-y 7T.J. Jahrbuch der Königlich Preussischen geologischen Landesanstalt und Bergakademie zu Berlin für das Jahr 1893. Band XIV. Berlin. Im Vertrieb bei der Simon ScHROPP’schen Hof- Landkartenhandlang (J. H. Neumann). Inhalt. Mittheilungen aus der Anstalt. Seite 1. Bericht über die Thätigkeit der Königl. geologischen Landesanstalt im Jahre 1893 vii 2. Arbeitsplan für die geologische Landesaufnahme im Jahre 1894 . . xix 3. Mittheilungen der Mitarbeiter der Königl. geologischen Landesanstalt über die Ergebnisse der Aufnahmen im Jahre 1893 xxv K. v. Fritsch: Ueber seine Aufnahmen im Thüringer Wald . . xxv W. Frantzen: Ueber die Aufnahmen auf den Blättern Treffurt und Langula xxx H. Proescholdt : Ueber Revisionen und Aufnahmen im Bereich der Blätter Sondheim , Dingelstedt , Heiligenstadt und Schleusingen xxxiv H. Loretz: Ueber Aufnahmen im Coburgischen . . . . . . xxxvii E. Kayser : Ueber Aufnahmen im Dillenburgischen XL H. Grebe: Ueber die wissenschaftlichen Ergebnisse der Aufnahmen in der Eifel xli H. Potonie: Ueber seine im August 1893 ausgeführte Reise nach den Steinkohlen - Revieren an der Ruhr, bei Aachen und des Saar- Rhein- Gebietes xlvi K. Keilhack: Ueber seine Aufnahmen in Hinterpommern ... l A. Jentzsch: Ueber die Aufnahmen im Jahre 1893 L H. Grüner: Ueber die chemische Zusammensetzung des Gumtower oberoligocänen Mergels auf Blatt Demertin lvii 4. Nekrolog auf E. Läufer Lix 5. Nekrolog auf K. A. Lossen lxvii 6. Nekrolog auf A. Halfar lxxxi 7. Personal -Verhältnisse lxxxvi II. Abhandlungen von Mitarbeitern der Königl. geologischen Landesanstalt. Ueber den geologischen Bau des Centralstocks der Rhön. Von Herrn H. Proescholdt in Meiningen. (Tafel II.) 1 Briefliche Mittheilung von Herrn G. Berendt an Herrn W. Hauchecorne 22 Die Wechselzonen- Bildung der Sigillariaceen. Von Herrn H. Potonie in Berlin. (Tafel III — V.) 24 a* Seite lieber Dislocationen vom Harz. Von Herrn A. v. Koenen in Göttingen 68 Ueber Alter und Gliederung des sogenannten Kramenzelkalkes im Ober- barze. Von Herrn L. Beushausen in Berlin 83 Die Lagerungsverhältnisse des Tertiärs und Quartärs der Gegend von Buckow. Von Herrn F. 'Wahnschaffe in Berlin. (Tafel VI — IX) 93 Bemerkungen über den sogenannten Lias von Remplin in Mecklenburg. Von Herrn A. Jentzsch in Königsberg i/Pr . 125 Die oberpermiscben eruptiven Ergussgesteine im SO. -Flügel des pfälzischen Sattels. Von Herrn A. Leppla in Berlin 134 Beiträge zur Kenntniss des Wealden in der Gegend von Borgloh- Oesede, sowie zur Frage des Alters der Norddeutschen Wealden bil düngen. Von Herrn C. Gagel in Berlin. (Tafel XII u. XIII) 158 Die baltische Endmoräne in der Neumark und im südlichen Hinter- pommern. Von Herrn K. Keilhack in Berlin. (Tafel XIV) ... 180 Notiz über ein Vorkommen von Mitteloligocän bei Soldiu in der Neumark. Von Demselben 187 Das Profil der Eisenbahnen Arnswalde-Callies und Callies-Stargard. Von Demselben. (Tafel XIV) 190 Die Braunkohlenablagerungen in der Gegend von Senftenberg. I. (geo- logischer) Theil. Von Herrn 0. Eberdt in Berlin. (Tafel XV) . . 212 Ueber die stratigraphischen Beziehungen der böhmischen Stufen F, G, H Barrande’s zum rheinischen Devon. Von den Herren E. Kayser in Marburg und E. Holzapfel in Aachen 236 Abhandlungen von ausserhalb der Königl. geologischen Landesanstalt stehenden Personen. Die Braunkohlen -Hölzer in der Mark Brandenburg. Von Herrn 0. von Gellhorn in Berlin. (Tafel I) 3 Ueber Pflanzen aus dem norddeutschen Diluvium. Von Herrn F. Kurtz in Cordoba 13 Eine neue Nymphaeacee aus dem unteren Miocän von Sieblos in der Rhön. Von Demselben 17 Der Gebirgsbau des Einbeck-Markoldendorfer Beckens. Von Herrn Martin Schmidt in Oldenburg. ( Tafel X) 19 Insektenfrass in der Braunkohle der Mark Brandenburg. Von Herrn 0. von Gellhorn in Berlin. ( Tafel XI) 49 Gletscherschrammen am Rummelsberg , Kreis Strehlen. Von Herrn E. Althans in Breslau 54 I. Mittheilungen aus der Anstalt. 1. Bericht über die Thätigkeit der Königlichen geologischen Landesanstalt im Jahre 1893. I. Die Aufnahmen im Gebirgslande. Im südlichen Oberharze beendete Bezirksgeologe Dr. 1. Der Harz. Koch im Gebiete des Blattes Osterode (G. A. 55; is) die Auf- nahmen der Culm-Ablagerungcn zwischen dem Oberharzer Grün- steinzuge und dem Bruchberg- Acker. Nach Abschluss dieser Arbeit führte derselbe Revisionsbe- gehungen im Bereiche der Elbingeröder Mulde auf Blatt Blanken- burg (G. A. 56; 16) aus. Im Gebiete des Blattes Zellerfeld (G. A. 56 ; 7) wurde von dem Bezirksgeologen Halfar eine Gliederung der Schichtengruppe des Kramenzelkalksteins begonnen. Professor Dr. Klockmann begann die Revision der von GRODDECK’schen Aufnahmen innerhalb der Blätter Seesen und Osterode (G. A. 55; 12, 18). Am Westrande des Harzes führte Landesgeologe Dr. 2. Am west- Ebert nach einer letzten Revision im nördlichen Theile des Blattes Lindau (G. A. 55 ; 23) Aufnahmen im südöstlichen Theile des Blattes Westerhof (Gr. A. 55; 17) und in dem angrenzenden Ge- biete des Blattes Osterode (G. A. 55; 18) aus. Dr. Müller endete auf Blatt Moringen (G. A. 55 ; 16) die Abgrenzung der Diluvialschichten und begann dieselben auf Blatt Einbeck (G. A. 55; 10). VIII 3. Provinz Sachsen und Thüringen. Professor Dr. von Koenen unterwarf Blatt Gandersheim (G. A. 55; 11) einer Schlussrevision, beendete die Aufnahme der Blätter Moringen und Westerhof (G. A. 55; 16, n), sowie des ihm überwiesenen westlichen Theils des Blattes Osterode (G. A. 55; is), brachte den ihm überwiesenen Theil des Blattes Seesen (G. A. 55; 12) dem Abschluss nahe und setzte die Aufnahme der Blätter Alfeld, Gr.-Freden, Einbeck und Jühnde (G. A. 55 ; 3, 4, 10, 33) fort. In der Gegend von Halle ergänzte Professor Dr. von Fritsch seine Aufnahmen der Blätter Landsberg, Halle , Gröbers, Kölsa, Merseburg, Kötzschau, Schkeuditz, Weissenfels, Lützen, Meuchen und Mölsen (G. A. 57 ; 29, 34, 35, 36, 40, 41, 42, 46, 47, 48, 53) durch Ein- tragung zahlreicher neuer Aufschlüsse. Im Eichsfelde begann Professor Dr. Proescholdt die Auf- nahme der Blätter Heiligenstadt und Dingelstädt (G. A. 55; 41, 42). Bergingenieur Frantzen setzte die Revision des südöstlichen Theiles des Blattes Treffurt (G. A. 55; 54) fort und untersuchte den anstossenden Theil des Blattes Langula (G. A. 56; 49). Bezirksgeologe Dr. Zimmermann bearbeitete innerhalb des Blattes Fröttstedt (G. A. 70; 2) die Gliederung des unteren Muschelkalks und des Diluviums. Bezirksgeologe Dr. Scheibe führte im Gebiete des von den Professoren Dr. Weiss und von Seebach aufgenommenen Blattes Friedrichsroda (G. A. 70; 8) Begehungen behufs der Erläute- rungen aus. Landesgeologe Dr. Beyschlag brachte die Revision des paläozoischen Theiles des Blattes Schwarza (G. A. 70; 20) zum Abschluss und bewirkte eine Anzahl von Revisionen für die geo- logische Uebersichtskarte des Thüringer Waldes. Bezirksgeologe Dr. Zimmebmann führte die Schlussrevision des Blattes Crawinkel (G. A. 70; 15) zu Ende. Professor Dr. von Fritsch unterzog seine Aufnahmen in den Blättern Tambach, Schwarza, Suhl und Schleusingen (G. A. 70; 14, 20, 21, 27) einer letzten Revision. Professor Dr. Proescholdt revidirte in einzelnen Theilen seine Aufnahmen in den Blättern Schwarza und Schleusingen (G. A. 70; 20, 27). rx Zur Herbeiführung einer vollständigen Uebereinstimmung der Darstellung in den Blättern des mittleren Thüringer Waldes wur- den von den dabei betheiligten Herren Professor Dr. von Pritsch, Landesgeologen Dr. Loretz, Dr. Beyschlag und Bezirksgeo- logen Dr. Scheibe gemeinschaftliche Begehungen dieses Gebietes ausgeführt. In Südthüringen beendete Professor Dr. Proescholdt die Aufnahme des Blattes Sondheim (G. A. 69; 35) bis auf eine noch vorzunehmende Schlussrevision einzelner besonders schwie- riger Gebiete. In der Gegend von Coburg stellte Landesgeologe Dr. Loretz die Aufnahme des Blattes Oeslau (G. A. 70; 47) fertig und brachte die Revision der Blätter Coburg, Rossaeh und Steinach zum Ab- schluss (G. A. 70; 46, 48, 52). In Ostthüringen vollendete Hofrath Professor Dr. Liebe unter Beihülfe des Bezirksgeologen Dr. Zimmermann die Auf- nahme des Blattes Sclileiz (G. A. 71 ; 27), führte diejenige des Blattes Hirschberg (G. A. 7 1 ; 33) dem Abschlüsse nahe und be- gann die Untersuchung in den Blättern Mielesdorf und Gefell (G. A. 70; 28, 34). Im Regierungsbezirk Cassel führte Dr. Denckmann die 4. Die Provinz Aufnahme der Blätter Frankenberg, Frankenau und Kellerwald Hessen~Nassau- (G. A. 54; 57, 58, 59) weiter und begann diejenige des Blattes Gölserberg (G. A. 68; 5). Professor Dr. Bücking brachte in der Rhön die Aufnahme des Blattes Gersfeld (G. A. 69; 34) zum Abschluss und setzte die Bearbeitung der Blätter Neuswarts, Kleinsassen und Hilders fort (G. A. 69; 22, 28, 29). Im Regierungsbezirk Wiesbaden bearbeitete Professor Dr. Kayser die südöstliche Ecke des Blattes Herborn und einen angrenzenden Theil des Nachbarblattes Ballersbach (G. A. 67 ; 24. 68; 19). Professor Dr. Holzapfel setzte die Aufnahmearbeiten inner- halb des Blattes Braunfels (G. A. 68; 25) fort und führte sie dem Abschluss nahe. X Zum Vergleich der Schichten der Lahnmulde mit denjenigen des Kellerwaldes wurde von demselben eine Begehung des letzteren Gebietes mit Dr. Denckmann ausgeführt. 5. Die Rhein- In der Rheinprovinz wurde von dem Landesgeologen provjnz. Grebe die Bearbeitung der Blätter Renland, Leidenborn, Dax- burg (G. A. 65; 53, 54, 59), Schönecken, Mürlenbach, Dann und Manderscheid (G. A. 66; 49, 50, 51, 57) fortgesetzt und theilweise zum Abschluss gebracht. Ferner wurden Begehungen zur Orientirung im nördlichen Theile der Kreise Prüm und Daun, sowie in dem südlichen Theile der Kreise Malmedy und Schleiden von demselben unternommen. Bezirksgeologe Dr. Leppla führte Revisionen im Gebiete der Blätter Oberstem, Morscheid und Hottenbach (G. A. 80; 18, 17, 12) aus. 6. Provinz Nachdem von der Königlichen Landesaufnahme die Kartirung westphaien. (jeg gr5SS^en Theils der Provinz Westphalen im Maassstabe 1 : 25000 fertig gestellt ist, wurde die geologische Specialunter- suchung in dieser Provinz in den Blättern Schwerte, Menden, Hohenlimburg und Iserlohn durch den Landesgeologen Dr. Loretz in Angriff genommen (G. A. 53; 32, 33, 38, 39). II. Die Aufnahmen im Flachlande unter besonderer Berücksichtigung der agronomischen Verhältnisse. 7. Mitteimark. Landesgeologe Professor Dr. Berendt setzte die Aufnahme der Blätter Oderberg, Zehden und Freienwalde (G. A. 45; n, 12, 17) in den der Oderniederung angehörenden Theilen fort und führte, ebenso wie auf den Blättern Oderberg und Zehden, mit Hülfe des Landmessers Reemann die Aufnahme des ganz der Niederung an- gehörenden Blattes Neu-Trebbin (G. A. 45; 24) aus. Bezirksgeologe Dr. Schröder setzte gleichfalls unter ver- nehmlicher Berücksichtigung der in der Niederung gelegenen Theile, welche auch zum Abschluss gebracht wurden, die Auf- XI 8. Uckermark und Vorpommern. nähme der Blätter Schwedt, Stolpe, Zachow, Oderberg und Zehden (G. A. 28; 60. 45 ; 5, 6, n, 12) fort. Dr. Gagel begann und vollendete die Aufnahme des ganz in der Oder-Niederung gelegenen Blattes Neu-Lewin (G. A. 45 ; is) und kleiner anstossender Niederungstheile der Blätter Freienwalde und Bärwalde (G. A. 45 ; 17 und 46 ; 13). Dr. Wölfer begann und vollendete die Aufnahme des Nie- derungsblattes Letschin und der zur Niederung gehörigen süd- westlicheu Hälfte des Blattes Quartschen (G. A. 46; 19 u. 20). Dr. Beushausen setzte die Arbeiten auf den Blättern Polssen und Cunow (G. A. 28; 52 u. 54) fort, deren letzteres nahezu und deren ersteres ganz zum Abschlüsse gebracht wurde. Dr. Müller beendete zunächst die Aufnahme des Blattes Fiddichow (G. A. 29; 49) und begann diejenige des Blattes Bahn (G. A. 29; 50), welches bis auf die äusserste Südost-Ecke fertig gestellt wurde. Dr. Gagel begann nach Beendigung seiner Aufnahmen in der Oderniederung die Aufnahme des Blattes Wildenbruch (G. A. 29; 56). Dr. Zeise setzte die Aufnahme des Blattes Gandenitz fort, dessen Grenze zu Thomsdorf gleichzeitig festgestellt wurde (G. A. 28; 49, 43). Landesgeologe Dr. Keilhack bearbeitete die Blätter Vitte, Lanzig, Saleske, Rügenwalde, Peest, Altenhagen und Damerow (G. A. 14; 25-27, 31, 33, 37, 4s), von denen die ersten vier Küsten- blätter fertig gestellt wurden. 10. Priegnitz. Professor Dr. Grüner beendete die Aufnahme des Blattes Lohme (G. A. 43; 12). Professor Dr. Jentzsch brachte die Aufnahme des Blattes 11. Provinz Lessen zum Abschluss und begann diejenige des Blattes Schwenten WestPreussen- (G. A. 33; 29, 30). Dr. Klebs begann die Aufnahme des Blattes Orteisburg und 12. Provinz führte dieselbe ihrem Abschluss entgegen (G. A. 35; 28). ostpreussen. 9. Hinter- pommern. XII III. Sonstige Arbeiten. Im Interesse der Arbeiten des »Ausschusses zur Untersuchung der Wasserverhältnisse in den der Ueberschwemmungsgefahr be- sonders ausgesetzten Flussgebieten« wurde von dem Landesgeo- logen Professor Dr. Wahnschaffe der dem Flachlande und von dem Landesgeologen Dr. Dathe der dem schlesischen Gebirgs- lande mit Ausschluss der Grafschaft Glatz angehörende Theil des Oderstromgebietes einer übersichtlichen hydrographisch-geologischen Untersuchung unterzogen. Bezirksgeologe Dr. Leppla begann im Gebiete der Grafschaft Glatz eine gleichartige Untersuchung unter Benutzung der 25 000 theiligen topographischen Specialkarte und führte dieselbe ihrem Abschlüsse nahe. Stand der Publicationen. Im Laufe des Jahres sind zur Publication gelangt: A. Karten. 1 . Lief. XL VI, enthaltend die Blätter Birkenfeld, Nohfelden, Freisen, Ottweiler, St. Wendel . 5 Blätter. 2. Lief. LIII, enthaltend die Blätter Zehdenick, Gr.-Schönebeck, Joachimsthal, Liebenwalde, Ruhlsdorf, Eberswalde (Mit Bohrkarten und Bohrregister) 6 » Lief. LVIII, enthaltend die Blätter Fürsten- werder, Dedelow, Boitzenburg, Hindenburg, Templin, Gerswalde, Gollin, Ringenwalde (Mit Bohrkarten und Bohrregister) ... 8 » Lief. LXII, enthaltend die Blätter Göttingen, Waake, Reinhausen, Gelliehausen .... 4 » 3. 4. zusammen Es waren früher publicirt Mithin sind im Ganzen publicirt . . . 23 Blätter. 302 » 325 Blätter. xm Was den Stand der noch nicht publicirten Kartenarbeiten betrifft, so ist derselbe gegenwärtig folgender: 1. In der lithographischen Ausführung sind noch beendet: Lief. LIX, Gegend von Bublitz .... 9 Blätter. Lief. LX, Gegend von Heldburg ... 4 » zusammen 1 3 Blätter. Die Veröffentlichung dieser bereits im Auf- lagedruck befindlichen beiden Lieferungen wird binnen Kurzem erfolgen. 2. In der lithographischen Ausführung begriffen sind: Lief. LII, Gegend von Halle a/S. ... 7 Blätter. Lief. LXI, Gegend von Bartenstein . . 5 » Lief. LXIII, Gegend von Bernkastel . . 10 » Lief. LXIV, Gegend von Ilmenau ... 6 » Lief. LXV, Gegend von Riesenburg . . 4 » Lief. LXVI, Gegend von Prenzlau . . 6 » Lief. LXVII, Gegend von Stettin ... 6 » Lief. LXVIII, Gegend von Wilsnack . 6 » Lief. LXXI, Gegend von Gandersheim . 5 » Lief. LXXII, Gegend von Coburg . . 4 » zusammen 1. und 2. 72 Blätter. 3. In der geologischen Aufnahme fertig, jedoch noch nicht zur Publication in Lieferungen abgeschlossen 97 » 4. In der geologischen Bearbeitung begriffen .172 » Einschliesslich der publicirten Blätter in der Anzahl von 325 » sind demnach im Ganzen zur Untersuchung gelangt 666 Blätter. Ausserdem befindet sich noch eine geologische Uebersichts- karte vom Thüringer Wald im Maassstabe 1 : 100000 in der lithographischen Ausführung. Eine Höhenschichtenkarte vom mitt- leren Deutschland, zunächst für die Gegenden des Oder- und des Elbe-Gebietes ist in der Vorbereitung begriffen. XIV 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. B. Abhandlungen und Jahrbuch. Band X, Heft 5. A. von Koenen, Das norddeutsche Unter- Oligocän und seine Mollusken - Fauna. Lief. V : Pelecypoda. — I. Asiphonida. — A. Monomyaria. B. Heteromyaria. C. Ho- momyaria. - — II. Siphonida. — A. Integro- palliata. Nebst 24 Tafeln. Neue Folge. Heft 2. Weiss, Die Sigillarien der preussi- schen Steinkohlen- und Rothliegenden- Gebiete. Beiträge zur fossilen Flora, V. II. Die Gruppe der Subsigillarien, von Dr. E. Weiss. Nach dem hand- schriftlichen Nachlasse des Verfassers vollendet von Prof. Dr. J. T. Sterzel. Hierzu ein Atlas mit 28 Tafeln und 14 Textfiguren. Neue Folge. Heft 9. Theil II. Potonie , Die Flora des Rothliegenden von Thüringen. Mit 35. Tafeln. Neue Folge. Heft 14. Keilhack, Zusammenstellung der geo- logischen Schriften und Karten über den ost- elbischen Theil des König- reiches Preussen mit Ausschluss der Provinzen Schlesien und Schleswig- Holstein. Neue Folge. Heft 15. Holzapfel, Das Rheinthal von Binger- brück bis Lahnstein. Mit einer geo- logischen Uebersichtskarte , 16 An- sichten aus dem Rheinthale und 5 Ab- bildungen im Text. Jahrbuch der Königlich Preussischen geologischen Landes- Anstalt und Bergakademie pro 1891 LXXXIV und 627 Seiten Text und 28 Tafeln. Dasselbe pro 1892 LXXIV und 311 Seiten Text und 17 Tafeln. XV Nach dem Berichte für das Jahr 1892 betrug die Gesammt- Debit der zahl der im Handel debitirten Kartenblätter . . 27 661 Blätter. Pubhcatl0nen- Im Jahre 1893 wurden verkauft: von Lief. I, Gegend von Nordhausen 16 Bl. » » H, » Jena .... 20 » » » III, » » Bleicherode . . 24 » » » IV, » » Erfurt .... 3 » » » Y, » » Zörbig .... 2 » » » VH, •» » Saarbrücken II. Theil . . 7 » » » YIII, » » Riechelsdorf . . 18 » » » IX, » des Kyffhäusers . . 59 » » » X, » von Saarburg . 4 » » » XI, » » Nauen .... 9 » » » XII, » » Naumburg a. S. . 22 » » »- XIII, » » Gera 24 » » » XIY, ,» » Berlin Nordwesten 8 » » » XY, » » Wiesbaden 34 » » » XYI, » » Mansfeld . 27 » » » XYII, » » Triptis .... 23 » » » XVIII, » » Eisleben . . . 8 » ». » XIX, » » Querfurt 12 » » » XX, » » Berlin Süden . 24 » » » XXI, » » Frankfurt a. M. . 10 » » » XXII, » • » Berlin Südwesten 8 » » XXIII, » » Ermschwerd . . 14 » » » XXIV, » » Tennstedt . 5 » » • » XXV, » » Mühlhausen 18 » » » XXVI, » » Berlin Südosten . 9 » » » XXVII, » » Lauterberg a. H. 19 » » » XXVIII, » » Rudolstadt . . . 19 » » » XXIX, » .» Berlin Nordosten 35 » » .» XXX, » » Eisfeld in Thür. . 43 » 524 Blätter. Latus 28 185 Blätter. XVI Transport 28185 Blätter. von Lief. XXXI, Gegend von Limburg . . 27 Bl, » » XXXIII, » » Schillingen . . 4 » » » XXXIV, » » Lindow . . . 7 » » » XXXV, » » Rathenow . 22 » » » XXXVI, » » Hersfeld . . . 31 •»' » » XXXVII, » » Meiningen . 47 » » » XXXVIII, » » Stendal . . 1 » » » XXXIX, » » Gotha 2 » » » XL, ». Saalfeld i. Thür. 27 » » » XLI, » ’ » Selters . . . 36 » » ' ». XLII, » » Tangermünde . 19 » » » XLIII, » » Marienwerder . 9 » » » XLIV, » » Coblenz . 55 » » » XLV, » » Melsungen . . 5 » » » XL VIII, » » Burg .... 7 » » » XLIX, » » Bieber . . . 14 » » » L, » Trier .... 15 » » » LI, » Oberweiss . . 2 » » » LIV, » Brandenburg a. H. . . . 37 » » » LV, » Schwarzburg 47 » » » LVI, » Hildburghausen 48 » » » LVII, » Greiz .... 219 » 671 » so dass im Ganzen durch den Verkauf debitirt sind: 28856 Blätter. Von den sonstigen Publicationen sind verkauft worden: Abhandlungen. Band I, Heft 2. ( Schmidt , Keuper des östlichen Thüringens) 2 Exempl. » » » 3. (Laspeyres, Rothliegendes) ... 2 » » » » 4. (Meyn, Insel Sylt) 6 » » II, » 1. (Weiss, Steinkohlen-Calamarien) . 1 » » » » 2. (Orth, Rüdersdorf und Umgegend) 3 » XVII Band II, Heft 3. (Berendt, der Nordwesteu v. Berlin) 4 Exem » » » 4. (Kayser, Devon- Ablagerungen) . 1 » » III, » 2. (Läufer u. Wahnschaffe, Boden- untersuchungen) 2 » » 111, » 3. (Meyn, Schleswig -Holstein) ... 6 » » » » 4. (Schütze, Niederschles. -Böhmisches Steinkohlenbecken) ..... 6 » » IV, » 2. (Koch, Homalonotus- Arten) ... 2 » » V, »1. (Roemer, Die geologischen Verhält- nisse von Hildesheim) .... 3 » » » » 2. (Weiss, Steinkohlen-Calamarien) . 2 » . » » » 3. (Läufer, Die Werder’schen Wein- berge) . 2 » » » »4. (Liebe, Ostthüringen) 3 » » VI, » 1. (Beushausen, Spiriferensandstein) . 2 » » » » 2. (Blanckenhorn, Trias der Eifel) . 3 » » » » 3. (Noetling, Die Fauna des sam- ländischen Tertiärs) 1 » » VII, » 2. (berendt, Märkisch -Pommersches Tertiär) 5 » » » »3. (Felix, Weiss, Potonie, Carbon- pflanzen) 1 » » » » 4. (Branco, Lepidotüs) 1 » » VIII, » 1. (Berendt, Geologische Karte von Berlin und Umgegend) ... 8 » » » »2. (Denckmann, Geologische Verhält- von Dörnten) 5 » » » » 4. (Schlüter, Anthozoen) .... 2 » » IX, » 2. (Caspary, Fossile Hölzer) ... 1 » » » » 3. (Frech, Devonische Aviculiden) . 6 » » » » 4. (Kinkelin, Das Untermainthal etc. 20 » » X, » 1 — 5. (von Koenen, Unter -Oligocän und seine Mollusken-Fauna) . . 88 » b Jahrbuch 1893. XVIlI Neue Folge. Heft 1. (Kayser, Fauna des Haupt- quarzits) 2 Exempl. (Sterzel, Sigillarien) ... 39 » ( Beissel, Foraminiferen) . . 1 » ( S chlüter , Die reguläre n Echiniden) 5 » (Eck, Gegend von Baden) . 8 » (Uthemann , Braunkohlen- Lagerstätten am Meissner) 4 » (von Reinach, Das Roth- liegende in der Wetterau) 10 » (Potonie, Flora des Roth- liegenden von Thüringen) 35 » (Wölfer, Geolog. Special- karte u. Bodeneinschätzung) 5 » (Bücking, Der Spessart) . . 18 » (Dathe, Umgegend von Salz- brunn) 17 » (Keilhack , Schriften und Karten etc.) .... r 46 » (Holzapfel, Das Rheinthal) 48 » Vom Jahrbuch 1880— 1892 104 » 11. 12. 13. 14. 15. Von den sonsti en Karten und S chriften. Höhenschichtenkarte des Harzgebirges 7 Exempl. Geologische Karte des Harzgebirges 30 » Weiss, Flora der Steinkohlenformation 20 » Geologische Karte der Umgegend von Thale ... 6 » Geologische Karte der Stadt Berlin 11 » Uebersichtskarte der Gegend von Halle ..... 16 » Höhenschichtenkarte des Thüringer Waldes ... 50 » krx 2. Arbeitsplan der Königlichen geologischen Landesanstalt für das Jahr 1894. I. Die Aufnahmen im Gebirgslande. I. Der Harz und seine Umgebung. Bezirksgeologe Dr. Koch wird die Aufnahme des Blattes Blankenburg (G. A. 56; 16)1) fortsetzen und im Gebiete der Blätter Osterode und Riefensbeek (G. A. 55; 18. G. A. 56; 13) die Unter- suchung der Schichten zwischen dem Bruchberg- Acker und dem Grünsteinzuge weiterführen. Im Oberharz wird Professor Dr. Klockmann die Revision der Blätter Seesen und Osterode (G. A. 55; 12, is) in ihrem aus altem Gebirge zusammengesetzten Theile fortsetzen. Nördlich des Harzes wird Landesgeologe Dr. Ebert die Aufnahme des Blattes Osterwieck (G. A. 56; 3) beginnen. Westlich des Harzes wird Professor Dr. von Koenen die Untersuchung des Gebietes der Blätter Alfeld, Gr. -Freden, Einbeck, Seesen und Jühnde fortsetzen (G. A. 55; 3, 4, 10, 12, 33). *) G. A. 56; 16 = Grad - Abteilung 56, Blatt No. 16. b* XX 2. Provinz Sachsen und Thüringen. Professor Dr. Proeschoedt wird die Arbeiten zur Revision und Fertigstellung der Blätter Berlingerode, Heiligenstadt, Dingelstedt, Kella und Lengenfeld (G. A. 55; 36, 41, 42, 47, 48) fortsetzen. Bergingenieur Frantzen wird die Revision der Blätter Treffurt, Kreuzburg und Langula weiterführen (G. A. 55; 54, go. G. A. 56; 49). Professor Dr. von Fritsch wird die von ihm bearbeiteten Blätter der Gegend von Halle zum definitiven Abschluss bringen. Im Thüringer Walde wird Landesgeologe Dr. Beyschlag die Kartirung der Blätter Eisenach und Salzungen (G. A. 69; 6, 12) fertigstellen. Bezirksgeologe Dr. Scheibe wird die Revision des Blattes Brotterode (G. A. 70; 7) zu beenden suchen und eine Begehung des Gebietes des Blattes Friedrichsroda (G. A. 70; 8) behufs der Bearbeitung der Erläuterung vornehmen. Bezirksgeologe Dr. Zimmermann wird eine Begehung inner- halb des Blattes Wutha (G. A. 70; 1) behufs der Gliederung der Trias ausführen. In Ostthüringen wird Hofrath Professor Dr. Liebe in Ge- meinschaft mit dem Bezirksgeologen Dr. Zimmermann die Aufnahme der Blätter Lehesten, Lobenstein, Hirschberg und Gefell weiter- führen (G. A. 71‘; 31, 32, 33, 84).' 3. Provinz Hessen -Nassau und Rhöngebiet. Im Regierungsbezirk Cassel wird Dr. Denckmann die Untersuchung und Kartirung des Kellerwaldgebietes in den Blättern Frankenau, Kellerwald (G. A. 54; 58, 59), Rosenthal und Gilser- berg (G. A. 68; 4, 5) weiterführen. Professor Dr. Bücking wird in der Rhön die Untersuchung innerhalb der Blätter Neuswarts, Kleinsassen und Wilders (G. A. 69; 22, 28, 29) fortsetzen. Professor Dr. Kayser wird die Blätter der Umgebung von Marburg weiter bearbeiten. XXI Im Regierungsbezirk Wiesbaden wird Professor Dr. Kayser die Aufnahme der Blätter Dillenburg und Herborn weiter- führen (Gr. A. 67 ; 18, 24). Professor Dr. Holzapfel wird die Bearbeitung der Blätter Braunfels, Wetzlar, Weilmünster und Kleeberg (Gr. A. 68; 25, 26, 81, 32) fortsetzen. 4. Rheinprovinz. Professor Dr. Holzapfel wird den linksrheinischen Theil der Blätter St. Goarshausen und Caub-Bacharach untersuchen (G. A. 67 ; 51, 57). Derselbe wird unter Zugrundelegung der neu hergestellten Messtischblätter linksrheinischer Landestheile die Aufnahme der Gegend von Aachen beginnen. In der Eifel wird Landesgeologe Grebe die Bearbeitung der Blätter Reuland, Habscheid, Dasburg (G. A. 65; 53, 54, 59), Schön- ecken, Mürlenbach, Daun und Manderscheid (G. A. 66; 49, 50, 51, 57) weiterführen. Bezirksgeologe Dr. Leppla wird im Nahegebiet und auf dem Hunsrück das Blatt Ruhlenberg abschliessen (G. A. 80; 23) und Revisionen innerhalb der Blätter Neumagen, Morbach, Hotten- bach, Schönberg und Morscheid vornehmen (G. A. 80; 10,11,12,16,17). Derselbe wird eine Orientirungs- und Studienreise in den vulkanischen Gebieten der Eifel und des Siebengebirges zur Vor- bereitung von Aufnahme- Arbeiten au'sführen. 5. Provinz Westfalen. Landesgeologe Dr. Loretz wird die Aufnahme- Arbeiten in dem Gebiete der Messtischblätter Schwerte, Menden, Hohenlim- burg und Iserlohn (G. A; 53; 32, 33, 38, 39) in Angriff nehmen. 6. Provinz Schlesien. In Niederschlesien wird Landesgeologe Dr. Dathe die Aufnahme des Blattes Wünscheiburg (G. A. 76; 25) beginnen und diejenige der Blätter Waldenburg und Neurode zum Abschluss zu bringen suchen (G. A. 75; 18. G. A. 76; 26). XXII II. Die Aufnahmen im Flachlande unter besonderer Berück- sichtigung der agronomischen Verhältnisse. 7. Mittelmark. Landesgeologe Professor Dr. Berendt wird seine Arbeiten auf den Blättern Hohenfmow und Freienwalde zum Abschluss bringen (G. A. 45; io, 17). Landesgeologe Professor Dr. Wahnschaffe wird die Auf- nahme des Blattes Trebnitz ausführen und sodann ein neues Arbeitsgebiet in der Provinz Posen in Angriff nehmen. Bezirksgeologe Dr. Schröder wird die Blätter Gr. Ziethen, Stolpe und Oderberg zum Abschluss bringen und sodann die Ar- beiten auf Blatt Schwedt fortsetzen (G. A. 45 ; 4, 5, li und 28, 60). Dr. Wölfer wird die Aufnahme des Blattes Quartschen beenden und demnächst auf Fürstenfelde und Bärwalde übergehen (G. A. 46; 20, i4, 13) und bei dieser Gelegenheit den Anschluss der Blätter Neu- Trebbin und Neu - Lewin (G. A. 45; 24, 18) mit Letschin und Bärwalde (G. A. 46; 19, 13) durch eine Schluss- begehung bewirken. 8. Uckermark und Vorpommern. Dr. Beushausen wird die Blätter Passow und Cunow zum Abschluss bringen (G. A. 28; 53, 54) und demnächst in ein neues Arbeitsgebiet in der Provinz Posen übergehen. Dr. Müller wird nach Fertigstellung des Blattes Bahn die Blätter Schwochow und Neumark bearbeiten (G. A. 29; 50, 51, 45). Dr. Gagel wird, wenn möglich, nach Beendigung seiner Auf- gabe in Ostpreussen eine Revision des Blattes Uchtdorf ausführen und dasselbe druckfertig stellen (G. A. 29; 55). Dr. Zeise wird die Blätter Thomsdorf und Gandenitz, ersteres bis zur mecklenburgischen Grenze, vollenden und demnächst auf Blatt Hammelspring übergehen (G. A. 28; 43, 49, 55). In Gemeinschaft mit Professor Dr. Berendt werden Dr. Schröder, Dr. Beushausen und Dr. Müller eine Schlussbe- XXIII gehung ihrer zwischen Uecker und Oder gelegenen Blätter aus- führen, welche Begehung behufs Feststellung der unterschiedenen Thalterrassen nöthigenfalls bis zum Haff hinunter auszudehnen ist. 9. Hinterpommern. Landesgeologe Professor Dr. Berendt wird in der durch Revisionsreisen nicht in Anspruch genommenen Zeit mit Hülfe des Landmessers Reimann die Blätter Kolberg und Gr. Jestin bearbeiten (G. A. 13; 50, 56). Landesgeologe Dr. Keilhack wird die Blätter Altenhagen, Damerow, Zirchow und Wussow betreffenden Falles auch Blatt Peest zum Abschluss bringen (G. A. 14; 37, 43 — 45 und 53). 10. Priegnitz. Professor Dr. Grüner wird die Blätter Wuticke und Witt- stock bearbeiten (G. A. 27; 55 und 49). Professor Dr. Klockmann wird die Aufnahme des Blattes Kyritz zu Ende führen (G. A. 44; 1). II. Posen. Professor Dr. Wahnschaffe wird nach Beendigung seiner Aufnahmen in der Mittelmark die Bearbeitung der Blätter Obor- nick, Zukowo, Wargowo und Owinsk bei Posen beginnen (G. A. 48; 21, 22, 27, 28). Dr. Beushausen wird nach Beendigung seiner Aufnahmen in der Uckermark die Aufnahme der Blätter Sady, Posen, Dom- browka und Gurtschin (G. A. 48; 33, 34, 39, 40) in Angriff nehmen. 12. Westpreussen. Professor Dr. Jentzsch wird Blatt Schwendten fertigstellen und demnächst die Aufnahme von Gr. Plowenz ausführen (G. A. 33; 30, 36). Landesgeologe Dr. Ebert wird die Aufnahme des Blattes Neuenburg vollenden und dasselbe ebenso wie Blatt Garnsee druckfertig stellen (G. A. 33; 21, 22). XXIV 13. Ostpreussen. Dr. Klebs wird nach Vollendung des Blattes Orteisburg die Aufnahme der Blätter Gr. -Schöndamerau und Passenheim (G. A. 35; 28, 22, 21) ausführen und hierbei die neu eintretenden Hülfs- geologen Dr. Kaunhoven und Dr. Schulte in die Aufnahme- arbeit einführen bezw. demnächst von denselben unterstützt werden. Ausserdem wird derselbe in Gemeinschaft mit Professor Dr. Berendt die im Vorjahre nicht zur Ausführung gekommene Schlussbegehung der Blätter Dönhofstedt, Langheim und Lam- garben (G. A. 18; 48, 53, 54) bewerkstelligen und gleichzeitig in Gemeinschaft mit Dr. Schröder die Grenzanschlüsse letzterer beiden Blätter zu den Blättern Rössel und Heiligelinde (G. A. 18; 59, 60), sowie den Gesammtanschluss an das neue Arbeitsgebiet feststellen. Dr. Gagel wird die Aufnahme des Blattes Theerwisch aus- führen (G. A. 35, 23). 14. Arbeiten für die geologisch -hydrographische Untersuchung des Oderstromgebietes. Landesgeologe Dr. Dathe wird im Interesse der Arbeiten für den Wasser- Ausschuss die im Vorjahre ausgeführten Unter- suchungen im Schlesischen Gebirgslande durch die Untersuchung des Flussgebietes der Steine abschliessen. Bezirksgeologe Dr. Leppla wird in gleicher Weise die Unter- suchungen in der Grafschaft Glatz zu Ende führen. XXV a. Mitteilungen der Mitarbeiter der Königlichen geologischen Landesanstalt über Ergebnisse der Aufnahmen im Jahre 1893. Mittheilung des Herrn K. v. Fritsch über seine Auf- nahmen im Thüringer Wald. Das Grundgebirge des mittleren Thüringer Waldes besteht bekanntlich aus Granit (Granitit) und aus mehr oder minder schieferigen Gesteinen vorsilurischen Alters. In seinem trefflichen Werke: »Thüringen«1) redet Fr. Regel mit sehr grosser Sicherheit auf S. 99 und 183 von den Contact- wirkungen des mittelthüringischen Granites und rechnet unter anderen Gesteinen das Eisensteinvorkommniss vom Crux bei Schmiedefeld theilweise zu den umgewandelten Gebilden. Von den vorhandenen Granitaufschlüssen selbst geben manche keinerlei Aufschluss über ihre Zugehörigkeit zum Urgebirge oder zu jüngeren Graniten. Besonders gilt das von den räumlich sehr beschränkten Vorkommnissen bei Bischofsrod unweit Schleusingen und bei Steinbach -Hallenberg2), am Dachskopf und im oberen Langebachthal bei Ilmenau u. s. w. ; aber auch von dem ausgedehn- 9 Jena 1892. 2) Zeitschrift für Naturwissenschaften (Halle) 1881, S. 646. — Bücking, Dieses Jahrbuch 1884, S. 551, 552. — Regel, a. a. 0., S. 182, XXVI terea Granitgebiete des oberen Ilmthales und seiner Umgebungen (Freibach, Meyersgrund u. s. w.). Das grösste mittelthüringische Granitvorkommen, das von Suhl, Zella, Mehlis, Goldlauter und anderen Orten, glaube ich auch nach den neuesten Begehungen nicht von den mit den Gneissen der Gegend von Brotterode, Liebenstein u. s. w. ver- knüpften Graniten trennen zu dürfen. Es treten hier — , wenn auch nur sehr untergeordnet, — gneissartig gebänderte Gesteins- abänderungen auf, z. B. zwischen dem »Fröhlichen Manne« und dem Doi'fe Heidersbach. Die Gesteinsabänderungen mit grösseren, reineren Orthoklaskörpern — : die sogenannten porphyrischen Gra- nite von Zella u. s. w. — bilden Streifen, die in der Streichungs- richtung der Gneisse und anderer Gesteine von Kleinschmalkalden, Brotterode, Liebenstein u. s. w. von SW. nach NO. verlaufen, sich zwar wegen der, vielfach genaueste Umgrenzung verbietenden, Bodenbedeckung mit Wiese, Wald und Feld nicht scharf genug verfolgen lassen, um auf der Specialkarte erschöpfend genau dar- gestellt zu werden, aber doch das Gesetz ihrer Vertheilung dem aufmerksamen Beobachter in unzweideutigster Weise zeigen. Wenig zahlreich sind die dioritartigen Plagioklas-Hornblende- gemenge, die als Einlagerungen in diesem Granit (Granitit) auf- treten, dasselbe Streichen von SW. nach NO. zeigen und die auf der Karte aufgetragen werden konnten, soweit sich das nicht durch allzu geringe Flächenverbreitung verbot. Mit den Graniten vom Ehrenberg bei Ilmenau und von Sehmiedefeld-Vesser sind andere Gesteine des Grundgebirges ver- knüpft. An beiden Stellen sieht man zunächst am Granit Fels- arten von eigenthümlicher Beschaffenheit, denen weiterhin erst schimmernde bis glänzende, graue Schiefer sich anschliessen. Diese sind petrographisch als Phyllite zu bestimmen, deren Schieferungs- ebenen den Schichtflächen folgen; sie dürften aber, den Aus- führungen von Loretz1) . gemäss, keineswegs zu den ältesten cambrischen Gebilden Thüringens zu rechnen sein. -1) Beitrag zur ICenntniss der cambriscii - phyllitischen Schieferreihc in Thü- ringen. Dieses Jahrbuch 1881, S. 175 ff. u. Tab. VI. XXVII Beim Mangel an weithin verfolgbaren Aufschlüssen unzwei- deutiger Art sind verschiedene Auffassungen über den Lagerungs- verband und über die Bedeutung der einzelnen Gesteine zulässig. Nur leuchtet ein, dass die Verhältnisse am Ehrenberg nicht ohne Rücksicht auf die bei Schmiedefeld und Vesser beurtheilt werden dürfen, denn es sind manche Handstücke jedes der beiden Land- striche nicht von solchen des anderen unterscheidbar, mag man mit unbewaffnetem Auge, mit der Lupe oder mit dem Mikroskop arbeiten. — Die Schmiedefelder Landschaft bietet nur eine viel grössere Mannichfaltigkeit von Gesteinen dar, die zwischen dem Granit und den gewöhnlichen, weit verbreiteten, grauen Schiefern lagern, als der Ehrenberg. Unter den vom Ehrenberg bisher nicht be- sonders erwähnten, wohl dort ganz fehlenden Felsarten forderte besonders ein bei Schmiedefeld und Vesser nicht ganz seltenes Vorkommen wegen der Aehnlichkeit mit skandinavischen^Hälle- flinta - Handstücken zur Untersuchung auf. Das als dicht bis äusserst feinkörnig zu bezeichnende Gestein besitzt viel lichtere Färbung als die grobschieferigen, grauem bis grünlichem Horn- fels ähnlichen »Hornschiefer«, denen es eingelagert ist und zwischen denen es Bänke von geringer, bis zu mehreren Metern ansteigender Mächtigkeit bildet. Ein Auskeilen solcher Bänke wird zuweilen wahrgenommen, so spärlich auch wirkliche Aufschlüsse sind. Ge- wöhnlich sind die Lagen nur durch Reihen von Bruchstücken oder Blöcken, die im Walde umherliegen, erkennbar. Die Färbung ist meist weisslich grau bis gelblich oder röthlich; der Bruch muschelig bis splitterig. Selbst grössere Blöcke sind in merklicher Weise kantendurchscheinend. Um über die Bezeichnung, die diesen Gebilden auf den Karten zu geben ist, endgiltig zu entscheiden und um dadurch zugleich für die Auffassung des Gesteinszuges neben dem Granit weiteren Anhalt zu gewinnen, habe ich ausser mikroskopisch-petrographischen Untersuchungen auch die chemische Analyse einer besonders reinen, weisslichgrauen Abänderung für nöthig befunden, die unter der Gersheid im Schwarzwasserthal oberhalb des Neuwerkes bei Schmiedefeld auftritt. Vereinzelte, meist sehr kleine Schwefelkies- körperchen sind in dem Gestein sichtbar. XXVIII Herr Dr. Teuchert, der die Grate hatte, die Analyse auszu- führen, fand folgende Zusa nmensetzung: Si02 85,10 ai2o3 ..... 9,78 Fe203 1,12 MgO 0,19 CaO 0,30 Na20 0,54 k2o 0,61 h2o 2,49 Fe S2 0,11 100,24. Der Vergleich mit den Analysen von skandinavischen Hälle- flinta- Abänderungen zeigt, dass wir von dem Gebrauche einer solchen Bezeichnung Abstand nehmen müssen. Dasselbe ergab sich aus der mikroskopischen Untersuchung. Bei dem sehr grossen Ueberwiegen von Quarz in diesem und in ähnlichen Gesteinen der Schmiedefelder Gegend muss man sie wohl den Quarziten an- reihen, zumal da in ihnen Feldspath selten ist. Das gepflasterte bis bienenwabenartige Aussehen1) des Mineralgemenges vieler Theile des Gesteines ist bei der mikroskopischen Untersuchung sehr auf- fällig. — Ohne Abbildungen lässt sich das Aussehen und der Mineralbefund dieser Felsarten nicht wohl bezeichnen. Diese vorläufige Mittheilung bezweckt nur darzuthun, dass die genauere Untersuchung solcher Vorkommnisse der Anschauung günstiger ist, wonach bei Schmiedefeld und Vesser Theile eines Granitcontacthofes anstehen, als der mir — und wohl auch An- deren — bisher besser begründet erschienenen Meinung, dort seien zwischen dem Granit und den weithin verbreiteten, grauen Schiefern Gesteine entblösst, die, gleich den skandinavischen Hälleflinta- Massen, anderwärts dem Urgebirge eigen sind. — In der Gegend bei Halle haben grosse technische Anlagen neue Aufschlüsse dargeboten, wonach frühere Vorstellungen wesent- *) Zirkel, Lehrbuch der Petrographie, 2. Aull 1 Bd, 1893, S, 591 (Contact- Bietamorphismus). XXIX lieh berichtigt werden. Für die Erkenntniss der Lagerungsver- hältnisse sind namentlich die neueren Erfahrungen zwischen Halle, Nietleben und Passendorf bedeutsam. Bekanntlich geht eine grosse Verwerfung durch die Stadt Halle hindurch nach WNW. Nörd- lich davon herrschen die Porphyre und die damit verknüpften Conglomerate u. s. w. ; südwärts der Buntsandstein, der Muschel- kalk von Nietleben, Zscherben u. s. w. und die Kalke und Dolo- mite der Stadt Halle selbst. Noch 1888 ^ durfte nach den damaligen Aufschlüssen ange- nommen werden, dass die Triasschichten neben der Verwerfungs- spalte eine einfache schiefe Mulde bilden. Denn so lange die ERLECKE’schen Thongruben beim »Feldschlösschen«, nahe südlich der Irrenanstalt, kleiner waren als jetzt, lag es am Nächsten, zu glauben, dass dort weisslichgraue Letten zwischenlagen des Mitt- leren Buntsandsteines abgebaut würden. Jetzt sind dort in grosser Ausdehnung Gesteinswände quer gegen die Schichtung (meist Str. 110 — 112°, seltener Str. 138°, Einfallen 42 — 49° nach S.) entblösst worden, wodurch bei der Abwesenheit mächtigerer Lagen von Sandstein u. s. w. und bei allgemein verbreiteter, dünnblätteriger Schichtung unverkennbar ist, dass man es mit ausgebleichten und ganz zerweichten Schiefer- letten des Unteren Buntsandsteins zu thun hat. Zuweilen finden sich darin Brauneisenstein und, — oft in dessen Nähe — | Gyps- krystalle, die wohl in Folge der Zersetzung von Schwefelkies entstanden sind. Noch wichtiger sind die ausgedehnten Aufschlüsse in der HENSEL’schen Thongrube ; die rund 1250 Meter weiter westlich als der westlichste Stoss der ERLECKE’schen gelegen ist. Hier sind in über 100 Meter Mächtigkeit anstehende, saigere, in 115° bis 118° streichende, aufgeweichte Schieferletten des Unteren Bunt- saudsteins Gegenstand der Gewinnung. Auf einigen der Schicht- flächen werden Estherien bemerkt; es kommen auch hier Schwefel- kiesknollen, die mehr oder minder in Brauneisenerz umgewandelt sind, und Gypskrystalle vor. Durch den südlichsten Theil der ') K. v. Fritsch, Allgemeine Geologie Fig. 38, S. 81). XXX Grube zieht eiue mehrere Meter starke, weissliche Lage voller Quarzkörner, offenbar eine verthonte, mächtige Sandsteinbank, die unverkennbar die untere Grenze des Mittleren Buntsandsteins be- zeichnet, obwohl ihr nach S. noch rothe Letten folgen, die einzigen von dieser sonst in hiesiger Gegend vornehmlich dem Unteren Buntsandstein angehörigen Färbung. Ungefähr 500 Meter weiter südlich befinden sich Aufschlüsse im unteren Wellenkalk. Dieser und seine Unterlage : die »Trigonienbänke« werden in grossen Steinbrüchen hier für die Halle’sche Cementfabrik aus- gebeutet. Die Lagerung des Muschelkalkes entspricht aber nicht der des steil aufgerichteten Buntsandsteins. In einem Aufschluss sind kleine Verwerfungen sichtbar, und es ist mit Sicherheit darauf zu schliessen, dass auch eine stärkere Verwerfung, die wohl der an den Porphyren entlang gehenden parallel ist, die Nordgrenze des Muschelkalkvorkommens bildet, von dem weitaus der grössere Theil bei einem mittleren Streichen von 30° mit 10 — 12° nach NW. einfällt. Bei den Einzelbeobachtungen wird das Streichen in stärkerem Grade als der Fallwinkel wechselnd gefunden. Etwa 400 Meter im Osten des Muschelkalkbruches steht in der Thongrube von Lilicke und Ströfer der Mittlere Buntsand- stein mit fast saigerer Schichtung an. Ein im Frühjahr 1894 zwischen Granau und der pfänner- schaftlichen Braunkohlengrube bei Zscherben abgeteufter Versuchs- schacht hat den Nachweis erbracht, dass die hornsteinführenden Bänke am Grunde des Oberen Muschelkalkes (des Unteren Trochitenkalkes moi) dort im Sreichen von 70 — 80° bei 6 — 8° Neigung nach Norden anstehen. Sie waren in diesem Gebiete noch unbekannt und ihr Auftreten an dieser Stelle verdient her- vorgehoben zu werden. Mittheilung des Herrn W. Frantzen über die Aufnahmen auf den Blättern Treffurt und Langula. In dem bisher untersuchten Theile des Blattes Treffurt und des Blattes Langula wird die Erdoberfläche hauptsächlich von Schichten des Muschelkalkes und des Unteren und Mittleren Keupers zusammengesetzt. xxXl Diese Ablagerungen zeigen hier eine ganz ähnliche Zusam- mensetzung, wie in dem südlich angrenzenden Gebiete der Blätter Creuzburg und Eisenach und geben daher nur zu wenigen Be- merkungen Veranlassung. Im Wellenkalk sind die Schaumkalkbänke a und ß hier ebenfalls vorhanden, aber nur wenig mächtig, sodass sie zur Ge- winnung von Bausteinen unbrauchbar sind. Im Terrain wenig hervortretend, würden sie sich kaum verfolgen lassen, wenn nicht das zwischen beiden Bänken zwischen den Wellenkalkschichten auch hier vorkommende Lager von gelbem Kalk einen ausge- zeichneten Leitfaden abgäbe. Auch die beiden Schaumkalkbänke der Zone y zeigen hier die gleiche Beschaffenheit, wie in dem südlich anschliessenden Gebiete. Der Schaumkalk wird in diesen Bänken von blauem Kalk mit zackig in einander greifenden Schichtflächen begleitet. Solches Gestein erreicht besonders im Liegenden der beiden Bänke eine grössere Dicke und ist mit dem Schaumkalk so innig verwachsen, dass man diesen blauen Kalk als zu den Bänken ge- hörig betrachten darf. Bei der unteren Bank lagert solcher Kalk in grösserer Mächtigkeit auch im Hangenden des Schaumkalkes, ein Umstand, welcher zuweilen zur Unterscheidung der beiden Bänke benutzt werden kann. Beachtenswerth ist die grosse Ar- muth der beiden Terebratelbänke in dieser Gegend an Terebrateln. Diese Versteinerung ist hier so selten, dass man in den meisten Fällen vergebens darnach sucht. Da der Schaumkalk in der oberen Terebratelbank auch oft sehr licht gefärbt ist, sodass er in dieser Hinsicht die grösste Aehnlichkeit mit dem lichten Schaumkalk der unteren Schaumkalkbank der Zone 8 hat, und die letztere Bank in dieser Gegend auch insofern den Terebratel- bänken ähnlich wird, als in ihr ebenfalls Einlagerungen von blauem Kalk mit zackigen Schichtflächen sehr gewöhnlich sind, so bedarf es zuweilen grösserer Aufmerksamkeit, um eine Ver- wechselung dieser Bänke mit einander zu vermeiden. Die oberste Schaum kalkzone 6 stimmt in ihrer Zusammen- setzung an manchen Orten noch ziemlich genau mit derjenigen am Thüringer Walde überein, insbesondere darin, dass auch hier XXXII alle drei Schaumkalkbänke in dieser Zone vorhanden sind. Je- doch zeigt sich insofern ein Unterschied, als sich neben den ge- wöhnlichen, dünngeschichteten, blauen, wenig welligen Kalklagen westlich vom Hainich auch gelber Kalk und an manchen Orten auch Mergel in dieser Zone einstellen, und die oberste Schaum- kalkbank häufig mehr oder weniger ihre Festigkeit verliert, indem sie gleichzeitig eine feinkrystallinische, zuckerige Beschaffenheit und statt der gewöhnlichen grauen eine graugelbliche, oder grün- lieh -gelbgraue Farbe annimmt. Zuweilen wird das Gestein der obersten Schaumkalkbank so weich, dass es zu Grus zerfällt, wie in einem kleinen, bei dem Kilometersteine 12,5 an der Strasse von Nazza nach Mühlhausen gelegenen Steinbruche, und in dem kleinen Steinbruche an der Strasse von Hallungen nach Heyrode am Westabhange des Mühlberges. An der letzteren Stelle ist der oolithische Kalk der obersten Schaumkalkbank in eine gelbe, mergelige Masse verwandelt. Man muss sich sehr hüten, dass man in solchen Fällen diese Bank nicht mit dem gelben Kalk an der Basis des Mittleren Muschelkalks verwechselt. Es ist wohl als sicher anzunehmen, dass dieser Farbenwechsel und besonders die krystallinische Structur des Schaumkalks zum grossen Theil auf einer Einwirkung des Wassers beruht, welches früher in den durch die Auslaugung von Gyps entstandenen Schlotten des Deckgebirges circulirt hat. Die unterste Schaumkalkbank ist, wie gewöhnlich, auch hier durch weisse Farbe ausgezeichnet. Auch ist sie, wie an der Westseite des Thüringer Waldes bei Meiningen, reich an Encri- nitenstielen, die dagegen in der obersten Bank auch hier fehlen. Die Auffindung eines zum Encrinus Carnalli gehörenden Kronen- restes und der Habitus der Stielglieder beweisen, dass diese Tro- chiten auch in dieser Gegend, wenigstens zum grossen Theile, diesem Encriniten angehören. Die OrfocwZaräschichten sind in dem untersuchten Gebiete nur selten in einiger Mächtigkeit entwickelt, so z. B. am Engsten- berge, wo in ihnen auch noch ein handhoher oolithischer Streifen beobachtet wurde. Gewöhnlich schrumpfen sie auf einen äusserst geringen Rest zusammen, oder es folgen unmittelbar auf die XXXIII oberste' Schaumkalkbank lichte, dicker geschichtete, ebenflächige Mergel, die sich von den Schichten des Mittleren Muschelkalks nicht unterscheiden lassen. Unter diesen Umständen ist eine besondere Auszeichnung der öräAW&n'sschichten nicht mehr zu rechtfertigen. Es sind daher diese Schichten, wo sie Vorkommen, zum Schaumkalk gezogen worden. Der Mittlere Muschelkalk ist,, wie gewöhnlich, nur wenig aufgeschlossen. Der gelbe Kalk an der Basis dieser Abtheilung fehlt häufig, oder er ist nur durch eine schwache Färbung ange- deutet. Gyps kommt auch in dieser Gegend in diesen Schichten vor, aber offenbar in nicht sehr erheblicher Mächtigkeit, da Ein- stürze des Deckgebirges in dem bisher aufgenommenen Gebiete nur selten beobachtet wurden. Der Obere Muschelkalk zeigt hier keine andere Zu- sammensetzung, als wie am Thüringer Walde. An der Basis des Trochitenkalks finden sich auch am Hainich die Hornsteinschichten und zwischen den Mergeln dieser Zone Einlagerungen von ooli- thischen Bänkchen, welche jedoch in diesem Horizonte noch keine Encriniten enthalten. Bemerkenswerth sind die grossen Wellenfurchen, welche man in der Umgegend von Nazza ebenso, wie in dem Blatte Creuzburg im Steingraben bei Mihla auf der Oberfläche des Trochitenkalks beobachtet. In einem Graben, welcher von der Strasse von Nazza nach Falken nördlich gegen den Hänigen-Berg hin läuft, zeigen sie eine Wellenlänge von 38 und eine Wellenhöhe von 7 Centinaeter. Von den Keuperschichten ist der Untere Keuper voll- ständig erhalten, während der Mittlere bis auf die untersten Schichten und einige in Verwerfungsspalten abgesunkene Fetzen erhalten geblieben ist. Alle diese Ablagerungen sind gewöhnlich schlecht aufgeschlossen, sodass sie sich an den meisten Orten nicht näher untersuchen lassen. Nur in den Gräben bei Hallungen und östlich vom Heerrain wird ein ansehnlicher Theil des Unteren Keupers entblösst angetroffen. Es sind auch hier im oberen Theile dieser Gruppe, ähnlich wie bei Eisenach und Mihla, zwischen den dunklen, grauen und Jahrbuch 1893 XXXIV gelben Lagen auch zahlreiche rothe, ähnlich denen des Mittleren Keupers, enthalten, welche, nahe bis zur Mitte der Abtheilung abwärts reichen. Da diese Region zugleich sandige Schichten und besonders im obersten Theile mehrere gelbe Dolomitlagen enthält, so ist die Unterscheidung dieser Schichten vom Mittleren Keuper bei guten Aufschlüssen nicht schwierig; wohl aber wird sie zuweilen misslich, wenn das Gebirge stärker von Gehänge- schutt oder Lehm bedeckt ist. Mittheilung des Herrn H. Proescholdt über Revisionen und Aufnahmen im Bereich der Blätter Sondheim, Dingelstedt, Heiligenstadt und Schleusingen. Bei der Fortsetzung der Aufnahme des Blattes Sondheim, dessen Fläche zum grösseren Theil der Hohen oder Langen Rhön angehört, trat die Noth Wendigkeit einer durchgreifenden Revision der topographischen Unterlage unabweisbar hervor. Die ausser- ordentlich grosse Eintönigkeit der Oberfläche in diesem Theil der Rhön, der grosse Mangel an Wegen, die noch dazu oft kaum sichtbar sind, die sehr beträchtlichen Höhenunterschiede, erschweren nicht allein dem Touristen die topographische Orientirung, sondern auch dem aufnehmenden Geologen das Verständniss des geo- logischen Baues im hohen Grade. Trotz der umfassenden topo- graphischen Correcturen, die theilweise eine vollständige Neuauf- nahme des Terrains darstellen, wurde die geologische Kartirung fast vollständig abgeschlossen. I)ie Hauptresultate über die Verbreitung der verschiedenen Eruptivgesteine sind in einer allgemeinen Uebersicht in dem Jahrbuch für 1893 niedergelegt worden; an dieser Stelle mögen nur einige besonders erwähnenswerthe Beobachtungen noch mit- getheilt werden. Bei der Aufnahme des südöstlichen Viertels des Blattes zeigte sich das Terrain, das sonst bei oberflächlicher Begehung sehr einfach aus Buntsandstein aufgebaut erscheint, von einer sehr grossen Anzahl Verwerfungen durchsetzt, und zwar von südöst- lichen, südwestlichen und nordsüdlichen. Der Nachweis der Verwerfungen ist gewöhnlich sehr mühsam und zeitraubend, da XXXV sie gewöhnlich in dem Buntsandstein nur daran zu erkennen sind, dass von Zeit zu Zeit in die Spalten ein paar Meter lange Muschelkalkschichten eingesunken sind, die grösseren Umfang höchstens an den Kreuzungsstellen annehmen. Auf längere Er- streckung behalten überdies die Störungen fast nie dieselbe Flucht bei, vielmehr verschieben sie sich häutig seitlich um 100 — 200 De- cimalfuss, sodass eine Art Blätterstructur des Terrains zum Vor- schein kommt. In die Hohe Rhön hinein konnten diese Disloca- tionen bis jetzt nicht verfolgt werden, mit Ausnahme der Umgebung des Gangolfsberges , an dem neuerdings Lettenkohlenkeuper und wohl auch etwas Gypslteuper durch neue Wegeanschürfungen aufgefunden und auf ziemliche Erstreckung hin verfolgt werden konnten. Im Eichsfeld wurde nach einer allgemeinen Orientirungstour im Aufnahmegebiet mit der Specialaufnahme des Blattes Dingel- stedt, das zum grösseren Theil fertiggestellt wurde, und Heiligen- stadt begonnen. An der geologischen Zusammensetzung nehmen ausser Diluvium und Alluvium Zechstein und Trias Theil. Die Gliederung der letzteren schliesst sich im Allgemeinen eng an die Thüringens und Frankens an. So konnte der von VON Seebach, Moesta und Speyer nicht ausgeschiedene Chirotheriumsandstein ohne grosse Schwierigkeiten von dem grobkörnigen Sandstein ab- getrennt und kartographisch dargestellt werden. Wie in Nord- franken tritt er auch hier als meist feinkörniger, gesprenkelter oder getupfter Sandstein mit Carneolknollen in 10 — 20 Fuss Mächtigkeit auf. Ueber ihm beginnt der Röth, wie sehr deutlich an dem schönen Aufschluss an der Strasse von Heiligenstadt nach Kalteneber zu sehen ist, grade wie im Werrathal mit gelben Dolomiten, dann folgen graue Letten, die vielfach Gypsstöcke einschliessen, und darüber unmittelbar graue und rothe Sandsteine von sehr feinem Korn. Im obern Drittel des Röths wiederholen sich Einlagerungen von Gyps, der in dem erwähnten Aufschluss alabasterartig auftritt, und Lagen von feinkörnigem Kalksandstein, wie bei Meiningen. Ueber die von der fränkischen etwas abweichende Gliederung des Wellenkalks kann ich hier hinweggehen. XXXVI Eine sehr grosse Bedeutung uud Ausbreitung gewinnen bei Heiligenstadt Kalktuffablagerungen , die sowohl diluvialen als alluvialen Alters sind. Die Lagerungsverhältnisse des aufgenommenen Theils sind im grossen Ganzen einfach. Quer durch das Blatt Dingelstedt zieht mit westnordwestlichem Streichen der Höhenzug des Dün, der durch die in demselben Sinn verlaufenden Muschelkalk- schichten zusammengesetzt wird. Sie fallen flach nach SSW. und bilden auf der Nordseite einen jähen, landschaftlich scharf hervor- tretenden Steilrand. Auf Blatt Heiligenstadt lagern die Schichten flacher uud lösen sich durch sehr tief eingeschnittene Erosions- thäler in einzeln stehende Berge von bedeutender relativer Höhe auf. Fast senkrecht auf den Dün, also in nordnordöstlicher Richtung, stossen auf denselben einzelne, sehr markirte Höhenzüge, von denen der durch Leinefelde ziehende der längste und oro- graphisch wichtigste ist, weil über ihn die Wasserscheide zwischen Weser und Saale hinläuft. Seinem geologischen Bau nach stellt er einen von Parallelspalten umfassten Graben von Muschelkalk zwischen grobkörnigem Buntsandstein dar, der in der nordöstlichen Fortsetzung bei Worbis das bekannte Kreidevorkommen im Ohm- gebirge einschliesst. Den Höhenzug des Dün durchsetzt der Graben nicht mehr; vielmehr hebt sich in der Nähe desselben die eine Spalte, und zwar die nach W. liegende, aus, während die östliche NS. -Richtung annimmt und als einfacher Bruch durch den Dün hindurchsetzt, aber von heftigen Schichtenbiegungen und Seitensprüngen begleitet wird. Ganz ähnliche Verhältnisse wiederholen sich auf Blatt Heiligenstadt bei Uder. Auf Blatt Schleusingen wurde der südwestliche Theil des Blattes wegen der neuerdings vorgenommenen zahlreichen topo- graphischen Nachträge revidirt und besonders der durch Ver- werfungen stark zerstückelte Theil südlich des Kleinen Thüringer- waldes aufgenommen, um den Anschluss an die Blätter Hildburg- hausen und Themar herzustellen. XXXVII Mittheilung des Herrn H. Loretz über Aufnahmen im Cob urgischen. Im Sommer 1893 habe ich die geologische Aufnahme des Coburger Landes, bezw. die vier an Bayern grenzenden Sectionen Coburg, Oeslau, Steinach und Rossach, abgeschlossen. Bezüglich der Schichtenfolge und Lagerung verweise ich auf die an gleicher Stelle abgedruckte Mittheilung im vorjährigen Jahr- buch und beschränke mich darauf, einige Punkte hervorzuheben, die bei den Schlussrevisionen besonders in Frage kamen. Es ist dies zunächst die richtige Fassung und Kartendarstel- lung des wichtigen Horizontes des Semionotus - Sandsteins oder Coburger Bausandsteins im mittleren Keuper (Stufe km 5 der Karte). Hält man sich an die typische petrographische Beschaffenheit dieses Gesteins, wie sie an zahlreichen Stellen, namentlich in den Steinbrüchen auf beiden Seiten des Itzthals abwärts von Coburg, in durchaus gleichbleibendem Charakter wahrgenommen werden kann, so zeigt sich, dass dieses Sandstein- lager streckenweise bis zum Verschwinden abnimmt, ja ganz fehlt, während immerhin in demselben oder annähernd gleichen Horizonte Sandsteinbänke von etwas abweichender Beschaffenheit liegen können; dieselben gleichen mehr den etwas tiefer in der Stufe km 4 eingelagerten Bänken, ihr Korn ist etwas weniger fein und gleich, ihr Bindemittel zum Theil etwas mehr quarzitisch. Für die Kartirung fragt es sich, ob man auch solche Bänke, mit Rücksicht auf ihre stratigraphische Lage , in die Stufe k m 5 ein- beziehen, sozusagen als Stellvertreter des eigentlichen Coburger Bausandsteins, in welchem- allein, meines Wissens, bis jetzt die Semionotus- Reste gefunden worden sind, auffassen soll, oder ob diese Stufe nur da anzugeben sein wird, wo typischer Bausand- stein vorliegt. Beide! Auffassungen dürften sich rechtfertigen lassen, beide sind durchführbar. Ich habe bei einer Revision des Blattes Coburg die letztere durchzuführen gesucht. Man hat in diesem Falle, bei fehlendem km 5, die Stufen km 6 und km 4 un- mittelbar gegen einander abzugrenzen, was stellenweise nicht ohne eine gewisse Willkür geht. Die Grenzlinie wird allerdings an xxx vm Sicherheit wenig einbüssen, wenn die leicht kenntlichen Gyps- mergel an der Basis der Stufe km 6 auch bei schwach entwickeltem oder fehlendem km 5 vorhanden sind, ein Fall, der im nordwest- lichen Theile des Blattes Coburg vorkommt. Fehlen aber auch diese, so hat man eine Grenzlinie in der Art zu ziehen, dass die Schieferletten und Sandsteinbänke oberhalb derselben der Stufe km 6, unterhalb derselben der Stufe km 4 zufallen. Dafür hat man hauptsächlich nur das Anhalten , dass die Sandsteinbänke der Stufe k m 6 mehr oder weniger schon die Beschaffenheit des weissen, lockeren »Stubensandsteins« annehmen, wie er in den höher folgenden Stufen so verbreitet ist, diejenigen der Stufe km 4 dagegen in dünneren Lagen öfter eine quarzitische Be- schaffenheit zeigen, in dicken Bänken dagegen dem Coburger Bausandstein einigermaassen ähnlich werden können (ohne jedoch das gleichmässig feine Korn desselben zu erreichen). — Auch die andere Auffassung, dahingehend, dass man die im Fortstreichen des Coburger Bausandsteins gelagerten, petrographisch jedoch ab- weichenden Sandsteinbänke der Stufe km5 zutheilt, und diese letztere somit als überall durchgehend betrachtet, kann bei der Kartirung nicht frei von Wil Heimlichkeit und constructivem Verfahren bleiben. Die petrographische Beschaffenheit des Semionotus- Sandsteins wiederholt sich noch einmal in höherem Horizonte an einer Bank, oder gewöhnlicher wohl ein paar nahe übereinander folgenden Bänkchen, deren Lage in der Stufe km 6, dicht oder wenig ober- halb der auf unserer Karte mit yvm bezeichneten Gypsmergel ist. Zum Unterschied vom Semionotus - Sandstein (Coburger Bausand- stein) erlangen diese Bänkchen aber nirgends in der Coburger Gegend grössere Stärke oder irgend welche praktische Bedeutung, treten auch nicht allenthalben deutlich hervor1). Thürach’s Bezeichnung »Oberer Semionotus - Sandstein« würde auf diesen Horizont der Coburger Gegend passen, wenn Semionoten darin nachgewiesen werden sollten, was meines Wissens noch nicht der Fall ist. — Den Sandstein der Steinbrüche bei Schlechtsart im Meiningischen , welcher Semionoten ein- schliesst, und welchen der Genannte für »Oberen Semionotus - Sandstein« hält, halte ich auf Grund eigener Anschauung mit Beyschlag und Proescholdt nach Gestein und stratigraphischem Niveau für gleichstehend mit dem Coburger Bau- sandstein (km 5), XXXIX In den höheren Schichten des Mittleren Keupers, im Arkose- und Sand -Keuper, wurde ein besonderes Augenmerk auf eine möglichst naturgetreue und gleichmässig durchgeführte Abgren- zung der Stufen km 7 und km 8 gerichtet. Nach beiden Hin- sichten ist diese Trennung recht schwierig. Die genannten Stufen haben so viel gemeinsame Merkmale und sind so wenig durch eine überall durchgehende, leicht kenntliche Schicht geschieden, dass die Frage entsteht, ob man sie nicht lieber als eine einzige Stufe betrachten und darstellen solle. Nur der Umstand, dass die Entwicklung der Schichten aufwärts vorherrschend (doch nur vorherrschend) eine grobsandige ist, während etwas tiefer Arkose- dolomit und rothe Keuperletten in stärkerem Maasse zur Geltung kommen, kann als bestimmendes Moment dafür angeführt werden, dass wir die Trennung in zwei Stufen, km 7 und km 8, in der bisherigen Weise, wie sie bereits auf der geognostischen Karte des Königreichs Bayern (Abtheilung III, Blatt Kronach) sich findet, beibehalten haben. Streckenweise ergiebt sich die Tren- nung ziemlich leicht, anderswo bleibt sie desto unsicherer. Eine besondere Ausscheidung der einzelnen Bänke von Arkosedolomit in der Stufe k m 7 ist bei dem wechselnden Charakter des Gesteins und der wechselnden Anzahl solcher Bänke auf der Karte kaum durchführbar, überdies von keiner grossen praktischen Bedeutung. Im Oberen Keuper (Rhät) hat die genaue Untersuchung der Thongruben und Sandsteinbrüche, besonders im Einberger Wald und bei Kipfendorf, gezeigt, dass nur im Allgemeinen der Thon oben, der Sandstein unten liegt, dass aber im Einzelnen ein mehrfacher Wechsel zwischen beiden stattfinden kann, und dass beiderlei Gesteine linsenförmige Lager bilden, die sich seit- wärts auskeilen. Thierische Reste sind bei der Kartenaufnahme nicht gefunden worden, vegetabilische dagegen kommen in grösserer Menge in den Thonlagern von Kipfendorf vor. Zu den in der vorjährigen Mittheilung enthaltenen Angaben über die Lagerung, insbesondere über die durch Section Oeslau ziehende Hauptstörung, bemerken wir noch, dass dieselbe nicht nur von Verwerfungen und Sprüngen, sondern auch von scharfen Einfaltungen und schmalen, wellenförmigen Auf- und Abbiegungen XL der Schichten in der Thüringer Wald-Richtung SO. — NW. begleitet wird (z. B. am Kemmater Berg). Ueberdies muss erwähnt werden, dass neben dieser Gruppe von Störungen auch in der kreuzenden Richtung SW. — NO. schwache Mulden- und Sattelbiegungen er- kennbar sind. Letztere Art von Faltung ist offenbar die ältere. Sie war bereits vorhanden, als die Einfaltungen und Verwerfungen in der Thüringer Wald- Richtung eintraten. Es erinnert dieses Lagerungsverhältniss , welches bereits von Proescholdt aus dem weiter nordwestlich gelegenen Vorlande des Thüringer Waldes nachgewiesen worden ist, durchaus an ähnliche Erscheinungen, die sich innerhalb des genannten Gebirges abspielen , und von mir früher aus der Gegend von Gräfenthal beschrieben worden sind. Mittheilung des Herrn E. Kayser über Aufnahmen im D illenburgischen. Die Aufnahmen beschränkten sich auf die SO. -Ecke des Blattes Herborn und den westlichen Theil des Blattes Ballersbach und waren besonders der Verfolgung des im Vorjahre nachge- wiesenen, die Scheide zwischen der Dill- und Lahnmulde bilden- den, grossen Unterdevonsattels gewidmet. Derselbe wurde vom Dillthale zwischen Edingen und Katzenfurt bis in die Gegend von Dreisbach und Bellersdorf (Bl. Ballersbach) kartirt und erwies sich als ein nach 0. zu immer breiter werdender Gesteinszug. Während seine Hauptmasse aus hellen plattigen Grauwackensand- steinen besteht, in denen nur ganz vereinzelte Crinoidenstiel- glieder angetroffen wurden, so ist seine hängendste Zone aus mürben, dunklen, Kieselgallen führenden Schiefern zusammen- gesetzt, in denen an mehreren Punkten eine kleine Fauna auf- gefunden wurde. Sie und die Kieselgallen weisen auf die Zu- gehörigkeit dieser hangenden Schiefer zur Obercoblenzstufe, während die darunter liegenden Grauwacken wahrscheinlich einem tieferen Niveau des Unterdevon entsprechen. Die Thatsache, dass die fraglichen Obercoblfenzschichten nur am S. -Rande des Sattels entwickelt sind, beweist, dass sein Bau ein einseitiger ist. Während im S. desselben auf das Obercoblenz ganz normal zuerst Mittel- XLI und dann Oberdevon folgt, so ist dies im N. nicht der Fall; vielmehr grenzen hier südlich Ballersbach die unterdevonischen Grauwacken fast unmittelbar an oberdevonische Knollenkalke. Es muss hier also eine grosse Ueberschiebung vorliegen. Das Mitteldevon besteht, wie auf den angrenzenden Theilen des Blattes Herborn, aus Styliolinen-Schiefern mit zahlreichen Einlagerungen von Platten- und Nierenkalken, Kieselschiefern und gelblichen Feldspathgrau wacken. Von sonstigen Auffindungen dürfte noch erwähnenswerth sein ein ungewöhnlich ausgedehntes Vorkommen von Bimsteinsand auf der Höhe westlich Greifenthal (Bl. Herborn). Mittheilung von Herrn H. Grebe über die wissenschaft- lichen Ergebnisse der Aufnahmen in der Eifel. Die Aufnahme-Arbeiten wurden im letzten Jahre in den nörd- lichen Theilen der Kreise Wittlich, Bitburg, im Kreise Daun, Prüm und im südlichen Kreis Malmedy fortgesetzt und die Blätter Hasborn nebst Manderscheid fertiggestellt, dann sind die nörd- lichen Anschlussblätter Gillenfeld und Daun zum grösseren Theil, die westlich folgenden theilweise bearbeitet, und viele geologische Einzeichnungen auf, an diese nördlich anschliessenden Blättern ge- macht worden. Dabei wurden die Stufen des Unter- und Mittel- Devons weiter unterschieden und festgestellt und zur besseren Uebersicht auf die Generalstabskarte 1 : 80000 übertragen, gleich- zeitig auch die vielen Verwerfungen, welche in diesem Gebiete Vorkommen. In demselben sind auch manche weitere neue vulka- nische Erscheinungen beobachtet worden. Was zunächst die unterste Stufe des Unter-Devons, die Siegener Grauwacke, Aequi- valent des Taunusquarzits, anlangt, so wurde gefunden, dass die- selbe, schon früher durch das Vorkommen von Versteinerungen dieser Stufe, namentlich Spirifer primaevus , in der Bettenfelder Gegend nachgewiesen, 4 Kilometer südöstlich von Bettenfeld (Bl. Manderscheid) durch eine Verwerfung von den unteren Coblenz- Schichten getrennt ist. Diese grosse streichende Verwerfung hat eine Verschiebung der Schichten von etwa 50 Meter Höhe be- wirkt, was sich aus der Niveaudifferenz ergiebt, in der der auf den XLII unterdevonischen Schichten lagernde Buntsandstein zu beiden Seiten derselben liegt; sie setzt in südwestlicher Richtung durch die Trias und wurde auf eine Länge von 27 Kilometer bis an die Nims verfolgt. Die Siegener Grauwacke scheint sich, nördlich von Bettenfeld, nicht weit auszudehuen, denn zwischen Meerfeld und Schutz finden sieh Versteinerungen der unteren Coblenz- Stufe. Die südlich der Verwerfung vorkommenden unteren Cob- lenz - Schichten dehnen sich auf beiden Seiten der Lieser bis unterhalb der Pleiner Mühle, zu dem Coblenz-Quarzit des Grüne- walds, aus, der die südwestliche Fortsetzung des Kondelwald- Quarzits bildet. In den Rücken des Grünewalds und Kondelwalds zeigen sich mehrere Querverwerfungen, die von SO. nach NW. streichen. Die unteren Coblenz-Schichten erstrecken sich an der Kill aufwärts von Zenscheid bis in die Nähe von Densborn, an der kleinen Kill bis oberhalb Oberstadtfeld, an der oberen Lieser bis in die Gegend von Rengen, oberhalb Daun. Zwischen Densborn und Usch a/Kill treten Quarzite auf, die bald unter dem Buntsandstein des Salmwaldes verschwinden, aber im Prüm- scheid-Rücken (nördlich von Salm) wieder erscheinen und nach der kleinen Kill hin fortsetzen. Auf der linken Seite derselben kommen weit verbreitete vulkanische Gesteine vor, und erst bei Waldkönigen und westlich von Rengen tritt wieder Coblenz-Quarzit auf. Zwischen Rengen und der Kill scheinen Querverwerfungen durchzusetzen, die den Coblenz-Quarzit bald nach N., bald nach S. verschieben. Bei und oberhalb Densborn treten bunte, grau- lich-rothe und grünliche Schiefer im Wechsel mit Grauwacken- bänken auf, die der oberen Coblenz- Stufe angehören, ebenso an der kleinen Kill, namentlich nördlich von Neroth. Die schon früher erwähnte, von Mürlenbach nach Neroth hin sich ausdeh- neude schmale Kalkmulde enthält nur die unteren Glieder des Eifelkalks. Die Quarzite, welche sich auf der Nordwestseite im Liegenden dieser Kalkmulde von der Rödelkaul nach Mürlenbach hinziehen, gehören, ebenso wie die bei Lichtenborn, Reif und Das- burg, die früher als Coblenz-Quarzit angesehen wurden, der oberen Coblenz-Stufe an. Oberhalb Mürlenbach, bis Lissingen hin, sind zu beiden Seiten der Kill die oberer; Coblenz-Schichten vielfach xLin aufgeschlossen; dicht bei Lissingen beginnt die Gerolsteiner Kalk- mulde. Ueber das Auftreten der unteren und oberen Coblenz-Schichten an der Nims, Prüm und Our wurde im letzten Bericht bereits Mittheilung gemacht, auch darüber, dass von Reuland nach der oberen Our hin Hunsrück-Schiefer sich durchziehen. Nordwestlich derselben reichen sie bis einige Kilometer über St. Vith hinaus, wo dann Quarzite auftreten, die dem Taunusquarzit angehören dürften. Zwischen Schönberg a/Our und dem Coblenz- Quarzit der Schneifel erscheint ein breites Band unterer Coblenz-Schichten. Im Hangenden der oberen Coblenz-Schichten zwischen der Schneifel und Prümer Kalkmulde, besonders aber südwestlich derselben nach Daleiden hin, kommen muldenförmige Einlagerungen dünngeschich- teter, dunkelgefärbter, versteinerungsreicher Schiefer — die Da- leider Schichten — vor, ein Aequivalent der Orthoceras- Schiefer, und daher schon zum Mitteldevon gehörig. Die tiefsten kalkig -mergeligen Schichten der Prümer Kalk- mulde beginnen über den Daleider Schichten auf der Ostseite der Prüm bei Matzerath und zeigen an ihrer Basis an mehreren Stellen körnige Rotheisensteine mit Spirifer cultrijugatus. Erst bei Schö- necken treten mittlere und obere Abtheilungen des Eifelkalks auf. Die Kalkmulde nimmt bei Schönecken und östlich von da eine Breite von 7 Kilometer ein, bei Büdesheim, wo sie auf der Südost- Seite durch eine Verwerfung begrenzt wird, kaum 4 Kilometer. Ein schmaler Streifen von Eifelkalk setzt von Oos über Kalenborn, Nieder- bettingen a/Kill nach Hillesheim fort, durch zwei, fast parallel strei- chende Verwerfungen zwischen Buntsandstein eingekeilt, wovon be- reits früher Erwähnung geschah. Die Oberdevon -Schichten von Büdesheim und Oos sind ebenfalls durch zwei Verwerfungen einge- keilt. Die Gerolsteiner Kalke und Dolomite sind von der Prümer Kalkmulde durch eine grosse streichende Verwerfung, die 2 Kilo- meter nordwestlich von Gerolstein durchsetzt, getrennt. Hier stösst Buntsandstein an dieselbe. Ob dieselbe Verwerfung oder eine parallel mit ihr verlaufende es ist, die sich bei Rockeskill so auf- fällig bemerklich macht, bleibt noch zu ermitteln. Gleich unter- halb Rockeskill lagern in Folge dieser Verwerfung mächtige XLIV Schichten vulkanischen Tuffes neben Kalk, der sich in einem hohen Rücken darstellt; an dessen südöstlichem Abhang ruhen wieder Tuffschichten, ebenfalls bedeutend eingesunken. Etwa 2 Kilometer weiter in NO., bei Essingen, gewahrt man eine Ein- senkung der Kalkschichten am Fusse des Höhenzuges nordwest- lich von Essingen, der meist aus oberen Coblenz-Schichten besteht. Die Hillesheimer Kalkmulde liegt in der nordöstlichen Fort- setzung der Prümer, beide sind nur durch den zwischen Bunt- sandstein eingekeilten Eifelkalk -Streifen Oos- Kalenborn -Nieder- bettingen-Bolsdorf verbunden; nordöstlich von Hillesheim liegt sie in der Breite von etwa 4 Kilometer zwischen zwei streichenden Parallelverwerfungen. Zwischen Gönnersdorf und Birgel a/Kill kommt eine Kalkmulde vor, die in nordöstlicher Richtung nach dem Ahrbach sicK ausdehnt, und deren unterste Schichten mit körnigem Rotheisenstein des nordwestlichen Muldenflügels zwischen Gönnersdorf und Lehnerath vielfach ausgeschlossen sind. Sie ist auf der südöstlichen Seite durch eine grosse streichende Ver- werfung begrenzt. Nur eine kleine Kalkpartie liegt noch südöst- lich derselben an der Kirche von Birgel. Hier sind die Gebirgs- störungen besonders interessant. Mit der eben bezeichneten Ver- werfung parallel verläuft durch Birgel eine zweite, zwischen denen diese kleine Kalkpartie erscheint. Nahe östlich von Birgel finden sich wieder zwei Verwerfungen, durch welche obere Coblenz- Schichten in der Breite von 200 Meter wie in Buntsandstein einge- keilt erscheinen, der sich dann Kill-abwärts bis zu den Eifelkalk einschliessenden Parallelklüften von Niederbettingen und weiter bis Dom ausdehnt. — Ganz eigentümlich sind die Gebirgsstörungen, nördlich und nordwestlich von Birgel. 1 Kilometer westlich von da, auf der östlichen Seite des Möscheibergs, ist eine 20 — 30 Meter breite Partie von Buntsandstein auf eine Länge von 400 Meter zwischen Kalkstein durch zwei parallele Klüfte eingekeilt, die von SO. nach NW. verlaufen. Aehnliche, aber nicht so gut aufge- schlossene Vorkommen von Buntsandstein beobachtet man auch nördlich von Birgel, am Hirschberg, und am Wege nach Feus- dorf. Am Kummenberg, 800 Meter östlich von Feusdorf tritt in einem Steinbruch eine 1 — 2 Meter breite Partie von Kalkstein XLV zwischen Buntsandstein hervor. In einem Kalksteinbruch zwischen Birgel und Jünkerath erscheinen einige Parallelklüfte, zwischen denen bis zu 6 Meter Tiefe geschichtetes Diluvium (grobe Quarz- conglomerate in Wechsellagerung mit gelbem Sand) liegt. Noch sei des schönen Aufschlusses 500 Meter südöstlich von Lehnerath gedacht, woselbst in einem Steinbruch, auf 4 Meter Tiefe, Schichten von oberem Buntsandstein entblösst sind: auf der nördlichen Seite ist eine Kluft und liegen an derselben und neben dem Buntsand- stein stark geneigte Schichten von Schlacken und vulkanischem Tuff. Das Vorkommen dieser vulkanischen Schichten, sowie der Schlackenkuppe daneben mit einer kraterförmigen Einsenkung, waren bisher nicht bekannt. Das Dorf Schüller, nordwestlich von Birgel, liegt auf oberen Coblenz-Schichten; in der tiefen Thal- schlucht, südlich davon, treten untere Schichten von Eifelkalk mit körnigem Iiotheisenstein an der Basis auf, welche zwischen Klüften eingesunken sind. An der Strasse von Niederkill nach Dahlem erscheint in der Nähe der Kreisgrenze an einer kleinen Felspartie ein eigentümliches Conglomerat, dass die v, DECHEN’sche Section Malmedy als Buntsandstein angiebt. Es besteht dasselbe vorherr- schend aus kleinen Kalkbrocken mit einzelnen Quarzgeröllen und sandigem Bindemittel. Dasselbe erinnert an gewisse Schichten des Conglomerates von Malmedy und sieht der Waderner Stufe des Ober-Rothliegenden an manchen Punkten der Nahe- Gegend recht ähnlich. Schliesslich sei noch kurz und vorläufig erwähnt, dass bei den geologischen Aufnahmen im Jahre 1893 im vulka- nischen Gebiete der Eifel wiederum manches Neue gefunden wurde. Vortreffliche Aufschlüsse lieferten die Bahneinschnitte bei Rockes- kill. Hier wurden mächtige, vielfach in der Lagerung gestörte, Schichten von Tuff entblösst, der sich theils conglomeratisch dar- stellt, viele Stücke von Eifelkalk und auch Grauwacke einschliesst, theils ganz feinkörnig, dicht und fest ist. Darin wurden neben anderen Pflanzenresten 3 Meter lange und 25 Centimeter weite Röhren mit Holzstructur an den inneren Wandungen gefunden, ähnlich denen in den grossen Tuff- (Backofenstein -)brüchen von Steinborn. Ausserdem fanden sich, wenn auch seltener, Conchylien und Knochenreste. Die Pflanzenreste scheinen im vulkanischen Tuff XLVI der Eifel gar nicht so selten zu sein; bei sorgfältigem Suchen findet man sie an vielen Stellen, wenn auch nur in Spureu. Ausser den im letzten Bericht angeführten bisher nicht be- kannt gewesenen Kratern sind solche liocli in grösserer Anzahl aufgefunden worden: an der Alf unterhalb und oberhalb Gillen- feld, an der kleinen Kill in der Nähe von Oberstadtfeld, westlich von Daun bei Neunkirchen und Steinborn nordwestlich von Waid- königen, bei Kirchweiler zwischen Betteldorf und Rockeskill, dann weiter westlich bei Duppach. Hier ist es besonders auffallend, wie die vulkanischen Erscheinungen, nahe am Dorfe, bisher- über- sehen worden sind. Nur D/2 Kilometer von Duppach kommt ein grosser Krater mit Schlackenfelsen im Lay-Busch auf der südöst- lichen Seite des Kraters, gleichzeitig mit Ablagerungen von Ra- pilli und Schlacken vor, die zu technischen Zwecken verwandt werden. 6 Kilometer weiter gegen NW. gewahrt man östlich von Reuth einen grösseren Krater und mehrere kleine westlich von Schönfeld; dieser Ort selbst liegt in einer kraterförmigen Ver- tiefung, die fast ganz von vulkanischen Ablagerungen umgeben ist. Mittheilung des Herrn H. Potonie über seine im August 1893 ausgeführte Reise nach den Steinkohlen-Revie ren an der Ruhr, bei Aachen und des Saar-Rhein-Gebietes. Im Ruhrgebiet habe ich festzustellen gesucht, ob die magere Kohlenpartie mit den Waldenburger (Ostrauer) Schichten pa- rallelisirt werden könne. In der Dissertation des Herrn Dr. L. Cremer von 1892 (Fossile Farne des Westf. Carbons) nämlich giebt dieser aus der genannten liegenden Zone des Ruhrgebietes ein Leitfossil der Waldenburger Schichten, die Sphenopteris elegans , an. Die Exemplare, welche diese Bestimmung veranlasst haben, befinden sich in der von mir besuchten Berg- schulsammlung zu Bochum und gehören nicht zu der genannten Art, sondern stimmen am ehesten mit der Sphenopteris (Diploth- mema) elegantiforme (Stur sp.) aus den Saarbrücker (Schatz- larer) Schichten überein. Bei der Sphenopteris elegans sind die Spindeln quergerieft, was an Cremer’s Exemplaren nicht zu beob- achten ist, bei denen die Spindeln glatt sind und ein der Länge XLVII nacli central verlaufendes Leitbündel erkennen lassen; ferner sind die Fiedern letzter Ordnung an den Westfälischen Exemplaren sparriger als bei der Sphenopteris elegans , bei der die Fiederchen in spitzeren Winkeln abgehen. Auch die übrigen Pflanzen- Reste aus der mageren Kohlenpartie, die ich auf den Halden, in der Bergmännischen Ausstellung zu Gelsenkirchen und in der Berg- schulsammlung zu Bochum gesehen habe , sprechen keineswegs für typische Waldenburger Schichten, sondern für Saarbrücker Schichten. Es sind demnach die sämmtlichen zur Zeit gebauten Flötze des Ruhrgebietes bis auf Weiteres zu den Saarbrücker Schichten zu stellen, die sich, wie Herr Dr. Cremer trefflich gezeigt hat, dort auf Grund des Pflanzen -Inhaltes in mehrere Horizonte gliedern lassen. So sind Anklänge an die Flora der Waldenburger Schichten in der mageren Kohlenpartie auffällig; ich erwähne nur das reichliche Auftreten von Neuropteris Schlehanii und das vollständige Zurücktreten von Pecopteris. In allen B oben genannten Carbon -Revieren habe ich im Thonschiefer Stigmarien mit radial ausstrahlenden Appendices, also in derselben Erhaltungsweise constatirt, wie ich diese in der Zeitschrift der Deutsch, geol. Ges. 1893, Bd. 45, S. 97 ff. beschrieben und abgebildet habe. Für mich liegt hierin ein Beweis für die Autochthonie der Stigmarien in dem umgebenden Thonschiefer (vergl. 1. c.). Die Stigmaria- Appendices gleichen den Wurzeln an den Rhizomen unserer heimischen Nymphaeaceen ungemein, ja diese Wurzeln hinterlassen Narben von derselben Form und Grösse wie die Appendices der Stigmarien. Es wäre bei der geringen mechanischen Widerstandsfähigkeit der Nymphaeaceen- Wurzeln undenkbar, dass bei einem Transport der Rhizome die Wurzeln noch nach allen Seiten hin senkrecht zu den Rhizom- Körpern gefunden werden können; von den Appendices der Stig- marien müssen wir bei ihrer hohen Aehnlichkeit im anatomischen Bau durchaus dasselbe annehmen : der die noch Appendices- behafteten Stigmarien umgebende Thonschiefer ist daher der Boden, in welchem diese Stigmarien auch gewachsen sind. Herr Dr. Cremer machte mich auf eine von mir übersehene Stelle von H. R. Göppert aufmerksam, die im Vergleich mit dem von XLVIII mir 1. c. Gesagten ein besonderes Interesse beansprucht. Göppert sagt nämlich in seinem »Bericht über eine im Aufträge .... in dem Westf. Hauptbergdistrict unternommene Reise zum Zwecke der Untersuchung der in der dortigen Steinkohlenfauna vorhandenen fossilen Flora« (Verb. d. naturh. Ver. d. preuss. Rheinl. u. Westf., 11. Jahrg., Bonn 1854, S. 236 u. 237): »Ueberall gelang es mir, an den bei den Zechen etwa vorhandenen Schiefer- thonen diejenigen zu unterscheiden, welche von dem Liegenden eines Flötzes stammten, nämlich: an dem Vorherrschen der Stig- maria ficoides , deren zahllose Verästelungen mit den Blättern oder Wurzelfasern nicht in der Richtung der Schichten wie dies eigentlich bei der Mehrzahl der im Schieferthon vorhandenen Pflanzen der Fall ist, gelagert erscheinen, sondern ihn nach allen Richtungen hin durchsetzen , dass jede Spur von Schichtung völlig aufgehoben ist. Es fehlen gewöhnlich auch alle anderen Pflanzen«. Mein Augenmerk im Saar -Gebiet war besonders darauf ge- richtet, die Ottweiler Schichten zu studiren, die von dem ver- storbenen Oberbergamtsmarkscheider Bergrath Moritz Kliver zum Unter- Rothliegenden gerechnet werden, wie das in den Karten und Profilen der Bergwerks- Direction Saarbrücken zum Ausdruck kommt. Nach dem Eindruck, den ich an Ort und Stelle gewonnen habe durch den Vergleich des Pflanzen -Inhaltes der Ottweiler Schichten mit demjenigen der Saarbrücker Schichten und des Unter -Rothliegenden (Cuseler und Lebacher Schichten des Prof. Weiss), muss ich durchaus die Ottweiler Schichten nach dem Vorgänge des Herrn Prof. Weiss als oberstes Carbon ansehen. Es gelang mir, ausser den schon bekannten Aehnlich- keiten, in den Floren der Saarbrücker und Ottweiler Schichten noch eine weitere nachzuweisen, insofern als die bisher aus den Ottweiler Schichten unbekannte Aloiopteris (= Heteropteris Pot. non Zeiller) Sternbergii (Ettingsh.) Pot. (= Sphenopteris Sternbergii ), die sogar nach Weiss einen tieferen Horizont der Saarbrücker- Schichten einhalten soll als die Aloiopteris ( Sphenopteris ) Essinghii (Andrä) Pot., von mir in den Ottweiler Schichten und zwar auf der Halde bei Dilsburg der Grube Götelborn gefunden wurde. XLIX In den Cuseler Schichten hei Otzenhausen habe ich das interessante S chizodendron- = Tylodendron- Petrefact in mehreren Exemplaren gefunden, in einer Erhaltungsweise, welche die von mir in diesem Jahrb. für 1887 und in der Naturw. Wochenschr. Bd. III, S. 163 ff. gegebene Darstellung durchaus rechtfertigt; ferner habe ich zusammen mit Tylodendron Walchia-rLwc\ge gefun- den, sodass meine Vermuthung, dass die genannten Reste zu- sammengehören, dass die Tylodendron- Petrefacten als Mark-Stein- kerne der Stämme von Walchia zu betrachten sind, eine wesent- liche Stütze gewinnt. Es war diese Vermuthung von Herrn Prof. WEISS wegen des vermeintlichen Nichtzusammenvorkominens beider Fossilreste mündlich bestritten worden. Die in Rede stehende Erhaltungsweise der Tylodendren besteht darin, dass sich dieselben in dem Gestein stets von einer dünnen, sehr leicht ab bröckelnden, kohligen Hülle umgeben zeigen (vergl. meinen Aufsatz »über die Volumen- Reduction bei Umwandlung von Pflanzen -Material in Steinkohle« in der Zeitschrift »Glück auf«, Essen 1893, No. 80 oder »Naturwiss. Wochenschrift« VIII, S. 485), ein weiterer Beweis, dass die ursprünglich von Weiss als Polster beschriebenen Sculpturen in der That nicht einer Stammaussen- fläche entsprechen. Ich benutze die Gelegenheit, roitzutheilen, dass sich in der Sammlung der geolog. Landesanstalt auch Tylodendron aus dem Voltzien-Sandstein Saarbrückens und aus dem oberen Muschelkalk bei Pickliessern (Blatt Bitburg) 'befinden, bei denen die Blattspur genau wie bei den Tylodendren des Rothliegenden scharf bis in den unteren spitzen Winkel der langgezogenen, von Leitbündel- Furchen umgebenen Rhomben verlaufen, also die Tylodendron- Natur besser erweisen als das von A. C. Seward (Geolog. Magazine, London 1890, S. 218) abgebildete Exemplar eines Markkörpers von Voltzia heterophylla. Ein aus Westfalen mitgebrachtes interessantes Stück einer rhytidolepen Sigillarie mit Wechselzonen hat in diesem Bande des Jahrbuchs S. 26 ff, Taf. III, Fig. 1, und eine andere Sigillarie mit Transpirations -Oeffnungen (?), S. 27ff, Taf. III, Fig. 2 Be- schreibung erfahren. Jahrbuch 1893. d L Mittheilung des Herrn Dr. Keilhack über seine Auf- nahmen in Hinterpommern. Die Aufnahme des Küstengebietes zwischen Rügenwalde und Stolpmiinde hatte die folgenden wissenschaftlichen Ergebnisse: Ein nehrungsartiger Streifen Landes, meist aus Flugsand bestehend, trennt die Küste von grossen flachen Binnenseen oder von Mooren, die aus ihnen entstanden sind. Diese Wasserbecken sind als Haffe aufzufassen, die ursprünglich Buchten der Ostsee darstellten, aber wohl schon in sehr früher Zeit durch die auf Küstenströmungen beruhende Bildung der Nehrungen von ihr ab- geschnürt wurden. Sich mehrende Funde mariner Conchylien unter dem Moore hinter den Dünen sprechen für den ursprüng- lich marinen Charakter der Haffseen. Die Nehrungen tragen eine Reihe grossartiger Wanderdünen ; es wurden Maassnahmen getroffen, die Vorwärtsbewegung der- selben durch genaue Messungen festzustellen. Parallel der Küste zieht von Rügenwalde nach NO. ein etwa 2 Kilometer breiter Rücken, der sich um etwa 50 Meter über das nördlich und südlich vorlagernde flache Land erhebt; ihm parallel verlaufen noch einige kleinere Rücken weiter nach dem Strande zu. Diese Rücken enthalten alle einen an zahlreichen Stellen zu Tage tretenden Kern von Tertiär und zwar von glaukonitreichem Unteroligocän und von quärzreichem Miocän. Der heutige Unterlauf der Wipper von der südlichsten Rügenwalder Schneidemühle an ist künstlich zur Ausnutzung des Gefälles in unbekannter Zeit angelegt. Die alte Mündung liegt eine Meile westlicher bei dem Böbbeliner Tief und war für Grabow und Wipper gemeinsam. Mittheilung des Herrn A. Jentzsch über die Aufnahmen des Jahres 1893. Das fertig aufgenommene Blatt Lessen (G. A. 33, 29) gehört der westpreussischen Seenplatte an und lässt weder Tertiär noch ältere Bildungen zu Tage treten. Den allergrössten Theil der Fläche bedeckt der obere Diluvialmergel (Geschiebemergel), unter Li 9—25 25 — 33 33 — 34 34-38 welchem andere Schichten des Jungglacial (Grand, Sand, Mergel- sand, Thonmergel und unterer Geschiebemergel) nur in kleinen Flächen hervorragen. Das tiefste Profil wurde auf dem Gute Körberrode durch eine von der Firma Blasendorff in Berlin und Osterode 1891 ausgeführte Brunnenbohrung erschlossen, welche folgende Schichten ergab: 0 — 9 Meter ohne Proben (nach der Kartirung liegt ober- flächlich oberer Geschiebemergel von min- destens 3 Meter Mächtigkeit); grauen Geschiebemergel, bei 11 — 12 Meter Tiefe mit einem unbestimmbaren Muschel- bruchstückchen ; geschiebefreien Sand; sandigen Grand, vorwiegend aus nordischen Geschieben bestehend; geschiebefreien Sand, im Aussehen und an Kalkgehalt gewöhnlichen Diluvialsanden gleichend. Der Bohrpunkt liegt etwa 109 Meter über dem Meere. Sehr viel wichtiger sind die Interglacialschichten, welche an einzelnen Punkten durchragen. Es sind einerseits mit z. Th. zweiklappigen Schalen von Pisidium und anderen Süsswasser- Schalresten erfüllte Sande zu Gr.-Schönwalde, Blatt Lessen, sowie zu Gr. -Tromnau und Germen, Blatt Niederzehren (G. A. 33; 23), andererseits kalkfreie Sande und Thone mit Pflanzenspuren zu Gr.- Schönwalde und Sawdin, Blatt Lessen. Letztere liegen zwischen Diluvialschichten von normalem Kalkgehalt, und werden bei Sawdin durch unterdiluviale, mit Osteocollen durchzogene Sande und Grande bedeckt, in welchen ich vorläufig 4 Schalenstücke (nämlich 2 Car- dium edule , 1 Nassa reticulata und 1 glattes Stückchen) fand. Zwar sind diese Meeresreste bis jetzt nur in so geringer Zahl gesammelt, dass sie nach dem von mir früher *) angegebenen Merkmale noch nicht völlig darüber entscheiden, ob der Grand dem Jungglacial oder dem Interglacial zuzurechnen sei. Doch 9 Zeitschr. d. geol. Ges. XLII, 1890, S. 599. d tu spricht der bisher völlige Mangel an Yoldia und D reissensia immerhin vorläufig für die Reinheit dieser Meeresfaunula, also für marines Interglacial. Rann würde hier das Interglacial aus einer oberen marinen und einer unteren Süsswasser-Stufe bestehen, genau so, wie ich dies früher für die Elbinger Gegend1) nachge- wiesen habe. Hervorzuheben ist, dass die interglacialen Süss- wasserscliichten von Sawdin nur 1 1 V2 Kilometer von der inter- glacialen Meeresschicht zu Neudeck bei Freistadt entfernt sind, welche ich früher beschrieben habe. ln Bezug auf Diluvialgeschiebe wäre zu erwähnen, dass der bekannte versteineruugsreiche Cenomansandstein, den ich an den Gehängen des Weichsel- und Liebethaies bei Marienwerder mehrmals, auf den in den letzten Jahren bearbeiteten Blättern der Seenplatte aber nirgends getroffen hatte, in dem südlich von Lessen verlaufenden Thale der Ossa wieder in einigen abgerun- deten Stücken gefunden wurde. Die Verbreitung dieser wich- tigen Geschiebe von zweifellos preussischer Herkunft ist hiernach hauptsächlich in den Flusstliälern zu suchen, wo tiefere Diluvial- schichten hervortreten. Die für diese Geschiebe bezeichnende Serpula Damesi Nötl. wurde indess auch im Grande der Seen- platte hin und wieder gefunden. Das Alluvium des Blattes Lessen besteht hauptsächlich aus Torf, Wiesenkalk und Abschlemmmassen. Letztere sind für das ungemein eng gefältelte Gelände der preussischen Seenplatte besonders bezeichnend ; auch bringt ihre kartographische Dar- stellung im Verein mit Seen und Torfmooren den Verlauf der Wellen und Mulden besonders deutlich zur Anschauung. Ueber- dies erreichen sie oft Mächtigkeiten, welche ihrer Abtrennung von den umgebenden mergelgründigen Diluvialschichten auch praktische Bedeutung verleihen. Um dies ziffermässig darzustellen, wurde links des Weges von Szczepanken nach Lenzwalde ein Profil aufgenommen, welches die dem oberen Geschiebemergel entstammenden Abschlemmmassen (HLS bis HSL) mit 2,5 Meter Tiefe nicht durchsank, und nach der durch Herrn R. Gans im *) Zeitschr. d. geol. Ges. XXXIX, 1887, S. 492—495. LIII Laboratorium der Königl. Geologischen Landesanstalt ausgeführten Analyse von Oben nach Unten folgende Vertheilung ergab (in Procenten des Gesammtbodens): Tiefe Decimeter bei mechanischer Analyse Feinstes 1 Staub unter 0,01mm 0,05-0,01ram bei Aufschliessung mit SO3 Thonerde 1 Eisenoxyd Humus 0— 2 6,1 7,2 1,06 0,72 0,55 2—12 7,7 12,5 1,36 0,90 0,61 12—18 14,3 20,7 2,29 1,35 0,80 18—20 10,4 13,0 1,79 1,05 0,41 20—25 14,9 19,8 2,72 1,53 0,38 Die Nährstoffanalyse der Ackerkrume hält sich für die meisten Stoffe durchaus in den für Geschiebemergel - Böden geltenden Grenzen, zeichnet sich aber durch einen vergleichsweise hohen Phosphorsäure-Gehalt von 0,106 pCt. aus, der indess noch immer sowohl hinter der durchschnittlichen Phosphorsäuremenge unver- änderter Geschiebemergel, als auch hinter den Nährstoff bestim- mungen der alluvialen Schlick- und diluvialen Thon- Ackerkrumen zurückbleibt. Auf dem östlich angrenzenden Messtischblatte Schwenten (G. A. 33, so), dessen südlichster Theil kartirt wurde, fanden sich gleichfalls bisher nur alluviale und diluviale Bildungen. Unter letzteren nimmt auch dort Oberer Geschiebemergel (Diluvialmergel) die grössere Fläche ein , lässt indess doch auf recht erhebliche Strecken Unteres Diluvium hervortreten. Neben Grand und Sand ist namentlich Mergelsand in dünngeschichteten ( Bänderthon-ähn- lichen) Massen reichlich entwickelt, welche am Abbau Peterwitz (unweit Bischofswerder) durch zahlreiche kleine Verwerfungen von 0,2 Meter Sprunghöhe zerklüftet sind. Die im Juli ausgeführte Begehung der Eisenbahnbau- strecke Elbing-Osterode-Hohenstein ergab mehrere inter- essante Aufschlüsse. Zunächst ragt bei Lichteinen, südöstlich von Osterode (Station 72 — 27 bis 72 — f- 55) unter Geschiebemergel eine ans Grünsand und Grünerde bestehende Tertiär-Sc holl§ LIY auf 28 Meter Länge über das Planum. Dieselbe entspricht petro- graphisch dem Unteroligocän des Samlandes — mit welchem sie auch die groben Quarzkörner gemein hat — und verbindet somit (im Verein mit Aufschlüssen bei Heilsberg und Pr. Holland) das samländische Tertiär mit jenen ihrer Stellung nach bis heute nicht endgiltig aufgeklärten Grünerdefunden von Hermannshöbe bei Bischofswerder, Blatt Gr.-Plowenz (G. A. 33; 36), welche dort 1871 Veranlassung zu der bekannten, Diluvium, Braunkohlenbildung und obere Kreide erschliessenden fiscalischen Tiefbohrung gaben. Die Schollennatur der glaukonitischen Schichten von Lich- teinen wurde durch eine 2 Meter tiefe Handbohrung festgestellt, welche unter der Grünerde eine gelbbraune kalkhaltige Masse von lehmartigem Ansehen ergab, deren Schlemmrückstand bei näherer Untersuchung rothe Orthoklaskörnchen mit deutlichen und frisch- glänzenden Spaltungsflächen erkennen liess, und die somit dem Diluvium, speciell dem Diluvialmergel (Geschiebemergel) zuzu- rechnen ist. In dem den Grünsand unmittelbar bedeckenden Geschiebemergel ist eine Anzahl kleiner verwitterter Bernstein- stücke gefunden, während sonst auf mehrere Kilometer der Bau- strecke angeblich kein Bernsteinstück gefunden wurde. Dies deutet darauf hin, dass hier eine Schicht bernsteinführender Grün- erde zerstört wurde, welche in geringer Entfernung angestanden hat. Diese Grünerde lag über Kreidebildungen und unter Braun- kohlenbildung, mithin ganz gleich der samländischen, wie die von mir früher *) kurz beschriebene , eine Million Kubikmeter ent- haltende, durch 4 Bohrungen in Osterode inmitten des Diluviums nachgewiesene Tertiär- und Kreidescholle beweist. In den Grandgruben von Waplitz bei Christburg, welche zur Beschüttung der Eisenbahn in grossem Umfange ausgebeutet wer- den, hat sich eine Anzahl Säugethier - Knochen gefunden, unter denen ich Bos priscus , Equus caballus foss. , Elephas primigenius , Genus sp. und Ursus sp. feststellen konnte. Dieselben sind in- dess vorläufig nicht als auf ursprünglicher Lagerstätte befindlich, *) Jentzsch, Bericht über die Verwaltung des geologischen Provinzial- Museums im Jahre 1891. Sitzungsberichte d. Physikal. - Oekonom. Gesellsch, zu Königsberg XXXII, 1891, S. 74. LY also nicht als interglacial, sondern als Geschiebe auf secundärer (jungglacialer) Lagerstätte anzusehen, weil die Fauna des Grandes keine einheitliche, sondern eine gemischte ist. Ausser genannten Resten von Laudthieren enthält sie nämlich zahlreiche Schalreste, und zwar am häufigsten solche der frühglacialen Eismeer muschel Yoldia arctica , ausserdem solche der interglacialen Nordseearten Cardium edule , Cardium echinatum und der frühglacialen Süss- wasserart Dreissensia polymorpha und der in allen Stufen des Diluviums vorkommenden Cyprina Islandica. Alle diese Muscheln sind als Diluvialgeschiebe aufzufassen, genau so wie die durch Kunth aufgezählten Jura- und Tertiär- Schalreste vom Kreuzberge bei Berlin. Aehnliche Mischfauna wurde noch an mehreren anderen Punkten der Eisenbahn beobachtet, bietet indess kein allgemeines Interesse. Um so wichtiger ist die Auffindung einer einheitlichen, aus zumeist kleinen, zarten Schalen bestehenden Nordseefauna auf primärer, interglacialer Lagerstätte bei der Stadt Salfeld. Die- selbe wurde von der Gabelung der von Salfeld nach Kunzendorf und Goyden führendem Wege mehr als 1 Kilometer nordwärts bis Station 465 der Baustrecke verfolgt und gehört nachstehendem Gesammtprofil an: Jungglacial 1,0 Meter Oberer Diluvialsand (Geschiebesand). 1 Mindestens 4,0 Meter Unterer Diluvialsand mit Mactra subtruncata, Cardium edule , Tellina soli- dula , Nassa reticulata , Ccrithium lima , Cardium echinatum , Corbula .gibba und ? Venus , sowie ? Ostrea edulis. !1,0 Meter Unterer Geschiebemergel, 1,0 Meter mittelkörniger Spathsand (unterer Dilu- vialsand), 0,5 Meter Geschiebemergel. Während hier die Diluvialschichten scheinbar ungestört lagern, wurden anderwärts erhebliche Störungen beobachtet. So insbe- sondere auf Bahnhof Alt - Döllstädt (Kreis Pr. Holland), wo bei St. 200 -b 50 mitten in sehr mächtigem geschiebefreiem Diluvial- sand eine 2 Meter mächtige Bank Blöcke -führenden Geschiebe- LVI mergels in fast senkrechter Stellung quer durch die ganze Breite des Bahnhofs von WNW. nach OSO. streicht. Sie wurde von der Oberfläche bis 1,5 Meter Tiefe unter Planum, mithin auf mindestens 6 Meter Gesammttiefe verfolgt. Dieser Punkt liegt nur 12 Kilometer östlich der von mir früher 2) abgebildeten Schichtenstörung von Posilge (Kreis Stuhm). Die im September ausgeführte Begehung der Eisenbahn- Baustrecke Nakel-Konitz lieferte für jene bisher geologisch fast völlig unbekannte Gegend ein ziemlich zusammenhängendes geologisches Profil von 70 Kilometer Länge. Die bei Beginn der Arbeit gehegte Hoffnung, diluviale Schalreste aufzufinden, erfüllte sich nicht. Interglaciale Schichten wurden nicht gefunden, und selbst die jungglaciale Mischfauna fehlte den Granden bis auf zwei völlig unbestimmbare Schalenbrocken unbekannten Alters. Deutliche Durchragungen älterer Diluvialschichten durch jüngere wurden mehrfach beobachtet, z. Th. mit recht steilem Einfallen, während anderwärts wieder auf erhebliche Strecken ungestörte Lagerung der Diluvialschichten aufgeschlossen war. Vordiluviale Schichten wurden nicht entdeckt. Betreffs der regionalen Vertheilung der verschiedenen Diluvial- böden sei vorläufig nur bemerkt, dass das ausgedehnte Geschiebe- mergel-Gebiet, welches sich von Könitz südöstlich bis Tuchei2) erstreckt, auch von Könitz 18 Kilometer südlich bis Gamin mit geringen Unterbrechungen (insbesondere von Sand zwischen Hen- nigsdorf und Soldau) anhält. Weiter südlich folgen vorwiegend untere Diluvialschichten von Camin bis Bahnhof Waldungen; von dort an besteht die Diluvialdecke wieder zumeist aus Ge- schiebemergel bis kurz vor Nakel, wo die Bahn sich zum diluvialen Thorn - Eberswalder Hauptthal herabsenkt. Hier treten unter- diluviale Sande und Mergelsande mit 1 — 2 Geschiebemergelbänken ’) Jentzsch, Beiträge zum Ausbau der Glacialhypothese. Dieses Jahrbuch für 1884, S. 444-445. — Führer durch die geologischen Sammlungen des Pro- vinzialmuseums. Königsberg 1892, S. 31, Abb. 14 u. 15. 2) Jentzsch, das Profil der Eisenbahn Könitz- Tuchei -Laskowitz, Dieses Jahrbuch für 1883, S. 551 — 556. • LVII hervor, und es ist bemerkenswert!), dass hier, also am nördlichen Gehänge des Thorn-Eberswalder Hauptthaies, nur horizontale Schichtung beobachtet wurde, natürlich abgesehen von der Dia- gonalschichtung, welche auch hier in Sanden auftritt. Im Anschluss an diese Bereisung wurde noch das neuange- legte Braunkohlenbergwerk Buko zu Gostoczyn bei Tuchei be- sucht, dessen Lagerungsverhältnisse in einer besonderen Mittheilung beschrieben werden sollen. Mittheilung des Herrn H. Grüner über die chemische Zusammensetzung des Gumtower oberoligocän en Mer- gels auf Blatt Demertin. Bereits im Jahrbuche 1891 und 1892, S. lxxiii und lxvii sind die glaukonitischen Mergel in der sogenannten wüsten Feld- mark Gumtow an der Zarenthin-Gumtower Grenze (Blatt Demertin) besprochen worden. Es erschien von Interesse chemische Ana- lysen auch von dem gleichalterigen glaukonitischen Mergel von Wiepke i./Altm., welcher am zuletzt genannten Orte in 2 Gruben nordwestlich Ebstedt an der Chaussee von Gardelegen nach Salz- wedel aufgeschlossen ist, sowie von denjenigen bei Kl. -Freden unweit. Göttingen — welche beide in ausgedehntem Umfange als Meliorationsmaterial Verwendung finden — zu bieten. Die Aufschliessung der bei 100° C. getrockneten, feingepul- verten Mergel mittelst Flusssäure ergab umstehende Tabelle. Diese Zahlen sprechen deutlich für die grosse Verschieden- heit in der Zusammensetzung dreier geologisch gleichalteriger Mergel und wäre vor allem bei dem Wiepker Mergel der unver- hältnissmässig hohe Eisenoxydul- und Oxyd-Gehalt (22,92 pCt.), der geringe Kalk- (2,41 pCt. CaC08), der hohe Magnesia- (4,04 pCt. MgC08) und der beträchtliche Kaligehalt (6,19 pCt.) hervorzuheben. Jedenfalls besitzt der glaukonitische Mergel von Gumtow als Melioi ationsmaterial höheren W erth , da er bei 29,83 pCt. CaC03, 3,04 pCt. K2 O und 1,06 pCt. P2 O5 ent- hält, LVIII Fundort Gumtow, a. d. Zarenthiner Grenze (Waldecke) Wiepke i./Altm. Kl. -Freden bei Göttingen 1 in Procenter L Thonerde 3,76 | 4,54 !) 4,42 0 Eisenoxyd ...... 2,43 22,92 13,37 Kalkerde 16,65 2) 1,35 3) 8,39 4) Magnesia , 0,38 5) 1,92 6) 0,76 7) Kali 3,04) 6,19 ) 2,78 Natron ’ 3,04 Spur ) [ 7,26 1,07 ) 1,36 Kieselsäure 59,15 58,02 60,51 Phosphorsäure 1,06 0,17 0,27 citratlösliche Phosphorsäure — (0,029) (0,026) Kohlensäure 13,53 3,18 7,43 Eygroscopisches Wasser (1,05) (3,66) (2,11) Nichtbestimmtes .... - 0,64 0,62 Summa 100,00 100,00 100,00 0 entspr. wasserhaltigem Thon 9,51 11,48 11,18 3) entspr. 29,83 CaC03. 3) entspr. 2,41 CaC03. 4) entspr. 14,98 CaC03. 5) entspr. 0,76 MgCC>3. 6) entspr. 4,04 MgCÜ3. 7) entspr. 1,60 MgC03. LIX JL T Ernst Läufer. Ernst Läufer wurde am 31. Juli 1850 in Eisenach ge- boren, woselbst sein Vater Hoftünchermeister war. Den ersten Unterricht genoss der Knabe in der dortigen ersten Bürgerschule, die er von 1856 — 1861 besuchte. Im letztgenannten Jahre fand er Aufnahme in dem Grossherzoglichen Realgymnasium seiner Vaterstadt, welchem er bis zum Jahre 1869 angehörte, um dann nach bestandenem Maturitätsexamen die Universität Jena zu beziehen. Die schöne Umgehung Eisenachs wirkte mächtig auf das Gemüth des Knaben ein. Unablässig durchstreifte er die lieb- lichen Thäler und die mit herrlichem Wald geschmückten Berge seiner Heimath, und durch diese Wanderungen wurde in ihm schon frühzeitig eine innige Liebe zur Natur und zur Beobachtung in der Natur erweckt. Eine grosse Anregung hierzu erhielt er durch seinen Lehrer und späteren Freund, den am 29. März 1 > 93 gestorbenen Geheimen Hofrath Professor Dr. Ferdinand Senft, welcher am Grossherzoglichen Realgymnasium und an der Forst- lehranstalt in Eisenach den naturwissenschaftlichen Unterricht er- theilte und mit seinen Schülern grosse Excursionen unternahm, auf denen er sie namentlich auch über den geologischen Bau der Gegend und über die Beziehungen der verschiedenen Gesteine zur Bodenbildung und zur wildwachsenden Flora belehrte. Dieser LX persönliche Einfluss Senft’s, sowie später das eifrige Studium seiner Werke ist für die ganze wissenschaftliche Thätigkeit Läufer’ s von der grössten Bedeutung gewesen, wie man dies überall in seinen Schriften deutlich hervortreten sieht. Mit besonderer Liebe und Verehrung gedachte er stets aus seinen Schuljahren seines Zeichenlehrers Dr. Gallet, der ihn zugleich in der Technik der Oelmalerei unterwies. In seinen Mussestunden pflegte sich Läufer auch noch später viel mit dieser Liebhaberei zu beschäf- tigen; namentlich kam ihm seine Befähigung zum Zeichnen bei der Anfertigilfag geologischer Landschaftsbilder und Profile zu Statten. In Jena widmete er sich dem Studium der Naturwissen- schaften und hörte unteren anderem die Vorträge von Abbe, Fischer, Geuther, Haeckel, Reichardt, Schaffer, Schmid und Strassburger. Vor allem zog ihn die Beschäftigung mit der Chemie, sowie mit der Geologie und Mineralogie an. Am Schluss seiner Studienzeit war er anderthalb Jahre lang Assistent in dem auch zuvor schon fleissig von ihm besuchten chemischen Laboratorium des am 24. August 1889 verstorbenen Geheimen Hofraths Professor Dr. A. Geuther. Ebenso trat er in ein näheres Verhältniss zu dem am 15. Februar 1885 verstorbenen Geheimen Hofrath Professor Dr. E. E. Schmid, dem er als Assistent bei den praktischen Hebungen in der Mineralogie und Geologie zur Hand ging und in dessen gastlichem Hause er die freund- lichste Aufnahme fand. Auf den geologischen Ausflügen, welche sein Lehrer in der von ihm geologisch kartirten Umgegend von Jena unternahm, lernte er das dortige Triasgebiet, sowie die Me- thode der geologischen Kartirung kennen, auch begleitete er den- selben mehrmals während der Ferien nach Ilmenau, von wo aus weite Wanderungen durch den Thüringer Wald unternommen wurden. Auf Grand einer eingereichten Dissertation »über die Ein- wirkung von alkoholfreiem Natriumäthylat und essigsauren Salzen auf Epichlorhydrin«, sowie einer bestandenen Prüfung in der Chemie, Mineralogie und Botanik erlangte Läufer am 26. August 1873 die Würde eines Doctors der Philosophie an der Universität LXt Jena. Zu gleicher Zeit machte er sich an die Bearbeitung einer Preisaufgabe über »die Quarzporphyre der Umgegend von Ilme- nau«, welche im Sommer 1873 von Herrn Geh. Commerzienrath Dr. Ferber in Gera mit Zustimmung der philosophischen Facultät zu Jena gestellt worden war. Die von Läufer mit dem Motto: »Arbeit ist Leben« eingelieferte Arbeit, bei welcher ihn Herr Ilofrath Professor Dr. E. E Schmid in freundlichster Weise unterstützte, erhielt bei der am 20. Juni 1874 erfolgten Preisver- theilung den ausgeschriebenen Preis von Einhundert Thalern. Sie ist im Jahre 1876 in der Zeitschrift der deutschen geologischen Gesellschaft veröffentlicht worden. Ihr Werth besteht in der petro- graphischen Charakterisirung der in der Umgebung von Ilmenau auftretenden Quarz- und Felsitporphyre, sowie namentlich in der chemischen Untersuchung einer grösseren Anzahl hierher gehöriger Gesteine. Durch die Empfehlung des als Mitarbeiter an der geologischen Specialkarte von Preussen und den Thüringischen Staaten thätigen Geheimen Hofraths Schmid trat Läufer am 1. December 1873 in den Dienst der geologischen Landesanstalt zu Berlin, wo er zunächst unter der Leitung des Herrn Professor Dr. Orth mit der Ausführung von Bodenuntersuchungeu im Interesse der geo- logischen Untersuchung des norddeutschen Flachlandes beauftragt wurde. Im Frühjahr des folgenden Jahres wurde er im Verein mit Dr. Dulk unter der Leitung des Landesgeologen Professors Dr. G. Berendt zu den Aufnahmearbeiten für die geologische Specialkarte im norddeutschen Flachlande mit herangezogen. Läufer zeigte eine grosse Befähigung für die Kartirungsarbeiten im Felde und nach mehrjähriger Uebung vermochte er oft schon aus den Oberflächenformen den geologischen Bau einer Gegend in ihren allgemeinen Zügen richtig zu erkennen. Als er in den Verband der geologischen Landesanstalt zunächst als Hülfsgeologe eintrat, war die geognostisch- agronomische Kartirung des Flach- landes soeben erst in Angriff genommen. Durch seine Mitwirkung ist damals sowohl die Methode der kartographischen Darstellung der Quartärbildungen als auch die Fertigstellung der ersten Karten- lieferungen wesentlich gefördert worden. LXII Am 7. April 1879 wurde er zugleich mit deu Hülfsgeologen Dr. Dulk, Dr. Bücking und Dr. Wahnschaffe zum etatsmässigen Assistenten bei der geologischen Landesaufnahme ernannt, worauf am 1. April 1886 zusammen mit Dr. Wahnschaffe seine Be- förderung zum Königlichen Landesgeologen erfolgte. Er war Mitglied der deutschen geologischen Gesellschaft in Berlin, deren Sitzungen er fleissig besuchte und wurde' im Jahre 1877 zum correspondirenden Mitgliede der Grossherzoglichen Sächsischen Gesellschaft für Mineralogie, Geologie und Petrefactologie in Jena ernannt. Mitten in voller Thätigkeit wurde er im August 1 884 in Gransee ganz plötzlich von einem schweren Gehirnleiden befallen, von dem er nach längerem Kranksein anscheinend wieder genas, bis dann im Sommer 1887 ein neuer heftiger Anfall auftrat, der, als keine Besserung mehr zu erwarten war, am 1. März 1890 seine Pensionirung nothwendig machte. Erst am 18. Februar 1893 wurde er von seinen langen, schweren Leiden iu Jena durch einen sanften Tod erlöst und fand am 21. Februar seine letzte Ruhestätte in seiuer geliebten Heimathstadt Eisenach, tief be- trauert von seiner Frau und seinen beiden Söhnen, welche, als die Unterbringung des schwer Erkrankten in einem Krankenhause iu Jena erforderlich wurde, nach Eisenach übergesiedelt waren. Die geologische Landesanstalt hat an Dr. Läufer einen treff- lichen Mitarbeiter für die Aufnahmen im norddeutschen Flach- lande verloren. Mit rastlosem Eifer war er unablässig bemüht, sowohl durch die Arbeiten im Felde als auch durch seine sorg- fältigen Bodenuntersuchungen im Laboratorium dieses neue Unter- nehmen zu fördern. Obwohl seine wissenschaftliche Thätigkeit nach Abzug der durch Krankheit in Anspruch genommenen Jahre nur ein Decennium umfasst, so hat er doch in diesem kurzen Zeiträume recht Tüchtiges geleistet. Wenn wir das im Anhänge mitgetheilte Verzeichniss seiner Schriften überblicken, so behandeln, mit Ausnahme des schon er- wähnten Aufsatzes über »die Quarzporphyre der Umgegend von Ilmenau«, und der »Beiträge zur Basalt-Verwitte- rung« alle seine übrigen Arbeiten die Bildungen der Quartär- LXIli formation. Besonders interessirten ihn, wie dies auch schon in der letztgenannten Arbeit hervortritt, die Beziehungen des festen und losen Gesteins zur Bodenbildung und zur Bodencu-ltur. Seine beiden wichtigsten Arbeiten, »d er Babelsberg« und »die Wer- d er’ sehen Weinberge«, welche mit sehr guten Bodenkarten ausgestattet sind, beschäftigen sich ausschliesslich mit diesen Fragen. In ihnen hat er durch genaue Beobachtungen über die geognostischen Lagerungsverhältnisse und durch sorgfältige physikalische und che- mische Analysen einen trefflichen Beitrag zur Kenntniss des mär- kischen Sandbodens gegeben. Durch diese Untersuchungen er- hält man ein klares Bild über die Leistungsfähigkeit des dilu- vialen Sandbodens, wenn derselbe einer rationellen Cultur unter- worfen wird. Die in Gemeinschaft mif dem Verfasser herausgegebene Ab- handlung: »Untersuchungen des Bodens der Umgegend von Berlin« enthält eine Erklärung und Begründung der Me- thoden, welche zur Zeit Fei den Bodenuntersuchungen in dem Laboratorium für Bodenkunde zur Anwendung gelangt waren, zu- gleich aber auch sind alle bis zum Erscheinen des Buches ausge- führten Analysen und die daraus abzuleitenden pedologischen Re- sultate darin in übersichtlicher Zusammenstellung mitgetheilt worden. Die den Erläuterungen der geognostisch- agronomischen Special- karte beigefügten Bodenuntersuchungen sollen die geologischen Bildungen des Flachlandes hinsichtlich ihrer Zusammensetzung charakterisiren und vom land- und forstwirthschaftlichen Stand- punkte aus ihre Bedeutung als Culturboden feststellen. Um diesen Zweck zu erreichen, war Läufer unablässig bemüht, die angewandten Methoden zu prüfen und zu vervollkommnen, wie dies aus den in diesem Buche mitgetheilten Untersuchungen, sowie aus den kleineren, in dem Schriftenverzeichniss angegebenen Mit- theilungen deutlich hervorgeht. Unter den Schriften rein geologischen Inhalts verdient be- sonders der Aufsatz über »die Lagerungsverhältnisse des Diluvialthonmergels von Werder und Lehnin« hervor- gehoben zu werden. Läufer beobachtete in den tiefen Thon- gruben von Petzow und Glindow bei völlig horizontaler Lagerung txiv der liegenden Schichten eigentümliche sattelförmige Aufpressungen des Thones, deren Sattelaxen parallel zu den Thalrändern ver- liefen. Er erklärt diese Erscheinungen durch den einseitigen Druck der Thalränder nach Aufhebung des Zusammenhanges der Schichten durch die Erosion des Thaies. Ausserdem stellt er dabei Druck- wirkungen des Inlandeises nicht völlig in Abrede. Von Wichtigkeit war die Auffindung von sehr schön geschliffenen und geschram raten Septarien, die er in der Septarienthongrube von Hermsdorf bei Berlin unmittelbar unter der Bedeckung von Geschiebemergel beobachtet hatte und welche zusammen mit den bereits in Rüdersdorf nachgewiesenen Glaeial- schrammen einen neuen Beweis für die Richtigkeit der ToRELL’schen Inlandeistheorie bildeten. Den praktischen Interessen der Landwirtschaft diente er durch die Aufsuchung von nutzbaren Mergellagen in der Provinz Hannover. Die dort ausgeführten Reisen gaben ihm Gelegenheit zu mehreren Mittheilungen über die Diluvialbildungen dieser Provinz. Diejenigen, welche mit Läufer zusammen gearbeitet haben, werden ihm ein ehrendes Andenken bewahren. Er wird ihnen stets als ein Vorbild eifrigen wissenschaftlichen Strebens, sowie strengster und gewissenhaftester Pflichterfüllung gelten. Dem für seine erste wissenschaftliche Arbeit gewählten Motto : »Arbeit ist Leben« ist er treu geblieben, so lange es ihm ver- gönnt war, zu arbeiten. LXV Verzeichniss der Schriften von Ernst Läufer. 1875. Die Klärung der Schlämmwässer bei Bodenanalysen. (Land- wirthschaftl. Versuchsstationen ed. Prof. Dr. E. Nobbe. Bd. XVIII, 1875.) 1876. Die Quarz-Porphyre der Umgegend von Ilmenau. (Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. XXVIII, 1876, S. 22-48.) 1878. Beiträge zur Basalt-Verwitterung. (Ibid. XXX, 1878, S. 67 — 96.) — Methode zur Trennung der krystallinischen Kieselsäure, besonders des Quarzes, im Gemenge mit Silicaten. (Berichte d. deutsch, chem. Ges. XI, 1878, S. 60 u. 61.) — Ueber das Verhalten von Quarz und der Kieselsäure überhaupt zu Phosphorsalz. (Berichte d. deutsch, chem. Ges. XI, 1878, S. 985 u. 936.) 1881. Ueber »Wallsteine« und ein Puddingsteingeschiebe aus der Um- gegend von Berlin. (Jahrb. d. königl. preuss. geol. Landesanst. f. 1880 Berlin 1881, S. 335—337.) — Ueber geschliffene und geschrammte Septarien aus dem Herms- dorfer Septarienthon. (Ibid. S. 338 u. 339.) — Ueber das Auftreten von Gletscherschliffen und Schrammen an den oligocänen Septarien von Hermsdorf bei Berlin. (Neues Jahrb. für Mineralogie etc. 1881, 1. Bd. S. 1 u. 2.) — Der Babelsberg. (Jahrb. d. königl. preuss. geol. Landesanst. f. 1880, Berlin 1881, S. 294—334.) — mit F. Wahnschafee, Untersuchungen des Bodens der Umgegend von Berlin. Mittheilungen aus dem Laboratorium für Bodenkunde der königl. Preuss. geologischen Landesanstalt. (Abhandl. z. geol. Specialkarte von Preussen u. s. w. Bd. III, H. 2.) 1 882. Ein Süsswasserbecken der Diluvialzeit bei Korbiskrug nahe Königs- Wusterhausen. . ( Jahrb. d. königl. preuss. geol. Landesanst. f. 1881, Berlin 1882, S. 496—500.) — Die Lagerungsverhältnisse des Diluvialthonmergels von Werder und Lehnin. (Ibid. S. 501 — 522.) — Aufschlüsse in den Einschnitten der Stargard-Cüstriner Eisenbahn .(Ibid. S. 523—534.) — Aufschlüsse im Diluvium der Provinz Brandenburg. (Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. XXXIV, 1882, S. 202—204.) — Orthoklasfreier Melaphyr von Winterstein (Thüringen). (Ibid. S. 204—205.) Jahrbuch 1893. q LXVI 1883. Der rothe schwedische Sandstein (Dalasandstein) als Färbungs- mittel einiger Diluvialmergel bei Berlin. (Jahrb. d. königl. preuss. geol. Landesanst. f. 1882, Berlin 1883, S. 115 — 119.) — Auffindung, Untersuchung und Verwendung des Mergels in der Provinz Hannover. (Protokoll der Winter-Versammlung des Central- Ausschusses der Königl. Landwirthschafts-Ges. für die Provinz Hannover, am 20. — 23. November 1883.) Ueber Aufschlüsse im Diluvium von Schonen und der Insel Hven. (Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. XXXV, 1883, S. 619—622.) Ueber die weitere Verbreitung von Riesenkesseln in der Lüne burger Haide. (Ibid. S. 623 u. 624.) 1884. Verlauf und Ergebnisse der diesjährigen Untersuchungen seitens der geologischen Landesanstalt zur Auffindung von Mergellagern in der Provinz Hannover. (Hannov. Land- und Forstwirthschaftl. Zeitung No. 41, Jahrg. 37, vom 17. Sept. 1884, S. 1 — 8.) — Das Diluvium im noi’döstlichen Theile der Provinz Hannover. (Jahrb. d. preuss. geol. Landesanst. f. 1883, Berlin 1884, S. 310 bis 328.) — Ueber die Lagerung, petrographische Beschaffenheit und Gewinnung des Unteren Diluvialmergels in Hannover. (Ibid. S. 594—597.) — Die Werder’schen Weinberge. Eine Studie zur Kenntniss des märkischen Bodens. (Abh. zur geol. Specialkarte von Preussen u. s. w. Bd. V, H. 3, 110 Seiten.) 1887. Bemerkungen, über die Fortsetzung des alten Havellaufes vom Schwielow-See und Caniner Luch nach Brandenburg. (Jahrb. d. königl. preuss. geol. Landesanst. f. 1886, Berlin 1887, S. 19 bis 21.) Von der geologischen Specialkarte von Preussen und den Thürin- gischen Staaten im Maassstab 1 : 25000 hat E. Läufer folgende Blätter bearbeitet oder ist an deren Aufnahme betheiligt gewesen: Läufer: Königs-Wusterhausen, Friedersdorf, Bernau, Grünthal. Berendt und Läufer: Oranienburg, Hennigsdorf, Fahrland, Potsdam, Gross-Beeren. Berendt, Läufer und Scholz: Zehdenick, Lieben walde. Berendt, Läufer und Dulk: Werder. Berendt, Läufer und Grüner: Trebbin. Keilhack und Läufer: Wandlitz, Schönerlinde, Klein-Mutz, Nassen- heide, Lehnin. Beushausen und Läufer: Gross-Kreutz, Gross -Wusterwitz. Berlin im November 1893. F. Wahnsehaffe. LXVIl t Karl August Lossen. Karl August Lossen , Sohn des in Hohenschwand im Schwarzwald ihm vor wenigen Jahren im Tode vorausgegangenen Geheimen Sanitäts-Raths Valentin Lossen und dessen in Kreuz- nach verstorbener Gattin Charlotte geb. Mayer war am 5. Januar 1841 an letztgenanntem Orte geboren, wo sein Vater damals als Badearzt wirkte. Ueber seine Jugendentwickelung wäre es wohl den Eltern und diesem oder jenem seiner nahestehenden Ver- wandten möglich gewesen, manches Nähere mitzutheilen, dem Freunde und Amtsgenossen trat er, ausser in flüchtiger Begegnung während der theilweise zusammenfallenden Studienzeit in Berlin anfangs der sechziger Jahre, erst als der fertige Mann in geistiger und körperlicher Vollkraft entgegen. Als solchen ihn zu schildern und in unser Gedächtniss zurückzurufen, sollen daher diese Zeilen auch allein versuchen. Zuvor nur noch einige Zahlenangaben, wie sie den Lebensweg eines jeden umgrenzen. Vom Herbst 1850 bis dahin 1859 besuchte der Knabe Lossen das Gymnasium seiner Vaterstadt und verliess dasselbe mit dem Zeugniss der Reife, um sich, getreu den Familienüberlieferungen, denen zu Folge seine Grosseltern väterlicher wie mütterlicher Seits aus Hüttenmanns- familien stammten, dem Studium des Berg-, Hütten- und Salinen- faches zu widmen. LXVIII Die damals geltenden Vorschriften zur Ausbildung für die Laufbahn der Staatsbeamten in diesen Fächern verlangten zu- nächst eine zweijährige practische Thätigkeit. Lossen trat die- selbe als Bergbaubeflissener in den Erzgruben des Müsen’schen und des Siegener Landes an und ging nach dem zum Abschluss des ersten Jahres in der Grube vor Ort bestandenen prac- tischen Examen, dem sogenannten Tentamen, als Bergexspec- tant in’s Saarbrücker Revier zur Befahrung der dortigen grossen Steinkohlengruben des Staates. Sicher nicht mit Unrecht theilte Lossen mit seinen späteren Amtsgenossen, die einen gleichen Ausbildungsgang durchgemacht hatten, das Bewusstsein, dass ge- rade die in diesen zwei Jahren gepflegte tägliche Uebung, Schichten und Gänge unter Tage zu verfolgen, sich in dem scheinbaren Gewirre der Strecken, der Ab- und Ueberhauen, Querschläge und Schächte jederzeit und mit immer wachsender Leichtigkeit zurechtzufinden, ja endlich verworfene Lagerstätten wieder auszurichten, also hinter der Verwerfung aufzusuchen oder doch an Ort und Stelle zu erkennen, wie man früher durch Krummort oder Absinken den verworfenen Flötztheil ausgerichtet hatte, eine unschätzbare, ja nicht zu ersetzende Vorbildung für den Geognosten und gerade für den kartirenden Geognosten ge- wesen ist. Im Herbst 1861 bezog der junge Lossen die Universität Berlin, der er 4 Semester 1861/63 angehörte, daneben während der zwei letzten Semester 1862/63 zugleich als Schüler der kurz zuvor entstandenen, ja damals eigentlich noch immer im Entstehen begriffenen Bergakademie. Gustav und Heinrich Rose, Beyrich und Roth, Rammelsberg, Mitscherlich u. A. waren an der Universität, Lottner, Achenbach, Bertram u. A. an der Berg- akademie seine Lehrer. Das dritte Studienjahr, 1863/64, sah ihn an der Saale hellem Strande, wo er in Halle der Schüler Girard’s wurde und gleichzeitig im Laboratorium von Heinz, wo sein älterer Bruder (der jetzige Professor der Chemie in Königsberg) Assistent war, sich mit den für das heranrückende Bergreferendar- Examen nöthigen practisch - chemischen Arbeiten beschäftigte. Allein schon war die Liebe zur reinen Wissenschaft zu mächtig LXIX in unserm Lossen geworden und statt das letzte der sieben Lehr- jahre für die bergmännische Staatslaufbahn, das damals sogenannte Büreaujahr anzutreten, begab er sich auf Girard’s Rath auf die Wanderschaft, Material und lebendige Anschauungen zu einer Pro- motioDsarbeit zu sammeln, die ihn den Doctorgrad erwerben und damit die erste Stufe rein wissenschaftlicher Lehrthätigkeit er- steigen lassen sollte. In diese Zeit fällt auch die erste Bekanntschaft Lossen’s mit seinem nachmaligen Amtsgenossen und nächsten Mitarbeiter im Harz, mit Kayser, jetzt Professor der Geologie in Marburg. Gern folgte dieser, wie er in einem, Lossen gewidmeten Nach- rufe im Jahrbuch für Mineralogie etc. (Bd. II, 1893) selbst be- schreibt, der Aufforderung desselben, ihn auf seinen Kreuz- und Querzügen durch das schöne Gebiet am Südabfall des Hunsrück, im Winkel zwischen Nahe und Rhein zu begleiten und frühzeitig lernten hier beide, nicht ahnend wie nöthig sip es für ein späteres segensreiches Zusammenarbeiten im Harz haben würden, sich mit ihren, bei wissenschaftlichen Fragen nicht ausbleibenden Meinungs- verschiedenheiten in einander zu finden. Leicht aber war es nicht, so später wie damals, Lossen von einer einmal gefassten Meinung abzubringen. Das beweist so recht ein Vorfall aus jener Zeit, den Lossen in späteren Jahren mit Vorliebe zu erzählen pflegte und den auch Kayser dementsprechend berichtet. Es war kein Geringerer, als der schon damals von allen Geologen besonders hochverehrte H. von Dechen, dem gegenüber, auf einem jener, auch im Sommer 1864 fortgesetzten wissenschaftlichen Streifzüge durch die genannte Gegend, Lossen mit Feuereifer seine ab- weichende Meinung vertrat, der aber, als Lossen am folgenden Tage seine Verzeihung wegen des so hartnäckigen Widerspruches gegenüber einer solchen Autorität erbat, ihm nicht nur seine Freude über den Zwischenfall aussprach, sondern ihm auch den guten Rath mitgab, sich auf seinem wissenschaftlichen Lebens- wege nie von Autoritäten bestimmen zu lassen. Im Frühjahre 1866 (28. Mai) errang Lossen in Halle. auf Grund seiner Dissertation über die Geologie des Taunus, welche ausführlicher im folgenden Jahre unter dem Titel »Geognostische LXX Beschreibung der linksrheinischen Fortsetzung des Taunus« in der Zeitschrift der Deutschen geologischen Gesellschaft erschien, den Doctorgrad. Mit seines Gönners v. Dechen’s Empfehlung hatte er sich schon einige Zeit vorher der im Schoosse der ersten Abtheilung des Ministeriums für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten, unter der hohen Gunst wie selbsteigensten Pflege Krug von Nidda’s und unter Beyrich’s wissenschaftlicher Leitung er- blühenden geologischen Landesuntersuchung zur Verfügung ge- stellt. Weitschauenden Blickes hatte Krug von Nidda, dieser grösste Bergmann seines Jahrhunderts, in Hauchecorne, dem neuernannten Direktor der Bergakademie, soeben den Mann ge- funden, der in engem Vereine und tief innerstem Einverständnisse mit Beyrich aus den bescheidenen Anfängen heraus seitdem die preussische geologische Landesanstalt ins Leben rief und zu dem gestalten half, was sie gegenwärtig ist. Unter dieser Leitung begann unser Lossen, nach seiner im Juni 1866 erfolgten Anstellung als Hülfsgeologe, seine wissen- schaftliche Laufbahn. Zunächst ausschliesslich als kartirender Geologe thätig, fand er für seine Vorliebe zu petrographischen Studien in seinem ersten Arbeitsgebiete, dem Harzgebirge, dem er in unermüdlicher Thätigkeit bis zu seinem Ende treu geblieben ist, ganz besondere Nahrung, so dass ihm, ohne Aenderung seiner Stellung bei der geologischen Landesuntersuchung, mit dem 1. März 1870 der durch Laspeyres Berufung nach Kiel erledigte Lehr- stuhl für Petrographie an der Königlichen Bergakademie über- tragen werden konnte, wobei er im Sommersemester seiner Auf- nahmethätigkeit im Harz, im Winter seiner Lehrthätigkeit an der Bergakademie oblag. Dass und wie er letzterer zur besonderen Zierde geworden, das bezeugen hunderte von Schülern, die ihm Dank wissen. Im selben Monat, 30. März 1870, habilitirte er sich zu gleicher Lehrthätigkeit an der Königlichen Universität. Nachdem er aber durch Diplom vom 9. April 1873 bei Gründung der geo- logischen Landesanstalt zum Königlichen Landesgeologen ernannt worden, blieb seine Kraft dieser Anstalt dauernd erhalten. Wieviel er zu ihrem Erblühen und zu ihrem Ansehen beige- LXXI trageu, das beweisen seine wissenschaftlichen Arbeiten, deren er uns einen reichen Schatz hinterlassen hat; Arbeiten, die er selbst aus- und zu Ende geführt hat; Arbeiten, die er begonnen; Arbeiten, die er angedeutet und nachfolgenden Kräften gewisser- maassen als Aufgabe gestellt hat. Denn, so schreibt ein Schüler von Rosenbusch, durch diesen »zur Verehrung für Lossen er- zogen«, sehr richtig: »Wie er durch seine Werke auf seine Zeit- genossen auch in der Ferne gewirkt hat, so werden noch Gene- rationen auf der Arbeit seines Geistes fussen,. aus ihr Lehre und Anregung schöpfen«. An diesen wissenschaftlichen Arbeiten, die sein Andenken für alle Zeiten xmd nachfolgenden Geschlechter gewährleisten, uns zu erfreuen, möge einem besonderen Ueberblicke derselben Vorbe- halten bleiben. Um sie voll zu würdigen und in das entsprechende Licht zu stellen, scheint es mir so natürlich, einem ganz in diesen Arbeiten Lebenden und dadurch Berufeneren hierzu das Wort zu überlassen *). Die folgenden Zeilen aber sollen es versuchen, Lossen in seiner ganzen eigenartigen Persönlichkeit uns noch einmal zu vergegenwärtigen und kommenden Ge- schlechtern zu schildern. In seiner ganzen Vollkraft trat er im Jahre 1874 dem Freunde und Amtsgenossen entgegen. In dieser seiner Vollkraft wirkte er mit ihm und anderen Mitarbeitern bis zum letzten Jahre seines Lebens. In dieser seiner Vollkraft mag er, nachdem ihm am 31. Dezember 1881 noch der Titel eines Professors an der Berg- akademie verliehen worden und ihn am 20. Dezember 1886 die philosophische Fakultät der Universität Berlin zu ihrem ausser- ordentlichen Professor ernannt hatte, auch heute noch einmal uns entgegentreten mit dem sinnigen »Glückauf« für den Fachge- nossen, mit dem warmen »Grüss Gott« für jeden, der einst seinen Lebensweg kreuzte. Wer fühlt, seiner gedenkend, nicht von neuem seinen biederen Handschlag, so einzig in seiner Art, so urkräftig und doch so an- heimelnd. Vom grossen grauen Schlapphut die breite, trutzige Stirn 0 Anmerkung der Redaction : Der nächste Band des Jahrbuches wird eine Würdigung von Losskn’s wissenschaftlichen Arbeiten enthalten. LXXII beschattet, steht seine kräftige, gedrungene Gestalt wie einst in ge- sunden Tagen vor uns. Sonnig und lebensfrisch trifft uns trotz der buschigen dunklen Augenbrauen und der Falten auf der Stirn der Blick aus dem vom grossen schwarzen Barte voll umrahmten Gesicht, und fast will es uns unglaublich erscheinen, dass die Krankheit sich an dieses prächtige Bild gesunder rüstiger Schaffens- kraft heraugewagt, dass der Tod ihn so rasch im blühenden Mannesalter von 52 Jahren herausgerissen aus reichem, tief ge- gründetem Familienglück und einem Kreise von Freunden und Collegen, die in seltener Einmüthigkeit ihm unverhohlen ihre auf- richtige Verehrung zollten. Ja, wer hätte sich nicht sofort zu ihm hingezogen gefühlt, wenn ihn der warme, freundliche Strahl dieses nicht grossen, aber klaren und treuherzig, ja selbst schelmisch frohen Auges traf, wenn ihm Lossen in seiner herzgewinnenden, feinsinnigen Art zum ersten Male entgegen trat. Dass uns hier ein Mann von seltener Geistes-, Herzens- und Wissensbildung und geradem, man möchte sagen, idealem Charakter gegenüber stand, das fühlte wohl ein jeder als ersten Eindruck dieses Trefflichen auf sich wirken, und wenn er selbst auch mit einer wahrhaft rührenden Bescheidenheit seine edlen Eigenschaften, sein Wissen und Können, wie etwas Selbstverständliches, dem Lobe und der Anerkennung zu entziehen wusste, so »erkannte man, ohne bei dieser Herzens- güte und Bescheidenheit gedemüthigt zu sein, doch mit Freude« — wie einer seiner Freunde so wahr zugiebt — in ihm nur zu oft den besseren Menschen. Ohne dabei, wie so häufig, wenn ein Stern am Erdenhori- zonte verschwunden ist, ihm eine leere Phrase nachzurufen, kann man von Lossen mit Ueberzeugung sagen, er bleibt in vielem ein unerreichtes, ja leuchtendes Vorbild. Im Besonderen »das Vorbild eines echten deutschen Bergmannes nennt ihn unter den zahlreichen Schreiben, die sein Hinscheiden betrauern, das eines bedeutenden Mannes der Praxis, pflichttreu, fleissig, gottesfürchtig, einfach, voller Liebe und Hingebung für alles Schöne und Gute — «. In Gedanken treten wir mit ihm in seinen Familienkreis. Wohlig und wohnlich umweht uns die Luft eines echten deutschen LXXIII Heims, der Stätte, die der Deutsche nun einmal vergeblich zum zweiten Mal auf dem Erdenrunde sucht. Seit er am 29. December 1870, während jenseits des Rheines unter den Anfängen des Bom- bardements von Paris das deutsche Reich deutscher Nation sich zu einigen begann, in Wiesbaden von einem Verwandten, Pfarrer Lossen von Sinz, mit Marie Therese, der am 4. Februar 1839 geborenen Tochter des Hiittenhorrn der Emmershäuser Hütte Joseph Lossen, ehelich verbunden sich einen neuen eigenen Heerd gegründet hatte, besass er an ihr die echte deutsche Gattin, die in Wort und That es verstand, ihm sein Haus zu einer Stätte der Erholung nach geistiger und körperlicher Anstrengung zu ge- stalten, ihm die unausbleiblichen Sorgen in Leben und Amt zu verscheuchen und die in treuer inniger Liebe an ihm hing. Mit ihr sich eines Sinnes fühlend in dem gleichen streng religiösen Gefühl, sah er sich durch ihr warmes Interesse an seiner Wissenschaft stets neu angeregt und in seinem lebhaften Sinn und Verständniss für Kunst und Natur freudig bestärkt. So war er nicht nur ein edler Lebensgefährte und eine unersetzlich treue Stütze für seine Gattin, sondern genoss auch mit ihr in wirklich häuslichem Glücke den vollen Segen einer zufriedenen Ehe. Ein Blick in dieses reiche schöne Familienglück in den Weih- nachtstagen zeigt ihn uns so recht als den Familienvater des deutschen Hauses. Auf einem niedrigen, weiss umhüllten Kindertischchen die schlanke deutsche Weihnachtstanne und vor ihr, von den schmuck- bedeckten Zweigen umschwankt und dem hellen Lichterkranz um- strahlt, eine schlichte kleine Holzkrippe mit dem regelrecht auf Stroh gebetteten Jesusknäblein aus Wachs; rings an den Wänden die schmalen, weiss umhangenen Tafeln, reich mit Geschenken für Alt und Jung . bedeckt. Hier war ihm wohl, von dem Fest- jubel seiner drei Kinder umringt, an seiner Seite die treue Gefährtin froher wie sorgenvoller Tage. Wie sang er da mit dem frommen reinen Gemüth eines warmherzigen Kindes die alten deutschen Weihnachtsweisen mit, wenn zur Baumplünderung die Spielkame- raden seiner Kinder mit diesen und dem Elternpaar den uralten Weihnachtsreigen um den im letzten Glanz prangenden Baum LXXIV zogen; wie treuherzig und tiefempfunden klang dann seine Frage an den Knaben, mit dem er, die markige Hand auf seinen Kraus- kopf gelegt, vor der Krippe stand: »Gelt Bub, du versprichst doch dem Christkindl im nächsten Jahr auch ein recht braver Bub zu sein?« Lossen war eben das Gegentheil eines in sich abgeschlossenen Gelehrten, er fühlte sich im Hause als den Mittelpunkt seiner Familie, als den Vater, der sich voll bewusst war, welch’ reicher Schatz ihm in seinen Kindern an vertraut, aber auch welche Ver- antwortung er geistig und leiblich für sie übernommen. Reiche Liebe bot er ihnen neben der ernsten Erziehung zu allem Edlen und Hohen und so erntete er auch von ihnen treue Anhänglich- keit und wird ihnen noch manchmal in seiner Treue bis in’s Kleinste fehlen, aber sie darin auch als nacheiferungswürdiges Vorbild umschweben. Mit dem echt rheinischen Frohsinn war es dann aber auch Lossen so recht gegeben, dem Kreise von Freunden und Be- kannten die Stunden geselligen Beisammenseins lieb und gemüth- lich zu machen. Es grüne die Tanne, Es wachse das Erz, Gott schenke uns allen, Ein fröhliches Herz! Diesen Harzer Bergmannsspruch hatte er sich ganz besonders zu seinem Lieblingsspruch erkoren und mit ganz besonderer Freude hatte er ihn, von seinem ältesten Töchterchen in Holz gebrannt, noch am vorletzten Weihnachtstage über der Thür seines Arbeits- zimmers befestigt. Kein Freund lärmender, prunkender Festlichkeit, liebte er doch frische deutsche Geselligkeit, und herzliche Gastfreundschaft empfing jeden, der seine Schwelle überschritt. Seine ungemein frische Heiterkeit riss unwillkürlich die Gesellschaft mit und er verstand es geradezu meisterhaft, trotz launiger Worte sein tief innerliches Gemüth zur Geltung zu bringen. Was sein offenes Auge in frischem, ja poetischen Empfinden in sich aufnahm, das wusste sein Toast auch frisch und fesselnd in warmer Sprache, nicht selten gebundener Rede wiederzugeben. LXXV Jeder hörte ihn gern an sein Glas schlagen ; jeder folgte gern, wenn er einer Sache wieder eine neue, hier und da frisch humo- ristische Seite abzugewinnen wusste, wobei sich dann sein sonst tiefes Organ dem Bilderreichthum harmonisch anschmiegte, der sonst im Grunde ernste Ausdruck seiner ehrlichen Augen einer begeisterten Wärme Platz machte. Lossen verstand es eben sich im Wort wie in der That alle Herzen zu gewinnen, nicht nur jedes Ding im lichten Sonnenschein zu sehen, sondern auch diese warmen Strahlen auf die Hörer ausgehen zu lassen. Wem es nun vergönnt gewesen, Lossen seinen Freund, seinen Amts- oder Berufsgenossen zu nennen, der fühlt es mit Recht, wie sein Verlust stellenweise eine unausfüllbare Lücke bleiben wird. Was Lossen bot, war aufrichtige selbstlose Freundschaft, die in ein um so helleres Licht trat, je geringer heutzutage die Schaar derer, deren wirklich uneigennützige Freundschaft die Feuerprobe zu bestehen vermag. Welche herzliche Theilnahme brachte er stets dem Wohl und Weh befreundeter, oft selbst fremder Familien entgegen, wie innig wusste er andrer Leid mitzufühlen, wie einzig sein edles Mitempfinden auszusprechen. Seine treue lautere Gesinnung und wohlmeinende Offenherzig- keit sicherten ihm unbeschränktes Vertrauen und allgemein grosse Verehrung bei Freunden wie Collegen, so leicht auch sonst oft deutsche Geradheit, besonders im wissenschaftlichen Verkehr, bei den kleinsten Meinungsverschiedenheiten missverstanden wird. Diese Collegialität Lossen’s zeichnet Lepsius recht treffend in einem Briefe an die Wittwe, wenn er sagt: »sein stets zuver- lässiger und offener Charakter machte ihn bei jedem Collegen be- liebt; es war selbst bei verschiedenen Ansichten ein wahres Ver- gnügen mit ihm zu disputiren.« Wie leicht hätte Missgunst die Bewunderung seiner Tüchtig- keit und Fähigkeit, Thatsachen wissenschaftlich zu verwerthen, verdunkeln können, wenn nicht seine edle Liebenswürdigkeit und sein warmes Interesse für andrer Arbeiten jeden neidlos hätte zu ihm aufblicken lassen, der einer der ersten in den Reihen geistiger Arbeit war und auch bleiben wird. Diese seltenen Eigenschaften machten Lossen denn auch be- sonders geeignet für wissenschaftliches Vereinsleben, an dem er LXXVI regen Antheil zu nehmen pflegte. Nicht nur, dass er bei den Sitzungen wie Nachsitzungen der Deutschen geologischen Gesell- schaft zu Berlin, der er schon im December 1866 als Mitglied beigetreten war, die Sommerzeit natürlich ausgenommen, selten fehlte, er war auch seit derselben Zeit (30. December 1866) Mit- glied des naturhistorischen Vereins der preussischen Rheinlande und Westphalens; seit dem 8. Februar 1868 correspondirendes Mitglied der kais. königl. geologischen Reichsanstalt in Wien ; seit dem 20. November 1877 Ehrenmitglied der Gesellschaft natur- forschender Freunde zu Berlin und ebenso seit dem 20. Januar 1887 des naturwissenschaftlichen Vereins des Harzes in Wernige- rode. Am 2. Mai desselben Jahres, 1887, ernannte ihn die So- ciete Beige de Geologie, de Paleontologie et d’Hydrologie zu ihrem Membre honoraire; am 5. Juni 1890 die ostpreussische phy- sikalisch-ökonomische Gesellschaft zu Königsberg i/Pr. zu ihrem auswärtigen Mitgliede; am 25. März 1891 die Geological Society of London zu ihrem foreign Correspondent und endlich der Harz- verein für Geschichte und Alterthumskunde zu seinem ordent- lichen Mitgliede. Viele Jüngere haben in Lossen einen ihnen stets mit herz- licher Freundlichkeit entgegen kommenden Amts- oder Berufs- genossen, einen aufrichtig geliebten Lehrer oder gar einen treuen väterlichen Freund und Berather verloren, von dem sie so oftmals diese oder jene mündliche wie schriftliche Belehrung und manche geistvolle Anregung genossen. Ja, ein getreuer Berather war Lossen, dessen offenes, rück- haltloses Aussprechen im Verein mit der freundlichen Gefälligkeit und Opferwilligkeit in reichem Maasse in Anspruch genommen wurde und es ist tief schmerzlich, dass es seinen reichen Anlagen nur so verhältnissmässig kurz gestattet war ihre edlen Güter zum Wohle der Menschheit zu verwerthen. Wo er zu rathen, zu helfen vermochte, da konnte man sicher sein, unser Lossen war bereit und was er that, was er thun konnte, das geschah gern und bald. Auch über die Lehrtätigkeit dieses seltenen Mannes herrscht ein einstimmig zu nennendes Urtheil hoher Verehrung unter seinen LXXVII zahlreichen Schülern, das sich etwa dahin znsammenfassen lässt: Das, was er in der Vorlesung und in den damit verbundenen [Jebungen bot, lässt sich von seiner gewinnenden, so »überaus gemüthvollen Persönlichkeit« nicht trennen. Sein Vortrag war »ungemein anziehend, ja begeisternd«; nicht das, was man glänzend nennt, aber weit nachhaltiger infolge des sich jedem Hörer aufdrängenden Gefühls, dass der Lehrer in seinen form- vollendeten, aber unvermittelt aus dem Borne seines reichen Wissens geschöpften Vorträgen seine nach angestrengter Arbeit errungene und erworbene Ueberzeuguug und damit einen Theil seiner Persönlichkeit selbst gab. »In den Hebungen liess er das Gefühl der Beschämung über eigene Unwissenheit oder Versehen nicht aufkommen. Hatte man ein falsches Ergebniss erzielt, so wurde man durch seine humor- vollen, jeder Schärfe entbehrenden Bemerkungen in angenehmster Weise auf den richtigen Weg geführt.« Seinem gerechten und milden Urtheil, obgleich er nicht ge- ringe Anforderungen stellte, beugte sich jeder gleichsam leicht. Er war, wie Herrmann Cr.edner so wahr sagt, »ein gegen sich strenger, gegen andere nachsichtiger Forscher und getreuer Be- rather«. Ueber Lossen’s Stellung zu seiner Zeit, zu den grossen Er- eignissen der 60er und 70er Jahre, als Staatsbürger und zu unserm Kaiserhause, das seine Verdienste um die Wissenschaft auch am 20. November 1889 mit dem Rothen Adlerorden aus- zeichnete, wüsste ich den »diesen treuen und starken Menschen« als sein Ideal schildernden Worten eines seiner Vettern kaum noch etwas hinzuzufügen, wenn dieser schreibt: »Lossen war ein »rocher de bronze« von guter alter Sitte, echt deutschem Wesen, umspült, aber nicht erschüttert von der in vielen widerstrebenden Richtungen fluthenden Brandung modernen Wesens; conservativ im besten Sinne des Wortes, mit Treue behauptend den Stand- punkt, auf den ihn Mutter Natur gesetzt, voll rührender Pietät gegen die, denen er Liebe schuldig war, und trotz alledem, oder vielleicht gerade desslialb , einer der ersten in den Reihen der geistigen Arbeit, die unsrer Zeit auferlegt ist.« LXXVIII (konservativ in jeder Hinsicht und nicht zum wenigstens als treuer Sohn seiner katholischen Kirche, der er in kindlicher Frömmigkeit wie fester Ueberzeugungstreue bis zum letzten innigen Blick auf das seinem Sterbelager gegenüberhängende Cruzifix an- gehörte. Ctjrtius nennt diesen Zug an Lossen, den mancher, ohne ihn mit Händen begriffen zu haben, wohl gern in’s Bereich frommer Märchen verwiesen hätte, »die schöne Zuversicht eines durch keine Wissenschaft erschütterten Glaubens«. — Nein, nicht bloss un- erschüttert, sondern auch zu einer Durchleuchtung seines ganzen Lebens geworden und in einer Weise mit seiner Wissenschaft zu einem edlen harmonischem Klange verschmolzen, dass man nur mit sittlicher Bewunderung zu ihm aufschauen kann, und sein auch in diesem Punkte von keinem Flecken getrübtes reines Bild uns zugleich ein Vorbild wahrer, tiefer Frömmigkeit, sonder Falsch und sonder Aufdrängens bleiben wird. Besass Lossen nun einerseits eine geradezu aussergewöhnlich robuste Natur, so war ihm dafür ein Genuss ■ — der volle Gebrauch seines Gehörs — leider nur zu früh entzogen. Schon bald nach seiner Verheirathung war es ihm nicht mehr vergönnt, das Rollen des Donners, selbst bei starken Schlägen gewahr zu werden, ob- gleich er noch während seiner practischen Thätigkeit in den Königl. Preuss. Bergämtern Siegen und Saarbrücken in den Jahren 60 und 61, vor Ort schon fern Häuer und Hund mit völlig gesundem Gehör erspäht, und dann, nach der Schicht zu Tage fahrend, mit frohem Genuss dem Triller der Lerche gelauscht hatte. Wie schwer musste dann der allmähliche Verlust schmerzen; und doch, wie wenig liess es sich Lossen anmerken; wie wusste er mit frohem Scherz sich und andere über die erklärlichen Miss- verständnisse fortzuhelfen. Nie , auch das herzhafteste Lachen seiner Umgebung, sobald Verwechselungen, oft der humoristisch- sten Art durch seine Schwerhörigkeit hervorgerufen wurden, konnte ihn verstimmen, sondern, sich der allgemeinen Heiterkeit an- schliessend, wusste er alles in der launigsten Weise zu verwenden. Wie leicht war es ihm sogar beim Gebrauch des Hörrohres durch LXXIX die leiseste Bewegung in schwierigen Fällen sein Gegenüber kalt zu stellen, sich kurz und bündig selbst zum Wort zu verhelfen, da er in seinen letzten Jahren nur noch ganz klare, gut accentuirte Stimmen mit dem blossen Ohre zu verstehen vermochte. Um so schneller und schwerer sollten aber, trotz seiner guten Jahre, gesunder und regelmässiger Lebensweise und der aus- gezeichneten Pflege in seiner behaglichen Häuslichkeit, die ernsten Prüfungen der sogenannten Brightschen Krankheit über ihn herein- brechen. Schon im Sommer 1 892 machten sich die ersten Spuren des ernsten Uebels bemerkbar, sodass er, obgleich der Reisekoffer schon gepackt und alles zum Aufbruch gerüstet war, das Feld seiner grössten Thätigkeit, den ihm so lieb gewordenen Harz, nicht mehr Wiedersehen sollte und statt dessen im Flinsberger Bade in Schlesiens Bergen, das ja leider dem unaufhaltsamen Lauf dieses Uebels keinen Einhalt mehr zu thun vermochte, Heilung suchte. Noch in den letzten Tagen des scheidenden Jahres 1892, kurz vor seinem Geburtstag am 5. Januar, sah er einen frohen Kreis ihm nah befreundeter Familien um sich, und wohl keiner liess es sich träumen, dass der so schwer in ihm zu brechende Frohsinn heut zum letzten Mal aus ihm sprach, eine letzte fröhliche Stunde des Beisammenseins heraufzauberte, wenn auch schon die dauernden Leiden düstre Schatten auf unsres Lossen braves Ge- sicht gebreitet hatten, und es gar bald mit seinen Kräften in rasendem Schritt bergab ging, bis am 24. Februar der Tod dem harten Kampfe seiner letzten Tage, für viele ganz unerwartet, ein ernstes Halt gebot, und unsres Lossen treue ehrliche Augen auf immer zudrückte. Es war keine lange, aber eine reichgesegnete Erdenlaufbahn einer in sich harmonischen, wirklich edlen Menschenseele, von der wiederum auch reicher Segen ausströmte. Alles in allem war Lossen ein Mann, ein ganzer Mann. Mit Recht sagt einer seiner geistlichen Freunde: »Devant cette grande douleur le savant s’eflace et c’est a peine si je pense aux merites scientifiques de notre eher defunt, rnalgre la haute position que son talent et sa science lui avaient conquises, je ne pense qu’aux LXXX admirables qualites de son coeur, a ses vertus chretiennes et a sa foi profonde.« Und dasselbe sagt in merkwürdigster Ueberein- stimmung — fast möchte man sagen in freier Uebersetzung, wenn es eben nicht der Ausdruck einer sich allgemein aufdrängenden gleichen Empfindung wäre — einer seiner gelehrten Freunde vom Fach, der gerade seine wissenschaftlichen Leistungen voll zu wür- digen versteht: »Seine wissenschaftliche Bedeutung tritt fast zu- rück vor der seltenen Grösse des Menschen, dem Adel seiner Ge- sinnung und der Reinheit seines Herzens. — Er hatte nur Freunde!« Berendt. GxAy. LXXXI + Anton Halfar. Anton Halfar wurde am 21: October 1836 auf Ratscher Mühle im Kreise Ratibor geboren. Nach Absolvirüng des Gym- nasiums trat er am 19* Mai 1856 als Bergwerksbeflissener in den Vorbereitungsdienst für die höhere Bergcarriere im Staatsdienst ein und wurde im März 1864 zum Königl. Bergeleven ernannt. In den Jahren 1864 bis 1869 sehen wir ihn unter der Leitung von Ferdinand Roemer bei der Herstellung der geologischen Karte von Oberschlesien beschäftigt. Nach deren Vollendung trat er wieder zum practischen Bergfach zürück und wurde zu- nächst auf ein halbes Jahr als Bergrevierdiätar zu Neurode in Schlesien, vom 1. Mai 1870 bis zum 1. Juli 1871 sodann als technischer Hülfsarbeiter bei der Königl. Berginspection Clausthal verwandt. Während dieses in Clausthal verlebten Jahres be- theiligte er sich auch bereits an den geologischen Aufnahmen im Oberharze, ohne jedoch zu der geologischen Landesanstalt in ein bestimmtes Verhältniss zu treten. Vom 1. Juli 1871 bis zum 15. Mai 1873 wirkte er als technischer Lehrer an der Königl. Bergschule zu Saarbrücken. Zum letzteren Termin wurde er an die geologische Landesanstalt nach Berlin berufen, welcher er f J ahrbuch 1893. LXXXII von da ab, mit Ausnahme eines halbjährigen Commissoriums zur Vertretung des erkrankten Directors, sowie des ersten Lehrers an der Bergschule zu Bochum im Jahre 1876, seine Thätigkeit bis an sein Lebensende gewidmet hat, zunächst diätarisch, dann (seit dem 22. August 1874) als technisch- wissenschaftlicher Secretär, zuletzt (seit dem 1. April 1889) als Königl. Bezirksgeolog. — In wissenschaftlicher Hinsicht ist A. Halfar’s Name mit zwei räumlich zwar weit getrennten, aber in mancher Hinsicht doch ähnlichen Gebieten eng verknüpft: mit dem Altvatergebirge und dem Oberharze. Bei der Vertheilung des Gebietes der geo- logischen Karte von Oberschlesien , welches über die preussische Landesgrenze hinausgreift, unter die einzelnen Mitarbeiter wurde ihm der westlich der Oder belegene Theil übertragen, welcher, abgesehen von dem flachen Gebirgsvorlande , besonders das Alt- vatergebirge umfasst. Bei der Kartirung dieses zum Theil aus paläozoischen Schichten bestehenden Gebietes hatte A. Halfar jene Erfolge, welche seinen Namen in der wissenschaftlichen Welt zuerst bekannt machten. Abgesehen von dem Nachweis devo- nischer Schichten in der Gegend von Bennisch ist es besonders die wichtige Entdeckung von Versteinerungen des Unterdevon in den Quarziten des Dürrberges bei Würbenthal in Oesterr.-Schlesien, welche einzig und allein sein Verdienst ist. Diese mächtigen,, hellfarbigen Quarzite waren vorher, u. A. von den österreichischen Geologen, zum krystallinischen Urgebirge gerechnet worden. Um so grösser war die Ueberraschung, als es Halfar’s unermüdlichem Eifer nach langem Suchen gelang, eine ganze Reihe von Ver- steinerungen in ihnen zu entdecken, welche das unterdevonische Alter ausser Zweifel stellten. Die Versteinerungen wurden von Ferdinand Roemer zuerst in Band 17 der Zeitschrift der Deut- schen geologischen Gesellschaft und später in der »Geologie von Oberschlesien« beschrieben. — Was ausserdem noch durch Halfar für die geologische Erkenntniss in jenem Gebiete geleistet worden, ist im Einzelnen nicht mehr nachzuweisen, da in der »Geo- logie von Oberschlesien« der geistige Antheil der einzelnen Mit- arbeiter an dem grossen Werke meist nicht besonders gekenn- zeichnet wird. LXXXIII Im Oberharze war A. Halfar ursprünglich das Gebiet zwi- schen Innerste und Oker übertragen ; später wurde sein Revier auf den nördlich des Bockswiese-Festenburg-Schulenberger Gang- zuges belegenen Theil des Messtischblattes Zellerfeld und den hercynischen Antheil des Blattes Goslar beschränkt. Von diesem vorwiegend aus devonischen Schichten bestehenden Gebiete hat Halfar dann im Laufe der Jahre eine geologische Karte herge- stellt, welche an minutiöser Genauigkeit nirgends ihres Gleichen haben dürfte. Tektonisch ist das Gebiet ausserordentlich schwierig durch die ungemein grosse Zahl von Längs- und Querzerreissungen, welche dasselbe durchsetzen. Der Ermittelung dieser, oft nur ge- ringfügigen Verwerfungen war die meiste Arbeit des Verstorbenen gewidmet. Ein ausserordentlich genauer Beobachter, ruhte er nicht eher, als bis er jede Frage bis in das kleinste Detail auf- geklärt hatte. Dabei stellte es sich ihm dann allerdings bald heraus, dass eine genaue Eintragung seiner Beobachtungen un- mittelbar in den Rahmen des Messtischblattes im Maassstabe 1 : 25 000 nicht möglich sei. Er gründete deshalb seine Auf- nahmen auf eine überaus grosse Zahl von einzelnen Croquis, welche von ihm mühsam zunächst zu einem Ganzen im Maassstabe 1 : 5000 verbunden und sodann unter Benutzung mechanischer Hülfsmittel auf den Maassstab des Messtischblattes reducirt wurden. Hand in Hand mit der kartographischen Darstellung der tektonischen Verhältnisse gingen die Untersuchungen über die Verbreitung und Gliederung der innerhalb des Gebietes auftreten- den Schichten. Auch in dieser Beziehung verdanken wir A. Halfar viele werthvolle Resultate, von denen u. A. nur an den Nachweis eines ganz allmählichen Ueberganges vom Unterdevon zum Mittel- devon, sodass eine scharfe Grenze nicht zu ziehen ist, ferner an den Nachweis des unteren Oberdevon innerhalb der sogenannten Kramenzelkalke erinnert sein möge. Auch der Name »Goslarer Schiefer«, mit welchem jene besonders in der Gegend von Goslar sehr verbreiteten mitteldevonischen Schiefer bezeichnet wurden, in denen das Rammeisberger Erzlager auftritt, rührt von A. Halfar her. Auch paläontologisch war der Verstorbene vielfach thätig; nicht nur füllte die sorgfältige Bestimmung der zahlreichen von LXXXIV ihm im Felde gesammelten Versteinerungen einen grossen Theil seiner Zeit aus, — besonders wichtig erscheinende Funde hat er auch in besonderen Aufsätzen eingehender beschrieben, so den Pentamerus hercynicus , das Conocardium Bocksbergense und noch in letzter Zeit die erste Asteride aus dem Unterdevon des Ober- harzes. Die wissenschaftlichen Arbeiten A. Halfar’s finden sich zerstreut in den Jahrgängen der Zeitschrift der Deutschen geo- logischen Gesellschaft seit 1875 und in den Bänden des Jahr- buches der Königl. geologischen Landesanstalt. In Fragen, welche Gebiete betrafen, die ihm durch eigene Erfahrung bekannt und vertrant waren, hatte der Verstorbene ein sehr selbstständiges Urtheil ; vor wissenschaftlicher Autorität, welche auf gediegene Arbeiten gegründet war, hegte er jedoch stets eine hohe Achtung. Ein besonders hervorstechender Zug war seine neidlose Anerkennung der Verdienste Anderer, selbst wenn sie geeignet waren, seine auf langjährige Beobachtungen gestützte Anschauung zu modificiren oder zu widerlegen. Die- jenigen Fachgenossen, welche im Jahre 1893 an der Excursion durch das Okerthal gelegentlich der allgemeinen Versammlung der Deutschen geologischen Gesellschaft zu Goslar theilnahmen, werden sich dieser sympathischen Eigenschaft des Verblichenen gern erinnern. A. Half AR war unverheirathet und suchte und fand daher seinen Verkehr, soweit ihm seine rastlose Thätigkeit dazu Zeit liess, ausserhalb des Hauses, sei es im Kreise seiner Collegen, sei es in der Gesellschaft sonstiger Freunde. Er war ein durchaus offener, ehrlicher Charakter, in dem kein Falsch war; er gab sich so wie er war und setzte dasselbe von Anderen voraus. Eine mittheilsame Natur, machte es ihm besondere Freude, Collegen einen Einblick in seine Arbeiten zu verstatten und ihnen die unter mannigfachen Mühen gewonnenen Resultate derselben ausein- anderzusetzen. In anregender Gesellschaft erzählte er besonders gerne von seinen oben erwähnten Entdeckungen im Altvater- gebirge. Lebendig wusste er zu schildern, wie er, um durch das vielleicht fruchtlose Beginnen die Kartenaufnahmen nicht zu beein- trächtigen, Sonntag für Sonntag auf den Dürrberg gewandert sei LXXXV und dort mit grossen Hämmern Platte auf Platte zerklopft habe, bis endlich die ersten Versteinerungen die aufgewandte Mühe und Anstrengung gelohnt hätten. Unter seinen Collegen war der Verstorbene wegen seines offenen, stets freundlich entgegenkommenden Wesens, seiner frohen Laune, die auch durch seine Neigung, die kleinen Sorgen des täglichen Lebens zu ernst zu nehmen, nicht auf lange verscheucht werden konnte, allgemein beliebt, und als am 21. November 1893 die Kunde uns ereilte, dass A. Half AR nach nur kurzer Krank- heit von uns geschieden sei, da war die Trauer aufrichtig und allgemein. — In späten Jahren erst war es ihm vergönnt gewesen, eine Stellung sich zu ei*ringen, wie sie ihm von Jugend auf als Ideal vorgeschwebt hatte, und nur kurze Zeit hat er sich ihrer erfreuen dürfen. Möge ihm die Erde leicht sein! L. Beushausen. LXXXYI 7. Personal -V erhältnisse bei der Königl. Preuss. geologischen Landesanstalt und Bergakademie am 1. Januar 1894. Kuratorium. 1. Oberberghauptmann Freund, Director der Abtheilung für das Berg-, Hütten- und Salinenwesen im Ministerium für Handel und Gewerbe. 2. Geheimer Regierungsrath Professor Dr. Rammelsberg. 3. Geheimer Bergrath Leuschner. 4. Geheimer Oberbergrath Dr. Hauchecorne. 5. Geheimer Bergrath Professor Dr. Beyrich. Vorstand. 1. W. Hauchecorne, Dr. phil., Geheimer Oberbergrath, erster Director der Gesammtanstalt. 2. E. Beyrich, Dr. phil., Geheimer Bergrath, ordentl. Professor an der Universität, Director für die wissenschaftliche Lei- tung der geologischen Landesaufnahme, zugleich Lehrer der Geognosie bei der Bergakademie. Bei der geologischen Landesaufnahme. A. Landesgeologen. 1. G. Berendt, Dr. phil., ausserordentl. Professor an der Uni- versität , mit der speciellen Leitung der Flachlandsauf- nahmen beauftragt. 2. H. Grebe in Trier. LXXXVII 3. H. Loretz, Dr. phil. 4. F. Wahn schaffe, Dr. phil., Professor, Privatdocent an der Universität, zugleich Lehrer der Geologie bei der Berg- akademie. 5. E. Dathe, Dr. phil. 6. F. Beyschlag, Dr. phil., zugleich beauftragt mit Vorträgen über Lagerstättenlehre bei der Bergakademie. 7. K. Keilhack, Dr. phil. 8. Th. Ebert, Dr. phil., zugleich beauftragt mit Abhaltung palaeontologischer Repetitorien und Uebungen bei der Bergakademie. B. Bezirksgeologen. 1. M. Koch, Dr. phil., zugleich beauftragt mit Vorträgen über Petrographie und mikroskopische Physiographie der Mine- ralien bei der Bergakademie. 2. H. Schröder, Dr. phil. 3. R. Scheibe, Dr. phil., zugleich Lehrer der Mineralogie bei der Bergakademie. 4. E. Zimmermann, Dr. phil. 5. A. Leppla, Dr. phil. C. Hülfsgeologen. ]. A. Jentzscpi, Dr. phil., Professor, Privatdocent an der Uni- versität in Königsberg i. Pr. 2. R. Klebs, Dr. phil., in Königsberg i. Pr. 3. H. Potonie, Dr. phil., zugleich beauftragt mit Vorträgen über Pflanzenversteinerungskunde bei der Bergakademie. 4. L. Beushausen, Dr. phil. 5. G. Müller, Dr. phil. 6. A. Denckmann, Dr. phil. 7. C. Gagel, Dr. phil. 8. O. Zeise, Dr. phil. 9. B. Kühn, Dr. phil. LXXXYin D. Nicht angestellte Mitarbeiter. 1. Th. Liebe, Dr. phil., Professor, Hofrath, in Gera. 2. K. von Fritsch, Dr. phil., ordentl. Professor an der Uni- versität in Halle a. S. 3. A. von Koenen, Dr. phil., ordentl. Professor an der Uni- versität in Göttingen. 4. E. Kayser, Dr. phil., ordentl. Professor an der Universität in Marburg. 5. H. Bücking, Dr. phil., ordentl. Professor an der Universität in Strassburg i. E. 6. H. Grüner, Dr. phil., Professor an der landwirthschaftlichen Hochschule in Berlin. 7. E. Holzapfel, Dr. phil., Professor an der technischen Hoch- schule in Aachen. 8. H. Proescholdt, Dr. phil., Oberlehrer in Meiningen. 9. W. Frantzen, Bergingenieur in Meiningen. E. Als Hülfsarbeiter bei den Flachlandaufnahmen beschäftigte Kulturtechniker und Landmesser. 1. Th. Wölfer, Dr. phil., Kulturtechniker. 2. Fr. Reimann, Landmesser. Bei der Bergakademie. A. Lehrer. 1. R. Finkener, Dr. phil., Professor, Lehrer der Chemie, Vor- steher des Laboratoriums für Mineralanalyse. 2. B. Kerl, Professor, Geheimer Bergx-ath, Lehrer der allge- meinen Hüttenkunde, der chemischen Technologie und der Löthrohrprobirkunst. 3. H. Wedding, Dr. phil., Professor, Geheimer Bergrath, Lehrer der Eisenhüttenkunde und Eisenprobirkunst. 4. A. Hörmann, Professor, Lehrer der Mechanik, der Maschinen- lehre und der metallurgischen Technologie. LXXXIX 5. 6. 7. 8. 9. 10. 1. 2. 3. 4. 5. 6. A. Schneider, Professor, Lehrer der Markscheide- und Mess- kunst und der Aufbereitungskunde. Gr. Franke, Professor, Lehrer der Bergbau- und Salinenkunde. (1 — 6 etatsmässig angestellt.) A. Eskens, Geheimer Oberbergrath, Lehrer des Bergrechts. J. Gebauer, Geheimer Bergrath, Lehrer der Bauconstructions- lehre. G. Brelow, Ingenieur, Lehrer der darstellenden Geometrie, des Zeichnens und Construirens. F. Kötter, Dr. phil., Lehrer der höheren Mathematik. (7 — 10 nicht etatsmässig angestellt.) B. Chemiker. O. Püeahl, Dr. phil., Assistent im Probirlaboratorium , zu- gleich beauftragt mit Vorträgen über Gasanalyse und Elektrometallurgie. Th. Fischer, erster Assistent in dem Laboratorium für Mineralanalyse. R. Holverscheit, Dr. phil., zweiter Assistent daselbst. A. Lindner, Dr. phil., ] Untersuchung. Bei der Chemisch -technischen Versuchsanstalt. Vorsteher: Finkener, Professor Dr., s. o. Chemiker: 1. J. Rothe (Erster Chemiker und Stellvertreter des Vorstehers). 2. C. Radau, Dr. phil., 4. C. Virchow, Dr. phil., 4. K. Haack, Dr. phil., 5. R. Wache, Dr. phil. 6. M. Hohensee. Bibliothek. Vorstand: Hauchecorne, s. o. Bibliothekar: O. Eberdt, Dr. phil. •f ** xc Verwaltung. 1. R. Wernicke, Secretär und Rendant. 2. E. Ohmann, Zeichner. 3. H. Bruchmüller, Secretär und Kalkulator. 4. W. Pütz, Zeichner. 5. K. Boenecke, Secretär. 6. W. Bottmer, Secretär und Registrator. II. Abhandlungen Mitarbeitern der Königlichen geologischen Landesanstalt. Ueber den geologischen Bau des Centralstocks der Rhön. Von Herrn H. Proescholdt in Meiningen. (Hierzu Tafel II.) Die beigegebene Uebersichtskarte stellt ein Gebiet dar, das zwar nicht die höchste Erhebung der Hohen oder Langen Rhön oder Plattenrhön einschliesst, trotzdem aber als der höchste Theil des Rhöngebirges anzusehen ist. Die höchsten Punkte des letzteren sind: Wasserkuppe 952,7 Meter, Kreuzberg 930,3 Meter, Dammers- feld 930 Meter, Vorderer Heideistein 926,6 Meter. Dann folgt erst der höchste Gipfel des Kartengebietes, der Hintere Heideistein mit 915 Meter, und weiter der Stirnberg mit 902,9 Meter. Ein Blick auf die Höhenschichtenkarte der Rhön und des nordwest- lichen Thüringer Waldes in. Vnoooo von H. Ravenstein oder auf die nicht immer zuverlässige Höhenschichtenkarte der Rhön in Viooooo von Dr. Hosfeld zeigt aber, dass nirgends im Rhön- gebirge die Fläche über 800 Meter Meereshöhe eine so grosse Ausbreitung gewinnt als in der Umgegend der zwei zuletzt ge- nannten Berge. Topographisch erscheint das Massiv des Heidei- steins als der Centralstock des Gebirges, da von ihm die Platten- rhön sich in Hufeisenform in nordwestlicher Richtung nach der Wasserkuppe hinüberzieht, während nach SW. hin der scharf hervortretende Kuppenzug ausläuft, der über den Himmeldank- berg, Eierhauck und andere Spitzen nach dem Dammersfeld führt. Jahrbuch 1893. 1 2 H. Proescholdt , Ueber den geologischen Bau Von den verschiedenen Theilen der Rhön ist das Kartengebiet wohl der einsamste und am wenigsten begangene. Im Allgemeinen bildet es eine ziemlich ebene, baumlose, öde Hochfläche, die bei den ausgedehnten Wiesenflächen und äusserst sparsamen Ent- blössungen des Bodens für den Geologen wenig Verlockendes bietet. Dem sehr einförmigen orographischen Bau der Hohen Rhön scheinen bei flüchtigen Begehungen zunächst auch sehr einfache geologische Verhältnisse zu entsprechen. Die kartographischen Specialaufnahmen haben indess diese Vermuthung, die von den älteren Rhöngeologen vertreten worden ist, nicht bestätigt. Viel- mehr hat es sich herausgestellt, dass die Triasunterlage der Rhön von zahlreichen und bedeutenden Verwerfungen durchsetzt ist. Auf der Uebersichtskarte kommen allerdings solche nicht deutlich zum Vorschein, da sie zumeist erst am Steilrand des Gebirges hervortreten, ausserdem aber von den Eruptivmassen verdeckt sind. Aber dicht am westlichen Kartenrand wurde von Professor Bücking und mir am Ostabhange des Ottiliensteines im obersten Theil des Ulsterthaies eine nordnordwestlich verlaufende Störung zwischen Röth- und Nodosenschichten beobachtet, die offenbar in südsüd- östlicher Richtung die Triasunterlage des Heideisteins durchzieht. Daher treten auf der Hohen Rhön sehr verschiedenalterige Triasschichten: Mittlerer und Oberer Buntsandstein, Wellenkalk, Mittlerer und Oberer Muschelkalk und Kohlenkeuper zu Tage und zwar in annähernd gleicher Meereshöhe. So liegt der Mittlere Buntsandstein an der Strasse von Bischofsheim nach Wüstensachsen nahezu 750 Meter hoch, der Anhydrit am Südfusse des Heidei- steins zwischen 800 und 850 Meter Höhe. Die Dislocationen in den Triasschichten sind, soweit meine Beobachtungen reichen, grösstentheils vor Ausbruch der Eruptiv- gesteine erfolgt; die zahlreichen Basaltdurchbrüche scheinen nur locale und meist recht unbedeutende Schichtenstörungen hervor- gerufen zu haben. Ueber der Trias lagern die Tertiärbildungen in ganz ver- schiedener Höhe, die Berührungsfläche der beiden Formationen ist ausserordentlich uneben gestaltet und lässt deutlich erkennen, dass des Centralstocks der Rhön. 3 das Gebiet vor Ablagerung des Tertiärs ein sehr zerrissenes, von tiefen Thälern durchfurchtes Terrain war, das im Allgemeinen aber von W. nach O. sich abdachte. Denn am Ostrand der Hohen Rhön liegen die Tertiärschichten insgesammt tiefer als am West- rand. Dieser vortertiäre Zustand des Rhöngebietes ist besonders bemerkenswerth, weil er die Orientirung in den Tertiärsedimenten weit schwieriger macht als beispielsweise im Vogelsberg in der Gegend von Gelnhausen *), wo das Tertiärmeer aus der Trias- unterlage eine mehr oder weniger ebene Oberfläche herstellte, auf der sich dann erst die tertiären Schichten absetzten. Im Folgenden soll der Versuch unternommen werden, die gegenseitigen Lagerungs- und Altersverhältnisse der verschiedenen Eruptivgesteine, die am Aufbau der Hohen Rhön theilnehmen, darzustellen. Die Untersuchungen darüber sind noch nicht ab- geschlossen, aber eine sehr grosse Anzahl mikroskopischer Analysen von über 100 Punkten des Kartengebietes verbunden mit einer mehrjährigen Begehung hat eine mehr oder minder genaue Ueber- sicht über die Verhältnisse geschaffen. Ein wirklich richtiges Bild von denselben zu geben, ist zur Zeit nicht möglich und wird auch späterhin nicht leicht möglich sein, dazu reichen die seltenen Aufschlüsse nicht aus. Es möge an dieser Stelle erwähnt sein, dass Lepsius * 2) nicht Recht hat, wenn er meint, dass die vielfach entblössten Bergge- hänge und die tiefen Thaleinschnitte der Rhön die Zeichnung von Profilen wie in keinem anderen vulkanischen Gebiete Deutschlands erleichtern. Wohl ziehen eine ganze Anzahl Gräben von der Höhe des Gebirges in das Vorland herunter; dieselben sind aber entweder überwachsen oder mit Basaltblöcken so überrollt und vollgestopft, dass nur stellenweise die wirkliche Unterlage sicht- bar wird; ausserdem liefern die verschiedenen Gräben ganz ver- schiedene Profile, so dass jeder einzelne derselben für sich zu irrigen Vorstellungen über den Aufbau der Hohen Rhön führt, wie dies z. B. der schöne Aufschluss im Eisgraben gethan hat. ’) Bücking, Text zu Blatt Gelnhausen d. geol. Specialkarte v. Preussen S. 4. 2) Geologie von Deutschland, Bd. I, Lief. 3, S. 747. 1 4 H. PitoEscuoiiDT, Ueber den geologischen Bau Die Steilgehänge der Rhön sind grossentheils überrast oder dicht bewaldet und meist von Basalt so überrollt, dass auch sie nur sehr selten Gelegenheit zur Aufnahme von Profilen über grössere oder kleinere Strecken der Tertiärgesteine geben. Die Abgrenzung der verschiedenen Basalte von einander kann daher mehrfach nur approximativ sein und dies um so mehr, weil Blöcke und Schotter von den obersten Basaltmassen zerstreut über das ganze Terrain liegen und dadurch sehr leicht zu falschen Annahmen verleiten. Makroskopisch lassen sich einzelne Basalte von einander mit einiger Sicherheit unterscheiden, andere trotz verschiedener mineralogischer Zusammensetzung indessen durchaus nicht. Auch die Abgrenzung der Basalte gegen die Tuffe und Tertiärsedimente ist mit grossen Schwierigkeiten verbunden. An vielen Orten wird die Grenzlinie durch das Hervorbrechen von zahlreichen, in demselben Niveau liegenden Quellen annähernd genau gegeben, in manchen Gegenden aber ist es sehr zweifelhaft, ob unter der alles einhüllenden Grasdecke Tuffe oder Basalte liegen. Daher weichen die vorhandenen geologischen Karten von der Hohen Rhön sehr wesentlich von einander ab. Auf der 1853 erschienenen geologischen Karte von Kurhessen von Schwarzen- berg und Reuss erscheint das Kartengebiet als eine zusammen- hängende Basaltmasse, während von Gümbel auf der von ihm 1892 herausgegebenen geologischen Uebersichtskarte der Rhön den Tuffbildungen den vorherrschenden Antheil an der Oberfläche der Hohen Rhön zuschreibt. Die Eruptivgesteine der Karte treten in Gängen und Kuppen, hauptsächlich aber in Decken auf. Nach der Art und Weise ihres Vorkommens und nach ihrer mineralogischen Zusammen- setzung können sie nach den bisherigen Untersuchungen in 6 ver- schiedene Gesteinsarten unterschieden werden : Phonolith, Dolerit, ältere und jüngere Plagioklasbasalte, Limburgit, Nephelinbasalt. Da im Bereich des Blattes Sondheim noch andere Gesteins- varietäten auftreten, so soll eine zusammenhängende und eingehende Darstellung der Eruptivgesteine erst im Text des Blattes gegeben werden, das Folgende aber eine kürze Charakteristik der für die Uebersichtskarte wichtigen Gesteinsarten enthalten. des Centralstocks der Rhön. 5 I. Phonolith. Der Phonolith tritt nur an einer Stelle zwischen Stellberg und Stürnberg, hier aber in ziemlich beträchtlicher Ausdehnung zu Tage. Das plattige Gestein ist im frischen Zustande grau bis grau- grün, fettglänzend, dicht, im verwitterten schmutzig -weiss; aus der Masse treten nur sehr vereinzelt grössere Sanidintäfelchen hervor. Unter dem Mikroskop erscheint der Phonolith zusammen- gesetzt aus Sanidin, der durchaus vorw^ltet, Plagioklasen in sehr ungleicher Verbreitung, deren Anordnung stellenweise eine deut- liche Stromstructur zeigt, sparsam vorhandenem Nephelin und grünem Augit , Magneteisen , Titaneisenblättchen und grauem Apatit. Hauyn wurde nicht beobachtet. Das Gestein ist dem von Lenk1) untersuchten Phonolith vom Kreuzberg und Käuling sehr ähnlich und würde wie dieser zu den Plagioklas -Phonolithen zu rechnen sein, wenn diese Be- zeichnung beibehalten werden soll. Der Phonolith vom Stellberg ist älter als die meisten Basalte der Rhön. Im obersten Theil des Heuwiesenwassergrabens zwi- schen Stürnberg und Stellberg wird er von mächtigen Agglo- meratmassen bedeckt, die sich hauptsächlich aus Phonolith und Buntsandstein zusammensetzen und von Feldspath- und Nephelin- basaltdecken überlagert werden. II. Die Dolerite. In unerwartet grosser Verbreitung treten die Dolerite am Ostrande der Hohen Rhön zu Tage und zwar nach den bis- herigen Beobachtungen nur deckenförmig, wie das besonders am Strutberg deutlich und klar zu beobachten ist. Es möge hier so- gleich betont werden, dass diese Gesteine nicht wohl als eine be- sonders grobkörnige Erstarrungsmodification von Plagioklasbasalten aufzufassen sind, sie zeigen überall denselben Charakter, Ueber- gangsformen fehlen. l) Zur geologischen Kenntniss der südlichen Rhön, S. 35. 6 H. Proescholdt , Ueber den geologischen Bau Untersucht wurden Gesteine von der Kalten Buche, Strut- berg, östlich vom Steinernen Haus, Gangolfsberg, westlich der Rother Kuppe, Erdfall und Reipertsgraben. Sie zeigen sowohl in der Structur als auch in der mineralischen Zusammensetzung eine grosse Uebereinstimmung. Den Dolerit vom Strutberg hat be- reits Lenk eingehend beschrieben ; seiner Beschreibung vermag ich hier wenig hinzuzusetzen. Das ausgezeichnet körnige Gestein wird zusammengesetzt aus Plagioklas, Augit, Titaneisen, Magneteisen, Olivin und einer schmutzig-braunen, körnig und trichitisch entglasten Grundmasse. Der Plagioklas ist der bei weitem vorherrschende Bestandteil, er ist sehr frisch, frei von Einschlüssen, sinkt nie unter eine ge- wisse Grösse herunter und wird bis 2 Millimeter lang. Dem ver- witterten Gestein verleiht er ein ganz eigentümliches Aussehen (Trachydolerit Ludwig’s). Ausser ihm findet sich, allerdings selten, ein Feldspat, der sich wie Sanidin verhält und meist Zonar- structur aufweist. Sehr bemerkenswert ist das Verhalten des Augits. In manchen Schliffen ist seine Menge ausserordentlich gering, in anderen wird sie dagegen der des Feldspates annähernd gleich. Dabei ist das Mineral, das im gewöhnlichen Licht meist farblos erscheint, selten individualisirt, sondern tritt gewöhnlich in körnigen Aggregaten auf, wie schon Lenk angiebt. Titaneisen und Olivin kommen in jedem Schliff vor, die Menge des letzteren ist jedoch eine sehr veränderliche. Magneteisen tritt neben dem Titaneisen sehr zurück, es ist sehr wahrscheinlich, dass es, wie Lenk meint, secundärer Ent- stehung ist und von der Zersetzung der Olivine herstammt. III. Die älteren Plagioklasbasalte. Zu ihnen gehört ein Basalt, der älter ist als der Dolerit und in nur unbedeutender Verbreitung bekannt geworden ist, und eine Anzahl jüngerer Gesteine, die in ausserordentlich grosser Verbreitung den Dolerit mit den zugehörigen Tuffen, aber auch stellenweise die Trias unmittelbar deckenförmig überlagern. Das erstere Gestein ist am besten im oberen Elzbachgrund zu beobachten. Es ist ein dichter, splitteriger, auf frischer Bruch- des Centralstocks der Rhön. 7 fläche blauschwarz aussehender Basalt, der stellenweise blasig ausgebildet erscheint und mit blossem Auge sichtbare braune Glimmerblättchen führt. Unter dem Mikroskop ist er dem Dolerit sehr ähnlich. Der durchaus vorwiegende Bestandteil ist Plagio- klas, dessen Leisten bis 0,2 Millimeter gross werden. Augit, Titaneisen, Olivin treten an Menge sehr zurück, noch mehr Glimmer und Magneteisen. Gröberes Korn wurde bei diesem Gestein bisher nirgends beobachtet. Auf der Karte ist es mit dem Dolerit vereinigt dargestellt worden. Die übrigen älteren Plagioklasbasalte zeigen in ihrem Aussehen erhebliche Verschiedenheiten und sind vielfach von den Nephelin- basalten makroskopisch nicht zu unterscheiden. Das mikroskopische Bild, das sie bieten, ist ebenfalls in mancher Hinsicht verschieden. Ein Theil der Basalte ist zu- sammengesetzt aus einer meist spärlich vorhandenen, schmutzig- weissen, isotropen Grundmasse und einem sehr gleichkörnigen Gemenge von Plagioklas, Augit, Olivin und Magnetitkörnern, das zuweilen durch grosse Einsprenglinge von Olivin Porphyr- structur annimmt. Die Plagioklasleisten sind durchschnittlich 0,1 Millimeter lang, etwas kleiner die Augite. Basalte von der erwähnten Structur und Zusammensetzung wurden beobachtet im Reipertsgraben , an der Sumpfkuppe , nördlich vom Gangolfs- berg, unterhalb der kalten Buche, am Bauersberg, südlich vom Rhönhaus u. s. w. Von recht gleichmässigem, aber gröberem Korn als die vor- hergehenden erscheint eine gewisse Gruppe Feldspathbasalte, die sich in grosser Verbreitung finden. Zu ihnen gehört u. a. der Basalt vom Stirnberg, nördlich der Sumpf kuppe, von der Teufels- mühle, am Bauersberg unmittelbar über der Zeche, an der kalten Buche, am Strutberg dicht am Steinernen Haus, am Ilmenberg. Die Gesteine der 5 zuletzt genannten Localitäten sind sehr arm an Plagioklas und führen auffällig eisenreiche Olivine ; die Grund- masse tritt in ihnen wie auch bei den übrigen sehr zurück, da- gegen erscheint Nephelin. 8 H. Proescholdt, Ueber den geologischen Bau IV. Die jüngeren Plagioklasbasalte. Unter dieser Bezeichnung ist eine Anzahl Basalte zusammen- gefasst worden, die auf einem verhältnissmässig beschränkten Ge- biet namentlich in der Umgebung des Gangolfsberges zu Tage treten und in ihrer Structur wie auch in ihren Lagerungsverhält- nissen eine solche Gleichartigkeit zeigen, dass man sie zu einer, wohl auch bezüglich der Eruptionszeit einheitlichen Gruppe ver- einigen kann. Sie treten in Gängen, Kuppen und Decken auf und sind meist in sehr regelmässigen Säulen abgesondert, wie am Steinernen Haus, am Gangolf, in der Sondheimer Waldung etc. Das Ge- stein ist schwarz, an und für sich sehr dicht, erhält aber durch das Hervortreten grösserer Olivine und Augite ein porphyrartiges Aussehen. Das mikroskopische Bild zeigt eine schmutzig-weisse, trichi- tisch entglaste Grundmasse, die sich auch bei Anwendung des Gypsblättchens oder der Quarzplatte optisch inactiv verhält und in ungleicher Vertheilung auftritt, dann ein für diese Basalte be- sonders charakteristisches Gemenge von winzigen Plagioklasleisten und Magneteisenkörnern, hinter denen Augitprismen und noch mehr Olivine an Menge gewöhnlich sehr zurücktreten. Die Plagio- klase erreichen eine Durchschnittslänge von 0,03 — 0,08 Millimeter, die Magnetitkörner sinken bis unter 0,002 Millimeter herab und erreichen nur selten bis 0,4 Millimeter Durchmesser. Die sehr grosse Zahl der letzteren verleihen den Schliffen, namentlich bei schwächeren Vergrösserungen ein im gewöhnlichen Licht unge- wöhnlich dunkles und eigenartiges Aussehen. Die anderen Ge- mengtheile der Basalte sind Olivine und Augite, die durch ihre Grösse sich von den anderen recht auffällig abheben. Sie stellen eine ältere Generation der beiden Mineralien dar und weisen die gewöhnlichen Merkmale des höheren Alters, gänzliche oder theil- weise Corrosion der ursprünglichen Krystallkanten durch Ab- schmelzung, Zonarstructur der Augite etc. recht vollkommen auf. Der Nephelin findet sich in sehr ungleicher Vertheilung. Manch- mal scheint er ganz zu fehlen, zuweilen kommt er aber so reich- des Centralstocks der Rhön. 9 lieh vor, dass das Gestein als Basanit bezeichnet werden könnte. Eine scharfe Trennung zwischen Plagioklasbasalt und Basanit ist jedoch hier nicht durchführbar. V. Die Limburgite. Limburgite wurden zuerst im Kartengebiet von Lenk an der Kalten Buche und dem Zickzackkiippel aufgefunden, in diesem Sommer aber von mir auch an zahlreichen anderen Stellen der Hohen Rhön beobachtet, so im oberen Elzbachgrund, über dem Mailoch, am Ilmenberg, in der Nähe des oberen Reipertsgrabens u. s. w. Höchst wahrscheinlich bilden sie zwischen den genannten Orten eine zusammenhängende Decke. Auf der Karte sind sie noch mit Nephelin- und Plagioklasbasalten vereinigt dargestellt. Unter dem Mikroskop zeigen die meist schwarzen Gesteine eine schmutzig - braune Glassubstanz, ferner ein inniges Gemenge von winzigen Augiten und Magneteisenkörnern und porphyrartig ein- gesprengte grosse Augit- und Chrysolithkrystalle. Dazu treten an einzelnen Stellen vereinzelte Plagioklasleisten und zuweilen Ne- pheline. In ihrer Structur erinnern die Limburgite sehr an die jüngsten Plagioklasbasalte, wenn man von dem grossen Plagioklas- gehalt der letzteren absieht, andererseits aber auch an gewisse N ephelinbasalte . VI. Die Nephelinbasalte. Die Nephelinbasalte besitzen in der Hohen Rhön eine ausser- ordentlich grosse und eigentümliche Verbreitung. Sie setzen den grössten Theil der Oberfläche des Plateaus zusammen, so den Stürnberg, das Hohe Polster, den Ilmenberg, den Heideistein, den Münzkopf, die Kalte Buche u. s. w., ziehen sich aber auch tief in die Thäler hinunter. Sie treten, soweit bis jetzt die Beobachtungen reichen, zumeist in Decken auf, deren Ausbreitung in den tieferen Theilen des Gebirges nicht nur durch Triassedimente, sondern auch durch ältere Eruptivgesteine bestimmt worden ist. An gün- stigen Stellen beobachtet man mehrfache Decken über einander, die gewöhnlich, wohl aber nicht immer durch Tuffmassen getrennt 10 H. Proescholdt, lieber den geologischen Bau sind. Verhältnissmässig deutlich bei der Oberflächenbeschaffenheit der Rhön sind die Lagerungs Verhältnisse im oberen Theile des Dürren Grabens und in der Nachbarschaft zu erkennen. Hier lassen sich 4, jedenfalls durch Tuffe geschiedene Decken beob- achten, die sich im Terrain durch einen mehr oder minder deut- lichen Terrassenbau hervorheben. Ueber die unterste stürzt das Wasser in der Nähe der sogenannten Schlaghäuser, da wo die weimarische Grenze den höchsten Punkt erreicht, in einem Wasser- fall. Die Decke senkt sich thalabwärts und wird auf dem linken Ufer des Grabens durch Nodosenschichten begrenzt. Unter dem Mikroskop zeigt sich das Gestein zusammengesetzt aus reichlich Nephelin, Augitprismen von durchschnittlich 0,02 bis 0,03 Millimeter Länge, Olivin in grossen und kleinen Körnern, Magnetit, Titaneisen, etwas Glimmer, Apatit und einer amorphen Grundmasse. Das Gestein der zweiten Decke, die am Reupers- weg gut aufgeschlossen ist, zeigt dieselbe Zusammensetzung, eine ähnliche auch das der dritten, doch ist das letztere arm an Ne- phelin und gleicht daher mehr dem Limburgit; ausserdem zeigt es durch das Auftreten von grossen Olivinen und Augiten eine deutliche Porphyrstructur , die sich dem blossen Auge durch das grobkörnige Aussehen bemerkbar macht. Gesteine von gleicher mikroskopischer Beschaffenheit wurden auch an anderen Orten beobachtet, so am Ausgang des Sonderbachgrundes, im oberen Reipertsgraben, am hinteren Heideistein, unterhalb des Münzkopfes u. s. w. Der Basalt der vierten Decke ist besonders charakterisirt durch seinen grossen Reichthum an Nephelin; die Augitprismen sind meist sehr wohl ausgebildet, häufig verzwillingt und mehr- fach grösser als in den unteren Decken. Magneteisen und Titan- eisen treten etwas zurück. Der Olivin kommt in sehr ungleicher Vertheilung vor und ist gewöhnlich sehr eisenreich. Der Apatit tritt sehr constant auf, während eine Glasmasse nicht überall zu beobachten war. Dieser typische Nephelinbasalt, der wohl der jüngste Basalt ist, besitzt von allen Eruptivgesteinen die weitaus grösste Ober- flächenverbreitung in der Hohen Rhön, tritt aber auch ausserhalb derselben am Ostrand in einzelnen Kuppen, wie an der schönen Rother Kuppe, auf, die theilweise wohl nur Erosionskuppeu sind. des Centralstocks der Rhön. 11 Die chemische Zusammensetzung der Basalte. Nachdem im Allgemeinen die Verbreitung der verschiedenen Basalte im südlichen Theil der Hohen Rhön festgestellt war, er- schien es von grossem Interesse, die chemische Zusammensetzung der Haupttypen derselben kennen zu leroen. Die Direction der geologischen Landesanstalt hatte die Güte, einige Analysen im Laboratorium von Professor Finkener vornehmen zu lassen, wofür ich auch an dieser Stelle meinen verbindlichsten Dank ausspreche. Analysirt wurden der Dolerit vom Gangolfsberg, älterer Plagioklasbasalt vom Ilmenberg und der typische Nephelinbasalt von der Schafruhe östlich vom Hohen Polster. Die erste und dritte Analyse wurde von Dr. Haefcke, die zweite von Dr. Klüss ausgeführt. Ausserdem liegen aus dem Gebiet noch Analysen vor vom jüngeren Plagioklasbasalt des Steinernen Hauses durch E. E. Schmid1) und vom Nephelinbasalt vom Bauersberg durch Singer2). Die gefundenen Resultate sind in umstehender Tabelle be- rechnet. Die Analyse des Dolerits vom Gangolfsberg ergiebt einen etwas geringeren Kieselsäuregehalt als in den sonst durchaus gleichen Doleriten von der Breitfirst und dem Meissner (50 bis 54 pCt.). Die dichten Plagioklasbasalte erscheinen auch in der Hohen Rhön im Verhältniss zu dem Dolerit als basischere Ge- steine, noch mehr die Nephelinbasalte. Leider war es zu spät, von allen im Gebirge auftretenden Gesteinsvarietäten Analysen vornehmen zu lassen; doch sollen dieselben im Text zu dem Blatt Sondheim veröffentlicht werden. Die Altersfolge der Eruptivgesteine in der Hohen Rhön. Die Feststellung der Altersfolge der verschiedenen Basalte in der Hohen Rhön ist bei dem grossen Mangel an Aufschlüssen eine sehr schwierige Untersuchung. Das vielfach beobachtete Nebeneinandervorkommen von verschiedenen Basalten an ein und ’) Yergl. v. Gümbel: Geologie von Bayern, Bd. II, S. 663. 2) Beiträge zur Kenntniss d. am Bauersberg vorkommenden Sulfate. Wiirz- burg 1879, S. 23. 12 H. Proeschoedt, Ueber den geologischen Bau Dolerit vom Gangolfs- berg Haefcke Aelterer Plagioklas- basalt vom Ilmenberg Klüss Jüngerer Plagioklas- basalt vom Steinernen Haus E. E. Schmid Nephelin- basalt vom Bauersberg Singer Nephelin- basalt von der Schaf- ruhe Haefcke Kieselsäure . . . 48,89 43,10 47,06 42,18 38,08 Titansäure . . . 1,76 1,88 nicht bestimmt 1,18 3,15 Thonerde .... 13,66 11,71 13,87 14,66 11,44 Eisenoxyd .... 3,64 4,43 16,25 4,49 7,18 Eisenoxydul . . . 7,44 8,28 - 5,67 6,55 Manganoxydul . - — - Spur - Kobaltoxyd ... - - - 1,09 - Nickeloxyd . . . - - - 1,58 - Kalkerde .... 8,68 10,84 10,49 10,96 13,08 Magnesia .... 8,83 13,20 7,33 5,53 12,11 Kali . 1,20 1,27 1,38 3,53 1,24 Natron 3,14 2,78 3,02 9,46 2,28 Pb, Bi, Cu, As, Sb, CI — — — Spur — Schwefelsäure . . 0,07 0,09 — — 0,10 Phosphorsäure . 0,39 0,49 — . Spur 0,54 Wasser ■ ,,2,59 1,7.1 0,84 - 3,98 Summe Spec. Gewicht 100,29 2,876 99,78 3,088 100,24 3,042 100,33 2,886 99,73 3,071 derselben Localität, z. B. an der Kalten Buche, kann auf sehr verschiedene Weise erklärt werden. Es kann eine Differenzirung des zur Eruption gekommenen Magmas vorliegen, es können ebenso Durchbrüche verschiedener Gesteine an derselben Stelle erfolgt sein, es können aber auch, wie ich hier sogleich erwähnen will, Erosionswirkungen mitsprechen. Lenk *) führt das Auftreten ver- schiedenartiger Gesteine an ein und derselben Kuppe auf Diffe- renzirung zurück und beruft sich auf die Ansicht Lüdecke’s2), 1) a. a. 0., S. 106. 2) Zeitschrift für Naturwissenschaften, Halle 1883, S. 661. des Centralstoöks der Rhön. 13 dass der Basalt des Kleinen Gleichberges bei Römhild tbeils als Basanit, theils als Limburgit ausgebildet sei. An diesem Berge lässt sich aber jetzt deutlich beobachten, dass der Limburgit nicht nur den Basanit, sondern auch die denselben unterlagernden Tuffe gangförmig durchsetzt. Die beiden Gesteine lassen sich an dieser Stelle schon makroskopisch erkennen und unterscheiden. Ueber- gangsformen fehlen. Aufschlüsse , die das Durchsetzen verschiedenalteriger Ge- steine klar und deutlich zeigen, sind in der Hohen Rhön sehr selten. Den besten giebt meines Wissens der Eisgraben. Von demselben habe ich bereits früher1) ein Profil gegeben, muss je- doch bemerken, dass ich von den Lagerungsverhältnissen daselbst eine andere Anschauung gewonnen habe. Da die geologische Auf- nahme des Grabens von anderer Seite ausgeführt wird, will ich mich hier nur auf die Bemerkung beschränken, dass die beiden obersten und der unterste Basaltgang des Profils sich als Decken herausgestellt haben und die anderen Gänge Stiele der in der Höhe lagernden Basaltströme sind. Nachdem durch lange Beobachtung im Terrain und mikro- skopische Untersuchungen erkannt war, dass die verschiedenen Basalte meist deckenförmige Verbreitung zeigen und im grossen Ganzen eine parallel verlaufende Anreihung aufweisen, gelang es in dem Frühjahr, im Elzbachgrabeu ein sehr klares Profil aufzu- finden, das möglicherweise im nächsten Jahre wieder überrollt ist. Der Aufschluss ergab Folgendes: Liegendes: Schaumkalk und Anhydrit, darüber, die recht un- ebene Grenzfläche ausfüllend: 10 Meter Basalt, ein blaues, schwarzes, dichtes, split- teriges Gestein mit Glimmer, zuoberst blasig. Unter dem Mikroskop ein typischer Plagioklas- basalt. 8 — 10 » Tuff, zuunterst mit Bomben. 30 — 35 » Dolerit. *) Geolog, u. petrograph. Beiträge zur Kenntniss der Langen Rliön. Dieses Jabrb. für 1884, S. 243 — 247. 14 H. Proescholdt , lieber den geologischen Bau 1 1 Meter braune Tuffe aus doleritischem Material, z. Th. 10 » Kugeltuffe, mit Lagen von Mandelsteindoleriten. Basalt, unter dem Mikroskop Plagioklasbasalt mit reichlich vorhandener isotroper Grundmasse und eisenreichen Olivinen. 2,5 » 2,5 » Rothe Tuffe, Bol führend. Basalt, z. Th. blasig, unter dem Mikroskop Plagioklasbasalt und dem vorigen gleich. 8 » 5 — 6 >: Rothe und weisse Tuffe mit Bol. Basalt, stark verwittert unter Bildung von Bauxit. Unter dem Mikroskop Plagioklasbasalt wie die vorigen, aber mit zurücktretender Grund- 3-4 >: masse. > Tuff, undeutlich aufgeschlossen. Basalt, dessen Mächtigkeit schwer bestimm- bar ist, stark verwittert. Unter dem Mikro- skop Plagioklasbasalt, den vorigen ähnlich. Darüber lagert unmittelbar auf der rechten Thalseite der Elz nach dem Steinernen Haus zu eine wenig ausgedehnte Decke des früher beschriebenen »Jüngeren Plagioklasbasaltes«. Im Graben selbst und links desselben folgt gegen 8 Meter gelbliche, z. Th. geschichtete Tuffe, an einer Stelle gut aufgeschlossen, dann eine wenig mächtige Decke von Limburgit, abermals Tuffe und weiterhin Nephelinbasalte. Zu dem Profil *) ist zu bemerken, dass ein Theil der Zahlen nur Schätzungswerthe sind, weil die Begehung des Grabens stellen- weise sehr schwierig ist, und dass die hier gefundene Abwechs- lung von Tuff- und Basaltdecken auf grössere Strecken hin, dem Terrain folgend, beobachtet und kartographisch dargestellt wurde. Es dürfte dadurch der Beweis gegeben sein, dass an dieser Stelle Durchbrüche nicht vorliegen. b Es möge hier darauf aufmerksam gemacht sein, dass die hier mitgetheilten Zahlenwerthe nicht im Einklang stehen mit den Höhenlinien der Karte, deren Topographie sehr viel zu wünschen lässt. des Centralstocks der Rhön. 15 Aehnliche Profile wurden mehrfach beobachtet, so z. B. am Bauersberg. Am Weg, der von dem oberen Braunkohlen werk der Zeche Einigkeit auf die Strasse von Bischofsheim nach Weissbach herunterführt, beobachtet man über Nodosenschichten Dolerit, der nach W. hin die auch von Gümbel1) erwähnte ausgezeichnete Decke am Steinschlag bildet und sich östlich durch die Weiss- bacher Wiesen hindurch bis in die Nähe der Kalten Buche hin- zieht. Ueber demselben lagern im Wechsel mit Strömen von Plagioklasbasalt die Weissbacher und die jüngeren Kohlenablage- rungen der Zeche Einigkeit, die von einer Plagioklasbasaltdecke bedeckt werden, während der von Singer beschriebene Nephelin- basalt als Stiel das Tertiär und die Plagioklasbasaltdecken durch- setzt. Eine gegen 30 Meter mächtige Doleritdecke bedeckt die han- genden Tuffe der in der geologischen Rhönlitteratur vielgenannten Tertiärablagerungen im Reipertsgraben bei Roth und an dem be- nachbarten Erdfall (auch Erdpfahl). Darüber folgen im Graben Tuffe und Agglomerate mit Decken von Plagioklasbasalt und schliesslich am Ende des Waldes eine mächtige Basaltdecke, deren tiefstes Gestein limburgitartig erscheint, aber einzelne Feldspath- leisten führt und stellenweise reichlich Nephelin einschliesst. Höher kommen dann echte Nephelinbasalte. Hassenkamp2) und Heer3) waren durch ihre palaeontologi- schen Untersuchungen über die Tertiärablagerungen der Rhön ver- anlasst worden, den Braunkohlen vom Reipertsgraben und Ei’dfall ein höheres Alter zuzuschreiben als denjenigen von Weissbach und Bischofsheim. Die ersteren Fundorte rechnete Heer zur unteren Süsswassermolasse der Schweiz (oberoligocän), die W eissbacher und Bischofsheimer Braunkohlen, ebenso wie die vom Eisgraben wurden dem Mittel- und Obermiocän zugeschrieben. Sandberger4) hat b Geologie von Bayern, Bd. II, S. 682. 2) Geognost. Bes ehr. der Braunkohlenformation in der Rhön 1860 u. Geo- gnostisch-palaeontolog. Untersuchungen über 4. Tertiärb. des Rhöngeb. 1864. 3) Die tertiäre Flora der Schweiz, III. Bd. 1859, S. 299. Vergl. Zinken, Ergänzungen zur Physiographie der Braunkohle, 1871, S. 33 — 45. 4) Die Braunkohlenformation der Rhön, 1879. 16 H. Proescholdt, TJeber den geologischen Bau dann später die Schichten von Bischofsheim, Tann, Roth wie über- haupt die sämmtlichen jüngeren Braunkohlen der Rhön für gleich- alterig erklärt und ihre Entstehung in die untermiocäne Zeit ge- stellt. Indessen ergiebt sich doch eine gewisse Altersverschieden- heit der betreffenden Ablagerungen, die Schichten vom Reiperts- graben und Erdfall bei Roth sind älter als der Dolerit, die Braun- kohlen von Weissbach und Bischofsheim, ebenso vom Lettengraben, Hillenberg, Grangolf, Eisgraben und andere jünger als derselbe. Bemerkenswerth ist es, dass die Bildung der Braunkohlenablage- rungen auf dem Kartengebiet vor der Eruption der Nephelin- basalte beendigt war, denn nach den bisherigen Beobachtungen ist nirgends eine Nephelinbasaltdecke zwischen oder unter den betreffenden Schichten aufgefunden worden, vielmehr werden die- selben häufig, wie im Eisgraben schön aufgeschlossen ist, von den jüngsten Basalten gangförmig durchsetzt. Die früher mitgetheilten chemischen Analysen der Haupttypen der Rhönbasalte lassen erkennen, dass vom Dolerit bis zu den Nephelinbasalten der Kieselsäuregehalt mehr und mehr abnimmt. Dieselbe Reihenfolge ist bereits früher an der Geba in der Vorder- rhön beobachtet worden. Dort müssen nach Bücking1) wenigstens zwei, ein jüngerer und ein älterer Basalt, unterschieden werden. Der jüngere, der die Hauptmasse der Basaltdecke des Berges bildet, gehört zur Gruppe der Nephelinbasalte, der ältere, der theilweise doleritisch ist, zur Gruppe der Feldspathbasalte. Wie anderwärts, ist auch hier einer Eruption von kieselsäurereicheren Gesteinen eine solche von kieselsäureärmeren gefolgt. Es mag hier noch erwähnt werden, dass am Meissner die Basalte unter Lagerungsverhältnissen auftreten, welche grosse Aehn- lichkeit mit denen des Dolerits im Elzbachgrund zeigen. Wie an letzterer Stelle bedeckt dort der Dolerit, der mit jenem der Rhön nach mikroskopischer und chemischer Zusammensetzung identisch ist, einen dichten Feldspathbasalt. In der Rhön sind die beiden Gesteine durch eine Tuffzwischenlage getrennt, gehören daher wohl ') Text zu Blatt Helmershausen, S. 27. des Centralstoeks der Rhön. 17 zeitlich getrennten Eruptionen an. Am Meissner sind die Ver- hältnisse nicht so klar gestellt, obwohl auf dem Blatt Allendorf auf der Westseite des Berges die Braunkohlenformation zwischen beiden Basalten auftritt, denn Beyschlag1) hält dichten Feldspath- basalt und Dolerit für ein und denselben Erguss und die petro- graphische Differenzirung des Magmas für eine Folge ungleich rascher Abkühlung, die am schnellsten in Berührung mit den ab- kühlenden Flächen anderer Gesteine, also an der Auflagerungs- fläche, eintreten musste. An den Gleichbergen, besonders am Grossen Gleichberg bei Römhild, lässt sich aber das umgekehrte Verhalten constatiren. Hier zeigt das Gestein der Basaltdecke an und nahe der Auflagerungsfläche der Trias eine auffällig grob- körnige Structur und wird nach oben immer feinkörniger. Ver- schiedenes Wärmeleitungsvermögen der verschiedenen Gesteine und grössere Wärmeausstrahlung an der Oberfläche der erstarren- den Ergussgesteine können an verschiedenen Orten wohl ver- schieden auf einander folgende Structuren der erstarrten Massen erzeugen. Ich kann daher die Ansicht meines Freundes Beyschlag doch nicht unbedingt theilen. Leider sind die Aufschlüsse am Meissner nicht derart, dass eine vollständig klare Einsicht in die Altersbeziehungen der dortigen Basalte zu gewinnen ist. Die im Vorhergehenden mitgetheilten Profile, insbesondere das vom Elzbachgrund, führen leicht zu der Vermuthung, dass der Aufbau der Hohen Rhön durchweg ein verhältnissmässig ein- facher sei. Das würde ein Irrthum sein. Wo die Decken noch in ungestörter Lagerung mit Tufflagen wechseln, zeigt sich im Terrain ein meist deutlicher Terrassenbau , wie auf der östseite des Hohen Polsters; in sehr trockenen Sommern, wie es der dies- jährige war, tritt der Wechsel der Gesteine auffällig durch den Wechsel der Färbung der Grasdecke hervor, die über den aus- gehenden Tuffen frisch und grün, über den Basalten braun er- schien. Der grössere Theil der Hohen Rhön im Kartengebiet zeigt aber solche Einfachheit im Aufbau nicht, vielmehr stehen 0 Text zu Blatt Allendorf, S. 40 — 44. Jahrbuch 2 18 H. Proescholrt, lieber den geologischen Bau an vielen Orten das Auftreten und die Verbreitung der einzelnen Basalte unter einander im Widerspruch mit der im Elzbachgrund constatirten Altersfolge oder scheinen wenigstens zu stehen. Die eingehende Untersuchung der Gesteine des Stellberges nördlich vom Heideistein in diesem Spätsommer (daher auf der Karte nicht mehr eingetragen) ergab das interessante Resultat, dass an der scharf hervortretenden Kuppe desselben Nephelin- basalt dem Anscheine nach als Rest einer ehemals weiter ausge- dehnten Decke lagert. Was man hier beobachten kann, lässt ver- muthen, dass der Berg wahrscheinlich den im nachstehenden Profil dargestellten Aufbau besitzt. Profil (schematisch) des Stellberges von S. nach N. r Phonolith Feldspathbasalt Nephelinbasalt Tuff Der Feldspathbasalt der Karte zieht, wie die Karte zeigt, nach dem Elzbachgrund und steht vermuthlich mit den Plagioklas- basalten am Ostrand der Rhön im Zusammenhang, entsprechend der schon früher erwähnten Regel, dass die Ströme von W. nach O. sich neigen. Nach der gegenwärtigen Anschauung ist hier der Feldspathbasalt der Kuppe jünger als der Nephelinbasalt 1). In gleicher Weise wurde neuerdings von mir am Ilmenberg das Hervortauchen von Plagioklasbasalt aus dem Nephelinbasalt beob- achtet. *) Das Nebeneinandervorkommen der verschiedenen Basalte an dieser Stelle bietet dann freilich nichts Auffälliges, wenn hier Durchbrüche von Nephelin- basalt vorliegen würden. Das ist indessen leider nicht sicher festzustellen, aber nicht wahrscheinlich. des Centralstocks der Rhön. 19 Auch die Verbreitung der verschiedenen Basalte zeigt manche eigentümliche Erscheinungen, die schwer zu erklären sind. Der Dolerit tritt in 3 von einander getrennten Decken auf, die in gleicher Meereshöhe lagern , und deren Gestein in Bezug auf Mächtigkeit und mineralogische Zusammensetzung so grosse Ueber- einstimmung besitzen, dass es richtiger erscheint, sie nicht als die Producte von 3 verschiedenen Eruptionen anzusehen, sondern in ihnen die Ueberreste einer ehemaligen zusammenhängenden, ein- heitlichen Decke zu erblicken. Der Zusammenhang ist dann ent- weder durch Durchbrüche von jüngeren Basalten aufgehoben wor- den, oder aber dadurch, dass in der Zwischenzeit zwischen der Eruption des Dolerits und der der anderen Basalte die Erosion die Decke teilweise fortgewaschen und in mehrere Theile zer- schnitten hat. Für die letztere Annahme spricht ausser der grossen Weite der Zwischenräume besonders der Umstand, dass die in denselben zu Tage tretenden Plagioklasbasalte sich stromartig aus- breiten. Das Auftreten von Decken derselben über, zwischen und unter dem Dolerit erklärt sich dann ganz natürlich dadurch, dass bei der Eruption der jüngeren Gesteine die flüssige Masse die durch die Erosion geschaffenen Vertiefungen auszufüllen suchte. Ganz ähnliche Verhältnisse kehren an vielen Stellen zwischen Plagioklas- und Nephelinbasalten wieder und sind wohl in der- selben Weise zu erklären. Eine solche Erklärung aber setzt voraus, dass zwischen den Eruptionen der verschiedenen Gesteine längere Zeiträume ver- strichen sein müssen, in denen die Erosion mehr oder minder grosse Wirkungen hervorbringen konnte. Diese Annahme steht im Widerspruch mit der mehrfach ausgesprochenen Ansicht, dass die Eruptionen rasch auf einander gefolgt seien 1). Ein über- zeugender Beweis ist jedoch nicht gegeben worden und wird sich wohl auch nicht führen lassen. Jedenfalls dürfte es sachlich ge- rechtfertigt sein, die Erosionswirkungen viel mehr als bisher bei der Untersuchung der Altersfolge der Gesteine zu berücksichtigen; x) Yergl. Wedel, Ueber das Doleritgebiet des Breitfirst und ibrer Nachbar- schaft. Dieses Jahrb. für 1890, S. 37. 2- 20 H. Proescholdt, Ueber den geologischen Bau vielleicht ist manche Kuppe , die als Durchbruch angesehen wurde oder wird, nichts anderes als eine Erosionskuppe, die von dem vermeintlich durchbrochenen, älteren Gestein erst später um- flossen wurde. Ausserdem ist bei der Beurtheilung der Reihenfolge der Ba- salte noch ein Umstand zu betonen, der mir sehr bemerkenswerth erscheint. Wie vorher mitgetheilt, ist die Grenzfläche zwischen Trias und Tertiär in der Hohen Rhön ausserordentlich uneben und zeigt bedeutende Höhendifferenzen. Da keine Veranlassung zu der Annahme vorliegt, dass die eruptive Thätigkeit zuerst in den tieferen Theilen eintrat und sie ausfüllte, dieselbe jeden- falls überall vor sich ging, so ist schon in dieser Thatsache die Möglichkeit gegeben, dass Gesteine aus derselben Eruptionszeit in ganz verschiedener Höhe auftreten können und dass später Eruptionen jüngerer Gesteine an manchen Stellen die älteren nicht oder nur theilweise zu überdecken vermochten. Schliesslich kann noch die Frage aufgeworfen werden, ob die Verbreitung der verschiedenen Basalte in der Hohen Rhön nicht durch Verwerfungen entstanden sein könnte und dem entsprechend zu erklären sei. Ich habe aber für eine solche Erklärung nach mehrjähriger Begehung eines grossen Theiles der Rhön bis jetzt keine genügenden Gründe finden können, obwohl ich an und für sich nachbasaltische Dislocationen nicht bestreite. Die in der Rhön beobachtete Altersfolge der Basalte steht in einem auffälligen Gegensatz zu derjenigen, die Wedel von denselben Gesteinen an der Breitfirst bekannt *) gemacht hat. Nach ihm gelangten die Nephelinbasalte zuerst zum Ausbruch, dann folgte ein dichter Plagioklasbasalt und zuletzt der Dolerit. Hier sind also die basischen Gesteine die ältesten, die sauren die jüngsten. Wedel 2) sucht das höhere Alter des Nephelinbasaltes mit dem Umstand zu beweisen, dass die Tufl- schicht auf der Höhe des Stoppelberges, welche auf diesem Eruptiv- gestein aufliegt, nur Reste derselben, aber keine Bruchstücke der !) a. a. 0. a) a. a. 0. S. 7. des Centralstocks der Rhön. 21 später emporgedrungenen Basalte, d. h. der Plagioklasbasalte und Dolerite, enthält. Ob diese Beobachtung indessen für sich allein genügt, um eine Altersfolge aufzustellen, erscheint mir doch frag- lich. Das Auftreten von dichten Plagioklasbasalten unter dem Dolerit an der Breitfirst stimmt dagegen mit den Verhältnissen in der Hohen Rhön ebenso gut überein wie die Beobachtungen Streng’s1) in der Umgebung von Giessen, der daselbst eine obere Stromformation von grauen, deutlich körnigen Anamesiten, deren mineralogische Zusammensetzung der des Dolerits sehr ähnlich ist, von einer älteren von schwarzen dichten Feldspathbasalten unterscheidet. In wie weit die im Vorstehenden gegebene, auf eine Reihe von Beobachtungen gegründete Anschauung über die Altersfolge der Basalte in der Rhön sich bei fortgesetzten Untersuchungen bestätigt oder modificirt werden muss, steht dahin. In dem Text zu den Rhönblättern wird die Frage eingehend behandelt werden, um so mehr, als der grosse Maassstab der Karten die Eintragung einer grossen Menge Details, Gänge, Durchbrüche, Kuppen etc. gestattet, die die gegenseitigen Beziehungen der Gesteine bis zu einem gewissen Grad anschaulich darstellen. 0 Notizblatt des Vereins für Erdkunde zu Darmstadt. IV. Folge, Heft 11, S. 18 — 20 u. Lepsius: Geologie von Deutschland, Bd. I, S. 741, Briefliche Mittheilung. Herr G. Berendt an Herrn W. Haüohecorne. Schreiberhau, den 31. October 93. In meiner vorjährigen Abhandlung »Spuren einer Verglet- scherung des Riesengebirges« habe ich auch kleiner dammartiger Wälle im heutigen Zackenthale, unweit der Einmündung der Kochel in dasselbe, Erwähnung gethan und dieselben in Verbindung mit der durch die Strudellöcher allein schon unabweisbar gewordenen Vergletscherung als kleine Stirnmoränen der zuletzt noch im Zacken- thale sich zurückziehenden Gletscherzunge angesprochen. Zwar habe ich hierbei schon gleich ausgesprochen (S. 20): »es bleibt somit demjenigen überlassen, der trotz der durch die Strudel- löcher auf den Höhen unabweisbaren Vergletscherung es vorzieht, in der Anhäufung der Steinwälle nur ein Werk des Flusses zu sehen, solche Meinung festzuhalten«. Dennoch will ich nicht ver- säumen, diese Heranziehung als nicht zutreffend hier ausdrücklich selbst zu bezeichnen und zurückzunehmen, vor allen Dingen des- halb, weil ihre beobachtete tiefe Lage auf dem Grunde des jetzigen Zackenthaies sich mit der unbedingt anzunehmenden sehr bedeu- tenden postglacialen Erosion dieses Thaies nicht vereinen lässt. Dagegen hatte ich Gelegenheit in diesem Jahre, zum Theil in Gemeinschaft mit Herrn Keilhack, und auch von diesem so- fort, ohne vorherige Verständigung, als Localmoräne im Sinne Wahnschaffe’s bezeichnete Geschiebepackung einheimischen Ge- steins auf den Vorbergen am Rande des Warmbrunner Thaies mehrfach zu beobachten. Man erreicht schöne Aufschlüsse solcher Herrn G. Berendt an W. Hauchecorne, Briefliche Mittheilung. 23 Localmoränen am Südostausgange von Hermsdorf unter dem Kyn- ast dort, von wo schon seiner Zeit Herr Kosmann die Abscheerung und Umbiegung der quasi Schichtenköpfe des Granits beschrieben hat, wie solches auch Herr Stapff beim Eulengebirgsgneiss häufig beobachtet hat, was ihn eben zu dem so treffenden Ausspruch veranlasste: »Wollte man sie Gletschern zuschreiben, so müssten sich solche fächerartig von fast jedem Hügelkopf ausgebreitet haben«. Grade diese Hügelköpfe der Yorberge bei Hermsdorf, soweit sie eben nicht den blank gewaschenen Granit mit nur als Gletschertöpfe zu deutenden Strudellöchern zeigen, tragen diese U/2 bis 2 V2 Meter mächtige, ganz aus einheimischen Blöcken mit sandig lehmigem Bindemittel bestehende, dem Granit selbst un- mittelbar, aber mit scharfer Grenze auflagernde Localmoräne. Die Wechsel-Zonen-Bildung der Sigillariaceen. Von Herrn H. Potonie in Berlin. (Hierzu Tafel III— Y.) Wegen ungenügender Kenntniss ihrer Blüthen1) müssen ja die Sigillaria- Äxten nach der Sculptur ihrer epidermalen Stamm- und Zweig-Oberflächen eingetheilt werden. Es sind hiernach 5 Gruppen aufgestellt worden, deren Namen und engere Zusammen- gehörigkeit sich aus der folgenden Uebersicht ergiebt: A. Eusigillariae : 1. Rhytidolepis im engeren Sinne, 2. Tessellata , } 3. Favularia. Subsigillariae: 4. Cancellata (= Clathraria ), 5. Leiodermaria. Rhytidolep\ im weiteren ( Sinne I Rhytidolepis im weitesten Sinne Es hat sich nun gezeigt, dass die beiden letzten Abtheilungen, die Cancellaten und Leiodermarien, nicht als besondere Gruppen aufrecht erhalten werden können, indem E. Weiss2) und nur !) Es ist ganz falsch oder doch in hohem Grade unzweckmässig, von den mit den Blüthen der Siphonogamen (Phanerogamen) homologen Sprossen und Spross-Enden der Pteridophyten als »Fructificationen« u. s. w. zu reden. Es handelt sich um Blüthen in demselben Sinne wie bei den Siphonogamen. — Vergl. meinen Aufsatz: »Der Begriff der Blüthe« (Naturwissenschaftliche Wochen- schrift 1893, Bd. VIII, S. 517 ff. u. 584) oder die bezüglichen Auseinandersetzun- gen in der 3. Aufl. meiner »Elemente der Botanik« (Berlin 1894). 2) Beobachtungen an Sigillarien von Wettin und Umgegend (Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. XLI. Bd., Sitzung vom 1. Mai). Berlin 1889, S. 376. ff. H. Potonie, Die Weehsel-Zonen-Bildung der Sigillariaceen. 25 wenige Tage nach ihm E. Zeiller 4) die Zusammengehörigkeit der cancellaten Sigillaria Brardii Brongniart’s mit der leiodermen Sigillaria spinulosa Germ ar (= S. denudata Göpp.) nachwiesen und indem diese beiden Autoren zeigten, dass diese »Arten« weiter nichts als epidermale Oberflächen ein und derselben Art sind, entnommen verschiedenen Stellen des Stammes. Das von Zeiller 1. c. beschriebene und Fig. .1 abgebildete Stück zeigt oben cancellate Polster, unten eine leioderme Oberfläche, dazwischen Uebergänge* 2). An das schon 1879/1880 von Zeiller bekannt gegebene, S. 33 unter No. 1 erwähnte Stück, das, ebenfalls zu Sigillaria Brardii ge- hörend, sowohl cancellate als auch leioderme Oberfläche vereinigt zeigt, war die Schlussfolgerung der Zusammengehörigkeit der Cancellaten mit den Leiodermen wegen der Vereinzeltheit des Falles nicht geknüpft worden. Dass auch andere Subsigillaria- Arten sowohl cancellate als auch leioderme Oberflächen besitzen, zeigt eine Ab- bildung der Sigillaria Grasiana Brongn. bei C. Grand’Eury3 4), die freilich vielleicht specifisch ident mit S. Brardii Brongn. em. ist, und eine solche von Sigillaria Fritschii WEISS bei dem Autor dieser Art4), sodass die in Rede stehende Erscheinung bei der Gruppe häufiger vorkommt. Hieraus ergiebt sich, dass die Gruppe der Subsigillarien auf Grund der Ausbildung der Polster und der Stellung der Blattnarben nicht unterabtheilt werden kann. Sehen wir nun zu, in wie weit sich die entsprechenden Merk- male für eine Gruppirung der Eusigillarien verwerthen lassen. ’) Sur les variations de formes du Sigillaria Brardi Brongniart. (p. 603 bis 610 et pl. XIY dans le Bulletin de la societe geologique de France. 3eme serie, t. XVII, seance du 20. mai 1889). Paris 1889. 2) Eine Reproduction des Exemplares findet sich in Zeiller’s Fig. 1, Taf. XIV der Etudes des gites mineraux de la France. (Publiees sous les auspices du Ministere des travaux publics.) Bassin houiller et permien de Brive. Fase. II: Flore fossile. Paris 1892. 3) Fig. 11, Taf. X der Geologie et paleontologie du bassin houiller du Gard. Saint-Etienne 1890. (In Wahrheit erst 1892 erschienen). 4) E. Weiss und T. Sterzel, Die Gruppe der Subsigillarien (Abhandl. d. Königl. Preuss. geol. Landesanstalt. Neue Folge, Heft 2). Berlin 1893, Taf. XXI, Fig. 83. 26 H. Potonie, Die Wechsel-Zonen-Bildung der Sigillariaceen. Die Tessellata , zu denen 1) diejenigen Rhytidolepen im weiteren Sinne oder auch Arten mit zu Favularia hinneigenden Polstern gehören, deren Blattnarben durch eine mehr oder minder voll- ständige Querfurche von einander getrennt sind, lassen sich nicht als wohlumschriebene Gruppe aufrecht erhalten und sind auch niemals ernstlich von den Rhytidolepen getrennt worden. Das von mir auf Taf. III, Fig. 1 veröffentlichte Exemplar aus der Steinkohlenformation Westphalens, aus einem der Horizonte über der Mägerkohlen-Partie, zeigt, dass auch diese beiden Gruppen, nämlich also die Rhytidolepen im engeren Sinne und die Tessellaten in genau derselben Weise untereinander Zusammenhängen, wie die beiden Subsigillaria- Abtheilungen. Das Stück gehört zu den Rhytidolepis- Arten im weiteren Sinne, d. h., wir finden die senk- recht untereinander befindlichen Blattnarben - Zeilen , also die Orthostichen, durch scharfe, deutliche Längsfurchen von einander getrennt. In der oberen Hälfte des Stückes stehen aber die Narben enger und sind durch nicht ganz durchgehende Querfurchen dicht oberhalb der Narben als Andeutungen von Polster-Abgrenzungen von einander getrennt, sodass diese Partie zu den Tessellaten gehört, während die Narben der unteren Hälfte weit grössere Entfernungen zwischen sich lassen und keinerlei Polster-Ab- grenzungen aufweisen, sodass also diese untere Hälfte zu den typischen Rhytidolepis im engeren Sinne gehört. Die Richtigkeit der Bemerkung des Grafen H. zu Solms- Laubach2): »Jede Längsrippe des Rhytidolepis - Stammes kommt durch die Verschmelzung der senkrecht übereinander stehenden Blattpolster zu Stande«, wird durch unser Exemplar erwiesen. Sollte die über der Blattnarbe so häufig auftretende Marke als Ligulargrube angesehen werden, und diese Deutung dürfte nun- mehr auch für Sigillaria kaum Widerstand finden, so musste der Botaniker die SoLMs’sche Annahme machen, da die Ligula zum Blatte gehört. Mithin musste auch die Umgebung der Blattnarbe zum Blatte gerechnet werden, ebenso wie die Blattpolster der b E. Weiss, Die Gruppe der Favularien (Abh. d. Königl. Preuss. geol. Landesanst., Bd. VII, Heft 3). Berlin 1887, S. 11 [237]. 2) Einleitung in die Paläophytologie. Leipzig 1887, S. 248. H. Potonu;, Die Weehsel-Zonen-Bildung der Sigillariaceen. 27 Lepidodendreen als Basaltheile der abgefallenen Blattspitze auf- zufassen sind. Bei den Lepidodendreen (Lepidodendron und Lepidophloios) beobachtet man ausserhalb der Blattnarben auf den Blattpolstern, Blattfüssen, ausser der Ligulargrube noch je zwei Organe unter- halb jeder Narbe, die ich1) als Transpirationsöffhungen gedeutet habe. Entsprechende Organe sind unterhab der Sigillaria-N arhen meines Wissens bisher nicht bekannt geworden. Der Geologe der Berggewerkschaftskasse zu Bochum, Herr Dr. Leo Cremer, machte mich nun aber auf ein Rhytidolepis- Stückchen in der Sammlung zu Bochum aufmerksam, von welchem ich — da das Original ein Hohldruck, ein Negativ, ist — in Fig. 2 auf Taf. III die Abbildung eines Wachsabgusses zur Anschauung bringe. Dieses Exemplar war Herrn Cremer durch die scharf umschriebenen, im Ganzen elliptischen, kleinen Male aufgefallen, die sich in der Zahl von zweien, an der einen Stelle auch von dreien, zwischen je zwei übereinander befindlichen Blattnarben markiren. Auf den Abdrücken des Stückes, welche, wie unsere Figur, das wirkliche Aussehen der ursprünglichen Stamm-Oberfläche wiedergeben, bilden diese Male schwache, flache Vertiefungen, wie die Transpirations- öffnungen von Lepidodendron und Lepidophloios , und es liegt wohl nichts näher, als sie ebenfalls für Transpirationsöffnungen zu halten, die dann bei den Sigillarien über zwei zwischen je zwei Blatt- narben auftreten können, dadurch mehr an unsere recenten Baum- farne erinnernd, die freilich die in Rede stehenden Oeffnungen unter den Narben auf den Blattfüssen in grösserer Zahl, jeden- falls über drei, besitzen. Auf der zweiten Rippe, von rechts ge- rechnet an unserer Abbildung, entspricht die Stellung der Male der bei« den Lepidodendreen, indem wir sie hier nicht weit von dem unteren Rande der Blattnarbe neben einander finden. In den anderen Fällen sind die Male unseres Stückes in der Längsrichtung der Rhytidolepis- Rippen weit von einander gerückt, nur dass die zweite Rippe von links 3 Male unter der Narbe aufweist, von x) Anatomie der beiden »Male« auf dem unteren Wangenpaar und der beiden Seitennärbchen der Blattnarbe des Lepidodendreen -Blattpolsters. (Berichte d. Deutsch, botan. Ges., Bd. XI, S. 319 ff.). Berlin 1893. 28 H. Potonie, Die Wechsel-Zonen-Bildung der Sigillariaceen. denen zwei wie bei den Lepidodendreen stehen, das dritte abgerückt ist. Im Grossen und Ganzen befinden sich die Male in derselben Längslinie wie die Seitennärbchen der Blattnarben, d. h., wenn man von den Seitennärbchen aus parallele Linien mit den Rhyti- cfoZepzs-Furchen zieht, so trifft man unter der Blattnarbe auf eine Transpirationsöffnung. Sie zeigen also in dieser Beziehung das- selbe Verhalten, wie die Transpirationsöffnungen von Lepidodendron und Lepidophloios *). Nehmen wir wegen der Analogie mit den Lepidodendreen die obige Deutung der in Rede stehenden Male bei Sigillaria als richtig an* 2), so müssen wir das ursprüngliche, in seinen Quergrenzen verwischte Rhytidolepis- Polster mindestens so weit unterhalb der Narbe rechnen, als noch Transpirationsöffnungen Vorkommen, und wir müssen dementsprechend die Polster-Grenze oberhalb der Blatt- narbe zwischen der zunächst darüber befindlichen Transpirations- öffnung und der Ligulargrube suchen. Betrachten wir im Hin- blick darauf unsern abgebildeten Rest — namentlich die zweite Rippe von links — so bemerken wir, dass die Blattnarben der oberen Grenze ihrer Polster weit näher gerückt sind, als ihrer unteren. Diese sich aus unserem Stück ergebende Thatsache stimmt mit den bisherigen Beobachtungen überein, da wir auch bei den tessellat gefelderten Stücken, also bei solchen, deren quer verlaufende Polsterabgrenzungen durch Furchen markirt sind, diese Furchen stets dem oberen Rande der Blattnarben genähert sehen. Auch bei den Favularien ist dasselbe zu beobachten. Vergleichen wir speciell unser Stück Fig. 1, Taf. III, so werden wir in der Rhytidolepis- (im engeren Sinne) Zone auch ohne Vorhan- densein von Transpirationsöffnungen durch die ganze Gestalt der Rippen darauf hingewiesen, dass auch hier die Narben in der oberen Hälfte der nicht von einander abgegrenzten Polster sitzen. *) Yergl. diesbezüglich meine oben citirte Abhandlung. 2) B. Renault (Notice sur les sigillaires. Extrait des mem. d. 1. soc. d’hist. nat. d’Autun 1888) hält die beiden die Seitennärbchen der Sigillaria - Narbe bil- denden Organe für solche secernirender Natur; er nennt sie »appareils ä gomme«. Nach diesem Autor würde die Anatomie dieser Organe bei Sigillaria complicirter sein als diejenige, wie ich sie 1. c. 1893 für Lepidophloios beschrieben habe. H. Potonie, Die Wechsel- Zonen -Bildung der Sigillariaceen. 29 Bemerkenswerth ist noch an diesem Best, dass die Blattnarben an dem Stück ganz oben wieder lockerer zu stehen beginnen. Wir haben es also mit einer Zone enger stehender Narben zu thun, die oben und unten von zwei Zonen mit lockerer stehenden Narben begrenzt wird. Diese Erscheinung der Zonenbildung ist bei den Subsigillarien bereits bekannt. Ich werde darauf zurück- kommen. Die Favularien, vor Allem durch zickzackförmig verlaufende Längsfurchen charakterisirt , bat Weiss früher ebenfalls zu den Rhytidolepen gerechnet1), also dann die Gruppe Rhytidolepis im weitesten Sinne genommen, die er später2) als die der Eusigillarien bezeichnete. Hier sagt er auch: »dass die Favularien und Rhyti- dolepis (zu denen er nunmehr die Rhytidolepen im engeren Sinne und die Tessellaten rechnet) in einander übergehen, ist bekannt«. Dass sogar Rhytidolepis- und FawZaWa-Oberflächen-Sculptur an einem und demselben Stücke Vorkommen kann, scheint ihm in dem Moment, als er diesen Satz schrieb, nicht gegenwärtig gewesen zu sein, obwohl das diese Thatsache erweisende, auf unserer Taf. IV, Fig. 1 abgebildete Stück aus dem Carbon des Walden- burger Revieres (Göppert leg.) sich in der Sammlung der Königl. Preuss. geol. Landesanstalt befindet, und er die hier ge- gebene Abbildung desselben selbst — in der Absicht, sie in einer leider manuskriptlos, nur aus hinterlassenen Abbildungen be- stehenden, projectirten ausführlichen Monographie der Favularien zu veröffentlichen — schon 1882 bat zeichnen lassen. Auf dem einen Etiquet zu dem Stück hat er eigenhändig die Bemerkung gemacht: »Original zu der Zeichnung von 1882«. Auch in der schon citirten, 1893 herausgegebenen Arbeit über die Subsigillarien giebt er zwar3) an, dass die Abtheilungen der Leiodermaria und Cancellata getrennt nicht mehr festgehalten werden können, da es sich hier nur »um zwei innig verbundene Formen der Ausbildung der Oberfläche« handele, aber von den anderen Oberflächen-Typen, den Favularien und Rhytidolepen sagt er auch hier wieder nur, 9 Favularien 1887, S. 10 [236]. 2) Sigillarien von Wettin und Umgegend 1889, S. 379. «) S. 12. 30 H. PoTosufi, Die Wechsel-Zonen-Bildung der Sigillariaceen. dass sie ohne Lücke verbunden seien, aber nichts darüber, dass Favularia- und Rhytidolepis- Oberflächen auch an einem und dem- selben Stück Vorkommen können. Das unterste Drittel etwa unseres bemerkenswerthen Stückes Taf. IY, Fig. 1 zeigt typische Rhytidolepis- (im engeren Sinne) Oberfläche mit graden Längsfurchen ohne Andeutung von Quer- furchen (Detailfig. la), darüber folgt eine Zone mit geschlängelten Längsfurchen, ebenfalls ohne Querfurchen (Detailfig. lb), und zu oberst eine Zone mit ganz typischer Favularien-Oberfläche (Detail- fig. lc), sodass das Stück ohne Kenntniss des Zusammenhanges von 3 günstigen Bruchstücken nach dem bisherigen Modus in 3 Arten zertheilt werden müsste, die obendrein in 2 verschiedenen Abtheilungen der Eusigillarien, also Rhytidolepis im engeren Sinne und Favularia , unterzubringen wären. Die Zonen b und c ge- hören der Basis eines Gabelzweiges an, der von der doppelt so breit gewesenen Zone a abgeht ; der andere Gabelzweig ist an dem Exemplar — wie die Figur zeigt — nur ganz andeutungsweise erhalten, und das Stück als einem gegabelten Stamm angehörig namentlich noch dadurch zu erkennen, weil der Gabelwinkel er- halten ist. Betrachten wir die senkrechten Entfernungen der einzelnen Blattnarben von einander, so sehen wir, dass dieselben von unten nach oben ganz allmählich geringer werden. Die alleroberste Zone zeigt zwar, dass die Narben hier wieder ein klein wenig grössere Zwischenräume zwischen sich lassen als unmittelbar da- runter, sodass man von oben beginnend eine Zone engstehender, darunter eine solche mit ganz engstehenden, dann wieder eine wie zuerst, mit engstehenden, dann eine mit lockerer stehenden und endlich im unteren Drittel eine Zone mit weit stehenden Narben unterscheiden kann; aber — so bemerkenswerth die Thatsache auch ist, dass ganz oben die Narben zwar immer noch eng, aber doch lockerer als unmittelbar darunter vertheilt sind — so genügt doch das Stück nicht, um — so wahrscheinlich es auch ist — an demselben mit hinreichender Evidenz zu constatiren, dass auch hier, wie an den Subsigillarien mit abwechselnd locker (leioderm) und dicht (cancellat) stehenden Narben, die Erscheinung dieselbe H. Potonik, Die "Wechsel-Zonen-Bildung der Sigillariaceen. 31 sei: dazu sind die Unterschiede in den Entfernungen der Narben im oberen Theil unseres Stückes doch zu gering. Einen zweifel- losen Beweis jedoch, dass auch die Favularien eine Zonenbildung in demselben Sinne wie die Subsigillarien zeigen können, also immer abwechselnd eine Zone mit enger stehenden Narben und eine mit lockeren, erbringt das Fig. 2 ebenfalls auf der Taf. IY zur An- schauung gebrachte Exemplar einer durchweg typischen Favularia von der Königsgrube bei Aachen (Flötz Merl, 430 Meter-Sohle, Sattel C, Hangendes, Querschlag IV), das Weiss auf dem Etiquett als »Sigillaria (Favularia) elegantula Weiss var.« bestimmt hat und ebenfalls für die ausführlichere Favularien- Arbeit bereits hatte zeichnen lassen: unsere Figur stammt aus seinem Nachlass. Dass auch an Stämmen, die sowohl Rhytidolepis- als auch Favularien-Oberfläche zeigen, Zonenwechsel stattfindet, geht aus einer Bemerkung A. C. Seward’s hervor *) , der mit wenigen Zeilen ein Stück (aus der GöPPERT’schen Sammlung in der Bres- lauer Universitäts- Sammlung) von der Steinkohlenformation zu Bochum erwähnt, das oben Rhytidolepis -, darunter Favularia- Sculptur und darunter wieder lockerer stehende Narben besitzt, über welchen eine Zeile mit Abbruchsstellen von Blüthen sich be- merkbar macht. Diese Thatsache in Verbindung mit der Ober- flächensculptur unseres Exemplares Fig. 1, Taf. IV genügt zu der Einsicht, dass auch die Ausbildung als Rhytidolepis- und Favularien- Oberfläche an Stämmen, die diese beiden Oberflächen- Sculpturen zugleich zeigen, auf Wechsel -Zonen -Bildung beruht. Aus unseren Stücken geht nun zur Evidenz hervor, dass auch die Eusigillarien auf Grund der bisher berücksichtigten Oberflächen- Sculpturen nur mit der Gefahr in Gruppen zerlegt werden können, dass die wirklichen Arten in mehrere zerlegt und sogar oft in ver- schiedene Gruppen placirt werden. Es bleiben also vorläufig nur die beiden Weiss’ sehen Hauptgruppen übrig: die Eusigillarien und die Subsigillarien, die — wenn auch durch Mittelformen zwischen Cancellaten und Favularien ebenfalls verbunden — doch dadurch getrennt sind, wenigstens bis jetzt, dass noch keine Stücke be- . *) Specific Variation in Sigillariae (Geolog. Magazine. Decade III, Vol. VII, No. 311, May 1890). London 1890, p. 217. 32 H. Potontk, Die Wechsel-Zonen -Bildung der Sigillariaceen. kannt geworden sind, die gleichzeitig Eusigillaria- und Subsigillaria- Sculpturen zeigten, wenn wir von den seltenen Stücken absehen, bei denen man streiten kann, ob sie besser zu den Favularien oder Cancellaten zu stellen sind. Ich habe eine Bestimmung der zur Darstellung gebrachten Reste vorläufig nicht vorgenommen, da die Namen derselben hier nicht von Belang sind ; sie sollen diesbezüglich bei Gelegenheit der Veröffentlichung der anderen von Prof. WEISS hinterlassenen Figuren von Rhytidolepis- , Tessellata- und Favularia- Oberflächen untersucht werden. Ich gehe nun zu einer näheren Betrachtung der Wechsel- Zonen-Bildung über, um namentlich eine Deutung derselben zu versuchen. Dass diese Zonenbildung nicht bei allen Arten vorkommt, ist zweifellos: wir kennen meterlange Rhytidolepis-^t^vakerne, an denen die Blattnarbe resp., nach Schwund der Aussenrinde, die auf den Steinkernen die Stelle der Blattnarben andeutenden beiden Male, welche den Seitennärbchen (Transpirationsstrang - Quer- schnitten) der Blattnarbe entsprechen, die Blattstellung leicht erkennbar machen, die aber eine solche Zoneubildung nicht er- kennen lassen, ebensowenig wie die meisten, in den Museen auf- bewahrten, längeren SigillariaStixcke. Ob nun die Zonenbildung eine mehr untergeordnete, »zufällige« Erscheinung ist, die gelegent- lich jede einzelne Art treffen kann, oder ob sie auf bestimmte Arten beschränkt ist, scheint zunächst nicht leicht zu beantworten. Mir scheinen aber mehr und triftigere Gründe für die erste An- nahme aufgeführt werden zu können. Zunächst ist das verhältniss- mässig seltene Vorkommen der Wechselzonen zu berücksichtigen auch an Resten, die eine grössere Strecke der epidermalen Ober- fläche zur Anschauung bringen. Wenn man bedenkt, wie häufig, ja gemein, S^T&rm-Stamm-Oberflächen im Carbon sind, wie sehr die Sammlungen mit solchen Resten überladen sind, so wird man die paar Fälle, welche Wechsel-Zonenbildung zeigen, leichter als Ausnahmefälle gelten lassen. Mir sind aus der Litteratur und aus der Sammlung der Königl. Preuss. geol. Landesanstalt die folgenden bemerkens- H. Potoniä, Die Wechsel- Zonen- Bildung der Sigillariaceen. 33 werthen Abbildungen resp. Stücke besonders in die Augen ge- fallen. Weniger auffällige Beispiele könnte ich noch eine grössere Anzahl aufführen. Von der extremsten Zonenbildung, wie sie unser Stück Taf. III, Fig. 1, oder das unten unter No. 6, S. 36 erwähnte Exemplar Grand’Eury’s zeigt, bis zu den Stücken, die auch jeder Andeutung derselben entbehren, giebt es alle nur denkbaren Ueber- gänge. Ich hätte ausser den hier abgebildeten aus der Sammlung der Königl. Preuss. geol. Landesanstalt noch eine grössere Anzahl zur Anschauung bringen können, welche Wechsel-Zonenbildung in den verschiedensten Variationen zeigen. Besonders häufig sind es Stücke mit Faw£am«-Oberflächen-Sculptur, welche schwächer ent- wickelte Zonenbildung aufweisen. Eines derselben besitzt z. B. in der Mitte eine eng-, darüber und darunter je eine wenig, aber doch deutlich locker- und höher-narbige Zone; ein anderes besitzt vier Zonen: unten eine solche mit niedrigen, in die Breite gezogenen Blattnarben, darüber eine andere mit hohen Blattnarben, über dieser wieder eine dritte, der ersten entsprechende, welche ihrer- seits nach oben wieder von einer mit der zweitgenannten überein- stimmenden begrenzt wird. Wieder andere Exemplare zeigen ganz schwache, kaum bemerkbare, hier und da zonenweise ein- tretende Reductionen der Blattnarben. — Auffallendere Beispiele sind also: 1. R. Zeiller bildet in seiner Arbeit: »Veg. foss. du terr. houill. de la France« (Paris 1880, p. 135, Taf. CLXXIV, Fig. 1) ein Stück von Sig. Brardii ab mit 2 Zonen, die untere eng- narbig, die obere locker-narbig, wie Sig. rhomboidea Brongn. Der senkrechte Zwischenraum zwischen den Narben der unteren Zone beträgt nur gegen 2 Millimeter, der der oberen Zone etwa 3J/2 bis 5 Millimeter. Messen wir, wie wir das auch im Folgenden immer thun werden, in der Orthostiche die Entfernung der centralen Leitbündel -Närbchen in der Blattnarbe von einander, so finden wir diese in der oberen Zone um 10 Millimeter herum, in der oberen Partie der unteren Zone gegen 7 und in der unteren Partie der untern Zone gegen 8 — 9 Millimeter. Zwischen den beiden auffallend unterschiedenen, also nicht durch allmähliche Jalirbuch 1893. 3 34 H. Potonik, Die Wechsel-Zonen-Bildung der Sigillariaceen. Uebergänge vermittelten Zonen ist eine Zeile von Blüthennarben eingeschaltet. — Vergl. unsere Taf. V, Fig. 1. 2. R. Zeiller bildet an den beiden angeführten Orten von 1889 und 1892 zweimal dasselbe Exemplar von Sig. Brardii Brongn. ab, das oben cancellate, unten leioderme (= Sig. denudata Göpp.) Oberflächen-Sculptur zeigt. 3. Derselbe Autor giebt in seiner Description de la flore fossile du bassin houiller de Valenciennes (Paris, Text 1888, p. 559 ff., Atlas 1886, Taf. LXXXIV, Fig. 1) ein Stück von Sig. Sauveurü Zeiller bekannt, das, durchweg tessellate Felderung besitzend, oben und unten locker und in der Mitte eng stehende und dabei weniger hohe Blattnarben zeigt, sodass 3 Zonen zu Stande kommen. 4. C. Grand’Eury macht 1. c. ausser dem ebenfalls schon erwähnten Exemplar von Sig. Grasiana , welches eine cancellate Zone aufweist, die oben und unten von je einer leiodermen Zone eingefasst wird, an demselben Orte, also in unserer Aufzäh- lung: 5. S. 261, Taf. IX, Fig. 7 einen auf der Tafel als Pseudo- sigillaria dimorpha n. sp. bezeichneten Rest bekannt, der zwar durchweg leioderme Oberfläche zeigt, aber durch verschiedenartige Ausbildung der Blattnarben doch Zonenbildung zeigt, indem die Narben des unteren Theiles durch ihre sehr geringe Höhe und dabei verhältnissmässig bedeutende transversale Ausdehnung mehr an die Blattuarben der Cordaiten erinnern, während die Narben des oberen Theiles die Conturen typischer Sigillaria- Narben zeigen, die freilich im Uebrigen dadurch abweichen, dass sie nur ein einziges, auffallendes, centrales Närbchen aufweisen sollen. Dem- entsprechend entbehren denn auch nach Grand’Eury die ent- rindeten Steinkerne solcher Reste die beiden Male oder durch Zusammenfliessen derselben das eine Mal, welches den beiden Seitennärbchen typischer Sigillaria - Narben entspricht. Vielmehr sind die entrindeten Steinkerne »Knorria- förmig«. Grand’Eury hat für solche Reste vom Typus der Sigillaria rimosa Gold, und Sigillaria monostigma Lesq. die besondere Gattung Pseudosigillaria H. Potonik, Die Wechsel-Zonen-Bildung der Sigillariaceen. 35 gebildet 1). In der Arbeit über das »Bassin houiller du Gard« von 1890, S. 260 bringt er den in Rede stehenden Typus in die Untergruppe » Sigillariae - Camptotaeniae « in Anlehnung an den Speciesnamen »camptotaenia« Wood’s von 1860. Nach Weiss2) sind — wie auch ich anerkenne — Sigillaria rimosa Gold. (1857), S. camptotaenia Wood (1869) und S. monostigma Lesq. (1866) synonym; die Art wird von diesem Autor Sigillaria comptotaenia Wood genannt, weil der Name S. rimosa bereits durch Sauveur für eine rhytidolepe Sigillarie vergeben war. Bezüglich der Närb- clien in den Blattnarben finden wir bei Weiss3) die Angabe: »In der Narbe haben die 3 Närbchen eine solche Umbildung erfahren, dass sie wohl kaum zu 3 auftreten, sondern mehr oder weniger deutlich einen Ring bilden.« Und4): »In der Narbenfläche vermisst man die 3 für Sigillaria charakteristischen Närbchen. Nur bei Fig. 23 kann man sie wohl, obschon nicht sehr deut- lich, erkennen. Fig. 23 A: das mittlere Närbchen punktförmig oder ein wenig horizontal verbreitert oder schwach gebogen, fast central, die seitlichen in schwachen, gebogenen, linealen Eindrücken, die mehr oder weniger ringförmig zusammenfliessen. Das bezüg- lich der Blattnarben besterhaltene Stück (Fig. 22) dagegen er- giebt am Wachsabguss das in Fig. 22 A gezeichnete Bild in zwei- facher V ergrösserung. Man sieht einen Ring, der einen concaven Fleck umschliesst und oben und unten oder nur unten einen Punkt besonders angedeutet sehen lässt. Goldenberg hatte (auch v. Röhl nach ihm) scharf und bestimmt 3 Närbchen ge- zeichnet ; allein an seinem Originale , wovon Fig. 20 ein Stück bringt, lässt sich davon nichts wahrnehmen, wie auch Schenk *) Flore carbon. duDep. de la Loire et du centre de la France. Paris 1877, p. 142. — Schon 1860 hat aber Wood (Proceedings of the Academy of Natural Sciences of Philadelphia, Juni 1860 [Philadelphia 1861], p. 237 — 238) für diesen und den leiodermen Typus überhaupt die Gattung Asolanus aufgestellt, die er freilich 1869 (Transactions Amer. Phil. Soc. XIII, p. 342) zu Sigillaria einzieht, danach würde besser, wenn man den Typus der Sig. camptotaenia generisch von Sigillaria trennen will, für Pseudosigillaria Grand ’Eury Asolanus Wood ex parte gebraucht werden. 2) Subsigillarien 1893, S. 66—67. 3) Subsigillarien, S. 65 — 66. 4) 1. c., S. 67—68. 36 H. Potonie, Die Wechsel-Zonen-Bildung der Sigillariaceen. richtig angiebt.« WEISS macht auch auf die Knorrienform der entrindeten Steinkerne aufmerksam. Seine Fig. 20, Taf. IV zeigt typische Knorria- Oberfläche unter der Kohlenrinde, während die entrindeten Theile der Figuren auf der Taf. V mehr an die Aspidiopsis - Sculptur erinnern . 6. Ausser dem unter 5. angeführten Exemplar bildet Grand’- Eüry noch ein weiteres, viel vollständigeres Stammstück derselben Art, also Pseudosigillaria oder — wie aus der einen Anmerkung oben hervorgeht (für den Fall also, dass man den Typus abtrennen will) — besser Asolanus dimorpha ab auf Taf. XXII, Fig. 1 *). Dieses über V2 Meter lange Prachtstück zeigt nicht weniger als 5 Zonen, immer abwechselnd eine mit ganz schmalen, kurz- cordaitiformen Blattnarben und eine mit hohen, typisch sigillari- formen. Im Text * 2) führt Grand’Eury das Stück , Fig. 7 , Taf. IX, unter » Sigillaria camptotaenia monostigma « auf, indem er sagt: Dieses Stück »se rapporte, je crois, ä cette espece«; das Pracht- stück, Fig. 1, Taf. XXII, nennt er im Text » Sigillaria camptotaenia gracilenta«.. Sterzel 3) rechnet beide zu Sigillaria camptotaenia Wood, und anders kann man sie auch nicht unterbringen. Grand’Eury selbst beginnt übrigens den Text zu Sigillaria camptotaenia gracilenta mit den Worten: »Je ne crois plus que le raccourcissement periodique de Vegetation qui signale quelques tiges constitue un caractere specifique ( dimorpha ), bien qu’il n’ait pas ete constate ailleurs que dans le Gard, et qu’ici on ne le rencontre pas dans les couches superieures«. Der letzte Satz ist für uns besonders interessant, da die in demselben aus- gesprochene Thatsache, dass sich Wechselzonen bei der Sigillaria camptotaenia nur an Stücken aus bestimmten Horizonten finden, durchaus zu der Ansicht leiten muss, dass die Wechselzonen in der That keine constante Eigenthümlichkeit der Art sind, sondern vielmehr Wachsthums- Erscheinungen, die besonderen äusseren Einflüssen ihren Ursprung verdanken. Hiermit stimmt auch über- *) Bassin houiller du Gard 1890. 3) 1. c., S. 262. 3) In Weiss-Stebzel, Subsigillarien 1893, S. 67, Anmerkung. H. Potonie, Die Wechsel-Zonen-Bildung der Sigillariaceen. 37 ein, dass das von WEISS, 1. c., Taf. V, Fig. 28, zum Theil abge- bildete Stammstück von Sigillaria camptotaenia , welches bei einer Länge von 65 Centimeter im Vergleich mit Grand’Eury’s Fig. 1, Taf. XXII, mindestens 6 Wechselzonen besitzen müsste, gar nichts davon zeigt. Dass die Entwickelung von strichförmigen Blattnarben bei Sig. camptotaenia in Zusammenhang steht mit einer V erlangsamung des Wachsthums der Achse, zeigt das GRAND’EüRY’sche Exemplar, Taf. XXII, Fig. 1, bei aufmerksamerer Betrachtung sehr leicht. Abgesehen davon, dass die senkrechte Entfernung der Blattnarben von einander sich leicht als (der Annahme entsprechend) verschieden in den Zonen constatiren lässt, obwohl Orthostichen nicht klar herauskommen, so kann man auch, ohne Vornahme von Messungen, durch den blossen Blick auf das Exemplar bemerken, dass die Schrägzeilen der verschiedenen Zonen sich hinsichtlich ihrer Steil- heit von einander auffallend unterscheiden. In den Zonen mit den strichförmigen Narben verlaufen sie sehr viel weniger steil als in den anderen Zonen und daraus folgt ja ohne Weiteres das Gesagte, wobei nur noch zu berücksichtigen ist, dass die Anzahl der Blattnarben in den sichtbaren Theilen der Parastichen in beiden Zonen dieselbe bleibt. 7. Taf. IX, Fig. 10 bildet Grand’Eury einen Pseudosigillaria lepidodendroides *) genannten Rest ab, der zwei Zonen aufweist, unten eine mit sehr schmalen, darüber eine mit hohen Blatt- narben. 8. Taf. XI, Fig. 1 — immer noch bei Grand’Eury, 1. c. — bringt eine fast 25 Centimeter lange Stammoberfläche von Sigillaria Brardii Brongniart * 2). Sie ist durchweg typisch cancellat und lässt 4 ganz allmählich in einander übergehende Zonen unter- scheiden, von denen immer die eine mit flacheren, die andere mit höheren Polstern und Blattnarben bekleidet ist. Bei der Kleinheit der Narben und Polster, die an sich wiederholenden Stellen durchaus die Höhen- und Breitenverhältnisse von Brongniart’s Sigillaria *) Text 1. c. S. 262. 2) Text bei Grand’Eury 1. c. S. 250. 38 H. Potonie, Die Weehsel-Zonen-Bildung der Sigillariaceen. Menardi besitzen, hätte Grand’Eury sein Exemplar ebensogut zu dieser Art, die wohl synonym mit Sigillaria Brardii ist, rechnen können. V^on hohem Interesse für unsere Frage ist es, dass die Si- gillaria Brardii Brongn. em. (also incl. spinulosa Germar und denu- data Göpp. !)), wie unter 1. S. 33 erwähnt, auch mit Wechselzonen vorkommt, die durch leioderme (Sig. spinulosa und S. denudata ) und cancellate Oberflächen gebildet werden. Die Entfernung der untereinander stehenden Narben der schmalpolsterigen Zonen be- trägt im Durchschnitt an dem GRAND’EüRY’schen Exemplar von Leitbündel-Närbchen zu Leitbündel-Närbchen gemessen nur gegen 2 Millimeter, an dem z. B. von Weiss * 2), Taf. VIII, Fig. 39, ab- gebildeten Rest mit S. denudata - Oberflächen - Sculptur bis über 35 Millimeter, sie ist also hier über 17 Mal grösser als im ersten Falle. Dazwischen kommen alle Entfernungsgrössen vor. E. Weiss bildet 1. c. die folgenden Beispiele mit Zonenbildung ab, wobei ich also, wie überhaupt, solche Stücke, deren Zonen nicht stärker augenfällig sind, wie z. B. an dem Taf. VIII, Fig. 37 abgebildeten leiodermen Rest von » Sigillaria glabra n. sp.«, dessen untere Narben 2 — 3 Millimeter in der Orthostiche grössere Ent- fernung zeigen als die oberen, oder wie das Taf. XVI, Fig. 63, zur Anschauung gebrachte Stück mit cancellater Oberfläche von Sig. Brardii (»Sig. mutans W. forma Brardi Brongn. sp. var. sublaevis Sterz.«), bei welchem dasselbe Verhältniss waltet, und andere ausser Acht lasse. 9. Taf. XIII, Fig. 57, veranschaulicht eine 48 Centimeter lange Oberfläche von Sig. Brardii (»Sig. mutans forma Wettinensis Weiss«) mit cancellater Oberfläche, deren Narben von unten nach oben ganz allmählich grössere Entfernungen von einander (immer in der Orthostiche) zeigen, oder mit anderen Worten: deren Polster im oberen Theile höher als im unteren sind. Unten beträgt die Entfernung der Narben 14 — 15 Millimeter, oben bis über 22 Millimeter. *) Vergl. meine Flora des Rothliegenden von Thüringen (Abhandl. d. Königl. Preuss. geol. Landesanstalt, Neue Folge, Heft 9), Berlin 1893, S. 190 ff. 2) Subsigillarien 1893. H. Potonie, Die Wechsel-Zonen -Bildung der Sigillariaceen. 39 10. Taf. XV, Fig. 61, reproducirt Weiss das E. F. Germar- sche Original von Sig. Brardii *) (»Sig. mutans W. forma Brardi Brongn. sp. var. Germari-varians Sterz.«). Es besteht aus einem 12 Centimeter langen Stammtheil mit einem 25 Centimeter langen Zweige, beide mit cancellater Oberfläche. Die Narbenentfernung am Stammtheil beträgt ca. 6 — 8 Millimeter. Der Zweig lässt drei schwach unterschiedene Zonen erkennen; die mittlere derselben zeigt Narbenentfernungen von ca. 5 — 6 Millimeter, die beiden anderen ca. 4 — 5 Millimeter. 1 1 . Taf. XVII, Fig. 66, kommt eine Stammoberfläche eben- falls von Sig. Brardii (»Sig. mutans W. forma Brardi Brongn. sp. var. Germari-varians Sterz.«) von gegen 25 Centimeter Länge zur Darstellung, welche an das hier unter 8. S. 37 aufgeführte Grand’- EüRY’sche Exemplar erinnert, nur dass die Wechselzonen an dem WEiss’schen Stücke, deren man wohl 5 (von unten nach oben a, b, c, d und e) annehmen kann, nicht so auffallend unter- schieden sind, wie an Grand’Eury’s Exemplar, und insofern, als die Zonen sich untereinander nicht in gleicher Weise ähnlich sind. Nach den Angaben im Text* 2) beträgt die Polsterhöhe im untersten Theile des Stückes, in der Zone a, 4 Millimeter und die Blatt- narben nehmen die ganze Höhe des Polsters ein; in der darüber folgenden Zone b beträgt die Höhe der Polster ebenfalls 4 Milli- meter, aber die Blattnarben sind weniger hoch, so dass sie auch oben und unten von Polsterfläche begrenzt werden; Zone c besitzt 5 Millimeter hohe Polster, die Narben wie vor, aber etwas höher; Zone d hat 3 Millimeter hohe Polster, Narben wie vor, aber wieder weniger hoch; Zone e mit 8 mm hohen Polstern besitzt auch die höchsten Blattnarben, die sonst ebenfalls central stehen. Schon dieses Stück ganz allein müsste bei der Unregelmässigkeit in der Ausbildung der Zonen Jeden darauf hinweisen, dass sie nicht specifisch für die Pflanze sind ; zieht man nun aber gar die übrigen schon erwähnten Stücke von Sig. Brardii hierbei mit in Betracht, da sie in ihrer Zonenausbildung untereinander wesent- ') Gekmak, Die Yerst. d. Steinkohlengeb. v. Wettin u.. Löbejün, III. Heft, Halle 1845, S. 29 ff., Taf. XI, Fig. 1. 2) S. 152-153. 40 H. Potonik, Die Wechsel-Zonen -Bildung der Sigillariaceen. lieh abweichen, und berücksichtigt man ferner die Thatsache, dass lange Rindenoberflächen von derselben Species bekannt sind, die keine Spur von Zonenausbildung aufweisen, so wird man geradezu gezwungen, dem Gedanken Raum zu geben, dass nicht innere Wachs- thums-Verhältnisse (Vererbungs- Erscheinungen) die Zonenbildung bedingt haben, sondern dass die senkrechte Entfernung der Blatt- narben von einander innerhalb gewisser Grenzen, die sich zu einem specifischen Merkmal befestigt haben, ebenso von äusseren Ver- hältnissen, vor allem von Wärme und Nahrungszufluss, wohl auch Licht, abhängig sind, wie bei den recenten Pflanzenarten. 12. Taf. XXI, Fig. 83, finden wir ein als Sig. Fritschü Weiss beschriebenes Exemplar von ca. 45 Centimeter Länge, das in seinem unteren Theile eine leioderme, in seinem oberen eine schlecht oder kaum cancellat entwickelte Zone zeigt. Die Narben der unteren Zone sind über 25 Millimeter von einander entfernt, die der oberen über 15 Millimeter. Zu diesen aus der Litteratur entnommenen Fällen kommen nun die drei von mir ganz oben beschriebenen und auf den Tafeln abgebildeten hinzu. Also: 13. Der Taf. III, Fig. 1 abgebildete Rest, der unten eine Rhytidolepis- (i. e. S.) und oben eine Tessellaten-Zone besitzt. Die Narbenentfernung in der Rhytidolepis-Zone beträgt über 20 Milli- meter, in der Tessellaten-Zone im Durchschnitt 6 Millimeter, über und unter der letzteren gegen 8 Millimeter. 14. Das von mir, Taf. IV, Fig. 1 gebrachte Stück zeigt in der basalen, echt rhytidolepen Zone Narben-Entfernungen von ca. 7 Millimeter, während die Narben der Favularien-Zone oben nur ca. 3 Millimeter und ganz oben um ein Geringes mehr von ein- ander abstehen. 15. Taf. IV, Fig. 2, also das Stück mit reiner Favularien- Oberfläche, zeigt in den beiden engnarbigen Zonen Entfernungen von 3 — 4 Millimeter, in der dazwischen liegenden solche von 6 — 7 Millimeter. Die Sammlung der Königl. Preuss. geologischen Landes- anstalt besitzt aüsserdem noch eine Anzahl anderer Stücke, bei denen mehr oder minder deutliche Zonenbildung zu beobachten ist. Ich will von diesen nur noch — da die im Vorstehenden H. PoTONifi, Die Wechsel-Zonen-Bildung der Sigillariaceen. 41 erwähnten Thatsachen reichhaltig genug sind, um die schon ge- zogene Folgerung zu rechtfertigen — 16. ein grösseres Rhytidolepis- Stück erwähnen, das umge- kehrt wie das auf unserer Taf. III, Fig. 1 abgebildete Stück nur nicht so auffällig sich verhält, indem es oben lockerere und nicht durch Querfurchen getrennte, unten jedoch enger stehende und durch tessellate Querfurchen gesonderte Narben besitzt. In der unteren, tessellaten Partie betragen die Narben -Entfernungen ca. 6 Millimeter, ganz unten wieder etwas mehr, in der obersten ca. 8 Millimeter. 17. Zum Schluss der Aufzählung erwähne ich eine von mir angefertigte Gipsnachbildung eines in der Halleschen Universitäts- sammlung befindlichen Exemplars von Sig. Brardii, das mir diese Schlussfolgerung — speciell dass die engere oder weitere Entfernung der Narben keineswegs constant periodisch auftritt — noch weiter und wesentlich zu unterstützen scheint. Dieses Stück, ein zu- sammengedrückter Steinkern, von welchem ich in der Textfigur S. 42 je zwei Orthostichen jeder Seite in 1/i zur Anschauung bringe, ist nur zum kleineren Theil mit kohliger Bedeckung erhalten. Es zeigt aber die Oberflächensculptur für unsern Zweck in genügender Weise auf beiden Seiten erhalten. Die eine Seite zeigt ganz typische Oberflächen-Sculptur des GoEPPERT’schen Sig. denudata- Restes, resp. der GERMAR’schen Sig. spinulosa (ohne die Stigmaria;- Narben). Bei Weiss-Sterzel wird diese Seite des Exemplars unter den »leiodermen Formen« unter No. 20 als »Sig. mutans Weiss forma Wettinensis-spinulosa Weiss et Sterzel« beschrieben. Die senkrechte Entfernung zweier Blattnarben beträgt 24 bis 27 Millimeter. Die andere Seite des Stückes zeigt zwar eine im Durchschnitt nur wenig geringere senkrechte Entfernung der Blattnarben von einander, wie das ja auch ohne Weiteres ver- ständlich sein wird, dass hier grosse Unterschiede nicht erwartet werden können, es lässt sich aber leicht ein diesbezüglicher Unterschied constatiren — sodass ich mich über die WEiss’sche Angabe1), sie sei »auf beiden Seiten gleich«, wundern muss — , und ferner ist die bemerkenswerthe Thatsache hervorzuheben, x) Subsigillarien S. 86. 42 H. Potonie, Die Wechsel-Zonen-Bildung der Sigillariaceen. Stammstückes aus dem Carbon H. Potonik, Die Wechsel- Zonen-Bildung der Sigillariaceen. 43 dass diese Seite eine deutlich cancellate Oberfläche besitzt. Mit Leichtigkeit und auffallend lässt sich der Unterschied in der Ent- fernung der Narben auf beiden Seiten constatiren, wenn man ihn dadurch summirt, dass man bei der Messung mehrere Narben überspringt; so beträgt die Entfernung der einen Narbe in einer Orthostiche der leiodermen Seite von der 7. darüber befindlichen ca. 157 Millimeter, während sie sich auf der cancellaten Seite nur auf ca. 137 Millimeter beläuft. Diese Oberfläche wird bei Weiss- Sterzel 1. c. unter No. 37 unter den »cancellaten Formen« auf S. 127 und 128 mit demselben Namen wie die andere Seite be- schrieben mit der Bemerkung, dass sie sich der »forma Wettinensis var. convexa « anreihe. Sowohl S. 110 wie auch S. 128 wird wiederholt, dass die beiden Seiten sich »nahezu« gleich in Bezug auf die Entfernung der Blattnarben verhielten , und dass daher »die leioderme Seite nur durch Ausfüllung der Furchen der can- cellaten Seite erklärt werden könne.« Es ist wohl gemeint, dass die leioderme Seite durch stärkeres Längenwachsthum die Polster- furchen ausgeglichen habe, da weiter vorn *) gesagt wird, »die Leiodermarien-Oberfläche der einen Seite ist durch Ausfüllen der Furchen beim Wachsthum zu erklären« (Weiss). Ich selbst meine, dass das Stück unwiderleglich zeigt, dass der Wechsel in der senkrechten Entfernung der Blattnarben an Stücken, die bereits Dickenwachsthum besessen haben, wie das in Rede stehende, an welchen also ein nachträgliches Längenwachsthum ausge- schlossen ist, nur auf äussere Einflüsse zurückgeführt werden kann. Die Entstehung unseres Stückes kann man danach sich am besten so vorstellen, dass etwa die Beleuchtung der beiden Flächen in der allerersten Jugend, während des ausschliesslichen Längenwachsthums des Stammes, eine ausnahmsweise verschiedene war. Eine augenfällige Krümmung braucht sich bei dem geringen Unterschiede der Entfernungen nicht zu markiren. Der Sigillaria- Stamm, welcher unser Fossil geliefert hat, mag etwa am Rande eines dichten, also schattenreichen Waldes gestanden haben. Es wäre dann anzunehmen, dass die cancellate Seite von der Licht- ‘) 1. c. S. 87. 44 H. PoTONiii, Die Wechsel- Zonen-Bildung der Sigillariaceen. quelle getroffen wurde, die leioderme hingegen von derselben ab- gewandt war. Bei Gelegenheit der Erwähnung dieses bei Weiss -Sterzel be- schriebenen Stückes, von welchem ich also in der Figur auf S. 42 je einen Theil der Vorder- und Rückseite zur Anschauung gebracht habe, möchte ich nicht unerwähnt lassen, dass ich mich mit der in dem Subsigillarien-Werk angewendeten Nomenclatur nicht befreun- den kann. Abgesehen davon, dass sie nicht in Einklang mit den Nomenclaturgesetzen steht, die sich aus bewährter Praxis entwickelt haben, muss ich es für verfehlt halten, Pflanzentheile auch dann be- sonders zu benennen, wenn wir die specifische Zusammengehörigkeit derselben erkannt haben. In der Namengebung sollen sich die Fort- schritte unserer systematischen Erkenntniss ausdrücken. Wir wissen jetzt, dass der von Germar 1848 ^ als Sig. spinulosa bekannt ge- gebene Rest ebensowohl wie der von Goeppert 1 864/65* 2), beide mit anderen vermeintlichen besonderen Arten, specifisch zusammen- gehören, u. a. mit der viel früher von Adolf Brongniart beschrie- benen Sig. Brardii 3). Danach muss man doch die Art Sig. Brardii Brongn. nennen, wie ich das auch in meiner Rothliegenden- Flora von 1893, S. 190, gethan habe. Wenn Sig. Menardi und andere Arten Brongniart’s ebenfalls nur als verschiedenartig ausgebildete Rindenoberflächen zu Sig. Brardii gehören, so wäre die Art Sig. Brardii Brongn. emend. zu nennen. Brongniart hatte ja bei dem damaligen Stand der Kenntniss noch nicht Ge- legenheit, sich über den Werth dieser »Arten« eine Meinung zu bilden. Daraus, dass wir die Sig. Brardii heute wesentlich voll- ständiger kennen als zu Brongniart’s Zeiten, ist nicht die Be- rechtigung herzuleiten, sie umzubenennen, wie das Weiss in !) 1. c. Y. Heft, Taf. XXV, Fig. 1 u. 2. ®) D. foss. Flora d. permischen Form., Cassel, S. 200, Taf. XXXIV, Fig. 1. 3) Hist, des veg. foss., 1. 1, livr. 12, 1836 p. 430—432, pl. 158, fig. 4. Als Clatliraria Brardii schon 1822 in »Sur la dass, et la distrib. des veg. foss. etc.« (Extrait des Mem. du Mus. d’hist. nat., t. VIII) p. 22, pl. I (XII), fig. 5 und als Sig. Brardii schon 1828 im Prodrome d’une hist, des veg. foss., p. 65. — Weiss giebt (Subsigillarien 1893, S. 85) irrthümlich an, dass in der genannten Brongniakt- schen Arbeit von 1822 die Abbildung der Brardii ohne Namengebung publi- cirt sei. S. 211 derselben Arbeit jedoch wird das Versehen ausgeglichen. H. Potonik, Die Wechsel-Zonen -Bildung der Sigillariaceen. 45 seiner Subsigillarien-Arbeit thut, der sie als Sig. mutans W. auf- fuhrt. Ein solches Verfahren muss die überdies schon so colossal belastete Synonymie in unzweckmässigster Weise verwirren, und es wäre schwer festzustellen, wo die »Berechtigung«, alte Arten umzubenennen, ihre Grenze finden soll. Da die Sig. Brardii (in dem von mir angewendeten Sinne) nunmehr an einem und demselben Stücke in der ursprünglichen cancellaten (j Brardii Brongn. von 1822 — 1836) und in der so sehr abweichenden leiodermen ( denudata ) Ausbildung bekannt geworden ist, handelt es sich auch nicht um besondere »Formen« oder gar »Varietäten« einer Art, sondern eben nur um verschiedenartige Rindenober- flächen ein und derselben Art, wenigstens soweit wir bis jetzt orientirt sind. Bezeichnungen wie »Sig. mutans Weiss forma Wettinensis-spinulosa« oder gar Sig. mutans W. forma Wettinensis W. var. depressa«. sind daher nicht am Platze. Die paläontologi- schen Arten haben zwar zum guten Theile keinen specifischen Werth, da man ja leider die organische Zusammengehörigkeit von Resten oft nur vermuthen oder diesbezüglich oft auch nicht einmal eine Vermuthung äussern kann, und in diesem Falle bleibt freilich, so betrübend die Sache auch ist, nichts anderes übrig, als die Reste einzeln zu benennen: aber man muss sich doch klar darüber sein, dass es sich hier vielfach nur um provisorische Namen handeln kann, und muss es doch als einen Fortschritt begrüssen, wenn organische Zusammengehörigkeiten aufgedeckt und dadurch die Nomenclatur reducirt und richtig gestellt wird. Man kann daher nun wohl in unserem Falle von einer denudaten u. s. w. Oberfläche sprechen, aber nicht von einer forma denudata in botanisch-systematischem Sinne. Handelt es sich um verschieden ausgebildete Rindenoberflächen, deren Charakter man kurz an- geben will, so kann man die eine am passendsten und bequemsten als leioderme, die andere als subleioderme , subcancellate oder cancellate Sig. Brardii angeben, so dass die neuen Bezeichnungen durchaus entbehrlich oder geradezu störend sind, ja unsere that- sächlichen Kenntnisse in ein falsches Licht setzen. Sie wären es nicht, wenn uns die Zusammenhänge noch unbekannt wären; aber jeder Pflanzenpaläontologe weiss ja, was er von den pflanzen- 46 H. Potonik, Die Wechsel-Zonen-Bildung der Sigillariaceen. paläontologischen Arten, Varietäten und Formen zu halten hat; jedoch auch dann eine nur wegen ungünstiger Umstände leider nothwendig gewordene Bezeichnungsweise beizubehalten, wenn günstige Umstände die Fehlerhaftigkeit derselben aufgewiesen haben, oder dieselbe gar noch weiter zu entwickeln, liegt nicht im Sinne der Wissenschaft. Ebensowenig wie ein Bedürfniss vorliegt, die einzelnen, in botanischen Museen befindlichen Objecte, also etwa Früchte, blühende Sprosse und Stammtheile ein und derselben Pflanzenart, besonders zu benennen, kann ein Vortheil darin gefunden werden, fossile Rindenoberflächen, die wir so glücklich waren, als organisch zu ein und demselben Pflanzen- individuum gehörig zu erkennen, besonders zu benennen, wodurch die erwähnte Errungenschaft äusserlich nur verdeckt wird. Die von WEISS x) zur Begründung seiner Nomenclatur gemachten Be- merkungen sind daher nicht stichhaltig. Wenn er meint, dass sich unter den Stücken einer mutans- Reihe solche finden könnten, die zu verschiedenen Arten gehören, so ist das ja ganz richtig, da verschiedene Arten kaum oder nicht unterscheidbare Rinden- oberflächen besitzen können. Aber Möglichkeiten sollen sich in der Nomenclatur nicht aussprechen, sondern nur Thatsächlich- k eiten, soweit sie als solche nach dem jeweiligen Stande der Wissenschaft erkannt werden können. Ebenso wie man geduldig mit der Einziehung von Arten-Bezeichnungen warten muss, bis sich die Noth Wendigkeit hierzu aus beweisenden Stücken ergiebt, muss man auch mit der Trennung einer Art in mehrere warten, bis sich ein thatsächlicher Anhalt herausstellt. Die Nomenclatur hat unsere thatsächlichen momentanen Kenntnisse zu beleuchten und wiederzuspiegeln* 2). Weiss3) hält den Schluss für gesichert, »dass wenigstens ge- wisse cancellate Sigillarien im Alter leioderm werden«, und er meint die cancellaten Rindenoberflächen der Sigillaria Brardii für ') Subsigillarien S. 84 ff. 2) Vergl. auch meine diesbezüglichen Bemerkungen in meiner Arbeit » Folli - culites Kaltennordheimensis Zenker und Foll. carinatus (Nkhring) Pot.« (Neues Jahrb. f. Miner., Geol. u. Palaeontologie. Stuttgart 1893. Bd. II, p. 105). 3) 1. c. S. 87. H. PoTONiii, Die Wechsel-Zonen-Biltkmg der Sigillariaceen. 47 die jüngeren, die leiodermen für die älteren halten zu müssen. Die ganze Entwicklung, sagt er, wird man sich vorzustellen haben, »beginnend mit ganz jungen Exemplaren vom Typus der Sig. Menardi (Polster noch so dicht, dass die Blattnarben fast zu- sammenstossen), mit zunehmendem Alter und Grösse in typische Sig. Brardi (mit spatelförmigen Polstern und subquadratischen Blattnarben) übergehend, dann durch Vergrösserung der Polster sich weiter verändernd, nun aber bald mit Verflachung der Polster und Furchen sich mehr und mehr den rein leiodermen nähernd, wie Sig. rhomboidea , endlich in völlig leiodermen höheren Alters- Formen endend, wie Sig. spinulosa , denudata.« Das Vorkommen von Wechselzonen macht diese Anschauung ohne Weiteres un- haltbar, obwohl. schon die blosse Ueberlegung, dass an Stamm- theilen, die bereits ein Dickenwachsthum eingegangen sind, die Blattnarben in den Orthosticlien nicht mehr auseinanderrücken, sondern nur noch an Breite zunehmen können , dem Autor hätte nahelegen müssen, dass seine Anschauung nicht mit den anatomisch- entwickelungsgeschichtlichen Thatsachen in Einklang steht. Die beiden S. 48 im Text zur bildlichen Darstellung gebrachten Theo- phrasta-Stämme , die ich nach Exemplaren, welche im Berliner Königl. Botanischen Garten und Universitätsgarten cultivirt werden, habe abbilden lassen, veranschaulichen die in Rede stehende Tliat- sache auf das Deutlichste. An dem zur Darstellung gebrachten Stamm 1 a ist die senkrechte Entfernung der Blattnarben von ein- ander im Ganzen die gleiche, wir bemerken sogar, dass im Gegen- satz zu der WEiss’schen Annahme die Blattnarben nach oben hin ganz allmählich weiter auseinanderrücken, was in Zusammenhang steht mit der stärkeren Lebensenergie erwachsener Pflanzen gegen- über noch jugendlichen. Gemäss dem Dickenwachsthum haben die Blattnarben aber an Breite zugenommen. Die Fig. 1 b, lc und ld, in natürlicher Grösse die Umrisse der Blattnarben unten, in der Mitte und oben am Stamme wiedergebend, zeigen dies in höchst auffallender Weise. Vergl. auch Fig. 2. Um von vornherein einem möglichen Irrthum seitens der nicht botanisch vorgebildeten Pflanzenpaläontologen vorzubeugen, will ich gleich erwähnen, dass die geringere Höhe der Blattnarben im unteren Stammtheil gegen- 48 H. Potonie, .Die Wechsel-Zonen-Bildung der Sigillariaceen. Fig. 1 Stamm von Theophrasta imperialis aus dem Königl. botanischen Garten zu Berlin, la verkleinert, lb — d drei Blattnarben in M , lb von der unteren, lc von der mittleren, ld von der oberen Partie des Stammes. Fig. 2 Theophrasta latifolia aus dem Königl. Universitätsgarten zu Berlin. 2 b — d drei Blattnarben in x/i, sonst wie vorher. Gez. von Frl. E. Amberg. H. Potoni'", Die Weehsel-Zonen-Bildung der Sigiliariaöeen. 49 über derjenigen in den oberen Partien nicht etwa dadurch erklärt werden kann, dass die ältesten und älteren Narben durch das Dickenwachsthum wie ein Kautschukband breitgezogen und da- durch niedriger geworden sind, sondern dass die Höhe der älteren Blattnarben eben dieselbe war, wie wir sie jetzt constatiren. Es folgt aus ihrer geringen Höhe nur, dass die jugendliche Pflanze kleinere Blattnarben besass , entsprechend ihren kleineren Laubblättern. Das Auseinanderrücken der Blatt- narben erfolgt also — wie man aus diesem Beispiel sieht — im Allgemeinen gerade in den jüngeren Partien der Stämme, also wie gesagt, gerade umgekehrt, als es Weiss annahm. Dass das Längenwachsthum von Pflanzen während ihrer Entwickelung zu- nimmt, sobald sie eben in der Lage sind, reichlicher Nahrung aufnehmen zu können, wird durch das in Fig. 2 abgebildete Theopkrasta - Exemplar noch besser veranschaulicht als durch die Fig. 1, indem sich auf dem Stamm, Fig. 2 a, Wachsthumsperioden, immer abwechselnd eine Zone mit Narben in it einer ohne Narben, unterscheiden lassen, die von unten nach oben an Länge zu- nehmen. Dass die Blattanlagen (Primordien) und jungen Blätter auch bei den Sigillarien, wie bei den recenten Pflanzen, dicht gedrängt zusammenstehend anzunehmen sind, ist selbstverständlich, aber sie Vierden sehr schnell durch das Längenwachsthum der sie tragenden dünnen Achse mehr oder minder lockere Stellungen einnehmen oder engere beibehalten, je nach dem durch die äusseren Ver- hältnisse beschleunigten oder verlangsamten Wachsthum. Und dass diese äusseren Verhältnisse auch zur Steinkohlenzeit, wenn auch vielleicht nicht in so starkem Maasse und vielleicht auch gewöhnlich nicht periodisch wie heute, sondern nur ausnahmsweise gewechselt haben, dafür sprechen die vorgeführten Beispiele mit Wechselzonenbildung. Die Thatsache, dass die Wechselzonenbildung bei den Sigillarien in allen Uebergängen zu den zonenlosen Besten und in mancherlei Variationen auftritt, bekräftigt sehr die An- schauung von ihrer Abhängigkeit von äusseren Einflüssen. Geringe Klimaschwankungen werden schwach unterschiedene, stärkere auf- fallender unterschiedene Zonen veranlassen müssen. Jahrbuch 1893. 4 50 H. Potonik, Die Weclisel-Zonen-Bilclung der Sigillariaceeti. Dass es sich auch bei der Sig. camptotacnia an den Grand’- EuRY’schen, S. 34 — 36 unter 5. und 6. erwähnten Exemplaren mit Wechselzonenbildung nur um durch periodisch wechselnde klima- tische Einflüsse bedingte Wachsthumserscheinungen handelt, geht, wie schon bemerkt, daraus hervor, dass auch lange Rindenober- flächen dieser Art bekannt sind, und dabei von etwa denselben Breitenverhältnissen, die keine Spur von Zonenbildung aufweisen. Die Zonen der genannten Art sind dadurch besonders bemerkens- wert!), dass die Blattnarben derselben sich wesentlich von ein- ander unterscheiden. Fast unwillkürlich wird man zu der Ver- muthung gedrängt, dass an den transversal -strichförmigen Blatt- narben anders ausgebildete Blätter (etwa schuppenförmige Blätter) gesessen, während die anderen Zonen mit den hohen Narben Laubblätter getragen haben. Mag auch ein so ausgesprochener Unterschied die entsprechenden Blattzonen nicht ausgezeichnet haben, so ist es doch fast selbstverständlich, dass die Spreitentheile an den schmalen, strichförmigen Narben nicht die ausgiebige Ent- wickelung gezeigt haben können, wie diejenigen, die den höheren, vollkommneren angesessen haben. Während und nach der Ent- wickelung von stärkeren, also einflussreicheren, in Jahresperioden wechselnden Witterungsverhältnissen mögen sich aber aus den flachnarbigen Zonen, durch Anpassung an die äusseren Verhält- nisse solche mit Schuppenbekleidung entwickelt haben, die dann, wie bei unseren meisten heutigen Cycadaceen, während der für die Pflanzen ungünstigeren Zeit u. A. der Stammknospe Schutz geboten haben. Dieser Gedanke liegt gewiss sehr nahe, denn ohne auch nur im Entferntesten daran zu denken, dass die Sigillarien bei den Cycadaceen selbst untergebracht werden könnten, ist es doch werth, untersucht zu werden, in wiefern sich die Sigillarien als die Vorfahren unserer heutigen Cycadaceen be- trachten Hessen. Abgesehen von anderen Verhältnissen rückt das Auftreten von Narben -Wechselzonen an den Sigillaria- Stämmen diese Frage wohl nahe. Gewisse Thatsachen sprechen eher für als gegen den in dem folgenden Schema auf S. 51 skizzirten Stammbaum. Ist dieser Stammbaum annähernd richtig, so stützt er die Ansicht, dass »die Niederblätter« der Cycadaceen »nichts anderes Ausgestorben Recent H. Potonik, Die W echsel-Zonen -Bildün g der Sigillariaceen. 5i als Laubblätter sind, deren Spreite frühzeitig verkümmert ist, und welche sich demzufolge auch im Scheidentheile schwächer ausge- bildet haben«1); mit anderen Worten: man ist gezwungen, sich die Entstehung der mit niederblattförmigen Schuppen besetzten Zonen bei den Cycadaceen als im Laufe der Generationen aus Laubblättern liervorgegangeu vorzustellen. Aber auch wenn dieser Stammbaum bezüglich der Ableitung der Cycadaceen einer wesent- lichen Modification bedürfen sollte, würde kaum etwas gegen die ausgesprochene Ansicht zu sagen sein, da ja bei den Pflanzen der allerverschiedensten Gruppen die erwähnten äusseren Einflüsse in ganz gleicher Weise wirken, mit anderen Worten, weil das bezüglich der äusseren Einflüsse Gesagte ganz allgemein für das ganze Pflanzenreich gilt. Es ist bei der Thatsache, dass die Verhältnisse im Aufbau der Cycadaceen vielfach an die Filices erinnern, vielleicht begründbar, dass erstere phylogenetisch mit den letzteren Zusammenhängen, worauf schon A. Braun hin- gewiesen hat2). An fossilen Farnen ist sogar ein beträchtlicher, durch Dickenwachsthum entstandener Ilolzcylinder durch W. C. ') A. W. Eiohler, » Cycadaceae « in Engler und Prantl’s natürlichen Pflanzenfamilien, II. Th., 1. Abth., Leipzig 1889, S. 7. , 2) Die Frage nach der Gymnospermie der Cycadaceen (Monatsber. d. Kgl. Preuss. Akad. d. Wiss.), Berlin 1875, S. 373. Unbekannte Stammgruppe 4: Lycopodineae 52 H. Potonik, Die Wechsel-Zonen -Bildung der Sigillariaceen. WilliamsÖn l) constatirt worden, und auch bei recenten Arten (Ophioglossaceen) findet sich ein solcher wenigstens angedeutet. Unter den Beziehungen zwischen den Sigillariaceen und Cycadaceen fallen die folgenden besonders auf. Wenn wir von dem Blüthenbau der Sigillariaceen absehen , der diese Familie in die Gruppe der Lycopodineen weist, so erinnert die Anatomie und der äussere Habitus der Stämme der Sigillariaceen eher an die Cycadaceen. Bei beiden, Cycadaceen und Sigillaria- ceen, besitzt der Stamm ein grosses Mark und die letzteren sind meist spärlicher gabelig verzweigt als die Lepidodeu- draceen, Lycopodiaceen und Selaginellaceen, dadurch wiederum sich mehr den meist einfach-stämmigen Cycadaceen nähernd. Die Lepidodendraceen hingegen ähneln schon äusserlich durch die reichliche Gabelverzweigung der Sprosse den Lycopodiaceen und Selaginellaceen, und ferner besitzen diese letzten beiden Familien ebenso wie die Lepidodendraceen in ihren Stengeln und Stämmen ein centrales Leitbündel, das bei den Lepidodendraceen, da sie ja nachträglich in die Dicke wachsen, von einem secundären Holz- cylinder umgeben wird. Da es übrigens Gymnospermen schon zu Lebzeiten der Sigillariaceen gegeben hat, so ist es wohl denkbar, dass sich die Pflanzengruppe, aus der sich die Cycadaceen entwickelt haben, schon früher abgezweigt hat, als es in dem obigen Schema angenommen worden ist. — Die Ansicht, dass die zu specifischen Eigenthümlichkeiten gewordenen Wechselzonen der Cycadaceen aus solchen, durch äussere Bedingungen veranlassten Zonen durch Anpassung an ein periodisch wechselndes Klima entstanden seien, würde dadurch — wie gesagt — nicht weniger wahrscheinlich sein. Die von W. Carruthers als Cycadaceen beschriebenen und abgebildeten Stammstücke2), die nach Solms - Laubach 3) wohl i) Report of the Committee consisting of Professor W. C. Williamson (Chairman; and M. W. Cash (Secretary), appointed to investigate the flora of the Carboniferous' Rocks of Lancashire and West Yorkshire. (British Asso- ciation, Newcastle meeting, p. 69). London 1890. ,2) Carruther«, On fossil cycadeen stems from the secondary Rocks of Britain (p. 675 ff. in »The Transactions of the Linnean Society of London. Yol. XXVI, part the first. London 1868). Taf. 54, Fig. 4 ( Bucklandia Mantellü ), Taf. 55, Fig. 1 (B. Miller iana), Fig. 8 u. 9 ( Yastesia Joassiana). 3) Ueber die Fructification von Bennettites Gibsonianus Carr. (Botanische Zeitung, 48. Jahrgang, No. 49 vom 5. Dec. 1890). Leipzig 1890, Spalte 794. H. Potoniis, Die Wechsel-Zoneu-Bildvmg der Sigillariaceen. 53 alle zu den mit den Cycadaceen zwar verwandten, aber diesen nicht subordinirten , sondern coordinirten Bennettidaceen gehören, zeigen zum Theil einen Zonenwechsel , der dem der erwähnten Sigillarien zu entsprechen scheint. Ist das richtig, so würde die Wechselzonenbildung in der Ausbildung der Cycadaceen erst der Neuzeit angehören. Bezüglich der Wechselzonen können wir 3 Fälle unterscheiden: A. Bei ungünstigeren Witterungsverhältnissen wird das Längenwachsthum wie überhaupt, so natürlich auch bei Sigillaria verlangsamt; es entstehen dadurch an den Stengeltheilen Zonen mit enger stehenden und weniger hohen Narben; aber die Blätter werden nicht oder kaum alterirt, wenigstens müssen wir wohl das letzere bei der Sig. Brardii und anderen Arten auf Grund der Uebereinstimmung der Narbenformen der cancellaten und leio- dermen Oberflächen annehmen. B. Unter gewissen Umständen verlangsamt sich das Längen- wachsthum, und die Form der Blattnarben wird eine ganz andeie; wir gewinnen an entblätterten Stämmen den Eindruck, dass sie mit zwei verschiedenen, mit einander abwechselnden Blattformationen besetzt waren. Die Zonenbildung ist aber noch nicht zu einem specifischen Merkmal geworden, sondern tritt, wie gesagt, nur als Reagens auf die Witterungs Verhältnisse auf. Die Blätter der eng- narbigen Zonen dieser Species müssen ganz entschieden in ihrer Form und Ausbildung von den Blättern der lockernarbigen Zonen sich bedeutender unterschieden haben: das lehrt ohne Weiteres der grosse Unterschied in der Form der Blattnarben beider Zonen- arten; denn mindestens müssen doch die Blätter, welche den strichförmigen Narben angesessen haben, wesentlich weniger dick gewesen sein als die der anderen Blattnarben. — Hierher Sigillaria camptotaenia. Nichts ist nun naheliegender, als die Annahme, dass sich während des Eintritts jährlichen periodischen Witterungswechsels die engnarbigen Zonen vererbbar gefestigt haben, und so gelangen wir zu dem Fall C. der bei den meisten unserer heutigen Cycadaceen ver- wirklicht ist, wobei die Blätter der kleinnarbigen Zonen auf das möglichste Maass reducirt erscheinen. 54 H. Potoshc, Die Wechsel-Zonen-Bildung der Sigillariaceen. Ich habe zwar schon Eingangs bei Erörterung der bemerkens- wertheren Stücke mit Wechselzonen Gelegenheit gehabt, von dem Auftreten von Querzeilen mit Bliithenabbruchsstellen zwischen den verschiedenen Zonen zu sprechen, habe aber die Beziehung des Auftretens von Blüthen zu den Wechselzonen noch nicht be- sprochen 1). Das soll nunmehr geschehen , und es wird sich zeigen, dass sich aus der Untersuchung dieser Beziehung eine wichtige Stütze für meine Anschauung ergiebt, dass nämlich die Wechselzoneubildung als Beaction auf die äusseren, namentlich die Ernährungs- (Feuchtigkeits-) Verhältnisse, aufzufasseu ist. Um zunächst die Thatsachen vorzuführen, aus denen das Gesagte hervorgeht, will ich wieder der Reihe nach Beispiele vor- führen. Ich bemerke dabei , dass diese Beispiele wieder aus der Litteratur (Abbildungen) und aus der Sammlung der Königl. Preuss. geolog. Landesanstalt entnommen sind. Auch die folgende Liste macht keinen Anspruch darauf, alle Fälle aus der Litteratur zu berücksichtigen: ich hatte mir nur vorgenommen, denVersuch zu machen, etwa ein Dutzend derselben zu finden, bei denen die Blatt- narbenzonen über und unterhalb der Bliithenabbruchs- Querzeilen deutlicher von einander abwoichen. Es zeigte sich an allen solchen Exemplaren, dass die Blattn arbenzonen über den Blüthen- abbruchsstellen lockerer- narbig sind als darunter, l’esp. dass die Blattnarben über den Blüthennarben höher sind als die Blattnarben unter den Blüthennarben, mit anderen Woi’ten, dass das Wachsthum nach der Bliithenbildung ergiebiger gewesen ist als vorher, dass die Ernährungsverhält- nisse vorher ungünstigere waren, als nach der Blüthen- bildung. Die Fälle, welche mich zu dieser Auffassung gezwungen haben, sind die folgenden: 1. Das schon in der vorigen Liste S. 33 ebenfalls unter No. 1 aufgeführte Stück Zeiller’s. Vergl. unsere Taf. V, Fig. 1. ') Eine vorläufige' Mittheilung hierüber habe ich in der Sitzung vom 21. November 1893 in der Gesellschaft naturforschender Freunde zu Berlin ge- macht. Yergl. Sitzungsberichte S. 243. H. Potonik, Die Wechsel-Zonen- Bildung der Sigillariaceen. 55 2. Das ebenfalls schon und zwar S. 31 erwähnte, von Seward kurz beschriebene Stück. 3. Eine von Leo Lesquereux (Atlas to the Coal Flora of Pennsylvania. Harrisbury 1879, PI. LXXII, Fig. 5) abgebildete tessellate Oberfläche, welche 3 Zonen besitzt. Zu unterst eine Zone mit ca. 7 Millimeter hohen Blattnarben , zu oberst eine solche mit ca. 10 Millimeter hohen. Der Zwischenraum der Narben wird von der tessellaten Furche eingenommen. Zwischen den beiden Zonen findet sich eine mit Blüthenabbruchsstellen, die unregelmässig in 3 Zeilen auftreten, zwischen ihnen einige Blatt- narben. 4. Eine ebenfalls' tessellate Oberfläche, die Ze ILLER (Atlas zur Descript. flore foss. hass. h. de Valenciennes, Paris 1886, PI. LXXXVII, Fig. 5) zur Abbildung bringt. Unter der wieder sehr unregelmässigen, der des Stückes No. 3 gleichenden Region mit den Blüthennarben, zeigt das Stück Narbenentfernungen von ca. 8 Millimeter, darüber ein geringes mehr. 5. Ein favularisches Sigillaria- Stück, welches Zeiller als Sig. approximata Fontaine et White (Flore foss. bass. h. et permieu de Brive. Paris 1892, PI. XIV, Fig. 2) abbildet, das zwei Regionen mit Blüthennarben besitzt. Ueber denselben sind die Blattnarben etwas höher als unter denselben. 6. Ein » Sigillaria Defrancei forma quinquangula Weiss et Sterzel« genannter (Taf. XXIII, Fig. 91, der Weiss- Sterzel- schen Subsigillaria-kvhz\t von 1893) Rest, der in der unteren und in der oberen Partie je eine Bltithennarbenzeile aufweist. Mau sieht deutlich, wenn auch schwach entwickelt, dass die Blattnarbeu über den Blüthenzeilen etwas lockerer stehen, resp. höher sind als die Narben unter den Blüthenzeilen. Ich füge noch aus der Sammlung der Königl. geologischen Landesanstalt 4 Stücke hinzu, von denen 2 in Abbildungen auf unserer Taf. V, Fig. 2 und 3, veröffentlicht werden, nämlich: 7. Eine FauM^öna-Oberfläche von der Grube Goulay bei Aachen mit einer unregelmässigen Quer- Blüthen- Zeile, darüber wieder lockere, ca. 4 — 5 Millimeter Närbchenentfernuug besitzende höhere 56 H. POTONI Die Wechsel-Zonen-Bildung (1er Sigillar aceen. Blattnarben, darunter weniger hohe, ca. 4 Millimeter Entfernung zeigende Blattnarben. — Taf. Y, Fig. 2. 8. Bei einer Favularia - Oberfläche vom Franziska -Tiefbau bei Witten liegt der Fall wie bei No. 7. Zu unterst zeigt das Stück eine hohe Zone mit engen und wenig hohen Narben, in ziemlicher Höhe tritt eine einzige Zeile mit Bltithenabbruehsstellen auf, darüber eine kurze Zone mit höheren Blattnarben, dann wieder eine Blüthenzeile und endlich eine Zone, deren Narben von unten nach oben wieder allmählich an Höhe abnehmen. 9. Eine schwach-favularische , tessellate Oberfläche aus dem Hangend-Zug des Waldenburger Reviers, mit einer breiteren, sehr unregelmässig durch Blattnarben und Bltithenabbruehsstellen be- deckten Zone, unter und über dieser je eine nur aus Blattnarben gebildete Zone, die sich schwach durch etwas lockerere Stellung der Narben in der über den Blüthen befindlichen Zone von ein- ander unterscheiden. 10. Ein tessellates Oberflächen -Stück von der Zeche Bruch- strasse bei Langendreer. Sehr ähnlich dem Fall 9., aber die wenigen noch vorhandenen Blattnarben über der Blüthenzone deutlich lockerer stehend als die unter den Blüthen. — Taf. V, Fig. 3. 11. Endlich habe ich noch auf die wichtige Thatsache auf- merksam zu machen, dass, wie auch Weiss ( Subsigillarieu 1893, S. 38) angiebt, an leiodermen Oberflächen noch keine Blüthen- narben constatirt worden sind, während solche an cancellaten Ober- flächen bekannt sind. Speciell von der Sig. Brardii Brongn. em. hat E. F. Germar (Verst. v. Wettin u. Löbejün. 3. Heft. Halle 1845, Taf. XI, Fig. 1) eine cancellate Oberfläche mit Blüthen- Quer- Zeilen zur Abbildung gebracht; leioderme Stücke derselben Art sind auch von mir trotz eifrigen Suchens namentlich in unserer Sammlung mit Blüthen -Narben nicht gefunden worden. — Vergl. hierzu S. 54, No. 1. Stücke, bei denen über und unter der Blüthenregion ein Unter- schied in der engeren oder lockereren Stellung der Blattnarben nicht zu bemerken ist, sind in unserer Sammlung mehrfach vorhanden und auch bekannt, aber ich habe weder in den Abbildungen der Litteratur H. Potoxik, Die Wechsel-Zonen-Bildung der Sigiliariaeeen. 57 noch in den Sammlungen bis jetzt einen Fall constatirt, bei welchem die Blattnarben übe r der Blüthenregion enger sti'mden als unter der genannten Region. Und wenn auch solche sicheren Fälle viel- leicht von mir nur übersehen sind, resp. noch gefunden werden, so lässt sich doch auf Grund der überwiegenden Fälle ohne Weiteres behaupten, dass die Blüthenbildung in Quer-Zeilen oder -Regionen an Stücken mit Wechselzonen aufzutreten pflegt nach einer engnarbigen Blattzone. Lässt sich diese Thatsache nun mit meiner oben entwickelten Ansicht be- züglich der äusseren Einflüsse bei der Entstehung der Wechsel- zonen in Einklang bringen? Ich muss antworten: nicht nur dieses, sondern sie stützt diese Ansicht. Dem Botaniker ist es bekannt, dass die Blüthenbildung von äusseren Einflüssen mehr oder minder abhängig ist. Kürzlich hat z. B. M. Möbius das über diesen Gegenstand Bekannte zusammen- gestellt und auch selbst experimentirt *); er betont, dass Licht und Trockenheit auf die Blüthenbildung fördernd wirken, während die Entwicklung der vegetativen Organe besonders günstig durch Schatten und Feuchtigkeit beeinflusst wird. Auch H. Vochting macht neuerdings2) auf eine Vorschrift der praktischen Pflanzen- züchter besonders aufmerksam, die darin besteht, dass man eine Pflanze, um sie zum reichlichen Blühen zu veranlassen, sehr sonnig stellen und nicht mit zu reichlicher Nahrung versehen, und dass man umgekehrt, um starkes vegetatives Wachsthum, jedoch geringe Blüthenbildung zu bewirken, schattigen Platz und viel Nahrung geben solle. Das wissenschaftliche Experiment hat die Richtigkeit dieses Zusammenhanges ergeben. .Ja, man kann eine Pflanze in der Region, die sonst die Blüthen producirt, zur Laubsprossbildung veranlassen und auch in der freien Natur kommt unter den angegebenen Umständen Laubblattbildung in •*) Welche Umstände befördern und welche hemmen das Blühen der Pflanzen (Sonderdruck aus dem Biologischen Centralblatt, Bd. XII, S. 609 ff., No. 20 — 22. Erlangen, den J. und 15. November 1892). 2) Ueber. den Einfluss des Lichtes auf die Gestaltung und Anlage der Blüthen (Sep.-Abd. aus Pringsheim’s Jahrbüchern für wiss. Botanik, Bd; XXV Heft 2 (Berlin 1893), S. 6). 58 H. Potonik, Die Wechsel-Zonen-Bildung der Sigillariaceen. der Blüthenregion vor. A. Braun sagt diesbezüglich1): »Als zu- fällige, hauptsächlich durch feuchte Witterung veranlasste Er- scheinung findet man Laubsprossbildung im Blüthenstand bei sehr verschiedenen Pflanzen.« Sogar Pflanzen, die vorher geblüht haben, kann man, wie ich nachgewiesen habe2), nachträglich durch weitere Cultur bei Belichtungs-Verminderung, noch in der Blüthen- region zur Production von Laubsprossen veranlassen. Sehen wir uns mit Rücksicht auf diese Thatsachen die Sig Maria-Stücke mit Blüthen- Abbruchsstellen an, so werden wir zwingend dazu geführt, die Wechselzonen - Bildung überhaupt als abhängig von den äusseren Einflüssen anzusehen. Ich habe schon angedeutet, dass ich mir die zonenweise engere Stellung der Blattnarben nur zu erklären wüsste, hauptsächlich durch die An- nahme ungünstiger Ernährungsverhältnisse, wie solche bei Mangel an genügender Feuchtigkeit eintreten müssen. Auch hohe Licht- intensität ist längst als eine Ursache der Internodien -Verkürzung bekannt, und es mag hier und da auch dieser Factor bei der Wechselzonen-Bildung der Sigillariaceen mitgespielt haben, wie beispielsweise an dem in der Textfigur auf S. 42 zum Theil ab- gebildeten Sigillaria- Rest, dessen Grössen -Unterschied in der Stellung der Blattnarben auf den beiden Seiten sich — wie mir scheint, und wie ich das vorue gethan habe — am besten durch verschiedene Belichtungs- Einflüsse erkläi’en lässt. Stärkere Be- lichtung und Trockenheit wirken also auf die Blüthenbildung fördernd, und es ist doch gewiss eine treffliche Bestätigung meiner Erklärung der Entstehung der Wechselzonen-Bildung, dass dieser Thatsache entsprechend, wie gezeigt, in der That Blüthenbildung in Querzeilen oder Querzonen so häufig gerade als Abschluss einer Laubblatt-Zone mit engeren Narben beobachtet wird, während der umgekehrte Fall, also Blüthenbildung als Abschluss einer Laubblatt- Zone mit lockereren Narben, kaum vorzukommen oder doch bisher nicht hinreichend beobachtet worden zu sein scheint. *) Ueber Polyembryonie und Keimung vou Caelebogyne. (Aus den Abh. d. Königl. Preuss. Äkad. d. Wiss. zu Berlin 1859 [Berlin 1860].) S. 180. 2) Pseudo-Viviparie an Juncus Inifonius L. Vortrag gehalten iin »Botanischen Verein der Provinz Brandenburg« zu Berlin am 10. November 1893. (Biologisches Centralblatt, Bd. XIV, No. 1, S. 11 ff. Cassel 1894.) 59 H. PoTONiK, Die Wechsel-Zonen-Bildung der S'gillariaceen. Ein besonderes Interesse gewinnt durch die gegebene Be- leuchtung das von mir anderwärts citirte, von W. Carruthers* 2 3) bekannt gegebene Stammstück mit Aspidiaria - Felderung , dessen Zweig mit Feldern besetzt ist, die allmählich von der Basis des starken Zweiges bis zu seiner abgebrochenen Spitze an Höhe ab- nehmen, so dass das Zweigstück in seiner oberen Hälfte Bergeria- Felderung zeigt. In dem obersten Drittel des Zweigstückes etwa sind die Felder am niedrigsten, hier durchaus an typische Polster von Lepidopldoios erinnernd. Was nun aber für uns von be- sonderem Interesse ist, das ist die Thatsache, dass das ganze Fossil nur Halonia- Wülste, d. h. also bliithentragende Emergenzen3) in der Region mit den schmälsten Feldern, also nur in dem oberen Drittel des Zweigstückes entwickelt hat, übereinstimmend wie die erwähnten Sigillaria-Re&te in der Zone, in der das Längenwachs- thum weniger intensiv gewesen ist. Vergleichen wir wieder die entsprechenden Verhältnisse, also das Auftreten der Blüthen bei den Cycadaceen, so finden wir diesbezüglich bei dieser Familie die nur denkbar wünscbens- wertheste Uebereinstimmung. Wenn nämlich in der That die Niederblattzonen der Cycadaceen phylogenetisch aus Zonen her- vorgegangen sind, veranlasst durch die äusseren Einflüsse eines periodisch wechselnden Klimas, wie ich für die Wechsel- zonen der Sigillariaceen annehmen muss, dass sie ein Ausdruck wechselnder äusserer Witterungsverhältnisse sind, so wäre zu er- warten, dass sich die Cycadaceen auch hinsichtlich ihrer Blüthen- bildung ebenso verhalten, wie die blühenden, mit Wechselzonen versehenen Sigülaria-Fälle. Dies ist nun in der That der Fall: den Blüthen der wechselzonenbildenden Cycadaceen geht immer eine Zone von Niederblättern voraus, ln der Zusammenfassung von A. W. Eichler4) finden wir die Angabe: »Sie (nämlich die 0 Die Zugehörigkeit von Halonia (Berichte der Deutsch, botan. Ges., 11. Jahrg., Berlin 1893, S. 49:1). 2) On Halonia of Lindley and Hutton and Oyclocladia Goldenberg (The geological magazine, vol. X, London 1873, S. 145 ff., Taf. VII, Big. 1). 3) Vergl. meine schon citirte Arbeit über Halonia. i) 1. c. S. 12. 60 H. PoToxni, Die Wechsel-Zonen- Bildung der Sigillariaceen. Bliithen, P.) stehen... zwischen den jüngsten Wedeln«, und A. Braun1) sagt von dem Büschel der Fruchtblätter: »er ver- tritt die Stelle einer Laubkrone, indem ihm in ähnlicher Weise wie dieser eine Periode von Niederblättern vorausgeht.« Ich habe noch darauf aufmerksam zu machen, dass die in Querzonen auftretenden Bliithen- Abbruchsstellen der Sigillariaceen ganz auffallend häufig höchst unregelmässig und die Oberfläche, besonders die Blattnarben, missgestaltend auftreten, während im Gegensatz hierzu die in wenigen Längszeilen erscheinenden Bliithen- Abbruchsstellen gewöhnlich die Oberflächen-Ordnung nicht wesentlich stören. Es ist das ja ohne Weiteres begreiflich, da die Bliithenansatzstellen, die zwischen den Orthostichen Platz finden, besonders viel davon wegnehmen, wenn sie gleich auf einer ganzen Querzone auftreten. Unter gleichbleibenden äusseren Verhält- nissen, die ich nach dem Vorausgehenden dort annehmen kann, wo ich Sz^iZ/an'a-Oberflächen mit gleichinässigen Blattnarben-Grössen und -Entfernungen habe, pflegen die Bliithen weniger dicht auf einer Horizontal-Zone zusammengedrängt vorzukommen, vielmehr sind es da meist einzelne Längszeilen von Bliithen- Abbruchsstellen, welche sich zwischen die Orthostichen einklemmen. Alle die vorgeführten Thatsachen lassen sich zusammeuge- nommen so vollständig und befriedigend durch die Annahme er- klären, sie als Reaction auf die Ernährungs- und Witterungs- Verhältnisse aufzufassen, dass mir bis auf Weiteres diese An- nahme durchaus geboten, ja nothwendig erscheint. Um das sich für die Sigillarien ergebende Resultat noch ein- mal hervorzuheben, fasse ich dasselbe in die Worte: I. Die Untergruppirung der Sigillai'ien auf Grund der bis- her dafür verwendeten Rindenoberfläche entspricht nicht der wahren systematischen Verwandtschaft der Sigillaria- Arten und ist auch wegen des Zusammenvorkommens der verschiedenen Oberflächensculpturen au einem und demselben Stücke undurch- führbar. Nur 2 Gruppen lassen sich vorläufig beibehalten: die Eusigillarien und die Subsigillarien. l) 1. c. Gymnospennie d. Cyo. S. 349. H. Potonik, Die Wechsel-Zonen-Bildung der Sigillariaceen. öi II. Die Zonenbildung an den Stammoberflächen der Sigillarien beruht nicht, wie E. Weiss annahm, in einer Altersverschiedenheit der Oberflächen, so dass die Blattnarben an den älteren Stengel- resp. Stamm -Theilen weiter auseinanderrüeken , wie u, a. ohne weiteres durch Exemplare, an denen solche Zonen mit einander ab wechseln, widerlegt wird, sie ist vielmehr bedingt durch Er- nährungs- und Witterungs- Einflüsse und stellt kein specifisches Charakteristicum für die Sicjillaria- Arten dar. III. Die Blüthenbildung in Querzonen bei den Sigillarien tritt besonders häufig als Abschluss einer Laubblatt- Zone mit engeren Narben (kürzeren Internodien, soweit man bei den Sigillarien von Internodien reden kann) auf, resp. in Regionen mit enger stehenden Blattnarben, Thatsachen, welche unter der Voraussetzung, dass das unter II. Gesagte richtig ist, mit der von recenten Pflanzen her bekannten Erscheinung in vollem Ein- klang stehen, dass Licht und Trockenheit (Nahrungs -Mangel) auf die Blüthenbildung fördernd wirkt. Ueber den in Obigem abgehandelten Gegenstand habe ich in den Sitzungen vom 17. October und vom 21. November 1893 der Gesellschaft naturforschender Freunde zu Berlin *) Vorträge ge- halten mit Vorlage des auf Taf. III, Fig. 1 abgebildeten Stückes. Es hat sich nun zwar an diese Vorträge keine Discussion ge- knüpft, aber es hat sich nach der ersterwähnten Sitzung die Meinung geregt, dass es sich in den Stücken mit Wecbselzonen- Bildung nur um Erhaltungszustände handeln dürfte. Wenn ich nun auch gar nicht daran denke, dass die Pflanzenpaläontologen einen solchen Einwand erheben könnten, wie ja von denjenigen unter ihnen, welche Stücke mit Wechselzonen bekannt gegeben haben, niemals, ebensowenig wie jemals — soweit ich die Litteratur kenne — von anderer Seite der Gedanke an die Möglichkeit, dass es sich nur um Erhaltungszustände handeln könnte, auch nur angedeutet worden ist, so will ich doch die meines Erachtens triftigen Gründe angeben, die zu der von mir vertretenen Auf- 9 Vergl. Sitzungsberichte S. 216 ff. und S. 243. Cy2 H. Potosik, Die Wechsel-Zonen-Bildung cler Sigiliariaceen. fassuug führen müssen, dass es sich also in der Wechselzonen- Bildung in der That um Wachsthums -Ersehe inungen der Pflanzen, nicht um Erhaltungszustände der Reste handelt. Und zwar gehe ich deshalb näher auf den Einwand ein, weil der- selbe auf den ersten Blick hin wohl plausibel erscheint, und mir ferner daran liegen, muss, die der Pflanzenpaläontologie ferner stehenden Gelehrten davon zu überzeugen, dass diese Disciplin sich immer mehr und mehr bemüht, in exacteres Fahrwasser zu steuern. Ich will gleich an das zuletzt in meiner Auseinandersetzung Gesagte anknüpfen, um zu zeigen, wie wenig die mir entgegen gehaltene Ansicht zulässig ist. Es wäre doch höchst wunderbar, wenn die Zug- und Druck- verhältnisse, welche also nach dem in Rede stehenden Einwande die Veranlassung zur Zoneu-Bildung abgegeben haben sollen, so merkwürdig häufig derart gewirkt habens#ollten , dass die Grenze verschiedenartiger Wirkungen gerade durch Blüthenregionen wie in den oben vermerkten 10 ersten Fällen hindurchging, dass ferner bei dem oben (S. 59) erwähnten CARRUTHERs’schen Lepidoden- draceen- Stück die Blüthen -Bildung in ähnlicher Weise zur Aus- bildung und Stellung der Blattpolster in Beziehung steht, wie bei den genannten Sigiilaria-llesten , und dass endlich — wie unter No. 11, S. 56 erwähnt — von den Subsigillaria- Arten nur cancellate Stücke mit Blüthen bekannt geworden sind, aber niemals leioderme. Und nun : wer kann mit Hülfe der mir entgegengehaltenen Ansicht die von mir in Zusammenhang mit bekannten Erscheinungen ge- brachte Thatsache erklären, dass die Querzonen mit Blüthen entweder über oder unter sich von gleichmässig entwickelten Oberflächen be- grenzt werden, oder als Abschluss engnarbiger Zonen folgen, aber — soweit bekannt — kaum als Abschluss lockernarbiger auf- treten? Ist das »Zufall«? Haben »zufällig« in allen den von mir aufgeführten 10 Fällen die Zugwirkungen nur die Region oberhalb der Blüthenzone betroffen, resp. — wenn man annimmt, dass diese Region die normal gebliebene ist — hat in allen Fällen zufällig die unter den Blüthen befindliche Region eine Zusammenschiebung erfahren? Warum ist kein Stück bisher be- H. Pot Die Wechsel- Zonen -Bildung der Sigillariaöeen. 63 kann! geworden, das die umgekehrten Verhältnisse zeigt? Warum, giebt es ferner keine leiodermen Oberflächen mit Blüthennarben? Wie gesagt, das kann derjenige, der nur an Erhaltungszustände glaubt, nur als merkwürdige Zufälle erklären. Die epidermale Oberfläche der mir vorliegenden Stücke mit W echselzonen-Bildung — ich will besonders auf das Stück Taf. III, Fig. 1, aufmerksam machen — ist durchaus glatt nur mit feinsten Punkten besetzt: Taf. III, Fig. 1 c; Falten und Runzeln, die auf eine Zusammenschiebung oder auf Zerreissuugen der Epidermis, also auf eine gewaltsame Dehnung hindeuteten, sind nicht vorhanden. Während es ja genügende Sigillaria- Exemplare giebt, die das zeigen und dadurch beweisen, dass sie sich in dieser Beziehung ebenso verhalten haben wie die recenten Pflanzen, bei denen ebenfalls epidermale Gewebe und Korkgewebe — wie das Platzen der Aussenrinden zeigt, die dem Dickenwachsthum der Bäume nicht folgen können — wegen ihrer sehr minimalen Elasticität sehr leicht reisseu. Für die Stücke mit Wechselzonen muss nun derjenige, der auch trotz dieser Ueberlegung daran festhält, dass die letzteren auf Druck- und Zug -Verhältnisse zurückzuführen sind, die Ausnahme machen, dass gerade diese Stücke von den auderen ohne Zonenbildung dadurch abweichen, dass ihre Epi- dermis in bis jetzt bei Pflanzen unbekannt gebliebener Weise elastisch war resp. bei der Fäulniss elastisch geworden ist. Erstens ist es aber eine ganz unberechtigte Annahme, die Stücke mit Wechselzonen als molecular ganz anders constituirt anzu- nehmen als die Stücke ohne Wechselzonen, und ferner wissen wir, dass durch Verwesung von Pflanzen-Epidermeu und -Rinden, wie die Behandlung der Pflanzentheile mit IP2SO4 — was ja der Verwesung namentlich in der Hinsicht gleichkommt, als sie eben- falls zur Verkohlung führt — die in Rede stehenden Gewebe keines- wegs elastischer oder dehnbarer werden, als sie im Leben waren. Im Gegentlieil scheinen sie die sehr geringe, kaum beachtens- werthe Dehnbarkeit, die sie im Leben besassen, ganz zu verlieren, wie mikroskopische Bilder von ^SO^Präparaten lehren. Unsere Kenntnisse führen uns also im Gegentlieil zu der Annahme, dass die kohlig erhaltenen Epidermen und verkorkten Theile der 64 H. PoTOsr ', Die Wecksel-Zonen-Bildung der Sigillariaceen. fossilen Pflanzen sicli hinsichtlich ihrer Dehnbarkeit yerhalten wie diejenigen der recenten Pflanzen, wenn sie einen Verwesuugs- process durchgemacht haben. An lebenden Pflanzentheilen beträgt die Dehnbarkeit ver- korkter Membranen, wie S. Schwendener experimentell festge- stellt hat1), kaum 2 pCt., da schon bei einer Dehnung von 2 pCt. zahlreiche lfisse in der Cuticula auftreten. Schon die Streckung eines frei präparirten Epidermisstreifens des Blattstiels von An- ihurium cannaefolium von 60 auf 61 Millimeter erzeugte hier zahl- reiche Querrisse. Betrachten wir nun daraufhin unser Stück Taf. III, Fig. 1, so sehen wir, dass für die untere Hälfte eine Dehnung der Cuticula ohne jede Rissbildung von gegen 400 pCt. angenommen werden müsste! Und zwar dies für die Theile zwischen den Blattnarben, während die Blattnarben selbst sich etwa nur um 50 pCt. gedehnt hätten. Die Möglichkeit einer so unerhörten Dehnfähigkeit der Cuticula zugegeben, müsste es Wunder nehmen, warum denn die die Blattnarbe bedeckende Korkhaut bei dem Fossil weniger dehn- bar sein soll, als die Cuticula, da es sich doch, wie die Ex- perimente an lebenden Pflanzen ergeben, sonst gerade umgekehrt verhält. So zeigen Periderm-Lamellen gewisser recenter Pflanzen, z B. von Prunus , Verlängerungen von 10 — 12 pCt. ohne Riss- bildung2). Man sieht also wieder, dass man gezwungen ist, bei der Erklärung der Wechselzonen der Sigillariaceen als veranlasst durch Zug, als das Resultat von Dehnungen, Annahmen zu machen, die mit den Erfahrungen der Botaniker nicht in Einklaug stehen, ja, die das gerade Gegentheil für die fossilen verlangen, als es von den recenten Pflanzen bekannt geworden ist. Betrachtet man das Stück Taf. III, Fig. 1 mit dem Gedanken, sich nun klar zu machen, ob denn nicht vielmehr der untere Theil desselben der normale ist und der obere durch Zusammen- schiebung entstanden sein könnte (es ist Beides behauptet worden), so wäre anzuuehmen, dass die Cuticula zu Lebzeiten in . x) Die Schlitzscheiden und ihre Verstärkungen (Äbh. d. Königl. Preuss. Akad. der Wiss. zu Berlin 1882, S. 40). 2) ScHNVKNDENER, 1. C. S. 42. H. Potoniii, Die Wechsel-Zonen-Bildung der Sigillariaceen. 65 einer elastischen Spannung von unglaublicher Höhe sich befunden hat, die dann im Verlauf der Verwesung in dem oberen Theil sich ganz oder zum Theil ausgeglichen haben müsste. Diese Annahme müsste durchaus gemacht werden, da ja, wie schon gesagt, die Cuticula keinerlei Schrumpfung erkennen lässt. Dass die Punktirung in der Cuticula des oberen Theiles bezüglich der Annäherung der einzelnen Punkte kaum oder nicht von der des unteren Theiles zu unterscheiden ist, bleibt dabei ein völliges Räthsel. Auch bei der Annahme, dass der obere Theil des Stückes der nachträglich veränderte ist, geräth man also in Collision mit den aus dem Studium der lebenden Pflanzen ge- wonnenen Erfahrungen. Wenn ein Apfel durch Verdunstung von seinem Wasserquantum etwas abgiebt, so legt sich die Epi- dermis sehr bald in Falten und bildet dann eine runzlige Ober- fläche: ein alltäglicher Beweis für die höchstens minimale Span- nung, mit welcher das in Rede stehende Gewebe resp. ins- besondere die Cuticula den prallen Apfel umspannt hielt. Handelt es sich in dem Stück Taf. III, Fig. 1 um eine Er- haltungs-Erscheinung, so würde die Frage berechtigt sein, ob denn nun alle Rhytidolepis - Stücke i. e. S. resp. alle tessellaten Oberflächen Erhaltungszustände sind, oder ob nur an den Stücken mit Wechselzonen Rhytidolepis- oder tessellate Oberflächen derart vorgetäuscht werden, dass eine Unterscheidung von den echten Rhytidolepis- und tessellaten Oberflächen unmöglich geworden ist? Kleine Bruchstücke, die nicht als Stücke einer Wechselzone zu erkennen sind, würden dann fälschlich für normal erhalten ge- blieben angesehen werden u. s. w. : kurz, es wäre vollkommen unmöglich, Erhaltungszustände von Sigillarien von den normal ge- bliebenen Oberflächen zu unterscheiden und zu trennen, da ja beide absolut ununterscheidbar sind. Ich frage jetzt: wie sehen ungezerrte Sigillaria- O b er fläch e n aus?? Dass die Epidermis - Oberfläche an Sigillarien oft genug die Spuren mechanischer Einwirkungen zeigt, ist selbstverständlich und bekannt; aber diese als solche ohne Weiteres und ohne Wider- spruch erkennbaren Einwirkungen äussern sich so, wie es der Botaniker auf Grund der Erscheinungen an lebenden Pflanzen von 5 Jahrbuch 1893. 66 H. Potonik, Die Wechsel-Zonen-Bildung der Sigillariaceen. vorn herein erwarten muss: die Epidermen und Hautgewebe sind nämlich — wie schon oben angedeutet — an solchen Stücken zerrissen, und zwar ist nicht zu bemerken, dass in den Riss- Regionen die Blattnarben durch Dehnungen weiter aus einander gerückt wären als in den Theilen, die unzerrissen geblieben sind. Wir haben eben — wie gezeigt — gar keinen Grund (wenn nicht gar denjenigen, die Stücke mit Wechselzonen-Bildung durch- aus als Erhaltungs-Zustände deuten zu wollen selbst) anzunehmen, dass sich die Epidermis und das Hautgewebe der paläozoischen Pflanzen anders verhalten hätte als die der heutigen Pflanzen; im Gegentheil deutet Alles, wie gezeigt, darauf hin, dass diese Gewebe in den in Rede stehenden Verhältnissen durchaus mit den der recenten Pflanzen übereinstimmten. Auch die That- sache, dass es gerade epidermale und Hautgewebe sind, die sich mit Vorliebe kohlig an fossilen Pflanzen erhalten, deutet auf die Uebereinstimmung der chemischen Zusammensetzung der in Rede stehenden fossilen und recenten Gewebe hin. Auch bei den recenten Pflanzen sind es die Hautgewebe, die sich sowohl bei der Verwesung und bei Behandlung mit H2SO4, welche wie eine schnelle Verwesung wirkt, am längsten und kohlig er- halten. Schliesslich ist noch das Folgende zu beachten. Wechselzonen sind nicht allein an Stücken constatirt, die zusammengedrückt parallel zur Schichtungsfläche lagen, sondern auch an cylindrischen, auf- recht, also senkrecht zu den Schichtungsflächen stehenden Baum- stümpfen, bei denen also bedeutendere Druck- und Zugwirkungen nicht stattgefunden haben können. C. Grand’Eury beschreibt und bildet solche Stamm-Stücke ab x). Sehr schwer dürfte die Erklärung der mit Wechselzonen ver- sehenen Stücke von Sig. camptotaenia als Erhaltungszustände sein: weichen doch die Narben der verschiedenen Zonen in ihrer äusseren Form ganz von einander ab. Nun das Resultat: Die Erklärung der Sigillaria- Reste mit Wechselzonen-Bildung als blosse Erhaltungszustände erfordert *) Geol. et pale out. du Bass. h. du Gard 1890, pl. XIII, fig. 1 et 7. H. Potonik, Die Wechsel-Zonen-Bildung der Sigillariaceen. 67 einen solchen Aufwand unhaltbarer Annahmen, dass an die Richtig- keit derselben nicht zu denken ist, während die Deutung der Wechselzonen als Wachsthums-Erscheinungen weder irgend einen Widerspruch mit dem aus der recenten Pflanzenwelt her bekannten ergiebt noch sonstwie irgend welche gezwungenen Annahmen voraussetzt. Ueber die Dislocationen westlich und südwestlich vom Harz und über deren Zusammenhang mit denen des Harzes. Von Herrn A. von Koenen in Göttingen. In den Bänden dieses Jahrbuches für die Jahre 1883 bis 1887 habe ich mehrfach in Aufsätzen die Dislocationen am Harzrande und deren Alter erörtert. Nachdem jetzt aber die geologische Aufnahme der Messtischblätter westlich und südwestlich vom Harz (Reinhausen, Gelliehausen, Göttingen, Waake, Nörten, Lindau, Moringen, Westerhof, Gandersheim und der an die beiden letzteren zunächst anstossenden Streifen von Osterode und Seesen) zum Theil mit Hülfe der Herren Dr. Ebert und G. Müller been- digt ist, und die Blätter selbst dem Druck übergeben sind, ist es möglich, eine umfassendere Uebersicht über den geologischen Bau dieser Gegend zu geben und einzelne wichtigere Beobachtungen hervorzuheben. Orographisch sind für den Bau des erwähnten Gebietes von hervorragendem Einfluss eine Reihe von Störungen, welche in der Richtung von S. nach N. (mit einem Strich nach O.) in sehr mannichfaltiger Weise auftreten. Die bedeutendste derselben ist die Graben -Versenkung in der Muldenspalte, welche das Leinethal zwischen Eichenberg und Kreiensen enthält, und in welcher sich neben kleineren Muschel- kalk-Schollen besonders Schichten der verschiedenen Keuperbil- dungen und stellenweise auch des Lias eingesunken finden, öfters in einer gewissen Regelmässigkeit; so bilden in der weiteren Um- A. v. Koenen, Ueber die Dislocationen etc. 69 gebung von Göttingen die zum Theil recht langen Streifen von Rhätkeuper auf beiden Seiten der Leine eine Antiklinale innerhalb der Synklinalspalte von Muschelkalk. Die Ränder dieser letzteren sind vielfach zerrissen und zer- schnitten durch anderweitige Störungen, die später zu erörtern sind; so springt bei Göttingen wiederholt der Ostrand der Leine- thalspalte nach NW. vor. Auf Blatt Reinhausen wird im S., bei Friedland und Reckershausen, das Leinethal wesentlich schmaler, die Grabenversenkung dagegen eher breiter, indem hier, wo Bunt- sandstein die Ränder derselben bildet, grössere Massen von mehr oder minder zerrissenem Muschelkalk neben Rhätkeuper innerhalb der Versenkung als höhere Bergrücken und Kuppen hervorragen. Es divergiren hier aber auch nach S. zu verschiedene Bruchlinien nach O. und W. Von Nörten nach N. verbreitert sich der Leinethalbruch er- heblich besonders dadurch, dass von der Buntsandsteinmasse au seinem östlichen Rande sich ein keilförmiger Streifen abgelöst hat, in das Leinethal gleichsam hineinhängt und sich nach N. immer mehr senkt, und mit dem nach O. auf ihm liegenden Muschelkalk endlich abbricht, während in der nach N. sich schnell erweiternden Lücke zwischen diesem abgelösten und dem stehen gebliebenen Theile zunächst Muschelkalk, weiter nach N. auch Keuper etc. eingeklemmt stecken, nach N. sich tief senken und dort meist von Lehm verdeckt sind. Es ist aber wohl kein Zufall, — ganz Aehnliches finden wir auch bei Westerhof — dass auf das nördliche Ende des abge- lösten Streifens die Bruchlinie des Langfast stösst, einer ostwest- lich von Herzberg herstreichenden Grabenversenkung von unterem Muschelkalk zwischen Buntsandstein, welche den Wieter im S. abschneidet und ganz ähnliche Verhältnisse zeigt, wie Versen- kungen, die ich früher nördlich von Hersfeld und bei Treysa kennen gelernt habe. Die Schichten liegen nämlich zuweilen muldenartig, wenn auch zum Theil recht steil geneigt, und meist so, dass einzelne Glieder, hier der obere Wellenkalk, ganz fehlen. Die Muldenlinien sind aber in Wirklichkeit Bruchlinien und laufen nicht parallel den Rändern der Versenkung, sondern etwas schräg 70 A. v. Koknkn, Ueber die Dislocationen gegen dieselben, so dass sie sich diagonal von dem einen zum anderen hinüberziehen, und dass von da an, wo sie spitz den Rand treffen, überhaupt nur noch ein Flügel der scheinbaren Mulde vorhanden ist, und an verschiedenen Stellen entweder der Süd- flügel oder der Nordflügel. Der »Wieter« , ein scharfer, steil nach W. einfallender Wellenkalk-Rücken bildet den Ostrand der Leinethal-Spalte und wird im W. durch einen schmalen, meist von Abhangsschutt ver- deckten Streifen von Gypskeuper von tief eingesunkenem oberem und mittlerem Lias getrennt, während er im O. gleichmässig von Röth und mittlerem Buntsandstein unterteuft wird. Sowohl an seinem südlichen, als auch an seinem nördlichen Ende wird er sehr auffällig durch mehr oder minder tiefe Einsenkungen in eine Reihe von einzelnen Kuppen oder kurzen Rücken zerlegt. In den letzten Jahren sind nun über mehrere dieser Einsattelungen Wege gebaut und dadurch frische Aufschlüsse hergestellt worden, welche mit voller Sicherheit erkennen lassen, dass über jede dieser Einsenkungen ein Querbruch verlänft. Es ist dies also eine ent- scheidende Antwort auf die Frage über die Entstehung min- destens einzelner sogenannter Durchbruchthäler. Im N. besonders senken sich die Schichten des Wieter recht steil zum Rhumethal hinab, augenscheinlich zu einzelnen Schollen verbrochen; quer vor ihnen liegt dann eine recht lange Scholle von Wellenkalk, welche steil nach S. einfällt und den Beweis liefert, dass in der Richtung des Rhumethales, nach O., nach Osterode zu, eine Ver- werfung verläuft, obwohl alle älteren Schichten dort sonst von Lehm und Schotter verdeckt sind. Der Gegenflügel des Wieter auf der Westseite des Leine- thalbruches ist die »Weper« mit ihren Fortsetzungen, deren Bau in dem schon vor Jahren von mir erwähnten Bahneinschnitt von Hardegsen trefflich zu erkennen ist. Zugleich ist dort ungewöhn- lich schön und deutlich nachzuweisen, wie die Richtungsänderung von Bergrücken durch Verwerfungen und Störungen bedingt ist, wie auch der Durchbruch des Espoldethales durch die Weper mit Dislocationen oder Querbrüchen in Verbindung zu bringen ist. Es würde hier aber zu weit führen, die zahlreichen, dort zu beobachtenden., interessanten Einzelheiten zu erörtern. westlich und südwestlich vom Harz etc. 71 Wie aber eine Anzahl von Parallelspalten mit dem Leine- thal auf den Messtischblättern östlich der Leine (Gelliehausen, Waake und Lindau) vielfach für die Oberflächen -Formen be- stimmend sind, wenn auch ihr Vorhandensein bei der Gleich- förmigkeit des Gesteins, meist mittleren Buntsandsteins, in der Regel schwer nachzuweisen ist, so ist auf den Blättern Nörten und Moringen, besonders westlich und südwestlich von Moringen, das Auftreten von solchen Parallelspalten mit voller Sicherheit festzustellen, obwohl sie auf die Oberflächenformen grossentheils nur geringen Einfluss ausgeübt haben; es sind nämlich schmale Streifen von rothen Gypskeuper-Mergeln zwischen den Ceratiten- schichten oder Thonplatten in den Parallel - Spalten eingesunken, keilen sich gelegentlich aus oder ändern ihre Richtung in etwas, wie dies ja doch bei allen Spalten die Regel ist. Auf den Blättern Westerhof und Gandersheim, also genau westlich vom Harz und nördlich vom Rhumethal, sind die Parallel- Spalten mit dem Leinethal mit bedeutenden Versenkungen ver- bunden und daher von weit grösserem Einfluss auf die Ober- flächengestaltung, so dass sie eine nähere Erörterung erfordern. Die westlichste dieser Graben -Versenkungen verläuft vom Ostende von Northeim über Calefeld nach Gandersheim, die nächste von Mandelbeck über Westerhof nach Düderode, Engelade etc. und eine dritte längs des Harzrandes über Eisdorf, Kirchberg- Seesen etc. In dieser letzteren liegen grosse Massen von diluvialen und alluvialen Ablagerungen, von letzteren besonders grosse Mengen von Harzgeröllen ; nördlich von Nienstedt treten unter dem Lehm aber mehrfach ältere Gesteine hervor, und zwar einzelne Schollen von Tertiärgebirge, Braunkohlen und helle Sande mit Quarziten, vermuthlich dem Miocän zuzurechnen, und ausgedehntere Streifen von Muschelkalk, grösstentheils Wellenkalk, welche im Wesent- lichen südnördlich streichen, aber sehr verschieden einfallen. Viel- fach sind drei parallele Streifen vorhanden , von welchen der westlichste und östlichste nach O. einfallen, der mittlere nach W., so dass dieser mit dem westlichen eine Synklinale, mit dem öst- lichen eine Antiklinale bildet. Der östliche Muschelkalkstreifen, oder der unter diesem wohl auch noch sichtbare Röth liegt aber 72 A. v. Koenen, Ueber die Dislocationen zuweilen dicht neben dem oberen Zecbstein oder doch dem unteren Buntsandstein, welcher mit der Decke des westlichen Harzrandes in nächster Verbindung steht, während westlich von dem west- lichen Muschelkalkstreifen und östlich von der zweiten Spalte (Mandelbeck-Düderode etc.) ein grosser Rücken von mittlerem Buntsandstein liegt, welcher Horst- artig (im Sinne von Suess) nur wenig eingesunken, im S. am breitesten ist, nach N. schmaler wird und sich immer mehr senkt, um bei Ildehausen zu ver- schwinden. Dieser Horst ist aber im Wesentlichen sattelförmig gewölbt, so dass die Bausandsteine nach O. und nach W. so ziemlich bis zu den Thalsohlen hinab sinken. Die Gebirgsmassen zwischen der zweiten und der ersten Spalte (Northeim- Gandersheim) sind weit stärker und deutlicher durch Störungen zerrissen; im S., nördlich von Elvershausen bis in die Höhe von Brunstein liegt Buntsandstein, darüber Röth und der ganze Muschelkalk mit steilem, nördlichem Einfallen, durch einen Gypskeuper - Graben getrennt von zunächst südlich ein- fallendem, oberem Muschelkalk, welcher sich, wenn auch von grösseren Störungen durchsetzt, bis in die Höhe von Willers- hausen hinzieht und in der Mitte den Horst der Imbshäuser und Echter Forst bildet; im W. und O. sind freilich überall Schollen von grösserer Ausdehnung etwas abgesunken, und auf den hier- bei gebildeten Spalten sind zahlreiche Erdfälle besonders östlich und nordöstlich von Imbshausen entstanden. Nach N. senken sich die Schichten etwas steiler als die Tagesoberfläche zum Thal der Aue (zwischen Echte und Oldershausen) hinab. Nördlich von diesem folgt auf Gypskeuper ein schmaler Streifen mittlerer Lias und dann der untere und, anscheinend in regelmässiger Folge aber ziemlich steilem nördlichen Einfallen , alle übrigen Stufen der Juraformation bis zum obersten Kimmeridge hinauf auf dem Rücken des Kahlberges; auf diesem verlaufen ein Paar streichende Verwerfungen1), und an seinem Nordhange steht der obere Jura zum Theil ziemlich senkrecht und wird durch eine gegen 500 Meter breite Spalte, welche mit eingestürzten Schollen von Muschelkalk, b Smith, die Jurabildungen des Kahlberges, dieses Jahrb. für 1891. westlich und südwestlich vom Harz etc. 73 Keuper und Jura erfüllt ist, von dem Kühler, einem Plateau von oberem Muschelkalk getrennt. Nordöstlich von diesem folgt dann der Südwestflügel der windschiefen Sattelspalte Harriehausen- Gandersheim- Alfeld etc., über welche ich schon bei einer früheren Gelegenheit (Jahrbuch für 1883, S. XLI) berichtet habe. Nörd- lich von ihrem Nordostflügel folgt dann wieder Gypskeuper etc., eingesunken neben oberem Muschelkalk und auch im O. begrenzt durch den Muschelkalkzug des Heber. Die Höhen zwischen der Spalte Northeim-Gandersheim und der Leinethalspalte sind zum Theil noch weit mehr zerrissen und bestehen zwischen Northeim und Edesheim-Eboldshausen aus mehr oder minder zerrütteten Schollen von Triasbildungen, hauptsäch- lich von oberem Muschelkalk, welche theils einzelne Rücken, theils förmliche Kuppen bilden und nach sehr verschiedenen Richtungen einfallen. Besonders nach O. ist ihr Abhang meist hoch hinauf von Lehm bedeckt, und der Verlauf der Grenze des Muschel- kalks gegen den dort eingesunkenen Gypskeuper wird durch eine Reihe von tiefen, Amphitheater - artigen Einsenkungen im Lehm bezeichnet, wie ich dies auch sonst schon öfter beobachtet habe; das Tagewasser hat zwar ungehinderten Abfluss aus ihnen nach O., doch sind sie ihrer Lage nach jedenfalls durch Erdfälle ent- standen. Zudem habe ich in der Mitte einer derartigen Einsen- kung einen frisch entstandenen kleineren Erdfall beobachtet. Ver- schiedene Erdfälle liegen aber auch auf einer Verwerfung am Nordwestfusse des Sultemer Berges nahe dem Waldrande, süd- südöstlich von Edesheim, und auf einer anderen auf dem Weh- klag-Berge ostnordöstlich von Edesheim. Die West -Abhänge der Worfschaufel (zwischen Hohnstedt und Vogelbeck) und des Hungerberges (nordöstlich Salzderhelden) zeigen eine ungewöhnlich starke Zerreissung der verschiedenen Trias- Schichten in einzelne kleine Schollen und Streifen; augen- scheinlich sind hier beim Einsinken des Leinethaies einzelne Fetzen wirr neben und auf einander auf dem mittleren Buntsand- stein hängen geblieben, welcher das Leinethal nach W. verschiebt, von Vogelbeck- Eboldshausen an weit nach N. reicht und von einer parallel dem Auethal von Nienstedt über Westerhof-Echte-Cal§- 74 A. v. Koenen , Ueber die Dislocationen feld-Olxheim etc. nach NW. verlaufenden Verwerfung abgeschnitten wird, aber auch im O. durch einen Bruch begrenzt wird, welcher über Sievershausen und das Nordende des Westerberges sich hin- zieht. Südlich von Sievershausen wird in zwei dicht neben ein- ander befindlichen Steinbrüchen mittlerer Buntsandstein beziehungs- weise Trochitenkalk gewonnen; letzterer fällt ziemlich steil nach SSO. ein und bildet auf 300 Meter Länge den Kamm des Steimer- berges, wird aber durch einen Streifen Gypskeuper abgeschnitten, und da, wo dieser Rücken sich mehr nach N. zum Westerberge umbiegt, beginnt ein über 1000 Meter langer Zug von Trochiten- kalk, welcher steil nach WNW. einfällt, während am Südosthange des Westerberges Schaumkalk, mittlerer und oberer Muschelkalk steil nach OSO. einfallen. Störungen und Bruchlinien, wie die oben erwähnten, welche durchnittlich etwa von SO. nach NW. laufen, sind ja, wie ich schon vor Jahren betont habe, im ganzen nordwestlichen Deutsch- land verbreitet und von hervorragendem Einfluss auf die Ent- stehung der mesozoischen Gebirge und sind an solchen Stellen, wo ich das relative Alter feststellen konnte, älter, als die süd- nördlichen Dislocationen, welche nicht selten sie unterbrechen, oder an ihnen abspringen und ihnen streckenweise folgen. Dies ist, wie schon oben erwähnt, Lei Göttingen der Fall, aber auch die süd - nördlichen Gypskeuperstreifen zwischen den Ceratiten- schichten westlich von Moringen springen ab an anderen, ganz ähnlichen, aber nach NW. verlaufenden Streifen, welche als Neben- spalten des Bruches am Südwestfusse der Ahlsburg aufgefasst werden müssen. Die Ahlsburg mit ihren Fortsetzungen ist ein hoher, breiter Rücken von mittlerem Buntsandstein, welcher nach NO. einfällt und dort von regelmässig über ihm folgenden, aber niedrigeren Rücken von Wellenkalk und Trochitenkalk begleitet wird, als Südwestgrenze des grossen Versenkungsbeckens Einbeck - Mar- koldendorf. Am Südwestfusse der Ahlsburg liegen aber tief einge- sunken und meist steil nach SW. geneigt Streifen von Muschel- kalk, Gypskeuper und auch von Tertiärgebirge. Nördlich von Moringen gelangen nun diese nordwestlich westlich und südwestlich vom Harz etc. 75 streichenden Schichten in den Bereich der südnördlichen Leine- thal-Brüche, durch welche zunächst eine grössere Scholle, der Schmandberg und Böllenberg, von der Ahlsburg abgetrennt und nach SSO. abgelenkt wird, indem zugleich der Buntsandstein weit weniger hervorragt, als der Wellenkalk; weiterhin, auf dem Ziegen- berge und zwischen Berwartshausen und Elvese, ist dann der Muschelkalk in einzelne ganz unregelmässige Fetzen zerrissen, neben und zwischen welchen verschiedene Schichten des Keupers eingesenkt liegen. Streifen von marinem Ober- Oligocän sowie von (vermuthlich) miocänen Quarzsanden, Quarziten und Braunkohlenthonen, welche östlich und nördlich von Moringen zwischen älteren Schichten eingeklemmt sind, lassen darauf schliessen, dass die nordwestlich streichenden Störungen auch hier nicht früher, als am Ende der Miocän-Zeit entstanden sind; da aber nördlich und südlich von Northeim innerhalb der Leinethal- Versenkung Thone, Sandsteine etc., welche wohl als fluviatiles Pliocän zu deuten sind, auf dem eingesunkenen Keuper und Lias liegen, so sind auch hier die Süd-Nord-Störungen zur Pliocän-Zeit bereits vorhanden gewesen, wie ich dies seiner Zeit schon für andere Gregenden ausge- führt habe. Es liegt aber auch in der erwähnten Bruchlinie Mandelbeck- Willershausen-Düderode neben Gypskeuper etc. in grösserer Aus- dehnung Tertiärgebirge, helle Sande mit Quarziten, Braunkohlen- thone und Braunkohlen eingesunken, und helle Sande mit Milch- quarzbrocken, Quarzite und Braunkohlen finden sich auch, wie oben erwähnt, westlich von Eisdorf, nördlich von Nienstedt, in der Versenkung am Harzrande, und diese Tertiärbildungen möchte ich bei ihrer Uebereinstimmung mit denen im Solling, bei Dransfeld und Cassel ebenfalls für Miocän halten, also diese Brüche eben- falls für jung-miocäne. Es finden sich nun Harzgerölle in solchen Flussthälern allgemein verbreitet, welche durch Zuflüsse Wasser und Gerolle aus dem Harz erhalten, aber in der Regel nur wenig über der jetzigen Thalsohle; nur bei Hammenstedt östlich Northeim liegt eine solche Harzschotter-Terrasse auf dem Buntsandstein gegen 30 Meter über 76 A. v. Koenen , Ueber die Dislocationen der jetzigen Thalsohle bei ca. 160 Meter Meereshöhe. Es sind aber Ablagerungen von Harzschotter westlich von Holtensen, öst- lich und nördlich von Wiebrechtshausen recht verbreitet, und am Westabhange des Uhberges südwestlich von Imbshausen und weiter nördlich finden sie sich bis zu einer Höhe von 190 Meter, so dass es den Anschein hat, als sei einstmals die Rhume hier entlang und zwischen dem Assberge und dem Edesheimer Berge hindurch in das Leinethal geflossen. F erner findet sich an der Stelle, wo die oben erwähnte Graben- Versenkung Mandelbeck- Denkershausen den östlichen Theil der Versenkung Northeim- Calefeld trifft, eine Einsenkung der Erdober- fläche, ein Versenkungsbecken, von mehr als 1000 Meter Durch- messer, welches theils künstlich entwässerte, z. Th. sumpfige Wiesen, theils einen grösseren, tiefen, von Schilf und Rohr um- gebenen Teich enthält, ganz ähnlich den Seen in der Mark, Mecklenburg, Pommern etc. Hätte aber dieses Becken schon existirt zu der Zeit, wo anscheinend die Rhume in höherem Ni- veau in geringer Entfernung Harzschotter vorbei transportirte , so würde doch mindestens der tiefe Denkershäuser Teich mit Schotter ausgefüllt worden sein, ähnlich wie der Westerhöfer Teich südlich Westerhof, auf der Spalte Mandelbeck -Düderode, welcher noch Mitte dieses Jahrhunderts dem Botaniker zahlreiche seltene Wasser- und Sumpfpflanzen lieferte, jetzt aber ganz trocken gelegt ist und Felder und Wiesen trägt. Die letzte Trockenlegung ist hier von Menschenhand ausgeführt worden, die eigentliche Ausfüllung aber durch die Schuttmassen, welche die langen, hier mündenden kleinen Wasserläufe aus dem östlich angrenzenden Buntsandstein - Gebiet herbeiführten. Das Wassergebiet des Denkershäuser Teiches ist freilich weit kleiner und besteht vorwiegend aus Muschelkalk, welcher weit weniger leicht erodirt wird, als der Buntsandstein. Immerhin wird man annehmen müssen, dass der Denkers- häuser Teich tektonischen Ursprungs ist — Gletscher sind hier niemals gewesen — und erst in recht junger Zeit ein- gesunken oder tiefer eingesunken ist, als die Rhume bereits ihren jetzigen Lauf eingenommen hatte, mag nun jener alte Rhume- schotter als diluvialer oder pliocän-tertiärer gedeutet werden müssen. Westlich und südwestlich vom Harz etc. 77 Das grosse Buntsandsteingebiet zunächst dem Harz, östlich der Bruchlinie Mandelbeck- Düderode etc., wird nun auch von einer Anzahl vorwiegend nach NW. streichender Verwerfungen durchschnitten, von welchen eine, schon oben erwähnte, von Osterode her über Nienstedt nach Echte-Olxheim und vermuthlich auch weiter über Naensen läuft. Erst nördlich von dieser Ver- werfung findet sich in der Süd - Nord -Versenkung am Harz- rande Muschelkalk und auch Tertiärgebirge, so dass sie als Ver Senkung überhaupt erkannt werden kann, und in die Versenkung Mandelbeck -Düderode ist nördlich dieser Verwerfung, nördlich von Westerhof, eine keilförmige Masse Buntsandstein von dem Hauptrücken abgesunken, doch so, dass sie mit ihm an ihrem nördlichen Ende noch zusammenhängt, während in die dadurch entstandene, nach S. divergirende Lücke der obere Muschelkalk des Ziegenberges eingesunken ist. Dieser ist aber auch gewisser- maassen eine Fortsetzung der verschiedenen Muschelkalk-Schollen, welche am Ostrande der Versenkung zwischen Westerhof und Mandelbeck am Fusse des Buntsandsteinrückens noch über der Thalsohle hängen geblieben sind, und der »eingeklemmten Syn- klinale« auf dem Kaufmannsberge etc. südlich Mandelbeck, welche den ostwestlich streichenden Muschelkalk des Dünenberges im O. abschneidet. Südwestlich von Westerhof und nördlich von Willershausen findet sich in der Versenkung Tertiärgebirge, zwischen jenen beiden Orten anscheinend unter dem Lehm nur Gypskeuper, und am Nordende von Willershausen auch Eisen- stein und Thone des mittleren Lias. Andere Verwerfungen in der NW.- oder WNW. -Richtung lassen sich mehr oder minder sicher nachweisen : 1) Von Willensen durch das Fissekenthal, 2) von der Teichhütte bei Gittelde über Oldenrode- Wiershausen etc., 3) von Staufenburg, Holenberg, Thal des Rodenberger Baches, Harriehausen- Gandersheim, 4) nördlich von Staufenburg und dem Grefenberg hindurch über Ildehausen, Dannhausen etc., 5) von Münchehof-Kirchberg nach der Schlacken- mühle etc., 6) südwestlich von Herrhausen durch über Engelade, südlich von Bilderlahe und nördlich vom Vorwerk Heber und von Ackenhausen hindurch, 7) vom Südostende von Seesen am 78 Ä. v. Koenen , Ueber die Dislocationeü Nordfuss des Sonnenberges und am Nordostrande des Heber entlang. Alle diese Verwerfungen werden auf dem Buntsandstein- rücken bemerkbar durch plötzliche Senkung des Kammes, durch Ausbildung tiefer Schluchten und auch wohl durch steiles Ein- fallen der Schichten, aber auch in den Versenkungen theils durch Thaleinschnitte, theils durch Trennung der verschiedenen Muschel- kalk-Schollen, mag nun diese Trennung vor oder nach dem Ein- sinken erfolgt sein, zuweilen aber auch durch Erdfälle, wie süd- lich von der Domäne Staufenburg, 700 Meter nordöstlich von dem Vorwerk Fürstenhagen am Waldrande und besonders nordnord- westlich vom Vorwerk Heber ; leider verdecken diluviale und alluviale Bildungen die Störungen in den Thalsohlen und vielfach auch an den unteren Gehängen auch in diesem Gebiete. Von den eben aufgeführten Störungen liegen nun einzelne in der directen Fortsetzung der Gangspalten des Ober- harzes, welche ja durch den Bergbau ausreichend ihrer Lage und Richtung nach bekannt sind, während die sonstigen Verwerfungen im westlichen Theile des Harzes mindestens noch nicht auf Karten in einem grösseren Maassstabe zu einer zuverlässigen Darstellung ge- langt sind. Auf der trefflichen LossEN’schen Uebersichtskarte des Harzes ist nichts Derartiges angegeben , und auch die untere Grenze des Zechsteins erscheint dort nur durch Fluss- und Bach- thäler sowie durch Auflagerung von Diluvium unterbrochen, als sei sie lediglich durch discordante Auflagerung auf die abradirte Oberfläche der Culmschichten bedingt. Diese Grenze ist indessen keineswegs überall richtig und wird stellenweise recht erheblich zu verschieben sein; (gänzlich unrichtig ist die Trias am westlichen Rande der Uebersichtskarte angegeben); so zieht sich der Culm und mit ihm die untere Grenze des Zechsteins von Gittelde bis zum Rösteberg hinauf zu den bekannten, grösstentheils in Schwer- spath umgewandelten Zechsteingesteinen, und eine Verwerfung läuft von hier, als Fortsetzung der von Lossen noch angegebenen Gangspalte, etwa nach der Stelle, wo der Weg nach der Domäne Staufenburg sich von der Chaussee abzweigt; in gleicher Richtung folgt dann die oben als vierte angeführte Bruchlinie nach Harrie- hausen - Gandersheim. "westlich und südwestlich vom Harz etc. 79 Der Spiegelthaler Gangzug streicht ferner unterhalb der hohen Wand der Pandelbachhöhe entlang, welche schon von Weitem so deutlich den Eindruck eines Abbruches macht, und in seinem Fortstreichen liegt die unter 6) angeführte Störung. Der Lautenthaler Gang wird endlich von Lossen bis zu der Einsattlung zwischen dem Eickmuhl und dem grossen Bullars angegeben, dürfte aber doch in derselben Richtung weiter durch das untere Schildau-Thal bis Seesen als Gangspalte vorhanden sein, wie ja auch Gangspalten gar häufig den Verlauf von Thälern bedingen. Grosse Mengen von Harzgeröllen erfüllen nun zwar den unteren Theil des Schildauthales und verdecken die älteren Gesteine fast überall ; bei Seesen findet sich aber etwa 60 Meter südöstlich der Eisenbahnlinie eine grössere Scholle von Oberem Muschelkalk nahe der Thalsohle eingesunken gegen den untersten Buntsandstein, welcher den Rand des Thaies uud der Spalte bildet. Oberer Muschelkalk tritt sonst erst etwa 5 Kilometer weiter westlich auf. Es sei hier übrigens auch an das bekannte Vorkommen von Culmkalken erinnert, welche zwischen dem Hü- bichenstein und dem Iberger Kaffeehause in einer Gangspalte ein- geklemmt zwischen Iberger Kalk stecken1). In der Fortsetzung der Gangspalte Läutenthal- Seesen findet sich aber auch die unter 7) erwähnte Bruchlinie. Bei der geologischen Kartirung der Blätter Osterode, Seesen und Hahausen werden sich vielleicht noch mehr Fälle nachweisen lassen, in welchen Störungen und Gangspalten der palaeozoischen Schichten des Harzes in das mesozoische Vor- land fortsetzen. Da wir nun oben gesehen haben, dass in dem Vorlande ein- zelne dieser Störungen auch anscheinend miocäne Tertiärbildungen mit betroffen haben, so ist hieraus wohl der Schluss zu ziehen, dass die Gangspalten des Oberharzes erst am Ende der Miocän-Zeit entstanden sind, oder dass zu dieser Zeit wenig- stens wiederum eine Bewegung ihres Nebengesteins stattgefunden hat, also zu derselben Zeit, in welcher die Südost-Nordwestfaltung der jüngeren Formationen im nordwestlichen Deutschland erfolgte, l) Siehe Clabke, die Fauna des Iberger Kalkes, Neues Jahrb. f. Min. 1884, III. Beilage-Band S. 322. 80 A. v. Koenen, Ueber die Dislocatioiien in welcher unsere mesozoischen Gebirge entstanden, und die ersten Eruptionen von Basalten etc. aus den hierbei gebildeten Spalten her- vordrangen, wie ich bei anderer Gelegenheit erwähnt habe (Nach- richten der König!. Gesellschaft der Wissensch. zu Göttingen 1886, S. 196). Dass die Gangspalten sich wiederholt geöffnet haben, dass an ihnen wiederholt Bewegungen des Nebengesteins stattgefunden haben, kann nicht wohl zweifelhaft sein, da auf der tiefsten Sohle der Bergwerke Krystalle von Quarz, Blende und dergleichen mehr gefunden werden, welche abgebrochen sind und auf den Bruch- flächen mit zahlreichen kleinen, parallel gestellten Quarz- etc. Krystallen bedeckt sind, also erkennen lassen, dass sie nach ihrer Entstehung zerbrochen und dann weiter gewachsen sind. Solche Stücke kenne ich z. B. von der 708 Meter Sohle des Schachtes »Herzog Georg Wilhelm« auf dem Burgstädter Zuge. Eine neuere Bewegung des Gesteins in Folge des Bergbaues kann aber nicht wohl als Ursache dieses Vorkommens angenommen werden, da- Bergbau in gleicher oder grösserer Tiefe in der Umgebung noch nicht betrieben worden ist. Nun fehlen Harzgerölle in allen mesozoischen Schichten über dem Rothliegenden und in den unter- und mitteltertiären Ab- lagerungen am Harzrande ganz oder so gut wie ganz, obwohl im Buntsandstein, dem oberen Jura, der unteren und oberen Kreide und dem Sand und Kies des Oligocäns und Miocäns doch Flach- wasser-Ablagerungen in grosser Ausdehnung auftreten, und be- sonders in den groben Conglomeraten der unteren und oberen Kreide bei Langelsheim, am Sudmerberg bei Goslar etc. gerade Harzgerölle in Menge erwartet werden sollten, wie sie von allen Flüssen und Bächen aus dem Harz von je her in sein Vorland hinabgeführt worden sind. — Nur vereinzelte kleine Kieselschiefer- Stückchen habe ich gelegentlich beobachtet, welche vielleicht gar nicht von Harzgesteinen herrühren oder aus dem Rothliegenden stammen. — Ich hatte aus jener Thatsache schon in einem früheren Aufsatze gefolgert, dass in jenen Perioden Flüsse und Bäche nicht wohl aus dem Harz herabgekommen sein könnten, und dass dieser eine irgend nennens'werthe Höhe nicht gehabt haben könnte, viel- westlich und südwestlich vom Harz etc. 81 mehr von jüngeren Sedimenten bedeckt gewesen und unter Wasser gewesen sei, mindestens bis zur Zeit der unteren Kreide, in welcher zuerst einzelne wirkliche Conglomerate am Harzrande auftreten. Es scheint nach Allem diesem, als sei eine grössere Heraus- hebung des Harzes erst in spät-tertiärer Zeit erfolgt, gleichzeitig mit der Entstehung unserer sonstigen Gebirge. Da nun die palaeozoischen Schichten des Harzes bereits am Ende der Carbon -Zeit in der SW. -NO. -Richtung geknickt und gefaltet worden waren, so musste eine solche Heraushebung und Auf bauchung doch wohl Risse und Spalten senkrecht zur Druck- richtung, also zuerst parallel der langen Axe des Harzes, zur Folge haben, und aus solchen Spalten könnten recht wohl die Oberharzer Gänge im Wesentlichen entstanden sein, gleichviel, ob ihr erster Ur- sprung schon früheren Perioden angehört, sowie, ob in späterer Zeit, eventuell in postglacialer Zeit, ein nochmaliges Aufreissen der Gänge durch weitere Hebung des Harzes herbeigeführt wurde, wie ich eine solche bereits vor Jahren als wahrscheinlich hinge- stellt habe. Selbstverständlich halte ich unter diesen Umständen die Gänge des Unterharzes, der Gegend von Harzgerode, für gleich- altrig mit denjenigen des Oberharzes, obwohl sie nicht direct mit ihnen zusammenzuhängen scheinen. Die Ursache dieser Unterbrechung ist vielleicht darin zu suchen, dass die Oberfläche des Harzes zwischen der Breite des Brocken -Granites und der des Ramberg- Granites eine deutliche Depression erkennen lässt, in welcher nur geringfügigere Risse und Spalten in der eigentlichen Gangrichtung auftreten, gegen- über Stauchungen in der Richtung von S. nach N. Die Auftreibung des Harzes durch Druck von O. nach W. dürfte freilich der Hauptsache nach einer etwas späteren Zeit an- gehören, in welcher auch die SN. - Störungen der mesozoischen Gebiete entstanden, und gab auch wohl Veranlassung zur Aus- bildung der meisten nach dem Süd- und Nordrande des Harzes verlaufenden Thäler, und steht wohl im Zusammenhänge mit der Entstehung der Thäler im nördlichen Vorlande des Harzes. Wenn ich seiner Zeit (Jahrbuch für 1887, S. 462) die Ueber- zeugung aussprach, dass das Innerste- Thal auch nördlich von Jahrbuch 1893. 6 82 A. v. Roenen, Üeber die Dislocationen etc. Langelsheim mit südnördlichen Spalten in Verbindung zu bringen sei, durch welche Wasser von Langelsheim frühestens etwa bei Ringelheim wieder an die Tagesoberfläche gelangen könnte, so ist dies seitdem durchaus bestätigt worden. Die reichlich Magnesium- salze enthaltenden Endlaugen der Kali -Fabrik in Langelsheim wurden in Brunnenschächte in der zerrissenen Kreide versenkt und machten sich bald darauf im Park von Walmoden (dicht bei Ringelheim) und bei Baddekenstedt (zwischen Ringelheim und Hildesheim) unangenehm bemerkbar in dem Wasser früher guter Quellen; an beiden Orten entspringen aber die Quellen aus Erd- fällen, und ErdfälLe ziehen sich von Langelsheim nach N. bis nach Walmoden hin. Ausserdem theilte mir auch ein Bewohner der dortigen Gegend gelegentlich mit, dass jene Quellen in strengen Wintern weit stärker würden, sobald durch Eis der Abfluss des Wassers der Innerste gehemmt würde. Dass das Wasser jener Quellen nicht als einwandfreies, gutes Trinkwasser gelten kann, selbst wenn es nicht durch die Endlaugen verunreinigt wird, liegt auf der Hand. Südnord-Verwerfungen schneiden jedenfalls auch den Harly- berg im W. und im O. ab. Ueber Alter und Gliederung des sogenannten Kramenzelkalkes im Oberliarze. Von Herrn L. Beushausen in Berlin. Als es den ausdauernden Bemühungen des mit der geolo- gischen Kartirung des Blattes Zellerfeld betrauten, jüngst ver- storbenen Bezirksgeologen A. Halfar im Jahre 1874 gelungen war, in dem seinem Alter nach zweifelhaften, von A. Roemer auf Grund einer angeblich bei der Rohmker Brücke im Okerthale gefundenen Clymenia striata Münster (Beiträge z. geol. Kennt- niss des nordwestlichen Harzgebirges III, S. 150, Taf. XXII, Fig. 15) als Clymenienkalk aufgefassten sogenannten Kramenzel- kalke Goniatites intumescens Beyrich aufzufinden, hielt man die Gliederung des Devon zwischen Oker und Innerste für völlig klargelegt und unterschied Cypridin enschiefer. Oberes Oberdevon. Kramenzelkalk bezw. Thonschiefer mit Knoten- kalk-Einlagerungen. Unteres Oberdevon. Goslarer Schiefer. Oberes Mitteldevon. Calceola-Schichten. Unteres Mitteldevon. Spiriferensandstein oder Kahlebergsandstein. Unterdevon. Als Einlagerung im sogenannten Kramenzelkalke galt der bekannte dunkle Goniatitenkalk des Kellwasserthales mit Cardiola angulifera A. Roemer. 6’ 84 L. Beushausen, TJeber Älter und Gliederung Ein erneutes Interesse gewannen die höheren Devonschichten jedoch plötzlich, als zu Pfingsten des Jahres 1893 A. Denckmann bei Rohmkerhalle im Okerthale die Entdeckungen machte, welche der verewigte Halfar noch in einer brieflichen Mittheilung in Band 45 der Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. S. 498 ff. veröffent- licht hat. Das Wesentliche der Beobachtungen Denckmann’s ist: 1. das Vorkommen zweifelloser Clymenien (aus dem Formen- kreise der C. annulata Münster) im sogenannten Kramenzelkalke. Damit ist auch die seinerzeit vom Hüttenmeister Zeuner an Roemer gemachte Mittheilung über den Fundpunkt seiner Clymenia striata wieder zu Ehren gebracht. 2. Der Nachweis der schwarzen Goniatitenkalke mit Cardiola angulifera im Liegenden des Kramenzelkalkes. Zu diesen Entdeckungen gesellte sich dann gelegentlich der Versammlung der Deutschen geologischen Gesellschaft in Goslar die Auffindung eines von einem kleinen unbestimmbaren Brachiopod ganz erfüllten dunkelgrauen krystallinischen Kalkes im Liegenden des Goniatitenkalkes. Dieser Brachiopodenkalk entspricht durch- aus einem Vorkommen, welches für den Stringocephalenkalk Waldschmidt’ s (die Zone des Goniatites discoides W aldschmidt) und vielleicht auch für die ein etwas tieferes Niveau einnehmenden Tentaculiten - Knollenkalke der Ense bei Wildungen geradezu leitend ist. Durch diese Beobachtungen war somit zunächst sichergestellt, dass der Clymenienhorizont im Oberharze vorhanden ist und weiter die Existenz von Kalken des oberen Mitteldevon an der Basis des sogenannten Kramenzelkalkes unter dem Goniatiten- kalke und über den Goslarer Schiefern sehr wahrscheinlich ge- macht. A. Halfar hat dann den Herbst des Jahres 1893 dazu be- nutzt, die bisher als unteres Oberdevon von ihm angesprochenen Schichten zunächst am Südostflügel des grossen Devonsattels mit Rücksicht auf die eben erwähnten neuen Gesichtspunkte einer erneuten Untersuchung zu unterziehen. Er hatte sich von der Richtigkeit der Beobachtungen A. Denckmann’s überzeugt und des sogenannten Kramenzelkalkes im Oberharze. 85 sie bereitwilligst aoeeptirt. Ein körperliches Leiden nöthigte ihn jedoch zur vorzeitigen Rückkehr nach Berlin, und sein un- erwartetes Hinscheiden setzte dem rastlosen Verfolgen der an ihn herantretenden neuen Aufgabe ein schnelles Ziel. — Von der Direction der Königlichen geologischen Landes- anstalt wurde mir nach dem Tode Halfar’s die Ordnung bezw. Bearbeitung der von dem Verblichenen in langjähriger mühevoller Arbeit zusammengebrachten sehr umfangreichen Sammlung von Belegstücken für die Kartirung des Blattes Zellerfeld übertragen. Mein Augenmerk richtete sich naturgemäss von vornherein ganz besonders auf das verhältnissmässig reiche Material an Versteine- rungen aus angeblich oberdevonischen Schichten, weil bei einer genauen Durchsicht desselben möglicherweise Anhaltspunkte für die weitere Verbreitung des Clymenienkalkes einerseits und der als oberes Mitteldevon angesprochenen Schichten an der Basis des sogenannten Kramenzelkalkes andererseits zu gewinnen waren. Es ist mir denn auch gelungen, eine Anzahl von Stücken auf- zufinden, welche weitere Schlüsse in dieser Richtung ermöglichen bezw. Ausgangspunkte für die unbedingt nöthigen Untersuchungen an Ort und Stelle bilden können. Auf Veranlassung von Herrn Geheimen Oberbergrath Dr. Hauchecorne bringe ich im Fol- genden eine kurze Mittheilung über das bis jetzt vorliegende einschlägige Material. I. Kalke des oberen Mitteldevon. 1. Vom südlichen Ufer des mittleren Grumbacher Teiches östlich Bockswiese liegen mir Stücke eines dunklen krystallinisch- späthigen Kalkes vor, welche ausser massenhaften, zum Theil ver- kiesten winzigen Styliolinen mehrere Exemplare von Posidonia hians Waldschmidt (Frech, Devonische Aviculiden, S. 72 und 164, Taf. XIV, Fig. 13) enthalten. Diese Art ist für die an der Basis des Wildunger Stringo- cephalenkalkes (im Sinne Waldschmidt’s) liegenden schwarzen Goniatitenkalke leitend (Denckmann in diesem Jahrbuch für 1892, S. 15) und kommt bei Bicken und vermuthlich auch bei 86 L. Beushausen, Ueber Alter und Gliederung Günterod im gleichen Niveau vor. Die schwarzen Kalke, welche die vorliegenden Exemplare enthalten, bilden nach der Fundorts- angabe »zwei je 25 Centimeter mächtige Bänkchen im untersten Theile des Kramenzelkalkes« *). Aus demselben Kalkvorkommen, welches auf Halfar’s Karte als Einlagerung in oberdevonischen Thonschiefern verzeichnet ist, liegen ferner wenige Schritte westlich, von der südlichen Aus- fluth des mittleren Grumbacher Teiches, Brocken eines ähnlichen, etwas mehr verwitterten und daher weniger dunklen Kalkes vor, in denen ein grosser, grossaugiger Phacops aus der Verwandt- schaft des Ph. breviceps Barr, und ein Proetus Vorkommen. Ferner enthält der Kalk grosse, fein quergestreifte Orthoceren, viele Styliolinen , quergeringelte Tentaculiten ( T. cf. sulcatus A. Roemer, Beiträge I, Taf. III, Fig. 36; kommt auch im Stringo- cephalen-Eisenstein am Oberharzer Diabaszuge vor), kleine Brachio- poden und Einzelkorallen. Die Kalke bilden nach Halfar »eine etwa 30 Centimeter mächtige, unregelmässig begrenzte Einlagerung in den untersten Bänken des sogenannten Kramenzelkalkes«. 2. Ein dem unter 1. genannten durchaus ähnlicher dunkler Kalk, welcher im Thale des Riesenbaches nordwestlich Mittel- Schulenberg »als Einlagerung im Thonschiefer« 15 Schritte im Liegenden des sogenannten Kramenzelkalkes auftritt , ist von A. Halfar im Herbst 1893 aufgefunden und von ihm als Stringo- cephalenkalk etikettirt worden. Er führt den vorhin genannten Phacops , Orthoceren, Styliolinen, winzige ? Crinoidenstielglieder, von denen man nur den späthigen Querbruch sieht, und Goniatites cf. lateseptatus Beyrich, sehr wahrscheinlich die unten zu nennende neue Form. 3. Ein Bruchstück vom Pygidium des erwähnten grossen Phacops liegt mir vor in einem dunkelgrauen Kalke, welcher im Bette des Riesenbaches die »erste Einlagerung sehr grosslöcherigen *) Ich enthalte mich jeglicher Discussion der einzelnen Fundortsangaben; vermuthlich spielen Einfaltungen bezw. Ueberschiebungen eine grössere Rolle als bisher ersichtlich ist, bei Rohmkerhalle ist eine Ueberschiebung ziemlich zweifellos. des sogenannten Kramenzelkalkes im Oberharze. 87 Kalksteins in die unreinen dickbankigen grauen Thonschiefer 4 Schritt im Liegenden der untersten Kramenzelkalkbank« bildet. 4. Gleichfalls aus dem Riesenbachthale stammen die beiden Exemplare des von A. Halfar im Jahre 1873 im Bachbette im »lcramenzelartigen Kalke« ohne genauere Angabe der Lagerungs- verhältnisse gefundenen und Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. Bd. 27, S. 468 als Goniatites Dannenbergi Beyrich aufgeführten Goniatiten. Eine gewisse Aehnlichkeit mit dieser Art der Wissen- bacher Schiefer ist nun zwar nicht zu verkennen, Uebereinstimmung in den Merkmalen: Gestalt der Schale und besonders des Rückens, Verlauf der Lobenlinie, besteht jedoch nicht, vor Allem fehlt auch die charakteristische Eigenthümlichkeit , welche die Gebrüder Sandberger veranlasste, jene Art als G. bicanaliculatus neu zu bezeichnen. Dagegen stimmen die Exemplare durchaus überein mit Goniatites discoides Waldschmidt, der Leitform des Wildunger Stringocephalenkalkes (im Sinne Waldschmidt’s), von der ich Exemplare verglichen habe. E. Holzapfel, welcher diese Art auf Taf. IV, Fig. 13 seiner demnächst erscheinenden Abhandlung über die Fauna der Schichten mit Maeneceras terebratum abbildet, erkannte die Zugehörigkeit der ihm vorgelegten Stücke zu der- selben an. 5. Aus einem alten Steinbruch an der Oker im Forstorte Schadleben besitzt die Sammlung der geologischen Landesanstalt einen Goniatiten, welcher durch Gestalt und Lobenlinie sofort als mit Goniatites lateseptatus Beyrich nahe verwandt zu erkennen ist. Er stimmt speciell auf’s Beste überein mit derjenigen Ab- änderung, welche E. Holzapfel in seiner oben citirten Abhand- lung als neue Form aus dem oberen Mitteldevon beschreiben wird. Nun sind zwar in der Litteratur *) Angaben vorhanden, dass G. lateseptatus auch im Oberdevon vorkomme, allein sie erweisen sich bei näherer Prüfung nicht als stichhaltig. Die Angabe von d’Arciiiac und de Verneuil über das Vorkommen im eisen- schüssigen Kalke von Oberscheld ist bereits von den Gebrüdern Sandberger als irrthümlich bezeichnet worden. Die eine Zeit ') Yergl. E. Kayser, Fauna d. ältesten Devon- Ablagerungen S. 53. 88 L. Beushausen, Ueber Alter und Gliederung lang herrschende Vorstellung, dass die Goslarer Schiefer, in denen G. lateseptatus nicht eben selten ist, oberdevonischen Alters seien, ist seit Jahren als völlig unhaltbar aufgegeben. Die Bennischer Schichten in Oberschlesien, deren von F. Roemer als möglich hingestelltes oberdevonisches Alter auf Grund der Fauna bereits von E. Kayser angezweifelt wurde, werden jetzt — vielleicht zum Theil etwas zu tief — in das obere Unterdevon oder das unterste Mitteldevon gestellt (Gürich, Erläut. z. geol. Uebersichts- karte von Schlesien S. 53), so dass das Auftreten von G. late- septatus in ihnen durchaus nicht auffällig ist. Der in Braun- eisenstein erhaltene G. cf. lateseptatus endlich, den die geologische Landesanstalt 1874 mit einer grösseren Sammlung Eifeier Devon- petrefacten von einer Wittwe Scholz in Gerolstein angekauft hat, soll angeblich von Büdesheim stammen. E. Kayser, der ihn in der März-Sitzung der Deutschen geologischen Gesellschaft 1875 vorlegte (Band 27, S. 255) hat aber seine Bedenken über die Herkunft des Stückes zu betonen nicht unterlassen. Ich möchte den Fundpunkt für apokryph halten und annehmen, dass das Exemplar aus einem verwitterten rheinischen Tentaculitenschiefer oder vielleicht sogar aus den Goslarer Schiefern des Oberharzes stammt. Es bestärkt mich in dieser Vermuthung die Thatsache, dass aus derselben Sammlung herrührend gleichfalls in Brauneisenstein umge- wandelt ein » Lunulicardium« von »Büdesheim« in der Sammlung der geologischen Landesanstalt lag, welches sich bei näherer Be- sichtigung als Axinus unicarinatus Nyst aus dem Mitteloligocän, vielleicht von Buckow, entpuppte, ein Umstand, der nicht dazu beiträgt, die Zweifel an der Richtigkeit des Fundortes von jenem Goniatiten herabzumindern 1). Jedenfalls ist das Stück für sich allein nicht geeignet, mangels anderer Stützpunkte das Vorkommen von G. lateseptatus im Oberdevon zu beweisen. Das Auftreten der Art in dem Kalke am Schadleben kann mithin unbedenklich J) Als Curiosum sei hier weiter mitgetheilt, dass die in der Sammlung der geologischen Landesanstalt befindlichen Originalexemplare von Avicula ausavensis Steininger, Eifel, S. 56 »von Büdesheim« typische Exemplare der allbekannten Gervillia socialis des Muschelkalke sind! des sogenannten Kramenzelkalkes im Oberharze. 89 als Anzeichen für das Vorhandensein von Mitteldevon an dieser Stelle betrachtet werden. Wir haben in den oben angeführten Punkten Vorkommnisse vor uns, welche ihrer Fauna nach zum Oberdevon nicht ge- rechnet werden können, andererseits fehlen ihnen wiederum die bezeichnenden Petrefacten der Kalkeinlagerungen in den Goslarer Schiefern. Dagegen stimmen sie durchaus überein mit den ihrem Alter nach sicher festgestellten Schichten des oberen Mitteldevon bei Wildungen, so dass der Schluss auf eine gleiche Altersstellung wohl berechtigt erscheint. Bemerkenswerth ist die Verbreitung der Punkte: No. 1 liegt in der sogenannten Grumbacher Mulde, dem Hahnenkleeer nordwestlichen Gegenflügel des grossen Devon- sattels auf Blatt Zellerfeld genähert, Punkt 2, 3 und 4 gehören mit dem Vorkommen bei Rohmkerhalle dem Südostflügel des- selben Sattels an, Punkt 5 endlich liegt in einem inselförmig aus Culmschichten auftauchenden Vorkommen noch weiter im SO. Eine allgemeine Verbreitung dieser Schichten ist demnach höchst wahrscheinlich. II. Schwarze Goniatitenkalke des unteren Oberdevon mit Cardiola angulifera A. Roemer. Die schwarzen Goniatitenkalke mit Cardiola angulifera waren in der Litteratur vor ihrer Entdeckung bei Rohmkerhalle durch A. Denckmann sicher bekannt nur aus dem mitten im Culm ge- legenen isolirten, im Jahre 1849 entdeckten Vorkommen im Kell- wasserthale und vom Grossen Hühnerthalskopfe bei Hahnenklee — auf dem nordwestlichen Flügel des grossen Devonsattels — wo A. Halfar sie 1884 aufgefunden und ihrer Lagerung nach genauer untersucht hatte. Es lag zwar eine Notiz von A. Roemer vor, dass sie »zwischen Schulenberg und Bockswiese in weiter Erstreckung« nachgewiesen seien und »eine schwache Schicht zwischen den hellgefärbten Kramenzel- und Clymenienkalken« bildeten (Beiträge III, S. 138), jedoch war kein Fundpunkt be- sonders aufgeführt. Im Herbst 1893 ist es A. Halfar nun noch 90 L. Beushausen, lieber Alter und Gliederung gelungen, sie in typischer Ausbildung versteinerungsführend auf dem Südostflügel jenes Sattels auch im Riesenbachthale nordwest- lich Mittel -Schulenberg anstehend aufzufinden. Sie treten dort im Bachbette »3,5 Meter im Hangenden der liegendsten Bank des sogenannten Kramenzelkalksteins« auf als eine ca. 20 Zentimeter mächtige Bank. Hinzufügen muss ich, dass ein Handstück vom demselben Fundort in der Clausthaler Oberbergamtssammlung sich befindet, das Vorkommen also gewissermaassen nur neu entdeckt wurde; der Werth des HALFAR’schen Fundes wird durch diesen Umstand aber nicht herabgemindert. Das Auftreten der Kalke in anscheinend gleichen Lagerungs- verhältnissen auf beiden Flügeln des grossen Sattels spricht ent- schieden zu Gunsten der Annahme weiterer Verbreitung. III. Graue Kalke mit Goniatites intumescens Beyrich. Für diese liegen neue bezeichnende Funde nicht vor, denn graue Kalke mit Cardiola retrostriata v. B. und G. pal- mata Goldf. auf dem Südostflügel des grossen Devonsattels könnten auch der Clymenienstufe angehören, in die beide Arten hinaufgehen. Doch ist das Vorkommen durch das grosse von A. Half ar 1874 gefundene und Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. Bd. XXVII, S. 467 beschriebene Bruchstück von Goniatites intu- mescens aus dem Thale der Grossen Bramke nördlich Unter- Schulenberg zweifellos dargethan. Dieses Exemplar wurde be- kanntlich die Ursache, dass der gesammte »Kramenzelkalk« mit der Intumescens-Stufe parallelisirt wurde. IV. Clymenienkalke des oberen Oberdevon x). Von weiteren Anzeichen für das Auftreten von Clymenien- kalken sind zu erwähnen: Hellgraue harte Kalke treten im Aeckethale, einem westlichen Seitenthale der Gr. Bramke nördlich Unter-Schulenberg auf. Sie x) Siebe die Nachschrift. des sogenannten Kramenzelkalk.es im Oberharze. 91 enthalten ausser schlechten Goniatiten deutliche Exemplare von Loxopteria dispar Sandb. 1850 — 56 (sehr wahrscheinlich ident mit Cardium f problematicum Münst. Beitr. V, S. 1 1 9 , Taf. XI, Fig. 8, 1842), welche zuletzt von Frech, Devon. Aviculiden S. 77, Taf VI , Fig. 4 beschrieben und abgebildet wurde. Dieser Zwei- schaler ist auf das höhere Oberdevon, die Nehdener Schiefer und die Clymenienkalke beschränkt und fehlt in der Intumescens- Stufe. Uebrigens ist die Art bereits von A. Roemer aus einem hellgrauen Kalke »oberhalb Schulenberg« als Area Clymeniae be- schrieben und — allerdings schlecht — abgebildet worden (Bei- träge III, S. 149, Taf. XXII, Fig. 13, 1855). Ich habe das Originalexemplar in Clausthal gesehen und mich von der Identität mit Loxopteria dispar überzeugt. Ganz gleichartige sehr harte Kalke, makroskopisch dicht, von muschelig-splittrigem Bruch, von hellgrauer, in’s Violette spielender, bläulichgrauer, selten ein wenig dunklerer, zuweilen gelblich- brauner Farbe und horusteinartigem Ansehen treten auch im Thale der Grossen Bramke und im Riesenbache auf. Die aus ihnen bisher vorliegenden Reste — zahlreiche Posidonia venusta , Phacops cf. cryptophthalmus u. A. — machen es zwar wahrscheinlich, dass gleichfalls Clymenienkalke vorliegen, lassen aber einen sicheren Schluss darauf nicht zu. — Bemerken will ich dann noch, dass ich in der Clausthaler Oberbergamtssammlung ganz gleichartige Kalke aus dem Alten Thale, einem östlichen Zuflusse des Riesen- baches, ferner von Bockswiese und Lautenthal, also auch aus der Westhälfte der grossen Devonpartie gesehen habe, welche zum Theil Trimerocephalus laevis A. Roem., evolute Goniatiten oder Clymenien u. A. führen. Diese Vorkommen müssen bei der Ver- folgung des Clymenienhorizontes jedenfalls in Betracht gezogen werden. Es ergiebt sich aus den vorstehenden Ausführungen, dass eine Reihe gegründeter Anhaltspunkte für die Zerlegung des bis- her als unteres Oberdevon aufgefassten sogenannten Kramenzel- kalkes in oberes Mitteldevon, unteres und oberes Oberdevon schon jetzt vorhanden ist. An dieser Stelle können nach Lage der 92 L. Beüshausen, Ueber Alter und Gliederung Sache vorläufig nur kurze Hinweise gegeben werden; sorgfältige fortgesetzte Untersuchungen im Felde werden die jetzt noch un- vermittelt und vereinzelt dastehenden Beobachtungen weiterführen, ergänzen und in Zusammenhang bringen müssen, ehe wir ein ge- naues und zutreffendes Bild von der Entwickelung der höheren Devonhorizonte im Oberharze uns machen können. Dann wird es auch an der Zeit sein, über die Verhältnisse der Goslarer Schiefer einerseits und der Cypridinenschiefer andererseits zu dem hier behandelten Schichtencomplex Erörterungen anzustellen. Das principiell Wichtige ist aber an der Sache, dass der Harz auch hier jetzt beginnt, seine lange gewahrte Sonderstellung aufzugeben, und dass seine geologischen Verhältnisse mit denen genau untersuchter anderer Devongebiete mehr und mehr in Ein- klang gerathen. Nachschrift. Während des Druckes der vorstehenden Mittheilungen ist es A. DenCKMänn und mir auf einer gemein- samen Excursion zu Pfingsten 1894 gelungen, abgesehen von dem Nachweise des oberen Mitteldevon und der Intumescens- Stufe an einer Reihe von Punkten, die Existenz des Clymenienkalkes auch im Riesenbachthale und im Aeckethale durch die Auffin- dung wohlerhaltener Exemplare von Clymenia laevi- gata und CI. striata darzuthun. Die Lager an gsverhältnisse des Tertiärs und Quartärs der Legend von Buckow. Von Herrn F. WahllSChaffe in Berlin. (Hierzu Tafel VI — IX). Die hier zu besprechende nähere Umgebung des ungefähr 45 Kilometer östlich von Berlin gelegenen Städtchens Buckow gehört der Barnim-Lebuser Hochfläche an, die sich in ostsüdost- westnordwestlicher Längserstreckung zwischen dem Berliner Haupt- thale im S. und dem Eberswalder Hauptthale im N. ausdehnt und im O. durch das zwischen Frankfurt und Kiistrin gelegene Thal- stück der Oder, im W. durch das Havelthal zwischen Liebenwalde und Spandau begrenzt wird. Senkrecht zu ihrer Längsachse wird diese Hochfläche in siidwest- nordöstlicher Richtung durch die Niederung des Rothen Luches, durch die Seen in der Umgebung von Buckow und das sich daran anschliessende Stöbberthal in zwei Abschnitte getheilt. Das westlich und nördlich an diesen Rinnen- zug angrenzende Gebiet stellt, abgesehen von den randlichen Er- hebungen in der Pritzhagener Forst, eine ziemlich ebene, oder nur schwach wellige, wenig durchschnittene und zum grössten Theil vom Oberen Geschiebemergel bedeckte Hochfläche dar. Diesen Charakter besitzt die zwischen 80 — 90 Meter Meereshöhe gelegene Umgebung von Pritzhagen, Bollersdorf, Hasenholz, Vor- werk Liebenhof, sowie ferner der grösste Theil des sich nördlich an das Messtischblatt Müncheberg anschliessenden Blattes Möglin, welcher eine mittlere Höhe von 70 — 80 Meter besitzt, jedoch nach 94 F. Wahnschaffe, Die Lagerungsverhältnisse W. zu bei Harnekop und westlich von Herzhorn bis zu 110 Meter und höher ansteigt. Der Ostabfall dieser zum Barnim gehörigen Hochfläche erfolgt in einem mehr oder weniger steil abgeböschten Rande, dessen mittlere Erhebung über der Niederung des Rothen Luches 33, über dem Schermützel-See 56 und über dem Stöbber- thal 30 — 60 Meter beträgt. Eine wesentlich andere Beschaffenheit sowohl in orographischer als auch in geologischer Hinsicht besitzt das östlich von diesem Rinnenzuge gelegene, der Le buser Hoch- fläche zugehörige Gelände, von dem die südöstliche Hälfte des Messtischblattes Müncheberg einen Theil zur Darstellung bringt. Bei der Betrachtung dieses auf dem beigefügten geologischen Kärtchen (Taf. IX) scharf hervortretenden Gebietes bemerkt man auf den ersten Blick, dass dasselbe von einer nicht geringen Zahl kleinerer und grösserer Seen, sowie von Torf erfüllter Becken und Rinnen durchsetzt ist. Hierzu gehören auf dem Messtischblatte Müncheberg 1:25000 der Schermützel-See (26,3 Meter über Normal-Null), der Buckow-See (26 Meter), der Griepen-See (24 Meter), der Kleine und Grosse Tornow -See (37,6 und 20,4 Meter), der Weisse See am Zacharias- Wall (16,5 Meter) der Abendroth-See (29,1 Meter), der Schwarze See (30 Meter), der Gartz-See (35 Meter), der Mühlen-Teich (21,2 Meter), der Grosse und der Kleine Klobich-See (21,3 und 22 Meter), der Birken-See (42 Meter), der Grosse (39,8) und Kleine Däber-See mit dem Papillen-See (39,9 Meter), der Kirchen-See (42,2 Meter), der Kessel - See (47 Meter), der Kleine und Grosse Schlagenthin- See (52,5 und 51,3 Meter), der Faule See (56,2 Meter) und der Waschbank-See (56,2 Meter). Ist auch die Anordnung und Form derselben anscheinend eine völlig unregelmässige, so lassen sich doch bei einigen Seen unter Berücksichtigung der sich daran anschliessenden Torfbecken und Torfrinnen gewisse Züge unterscheiden, die parallel zur Richtung des Rothen Luches von NO. nach SW. verlaufen. Das zwischen den Seen und Torf- becken gelegene Gebiet zeigt an verschiedenen Stellen ausserordent- lich unregelmässige O berfläch en formen, indem sich rund- liche oder längliche Kuppen regellos aneinander schaaren. Auf Blatt Müncheberg treten diese Verhältnisse durch den Verlauf des Tertiärs und Quartärs der Gegend von Buckow. 95 der Höhencurven auf das deutlichste hervor. Es finden sich sehr häufig auf Entfernungen von 200 — 300 Meter Höhenunterschiede von 20 — 30 Meter. Diese unregelmässig hügelige, mit kessel- förmigen Einsenkungen ausgestattete Oberfläche ist besonders charakteristisch ausgebildet nordwestlich vom Müncheberger Bahn- hofe zu beiden Seiten der Chaussee, in der unmittelbaren Um- gebung von Buckow und in der Pritzhagener Forst, die aus diesem Grunde, namentlich jedoch wegen ihrer tiefen Schluchten im Volksmunde den Namen »Märkische Schweiz« erhalten hat. Die Oberflächenformen, welche die beigefügte, nach einer Photographie hergestellte Skizze (Fig. 1) der Gegend zwischen dem Griepen-See Fig. 1. Sandige Hügellandschaft zwischen dem Griepen-See und der Südgrenze der Pritzhagener Forst bei Buckow. (Nach einer vom Verfasser aufgenommenen Photographie von Herrn W. Pütz gezeichnet.) und der Südgrenze der Pritzhagener Forst bei Buckow veranschau- licht, erinnern oft lebhaft an diejenigen der stark coupirten, jedoch von Oberem Geschiebemergel bedeckten Grundmoränenlandschaft, wie sie im Anschluss an die Endmoränenzüge des baltischen Höhenrückens vorkommt. Ebenso liegt der Gedanke an Kames- artige Bildungen sehr nahe, doch sind die Grandkuppen, wie wir bald sehen werden, auch nicht als Aufschüttungsformen aufzu- fassen. Die Entstehung des hügeligen Geländes der Umgebung von Buckow ist eine wesentlich andere. E. Zache x) hat bereits darauf hingewiesen, dass es sich hier um eine sandige »Abschmelzzone« handelt, die sich beim Zurück- *) E. Zache, Ueber den Verlauf und die Herausbildung der diluvialen Moräne in den Ländern Teltow und Barnim- Lebus (Zeitschr. f. die ges. Naturwiss. Bd. LXIII, 1890, S. 35). 96 F. Wahnschaffe, Die Lagerungsverhältnisse weichen der Inlandeisdecke am Schluss der letzten Glacialepoche ausbildete. Die von ihm auf dem beigegebenen Kärtchen ver- suchte Abgrenzung der » unveränderten Moräne « , worunter er einen nicht ausgeschlämmten Oberen Geschiebemergel versteht, halte ich jedoch zum grossen Theil für ganz unzutreffend, da nach meinen Untersuchungen die Ausbildungsweise der Geschiebemergelflächen und ihrer flachwelligen Oberflächenformen bei Hasenholz und über- haupt innerhalb des Barnimplateaus, z. B. in der Gegend von Alt-Landsberg und Werneuchen, die nach Zache’s Angabe eben- falls in die Zone der veränderten Moräne hineinfällt, genau die- selbe ist, wie bei Pritzhagen, Reichenberg, Ihlow und Batzlow, in deren Umgebung nach ihm die »unveränderte Moräne« mit dem Charakter der »Moränenlandschaft« vorhanden sein soll. Da- gegen habe ich durch die geologische Untersuchung und Kartirung des Blattes Müncheberg den Nachweis führen können, dass die in der Südosthälfte vorhandene, eigenthiimlich hügelige Oberflächen- beschaffenheit in der That, wie auch Zache erkannt hat, als eine Folge der Erosion anzusehen ist, welche durch die Schmelz- wasser des Inlandeises bewirkt wurde. Die westlich vom Rothen Luch und dem Scliermützel-See gelegene Platte des Oberen Ge- schiebemergels schneidet hier annähernd mit der 80 Meter-Curve ab, während der Untere geschichtete Diluvialsand überall darunter hervortritt und den eigentlichen Abhang bis zur Niederung bildet. Wir haben es hier offenbar mit einem Erosionsrande zu thuu. Auch das östlich von dem Rinnenzuge sich ausdehnende Hügel- land und die Pritzhagener Forst J) besteht zum grössten Theile aus Unterem Diluvialsande, der gewöhnlich von einer 0,5 bis 1 Meter mächtigen, an grösseren Geschieben reichen Schicht von Oberem Geschiebesande bedeckt ist. Die aus Sand und Grand bestehenden Kuppen östlich vom Rothen Luch und dem Scher- ‘) Auch hier ist wieder eine Ungenauigkeit Zache’s zu berichtigen, welcher die Pritzhagener Forst vom Oberen Geschiebemergel, der sich sogar in die tiefen Schluchten hinabziehen soll, bedeckt glaubt (1. c. S. 17). In der Silber- kehle ist Oberer Geschiebemergel an einigen Punkten allerdings bis ziemlich tief hinab an den Seiten der Schlucht zu beobachten, doch sind dies von oben her abgerutschte Partien. des Tertiärs und Quartärs der Gegend von Buckow. 97 mützel-See sind nicht Aufpressungen und Zusammenschiebungen des Untergrundes, wie die vielfach in der Grundmoränenlandschaft vorkommenden, welche durch die Aufrichtung der Schichten ihre Entstehung erkennen lassen, vielmehr ist in allen Grubenauf- schlüssen der Umgebung von Buckow der die Hügel bildende Untere Diluvialsand vollkommen horizontal gelagert und die Schichten werden, wo nicht nachträgliche Rutschungen und Abwaschungen an den Seiten stattgefunden haben, von der äusseren Begrenzungsfläche der Erhebungen scharf abgeschnitten. Diese Verhältnisse lassen sich namentlich an folgenden Punkten deutlich beobachten: in den Gruben der aus dem Torfbruch auf- ragenden Sandkuppe zwischen dem Abendroth- und Schwarzen See; in dem Aufschlüsse, welcher am Südeingange der Stadt Buckow westlich von der Strasse, der Vordermühle gegenüber, gelegen ist ; in der Grube nördlich der am Ostufer des Schermützel- Sees gelegenen Villa zwischen diesem und dem Buckow-See; in der grossen Sandgrube am Nordabhange des nach W. zu ausserordentlich steil abgeböscbten Luisenberges bei Buckow; in dem Aufschluss, welcher südlich vom Sophien-Fliess am Nordost- gehänge des Schermützel-Sees unmittelbar an der Chaussee gelegen ist und ferner in einer Grube südlich der von Boilersdorf nach Reichenberg führenden Chaussee. In dem letztgenannten, östlich von dem Nordende des Poetensteiges befindlichen Aufschlüsse sieht man an einer 5 Meter hohen Steilwand nordischen Sand und Grand mit discordauter Parallelstructur, jedoch im Uebrigen in völlig horizontaler Wechsellagerung. Die Deckschicht wird dort von einer lehmig-grandigen Bank Oberen Sandes gebildet, welche vereinzelte grössere Blöcke enthält. In der grossen Sand- grube am Nordostgehänge des Schermützel-Sees ist im Niveau der Chaussee ein Lager von grösseren Geschieben aufgeschlossen. Dasselbe ist als ein Ueberbleibsel des von Gletscherflüssen denu- dirten Unteren Geschiebemergels anzusehen, welcher etwa 300 Meter südlich bei der Herstellung der Pflanzlöcher für die Chaussee- bäume noch angetroffen wurde und auch nördlich von der Chaussee, westlich vom Südende des Poetensteiges, durch einen Wegein- schnitt aufgeschlossen ist. Er ist, wie die Karte (Taf. IX) zeigt, 7 Jahrbuch 1893. §g F. Wahnschaffe, Die Lagerungsverhältmsse auch sonst in der Umgebung des Scliermützel - Sees und nament- lich in den tiefen Einschnitten der Pritzhagener Forst mehrfach nachgewiesen worden. Dass der Obere Geschiebemergel auch in der jetzt zum grössten Theil von Sand bedeckten Südosthälfte des Blattes Münche- berg ursprünglich eine grössere Ausdehnung besessen hat und erst nachträglich durch die Schmelzwasser des Inlandeises weggewaschen wurde, geht aus dem Umstande hervor, dass auf den rings von Sand umgebenen Kuppen sich mehrfach mützen- förmige Decken von Geschiebemergel oder Geschiebelehm er- halten haben. So sind beispielsweise drei Kuppen nördlich vom Griepensee von Geschiebemergel bedeckt; er findet sich auf dem langgezogenen Sandrücken nördlich vom Grossen Däber-See und in vielen einzelnen kleinen Partien an der Grenze der Sievers- dorfer Heide westlich von Dahmsdorf (vergl. die Karte Taf. IX). Hieran schliessen sich die etwas grösseren Geschiebemergelflächen in der Umgebung von Dahmsdorf, Münchehofe und Müncheberg, welche namentlich an der Ostbahn sehr zerstückt sind. Ihre mittlere Höhe über Normal-Null beträgt 70 — 80 Meter und sie entsprechen daher der von Geschiebemergel bedeckten Hochfläche westlich vom Schermützel-See. Die dünne Schicht des Oberen Geschiebesandes, welche sich häufig nur auf eine oberflächliche Blockbestreuung beschränkt, ist sicher in vielen Fällen als das Residuum des vielleicht nur wenig mächtig gewesenen und aus- geschlämmten Oberen Geschiebemergels anzusehen. Nur so er- klärt sich das Vorkommen der grossen Blöcke gerade auf den höchsten Punkten innerhalb der Pritzhagener Forst. Auch finden sich in derselben, wie ebenfalls aus der Karte ersichtlich, bei den Wachtelbergen und dem Drachenberge drei kleinere Vorkommen von Oberem Geschiebemergel beziehungsweise Geschiebelehm, die neben den Blöcken den Beweis für das frühere Vorhandensein der oberen Grundmoräne erbringen. Hier unmittelbar am Rande der sich nördlich anschliessenden Geschiebemergelhochfläche finden sich die bedeutendsten Erhebungen innerhalb der ganzen Gegend. Zu diesen gehören der Grosse Wesenberg (95,1 Meter), der Wachtelberg (110,7 Meter), der Krugberg ( 129,8 Meter), der des Tertiärs und Quartärs der Gegend von Buckow. 99 Drachenberg (117,5 Meter), die Jena’s Höhe (111,7 Meter), die Friedrich- Wilhelms-Höhe (113,6 Meter), der Dornberg (86,8 Meter), und der Silberberg (90,1 Meter), ferner westlich der Bollersdorfer Feldmark in der Nordostecke von Blatt Strausberg die Schwarzen Berge (111,1 Meter), und die drei Hubenberge ( 1 16,6 Meter). Da in der Pritzhagener Forst, wie die Karte zeigt, tertiäre Ab- lagerungen mehrfach an die Oberfläche treten und zum Theil zweifellos den inneren Kern der Erhebungen bilden, so erklären sich diese Aufragungen wohl am besten als Aufpressungen am Rande des vorrückenden Inlandeises, welche von dem Schmelzwasser desselben überströmt und durchfurcht wurden. Einige der steilwandigen , mit abbrüchigen Gehängen versehenen Schluchten jedoch, wie die Silberkehle, die Wolfsschlucht, die Drachenkehle und der am Westrande des Schermützel-Sees befind- liche Lange Grund und die Grenzkehle sind, wenn auch bereits in der Abschmelzperiode entstanden, wahrscheinlich erst in jüngerer Zeit durch Regengüsse und Schneeschmelzen bedeutend vertieft worden. Was die Entstehung der von Seen und Rinnen durchsetzten hügeligen Abschmelzzone betrifft, so muss man annehmen, dass sehr stark strömende, vielfach vom Eisrande unmittelbar herab- stürzende Gletscherflüsse in dieses Gebiet einbrachen und dasselbe in den verschiedensten Richtungen durchschnitten, wobei durch Strudelbildung in den losen Ablagerungen tiefe Becken ausgekolkt wurden, die jetzt zum Theil als Seen und Torflöcher hervor- treten. Die Wassermassen fanden in südwestlicher Richtung ihren Ablauf und gruben in dem sandigen Gebiete das tiefe 1 Kilo- meter breite Thal des Rothen Luches aus, welches in geographi- scher Hinsicht in sofern eine Bedeutung hat, als seine Niederungen eine natürliche Verbindung zwischen Elbe und Oder herstellen. Eine ganz entsprechende, jedoch bedeutend ebenflächiger als die Buckower entwickelte, sandige Abschmelzzone durchzieht die Barnimhochfläche in ebenfalls nordostsüdwestlicher Richtung in der Umgebung von Strausberg. Sie hat hier zum Theil eine Breite von 8 — 10 Kilometern und enthält verschiedene lang- 7* 100 F. Wahnschaffe, Die Lagerungsverhältniss gestreckte, z. Th. rinnenförmige Seen, wie den Kessel-See, Fänger- See, Bötz-See, Strauss-See, Herrn-See und den grossen und kleinen Stienitz-See. Ein ganz besonderes Interesse bietet die Gegend von Buckow durch die dort auftretenden und zum Theil vortrefflich aufge- schlossenen Tertiärablagerungen dar. Dieselben sind in der älteren Litteratur mehrfach erwähnt1), besonders eingehend je- doch von Plettner und Küsel untersucht und beschrieben worden. So werthvoll auch die Beobachtungen derselben sind, so erweisen sie sich doch hinsichtlich der Darstellung der Diluvial- ablagerungen, wie dies zu jener Zeit gar nicht anders sein konnte, vielfach als unsicher und lückenhaft. Erst durch die geolo- logische Specialaufnahme dieses Gebietes ist es möglich geworden, die Lagerungsstörungen des Tertiärs in ihrem Zusammenhänge mit den Quartärbildungen zu erklären. Ein vortrefflicher Aufschluss findet sich südlich vom Scher- mützel-See unmittelbar am Fusse des erodirten sandigen Ost- abhanges der Hasenholzer Hochfläche. Es ist dies die zur Buckower Ziegelei gehörige Thongrube, in welcher der mitteloligocäu e Septarienthon abgebaut wird. Dieser Aufschluss ist zuerst von Plettner2) beschrieben worden, doch konnte er wegen der un- genügenden Entblössungen das Lagerungsverhältniss des Glimmer- sandes zum Septarienthon nicht ermitteln. Sodann hat Küsel3) die in der Buckower Thongrube aufgeschlossenen Tertiärschichten eingehend untersucht und ihre Lagerungsverhältnisse durch ein Profil zur Anschauung gebracht. Eine Ergänzung hierzu bilden *) vergl. z. B. Klöden, Beiträge zur geognostischen Beschaffenheit der Mark Brandenburg. (Programm der Gewerbeschule Berlin 1829. Zweites Stück S. 24.) 2) Plettner, Die Braunkohlenformation in der Mark Brandenburg (Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. IV, 1852, S. 403 ff.) 3) R. Küsel, Die Gegend von Buckow und das Diluvium von Schlagenthin. (Jahresber. über die Stralauer höhere Bürgerschule 1868.) — Die Tertiärschichten über dem Septarienthon bei Buckow. (Zeitschr. f. die ges. Naturwiss. 35, S. 208 — 212. Berlin 1870.) — Die oberen Schichten des Mitteloligocäns bei Buckow. (Jahresb. über die Andreasschule. Berlin 1870.) — Ueber das Mittol- oligocän bei Buckow. (Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. XXIII, 1871, S. 659.) — Ueber Kalkschichten im Buckower Septarienthon (Ibid. XXIV, 1872, S. 659.) des Tertiärs und Quartärs der Gegend von Buckow. 101 die von E. Zimmermann1) im Jahre 1883 gegebenen Mittheilungen. Seit dieser Zeit ist der Abbau des Septarienthones bedeutend fortgeschritten. Hierdurch, sowie durch ganz frische Abgrabungen in dem zu der eigentlichen Grube führenden Hohlwege und durch die sehr sorgfältig ausgeführte Abdeckung der hangenden Schichten des Septarienthones war mir im Sommer 1892 die Möglichkeit geboten, ein klares Bild über die gesammte Schichtenfolge des Tertiärs, sowie über ihr Verhältnis zu den sie überlagernden Di- luvialablagerungen zu erhalten. Der beigefügte, nach einer Photo- graphie hergestellte Lichtdruck (Taf. VI) gewährt einen vollstän- digen Ueberblick über den Aufschluss, doch zeigen die Gruben- wände nirgends ein normales, die Fallebene der Schichten senk- recht durchschneidendes Profil, da die Schichten hier nach NO. einfallen und die durch die Buchstaben de bezeichnete nördliche Grubenwand sich nahezu von O. nach W. erstreckt. Die Schichten an der Nordwand des 44 Meter langen, sich von OSO. nach WNW. er- streckenden Hohlweges waren zur Zeit der photographischen Auf- nahme leider mit Abrutschmassen bedeckt, so dass sie auf der Tafel nicht zum Ausdruck gekommen sind. Ich habe die Schichten sowohl hier, als auch an der gegenüberliegenden Südwand des Hohlweges nach erfolgter Abgrabung beobachten können. Unmittelbar am östlichen Eingänge in den Hohlweg war auf eine Länge von 10 Metern eine Bank von Geschiebemergel ent- blösst, die sich an dem Abhange hinaufzieht und die Schichten- köpfe des ganzen tertiären Schichtensystems scharf abschneidet. Diese Erscheinung tritt an der nördlichen Grubenwand auf den Taf. VI und VII, auf denen der Geschiebemergel mit d be- zeichnet worden ist, sehr deutlich hervor. Er hat hier eine mitt- lere Mächtigkeit von 3 Metern, besitzt eine bräunliche Farbe und ist sehr fest und hart. Weiter nach W. zu liegt er unmittelbar auf dem Septarienthon und keilt sich etwa an der Stelle, wo in der Abbildung auf der Oberfläche des Septarienthones (a) die drei grossen Geschiebe liegen, in einer scharfen Spitze aus. Dass dieser Geschiebemergel sehr starkem Druck ausgesetzt gewesen ') Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. XXXV, 1883, S. 628—630. 102 F. Wahnschaffe, Die Lagerungsverhältnisse ist, geht aus dem Umstande hervor, dass derselbe, wie man am Eingang in den Hohlweg sehen kann, in kleine fünf- oder sechs- seitige Säulen stenglig zerklüftet, die der äusseren Form nach ganz wie Basaltsäulen aussehen. Während Zimmermann1) die Altersstellung des Geschiebemergels unentschieden gelassen hat, schreibt Zache2): »Am Südrande des Schermützel-Sees baut eine Ziegelei Septarienthon ab, über welchem auch der Obere Ge- schiebelehm lagert«. Dass man es hier mit Unterem Ge- schiebemergel zu thun hat, kann meiner Ansicht nach gar keinem Zweifel unterliegen. Derselbe wird, wie man an der nörd- lichen Grubenwand deutlich sieht, von horizontal geschichtetem Unterem Diluvialsande (Taf. VI u. VII, Schicht e) überlagert, der hier eine durchschnittliche Mächtigkeit von 3 Metern besitzt. Es ist dies derselbe Sand, welcher sich nach W. zu regel- mässig fortsetzt und das Liegende des Oberen Geschiebemergels auf der Hasenholzer Hochfläche bildet. Das Niveau desselben entspricht demnach demjenigen des Rixdorfer Sandes mit seiner diluvialen Säugethierfauna. Schreitet man in dem zur Grube führenden Hohlwege von O. nach W. vor, so erscheinen zunächst unter dem Unteren Ge- schiebemergel feine weisse Glimmersande (Taf. VI C), die sehr deutlich geschichtet sind und mehrfach von schmalen, parallel mit der Schichtfläche verlaufenden eisenschüssigen Bändern durchsetzt werden. Von der Thoneisensteinbank, welche nach Küsel den Glimmersand von dem Geschiebemergel trennt, habe ich nur an einer Stelle einen etwa ^ Centimeter mächtigen Rest auffinden können, sodass dieselbe eine locale Bildung zu sein scheint. Misst man die Länge, in welcher die unter 20 — 25° nach NO. einfallenden Schichten von der fast horizontalen Sohlfläche des von OSO. nach WNW. sich erstreckenden Hohlweges durch- schnitten werden, so erhält man 21 Meter, woraus sich eine mittlere Mächtigkeit der ganzen Ablagerung von 8 — 9 Metern ergiebt. In völlig gleicher Ausbildung findet sich der Glimmer- sand innerhalb des Blattes Müncheberg in der Silberkehle nördlich *) 1. c. S. 630. 3) 1. c. S: 30. des Tertiärs und Quartärs der Gegend von Buckow. 103 vom grossen Tornow-See, in einer nordwestlich von dem Nordende dieser Schlucht sich erhebenden Kuppe und in der noch näher zu besprechenden Grube der neuen Ziegelei an der Boilersdorf- Reichenberger Chaussee. In der Silberkehle sieht man, wie auch Plettner (1. c. S. 407) bereits erwähnt, im mittleren Theile der Schlucht braunschwarze Letten und graue, braungestreifte Form- sande mit südöstlichem Einfallen unter dem steil aufgerichteten Glimmersande zu Tage treten. Es scheint demnach hier ein nach NO. überkippter Sattel vorzuliegen, wodurch die der Braunkohlen- formation angehörigen Letten und Formsande scheinbar zum Liegenden des Glimmer sandes geworden sind. Obwohl an allen diesen Punkten keine Petrefacten aufgefunden worden sind, so glaube ich doch, dass man aus den Lagerungs- verhältnissen und aus der petrographischen Beschaffenheit folgern kann, dass derselbe, wie dies auch schon G. Berendt1) aus- gesprochen, der von ihm in der Mark nachgewiesenen Etage des oberoligocänen Meeressandes angehört. Unter dem Glimmersande folgt in dem Hohlwege eine den Septarienthon unmittelbar überlagernde Folge von glaukonitischen Schichten, die zuerst durch A. v. Koenen2) mit den Stettiner Sanden in Parallele gestellt worden sind. Sie bilden hier die hängendsten Schichten des Mitteloligocäns und sind auch von KüSEL, der sie s,ehr eingehend untersucht und beschrieben hat, zum Stettiner Sand gerechnet worden. Diese Schichten Hessen sich sowohl an der Südwand des Hohlweges, als auch im Ausstrich in dem öst- lichen Theile der Grube beobachten, wo sie auf den Tafeln VI und VII mit b bezeichnet worden sind und ein Einfallen von 25 — 30° nach NO. zeigen. Die von mir vom Hangenden nach dem Liegenden zu be- obachtete Schichtenfolge zeigt folgende petrographische Unter- schiede : G. Berendt, Die bisherigen Aufschlüsse des märkisch - pommerschen Tertiärs u. s. w. (Abh. z. geol. Specialkarte von Preussen u. s. w. Bd. VH, H. 2, S. 19 — 22 u. 38). 2) A. v. Koenen, Die Fauna der unteroligocänen Tertiärschichten von Helm- städt bei Braunschweig. (Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. XVII, 1865, S, 462). 104 F. Wahnschaffe, Die Lagerungsverhältnisse Dunkle, grünlichblaue, thonige Schicht 75 Centimeter Glaukonitsand 48 » Chokoladenfarbige, thonige Schicht . 10 » Gelber Sand 50 » Eisenstreifiger Sand 10 » Thoneisensteinbank Glaukonitischer Sand Gelber Sand Thoneisensteinbank Feiner graüweisser oder graugelber Sand Dünne Thoneisensteinbank . . . Grober Sand Gelber, brauner, feiner, glimmer- reicher Sand ....... Grober Glaukonitsand Schalige Thoneisensteinbank . . Gesammt-Mächtigkeit 8,1 1 Meter. Von Petrefacten, welche im Stettiner Sande, namentlich in der den Septarienthon unmittelbar bedeckenden schaligen Thon- eisensteinbank gefunden worden sind, erwähnt KÜSEL folgende: Fusus oder Pleurotoma , Natica , Dentalium Kicksii Nyst, Pectunculus (vielleicht Philippsii ), Cardium cingulatum Goldf., Cyprina rotundata Braun, Pecten pictus Goldf. (aus dem oberen Thoneisensteinlager), Einzelne unbestimmbare Pelecypoden, Eine Koralle. Nach A. Y. Koenen1) kommen hier ausserdem Pecten bifidus Goldf. und Fischzähne vor, während die übrigen Bivalven-Reste meist nur undeutliche Abdrücke bilden. An dem westlichen *) A. v. Koenen, Das marine Mittel - Oligocän Norddeutschlands und seine Mollusken-Fanna. (Palaeontographica XVI, S. 60). des Tertiärs und Quartärs der Gegend von Buckow. 105 Theile difr- Grubenwand und in einem 3 — 4 Meter tiefen Schürfe, der sich an den westlichen Rand der Grube anschliesst, sieht man den glaukonitischen Sand nochmals aufgeschlossen. Er wird dort unmittelbar vom Unteren Diluvialsande (e) überlagert und fällt nach NO. ein. Das Liegende des Stettiner Sandes bildet der Septarien- thon, der im westlichen Theile der Grube in 18 Meter hohen Wänden aufgeschlossen ist. (Taf. VI u. VII a.) Er besitzt eine bläuliche bis schwarzgraue Farbe, ist im feuchten Zustande sehr fett und plastisch und zerfällt beim Trocknen in kleine scharf- kantige Brocken. Er enthält Einlagerungen von Gyps in einzelnen Krystallen und Krystalldrusen und ausserdem Pyrit in Knollen. Septarien, welche beispielsweise in der Thongrube von Hermsdorf nördlich Berlin so häufig Vorkommen, sind bei Buckow ziemlich selten. Nach dem A. v. KoENEN’schen Verzeichniss enthält der Septarienthon hier folgende Petrefacten : Mur ex Deshayesii Ny st, M. Pauwelsii de Kon., Tritonium flandricum de Kon., Cancellaria evulsa Sol., C. granulata Nyst, Pyrula concinna Beyr., Fusus rotatus Beyr., F. Waelii Nyst, F. elongatus Nyst, F. elatior Beyr., F. multisulcatus Nyst, Pisanella semiplicata Nyst, Conus Semperi Speyer, Pleurotuma turbida Sol., P. Koninckii Nyst, P. laticlavia Beyr., P. Selysii DE Kon., P. Duchastelii Nyst, P. regularis de Kon., P. Volgeri Phil., 106 F. Wahnschaffe, Die Lagerimgsverhältnisse P. peracuta v. Koenen, P. intorta Broc., Borsonia plicata Beyr., B. decussata Beyr., Natica Nysti d’Orb., Cerithium Sandbergeri Desh., Scalaria rudis Phil., S. undatella v. Koenen, S. intumescens v. Koenen, Dentalium Kicksii Nyst, D. seminudum Desh., Pecten permistus Beyr., Nucula Chastelii Nyst, Leda Deshayesiana Duch., Cryptodon unicarinatus Nyst, Astarte Kicksii Nyst, Venericardia tuberculata Münst. Hierzu kommen nach Küsel’s Angabe noch hinzu: Thracia Nysti v. Koenen, Tiphys Schlotheimii Beyr., Pleurotoma Waterkeynii Nyst., Ueberbleibsel von Fischen, darunter verschiedene Arten von Haifischzähnen, auch von Carcharodon megalodon Ag., sowie Schuppen und Wirbel. Die in dem Septarienthon vorkommenden Foraminiferen haben nach Küsel eine grosse Aehnlichkeit mit den von Reuss aus dem Hermsdorfer Vorkommen beschriebenen. Eine erschöpfende Be- arbeitung der an Formen sehr reichen Buckower Foraminiferen liegt bis jetzt noch nicht vor. Was nun die Lagerungsverhältnisse der bisher beschriebenen Tertiärschichten betrifft, so hat zuerst A. v. Koenen1) die nach- stehende wichtige Mittheilung veröffentlicht: »Bei der fortschreiten- den Gewinnung des Thones stiess man auf der Südseite der *) Palaeontographica XVI, 1866, S. 61. des Tertiärs und Quartärs der Gegend von Buckow. 107 Grube vor ein paar Jahren plötzlich auf feste Braunkohle, welche nur einige Zoll mächtig, sich mit ca. 60° steif heraushob und vermuthlich bis nahe zu Tage ausgeht. Unter der Kohle folgt ein gelblichweisser feiner Glimmersand von unbekannter Mächtig- keit. Wie ich von den Arbeitern erfuhr, war mit einem Bohr- loche in der Mitte der Thongrube bei 30 Fuss Tiefe der Thon durchbohrt, und die Kohle resp. der Sand angetroffen worden.« Durch das weitere Vorrücken des Abbaus nach W. war im Herbst 1892 die Contactfläche zwischen dem Septarienthon und den darunter befindlichen Braunkohlenschichten auf eine Länge von 30 Metern angeschnitten worden. Auf Taf. VIII ist ein Stück dieses westlichen Stosses der Grube, zur Darstellung gebracht. Der eingesetzte Maassstab von 1 Meter Länge gewährt einen Anhalt über die Grössenverhältnisse. Man sieht hier an- nähernd in der Mittellinie des Bildes unter dem oben befindlichen Septarienthone weisse Qarzsande und ein mit ihnen vollständig verdrücktes kleines Flötzchen von dunkler erdiger Braunkohle hervortreten. Diese Braunkohle muss einem sehr starken Drucke ausgesetzt gewesen sein, denn man beobachtet häufig an den Ablösungsflächen der härteren Stücke stark spiegelnde Harnische. Von besonderem Interesse war hier die von mir gemachte Beobachtung, dass unmittelbar in der Berührungszone des Septarienthones mit den Braunkohlenschichten vereinzelte nordische Geschiebe vorhanden sind. Ich fand dort Feuer- steine, Grünsteine, Elfdalenporphyre, Gneisse und Granite, deren Grösse sehr verschieden war. Drei kleinere von 5 — 6 Centimeter Durchmesser sind auf Taf. VIII durch die beigefügten Zahlen 1, 2, 3 kenntlich gemacht. Ein grösseres Geschiebe von einem halben Meter im Durchmesser fand ich an einer anderen Stelle ebenfalls noch in der Grubenwand festsitzend. Es war dies ein feinkörniger rundlicher Gneissblock, der in der Mitte gespalten war und dessen beide dicht auf einander liegende Hälften einige Centimeter gegen einander verschoben worden waren. Diese Er- scheinung deutet ebenso wie die Harnischbildungen an den Braun- kohlen auf eine starke Quetschung hin. Insofern ist dieses Ge- schiebe mit den zerbrochenen und wieder verkitteten sibirischen 108 F. Wahnschaffe, Die Lagerungsverhältnisse Kalkgeschieben von Schobüll bei Husum 7,u vergleichen, welche Meyn1) beschrieben hat und welche, da sie sich nach Gottsche’s2) Mittheilung nur auf der Grenze vom Unteren Geschiebemergel und dem dort darunter anstehenden, rothen, permischen Gestein beschränken, nach seiner Ansicht durch den Druck der Eisdecke auf ihre Unterlage resp. gegen das ältere anstehende Gestein zer- quetscht worden sind. Alle älteren Versuche, welche darauf hinausgingen, die Störungen der Tertiärschichten in der Buckower Thon- grube zu erklären, beruhen auf der irrthümlichen Annahme, dass die Braunkohlenablagerungen, welche dort das Liegende des mitteloligocänen Septarienthones bilden, auch ein höheres geolo- gisches Alter als dieser besitzen und demnach dem Unteroligocän angehören müssten. Zu diesem Resultat war Plettner durch seine sorgfältigen Untersuchungen gelangt und hatte dies in fol- genden Worten ausgesprochen: »Die Braunkohlen der Mark Bran- denburg sind zunächst älter als der Septarienthon, das ist die einzige genaue Bestimmung, die sich über das Alter derselben geben lässt«. (1. c. S. 228.) Erst nachdem G. Berendt3) durch die Ergeb- nisse zahlreicher Tiefbohrungen und neuerer Grubenaufschlüsse den wichtigen Nachweis geliefert hatte, dass die märkische Braunkohlenformation über dem mitteloligocänen Sep- tarienthone und dem oberoligocänen marinen Glimmer- sande zur Ablagerung gelangt und demnach zum Miocän zu rechnen sei, war eine richtige Deutung der Lagerungsver- hältnisse in der Buckower Septarienthongrube möglich. Diese hat auch Berendt selbst bereits in der unten angegebenen zweiten Arbeit (S. 20 u. 21) gegeben. Dort heisst es: »Nach Kenntniss der durch den Bergbau in der Gegend von Frankfurt nunmehr festgestellten und im vorigen Abschnitte dargelegten Lagerungs- b L. Meyn, Geogn. Beob. in Schleswig-Holstein, 1847, S. 14 und Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. XXIII, 1871, S. 404. 3) Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. XXXIX, 1887, S. 841 u. 842. 3) G. Berendt, Das Tertiär im Bereiche der Mark Brandenburg (Sitzungsber. der physik. - math. Classe der königl. preuss. Akad. d. Wiss. zu Berlin 1885, XXXVIII) und Die bisherigen Aufschlüsse des märkisch-pommerschen Tertiärs u. s. w. (Abh. z. geol. Specialkarte v. Preussen u. s. w., Bd. VII, H. 2). des Tertiärs und Quartärs der Gegend von Buckow. 109 Verhältnisse dürfte es aber sofort einleuchten, dass wir es hier bei Buckow nicht nur, ebenso wie bei Freienwalde, Hermsdorf, Joachimsthal, mit einem aus dem Grunde sattelartig empor- gepressten Thonhügel zu thun haben, sondern auch mit einem ganz entsprechend den 3 Sätteln der Gruben bei Frankfurt (Taf. II) überkippten, gleichzeitig als Ueberschiebung zu denken- den Sattel. Dieser Sattel ist sogar in derselben Richtung, nämlich nach S., übergekippt, hat die ihn auf seinem Nordflügel in der Grube auch jetzt noch überlagernden Glaukonit- und Glimmer- sande, sowie die (als die oberste) später zerstörte Braunkohlen- bildung gerade an der Ueberkippungsstelle durchbrochen und noch einen 3 zölligen Besteg von Kohle an seinem, auf voraus- geschobenen Glimmersand aufgeschobenen widersinnigen Siidflügel, seiner Unterseite, mitgeführt.« Dieser BERENDT’schen Erklärung, der ich mich in jeder Hinsicht anschliessen kann, möchte ich als eine, allerdings un- wesentliche Berichtigung hinzufügen, dass die Schichten in der Buckower Thongrube sämmtlich nach NO. einfallen und demnach eine Ueberkippung der angenommenen Falte nach SW. statt- gefunden haben muss. Zugleich mit dieser starken Zusammen- schiebung und Ueberkippung der Falte muss auch eine Zer- reissung und Verwerfung eingetreten sein, sodass die auf- gerichteten Schichten des Nordostflügels auf den abgesunkenen und niedergepressten Schichten des Südwestflügels aufgeschoben werden konnten. Man muss annehmen, dass bei Entstehung der in der Sattellinie auftretenden Faltenzerreissung die Schichten des Südwestflügels au der Spalte nach abwärts sanken und dabei zu- gleich nach abwärts geschleppt wurden. Das an dem westlichen Stoss der Grube beobachtete dünne Braunkohlenflötzchen und die darunter folgenden Quarzsande scheinen den liegendsten Partien der hier bedeutend erodirten und am Nordostflügel gänzlich verschwundenen miocänen Braun- kohlenformation anzugehören. Darunter soll nach A. v. Koenen feiner Glimmersand erbohrt worden sein, den wir wohl mit dem Glimmersande am Eingänge des Hohlweges parallelisiren und zum Oberoligocän rechnen dürfen. Es wäre von grossem 110 F. Wahnschaffe, Die Lagerufi gsverhäl tniss’e Interesse, wenn hier unter den Braunkohlenbildungen durch ein tieferes Bohrloch der Stettiner Saud und darunter der Septarien- thon im Liegenden dieses Glimmersandes nachgewiesen werden sollten. Es bleibt mir noch übrig, einige Bemerkungen über die Ursache und das Alter der Schichtenstörungen hinzuzufügen. G. Berendt hat bereits in seiner ersten Schrift über »die märkisch - pommersche Braunkohlenformation und ihr Alter im Lichte der neueren Tiefbohrungen J) « die Ansicht ausgesprochen, dass die im Liegenden der Glacialbildungen zu beobachtenden Störungen des Tertiärs mit Hülfe der Eistheorie sich verhältniss- mässig leicht erklären Hessen, während die Spuren der gross- artigen Zerstörung des Braunkohlengebirges sich deutlich in dem Hauptmaterial aller tieferen Schichten des Diluviums wieder- fänden. Auch bei dem Nachweis der nach S. überkippten Sattel- und Muldenbildungen, Störungen, welche in der Frankfurter Gegend die märkische Braunkohlenformation, den oberoligocäneu Meeressand und den Stettiner Sand und Septarienthon des Mittel- oligocäns betroffen haben* 2), glaubte Berendt diese Erscheinungen auf die einstmalige nach S. gerichtete Bewegung des skandinavi- schen Eises zurückführen zu dürfen. Dieselbe Erscheinung gilt nach ihm auch für die überkippten Sättel und Mulden des Tertiärs bei Falkenberg und Freienwalde a. 0. 3), Verhältnisse, die von ihm in dem Profil Fig. 4 veranschaulicht worden sind. Auch für die Störungen in der Buckower Thongrube möchte ich eine gleiche Entstehungsursache annehmen. Dass dieselben nicht praeglacial sein können, beweist das Vorkommen von nordischem Material zwischen dem Septarienthon und den Braunkohlen- bildungen; es muss demnach, als die Ueberschiebung stattfand, eine Bedeckung der letzteren mit glacialem Schuttmaterial schon vorhanden gewesen sein. Nach meiner Ansicht fand die Empor- pressung und Faltung der tertiären Ablagerungen in dem Rand- *) Dieses Jahrb. für 1883, Berlin 1884, S. 651. 2) Die bisherigen Aufschlüsse des märkisch-pommerschen Tertiärs u. s. w. 3) Das Tertiär bei Falkenberg und Freienwalde a. 0. (Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. XLIV, 1892, S. 339 u. 340). des Tertiärs und Quartärs der Gegend von Buckow. 111 gebiete des hier von NO. nach SW. vorrückenden Inlandeises statt und zwar gleichzeitig mit dem Absatz des dem Gehänge angelagerten und an demselben emporgepressten Unteren Ge- schiebemergels. Da letzterer von dem im Liegenden des Oberen Geschiebemergels auftretenden Diluvialsande horizontal abgeschnitten wird und dieser Sand, soweit sich dies an der Nordwand der Grube (siehe Taf. VI e) beobachten liess, keinerlei Störungen zeigt, so muss die Faltung und Ueberschiebung der Tertiär- schichten während der ersten Glacialepoche erfolgt sein. Küsel1) hat. allerdings auf dem von ihm gezeichneten Profil stark gefaltetes Diluvium ohne nähere Bezeichnung der Beschaffenheit im westlichen Theile der Grube über dem Grünsand angegeben, doch haben diese Falten des unteren Diluvialsandes, um den es sich wahrscheinlich handelt, meiner Auffassung nach nichts mit den Störungen des Tertiärs zu thun und sind vielleicht bei der Ablagerung des hier in der Abschmelzperiode völlig erodirten Oberen Geschiebemergels, also beim zweiten Vorrücken des Inlandeises entstanden. Auch scheinen es nur ganz locale Auf- sattelungen gewesen zu sein, da sie jetzt nicht mehr zu beob- achten sind. Gleichzeitig mit den Tertiär-Schichten in der Buckower Thon- grube scheinen die unmittelbar an der Buckower Chaussee süd- lich von dem nach der Ziegelei führenden Wege zu Tage treten- den diluvialen Mergelsande in ihrer Lagerung gestört worden zu sein. Diese sehr fein und regelmässig geschichteten Mergel- sande zeigen ebenso wie die Tertiärschichten ein Einfallen nach NO. und zwar unter 17°. Auch die Störungen der vielfach in der Buckower Gegend in natürlichen Einschnitten, sowie durch Gruben aufgeschlossenen märkischen Braunkohlenformation scheinen durch den Druck des sich vorschiebenden Inlandeises hervorgerufen zu sein, ln der Grenzkehle am westlichen Ufer des Schermützel-Sees sind bereits durch Plettner (1. c. S. 392 — 395) die dort vor- handenen Braunkohlenschichten sorgfältig untersucht und genau >) R. Küsel, Die oberen Schickten des Mitteloligocäns bei Buckow. Tafel. ii2 F. Wahnschaffe, Die Lagerungsverhältnisse beschrieben worden. Da die Abhänge jetzt vielfach überrutscht sind und die Schichtenfolge nicht mehr sehr deutlich zu erkennen ist, so folge ich hier auszugsweise den von ihm gemachten An- gaben. Kaum 300 Schritt vom Ufer des Sees entfernt steigt am Nordgehänge des Thaies eine steile Wand von mehr als 10 Meter senkrecht empor, die aus bräunlich-schwarzen, thonigen, doch zu- weilen auch sandig werdenden Letten gebildet wird. Das Streichen der Schichten ist NW. — SO., das Einfallen gegen NO. gerichtet. Etwa 100 Schritt weiter thalaufwärts zeigte sich ein fast voll- ständiges Profil der »hangenden und liegenden Flötzpartie« auf- geschlossen. Die Schichten besassen dasselbe Streichen und Ein- fallen. Letzteres fand unter 40 — 50° statt. Plettner hat dort nachstehende Schichtenfolge von oben nach unten beobachtet: 1) 3 — 5 Fuss (0,94 — 1,57 Meter) gelblich-grauer j g Lehm mit Geschieben. f •£ 2) 10 — 14 Fuss (3,14 — 4,40 Meter) gelblich- l £ weisser nordischer Sand. ' ® 3) 18 Fuss (5,65 Meter) aschgrau- und braun- \ gestreifter Sand, gegen das Liegende hin dunkler werdend. / cd I ns 4) 2 Fuss (0,63 Meter) sehr bröcklige Braun- ! . g kohle. } .2 a2 *43 a 5) 4 Fuss (1,26 Meter) dunkelbrauner Form- I § sand, gegen unten hin weniger feinkörnig \ und mit gelblich - grau gefärbten Streifen I j| '3 wechselnd. 'o & 6) 8 Fuss (2,51 Meter) grauer gleichkörniger Quarzsand, Kohlensand, ohne allen Glimmer, mit dünnen schwarzen Streifen, in denen der Kohlensand mit stärkeren Mengen von Kohlen- stäubchen gemischt ist. 7) U/2 Fuss (0,47 Meter) Braunkohle. 8) 3 Fuss (0,94 Meter) grauer gleichkörniger Quarzsand, Kohlensand. 9) D/2 Fuss (0,47 Meter) Braunkohle. 10) Grauer gleichkörniger Kohlensand. des Tertiärs und Quartärs der Gegend von Buckow. 113 Zweihundert Schritt weiter thalaufwärts sind abermals ein Formsandlager und zwei ßraunkohlenflötze, deren Mächtigkeit ungefähr 1 Fuss (0,31 Meter) beträgt und die in den grauen Kohlensand eingelagert sind, am Gehänge aufgeschlossen, doch war das Hangende der ßraunkohlenflötze durch Abrutsch ver- deckt. Die Schichten streichen hier ebenfalls NW. — SO., fallen jedoch mit ungefähr 30° nach SW. Die noch weiter nach W. zu in der Grenzkehle getroffenen, 15 — 17 Fuss (4, 71 — 5,34 Meter) mächtigen Formsand- und Lettenschichten zeigen das gleiche Ein- fallen und Streichen. Plettner schliesst aus diesen Beobach- tungen mit Recht, dass es sich hier um eine Aufsattelung der Braunkohlenformation handelt, deren Gewölbe durch Erosion zer- stört worden ist. In dem nördlich von der Grenzkehle gelegenen, ebenfalls von O. nach W. sich erstreckenden langen Grunde sind buntstreifige Formsandlager mit zwei schwachen Kohlenflötzchen aufgeschlossen, die im Allgemeinen von NW. nach SO. streichen und unter 50 bis 60° gegen SW. einfallen. Nördlich von der nach dem Schermützel-See führenden Schlucht, in welcher der zum südwestlichen Ende des Dorfes Boilersdorf führende Weg verläuft, streichen am Abhange zwei Braunkohlen- flötze von 1 — D/2 Fuss (0,31 — 0,47 Meter) Mächtigkeit zu Tage aus, deren Streichen von NW. nach SO. gerichtet ist und welche unter 30 — 40° nach NO. einfallen. Da das Hangende und Lie- gende, sowie auch das Mittel zwischen den Flötzen aus glimmer- freiem Quarzsand besteht, so gehören diese Schichten der liegen- den Flötzpartie an. Die hangende Partie mit braunen glimmer- reichen Formsanden findet sich etwas weiter nördlich, sowie im Grunde der Schwarzen Kehle aufgeschlossen. Es streichen an letztgenannter Stelle drei Braunkohlenflötze der hangenden Pai'tie mit nordwest- bis südöstlichem Streichen und einem Einfallen von 80° nach SW. zu Tage aus. Ueber die Lagerungsverhältnisse der in den Grubenfeldern »Willenbücher« und »Max« bei Bollersdorf im Abbau begriffenen Braunkohlenflötze verdanke ich dem Herrn Obersteiger SchüLKE einige Mittheilungen. Durch Bohrungen und Schächte ist auch Jahrbuch 1893. 114 F. Wahnschaffe, Die Lager ungsverhältnisse hier eine hangende und liegende Abtheilung der Braunkohlen- formation nachgewiesen worden. Die Braunkohlenschichten, in denen die beiden im Bau befindlichen Flötze auftreten , bilden hier eine Mulde, deren Längsstreichen von NW. nach SO. ge- richtet ist. Im NO. -Flügel dieser Mulde fallen die Schichten nach Plettner’s Angabe mit 60° nach SW. , während sie im SW. -Flügel zunächst der Muldenlinie mit 40°, in weiterer Ent- fernung mit 10 — 150 nach NO. einfallen. Das hängendste Flötz No. 1 ist nur theilweise abbauwürdig, da es mehrfach durch einen an Gerollen reichen Diluvialsand verdrückt wird. Die Kohle dieses Flötzes ist von milder Beschaffenheit und tritt in einer Mächtigkeit von 0,60 — 1,75 Meter auf. Ihr Einfallen schwankt zwischen 3 und 800. Das Hangende des ersten Flötzes besteht aus Unterem Di- luvialsande, welcher unmittelbar über dem Flötze liegt und eine Mächtigkeit bis zu 20 Meter erreicht. Nach Zache x), dessen Angaben ebenfalls auf Mittheilungen des Herrn Obersteigers SchÜlke beruhen, sind in der Grube »Willenbücher« folgende Schichten durchteuft: 3,5 Meter Oberer Geschiebemergel, 1 Meter Unterer Diluvialsand und 8 Meter Unterer Geschiebemergel; dann folgte der Formsand. Sechshundert Meter nordwestlich hiervon wurden folgende Schichten beobachtet : 3,5 Meter Oberer Ge- schiebemergel, 7 Meter Unterer Geschiebemergel* 2) und 26 Meter Unterer Diluvialsand, darunter befand sich das erste Flötz. Das 4,20 Meter mächtige Liegende des ersten Flötzes besteht aus dunklen Letten mit Streifen von Formsand, welcher in der Nähe des zweiten Flötzes so dicht wird, dass er das Wasser nicht durchlässt. Das Flötz No. 2 ist durchschnittlich viel regelmässiger ab- gelagert, als das Flötz No. 1. Seine Mächtigkeit beträgt 1,20 bis 1,75 Meter. Die Kohle ist stückreich und stellenweise ziem- lich fest, steht jedoch an Brennwerth der Kohle des ersten Flötzes etwas nach. Theilweise ist auch Gyps in krystallinischer Form dem zweiten Flötz beigemengt. 0 1. c. S. 30. 2) Der Geschiebemergel im Hangenden der Grube »Max« ist von Plettner (1. c. S. 159 — 160) irrthümlicb für Septarienthon gehalten worden. des Tertiärs und Quartärs der Gegend von Buckow. 115 Das Liegende des zweiten Flötzes ist 4,50 Meter mächtig und wird aus hellgrauem Formsand mit Lettenstreifen gebildet. Stellenweise tritt unter dem zweiten Flötze im Liegenden Schwefelkies in knollenartiger Form auf, welcher mit Kohle ver- mengt ist. In der Nähe des dritten Flötzes besitzt der Form- sand eine bräunliche Färbung. Dieses dritte Braunkohlenflötz ist ungefähr 0,80 bis 1 Meter mächtig, wird jedoch wegen der geringen Mächtigkeit nur selten abgebaut. Unter diesem Flötz liegt ein 0,30 Meter mächtiger grauer plastischer Thon und darunter feiner weisser Formsand. Die Zahl der in der liegenden Abtheilung auftretenden Flötze ist bisher noch nicht genau ermittelt. Das stärkste der- selben ist in einer Mächtigkeit von 2 Meter angetroffen, während die übrigen nur 0,3 — 0,4 Meter mächtig sind. Die Kohle ist kleinknorpelig und mit Quarzsandstreifen durchzogen. Die Flötze zeigen ein starkes Einfallen von 80 — 90°. Das Hangende und Liegende dieses unteren Flötzzuges besteht aus Quarzsand, welcher meist bräunliche Färbung zeigt. . Dicht unterhalb des hangenden Flötzzuges besitzt der Sand ein sehr grobes Korn, während in den untersten Partien rein weisser Sand mit sehr gleichmässiger mittelfeiner Körnung vorhanden ist. In welche Zeit die Einmuldung der Braunkohle zu setzen ist und ob dieselbe ebenfalls mit einer durch das Inlandeis bewirkten Faltung in Zusammenhang zu bringen ist, Hess sich bisher nicht feststellen 1). Die Braunkohlenschichten zeigen je- doch ausser dieser muldenförmigen Stellung im Grossen noch verschiedene locale Störungen, die sich in einer Faltung und Aufsattelung der Kohlenflötze , sowie durch Verwerfungen zu erkennen geben. Auch Plettner erwähnt in dem steiler ge- neigten Theile des Südostflügels der Mulde eine parallel zum Streichen derselben verlaufende Verwerfungskluft mit spiegel- glatten Flächen. Die der Muldenlinie näher gelegenen Flötz- partien sind an dieser Kluftfläche so tief abgesunken, dass das x) Beziehungen der Mächtigkeit der diluvialen Bedeckung zur Muldenbil- dung und Aufsattelung der Braunkohlenflötze , wie sie Berendt bei Freien- walde a. O. nachweisen zu können glaubte (Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. 1892, S. 335 — 340), habe ich in der Buckower Gegend nicht auffinden können. i 16 F. Wahnschaffe, Die Lagerungsverh ältmsse erste Flötz des gesunkenen Theiles die Fortsetzung des zweiten Flötzes des höher liegenden Theiles zu sein scheint. Das bei- gefügte Profil (Fig. 2), in welchem die beiden im Bau befind- Fig. 2. Profil aus der Grube »Willenbücher« bei Bollersdorf. Schacht Mi/eck/ff. Seht. Mi/eckil. . liehen Flötze als 1 u. 2 bezeichnet worden sind, lässt die Auf- sattelung deutlich erkennen. Diese Störungen sind nach meiner Ansicht ebenfalls als zusammenschiebende und aufpressende Wir- kungen des vorrückenden Inlandeises anzusehen. Auch Plettner (1. c. S. 159) ist der Ansicht, dass mit der Aufrichtung der Flötze zugleich eine Verschiebung und Zusammenpressung von der Seite her verbunden gewesen sein muss, da in dem horizontal gelagerten Theile der Flötze und der begleitenden Schichten sich eine grosse Menge sattel- und muldenförmiger Faltungen findet, die kaum auf andere Weise erklärt werden könnten. Die stark kuppige Oberflächenbeschaffenheit der Pritzhagener Forst ist nicht nur als eine Folge der erodirenden Thätigkeit der Schmelzwasser des Inlandeises anzusehen, sondern die Tertiär- ablagerungen sind hier vielfach, wie ich annehme, durch den Druck des vorrückenden Inlandeises emporgepresst und in ihrer Lagerung gestört worden und bilden den inneren Kern des ober- flächlich meist aus Unterem Diluvialsand mit dünner Decke von Oberem Geschiebesand gebildeten Hügellandes. Plettner giebt an, dass der Septarienthon in beträchtlicher Mächtigkeit in einem Bohrloche am Südabhange des nahe bei der Friedrich -Wilhelms- des Tertiärs und Quartärs der Gegend von Buckow. 117 Höhe gelegenen Quastes (Jena’s Höhe) aufgefunden wurde. Ausser- dem sind von ihm noch die nachstehenden Bohrungen mitgetheilt worden, bei denen von oben nach unten folgende Schichten durchsunken wurden: I. Bohrloch auf dem Nordabhange des Dachsberges. 1) 16 Fuss ( 5,02 Meter) brauner sandiger Thon mit Glimmer. 2) 20^2 » ( 6,43 » ) gelblichbrauner sandfreier Thon mit einzelnen Gypsknauern und deutlichen Stückchen der Schale von Nucula Deshayesiana. 3) 40 » (12,55 » ) blaugrauer fetter Thon mit Gyps- knauern und Stücken braunen Thon- eisensteins und zerbohrten Muschel- 4) 1 » ( 0,31 schalen. » ) mergeliger Kalkstein (wurde ge- 5) 3 » ( 0,94 meisselt). » ) blaugrauer Thon mit Gyps. 6) 4 » ( 1,26 » ) braunschwarze alaunhaltige Letten. 7) 2 » ( 0,63 » ) grauer Formsand, braungestreift. Sö1^ Fuss (27,15 Meter). II. Bohr loch am Südabhange des Wachtelberges. 1) 71/2 Fuss ( 2,35 Meter) bräunlichgrauer sandiger Thon. 2) 6 » ( 1,88 » ) gelblichbrauner Sand. 3) IV2 » ( 0,47 » ) brauner thoniger Sand. 4) V* » ( 0,16 » ) grauer reiner Quarzsand. 5) IV2 » ( 0,47 » ) eisenschüssiger röthlichbrauner Sand. 6) 2 » ( 0,63 » ) weisslichgrauer Sand. 7) 1 » ( 0,31 » ) röthlichbrauner Thon mit sehr vielem 8) 26 » ( 8,16 Gyps gemengt. » ) blaugrauer fetter Thon mit Gyps und 9) 6 » ( 1,88 zerbohrten Muschelstückchen. » ) gelber brauner sandiger Thon. 10) 47 » (14,75 » ) blaugrauer fetter Thon mit Gyps und kleinen Bruchstücken von Muschel- schalen. 99 Fuss (31,07 Meter). .18 F. Wahnschaffe, Die Lagerungsverhältnisse III. Bohr! loch auf dem Wachtelberge. 1) 14 Fuss ( 4,39 Meter) bräunlichgrauer sandiger Thon. 2) 29 » ( 9,10 » ) gelblichbrauner eisenschüssiger Sand. 3) 4 » ( 1,26 » . ) dunkelbrauner sandiger Thon. 4) 17 » ( 5,34 » ) blaugrauer Thon mit Gyps und klei- 5) 2i/2 » ( 0,79 nen Kalkstücken (augenscheinlich zer- bohrte Muschelreste). » ) bräunlichschwarze Letten mit Glim- mer. 6) V 4 » ( 0,08 » ) Braunkohle. 7) 23 » ( 7,22 » ) Formsand, grau und blau gestreift. 89% Fuss (28,17 Meter). Leider lässt sich aus diesen Angaben die genaue geologische Bestimmung und Parallelisirung der einzelnen Schichten nicht mit Sicherheit ableiten. Die oberste auf dem Nordabhange des Dachsberges durchsunkene Schicht (16 Fuss brauner sandiger Thon mit Glimmer, Bohrloch I, No. 1) ist zweifellos der dort an- stehende Obere Geschiebemergel. Der in Bohrloch I, No. 4 an- gegebene mergelige Kalkstein darf wohl als eine Septarie ange- sehen werden. Im Uebrigen hat es den Anschein, als ob in den Bohrlöchern I und III die Brauukohlenformation erst unter dem Septarienthon angetroffen wäre, was wiederum auf bedeutende Schichtenstörungen schliessen liesse, die in diesem Falle als über- kippte Falten zu erklären sein dürften. Eine bemerkenswerthe Eigentümlichkeit innerhalb der Pritz- hagener Forst bieten die beiden Tornow- Seen. Dieselben sind nur 250 Meter von einander entfernt, zeigen jedoch sehr be- deutende Niveaudifferenzen, denn der Wasserspiegel des Kleinen Tornow-Sees liegt 17,2 Meter höher als der des Grossen Tornow- Sees. Bei meinen bis zu 2 Meter Tiefe geführten Handbohrungen fand ich, dass die trennende Kuppe, der Kalkberg, oberflächlich aus Diluvialgrand besteht, doch muss im Untergründe eine das Wasser nicht durchlassende Schicht vorhanden sein, da sonst das Wasser des Kleinen Tornow sehr bald nach dem Grossen ab- des Tertiärs und Quartärs der Gegend von Buckow 119 laufen würde. Ob diese undurchlässige Schicht, wie Plettner vermuthet, durch Septarienthon gebildet wird, liess sich bisher nicht entscheiden. Mit gleicher Wahrscheinlichkeit könnte man annehmen, dass der Untere Geschiebemergel hier den Abfluss ver- hindert, denn derselbe ist in der Umgebung des Sees an ver- schiedenen Stellen nachgewiesen worden. Ein neuer Aufschluss, der innerhalb der Pritzhagener Forst unmittelbar an der von Bollersdorf nach Reichenberg führenden Chaussee auf meine Veranlassung entstanden ist, dürfte für die Lagerungsverhältnisse des Tertiärs von Interesse sein. Nachdem ich durch kleinere Handbohrungen das Vorhandensein des Septa- rienthones in dem sich an das sogenannte Buchholz anschliessen- den Ackerlande festgestellt hatte, wurde dies Gebiet von Herrn Obersteiger SchÜLKE durch tiefere Bohrungen näher untersucht und auf Grund der günstigen Ergebnisse die dortige neue Ziegelei angelegt. Man hat nun an dem Abhange der südlich von der Chaussee gelegenen Anhöhe einen von O. nach W. gerichteten Abstich gemacht, an welchem ich im November 1893 folgende Schichten beobachtete. Von W. nach O. zu vorschreitend be- merkt man unter einer dünnen Decke von geröllführendem Dilu- vialsande zuerst feinen Glimmersand, der ganz dieselbe Ausbil- dung zeigt wie der am Eingänge in die Buckower Thongrube und in der Silberkehle aufgeschlossene. Das Ausstreichen des- selben an der Oberfläche liess sich bis auf eine Länge von 50 Schritt verfolgen. Dann folgte auf eine Erstreckung von 30 Schritt glaukonitischer, mit Thoneisensteinbänken wechsellagern- der Sand, welcher dem Stettiner Sande in der Buckower Thon- grube entspricht. Daran schliesst sich auf eine Länge von 60 Schritt Septarienthon. Die in diesem angelegte Grube war erst einige Meter tief, doch haben die dort angestellten Bohrungen ergeben, dass der Thon bei 12,5 Meter noch nicht durchsunken wurde. Leider konnte man an diesem Aufschluss, der nur das oberste Ausgehende der Schichten zeigte, nicht das Einfallen und Streichen derselben ermitteln. Wahrscheinlich ist die Schichtenstellung eine sehr steile und wir haben es hier vielleicht mit einer nach SW. zu überkippten Falte zu thun, deren Gewölbe durch Erosion ver- 120 F. 'Wahnschaffe, Die Lagerungsverhältnisse schwunden ist. Dadurch käme es, dass der Glimmersand hier scheinbar das Liegende des Stettiner Sandes bildet. Durch Herrn Obersteiger Schülke und den dortigen Ziegel- meister erhielt ich bisher aus dem Septarientho ne: Cryptodon unicarinatus Nyst ) Leda Deshayesiana Nyst \ Je ein Sut erhaltenes Exemplar. Pleurotoma regularis de Köninck 2 j » laticlavia Beyr. 2 > Exemplar » Duchastelii Nyst 1 ) aus dem Stettiner Sande: Cyprina rotundata A. Braun, ein als Steinkern vorzüglich erhaltenes Exemplar. Kommt in dieser Schicht auch in der alten Buckower Thongrube und bei Stettin vor. Der weitere Abbau wird sicher interessante Aufschlüsse über die Beziehungen der Quartärbildungen zu diesen Schichtenstörungen gewähren. Erwähnt sei noch, dass etwa 400 Meter NO. von der Grube weisser Quarzsand der Braunkohlenformation der dem liegenden Flötzzuge angehören dürfte, an dem Wege im Walde auf- geschlossen ist, doch lässt sich bisher nicht erkennen, wie sich derselbe hier dem Aufbau der Tertiärablagerungen eingliedert. Den Schluss dieser Ausführungen möge eine kurze Betrach- tung des inmitten der tertiären Ablagerungen befindlichen Scher- mützel-Sees bilden. Plettner, Girard und Küsel stimmen in- sofern in ihren Ansichten überein, als sie die grosse Unregel- mässigkeit und Unebenheit der Oberflächenformen in der Um- gebung von Buckow auf Einsenkungen und Verstürzungen des Bodens zurückführen, die mit den von ihnen beobachteten Stö- rungen der Tertiärbildungen in Zusammenhang gebracht werden. Besonders deutlich tritt dies gemeinsame Bestreben der drei Forscher bei der Erklärung der tiefen Einsenkung hervor, welche von dem Schermützel-See erfüllt ist. Der Spiegel dieses in seiner Mittel- linie 2200 Meter langen und 500 — 750 Meter breiten Seebeckens liegt 26,3 Meter über Normal Null. Rechnet man den durch Torf- bildungen und eine aufragende Kuppe Diluvialsandes abgetrennten Weissen See hinzu, so hat der Schermützel-See eine halbmond- des Tertiärs und Quartärs der Gegend von Buckow. 121 förmige Gestalt. Von den kleineren Einbuchtungen abgesehen, verlaufen die Ufer des nördlichen Theiles von NO. nach SW. die des südlichen von NNW. nach SSO. Nach den von Girard 1). mitgetheilten, genauen Messungen ist die Tiefe des Sees in der südlichen Hälfte ziemlich gleiclimässig 12,6 — 15,7 Meter, von der Mitte aus nimmt sie jedoch nach N. mehr und mehr zu, bis sie dicht vor dem Ende des Sees unterhalb der Bollersdorfer Höhe und etwa 200 Schritt von dem Fischerhäuschen 44,6 Meter er- reicht. Im Umkreis dieses tiefsten Punktes schwankt die Tiefe des Sees zwischen 31,4 — 37,7 Meter, nimmt jedoch nach dem Ufer zu sehr schnell ab, da sie in 100 Schritt Entfernung von demselben bereits 1 5,7- — 17,3 Meter und in dem nördlichen Theile beim Fischerhause auf 50 Schritt Abstand sogar 18,8 Meter be- trägt. Es finden sich hier demnach auf Entfernungen von 300 Meter Senkungen des Bodens von 31,4 Meter und auf 150 Meter sogar eine solche von 44,6 Meter, was einem Böschungswinkel von 5 — 6°, bezw. 16 — 17° entspricht. Girard hebt hervor, dass so- wohl die Tiefe des Sees als auch die Neigung seines Bodens als besonders auffällige Erscheinungen anzusehen sind. Diese Ansicht kann ich nicht theilen , denn das Relief des Seebodens weicht in keiner Weise von der Oberflächengestalt seiner Umgebung ab, wie dies die Höhencurven zeigen. Ausserdem bieten zahlreiche Seen des norddeutschen Flachlandes 2) sowohl hinsichtlich der Tiefe als auch der Neigung des Seebodens völlig entsprechende Verhältnisse dar. Plettner hat darauf aufmerksam gemacht, dass die Verlänge- rung der Muldenlinie der Bollersdorfer Braunkohlenbildungen gegen SO. gerade die tiefste Stelle im Schermützel-See treffe und sich über denselben hinaus in südöstlicher Richtung in einem Thale fortsetze, das im Norden vom Iudendickten — , im Süden vom Luisen- berge begrenzt werde. Die Muldenbildung des Braunkohlenge- 0 H. Girard, Die norddeutsche Ebene insbesondere zwischen Elbe und Weichsel, Berlin 1855, S. 196 und 197. 2) Vergl. die Zusammenstellung der Seen in: F. Wahnschaffe, Die Ur- sachen der Oberflächengestaltung des norddeutschen Flachlandes. Stuttgart 1891 S. 145—153. 122 F. Wähnschaffe, Die Lagerangs Verhältnisse birges erklärt er durch eine Senkung des Gebietes, welche im Schermützel-See ihre grösste Tiefe erreichte. Angenommen, dass dieser See in der That einer mächtigen Verstürzung seine Ent- stehung verdankte, würde ich weit weniger geneigt sein, an eine Einmuldung im Sinne der Bollersdorfer Braunkohlenmulde zu denken, als vielmehr an eine Grabenversenkung, welche dem Ufer- rande im nördlichen Theile des Sees entsprechend senkrecht zum Streichen der Braunkohlenschichten von NO. nach SW. gerichtet wäre. Eine solche Grabenversenkung könnte jedoch erst in der Postglacialzeit stattgefunden haben, denn es erscheint unmöglich, dass sich eine derartige aus älterer Zeit herrührende Vertiefung während der beiden Inlaudeisbedeckungen erhalten haben sollte, ohne von Moränen oder fluvioglacialen Bildungen ausgefüllt zu werden. Eine alte Sage, dass in dem 23,5 Meter tiefen Haus -See (Buckow -See) vor Alters eine Stadt versunken sei, scheint die Annahme von Bodensenkungen mit beeinflusst zu haben. Eine scheinbare Bestätigung erhält dieselbe durch die Auffindung von Pfahlbauten im Schermützel-See. Herr Amtsgerichtsrath Küchen- büch *) in Müncheberg, der Entdecker derselben, schreibt darüber Folgendes: »Die Sage einer untergegangenen Stadt hat hier ihren vollen Grund, da man auf der Ostseite des Schermützel-Sees, etwa 100 Schritt vom Ufer 10 — 15 Fuss unter dem Wasser eine etwa 207 Fuss lange Pfahlreihe sieht, die offenbar zu einer Einfriedi- gung gedient hat. Von ihr gehen im rechten Winkel einige andere Pfahlreihen ab, die aber nach wenigen Schritten abbrechen, da hier der Grund in eine jähe Tiefe abstürzt. Auf der Nordwest- seite, wo der See seine grösste Tiefe, über 110 Fuss erreicht, sieht man auf die Wipfel stehender Bäume. Der Boden des Sees ist also zu einer Zeit, als auf ihr Menschen wohnten, in längst ver- gangener Zeit eingesunken und birgt das Wasser ohne Zweifel eine menschliche Wohnung. Ein aus der Reihe herausgenommener Pfahl ist Eichenholz, 6^2 Fuss lang, 41/,2 Zoll dick und scheint x) Katalog der Ausstellung prähistorischer und anthropologischer Funde Deutschlands. Berlin 1880 S. 106 und 107. (Zuerst veröffentlicht im Anzeiger f. Funde deutscher Vorzeit 1860, S, 442). des Tertiärs und Quartärs der Gegend von Buckow. 123 unten, wo er in der Erde gestanden, gebrannt gewesen zu sein, oben mit einem nicht sehr scharfen Beile zugespitzt.« Was zunächst die Sage von einer versunkenen Stadt betrifft, so ist darauf kein allzu grosses Gewicht zu legen, da von sehr vielen Seen, an denen JStädte oder Dörfer gelegen sind, ganz dasselbe be- richtet wird. Die 10 — 15 Fuss unter dem Wasserspiegel nachge- wiesene Pfahlreihe scheint allerdings eine Senkung des Seebodens anzudeuten, jedoch braucht dieselbe keineswegs mit der Entstehung des Seebeckens in Zusammenhang zu stehen. Es ist an Seerändern mit Steilufern eine häufig vorkommende Erscheinung, dass beim Sinken des Wasserspiegels um einige Fuss und dementsprechen- der Tieferlegung des Grundwasserstandes in dem Ufergebiet Rut- schungen des zuvor unter Wasser befindlichen und nun trocken gelegten Seebodens eintreten, die eine schiebende Wirkung auch auf das unter Wasser liegende Randgebiet des Sees ausüben und dies in ein tieferes Niveau herabdrücken. Da der Wasserstand im Schermützel - See während der Postglacialzeit sich nachweislich bedeutend erniedrigt hat, so können durch derartige Abrutsehungen die Pfahlbauten sehr wohl in ein tieferes Niveau gelangt sein. Ebenso wenig scheinen mir die aufrecht stehenden Bäume auf der Nordwestseite des Sees für eine Senkung des Bodens zu sprechen. An dem sehr steilen, abbrüchigen Ufer unterhalb der Bollersdorfer Höhe lösen sich noch gegenwärtig bei starken Regengüssen mehr oder weniger grosse Erdschollen mit den darauf stehenden Bäumen los und rutschen den Abhang herab. Auf diese Weise mögen auch früher grosse Bäume in den See gelangt sein und falls sie mit einem schweren Wurzelballen versehen waren, eine aufrecht- stehende Stellung erhalten haben. Durch die geologische Kartirung der Buckower Gegend scheint mir der Beweis erbracht zu sein, dass die unregelmässigen Ober- flächenformen nicht, wie Plettner, Girard und Küsel ange- nommen haben, durch eine Yerstürzung des Schermützel-Sees, die sich auch auf die Umgebung erstreckt haben soll, hervorgerufen sind, sondern dass sie unverkennbare Züge einer Erosionsland- schaft aufweisen, welche durch die vom Eisrande kommenden Schmelzwasser während der letzten Glacialepoche geschaffen 124 F. Wahnschaffe, Die Lagerungsverhältnisse etc. wurden. Die Störungen der Tertiärbildungen in der Buckower Thongrube lassen sich nicht durch eine Senkung des Bodens er- klären, sondern stellen eine durch das vorrückende Inlandeis der ersten Glacialep o che aufgestaute, überkippte und überschobene Falte dar. Auch für das tiefe Becken des Scher- mützel-Sees scheint mir die Annahme einer Bodensenkung nicht erforderlich zu sein, besonders da ein Beweis dafür durch die Tektonik der Quartär- und Tertiärbildungen bisher nicht erbracht worden ist. Die Ränder dieses sowie auch der anderen Seen in der Buckower Gegend weisen auf eine gewaltige Erosion hin. Unter der Annahme, dass die vom nördlich gelegenen Inlandeis- rande kommenden Schmelzwasser mit grosser Gewalt in dies Ge- biet einbrachen, zum Theil auch in dasselbe herabstürzten, lassen sich die gegenwärtigen Seebecken und Rinnen sehr gut als tiefere Ausstrudelungen und Ausschürfungen in dem leicht zer- störbaren Untergründe erklären. Es würden demnach die Seen der Gegend von Buckow dem von E. Geinitz Q aufgestellten Typus der »Evorsions-Seen« angehören. *) F. E. Geinitz, Ueber die Entstehung der mecklenburgischen Seen. (Archiv des Vereins der Freunde der Naturgeschichte Mecklenburgs.) — Die Seen, Moore und Flussläufe Mecklenburgs. Güstrow 1886. Bemerkungen über den sogenannten Lias von Remplin in Mecklenburg. Von Herrn Alfred Jentzsch in Königsberg in Preussen. Als muthmaasslich »Unteren Lias« hat Herr E. Geinitz1) jüngst aus Mecklenburg ein Vorkommen beschrieben, welches, wenn seine Deutung sich bestätigen sollte, auch Licht auf benach- barte preussische Gebiete werfen würde. Bei der Verbreiterung der NW. — SO. laufenden Eisenbahn- strecke Teterow-Malchin wurde nordwestlich des Gutes Remplin bei 38 — 43 Meter Meereshöhe folgendes bemerkenswerthe Profil aufgedeckt: 5 Meter Diluvium (vorwiegend Geschiebemergel); 2 » Cenomankalk mit Ostrea cf. hippopodium Nilss., ' Avicula gryphaeoides Röm., Inoceramus sp., Tere- bratula biplicata Sow. , Terebratulina striatula Mant., Serpula sp. , Cristellaria sp. und anderen Foraminiferen, sowie Bairdia sp. ; die unterste Hälfte dieser Cenomankalk-Bank ist glaukonitisch und führt Belemnites ultimus d’Orb. Das Cenoman fällt 10-200 nach NW. 0,6 — 0,75 » grober Grünsand mit Phosphoritknollen und ver- kieseltem, nicht specifisch bestimmbarem Coniferen- liolz; *) Archiv d. Vereins d. Freunde d. Naturgeschichte von Mecklenburg 48, (1894) S. 107—114, Taf. IV. 126 Alfred Jentzsch, Bemerkungen über den sogenannten Lias 0,2 — 0,5 Meter 0,8 » 0,6 » 0,06-0,1 » 2 » gelblichbrauner Quarzsand (a) mit sehr geringem Kalkgehalt, unten mit dünnen schwarzen Streifen und Thonlinsen ; »dasselbe Einfallen nach NNW« ; feiner Sand (b) mit Eisenconcretionen und kleinen Holzstücken; durch dünne, gebogene, schwarze Sandstreifen wie marmorirt und geflammt; abwechselnd scharfer und weicher, etwas glimmer- reicher, weisser Sand (c) mit 2 gelblichen, thoni- gen Zwischenlagern; in der oberen Hälfte rein weiss, wie tertiärer Glimmersand und mit Eisen- concretionen, in der unteren Hälfte dunkel; fetter, dunkel-blaugrauer Thon, an der hangenden Grenze reich an kleinen Stücken verkohlten Holzes; scharfer Quarzsand (d), grau uud schwarz mar- morirt, fest zusammengebacken durch ein schein- bar thoniges oder aschenartiges Bindemittel, zu oberst massenhaft kleine Stücken von faseriger Holzkohle führend und dabei fast zu einem dün- nen Holzkohlenflötzchen übergehend. Alle diese Schichten liegen concordant! Nach kurzer Lücke findet man im Liegenden 20 Schritt lang wieder weissen Sand (e), scharfem tertiären Glimmersand ähn- lich, mit Eisenconcretionen und mehreren gelblichen, thonig-sandigen Zwischenschichten und Linsen von schwarzgrauem, thonigem Sand, darunter schwarzen, scheinbar thonigen Sand (d')- Nach längerer Unterbrechung wurde weiter im Liegenden (also südöstlich) noch folgendes Profil beobachtet: schwarzer Thon; gelber und weisslicher, glimmerhaltiger Sand (f) mit vielen Eisenconcretionen und centimeterdickem, mürbem, schmutzig-grauem oder braunem, eisenschüssigem Sand- stein und Lagen von Thoneisen -Concretionen, welche theilweise Aehnlichkeit haben mit den oberoligocänen Concretionen von Meierstorf, und einen undeutlichen Zweischaler lieferten. Von Kemplin in Mecklenburg. 127 Man muss Herrn E. Geinitz darin völlig beistimmen, dass nach den geschilderten Lagerungs- und Verbandsverhältnissen die Schichten b — f (ungeachtet ihrer petrographischen Aehnlichkeit mit tertiären) älter als Cenoman sein müssen. Die coucordante Ueberlagerung kann nicht durch eine — im Flachlande bekannt- lich mehrfach beobachtete — Ueberschiebung erklärt werden, weil mechanische Contacterscheinungen fehlen; auch weicht der holzkohlenartige Erhaltungszustand der Holzreste von dem im Tertiär gewöhnlichen völlig ab. Herr E. Geinitz dachte zunächst mit Uebergehung des Gault an Wealden, erhielt aber von Herrn Struckmann in Hannover die Mittheilung, dass Letzterem derartige lockere sandige Schichten aus dem norddeutschen Wealden nicht bekannt seien; auch weichen die einheimischen Wealdenfindlinge durch ihr festeres Gestein ab. Dagegen besteht nach Herrn E. Geinitz eine ganz auffällige petrographische Aehnlichkeit mit den Unterlias -Schichten von Bornholm. »Auch dort dieselben weissen und gelblichen Sande mit Sphärosiderit- Concretionen, grauen Thone , und die der Meilerkohle ähnliche , glänzende Holzkohle«. Danach möchte Herr Geinitz trotz des Mangels an sicheren Versteinerungen »doch nach langen Vergleichen die Rempliner Schichten b — f auf Grund ihrer Lagerung und ihrer petrographischen Aehnlichkeit mit den Bornholmer Schichten zum untersten Lias zählen«. Der soeben auszugsweise wiedergegebene Befund fordert zu- nächst zu einem Vergleich mit dem durch lose Sandschichten ausgezeichneten Lias der fiskalischen Bohrung von Cammin in Pommern1) heraus, um so mehr, als Bemplin von Cammin nur 140 Kilometer, von Bornholm aber etwa 185 Kilometer entfernt liegt, und senkrecht zum hercynischen Schichtenstreichen gemessen von Bornholm doppelt so weit als von Cammin entfernt ist. Das mir unterstellte ostpreussische Provinzialmuseum besitzt durch die Güte des Königlichen Oberbergamts zu Halle eine voll- ständige Schichtenfolge der Camminer Bohrung, und Herr E. Gei- nitz hatte auf meine Bitte die Freundlichkeit, mir einige Proben *) Hauchecorne, Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. 1876, S. 423 und 775. Beyrich, ebenda S. 424. Cramer, Zeitschr. f. Berg-, Hütten- u. Salinenwesen 1884, S. 151 — 159. 128 Alfred Jentzsch, Bemerkungen über den sogenannten Lias der Rempliner Gesteine zu übersenden, welche ich nun mit den Camminer Schichten vergleichen konnte. Da das Cenoman von Remplin völlig sichergestellt ist, sehe ich von dessen Schilderung ab. Von den als Lias angesprochenen Schichten liegen mir Proben der Sande d und e vor, sowie Concretionen, aus denen sieh nichts für das Alter entnehmen lässt. Dem weissen Sande e von Remplin (welcher ganz gewöhnlichen Tertiärsanden gleicht), ist nun unter den Camminer Bohrproben am ähnlichsten die Probe No. 41 : grauer grobkörniger Quarzsand von 160,30 bis 178,44 Meter Tiefe, welcher bei 160,30 Meter Tiefe ein 0,12 Meter mächtiges Kohlenflötzchen enthält. Ein wenig gröber, aber sonst gleich, ist die Probe No. 39: hellgrauer, scharfer Quarzsand von 151,26 — 157,10 Meter Tiefe. Ein wenig feiner, aber sonst gleich, ist die Probe No. 40: grauer, grobkörniger Quarzsand von 157,10 — 160,30 Meter Tiefe. Im Ganzen entspricht also Remplin e den Schichten Cammin No. 39/41 von 151,26 — 178,44 Meter Tiefe. Aehnlich, doch minder genau übereinstimmend, sind die Cam- miner Proben: No. 50 von 206,21—211,80 Meter » 59/60 » 254,40—265,30 » ' » 66 » 325,98—327,84 » » 69 » 329,51—332,45 » »71 » 335,30—338,00 » Die in Cammin bei 338 — 580 Meter Tiefe durchbohrten Liasschichten liefern nichts petrographisch Identisches oder nahe V ergleichbares. Dagegen weisen die Proben No. 39/41 in der That noch grössere Aehnlichkeit mit dem Rempliner Sande e auf, als die freilich kleine, von mir 1889 auf Bornholm gesammelte Folge von Liasgesteinen. Der Rempliner schwarze Sand d ist ein durch schwarzen Kohlenstaub gefärbter feinerer Quarzsand und könnte in dem Camminer Profil der Probe No. 35 : »grauer thoniger Sand mit von Remplin in Mecklenburg. 129 Streifen schwarzen Sandes« von 132,55 — 136,17 Meter Tiefe ent- sprechen, womit die Aehnlichkeit recht gross ist. Die Rempliner Schichten b — f würden somit, falls sie Lias wären, am nächsten mit der von Cammin bei 132 — 180 Meter Tiefe durchbohrten Stufe übereinstimmen und äussersten Falles mit der darunter bis 338 Meter Tiefe durchbohrten Stufe ver- glichen werden können. Da nun die Camminer Schichten von 265 — 335 Meter Tiefe als marin, und insbesondere durch Ammonites als Mittlerer Lias festgestellt sind, so würden nach diesem Vergleichsobjecte die Rempliner Schichten zwar älter als Dogger, aber nicht älter als Mittlerer Lias sein. Bei solcher Deutung würde es indess auffällig bleiben, dass in Remplin Cenoman concordant unmittelbar über mittlerem Lias läge, während zwischenliegende Stufen in Mecklenburg, Vor- pommern und an den Odermündungen vielfach bekannt sind. Es würden nicht allein der durch Geschiebe auf Rügen, in Vor- pommern und der Mark angedeutete Wealden 1) und die Jurabil- dungen der Odermündungen fehlen, von denen man vielleicht annehmen könnte, dass sie in Mecklenburg nicht entwickelt sind, sondern auch der marine obere Lias, welcher als Opalinusthon nicht nur in Vorpommern bei Grimmen (66 Kilometer nordöstlich von Remplin), sondern auch in Mecklenburg bei Dobbertin (nur 39 Kilometer westsüdwestlich von Remplin), hier noch von Posi- donienschiefern begleitet, aufgeschlossen ist. In dem mesozoischen Vorlande Skandinaviens, zu welchem Mecklenburg wie Ostpreussen unzweifelhaft gehören, können völlig gleichartige Quarzsande als letzte Auswaschungsrückstände von Sedimenten desselben gemeinsamen Verwitterungsheerdes sehr wohl in den verschiedensten Horizonten auftreten; ehe man sich für die Stellung der Rempliner Sande zum Lias entscheidet, wird man sich daher die Frage vorzulegen haben: ob denn nicht die jüngsten vor-cenomanen Schichten jener Gegend ebenso beschaffen sein *) Yergl. Deecke, Ueber ein grösseres Wealden-Geschiebe im Diluvium bei Lobbe auf Mönchgut (Rügen). Mittb. d. naturw. Vereins f. Neuvorpommern und Rügen, 20. Jahrg. 1888. Jahrbuch 9 130 Alfred Jentzsch, Bemerkungen über den sogenannten Lias könnten? Das unmittelbare Liegende des Cenomans ist in Mecklen- burg gar nicht, in ganz Nordostdeutschland mit Sicherheit bisher nur an einer Stelle bekannt: in Greifswald. Dort traf Busse’ s Bohrloch Selma *) unter 54,6 Meter Diluvium : 66,7 Meter Turon : 0,7 » Cenoman als grünen sandigen Thon ohne Fora- miniferen, doch mit zahlreichen Belemnites ultimus d’Orb. , mithin im Niveau genau dem untersten Theil des Rempliner Cenomans entsprechend und petrographisch als eine (vielleicht nur durch das Bohrverfahren bedingte) Mischung des letzteren mit dem unmittelbar darunter liegenden 0,6 bis 0,75 Meter mächtigen Grünsand zu betrachten; 0,3 » rothen Kreidethon von sehr heller, fast gelber Fär- bung ohne Petrefacten; 25,3 15,7 grauen Sand mit Koh- lenbrocken, darunter weissen Sand beide mit Knauern von Schwefelkies und Kalk, sowie mit Phosphoriten und Belemnites mini- mus , daher = oberes \ / Gault; schwärzliche Thone, z. Th. mit Kalksteinen, Schwe- felkies, Holz und (in Phosphorit versteinert): Am- monites sp., Beeten sp. cf. orbicularis Sow., Zwei- schalern und dickschaligen Serpeln, mithin noch als oberes Gault zu betrachten. Durch ein von Scholz * 2) beschriebenes Bohrloch in Hinrich’s Brauerei in der Kirchstrasse zu Greifswald wurde das Gault 1878 nochmals getroffen und in noch grösserer Mächtigkeit erschlossen. Unter 26,75 Meter Diluvium und nur 5,25 Meter Turon fand man nämlich die dem Cenoman und dem Gaultsand entsprechen- den Schichten in zusammen 31,65 Meter verticaler Mächtigkeit, und darunter 70 Meter Gaultthon, unter welchem noch 2,25 Meter »feiner Sand« erbohrt wurden. Die wirkliche Mächtigkeit ist ein b Dames, Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. XXYI, 1874, S. 974. 2) Mitth. d. Naturw. V. f. Neuvorpommern und Rügen XI, 1879, S. 60 ff. von Remplin in Mecklenbnrg. 131 wenig geringer, weil bekanntlich in Greifswald die Kreideschichten erheblich einfallen. Im Bahnhofe Greifswald traf ein anderes Bohrloch 12,5 Meter Diluvium über 35,8 Meter Senon über 7,2 Meter Turon über 2,2 Meter Gault- Grünsand nach Scholz j). Eine kleine Probenfolge des HiNRiCH’schen Bohrprofils, welche das Ostpreussische Provinzialmuseum der Freundlichkeit des Herrn Scholz verdankt, gestattete mir, in einem 1886 in den Festungs- werken von Swine münde abgeteuften Bohrprofil dieselben Gault- schichten wieder zu erkennen. Diese bei -+- 3 Meter über Nor- malnull angesetzte Bohrung ergab: unter Normalnull. 39 Meter Alluvium und Diluvium .... bis 36 Meter 56 » Grauweissen Kreidemergel voll Fo- raminiferen, mit Inoceramus- Bruch- stücken, unbestimmten Zweischa- lern und einzelnen Ostracoden . » 91 » Wohl zweifellos als Turon aufzu- fassen. 3 » Grünerde ohne Foraminiferen, doch mit Salzsäure noch ziemlich reich- lich brausend » 94 » 6 » grauen Quarzsand mit zahlreichen Brocken verkohlten Holzes ... »100 » 9 » desgl. mit spärlichen, vielleicht nur auf Nachfall beruhenden Kohlen- theilen und spärlichen Glaukoniten » 109 » 1 » etwas helleren, sehr feinen Sand mit spärlichen Kohlentheilen und spär- lichen, doch wohl erkennbaren und frischen Glaukoniten »110 » 54 — 110 Meter entsprechend der oberen Sandstufe des Greifswalder Gault. *) Mitth. d. Naturw. Y. f. Neuvorpommem und Rügen XXI, 1889. 132 Alfred Jentzsch, Bemerkungen über den sogenannten Lias In allen vier Bohrprofilen Nordostdeutschlands, welche das Cenoman durchsunken haben, sind also gleichartige Gaultsande gefunden worden, welche eine gewisse Aehnlichkeit mit den Sanden von Remplin — des 5. Punktes , an welchem das Liegende des Cenomans bekannt wird — aufweisen. Die speciellere Vergleichung ergiebt, dass die mir vorliegenden Swinemftnder und Greifswalder Proben theils wahre Grünsande, theils mindestens nicht ganz frei von Glaukonit sind, während die Rempliner unteren Sande keinen Glaukonit erkennen lassen. Aber es ist eine bekannte Thatsache, dass letzterer bei gröberer Ausbildungsweise der Sande (wie sie hier vorliegt) zurückzutreten pflegt; auch führt Dames im durch Belemnites minimus bezeichneten Oberen Gault von Greifswald aus- drücklich weissen Sand an. Auch die Holzführung verbindet Remplin mit Greifswald und Swinemünde. Vor Allem aber scheint mir die Verknüpfung der Rempliner Quarzsande mit Grünsanden und durch diese mit dem cenomanen Glaukonitkalk für die Continuirlichkeit der Schichten- reihe zu sprechen, und deshalb hier den Lias auszuschliessen. Hiernach halte ich es für wahrscheinlich, dass die Rempliner, von Herrn E. Geinitz als Unterster Lias angesprochenen Sande dem Oberen Gault, und zwar dessen oberer Sandstufe (vielleicht verbunden mit dem obersten Theile der Thonstufe) angehören. Dann ergäbe sich folgende Parallele: Grösste Mächtigkeit in Meter Greifswald Remplin Swine- verticale senkrecht zur Schich- tung (also wirkliche) bei Annahme eines Fallens von etwa 30° Busse Hinrichs Bahn- hof münde (also schein- bare) (schätzun gsweise) Turon . . . _ 66,7 5,25 j 56 66,7 58 Cenoman . . 2 1,0 > 31,65 7,2 3 3 2 t Sande etwa6-12 25,3 ) 2,2' 16 28,65 25 \ Oberes ] , < Thone — 15,7 70,0 — — 70,0 60 87 Gault J \ Sande — — 2,25 — — 2,25 2 ) von Remplin in Mecklenburg. 133 Remplin ist 58 Kilometer von Greifswald und ca. 100 Kilo- meter von Swinemünde entfernt; die Entfernung der letzteren beiden Städte beträgt 58 Kilometer; das angedeutete früher vor- handen gewesene Gaultdreieck umfasst mithin eine Fläche von 1470 Geviertkilometer. Nach dem Ergebniss der Greifswalder Bohrung ist dort das Obere Gault marin; dafür sprechen nicht nur die Versteinerungen, sondern auch der Glaukonit, welcher immer als eine submarine chemische Neubildung aus zugeführtem Sedimentmaterial zu be- trachten ist, wo er nicht (wie z. B. im norddeutschen Diluvium und im samländischen Miocän) als Geschiebe auf secundärer Lager- stätte auftritt. Eben dieselbe Glaukonitbeimengung deutet aber auf Zufuhr von Sinkstoffen, also auf nahen Strand oder auf Ab- rasionsflächen; die Holzanhäufungen, welche sich weit verbreitet darin finden, bestätigen dies und weisen auf bewaldetes Land, welches als das skandinavische Festland zu denken ist, falls nicht die Hölzer etwa aus zerstörtem Wealden stammen. Im Gegensatz also zu Mitteldeutschland zeigt hier das Gault seine nördliche Uferfacies, welcher vielleicht auch Süsswasser-Zwischenlagerungen nicht völlig fremd sein mögen. Erst unter ihm dürfen wir jene reichgegliederten Wealdenbildungen vermuthen, auf welche die z. Th. längst bekannten, zuletzt durch Herrn Deecke aufgezählten Wealdengeschiebe mit voller Bestimmtheit hinweisen. In Pommern dürfte hiernach der Wealden beispielsweise zwischen Greifswald und Grimmen an das Diluvium oder doch bis an transgredirende obere Kreide aufragen. . Bemerkenswerth ist übrigens in dem Rempliner Profil das Schichtenstreichen nach NO. bezw. ONO., welches zu dem sonst in Mecklenburg und Vorpommern herrschenden hercynischen Streichen senkrecht steht, und etwa durch die Nähe des Malchiner Seethaies bedingt sein könnte. Sollte, entgegengesetzt meiner Ver- muthung, der Rempliner Sand dennoch Lias sein, so wäre er nicht zum Unteren, sondern zum Mittleren Lias zu stellen. Die oberpermisehen eruptiven Ergussgesteiiie im SO.- Flügel des pfälzischen Sattels. Von Herrn A. Leppla in Berlin. Wie in der Nahemulde mit dem Beginn des Oberen Roth- liegenden mächtige übereinander gelagerte Lavaströme den Ein- tritt neuer Verhältnisse bekunden, so gewahrt man auch am SO.- Flügel des sogen. Pfälzer Rothliegenden-Sattels über den Tholeyer Schichten im Anschluss an die Gebirgsstörungen am Schluss der- selben einen ausgedehnten Ausbruch von Ergussgesteinen. Ihre Mannichfaltigkeit und Ausdehnung reicht nur hier bei Weitem nicht an diejenige in der grossen Decke an der mittleren und oberen Nahe heran. Nur 2 oder 3 Ergüsse sind am Aufbau der sogen. Grenz- inelaphyrdecke betheiligt und ihre steile Stellung in dem stark aufgerichteten Sattelflügel mindert ihre Oberflächen-Ausdehnung noch um ein Bedeutendes. Man darf es für feststehend erachten, dass die ausgedehnte Bildung von sauren und basischen Stock- und Ganggesteinen und der sauren und basischen Ergussgesteine in der angegebenen Reihenfolge auf’s Engste an Gebirgsstörungen anschliessen, welche unmittelbar nach Ablagerung der Tholeyer (früher Oberen Le- bacher Schichten) das ältere Rothliegende und Carbon der Nahe und Blies in bedeutendem Maasse zerstückelte und aus der ur- sprünglichen Lagerung verrückte (vergl. Erläuterungen zu Blatt Ottweiler und Birkenfeld der 46. Lief, der geol. Specialkarte von Preussen u. d. thür. Staaten). A. Leppla, Die oberpermischen eruptiven Ergussgesteine etc. 135 Man hat ferner genügende Gründe zu der Annahme, dass die Lagerung der Deeken-Ergüsse des Westrichs wie diejenige des hangenden Oberen Rotbliegenden ursprünglich eine annähernd wagerechte war und dass die steile Stellung, welche sie heute zwischen den gleichförmig gelagerten Oberrothliegendschichten aufweisen, eine Folge jener begonnenen Faltung ist, welche vor Ablagerung des Mittleren oder Haupt-Buntsandsteins Carbon und Rothliegendes des Saar-Nahegebietes in einen grossen Sattel (Pfälzischer Sattel, Laspeyres) und eine damit parallel strei- chende Mulde (Nahemulde) aufrichtete. Die letzterwähnte Be- wegung war, wie es scheint, im nördlichen Theil des West- riches, in der Gegend südöstlich vom Donnersberg und gegen Rheinhessen zu weniger stark wie im SW. gegen das Saar- thal zu. Das Uebergreifen der Trias über die permischen Schichten äussert sich hier in bedeutendem Maasse, indem sich der Untere Hauptbuntsandstein hier auf das Carbon, südöstlich vom Donnersberg aber auf die oberpermischen Röthelschiefer auf- lagert. Die den tiefsten Schichten des Ober-Rothliegenden1) ein- geschalteten Ergussgesteine treten daher im NO.-Theile des Westriches gegen das Mainzer Becken hin mehr zu Tage als im SW. Hier taucht der sogen. Grenzmelaphyr zum ersten Male am rechten Ufer des unteren Ohmbachthaies zwischen Sand und Gries (NO. Waldmohr) auf und zieht sich längs, der tiefsten Ober- rothliegenden-Schichten über Dietschweiler, Nanzweiler, Nieder- mohr j Fockenberg, Reichenbach, Albersbach als ein nur an we- nigen Stellen unterbrochenes Band fort2). Zwischen Kollweiler *) leb nehme hier in Uebereinstimmung mit K. A. Lossen die ältere von Ghebe zuerst aufgestellte Fassung des Oberrothliegenden wieder auf, welche die Söterner Schichten als den Beginn dieses Schichtensystems ansieht und verweise hier auf die Erläuterungen zu Blatt Ottweiler und Birkenfeld. 3) Man vergleiche seinen Verlauf auf der »Geognostischen Uebersichtskarte des kohlenführenden Saar- Rheingebietes« von. E Weiss und H. Laspeyres (Berlin 1867), auf welcher am SO.-Flügel des pfälzischen Sattels das dem Ober-Roth- liegenden und Buntsandstein am meisten benachbarte Melaphyrband den sog. Grenzmelaphyr darstellt. 136 A. Leppla, Die oberpermischen eruptiven. Erguss gesteine und dem Lauterthal wurde das Rothliegende durch 3 bedeutende Quersprünge in 2 Staffeln ziemlich weit nach SO. in’s Hangende vorgeschoben. Oestlich der am weitesten nach SO. vorgeschobe- nen Staffel von Eulenbis-Hirschhorn springt ein Stück des zerrisse- nen Bandes wieder zwischen Frankelbach, Olsbrücken und Schal- lodenbach nach NW. zurück. Die Querverwerfung Schnecken- hausen-Schallodenbach-Rauschermühl verwirft die Ergüsse aber- mals in’s Hangende gegen SO. Von Heiligenmoschel ab scheint sich die Decke, welche bis hierher auf der Karte scheinbar nur aus einem Erguss bestand, in zwei zu gabeln. Thatsächlich sind auch mindestens zwei Lavaströme im Querprofil durch die Söterner Schichten nordwestlich Winnweiler vorhanden. Jedoch scheint die mehrfache Wiederholung derselben Ergussgesteine auf streichenden und quer zur Sattellinie verlaufenden Verwerfungs- linien zu beruhen. Das Hangende der Ergüsse sind im Allgemeinen die weissen und hellbläulichgrün, hellbläulichgrau, auch wohl rosenroth ge- färbten, oft gebänderten, dichten Thonsteine, die wir als Tuffe der Felsitporphyre anzusehen gewohnt sind. Man trifft solche auch als unmittelbares Liegende der Ergüsse, z. B. östlich Gries. Die neue Strasse Reuschbach-Kirchmohr hat solche buntgefärbte Tuffe über dem Erguss aufgeschlossen. An manchen Stellen treten an Stelle der rasch an der Luft zerfallenden Thonsteine rothe Schiefer- thone (z. B. bei Poerbach, am Reiseisberg östlich Reuschbach). Die enge Verknüpfung der Ergüsse mit den Felsitporphyr- tuffen und -Conglomeraten der Söterner Schichten im pfälzischen Westrich steht im besten Einklang mit den Verhältnissen in den Quellgebieten der Blies und Nahe zwischen St. Wendel und Sötern, und wir haben daher allen Grund zu der Annahme, dass Entstehungszeit und -Bedingungen von denjenigen der grossen Ergussformation an der oberen Nahe, im Gebiet der Prims und oberen Blies durchaus nicht abweichen. In dem engen Zusammenhang der Decke mit den Söterner Schichten in der Pfalz liegt meines Erachtens ein weiterer Stütz- punkt für die Anschauung, dass man die Ergüsse mitsammt den sic einschliessenden Söterner Schichten (Felsitporphyrconglome- im SO.-Flügel des pfälzischen Sattels. 1B7 raten und -Tuffen) den Bildungen zuzurechnen hat, welche nach den Störungserscheinungen am Schluss der Tholeyer Schichten entstanden sind, also dem Obern Perm. Unmittelbar voraus gingen in der Pfalz und an der oberen Nahe die Bildung der Eelsitporphyrstöcke und der grossen Mehrzahl der eingepressten basischeren Eruptivgesteine. Diese Auffassung schliesst sich auf’s Engste an die von K. A. Lossen zuerst über das Alter der Eruptivgesteine an der Nahe geltend gemachten Anschau- ungen an. Die Ergüsse setzen sich, den Donnersberg südlich halb um- greifend, nach NO. über Kirchheimbolanden nach Rheinhessen zu fort. Eine Gliederung ist in dem pfälzischen Theil bisher noch nicht versucht worden. Die Gesteine zeigen scheinbar wenig Verschiedenheit und ihre weit vorgeschrittene Zersetzung im Verein mit der sehr häufigen Mandelsteinbildung veranlassten nur selten ein tieferes Eindringen in ihre Beschaffenheit. Einige im An- schluss an meine Untersuchungen an der Nahe ausgeführten Aus- flüge in das pfälzische Gebiet lehrten mich erkennen, dass die Zusammensetzung der Decke hier keine einheitliche ist und dass mehrere Ergüsse daran betheiligt sind. ln der Hauptsache lassen sich 3 Gesteinsformen unterscheiden, die im Nachfolgenden kurz gekennzeichnet werden sollen. I. Porphyrit (Augitporphyrit). Zwischen Winnweiler und Schweisweiler treten am rechten Ufer der Alsenz mehrfach Gesteine in SW. — NO. streichenden Lagern auf (Küchengarten 200 — 300 Meter unterhalb Winnweiler; gegenüber dem Dorf Hochstein; Steinbruch an der Strasse zwi- schen Eisenschmelz und Schweisweiler), welche den von mir im Bereich des Steinalbgebietes (Bl. Baumholder) und der oberen Nahe (Bl. Birkenfeld und Preisen) als einsprenglingsarme Por- phyrite bezeichneten Gesteinen ausserordentlich ähneln, z. B. den Gesteinen am Gipfel des Herzberges und Schweisberges, südöstlich lj) Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. 1891 XLIII, 539. 138 A. Leppla, Die oberpermischen eruptiven Ergussgesteine und östlich Eckersweiler, auf der Haide zwischen Hahnweiler, Gimbweiler und Leitzweiler (Bl. Freisen) u. s. w. Sie haben eine dunkelgraue Farbe, feines bis dichtes Korn und auf gewissen Bruchflächen einen seidenartigen Glanz (feinschuppiges Aussehen nach Lossen) erzeugt durch das Hervorleuchten zahlreicher, winzig kleiner, annähernd parallel angeordneter Feldspathtäfelchen (Hoch- stein). Einsprenglinge fehlen den Gesteinen fast gänzlich. In vor- geschrittener Umwandlung begriffen, zeigen sie vielfach dunkelrothe Streifen, Flecken und Bänderung durch Ausscheidung von Eisen- oxyden. Die Absonderung liefert kleinprismatische und dünne, plattige Brocken. Mandelsteine sind vielfach vorhanden (Schiefer- fels östlich Schweisweiler). Die starke Zersetzung hat in allen gesammelten Proben den Augit entfernt und man erkennt nur bläuliche bis gelblichgrüne chlori tische Faseraggregate von sehr unregelmässiger Form. Selbst die den Haupttheil des Gesteins ausmachenden Feldspathleistchen sind stark getrübt und fast nirgends frisch. Sie lagern sich meist ziemlich parallel in flussartigen Zügen und Wellen. Einzelne Kryställchen der feldspäthigen Masse haben kurze gedrungene Form und scheinen meist einheitliche Individuen zu sein. Sie mögen vielleicht dem Orthoklas angehören, wie auch einige grössere einsprenglingsartige Individuen. Fast nirgends fehlen unregelmässige zerfetzte Biotitblättchen in vorgeschrittener Zer- setzung. Sie sind jedoch sehr spärlich. Quarz leuchtet vereinzelt in den Restecken der Feldspathleisten hervor. Eisenglanz und Kalkspath sind überall in feiner Vertheilung vorhanden. Dieselben Gesteine bemerkt man im Falkensteiner Thal und zwar in den tieferen Horizonten des Felsitporphyrconglomerats nördlich der Räuberhöhle gegen das Dorf Falkenstein zu. Der Porphyrit, welcher hier an der westlichen Strassen- böschung etwa 750 Meter in der Luftlinie nördlich des Wam- bacher Hofes ansteht, zeigt einzelne grössere Feldspäthe und Augite erster Entstehung, freilich ganz umgewandelt und nur an den Formen erkennbar. Er enthält neben sehr vereinzelten, noch frisch erhaltenen, monoklinen Augiten viele, aber sehr kleine Bastite in dem Feldspathfilz der Grundmasse. im SO. -Flügel des pfälzischen Sattels. 1 30 Eine Bauschanalyse, ausgefüh Laboratorium der geologischen I t von Herrn K. Klüss im ndesanstalt, ergab : Si02 Ti02 Al203 Fe203 FeO MgO CaO Na20 K20 H20 S03 P2O5 Specifisches Gewicht . . 60,22 . Spur . 16,96 . 6,34 . 0,80 . 1,05 . 3,19 . 5,53 . 4,32 . 1,53 . 0,07 . 0,44 100,45 . 2,662. Ein Alkaligehalt von 9,85 pCt. wurde unter den zahlreichen Analysen, welche von den Gesteinen des Saar-Nahegebietes vor- liegen, bei Gesteinen mit einem Kieselsäuregehalt von 60 pCt. bisher nicht beobachtet. Quarz scheint hier zu fehlen. Man muss daher im Hinblick auf die geringen Mengen von Kalk und Magnesia annehmen, dass der Feldspath kali- und natronreichen Mischungen angehört. Das Mikroskop lässt orthoklasähnliche Feldspäthe be- sonders unter den Einsprenglingen erkennen. Der geringen Menge von alkalischen Erden entspricht der minimale Gehalt an augiti- schen Mineralien und das ausserordentliche Vorwalten des Feld- spathes. Das Gestein ist bereits stark oxydirt. H. Laspeyres1) hat in einem Porphyrit aus dem Falkensteiner Thal (nicht »Frankensteiner Thal«) 60,176 pCt. Kieselsäure nachgewiesen. Ich möchte glauben, dass der Fundort mit demjenigen des Ma- terials der oben angeführten Bauschanalyse übereinstimmt. *) Verhandl. d. naturhist. Vereins d. preuss. Rheinlande und von Westphalen, Ronn 1883, XL, S. 389. 140 A. Lepplä, Die oberpermischen eruptiven Ergussgesteine In geringer Ausdehnung findet sich ein porphyritisches Ge- stein in Verbindung mit einem dunkelgrauen Tuff1) in den tieferen Schichten des Felsitporphyrtuffes am Westabhang des Lindenberges südöstlich Gehrweiler. Einige Meter über dem sehr geringmächtigen Porphyrit folgt ein diabasischer Melaphyr wie am Nordwestabhang des Thronfels südlich Schweisweiler. Unter dem von H. Laspeyres gesammelten Material befindet sich noch eine Probe mit der Ortsbezeichnung »Thierwasem« bei Kirchheimbolanden. Das Gestein kommt in allen Stücken dem Porphyrit im Steinbruch oberhalb Schweisweiler an der Strasse nach Hochstein so nahe, dass ich annehmen muss, dass die sauren Gesteine der Decke noch nordöstlich vom Donnersberg gegen Rheinhessen ihre Fortsetzung finden. In den Aufschlüssen am Schieferfels östlich Schweisweiler, sowie gegenüber Hochstein, endlich südöstlich Gehrweiler folgen unter dem Porphyrit zunächst noch einige Meter der meist sehr bunt gebänderten, feinkörnigen bis dichten, auch stellenweise grob breccienhaften Felsitporphyrtuffe und weiter im Liegenden gelb- lichgraue Arkosen und Schieferthone der Tholeyer Schichten. Man hat also nach meinen bisherigen Beobachtungen, da ein Melaphyr- erguss unter dem Porphyrit fehlt, diesen als den ältesten Erguss aufzufassen. Weitere Vorkommnisse von Porphyrit sind mir südwestlich des Moscheibaches, also sowohl im Flussgebiet der Lauter wie des oberen Glan nicht bekannt. Ein eigenartiges Gestein in vollkrystallinem Gefüge steht zu beiden Seiten des Falkensteiner Thaies an, etwa da, wo die von Falkenstein herabkommende Strasse vom linken Ufer auf das rechte übergeht. Man sieht ein divergent-strahliges Aggregat von vorherrschenden, vielfach verzwillingten Leisten und untergeord- l) Der ziemlich dichte, dunkelgraue Tuff enthält sehr viele eckige Bruch- stücke von wasserklarem Quarz, einzelne von Feldspath (Plagioklas und Ortho- klas) und besteht zumeist aus einem Trümmerwerk von Bruchstücken von por- phyrischen, vielleicht basisführenden Feldspathgesteinen (quarzfrei) nicht sicher bestimmbarer Herkunft. In dem an chloritischen Zersetzungsproducten reichen Cement treten viele helle und dunkle Glimmerblättchen hervor. im SO. -Flügel des 'pfälzischen Sattels. l4i neten einfachen,, mehr quadratischen Feldspathindividuen und da- zwischen einen ziemlich idiomorphen, fast farblosen Augit, der indess zum weitaus grösseren Theile in ein dunkelgelblich-grünes, parallel-faseriges und parallel - auslöschendes Aggregat, zum unter- geordneten Theil aber in eine unregelmässig-lappige und zerfetzte Hornblende (Uralit) umgewandelt ist. In den Restecken des Feldspathleistenwerkes tritt vielfach allotriomorpher Quarz auf; also ein sehr saurer Grundmassenrest (Oxymesostasis) in einem doleritischen bis ophitischen Gefüge. Mit letzterer Eigenschaft steht es durchaus im Einklang, wenn das Gestein an einigen Stellen idiomorphen Olivin enthält. Das olivinfreie, augitreiche und quarzführende Gestein vom linken Ufer des Baches enthält nach einer von Herrn A. Lindster ausgeführten Bestimmung 55,37 pCt. Kieselsäure, während das etwas unterhalb der Brücke nahe dem Bachbett anstehende olivin- führende etwas verwitterte Gestein, bei dem indess die augitischen Gemengtheile schon gänzlich entfernt sind, nach H. KlüSS 58,85 pCt. Kieselsäure aufweist. Ich schreibe dieses Mehr der Entfernung der alkalischen Erden (auch Carbonate fehlen) und der chloritischen Zersetzungsproducte, also Zersetzungs- und Um- lagerungserscheinungen zu. Von dem Quarz abgesehen würde man die eben beschriebenen Gesteine ihres divergent-strahligen Gefüges wegen eigentlich zu den Melaphyren zählen, wie dies auch bei einem Kieselsäuregehalt von 55,37 pCt. nicht unbegrün- det erscheint, und um die Oxymesostasis zum Ausdruck zu brin- gen, wäre die Beifügung »quarzführend« den Thatsachen ent- sprechend. Doleritische Melaphyre stehen als eingepresste Mag- men mit den quarzführenden Melaphyren im räumlichen Zusam- menhang (Bierberg, Falkenstein u. s. w.). Es scheint mir wichtige hervorzuheben, dass die quarzführenden Melaphyre von Wald- hambach und Silz1) am Ostrand der Nordvogesen den Kieselsäure- Ueberschuss als eine Art Einsprengling und nicht als Resteck- ausfüllung führen, also sich wesentlich von dem vorbeschriebenen Gestein des Falkensteiner Thaies unterscheiden. Ich bemerke Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. 1892 XLIY. 419. 142 A. Leppla, Die oberpermischen eruptiven Ergussgesteine ausserdem, dass letzteres höchst wahrscheinlich nicht zu den Er- güssen, sondern zu den eingepressten Gesteinen gehört. II. Melaphyre. Die Fassung des Begriffes »Melaphyr« hat sich in den letzten Jahren dahin geklärt, dass mau unter ihm nur die Vertreter der altpalaeolithischen Diabase und känolithischen Basalte, also nur die an Kieselsäure ärmeren (unter 55 pCt. im Mittel), an zwei- werthigen Metallen (alkalischen Erden) reichen Gesteine zusammen- fassen darf, gleichviel ob die genannten chemischen Eigenschaften das Vorhandensein von Olivin bedingen oder nicht. In den meisten Fällen wird er wohl kaum fehlen. Nicht sonderliches Gewicht möchte ich indess auf das jungpalaeolithische Alter legen, denn nicht das geologische Alter, sondern die physikalischen Ver- hältnisse in der Umgebung des in der Erstarrung begriffenen Magmas waren neben der äusseren Form, welche es anzunehmen gezwungen war, die Structur und vielleicht auch mineralogische Zusammensetzung bedingenden Kräfte. Ich werde daher keines- wegs anstehen, die diabasartigen, ophitisch-körnigen Melaphyre auch als Diabase oder Olivindiabase zu bezeichnen. Ebenso wenig scheint es mir berechtigt, in unserem Gebiet die Form des Auftretens, ob als eingepresstes Magma oder Erguss, für die Namengebung zu verwerthen, denn die melaphyrischen Ge- steine der Nahe können in den Ergüssen die gleiche Structur zeigen, wie im eingepressten Gang oder Lager, vorausgesetzt, dass letztere mächtiger als ihre Rand- und Salbandfacies sind. Den Ergüssen fehlen die verschiedenen Aenderungen in der Structur, wie sie den eingepressten Magmen eigen sind. In der grossen Ergussformation an der oberen Nahe greifen nach SW. zu gegen das Primsthal bis zur Saar hin die basische- ren und jüngeren Ergüsse, die Melaphyre, über, indem hier di$ porphyritischen Ergüsse der ganzen Reihe fehlen. Auch nach SO. zu zeigt sich dieselbe Erscheinung. Im SO. -Flügel des pfälzi- schen Sattels haben die melaphyrischen Ergussgesteine die weit- aus grösste Verbreitung und porphyritische sind, wie ich im im SO.-Flügel des pfälzischen Sattels. 143 Vorhergehenden dargethan habe, nur auf eine nicht allzu lange Strecke um den Donnersberg herum beschränkt. 1. Basaltischer einsprenglingsreicher Melaphyr. Mit dem Eigenschaftswort »einsprenglingsreich« ist die por- phyrische, und wie ich gleich hinzufügen will, die hypokrystallin- porphyrische Structur dieser Gesteine ausgedrückt. Die Noth- wendigkeit, im Feld, also ohne Mikroskop, eine Gliederung der Ergussgesteine vornehmen zu müssen, veranlasste mich, solche Gesteinsbezeichnungen zu wählen, welche die mit unbewaffnetem Auge oder höchstens mit der Lupe zu erkennenden Eigenschaften kurz und scharf ausdrücken. Wenn ich hierbei auf das Vor- kommen von zahlreichen Einsprenglingen etwas Gewicht legte, so schien mir das dadurch begründet, dass ich auch feinkörnige und dichte Gesteine habe, welche sich durch wenige Einspreng- linge auszeichnen und eine bestimmte Stellung in der Ergussreihe einnehmen. Vor Allem bei den Porphyriten zwangen mich die wenigen Unterscheidungsmerkmale zu solchen Bezeichnungsweisen. Man vergleiche hier die Berichte über meine Aufnahmen im Nahe- gebiet von den Jahren 1891 und 1892 (Dieses Jahrbuch für 1891, Berlin 1893, S. LIII — LIX und dieses Jahrbuch für 1893). Die Gesteine sind besonders frisch erhalten an der Wacht, einer kleinen Kuppe auf der Hochfläche am Westende von Eulenbis nordwestlich Kaiserslautern und beinahe ebenso frisch etwa 600 Meter südöstlich des oberen Endes von Olsbrücken (im Lauterthal) am Weg nach Mehlbach. Man hat es hier mit fast schwarzen, rauh und uneben brechenden Gesteinen zu thun, bei welchen in einer feinkörnigen und nicht vorwaltenden Grund- masse farblose, glasglänzende, deutlich zwillingsstreifige Feld- spathtafeln bis zu 10 Millimeter Grösse eingebettet liegen. Die Einsprenglinge des Feldspathes treten noch deutlicher hervor, wenn das Gestein einen vorgeschrittenen Verwitterungszustand erreicht hat. Die Grundmasse erhält alsdann eine dunkle, violett- graue oder auch -braune Farbe und aus ihr heben sich die in der Regel strahlig gruppirten milchweissen Feldspäthe scharf ab. In 144 A. Leppla, Die oberpermischen eruptiven Ergussgesteine diesem Zustand lassen sich auch dunkelgrüne Pseudomorphosen nach Augit und rothbraune metallisch-glänzende (Eisenglanz) nach Olivin erkennen. Augit tritt unter den drei fast einschlussfreien Gemengtheilen erster Entstehung hinsichtlich seiner Häufigkeit und einer wohlausgebildeten äusseren Begrenzung hinter Olivin, besonders aber hinter dem Feldspath an Menge zurück. Die gla- sigen Feldspäthe sind zonar aufgebaut und nähern sich in den optischen Constanten der Labrador-Mischung. Sie bleiben bei der Umwandlung ziemlich lange frisch und nehmen durch eingedrun- genen Eisenglanz eine rothe Färbung an. Der augitische Gemengtheil hat eine blassgelbe Färbung, ist oft in der Spaltung vielfach verzwillingt und ziemlich einschluss- frei. An der Strasse von Fockenberg nach Reichenbach wurden deutlich ausgebildete Krystalle bis 10 Millimeter Länge umge- wandelt in ein blassgrünes, feinfaseriges Aggregat beobachtet. Das Mineral dürfte selbst wieder ein Umwandlungsproduct des Bastits sein, der sich hier und westlich Elschbacherhof in verein- zelten charakteristischen Kryställchen erkennen lässt. Thatsächlich konnte auch ein frischer rhombischer Augit, Enstatit, an einzelnen Orten, z. B. zwischen Olsbrücken und Schallodenbach, dann bei Reichenbach, neben Augit als Einsprengling nachgewiesen werden. Die Olivine sind nirgends frisch. Im ersten Umwandlungszustand zeigen sie ein öl- oder bräunlichgrünes, meist radial-, auch wirr- faseriges Aggregat (Serpentin1); in einem späteren Stadium ist an dessen Stelle der rothbraune, durchscheinende Eisenglanz ge- treten. Seine Bildung schreitet vom Rand und von Spalten und Rissen gegen das Innere vor. Im letzten Stadium des immerhin noch äusserlich festen Gesteins tritt nach Wegführung des Eisen- oxydhydrates an Stelle der Olivine ein farbloses, wasserklares Mi- neral, welches Calcedon zu sein scheint. Die opaken Erze sind in feiner Vertheilung vorhanden und nach den Formen zu schliessen scheint Titaneisen nur sehr unter- geordnet vertreten zu sein. >) Serpentin trifft man auch an vielen Stellen auf den Kluftflächen der Ergüsse (Strasse Reuschbach-Obermohr). im. SO.-Flügel des pfälzischen Sattels. 145 Die Grundmasse erweist sich als ein Gemenge, bestehend aus einem vorwaltenden, durch viele Globulite und kurze Stäbchen dunklen Glas und darin ausgeschiedenen Gemengtheilen der zweiten Entstehung: Feldspathleistchen und -Nadeln und Augit- körnchen von undeutlicher Krystallform. In einigen Fällen be- merkt man in dem Glasteig auch eine schwache Doppelbrechung, wahrscheinlich hervorgerufen durch ein dem feldspäthigen Gemeng- theil ähnliches Entglasungsproduct. Bei der Zersetzung des Ge- steins geht die Basis unter Annahme einer gelbgrünen (ölgrünen) Färbung in ein feinfilziges Faseraggregat über, welches sich von demjenigen des Olivins nur durch die Kleinheit der Faserbündel und — Sphäroide und ein kräftigeres Gelb unterscheidet. Das dürfte auf eine ziemlich basische Beschaffenheit des Glases deuten. Die Reihenfolge der Gemengtheile der Grundmasse wäre demnach Plagioklas, Augit, Glasbasis. Tritt die Menge der letzteren gegen die Ausscheidungen der zweiten Entstehung zurück, und dies ist in den meisten der hierher gehörigen Gesteinen der Fall, so verliert der Augit der Grund- masse die noch im grossen Ganzen erkennbare Krystallbegrenzung und seine äussere Form wird alsdann von den ihn seitlich ein- schliessenden Feldspathleistchen bestimmt, er wird zur Resteck- ausfüllung. Es werden dadurch Annäherungen an die doleritischen und diabasischen Melaphyre erzeugt. Solche Gesteine mit untergeordneter Resteckaasfüllung durch Glasbasis und einem mehr unregelmässig körnigen Augit der zweiten Entstehung trifft man am Pfaffenthaler Wald und am Fuss des Insenkopfes südlich Fockenberg. Es ist selbstverständ- lich, dass bei diesen Gesteinen auch der Gegensatz zwischen den magmatischen Ausscheidungen erster und zweiter Entstehung ein weniger kräftiger ist, als bei den eingangs beschriebenen Mela- phyren (Wacht bei Eulenbis). Auch in der Natur der Einspreng- linge weichen die den diabasischen Gesteinen genäherten Aus- bildungsweisen der einsprenglingsreichen Melaphyre von deren Typus insofern ab, als nur Plagioklas und Olivin die Ausschei- scheidungen erster Entstehung (intratellurischen) vorstellen, Augit und Enstatit dagegen bei ihnen fehlen. Jahrbuch 1893* 10 146 A. Leppla, Die ob erp er mischen eruptiven Ergussgesteine In den vorgeschrittenen Umwandlungszuständen tritt Calcedon und auch Kalkspath auf. Das Gestein von der Wacht bei Eulenbis wurde durch Herrn H. Haefcke im Laboratorium der geologischen Landesanstalt analysirt und hierbei folgende unter I angegebene Werthe ge- wonnen: I. II. Si02 .... . 54,13 53,58 Ti02 .... Spur 0,98 A1203 .... . 16,17 15,84 Fe203 .... 3,36 2,98 FeO .... 4,76 4,90 CaO .... 7,48 7,86 MgO .... 6,76 7,16 Na20 .... 2,89 2,99 K20 .... 1,63 1,63 H20 .... 2,72 2,54 so3 0,16 0,16 p205 .... 0,19 0,19 100,25 100,75 Specifisches Gewicht 2,625 2,7597. Unter II führe ich eine Analyse von Herrn A. Hesse an, welche von dem basaltischen Melaphyr nördlich und bei Mett- weder (Bl. Freisen) im Nahe - Gebiet ausgeführt wurde *). Mine- ralogisch unterscheidet sich der Melaphyr von Mettweiler vom Eulenbiser Gestein durchaus nicht, wenn man von sehr unter- geordneten, butzenförmigen Ausscheidungen im Magma, die aus Orthoklas bestehen, absieht. Im Gefüge weist die Gruudmasse des Mettweiler Gesteins ein dichteres Korn und damit ein stärkeres Hervortreten der porphyrischen Natur auf. Die Glasbasis tritt in der Grundmasse sehr zurück und zeigt sich farblos und ein- schlussarm. b Erläuterungen zu Blatt Freisen der 46. Liefg. der geol. Special - Karte von Preussen und den thüring. Staaten. Berlin 1894, S. 35. im SO.-Flügel des pfälzischen Sattels. 147 Auf die chemischen Verhältnisse werde ich bei der Be- sprechung der Bauschanalyse des diabasischen Melaphyrs noch einmal zurückkommen. Die basaltischen einsprenglingsreichen Melaphyre, welche den Naviten Rosenbusch’s nahe stehen mögen, bilden vom SW. -End der Decke am SO.-Flügel des Pfälzischen Sattels, also von Sand oder Gries (nordöstlich Waldmohr) aus bis gegen Schalloden- bach zu, den ersten Erguss der Melaphyre und in diesem Gebiet auch den ältesten Erguss der Decke überhaupt. Ueber Schallo- denbach nach NO. hinaus sind mir bis heute keine ähnlichen Ge- steine in der Decke bekannt geworden. Die etwas zur diaba- sischen Structur neigenden Melaphyre südlich Fockenberg (Insen- kopf und Pfaffenthaler Wald) folgen über dem vorigen Gesteine gegen das Hangende Obere Perm, sind also jünger als sie. Diabasische und doleritische Melaphyre. Die Gesteine haben ein körniges, divergent-strahliges Gefüge und charakterisiren sich dadurch, dass Olivin und Feldspath äussere Krystallbegrenzung zeigen, idiomorph sind und dass der Augit eine Art Zwischenklemmungsmasse zwischen den Feldspathleisten bildet. Das Gefüge muss also ein ophitisches genannt werden und es verschlägt hierbei nicht viel, ob zwischen den Feldspath- leföten noch Restecke einer Intersertalmasse stecken oder nicht. Die schwankende und untergeordnete Menge dieser Zwischenklemmungs- masse und ihr völliges Verschwinden lassen es meines Erachtens nicht gerechtfertigt erscheinen, sie zum Ausgangspunkt einer Ab- trennung der Tholeyite von den Diabasen zu machen. Ich will dabei noch ganz davon absehen, dass mau bei diesen Gesteinen im Feld einen so untergeordneten Rest einer individualisirten, oder nicht individualisirten Basis nicht einmal ahnen kann. Im Nahe -Gebiet kann ich die äusserlich deutlich körnigen und ba- sischen Gesteine ohne besondere Schwierigkeiten mit blossem Auge absondern und ihre geologische Zusammengehörigkeit ver- folgen. K. A. Lossen hat für die Gesteine die Begriffe Meso- dolerit bis Mesodiabas gewählt. Sieht man von den Altersbezie- hungen bei der Namengebung ab, so wird man diese Gesteine 10* 1 48 A. Leppla. Die oberpermischen eruptiven Ergussgesteine als ophitische Diabase bezeichnen und wer auf den Olivingehalt einen besonderen Werth legen will, würde sich für die von Zirkel1) gewählte Fassung des Begriffes Olivindiabas ent- scheiden müssen. Ich habe bereits die allgemeine Charakteristik der Gesteine eingangs gegeben. Die frischen Proben zeigen durchgängig eine dunkelgraue bis schwarze Farbe und ein mittleres Korn, in dem die Feldspathe durch ihre oft glasglänzenden Spaltflächen hervor- leuchten. Bei dem zuerst ausgeschiedenen Gemengtheil , beim Olivin, geben die rothbraunen Ränder des Rotheisenerzes um den grünlich-gelben Faseraggregaten von Serpentin die äussere Form deutlich wieder (Erguss zwischen Schneckenhausen und Heiligen- moschel). Aber wenn auch die Erzränder fehlen und nur die öl- grünen Serpentinaggregate vorliegen wie bei Eulenbis, Höringen, Wingertsweiler, Winnweiler U. s.w., dann tritt die Olivinform immer noch deutlich genug hervor. An Einschlüssen ist er sehr arm. Vereinzelte quadratische, braun durchscheinende Kryställchen sind vielleicht als Picotit zu deuten. Die Feldspäthe als vorherrschender Gemengtheil bilden zwillingsstreifige Leisten, die sich theils um die Olivine legen, theils berühren, aber auch in die grossen Augit- körner hineinragen oder von ihnen umschlossen werden. Da, wo sie sich gegenseitig berühren, bleibt mitunter ein sehr kleines Eck (Dreieck) globulitischer und an opaken Stäbchen reicher Glasbasis, welche aber nicht immer zwischen gekreuzten Nicols ganz dunkel bleibt, also in manchen Fällen wieder Ausscheidungen führt. In den meisten Gesteinen zeigt sie eine starke Neigung, in ein grünes, feinfilziges Aggregat überzugehen. Die Augite in ihren grossen unregelmässigen, zackigen Körnern, welche durch die eingeschlossenen und hineinragenden Feldspäthe wie zerhackt aussehen, haben eine blassröthliche oder -bräunliche Färbung, die derjenigen in den granitisch-körnigen Diabasen etwas ähnelt. Die diabasischen Gesteine enthalten Titaneisen in ziemlicher Menge, besonders die Gesteine von Eulenbis, Winnweiler, Win- gertsweiler, 1 Kilometer nordöstlich Dannenfelser Mühle u. s. w. *) Lehrbuch der Petrographie. 2. Aufl. II., Leipzig 1894. im SO. -Flügel des pfälzischen Sattels. 149 Neubildungen von opakem Erz (Rotheisenerz) und Kalkspath nehmen in den zersetzten Gesteinen einen grossen Raum ein. Dies sind etwa die gemeinsamen Merkmale der in der Decke vertretenen diabasischen Gesteine. Einige kleine Abweichungen sollen nicht unerwähnt bleiben. In den Gesteinen am Rücken- weg von Hirschhorn nach Eulenbis (nördlicher Rand des Schwarzwaldes) ist frischer Olivin in dem vom Rand und den Rissen her bereits serpentinisirten Einsprenglingen erhalten ge- blieben. Verhältnissmässig viel trichitische und globulitische Glas- basis bleibt hier zwischen den Feldspathleisten als nicht individuali- sirter Rest des Magmas zurück oder geht in radialstrahliges, blau- grünes, kleinfaseriges Aggregat über. Die Feldspäthe treten hier bereits in 2 Altersstufen in Form von grossem Einsprenglingen und kleinern Leisten auf. Man hat es also mit einer Andeutung von porphyrischer Structur zu thun. Der Augit weicht indess in keiner Weise von den Ophitnatur des Gesteins ab. Eigen thümlich bleibt es, dass neben dem frischen Olivin Kalkspath, wie es scheint an Stelle der bereits umgewandelten Glasbasis im Gestein vor- handen ist. Zu den basisreicheren, also zu den doleritischen Melaphyren (nach K. A. Lossen zu den Mesodoleriten), gehört auch das Ge- stein vom Katharinenthal nördlich Imsbach am Donnersberg. Hier zeigt der Augit bereits Neigung, eine Krystallform anzunehmen, wenigstens sind die geschlossenen, weniger zerhackten Individuen zahlreicher als sonst. An zwei Stellen südlich Fockenberg wurde ein unzweifelhaft diabasisches Gestein über dem basaltischen Melaphyr beobachtet, z. B. am südlichen Fuss des Reiseisbergs, südöstlich Reuschbach und am Pfaffenthaler Wald. Dies scheinen auch die am weitesten nach SW. gelegenen Vorkommnisse der Diabasdecke zu sein. Durch das Hervortreten einzelner einsprenglingsartiger Feldspäthe und einer etwas grösseren Ausdehnung der einschlussreichen (Magnetit) und trichitischen Basis nähern sich die Vorkommen denjenigen vom Schwarzwald zwischen Eulenbis und Hirschhorn, ln dem diabasischen Melaphyr, welcher am rechten Ufer des Thaies unterhalb Höringen nahe der Kirche ansteht, zeigt sich im Schliff 150 A. Leppi.a. Die oberpermischen eruptiven Ergussgesteine ein butzenförmiges Aggregat von unregelmässigen Körnern (gra- nitisch-körnigem) Feldspath, meist einheitliche Krystalle neben ein- zelnen zwillingsstreifigen. Etwas Quarz scheint nicht zu fehlen, ist jedoch nicht sicher. Die eigentliche Gesteinsmasse füllt die unregelmässigen Zwischenräume der sauren Butzen aus und um- hüllt die aus ihnen vorstehenden Feldspathkrystalle. Die Deutung als fremde Einschlüsse scheint mir ausgeschlossen zu sein, weil eine scharfe Begrenzung der Butzen fehlt und weil die Gesteins- masse das zackige und lappige Aggregat, ohne irgend eine Verände- rung zu zeigen oder zu erzeugen umschliesst. Es mögen vielleicht ältere saure Ausscheidungen des Magmas vorliegen. Die von Herrn K. Klüss ausgeführte Bauschanalyse des dia- basischen Melaphyres aus dem Steinbruch etwa 100 Meter nörd- lich der Kirche von Hör in gen (rechtes Ufer des Baches) west- lich Winnweiler ergab: Si02 50,15 Ti02 0,33 A1203 . 15,02 Fe203 5,17 FeO 5,17 MgO 6,90 CaO 8,25 Na20 2,59 K20 1,33 H20 4,08 S03 0,09 P205 . • 0,26 C02 0,32 99,66 Specifisches Gewicht . . . 2,753. Der geringe Gehalt an Kieselsäure und Alkalien und die grosse Menge von alkalischen Erden und Eisen in beiden Gesteins- arten (vergl. Analyse S. 146) stehen im besten Einklang mit der chemischen Natur und der mineralischen Zusammensetzung der Melaphyre. Wenn man die mitgetheilten Analysen der basaltischen im SO. -Flügel des pfälzischen Sattels. 151 Melaphyre mit denjenigen des diabasischen vergleicht, so stehen den sinkenden Beträgen für Kieselsäure und Alkalien steigende von zweiwerthigen Metallen gegenüber. Die Kieselsäure ist von 54,13 pCt. auf 50,15 pCt., die Alkalien sind von 4,52 pCt. auf 3,93 pCt. herabgegangen, dagegen hat sich der Kalkgehalt von 7,48 pCt. auf 8,25 pCt. und die Summe der zweiwerthigen Metall- oxyde von 19 pCt. auf 20.32 pCt. erhöht. Die Thonerde steht wie sonst in kalkreichen Gesteinen in geradem Verhältniss zum sinkenden Kieselsäuregehalt. Der erhöhte Gehalt an Eisen und Eisenoxyd ist im Verein mit der im diabasischen Melaphyr vor- handenen Titansäure auf die Gegenwart von Titaneisen in diesem Gestein zurückzuführen. Der vorhandene Kalkspath und die grössere Wassermenge« deuten auf einen erhöhten Grad der Umwandlung des Höringer Gesteins im Vergleich zu demjenigen von der Wacht bei Eulenbis hin. Die diabasischen J^Ielaphyre überlagern, wie erwähnt, die basaltischen. Die Querschnitte durch die Decke bei Fockenberg, Eulenbis und zwischen Olsbrücken und Mehlbach zeigen vom Liegenden zum Hangenden zuerst einen basaltischen und zuletzt einen diabasischen Melaphyr. Darin liegt die Begrün- dung für die Annahme, dass auch der Zug von diabasischen Er- gussgesteinen von Heiligenmoschel über Höringen, Winnweiler, Hochstein, Imsbach, Jakobsweiler bis Kirchheimbolanden jünger als der basaltische Melaphyr zwischen Sand-Gries und Schalloden- bach sei. Zwischen Winnweiler und Schweisweiler lässt sich eine Wiederholung von diabasischen Ergüssen ophitischen Charakters wahrnehmen. Ob dies thatsächlich verschiedene Ergüsse sind, oder ob die Wiederholung nur eine scheinbare, durch Störungen er- zeugte ist, bedarf einer genauem Untersuchung. Gesteine von diabasisch-ophitischem Charakter ohne jede Spur von Khyotaxis gehören im Allgemeinen zu den selteneren in der Ergussformation des Saar-Nahe-Gebietes. Es sind ähnliche schon von Lossen 1) aus dem Primsthal und der Söterner Gegend erwähnt worden, aber echte ophitische zeigt die Decke bis jetzt nur in wenigen Fällen. Im Gebiet des im NW.-Flügel der Nahemulde die *) Dieses Jahrbuch für 1883. Berlin 1884, S. XXIII. 152 A. Leppla, Die oberpermischen eruptiven Ergussgesteine Reihe der Ergüsse eröffnenden olivinführenden, basischen Augit- porphyrites (Sohlzone Lossen) zwischen Idar und Mackenrodt (östlich des Weges) tritt ungefähr 400 Meter südwestlich Callwies- weiher (im Idarthal) eine kleine Kuppe von einem ophitischen Diabasgestein auf, welches sich in seinem Gefüge aufs Engste an das Höringer anschliesst. Die sehr beschränkte Verbreitung in- mitten der tiefsten Ergüsse (es wurden bisher nirgends melaphy- rische Gesteine in so tiefen Horizonten beobachtet), das körnige Gefüge und der Mangel an Mandelstein lassen mich annehmen, dass das Vorkommen zwischen Mackenrodt und Idar ein in den olivinführenden Augitporphyrit eingepresstes, diabasisches Magma vorstellt. In den hangenden inelaphyrischen Ergüssen der Decke bei Idar, etwa 1 Kilometer von dem oben erwähnten Vorkommen in südlicher Richtung entfernt, tritt am Kirchhof von Algenrodt und an der Strasse von hier nach Idar ein ähnliches, schwarzes und scheinbar körniges Gestein über dem basaltischen Melaphyr auf. Die Augite neigen indess hier schon mehr zur idiomorphen Ausbildung und das ganze Gestein bildet dadurch mehr einen Uebergang zu den basaltischen Melaphyren, wenn auch die Glas- basis noch sehr untergeordnet bleibt. Die diabasischen Gesteine im Ober-Rothliegenden und in den Söterner Schichten am SO. -Flügel des pfälzischen Sattels zeigen gegen Dach und Sohle deutliche Mandelsteinbildung, freilich nicht in der ausgeprägten Weise, wie es die basaltischen Me- laphyre thun, bei denen die runden Blasen der Laven die Ge- steinssubstanz meist vollkommen in den Hintergrund drängen. Die vollständige Raumerfüllung herrscht bei den ophitisch-diaba- sischen Laven vor. Die mangelnde Rhyotaxis wird bei ihnen immer eine auffällige Erscheinung bleiben, und es würde nach dem Vorkommen zwischen Idar und Mackenrodt und nach dem Gefüge näher liegen, auch die diabasischen Gesteine in der Decke der Pfalz zu den eingepressten Magmen zu rechnen. Einer solchen Annahme steht die auf grosse Strecken gleichförmige und decken- artige Ausbreitung und das Auftreten in den Felsitporphyr-Conglo- meraten und -Tuffen der Söterner Schichten neben der Mandel- steinbildung am Dach und Sohle entgegen. im SO.-Flügel des pfälzischen Sattels. 153 Sehr zahlreich und ausgedehnt sind ähnlich gefügte Mela- phyre im benachbarten Unter-Rothliegenden des südöstlichen Sattel- flügels. Von Kreimbach im Lauterthal an gegen NO. über Nie- derkirchen, Heimkirchen, Imsweiler, Ruppertsecken, Marienthal bis nach Orbis sind sehr ausgedehnte Lagergänge von ophitisch- diabasischen Gesteinen in die Lebacher und Tholeyer Schichten eingepresst. Die Veränderung ihres Gefüges gegen das Salband (basaltische, labradorporphyrische Ausbildung), die Veränderung der benachbarten Rothliegenden-Schichten, z. B. bei Niederkirchen, Hefersweiler, Kreimbach, Imsweiler, Bauthal (westlich Orbis) im Hangenden wie an der Sohle und das schiefe Abschneiden der Schichten an den Lagergängen, Stauchung der dem eingepressten Magma benachbarten Sedimente, der Mangel an ausgedehnter Blasen- und Mandelsteinbildung reichen meines Erachtens voll- kommen hin, die Einpressung des Magmas der Gesteine in die Schichten für sicher gelten zu lassen. Die Nachbarschaft und Aehnlichkeit der ergussförmigen und eingepressten Magmen lässt annehmen, dass beide demselben Eruptionsherd entstammen und ihre Bildungszeiten nicht allzu weit auseinander liegen. Es bleibt mir noch übrig, mit einigen Worten auf die die Ergüsse begleitenden feineren Sedimente zurückzukommen. In der Hauptsache sind es hellgefärbte (weisse, hellgraue, rosenrothe, gelbe) meist gebänderte Schichten, die in der Korngrösse alle Uebergänge vom dichtesten, thonsteinähnlichen bis zum sandigen und sogar conglomeratischen Zerreibsei darstellen. Mit Annähe- rung an den grossen Felsitporphyrstock des Donnersberges wird das Korn der Schichten gröber und aus dichten, thonsteinähnlichen Tuffmassen werden die in der Umgebung desFelsitporphyres mächtig anschwellenden Felsitporphyrconglomerate und -breccien. Damit ist hinreichend wahrscheinlich gemacht , dass das hauptsächlichste Material der Schichten ein umgelagerter Schutt des Felsitporphyres ist. Vor Allem die hellgefärbten und gleichmässig dichten, thonstein- ähnlichen Schichten stellen den feinsten Porphyrschlamm dar. Bei starker Vergrösserung lassen sich in dem ausserordentlich fein- krystallinen Aggregat nur einzelne unregelmässige, lappige Partieen, 154 A. Tjkppla, Die oberpermischen eruptiven Ergussgesteine die Feldspath ähnlich sehen, daneben aber sehr viele kleine, farb- lose Glimmerblättchen erkennen, welche mit ihrer Breitseite der Schichtfläche parallel liegen. Die Hauptmasse gewährt dasselbe Bild wie ein in Kaolin umgewandelter Feldspath. Vereinzelt sieht man auch wohl Bruchstücke und Neubildungen von Quarz, sowie stark dichroite Stäbchen von Turmalin. Schmutziggrüue, ganz trübe, faserige Aggregate von grösserer Form sind nicht allzu selten. Man darf in ihnen vielleicht einen umgewandelten dunklen Glimmer erblicken. Die ganze Masse ist meist von einem fein und gleichmässig oder auch wolkenartig vertheilten Brauneisen- erzstaub, dessen Menge mit den Schichten wechselt, durchsetzt. Abweichend von den hellen Felsitporphyrtuffen sind die grauen, deutlich geschichteten Tuffe beschaffen. In der Gegend zwischen Heiligenmoschel und dem Alsenzthal treten solche dunklen Tuffe zwischen den helleren vorwiegend in der Nähe der zwischen- gelagerten Ergussgesteine auf. Ein auf dem Porphyrit am NW.- Abhang des Thronfels lagernder, dunkelgrauer, dichter Tuff be- steht aus kleinsten, etwas gerundeten, aber auch eckigen Bruch- stücken eines porphyrischen Gesteins, in dessen trüber, ganz zer- setzter, kryptokrystalliner Grundmasse sich nur die Umrisse von Feldspathleistchen erkennen lassen. Derartige Elemente sind den Felsitporphyrtuffen fremd und auch keinesfalls aus einem zerstörten Felsitporphyr herzuleiten. Einige haben in ihrer stofflichen Be- schaffenheit die grösste Aehnlichkeit mit den basaltischen Mela- phyren, andere mögen den Porphyriten zuzuschreiben sein. Zwischen den Bruchstücken der basischen Eruptivgesteine lässt sich zuweilen noch eine ähnliche Masse erkennen, wie die der hellen Tuffe, meist aber sind Bruchstücke von Quarz, Feldspath (auch Plagioklas) auch von Biotit und Zersetzungsproducte in Form von grünlichen trüben Faserbündeln, als eigentlicher Teig der bruchstückigen Elemente (Rohmühle bei Heiligenmoschel) vorhanden. Die dunklen Tuffe setzen sich im Wesentlichen aus Material der Ergussgesteine zusammen, beherbergen aber ausserdem verhältnissmässig viel Quarz. Da die sauren Porphyre des Donnersberges im Allgemeinen ziem- lich viel porphyrischen Quarz besitzen, also sich den eigentlichen im SO.-Flügel des pfälzischen Sattels. 155 Quarzporphyren nähern, so ist nicht unwahrscheinlich, dass auch sie den dunkeln Tuffen bei deren Entstehung tributär waren. Ge- wisse Arkosen der die Söterner Schichten unmittelbar unterlagernden Tholeyer Schichten (z. B. am Weg zum Schieferfels östlich Schweis- weiler) sind zwar sehr reich an Quarz, aber das mikroskopische Bild desselben erinnert mehr an das der granitischen Quarze, durch die reihenförmigen Einschlüsse, die vielfache Verwachsung u. s. w. Es scheint mir demnach ziemlich unwahrscheinlich, dass die das Material zur Bildung der Arkosen und Breccien der Tholeyer Schichten abgebenden Granite und Gneisse auch solches für die Söterner Schichten noch lieferten. Die Arkosen der Tholeyer Schichten führen ebenso viel Feld- spath wie Quarz, nur ist ersterer meist sehr getrübt. Doch erkennt man viele und grosse Körner in einheitlichen Individuen, ausserdem auch einzelne, vielfach verzwillingte und solche, welche das Aussehen von Mikroklin haben. Der Feldspath bildet neben grösseren Körnern das feine Zerreibsei zwischen den meist grossen Quarzkörnern. Die Gemengtheile zeigen wenige Spuren von Abrollung, das Gefüge gewährt vielmehr das Bild einer Breccie. Die Thatsache lässt schliessen, dass das Urgebirge in nicht allzu grosser Entfernung von dem Ablagerungsort der Arkosen anstand und das scheint weiter die bereits früher ausgesprochene Ansicht (Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. 1892, Bd. XLIV, S. 438) zu bestätigen, dass das Urgebirge die Unterlage und Ufer des Carbons und Roth- liegenden am SO.-Flügel des pfälzischen Sattels bildet. Die Stö- rungsepoche zwischen Tholeyer und Söterner Schichten dürfte die randlichen Urgebirgsrücken in die Tiefe verworfen haben. Die bisher gewonnenen Thatsachen gestatten ein immerhin mehr oder minder hypothetisches Bild aus der Geschichte des Saar-Nahe-Gebietes in folgenden Zügen zu entwerfen. Die in andern Gebieten Centraleuropas so deutlich ausge- sprochene Störungsepoche zwischen Culm und productivem Carbon mag wohl auch die Bildung jenes mulden- oder grabenförmigen Beckens verursacht haben, welches heute die jungpalaeolithischen Schichten von der Saar zur Nahe und weiter nach NO. im Mainzer 156 A Leppla, Die oberpermischen eruptiven Ergussgesteine Becken und der Wetterau einnehmen. Der NW. -Flügel dieser Mulde bestand aus den aufgefalteten Schichten des Unter-Devons und den mit ihnen eng verknüpften älteren Sedimenten. Im SO.- Flügel der orographischen Mulde bildeten Granite, Gneisse und archäische Schiefer z. B. (Hornblendeschiefer), . vielleicht auch devonische und culmische Schichten, Quarzporphyre den Boden der Mulde und zwar, wie es scheint, im unmittelbaren Zu- sammenhang mit dem Urgebirge der Südvogesen und dem Lie- genden des Oberen Perms und Buntsandsteins der Nord vogesen und des Odenwaldes. Die Bewegungen im Becken scheinen wäh- rend der Ablagerungen der von den Ufern hereingeschwemmten groben Sedimente fortgedauert zu haben. (Uebergreifen der Oberen Kuseler Schichten am NW. -Rand.) Bis zum Schluss der Tho- leyer Schichten muss das Urgebirge des südöstlichen Muldenrandes das Ufer gebildet haben, denn seine Materialien sind in Form von feinem Grus und Gerollen in hervorragendstem Maasse am Aufbau der Schichten des Carbons und Unter-Rothliegenden be- theiligt. Die nun eingetretenen Störungen dürften den Urgebirgsrand im SO. in die Tiefe verworfen haben, denn die folgenden Ab- lagerungen entstammen nunmehr dem Devon und den an die eben entstandenen Störungen angeschlossenen Ausbrüchen von kuppen- und stockförmigen Felsit- und Quarzporphyren und Lava- ergüssen. Die in das Unter-Rothliegende eingepressten basischeren Magmen, (Kersantite, Diabase, Melaphyre) gaben, soweit die bis- herigen Erfahrungen reichen, kein Material für die Bildung des Oberen Perms ab, traten also auch kaum an die Oberfläche im Gegensatz zu den Kuppen von Felsit- und Quarzporphyr. Die Ergussgesteine sind im ganzen Gebiet einander ziemlich ähnlich. Die reiche und verschiedenartige Entwickelung der Er- gussformation im Innern des Saar -Nahe -Gebietes fehlt am SO.- Rand. Porphyrite treten nur ganz untergeordnet auf und von basischen Gesteinen ist ein basaltischer und ein diabasisch-ophi- tischer bis doleritischer Erguss vorhanden. Auf die Ergüsse folgten im Westrich wie an der Nahe zuerst conglomeratische, dann fein- sandige Ablagerungen des Oberen Perms, an der Nahe, d. h. an 157 im SO. -Flügel des pfälzischen Sattels. dem devonischen Uferrand im Allgemeinen gröbere als gegen die Vogesen zu. Am Schluss der feinsandigen, oberpermischen Ab- lagerungen bewirkten neue Störungen ein Untersinken des südöst- lichen Sattelflügels und ein ungleichförmiges Uebergreifen von darauffolgenden groben Sedimenten (abermals gröber im NW. als im SO. gegen die Vogesen), das Uebergreifen des Hauptbuntsand- steins über die palaeolithischen Schichten. Beiträge zur Kenntniss des Wealden in der Gegend von Borgloh- Oesede, sowie zur Frage des Alters der Norddeutschen Wealdenbildungen. Von Herrn C. Gagel in Berlin. (Hierzu Tafel XII u. XIII.) In dem Gebiet des Borgloh-Oeseder Kohlenbergbaus wurden im Jahre 1888 zur Aufklärung der künftigen Aussichten des Be- triebes und zur Feststellung der geologischen Verhältnisse vier Bohrlöcher gestossen, die zum Theil ein recht unerwartetes und merkwürdiges Resultat ergaben. Die Kerne dieser Tiefbohrungen wurden dann, nachdem in den folgenden Jahren die König! Berginspection Borgloh aufge- löst worden war, den Sammlungen der König! geo! Landes- anstalt einverleibt, deren Director, Herr Geheimer Oberbergrath Dr. HaüChecorne, so gütig war, mir diese Bohrkerne zur wissen- schaftlichen Bearbeitung zu überweisen, wofür ich auch an dieser Stelle ihm meinen wärmsten Dank auszusprechen mir erlaube. In diesem erwähnten, im südwestlichen Zipfel von Hannover, südlich von Osnabrück am Nordrande des Teutoburger Waldes gelegenen Gebiete wurde ein ziemlich lebhafter Bergbau auf Wealdenkohle betrieben, und zwar auf zwei getrennten Revieren. In den nördlichen, zwischen den Ortschaften Borgloh und Oesede gelegenen Gruben zeigten die Flötze im wesentlichen ein C. Gagel, Beiträge zur Kenntniss des Wealden etc. 159 nordsüdliches Einfallen unter Winkeln von 12 — 20°, stellenweise auch 30 — 40 0 , ja noch höheren Graden. (Taf. XII.) In dem südlichen Grubenfelde der Zeche Hilterberg dagegen fielen die Flötze SN., und zwar meistens unter Winkeln von 60 — 800, die nur an wenigen Stellen auf 30 — 40° sanken. Zur Aufklärung sei hier noch bemerkt, dass die Flötze hier an der unteren Grenze des oberen Wealden noch in den Schiefer- thonen liegen, die da aber schon zahlreiche Unionen und Pflanzen- reste führen, und dass ihr unmittelbares Liegendes die hier un- gefähr 50 Meter mächtigen Sandsteine des mittleren Wealden sind *). Um nun festzustellen, ob der geologische Aufbau des Gebirges wirklich, wie es den Anschein hatte, ein synclinaler sei, und ob die Flötze der beiden Grubenfelder im Zusammenhang ständen, wurden in dem Zwischengebiet vier Bohrlöcher angesetzt, deren Lage aus beifolgender Kartenskizze (Taf. XII) ersichtlich ist. Die beiden nördlich gelegenen Bohrlöcher No. II und III er- gaben denn auch noch ein günstiges Resultat, indem in 104 Meter bezw. 319 Meter Tiefe die Flötze angetroflen wurden; gänzlich verändert dagegen wurde das Bild durch die beiden südlich ge- legenen Bohrlöcher No. I und IV, da in keinem von beiden weder Flötze noch die unmittelbar liegenden Schichten derselben, die Hastingssandsteine, gefunden, sondern in unerwartet hohem Niveau schon die älteren Horizonte des Purbeck bez. des weissen Jura erbohrt wurden, wodurch die Hoffnungen auf eine ergiebige Zu- kunft der Gruben zu nichte gemacht waren. Die bei der Bearbeitung dieser Bohrkerne erlangten Resultate ergaben nun manche neue und bemerkenswerthe Aufschlüsse über die Verhältnisse der Wealdenbildung überhaupt, insbesondere aber über deren Altersstellung zum Hils., weshalb eine ausführlichere Besprechung derselben gerechtfertigt erscheinen mag. Durch die Bohrungen wurden folgende Schichtenfolgen fest- gestellt : *) Dötting, Beiträge zur Kenntniss der Geologie der Gegend von Borgloh und Wellingholzhausen. Dieses Jahrb. für 1891, S. 145 — -146. 160 C. Gagel, Beiträge zur Kenntniss des Wealdeu Bohrloch I. Von Tage ab bis 15 Meter Teufe: Diluvialer Lehm mit grani- tischen Geschieben; von 15 — 281,20 Meter dunkelgraue, sehr gleichmässige Schiefer- thone, sehr reich an charakteristischen Versteinerungen des oberen Wealden, insbesondere grossen Cyrenen. Das Einfallen wechselte zwischen 9 und 35° N./S., nur einmal bei 274 Meter betrug es vorübergehend 80°. Bestimmt konnten darin folgende Versteinerungen werden: Cyrena Heysi Dunk., » subcordata Dunk., » caudatä A. Röm., » obtusa A. Röm., » elliptica Dunk., » gibbosa Dunk., » ovalis Dunk., » lato-ovata A. Röm., » venulina Dunk., » majuscula A. Röm., » dorsata Dunk., » sublaevis A. Röm., » cf. angulata A. Röm., » cf. solida Dunk., sowie mehrere Formen, die sich mit Sicherheit auf eine der be- schriebenen Arten nicht beziehen Hessen, ferner: Cyclas Jugleri Dunk., Cyclas cf. Brongniarti K. u. Dunk., Gervillia arenaria A. Röm., Modiola sp., Corbula alata Sow., » inflexa A. Röm., » subquadrata Dunk., » sublaevis A. Röm., Melania strombiformis v. Schloth., Cypris laevigata Dunk., Coprolithen und Fischreste. in der Gegend von Borgloh- Oesede etc. 161 Von 281,20 — 308,50 Meter Wechsellagerung versteinerungsloser, dunkelgrauer Schieferthone , grünlicher Mergel und thoniger Kalksteine, allesammt ausgezeichnet durch starke Gypseinlagerungen und stellenweise penetranten Erdölgeruch; das Einfallen schwankend zwischen 15 — 33°. Von 308,50 — 568,50 Meter Schieferthone mit Einlagerungen von thonigen Kalken, krystallinen Kalkbänken, Mergelschie- fern, Cyrenenbänken und schwachen Sandsteinbänken, von 481 Meter ab stellenweise mit starkem Pyritgehalt, von 493,2 Meter ab auch wieder, wenn auch in geringem Grade, Gyps führend. Das Einfallen (Taf. XIII, Fig. 2) ist bis zu einer Tiefe von ungefähr 390 Meter ein ziemlich regelmässiges, zwischen 15 und 40° schwankend, nur einmal bei 328 Meter tritt ganz vorübergehend eine Störung auf, wobei die Schichten auf dem Kopf stehen. Von 390- — 416 Meter ist das Einfallen steil und sehr schnell wechselnd zwischen 50 und 80°; von 416 Meter ab wird das Einfallen wieder regelmässig, von 15 — 20° bis 25 — 30° schwankend, und zwar jetzt nach NO. An Versteinerungen ist diese Schichtenfolge verhältnissmässig reich, besonders an Cyrenen, wenn auch lange nicht in dem Maasse, wie der obere Wealden, doch sind die meisten Fossilien stark verquetscht oder sonst schlecht erhalten, was besonders von den Exemplaren der Cyrenenbänke gilt. In der oberen pyrit- und gypsfreien Schichtenfolge liessen sich- bestimmen: Cyrena parvirostris A. Röm., » cf. subtransversa A. Röm., » cf. Mantelli Dunk., » cf. obtusa A. Röm., Cyclas Brongniarti K. u. Dunk., » Buchi Dunk., Modiola lithodomus K. u. Dunk., » sP-> Corbula inflexa A. Röm., » sublaevis A. Röm., Jahrbuch 1893. 11 162 G. Gagel, Beiträge zur Kenntniss des Wealden Pisidium cf. pygmaeum K. u. Dunk., » cf. exaratum Dunk., Cypris laevigata Dunk., » oblong a A. Rom., » sp. n. (cf. granulosa Sow.), Paludina sp. und Fischreste. In den tieferen, theilweise Pyrit und Gyps führenden Schichten liessen sich bestimmen: Cyrena lentiformis A. Röm., sehr zahlreich und meistens verkiest; » subtransversa A. Röm., Corbula inflexa A. RÖM., Cypris laevigata Dunk. und in den tiefsten Schichten von 540 Meter an Serpula coacervata Blumenb. Bei 568,50 Meter wurde die Bohrung eingestellt, ohne dass sich eine wesentliche Aenderung im Aussehen der Schichten gezeigt hätte. Bohrloch II. Von Tage ab bis 5,30 Meter Diluviallehm, von 5,30 — 103,70 Meter Scbiefeiihone, 103.70— 104,45 104,45 — 105,50 105,50—111 111 —113,70 113.70— 114 114 Das Einfallen betrug 4 proben ist nichts aufbewahrt, Kohlenflötz, Schieferthon, Sandstein, Schieferthon, Kohlenflötz, Schieferthon. 50 NNO. /SSW. Von den Bohr- Bohrloch III. Von Tage ab bis 7 Meter Diluviallehm mit Geschieben, 7 — 319,25 Meter Schieferthone mit einzelnen Sandsteinbänken Das Einfallen der Schichten erwies sich anfänglich N./S. unter wechselnden Winkeln; von 3 — 5° stieg es in der Gegend von Borgloh-Oesede etc. 163 auf 15 — 16°, um dann wieder auf 8 — 10“ zu fallen; bei 199 Meter betrug es 26° und zwar jetzt SSW./NNO., stieg dann bei 205 Meter bis auf 45°, um dann wieder auf 16 — 18°, iu über 300 Meter Teufe auf 8 — 12° zu fallen. 319,25 — 320 Meter Kohlenflötz, 320 — 323,70 » Schieferthon, 323,70—323,90 » Kohlenflötz, 323,90 — 324,15 » Schieferthon, 324,15 — 324,55 » Kohlenflötz, 324,55 » Schieferthon. Bohrproben sind mit Ausnahme eines Handstücks nicht mehr vorhanden. Bohrloch IV. Von Tage ab bis 11,10 Meter Diluviallehm mit Geschieben und Kreideknollen, von 11 — 77 Meter grauer, sehr sandiger Thon mit Thoneisenstein- bänken und einzelnen Kohlenstückchen, enthaltend zwar nicht zahlreiche, aber unzweifelhafte Hilsversteinerungen wie: Oxynoticeras heteropleurum Neum., Pecten orbicularis A. Röm., Isocardia angulata Phil., Astarte numismalis d’Orb., Thracia sp., Panopaea sp., Pholadomya sp. Zwischen 77 — 78 Meter eine dünne Bank schwarzen Schieferthons mit Cyrena obtusa A. Röm. ; von 78 — 113 Meter sandiger Thon, enthaltend bei 91 Meter: Cypris laevigata Dunk., Corbula alata Sow. ; zwischen 99 u. 112 Meter wieder typische Hilsversteinerungen, wie: Oxynoticeras heteropleurum, Neum., Pecten orbicularis A. Röm., 11 164 C. Gagel, Beiträge Zur Kenntniss des Wealden Cucullaea Cornueliana d’Orb., » sp., » texta A. Röm. , die aus Kimmeridge und Wealden bekannt ist; ein Exemplar. Bei 113,2 Meter eine Bank sandigen Schieferthons mit einer voll- ständigen Mischfauna : Corbula inflexa A. Röm., » alata Sow., Cypris laevigata Dunk., Oxynoticeras heteropleurum Neum. ; von 114 — 115 Meter sandigen Thon, enthaltend bei 114 Meter: Cucullaea Gabrielis d’Orb., » Cornueliana d’Orb., Corbula alata Sow., Cyrena sp., Cypris laevigata Dunk.; bei 114,5 Meter wieder eine reine Wealdenfauna: Corbula inflexa A. Röm., Melania strombiformis v. Schloth. sp., Gervillia arenaria A. Röm., Paludina Römeri Dunk., » acuminata Dunk., bei 114,7 Meter: Cucullaea Gabrielis d’Orb., » sp., von 115 — 115,2 Meter sandigen Schieferthon mit gemischter Fauna, enthaltend : Cyrena Heysi Dunk., » sp. Corbula inflexa A. Röm., Corbula alata Sow., Oxynoticeras heteropleurum Neum., Paludina Römeri Dunk., » acuminata Dunk., Melania strombiformis v. Schloth.; von 115,2 — 289 Meter schwarze Schieferthone mit einer sehr reichen Fauna an typischen Wealden - Petrefacten, ins- in der Gegend von Borgloh-Oesede etc. 165 besondere grossen Cyrenen. Es Hessen sich darin be- stimmen: Cyrena lato-ovata A. Röm., » ovalis Dunk., » elliptica Dunk., » gibbosa Dunk., » orbicularis A. Röm., » subcordata Dunk., » donacina Dunk., » Heysi Dunk., » sp. n. (cf. Heysi Dunk.), » apicina Dunk., » dorsata Dunk., » obtusa A. Röm., » Zimmermanni Dunk., » cf. Murchisoni Dunk., » cf. mactroides A. Röm., » cf. solida Dunk., » cf. caudata A. Röm., » cf. Credneri Dunk., » cf. venulina Dunk., Cyclas Jugleri Dunk., » Brongniarti K. u. Dunk., Pisidium Pfeiferi Dunk., Corbula inflexa A. Röm., » alata Sow., » subquadrata Dunk., » sublaevis A. Röm., Gervillia arenaria A. Röm., Mytilus sp., Melania strombiformis v. Schloth., » cf. rugosa Dunk., » tricarinata Dunk., Paludina Römeri Dunk., Cypris laevigata Dunk., » spinigera Fitton., und Fischreste. 166 C. Gagel, Beiträge zur Kenntniss des Wealden Das Einfallen der Schichten ist bis zu einer Teufe von 270 Meter regelmässig 14 — 18° nach SSW., bei 270 Meter Teufe stellen sich die Schichten auf den Kopf, um dann sehr schnell und unregelmässig den Einfalls- winkel zu wechseln zwischen 12 — 45°. Von 289 — 383 Meter Wechsellagerung von fossilfreien, grauen, grünlichen, stellenweise auch röthlichen Mergeln, Mergel- schiefern, Letten, Gyps und Anhydrit. Die Mächtig- keit des reinen Gypses ist auf mindestens 2 Meter, die des reinen Anhydrits auf über 25 Meter anzuschlagen; ausserdem enthalten die Mergelschichten selbst noch einen starken Gypsgehalt und zeigen stellenweise einen penetranten Erdölgeruch. Das Einfallen der Schichten ist sehr unregelmässig und wechselnd, bei 349 Meter auf 45° nach NO. festgestellt. Von 383 — 428,5 Meter unreine, dunkle Kalke mit sehr spärlichen und schlecht erhaltenen Fossilien. Es fanden sich darin zwischen 383 und 400 Meter: Avicula sp., Pholadomya sp., Trigonia cf. papillata Ag., Exogyra cf. reniformis Goldf. ; bei 403 Meter Gryphaea dilatata Sow., zwischen 404 — 423 Meter: Perisphinctes sp., Avicula sp., Modiola sp., Panopaea sp., Trochus sp., Rhynchonella sp.; bei 426 Meter Goniomya cf. angulifera Ag., » 427 » Avicula echinata Sow. Bei 428,5 Meter wurde die Bohrung eingestellt. Wenn aus obigen Bohrprofilen die Mächtigkeit der durch- sunkeneu Schichten mit Berücksichtigung der Fallwinkel berechnet in der Gegend von Borgloh-Oesede etc. 167 wird, so ergiebt sich daraus (mit der Reserve, dass die Zahlen wegen der mannichfaltigen unregelmässigen Störungen nicht ganz genau, sondern theilweise wahrscheinlich noch etwas zu hoch sind) ür Bohrloch I 240 Meter Wealdenthon, 24 » bunte, fossilfreie, gypsführende Mergel, 235 Schichten mit Petrefacten des mittleren und unteren Wealden (Purbeck); » » II 95 » Wealdenthon, 10 » Flötze und mittlerer Wealden, » » III 290 » W ealdenthon, 5 » Flötze und mittlerer Wealden, » » IV 64 » Hilsthon, 36 Wechsellagerung von Hils und Weal- denthon, 165 » Wealdenthon, 80 » bunte, fossilfreie, gypsführende Mergel, 40 » Juraschichten. Suchen wir nun die gemeinsamen Resultate dieser Bohrpro- file zusammen zu stellen, so ergiebt sich erstens, dass in den 3 Bohrlöchern , die überhaupt grössere Tiefe erreicht haben (I, III, IV), das Einfallen in den oberen Schichten fast recht- winklig entgegengesetzt zu dem der tieferen Schichten ist. Bei Bohrloch III, wo sich die Einfallswinkel ganz allmählich ändern und eine Störung der Schichten nicht beobachtet ist, dürfte sich der Wechsel der Einfallsrichtung wohl am einfachsten durch die Annahme einer Mulde mit schief gestellter Achse erklären lassen, wie es in dem beigefügten Profil (Taf. XIII, Fig. 1 ) geschehen ist. Für die Bohrlöcher I und IV dagegen, wo zwischen der Aende- rung der Fallrichtungen sich sehr erhebliche Störungen, wie zer- knitterte und auf den Kopf gestellte Schichten einstellen, dürfte die Annahme einer grösseren, durchgreifenden Gebirgsstörung bezw. Verwerfung nicht zu umgehen sein, wie sie aus diesem Gebiet durch die Arbeiten von Dütting (Dieses Jahrb. für 1888 und 1891) schon bekannt sind (vergl. besonders 1. c. 1888, S. 15 u. 1891, S. 146). 168 C. Gagel, Beiträge zur Kenntniss des Wealden Auffallend an diesen Bohrlöchern ist ferner die ungewöhnlich mächtige Entwickelung des Wealdenthons. Dunker in seiner Mono- graphie der Wealdenbildungen S. XVII giebt die Mächtigkeit des Wealdenthons als zwischen wenigen bis 300 Fuss schwankend an, Credner (Gliederung der Oberen Juraformation und der Wealden- bildung) zu 60 — 133 Fuss, Struckmann (die Wealdenbildung der Umgegend von Hannover) zu 15 — 80 Meter. Hier beträgt die geringste Mächtigkeit im Bohrloch II schon 90 Meter, um dann über 165 Meter (Bohrloch IV), 240 Meter (Bohrloch I) auf 290 Meter (Bohrloch III) zu steigen, womit die grösste bis dahin in Deutschland beobachtete Mächtigkeit um das 2V2 fache übertroffen und die der mächtigsten englischen Bildungen (1000 Fuss) ungefähr erreicht wird. Das auffallendste und praktisch wichtigste Ergebniss der Boh- rungen ist nun aber das, dass die beiden in dem vermutheten Muldentiefsten angesetzten Bohrlöcher weder die Kohlenflötze noch die das Liegende derselben bildenden Hastingssandsteine angetroffen haben, die wenige hundert Meter nördlich und südlich von ihnen anstehend sind, sondern dass in ihnen unter dem Wealden- thon statt jener reinen Süsswasserbildung bunte, fossilfreie aber Gyps -führende Mergel auftreten, wie sie sonst nur als tiefstes Glied des unteren Wealden (Purbeck) in den Münder Mergeln beobachtet sind. Dass diese bunten Mergel der Bohrlöcher aber nicht den Münder Mergeln, mit denen sie petrographisch die grösste Aehn- lichkeit haben , entsprechen , sondern vielmehr zum mittleren Wealden gehören und als wenigstens theilweises Aequivalent der Hastingssandsteine aufzufassen sind, geht daraus hervor, dass unter ihnen im Bohrloch I noch eine mächtige Schichtenfolge liegt, die noch die typische Fauna des mittleren Wealden und des Serpulits führt. Diese ungefähr 235 Meter mächtige Schichtenfolge, die petro- graphisch im wesentlichen eine einheitliche ist, lässt sich doch bei genauerer Betrachtung noch in zwei Theile sondern. Die erste, 160 Meter mächtige Abtheilung bis zur Teufe von 481 Meter, die frei von Pyrit und Gyps ist, zeigt sich sowohl petrographisch in der Gegend von Borgloh-Oesede etc. 169 wie faunistisch übereinstimmend mit jenen mittleren Wealden- schichten, die nicht als reine Süsswasserbildung, sondern als dem oberen Wealden ähnliche Brackwassersedimente ausgebildet sind. Struckmann beschreibt diese Ausbildung des mittleren Wealden als Wechsellagerung von Schieferthon en, Mergelschiefern und Sandsteinbänken vom östlichen Deister (1. c. S. 30); als »Mergel- schiefer und Schieferthone , die die festen Sandsteine bedeutend überwiegen«, vom Osterwald (1. c. S. 34); als mächtige, dunkel ge- färbte Schiefermassen mit verschiedenen Einlagerungen von Reh- burg (1. c. S. 36). Dunker (1. c. S. XVII) beschreibt ähnliche 300 — 400 F uss mächtige, thonig-kalkige Schiefermassen mit Cypris- und Cyclas- Arten, die den Serpulit überlagern, allerdings ohne genaue Ortsangabe. Aber auch dort, wo der mittlere Wealden hauptsächlich aus Sandsteinen mit Süsswasserfauna besteht, finden sich in ihm mehr oder minder häufige Einlagerungen von Schieferthonen mit ge- mischter oder Brackwasserfauna (Struckmann 1. c. S. 29 und fol- gende). Von der Fauna dieser ganzen Schichtenfolge sind bis jetzt nur Cyrena Mantelli Dunk., Pisidium exaratum Dunk., Pisidium Pfeifen Dunk, und Corbula subquadrata Dunk, nicht im mittleren Wealden, wohl aber sowohl in höheren wie in tieferen Schichten gefunden worden. Sämmtliche anderen Formen sind schon aus mittleren Wealden bekannt und gerade die häufigsten unter ihnen, die mittelgrossen Cyrenen wie Cyrena parvirostris Dunk., Cyrena obtusa A. Röm. sind besonders charakteristisch für den mittleren Wealden. Auch die Mächtigkeit der Bildung würde mit der vom Deister bekannten (160 — 180 Meter) übereinstimmen, sodass ein wesent- licher Einwand gegen die Deutung dieser Schichtenfolge als mitt- lerer Wealden wohl nicht zu erheben sein dürfte. Was nun die darunter folgende, 75 Meter mächtige, theil- weise Pyrit und Gyps führende Schichtenreihe anbetrifft, so dürfte es wohl zweifellos sein, dass diese als Serpulit aufzufassen ist, wenn auch ihre petrographische Ausbildung mit der gewöhnlichen Ausbildungsart dieses Horizontes nicht übereinstimmt und das 170 C. Gagel, Beiträge zur Kenntniss des Wealden eigentliche Leitfossil desselben Serpula coacervata Blumenb. nur in dem untersten Drittel der Schichtenfolge sich nachweisen lässt. Denn gleichzeitig mit dem ersten Auftreten des Pyrits erfolgt das massenweise Erscheinen der kleinen Cyrena lentiformis A. Köm., die bis jetzt nur aus dem Serpulit bekannt ist; Cyrena subtrans- versa A. Röm. ist in dem Serpulit wenigstens häufiger als in dem mittleren und oberen Wealden; Corbula inflexa A. Röm. geht durch die ganze Schichtenfolge vom oberen weissen Jura an und nur Cypris laevigata Dunk, ist bis jetzt noch nicht im Serpulit gefunden. Ganz unbekannt ist übrigens diese Ausbildung des Serpulits doch nicht, denn auch Struckmann (1. c. S. 17) beschreibt die in einer Brunnenbohrung bei Hannover angetroffenen Serpulit- schichten als dunkle, bituminöse, pyrithaltige Thonschiefer und Mergelthone. Auffallend ist somit nur die Mächtigkeit von 75 Meter, denn die grösste bis jetzt in der Litteratur bekannt gegebene Mächtig- keit ist die von Credner (1. c. S. 69) für den Serpulit von Nien- stedt angegebene von 150 Fuss — 44 Meter. Ist nun also die Deutung dieser 7 5 Meter mächtigen Schichten- folge als Serpulit und die der darauf liegenden 160 Meter als mittlerer Wealden richtig, so bleibt für die darüber folgenden, den Wealdenthon unterteufenden, bunten Mergel ebenfalls nur die Deutung als mittlerer Wealden übrig, trotzdem sie in ihrer petrographischen Ausbildung und durch den Mangel an jeglichen Fossilien den sonst bekannten Ausbildungsarten dieses Horizontes so durchaus unähnlich sind. Der mittlere Wealden würde also in dieser Gegend theilweise allein durch bunte , fossilfreie aber Gyps führende Mergel in der Mächtigkeit von ca. 80 Meter ( Bohrloch IV) , theilweise durch bunte Mergel und darunter liegende Schieferthone etc. mit zu- sammen 184 (24 — f— 160) Meter Mächtigkeit (Bohrloch I) reprä- sentirt werden. Es ist sehr zu bedauern, dass das Bohrloch I nicht noch weiter fortgeführt ist und die liegenden Schichten des Serpulit aufgeklärt hat, denn das letzte der Bohrlöcher IV hat auch in in der Gegend yon Borgloh-Oesede etc. 171 dieser Richtung ein bemerkenswerthes und in ähnlicher Weise bisher nur einmal beobachtetes Resultat ergeben, nämlich dass die Wealdenbildung nicht in ununterbrochener Aufeinanderfolge auf den obersten Schichten des Jura liegt, sondern dass da- zwischen eine sehr deutliche Discordanz auftritt. Die hier unter den fossilfreien Mergeln erbohrten dunklen, unreinen Kalkstein- schichten enthielten in den ersten 20 Metern im Ganzen nur etwa ein Dutzend sehr schlecht erhaltener Petrefacte, von denen sich nur zwei mit einiger Sicherheit als Trigonia cf. papillata und Exogyra cf. reniformis Goldf. und zwei andere sicher als Gry- phaea dilatata Sow. bestimmen Hessen. Die nächsten 20 Meter enthielten ebenfalls nur wenige, nicht genauer bestimmbare Fossilien und endlich bei 426 — 427 Meter fanden sich wieder mit einiger Sicherheit als Goniomya cf. angulifera Sow. und Avicula echinata Sow. bestimmbare Petrefacten auf. Diese beiden letzgenannten Formen erweisen die tiefsten er- bohrten Schichten als Zone der Avicula echinata Sow., die darüber liegenden Schichten mit nicht genauer bestimmbaren Fossilien würden also dem Kelloway und den Ornatenthonen entsprechen, die Schichten mit Gryphaea dilatata Sow., Trigonia cf . papillata Ag. und Exogyra cf. reniformis Goldf. , den Heersumer Schichten und dem Korallenoolith, denn höher hinauf sind diese Formen nicht bekannt. Für alle über dem Korallenoolith liegenden Hori- zonte fehlt jeder Anhalt, insbesondere ist von der ganzen reichen Fauna des Kimmeridge, speciell der Exogyra virgula Defr. keine Spur vorhanden und ebenso fehlen •hier die Portlandbildungen, Münder Mergel und der Serpulit. Es ist also hier eine ganz erhebliche Discordanz zwischen Jura und Wealden vorhanden, wie sie ähnlich nur in noch grösserem Ausmaasse schon früher einmal von Denckmann aus der Gegend von Sehnde beschrieben ist (Neues Jahrb. 1890, Bd. II, S. 97). Aber auch noch in einer anderen Beziehung weist dieses Bohrloch IV eine Uebereinstimmung mit jenem Profil von Sehnde auf, indem es nämlich in unübertrefflich schöner Weise den ganz allmählichen Uebergang des Wealden in den Hils und 172 C. Gagel, Beiträge zur Kenntniss des Wealden die ausserordentlich enge Verknüpfung beider Bildungen darthut und damit einen neuen und nun vollständig schliessenden Beweis für die STROMBECK’sche Hypothese der Zugehörigkeit des Wealden zur Kreideformation bietet. Wenn man das vorhin mitgetheilte Profil in der Teufe von 77 — 115,2 Meter betrachtet mit seiner wiederholten Wechsellage- rung von Sedimenten, die zum Theil typische Hilsfauna, z. Th. ebenso reine Wealdenfauna und endlich vollständig gemischte Fauna führen — von deren Bestandtheilen aber nichts etwa auf seeundärer Lagerstätte ruht — so ist es doch unzweifelhaft, dass hier eine lückenlose Aufeinanderfolge der einzelnen Bildungen vorliegt und dass zu der Zeit, als hier die oberen Wealdenbil- dungen abgesetzt wurden, im offenen Meere schon die typische Hilsfauna lebte, die gelegentlich Einwanderer in dies Gebiet schickte (bei 115 — 115,2 Meter, 114,7 Meter, 114 Meter, 113,2 Meter), es auf kurze Zeit auch wohl ganz eroberte (zwischen 99 und 112 Meter), dann aber auch wieder zeitweise und z. Th. voll- ständig weichen musste (bei 114,5 Meter und zwischen 77 und 78 Meter), bis sie das Terrain endgültig behauptete. Dass eine Bildung, die in so innigen Wechselbeziehungen zu einem unzweifelhaften — und nicht einmal dem tiefsten — Kreidehorizont steht, nicht zum Jura gerechnet werden kann, ist doch wohl evident. Der eifrigste Vertheidiger der Zugehörigkeit des Wealden zum Jura — Struckmann — stützt sich bei seiner Beweisführung wesentlich auf zwei Punkte, erstens auf den ganz allmählichen Uebergang, der faunistisch und stratigraphisch zwischen den Bil- dungen des oberen Jura und den Wealdenbildungen stattfindet und der sich in der Gemeinsamkeit einer grossen Anzahl von Petrefacten in beiden Bildungen und in der lückenlosen Aufein- anderfolge derselben ausdrückt, und zweitens darauf, dass der Hils zwar concordant, aber petrographisch deutlich geschieden auf dem Wealden aufliegt und kein einziges Fossil mit ihm gemein- sam hat. Diese beiden Beweisgründe sind aber, abgesehen davon, dass iü der Gegend von Borgloh-Oesede etc. 173 beide nicht ausnahmslos zutreffen, durchaus nicht geeignet, die Streitfrage wirklich zu entscheiden. Was zuerst die lückenlose Aufeinanderfolge von Jura und Wealden betrifft, so ist, wie erwähnt, schon früher von Denck- mann und jetzt durch das vierte der Borgloher Bohrlöcher constatirt, dass es Wealdenbildungen giebt, die nicht concordant auf den höchsten Jurahorizonten, sondern mit sehr deutlicher Dis- cordanz auf tieferen Schichten des weissen oder gar auf unterem braunen Jura (Zone des Inoceramus polyplocus) liegen, wenn auch allerdings in der Mehrzahl der beobachteten Fälle eine lücken- lose Aufeinanderfolge stattfindet. Diese, verbunden mit der ganz allmählichen Aussüssung der betreffenden Meerestheile lässt es nun nicht weiter wunderbar erscheinen, dass die Fauna sich gleich- falls ganz allmählich änderte, und dass eine beträchtliche Anzahl von Formen des oberen Jura, die sich den veränderten Lebens- bedingungen anpassen konnten , sich unverändert bis in die W ealdenschichten erhielt. Aus diesen Formen aber einen Schluss auf die Zugehörig- keit des Wealden zum Jura zu machen, ist deswegen gänzlich unstatthaft, weil es sämmtlich ganz indifferente, schon im Jura durch mehrere Horizonte hindurch lebende Lamellibranchiaten sind, die zu einer scharfen Altersbestimmung untauglich sind. Solche Formen können sich in derartigen, vom offenen Meere mehr oder minder abgeschlossenen Lagunen unter gleichmässigen Lebensbedingungen natürlich noch lange erhalten, wenn auf der hohen See die ursprünglich mit ihnen zusammenlebenden Formen schon längst ausgestorben und durch andere verdrängt sind. Von den hochmarinen Cephalopodenfaunen aber, auf deren Auftreten und Verschwinden doch die ganze Abgrenzung und Gliederung von Jura und Kreideformation begründet ist, findet sich in den ganzen Wealdenbildungen mit Ausnahme der soeben beschriebenen und einiger anderer Stellen in den oberen Grenzschichten des Wealden, auf die sofort noch näher eingegangen werden soll, nicht eine Spur. Diese wenigen in den oberen Grenzschichten des Wealden gefundenen Cephalopoden sind aber Leitformen der 174 C. Gagel, Beiträge zur Kenntniss des "Wealden Kreideformation; — Oxynoticeras heteropleurum Neum. und Belemnites subquadratus A. Röm. 1). Dass der von Struckmann zur Vervollständigung seines Be- weises herangezogene jurassische Charakter der Wealdenflora (1. c. S. 111) nichts für die Altersstellung des Wealden beweist, braucht wohl kaum des Besonderen hervorgehoben zu werden, denn dass eine Landflora bei einer auf das Auftreten und Ver- schwinden von hochmarinen Thieren begründeten Formations- gliederung noch weniger entscheiden kann als die indifferenten Mollusken isolirter Lagunen, ist doch wohl evident. Was nun den zweiten Theil des STRUCKMANN’schen Beweises anbetrifft, die Thatsache, dass die Faunen der Hils- und Wealden- bildungen keine einzige gemeinsame Form aufweisen, so beweist das ebenfalls nichts, denn einem so schroffen Facies Wechsel, wie er sich im Allgemeinen auf der Grenze von Hils und Wealden, also zwischen den Niederschlägen des offenen Meeres und ganz schwach salziger Brackwässer einstellt, können die wenigsten Thierformen widerstehen, und dass so schroff verschiedene Facies desselben Alters gänzlich verschiedene Faunen führen, ist schon häufiger beobachtet, ohne dass man deswegen solche Bildungen auseinanderreisst und auf zwei verschiedene Formationen ver- theilt. Aber Struckmann weist nicht nur darauf hin, dass Hils und Wealden keine Art in ihren Faunen gemeinsam haben, er be- streitet auch die ununterbrochene Aufeinanderfolge beider Bil- dungen, trotzdem er die concordante Ueberlagerung zugiebt und behauptet ausdrücklich, dass zu den Zeiten, als sich der Wealden- thon absetzte, anderweits noch ein Jurameer bestanden haben müsste, aus dem die jurassischen Pelecypoden in den Wealden einwandern konnten. Er sagt ganz richtig, dass, wenn die Hils- bildungen wirklich zeitlich unmittelbar auf den Wealden gefolgt wären, sich an der Grenze beider eine Mischfauna finden müsste, bestreitet aber auf das Entschiedenste das Vorhandensein dieser l) und. Oleostephanus marginatus (Phill.) A. Röm. siehe Anmerkung der fol- genden Seite. in der Gegend von Borgloh-Oesede etc. 175 Mischfauna *). Hierbei, allerdings dem punctum saliens der ganzen Sache, setzt er sich aber in offenen Widerspruch mit schon be- kannten Thatsachen. Schon Dunker in seiner Monographie der norddeutschen Wealdenbildungen S. XX erwähnt, dass am Osterwalde deutliche Uebergänge der Wealdenbildungen in die Kreideschichten auf- treten, was aus dem gemischten Vorkommen von Meeres- und Süsswassermollusken an der Grenze zu den Kreidebildungen her- vorginge 2). Dann gab H. Römer in seiner Beschreibung des Profils von Sehnde (Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. 1874, Bd. 26, S. 345) an, dass er dort in petrographisch nicht zu unterscheidenden Ge- steinen Wealden- und Hilspetrefacten gefunden hätte. Struck- mann hat später (Neues Jahrb. 1891, Bd. I, S. 117) bei Be- sprechung dieses Profils erklärt, er hätte das nicht gefunden bezw. er könnte die Gesteine unterscheiden und hat sich damit über die Sache hinweggesetzt. Abgesehen davon, dass damals die be- treffenden Schichten nicht mehr aufgeschlossen gewesen zu sein scheinen, ist damit doch die Angabe eines Mannes wie H. Römer nicht aus der Welt geschafft3). Ebenso haben später Seebach (Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. 1871, S. 777) und Böhm (Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. 1877, S. 224) aus den Grenzschichten von *) Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. 1884, S. 59. — Dieses Jahrb. für 1889, S. 66 u. 69. 2) Für diese zwar noch nie bestrittene, aber wie es scheint in Vergessenheit gekommene Angabe habe ich nach Abschluss dieser Arbeit noch eine' uner- wartete Bestätigung gefunden. In den Sammlungen der König!, preuss. geol. Landesanstalt fand sich eine aus der ScHLÖNBAcröschen Sammlung herstammende Reihe von Versteinerungen aus dem Wealden des Osterwaldes, die neben ver- schiedenen Cyrenen noch Pisidium exaratum Dunic. und zwei kleine Ammoniten enthält. Diese stimmen, wie ich durch Vergleichung mit dem von Nf.umayb und Uhlig beschriebenen (Palaeontographica Bd. 27, S. 157, Taf. 29, Fig. 2), jetzt im naturhistorischen Museum der Universität Berlin aufbewahrten Original des Olcostephanus marginatus (Phill.) A. Röm. feststellen konnte, mit dieser Form so genau überein, wie es in Anbetracht des Altersunterschiedes der Stücke nur möglich ist, so dass an einer Identität der Formen nicht zu zweifeln sein dürfte. s) Bei dieser Gelegenheit sei noch auf einen anderen Punkt dieser SiKucKMANN’schen Arbeit hingewiesen. In seiner Polemik gegen die von Denck- mann aus stratigraphischen Gründen verfochtene Zugehörigkeit der Sehnder 176 C. Gagel, Beiträge zur Kenntniss des Wealden Ilils und Wealden in der Hilsmulde das Zusammenvorkommen von Belemnites subquadratus A. Röm. mit Unionen und Paludinen beschrieben. Dazu behauptet Struckmann (Dieses J ahrb. für 1 889, S. 69), diese Thatsachen ständen nicht unzweifelhaft fest, die Versteinerungen könnten nicht aus anstehenden, sondern aus zu- sammengeschwemmten Schichten gesammelt sein, Böhm hätte sich nicht mit voller Bestimmtheit ausgesprochen. Ich glaube kaum, dass ein unbefangener Leser der betreffen- den Stelle Struckmann’s Ansicht darüber theilen wird; — mag dem aber nun sein, wie ihm wolle, in diesem Borgloher Bohr- loch IV ist die Wechsellagerung von Hils und Wealdenbildungen, sowie das Auftreten von Schichten mit vollständiger Mischfauna, darunter Oxynoticeras heteropleurum Neum. , so unzweifelhaft und an der Hand der vorhandenen Bohrkerne zu beweisen, dass da- mit dieser Einwand von Struckmann definitiv beseitigt ist. Es hätte aber selbst dieses Beweises nicht bedurft, um die Unhaltbarkeit der STRüCKMANN’schen Ansicht darzuthun, denn Struckmann giebt selbst die concordante Ueberlagerung der Wealdenbildungen durch den Hils zu. Wäre wirklich, wie Struckmann sich das denkt, nach der Ablagerung des Wealden ein längerer Zeitraum verflossen, in dem für das betreffende Gebiet eine Festlandsperiode eintrat, Wealdenbildungen zur Kreide behauptet Struckmann im Gegentheil das jurassische Alter dieser Schichten aus ihrer Wechsel lagerung mit »unzweifelhaften Jura- schichten* naehweisen zu können (1. c. S. 127). Unter diesen »unzweifelhaften Juraschichten« können nur seine »marinen Schichten« 9, 10 und 13 verstanden sein. Yon diesen führt Schicht 9 Ostrea distorta und Exogyra bulla , wie Struck- mann vorher selbst zugiebt, Charakterformen des englischen Purbeck. Schicht 10 (1. c. S. 123) enthält neben sieben vom Kimmeridge bis zum Portland bekannten Formen ( Ostrea rugosa, Anomia jurensis , Mytilus autissiodorensis , Anisocar dia Legayi , Oyprina Brongniarti, Cyrena rugosa und Neritoma sinuosa ) noch Cyrena subtransversa , Cyrena tenuis , Cyrena angulata, Mytilus membranaceus , Melania strombiformis (häufig), Gervillia arenaria, alles Arten, die, mit Ausnahme der letzten, nur aus Wealdenschichten bekannt sind, während die letztere von Wealdenthon bis zum oberen Kimmeridge vorkommt. Schichten mit einer derartigen Fauna können doch wohl nicht gut »un- zweifelhafte Juraschichten« genannt und als Beweise für die vorliegende Frage gebraucht werden. in der Gegend von Borgloh-Oesede etc. 177 (Dieses Jahrb. für 1889, S. 70), so hätte doch die während dieser Festlandsperiode stattfindende Denudation, sowie die beim Hereinbruch des Hilsmeeres eintretende Abrasion der trockenge- legten Wealdenschichten eine merkbare Discordanz hervorbringen müssen, von der aber nirgends eine Spur beobachtet ist, — im Gegentheil wird von allen Seiten und auch von StruckmaNN selbst die vollständige Concordanz beider Bildungen besonders hervorgehoben. Weshalb an der Grenze beider Bildungen also augenscheinlich so selten Schichten mit einer Mischfauna auftreten und ob dieses seltene Auftreten der Mischfauna in der That der Fall und nicht nur ein Mangel der Beobachtung ist, lässt sich heute natürlich nicht entscheiden — dass solche Mischfauna und Wechsellage- rungen der Schichten in Deutschland aber überhaupt auftreten, steht jetzt jedenfalls zweifellos fest und damit ist der letzte von Struckmann geforderte Beweis für die Zugehörigkeit des Wealden zur Kreideformation erbracht 1). Ist nun so die Gleichaltrigkeit des Wealdenthons mit dem Hilsthon festgestellt, so fragt sich nur noch, welche von den tiefer liegenden Schichten ebenfalls noch zur Kreideformation zu ziehen sind. Es fehlen nun noch die Aequivalente für die tiefsten Kreide- horizonte, die in Norddeutschland zum Theil durch die tieferen Schichten des Hilsconglomerates, zum Theil überhaupt nicht ver- x) Um noch einer eventuellen Wiederholung des Einwandes zu begegnen, mit dem Struckmann die in England beobachtete Wechsellagerung der Schichten des Wealdclay mit solchen des lower greensand als nicht für den Wealden im Allgemeinen beweiskräftig sich zu erweisen bemüht, nämlich dass der obere Wealden in England sehr viel mächtiger entwickelt sei als in Deutschland, dass also die in Wechsellagerung mit dem lower greensand gefundenen Schichten er- heblich jünger sein könnten als der deutsche Wealdenthon, möchte ich noch einmal besonders darauf hinweisen, dass erstens das Bohrloch III ebenfalls eine Mächtigkeit von 290 Meter für den Wealdenthon ergeben hat und zwar ohne bemerkenswerthe Störung der Schichten, so dass hier also die mächtigste englische Entwickelung vollkommen erreicht wird und zweitens, dass die bei Borgloh beobachtete Wechsellagerung sich nicht etwa an dieser Stelle der grössten Mäch- tigkeit, sondern an einem Punkte findet, wo der Wealdenthon nur 165 Meter mächtig ist. Jahrbuch 12 178 C. Gagel, Beiträge zur Kenntniss des Wealden treten sind (Zonen des Belemnites latus und des Iloplites priva- vensis und occitannicus'). Von den leitenden Cephalopodenformen oder sonstigen cha- rakteristischen Arten findet sich keine Spur in den tieferen Weal- denbildungen , eine absolut sichere und genaue Identificirung ist also nicht möglich. Das Auskunftsmittel, auf das Denckmann (Neues Jahrb. 1890, Bd. II, S. 97 und 1891, Bd. II, S. 105) hin- gewiesen hat, in strittigen Fällen die Grenze dahin zu legen, wo durch das Auftreten von Abrasionsdiscordanzen sich das Eintreten von grossen Veränderungen der physikalischen Verhältnisse be- merkbar macht, mit denen die Veränderung der marinen Faunen wahrscheinlich in ursächlichem Zusammenhang gestanden hat, hilft im vorliegenden Falle auch nicht viel, da, wie schon erwähnt, die Discordanz bis jetzt nur an zwei Stellen beobachtet ist, wo die nach Eintreten derselben abgesetzten Schichten mit der typischen Ausbildung der Wealdenformation so wenig Aehnlichkeit haben, dass die Discordanz hier nur den allgemeinen Beweis der Zu- gehörigkeit des Wealden zur Kreide verstärkt, für die Abgrenzung der typischen Wealdenbildungen aber kein Hülfsmittel bietet. In den meisten Fällen hat, worauf stets nachdrücklich hingewiesen zu haben, das Verdienst Struckmann’s ist, ein so allmählicher und lückenloser Uebergang zwischen den Jura- und Wealden- schichten stattgefunden, dass der Zusammenhang der einzelnen Schichten ein sehr inniger und dass also eine ganz natürliche Grenze überhaupt nicht zu ziehen ist, weil eine solche natürliche Grenze immer schnell eintretende physikalische Veränderungen als Grund voraussetzt, für die sich hier eben kaum ein Anhaltspunkt findet. Dass also ein aus systematischen Gründen vorzunehmender Schnitt in solchem Falle nicht allen Beziehungen gerecht werden kann, ist evident; man muss ihn denn aber doch so legen, dass er den natürlichen Verhältnissen am wenigsten widerspricht. Sehen wir daraufhin die Folge der Sedimente durch, so finden wir, dass der mittlere Wealden (Hastingssandstein) zum Wealdenthon und der Serpulit zum mittleren Wealden so enge Beziehungen haben, dass hier die Grenze mit kaum grösserer Be- in der Gegend von Borgloh-Oesede etc. 179 rechtigung als oberhalb des Wealdenthons gezogen werden kann. Die bis jetzt bekannte äusserst spärliche Fauna der Münder Mergel besteht aus zwei Formen Corbula alata Sow. und Corbula inflexa A. Röm., die aus dem oberen Jura bis in den Wealdenthon reichen, und zwei anderen — Littorinella Schusteri Dunk, und Gyrena sub- transversa A. Röm. — die nur noch aus den hangenden Schichten bekannt sind; sie schliesst sich mithin ebenfalls enger an den Wealden als an den Jura an. Andererseits beweist die Ablagerung dieser mächtigen, so gut wie fossilfreien Sedimente, die von Schichten mit verhältnissmässig reichen Faunen überlagert und unterteuft werden, dass zu dieser Zeit immerhin eine Veränderung der physikalischen Verhältnisse stattgefunden haben muss, was sich auch darin ausspricht, dass, wenn auch eine Zahl von Jurafossilien diese Periode überdauert und in den hangenden Schichten wieder auftritt, doch auch eine recht erhebliche Anzahl von Formen des oberen Jura die Grenze der Plattenkalke zu den Münder Mergeln nicht überschreitet, sondern hier ausstirbt, so dass die Plattenkalke selbst wieder viel ausgeprägtere Beziehungen zu den Schichten des oberen Jura als zu den Wealdenbildungen aufweisen (Struckmann, Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. 1887, S. 35). Es bleibt also als natürlichste, den thatsächlichen Verhält- nissen am wenigsten widersprechende Grenze zwischen Jura und Kreide die obere Grenze der Eimbeckhäuser Plattenkalke be- stehen, so dass die Purbeckschichten (Münder Mergel und Serpulit) als unterstes Glied dem Wealden und dieser als Ganzes der Kreideformation zuzurechnen ist. 12! Die baltische Endmoräne in der Neumark und im südlichen Hinterpommern. Yon Herrn Konrad Keilhack in Berlin. (Hierzu Tafel XI Y.) Durch eine in nächster Zeit bevorstehende Veröffentlichung von Gottscfie über die Endmoräne in Schleswig-Holstein1), durch die soeben erschienene Uebersichtskarte derjenigen Mecklenburgs von Geinitz 2) und durch die in diesem Jahrbuche veröffentlichten Arbeiten von Berendt und Wahnschaffe 3) über die uckermärki- schen, von mir4) über die hinterpommerschen Endmoränenzüge ist der Verlauf der Hauptendmoräne Norddeutschlands von der dänischen Grenze bis zur Weichsel, d. h. in einer Länge von insgesammt 1000 Kilometer bekannt gegeben. Nur eine grössere b Vortrag darüber in Goslar im August 1893 gehalten. Siehe Protokoll- notiz in Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. 1893, S. 540. 2) E. Geinitz, Die Endmoränen Mecklenburgs. Mitth. aus der Grossherz. Meckl. Geol. Landesanstalt IV. 4°. Rostock 1894. Mit Karte. 3) G. Berendt und F. Wahnschaffe, Ergebnisse eines geologischen Aus- fluges durch die Uckermark und Mecklenburg- Strelitz. Dieses Jahrb. für 1887, S. 363—371. G. Berendt, Die beiderseitige Fortsetzung der südlichen baltischen End- moräne. Dieses Jahrb. für 1888, S. 110 — 122. 4) K. Keilhack, Der baltische Höhenrücken in Hinterpommern und West- preussen. Dieses Jahrb. für 1889, S. 149 — 214 und Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. 1889, S. 156. Konrad Keilhack, Die baltische Endmoräne in der Neumark etc. 181 Lücke findet sich noch in dem Gebiete zwischen der Oder und der Gegend von Dramburg im südlichen Hinterpommern, eine Lücke, die ungefähr eine Länge von 150 Kilometer besetzt. Auf mehreren Reisen in den Jahren 1890, 91 und 92, sowie' bei Gelegenheit der Begehung der Bahnlinien Stargard-Callies und Arnswalde- Callies im Frühjahr dieses Jahres (1894) habe ich auch diese Lücke grösstentheils ausfüllen können und glaube zur Ergänzung jenes Moränenzuges zu einem geschlossenen Ganzen mit einer genaueren Veröffentlichung meiner Beobachtungen nicht mehr zögern zu sollen. Das zwischen Dramburg und Soldin gelegene Stück der End- moräne (100 Kilometer) habe ich allein kartirt; die Beobachtungen zwischen Soldin und Vietnitz an der Stettin-Ciistriner Bahn würden auf einer gemeinschaftlichen Reise mit Herrn Dr. Schröder ge- macht; und die Mittheilungen über die Endmoränen zwischen Vietnitz und dem Oderthaie verdanke ich Herrn Dr. Schröder, der mir freundlichst gestattete, über dieselben im Anschluss an meine eigenen Beobachtungen zu berichten. In der Eingangs angeführten Arbeit habe ich den Verlauf der hinterpommerschen Endmoräne eingehend bis Dramburg be- schrieben und in einer Schlussbemerkung, die ich während des Druckes noch hinzufügen konnte, den weiteren Verlauf der- selben bis in die Gegend von Soldin kurz skizzirt. Ich knüpfe die genauere Beschreibung an derselben Stelle an. Die Stadt Dramburg liegt in einer flachen von der Drage durchflossenen Sandebene. Nördlich, nordwestlich und westlich von der Stadt grenzt dieser als Sandr aufzufassende Sandcomplex an typische Moränenlandschaft, aber der äussere Rand derselben ist hier nicht als Endmoräne entwickelt. Von der Südseite des Sarranzig-Sees bis nach Janikow, wo eine mächtige Sandmasse den verschütteten, einst nach S. gerichteten Abfluss des Rosen- felder und Sabitz-Sees anzuzeigen scheint, wurden trotz der all- gemeinen Lehmbedeckung nirgends nennenswerthe Geschiebean- häufungen beobachtet. Erst zwischen Bernsdorf und Janikow setzt die Endmoräne mit Kieskuppen und ungeheuren Steinhaufen auf den Feldern wieder ein, aber nur, um alsbald über die Golzer pnd Gienower Mühle, über Henkenhagen und den Schlossberg 182 Konrad Keilhack, Die baltische Endmoräne in der Neumark auf die zwischen dem Rosenfelder See und der Eisenbahn liegen- den Höhen nach Nordwest zurückzubiegen. Der Gegenflügel dieser Zurückbuchtung beginnt wahrscheinlich schon in den hohen Kuppen des Wangeriner Stadtwaldes, wurde aber erst von der Kreisgrenze bei Karlsthal an wieder beobachtet, wo die End- moräne bereits ihre alte Richtung NO. — SW. wieder angenommen hat. Hier beginnt ein ganz schmaler, hoher, wohl entwickelter Endmoränenkamm von gradezu typischer Beschaffenheit, der genau auf der Grenze zwischen der fruchtbaren, mit Laubwald be- standenen und mit zahlreichen Gehöften bedeckten lehmigen Moränenlandschaft und der spärlich bewohnten, nur Nadelwald tragenden Sandebene liegt. Dieses Verhältniss bleibt nun auf mehr als 3 Meilen Länge; auf den beiden Messtischblättern Nörenberg und Gr. Mellen kann man mit einem Blicke auf’s Beste diese beiden total verschiedenen Landschaftsformen erkennen und unterscheiden. Der Endmoränenkamm zieht sich als solcher von dem südöstlichsten Carlsthaler Gehöft an um die Südseite des an den Grossen und Kleinen Rothsee sich anschliessenden Moores herum. Hier setzt sie ab, und ihre Fortsetzung liegt im Walde nördlich des Gr. Rothsees, von wo sie in Form einer Reihe von Steinkuppen, die durch geschiebebedeckte Grundmoräne verbunden sind, ungefähr der Chaussee folgend, sich auf den Pietschen See zu zieht. Auf der Westseite desselben beginnt ein ganz prächtiger, schmaler, aus Geschiebepackung gebildeter Kamm, der 1,5 Kilometer weit bis zum östlichsten Punkte des Drenzig-Sees reicht. Nun folgt in der Endmoräne eine 1,5 Kilometer lange Lücke, in welcher der nach Osten hin einfach gestaltete, nach Westen hin mit 5 tiefen Buchten in’s Land eingreifende Enzig-See, ein typischer Grundmoränensee, liegt. Von ihm aus läuft eine alte Schmelz- wasserrinne, in welcher eine Reihe von Seen liegen, nach Osten, vereinigt sich in 15 Kilometer Entfernung bei Welschenburg mit einer zweiten, aus der Henkenhagen-Ginower Einbuchtung der Endmoräne von NW. herkommenden Rinne und läuft mit dieser zusammen in die Rinne des Grossen Lübbesees. S. von Nörenberg nimmt die Endmoräne eine fast genau und im südlichen Hinterpommern. 183 nordsüdliche Richtung mit ganz flacher Ausbiegung nach Osten an, die sie auf eine Länge von 45 Kilometer bis zu der an der Stargard - Kreuzer Eisenbahn liegenden Bahnstation Augustwalde beibehält. Die nördliche Hälfte dieses Endmoränenstückes besitzt folgenden Charakter: die Moränenlandschaft wird von W. nach O. immer bewegter und steigt höher und höher hinan. Ihr östlicher Rand wird in einer Breite von 500 — 1000 Meter von sehr grossen Mengen grosser und kleiner Geschiebe bedeckt, zwischen denen eine Anzahl ganz und gar aus Blockpackung bestehender Kuppen liegen. Unterbrechungen der Endmoränen lassen sich nur da beobachten, wo Seen liegen (Nethstubben- , Cremminer und Gr. Kirttkow-See). Der genaue Verlauf der Endmoräne ist folgender: sie beginnt unmittelbar S. von Nörenberg, bildet die Halbinsel im Nethstubben- See, läuft am O.- Rande der Kremminer Forst auf den Kremminer See zu und verläuft nun vom O. -Rande des letzteren über Vorwerk Karlsruhe, zwischen Gr. Silber und Kl. Spiegel über den 145 Meter hohen Luftberg, dann nach Osten ausbiegend über Vorwerk Kreuz auf Nantikow zu. Schon vor diesem Orte aber hört sie mitten im Felde mit einigen kleinen Steinkuppen und zusammengelesenen Steinhaufen auf, und ihre Fortsetzung bis Augustwalde kann man nur an einzelnen, meist ungefähr auf der Grenze zwischen Lehm- und Sandgebiet liegen- den Steinkuppen erkennen. Zweifellos wird die Zahl derselben, da sie häufig in kleinen Wäldchen oder mitten im Felde zerstreut liegen, bei der speciellen geologischen Kartirung sich noch wesent- lich grösser erweisen, als sie nach den Beobachtungen einer ein- maligen Begehung des Gebietes jetzt angegeben werden kann. Die beobachteten Punkte liegen: am Südwestrande des Schleussenbruches zwischen Kratznick und Buchholz; südlich und südwestlich von Cölpin in der Nähe der Eisenbahn; zwischen Rohrbeck und Selnow; westlich und südlich von Plagow; in der Nähe des Bahnhofes Augustwalde. 184 Konrad Keilhack, Die baltische Endmoräne in der Neumark Bei Augustwalde ändert die Endmoräne ihre Richtung, indem sie nach Westsüdwest umbiegt; diesen Verlauf behält sie bis Schöneberg, d. h. auf eine Länge von 45 Kilometer bei. Die beobachteten Stücke dieses Theiles der Endmoräne be- ginnen in der Arnswalder Stadtforst zwischen Sch wachen walde und Gerzlow und zwischen Gerzlow und Kriening; letzteres Stück bildet einen nach S. convexen Bogen mit vortrefflichen Kuppen aus Steinpackung, die besonders hart am Dorfe Kriening sehr gehäuft sind. Nach einer Unterbrechung durch den grossen Puls-See, eine Austrittsstelle der Schmelzwasser, durch welche die südlich ge- legenen Rinnenseen gebildet wurden , folgt die Fortsetzung der Endmoräne N. von Hasselbusch und lässt sich über Herzfelde, Amalienhof und Oberförsterei Neuhaus bis zu den sogenannten Plönequellen verfolgen. Dann kommt wieder eine Unterbrechung, in welcher der Berlinchener See mit zwei nach S. gerichteten Ab- flussrinnen liegt; jedoch liegen auch im Walde S. vom See einige kleine Steinkuppen. Vom Tobelhof setzt die Endmoräne in Form von Geschiebeschüttung der oft sehr sandigen Oberfläche sich fort über Forsthaus Kerngrund in der Richtung nach Kienitz. Nach der Lücke, in welcher der grosse Karziger See liegt, folgt die durch eine Reihe von Steinkuppen bezeichnete Fort- setzung der Endmoräne S. vom Zumbolt-See und geht, nördlich an Hollin und südlich am Faulen See vorbei mitten in das Dorf Schöneberg. Hier beginnt abermals eine Veränderung der Richtung: die Endmoräne verlauft von Schöneberg bis an das Oderthal in einer Länge von 50 Kilometer in fast ostwestlicher Richtung. Von diesem ganzen Zuge sind die ersten und die letzten 7 Kilometer ausgezeichnet entwickelt, während auf der langen Zwischenstrecke nur vereinzelte Punkte den Verlauf der Endmoräne andeuten. Die ersten 7 Kilometer, die zwischen Schöneberg und dem von Mietzelfelde nach Staffelde führenden Wege liegen, bilden be- sonders im mittleren Theile einen scharf hervortretenden, mit ungeheuren Grand- und Steinmassen bedeckten und z. Th. aus demselben Materiale bestehenden Rücken, von dem aus man einen und im südlichen Hinterpommern. 185 weiten Blick über die südlich vorliegenden ebenen Sandflächen hat. Es folgt nunmehr südlich vom Soldiner See wieder eine Lücke in der Endmoräne. Der nächste beobachtete Punkt bei der Haltestelle Rostin ist von Läufer *) aufgefunden und das während des Bahnbaues aufgeschlossene Profil von ihm zwar falsch gedeutet, aber ausgezeichnet in Fig. 7 auf Taf. XVI der ange- gebenen Arbeit abgebildet. Nach mündlicher Mittheilung des Besitzers des Gutes Rostin ist der südliche Rand seines Lehm- ackers durch das Auftreten sehr grosser Steinmengen ausgezeichnet; vermuthlich fällt der Rostiner Fuchsberg in die Endmoräne hinein. Nach abermaliger Lücke folgen Geschiebeanhäufungen bei Pinnow und im Zernikower Walde, die sich bei genauerer Unter- suchung wahrscheinlich als durch viele Zwischenpunkte verbunden erweisen worden, und dann das Beschüttungsgebiet zwischen Pätzig und Wartenberg, sowie die blockreichen Endmoränen dicht bei dem Gute Hohen -Wartenberg. Bei dem jetzt verschwundenen Pätziger Vorwerke Brewitz sahen wir hart am Wege eine End- moränenkuppe, die zur Hälfte abgebaut war und im Querschnitt prächtig die regellose Blockpackung des ganzen Hügels erkennen liess. Das Gebiet südlich vom Gellmer See ist mit grossen Geschiebemassen wie übersät, unter denen sich sehr zahlreiche rothe, versteinerungsreiche Kalksteine befinden. Zwischen Hohenwartenberg und Mohrin ist zwar die Grenze der Endmoränenlandschaft gegen das vorlagernde Sandgebiet sehr scharf, aber nicht durch nennenswerthe Geschiebemassen als End- moräne charakterisirt. Dieser Rand verläuft in einem flachen Bogen über Beigen, Gossow und Charlottenhof auf die Südspitze des Mohriner Sees zu. Bei Beigen steht rechtwinklich zu diesem Rande ein Trockenthal, durch welches die Wasser des heute nach N. abfliessenden Belgen-Sees einst nach S. ihren Weg nahmen. Bei Mohrin beginnt das letzte Stück der neumärkischen End- moräne, welches südlich an Gr. Wubiser und Dürren -Selchow vorbei auf Karlstein zuläuft und dort, nur noch 2,5 Kilometer b E. Läufer, Aufschlüsse in den Einschnitten der Stargard-Küstriner-Eisen- bahn. Dieses Jahrb. für 1881, S. 523 — 534. 186 Konrad Keilhack, Die baltische Endmoräne in der Neumark etc. vom Rande des Oderthals entfernt, endigt. In diesem letzten Theile ist die Endmoräne, besonders bei Karlstein und Dürren- Selchow, wieder sehr gut als Kamm ausgebildet, der aus mächtigen Blockpackungen besteht, die gradeso wie auf der andern Seite des Odertbales zur Steingewinnung ausgebeutet werden. Fast das ganze neubeschriebene Stück Endmoräne, nämlich der 140 Kilometer lange Theil von Zehden bis Nörenberg, gehört einem einzigen ungeheuren Bogen an, der fast überall die charakte- ristische Grenzlage zwischen Moränenlandschaft und Sandebene einnimmt. Dass er gleichaltrig mit der hinterpommerschen End- moräne ist und mit ihr ein zusammengehöriges Ganze bildet, steht fest. Dagegen lässt sich heute noch kein sicheres Urtheil darüber abgeben, welcher der uckermärkisch- mecklenburgischen End- moränenzüge als seine westliche Fortsetzung zu betrachten ist. Die Beantwortung dieser Frage dürfen wir von Herrn Dr. Schröder erwarten, der mit der Speeialbearbeitung der Blätter Zehden und Oderberg beschäftigt ist, auf denen die Entscheidung zu suchen ist. Notiz über ein Vorkommen von Mittel oligocän bei Soldin in der Neumark. Von Herrn Konrad Keilhack in Berlin. Bei Gelegenheit der Begehung und Kartirung des Baltischen Endmoränenzuges in der nördlichen Neumark entdeckte ich in der Nähe der Stadt Soldiu, am Wege nach Mietzelfelde , in der grossen Ziegeleigrube nördlich des Weges, ein neues Vorkommen von Septarienthon und tertiärem Sande (wahrscheinlich Stettiner Sand), welches deshalb bemerkenswerth ist, weil es der erste Punkt ist, an welchem innerhalb der Moränenlandschaft zwischen Oder und Weichsel ältere als diluviale Schichten beob- achtet sind. Der kalkhaltige Septarienthon wird auf der Nord- seite der Grube von Oberem Geschiebemergel überlagert, auf der Südseite dagegen von feinen Quarzsanden, in welchen in mehreren Schichten scherbige Thoneisensteinknollen eingelagert sind. Ver- steinerungen konnten in letzteren nicht gefunden werden. Der Thon enthält zahlreiche Septarien, die aber nicht aus kohlen- saurem Kalke, sondern aus thonigem Sphärosiderit bestehen. Von grösseren organischen Resten fanden sich nur winzige, un- bestimmbare Bruchstücke; dagegen lehrte eine genaue Betrachtung der Oberfläche des während des Winters verwitterten abgebauten Thories, dass derselbe eine nicht unbeträchtliche Menge Fora- miniferen enthielt. Eine mitgenommene Probe wurde von Herrn Mechaniker G. Schacko freundlichst untersucht; derselbe fand 188 Konrad Keilhack, Notiz über ein Vorkommen von Mitteloligocän darin ausser Bruchstücken von Nucula Chastelii folgende Arten von Foraminiferen: Miliodinae. 1. Spiroloculina limbata Bornemann. 2. Miliolina tenuis Czyz. 3. » impressa Reuss var. subovalis Andreae. Peneroplidinae. 4. Cornuspira polygyra ReüSS. Lituolinae. 5. Haplophragmium placenta ReüSS. 6. » affinis ReüSS. 7. » latidorsata Bornemann. T e x tu l ar in a e. 8. Bolivina elongata v. Hantken. Chilostomellidae. 9. Chilostomella cylindroides ReüSS. Lagenidae. 10. Lagena vulgaris = laeois Williamson. 11. » hispida ReüSS. 12. » marginata ReüSS. 13. Nodosaria Orbignyana Neugeboren. 14. » Ewaldi Reuss. 15. » soluta Bornemann. 16. Dentalina consobrina d’Orb. 17. » elegans d’Orb. 18. » obliquistriata Reuss. 19. Frondicularia seminuda ReüSS (sehr häufig). P o ly m o r p h i nin a e. 20. Polymorphina semiplana Reuss. 21. Uvigerina gracilis ReüSS (sehr häufig). bei Soldin in der Neumark. Globigerinidae. 22. Globigerina bulloides d’Orb. 23. Sphaeroidina variabilis ReüSS. 24. Pullenia quinqueloba ReüSS. Rotalidae. 25. Discorbina Boueana var. BrinJchorsti d’Orb. 26. Truncatulina Ungeriana d’Orb. (häufig). Nummulinidae. 27. Polystomella umbilicatula Montf. Das Profil der Eisenbahnen Arnswalde-Callies und Callies-Stargard. Von Herrn Konrad Keilhack in Berlin. (Hierzu Tafel XIV.) Im Frühjahr 1894 erhielt ich von der Direction der Königl. geologischen Landesanstalt den Auftrag, die im Bau begriffenen Eisenbahnlinien Arnswalde-Callies und Stargard-Callies zu be- gehen, und die in den zahlreichen Einschnitten aufgeschlossenen Profile vor der Abdeckung zu untersuchen und aufzunehmen. Wie aus der dieser Abhandlung beigegebenen Taf. XIV zu er- sehen ist, besitzen die von den beiden Bahnen durchschnittenen Gebiete in geologischer Beziehung viel Uebereinstimmendes. Das ist um so weniger verwunderlich, als sie beide annähernd recht- winklig zum Streichen der dieses Gebiet zusammensetzenden pa- rallelen Landschaftszonen verlaufen und nur einen mittleren Ab- stand von 8 — 15 Kilometer besitzen. Beide Bahnlinien beginnen im W. im Gebiet der ebenen Platten Oberen Geschiebemergels, erreichen dann die wechselvoll gestaltete Moränenlandschaft, über- schreiten die Endmoräne und durchqueren hierauf den vor der- selben liegenden ausgedehnten Sandr (Sand- und Kiesebene), um sich südlich von Callies am Ostrande desselben zu vereinigen. 1. Die Einschnitte der Bahn Arnswalde-Callies. 2 Kilometer südöstlich vom Bahnhof Arnswalde zweigt sich die neue Bahn von der Strecke Stargard- Kreuz ab und über- schreitet zunächst die 10 — 15 Meter tief eingeschnittene Rinne, Konrad' Keilhack, Das Profil der Eisenbahnen Arnswalde-Callies etc. 1 9 1 in welcher die Arnswalder Seenkette liegt. In dem etwa 200 Meter langen, 5 Meter tiefen Einschnitte, in welchem die Bahnlinie sich in die Thalrinne hinein begiebt, sieht man in der in Fig. 1 Pig. 1. M = Oberer Geschiebemergel. L = Lehmige Verwitterungsrinde desselben. S = Unterer Sand. angegebenen Lagerung den oberen Geschiebemergel, unterlagert von Unterem Sande mit wellig bewegter, an zwei Stellen die Geschiebemergeldecke durchstossender Oberfläche. Die Mächtig- keit der Verwitterungsdecke über dem Geschiebemergel beträgt l1/* — 2 Meter. Der Geschiebemergel zieht sich fast ganz in die Rinne hinein, so dass nur an deren unterstem Rande der Sand zu Tage tritt. Auf der Ostseite der Rinne durchschneidet die Bahn einen kleinen Rücken, der vom Senzig-See eine Bucht abtheilt; dieser Rücken besteht aus einem mit dem Unteren Sande der westlichen Thal- seite gleichalterigen Schluffsande. Nun folgt 5 Kilometer weit eine ziemlich ebene, gleichmässig mit Oberem Geschiebemergel bedeckte Hochfläche, bis zwischen Wardin und Radun das Aus- sehen des Geländes sich vollkommen ändert, in kurz bewegtem Terrain zahlreiche geschlossene Depressionen sich einstellen, und die Moränenlandschaft beginnt. Die unebene Oberfläche zwang zu zahlreichen tiefen Einschnitten, so dass deren innerhalb der 5 Kilometer langen Strecke zwischen den Haltestellen Wardin und Zühlsdorf nicht weniger wie 10 folgen. Die Bohrung für den Wirthschaftsbrunnen auf der Haltestelle Wardin ergab eine Mächtigkeit des Oberen Geschiebemergels von 6 Meter. Unter ihm wurde bis zu 21 Meter Tiefe Sand angetroffen, dessen unterste 4 Meter Wasser führten. Der Einschnitt dicht bei der Haltestelle westlich des Rietziger Weges zeigt zu oberst eine stark ver- waschene, dünne, 1/2 — 1 Meter mächtige Geschiebelehmdecke, die z. Th. sogar noch dünn mit Decksand beschüttet ist und darunter geschichtete Sande mit Mergelsandstreifen und Grandbänken. Der 192 Konrad Keilhack, "Das Profil der Eisenbahnen östlich des Rietziger Weges sich unmittelbar anschliessende 5 Meter tiefe Einschnitt zeigt unter einem Meter Geschiebelehm eine ebenso starke Folge von Sand- und Grandschichten in unregel- mässiger Wechsellagerung un,d darunter 3 Meter reinen Sandes. Die beiden nächsten Einschnitte sind flach und zeigen, der west- liche Mergelsand, der östliche Spathsand unter dem Geschiebe- mergel. Nun folgt der bis 8 Meter tiefe, 250 Meter lange Ein- schnitt an dem westlichen der beiden von Rietzig nach Kürtow führenden Wege. Er enthält unter einer nach O. immer dünner werdenden Geschiebemergeldecke eine mächtige Folge geschichteter Sande. 200 Meter weiter östlich überschreitet die Bahn das schmale Erosionsthal des Stävenitzbaches ; beiderseits desselben tritt unter dem Geschiebemergel der Untere Sand zu Tage, auf der Ostseite zahlreiche Osteocollen von ausserordentlicher Grösse enthaltend. Nun folgen zwischen den beiden von Rietzig nach Erdmannsthal führenden Wegen unmittelbar hinter einander zwei tiefe Einschnitte, die leider zur Zeit meines Besuches schon z. Th. abgeböscht waren, so dass ich kein zusammenhängendes Profil mehr gewinnen konnte. Im ersten der 10 — 12 Meter tiefen Ein- schnitte folgen unter einer dünnen Geschiebelehmdecke geschichtete Sande, die eine mehrere Meter mächtige Mergelsandfolge ein- schliessen. Der zweite Einschnitt dagegen wird zu oberst aus einem zwar sehr thonigen, aber doch zahlreiche grosse Geschiebe führenden Geschiebemergel gebildet, unter welchem reiner Unterer Sand folgt. Sehr interessant war der Einschnitt südöstlich vom Rietziger Amts -See, obgleich auch er nur eine 3 — 4 Meter mächtige, im obersten halben Meter entkalkte Geschiebemergeldecke auf Unterem Sande zeigte. Das Auffällige sind eine Anzahl von Verwerfungen, die in der in Fig. 2 dargestellten Art und Weise Mergel und Sand durchschneiden. Da der Verwitterungslehm des Geschiebe- mergels von den Verwerfungen nicht mit betroffen ist, so muss die Verwitterung jünger sein wie die Lagerungsstörung. Die Sprunghöhe der Verwerfungen übersteigt einen Meter nicht. Der nächste Einschnitt war bereits abgedeckt, der folgende bei Halte- stelle Zühlsdorf, ebenfalls flach, zeigte nur Oberen Mergel. Die Arnswalde- Callies und Caliies-Stargard. Fig. 2. 193 M = Oberer Geschiebemergel. L == Lehmige Yer witterungsrinde desselben. S = Unterer Sand. beiden letzten Einschnitte in der Moränenlandschaft südlich von Zühlsdorf waren ganz flach. Es lehren diese Aufschlüsse zwischen Wardin und Zühlsdorf, dass in dem von der Bahn durchschnittenen Theile der Moränen- landschaft die Hügel nicht, wie an vielen anderen Stellen, in ihrer ganzen Masse aus Grundmoränenmaterial bestehen, sondern dass sie einen nach der bisherigen nicht unanfechtbaren Bezeich- nungsweise als »Unteres Diluvium« zu bezeichnenden Kern ent- halten. Sie lehren aber auch, dass dieser Kern nicht das Resultat gewaltiger Zusammenschiebungen, Aufstauchungen und Aufpres- sungen ist, da er in diesem Falle durchaus nicht die ruhige, oft ganz horizontale Lagerung besitzen könnte, die ihm vielfach eigen ist. Eher gewinnt man den Eindruck, dass hier eine vorher schon fertig gebildete wellige Oberfläche in verhältnissmässig ruhiger Weise mit dünner Grundmoräuendecke überkleidet wurde. Diesen Hügelkernen aus Mergelsauden, Sanden und Granden möchte ich dasselbe jungdiluviale Alter zuschreiben, wie dem Geschiebemergel selbst. Zwischen Zühlsdorf und Kölpin führt uns die Bahn an den Ostrand der Moränenlandschaft und damit an die Endmoräne. Zugleich beginnt bei Haltestelle Zühlsdorf der Ersatz des Ge- 13 Jahrbuch 1893. 194 Konrad Keilhack, Das Profil der Eisenbahnen schiebemergels durch den Geschiebesand, der hier, wie die Boh- rung des Wirthschaftsbrunnens ergab, eine Mächtigkeit von 9 Meter besitzt und nach Angabe des Bohrregisters von »hartem blauen Thone«, wahrscheinlich fetten Gschiebemergel, dessen Alter zweifel- haft ist, unterlagert wird. Die Endmoräne ist in diesem Gebiete, wie ich im vorhergehenden Aufsatze über die baltische End- moräne in der Neumark ausgeführt habe, sehr stark verwaschen und nur durch verhältnissmässig wenige, flache, aus Steinpackungen bestehende Kuppen angedeutet. Drei solcher Kuppen liegen mitten in dem von den drei Dörfern Zühlsdorf, Kölpin und ßohrbeck gebildeten Dreieck. Zwischen den Geschiebekuppen führt die Bahn über eine mit äusserst zahlreichen bis kopfgrossen Ge- schieben dicht bedeckte Sandfläche, in der eine Reihe von Torf- mooren liegen. Hier beginnt die gewaltige vor dem alten Gletscherrande auf- geschüttete Sandebene, welche, wie Taf. XIV zeigt, den etwa 7 Kilometer breiten Streifen zwischen der Endmoräne und der Neuwedeller Geschiebemergelhochfläche einnimmt. In dieser in ca. 90 Meter Meereshöhe gelegenen Fläche bildet die Bahn eine Anzahl von 5 — 8 Meter tiefen Einschnitten , die alle einen wohlgeschichteten, nur wenig grandigen Sand enthalten, in dem stellenweise kleine Geschiebe sich finden. Im oberen Theile ist die Schichtung durch die Verwitterung und Humificirung unsichtbar geworden; ganz falsch wäre es, diese oberste unge- schichtete Sandmasse für etwas jüngeres, als den darunter fol- genden geschichteten Sand zu halten; vielmehr sind beide eines Alters und einer Entstehung und als die zu der glacialen Grund- moräne der Moränenlandschaft gehörigen fluvioglacialen Bildungen aufzufassen. Ihre bedeutende Mächtigkeit offenbart die Bohrung für den Wirthschaftsbrunnen auf der Haltestelle Kölpin, die fol- gende Schichten durchsank: 0 — 4 Meter Sand, 4 — 11 » Scharfer Sand, 11 —12 » Grober Kies, 12 — 15,5 » Scharfer Sand, 15.5- — 18,5 » Grober Kies, wasserführend, 18.5 — 19 » Feiner Sand. Ärnswalde- Callies und Callies - Stargard. 195 Dieser Charakter des Sandr bleibt bis an das Ufer der Drage südlich von Neuwedell, nur unterbrochen durch die Neuwedeller Seenrinne. Die Bahn überschreitet dieselbe zwischen dem Wrieten- und Grossen - See auf einem in ein kleines Torfmoor hineinge- schütteten Damme. Dabei ist auf beiden Seiten der Torf aufge- presst, die Sättel sind parallel dem Bahndamme aufgerissen und der unter 2 — 10 Decimeter Torf lagernde Wiesenkalk wird in den breiten tiefen Spalten sichtbar. Eine etwas andere Wirkung des Druckes konnte ich in einem kleinen Torfmoor in der Moränen- landschaft bei einem Rietniger Abbau beobachten: auf der nörd- lichen Seite war der Torf in zwei Sättel nebst zugehörigen Mulden zusammengefaltet, während die Südseite nur einen Sattel zeigte. Die beiden folgenden Bilder geben Profile von beiden Formen der Aufpressung. Kg. 3. Wasser Torf Kalk Der Einschnitt unmittelbar westlich von der Dragebrücke lieferte das folgende Profil: Kg. 4. G = Oberer Geschiebesand. T = Thonmergel. Unter 4 Meter wohlgeschichtetem Oberen Sande kommt, schwächer fallend als das Bahnplanum, ein fetter Thonmergel heraus, auf dessen Oberer Grenze die angesammelten Sickerwasser als Quellen hervortreten. Ich wage nicht zu entscheiden, ob dieser Thonmergel jung- oder altdiluvial ist. Mit dem Ueberschreiten der Drage tritt die Bahn in ein völlig abweichendes Gebiet, welches oberflächlich aus echtem Ge- 13* 196 Konrab Keilhack, Das -Profil der Eisenbahnen schiebemergel oder diesem sehr ähnlichen Bildungen besteht. Die- selben bedecken hier eine etwa 3 — 5 Kilometer breite Fläche, die sich von Silberberg über Neuwedell in südöstlicher Richtung auf Fürstenau zu erstreckt. Ueber diese rund 100 Meter ü. M. lie- gende Geschiebemergelfläche erheben sich eine ganze Reihe von Sand- und Kiesbergen, die im Allgemeinen auf einer der Längs- erstreckung der ganzen Fläche parallelen Linie angeordnet sind. Am nächsten an der Bahn liegt der 26 Meter über die Umgebung sich erhebende Weinberg, südöstlich von Neuwedell; eine grosse Kiesgrube zeigt, dass dieser Berg eine aus verworren geschichteten Sand- und Grandmassen zusammengesetzte Durchragung bildet. Die Bahnlinie selbst bildet zwischen Drage und dem Bahnhof zwei 3 — 4 Meter tiefe Einschnitte in einem fetten Geschiebemergel, der von etwa meterstarker V erwitterungsrinde bedeckt und in der Tiefe blaugrau gefärbt ist. Die Brunnenbohrung auf Bahnhof Neu- wedell ergab nach Angabe dos geführten Bohrregisters: 0 — 2,6 Meter Auftrag, 2,6 — 3,0 » Humus, 2.9 — 4,9 » Lehm und Mergel, 4.9 — 19,6 » Thon, 19.6 — 25,6 » Feiner Sand, 25.6 — 27,6 » Kies, wasserführend. Oestlich vom Bahnhof ändert sich das Verhältniss: dort zeigt der lange Einschnitt bei dem Gute Kirschberg eine Geschiebelehm- artige Bildung, die in der Hauptsache durch Aufarbeitung von Thonen und feinen Schluff- und Mergelsanden entstanden ist; der Grundmoränencharakter wird durch die zahlreichen regellos durch die Masse vertheilten grossen und kleinen Geschiebe her- vorgerufen. Weiter nach dem Schönower Wege zu wird das zu einer Art Localmoräne aufgearbeitete Material immer sandiger und geht 200 Meter vor dem Schönower Wege in reinen Ge- schiebesand über. Dabei enthält derselbe in den ersten Hundert Metern eine solche ungeheure Menge von Geschieben, dass man unter Berücksichtigung der Lage dieses Punktes auf der Grenze zwischen Lehm- und Sandgebiet zu der Meinung geführt werden könnte, dass hier eine Art Endmoränenbildung vorliegt. Amswalde - Callies und Callies - Stargard. 197 Hundert Meter vor dem Schönower Wege hört diese Ge- schiebeführung ganz plötzlich auf und es folgt nun die durch die Neuwedeller Lehminsel unterbrochene Fortsetzung des grossen Sandr. Die Bahn durchquert dieselbe in einer 4 Kilometer langen Strecke, überschreitet dann die Denziger Geschiebelehm- insel mit einer Strecke von 2,5 Kilometer Länge und liegt mit ihren letzten D/2 Kilometer nun abermals auf einer zu dem Sandr gehörenden Sandfläche. Die wenigen Einschnitte in den beiden genannten Abschnitten des Sandr zeigen, wie bei der grossen Entfernung von der End- moräne nur natürlich ist, Sande mit nur geringfügigen Beimen- gungen grandigen Materiales. Das Denziger Plateau verlässt die Bahn in einem Einschnitte, welcher die Lagerungsverhältnisse zwischen dem dasselbe bedecken- den Oberen Geschiebemergel , der unter demselben lagernden Sande und dem im Sandr folgenden Oberen Sande recht gut er- kennen liess. Diesem Einschnitte entstammt das folgende Profil (Fig. 5 auf S. 199), aus welchem hervorgeht, dass der Geschiebe- lehm sich hier nicht unter den Sandr hinunterzieht, sondern unter dem angelagerten Geschiebesande sich sehr schnell auskeilt. 2. Die Einschnitte der Bahn Callies-Stargard. Ich werde diese Bahnlinie so wie sie besichtigt wurde, be- schreiben, d. h. aus der Sandebene über die Endmoräne durch die Moränenlandschaft in das flache Hinterland derselben ver- folgen. Vom Bahnhof Callies aus läuft die Bahn 3 Kilometer weit parallel dem Thale des Dragebachflusses und durchquert dasselbe bei der Gutsdorfer Mühle. Der bis 6,5 Meter tiefe Einschnitt südlich dieses Thaies zeigt in vortrefflicher Weise den inneren Bau des Sandr (Fig. 6 auf S. 199). Unter verworren geschichteten, wenig grandigen Sanden, die im oberen Theile ihre Schichtung durch Verwitterung eingebüsst haben, folgen Sande mit eingeschalteten, bald horizontal gelagerten, bald steil gestellten Grandbänken. Das Ganze ist eine der Zeit und der Art der Entstehung »ach vollkommen einheitliche Bildung. 198 Konrad Keilhack, Das Profil der Eisenbahnen Die Bahn erreicht am nördlichen Thalrande den Südwestrand der Callieser Hochfläche und durchschneidet einen Ausläufer der- selben in einem kurzen Einschnitte nördlich von der Nordbucht des Ankrow-Sees. In diesem Einschnitte liegt über einem Meter Oberen Geschiebemergel ein an grossen und kleinen Geschieben sehr reicher Grand. Nur 250 Meter weiter folgt ein zweiter kurzer Einschnitt, in dem eine Kuppe durchragenden Unteren Sandes durchschnitten ist. Ueber dem in Form eines flachen Gewölbes geschichteten Unteren Sande liegt nur 1l-i Meter Ge- schiebesand und auf der Ostseite des Hügels liegt zwischen beiden noch ein nur 1 — 3 Decimeter starkes Geschiebemergelbänkchen (Fig. 7 auf S. 199). Die Bahn verlässt an dieser Stelle den nach N. weiter ver- laufenden Rand der Hochfläche und durchquert nun in der Rich- tung auf Reetz den Sandr, dessen Westrand sie nach 14 Kilo- meter bei Vorwerk Kreuz erreicht. Die sämmtlichen Einschnitte dieser Strecke zeigen ausschliesslich diese fluvioglacialen Sande und Schotter; immer besitzen dieselben eine vortreffliche Schichtung; ein Einschnitt, 11 Kilometer von Bahnhof Callies entfernt, bei Neu-Hassendorf, zeigte in ganz vortrefflicher Weise die Ueber- einstimmung in der mechanischen Zusammensetzung zwischen den wohlgeschichteten in ausgezeichneterWeise die discordante Parallel- structur zeigenden Granden der unteren Bänke und den in der Schichtungsfortsetzung liegenden, durch Verwitterung der Schich- tung beraubten, oberen Lagen. Der über 8 Meter tiefe Einschnitt, 7,6 Kilometer von Bahn- hof Callies entfernt, in welchem die Bahn in das hier die Grenze zwischen Pommern und der Mark bildende Thal der Drage hinab- gelangt, zeigte (Fig. 8 auf S. 199) an einer Stelle eine Dreigliede- rung, indem zwischen eine untere und eine obere Grandbank eine nach Osten einfallende Sandbank sich einschob. Eine Zunahme der groben Bestandtheile in den Sauden und Schottern des Sandr gegen die Endmoräne hin war unverkennbar. Während bei Callies nur schwach grandige Sande zu beobachten waren, zeigten die Einschnitte an der Drage bereits zahlreiche Grandbänke im Sande. Bei Hassendorf sah ich in mehreren des Oberen Diluviums. 200 Ko nr ad Keilhack, Das Profil der Eisenbahnen Einschnitten Bänke im Grande sich einstellen, die fast ganz aus kleinen Steinen bestehen, und dieselben nehmen zu, je näher man an Vorwerk Kreuz herankommt. Freilich fehlen auch Ausnahmen nicht: so zeigte ein l1/^ Meter tiefer Einschnitt, nur 700 Meter östlich der Endmoräne, unter ein wenig grandigem Sande schön horizontal gelagerte reine Sande; die Regel aber sind hier grobe Schotter mit bis kopfgrossen Gerollen. Eine ausgezeichnete Bestätigung erfuhr diese Beobachtung durch die Ergebnisse dreier Bohrungen, die zur Trinkwasserver- sorgung der Haltestellen Steinberg (ca. 120 Meter u. M.), Hasseu- dorf (ca. 102 Meter u. M.) und Gutsdorf (102,4 Meter u. M.) aus- geführt wurden. Der Steinberger Bahnhofsbrunnen steht unmittel- bar vor der Endmoräne und traf folgende Schichten: / 0 — 6 Meter Grandiger Sand, 6 — 10 » Grand, \ 10 — 12 » Grandiger Sand, 12 — 16 » Steiniger Grand, zwischen Oberes Diluvium I 14 und 15 Meter im Ge- j schiebemergelbänkchen, / 16 — 17 » Grand, 17 — 25 » Sehr steiniger Grand mit gekritzten Geschieben. Unteres Diluvium II 25 — 37 » Geschiebemergel. 1 37 — 43 » Sand, ITT 43 — 44 » Grand, * 111 44 — 50 » Sand, ( 50 — 52 » Grandiger Sand. Auf der 4 Kilometer von der Endmoräne entfernten Halte- stelle Hassendorf wurden erbohrt / ° — 12 Meter Grandiger Sand und schwach 1 grandiger Sand, ) 12 — 14 » Sandiger Grand, Oberes Diluvium I s 14 — 15 » Steiniger Grand, J 15 — 16 » Grand, ( 16 — 17 » Grandiger Sand, ' 17 — 19 » Sandiger Grand, Arnswalde-Callies und Callies- Stargard. 201 19 — 23 Meter Grandmer Sand, zuletzt mit Oberes Diluvium I / I 23 — 24 Unteres Diluvium II 24 — 37 einem Geschiebemergel- bänkchen, » Sand. » Geschiebemergel , von 32 Meter an sehr sandig. Ein auf der 13 Kilometer von der Endmoräne entfernten Haltestelle Gutsdorf gebohrter Brunnen lieferte die nachstehend verzeichnete Schichtenfolge : Oberes Di 0 — 3 Meter Sand, \ luvium I ) 3 — 5 » Thonmergel, ) 5 — 18 » Sand, I ! 18 — 20,5 » Sand und Grand. ( 20,5 — 33 » Geschiebemergel, luvium II ( 33 — 35 » Thonmergel, | ' 35 — 76 » Geschiebemergel. ' 76 — 80 Kohlenletten, Tertiär < ) 80 — 83 Glimmersand, 83 — 86 » Glaukonitischer Sand. ! 86 — 107,0 » Kohlenletten. Kreide? 107,0 — 107,5 » Thonmergel. Ich habe in diesen drei Bohrungen die gleichwerthigen Schichtenfolgen durch gleiche Zahlen zusammengefasst und es ergiebt sich daraus, dass der grosse Sandr vor der Endmoräne aus einer 20 — 25 Meter mächtigen Folge fluvioglacialer Bildungen (I) besteht, unter der eine mächtige Grundmoränenbildung (II) folgt. Bohrloch Steinberg traf darunter noch 15 Meter Sande und Grande III, Bohrloch Gutsdorf dagegen von 76 Meter an Tertiär. Unser Hauptinteresse nimmt die oberste Folge in Anspruch. Die Abhängigkeit der Korngrösse der Schotter und Sande von der Entfernung der Endmoräne ist unverkennbar. Kurz vor der End- moräne haben wir eine mächtige Folge von Granden und steinigen Schottern, die in ihren unteren Theilen gekritzte Kalksteingeschiebe führen. Vier Kilometer weiter treten diese gröbsten Bildungen 202 Koxrad Keilhack:, Das Profil der Eisenbahnen I sehr zurück und es herrschen sandige Grande vor. Noch 9 Kilo- meter weiter und wir sehen eine Folge von reinen Sanden, denen ein Thonlager eingeschaltet ist, nur an der Basis in grandige Sande übergehend. Ebenso klar und deutlich erkennen wir hier die genetischen Beziehungen zwischen Sandr und Endmoräne wie in dem sogleich zu besprechenden Bahneinschnitte in der Endmoräne, und wir sind hier in der Lage, die Mächtigkeit des Oberen Sandes sicher als 21 — 25 Meter angeben zu können. Das ist ein Ergebniss, welches auch die geognostische Kartirung in anderen Endmoränen- gebieten sehr stark beeinflussen muss. Ueber die Altersstellung der die fluvioglacialen Bildungen unterlagernden Grundmoräne lässt sich auf Grund der tertiären, 30 Meter mächtigen Schichtenfolge in Bohrloch Gutsdorf mit ziem- licher Sicherheit die Zugehörigkeit zur ersten Eiszeit behaupten. Die tertiären Schichten selbst gehören nach den in vereinzelten Kalkconcretionen enthaltenen Versteinerungen zum Mitteloligocän. Der letzte halbe Meter des Bohrloches steht in kalkreichem Thon- mergel, dessen Schlemmrückstand zahlreiche Foraminiferen enthält und nach seinem ganzen Aussehen auf Kreide deutet. An der Stelle des Bahnhofes Steinberg, in der Nähe des zum Gute Steiuberg gehörenden Vorwerkes Kreuz, erreicht die Bahn den Rand des Sandr und die Endmoräne. Dieselbe ist im Gegensätze zu der von der Arnswalde-Callieser Bahn getroffenen Stelle derselben hier ganz ausgezeichnet kammartig entwickelt und es sind die Lagerungsbeziehungen zwischen glacialen und fluvioglacialen Bildungen durch den die Endmoräne kreuzenden tiefen Einschnitt so vorzüglich blossgelegt, dass dieser eine Auf- schluss schon die Besichtigung und Untersuchung der Strecke be- lohnt hätte (Fig. 9). Unter der höchsten, mit zahlreichen gewaltigen Blöcken be- deckten Kuppe, die eine typische Endmoräne darstellt, liegt ge- wöhnlicher Geschiebemergel, der in keiner Weise von der allbe- kannten Ausbildung dieses Gesteines abweicht. Nach Westen hin setzt er den ganzen Abhang, wenigstens oberflächlich (der Einschnitt wurde hier eben erst in Angriff genommen) zusammen. Nach Osten hin aber wird, kaum 50 Meter vor der Endmoräne, 8 “l Arnswalde-Callies und Callies-Stargard. 203 die Grundmoräne durch grandigen Geschiebesand ersetzt und zwar geht der Uebergang der einen Bildung in die andere in der aus dem Profil ersichtlichen Art und Weise durch auskeilende Wechsellagerung vor sich. Klarer und deutlicher kann man die genetischen Beziehungen zwischen beiden Bildungen in der Natur wohl kaum angedeutet finden. Die einzelnen nach Osten sich auskeilenden Grundmoränenfetzen entsprechen natürlich eben so viel ganz kleinen Vorstössen und Rückzügen der Gletscherstirn, während die steinbesäete Endmoränenkuppe einen langen Stillstand des Eisrandes bezeichnet, während dessen jene geringfügigen Be- wegungen sich vollzogen. Die Bahn tritt nunmehr in die Moränenlandschaft ein und bleibt in derselben während der nächsten 13 Kilometer bis in die Gegend zwischen Jakobsdorf und dem Grossen Zirke-See, süd- östlich von Jakobshagen. Der erste Einschnitt in dieser Strecke liegt bei dem Gute Steinberg. Man sieht in ihm unter einer 2 Meter mächtigen Decke eines grandigen, kleine Geschiebe führenden Sandes Schluffsand bis auf die Sohle des Einschnittes. Das Ganze macht den Eindruck, als läge hier ein altes glaciales Staubecken vor, einerseits durch die Endmoräne, andererseits durch den etwas östlich zurück liegenden Eisrand begrenzt, in welchem zuerst feiner Schlamm abgelagert und hierauf, vielleicht bei erneutem Vorrücken des Eisrandes, Geschiebesandmassen auf- geschüttet wurden. Von Steinberg bis zur Drage geht die Bahn immer auf Oberem Geschiebemergel, in- welchem an der Stelle des Bahnhofes Reetz ein bis 6 Meter tiefer Einschnitt liegt. Gleich im östlichen Beginne des Einschnittes, der zur Zeit meines Besuches bereits z. Th. abgeböscht war, findet sich eine Durchragung von Unterem Sande, die auf eine Länge von 100 Meter die Oberfläche erreicht. Der Geschiebemergel selbst ist sehr reich an Geschieben, im oberen Theil gelblich, in der Dammsohle dagegen graublau gefärbt und enthält zahlreiche Sandadern und Nester. Auf dem Bahnhofsterrain wurde zum Zwecke der Wasser- gewinnung eine Tiefbohrung ausgeführt; die Proben wurden sorg- fältig gesammelt und befinden sich im Besitze der geologischen 204 Konrad Keilhack, Das Profil der Eisenbahnen Laudesanstalt. Bei dieser Bohrung wurden folgende Schichten angetroffen : 0 — 2 Meter Lehm, 2—3 » Grandiger Sand, 3—14 » Geschiebemergel, 14—23,3 » Sand, 23,3—24,25 » Geschiebemergel, 24,25—34 » Sand, 34—37 » Feinsand, 37—45 » Thonmergel, 45—50,5 » Feinsand, 50,5—51 » Geschiebemergel, 51—52 » Feinsand, 52—59 » Geschiebemergel, 59—60 » Grand, 60—61 » Sand, 61-63,4 Grandiger Sand mit Gerollen eines kalk- freien Kohlenlettens, wie er von 65 — 77 Meter folgt. 63,4—65 » Sand, 65—71 » Kohlenletten, 71—72 » Sandiger Kohlenletten, 72—77,5 » Kohlen letten, 77,5—79 » Grand, 79—82 » Sand, 82-83 » Grand, 83—84 » Sand mit Braunkohlengeröllen, 84—86 » Grand, 86—99 » Sand, 99—103 » Grandiger Sand. Diese Schichtenfolge besitzt verschiedene Eigentümlichkeiten : bis zu einer Tiefe von 63,4 besitzen alle Schichten einen Kalk- gehalt, wie er allen gleichartigen nordischen Diluvialbildungen eigen ist. Dagegen ist der Sand von 63,4 — 65 Tiefe sehr kalkarm und die darunter folgende Kohlenlettenschicht von 12 Meter Mäch- Ärnswalde - Callies und Callies - Stargard. 205 tigkeit ganz kalkfrei. Die bis 86 Meter folgenden abwechselnden Sand und GrandsGhichten haben , wenn sie auch ersichtlich viel tertiäres Material enthalten, wieder einen normalen Kalkgehalt, während derselbe in der mächtigen Sandfolge von 86 — 99 Meter sehr gering ist. Auch enthalten diese Sande nur sehr wenig Feld- spath und bestehen fast ganz aus grauen mittelkörnigen Quarzen. Erst die letzten 4 Meter enthalten neben gröberem nordischen Material auch etwas mehr Kalk. Da der kohlensaure Kalk den Tertiärbildungen der märkisch- pommerschen Braunkohlenformation völlig fehlt, so ist die ganze Schichtenfolge als eine diluviale aufzufassen, mit Ausnahme der Kohlenletten von 65 — 77,5 Meter. Da dieselben aber von dilu- vialen Gebilden über- und unterlagert werden, so müssen sie durch eine diluviale Störung aus ihrem ursprünglichen Verbände abge- löst und an ihre jetzige Stelle gebracht sein. Die quarzreiche Schichtenfolge von 77,5 Meter an besteht aus zur Diluvialzeit umgelagerten tertiärem Sande, und die diluviale Geschichte dieses Gebietes, wie sie sich in den Bohrproben dieses Bohrloches uns zu erkennen giebt, ist die folgende: über die aus Quarzsanden, Formsanden, Kohlenletten und Braunkohlen gebil- dete Sandfläche, die seit dem Miocän Festland gewesen war, brausten die dem Herannahen des ersten Inlandeises voraneilenden Schmelzwasser dahin und führten gewaltige Mengen nordischen Sandes und Grandes mit sich, die mit sehr wechselnden Mengen zerstörten Tertiärgebirges vermischt zur Ausfüllung vorhandener Unebenheiten, Thäler und Becken, benutzt wurden. Ueber diese so eingeebnete Fläche rückte das Inlandeis selbst vor und lagerte eine von dem tertiären Untergründe losgerissene Scholle von Kohlenletten ab. Entweder schon beim Vorrücken oder erst beim Rückzüge dieses ersten Inlandeises muss unser Gebiet der Schau- platz zahlreicher Bewegungen des Eisrandes gewesen sein, durch welche beim Vorrücken die zwischen 23 und 65 Meter Tiefe lie- genden Geschiebemergelbänke, beim Zurückweichen die zwischen ihnen lagernden Thone, Sande und Grande abgelagert wurden. Nach dem völligen Verschwinden des Eises folgte eine lange In- terglacialzeit, die in unserem Bohrloche allerdings nicht durch 206 Konrad Keilhack, Das Profil der Eisenbahnen eigene Ablagerungen angedeutet ist. Dann rückte das Eis zum zweiten Male von N. heran, überschüttete wieder das vorliegende Gebiet mit Sand (14 — 23 Meter) und setzte darüber seine Grund- moräne ab, deren Oberfläche durch eine Reihe von Oscillationen den eigenthümlichen Charakter der Moränenlandschaft erhielt. Wir können also die Schichten unseres Bohrloches folgendermaassen gliedern: 0 — 23,3 Meter Oberes oder jüngeres Diluvium, 23,3—103 ». Unteres » älteres » und zwar 23,3 — 63,4 » Nordisches Diluvium, 63,4—77,5 » Verschlepptes Tertiär, 77,5—86 » Nordisches Diluvium mit viel ein- heimischem Materiale, 86—99 » Einheimisches mit sehr wenig nor- dischem Materiale, 99—103 » Einheimisches mit etwas reicherem nordischen Materiale. Ein zweites auf dem Bahnhofe Reetz niedergebrachtes Bohr- loch durchsank die folg enden Schichten: 2 — 5.75 Meter Sand ) 5,75 — 20,25 » ,,, ... Oberes Diluvium. Geschiebemergel ) 20,25 — 22,0 » Feinsand 22,0 — 37,2 » Sand, mittel bis feinkörnig ( Unteres 37,2 — 40,0 » Grand 1 Diluvium. 40,0 — 43,5 » Steiniger Grand / Die beiden Einschnitte, durch die die Bahn in das enge Ero- sionsthal des Ihnaflusses hinabsteigt und dasselbe wieder verlässt, waren zur Zeit meines Besuches noch nicht in Arbeit, und von den 7 weiteren Aufschlüssen, die ich bis zum Gr. Zirke-See sah, standen fünf ausschliesslich im Oberen Geschiebemergel und nur zwei, nämlich der Einschnitt 1 Kilometer westlich von Falkenwalde und derjenige auf der Grenze zwischen diesem Gute und Jakobs- dorf zeigten neben Oberem Mergel auch noch den darunter lagern- den Sand. Arnswalde - Callies und Oallies -Stargard. 207 Die Brunnenbohrung auf der Haltestelle Falkenwalde (circa 135 Meter ü. M.) ergab: 0 — 54 Meter Geschiebemergel, 54 — 57 » Sand mit Grandbänken, 57 — 59 » Grand, 59 — 94 » Geschiebemergel , bei 76 — 78, 82 — 84 und 88 — 89 Meter Tiefe mit Sand- und Grandeinlagerungen. Ich halte die Schichtenfolge von 0 — 54 Meter für Oberen Geschiebemergel und erkläre mir die allerdings durchaus unge- wöhnliche Mächtigkeit so, dass an dieser Stelle in der Inter- glacialzeit ein tiefes Thal erodirt wurde, welches vom heran- nahenden Eise der zweiten Eiszeit in derselben Weise mit Grund- moräne ausgefüllt wurde, wie etwa ein Lavastrom ein vor in seinem Wege liegendes Becken zuerst ausfüllt und dann darüber hinweg weiter fliesst. Wie bereits bemerkt, tritt in der Nähe des Gr. Zirke-Sees die Bahn aus der Moränenlandschaft in das flache Hinterland der- selben, welches sich von Jakobsdorf bis zum Ende der Bahn bei Wulkow, auf einer Strecke von 22 Kilometer Länge, langsam von 80 auf 55 Meter Meereshöhe senkt. In dieser ganzen Länge wären gar keine tieferen Einschnitte erforderlich, wenn nicht dieser Theil der Geschiebemergelebene von einem ganz hervorragend schön ausgebildeten As durchzogen würde, welches von der Bahn drei Mal durchquert wird. Dieses As bildet einen 100 — 300 Meter breiten Rücken, der sich um 8 — 20 Meter über das umliegende Gelände erhebt. Es besteht aus Sand und grandigem Sand, der im Gegensätze zu den Durchragungszügen eine horizontale Schich- tung besitzt. Dieselbe konnte in den beiden frisch in Arbeit be- findlichen Eisenbahnschnitten südlich von Stolzenhagen beiderseits des Krebsbaches sehr schön beobachtet werden. Dieses As lässt sich, einige kurze Unterbrechungen einge- rechnet, 23 Kilometer weit verfolgen. Es verläuft von Jakobsdorf aus am Gr. Zirke-See vorüber, entlang des Krebsbaches nach W. bis Goldbeck. Seine Fortsetzung bilden die Gailberge, der Hell- 208 Konrad Keii.haok, Das Profil der Eisenbahnen berg und der Bonusberg. Dann springt es über auf die Nord- seite der vom Krumm en-Bach durchflossenen Niederung, bildet den Klosterberg, den Teufelsberg und die Heideberge südlich und westlich von Marienfluss und endigt im Moore zwischen Trampke und Neu-Damerow. Bei Jakobsdorf vereinigt sich mit diesem As ein zweites, 15 Kilometer langes. Dasselbe beginnt bei Colonie Marienfluss, verläuft über Mössin und Kempendorf auf den Pfingst- berg, bildet die Saatziger Kienen und den Saatziger Berg und setzt jenseit des Saatziger Sees in den Feuerbergen bei Stolzen- hagen fort, deren östliche Verlängerung auf das Ende des erst- genannten As stösst. Beide Asar sind in ausgezeichneter Weise auf langen Strecken von als Asgräben zu bezeichnenden schmalen Moorflächen be- gleitet. Beide haben ihr östliches Ende am Beginn der Moränen- landschaft und beide beginnen in einer eigentümlichen Landschaft, die aus dem nordamerikanischen Glacialgebiete zwar längst be- kannt war, dem norddeutschen bis jetzt aber zu fehlen schien. Es ist das die Drumlinlandschaft. Ihr Charakter besteht im Wesent- lichen darin, dass der Obere Geschiebemergel langgestreckte, unter sich annähernd parallele Rücken bildet, deren Streichrichtung mit derjenigen der Schrammen des unterlagernden Gesteins gleich- sinnig ist, also in der Bewegungsrichtung des Eises verläuft. Diese Rücken haben nach Wahnschaffe1) selten mehr als 1 Kilo- meter Länge; sie bestehen in den meisten Fällen durch und durch aus Geschiebemergel und haben nur selten einen Kern von Sand. Eine solche Drumlinlandschaft scheint nun in dem ganzen Ge- biete zwischen Freienwalde in Pommern und Naugard, einer Fläche von 30 Kilometer Länge und 10 Kilometer Breite vorzu- liegen. Die Richtung NS. und im südlichen Theile NNW. bis SSO. ist in der Erstreckung fast aller Hügel ganz unverkennbar und auf einem Kilometer Breite liegen bis 5 solcher schmaler Parallelrücken. Wo die Möglichkeit vorlag, zahlreiche Vergleiche des Ver- *) Mittheilungen aus dem Glacialgebiet Nordamerikas I, Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. 1892. Arnswalde-Callies und Callies-Stargard. 209 laufes der Glacialschrammen auf dem Untergründe des Quartärs mit demjenigen der Drumlins und Asar anzustellen, ergab es sich, dass beide übereinstimmen. Man hat in den letzteren also ebenso sichere Anzeiger der Bewegungen des Inlandeises, wie in den Schrammen, und in unserem Gebiete würden sie geeignet sein, uns für eine Fläche von 50 — 60 Kilometer Längserstreckung über die Bewegung des Inlandeises zu unterrichten. Ich hoffe über diese Drumlinlandschaft bald Näheres berichten zu können. Nachdem die Bahn das südliche der beiden Äsar zweimal überschritten hat, bewegt sie sich in ebenem, überwiegend aus Oberem Geschiebemergel bestehenden Gebiete ohne wesentliche Einschnitte weiter nach W. und erreicht bei Wulkow die hinter- pommersche Hauptbahn. In diesem ebenen Hinterlande der Moränenlandschaft wurden auf den 5 Haltestellen Brunnenbohrungen ausgeführt, die folgende Ergebnisse lieferten: 1. Haltestelle Stolzenhagen. Bohrloch I. 60,7 Meter ü. M. 10 — 4 Meter Geschiebemergel, 4 — 5 » Sand, 5 — 12 » Geschiebemergel. II 12 — 17 » Sand und Grand. 2. Desgl. Bohrloch II. 62,6 Meter ü. M. I 0 — 12,5 Meter Geschiebemergel, II 12,5 — 23 » Sand und Grand. 3. Haltestelle Jakobshagen (bei Tornow), circa 62 Meter ü. M. I Ia 0 — 2 Meter Geschiebelehm. 2 — 5 » Sand, 5 — 11 » Sand mit Grand und Thonbänken, 11 — 12 » Sand, 12 — 15 » Sand und Grand. Jahrbuch 1893. 14 210 Konrad Keilhack, Das Profil der Eisenbahnen 21 Meter Sand mit Geschiebemergel- und Thon- bänkchen, 32 » Geschiebemergel. 35,5 » Sand und Grand. 4. Haltestelle Barskewitz, circa 62 Meter ü. M. I 0 — 23 Meter Geschiebemergel, I \ 23 — 25 » Sand und Grand, v 25 — 26 » Geschiebemergel. II 26 — 30 » Sand und Grand. II 32 — 5. Haltestelle Pansin, circa 45 Meter ü. M. 0 — 6 Meter Geschiebemergel, 6 — 8 » Grand, 8 — 12 » Geschieh emergel. 12 — 14 » Mergelsand, 14 — 15 » Feinsand, 15 — 39 » Thonmergel, 39 — 46 » Feinsand. 46 — 60 » Sand. 6. Haltestelle Wulkow, circa 50 Meter ii. M. 0 — 4 Meter 4— 6 » 6 — 15 » 15 — 18 » 18 — 21 » 21—33 » 33 — 36 » III 36 — 53 » Geschiebemergel, Grand und Sand, Geschiebemergel, Grand und Sand, Geschiebemergel. Thonmergel, Feinsand. Sand, aus Feinsand in mittelkörnigen Sand von oben nach unten allmäh- lich übergehend. Ich habe in diesen Bohrungen wieder die gleichartigen Schichtenfolgen durch gleiche Zahlen zusammengefasst. I ist die Gruppe des Oberen Geschiebemergels einschliesslich der in fast Arnswalde-Callies und Oallies - Stargard. 211 allen Bohrungen in ihm beobachteten Einlagerungen von Sanden und Granden. Die Bedeutungslosigkeit derselben für eine etwaige Gliederung zeigen am besten die beiden nahe bei einander ge- legenen Bohrungen auf der Haltestelle Stolzenhagen, deren eine von 4 — 5 eine Sandeinlagerung zeigt, die der anderen fehlt. Die Mächtigkeit des Oberen Geschiebemergels stellt sich danach an den einzelnen Orten auf 12, 12,5, 21 und 26 Meter. Eine Aus- nahme bildet nur die in der Nähe des As gelegene Bohrung Tornow (B). Es wäre nicht undenkbar, dass die Sandfolge dieses Brunnens von 2 — 15 Meter eine durch die Asnähe beeinflusste jungdiluviale Bildung wäre und der Obere Geschiebemergel bis zu einer Tiefe von 32 Meter reichte, also, die einzelnen Bänke von 15 — 21 Meter mitgerechnet, im Ganzen eine Mächtigkeit von 19 Meter besässe. Das würde auch gut zu den übrigen Mächtigkeitszahlen stimmen. Unter dem Oberen Mergel folgt in den westlichen Bohrungen eine mit 11a bezeichnete thonige, in den östlichen eine mit II be- zeichnete sandig -grandige 'Gruppe geschichteter Bildungen; die erstere hat eine Mächtigkeit von 34 resp. 15 Meter, die der letzteren ist nicht bekannt. Ob diese Bildungen alt-, inter- oder jungglacial sind lässt sich nicht entscheiden. Unter den thonigen Bildungen der Bohrungen 5 und 6 folgt eine mit III bezeichnete Sandfolge von 14 resp. 17 Meter, die bis zum Grunde des Bohr- loches anhält. 14* Die Braunkohlen -Ablagerungen in der Gegend von Senftenherg. I. (geologischer) Theil. Von Herrn Oscar Eberdt in Berlin. (Hierzu Tafel XV.) 1. Allgemeines. Die schwarze Elster, an welcher die Stadt Senftenherg liegt, fliesst in einem, in der Richtung Ost-West verlaufenden Hauptthal, dessen Fortsetzung von Mühlberg an von der Elbe benutzt wird. Die etwa eine Viertelstunde nördlich von Senftenherg sich hinziehenden steilen Abhänge sind ein Stück des Erosionsrandes dieses alten Thaies; zugleich bilden sie die Südgrenze eines der grossen Diluvialplateaus, in welche die Mark durch die grossen diluvialen Thäler, welche sie durchziehen, zerlegt wird. Diese Diluvialplateaus sind nun im mittleren und nördlichen Theile der Mark verschieden ausgebildet. Unser Diluvialplateau, welches sich zwischen dem vorhin ge- nannten alten Hauptthal und einem nördlich gelegenen Parallel- thal, dem Baruther, hinzieht, ist durch eine Anzahl in der Richtung Süd -Ost nach Nord -West verlaufende, die beiden Hauptthäler mit einander verbindende Querthäler — es sind dies sumpfige Niederungen, in denen zerstreut aber in ziemlicher Anzahl sich moorige Wasserbecken finden — durchschnitten und wird dadurch Oscar Eberdt, Die Braunkohlen- Ablagerungen etc. 213 in einzelne, nur schwach gerundete, Südost-Nordwest streichende plateauartige Höhenzüge zerlegt. Die Südgrenze nun eines dieser Höhenzüge bilden die sog. Hörlitzer, Senftenberger , Raunoer und Reppister Weinberge, ein Stück des vorhin erwähnten Erosionsrandes darstellend, die sich ziemlich plötzlich und unvermittelt ca. 50 Meter hoch aus der weiten, durchschnittlich etwas mehr als 100 Meter über NN. liegenden Geschiebesandebene herausheben. In der Richtung Südost-Nordwest wird die Grenze durch eine luchige Thalrinne gebildet, die von Norden von den Dörfern Gross- und Klein- Räschen her über das Dorf Bückgen nach Sedlitz, Sorno, Gross- Partwitz etc. sich hinzieht. Nach Westen zu lässt sich eine natürliche Grenze nur schwer ziehen, da hier mehr ein Ueber- gehen des Terrains in flachere' Gebiete stattfindet. In dem ganzen Plateau - Theil nun, welcher südwestlich der vorhin genannten, in der Richtung Südost-Nord west verlaufenden, luchigen Thalrinne liegt, finden sich von letzterer aus nach Westen auf eine Länge von etwa 12 Kilometer, dagegen in der Richtung von Süd nach Nord, — von der Stadt Senftenberg als südlichstem Punkte aus gerechnet — nur auf eine Länge von etwa 5 — 6 Kilo- meter, — die Grenze im Norden bildet ebenfalls eine luchige Thalrinne, — ausgedehnte und mächtige Braunkohlenablagerungen. Dies Flötz, denn man hat es bei den sog. Senftenberger- Ablagerungen wohl mit einem einheitlichen Flötz zu thun, welches im Osten in den Gemarkungen der vorhin genannten Dörfer Räschen, Bückgen, Sedlitz beginnt und nach Westen zu mit der Erdoberfläche sanft ansteigend, sich südlich über Zschipkau- Kostebrau, nördlich über Dobristroh-Särchen bis Gohra hinzieht, tritt am Fusse der oben genannten Reppister-, Raunoer-, Senften- berger- und Hörlitzer -Weinberge mehrfach zu Tage. An diesen Punkten wurden denn auch vor etwa 30 Jahren die ersten Ver- suche grösseren Umfangs, die Braunkohle bergmännisch zu ge- winnen, gemacht und die ersten Werke angelegt1). *) Cramer, H. Geschichte des Bergbaues in der Provinz Brandenburg. Heft 5. Die Niederlausitz. 8°. Halle 1878. 214 Oscar Eberdt, Die Braunkohlen -Ablagerungen Auf diesem Flötz bauen eine grosse Anzahl theils grösserer, theils kleinerer Gruben. Am Fusse der vorgenannten Hörlitzer, Senftenberger etc. Weinberge liegen davon in der Richtung von Ost nach West die Reschke’schen Werke (Mariengrube), die Anhaitischen Braunkohlenwerke (Grube Marie), Henkels Werke, Grube Friedrich-Ernst, Stadtgrube, Meurostolln, Hörlitzer Werke. Diese sind mit Ausnahme der Grube Friedrich -Ernst und zum Theil der Hörlitzer Werke sämmtlich Tief baue. In der Ost- hälfte des Flötzes sind noch zu nennen nördlich von den drei zuerst genannten die Gruben Ilse und Victoria, theils Tagebau, theils Tiefbau, von denen Ilse am weitesten östlich liegt, endlich die Grube Marie Nordwestfeld (Anhaitische Kohlenwerke), die ausschliesslich Tagebaubetrieb hat. Wie Bohrungen ergeben haben, die zuerst von der Ilse-Gewerk- schaft noch weiter westlich von Victoria und Marie Nordwestfeld, in der Gemarkung des Dorfes Dobristroh vorgenommen worden sind, setzt sich das Flötz in dieser Richtung fort. Es wurde Kohle in bedeutender Mächtigkeit und grosser Ausdehnung erbohrt. Weiter nach Westen zu liegen im nördlichen Theile des Flötzes die Gruben Waidmannsheil, Heyegrube, Gotthold, Henriette, sämmtlich in der Nähe des Dorfes Särchen, dann mehr nach Süden zu bei dem Dorfe Klettwitz die Gruben Felix und Wilhelminens- glück und Zschipkauer Werke I und von diesen wiederum südlich die Zschipkauer Werke II. Alle diese sind mit Ausnahme von Heyegrube und den Zschipkauer Werken, welche theils Tagebau-, theils Tiefbau -Betrieb haben, ausschliesslich Tagebaue. Charakteristisch für das Senftenberger Braunkohlenvorkommen ist seine ausserordentliche Mächtigkeit und fast ungestörte Lage- rung. Bezüglich der Mächtigkeit kann man, trotzdem dieselbe sehr wechselt, im Allgemeinen doch wohl sagen, dass sie in dem westlichen Theile des Flötzes geringer ist als in dem östlichen. Einige Gruben sitzen hier sicher auf dem Ausgehenden des Flötzes, denn unweit derselben tritt die Kohle in geringer Mächtig- keit, nur von einer dünnen Sandschicht noch gerade bedeckt, fast zu Tage. Mächtigkeiten, wie in dem östlichen Theile von 19 Meter und darüber, kommen in dem westlichen kaum vor, jedenfalls nur in der Gegend von Senftenberg. 215 ausnahmsweise, während sie in dem östlichen beinahe Regel sind, und die Mächtigkeit unter 11 Meter dort überhaupt nicht her- abgeht. Was die Beschaffenheit der Kohle anlangt, so kann man mehrere Arten unterscheiden. Am häufigsten ist die sehr wasser- reiche, — sie enthält davon bis zu 60 pCt. — stückreiche, roth- bis dunkelbraune Kohle, in welche vielfach grosse Mengen bitu- minösen Holzes eingelagert sind. Ferner findet sich, besonders dicht am Hangenden, eine mehr grau aussehende, stark bröckelnde und leicht zerreibliche Kohle, in der sich Pflanzenreste nur in geringerer Menge nach weisen lassen. Wohl aber sieht man in derselben kleine, abweichend entwickelte Adern von schwarzer Holzkohle und Schwefelausblühungen. Endlich tritt zwischen beiden auch noch eine schwärzlich aussehende Kohle auf, die den Eindruck macht, als ob sie aus lauter Fäden bestehe, und aus- schliesslich aus Sumpfgräsern, Schilfen und dergl. gebildet sei. Das Liegende der Kohle besteht aus braunem Letten oder grauem resp. graubraunem Thon. Ueberall, wo weitere Bohrungen vorgenommen wurden, hat man durchschnittlich 30 — 40 Meter unter diesem Liegenden ein neues Braunkohlenflötz angetroffen. Doch ist die Kohle desselben von ganz anderer Beschaffenheit als die des oberen, jetzt im Abbau begriffenen Flötzes. Sie ist nicht wie diese letztere erdiger Natur, sondern eine Glanzkohle. Die Mächtigkeit des Hangenden ist sehr ungleichmässig und durchaus nicht von der Oberflächengestaltung des Bodens abhängig. Doch ist sie im Allgemeinen ziemlich bedeutend und wechselt zwischen 5 und 15 Meter, sodass die Abräumung desselben die Aufbietung grosser Arbeitsleistungen nöthig macht. In den Gruben bei Zschipkau, wo das Hangende zum Theil aus tertiärem schneeweissen, glimmerreichen Quarzsand besteht, wird derselbe gewonnen und zur Glasfabrikation verwandt; meist jedoch wird, abgesehen von einigen Werken, die nebenbei Ziegeleibetrieb haben, mit Hülfe von Feldlocomotiven der Abraum, trotzdem fast überall einen Theil desselben fette, kalkfreie, zur Fabrikation von Flaschen etc. sich eignende Thone bilden, nach abgebauten Flötztheilen transportirt und die Leere damit ausgefüllt. Im Hangenden über- 216 Oscar Eberdt, Die Braunkohlen -Ablagerungen wiegen vielfach die diluvialen Bildungen aus mächtigen Kies- und Sanddecken bestehend. Hervorzuheben ist das Auftreten kleiner, hübsch gezeichneter Achate, deren Herkunft vorläufig noch nicht aufgeklärt ist, in ihnen, und zwar finden sich dieselben auf der Westhälfte des Flötzes häufiger als auf der Osthälfte. Gewöhnlich liegt der Kohle Thon auf, doch enthält derselbe meist keine Versteinerungen oder Abdrücke irgend welcher Art. Schlemmt man ihn, so findet man, dass er kleine Pflanzenreste führt, die aber total zerrieben sind und sowohl in Länge als auch in Breite die Grösse von einigen Millimetern nicht über- schreiten. Sie bedürfen noch der genaueren mikroskopischen Untersuchung. Aus ihrem Vorkommen kann man aber wohl den Schluss ziehen, dass man es mit Thonen zu thun hat, die durch Wasser, welches zuvor die mitgeführten Pflanzenreste auf seinem Wege völlig zerrieben hat, in ruhigen Becken abgesetzt sind. Auf den Zschipkauer Werken ist man vor Jahren auf eine festere Thonschicht gestossen, welche im Gegensatz zu dem Ge- sagten reichlich Blatt- und Fruchtabdrücke aufwies. Doch ist leider von derselben nichts mehr zu sehen, und die Stelle wo sie gewesen wahrscheinlich mit Abraum verschüttet. 2. Lagerung des Flötzes. Die Lagerung des Braunkohlenvorkommens ist im Allge- meinen nur wenig gestört und durchweg eine fast horizontale resp. sehr schwach geneigte, zum Theil flach wellenförmige, und zwar geht die Längsrichtung der Wellen von Ost nach West. Am Fusse der Höhenzüge, wo das Flötz zu Tage tritt, sieht man ohne Weiteres, dass dasselbe schwach in die oben genannten Höhenzüge hinein einfällt, und das Gleiche lässt sich genauer an einer grossen Zahl von Aufschlüssen constatiren und ist ausser- dem durch viele Bohrungen nachgewiesen. Ein wenig stärker als das Einfallen in die Höhenzüge hinein, also in der Richtung von Süd nach Nord ist das Einfallen des Flötzes in der Richtung von West nach Ost, und zwar nimmt man dasselbe etwa doppelt so gross an. Wurde oben gesagt, dass am Fusse der Höhenzüge das Flötz in der Gegend von Senftenberg. 217 vielfach ausgeht und zu Tage tritt, so lässt sich weiter doch fest- stellen, dass dasselbe auch mehrfach in die Niederung hiuein fort- setzt. In solchem Falle ist es aber nicht mehr von seinem ursprünglichen Hangenden sondern gewöhnlich von jungen Torf- bildungen überdeckt. Solche Fortsetzungen mit überdeckenden jungen Torfmooren kann man auf dem Grubenfelde von Heyegrube in der Nähe von Särchen und weiter auch bei Klettwitz beobachten. Das in die Ebene sich fortsetzende Braunkohlenflötzchen ist meist sehr schwach, und man kann sich häufig des Eindrucks nicht erwehren, als seien hier infolge diluvialer Erosion die ursprünglich hangenden Schichten mit dem grössten Theile der Braunkohle selbst hinweggefegt worden. Das Liegende des von dem Torf- moore überdeckten Flötzcbens ist dasselbe, wie dasjenige des normalen Flötzes. Von einer genau gleichmässigen Gestaltung von Flötz- und Tagesoberfläche kann, im Einzelnen wenigstens, keine Rede sein, obwohl sich die letztere ja vielfach ähnlich wie die Flötzoberfläche verhält. Sie fällt nur wenig nach Nordosten und Osten, neigt sich aber, rein nach NordeD, steiler in die Ebene. Spuren dilu- vialer Abwaschungen und Zerstörungen machen sich häufiger bemerkbar. So zieht sich südlich vom Felde der Grube Ilse, in der Richtung von Ost nach West streichend, auf noch unbekannte Erstreckung eine diluviale, zum Theil mit diluvialen Sanden aus- gefüllte Auswaschung hin, durch welche das Flötz in seiner Ge- sammtmächtigkeit unterbrochen wird. Ferner machen sich im westlichen Theile des Flötzes, in fortlaufender Aufeinanderfolge, auf einer, in der Richtung von fast Süd nach Nord verlaufenden Grenzlinie, — sie zieht sich von den Hörlitzer Weinbergen, etwa den Gruben Hörlitzer Werke und Meurostolln her zwischen den Dörfern Klettwitz und Särchen hin, sodass die nördlichen Gruben Henriette, Gotthold, Heyegrube und Waidmannsheil öst- lich von ihr zu liegen kommen, — ziemlich intensiv die Resultate einstiger diluvialer Abwaschungen bemerkbar. Das Flötz nähert sich hier der Oberfläche und ist vom Diluvium theilweise abge- schürft. Mit diesen Erscheinungen steht jedenfalls auch die von hier aus abnehmende Mächtigkeit des Flötzes in Zusammenhang. 218 Oscar Eberdt, Die Braunkohlen -Ablagerungen Nach Westen zu, in der Richtung nach Uobristroh, setzt, wie schon oben bemerkt, das Flötz weiter fort. Eingehende Bohrungen in östlicher Richtung sind nicht vorgenommen worden, da man schon bald beobachten konnte, dass hier ein schnelles Niedergehen in die Teufe stattfand. Auch ob das Flötz nach Norden zu und wieweit es unter eine, auch im Norden des Senftenberger Plateaus vorhandene Thalsohle fortsetzt, ist nicht genügend bekannt. Doch erscheint das Letztere wohl deshalb unwahrscheinlich, weil einestheils nach Norden zu im Allgemeinen das Flötz überhaupt an Mächtigkeit abnimmt und anderntheils ausserdem vom Hangenden her, sehr deutliche Spuren diluvialer Abwaschungen und Zerstörungen sich erkennen lassen. Wie schon bemerkt ist die Mächtigkeit des Flötzes in dem Östlichen Theile sehr bedeutend. Durchschnittlich, da sie zwischen 11 und 20 Meter und mehr schwankt, kann man sie wohl auf 15 Meter taxiren, und zwar ist sie im südlichen und nordwest- lichen Theil durchgehends grösser, im nördlichen geringer. 3. Altersbestimmung der Braunkohle. Die Frage nach dem Alter dieser Braunkohlen-Ablagerungen lässt sich beantworten durch die Untersuchung ihres Liegenden und Hangenden, sowie durch Bestimmung und Beurtheilung der in diesen Schichten oder in der Braunkohle selbst sich finden- den fossilen Reste, die übrigens, wie hier gleich bemerkt werden soll, ausschliesslich pflanzlicher Natur sind und in der Hauptsache aus Hölzern, Früchten, zum geringen Theile auch aus Blättern bestehen. Das Liegende der Osthälfte des Flötzes ist nun von dem der Westhälfte mehrfach verschieden. Im östlichen Theile findet sich unter dem Flötz zuerst brauner resp. schwarz-grauer Letten oder brauner und grau-brauner Thon, der neben äusserst feinem Sande auch zahlreiche feine Glimmerblättchen führt. Unter diesem Letten folgt ein grau- weisser feiner, viel Glimmer führender Sand, der mit dunklen Lettenschichten abwechseln soll, und darauf folgt endlich ein sehr feiner, glimmerführender, reiner weisser Quarzsand, nach seinem Aussehen und seiner Zusammensetzung dem Formsande in der Gegend von Senftenberg. 219 sehr ähnlich. Alle diese Sande sollen stark wasserführend sein. Nicht in Erfahrung habe ich bringen können, ob dieser vorhin zuletzt genannte Sand schon die Deckschicht des unterliegenden älteren Braunkohlenflötzes ist, da ich genaue Bohrtabellen nicht vorgefunden habe. Auf die Frage, ob sich bei diesen Bohrungen Schalenreste gefunden hätten, ist mir stets die Antwort geworden, dass man darauf nicht geachtet habe. Die Sande zeichnen sich, nach den Proben zu urtheilen, durch grosse Feinheit des Korns aus und sind grösstentheils glimmerhaltig. Ob sie noch als zum Miocän gehörig anzusehen sind oder ob sie vielleicht mit den ober- oligocänen Meeressanden parallelisirt werden können, wird davon abhängig sein, ob es gelingt, Schalreste in ihnen nachzuweisen oder nicht. In der Westhälfte sind die als Liegendes auftretenden Schichten einander nicht immer gleich. Man findet entweder direct unter dem Flötz feinen glimmerführenden Sand von grauer Farbe oder Lagen von weissem Thone in einer ziemlich bedeuten- den Mächtigkeit bis weit über 3 Meter, oder endlich grau-braunen, thonigen Letten. Pflanzenreste sind, soviel mir bekannt geworden ist, in den liegenden Schichten der Senftenberger Ablagerungen nicht gefunden worden. Deutlicher als die Schichten des Liegenden olfenbaren sich hauptsächlich durch die vielen und ausserordentlich guten Auf- schlüsse der vielen Tagebauten die Schichten des Hangenden. Dieselben zerfallen in zwei Gruppen, von denen die eine dem Tertiär, die andere dem Diluvium angehört. Die Gesammtmächtigkeit der das Braunkohlenflötz über- lagernden Schichten ist natürlich an den einzelnen Punkten ver- schieden. Im Allgemeinen ist sie in der Osthälfte nicht geringer als 5 und nicht grösser denn 15 Meter, in der Westhälfte hingegen finden sich Stellen, wie z. B. auf den Gruben bei Klettwitz und bei Hörlitz, wo dieselbe weit unter 5 Meter bis zu 1 Ys Meter herab- geht. Dies ist fast stets dort der Fall, wo bei der schwach welligen Lagerung des Flötzes ein Wellenberg sich heraushebt. Das eigentliche Hangende des Flötzes besteht meist aus einem grau-weissen plastischen Thon, der in feuchtem Zustande, wenn 220 Oscar Eberdt, Die Braunkohlen -Ablagerungen man einen frischen Anschnitt vor sich hat, leicht bläulich-grün oder stellenweise auch ganz leicht hellbraun gefärbt erscheint. Derselbe ist immer kalkfrei, stellenweise sandig und wenn dies der Fall ist, dann reichlich mit Glimmerblättchen durchsetzt. Er wird fast nur zur Fabrikation von Ziegeln benutzt, soll aber eine Temperatur von 1200 — 1300°, ja sogar bis zu 1500° aushalten können, ohne zu sintern, und leicht Glasur annehmen. Wie oben schon bemerkt führt derselbe irgend welche Petrefacten nicht. Er erreicht eine Mächtigkeit bis über 3 Meter. Vielfach enthalten diese Thone Sehwefeleisenknollen in Schnüren vereinigt. Wo der Thon dem Flötz auflagert, ist er öfter reichlich mit Kohlenstücken vermengt, die wie in ihn hineingepresst erscheinen. Der Thon wird von groben und geröllreichen Sand- und Kiesmassen überlagert. Dieselben bestehen ausschliesslich aus wasserhellen bis milchweissen , röthlichen , bläulich oder grau ge- färbten Quarzen und schwarzen Kieselschiefern von der Grösse eines Hirsekornes bis zu Haselnuss- und Wallnussgrösse und sind mit weissen Glimmerblättchen in verschiedenem Verhältniss, meist jedoch reichlich vermengt. Was ihre Form anlangt, so sind die feineren Körner gewöhnlich scharfkantig, die gröberen hingegen meist völlig abgerundet und glatt. Auch weisser, an seiner Spalt- barkeit leicht erkennbarer Feldspath kommt dazwischen vor. Feuer- steine finden sich in diesen Sanden nicht, ebenso fehlen die Bruch- stücke fremder, namentlich nordischer Gesteine in ihnen völlig. Auch diese Sande zeigen eine, dem unterliegenden Braunkohlen- gebirge völlig conforme, sehr regelmässige Lagerung und sind, ebenso wie die Thone sowohl deswegen, als auch in Rücksicht auf ihre Zusammensetzung dem letzteren entschieden zuzurechnen. Sie erlangen mit den Thonen zusammen eine Mächtigkeit von etwa 10 — 12 Meter. Obwohl diese Beschaffenheit und Anordnung des Deckgebirges die gewöhnlichste und häufigste ist, so zeigen doch die Resultate der Bohrungen sowohl als auch die in den Tagebauten gemachten Erfahrungen, dass man eine grosse Anzahl Ausnahmen constatiren kann. Vielfach findet nämlich ein gleichmässiges Aushalten dieser beiden Schichten nicht statt, vielmehr bleiben sich dieselben nur in der Gegend von Senftenberg. 221 auf gewisse Erstreckungen hin in Mächtigkeit und Aufeinanderfolge gleich, so dass in Bezug auf letztere auch die Sande das unmittel- bare Hangende bilden und die Thone fehlen können. Mehrfach fehlt auch nicht nur die eine der Deckschichten, sondern beide gänzlich. Sie sind dann durch mächtige Diluvial- massen ersetzt. Auch soll, wenigstens im westlichen Theile, anstatt des hellen Thones und der Kies- und Sandmassen mehrfach ein feiner bräunlicher, oder hell- oder dunkelgrauer Sand, der mit Lettenstreifen durchsetzt war, die unmittelbare Deckschicht des Flötzes gebildet haben. Immer jedoch kann man beobachten, dass solche Abweichungen von der regelmässigen Ueberlagerung durch Thone hervorgerufen sind durch locale Erosionen, denn das ganze Profil des Hangenden erscheint in solchen Fällen verworren. Auch stellen sich diese Erosionserscheinungen nur auf kurze Erstreckung hin gleich- mässig dar. Die oben beschriebenen tertiären Sande überlagert das Di- luvium, das in der Hauptsache aus Geschiebedecksand, dem jüng- sten Glied des Diluviums besteht, welcher die ihm nur spärlich eingelagerten Streifchen von Geschiebelehm und -Thon in einer Mächtigkeit bis zu 3 Meter und darüber bedeckt. Obwohl er in der Hauptsache aus gleichem Material, verschieden gefärbten Quarz- körnern und dunklem Kieselschiefer besteht und deshalb jedenfalls nur als umgelagerter tertiärer Sand anzusehen ist, unterscheidet er sich doch von dem letzteren in mehreren Punkten. Es finden sich nämlich erstens in dem Geschiebedecksand Feuersteine, die in dem tertiären Sand völlig fehlen, ferner Quarzgerölle bis zur Faust- grösse und andere Gerolle südlicher Herkunft zusammen mit nordischen Gesteinen, die man auch in grösseren Blöcken bis zu 2 Cubikmeter und mehr Inhalt auf der Tagesoberfläche zerstreut findet und die aus Graniten, Gneissen und cambrischen Sand- steinen bestehen. Ein weiterer Unterschied beruht in der Un- gleichheit des Kornes des Geschiebedecksandes, die sich sogar in den einzelnen Schichten, — der Sand zeigt transversale Parallel- structur — bemerkbar macht. Vielfach ist die ganze Masse von Eisenoxydhydrat ungleichmässig durchsetzt und gefärbt und manch- 222 Oscar Eberdt, Die Braunkohlen -Ablagerungen mal mit Hilfe thoniger Bindemittel zu festem Conglomerat ver- kittet. Auch Braunkohlenquarzite fehlen in ihm nicht. Wie Keilhack *) nun gezeigt hat, finden sich am Koschen- berge, der sich etwa 2 Meilen südlich von unseren Senftenberger Braunkohlenablagerungen aus »der weiten, 105— 120 Meter hoch gelegenen Geschiebesandebene bis zur Höhe von 176,4 Meter über dem Meere erhebt« Spuren einstiger Vergletscherung. Nach seinen Befunden urtheilt dieser Autor in folgender Weise: »Das nordische Inlandeis hat offenbar die beiden Berg- kuppen noch überkleidet und den Verwitterungsschutt, mit dem sie bedeckt waren, zu einer Grundmoräne aufgearbeitet; dagegen scheint die eigentliche nordische Grundmoräne diese beiden Berge nicht mit überzogen zu haben, vielmehr wurden nur verhältniss- mässig wenige kleine Gesteinsstücke im Eise mit über den Berg genommen und der neugebildeten Grundmoräne einverleibt, auch folgte diese selbst der weiteren Südbewegung des Eises nicht, sondern blieb in der Hauptsache an der Stelle ihrer Bildung liegen, u. s. f.« Wie genaue Messungen ergeben haben, liegt der höchste Punkt des Plateaus, welches die Braunkohlenablagerungen be- deckt, 153,3 Meter über dem Meere. Man wird also in der Annahme nicht fehl gehen, dass, wenn ein südlicher gelegener, 23 Meter höherer Berg noch von dem nordischen Inlandeis über- zogen worden ist, auch die, unsere Braunkohlen deckenden Schichten ebenfalls vom Eis überzogen waren, und dafür sprechen denn auch eine Reihe von Erscheinungen. So findet man z. B. auf Grube Ilse, in der Nordostecke des momentan in Betrieb stehenden Tagebaues, wo die Tagesoberfläche des Hangenden scharf wellig gestaltet ist und die einzelnen scharfen Bodenwellen untereinander wieder zerrissen sind, 1 — H/2 Meter tiefe, runde Löcher, die mit Sandmassen fest ausgefüllt sind. Entfernt man aus ihnen den Sand, so constatirt man erstens, dass diese Löcher sich nach unten zu erweitern und dass sich auf dem *) Keilhack, K. Der Kosehenberg bei Senftenberg. Dieses Jahrbuch für 1892. in der Gegend von Senftenberg. 223 Boden derselben vielfach ein faust- bis kopfgrosser Stein befindet, ähnlich wie es von den Strudellöchern her bekannt ist. An diesen Stellen fehlen die tertiären Deckschichten völlig und sind durch ca. 15 Meter mächtige Diluvialsande, die vielfach verkittet sind, ersetzt. Diese letztere Erscheinung lässt sich, wie schon Eingangs bemerkt, in nördlicher Richtung nach dem Thale zu überhaupt vielfach beobachten und auch das Flötz selbst erscheint alterirt. Die oberen Kohlenpartien direct unter dem Hangenden sind schmierig, vielleicht infolge einstigen mächtigen gleitenden Druckes und späterer Einwirkung des Wassers. Aber noch eine Reihe anderer Erscheinungen lassen sich auf den von der einstigen Eisdecke ausgeübten gewaltigen Druck zurückführen. So findet man tertiäre Sandmassen vielfach in den hangenden Thon hineingepresst und Ueberschiebungen des Thones und Ueberkippungen, die sich in den ganzen Aufschlüssen öfter nachweisen lassen, sowie Einpressungen der unterlagernden Sande in die hoch aufgewölbten, überkippten Falten gehören nicht gerade zu den Seltenheiten. So lassen sich vielfach Erscheinungen, die für das Vorhanden- sein einer einstigen Vereisung sprechen, anführen. Aber die Massen, die diese Gletscher in Form von Localmoränen abgelagert haben mögen, sind durch spätere Flutben, welche die tertiären Schichten und zum Theil sogar das Braunkohlenflötz selbst wieder hinwegwuschen, und deren Zeugen die vielfach abgelagerten, süd- licheren Gebieten entstammenden Gesteine, so auch die Achate sind, zum grössten Theil wieder fortgespült und durch Geschiebe- decksand ersetzt worden. Wie Berendt hauptsächlich iu seiner Abhandlung: »Das Tertiär im Bereiche der Mark Brandenburg« wahrscheinlich ge- macht hat, zerfällt die märkische Braunkohlenbildung, zu der auch unsere Senftenberger Ablagerungen gehören, in zwei Abtheilungen, eine jüngere, die sogenannten nördlichen Bildungen Giebel- hausens, die »bis nach Mecklenburg und Pommern hinein in Berendt, G. Das Tertiär im Bereiche der Mark Brandenburg. (Sitzungs- berichte der Königl. Preuss. Akademie der Wissenschaften 1885, S. 863 — 885). 224 Oscar Eberdt, Die Braunkohlen -Ablagerungen auffälliger Uebereinstimmung der Oberfläche nahe liegt und eine ältere, Giebel hausens südliche Bildungen«. Diese letztere, »die sich« cf. Berendt, »nur auf die Lausitz zu beschränken und einer- seits nach Sachsen bis in die Gegend von Leipzig, anderntheils nach Schlesien hinein eine gewisse Randbildung um den nörd- lichen Fuss der Sudeten zu bilden scheint«, wird von dem vor- genannten Autor mit dem Namen »subsudetisch« bezeichnet und dadurch von der märkischen unterschieden. Wie aus den von Berendt mitgetheilten Bohrlochprofilen hervorgeht, sind diese beiden Bildungen durch eine, bis zu 30 Meter mächtige Zwischenlagerung von weissen Thonen, den sogen. Flaschenthonen der Lausitz von einander getrennt. Und da nun auch unsere Senftenberger Bildungen, wie vorhin gezeigt, vielfach eine Einlagerung thoniger Schichten und, jedenfalls regelmässig dort, wo die Lagerung nicht durch spätere Einflüsse gestört er- scheint, eine Bedeckung durch Thonmassen von verschiedener, jedoch vielfach mehr als 3 Meter betragender Mächtigkeit erkennen lassen, so liegt der Gedanke einer Zusammengehörigkeit, ja sogar einer Verschmelzung derselben mit den Flaschenthonen nahe, na- mentlich da auch die Zusammensetzung und technische Verwend- barkeit der beiden die gleiche ist. Nimmt man, was nach dem Gesagten als folgerichtig erscheint, diese an, so würden also auch unsere Senftenberger Bildungen zu den »subsudetischen« zu stellen, und da Berendt die Entstehung der letzteren in seiner vorhin genannten Abhandlung an den Schluss der Oligocänzeit verlegt, jung oligocän, und nach den weiteren Ausführungen dieses Autors in seiner Abhandlung über Soolbohrungen im Weichbilde Berlins *) sogar miocän sein. Dieses jugendliche Alter unserer Braunkohlen beweisen nun auch die fossilen pflanzlichen Reste, die man sowohl in der Braun- kohle selbst als auch in den überlagernden Thonen bei Klettwitz und Zschipkau gefunden, aber bisher gar nicht beachtet, jedenfalls zur Altersbestimmung der Ablagerungen nicht herangezogen hat. *) Berendt, G-. Die Soolbohrungen im Weichbilde der Stadt Berlin. (Dieses Jahrbuch für 1889.) in der Gegend von Senftenberg. 225 So berichtet v. Fritsch in seiner, den ersten Theil des VoLLERT’schen Buches1): »Der Braunkohlenbergbau im Oberberg- amtsbezirk Halle etc.« bildenden Abhandlung: »Die Tertiärforma- tion Mitteldeutschlands« betitelt, dass vom Bergreferendar Gräss- ner in den jetzt leider verschütteten Thonen von Zschipkau Blätter von Liquidambar europaeum Al. Br., Blätter und Früchte von Carpinus pyramidalis Göpp. spec. , Blätter von Populus latior Al. Br., Zweiglein von Taxodium distichum miocenicum Heer., u. a. m. nachgewiesen sind. Ich selbst fand und erhielt auf dem Werke in Zschipkau, aus der Sammlung eines der dortigen Ober- steiger noch ein Thonstück, was von demselben seinerzeit an Ort und Stelle entnommen war und auf dem sich Blattabdrücke von Carpinus grandis Heer, Ainus Kefersteinii Heer, desgl. Populus latior Al. Br. und wahrscheinlich von einem Kern von Vitis teu- tonica befinden. In der Kohle selbst fanden sich sehr schön erhalten Gardenia Wetzleri Heer, von diesem letzteren Autor im samländischen Miocän nachgewiesen und verwandt mit der Gardenia pomaria Engelhardt’s aus den Braunkohlen Sachsens, eine zu den Rubia- ceen gehörende Pflanze, deren Vertreter jetzt in Indien und China leben. Ferner in Massen Holz des schon mehrfach erwähnten Taxodium distichum miocenicum HeeR. , ausserdem Pmws-Zapfen und ein mächtiger Pinus- Stamm, zum Theil noch mit seiner Rinde bedeckt. Juglans - Früchte sind nicht selten, genauer bestimmt konnte eine Frucht werden als Juglans troglodytarum Heer, welche ebenfalls in den sächsischen Braunkohlen von Engelhardt nach- gewiesen ist. Früchte von Carya pusilla finden sich häufiger, namentlich aber Corylus- Früchte, deren Sclerenchym mit dem der Frucht von Corylus avellana L. ausserordentliche Uebereinstimmung zeigt. Als Corylus avellana angehörig konnten auch viele Holz- reste bestimmt werden. Auch der von Heer im samländischen Miocän nachgewiesene Carpolithes Gervaisii , der nach den Unter- suchungen Schenk’s vielleicht als eine Anacardiaceen- Frucht an- *) Vollert, Der Braunkohlenbergbau im Oberbergamtsbezirk Halle. Fest- schrift zur Feier des 4. Allgem. Deutschen Bergmannstages. 8°. Halle a. S. 1889. Jahrbuch 1893. 15 226 Oscar Eberdt, Die Braunkohlen -Ablagerungen Zusehen ist, findet sich in unseren Kohlen, ebenso Garex- Samen in Fülle, oft kleine Bänke bildend. Zwar treten, mit Ausnahme von Populus latior, die sich zu- erst im Miocän findet, fast alle andern genannten Pflanzen, — es sind hier nur die hauptsächlichsten angeführt — auch schon im Oligocän auf, aber die ganze Zusammensetzung der Flora weist doch entschieden auf Miocän hin. Palmen finden sich gar nicht und neben den Vertretern einer wärmeren Zone treten hauptsächlich doch Angehörige einer gemässigten wärmeren Zone auf, deren Formen aber eine so tief eingreifende Veränderung, in dem Umfang, wie es bei den Floren der jüngsten Tertiärbildungen der Fall ist, doch noch nicht erfahren haben. Und so möchte ich denn, ebenso wie nach den geologischen Befunden auch nach den Pflanzenresten die Braunkohlen als in der Periode des Miocäns gebildet, bezeichnen. 4. Entstehung des Braunkohlenlagers. Bekanntlich stehen sich bezüglich der Bildung der Braunkohlen- flötze zwei Ansichten einander gegenüber. Nach der einen, die namentlich heutigen Tages eine grosse Anzahl Vertreter hat, soll der bei Weitem grösste Theil der Ablagerungen, wenn nicht über- haupt sämmtliche, durch Herbeischwemmung von Pflanzenmassen, Baumstämmen vor allen Dingen, in Verbindung mit sogen. Barren- bildungen, wie man sie heute noch an verschiedenen Küsten, so- wie am Mackenzie und Missisippi beobachten kann, — ich will hier nicht unterlassen auf die Abhandlung von Ochsenius *) über Kohlenbildung hinzuweisen — entstanden sein. Nach der andern sind die Braunkohlenflötze aus Ablagerungen von Pflanzentheilen auf deren Entstehungsstätte, aus Torf- und Waldvegetation her- vorgegangen. Ohne auf diese Ansichten, die jedenfalls, je nach den Um- ständen beide berechtigt sind, näher einzugehen, darf, so glaube ich, von den Senftenberger Ablagerungen mit Bestimmtheit be- hauptet werden, dass sie am Orte selbst entstanden, oder um ein in Aufnahme gekommenes Fremdwort zu gebrauchen, autochthon sind. Dafür spricht das Folgende. b Ochsenius, Carl. Ueber Kohlenbildung. Berg- und. Hüttenmännische Zeitung. Jahrg. 51 (1892), No. 17, S. 153 u. f. in der Gegend von Senftenberg. 227 In einer Reihe von Tagebauten, ich habe es z. B. beobachtet auf der Heyegrube, den Hörlitzer Werken und auf der Grube Marie Nordwestfeld, d. h. also, sowohl im westlichen als auch im östlichen Flötztheil, findet man im Liegenden des Flötzes aufrecht stehende Baumstämme. Am schönsten sah ich diese Erscheinung auf der Grube Marie Nordwestfeld uud nach dem dortigen Vor- kommen will ich dieselbe auch zu schildern versuchen. Im Liegenden eines abgebauten Flötzstückes, in einer Länge und Breite von je etwa 200 Meter fand ich eine grosse Anzahl aufrecht stehender Baumstümpfe, deren Wurzeln ich auf ca. 2 bis 2V2 Meter Entfernung vom Stamm im Liegenden, es war leicht grau-gefärbter Thon, verfolgen konnte. Alle diese Stämme waren in etwas mehr denn einem Meter Höhe über dem Boden gleichmässig wie abgeschnitten oder abgesägt. Welche Gewalt, so frug ich mich, als ich diese Erscheinung zum ersten Male sah, ist im Stande gewesen, dies zu vollbringen? Denn alle diese Stämme konnte man als einstige Riesen des Waldes bezeichnen. Die meisten von ihnen hatten einen Durchmesser von über 3 Meter und einen Umfang von 9 — 10 Meter. Diese Bäume müssen hier, wo sie noch fest eingewurzelt stehen, auch gewachsen sein, denn selbst wenn man annehmen wollte, dass sie von einem andern Standort hier eingeschwemmt und später durch eine gewaltige Kraft wieder aufgerichtet seien, so widerspricht dieser Annahme doch ihre ganze Erscheinung, die vollkommene Regelmässigkeit und Gleichmässigkeit ihrer Stellung, und vor allen Dingen die durchaus regelmässige Lagerung des Flötzes, das keinerlei innere Störung zeigt. Aber, welche Kraft ist im Stande gewesen, diese Riesenleiber so gleichmässig niederzustrecken, dass eine Ebene, die man durch die Endflächen der Stümpfe legen, ungefähr parallel dem Liegen- den verlaufen würde? Da erinnerte ich mich der Schilderungen tropischer Urwälder und fand in denselben stets die Angabe, dass die alten Riesenbäume, wenn sie, morsch geworden, das Gewicht ihrer Kronen nicht mehr zu tragen vermögen, ebenfallsfast stets in gleicher Höhe über dem Boden brechen. Aber das würde immer nur eine splittrige aber noch keine glatte, vielmehr ebene 15* 228 Oscar Eberet, Die Braunkohlen -Ablagerungen Bruchfläche geben. Da führte mich Herr Geh. Oberbergrath Dr. HaüCHECORNE darauf, dass man zur Erklärung dieser letzteren Er- scheinung das Wasser zu Hülfe nehmen könne. Die Bäume sind ge- brochen und ihre Stämme sind in das Wasser gestürzt, und dies letztere hat insofern nivellirend gewirkt, als bis zur Höhe des Wasserspiegels die Stümpfe abgefault sind, der vom Wasser be- deckte Theil dagegen vor Verwitterung geschützt und so erhalten geblieben ist. Das Holz einer Anzahl dieser Stümpfe ist nun von mir unter- sucht und -zumeist als Taxodium distichum miocenicum Heer be- stimmt worden. Doch auch Laubhölzer finden sich darunter, die noch der eingehenden Untersuchung harren. Alle in den Senften- berger Ablagerungen vorkommende Hölzer zu untersuchen und, soweit möglich, zu bestimmen, soll Gegenstand einer besonderen Arbeit sein und zwar gedenke ich sowohl eine vergleichende ana- tomische Untersuchung aller in einem Flötz sich findenden Holz- vorkommen, als auch eine Vergleichung der Braunkohlenhölzer verschiedener Vorkommen mit einander vorzunehmen. Herr Bergrath v. Gellhorn *) hat eine Reihe von Hölzern aus der märkischen Braunkohle, nämlich aus der Gegend von Freienwalde, Drossen, Rietschütz in der Nähe von Schwiebus, und Zielenzig untersucht und sie ausschliesslich als Taxodium distichum miocenicum bestimmen können. Er kommt daher zu dem Schlüsse, dass die Braunkohlen im nördlichen Theile der Mark Brandenburg nur aus Nadelhölzern gebildet sind und Laubhölzer völlig fehlen. Nun, die vorhin angeführten Früchte von Laub- hölzern aus der Kohle würden allein schon genügen als Nachweis des einstigen Vorhandenseins von Laubhölzern, wenn auch bis jetzt noch keine Stammtheile gefunden wären, denn sie müssen doch an solchen gewachsen sein. Ferner kommt v. Gellhorn zu dem Schlüsse, dass zur Zeit der Bildung der märkischen Braunkohlen kein wärmeres Klima als jetzt geherrscht habe, weil die virginische Sumpfcypresse auch jetzt noch bei uns gedeihe. Aber man kann doch wohl kaum J) v. Gellhorn, 0. Die Braunkohlen- Hölzer in der Mark Brandenburg. (Dieses Jahrbuch 1893). in der Gegend von Senftenberg. 229 behaupten, dass sie so bei uns gedeiht, wie in ihrer Heimath und zu einer Massen- Taxodium-Veget&tion dürften wir es unter jetzigen Temperaturverhältnissen wohl nicht mehr bringen. Eine Erörterung der an und für sich speciell für diesen Aufsatz nebensächlichen Temperaturfrage ist aber auch deshalb noch überflüssig, weil ja die Beweise für das einstmalige Vorhandensein anderer, sicher sub- tropischer Pflanzen vorliegen. Die Hauptbildungs- resp. Ablagerungsorte der Pflanzenstoffe in der Tertiärzeit waren Sümpfe, Moore, Binnenseen, Meeres- buchten, Flussdeltas und ähnliche Localitäten mehr. Hier ent- wickelte sich unter den damaligen günstigen Temperaturver- hältnissen und bei der mit Wasserdünsten reichlich gesättigten, vielleicht auch etwas kohlensäurehaltigeren Atmosphäre eine Massen- vegetation, deren Erzeugnisse riesenhafte Grösse erreichten. Man denke nur an Pinus protolarix Goepp., aus den Braunkohlen bei Laasan in Schlesien, ein Baum, dem an Grösse die Stämme im Senftenherger Vorkommen völlig ebenbürtig sind. Bei Pinus pro- tolarix hatte Goeppert 2500 Jahresringe gezählt, und, weil er nach Verhältnissen in unserer gemässigten Zone urtheilte, ein Alter von 2500 Jahren für den Baum herausgerechnet, was so lange als richtig galt, bis andere Botaniker an Untersuchungen im tropischen und subtropischen Gebiet zeigten, dass die Bäume dort mit einer Ringbildung im Jahre sich nicht zufrieden geben, sondern deren mehrere machen und im Verhältniss viel kurzlebiger sind als bei uns. Und so dürfte es- denn auch zur Tertiärzeit der Fall gewesen sein, dass die gewaltigen Pflanzenmassen zwar schnell erzeugt, aber auch schnell zersetzt worden sind. Als Bildungslocalität der Senftenberger Vorkommen haben wir jedenfalls eine flache Mulde, etwa eine seichte Meeresbucht oder einen Theil einer solchen uns vorzustellen. Hier entwickelte sich entweder gleichzeitig mit oder noch vor dem Auftreten eines Moores unser Taxodium distichum mioc. H., das ohne Zweifel zur damaligen Zeit dieselbe Rolle gespielt hat, wie sein Verwandter, das jetzige Taxodium distichum in den Morästen Virginiens noch heute, wo es eine Höhe von 40 Meter und eine entsprechende Stärke erreicht. Zwischen und unter diesen Bäumen entwickelte 230 Oscar Eberdt, Die Braunkohlen -Ablagerungen sich ein Wald von Rohr, Gräsern und kleinen Kräutern und Ge- sträuchen, und in jedem Jahre häufte sich das Gemenge derselben, mit abgefallenen Zweigen und Blättern vermischt, an der Wasser- oberfläche an, um durch langsame Zersetzung in Kohle verwandelt zu werden, endlich zu Boden zu sinken und dort einen schwarzen weichen Schlamm zu bilden. Dann stürzten die Bäume, verkohlten, soweit sie im Wasser'' lagen, langsam, und auf ihren, aus dem Wasser herausragenden, vermodernden Theilen siedelten sich Moose, dann kleine Gesträuche an, auch jedes Jahr durch Ast- und Laub- fall zur Vermehrung der Ablagerungen beitragend. Kurz, es ist dasselbe Bild, wie es heute in südlicheren Theilen der Vereinigten Staaten die sogenannten Dismal- oder Alligator -Swamps zeigen. (Ich will nicht versäumen hier auf folgende Arbeit zu verweisen, welche in ausführlicher Weise, unter Beibringung einer grossen Anzahl von Abbildungen, die genannten Dismal Swamps beschreibt. Es ist dies: »General account of the fresh-water morasses of the United States, with a description of the Dismal Swamps District of Virginia and North Carolina, by Nathaniel Southgate Shaler. Tenth Annual Report of the United States Geological Survey 1888 — 1889. Part I. Geology. p. 261 — 339). Das sind grosse Moräste, welche am Atlantischen Ocean von Cap Henri oder Nor- folk in Virginien bis zur Mündung des Cape -Fear -Flusses oder Wilmington in Nord -Carolina reichend, vielleicht tausende von Quadratmeilen bedecken und von den umgebenden Bergen und Buchten durch breite Hügel und grosse Sandbänke getrennt sind. Sie schliessen starke Torflager und seichte Seen ein, welche, die Unebenheiten des Bodens füllend, bis an den Fuss der das Land durchziehenden Hügel sich ausbreiten, auf denen sich, im Gegen- satz zu der sonstigen Sumpfflora, die Vegetation des festen Landes entwickelt. Wenn sich der einsame Wanderer in diese morastige Wildniss verirrt, so muss er mindestens bis an die Knie im Wasser oder im schwarzen, weichen Schlamm waten, denn was wie grüner, fester Boden aussieht, sind Moose, durch die sein Fuss hindurch- tritt. Fast undurchdringlich dichte Sumpfgräser versperren ihm den Weg und einen sicheren Ruhepunkt für seinen ermüdeten Fuss bieten ihm nur die knorrigen, über den Morast sich erheben- in der Gegend von Senftenberg. 231 den Wurzeln eines mächtigen Baumes, einer immergrünen Cypresse, des Taxodium distichum. Der Zeitraum, in welchem die Ablagerung der Braunkohlen- flötze sich vollzog, ist nun in den meisten Fällen, jedenfalls bei starken Flötzen immer ein sehr grosser gewesen, um so grösser, wenn ihre Bildung nicht ruhig und ununterbrochen, sondern dis- continuirlich, in periodischen Absätzen vor sich ging. Denn durch Naturereignisse, z. B. Ueberschwemmungen , welche Thon und Sandmassen herbeiführten und in diesen Morästen ablagerten, konnten natürlich die verkohlten Massen bedeckt und die Wasser- oberfläche völlig wieder frei werden, so dass erst ganz allmählich von Neuem sich Vegetation darauf entwickeln musste. Geschah dies, dann entstanden 2 oder mehrere Flötze, wenn nicht, nur eines. Bei unserm Senftenberger Braunkohlenflötz hat es den An- schein, als habe man ein einziges mächtiges Flötz vor sich, aber die genaue Untersuchung des frischen Profils eines ganzen Flötzes giebt doch eine etwas andere Auskunft, wie ich auf Grube Marie Nordwest- feld constatiren konnte. Das ganze Flötz wurde hier durch 2, im Verhältniss zur Mächtigkeit des Flötzes von ca. 20 Meter freilich nur schwache Schichten thonhaltiger Kohlensande in 3 Abtheilungen getrennt, und in jeder dieser, gleichwie die Kohle schwarzbraun gefärbten, thonhaltigen Sandschichten sah man, ebenso wie im Lie- genden, Baumstämme mit langen Wurzelresten aufrecht stehen. Hiernach ist also die Bildung eine discontinuirliche, durch Ablage- rung dieser Zwischenschichten unterbrochene gewesen. Und in jeder dieser 3 Etagen, von denen die oberste die mächtigste war, lässt sich ungefähr die gleiche Gliederung der Kohlen beobachten. Zuerst findet man in der Richtung vom Liegenden zum Hangen- den, die Baumstümpfe umgebend, roth- bis dunkelbraune Kohle, mit Einlagerung langgestreckter, wirr durch einander liegender Stämme verschiedenen Durchmessers in einer Mächtigkeit bis zu 3 Meter und vielleicht noch darüber. Dann folgt eine schwärz- liche Kohle, die vielfach stenglich und fädig aussieht und den Eindruck macht, als ob sie ausschliesslich aus Sumpfgräsern, Schilfen , Binsen und dergl. gebildet sei , mit mannigfachen, 232 Oscar Eberdt, Die Braunkohlen -Ablagerungen häufigen Resten von Kleinholz, jedenfalls von Gesträuch her- rührend, ganzen Depots von Nüssen, vornehmlich Haselnüssen und von kleinen C'are^-Samenkörnern , die ganze, kleine Bänke bilden. Hierauf folgte eine etwas verunreinigte Kohle, die in ihrer obersten Schicht etwas schmierig erschien, mit spärlicherer Ein- lagerung von Stämmen , von denen ich dahingestellt lassen will, ob sie nicht eventl. doch eingeschwemmt sind, und darauf lag nun die vorgenannte thonhaltige Sandschicht mit wiederum aufrecht stehenden Baumstümpfen. War nun die Zeit, die zu diesen mächtigen Ablagerungen nöthig war, auch gross, so scheint sie doch nicht so gross ge- wesen zu sein, dass in ihrem Verlaufe die klimatischen Bedingungen und mit ihnen der Charakter der Pflanzenwelt sich wesentlich ge- ändert hätten. Denn soviel mir scheint, findet man in den Kohlen- schichten unter dem Hangenden etwa die gleichen Pflanzenreste wieder, wie in der Nähe des Liegenden. 5. Schlussbemerkungen. Lassen wir die Flora, aus deren Resten unsre Kohle gebildet ist, nochmals vor unsern Augen vorübergleiten, so finden wir, dass Bäume und Sträucher dominiren. Sie machten im Tertiär nach den Angaben Heer’s und anderer bedeutender Forscher etwa 76 pCt. der Flora aus, und von ihnen wiederum % etwa bildeten die immergrünen Bäume. Nur 24 pCt. kamen auf Gräser und Kräuter, deren Hauptvertreter wohl Arundo Goepperti Heer, Poacites- Arten, sowie eine Reihe von Carex- Arten u. a. m. waren, und auf niedere Pflanzen. Hochstämmig ragten die immergrünen Riesenbäume aus dem Sumpfe empor, mit Bäumen mit fallendem Laube, Wallnuss- und Amberbäumen, Carpinus- und Populus- Arten untermischt, die sich hauptsächlich aber wohl an schon trockeneren Stellen am Rande des Wassers ansiedelten. Wohl- riechende Gardenien erfüllten mit ihrem Dufte die Luft und an den Bäumen rankte sich Vif As teutonica , die deutsche Weinrebe, nach den Untersuchungen Al. Braun’s eine der amerikanischen Vitis vulpina ähnliche Rebe empor. Meist ist die Braunkohlenflora als einförmig verschrieen, und in der Gegend von Senftenberg. 233 wegen dieser Einförmigkeit einestheils, anderntheils wegen der häufig schlechten Erhaltung der in ihr sich findenden organischen resp. Pflanzenreste ist sie vielfach missachtet und darum wohl auch nie recht eingehend untersucht worden. Zu irgend welcher Missachtung liegt aber bei der Flora unserer Senftenberger Ab- lagerungen kein Grund vor, denn sie ist reichhaltig und verhält- nissmässig gut erhalten. Deshalb und weil nach den Erfahrungen bei meinen bis- herigen Untersuchungen, die freilich vorläufig nur wenig eingehend sein konnten, ich die Hoffnung hege, dass die Mühe der Bear- beitung sich lohnen und einige Resultate ergeben wird, habe ich die eingehende Untersuchung der Senftenberger Pflanzenreste zum Gegenstand einer besonderen Arbeit gemacht, die ich im nächsten Jahre an dieser Stelle zu veröffentlichen gedenke. Nachschrift. Im Decemberheft des Jahrganges 1894 der »Brandenburgs«, Monatsblatt der Gesellschaft für Heimathkunde der Provinz Bran- denburg zu Berlin, von dem ich erst Kenntniss erhielt, nachdem die Drucklegung dieser Arbeit schon erfolgt war, findet sich ein Bericht von E. Friedel: »Ueber die jüngsten Ausgrabungen und Funde in den Braunkohlen werken bei Gross-Räschen, Kreis Calau«. Herr Friedel schreibt darin: »Durch einen Zufall erfuhr die Di- rection der geologischen Landesanstalt hiervon (nämlich von der Auffindung aufrecht stehender Baumstümpfe) und entsendete (im October 1894) den Pflanzenpaläontologen Dr. Potonie als hervor- ragenden Fachmann in die betreffende Gegend.« Diese Angabe ist nicht ganz den wirklichen Verhältnissen entsprechend. Ver- fasser dieses wurde von der Direction der Königl. geologischen Landesanstalt schon im October 1893, also ein volles Jahr früher, in die betreffende Gegend gesandt, weil dort einige interessante Funde gemacht worden waren, und hat dieselbe während mehr als 8 Tagen nach allen Richtungen hin, soweit sie Braunkohlen führt, durchstreift, auch die meisten, jedenfalls wichtigeren Werke sämmt- lich besucht und die geologischen Verhältnisse untersucht. 234 Oscar Eberdt, Die Braunkohlen -Ablagerungen Die Begehungen wurden vorgenommen auf Grund von Hin- weisen und Rathschlägen, welche der inzwischen leider verstorbene Oberbergrath Koch in Cottbus dem Verfasser in einer dort statt- gefundenen Besprechung gegeben hatte. Verfasser versäumte natürlich nicht, in einem, Anfang November 1893 eingereichten Bericht der Direction die interessanten und theilweise wohl auch wichtigen Beobachtungs - Resultate und Funde der Reise zu unter- breiten, doch unterblieb aus Mangel an Zeit die eingehende Bear- beitung bis in den Herbst des Jahres 1894. Eine Reise des Herrn Dr. Potonte in das betreffende Gebiet, sowie eine am 4. Novem- ber 1894 von diesem mit einer grösseren Zahl von Theilnehmern dahin unternommene Excursion fiel zeitlich mit der Vollendung der vorliegenden Arbeit zusammen. Am 7. November desselben Jahres nun hielt Verfasser in der Deutschen geologischen Gesellschaft einen Vortrag über: »Die Braunkohlen-Ablagerungen in der Gegend von Senftenberg«, den Herr Friedel in seinem vorerwähnten Bericht eine: »Allgemeinere Orientirung über unsere Excursion vom 4. desselben Monats« ('siehe oben) nennt. Diese Bezeichnung ist nicht zutreffend, da ich erstens an der betreffenden Excursion gar nicht betheiligt, anderntheils der Vortrag auch keine allgemeinere Orientirung, sondern im Gegentheil eine sehr eingehende Schilderung der geo- logischen Verhältnisse der Gegend von Senftenberg mit vorläufig nur kurzen Abschweifungen auf paläontologisches Gebiet war. Ferner schreibt Herr Friedel: »Zunächst im Tagebau der Victoria that sich den erstaunten Forscheraugen eine wie neue Welt, das grossartige, fast überwältigende Schauspiel eines aus hunderttausendjähriger Vergangenheit wiedererstandenen Waldes der obermiocänen , zum Theil vielleicht ins Pliocän reichenden Abtheilung des Tertiärs auf.« Hierzu ist zu bemerken , dass meines Erachtens kein Grund vorliegt , die Ablagerung , in der sich die stehenden Baumstümpfe finden, gerade für obermiocän zu halten. Sie ist jedenfalls miocän, das beweisen neben den Lagerungsverhältnissen auch die darin sich findenden fossilen Reste; gerade auf oberes Miocän deutet nicht das Geringste hin. Ebenso findet sich vor- in der Gegend von Senftenberg. 235 läufig noch kein Anhaltspunkt, der dazu berechtigte, die dem Di- luvium nach unten zunächst liegenden Schichten für Pliocän zu halten. Was nun die Erhaltung einer Anzahl dieser aufrecht stehenden Stümpfe an Ort und Stelle anlangt, welche in dem FRiEDEL’schen Bericht gefordert wird, so ist vielleicht der Hinweis angebracht, dass ohne Ueberbauung solcher Stümpfe, die diesen Schutz gegen Witterungseinflüsse, Regen, Sonne, Wind, Frost u. s. w. gewährt, es nicht möglich sein wird, dieser Forderung nachzukommen, da nach meinen bisherigen Beobachtungen und Erfahrungen die Witterungseinflüsse ziemlich schnell zerstörend auf das Holz der Stümpfe einwirken. Hoher die stratigraphischen Beziehungen der höhmischen Stufen F, Gr, H Barrande’s zum rheinischen Devon. Von den Herren E. Kayser in Marburg und E. Holzapfel in Aachen. (Mit 5 Zinkotypien im Texte.) Vorbemerkungen. Die nachstehenden Mittheilungen sind, soweit sie Böhmen betreffen, das Ergebniss einer mehrwöchentlichen Studienreise, die wir im letzten Herbste (1893) in das altpaläozoische Gebiet der Gegend von Prag und Beraun ausgeführt haben. Acht Tage be- gleitete uns auf unseren Ausflügen Herr Chefgeologe Th. Tscher- nyschew aus Petersburg. Ausserdem betheiligte sich an denselben in den ersten 14 Tagen noch Herr Dr. Fr. Katzer aus Leoben, dem wir für seine liebenswürdige und sachkundige Führung zu lebhaftem Danke verpflichtet sind, welchen ihm auch an dieser Stelle auszusprechen uns Bedürfniss ist. Dankend müssen wir ausser- dem der Unterstützung erwähnen, die unsere Bestrebungen durch den Director der k. k. geologische^ Reichsanstalt, Herrn Ober- bergrath Dr. G. Stäche in Wien, sowie den Director des böhmi- schen Nationalmuseums zu Prag, Herrn Professor Dr. A. Fritsch erfahren haben; seitens des Ersteren durch Darleihung der nicht im Handel befindlichen österreichischen Generalstabskarte im Maassstabe 1 : 25,000; seitens des Letztgenannten dadurch, dass er uns, trotz der augenblicklichen Unzugänglichkeit der paläonto- E. Kayser u. E. Holzapfel, Heb. d. stratigraphischen Beziehungen etc. 237 logischen Sammlungen in Folge ihrer Ueberführung in das neue Museum, dennoch einen Einblick in die uns besonders interessi- rende ZEiDLER’sche und NovAK'sche Sammlung ermöglichte. Anlass zu unserer Reise war der Wunsch, an der Hand unserer rheinischen Erfahrungen das klassische Devongebiet Mittel- böhmens einer erneuten Prüfung an Ort und Stelle zu unter- ziehen. Die von uns in den letzten Jahren bei den Specialunter- suchungen im Dill- und Lahngebiet gemachten Beobachtungen haben zu Ergebnissen geführt, die mehrfach nicht unerheblich von den Meinungen anderer Forscher abweichen. Die Richtigkeit der neuen Gesichtspunkte in Böhmen zu prüfen, war der Haupt- zweck unserer Reise. In erster Linie handelte es sich dabei um den Kalk von Greifenstein, dem wir schon seit längerer Zeit auf Grund stratigraphischer und paläontologischer Erwägungen ein wesentlich höheres Niveau innerhalb der devonischen Schichten- folge an weisen, als es gewöhnlich geschieht. Seit aber der ver- storbene Novak in einer Abhandlung, die ein Muster peinlichster paläontologischer Detailarbeit bildet, eine überraschende Aehnlich- keit der Trilobitenfauna dieses Kalkes mit derjenigen gewisser böhmischer Devonkalke nachgewiesen, wurde es uns immer wahr- scheinlicher, dass hier eine wirkliche Altersgleichheit vorliege. Es erschien uns undenkbar, dass die betreffenden Kalke bei so weit gehender paläontologischer und petrographischer Ueberein- stimmung in Böhmen ein anderes stratigraphisches Niveau ein- nehmen sollten, als wir es nach unseren Untersuchungen im Rheinlande dem Greifensteiner Kalk zuschreiben mussten. Diese Ueberzeugung sollte sich als richtig erweisen. Es ist uns ge- lungen, in den fraglichen böhmischen Kalken ein unzweifelhaftes Aequivalent des Greifensteiner Kalkes nachzuweisen und damit die Unterlage für eine richtigere und genauere Parallelisirung der verschiedenen Glieder des böhmischen und rheinischen Devon, als sie bisher möglich war, zu gewinnen. Es sollen im Folgenden in einem ersten Abschnitte die strati- graphische Stellung der rheinischen sog. Hercynlcalke, insbesondere des Greifensteiner Kalkes, dann in einem zweiten unsere Beob- achtungen in Böhmen, und endlich in einem letzten die Be- 238 E. Kayser und E. Holzapfel, Ueber die stratigrapbischen Ziehungen der verschiedenen Glieder des böhmischen und rheini- schen Devon zu einander besprochen werden. Stellung der sog. Hercynkalke, insbesondere des Kalkes von Greifenstein, innerhalb des rheinischen Devon. Es ist eine Eigentümlichkeit der Dill- und oberen Lahn- gegend, des anschliessenden hessischen Hinterlandes (Gegend von Gladenbach und Biedenkopf) und des WALDECK’schen Gebietes (Kellerwald, Wildungen), dass das Mitteldevon daselbst nicht, wie in der Eifel, in kalkiger, sondern in schiefriger Form ausgebildet ist. Dasselbe baut sich aus einer mächtigen Folge von dunklen Thonschiefern auf, die von R. Ludwig mit Rücksicht auf die stellenweise darin in Menge auftretenden Tentaculiten alsTenta- culitenschiefer bezeichnet worden sind. Bezeichnender wäre vielleicht der Name Styliolinenschiefer, da noch viel häufiger und charakteristischer als die Tentaculiten Styliolinen sind, welche die Schichtflächen oft zu Tausenden bedecken. Ausser diesen enthält der Tentaculitenschiefer gewöhnlich nur spärliche und schlecht erhaltene Versteinerungen, kleine Goniatiten und Orthoceren, Trilobiten, Brachiopoden u. s. w. Nur selten, wie an den weiter unten zu erwähnenden Fundpunkten bei Leun und Oberbiel un- weit Wetzlar, tritt örtlich eine reichere Fauna auf. Zu den best- erhaltenen Versteinerungen gehören die feinen Kieskerne der sog. Wissenbacher Schiefer, welche nur eine besonders reine (dachschieferförmige) Entwickelung der Tentaculitenschiefer mit verkiester, ganz überwiegend aus Cephalopoden bestehender Fauna darstellen. In der Regel sind die Tentaculitenschiefer mehr oder weniger reine, vielfach in Dachschiefer übergehende Thonschiefer. Indess schliessen sie fast allenthalben als untergeordnete Einschaltungen verschiedenartige Grauwacken, Quarzite, Kieselschiefer und Kalke ein. Ja, örtlich können unreine Quarzitsandsteine und Grauwacken sich so stark entwickeln, dass die Gesteinsfolge dem westphälischen »Lenneschiefer«, einer thonig-sandigen , überwiegend aus Grau- wackenschiefern und Sandsteinen zusammengesetzten Ausbildungs- Beziehungen der böhmischen Stufen F, G, H Barrande’s etc. 239 form des Mitteldevon, ähnlich wird. In solchen Fällen ist ihre Trennung von den Grauwackenschiefern und Sandsteinen des Unterdevon, wenn die bezeichnenden Versteinerungen fehlen, sehr schwierig. Unter den Grauwacken ist besonders eine gelbliche Feld- spathgrauwacke bemerkenswert!!. Im Dillenburg’schen noch kaum vorhanden, entwickelt sie sich nach S. zu immer mächtiger, so dass sie südlich von Wetzlar ganze Berge zusammensetzt. Die Quarzite treten theils (so bei Haiger, Sechshelden und Wissenbach nördlich Dillenburg) in dünnen Platten, theils (Lud- wigshütte bei Biedenkopf, Berleburg) in dicken Bänken auf. Die Kiesel- und Wetzschiefer erlangen nur örtlich eine grössere Mächtigkeit, sind aber trotzdem für die in Bede stehende Schichtenfolge sehr bezeichnend. Am interessantesten sind die Kalke, die zum Theil ge- schlossene, mehr oder weniger weit verfolgbare Lager, überwiegend aber verhältnissmässig unmächtige und im Streichen sich bald wieder auskeileude, linsenförmige Massen bilden. Sie treten in fünf Hauptabänderungen auf. 1. Blaue, versteinerungsfreie Platten- kalke, oft von ansehnlicher Mächtigkeit. Sie sind besonders ver- breitet im hessischen Hinterlande (Bischoffen, Oberweidbach, Gladenbach, Buchenau, Caldern) und können als Gladenbach er Kalk bezeichnet werden. 2. Blauschwarze und dunkelgraue, un- deutlich krystalline Kalke, die theils geschlossene Bänke, theils brodleibförmige Massen im Schiefer bilden. Namentlich die letzteren schliessen oft Trilobiten und Cephalopoden , mitunter auch Brachiopoden und andere Versteinerungen ein. Nach einem besonders ausgezeichneten, versteinerungsreichen Vorkommen bei Günterod im hessischen Hinterlande seien diese Kalke als Güntero der bezeichnet. 3. Dichte, hell- bis dunkelgraue, an manche Oberdevonkalke erinnernde Flaser- oder Knollenkalke mit ganz überwiegender Cephalopodenfauna. Nach ihrem häufigen Vorkommen auf dem Messtischblatte Ballersbach (unweit Herborn) bezeichnen wie diese, meist nur in kleinen, linsenförmigen Massen auftretenden Kalke als Ballersbacher Kalk. 4. Hellblaugraue bis röthliche, mehr oder weniger grobkrystalline Crinoidenkalke 240 E. Kayser und E. Holzappel, Ueber die stratigrapbischen mit überwiegenden Trilobiten und Brachiopoden. Typus ist der Kalk von Greifenstein, nach dem wir diese Gesteine Greifen- steiner Kalke nennen. 5. Tiefschwarze, krystallinische Knollen- kalke, oft den oberdevonischen Intumescens- Kalken ähnlich und zuweilen mit ihnen verwechselt, manchmal auch etwas plattig werdend und dann stärker krystallinisch. Sie liegen über den Günteroder Kalken, haben nur eine geringe Mächtigkeit und sind durch eine Cephalopodenfauna gekennzeichnet, welche sich eng an die des Briloner Eisensteins anschliesst und namentlich Tornoceras circumßexiferum und simplex , sowie Posidonia Jüans und Cardiola- Arten enthält 1). Besonders versteinerungsreich sind sie bei Oders- hausen unweit Wildungen, wonach wir sie als Odershäuser Kalke bezeichnen. In dieser Form, als ein mächtiger Complex dunkler Thon- schiefer mit verschiedenen untergeordneten fremden Gesteinsein- lagerungen, treten die Tentaculitenschiefer im Dillenburg’schen und hessischen Hinterlande auf. Hellfarbige Riffkalke mit der Fauna der Stringocephalenschichten, ebenso wie Schalsteine, fehlen der Schichtenfolge hier ganz. In vielen Profilen nehmen die Tentaculitenschiefer den ganzen Raum zwischen Unter- und Oberdevon ein. Anders ist es in der Gegend von Wetzlar, wo Stringocephalenkalk und »älterer« Schalstein 2) zu gleicher Zeit mit den Schiefern abgelagert wurden. In der Regel besteht hier nur der untere, unmittelbar über den Obercoblenzschichten liegende Theil des Mitteldevon aus Tenta- culitenschiefern, während darüber eine mehr oder minder mächtige Folge von Schalsteinen auftritt und über diesen endlich schichtungs- lose Riff kalke mit der Fauna der oberen Stringocephalenschichten, dunkelblaue, krystallinische Plattenkalke (Gladenbacher Kalk?) oder dichte Knollenkalke und aus den letzteren durch Umwand- lung hervorgegangene Rotheisensteinlager folgen. Diese Kalke und Eisensteine endlich werden an einigen Punkten unmittelbar von Oberdevonkalkan mit Gephyroceras intumescens überlagert. *) Vergl. Denckmann , Schwarze Goniatitenkalke im Mitteldevon des Keller- waldgebietes. Dieses Jahrb. f. 1892, S. 12. s) So genannt im Unterschiede vom jüngeren (oberdevonischen) Schalstein. Beziehungen der böhmischen Stufen F, G, H Barrande’s etc. 241 Hervorzuheben wäre endlich noch, dass auch die Schalsteine mitunter Einlagerungen von Korallen- und Crinoidenkalken ein- schliessen , die indess nur selten eine grössere Mächtigkeit er- langen. Unter denselben verdient namentlich der Kalkeisenstein genannt zu werden, der früher auf der Grube Haina bei Wald- girmes unweit Wetzlar abgebaut wurde und dessen reiche Fauna durch Fr. Maurer beschrieben worden ist. Das nördlichste der- artige Vorkommen dürfte der korallenreiche, hellfarbige Kalk von Edingen unweit Greifenstein sein. Schon das Auftreten von String ocephalus Burtini in diesen Kalken zeigt, dass sie dem oberen Mitteldevon angehören *). Diesen Mittheilungen entsprechend lässt sich die Entwicklung des Mitteldevon im Dillenburg-Wetzlarer Gebiete durch folgende Tabelle veranschaulichen : Haiger- Dillenburg Herborn- Sinn Wetzlar- Braunfels Ober-Devon Intumescenskalk, Iberger Kalk, Cypridinenschiefer, jüngerer Schalstein Mittel-Devon Tentaculiten- schiefer mit Quarzit-, Kalk-, Kieselschiefer- und Grauwacken- Einlagerungen Tentaculiten- schiefer mit vereinzelten Schalstein- und Massenkalkeinlage- rungen, sowie mit Grauwacken u. s. w. Massenkalk bezw. Plattenkalk und Rotheisensteine. Aelterer Schalstein mit Kalkeinlage- rungen. Tentaculiten- schiefer mit Grau- wacken, Kalken u. s. w. Unter-Devon Ober - Coblenz - Schichten Was nun die paläontologis che Gliederung der Tenta- culitenschiefer betrifft, so kommt hier zunächst in Betracht, dass — wie der Eine von uns schon vor längerer Zeit gezeigt 1) Im älteren Schälstein selbst kommt die genannte Leitform der Stringo- cephalen- Schichten nur vereinzelt vor. So zwischen Altenberg und Oberbiel bei Wetzlar. Jahrbuch 1893. 242 E. Kayser und E. Holzappel, Ueber die stratigraphischen hat !) — bei Wissenbach, im hessischen Hinterland, im Ruppach- thale und anderweitig in den mitteldevonischen Schiefern zwei nach ihrer Fauna sehr verschiedene Zonen zu unterscheiden sind, nämlich: 1. eine ältere, die besonders durch Mimoceras gracile (= compressum ), Anarcestes subnautilinus , lateseptatus und Wenken- bachi, Hercoceras subtubercvlatum , Jovellania triangularis , Ortlio- ceras crassum , vertebratum u. a. bezeichnet wird, und 2. eine jüngere, für die besonders Agoniatites occultus und Dannenbergs Anarcestes vittatus , Tornoceras circumflexiferum , Pinacites Jugleri, Bactrites carinatus, Orthoceras . planicanaliculatum , rapiforme , Dannenbergi u. a., Spirifer inclifferens Barr. (= linguifer Sandb.) 2) und Retzia novemplicata bezeichnend sind. In beiden Zonen kommen Phacopsarten aus der Gruppe des böhmischen fecundus vor. Von sonstigen Trilobiten wären nament- lich Br onteus- Arten aus der Verwandtschaft von Br. ( Thysanopeltis) speciosus Corda (Steinsberg bei Diez, Wissenbach als eine be- merkenswerthe Erscheinung hervorzuheben 3). Es ist nun von grosser Wichtigkeit, dass diese beiden Faunen, die nach der neuesten Zusammenstellung von Fr. Sandberger nur 4 Arten (nämlich Phacops fecundus und 3 Orthoceren) gemein hätten, sich auch in den kalkigen Einlagerungen der Tentaculiten- schiefer wiederfinden. Am wenigsten waren bisher Kalke mit der älteren Wissenbacher Fauna gekannt. Ein paar kleine hierhergehörige Vorkommen liegen nördlich von Bicken. Das eine wurde vor etlichen Jahren durch einen neuen Weg am Westabhange des x) Die Orthocerasschiefer zwischen Balduinstein und Laurenburg etc. Dieses Jahrb. f. 1883, S. 1. 2) Schon Maurer hat mit Recht hervorgehoben (N. Jahrb. f. Min. Beilage- band II, 1880, S. 56), dass beide Namen zusammenfallen. Insbesondere sind manche verkalkte Exemplare von Greifenstein und Günterod in Nichts von der aufgeblähten, von Barrande als var. obesa beschriebenen Abänderung verschieden. 3) Yergl. Sastdberger, Entwickelung der unteren Abtheilung des Devon. Syst, in Nassau. Jahrb. d. nass. Ver. f. Naturk. Bd. 42, 1889, S. 70, 77. — Nach einer Mittheilung v. Koenen’s kommen Formen der T/iysa/iope/tis-Grap-pe auch in den Mitteldevonschiefern des Hutthaies im Oberharz vor. 4) A. a. 0. S. 69. Beziehungen der böhmischen Stufen F, G, H Barrandb’s etc. 243 Forstortes Hain, etwa 30 Meter über der Sohle des Weibach- thaies aufgeschlossen. Es bildete eine (jetzt völlig fortgebrochene) Linse von grauem Flaser-Kalk (Ballersbacher Kalk), die einem Schieferzuge angehört, in dessen Hangendem korallenführender Schalstein, in dessen Liegendem aber, durch eine streichende Ver- werfung getrennt, Culmgrauwacke auftritt. Dies kleine Vor- kommen hat folgende Versteinerungen geliefert: Bronteus Dormitzeri Barr. Von NovXk von dorther be- schrieben in Dames und Kayser, Pal. Abh. V, 3, 1890, S. 39, Taf. 5, Fig. 1—3. Phacops fecundus Barr. var. major (= Ph. Potieri Bayle Kayser, Fauna des Hauptquarzites etc. [Abh. d. preuss. geol. Landesanst. 1889], S. 67. Anarcestes lateseptatus Beyr. » convolutus Sandb. Hercoceras subtuberculatum Sandb. — mirum Barr. Jovellania triangularis Arch. Vern. Orthoceras patronum Barr. (Syst. Sil. II, pl. 275. Etage F, G = Orth, raphanistrum A, Röm., Kalk von Wieda, Harz?). Orthoceras vertebratum Sandb. » commutatum Gieb. Tentaculites acuarius Richt. Hyolithes pauper Barr. (Syst. Sil. III, p. 88, pl. 13. Noväk, Abh. böhm. Ges. Wiss. 1891, p. 21, Taf. V. Bei Mnenian zusammen mit Bronteus speciosus , Lichas Haueri, Proetus neglectus etc.). Cardiola digitata A. Röm. (Wissenb. Schief, d. Oberharzes). Atrypa reticularis Linn. Athyris macrorhyncha Schnur (Ober -Coblenz- Sch. der Eifel, des Harzes u. s. w.). Rhynchonella nympha Barr. var. pseudolivonica. » aff. Orbignyana Vern. (zwischen dieser und pila Schnur stehend). 244 E. Kaysee und E. Holzappel, Ueber die stratigraphischen Ein zweiter Fundpunkt liegt in der südwestlichen Fortsetzung desselben Schieferzuges, im Gansbachthale , unweit der Grund- mühle. Hier fanden sich: Phacops fecundus Barr. var. major. Anarcestes convolutus. Hercoceras subtuberculatum. Platyceras Halfari Kays. var. rostrata Barr. Altrypa reticularis Linn. Pentamerus sp. ziemlich gross, stark- und vielrippig. Stropkomena Sowerbyi Barr. (Syst. Sil. Y, pl. 44, Etage F). Petraja Barrandei Maur. (Kalk v. Greifenstein, N. Jahrb. f. Min. Beilageband I, 1880, Taf. 4, Fig. 13a. Frech, Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. 1889, S. 267. Greifen- stein, Konjeprus). Ausser an diesen beiden Stellen kommt dieselbe Fauna noch an verschiedenen anderen Punkten der Gegend von Bicken und Ballersbach vor. So im Liegenden der Oberdevonkalke, die in dem. weiter unten genauer zu besprechenden grossen Steinbruche an der Landstrasse zwischen Bicken und Offenbach ausge- beutet werden 1). Herr v. Koenen und die Verfasser sammelten liier Bronteus speciosus Corda, Proetus unguloides Barr., Hercoceras subtuberculatum , Jovellania triangularis , Anarcestes lateseptatus und conf. subnautilinus, Orthoceras crassum sowie einige andere Arten 2). Dieselben Leitformen, ausserdem aber noch Pinacites Jugleri A. Roem. und Merista securis Barr., fanden sich auch auf der Höhe südlich Ballersbach, im Hangenden der alten, im Clymenienkalk angelegten Steinbrüche. Zur Erklärung dieser auf den ersten Blick auffälligen Lagerung sei bemerkt, dass die den Ballersbacher Kalk einschliessenden Schiefer vom Clymenienkalk b Die Oertlichkeit liegt zwar näher bei Bicken, aber noch in der Gemar- kung Offenbach. Ihre gewöhnliche Bezeichnung als Bicken« ist daher nicht ganz zutreffend. 2) Ob auch der von Novak (vergl. Studien Trilob. Hercyn etc. 1890, S. 34) von Bicken beschriebene Cheirurus Cordai Barr. wirklich von hier und aus dem Ballersbacher (oder aber aus dem Günteroder) Kalk stammt, wird sich schwer feststellen lassen. Beziehungen der böhmischen Stufen F, G, H Barrande’s etc. 245 durch eine (an einer Stelle deutlich wahrnehmbare) südfallende Ueberschiebung getrennt sind, während sie selbst in Folge einer anderen grossen Ueberschiebung unmittelbar von unterdevonischen Schichten (Grauwackensandsteinen und Schiefern der Untercoblenz- Stufe) überlagert werden, wie dies durch die umstehende Profil- skizze (auf S. 246) erläutert wird (Ü. = Ueberschiebungslinie, Y. = Verwerfung). Wie aus diesen Mittheilungen ersichtlich, ist die Zusammen- setzung der Fauna des Ballersbacher Kalkes sehr interessant. Neben bezeichnenden Formen der älteren Wissenbacher Schiefer ( Anarcestes lateseptatus , subnautilinus und convolutus, Hercoceras subtuberculatum , Jovellania triangularis , Orthoceras crassum , verte- bratum etc.) und Formen der Harzer Wissenbacher Schiefer, wie Cardiola digitata, treffen wir deu im Mitteldevon verschiedener Gegenden weit verbreiteten Tentaculites acuarius an, ferner einige Brachiopoden des oberen Unterdevon ( Athgris macrorhyncha) und des unteren Mitteldevon (Rh. Orbignyana ), dazu endlich noch eine ansehnliche Zahl böhmischer Species (Bronteus Dormitzeri, Pha- cops fecundus, Proetus unguloides, Orthoceras patronum , Rhyncho- nella princeps und pseudolivonica , Merista securis , Strophomena Sowerbyi, Hyolithes pauper, Petraja Barrandei). Nicht minder gross, als die faunistische Uebereinstimmung des Ballersbacher Kalkes mit den älteren Wissenbacher Schiefern, ist diejenige vieler schwarzer Cephalopodenkalke vom Typus des Günteroder Kalkes mit den jüngeren Wissenbacher Schiefern. Frech hat daher Recht, wenn er diese Kalke geradezu als die Kalkfacies der oberen Wissenbacher Schiefer bezeichnet *). Ein ausgezeichnetes, hierher gehöriges Vorkommen, das eine Menge wohl erhaltener, in den Museen von Berlin, Marburg und Halle aufbewahrter Versteinerungen geliefert hat, ist das von !) Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. 1889, S. 246. — Die allgemeine Ueber- einstimmung der Fauna dieser Kalke mit derjenigen der Wissenbacher Schiefer überhaupt hatte der Eine von uns schon vor 20 Jahren (Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges, 1874, S. 672) erkannt, 246 E. Kaysek und E. Holzapfel, Ueber die stratigraphisclien Günterod1) unweit Gladenbach. Kaum 10 Minuten südlich vom Dorfe treten zwischen Grauwacken Schiefer auf, die ein kleines, Profil am Bergabhange südlich von Ballersbach. durch einen Steinbruch aufgeschlossenes Kalklager beherbergen. Als häufigste Arten finden sich hier: Phacops fecundus Barr. var. major (== Ph. Potieri Bayle, Kayser, a. o. a. O.). Phacops breviceps Barr. Bronteus ( Thysanopeltis ) speciosus Corda (= thysanopeltis Barr.) Agoniatites occultus Barr. » Dannenbergi Beyr. ? Pinacites Jugleri A. Roem. (sehr grosse Exemplare). Anarcestes vittatus Kays. Orthoceras planiseptatum Sandb. Weniger häufig sind: Arethusina Beyrichi Nov. Harpes fornicatus Nov. » Kayseri Nov. x) In Folge absichtlich falscher Etikettirung sind die von hier stammenden Versteinerungen durch den Hauptsammler zum grössten Theil mit der Fundorts- angabe »Bicken« in die Sammlungen gelangt. Auch die von Fkech (Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. 1889, S.. 252) gegebene Versteinerungsliste bezieht sich sicher wesentlich auf Günteroder und nicht auf Bickener Funde. Beziehungen der böhmischen Stufen F, G, H Barrande’s etc. 247 Proetus orbitatus Barr. » planicauda Barr. Acidaspis pigra Barr. Cyphaspis hydrocephala A. Roem. Bronteus brevifrons Barr. Lichas Haueri Barr. Bactrites carinatus Münst. Platyceras sp. sp. H ercynella sp. (grosse Form, verwandt mit II. nobilis Barr.). Cardiola digitata A. Roem. Puella ( Panenka ) sp. sp. Silurina ( Dualina ) inflata Sandb. Retzia novemplicata Sandb. Spirifer indifferens Barr. Ein anderes Vorkommen findet sich in Begleitung der bereits oben erwähnten Oberdevonkalke an der Landstrasse zwischen Bicken und Offenbach. Dasselbe tritt hier in einer ähnlichen Lagerung über Oberdevon- (Clymenien- und Intumescens-) Kalken auf, wie das oben besprochene Vorkommen im S. von Ballers- bach. Die verwickelten Lagerungsverhältnisse der verschiedenen Kalkhorizonte dieser berühmten Oertlichkeit werden etwa durch nachstehende Skizze erläutert. Profil durch den grossen Kalkbruch zwischen Bicken und Offenbach. Ü. = Ueberschiebung, Y. = Verwerfung.) N. V. Ü. Halde Landstrasse Ahrthal S. 248 E. Kayser und E. Holzapfel, lieber die stratigrapkisclien In den Günteroder Kalken haben sich hier gefunden: Phacops fecundus Barr. var. major. » breviceps Barr. Bronteus speciosus Corda. Pinacites Jugleri A. Roem. Agoniatites occultus Barr. Bactrites carinatus Münst. Orthoceras Dannenbergi Arch. Vern. Hercgnella sp. Ausserdem führt Frech aus dem Günteroder Kalk von Günterod oder Bicken1) noch an: Chonetes crenulata F. Koem., Spirifer aviceps Kays. , Terebratula Whidbornei Davids. . und juvenis Sow., Euomphalus annulatus Ge. und Loxonema püigerum Sandb. 2) Es ist indess wahrscheinlich, dass diese, zumeist das Stringocephalen-Niveau anderer Gegenden kennzeichnenden Arten ebenso den höheren schwarzen Kalken mit Posidonia hians Waldschm., unseren Odershäuser Kalken, entstammen, wie ein in der Sammlung der Berliner geologischen Landesanstalt auf- bewahrtes, mit der DANNENBERG’schen Sammlung in dieselbe ge- langtes Exemplar von String ocephalus Burtini. Als ein weiteres wichtiges versteinerüngsreiches Vorkommen von Günteroder Kalk sei das an der Ense bei Wildungen ge- nannt. An das weite, sich im S. und SW. der Stadt ausbreitende Gebiet flach liegender Culmschiefer (mit Posidonia Becheri ) schliesst sich mit steilem Anstiege eine ausgedehnte Kalkplatte, die Ense, an. Sie besteht aus einer grösseren Anzahl zerrissener und iiber- kippter Sättel, die als Ganzes auf die im N. angrenzenden Culm- schichten überschoben sind 3). Die einzelnen Schuppen enthalten meist das ganze Oberdevon und den grössten Theil des Mittel- devon. Am deutlichsten ist die Reihenfolge am Abhange gegen x) Yergl. die Anm. 2 auf S..246. 2) Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. 1889, S. 252. 3) Herr A. Denckmann, der diese Verhältnisse genau festgestellt hat, hatte die Freundlichkeit, den einen yon uns auf einer längeren Excursion zu führen und die Lagerung der einzelnen Zonen eingehend zu erläutern. Beziehungen der böhmischen Stufen F, G, H Barrande’s etc. 249 Wildungen hin. Hier liegen unter dem Oberdevon etwa 15 Meter hellfarbige, plattige, knollige Kalke mit String ocephalus Burtini , Agoniatites discoides Waldschm. und inconstans Phill., Maene- ceras terebratum Sandb. und Phacops breviceps Barr. Es ist dies der Stringocephalenkalk W aldschmidt’s 1). Unter diesem folgen wenig mächtige, tiefschwarze Knollenkalke, die Odershäuser Kalke, mit Agoniatites inconstans Phill., Maeneceras terebratum Sandb., Tornoceras simplex v. Buch und circumflexiferum Sandb. und noch mehreren anderen Goniatiten und daneben besonders Posidonia hians Waldschm., Buchiola retrostriata v. Buch mut. nov. aquarum Beush., Spirifer simplex Phill. u. s. w. 2). Diese Kalke gehören noch zum oberen Mitteldevon. In ihrem Liegenden folgt unmittelbar Günteroder Kalk, der zahl- reiche Versteinerungen gelieferte hat. Die Trilobiten hat NovAk zum Theile bearbeitet 3). Am häufigsten sind Phacops fecundus Barr. var. major. » breviceps Barr. Bronteus (Thysanopeltis) speciosus Corda. Acidaspis pigra Barr. Daneben kommen vor Proetus Holzapfeli Nov. (= cornutus Golde.?) » Waldschmidti Nov. » filicostatus Nov. Cyphaspis hydrocephala A. B,oem. » cf. ceratophthalma Golde. Arethusina Beyrichi Nov. Phacops Frechi Kays. Agoniatites occultus Barr. » angulatus Frech. *) Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. 1885, S. 911. 2) Yergl. Denckmann, Dieses Jahrb. f. 1892, S. 12. 3) Yergl. Studien an einigen Trilobiten aus dem Hercyn von Bicken, Wildungen , Greifenstein und Böhmen, Palaeont. Abh. von Dames und Kayser. Neue Folge Bd. I, Heft 3. 1890, 250 E. Kayseb und E. Holzapfel, Ueber die stratigraphische] Dieselbe Reihenfolge der Schichten ist auch in den übrigen Schuppen des Wildunger Kalkgebietes zu beobachten und wieder- Profil am N. -Abfall der Ense bei Wildungen. (Ü. = Ueberschiebung.) Ü. Tentaculiten- Schichten Giinteroder Kalk Odershäuser Kalk Ob. Stringoc. Kalk holt sich auch weiter südlich, am Gershäuser Hof und am Hohen Lohr. Die schwarzen Odershäuser Kalke mit Posidonia Jüans treten ferner ebenso bei Bicken, Offenbach und Günterod im Hangenden des Günteroder Kalkes auf. Aus ihnen stammt dem Gestein nach das oben (S. 248) erwähnte Exemplar von Stringo- cephalus Burtini von Bicken, das in der Sammlung der Berliner geolog. Landesanstalt aufbewahrt wird, wie wahrscheinlich auch die übrigen von dort, beziehungsweise von Günterod angegebenen Stringocephalenkalkformen ( Terebratula Whidbornei und juvenis , Holopella piligera etc.). (Siehe das Profil S. 247). Von grosser Wichtigkeit wegen der klaren Lagerungsverhält- nisse sind die Vorkommen in der Umgebung der Dillmün- dung und in der Gabel zwischen Dill und Lahn. Unmittelbar über normalem Unterdevou, das gelegentlich eine Obercoblenz- Beziehungen der böhmischen Stufen F, G, H Bakrande’s etc. 251 Fauna führt, liegen hier gelbe ockerige Tentaculitenschiefer, die hie und da in unreine, gelbe und röthliche Kalke (mitunter Cri- noidenkalke) übergehen oder solche eingelagert enthalten. An einigen Stellen, insbesondere bei Leun und Oberbiel, kommt in diesen Schiefern eine reiche Fauna vor. Wir sammelten hier: Pinacites Jugleri A. Roem. Phacops aff. f ecundus Barr. Cryphaeus sp. Bronteus Dormitzeri Barr. Proetus Holzapf eli Nov. » Loveni Barr. (6?1) Acidaspis pigra Barr. Cyphaspis cf. ceratophthalma Goldf. Arethusina sp. Cyrtina heteroclita Defr. ) sehr häufig, auch sonst allge- Atrypa reticularis L. \ mein in diesen Schichten. Pentamerus Oehlerti Barrois. Häufig bei Leun. Rhynchonella Orbignyana Vern. » hexatoma SCHNUR. Bifida lepida Goldf. Retzia ferita v. Buch. Atrypa cf. concentrica v. Buch. Nucleospira lens Schnur. Spirifer cf. aculeatus Schnur. Orthis striatula Schloth. » Gervillei Defr. (älterer Mitteldevonkalk von Arnao und Moniello in Spanien, Konjeprus, Unterdevon des nordwestl. Frankreich und Bosporus). Streptorhynchus umbraculum Schloth. Leptaena subtetragona F. Roem. » lepis Br. Strophomena cf. interstrialis Phill. » Sowerbyi Barr, (ausgezeichnete grosse Form von Mnenian, auch im Ballersbacher Kalk vom Hain bei Bicken). Chonetes minuta Goldf. und noch andere Formen. 252 E. Kayser und E. Holzapfel, Ueber die stratigrapbischen Bei Klein -Altenstädten fanden sich auch verschiedene Exemplare von Spirifer cf. cultrijugatus. Hier und bei Hermann- stein sind die Schichten sehr kalkig uud von gelber Färbung. Ueber ihnen folgen reine Tentaculitenschiefer mit einzelnen Kalk- knollen uud darauf Günteroder Kalk, der bei Hermannstein und Klein- Altenstädten folgende Versteinerungen geliefert hat: Phacops fecundus Barr. var. major. » breviceps Barr. Bronteus speciosus Corda. Acidaspis pigra Barr. Arethusina Beyrichi Nov. Cyphaspides n. sp. (aff. scuticauda Nov.) Pinacites Jugleri A. Roem. Agoniatites occultus Barr. » verna Barr. » bicanaliculatus Sandb. Anarcestes aff. lateseptatus Beyr. Ueber die im Hangenden dieser Kalke liegenden Mitteldevon- schichten sei nur bemerkt, dass der zunächst folgende mächtige ältere Schalstein gelegentlich ebenfalls kleine Kalklager enthält. In der Regel führen diese nur Crinoidenstiele und Brachiopoden (bes. Atrypa reticularis und desquamata) , mitunter aber — wie namentlich beim Hofe Haina unweit Waldgirmes — schliessen sie eine reichere Fauna ein, die schon von Fr. Maurer zutreffend dem unteren Stringocephalenkalk zugerechnet worden ist *). Ueber dem Schalstein folgen Riff kalke der oberen Stringocephalen-Stufe, die stellenweise die Villmarer Fauna enthalten, wenn auch nirgends in der Reichhaltigkeit wie bei Villmar selbst, meist aber fossilarm oder fossilfrei sind. Als Aequivalente dieses Massen- kalkes treten an vielen Punkten blaue Plattenkalke, dichte Knollen- kalke und Tentaculitenschiefer auf. Die dichten Knollenkalke sind meistens eisenschüssig, gehen in Rotheisenstein über und 1) Yergl. Fu. Maurer, die Fauna der Kalke von Waldgirmes. Abb. der grossberz. bess. geol. Landesanst. Darmstadt, 1885. Zusammen mit Stringoce- phalus Burtini und Uncites gryphus kommt bier noch Calceola sandalina vor, Beziehungen der böhmischen Stufen F, G, H' Barrande’s etc. 253 enthalten die Fauna des Briloner Eisensteins. In ihrem Hangen- den folgt unmittelbar das Oberdevon mit Gephyroceras intumescens 1). Wenn nach vorstehenden Mittheilungen die Zugehörigkeit des Ballersbacher und Günteroder Kalkes zum Mitteldevon in der Zusammensetzung ihrer Fauna klar genug hervortritt, so konnte das Gleiche vom Greifensteiner Crinoidenkalk bis jetzt nicht behauptet werden. Vielmehr sind wohl bei keinem der anderen sogenannten Hercynkalke so weit auseinander gehende Anschau- ungen über sein Alter geäussert worden, als gerade bei ihm. Gleich nach seiner (dem Geh. Bergrath Riemann in Wetzlar zu dankenden) Entdeckung vor etwa 20 Jahren, wurde er von F. Roemer 2) auf Grund seiner Fauna als obersilurisch , von H. v. Dechen 3) dagegen mit Rücksicht auf den Schichtenverband als oberdevonisch angesprochen. Nachdem bald darauf der Eine von uns 4) seine nahen Beziehungen zur Hercynfauna des Harzes erkannt, widmete ihm Fr. Maurer 5) eine längere paläontologische Arbeit, in der er die Ansicht aussprach, dass er jünger sei, als die böhmischen Etagen F, G, H Barrande’s, und gleich den Wissenbacher Schiefern dem oberen Unterdevon angehöre 6). Auch 1) Bemerken swerth ist an diesen Eisensteinen und -Kalken das häufige Vor- kommen von Trilobiten, die mit solchen des böhmischen Devon entweder voll- ständig übereinstimmen, oder ihnen doch so ähnlich sind, dass sie nur als jüngere Mutationen angesehen werden können. Hierher gehören vor allen Cheirurus Sternbergi mut. myops. A. Roem. Proetus crassimargo A. Roem. » crassirhachis A. Roem. Arethusina cf. Beyrichi Nov. Cyphaspis cerberus Barr. » convexa Barr. Lichas granulosa A. Roem. (sehr nahe Haueri Barr.) Phacops breviceps Barr. Dagegen fehlen die bezeichnendsten Formen des Eifeier Kalkes (. Phacops latifrons bezw. Schlotheimi) hier ebenso, wie im Günteroder und Ballersbacher Kalk. Der Eine von uns wird diese Verhältnisse in einer demnächst erscheinen- den besonderen Arbeit ausführlich behandeln. 2) Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. 1875, S. 701. 3) Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. 1875, S. 730, 732, 764. 4) Abh. z. geol. Specialkarte von Preussen, Bd. n, Heft 4. 1878, S. 266. 5) N. Jahrb. f. Min. Beilageband I, Heft 1, 1880. 6) N. Jahrb. f. Min. Beilageband I, Heft 1, 1880. 254 E. Kayser und E. Holzappel, Ueber die stratigraphischen Fr. Frech, der sich seit Mitte der 80er Jahre mit soviel Eifer und Erfolg mit dem Studium der altpaläozoischen Bildungen im Rheinlande, in Böhmen, Südfrankreich und den Alpen beschäftigt hat, weist bis in die neueste Zeit gleich Maurer dem Greifen- steiner Kalk seinen Platz im Unterdevon an. Schon 1886 betonte Frech *) die innigen petrographischen und paläontologischen Be- ziehungen, die denselben mit den bekannten Kalken von Konjeprus und Mnenian (F% Barr.) verbänden, Kalke, die er sammt dem sie unterlagernden schwarzen Tentaculitenkalk (F1) und den sie über- lagernden grauen Knollenkalken (6?1) ins Unterdevon stellte. Im Jahre darauf, in der Arbeit über Cabrieres2), parallelisirte er die Kalke von Greifenstein und Wildungen sammt denen vom Pic de Cabrieres und von Konjeprus noch genauer mit dem mittleren Unterdevou. Auch in der zwei Jahre später veröffent- lichten Arbeit über das rheinische Unterdevon und die Stellung des Hercyn 3), in welcher der Greifensteiner Kalk einer eingehen- den Besprechung unterzogen und eine kritisch berichtigte Liste seiner Versteinerungen gegeben wird4), betrachtet Frech ihn als unterdevonisch, ohne sich indess über seinen genaueren Horizont zu äussern 5). In dem soeben erschienenen Werke desselben Forschers über die karnischen Alpen 6) finden wir dieselben An- schauungen wieder, wie in den früheren Arbeiten. Auch Fr. Sandberger endlich 7) hat in seiner interessanten, unlängst ver- öffentlichten Abhandlung über das rheinische Unterdevon die Ueberzeugung ausgesprochen, dass der Greifensteiner Kalk unter- devonisch sei. Diesen Anschauungen gegenüber, die wesentlich auf dem palaeontologischen Inhalt des Greifensteiner Kalks und seiner *) Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. 1886, S. 917. 2) Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. 1887, S. 360. 3) Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. 1889, S. 175. 4) a. a. 0. S. 264. 5) Die böhmische Etage F wird in dieser Arbeit, ebenso wie in der 1891 erschienenen 7. Auflage der CßEDSER’schen »Elemente der Geologie«, in der Frech die Revision der älteren palaeozoischen Formationen besorgt hat, den Schichten mit Spirifer primaevus gleichgestellt. 6) Halle, 1894, S. 274, 287. *) a. a. 0. S. 88. Beziehungen der böhmischen Stufen F, G, H Barrakde’s etc. 255 petrographischen Aehnlichkeit mit den Kalken der Gegend von Konjeprus, Cabrieres und vom Wolayer See (Karnischen Alpen) beruhen, haben wir bereits seit längerer Zeit auf Grund der bei den Specialaufnahmen in der Dill- und Lahngegend gemachten Wahrnehmungen die Ansicht vertreten, dass der Kalk von Greifen- stein, ebenso wie der ihm gleichstehende Ballersbacher und der jüngere Günteroder Kalk, nur ein Zubehör der Tentaculitenschiefer und dementsprechend mitteldevonischen Alters sei 1). Diese An- sicht ist durch den Fortschritt unserer Arbeiten durchaus bestätigt worden. Das kleine Kalkvorkommen von Greifenstein liegt etwa D/2 Kilometer südsüdwestlich vom Orte dieses Namens, auf dem Plateau mitten im Walde. Es war nur zeitweise durch eine kleine, zum Zweck der Petrefactengewinnung geöffnete Grube aufgeschlossen, in der neben herrschendem grobspäthigen , rothen Crinoidenkalk auch Bänke von ebensolchem hellgrauen Kalk, sowie einzelne Lagen von dichtem, gelblich-grauem Kalk zu beobachten waren. In der unmittelbaren Umgebung des Kalks stehen Thon- schiefer und plattige, glimmerige Grauwackengesteine an, während einige hundert Meter nördlich ein breiter Zug von Thonschiefern mit Einlagerungen von weissem, löcherigem Quarzit auftritt. Aus diesem letzteren beschrieb F. Roemer schon in den 40 er Jahren den bekannten grossen Pentamerits rhenanus 2). Ohne auf Einzel- heiten eingelien zu wollen, bemerken wir hier nur, dass die Kar- tirung ergeben hat, dass diese vielbesprochenen Quarzite3) auf das Gebiet zwischen Dill- und Ulmthal beschränkt sind und dem Grenzhorizont von Unter- und Mitteldevon angehören, d. h. das- selbe Niveau einnehmen, wie die Schiefer mit Pent. rhenanus im Ruppachthale 4). Wir stellen sowohl die Schiefer als auch die *) Kayser, Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. 1887, S. 625. Holzapfel, die Cephalopoden führenden Kalke des Unt. Carbon von Erdbach-Breitscheid. Pa- laeont. Abh. V, 1, 1889, S. 9. 2) Rheinisches Uebergangsgebirge 1844, S. 76 und 85. 3) F. Roemer, Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. 1874, S. 752 und H. v. Dechen ebendas. 1875, S. 761. 4) Kayser, Orthocerasschiefer zwischen Laurenburg und Balduinstein. Dieses Jahrb. f. 1884, S. 2, 19, 33. 256 E. Kaiser und E. Holzappel, Ueber die stratigraphischen Quarzite mit Pentamerus an die oberste Grenze des Unterdevon. Der Greifensteiner Kalk dagegen, von dem ausser dem besprochenen noch ein zweites, kleineres Vorkommen westlich von Greifenthal aufgefunden wurde, liegt an der Basis des Mitteldevon. Das ihn unterlagernde Unterdevon hat sich in der Umgebung beider Vor- kommen in grosser Verbreitung nachweisen lassen, an einem Punkte mit der Fauna der oberen Coblenzschichten ( Spirifer arduennensis und curvatus , Rhynchonella pila, Pentamerus sp. etc.) Wie die Stratigraphie, so lässt auch die Palaeontologie das mitteldevonische Alter des Greifensteiner Kalkes deutlich genug erkennen. Wenn dies aus den bisherigen Versteinerungslisten nicht mit genügender Deutlichkeit hervorging, so liegt der Grund in der Unvollständigkeit dieser Verzeichnisse, die so wichtige Arten wie Mimoceras gracile , Hercoceras subtuberculatum , Orthoceras crassum und Lichas (Arges) armata nicht aufführten. Die Mar- burger Sammlung besitzt aus dem Kalk von Greifenstein und einem palaeontologisch und petrographisch völlig mit ihm über- einstimmenden, aber nicht rothen, sondern hell blaugrauen Kalk von Günterod die folgenden Arten: Phacops fecundus Barr. var. major. Gr. Gü. 1). » breviceps Barr. Gü. Gr. » Zorgensis Kays. (— cephalotes Madr. non Barr.) Gü. Gr. Die weiter zurückreichenden Augen, die kürzere, mehr pentagonal gestaltete Glabella und besonders die tiefe, unter dem Stirnrande gelegene Rinne unterscheiden diese Art von der BARRANDE’schen. Phacops sp. Proetus orbitatus Barr. Gr. Gü. » » var.? crassimargo A. Roem. (= Koeneni Maur.) Gr. Gü. » myops Barr. Gr. Gü. » eremita Barr. Gr. Gü. » (Phaetonellus) planicauda Barr. Gr. Gü. x) Gr. = Greifenstein; Gü. = Günterod. Beziehungen der böhmischen Stufen F, G, H Barrande’s etc. 257 Cyphaspis hydrocephala A. Roem. Gr. Gü. » scuticauda Nov. Gr. Lichas Haueri Barr. Gü. » (Arges) armata Golde, var. Gr. Acidaspis vesiculosa Beyr. Gr. Bronteus angusticeps Barr.? Gü. » (Thysanopeltis) speciosus Corda (— thysanopeltis Barr.) Gr. Gü. » Dormitzeri Barr. 1). Harpes reticulatus Corda Gr. Gü. » Montagnei Corda Gr. » fornicatus Nov. (var. reticulatus ?) Gü. Dazu kommen noch folgende, in der Marburger Sammlung nicht vertretene, uns aber aus eigener Anschauung bekannte Trilobiten anderer Museen: Dalmanites aff. Reüssi Barr, (isolirtes Kopfschild. Halle- sches Museum). Gr. Arethusina peltata Nov. Gr. Proetus unguloides Barr. Gr. \ Acidaspis pigra Barr. Gr. [ Göttinger Museum Bronteus brevi/rons Barr. Gr. ( (bestimmt durch Novak.) » elongatus Barr. Gr. ' Mimoceras gracile H. v. Mey. (= compressum Beyr.) Gr. Agoniatites fidelis Barr. Gr. Pinacites Jugleri A. Roem. Gr. Hercoceras subtuberculatum Sandb. Gr. Orthoceras crassum A. Roem.? Gr. » patronum Barr. Gr. » commutatum Gieb. Gr. Gü. Platyceras Halfari Kays. var. rostrata Barr. Gr. » contortum Barr.? Gr. Gü. » disjunctum Gieb.? Gr. Gü. x) Nicht anstehend gefunden, sondern in einem losen Block von Greifensteiner Kalk am Sonnberg bei Günterod. Jahrbuch 1893. 17 258 E. Kayser und. E. Holzapfel, Ueber die stratigrapbischen Platyo stoma sp. Gr. Gü. Strophostylus undulatus Maür. sp. Gr. Macrocheilus sp. Gr. Pleurotomaria aff. subcarinata A. Roem. Gr. » humillima Barr. (Maür., Kalk von Greifen- stein. Taf. 2, Fig. 9). Gr. Beller ophon sp. (capuloides Maür.) Gr. Tentaculites acuarius Richt. Gr. » longulus Maür. Gr. Spirifer indifferens Barr, und var. obesa (= Spirifer lin- guifer Sandb.) Gr. Gü. » orbitatus Barr. (var. indifferens f) Gü. » superstes Barr. Gr. » unguiculus Barr., Maür. non Sow. Gr. Merista securis Barr. Gr. Gü. » ? Bauds Barr. Gr. Gü. » passer. Barr. Gr. Gü. Athyris Thetis Barr. Gr. Gü. Nudeospira inelegans Barr. Gr. Retzia novemplicata Sandb. Gr. Gü. Atrypa compressa Sow.? Gr. » reticularis L. Gü. (nur ein Exemplar.) » ? Philomela Barr. Gr. Gü. » cf. canaliculata Sow. Gr. Gü. Rhynchonella matercula Barr. Gr. Gü. Pentamerus Tetinensis Barr.? Gü. » cf. strix Barr. Gr. Strophomena emarginata Barr. Gr. Gü. Leptaena tenuissima Barr. Gr. Gü. Leptagonia rhomboidalis Wahl. Gr. Chonetes sp. Discina sp. Ausserdem fand sich in einem kleinen Vorkommen von grob- krystallinem grauen Greifensteiner Kalk in einem Thälchen südlich von Ballersbach noch Merista herculea Barr. Beziehungen der böhmischen Stufen F, Gr, H Bareande’s etc. 259 Modiomorpha ( Guerangeria ) Davousti Oehlert. (Barrois, Calcaire d’Erbray, p. 178, t. 11, f. 9.) Gr. Cypricardinia sp. Gr. Conocardium sp. Gr. Cladochonus ( Pustulipora) greif ensteinensis Maur. Gr. Gü. Amplexus her cynicus A. Roem. (= Barrandei Maur.) Gr. Gü. Petraja Barrandei Maur. Es sind das im Ganzen weit über 60, zum grössten Theil sicher bestimmte Formen. Unter ihnen sind folgende auch aus dem Ballersbacher Kalk bekannt: Phacops fecundus Barr. var. major. Bronteus speciosus Corda. » Dormitzeri Barr. Proetus unguloides Barr. Pinacites Jugleri A. Roem. Hercoceras subtuberculatum Sandb. Orthöceras patronum Barr. » commutatum Gieb. Tentaculites acuarius Richt. Merista securis Barr. Petraja Barrandei Maur. Ist die Zahl dieser Arten auch noch gering, so reicht sie doch hin, um die nahen Beziehungen des Greifensteiner und Ballersbacher Kalkes darzuthun 1). Zusammen mit dem wichtigen Mimoceras gracile und Orthöceras crassum beweisen sie, dass gleich dem Ballersbacher auch der Greifensteiner Kalk dem Ni- veau der älteren Wissenbacher Schiefer angehört und somit mitteldevonischen Alters ist. Speciell der Greifen- steiner Kalk stellt eine ausgesprochene Trilobiten- und Brachio- podenfacies dieses Niveaus dar. 9 Das Fehlen von Agoniatites fidelis im Ballersbacher und von Anareestes lateseptatus im Greifensteiner Kalk hat den Einen von uns auf die Yermuthung geführt, dass der letztgenannte Kalk vielleicht noch etwas älter ist als der Ballers- bacher. Indess kann es sich bei dem engen faunistischen Zusammenhänge beider Kalke nur um geringfügige Altersunterschiede handeln. 17* 260 E. Kayser und E. Holzapfel, lieber die stratigraphischen Aus dieser seiner Stellung erklärt sich einfach die ansehnliche Zahl von Arten, die der Greifen stein er Kalk mit dem Günteroder Kalk und anderen noch höheren Devonhorizonten gemein hat ( Bronteus speciosus , Phacops breviceps , Proetus orbitatus , plani- cauda etc., Lichas Haueri, Arges armata , Cyphaspis hydrocephala, Cyphaspides scuticauda , Acidaspis pigra und vesiculosa *), Pinacites Jugleri, Spirifer indijferens , Retzia novemplicata, Tentaculites acuarius und wohl noch manche andere)* 2). Dagegen befindet sich unter den bis jetzt von Greifenstein bekannt gewordenen Arten, ab- gesehen von Meristea herculea , keine, die auch im Unterdevon vorkäme. Versuchen wir jetzt die Stellung der im Vorstehenden be- sprochenen Kalke innerhalb des Mitteldevon etwas genauer fest- zustellen. Was zunächst die Kalke von Ballersbach und Greifen- stein betrifft, so werden wir sie mit Bestimmtheit der dem untersten Mitteldevon entsprechenden Cultrijugatus -Stufe des Eifeier Kalkes gleichstellen dürfen, während wir den Pentamerus-QpL&rzit von Greifenstein sowie die Pentamerenschiefer sammt den zugehörigen trilobitenreichen Dachschiefern der Grube »Schöne Aussicht« 3) im ßuppachthale als oberstes Unterdevon den oolithischen Botheisensteinen der Eifel4) parallelisiren. Für die Gleichstellung des Ballersbacher Kalkes mit den Cultrijugatus- *) Nach Barrois in dem von ihm an die Basis des oberen Mitteldevon ge- stellten Kalke von Chaudefonds (Maine et Loire). 2) "Wie schon früher erwähnt, sind einige dieser Arten, wie insbesondere Proetus crassimargo und crassirhachis, Phacops breviceps und Amplexus hercynicus , sogar häufige und verbreitete Erscheinungen in den oberen Stringocephalen- schichten des Harzes, Westfalens und des Lahngebietes. 3) Phacops aff. fecundus, Cryphaeus, Proetus (cnf. lepidus Bark.), Acidaspis sind hier häufig. Anderweitig, wie im Dillenburg’schen und hessischen Hinter- lande, treten in diesem Horizont, unmittelbar an der Basis der Wissenbacher Schiefer, die zeitlich letzten Homalonoten auf. 4) Auch in diesen Eisensteinen finden sich die letzten Homalonoten, und auch hier erscheinen, wie in den eben erwähnten Dachschiefem des Ruppach- thaies, neben überwiegenden Unterde vontypen bereits eine ganze Anzahl mittel- devonischer Arten. Beziehungen der böhmischen Stufen F, G, H Barrande’s etc. 261 Schichten fallt noch besonders das Vorkommen von Rhynchonella aff. Orbignyana, Spirifer cnf. cultrijugatus und Bronteus Dormitzeri bei Bicken und Hermannstein ins Gewicht, da die erstgenannten Arten Hauptleitformen der Eifeier Cultrijugatus- Stufe sind und Bronteus Dormitzeri nach dem oben über die Fauna der Wetzlarer Tentaculitenschiefer Mitgetheilten eine ähnliche Rolle zu spielen scheint. Das Alter des Günteroder Kalkes lässt sich vor allem deutlich aus seiner Lagerung erkennen; aber auch die Fauna giebt wichtige Anhaltspunkte. Sie schliesst sich ziemlich eng an die des Ballersbacher bz. Greifensteiner Kalkes an. Beide haben nämlich folgende Formen gemeinsam: Bronteus speciosus Corda. » brevifrons Barr. Phacops breviceps Barr. » fecundus var. Barr. Proetus orbitatus Barr. » planicauda Barr. » unguloides Barr. Cyphaspis hydrocephala A. Roem. Cyphaspides scuticauda Nov. Acidaspis pigra Barr. Lichas Haueri Barr. Harpes fornicatus Nov. Cardiola digitata A. Roem. Retzia novemplicata Sandb. Merista securis Barr. Spirifer indifferens Barr. Tentaculites acuarius Richt. und wahrscheinlich noch einige weitere Arten. Mit den Calceola- Schichten der Eifel sind gemeinsam Cyphaspis ceratophthalma Goldf. und wahrscheinlich Proetus cornutus Goldf. (= Holz- apf eli Nov.) Bei Bicken und Offenbach liegen nun die Günteroder über den Ballersbacher Kalken, und schon hierdurch wird ihre Stellung im oberen Theile des unteren Mitteldevon, entsprechend 262 E. Kayser und E. Holzapfel, Ueber die stratigraphischen den Ca/ceoZa-Schichten der Eifel, gesichert. An der Dill- mündung liegen sie über den Schiefern von Leun-Oberbiel und unter dem älteren Schalstein. In diesen selbst eingeschaltet treten bei Waldgirmes die Kalke mit der von Maurer beschriebenen, den Crinoiden - Schichten der Eifel gleichstehenden Fauna auf. Die Günteroder Kalke müssen daher älter sein und ihre Stellung zwischen den Cultrijugatus- und Crinoiden-Schichten haben, mithin den Eifeier CWceoZa-Schichten entsprechen. Die Odershäuser Kalke endlich lagern bei Wildungen, Offenbach und Günterod über den Günterodern. Zwischen beiden aber liegt eine ausserordentlich scharfe Faunengrenze. Die Gonia- titen der Odershäuser Kalke sind nämlich dieselben, wie die des Briloner Eisensteines — Agoniatites inconstans Phill., Tornoceras simplex und circumflexiferum , 'Menaeceras terebratum etc. — und auch die übrigen Versteinerungen schliessen sich eng an die des Brilon — Adorfer Eisenerzes an, wenn sie auch fast durchweg ge- ringfügige Abweichungen aufweisen, durch die sie sich als ältere Mutationen zu erkennen geben. Die gleiche Fauna tritt auch in den Stringocephalen-Kalken bei Wildungen, die unmittelbar vom Oberdevon überlagert werden, sowie in den Hauptmassenkalken des Lahngebietes und der Attendorner Mulde (in Westfalen), die sonst die Villmarer Fauna enthalten, auf. Hieraus, sowie aus ihrer Lagerung über den Günteroder Kalken folgt, dass die Odershäuser Kalke der unteren Abtheilung der Stringo- cephalen-Schichten angehören, während deren obere Abtheiluug durch die hellen Plattenkalke der Ense (bei Wildungen), den Haupt- masseukalk des Lahngebietes und die Eisensteine von Brilon — Adorf — Wetzlar vertreten wird. Wie erwähnt, stammt auch der String ocephalus von Bicken aus dem in Rede stehenden Niveau und kann daher in keiner Weise befremden. Der häufigste Goniatit der Odershäuser Kalke, Tornoceras circumflexiferum Sandb., kommt auch in den Or£/mceras-Schiefern von Wissenbach vor. Von Olkenbach (in der Moselgegend) kennen wir dieselbe Form in Begleitung von Tornoceras simplex v. B., während sie bisher noch nie in den Kalken mit Agoniatites occultus angetroffen worden ist. Dies deutet darauf hin, dass T. circum- Beziehungen der böhmischen Stufen F, G-, H Barrande’s etc. 263 1 ^ 0 fl 3 , d3 © W n 0 bß 'S' S u rO © © tJ 3 <8 © .2 © 13 2 5. o © & 3 CO © £ © 1 H rfl O ö P u .s .* 1 3 ■i ^ j£j §3 ^ © fl © .2 -S «« § © n -fl cg o 5h © J °? $ ft W © © i °| 3 3 s “ J o O 0 © 3 1 Sinn- ifenstei © 3 ltaculiten- schiefer ifensteinei Kalk Obere nz-Schich £ 1 © © r2 H o rfl o H O r*j =1 rbC . t2 M w § fl 2 rfl © S M ^ O 0 © :CÖ . o © o8 rfl l m | - U © 'S £ © rg "S o m P bD .13 | g a CO J-i co -d 1 ’s a1 » | ^ -s © © r> bD ö ^ §3 ^ >§ 2 § ^1 o © 1 1 1 © 13 c3 ^2 J | £ uo .e £ ® § o g W a ÖD fe ^ © Cg P «v. -b 3 -ft •-s ^ 3 * % * 3 o o rfl d ^ © fl J © 1 1 1 3 S d ö 5 © © P O O O O o O rf) u_j m m m m w m ? 3 o ä i ä ä a ä Iss S S ? $ % % & £ o r® H 3 CZ2 I I CM tO (M uO vO^ r-T CM I I I CO ß =° P ^ Sdiwij wmpifsip mmpoxvjr eipngrj trapjons -ae^nn aop pjez § B H J P aop -uegoif jep -uoSnutj 93[J^g neurn^f -oj^; epnapre-x I I I I I I I I I I £ | -gt> E d f^.2 Ja iS ci oa l— J H -Sil s a OQ Cß III. Regierungsbezirk Stettin. in der Mark Brandenburg. 11 miocenicum kaum noch einige unterscheidende Merkmale von der gegenwärtig lebenden Art wahrzunehmen sind; und Dr. F. Unger bestätigt dies 1870 in seiner Geologie der europäischen Waldbäume indem er (S. 86 und 87) sagt: »Vor allen haben sich jedoch in der Tertiärzeit die eigentlichen Nadel- hölzer (Abietineen) in allen ihren Gruppen auf das Lebhafteste ent- wickelt und wir können nicht umhin, den Gehalt des gegenwärtigen Bestandes dieser Abtheilung von jener der Vorwelt abzuleiten, ja die Aehnlichkeiten vieler Arten sind auf solche Weise ausgeprägt, dass manMühe hat, unterscheidende Merkmale zwischen beiden aufzufinden.« 4. Ueber das geologische Alter der märkischen Braunkohle war man sogar 1885 und 1886 noch nicht recht schlüssig geworden, denn selbst Dr. G. Berendt schwankte in seiner Arbeit »über das Tertiär im Bereiche der Mark Brandenburg« noch zwischen dem obersten Oligocän oder dem Beginn der Miocänzeit. Die Resultate, welche indess »die Soolbohrungen- im Weichbilde der Stadt Berlin« lieferten, bestimmten den Genannten 1890, diese Schichten direct als miocäne zu bezeichnen und Dr. H. Credner reiht in seinen »Elementen der Geologie« 1891 auf S. 688 die Braunkohlen-Formation der Mark ebenfalls dem Miocän ein. Da aber das Taxodium distichum eine Miocän - Pflanze ist und aus dieser fast ausschliesslich die märkische Braunkohle gebildet wurde, so dürfte dies ein neuer Beweis für das miocäne Alter -dieser Kohle sein. 5. Sodann meine ich, dass, da die virginische Sumpf-Cypresse heute noch bei uns gedeiht, das Klima im norddeutschen Tief- lande während der Bildung der märkischen Braunkohlen kein wärmeres als jetzt gewesen sein dürfte. Höchstens kann man mit Dr. Unger behaupten, dass zur Zeit, als die virginische Sumpf- Cypresse bei uns noch ganz heimisch war, wir uns eines Klimas von 12 bis 15 Grad C. erfreuten. Endlich aber nehme ich: 6. an, dass die in Rede stehende Pflanze nicht — wie mehr- fach behauptet wird — herangeschwemmt, sondern an Ort und Stelle gewachsen ist. »Das norddeutsche Tiefland,« sagt Dr. Q. F. Naumann in seinem klassischem Lehrbuche der Geognosie, 12 0. von Gellhorn, Die Braunkohlen - Hölzer etc. (Bd. III, S. 188) »mag zur Zeit der Braunkohlen -Formation von vielen grösseren und kleineren, aber seichten Süsswasserseen und von ausgedehnten Mooren erfüllt gewesen sein, in deren Umgebung eine üppige Vegetation stattfand.« Nun — die Beläge dafür sind vorhanden. Giebelhausen berichtet bereits (im XIX. Band der Zeitschrift für das Berg-, Hütten- und Salinenwesen) im Jahre 1871, dass sich in den Flötzen der Mark öfter Reste von Sumpfpflanzen vorfinden, ich selbst habe dergleichen in den märkischen Braun- kohlen-Gruben vielfach angetroffen, besitze auch Stengel von Binsen in meiner Sammlung. Aber Giebelhausen berichtet in seiner Arbeit »über die Braunkohlen-Bildungen der Provinz Branden- burg« etc. über aufr.echt stehende Stämme mit erhaltenen Wurzelstöckenin mehreren Braunkohlen-Gruben . Beispielsweise sagt er a. a. O., S. 35, von den Senftenberg-Finsterwalder Ablage- rungen: »Auffallend ist die grosse Menge von bituminösem Holze, welches in den oberen Schichten vielfach eingelagert ist; nament- lich zeichnet sich hierdurch die Grube Victoria bei Räschen aus, wo aufrechte Wurzelstümpfe von bis 7 Fuss Diameter, deren Wurzeln sich oft 10 Fuss weit verfolgen lassen, dicht gedrängt neben einander stehen und den Abbau sehr erschweren.« Bei dieser Stellung der Stämme mit ihren Wurzeln darf man wohl nicht mehr an Treibholz denken, man darf vielmehr mit Sicher- heit annehmen: dass in den Torfmooren der Mark die Coniferen, welche das Material für unsere Braunkohlenflötze hergaben, auch gewachsen sind. Dr. F. Unger in seiner Geologie der europäischen Waldbäume, Graz 1869, kommt sogar am Schluss zu dem Re- sultate: »Nicht aus Nordamerika sind also Einwanderungen von Pflanzen in unser vorhistorisches Europa erfolgt, sondern dieselben haben umgekehrt von hier aus wie von einem Mittelpunkte nach allen Richtungen und so auch nach der Neuen Welt stattgefunden.« lieber Pflanzen ans dem norddeutschen Diluvium. Von Herrn F. Kurtz in Cordoba. Herr Dr. E. Läufer übergab mir Anfang 1884 eine Anzahl von Blattabdrücken und anderen Pflanzenresten, die er im October 1883 bei Honerdingen (unweit Walsrode im nordöstlichen Hannover, zwischen Verden und Lüneburg) in einem unterdiluvialen Süss- wasserkalk gefunden. Dieser Süsswasserkalk liegt daselbst unter einer Schicht humosen Sandes von ungefähr 3 Meter Mächtigkeit, die von etwa 8 Meter Diluvialsand überlagert wird. Letzterer zeigt ausgezeichnete discordante Schichtung, die durch die Einlagerung von Grandbänkchen noch deutlicher gemacht wird. Professor Hunaeus in Hannover hielt diese Ablagerung für tertiär x). Die pflanzlichen Reste von Honerdingen bestehen überwiegend aus Blättern oder Blattresten, die fast durchweg sehr gut erhalten sind. Mitunter war die Blattsubstanz so intact geblieben, dass beim Austrocknen der mit den Blattresten bedeckten Stücke die Blätter sich in toto ablösten. Aehnliche Erhaltungsweise zeigten die Blätter von Oberohe und von Belzig. Ausser den Pflanzen von Honerdingen sah ich in der geolo- gischen Landesanstalt noch die von Belzig und von Oberohe *) Vergl. E. Läufer, Mitteilungen über das Kalkmergellager von Honer- dingen nahe Walsrode, in der Hannoverschen Land- und forstwissenschaftlichen Zeitung, Jahrg. XXXVI, 1883, No. 44, S. 779-781. 14 F. Kurtz, Ueber Pflanzen ans dem norddeutschen Diluvium. stammenden pflanzlichen Reste, welche Dr. K. Keelhack ge- sammelt und beschrieben (einige Anmerkungen über die betreibende Abhandlung finden sich am Ende dieser Mittheilung), sowie einige andere Materialien, die Dr. Läufer an anderen Stellen derselben Gegend (diluvialer Süsswasserkalk von Neuenförde bei Gr.-Rinteln; Kieselguhr bei Hützel), und Dr. Klockmann bei Lauenburg an der Elbe gesammelt. Alle diese Pflanzen habe ich in die nach- folgende Liste aufgenommen, soweit dieselben genügend sicher bestimmt werden konnten. V erzeichniss der bei Honerdingen und anderen Orten des nordwest- deutschen Diluviums gefundenen Pflanzen. 1. Equisetum palustre L. Honerdingen. Stücke der Hauptachsen, an denen die Knoten, von denen die Zweige ausgehen, noch vollkommen sichtbar sind. 2. Pinus silvestris L. Honerdingen, Neuenförde, Hützel. Vom ersten Fundort liegen Zapfen und ein Same vor, von Neuenförde einzelne Schuppen und von Hützel zwei gut erhaltene Samen. 3. Phragmites communis L. Trin. Honerdingen. Sehr gut erhaltene Blattstücke, die durch die Gruppirung ihrer Nerven — je 3 dünnere werden in 2 dickere eingeschlossen — von den Blättern von Typha sich unterscheiden. 4. Ceratophyttum demersum L. Honerdingen. Blattzweige, die der Form C. platyacanthum Cham, am nächsten stehen. 5. Populus tremula L. Honerdingen, Hützel. Nicht sehr gut erhaltene Blätter und Blattreste. 6. Betula alba L. Lauenburg 1). Rindenstücke. ') Ueber die pflanzlichen Reste von Lauenburg hat K. Keilhack eine aus- führliche Mittheilung veröffentlicht (»Ueber ein interglaciales Torflager im Dilu- vium von Lauenburg an der Elbe«. Dieses Jahrbuch für 1884, S. 211 — 238, Taf. XI). F. Kurtz, Ueber Pflanzen aus dem norddeutschen Diluvium. 15 7. Ainus glutinosa Gärtn. Honerdingen. Sehr gut erhaltene, typische Blätter und Zapfen; scheint mit Quercus Robur L. der häufigste Baum gewesen zu sein. 8. Corylus Avellana L. Honerdingen; Nettendorfer Berge. Blätter (sehr gross) und Nüsse. 9. Quercus Robur L. var. sessilißora ( Sm.) A. u. C. Honer- dingen; Neuenförde. Blätter und eine vielleicht hierher gehörige Eichel ohne Napf. Sehr zahlreiche Reste. 10. Fagus silvatia L. Honerdingen. Ein gut erhaltenes Blatt mit etwas welligem Rande. 11. Juglans regia L. Honerdingen. Blättchen. 12. Platanus sp. Honerdingen. Zwei Blattstücke, die sehr gut mit Platanus orientalis L. über- einstimmen. Zu vergleichen sind die Formen, welche Göppert von Schossnitz beschrieben hat. 13. Fraxinus excelsior L. Honerdingen, Hützel. Es liegen vor der obere Theil eines Fiederblattes und eine Frucht, beide sehr gut erhalten. 14. Trapa natans L. Lauenburg; unterer Diluvialsand am Steilabhang an der Elbe. 15. Acer platanoides L. Honerdingen. Einen Flügel und zwei Samenfächer rechne ich zu dieser Art; der Flügel unterscheidet sich von dem von Acer campestre L. durch die nach dem Rande zu mehr rechtwinklig umgebogenen Nerven. Zweifelhaft blieben mir, was die Species betrifft, einige Reste von Neuenförde, Hützel und Hösseringen, die jedoch alle zweifel- los zur Gattung Ainus gehören. Zum Schluss möchte ich noch einige Bemerkungen über die Bestimmungen der Pflanzen machen, welche in der Abhandlung von Dr. K. Keilhack: Ueber präglaciale Süsswasserbildungen im Diluvium Norddeutschlands. Dieses Jahrb. für 1882, S. 133 bis 172) aufgeführt sind. 16 F. Kurtz. Ueber Pflanzen aus dem norddeutschen Diluvium. S. 143. Die unter c als Weidenblätter gedeuteten Reste ge- hören zu Andromeda polifolia L. S. 164. Das unter No. 7 als zu Populus gehörend aufgeführte Blatt gehört zu Tilia. S. 165. No. 9, Vaccinium Myrtillus L. ist V. uliginosum L. S. 165. No. 12, Utricularia Berendti Keilhack ist zweifel- los eine Form von U. minor L., deren Axen oft stärker als Ross- haare sind. Cordoba, Argentinien, August 1893. Eine neue Nymphaeacee aus dem unteren Miocän von Sieblos in der Rliön. Von Herrn F. Klirtz in Cordoba. Unter den fossilen Pflanzen, welche Heer im 3. Theil der Flora tertiaria Helvetiae (p. 299 — 800) von Sieblos in der Rhön aufzählt, befindet sich auch eine Nymphaeacee, die Heer Nelum- bium Casparianum genannt und 1. c. kurz diagnosticirt hat. Bei dem Ordnen der Tertiärpflanzen des Berliner paläontologi- schen Museums kam mir eine andere, ebenfalls von Sieblos stammende Nymphaeacee in die Hände, die von dem Nelumbium schon durch das folium non peltatum verschieden ist. Da nur eine Oberfläche vorliegt, ist es nicht möglich zu entscheiden, oh die fossile Art zur Gattung Nymphaea gehört oder nicht, und ist sie deshalb der Gruppe Nymphaeites Sternbg. e. p. (Schimper Pal. veg. III, p. 92) zuzuordnen. Nymphaeites rhoenensis m. Folio 1 dm lato, orbiculato (? vel renato-orbiculato) , basi profunde, usque ad petiolum fissa, lobis basalibus divergentibus, acutiusculis, margineque paullo undulatis; nervis 23 radiantibus, lateralibus semel vel bis dichotome divisis, nervo medio penninervi. Sieblos in der Rhön (palaeontologisches Museum in Berlin). Von den lebenden Arten, die ich vergleichen konnte, steht Nuphar pumilum Sm. der fossilen Pflanze am nächsten. Die [2] Jahrbuch 18 F. Kurtz, Eine neue Nymphaeacee ans dem unteren Miocän etc. Form des Blattes, soweit diese sich an dem fossilen Fragment erkennen lässt, wie auch die Zahl und Verzweigungsart der Nerven entspricht recht gut den bezüglichen Verhältnissen des Nuphar pumilum Sm. (besonders in Exemplaren vom Mittensee bei Zürich und an dem N. Spennerianum Gaudi aus dem Retournemer in den Vogesen). Von den fossilen Arten, die Schimper im III. Band seiner Paleontologie vegetale (p. 86 — 94) aufführt, ist unter denen, von denen mir wenigstens Abbildungen zu Gebote standen ( Nymphaea gypsorum Sap., Gharpentieri Heer, calophylla Sap., lignitica Wess. et Web., arctica Heer, Anaectomeria Brongniartii [Casp.] Sap., Nymphaeites thulensis Heer und ferner Nymphaea Dumasii Sap. Monde des Plantes avant FHomme p. 270, f. 720) keine, die irgend- wie mit der Art aus der Rhön verwechselt werden könnte. Cordoba, Argentinien, August 1893. Der Gebirgsbau des Einbeck-Markoldendorfer Beckens. Von Herrn Martin Schmidt in Oldenburg. (Hierzu Tafel X.) In der Litteratur über den norddeutschen Lias finden wir häufig als »Liasmulde von Markoldendorf« ein an fossilführenden Fundpunkten reiches Gebiet angeführt, in dessen Mitte, am Stein- berg bei Markoldendorf, vor Jahrzehnten in den Eisensteinen des mittleren Lias Bergbau umging. Die genauere Kenntniss der hier von der unteren Grenze der Liasformation bis zu den Almaltheenthonen vorhandenen Schichten verdanken wir einer Arbeit Emerson’s1), deren Schwerpunkt in der sehr sorgfältigen Durchforschung des stratigraphischen Auf- baues und des reichen paläontologischen Materiales liegt. Die räumliche Verbreitung der Schichten stellte Emerson in einem auf der Grundlage der bekannten PAPEN’schen Karte entworfenen Uebersichtskärtchen dar, das vier verschiedene Horizonte des unteren und zwei des mittleren Lias zur Darstellung bringt, die weitverbreitete Decke von Lehm und Schotter, wie dies auf frühe- ren Karten gewöhnlich geschehen war, jedoch fortlässt. Auf derselben topographischen Grundlage beruht H. Römer’ s 2) Darstellung dieser Gegend auf Blatt Einbeck seiner bekannten *) Die Liasmulde von Markoldendorf. Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. Bd. XXII, 1870, S. 239 ff. 2) Vergl. auch Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. Bd. III, 1851, S. 478 ff. [2*] 20 Martin Schmidt, Der Gebirgsbaü geologischen Karte, das vor etwa 50 Jahren hergestellt wurde und für die geologische Kenntniss des Gebietes von grösster Bedeutung war1). In mehreren Fällen, wo Römer im Gegensatz zu Emerson Lias verzeichnet, habe ich Römer’s Angaben richtiger gefunden. Dazu kommt, dass diese von Emerson ausser Acht gelassenen Liaspartieen nicht, wie man nach dem Verlauf der von ihm ge- zogenen Grenzen erwarten sollte, den untersten Lagen der For- mation angehören, sondern bis zur oberen Grenze des Lias a Quenstedt’s hinaufreichen. Es entspricht nur der Ansicht, die man damals von dem Bau unserer Gebirge hatte, dass Emerson die von ihm beobachteten Aufschlüsse in einem System von Curven zu vereinigen sucht und das »Fehlen« eines Theiles der Schichten am Nordwestrande der Mulde durch Transgressionen erklärt. Eine Verwerfung von 20 bis 25 Meter Sprunghöhe, die in einem jetzt verschütteten und demnächst ganz ausgefüllten Steinbruch am Kleeberge bei Mar- koldendorf damals aufgeschlossen war, zieht er in grader Linie von SSO. nach NNW. durch die ganze Mulde hindurch. Mittlerweile haben sich die Anschauungen über den Bau eines grossen Theiles von Mittel- und Norddeutschland im Fundament verschoben. War es doch schon dem Scharfblick Friedr. Hoff- mann’s nicht entgangen, dass in diesen von ihm 2) nach grossen Gesichtspunkten im Zusammenhang dargestellten Gegenden die Schichten bei ihrer Aufrichtung zu Gebirgszügen vielfach ihren Zusammenhang eingebüsst und sich an den Bruchflächen um mächtige Beträge verschoben hatten. Dass diese Mulde nicht eine Mulde im gewöhnlichen Sinne des Wortes sei, hatte Herr Professor von Koenen seit Jahren erkannt und veranlasste mich, dieses Gebiet im Sinne der von 1) Auch die Karte (Maassstab 1 : 50000), die D. Brauns seiner Beschreibung des südöstlichen Flügels der Hilsmulde (Paläontographica Bd.XIII, 1864, S. 75 ff.) beifügt, bringt einen Theil der »Liasmulde« und ihrer nächsten Umgebung zur Darstellung, ist aber, wenigstens in diesem Theile, so ausserordentlich unzuver- lässig gearbeitet, dass sie die Genauigkeit der halb so grossen und so viel älteren Darstellung Römer’s nicht erreicht. 2) Uebersicht der geographischen und geognostischen Verhältnisse vom nord- westlichen Deutschland. Leipzig 1830. des Einbeck -Markoldendorfer Beckens. 21 ihm veröffentlichten Arbeiten *) näher zu untersuchen. Für diese Anregung zu vorliegender Arbeit sowie für die andauernde Förde- rung und Leitung, die er mir während meiner gesammten Göttinger Studienzeit angedeihen liess, versichere ich ihn an dieser Stelle meiner herzlichen Dankbarkeit. Zu einer Reihe früherer, ebenfalls auf seine Anregung ausgeführter Arbeiten über benachbarte Ge- biete * 2) steht meine Arbeit zum Theil in enger Beziehung. Die ausgedehnte Decke von Lehni und Schotter, die geringe Gliederung der Oberfläche und die für das Studium des Gebirgs- baues oft ungünstige Beschaffenheit der spärlichen Aufschlüsse erschweren die Feststellung des Alters der Schichten und somit auch der Lagerung an vielen Stellen der Mulde oder richtiger gesagt des Beckens. Die Höhenzüge, welche dasselbe umschliessen, bieten dagegen bessere Aufschlüsse und verschiedenartigere Ge- steine, so dass sie die Bauverhältnisse des Beckens, vor allem Störungen und Verwerfungen, die in das Innere desselben hinein- gehen, mit grösserer Sicherheit erkennen lassen. Ich habe daher den Bau dieser Höhenzüge zunächst untersucht. Das Einbeck-Markoldendorfer Becken hat die Form einer von SO. nach NW. in die Länge gezogenen Ellipse und ist fast ringsum von mannichfaltig zerschnittenen Bergrücken umrahmt. Von der Stennebergsmühle 3) nördlich Moringen bis zu dem Dorfe Lauen- berg am Solling bildet der lückenlose, bis über 400 Meter hohe Kamm der Ahlsburg und ihrer Fortsetzung, des Eichenfast, die Grenze. Nach NO. wird dieser 10 Kilometer lange Rücken von einem Längsthal begleitet, das durch flache Wasserscheiden in 0 Yergl. namentlich: Dieses Jahrbuch für 1883 — 1886; ferner: Nachrichten von der König! Gesellschaft der Wissenschaften etc. zu Göttingen 1886, No. 6; 1889, No. 4. a) Graul , Die tertiären Ablagerungen des Sollings. Neues Jahrbuch für Mineralogie etc. 1885, Bd. I. Dubbers, Der obere Jura auf dem Nordostflügel der Hilsmulde. Gekr. Preisschrift, Göttingen 1888. Wermbter, Der Gebirgs- bau des Leinethaies zwischen Greene und Banteln. Neues Jahrbuch für Minera- logie VII. Beilageb. 1890. Smith, Die Jurabildungen des Kahlberges bei Echte. Dieses Jahrbuch für 1891. 3) Da die beifolgende Karte nur den interessanteren Nordwesttheil des Beckens darstellt, verweise ich zur Orientirung auf die PArEiPsche und RöMEE’sche Karte. 22 Martin Schmidt, Der Gebirgsbau 5 verschiedene Becken zergliedert wird. Jenseits desselben folgt in ganzer Länge eine zweite Bergreihe von geringerer Höhe. Sie besteht aus dem Iberberg, der Südlieth , dem Edemisser Hinter- berg, dem Grubenhagen, Wolfsberg und einem »an der Lieth« genannten Rücken. An diese Reihe schliesst sich nach NO. eine dritte von schmalen Kämmen an, die sich im SO. wenig abheben, nach NW. höher ansteigen und selbständiger hervortreten. Alle drei Glieder der ganzen Berggruppe endigen an einem gegen 1 Kilometer breiten Querthal, das von Lauenberg einen Theil der Gewässer des Solling im Diessehach dem Innern des Beckens zuführt. Jenseits dieser Unterbrechung ist die Umwallung des Beckens um etwa 1 Kilometer nach SW. verschoben und erscheint im Uebrigen als Fortsetzung des ersten Abschnittes. Aber diese bis in die Nähe von Dassel reichenden Höhen, die nach SW. in unregelmässig zerschnittenem Steilhang zu dem Thalgrunde von Relliehausen und Hilwartshausen abstürzen, sind fast plateauartig abgeflacht, und ihrem Nordostabhang legt sich nur ein Kamm vor, der durch schluchtenartige Thälchen ebenfalls in mehrere Stücke zergliedert wird. Die Höhen des Süd Westrandes erreichen ihr Ende an dem bis auf 150 Meter Meereshöhe eingeschnittenen Thale, durch das die Ihne ebenfalls einen grossen Theil der Sollinggewässer dem Becken zuführt. Der westliche Gebirgsrand reicht etwa bis an den Sattel, über den die Chaussee von Lüthorst nach Wangelnstedt und Stadtoldendorf hinübergeht. Er bildet nach dieser Seite die Wasser- scheide, wenn auch mehrfach sattelförmige Einsenkungen ihn in eine Reihe von Kuppen und Rücken zergliedern. Das südlichste dieser Stücke, der Bierberg bei Dassel, zeigt mit seiner abge- flachten Kuppe noch Aehnlichkeit mit den Höhen des Südwest- randes. Der nordwestlich anschliessende Rothenberg verläuft da- gegen von SW. nach NO. Darauf folgt der isolirte Kopf der Burg Hunnesrück und, nordwestlich von diesem, der Hatop (Hotop der PAPEN’schen Karte) und der Rücken des Beizerberges, der sich von Mackensen nach NNO. erstreckt. Er hängt äusserlich eng zusammen mit dem Mösenberg, der von SO. nach NW. ver- des Einbeck -Markoldendorfer Beckens. 23 läuft und durch eine tiefere Thaleinsenkung zwischen Lüthorst und Emmerborn von dem ihm annähernd parallelen Abhang des Hühnerberges getrennt ist. Der Nordostabhang des Hühnerberges senkt sich unregelmässig gegliedert zu dem Sattel der Lüthorst- Stadtoldendorfer Chaussee. Der Nordrand und Nordwestrand des Beckens wird zunächst bis Portenhagen und Rengershausen von den vielfach durch Thäler zerschnittenen Vorhöhen des Eifas gebildet, die hie und da Süd- ost-Nordwest-Richtung ihrer Kämme erkennen lassen. Dieselben senken sich allmählich zu der Einsattelung, über die die Strasse von Rengershausen nach Eimen hinübergeht, östlich überragt von einem Steilhang, der sich im Bogen bis südöstlich von Rengers- hausen vorschiebt. Von hier nach W. wird das Becken nicht durch Bergrücken, sondern durch ein Plateau begrenzt, dessen bald steilerer, bald sanfterer Abhang sich in flacher Vorbiegung nach S. bis etwa 1500 Meter nördlich Einbeck erstreckt und un- gefähr in der Mitte von dem tiefen Thale des krummen Wassers durchbrochen wird. Nach NO. zu hebt sich das Plateau allmäh- lich zu grösserer Höhe und erreicht im Fuchshöhlenberg im Ein- becker Stadtforst 323 Meter Meereshöhe. Hier biegt die Um- wallung unseres Beckens nach SO. und S. um, bis zu der Stelle, wo ein schmaler Kamm zu der ebenfalls plateauartig nach S. vor- geschobenen Wölbung des Altendorfer Berges hinüberleitet. Auf der ganzen Ostgrenze des Beckens nähert sich der Alten- dorfer Berg allein an Höhe den übrigen Raudhöhen desselben. Durch das Ilmethal wird von seinem südlichen Ende der niedrige Heldenberg bei Salzderhelden geschieden. Weiter nach S. steht das Becken mit der Alluvialfläche des Leinethaies fast in offener Verbindung. Nur scheinbar bilden die isolirten Kuppen des Sül- becker Berges, Sülberges und Hundeberges einen Abschluss gegen dasselbe. Das eigentliche Becken senkt sich von den Randhöhen im Allgemeinen allmählich gegen den in seiner Längsaxe verlaufenden Fluss und ist nur durch die Seitenbäche der Ilme ein wenig zer- schnitten. Doch finden sich auch einige niedrige Bodenwellen, die der Längsrichtung des Beckens folgen, so südlich der Ilme 24 Martin Schmidt, Der Gebirgsbau der Aulsberg bei Wellersen und andere noch flachere Erhebungen. Nördlich der Ilme treten sie schärfer hervor, vor allem die drei parallelen Kanten des Steinberges, Lahberges und schiefen Berges zwischen Markoldendorf und Amelsen, ferner der Klapperberg und Butterberg bei Hullersen, durch die der Lauf der Ilme eine Strecke weit nach OSO. abgelenkt wird. Viel höher erhebt sich die zerstückelte Hügelreihe, die, mit dem Aulsberg nördlich Lüthorst beginnend, nach OSO. durch das Becken hindurchsetzt, um nördlich Kohnsen mit dem Nordrand desselben wieder zu verschmelzen. Sie gliedert eine schmale, höhere Fläche ab, auf der die Dörfer Portenhagen, Rengershausen und Avendshausen liegen, gestattet den Gewässern derselben aber durch tiefe, auf Lüthorst, Amelsen und Avendshausen hinaus- führende Querthäler freien Austritt. Der allmähliche Abfall der Thalsohle ergiebt sich aus der Meereshöhe der Bahnhöfe von Dassel (161 Meter), Markoldendorf (131 Meter) und Einbeck (112 Meter), die sämmtlich nur wenige Meter über dem Spiegel der Ilme erhaben sind. Beim Austritt aus dem Becken liegt der Spiegel des Flusses bei etwa 105 Meter. Die Untersuchung des geologischen Baues ergab Fol- gendes : Die drei Bergreihen des Südwestrandes bis zum Lauenberger Querthal gehören einer einzigen nach NO. geneigten Scholle an, deren festere Gesteine als Kämme oder Bergreihen stehen blieben, während auf den milderen Schichten durch Erosion Längsthäler entstanden. Der südöstliche und höchste der drei Rücken besteht aus mittlerem Buntsandstein. Unmittelbar südlich der Stennebergs- mühle beginnend erhebt er sich in seinem mittleren Theil, der auf eine lange Strecke den Namen Ahlsburg führt, bis über 400 Meter. Südwestlich der Oberförsterei Grubenhagen wendet der Kamm sich für etwa 400 Meter nördlich, um dann im Eichenfast in die frühere Nordwestrichtung wieder einzulenken. Man könnte ver- muthen, dass diese geringe Unregelmässigkeit seiner Form in des Einbeck -Markoldendorf er Beckens. 25 seinem inneren Bau begründet sei, und zwar in Querbrüchen, die sich sicher nur an den beiden Enden des 10 Kilometer langen Zuges nachweisen lassen. So gliedert sich an seinem Südostende, wohl unter dem Einfluss der die Moringer Gegend durchziehenden Bruchlinien, der steile, dem Hauptkamm nach NO. vorgelagerte Katenstein, am Nordwestende der ein Stück aus dem Streichen nach N. verschobene Drögenberg deutlich von der langen, gleich- mässigen Firste ab. Der steile Südwestabhang führt zu der von Graul geschilderten Bruchzone »Moringen-Fredelsloh« hinab, die den ganzen Südwestfuss dieser Berggruppe begleitet. An dem etwa mit den Schichten einfallenden Nordosthang wölben sich in der Mittelregion die »Uhlenstöcke« nach dem breiten Längsthaie, in dem die Oberförsterei Grubenhagen liegt, etwas vor. Dieses Längsthal, das in seinem Grunde von den nur hie und da sichtbaren Thonen des Rüth erfüllt ist, entwässert seine Mittelpartie durch drei tiefe Ausschartungen des nächsten nach NO. vorgelagerten Längskammes, der aus Wellenkalk besteht. Er erreicht und übersteigt noch die Höhe von 300 Metern, um sich zuletzt in dem langen Rücken »an der Lieth« nach dem Lauen- berger Querthal mehr und mehr hinabzusenken. Die dem Innern des Beckens zugewandte dritte Hügelreihe, die von den wenig mächtigen, aber um so widerstandsfähigeren Bänken des Trochitenkalkes gebildet wird, erreicht die selbständige Bedeutung der beiden ersten nicht. Am Ende des Iberberges bei Iber ist sie durch Qu er -Verwerfungen ganz in die Verlänge- rung des Wellenkalkes verschoben. Da bei der geringen Mäch- tigkeit des Trochitenkalkes schon eine unbedeutendere Störung dem Wirken der Erosion eine Bresche liefert, ist er neben den drei auch den Wellenkalk durchbrechenden Querthälern noch von einer ganzen Reihe von Schluchten und Einschnitten in zahlreiche kurze Rücken zergliedert. Das Gelände fällt nach NO. von dem Troohitenwall in wenig zerschnittener und bald flacher werdender Böschung bis zu einer Reihe von Dörfern ab, die ihn in etwa 600 Meter Entfernung und im Mittel 150 Meter Meereshöhe begleitet. Jenseits derselben hebt sich von Rothenkirchen bis Wellersen mehr und mehr eine 26 Martin Schmidt, Der Gebirgsbau ebenfalls der. Randbergen parallele Terrainwelle heraus, die aus unterem Lias besteht. Der Abhang zeigt neben Thonplatten und Kohlenkeuper nur Spuren der mächtigen Schichten des Gyps- keupers; Rhät fehlt, wie auch Emerson ausdrücklich betont, gänz- lich. Daher ist hier die innere Ausfüllung des Beckens an einem langen, streichenden Bruch um mehr als 400 Meter gegen die Randhöhen abgesunken. Die Lage dieser Verwerfung lässt sich wegen einer Lehmdecke nur da annähernd genau bestimmen, wo die beiderseitigen Aufschlüsse näher zusammentreten. Dass mehr- fach am Abhang der Triashöhen secundäre, ebenfalls zum Theil streichende Störungen Vorkommen, kann bei der Nähe einer grösseren Verwerfung nicht auffallen. So zeigt ein 500 Meter südlich Iber im Felde betriebener Trochitenkalkbruch deutlich auf- geschlossen, wie die Schichten von secundären Störungen zer- schnitten und durch Seitendruck zusammengeschoben sind. Das Lauenberger Querthal, das den Rand des Beckens auf etwa 1000 Meter unterbricht, kam durch Einbruch in Folge von Querspalten zu Stande, und zwar haben die eingestürzten Schichten, wie häufig, eine wenig regelmässige Lagerung. So folgt unten am Ende des Trochitenwalles am Abhange über der Thalsohle eine kleine, von Tufflagern fast verhüllte Partie von Kohlenkeuper. Nach NO. macht sie sogleich zähen Thonen mit Amm. angulatus Platz. Die Sprunghöhe zwischen dem Keuper des Randes und der eingestürzten Thalausfüllung übersteigt hier 500 Meter. Weiter südlich grenzt durch einen Bruch der Buntsandstein des Drögenberges unmittelbar an eine Muschelkalkscholle, die seinen nordwestlichen Fuss bildet. Dieser Bruch, der Veran- lassung zu einem Erdfall gab und durch eine Quelle bezeichnet ist, zieht erst südlich, weiterhin südöstlich in der Richtung auf Fredelsloh im Thale des Hahnenbaches hinauf und trennt eine nach Lauenberg sich keilförmig verbreiternde, tiefer gesunkene Triasscholle von dem Eichenfast und Drögenberg ab. Auch an dem jenseitigen Hange, wo eine Lehmdecke das Erkennen des Gfebirgsbaues erschwert, deutet wenigstens ein Vor- kommen von Gypskeuper dicht neben älteren Schichten der Trias auf das Vorhandensein ähnlicher Störungen hin, so dass auch im tektonischen Sinne das Querthal reichlich 1000 Meter Breite hat. des Einbeck -Markoldendorfer Beckens. 27 Der Lauenberger Quereinbruch steht zweifellos mit den von Graul *) beschriebenen , für den Bau des Solling bestimmenden Brüchen und Graben Versenkungen in directem Zusammenhang. Graul fand östlich vom Forsthaus Seelzerthurm »Keuper, Trochiten- kalk und Buntsandstein durch einander gewürfelt« und führt dies Verhalten, ebenso wie das »wirre Durcheinander von Gebirgsarten« zwischen Fredelsloh und Lauenberg auf die »sich hier vollziehende Kreuzung der Spalten Moringen -Fredelsloh und Lüthorst -Mark- oldendorf-Wellersen« zurück. Ich möchte daneben, wenigstens für diesen Abhang des Solling, auf die langen und tiefen Thäler aufmerksam machen, die etwa in nordöstlicher Richtung aus dem Gebirge herausstreichen und wahrscheinlich durch Brüche ent- standen sind. Mögen diese auch secundärer Natur sein, so stehen gerade sie doch mit dem Bau des Vorlandes des Gebirges, also unseres Beckens, in engem Zusammenhang. Wir werden denselben in der Nähe von Dassel noch mehrfach feststellen können. Aber auch das Lauenberger Querthal scheint mir gerade mit einem der- artigen, etwa von S. auf Lauenberg zu streichenden Bruch zu- sammen zu hängen. In ihm stecken von Lauenberg nach S. zu mehrfach zwischen Buntsandstein Spuren von Muschelkalk einge- klemmt; weiterhin liegt an der »Platte«, etwa 3 Kilometer süd- lich Lauenberg, das dort gefundene Tertiär wohl zwischen diese Bruchränder eingesunken. Mit Graul’ s Spalten »Moringen-Fre- delsloh« und »Schlarpe -Grimmerfeld« lässt es sich wenigstens schwer in Verbindung bringen. Im Gegensatz zu der oben besprochenen, nach SW. durch be- deutende Absinkungen scharf begrenzten Berggruppe des Südwest- randes stehen die jenseits des Lauenberger Querthaies sich er- hebenden Muschelkalkberge bis in die Gegend von Dassel mit dem Solling augenscheinlich in ungestörtem Zusammenhang. Das Streichen und Einfallen der Schichten entspricht hier wenigstens ganz der flachen Neigung der Buntsandsteinplatten südlich und südwestlich der Thalsenkung von Hilwartshausen. Der südwest- liche, unregelmässig ausgeschnittene Steilrand der Gruppe besteht aus Wellenkalk und überragt die im N. vorgelagerten Trochiten- x) a. a. 0. bes. S. 9 — 13. 28 Martin Schmidt, Der Gebirgsbau wälle nur wenig. Er beginnt mit dem Grubenberg nordwestlich Lauenberg, der mit seinem westlichen, bewaldeten Kopf bis an den Fahrweg von Hilwartshausen nach Hoppensen heranreicht. Von dieser Stelle zieht der Scharfenberg mit steilem Südabfall mehr als 2 Kilometer gerade nach W. Um seinen scharf ge- schnittenen Westvorsprung, dem gegenüber den unregelmässig gewölbten, reichlich Gyps führenden Röthmassen noch die verein- zelte Wellenkalkscholle des Burgberges aufgesetzt ist, gelangen wir in ein auf dem Röth nach N. hinabsinkendes Thal, das den letzten Theil des nun fast nördlich gerichteten Wellenkalkabfalls bis zur llme begleitet, oben zwischen ihn und die Nordflanke des Scharfenberges tief hineingreift. Hier am Nordhange des Scharfenberges findet sich, wie lange bekannt, fossilführender oberoligocäner Sand, der zusammen mit geringen Gypskeuperresten in ein kesselförmiges, fast kreisrundes Bruchbecken des Wellenkalkes eingestürzt ist. Graul’ s Spalte Schlarpe-Grimmerfeld , die etwa auf Relliehausen zu aus dem Solling heraustritt, hat wohl mit diesem erdfallartigen Einbruch nichts zu thun. Ich sehe vielmehr in ihm und einem ähnlichen, an der Steilkante des Wellenkalkes etwa 800 Meter weiter nörd- lich vorhandenen Tertiäreinbruch, der sich, wie der erstere, auf H. Römer’s Karte verzeichnet findet, nur Begleiterscheinungen zu nebensächlichen Brüchen, die in dieser ganzen Berggruppe allent- halben durch Unregelmässigkeiten im Streichen und Fallen ihr Vorhandensein verrathen. An ihren beiden Enden sind sie, wie die Karte erkennen lässt, besonders deutlich. Auch die tiefe Thalspalte, die den Bierberg nordöstlich Dassel von der eben besprochenen Berggruppe trennt und der llme den Eintritt in das Becken gestattet, scheint sich auf einem Querbruch ausgebildet zu haben. Seine tektonische Bedeutung tritt zurück, denn der Bierberg gliedert sich seinem flachen Einfallen und der Richtung seines Streichens nach ganz jenen Bergen in seinem Süd- osten an; auch habe ich in dem schmalen Thalgrunde der llme eingestürzte jüngere Schichten nicht gefunden. Dass der südlich der llme noch vorwiegende Wellenkalk am Bierberg zurücktritt, bewirken die oben erwähnten , vom Solling herankommenden des Einbeck -Markoldendorfer Beckens. 29 Störungen, die hier über Dassel in der Richtung auf Lüthorst in das Becken hineingehen. Dass auch diese ganze Berggruppe vom Lauenberger Querthal an in ihrem Nordostabhange eine grössere Störung verbirgt, an der die innere Ausfüllung des Beckens zur Tiefe gesunken ist, verräth die nahe Nachbarschaft eines Rhätkeupervorkommeus neben dem Kohlenkeuper und untersten Gypskeuper des Abhanges, etwa 500 Meter südlich von Krimmensen. Die Sprunghöhe der Verwerfung beträgt auch hier gegen 400 Meter. Vom Nordwestabhange des Bierberges an besitzt" der Rand unseres Beckens einen verwickelteren Bau. So zeigt der Haupt- rücken des Westrandes, wenn er auch äusserlich einen ziemlich einheitlichen Wall bildet, doch in seinem Innern durch die ver- einigte Wirkung zweier verschiedener Störungsrichtungen ziemlich verwickelte Verhältnisse. Die eine Bruchrichtung, etwa N. 25 °0. streichend, tritt vor allem im S. deutlich hervor. Es sind die Brüche, die mir mit den oben erwähnten Sollingthälern zusammen- zuhängen scheinen. Sie bedingen nördlich vom Bierberg zwei keilförmige, in der Richtung auf Erichsburg und Hunnesrück sich erweiternde Einbrüche von Gypskeuper, zwischen denen horstartig die oben horizontal liegende, auf beiden Seiten zu den Bruch- linien abfallende Muschelkalkscholle des Rotenberges stehen ge- blieben ist. Der westliche Grenzbruch des bis etwa 300 Meter breiten nördlichen Einbruchs folgt vom obersten der oberhalb Hunnesrück gelegenen Teiche an dem Waldrande und dem Beginn des steileren Aufstieges auf mehr als 2 Kilometer Länge. Einige hundert Meter weiter östlich stehen jenseits eines zweiten, parallelen Bruches Thone des unteren Lias , sodass die Absinkung des Innern hier in zwei Staffeln erfolgt ist. Die massive, etwa 4 Kilometer lange Mittelpartie des West- randes besteht im S. aus Wellenkalk und trägt auf ihrem süd- lichsten Vorsprung die Trümmer der Burg Hunnesrück. Dann steigt sie steil zu der Kuppe des Hatop hinauf, um sich von hier ganz allmählich nach NNO. zu senken. Weiterhin, im Beizer Berg, bildet eine Platte von Trochitenkalk die Höhe, von der sich die Schichten, vielleicht an streichenden Nebenbrüchen, nach 30 Martin Schmidt, Der Gebirgsbau beiden Seiten zu den im Abhang verlaufenden grösseren Brüchen hinabsenken. Denn auch der nordwestliche Abhang wird in der Nähe von Denkiehausen von einem Gypskeupereinbruch begleitet. Da, wo im N. der Trochitenkalk des Beizer Berges wie ge- wöhnlich mit einem kurzen Steilhang endigt, ändert sich der Bau dieser Berggruppe plötzlich; denn in dem Thälclien, das etwa 1200 Meter südwestlich Lüthorst sich hinaufzieht und als leichte Einsenkung über die Höhe hinweggeht, liegt ein Südost-Nordwest- bruch, der die schmale, südwestlich einfallende Wellen kalkscholle des Möserfberges von dem Nordende des Beizerberges abschneidet. Ein zweiter, parallel gerichteter Bruch, durch eine Quelle und kleine Erdfälle angedeutet, verbirgt sich im Grunde der tieferen, schmalen, von Lüthorst nordwestlich nach Linnenkamp hinüber- führenden Senkung. Er begrenzt südwestlich die etwas zerrüttete Wellen kalkscholle des Hühnerberges, der Glocke und des Heimken- berges. Nach SO. wenden diese Hügel ihren rechtwinklig aus- geschnittenen Steilhang gegen den mit Röth erfüllten, sanft an- steigenden Thalgrund, aus dem über einen breiten Sattel die Strasse von Lüthorst nach Stadtoldendorf hinübergeht. Auch hier stören Brüche den Zusammenhang des Gebirgsrandes, denn zwischen die von Gypsstöcken durchsetzten Röthmassen dieses Sattels sind an mehreren Stellen Trochitenkalkschollen von ver- schiedener Grösse eingesunken. Das Innere des Beckens ist in dieser Gegend besonders tief gegen den Rand abgesunken, denn am Westausgange von Lüt- horst ist der Wellenkalk nur etwa 150 Meter von einer Stelle entfernt, wo früher einmal Fossilien der Amaltheenschichten ge- funden sind1), und die Sprunghöhe der hier vorhandenen Ver- werfung beträgt 800 Meter. Auf dem Röthsattel nordwestlich Lüthorst befinden wir uns am Abhange des Eifas. Das Südostnordweststreichen, das schon in dem eben beschriebenen Theile des Westrandes bemerkbar ist, herrscht hier vor. Die Schichten des Eifas liegen im All- gemeinen sattelförmig, aber während der hohe Nordostflügel dieses 0 Zweifellos meint Emerson diese Stelle a. a. 0. S. 36, des Einbeck -Markoldendorfer Beckens. 31 Sattels, der für uns nicht mehr in Betracht kommt, sich als ein einheitlicher Kamm bis an die Einsenkung zwischen Eimen und Rengershausen verfolgen lässt, zeigt der auf unser Becken zu ge- richtete Südwestflügel complicirteren Bau. Im Allgemeinen herrscht SW. -Fallen, aber mehrere von der mittleren Sattelspalte nach SO. spitzwinklig sich abzweigende Brüche theilen diesen Flügel in lange Stücke, die, sämmtlich vom Bausandstein des mittleren Buntsand- stein gekrönt, nach der Thalsohle von Portenhagen und Rengers- hausen zu auslaufen. Dazu kommen Querbrüche, die nördlich von Lüthorst in die hinteren, höheren Kämme eine tiefe Bresche legen. Da, wo sie mit der mittleren Sattelspalte Zusammentreffen, liegt in einem sumpfigen Grunde »am Gehren« das bekannte Ltithorster Tertiärvorkommen versenkt, dessen Sande Arten des norddeut- schen Oberoligocäns enthalten. Zwischen den Bergen des Eifas und Lüthorst beginnt, wie oben erwähnt, die zerstückelte Hügelreihe, die bis in die Nähe von Kohnsen die höher liegende Einsenkung von Portenhagen, Rengers- hausen und Avendshausen von der Hauptfläche des Beckens ab- scheidet. Ihr ausserordentlich verwickelter Bau steht zu den weniger gestörten Zügen des südwestlichen und auch des nord- östlichen Randes in einem auffallenden Gegensatz. Bezeichnend ist für ihn vor allem die Häufung streichender Brüche, die schmale Muschelkalkrücken von vorwiegend südwestlichem Einfallen in mehrfacher Wiederholung liintereinandersetzen. Quereinbrüche machen den Bau der Hügelreihe noch unregelmässiger. . Ueberall lässt sich auch hier ein Hauptbruch bezeichnen, an dem der flach lagernde Lias und Rhätkeuper des inneren Beckens um ähnliche Beträge, wie im S. und W., gegen die Randhöhen zur Tiefe ge- sunken ist. Schon der Buntsandstein des Aulsberges, der nach Streichen und Fallen wie eine Vorhöhe des Eifas erscheint, stösst an seinem Ostabhang an Keuper, der, von Querbrüchen zerschnitten, mit oberem Muschelkalk (Steinberg) abwechselt. Nordöstlich stösst an diesen Complex eine schmale und niedrige Wellenkalkscholle mit etwas Röth, die das Streichen und Fallen der nahen Eifas- höhen hat, aber vom nächsten Buntsandsteinrücken durch einen 32 Martin Schmidt, Der Gebirgsbau streichenden, von mehreren bedeutenden Erdfällen begleiteten Bruch getrennt ist. Südwestlich von der von Lüthorst nach Portenhagen ziehen- den Senkung wölbt sich von 0. nach W. ein zweiter Rücken, der Hainberg, der den Erhebungen nördlich Lüthorst an regel- losem Bau nichts nachgiebt. An seiner Nordseite ist Gypskeuper und Rhät zwischen ältere Gesteine eingesunken. Am Südabhange legt sich an einem N. 80° W. streichenden Bruch Gypskeuper und vor allem eine breite Rhätscholle, die ich der gesunkenen Innen- fläche des Beckens zurechne, vor Kohlenkeuper und oberen Muschelkalk des Beckenrandes. Die auf das Dorf Portenhagen sich vorschiebende Ecke des Hügels ist besonders stark zer- schnitten und zeigt mehrere grössere Erdfälle. In dem ziemlich engen, von Portenhagen auf Amelsen hin- ausführenden Thale wendet sich, nur 400 Meter südlich vom Dorfe, der Thalbach in scharfem Knie um die steil aufsteigende Wellenkalkrippe des Gropenberges, mit dem das dritte Glied der Reihe beginnt. Streichende Störungen bestimmen dann die Kamm- richtung des Borberges, des den Gropenberg fortsetzenden Birken- berges und mehrerer niederer, demselben nach Amelsen zu vor- gelagerter Rücken. Da, wo am Südabhange dieser Hügel die gleiclunässig flache Böschung beginnt, ist, wie am Hainberge bei Lüthorst, dem zerstückelten Rande an einem Hauptbruch der Rhätkeuper des Beckeninneren in breiter Platte vorgelagert. Quer- brüche greifen vor allem in der Umgebung des von Amelsen nach Rengershausen hinüberführenden Weges von N. und S. tiefer in den Gebirgsbau ein. Weiterhin nach O. herrschen wieder die streichenden Brüche, die z. B. die Kammrichtung des Hülseberges nordöstlich Amelsen bestimmen. Nur in seiner Osthälfte, in der Nachbarschaft eines grösseren, auf Avendshausen zu gerichteten Quereinbruches, zeigen sich Brüche und Absinkungen anderer, verwickelterer Art. In dem breiten Avendshäuser Querthal habe ich unter dem weitverbreiteten Lehm eingestürzte jüngere Triasschichten nicht zu Tage treten sehen. Aber an der im Thalgrunde heraufführen- den Chaussee liegt ein mächtiger Quarzitblock als Rest einer des Einbeck-Markoldendorfer Beckens. 33 Tertiärausfüllung, die sich möglicherweise unter dem Lehm weiter ausdehnt. In der Gegend nordöstlich Rengershausen kommt mit dem Auslaufen der letzten Buntsandsteinhöhen des Eifas der diesen im N. begleitende Wellenkalk nach S. herüber und nimmt an der Begrenzung des Beckens Theil. Er schliesst in steiler Kante nach O. die Eöthfläche von Rengershausen ab, springt dann in scharfem Winkel auf Avendshausen zurück und verschwindet nach O. allmählich bis auf Spuren unter dem Lehm des Abhanges. Der darüber stehende Trochitenwall, der auf eine längere Strecke mit der Landesgrenze zusammenfällt, schwenkt allmählich zu ost- südöstlichem Streichen um und reicht, mehrfach durch Quer- störungen ausgeschartet, fast bis an den von Einbeck nach Barts- hausen hinaufführenden Fahrweg. Nordöstlich Vardeilsen lehnt sich an dieses Glied des Nord- ostrandes des Beckens auf Kilometerlänge der letzte Hügel der inneren Reihe an, der die beiden Gehölze »Buchholz« und »Stein- bühl« trägt. Auch in ihm herrscht ostwestliches, allmählich nach OSO. umbiegendes Streichen, so in dem höchsten, aus Wellen- kalk bestehenden Rücken mit mehreren nach SSW. vorgelagerten Trochitenwällen, die zum Theil durch complicirte Störungen ab- getrennt und von kleinen, eingestürzten Gypskeuperpartien um- geben sind. Südlich schliesst sich die flachgeneigte, von Emerson als Fundstätte einiger Fossilien angeführte Kohlenkeuperscholle an, die sich gegen die eben erwähnten Randhöhen nur wenig ge- senkt hat; weiterhin in dem Thalgrunde von Kohnsen steht hinter einem zweiten Bruch Lias, um wohl 500 Meter gegen jenen Keuper gesunken. Der letzte Theil der Nordbegrenzung des Beckens hat Plateau- charakter. So zieht vom Bartshäuser Thurm ein breit gewölbter Rücken von flach geneigtem oberen Muschelkalk nach O. bis an den Einschnitt des »krummen Wassers« , doch ist sein Südwest- abhang noch von ähnlichen Störungen durchzogen, wie sie in der inneren Hügelreihe auftreten. Dass diese Brüche auch in die Plateaufläche selbst hineingehen, zeigen auf ihr vorhandene Erd- [3] Jahrbuch 34 Martin Schmidt, Der Gebirgsbai fälle. Yermuthlich gab auch eine Störung die Veranlassung zur Entstehung der Schlucht des krummen Wassers. Das Plateau des Riesenberges ist die unmittelbare Fort- setzung des zuletzt erwähnten Rückens. Ebenfalls hie und da Erd- fälle zeigend steigt es allmählich bis zum Fuchshöhlenberg nach ONO. an. Vielleicht verläuft an seinem Südrande eine unbedeutende streichende Störung. In der Nordostecke des Beckens, »bei den Teichen«, ver- schmälert sich der nach S. umbiegende Rücken des Plateaus. Mehrfacher plötzlicher Wechsel im Einfallen der Schichten deutet auf Brüche, die nach dem Einsturzbecken von Kreiensen und Greene hinüberweisen. Der wieder mehr plateauartige Wellenkalk des Altendorfer Berges, der sich von jener Ecke nach S. bis an die Urne vor- schiebt, gehört schon dem Ostrande an. Jenseits der Ilme be- stehen auch die niedrigen Hügel des grossen und kleinen Helden- berges noch aus flach nach W. einfallendem Wellenkalk. Im Thal der Ilme zwischen ihnen und dem Altendorfer Berg ver- laufen indessen Störungen, die schon am Südwestabhange des Altendorfer Berges steileres Einfallen und andere Unregelmässig- keiten der Lagerung erzeugen. Unter der Stadt Einbeck ist Lias, der an ihrem südwestlichen Ausgang an der Brauerei noch ansteht, bisher nicht nachgewiesen. Es fehlt überhaupt an Aufschlüssen, aus denen sich die Lage der Randbrüche des Beckens in dieser Gegend genauer bestimmen liesse. Nur südlich von dem die Ruine tragenden Südende des Heldenberges treten dem Wellenkalk desselben jüngere Schichten so nahe , dass letztere dort durch Brüche abgeschnitten sein müssen. Daher steht der übrige Theil des Ostrandes, wenn man hier von einem solchen noch reden darf, die niedrigen, ver- einzelten Kuppen des Sülbecker Berges, Sülberges und Hunde- berges, zu der inneren Ausfüllung des Beckens in viel engerer Beziehung, als zu den Randhöhen, während sie andererseits auch noch zum Leinethal-Einbruch gehören. Den Kern der inneren Ausfüllung bildet das von Emerson so eingehend beschriebene Liasvorkommen von Markoldendor des Einbeck -Markoldendorfer Beckens. 35 Die beste Orientirung über seinen Ban gewähren, wie Emerson besonders hervorhebt, die beiden, an der unteren Grenze der Schichten des Amm. bifer und in deren Mitte vorhandenen Sand- steinzonen, die zwischen Markoldendorf, Amelsen und Vardeilsen als zwei auffällige Kanten der flach nach S. einfallenden Schichten hervorragen. Ich habe sie aus diesem Grunde auf der Karte mit besonderen Farben bezeichnet, trotzdem ich paläontologische Hori- zonte im unteren Lias nicht unterschieden habe. Die untere der beiden Zonen ist durch Verwitterung eines stellenweise noch erhaltenen, blaugrauen Kalksandsteines ent- standen. Sie bildet den First des Schiefen Berges und ver- schwindet 800 Meter südwestlich Amelsen im Wiesengrunde. Jenseits des Weges von Deitersen nach Amelsen ist ihr Vor- handensein im Felde wieder an einzelnen Gesteinsstücken zu er- kennen1); weiter nordwestlich, etwa 1000 Meter nordöstlich Deitersen, tritt sie in der flachen Kuppe des Käenberges, an dem ich einen Theil der am Schiefen Berge reicher vertretenen Fossilien dieser Zone wiederfand, noch einmal deutlicher zu Tage. Der Zusammenhang dieser beiden kleineren Partieen untereinander und mit dem Kamm des Schiefen Berges ist nicht ungestört. Nach O. lässt sich die Kante dieser Schichten vom Schiefen Berge, wie auch Emerson angiebt, bis in die Nähe von Kohnsen ohne äussere Anzeichen eines Querbruches verfolgen. Die obere der beiden Sandsteinzonen bildet den langen Kücken des Laliberges2) und, in seiner Verlängerung, des Klapperberges südwestlich Kohnsen. Dieser Kamm ist an mehreren Stellen, z. B. an der Juliusmühle, unterbrochen und sogar etwas ver- schoben. Dieser Schicht rechne ich auch das von Emerson mit Vorbehalt als Kohlenkeuper angesprochene Liasvorkommen zu, das am Ufer des Ilmekanales sich bis nahe an Einbeck heran- schiebt. 0 Emerson führt an dieser Stelle Augulatenschichten an, von deren einem, aus Kalksandstein bestehenden Horizont das Gestein allerdings kaum zu unter- scheiden ist. 2) Lohberg bei Emerson. [3*] 36 Martin Schmidt, Der Gebirgsbau Nach allem, was sich von der Lagerung erkennen lässt, bildet der Lias von Markoldendorf, Juliusmühle und Kohnsen bis an den Grenzbruch des Inneren nördlich Amelsen eine nahezu ungestörte, einheitliche Scholle mit flacher Neigung nach S. Im NW. werden die Verhältnisse verwickelter. Schon den Westabhang des Steinberges bei Markoldendorf treffen mehrere Brüche, wie z. B. die von Emerson geschilderte Verwerfung am Kleeberge. Weiter nach NNW. erreichen sie bedeutendere Sprung- höhe und legen den Liassandstein des Käenberges neben Rhät- keuper. Nach SW. von dieser Stelle ist dann unterer Keuper und oberster Muschelkalk wie eine Insel stehen geblieben und erscheint gegen den Rhätkeuper im NO. und SO. durch Ver- werfungen begrenzt. Nach W. ist zwischen diese ältere Scholle und den Gypskeuper unter dem Waldrande der westlichen Grenz- höhen zwischen Lüthorst und Erichsburg der Lias eingesunken. Letzterer ist augenscheinlich stark zerrüttet und zertrümmert, denn während Emerson vom Westausgange des Dorfes (vergl. oben S. 30.) Amaltheenthone beschreibt, hat ein Brunnen auf dem RoHMEYER’schen Grundstück vor einigen Jahren Amm. angulatus , ein zweiter am nahe benachbarten Pfarrhause wieder Thone des mittleren Lias angetroffen. Die Lagerung der eingestürzten Schichten des Innern südlich der Ilme ist viel schwerer zu bestimmen, da die Sandsteinzonen des Lias an keiner Stelle zu Tage treten und überhaupt die Aufschlüsse sehr dürftig sind. Es scheint, als ob südlich von einem von Markoldendorf nach OSO. etwa auf den Pinkler zu streichenden Längsbruch eine flach gegen NNO. eiufallende Lias- scholle liegt, die allerdings unter dem Lehm fast nur in der langen Welle des Aulsberges zu Tage tritt und an dem steilen Nordwestabhang desselben ihr Ende erreicht. Bis zu dieser Stelle liegt also der Lias in einer gegen die Randhöhen tief einge- sunkenen, flachen Synklinale. Es liegt nahe, den Westabfall des Aulsberges mit dem östlichen Grenzbruch des Lauenberger Quer- thales in Verbindung zu bringen. Eine andere Verlängerung der diese Versenkung erzeugenden Brüche in das Innere des Beckens hinein habe ich aus den vorhandenen Aufschlüssen nicht nach- des Einbeck -Markoldendorfer Beckens. 37 weisen können. Der am Ufer der Urne von Markoldendorf bis südlich Ellensen anstehende Lias, der ganz oder doch zum Theil den Schichten des Amm. planicosta angehört, hängt mit dem Auls- berge nicht zusammen; er scheint sich der Form der Oberfläche nach von WSW. nach ONO. zu erstrecken. Der östliche Theil der inneren Ausfüllung des Beckens, zu dem wir auch die drei oben erwähnten Flügel zwischen Salzder- helden und Iber zählen können, besteht aus mehrfach und un- regelmässig mit Lias abwechselndem Keuper. Eine gewisse Gleich- förmigkeit des Baues zeigen nur die drei erwähnten Hügel, deren Kuppen aus nach WSW. einfallendem Rhätkeuper bestehen. Sie zeigen dadurch mit dem Bau der Muschelkalkplatten der Helden- berge und des Altendorfer Berges eine gewisse Analogie, wenn sie auch gegen jene in ein wohl 600 Meter tieferes Niveau ge- sunken sind. Sie hängen indessen untereinander nicht zusammen, vielmehr zieht sich zwischen dem Sülbecker Berg uüd Sülberg der Lias von Odagsen her in einer breiten , keilförmigen Masse bis zu den westlichsten Häusern von Sülbeck hinab. Aus der Schilderung der einzelnen tektonischen Züge der Landschaft geht hervor, dass das System von Südostnordwest- brüchen, das im Aufbau des mesozoischen, nordwestdeutschen Ge- birgslandes so sehr hervortritt, auch hier eine besondere Bedeutung hat. Ungefähr südostnordwestlich streichen die synklinal zu ein- ander geneigten Schichten der südwestlichen und nordöstlichen Randhöhen. Zu den letzteren haben wir auch die mit dem Auls- berge bei Lüthorst beginnende, nach OSO. laufende innere Hügel- reihe zu rechnen, da an ihrem Südabhang der Grenzbruch der eingesunkenen Innenmassen verläuft. Auch in ihnen treten in ähnlicher Richtung streichende Brüche besonders hervor. Endlich äussern sie sich in einem grossen Theile des eingesunkenen Innern und des Westrandes. Eine zweite, im Allgemeinen von SSW. nach NNO. streichende Störungsrichtung herrscht in dem übrigen Theile des Westrandes vor, auch gehört ihr das Lauenberger Querthal an. Dass sie wahrscheinlich zu dem Bau des nordöstlichen Sollingabhanges Be- 38 Martin Schmidt, Der Gebirgsbau ziehung hat, sahen wir ebenfalls. Vielleicht gehört sie dem System der jüngeren Südnordbrüche und Grabenversenkungen des nord- westdeutschen Gebirgslandes an. In diesem Netz von Brüchen, das durch viele mehr oder minder unregelmässig verlaufende secundäre Störungen ziemlich engmaschig wird, haben diejenigen eine besondere und für die Physiognomie des Ganzen maassgebende Bedeutung erhalten, auf denen die Innenmasse um Hunderte von Metern gegen die stehen- gebliebenen Ränder zur Tiefe gesunken ist. Ihre Lage im Einzel- nen ist oben genügend erörtert. Ein Zusammenhang des einge- brochenen Innern mit den vielfachen Versenkungen der benach- barten Gebiete besteht nur in der breiten Oeffnung gegen das Leinethal zwischen Salzderhelden und Iber und allenfalls im Lauenberger Querthal. Die Herstellung der geologischen Kartenskizze wurde dadurch sehr erschwert, dass sich die PAPEN’sche Karte als zu klein und vielfach ganz veraltet erwies, und ich sah mich genöthigt, für die geologische Detailaufnahme von dem darzustellenden Gebiet zunächst eine topographische Karte herzustellen. Ich habe diesen Zweck durch an Ort und Stelle im Maassstab 1 : 12 500 aufge- nommene Croquis zu erreichen gesucht, die ich dann mit Be- nutzung der PAPEN’schen Karte, der Forstkarten und vor allem der mir freundlichst zur Verfügung gestellten Rainkarten des Kreises Einbeck zu einem Gesammtbilde im Maassstabe 1 : 50000 verarbeitet habe. Die auf dieser Grundlage entworfene geologische Darstellung verfolgt vor allem den Zweck, die tektonischen Verhältnisse möglichst hervorzuheben. Daher wählte ich eine einfachere Farbenskala, als sie für Darstellungen in diesem Maassstabe sonst üblich ist. Vor allem verzichtete ich, abgesehen von der Abscheidung der alluvialen Thalböden, auf eine Sonderung der verschiedenen jüngeren Deck- gebilde, des Diluviallehms, der Schotterdecken, Deltabildungen, Kalktufflager etc.1). Die Abgrenzung der im Innern zu Tage *) Ich fasse dieselben nach älteren Vorbildern als »Diluvium« zusammen. des Einbeck -Markoldendorfer Beckens. 39 tretenden Flächen von Lias und Keuper bedarf noch einer ein- gehenderen Durcharbeitung, als sie mir möglich gewesen ist. Eine Kartirüng der auf die Blätter Einbeck und Moringen der Landes- aufnahme übergreifenden Theile des Beckens habe ich unterlassen, da dieselbe im Aufträge der Königl. Geologischen Landesanstalt durch Herrn Professor v. Koenen nahezu vollendet ist und dem- nächst veröffentlicht werden wird. S tratigr aphisch-palaeontologi scher Theil. In dem von mir untersuchten Gebiet finden sich folgende Schichten: mittlerer Buntsandstein, Röth, der ganze Muschelkalk und Keuper, der untere und ein Theil des mittleren Lias, ferner einige unbedeutende Tertiärpartien, endlich diluviale und alluviale Bildungen. Aus mittlerem Buntsandstein besteht der Eifas mit seinen südwestlichen Vorhöhen, der Aulsberg bei Lüthorst und die Ahls- burg mit dem Eichenfast. Im Wesentlichen erscheint nur seine oberste Abtheilung, die sogenannte Bausandsteinzone, auf dem Kartenblatte und wird am Aulsberg bei Lüthorst, an den Vor- höhen des Eifas bei Portenhagen und Rengershausen und am Südostende der Ahlsburg in einigen Steinbrüchen ausgebeutet. Am Aulsberge bei Lüthorst sind auch zeitweise eisenreiche Schichten als Eisenstein gewonnen worden1). Der Röth unterscheidet sich nicht wesentlich von der sonst in diesen Gegenden bekannten Entwicklung. An der Eisenhütte bei Dassel findet sich darin Gyps, der weiter nach NW. mächtiger wird. Er scheint mit den bedeutenden Röthgypslagern bei Stadt- oldendorf ursprünglich in Zusammenhang gestanden zu haben, wenn er auch augenscheinlich die Mächtigkeit derselben auf unserem Blatte nicht erreicht. Ausgebeutet wurde er zeitweilig an der Dasseler Eisenhütte und etwa 2400 Meter nordwestlich Lüthorst. *) Römer a. a. 0. S. 486. 40 Martin Schmidt, Der Gebirgsbau Ebenso stimmt der untere und mittlere Muschelkalk im wesentlichen in Mächtigkeit und Gesteinscharakter mit der sonst in diesen Gegenden beobachteten Ausbildungsweise überein. Die Eintragung der festeren Bänke (Oolith-, Werkstein- und Schaum- kalkbänke) und die sonstige Gliederung des Wellenkalkes kann nur bei einer Aufnahme in grösserem Maassstabe ausgeführt werden. Die Schaumkalkbänke werden hier und da, z. B. an der Lieth ostsüdöstlich Wellersen, in unbedeutenden Steinbrüchen zur Wegebesserung herausgebrochen. Ein viel bedeutenderer Steinbruchbetrieb herrscht allgemein in den festen Bänken des Trochitenkalkes. Am Steinbühl, etwa 1200 Meter nordwestlich Vardeilsen, sind einige Lagen desselben ausgezeichnet oolithisch entwickelt. Am Bierberge bei Dassel, wo er in einem besonders ausgedehnten Steinbruch gewonnen wird, ist er nahe seiner oberen Grenze reich an Monotis Albertii und an anderen Stellen an einer kleinen, hinten stark verlängerten Leda. Die sehr dürftig aufgeschlossenen Ceratiten-Schichten oder Thonplatten lassen keinerlei Abweichungen von der sonstigen Ent- wickelung westlich vom Harz erkennen. Die Schichten des Kohlenkeupers sind am inneren Abhange des südwestlichen Höhenkranzes sehr ungünstig aufgeschlossen, erheblich besser sind sie an einigen Stellen der nordöstlichen Seite des Beckens zu beobachten. So beschreibt Emerson1) von dem flachen Hügel, der sich nordöstlich Vardeilsen erhebt und bis Kohnsen hinzieht, graue Sandsteinplatten mit Estheria minuta Goldf., andere an derselben Stelle mit Myophoria transversa und Myacites sp. (wohl eine Anoplophora). Ein dem letzteren ganz ähnliches Gestein mit denselben Fossilien fand ich dann allent- halben im Acker einer flachen Bodenwelle zwischen Deitersen und Lüthorst. Der Gypskeuper zeigt gegenüber der jetzt bekannten grossen Mächtigkeit seiner Schichten in diesen Gegenden2) eine auffallend geringe Verbreitung. In den meisten Fällen erscheint er zwischen *) a. a. 0. S. 8. 2) vergl. A. Tornquist, der Gypskeuper in der Umgebung von Göttingen. Göttingen 1892. des Einbeck - Markoldendorfer Beckens. 41 ältere Gesteine eingeklemmt und eingesunken, so vor allem in den beiden Grabenversenkungen zu beiden Seiten des Rotenberges nordöstlich Dassel. Hier finden sich am Wege von Dassel nach Erichsburg etwas jenseits der Höhe im Acker mürbe Sandstein- stücke, die dem Schilfsandstein anzugehören scheinen. Auf ihrer unregelmässig knorrigen Schichtungsfläche liegen Ueberzüge von Rotheisenstein, die vielleicht mit knolligen , von Herrn Professor v. Koenen im Schilfsandstein in der Nähe von Sülbeck gefundenen Rotheisenerzstücken zu vergleichen sind. Der Rhätkeuper fehlt auf der Süd Westseite und Westseite des Beckens bis auf die kleine Scholle südlich Krimmensen an- scheinend ganz, zeigt aber in dem Gebiet zwischen Lüthorst und Vardeilsen eine Reihe besonders günstiger Aufschlüsse. Bekannt ist durch Pflüoker’s Beschreibung1) das jetzt leider in seinem grössten Theile verschüttete Profil nordöstlich von Deitersen, das damals vor allem die beiden Grenzzonen der Formation gut auf- geschlossen zeigte. An einem zweiten Aufschlüsse am Bachufer nordwestlich Amelsen sammelte Emerson 2) besonders häufig und wohlerhalten verschiedene Fossilien der Taeniodon- Schichten. Neben diesen beiden Aufschlüssen ist noch eine Stelle am Südabhange des Hainberges bei Lüthorst zu erwähnen, wo an einem vom Dorfe herauf kommenden Wege, etwa 400 Meter östlich vom Bache, die unteren Grenzschichten des Rhätkeupers mit mehreren Bonebedlagern anstehen. Die Kuppen der isolirten Rhäthügel zwischen Salzderhelden und Iber bestehen aus einem gelblichen bis lebhaft rostfarbenen, mässig festen Sandstein, dessen mächtigere Bänke gewonnen werden. In ihm habe ich vereinzelte Pflanzen- reste ( Clathropteris etc.) gefunden. Die Schichten des Lias haben durch Emerson eine ebenso gründliche als klare Darstellung ihrer stratigraphischen und palä- ontologischen Verhältnisse gefunden, sodass ich für sie im All- gemeinen nur auf diese Arbeit verweisen kann. Ich verdanke es fast nur einigen neueren Aufschlüssen, dass ich zu seinen auf x) Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. Bd. XX u. bes. Bd. XXI, S. 239. 2) a. a. 0. S. 8. 42 Martin Schmidt, Der Gebirgsbau ein reiches Material gestützten Angaben einige Zusätze machen kann. Psilonoten-Schichten. Am Abhange der Liasplatte nörd- lich Amelsen zu dem von NW. dem Dorfe zufliessenden Bache sind gegenwärtig etwa 300 Meter von der Chaussee die untersten Schichten des Lias durch einen schräg nach den Flachsröthen hinab- gezogenen Graben in etwas anderer Entwickelung aufgeschlossen, als sie von Emerson1) an dem heute fast völlig verschütteten Profil bei Deitersen beobachtet wurden. Hier stehen über kaum 1 Meter mächtig aufgeschlossenen Schieferthonen, in denen ich keine Fossilien fand, mehrere Lagen nur wenige Millimeter starker, poröser, oft flach wellig gebogener Platten von rothbrauner Farbe, die, ein echter »rotten stone«, durch Auslaugung eines festen, eisenreichen, sandigen Kalkes entstanden sind. Stellenweise ist ihre Schichtfläche bedeckt mit winzigen, nicht näher bestimmbaren Fossilresten; an anderen Stellen finden sich scharfe Abdrücke von Aegoceras Johnstoni Sow. und einem anderen Ammoniten, welcher der äusseren Form und Sculptur nach mit A. laqueus Quenst. übereinstimmt. Meines Wissens ist die Art im norddeutschen Lias noch nicht gefunden und wird auch für Süddeutschland nur als Seltenheit erwähnt. Ueber diesen Platten stehen etwa 2 Meter fahlgraue, sandige, sehr mürbe Schiefer, in denen Aeg. Johnstoni in allen Grössen allenthalben sehr häufig ist. Ausserdem habe ich durch vor- sichtiges Spalten der bröckeligen Schichten noch folgende, meist für ihre Art auffallend kleine Fossilien gefunden: Pleurotomaria psilonoti Quenst. Cardita (f ) Heberti Terq. Leda Rene vieri Opp. Astarte psilonoti Quenst. Nucula navis Piette. Pecten Hehli d’Orb. Pecten textorius v. Schloth. Gidaris , Asseln und Stacheln. Isocar dia? sp. *) a. a. 0. S. 14. des Einbeck -Markoldendorfer Beckens. 43 Ueber diesen Schiefern folgt eine sehr eisenreiche, erdige, kaum 10 Oentimeter mächtige Thonschicht, die ganz von knolligen Concretionen eines dunklen, eisenreichen und bituminösen Kalk- steines erfüllt ist. In diesen Knollen und frei in dem Thon finden sich wenige Arten, aber in zum Theil ausgezeichneter Einhaltung und überraschender Häufigkeit. So fand ich in dem noch nicht 2 Meter langen Aufschluss der dünnen Schicht nicht weniger als sechs zum Theil vollständige und bis 18 Centimeter grosse Exemplare eines Nautilus , der d’Orbigny’s Abbildung des N. inter- medius Sow. nahe steht; nur laufen die bei d’Orbigny im Bogen über die Seiten hingehenden Anwachsstreifen hier auf dem Haupt- theil der Seiten gerade und radial. Das grösste und besterhaltene Exemplar zeigt auch, verglichen mit r’Orbigny’s Abbildung, eine erheblich breitere Mündung, schärfere Kanten an dem ganz ab- geflachten Rücken und auf den ebenfalls abgeplatteten Seiten sogar eine flache Einsenkung bei etwa zwei Fünfteln der Ent- fernung von der Rückenkante zum Nabel. Die flachen Spiral- rippen, die meist ebenso breit sind, wie die Furchen zwischen ihnen, verschwinden auf den Seiten völlig. Alle diese Eigen- tümlichkeiten dieses eines Exemplares scheinen mir mit seinen grösseren Dimensionen zusammenzuhängen. Häufig sind ferner Ammoniten, die Aegoc. Johnstoni nahe stehen, aber von der tiefer vorkommenden typischen Form des- selben durch schnelleres Anwachsen des bis auf den seichten Ein- druck der vorhergehenden Windung kreisrunden Querschnitts ab- weichen. Ein grösseres Bruchstück einer anderen Art mit ganz kurzen, nur um den nicht sehr weiten Nabel deutlichen Rippen und eiförmigem Querschnitt der sonst platten Windungen ähnelt einer von Dumortier1) aus den Psilonotenschichten von Yizenac beschriebenen und abgebildeten, aber nicht benannten Form. Aegoc . angulatum v. Schloth. ist ferner nicht selten. Daneben kam ein Stück von Aeg. catenatum Sow. vor, das d’Orbigny’s Abbildung auch an Grösse ziemlich entspricht. Dann fand ich b Etudes paleontologiques sur les Dep. Jur. du Bassin du Rhone, I, pag. 28, Taf. III, Fig. 1, 2. 44 Martin Schmidt, Der Gebirgsbau ein vollständiges, . zum Theil mit der Schale erhaltenes Exemplar des von Wahner1) aus den Schichten des Aeg. megastoma von Schreinbach beschriebenen Aeg. Rahana von etwa 8 Centimeter Durchmesser. Ein Bruchstück einer grossen Form, die ohne Wohnkammer 26 Centimeter maass, steht den allgemeinen Ver- hältnissen nach der vorigen nahe. Während die äusserste Windung glatt ist, zeigt ein inneres, einer Scheibengrösse von 14 Centi- metern entsprechendes Stück flache Rippen, nach deren Verlauf ich die Form dem Aeg. Rahana als späteres Altersstadium zurechnen möchte. Allerdings hängen die Loben, von denen der zweite Laterallobus sich vom Nahtlobus kaum abtrennen lässt, an der Naht noch erheblich weiter herab, als Wähner für Aeg. Rahana angiebt, sodass ich das Stück doch nur mit einigem Vorbehalt zu dieser Art stellen kann. Ueber dieser bemerkenswerthen Schicht sind noch etwa einen Meter mächtige Schieferthone aufgeschlossen, in denen ich keine Fossilien gefunden habe. Der ganze Aufschluss lässt weder die untere, noch die obere Grenze der Psilonotenzone, die Emerson beide bei Deitersen beobachtete, genügend erkennen. Angulaten-Schichten. Bei Wellersen fand ich in der an Aegoc. angulatum reichsten Thonschicht, aus der Emerson nur diesen Ammoniten erwähnt, frei und zum Theil trefflich erhalten, wenn auch nicht häufig, die folgenden Formen: Ostrea sublamellosa Dunk. Lucina f sp. Pleuromya subrugosa Dunk. Pentacrinus angulatus Opp. Gryphaea arcuata Dam. Pleuromya crassa Ag. Cardinia Listen Sow. Aeg. angulatum kommt auch in einer Ziegeleithongrube nord- westlich Vardeilsen in kleinen Exemplaren vor. Dann befindet *) Dr. F. Wähner, Beiträge zur Kenntniss der tieferen Zonen des unteren Lias in den nordöstlichen Alpen. (Beitr. z. Paläont. Oestr.-Ung. etc. III, S. 105, Taf. XXI, Fig. 1-4.) des Einbeck- Markoldendorfer Beckens. 45 sich im Göttinger Museum dieselbe Art aus schwärzlichen Schiefer- thonen, die einem Brunnen auf dem RoHMEYER’schen Grundstück in Lüthorst entstammen. Arieten-Schichten. Im Göttinger Museum liegen einige Exemplare von Ariet. rotiformis und A. Sinemuriensis mit »Lüt- horst« bezeichnet, deren sandig-kalkiges, gelbliches Gestein ent- fernt an das bekannte Vorkommen von Ohrsleben erinnert. Im Markoldendorfer Becken ist jetzt kein Gestein in diesem Horizont aufgeschlossen, aus dem sie stammen könnten. Vielleicht sind die Aufschlüsse durch die Verkoppelungen verschüttet. Am Aulsberge bei Wellersen fand ich am Fusse des eine be- trächtliche Schichtenmächtigkeit erschliessenden Abhanges ein Bruchstück eines etwa 9 Centimeter grossen Arieten , das , soweit seine ziemlich mangelhafte Erhaltung erkennen lässt, Ariet. roti- formis Sow. angehört. Danach wäre es möglich, dass ein Theil der mächtigen, fast versteinerungsleeren Thone unter dem dort auftretenden Geodenlager mit A. geometricus 1 ) dem Niveau der von Emerson in dem Gebiet nicht beobachteten typischen Arieten zuzurechnen ist. Mit dem Ammoniten fand ich ein halbwüchsiges Exemplar von Unicardium cardioides Phill. Eine Lage mit Gryphaea arcuata , die hier nach Emerson etwa 8 Meter unter den Geoden mit A. geometricus steht, ist stellenweise reich an fein längsgerippten Cidaritenstacheln. In den Geoden selbst fand ich neben A. geometricus auch Protocardia Philippiana Dunk. sp. Schichten des Aegoc. planicosta Sow. Dass die von Emerson aus diesem Horizont angeführten Ammoniten, Aegoc. ziphus Hehl und A . tamariscinus U. Schloenb. , in der von Brauns * 2) angenommenen und durch Quenstedt’s Abbildung des »Riesenziphus« 3) bestätigten Weise mit einer von A. plani- costa nicht zu scheidenden Jugendform zu einer und derselben Art zu zählen sind, halte ich für wahrscheinlich. Ich glaube so- gar, dass alle bei Markoldendorf in diesem Horizont gefundenen 9 Emerson, a. a. 0. S. 19. *) Untere Jura, S. 199 ff. 3) Ammoniten des Schwab. Jura, Taf. 21, 16. 46 Martin Schmidt, Der Gebirgsbau Exemplare des A. planicosta dieser Formenreihe angehören. Ich möchte dieselbe mit der von Wright *) für England wohl etwas summarisch aufgestellten analogen Reihe des A. planiscosta-ziphus -Dudressieri (von d’Orbigny für eine Form des oberen Lias auf- gestellt!) und einer an A. tamariscinus erinnernden Altersform nicht gleichsetzen, da auf allen Stufen der Entwickelung sich Unterschiede finden. Dagegen ist die Uebereinstimmung mit dem von Dumortier * 2) aus den Grenzschichten des unteren und mittle- ren Lias von Nolay beschriebenen A. trimodus eine sehr grosse; wohlerhaltene Belegstücke für alle Altersstadien und die Ueber- gänge zwischen ihnen sind vom schiefen Berge bei Amelsen und anderen Fundpunkten Norddeutschlands im Göttinger Museum vorhanden. Ueber die wahren systematischen Beziehungen der ganzen Gruppe kann nur eine umfassende Kritik aller als A. pla- nicosta Sow. angeführten Formen und ihrer späteren, von den be- treffenden Fundorten etwa vorhandenen Altersstadien Klarheit bringen. Im Uebrigen habe ich zu Emerson’s Verzeichniss der Fossilien dieser Schichten folgende Formen hinzuzufügen: Ostrea irregularis Münst. und Goldf. Pecten priscus v. Schloth. Lima gigantea Sow. Modiola scalprum Sow. Pinna Moorei Oppel. Protocardia cingulata Goldf. 3) Pholadomya fortunata Dumort. Pleuromga sp. Mittlerer Lias. Die Aufschlüsse im mittleren Lias des Steinberges bei Markoldendorf haben sich seit Emerson’s Zeit x) Monograph on the Lias Ammonites etc., S. 337 (Pal. Soc. 1882). 2) a. a. 0. S. 86, Taf. 15 und 16. 3) Das vorliegende Material gestattet nicht zu entscheiden, ob wir hier mit echten Cardien, die sonst im Lias fehlen, zu thun haben. In diesem Falle können dieselben weder den Namen: multicostatum Philo, noch cingulatum Goldf. be- halten, da diese beiden Namen von Brocchi und Goldfuss für echte Cardium- Arten des Tertiär vergeben sind. des Einbeck- Markold endorfer Beckens. 47 ausserordentlich verschlechtert, vor allem da die alten Eisenstein- gruben mehr und mehr verfielen und verschüttet wurden. Ich habe daher zu seinen Angaben über die Schichten der Terebr. subovoides , des Amm. brevispina und des Amm. centaurus nichts hinzuzufügen. Amaltheenthon habe ich am Westausgange von Lüthorst, wo Emerson Amm. spinatus und einige andere Fossilien der Zone sammelte, zur Zeit nicht mehr anstehend gefunden. Dagegen konnte ich in schwarzgrauen Thonen, die aus einem am Pfarr- hause gegrabenen Brunnen ausgeworfen waren, eine Reihe von Fossilien dieser Schichten sammeln. Freilich sind sie in der Regel stark verdrückt und gestatten nicht immer eine völlig zwei- fellose Bestimmung, selbst der generellen Merkmale. Es fanden sich: Amaltheus spinatus Brug. » nitescens Young und Bird sp. Pecten Philenor d’Orb. Plicatula spinosa Sow. Avicula inaequivalvis Sow. » papyna Quenst. Protocardia cingulata Golde. Isocardia? bombax Quenst. Posidonia sp. indet. Nucula cordata Goldf. Leda complanata Goldf. sp. » subovalis Goldf. sp. » acuminata Goldf. sp. Lucina problematica Terq. » pumila Goldf. sp. Lucina ? Astarte cf. fontis Dumort. Phasianella cf. Jason d’Orb. Ophiura ? Von den im Text erwähnten Tertiärpartieen ist das Vor- kommen von oberoligocänem Sand am Gehren im Eifas nördlich Liit- 48 Martin Schmidt, Der Grebirgsbau etc. hörst zur Zeit sehr schlecht aufgeschlossen. Diesem Niveau gehören auch, wie sich aus einigen schlecht erhaltenen Molluskenresten eben erkennen liess, die theils zu rauhen Blöcken verkitteten, theils losen Sande in dem Einbruch am Scharfenberge an. End- lich erwähne ich hier noch einmal den schon erwähnten Quarzit- block, der am Wege zwischen Vardeilsen und Avendshausen aus dem Lehm des Thalgrundes hervorsieht. Insektenfrass in der Braunkohle der Mark Brandenburg. Von Herrn 0. von Gellhoril in Berlin. (Hierzu Tafel XI.) Aufmerksam gemacht durch die Arbeit des Herrn H. J. Kolbe über »Insektenbohrgänge in fossilen Hölzern« in der Zeitschrift der Deutschen geologischen Gesellschaft (Band XL, Heft 1, Seite 131 ff.) gebe ich in Nachstehendem eine kleine Mittheilung über Insektenfrass in der Braunkohle der Mark Brandenburg, welchen ich auf einigen Bergwerken daselbst beobachten konnte. Und, da dergleichen Frassstücke nicht gerade häufig sind, erscheint eine Besprechung solcher nicht ohne Interesse. Es kommt dabei zunächst in Betracht die Grube consl. Freienwalde bei Freienwalde a/Oder, in deren westlicher Abtheilung bei Falkenberg i/M. zwei Braun- kohlenflötze in Bau genommen sind. Hier kennt man unter einer Decke von Formsand: 1,50 Meter Braunkohle (1. Flötz), dann Hangende Partie Liegende Partie 12,00 » dunklen Formsand, 4.50 » Kohlenletten, darunter: 2.50 » weissen Quarzsand, 5.50 » Braunkohle (2. Flötz), 8.50 » Quarzsand mit Braunkohlen-Partikeln, 1,25 » hellfarbigen Letten, 9.50 » Quarzsand mit Glimmer, darunter endlich 3.50 » grünlichen, glimmerhaltigen Quarzsand. [4] Jahrbuch 1893. 50 0. von Gellhorn, Insektenfrass in der Braunkohle Die oberen Gebirgsschichten bis herunter zum 4,5 Meter mächtigen Kohlenletten gehören der hangenden Partie Plettner’s an, die darunter folgenden Schichten der liegenden Partie, welche sämmtlich dem Miocän zuzuzählen sind. Das durch Insektenfrass zerstörte Braunkohlenholz zeigte sich in dem unmittelbar über dem 5,5 Meter mächtigen 2. Braunkohlenflötz liegenden weissen Quarz- sande und zwar in diesen ganz irregulär eingestreut. Die ziem- lich zahlreichen einzelnen Braunkohlenstücke sind ganz scharf- kantig, mithin wohl als Bruchstücke des in der Nähe zerfallenen fossilen Holzes anzusprechen; sie zeigen keine Spur von Ab- rundung der Ecken und Kanten, welche etwa auf einen Trans- port der Hölzer, auf ein Heranschwemmen derselben schliessen liess. Es ist deshalb ausgeschlossen, diese Bruchstücke als Ge- schiebe anzusehen. Die Braunkohle zeigt ganz deutlich die Holzstructur und ist sehr leicht spaltbar; sie gehört einem Nadel- holze an, nämlich der virginischen Sumpfcypresse, Tosodium disti- chum. Wie Fig. 1 in der zugehörigen Tafel XI in natürlicher Grösse veranschaulicht, haben die Bohrgänge eine ovale Form, sind 3 bis 4 Millimeter weit und durchschneiden die Holzfasern in schräger, aber gerader Richtung; die Puppenkammern haben die Form und Grösse der. Bohrgänge. An dem Zerstörungswerke des Holzes müssen sich wohl viele Thiere gleichzeitig betheiligt haben. Von der Königl. Forst-Akademie zu Eberswalde sind die Bohr- gänge einerseits als von der Schiffsbohrmuschel Teredo navalis herrührend angesprochen worden, andererseits hielt man sie für Arao&mw-Frass. Ersteres dürfte nicht zutreffend sein, denn F. A. QüENSTEDT beschreibt die Gänge von Teredo navalis in seinem Handbuche der Petrefaktenkunde (Tübingen 1885, S. 856 u. 857) wie folgt; er sagt: Der schädliche Bohrwurm füllt die gemachten Gänge mit Kalk aus; die Gänge sind lange wurmförmig ge- krümmte Röhren, die sich am hinteren offenen Ende verjüngen, am vorderen dicketen aber halbkugelig schliessen, endlich durch- bohrt diese Muschel das Holz so, dass Röhre an Röhre liegt. Dies Alles trifft, wie die Abbildung zeigt, hier nicht zu. Auch lebt die Bohrmuschel im offenen Meere; es wäre demnach uner- findlich, wie sie in die terrestre Braunkohlenbildung gekommen der Mark Brandenburg. 51 Wäre. Man müsste dann einen Transport der Hölzer annehmen, was — wie weiter vorn gesagt — die Beschaffenheit, die Form der Brannkohlen-Bruchstücke nicht zulässt. Es ist ja aber auch bereits erwiesen, dass unsere märkischen Braunkohlen-Hölzer an Ort und Stelle gewachsen sind, da aufrecht stehende Stämme mit weit verzweigten starken Wurzelstöcken, dicht gedrängt bei einander stehend, in mehreren Gruben angetroffen worden sind. (Vgl. Giebelhausen, über die Braunkohlen-Bildungen der Provinz Brandenburg im 19. Bande der Zeitschrift für das Berg-, Hütten- nnd Salinenwesen). Die Beschaffenheit der Bohrgänge in diesem Nadelholze weist vielmehr eher auf Anobium- Frass hin. Der kleine walzenförmige Nagekäfer passt sehr wohl in die Bohrgänge hinein, lebt nur im Nadelholze, mit welchem wir es ja hier zu thun haben, durchnagt das Holz in allen möglichen Richtungen und verwandelt es oft vollständig in zusammenhanglose kleine Brocken, was die vorliegenden Belagstücke ebenfalls bestätigen. Nach Professor B. Altum (Forstzoologie, Berlin 1874, Theil III, Insekten) ist Anobium nigrinum die einzige Art, welche sich bis jetzt als forstschädlich erwiesen hat; man könnte sonach annehmen, dass man es hier auch mit dieser Species zu thun hätte. Be- stimmte Anhaltepunkte fehlen indess, da weder die Larve, noch das vollkommene Insekt sich bis jetzt in dem qu. Braunkohlen- Holze vorgefunden hat. Ein zweiter Punkt, woselbst sich Braunkohle mit Insekten- frass zeigte, ist die Grube consl. Phönix bei Zielenzig. Auf diesem Bergwerk findet sich unter etwa 10 Meter Diluvium: 5,4 Meter Formsand, darunter 5,0 » schwarzer Thon, dann 4,7 » Braunkohle (1. Flötz), endlich nach einem nur 0,3 » starken Formsand-Mittel das 2,3 bis 3 Meter mächtige 2. Braunkohlenflötz, alles Gebirgsmassen, welche dem Miocän angehören. Das von dem Insekt durchfurchte Holz stammt hier direct aus dem zweiten, 2,3 bis 3 Meter starken Braunkohlenflötz. Die Kohle ist von schwarzbrauner Farbe, zeigt ganz deutliche Holzstructur und lässt sich deshalb sehr leicht spalten. Auch hier haben wir es mit [4*] 52 0. von Gellhorn, Insnktenfrass in der Braunkohle einem Nadelholze zu tliun. In Fig. 2, Taf. XI, ist die Form der Bohrgänge und der Puppenkammern in natürlicher Grösse wiedergegeben. Die Gänge gehen hier parallel deu Holzfasern, haben eine ovale Form und eine Weite von 5 bis 6 Millimetern. Von diesen Gängen zweigen sich die Puppenkammern in etwas schräger Richtung gegen die Holzfasern ab; die Kammern zeigen, bei einer Länge von 1% bis 2 Centimetern, dieselbe Form und Weite wie die Gänge. Reste von den Thieren selbst haben sich nicht gefunden. Nach Ansicht der König! Forst-Akademie in Eberswalde sind diese Gänge anscheinend von der Larve einer Holzwespe Sir ex, vielleicht auch von der Larve eines Bockkäfers, Callidium, gemacht worden. Für beide Annahmen ist im Allge- meinen Nadelholz Voraussetzung, was allerdings hier wiederum zutrifft. Indess haben die Bohrgänge, welche in Dr. B. Altum’s Forstzoologie III, S. 296, 299 und 301 von Callidium abgebildet sind, eine ganz andere Form, als die Gänge in dem vorliegenden Frass-Exemplare; es dürfte sich demnach eher um eine Holzwespe handeln , doch fehlen auch dazu bestimmte Anhaltspunkte. Ich komme deshalb alsbald auf den 3. Fundpunkt, nämlich auflnsekten- frass von Grube Vulcanus bei Tempel, Kreis Ost-Stern- berg, zu sprechen. Aufgeschlossen und in 20 Meter Tiefe gebaut wurde hier ein 4 bis 5 Meter starkes Braunkohlenflötz, über welchem grauer Letten und Formsand liegt, während das Liegende aus grauem bis braunem Quarzsande besteht. Es handelt sich also auch hier wiederum um Schichten des märkischen Miocän. Das vorliegende Braunkohlen-Holz von hellbrauner Farbe zeigt ebenfalls ganz deut- liche Holzstructur , sodass es sich leicht spalten lässt und gehört gleichfalls einem Nadelholze an. Die Bohrgänge in Fig. 3, Taf. XI, in natürlicher Grösse abgebildet, haben eine runde Form, eine Weite von 10 bis 13 Millimeter, gehen in schwachen Windungen parallel den Holzfasern und laufen in geringer Ent- fernung neben einander. Dicht neben den Gängen und die Holz- faser quer durchschneidend, befinden sich die rundlichen Puppen- kammern von derselben Weite wie die Bohrgänge. Die König! Forstakademie in Eberswalde meint, dass dieser Insektenfrass der Mark Brandenburg, 53 wahrscheinlich von einer Holzwespe Sirex herrühre. Dies zu ver- folgen fehlen leider in dem mehrfach citirten Werke von Herrn Altum Abbildungen von Frassgängen dieses Insekts, sodass man sich nur auf die Charakteristik der Wespe, welche 1. c. S. 278 ff. gegeben ist, stützen kann. Daselbst heisst es unter Anderem: »Der Querschnitt des unregelmässig gewundenen Holzfrassganges ist kreisrund, ebenso auch der später von der Wespe genagte letzte Theil des Ganges und des Flugloches. Zugleich öffnet es sich senkrecht auf die Tangente des Stammes. Die junge Larve nährt sich, in geschlängeltem Gange vorrückeud, von den weichen Splintschichten, geht aber schon nach der ersten Ueberwinterung tiefer ms Holz hinein.« Die Holzwespen sind grosse, kräftige, schlanke Wespen, von denen Sirex gigas , die Riesenholzwespe und Sirex juvencus , die Kiefernholzwespe, in Nadelhölzern Vor- kommen; es könnte sich sonach im vorliegenden Falle nur um eine von den beiden Arten handeln, da die anderen Arten auf Laubhölzer angewiesen sind, mit denen wir es hier nicht zu thun haben. Reste von den Thieren selbst fehlen ebenfalls. Ich schliesse nun diese kurze Mittheilung mit dem Bemerken, dass ich dabei nur einzig und allein die Absicht hatte, die Objekte aus dem Kasten heraus und ans Tageslicht zu ziehen, da sie ja zu ferneren Besprechungen viel Raum lassen. Vielleicht inter- essiren sich die Herren Coleopterologen weiter für die Sache. Gletscherschrammen am Rummelsberg, Kreis Strehlen. Von Herrn E. Althans in Breslau. Die Einwirkung der ältesten Eisdecke auf feste Gesteins- schichten in Schlesien zeigt sich besonders deutlich in der Um- gebung des als Dreieckspunkt 1. Ordnung im Regierungsbezirk Breslau bekannten Rummelsbergs. Das aus Gneis, Glimmer- und Urthonschiefer, sowie Granit gebildete und Lager von Quarzit und Kalkstein einschliessende Urgebirge hebt sich hier in sanften Anschwellungen aus der Diluvialdecke des Flachlandes inselartig bis zu den Kuppen des Rummelsbergs, Kalinkebergs und Leichnamsbergs mit bezw. 392,6, 388,8 und 370,6 Meter NN. empor. Der flache Nordabhang dieser Berge zeigt die typischen gewellten Formen der Rundhöcker. Bei Strehlen, Striege, Steinkirch, Polnisch-Neudorf treten diese dicht an die Breslau-Glatzer Eisenbahn heran. Der hier nackt zu Tage tretende Granit wird an diesen günstig gelegenen Aufschluss- punkten in zahlreichen Steinbrüchen gewonnen. Die muldenförmigen Vertiefungen und die flachen Berglehnen sind mit einer fruchtbaren, von meist scharfkantigen groben Steinen dicht durchsetzten Lehmdecke überzogen. Bei Pogarth (320 Meter NN.) auf der flachen Einsattelung zwischen den Kuppen der voi'- genannten Berge bringt der Pflug aus dem Ackerboden die zackig ausgebrochenen Felsschollen von Urthonschiefer zu Tage. E. Althans, Gletscherschrammen am Rummelsberg, Kreis Strehlen. 55 Die Quarzitlager bilden nicht — wie die geologische Karte von Niederschlesien darstellt — breite Decken, sondern sie treten als schmale /ickzackförmig verlaufende Rippen zu Tage, deren Ausgehendes in Blöcke zertrümmert nach Süden verschleppt ist. Diese Blöcke sind meist glattflächig und scharfkantig geschliffen, öfter quaderähnlich regelmässig gestaltet. Die Schliffflächen zeigen keine feinen Schrammen, sondern nur flache, langgezogene, glatte Ausschleifungen. Besonders charakteristisch finden sich solche Blöcke im Dorfe Ober-Podiebrad südlich von einem Quarzitbruch. Sie sind dort in den Hofmauern aufgeschichtet zu sehen. Trotz vielem Suchen gelang es mir nicht, an den Quarzit- brüchen nördlich und östlich von Ober-Podiebrad noch anstehenden geschliffenen Quarzit zu entdecken. Das Ausgehende der steil auf- gerichteten Lager ist dort überall zu Wegbauten und als Material für Glashütten u. s, w. weggebrochen. Nördlich von Polnisch-Neudorf tritt noch ein Quarzitlager aus dem beackerten Hügel hervor. Allein auch diese Klippe scheint von Menschenhand angegriffen zu sein. Unversehrt in ihrem natürlichen Zustande möchte wohl die mächtige Quarzitklippe noch erhalten sein, welche den Leichnamsberg krönt und seitwärts der Landstrasse von Pogarth nach Sackerau zu erreichen ist. Die senkrecht aufgerichteten dickbänkigen Schichten der Klippe sind theilweise nur etwas aus dem Lager geschoben. Schleifungen — wie an den losen Blöcken im Geschiebelehm an vielen Stellen rings um den Rummelsberg — vermochte ich nicht aufzufinden. Bemerkenswerth ist das Auftreten zahlreicher, gerundeter grosser Quarzitblöcke im Acker westlich von der Landstrasse vom Rummelsberg nach Sackerau, dicht vor diesem Dorfe, wo das südliche Gehänge des Leichnamsberges die Ebene erreicht. Als diese Strasse vor mehreren Jahren gebaut wurde, fand ich dort einen solchen etwa 1 Meter dicken Block zersprengt. Dieser zeigte rings um den krystallinischen weissen Quarz eine etwa 2 Centimeter dicke, aussen bräunlichgelbe, nach innen violette Färbung. Wahrschein- lich ist der Block ebenso wie die benachbarten, noch im Acker steckenden Blöcke durch den nordischen Gletscher von dem Quarzitlager des Leichnamsberges herangerollt worden und hat 56 E. Althans, Gletscherschrammen am Rummelsberg, Kreis Strehlen. durch Eisenlösungen aus dem umgebenden Geschiebelehm der Grundmoräne die Färbung seiner Rinde erhalten. Auf der geologischen Karte von Niederschlesien ist besagtes Blockfeld ebenso als anstehender Quarzit angegeben, wie dies irr- thümlich an anderen Fundstellen von Quarzitblöcken in der Um- gebung des Rummelsbergs geschehen ist. Unter dem Diluvium ist in der Umgebung des Rummelsbergs auch Tertiärthon abgelagert. Ein solches Thonlager — oben weiss, unten blau gefärbt — ist östlich von Göppersdorf von dem Gutsherrn, Freiherr von Thielmann, in der flachen Thalmulde aufgeschlossen und wird dort in dessen Chamottefabrik verwerthet. Von der Chamottefabrik zieht sich ein niedriger flachgewölbter schwach bewaldeter Rücken in östlicher Richtung nach dem Rummelsberg hin. Am südlichen Hange dieses Rückens, dicht am Wege vom Bahnhof Steinkirch nach Pogarth und dem Rummels- berg liegt der durch das Vorkommen schöner Granatkrystalle den Mineralogen wohlbekannte Marmorbruch. Dieser ist jetzt, ebenso wie die zugehörigen Kalköfen ausser Betrieb und unten mit Wasser gefüllt. Leider ist auch der noch vor einigen Jahren offene Ein- schnitt, welcher in den Bruch führte, verbrochen. In diesem fand ich von der Thalsohle aus zunächst Decksand, dann über den Decksand gelagerte Schnüre von blauem Thon und an diese an- schliessend einen über 1 Meter dicken Klumpen von blauem Thon in weissein Sand und kleinen Granitgeschieben ringsum ein- gewickelt. Dieser schöne Aufschluss der Grundmoräne weist deutlich darauf hin, dass der Thon aus der Göppersdorfer Tertiärab- lagerung stammt und von dem Gletscher nach Süden über den flachen Hügelrücken fortgeschoben worden ist. In der Nähe der Chamottefabrik in der Richtung nach dem Marmorbruch liegt ein stattlicher Findling von Granit — der Marienstein — nachbarlichen Urprungs. Etwas weiter in süd- licher Richtung erreicht man einen in lebhaftem Betriebe stehenden Granitbruch, der von Süden her bereits den oben erwähnten Hügelrücken durchschnitten hat. Bedauerlicher Weise ist damit auch die von mir vor etwa 5 Jahren auf dem horizontalen Scheitel E. Althans. Gletscherschrammen am Rnmmelsberg, Kreis Strehlen. 57 des Rückens gesuchte und glücklich, entdeckte Gletscherspur der ersten Eisbedeckung bereits vernichtet. Vom damaligen Nordrande des Steinbruchs ausgehend, fand ich zwischen zerstreutem Buschwerk eine von Moos entblösste kleine Stelle, an der der Granit glatt zum Vorschein kam. Indem ich nun den Stock unter die dichte Moosdecke schob, wurde dieser nach Norden abgelenkt. Ich war damit auf die Haupt- Gletscher- schramme gerathen und fand nun beim Aufrollen des Moosteppichs bis zum nächsten Busche auf etwa D/2 Meter Länge und tya Meter Breite mehrere deutliche parallele Furchungen in der bis dahin an dieser Stelle unversehrt gebliebenen Granitoberfläche. Die schützende Moosdecke wurde sorgsam wieder über den damals in Schlesien noch einzig dastehenden Fund gerollt. Ein später unternommener Versuch, in Gemeinschaft mit dem bekannten, leider allzu früh verstorbenen Geologen Dr. Kunisch und mit dem Oberbergamts- Markscheider Bimler von der ge- schrammten Fundstelle unmittelbar Gipsabgüsse zu nehmen, miss- lang. Das lebhafte Interesse an der Sache führte den letzteren Herrn unterstützt von Herrn Oberbergamts-Zeichner Pabel noch- mals an Ort und Stelle, um wohlausgerüstet mit Platten aus zu- sammengeleimtem Papier von dem auch damals noch unversehrt gebliebenen Vorkommen einen Bürstenabdruck zu nehmen und die in 5 einzelnen Platten so erhaltene Matrize sofort noch auf der Gesteinsunterlage zu trocknen. Die Platten wurden auf Sand- unterlagen sorgfältig nach den aufgenommenen Profilen des Reliefs in richtige Lage zusammengepasst und einzeln mit einer leichten Gipsmasse dünn übergossen. Die so erhaltenen Platten des po- sitiven Abgusses sind in einem leichten Holzrahmen dem nach- gebildeten Relief möglichst genau entsprechend zusammengesetzt. Die so durch die sehr dankenswerthen Bemühungen der ge- nannten Herren erhaltene, naturgetreue Nachbildung besagter Gletscherschrammen hat auf dem Königlichen Oberbergamt zu Breslau und in der naturwissenschaftlichen Section der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Kultur besondere Würdigung sach- kundiger Beobachter gefunden. Dieselbe ist der Sammlung der Königlichen geologischen Landesanstalt überwiesen worden. Das [4**] 58 E. Älthans, Gletscherschrammen am Rummelsberg, Kreis Strehlen. eigenthümliche für das Abformen von Gesteinsoberflächen und Sculpturen sehr empfehlenswerthe Verfahi’en ist in der Anmerkung1) näher beschrieben. Die 185 Centimeter lange und 50 Centimeter breite Nach- bildung zeigt die Richtung der Gletscherschrammen in Stunde 12 des Compasses. Neben breiteren Rinnen treten schmale Spuren deutlich hervor. Der regelmässige Verlauf der Rinnen ist stellen- weise unterbrochen und abgeleitet. Ungleichmässigkeiten der Härte des Gesteins und Einflüsse der Verwitterung mögen dazu Ver- anlassung gegeben haben. Die örtliche Lage war der Erhaltung dieser Gebilde der Eiszeit besonders günstig. Der nackte Felsboden gestattete keine Urbannachung. Der Hügelrücken lenkte die Wege ab. Die Moosdecke und Gestrüpp schützten vor äusseren Einwirkungen durch Regen, Wind und Verwitterung. Alles spricht für die Annahme, dass die nordische Eisdecke das den Rummelsberg umgebende Bergplateau überschritten hat. Denn bis zu 340 Meter NN. sind zahlreiche Findlinge noch am Fusse der kegelförmig aus dem Plateau aufsteigenden Granitkuppe dieses Berges abgelagert. Hat doch die Eisdecke solche Höhen der Vorberge des Isergebirges zwischen Marklissa, Lauban, Lähn, Birngrütz, Reibnitz und Petersdorf überschritten, ihre Blöcke dort Abformen von Gesteins - Oberflächen nach Oberbergamts- Markscbeider Bimler: 5 Blätter Löschpapier und 1 Blatt Seidenpapier werden mit dünnem Stärkekleister aufeinander geklebt. Diese Papierschichten, welche für Excursionen bequemer Weise zu trocknen und am Gebrauchsort anzufeuchten sind, werden im feuchten Zustand mit dem Seidenpapier auf die abzuformende Gesteinsoberfläche gelegt und durch starkes Schlagen mit einer Bürste in die Formen des Gesteins gedrückt. Das Trocknen der Matrizen, bis zum Hartweiden, geschieht zweckmässig durch heisse Plätt- eisen, welche fern von Wohnungen, auf einem Spirituskocher zu erhitzen sind. Wegen des genauen Aneinanderlegens der Papierschichten müssen dieselben am Rande glatt beschnitten sein und es ist nothwendig, vor der Wegnahme der Matrizen einen oder mehrere gerade Linien darüber zu ziehen bezw. zu mar- kiren, um sie wieder genau legen zu können. Das Ziehen der Linien kann durch einen gespannten Bindfaden bewirkt werden. Vor dem Abgiessen der Matrizen werden dieselben 2 mal gefirnisst. Das Abgiessen geschieht mit Gips, oder besser mit der leichten und weniger zerbrechlichen Stuckmasse des Bildhauers Rachner, Bahnhofstrasse 32 in Breslau. E. Althans, Gletscherschrammen am Rummelsberg, Kreis Strehlen. 59 bis in den Thalkessel zwischen Hirschberg und Petersdorf abge- lagert und der ganzen Landschaft den typischen Charakter der Rundhöcker mit Blockfeldern und . ganz vereinzelt noch hervor- ragenden Klippen gegeben. Aber ebenso wie einzelne hochgelegene Klippen zwischen Marklissa und Friedeberg a. Queiss sowie der weit sichtbare Talkenstein verschont geblieben sind und die Gipfel der Landeskrone bei Görlitz, des Probsthainer und des Grunauer Spitzbergs, sowie des Burgbergs bei Lahn nur seitlich vom Eise benagt erscheinen, so sind wohl auch die drei höchsten Kuppen des Strehlener Gebirges von der Eisdecke nur umschlossen worden und ungebrochen erhalten geblieben. Wohl mag die besprochene Nachbildung Verschiedenheiten gegen andere von Gletschern nachweislich abgehobelte Gesteins- flächen im Hochgebirge oder auf den Rüdersdorfer Kalkbergen zeigen und auch bei Kennern gewisse Zweifel an der von mir angenommenen Entstehung erregen. Allein dies gilt wohl von allen derartigen Gletscherschrammen. Wo ich diese auch be- obachtet habe — in den Alpen wie in dem Staate New-York am Seeufer des Georgsees — überall hat das abgehobelte Grundgestein und haben die hobelnden Geschiebemassen eine andere Art der Streifung hervorgebracht. Härte, Zähigkeit, kantige oder gerun- dete Form der Geschiebeblöcke, Vorherrschen von Sand, Lehm und Blöcken in der Grundmoräne mussten hier glatte Politur, dort feine Streifung, an anderen Stellen vereinzelte tiefe Furchen zur Folge haben. Quarzit schrammt den Basalt, Granit den Kalkstein, Quarzit aber nimmt nur Politur an. Ist die Gesteinsfläche, welche die vorbeschriebene Nachbildung wiedergiebt, wie ich annehme, von einem Gletscher bearbeitet, so muss es gelingen, derartige Gebilde und wohl auch Gletschertöpfe an anderen Stellen in der Nähe meiner Fundstelle zu erschürfen. Das schöne Waldgebirge würde dadurch neue Reize für den Natur- freund und Geologen gewinnen. Berichtigungen. Zeile 3 und 4 auf S. 164 soll heissen: Und ein Exemplar yon Cucullaea texta A. Röm., die aus Kimmeridge und Wealden bekannt ist. A. W. Schade’s Buchdruckerei (L. Scliade) in Berlin, Stallsckreiberstr. 45/46. Tafel I. V Fig. 1. i Fig. 2. V Fig. 3. V Fig. 4. V' Fig. 5. V Fig. 6. i