mehr massigem Gefüge und körnigem Bruche ab, welche sich u. d. M. vorwiegend aus feinkörnigem, porphyrischen Material zusammengesetzt erweisen. Das Material, welches dem Thonschiefer angehört, ist genau das- selbe wie beim Tuff von den Bruchhäuser Steinen. Dieselben kleinen, schwarzen, krystallinischen Nädelchen, welche dort beschrieben wurden, liegen hier ebenfalls in reicher Anzahl richtungslos durcheinander, doch treten sie an Menge hinter denen des Tuffes der Bruchhäuser Steine zurück. Dafür ist in den hier beschriebenen Gesteinen ganz lichter bis farbloser Glimmer in reichem Maasse vorhanden; auch der Quarz tritt häufiger als Gemengtheil der Thonschieferpartien auf. Kohlensaurer Kalk ist hier unter dem Thonschiefermaterial auch nicht zu beob- achten. Wie bereits erwähnt, zeigt die Hauptinasse dieser sogenannten Schalsteine eine innige Vermengung von Thonschiefer- und Porphyr- material. Sie ist folgendermassen zusammengesetzt: der Hauptgemeng- theil ist Quarz, dessen Körnchen bis zu grosser Kleinheit herabsinken ; nur selten sind dazwischen auch Feldspathpartikel mit Sicherheit nach- zuweisen, wenn gleich zu vermuthen steht, dass Feldspath ebenfalls Antheil an der Zusammensetzung nimmt. Glimmer ist ebenfalls in bedeutender Menge vorhanden, derselbe bildet nur selten grössere Blättchen, als vielmehr kleine Nädelchen, Schmitzchen und Fäserchen, die in der Grundmasse zerstreut liegen, im gewöhnlichen Lichte fast farblos sind, nur einen schwach grünlichen Schein zeigen, im polari- sirten Lichte aber mit hellleuchtenden Farben hervortreten. Es sind ganz dieselben Gebilde, welche früher als Gemengtheile der Thon- schieferpartien beschrieben wurden und ist daraus, sowie aus dem Um- stande, dass die reinen Porphyrpartien vollständig frei von Glimmer sind, zu entnehmen, dass der gesammte Glimmer der Gesteine dem Thonschiefermaterial zugehört. Die kleinen Fäserchen und Nädelchen von Glimmer sind meist richtungslos durch die Grundmasse zerstreut, so vor Allem in dem einen Gestein von der Grube Victor. In dem andern und in demjenigen von der Grube Grönebach sind diese Glimmer- partikel stellenweise in paralleler Lagerung zu grösseren, unregelmässigen Haufwerken vereinigt; diese zeigen ausgezeichnete Aggregatpolarisation und stimmen in: ihrer Gesammtrichtung im Wesentlichen überein; dadurch erhält das Gestein von der Grube Grönebach mehr als die übrigen u. d. M. stellenweise ein sehr schieferiges Aussehen. In den meisten untersuchten Präparaten war ferner noch an den Rändern zahlreicher grösserer Quarz- und Feldspathkörner, sowie in der Um- gebung der in der Grundmasse liegenden Haufwerke von kohlensaurem Kalk eine parallele Anordnung zahlreicher Glimmerblättchen in senk- 170 H. B. Mehner. \ [44] rechter Stellung zu den Rändern jener Individuen und Haufwerke zu beobachten. Als Gemengtheile der Grundmasse treten ausser Quarz, Feldspath und Glimmer endlich noch jene schwarzen, krystallinischen Nädelchen auf. Am häufigsten sind dieselben in dem einen Tuff von der Grube Victor zwischen das porphyrische Material eingelagert, wo- durch die Grundmasse an diesen Stellen ein trübes, staubartiges Aus- sehen erhält. In dem anderen Tuff von der Grube Victor und in dem von der Grube Grönebach treten dagegen besagte dunkle Nädelchen an Zahl sehr zurück und bedingen dadurch ein lichteres Aussehen und grössere Pellucidität der Grundmasse dieser Gesteine. Wie im Porphyrtuff von Bruchhausen liegen auch in der dichten Masse der hier beschriebenen Tuffe viele grössere Quarze, welche, ihrer unregelmässigen Begrenzung nach zu schliessen, erst wieder srösstentheils durch Zertrümmerung anderer Quarze entstanden sein dürften. Dieselben sind meist arm an Flüssigkeitseinschlüssen, nur einige machen davon eine Ausnahme. Glaseinschlüsse wurden in den Quarzen dieser Tuffe ebenfalls nicht beobachtet, dagegen waren wieder- holt Einschlüsse feinkörniger Grundmasse darin nachzuweisen. Ver- einzelte Quarze in dem einen Tuff von der Grube Victor zeigen merk- würdiger Weise eine vollständig abgerundete Gestalt, während alle übrigen sich durch sehr scharfe Ecken auszeichnen. Neben dem Quarz tritt auch Feldspath in grösseren Individuen auf, doch niemals in gros- ser Häufigkeit, am zahlreichsten‘ in dem einen Tuff von der Grube Victor und hier wieder vornehmlich in den oben erwähnten quarz- reichen, durch Eisenoxydhydrat rothbraun gefärbten Partien. Immer kommen die Feldspathe in der Form ganz unregelmässig begrenzter Bruchstücke vor; kein einziger regelmässiger Krystalldurchschnitt konnte beobachtet werden. Die meisten von ihnen enthalten eine grosse Menge von Einschlüssen; diese sind grösstentheils dunkle, lamellare oder nadelförmige, beziehentlich punktförmige Gebilde, neben welchen ausser- dem noch Flüssigkeitseinschlüsse und Dampfporen in geringerer Anzahl vorkommen. In vielen der Feldspathfragmente sind die dunklen Ein- lagerungen in solcher Menge vorhanden, dass erstere im gewöhnlichen Lichte bei geringer Vergrösserung sehr trübe aussehen. Die Feldspath- substanz scheint nur wenig umgewandelt zu sein, wenigstens polarisirt sie grösstentheils noch mit sehr lebhaften Farben. Glimmer ist als porphyrischer Gemengtheil nicht vorhanden, ein- zelne grössere Blättchen desselben rühren augenscheinlich mit aus dem Thonschiefermaterial her. Der kohlensaure Kalk, der sich in allen diesen Tuffen reichlich vorfindet und wohl eben zur Bezeichnung dieser Gesteine als Schalsteine die Veranlassung gegeben hat, bildet, abge- sehen von den in einzelnen Feldspathen und sonst hie und da auf- tretenden kleinen Partikelchen, meist grössere, zusammenhängende, unregelmässig begrenzte Massen, die nur in den seltensten Fällen einem einheitlichen, aus einer Anzahl von Zwillingslamellen zusammengesetzten Kalkspathkörper entsprechen, als vielmehr meist Haufwerke grössten- theils unregelmässig gestalteter Kalkspathkörnchen von trüber Beschaf- fenheit sind, die in Folge dessen ein erdiges Aussehen besitzen. Hin [45] Die Porphyre und Grünsteine des Lennegebietes in Westphalen. 471 und wieder finden sich inmitten solcher Kalkpartien Theile von Feld- spathen vor, so dass es dadurch, wenigstens ‚für diese, den Anschein gewinnt, als seien sie an Stelle allmälig zersetzter Feldspathe im Gestein abgesetzt worden; trotzdem müssen wir wohl dem grössten Theile dieser umschlossenen Partien von kohlensaurem Kalk Ursprünglichkeit zuerkennen. Die Kalkspathmassen werden wiederholt von schmalen Klüften durchsetzt, die mit einem feinfaserigen, lichtgrünlichen, stark doppelbrechenden, glimmerartigen Mineral ausgefüllt sind, welches mit jenem früher erwähnten, senkrecht an dem Rande grösserer Individuen angesiedelten Minerale vollständig übereinstimmt; das Mineral in den kleinen Klüften ist entschieden secundär und ist daher wohl auch für das andere ein gleicher Ursprung anzunehmen. Das Eisenoxydhydrat, welches sich in einzelnen Lagen des einen Tuffes von der Grube Victor sehr reichlich vorfindet, hat sich auf zahlreichen Klüften des Gesteins in schmalen Streifen und in grösseren Haufwerken von lockerer Beschaf- fenheit abgesetzt. Anhangsweise folge hier die Beschreibung des sogenannten „Por- phyrs“ vom Weinberg bei Brachthausen, welcher Enkriniten führt und sich, wie bereits erwähnt, unter dem Mikroskop sofort als typischer, feinkörniger Sandstein zu erkennen gibt. Derselbe besteht wesentlich aus unregelmässigen, mehr oder weniger abgerundeten Quarzkörnern. Diese sind fast sämmtlich sehr reichlich mit Flüssigkeitseinschlüssen erfüllt, welche durchgängig nur geringe Grösse besitzen, zum Theil sogar zu sehr bedeutender Winzigkeit herabsinken und zumeist in langen Reihen hintereinander angeordnet liegen. Diese Reihen verlaufen häufig vollständig durch das ganze Quarzkorn von einem Rande des- selben zum anderen, an den Rändern plötzlich abgeschnitten, woraus sich ebenfalls die klastische Natur dieser Quarzkörner erkennen lässt. Viele der Quarze sind von Flüssigkeitseinschlüssen in so beträchtlichem Maasse angefüllt, dass sie durch dieselben ganz trübe und grau gefärbt erscheinen. Die ganze Beschaffenheit der Quarze spricht dafür, dass sie nicht aus Porphyren, sondern aus älteren Gesteinen stammen, was durch das gänzliche Fehlen der Einschlüsse von Glas und felsitischer Grundmasse bestätigt wird. Zwischen den Quarzkörnern befinden sich sodann auch Fragmente zusammengesetzter Gesteine. Die Klüfte zwischen den Quarzkörnern und Gesteinsfragmenten sind mit braunem Eisenoxydhydrat erfüllt, wodurch das Gestein die dunkelbraune Farbe erhält, die im Handstück hervortritt. 172 H. B. Mehner. [46] IV. Grünsteine (Diabase). („Hyperite“* und „Labradorporphyre“ v. Dechens.) 1. Geographisches und Geologisches. Die durch v. Dechen als Hyperit oder Hypersthenfels bezeich- neten Gesteine treten nach seiner Beschreibung‘) in schmalen Zügen, die in ihrer Richtung dem Streichen der Gebirgsschichten entsprechen, in der mittleren Abtheilung des Devon (D. Lenneschiefer) unter ähn- lichen Verhältnissen wie die Porphyre auf. Am häufigsten ist das Vor- kommen ganz in der Nähe der Grenze des Fürstenthums Waldeck, südlich von der Stadt Brilon, in der Gegend des oberen Laufes der Ruhr, zwischen Wiemeringhausen, Siedlinghausen, Silbach und Hiltfeld. Ausserdem tritt „Hyperit“ noch vereinzelt bei Olsberg und ganz gegen Westen bei Altena und Breckerfeld auf, von welch’ letzterem Punkte ein Vorkommen von der Ennepe östlich von Rüggeberg zur Untersuchung vorlag. In der Gegend der oberen Ruhr unterscheidet v. Dechen sechs hauptsächliche Züge dieses Gesteins, von denen der erste stellen- weise eine Mächtigkeit von 70—100‘, der zweite eine solche bis zu 500‘ erlangt; in letzterem sollen sich übrigens wiederholt grosse Partien des Nebengesteins eingeschlossen finden, welche aus einem hellgrauen, harten Schiefer von splittrigem und unebenen Bruch bestehen. Die übrigen Grünsteine, durch v. Dechen als „Labradorpor- phyre“ bezeichnet ?), bilden zunächst Züge in der Gegend von Brilon, wo sie sich von Oberberge bis östlich gegen Giershagen hin erstrecken, sodann treten sie südlich davon im Ruhrthale in Gemeinschaft mit jenen „Hyperiten“ auf, wo wiederholt ein allmäliger Uebergang aus dem einen Gestein in das andere zu beobachten sein soll; und endlich bilden sie noch ebenfalls nur vereinzelte Vorkommen weiter gegen Westen, an der Volme, in der bereits genannten Gegend von Breckerfeld. Zur Untersuchung lagen Gesteine aus der-Gegend von Nieder- feld, vom Rimberg am oberen Laufe der Ruhr und aus der Gegend von Breckerfeld, von der Volme vor. Zur bequemeren Namhaftmachung seien dieselben hier gleich nach einander aufgezählt und mit Nummern versehen. 1. „Hyperit“, zwischen Wiemeringhausen und Niederfeld, rechte Ruhrseite, zweites Lager. 2. „Hyperit* von der Ruhr, oberhalb Niederfeld, viertes Lager, 3. „Grünstein“ vom Rimberg bei Niederfeld an der Ruhr. 4. „Grünstein* vom Rimberg bei Niederfeld an der Ruhr (anderes Lager). 5. „Hyperit“ von der Ennepe, östlich Rüggeberg. !) Verhandlungen des naturhistor. Vereines d. preuss. Rheinlande und West- phalens. 12. Jahrg., 2. Heft, pag. 194 und Karsten’s und v. Dechen’s Archiv. Bd. 19, pag. 486 ff. und pag. 503 ff. ?) A. a. O. pag. 196 und Bd. 19 pag. 456. [47] Die Porphyre und Grünsteine des Lennegebietes in Westphalen. 173 6. „Grünstein“ von der Volme, oberhalb Breckerfeld, (Nummer- stein 1'76). 7. „Grünstein* von der Volme, oberhalb Breckerfeld, (Nummer- stein 1°97—1°96). Die Grünsteine 3, 4, 6 und 7 wurden auch als Labradorporphyre bezeichnet; freilich sind in den vorliegenden Stücken makroskopische Feldspathe nicht ausgeschieden. 2. Mikroskopische Untersuchung. Nachdem. in jüngster Zeit durch die optische und mikroskopische Untersuchung des augitischen Gemengtheils viele bis dahin als Hyperite aufgefasste Gesteine ihres Charakters als solche entkleidet wurden und sich als Gabbro, oder als Diabase oder Diorite erwiesen, gestatteten auch die als Hyperite aufgeführten Gesteine der Ruhr- und Volme- gegend von vorn herein einigen Zweifel an ihrer Hypersthenitnatur. In Wirklichkeit ergab denn auch die mikroskopische Untersuchung, wie hier gleich vorausgeschickt sein mag, dass sämmtliche als Hyperite bezeichneten Gesteine, gleich den übrigen, Grünsteine und Labrador- porphyre genannten, nur Diabase sind. Alle diese Diabase zeigen im Handstück zwar verschiedene Ab- stufungen in der Grössenausbildung ihrer Gemengtheile, indem einige sehr dicht, andere von gröberem Korn sind, weichen auch bezüglich des Vorherrschens des einen oder anderen Gemengtheils, sowie durch den verschiedenen Grad der Zersetzung von einander ab, doch sind die dadurch hervorgerufenen Unterschiede so wenig charakteristisch und eingreifend, dass von einer makroskopischen Beschreibung dieser Gesteine hier füglich abgesehen werden kann und sofort die Resultate der mikroskopischen Untersuchung folgen sollen. Als Gemengtheile dieser Diabase treten auf: Plagioklas, Augit und sein Zersetzungsproduct, der Viridit, Magneteisen, Titaneisen, Epidot und Apatit; daran schliessen sich noch einige Zersetzungspro- ducte. Die Plagioklasdurchschnitte sind, wie das für die Diabase über- haupt charakteristisch ist, sämmtlich in langer Leistenform ausgebildet und durchgängig von regelmässiger, scharfumgrenzter Gestalt, welche im Dünnschliff auch dann noch meist deutlich zu erkennen ist, wenn die Feldspathsubstanz bereits vollständig der Umwandlung anheimge- fallen ist. Eine Umwandlung haben übrigens die Feldspathe dieser sämmtlichen Diabase erfahren, doch ist dieselbe in den verschiedenen Gesteinen verschieden weit vorgeschritten. Am frischesten sind die Plagioklase noch in den Diabasen Nr. 7 und 5. Bei fast sämmtlichen derselben ist daher die Zwillingsstreifung noch sehr deutlich zu erken- nen, nur bei wenigen ist dieselbe verwischt; die einzelnen Zwillings- lamellen polarisiren mit lebhaften Farben. Vorgeschrittener in der Zer- setzung sind die Feldspathe in den Diabasen Nr. 2, 3, 4 und 6, so dass sie durch Umwandlungsproducte und andere an Stelle der Feld- spathsubstanz abgeschiedene Massen sehr getrübt sind und die Zwil- lingsstreifung dadurch unterbrochen ist; doch zeigen die erhaltenen Reste der Feldspathsubstanz noch lebhafte Polarisation. Endlich ist bei Mineralogische Mittheilungen. 1877. 2. Heft. (Mehner), 23 174 H. B, Mehner. [48] dem Diabas Nr. 1 die Umwandlung eine so bedeutende, dass nur in den allerseltensten Fällen und dann auch nur stückweise eine Zwillings- streifung an den Plagioklasen zu beobachten ist. Ueberhaupt ist bei diesem Gestein einheitliche Feldspathsubstanz durchgehends fast gar nicht mehr wahrzunehmen. Dass das augitische Mineral in diesen Gesteinen niemals Hyper- sthen, sondern stets Augit ist, erkennt man im Dünnschliff sofort an dem Verlauf der Spalten und Sprünge in demselben, der durchaus nicht demjenigen entspricht, welchen wir im Hypersthen zu beobachten gewohnt sind, für den Augit aber geradezu charakteristisch ist; auch zeigt das Mineral niemals Dichroismus. Der Augit tritt, auch wo er noch sehr frisch erhalten und von scharfen Rändern begrenzt ist, nie- mals in regelmässigen Formen auf, sondern bildet vollständig unregel- mässige, vielgestaltige, durch zahlreiche eckige Einbuchtungen der übrigen Masse zerrissene Partien, was sich häufig bis zur vollständigen Abtrennung kleiner Partien von der Hauptmasse fortsetzt, so dass der Augit, abgesehen von der Massenhaftigkeit desselben in einigen dieser Gesteine, wiederholt als Ausfüllungsmaterial zwischen den regelmässig ausgebildeten Feldspathkrystallen erscheint. Es geht daraus hervor, dass der Augit sich später verfestigte als der Feldspath. Ist der Augit schon einer theilweisen Zersetzung unterlegen gewesen, so sind natür- lich die Umrisse vor Allem stark alterirt. Die Umwandlung des Augits in den verschiedenen Gesteinen geht keineswegs immer Hand in Hand mit derjenigen des Feldspaths. Im Gegentheil findet sich in solchen Diabasen mit sehr stark, ja vollständig zersetzten Feldspathen noch durchgängig ganz frischer Augit; der Diabas Nr. 1 liefert dazu einen ausgezeichneten Beleg. Die Verwitterung und Umwandlung des Feldspaths gibt sich im gewöhnlichen Lichte durch starke Trübung desselben zu erkennen, unter dem Polarisationsapparate erweist sich das Zersetzungsproduct als ein kurzfaseriges, buntstrahliges, eisblumenähnliches Aggregat. Hand in Hand mit der Umwandlung erfolgt zumeist eine Ansiedelung der Zersetzungsproducte des Augits im Innern der Feldspathe. Zunächst erfolgt dieselbe auf Spalten zwischen den Zwillingslamellen, bei weiter vorgeschrittener Zersetzung durchziehen diese Massen die Feldspath- substanz nach allen Richtungen und verdrängen dieselbe in Gemein- schaft mit deren eigenem Umwandlungsproducte schliesslich vollständig. Die Umwandlungsproducte des Augites sind vor Allem Viridit, kohlen- saurer Kalk und vielleicht auch Magneteisen. Der Viridit tritt in den meisten dieser Diabase in reichlicher Menge auf, theils in grösseren Aggregaten, theils in feiner Vertheilung innerhalb der Feldspäthe oder zwischen denselben. Er stimmt in seiner Beschaffenheit und in seinem ganzen Auftreten vollständig mit der Beschreibung überein, welche Dathe in ausführlicher Weise in seiner Abhandlung „über Diabase“ geliefert hat‘), und kann daher hier auf jene verwiesen werden; nur sei noch bemerkt, dass ein Vorkommen des Viridits in Form kleiner Schüppchen niemals zu beobachten war, vielmehr bildet derselbe stets ‘) Mikroskopische Untersuchungen über Diabase von Fr. Ernst Dathe. [49] Die Porphyre und Grünsteine: des Lennegebietes in Westphalen, 175 lange Nädelchen und zugespitzte Fäserchen. Kohlensaurer Kalk findet sich in sämmtlichen Diabasen, in einigen nur:in geringer Menge, als Ausfüllungsmaterial kleiner Spältchen und Hohlräume (Gesteine Nr. 1, 3 und 7), in anderen (Nr. 2 und 5) reichlicher und endlich in den Gesteinen Nr. 4 und 6 in ungemein reichem Maasse; in Nr. 4 beträgt er mindestens 50 Proc. des ganzen Gesteins. Es kann hier der früheren, jüngst noch von Dathe näher begründeten Ansicht, dass der kohlen- saure Kalk in den Diabasen secundär sei, nur beigepflichtet werden, fortgesetzt gibt sich derselbe als neuangesiedeltes Mineral zu erkennen. Theils findet er sich inmitten grösserer Viriditpartien, theils bildet er schmale Gänge durch’s Gestein, welche die Gemengtheile (Augit, Feld- spath, Magneteisen etc.) durchsetzen. Besonders schön sind dergleichen Gänge in Diabas Nr. 7 zu beobachten. Dieselben stehen häufig wieder mit anderen Partien und Körnchen von kohlensaurem Kalk, die im Gestein zerstreut liegen, in Verbindung, so dass für diese die gleiche Art der Entstehung angenommen werden muss. Der kohlensaure Kalk scheint in erster Linie aus der Zersetzung des Augits hervorgegangen zu sein, womit übereinstimmt, dass sich in den Gesteinen mit noch ziemlich frischem Augit die geringsten Mengen kohlensauren Kalkes finden, während in den beiden Gesteinen Nr. 4 und 6 mit vollständig umgewandeltem Augit der Kalkgehalt ein ungemein hoher ist. Der kohlensaure Kalk hat sich indessen keineswegs immer an Stelle des Augits, sondern zumeist sogar an anderen Orten im Gestein abgeschie- den, so z. B. auch häufig innerhalb zersetzter Feldspathe. Noch sei erwähnt, dass im Gestein Nr. 5 sich mehrfach grössere Massen kohlensauren Kalkes, allseitig von Veridit umschlossen, vorfinden, die ihrerseits wiederum mehrere unregelmässig gestaltete, farblose Kör- ner eines einfachbrechenden Minerals umschliessen, welches allem An- schein nach Granat sein dürfte. Dass Masneteisen bei Zersetzung des Augeits sich ebenfalls gebildet habe, hat wohl in einzelnen Fällen viel Wahrscheinlichkeit für sich, lässt sich jedoch nicht mit voller Sicherheit constatiren. In den Gesteinen Nr. 4 und 6, in welchen gar keine un- zersetzte Augitsubstanz mehr zu finden ist, tritt ausser Viridit noch ein anderes Umwandlungsproduct des Augits in grosser Menge auf. Dasselbe bildet meist grössere, zusammenhängende, unregelmässige Massen, von zum Theil scharfliniger Begrenzung, so dass sie noch sehr auffällig an die unregelmässigen, aber sehr leicht wieder zu erkennenden Formen der Durchschnitte des Augits erinnern. Zum Theil kommt das Zersetzungsproduct auch nur in lockeren Haufwerken vor, die nach dem Rande zu verschwommen sind und sich allmälig auflösen. Im durch- fallenden Lichte erscheinen diese Partieen braun, im auffallenden grau- lich- bis grünlichweiss. Bei starker Vergrösserung ist zu erkennen, dass sie namentlich aus einer Summe höchst kleiner, abgerundeter Körnchen mit trüber, bräunlichdurchscheinender Mitte und dunklem Rande be- stehen, welche das Licht einfach brechen. Zwischen diesen liegen in ebenfalls reicher Menge andere kleine, farblose, das Licht doppel- brechende Körnchen, welche sich bei starker Vergrösserung zwischen gekreuzten Nicols als kohlensaurer Kalk erweisen. Diese innige Impräg- nirung der braunen Partieen mit kohlensaurem Kalk erklärt es, dass f 93*+ 176 H. B. Mehner. [50] dünne Stellen derselben im polarisirten Lichte in der Regel einiger- massen leuchtend hervortreten. In einem mit Chlorwasserstoffsäure län- gere Zeit behandelten Präparate war daher eine solche Doppelbrechung nicht mehr zu beobachten. Beide Substanzen, sowohl kohlensaurer Kalk als auch die kleinen, trüben Körnchen sind entschieden durch Zer- setzung des Augits direct aus diesem hervorgegangen. Was die kleinen Körnchen ihrer Natur nach sind, ist nicht zu entscheiden; nach lang- anhaltender Einwirkung von Chlorwasserstoffsäure unter starker Erwär- mung zeigten sie nicht die geringste Veränderung. Von Erzen finden sich in den untersuchten Diabasen zunächst Titaneisen und Magneteisen, ersteres an Menge bedeutend vor- wiegend. Beide Mineralien lassen niemals regelmässige Formen erken- nen; eine Unterscheidung derselben im frischem Zustande würde dadurch ungemein erschwert sein. Das Titaneisen gibt sich jedoch immer durch sein bekanntes, charakteristisches, graulichweisses Zersetzungsproduct zu erkennen, in welches es zum Theil oder auch vollständig überge- gangen ist. Im Diabas Nr. 3 ist das schwarze Erz noch in Linien und Streifen zwischen der weissen, ausgebreiteten Substanz vorhanden. Diese schwarzen Linien laufen theils parallel, theils durchkreuzen sie sich (in der früher bei Beschreibung des Titaneisens einiger Porphyre be- sprochenen Weise). In den übrigen Diabasen bilden das noch erhaltene Erz und sein Zersetzungsproduet nur unregelmässige Massen. In Nr. 4 ist sämmtliches Erz der Umwandlung anheimgefallen und nur das weisse Product derselben noch zu beobachten. Das Maeneteisen steht, wie erwähnt, an Menge hinter dem Titaneisen zurück. Im Diabas Nr. 4 ist keine Spur von demselben zu entdecken; in Nr. 1 tritt es ebenfalls sehr spärlich auf. Dass ein Theil des Magneteisens, namentlich, wo es inmitten des Augits vorkommt, möglicher Weise aus diesem durch Zer- setzung desselben hervorgegangen sein dürfte, wurde bereits angedeutet. Ein anderer Theil des Magneteisens gehört aber ganz entschieden den ursprünglichen Gemengtheilen dieser Diabase zu. Hin und wieder hat eine theilweise Umwandlung des Magneteisens in Eisenoxydhydrat statt- gefunden. Ausser Titaneisen und Magneteisen findet sich in allen diesen Diabasen, wie auch schon im Handstück zu erkennen ist, in geringer “Menge Eisenkies. Er gibt sich im auffallenden Lichte durch seine gelbe Farbe und durch den starken Metallglanz zu erkennen. Niemals zeigt derselbe eine Umwandlung zu Eisenoxydhydrat, vielmehr hat er stets ein sehr frisches Aussehen. Von ihm umschlossene kleine Feld- späthchen sind vor der Umwandlung ebenfalls bewahrt geblieben, und zeichnen sich demgemäss durch ihre grosse Frische aus. Epidot ist verhältnissmässig wenig in diesen Gesteinen enthalten; am reichsten daran ist das mit Nr. 3 bezeichnete, ausserdem enthalten dieses Mine- ral noch in geringer Menge die Vorkommen Nr. 1, 2 und 5. Dasselbe tritt in kleinen, unregelmässig begrenzten Körnchen von lichtgrünlicher bis gelblichbrauner Farbe auf, welche meist pellucid sind und das Licht stark doppelbrechen. Im polarisirten Lichte treten sie daher mit leuch- tenden Farben hervor. Die meisten dieser Körnchen, wenn nicht sogar sämmtliche, mögen secundärer Entstehung sein; wiederholt fanden sich [51] Die Porphyre und Grünsteine des Lennegebietes in Westphalen. 177 dieselben in secundären Partieen von Kalkspath und von Viridit ein- gelagert oder auch inmitten zersetzter Feldspathe abgeschieden. Apatit ist in auffallend geringer Menge in diesen Diabasen vor- handen; einigermassen reichlich tritt er nur in den Varietäten Nr. 3 und 7 auf. Olivin ist in sämmtlichen untersuchten Dünnschliffen aller dieser Diabase niemals zu beobachten gewesen. Resultat. Die untersuchten „Porphyre“* der Lennegegend, sowohl die mas- sigen, als auch die schieferigen erweisen sich mit Ausnahme derjenigen vom Steimel bei Schameder und vom Weinberg bei Brachthausen, als wirkliche eruptive Porphyre. Sämmtliche Porphyre besitzen krystallinisch ausgebildete Grund- masse. Der makroskopische Unterschied zwischen den massigausgebildeten und den schieferigen Porphyren gibt sich auch mikroskopisch wieder zu erkennen. Die massigen Porphyre führen eine durchaus gleichmässig ausgebildete Grundmasse, welche in einigen sphärulitische Structur zeigt. Die schieferigen Porphyre zeichnen sich durch sehr abweichende Grösse und Anordnung des Korns einzelner Partieen der Grundmasse aus. Durch den schlierenartigen Verlauf dieser abweichend ausgebildeten Partien in der übrigen Grundmasse wird fast sämmtlichen dieser schie- ferigen Porphyre eine ausgezeichnete Fluctuationsstructur aufgedrückt. Die massigen Porphyre führen sämmtlich porphyrische Quarze, von denen die meisten Glaseinschlüsse besitzen. Die schieferigen Porphyre enthalten, mit Ausnahme desjenigen von Niederdresselndorf, niemals Quarz als porphyrisch ausgeschiedenen Gemengtheil. In den Quarzen der Grundmasse sind keine Glaseinschlüsse zu beobachten. Einige der massigen Porphyre führen eine Anzahl eingeschlossener Thonschieferfragmente. Die schieferigen Porphyre sind sämmtlich sehr reich an einge- schlossenem Thonschiefermaterial. Dasselbe lässt fast immer eine starke Bearbeitung durch die porphyrische Masse erkennen; es tritt theils in scharfbegrenzten Fragmenten, theils in verschwommenen Partieen auf, die das Aussehen haben, als seien sie als weiche Schlammmassen ein- geschlossen worden; theils ist es in höchst feiner Vertheilung durch die ganze Grundmasse dieser Gesteine verbreitet. Die Structurverhält- nisse der Grundmasse schliessen indessen die Ansicht aus, als ob diese schieferigen Porphyre Tufigesteine seien, welche den Schalsteinen der Diabase zu vergleichen wären. Diese Gegensätze führen auf die Vermuthung, dass die Entstehungs- weise der massigen und der schieferigen Porpiyre — wenn sie auch beide Eruptivgesteine sind — doch eine etwas abweichende war. Die Identificirung dieser flaserigen Porphyre der Lennegegend mit den Porphyroiden des Taunus, der Ardennen etc. und die Bezeichnung der ersteren als solche ist demnach nicht gerechtfertigt. 178 H. B. Mehner. [52] In einigen Porphyren tritt Titaneisen und sein Zersetzungsproduct reichlich auf. Glimmer ist nur selten als makroskopischer Gemengtheil vorhanden. In dem Gestein von Schameder ist die Grundmasse abweichend von derjenigen der übrigen schieferigen Porphyre beschaffen, sie ist fast vollständig aus kleinen, krystallinischen, farblosen Nädelchen zu- sammengesetzt. Das Gestein ist entschieden kein umgewandelter Schiefer. Die Porphyrnatur desselben ergibt sich aus der mikroskopischen Unter- suchung zwar als wahrscheinlich, Kann jedoch nicht mit voller Sicher- heit festgestellt werden, vielmehr muss die Möglichkeit, dass dieses Gestein ein Porphyrtuff sei, zugegeben werden. Die mikroskopische Beschaffenheit des Gesteins von Niederdres- selndorf rechtfertigt die Deutung desselben als Porphyrtuff. Der vermeintliche Porphyr vom Weinberg bei Brachtbausen, welcher Stielglieder von Enkriniten führt, ist ein feinkörniger Sandstein. Der „in Porphyr übergehende Schiefer“ von den Bruchhäuser Steinen ist ein wirklicher Porphyrtuff und besteht aus einer Vermen- gung von Partieen klastischen porphyrischen Materials mit Thonschiefer- material. Die untersuchten sogenannten „Schalsteine“ der Lennegegend sind ebenfalls Porphyrtuffe, die sich nur durch einen bedeutenden Kalkgehalt auszeichnen. Die „Hyperite“ und Grünsteine („Labradorporphyre“) der Ruhr- und Volmegegend sind Diabase. Am Schlusse dieser Arbeit möge es dem Verfasser gestattet sein, seinem hochverehrten Lehrer, Herrn Prof. Zirkel den wärmsten, auf- richtigsten Dank auszusprechen für die Hingebung, mit welcher er den Verfasser in das Studium der Mineralogie und Petrographie eingeführt hat, für die freundliche Vermittlung und Ueberlassung des Materials zu dieser Arbeit und die liebenswürdige, bereitwillige Unterstützung, die er ihm bei den Untersuchungen selbst durch Rath und That stets zu Theil werden liess. V. Ueber einige Quarzporphyre und Diorite aus dem Silur von Böhmen. Von R. Helmhacker. In der central- und westböhmischen Silurformation finden sich viele eruptive Gesteine von gleichem Alter mit dem Silur, oder auch jüngerer als silurischer Bildung. Dieselben wurden jetzt einer Unter- suchung unterzogen, in erster Reihe aber sind alle Eruptivgesteine untersucht worden, welche in den Rahmen der geologischen Karte der Umgebung von Prag fallen. Diese geologische Karte, welche der Vollendung nahet, umfasst einen Raum von 20 Quadratmyriameter und kommen auf derselben folgende Gesteine eruptiver Bildung zur Darstellung. Granit, welcher jünger ist als das Untersilur, Quarzporphyr untersilurisch und auch etwas jünger; Diorit jünger als das Untersilur oder untersilurisch ; Corsit jünger als das oberste Untersilur, (Etage Dd,); Minette vom jüngsten Untersiluralter (Etage Dd,); Diabas im unteren Obersilur (Etage Ee,) und im Untersilur mit diesen Schichten von gleichem Alter, nebst noch einigen seltenen Gesteinen (Basalte etc.). Aus dieser für das Archiv der Landesdurchforschung von Böhmen ‘bestimmten Arbeit seien hier, noch vor dem Erscheinen derselben, welches noch einige Zeit währen dürfte, besonders zwei Gesteine, die Quarzporphyre und Diorite, beschrieben. Aus diesen Beschreibungen wird die grosse Mannigfaltigkeit dieser Eruptivgesteine ersichtlich sein und wird dadurch der classische Silurboden nur noch in erhöhtem Maasse das Interesse erwecken. 1. Quarzporphyr von Vran, südlich von Prag. In den nach NNW. verflächenden, feinkörnigen Grauwacken und festen Grauwackenschiefern von grauer und dunkelgrauer Farbe, welche dem Untersilur, und möglicherweise der Primordialetage angehören, finden sich südlich von Prag in den schroffen Moldauufer-Gehängen zahlreiche Quarzporphyrlager, insbesondere schön südlich von Zbraslav Mineralogische Mittheilungen. 1877. 2. Heft. (Helmhacker.) 180 R. Helmhacker. [2] (Königsaal) (etwas über 1'/; Myriameter südlich von Prag) entblösst, wo auf dieselben Steinbrüche angelegt sind. Eines der liegendsten dieser Porphyrlager, welche schief über die Moldau von einem Ufer auf das andere hinübersetzen, ist am linken Moldauufer etwas weniges südlich von Vran (am rechten Ufer) und Skochovic bei der Einschicht Vyr durch einen Steinbruch aufgeschlossen. Der Bruchstein dient ais Pflasterstein bei Navigationsbauten. Die Mächtigkeit des Lagers von Quarzporphyr beträgt sehr viele Meter und ist derselbe im Steinbruche ziemlich frisch. Das Aussehen des Quarzporphyres ist am Ausbisse des Lagers ein derartiges, dass daraus die Structur dieses Gesteines nicht zu ent- räthseln wäre, da die Feldspäthe kaolinisirt, theilweise aus der Ge- steinsmasse gänzlich herausgelöst sind, wodurch diese ein poröses bis kleinzelliges Aussehen, bei einer schmutzig weissen oder bräunlichen Farbe darbietet. Das am frischesten aussehende Gestein, welches grob bankförmig oder dick geschichtet ist, erscheint grau. Bei näherer Betrachtung er- scheinen in einer grauen felsitischen Grundmasse zahlreiche, weisse, spaltbare Feldspäthe, welche dieselbe stellenweise ziemlich zurück- zudrängen scheinen; weniger häufig scheinen dem blossen Ansehen nach die tief rauchgrauen Quarztheilchen zu sein. In diesem Gemenge, dessen einzelne Individuen bis zu 2'/; Mm. grösster Länge, seltener wohl noch etwas darüber erreichen, sind einzelne, bis 1 Mm. breite Körnchen von Pyrrhotin als accessorisches Mineral eingewachsen. Nur verhältnissmässig seltener ist der Pyrit in noch etwas kleineren Körn- chen nachzuweisen; in manchen Handstücken lässt sich derselbe neben dem Pyrrhotin gar nicht nachweisen. Der als accessorischer Gemengtheil auftretende Pyrrhotin ist hier zum ersten Male im Quarzporphyr bekannt geworden, denn man findet dieses Mineral in Quarz- und Felsit- oder Orthoklasporphyren nirgends angeführt. In diesem Mineralgemenge von porphyrartiger Textur mit vor- herrschenden ausgeschiedenen Krystallen und untergeordneter felsitischer Grundmasse finden sich stellenweise scharf begrenzte Partieen der Felsitgrundmasse, bis zur Haselnussgrösse und darüber, von rein grauer oder etwas dunkelgrauer Farbe. Unter der Loupe zeigt diese Felsit- ausscheidung ausser dem splittrigen Bruch noch in vielen Fällen winzige Körnchen von Pyrrhotin in geringer Menge eingesprengt. Jetzt erklärt es sich von selbst, warum die Klüfte des Quarz- porphyrs von Limonit braun gefärbt erscheinen und warum das Gestein bei anfangender Zersetzung sich bräunt und selbst kleine Partikelchen erdigen Limonites, offenbar die Stelle des zersetzten Pyrrhotines ein- nehmend, enthält. Mit verdünnten Säuren behandelt, entwickeln nur gewisse Stel- len in der Nähe der Feldspäthe etwas Bläschen, während sich das übrige Gestein kaum mit anhaftenden Bläschen bedeckt. Es ist also nur in gewissen Feldspäthen eine Caleitimprägnation vorhanden. E Die mikroskopische Untersuchung des Quarzporphyrs ergibt Fol- gendes: [3] Ueber einige Quarzporphyre und Diorite aus dem Silur von Böhmen. 181 . Selbst bei schwächerer Vergrösserung fällt es sogleich auf, dass man es mit einem Quarzporphyr zu thun hat, dessen sogenannte aus- geschiedene Krystalle eigentlich keine Krystalle, sondern Krystallbruch- stücke sind. Es erscheint diese Art von Porphyren nicht selten, nach- dem Michel Levy in seiner mit ausgezeichnet ausgeführten Tafeln ge- zierten Abhandlung (Memoire sur les divers modes de structure des roches &ruptives etudiees au microscope au moyen de plaques minces, Paris 1875) die aus Krystalltrümmern bestehenden Quarzporphyre viel- fach beschreibt. Die Zertrümmerung zeigt der Quarz in hohem Grade; von grös- seren Quarzkrystallen finden sich nur einzelne von unebenen Flächen (Linien im Mikroskope) begrenzte, oft scharfkantige Bruchstücke, nicht selten ganz vereinzelt, oder noch aneinander gefügt und durch eine mehr oder minder dicke Schicht eingedrungener Grundmasse getrennt, dass ihr ursprünglicher Zusammenhang wahrscheinlich wird. Andere Quarze, und zwar nicht die grössten, zeigen sich durch Spalten gerissen, und theilweise noch zusammenhängend; die Spalten mit Grundmasse ausgefüllt. Andere sind nur zersprungen; die kleinsten sind ganz und zeigen die Querschnitte- der den Porphyren überhaupt eigenthümlichen Doppelpyramiden unversehrt. Selbst die nur zerklüfte- ten oder gespaltenen Quarzkrystalle sind nicht selten klein wenig ver- schoben, da nicht alle durch die wenigen Klüfte getrennten Quarz- theilchen im polarisirten Lichte gleichzeitig die gleichen chromatischen Erscheinungen zeigen. Der Feldspath zeigt ähnliche Erscheinungen wie der Quarz; auch diese Krystalle sind mehr oder weniger zerrissen, jedoch scheinen die Feldspäthe mehr geschont worden sein, da sie etwas mehr ebenflächig (geradlinig) begränzt sind. Dieses ist aber nur scheinbar, da die Spalt- barkeit diese mehr geradlinige Begränzung bedingt, während beim Quarz die unregelmässigen Bruchflächen vorherrschen. Die kleineren Pyrrhotine erscheinen unregelmässig begränzt, wohl auch aus Körnern zusammengesetzt, jedoch nie zerbrochen. Auch die etwas grösseren, zertrümmerten und wenig aus dem Zusammenhange gebrachten Feldspathkrystalle, meist die Orthoklase, welche recht oft durch neu gebildeten Orthoklas verkittet sind, zeigen in ihren Trümmern im polarisirten Lichte gleichzeitig nicht gleiche Farben. r Während bei der Untersuchung des Quarzporphyrs im Bruche die weissen Feldspath-Spaltungsflächen über die Quarze vorzuwalten schienen, zeigen Dünnschliffe, dass das Gestein aus etwa gleichen Mengen von eingewachsenem Quarz (Bruchstücken und Krystallen) und Feldspath besteht. Vom Quarz ist nichts besonderes zu erwähnen, er fällt durch seine bedeutendere Durchsichtigkeit, Reinheit und die überhaupt dem- selben zukommenden, so oft schon nachgewiesenen Eigenthümlich- keiten auf. Mineralogische Mittheilungen. 1877. 2. Heft. (Helmhacker.) 24 182 R. Helmhacker. [4] Der Feldspath, der dem blossen Ansehen nach als Orthoklas auf- zufassen wäre, besteht zur Hälfte aus Orthoklas, und zum andern Theile aus Plagioklas (Oligoklas) da er sehr deutliche Zwillingsstreifung zeigt. In keinem Oligoklas erscheinen die Zwillingslamellen jedoch in einer bedeutenden Zahl. Die grösseren Pyrrhotinkörner nehmen den Platz in der Nähe der eingewachsenen Krystalle (Bruchstücke) ein. Die dichte felsitische Grundmasse löst sich unter dem Mikroskope in ein deutlich krystallinisches Gemenge von ÖOrthoklasmikrolithen auf, zwischen denen sehr spärlich auch ebenso kleine vereinzelte Quarze, natürlich nur im polarisirten Lichte nachgewiesen werden. Der Ortho- klas der mikrokrystallinischen Grundmasse erscheint etwas frischer als die Masse der eingewachsenen grösseren Krystallbruchstücke, welche weisslich getrübt ist. In der’ mikrokrystallinischen Grundmasse sind zahlreiche Pyrrho- tinkörnchen zerstreut, welche, wenn dieselben nicht schon makroskopisch als zu diesem Mineral gehörig nachgewiesen worden wären, auch als Magnetit gedeutet werden könnten. Vielleicht wäre die Deutung solcher schwarzer Körnchen in manchen Quarzporphyren als Magnetit nach dieser hier gemachten Erfahrung anzuzweifeln. Ausser diesen Pyrrhotinkörnchen zeigen gewisse Stellen der Felsit- grundmasse kleine, aber scharf begränzte grüne Schuppen, die allge- mein, wohl mit Recht, als Chlorit gedeutet werden. Wahrscheinlich verdankt die Grundmasse denselben die graue Farbe, wenn dieselbe nicht besser als eine Folge der Textur der weissen Mikrolithe aufzu- fassen wäre. Dünne Klüfte, welche unter dem Mikroskope den Dünnschliff sehr spärlich durchsetzen, sind mit Chloritschuppen ausgekleidet und er- scheinen als Chloritstränge. 2. Quarzporphyr von Radosovic. Der Ort Radosovic liegt OS. von Prag 2”/, Myriameter an der Prag-Kuttenberger Reichsstrasse, wenig nördlich von Ritan. Nördlich von Radosovic zieht sich eine Schlucht „Pfestavickä rokle“ genannt, in welcher ein schöner Aufschluss eines 3 bis 4” mächtigen, nach 10® steil verflächenden Lagerganges oder Lagers, was noch nicht sicher nachgewiesen ist, von Quarzporphyr ansteht. Die Quarzporphyr-Lager- stätte ist dem Streichen nach gegen WS. auf etwa 1 Myriameter Ent- fernung bekannt, doch nur bei Radosovic am frischesten anstehend. Die Lagerstätte ist in unteren Untersilurphylliten oder festen Grau- wackenschiefern eingelagert. An den Klüften, oder längere Zeit der Witterung ausgesetzt, wird der Quarzporphyr gelbgrau, im frischen Bruche aber ist er licht gelb- lichgrau, von deutlich porphyrartiger Textur. Die Grundmasse und die eingewachsenen Krystalle erscheinen dem Auge in ziemlich gleichem Maasse zur Zusammensetzung des Gesteins beizutragen. [5] Ueber einige Quarzporphyre und Diorite aus dem Silur von Böhmen. 183 Am Bruche fallen sogleich die dunkelrauchgrauen durchsichtigen Quarzkrystalle in Doppelpyramiden auf, deren grösste Formen in der Richtung der Hauptachse bis 6"= Länge erreichen. Ausser Quarz enthält die Grundmasse höchstens halb so lange, weisse, nur kanten- durchscheinende Feldspäthe mit deutlichen Spaltungsflächen. Der Feld- spath scheint neben dem Quarz trotz seiner geringeren Grösse in etwas grösserer Menge aufzutreten. Als accessorische Gemengtheile treten nur sehr spärlich wenige Millimeter lange, hexagonale, grünlichbraune Biotitkrystalle, mit sehr unebener, oder nie durch einseitigen Druck wellig gebogener oR-Fläche zum Vorschein, welche etwas weniger fettglänzend erscheinen und auf eine Vertalkung hinzuweisen scheinen. Dann erscheint noch Pyrit in höchsten 1 Mm. grossen Körnchen. Oberflächlich sind manche Hand- stücke in kleinen Hohlräumen unregelmässig kleinluckig und bräunlich gefärbt, jedenfalls in Folge des verwitterten Pyrites. Die licht gelblichgraue Felsitgrundmasse ist feinsplittrig sehr fest, wodurch das ganze Gestein fest verbunden und schwer zersprengbar erscheint. In verdünnten Säuren erweisen sich die frischen Brocken des Quarzporphyres als Calcitfrei; die etwas weniger frischen minder zähen entwickeln spärliche Bläschen, ihr Feldspath ist demnach zersetzt und mit etwas Calcit durchdrungen. Unter dem Mikroskope zeigen sich die Quarze durchsichtig, ganz rein, und bei einigen, bei denen der Schnitt ein hexagonaler, folglich auf der Hauptaxe ein senkrechter war, konnte mit einiger Wahrschein- lichkeit die Linksdrehung beobachtet werden, Die Orthoklase sind selbst in den dünnsten Präparaten meist weiss, getrübt, schwach durchscheinend und mit äusserst feinen hellen Linien parallel zu einer Richtung gänzlich oder unterbrochen durch- zogen, welche sich als Spaltungsfugen deuten liessen. Andere jedoch zeigen sich frischer, weil sie im polarisirten Lichte starke Farben zeigen, sind jedoch gänzlich mit anderen Kryställchen durchspickt, welche vermuthlich als Orthoklase in anderer Orientirung sich deuten liessen. Andere zeigen deutliche Aggregatpolarisation. Oligoklas liess sich mit Sicherheit nur an gewissen Durchschnitten nachweisen. Auch Verwachsungen von Oligoklas mit dem als Orthoklas gedeuteten Feld- spath sind ersichtlich. In einigen Orthoklasquerschnitten zeigten sich einige Quarzkıy- ställchen eingewachsen. Das als Biotit erwähnte Mineral ist eine Pseudomorphose, viel- leicht nach Biotit. Dasselbe ist licht gelblichgrünlich durchsichtig, wahr- scheinlich Chlorit und mit dünnen kurzen, meist nach einer Richtung orientirten Nadeln, entweder spärlich oder reichlich durchwachsen. Der Krystallform und den sonstigen Eigenschaften nach, erinnern dieselben an Amphibol. Nebstdem sind diese Glimmerpseudomorphosen dunkel- braun getüpfelt, was von Limonit herrührt und hie und da auch mit gelblich hyacinthrothen Fetzen von Haematit begleitet. 24* 184 R. Helmhacker. [6] Die Pyritkörnchen zeigen nicht selten einen dunkelbraunen, wol- kigen Hof von Limonit, welcher, wiewohl selten, auch im Orthoklas und Oligoklas und um denselben kleine Wölkchen bildet, oder nach zufällig vorhandenen Klüftchen in denselben eindrimgt. Die dichte Grundmasse besteht aus deutlichen Mikrolithen und erweist sich bei stärkerer Vergrösserung aus kurzen, dicken Stäbchen von Orthoklas zusammengesetzt. Da sich im polarisirten Lichte einige stärker gefärbte Punkte in derselben zeigen, so dürften dieselben auf Quarz zurückzuführen sein, für dessen Anwesenheit in der Grundmasse übrigens kein anderer besserer Beweis erbracht werden kann. Zahlreiche, zu kleinen Wolken gehäufte, schmutzig dunkelbraune Limonitpartikelchen in der Felsitgrundmasse, sowie spärliche Schüppchen von Chlorit scheinen die Ursache. der licht gelblichgrauen Farbe der- selben zu sein. Zugleich sind sie ein Hinweis für die nicht gänzlich frische Natur dieses festen Quarzporphyrs, da sie als secundäre Mine- ralien fehlen sollten. Für die nicht gänzliche Frische ist ausserdem auch der getrübte Orthoklas und Oligoklas ein Beleg. 3. Quarzporphyr von Letek. Das Dorf Letky liegt am linken Moldauufer in gerader Richtung 12 Kilometer, nördlich von Prag. Zwischen Podmoran und Letek ist die den unteren Untersilurschichten angehörige, dunkelgraue, feinkörnige Grauwacke, welche beim Schlagen klingt, von einigen schwachen Gän- gen von Quarzporphyr durchsetzt. Aus einem solchen Gange, von !/g Meter Mächtigkeit, südlich von Letek, einige Schritte vom Moldau- ufer entfernt, wurde diese Probe entnommen. Der Quarzporphyr ist ausnahmsweise frisch und unzersetzt, trotz- dem dass ihn hie und da sehr dünne Klüftchen von krystallinischem Caleit durchsetzen, und dass reine Bruchstücke desselben in verdünnten Säuren eine unbedeutende Menge von Bläschen entwickeln. Im frischen Bruche herrscht die deutlich splittrige, licht gelblich- graue Felsitgrundmasse bedeutend über die in derselben eingewachse- nen, grauen, fettglänzenden Quarzkrystalle vor, deren grössten die Dimensionen von 2”"” kaum übersteigen. In einzelnen Handstücken sind Pyritkörnchen der Form 0%, kaum !/,"= Kantenlänge be- sitzend, einzeln oder gehäuft eingewachsen. Die verblasste Oberfläche zeigt schwache Limonitschnürchen und Pünktchen. Unter der Loupe gewahrt man am Bruche ausserdem noch kleinere, spärlich auftretende, durchsichtige, deutlich gestreifte Plagioklaskry- ställchen von frischem Aussehen. Unter dem Mikroskope zeigt sich die Felsitgrundmasse gegenüber den eingewachsenen Krystallen ebenfalls vorherrschend. Der Quarz tritt sehr deutlich zum Vorschein und einige Durch- schnitte, welche wahrscheinlicher Weise senkrecht zur Hauptachse des- selben geschnitten wurden, gehören dem links drehenden Quarze an. Die Quarzkrystalle sind entweder unmittelbar in der Grundmasse ein- 7] Ueber einige Quarzporphyre und Diorite aus dem Silur von Böhmen. 185 gewachsen, oder sind dieselben zum Theil oder gänzlich von einem Pyritkranze umhüllt, welcher, wenn er nicht etwa in einzelnen grösse- ren Körnchen sehr spärlich in der Grundmasse eingewachsen erscheint, sich nie an die Feldspäthe, sondern nur an den Quarz anlehnt. Das zweite Mineral, der Oligoklas, zeigt sich unter dem Mikro- skope häufiger als dies vermuthet werden könnte und er steht der Menge nach dem Quarz nur wenig nach. Das frische Mineral von etwas kleineren Dimensionen als der Quarz, zeigt sehr deutliche Zwillings- lamellen, jedoch meist nur in beschränkter Menge. Der an Zwillings- lamellen reichste Querschnitt zeigte 12 farbige Bänder im polarisirten Lichte; meist erscheinen deren aber ungleich weniger. . Einzelne Krystalle von Orthoklas kommen nur in ziemlich spärlicher Menge vor, so dass sie beinahe als accessorisches Mineral gedeutet werden könnten. Accessorisch sind auch trübe, aus Längsfasern bestehende Säulchen anzutreffen, deren Deutung nicht gelang. Sie erinnern an Muscovite oder Talkquerschnitte, womit aber keinesfalls eines dieser Mineralien, am wenigsten der Talk, gemeint sein kann. Die Grundmasse ist deutlich krystallinisch und in derselben zeigen sich wohl spärliche aber deutliche Quarzkörnchen. Dieselbe wird vor- 'herrschend als aus Orthoklas bestehend gedeutet, da keine Beobach- tung die Anwesenheit von Plagioklas bestätigt. Um so auffallender ist es in dieser mikrokrystallinischen, vorherrschend aus Orthoklas und auch aus Quarz bestehenden Grundmasse Quarz und Oligoklas in grös- seren Krystallen ausgeschieden zu finden. Die Grundmasse besteht aus hellen Partien, in welcher grauliche wolkige Trübungen sich netzförmig durchschlingen. Diese trüben Stellen machen den Eindruck als wäre die Trübung durch das vordem erwähnte, an Muscovit oder Talk erinnernde Mineral, hervorgebracht worden. Um die eingewachsenen ausgeschiedenen Krystalle bildet die helle Grund- masse einen von der wolkigen Trübung umsäumten Hof. An anderweitigen Einschlüssen lässt sich in den ausgeschiedenen Krystallen nichts bemerken. Der Quarzporphyr ist vollkommen frisch, da demselben alle Limonit- und Chlorit-Trübungen fehlen. 4. Quarzporphyr von Libsie. LibSic liegt am linken Moldauufer, 1'/, Myriameter in gerader Richtung, nördlich von Prag. Nördlich von LibSie schneidet die Prag- Dresdener Eisenbahn in einen steilen Abhang des linken Ufers ein, durch welchen ein Quarzporphyrgang in das entgegengesetzte Ufer unter dem Fluss hindurchstreicht. In dem Quarzporphyrgange von mehreren Metern Mächtigkeit, welcher Grauwackenschiefer des unteren Untersilurs durchsetzt, wird ein kaum metermächtiger, deutlich körniger -Minettegang, denselben quer durchsetzend, erkannt, dessen Haltbarkeit aber wegen seiner fortgeschrittenen Zersetzung keine bedeutende ist. 186 R. Helmhacker. [8] Der Quarzporphyr nördlich von Libsic ist ziemlich zähe, fest und frisch. Manche Handstücke erscheinen mit schwachen, höchstens feder- kieldicken oder noch schwächeren, Quarzklüftchen durchzogen. Die Farbe rein lichtgrau, die angegriffene Oberfläche licht rostbraun. In der deutlich splittrigen vorherrschenden Felsitgrundmasse sind Quarzkrystalle von bis 2'!/,”” Breite, ziemlich reichlich eingewachsen. Nur unter der Loupe erkennt man die spärlich auftretenden, viel klei- neren, deutlich gestreiften weissen Oligoklaskrystalle. In verdünnten Säuren brausten. frische Brocken nur unter Ent- wicklung von unbedeutenden Bläschen auf. Zum Dünnschliffe wurde ein Brocken verwendet, durch welchen eine 1 Millimeter mächtige Quarzkluft hindurchging. In manchen ganz reinen, durchsichtigen Quarzkrystall-Querschnit- ten zeigten sich Einschlüsse von Felsitmasse, entweder als grösserer Kern inmitten des Krystalles, oder mit der äusseren Umgebung durch einen dicken Canal communicirend, je nach der Richtung des Schliffes. Sonst aber zeigten sich die Quarze frei von Einschlüssen. Oligoklase erscheinen in der Grundmasse spärlich, ebenso Ortho- klase; im Vergleich zum Quarz beinahe als unwesentlich anzusehen. Die Grundmasse ist selbst bei geringerer (60maliger) Vergrösserung deutlich krystallinisch; im polarisirten Lichte mit stark färbigen Körn- chen, die als Quarz zu deuten wären, ziemlich reichlich versehen. In der Grundmasse finden sich hie und da Chloritschuppen; dünne Klüft- chen in derselben sind ebenfalls mit Chloritschuppen ausgefüllt. Das Quarzklüftchen zeigte sich aus reinem durchsichtigen Quarz zusammengesetzt, in welchem sich dickere Lagen von Chloritschuppen in einzelnen Nestern von grasgrüner Farbe ausgeschieden vorfanden. Der Quarzporphyr ist beinahe ganz frisch, da sich in demselben erst die ersten Anfänge von Zersetzungs- und Infiltrationsmineralien, von denen der Chlorit eines ist, zeigen. 5. Felsit von Jenerälka. Jenerälka liegt 4'/), Kilometer NW. von Prag im Särkathal. Einige hundert Meter nördlich davon, knapp an der nach Horomefic führenden Strasse, befindet sich in Silurschichten, welche entweder Ober-Primordial oder wohl noch etwas unbedeutend jünger sind, dem- nach im mittleren Untersilur, ein etliche wenige Meter mächtiger Felsit, an dieser Stelle als Lagergang entwickelt und nach SSO. verflächend. Der Felsit ist frisch, im Aussehen licht fleischroth, an den Kanten stark durchscheinend, deutlich splittrig. In demselben treten sehr spär- lich bis 2””= grosse Quarzkrystalle zum Vorschein, von denen auf etwa 1!/,; Quadrat - Centimeter Bruchfläche nur einer entfällt. Noch seltener sind dünne, kurze, frische, weisse, gestreifte Oligoklasbruch- flächen zu bemerken; auf etwa 10 Quadratem. Fläche entfällt ein Oligo- klaskryställchen. Man kann desshalb der sehr vorherrschenden Grund- [9] Ueber einige Quarzporphyre und Diorite aus dem Silur von Böhmen. 187 masse gegenüber den spärlichen eingeschlossenen Krystallen nicht den Namen von Quarzporphyr geben, sondern muss dieselbe als Felsit bezeichnen. Manche Handstücke zeigen kurze, sämmtlich nach einer Richtung gestreckte, seltener bis halbfingerdicke Streifen, von kirschrother Farbe, welche sich unter der Loupe aus Haematit (Eisenrahm) zusammenge- setzt erweisen, indem dessen Schuppen regellos gehäuft erscheinen. Diese Streifchen, welche von der Felsitmasse scharf getrennt sind, erinnern an die in den Granuliten (Fleckengranuliten) von Gloggnitz auftretenden schwarzen Flasern, kommen jedoch nicht zahlreich zum Vorschein. Das Gestein ist ausserdem durchzogen mit bis messerrückendicken Klüftchen von späthigem halbdurchsichtigem Calcit und Quarz und bedeckt sich in verdünnten Säuren mit kleinwinzigen Bläschen von Kohlensäure. Unter dem Mikroskope zeigen sich die spärlichen Quarzkrystalle ganz rein, die bei Betrachtung des Bruches so seltenen Feldspäthe sind jedoch bei Vergrösserung des Dünnschliffes in kleinen Krystallen etwas reichlicher als der Quarz anzutreffen; sie sind sowohl Oligoklas mit wenig zahlreichen Zwillingslamellen, als auch Orthoklaskryställchen oder Zwillinge des Carlsbader Gesetzes. Die Orthoklase scheinen gegen- über dem Oligoklas etwas weniger vorzuherrschen. In den Feldspäthen sind häufig wenige, aber deutlich regelmässig hexagonal oder verzogen hexagonal begränzte, hyacinthroth durchscheinende Schüppchen von Haematit eingewachsen anzutreffen. Neben denselben ein, oder sehr wenige undurchsichtige schwarze Körnchen, die als Pyrit zu deuten wären. Eine angestellte Messung eines dieser kleinen Haematitschüpp- chen von deutlicher hexagonaler Form, ergab für dessen Breite !/,, "” und dessen Dicke !/go, ””; doch sind die Schüppchen auch noch etwas kleiner oder grösser. Die Felsitgrundmasse, welche das Gestein beinahe zur Gänze zu- sammensetzt, besteht aus einem deutlich mikrokrystallinischen Gemenge von kurzen Orthoklasnadeln und Quarzkörnchen, was durch polarisirtes Licht gut aufgelöst wird. Die Orthoklasnadeln zeigen sich so ziemlich nach einer Richtung mit ihren Längenachsen orientirt, dieselben haben demnach Mikrofluctuationsstruetur. Um die Quarzkrystalle aber legen sie sie kranzförmig bis zu einer geringen Entfernung von denselben an. Die Quarzkörner inmitten der Ortlhioklasleistehen sind grösser als die Breite der Orthoklase und in ziemlicher Menge vorhanden, gegen den vorherrschenden Orthoklas aber dennoch untergeordnet. Die mikrofelsitisch krystallinische Textur ist so deutlich, dass die Orthoklasleistchen, von denen manche als Carlsbader Zwillinge erschei- nen, selbst im gewöhnlichen Lichte bei stärkerer Vergrösserung, von 140—160 Mal, deutlich zum Vorschein treten. Die grössten dieser Leistchen, an den Enden mitunter als aus kleineren aufgebaut sich erweisend, haben bei einer Länge von Y/,, "=, eine Breite von "/.,""; die kleineren, im gewöhnlichen Lichte sicht- 188 R. Helmhacker. [10] baren, messen in der Länge '/,;”", in der Breite aber '/,.o”". Im polarisirten Lichte jedoch erkennt man deutlich noch viel Kleinere Leistchen von Orthoklas. In der Grundmasse zerstreut finden sich sehr spärlich und ver- einzelt die kleinen Haematitschuppen, welche die blass fleischrothe Farbe des Felsites keineswegs bedingen, da ihre Menge eine ganz un- bedeutende ist. Die Farbe ist dem Orthoklas eigen und nicht auf mechanische Einschlüsse zurückzuführen. Diejenigen Partien des Felsites, welche kirschroth geflasert er- scheinen, zeigen ziemlich grosse Haematitfetzen, denen die hexagonalen Umrisse angesehen werden und Leistchen von Orthoklas im regellosen Gewirre. Um die Häematitfetzen ist die Grundmasse mit ziegelrothem bis hyacinthrothem Haematitstaub, der sich stellenweise wolkig anhäuft, getrübt. Der Haematitstaub findet sich in den Orthoklasleistchen als Einschluss regellos oder den Umgrenzungsflächen folgend, er wurde selbst als die Zwillingsfläche eines Zwillinges kennzeichnend beobachtet. Der Haematit ist mit dem Felsit ursprünglicher Bildung, denn im Präparat wird derselbe durch ein haarfeines Quarzklüftchen, welches sich zertrümmert, durchzogen und um die Klüftchenbreite getrennt; derselbe ist also nicht Infiltrationsmineral. Quarzklüftchen, welche andere Stellen durchsetzen, zeigen sich ganz rein ohne Chloritabschei- dungen. Dass dieselben Flüssigkeitseinschlüsse zeigen, muss wohl nicht immer erwähnt werden, da dieses eine constante Quarzeigenschaft ist. Chloritschuppen lassen sich in dem ganz frischen Felsit ebenfalls keine nachweisen. 6. Diorit von Podhor. Genau 5 Kilometer nördlich von Prag, in gerader Linie gerechnet, im steilen Gehänge des rechten Moldauufers am nördlichen Ende der zerstreuten Häuschen, die den Namen Podhor führen, sind einige, etliche Meter mächtige Gänge in unteren Untersilur-Grauwackenschiefern be- kannt. Einer dieser Gänge ist schmutzig lichtgrau, oberflächlich rost- gelb imprägnirt, und mit Calcitschnürchen durchzogen und vollkommen dicht, dünnsplittrig. Man würde denselben sogleich als Felsit bezeichnen, wenn er nicht unter der Loupe kleine, schmutzig grüngraue Fleckchen und sehr spärlich schmutzig weisse, kleine Feldspath-Querschnitte von dichter Zusammensetzung und einem etwas talkartigen Aussehen zeigen würde. Diese Feldspäthe dürften einmal Oligoklas gewesen sein. Unter der Loupe sind deutlich eingesprengte Pyritkörnchen zu bemerken. Unter dem Mikroskope löst sich die felsitische Masse sogleich in zahlreiche, richtungslos verworrene Leistchen von Oligoklas, von ziem- lich bedeutenden Dimensionen auf. Die grössten Oligoklasleisten haben bei '/, "= Breite bis 1'/; "" Länge; die kleinsten sind etwa ?/, so gross wie die grössten. In geringerer Menge treten schmutzig dunkelgrüne oder dunkelgrünbraune Amphibole zum Vorschein, denen man ihren nicht mehr ganz frischen Zustand bei geringeren Graden von Durch- [11] Ueber einige Quarzporphyre und Diorite aus dem Silur von Böhmen. 189 sichtigkeit sogleich ansieht. Die Amphibole sind bedeutend kleiner als dis kleinsten Oligoklase und der Menge nach so untergeordnet, dass sie beinahe den Namen eines unwesentlichen Gemengtheiles verdienen würden. Die dichte Grundmasse besteht demnach nur aus Oligoklas, zu dem ganz geringe Mengen von Amphibol hinzutreten. Die Oligoklase sind im polarisirten Lichte nur schwach gefärbt, nur theilweise durchsichtig, fleckenweise getrübt, wie überhaupt die zersetzten Plagioklase, da ihre Farben im polarisirten Lichte durchaus einerlei Art sind. Da das Gestein in verdünnten Säuren ziemlich lebhaft kleine Bläschen entwickelt, so ist es mit Caleit reichlich imprägnirt. Nach dem Behandeln in schwacher Säure zeigen die Oligoklassäulen entweder Löcher von herausgeätztem Calcit, aber noch besser helle, durchsich- tige, im polarisirten Lichte schwach färbige, unzersetzte Kerne und wolkige, weisse, kaum durchsichtige Flecken, welche diese Kerne um- hüllen. Als accessorische Gemengtheile kommen undurchsichtige, schwarze Pyritkörnchen, dann blassgrüne Aggregate von Chlorit spärlich zum Vorschein. Am spärlichsten sind jedoch zwischen den regellos sich kreu- zenden Oligoklasleisten einzelne, etwa !/,, ””, höchstens !/,, ”” breite Quarzkörner, nach den starken chromatischen Erscheinungen im polari- sirten Lichte leicht erkennbar, eingewachsen. Die dichte Grundmasse dieses Gesteins ist demnach ausserordent- lich deutlich mikrokrystallinisch. Das beinahe dichte Gestein, welches auch einem Porphyrit näher gerückt werden könnte, ist möglicherweise in der Fortsetzung des auf dem andern linken Ufer zum Vorschein kommenden Dioritganges Nr. 13 beschrieben enthalten, jedoch viel mehr zersetzt. Für die Bestimmung des Oligoklases sind ausser dem starken Zerfressensein desselben und der Imprägnirung mit Caleit und der Analogie mit anderen zersetzten Plagioklasen keine deutlicheren Belege beizubringen. 7. Quarzführender Dioritporphyr von Cenkor. Zwischen den drei Dörfern Vodolka im SW., Cenkov im SO. und Kopee im N., streichen zwei Kuppen von Süd nach Nord, indem sie inmitten eine kurze Depression bilden, in welcher der Ort Kopec am nördlichen Ausgange derselben liegt. Diese zwei Hügelkuppen, von denen die östlich gelegene CGenkovberg heisst, sind in ihrer Mitte von Prag, nördlich in gerader Richtung, genau 17 Kilometer entfernt. Die Hügelrücken sind aus eruptiven Gesteinen zusammengesetzt, durch- brechen tief untersilurische Schichten, und werden von obercenomanen Schichten umschlossen. Es sind das durchwegs dioritische Gesteine, welche die beiden Rücken zusammensetzen, und welche eine verschiedenartige Textur zeigen. Mineralogische Mittheilungen. 2. Heft. 1877. (R. Helmhacker.) 25 190 & R. Helmhacker. [12] Der quarzführende Dioritporphyr stammt vom Cenkov. Oberflächlich ist derselbe bräunlichgrau, mit deutlichen bräunlich- weissen, undurchsichtigen, etwa halberbsengrossen Feldspäthen und spärlichen, in Doppelpyramiden kKrystallisirten, rauchgrauen Quarzen. Die 4'/; bis 5"” breiten Quarzkrystalle kommen so spärlich vor, dass auf der Oberfläche auf 7 bis 8 Quadratcentimeter derselben erst ein Quarzkrystall entfällt. Dem Vorkommen von porphyrartig ausge- schiedenen, wirklichen Quarzkrystallen der Form von Doppelpyramiden wird hier bei diesem Diorit zum ersten Male begegnet, sonst hat man in Dioriten nur immer Quarze in Körnerform angetroffen. Die Ober- fläche zeigt wenige Lücken, wahrscheinlich negative Hohldrücke von zersetzten Mineralien, vielleicht von Calcit, von denen nur sehr wenige (oder nur einer), kurze bis 1”” breite Quarzkrystalle der gemeinen Form P.R—R sich angesiedelt haben. Im frischen Bruch erscheint die sehr klein- bis feinkrystallinische Grundmasse grau und die in derselben eingewachsenen Feldspäthe weiss, halbdurchsichtig, noch ziemlich gut spaltbar, jedoch die meisten ohne deutlich wahrnehmbare Streifung auf den Spaltungsflächen. In der Grundmasse sind kleine Pyritkörnchen zerstreut. Nach Durchmusterung einer bedeutenden Reihe von ausgeschie- denen Feldspathkrystallen findet man bei einigen eine durch Zwillings- lamellen hervorgebrachte Streifung, ja selbst Zwillinge, die nach dem Carlsbader Gesetze gebildet erscheinen. Ein solcher Zwilling zeigte deutlich die durch die beiden oP-Flächen gebildete Rinne mit dem einspringenden Winkel, der nur etwas grösser ist als 180°, welcher aber durch den Lichtreflex beider oP-Flächen recht gut zu beobachten war. Die eine Zwillingshälfte zeigte sich überdiess noch sparsam gestreift. Daraus ergibt sich für den Feldspath der Charakter eines Plagioklases (Oligoklases). Mit verdünnten Säuren behandelt, entwickelt der Quarz- diorit wenige Bläschen, derselbe ist demnach mit feinen Calecitpartikel- chen imprägnirt. Im Dünnschliffe ist die Zusammensetzung des Quarzdiorites ganz deutlich. Die ausgeschiedenen Oligoklaskrystalle sind oberflächlich ge- trübt, im Kerne aber ganz klar und einige solche Kerne zeigen Zwil- lingslamellen im polarisirten Lichte. Die Umwandlung der Oligoklase ist eigentlich keine bedeutende zu nennen, trotzdem dass die klaren Kerne derselben nicht gross erscheinen, wenn mitgetheilt wird, dass zum Schliffe Gesteinssplitter nicht tief unter der verwitterten Oberfläche genommen worden sind. Aus dem noch etwas frischeren Inneren mancher Handstücke wären dieselben noch weniger zersetzt gewesen. Von den grösseren Quarzkrystallen fiel keiner in den Dünnschliff. Die Grundmasse ist ganz deutlich regellos körnig. Dieselbe be- steht in erster Reihe aus ebenfalls nicht gänzlich klaren, sondern stel- lenweise etwas getrübten Oligoklasleisten von ziemlich gleichbleibender Grösse. Die kleineren dieser Leisten hatten bei einer Länge von !/, ""” eine Breite von.'/,"", Trotz dieser sehr geringen Dimensionen, bei der die meisten Plagioklase nicht immer deutliche Zwillingsstreifung zeigen, wurden doch an einzelnen Oligoklasleisten eine Zwillingsnaht in [13] Ueber einige Quarzporphyre und Diorite aus dem Silur von Böhmen. 191 der Mitte, ja selbst zwei solche Zwillingsnähte, die drei Zwillingslamellen entsprechen, sehr deutlich bemerkt. Der Amphibol scheint in eben derselben Menge wie der Oligo- klas aufzutreten, die kleinsten Säulchen desselben sind bei einer Länge von !/, mm etwa !/,, "m breit. Andere sind viel breiter und auch viel . länger, wie denn der Amphibol in seinen Dimensionen mehr wechselt als der Oligoklas. Er zeigt sich säulenförmig, aus parallelen Fasern zusammengesetzt oder erscheint er auch lappig weniger faserig, manchem Biotit oder Chlorit ähnlich, ohne es aber zu sein. Neben diesen, die feinkrystallinische Grundmasse bildenden zwei Gemengtheilen, finden sich in derselben reichlich kleine Körner von schwarzer Farbe zerstreut, welche nie staubförmig werden. Dieselben können keinesfalls als Magnetit gedeutet werden, sondern sind Pyrit, welcher die Grundmasse fein durchdringt, wie das am frischen Bruche bei starker Vergrösserung sichtbar ist. Neben undurchsichtigen schwar- zen Körnern sind auch meist ?/, "” lange und !/, "” breite, ebensolche Stäbchen zu bemerken; auch dieselben sind kein Magnetit; am ehesten könnten sie als Ilmenit gedeutet werden, obwohl dafür kein Beweis erbracht werden kann. Würde man dieselben als Pyrit deuten wollen, so müsste man allerdings sehr langgezogene verzerrte Pyritkryställchen annehmen. Obwohl die schwarzen Körner und Stäbchen überall eingewachsen erscheinen, zeigen sie sich doch vorwiegend in den Amphibolpartien. In den Zwischenräumen zeigen sich ausserdem durchsichtigere Partien, welche nach dem Behandeln mit schwachen Säuren einen Hohl- raum hinterlassen, demnach Calcit sind, und kleine Körner von Quarz, die im polarisirten Lichte besonders auffällig erscheinen. Bei stärkerer Vergrösserung, von mindestens 140 Mal, zeigen sich besonders in den Oligoklasen, stellenweise ziemlich reichlich, lange Nadeln von der gleichbleibenden Dicke zwischen !/,, bis !/,.””, welche als Apatit anzusprechen sind. Manche solche Nadeln lassen trotz ihrer geringen Breite noch einen ihrer Hauptachse nach gehenden, grauen, feinen Strich erkennen, wie dies bei diesem Minerale in seinen mikro- skopischen Kryställchen hinlänglich bekannt ist. 8. Porphyrartiger Diorit von Vodolka. Derselbe stammt von der westlichen Kuppe, von Vodolka nicht weit entfernt. Ein frischeres Handstück ist kleinkörnig, schmutzig- graugrün, und mit nur spärlich eingewachsenen, grösseren Krystallen, von denen die grössten kaum 2” breit und etwa 5" lang erscheinen. Trotzdem dass der zähe Diorit in verdünnten Säuren etwas weniges aufbraust, folglich mit Caleit imprägnirt ist, erscheint derselbe im Bruche frisch. Das Oligoklas in den porphyrartig ausgeschiedenen Krystallen ist frisch, stark glasglänzend und zeigt sämmtlich Zwillings- bildung nach dem Carlsbader Gesetze. 25* 192 R. Helmhacker. [14] Sonst ist an dem Gestein bei gewöhnlicher oberflächlicher Betrach- tung nichts besonderes zu sehen. Im Dünnschliffe zeigt er regellos körnig-stengelige Textur. Die nicht zahlreichen Oligoklase, wenn sie nicht etwas getrübt erscheinen, zeigen nebst der mittleren Zusammensetzungs-Ebene, welche sie als Carlsbader Zwillinge erkennen lässt, noch auf beiden Krystall-Indivi- duen die zwillingsartige Streifung. Von fremdartigen Einschlüssen sind die Krystalle meist frei. In der Grundmasse bemerkt man die auffallend grösseren Oligo- klasleisten, die kleineren, etwas unregelmässiger gestalteten Amphibol- säulen und Fetzen und die in ziemlicher Menge zum Vorschein kom- menden, schwarzen, undurchsichtigen Punkte als alleinige Gemengtheile derselben. Die Oligoklase sind deutlich leistenförmig, einige von den kleinsten Prismen sind etwa !/;, "® breit und !/, "® lang, und durchwegs Zwil- linge nach dem Carlsbader Gesetze. Im polarisirten Lichte zeigen sie demnach zweierlei Farben. Einige wenige jedoch verrathen sich als Plagioklase durch ihre wenigen Zwillingslamellen, welche sie ausser der Hauptberührungs-Ebene zeigen. Meist sind dieselben ziemlich frisch. Die Amphibole treten in zahlreichen, jedoch kleineren, zart fase- rigen Krystallen oder unregelmässigen Formen von blass grasgrüner bis ölgrüner Farbe, je nach der Richtung des Durchschnittes, zum Vorschein und werden der Menge nach dem Oligoklas wohl das Gleich- gewicht halten. Bei bedeutenderen Vergrösserungen bemerkt man jedoch auch einzelne oder der Längenseiten nach gruppirte Amphibolfasern in den Oligoklasen spärlich richtungslos eingewachsen. Einige der zarten Amphibolmikrolithe liessen sich als Leistehen von !/,, "® Länge und !/eo. *”" Breite von scharfer Begränzung deutlich messen. Dieselben würden an Apatitnadeln erinnern, wenn ihre blassgrüne Farbe nicht dagegen sprechen möchte. Die schwarzen undurchsichtigen Punkte sind meist in einer Rich- tung verlängert oder stabförmig, demnach es nicht recht gut thunlich ist, dieselben auf Magnetit zurückzuführen; eher könnte man dieselben für Ilmenit halten. Viele der deutlichen, demnach wahrscheinlich aus Ilmenit bestehenden Stäbchen hatten bei einer Länge von etwa !/; == die Breite von !ıoo PIS '/oo "®. Die recht zahlreich eingewachsenen schwarzen Körperchen lieben insbesondere die Nähe des Amphiboles. Dass das Gestein Caleit enthält, wurde schon früher erwähnt; Quarz und Apatitnadeln konnten jedoch nicht nachgewiesen werden. 9. Dioritporphyr von Vodolka. Derselbe ist vollkommen porphyrartig und stammt nordöstlich von Vodolka, von der westlichen Kuppe her. Trotz der Zähigkeit von klei- neren Gesteinsbruchstücken sind grössere Brocken nicht unschwer zer- sprengbar, da das Gestein ziemlich kurzklüftig ist. [15] Ueber einige Quarzporphyre und Diorite aus dem Silur von Böhmen. 193 In einer graugrünen aphanitischen Grundmasse stecken reichlich weisse Krystalle; auf 1 Quadratcentimeter kann man deren 8—9 zählen. Die beinahe kreideweissen, undurchsichtigen, kleinsplittrig im Bruche erscheinenden Feldspathkrystalle sind entweder Einzelnkrystalle oder Krystallaggregate; die kleinsten messen etwa '/,"" in der Breite und j”= in der Länge, die grössten sind bis achtmal so gross. Der Mangel jeder Spaltbarkeit, die völlige Undurchsichtigkeit lassen die eingewach- senen Oligoklase, die übrigens ziemlich frei von Einschlüssen sind, als gänzlich zersetzt erkennen. Die sehr feinsplittrige, aphanitische Grundmasse von mattem Glanze lässt bei sehr günstiger Beleuchtung, besonders unter der Loupe die zartesten Pyritkörnchen als Einsprenglinge erkennen. Stellenweise durchziehen das Gestein papierdünne, weisse Klüft- chen, wahrscheinlich von Oligoklas, denen nach das Gestein klüftig ist und in denen sich auch Pyritkörnchen spärlich eingewachsen finden; selbst Pyritkryställchen der Form 0 mit ungemein starker Riefung parallel den Kanten sind spärlich bemerkt worden. Behandelt man das Gestein in verdünnter Säure, so bemerkt man, dass sich an der Aphanit-Grundmasse nur kleine Bläschen an- setzen, die zersetzten Oligoklaskrystalle jedoch zahlreichere Bläschen entwickeln, demnach mit Caleit ziemlich imprägnirt sind. Im Dünnschliff zeigt sich der zersetzte Oligoklas nur halbdurch- sichtig oder durch stellenweise wolkige Trübung nur stark durchschei- nend, bis auf einzelne Körnchen, welche dem in demselben reichlich eingewachsenen Caleit angehören und nach der Aetzung in den Kry- stallen scharfeckige Hohlräume hinterlassen. Im polarisirten Lichte zeigt die Substanz Aggregatpolarisation. Dass diese Krystalle ursprünglich Oligoklas waren, daran kann wohl kein Zweifel erhoben werden, da dieses Gestein mit dem vorbeschrie- benen durch Uebergänge verbunden erscheint. Die Aphanitgrundmasse zeigt im Dünnschliffe wesentlich einen doppelten Charakter. Entweder halten die Oligoklasmikrolithen den Amphibolmikrolithen so ziemlich das Gleichgewicht, oder herrschen die Amphibole über den Oligoklas vor. Im ersteren Falle bemerkt man die regellos gelegenen Nadeln des Oligoklases ziemlich durchsichtig und anscheinend ziemlich frisch in den weniger deutlich begränzten Amphibolkryställchen oder unregel- mässigen Fetzen desselben. Die Oligoklasmikrolithe sind so ziemlich constant in ihrer Länge und Breite; meist sind die nadelförmigen Krystalle etwa '/,"" lang und !/go bis Y/s, ”” breit und trotz dieser geringen Breite zeigen die meisten eine deutlich gefärbte, graulich- grüne Zwillingslinie in ihrer Mitte. Im polarisirten Lichte zeigen wohl die meisten einfache Färbung, manche Zwillinge sind jedoch zweifärbig; um weitere Zwillingslamellen zu zeigen, dazu sind wohl ihre Dimen- sionen gar zu gering. Im zweiten Falle herrschen der Grösse nach nur etwas kleinere Amphibolnadeln von längsfaseriger Zusammensetzung vor, welche ohne alle Regel vertheilt erscheinen. 194 R. Helmhacker. [16] Nebstdem zeigen die Aphanit-Grundmassen auch "noch Stränge von Pyritstaub oder Klüfte von mikrokrystallinischem Oligoklas, jeden- falls spätere Bildungen. 10. Diorit von Cenkov. Das Gestein stammt von demselben Orte her, wie Nr. 7, also von der östlichen „Cenkoberg* genannten Kuppe, nördlich vom Dorfe Öen- kov und westlich von Velkä ves. Die Zusammensetzung ist Kleinkörnig, der Oligoklas graulichweiss, der Amphibol schmutzig dunkelgrün, sehr faserig zusammengesetzt. Das Gestein enthält reichlich kurze, dünne bis federkieldicke Oligoklas- adern, in denen sich spärlich etwas Pyritkörnchen zeigen. Mehr kann man an dem ziemlich kurzklüftigen Gesteine nicht entnehmen. In dem Diorit herrschen die der Länge nach sehr faserigen, im Dünnschliff lichtgrasgrün sich ausnehmenden Amphibole, die bis bei- nahe 2”” ausgedehnt sind, sehr vor, und erweisen sich trotz der be- deutenden Zerfaserung und nicht geradliniger Begränzung als recht frisch. Der Oligoklas bildet eigentlich keine Krystalle oder sehr verzerrte Individuen wie der Amphibol, sondern der Raum zwischen den Amphi- bolen wird durch ein regelloses Gewirre von kleinen Oligoklasleistchen erfüllt, an denen eine polysynthische Zusammensetzung nicht zu ent- nehmen ist. In diesem mikrokrystallinischen Aggregat von Oligoklas- leistehen sind mehr oder weniger zahlreiche schwarze, undurchsichtige Körner eingewachsen, die als Pyrit zu deuten wären, da sich hie und da bei aufmerksamer Beobachtung des Bruches Andeutungen von diesem Mineral zeigen. Die schwarzen Pyritkörnchen meiden jedoch die reinen, keine Einschlüsse enthaltenden Amphibole gänzlich. Manche Partien sind unter dem Mikroskope mikrokrystallinisch theilweise milchig getrübt; das sind entweder die Oligoklasäderchen oder die von ihnen etwas weiter ausgehenden Imprägnationen des Diorit mit Oligoklas. Der weisse Feldspath wird nach der Analogie des Vorkommens als Oligoklas bezeichnet; trotziem aber kein anderer Anhaltspunkt dafür erbracht werden kann, dürfte an der Plagioklasnatur desselben kaum zu zweifeln sein. In verdünnten Säuren entwickelt das Gestein, insbesondere aus dessen weissem Mineral Bläschen in geringer Menge, Beweis für die geringe Menge von Caleit, welche den Plagioklas durchdringt. 11. Dioritaphanit von Cenkov. Das Gestein stammt vom südlichen Theil der Cenkovkuppe zwi- schen den Dörfern Öenkov und Doluvky. Das kurzklüftige Gestein ist [17] Ueber einige Quarzporphyre und Diorite aus dem Silur von Böhmen, 195 zähe, völlig dicht, dunkelgrau bis grünlichgrau; beide Farben oft als Flecken oder scharfe Begränzung an einem Handstücke erscheinend. Unregelmässige kurze Aederchen von spathigem Calcit von weisser Farbe und ebensolche lichtgraue Aederchen von Oligoklas durchziehen das Gestein. Pyritkörnchen in Reihen geordnet, äusserst dünnen Klüftchen nachgehend, sind nicht selten. Die angeschliffene Fläche zeigt ausser- dem noch wolkige, lichtgrünliche oder grauliche Trübungen von Oligo- klas-Imprägnationen. Der ganz reine Aphanit zeigt unter dem Mikroskope eine sehr deutliche, wiewohl äusserst kleinmikrokrystallinische Textur. In der Grundmasse herrschen deutliche Amphibolmikrolithen als Leistchen von etwa !/, "” Länge und !/;.,, "” Breite vor, und erscheinen dieselben regellos gelagert. Ihre schmutzig lichtgrasgrüne Farbe verräth dieselben sogleich; dazwischen liegen ebenso unregelmässig zerstreut die durch- sichtigen Plagioklasleistehen, deren Oligoklasnatur freilich im Mikro- skope bei dieser Kleinheit nicht nachgewiesen werden kann. Das Gemenge ist frei von Pyritkörnchen. Dazwischen sind hie und da weisse, wolkige Trübungen zu sehen, insbesondere in der Nähe von haardünnen, mit durchsichtigem Caleit oder Plagioklas, welcher Aggregat-Polarisation zeigt, ausgefüllten Klüft- chen, so dass dieselben nur als Infiltrationen von Plagioklas zu deuten waren. Solche Infiltrationen von wolkig getrübtem Plagioklas, welcher aus undurchsichtigen, durchscheinenden und durchsichtigen Aggregaten, die auf polarisirtes Licht schwach einwirken, besteht, nehmen oft ziem- lich überhand, und dann erscheint der Aphanit in denselben in Bruch- stücken und Trümmern eingeschlossen. Dann findet man in den mikro- krystallinischen Plagioklas-Infiltrationen hie und da Körnchen von Pyrit; die eingeschlossenen Aphanittrimmer aber mit schwarzen eigenen Klüft- chen nachgehenden Färbungen durchzogen, welche auf Psilomelan als Infiltrationsmineral, das feinen Haarrissen gefolgt ist, zurückzuführen sind. Manche solche Psilomelan enthaltende, feine Haarspalten gehen sowohl durch den Infiltrations-Plagioklas, als durch die in demselben eingeschlossenen Aphanittrümmer hindurch, gerade so wie durch den Infiltrations-Plagioklas auch dünne Plagioklasäderchen durchsetzen. Ein anderes Handstück des Dioritaphanites nördlich vom Dorfe Cenkov, der Cenkov-Kuppe entnommen, zeigte in der dunklen, dichten Masse eben solche kurze, weisse Klüftchen oder lichte Trübungen, besonders an der angeschliffenen Fläche des dunkelgraugrünen Gesteins. Im Dünnschliffe zeigte das im Bruche oder auf einer Schlifflläche ziemlich gleichförmig gefärbte Gestein eine ausgezeichnet breccienartige Trümmertextur. Zahlreiche eckige Schollen des Aphanites von der vor- dem erwähnten mikrokrystallinischen Textur zeigten sich in ihren Län- genrichtungen ziemlich parallel gelagert und nicht weit von einander verschoben. Der Raum zwischen den Bruchstücken erscheint ausgefüllt mit Infiltrations-Plagioklas von lichter Farbe und den vordem erwähnten Eigenschaften, in welchem stellenweise ganze Pyrithäufen stecken. Zur 196 R. Helmhacker. [18] Hauptrichtung der Schollenaxen gehen nun unregelmässig wellige, sich zertrümmernde und wieder vereinigende dünne Klüftchen, welche gleich einem parallelen Geäder sich fortziehen und mit Psilomelan erfüllt sind. Die schwarzen Klüftchen halten sich besonders in den Aphanit- schollen. Dass dieselben wirklich Psilomelan enthalten, davon geben die Bruchflächen des Dioritaphanites bei günstiger Beleuchtung und Betrachtung mit der Loupe stellenweise Anhaltspunkte. Das ganze Trümmerwerk erscheint durch dünne, quergehende, gangähnliche, mit Plagioklas erfüllte Spältchen, die in geringer Zahl auftreten, nochmals zerklüftet, welche demnach jünger als die Plagio- klas- und Psilomelan- Infiltrationen erscheinen. Diese eigenthümliche Trümmertextur des sonst ganz homogen dichten Dioritaphanites erscheint bei scharfer Beleuchtung besonders deutlich. Sämmtliche diese Dioritvarietäten setzen die beiden Kuppen zu- sammen und bilden demnach einen bedeutend mächtigen Stock. Die- selben sind durch alle möglichen allmäligen und auch ziemlich plötz- lichen Uebergänge mit einander verbunden, stellen also nur verschiedene Structurverhältnisse eines Gesteines vor. 12. Diorit von Dolan. Dolany liest am linken Moldauufer, etwas unbedeutend mehr als 15 Kilometer nördlich in gerader Richtung von Prag entfernt. Südlich von Dolan beim Eisenbahn-Wächterhäuschen ist in dem steilen Ufer, in welchem die Eisenbahn einen Einschnitt bildet, ein etwas über meter-mächtiger Dioritgang in tieferen Untersilur-Grau- wackenschiefern eingelagert. Der Diorit ist grau, ziemlich kleinkörnig, nur hie und da zeigen sich in demselben wenige, etwa 1"”” breite und etwas längere Oligo- klaskrystalle,. an deren frischen Spaltungsflächen man mit der Loupe die Streifung erkennt. Auch einzelne, kaum 1”” breite Quarzkryställ- chen in Doppelpyramiden finden sich ausgeschieden vor, jedoch so spärlich, dass auf etwa 1 Quadratcentimeter der Bruchfläche erst ein Quarzkrystall entfällt. Unter der Loupe erkennt man den weissen, sehr vorherrschenden Plagioklas und wenig zahlreiche, äusserst dünne und kurze Amphibol- säulchen von schwarzer Farbe. Im Dünnschliff wird die Zusammensetzung des Diorites sogleich deutlich. Die Oligoklas- und Amphibolkrystalle zeigen sich in ziemlich gleicher Menge im regellosen Gemenge; weil aber der Oligoklas grös- sere Krystalle bildet als der Amphibol, so herrscht er dadurch bedeu- tend vor. Während die mittlere Grösse der Oligoklasleisten !/,, "” in der Breite und '/;”” in der Länge beträgt, messen die kleinsten Amphibolsäulchen nur !/,, und !/,.””, die grössten aber ha und m in der Breite und Länge. [19] Ueber einige Quarzporphyre und Diorite aus dem Silur von Böhmen. 197 Die sonst schwarzen Amphibolsäulchen werden im Dünnschliff unrein lichtgrünlich und erscheinen faserig; die Oligoklase sind jedoch unbedeutend verändert, nur stellenweise in kleineren Flecken wolkig getrübt und zeigen die meisten die polysynthetische Zusammensetzung aus wenigen Zwillingslamellen recht deutlich. Sie sind nur einfache polysynthetisch zusammengesetzte Krystalle; Zwillinge nach dem Carls- bader Gesetze aber selten zu sehen. Nur sehr spärlich sieht man auch Körner von etwa halber Grösse der Oligoklaskrystalle zum Vorschein kommen, welche ganz rein sind und durch ihre starken, chromatischen Erscheinungen als Quarz ge- deutet werden müssen. Ebenso spärlich sind kleine, schwarze, undurch- sichtige Körnchen von etwa !/,, "= Grösse, welche auf Pyrit zurückzu- führen sind. In einem Handstück, welches aber nicht mikroskopisch unter- sucht wurde, zieht sich eine papierdünne Kluft durch, welche mit Oligo- klas erfüllt ist, und in welcher Pyrit kleine, langgezogene Nesterchen bildet; jedenfalls spätere Bildungen vorstellend. Trotz dem frischen Aussehen entwickelt das Gestein in verdünn- ten Säuren dennoch wenige Bläschen, es enthält demnach Caleit in feiner Vertheilung. 13. Diorit von Sele. Sele liegt 5?/, Kilometer in gerader Richtung von Prag am linken Moldauufer. Nördlich davon ist aus einem 2 Meter mächtigen Gange, der in ähnlichen Gesteinen wie der von Dolan eingelagert ist, das Gestein entnommen, welches, wenn es völlig frisch wäre, mit dem vorigen verwechselt werden könnte. Der graue Diorit zeigt nur deutliche Pyritkörnchen, jedoch in spärlicher Menge, wahrscheinlich in der Form O0», wie nach den Querbrüchen zu schliessen ist, und den Oligoklas mit einem Stich in’s blass fleischfarbene, stellenweise etwas wie speckig glänzend. Bis auf das etwas weniger lebhaftere Aufbrausen in Säuren ist der Diorit ganz dem vorhergenannten ähnlich. Ebenso zeigt derselbe unter dem Mikroskope im Dünnschliff die- selbe Zusammensetzung wie der vorhergegangene, nur mit dem Unter- schiede, dass die Pyritkörnchen in der Nähe des Amphiboles etwas reichlicher auftreten. Die Dimensionen der einzelnen Gemengtheile stim- men ebenfalls mit der früheren Probe gut überein. So anscheinend ähnlich beide Diorite auch erscheinen, so zeigt sich die ganz geringe, und auf den ersten Blick kaum bemerkbare Umwandlung des Oligoklases, im Dünnnschliffe ganz auffallend. Die kleineren Oligoklasstäbe sind wohl im polarisirten Lichte trotz ihrer geringen Klarheit matt, färbig, jedoch ohne Zwillingsstreifen. Die grös- seren Krystalle sind jedoch nur noch im Kerne klar und zeigen in demselben Zwillingslamellen, während die den Kern umhüllende Kruste beinahe undurchsichtig getrübt erscheint und kaum auf das polarisirte Mineralogische Mittheilungen. 1877. 2. Heft. (Helmhacker.) 26 198 R. Helmhacker. [20] Licht von Wirkung ist. Nur die ziemlich seltenen Quarzkörnchen zeigen lebhafte Farben. Der Amphibol ist beinahe unverändert. 14. Diorit von Podbaba. Podbaba liegt 4'/, Kilometer nördlich in gerader Richtung von Prag am linken Moldauufer. Etwas nördlicher davon, knapp an der Moldau streicht ein mehrere Meter mächtiger Dioritgang in tieferen untersilurischen Grauwackenschiefern. Der Diorit von schmutzig grüner Farbe, feinem Korn, zeigt unter der Loupe lichtgrünliche Leistchen, die hie und da gestreift sind und dem Oligoklas angehören. Amphibol ist undeutlich sichtbar; dafür aber erglänzen eisenschwarze, längliche Körnchen in ziemlicher Anzahl in demselben. Der Bruch desselben zeigt ein ganz frisches Aussehen; dennoch aber entwickelt das Gestein lebhaft CO, in verdünnten Säuren. Im Dünnschliffe erweiset sich derselbe ebenfalls als gänzlich frisch. Im, wie es den Anschein hat, vorherrschenden, ziemlich lebhaft grasgrün gefärbten Amphibol, der meist unregelmässige, lappige Mas- sen, seltener kurze Säulchen mit Faserung und grünlichbräunlicher Farbe bildet, liegen ohne alle Regel ziemlich lange, ganz frische, deut- liche polysynthetische Zusammensetzung zeigende Oligoklasleisten. Einige mittelgrosse hatten bei einer Länge von 1”” und 1'3"”, die Breite von '/; "= und !/, "” gezeigt. Längliche, undurchsichtige, schwarze Körner, von denen die grössten etwa 1/,"" lang und !/,”” breit sind, und deren kleinste Querschnitte stabförmig sind und etwa !/,"” Länge und !/;"" Breite besitzen, lassen sich ungezwungener als Ilmenit deuten. Dieselben kommen in ziemlicher Zahl zum Vorschein; an manchen haften ein oder wenige Läppchen von hyacinthrother Farbe und ziemlicher Durch- scheinheit, jedenfalls Haematit in dünnen Schüppchen als wahrschein- liches Zersetzungsproduct desselben. Quarzquerschnitte, an Krystalle erinnernd, bis !/, "” Breite, sind schon viel seltener in dem deulichen Mineralgemenge anzutreffen. Aus- serdem aber finden sich noch etwas grössere Körner wie der Quarz, welche nur auf Caleit bezogen werden können. Es ist das lebhafte Aufbrausen des Gesteines demnach nicht die Folge des in Zersetzung begriffenen Oligoklases, sondern der Calcit in dem frischen Gestein trägt die Ursache. Diorite von frischer Zusammensetzung mit eingewachsenen Calcit- körnern dürften wohl unter die selteneren Vorkommnisse gehören. In der ganzen Masse spärlich vertheilt, am häufigsten jedoch noch in den Caleitkörnern treten schwarze, undurchsichtige, einzelne, quadra- tische Körnchen von !/;, bis ?/. "” Kantenlänge zum Vorschein, die zu Magnetit zu stellen wären. Die grösseren Körnchen sind in dem krystallinischen Gemenge des Diorites nur ganz spärlich zerstreut, während die kleineren den Caleit reichlicher durchsetzen. [21] Ueber einige Quarzporphyre und Diorite aus dem Silur von Böhmen. 199 Innerhalb der Amphibollappen kommen recht spärlich scharfkantig begränzte Körnchen von '!/,"" Breite und blass gelblichbräunlicher Farbe zum Vorschein, welche sich am naturgemässesten als Titanit deuten liessen. Bei stärkeren Vergrösserungen lassen sich keine Apatitnadeln entdecken; Pyrit fehlt dem Gestein gänzlich. 15. Diorit von Libsie. Im westlichen Ende des Dorfes, in der Nähe des Friedhofes, erheben sich aus verkieselten, unteren Untersilur-Grauwackenschiefern kleine Kuppen von Diorit, der ziemlich kurzklüftig erscheint, und durch Quarz- und Calcitadern durchsetzt wird. Die schmutzigbräunlichen oder grauschwarzen, kurzklüftigen Bruchflächen lassen den frischen Bruch des Gesteines nicht leicht zum Vorschein kommen. Im frischen, klein- körnigen Bruche ist er grau, aus anscheinend vorherrschenden, weissen und dunkel ölgrünen Nädelchen in wirrem Durcheinander bestehend. In verdünnter Säure zeigt derselbe kaum die Spur eines Auf- brausens. Im Dünnschliffe erscheint der blassgrüne Amphibol als vorherr- schender Gemengtheil und die Oligoklasleisten heben sich von demselben auffallend ab. Dieselben sind auf grünlichem, durchsichtigem Grunde als weisse, kaum durchscheinende bis undurchsichtige Stäbe von der Länge bis etwas über 1”® und von der Breite von /,, bis '/;"" nach allen Richtungen zerstreut. Der Amphibol, welcher bei bedeutenderer Vergrösserung, von etwa 260 Mal, sich als sehr zart parallelfaserig und im polarisirten Lichte deutliche Farben zeigend, überhaupt als unzersetzt erweiset, sticht bedeutend von den weissen Oligoklasstäben ab, welche weder auf polarisirtes Licht einwirken, noch weniger aber Zwil- lingsstreifung erkennen lassen. Diese Umwandlung des Oligoklases bei Anwesenheit von unzer- setztem Amphibol ist um so auffallender, als die weissen Plagioklas- leistchen am Bruche noch ziemliche Spaltbarkeit erkennen lassen und auch in Säuren nicht aufbrausen. Vielleicht sind die Zersetzungsmineralien desselben der Quarz und Calcit, welche in den das Gestein durchziehenden Klüften ent- halten sind. Spärlich sind in dem Gemenge, meist in den Winkeln der sich übereinanderlegenden Plagioklasstäbchen, kleine körnige Aggregate von Magnetit zu finden, welche aus winzigen Octaedern aufgebaut zu sein scheinen. Viel seltener sind einige aus wenigen deutlichen, verzogenen, hexagonalen Schüppchen von hyacinthrother Farbe bestehenden Aggre- gate von Haematit, wahrscheinlich ein Zersetzungsproduct des Mag- netites. Das Gestein wird durch rissige Klüftchen von besonderer Zart- heit durchsetzt, welche bei schwächerer Vergrösserung vielfach rissig 26* 200 R. Helmhacker. [22] unterbrochen erscheinen und mit schwarzen Psilomelanpartien ausge- füllt sind, in denen nur ganz vereinzelt kleinwinzige Pyritkörnchen oder Gruppen von verwachsenen Haematitschüppchen stecken. Nach diesen Psilomelanklüftchen bricht der Diorit so leicht. Manches Mal sind die Pyrite in einer braunen Wolke von langgezogener Form ein- gehüllt, was der aus demselben durch Umwandlung entstandene Limo- nit ist, welcher ebenfalls an manchen Klüftchen als Anflug erscheint. Bei stärkerer Vergrösserung erweist sich, dass die rissigen Spalten Stränge, oder vielmehr wolkig gehäufte Punkte von Psilomelan ent- halten, welche sich oft zu häufigen Aggregaten sehr zusammendrängen. Eines der undurchsichtigen Psilomelankörner, jedoch nicht das kleinste mass !/0"", so dass die kleineren als wolkig gehäufter Staub auf 000 "= Breite veranschlagt werden können. DBei dieser Vergrös- serung gewahrt man auch, wie die zu einer Schicht dicht gedrängten Psilomelanstäubchen in einige Amphibole und Plagioklase als Infiltra- tionsmineral gewissen Spaltungsrichtungen nach selbst ziemlich tief eindringen. Apatit und Pyrit konnten im krystallinischen Gemenge nicht nach- gewiesen werden. — Ausser im westlichen Centralböhmen finden sich Gesteine, welche wahrscheinlich ebenfalls dem Silur, und zwar vorherrschend, wenn nicht gänzlich dem Untersilur angehören, im Eisengebirge, insbesondere in dessen nordöstlicher Abdachung in bedeutenderer Ausdehnung, ab- gesehen von den zahlreichen in Granit eingeschlossenen, grossen Schol- len untersilurischer Gesteine des östlichen Böhmens. Diese wahrscheinlich untersilurischen Gesteine werden von jün- geren oder selbst ein silurisches Alter besitzenden Eruptivgesteinen wie Graniten, Quarz- und Orthoklasporphyren, Syeniten, Minetten, Corsiten, Diabasen und Dioriten durchsetzt. Von diesen Gesteinen, die für die Beschreibung der Gegend be- arbeitet sind, soll hier nur ein Theil der Diorite, und zwar die Ab- theilung der Olivin-Diorite Platz finden, weil diese Art von Dioriten in Böhmen bisher noch nicht nachgewiesen worden ist und dieselben demnach ein erhöhtes Interesse darbieten. Es sollen hier Olivin-Diorite von zwei Fundörtern beschrieben werden. 16. Olivindiorit von Prätov. Der Ort Prätov liegt 8'/,; Kilometer südlich von Chrudim, am linken Ohebka(Chrudimka)-Ufer. Unter der Prä£over Kirche ist eine Wehre, von welcher aus nördlich dem rechten Bachufer entlang, zwi- schen der Wehre und der darunter liegenden Mühle von Svidnie, ein etwa 10 bis 12 Meter mächtiger Gang von Diorit, steil nach Süden fallend, an der Grenze zwischen aufgelösten, metamorphischen Schiefern und nicht mehr frischem Porphyr, also als Contactgang in ziemlich frischer Erhaltung ausbeisst. [23] Ueber einige Quarzporphyre und Diorite aus dem Silur von Böhmen. 201 Der Dioritgang besteht aus ziemlich kleinkörnigem und feinkörnigem Gestein. Im ziemlich kleinkörnigen Olivin-Diorit von schmutzig grau- lichgrüner Farbe sind mit dem scharfen Auge, noch besser mit der Loupe, diese vier Gemengtheile zu erkennen: schwarzgrüne Säulchen von Amphibol, weisse Leistchen von Plagioklas mit nicht recht wahr- nehmbarer Streifung auf einer der Spaltungsflächen, ölgrüne Körnchen von Olivin und Pyritkörnchen, diese letzteren in geringster Menge als accessorischer Gemengtheil. Dass das ölgrüne Mineral wirklich Olivin ist, wurde durch dessen Unschmelzbarkeit vor dem Löthrohr nachgewiesen. Ebenso gut zeigt sich die Zusammensetzung an einer angeschlif- fenen Fläche. In verdünnten Säuren entwickelt der Olivin-Diorit nur unbedeu- tend wenig Gasblasen. Im Dünnschliff sticht der Olivin sogleich vom Amphibol durch seine lichtölgrüne Farbe ab, wenn das Plättchen noch etwas dicker erscheint; in ganz dünnen Plättchen hellt sich die Farbe des dunkel grasgrünen Amphiboles mehr auf und die Farbenunterschiede des licht- ölgrünen und licht grasgrünen sind nicht mehr so schroff. Es hat den Anschein, als wenn Amphibol und Oligoklas im Gleich- gewichte vorhanden wären, die grösseren deutlichen Säulen des meist in unregelmässigen Formen erscheinenden Amphiboles von faseriger Zusammensetzung sind beinahe 1”” lang und etwa '/,"" breit, kleinere Säulen sind jedoch ebenfalls zu bemerken. Der Oligoklas tritt besonders im polarisirten Lichte in regellos gelegenen Säulen von ziemlicher Frische und sehr deutlicher Zwillings- streifung zum Vorschein. Die meisten Leisten messen in der Länge kaum 1"", in der Breite etwa '/,"". Die unbedeutenden, etwas getrübten Fleckchen desselben verhindern nicht die Erscheinungen der Polarisation. In geringerer Menge tritt der Olivin auf, seine Form ist meist regellos begränzt, obwohl auch rectanguläre, kurze Säulen und selbst hexagonale Querschnitte beobachtet werden können. Das Mineral, welches in der Zusammensetzung des Gesteines als wesentlich und nicht als accessorisch zu betrachten ist, erscheint ganz klar ohne Einschlüsse und demnach trotz seiner zahlreichen Sprünge ganz frisch und deut- liche Farben im polarisirten Lichte zeigend, indem auch die Rissig- keit desselben besonders gut zum Vorschein tritt. Selbst an den Rän- dern zeigt es keine Anfänge von Umwandlung. In ziemlich wahrnehmbarer Menge treten schwarze Erzkörner zum Vorschein. Die kleineren, in den bei einem Okta@der möglichen Querschnitten, die grösseren als Aggregate von wenigen kleineren. Es ist dies Magnetit, der sich am Bruch wegen seiner Kleinheit nicht gezeigt hat. Die grössten einfachen Magnetitkrystalle, meist als Qua- drate im Schliffe zum Vorschein kommend, messen '/,""; die Aggre- gate von kleineren sind natürlich noch etwas ausgedehnter. An manchen Magnetit-Aggregaten haften wenige, unregelmässig hexagonale Schuppen 902 R. Helmhacker. [24] von hyacinthrother Durchscheinheit, also Haematit. Die Art des Vor- kommens des Haematites lässt der Vermuthung Raum, dass derselbe ein Zersetzungsproduct des Magnetites sein könnte. Den Magnetit findet man sehr spärlich im Oligoklas eingewachsen, häufiger im Amphibol, am häufigsten aber an den Amphibolrändern und in denselben haftend; dass der Olivin ganz frei von Einschlüssen, demnach auch frei von Magnetit erscheint, wurde schon oben erwähnt. Sehr spärlich finden sich auch kurze (?/,; "" lange, ?/,, =” breite) Stäbchen von schwarzem Erz, welche wohl auf Ilmenit zurückzuführen wären. Ausserdem sind auch sehr wenige regellos geformte Aggregate von Pyrit zu bemerken. Bei stärkerer Vergrösserung erscheinen ziemlich zahlreiche, etwa 00” breite und bis !/,;== lange Apatitnadeln in dem Gemenge, meistens im Oligoklas zerstreut. — In dem feinkörnigen Diorit sieht man am Bruche bis auf den Olivin dieselben Gemengtheile wie in dem andern. In verdünnten Säuren entwickelt das Gestein etwas weniger Kohlensäurebläschen und ins- besondere aus den Oligoklaskörnchen. Im Dünnschliffe zeigt sich das Gestein ganz ähnlich wie das vor- hergehende zusammengesetzt, nur sind die Oligoklasleisten halb so gross wie früher, der Amphibol noch bedeutend kleiner als die Hälfte und der Magnetit ebenfalls etwas kleiner als vordem. Der Oligoklas herrscht vor und die Leisten desselben zeigen deutliche Zwillingsstreifung im polarisirten Lichte, obwohl sie ziemlich kleinfleckig getrübt erscheinen. Nur die grösseren Oligoklase sind ziem- lich bedeutend wolkig getrübt und dürften besonders der Sitz des Cal- cites sein, welcher das Aufbrausen in verdünnten Säuren bedingt. Der Magnetit und Amphibol, die in geringerer Menge als der Oligoklas vorhanden sind, halten sich der Menge nach das Gleich- gewicht. Die Magnetitkörner sind an die grünen Amphibole gebunden und immer in denselben, oder ihrem Rande nahe. Etliche hexagonale Körner von etwa !/; ”” Breite, völliger Durch- sichtigkeit und Homogenität, nur manche mit kleinen Sprüngen, mit lebhaften Farbenerscheinungen im polarisirten Lichte lassen sich als Olivin deuten. Einige Erzkörnchen sind Pyrit, Bel0h im Vergleich zum Mag- netit sehr spärlich. Noch kleinere, sehr spärliche, rissige Körnchen von Olivin treten in diesem Gestein beinahe ganz in Hintergrund. Apatitnadeln konnten nicht nachgewiesen werden. [25] Ueber einige Quarzporphyre und Diorite aus dem Silur von Böhmen. 203 17. Olivin-Diorit von Bukovan. Bukovany liegt, beinahe in der Mitte an der Reichsstrasse zwi- schen Chrudim und Cäslav; von Chrudim 16 Kilometer gegen Westen gerechnet. Am südöstlichen Ende von Bukovan erhebt sich ein Hügel von diesem Gestein, dessen Blöcke hier zahlreich herumliegen; dasselbe bildet einen Gang-Stock in wahrscheinlich tiefen Untersilurgrauwacken. Entweder bricht das Gestein unregelmässig polyedrisch, oder haben manche Bruchstücke eine Tendenz zum unvollkommen grob- schieferigen. Die Farbe ist schmutzig grünlich, im Bruche ist es sehr feinkörnig. Mit der Loupe besehen löst sich das feinkörnige Gemenge schwierig in dunkelgrüne und weisse Punkte auf. Man könnte dem Gesteine auch den Namen eines Aphanites geben, denn die Textur steht nahe der Grenze zum dichten. In diesem sehr feinkörnigen Gesteine finden sich deutliche Körn- chen von Olivin, von Ölgrüner Färbung, stellenweise bis zur Hanfkorn- grösse zerstreut. Verdünnte Säuren bleiben ohne Wirkung auf das einem Block entnommene Handstück. Macht man aus dem Gestein Dünnschliffe, so erkennt man, in nicht völlig dünn geschliffenen Proben unter dem Mikroskope, in dem nicht ganz deutlichen Gemenge von Amphibol und Oligoklas sogleich die hexagonalen oder rechteckigen Querschnitte von rissigem, deutlich durchsichtigem, lichtölgrünem Olivin. Die grössten hexagonalen Olivin- querschnitte deuten auf bis über !/;"" breite, und dem entsprechend lange Olivinkrystalle. In ganz dünnen Schliffen ist die Textur eine mikrophyrartige. Grössere Krystalle von ganz frischem Olivin sind in einer kleinkrystal- linischen Masse eingewachsen. Die Grundmasse besteht aus einem regellosen Gemenge von un- förmlichen Amphibol-Querschnitten von grasgrüner Farbe, unter denen einzelne gut begränzte Amphibolleistehen zu bemerken sind, mit eben- solchen Leistchen von Plagioklas, wahrscheinlich Oligoklas. Die messbaren Leistchen von Amphibol und Oligoklas, welcher frisch ist, sind gleich gross, etwa !/,”" lang und '/,, ”” breit. Die Oligoklasleistchen zeigen im polarisirten Lichte nur einerlei Farbe, da sie zu eng sind, um Zwillingsstreifen zeigen zu Können. Zwischen dem Gemenge sind nun schwarze Magnetitkörnchen in mehreren sich vielfach biegenden Reihen zerstreut, so dass dadurch eine Fluctuationstextur angedeutet erscheint. Die kleineren Körner, von denen viele deutlich quadratisch begränzt sind, haben etwa !/as, "" Oktaöderkantenlängen, obwohl dies nicht die kleinsten sind. Selbst an den Leistchen der beiden anderen Gemengtheile bemerkt man, einmal auf die Textur aufmerksam gemacht, dass dieselben sich 204 R. Helmhacker. [26] mit ihrer Längenrichtung den zeilenweise gerichteten, zerstreuten Mag- netiterzkörnchen anzupassen scheinen und dadurch die Mikrofluctuations- textur mit bedingen helfen. Die Olivinkrystalle bleiben gänzlich von den Einschlüssen frei. Pyrit und Apatit konnten nicht nachgewiesen werden. Trotz der Rissigkeit der Olivinkrystalle sind dieselben durchaus ganz; nur in einem Falle wurde ein gesprungener und in seinen beiden Trümmern klein wenig von einander geschobener Olivinkrystall bemerkt. VI. Augit-Andesite des Smrekouz-Gebirges in Süd- Steiermark. Von Dr. Felix Kreutz. Die tertiären Eruptivgesteine von Süd-Steiermark sind bereits mehrfach beschrieben und ein grosser Theil derselben ist auch ein- gehend mikroskopisch und chemisch untersucht worden. Die gesammte bezügliche Literatur ist in der letzten in dieser Zeitschrift (J. 1873, Heft 1) über die Eruptivgesteine von Steiermark veröffentlichten Ab- handlung von Dr. Richard v. Drasche angegeben. Aus dieser wich- tigen Arbeit ersieht man, wie mannigfaltig die Zusammensetzung der Andesite in diesem beschränkten Gebiete ist, indem darin ausser einem Quarztrachyt und verschiedenen Hornfelstrachyten Quarz-Hornblende- Andesit, Hornblende-Augit-Andesit, Augit-Andesit, Diallag-Andesit und Hypersthen-Andesit!) angeführt werden. Sehr ähnlich diesen Gesteinen sind auch die Gesteine des Smre- kouz-Gebirges (von welchem v. Drasche auch einen Diallag-Andesit beschreibt), welches an der Grenze von Steiermark und Kärnthen über die übrigen Eruptivmassen hervorragt, verdienen aber ein besonderes Interesse, da dieses Gebirge als die Haupteruptionsstelle derselben bezeichnet wird. Die fünf untersuchten Gesteinsstücke verdanke ich der Güte des Herrn Prof. Dr. Eduard Suess, welcher sie selbst an Ort und Stelle geschlagen und deren Vorkommen in den Verhandlungen der k. K. geo- logischen Reichsanstalt vom J. 1868, Nr. 2, geschildert hat; es sind durchwegs Augit-Andesite, obgleich sie sich untereinander auffallend unterscheiden. ‘) Niedzwiedzki, Andesit von St. Egidi in Süd-Steiermark. Mineralogische Mittheilungen 1872, 4. Heft. Mineralogische Mittheilungen. 1877. 2. Heft. (Kreutz.) 27 206 Felix Kreutz. [2] 1. Gestein vom Kamen Verch. Das grünlich braune, dicht weissgesprenkelte Gestein vom Kamen Verch (unter dem Gipfel) besitzt einen sehr unregelmässigen Bruch und zerfällt bei jedem Versuch, Splitter vom Handstück abzuschlagen, in grosse Brocken. Mit freiem Auge kann man im Gestein nur eine dicht aussehende, grünlichbraune, schwach fettglänzende Grundmasse, welche sich leicht in unregelmässige Körner absondert und sehr reich- lich in derselben eingebettete, rauhe, weisse Feldspathkryställchen von 1—3”” Grösse unterscheiden. Im Dünnschliff erscheint bei bedeutender Vergrösserung die Grund- masse als dichtes Gemenge feiner, lichtgrüner Augitmikrolithe, in wel- chem regelmässig, aber nicht besonders reichlich, kleine Magneteisen- körnchen vertheilt sind; sehr spärlich sind dem Augitmikrolithen- Gemenge feine, farblose (Feldspath?)-Mikrolithe eingestreut. Bei sehr starker Vergrösserung gewahrt man zwischen den Mikrolithen etwas lichtgrünliches, beinahe farbloses Glas. In dieser Grundmasse liegen in grosser Menge schön krystallisirte Feldspathe, spärlicher Augitkrystalle und schwarze, opake Körner. Rost- braune Streifen, welche wahrscheinlich von einem Zersetzungsproduct des Eisenerzes herrühren,. umgeben als schmale Zone beinahe alle aus- geschiedenen, grösseren Feldspath- und Augit-Krystalle und ziehen sich an Rissen und Spalten in dieselben hinein. Der Feldspath ist deutlich krystallisirt und ziemlich klar; er ist vorwiegend Plagioklas und nur in geringer Menge tritt daneben auch Sanidin auf. Die den Plagioklas zusammensetzenden Leisten sind häufig von verschiedener Länge, wodurch die polysynthetischen, läng- lichen Krystalle an ihren Enden ausgezackt und tief eingesägt erschei- nen. Der Sanidin in regelmässig ausgebildeten, einfachen Krystallen und Carlsbader Zwillingen zeigt sehr deutlich einen schaligen Bau, die einzelnen Schalen haben eine sehr verschiedene Dicke. Kleine Ein- schlüsse von Grundmasse häufen sich meist in der Mitte der Feld- spathkrystalle an, farblose nadelförmige Mikrolithe, sowie winzige Magnet- - eisenkörnchen finden sich hingegen nur sehr spärlich in denselben vor. Die in der Grundmasse ausgeschiedenen Augitkrystalle stehen an Menge den Feldspathkrystallen bedeutend nach, erreichen jedoch die Grösse derselben, da sie aber mit der Grundmasse, welche dieselbe Farbe wie die Augite besitzt, innig verwachsen sind, so kann man sie mit freiem Auge im Gestein kaum herausfinden. Die meisten Augit- krystalle besitzen abgerundete Ecken, viele jedoch haben sehr regel- mässige, scharfe Formen. Mehrere Querschnitte nach der Basis durch Augitkrystalle im Dünnschliff erscheinen wegen herrschenden Pinakoiden fast quadratisch oder rectangulär mit schmal durch die Säulenflächen abgestumpften Ecken. Im polarisirten Licht treten einige schöne Augitzwillinge deutlich hervor; es sind längliche, dem orthodiagonalen Hauptschnitt entspre- chende Krystalldurchschnitte, in welchen mehrere (4—12) feine, ver- schiedenfarbig erscheinende Leisten parallel zu einer der zwei, den [3] Augit-Andesite des Smrekouz-Gebirges in Süd-Steiermark. 20T Säulendurchschnitt an den beiden Enden begrenzenden Linien liegen. Der Winkel, welchen die zwei den langgezogenen Säulendurchschnitt an beiden Enden zuspitzenden Linien einschliessen, wurde mit dem Ocularmikrometer in einem derselben auf 121°, in einem zweiten auf 122° bestimmt. Diese sehr häufig an den Enden länglicher Augitdurch- schnitte auftretenden Linien sind demnach wohl Durchschnittslinien durch die Flächen der gewöhnlichen Hemipyramide P mit einem Winkel von 120° 48° und da Zwillinge nach dieser Fläche nicht bekannt sind, so ist es wahrscheinlich, dass die besprochenen Zwillingslamellen nicht dieser Fläche vollkommen parallel, wie es den Anschein hat, sondern der Fläche der Hemipyramide P, entsprechend eingelagert sind. Eine solche Interponirung von Zwillingslamellen in den Augiten, in welchen, wie mir scheint die Fläche der P,, keineswegs aber das Orthopinakoid, als Zwillingsfläche anzusehen ist, habe ich auch in vielen Augit-Andesiten vom Vihorlat-Gutin-Gebirge beobachtet; es ist demnach eine in den Augit-Andesiten ziemlich, häufige Erscheinung. In den Augiten sind hin und wieder Feldspathkörnchen, feine Augitmikrolithe, sowie Magneteisenkörnchen und gelblichbraune Körn- chen mit verwaschenen Umrissen von zersetztem Magneteisen einge- schlossen. In den meisten Augitkrystallen wimmelt es auch stellenweise von winzigen ovalen Glaseinschlüssen mit und ohne Bläschen. Die ausgeschiedenen opaken Körner sind zum Theil Magneteisen, zum Theil scheinen sie, namentlich die grösseren, welche mit einer weisslichen Substanz, die auch ihre Umrisse verwischt, bedeckt sind, Titaneisen zu sein. 2. Gestein von St. Nieolai. Ein bei St. Nicolai ober Laufen einen Lagergang bildendes graues, weiches Gestein von ebenem, etwas feinerdigem Bruch, besteht aus einer grünlich grauen Grundmasse und reichlich in derselben ausge- schiedenen 2—4"" grossen, stark zersetzten Feldspath-Krystallen, ihre Durchschnitte auf den Bruchflächen des Gesteins sind meist rechteckig. An der Oberfläche ist das Gestein in Folge der Auswitterung des Feldspathes stellenweise stark porös und zellig. Mit Salzsäure benetzt, braust das Gestein, namentlich der Feldspath, in demselben sehr stark und anhaltend. Die Feldspathe erscheinen im Dünnschliff trüb und staubig, doch kann man im polarisirten Lichte Plagioklase und Carlsbader Zwillinge unterscheiden, obgleich die Grenzlinien der verzwillingten Individuen undeutlich und verwaschen erscheinen, an vielen kann man jedoch die- selben nicht erkennen und es bleibt zweifelhaft, ob es Orthoklase oder sehr zersetzte Plagioklase sind. Ein im polarisirten Lichte deutlich im Ton der schwachen Färbung sich unterscheidender, parallele Streifen zeigender Plagioklas, in welchem kein Kalkspath zu erkennen war, wurde bei Benetzung des Dünnschliffs mit Salzsäure unter Aufbrausen beinahe vollkommen aufgelöst, so dass nur etwas gelblicher Staub am Glase zurückgeblieben ist. In den meisten Feldspath-Krystallen sind 27* 208 Felix Kreutz. [4] Einschlüsse der Grundmasse von rechteckigem oder unregelmässigem Umriss in der Mitte des Kıystalls angehäuft, in vielen ist die Grund- masse auch zonenförmig eingeschlossen. Kleine, gelblichbraune Flecke in den Feldspathen rühren von der Zersetzung kleiner Magneteisen- körnchen her. Winzige, wasserhelle Körnchen, welche hin und wieder in der matten Feldspathmasse liegen, sind Kalkspath, der grösste Theil des kohlensauren Kalkes scheint sich jedoch als feiner Staub in den Poren der zersetzten Feldspathe abgesetzt zu haben. Die schmutzig grünlichgraue, thonig verwitterte Grundmasse ist dicht erdig, mit wenigen farblosen und gelblichen, undeutlich begrenzten Mikrolithen und zerstreuten, mit einem gelblichbraunen Saum umgebe- nen Magneteisenkörnchen, ausserdem liegen in der Grundmasse grös- sere, meist rundliche Partieen einer gelblichgrünen, wahrscheinlich durch Umwandlung von Augit entstandenen Substanz. In einem aus . einem kleinen Brocken des Gesteinsstückes angefertigten Dünnschliff liegen ziemlich klare Sanidine und Plagioklase, sowie einige Augit- körner, wie solche ‘in®@zwei grösseren Dünnschliffen dieses Gesteines nicht zu finden waren. 3. Gestein von Fortance Stane am Kamen Verch. Das dem Felsit oder noch mehr einigen Porphyriten ähnliche, braunrothe, dichte Gestein, mit wenigen Einsprenglingen von weissen, meist gegen 1”"” grossen, kaolinisirten Feldspathkörnchen, besitzt matten Glanz und beinahe Quarzhärte. Dünne, sehr scharfkantige Splitter lassen sich leicht vom Handstück, welches eine weisslichgraue Chalcedonader durchzieht, absprengen. Bei grosser Feinheit des Dünnschliffs und starker Vergrösserung ersieht man, dass das Gestein aus einer amorphen, farblosen, dichten, von röthlichgelben Globulithen erfüllten Masse und wenigen darin ein- gebetteten, kleinen Feldspath-Kryställchen und Augitkörnern, sowie ein- gestreuten Magneteisenkörnchen besteht. Der Feldspath ist sehr trüb und erscheint im polarisirten Licht nur sehr schwach gefärbt, an den länglichen Säulen kann man meist keine Zwillingsbildung erkennen, hin und wieder kann man jedoch einen Carlsbader Zwilling und einige schwach gestreifte Plagioklase unter- scheiden. Spärlicher noch als Feldspath ist der Augit; er ist klar, gelblich- grün und von Sprüngen nach allen Richtungen durchsetzt und schliesst immer ein oder auch mehrere Magneteisenkörnchen ein. Kleine, schwarze Körner, welche in der Basis vertheilt liegen, sind Magneteisen; undurchsichtige, schmutzig braune, dicht von röth- lichen Globulithen umgebene Körner oder Blättchen sind wahrschein- lich Eisengianz. In Salzsäure gelegt wird das dunkle, braunrothe Gestein lichtgrau. Nur 5°5 Proc. des Gesteins sind in Salzsäure löslich, die Auf- lösung enthält Fe und Ca. . [5] Augit-Andesite des Smrekouz-Gebirges in Süd-Steiermark. 209 Der Kieselsäure-Gehalt des Gesteines beträgt 6913 Proc., das specifische Gewicht ist 2:64. Ich stelle dieses Gestein, welches Stur’s Hornfelstrachyten ent- spricht, zu den Andesiten, weil es, wenn auch spärlich Augit und neben Orthoklas auch Plagioklas führt und sein specifisches Gewicht dem der quarzführenden Augit-Andesite vollkommen entspricht, für einen Liparit aber zu hoch ist. In dem sogen. Hornfelstrachyt an der Pireschitz fand v. Drasche nur Plagioklas ohne Orthoklas und das specifische Gewicht des Horn- felstrachytes von Tüffer hat er sogar zu 275 gefunden.) (Das specifische Gewicht des quarzfreien Hypersthen-Andesites von St. Egidi ist nach Niedzwiedzki 272.) Der hohe Kieselsäure-Gehalt dieses Gesteines ist wohl auffallend, doch widerstreitet er nicht der Annahme, dass es ebenso den quarz- führenden Andesiten, wie die Lithoidite den Quarztrachyten entspricht. Gesteins-Einsehlüsse im Tuff von Kamen Verch. Zwei Gesteinsstücke, welche im Tuff unter dem Gipfel von Kamen Verch eingeschlossen waren, besitzen ein von den beschriebenen Ge- Steinen verschiedenes, für Augit-Andesite überhaupt fremdartiges Aus- sehen ; sie sind den Tescheniten täuschend ähnlich, führen jedoch keine Zeolithe. 4. Das eine dieser Gesteinsstücke ist durchaus körnigkrystallinisch; es besteht nur aus rissigen, länglichen, ziemlich frisch aussehenden, glän- zenden Plagioklaskrystallen und schwärzlichbraunen, langen Augitsäul- chen. In concentrirte Salzsäure gelegt, zerfallen die Stücke des Gesteins in einigen Stunden zu Grus. Die langsäulenförmigen Plagioklase” herrschen im Gestein bedeu- tend über den Augit vor und sind meist in Häufchen verwachsen. Im Dünnschliff erscheinen sie, obgleich makroskopisch glasig und ziemlich frisch aussehend, stark zersetzt, porös und trübe, doch zeigen sie sehr schön und deutlich ihre polysynthetische Zusammensetzung. Die Pla- gioklassäulen sind nicht wie gewöhnlich ausgezackt, sondern regelmässig umgrenzt. Ausser dem Plagioklas findet man im Dünnschliff nur einige kleine, feine, im polarisirten Licht einfarbig erscheinende Feldspath- säulchen, welche wahrscheinlich Sanidin sind. Die aus dem Gestein in grösserer Anzahl herausgelösten Feld- spathkrystalle lösten sich in concentrirter Salzsäure mit Zurücklassung eines leichten, feinen, weissen Staubes (Schüppchen) von Kieselsäure auf, einige kleine Feldspathkörnchen wurden jedoch nicht aufgelöst. Der Plagioklas ist demnach Anorthit, die wenigen ungelösten Feldspath- körnchen gehören dem, auch mikroskopisch nachgewiesenen obgleich sehr spärlichen Sanidin an. Der Augit bildet schön ausgebildete, lange Säulen mit Pyramiden- flächen. In jedem Schliff findet man mehrere solcher Augitsäulen-Durch- 1) Diese Mittheil. 1873, S. 7 u. 9. 210 Felix Kreutz. [6] schnitte mit, dem Augenschein nach parallel zu einer der den Säulen- . durchschnitt an den Enden begrenzenden Linien, interponirten Leisten von verschiedener Dicke und Anzahl, wie in dem unter 1. beschriebenen Gestein vom Gipfel des Kamen Verch. In einem Schliff liegen noch zwei Contact-Zwillinge nach demselben Gesetz (Zwillingsebene eine Fläche der Hemipyramide P3?). Neben diesen Zwillingsbildungen kommen im Gestein auch Augit- krystalle mit nach dem Orthopinakoid interponirten Lamellen vor. Die Augite sind klar, die meisten enthalten nur stellenweise Schaaren von winzigen, elyptischen Glaseinschlüssen mit und ohne Bläschen, spärliche, grössere, schwarze Einschlüsse von rundlicher Form erweisen sich bei starker Vergrösserung als mit feinem, schwarzem Staub erfülltes Glas. Die meisten Augite enthalten auch ein kleines Magneteisenkörnchen eingeschlossen. Feldspath dringt hin und wieder von der Seite in die Augitkrystalle, welche auch Körner desselben umschliessen, ein. In einigen Augiten sieht man noch bei sehr starker (800maliger) Vergrösserung schwarze, undurchsichtige, feine, nadelförmige (den schwarzen Stäbchen in den Labradoriten ähnliche), parallele Mikrolithe, welche von einem zweiten System solcher paralleler Mikrolithe unter einem spitzen Winkel (die Messung mit dem Ocular-Goniometer ergab 74°) durchkreuzt werden, wie man sich jedoch durch Drehen der Mikroskopschraube überzeugt, liegen die einzelnen Mikrolithen-Systeme nicht in einem Niveau, sondern in übereinander liegenden parallelen Ebenen. Wegen der zur Beobachtung dieser Stäbchen nöthigen, starken Vergrösserung, bei welcher die Umrisse des sie einschliessenden Kry- stalls ausserhalb des Gesichtsfeldes liegen, konnte die Lage der Mikro- lithe im Krystall nicht bestimmt werden. 5. Das zweite im Tuff von Kamen Verch eingeschlossene Gesteins- stück ist ebenfalls vollkommen krystallinisch und besteht aus einem Gemenge kleiner, weisser Feldspathkörnchen, in welchem stark glän- zende, grüne Augitsäulchen liegen. In Salzsäure gelegt, zerfallen die Stückchen des bröcklichen Gesteins bald in Grus. Im Dünnschliff erscheint das Gestein als ein Aggregat klarer, kleiner, gut ausgebildeter Kryställchen von Plagioklas und Sanidin, zwischen denen klare Augite, sowie einige kleine, makroskopisch nicht erkennbare Quarzkörnchen eingestreut sind, stellenweise drängen sich wieder mehrere Augitkrystalle, zwischen welche Feldspathe und Quarz- körnchen gleichsam eingeklemmt sind, zusammen. Der Feldspath herrscht im Gestein über den Augit bedeutend vor, ob aber Plagioklas über den Sanidin vorwaltet, ist schwierig zu entscheiden. Der Augit bildet scharfkantige Säulchen, die jedoch vielfach zer- brochen sind, so dass häufig die zwei Hälften derselben ein Knie bil- den, manche sind wie zerdrückt und ganz zerbröckelt. Der Quarz kommt nur in kleinen, eckigen, unregelmässigen Körn- chen, welche die Lücken zwischen den Feldspath- und Augitkrystallen ausfüllen, untergeordnet vor, winzige Glaseinschlüsse in demselben beweisen seine Ursprünglichkeit im Gestein. [7] Augit-Andesite des Smrekouz-Gebirges in Süd-Steiermark. 911 Die gegenseitige Lage der Feldspathkryställchen, sowie der häufig zerbrochenen Augitsäulchen ist eine solche, wie sie lose, auf einen Haufen zusammengeschobene Kryställchen haben würden. Diese eigenthümliche, erst im Dünnschliff sichtbare Structur des Gesteins könnte auf die Vermuthung führen, dass seine Gemengtheile ehemals lose angehäuft waren, dagegen sprechen jedoch der ganze rein krystallinische Habitus des Gesteins, die Schärfe der Umrisse der Feld- spathkrystalle und der Augitsäulen und deren Fragmente, welche keine Abrundung der Ecken und Kanten zeigen, sowie der Umstand, dass zwischen den Krystallen und den auseinandergedrängten Fragmenten der Augitkrystalle keine zerriebene Mineralmasse vorhanden ist und theilweise auch die Glasführung der Quarzkörnchen. Mir scheint es wahrscheinlich, dass dieses (quarzführende Augit- Andesit)-Gesteinsstück bei einer Eruption fortgerissen und herausge- worfen worden ist, wobei es eine starke, die Verschiebung der Gemeng- theile desselben bewirkende Pressung erleiden konnte. Da das oben beschriebene, ebenfalls vollkommen krystallinische Anorthit-Gesteins- stück in demselben Tuff eingeschlossen war, so ist es nicht unwahr- scheinlich, dass es auch ein vulkanischer Auswürfling sei. ') Die Tuffrinde, welche dieses Gesteinsstück umhüllt, ist von dem- selben scharf getrennt, lässt sich aber schwer absprengen. Sie besteht aus einer dichten Masse von Gesteinsstaub, in welcher kleine Brocken von allen bier beschriebenen Gesteinen, hauptsächlich von dem harten, dichten unter Nr. 3 angeführten kieselsäurereichen Gestein von For- tance Stane, sowie Krystall-Fragmente, hin und wieder auch ganze Kıyställchen von Sanidin, Plagioklas und Augit liegen. Die Mannigfaltigkeit der Zusammensetzung und Struetur der Andesite, welche einer Reihe von verschiedenen, älteren Eruptivgestei- nen entsprechen, scheint eine Erweiterung ihres Begriffes zu verlangen, da aber Hypersthen oder Diallag führende Andesite nur untergeordnet neben den Augit-Andesiten auftreten, so ist es angezeigt, diese Gemeng- theile nur als Vertreter von Augit zu betrachten; die Art-Verschieden- heit der Plagioklase in den Andesiten kann nur zur Aufstellung von Unter-Abtheilungen berechtigen. Als eine zwischen den Trachyten und Basalten stehende Gesteins- gruppe gehen die Andesite scheinbar in diese Gesteine über, so dass man versucht sein könnte, die Hornblende-Andesite den trachytischen Gesteinen zuzutheilen und die Augit-Andesite, welche ja dieselben Gemengtheile wie die Basalte besitzen, mit diesen zu vereinigen, da man den fast constanten Mangel an Olivin, sowie das häufige Eintreten von Sanidin und Hornblende in den Augit-Andesiten nicht als deren entscheidendes Merkmal ansehen kann. Die Zutheilung der Hornblende- Andesite zu. den Trachyten und der Augit-Andesite zu den Basalten würde jedoch ihrem Wesen nicht entsprechen, da hierdurch diese beiden 1) Auffallend ist der Umstand, dass jüngere Anorthitgesteine häufig nur in losen Blöcken gefunden werden. 912 Felix Kreutz. [8] Andesit-Arten oder eigentlich Varietäten, welche denselben charakteri- stischen, ebenso von dem der Trachyte als dem der Basalte verschie- denen Habitus besitzen, in der Natur meist zusammen vorkommen und in einander übergehen, ungebührlich weit auseinander gerissen würden. Die Andesite lehnen sich wohl an die Trachyte einerseits und die Basalte andererseits durch ihre Endglieder an, so dass die Entscheidung über die Einreihung derselben bei Handstücken manchmal schwierig sein kann, da sie in der Zusammensetzung und dem Aussehen den Gesteinen der angrenzenden Gesteinsgruppe nahe stehen, ihr wirkliches Uebergehen in Trachyte und Basalte scheint mir jedoch nicht vollkom- men zweifellos zu sein, da, so viel mir bekannt ist, nicht festgestellt ist, dass irgendwo ein Gesteinslager sich in einem Theil als unzweifel- hafter Andesit, in einem anderen aber als unzweifelhafter Basalt er- wiesen hätte. Die Verschiedenheit des Habitus verschiedener Gesteinsarten von ähnlicher mineralischer Zusammensetzung und Structur wird nur durch den Unterschied des Quantitäts-Verhältnisses ihrer Gemengtheile be- wirkt, namentlich ist der Unterschied des Quantitäts-Verhältnisses des Feldspathes (mit Quarz) zu dem basischeren Gemengtheil (dem Augit oder der Hornblende mit Glimmer, Olivin, Magneteisen, Titaneisen, Eisenglanz, gediegen Eisen, Kies) der verschiedenen Gesteine meist auffallend und charakteristisch. So unterscheidet man z. B. Syenit von Diorit gewöhnlich auf den ersten Blick darnach, dass ersterer feldspath- reicher ist, wenn auch das Quantitäts-Verhältniss von Plagioklas zu ÖOrthoklas in den verglichenen Gesteinen sehr nahe steht; ebenso unter- scheidet sich Sanidin-Plagioklas-Trachyt von Hornblende-Andesit. Angit- Andesit unterscheidet sich auch durch die grössere Quantität von Feld- spath gegenüber den basischeren Gemengtheilen von Basalt, in welchem den letzteren, namentlich durch grösseren Eisenerzgehalt, eine bedeu- tendere Rolle zukommt. Die Art und das relative Mengen-Verhältniss der Gemenstheile der Gesteine bedingen die Grösse ihres specifischen Gewichtes, dieses ist demnach ein ‚sehr wichtiges Unterscheidungs-Kennzeichen ähnlich zusammengesetzter Gesteine, wenn man dabei ihre Ausbildung (körnig, halbkrystallinisch, glasig), welche ebenfalls das specifische Gewicht be- einflusst, berücksichtigt. Ist ein wirklicher Uebergang von Andesit in Basalt vorhanden, d. i. kommen Ströme oder Lager von Augit-Plagioklas-Gesteinen vor, welche in einem Theil Andesit, in einem anderen Basalt sind, so wäre das einzige Unterscheidungs-Merkmal der Endglieder dieser Gesteine nur im specifischen Gewicht zu suchen. ze ee VII. Ueber Miargyrit und Kenngottit. Von L. Sipoez. Ueber die chemische Zusammensetzung des Miargyrites sind bis- her nur zwei Untersuchungen bekannt geworden; die eine bezieht sich auf das Mineral von dem Fundorte Bräunsdorf bei Freiberg, sie wurde von H. Rose!) ausgeführt, die zweite, welche von R. Helmhacker?) herrührt, ist unvollständig und bezieht sich auf das im Adalberti Hauptgange zu Pfibram gefundene Mineral. Es konnte daher eine neue Untersuchung des Miargyrites von einem anderen Fundorte nur willkommen sein und ich führte desshalb eine solche aus, als ich vor Kurzem von Herrn Dr. A. Brezina, Custos am k. k. Hof-Mineralien-Cabinet, ein mit grosser Sorgfalt aus- gesuchtes, in jeder Beziehung tadelloses Material erhielt. Herr Dr. A. Brezina theilt mir über dasselbe folgendes mit: „Auf einem ober- flächlich mit feindrusigen Quarzkryställchen bedeckten Stücke eines zersetzten quarztrachytischen Gesteines sitzen von unten nach oben Sphalerit, Miargyrit und Schilfglaserz, die letzteren beiden zum Theil noch von gleichzeitiger Bildung. Als Fundort des Stückes ist mit grosser Wahrscheinlichkeit Felsöbänya anzusehen.“ Die qualitative Analyse ergab als Bestandtheile des Minerales Schwefel, Antimon, Silber, Blei, Kupfer und Eisen; die Probe auf Arsen ergab ein negatives Resultat. ‘) H. Rose, Ueber die in der Natur vorkommenden nicht oxydirten Verbin- dungen des Antimons und des Arseniks. Poggendorff, Annalen der Physik und Chemie. Bd. XV, S. 469. ?) R. Helmhacker, Berg- und Hüttenmännisches Jahrbuch der Berg-Aka- demien zu Leoben und Schemnitz und der Montan-Lehranstalt zu Pribram. Bd. XIII, S. 379; ferner A. Kenngott, Uebersicht der Resultate mineralogischer Forschungen in den Jahren 1862—1865, S. 311. Mineralogische Mittheilungen. 1877. 2. Heft. (Sipöcz.) 28 214 L. Sipöez. [2] Zur quantitativen Bestimmung der einzelnen Bestandtheile wurde die von Berzelius und H. Rose') angegebene Behandlung des er- wärmten Minerals mit Chlor angewendet, die Trennungen und Einzel- bestimmungen wurden nach den gebräuchlichen Methoden ausgeführt. In der Anordnung des Apparates zur Aufschliessung im Chlor- gase habe ich eine Modification vorgenommen, die sich als recht zweck- mässig erwiesen hat; das gepulverte Mineral befand sich in einem Porcellanschiffchen und dieses in einem Verbrennungsrohre, das an einem Ende ausgezogen, nach abwärts gebogen und in entsprechender Weise mit einem Pettenkofer’schen Absorptionsrohre von 12” innerem Durchmesser in Verbindung stand; diesem Rohre war noch! ein kleiner Peligot’scher Absorptions-Apparat angefügt. Die beiden Absorptions-Apparate waren mit einer Mischung von wässeriger Salz- säure und Weinsäurelösung gefüllt. Die Anwendung des einen Absorp- tions-Apparates genügt, wie die Erfahrung lehrte, nicht, um alle bei der Einwirkung des Chlors auf die Schwefelverbindung entstehenden Producte vollständig aufzunehmen, denn obgleich das von mir verwen- dete Pettenkofer’sche Rohr eine Länge von nahezu einem Meter hatte, so gingen doch aus demselben, selbst bei sehr mässig geleitetem Chlorstrome, noch weisse Nebel fort; dieselben wurden erst in dem Peligot’schen Apparat vollständig zurückgehalten. Diese Einrichtung hat sich mir viel besser bewährt als wenn ich zwei Peligot’sche Apparate nebeneinander anwandte, in welchem letzteren Fall gewöhnlich noch etwas von unabsorbirten Nebeln entwich. Die Bestimmung des specifischen Gewichtes mit dem Picnometer ergab bei zwei Versuchen 5'273 und 5'322, im Mittel 5°298. Breit- haupt gibt in seiner „Charakteristik des Mineralsystems“ 1832, 8. 281 für den Miargyrit von Bräunsdorf das specifische Gewicht zu 5'333 bis 534 an. R. Helmhacker’) fand für den Miargyrit Ri Adal- berti Hauptgange zu Pribram das specifische Gewicht 53. Nach A. Weissbach°) haben die Miargyrite von verschiedenen Fundorten folgende speeifischen Gewichte („reducirt auf den thermischen Nullpunkt und den leeren Raum“): der sächsische 5'236, der Ta 5'230, der mexikanische (von Potosi) 5'229. Bei der quantitativen Analyse wurden folgende Resultate erhalten: I. 05912 Gramm Miargyrit gaben: 0'9319 Gramm schwefelsaures Baryum, entsprechend 0'128 Gramm Schwefel, 0:3050 Gramm antimon- saures Antimonoxyd, entsprechend 0'2416 Gramm Antimon, 0:2468 Gramm Chlorsilber und 0'0078 Gramm metallisches Silber, entsprechend 0:1935 Gramm Silber, 0'0342 Gramm schwefelsaures Blei, entsprechend ‘) Handbuch der analytischen Chemie von Heinrich Rose, 6, Aufl., herausg. von R. Finkener. Bd. UI, S. 479. kl. 2.22 °) A. Weissbach, Beitrag zur Kenntniss des Miargyrits. Poggendorff, Annalen der Physik und Chemie. Bd. 125, S, 458. [3] Ueber Miargyrit und Kenngottit. 215 0:02336 Gramm Blei, 0°0037 Gramm Kupferoxyd, entsprechend 000296 Gramm Kupfer und 0'002 Gramm Eisenoxyd, entsprechend 00014 Gramm Eisen. | II. 05818 Gramm Miargyrit gaben: 0'9296 Gramm schwefelsaures Baryum, entsprechend 0'1276 Gramm Schwefel, 0:2975 Gramm antimon- saures Antimonoxyd, entsprechend 023565 Gramm Antimon, 0'250 Gramm Chlorsilber und 0'0027 Gramm metallisches Silber, entspre- chend 0'19085 Gramm Silber, 0'0347 Gramm schwefelsaures Blei, ent- sprechend 00237 Gramm Blei, 0'0038 Gramm Kupferoxyd, entspre- chend 000303 Gramm Kupfer und 00012 Gramm Eisenoxyd, ent- sprechend 0'00084 Gramm Eisen. Aus diesen beiden quantitativen Analysen ergibt sich für: den untersuchten Miargyrit folgende procentische Zusammensetzung: Je 1018 Mittel Schwefel . . 2165 2194 2180 Proc. Antimon . . 40:86 40-50 40:65: 7, Bleu. ans. DT 32.80 DA 5. BIENEN 4:07 AOLEN Kupler 2%, 1%050 0:52 DORT Eisen . 2.033 0-14 1a, 93:93 33T 396, Die Analysen von H. Rose und R. Helmhacker haben für den Miargyrit bis auf den Bleigehalt näherungsweise dieselben Resul- tate geliefert wie aus der folgenden Zusammenstellung ersichtlich wird: H. Rose‘) R. Helmhacker?) L. Sipöcz Schwefel . . 2195 20'86 21:80 Antimon . . 38:61?) 38:42 40:68 Silber Hearts 53640 34:87 32-77 lerne. dach n 401 Kupfer"... 06. 1:06 — 0:51 Pisen ’.4.2..7.0.0:62 we: 019 98:64 94-15 99:96 Eine erhebliche Differenz besteht nur in den Zahlen, welche den Silbergehalt ausdrücken, und diese ist darin zu suchen, dass in dem von mir untersuchten Minerale eine nicht unbedeutende Menge von Blei enthalten ist, während der von H. Rose, sowie der von R. Helm- hacker untersuchte Miargyrit kein Blei enthielt. R. Helmhacker 2 C. ?) 1. c. Helmhacker hat nur Schwefel, Silber und Antimon quantitativ bestimmt, Angaben über die anderen Bestandtheile fehlen. ®) In der Abhandlung von Rose ist für das Antimon die Percentzahl 39:14 angegeben, dieselbe ist unter Zugrundelegung des Atomgewichtes von Antimon = 129 erhalten; wird das jetzt giltige Atomgewicht des Antimons = 122 angenommen, so ergibt sich die obige Percentzahl. 28* 216 L. Sipöez. [4] hat zwar keine vollständige quantitative Analyse des Miargyrites ge- liefert, er führt aber doch das Blei überhaupt nicht unter den Bestand- theilen desselben auf. H. Rose sagt in seiner elassischen Arbeit: „Ueber die in der Natur vorkommenden nicht oxydirten Verbindungen des Antimons und des Arseniks“ ') bezüglich des Vorkommens von Blei in den Verbin- dungen der schweren Metalle mit Schwefel folgendes: „Die Schwefel- basen, mit welchen Schwefelantimon und Schwefelarsenik zusammen vorkommen, sind folgende: Schwefelblei, Schwefelsilber, Schwefelkupfer, Schwefelzink und Schwefeleisen. Alle diese kommen nie, wenigstens in den Verbindungen, die ich analysirt habe, zusammen vor, doch finden sich häufig die vier letzten zugleich in Verbindungen, z. B. in den Fahlerzen. Ich habe nie gesehen, dass Schwefelblei mit den übrigen Schwefelbasen zusammen vorkommt, ausgenommen mit dem Schwefel- kupfer und manchmal mit kleinen Quantitäten von Schwefeleisen, die jedoch so klein sind, dass sie nicht wesentlich zur Zusammensetzung der Verbindungen zu gehören scheinen. Die Verbindungen, die kein Schwefelblei enthalten, sind völlig frei von Blei, auch wenn sie mit Bleiglanz umgeben sind, oder ihre Krystalle in denen des Bleiglanzes sitzen. Ich fand ferner, dass Schwefelblei nur mit Schwefelantimon, nie aber mit Schwefelarsenik Verbindungen bildet, während die übrigen Schwefelbasen mit beiden verbunden vorkommen.“ Diese Angabe von H. Rose ist durch spätere Untersuchungen nicht bestätigt worden; ich erinnere nur an den Jordanit, von welchem ich nachgewiesen habe), dass er nach der Formel As, Pb, 8, zusammengesetzt ist. Auch der vorliegende Fall entspricht nicht den Erfahrungen H. Rose’s, der nie Schwefelblei neben Schwefelsilber in einer Verbindung mit Schwefelantimon oder Schwefelarsen gefunden hat. H. Rose hat die Zusammensetzung des Miargyrits nach seiner Analyse durch die Formel Sb Ay S, (jetzige Atomgewichte) ausgedrückt; dieser Zusammensetzung entspricht nach der jetzt gebräuchlichen Nomenclatur die Benennung sulfantimonigsaures Silber oder Silbersulf- antimonit. °) Der von mir untersuchte Miargyrit entspricht derselben Formel, wenn man die Annahme macht, dass ein Theil des Silbers durch das Blei isomorph vertreten ist und zu dieser Annahme ist man wohl berechtigt, man braucht nur an die silberhaltigen Bleiglanze zu denken. Rechnet man nämlich aus den Resultaten meiner Analysen das Verhältniss der Atomgewichte, so ergibt sich (wenn man die geringen Mengen von Kupfer und Eisen unberücksichtigt lässt und 1 Atom Blei, 2 Atomen Silber gleichwerthig setzt) dasselbe für Schwefel : Antimon : : Silber = 0:6813 : 03334 : 0'3422, welches sehr näherungsweise auf ') Poggendorff, Annalen der Physik und Chemie, Bd. XV, S. 454. | ?) Jordanit von Imfeld im Binnenthal, von L. Sipsez. Tschermak’s Min, Mittheil. 1873. S. 29 und 132. °) Vergl. Geuther, Lehrbuch der Chemie 1870. S. 515. [5] Ueber Miargyrit und Kenngottit. 917 die Formel 5, Sb Ag passt. Die mittleren analytischen Resultate stim- men, wie die folgende Zusammenstellung zeigt, recht gut mit den aus dieser Formel berechneten Werthen. Die 401 Proc. Blei sind in die äquivalente Menge Silber, d. i. 4:18 Proc. umgerechnet, Kupfer und Eisen nicht berücksichtigt: Berechnet Gefunden ae 21:77 21:80 BETZ 41:50 40:68 Ag... 108 3673 3695 294 10000 Nachdem ich durch die eben beschriebene Untersuchung des Miargyrites von Felsöbanya dessen Zusammensetzung ermittelt hatte und mit dieser das über die chemische Zusammensetzung des Kenn- gottit’s Bekannte verglich, schien es mir sehr wahrscheinlich, dass diese beiden Minerale identisch oder doch mindestens sehr nahe ver- wandt mit einander sein müssten. Kenngott') macht über die Eigen- schaften des nach ihm von Haidinger?) benannten Minerales fol- gende Angaben: Es schmilzt vor dem Löthrohr auf der Kohle leicht zu einer schwarzen glänzenden Kugel und hinterlässt in der Reduc- tionsflamme zuletzt ein Silberkorn (etwa 30 Proc. betragend); ausser Silber enthält es noch Blei, Antimon und Schwefel als wesentliche Bestandtheile. A. Weissbach’°) zieht aus seinen krystallographischen Unter- suchungen am Miargyrit und Kenngottit den Schluss, dass wenn die beiden Minerale nicht identisch, so doch mit einander isomorph sein dürften. Er sagt (l. e. Seite 457) bei Gelegenheit der Besprechung des Vorkommens vom Miargyrit: „Endlich würde zu den angeführten fünf Localitäten noch Felsöbanya als sechster Fundort des Miargyrits hin- zugefügt werden müssen, falls eine genauere Analyse eine wesentliche Verschiedenheit in der chemischen Zusammensetzung zwischen Kenn- gottit und Miargyrit nicht ergeben sollte.“ Um eine definitive Entscheidung zu ermöglichen, musste nun zunächst daran gedacht werden, die quantitative Zusammensetzung des Kenngottit’s zu ermitteln, da eine vollständige quantitative Analyse dieses seltenen Minerals bisher nicht ausgeführt worden war. Ich wen- dete mich desshalb an Herrn Director Tschermak mit der Bitte, 1) A. Kenngott, Beschreibung eines neuen Minerals von Felsöbänya in Ungarn. Poggendorff, Annalen der Physik und Chemie. Bd. 98, 5. 165. 2) M. W. Haidinger, Der Kenngottit, eine neue Mineralspecies von Felsö- bänya. Sitzungsber. d. mathem.-naturwiss. Classe der Academ. d. Wissenschaft. zu Wien. Bd. XXII, S. 236. SR 16. 918 L. Sipöez. [6] er möchte diese Untersuchung durch Ueberlassung einer genügenden Menge von Kenngottit ermöglichen. Herr Director Tschermak hatte die Güte, meiner Bitte zu entsprechen, indem er mir einige Krystalle des in Rede stehenden Minerals gab; ich erfülle eine angenehme Pflicht, indem ich ihm dafür meinen innigsten Dank ausspreche. Zunächst bestimmte ich an dem Kenngottit das specifische Gewicht und fand dasselbe in zwei Versuchen 53822 und 5'2918, im Mittel 5391, Als Bestandtheile ergab die qualitative Analyse genau so wie beim Miargyrit: Schwefel, Antimon, Silber, Blei, Kupfer und Eisen. Die quantitative Analyse wurde genau so ausgeführt, wie die des Miargyrits, ich erhielt folgende Zahlen: 04813 Gramm Kenngottit gaben: 07299 Gramm schwefelsaures Baryum, entsprechend 0'10024 Gramm Schwefel, 02417 antimonsaures Antimonoxyd, entsprechend 0'1915 Gramm Antimon, 0'2165 Chlorsilber und 0°0082 Gramm metallisches Silber, entsprechend 0:1712 Gramm Silber, 00125 Gramm schwefelsaures Blei, entsprechend 0:00854 Gramm Blei, 00030 Gramm Kupferoxyd, entsprechend 0'0024 Gramm Kupfer und 0:0017 Gramm Eisenoxyd, entsprechend 0'0012 Gramm Eisen. Daraus folgt als procentische Zusammensetzung für den Kenn- gottit: ie) Schwefel -» -» *» » 20:66 Proc. Antimon* =» 1- :.39:46. ;, Silber - + nase 135128 0, Bleir nr en eo Kupten,. 72.25, 0:80 1068 Birenlene. 0, in «02, 4.020,00 97:91 Proe. Der etwas grössere Verlust bei dieser Analyse ist theilweise darauf zurückzuführen, dass die verwendeten Kenngottit-Krystalle an der Oberfläche ein wenig verwittert und demnach mit einer dünnen Öxydschicehte bedeckt waren. Ich konnte mich begreiflicherweise nicht dazu entschliessen, die oberflächliche Schichte mechanisch zu entfernen, weil ich dadurch zu grosse Verluste an dem ohnediess spärlichen Material erlitten hätte. Das Verhältniss der Atomgewichte von Schwefel : Antimon : Silber ist hier (1 Atom Blei wieder 2 Atomen Silber gleichwerthig gesetzt) —= 06496 : 03234 : 0'3437 und aus diesen geht die kleinste Formel S, 8b Ag hervor. Die Uebereinstimmung der analytischen Daten, mit den aus dieser Formel berechneten Zahlen ist aus Folgendem_ er- sichtlich: berechnet gefunden 64 = 2177: . . 20:66 8b, 122.0 — 41:50: 32.,39-48 Ag MUST er Bert 204 100°00° [7] Ueber Miargyrit und Kenngottit. 219 Auch hier habe ich die gefundene Bleimenge in die äquivalente Silber- menge umgerechnet, sowie Kupfer und Eisen nicht berücksichtigt. Der bequemen Uebersicht wegen habe ich noch in der folgenden Tabelle sämmtliche, von mir für den Miargyrit und Kenngottit erhal- ° tenen Mittelzahlen, sowie die von H. Rose für den Miargyrit von Bräunsdorf gefundenen Zahlen und endlich die aus der Formel 5b Ay 8, berechneten Werthe zusammengestellt: berechnet für Miargyrit Miargyrit : Sb Ag S8, von Bräunsdorf von Felsöbänya Kemer Schwefel -» -» 2177 21.98 21:80 20:66 Antimon - - 41:50 38°61 40:68 3946 Silber »- +» - 3673 3640 DET ang 35'28 , BIeT.a 0.08 a2, Da 401 }36 22 5) 1:76 Iar 12 3) Kupfer - » » — 1:06 0:51 0:50 Eisen +: — 0:62 0:19, 0:25 100:00 98:64 99-96 971 Specifisches Gewicht - - - 5'336 5'298 5397 Aus meinen Untersuchungen geht demnach hervor, dass der Miargyrit von Felsöbänya und der Kenngottit ebenso nach der Formel Sb Ag 5; zusammengesetzt sind, wie der Miargyrit von Bräunsdorf und Pribram, ein Theil des Silbers ist in den von mir untersuchten Mineralen durch Blei ersetzt. Man wird demnach den Kenngottit als bleihaltigen Miargyrit aufzufassen haben, d. i. als eine isomorphe Mischung der beiden Verbindungen Sb, Ag, 8, und Sb, Pb 5,, von denen nach den Untersuchungen von H. Rose die erstere als Miargyrit von Bräunsdorf, die zweite als Zinckenit bereits bekannt ist. Die natürlichen Antimonverbindungen: Antimonglanz, Miargyrit, Kenngottit, Zinckenit, Brogniartit und dunkles Rothgültigerz lassen sich so in eine Reihe anordnen, wie das Antimonigsäure-Anhydrid und dessen drei theoretisch mögliche Hydrate: Sb Ö; ; Ib, I; Antimonigsäure-Anhydrid Antimonglanz. 8b O0 (OH) Sb S (SAg) erstes Hydrat. Miargyrit. Sb, 0, (OH), Sb, 5 (Pb) erstes Hydrat (2 Moleküle). Zinckenit. 1) Das Blei ist hier auf die äquivalente Menge Silber umgerechnet worden, DD DV >) Sb, 0 (OH), zweites Hydrat. Sb (OM), drittes Hydrat. L. Sipöez. Sb, S (498), (PbS,) Brongniartit. Sb (SAy); dunkles Rothgültigerz. Wien, Laboratorium des Prof. E. Ludwig. April 1877. [8] VIll. Notizen. Nachtrag zu A. Sadebeck, über die Krystallisation des Struvits. Ulrich beschreibt in „Contributions to the Mineralogy of Vie- toria, Melbourne 1870“ Krystalle aus dem australischen Guano, welche in den Skipton caves bei Ballarat gefunden wurden. Dieselben haben im Wesentlichen den IV. Typus und lassen den Hemimorphismus etwas zurücktreten, indem derselbe hauptsächlich nur durch den Unterschied der obern und untern Basisfläche erkennbar ist. Alle sieben, schon von Marx beobachteten Formen sind vorhanden und die Winkel stimmen gut mit denen der Hamburger Krystalle überein: mn: Ulrichs. 0/0... 95°. 20‘ pp F Nins—=, 83: 24° p]o r A en Bl hlh „». pp = 58 s/s 2 Ein 00 20.. Ulrichs okta@drische Flächen scheinen mit £ identisch zu sein und sollen auch Neigung zur hemiedrischen Ausbildung haben. Sand aus der Sahara. Zu der hier erwähnten Untersuchung dienten Sande von folgenden Punkten: 1. Von den grossen Dünen bei Tuggurt. Dei a 4 Re »„ Temain, Gegend von Ziona. N R S „ Souf bei EI-Goub. RE s A „ Sidi-Rachel, Strasse nach Tuggurt an der Grenze des Schott Melgirh. 5. Von den kleinen Dünen an der Grenze des Oued-Retem, Pla- teau von Harkath. Von diesen Sandproben wurden von jeder gleich viel genommen und wurde das Ganze gemischt, um annähernd die Zusammensetzung der Oberfläche jener grossen Sahara-Depression zu erhalten, welche sich von Elgouath bis Gdamie und bis an den Fuss des Djebel-Hogar erstreckt und deren Mittelpunkt die grosse Schott-Megrirh ist. Die Sande gleichen sich übrigens und haben dasselbe Aussehen, sowie dieselbe fahle Farbe (Algerische Sande). Mineralogische Mittheilungen. 1877. 2. Heft. (Notizen.) 29 222 Notizen. [2] Der Sand enthält vorwiegend weisse, durchsichtige Körner von Quarz, dagegen keinen Feldspath, jedoch Körnchen von eisen- und thonerdehaltigem Gyps und auch von reinem Gyps. Unter den Körnern des letzteren sieht man oft solche, die theil- weise ihr Wasser verloren haben. Die Blättchen sind voll von weissen undurchsichtigen Pünktchen, welche die Stellen angeben, wo der Anhy- drit gebildet wurde. Die Erscheinung rührt wohl von glatten Quarz- körnern her, welche in der Sonne als Brenngläser wirkten. Graue körnige Partikel im Sande bestehen aus Kalk- und Mag- nesia-Carbonat. Man findet auch abgerollte Körnchen von Eisenoxyd, welche aus Eisenkies entstanden sind, dessen Krystallform zuweilen noch erkannt werden kann. Die Analyse ergab: Kieselsäure, in kochendem Königswasser löslich - - »- - - + » 2:29 2 unlöslichH ra a Tre ER 7057 Thonerde, in kochendem Königswasser löslich - - » » « .. - 0:30 £ unlösliehU re es Eu RB ei Re.) . Kalkerde -#: 3. 204 RE ee MEER FE 7:06 Magnesia EARTH ee Dee Eee Ne re TE N TE en 033 Eisenoxyd DO ET PIelt Kor Me Aral tal scere a SR ES 063 Schwefelsäure + -3 7». E20 FE RER EEE 9:78 Wasser und organ. Substanz (Glühverlust bei dunkler Rothgluth) 492 98:94 Die Sande geben oft an das Wasser kleine Mengen von Chlor- natrium und von schwefelsaurem Natron ab. In einem Falle war die Menge beider ungefähr 0'085 Proc. Hievon abgesehen, kann man die mineralogische Zusammensetzung folgender Art berechnen: hand Quarz und Thon bildend wimarien ee 1: Gyps (enthaltend 4:15 Wasser) »- »- » » ee. » 19.84 Schwefelsaures Eisenoxyd -» - » » ne... 095 Schwefelsaure Thonerde - » » » » ernennen 0:54 Kohlensaurer. Kalk + 7.20.2720 en 107 Kohlensaure Magnesia - - » » «een een nen 070 Organische Substanz - » » een nennen 077 9979 Genf, März 1876. SEE u E e Tun = Erklärung der Tafel X. Fig. 1. Struvit von Hamburg, I. Typus. S. 115, 118. Big.2., 022 " ; IV. Typus. S. 119. Pidnoar 5 5 I. Typus mit angeschliffener positiver Endfläche und geätzt. S. 123. Fig. 4. Struvit von Hamburg, I. Typus, projicirt auf die Querflächen, Vertiefungen auf den Flächen. S. 125. Fig. 5. Struvit von Hamburg, Zwilling. S. 121. Fig: 6:7 ©, ; B III. Typus. Projection auf die Querfläche. S. 119. Bien = ie er I. Typus. Projection auf die Längsfläche. S. 119, EIgmiBto., 5 * I. Typus. Projection auf die Längsfläche. S. 125. Fig. 955 = = Subindividuum auf der Längsfläche o. S. 124. 7103100 7; ® n III. Typus. Projection auf r. S. 119. Fig. 11. Struvit von Braunschweig ohne Hemimorphismus. S. 120. Figs lan, # 7 IV. Typus mit hemimorpher Ausbildung. S. 120. Big.213.7 5 - x IL. Typus. S. 119,120, Fig. 14—17. Struvit von Braunschweig, Zwillinge. S. 120, 121, 122. Sadebeck : Struvit. Taf.10. Fig. 76. dA Sadebeck gex. Lith.von Laue. Tschermak:: Mineralogische Mittheilungen . 1877. H.2. Jehrb, di geol. Reichsanstalt. Bd.XXVI . JAHRGANG 1877. III. HEFT. MINERALOGISCHE MITTHRILUNGEN GESAMMELT VON G. TSCHERMAK DIRECTOR DES K. K. MINERALOGISCHEN HOF-MUSEUMS. l. Die Grünsteine des Pribramer Erzrevieres. Von Carl Vrba. Die Pribramer Schiefer und Sandsteine — Barrande’s Etage B des böhmischen Silurs — sind an vielen Stellen von Grünsteinen durch-_ brochen, die bald gangförmig, bald stockförmig oder als Gangstöcke auftreten und mannigfache Störungen und Verwerfungen in der Schich- tenlagerung verursacht haben, wie die zahlreichen unterirdischen Auf- schlüsse des nach allen Richtungen durchgekutteten Erzrevieres dar- thun. Wenn der Grünstein zu Tage tritt, bildet er isolirte Kuppen. Die sämmtlichen Grünsteine kann man als zwei mächtigen Zügen an- gehörig betrachten, welche sıch von Süden nach Norden in nahezu paralleler Richtung erstrecken; der eine von den beiden Zügen beginnt zwischen Bohutin und Tisov, zieht sich über den Franz- und Segen- gottes-Schacht gegen den Birkenberg, seine Fortsetzung findet man beim Ferdinand- und Strachen-Schachte und die nördlichsten Ausläufer lassen sich bis oberhalb Lhota verfolgen. Der zweite Grünsteinzug tritt im Hater Gebirge südlich von Pfibram auf, setzt östlich vom heiligen Berg gegen Norden über den Gerichtsberg und bildet die Anhöhen östlich vom Kvetna-Berge. Zwischen diesen beiden Hauptzügen fand man noch isolirte Grünsteinstöcke im Martins-Stollen des Johannis- Berges, dann am Üertovy Pahorek und in den Jalovöiner Anhöhen. !) ‘ Oberbergrath J. Grimm hat sich während seiner langjährigen Thätigkeit als Professor und Director der Pfibramer Berg-Akademie mit dem Studium der Grünsteine eingehend beschäftigt und zum grossen Theil die Abhängigkeit der Erzführung von dem Auftreten der Grün- steingänge klar nachgewiesen, indem er erkannte, dass die Grünstein- gänge fast immer in. grösserer oder geringerer Entfernung die Erz- gänge begleiten und ihr geologisches Alter grösser ist als jenes der letzteren; nur selten wurde beobachtet, dass der Erzgang vom Grün- stein durchsetzt wird, somit letzterer entschieden als jüngeres Gebilde !) Der Silber- und Blei-Bergbau zu Prfibram. Wien 1875, 56. Mineralogische Mittheilungen. 1877. 3. Heft. (Vrba.) 30 224 ap 2] aufzufassen ist. Grimm’s Forschungen hatten nicht blos das geologische Auftreten der Grünsteine des genannten Districtes, sondern auch deren mineralogische Zusammensetzung zum Gegenstande. Sorgfältige Unter- suchung frischer Bruchflächen der Gesteine, sowie eine grosse Reihe von Lösungsversuchen bestimmten Grimm einen grossen Theil der fraglichen Grünsteine entgegen der bislang üblichen Ansicht, für Diabas zu halten, während er andere als Diorite ansprechen zu müssen glaubte.') Nachdem der augitische Bestandtheil der untersuchten Gesteine von feinkörniger bis fast dichter Ausbildung, zumal sich dieselben schon meist in einem weiteren Stadium der Zersetzung befinden, mit alleiniger Handhabung der Loupe nicht mit genügender Sicherheit zu constatiren war, finden wir die Pribramer Grünsteine wieder sämmtlich als Horn- blende-Grünsteine oder Diorite angeführt. Beim Abteufen des Adalbert-Schachtes hat man in 1000 Meter Teufe als Begleiter des Adalbert-Liegendganges im Liegenden desselben einen Grünstein angefahren, von dem ich durch Herrn Sectionschef Freiherrn von Schröckinger Proben zur Untersuchung erhalten habe, die als Bestandtheile Plagioklas, Augit, Quarz, Caleit, impellueides Erz und eine chloritische Substanz ergab, Hornblende wurde unzwei- deutig nur sehr selten beobachtet. 2) Nachdem diese Grünsteine aus dem Adalbert-Schachte entschieden als Diabase aufgefasst werden müssen (und ihres Quarzgehaltes wegen als Quarzdiabase zu bezeichnen wären) schien mir eine Untersuchung der sämmtlichen Grünsteine des Erzreviers sehr wünschenswerth. Durch die Güte des Herrn Hofrathes F. Ritter v. Jeschke in Pfibram ist mir eine grosse Collection von Grünsteinen zugekommen, die auf seine Veranlassung von den Herren Werksbeamten in der Grube geschlagen und mit wichtigen Angaben über ihr Auftreten und ihre Verhältnisse zum Erzgange versehen wurden. Es ist mir eine angenehme Pflicht, sowohl Herrn Hofrath v. Jeschke als auch den Herren Bergverwaltern Auer, Babänek, Broz, Hozäk und N&metek für ihre freundliche Unterstützung den besten Dank zu sagen. Die Proben gehören, wie die Untersuchung gelehrt hät, dem Diabas, Diorit und einem Gesteine an, das manchen Minetten in vieler Hinsicht sehr ähnlich ist und wegen des hohen Augit-Gehaltes neben dunklem Glimmer als Augit-Minette zu bezeichnen wäre. Diabas. Die überwiegende Mehrzahl der Pribramer Grünsteine sind Plagio- klas-Augit-Gesteine, sie wurden nachstehend (in süd-nördlicher Reihen- folge) angeführten Orten entnommen: 1. Von der Hügelreihe zwischen dem Franz- und Stephans- Schacht (Prfibram SO.). !) Berg- und Hüttenmännisches Jahrbuch der k. k. Montan-Lehranstalten. 1866. XV. 231. ?) Oesterr. Ztschrft. f. Berg- u. Hüttenwesen, 1875. December. [3] Die Grünsteine des Pfibramer Erzrevieres. 225 2. Vom Feldorte an der Dislocationsspalte „Lettenkluft“ am Kaiser- stollen, 2. Lauf des Stephans-Schachtes in Bohutin. (Pfibram SSO.) 3. Vom Clementi-Hauptgang, nördliches Feld, 7. Lauf, Stephans- Schacht, Bohutin. 4. detto vom 8. Lauf. 2 n n : » 6. ) n 10. n 7. Von der Anhöhe beim Franz-Schacht, Bohutin. 8. Von dem Hügel beim Segengottes-Schacht in der Ortschaft Hochofen. (Pfibram SO.) 9. Von Segengottes-Liegendtrumm am Kaiserstollen, Segengottes- Schacht, Hochofen. 10. Vom Segengottes-Hauptgang, 3. Lauf, Segengottes-Schacht, Hochofen. 11. Vom Querschlag, Morgenschlag, Kozitin. (Pribram OSO.) 12. Vom Wolfgange, 2. Lauf, August-Schacht. 13. Vom 13. Laufe, Abendschlag, August-Schacht. 14. Vom Mariahilfer Gange am Kaiserstollen, August-Schacht. 15. 20. Lauf, Hangend und Liegend vom Adalbertgang, Maria- Schacht, Birkenberg. 16. Vom 17. Lauf, Abendschlag, Prokopi-Schacht, in der Nähe des Mariaganges, Birkenberg. 17. Vom Abendschlag aus dem Liegenden des Liegendganges Liegendtrumm, Adalbert-Schacht, Birkenberg. 18. Vom Abendschlag im Liegenden des Liegendganges, 23. Lauf, Adalbert-Schacht. 19, Vom Hangenden des Liegendganges, 26. Lauf, Adalbert- Schacht. 20. detto vom 29. Lauf. nn RB 1% 22. Vom 17. Lauf, Abendschlag beim Fundgrubner Gang, Anna- Schacht. 23. Vom Mittagsort des Fundgrubner Ganges, 17. Lauf vom Pro- kopi-Schächter Abendschlage im äussersten südlichen Felde, Anna- Schacht. 24. Vom 17. Laufe beim Prokopi-Schachte in der Nähe des Mariaganges, Anna-Schacht. 25. Vom oberen 18. Laufe, 13. nördliche First des Fundgrubner Ganges, Anna-Schacht. 26. Vom Hangendschlag vom Francisci-Gange am 22. Laufe, Anna-Schacht. 27. Vom Franeisci-Liegendtrumm am 23. Laufe, südlich vom Abendschlag, Anna-Schacht. 28. detto 23. Lauf. 29. Vom 9. Laufe, Mitternachtsort, Lill-Schacht. 30. Vom 16. Laufe, Abendquerschlag, Lill-Schacht. 31. Vom 5. Laufe, Abendquerschlag, Kv&tna-Schacht. Die sämmtlichen untersuchten Gesteine besitzen, seltene Fälle ausgenommen, eine feinkörnige Structur (1, 3, 6, 8, 9, 11,°12, 13, 30* 226 K: Vrba. 2 [4] 28, 29 ete.!), oft sinkt das Korn so weit, dass dieselbe dicht (4, 14, 16, 21, 27 etc.) genannt werden kann. Mitunter sind die Gesteins- elemente winzige Lamellen, die im wirren Gefüge durcheinander gewachsen sind und im Querbruche scheinbar dichte Massen darstellen. Wenn auch scheinbar die meisten Proben ganz frisch aussehen, so ist doch schon stets eine Zersetzung ihrer Elemente bedeutend vorge- schritten und Umbildungs-Produkte in reichlicher Menge ausgeschieden Ein sorgfältiges Studium einer grossen Anzahl von Schliffen (über 150) hat dargethan, dass nicht ein Bestandtheil seinen ursprüng- lichen Charakter bewahrt hat. Besonders ist es der Augit, der oft einen sehr weit vorgeschrittenen Grad der Umwandlung bekundet. Durch vielfache Zwischenstufen sind mit dem in beginnender Zersetz- ung begriffenen Gesteinen andere verbunden, die keinen ihrer Bestand- theile zweifellos erkennen lassen und ohne vorhergehende Untersuchung der weniger veränderten Vorkommnisse, sowie ohne ihren Zusammen- hang mit letzteren, kaum als Grünsteine erkannt werden könnten (2, 4,.57125); Die Farbe der weniger zersetzten Diabase ist auf frischen Bruch- flächen graugrün, ihre Härte etwa gleich jener des Feldspathes, ihr Bruch splittrig; die in einem weiteren Stadium der Umwandlung begriffenen Gesteine zeigen dunklere schwärzlich grüne Farben und geringere Härte; ganz zersetzte Varietäten erweisen sich oft licht ge- färbt, schmutzig gelblich- und grünlichgrau, ihre Härte ist unbedeutend, (oft lassen sie sich mit einem Fingernagel ritzen), ihr Bruch erdig. Die Dichte ist bei verschiedenen Proben 261 bis 2:83 gefunden worden. Unter dem Mikroskop lösen sich die sämmtlichen Diabase in ein körniges Aggregat von Plagioklas und Augit in sehr wechselnden Mengen auf, desgleichen ist auch die grüne chloritische Substanz, die, wie zuletzt Dathe dargethan hat?), vorzugsweise als ein Neubildungs- product des Augites aufzufassen ist, bald sehr reichlich (1, 4, 6, 9, 10, 11, 12, 13, 15, 17, 18, 19, 22, 23, 27), bald nur in geringerer Menge vorhanden (3, 7, 14, 16, 20, 24, 28, 30, 31). Neben diesen Gemengtheilen ist noch impellucides Erz in allen, Quarz, Caleit und Apatit in den meisten Schliffen erkannt worden, und konnten noch Hornblende, dunkler Glimmer, Epidot, Pyrit und Eisenglanz nachge- wiesen werden. Eine, die einzelnen Bestandtheile verkittende Grund- masse, wie solche in verschiedenen Diabasen beobachtet wurde, tritt in unseren Gesteinen nicht auf, sie besitzen stets eine rein krystallinische Ausbildung °). Die Feldspäthe sind in den meisten Fällen rectangulär begrenzt und erreichen höchstens 6"" Länge und 2 bis 3mm Breite, sinken aber auch bis zu wahrhaft mikroskopischer Kleinheit herab. Nur in verhältnissmässig wenigen Fällen sind dieselben frisch und fast unzer- setzt (8, 9, 10, 29, in28 mitunter ganz frisch und vollkommen pellucid ; ‘) Die Zahlen beziehen sich auf die Nummern der Fundorte. ?) Zeitschrift d. deutsch. geolog. Gesellsch. 1874, 11. °) Grundmasse hat Cohen in einem afrikanischen Diabas, Neues J. f. M. 1874, 474, ich in Grönländischen Gesteinen, Sitzungsber. d. k. Akad. d. Wissensch. in Wien, 1874, Bd. 69, I. Abth. 115. [5] Die Grünsteine des Pfibramer Erzrevieres. 297 weitaus häufiger verrathen dieselben durch den Mangel an Glanz Abgang der Pellueidität und milchweisse, graulich- oder gelblichweisse Farbe einen mehr oder weniger vorgeschrittenen Grad der Umwandlung. Auf Spaltflächen zeigen selbst die grösseren Feldspath-Individuen, mit einer starken Hartnack’schen Loupe betrachtet, selten die für Pla- gioklase charakteristische Zwillingsriefung, unter dem Mikroskope lassen sie dieselbe stets, wenn sie auch schon bedeutend umgewandelt sind, deutlich erkennen und ausserdem in vielen Fällen auch noch eine con- centrisch-schalige Structur wahrnehmen, zumal recht häufig die grösseren Individuen. Erst wenn der Plagioklas ganz in eine feinkörnige, weisse, graue oder röthlichgelbe Masse umgewandelt ist, und selbst in sehr dünnen Schliffen kaum durchscheinend wird, ist der polysynthetische Bau nicht mehr nachzuweisen. Die Zersetzung der Feldspäthe ist oft nur eine partielle, so dass ein Theil derselben noch Zwillings-Riefung, der andere aber Aggregat-Polarisation zeigt. Die partielle Zersetzung folgt häufig der Peripherie und muss wohl unterschieden werden von oft massenhaften Anhäufungen von Einschlüssen, die gleichfalls nicht selten beobachtet werden und dessgleichen recht häufig die peripherische Zone erfüllen, so dass dieselbe fast undurchsichtig erscheint. In anderen Fällen sind die Einschlüsse central gehäuft, und die Randzone mehr oder minder frei von denselben. Ausserordentlich zahlreich nimmt man in fast jedem Feldspath kleine rundliche Schuppen und nadelförmige Kryställchen von licht- bläulichgrüner Farbe wahr, letztere häufig zu radialfaserigen Aggre- gaten verbunden, erstere zu ganzen Klumpen und Strängen vereint. Mit Vorliebe folgen sie den Sprüngen und Klüften im Feldspath, sind aber auch sehr oft von vollkommen compacter Feldspathsubstanz ganz umschlossen, ohne dass ein Sprung oder wie immer gearteter Hohl- raum mit denselben in Verbindung stehen würde. Für die letzteren, von Feldspathmasse ganz umschlossenen Partien ist die Annahme ihrer Bildung aus dem Augit, wie diess Dathe versucht hat'), schon auch aus dem Grunde nicht ganz über allen Zweifel erhaben, weil dieselben oft reichlich im Feldspath anzutreffen sind, während der Augit noch ziemlich frisch oder doch nur wenig zersetzt erscheint (30). Auch Dathe beobachtete reichlichen „Viridit* in Feldspäthen der Diabase von Neustadt bei Stolpen und Wiesa bei Camenz in Sachsen, deren Augit nicht bedeutend zersetzt war. Dessgleichen hat Senfter in Feldspäthen des Diabases von Gräveneck bei Weilburg wolkige Nester von chloritischer Substanz wahrgenommen, während Augit nur wenig verändert war?).. Die Annahme einer Umbildung des Feldspathes in „Chlorit“ scheint mir nicht ungerechtfertigt, zumal pseudomorphe Bil- dungen von dichtem Pennin aus Feldspath makroskopisch bekannt sind.?) Der dichte Pennin von Plaben und von Ökyn in Böhmen zeigt oft zum Nachweis seiner Entstehung eine deutliche Plagioklas-Structur, so YA, 2. ©, ?) Neues Jahrb. f. Min. etc., 1872, 682. ®) R. v. Drasche, Tschermak Min. Mittheil. 1873, 125 und v. Zepharo- vich, ebendas. 1874, 7. 223 K. Vrba. [6] dass man in Dünnschliffen im polarisirten Lichte die Zwillingsbildung in vielen Fällen deutlich nachweisen kann. Das Auftreten des Viridit auf Sprüngen im Quarz ist keineswegs überzeugend genug, um seiner Parasitennatur das Wort zu reden, es ist fraglich, ob er auf Sprüngen eingedrungen ist und nicht vielmehr von dem Quarz dessen secundäre Bildung mir nach Durchsicht von mehr als Hundert Dünnschliffen höchst wahrscheinlich erscheint, bei seiner Bildung umschlossen worden ist, und vielleicht zur Bildung des Sprunges Veranlassung gegeben hat. An Einschlüssen sind die Plagioklase im Allgemeinen nicht reich, meist sind es Apatitnadeln, impellucide Erztheilchen und dunkelbraun durchscheinende Partikel, denen man begegnet, nur in selteneren Fällen häufen sich dieselben, wie schon erwähnt, in grösserer Menge im Inneren des Krystalles oder erfüllen seine peripherische Zone. In paragenetischer Hinsicht scheint in den körnigen Diabasen der Plagioklas ausnahmslos früherer Bildung zu sein als der Augit, da der letztere häufig den Plagioklas einschliesst und umgekehrt nur ein- mal unter den zahlreichen durchgemusterten Feldspäthen sich ein Augit als Einschluss im Plagioklas gefunden hat. In den aphanitischen Ge- steinen scheinen beide Hauptgemengtheile von gleichzeitiger Bildung zu sein, da weder Plagioklas noch Augit frei entwickelte Formen zur Schau tragen. Die Versuche, den Plagioklas in genügender Quantität zum Behufe der Ermittelung seines Eigengewichtes und für eine quantitative Ana- lyse die von hohem Interesse wäre, da Liebe!) drei, Senfter?) zwei verschiedene Plagioklase in den von ihnen untersuchten Diabasen ange- nommen haben, aus dem Gesteine rein zu isoliren, scheiterten an der Kleinheit der Lamellen und an der Zähigkeit des noch halbwegs fri- schen Gesteines. ; Feine Splitter liessen vor dem Löthrohr eine intensive Natrium- färbung der Flamme constatiren, wobei dieselben deutlich an den Kan- ten geschmolzen erschienen. Gegen Chlorwasserstoffsäure verhält sich der Plagioklas ungieich. Von allen untersuchten Proben wurde ein Schliff kurze Zeit geätzt und unter dem Mikroskop untersucht, dann die Aetzung fortgesetzt. In manchen Schliffen wurde derselbe nach kurzer Einwirkung der Säure merklich angegriffen, in anderen bewirkte selbst eine tagelang andauernde Behandlung mit Säure keine merkliche Veränderung. Nachdem jedoch die mehr frischen Pagioklase gegen die Säure sich sehr widerstandsfähig erwiesen und die deutliche Zersetzung mehr die bereits in weiterem Stadium der Umwandlung begriffenen betroffen hat, ist der Feldspath mit grosser Wahrscheinlichkeit als ein Glied der Oligoklas-Reihe anzusehen, da ja die weit basischeren La- bradorite doch meist von Säure merklich angegriffen werden?). Ob sich auch der monokline Orthoklas an der Zusammensetzung unserer Ge- steine betheiligt, ist. nicht mit Sicherheit zu entscheiden, obwohl der ') Neues Jahrb. f. Min. ete. 1871, 395. ?) Ebend. 1872, 698. ®) Dathe entschied sich a. a. O. für den Oligoklas, Senfter nahm gleich- falls die Oligoklas-Mischung für die Feldspäthe der von ihm untersuchten Diabase an. Neues Jahrb. f. Min. 1872, 673. [7] Die Grünsteine des Pribramer Erzrevieres. 9299 Kaligehalt, den die meisten Diabasanalysen aufweisen, diese Annahme unterstützen würde. Auf optischem Wege ist die Frage nicht zu ent- scheiden, zumal die für Plagioklase charakteristische Zwillingsriefung nicht immer vorhanden ist und dieselben auch nur einfache Individuen der dem Karlsbader Orthoklase analogen Zwillinge bilden, wie ich solche in den Augit-Laven von den Kaimenen fast ausschliesslich beobachtet habe’). Der zweite Hauptbestandtheil der Diabase, der Augit, bietet, wie auch Dathe ausdrücklich hervorhebt, die meisten Schwierigkeiten, da er selbst in verhältnissmässig frischem Gesteine eine meist bedeutende Umwandlung erfahren hat, in zersetztem Gesteine aber oft ganz ver- schwunden ist und an seine Stelle Neubildungen der verschiedensten Art eingetreten sind?). Diese letzteren bezeichnet Dathe durchwegs mit dem von Vogelsang?) vorgeschlagenen Collectiv-Namen „Viridit“, obzwar er die schuppigen mit Chlorit, die faserigen mit Serpentin iden- tifieiren zu können glaubt. Nach Vogelsang’s Vorschlage sollte man nur die näher nicht bestimmbaren Eisenoxydul-Magnesia Silicate von grünlicher Farbe und schuppigem oder faserigem Gefüge, die sich als Umwandlungsproducte von Hornblende, Augit, Olivn u. s. w, ergeben, mit „Viridit“ bezeichnen. In den meisten Fällen bildet der Augit unregelmässig begränzte Körner, seltener sind seine Durchschnitte regelmässig gestaltet und verweisen auf eine den Augiten der Basalte ähnliche Form. Ihre Farbe ist im durchfallenden Lichte meist röthlichgelb, licht bräunlichgelb oder schmutzig graulichgelb, seltener nelkenbraun. Letztere Farbe kommt nur ganz frischer Substanz, die nur in 30 beobachtet wurde, zu; meist erscheinen die Augite schon bedeutend verändert und mit Mühe gelingt es in einem Haufwerke von Neubildungs-Producten einen Augit-Rest zu entdecken, oft ist aber auch dieser verschwunden. Die Umwandlung scheint stets mit einer Bleichung begonnen zu haben, unter gleichzei- tiger Ausscheidung von kleinen, schwach braun durchscheinenden Par- tikelchen, die nach Vogelsang’s Vorgange als Ferrit zu bezeichnen wären. Ein weiteres Stadium der Umwandlung besteht darin, dass sich der Augit peripherisch und längs der Sprünge und Spaltklüfte in eine gelblichgrüne, schuppigfaserige Masse verändert hat (sehr schön in 20° zum Theil mit wohlbegränzten Krystall-Durchschnitten versehen). Diese Ausbildung erinnert lebhaft an in der Zersetzung begriffene Olivine der Basalte. Eine fortschreitende Veränderung giebt sich an einer Fase- rung des Augitkernes zu erkennen, während gleichzeitig die umgewan- delte peripherische Hülle und die von derselben längs der Sprünge sich fortziehenden Partien eine grasgrüne bis dunkelgrüne Färbung und oft deutliche Faserung angenommen haben. Die Umwandlungs- producte, die früher gar nicht oder ganz unbedeutend dichroitisch waren, offenbaren nun einen sehr lebhaften Dichroismus und bilden !) Lotos. 1875, 17. ?) Vergl. auch H. Möhl, Neues Jahrb. f. Min. etc. 1874. 791 u. E. Cohen ebend. 1874, 475. %) Zeitschrift d. deutsch. geol. Gesellsch. 1872. 529 230 K. Vrba. [8] Mikrolithe, die oft ziemlich gross werden und mit ihrer Längsrichtung den Spaltklüften des Augitrestes oder, wenn dieser ganz verschwunden ist, der Faserung parallel gelagert sind; die Augit-Pseudomorphose erscheint dann durch dieselben an den beiden Enden ruinen- oder kammartig eingezackt (1, 9, 11, 13). Diese äussere Umwandlungszone besteht aus Hornblende, für welche Annahme nicht nur der sehr leb- hafte Dichroismus und die Orientirung der Hauptschwingungs-Richtun- gen, sondern, und vornehmlich, auch Querschnitte dieser säulenförmigen Kryställchen sprechen, die den Amphibolwinkel mit Sicherheit zu bestimmen gestatteten; grössere derselben lassen sogar manchmal eine Spaltrichtung, die der äusseren Umgrenzung parallel verläuft, erkennen. An der Grenze der Amphibolzone und des schwach dichroitischen faserig-schuppigen Zersetzungs-Productes erfolgte in der Regel eine Ausscheidung von winzigen theils opaken, theils schwach bräunlich durchscheinenden Partikelchen. Beistehende Zeichnung grösserung einen Augit in dem geschilderten Stadium der Umwandlung dar, wie er in 1 beobachtet wurde. A der faserige Augitrest mit bräunlich durchschei- nenden Ferrit - Ausschei- dungen, C faserig-schup- pige, schwach dichroitische Masse, H Hornblendekranz, an dessen Gränze sich gleichfalls impellueide oder nur schwach durchschei- nende Körnchen ausgeschie- den haben. Seitlich ist der Hornblendekranz miteinem Aggregat von Hornblende- Nadeln und Säulchen in Verbindung, die zwischen zwei Feldspäthen eingeschlossen liegen. Wenn Dathe zweifellose Hornblende niemals neben Augit in Diabasen beobachtete, so kann diess wohl nur von ursprünglichen Amphibol- Ausscheidungen gelten, dass aber die Hornblende als Zersetzungsproducet des Augites in Augitgrünsteinen auftritt, ist aus dem Angeführten klar; noch deutlicher ist jedoch diese Umwandlung besonders in 7 und 8 zu beobachten. Die hier nicht selten polygonal begränzten Augite besitzen einen breiten Amphibol-Mantel; hat der Schnitt den Krystall senkrecht zur Spaltbarkeit getroffen, so sieht man in demselben die Spaltrichtungen unter 124°, in dem Augitrest aber unter 87° zu- sammenstossen. In 3 habe ich einen Durchschnitt beobachtet, der vom Augitprisma, der Quer- und Längsflächen begränzt war, aber die Spalt- barkeit der Hornblende zeigte, indem der Augit ganz verschwunden war. In diesem Falle liegt also eine Pseudomorphose vor, die G. Rose stellt in 340facher Ver- ne > 2 5 [9] Die Grünsteine des Pribramer Erzrevieres. 231 mit dem Namen „Uralit“ bezeichnete’). Die nicht regelmässig begränz- ten Augitumwandlungen lösen sich häufig in. einen Bart von Horn- blende-Mikrolithen auf. Das Gestein vom Querschlag in Koziöin (11) weicht schon makro- skopisch von den übrigen ab, die Structur ist deutlich körnig, hervor- gebracht durch den augitischen Bestandtheil, der einen seidenartigen Glanz, dunkelbraune Farbe und lamellare Structur zeigt. Im Dünn- schliff zeigt der genannte Gemengtheil eine Structur, die jener der Diallage aus dem Gabbro ganz ähnlich ist, schliesst aber fast immer einen Kern von gewöhnlichem Augit ein. Ich habe schon auf die mit- unter vollkommen diallagartige Beschaffenheit der Augite der Quarz- Diabase des 'Adalbert-Schachtes aufmerksam gemacht?), im vorliegenden Gestein tritt die Aehnlichkeit noch mehr hervor. Die diallagähnlichen Partien sind oft mit dunkel durchscheinenden Lamellen reichlich versehen und übergehen nach Aussen in eine dünne Hornblendezone, die ihre Fortsätze weiter zwischen die Feldspäthe ausschickt?). Ver- muthlich ist auch die diallagartige Beschaffenheit des Augites ein Stadium seiner Umwandlung ein weiteres Product derselben der Hornblendekranz. . In vielen der untersuchten Proben sind die von Dathe erwähnten lichtgelblichen Gebilde wahrzunehmen, die er als Epidot deutet. In dem stark zersetzten Nr. 17 sind reichlich Viridit, Hornblende-Nädelchen und lichtgelblichgrüne Epidotpartien wahrzunehmen, besonders häufen sich dieselben an der Grenze von zahlreichen das Gestein durchziehen- den Quarzadern. Ein Scherben, den ich der Contactstelle des Ganges entnommen habe, bestand fast nur aus Quarz, in dem sehr reich Epidot, mitunter winzige und gut ausgebildete Kryställchen, enthalten war. Chlorophoeit konnte in keinem der untersuchten Schliffe nachgewiesen werden. Zu den Einschlüssen der Augite unserer Grünsteine, die als Pro- ducte der Umwandlung angesehen werden können, ist noch Eisenglanz zu rechnen, der jedoch nur selten beobachtet wurde; schöne, scharfe, blutroth durchscheinende Hexagone dieser Substanz, gleich jenen im Sonnensteine von Tvedestrand und im Carnallit von Stassfurt, sind in 8, doch nicht zahlreich vorhanden. Magnetit und vielleicht auch Titan- eisen sind in Augiten oft sehr reichlich eingeschlossen, oft fehlen dieselben fast ganz, letzteres ist namentlich häufig in frischeren Augiten der Fall. Selten nur häuft sich das impellucide Erz zu einem centralen Kern oder einer Randzone. Plagioklasleistchen sind sehr häufig, mitunter von bedeutender Grösse, so dass mehrere Zwillings- Lamellen gezählt werden konnten, als Einschluss vorhanden; Apatit tritt seltener von Augit umschlossen, häufiger hingegen und mitunter in ansehnlichen Säulchen, in der Gesteinsmasse auf. ) Poggendorff, Ann. 22, 342. 2) A. a. O 3) Schilling hat in Diabasen neben Augit auch Diallag erkannt. Die chem. min. Z. d. Grünsteine d. Südharzes. Göttingen 1869. Mineralogische Mittheilungen. 3. Heft. 1877. (Vrba.) 31 932 K. Vıba. 110) In sämmtlichen untersuchten Gesteinsproben sind impellucide Erzpartikel reichlich vorhanden, sie gehören theils dem Magneteisen, theils dem Titaneisen, theils dem Pyrit an. Die meisten Proben wirken, wenn einige auch nur unbedeutend, auf die Magnetnadel und aus allen lässt sich mit dem Magnetstabe Magnetit herausziehen. Der Pyrit ist meist in grösseren Einsprenglingen vorhanden, im Gestein sehr ungleich- mässig und verhältnissmässig spärlich vertheilt (eine quantitative Be- stimmung ergab Schwefel = 0'001 Proe.). Das Titaneisen wurde in 23 durch eine intensive violette Färbung der Solution des mit saurem schwefelsaurem Kali geschmolzenen Gesteins- pulvers in Chlorwasserstofisäure unter Zusatz von Zink nachgewiesen. Auch spricht für die Anwesenheit des Titaneisens der Umstand, dass durch mehrtägige Behandlung des Gesteinspulvers mit Salzsäure nicht alles schwarze Erz entfernt wird, sondern ein grosser Theil desselben ganz intact bleibt. Das Magneteisen tritt theils in Form von Kryställchen, theils in unregelmässig geformten Körnchen auf; selten nur sind grössere An- häufungen derselben wahrgenommen worden, meist ist es im Gesteins- gewebe gleichmässig vertheilt. Zierliche gestrickte Gruppirungen sind mitunter beobachtet worden, wie solche in anderen Diabasen und namentlich in Basalten häufig auftreten. Obwohl das Magneteisen in sämmtlichen Gemengtheilen constatirt werden konnte, ist es doch stets am reichlichsten in den Zersetzungsproducten des Augites vorhanden und zwar in desto grösserer Menge, je weiter die Umwandlung des letztgenannten Bestandtheiles vorgeschritten ist. Frische oder nur ganz unbedeutend veränderte Augite erweisen sich, wie schon oben bemerkt wurde, mitunter ganz frei von demselben. Dieser Umstand gibt der Vermuthung Raum, dass der Magnetit, wenn auch nicht durchwegs, so doch zum grossen Theile erst secundären Ursprunges ist. Auch die Magnetite haben häufig eine Veränderung erfahren, indem ein brauner Hof von Eisenoxydhydrat dieselben umgibt. Das Titaneisen tritt meist in kolbenförmigen Gebilden auf, die mannigfaltige, oft zierliche Aggregate zusammensetzen, nicht selten kann man aber auch deutliche, polygonal begrenzte Durchschnitte, meist Drei- und Sechsecke oder Rhomboide wahrnehmen. Im durchfallenden Lichte ist es gleich dem Magneteisen vollkommen opak, bei auffallender Beleuchtung hingegen zeigt es einen eigenthümlichen bläulichweissen oder gelblichweissen Schimmer und ist sehr häufig von weissen, meist geradlinig verlaufenden Partien unterbrochen, die gleich dem Erze, vollkommen undurchsichtig sind; häufig kann man auch eine periphe- rische, weisse, fast impellueide Zone wahrnehmen; in vielen Fällen ist sogar die weisse Masse ganz vorherrschend und wird nur von wenigen schwarzen Strichen und Punkten von Titaneisen durchspickt. Diese weisse Masse, offenbar ein Umwandlungsproduct des Titaneisens — vermuthlich ein Titan-Silicat, — charakterisirt unter dem Mikroskop, wie Dathe') ganz richtig bemerkt, dasselbe im Gegensatz zu dem Magnetit, der sich, wie oben angeführt, in eine braune Substanz ver- 1) A. a. 0. 26. Fa nn [11] Die Grünsteine des Pribramer Erzrevieres. 933 ändert. Während der Magnetit sich fast immer in den Gemengtheilen der Gesteine, so namentlich in den Zersetzungsproducten des Augites, eingeschlossen findet, ist das Titaneisen, besonders grössere Brocken desselben, zwischen die Gesteinselemente zwischengeklemmt, selten fand ich dasselbe unzweifelhaft eingeschlossen. Der speisgelbe Pyrit ist, wie angeführt worden, in den Gesteinen ungleichmässig vertheilt, oft fehlt er ganz. Nur selten wurden Durch- schnitte beobachtet, die eine regelmässige Umgrenzung anzunehmen gestatten, meist sind dieselben regellos. Die Grösse der Körnchen ist in der Regel eine so ansehnliche, dass man dieselben schon mit unbe- ‚waffnetem Auge wahrnehmen kann und ihre Anzahl durch Anwendung des Mikroskopes kaum gesteigert wird; sie bilden theils selbstständige Einsprenglinge, theils sind sie mit dem Magnet- und Titaneisen innig gemengt und verwachsen. Ausser im Gestein eingesprengt, trifft man den Pyrit auch als ziemlich dieken, zusammenhängenden Anflug auf Kluftflächen (28). Auch dieser offenbar jüngere Bestandtheil blieb von einer weiteren Umwandlung nicht verschont; in vielen Fällen deutet eine dunkelbraune oder schwarze Randzone auf eine stattgefundene Veränderung in Brauneisen hin. Ein Bestandtheil der meisten untersuchten Diabase ist der Quarz, den man bis in die neueste Zeit in diesem Gesteine übersehen hatte, wiewohl er schon früher in den verwandten schottischen Trappen be- kannt war. Behrens bemerkt in seiner Abhandlung, dass er in den von ihm untersuchten Grünsteinen nicht viel Quarz gefunden habe, übrigens seien jene Körnchen, die er für Quarz halten zu müssen glaubt, schwer vom glasigen Feldspath zu unterscheiden'). Ich habe Quarz in ansehnlicher Menge in grönländischen ?) und Dathe in zahl- reichen sächsischen Diabasen gefunden °). In den Pfibramer Grünsteinen wurde von Grimm nur in dem Gesteine aus der Drkolnower Grube makroskopisch Quarz beobachtet‘) und von mir die Diabase aus dem Adalbert-Schacht als quarzführend erkannt. Die mikroskopische Unter- suchung hat den Quarz in fast allen durchmusterten Diabasen des Pribramer Erzrevieres deutlich nachgewiesen, meist gab er sich schon bei der Herstellung der Dünnschliffe an der bedeutenden Härte der Gesteine zu erkennen; dessgleichen zeigen angeschliffene und polirte Scherben feine nadelstichgrosse Pünktchen, die einen ungleich höheren Grad des Glanzes annehmen und unter dem Mikroskop als Quarz er- kannt werden; nie erreichen dieselben 1””® Durchmesser. Die Begränzung der Quarze ist im Allgemeinen eine regellose zu nennen, im durchfallenden Lichte ist er ganz farblos und seine Mikrostructur gleich jener der Quarze in alten Massengesteinen. Einzelne Körnchen erweisen sich, wie die Betrachtung im polari- sirten Lichte lehrt, oft aus mehreren ungleich orientirten Individuen zusammengesetzt, die lebhafte chromatische Polarisations-Erscheinungen 1) Neues Jahrb. f. Min. etc. 1871, 463. 2) A. a. 0. 118. ®) A. 2.0. *) Jahrb. d. Berg-Akademie zu Pribram und Leoben. XV. Bd. 1866, 221. 31* 234 K. Vrba. [12] zeigen und deren Ränder die bekannte buntfarbige Interferenzstreifung zu erkennen geben. Nur sehr selten konnten unter den zahlreichen Quarzen einige wenige entdeckt werden, deren Durchschnitte mehr oder minder gut ausgebildete Hexagone gewesen sind; sie wurden stets in stärker zersetzten Partien und meist von den Neubildungs-Producten des Augites allseits umschlossen gefunden (12, 13, 22, 26). Mitunter sind die Quarze, namentlich die kleinsten ziemlich frei von Einschlüssen fremder Substanzen, häufiger sind sie aber reichlich mit denselben imprägnirt. Flüssigkeits-Einschlüsse mit beweglichen Libellen, Apatitsäulchen, Hornblendenädelchen und graulichgrüne, schmutzige, staubartige Masse wechseln an Menge und Anordnung mit einander. Sehr schöne Ein- schlüsse von Flüssigkeit, ein Negativ der Quarzpyramide darstellend, sind in einem hexagonalen Quarzdurchschnitt (8) beobachtet worden, derselbe Durchschnitt liess auch zweifellos eine radiäre Anordnung der eingeschlossenen Hornblende - Säulchen erkennen. Wenige gerundete Hexagone von bräunlicher Farbe, die vom Quarz umschlossen beobach- tet wurden, dürften dunkler Glimmer sein (28). Erztheilchen, Magnet- und Titaneisen scheinen als Einschluss im Quarz ganz zu fehlen oder doch nur sehr selten vorzukommen; die wenigen ganz undurchsichtigen Einschlüsse im Quarz, welche beobachtet wurden, liessen die Frage ganz ungelöst. Längs der Sprünge im Quarz sieht man oft Infiltrations- Producte von gelber, brauner, rother und grüner Farbe, die nicht selten eine moireeartige Zeichnung an den Kluftwänden hervor- bringen. Ausser die eben beschriebenen körnigen Einsprenglinge bildet der Quarz in vielen der untersuchten Gesteine Ausfüllungen von Spalten, N SE entweder allein, oder in Gesellschaft von Calcit ausgeklei- et hat. Die Menge des Quarzes in den verschiedenen Proben ist sehr variabel, in verschiedenen Schliffen von einem Handstücke ist sie oft wechselnd. Dathe bemerkt, dass in Gesteinen, in denen sich der Quarz an der Zusammensetzung betheiligt, derselbe fast dem Feldspath an Menge das Gleichgewicht hält, (Diabas von Klunst und Kottmar bei Ebersbach, Kunnersdorf) oder ihn sogar übertrifft. (Neustadt bei Stolpen, Jackwitz bei Bautzen, Keltershaus bei Ehrenbreitstein.) In den von mir untersuchten Gesteinen tritt der Quarz gegen den Feldspath stets stark zurück. Im Allgemeinen wurde aber constatirt, dass die Menge des Quarzes mit der Zersetzung des Gesteines zunimmt. Während die secundäre Bildung des auf Spalten und Klüften ausgeschiedenen Quarzes ausser Zweifel ist, erfordert die Frage nach der Entstehung der kör- nigen Einsprenglinge dieses Gemengtheiles im Gesteine eine sorgsame Prüfung. Wir haben gesehen, dass die Quarze mit seltenen Ausnahmen regellos begränzt sind, dass die regelmässig begränzten Individuen stets in dem Neubildungs-Product des Augites eingeschlossen vorkommen, dass ferner der Quarz Hornblende-Nadeln einschliesst und im Allge- meinen seine Quantität mit der Zersetzung des Gesteines zunimmt. Bekanntlich pflegt der Quarz in Porphyrgesteinen, zu denen wir auch den Diabas zählen, stets als ursprünglicher Gemengtheil in [13] Die Grünsteine des Pribramer Erzrevieres. 235 Krystallen aufzutreten, diese sind aber in unseren Gesteinen grosse Seltenheiten, und wenn auch ein hexagonaler Durchschnitt angetroffen wird, so ist derselbe in der secundär gebildeten chloritischen Substanz eingeschlossen. Wäre es geglückt, einen derartigen Quarz im frischen Augit als Einschluss wahrzunehmen, so wäre wohl die Annahme seiner ursprüng- lichen Bildung gerechtfertigt; nachdem jedoch in keinem der zahlreichen “ frischen Augite ein wie immer begränztes Quarzkorn wahrgenommen werden konnte, erlaubt die Annahme seiner secundären mit jener der chloritischen Masse etwa gleichzeitigen Entstehung eine befriedigende Lösung der Frage nach seinem Ursprung. Eine wesentliche Stütze für diese Annahme bieten die oben erwähnten Hornblende-Nadeln, von denen früher gezeigt wurde, dass sie als entschiedene Zersetzungs- producte des Augites aufgefasst werden müssen. Wie sollen nun diese unzweifelhaften Neubildungs-Producte in den Quarz gelangt sein, wenn sich derselbe aus dem Diabasmagma direct bei seinem Uebergang in den krystallinischen Zustand ausgeschieden hätte! Es wäre auch durch- aus unerklärlich, dass gerade die zersetzteren Varietäten die quarz- reichsten sein sollten. Diese sämmtlichen Beobachtungen scheinen mir überzeugend genug zu sein, um die secundäre Bildung des Quarzes aus dem Feldspath unumstösslich darzuthun, zumal es eine bekannte Thatsache ist, dass bei der Umwandlung der Feldspäthe in ihre Zer- setzungs-Producte (Kaolin ete.) stets Kieselsäure sich ausscheidet. Die hier ausgesprochene Ansicht soll zunächst für die Pfibramer Diabase gelten, keineswegs soll aber behauptet werden, dass aller Quarz in allen Diabasen secundären Ursprunges ist. In einem Diabas vom Zu- fluchtsfjord auf Südgrönland beobachtete ich Quarzkörnchen von oft bedeutender Grösse, die von einem Mikrolithenkranz umgeben waren, der zarte Apophysen in die Quarzmasse entsendete; für diese ist eine ursprüngliche Bildung oder die Annahme wahrscheinlich, dass dieselben von der Diabasmasse umschlossen wurden'). Hand in Hand mit der Ausscheidung der Kieselsäure aus der Zersetzung von kalkerdehaltigen Silicaten durch kohlensäurehältige Wässer geht die Bildung von kohlensaurem Kalk vor sich; wir treffen daher auch den Caleit in sämmtlichen untersuchten Gesteinen, bald ausserordentlich reich, bald spärlicher. Manche Proben sind von reich- lichen Calcitadern und Schnüren kreuz und quer durchsetzt und schliessen diesen Bestandtheil in zahlreichen kleinen Nesterchen ein, andere, namentlich die aphanitischen, lassen denselben weder makro- skopisch noch mikroskopisch wahrnehmen, brausen aber doch stets mit Säure. Die ganz zersetzten Varietäten allein lassen weder mikro- skopisch noch durch chemische Reagentien einen Gehalt von Kalkcarbo- nat nachweisen, offenbar ist derselbe aus den erdigen porösen, den eirculirenden Wässern leicht zugänglichen Gesteinen ganz ausgelaugt worden. Die klaren ganz durchsichtigen Calcitpartien zeigen stets die bekannte Zwillingsstreifung, die nach zwei sich unter spitzem Winkel schneidenden Richtungen verläuft. Eingeschlossen finden sich in den- )A.2.0. 236 K. Vrba. [ 14] selben sämmtliche Zersetzungsproducte des Augites und der andern Gemengtheile, sehr häufig Quarzkörnchen. Ein Gemengtheil unserer Diabase, der wenn auch stets nur mikroskopisch, so doch fast immer erkannt wurde, ist der Apatit (apatitfrei 9, -arm 11, 12). Seine schlanken, oft zugespitzten und ge- gliederten Säulchen sind zu bekannt, als dass wir eine Beschreibung derselben folgen lassen müssten. Biotit bildet kleine und dünne hexa- gonale Schüppchen, die oft gerundet erscheinen, scharfe, winzige, blut- rothe Hexagone liefert der Eisenglanz; beide Minerale sind jedoch selten zu treffen und schon früher erwähnt worden. Herrn Dr. G. H. Dietrich, k. k. Probir-Adjunkt in Pfibram, verdanke ich die Mittheilung nachstehender Analysen von 21; A bezieht sich auf einen feinkörnigen, quarzführenden Diabas, dessen Dichte = 2:79 bestimmt wurde, B auf eine aphanitische Varietät von der Dichte = 2:86. A B SiO, 58-61 51:56 Al,O, 10:12 13:72 Fe,0, 4:03 3:52 MnsÖ; Be 0:08 FeO 7:10 6:92 CaO 9:48 8:03 MyO 4:12 7:62 Ko 0:97 1:21 Na,0 1:86 1:94 P,O, 0:98 0:60 co, 1:32 1:91 H,O 1:62 2:82 10016 99:93 Eine approximative Berechnung der einzelnen das Gestein zusam- mensetzenden Mineralien, in runden Zahlen ausgedrückt, würde ergeben in Percenten: für A Caleit 3, Apatit 2, Magnetit 6, chloritische Substanz 16, Kali-Feldspath 6, Natron-Feldspath 31, Augit 19, Quarz 17; für B Caleit 4/,, Apatit 1'/,, Magnetit 5, chloritische Substanz 32, Kali-Feldspath 6, Natron-Feldspath 38, Quarz 13, was mit dem mikro- skopischen Befunde ziemlich im Einklange stehen würde. Diorit. Unzweifelhafte Hornblende-Plagioklas-Gesteine sind in dem ge- nannten Erzreviere nicht häufig. Ein schöner Diorit ist das Gestein aus dem Sadeker Schachte; der Grünsteingang begleitet den nach h 22 streichenden 30 Centimeter in Spatheisenstein und Fahlerzen mäch- tigen Sadeker Gang bald im Liegenden, bald im Hangenden auf eine Erstreckung von 100 Meter, bewirkt eine Hebung der Grauwacken- Schichten und bildet ober Tags eine ansehnliche Kuppe. Ein zweiter Diorit tritt stockförmig zwischen dem Schwarzenberg- und August- Schacht im Kaiserstollner Flügelschlage auf und bildet in seiner Fort- ED de Hk, [15] Die Grüusteine des Pribramer Erzrevieres. - 237 setzung die Anhöhe beim Zdabofer Schachte in der Näbe vom August- Schachte. Das Sadeker Gestein ist gleichmässig feinkörnig, hart und zähe, besitzt splittrigen Bruch und ein Eigengewicht = 2'83; seine Farbe ist dunkel grünlichgrau, schmutziggelb gesprenkelt. Mit der Loupe lässt sich auf frischen Bruchflächen deutlich der graulichgelbe Feldspath von dem dunklen Bestandtheil unterscheiden, selten sind die Spaltflächen glänzend und mit Zwillingsriefung versehen, auch ist die Begrenzung der Plagioklase häufiger eine regellose als eine reetanguläre. Hornblende lässt sich mit der Loupe, wenn auch starkglänzende, winzige Spalt- flächen häufig wahrzunehmen sind, nicht zweifellos constatiren. Der Zdaborfer Diorit ist lichter grünlichgrau, weniger hart als der vorher beschriebene, jedoch ebenso zähe, sein Bruch uneben, das Eigengewicht bestimmte sich = 2:78. Frische Bruchflächen unter der Loupe betrachtet, zeigen eine dichte Grundmasse, in welcher reichlich kleine, bis 4 "” lange und ebenso breite Plagioklas-Kryställchen mit ausgezeichneter Riefung eingeschlossen sind. Mit Ausnahme einer papierdünnen, graulich- weissen Randzone sind die Plagioklase stark glas- bis fettglänzend, erstere jedoch matt, selten wurden Fortsätze derselben nach dem inneren, frischen Feldspathkern verlaufend wahrgenommen; von Hornblende ist keine Spur wahrzunehmen. Eine Eigenthümlichkeit des Zdabofer Gestei- nes, sowohl des in der Grube gebrochenen, als auch des ober Tags gesammelten, ist eine kugelförmige Absonderung, die besonders bei ein- getretener Umwandlung sehr deutlich hervortritt. Das Mikroskop löst beide genannten Gesteine in ein Aggregat von Plagioklas und Hornblende auf, zu denen sich noch Quarz und dunkler Glimmer in reichlicher Menge gesellen, Calcit, im Sadeker Gesteine eine häufige Erscheinung, ist im Zdabofer Diorit mikroskopisch nicht wahrzunehmen und seine Gegenwart nur durch ein äusserst spärliches Brausen mit Säure zu constatiren. Apatit ist in geringerer Menge, dafür aber in grösseren Kryställchen vorhanden, Eıztheilchen — wohl ausschliesslich nur Magneteisen — sind in äusserst beschei- dener Anzahl vorhanden, dessgleichen ist die grünliche, faserig. schuppige Substanz, der wir in den Diabasen so massenhaft begegneten, nur sehr spärlich und nur stellenweise vorhanden; von Augit ist selbstverständ- lich keine Spur wahrzunehmen. Das mikroskopische Bild ist, wie leicht ‚einzusehen, von jenem der früher beschriebenen Gesteine ein total ver- schiedenes. Der Plagioklas im Sadeker Diorit überwiegt nur wenig an Menge die Hornblende; er ist stets bedeutend verändert und lässt im polari- sirten Lichte eine körnige oder eisblumenartige Structur wahrnehmen, immer sieht man aber noch seine lamellare Zusammensetzung, in vielen Fällen deutlicher, wenn ein Gypsblättchen eingeschaltet wurde. Ein- schlüsse birgt der Plagioklas, mit Ausnahme spärlicher Hornblende- und Apatit-Säulchen, keine. Die Plagioklase im Zdaborfer Gesteine sind, wie oben erwähnt, theils porphyrisch ausgeschieden, theils Elemente der scheinbar dichten Grundmasse, letztere gewöhnlich mit den Hornblende-Individuen innig regellos verwachsen. Die ersteren, vollkommen klar und durchsichtig, 238 K. Vrba. [16] besitzen stets einen milchweissen, trüben Rand. Neben der prachtvollen Zwillingsstreifung lassen die grösseren Individuen einen ausgezeichneten zonalen Aufbau, besonders schön im polarisirten Lichte erkennen. Die milchweisse Zone ist nicht allein in Folge einer beginnenden peripherischen Zersetzung entstanden, sondern wird vorzugsweise durch reichliche Einlagerung von Hornblende, Biotit, Apatit, winzigen, kaum 0:0003 »m srossen Flüssigkeits-Einschlüssen mit beweglichen Bläschen und mitunter scharfer, reetangulärer Begrenzung!) und anderen fremd- artigen Substanzen hervorgebracht, die im centralen Theile des Krystal- les entweder nur sparsam vorhanden sind oder auch ganz vermisst werden. In einigen vollkommen wasserklaren, grösseren Plagioklasen wurden lange, kaum durchscheinende Mikrolithe nach drei Raumrich- tungen parallel eingeschlossen gefunden, ganz ähnlich jenen, die in ungleich grösserer Anzahl und Kleinheit die Plagioklase vieler Gabbro durchspicken. Diese Nädelchen sind so orientirt, dass ein System parallel der Zwillingsriefung des Plagioklases, das zweite nahe senkrecht zu derselben verläuft, während das dritte sich in einer nahezu senk- rechten Richtung zu den erstgenannten befindet und in Form von kleinen Punkten projieirt erscheint. Die Hornblende bildet im Diorit aus dem Sadek-Schachte mit- unter deutliche Krystalle von der Form oP. oP&>,.P (oP scheint zu fehlen), ihre Farbe ist im durchfallenden Lichte dem starken Dichroismus entsprechend licht bis dunkelbraun, je nachdem der Kry- stall vom Schnitte getroffen wurde. Häufig hat sich um einen Kernkrystall von brauner Farbe eine grüne Schale gebildet, jedoch stets unter Wahrung eines vollkommenen Parallelismus. Einschlüsse in der Hornblende beschränken sich auf im- pellucide Partikel — vermuthlich Magneteisen — wenig Apatit und Feldspath. Die Hornblende in dem Zdaborer Gesteine ist stets nur srün gefärbt, die Individuen mit seltenen Ausnahmen mikroskopisch klein, jedoch stets mehr oder minder scharf polygonal begrenzt. Ein srösserer Durchschnitt, senkrecht zur Spaltrichtung gestattete eine genaue Bestimmung des Amphibolwinkels, ein zweiter Schnitt parallel den Spaltrissen ergab eine Neigung der Hauptschwingungsrichtung zur Prismenkante gleich 15 Grad. Ausser Apatit und wenig Magneteisen sind Einschlüsse keinerlei Art wahrgenommen worden. Im Allgemeinen hat die Hornblende im scharfen Gegensatz zu den früher beschriebenen Augiten in beiden Gesteinen ein vollkommen’ frisches Aussehen, ihre Contouren sind scharf, ihre Masse erweist sich, von den Einschlüssen abgesehen, im polarisirten Lichte homogen; nur ganz vereinzelt hat die Umwandlung einen oder den andern Krystall bereits ergriffen, eine Faserung und Bleichung hat sich an den beiden Polen eingestellt und in der nächsten Umgebung desselben ein licht- bläulich grünes Zersetzungsproduct abgelagert; häufiger kann man diese Erscheinung in dem Sadeker als im Zdaborer Gesteine beobachten. 1) Prachtvolle, regelmässig begrenzte Flüssigkeits-Einschlüsse habe ich in dem Plagioklas des Diorites von der Patursokbai in Westgrönland beobachtet. Sitzungs- bericht d. k. Akad. d. Wissensch. Wien, 69. Bd., I. Abth., 1874, 119. [17] Die Grünsteine des Piibramer Erzrevieres. 239 In beiden Gesteinen tritt, die Hornblende vertretend, dunkler Glimmer recht häufig auf; selten regelmässig begränzt, ist er meist in Form von fetzen- oder lappenartigen Gebilden im Gestein vertheilt. Seine ausgezeichnete Spaltbarkeit, der starke Dichroismus und die Richtung seiner optischen Hauptschnitte unterscheiden denselben scharf von der braunen Hornblende. Der vollkommen wasserhelle Quarz ist nie in Krystalldurchschnit- ten beobachtet worden, stets sind es regellos begränzte Körnchen, die im Gesteine ziemlich gleichmässig vertheilt erscheinen; mitunter trifft man kleine Klüfte im Gestein ganz von körnigen Quarzindividuen erfüllt. Seine Mikrostructur gleicht genau jener der Quarze in den früher beschriebenen Diabasen. Der Abgang einer regelmässigen Um- gränzung, sein häufigeres Auftreten im Sadeker Gesteine, dessen Feld- späthe stark verändert sind und sein selteneres Vorkommen im Diorit vom Zdabofer Schachte, der fast ganz frische Plagioklase einschliesst, erfordern auch für die Quarze der Diorite von den beiden Fundorten eine Annahme seiner secundären Bildung. Mit dieser Auffassung steht auch das häufige und ansehnliche Vorkommen des Caleites im erstge- nannten, das fast gänzliche Fehlen desselben im Zdaborer Gesteine im Einklange. Apatit und Magneteisen gleichen vollkommen jenen in den Diabasen; Pyrit wurde nicht wahrgenommen, dessgleichen konnte auch Titaneisen nicht constatirt werden. Anhangsweise möge hier noch ein Gestein erwähnt werden, das am 3. Ölementi-Liegendgange am Kaiserstollner-Laufe des Stephans- schachtes in Bohutin angefahren wurde; es tritt in Gemeinschaft mit Diabas gangförmig auf. In einer dunkelgrünen dichten Grundmasse sind sehr reichlich blass fleischrothe Feldspath-Kıystalle eingesprengt, die unter der Loupe keine Zwillingsstreifung, wohl aber häufig eine Zwillingsbildung nach dem Karlsbader Gesetze erkennen lassen. Das ganze Gestein wird von feinen licht pistaziengrünen Adern durchsetzt, in denen zahlreiche Pyritkryställchen, die sonst im Gesteine ganz ver- misst werden, eingeschlossen sind. Im Dünnschliff löst sich das Gestein in ein Gemenge von zer- setzten Felspath-Krystallen und faserigen Hornblende-Aggregaten auf, die von Feldspäthen umschlossene Nester bilden und zwischen dieselben eindringen. Die Feldspäthe selbst enthalten Hornblende-Nädelchen in sehr grosser Anzahl eingeschlossen. Zu den genannten Gemengtheilen tritt noch spärlich Quarz und sehr selten Magneteisen hinzu; Caleit ist sehr untergeordnet vorhanden. Im polarisirten Lichte erweisen sich die Feldspäthe als ein kör- niges Aggregat, nur selten ist noch die trikline Natur derselben deut- lich wahrzunehmen. Die rothe Farbe wird wahrscheinlich durch Eisen- oxyd hervorgerufen , das in Form winziger Partikelchen in der zersetzten Feldspathsubstanz eingeschlossen und aus Magneteisen her- vorgegangen ist. Man sieht nämlich häufig ein schwarzes opakes Korn, [} 5 Mineralogische Mittheilungen. 3. Heft. 1877. (Vrba.) 32 240 K. Vrba. [18] das peripherisch in die rothe Masse verändert ist, von der sich dann die Färbung in’s Innere des Krystalles weiterzieht.') Ob die Hornblende in diesem Gesteine sich ursprünglich als solche ausgeschieden habe, oder ein Umbildungs-Product ist, kann man nicht sicher entscheiden, wahrscheinlicher scheint das erstere der Fall zu sein, wiewohl das Zusammenvorkommen dieses Grünsteines mit ech- tem Diabas und der Uebergang in denselben für die letztere Annahme sprechen würde. Jedenfalls erscheint es richtiger, dasselbe als Diorit zu bezeichnen, nachdem weder Augit noch seine Zersetzungs-Producte constatirt werden konnten, das Gestein aber von Hornblende und Pla- gioklas zusammengesetzt ist. Augit-Minette. Im Kaiserstollen des Augustschächter Grubenbaues bei Pribram tritt ein sehr zähes Gestein auf, das in einer dunkel grünlichgrauen dichten Grundmasse sehr reich Schuppen und Blättchen von bräunlich- oder grünlichschwarzem Glimmer porphyrartig ausgeschieden enthält. Eine genaue Untersuchung frischer Bruchflächen mit der Loupe lässt keinen weiteren Gemengtheil makroskopisch wahrnehmem, dessgleichen geben äuch angeschliffene und polirte Gesteinsstückchen keinen weiteren Auf- schluss über die Zusammensetzung der Grundmasse. Der Habitus des (Gesteines gleicht in vieler Hinsicht jenem der bretonischen Kersantone, von denen es jedoch durch den gänzlichen Mangel des Plagioklases und durch Anwesenheit von Augit verschieden ist?) ; letzterer Gemeng- theil unterscheidet dasselbe von den Minetten, denen es jedoch durch den Orthoklasgehalt neben dem porphyrisch ausgeschiedenen dunklen Glimmer nahesteht?) und jedenfalls als eine augithältige Minette-Varietät aufgefasst werden kann, die man passend mit dem Namen Augit- Minette bezeichnen könnte. Die Grauwacke ist im Contacte mit dem genannten Gesteine voll- kommen dicht und sehr quarzreich; zwischen den mikroskopischen Quarzkörnchen sind trübe Feldspath-Individuen, Magneteisen-Kryställchen und Körnchen nebst winzigen Glimmerschüppchen, letztere in deutlich paralleler Lagerung eingeschlossen; die sämmtlichen Elemente sind durch ein quarziges Cement zu einer sehr compacten und spröden Gesteinsmasse verkittet. In grösserer Entfernung vom Gange besitzt die Grauwacke ihren gewöhnlichen Charakter. Unter dem Mikroskop löst sich die Grundmasse der Augit-Minette in ein Gemenge von Augit- und Biotit-Kryställchen, Chloritschüppchen, Apatit-Nädelchen, Magneteisen-Körnchen und nur selten regelmässig umgränzten Feldspath auf, letzterer vertritt, wie bei den Minetten fast allgemein, auch hier die cementirende Grundmasse, die übrigens nicht ‘) Vergl. über die Färbung der Feldspäthe Laspeyre’s Zeitschr. d. deutsch. geol. Gesellsch. XVI, 1864, 431 und Zirkel ebendort XXIII, 1871, 47. ’) Grimm führt Kersantite aus dem Lill-Schacht und der Drkolnower Grube an. A..a. 0. 229. °) Möhl fand Augit als Gemengtheil der Minette von Seifersdorf in Sachsen. Neues Jahrb. f. Min. etc. 1874, 794. 19] Die Grünsteine des Pribramer Erzrevieres. 941 ganz zu fehlen scheint, da wiederholt zwischen den kıystallinisch aus- geschiedenen Gemengtheilen kleine Partien einer isotropen Glasbasis beobachtet wurden. Reichlich kommt als secundäres Produet Caleit in kleinen Nestern und Schnürchen in der Gesteinsmasse vertheilt vor. Der dunkle Glimmer bildet oft hexagonale Täfelchen, von denen die porphyrisch ausgeschiedenen bis 5”"” Durchmesser und 1"” Dicke erreichen; nur die kleinen Kryställchen zeigen eine scharfe Umgren- zung, die grösseren erweisen sich aus mehreren kleineren, in mehr oder weniger paralleler Stellung befindlichen Individuen zusammen- gesetzt. Querschnitte der grösseren Glimmertäfelchen erscheinen daher selten als Rechtecke, sondern sind an beiden Enden rinnenartig aus- gezackt. Die meisten Glimmerplättchen besitzen einen sehr dunklen Rand, der in eine schuppige, grüne Zone von chloritischer Substanz übergeht und in die feldspathige Grundmasse verschwimmt. ) Von der letzteren aus ragen sehr zarte Nädelchen oft bis zur Hälfte in die dunkle Glimmerzone hinein, oft erfüllen sie dieselbe sogar ganz, wäh- rend das Innere des Glimmers fast immer von denselben vollkommen frei zu sein pflegt. Oft enthält der Glimmer mehr oder minder centrisch ‚ einen grünen Kern oder umschliesst eine Partie farbloser Feldspath- masse, die meist regellos begrenzt, selten nur den Glimmerumrissen parallel orientirt ist. Die meisten und namentlich die grösseren Glim- mertäfelchen sind mannigfach geknickt und gewunden, oft zerborsten und fächerartig aufgeblättert, zwischen die einzelnen Theile ist Feld- spathmasse eingedrungen und hat dieselben verkittet. Nicht selten ist das Glimmersäulchen in zwei Theile gespalten, die gegen einander ver- rückt sind und von einer zarten Spaltlamelle, die sich von einer zur anderen Hälfte hinzieht, verbunden und durch Feldspath verkittet werden. Die kleinen Glimmerblättchen, sowie die anderen mikrolithischen Aus- scheidungen zeigen eine deutliche Fluctuations-Structur. Nächst dem dunklen Glimmer ist der reichlichste Gemengtheil Augit; seine Individuen zeigen meist eine regelmässige Begrenzung, sind in der Richtung der Vertikalaxe stark gestreckt und rissig. Die Farbe derselben ist eine sehr schwach schmutziggelbliche, der Pleochrois- mus und Absorption kaum merklich. An der Peripherie und längs der Sprünge hat den Augit die Umwandlung in eine dunkelgraugrüne, erdige Masse ergriffen, nie ist aber dieselbe tiefer in das Innere vorgeschritten. Von Einschlüssen erweist sich der Augit ganz frei. Die chloritische Substanz gleicht jener in den früher besprochenen Diabasen, öfter zeigt dieselbe Schüppchen, die meist scharfe sechsseitige Umrisse zu erkennen geben. Magneteisen und Apatit, letzterer recht zahlreich und zum Theil in ansehnlichen Kryställchen, zeigen die gewöhnliche Entwicklung. Der Feldspath ist nur selten individualisirt wahrgenommen worden, in der Regel bildet er einen, die früher genannten Gesteinselemente verbindenden Grundteig. 1) Eine ähnliche Bildung hat Zirkel im Kersanton von Brest beobachtet. Ber. d. sächs. Gesellsch. d. Wissensch. Math. Phys. Classe. 1875, 202. 32* 242 K. Vrba. [20] In wenigen Fällen ist, namentlich deutlich im polarisirten Lichte, eine schalenförmige Structur der grösseren Feldspathindividuen beob- achtet worden; eine lamellare Zwillings-Zusammensetzung ist in Ueber- einstimmung mit der chemischen Zerlegung des Gesteines, die fast kein Natron aufweist, nie wahrgenommen worden, daher man wohl berechtigt ist, den feldspathigen Gemengtheil lediglich für Orthoklas zu halten. Die Zersetzung hat den Feldspath fast gar nicht, oder doch nur unbedeutend ergriffen. indem derselbe fast ganz wasserhell, oder nur schwach getrübt und gewölkt erscheint, wobei sich Spuren einer Faserung kenntlich machen. Caleit lässt sich als reichlicher, zarte Spalten ausfüllender, secun- därer Gemengtheil, sowohl unter dem Mikroskope als auch durch Salzsäure nachweisen, von Quarz, den wir in den früher beschriebenen Gesteinen stets mit Calcit vergesellschaftet gefunden, ist im vorliegenden Gesteine nicht eine Spur zu finden. Das Eigengewicht des Gesteines wurde (mit 2:147, 1'368, 1'943 Gramm) übereinstimmend = 2'675 ermittelt; die Analyse, welche ich Herrn Prof. Th. Morawski verdanke, ergab: SiO, 44:94 AlO; 1077 F&0,; 6°95 FeO 661 000 Spur MnO Spur CaO 9:96 MgO 10:39 K,0 DA Na,0 0,43 co, 247 TiO; Spur 30; 0.93 H,O 268 101:30 Eine annähernde Zusammensetzung des Gesteines würde, in Pro- centen ausgedrückt, sein: Caleit 5'/,, Apatit 2, Magneteisen 6'/,, Kali- und Natron-Feldspath 34, Biotit 27, Augit 22, Chlorit 3, ein Ergebniss, das mit der mikroskopischen Beobachtung gut übereinstimmt. ‚od Il. Ueber die Krystallform des Zinnsteins. Von Friedrich Becke. (Mit 2 Tafeln.) Die Krystallform des Zinnsteins hat von Hauy bis auf die Gegenwart zahlreiche Bearbeitungen erfahren. Die aus früherer Zeit stammenden leiden jedoch an einer leicht erklärlichen Unvollständigkeit, die jüngeren Arbeiten beziehen sich meist nur auf einzelne Fundorte und entbehren somit jener umfassenden Allgemeinheit, die nothwendig ist, um ein vollständiges Bild der Krystallisationsform einer Mineral- species zu bieten. Der Hauptzweck des vorliegenden Aufsatzes ist nun, das zerstreut in der Literatur vorkommende Materiale zu einem Gesammtbilde zu vereinigen. An geeigneter Stelle werde ich sodann auch das anführen, was ich selbst zu beobachten Gelegenheit hatte. Dass mir nun diese Gelegenheit nicht mangelte, verdanke ich vor allem meinem verehrten Lehrer, Herrn Director Dr. G. Tschermak, der mir nicht nur die reichen Schätze des k. k. Hof-Mineralien-Cabinets zugänglich machte, sondern mich auch bei diesem Erstlingsversuch mit Rath und That kräftigst unterstützte; sodann Sr. Exc. dem Herrn Staats- rath Freiherrn v. Braun und dem Herın Franz Eggerth, die mir in liberalster Weise die interessanten Zinnsteine ihrer reichen Sammlungen zum Studium überliessen. Es sei mir gestattet, den genannten Herren gleich an dieser Stelle meinen aufrichtigsten und ergebensten Dank abzustatten. i Geschichtliches und Literatur. Die älteren Autoren bis Levy weichen in der Aufstellung von Miller und den neueren ab. Bei Hauy,') Mohs,?) Breithaupt’) erscheint das, was gegenwärtig als verwendete Pyramide bezeichnet wird, als Grundpyramide, unsere ı) Hauy, Traite de Mineralogie sec. edition, 1822. IV. etain oxyde. 2) Mohs, Grundriss der Mineralogie. II, pag. 422. ®) Breithaupt, Handb. d. Mineralogie IH. Mineralogische Mittheilungen. 1877. 3. Heft. (Becke.) 244 Friedrich Becke. [2] heutige Grundpyramide ist dann eine steilere, verwendete Pyramide, entsprechend sind auch die Bezeichnungen des Prisma’s erster und zweiter Ordnung zu vertauschen. Erst bei Levy") findet man unsere Grundpyramide mit a! bezeichnet und Miller?) hat diese Aufstellung beibehalten und der ganzen Betrachtungsweise zu Grunde gelegt. Dieser, wie mir scheint, natürlicheren Aufstellung sind auch alle neueren Autoren gefolgt. Miller ist auch der erste, der nebst einer grösseren Zahl von Einzelformen (12) genauere und umfassendere Messungen veröffent- lichte. Der Zeit nach folgen zunächst die Beobachtungen A. Gadolin’s?) am Zinnstein von Pitkäranta in Finnland, welche von A. E. Norden- skiöld*) fortgesetzt wurden. Vereinzelte interessante Mittheilungen findet man in Hessenberg’s Mineralogischen Notizen.°) In Bezug auf Zwillingsbildung und Beschaffenheit der Oberfläche hat Sadebeck®) den Zinnstein mehrfach als Beispiel eitirt und auf interessante Verhält- - nisse desselben aufmerksam gemacht. Axenverhältniss, Einzelformen. Miller führt als Grund- messung den Winkel 101.001 mit 33° 55'2° an’); daraus berechnet sich für die verticale Axe der Werth: e = 1000: 38° 29.2, = 0012. Einen etwas abweichenden Werth fand Nordenskiöld am finnländischen Zinnstein: c;= and 33°.939°.)=.0:67176. Ich fand an einem ausgezeichneten Krystall von Graupen der Combination 110.111. Die Combinationskante dieser Gestalten gleich 46° 26° 40”, daraus ergibt sich: ce = tang 33° 54' 50" = 067232 also ein Werth, der zwischen den beiden angeführten, aber dem ersteren viel näher liegt. Von Einzelformen des Zinnsteins sind bisher folgende 26 beob- achtet worden: ‘) Levy, Atlas zu Description d’une collection de Mineraux. Londres 1838. T. 71 und 72. ?®) Phillips, Elementary introduction in Mineralogy new. edition by Brooke and Miller. 1852, pag. 231. 5) A. Gadolin in Verhandlungen der k. russ. mineral. Gesellschaft. 1855 bis 1856, pag. 161. *) A. E. Nordenskiöld in Poggendorff’s Annalen, 101, pag. 637 und Finnländische Mineralien, 162, 1855; 26, 1863. ’) Hessenberg, Mineralog. Notizen I, pag. 28 u. VI, pag. 18. ®) Rose-Sadebeck, Krystallographie Il. ") Bei Miller steht (offenbar ein Druckfehler) 35° 55-2. ie) S | ‚BıaquasseH | „GE ‚05 oF | "6E 169 068 | nG9 16 06 | "SG 96 00% IdL | %,:0 2:0 a en FA 'ay9agq | „BI ‚94 08 „PL s6T 088 | EB 06 | MIT ıGE 098 ig: De Be ee a ESHBS Hr TB ER DIT 0GL | 49 9 &I% ee. > "88 ı1G 906 | n6E ,69 066 | 69 »8# 091 | nGP LG 08% Ta% | 98T :96 : 05 6-7 6 MLGE 5 In Zr Y/ „3 9 0oPE | IT ‚88 066 | m6I 198 oLE Srdır 9 27:0 22:0 9 gr ZZ s n8G »6I o#l | m9G ıP9 02% | OL »S1 006 | FG Pr 066 6 IFL:DL:DE GEL ASOLTE E | „E IE 0F "Ir »96 098 | nPG ıUB 066 | mE 9 008 srdar 7:05:90 |, ‘gr 'eı n |0% x "umopeg | nGG ,EF 02 nLG 118.066 |. RG TE 00° |. vP. 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Es bezeichnet o den Winkel, den der die betreffende Fläche mit « (100) verbindende Bogen am Pole 001 umspannt. L ist die Mittelkante, X die normale, F die diagonale Polkante. Es sind die halben Winkel angeführt, weil diese durch die Rechnung erhalten werden und bei weiteren Rechnungen bequemer sind als die ganzen Winkel. c (001) findet sich nicht besonders häufig. Regelmässig und domi- nirend an den finnländischen Krystallen, selten an den böhmischen, da hier wegen fortgesetzter Zwillingsbildung die Enden selten ausgebildet sind. (Siehe übrigens den schönen, einfachen Krystall von Schlacken- wald aus dem Wiener Hof-Mineralien-Cabinet. Fig. 1.) a (100) gehört zu den gewöhnlichsten Formen; in der Regel sehr glatt und glänzend, aber meist gegen m an Ausdehnung zurücktretend. Eine Ausnahme hievon machen die Zwillinge von Graupen. m (110). Ist immer vorhanden an den säulenförmigen und wenig- stens in Andeutungen an den flach pyramidalen Gestalten. Meist ge- streift, gekrümmt, durch Subindividuen unterbrochen. h (210). Ist sehr häufig; stumpft gewöhnlich mit a die Kanten von m ab. Scheint am Zinnstein von Pitkäranta zu fehlen. r (320). Sah ich nur als Begleiter von h, dessen Combinationskante mit m dieses Prisma abstumpft. Nach Gadolin tritt es am Zinnstein von Pitkäranta auch selbstständig auf. r, (430). Wird von Gadolin und Nordenskiöld am finnländi- schen, von Hessenberg am cornischen Zinnstein beschrieben. (Hes- senberg, Min. Not. VI, pag. 18, gibt dieser Fläche die Signatur %, diese muss jedoch der älteren von Gadolin weichen.) k, (14, 13, O0). Kommt nach Gadolin am Zinnstein von Pitkä- ränta vor. e (101). Ist sehr häufig namentlich an den böhmischen Krystallen ; meist gestreift parallel mit den Kanten zu s (111). w (501). Wird von Miller ohne weitere Angabe angeführt. n (771) und 5» (551) finden sich nach Gadolin und Nordenskiöld am Zinnstein von Pitkäranta. Erstere Fläche sah ich auch an schönen cornischen Krystallen aus der Sammlung von Staatsrath Braun (Fig. 8). Am selben Krystall findet sich auch die sonst ziemlich seltene Fläche i (552) die ebenso wie ? y (335) für das cornische Nadelzinnerz charakteristisch ist. s (111). Kommt wohl an allen Zinnsteinkrystallen vor, manchmal tritt es sogar selbstständig auf (z. B. an den Krystallen von Penouta in Galizien). [5] Ueber die Krystallform des Zinnsteins. 247 x (114). Findet sich nur an den Zinnsteinen von Pitkäranta und vertritt hier bisweilen die Endfläche. 2 (321). Ist die häufigste der achtseitigen Pyramiden. Sie beherrscht die typischen Formen des Nadelzinnerzes, findet sich aber auch an böhmischen und finnländischen Krystallen. t (313) tritt seltener auf als die vorige, ‚hauptsächlich an böhmischen Krystallen; an englischen habe ich diese Fläche nicht gesehen. Die Flächen » (21. 14. 18), u, (7. 4. 2), %s (17. 13. 6), % (9. 4. 2), % (19. 16. 7), € (3. 1. 12) wurden bis jetzt nur von Gadolin, letztere auch von Nordenskiöld am Zinnstein von Pitkäranta nach- gewiesen. u liegt in den zwei Zonen zz und sr,. «, und a, liegen tautozo- nal mit 2 und dem nächsten a. «, endlich liegt in einer Zone mit 2 und «. v liegt in der Zone ze, | bildet mit & eine Zone, die in ihrer Verlängerung «a treffen würde. (Siehe die Projection.) v (752) wurde bisher noch nicht beobachtet. Ich bestimmte diese Fläche an kleinen englischen Krystallen, die sich in dem Besitze von Staatsrath Freih. v. Braun befinden. Sie sind kurz säulenförmig und zeigen die Combination mhsz. An den Kanten zwischen 2 und » tritt nun die neue Pyramide als äusserst schmale Facette auf. Es ist daher auch die aus- geführte Messung der Kante zv ziemlich unsicher, doch stimmt sie noch am besten mit der angegebenen Formel. & (761) wurde von Hessenberg gleichfalls an cornischen Krystallen aufgefunden und. liegt wie v in der Zone 2 m. (Das von Hessenberg gewählte Zeichen x musste geändert werden, da es von Gadolin schon früher für die Pyramide 114 gebraucht worden war.) Betrachtet man die Vertheilung dieser Flächen auf der Projec- tion Fig. 9, so fallen zwei Momente besonders auf; die Anhäufung der zahlreichen achtseitigen Prismen um die Fläche m, und die Gruppe achtseitiger Pyramiden die z zu. ihrem Mittelpunkte hat. Zu dem ersterem Umstand ist noch zu bemerken, dass Gadolin ausser den angeführten Prismen noch acht andere bestimmte, die sämmtlich zwischen 320 und 110 liegen. Ich glaubte dieselben über- gehen zu dürfen, da sie nach ihres Autoren eigenem Ausspruche „un- sicher bestimmt“ sind. Kein einziges Prisma ist bekannt, welches sich der Fläche «a mehr näherte als h (210). Die Sache wird dadurch noch auffallender, dass a in der Regel weit vollkommener ist als die anderen Prismen, sowie, dass parallel mit «a die vollkommenste Spaltbarkeit herrscht. Fast macht es — um ein Bild zu gebrauchen — den Ein- druck, als habe man es hier mit den Schichtenköpfen von Spaltungs- lamellen zu thun. Ebenso auffallend ist die Flächengruppe, die um 2 herum liegt. Manche dieser Flächen sind 2 so nahe, dass man sie gewiss zu den Vicinalflächen zählen würde, wenn sie statt z oder aufz Mineralogische Mittheilungen. 3, Heft. 1877. (Becke.) 33 248 Friedrich Becke. [6] auftreten würden, wie diess z. B. bei den Vicinalflächen der Pyramide s (111) so gewöhnlich ist; allein sowohl nach den Zeichnungen Gado- lins als nach meinen Beobachtungen treten sie immer als schmale Kantenabstumpfungen auf, und öfter räumlich ziemlich getrennt von z. An zahlreichen Krystallen von böhmischen, sächsischen und engli- schen Fundorten wurden folgende Messungen und zwar mit einem mit 2 Fernrohren versehenen Reflexionsgoniometer nach Mitscherlich ausgeführt: beobachtet berechnet m..S.,46° 26%. 40" _— Grundmessung. arm ARE 45° a. 200.38 2633. 5E" a... 1830,42 33.41.34. BUS 1827 30:7% 13%26.7 9% e.m. 662 44:5! 66°*45 91° RER ER 3 WER 56.2. 51 10% U 32 DE COOLE 8.0801 7.580,30: 58° 19° 6° Ueber die Polkante. Rs MAI GN 49° 10° 46” s.t 26° 30° 26° Banına" Seh U 2H. Ag. n25 41 40% 2.12.0120053:5' 20° 53° 23" Ueber die diagonale SEN OL 39" 61° 41‘ 47" Ueber die normale Folkapiie By guet 3° 45° 20" Zwillingsbildung. Die Zwillingsbildung ist beim Zinnstein so häufig, dass einfache Krystalle viel seltener sind als Zwillinge. Das Gesetz ist immer dasselbe: Zwillingsfläche ist eine Fläche der verwen- deten Pyramide e (101). Die Hauptaxen bilden hiebei Winkel von 112° 10° 20“ und 67° 49' 40“. An Zwillingskrystallen wurden folgende Winkel gemessen: beobachtet berechnet mu. 462 26% 460128254 46° 28° 0.0 67° 48° 67° 49' 40" an SEES, 38° 25° 0 991 u ! \ 439 57° 2 . ar } Einspringender Winkel. a. 1,1°745,5%,110,.444:30% Mm .Sı 18° 20° 18° 19° 20" Die Zwillinge sind sowohl Appositions- als Penetrationszwillinge. Die Ausbildung ist je nach dem Typus der Combination eine ziemlich mannigfaltige. Die besonderen Ausbildungsweisen sind daher bei den Combinationen besprochen. \ ‚ Combin ationen. Die Combinationen des Zinnsteins leiden an einer gewissen Eintönigkeit der Flächen, die sie zusammensetzen. Es [7] Ueber die Krystallform des Zinnsteins. 249 ist nur eine geringe Anzahl von häufiger vorkommenden Flächen (nämlich s, &, e, 2, a, m, h, r, c) die mit Ausnahme der Pyramide x (114), die dem Kassiterit von Pitkäranta eigenthümlich ist, immer wiederkehren und mehr durch ihr gegenseitiges Grössenverhältniss als durch ihr Auftreten oder Fehlen den Typus der Combination bestimmen. Alle anderen Gestalten sind zu selten, als dass sie auf das Aussehen der Krystalle einen Einfluss nehmen könnten. Man kann im Allgemeinen 3 Haupttypen feststellen : I. Typus der böhmischen und sächsischen Zinnerze (Zinngraupen, Visirgraupen). Ziemlich grosse, dicke Krystalle von mässiger Längen- ausdehnung. In der Prismenzone m (110) in der Endigung s (111) und e (101) vorherrschend. «a (100) und % (210) sind sehr häufig, r (320) ziemlich selten. Von achtseitigen Pyramiden findet sich z (321) ziem- lich häufig als Abstumpfung der Kanten s.h, t (313) zwischen s und e, aber seltener. ce (001) tritt wegen fortgesetzter Zwillingsbildung sehr selten auf. Ueberhaupt der flächenärmste Typus. Fig. 1—5. Bei diesem Typus sind Zwillinge die herrschende Regel. Ich habe einen einzigen grösseren, einfachen Krystall aus den böhmischen Zinn- lagerstätten gesehen. Es ist der in Fig. 1 abgebildete Krystall von Schlackenwald im Besitze des Wiener Hof-Mineralien-Cabinetes; und selbst dieser auch durch das Auftreten der Endfläche ausgezeichnete Krystall zeigt an den beiden oberen Ecken, so wie an der Prismen- fläche deutliche Spuren, dass Zwillingslamellen seine Masse durch- setzen. Die regelmässigste Form, in der die Zinnsteine aus dem Erz- gebirge auftreten, ist die, bei welcher beide Individuen mit ihren freien Enden aufgewachsen, die verwachsenen aufwärts gekehrt sind. An dieser Stelle bilden die Pyramidenflächen s (111) und e (101) einspringende Win- kel, die den Krystallen den Namen Visirgraupen eingetragen haben. Dieses Visir ist oft einseitig ausgebildet, so dass die Flächen e und s des einen Individuums unmittelbar mit « und m des zweiten zusammen- treffen. (Fig. 3.) Diess kommt besonders häufig bei den Krystallen von Graupen vor, wo a und e über m und s das Uebergewicht erlangen. Hier tritt das Visir öfter ganz zurück und es entstehen dann kurze quergestreckte Säulen. Seltener verschwindet das Visir vollständig bei vorherrschendem Prisma », wodurch dann Gestalten entstehen, ähnlich den Speerkiesen des Markasits. Nicht immer sind blos zwei Individuen nach dem Zwillingsgesetz verbunden, ja mehrfache Zwillinge sind sogar die Regel. Meist wieder- holt sich die Zwillingsbildung in einer Ebene; dann entstehen stern- föormige Aggregate, die bis zu fünf Individuen umfassen Könnten; da jedoch die Krystalle immer aufgewachsen sind, so gelangen meist nur drei zur Ausbildung. Oft wiederholt sich die Zwillingsbildung auf jeder Fläche der Pyramide e (101) eines grösseren Kıystalls, so dass neun oder genauer fünf Individuen einen solchen Zwillingskrystall bilden, da zu jedem der vier oberen Individuen ein unteres parallel steht. Hessenberg hat einen derartigen Krystall als Zwölfling abgebildet 33% 250 Friedrich Becke. [8] und beschrieben (Min. Not. VI., S. 18). Oft sitzen auch noch mehr Individuen oder besser gesagt selbstständig ausgebildete Partieen eines Individuums auf den Flächen der Pyramide e auf, so dass nun ganze Reihen von einspringenden Winkeln auf einer Fläche zu sehen sind; dadurch dass jedes dieser kleineren Individuen selbst wieder seine Zwillingsparasiten trägt, wenn dieser Ausdruck erlaubt ist, entstehen oft recht wirre und complicirte Gestalten. Uebrigens finden sich solche vielfach combinirte Zwillingsbildungen nur an solchen Krystallen, welche deutliche Spuren einer gestörten Bildung zeigen, oder deren Masse von anderen Substanzen unterbrochen wird. Ein dritter Fall der wieder- holten Zwillingsbildung ist endlich der, dass bei reihenförmiger Anlage- rung der Einzelkrystalle die Ebene, welche die Hauptaxe beider Zwil- lings-Individuen enthält, von Fall zu Fall ganz unregelmässig wechselt. Es kommen hiedureh oft sehr complieirte Gestalten zum Vorschein, die aber bei dem gänzlichen Mangel jeder weiteren Gesetzmässigkeit kein Interesse haben. Zu dem eben beschriebenen Typus gehören ausser den böhmischen und sächsischen Zinnsteinen die Zinnerze von Gallicien in Spanien (hier auch sehr flache Krystalle, die fast blos s zeigen), die sibirischen von Ner- tschinsk, dann alles was ich von Zinnsteinen aus Peru und Quito sah. Auch manche englische Zinnsteine müssen hieher gerechnet werden, doch verrathen sich diese gewöhnlich durch die Ausbildung deutlicher Endigungen, wodurch sie sich an den 2. Typus anlehnen, andererseits erinnern sie durch das häufigere Auftreten der Endfläche ce an die Krystalle von Pitkäranta und bilden so ein Mittelglied, das Uebergänge in alle drei Haupttypen aufweist. II. Der eigentliche Typus der englischen Zinnerze ist indess der des Nadelzinnerzes, der in seiner ausgeprägten Form durch langsäulen- förmige, einfache Krystalle mit freier Endigung charakterisirt ist. Die Spitze wird meist durch die Combinationen s2, se, sez gebildet, doch finden sich auch andere Pyramiden als: « (552), y (335), n (771), & (761), v (752), sowie die Endfläche c. Unter den Prismen, die indess bei diesen Krystallen auffallend unvollkommen und gestreift sind, ist a (100) seltener als bei den vorigen, h und r finden sich ziemlich häufig, r, (430) fand Hessenberg. (Fig. 6, 7, 8.) Hierher gehören die schönen Krystalle von Cornwallis, die indi- schen von Malacca und Banca, ferner auch Krystalle von Potosi. Eigen- thümlich sind die einfachen Krystalle von einem anderen Fundorte in Bolivia, die ich an einer Stufe sah, die sich im Besitze des Herrn. Staatsrathes Freih. v. Braun befindet. Es sind einfache Krystalle von der Combination ms von Säulenform, die aber von ähnlichen englischen Formen dadurch abweichen, dass sie mit liegender Hauptaxe aufge- wachsen sind. Zum Typus des Nadelzinnerzes gehören auch jene strahligen und radialfaserigen, mikrokrystallinischen Vorkommnisse, welche unter dem Namen Holzzinnerz, Cornischzinnerz bekannt sind. Gewöhnlich bekommt man von dieser Varietät nur aus ihrem Muttergestein herausgelöste, abgerollte Stücke zu sehen, die freilich von einer [9] Ueber die Krystallform des Zinnsteins. 951 Krystallform nichts mehr erkennen lassen. Im Wiener Hof-Minera- lien-Cabinet befindet sich indessen eine ausgezeichnete Stufe, welche die Untersuchung dieser Varietät: an ihrer ursprünglichen Lager- stätte erlaubte. Makroskopisch bemerkt man in einer körnigen Quarz- masse zahllose, radialfaserige Kugeln und Kugel-Aggregate, die einen dunklen Kern und einen lichten, seidenglänzenden Hof zeigten. Im Dünn- schliff (s. Fig. 12a u. b) erscheinen diese Kugeln aus strahlenförmig gestell- ten Nadeln zusammengesetzt, diein der umgebenden Quarzmasse prachtvoll auskrystallisirt sind. Der Durchmesser der. Nadeln variirt von !/s0"" bis etwa Y/,0”=. Wo sie der Quere nach getroffen sind, zeigen sie vier- seitige Umrisse, wenn sie horizontal liegen, eine pyramidale Endigung. Jede Nadel ist gegen die Spitze heller gefärbt als gegen das dunkelbraune Centrum. Manche der Kugeln zeigen eine undeutlich concentrisch-schalige Zusammensetzung, indem dunkler und heller gefärbte Ringe abwechseln. Die Krystallkugeln liegen in einer grosskörnigen Quarzmasse; die ein- zelnen Quarzindividuen lassen sich im polarisirten Lichte bis tief zwi- schen die Nadeln hinein als gleichförmig gefärbten Grund verfolgen. Gegen das Centrum berühren sich die Nadeln und sind zu einer com- pacten strahligen Masse verbunden, die blos aus Zinnerz besteht. Wo eine Kugel über oder unter ihrem grössten Querschnitt getroffen wurde, erscheint das Centrum körnig und ist in Folge des lockeren Zusam- menhanges häufig ausgefallen. Ausserdem kommen hin und wieder grössere Körner von Zinnerz vor, die braun, sehr schwach dichroitisch und von unregelmässigen Sprüngen durchzogen sind. Dann finden sich kleine Krystalle und strahlig-faserige Aggregate eines grünlichen Mine- rals, das sehr stark dichroitisch ist und hie und da Spuren von mono- klinen Umrissen zeigt; wahrscheinlich ist es Hornblende. An einigen stärkeren Nadeln wurde eine Messung der Kante zwischen der auftretenden Pyramide und dem Prisma versucht. Es musste dabei berücksichtigt werden, dass die Hauptaxe der Nadel möglichst horizontal liege, dann, dass die zu messende Kante senkrecht sei auf der Bildebene. Es zeigte sich, dass nur zwei stärkere Krystalle diesen Forderungen ziemlich annähernd entsprechen. An diesen wurde für die Combinationskante zwischen Pyramide und Prisma gefunden: I. u. 471° 478° Der Winkel zwischen m und s wurde an anderen Krystallen ge- messen mit 46° 26° 40". Die Abweichung beträgt somit bei I. 39‘, bei II. 81‘. Diess sind aber Fehler, die sich bei der Schwierigkeit, mit welcher sich die Fäden des Fadenkreuz-Goniometers auf sehr kurze Kanten einstellen lassen, wohl noch erklären lassen. Jedenfalls hat das Holzzinnerz dieselbe oder doch nahezu dieselbe Krystallform, wie das gewöhnliche Zinnerz, und die Radialfasern des- selben zeigen, wenn sie frei auskrystallisiren können, einfache Combi- nationen, die dem Typus des Nadelzinnerzes angehören. 959 Friedrich Becke. "= 10 Auch die bekannten Pseudomorphosen von Kassiterit nach Ortho- klas sind in den cornischen Stücken zu diesem Typus zu zählen. Wenigstens vermochte ich bei einigen Exemplaren mit Hilfe der Loupe die langsäulenförmige Gestalt der einzelnen Individuen zu erkennen. Uebrigens beobachtete ich derartige Gebilde noch eingewachsen in das Muttergestein auch an einer Stufe von Zinnwald, nur waren die ein- zelnen Individuen grösser und lockerer mit einander verbunden, als in den cornischen Pseudomorphosen, sonst von rundlichem Umriss ohne erkennbare Krystallgestalt. In beiden Fällen wird übrigens der Raum, den früher der Orthoklas einnahm, von einem Gemenge von Zinnstein- . körnern und Quarzkörnern ausgefüllt. Zwillinge sind bei diesem Typus viel seltener als beim vorigen und unterscheiden sich von den böhmischen und sächsischen Visirgraupen auch durch die Stellung. Das Knie, das nämlich bei diesen frei und durch das Auftreten des einspringenden Winkels ausgezeichnet ist, ist bei den englischen Zwillingen aufgewachsen, die Spitzen der Krystalle ragen frei unter einem stumpfen Winkel von der Unterlage empor. (S. Fig. 8.) Auch Penetrationszwillinge von der Form Fig. 6 kommen vor. Nur das eine Individuum ist über die Zwillingsgränze hinausge- wachsen, das andere als eingeschaltete Zwillingslamelle ausgebildet. Mehrfache Zwillinge kommen nicht vor. Merkwürdig ist es auch, dass die Zwillingsbildung auf jene Fälle beschränkt scheint, wo die Fläche s (111) über z (321) entschiedenes Uebergewicht hat. Zwillinge von Krystallen wie Fig. 7 sah ich nicht, einen einzigen Fall ausgenommen. Dieser betrifft eine interessante Stufe aus der Sammlung des Herrn Eggerth. Bei oberflächlicher Betrachtung bemerkt man zahllose spiessige Krystalle die beiläufig dieselbe Combination zeigen wie Fig. 7, nur tritt z noch mehr hervor. Sieht man genauer zu, so bemerkt man bald, dass je eine Anzahl von Krystallen parallel stehen und zu einem Krystallstock verwachsen sind; ja noch mehr: je zwei dieser Kıystall- stöcke stehen gegeneinander in Zwillingsstellung in der Weise, wie es bei den cornischen Zwillingen gewöhnlich ist; das Knie nach abwärts, die Spitzen des als Individuum gedachten Krystallstockes nach aufwärts gekehrt. Ich kann mir diese sonderbare Erscheinung nur so erklären, dass ursprünglich zwei Krystalle in Zwillingsstellung gebildet wurden; später müssen dann Verhältnisse eingetreten sein, welche bewirkten, dass die Ausbildung des Zwilliugs unterblieb, dafür wuchs jedes Indi-' viduum in zahlreiche selbstständige Spitzen aus, die eine Form zeigen, die wir an Zwillingskrystallen nicht gewohnt sind. Der III. Typus ist durch das Vorherrsehen der Endfläche c und des achtseitigen Prisma’s r (320) ausgezeichnet. (S. Fig. 10.) Nebst c treten an der Endigung auf: s (111), x (114), z (321); anschliessend an 2 eine grosse Reihe achtseitiger Pyramiden. Obzwar dieser Typus, der durch die von A. E. Nordenskiöld und A. Gadolin beschriebenen Krystalle von Pitkäranta in Finnland repräsentirt wird, der flächen- reichste von allen ist, scheinen ihm doch mehrere Flächen des corni- schen Zinnsteins zu fehlen. Die Pyramiden y (335), w (501), v (752%, &£(761); merkwürdigerweise auch das sonst so häufige Prisma h (210). 1 1] Ueber die Krystallform des Zinnsteins,. 253 Zwillinge sind bei diesem Typus sehr selten. Wenn sie auftreten, haben sie stets die Form, dass an einem grösserem Individuum seitlich ein kleineres ansitzt, eine Ausbildungsweise, die man hie und da auch an englischen Krystallen sehen kann. Vielleicht ist es mehr als ein blosser Zufall, dass gerade bei jenem Typus, bei welchem die Zone s e, die die Zwillingsfläche ent- hält, am stärksten hervortritt und fast, ausschliesslich die Endigungen beherrscht, dass gerade bei diesem Typus die Zwillinge so häufig sind, während sie bei anderen Krystallen, bei denen diese Zone anderen Flächen, namentlich der Pyramide z (321) und der Endfläche ce Platz macht, so selten sind. Spaltbarkeit. Die Spaltbarkeit des Zinnsteins ist eine ziemlich unvollkommene; doch sind mehrere Spaltungsrichtungen vorhanden. Am deutlichsten ist die parallel dem verwendeten Prisma a (100); eine zweite minder vollkommene entspricht der Pyramide s (111). Auch parallel der Fläche m (110) erhielt ich Spaltungsflächen, doch wäre es nicht unmöglich, dass dies nur eine Folge des eminent schichtenförmi- gen Baues, also eine Art lamellarer Absonderung sei. Parallel zu e (101), in welcher Richtung gleichfalls eine Spaltbarkeit angegeben wird, erhielt ich keine Spaltflächen; möglich übrigens, dass sie in Spuren vorkommt, da der Grad der Spaltbarkeit beim Zinnstein überhaupt ein sehr variabler ist. Es erübrigt noch auf einen eigenthümlichen Zusam- menhang zwischen der Spaltbarkeit und der Oberflächen-Beschaffenheit des Zinnsteines hinzuweisen. Es zeigt sich nämlich, dass diejenigen Flächen, die in der Richtung eines Blätterdurchganges. liegen, stets viel glatter und glänzender sind, als andere Flächen derselben Zone. So ist in der Prismenzone a (100) stets viel vollkommener als m (110). In der Zone s e ist s zwar häufig durch Subindividuen und Vicinalflächen unterbrochen, doch sind diejenigen Flächenstückchen, welche wirklich die Fläche s zeigen, stets stark glänzend, während e immer matter ist, ja häufig so stark gestreift ist, dass es oft kaum einen Schimmer zeigt. Nicht immer sind die Krystalle des Zinnsteins so. vollkommen, dass sie der Theorie genau entsprechen. Häufig finden sich an den Flächen, namentlich an gewissen Flächen Unvollkommenheiten, Abwei- chungen, die sich dann auch im Resultate der Messung manifestiren. Diese Abweichungen lassen sich in zwei Kategorien bringen: Entweder sind statt der normalen Fläche oder auch neben derselben andere Krystallflächen vorhanden, deren Indices nur wenig von denen der normalen Fläche sich unterscheiden (Vieinalflächen nach Websky in Verhandlungen der deutschen geologischen Gesellschaft Bd. XV, p- 677); oder zweitens es sind Störungen der Structur vorhanden, die sich dann auch an der Oberfläche in einer entsprechenden Abweichung der Flächen von der normalen Lage offenbaren. Was nun die Vicinalflächen des Zinnsteins betrifft, so sind die- selben sehr häufig zu beobachten, namentlich an der Grundpyramide s und dem zugehörigen Prisma m. An den Flächen e (101) und « (100) 254 Friedrich Becke. [12] fehlen sie gänzlich. Sie sind gewöhnlich von einer jede Messung illuso- risch machenden Krümmung begleitet und verrathen sich häufig, wenn sie auch nicht deutlich ausgebildet erscheinen, durch eine Streifung auf der zugehörigen Normalfläche. Besonders zahlreich treten sie an der Fläche m auf; sie liegen hier hauptsächlich in der Zone parallel der Hauptaxe. Eine stetige Krümmung, oft auch durch oscillatorische Combination unterbrochen, verbindet oft das Prisma 110 mit 210. Dazwischen liegen alle mögli- chen Prismen, von denen nur 320 und vielleicht auch 430 eine gewisse Selbstständigkeit behaupten. Gadolin gibt zwischen r (320) und m (110) nicht weniger als 11 verschiedene Prismen an, die offenbar in die Kategorie der Vicinalflächen gehören, dagegen kein einziges zwischen r (320) und « (100). An den böhmischen und englischen Zinnsteinen ist die Zone bis A (210) entwickelt, hier aber durch eine stets scharfe Grenze von a (100) geschieden. Seltener bemerkt man an m schief gestellte, schmale und hohe Dreiecke, die auf sehr steile achtseitige Pyramiden hinweisen. Interessanter und mannigfaltiger gestalten sich die Verhältnisse auf der Fläche s (111). Hier liegen die Vicinalflächen nach 3 Zonen orientirt; die erste Zone s.c umfasst lauter stumpfere tetragonale Pyramiden, deren allgemeines Zeichen somit h h List, wobei 2 > N. Sie ist am seltensten ausgebildet und oft nur durch eine schwach markirte Streifung angedeutet (S. den einfachen Krystall von Schlacken- wald Fig. 1). Eine zweite Zone führt zur Fläche e (101) hinüber. Sie ist die häufigste von allen, eine ihr entsprechende Streifung ist fast immer vorhanden, eine Krümmung der Fläche s in diesem Sinne sehört namentlich bei den grossen Visirgraupen zu den gewöhnlichsten Erscheinungen. Das allgemeine Zeichen der in dieser Zone liegenden Vicinalflächen it hkh, h>k. Eine 3. Reihe von Vicinalflächen liest unterhalb der vorigen ; sie würde eine Zone bilden mit der Fläche »» des benachbarten Qua- dranten. Diese Flächen, welche wie die vorigen achtseitige Pyramiden sind, erscheinen namentlich bei grösseren englischen Zwillingskrystallen des 1. Typus oft sehr schön und wie ächte Krystallflächen ausgebildet; nur der geringe Neigungswinkel gegen sund die Krümmung der Flächen verräth ihren wahren Charakter. Dass derartige Vieinalflächen einen störenden Einfluss auf die Messung haben können, liegt auf der Hand; einmal dadurch, dass mehrere Reflexionen erzeugt werden, wenn die Vicinalflächen neben der Normalfläche auftreten. Noch schlimmer ist es aber, wenn die Normalfläche ganz verschwindet und an ihrer Stelle eine der Vicinal- flächen vorwaltet, wie diess namentlich im „Visir‘ an der Grund- pyramide s nicht selten vorkommt. Ein sonst sehr regelmässiger Kry- stall von Schlackenwald der Combination a m ste zeigte an den Flächen des Visirs folgende Abmessungen: [13] Ueber die Krystallform des Zinnsteins, 255 48 59° 45' 30" statt 60° 50° 27" Differenz — 1° 4 57% s.s! 57° 50° 30" 58° 19° 6% ı ji 28° s.e 299 43 290 gu 35, E a 32, Aus diesen Messungen ergiebt sich, dass statt s eine Fläche aus- gebildet war, welche um mehr als einen Grad näher an «a lag, also eine Vicinalfläche der 3. Zone. In Folge dessen war auch die Fläche e um ein bedeutendes aus der Zone s.s, nach oben gerückt. Subindividuen. Eine Erscheinung, die mit den Vicinalflächen oft zugleich vorkommt, ist das Auftreten von Subindividuen, d. i. kleiner mehr oder weniger individualisirter Partien eines grösseren Krystalls, des Hauptindividuums. (Rose-Sadebeck, Krystallographie II.). Derartige Subindividuen finden sich gleichfalls am häufigsten auf s und m, dann auf c. Auf e und a treten derartige Partien nicht auf. Auf der Grundpyramide erscheinen sie in der Form gleichschenk- liger Dreiecke, die entweder der Pyramidenfläche s ähnlich oder steiler sind, je nachdem als seitliche Begränzung e oder eine Vicinalfläche der Zone s.e oder aber eine Vicinalfläche der 3. Zone auftritt. An der gegen c (001) gerichteten Spitze des Dreieckes findet man bisweilen eine Vicinalfläche der 1. Reihe als Begrenzung des halberhabenen Dreieckes. An grossen Krystallen sind diese Subindividuen oft mehrere Millimeter dick, namentlich wenn e oder gar eine der benachbarten Pyramidenflächen s als seitliche Begränzung auftritt; oft ist aber auch nur eine wenig erhabene Damascirung aus lauter kleinen Dreieckchen bestehend wahrzunehmen. Im Allgemeinen tritt die Erscheinung häufiger bei stark entwickelten Pyramidenflächen und flachen Krystallen auf, als bei lang-säulenförmigen. Sie ist daher eine Specialität des ersten Combinationstypus und charakteristisch für die böhmischen und sächsi- schen Zinnsteine. Auf der Fläche m treten Subindividuen weniger häufig auf als auf s. Die einzelnen Subindividuen zeigen seitliche Begränzungen, die der Fläche h (210) angehören, wenn sie schön ausgebildet sind. Dann kann man sehen, wie die seitliche Begränzung der äussersten am Rande liegenden Subindividuen zusammenfällt mit der Fläche A des Hauptindividuums. Sonst treten auch gekrümmte Flächen auf, die in den Bereich der oben erwähnten Vicinalflächen der Prismenzone gehö- ren. Oben und unten findet man bei regelmässiger Entwickelung eine Pyramide, die gegen m nahezu gleich stark geneigt ist wie h; denn die oft recht deutlich erkennbare Kante zwischen der seitlichen und oberen Begränzung fällt mit den als Quadrat gedachten Stückchen der Fläche m ungefähr in eine Richtung; diess entspricht somit der Pyra- mide i (552). mi beträgt 22° 49° mh 18° 26‘. Indess sind die Subindi- viduen selten so scharf begränzt, wie diess z. B. die Zeichnung Sadebecks zeigt; gewöhnlich sind die Umrisse mehr oder weniger unbestimmt und verwaschen. Auch diese Subindividuen finden sich fast ausschliesslich an den böhmischen Visirgraupen. (S. Fig. 2.) Auch auf der Fläche ce (001) finden sich Subindividuen und zwar . von ziemlich verschiedener Form, je nach dem Fundorte. So beschreibt Mineralogische Mittheilungen. 1877. 3. Heft. (Becke.) 34 956 Friedrich Becke. [14] schon Miller eine drusige Beschaffenheit der Fläche ce mit einem Lichtschimmer in der Richtung von e (101). Ich habe dieselbe Beob- achtung an mehreren Stufen aus Cornwall gemacht. Eine ähnliche Erscheinung beschreibt Gadolin am Zinnstein von Pitkäranta; jedoch . gibt er als seitliche Begrenzung der herausstehenden Spitzen die acht- seitige Pyramide z (321) an. An den böhmischen Zinnerz-Krystallen kommt die Fläche ce in Folge der vorherrschenden Zwillingsbildung selten zum Vorschein; doch zeigt der mehrfach erwähnte, einfache Krystall von Schlackenwald auf der hier ausnahmsweise ausgebildeten Endfläche ein sehr interessantes Vorkommen von Subindividuen. Die ganze Fläche erscheint nämlich aus viereckigen Flächenstückchen zusammengesetzt, die — im Gegen- satz zur Begrenzung der Endfläche durch die Combinationskanten mit e (101) — an den Seiten durch schmale Facetten der Grundpyramide s (111) begrenzt sind. (S. Fig. 1b.) Diese Subindividuen sind in zwei- facher Hinsicht interessant. Erstens ist dieses Vorkommen ein weiterer Hinweis auf das Verhältniss der Flächen s (111) und e (101) des Zinnsteins. Es zeigt sich nämlich, dass in allen jenen Fällen, wo un- günstige Verhältnisse oder irgend welche Störungen das regelmässige Wachsthum der Krystalle hinderten, zwar immer die Fläche s, nicht aber e auftritt. So zeigen die oben besprochenen Krystalle des Holz- zinnerzes keine Spur von e, wohl aber ganz gut entwickelte Flächen von s. Die Subindividuen auf der Endfläche des einfachen Schlacken- walder Kıystalles sind seitlich von s, nicht von e begrenzt, wie die Endfläche des Hauptindividuums. Es ist hier der Ort, auf jene so häufig bemerkbare Streifung der Fläche e aufmerksam zu machen, welche ihre Entstehung der oscillirenden Combination der benachbarten Pyra- midenflächen verdankt. ‚Es ergibt sich hieraus, dass die Zone m sc eine tektonische Hauptzone des Zinnsteins ist. Man kann ganz deutlich das Entstehen der Fläche e durch das Zusammenrücken der Rinnen, welche oft die Flächen s bilden, beob- achten von dem einen Extrem, wo an Stelle der Fläche e eine einzige grosse Rinne vorhanden ist und der Krystall oben in zwei getrennte Spitzen auskrystallisirt ist (s. den Krystall von Penouta in Gallicien, Fig. 4) bis zum anderen Extrem, wo die Rinnen gar nicht mehr wahr- genommen werden und sich nur in dem schwächeren Glanze der Reflexion verrathen. Es ist diess ein ganz ähnliches Verhältniss, wie zwischen dem Oktaöder und Rhombendodekaöder des Magnetits, und daher hatte Miller vollständig recht, wenn er abweichend von den älteren die Pyramide s zur Grundpyramide, e zur zugehörigen, verwen- deten Pyramide machte. Ein zweiter Umstand, der Beachtung verdient, ist der, dass die Subindividuen genau den Symmetrie-Verhältnissen eines holoedrisch tetra- sonalen Krystalls folgen. An ihnen müsste sich jede Spur einer Hemie- drie, ähnlich wie bei den Aetzfiguren verrathen. Da diess nicht der Fall ist, müssen wir den Zinnstein als ein holo@drisch tetragonales Mineral betrachten, wie diess auch schon die Ausbildungsweise seiner Combinationen verlangt. 115] Ueber die Krystallform des Zinnsteins. 957 ‚Eine zweite Art von Abweichungen in der Lage der Krystall- flächen hat ihren Grund in Störungen der Structur. Auch diese Ab- weichung spielt beim Zinnsteine eine Rolle. Wenn man eine Platte aus einem Kassiteritkrystall herausschneidet, senkrecht auf die Haupt- axe, so fällt zuerst der eminent schichtenförmige Bau der Krystalle auf. (S. Fig. 11.) Diese Schichtung zeigt sich nicht nur bei den grossen böhmi- schen Krystallen, sondern auch bei den haarfeinen Krystallen des Holzzinn- erzes. Auch bei diesen lässt sich, wo eine Nadel im Dünnschliff senk- recht durchschnitten wurde, ein dunklerer Kern und ein hellerer Saum unterscheiden. Die äusseren Schichten sind überhaupt immer lichter . gefärbt als die inneren, was auf eine allmälige, jedoch nicht stetige Abnahme des Gehaltes der Lösung an färbenden Bestandtheilen hin- weist, aus der sich der Krystall bildete. Den regelmässigen, schichtenförmigen Bau durchsetzen nun Zwil- lingslamellen von scharfem, aber unregelmässigem Umriss (a, b). Sie ver- rathen sich durch die anders gerichtete Schichtung, welche die Schichten des Hauptindividuums unter einem Winkel von 45° durchschneidet, durch die dunklere Färbung die dadurch zu Stande kommt, dass bei einiger Dicke der Platte, in Folge des schiefen Neigungswinkels der Schichten gegen die Ebene der Platte mehrere dunkle Schichten übereinander liegen, und die helleren, dazwischen liegenden, sich nicht geltend machen können, während man bei den senkrecht getroffenen Schichten des Hauptindividuums jede Schichte in senkrechter Richtung erblickt, so dass die helleren von den dunklen unbedeckt zum Vorschein kommen. Endlich zeigen die senkrecht durchschnittenen Partieen des Hauptindivi- duums im polarisirten Licht das schwarze Kreuz, die schief getroffenen Zwillingslamellen nicht. Diese Lamellen befinden sich nicht sämmtlich in einer Stellung und man kann einzelne beobachten, die äusserlich an dem Krystall gar nicht zu sehen waren. Die zwischen diesen Zwillingslamellen eingekeilten Partieen des Grundindividuums zeigen nur an manchen Stellen eine ziemlich bedeu- tende Abweichung von der herrschenden Schichtung des Hauptindivi- duums (c). Diese Abweichung beträgt einige Grade und gehört wirklich Partieen des Hauptindividuums an, denn dieselben zeigen gleichfalls das schwarze Kreuz. So lange nun solche Partieen, von parallel ge- schichteten nicht bedeckt, die Oberfläche erreichten, musste sich diese Structurstörung auch an der Oberfläche an der Fläche m (110) zeigen. In diesem Falle hat man es also mit einer Abweichung von der nor- malen Lage einer Fläche zu thun, die in einer Störung der inneren Structur ihren Grund hat, also eine Erscheinung. auf welche Websky a. a. OÖ. den von Sacchi vorgeschlagenen Ausdruck Poly&drie be- schränkt wissen will. Das störende Moment ist in unserem Falle die Unterbrechung des Zusammenhanges durch eingeschobene Zwillings- lamellen. Diese Störung der Structur fällt so ziemlich mit dem zusammen, wasSadebeck mit dem AusdruckeHypoparallelismus bezeichnet, nur geht Sadebeck von den Subindividuen aus, denen er die Fähigkeit zu- schreibt, ihre Stellung durch eine Drehung entweder um eine Axe 34* 258 Friedrich Becke. [16] (partieller H.) oder um zwei auf einander senkrechte Axen (totaler H.) innerhalb gewisser Gränzen ändern zu können. Unser Fall wäre von diesem Gesichtspunkte aus ein Beispiel von partiellem Hypopa- rallelismus, wobei Drehungsaxe die Hauptaxe ist. Manche Unregelmässigkeit der Oberfläche namentlich in .der Prismenzone dürfte wohl durch derartige Structurstörungen hervorge- rufen werden, und es wird gewiss das Vorhandensein von Zwillings- lamellen nicht die einzige Ursache sein. Es ist aber schwer zu sagen, ob eine bestimmte Abweichung durch Vieinalflächen oder durch irgend- welche Störung der Structur hervorgerufen sei; hier kann dann nur die Untersuchung einer senkrecht auf die Hauptaxe geschnittenen Platte Aufschluss geben. Eingeschaltete Zwillingslamellen rufen auch andere Erscheinungen an der Oberfläche der Krystalle hervor. Hieher gehört die schiefe Streifung auf der Fläche » (110), die auch der mehrfach erwähnte einfache Krystall von Schlackenwald zeigt. Die Streifung ist aber manchmal viel dichter und oft nach zwei sich kreuzenden Richtungen aber immer entsprechend dem Zwillingsgesetz ausgebildet. Eingescho- bene Zwillingslamellen sind es auch, die eine eigenthümliche Zeichnung am Prisma m (110) hervorrufen, dort wo es an der Zwillingsgrenze unter einem einspringenden Winkel mit der Fläche e (101) des anderen Individuums zusammentrifft, und von der Fig. 3b ein Bild gibt. Die kleinen scharf begrenzten aus der Fläche herausstehenden Dreieckchen gehören offenbar dem Grundprisma kleiner Individuen an, die sich zu der anstossenden Fläche e des unteren Individuums in Zwillingsstellung befinden. Man könnte diese Erscheinung auch als einen besonderen, durch das Zwillingsgesetz hervorgerufenen Fall von Hypoparallelismus auffassen, wenn man die kleinen Partien als Subindividuen des oberen Krystalls auffasst, die durch die Nachbarschaft des unteren Individuums veranlasst, sich nicht in paralleler Stellung zu ihrem Hauptindividuum, sondern in Zwillingsstellung zur nächsten Fläche e (101) des unteren Zwillingsindividuums ansetzten. Ueberhaupt scheint die Nachbarschaft der Zwillingsgränze auf alle derartigen Unregelmässigkeiten Einfluss zu nehmen. Wir haben oben gesehen, wie im „Visir“ anstatt der Fläche s (111) eine Vicinal- fläche auftrat, die eine Verflachung des einspringenden Winkels veranlasste. Auch alle Streifungen treten in der Nähe der Zwillingsgränze viel deutlicher hervor; so namentlich die parallele Streifung auf der Fläche e (101), wenn sie im Visir auftritt. Die einzelnen Riefen der beiden Flächen, die hier in einem einspringenden Winkel zusammentreffen, scheinen sich gegen die Zwillingsgränze hin zu erhöhen, und treffen unter einem stumpferen Winkel zusammen, als es die Flächen eigent- lich sollten. Sadebeck hat auf ähnliche Erscheinungen an anderen Mineralien aufmerksam gemacht, die auf ein stärkeres Wachsthum längs der Zwillingsgränze hinzuweisen scheinen. Die optischen Eigenschaften des Zinnsteins scheinen seit Brewster nicht untersucht worden zu sein; wenigstens beruft sich | 1 . TE [17] Ueber die Krystallform des Zinnsteins, 259 Des Cloizeaux (Annales des Mines 1857 p. 300), der den Zinnstein unter den einaxigen und positiven Stoffen aufiührt, auf Brewster. Es wurde zur Untersuchung der optischen Eigenschaften ein Querschnitt senkrecht auf die Hauptaxe des einen Individuums eines Zwillings- krystalls von Schlackenwald benützt, dessen eingeschaltete Zwillings- lamellen auch eine Untersuchung auf Dichroismus gestatteten. Im Polarisationsmikroskop zeigte sich in weissem Lichte ein dunkles verwaschenes Kreuz, jedoch ohne eine Andeutung von farbigen Ringen, obzwar die Platte immerhin 1”” dick war. Durch Anwendung eines zweiaxigen Glimmerplättchens wurde dasselbe in zwei Hyperbeln aufgelöst, deren grosse Axe senkrecht steht auf dem optischen Haupt- schnitt des Glimmerplättchens. Der Zinnstein ist somit einaxig und positiv. Die Zwillingslamellen, die im Polarisationsmikroskop selbstverständ- lich kein Kreuz zeigten, wurden mit der Haidinger’schen Loupe unter- sucht und erwiesen sich in sehr geringem Grade dichroitisch; die beiden Bilder zeigten einen kaum merklichen Unterschied in der Nuance der braunen Farbe, und zwar erschien das eine mehr sattbraun mit einem Stich ins Rothbraune, das andere erschien etwas matter mit einem etwas grünlichen Schimmer. Die chemische Zusammensetzung des Zinnsteins ist bekannt. Er besteht aus Zinnoxyd mit sehr geringen Mengen verunreinigender Sub- stanzen; als solche waren bis jetzt bekannt; Kieselsäure, Titansäure, Tantalsäure, Eisenoxyd, Manganoxyd. Auch Kalkerde fand sich bei der Analyse eines Schlackenwalder Zinnstein die ich im Laboratorium und unter Leitung des Herrn Professors Dr. E. Ludwig ausführte, wofür ich dem genannten Herrn meinen ergebensten Dank abzustatten mir erlaube. Die qualitative Analyse ergab: Zinnoxyd, Kieselsäure, Eisenoxyd und Käikerde. Die Untersuchung auf andere Metallsäuren, namentlich Titan-, Tantal- und ea sowie auf Manganoxyd ergab nega- tive Resultate. Da das Mineral weder ‘durch saures schwefelsaures Kalium, noch durch kohlensaures Natron-Kali, noch durch schmelzendes Alkali zur Lösung gebracht werden konnte, wurde folgender Weg eingeschlagen: Das pulverisirte Mineral wurde in einer Glasröhre unter hoher Temperatur der Einwirkung von Wasserstoff ausgesetzt. Die reducirte Masse wurde mit Salzsäure gelöst und ein paar Tropfen Salpetersäure hinzugefügt. Zinn, Eisen und Kalkerde gingen in Lösung und wurden nach den gewöhnlichen Methoden bestimmt. Im Rückstand wurde die Kieselsäure durch Behandlung mit Schwefelsäure und Flusssäure aus dem Gewichtsverluste bestimmt. Ein kleiner Rückstand gab mit Kupfer- oxyd in der Boraxperle und — nach der Reduction mit Cyankalium und Lösung in Salzsäure — mit Quecksilberchlorid Zinnreaction und wurde daher als Zinnoxyd gerechnet. Die Ergebnisse der Analyse waren folgende: Zinnoxyd h ' Fe eu, % h 11/5 Hisenoxyd 3 az De Kalkerde WE echt Per | Auffallend ist bei dem Umstande, lass der sehr dunkel gefärbt war, der geringe Gehalt a an . der Regel die Härbune zugeschrieben wird. a RN r + ee f 5 3 ni ee TA! = 7. N IE 4 Il. Die optischen Eigenschaften des Rohrzuckers. Von Friedrich Becke. Eine vollständige Bestimmung der optischen Constanten des Rohr- zuckers fehlte bis jetzt, obzwar sich in der Literatur vereinzelte An- gaben vorfinden. So gibt Miller!) den Winkel der optischen Mittel- linie mit der Hauptaxe cc mit 22° 12‘, den mittleren. Brechungsquo- tienten mit 1°57, den scheinbaren Axenwinkel mit 79° 1‘ an und berechnet daraus 2V mit 47° 16’. Descloizeaux?) bestimmte den scheinbaren Axenwinkel 2E = 18° 45‘; später) veröffentlichte er weitere Beobachtungen, nach welchen 2E = 79° 18'—77° 53° für roth, 79° 55‘°— 79° 5‘ für violett. In einer dritten Abhandlung‘) beschreibt Descloizeaux die Aenderung des scheinbaren Axenwinkels bei einer Temperatursteigerung. Nach seinen Beobachtungen nimmt der Axenwinkel für Roth bei einer Steigerung der Temperatur von 17—121°C. zu von 78° 35‘ bis 84° 40'. Diess ist so ziemlich alles, was über die optischen Eigenschaften des Rohrzuckers bekannt war. Eine vollständige Bearbeitung des Rohr- zuckers in optischer Hinsicht erschien daher wünschenswerth. Während ich auf Anregung meines verehrten Lehrers, des Herrn Director Tschermak, mit dieser Arbeit beschäftigt war, erschien eine Abhandlung von Herrn Calderon in Strassburg‘), welche den- selben Gegenstand behandelte. Die Publication meiner Beobachtungen könnte daher überflüssig erscheinen. Allein da ich einige Bestimmungen ausführte, welche Herr Calderon theils gänzlich überging, theils aus !) Miller, Krystallographie übers. von Grailich, pag. 311. 2) Annales des mines, tome XI, 1857, pag. 336. ®) Annales des mines, tome XIV, 1858, pag. 416. *) Nouvelles Recherches, pag. 170. ?) Groth, Zeitschr. f. Krystallographie, I. Bd., 1. Heft, pag. 73. Mineralogische Mittheilungen. 1877. 3. Heft. (Becke.) 262 Friedrich Becke. [2] älteren Angaben benützte, so glaubte ich gleichwohl meine Arbeit der Oeffentlichkeit übergeben zu dürfen. Ich bestimmte zunächst die Lage der Mittellinien an drei der Symmetrieebene parallel geschliffenen Platten und erhielt für Natrium- licht folgende Werthe: I 1 II Mittel et. =.,23 27. 282.391 234: 232 23° X =, Die Bestimmung geschah mittelst des Polarisations-Mikroskopes durch Einstellung auf Dunkelheit. Platte I und II wurden mit der Kante zu (100) parallel einer eingerissenen Linie aufgeklebt. Platte III wurde getheilt und ein künstlicher Zwilling nach (100) gemacht. Die Doppelbrechung ist negativ, Axenebene ist die Symmetrieebene. Der Axenwinkel für Luft beträgt: Rothrr. un 788 Gelb 3... 482261 Grün 227270... NS 52: Bei diesen, wie bei allen folgenden Bestimmungen, wurde gelbes Licht durch Natrium erzeugt, für Roth und Grün wandte ich mono- chromatische Gläser an. Die Dispersion der Axen ist sehr gering 9 > p. Die von der Theorie geforderte geneigte Dispersion zeigt sich nur in einem sehr geringen Intensitäts - Unterschiede der farbigen Säume, welche die Hyperbeln umgeben, was auch Descloizeaux angibt.) Allerdings erhielt ich auch einen Unterschied der Ablesungsmittel der beiden Axen für die verschiedenen Farben, nach welchem die Dispersion der Mittellinien für Roth und Grün 6‘ betragen würde, in dem Sinne, dass der Winkel cc für Roth um 6° grösser wäre, als für Grün; doch dürfte diese Zahl in Folge von Versuchsfehlern Elmar zu gross ausgefallen sein. Den wahren Axenwinkel bestimmte ich durch‘ Beobachtung des spitzen und des stumpfen Axenwinkels in Oel. Ich erhielt: Spitzer Winkel Stumpfer Winkel Daraus berechnet für Oel für Oel 22V Roth . 50° 54‘ 152° 44° 47° 42° 30" Gelb 291%0: 1522,30 47? 48° 20" Grün: .- 51° 9 152%.132 44. Dh HG ‚ „Als Dispersion der Mittellinien für Roth und Grün erhielt ich bei der Beobachtung des spitzen Winkels 3°5‘, beim stumpfen Winkel $‘, im selben Sinne, wie bei der Bestimmung des scheinbaren Axenwinkels für Luft. ') Annales des mines, t. XIV, 1858, pag. 412. 1 } j 3 | | [3] Die optischen Eigenschaften des Rohrzuckers. 963 Zur Bestimmung der Brechungsquotienten wurden drei Prismen geschnitten, deren Kanten parallel den Mittellinien orientirt waren. I. Kante parallel a II. Kante parallel b III. Kante parallel < 68° 41’ 42° 52° 46“ 20217 Roth & == 1'5351 Bi Yy = 15679 Gelb 15371 15653 15705 Grün 15404 15687 15137 Calderon erhielt mit zwei Prismen Werthe die erst in der vierten Stelle im Maximum um zwei Einheiten differiren. Seine Messungen ergaben: «& 8 y Lithium 15379 15639 15693 Natrium 1°5397 15667 15716 Thallium 1°5422 1'5685 15734 Berechnet man den wahren Axenwinkel aus dem scheinbaren Axenwinkel für Luft und 6, dann aus den drei Brechungsquotienten, so erhält man folgende Zahlen, neben die ich die aus der Beobachtung in Ohl gerechneten nochmals ansetze: I. Aus der Beobachtung in Öhl. U. Aus 2 E. und 8. III. Aus «, ß, y Roth 41° 42' 30" 4.00 130° 14% 44° 39° 53° Gelb 47° 48° 20 471° 383° 46° 45° 27° 36" Grün AT DE,56 471° 47' 20 45° 5° 36“ Die Uebereinstimmung der Zahlen in I und II ist eine ganz be- friedigende. In III erscheinen die Werthe für Roth und Grün zu klein im Verhältniss zu der Zahl, die ich für Natriumlicht erhielt. Es ist diess leicht erklärlich, da die reciproken Quadrate der Brechungs- quotienten sich erst in der zweiten respective dritten Decimale unter- scheiden, derärt, dass eine kleine Aenderung in der dritten oder vierten : F ERRRSA u Decimalstelle der Grössen er ae: Aenderungen von einigen Graden im Axenwinkel bewirkt. Die vierte Decimale dieser Grössen wird aber durch einen Fehler von 1 bis 2 Minuten bei der Beobachtung der Ablenkung sehr bedeutend alterirt. Ein Beispiel mag diess illustriren. Für grünes Licht war die Rechnung folgende: I. Prisma II. Prisma Ill. Prisma Brechende Kante a = 68° 41° 0" 42%,52% 46" ORTEN Ablenkung 0 =, 91597437 Zar ar 5 Kon 590. 351.22" « — 154038 &=='1:56869 y= 157373 3 — 04214454 co 04063730 a 04037751 I RR N N TERROR a LROTIS zur. = 0:0025979 EURE 108g |/ &— = 9:5836926 — 10 = log sin 22° 32° 48" a. 2.7: = AH 36 a Y Mineralogische Mittheilungen.. 1877. 3. Heft. (Becke.) 35 964 Friedrich Becke. [4] Nimmt man bei ß statt d = 27° 5‘ 41" 0 = 27° 4’ 41" was noch innerhalb der Beobachtungsgränzen liegt (Maximum 27° 7‘ 10”; Minimum 27° 4‘ 0“), so erhält man: 8 = 156835; 5 = 04065420; 4 — 4 ; = —- = 00027669 8 Y 2. :46):375 Ein Beobachtungsfehler von einer Minute bewirkt also eine Aende- rung im Resultate von mehr als 1'/, Graden. Es ist einleuchtend, dass unter diesen Verhältnissen eine genauere Uebereinstimmung zwi- schen Beobachtung und Rechnung nicht erwartet werden kann. Ueber- haupt hat der aus den Brechungsquotienten berechnete Axenwinkel nur dann einen Werth, wenn die Bestimmung der ersteren auf fünf bis sechs Stellen. genau erfolgen kann. Diess ist aber bei der gewöhnlichen Methode mittels des Fadenkreuz-Goniometers und bei Anwendung far- biger Gläser, die immer ein mehrere Minuten breites, verwaschenes Theilspectrum liefern, nicht zu erreichen. Calderon, der Lithium-, Natrium- und Thalliumlicht anwandte, fand: 1 108 |/ &-% = 95973782 — 10 = log sin 23° 18' 30 -% 2 V. aus 2 E. und 8 2 V. aus a, ß, y Lithium 47° 56° 48° 53° Natrium 48° 0‘ 48° 22° Thallium 48° 9‘ 4752 Zum Schlusse verweise ich bezüglich der Orientirung noch auf die beistehende Figur, welche die Vertheilung der optischen Linien im Zucker-Krystall zu versinnlichen sucht. Meg - Man ersieht aus derselben, dass die BER UL An eine Axe beinahe normal ist zur Fläche (100). Da parallel zu dieser zugleich die vollkommenste Spaltbarkeit herrscht, so erhält man bei Untersuchung einer Spaltungslamelle im Polarisations-Instru- ment die eine Axe im Mittelpunkte des Gesichtsfeldes. Die zweite Axe bekömmt man am Rande des Gesichtsfeldes zu sehen, wenn man durch einen kleineren, durchsich- tigen Krystall normal zu (001) durch- sieht. Da die Krystalle des Rohrzuckers parallel zu dieser Fläche häufig eine falsche Spaltbarkeit zeigen, die wahrscheinlich durch paral- lele Interpositionen hervorgerufen wird, so gelingt es auch nicht selten, dünnere Platten zu erhalten, die diese Erscheinung deutlicher. zeigen, als die meist allzudicken Krystalle. Eine ähnliche plattenförmige Ab- sonderung, wenn auch nicht so deutlich wie parallel zu (001) zeigt sich manchmal auch parallel mit (100). Auch hier dürfte die Ursache die gleiche sein: das Auftreten von zahlreichen, parallel angelagerten Flüssigkeits-Einschlüssen. Wien, Mineralogisch-Petrographisches Universitäts-Institut, Juli 1877. = bi, u is > IV. Analysen aus dem Laboratorium des Herrn Professors E. Ludwig. (Oligoklas, Skapolith, Leonhardit, Muscovit, @laukonit, Sahlit, Chondrodit, Fahlerz, Copalin, Trachyt, Gabbro, Paläopikrit). Plagioklas von Soboth in Steiermark. Von Arthur Smita, stud. phil. Ein wasserheller Plagioklas, der mit Orthoklas und Muscovit ein grobkörniges Gemenge bildet, und schöne bis 7m lange Individuen bildet, wurde nach sorgfältiger Auswahl der durchsichtigen Partikel der Analyse unterworfen. !) Spec. Gewicht 2:62. Kieselsäure - - -» » » 6475 Proc. Thonerde - » » » » -» 22209 1 RR RIE BB. Kalt a Alan, 0:34. :, Natron ee NOT, 100°21 Nach diesen analytischen Resultaten entspricht das untersuchte Mineral im Sinne der Tschermak’schen Feldspath-Theorie einem Gemenge von 15 Proc. Anorthit und 85 Proc. Albit. Ein solches Gemenge verlangt nach der von Bunsen ?) gegebenen Tabelle folgende Werthe: Kieselsäure - - -» -» » 6474 Proc. Thonerde - »- » » - - 22V" 5, Kalkrıaı das N 3:01 °., Natron - » » »..- - 1004 „ 100°00 !) Das Material zu den folgenden Analysen wurde, wofern nicht das Gegen- theil bemerkt ist, von dem Herrn Director Tschermak übergeben. ?) Annalen der Chemie und Pharmacie, VI. Suppl.-Bd. pg. 188. Mineralogische Mittheilungen. 1877. 3. Hett. (Ludwig.) 35: 266 Analysen aus dem Laboratorium des Herrn Professors E. Ludwig. [2] Skapolith von Rossie, New-York. Von L. Sipöez. Blassgrünliche durchscheinende, im Bruche fettglänzende Säulen, mit dunkelgrünem Augit und Lederit verwachsen. Das zur Analyse verwendete Material war in Splittern sorgfältig ausgewählt. Das spec. Gewicht wurde bei zwei Bestimmungen 27302 und 27317, demnach im Mittel 2731 gefunden. Die chemische Analyse lieferte folgende Zahlen: I. u. UI. IV. Mittel Kieselsäure 4616 — = -— 46'16 Proc. Thonerde 230 — —- —- 230 „ Eisenoxydull 051 028 — — 0,30, Kalk 1850) N — 3 RO Magnesia Spur‘... "rl 2, Spune, Kali 0AU —- 074 „ Natron 291 — — = a Wasser 061 054 059 0:66 06075 Kohlensäure 2:84 2:92 325 — 2:00.48 Chlor 0.14 011 — — U 100:38 Dem Chlor äquiv. Sauerstoffmenge 0:03 100:35 Nach Abzug des der Kohlensäure entsprechenden kohlensauren Caleiums (6'82 Proc.) resultirt ein Rest von der folgenden procentischen Zusammensetzung: Kieselsäure - »- »- - : -. . 0... 49'40 Proc. Thonerder +5 =, 0-0 I Fe 30022, Eisenoxydul - »- - » «2... 0VB2% Klaas nn 15:62° :, KR, Sms ER Natron ee ei 8 ee Frauke a 5 Re WVagsppe rn 2 med er ta ecke 064% BRIORSF er ee rare 04325 100:03 Dem Chlor äquiv. Sauerstoffmenge 0.03 100:00 h } ut Su ee en > ee Da u En N un u U a Se [3] Analysen aus dem Laboratorium des Herrn Professors E. Ludwig. 267 Skapolith von Boxborough, Massachussets. Von Friedrich Becke. Das Mineral bildet weisse dicke Säulen von deutlicher Spaltbar- keit, welche stellenweise glatte Krystallflächen erscheinen lassen und mit Actinolith und Biotit verwachsen sind. Spec. Gewicht 27204. Die Analyse ergab folgende Zusammensetzung: Kieselsäure - » 0... 47:12 Proc. Thonerde - » » -» «2.0... 21:33.0% TEE Et. ee Br HER een 1594 , Eisenoxydul - » - - -» gen ne AD, Magnesia UN SOR KaR MIO 043 e Natron vers ın erahnen 7% A 365 £ RR DEN RAT Massen. 2 nee ulL> 050 F Kohlensäure »- »- » »- +... a DHISESERRN N ee. » 5 020 \ 99-51 Dem Chlor entspr. Sauerstoff - - 005 99-46 Zieht man die der gefundenen Kohlensäure entsprechende Quan- tität von kohlensaurem Caleium, nämlich 6°2 Proc. ab, so ergiebt sich für den Rest die folgende procentische Zusammensetzung: Kieselssure: er er een: 5053 Proc. Thonerde - - - ».. EEE MEN Rai a Te ee ET x Eisenoxydul » » er... 049 „ Magnesia - » * + + - TR N Natrones Ja es ae an, ; 391.27, Kal uns Te Bere ent, 123 x Wasser BEE PEN 2 Ya ONE RE 021% 100°05 Dem Chlor entspr. Sauerstoff - - 0:05 Analysen aus dem Laboratorium des Herrn Professors E. Ludwig. [4] 268 Leonhardit aus dem Floitenthale.') Von Arthur Smita, stud. philos. Das Material zu der vorliegenden Untersuchung wurde von Herrn Dr. A. Brezina, Custos am k. k. Hof-Mineraliencabinet übergeben. Es bestand aus schönen, weissen Prismen, die mit der grössten Sorgfalt ausgesucht waren, so dass nichts von fremden Beimengungen anhaftete. Das specifische Gewicht. der lufttrockenen Krystalle wurde mit dem Pyknometer bestimmt und bei Anwendung von 2'3828 Grm. des Minerales 2'374 gefunden. Zur Analyse dienten, sofern die Bestimmung der Gesammtmenge des Wassers vorgenommen wurde, ganze Krystalle in lufttrockenem Zustande, sonst wurde das über Schwefelsäure bis zum constanten Gewichte getrocknete und einmal das geglühte, also wasserfreie Mineral verwendet. Die Analyse (I) des geglühten Minerals ergab: Kieselsäure 60:15 Proc. Thonerde - Ol Kalk - 14:19 = 10025 Bei der Analyse (II) des über Schwefelsäure bis zum constanten Gewichte getrockneten Minerales wurden folgende Resultate erhalten: 1; II. Mittel Kieselsäure - 5292 — 52:92 Proc. Thonerde 2244 — 22 AUS Kalk 1223 — 122347 Wasser 124212341 Pas 99:97 m Diese Zahlen führen für die wasserfreie Substanz zu der kleinsten Formel 5, Al, Ca O,5; für die wasserhaltige, über Schwefelsäure bis zum constanten Gewichte getrocknete Substanz ergeben sie die für den Leonhardit allgemein gebräuchliche Formel 5, A, Ca H, O:- Die folgende Zusammenstellung macht den Grad der Uebereinstimmung der gefundenen und berechneten Werthe ersichtlich; aus der Analyse II ist auch die Zusammensetzung der wasserfreien Substanz gerechnet worden : A. Wasserfreie Substanz gefunden berechnet : m 48305 2400 — 6018 Proc. 60:15 — 6042 Proc. Al, O0, 1028 — 2578 % DFIIT NT BT Ca.0. ‚86:0. = 2104 2, ED er 3958 — 100:00 10025 — 100:00 ') Herr Dr. Brezina hat über das Vorkommen dieses Minerals berichtet in diesen Mittheilungen, 1877, pag. 98. Pr! Dt, EN # Mr Mi RN h N [5] Analysen aus dem Laboratorium des Herrn Professors E. Ludwig. 269 B. Wasserhaltige Substanz. berechnet ‘gefunden mn PT 4 Si 0, 240 — 5300 Proc. 52:92: Proc. 49.1028 — 2270 x 22.44 n Ca O 560 — 12:37 u 12-23 = 38, 02540 ,— 1193, 1238, 5% 4528 — 10000 99-97 ° Die älteren Analysen vom Leonhardit haben Resultate geliefert, welche mit den aus der gebräuchlichen Formel dieses Minerales berechneten Werthen nicht in wünschenswerther Weise übereinstimmen; man kann sich davon durch die folgende Zusammenstellung überzeugen. berechnet Delfts !) Babo ?) re I. I. Kieselsäure 53.00 56'128 55:00 55.96 5504 Thonerde 22.100,.22:980, 152436 ,.221.047 22:34 Kalk 12:37 9251 1050 10.49 10:64 Wasser 2179575741 641.9.1230.: 11,937. °.11:93 Die Wasserbestimmungen in diesen Analysen beziehen sich auf das bei 100° getrocknete Mineral. Das lufttrockene Mineral ergab Delffs beim Glühen 13°807 und 13'547 Proc. Wasser ; ich erhielt beim Glühen von lufttrockenen Krystallen 13°7 und beim Glühen des lufttrockenen gepulverten Minerals 13°83 Proc. Wasser. Rammelsberg ‘) führt den Leonhardit als einen Laumontit auf, der 1 Mol. Wasser verloren hat. Die Formel des Leonhardits Si, Au Ca H, O0, verlangt 1193 Proc., die des Laumontits Si, Al, Ca H; OÖ, verlangt 15°3 Proc. Wasser. Die Annahme Rammelsberg’s gilt somit nach den bisherigen Untersuchungen nur für den durch Trocknen über Schwefelsäure oder bei 100°C. theilweise entwässerten Leonhardit; für das unveränderte Mineral hat dieselbe nicht strenge Giltigkeit. Ich habe mit dem Materiale, das mir von den Analysen übrig geblieben war, noch Versuche darüber angestellt, in welchen Quantitäten der Leonhardit unter bestimmten Bedingungen Wasser abgibt; be- kanntlich sind in dieser Richtung von Malaguti und Durocher’) Untersuchungen über den Laumontit angestellt worden. Diese Forscher gelangten zu folgenden Resultaten : Der Laumontit verliert ein Viertel seines gesammten Wassers, wenn er längere Zeit in einer durch Schwefel- säure trocken erhaltenen Atmosphäre oder bei 100° C. erhalten wird, bis sich sein Gewicht nicht mehr ändert, das zweite Viertel des Wassers entweicht, wenn das Erwärmen bis auf 300° gesteigert wird und die letzten zwei Viertel gehen erst beim gelinden Glühen fort. Nach den von mir mit dem Leonhardit vorgenommenen Versuchen !) Poggendorff Ann, der Physik und Chemie, LIX, 359. 2?) ibidem ®) Sillim. Am. Journ. of science Il. Ser. XV, 440. - *) Mineralchemie, 11. Aufl. 622. 5) Annales des mines IV. Ser. T. IX, 325. 0 270 Analysen aus dem Laboratorium des Herrn Professors E. Ludwig. [6] verlor dieses Mineral beim Erwärmen auf 100°, sowie. beim Stehen über Schwefelsäure in zwei Versuchen 1'7 und 1'9 Proc. Wasser; die trockene Substanz hatte nun die Zusammensetzung des bei 100° getrock- neten Laumontits, dessen von Malaguti und Durocher beobachtetes Verhalten sie nun auch weiter zeigte. Beim Erwärmen auf 300° ging aus der trockenen Substanz ein Drittel des Wassers fort, die zwei übrigen Drittel wurden erst beim Glühen ausgetrieben. Der bei 300° getrocknete gepulverte Leonhardit wurde in eine mit Wasserdampf gesättigte Atmosphäre gebracht; nach etwa 12 Stunden war so viel Wasser aufgenommen worden, dass der nunmehrige Wasser- gehalt etwas grösser erschien, als er für die entsprechende Menge von Laumontit hätte sein sollen; liess man nun die Krystalle etwa 1 Stunde lang an freier Luft liegen, so erfolgte eine mässige Gewichts- abnahme und eine vorgenommene Wägung ergab, dass nun sehr näherungsweise der Wassergehalt des Laumontits erreicht sei. Als ich bei einem zweiten Versuche lufttrockene Leonharditkrystalle in eine mit Wasserdampf gesättigte Atmosphäre brachte und einen Tag lang darin verweilen liess, nahmen dieselben so viel Wasser auf, dass ihr Wassergehalt ebenfalls etwas grösser als der des Laumontits wurde; nachdem die Krystalle etwa 1 Stunde an freier Luft gelegen waren, war eine Gewichtsabnahme eingetreten, der zufolge die Krystalle jetzt fast genau den Wassergehalt des Laumontits besassen. “Durch häufig angestellte Wägungen konnte nun constatirt werden, dass beim längeren Liegen an der Luft der Wasserverlust sich so lange fortsetzte, bis das ursprüngliche Gewicht der lufttrockenen Substanz erreicht war ; dies dauerte ungefähr 24 Stunden; nun zeigte sich selbst nach 2 Tagen keine Gewichtsabnahme mehr. Der bei 300° getrocknete Leonhardit wird durch Salzsäure, sowie im lufttrockenen Zustande leicht und vollständig aufgeschlossen ; wird die getrocknete, feingepulverte Substanz mit Salzsäure erwärmt, so gesteht das ganze nach wenig Augenblicken zu einer Gallerte; das geglühte Mineral dagegen wird durch Salzsäure nicht mehr vollständig aufgeschlossen. Als ich das geglühte Mineral einigemale hintereinander mit concentrirter Salzsäure zur Trockene verdampfte, und den beim Auflösen der trockenen Masse in Salzsäure zurückgebliebenen, gut gewaschenen Rückstand mit Flusssäure und Schwefelsäure behandelte, blieben, auf die geglühte Substanz berechnet, 40°/, zurück. Aus den bisherigen Untersuchungen über den Laumontit und Leonhardit lassen sich demnach folgende Schlüsse ziehen: 1. Der Laumontit enthält zwei Moleküle Krystallwasser (die Formel &, Al, Ca H; O,,; zu Grunde gelegt), deren eines in trockener Luft allmälig, bei 100° rasch entweicht, während das zweite erst bei 300° vollständig fortgeht; die beiden anderen in der Glühhitze ent- weichenden Wassermoleküle sind sogenanntes Constitutionswasser, d. h. sie sind in dem Minerale als Hydroxylgruppen vorhanden. 2. Der Leonhardit ist, soweit die Untersuchungen bis jetzt reichen, ein Laumontit, der einen Theil (etwa die Hälfte) des ersten, bei 100° entweichenden Moleküls Kıystallwasser verloren hat, er ent- spricht daher in dem Zustande, wie er in der Natur sefunden wird, nn ©). u [7] Analysen aus dem Laboratorium des Herrn Professors E. Ludwig. 971 nicht der Formel &, Al, Ca H, OÖ, sondern genügt dieser erst dann, wenn er durch längeres Liegen an trockener Luft oder in einem auf 100° erwärmten Raume einen Theil seines Wassers verloren hat. Muscovit von Soboth, Steiermark. Von Dr. W. F. Löbisch. Hellbraune durchsichtige Tafeln, welche mit grossen Individuen von Oligoklas und Orthoklas einen Pegmatit bilden und zuweilen Krystallflächen zeigen, gaben das spec. Gewicht — 27745 und liefer - ten bei der Analyse: Kieselsäure »- * +...» . . . 48'76 Proc. Thonerde »- »- » en... 2391..% Eisenoxyd » » » ee... 424 „ Eisenoxydul »- » » «v0... 0A Magnesia Silo ee ee eo taste DIOR Krlkerde ira er 033 N 120 1 Re RE BE EN SE Natron - » » : » Be ae ao ae a Wasser res as ee 7 a: 1519) ß 100°02 Der relativ bedeutende Natrongehalt zeichnet diesen Muscovit vor vielen anderen aus, auch der Gehalt an Kieselsäure ist grösser als gewöhnlich. Das physikalische Verhalten dieses Glimmers ist von Herrn Director Tschermak beschrieben ’). Glaukonit von der Insel Go220. Von E. v. Bamberger, stud. med. Aus einem Glaukonitsande, welchen Herr Th. Fuchs auf Gozzo antraf und welcher zwischen dem Leithakalk und Schlier Lager bildet, wurden die dunkelgrünen Körnchen rein ausgesucht. Spec. Gew. 3'314. Ergebnisse der quantitativen Analyse: Kieselsäure - - - . - 46'91 Proc, Thonerde-.- +. „Ws enter on et TO4., Eisenoxyd »- »- *» +» ee... 23:06: ; Kalk a nn a, ey Naake nr 3.470208; Fig Magnesia »- » «+ en. 4:40 35 Eisenoxydul » » » + +» ven en SO lg Natron es 3. oe ter "ern dat onen „ine 0:92, ,, Kakalanar ne r Rla ee se Ton: Wasser - «00000 ° El A 99:93 — 1) Sitzungsbericht d. k. Akademie in Wien. 1877. Juliheft. Minerelogische Mittheilungen. 1877. 3. Heft. (Ludwig.) 36 9793 Analysen aus dem Laboratorium des Herrn Professors E. Ludwig. [8] Das Wasser wurde durch Glühen der Substanz im Platinrohre ausgetrieben, im Absorptionsrohre aufgesammelt und gewogen. Die Zusammensetzung des Glaukonits von Gozzo nähert sich einigermassen derjenigen, welche K. Haushofer ') für den Glaukonit des Kressenberges bei Traunstein und für den Glaukonit von Roding fand, wie die folgende Zusammenstellung zeigt: Kressenberg Roding Gozzo Kieselsäure 496 49:0 46.91 Eisenoxyd 21:3 20:1 23°06 Thonerde 34 13 1:04 Kalk — — 2:95 Magnesia 0:3 = 4:40 Eisenoxydul 6°9 3°9 2:64 Kali 18 58 1:81 Natron — — 0:91 Wasser 9:6 12:8 re Die auffallendste Differenz ist die in den Wassergehalten. Haushofer fand in den von ihm untersuchten Glaukoniten von 77 bis 147 Procent Wasser. Chondrodit von Pargas. Von Dr. Fried. Berwerth. Fast alle Analysen des Chondrodits und des Humits ergeben einen bedeutenden Verlust, der bisher nicht aufgeklärt war. Die Summe der Analyse gibt wohl nahezu hundert Procent, aber nur deshalb, weil die oft über 3 Procent betragende Sauerstoffmenge, welche dem Fluor entspricht, hinzugerechnet ist. Um die Ursache dieser Erscheinung zu ermitteln, wurde eine vorläufige Analyse ausgeführt, welche den gelben körnigen Chondrodit von Pargas zum Gegenstande hat, der aber nicht rein war, sondern etwas Phlogopit beigemengt enthielt. Das Resultat sollte keineswegs dazu dienen, die Formel dieses Minerales zu ermitteln, sondern nur eine Vorarbeit für eine später an reinem Material auszu- führende Untersuchung bilden. Das spec. Gewicht war 3'216 und das Ergebniss der Analyse: Fluor) anzana u N ee en IRRE 8:62 Kıeselsänre..- * +..n 0.0 2 Se re 29:56 T'honerde, .- 054 tr ie rerdasn anne 0:27 Eisenoxyd EEE an OR STE LE Nee De 3:06 Eisenoxydull » » v2. 5.09 Magnesia En LEO. Fr RATTEN Ka EN TE N 1:31 Natron. ee a a TEE 241 Lithionm =. wor a RHEIN Spur Wasser. 1er ns aaet ae ae RTL 103-1 Dem Fluor äquival. Sauerstoffmenge - - 3:62 Summe :- » 99:49 ‘) Journal für prakt. Chemie, Bd. 97, pg. 353. [9] Analysen aus dem Laboratorium des Herrn Professors E. Ludwig. 273 Da die Menge der Alkalien grösser ist, als die vorhandene Thon- erde und das Eisenoxyd erfordern, um Phlogopit zu bilden, so ist zu schliessen, dass ein Theil der Alkalien dem Chondrodit angehört. Da nun die Bestimmung der Alkalien vielfach unterblieb, so dürfte sich die obenerwähnte Thatsache durch diese Unterlassung erklären. Salit von Albrechtsberg in Niederösterreich. Von E. v. Bamberger, stud. med. Das weisse Mineral bildet Individuen, welche bis 12°” Länge haben. Dieselben bilden Aggregate im körnigen Kalk, welchen sie gangförmig oder in Gestalt von Adern durchziehen. Das spec. Gew. wurde 3'167 gefunden. Die Analyse ergab: Kieselsäure - » - + 55:60 Proc. Thonerde » » » : » - a er Eisenoxydul -» » + - 0:56. 5 Bali. We DER 1 Magnesia - - +» + +» 18.34 „ Diese Zahlen entsprechen, wenn man von der ganz unbedeuten- den Menge der Thonerde absieht und statt des Eisens die äquivalente Menge Magnesium in Rechnung zieht, bis auf den etwas zu hoch ge- fundenen Kalkgehalt, sehr gut der Formel des Salits 9, 0; De Ca, welche verlangt: Kieselsäure » » : - - 5556 Proc. Magnesia » + + +» 18.9247, ER 2592 „ 100:00 Fahlerz vom Kleinkogel bei Brixlegg in Tirol. Von Friedrich Becke. Dieses Fablerz, welches in schwarzen Krystallen eingewachsen in blättrigem Baryt vorkommt, wurde bereits analysirt von Herrn Untchj') in Graz. Derselbe erhielt folgende Resultate. Schwefel » » : + +. 25°59 Proc. Kupfer »- » +... 331. :, Eisen - be I Zee Bau Zink ren 443°: , ÄTSOn: »:..: 00 lade 696 „ Antimon +... 20 )44 R 100:05 Berechnet man aus diesen Zahlen das Verhältniss der Atom- gewichte für Schwefel einerseits, für die Metalle, die theils als ein- 1) Mittheilungen’ des naturwissensch. Vereines für Steiermark 1872. p. 60—63. 36* 274 Analysen aus dem Laboratorium des Herrn Professors E. Ludwig. [10] werthig, theils als zweiwerthig anzusehen sind, andererseits, indem man die Summe der Atomgewichte von Arsen und Antimon gleich 2 setzt, so erhält man folgende Verhältnisszahlen: Ss 6:16 As Se Cu Fe | 576 Zn Diese Zahlen stimmen mit der aus den besten Fahlerz-Analysen abgeleiteten Formel, nach welcher für Schwefel 7, für die übrigen Metalle 6 herauskommen sollte, nicht genügend überein. Eine neuerliche Unter- suchung dieses Fahlerz-Vorkommens schien daher nicht ohne Interesse. Herr Director Tschermak hatte die Güte, mir ein reichliches Material von Brixlegger Fahlerz zu übergeben. Die Krystalle waren dunkel gefärbt, aussen etwas oxydirt und mit rauher Oberfläche, im Innern dagegen frisch und glänzend. Das specifische Gewicht ausgesucht frischer Stücke ergab sich zu 4'721. Die qualitative Untersuchung ergab: Schwefel, Arsen, Antimon, Kupfer, Eisen, Zink, Silber und eine Spur von Kobalt. Die quantitative Analyse wurde nach H. Rose mittels Aufschlies- sung mit Chlorgas vorgenommen, wobei jene Modificationen in An- wendung kamen, die L. Sipöcz in der Abhandlung „Ueber Miargyrit: und Kenngottit“ (Tschermak, Mineralogische Mittheilungen 1877, 2. Heft. p. 214) angegeben hat. Dabei wurden folgende Zahlen er- halten: Schwefel » » » » » » 26°55 Proc. Arsen» - 0. . U BDO Antimon +... 19:80.:.8, Silber» » «0... 023775 Kupfer » » . . - 4084 „ Busen Nr de 144 , Zink - 626, 99-62 Berechnet man aus diesen Zahlen das Verhältniss zwischen Schwefel, Arsen und Antimon, und den übrigen Metallen, so erhält man: Ss 6:84 As } 2 633 Zn welche Zahlen mit den durch die Theorie geforderten genügend über- einstimmen. f11] Analysen aus dem Laboratorium des Herrn Professors E. Ludwig. 275 Copalin von Lunz, Niederösterreich. von @ustav Hornung. Das in der Gesammtmenge von ungefähr 15 Gramm vorliegende Harz war mir von Herrn Director Tschermak übergeben, welcher es von Herrn Haberfellner in Lunz erhielt. Es kommt in rundlichen, bis 2°5 Cm. langen Stücken in einem dunklen Schieferthon vor, welcher ungemein reich an Blattabdrücken ist. Auch an der Grenze zwischen der lockeren Braunkohle und dem Schieferthon finden sich zuweilen Harz- stücke. Dieselben sind honiggelb und durchsichtig bis dunkelbraun und undurchsichtig, im letzteren Falle durch ein beigemengtes kohlenartiges Mineral verunreinigt. Zur Untersuchung diente das reine gelbe Mineral. Das specif. Gewicht wurde mittels des Pyknometers zu 1'109 bestimmt. Der Schmelzpunkt liegt zwischen 195° und 200° C. Das Harz ist spröde, geruch- und geschmacklos, brennt mit leuchtender, russender Flamme unter Verbreitung eines angenehmen Geruches, beim Reiben wird es stark elektrisch. Gegen Lösungsmittel zeigt das Mineral folgendes Verhalten: In kaltem und heissem Wasser ist es fast ganz unlöslich, nur eine Spur von Gelöstem zeigte sich nach dem Abdampfen der filtrirten Flüssigkeit. In kaltem und heissem Alkohol ist es ebenfalls fast unlöslich. In conc. Schwefelsäure löste sich die Substanz grösstentheils zu einer schwarzen Flüssigkeit auf und wurde durch Zusatz von Wasser schwarz und flockig gefällt. Dieser Niederschlag abfiltrirt, löste sich theilweise in Aether und in Chloroform zu einer gelben Flüssigkeit. Mit conc. Salpetersäure mehrere Tage hindurch im Wasserbade erhitzt, löste sich nur ein Theil des Harzes zu einer rothbraunen, stark färbenden Flüssigkeit, während der andere Theil aufgequollen, gelblich gefärbt, ungelöst blieb. Dieser ungelöst gebliebene Theil löste sich beinahe vollständig in Alcohol, Aether, Chloroform, Ammoniak und Natronlauge zur braunen Flüssigkeit, in Kalilauge zu einer schwarzen auf. Der Theil, welcher sich in der Salpetersäure gelöst hatte und nach Entfernung derselben zurückblieb, löste sich leicht in Wasser und Salzsäure. Die wässerige Lösung färbte sich auf Zusatz einer Lösung von Cyankalium tiefer roth, was auf Pikrinsäure hinweist. Oxalsäure liess sich in der wässerigen Lösung nicht mit genügender Sicherheit nachweisen. In Aether löst sich ein bedeutender Theil der Substanz zu einer gelben, neutral reagirenden Flüssigkeit, der übrige Theil bleibt aufge- quollen. Der Abdampfrückstand der ätherischen Lösung zeigt sich als eine gelbbraune, amorphe, spröde und rissige Masse, die sich in Ammoniak nicht löst. In Benzol löst sich schon bei gewöhnlicher Temperatur ein grosser Theil des Harzes zu einer gelben, neutral reagirenden Flüssigkeit, der andere Theil bleibt aufgequollen. Der Abdampf-Rückstand ist glasartig, gelblich, durchsichtig. i 276 Analysen aus dem Laboratorium des Herrn Professors E. Ludwig. [12] In Chloroform löst sich ein Theil der Substanz zu einer gelblichen Flüssigkeit. Der Abdampf-Rückstand ist eine braune, glänzende, spröde und rissige Masse, die sich nicht in Ammoniak löst. In Schwefelkohlenstoff löst sich ein geringer Theil der Substanz. Der Abdampf-Rückstand ist weiss und löst sich weder in Ammoniak, noch in Kalilauge, noch in concentrirter Schwefelsäure. In heissem Terpentinöl löst sich das Harz ziemlich leicht und vollständig auf. Die Lösung trübte sich auf Zusatz von Alcohol. In süssem Mandelöl löst sich ein Theil der Substanz; beim Erhitzen trübt sich die Lösung. Von Aether wird die Lösung sofort aufgenommen und beim Zusatz von Alcohol milchig getrübt. In cone. Kalilauge löst sich das Harz nicht. In conc. Ammoniak löst sich das Harz nicht. Bei der trockenen Destillation des Harzes in einer Eprouvette liess sich mit Bleizuckerpapier ganz deutlich Schwefelwasserstoff nach- weisen, wodurch der Schwefelgehalt des Harzes constatirt ist. Dieser ist übrigens nur gering. Zur Bestimmung des Gehaltes der Substanz an Kohlenstoff und Wasserstoff wurden möglichst reine, lichtgelbe, durchsichtige Harzstücke verwendet und ergaben 2 angestellte Ver- brennungs-Analysen folgende Resultate: I. 0,2745 3" bei 100° C. getrockneter Substanz gaben: 0,8403 8* CO,, 0,2507 8" H, O und hinterliessen 0,0041 8" Asche. II. 0,3176" bei 100° C getrockneter Substanz gaben: 0,9673 &r- C0;,, 0,2956 ®* H, O und hinterliessen 0,0050 ©" Asche. Daraus ergibt sich: % ll. Kohlenstoff - - » 84,75%), 84,38°%, Wasserstoff - - 10,30%, 10,50°/, ASCHE =. 7.0 1.29%, Hr leagp], Die Asche löste sich theilweise in verdünnter Salzsäure und wurden in der Lösung Kalk, Eisenoxyd und Schwefelsäure nachgewiesen ; von der Salzsäure ungelöst blieb ein braunroth gefärbter Sand. Das untersuchte Harz nähert sich in seinen Eigenschaften und in seiner Zusammensetzung dem Copalin Hausmanns. Quarztrachyt von Gleichenberg (Schaufelgraben). Von Hugo Frisch, stud. med. Das weisse Gestein besteht aus einer matten, etwas porösen Grundmasse und darin liegenden Partikeln von Sanidin sowie Quarz- körnern. Es wurde von Herrn Prof. J. Rumpf gesammelt. [13] Analysen aus dem Laboratorium des Herrn Professors E. Ludwig. 977 Die Analyse dieses Gesteines ergab die folgenden Zahlen: T. I. II. Mittel Kieselsäure 1a 21 — la‘d.1r! 19'239: Brot. Thonerde 1407... 1417 14-1217, Eisenoxyd 077 — | 1613 077 Eisenoxydul 0:67 — 067 1,, Kalk 1:25 — — 129. 4, Magnesia 0:29 En — U Kali 447 — _- 4471 „ Natron 3:66 _- _ 3.06.44, Wasser 1'22 — = 222905 99.84 Bei der Aufschliessung des fein gepulverten Gesteines mit Fluss- säure und Schwefelsäure blieben 27'14 Procent der angewendeten Substanz ungelöst; dieser unlösliche Theil erwies sich bei der näheren Untersuchung als Quarz. Trachyt von Gleichenberg. Von Arthur Smita, stud. phil. Dieses Gestein tritt im Norden des Curortes Gleichenberg auf und steht mit den Trachyten der Gleichenberger Kogel im Zusammen- hange. Es wurde vom Herrn Director Tschermak gesammelt. Ergebnisse der Analyse: Kieselsäure - » » - - 6144 Proc. Thonerde -» » » » » « 1708 „ Eisenoxyd -»- « «+ - -» 3:67 „ Eisenoxydul - » » - - 242 „ Kalter ur IR: 621 , Magnesia » » + +» ASTA. Kali SylrHeraldh 386 „ Natron‘ © sr |, Wasser »- » 0... 204%, 10192 Trachyt von Gleichenberg (Villa Schuh). Von Jos. Utschik, stud. phil. Dieser Trachyt enthält eine kleine Menge von Siderit in sparsam verstreuten winzigen Hohlräumen, ist aber im Uebrigen dem vorigen Gestein gleich. 278 Analysen aus dem Laboratorium des Herrn Professors E. Ludwig. [14] Resultate der Analyse: Kieselsäure - Thonerde - - Eisenoxyd - - Eisenoxydul - Kalk 22% Magnesia - - - Kalınaner Natron - - - Wasser »- » » - Kohlensäure - sie 13680 nf Penäke Ian ia 6154 Proc. OR RE IE RE 15.97 , a TE RR SR 193 , RE BEE 2.987 ER DHDaRT N re ea) REKEN 0.,82.% DERTIEETER SR 455 „ NEE IHRES TE AUS LEN 130° BE? RR EEE nie 243 , 10161 Gabbro von Langenlois. Von Friedrich Becke. Im Norden von Langenlois in Niederösterreich findet sich ein bellgefärbter Gabbro theils anstehend, theils in losen Blöcken. Er enthält weissen Feldspath und dunkelgrünen Diallag. Die Analyse ergab: Kieselsäure - - Thonerde - - - Eisenoxyd - - - Eisenoxydul - - Kalk - ae” Magnesia - - - Kal 7.8222 Natron » » - - ee} een ei helire 48:99 Proc. N en on RR AN RN, OS, EN TR BA RTWE 556 „ SEEN 2) VER RN 16:69 „ ER IRRE ER RE Neo SÜICH DIESER 016 „ BLU ARE RU N 7 144: NER 8, 1:16:72 ; 10249 Paläopikrit von Ottenschlag, Niederösterreich. Von Alois &amroth, stud. phil. Am genannten Orte kommen zahlreiche grosse Blöcke eines schwarzen Gesteines vor, das ausserordentlich zähe ist und welches nach der Bestimmung des Herrn Directors Tschermak zum Paläopi- krit zu stellen ist. Die Analyse lieferte: Kieselsäure - - Thonerde - - - Eisenoxyd - - - Eisenoxydul - - Kalkar sn Kalle :»u ea. Natron » : - » a 45°93 Proc. Da 1509 „ BE AN BE Le r8U 3 REN ns, 1145 „ BE ee 892 „ DE BT NEE er e 14:82 , BR ME DER 022 „ ELLI TAN ER 193 „ AN ACHTE 058 5 V. Zur Kenntniss der chemischen Zusammensetzung des Augits. Von €. Doelter. Nach der Anzahl der vorhandenen Analysen zu schliessen, würde man kaum glauben, dass über so manche Mineralien der Silicatgruppe noch so grosse Unsicherheit herrscht in Betreff ihrer chemischen Constitution. So hat sich denn in Bezug auf eine Reihe von Silicaten die Nothwendigkeit erwiesen, neue Analysen zur Richtigstellung ihrer Formeln auszuführen, und ich brauche hier nur auf die Arbeiten von Ludwig, Tschermak, Rammelsberg u. A., die in den letzten Jahren veröffentlicht wurden, hinzuweisen. Was die Glieder der Pyroxengruppe anbelangt, so ist die Zahl der bezüglichen Analysen überhaupt eine sehr beträchtliche, die der, zur Berechnung brauchbaren, eine geringe. Ich setze die Gründe hier näher auseinander, denen die Unbrauchbarkeit so vieler Analysen zu- zuschreiben ist. 1. Bei den meisten älteren und auch bei vielen neueren Unter- suchungen fehlt die Trennung der beiden Oxydationsstufen des Eisens; bei manchen dürfte auch letztere nicht ganz richtig ausgeführt sein, da die Bestimmung des Eisenoxyduls in manchen Fällen vermittelst mangelhafter Methoden durchgeführt wurde ; ich komme darauf später zurück. 2. Manche ältere Analysen sind überhaupt nach mangelhaften Methoden ausgeführt; aber es dürften die wenigsten Untersuchungen aus diesem Grunde oder wegen eines anderen analytischen Fehlers - unbrauchbar sein. 3. Sehr viele Analysen sind mit unreinem Material ausgeführt, es sei nun, dass die betreffenden Mineralien zersetzt waren, oder dass sie Einschlüsse enthielten; letzteres ist bekanntlich bei den vulkanischen Mineralien, also bei sehr vielen analysirten Augiten der Fall. Namentlich ist dies bei solchen Analysen häufig, bei welchen das Material nicht von einem Mineralogen stammt; in früherer Zeit wurden Mineralogische Mittheilungen. 1877. 3. Heft. (Dölter.) 37 280 C. Doelter. [2] die Krystalle oder krystallinischen Aggregate einfach zerschlagen und verarbeitet, ohne einer genaueren Untersuchung unterworfen zu werden. In neuester Zeit wird allerdings in vielen Fällen eine mikroskopische Besichtigung des zu verarbeitenden Minerals vorgenommen, und nur solches Material zur Analyse benützt, welches unzersetzt und frei von Einschlüssen ist; jedoch geschieht dies noch nicht immer, manche Forscher analysiren nach wie vor zersetztes und unreines Material. Die Analyse von solchem ist dann wohl nicht ohne Nutzen, wenn man über die Art der Zersetzung und der Natur der Einschlüsse orientirt ist, ist dies nicht der Fall, so ist die Analyse nicht nur unnöthig, sondern sie schadet, indem sie über die chemische Oonstitution des betreffenden Minerals nur unrichtige. Begriffe verbreitet. Wie leicht wäre oft die chemische Formel eines Minerales festzusetzen, wenn man wüsste, welche unter den vielen Analysen mit reinem Material ausgeführt wurden. Denn man kennt allerdings die Zersetzung in einigen Fällen an den Resultaten der Analyse wohl selten aber die Verunreini- gung durch andere Mineralien; andererseits konnte man ganz reine Mineralien als verunreinigt darstellen, wenn die analytischen Re- sultate mit unseren üblichen Anschauungen nicht stimmen wollten; manche Controversen über die chemische Natur eines oder des anderen Minerals sind nur desshalb möglich gewesen, weil neben guten Analysen auch so viel schlechte vorlagen und jede Ansicht dadurch scheinbar auf eine Reihe von Analysen sich stützen konnte; daher kömmt es nun - auch, dass eine grosse Anzahl von Mineralien neu analysirt werden muss; es scheint aber geboten, dass in Zukunft jeder Analytiker ausser der analytischen Methode auch angebe: a) ob das betreffende Mineral bei der mikroskopischen Unter- suchung sich als frei von Einschlüssen erwiesen hat oder nicht; b) ob dasselbe unzersetzt war, und wenn nicht, welches der Grad der Zersetzung; c) ferner zur näheren Bestimmung des betreffenden Materials die Krystallform und womöglich das Vorkommen. Auf diese Weise wird sich dann leicht das gute Material zu erkennen geben. In Betreff der unrichtigen Analysen scheinen die meisten Fehler durch mangelhafte Trennung der beiden Oxydationsstufen des Eisens, so wie auch wegen des unreinen Materials hervorgerufen zu werden; dies dürfte speciell für den Augit gelten. Von diesem Mineral, speciell von dem Thonerdeaugit, sehen wir in Rammelsberg’s Handbuch ') eine Reihe von Analysen, von denen aber nur etwa die Hälfte in Betracht kommt, da die anderen keine Bestimmung des Eisenoxyduls enthalten; leider haben wir aber nur für die wenigsten der analytisch brauchbaren die Gewissheit, dass sie an reinem Material ausgeführt worden sind, so dass bei der Wichtigkeit des Gegenstandes es sehr wünschenswerth erschien, eine Reihe von !) Berlin 1875. b 4 / [3] Zur Kenntniss der chemischen Zusammensetzung des Augits. 281 Analysen zu erneuern, worauf sowohl Tschermak ') als auch Rammels- berg?) aufmerksam machten. | Von den vorliegenden Analysen sind nur einige ganz neu, andere wurden an früher schon untersuchtem Material ausgeführt. Da aber die nähere Bestimmung, welche unter 3. ce vorhin angedeutet wurde, nicht immer vorlag, so war die Identität manchmal zweifelhaft. Ausser 7 Analysen von Thonerde-Augiten habe ich noch zwei Diopsidanalysen ausgeführt, um den Unterschied zwischen farblosem und grünem Diopsid kennen zu lernen, ferner noch eine Fassaitanalyse als Ergänzung meiner schon früher gegebenen. Vor Allem gebe ich hier den Gang der Analyse; es ist dies der fast allgemein übliche; Aufschliessung mit kohlensaurem Natron- Kali, Trennung von Thonerde und Eisenoxyd mit reinem Aetznatron, etc. Nur in Betreff des Eisenoxyduls mache ich einige Bemerkungen: Es hat sich ergeben, dass die vielfach früher angewandten Methoden, namentlich die des Zusammenschmelzens mit Borax, unrichtig seien °), daher auch in letzterer Zeit von sehr vielen Analytikern das Mineral mit Flusssäure aufgeschlossen ward; dies geschieht meist unter Zusatz von Schwefelsäure durch Behandlung des Materials in einer zugeschmolzenen Röhre bei mehrstündiger Erhitzung. Dazu muss jedoch die Flusssäure vollkommen rein sein, da sich sonst nicht unbe- deutende Differenzen ergeben; es kann dies nur durch Flusssäure geschehen, die bei Zusatz von übermangansaurem Kali in einer Platin- retorte destillirt wurde. Setzt man einfach der gewöhnlichen Säure vor dem Gebrauche übermangansaures Kali hinzu, so erhält man keine ganz genauen Resultate, wovon ich mich überzeugt habe. Da mir jedoch eine solche Platinretorte nicht zu Gebote stand, habe ich mich einer von mir schon früher angedeuteten Methode bedient,. deren Prineip von Prof. v. Pebal mir mitgetheilt wurde. Dieselbe besteht darin, das Mineral mit Flusssäure in Schwefel- säure zu behandeln und mit übermangansaurem Kali zu titriren, vorher aber die Flusssäure zu verjagen; dazu bedarf es nur einer geringen Temperaturerhöhung und muss selbstverständlich die Operation bei Luftabschluss vollzogen werden. Das Mineral wird in einem Platintiegel mit Flusssäure und Schwefelsäure aufgeschlossen; es handelt sich nur darum dasselbe bei Luftausschluss zu behandeln, dazu wird eine Kohlensäure-Atmosphäre verwendet. Das Mineral wird im Platintiegel auf einen eisernen Teller gebracht, der von unten schwach erhitzt wird, am besten auf einem Wasserbade. Auf diesem Teller wird ein grosses Becherglas mit dem offenen Theil gegen den Teller zu gesetzt. Der Boden des Becherglases ist durchbohrt. Die‘ Kohlensäure wird durch ein Glasrohr in den unteren Theil des Gefässes geleitet, so dass die Röhre über dem 1) Mineral. Mittheil, 1871. 1. Heft. 2) Loc. cit. p. 409. ®) Siehe Mineral. Mittheil. 1876, 4. Heft. 37*+ 982 C. Doelter. [4] Platintiegel endigt; der eiserne Teller trägt an seinem Rande eine Rinne und in diese wird der Rand des Becherglases gesetzt; es wird nun entweder durch Sand, Quecksilber oder ein anderes Mittel das Gefäss von unten so verschlossen, dass keine Luft in dasselbe eindringen kann; am besten dient dazu Quecksilber, welches in die Rinne des eisernen Tellers gebracht wird und somit hermetisch die Luft von dem Inneren des Glasgefässes abschliesst; da die Temperatur zur Vertreibung der Flusssäure keine sehr bedeutende ist, so ist auch der Gebrauch von Quecksilber ohne Schaden. Nach circa zweistündiger Erhitzung ist die Substanz vollkommen aufgeschlossen und die Flusssäure verjagt, ohne dass während des Versuches Nachgiessen von Flusssäure nothwendig wäre ; ebenso ist es auch überflüssig, wenn man einen grossen Platintiegel gebraucht Schwefelsäure nachzugiessen. Ich gebe nun diejenigen Versuche, welche ich angestellt habe, um mich zu überzeugen, dass weder eine Reduction noch eine Oxydation während der Operation stattfindet. 1. 0'83438" schwefelsaures Eisenoxydul-Ammoniak wurden in Schwefelsäure und Wasser gelöst. Dieselben erfordern 119°°5 der sehr verdünnten Chamaeleonlösung; diese Operation wird noch zweimal wiederholt, und es ergibt sich als Titer der Flüssigkeit 1 =.0000935. 2 2. 0'705 8". schwefelsaures Eisenoxydul-Ammoniak werden in einer Platinschale mit Schwefelsäure in Wasser 2 Stunden lang in dem eben beschriebenen Apparat bei Erhitzung über dem Wasserbad digerirt; die Titration ergiebt : 100°, 4. Dieser Versuch wird mit 0'431®" wiederholt; es ergibt sich 620,1. 3. 02358" schwefelsaures Eisenoxydul-Ammoniak werden auf dieselbe Weise behandelt, vorher aber etwas Flusssäure zugesetzt. Es ergibt‘ sich434 52°, Man sieht, dass die Resultate gut stimmen, indem man bei den verschiedenen Versuchen folgende Abweichungen von den theoretisch- nothwendigen Mengen hat. Da . — 0:5 DICH Eee + 0:4e° 3 + 07% Dass geringe Abweichungen bei einer so verdünnten Lösung vorkommen, kann wohl hier nicht in Betracht kommen. Ich glaube, dass diese Versuche in Verbindung mit den früheren?) genügen, um die Zuverlässigkeit der Methode nachzuweisen. Ich gehe nun über zu den Resultaten der einzelnen Analysen. — ‘) Diese Mittheilungen 1877, 1. Heft. . ki [5] Zur Kenntniss der chemischen Zusammensetzung des Augits. 283 1. Schwarzer Augit vom Vesuv. In einer Bombe aus Sanidin finden sich Krystalle von Augit 4—12"" lang frei aus den Hohlräumen herausragend. Die Form ist die gewöhnliche Augitform oP.oPo „Pop. Die Krystalle erwiesen sich als ganz rein und nur an den Stellen, wo sie aufgewachsen sind, von dem Gestein der Bombe begleitet; mit der Zange durch Entfernung letzterer Bruchstücke ergibt sich ganz reines Material. Ungefähr 1'5 8", wovon 0'9 8" zur Bestimmung von $i O,, Al, O, Fe O0, Ca O, Mg O verwendet wer- den, während O'6®" zur Bestimmung des Eisenoxyduls verbraucht werden; letztere wird in der Kohlensäureatmosphäre im Platintiegel durchgeführt. 2203. Die Analyse ergibt: SiOz - 46°95 CaO - 19:02 MgO a BD ESTER 1604 BEOHEHENDE en 4:09 Fe, OÖ; A ER 4 47 Al,O3 alas, Ritt, 9:75 100'32 Der Kieselsäuregehalt ist hier etwas niedriger als bei den Vesuv- augiten, und Eisenoxyd und Eisenoxydul in gleichen percentualen Mengen vertreten. 2. Dunkelgrüner Augit vom Vesuv. Ebenfalls in einer Sommabombe aus Nephelin, Sanidin bestehend. Es war dies ein einziger 25 "= langer und 15" dicker Krystall von dunkelgrüner Farbe. Krystallform wieder die gewöhnliche 2 =.3205 Beim Zerbrechen des Krystalls ergaben sich makroskopische Ein- schlüsse von Nephelin, von denen vor dem Zerbrechen keine Spur sichtbar war; dieselben sind jedoch leicht von der dunkelgrünen Augit- substanz zu trennen, daher auch hier reines Material erhalten wird, was auch durch die mikroskopische Untersuchung bestätigt wird. Zur Aufschliessung mit kohlensauren: Natron-Kali werden 0'98” verwendet und zur Bestimmung von Eisenoxydul in zugeschmolzenem Glasrohre 0°78’- zur Bestimmung vermittelst Flusssäure in der Kohlen- säureatmosphäre 0'658" Es ergibt sich aus der Bestimmung IL, 3°06 perec. FeO; nach der zweiten Methode erhält man 3:34.20; Mittel aus beiden Bestimmungen 3>16; 284 C. Doelter. [6] Die Resultate der Analyse sind: 0a che ii sine 51:01 Ca: ee... 20:80 MgO - 16°58 Fed. ars A 316 F&0O; 3:51 AL,O,; 4:84 23:90 Wie in dem erstgenannten schwarzen Augit ist auch hier die Menge des Eisenoxyds in Percenten fast gleich oder nur um weniges höher als die des Eisenoxyduls. Von dem Augit vom Vesuv, der dem unserem nahe zu kommen scheint, erwähne ich die von Wedding, welche jedoch an Material aus- geführt wurde, das aus der Lava selbst stammt; der Eisenoxydul- Gehalt ist darin beträchtlich grösser als bei uns, ebenso auch der Kalkgehalt. Ich gebe hier anhangsweise diese Analyse: SiO, » - * * » = 48:86 ALO, wre 8.63 Pe = = mare 2.73 BCE re ehe ae 455 CaO - 20:62 MgO - 14:00 99:39 Siehe die Berechnung dieser Analyse bei Tschermak (Pyroxen und Amphibol) Mineralogische Mittheilungen 1871. 3. Gelber Augit vom Vesuv. Stammt ebenfalls aus einer Sommabombe, wo sich in Hohlräumen kleinere Krystalle 2—8”" lang befinden. Die Bombe besteht aus Nephelin, Sanidin, Biotit, Spinell und schwarzem Ausit. Die gelben Augitkrystalle zeigen die Form oP. Po oPo N ap pP: Sie sind rein im Innern, müssen jedoch von der anhängenden Substanz der Bombe getrennt werden, was namentlich für Spinell und Glimmer ziemlich viel Zeit erfordert. Angewandt wurden zur Aufschliessung mit kohlensaurem Kali- Natron 0'85 zur Bestimmung des Eisenoxyduls vermittelst Flusssäure in der Kohlensäureatmosphäre 058. se 3298, ns ws a 2 % [7] Zur Kenntniss der chemischen Zusammensetzung des Augits. Die Resultate der Analyse sind folgende: SiO, b 3 > 50: 41 a0 -» 2275 MgO 12:92 FeO : 678 es, ale 10 Al, 0; ra EIER n 6°07 100:02 Wir haben hier, wie man sieht, sehr wenig Eisenoxyd im Ver- hältniss zu den früher ergebenen Daten. Anhangsweise erwähne ich noch, dass auch G. v. Rath eine Analyse eines gelben Augites ausgeführt hat; derselbe ist jedoch nicht ident mit dem unseren, wie schon aus der Krystallform hervorgeht, welche bei unserem eine einfache ist, während G. v. Rath Krystalle der Combination P,2P, 2 Po, Po, oP, ©P3, oPo, OP untersuchte; auch finden sich letztere zusammen mit röthlichem Augit, Glimmer und Humit, also in einem anderen Aggregate !). 4. Augit von Lipari. Es waren zwei Krystalle der gewöhnlichen Form; oP. Po : Po .P. ungefähr 1°° gross, der eine davon war ein Zwilling nach dem bekann- ten Gesetze: Zwillingsebene © P Die Krystalle erwiesen sich unter dem Mikroskope als rein; der Fundort derselben ist die Insel Lipari, wo sie als Auswürflinge vor- kommen sollen. Es stand mir im Ganzen 1°4°" Substanz zu Gebote. Die Bestimmung des Eisenoxyduls wurde im Platintiegel mit Flusssäure vorgenommen. Die Resultate der Analyse sind: SiOs - 48'45 CaO - 20:30 M90 : 14:35 FeO : 694 F&0; 3:97 Al,O, 6-68 100:29 Spec. Gewicht = 3'225. 1) Die Analyse ergab (Poge. Annalen Bd. 158, p. 413.) Kieselsäure . . 53'2 Thonerde 15 Eisenoxydul KaURt. a ar Er. a: Z2BEA Magnesia: +2. „02-195 Glühyverlustia an 322 7:02 286 C. Doelter. [8] 5. Augit von Cuglieri. Diese Augite stammen aus einer basaltischen Lava, die sich bei Cuglieri auf der Insel Sardinien findet; die Krystalle haben eine Grösse von 1—2=, sind von dick säulenförmigem Habitus und repräsentiren die öfter genannte gewöhnliche Combination, und sind zum Theil einfache Krystalle, zum Theil Zwillinge; sie kommen mit Biotit und Hornblende-Krystallen zusammen vor. Dieselben sind rein ohne bemerkenswerthe Einschlüsse, wie unter dem Mikroskope sich ergab. Die Eisenoxydulbestimmung wurde zweimal ausgeführt, beidemal im Platintiegel mit Flusssäure. Die beiden Resultate waren: 1. 5°09 perc. Fe O 2. 5:02. Perc. stimmen also sehr gut überein. OLE ee = 4565 ER 21:09 MONA 2 13:60 Peo..: 3 ea 5:05 Balsren e 632 ALOE FEN, 8:61 100'32 Spec. Gewicht = 3'299. Der Thonerdegehalt ist hier ein sehr beträchtlicher, desgleichen der Eisenoxydgehalt, sowie der Eisengehalt überhaupt. 6. Augit von Greenwood Fournace. Zur Analyse lagen vor säulenförmige längliche Krystalle, welche das Prisma und die beiden Pinakoide ohne Endflächen repräsentiren und 6—12”” Jang waren. Dieselben waren zwar etwas auf der Oberfläche braun, was auf eine Zersetzung schliessen lässt, im Innern jedoch ganz frisch und von lichtgrüner Farbe, so dass auch hier reines Mineral erzielt werden konnte; zur Analyse lagen vor 1’88r., Der Eisenoxydulgehalt wurde im Platintiegel mit Flusssäure bestimmt. Die Analyse ergab: S; OR ee 49-18 000 0. 20:62 MIO. » Ale. 16'83 PEOr 2:55 Bao: slede 5:05 2. 1 0 ee 5:09 9932 Spec. Gewicht = 3'299. Bei dieser Analyse ist der etwas hohe Gehalt an Eisenoxyd zu constatiren gegenüber einem viel geringeren Gehalte an Oxydul, was a [9] Zur Kenntniss der chemischen Zusammensetzung des Augits 287 jedoch bei mehreren der von uns ausgeführten Analysen der Fall ist, und auch bei einigen älteren Analysen vorkommt, so namentlich bei den Analysen in Rammelsberg’s Verzeichnisse. ’ Bei den meisten älteren Analysen dagegen ist der Gehalt an Eisenoxydul sonst grösser als der an Oxyd, was jedoch bei manchen vielleicht an einem analytischen Fehler liegen könnte. ') ‘. Augit vom Bufaure. Vorliegende Analyse wurde an Krystallen ausgeführt, die aus dem Melaphyr vom Bufaureberge in Südtirol stammen und schon öfters beschrieben wurden. Sie kommen porphyrartig eingesprengt vor in einem dichten Augit-Plagioklas-Melaphyr und erreichen oft beträchtliche Grösse. Die mir vorliegenden Krystalle zeigen die Combination PP. oPo . oPo.P.oP4 Po und sind 8—14”” gross von dicksäulenförmigem Habitus. Einige im Innern vorkommende Einschlüsse von Feldspath können mit einigem Aufwand von Mühe entfernt werden. Die Bestimmung des Eisenoxyduls wurde ausgeführt I. im zu- geschmolzenen Glasrohre mit reiner Flusssäure, Il. und III. im Platin- tiegel mit Flusssäure. Die Versuche ergaben: I. angewandt wurden 0'512 Gramm 7:71 perc. Fe O H. , a U 12 GR O3 III. KOT 2, eg 1 Als Mittel ergibt sich 774 nn Die Analyse ergab: 80, - 49:01 00 277 7072001 v0 RR 395) Fe -..... 774 HON a tee raall Alu0OR 7» ee 1005-09 100:17 Spec. Gewicht = 3'299. Bei diesem Augit ist also die Menge des Eisenoxyduls bedeutend grösser als die des Eisenoxyds. Wahrscheinlich von demselben Material wurde die Analyse ausgeführt, welche von Kudernatsch am Augit vom Zigolonberge gegeben wurde. Es stimmen die Resultate beider nicht gar schlecht. Jedoch fehlt der Analyse Kudernatsch’s die Eisen- oxydulbestimmung °). ) Für den Fundort dieses Augits siehe Dana’s Mineralogy p. 600. ?) Die Resultate dieser iäp ki sind nach EB ADLLUNEIE: s Handbuch p. 409, SiO, 50:12 Ca EI Re 3 20:05 DO ER ee Er 4) Be N se „LEO EI ee Veraee AO a 1 ED 99:67 Minerslogische Mittheilungen. 1877. 3, Heft. (Dölter.) 33 988 Gr Doelter. [10] 8. Fassait. In meinen Beiträgen zur Mineralogie des Fassa- und Fleimser- thales habe ich drei Analysen von Fassait gegeben, hier gebe ich nun eine weitere, welche ich an sehr frischem Material ausgeführt habe, es lagen mir Krystalle der früher unter II angeführten Varietät vor, die sich in körnigem Fassait in Hohlräumen desselben vorfanden. Die Analyse ergab: So. ale Shah 44-76 Ca: keine ae 2490 Meoa Ser 13:65 1 OR or oa a 2:09 POST 5-01 ALOE Bel, 10-10 10051 Specifisches Gewicht = 2'979. Man sieht, dass diese Analyse gut stimmt mit der früher an der Varietät II angeführten. Diopsid von Ala. Die folgenden Analysen wurden unternommen, um den Unterschied zwischen farblosem und gefärbtem Diopsid kennen zu lernen, und um zu constatiren, ob der kleine, bei den Diopsiden oft constatirte Thon- erdegehalt blos einer Verunreinigung zuzuschreiben ist oder nicht; dazu war vor Allem ganz reines Material nothwendig, Ich hatte mehrere grüne und farblose durchsichtige Diopside von Ala von säulenförmigem Habitus zur Verfügung, die 2—3 Cm. lang waren und die Combination op». oPo .oP.2P.OP. Po .2Po zeigten. Am besten geeignet zur Analyse schien ein grosser Krystall, der am oberen Ende farblos, am unteren Ende dunkelgrün war; es wurden zur ersten Analyse Stücke des dunkelgrünen Diopsids gewählt, zur zweiten solche des farblosen, beide waren ganz rein. 9. Dunkelgrüner Diopsid. Zur Analyse wurden gebraucht 0'9 Gr. für die Aufschliessung mit Natron-Kali, 0'5—0'7 Gr. für die Bestimmung des Eisenoxyduls; letztere wurde einmal im Platintiegel in der Kohlensäure, das zweite Mal in der zugeschmolzenen Röhre ausgeführt, die Versuche ergaben: 1+3* +.2°96 Il. » . 188 1 1] Zur Kenntniss der chemischen Zusammensetzung des Augits. 289 DE AL 54.28 RO a 25.04 MgO FE AL 17:30 Ch a RE HNER 1:91 a, Ol‘ ie Laer elle 0:98 ao a ae 0:51 10002 10. Farbloser Diopsid. Es wurden zwei Analysen ausgeführt, das Eisenoxydul in einem Falle im Platintiegel bestimmt, im anderen als Eisenoxyd gewogen. Die Analysen ergaben: 2 II. Mittel Bon 5409 nn Baal al lad. * - 22588. 2616. 2603 M50: ...-.. 1605. 17:10.» 17-02 BrO%..2..12,12:00 2:82 2:91 100.81 10056 100°70 ——— Berechnung der Analysen. Ich werde nun zeigen, welche Folgerungen aus dem früher erhal- tenen Resultate sich ergeben. Bekanntlich herrschen über die Constitution der Augite, speciell der Thonerde-Augite zwei Ansichten, wovon die eine von Tschermak, die andere von Rammelsberg vertreten wird. Gestützt auf die Wahrnehmung, dass bei den Thonerde-Augiten Ca < Mg + Fe ist, während bei thonerdefreien Augiten Ca = Mg + Fe und dass die Menge der Kalkerde und Thonerde gleich der der Mag- nesia sei, hat Tschermak die Ansicht aufgestellt, dass Thonerde und Eisenoxyd als Silicate gebunden an Mg vorkommen und zwar glaubt er, dass diesen Silicaten möglicherweise die Formeln Mg Al Al 80, und My Fe Fe SiO, zukämen. Rammelsberg dagegen hält alle Augite, seien sie thonerdefrei oder nicht, für normale Silicate RS:O,, denen Thonerde und Eisenoxyd nur isomorph beigemengt seien; nach Rammelsberg spricht haupt- sächlich gegen die Tschermak’sche Ansicht die Thatsache, dass bei manchen Thonerde-Augiten Ca = My + Fe und dass bei thonerdefreien Augiten Ca nicht immer gleich Mg + Fe sei. 38* 290 C. Doelter. [12] Aus meinen Analysen ergibt sich, dass bei reinen unzersetzten Augiten, die Thonerde und Eisenoxyd enthalten Ca < Mg + Fe während allerdings & = Ca + Mg + Fe in den meisten Fällen ist, sonach scheinbar Al und Fe nur beigemengt erscheinen können. Die Thatsache aber, dass bei den meisten aus reinem Material bestehenden Augiten, die der Analyse unterworfen wurden Ca < Mg + Fe lässt auf eine gewisse Gesetzmässigkeit schliessen, und die Ansicht berechtigt erscheinen, dass Thonerde und Eisenoxyd als Silicate vor- handen sind, wenn auch vielleicht die endgiltige Formel letzterer noch nicht festgestellt werden kann. Ich gebe nun hier die einzelnen Analysen und habe unter I. die aus der Analyse berechneten Mengen, unter II. die Quotienten jener Mengen durch die Atomgewichte, unter III. das approximative Atomen- verhältniss gesetzt. 1. Schwarzer Augit vom Vesuv. I. 11: III. Sauerstoff Silicium +... ... 21.91 0.783 28 56 Galeium 020.09 971387 0.339 T2 12 Magnium : - » - 9.60 0.400 14 14 Eisen (als Oxydul) - 3.17 0.056 2 2 Eisen (als Oxyd) - - 3.13 0.056 2 3 Aluminium » » » » 5.19 0.189 6 , Sauerstoff »- » * - - 43.43 2.714 97 96 Es ergibt sich die Formel: Si, Ca Myı Fe Fe Al; O,, wenn wir die 2 Fe als Oxyd mit 7 bezeichnen. Zwischen dem Sauerstoff der aus der Differenz berechneten und dem für die Mengen von 5, Ca, Mg nothwendigen ergibt sich eine Differenz von 1. Die Analyse führt also zu dem Resultate: 28 SiO,, 12 CaO, 14 Mg0, 2 FeO, F&0,, 3 Al,O;. Man bemerkt, dass hier Ur Ms ya 0.339 0.400 0.056 also Ca < Mg + Fe Wenden wir die von Tschermak gegebene Deutung an, indem wir uns Al als Mg0, Al,O0, SiO, Mg0, F&0, SiO; denken, ferner F'«,O, als [13] Zur Kenntniss der chemischen Zusammensetzung des Augits. 291 das übrige als Diopsid, so haben wir 10 (CaO MgO 2 SiO,) 2 (CaO FeO 2 8i0,) 3(Mg0O ALO,; Si0;) 1(M90O Fe&0, Si0;) 2. Dunkelgrüner Augit vom Vesuv. Ri} Ir. IH. Siliium - : ... 23.81 0'850 39 Calcium: +»... IN 0'371 18 Magnium - - 9.95 0'414 19 Eisen (als Oxydul) 2:46 0'045 2 Eisen (als Oxyd) - 2:43 0'043 2 Aluminium » » » . 2:58 0'094 4 Sauerstoff - » +» - - 43°93 2746 125 Die Menge der aus den gefundenen Zahlen berechneten Sauer- stoffmenge ergibt sich für Sr » 2. 0 nl 78 Ce Te ar; 18 Mg - . 19 NE a A RER RE TE 2 RR BEEN EURE, 3 Pr. 7 A u Er Br 6 126 Bezeichnet man das als Oxyd, Eisen als fe, so erhält man die Formel: Digg C0s Mg; ; Fe, Fa Ala O,a; oder auch 3980, 18Ca0 19MgO 2FeO Fa0, 2ALO; welche, wenn‘ man annimmt, dass #4 und 42 als Magnesiasilicate vor- handen sind, geschrieben wird 16 (CaO MgO 38:05) 2(Ca0 FeO ,„8i0,) MgO F&0; SiO; 2 (Mg0O AlLO, SiO,) Man sieht, dass auch hier Ca : Mg : Fe wie 0.371" 9.414”: :0.045 oder 9 SEE dass also Ca < My + Fe und ferner dass hier: Si: > Mg + Ca + Fe da 0.851 > 0.371 + 0.414 + 0.045. 292 6. Doelter. [14] 3. Gelber Augit vom Vesuv. T. II: II. Silicium ir ee 202 0.840 120 Galeium ) "07, 2 721629 0.406 58 Magnium » » «+ - 7.76 0.324 46 Eisen (als Oxydul) - 5.28 0.095 14 Eisen (als Oxyd) » - 0.76 0.014 2 Aluminium - » - » 3.22 0.118 16 Sauerstoff - » » - - 43.19 2.700 336 Die Differenz zwischen dem aus dem Verluste berechneten Sauerstoffe und dem, welcher sich aus den verschiedenen analytisch gewonnenen Mengen berechnet, ist gleich 1, da für die oben erhaltenen Atomver- hältnisse die nothwendige Zahl von Sauerstoff 385 ist. Auch hier hat . man Ca < Mg -+ Fe, jedoch ist der Unterschied ein auffallend geringer, eine einfache Formel auf Grund der früher angewendeten Hypothese isomorpher Silicate lässt sich nun aus den erhaltenen Zahlen nicht ganz zwangslos berechnen, da die Mengen von Ca und Mg zu sehr von einander verschieden sind. 4. Augit von Lipari. I. TI. IM. Silicium +: + +.» 22.61 0.808 36 Calcium 7% e.20. 14.50 0.362 16 Magnium -» » - - » 8.61 0.359 16 Eisen (als Oxydul) - 5.39 0.096 4 Eisen (als Oxyd) - » 2.51 0.045 2 Aluminium - » - » 3.56 0.127 6 Sauerstoff - » - - » 42.80 2.6264 119 Die aus der Berechnung sich ergebende Menge von Sauerstoff ist also etwas geringer als die für die durch die Analyse enthaltenen Mengen nothwendige. Wir haben hier wiederum: Ca : Mg : Fe 0.362 : 0.359 : 0.096 Bar. Br also auch hier Ca < Mg + Fe Wenn wir wiederum Fe, als Oxyd mit #5 bezeichnen, erhalten wir die Formel: Size Cazs Mg; Fe, Fe Als O3 oder auch 36 Si0, 16 CaO 16 MgO 4AFeO, F&%0, 3410: [15] Zur Kenntniss der chemischen Zusammensetzung des Augits. was wir auf folgende Weise schreiben können . 12 (MgO (a0 28:0,) 4 (FeO (a0 28:0,;) 1 (MyO FO, SiO,) 3 (MgO Al,O, SiO,) 5. Augit von Cuglieri. u 0768 0376 0'340 0.070 0078 0168 2'659 OL53 III 414 21 19 4 4 10 152 293 I SI ETUEIN.. na u let Ne a ae ea. 2130 Oalerunn "eo. a ta he Nee Nar ie 15:06 Magnium » » » «ee... 8:16 Eisen (als Oxydul) » » » « . »- - 3'953 Eisen (als Oxyd) » +... 441 Aluminium -» > : +0... 4:60 SaUErStoik a ein 7 aa ae) age 42:55 Es kann also das Resultat der Analyse ausgedrückt werden durch die Formel: Su Ca Mgs Fa Br Abs oder auch 44 SiO, 21 CaO 19 MgO 4 FeO 2280; 5 ALO, Wir haben hier Ca : My : Fe 0376 : 0'340 : 0'070 ae 5 RE Also auch hier (a < Mg + Fe, wenngleich die Differenz in diesem Falle keine sehr grosse ist; bemerkenswerth ist, dass hier sehr wenig Magnesia vorhanden ist gegenüber dem höheren Kalkgehalt; desshalb führt auch die Analyse zu keiner einfachen Formel unter Annahme der früher gebrauchten Formeln für die isomorphen Silicate. 6. Augit von Greenwood. T- Stein. ea a. one 22-95 Bao N ar r4:72 Magnum. + "Me las Sl ee A 10.09 Eisen (als Oxydul) - » » » . - - 1:98 Eisen (als Oxyd) » » » *. . - 3:54 Aluminium » » » 200. 272 BSUELSCORE ua "a ale a 44:00 294 C. Doelter. [16] Daraus ergibt sich das Verhältniss Sir Cagı MYsı Alz Pas Fo Os wobei die aus dem Verluste berechnete Sauerstoffmenge 157 ist, also von den für die einzelnen Mengen von Si, Ca, Mg etc. um 1 Atom differirt; die Formel lässt sich auch schreiben 47 SiO, 21 CaO 24 MgO 2 FeO 2 F&0O, 32420: Wir können diese Verbindung betrachten als 19 (Mg0, CaO 2 SiO,) 2(Ca0, FeO, 2 SiO:) 2(F&0,, Mgy0, Si0,) 3 (AlO,, MgO, Si0,) Wir bemerken, dass hier Ca : Mg : Fe sich verhält wie 0'368 : 0420 : 0'035 oder wie N ee 17} Sl Dass also auch hier Ca < Mg + Fe. 7. Augit von Bufaure. I DI II Silicium » «+ +... 800 nd 22-81. 0517 774 Galeum, Een N ee Se 14:29 0.357.730 Magnium - - » «en. 873. 0363 32 Eisen (als Oxydul) - » » * - - - 6°02 0'106 3 Eisen Kals’Oxyd) 1- - 7.2. 264 0'046 4 Aluminium » » «00. 271 0099 6) Sauerstoff »- » 0. . 4274 2'671 232 Die aus der Differenz berechnete Menge weicht von der aus den erhaltenen Mengen für die einzelnen Elemente um 1 Atom ab. Es ergibt sich die Formel: 7180, 30Ca0 32 Mg0O 9Fe0 2F«0, 44AlO, Bemerkenswerth ist, dass hier Ca um ein sehr Beträchtliches geringer ist, als Mg + Fe, was hier mehr als bei allen anderen Augiten stattfindet. [17] Zur Kenntniss der chemischen Zusammensetzung des Augits. 295 Die Darstellung, wie sie für die übrigen Analysen gegeben wurde unter Annahme isomorpher Silicate, ist hier nicht so einfach, da zu wenig Kalkerde vorhanden ist. 8. Grüner Diopsid von Ala. I u II SINCE ee ee a 25.33 0'904 180 Baleumnn. rel ta ee. 17:89 0447 89 Magnium - »- » - «2... 10:39 . 0431.86 Eisen (als Oxydul) -» » » » . . - 148 0'026 5 Eisen (als Oxyd) »- » - - - 51063. 072 2 Aluminium » » «000. 028 0'010 2 Bauerstolk, Sara in. ae 00a. 4394 2:74 549 Man sieht also, dass selbst bei dem kleinen Thonerde-Gehalt von O'51 08.2: Ma. Re 0'447 : 0'431 : 0'026 1 EL a I A | Also auch in diesem Falle ist die Menge von Ca < Fe-+ Mg; ich glaube also, dass hier keine blosse Verunreinigung vorliegt, und dass auch in diesem Falle die Thonerde als Silicat vorhanden sein könnte. Die Berechnung ergibt unter Annahme der Tschermak’schen Daten: 84 (MgO, OaO, 2 8iO,) 5 (FeO, CaO, 280,) (Mg0, Al,O,, SiO,) (MgO, F&%0,;, SiO, 9. Farbloser Diopsid. Diese Analyse stimmt so ziemlich mit den Mengenverhältnissen überein, welche Tschermak berechnet hat, für eine 10proc. Bei- mengung von Hedenbergit zu dem normalen Diopsid MgO, CaO, 2 SiO,, nur ist bei unserer Analyse eher etwas zu viel Kalk vorhanden. Aus diesen Berechnungen ergibt sich, dass bei allen Analysen die Menge der Kalkerde geringer ist, als die der Magnesia und des Eisenoxyduls zusammen; ferner dass die obige Differenz in manchen Fällen eine sehr bedeutende ist, und nur selten, wie bei dem gelben Vesuv-Augit, eine geringe: die meisten unserer Thonerde-Augite lassen sich bei Annahme isomorpher Silicate auf einfache Formeln zurück- führen, und nur bei zweien (IIIu.V) lässt sich diess auf zwangslose Weise nicht leicht durchführen, da eben bei letzteren die Differenz zwischen Kalkerde und Magnesia-Eisenoxydul eine geringere war. Mineralogische Mittheilungen. 1877. 3. Heft. (Doelter.) 39 296 C. Doelter. | [18] Ferner ergibt sich, dass auch bei jenen Diopsiden, die wenig Thonerde beigemischt enthalten, deren Thonerde-Gehalt nicht immer als einfache Verunreinigung betrachtet werden kann, sondern dass mit dem Erscheinen der Thonerde auch eine Verminderung des Kalk- gehaltes gegenüber der Summe von Eisenoxydul und Magnesia eintritt; alles dieses lässt die Annahme von Thonerde- und Eisenoxyd-Silicaten im Augit nicht unberechtigt erscheinen, wenngleich die definitive Zu- sammensetzung letzterer noch nicht ganz sicher ermittelt ist. Mineralogisches aus dem Ostindischen Archipel. Von A. Frenzel. Herr Dr. A. B. Meyer, Director des k. zoologischen Museums zu Dresden, bereiste in den Jahren 1870—1873 den Östindischen Archipel inclusive Neu-Guinea behufs zoologischer, anthropologischer und ethno- graphischer Forschungen. Die bei dieser Reise selbst gesammelten und sonst zusammen gebrachten Mineralien und Gesteine !) sind mir von Demselben zur Bestimmung anvertraut worden und lasse ich hiermit im Nachstehenden, die Mineralien nach den Fundorten zusammen- gestellt, die Ergebnisse meiner Durchsicht folgen. 1. Borneo.?’) Vorherrschend Antimon-Mineralien und Zinnober aus dem west- lichen Borneo, dem Reich Saräwak. Antimonit kommt am häufigsten und auch in grossen Massen vor, es finden sich grosse Blöcke — wovon zwei Exemplare vorlagen — theils ganz, rein, von breitstänglicher, faseriger bis dichter Structur, theils mit Quarz verunreinigt und von der Oberfläche aus umgewandelt in Antimonocker. Eine Prüfung auf einen etwaigen Goldgehalt ergab ein negatives Resultat. Als nähere Fundorte waren die Orte Tambusan und Tagui bezeichnet. Indessen ist Schwefelantimon an vielen Punkten im Distriete des Sarawakflusses gefunden worden. Nach F. Gröger?) ist jedoch das Terrain, in welchem bis jetzt reiche Funde von Antimonglanz gemacht und ausgebeutet worden sind, nicht von grosser Ausdehnung. Das Terrain bildet ein wellenförmiges Hügel- 1) Dieselben werden an das k. mineralogische Museum in Dresden abgegeben. 2) Die Borneo-Objecte wurden Dr. Meyer theilweise von dem Beherrscher Sarawaks,. dem Radja Brooke übergeben. 3) Verhandlungen der k. k. geologischen Reichsanstalt 1876, Nr. 4 und Oester. Ztschr. f. Berg- und Hüttenwesen 1866, 118. Mineralogische Mittheilungen. 1877. 3. Heft. (Frenzel.) 39* 298 A. Frenzel. [2] land und besteht aus einem System von Thonschiefer, wechselnd mit Sandsteinbänken, das theilweise von einem dunkeln Kalke unterlagert wird. Einzelne aus dem Hügellande sich bis zu 200 Mr. erhebende Berge sind theils aus einem ähnlichen Kalke, theils aus Porphyr zusam- mengesetzt. Der Porphyr tritt auch, namentlich in der Nähe seiner Massenausbrüche gangförmig auf und nicht selten findet man das Antimon im Contacte mit Porphyrgängen. Ausserdem findet man Durch- brüche von quarzitischen Gesteinen; fast stete Begleiter der Antimon- Vorkommnisse. An einigen Punkten sind reiche Anbrüche aufge- schlossen worden, die den Kalksteinschichten parallel eingebettet erscheinen; auch die Höhen der Kalkberge sind theilweise von Antimon- glanzgängen durchzogen. Das Erz wird vorzugsweise in grösseren Blöcken auf und in der Nähe des Fusses der Berge und Hügel und auf dem Ausgehenden der Quarzitgänge gefunden. Das Ausgehende solcher Gänge zeigt sich hier und da erweitert, an verschiedenen Stellen offen; die in diesen höhlenartigen Bildungen aufgefundenen Erzstücke sind die Reste der zerstörten Erzadern und nicht selten theilweise in Antimonoxyd umgewandelt; vereinzelt wird hier auch metallisches Antimon gefunden. Seit den letzten 20 Jahren beträgt die durchschnittlich jährliche Production von Schwefelantimon 25.000 Centner. Antimonocker ist neben Schwefelantimon schon seit längerer Zeit nach Europa gekommen, soll jedoch von den Antimon-Fabrikanten vielfach als werthlose Gangart weggeworfen worden sein.!) Man ver- hüttet jetzt auch diesen Ocker, welcher in der reinsten Form bis 65 Proc. Antimon ergibt; auch wird das geröstete Mineral jetzt als gelblichweisse Farbe zu Anstrichen benützt, und es soll diese Farbe so gut decken, als Bleiweiss, ohne jedoch giftig zu sein. Der Antimonocker wird gleichfalls in grossen Blöcken gefunden, und ist durchgängig ein Oxydationsproduct des Schwefelantimons. Mit- unter, ja zum grössten Theile, erkennt man noch die faserige Structur des Antimonglanzes, und sehr gewöhnlich enthalten die Antimonoxyd- stücke im Innern noch unzersetzte Theile von Schwefelantimon, andern- theils sind auch grosse Blöcke durch und durch oxydirt. Bekanntlich werden drei verschiedene Mineralien unter dem Tri- vialnamen „Antimonocker“ verstanden. Der eigentliche Antimonocker Sb,0, -+ H,O?) existirt vielleicht gar nicht, wenigstens nicht von dieser Mischung. Breithaupt nennt das Mineral Gelbantimonerz, und besteht dasselbe nach einer Untersuchung Plattner’s in der Hauptsache aus antimonsaurer Kalkerde. Borneo wird als Fundort dieses Minerals nicht aufgeführt, und ich habe es auch nicht auffinden können. Dagegen findet man Borneo angegeben als Fundort der andern beiden Antimonocker, des Stiblith und Cervantit, wovon der erstere wasserhaltiges, letzterer wasserfreies antimonsaures Antimon- oxyd ist; vom Stiblith wird das specifische Gewicht 528, vom Cer- vantit 408 angegeben. Von dem vorliegenden Ocker konnten aller- ‘) Dingler’s Polytechn. Journ. 173, 152. ?) Blum und Delff’s, Jahrb. f. Min. 1847, 256. are ah nn LA a A aan ei a 3 um u de m BE 2 BE ee u re de m [3] i Mineralogisches aus dem Ostindischen Archipel. 299 dings zwei Varietäten unterschieden werden, die eine in langfaserigen Aggregaten von poröser Beschaffenheit, strohgelber Farbe, Härte 3 und dem niederen specifischen Gewicht 2'7—2'8; die andere von röth- lichgelber Farbe, kurzfaserig, porös, Härte 5 und specifischen Gewicht 5:09. Die leichte Varietät bleibt vor dem Löthrohr fast unverändert, während die schwere sich bis auf einen geringen Rückstand verflüch- tigen lässt, ohne zu schmelzen oder ein Metallkorn.zu geben. Die Analyse des leichten Ockers ergab folgende Zusammensetzung: Sb0, » » -... 12:30 SiO, a Re 520 END Pre 785 MsO Se Ren VEN, 0:03 F &0,;, lueiierfie Koıe 524 RE Er 9-24 99:86 Das Eisen ist als Brauneisenerz beigemengt '), dasselbe daher in Abzug zu bringen. Bezüglich der Kieselsäure war ich lange im Zweifel, ob sie dem Mineral eigenthümlich oder nur beigemengt sei; durch ver- schiedene Versuche kam ich schliesslich zu dem Resultat der Bei- mengung. Nach Abzug dieser Beimengungen ergibt sich folgende Zu- sammensetzung: Sb,0, REN El 85 55 Bas a ee 885 MeOl ir. ee 0:03 13 13 RM Pre a ET 943 99:86 Dieser Ocker ist somit jedenfalls eine Verbindung von antimon- saurem Antimonoxyd, antimonsaurer Kalkerde und Wasser; der Anti- monsäure-Gehalt lässt sich leider nicht direct bestimmen, das Mineral ist unlöslich in Säuren. \ Die schwere Varietät verhält sich, wie gesagt, ganz anders; sie löst sich zum Theil in Säuren, verraucht fast vollständig auf Kohle und wird nach dem Glühen, wobei nur ein ganz geringer Verlust statt- findet, rein weiss. Als Mischung wurde gefunden: SEO. ne Rt 98-00 COREL IS Ariır: 2-10 MOSER 0:15 BO ans 0:70 100°95 Dieser Ocker ist also wasserfreies, antimonsaures Antimonoxyd oder Cervantit, obwohl das specifische Gewicht mehr dem Stiblith entspricht. 1) In manchen Stücken mit blossem Auge erkennbar. 300 A. Frenzel. [4] Phipson analysirte schon einen Antimonocker von Borneo, wel- chen er für ein Hydrat erklärte, die Zusammensetzung sei entspre- chend der Formel Sb,0, + H,O, allein Dana und Brush haben das Mineral für Cervantit angesprochen, und mit Recht. Der geringe Wassergehalt kann bei der grossen Menge fremder Bestandtheile nicht in Betracht kommen; Phipson fand nämlich: ShSQL nintame en 65:00 Fe,0,, ALO, 2.2 10:00 SiO,, ete() » - - 2125 0 Wer 9-75 Brush fand Brauneisenerz und Kaolin beigemengt, bekanntlich wasserhaltige Mineralien. Heisse Quellen sollen Schwefelantimon zu Antimon reducirt haben, das gediegene Antimon wird aber gleichfalls in grösseren, bis pfundschweren Stücken gefunden, es ist sehr rein, zeigt starken Glanz, rein zinnweisse Farbe und läuft nicht an, von körnig-blättriger Structur; frei von Gold. Das Antimon von Borneo ist ein sehr schönes Vorkommen, jedenfalls das schönste nach dem von Sala. Als Oxydationsproducte des Antimons finden sich in Hohlräumen grösserer Stücke Valentinit, in schönen, diamantglänzenden, rein weissen, büschel- förmigen Partien und Antimonblende, gleichfalls in büschelförmigen Gruppen. In Hohlräumen des Antimon finden sich ferner winzig kleine, diamantglänzende Kryställchen, dieselben sind farblos, häufiger noch weingelb bis grünlichgelb gefärbt, durchsichtig, sehr weich. Die Kry- - ställchen, die mir vorlagen, waren bei ihrer ausserordentlichen Klein- heit nicht mit Sicherheit zu bestimmen, sie sind sehr flächenreich und die Kanten gerundet. Es ist bemerkenswerth, dass diamantglänzende Mineralien so häufig an Kanten und Flächen gerundete Krystalle zeigen, wie z. B. Diamant, Eulytin, Pucherit, Cerussit ete.- Die in Rede stehenden Kryställchen halte ich übrigens für tetragonal, indessen kann ich nicht anders sagen als „wahrscheinlich tetragonal“. Das Mineral verflüchtigt sich vollständig, der Hauptbestandtheil ist Antimon, den zweiten, gleichfalls flüchtigen Bestandtheil, konnte ich nicht sicher er- mitteln; das Mineral ist wasserfrei und dürfte wohl eine Chlorantimon- Verbindung sein. Trotz der wenigen Beobachtungen, die ich an dem Minerale an- stellen konnte, ist doch sicher dasselbe ein neues, welches ich unter dem Namen Sarawakit einführen will. Gern hätte ich diese geringen Notizen für mich behalten, allein der Umstand, dass der Sarawakit zu unseren schöneren Mineralien gehören dürfte, bewog mich zur Veröffentlichung, welche vielleicht auch zu grösserer Aufmerksamkeit und gründlicher Bestimmung des Minerales anregt. [5] Mineralogisches aus dem ÖOstindischen Archipel. 301 Gediegen Arsen tritt in zwei Varietäten auf, einmal in krummschaligen, nierenförmigen Massen, welche sich von unsern erz- gebirgischen Vorkommnissen nicht unterscheiden lassen; dann aber auch in einer merkwürdigen, körnig bis kurzblätterigen Abänderung, welche ungemein rasch, augenblicklich mit tief schwarzgrauer Farbe anläuft; diese Abänderung stammt von Gading. Als Begleiter des gediegenen Arsens treten Antimonglanz, Realgar und Quarz auf. Der nähere Fundort des krummschaligen Arsen war nicht verzeichnet }), dessgleichen auch nicht der Fundort schöner Krystalle von gemeinem Quarz. Diese Quarzkrystalle sind von guter Ausbildung und aus- gezeichnet durch ihre Grösse; die Pyramidenkanten erreichen eine Länge von 12 Cm.; sie zeigen die einfache Combination R. R. — R. Sehr interessant und vielleicht von grosser bergmännischer Wich- tigkeit ist das Auftreten von Zinnober auf Borneo, von dem in Deutschland bis jetzt fast nichts bekannt war. Zwei Notizen hat Gröger?) gegeben. Nach Demselben ist das Vorkommen von Quecksilbererzen erst seit dem Jahre 1868 bekannt geworden. Der Hauptfundort ist Tegora, ein anderer Fundort Gading, beide im Reiche Sarawak. Die Gesteine, in denen der Zinnober auftritt, bestehen aus Thonschiefer, welche in ver- schiedenen Horizonten Einlagerungen von Sandsteinbänken enthalten; dieses Gesteinssystem wird überlagert von einem mächtigen System von Sandsteinbänken. Das Erzvorkommen gehört dem ersteren System an, welches den circa 600 Fuss hohen Berg Tegora bildet, aus wel- chem eine bei 500 Fuss lange und 200 Fuss breite Bergspitze hervor- rast, die im Wesentlichen aus denselben Gesteinen besteht, und welche Masse der Träger des Erzes ist. Ein Nebengestein besteht aus einer dichten felsitischen Masse von weisser Farbe. Die Ränder der vorlie- senden Stücke befinden sich in angehender Verwitterung und zeigen graue Farbe; das Gestein enthält Einsprenglinge von Magnetkies und führt auf Kluftflächen neben Zinnober noch Kupferkies und Malachit. Die chemische Zusammensetzung des frischen weissen Gesteins ist die folgende: Kieselsäure - - - 69'05 Thonerde - » - - 19:70 Kalkerde » » » » 2:85 Magnesia - -» » - 046 Kali und Natron -»- - 4'37 Glühverlust - - - 357 100°00 Die Hauptmasse des Zinnobers findet sich indessen eingesprengt in einem dichten, grauen, thonigen Gestein, welches durch und durch mit Eisenkies und Leberkies imprägnirt ist, dieses Muttergestein lässt ') Nach Gröger wird Arsen nur an einem einzigen Punkte in Kalkstein gefunden. ”) Fr. Gröger, Verhandl. der k. k. geolog. Reichsanstalt 1876, Nr. 3 und Oesterr. Zeitschr. f. Berg- u. Hüttenwesen 1876, 118. 302 A. Frenzel. [6 1 sich daher auch nicht näher bestimmen. Der Eisenkies oder wahr- scheinlicher der Leberkies, vitrioleseirt sehr leicht und die Stücke sind oft mit einer weissen oder grünen Efflorescenz bedeckt. Ausserdem enthält das Gestein Partikelchen eines weissen weichen Minerals, wahr- scheinlich Schwerspath. Der Zinnober führende Sandstein ist stark eisenschüssig, eine Probe enthielt: Kieselsäure » » » - 760 Eisenoxyd - - - » - 20:1 Wasser : « - +» FD Das sind 76 Proc. Quarzsand und 24 Proc. Brauneisenerz. Ausser in Tegora findet man Zinnober auch noch an andern Orten, er kommt mehrorts in der Dammerde und den Flussbetten vor; ein sehr schönes und grosses Geschiebe liegt vor. In Höhlungen des Eisenkiesreichen Muttergesteins finden sich kleine zierliche Kryställchen von Kalomel, gebildet von der einfachen Combination P. oP, stark glänzend und wasserhell. Aus dem Süden von Borneo, von Banjermassin, liegt prächtige Braunkohle vor. Diese Kohlen werden nach Singapore ver- schifft, wo sie, mit englischen Kohlen vermischt, von den Dampfschiffen verbraucht werden. Die Kohle hat ganz das Aussehen der Steinkohle); es ist eine schöne pechschwarze Kohle, schieferig bis dicht, z. Th. mit musche- ligem Bruch (Gagat). Die Kohle gibt indessen braunes Strichpulver und mit Kalilauge eine braune Lösung. Sie führt ferner auf Klüften ein schönes, bernsteinartiges Harz, das leider ungenügenden Materials wegen nicht näher untersucht werden konnte. Das Harz dürfte entweder Retinit oder Schraufit sein; mit letzterem schönen Mineral hat es grosse Aehnlichkeit. 2. Philippinen. a) Luzon. Von der Insel Luzon lagen Erzproben von den bekannten Kupfer- erzgängen zu Mancayan im Districte Lepanto vor. Die Erze sind Enargit, Luzonit und Kupferkies. Enargit kommt derb und krystallisirt vor. Die Krystalle — entweder kleine, gut ausgebildete und stark glänzende oder grosse rauhe und zerrissene — sitzen auf Luzonit und Eisenkies auf und zeigen dieselben Formen, wie der bekannte Enargit von Morococha in Peru; ‘) In der Zeitschrift der deutschen geologischen Gesellschaft 1, 307 werden sie auch als Steinkohlen aufgeführt. N - AR ZR [7] Mineralogisches aus dem Ostindischen Archipel. 303 ausserdem finden sich als Begleiter Quarz, Schwerspath und Pseudo- morphosen von Quarz nach Schwerspath. Luzonit, gleichfalls derb und krystallisirt, die Krystalle sind indessen winzig Klein und dazu so ungünstig aufgewachsen, dass sich die Formen nur schwer ermitteln lassen; auch haben die Krystalle durchaus nicht so schöne ebene und glänzende Flächen, wie die kleinen Enargitkrystalle, sondern sie sind uneben, gerieft und die Krystalle überhaupt auch undeutlich ausgebildet. Wenn man den Luzonit jedoch nur als eine Varietät des Enargit betrachtet, wie es hin und wieder noch geschieht, so ist man im Irrthum, der Luzonit ist unzweifelhaft eine selbstständige Species. Er ist überhaupt nicht rhombisch kry- stallisirt, sondern monoklin, vielleicht selbst triklin, die Krystalle erinnern an gewisse Epidotformen. Aber auch an eine Vereinigung mit dem Olarit darf nicht gedacht werden, und es ist somit die Gruppe Enargit-Luzonit-Clarit zu einer der interessantesten im Mineralreich geworden. Wenn auch nicht mit Sicherheit, so lässt sich doch mit höchster Wahrscheinlichkeit sagen, dass der Famatinit isomerph mit dem Luzonit, und somit gleichfalls monoklin krystallisiren dürfte. Kupferkies nur derb und verwachsen mit Buntkupferkies. Dessgleichen lagen eine Anzahl Hüttenproducte vor, als: Kupferstein mit schönem haar- förmigen Kupfer, sowie Arsenikalien, Realgar, derb und krystallisirt, und Arsenige Säure in schönen grossen Octa@dern. Zwischen Lukban und Bilukan auf Luzon tritt ein schöner Phonolith auf, welcher säulenförmige Absonderungen zeigt. Das Gestein ist von dunkelbräunlich- bis grünlichgrauer Farbe und lässt in der feinen Grundmasse Sanidintäfelchen erkennen. b) Camiquin. Von Camiguin sind zwei Laven von dem Ausbruch im Jahre 1872, kurz nach welchem Dr. Meyer sich nahe dabei auf der Insel Negros aufhielt, mitgebracht worden, wovon die eine von brauner Farbe und porös ist, mit weissen Einsprenglingen von glasigem Feldspath, die andere ist von blaugrauer Farbe und mehr dichter Beschaffenheit. Ueber die Zusammensetzung dieser Laven siehe weiter unten Laven von Celebes. c) Negros. Holzstein, ein schönes Stammstück und einige Splitter, von Valentia. Hr. Dr. Conwentz in Breslau hatte die Gefälligkeit, einen Dünnschliff bezüglich der Natur des ursprünglichen Holzes mikrosko- pisch zu untersuchen, leider waren die organischen Gewebe vollständig durch Kieselsäure verdrängt und nur an einer einzigen Stelle noch Zellen wahrzunehmen, welche auf einen Dicotylenstamm schliessen lassen. Von demselben Orte lag aus einer Solfatare eine weisse, glän- zende, Krystallinische Masse vor. Dieselbe konnte nach äusseren Kenn- Mineralogische Mittheilungen. 1877. 3. Heft. (Frenzel.) 40 304 A. Frenzel. [8] zeichen nicht sofort bestimmt werden, und die desshalb vorgenommene Analyse ergab, dass ein seltenes Mineral, Magnesia-Alaun, vorlag. Die chemische Zusammensetzung ist folgende: Schwefelsäure - + 3776 Thonerde - » - - 12°60 Magnesia - » -» - 3:52 Kalkerde - » - -» 0:91 Wasser - + + «+ » 45.21 10000 Das Mineral von Negros hat somit gleiche Zusammensetzung mit den amerikanischen und afrikanischen Vorkommnissen, nur ist es frei von Manganoxydul. Es stammt aus einer vulkanischen Gegend — auf Negros sind noch thätige Vulcane — und es hat sich daher gebildet durch Einwirkung von schwefligsauren Dämpfen auf Thonerde- und Magnesia-haltige Gesteine. Indem in der krystallinisch-blätterigen Masse sich auch lang- faserige, seidenglänzende Partieen vorfanden, hielt ich das Mineral zunächst für Keramohalit. Um nun vielleicht über die Krystallform des vermeintlichen Keramohalit etwas beobachten zu können, betrachtete ich feines Pulver unter dem Mikroskop, ohne indessen das Mindeste von Krystallformen zu sehen; die Substanz zeigte sich sogar apolar. Ich löste desshalb das Pulver in einigen Tropfen Wasser, liess dasselbe verdunsten, und siehe da — es bildeten sich kleine schöne Octa&der- chen mit abgestumpften Ecken! d) Cebu. Von verschiedenen Fundorten dieser Insel brachte der Reisende zehn Nummern Mineralien metallischen Inhalts mit, hauptsächlich Bleiglanz und Eisenkies. Der Bleiglanz derb, der Eisenkies theils derb, theils krystallisirt in der Form 0» . a Das Mitvorkommen von Zinkblende und Quarz deutet auf Gangvorkommnisse und da der Blei- glanz sehr silberarm ist, findet sich vielleicht die kiesige Bleiformation auf Cebu vor. Auf Cebu ist schon viel Bergbau getrieben worden, welcher jetzt jedoch darnieder liegt. Es fand sich ausserdem auch noch Eisenkies derb und eingewachsen in einem Aphanit, vergesell- schaftet mit grünem Granat, welches Vorkommen vielleicht analog unsern obererzgebirgischen Lagergängen sein könnte. Ausserdem wird auf Cebu auch Glanzeisenerz in schuppigen und körnigen Massen gefunden. 3. Molukken. a): Lie r.n'alt'e. Es wurden zwei grosse, prächtige Stücke Bimsstein mitgebracht, welche von einem noch thätigen Vulcane und zwar von einer Eruption [9] Mineralogisches aus dem Ostindischen Archipel. 305 im Jahre 1872 stammen; der Bimsstein ist von rein weisser Farbe und schöner, schaumiger Beschaffenheit. Ferrier einige, aber nur kleine Bröckchen von Lava, in welcher tafelartige Krystalle des glasigen Feld- spathes zu erkennen waren. Sonderbarerweise befanden sich unter den Sachen von Ternate zwei Stücke, von welchen es sich nicht mit Sicherheit behaupten lässt, ob es Natur- oder Kunstproducte sind, es sind das ein Stück arsenige Säure und ein Stück Sublimat (Quecksilberchlorid). Ich hielt dieselben ohne Frage für chemische Präparate, allein Dr. Meyer gibt an, dass dieselben an Orten gefunden worden seien, die fern von aller mensch- lichen Thätigkeit liegen. Es handelte sich also eventuell um wirkliche Naturproducte und diese Ansicht könnte eine Stütze darin finden, dass das Stück arsenige Säure mit etwas Lava verwachsen ist. Weit ent- fernt, arsenige Säure und Quecksilberchlorid etwa mit Bestimmtheit als Producte vulcanischer Thätigkeit ausgeben zu wollen, glaubte ich jedoch die Sache nicht verschweigen zu dürfen. Kennen wir doch schon die Chlorverbindungen von Ammonium, Kalium, Natrium, Calcium, Magnesium, Aluminium, Eisen, Blei, Kupfer als Producte des Vulcanis- mus,') warum Könnte nicht auch einmal Quecksilber und Arsen gefun- den werden? b) Batjan. Von der Nordostspitze_Geschiebe von schön rothem Jaspis und Karneol. 4. Timor und Flores. Schon seit langer Zeit kennt man die Kupfererze von Timor. Man machte wiederholt Anstrengungen, um die Erze zu gewinnen, indessen immer ohne Erfolg. Jedenfalls sind die Erze nicht zu arm, wie man mitunter angibt, sondern die Schwierigkeiten liegen in dem grossen Wassermangel der Insel und den Feindseligkeiten der Ein- wohner. Die Erze sind gediegen Kupfer, Rothkupfererz, Kupferglanz, Arsenkupfer, Malachit, Kupferlasur, Kieselkupfer, ferner Ziegelerz und Brauneisenstein. Es lagen von der Kupfermine Usu, Makonar in Kupang, kleine, bohnerzähnliche Kugeln vor, welche im Innern aus Rothkupfererz bestehen, äusserlich aber in Malachit und Kupferlasur umgewandelt sind. Diese Kugeln befinden sich in 1 Fuss Tiefe. In 4 Fuss Tiefe finden sich ähnliche Bildungen, indessen sind diese nicht mehr kugel- föormig, sondern langgestreckte Stücke. In 8 Fuss Tiefe finden sich wiederum langgestreckte Kupfererzfragmente vor, und tritt ausser Rothkupfererz, das z. Th. in kleinen Oktaödern krystallisirt vorkommt, auch gediegen Kupfer und Arsenkupfer auf, vergesellschaftet mit Mala- chit und Braunspath. Leider konnte ungenügenden Materiales wegen das Arsenkupfer nicht näher bestimmt werden, es war zu sehr ver- unreinigt mit Kupfer und Rothkupfererz. An einem anderen Fundorte, Atapupo in Makonar, treten auf Malachit, dicht, traubig, zum Theil mit Magneteisenerz vergesellschaftet. !) vom Rath: Verhandl. d. N. V. Jahrg. 34, 144. 40% 306 A. Frenzel. | [10] Kieselkupfer und zwar Kupfergrün und Kupferblau, derb, traubig und eingewachsen in einem Serpentin von grünlichgrauer Farbe, welcher noch sehr kleine, schwarze Glimmerblättchen enthält. Ferner Kalkspath und ein Kaliglimmer von lichtgrünlichgrauer Farbe. Als Hüttenproduct lag eine Legirung von Zinn und Kupfer von Rokke auf Flores vor. 5. Singapore. Von Singapore sind zwei schöne Granite mitgebracht worden, ein feinkörniger, aus grauem Quarz, weissem Orthoklas und schwarzem Glimmer bestehend; der andere, ein grobkörniger Granit oder Pegmatit, ist ein sehr schönes Gestein, bestehend aus weissem Orthoklas, weissem Kaliglimmer und rothem Granat, Quarz tritt nur untergeordnet auf. Ferner derbe und krystallisirte Quarze, der derbe Quarz ist theils von dichter Beschaffenheit, theils stänglich und sogenannter Sternquarz, letzterer hat das specifische Gewicht 2°60; mitunter sitzt auf Klüften des Sternquarzes gemeiner krystallisirter Quarz auf, die Stengel laufen indessen nicht in Krystallspitzen aus. Grosse, leider unregelmässig ausgebildete Quarzkrystalle tragen auf den Rhombo&derflächen Auf- lagerungen von Albit und stammen jedenfalls aus oben erwähntem Pegmatit. 6. Ceylon. Von Point de Galle ist ein einziges, sehr kleines Gneisstückchen mitgebracht worden, das zweierlei Glimmer, von schwarzer und grauer Farbe, und wenig Quarz enthält; merkwürdig ist darin ein braunes Mineral, das man den Spaltungsflächen nach als Orthoklas bestimmen möchte, das im Uebrigen aber weit mehr dem Dichroit gleicht, 7. Neu-Guinea. Ueber die Geologie von Neu-Guinea ist äusserst wenig bekannt, ein Geolog war wohl überhaupt noch nie im Lande der Papuas. William Macleay von Australien sammelte an den Küsten geogno- stische Handstücke und Versteinerungen aus dem Tertiär und C. 8. Wilkinson beschrieb dieselben in „The Annals and Magazine of Natural History, Vol. 18, p. 190.“ Was Dr. Meyer mitbrachte, führe ich im Nachstehenden auf, es wird das freilich keine „Geologie von Neu- Guinea“, man betrachte es nur als gelegentlich aufgerafftes Material eines Zoologen! Vielleicht werden es doch einige Bausteine für das Werk des späteren Geologen von Neu-Guinea. Von Kordo auf der Insel Mysore stammen die Nummern 1—8. 1. Grauer Quarzschiefer, durchsetzt von weissen Quarztrümchen; an vorliegendem Specimen ist zu erkennen, dass dasselbe einem ge- schichteten Gesteine angehörte, welches ausgelaugt wurde, wobei die Quarzmasse unangegriffen blieb. 2. Derselbe, mit etwas mehr Quarz und mit Faserkiesel. 3. Quarzfels, aus weissem und grauem Quarz bestehend, letzterer ist etwas Zerfressen, porös. 4. Reiner Quarz von weisser Farbe. j Ge Da | u ee] an in ol a eu Ä 2. = u DE ee De u u u u ED u [11] Mineralogisches aus dem Östindischen Archipel, 307 5. Total zersetztes Gestein, lässt sich als Gelberde bestimmen, ist ganz weich, thonig, bolartig, von ockergelber Farbe, mit einzelnen rothen Punkten von Eisenoxyd; ist das Umwandlungsproduct eines Schiefers, da die Schieferung noch deutlich erkennbar ist. 6. Ein graulichweisser, dichter, unreiner Kalkstein, mit splittrigem Bruch. 7. Schöner, dichter Korallenkalk von gelblichweisser Farbe, in Drusenräumen mit Krystallbildungen von Kalkspath, welche an die Iberger spitzen Rhombo&der erinnern. 8. Einer kleinen vulcanischen Bombe vergleichbar, von 15” Durchmesser, wurde im Magen einer Gourn Victoriae (Krontaube) gefunden. Das Specimen ist äusserlich blaugrau und wenig weicher geworden, im Innern gelblichgrau und sehr hart, es ist ein poröser Quarz. 9, Von Ansus auf der Insel Jobi in der Geelvinksbai. Ein Flussgerölle. ist ein Grünstein von sehr fester Beschaffenheit, das Gestein ist dem Diabas von Kupferberg in Baiern sehr ähnlich. 10. Aus dem Rubiflusse in der Südspitze der Geelvinksbai auf Neu-Guinea. Bruchstück, von einem haushohen Block abgeschlagen, ist ein Granit aus weissem Quarz, weissem Orthoklas und schwarzem Glimmer bestehend. 11. Geschiebe aus dem Gerölle des Rubiflusses. Ein sehr feinkörniges bis fast dichtes Gestein von lichtblaugrauer Farbe, ein Sandstein, jedenfalls der ältesten Formation angehörig, also ein Grauwackensandstein. Derselbe hat folgende Zusammensetzung: Kieselsäure - » -» 92:15 Thonerde - » « » 3:75 Eisenoxydul - » » 203 Kalkerde - » - » 1:10 Magnesia - » » » 028 Glühverlust - - - 125 100:56. 12. Inwiorage (Nappan) auf Neu-Guinea. Anstehendes Gestein, aus grosskörnigem Granit, Pegmatit bestehend. Das Gestein zeigt grosse, weisse Quarzpartien und grosse Blätter silberweissen Kaliglimmers mit wenig Feldspath und ist in den vorliegenden Handstücken frei von accessorischen Gemengtheilen. 13. Von Passim („Red steep point“) auf Neu-Guinea in der Geelvinksbai. Acht bis zehn in das Meer verlaufende Vorgebirge, aus Schiefer- thon bestehend. Der Schieferthon ist weich, schön geschichtet, ganz ähnlich dem Röthel von Saalfeld. Er enthält in 100 Theilen: Kieselsäure - - » 61-10 Thonerde - -»- » » 2345 Eisenoxyd - »- » » TS Eisenoxydul - -»- » 079 Alkalien - » » » 210 Glühverlust - » » 475 10000. 308 A. Frenzel. [12] 14. Jerakobe. Anstehend am Strand. (Ausgangspunkt der Kreuzungstour Dr. Meyer’s nach dem Mac-Cluer-Golf). Die ganze Küstengegend besteht aus diesem Gestein. Das Gestein ist ein Kalk- stein von schwarzer Farbe und von weissen Kalkspathtrümmern durch- zogen. Das Gestein gleicht durchaus dem Grauwackenkalkstein des Fichtelgebirges und Thüringerwaldes. Es hat folgende Zusammen- setzung: Kohlensäure - » » - - 43'00 Kalkerde » »- « » 54:80 Magnesia » » +. -- 1:24 Eisenoxydul - » » - - 021 Kieselsäure und Kohle -»- 210 10135. 15. Mesmeri. Ein circa 1000 Fuss hoher Trümmerberg, welchen Dr. Meyer auf dem Wege von der Geelvinksbai nach dem Mac- Cluer-Golf passirte, besteht aus einem körnigen Kalkstein von blau- grauer Farbe. 16. Mac-Cluer-Golf. Eine hohe weisse Felsenwand am rechten Ufer des Jakati, besteht aus einem Mergel von dichter Beschaffen- heit und hellgrauer Farbe. Aus dem 6—8000 Fuss hohen Arfakgebirge, im Nordwesten Neu-Guinea’s liegt vor. 17. Granit, grosskörnige Ausscheidungen, enthaltend weissen Quarz, weissen Orthoklas und weissen Kaliglimmer (Katzensilber), sowie wenig rothen Granat, also wiederum Pegmatit. 18. Grauer Gneis, schön geschichtet, mit dunkelgrauem Glimmer. Die nächsten Nummern sind von der Artrolabebai, im Nord- osten von Neu-Guinea und es sind dieselben von den Officieren eines russischen Kriegsschiffes von dorther mitgebracht und Hrn. Dr. Meyer übergeben worden. 19. Jaspis, mit splittrigem Bruch, feuersteinartig, graugelb. 20. Aphanit, ein grünlichgrauer, ganz dichter Grünstein. 21. Holzstein, ein Flussgerölle, langfaserig, schön erhalten. Nach der gefälligen Bestimmung des Herrn Dr. Conwentz in Breslau dürfte die Versteinerung einem Laurineenholze angehören. 22. Zweiundzwanzig Stück Flussgeschiebe aus dem Artrolabebai- Flusse. Darunter befinden sich ein dichter, grünlichgrauer Kalkstein, welcher sehr unrein ist, beim Auflösen hinterbleibt viel Rückstand, von chloritischer oder hornblendiger Natur. Handstückchen weissen Kalk- steins, durchaus ähnlich einem weissen Jurakalkstein; desgleichen eines grauen und eines rothen Mergels. Ferner einige Quarze, Flusskiesel, Jaspis, Hornstein. Dann Glimmerschiefer, grauer, sehr glimmerreicher Gneis und Quarzschiefer. Ein Melaphyrmandelstein mit Kalkspath und Grünerde, sowie dichte, rothe Felsitporphyre, durchzogen von Kalk- spath- und Quarzadern. Endlich Triplit, welcher leider wegen Unrein- heit nicht analysirt werden konnte. (Fortsetzung folgt.) | | | | - VII. Notizen. Vermehrung der Meteoritensammlung des Mineralogischen Hofmuseums bis Ende September 1877. Als Ergänzung des Verzeichnisses, welches in diesen Mittheilungen 1872, pag. 165 abgedruckt ist, gebe ich im Folgenden eine Aufzählung der seither erworbenen Meteoriten. Die Zahl der neuerdings hinzu- gekommenen Exemplare beträgt 87. Unter diesen sind Steine von zwölf bis dahin noch nicht vertretenen Fallorten und Eisen von acht neuen Localitäten. Die Sammlung hat am Gewichte bedeutend zugenommen und zwar beträgt die Zunahme bei den Steinen 78 Kilo, bei den Eisen 263 Kilo. Zusammen 341 Kilo. Diese Vermehrungen erhielt das Museum als freundlichst dargebrachte Geschenke des Herrn Heinrich Ritter v. Drasche-Wartinberg in Wien (zusammen 247 Kilo), des Herrn Gust. Hinrichs in Iowa, der Naturforschenden Gesellschaft in Pest, ferner im Wege des Austausches von den Herren Prof. v. Baumhauer in Harlem, Prof. L.Smith in Louisville, Baron v. Schilling in Reval, Prof. Brio in Charkow, Prof. Shepard in Amherst. Ausserdem wurden 54 Exemplare von verschiedenen Seiten käuflich erworben und zwei von mir als Geschenk dargebracht. Durch Ankauf des vierten Stückes ist der grosse Stein von Knyahinya completirt worden, so dass jetzt sein Gesammtgewicht 293 Kilo beträgt. Von den ganzen und vollständig umrindeten Exem- plaren sind die Steine von New-Concord mit 112 Kilo, die beiden grossen Steine von Pultusk mit 7'1 und von 2°1 Kilo, ferner der Stein von Iowa mit 2'8 Kilo hervorzuheben. Die bedeutendste Erwerbung ist der grosse, schöne Stein von Lance mit 47 Kilo. Unter den Eisen ist eine 33 Cm. hohe Platte von Toluca mit 21'3 Kilo, welche die Widmannstädten’schen Figuren in grosser Vollkommenheit darbietet, besonders zu erwähnen. Das photographische Bild des letzteren, 20 Om. hoch, wird vervielfältigt? und kann auf Verlangen abgegeben werden. Der Meteorit vom Janacera-Pass ist ein vollständiges Exemplar ohne erkennbare Rinde. Das grösste Exemplar unter den Meteoreisen ist nunmehr der Block aus der Wüste Bolson de Mapini mit 198 Kilo. Das Eisen von Ovifak ist noch unter dem Meteoriten aufgezählt, ob- gleich den Berichten über das Vorkommen desselben zufolge die tellu- rische Herkunft wahrscheinlich geworden. Mineralogische Mittheilungen. 1877. 3. Heft. (Notizen.) 310 Notizen. [2] Jahr | Monat und Tag Geographische Nachweisung Aa Steine. 1723| 22. Juni Ploschkowitz, Leitmeritz, Böhmen - »- : » « . .» 2 1808| 19. April Parma (Casignano. Borgo San Donino), Italien - 183 1808| 22. Mai Stannern, Iglau, Mähren - »- »- -»- x»: 2.2... 25 1808 | 3. September | Lissa, Bunzlau, Böhmen - »- »- » « ... 0... 360 1812| 5. August Chantonnay, Vendee, Frankreich - »- » » + 119 1814| 15. Februar | Bachmut Jekaterinoslaw, Russland - »- - » » » 384 1843 2. Juni Utrecht (Zwarte Water), Niederlande - - - - - 203 1843 | 12. Novemb. | Werchne Tschirskaja Staniza, Land der Donischen Kosaken, Russland 94 1849| 31. October | Cabarras County, Nord-Carolina, N.-A. . 84 1852 | 4. September Mezö-Madarasch, Marosch, Siebenbürgen 83 1852| 13. October | Borkut, Marmarosch, Ungam -: » :» -» - .... 66 1858 | 9. December | Aussun, Haute Garonne, Frankreich - » - - - 290 1859| 28. März Harrison Oty, Indiana, N-A. - - - «.... 7 1860 1. Mai New Concord, Muskingum Cty, Ohio, N.-A. 1'125 1866 9. Juni Knyahinya, Unghvar, Ungarn, Hauptexemplar 13'700 = “ = 26 kleinere Stücke 2483 1868| 30. Jänner | Pultusk, Sielee Nowy, Polen, Hauptexemplar - - 7150 h 5 B 5 2 kleinere Stücke 2'374 1868 | 27. Novemb. | Danville, Alabama, N.-A. »- »- - » - 22... 19 1868 | 5. December | Francfort, Alabama, N.-A. :- «ve... 32 1869| 24. Mai Cleguerec, Bretagne, Frankreich - » -» » » - » 604 1869 | 19. Septemb. | Tjabe, Pandangan, Java - - » - .... 0. 37 1869 | 6. October | Stewart Oty, Georgia, N.-A. »- «2... 10 1871) 21. Mai Searsmont, Waldo Cty, Maine N.-A. » » . 18 1871110. December) Bandong, Java - » » - «er. 0.0. 113 1872| 28. Juni Tennasilm, Turgel, Esthland - »- » » - .... 614 1872| 23. Juli Lance, Orleans, Frankreich - » » » - - . -» . 47'000 1872| 31. August | Orvinio, Rom, Italien - - :- es. 000. 575 1872 — Waconda, Mitchell Cty, Kansas, N.-A.- » - » - 47 1873 | 22. Septemb. | Khaipur, Mooltan, Indien - »- » »- 2... 8 1874| 12. Mai Belgorod, Tula, Russland -»- »- » -»- » 2.2... 18 1875 | 12. Februar | Iowa Cty (Amana) Iowa, N.-A. - » : ..... 22 1875| 31. März | Zsadany, Temeser Comitat, Ungarn - »- - »- - - 2'860 Eisen 1784 | Toluca, Mexiko, grosses Exemplar - - » - - «2.2.2.0 21370 h kleineres Exemplar - » » » «2... 200. 291 1801 Capland, ALT N TE RE RE . 191 1827 | Atacama, Bolivia, S.-A.- - » » 2220200000. 113 1844 | Arva Szlanieza, Ungam - - »- - - «2. 2. "2. nenne 41 1847 | Braunau, Hauptmannsdorf, Böhmen - - » - - 22.2000. 20 1861 | Robertson Cty, Tennessee, N.-A.- - » «22.2200. 140 1861 | Rittersgrün, Königreich Sachsen - - - - «2: 2. 22200 54 1862| Sierra de Chaco, Wüste Atacama, S.-A. - »- - - 2... 28 1863 | Janacera-Pass, Wüste Atacama - - - - - ev. c 2.0 0.. 1'518 1864 |" Südöstl: "Missouri, NA. ee ee 21 1866 | Prambanan, Sokracarta, Indien - - » 2 e2e000.. 24 1867| Milwaukee, Wisconsin, N.-A. - » «2.0... ... 72 1868 | Auburn, Macon Cty, Alabama, N.-A.- » -. -. 2.20... 17 1868 Bolson de Mapini, Cohahuila, Mexiko, ein Exemplar - - - - - 198:000 1869| Tucson Ainsa, Sonora, Mexiko - - - -» . 2.2.2000. 9 1869 | Trenton, Washington Cty, Wisconsin, N.-A.- » » » »...» . 700 1870 | Ovifak, Godhavn, Disco Grönland, ein Exemplar - - » » » » - 41'000 5 „ 5 = kleines Exemplar - » » - - 78 1871| Rockingham Cty, Nord-Carolina, N.-A.- -» » .» . A 56 1872 | Howard Cty, Indiana, N.-A.: » » «202200. 14 1872 | Nenntmannsdorf, Pirna, Königreich Sachsen - » » :» - : ... ‚10 [3] Notizen. 344 Zu den Meteoreisen wäre noch eines von unbekanntem Fundort, aus der Sammlung des Herrn Geheimrathes v. Wöhler herrührend, eines mit der Angabe Sibirien und ein zweifelhaftes mit der Angabe Brasilien hinzuzufügen. Die Zahl der in der Sammlung vertretenen Localitäten ist gegen- wärtig 308. Im Jahre 1819 betrug diese Zahl 36, im Jahre 1843 schon 94, im Jahre 1862 stieg sie auf 176 und war Ende 1868 bei 244 angelangt. Durch das Interesse, welches v. Schreibers dem Gegenstande widmete und durch den Eifer, mit welchem Partsch, Haidinger und Hörnes an der Vermehrung der Sammlung thätig waren, ist dieselbe zu solchem Umfange gediehen. Während der Zeit meiner Verwaltung von 1869 bis jetzt hat die Zahl der vertretenen Localitäten um 64 zugenommen. Das Gesammt- gewicht ist in diesem Zeitraume von 570 Kilo auf 1025 Kilo gestiegen. Tschermak. Krystallisirter Vivianit in Säugethierknochen aus dem Laibacher Torfmoor. Durch Herrn Dr. Deschmann, Custos am Museum in Laibach, erhielt das k. k. Mineralogische Hof-Museum vor Kurzem einige Knochen- fragmente, welche bei Gelegenheit der letzten Ausgrabungen in den Pfahlbauten des Laibacher Torfmoores gefunden wurden. Nach der Bestimmung des Herrn Custos Th. Fuchs gehören drei derselben einem Hirsch, das vierte einem Rinde an. Das für den Mineralogen interes- sante liest indess in den Krystallen von Vivianit, welche sich in und auf den Knochen gebildet haben. Derselbe tritt theils in tafelförmigen Aggregaten von parallel verwachsenen Individuen auf, theils in kleinen nadelförmigen Kryställchen, die selten grösser als 2—3"" werden und bisweilen die Combination 100.010.110. 111. 101 erkennen lassen, theils endlich in radialfaserigen, schwach seidenglänzenden Büscheln. Letztere finden sich namentlich auf der Aussenseite der Knochen, die deutlicher krystallisirten im Inneren; die reichlichste Bildung von Vivianit fand an jener Stelle statt, wo die äussere compacte Knochen- masse an das innere zellige Gewebe gränzt. Die Krystalle und Krystall-Aggregate haben auf 010 einen deut- lichen Perlmutterglanz, die übrigen Flächen sind, wo sie überhaupt deutlich sichtbar werden, gestreift und matt. Im auffallenden Lichte zeigen sie eine schöne indigoblaue Farbe; im durchfallenden Lichte werden sie fast farblos mit einem intensiver gefärbten Saum; ein Zeichen, dass die Blaufärbung noch nicht tief in das Innere eingedrungen ist. Das Vorkommen von Vivianit, namentlich der erdigen Varietäten, Blau- erde, in Knochen wurde öfter beobachtet; seltener fand man ihn kry- stallisirt. Ein dem vorliegenden sehr ähnliches Vorkommen beschreibt J. Rumpf in den Mittheilungen des naturwissenschaftlichen Vereins Mineralogische Mittheilungen. 1877. 3. Heft. (Notizen.) 41 312 Notizen. [4] für Steiermark 1871, pag. 402 aus dem Hangend-Thone des Lignit- flötzes von Köflach. Die Bedingungen zur Vivianitbildung sind bei dem vorliegenden Falle so klar zu erkennen, dass sie wohl nicht erst er- örtert werden müssen. F. Becke. Bemerkung zu den Beiträgen zur Mineralogie des Fassa- und Fleimserthales. In der Tabelle, welche die verschiedenen Analysen des Fassaits enthält, ist statt Kalkerde Magnesia gesetzt und u..ıgekehrt. Der Fundort der Mineralien im Contact zwischen Melaphyr und Kalkstein heisst richtiger Cornon statt Comon. C. Doelter. Becke: Zinnstein Becke del. Lithv.F. Köke Wien Tschermak: Mineralo$ische Mittheilungen, 1877 Heft I. Jahrbuch der geolog. Reichsanstalt, Bd.XXVI. ® Wr Vs Ge Wr en BE u ee 5a 4 a we er Y - Bes UM i a; Becke: Zinnstein Tafel .II. Becke del Lithv. F Köke hen ; Ischerm ak: Mineralogische Mittheilungen, 1877. Heft Il. Jahrbuch der geolog. Reichsanstalt, Ba.XXVT. JAHRGANG 1877. IV. HEFT. MINERALOGISCHE MITTHEILUNGEN GESAMMELT VON G. TSCHERMAR. I. Der Meteorstein von Hungen. Von ©. Buchner in Giessen. Zum erstenmal wurde im kleinen Grossherzogthum Hessen ein Meteorsteinfall wirklich beobachtet. Derselbe ereignete sich am 17. Mai 1877 Morgens 7 Uhr in der Provinz Oberhessen im Walde zwischen Steinheim und Borsdorf, 5 Km. von Hungen. Das gewöhnlich einem Meteoritenfall vorausgehende donnerähnliche Getöse wurde an ver- schiedenen Orten der Nachbarschaft, selbst in Langsdorf wahrgenommen. Zufällig ging gerade der Schreiner Herr Scharmann von Steinheim auf dem Weg nach Borsdorf, auch er hörte das Donnern gerade über sich, ohne eine Spur von Wolke zu sehen; dann beim Eintritt in den Wald hörte er ein Brausen, Zischen, Pfeifen, als wenn viele Steine durch den Wald flögen. Da schlug unmittelbar neben ihm ein Stein gegen eine Fichte, brach einen fingerdicken Ast ab und fiel ihm vor die Füsse. Der Mann war so sehr erschrocken, dass er erst nach einiger Zeit und nachdem er sich überzeugt hatte, dass es nichts Lebendiges sei, den Stein aufnahm. Er war kalt. Doch gab der Stein nur zu Wirthshausgesprächen für die Bauern Veranlassung. So hörte ich erst Ende August von dem Ereigniss; da ich den grössten Theil des September abwesend war, konnte ich erst nach der Rückkehr an Ort und Stelle die Thatsachen feststellen. Durch ungünstiges Wetter verhindert konnte ich dann erst am 15. October mit einer kleinen Anzahl von Collegen und Schülern nochmals an den Fallort gehen und waren wir gleich beim Beginn der Suche so glücklich, noch einen kleinen Stein von 26 Gr. zu finden ; das weitere 2'/,stündige Abtreiben des Waldes war aber fruchtlos; das frischgefallene Laub verhinderte das Auffinden weiterer Steine, die ohne Zweifel noch gefallen sind. In der Richtung von NW.—SO., in welcher das Getöse vielfach gehört wurde, müssen nach Aussage des Zeugen und nach dem Augen- schein auch die Steine geflogen sein. Der erste gefundene Stein wog über 86 Gr. Doch brach der Finder ein oder einige kleine Stücke davon ab; eins von 3'32 Gramm konnte ich noch von ihm erhalten. Mineralogische Mittheilungen. 1877. 4. Heft. (Buchner.) 42, 314 O. Buchner. [2] Um eine politurfähige ebene Stelle zu erhalten, liess ich ein kleines Ecekchen von 10 Grm. absägen, und so wiegt der Hauptstein jetzt 7326 Grm. Er ist in die Mineraliensammlung der Universität Giessen übergegangen. Derselbe hat eine unregelmässig dreieckige, platten- förmige Gestalt, ist 6°8 Cm. lang, 43 Cm. breit, er hat 2 Cm. an der dicksten und 12 Cm. an der dünnsten Stelle. Es scheint, dass kaum !/, des ganzen Steines abgebrochen ist. Sonst ist er ringsum mit einer matten, dünnen, schwarzen Schmelzrinde überzogen; Orientirungsleisten fehlen. Einzelne Eisenkörnchen sind auch in der Rinde sichtbar. Die Bruchfläche zeigt eine graue, stellenweise bräunlich gefärbte Grundmasse. Besonders auffallend aber ist ein quer durch den Stein und schief zu den Plattenseiten gestellter, schwarzer, glänzender, sehr dünner Blätterdurchgang, der auch bei dem zweiten, 5 Monate nach dem Fall gefundenen Stein vorhanden ist, obgleich dieser offenbar nicht von dem Hauptstein abbrach. Eine andere kleinere Stelle auf dem Bruch des Hauptsteins zeigt einen ähnlichen Gang parallel mit dem Vorigen, aber weniger schwarz und weniger graphitartig glänzend. Mit der Lupe erkennt man eine ähnliche schwarze faserige Masse, die überlagert ist von glänzendem, graugelbem Troilit in feinen, aber zahl- reichen Körnchen. Sie zieht sich als feine schwarze Linie durch den ganzen Stein. Der Chondritcharakter des Steins lässt sich selbst mit der Lupe auf der Bruchfläche nur schwer erkennen; sie erscheint gleichmässig grau mit sehr zahlreichen Einlagerungen von Eisen und Troilit, die namentlich auf der polirten Fläche deutlich hervortreten. Auf derselben durch Säure Aetzfiguren zu erzeugen, misslang, es wurden die dünnen Partikelchen aufgelöst, aber Figuren entstanden nicht. Doch treten die chondritischen Kügelchen schon mit der Lupe deutlich hervor. Zahlreiche undurchsichtige Partien bestehen aus deutlich erkennbarem Eisen, schwer davon zu unterscheidendem Troilit, andere aber sind schwarz und undurchsichtig wie die Rindenmasse und in grösserer Menge vorhanden; kleine schwarze Körnchen mögen wohl Magnet- und Chromeisen sein. Die mikroskopische Prüfung zeigt, dass die Rinde etwa zur Hälfte aus Eisen besteht und sehr wenige durchsichtige Partikelchen (Olivin) einschliesst. Die Grundmasse des Steins ist farblos und durchsichtig und nach allen Richtungen hin von zahlreichen Sprüngen durchzogen ; ich halte sie für Olivin. Nur an wenigen Stellen sind einzelne Partien schwach bräunlich gefärbt, namentlich in der Nähe von Eisen, doch enthält Pultusk diese braunen Stellen weit zahlreicher. Deutlich sind einige Olivinkugeln unterscheidbar, die theilweise von der erwähnten schwarzen Masse, theilweise auch von metallischem Eisen eingefasst sind. Bei sehr wenigen deutet eine geradlinige Umgrenzung auf ein Krystallindividuum. Eine zweite Art von kugeligen Einschlüssen besteht aus parallel- oder radial-strahligen Krystallmassen , denselben, die Tschermak') bei den Meteoriten von Shergotty und Gopalpur als Bronzit erkannt ‘) Sitz.-Bericht. Ac. Wien I. B. 65, 1872, Feb. ei [3] Anhang zu der vorstehenden Mittheilung. 315 hat. Endlich finden sich noch Kügelchen aus einer gleichmässig grau durchscheinenden, nicht oder kaum von Rissen durchzogenen Masse. Auch hier erinnern selten vorkommende geradlinige Umgrenzungen an einer oder zwei Seiten an Krystallbildung. Im Ganzen genommen erscheint also der Meteorstein von Hungen als zu den häufigst vorkommenden Meteoriten gehörig, und doch lässt er sich nicht mit Agen, Girgenti, Buschhof, N. Concord, Knyahinya, Ensisheim, Pohlitz, Vouille, Bremervörde, Krähenberg, Seres und Pultusk verwechseln, mit welchen ich ihn verglich. II. Anhang zu der vorstehenden Mittheilung. Von &. Tschermak, Von dem Meteoritenfall zu Hungen hat Herr O. Buchner in Giessen ein vollständiges Exemplar von 25°8 Grm. an das k. k. Hof- Mineraliencabinet als Geschenk übergeben und hat auch einen Dünn- schliff dieses Meteorsteines beigefügt. Diese Gabe, werthvoll durch die Seltenheit des Meteoriten, ist ein schönes Erinnerungszeichen, welches die Wiener Sammlung von dem Autor jenes Werkes erhält, das die Erforschung der Meteoriten so wesentlich förderte. Der genannte Stein ist tief schwarz, hat eine beiläufig fünfseitige Form, eine stark gewölbte Vorderseite (Brustseite) und eine flachere Rückenseite. In der Form und der schwach angedeuteten Orientirung gleicht er manchen Steinen von Pultusk. Die Rückenseite ist an der glatteren Rinde und an dem blasigen Schmelz, welcher sich dem Rande zu anhäuft, zu erkennen. An einer kleinen Stelle der Vorderseite erscheint als Unterbrechung eine rauhe Fläche, die von einer blasigen Rinde überzogen ist, während die Vorderseite im übrigen von einer homogenen matten Rinde ohne Unebenheiten gebildet wird. Jene Stelle verdankt ihre Rauhheit ohne Zweifel dem Abspringen eines Splitters. Am Rande ist ausserdem eine Stelle zu bemerken, die gleichfalls auf ein solches Abspringen zurückzuführen ist. Sie erscheint aber nicht ganz mit Rindenschmelz überzogen, sondern der letztere greift nur an den Umrissen der entblössten Stelle hinein. Auf der Rückenseite erscheint die Form des Steines gleichfalls in der Weise gestört, dass die Abtrennung eines kleinen Stückes angenommen werden muss. Die Stelle ist, wie auch Herr O. Buchner bemerkt, mit einem Harnisch d. 1. mit einer ziemlich glatten, gerieften, metallisch glänzenden Fläche bedeckt. Die Trennungsfläche war also schon durch das Gefüge des Meteoriten gegeben. Da der Harnisch nun an den Umrissen einen übergreifenden Schmelzanflug zeigt, so dürfte die Abtrennung des Stückes erst spät, also kurz vor dem Niederfallen geschehen sein. Das Auftreten von Harnischen wird auch an manchen anderen Meteoriten beobachtet, besonders häufig an den Steinen von Pultusk. 42* 316 G. Tschermak. [2] Die schwarze Rinde ist ungewöhnlich dick, viel dicker als an dem Meteorstein von Pultusk. Der Dünnschliff des Steines zeigt bis 1’5 Mm. grosse Partikel von Eisen, wenige kleine Körner von Magnetkies, beide in einer aus grösseren und kleineren Fragmenten und nicht häufigen Kügelchen bestehenden Masse. Diese enthält vielfach kleine undurch- sichtige Körnchen ohne Metallglanz, die wol als Chromit oder Picotit zu denken sind. Die durchsichtigen Minerale sind nach meinem Dafürhalten von dreierlei Art. Das eine ist zuweilen durch Krystallumrisse und im übrigen stets durch die unvollkommene rechtwinklige Spaltbarkeit bei entsprechender optischer Orientirung als Olivin gekennzeichnet. Derselbe zeigt nur wenige Einschlüsse, die aus Nadeln und aus Körnern eines wasserhellen Minerals, ferner aus einem staubartig vertheilten undurch- sichtigen Mineral — wohl Chromit — bestehen. Der Olivin bildet im Uebrigen kleine und grössere eckige Splitter, zuweilen auch etwas abge- rundete Körnchen, doch trägt er zur Bildung von Kügelchen wenig bei. Häufiger als jene Splitter und Körner sind Körnchen und Krystall- aggregate die ich auf Bronzit beziehen möchte. Die einzelnen Körner lassen zuweilen eine prismatische Spaltbarkeit bei entsprechender optischer Orientirung erkennen. Die Aggregate erscheinen parallel- stänglig oder radialstängelig, zuweilen auch verworrenstängelig. Diese Aggregate bilden die meisten Kügelchen in der an Kügelchen ziemlich armen Gesteinsmasse. Der Bronzit enthält oft feine braune Nadeln, auch braune Körnchen als Einschlüsse, ebenso die staubartigen als Chromit gedeuteten Partikel. Ein fast ganz trübes Mineral, welches hie und da Körner oder Kügelchen bildet, möchte ich ebenfalls zum Bronzit zählen. Es zeigt Spuren einer radialfaserigen Textur. Ein braunes Mineral von feinschaliger Textur, welches durch seine tiefere Färbung und das Gefüge von den anderen absticht, ist auch in der optischen Orientirung davon verschieden. Es bildet eckige Körnchen. An einem grösseren Durchschnitte wurde der Winkel zwischen einer Auslöschungszurichtung und der Richtung der parallelen Blättehen zu 38° bestimmt. Daraus lässt sich nur entnehmen, dass das Mineral nicht dem rhombischen Systeme angehört. Ich möchte dasselbe für einen diallagartigen Augit halten. Nach meinen Beobachtungen ist die Abweichung der einen Auslöschungsrichtung von der Kante des auf- rechten Prisma in der Ebene 010, bei den Mineralen der Diopsidreihe 38° 54° bis 45° 56°, bei den Augiten, 36° bis 44° 30. Da nun die Schiefe des Schnittes gegen 010 diesen Winkel verkleinert, so ergibt sich, dass obige Beobachtung meiner Deutung nicht widerspricht. Ausser den genannten Erscheinungen ist noch das Auftreten fein- körniger Aggregate hervorzuheben, welches sich durch ein sehr gleich- förmiges Korn und eine gleichförmige Vertheilung jenes als Chromit angesprochenen Minerales auszeichnen. Das letztere kommt darin theils in Körnern, theils in würfligen Krystallen vor und seine Individuen sind grösser als im übrigen. Meteoriten. Im ferneren bestehen die Aggregate theils aus Olivin, theils aus dem braunen für Augit gehaltenen Mineral. Ihr Umriss ist immer eckig, nicht kugelig. Il. Mineralogisch-petrographische Notizen aus Siebenbürgen. Cölestin. — Glaubersalz. — Steinsalz. — Adular. — Einschlüsse des Repser Basalttuffes. — Gesteine und Minerale des Csicsöberges. — Eläolith und Sodalith von Ditro. (Aus einer im Februar 1877 der ung. Akad. d. Wissensch. vorgelegten Abhandlung.) Von Prof. Dr. A. Koch in Klausenburg. 1. Neue Fundorte des Cölestin in Siebenbürgen. Der Cölestin wird in Ackner’s „Mineralogie Siebenbürgens“ S. 153 bestimmt blos von einem Fundorte erwähnt, und dieser ist Dobring (Reussmarkter St.), wo das Mineral faserig in Gypslagern vor- kömmt. Belegstücke dieses Vorkommens habe ich in keiner Sammlung gesehen. Bei Kl. Kapus (Koloscher Gesp.), welches Ackner als wahr- scheinlichen Fundort angibt, konnte ich keinen auffinden. Im vergangenen Jahre lernte ich in der Nähe Klausenburgs zwei neue Vorkommen kennen, der eine Fundort befindet sich bei dem Dorfe Bäcs nächst Klausenburg, in der sogenannten „Bäcsi torok“ (Bäeser Schlucht), in deren Steinbrüchen das Mineral ziemlich häufig ist, und wo es mein Schüler, Herr M. Töth entdeckte; der andere Fundort ist bei Gyalu der Berg Namens Szölöalja, wo mein Assistent, Herr A. Kürthy einige Stücke an der Oberfläche fand. Die näheren Umstände des Vorkommens am letzteren Orte sind unbe- kannt; die abgerundeten Stücke lagen am Rücken des Berges unter den unzähligen Versteinerungen von Nummulites perforata, Ostreen und Gryphaea Eszterhäzyi Pav., es ist also wahrscheinlich, dass der Cölestin hier in der Nummulitenbreccie mit rothem Thon-Bindemittel schmale Gänge bildet. Die gefundenen Stücke sind stängelig-faserig, durch die Sonne gebleicht, bläulich weiss, und an der Oberfläche haftet noch rother Thon. Die Fasern sind 6 Cm. lang, das wäre also auch die Breite des Ganges, von welchem das Stück stammt. Den Cölestirfundort bei Bäcs hingegen untersuchte ich eingehend und sammelte reiches Material zur genaueren Prüfung des Minerals. Ich will die Resultate meiner Untersuchung kurz mittheilen. Mineralogische Mittheilungen 1877. 4. Heft. (Koch.) 318 A. Koch. [2] Umstände des Vorkommens des Bäcser Cölestin. Der Cölestin findet sich in zwei Steinbrüchen der Bäcser Schlucht, im ersten wenig, im zweiten ziemlich viel. Eine Skizze des zweiten Steinbruches (Taf. 13, Fig. 1) stellt das Vorkommen genau dar. 1. Alluvialer und diluvialer Schutt, d. i. gelber Mergelschlamm, erfüllt mit erdigen Stücken von Grobkalk 1—2 Meter 2. Darunter an der linken Seite des Steinbruches tafelig - schieferiger Ostreakalk mit Ostr. multicostata, Vulsella legumen, Anomya tenuistriata . 1-2 „ 3. Gelblichbrauner Tegel mit hellen bläulichgrauen Zwischenschichten . . eh 4. Hell bläulichgrauer, sehr zerklüfteter Tegel, durch welchen der Cölestingang (<—y) streicht . R A 5. Dicktafeliger und bankiger Grobkalk (Eoeän). Der Cölestingang («—y), wie in der Skizze ersichtlich, streicht quer durch die Schichtung des Tegels und nimmt abwärts immer mehr eine verticale Richtung. Sowohl abwärts als auch aufwärts lässt sich aber die Auskeilung des Ganges verfolgen, so dass die ganze vertikale Ausdehnung kaum mehr als 3 Meter beträgt. Der Gang gabelt sich ferner in seinem Verlauf mehrmal, indem der Tegel sich zwischen beiden Zweigen einschiebt, und diese sich bald wieder vereinigen. Die grösste Breite des Ganges beträgt nicht mehr als 25 Mm. Etwa 30 Decim. weiter verlauft ein zweiter, noch dünnerer Gang parallel mit dem Hauptgange, keilt sich aber bald papierdünn aus. Beide Cölestingänge werden von Krystallgruppen und verästelten Nachahmungs- gestalten des Gyps begleitet (in der Skizze durch schwarze Punkte bezeichnet), welche beiderseits an die Flächen der Gänge sich an- schmiegen. Der Tegel ist ferner in der Nähe der Gänge erfüllt mit Limonitnestern, dessen innerster Kern oft noch aus Pyrit besteht, und diese sind sphaeroradial durch Gypskrystalle umgeben. Der Cölestin- gang reicht aus dem bläulichgrauen Tegel in den hangenden braunen Tegel hinein, wodurch man genau bemerken kann, dass der Gang eine kleine Verwerfungsspalte ausfüllt, deren Länge etwa 30 Cm. beträgt. Die oberhalb des Cölestinganges befindliche Tegelmasse gleitete in der Richtung des Pfeiles hinab, wie es deutlich auch an der Structur des Ganges zu sehen ist. Die Structur des Cölestinganges. Die grösste Breite des Ganges beträgt 25 Mm., doch bekommt man die meisten Stücke mit 10 bis 20 Mm. Dicke. Die Structur ist grobfaserig bis stängelig, hie und da bemerkt man auch Spaltungsflächen nach der Richtung der Fasern (nach Po). Viel vollkommener aber ist die Spaltungsrichtung senk- recht auf die Fasern, wodurch man kleine, glänzend glatte Flächen erhält. Da dies die Hauptspaltungsrichtung (o Po nach Naumann) ist, so ist es klar, dass die Fasern als nach der Makrodiagonale sehr verlängerte, unvollständige Krystalle betrachtet werden müssen. Die Fasern stehen in Folge der Verwerfung grösstentheils schief und ge- krümmt auf der Oberfläche des Ganges. In der Mitte entlang zieht sich eine papierdünne Schichte von rostbraunem Limonit, dies ist die [3] Mineralogisch - petrographische Notizen aus Siebenbürgen. 319 Medianebene, wo die von den Kluftflächen beginnenden Cölestinfasern zusammenstiessen. In dickeren Partieen des Ganges befindet sich gewöhnlich noch eine Tegelschichte in der Mitte. An beiden Flächen des Ganges begrenzen wieder papierdünne braune Limonitschichtchen den faserigen Cölestin und auf diesen sitzen dann dünne Schichten von Cölestin-Kryställchen. Die Farbe des faserigen Cölestins ist smalte- oder weisslichblau, gegen die Aussenflächen des Ganges übergeht sie oft in’s röthlichweisse in Folge von etwas Eisenoxyd-Gehalt. Die Cölestin-Kryställchen sind in zwei Schichtchen auf die Aussenflächen des Ganges angewachsen. Die untere Schichte besteht aus bläulichgrauen oder weingelblichen, fettglänzenden Kryställchen, welche ohne Ausnahme mit der Fläche © P> (100) aufgewachsen, und parallel neben einander gelagert sind. Die Kryställchen sind also mit den, die Unterlage bildenden unvollständigen Krystallen (Fasern) in paralleler Stellung. Die Grösse der Krystalltäfelchen beträgt gewöhnlich nur 1 Mm. in der Länge und !/,—"/, Mm. in der Breite, es finden sich aber auch 6—12 [_]Mm. grosse Täfelchen. An den dünnsten Stellen des Ganges bekam ich ein 16 []Mm. grosses Täfelchen, an welchem die Kantenwinkel mittelst Anlegegoniometer gemessen wurden. Auf dieser unteren Krystallschichte folgt eine, oft unterbrochene zweite Schichte, welche aus graulichen oder gelblichweissen, manchmal mit Eisenoxydhydrat überzogenen, weniger gut ausgebildeten Kryställ- chen besteht, deren Flächen ausgefressen und matt, und die meistens zu rundlichen Gruppen verwachsen sind. Diese Kryställchen und Kry- stallgruppen haften weniger fest an der unteren Schichte und können leichter ausgelöst werden. Einzeln zerstreute, besser ausgebildete Kry- ställchen sind mit der Fläche P2 (210) oder P> (101) schwach angewachsen und können beinahe unversehrt abgelöst werden. Diese zweite Schichte von Cölestinkryställchen bildete sich wahrscheinlich hineinragend in den Tegel, da ich einzelne, ganz freie Kryställchen aus dem daran heftenden Tegel wirklich herausschlemmte. Die Kryställchen zeigen die einfachsten Combinationen des Cöle- stins. Nach der Aufstellung Naumann’s ist an ihnen ausgebildet: oP» (100); P2 (210) und P> (101). Dies bestätigen die mit dem Anlegegoniometer erzielten Winkelwerthe: 101: 100 ergab 127° bis 129°, im Mittel 128° (genau 127° 35‘) BRAD: 1380 504,5 12 AN 9 1409. 71400362): Die allgemeine Form betreffend sind die Kryställchen dünne Tafeln, wenn die 100 Flächen stark entwickelt sind, oder sargähnlich, wenn die Flächen 210 und 101 besser ausgebildet sind, oder endlich tafelig-säulenförmig, wenn sie nach der Brachydiagonale verlängert sind. Sehr häufig ist die treppenförmig parallele Verwachsung und An- einanderlagerung. Das specifische Gewicht des faserigen Cölestins fand ich zu 3'968, jenes der Kryställchen aber nur 2:78. Das kleinere Gewicht der letz- teren weist darauf hin, dass das Material nicht ganz rein war, wahr- scheinlich waren winzige Gypskryställchen untermengt. 320 A. Koch. [4] Chemische Zusammensetzung des faserigen Oölestins. Es wurde zur Analyse 0'9511 Grm. Cölestinpulver genommen und folgendes Resultat erzielt: SO: une » 43'476 SrO . 53769 CHOR re 1'682 BON ee 0210 Glühverlust - » » » - 0'420 99-557 Bildung des Bäcser Cölestins. Die Bildung lässt sich aus den genauen Umständen des Vorkommens ziemlich gut erklären. In dem , mit Eisenkies-Knollen erfüllten eocänen Tegel bildeten sich in Folge der Hebung Risse und Klüfte, worauf die circulirenden C02- haltigen Grundwässer ihre Einwirkung beginnen konnten. Die CO?-hal- tigen Wässer lösten den Kalk und auch die Strontia, welche wahr- scheinlich im Tegel und im Grobkalk selbst als einfach kohlensaure Verbindung fein vertheilt war; zugleich zersetzte sich durch Einwir- kung der Atmosphärilien der Eisenkies und es bildete sich einerseits pseudomorphes Brauneisenerz, andererseits H/?SO*, welche sich sogleich mit dem Ca und Sr verband und CO? frei machte. Wegen der Un- löslichkeit des SrS$0* ist es aber noch wahrscheinlicher, dass die Klüfte auf diese Weise zuerst mit faserigem Gyps angefüllt wurden, und dass erst nach der Verwerfung, welche die weichen Gypsfasern krümmen konnte, SrCO° in Lösung durch die Gypsgänge sickerte, und somit der Gyps durch wechselseitige Zersetzung allmälig in Cölestin umge- wandelt wurde. Dafür würde auch der ganze Kalkgehalt des Cölestins sprechen. 2. Auswitterungen von 6Glaubersalz und glaubersalzhältige Wässer bei Klausenburg. Als ich im Frühjahre des verflossenen Jahres eine Excursion in das Kajäntöer Thal, auf den Berg Szt. György und auf die Szenafüvek (Heuwiesen) machte, fiel mir an unzähligen Stellen, meistens an kahlen Gehängen und in Vertiefungen, an den Rändern der vielen Pfützen und Tümpel, ja sogar am Ufer und an den Geröllen des Kajäntoer Baches, eine rein weisse Salzauswitterung auf, aus welcher man auf den reichen Salzgehalt jener Wässer schliessen kann. Für den ersten Augenblick ist man geneigt, diese Auswitterung für Kochsalz zu halten, da thatsächlich der sogenannte Salzthon, welcher nämlich die Sieben- bürgischen Salzlager in sich birgt, hier den Grund bildet, und ganz nahe, bei Szanosfalva, wirklich Salzquellen vorhanden sind. Der Geschmack des Salzes ist anfangs der des Kochsalzes, doch etwas kühlend, der Nachgeschmack aber ist bitter, wodurch die Möglichkeit des Kochsalzes sogleich ausgeschlossen wurde. Ich sammelte eine genügende Menge des Salzes, und indem ich es zu Hause auskrystal- lisiren liess, bekam ich sehr schöne gelblich durchsichtige, fächenreiche, tafelige Krystalle, deren grösster 3 Cm. lang, 2 Cm. breit und 5 Mm. [5] Mineralogisch - petrographische Notizen aus Siebenbürgen. 321 dick wurde. An der Luft verloren die Krystalle sogleich Krystallwasser und es bildete sich ein weisser Pulverüberzug an ihnen. Der Geschmack und die Form dieses Salzes liess sogleich auf Glaubersalz schliessen, was auch durch eine Analyse bestätigt wurde. Die Form der Krystalle weicht von den bisher bekannten Formen des Glaubersalzes nicht ab. Es sind folgende Flächen an ihnen aus- Bebildet:) 0 = P (INN); = —P (111); = — 1,P (112); = —1,P(112; p= »P(10); g= Po (011); r = —Po (101); — = „Po (102); a = ©P> (100); b= P» (010); c = oP (001). Die Krystalle sind nach den Flächen 001 minder oder mehr tafelig, und die in der Lösung freistehende Seite stets besser ausgebildet. Die allgemeine Form ist entweder hexagonal tafelig durch proportio- nirte und herrschende Ausbildung der Flächen 110 und 100, oder sie ist eine nach der Orthodiagonale verlängerte Tafelform. Die chemische Analyse des Salzes ergab folgendes Resultat: Im ausgeglühten Salze Im Krystallsalze Krystallwasser aus dem Glühverlust nach zwei Bestimmungen » » + een . 56:46 In 0:1975 Grm. In 0'8565 Grm. Cl » . 00006 Grm. — 0:30 Proc. 043 CaO0 - — 0'0019 Grm. W228 0:10 MgO - — 00150." , THAN, 0:76 S0°17: =: 0.4789 „ DIOZAE 2435 a AT, 2.1819 | 08536 Grm. 99:96 Proc. 99:99 Wenn man aus diesen Bestandtheilen die Salze construiren wollte, so könnte man am wahrscheinlichsten folgende Gruppirung annehmen: CiNa + CaSO%, 2H?0O + MgSO%, 7H?O + Na?SO*, 10H?°O, und wenn man obige Werthe darnach umrechnet, so bekommen wir folgende Procente dieser Salze: ONE Re Er 0227 PTOC. SL 7 EL N I IUISO N ZERO. rad, NSOFL0H:0 207 39182 N, wobei noch restiren: NEO NNLERNER 040 , SEN) RS RE Re 3:94 Der Rest des Na?O ist Fehler der Analyse, der Rest des H?O aber kommt auf das durch die Krystalle mechanisch gebundene Wasser (d. i. Einschlüsse und anhaftende Feuchtigkeit). 1) Siehe Rammelsberg, Handb. d. krystallogr. Chemie, pag. 84, Fig. 97 u. 98. Mineralogische Mittheilungen, 1877. 4 Heft, (Koch.) 43 A. Koch. [6] SB) 19) 189) Aus diesen Resultaten geht hervor, dass das auswitternde Salz unreines Glaubersalz sei. Was die Menge dieses auswitternden Glaubersalzes betrifft, so ist selbe, wenn wir den grossen Flächencomplex betrachten, auf dessen unzähligen Stellen das Salz dicht auszuwittern pflegt, sehr bedeutend zu nennen, und gewiss könnte man an mehreren Stellen durch Graben eines seichten Brunnens oder eines Beckens das glaubersalzhältige Wasser einsammeln und für Heilzwecke, besonders als Bäder benutzen. Sehr wahrscheinlich ist auch das Wasser des Nadas-Flusses reich an Glaubersalz und verdankt demselben die Heilwirkung, welche man dem- selben als Badewasser zuschreibt. Was endlich die Bildungsverhältnisse dieses Glaubersalzes betrifft, so meine ich, dass es — ausgenommen das OINa — nicht fertig im neogenen Tegel vorkomme, sondern sich allmälig und fort- während bilde Der im Tegel fein vertheilte Eisenkies und die mit den Tegelschichten wechsellagernde Quarzandesittuffe liefern die Haupt- bestandtheile, die H?50* und das Na?O, welche in Folge der langsamen Zersetzung fortwährend frei werden und sich verbinden müssen; der Ca0-, MgO- und ClNa-Gehalt des Tegels aber liefert die verunreini- genden Bestandtheile. Jedenfalls kann aber das Glaubersalz auch dadurch entstehen, dass H?SO*, welche durch Zersetzung des Pyrites frei wird, auf das OINa des Salztegels einwirkt und sich mit dem Na zu Glau- bersalz verbindet. ‘Vielleicht bildet sich auf beiden Wegen fortwäh- rend Glaubersalz und ist somit Ursache, warum der neogene Tegel durch die Grundwässer nicht schon längst ausgelaugt ist. 3. Krystallotektonik eines Steinsalz-Vorkommens von Maros-Ujvär. Im verflossenen Jahre erhielt die Mineralsammlung des sieben- bürgischen Museum-Vereines von Herrn Salinenverwalter Franz Juchö in Maros-Ujvär eine prachtvolle Krystallgruppe von neugebildetem Stein- salz, an welchen die bisher sogenannte unvollständige Ausbildung, nach A. Sadebeck') die krystallotektonischen Verhältnisse sehr schön ent- wickelt sind. Es sei mir erlaubt, darüber kurz zu berichten. Diese Krystallgruppen bildeten sich an den Wänden eines alten, verlassenen Schachtes, indem sie die Holzverzimmerung überkrusteten. Die Oberfläche der Salzkrystalle ist oft durch Eisenoxydhydrat gelb gefärbt, das Innere ist aber stets durchscheinend, milchweiss gefärbt, und diese Farbe bemerkt man auch an den durch Wasser auf’s Neue abgeleckten Krystallen. In der ganzen ziemlich grossen Gruppe sieht man keinen einzigen vollständig ausgebildeten grösseren Würfel, diese befinden sich alle in den Stadien des Aufbaues. Die Subindividuen (jedenfalls nur zweiter Ordnung) sind ohne Unterschied kleine Würfel, und aus diesen bauen sich nach bestimmtem Gesetz die grösseren unvollständigen Würfel auf. ') Siehe in seiner „Angewandten Krystallographie“ das Capitel über Krystallo- tektonik. [7] Mineralogisch - petrographische Notizen aus Siebenbürgen. 323 Die tektonischen Axen, nach welchen die Subindividuen über einander gelagert sind, sind die trigonalen Axen, woraus folgt, dass von einem Mittelpunkte ausgehend, der Aufbau der Steinsalz-Krystalle nach acht Richtungen vorschreiten kann, und alle Fälle dieses Aufbaues wurden durch unsere Krystallgruppe prachtvoll illustrirt. Unter den verschiedenen Fällen will ich stufenweise vorschreitend die Auffallendsten und Häufigsten kurz beschreiben. 1. Die Subindividuen sind nach einer trigonalen Axe übereinander gelagert. Dadurch entstehen Streitkolben - ähnliche Gestalten, nämlich ein kürzerer oder längerer gerundeter Stiel und am Ende desselben anstatt des Knopfes ein gut ausgebildeter grösserer Würfel (Fig. 3). 2. Auf einzelnen Subindividuen solcher einfachen Aeste, wachsen Nebenäste in der Weise heraus, dass andere Subindividuen in den Richtungen der geneigten trigonalen Axen über einander lagern. Dadurch entstehen hübsche verästelte Gruppen (Fig. 4). 3. Die Subindividuen lagern sich von einem Mittelpunkte aus- gehend in den Richtungen aller 4 trigonalen Axen, jedoch blos gegen eine Seite zu über einander, wodurch ein quadratisch trichterförmiges Skelett des Sextanten eines Würfels entsteht. Die einzelnen Sub- individuen der vier trigonalen Halbaxen senden seitlich gegen einander abermals Aestchen, wodurch auch die Seiten des quadratischen Trichter- chen ausgefüllt werden (Fig. 5). 4. Die beschriebenen Trichterchen kommen in einander einge- schachtelt vor, wobei die den Trichterchen entsprechenden vollständigen Würfel abermals nach einer seitlichen trigonalen Axe aneinander gereiht sind (Fig 6). 5. Die Subindividuen lagern sich, ausgehend vom Mittelpunkte, in allen acht Richtungen der trigonalen Axen über einander, und indem sie auch seitlich Aestchen aussendend, die Ebenen des Axenskeletes ausfüllen, entstehen die längst bekannten trichterförmig vertieften Würfel, welche in einer Richtung wieder über einander gelagert erscheinen Fig. 7). % Die Subindividuen bilden nach der ersten Art über einander gelagert einen Stiel, aus welchem am einen Ende seitlich nach drei Richtungen (der geneigten trigonalen Axen) parallel neue Reihen an- wachsen und sich zu Flächen ergänzend, einem dreiblätterigen Streit- kolben ähnliche Form hervorbringen (Fig. 3). Alle diese sechs Fälle sieht man in schönsten Abänderungen und Uebergängen an der genannten Steinsalz-Krystallgruppe vertreten, und bilden selbe insgesammt die auffallend zierlichsten Formen, welche durch eine Gesammtabbildung kaum so übersichtlich dargestellt werden könnten, als durch die isolirte Vorführung der einzelnen Fälle. 4. Ueber den Adular von Verespatak. In der Mineraliensammlung des siebenbürgischen Museum-Vereines (Erdelyi Müzeum-Esylet) ist das Goldvorkommen von Verespatak durch viele, und einige recht schöne Stücke vertreten. Bei der Durchsicht dieser fielen mir an vier Exemplaren hübsche Adularkrystalle auf, und 43* 324 A. Koch. [8] besonders an der Stufe Nr. 20 fand ich sie so schön und die paragenetischen Beziehungen der damit ausgebildeten Mineralien so lehrreich und deutlich, dass ich es nicht für überflüssig erachte, eine kurze Beschreibung davon zu geben. Ueber den Adular von Veres- patak finden wir zwar mehrere Notizen in der Literatur, so z. B. von PoSepny !) und dann von Prof. J. Szabö ”), diese aber enthalten zu wenig auf diese Mittheilung bezügliches. Das Muttergestein unserer. Goldstufe ist der Quarz-Orthoklas- Trachyt des Kirnik mit kaolinisirter Grundmasse und Orthoklaskrystallen, dann mit grossen Quarzdipyramiden. Die eine Fläche wird durch eine 4 Mm. dicke Gangader bedeckt, deren Ausfüllung bilden: wasserklarer Bergkrystall, milchweisser Adular, gelblichweisse, kugelige Braunspath- gruppen, feinfädiges, moos- und blechartiges und auch theilweise krystalli- sirtes Gold und Pyritkryställchen von der Form 0 oder 0%». 02. Die an den 1—2 Mm. dicken und 4 Mm. breiten Adularkrystallen zu beobachtenden Flächen sind: T = »P (110); x = Po (101); P= oP (001); M= »P» (010). Die M.-Flächen sind sehr unter- geordnet, die x Fläche besitzt horizontal parallele Combinationsstreifen. Die Krystalle sind mit der Fläche x oder P angewachsen und nach der Fläche ©P> (101) parallel in Reihen geordnet. Die Folgenreihe der Ausbildung dieser Mineralien ist: 1. Wasserhelle Kryställchen von wenig Quarz, welche durch die übrigen Mineralien hindurchragen. 2. Adular. 3. Gerundete Krystall- gruppen von gelblichem Braunspath. 4. Gold und Pyrit neben einander. 5. Die Mineral- und Gesteins-Einschlüsse der Basalte des Persänyer Gebirges. In den Basaltstuffen und Lapilli’s des Repser Schlossberges, des Freythumes, dann der Umgebungen von Heviz und Hidegküt, sind schon vor längerer Zeit verschiedene interessante Mineral- und Gesteins-Ein- schlüsse aufgefallen. Blum beschreibt in Bronn’s und Leonhard’s Jahrb. f. Min. 1851, S. 660, einen auffallend grossen Olivinkrystall aus der Umgebung von Reps, welcher sich in der Mineralsammlung der Universität zu Heidelberg befindet. M. Ackner in seiner „Mineralogie Siebenbürgens* erwähnt Olivinkugeln, an denen man bis 4[ ]‘“ grosse Krystallflächen beobachten kann, und zählt aus den Basalttuffen des Repser Freythum’s noch folgende Mineralien auf: Leucit, Amphibol, Hyalith und schwarze Biotit-Täfelchen. G. Tschermak in seinem Werke: „Die Porphyrgesteine Oester- reichs ete.“ S. 223 bestimmte die Mineralien der Olivinbomben, an welchen oft noch Schmelzrinden und Basaltschaum anhaften, als gelbe Olivinkörner und dunkelgrünen Bronzit. Fr. Herbich beschrieb in den „Jahrbüchern des siebenb. Mus.- Vereines (Erdelyi Müzeum-Egylet evkönyvei) VI Bd., S. VII, (deutscher 1) Verhandl. der k. k. geol. Reichsanst. 1875 S. 97. ’) Földtany Közlöny (Geologischer Anzeiger) 1874 S. 210. 9 Mineralogisch -petrographische Notizen aus Siebenbürgen. 325 Auszug) aus der Umgebung von Heviz und Hidegsküt Basaltobsidian, d. i. Tachylith. Ich selbst besuchte letztere Orte im Sommer 1875 in Gesellschaft des Herrn Prof. G. vom Rath, und sammelte neues Material; ausserdem stand mir das durch Hrn. Custos Fr. Herbich eingesammelte reiche Material zur Verfügung. Die Untersuchung dieses Materiales führte zu folgenden Resultaten. a) Die Mineralien der Gesteinseinschlüsse des Ba- saltes. 1. Olivin findet sich ausser den, unwesentlichen Gemengtheil bildenden Körnern nach Herbich in Einschlüssen (Bomben) bis zu 2—3° Durchmesser. Die Farbe wechselt von gelb durch alle Grade des ölgrüns bis zu dunkelbraun. Nahe zur Oberfläche ist er gewöhnlich sehr zersetzt und bröckelig. In den Bomben findet er sich stets mit wenigen kleinen Körnern eines grasgrünen Minerales gemengt, welches ich für Omphaeit bestimmte. In den Blasenräumen des sogleich näher zu beschreibenden derben Omphacits kann man an den aufgewachsenen Olivinkörnern manchmal einzelne kleine, glänzende Krystallflächen beobachten. Nur an einem, kaum 1 Mm. breiten, zur Hälfte angewachsenen Kryställchen sah ich mehrere glänzende Flächen, deren Verhältniss zu einander wohl genau zu entnehmen ist, die Neigungswinkel aber nicht gemessen werden konnten. Ich glaube folgende Flächen beobachtet zu haben: © P& (010); oP (110); P (ill); Po (011) und oP (001). Es ist also wohl möglich, dass man bei genauer Durchforschung des Grüju Berges bei Hidegküt, von welchem Orte Herr Herbich das beschriebene Exemplar mitbrachte, auch schönere und besser ausgebildete Kryställchen bekommen würde. 2. Omphacit kommt in lichter oder dunkler grasgrünen, krystallinisch körnigen Stücken bis zur Nussgrösse, stets in Begleitung von Olivinkörnern, und seltener auch mit anderen Mineralien vor. An den grösseren Stücken kann man zwei Spaltungsrichtungen wahrnehmen, die Spaltungsflächen sind aber derart uneben und splitterig, dass ich mittelst Anlegegoniometer sehr abweichende Winkelwerthe bekam. An Dünnschliffen senkrecht auf die beiden Spaltungsrichtungen aber konnte ich leicht die regelmässigsten Spalten wählen und mittelst Mikrogonio- meter öfters messen. Ich bekam Werthe zwischen 82 und 88°, welche dem durch R. v. Drasche') gefundenen Winkelwerthe von 87° der Omphacite von Karlstätten und der Saualpe ziemlich nahe kommen. Das Mineral ist im Uebrigen stark glasglänzend, stellenweise zum Fettglanze neigend; der dem Bronzit und Enstatit eigenthümliche seidenartige Perlmutterglanz und die welligen Unebenheiten der Spaltungsflächen zeigen sich nirgends. Härte 5'5, Spec. Gew. 3'25. Ein dünner Splitter des Minerales schmolz während einer Minute in 5 Mm. Höhe der Gasflamme blos an den Ecken und Kanten, im Schmelzraume in einer Minute zeigte sich auch an den Flächen ein Schmelzüberzug, das Korn schmilzt aber nicht zur Perle, bleibt grün, 1) Ueber die mineralogische Zusammensetzung der Eklogite. Tschermak’s „Miner. Mitth.“ 1871 Heft II. S. 85—91. 326 A. Koch. [10] durchsichtig und enthält kleine Bläschen. Der Schmelzgrad ist also 2—3 nach Prof. Szabö’s Schmelzprobe. ') Das feine Pulver des Minerales stand 6 Monate lang der Salzsäure ausgesetzt, ohne zersetzt zu werden, blos etwas Fe? 03 wurde ausgezogen. Ein Dünnschliff gelang auf die beiden Spaltungsrichtungen nahezu senkrecht. (Siehe Fig. 2.) Dieser Dünnschliff ist durchsichtig, besitzt eine licht grasgrüne Farbe; die eine Spaltungsrichtung zeigt gerade, ununterbrochene und parallele Spaltenlinien, während die andere Richtung quer darauf weniger regelmässige Linien bildet. Bei Drehung des unteren Nikol’s zeigt sich schwacher Dichroismus (bläulich- und gelblich grün) ohne Lichtabsorption. Zwischen gekreuzten Nikols ist der Dünnschliff stets in solchen Stellungen dunkel, wenn die Spaltungs- richtungen quer auf die Nikolschnitte stehen, welches Verhalten auf das mono- oder triklinische System hinweist. Alle diese Eigenschaften stimmen mit jenen des Omphaeites überein und schliessen die Möglich- keit des Bronzites aus. 3. Muscheliger Augit kommt in Gesellschaft des Olivin und Omphaeit, in glasig aussehenden, pechschwarzen Körnern bis zu nuss- grossen Stücken, mit vollkommenem muscheligem Bruche vor. Härte 6°5, Spec. 3:28. Dünne Splitter davon sind durchscheinend, gelblich oder srünlich rauchgrau. In der Gasflamme schmolz es 5 Mm. hoch in einer Minute kaum, im Schmelzraume aber während einer Minute leicht zu einer bouteillegrünen, durchscheinenden Perle. Salzsäure zersetzte das Pulver auch nach längerem Digeriren nicht, blos wenig Fe? 0° wurde ausgezogen. Ein Dünnschliff verhielt sich in Allem ebenso, wie Ausit, zwischen gekreuzten Nikol’s zeigen sich prachtvolle Interferenz- farben. Aus allem dem ist es zweifellos, dass wir es mit muscheligem Augit zu thun haben und nicht mit Basaltobsidian, d. i. Tachylith, für welchen es Herr Herbich hielt. 4. Pyrop kommt in 4—10 Mm. im Durchmesser betragenden runden, im Innern sehr zerklüfteten Körnern von schöner blutrother Farbe, in Gesellschaft der obigen Mineralien vor. Die Klüfte und Spalten werden von gelber oder grüner serpentinartiger weicher Sub- stanz erfüllt. Dass es wirklich Pyrop sei, dafür sprechen alle Versuche, die ich anstellte.e Dünne Splitter schmelzen 5 Mm. hoch in der Gas- flamme kaum, im Schmelzraume aber blos zu grünlichbrauner Schlacke, nicht zur vollständigen Perle (2 Schmelzgrad Pr. Szabo’s). Lange geglüht bekommt man zuletzt eine braune glänzende, undurchsichtige Perle. Bis zur Rothgluth erhitzt, wird das Mineral grün, nimmt während dem Auskühlen eine ganz dunkle Farbe an, und übergeht allmählig wieder in das Blutroth. Mit Borax und Phosphorsalz gibt es die Reaction auf Chrom, indem die Perle eine schöne graugrüne Farbe bekömmt. Andere Mineralien fand ich in den Einschlüssen des Basaltes nicht. 1) Ueber eine neue Methode, die Feldspathe auch in Gesteinen zu bestimmen. Budapest 1876. S. 19. [11] Mineralogisch -petrographische Notizen aus Siebenbürgen. 397 b) Was ferner die Association dieser Mineralien betrifft, ist diese folgende: 1. Die Olivinkugeln (Bomben) bestehen gewöhnlich aus viel gelben, Öölgrünen bis grünlichbraunen Olivinkörnern, und wenig sehr kleinen, grasgrünen Omphacitkörnern, wozu seltener auch etwas muscheliger Augit hinzukommt. 2. Körner von Omphacit, Pyrop, Olivin und muscheligem Augit bilden zusammengemengt ein etwa faustgrosses Stück, welches Herr Herbich nur in einem einzigen Exemplar mitbrachte. 3. Am häufigsten findet man das Gemenge von Ophaeit, Olivin und muscheligem Augit, wobei die Olivinkörner (und zuweilen auch Kıyställ- chen) untergeordnet sind. Aus der Gegenwart des Omphacites und des Pyrop’s kann man schliessen, dass ausser dem Olivingestein auch Eklogitartige Ge- steinsfragmente durch die Basaltlava eingeschlossen wurden; was aber den muscheligen Augit betrifft, ist es am wahrscheinlichsten, dass derselbe sich aus dem Basaltmagma ausschied, und sich zwischen die Mineralien der eingeschlossenen älteren Gesteinsfragmente hineindrängte. Unter den Olivin-, Enstatit- und Bastithältigen Gesteinen des Alth- durchbruches ist also das Vorkommen des Eklogites, oder eines ähnlichen Gesteines sehr wahrscheinlich, wenn selbes überhaupt auf die Oberfläche gelangte, wie die übrigen. 6. Geologische Verhältnisse, Gesteine und Mineralien des Csiesöberges im Norden Siebenbürgens. Der im Szolnok-Dobokaer Comitat, NNW. von Retteg sich erhebende Csicsöberg ist seines rauhporösen und zelligen Gesteines wegen, aus welchem die Bewohner der umliegenden Ortschaften ausge- zeichnete Mühlsteine machen, in Siebenbürgen weit berühmt. In Hauer und Stache’s „Geologie Siebenbürgens“ sind die geologischen Verhältnisse dieses Berges nach dem Tagebuch von Partsch kurz beschrieben. Partsch vergleicht das Gestein mit dem Verespataker Osetatye-Gestein und nennt es einen porösen-zelligen Trachyt mit eingesprengten, kleinen Quarzkörnern und Feldspathkryställchen. Dr. Stache rechnet das Gestein zu den Rhyolithen mit rauher, bims- steinartiger Grundmasse und hielt den glasigen rissigen Feldspath noch für Sanidin. Im vergangenen Sommer besuchte ich in Gesellschaft des Herrn K. Torma diesen Berg, diesen Sommer abermals, untersuchte ihn und sein Gestein eingehend und kam zu folgendem Resultate. Der Berg erhebt sich nicht aus eocänen Schichten, wie es die Uebersichtsaufnahme Siebenbürgens angibt, denn sowohl in dem ÜCsicsö- Györgyfalvaer, als auch im Läbfalvaer Thale, von wo aus ich den Berg bestieg, finden sich blos neogene Tegel-, Sand- und wenig Sandstein- Schichten, und diesen eingelagert grüne, tafelig schieferige Trachyttuffe aufgeschlossen. Selbst die eruptive Masse des Berges erhebt sich aus 328 A. Koch. [12] der Hülle ähnlicher grüner Trachyttuffe, welche gegen das massige Gestein vorherrschend sind. Diesen grünen Trachyttuff bezeichneten die Wiener Geologen mit dem ungarischen Namen. „Palla* (richtig geschrieben; pala) was freilich hier zu Lande ein allgemeiner Audruck ist, da man nicht blos dieses, son- dern ein jedes schieferiges Gestein „pala“ nennt und damit blos die Struk- tur bezeichnet. Das Verhältniss dieses grünen Tuffes zu der Salzformation, und zu den neogenen Schichten überhaupt haben die Wiener Geologen richtig hervorgehoben, aber die Beziehung zu irgend einem eruptiven Gestein nicht bestimmt ausgesprochen. Am Csicsöberge sieht man nun ganz deutlich und klar, dass diese Tuffe und der eruptive Trachyt des Berges zusammengehören und die Produkte gemeinsamer submariner Eruptionen sind. Der zellig poröse verwitterte, rhyolitische Trachyt bildet den Kern des Berges, aber man sieht auch deutlich, dass massige Lager, oder vielmehr Ströme davon mit Schichten eruptiver Breccie und der erwähnten Tuffe wechsellagern, stellenweise alle diese Gesteine durcheinander geworfen sind. Der eruptive Trachyt schliesst ferner aus den ringsum liegenden neogenen Schichten, Sandstein- und Thonbrocken, ferner auch Stücke seines eigenen Tuffes in grosser Menge ein. Alle diese Umstände weisen darauf hin, dass wir es hier mit einem Strato- Trachytvulkan zu thun haben, welcher aus dem neogenen Meere sich erhebend, lange Zeit hindurch thätig war und somit in seiner Umgebung allmählig viele Eruptionsprodukte zur Ablagerung kamen. Solche Trachyt- vulkane mussten entlang dem westlichen Rande des siebenbürgischen Reckens in der neogenen Zeit an vielen Punkten thätig sein, denn überall findet man hier inmitten der neogenen Schichten ähnlich zu- sammengesetzte Tuffe und Breccien und nicht selten bis kopfgrosse, gerundete Blöcke des Csicsoer-Trachytes, welche aus den Trachyt- conglomeraten stammen. Ausser dem Üsicsöberg kenne ich noch keinen Ort, wo das eruptive Gestein aus der Hülle seiner deuterogenen Bildungen hervortritt; aber zwischen Dees und Klausenburg sind die Formen der aus den grünen Tuffen und Breceien bestehenden Berge oft so auffallend, dass man auf einen festen Kern schliessen könnte. So z. B. die bei Sölyomkö sich erhebende steile Kuppe und mehrere andere gegen Dees zu. In der nächsten Umgebung von Klausenburg ist der hieher gehörige Trachyttuff so häufig, dass man die tafeligen Schichten desselben als Baustein gewinnt. Weiter am Rande des siebenbürgischen Beckens aber glaube ich den Sätor Berg bei Sztöjka- falva, den Värhegy bei Mojgräd und den Köveshegy zwischen Gyerö- Väsärhely und Kis-Kapus hieher rechnen zu können. Am östlichen Rande des Beckens kenne ich keine Eruptionsstelle dieses Trachytes ; aber auch hier findet man die grünen Tuffe desselben, welche nach Dr. Herbich’s Beobachtungen den neogenen Schichten entsprechend unter den sarmatischen Schichten liegen und älter sind, als die groben Breecien und Oonglomerate des Hargita Gebirges, welche der sarmatischen und theilweise sogar der pontischen Stufe angehören. Das geologische Alter der Eruption des Csicsöberges lässt sich genau bestimmen. Südöstlich vom Berge findet man nämlich entlang des Csicsö-Hagymäser Baches eine untere und eine obere Ablagerung [13] Mineralogisch - petrographische Notizen aus Siebenbürgen. 399 von diesen grünen Tuffen, dazwischen thonige und mergelige Schichten mit ziemlich vielen neogen marinen Versteinerungen, von welchen ich etwa 40 Arten genau bestimmte '), und aus welchen hervorgeht, dass die Schichten der zweiten mediterranen Stufe angehören. Bei Klausen- burg am Berge Höja und im Bekai Bache sind die Tuffe zwischen Tegel- und Thonmergelschichten gelagert, welche in grosser Menge Foraminiferen des Badener Tegels enthalten. Dazu gerechnet die Beobachtungen Dr. Herbich’s in Ostsiebenbürgen, kann man also den Beginn der Eruption dieses Trachytes auf den Anfang der zweiten mediterranen Stufe setzen und die Dauer der Thätigkeit bis zur sarmatischen Stufe verfolgen. Ich übergehe nun zur Beschreibung des Osicsö-Trachytes und der darin vorkommenden Mineralien. Der rhyolitische Trachyt ist grösstentheils Beudant’s sogenannter Mühlsteinporphyr mit der bezeichnenden rauhporös- und zellig schlackigen Textur, welche hier sicherlich eine Folge der Verwitterung und theil- weise einer Umwandlung ist. Es finden sich aber auch noch frische, unveränderte Gesteinskerne darin, welche den ursprünglichen normalen Zustand des Trachytes anzeigen. Diese frischen Trachytkerne haben eine dunkelgraue, sehr dichte, perlitisch glänzende Grundmasse, aus welcher porphyrisch ausgeschieden sind: wasserhelle, glasglänzende, rissige Feldspathkryställchen (Andesin), kleinere und grössere Quarzkörner oder auch Krystalle, und glänzend schwarze, oft hexagonale Biotitblättchen. Der Feldspath ist keineswegs Sanidin, sondern ein der Oligoklas-Reihe nahe stehender Andesin, die Prüfung nach Professor Szabo’s Methode, eine theilweise quantitative Analyse und auch die Zersetzungsprodukte weisen sicher darauf hin. Das geringe spec. Gew. — 2:51l — des Gesteines weist auf einen grossen Kieselgehalt hin. Unter dem» Mikroskop sieht man bei schwacher Vergrösserung eine wasserklare Grundmasse erfüllt mit kreisförmig gruppirtem, braunen Staube und welligen schwarzen Streifen, welche stellenweise eine deutliche Fluidalstruktur erzeugen. Bei etwa 400facher Vergrösserung löst sich dieser Staub in dunkle Opaecitpunkte und Flecken, in trichit- artige Krystallit - Gebilde, endlich in Luftporen und wurmartig ge- wundene Canälchen auf. Im polarisirten Licht zeigte die Basis Aggregatpolarisation, indem sie ein Aggregat von sehr kleinen, abwechselnd dunkeln und hellen bläulichen Körnern bildet; wirklich apolares Glas bemerkte ich wenig dazwischen. Ausgeschieden sieht man in dieser Basis: «) scharf abgegrenzte Krystallschnitte des wasserhellen Quarz, b) ebenfalls wasserhelle, regel- mässige Plagioklas-Schnitte mit parallelen Spaltungsrichtungen und ec) weniger regelmässige Biotit-Schnitte. Magnetit und Amphibol bemerkte ich in meinem Dünnschliff nicht. Das Gestein ist somit ein Quarz-Biotit-Andesit inrhyoliti- scher Modifikation. 1) Das Verzeichniss dieser Arten gedenke ich nächstens in einer besonderen Studie über die Tertiärbildungen Siebenbürgens mitzutheilen. Mineralogische Mittheilungen. 1877. 4. Heft. (Koch.) 44 330 A. Koch. [14] An den Rändern dieser unveränderten, frischen Andesitkerne kann man stufenweise die einzelnen Momente des Verwitterungsprocesses verfolgen, in Folge dessen das Gestein seinen fettigen Glanz verlor, eine hell aschgraue, durch Eisenrost gefleckte Farbe bekam, und allmählig die rauh-poröse-zellige Textur erlangte. Die Auswitterungs- höhlen variiren von den kleinsten Poren angefangen bis zu faustgrossen Höhlungen; am häufigsten sind die bis haselnussgrossen Zellen. Die Zellen und Höhlungen sind erfüllt mit einem rostgelben, thonigen Pulver, in welchem freie Biotitblättchen, Quarz-Kryställchen und Andesin-Krystallgruppen eingebettet sind, theilweise aber noch an den Wänden der Höhlung haften. Die Wände dieser Höhlungen sind mit einer dünnen Schichte von traubigem, aschgrauen Chalcedon oder Hyalit überzogen, und auf dieser Schichte findet man häufig kleine Heulandit-Kryställchen in Gruppen angewachsen. Die eingeschlossenen Sandsteinbrocken sind gewöhnlich von menilitischem Opal durch- drungen, die Tegel- und Mergelbrocken aber grösstentheils in Horn- stein umgewandelt. Endlich findet sich auch etwas Obsidian in kleinen rissigen Körnern und Adern fest mit dem Gestein verschmolzen, welchen bereits Ackner in seiner „Mineralogie Siebenbürgens* erwähnt. Ich will die hier aufgezählten krystallisirten Mineralien etwas genauer beschreiben. 1. Andesin in milchweissen durchscheinenden, mehr oder minder glänzenden, tafeligen Kryställchen und häufiger noch zu Gruppen ver- wachsen, kommt ziemlich häufig in den Höhlungen vor. Die grössten erreichen bis 6 [_] Mm. Grösse, gewöhnlich sind sie aber bedeutend kleiner. Die Flächen sind wohl ausgebildet, doch nicht glänzend genug, um mit dem Reflexionsgoniometer gemessen werden zu können. Ich beobachtete an ihnen: M = «Po (00; y=23P» (201); Pr== "DB (001): N 08 a T =P, (110), 79 ps I). 1 = SP, (110), WARS H0N: 2 = ©,'P3 (310); 5, = =B'3'(310),. ° on 2.02 Die Kryställchen sind nach den Flächen M mehr oder minder tafelig ausgebildet. Einfache Krystalle kommen gar nicht vor, blos Zwillinge, und zwar nach folgenden zwei Gesetzen verwachsen: 1. Zwillingsaxe die Normale. Nach diesem Gesetze entstehen den Karlsbader Zwillingen ähnliche Verwachsungen. Kommt sehr häufig vor. 2. Zwillingsflächke M, Zwillingsaxe die Normale darauf. Nach diesem Gestze sind die Krystalle polysynthetisch verwachsen, was sich durch parallele Riefen auf der Fläche P verräth. Behufs einer chemischen Analyse wurden möglichst reine Kryställ- chen genommen, wobei aber doch nicht vermieden werden konnte, dass [15] Mineralogisch - petrographische Notizen aus Siebenbürgen. 331 etwas Quarz eingewachsen mitanalysirt wurde. 0'3651 Gr. davon ergab folgendes Resultat: (0) OR 2. .’61-62 32:86 ABOR 2 e 2 2847 11.87 DR. 572 2:49), 1, Na2O0 (Differenz) - 631 Les) Glühverlust - - - - 0:88 O:Proportion Si0? .: AR0? : RO He : BEN EAN 4AD Unser Feldspath steht also sehr nahe der Zusammensetzung des typischen Andesins, indem die grössere Menge der Si0?, wie erwähnt, wahrscheinlich von etwas freiem Quarze herrührt. ‘ Das spec. Gewicht konnte der geringen Menge wegen nicht genau ermittelt werden. 2. Der Quarz kommt in ringsum ausgebildeten Kryställchen vor, an welchen ausser den Flächen P untergeordnet auch P entwickelt ist. Die Krystalle sind trübe, milchweiss, durchscheinend, rissig; die Kanten sind zwar etwas gerundet, aber nicht in dem Maasse, wie jene des Verespataker Kirnik-Trachytes. Es finden sich aber auch ganz durchsichtige, wasserhelle oder gelbliche, scharfkantige Kryställchen. Die grössten erreichen die Höhe von 5Mm. bei einer Breite von 4 Mm. 3. Heulandit kommt in höchstens 1 Kub. Mm. grossen Kryställchen vor, welche durchscheinend sind, stark glänzende Flächen und eine bläulich oder grünlich graue Farbe besitzen. Oft sieht man den Perlmutterglanz der Flächen ©P> (010). Bei schwachem Drucke theilen sich die Kryställchen nach ©P> (010) in dünne Blätter. In der Gasflamme wurden sie nahe der Rothglühhitze dunkel, bei stärkerem Erhitzen blätterten sie sich und blähten sich stark auf, schmolzen zu einem weissen Email, nach längerem Erhitzen aber zur durchsichtigen Perle, wobei die Flamme die röthlichgelbe Farbe des Ca zeigte. An den Kryställchen beobachtete ich folgende Flächen: De=120P (00) N = Po (100); 12 223.007, D= Po (101); HZERSP.(221). Nach allem dem glaube ich das Mineral sicher erkannt zu haben. Ausser den Kryställchen sieht man auch graugelbliche, brombeeren- ähnliche Kügelchen einzeln aufgewachsen, welche ebenfalls demselben Zeolithe angehören dürften. Aus dem Vorkommen dieser Mineralien lässt sich nun bestimmt behaupten, dass der rauhporöse-zellige Quarzandesit diese Textur nur in Folge der Verwitterung erlangte und diese sich nicht schon bei der Erstarrung bildete. Der Verwitterungsakt wirkte am meisten an solchen Stellen, wo der Andesit und Quarz in grösseren Krystallen und am dichtesten ausgeschieden war. Die felsitische Grundmasse sammt den 44* 332 A. Koch. [16] kleineren Andesinkryställchen wurden allmählig zersetzt und in Folge dessen wurde einerseits freie SiO? in Form von Chalcedon und Hyalith ausgeschieden, welche die Wände der Höhlungen bekleidete und die Einschlüsse durchdrang; andererseits wurde ein Kalkzeolith abgesetzt und es blieb Kaolin mit Eisenoxydhydrat zurück, welche jetzt die Höh- lungen locker ausfüllen, und in welchen jetzt die von der Verwitterung verschonten Quarz- und Andesinkrystalle frei eingebettet sind oder hineinragen. Was die mineralische Zusammensetzung der mit diesen rhyolithi- schen Quarzandesiten verbundenen grünen Tuffe anbelangt, so bestehen diese, wo immer ich sie bisher untersuchte, aus eckigen Bruchstücken von herrschendem Quarz, untergeordneten Andesin und häufigen kleinen schwarzen Biotitblättchen, welche in einer grünlichen, bläulichen oder auch weisslich grauen, kaolinartigen Grundmasse eingebettet sind. Herr Herbich brachte aus dem Persänyer Gebirge solche Quarzandesittuffe, in welchen man spärlich ganz kleine Sphaerulitkügelchen bemerkt, und welche analysirt bei 72°), 830? Gehalt ergaben. Wahrscheinlich sind alle diese Tuffe so sauer, worauf auch schon das auffallend geringe Gewicht des Gesteines hinweist. Bemerkenswerth ist noch, dass sowohl in diesen Quarzandesit- Tuffen selbst, als auch in den Contaktschichten, besonders im neogenen Sandstein, die sicheren Spuren von 8iO0? Ausscheidung sich zeigen, indem die Tuffe oft grössere Nester von Menilith und Hyalith enthalten, der neogene Sandstein aber, auch in der Nähe Klausenburg, bis 2—3‘ weit weg von amorpher Si0? durchdrungen, also opalisirtt wurde. Es ist kaum zu bezweifeln, dass der sich fortwährend zersetzende Andesin des Tuffes die 8i0? liefert. Dieser opalisirte Sandstein diente dem prähistorischen Menschen des nordw. Siebenbürgens als Werkzeugsmate- rial, indem in den Koloser und Szolnok-Dobokaer Comitaten eine grosse Menge Messer und Splitter davon, mit geschliffenen Steinwerkzeugen zusammen gefunden werden. 7. Ueber den Eläolith und Sodalith von Ditrö. Im Sommer 1875 besuchte ich in Gesellschaft des Herrn Professors G. vom Rath den durch seine prachtvollen Gesteine wohlbekannten Syenitstock von Ditrö, und sammelte unter Andern bis faustgrosse Eläolithbrocken. Zugleich beobachteten wir‘), dass Eläolith und Sodalith in den dortigen Gesteinen sich gewissermassen ergänzen, indem der Eläolith in grosser Menge allein den Hauptgemengtheil des Miascites oder Eläolith-Syenites, der Sodalith aber neben Eläolith den- selben des Ditroites (Sodalith-Syenit) bilden, in welch’ Letzterem je mehr Sodalith vorhanden ist, desto weniger Eläolith und umgekehrt. ') Siehe G. vom Rath: Das Syenitgebirge von Ditro. e. c. 1. Zwei Vorträge. Sitzungsberichte d. nied.-rhein. Ges. f. N. u. H. Kunde. Jahrg. 1875. Sep. Abdr. p. 6. i “A >. n F [117] Mineralogisch - petrographische Notizen aus Siebenbürgen, 333 Wir sammelten auch solche Diorite, in welchen die grauen oder grün- lichen Eläolith-Ausscheidungen durch blauen: Sodalith umrandet oder eingefasst sind. Aus diesen Umständen schlossen wir, dass der Soda- lith ein Umwandlungsprodukt des Eläolithes sei, hervorgebracht durch Einwirkung O2Na-hältiger Lösungen, ebenso wie Cancrinit, es ist hervor- gebracht durch die Einwirkung Ca0O°-hältiger Lösungen. Wenn dieser Schluss richtig ist, so muss die chemische Zusammensetzung des Eläolithes, Sodalith’s und Cancrinit’s von Ditro nahe übereinstimmend sein. Indem ich die vorhandenen Analysen dieser drei Mineralien zusammenstellte, zeigte es sich, dass jene des Sodalith’s und Cancrinit’s wirklich nahe übereinstimmen, die des Eläolith’s aber sehr abweicht. Sodalith. Eläolith. Canerinit. Analys. v. Fleischer.') Analys. v. Fellner?) Anal. v. Tschermak?). B,02:. 32 0501 ...38:06 5271 3W2 BIO: a 22 31:81 27:64 (Spur. v. FeO) 30°3 CaO - =»... 09 179 5-1 21 ee 0:06 Bet Na20 3. 2,.,13:28 21:22 2 san) 18:93 (R?O) — 16.07 174 Bee wur 04 485 BIAONe se. 2736 > 1:99 40 ER 0 — 52 Spec. Gew. - 2'324 2'582 242 Nach Fellners Analyse stimmt die Zusammensetzung des Eläolithes mit keiner der bekannten Nepheline, da wegen dem grossen S?O?-Gehalt die O-Proportiin = 1:3: 6'55 ist, während jene der Nepheline blos 1:345 ist. Fellner nimmt daher an, dass der Eläolith von Ditro nicht rein sei, sondern ein Gemenge aus Nephelin normaler Zusammen- setzung und aus dem, im Ditröer Miascite enthaltenen Oligoklas sei, und berechnet aus den Ö-Proportionen, dass beide Mineralien zu gleichen Theilen im Eläolithe enthalten sind. Er weist ferner durch Analyse und Berechnung nach, dass zwischen Oligoklas und Eläolith alle möglichen Gemengsübergänge vorhanden seien. Wenn dies der Fall ist, dann muss man diese Vermengung auch unter dem Mikroscope wahrnehmen können. Ich stellte Dünnschliffe aus dem möglichst reinsten Eläolithe her, welcher aus der Mitte eines nussgrossen Stückes genommen wurde. Dieser war grünlich- bis bläulichgrau, uneben bis splitterig im Bruche, fettglänzend. Stellenweise sah man das Flimmern von winzigen Spaltungsflächen und hie und da auch Einschlüsse von schwarzen, glänzenden Biotitschüppchen. Die Härte beträgt nicht ganz 6, indem es das Glas ritzte, den Adular aber nicht, 1) Abhand. d. ungar. Akad. d. Wiss. 1876, VII Bd. Nr. I. (Ertekezesek e. c.]). Deutsch publiz. in Prof. G. vom Rath’s. „Das Syenitgebirge von Ditro e. ec. 1.“ Sep. Abr. 8. 6. 2) Verhandl. d. k. k. g. Reichsanst. 1867. S. 170. °) Sitzungsber. d. k. k. Akademie d. Wiss. Wien. Bd. 44. Abth. 2.8. 134—136. 334 A. Koch. [18] Spec. Gew. 2'583. Ich muss noch erwähnen, dass auch Rosenbusch )) den Eläolith von Ditrö mikroskopisch untersuchte. Bei 30facher Vergrösserung bemerkt man zweierlei Substanzen im Dünnschliffe (Fig. 9), eine durch unregelmässige Sprünge in rundlichen Feldern getheilte wasserhelle Substanz mit wenigen Ein- schlüssen, und eine gelbliche, durchscheinende Substanz, erfüllt mit feinen staubförmigen Einschlüssen, und durchzogen von regelmässigen Spalten, welche man für Spaltungsrichtungen nehmen darf. Die wasser- helle Substanz ist gegen die Letztere sehr untergeordnet und füllt blos die Zwischenräume derselben aus. Die mit feinem Staube erfüllte gelbliche Substanz bildet im Allgemeinen Schnittformen, welche auf Prismen schliessen lassen, grenzt sich ziemlich scharf von der wasser- hellen Substanz ab und fällt besonders durch die regelmässigen Spaltungsrichtungen auf, welche quer durch die Prismenschnitte gehen und sich niemals in die wasserhelle Substanz fortsetzen. Es ist kaum zu bezweifeln, dass man es hier mit den Längsschnitten des krystalli- sirten Nephelin zu thun habe, und selten kann man sogar an den Endigungen einzelner besser abgegränzten Prismenschnitten, obgleich nur gerundet und verwischt, die Spuren von P (111) und oP (001) beobachten. (Siehe die Abbild. 9.) Auch das Verhalten im polarisirten Lichte weist mit Bestimmtheit auf Nephelin, dessen Schnitte dann besonders scharf hervortreten. Das wasserhelle Mineral zeigt lebhafte Interferenzfarben, der Nephelin erscheint blos im lichter oder dunkler blauen Lichte, bei Dunkelstellung aber fallen die Prismenschnitte alle nach ihrer Längenaxe mit einem der Nikolschnitte zusammen. Einzelne Felder des wasserhellen Minerales zeigen gewöhnlich blos eine Inter- ferenzfarbe, nur hie und da bemerkte ich auch einige von synthetischer Zwillingsbildung herrührende gebänderte Felder. Da wegen geringerer Härte des Eläolithes der Quarz ausgeschlossen ist, kann das wasserhelle Mineral blos Feldspath sein, herrschend wahrscheinlich eher Orthoklas, als Plagioklas. | Die feinen staubförmigen Einschlüsse der Nephelin- und der Feldspathsubstanz wurden bei 350facher Vergrösserung untersucht. Es zeigten sich da, in beiden gleich, unregelmässig begrenzte Höhlungen, Luftporen und wurmartig gewundene Canälchen, untergeordnet auch dunkle Opaeitkörner. Bei 600facher Vergrösserung endlich bemerkte ich ziemlich häufig Flüssigkeitseinschlüsse mit beweglicher Libelle, welche auch Zirkel?) in Eläolithen anderer Fundorte gefunden hat. Die auffallenden Einschlüsse des Biotit zeigen sich schon bei sehr schwacher Vergrösserung und sind selbe gewöhnlich in der Nephelinsubstanz, obgleich sie seltener auch in der Feldspathsubstanz nicht fehlen. Zirkel fand in den norwegischen Eläolithen Partikelchen und Kryställchen von Amphibol eingeschlossen und schreibt diesen die Ursache des eigen- thümlichen fettähnlichen Glanzes der Eläolithe zu. Im Eläolith von % Mikroskopische Physiographie der petrographisch wichtigsten Mineralien. 1873. 8. 288, E ?) Die mikroskopische Beschaffenheit der Mineralien und Gesteine. 1873. . 146, [19] Mineralogisch - petrographische Notizen aus Siebenbürgen. 335 Ditrö kann vielleicht die Verwachsung des Nephelins mit Feldspath- substanz, dann die vielen staubartigen Einschlüsse im Nephelin die Ursache davon sein, da die Biotit-Einschlüsse sehr untergeordnet sind. Die Folgerung Fellner’s also, dass im Ditröer Eläolithe Feld- spathsubstanz mit Nephelin gemengt sei, ist wirklich richtig; nur dass der von mir untersuchte Eläolith viel weniger Feldspath enthält, als jener durch Fellner analysirte, folglich ist mein Material jedenfalls reiner und muss der Zusammensetzung des reinen Nephelines näher stehen. Eine von mir durchgeführte theilweise Analyse bezeugt dies zur Genüge. Die Aufschliessung des Eläolithes geschah blos durch Salz- säure, wodurch die Feldspathsubstanz wahrscheinlich zur 50? kam und dessen Menge vermehrte. Aber trotz diesem verfehlten Verfahren bekam ich bedeutend weniger 5:0? als Fellner, welches beweist, wie unrein das Material Fellner’s . gewesen sein mag. Ich bemerke noch, dass die Alkalien direkte nicht bestimmt worden, folglich die Differenz auf sie bezogen wird. Das Resultat dieser Analyse ist: 1) N a 23:04 AR 0°, 753100 1445 BO er LO Dane 94 MON rt 048 0197 Alkalien (Differenz) 22'23 574 Glühverlust - .- - 1'99 100'00 Or-Proportion. =. 2:32 3,3%. Dieses Ergebniss steht also bedeutend näher zur Zusammensetzung des reinen Nephelines, wegen Unvollständigkeit der Analyse aber ist es nicht geeignet, die Frage zu entscheiden, ob der Sodalith aus dem Eläolith hervorgegangen sei, und leider konnte ich noch nicht dazu kommen, eine neue vollständige Analyse vorzunehmen. Zugleich untersuchte ich Dünnschliffe von Sodalith (Fig. 10.) um mich zu überzeugen, ob die mikroskopische Zusammensetzung keinen Aufschluss in Betreff dieser Frage gibt. Auch die reinsten Stellen des Sodalith sind voll von Interpositionen. Er behält an den dünnsten Stellen noch die Spur seiner blauen Farbe und grenzt sich scharf, aber unregelmässig ausgezackt, gegen die grauliche Feldspathsubstanz ab, zwischen welche der Sodalith eingebettet ist. Eine Substanz greift in die andere tief hinein, doch wird auch die Feldspathsubstanz oft in Kryställchen oder krystallinischen Körnern durch den Sodalith einge- schlossen. Die Feldspathsubstanz besteht vorherrschend aus kleineren Plagioklas-Kryställchen, welche wirr neben und durcheinander liegen und im polar. Lichte durch ihre bunten Zwillingsstreifen auffallen ; es zeigen sich aber auch einfach gefärbte Schnitte, welche auf Orthoklas hinweisen. Der Sodalith verhaltet sich zwischen gekreuzten Nikol’s in allen Stellungen dunkel. 336 A. Koch. -[20] Ausser den Feldspatheinschlüssen kommen Biotit-Einschlüsse in Form von grösseren oder kleineren, oft winzigen Fetzen, in solcher Menge vor, dass man kaum eine kleine Stelle ohne Biotit finden kann. Man sieht ferner feine, unregelmässige Risse und bei oberer Beleuchtung weisse, wolkige Flecken. Letztere erweisen sich bei 350- und 600facher Vergrösserung ganz als dieselben Gebilde, welche im Nephelin erwähnt worden sind, nämlich als Höhlungen, Luftbläschen, Canälchen und Flüssigkeitseinschlüsse. Auf Grund der mikroskopischen Untersuchung ist es also wohl möglich, dass der Sodalith wirklich aus dem Eläolith entstand; beide aber ursprünglich vielleicht Plagioklas waren, dessen 830? Ueberschuss (gegen Eläolith und Sodalith) mit ZrO? und TiO? zu Zirkon und Titanit sich vereinigte. Eine neue sorgfältige Analyse des Eläolithes dürfte diese Fragen gewiss noch entscheiden. IV. Untersuchung der Lithionglimmer von Paris, RoZena und Zinnwald. ‘Von Dr. Fritz Berwerth. Die lithiumführenden Glimmer sind wiederholt Gegenstand der chemischen Analyse gewesen. Zu einem übereinstimmenden Resultate haben aber alle angestellten Untersuchungen bisher nicht geführt, obgleich Analytiker, aus deren Händen nur anerkannt gute Arbeiten hervorgegangen sind, Mühe und Fleiss auf die Feststellung der rich- tigen Zusammensetzung der Lithionglimmer verwendet haben. Nach Klaproth wurde durch Ch. Gmelin, Turner, Kralovanzky, Regnault, in Rose’s Laboratorium durch Lohmayer und Rosa- les, Stein und in neuerer Zeit durch Rammelsberg und Cooper in Bunsen’s Laboratorium die Lösung dieser Aufgabe versucht. Die Differenzen, welche in den älteren Analysen in der Kieselsäure, Thon- erde und dem Eisengehalte hervortraten, scheinen durch die neueren Arbeiten zu schwinden, während in den Angaben über den Gehalt der Alkalien insbesondere den des Lithiums und zum Theile den des Fluor noch wesentliche Abweichungen bestehen, welche Differenzen auf den Mangel guter Trennungsmethoden zurückzuführen sind, an welchem Mangel in erster Reihe die Lithiumbestimmung in erheblicher Weise leide. Ich habe das Lithium als phosphorsaures Salz abgeschieden, da nach einer Prüfung von Fresenius diese Methode brauchbare Resultate liefert und den Methoden, das Lithium als kohlensaures oder schwefelsaures Salz und der indirecten Methode zu bestimmen, vorzu- ziehen ist. Mit welchen Mitteln den für eine quantitative Bestimmung nachtheiligen Eigenschaften des phosphorsauren® Lithiums begegnet wird und welche Vorsicht bei der Wahl der Reagentien geübt werden muss, will ich?) bei der Darstellung‘ des experimentellen Theiles aus- führen. Bis dass vollkommene Methoden gefunden werden, zählen die Lithionglimmer daher auch fernerhin zu den schwierig zerlegbaren Silicaten. Auch diesesmal verdanke ich der Güte des Herrn Prof. E. Lud- wig die Begünstigung, die Untersuchung dieser Glimmer in seinem Mineralogische Mittheilungen. 1877. 4. Heft. (Berwerth.) 45 338 Fritz Berwerth. [2] Laboratorium ausführen zu können. Das Material, welches mit grosser Sorgfalt ausgesucht und auf seine Reinheit geprüft war, wurde mir von Herrn Prof. G Tschermak, der mich zu dieser Arbeit veranlasste, übergeben. Angewandte Methoden. Gmelin Ch., Gilb. Ann. IV. 371. 1820. dto....2.dto.: Pogs.,, 11243. 189: dto-. 2... .dto..% „0. 912135241820 Hagen Robert, Pogg. Ann. XLVIH. 361. 1839. Rosales (H. Rose), Pogg. Ann. LVIII. 154. 1843. Rammelsberg, Pogg. Ann. LXXXV. 544. 1852. dto. B „ LXXXIK. 144. 1853. Diehl K., Ann. d. Chem. u. Pharm. CXXI. Januar-Heft. 93. 1862. Fresenius R., Zeitschr. f. analyt. Chem. I. 42. 1862. Schrötter, Sitz.-Ber. d. W. Ak. 2. Abth. L. Juli 1864. Da das Lithium wegen seines niederen Atomgewichtes die che- mische Formel sehr beeinflusst, so ist die möglichst genaue Bestimmung desselben in allen seinen Verbindungen der wichtigste Theil solcher Analysen, somit auch im gegenwärtigen Falle. Ich halte es daher für empfehlenswerth, die angewandten Methoden etwas eingehender, als sonst üblich, darzulegen. Die Trennung der Alkalien von der Kieselsäure, Thonerde und dem Eisengehalte wurde auf drei verschiedenen Wegen versucht. Zwei- mal wurde mit über permangansaures Kali destillirter Flusssäure auf- geschlossen, das drittemal mit kohlensaurem Natron-Kali; in der alka- lischen Aufschliessung sollte nur das Lithium gewonnen werden. Bei sämmtlichen Analysen kamen nur Platin- und Glasgefässe in An- wendung. I. In der ersten flusssauren Aufschliessung (Glimmer von Maine) wurde zur Entfernung der Schwefelsäure, Thonerde und der Eisen- spuren aus der salzsauren Lösung Baryt angewendet, um die Alkalien nach der allgemein gebräuchlichen Methode auszuscheiden. Nachdem der Barytniederschlag, bei welchem sich auch der überschüssige, mit kohlensaurem Ammon gefällte Baryt befand, mit einer für gewöhnlich genügenden Menge heissen Wassers durch Decantation und am Filter ausgewaschen worden war, hielt ich es für gut, die ausgewaschenen Barytniederschläge auf allenfalls von ihnen zurückgehaltenes Lithium vor dem Spectralapparat zu prüfen, dessen Flammenreaction im Spec- troskop bekanntlich bis auf eine Spur von ?/,000-000 Milligr. erkennbar ist. Als ich zu diesem Versuche auf einem dünnen Platindraht eine Spur des Barytniederschlages in die Bunsen’sche Flamme brachte, wurde zu meiner Ueberraschung der ganze Mantelsaum der Flamme roth gefärbt. Statt der vermutheten erst spectroskopisch erkennbaren Spur von Lithium war bei dem Barytniederschlage nach Massgabe der energischen Reaction ein Rest von Chlorlithium zurückgeblieben, dessen Menge die erlaubten Fehlergrenzen gewiss überschritt. Die Auswaschung [3] Untersuchung der Lithionglimmer von Paris, RoZena u. Zinnwald. 339 mit heissem Wasser wurde hierauf wieder begonnen und in längeren Pausen der Niederschlag auf die Anwesenheit: des Lithium geprüft. Als nach mehrtägigem fortgesetzten Aufgiessen von heissem Wasser die Lithiumreaction im Barytniederschlage nicht schwächer wurde — es waren eirca 20 Liter Waschwasser zum Durchlauf gebracht worden — stellte ich den Versuch, das Chlorlithium aus dem Barytniederschlage mittelst Wasser auszusaugen, als erfolglos ein. Die gleichen Erfah- rungen hatte auch Diehl gemacht. — Abgesehen von den nachthei- ligen Folgen so bedeutender Quantitäten Wasser für die Analyse, waren die Abdampfungsrückstände während der mehrere Tage dauernden Abdampfung in der Laboratorium-Atmosphäre sehr unrein geworden. Ich gab daher nach der gemachten Erfahrung die weitere Ausführung dieser Analyse auf und stellte die Alkalien nach Vertreibung des Chlor- ammoniums zur späteren Prüfung auf Rubidium und Cäsium bei Seite. — Während der Prüfung des Barytniederschlages im Spectroskop erschienen auch die Kaliumlinien mit schwacher Intensität regelmässig, welche bei dem fortgesetzten Waschen immer rascher aus dem Gesichts- felde schwanden; sie blieben aber nie ganz aus. Die gemachten Beobachtungen ergeben nun als Richtschnur für zukünftige Arbeiten, dass bei der Analyse der Lithionglimmer und über- haupt lithiumhaltiger Minerale der Baryt als Reagens auszuschliessen ist, sobald an die Lithiumbestimmung strenge Anforderungen gestellt werden. U. Zum andernmale wurde in der salzsauren Lösung des durch Flusssäure aufgeschlossenen Minerals die Thonerde und das Eisen durch Ammon, Mangan durch Schwefelammon, die äusserst geringen Spuren von Kalk und Magnesia durch oxals. Ammon und Quecksilberoxyd gefällt. Diese Methode hat sich zur vollständigen Gewinnung der Alka- lien, als die am meisten empfehlenswerthe gezeigt; ein Verlust an Lithium war während der Analyse nicht zu constatiren. Vorsorge muss nur bei der Fällung der Thonerde getroffen werden, da dieselbe bei dem Ausfällen ebenfalls Lithium mit niederreisst, also zu ihm ein ana- loges Verhalten zeigt, wie zur Magnesia. Ich fand, dass bei viermal wiederholter Auflösung und Fällung derselben im vierten Niederschlage sich vor dem Spectroskop nur eine ganz schwache Spur zu erkennen gibt und dass nach einer fünften Auflösung und Ausfällung aus diesem Niederschlage die letzte Spur des Lithium verschwunden ist. Dieses Verhalten der Thonerde und des Lithiums fand ich in vier Fällen constant. Die Alkalien wurden als Chloride gewogen. Die Ueberführung derselben in ein anderes Salz erwies sich als überflüssig, da ich be- weisen konnte, dass bei gut angewandten Vorsichtsmassregeln eine Gewichtzunahme durch Anziehen von Luftfeuchtigkeit, welche Eigen- schaft das Lithium vorzüglich besitzt, nicht zu befürchten ist. Diesem Uebelstande beugte ich vor, indem der noch heisse Tiegel mit den Alkalien in ein getrocknetes, im Exsiccator aufbewahrtes, luftdicht ver- schlossenes Glasfläschehen mit weiter Halsöffnung gestellt und sammt demselben gewogen wurde. Ich habe gefunden, dass die Chloralkalien, auf diese Weise geschützt, während mehrerer Stunden keine Gewicht- 45* 340 Fritz Berwerth. [4] zunahme erfahren, man also nach der gewohnheitsmässigen halbstündigen Abkühlungszeit bei der Waage keinen Fehler macht. Zweimal wog ich die Chloralkalien vierundzwanzig Stunden nach der Erhitzung, und ich fand, dass im gleichen Zeitraume die Gewichtzunahme bis in die vierte Decimale gleich war. Den Unterschied im Gewicht bei einer Wägung nach !/,® und nach 24" zeigen folgende Zahlen: !/,t nach dem Glühen gewogen —= 182'5825 Gr. Ba 5 i 4 — 182984270 5 ) Die Gewichtvermehrung betrug nach 24% somit 0:0022 Gr. Nahm ich die Wägung zwei bis drei Stunden nach dem Glühen vor, so war eine Zunahme an Gewicht nicht zu erweisen. Aus dem Vorstehenden erhellt, dass das Chlorlithium bei Abhaltung des Luftzutrittes sich zur Wägung eignet. | Nachdem in der stark eingeensten Auflösung der Chloralkalien das Kalium mit Platinchlorid niedergeschlagen worden, zeigte es sich, dass der Kalium-Platinniederschlag lithiumhaltig war. Eine Gewinnung des Lithiums daraus wurde aber nicht versucht. Im Filtrate des Kalium-Platinchlorids wurde das überschüssige Platinchlorid mittelst Wasserstoffgas reducirt, vom Platin abfiltrirt und in dieser Flüssigkeit nach Zusatz von wenig Aetznatron das Lithium mit phosphorsaurem Natron gefällt. Im Nachstehenden übergebe ich einige Beobachtungen, die ich bei der Ausführung von fünf Lithiumbestimmungen machte, und sehe ich in der Mittheilung derselben einen kleinen Beitrag über das Ver- halten der Löslichkeit des phosphorsauren Lithium. Wenn die zur Fällung vorbereitete Flüssigkeit mit phosphorsaurem Natron versetzt wurde, zeigte sich in derselben vorerst keine Veränderung. Erst nach geraumer Zeit trat während der Abdampfung auf dem Wasserbade all- mälig Trübung ein, welcher rasch eine flockige Abscheidung des phos- phorsauren Lithium folgte. Es wurde immer zur Trockne eingedampft, die rückständige Salzmasse mit einer Mischung, zu gleichen Theilen aus Ammoniak und Wasser bestehend, übergossen und zur Abschei- dung des Niederschlages zwölf Stunden stehen gelassen. Der jedesmal flockig ausgeschiedene Niederschlag wurde auf dem Filter mit Ammoniak- wasser ausgewaschen. Diese ganze Operation musste noch zweimal wiederholt werden und es stellte sich in den successive abgeschiedenen Portionen die Löslichkeit des phosphorsauren Lithiums folgender- massen dar: 0:0503 Gr. P,0,31,0. > 00148 „ % = K 0:0052 „ x Im vierten Filtrate war, nachdem es wie oben angegeben behandelt worden, nur eine sehr schwache Trübung wahrzuuehmen. Bei der zweiten Aufschliessung des Glimmer von Paris fand ich das phosphorsaure Lithium schon nach zwei Abdampfungen gänzlich ausgeschieden, und zwar in folgendem Verhältnisse: 1. Ausfällung = 0°:0799 Gr. P,0,3Li,0. 4 X —: 0.012275 A 1. Ausfällung 2 I [5] Untersuchung der Lithionglimmer von Paris, Rozena u. Zinnwald. 341 Die Prüfung des dritten Filtrates auf P,0,3Li,0 gab ein nega- tives Resultat. In der Aufschliessung des Zinnwaldit geschah die Ausfällung wieder in drei Portionen, und zwar in folgendem auffälligen Ver- hältnisse: 1. Ausfällung = 00634 Gr. P,0,3L1, 0. 2. : 00149, „ N 3, x — OLD"), 3 Man sieht aus dieser Zahlenreihe, dass aus dem zweiten Filtrate etwas mehr als die Hälfte der ganzen Menge P,0,3Li,0 in das dritte Filtrat übergegangen ist. Diese Anomalie kehrte auch bei der Ausfällung des Lithium im Roänaer Glimmer wieder. Die einzelnen Portionen schieden sich nicht annähernd im Sinne einer bestimmten Proportion ab. Diese Unregelmässigkeit in der Löslichkeit dürfte ausser in der Temperatur in der verschiedenen Menge des zugegebenen Natronsalzes zu suchen sein. In den zwei Aufschliessungen des Glim- mer von RoZena summirte sich die Gesammtmenge des P,0,3Li,0 aus folgenden Portionen: A. B. 1. Ausfällung —= 0:1202 Gr. 01060 Gr. P,0,311,0. Den — 0.0394 „ 00122 „ i PR k — 0.0136 „ 00671 ', t EEE 0:0109 „ Unter fünf Fällen verhielt sich die Löslichkeit des phosphorsauren Lithium nur zweimal gesetzmässig zu der Anzahl der Fällungen, wäh- rend in den drei anderen die Abscheidung des Niederschlages gegen die Regel stattfand. Aus den gefundenen Thatsachen geht für jetzt so viel hervor, dass eine Prüfung auf gelöstes phosphorsaures Lithium im vierten, eventuell auch fünften Filtrate vorzunehmen ist. III. Um das Lithium ohne Verlust in der fällbaren Lösung zu erhalten, wurde ein dritter Versuch angestellt. Hierbei wurde mit lithiumfreiem kohlensaurem Natron-Kali aufgeschlossen. Die mit Wasser aufgeweichte Schmelze wurde ausgewaschen und der Rückstand auf das Filter gebracht. In diesem Rückstande waren nach zwölfmaligem Aufgiessen von Wasser noch immer Spuren von Lithium zurückge- blieben. Im Filtrate wurde die Thonerde mit Ammoniak gefällt und bis zur Erhaltung der Alkalien wie im Falle II. verfahren. — Die trockenen Chloralkalien wurden in ein Kölbehen gebracht und mit absolutem Alkohol digerirt. Der Alkohol, an dessen Stelle ich zum Schlusse Aether-Alkohol anwendete, wurde zur Digestion oft erneuert. Die zusammengegossenen Filtrate wurden abgedampft und in der wäs- serigen, alkalisch gemachten Lösung wie früher das Lithium gefällt. Während der Auslaugung der Alkalien mit Alkohol brachte ich von Zeit zu Zeit eine Probe derselben vor das Spectroskop, in welchem die Lithiumlinie aber immer ungeschwächt auftrat. Da das Chlor- lithium selbst nach einer langwierigen Digestion durch einfache Lösung von dem Chlorkalium und Chlornatrium nicht zu trennen war, kann ich die hierbei erhaltene Lithiummenge nicht in Rechnung stellen. — Dieser Versuch wurde einmal am Glimmer von RoZena gemacht. 342 Fritz Berwerth. [6] IV. In der Mittheilung der Analyse des Glimmers von Juschakowa macht H. Rose die Bemerkung, dass das Natron in den Lithionglim- mern ganz gewiss in vielen Fällen übersehen worden sei. Es wird nachher aber nicht angegeben, ob Rosales, welcher diese Ana- lyse ausführte, das Natron auch wirklich in irgend einer Form zur Controle gewogen hat. Ich wage es zu behaupten, dass in vielen Ana- lysen der Natrongehalt verschwinden würde, wenn man versucht, den- selben direet nachzuweisen. . Besonders Baryt schleicht sich sehr leicht in die Lösung der Alkalien, unter denen er dann unbemerkt mittelst _ Differenz für Natron genommen wird. Im Glimmer von Rozena habe ich einmal versucht, das Natrium im Falle seiner Anwesenheit direct nachzuweisen. Durch die wirkliche Bestimmung desselben konnte ich ja auch das Resultat der Lithium- bestimmung controliren. Zu diesem Behufe setzte ich zu der Lösung, in welcher ich das Natrium bestimmen sollte, einige Tropfen Schwefelsäure. Hierbei erhielt ich einen Niederschlag von schwefelsaurem Baryt, dessen Gewicht 00105 Gr. betrug. Ich brachte diesen Niederschlag, auf Chlor- baryum umgerechnet, von der Gesammtmenge der Alkalien in Abzug. Im Filtrate dieses Niederschlages konnte ich nunmehr 00010 Gr. Rück- stand wägen, welche Menge nach einer so langwierigen Arbeit nicht als positives Resultat genommen werden kann. Indem hiermit die Ab- wesenheit des Natron im Lepidolith von RoZena constatirt ist, gewinnt zugleich die Lithiumbestimmung einen Beweis mehr für ihre Richtig- keit. Wird nämlich nach der Abscheidung des Kalium der ganze Rest des Chloralkalis auf Lithion gerechnet, so ergeben sich daraus 6°06°/,, während aus dem gewogenen phosphorsauren Lithium sich 6°16°/ ergeben. Die gute Uebereinstimmung dieser Zahlen erhöht den Werth der Lithionbestimmung. V. Auf die Fluorbestimmung wurde ebenfalls grosse Sorgfalt ver- wendet. So oft ich an einem und demselben Mineral die Fluorbestim- mung wiederholt habe, sind die Resultate immer gut übereinstimmend ausgefallen, und ist die Verlässlichkeit der angewandten Methode (Ber- zelius-Rose), welche ich kurz angebe, durch verschiedene Versuche im Laboratorium bestätigt worden. Nachdem mit kohlensaurem Natron- Kali aufgeschlossen, die alkalische Schmelze mit Wasser aufgeweicht und gut ausgewaschen war, wurde das Filtrat mit kohlensaurem Ammon versetzt und auf dem Wasserbade so lange abgedampft, bis dass letzteres ganz verflüchtigt war. Der Niederschlag wurde abfiltrirt und zum Fil- trate in einem Becherglase Chlorcaleium zugegeben. Nach zwölf Stunden brachte ich den Niederschlag auf das Filter, glühte denselben nachher und übergoss ihn dann mit Essigsäure. Nach vollständiger Eindampfung wurde der essigsaure Kalk in Wasser gelöst und das Fluorcaleium als Rückstand erhalten. VI. Zur Bestimmung der Kieselsäure, der Erden und Metalloxyde dienten die heute allgemein angewandten Methoden. Bei dem Zinn- waldit wurde einmal Thonerde und Eisenoxyd vom Mangan mit bern- steinsaurem Natron getrennt. [7] Unsersuchung der Lithionglimmer von Paris, Rozena u. Zinnwald. 343 VII. Das Wasser wurde nach E. Ludwig’s Methode durch Auf- schliessen mit entwässertem kohlensaurem Natron-Kali im ausgebauchten Platinrohre bestimmt. (Tschermak, Mineral. Mitth. V. 213. 1875.) Lepidolith von Paris, Maine, N. Am. Der Lepidolith von Paris unterscheidet sich vom Roienaer Vor- kommen bloss durch ein grösseres Korn und seine schöne Lilafarbe, welche bei dem Glimmer von RoZena eine Nuance mehr in das rothe hesitzt. Sonst gleicht er in seinem übrigen Verhalten vollkommen dem Lepidolith von Rozena. Das Endresultat der Untersuchung habe ich aus folgenden Zahlen erhalten: Fluorbestimmung: 0'9735 Gr. Subst. bei 105° C. getrockn. gaben 0°1030 Gr. Fluorcaleium, welche entsprechen 0'05017 Gr. Fluor. Aufschliessung mit hohlensaurem Natron-Kali: 10275 Gr. Subst. bei 105° C. getr. gaben 0°5178 Gr. Kieselsäure und 02897 Gr. Thonerde. Aufschliessung mit Flusssäure: 1) 0'8769 Gr. Subst. gaben 0'3555 Gr. Chloralkalien. Erhalten wurden aus denselben 0.5800 Gr. Kalium-Platinchlorid, welche entsprechen 0'1769 Gr. Chlor- kalium oder O0'1116 Gr. Kali. — PBasisch phosphorsaures Lithium wurden erhalten 0°0705 Gr., welche entsprechen 00774 Chlorlithium oder 0°'0273 Gr. Lithion in Procenten gleich 3°11. Dieses Resultat stelle ich weiter unten nicht in Rechnung, da ich mit der grössten Wahrscheinlichkeit vermuthe, bei der Analyse einen Verlust erlitten zu haben. — 2) Aus 07029 Gr. Subst. erhielt ich 0'2834 Gr. Chlor- alkalien, daraus wurden gefällt 0'4365 Gr. Kalium-Platinchlorid, welche entsprechen 0'1332 Gr. Chlorkalium oder 0°0840 Gr. Kali. — 00921 Gr. phosphorsaures Lithium entsprechen 0'035728 Gr. Lithion. Resultat in Procenten ausgedrückt: I. Ur: Mittelwerthe: Eluor „ri. - 5:15 — 515, Proe; Kieselsäure - - 50:39 — BE ER Thonerde - » - 28:19 _ 29 Manganoxydull » — _ Sp. Kali- » 4.00. ;- DES IHeN RR er En Lithon « » +» +»... — 5:08 0 Wasser » +... — 200 FAN 8 103°51 Dem Fluor äquiv. Sauerstoffmenge 2:17 10134 Das spec. Gew. mit 1'5883 Gr. Substanz in Körnern bestimmt, ist gleich 2'8546. Im Spectroskop war neben Rubidium das Cäsium besonders schön zu erkennen. 344 Fritz Berwerth. [8] Lepidolith von RozZena in Mähren. Crell’s Ann. DH. 196. 1791. Klaproth, Beitr. I. 279. II. 191. Gmelin Ch., Schweigg. J. XXX. 173. 18320. Kralovanzky, „ LIV. 230. 1828. Regnault, J. f. pr. Ch. XVII. 488. 1839. Rammelsberg, Pogg. Ann. LXXXI 39. 1850. Cooper, „. CXIH. 343. 1861. Reuter, Rammelsb. Min. Chem. II. Aufl. 521. 1875. In Verwendung kamen sehr frische Partien von einem Block, welcher eigens zu diesem Zwecke an Ort und Stelle ausgesucht worden war. Das Verhalten dieses Lepidolith vor dem Löthrohre, gegen Säu- ren, seiner Schmelzbarkeit ist in den älteren Arbeiten wiederholt mit- getheilt und müsste ich das Bekannte darüber nur wieder bestätigen. Die Ergebnisse der Analyse sind: Fluorbestimmung: 0'8853 Gr. Subst. bei 105° C. getrocknet gaben 0°1440 Gr. Fluorcaleium, welche entsprechen 00702 Gr. Fluor. Von dieser Menge Fluor müssen 0:0004 Gr. Phosphorsäure abgezogen werden. Aufschliessung mit kohlensaurem Natron-Kali: 1. 1'4310 Gr. Subst. bei 105° C. getr. gaben 0'7360 Kieselsäure und 0'4047 Gr. Thonerde. 2. 1'017 Gr. Subst. gaben 0'5140 Gr. Kieselsäure und 0'2778 Gr. Thonerde (kleine Thonerde fehlt). 3. 14310 Gr. Subst. gaben 01732 phosphorsaures Lithium, welche entsprechen 0'077188 Lithion und gleich 470°, sind. Da besonders durch Zurückhalten des Chlorlithiums bei dem Chlorkalium und Chlornatrium Verlust eingetreten ist, benütze ich dieses Resul- tat nicht. 4. 0:9512 Gr. Subst. bei 105° C. getr. gaben 0'0091 Gr. Wasser. Aufschliessug durch Flusssäure: 1. Zur Controle meiner Lithiumbestimmung übernahm es gütigst Herr L. Sipöcz, eine Auf- schliessung zu machen, bei welcher er aus 1'2432 Gr. Subst. 0'1796 Gr. phosphorsaures Lithium erhielt, welche entsprechen 0:069672 Gr. Lithion. 2. 1'2357 Gr. Subst. bei 105° C. getr.”gaben 0'4336 Gr. Chlor- alkalien. Kaliumplatinchlorid wurden erhalten 0'6926 Gr., welche ent- sprechen 0'2113 Gr. Chlorkalium oder 0'1332 Gr. Kali. Als phos- phorsaures Lithium wurden 0'1962 Gr. gefällt, welche entsprechen 0°0761118 Gr. Lithion. Bei einer Probe auf Eisenoxydul wurden erhalten 0:002733 Gr. [9] Untersuchung der Lithionglimmer von Paris, RoZena u. Zinnwald. 345 Resultat in Procenten ausgedrückt: I: IL Mittelwerthe: Phosphorsäure . . . 005 0:05 Proc. ira a a ANA. 7888 e— 1OPr, Kiesehäurer', 728°. 5143 5054 . 500877, lonarde: v2 72 °4.27728-28 21.32 21 BORY/E isenoxvdul “+ 3#%7. 2% 0:05 — (VB 3 ag Manganoxydull . . . Sp. Sp. ei WEN 1078. 10. 7Brt 5 PILOn PER 5 Spez) 616 88", NVassere it ae FE 096 — IPIOIENE 10438 Dem Fluor aequiv. Sauerstoffmenge 3:32 10106 Das spec. Gewicht wurde im Pyknometer mit Anwendung von 15547 Gr. körniger Subst. gleich 2°834 gefunden. Nach Cooper enthält der RoZenaer Glimmer 0'24°/, Rubidium- oxyd und sind dieselben bei dem Kali in Rechnung zu bringen. Neben dem Rubidium zeigte sich im Spektroscop auch das Cäsium. Zinnwaldit von Zinnwald in Böhmen. Klaproth, Beitr. V. 64. Gmelin, Ch. Gilb. Ann. LXIV. 371. 1820. Turner, Edinb. J. Sci. II. vj. 61. Lohmayer, Pogg. Ann. LXI. 377. 1844. Stein, Rammelsb. Min. Chem. I. Aufl. 663. 1860. Rammelsberg, Posg. Ann. LXXXI. 43. 1850. Das Material für diese Analyse war einer Druse entnommen, deren Krystalle fächerförmig gruppirt und durcheinander gewachsen waren. Die einzeln geprüften Blättchen waren von braunem Aussehen und besassen hohen Glanz. Das physikalische Verhalten dieses Glimmers ist nachzusehen bei Tschermak: Die Glimmergruppe I. Th. Sitz.- Ber. d. Wiener Ak. Bd. LXXVI Juli-Heft. 31. 1877. Das Endergebniss ergiebt sich aus folgenden Zahlen: Fluorbestimmung: 1. ‚0'9501 Gr. Subst. bei 105° C. getr. gaben Fluorcaleium 0'1618 Gr., woraus sich 0'0788 Gr. Fluor be- rechnen. Abzuziehen sind 0'00045 Gr. Phosphorsäure. 2. 07396 Gr. Subst. gaben 0'1179 Gr. Fluorcaleium, welche ent- sprechen 00574 Gr. Fluor. Hievon sind abzuziehen 0°0C09 Gr. Phos- phorsäure. Aufschliessung mit kohlensaurem Natron-Kali: 1. 0:9768 Gr. Subst. gaben 0°4484 Gr. Kieselsäure und 0'2062 Gr. Thonerde. 2. 0'9885 Gr. Subst. gaben 0'4535 Gr. Kieselsäure und 0'2372 Gr. Thonerde, 01342 Gr. Eisenoxyd und 0'0193 Gr. Manganoxydul. 3. 0'6640 Gr. Subst. bei 105° C. getr. gaben 00063 Gr. Wasser. Mineralogische Mittheilungen. 1877. 4. Heft. (Berwerth.) 46 346 Fritz Berwerth. [10] Eisenoxydulbestimmung: 1. 0'6696 Gr. Subst. im zuge- schmolzenen Glasrohr mit Schwefelsäure und Flusssäure aufgeschlossen verbrauchten 6°4Cc. Chamaeleon (1 Cc. Cham. entsprach 0:0091125Gr. Eisen), welche entsprechen 005832 Gr. Eisen oder 0'07498 Gr. Eisen- oxydul. ; 2. 05064 Gr. aufgeschlossene Subst. verbrauchten 5°2 Cem. Chamaeleon entsprechend 0°060923 Gr. Eisenoxydul. Flusssaure Aufschliessung. 1'1046 Gr. Subst. bei 105° C. getrocknet gaben 0'2950 Gr. Chlor- Alkalien, aus welchen 0'6012 Gr. Kaliumplatinchlorid abgeschieden wurden, entsprechend 0'1834 Gr. Chlorkalium oder 0'1156 Gr. Kali. Erhalten wurden 0'0934 Gr. phosphorsaures Lithium entsprechend 0'10265 Gr. Chlorlithium oder 0'03623 Gr. Lithion. Aus der Differenz ergeben sich für das Chlor- natrium 0’0090 Gr., welche 0'0047 Gr. Natron entsprechen. Resultat in Procenten ausgedrückt: T. I. Mittelwerthe Phosphorsäure. .. .. 008 0:12 0:08 Eior.\ aa ao 7:64 794 Kieselsäure”..." "2%, 145:90 45:84 45°87 Thonerde 2 naar 2389 22-50 Eisenoxyd FAT — — 0:66 Eisenoxydul‘... . +... 1120 12-03 11:61 Manganoxydul . . 2. — 15 175 Kal ee 10°46 1046 Natron. 3. ERR2EEN, e= 042 042 Tathiona Yo sr laaelt. —_ 3:28 328 Wasser: , mm SM ne 091 0:91 105°48 Dem Fluor aequiv. Sauerstoffmenge 3:34 10214 Aus zwei Versuchen ergab sich das spec. Gew. mit 0'6823 Gr. und 1'1202 Gr. Subst. im Pyknometer bestimmt zu 2'987 und 2°956 also im Mittel 29715. Das Rubidium ebenso auch Cäsium wurden im Spektroskop sehr deutlich erkannt, während ich Thallium in keinem der drei untersuchten Glimmer habe entdecken können. ul che TE. „9 sn in ne Er Arie kr Ge hen Al Zur u ni #7 ES u nn V. Ueber den Milarit. Von E. Ludwig. Der Milarit ist bis jetzt nur zweimal analysirt worden, zuerst von Frenzel'), bald darauf von Finkener?); die beiden Analysen haben zu folgenden Zahlen geführt: Frenzel Finkener Kieselsäure . . 7112 70:04 Procent Thonerde . . . 845 11502. 'p N ee a 3 | 139:95.7 777 Magnesia . . . — DOT a EN, — Ds Natron‘ 2, Karıs 761 DET, ERST 559 Eon 100:00 99:99 Diese Resultate weichen so bedeutend von einander ab, dass durch dieselben die Zusammensetzung des Milarits nicht festgestellt ist, ja, wenn man die Zahlen ins Auge fasst, welche die zwei Analysen für die Alkalien ergaben, so kann man sich kaum des Gedankens er- wehren, die beiden Forscher haben zwei verschiedene Minerale der Analyse unterzogen. Es ist klar, dass bei dieser Sachlage eine Wiederholung der Analyse des Milarits unbedingt nothwendig war und dieselbe wäre gewiss schon von irgend einer Seite erfolgt, wenn dieses Mineral wegen seines seltenen Vorkommens nicht so schwierig zu beschaffen wäre. Das mineralog. Univ.-Institut und das Hofmineralien-Cabinet haben eine neue Analyse ermöglicht, indem die Herren Prof. Tschermak 1) Jahrbuch für Mineralogie 1873, Pag. 797. ?) Jahrbuch für Mineralogie 1874, Pag. 61. 46* 348 E. Ludwig. [2] und Dr. Brezina mit dankenswerther Bereitwilligkeit mich in den Besitz ausreichenden Materiales setzten. Ich erhielt ungefähr 2 Grm. wohl ausgebildeter, vollkommen durchsichtiger Milaritkrystalle, die auf das sorgfältigste ausgelesen waren; mit diesem Materiale habe ich nun die im folgenden zu be- schreibende Untersuchung vorgenommen. Die Bestimmung des specifischen Gewichtes ergab mir (bei Ver- wendung von 1'8215 Grm. Milarit) 25529, Frenzel hat 2:59, Finkener 25 gefunden. Bei der qualitativen Analyse wurden folgende Bestandtheile ge- funden: Kieselsäure, Thonerde, Kalk, Magnesia, Kali, Natron und Wasser. Magnesia und Natron sind in so geringen Mengen vorhanden, dass eine quantitative Bestimmung derselben nicht ausführbar war, ich begnügte mich daher mit dem qualitativen Nachweise derselben. Ueber das Verhalten des Milarits habe ich folgende Beobachtun- gen gemacht: Der Milarit gibt beim Glühen Wasser ab und zwar geht dieses Wasser schon vollständig fort, wenn man das feingepul- verte Mineral im Platintiegel mit der Flamme eines Bunsen’schen Gasbrenners während einer halben Stunde erhitzt, dabei sintert die Masse ganz wenig; erhitzt man nun weiter im Gebläsefeuer, so erfolgt keine nennenswerthe Gewichtsabnahme mehr, es tritt aber jetzt voll- ständige Schmelzung ein und wenn man nach dem Schmelzen allmählig erkalten lässt, so erhält man eine durchsichtige, farblose, glasartige Masse, die durch Salzsäure nicht vollständig aufgeschlossen wird. Concentrirte wässrige Flusssäure schliesst den feingepulverten Milarit bei Wasserbadwärme in ganz kurzer Zeit vollständig auf. Die quantitative Analyse ergab folgende Resultate: I. 07775 Grm. Milarit mit kohlensaurem Natron-Kali auf- geschlossen (nach dem von L. Sipöcz!) beschriebenen Verfahren zur Bestimmung des Wassers in Silicaten), lieferten 0‘0105 Grm. Wasser, 05586 Grm. Kieselsäure, 0°0835 Grm. Thonerde und 0'09 Grm. Kalk. II. 0:4757 Grm. Milarit mit Flusssäure aufgeschlossen, ergaben 0°0389 Grm. Chloride der Alkalimetalle. Bei der Behandlung mit Platinchlorid wurden erhalten: 0'1203 Grm. Kaliumplatinchlorid und eine unwägbare Menge von Chlornatrium. Als ich nämlich das Filtrat vom Kaliumplatinchlorid durch Verdampfen von Alkohol und Aether befreit und zur Abscheidung des Platins mit Wasserstoff behandelt hatte, erhielt ich beim Auswaschen des Platins mit heissem Wasser eine farblose Flüssigkeit, welche beim Verdampfen eine unwägbare Menge von Chlornatrium zurückliess, das an Kırystallform unter dem Mikroskope und durch die Flammenfärbung erkannt wurde. Die geringe ‘) Sitzungsberichte der kaiserl. Akademie der Wissenschaften zu Wien, II. Abtheil. Bd. LXXVI. Pag. [3] Ueber den Milarit. 349 Differenz von 0'0022 Grm., welche sich beim Vergleich des direct gewogenen Chlorkaliums und des aus dem Platinniederschlage berech- neten ergiebt, ist als Versuchsfehler aufzufassen, der wesentlich durch die hygroskopische Eigenschaft des Chlorkaliums bedingt ist. III. 0:4352 Grm. Milarit verloren beim Glühen im Platintiegel mit der Flamme des Bunsen’schen Gasbrenners 0'0058 Grm. und beim darauffolgenden Glühen im Gebläsefeuer nur mehr 00002 Grm, zusammen also 0'006 Grm., welche als Wasser in Rechnung genommen werden. Die geglühte Masse gab nach dem Aufschliessen mit kohlen- saurem Natronkali 03124 Grm. Kieselsäure, 0'0462 Grm. Thonerde und 0'051 Grm. Kalk. Diese Daten führen zu folgender procentischer Zusammen- setzung: T. H: II. Mittel Kieselsäure).. „ Ek85r071°78 71-81. Proc. Ehonerde © .. 2.40.7407 2°°10:61: *10°67 . ;,, Kal 2 ee ll] :11°65 5, Magnesia . . . Spur — — Spur x RAlE. 8. 2 ea 486 ,„ Natron ....— Spur — DPUr "ı , Wasser... 2... mkabar 9.98.40, 1596 nu 100'35 Nach den Ergebnissen meiner Analyse wird die chemische Zu- sammensetzung des Milarits durch die kleinste Formel 85 Als 0 KH 0, ausgedrückt; die aus dieser Formel gerechneten Zahlen stimmen mit den mittleren Werthen meiner Analysen folgendermassen überein: Berechnet Gefunden (Mittel) Kieselsäure : 7.204... , 2 72-66 7181 Proc. Tionerdes Sy. 2.26 40:39 IO.6T-M, Kal ne 4 ae 1230 11:65. En RN 4:74 A860, NRASSER Me 2% 091 1'36 100°00 100°35 Die Resultate der Analyse von Finkener, welche ich am Ein- gange angeführt habe, weichen von denen, die ich erhielt, nicht sehr bedeutend ab. Bei dem Umstande, dass Finkener 0:65 Proc. Natron fand, während der von mir untersuchte Milarit fast natronfrei war, ist vielleicht die Annahme gestattet, dass der von Finkener unter- suchte Milarit nicht so rein war, als derjenige, über den ich verfügte. Wenn dem Milarit kleine Mengen von Feldspath beigemengt sind (und dieses Mineral kommt ja mit dem Milarit zusammen vor), so werden die Zahlen für die Kieselsäure und für den Kalk herab- 350 E. Ludwig. | [4] gedrückt, während die Werthe für die Thonerde steigen und Natron unter den Bestandtheilen erscheint; in diesem Sinne weichen die analytischen Resultate Finkener’s von den meinen ab. Ueber die physikalischen Eigenschaften der Milaritkrystalle theilte mir Herr Prof. G. Tschermak folgendes mit: Die Krystalle des Milarits zeigen Formen, welche die Symmetrie des hexagonalen Systems nachahmen. Daher wurden sie von Kenngott‘) als eine Combination des hexagonalen Prisma mit einer hexagonalen Pyramide in verwendeter Stellung beschrieben. Ausser den beiden Flächenarten b und o treten auch noch eine Endfläche c und schmale Abstumpfungen der Prismenkanten, » hinzu. Fig. 1. Fig. 2. Fig. 3. Gemessen wurden an einem Krystall: 5 5 = 595 do = 580 13'* b5 db; = 590 53 0 ar bb = 60° 11 Do bb" = 590 49 b2-0, — 580 19* db" de — 60° 11° 0, 0 — 630.34 * bi b, — 59° 57 DR bh“ — 58° 8 Die mit * bezeichneten Messungen sind genau, da die Flächen b, db, 0, 0, 0‘ vorzüglich spiegelten, die übrigen Werthe sind weniger genau. Die Flächen d, und 5b‘ sind nicht einfach, sondern aus je zwei Flächen zusammengesetzt, welche ausspringende Winkel bilden, die 10° respective 31° ergeben. Die Messung bezieht sich beidemale auf die von b‘ entferntere Fläche. Auf den meisten Prismenflächen 5 sieht man sägeförmige Zeichnungen der Länge nach in der Mitte herab- laufend. Aus den besten Messungen berechnen sich die Winkel 0, 0 = 35° 19° und 0, 0‘ = 74° 54, während Kenngott’s Messun- gen 35° 14 und 74° 40 ergeben. ‘) Jahrb. f. Min. 1870. Pag. 80. [5] Ueber den Milarit. 351 Was die Messungen in der Prismenzone und die Zeichnungen auf b schon vermuthen lassen, ergibt sich sogleich aus der optischen Untersuchung eines Querschnittes aus einem Kryställchen des Milarits. Man erkennt eine Drillingsverwachsung, wofür die Fig. 3 ein Beispiel angibt. Jeder Krystall besteht mindestens aus sechs Individuen, welche in drei um ungefähr 120° verschiedenen Stellungen mit einander ver- bunden sind. Die Krystalle verhalten sich in dieser Beziehung ähnlich wie die Drillinge von Aragonit, Witherit, Chrysoberyll ete. Eine Schwingungsrichtung ist immer parallel je einer Fläche Db. In den einzelnen Individuen lassen sich jedoch Stellen erkennen, welche etwas abweichend orientirt sind, indem in denselben eine Schwingungsrichtung von der des Hauptindividuums um 15° bis 17° verschieden ist. In Fig. 3 geben die stärker schraffirten Stellen die Einlagerung solcher Partikel an. In der Mitte, wo die Spitzen der sechs Dreiecke zusammenstossen, zeigt sich ausserdem ein kleines Feld, welches zwischen gekreuzten Nicols in jeder Lage dunkel bleibt, so dass man im Hinblick auf das später zu beschreibende Verhalten eines Längsschnittes sagen kann, der Drilling enthalte einen Kern- krystall, welcher optisch einaxig ist. Die grösseren Krystalle sind oft noch complicirter zusammen- gesetzt, wofür Fig. 2 ein Beispiel darbietet. Die Schraffirung der ein- zelnen Felder gibt die Lage einer Schwingungsrichtung an. Das Mittelfeld, soweit es doppelt schraffirt erscheint, bleibt in allen Stellungen dunkel. In den Seitenfeldern 3 und 6 herrscht Einfachheit und die gleiche Orientirung der Schwingungsrichtung parallel zur Säulenfläche. In den übrigen Seitenfeldern bemerkt man zwei bis drei verschieden orientirte Antheile. Die Abweichung der Schwingungsrichtung von dem Parallelismus mit der Fläche 1 wurde gefunden: Für das 2. und 5. Seitenfeld 51° und 68° ENTE I 120° de ar lie, A 1052 „7:7165%. Diese Werthe sind nur annähernde. Gegen die Mitte zu erschei- nen noch kleine dreieckige Felder mit der durch die Fig. 2 angege- benen Lage und Orientirung. Der Kern verhält sich bis auf einige Stellen einfach brechend, doch bemerkt man leicht, dass das ganze Mittelfeld nicht homogen sei, sondern sich wie ein feines Gewebe ver- hält. Es liegt daher die Vermuthung nahe, dass im Innern des Drillings ein inniges Gemisch der regelmässig verwachsenen Theilchen stattfindet, so dass die Doppelbrechung nach der Längsaxe aufgehoben erscheint. Ein Längsschnitt desselben Krystalls zeigte sich in den äusseren Schichten gleichartig, im Kern zum grössten Theil gleichartig, doch waren schmale mit c parallele Streifen bemerkbar, welche in allen Stellungen dunkel blieben. Die Schwingungsrichtungen sind der Längs- axe parallel. Axenbilder konnten nicht wahrgenommen werden. Aus den each Bein hurpen Kin man a system schliessen. RT R Die Individuen wären also nache einer Fläche » m, eralah betrachtet a mag, zwillingsartig verwachsen und es wären Pi 5 — (010, = 00)» (Anz dm Se Das Auftreten von Stellen mit einer optischen. Orientirung, w c von jener der Hauptindividuen abweicht, deutet auf das’ Vorhandensein einer ferneren zwillingsartigen Verwachsung. N) Se VI. Notizen. Winkel des 6laukodot von Hakansboe. Die im II. Hefte dieses Jahrganges der mineralogischen Mitthei- lungen erschienene schätzenswerthe Arbeit des Herrn Friedrich Becke „über den Glaukodot von Hakansboe etc.“ gibt mir Veranlassung, einige schon vor längerer Zeit angestellte Messungen mitzutheilen, zu denen ich das Material von Herrn Mineralienhändler Pech erworben hatte. Ich glaubte mit den Resultaten umsoweniger zurückhalten zu dürfen, als die Messungen mit grosser Schärfe an stark spiegelnden Flächen vermittelst des Repetitions-Goniometers vorgenommen werden konnten und die erhaltenen Werthe mit denen von W. J. Lewis?) gut übereinstimmen. Sadebeck Tschermak Becke Lewis m/m — 69° 26° 69° 30° 68% 4° (8‘ 30) 69° 32° Ds, 80: 0 800730 719° 59° ul ll. ;Bild, .2..-Bild 64° 64° 53‘ 64° 31’ 64° 4’ 30° 630259 0497527 64°:1‘ 30% 63° 58° 64° 51° berechnet 64° 8° Der aus m/m und //l berechnete Winkel m/l! kommt dem von Lewis gemessenen Winkel m 64° 4' 30“ am nächsten. Die beiden Bilder wurden auf m gesehen und sind jedenfalls die Folge eines Hypoparallelismus auf dieser Fläche, zwischen ihnen muss das dem berechneten Winkel zukommende Bild liegen. Die Winkel, welche mit Hilfe des 2. Bildes erhalten sind, kann man nun ganz ausser Acht lassen. Berechnet man aus m/m und l/l das Axen-Kreuz, so erhält man a.2b:c—= 069292.:1: 11927 (Sadebeck) 0:69416 : 1 : 1'19245 (Lewis) 0:6767 2 1 :-1:1891 (Becke). !) Philos. Magaz. 1877, Pag. 354. Mineralogische Mittheilungen. 1877. 4. Heft. (Notizen.) 47 9 54 Notizen. [2] Wie schon aus den Winkeln zu vermuthen war, stimmen meine und Lewis Axenverhältnisse gut überein, weichen aber von den Becke’schen ab, so dass auch die Folgerungen des letztern, welche sich auf die Winkelbeziehungen der Arsenikkies-Gruppe überhaupt be- ziehen, sich ändern müssen. Die für den Glaukodot von Becke angenommene eigenthümliche Stellung in der isomorphen Gruppe, lässt sich nicht aufrechterhalten, der Glaukodot steht nemlich mit dem Verhältniss der Axen @ und b nicht in der Mitte zwischen Arsenikkiesen und Danaiten, sondern bil- det ein Endglied, welches bei Einheit der 5 Axe charakterisirt ist durch die grösste Länge der «a Axe (vrgl. die Becke’sche Tabelle S. 106). Auch die ce Axe wird in ihrer Länge nur von dem Danait von Skutterad übertroffen. Aber gerade auf die den letztern betreffenden Angaben glaubt Becke kein grosses Gewicht legen zu dürfen. Fig. 1. | Fig. 2. Fig. 3. b Die von mir gemessenen Krystalle sind Zwillinge nach dem gewöhnlichen Gesetz, Zwillingsaxe die Normale einer Fläche des ver- ticalen Hauptprismas m. Fig. 1 stellt einen derartigen Zwilling dar, bei welchem die Individuen nur von den Flächen m und / (Hauptlängs- prisma) begränzt, also Oblongokta@der, mit der Zwillingsebene ver- bunden sind und einem gewöhnlichen Spinellzwilling nicht unähnlich sehen. Bei Fig. 2 ist das Individuum I seitlich über II ausgedehnt, entsprechend den Becke’schen Figuren auf S. 103, die auf der Zwillingsaxe senkrechten Prismenflächen » und m fallen an der Zwil- lingsgrenze in eine Ebene. Zu den Flächen m und / treten bei Fig. 3 noch das Hauptokta@der, das Längsprisma s mit halber und y mit doppelter Hauptaxe. ” IE Adam ng N Alexander Sadebeck. [3] Notizen. 355 Jamesonit von Wiltau. Die Steinbrüche, welche zwischen Wiltau und Amras in dem quarzigen Thonglimmerschiefer, der stellenweise viel Serieit aufnimmt, angelegt sind, haben bereits ziemlich viele Mineralien geliefert: Arsen- kies, Magnetkies, Markasit, Pyrit, Kupferkies und Bleiglanz. Ich habe diese Vorkommnisse und ihre Zersetzungsprodukte gelegentlich be- schrieben. Vor einiger Zeit fand sich derb und eingesprengt, jedoch ziemlich selten ein Mineral, welches zuerst als ein bleihältiger Anti- monit angesprochen wurde. Es ist grau; feinkörnig, manchmal faserig, einzelne kleinspiessige Nädelchen, welche mit dem Gestein verwachsen waren, liessen keine Untersuchung der Krystallisation zu. Das spec. Gewicht beträgt als Mittel von zwei Wägungen 5'2; wohl nur dess- wegen, weil sich die Gebirgsart nicht genau trennen lässt. Alle übrigen Eigenschaften stimmen mit Jamesonit; auch .die chemische Analyse, welche Herr Sarlay im Laboratorium des Herrn Professors Senn- hofer vornahm, Wir fügen das Resultat dieser Analyse, wie es sich nach Abzug der fremden Bestandtheile, die vom Gebirg stammen, ergiebt, hier bei: Pb. 40:39 A8....0:39 Sb. 34:02 Fe. 3:45 S. 21'66 99:89 Adolf Pichler. Neue Serie der Mineralogischen Mittheilungen. Mit dem vorliegenden Hefte schliesst die erste Serie der Mine- ralogischen Mittheilungen. Die neue Folge wird unter veränderten Um- ständen ausgegeben. Die Zeitschrift erscheint fortan unter dem Titel „Mineralogische und petrographische Mittheilungen“ im Verlage von A. Hölder, Hof- und Universitäts- Buchhändler in Wien, in Heften von bestimmtem Umfange. Dieselben werden nur für sich ausgegeben und bilden nicht mehr, wie früher, eine Beilage zum Jahrbuche der k. k. geologischen Reichsanstalt. Im übrigen wird jedoch der bisherige Charakter der Zeitschrift aufrecht erhalten und wird dieselbe vorzugs- weise Original-Mittheilungen grösseren und kleineren Umfanges aus den Gebieten der Mineralogie und Petrographie enthalten. Der Herausgeber erfüllt eine angenehme Pflicht, wenn er bei dieser Gelegenheit dankbar anerkennt, dass die Direction der k. k. geologischen Reichsanstalt bisher alles aufgeboten hat, um das Unter- nehmen zu begünstigen und zu unterstützen. Er ist auch in der Lage 47* 356 N Notizen, er mittheilen zu können, dass die genannte Direction Sch Be erklärt habe, wie früher so auch in Hinkunft der Redaction fördernd zur Seite zu stehen. Es darf daher jetzt schon a ee dass. beide Organe, das Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt und die Mineralogischen und petrographischen Mittheilungen, die bisher ver-- bunden waren, auch nach ihrer Trennung mit ungeschwächter Kraft und in förderlicher Eintracht ihr SEIISHIERUIGR wissenschaftliches mn verfolgen werden. T. REGISTER zu den Jahrgängen von 1871 bis 1877. (Die römischen Ziffern bedeuten den Jahrgang I = 1871, II = 1872 u. s. w., die arabischen Ziffern die Seitenzahl.) A. Adular v. Verespatak, VII, 321 — Albit Sulzbach, II, 196 — Krystallform, IV, 95 Aegirin, 1, 33. Akmit, I, 33. Albit, Krystallform, III, 19. — einfache Krystalle, IV, 97. — vom Schneeberg, Analyse IV, 176. Allemann, Dachschiefer Anal., I, 107. Almaden, Diabas von, VII, 13. Alunit Cicera, IV, 27. Amphibol, I, 17. Amphibolandesit, Kaukasus, II, 109. — von Tokaj-Eperies, IV, 214. Amphiboltels v. Felling, An., IV, 243. Analcim, Pseudomorphosen, II, 113. Analysen aus dem Laboratorium des Herrn Prof. Bauer, I, 79. — aus dem Laboratorium des Herrn Prof. Ludwig I, 55 u. 107. II, 257 II, 29 „ 129 IV, 175 „ 239 VII, 265 Anatas Pfitsch, III, 49, — Rauris, I, 195. Andesite a.d. Banat, III, 255. — von Czibles, Analyse, II, 261. — Sagai, II, 4. — St. Egidi, II, 253. Anger, Mikroskopische Studien über klastische Gesteine, V, 153. Anhydrit vom Semmering. V, 309. Ankerit, Chemische Constitution des, VI, 47. . Ankeritähnliche Minerale Böh- ‚mens, VI, 47. Anthophyllit, I, 37, — vom Hermannschlag, Analyse, IV, 247. Antimonitvorkommen Michelsberg, IV, 9. Apatit und Nephelin, Mikroskopische Unterscheidung von, VI, 167. era Holo@drische Formen, ‚108; — von Untersulzbach. V, 208. Ardennit, Analyse, III, 43. Argentinische Republik, Minerale, III, 219 u. 288. Argentit in Proustit verw., IV, 87. Arran, Pechsteine von, VI, 185. Aspidolith von Znaim, I, 112. Atakamit, Analyse, III, 35, — Kıystallform, IV, 103. — Verwandlung in Malachit, VII, 97. — Volumgewicht, III, 42. Augit-Andesit, -Mähren, VI, 150. — Kaukasus, II, 108. — des Smrekouz, VII, 204. — von Tokaj-Eperies, IV, 201. — Videna, III, 4. — Zalatna, IV, 26. Augit, Chem. Zusammens., VII, 279. — vom Vogelsgebirge, II, 258. Augitporphyre SO. Tirols, Mineral. Zusammensetzung d., V, 289. Aurichalcit, Banat, III, 288. Axinit, Striegau, Krystallform, II, 1. BB. Babanek, Minerale von Eule, II, 239. — Pribramer Mineralien, II, 27 u. V, 75. 358 Baden, Wässer von, Analyse, IV, 251. Baikalsee, Magnesiaglimmer vom, Ana- lyse, IV, 242. Bamberger Glaukonit, VII, 271. — Salit, Analyse, VII, 273. Banater Eruptivgesteine, III, 255. Banow in Mähren, Eruptivgesteine von, VI, 143. Baryt d. Böhmischen Silur, II, 71. — von Pfibram, IV, 91. Barytfeldspath, VII, 99. ‘ Barytocölestin, Krystallform des, WM, 59. Basalt vom Kaukasus, II, 107. — Mähren, VI, 151. — Moldawa, III, 261. — von Ovifak, IV, 109. — von Reps, VII, 322. — von Samothrake, V, 104. Becke, Gabbro v. Langenlois, Analyse, VD, 278. — Glaukodot, VII, 101. — Fahlerz, Tirol, Analyse, VII, 273. — opt. Eigensch. d. Rohrzuckers, VII, 261. — Skapolith, Boxborough, VII, 267. — Vivianit in Säugethierknoch., VII, 311. — Zinnstein, VII, 243. Bergkrystall, Grieswiesalpe, II, 60. — Hochnarr, I, 61. — Kals, II, 61. — Nächling, III, 136. Bernstein, fluorescirender, I, 53. Berwerth, Chondrodit, Anal., VII, 272. — Felsarten v. Rosignano u. Castellina maritima S. v. Pisa, VI, 229. — Lithionglimmer, VII, 337. — Ludwigit, Umwandlung, IV, 247. — Analyse v. Magnesiaglimmer, VII, 109. — Neuer Fundort von Pharmakosiderit, Hyalith von Königsberg, Serpentin von New-Jersey, V, 109. — Salze v. Königsberg in Ung., V, 310. — Stängeliger Ludwigit, V, 42. Beryll von Eidsvold in Norwegen, Kry- stallform, VI, 117. — Neuer Fundort von, V, 208. Biotittrachyt von Samothrake, V, 104. Biotit, Vesuv, Analyse, VII, 112. Biotitzwillinge vom Vesuv, VI, 187. Bitterspath nach Cuprit, V, 31. Bl au, Kaliglimmer, Bengalen, An ‚ill, 32. Bleiglanz, Krystallform, V, 40. Boeck, Grüner Schiefer v. Reichenau, Analyse, III, 130. Böhmen, Mineralvorkommen 2.:10.:0. von, VI, 25. Böhmerwald, Minerale a. d., III, 273. Boraecit Stassfurth I, 58 u. 114. Boficky, Ueber einige ankeritähnliche Minerale, VI, 47. Borneo, Minerale von, VII, 297. Register. Bourbon, Ueber den Vulkan und die Insel, V, 217. Bournonit in Markasit verw., IV, 87. Brauneisenstein-Analysen, II, 80. Brezina, Albit, III, 19. — Anatas u. Brookit v. Pfitsch, III, 49. — Anthophyllit v. Hermannschlag, Ana- lyse, IV, 247. — Bergkıystall, I, .50. — Bergkrystall von Nächling, III, 136. — Grundform des Vesuvian, VI, '98. — Guarinit, IV, 285. — Hauptsätze d. Krystallograph., II, 125. — Isomorphie und Feldspathfrage, V, 13 und V, 137. — Leonhardit a. d. Floitenthal, VII, 98. — Pyritgruppe, II, 23. — Sulfuriein u. Melanophlogit, VI, 243. — Sulzbacher Epidote, I, 49. — Wesen der Krystalle, III, 141. — Wiserin, Xenotim, Mejonit, Erythrin, Simonyit, II, 7. Bronzitreihe, ], 17. Brookit, Pfitsch, III, 49. Brun, Sahara-Sand, VII, 221. Buchner, Meteorit Hungen, VII, 313. Burkart, Guadalcazarit, II, 243. Bustamit, Rezbanya, Anal., III, 31, 45. Bytownit, I, 61. Gyps, ©. Caleitdrilling, Dognaczka, IV, 180. Castellina maritima S. v. Pisa, Fels- arten von, VI, 229. Cerussit, III, 203. Circular-Polarisation des Stearoptens, IV, 227. Chabasit, Epidot und Eisenglanz vom Mal Inverno, V, 176. Chalcedon primitive Kıyaalle, IV, 3@ Chalkolith, II, 181. Chlorit nach Granat, II, 162. Chlorotil, Ein neues Mineral, V, 42. Chlorsilber nach Silber, III, 247. Chondroditv. Pargas, Anal., VII, 272. Clausthalit, Mendoza, III, 254. Cölestin aus Siebenbürgen, VII, 317. Cölestinvorkommen von Steierdorf, Banat, IV, 9. Constantinopel, Meteorit von, II, 85. Contactminerale, VII, 73, 76. Copalin von Lunz, VII, 275. Crinoiden von Sunk, IV, 282. Csicsöberg in Siebenbürgen, VII, 326. Cuprit in Kupferkies und Bitterspath verwandelt, V, 31. Cuprit Liskeard I, 106. | Cziklowa Gestein, III, 258. Register. D. Dachschiefer-Analysen, 1, 107. Dacite, Siebenbürgen, IV, 19. Dana, Caleitdrill. v. Dognaczka, IV, 180. — Datolith, IV, 1. — Krystallform d. Atacamit, IV, 103. Darkau, Jodhaltige Salzsoole v., VI, 119. Datolith, Krystallform IV, 1. Descloizeaux, Barytfeldspath, VII, 99. Diabas von Almaden, VII, 13. — Kaukasus, II, 111 und V, 131. — Krockersdorf, Analyse, I, 107. — von Rosignano u. Castellina maritima, VI, 230. — Spitzbergen, IV, 261. Diallag, I, 25. — ım Quarzporphyr, III, 47. — Andesit, Smrkouz III, 3. Diamant optisch einaxiger, III, 289. — Der Stern von Este, VI, 241. Dichroit, Krystallform, V, 40. Dingestedt, Olivin v. Vesuv, Analyse IT; 130. Diopsid, Analyse, VII, 288. Diopsidreihe, ], 21. Diorite a. d. Banat, III, 255. — aus Böhmen, VII, 179. — a. d. Kaukasus, V, 132. Ditrö Eläolith und Sodalith, VII, 332. Dognaczka Gestein, III, 255. Döll, Kupferkies und Bitterspath nach Cuprit, V, 31. — Neue Pseudomorphosen, IV, 85. — Tellurwismuth im Banat, IV, 91. Dolomite, I, 45. — vom Rodellaberg, V, 178. — Vigo, Analyse, III, 33. Dolomitische Kalke, Wirkung von Essigsäure auf, VI, 69. Dölter, Chem. Zusammens. d. Augits, VII, 279. — Melaphyre und Augitporphyre, SO. Tirols, V, 289. — Minerale des Fassa- u. Fleimserthales, V, 175, VII, 64. — Muttergestein d. böhm. Pyropen, III, 13. — Porphyrit von Lienz, IV, 89. — Quarzandesite, III, 5l und 217. ‘— Trachyte Siebenbürgens, IV, 13. — Trachyte von Tokaj-Eperies, IV, 199. Drasche, Besteigung des Vulkans von Bourbon u. Geologie d. Insel, V, 217. — Eklogite, I, 86. — Eruptivgesteine Steiermarks, II, 1. — Feldspath-Pseudomorphose, III, 125. — Geologie v. Reunion u. Mauritius, VI,39. — Japanische Vulcane, VII, 49. — Petrographisch-geologische Beobacht. a..d. Westküste Spitzbergens, IV, 181 und 261. | 399 Drasche, Phästin- u. Olivinfels v. Krau- bat, I, 57. — Serpentine, I], 1. — Schweitzerit v. Feegletscher, I, 57. — Ueber d. geol. Bau v. Süd-Luzon, VI, 157. — Ueber den Meteoriten v. Lance, V, 1. Drechsler, Gabbro v. Prato, An,, II, 79. JEW. Edelsteine, III, 213. Egger, Amphibolfels von Felling, Anal., IV, 243. —Ripidolith a. d. Zillerthal, Anal.,IV 244. Eisen im Basalt von Ovifak, IV, 109. Eisenfund bei Ovifak, I, 109. Eisenglanz mit Eisenkies verwachsen, VI, 141. Eisenkies mit Eisenglanz verwachsen, VI, 141. Eisennickelkies, Sesiathal, IV, 285. Eisenoxyd, Verhalten bei hohen Tem- peraturen, VI, 175. Eklogit v. Eibiswald, Analyse, II, 261. — Mineral. Zusammens., I, 86. Eläolith von Ditrö, VII, 332. Enargit-Gänge, Argentin. Republik, III, 240. Epidot vom Alochetthale, V, 175. — Sulzbach, Analyse, II, 187. — Sulzbacher, I, 49, I, 259. — von Viezena, VII, 77. — von Zöptau, Analyse, II, 258. Eruptivgesteine, Banat, III, 255. — Steiermarks, III, 1. Erythrin, Krystallform, I, 19. Erzgebirge, Grünschiefer vom sächsi- schen, VI, 189. Eule, Minerale von, II, 239. Eugenglanz, Markasit nach, IV, 93. Exner, Meteorit v. Gopalpur, An,, II, 41. F. Fahlerz, Brixlegg, Anal., VII, 273. Famatinit, IV, 279. Faserquarz, II, 117. Fassa u. Fleimserthal, Miner. a. d., V, 175, VII, 64. Fassait, Analyse, VII, 67, 288, 312. — v. d. südl. Ricoletta-Abhang, V, 176. — nach Vesuvian IV, 85. Feldspathe, Zur Gesch. d., III, 285. — Pennin nach, III, 125. — a. d. Val diMadonna b. Val Floriana, V, 180. \ Feldspathpseudomorphose, Ckyn, IV, 'T: Felling, Amphibolfels v., An., IV, 243. Felsite u. Pechsteine Sachsens, IV, 31. Felsö-Banya, Wolframit von, V, 9. 360 Fischer, Katzenauge und Faserquarz, 11.147: — Nephrit-Block, III, 135. Flachau, Magnesit IH, 265. Floitenthal, Leonhardit, VII, 98. Fluorescirender Bernstein, |, 53. Fluorit v. d. Cima d’Asta, V, 178. — Kapnik, II, 77. Frenzel, Chlorotil, V, 42. — Famatinit u. Wapplerit, IV, 279. — Miner. a.d. ostind. Archipel, VII, 297. -- Tellurwismuth, III, 293. Friedek, Analcim-Pseudomorphosen v., II, 113. Frisch, Quarztrachyt, Anal., VII, 276. Fuchs C. W.C., Bericht üb. d. vulkan. Ereignisse d. J. 1872, III, 107. 1873, IV, 67. 1874, VW, 37. 1875,. VL, 71 1876, VII, 82. — Geolog. v. Ischia, II, 199 u. III, 43. — Veränderungen i. d. Lava, I, 65. Fuchs T., Eisen im Basalt von Ovifak, IV, 109. Fumarolenbildungen, I, 54. G. Gabbro von Langenlois, Anal., VII, 278. — von Prato, Analyse, II, 79. — von Rosignano u. Castellina maritima, VI5 235. — von Samothrake, V, 106. Galopagos-Inseln, Vulkanische Gest. der, VI, 133. Gamroth, Paläopikrit, VII, 278. Gehlenit, Orawitza, III, 214. Geinitz, Grünschiefer d. sächs. Erzgeb., VI, 189. Geschenke, I, 53. 11,113. II, 213 u. 285. V, 309. VI, 241. Gesteine, Einwirk. v. kohlensäurehalt. Wasser auf, VII, 25. Glauberit, Pendschab, III, 288. Glaukodot v. Hakansboe, VII, 101, 353. Glaukonit v. Gozzo, Anal., VII, 271. Gleichenberg, Trachyte, Anal., VII, 276, 277. Glimmer, Analyse, VII, 271. — Tscheborkul, Anal., TIT, 129. — 8. Muscovit, Magnesiaglimmer, Lithion- glimmer, Biotit. Glimmerkugeln, Hermannschl. II, 264 Gneiss, Spitzbergen, IV, 183. Gold von Olahlaposbanya, IE; 76: — von Sysertsk, VII, 1. Goldeck, Pinolit von, IV, 281. Register. Gooch, Pechsteine von Arran, VI, 185. — Vulkanische Gesteine d. Galopagos- Inseln, VI, 133. Gopalpur, Meteorit v., II, 95, An. II, 41. Grammatit in Talk verwand., VI, 65. Granat, Chlorit nach, II, 162. Granit von Samothrake, V, 89. — Spitzbergen, IV, 183. Grazer Devon-Tuffe, VI, 207. Greenockit, Morawitza, III, 218. Grossau, Mineralvorkommen bei, I, 112. Groth, Bezeichn. d. hexagonal. Krystall- formen, IV, 222. Grünerde v. Perimov, Anal., IV, 243. Grüne Schiefer Niederschles.’s, VI, 87. — Reichenau, Anal., III, 34 u. 130, — d. sächs. Erzgebirges, VI, 189. Grünsteine, Lennegebiet, VII, 127. — von Pfibram, VII, 223. Guadalcazarit, II, 69 u. 243. Guarinit, IV, 985. — Krystallform, I, 81. Gyps, Biegsamkeit und Spaltbarkeit des, V, 193. — Krystallform, II, 17, V, 113, VI, 67. H. Halloysit von Tüffer, IV, 282. Hallstädter Salzberg, Minerale des, 1, 58. Hamm, Pennin v. Zermatt, An., II, 260. — Magnesiaglimmer Greenwood-Fournace, Analyse, III, 32. Hankock, Melaphyr von, VI, 18. Harkänyer Therme, Analyse, VI, 1. Hecla Hook, Formation IV, 189. Helmhacker, Baryt d. böhm. Silur,II, 71. — Diabas von Almaden. VII, 13. — Fluorit v. Kapnik, II, 77 — Gold v. Bajutz, I, 76. — Gold v. Sysertsk, VII, 1. ’ — Mineralvork. a. d. ©. v. Böhmen, VI, 25. — Mineralvork. a. d. Böhmerw., III, 273. — Melaphyr von Hankock, VII, 18. . — Pyrit v. Waldenst. Krystallf. VI, 13. — Pyrrhotin Nagybanya, II, 76. — Quarzporphyre u. Diorite, VII, 179. Hermannschlag, Anthophyllit v., An., IV, 247. Hexagonale Krystallformen, Be- zeichnung der, IV, 222. Hintze, Stearopten Circularpolarisation, IV. 227. — Verwachs. v. Eisenkies m. Eisenglanz, VL, 1al. Hirschwald, Z. Kritik d. Leucitsystems, V, 227. — Theorie d. Krystallisationsg., III, 171. Holoädrische Formen d. Apatit I, 105. Register. 361 Holzopal, Ungarn, IV, 94. Hornblende-Andesit, Mähr., VI, 144. — Andesite, Siebenbürgen, IV, 13. — Augit-Andesit, Osloberg, I, 3. — Gruppe, I, 38 _- Krystalle im Melaphyr b. Roda, 199; Hornfelstrachyt, Tüffer, III, 7,119, — Pireschitz, III, 7. Hornung Copalin, Analyse, VII, 275. Hungen, Meteorstein v., VII, 313, 315. Hyalith v. Königsberg, V, 109. Hydromagnesit, Kraubat, I, 113. Hygrophilit, neues Mineral, III, 147. I. Inostranzeff, Kalkst. u. Dolomite, I, 45. — Vesuv-Lava, I, 101. Iowa, Meteorit v., V, 209. Ischia, Geologie v., I, 199 u. III, 43. Isomorphie, Das Wesen der, V, 13 u. V, 137, JI. Jamesonit, Sierra Famatiua, III, 247. — v. Wilten, VII, 354. Japanische Vulcane, VII, 49. Jarisch, Steatit v. Plaben, An., II, 257. Jodhaltige Salzsoole, An., VI, 119. John, Grünerde v. Perimov, An., IV, 243. — Magnesiagl. v. Baikalsee, An., IV, 242. Jordanit Imfeld, Analyse, III, 29. — Formel. III, 131, 132. — Nagyag, Krystallform u. An., II, 215. K. Kalisalze bei Davenstedt, V, 283. — aus Ostindien, III, 135. Kalkowsky, Grüne Schiefer Nieder- schlesiens, VI, 87. — Sächs. Felsite u. Pechsteine, IV, 31. — Salit als Gesteinsgemengtheil, V, 45. Kalksteine, Argent. Republik, III, 230. — u. Dolomite, II, 45. — Feldspathführende, v. Sauerbrunngrab bei Stainz, V, 207. Kalkspath, Striegau, II, 63. Kalusz, Mineralvorkommen in, VII, 95. Kaluszit v. Kalusz, II, 118. — Krystallform, III, 47. — Syngenit, II, 197. Kaukasus, Felsarten a. d.. 21,107 u. V..131: Katzenauge, 111,.117. Kenngottit, Analyse, VII, 213. Klastische Gesteine, Mikroskopische Studien über, V, 153. Klinochlor v. Chester, An,, Klinochlor, Krystallform, IV, 161. Klinoquädrat. System, IV. 161. Klinohexagonales System, IV, 161. Koch, Minerale von Siebenb. VII, 317. Kohle v. Kainach, Analyse, IV, 178. Kohlensäurehalt. Wasser, Einwirk. auf Minerale und Gesteine, VII, 25. Kraubat, Olivinfels von, An., II, 79. — Phästin u. Olivinfels von, I, 57. Krenner, Wolframitv. Felsö-Bänya, V,9. Kreutz, Augitandesit des Smrekouz, VII, 204. Krystalle, Wesen der, III, 141. Krystallbereehnung, III, 184. Krystallisation, III, 175. Krystallisationsgesetze, IE Krystallographie, Haupts. d., II, 125. Krystallphysik, Haupts. d.. I; 125. Krystallschalen, V, 35. Krystallwachsthum, III, 192. Kupfer v. Graupen, II, 265. — Krystallform, III, 290. — von Wallaroo, II, 53. Kupferglanz v. Catamarca, An., II, 80. Kupferkies nach Cuprit, V, 31. — in Markasit verwandelt, IV. 88. Kupferkrystalle v. Bolivia, IV, 94, Kupferlasur v. Nertschinsk, I, 13. Kupferschaum, Prein, II, 263. L. Labradorit v. Verespatak, Form und Verwandlung, IV, 269 u. V, 41. Lanarkit, Krystallform, II, 137. Lance, Meteorit von, V, 1. Lang, Guarinit u. Leukophan, I, 81. Langenlois, Gabbro v., An., VII, 278. Lava, Mikrostruktur d. Vesuv-, II, 101. — Veränderungen in der, I, 65. Lavaschlacke, v. Ordjeow, VI, 151. Lasaulx, Ardennit, III, 43. — Staurolith, II, 173 und 263. Laspeyres, Hygrophilit, III, 147. — Krystallogr. Bemerk. z. Gyps, V, 113. Lepidolith v. Paris u. Rozena, VII, 337. Leonhardit a. d. Floitenthal, VII, 98. Analyse 268. Leueit, Z. Kritik d. Ktallerterns Mn; V, 227. — Optisches Verhalten, VI, 66. Leukophan, Krystallform, I, 82. Lievrit, Analyse, V, 71. Lill, M. v., Polyhalit, Analyse, IV, 89. Linarit, Sierra de las Capillitas, III, 249. Lithionglimmer, Analyse, VII, 337. Loebisch, Analyse des Wassers vom „Mare morto“, VI, 171. — Muscovit Soboth, VL, 271. IV, 176. | Löllingit, Dobschau, I, 161. Mineralogische Mittheilungen. 1877. 4. Heft. (Register.) 48 362. Ludwig, Albit v. Schneeberg, Analyse, IV, 176. — Analysen aus seinem Laboratorium, 155.0. 107, I, 257. III, 29 u. 129. IV, 175 u. 239. VII, 265. — Atakamit, Analyse, III, 35. — Chemische Formel d. Epidot, II, 187. — Darkauer jodhaltigeSalzsoole, VI, 119. — Krystallisirte Schlacke, An., III, 33. — Magnesiaglimmer v. Pargas, Analyse, IV, 259. — Milarit, VII, 347. — Ueber d. Pyrosmalith, V, 211. Ludwigit a. d. Banat, IV, 58. — stängeliger, V, 42. — Umwandlungsproduct, IV, 247. Lumpe, Meteorstein v. Shergotty, Ana- lyse, I, 55. Luzon, Ueber d. geolog. Bau d. 8. v., VI, 157. Luzonit, IV, 257. M. Magnesiaglimmer, Anal., VII, 109. — v. Baikalsee, Analyse, IV, 242. — Greenwood-Fournace, An., III, 32. — Morawitza, Analyse, IV, 177. — v. Pargas, Analyse, IV, 239. — v. Penneville, Analyse, IV, 241. — v. Ratnapura, Analyse, IV, 241. Magnesite, Pinolite, III, 263. Magnetit v. Mulatto. VII, 74. — v. Monzoni, VII, 78. Magnetkiesin Markasit verw., IV, 88. Malachit n. Atacamit, III, 39. VO, 97. Mare morto, Analyse d. Wassers v. — YıL.171. Maria-Zell, Magnesit, III, 265. Markasit nach Bournonit, IV, 87. — nach Eugenglanz, IV, 93. — nach Kupferkies, IV, 88. — nach Magnetkies, IV, 88. Mauritius u. Reunion, Geologie von — VI, 39. Mauthner, Eklogit v. Eibiswald, An., II, 261. — Epidot v. Sulzbach, Analyse, II, 259. Mehner, Porphyre und Grünsteine d. Lennegebietes, VII, 127. Mejonit, Analyse, V, 51. VII, 60. — Krystallform, II, 16. Melanophlogit, VI, 243. Melaphyr von Hankock. VIII, 18. — Kaukasus, II, 111, V, 132. — v. Mulatto, Minerale darin, VII, 80. — SO. Tirols mineral. Zusammensetzung d. — V, 289. Register. | Meroädrien, Schlüsse a. d. — \, 21. Meroxen v. Vesuv, Analyse, VII, 112. Metamorphismus, I, 45. Meteoreisen v. Victoria West, I, 109. Meteorit, Constantinopel, II, 85. — v. Gopalpur, II, 95, Anal., I, 41. — von Iowa, V, 209. — von Lance, V, 1. — von Orvinio, Analyse, IV, 244. — von Shergotty, II, 87. — von Stannern, II, 83. Meteoriten d. Min. Museums, II, 165. VII, 309. Meteoritenfund bei Ovifak, IV, 165. Meteorsteinfall v. Orvinio, IV, 258. Meteorstein von Hungen, VII, 313. — v. Shergotty, Anal., I, 55, 56. Miargyrit und Kenngottit, VII, 213. Mikrostrucktur d. Vesuvlava, II, 101. Milarit, Fundort, II, 265. — Kryst.-Form u. Anal., VII. 347. Minerale, Einwirkung von kohlensäure- halt. Wasser auf, VII, 25. Mineralchemie, Aufgaben der, I, 93. Misspickel v.Leyerschlag,Krystall- form., IV, 231. — v, Schladming, Analyse, IV, 177. Monzoni, Minerale, V, 181. Morawitza, Greenockit von, III, 218. Müller, R., Einwirkung des kohlen- säurehaltigen Wassers auf Mineralien und Gesteine, VII, 25. Muscovit, Bengalen, An., III, 32. — Krystallsystem, V, 309. — Ostindien, An., III, 31. — Soboth., Anal., VII, 271. N. Nauckoff, Eisen von Ovifak, IV, 109. Neminar, Krystallform d. Barytocöle- stins, VI, 59. — Ein neuer Fundort von Beryll, V, 208. — Eruptivgesteine von Banow, VI, 143. — Klinochlor v. Chester. An., IV, 176. — Magnesiaglimmer von Penneville, An,, IV, 241. — Mejonit-Analyse, V, 51, VII, 60. — Minerale a. d. NW. von Schlesien, VI, 14i. — Minerale a. d. NW. v. Schlesien, V,110. — Minerale a. d. SO. von Schlesien, V, 207. — Ueber die Entstehungsweise des Zel- lenkalkes, V, 251. Nephelin und Apatit, Mikroskopi- sche Unterscheidung von —, VI, 167 Nephrit, Block, III, 135. Nertschinsk, Kupferlasur, I, 13. Niederschlesien, Grüne Schiefer von —, VI, 87. Register. 363 Niedzwiedzki, Andesit von St. Egidi, | Porphyrit v. Lienz, IV, 89. Il, 253. — Banater Eruptionsgesteine, III, 255. — Kupfer von Graupen, II, 265. — Löllingit, Granat, Chlorit, II. 161. — Mineralvorkommen in Kalusz, VII, 9. — Ueber Gesteine von Samothrake, V, 89. Nicoli&, Dachschiefer-Analysen, I, 107. O. Oberhofer, Schlacken-Analyse, III, 34. OÖberhollersbachthal, III, 46. Offenbanya, Trachyte, IV, 20, Olivin v. Vesuv, Analyse, III, 130. Olivindiorit aus Böhmen, VII, 200. Olivinfels Kraubat, An., II, 79. 1.57. Oligoklas, Soboth, Analyse, VII, 265. — Wilmington, Analyse, I, 55. Orawicza Gestein, III, 258. Orthoklas-Augitporphyr aus dem Kaukasus, V, 133. Orthoklasporphyr a. d. Kaukasus, vl. Orvinio, Meteorit von, An., IV, 244, — Meteorsteinfall, IV, 258. Ostindischer Archipel, Minerale, VII, 297. Ottenschlag,Paläopikrit, VII, 278. Ovifak, Eisenfund bei, I, 109. — Eisen im Basalt v., IV, 109. — Meteoritenfund bei, IV, 165. P. Paläopikrit v. Ottenschlag, VII, 278. Pargas, Magnesiagl. v., An., IV, 239. Pechsteine v. Arran, VI, 185. — u. Felsite Sachsens, IV, 31. Penneville, Magnesiagl.v., An., IV, 241. Pennin v. Zermatt, Analyse, II, 260. — Zillerthal, Analyse, III, 33. Petersen, Guadalcazarit, II, 69. Pharmakolith, Krystallform, III, 138. Pharmakosiderit, Neuer Fundort v., V, 109. Phästin Kraubat, I, 57. Philippinen, Minerale v. d., VII, 302. Phlogopit, barythaltiger, VII, 109. Pichler, Jamesonit v. Wilten, VII, 354. Pinit-Gruppe, III, 147. Pinolit, III, 266. — v. Goldeck, IV, 281. Polyhalit, Analyse, IV, 89. Popovits, Magnesiaglimmer v. Ratna- pura, Analyse, IV, 241. Porphyre, Kaukasus, II, 112. — Lennegebiet, VII, 127. — a. d. Silur, Böhmen, VII, 179. Minerale, Plaben, Steatit von, Anal., II, 257. Plagioklas von Verespatak, IV, 175. Pribramer Erzgänge, Min. d., V, 75. Pribram, Grünsteine von, VII, 223. Pfibramer Mineralien, II, 27. Proustit n. Stefanit u. Argentit, IV, 87. Pseudomalachit, Kıystallf., III, 139. Pseudomorphose, Chlorsilber nach Silber, III, 247. — Fassait nach Vesuvian, IV, 85. — nach Feldspath, III, 125. — Friedek, II, 113. Be u. Bitterspath nach Cuprit, Car — Labradorit v. Verespatak, IV, 269, V,41. — Malachit n. Atacamit, VII, 97, III, 39. — Markasit nach Bournonit, IV, 87. — Markasit nach Eugenglanz, IV, 93. — Markasit nach Kupferkies, IV, 88. — Markasit nach Magnetkies, IV, 88. — Silber nach Rothgiltigerz, IV, 86. — Steatit nach Feldspath, IV, 7. — Steinsalz, III, 251. — Talk n. Grammatit, VI, 65. Pucherit, Schneeb. Krystallf., II, 245. Pyrrhotin, Nagybänya, II, 76. Pyrit, Fassathal, VII, 79. — Waldenstein, VI, 13, Pyritgruppe, I, 23. Pyrop, Muttergestein d., III, 13. Pyrosmalith, Analyse, V, 211. P.yroxen, I'17., Q. Quarz v. d. Saualpe, IV, 284. — vom Viesena, V, 178. Quarzandesite v. Ungarn u. Sieben- bürgen, II, 51 u. III, 217. — Siebenbürgen, IV, 19. Quarz-Hornblende-Andesit, Wöl- lan, III, 5. Quarzporphyre, Böhmen, VII, 179. Quarztrachyt, Cernolitza, III, 10. — von Gleichenberg, An., VII, 276. — von Samothrake, V, 94. IR. Ratnapura, Magnesiaglimmer v., An., IV, 241. Reichenau, Mineralvorkommen, II, 263. Reps. Basalt, VII, 322. Reunion u. Mauritius, VI, 39. Reusch, Gyps, VI, 67. Reyer, Augit, Vogelsgeb., An., II, 258. Rhyolithe v. Tokaj-Eperies, IV, 216. Ripidolith a.d. Zillerth., An., IV, 244. Rohrzucker, Opt. Eig., VII, 261. 48* Geologie v., 364 Roselith, Monographie des, IV, 137, — Charakteristik des, III, 291. Rosignano, $. v. Pisa, Felsarten von, VI, 229. Roth, Wirk. v. Essigs. a. Dolomit-Kalke, VI. 69. Rothgiltigerz in Silber verw., IV, 86. Rumpf, Einf. Albitkrystalle, IV, 97. — Crinoiden a. d. Sunkgraben, IV, 282. — Dolomit v. Vigo, An., III, 33. — Feldspathf. Kalkst. v. Sauerbrunngr. b. Stainz, V, 207. — Halloysit v. Tüffer, IV, 282. — Kaluszit. II, 118. — Kohle v. Kainach, Anal., IV, 178. — Analyse d. Magnesiagl. v. Morawitza, IV, 177. — Magnesite, III, 263. — Misspickel v. Leyerschlag, Krystallf. IV. 281. — Misspickel v. Schladming, An., IV, 177. — Pennin a. d. Zillerthal, An., II, 33. — Pinolit v. Goldek, IV, 281. Rutil v. Rauris, II, 195. Ss. Sächs. Felsite u. Pechst,, IV, 31. Sadebeck, Glaukodot von Hakansboe, VII, 353. — Krystallf. d. Struvits, VII, 113, 221. Sahara-Sand, VII, 221. Salit, Greiner, II, 58. — v. Albrechtsberg, VII, 273. — als Gesteinsgemengtheil, V, 45. Salze v. Königsberg i. Ungarn, V, 310. Samothrake, Ueber Gesteine v., V, 89. Sand Sahara, VII, 221. Sandsteine, Grauwacken und Mergel, Mikroskopische Studien über, V, 154. Sarkany, Stilpnomelansch., An., I, 108. Saualpe, Quarz von der, IV, 284. Schalige Textur, Steinsalz, VI, 242. Schalstein, Rietsch, An., I, 108. Scheelit, Sulzbach, II, 114. — Neues Vorkommen, IH, 57. Schinnerer, Kupfergl. v. Catamarca, Analyse, II, 80. Schlacke, Analyse, III, 33. — Analyse, III, 34. Schlemmer, Epidot v. Zöptau, Anal., II, 258. Schlesien, Minerale a. d. NW. von, VI, 141. — Minerale a. d. SO. von, V, 207. — Minerale a. d. NW. von, V, 110. Schlönbach, Erbohrung v. Kalisalzen b. Davenstedt, V, 283. Schrauf, Anatas und Rutil v. Rauris, IH, 198. — Antimonit Michelsberg, IV, 95. Register. Schrauf, Apatitv. Schlaggenwald, I, 105. — Boraecit v. Stassfurth, II, 114. — Chalkolith u. Zeunerit, II, 181. — Coelestin v. Banat, IV, 95. — Cuprit v. Liskeard, I, 106. — Einaxiger Diamant, III, 289. — Klinochlor, klinoquadr. u. klinohexag. System, IV, 161. — Kupfer, Krystallform, III, 290. — Kupfer von Wallaroo, II, 53. — Kupferlasur v. Nertschinsk, I, 13. — Lanarkit v. Leadhills, III, 137. — Monographie d. Roselith, IV. 137. — Z. Charakteristik d. Roselith, III, 291. — Pharmakolith. II, 138. — Pseudomalachit, III, 139. — Schröckingerit, III, 137. — Silber v. Copiapo, II, 115. — Walpurgin u. Trögerit, II, 183. — Weissbleierz, Krystallform, III, 203. — Zeunerit v. Joachimsthal, III, 138. Schröckingerit, Krystallf., III, 137. Schweitzerit vom Feegletscher, I, 57. Selenblei, Mendoza, III, 254. Semmering Pinolit, III, 266. Serpentine, I, 1. Serpentinähnliche Gesteine, I], 1. Serpentin v. New-Yersey, V, 110.; Serpentin u. Serpentingesteine von Rosignano u. Castellina maritima, VI, 237. Serpentine d. Vogesen, V, 183. Shergotty, Meteorit von, II, 87. Siebenbürgen, Minerale aus, VII, 317. — Trachyte, IV, 13. Sierra Cordoba, Minerale d., III, 220. Siewert, Triplit, Anal., III, 225. Silber Copiapo, II, 115. — Chlorsilber nach, II, 247. — nach Rothgiltigerz, IV, 86. Silberglanz, Krystallform, V, 40. Simony, Minerale d. Hallstädter Salz- berges, I, 58. Simonyit von Ischl, VII, 97. — Stassfurth, II, 58. — Gruppe, II, 20. Sipöcz, Bustamit Rezbanya, An., III, 31. — Jordanit Imfeld, III, 29, III, 131. — Kaliglimmer, Bengalen, An., II, 31. — Lievrit, Analyse, V, 7. — Analyse d. Wassers v. „Mare morto“, Y1,A7L. — Meteorit v. Orvinio, Anal., IV, 244. — Miargyrit und Kenngottit, VII, 213. — Plagioklas von Verespatak, IV, 175. — Skapolith v. Rossie, VII, 266. —- Wässer v. Baden, Anal., IV. 251. Skapolith v. Boxborough, VII, 267. — v. Rossie, Anal., VII, 266. Smita, Leonhardit, Anal., VII, 268. — Oligoklas v. Soboth, VII, 265. Register. 365 Smita, Trachyt, Gleichenberg, VII, 277. | Thonschiefer und Schieferthone, Smrekouz Andesit, VII, 204. Sodalith von Ditrö, VI, 332. Sphärosiderit, Stein, III, 202. Spitzbergen-Gesteine, IV, 183. — Petrographisch-geolog. Beobachtungen a. d. Westküste. IV, 181 u. 261. Stalagmit a.d. Adelsb.-Grotte, IV, 179. Stannern, Meteorit von, II, 83. Stassfurth, Simonyit u. Boracit von, II, 58. Staurolith, I, 173 u. 263. Stearopten, Circular-Polarisat., IV, 227. Steatit, Plaben, Analyse, II, 257. Stefanit in Proustit verw., IV, 87. Steiermark, Eruptivgesteine, III, 1. Steinsalz, Maros Ujvär, VII, 320. — Pendschab. III. 288. — Pseudomorphosen, III. 251. — Schalige Textur in, VI, 242. Stelzner, Argent. Republik, III, 219. Stilpnomelanschiefer, Bärn, Anal., I, 108. Stingl, Brauneisensteinanalysen, II, 81. Streng, Nephelin u. Apatit, mikroskop. Unterscheidung, VI, 167. — Neues Vorkommen v. Tridymit, I, 47. Striegau, Axinit von, II, 1. Stromeyerit Hoyada, III, 250. Struvit, Krystallform, VII, 112, 221. Südsteiermark, Augitandesit, VII, 204. Suida, Verhalten des Eisenoxyds bei hohen Temperaturen. VI, 175. Sulphuricin, VI, 243. Sulzbacher Epidote des Museums, I, 49. Sulzbach, Scheelit von, II, 57. Sunk, Pinolit, III, 266. Sunkgraben, Crinoiden a. d., IV, 282, Symmetrie d. Pyritgruppe, II, 23. Symmetriegesetze, III. 179 Syngenit, Kaluszit, I, 197. — Krystallform, III, 47. Sysertsk, Gold von. VII, 1. Szaszka-Gestein, III, 260. Wiener T. ‚Talk n. Grammatit, VI, 65. Teelu, Oligoklas Wilmington, Analyse, I, 55. Tellurwismuth, III, 293. — Vorkommen im Banat, IV, 91. Terglav, Ueber die Tuffe des Grazer Devon, VI, 207. Terminologie, Bemerk. zur, V, 35, Teschenit Kaukasus, II. 100. Than, Anal. d. Harkänyer Therme, VI, 1. Theorie der Krystallysationsge- setze, III, 171. Thonerdesilicat v. Stein, II, 197. Mikroskop. Studien über, V, 162. Tokaj-Eperieser Gebirge, Tra- chyte des, IV, 199. Trachyt, Gleichenberg, VII, 276, 277. Trachyte von Tokaj - Eperies IV,.199. Trachyte aus dem siebenbürgi- schen Erzgebirge, IV, 13. Tremolitreihe. I, 37. Tridymit, neues Vorkommen, I, 47. Triplit, Sierra Cordoba, An., III, 225. Trögerit, II, 183. Tschermak, Adular-Albit, II, 196. — Analeim-Pseudomorphosen, II, 113, — Anhydrit vom Semmering, V, 399. — Apatit von Unter-Sulzbach, V, 208. — Aspidolith von Znaim, I, 112. — Ueber Atakamit, III, 39. — Verwandlung von Atacamit in Mala- chit, VII, 97. — Biotitzwillinge vom Vesuv, VI, 187. — Diallag im Quarzporphyr, III, 47. — Ungewöhnliche Edelsteine, III, 213. — Der Stern von Este, VI, 241. — Eisennickelkies, Sesiathal, IV, 285, — Zur Geschichte d. Feldspathe, III, 285. — Gehlenit von Orawitza, III, 214. | — Glauberit-Vorkommen v.Priola, IV,179. — Glimmerkugeln vom Hermannschlag, II, 264. — Verwandlung von Grammatit in Talk, VI, 65. — Greenockit Moravitza, III, 288. | — Mineral - Vorkommen von Grossau, I, 112. — Hydromagnesit, Kraubat, I, 109, 112, 113. — Jordanit von Nagyag, Krystallform, III, 215. — Kalisalze aus Ostindien, III, 135. — Kaluszit-Syngenit. II, 197. — Felsarten aus dem Kaukasus, II, 107 und V, 131. — Labradorit von Verespatak, IV, 269, v,.4. — Ueber Leucit, VI, 66. — Ludwigit, IV, 58. — Meteoriten des mineral. I, 165 und VIi. 309. — Meteorit von Hungen, VII, 315. — Meteorit von Iowa, V, 209. — Eisenfund hei Ovifak, I, 109. — Meteoritenfund bei Ovifak, IV, 165. — Meteorit von Shergotty, I, 56. — Meteoreisen v. Victoria-West, I, 109. — Milarit, II, 265, VII, 350. — Aufgaben der Mineralchemie, I, 93. — Muscovit, Krystallsystem, V. 309. — Minerale vom Oberhollersbachthal, III, 46. Museums, 366 Tschermak, Pyroxen u. Amphib., 1, 17. -— Quarz v. d. Saualpe, IV. 284. — Mineralvork. von Reichenau, II, 263. — Schalige Textur v. Steinsalz, VI, 242. — Entstehung schaliger Textur durch Schlag, VI, 242. — Scheelit v. Sulzbach, II, 57 und 114. — Simonyit von Ischl, VII, 97. — Simonyit u. Boracit v. Stassfurth II, 58. — Stalagmit v. Adelsberg, IV, 179. — Steinsalz und Glauberit, Pendschab, III, 288. Tuffe des Grazer Devon, VI, 207. — Mikroskop. Studien über, V, 167. Tüffer, Halloysit, IV, 282. Turmalin, Fundort, V, 40. Turmalingranit v. Mulatto, Minerale darin, VII, 81. U. Ullik, Sphaerosiderit v. Stein, III, 197. | — Thonerdesilicat v. Stein, III, 197. Ural, Gold vom, VII, 1. Utschik, Trachyt, Gleichenbg., VII, 277. Vv. Vrba, Grünsteine v. Pribram, VII, 223. Vorhauseritv.d. Pesmedakamm,V, 177. Volkmer, Andesitv. Czibles, An., II. 261. Vogesen, Die Serpentine der, V, 183. Vietoria-W est, Meteoreisen v., I, 109. Vesuvian, Grundform, VII, 98. — in Fassait verw. IV, 85. Vesuv-Lava, II, 101. Vesuv, Biotitzwillinge vom, VI, 187. Verwachsungen v. Pyroxen u. Am- phibol, I, 43. Verespatak, Plagioklas v., An., IV, 175. — Labradorit v., IV, 269, V, 41. Veränderungen in der flüssigen und erstarrenden Lava, I, 65. Vulk. Ereignisse 1872, II, 107. 1873; IV, 67. 1874, 9,» 57. 1875, VW], 21: 1876, VII, 82. Vulkanische Gesteine d. Galopagos- Inseln, VI, 133. ww. Wald, Pinolit, III, 266. Wallaroo, Kupfer von, II, 53. Register. Walpurgin, Il 183. Wapplerit, IV, 279. Wartha, Jordanitformel, IIi, 131. Wasser von Baden, Analyse. IV, 251. Websky, Axinit v. Striegau, I, 1. : — Beryll. v. Eidsvold, VI, 117. — Kalkspath v. Striegau, II, 63. — Pucherit v. Schneeberg, II, 245. Weigand, Die Serpentine der Vogesen, V, 183. Weinholdt, Schalstein v. Rietsch, An., I, 108. Weisbach, Luzonit, IV, 257. Weissbleierz, Krystallform, III, 203. Westphalen, Porphyre u. Grünsteine, VD, 127. Wieser, Brauneisenstein-Anal., II, 80, — ÖOlivinfels Kraubat, Analysen, II, 79. Wilten, Jamesonit von, VII, 354. Wiserin, Krystallform, II, 7. Wolff, Diabas Krockersdorf, An., I, 107. Wolframit a. d. Trachyte von Felsö- Banya, V, 9. Wulfenit, Krystallform, IV, 91. >. Xenotim, Krystallform, I, 15. Z. Zellenkalk, Ueber den, V, 251. Zellner, Glimmer v. Tscheborkul, An., II, 129, — Grüner Schiefer v. Reichenau, An., 111,34. Zepharovich, Feldspath - Pseudomor- phose, IV, 7. Zerrenner, Baryt v. Pfibram, IV, 91. — Bemerk. z. Terminologie, V, 35. — Chalcedon, IV, 94. — Holzopal, IV, 94. — Krystallform d. Wulfenit, IV, 91. — Krystallform d. Adular, IV, 95. - — Kupferkrystalle v. Bolivia, IV, 94. — Markasit n. Eugenglanz, IV, 93. Zeunerit, II, 181. — von Joachimsthal. III, 138. Zillerthal, Ripidolith a. d, Analyse, IV, 244. Zinkspath, Raibl, Analyse, I, 55. Zinnstein, Krystallform, VII, 243. Zinnwaldit, Analyse, VII, 345. ! Zirkel, Bytownit, I, 61. Druek von J. C. Fischer & Comp. Wien. CALIF ACAD OF SCIENCES LIBRARY 4 II) | “ _3 1853 un 0040 u mtener vom vr ummuen. en rn ee nn seen nn ern um nenn nz de tet uhr ng eye gun sarah Pl - an per intehne Sega mpeneie Er ee ne ur - fi en ne more ben im en= cu mut ww enter Img ann se ment un r TH ; ; %» ps T x B ! Dr \% IRA r PIY \ ” u 4 u s N } } Um ’ Al 1 4 R { . . a; U FA \ Y er N ” #* \ i x N m En en “ der AFFE Tistiraehe 7 tt r . Zu R 1 a er hRniphen