Jahrbuch der Königlich Preussischen geologischen Landesanstalt und Bergakademie zu Berlin für das Jahr 1556. Berlin. In Commission bei der Sımon ScHrorp’schen Hof-Landkartenhandlung (J. H. Neumann). 1887. 2/1 18 Inhalt. I. Mittheilungen aus der Anstalt. Bericht über die Thätigkeit der Königl. geologischen Landesanstalt im «Jahre 1880 2 0000 ee: Arbeitsplan für die geologische Landesaufnahme im Jahre 1887 . . Mittheilungen der Mitarbeiter der Königlichen geologischen Landes- anstalt über Ergebnisse der Aufnahmen im Jahre 1856 . . . . K. A. Lossex: Ueber Aufnahmen auf den Messtischblättern Elbinge- rode, Wernigerode und Harzburg im nördlichen Mittelharze M. Kocn: Ueber Aufnahmen auf den Sectionen Wernigerode und Blbirtnero der ee. :) v. Korsen: Ueber Untersuchungen in dem Gebiete westlich des Hlarzes re Be er J. G. Borsemany sen.: Ueber Aufnahmen auf Section Wutha . . G. Borsenass jun.: Ueber Aufnahme der Section Fröttstedt . . Brysentas: Ueber Aufnahmen auf den Blättern Salzungen und Alt orsc hen E. Zimmermann: Ueber Aufnahmen anf Section Crawinkel . . . H. Lorerz: Ueber Aufnahmen im Bereiche der Blätter Königsee und Schwarz UNS We Er H. Prosscnowpr: Ueber Aufnahmen und Revisionen der Sectionen Hildburghausen, Dingsleben, Themar und Schwarza . . . K. Orsvere: Ueber Aufnahme der Section Neukirchen . . . . H. Greee: Ueber die Aufnahmen an der Mosel, Saar und Nahe Scenürze: Ueber Aufnahmen in der Umgegend von Waldenburg . M. Scnorz: Ueber Aufnahmen in den Sectionen Brandenburg a/H. und Plaue und über die im der zweiten Hälfte des Sommers 1837 erfolgten Untersuchungen im östlichen Rügen H. Gruner: Ueber Aufnahmen auf den Sectionen Parey und Werben a Seite IX XIX xXXV XXV XXX XXXVI XXXVII XXXVII XLI XLVI L LIIL LVI LYI LXVII LXXI LXXIX Seite A. Jentzson: Ueber Aufnahmen in Westpreussen . . 2. 2... LXXXIV R. Kress: Ueber Aufnahme der Section Falkenau.. . . . . . LXXXVII Hexry Scnhröpver: Ueber die Aufnahme der Section Rössel und des östlichen Theiles der Section Heilige Linde . . . . . LXXNXVI 49 Bersonal- Nachrichten 2 Er xcI 11. Abhandlungen von Mitarbeitern der Königl. geologischen Landesanstalt. Ueber postglaciale Dislokationen. Von Herrn A. v. Korsex in Göttingen Bemerkungen über die Fortsetzung des alten Havellaufes vom Schwielow- See und Caniner Luch nach Brandenburg. Von Herrn E. Laurer iny Berlinern a re ee ee Eee: Weissia bavarica g. n». sp. n., ein neuer Stegocephale aus dem Unteren Rothliegenden. Von Herrn W. Braxco in Berlin. (Tafell) . . Gebirgsstörungen südwestlich vom Thüringer Wald. Von Herrn H. Büorıns Tn@S 172 55h ur 2 MO N Se ee Die Kersantite des Unterharzes. Von Herrn Max Kocn in Berlin. ESEL IV: so a. 0: ne ee ee Zur Geognosie der Altmark. Unterschiede in den geognostischen Ver- hältnissen derselben gegenüber denen der Mark Brandenburg. Von Herrn G. Berenor in Berlin . 2 2 2 oo en Geologische Algenstudien. Von Herrn J. G. Borsenans in Eisenach. (Rate aV und EV.) Ueber Deltabildungen am Nordrande des Fläming und über Gehängemoore auf demselben. Von Herrn K. Keitnack in Berlin . . 2 2202. Die zonenweise gesteigerte Umwandlung der Gesteine in Ostthüringen. Von den Herren K. Tr. Lıesz und E. Zımmermann in Gera . . : Die Zechsteinformation am Kleinen Thüringer Wald bei Bischofsrod. Von Herrn H. Progscnorpr in Meiningen . 220 u nn nn Ueber eine Diluvialablagerung bei Themar im Werrathal. Von Dem- SIE bie. ee Ueber die Gneissformation am Ostabfall des Eulengebirges zwischen Langen- bielau und Lampersdorf. Von Herrn E. Darum nm Berlin. . 2... Ueber das Quartär im südöstlichen Rügen. Von Herrn M. Sonorz in Greifswald: .4 er ee Gone La un, Genese win en re et ee Ueber alte Elbläufe zwischen Magdeburg und Havelberg. Von Herrn Koxkanp Keivnaor in Berlin. (Tafel VI) . . 2 2 2 2 2 202. Ueber zwei conchylienführende Lössablagerungen nördlich vom Harz. Von Herrn Ferıx Warnssonaree in Berlin . 2 2 2 2 2 2 2 na Teredo megotara Hanley aus dem Septarienthon von Finkenwalde. Von Herrn Tu. Eserr in Berlin. (Tafel VIO, Fig. 1—4) . . .... 40 44 105 116 148 165 Beitrag zur Kenntniss der tertiären Decapoden Deutschlands. Von Dem- selben. (Tafel VII, Fig. 5—11 u. IX.) Bemerkungen über das Vorkommen von Granit und verändertem Schiefer im Quellgebiet der Schleuse im Thüringer Walde. Von Herrn H. Lorerz in Berlin ee: : Einige Notizen über im Jahre 1886 ausgeführte geognostische Unter- suchungen auf dem nordwestlichen Oberharz. Von Herrn A. Haurar in» Berlin nr 2: er a N Ueber Gervillia Goldfussi vos Srromgseek. Von Herrn W. Fraxrzex in Memingen. (Tafel X). . .... Auer Geologische Beobachtungen im Gebiete des Nee hlektes Chanlotlenkrunn (Eulengebirge). Von Herrn W. Srarrr in Weissensee Quarzaugit-Diorit von Lampersdorf in Schlesien. Von Herrn E. Dorn in Berlin . or - i - ee Ueber ein durch Zufall in einer Konzkerscheibe Snistandenes Torsionsspalten- netz. Von Herrn K. A. Lossex in Berlin. (Tafel XI und XII.) Abhandlungen von ausserhalb der Geologischen Landesanstalt stehenden Personen. Der Dachberg, ein Vulkan der Rhön. Von Herrn Frırz Rıssz in Göt- ungen, 2 (katel X) re: 295 307 15 I. Mittheilungen aus der Anstalt. 1: Bericht über die Thätigkeit der Königlichen geologischen Landesanstalt im Jahre 1886. I. Die Aufnahmen im Gebirgslande. Im nördlichen Mittelharze wurde von dem Landesgeologen Professor Dr. Lossen die Kartirung des östlichen und nordöstlichen Theiles des Brockengranit-Massivs und der angrenzenden Schicht- gesteine auf den Blättern Elbingerode (G. A. 56; 15) ) und Wer- nigerode (G. A. 56; 9), auf letzterem unter Mitwirkung des Berg- referendars Dr. KocH, fortgesetzt und, einiges petrographische Detail abgerechnet, vollendet. Im Anschluss daran erfolgten einige Controlbegehungen am Nordrande des Gebirges bis Harzburg. Auf Blatt Elbingerode wurde überdies die Abgrenzung des mittel- devonischen Massenkalkes von dem oberdevonischen ausgeführt. Bergreferendar Dr. Koch setzte auf Blatt Wernigerode (G. A. 56; 9) die im Vorjahre begonnenen Aufnahmen des hercynischen Schiefergebirges gegen Usenburg hin fort und schloss dieselben an diejenigen Professor LOssEn’s auf der Westseite des Blattes an. Auf Blatt Elbingerode (G. A. 56; 15) brachte derselbe die Kartirung des Unteren Wieder Schiefers mit Diabaseinlagerungen im Nord- flügel der Elbingeroder Mulde zum Abschluss und nahm dann ) (G. A. 56; 15) = Gradabtheilung 56; Blatt 15. 1; Der Harz. 2. Thüringen. xX auf Blatt Blankenburg (G. A. 56; 16) südöstlich von Wienrode und südlich der Bode beiderseits des Dambachthales einige Er- gänzungen vor. Im Oberharze wurde von Bergrath Dr. von GRODDECK in dem südlichen Theile des Blattes Seesen (G. A. 55; 12) das Auf- treten und die Verbreitung mächtigerer Thonschiefereinlagerungen zwischen den Grauwackenschichten unter detaillirter Aufnahme des Streichens und Fallens untersucht und kartırt. Diese zum Verständniss des Gebirgsbaues dienenden Untersuchungen wurden in beschränktem Umfange auch auf die angrenzenden Blätter Zellerfeld (G. A. 56; 7) und Osterode (G. A. 55; 18) ausgedehnt. Sekretär HaLrar setzte die Arbeiten zur Kartirung des ihm überwiesenen Theiles des Blattes Zellerfeld (G. A. 56; 7) fort und grenzte in demselben das Mitteldevon von dem Oberdevon ab. Am Nordrande des Harzes begann Professor Dr. DAMES die Aufnahme des Blattes Halberstadt (G. A. 56; ı1) mit der Unter- suchung der Kreideformation in der östlichen Hälfte des Blattes, welche nahezu fertiggestellt wurde. Landesgeologe Dr. WAHNSCHAFFE vollendete in dem Blatte Vienenburg (G. A. 56; 2) und in der südlichen Hälfte des Blattes Österwieck (G. A. 56; 3) die Untersuchung der Quartärbildungen und die Trennung derselben von den älteren Formationen. Am Westrande des Harzes begann Dr. EBERT die Auf- nahme des Blattes Waake (G. A. 55; 29) und beendete dieselbe in ihrer östlichen Hälfte. Derselbe führte ferner eine Untersuchung der durch die neue Eisenbahnlinie Seesen-Bockenem entblössten Aufschlüsse aus. Professor Dr. von KOENEN setzte die Aufnahmen in den Blättern Gandersheim, Seesen und Osterode (G. A. 55; 11, 12, 18) — in den beiden letzteren innerhalb des Harz-Vorlandes — fort und führte die Kartirung des Blattes Göttingen (G. A. 55, 23) dem Ab- schlusse nahe. Im nördlichen Thüringen wurde von Ingenieur FRANTZEN eine theilweise Revision der älteren, VON SEEBACH schen Aufnahme des Blattes Kreuzburg (G. A. 55; 60) ausgeführt. Dr. BORNEMANN sen. brachte innerhalb des Blattes Wutha (G. A. 70; 1) die Revision des nördlich des Hörselbaches gelegenen XI Gebietes zum Abschluss und nahm weitere Revisionen in dem süd- lichen Theile des Blattes vor. Dr. BORNEMANN jun. setzte die Kartirung des Blattes Fröttstedt (G. A.70; >) fort. Im Thüringer Walde führte Landesgeologe Professor Dr. Weiss innerhalb des Blattes Friedrichroda (G. A. 70; 3) eine Revision der Darstellung der Diluvialbildungen im nordöstlichen Theile des Blattes, sowie eine speciellere Gliederung des Muschel- kalkes aus. Bezirksgeologe Dr. BEYSCHLAG begann die Revision und theilweise Ergänzung der Aufnahme des Blattes Salzungen (G. A. 69; 12). Professor Dr. BAUER revidirte in dem Blatte Ohrdruf (G. A.70; 9) den Anschluss an «das westlich angrenzende Blatt Friedrichroda bezüglich der Gliederung des Buntsandsteins und des Zechsteins. Professor Dr. von Fritsch brachte die Revision der Blätter Suhl und Schleusingen (G. A. 70; 21, 27), sowie des ihm überwiesenen nordöstlicheu Theiles des Blattes Tambach (G. A. 70; 14) zum de- finitiven Abschluss. Professor Dr. Bückıs@ vollendete die Kartirung der von ihm bearbeiteten Antheile der Blätter Schmalkalden und Tambach, (G. A. 70; 13, 14). Dr. ZinmmERMANN begann die Kartirung des Blattes Crawinkel (G. A. 70; 15), dessen östliche Hälfte fast ganz fertiggestellt wurde. Im südlichen und südöstlichen Thüringen beendete Dr. PROESCHOLDT die Revision des Blattes Themar (G. A.70; 26) und des ihm übertragenen Antheils des Blattes Schwarza (G. A.70; 0) bis auf eine Grenzberichtigung zwischen den Blättern Themar und Schleusingen. Die Revision der Blätter Dingsleben und Hildburg- hausen (G. A. 70; 32, 33) wurde von demselben fortgesetzt und die Kartirung des nördlichen Theiles des Blattes Rodach (G. A. 70; 39) in Angriff genommen. Landesgeologe Dr. LORETZ schloss die Kartirung des Blattes Masserberg (G. A. 70; 23) ab und begann die Aufnahme der Blätter Schwarzburg und Königssee (G. A. 70; 24, 23). Derselbe führte 3. Die Provinz Hessen-Nassau. 4. Die Rhein- provinz. XI ferner Begehungen des westlich angrenzenden Blattes Ilmenau (G. A. 70; 22) aus behufs der Sammlung von Material für die Er- läuterung zu diesem von dem vorstorbenen Professor Dr. E. E.ScHmIp bearbeiteten Blatte. Professor Dr. LIEBE vollendete unter Beihülfe des Dr. ZINMER- MANN die Aufnahme des Blattes Liebengrün (G. A. 71; 26) und führte die Bearbeitung der Blätter Lobenstein (G. A. 71; 32), Schönbach (G. A. 71; 29) und Greiz (G. A.71; 18) weiter. Die Kartirung des Blattes Saalfeld (G. A. 71; 13) wurde von demselben einer Schlussrevision unterzogen. Dr. ZInMERMANN setzte die Aufnahme des Blattes Lehesten (@. A. 71; 25) unter der Leitung des Professors Dr. LIEBE fort. Im Regierungsbezirk Cassel wurde von Professor Dr. Kayser die Untersuchung der Umgebung von Marburg in den Blättern Wetter, Marburg, Kirchhem und Nieder - Weimar (G. A. 68; 3, 9, 10, 15) in Angriff genommen und das Blatt Marburg zum grösseren Theile kartirt. Bezirksgeologe Dr. BEYSCHLAG beendete die Aufnahme des Blattes Altmorschen (G. A. 55; 56) bis auf eine Schlussrevision. Professor Dr. OEBBEKE führte die Aufnahme des Blattes Neu- kirchen (G. A. 69; 7) dem Abschlusse nahe. Professor Dr. BAUER brachte die Kartirung des Blattes Tann (G. A. 69; 23) zum Abschlusse. Ingenieur FRANTZEN führte eine genaue Untersuchung der Eisenbahnlinie Fulda-Tann-Hilders bezüglich der Tunnelbauten aus. Im Regierungsbezirk Wiesbaden vollendete Professor Dr. Kayser die Aufnahme des Blattes Niederlahnstein (Coblenz) (G. A. 67; 38). Derselbe begann darauf die Aufnahme der Blätter Dillenburg, Herborn, Tringenstein und Ballersbach (G. A. 67; 18, 24, (7.1.68: 18.19). Dr. AnGELBIs schloss die Kartirung des Blattes Dachsen- hausen (G. A. 67; 45) ab und begann diejenige der Blätter St. Goars- hausen und Algenroth (G. A. 67; 51, 52), welche gleichfalls fertig- gestellt wurde. Landesgeologe GREBE vollendete die Aufnahme der Blätter Treis a. d. Mosel und Zell (G. A. 66; 54, 60) und revidirte unter XIII Zugrundelegung der neuen Messtischblattaufnahme das Blatt Trier (G. A. 80; 12). Demnächst führte er die Schlussrevision der Blätter Buhlenberg, Birkenfeld, Nohfelden, Freisen, Ottweiler und St. Wendel (G. A. 80; 23, 24, 29, 30, 35, 36) aus. Ausserdem wurde von demselben eine durchgreifende Revision der Blätter Perl, Merzig und Grosshemmersdorf (G. A. 80; 31, 32, 38) auf neuer topographischer Grundlage behufs der Verbindung des Preussischen Antheils dieser Blätter mit dem Elsass-Lothringischen bewirkt. Im Gmneissgebiet des Eulengebirges setzte Dr. DAarnE die Aufnahme des Blattes Langenbielau (G. A. 76; 20) fort und beendete die Kartirung des von Gneiss und Diluvium eingenommenen süd- östlichen Theiles desselben. Bergrath ScnürzeE bearbeitete das Blatt Waldenburg (G. A. 15; 18). ll. Die Aufnahmen im Flachlande unter besonderer Berücksichtigung der agronomischen Verhältnisse. Landesgeologe Professor Dr. BERENDT kartirte in der durch Revisionstouren in den übrigen Arbeitsgebieten des Flachlandes nicht in Anspruch genommenen Zeit mit Hülfe des Culturtechnikers WÖLFER das Blatt Gross-Schoenebeck (G. A. 45; 2) und stellte die angrenzenden Blätter Joachimsthal, Kuhlsdorf und Eberswalde druckfertig (G. A. 45; 3, 8, 9). Landesgeologe Dr. LAUFER begann und vollendete die Auf- nahme des Blattes Lehnin (G. A. 44; 39) und ging demnächst auf Blatt Gross- Kreuz über (G. A. 44; 33). Prof. Dr. ScHoLz bearbeitete mit Hülfe des Culturtechnikers Barpus das Blatt Plaue (G. A. 44; sı) und begann nach dessen Vollendung die Aufnahme des Blattes Brandenburg (G. A744; 32). Bezirksgeologe Dr. KEILHACK, welcher mit der Unterweisung der neu eingetretenen Culturtechniker TÖLLNER, BLÜTHNER und HüÜBInGER beauftragt war, führte unter deren Mitwirkung die Aufnahme der Blätter Genthin, Schlagenthin, Parchen und Theesen (G. A.43; 35, 36, 41, 47) aus. 5. Die Provinz Schlesien. 6. Ucker- märkisches Arbeitsgebiet 7. Havel- ländisches Arbeitsgebiet, XIV Professor Dr. GRUNER beendete mit Hülfe des Culturtechnikers Fischer die Blätter Werben und Parey (G. A. 43; 10, 40) und be- gann die Kartirung des Blattes Wilsnack (G. A. 43; 4). Landesgeologe Dr. WAHNSCHAFFE führte die Aufnahme des Blattes Havelberg aus (G. A. 43; 11). Bezirksgeologe Dr. KLOCKMANN kartirte die Blätter Fehrbellin und Neu-Ruppin (G. A. 44; 9, 3). 8. Insel Rügen. Professor Dr. ScHoLz begann die Aufnahme der Insel Rügen mit der Kartirung der Halbinseln Jasmund und Mönchguth, welche sich über die Blätter Sagard-Tipperort, Lubkow, Vilmnitz, Middel- 2 hagen, Zicker’sches Höwt und Gross-Zicker (G. A. 11; 35—27, 32 38, 39, 44, 45) erstrecken. Die jenen Halbinseln angehörenden Theile der genannten Blätter wurden fertiggestellt. 9. West- Dr. Jentzsch beendete zunächst das Blatt Münsterwalde MT (GA. 33; 15) und eröffnete darauf die Bearbeitung des Blattes Gross-Krebs (G. A. 33; ı7), dessen südwestlicher Theil untersucht wurde. 10. Ost- Dr. Kregs begann und vollendete die Aufnahme des Blattes Pr&NSSO TFalkenau (G. A. 18; 46). Dr. SCHROEDER begann die Aufnahme des Blattes Rössel (G. A. 18; 59) und gin Heiligelinde (G. A. 18; 60) über, dessen westliche Seite zunächst & nach Abschluss derselben auf das Blatt bearbeitet wurde. Dr. NoETLING setzte die Aufnahme des Blattes Bischofstein der A.18; 5s) fort. Stand der Im Laufe des Jahres sind zur Publikation gelangt: en A. Karten. 1. Lieferung XXIU, enthaltend die Blätter Witzenhausen, Ermschwerd, Grossalmerode, Allen dor ea 4 Blätter. 2. Lieferung XXXI, enthaltend die Blätter Limburg, Eisenbach, Kettenbach, Idstein, Feldberg RE E PRPSTIER BE TREE DE ee 5 » zusammen 9 Blätter. Es waren früher publieirtt . . . . . .. 164 Mithin smd im Ganzen publicirtt . . . 175 Blätter. XV Was den Stand der noch nicht publicirten Kartenarbeiten betrifit, so ist derselbe gegenwärtig folgender: 1. In der lithographischen Ausführung sind ausserdem noch beendet die Gegend Or albe Ber ae 6 Blätter. » Schillingen, Hermeskeil etc... : . 6 >» » Lindow, Wustrow etc. . . . . 6 » zusammen 18 Blätter. Die Publicirung dieser 18 Blätter wird binnen Kurzem (nach Beendigung der bereits im Druck stehenden Erläuterungen hier- zu) erfolgen. 2. In der lithographischen Ausführung begriffen Sn ee Blätten 3. In der geologischen Aufnahme fertig, jedoch noch nicht zur Publikation in Lieferungen aDBerch losen a el 0T > 4. In der geologischen Bearbeitung begriffen . 114 Summa 295 Blätter. Einschliesslich der publieirten Blätter in der An Zah EV OD er ee » sind demnach im Ganzen bisher zur Unter- suchung gelangt . . . . 2 2.2.20... 468 Blätter. te le) B. Abhandlungen und Jahrbuch. 1. Band VII, Heft 2. Die bisherigen Aufschlüsse des märkisch- pommerschen Tertiärs und ihre Ueberein- stimmung mit den Tiefbohrergebnissen dieser Gegend von Professor Dr. G. BERENDT. Mit 2 Tafeln und 2 Profilen im Text. 2. Band VIII, Heft 1. Geologische Uebersichtskarte der Um- gegend von Berlin im Maassstabe 1:100000 mit einer geognostischen Beschreibung der Umgegend von Berlin von G. BERENDT und W. Danmes unter Mitwirkung von F. KLockMmANnN. XVI 3. Jahrbuch der Königl. Preuss. geol. Landesanstalt und Berg- akademie für 1885. XUV und 486 Seiten Text und 18 Tafeln. 4. Geologische Karte von der Umgegend von Thale 1:25000. 5. Geologische Karte der Stadt Berlin im Maassstabe 1:15000. Debit der Nach dem Berichte für das Jahr 1885 betrug die Gesammt- Publikationen zahl der im Handel debitirten Kartenblätter . . 16934 Blätter. Im Jahre 1886 wurden verkauft: von Lieferung I, Gegend von Nordhausen . . 2Bl. I, » » dena .. 0.0. 21 > » UI, » » Bleicherode . . 5» » » IV, » =» Erfutb 2 2 512853 » VL » » Saarbrücken I. Theil . . 8» » » VL, » » LI. » . . 5 > ) » VOL » » Riechelsdorf . . 10 » » » IX, » des Kyffhäuserss . . 33 >» X, » von Saarburg . . . 15 » >» » XL » » Berlin Nordwesten (Nauen etc.) . 16 » » XI, » » Naumburga.S. . 23 » » » XUL, » » Gera. no 2 area 0 » XIV, » » Berlin Nordwesten (Spandau etc.) 16 » > » XV, » » Wiesbaden . . 46 » > » XVIL, >» » Mansfeld . . . 22 » » »XVIL » » Triptis-Neustadt 10 » » »XVIIL » » Eisleben . . . 8» XX, >» » Berlin Süden (Teltow etc.) . 39 » XXL >» »: Frankfurt a.M.. 19 » » XXI, » » Berlin Südwesten (Potsdam etc.) 19 » » XXI, >» » (Grrossalmerode . 188 » 20 582 Blätter. Latus 17466 Blätter. XV Transport 17466 Blätter. von Lief. XXIV, Gegend v. Tennstedt . . . 2Bl. >» TERRY. » Mühlhausen . . 9 » XXVL » » Berlin Südosten (Cöpenick etc.) 33 XXVL, » Lauterberga. Harz 81 XXIX, > » Berlin Nordosten 45 » » XXX, > » Eisfeld ın Thür. 60 » » XXX], » » Limburg . . . 283 so dass im Ganzen durch den Verkauf debitirt sind: » » » 513 17979 Blätter. Von den sonstigen Publikationen sind verkauft worden: Abhandlungen. Band II, Heft2. (Orts, Rüdersdorf und Umgegend) 4 Exempl. » » 3. (BERENDT, Der Nordwesten Berlins) 11 » III, » 2. (LAUFER und WAHNSCHAFFE, Unter- suchungen des Bodens der Um- gegend von Berlin) ; 5 » » » 3. (Meyn, Schleswig - Holstein) . 3» IV, » 4. (SPEYER, Bivalven des ÜCasseler Tertiär) . 15 » V, » 3. (LAUFER, Die Werder sc ir Wein- berge) 32 » » » 4, (LiEBE, Öst- Thüringen) 2 » VI, » 1. (BEUSHAUSEN, Spiriferen-Sandstein) 1 » >» 2. (BLANKENHORN, Die Trias der Eifel) 4 » » VII, » 2. (BERENDT, Märkisch - Pommersches Tertiär) . » VIII, » 1. (Geologische Karte von Berlin) . Ferner: Jahrbuch für 1882 » > 1884 > » 1885 Jahrbuch 1886. 2 Exemp)!. 14 » 6 XVII Weiss, Flora der Steinkohlenformation . . 2. ...23 Exempl. > L Geologische Uebersichtskarte des Harzgebirges . . 15» Höhenschichtenkarte des Harzgebirges . . .....2 » Karte der Umgegend von Thale . . . 2. ...67 > Geologische Karte der Stadt Berlin . . 2 .......9 XIX 2. Arbeitsplan für die geologische Landesaufnahme im Jahre 1887. I. Im Harz und seiner Umgebung. l. Im Mittelharze wird Professor Dr. LOSSEN in Gremein- schaft mit Bergreferendar Dr. Koch die erforderlichen Abschluss- arbeiten in dem östlichen und: nordöstlichen Theile des Brocken- massivs und dem anschliessenden Contacthofe auf den Blättern Elbingerode und Wernigerode (G. A. 56; 15, 9) ') ausführen. Im Zusammenhang damit wird derselbe einige Controlbegehungen auf den geologisch entsprechenden Antheilen der Blätter St. Andreas- berg und Zellerfeld (G. A. 56; 14, 7) vornehmen. Demnächst wird derselbe die Aufnahme des Blattes Harzburg (G. A. 56; 3) weiter führen. Bergreferendar Dr. Koch wird auf dem Blatt Harzburg das Schiefergebirge beiderseits der Ecker und nördlich des Granits bis zum Radau-Thale kartiren und alsdann die Umgebung des Forsthauses Torfhaus oder das metamorphische Schiefergebirge im mittleren Laufe der Ecker, je nach den bis dahin erzielten Resultaten nach Anweisung des Professors Dr. LossEen in Angriff nehmen. 2. Im Westharze wird Bergrath Dr. von GRODDECK_ die Revision der von ihm bearbeiteten Blätter über den Oberharz weiterführen. 1) G. A. 56; ı5, 9) = Gradabtheilung 56; Blatt 15 und 9. b* XN 3. Sekretär HaLrar wird nach Abschliessung der Kartirung des nordwestlichen Theiles von Blatt Zellerfeld die Ausbeutung eines Vorkommens von Versteinerungen im Thale der grossen Schacht bei Riefensbeek bewirken und weitere Vorkommnisse in dieser Gegend aufzufinden suchen. 4. Nördlich des Harzes wird Professor Dr. DAmESs die Auf- nahme des Blattes Halberstadt (G. A. 56; 11) durch Bearbeitung der westlichen Hälfte zum Abschluss bringen. 5. Landesgeologe Dr. WAHNSCHAFFE wird die Kartirung des Blattes Osterwieck in dessen nordöstlichem Theile ausführen. 6. Am Westrande des Harzes wird Professor Dr. von KOENEN die Arbeiten in dem Gebiete zwischen Seesen und Göttingen so- wie in der Umgebung letzterer Stadt fortsetzen. 7. Dr. Egertr wird in diesem Gebiete das von ihm begonnene Blatt Waake (G. A. 55; 29) fertig bearbeiten. Il. Im nördlichen Thüringen. 1. Dr. MEYER wird die Bearbeitung der Blätter Heiligen- stadt, Dingelstedt, Lengenfeld und Kella (des letzteren in der öst- lichen Hälfte) (G. A. 55; 29, 30, 35, 36) beginnen. 2. Dr. BORNEMANN jun. wird die Kartirung des Blattes Frött- stedt (G. A. 70; 53) zum Abschluss bringen. Professor Dr. von FRıTscH wird die Revision der Blätter Halle, Gröbers, Merseburg, Kötschau, Weissenfels und Lützen (G. A. 57; 34, 35, 40, 41, 46, 47) zu vollenden suchen. Il. Im Thüringer Walde und seiner Umgebung. l. Bezirksgeologe Dr. BEYSCHLAG wird die im Vorjahre begonnene Ergänzung der Blätter Eisenach und Salzungen (G. A. 69; 6, 12) weiterführen und zum Abschluss zu bringen suchen. 2. Professor Dr. Wrıss wird die zur Publikation der Blätter Brotterode und Friedrichsrode (G. A. 70; 7, 8) noch erforderlichen Schlussrevisionen vornehmen und demnächst die für Vorbereitung XXI einer Uebersichtskarte des Thüringer Waldes anzustellenden Be- gehungen und Untersuchungen ausführen. 3. Professor Dr. Bückıng wird die Ueberarbeitung des nord- östlichen Theiles des Blattes Schmalkalden (G. A. 70; 13) aus- führen. 4. Professor Dr. von Fritsch wird die für die Bearbeitung der Erläuterungen zu den Blättern Suhl, Schleusingen und Tambach (G. A. 70; 22, 2, 15) erforderlichen Begehungen vor- nehmen. 5. Dr. ZIMMERMANN wird die Aufnahme des Blattes Crawinkel (G. A. 70; 15) und die Revision des Blattes Plaue (G. A. 70; ı6) zu Ende führen und demnächst eine Revision des Blattes Stadt Ilm (G. A. 70; ı7) bewirken. 6. Landesgeologe Dr. LORETZ wird die Revision des Blattes Ilmenau und die Aufnahme der Blätter Königssee und Schwarzburg (G. A.70; 22,23, 24) zum Abschluss bringen und den etwa noch ver- bleibenden Theil der Aufnahmezeit auf die Kartirung der Blätter Oeslau und Steinach (G. A. 70; 47, 48) verwenden. 7. Hofrath Professor Dr. LiesE wird die Aufnahme der Blätter Waltersdorf, Naitschau, Greiz und Schönbach (G. A. 71. 18, 23, 24, 29) fortsetzen und in Gemeinschaft mit Dr. ZIMMERMANN die Bearbeitung der Blätter Lehesten und Lobenstein (G. A. 71; 25, 26) weiterführen. 8. Dr. PrROESCHOLDT wird die Revision der Blätter Dingsleben und Hildburghausen (G. A. 70; 32, 33) abschliessen und die Aufnahme des nördlichen Theils des Blattes Rodach (G. A. 70; 39), sowie des Meiningen'schen Antheils des Blattes Mendhausen (G. A. 70; 37) fertig zu stellen suchen. IV. Im Regierungsbezirk Cassel. l. Dr. BEYScHLAG wird die ersten Orientirungen für die Aufnahme der Blätter Wilhelmshöhe. Cassel, Besse und Ober- kaufungen (G. A. 55; 37, 38, 43, 44) ausführen und demnächst nach Vornahme einer letzten Revision der. Blätter Melsungen und Alt- XXI morschen (G. A. 55; 50, 56) die Kartirung des Blattes Ludwigseck (G. A. 69; 2) beginnen. 2. Professor Dr. OEBBEKE wird nach einer Schlussrevision des Blattes Niederaula und Beendigung der Aufnahme des Blattes S g Neukirchen diejenige des Blattes Schwarzenborn in Angriff nehmen (A569, 3. Professor Dr. BückınG wird die von ihm begonnene Auf- nahme der Blätter Neuswarts, Kleinsassen, Hilders und Grersfeld (G. A. 69; 22, 28, 29, 34) weiterführen. 4. Professor Dr. KAYser wird die Aufahme der Umgebung von Marburg im den Blättern Wetter, Marburg, Kirchhein und Niederweimar (G. A. 68; 3, 9, 10, 15) fortsetzen. 5. Ingenieur FRANTZEN wird die Aufnahme der Blätter Sal- münster und Altengronau (Gr. A. 69; 43, 44) — des letzteren in dem Preussischen Antheil — bewirken. V. Im Regierungsbezirk Wiesbaden. Professor Dr. KayYsEr wird die Aufnahme der Blätter Dillen- burg, Herborn, Tringenstein und Ballersbach (G. A. 67; 18, 2%. G. A. 68; ı3, ı9) fortsetzen. VI. In der Rheinprovinz. Landesgeologe GREBE wird zunächst eine Revision des Preussi- schen Antheils der Blätter Ittersdorf, Bouss, Saarbrücken, Lautersbach, Emmersweiler und Hanweiler (G. A. 80; 44, 45, 46, 51, 52, 53) unter Zugrundelesung der neuen Messtischblattaufnahmen behufs der Verbindung mit den Lothringischen Antheilen dieser Blätter aus- führen. Demnächst wird derselbe, gleichfalls unter Zugrundelesung der neuen topographischen Grundlagen, die Revision der Blätter Pfalzel, Beuren, Morscheid und Oberstein (G. A. 80; 15, 16, 17, 18) und ferner des Anschlusses zwischen den Preussischen und Bayerischen Aufnahmen in den Blättern Freisen und St. Wendel (G. A. 80; 30, 36) vornehmen. Vi. In der Provinz Schlesien. 1. Bezirksgeologe Dr. DaruE wird die Aufnahmearbeiten in den Blättern Rudolfswaldau, Langenbielau, Neurode und Frankenstein XXIII fortsetzen (G. A.765 19, 20, 26, 27) und innerhalb derselben zunächst die Darstellung der Gneiss-Formation in den erstgenannten drei Blättern zum Abschluss bringen. 2. Dr. Staprr wird die Kartirung der Blätter Schweidnitz und Charlottenbrunn (G. A. 76; 7, 13) weiterführen. 3. Bergrath Schürze wird die Aufnahme des Blattes Walden- burg revidiren und diejenige des Blattes Landeshut beginnen (G. A. 75; 18, ı7). VIl. Im Aufnahmegebiet des Flachlandes. a) Uckermärkisches Arbeitsgebiet. Landesgeologe Professor Dr. BERENDT wird in der durch Revisionsreisen in die anderen Gebiete des Flachlandes nicht in Anspruch genommenen Zeit mit Hülfe des Culturtechnikers WÖLFER und zeitweise des Culturtechnikers BaLpus die Aufnahme der Blätter Templin, Gollin und Ringenwalde (G. A. 28; 50, 56, 57) in Angriff nehmen. Landesgeologe Dr. WAHNSCHAFFE wird mit Hülfe des Cultur- technikers BLÜTHNER die Messtischblätter Boitzenburg, Hinden- burg und Gerswalde (G. A. 28; 44, 45, 51) bearbeiten. b) Havelländisches Arbeitsgebiet. a. Südlicher Theil. Professor Dr. ScHoLz wird die Schlussrevision des Blattes Burg (G. A. 43; 46) ausführen, sowie das begonnene Blatt Branden- burg (G. A. 44; 32) mit Hülfe des Oulturtechnikers BaLvus fertig stellen und demnächst die Aufnahme der Insel Rügen fortsetzen (s. unten). Bezirksgeologe Dr. KEILHACK wird die Aufnahme der Blätter Göttin, Glienicke, Golzow und Damelang (G. A. 44; 38, 43, 44, 45) ausführen und hierbei zugleich die Ausbildung der drei neu ein- getretenen Uulturtechniker POHLITZ, GOSSNER und HERBERGER bewirken. Landesgeologe Dr. LAurer wird das begonnene Blatt Gross- Kreutz zum Abschluss bringen und demnächst mit Unterstützung XXIV des Dr. BEUSHAUSEN die Aufnahmen der Blätter Gross- Wuster- witz (G. A. 44; 37) im südlichen und Kyritz (G. A. 44; ı) im nörd- lichen Theile des Aufnahmegebietes bewirken. 3. Nördlicher Theil. Professor Dr. GRUNER wird mit Hülfe der Culturtechniker TÖLLNER und HÜBInGER die begonnene Aufnahme des Blattes Wilsnack (G. A. 43; 4) fortsetzen und demnächst diejenige der Blätter Glöwen und Demertin (G. A. 43; 5, 6) ausführen. Bezirksgeologe Dr. KLOCKMANN wird mit zeitweiliger Hülfe- leistung des Culturtechnikers BLÜTHNER die Blätter Tramnitz, Wusterhausen und Wildberg (G. A. 44; 2, 7, 8) bearbeiten. c) Insel Rügen. Professor Dr. SCHOLZ wird die Aufnahme zwischen Jasmund und Mönchgut durch Fertigstellung der Blätter Lubkow und Vilmnitz (G. A. 11; 32, 38) fortsetzen und sodann die Blätter Bergen und Putbus (G. A. 11; 31, 37) in Angriff nehmen. d) Westpreussen. Dr. JENTZSCH wird die Aufnahme der Blätter Pestlin, Radau, Gross-Krebs und Riesenburg (G. A. 33; 11, 12, 17, 18) fortsetzen. e) Ostpreussen. Dr. Kress wird die Aufnahme der Blätter Schippenbeil, Gross- Schwansfeld und Laugheim (G. A. 18; 47, 52, 53) fortführen. Dr. SCHRÖDER wird die Ueberarbeitung und Vollendung des Blattes Bischofstein (G. A. 18; 55) ausführen, sodann Blatt Heilige- linde (G. A. 18; 60) fertigstellen und schliesslich eine Vorbereisung der 4 südlich an seine bisherigen Aufnahmen stossenden Blätter der Gegend von Sensburg unternehmen. XXV 3. Mittheilungen der Mitarbeiter der Königlichen geologischen Landesanstalt über Ergebnisse der Aufnahmen im Jahre 1886. Mittheilung des Herrn K. A. Lossen über Aufnahmen auf den Messtischblättern Elbingerode, Wernigerode und Harzburg im nördlichen Mittelharze. Im Gebiete des Mittel- und Oberdevons der Elbinge- roder Mulde lag die schwierige Aufgabe vor, die Westgrenze des hübeländer Massenkalks (des unteren Oberdevons in der Korallen-, Hydrozoen- und Brachiopoden-Facies des Iberger Kalks) gegen den Elbingeroder Massenkalk (Stringocephalenkalk) zu ziehen. Während im N, S und O der Rübeländer Kalk, wie im vor- jährigen Berichte (dieses Jahrb. für 1885, S. 206 ff.) dargethan wurde, durch Störungslinien verschiedener Art begrenzt wird, lässt sich gegen W kein Nachweis für eine solche Begrenzungsweise fe) erbringen. Das Fehlen der anderwärts zwischen dem mittel- und dem oberdevonischen Massenkalk auftretenden Eruptivdecken nebst zugehörigen Tuffen südlich und südsüdöstlich von Elbingerode kann vielmehr nur auf eme ursprüngliche Raumemschränkung dieser abnormen Formationsglieder gedeutet werden. Dafür spricht das allmähliche Auskeilen dieser Eruptivmassen südwestwärts von dem Profil des Elbingeroder Mühlenthales, so zwar, dass von den in diesem Profil nach dem angezogenen Berichte unter- XXVI schiedenen einzenmen Eruptivgliedern in dem hinteren Theile des Mühlenthaler Stollens, in der Hauptpinge des Grossen Grabens und den nächstliegenden Nebenpingen nur mehr das unterste Stratum, der Quarz-Keratophyr mit dem zugehörigen Eisenerz, direct unter dem Oberdevonkalk ansteht. Noch weiter gegen SW keilt auch dieses unterste Eruptivstratum aus, woraus sich dann das Aus- heben der Oberdevon-Kalkmulde im Mitteldevonkalk zu beiden Seiten des von Elbingerode südwärts gegen das Hainholz führenden Fahrwegs von selbst ergiebt. Zugleich aber folgt aus diesem räumlichen Verhalten, dass die südwestwärts von Elbingerode über den Kleinen und Grossen Hornberg und von da weiter gegen Rothenhütte einerseits, andererseits gegen die Ausmündung des Wormke-Thals bei Mandelholz ausgedehnten Eruptiv- und Tuff- Decken eine besondere Special-Mulde im Stringocephalenkalke erfüllen. Ist also die Ausdehnung des Iberger Kalks, welche F. A. ROEMER auf das Blatt Wernigerode der PREDIGER'schen Harz- karte (1:50000) eingetragen hatte, durch die 1867 und 1868 von Herın Beyrıch vorläufig ausgeführten Untersuchungen (Vgl. Zeitschrift der deutschen geologischen Gesellschaft 1868, Bd. XX, S. 216) schon sehr wesentlich beschränkt worden, so müssen die Grenzen derselben nach den diesjährigen Aufnahmen noch mehr eingeengt werden. Fast aller Kalk, welcher auf der geognostischen Uebersichtskarte des Harzes westlich des obengedachten Fahrwegs von Elbingerode nach dem Haimholze als Iberger angegeben worden ist, gehört dem an Gasteropoden und Stringo- cephalen reichen!) oberen Stringocephalenkalke an. Petrographische Unterschiede lassen sich zur Abgrenzung der beiden auf ungefähr eine halbstündige Wegelänge sich be- rührenden und bei flachwelliser Lagerung zungenartig in einander greifenden Kalkbildungen nur unsicher verwerthen. Im Allge- meinen ist der Oberdevonkalk wohl überhaupt, wie namentlich in dieser Grenzregion lichter von Farbe, weissgrau, und mehr späthig- körnig, als der obere Stringocephalenkalk, der oft schwärzlich blau- Vgl. dieses Jahrb. für 1884. 1885, S. 83. XXVI grau, dabei feinkörniger bis dicht und splittriger, »glasiger«, wie der Volksmund sagt, erscheint und dadurch die weissen grob- späthigen Durchschnitte durch die Gehäuse von Stringocephalus, Pleurotomaria, Makrocheilus, Murchisonia etc. oft scharf hervortreten lässt, noch öfter leider weisse Kalkspathadern. Der Hauptsache nach bleibt aber der Nachweis der Leitversteinerungen das einzige sichere Mittel zur Unterscheidung der beiden Massenkalke. Da die Phillipsastraea- (Acervularia)-Arten, Rhynchonella cu- boides oder pugnus im Rübeländer Oberdevonkalk keineswegs > gleichmässig vertheilt sind, jedenfalls aber nicht häufig gefunden werden, so ist man vielmehr darauf angewiesen, die eben genannten Leitpetrefacten des Stringocephalenkalks zu verwerthen, während die grosse Anzahl von Korallen und Stromatoporiden, die beiden Kalkformationen in den gleichen oder sehr nahe verwandten Species gemeinsam sind, nur allzu oft unbenutzt bleiben müssen. Zu der letzteren Gruppe gehört auch die örtlich massenhaft auftretende baumförmige Stromatoporide Amphipora, welche man im rheinischen Schiefergebirge besonders gegen die obere Grenze des Stringo- cephalenkalks hin beobachtet hat, die hier aber über dies Niveau hinaus im Rübeländer Oberdevonkalk häufig erscheint. So fand Herr Dr. FrECH, welcher den Berichter- statter einige Tage auf seinen Excursionen begleitet und demselben in dankenswerther Weise seine genaue Kenntniss der Versteine- rungen nutzbar gemacht hat, zuerst Amphipora südwestlich von der Christinenklippe auf der Nordseite des Schieferbergs nördlich der grossen Ueberschiebungskluft, die den Oberdevonkalk im S über Tag begrenzt, zusammen mit Farosites eristata, Uyathophyllum caespitosum, Endophyllum priscum und massigen Stromatoporiden; or {®) etwas weiter südwestlich, dem Hahnenkamm gegenüber, wurde dann auch Phillipsastraea ananas GOLDF. spec. gesammelt. Auch anderwärts auf dem Bodenberg tritt Amphipora im Iberger Kalk auf, so in der Umgebung der Pinge des Grossen Grabens und in dem Kalkstein des aus dem Mühlenthale gegen diese Pinge hinzuge- triebenen Stolln, am Braunen Weg und längs des westöstlich über das Berg-Plateau hinziehenden Triftwegs. Weiter westlich da- gegen fehlt die baumförmige Stromatoporide auch nicht, aber es > XXVoOI stellen sich in ihrer Gesellschaft die Leitpetrefacten des Stringo- cephalen-Kalks ein. Im Südwesten bietet die Umgebung des Haimholzes noch einmal Gelegenheit, die Leitversteinerungen des Oberdevonkalks zu sammeln. Nördlich von dem gegen den Duckborn angrenzen- den Theil des Waldes wurden Phillipsastraea- Arten in grösserer Anzahl der Exemplare und in verhältnissmässig günstigem Erhal- tungszustande gefunden, darunter Ph. Roemeri VERN. und Ph. penta- gona GOLDF. var. mikrommata F. ROEM.; damit zusammen kommen Brachiopodenkalke vor, die sich eim Paar hundert Schritte breit quer über den vom Hainholze nach Elbingerode führenden Fahr- weg und den westlich davon verlaufenden Feldweg verfolgen lassen, darin Rhynchonella pugnus, R. acuminata u. s. w. Hier- mit ist aber der Ausbreitung des Oberdevonkalks ein Ziel gesetzt, denn die Kalkklippe des höchsten Punktes auf der Nordwestseite des Hainholzes (Geometr. Punkt 1390 Dee.-Fuss) ist bereits mittel- devonischer Schneckenkalk, der sich, örtlich Stringocephalus, aber auch Amphipora führend, von da nord- und südwestwärts nach den Hornbergen und dem Katzenberge erstreckt. Aus dem Stein- bruche des Katzenbergs hatte Herr Beyricn (a. a. OÖ.) bereits Stringocephalus Burtini, Murchisonia bilineata, MM. coronata und Pleurotomaria delphinuloides namhaft gemacht; aber auch längs des vom Katzenberge nach Elbingerode an dem einzelnen Baume vorüberführenden Feldweges und des denselben mittwegs schneiden- den ostwestlichen Feldwegs (Lehmgrubenwegs) und auf der Pla- teaufläche zwischen dem höchsten Punkte nächst dem Hainholz und dem einzelnen Baum wurden an zahlreichen Stellen Gastero- poden begleitet von Stringocephalus und Amphipora nachgewiesen. Vom Ostende des Lehmgrubenwegs aus und am Bornberge, gleich südlich von Elbingerode, überschreiten diese Schneckenkalke ost- wärts den Fahrweg nach dem Hainholz, sodass sie von der erstgenannten Stelle zungenförmig in den Oberdevonkalk des Bodenbergs eingreifen. Pleurotomaria delphinuloides wurde im Fahrwege etwas nördlich von der Einmündung des Lehmgruben- wegs gesammelt, Reste von grossen Schnecken (? Makrocheilus, Pleurotomaria) und Stringocephalus östlich und südöstlich von dieser XXIX Stelle in den südsüdöstlich aus dem Fahrwege in der Richtung auf die Pulvermühlen am Hahnenkamme hinzu abzweigenden Wegen. Mit dem Schneckenkalk östlich des Fahrwegs in dem alten Steinbruche am Bornberge der Generalstabskarte hängen dagegen die Stringocephalenkalke in den Eisenbahnprofilen unmittelbar bei Elbingerode zusammen. Hier sammelte der Berichterstatter Stringo- cephalus Burtini im Eisenbahndurchstich südlich vom Elbingeroder Bahnhofe und denselben Brachiopoden in einem besonders grossen, über ein Decimeter vom Schnabel zur Stirn messenden, Exemplar südlich des Bahnhofs Elbingerode an der oberen Ecke der daselbst in das Mühlenthal ausmündenden seichten Schlucht. Weiter thal- abwärts folgen längs der auf dem Südufer des Mühlenthals ange- legten Eisenbahn zunächst Profile, in welchen es den vereinten Bemühungen des Tlerrn Dr. Frech und des Berichterstatters nicht gelang, Stringocephalus und Gasteropoden oder Amphipora nach- zuweisen. Massige Stromatoporiden, z. Th. in sichtlich abgerolltem Zustande, und Korallen herrschen hier. Erst in den beiden untersten Eisenbahndurchstichen oberhalb der Einmündung des Schwefelthales stellt sich Stringocephalus mit Pleurotomaria delphi- nuloides und anderen Gasteropoden wieder ein und zu alleroberst, unmittelbar ım Liegenden des zwischen dem Quarz - Keratophyr und dem Stringocephalenkalk aufsetzenden Eisensteinlagers des Mühlenthaler Pingenzugs Die streichende Fortsetzung dieser oberen Stringocephalen- , fehlt auch Amphipora nicht. kalke im Liegenden des genannten Pingenzugs hat man im der Umgebung des Zwergsteins auf dem nördlichen Ufer des Mühlen- thals sowie in der unteren Hälfte des Schwefelthals und in dem darın einmündenden Kalten Thale zu suchen. Die von Herrn Director SCHLEIFENBAUM in Elbingerode aus den Steinbrüchen dieser Gegend gesammelten Versteinerungen, sowie die an Ort und Stelle bei gemeinsamer Begehung gemachten Beobachtungen bestätigen diese Auffassung: oberhalb des Zwergloches führt der zwischen der Ziegelei und der Oelmühle der Generalstabskarte angesetzte Steinbruch Stringocephahıs und Makrocherlus, der Bruch ım Kalten Thale Makrocheilus areulatus, Pleurotomaria delphinuloides XXX neben der dem Iberger Kalke sonst vorzugsweise eignenden Fa- vosites eristata; Stringocephalus wurde im Schwefelthale unterhalb der Einmündung des Kalten Thals zusammen mit Cyathophyllum caespitosum beobachtet, oberhalb der Einmündung dieses Seiten- thälchens geht er aufwärts bis. ungefähr zur Gabelung des Schwefelthales. Weiter aufwärts ins Liegende gegen die Elbinge- roder Grauwacke des Hühnerblecks hinzu folgen korallen- und stromatoporenführende Kalksteine, die als die streichende Fort- setzung der Schichten ohne Stringocephalus und Gasteropoden im Mühlenthale zwischen dem Bahnhof Elbingerode und dem Zwerges- stein angesehen werden müssen. Zieht man aus den vorstehenden Beobachtungen das Gresammt- resultat, so ergiebt sich, örtliche Störungen unberücksichtigt ge- lassen, dass der an Stringocephalus, Gasteropoden und zu oberst häufig auch an Amphipora veiche obere Mitteldevon - Massenkalk des Plateaus südlich von Elbingerode gegen NW die in ihm ein- gemuldeten Eruptivdecken des Gr. und Kl. Hornbergs unterlagert, dass derselbe gegen SO die nordwestliche Hälfte der gegen S hin von älteren Schichten überschobenen Mulde des Rübeländer en NÖ liegendere Schichten des Mitteldevon-Massenkalks sich sattelförmig Oberdevonkalks (Iberger Kalks) unterteuft, während geg aus diesen hangenderen oberen hervorheben. Ueber die Aufnahmen auf den Blättern Wernigerode und Harzburg, welche die Gliederung der Eruptivgesteine des Brocken- Massivs und des sich nach Aussen anschliessenden metamorphischen Contacthofes vorzugsweise zum Ziel hatten, soll an anderer Stelle ausführlicher berichtet werden. Mittheilung des Herrn M. Kocn über Aufnahmen auf den Sectionen Wernigerode und Elbingerode. Blatt Wernigerode. Es lag die Aufgabe vor, die im vorigen Jahre begonnene und im östlichen Theile des Blattes abgeschlossene Detailkartirung des hercynischen Schiefergebirges weiter nach Westen hin fortzuführen und an die Aufnahmen des Herrn LossEn auf der Westseite des Blattes anzuschliessen. Die in Betracht kommenden Schichtenglieder sind die gleichen, wie im östlichen [0) 19 XXXI Theile, Tanner Grauwacke und unterer Wiederschiefer, denen sich erst gegen Ilsenburg hin zwischen Brockengranit und Gebirgs- rand ausgebreitet der Ilsenburgquarzit in mächtiger Entwicklung anschliesst. Die geognostischen Verhältnisse weichen daher nur wenig von denen in jenem Theile ab, namentlich soweit die Schichten noch dem Nordflügel der Elbingeroder Mulde angehören. In der petrographischen Ausbildung treten nur in der Nähe des Brocken- granits, welcher die südwestliche Ecke des Blattes einnimmt, durch Contactmetamorphose namhafte Aenderungen ein. Eine Frage, welche im vorigen Jahre noch offen gelassen werden musste, wie die Kieselschiefermassen am Lindenberg süd- lich Wernigerode, welche dort direct an Tanner Grauwacke an- grenzen, aufzufassen seien, fand durch die fortgesetzte Detailkar- tirung ihre Erledigung. Es zeigte sich nämlich, dass je weiter nach Westen, um so häufiger Kieselschiefer sich der Grauwacke in normalem Verbande auflegen, dass also in der Kalkstein führen- den Stufe des unteren Wiederschiefers ausser einem hangenden noch ein liegender Kieselschieferzug zu unterscheiden sei. Die Bedeutung des ersteren in Bezug auf zusammenhängende Ver- breitung und Mächtigkeit erreicht er jedoch in keinem Theile des Gebiets. Die Kalksteine der untern Wiederschiefer sind nicht durch die ganze Ausdehnung des Nordflügels der Elbingeroder Mulde versteine- rungsleer, wie man dies bisher annehmen musste. Am Schweugs- kopf, am äussersten Westende des Flügels, kommen nämlich ziemlich mächtige Kalksteine vor vom Habitus der Hasselfelder Flaser- und Oberharzer Kramenzelkalke, welche in einzelnen Bänken reich an Tentaculiten und Crinoidenstielgliedern sind, ausser- dem aber Goniatiten, Orthoceren und ein Exemplar eines Pleuro- dietyum lieferten. Die mächtigen Grauwackenablagerungen des Pan- und Sien- bergs, südlich Darlingerode, welche sich in Sattelstellung von dem längs des Gebirgsabfalls fast über die ganze Breite der Blätter Derenburg und Wernigerode verlaufenden Grauwackenzug aus weithin gegen Südwesten vorschieben, schliessen einerseits die Elbingeroder Mulde (i. w. S.) nach Nordwesten hin ab, andererseits XXXI umfassen sie gemeinsam mit dem vom Panberg ausgehenden, gegen Ilsenburg gerichteten Zug Tanner Grauwacke, eine kleinere gegen Südwest geöffnete und vom Granit abgeschnittene Mulde jüngerer Schichten, die der Grauwacke zunächst ebenfalls Thonschiefer mit Kalkstein-, Kieselschiefer- und spärlich Diabaseinlagerungen enthält und in einem höheren Niveau den Ilsenburgquarzit in sich auf- nimmt. Ihr Bau wird ebenfalls von dem schon für die Schichten- stellung des Nordflügels der Elbingeroder Mulde als maassgebend erkannten Verhalten beherrscht, dass die vorwaltenden Streich- richtungen: gegen Nordwest Einfallen nach Nordost, gegen Süd- west dagegen Einfallen nach Südost bedingen. Die beiden Grau- wackenzüge stellen demnach gegen Südwest resp. Nordwest über- kippte Sättel dar, unter welche die jüngeren Schichten widersinnig einschiessen. In Folge starken Zurücktretens der Kalkstein- und Diabaseinschaltungen, des Vorwaltens der Kieselschiefer, ferner der Schwierigkeit in der Deutung der Hornfelsmassen und in Folge von Störungen, auf welche das Zusammentreten nicht zusammenge- höriger Glieder hinweisen, ist die Gliederung der Wiederschiefer- stufe hier keine so übersichtliche, wie im Nordflügel der Elbinge- roder Mulde. Dazu kommt, dass ausser jenen Einlagerungen viel- fach Grauwackenlager, die der Tanner Grauwacke petrographisch recht ähnlich werden können, in die Thonschiefer eintreten und dadurch im Gegensatz zu den Verhältnissen südlich Wernigerode Wiederannäherung an die sonst im Unterharz herrschende Ausbil- dung der Stufe bedingen. Kalksteineinlagerungen in grösserer Zahl finden sich nur in dem schmalen Thonschieferbande, welches sich in den gegen Ilsenburg gerichteten Grauwackensattel einmuldet. Ihnen gehören die schon ‚JASCHE bekannten versteinerungsfüh- renden Kalksteinlager des Tännenthals und des Thonmühlen- kopfes an. Auf der Innenseite der Grauwackensättel bilden dagegen wenige, gering mächtige Vorkommnisse von zu Marmor oder Kalk- silicathornfels metamorphosirtem Kalkstein am Nordwesthang des Sienbergs und am Hange des Spitzenbergs gegen das Ochrenfelder Thal hin die einzigen Vertreter derselben in dem mächtigen Schichtencomplex, in dem der Ilsenburgquarzit im Streichen aus- hebt. Sieht man die Kalksilicathornfelse am Hange des Sienbergs XXXII als der Kalkstein-Grauwackenzone des unteren Wiederschiefers zugehörig an, so trifft man unter Festhaltung der für die gleichen Schichten südlich Wernigerode gewonnenen Gliederung im ur- sprünglich Liegenden zunächst der Tanner Grauwacke auf den liegendsten Kieselschieferzug, der wie gewöhnlich so auch hier nur durch schmale Einlagerungen vertreten wird. Im ursprünglich Hangenden folgen dagegen mächtige Kieselschiefermassen, den Kapitelsberg und den grössten Theil des Löwe- und Meinebergs umfassend, welche unter der obigen Voraussetzung nur dem hangenden Kieselschieferzug angehören können. Eine so bedeutende Ausbreitung derselben, wie sie nirgends im gleichen Niveau des Nordflügels der Elbingeroder Mulde zu verzeichnen war, mag so- wohl durch Faltenzusammenschiebung der zwischen die starren Massen des Quarzits und der Grauwacken gefassten Schichten als auch durch Wechsel in der Ausbildung der Stufe bedingt sein, indem hier Kieselschiefer die Bedeutung erlangen, welche dort den Kalksteinen zukommt. Die Schichten, in denen der Ilsenburgquarzit endigt, im Hangen- den der Kalkstein-Kieselschieferzone sind nicht überall so günstig er- schlossen, wie dies in Anbetracht der Wichtigkeit derselben für die Stellung des Quarzits zu wünschen wäre. Auf der Nordost- und z. Th. auch auf der Nordseite, am Halberstädter Kopf und Klapper- berg, überrollen enorine Quarzittrümmermassen die Hänge herab bis über die Tanner Grauwacke und bedecken vollständig, was zwischen ihnen liegt. Nur an einer Stelle, an der Senkung des Halber- Kopfes gegen den Thonmihlenkopf hin kamen Kieselschiefer zwischen beiden zur Beobachtung. Maassgebend für die Zusammen- setzung der Schichten im direct Liegenden des @Quarzits können daher innerhalb des kartirten Gebiets nur die breiteren Schichten- bänder südöstlich desselben am Tännen- und Ripperberg und nörd- lich desselben im Klosterholz bei Ilsenburg sein. . In dem ersten Gebiet, das vollständig in den Kreis der Contactwirkung des Granits fällt, kommen neben Schieferhornfels vereinzelte aber für die Deutung wichtige Diabaslager (Löweberg und Spitzenberg) und zahlreicher schmale Kieselschiefer- und Grauwackeneinlage- rungen vor, also die nämlichen sedimentären Einschaltungen, welche Jahrbuch 1336, C XXXIV auch mehrfach in andern Theilen des Harzes im Graptolithen- schiefer- Horizont an der Unterseite des Hauptquarzits zu ver- zeichnen sind. Von der meist gleichkörnigen, nur hier und da conglomeratisch werdenden Tanner Grauwacke unterscheiden sich die Einlagerungen durch Vorherrschen des meist recht feinkörnigen Bindemittels und spärliches Vorhandensein von porphyrartig ein- gebetteten Quarzkörnchen und Glimmerblättchen. Von Interesse ist es, dass unter den Geröllen der conglomeratisch ausgebildeten Tanner Grauwacke sich ausser Quarz und Thonschiefer, wie in der Kulmgrauwacke des Oberharzes, auch solche von Eruptiv- gesteinen, nämlich Quarzporphyren mit Ausscheidungen von Quarz- dihexaödern und Orthoklaskrystallen vorfinden. Die Verhältnisse in dem zweiten Gebiet, nördlich vom @Quarzit im Klosterholz, sind schon früher von Herrn Lossen !') besprochen worden, ich bemerke daher nur, dass die Auffassung desselben über die Zu- gehöriekeit der Schichten im Liegenden des Quarzits zum unteren Wiederschiefer und das muldenförmige Ausheben des ersteren in diesem wie auf der Südostseite so auch hier durch die Detail- kartirung bestätigt worden ist. Die Untersuchungen über die Contactwirkungen des Brocken- granits, welche in Folge der Mannigfaltigkeit in der Zusammen- senden Sedimente erheblichere Schwierig- te} stezung der zu Grunde lie keiten als am Ramberg zu überwinden haben, sind noch nicht abgeschlossen, es lässt sich daher noch nicht übersehen, in wie weit die Resultate zu einer Gliederung des Contactringes in Steigerungszonen der Umbildung dienen können. Nach den Be- obachtungen aus dem verhältnissmässig kleinen Theil am Granit, über den hier zu berichten ist, treten Knotenschiefer als erstes Umbildungsproduct derartig zurück, dass eine Zusammenziehung der wenigen Punkte, an denen sie deutlich vorhanden sind (Kamm- weg des Spitzenbergs, Nordwesthang des Löweberes), zu einer Knotenschieferzone nicht statthaft erscheint. Ebensowenig sind Knotenglimmerschiefer und typische Hornfelse mit sichtbaren Glimmerausscheidungen allgemeimer entwickelt. Die eigentlichen ') Zeitschr. d. Deutsch. geol. Ges. 1877, 8. 622. XXXV Schiefer-Hornfelse finden ihre Vertreter in bei frischem Zustande schwarzen, splittrigen und kieselschieferharten Gesteinen, dem Kieselschieferfels Hausmann 's, wie sie beiderseits des Tännenthals zwischen Granit und Ilsenburgquarzit und mehrfach auf dem Meine- und Sienberge anstehen. Von dem eigentlichen Kiesel- schiefer, mit dem sie nach äusserm Ansehen leicht zu verwechseln sind, lassen sie sich leicht durch ihre Schmelzbarkeit vor dem Löthrohr unterscheiden. Turmalin ist in einer mehr inneren Zone sehr häufiger Gemengtheil der Contactgesteine. Interessant ist es, dass er nicht auf die Sedimente beschränkt ist, sondern auch in reicher Menge in Diabas (Südwesthang des Löwebergs) eintritt, welche abgesehen von Uralitisirung des Augits weiter- gehende Veränderungen nicht erkennen lassen. Blatt Elbingerode. Die untere Wiederschieferstufe mit Ein- schaltungen von körnigem Diabas im Nordflügel der Elbingeroder Mulde tritt mit ihrer westlichen Endigung von Blatt Wernigerode auf Blatt Elbingerode über, wo sie zu beiden Seiten des Zilliger Bachs, einerseits im Ruhehay und Petersholz, anderseits am Hilmarsberg und Wellbornskopf entwickelt ist. Die geogmostischen Verhältnisse dieses Theils schliessen sich ganz an diejenigen im Hauptverbreitungsgebiet der Stufe auf Blatt Derenburg und Wer- nigerode an. Die Diabase treten auch hier in schwarmartig die Schichten durchsetzenden Lagern auf, meist in solcher Zahl oder Mächtigkeit, dass sie den zwischenliegenden Thonschiefern das Gleichgewicht halten. Was die petrographische Beschaffenheit derselben anlangt, so herrschen klein- bis mittelkörnige Varie- täten mit mehr oder weniger deutlich divergent-strahliger Anord- nung der Plagioklasleistchen vor, während grosskörnige oder durch Ausscheidung grösserer Plagioklase porphyrisch werdende Abarten in der Minderheit sind. Diabascontactgesteine waren nicht allzu- häufig zu verzeichnen. Spilosite kommen nur beiderseits des © Zalliger Bachs etwas oberhalb des Weges vor, welcher sich von der Chaussee nach dem Büchenberg abzweigt, während adinol- artige Gesteine allerdings reichlicher entwickelt sind. Der zu den postgranitischen Eruptivgesteinen gehörende schmale Gang basischen Gesteins, welcher während der letzten Auf- c* xXXxVI nahmen von der Zwölfmorgen-Wiese südlich Wernigerode bis nahe an die Südgrenze des Blattes nachgewiesen wurde, setzt auch noch auf Blatt Elbingerode bis über den Eisenstein - Pingen- zug am Büchenberg hinaus fort. Analyse und mikroskopische Untersuchung haben die m der letztjährigen Mittheilung ausge- sprochene Vermuthung bestätigt, dass die Gesteine der Spalte zu den diabasähnlichen schwarzen Porphyren des Harzes zu stellen sind, welche bisher nur auf der Ostseite des Gesammtspalten- zugs bekannt waren, hier aber sich zwischen die beiden Gänge sauersten (resteins einschieben. Mittheilung des Herrn v. KoENEN über Untersuchungen in dem Gebiete westlich des Harzes. Es wurde besonders die Kartirung des an Verwerfungen reichen Blattes Göttingen fortgesetzt. = Von allgemeinem Interesse waren Aufschlüsse durch neue Wege nördlich vom Dorfe Esebeck. Dort wird ein mässig nach Westen geneigtes Plateau von oberstem Wellenkalk durch einige schmale, nach Osten laufende Thaleinschnitte oder Schluchten unterbrochen, welche nach Westen hin verschwinden. Es zeigt sich jetzt, dass die Schichten nach jeder dieser Schluchten von beiden Seiten her ein steileres Einfallen annehmen, dass also auch diese geringfügigen Einschnitte wesentlich Schichtenstörungen ihre Ent- stehung verdanken. E weil sie einen Schluss gestattet auf die zum Theil sehr weit sich zn ist diese Beobachtung besonders deshalb von Wichtigkeit, hinziehenden engen Schluchten und Thäler in Wellenkalkplateaux, so z. B. im »Göttinger Walde«, östlich von Göttingen. Ferner wurden an einigen Stellen im oberen Theile des mitt- leren Buntsandsteins förmlich oolithische Sandsteine gefunden, Sandsteine, welche mehr oder minder leicht in rundliche Körner zerfallen, indem ein kalkig-dolomitisches Bindemittel den Quarz- sand zu kleineren oder grösseren, oft erbsengrossen Concretionen verkittet, vergleichbar etwa den Knotenerzen von Kommern und Mechernich. XXXVI Aus diesen Sandsteinen entstehen aber die sogenannten Tiger- sandsteine, welche bei heller oder rother Grundfarbe mehr oder ininder zahlreiche, durch Eisen- oder Manganverbindungen braun bis schwärzlich gefärbte Stellen von mehr lockerem Gefüge ent- halten und von einzelnen Autoren für bezeichnend für den »Chiro- therien-Sandstein« gehalten wurden, aber gelegentlich in den ver- schiedensten Horizonten des Buntsandsteins, auch im unteren Bunt- sandstein, vorkommen. In Folge von Auslaugung der Carbonate bleiben poröse oder theilweise hohle rundliche Räume zurück, deren Wandungen durch die in Eisenoxydhydrat oder Mangansuperoxyd übergeführten Beimengungen von FEisen- oder Mangan - Carbonat gefärbt wurden. Aehnlich sind ohne Zweifel auch die zum Theil mit lockerem Sand erfüllten Hohlräume im mittleren Buntsandstein mancher Gegenden entstanden, indem das kieselige Bindemittel in die vor- handenen Kalk-Sandstein-Geoden nicht eindringen konnte, sodass diese nach Auslaugung des Kalkes in lockeren Sand zerfielen. Hesser's Erklärung der Entstehung dieser Hohlräume durch »Sandluftblasen« ist jedenfalls wenig wahrscheinlich. Mittheilung des Herrn J. G. BORNEMANN (sen.) über Auf- nahmen auf Section Wutha. Meine Aufnahmen auf Section Wutha im Jahre 1886 hatten zunächst den Zweck, die Beobachtungen in dem nördlich vom Hörselfluss gelegenen Gebiete zum Abschluss zu bringen und ferner Revisionen im südlichen Theile des Gebietes vorzunehmen. Die diluvialen Porphyrgerölle bei Lupnitz !), welche aus dem östlichen Theile des Thüringer Porphyrgebietes stammen und stellenweise zu festen Conglomeraten verkittet sind, liessen sich weiter abwärts im Nessethal bis unterhalb Hochhausen verfolgen. In einer solchen bei Wenigau-Lupnitz auftretenden Schotter-Con- glomeratbank fand sich ein einzelner grosser ganz abgerundeter Syenitblock nordischen Ursprungs inmitten der Thüringer Wald- 1) Vgl. dieses Jahrbuch für 1355, S. xxxıx. XXXVIII Gerölle. Er giebt keinen Fingerzeig, dass dieser Geröllzug sich von dem Hauptzuge bei Ballstedt und Westhausen, wo schon HEINR. ÜREDNER das Zusammenvorkommen von Nordischen und Thüringer Geröllen nachgewiesen hat, abgezweigt und semen Weg westwärts durch das Nessethal genommen haben muss. Im südlichen Theil der Section wurde in dem bekannten Grmneissgebiete des Gr. Ebertsberges ein kleiner Melaphyrgang nach- gewiesen. Es blieben zum Abschluss der Aufnahmearbeiten nur noch einige den bunten Sandstem betreffende Fragen zu erledigen, dessen Gliederung sich in dem Gebiete der Karte erhebliche Schwierigkeiten entgegenstellen. Ich habe desshalb zunächst ver- gleichende Studien mit dem Buntsandstein südlich vom Thüringer Walde begonnen und im Spätherbst zu diesem Zweck mehrere Excursionen nach Hildburghausen und Eisfeld unternommen. Bei dieser Gelegenheit sind so merkwürdige Funde an Thierfährten gemacht und neue Gesichtspunkte für die Geologie des bunten Sandsteins gewonnen worden, dass diese Gegenstände zunächst in einer besonderen Monographie behandelt werden sollen. Mittheilung des Herrn G. BORNEMANN (jun.) über Aufnahme der Section Fröttstedt. Hinsichtlich der zeologischen Verhältnisse ist zunächst zu bemerken, dass das mit dem bunten Sandstein beginnende und bis zum mittleren Keuper reichende Profil der Triasschichten, welches vom Hörselberg her mit meist steilem nördlichen Einfallen in das südwestliche Blattgebiet eintretend den Höhenzug des Stein- und Kalkberges bildet, in ungestörter Weise nach Blatt Friedrich- rode fortzusetzen scheint. Auffallend sind hier auf der Höhe dicht westlich von Langenhayn eigenthümliche Auswitterungspro- ducte des oberen bunten Sandsteins, welche in Gestalt haselnuss- grosser Kugeln rapilliartig den von entsprechendem anstehenden Gestein gebildeten Boden bedecken. Der nordöstliche Theil des Blattes wird fast in seiner ganzen Ausdehnung von Nodosenschichten eingenommen, welche sich in einer schmäleren Zone durch die Mitte des Blattes hindurch nach XXXIX dessen Westgrenze ziehen und dort wieder an Ausdehnung ge- winnen. Sie liegen hier überall flach geneigt und weisen nur hin und wieder locale Faltungen und Knickungen auf. Bezüglich der Entwicklung und Petrefactenführung entsprechen die Verhältnisse ganz den von BAUER für die Umgebung von Gotha gegebenen Schilderungen. Die Nodosenschichten sind im Gebiet durch zahl- reiche Steinbrüche aufzeschlossen, in einem derselben, östlich von Teutleben beobachtete ich eine ausgezeichnet krystallinische Bank mit reichlich eingesprengtem Kupferkies. Die Feststellung der Grenze zwischen den Nodosenschichten und der Lettenkohlengruppe ist auch auf Blatt Fröttstedt häufig nicht mit aller Schärfe durchzuführen, doch besitzt die Letten- gruppe unter allen Umständen eine etwas grössere Ausdehnung, als auf älteren Karten angegeben ist. Die Lettenkohlengruppe tritt hauptsächlich in zwei grösseren Partien auf, nördlich und südlich der soeben erwähnten Nodosenzone, in letzterer Gegend z. Th. durch Diluvialablagerungen überdeckt. Von grossem Interesse ıst das Vorkommen von Hornstein- einlagerungen in einer grauen, feinkörnigen Dolomitbank in der Mersgelzone oberhalb der Lettenkohlensandsteine. Es sind sehr feste, schwarze, graue, braune und gelbliche Hornsteine, denen des mittleren Muschelkalk sehr ähnlich, manchmal auch täuschend an Feuersteine der Kreide erinnernd. Man findet sie in Stücken bis zu Blockgrösse in Menge auf der Höhe des Sallberges, am Hessenberg, nordwestlich von Sundhausen u. s. w. HeEınricH ÜREDNER scheint der Einzige zu sein, welcher diese Hornsteine früher beobachtet hat: er führt sie vom Berlach an. In den Er- läuterungen zu den bis jetzt erschienenen thüringischen Karten- blättern, sowie in Bauzr’s Beschreibung der Umgebung von Gotha geschieht ihrer nirgends Erwähnung. Da wo sich zu diesen Horn- ta stembrocken Diluvialgerölle zesellen, könnte man leicht versucht gemeinsame fremde Herkunft beider zu denken, sein, an eine wenn nicht der wahre Ursprung der ersteren unzweifelhaft fest stünde. Der Grenzdolomit findet sich in der für Thüringen charakte- oeschilderten Form als schmale Zone überall da. Oo ristischen, oft XL wo der Uebergang vom unteren zum mittleren Keuper nicht durch Diluvialablagerungen verdeckt ist. Der mittlere Keuper bildet den Untergrund des grössten Theils der südlichen Blatthälfte und tritt in Gestalt grösserer und kleinerer Inseln aus der Diluvialbedeckung hervor. Eine Gliederung in Gyps- und Steinmergelkeuper konnte Mangels guter Aufschlüsse zur Zeit nicht vorgenommen werden. Wo immer mittlerer Keuper hervortritt, findet man neben den bunten Mergeln mit Gyps und Steinsalzpseudomorphosen (diese ganz besonders schön bei Wahlwinkel) auch feste Steinmergelbänke mit Knochenresten und anhaftenden Sandsteimplatten, welche letztere Abdrücke und Steinkerne kleiner zahlreich bei einander liegenden Bivalven tragen. Dieselben werden meist schlechthin als Corbula Keuperina bezeichnet. Ich selbst habe diese Art noch nicht er- kennen können, wohl aber glaube ich mit Bestimmtheit, viele der gedachten Zweischaler auf Arten der räthischen Gruppe — Tae- niodon Ewaldi und praecursor ete. — beziehen zu müssen, was ja auch a priori als nicht ausserhalb der Natur der Sache liegend erscheint. Es ist beabsichtigt, dem Einsammeln reichlichen Materials von diesen Bivalven behufs specieller Bearbeitung besondere Auf- merksamkeit zuzuwenden. Die Diluvialablagerungen bieten im Allgemeinen dieselben Erscheinungen, welche Weiss für Blatt Friedrichroda geschildert hat (d. Jahrb. für 1885, S. xxxvum), jedoch spielt der bunte Sand- stein unter den Geröllen des Thüringerwaldes im südöstlichen Theile des Blattes eine beträchtliche, stellenweise sogar vor- herrschende Rolle. An einigen Punkten südlich von Mechterstedt liegt er in solchen Mengen da, dass man auf den ersten Blick glaubt, verstürzte anstehende Massen vor sich zu haben. Unter den übrigen Geröllen konnte ich alle von WEISS angegebenen Gesteine constatiren mit Ausnahme des Braunkohlensandsteins, ausserdem ausgezeichneten Gmeiss, zweifellos vom Thüringerwald stammend. Am Nordhang des Steinbergs habe ich Gerölle von nahezu Blockgrösse gesehen, niemals aber Schrammung. Dass die als Gerölle auftretenden alten krystallinischen Gesteine sich XLI durchweg erst an dritter Lagerstelle befinden, wie WEISS annimmt, kann wohl nicht als allgemein feststehend zugegeben werden. Die Abgrenzung der Lehmbedeckung gegen den Untergrund da. wo dieser von ceulturell veränderten Nodosen-Lettenkohlen und Keuperthonen gebildet wird, ist nicht immer leicht, besonders wenn übergreifende Schottermassen das Bild noch mehr verwischen; aber auch da, wo lediglich mehr oder minder starke Beschotterung vorliegt, welche den Untergrund hie und da deutlich erkennen lässt, kann man häufig im Zweifel sein, welches Gebirgsglied zur Darstellung zu bringen ist. Es giebt Stellen, an denen sich dem Beobachter in dieser Hinsicht Schritt für Schritt ein anderer An- blick darbietet. Die Geröllmassen nehmen nach Norden zu mehr und mehr ab, aber noch auf dem Plateau des Hohnberges, wo grössere Ge- rölle zu den Seltenheiten gehören, findet man stellenweise Mengen von winzigen Porphyrbröckchen als Reste einer einst weit ver- breiteten Diluvialbedeckung. Grössere Schichtenstörungen treten nur im nordöstlichen Blatt- gebiet auf, als Fortsetzung der Bruchzone der Seeberge und des Galgenbergs bei Gotha, dieselben werden zu Anfang der dies- jährigen Anfnahmeperiode bearbeitet werden. Mittheilung des Herrn BEYSCHLAG über Aufnahmen auf den Blättern Salzungen und Altmorschen. Die während der letztjährigen Aufnahmeperiode gesammelten Beobachtungen, soweit dieselben in den Rahmen dieses vorläufigen 3erichtes passen, beziehen sich auf die Zechsteinformation am südwestlichen Abstieg des Thüringer Waldes, so weit denselben das Blatt Salzungen zur Darstellung bringt und dann auf die gleiche Formation, wie sie zwischen Rotenburg a. F. und Altmorschen als mantelförmige Umsäumung eines räumlich beschränkten paläo- zoischen Grauwackenkernes an der Fulda zu Tage tritt. In beiden Gebieten sind die Aufnahmen, wenngleich nicht völlig abgeschlossen, doch so weit gefördert worden, dass ein abschliessendes Urtheil über die Entwickelung der Formation und ein Bild ihrer Ver- breitung erlangt wurde, XLII Der Zechstemzug, welcher sich, in SO-NW -Richtung das Blatt Salzungen durchschneidend, von Schweina über die »alte Warth« nach Waldfisch und von da über Möhra nach Kupfersuhl in nur wenig gestörter Lagerung mit schwachem SW-lichen Ein- fallen, durchschnittlich wenig mehr als 1 Kilometer breit verfolgen lässt, ist reich an seheuswerthen Aufschlüssen, welche folgende Schichtenfolge erkennen lassen: 1) Zechsteinconglomerat, 2) Kupfer- schiefer, 3) Zechstein, (untere Formationsabtheilung); 4) Blasen- schiefer als Vertreter der mittleren Formationsabtheilung; 5) Untere Letten mit Gyps, 6) Dolomit, 7) Obere Letten, (obere Abtheilung). Das Zechsteinconglomerat, zu dessen Abtrennung vom oberen Rothliegenden s. Z. ebensowohl die beobachtete Discordanz zwischen beiden Formationen als die besondere Fauna des ersteren zwang, hat in unserem Gebiet leider keine Versteinerungen aufzuweisen. An der Nordseite der »alten Warth« gewähren mehrere Wasser- risse einen guten Einblick m die Grenze zwischen den Schichten der unteren Zechsteinformation und des oberen Rothliegenden. Man bemerkt hier, wo die ungleichförmige Lagerung wegen der Kleinheit des Winkels der Discordanz im einzelnen Aufschluss nicht mehr zu erkennen ist, einen zwar geringen, aber für die sichere Trennung ausreichenden petrographischen Unterschied zwischen den beiden Conglomeraten. Die Ya—1 Meter mächtige Zechsteinconglomeratbank erscheint verglichen mit dem unter ihr lagernden gebleichten Rothliegenden (W eissliegenden) fester, reicher an Glimmerschiefertrümmern und vor allem an Milchquarzgeröllen und grossen weisslichen Feldspathbruchstücken, dagegen ärmer an porphyrischen und granitischen Brocken, die ihrerseits die Haupt- masse der älteren Conglomeratbildung ausmachen. Häufig gesellt sich zu dem eisenschüssigen Bindemittel auch noch ein kalkiges, und in der Nachbarschaft der zahlreichen z. Th. erzführenden kleinen Verwerfungen (Rücken), nicht selten em in die Augen fallender Reichthum an Kobaltblüthe, Malachit und Kupferlasur. Kupferschiefer und Zechstein weichen von der normalen im Mansfeldischen, im Richelsdorfer Gebirge und im östlichen Thü- ringen (Tiefseebildung) gekannten Entwickelung nicht ab, dagegen ist die mittlere Formationsabtheilung durch eine höchst eigenthünm- XLIII liche Bildung vertreten, die passend als Blasenschiefer bezeichnet wird. Das Gestein besteht aus ungemein dünnen, selten bis 1 Millimeter starken Lamellen eines stark dolomitischen Kalkes und wird von zahllosen in diesen Lamellen liegenden blasen- förmigen Hohlräumen, die meist gestreckt erscheinen, durchsetzt. Nur ganz ausnahmsweise finden sich Uebergänge im den gewöhn- lichen diekbankigen Dolomit (Hauptdolomit anderer Gegenden) der mittleren Zechsteinformation, doch bleiben selbst an diesen wenigen Punkten, auch wenn die Dünnschiefrigkeit verschwindet, die ın horizontalen Ebenen angeordneten blasigen Hohlräume. — Es kann wohl kaum zweifelhaft sein, dass auch hier am Südrande des Thüringer Waldes die mittlere Abtheilung der Zechsteinfor- mation ursprünglich eine Steinsalz führende gewesen ist. In den durch ihre steile Schichtenstellung den auslaugenden Gewässern zugänglichen Partien des Ausgehenden sind diese Salzmassen längst verschwunden. In grösserer Tiefe und weiter entfernt vom steilen Rande des Gebirges werden sie noch z. Th. vorhanden sein und liefern u. A. die Soolen der Saline Salzungen. Man wird daher die Blasenschiefer als eine Rückstandsbildung ansehen dürfen, in der sich vielleicht in den dünnen, nun mit einander verkitteten Lamellen die einstigen Verunreinigungen des Salzflötzes wieder- spiegeln. Spätere chemische Veränderungen müssen freilich die auch aus Ilessen bekannt gewordene Residuenbildung betroffen haben, um sie zu ihrer eigenthümlichen Gestalt und Zusammen- setzung zu bringen. Ueber die obere Formationsabtheilung ist nur zu bemerken, dass der Dolomit, welcher die Lettenbildung in eine obere und untere zerlegt, nicht die gewöhnliche im Richelsdorfer Gebirge, am Südrande des Kyffhäuser und in Ostthüringen so verbreitete Dünnschichtigkeit zeigt, dass er vielmehr durch seine Dickbankig- keit, seine feinkörnige Beschaftenheit, seine lichtgraue, wenig Bi- tumen verrathende Färbung und seine Verwitterungsproducte dem Hauptdolomit dieser Gegenden ausserordentlich gleicht. Nach dieser Schilderung der Beschaffenheit der Formation auf Blatt Salzungen noch wenige Worte über die Fortsetzung der Zechstembildungen sowohl gegen N nach Eppichnellen und Neuen- XLIV hof (Bl. Eisenach) zu, als auch gegen O und SO nach Lieben- stein, Schmalkalden und Schleusingen zu. Es ist eine auffallende und zugleich interessante Erscheinung, dass die Zechsteinformation längs des Südrandes des Thüringer Waldes keine durchgängig sich gleichbleibende Entwickelung der sie zusammensetzenden Schichten aufweist, wie solche im Ganzen die Zechsteinbildungen an den Harzrändern, am Kyffhäuser und in Niederhessen kenn- zeichnet, dass hier am Thüringer Walde vielmehr auf verhältniss- mässig geringe streichende Entfernung bemerkenswerthe, selbst in der Kartendarstellung zum Ausdruck gelangende Veränderungen in der Gesteinsbeschaffenheit stattfinden. Ganz vorzugsweise Ist es allerdings die mittlere Formationsabtheilung, deren Gesteine solche Schwankungen und Verschiedenheiten der Beschaffenheit und Entstehung zeigen. Am gleichartigsten bleiben die Schichten der unteren Abtheilung, insbesondere das Zechsteinconglomerat und der Kupferschiefer. In letzterem schwankt nur der geringe Erz- und Bitumengehalt in engen Grenzen, in ersterem sinkt die Grösse der Componenten bis das Gestein den Eindruck eines gleichkörnigen Sandsteins macht, (so bei Gethles, Bischofsrod ete. am »kleinen Thüringer Wald«). — In der Schmalkaldener Gegend vertreten dünnplattige, wenig mächtige Dolomite den von Schweina über Waldfisch, Kupfersuhl und Eppichnellen bis zur Nordspitze des Waldgebirges normal entwickelten Zechstein. — Die mittlere Formationsabtheilung ist am Kyffhäuser (Frankenhausen), an der unteren Werra u. a. O. als mächtige, Anhydrit, Gyps und Stein- salz führende Stufe bekannt. Von alledem finden sich am Süd- rande des Thüringer Waldes kaum Spuren. Dagegen treten bei Eppichnellen, in der Schmalkaldener Gegend und bei Schleu- singen Dolomite und Rauchwacken, auf Blatt Salzungen die ge- schilderten Blasenschiefer auf, die den Steinschiefern des Harz- randes am ähnlichsten sind. — Am grössesten ist die Abweichung von der normalen Ausbildung in der Gegend von Liebenstein und Altenstein, wo der mächtige, undeutlich geschichtete Riffdolomit bald die gesammte Schichtenreihe bis zur oberen Lettenbildung, bald wenigstens die mittlere Abtheilung und den Zechstein zu vertreten scheint. — Den Schlüssel zur Erklärung dieser Erschei- XLV nungen findet man in der treffenden Deutung LieBE's für die analogen, nur ungleich prägnanteren Verhältnisse Ostthüringens. Wie dort, durch paläontologische Funde belegt und durch die petrographische Beschaftenheit der Gesteine bestätigt, Bildungen eines flachen, Bildungen eines tieferen Meeres und Riffbildungen gleichzeitig auf kleinem Kaume neben einander entstanden, so repräsentiren auch hier die Ablagerungen nordwestlich von Schweina mit ihren dunkelgrauen, mergeligen Zechsteinkalken die im tiefsten Wasser, der dolomitische Zechstein bei Schmalkalden die in flacherem Wasser gebildeten Schichten und endlich der Altensteiner Dolomit das auf den Granitklippen angesiedelte Bryozoönrift. Die auf Blatt Altmorschen zur Darstellung gebrachte Zech- steininsel im Fuldathale umschliesst mantelförmig einen aus Grau- wacken bestehenden Kern, allseitig von diesem abfallend und unter die Schichten der Trias untertauchend. Auffallend ist, dass sich an dieser Umhüllung des alten Gebirges die einzelnen Stufen und Abtheilungen der Zechsteinformation nicht gleichmässig betheilizen, dass vielmehr bald dieses bald jenes Glied der Formation der Grauwacke direct aufgelagert erscheint. Während man an der nördlichen und westlichen Begrenzung der Grauwackenpartie vom »orossen Sce« bis Sterkelshausen die untere Zechsteinformation mit ihren 3 Gliedern, — Zechsteinconglomerat, Kupferschiefer und Zechstein —, als der Grauwacke auflagernd deutlich verfolgen kann, fehlen die gleichen Schichten auf der anderen Seite der (Grauwackeninsel, insonderheit auf der Strecke zwischen Baumbach und Sterkelshausen. Die mittlere Abtheilung der Formation fehlt durchweg in diesem Bezirk; dagegen ist die obere und vorzüglich deren Dolomit mächtig und gleichmässig entwickelt. Nur an einer einzigen Stelle verliert der Dolomit seinen schichtigen Zusammen- hang und löst sich in einzelne den Letten eingestreute Brocken auf. — Man könnte versucht sein in dem Dolomit, welcher sich an der Ostseite des Lützelstrauchs bei Baumbach direct auf die Grauwacke auflagert, das Resultat einer der unteren Zechstein- bildung parallel gehenden Riffbildung zu vermuthen, doch bieten weder der petrographische Charakter noch paläontologische Funde einen sicheren Anhalt für eine solche Annahme. XLVI Mittheilung des Herrn E. ZIMMERMANN über Aufnahmen auf Section Crawinkel. Meine geognostischen Aufnahmen auf der Section Crawinkel haben bisher folgende bemerkenswerthe Resultate ergeben. Der Zechstein zeigt auf der Section genau dieselbe Gliede- run wie sie aus Ostthüringen von Gera bis Saalfeld bekannt > ist; aber es ist doch ein sehr auffälliger Unterschied in Bezug auf die Mächtigkeit der unteren und mittleren Abtheilung vor- handen. Ein Maass für diese Mächtirkeit boten zwar die Auf- schlüsse auf unsrer Section bisher nicht, doch dürfte dasselbe ohne wesentlichen Fehler aus einem Profile zu entnehmen sein, welches estour auf Section Friedrichs- ich bei Gelegenheit einer Orientirun roda ganz nahe an der Grenze gegen Section Crawinkel fand). Es führt dort auf dem Berg am Borkenhäuschen bei Georgenthal ein Weg über die gut entblössten Köpfe der annähernd saiger stehenden Zechsteinschichten, und eine Verwerfung oder Ver- quetschung war nicht zu bemerken. Man überschritt da vom Roth- und Weissliegenden ausgehend den unteren und mittleren Zechstein in nur 8, den unteren Letten des oberen Zecehsteins in 75, den Plattendolomit in 55, den oberen Letten in 34 Schritten, worauf sogleich der weisse unterste Buntsandstein folgte. (Granz entsprechend gering war also auch die Mächtigkeit des untern und mittlern Zechsteins, wo ich ihn bisher auf Section Crawinkel kennen lernte; und es ist dieses Maass gering nicht nur im Ver- gleich zu der Mächtigkeit, die die beiden Abtheilungen anderwärts haben, sondern auch zu derjenigen des oberen Zechsteins da- neben. Unter solehen Umständen ist es nun auch leicht erklärlich, dass bei der Ausbildung der grossen, den Thüringer Wald von dem Thüringer Becken trennenden Flexur oder Verwerfung der untere und mittlere Zechstein durch Verquetschung_ stellen- weise ganz verschwinden konnten, während der Plattendolomit noch Stand hielt. Hlierauf möchte ich nämlich das auffällige ) Herr Professor Weiss hatte die Güte, mir die Erlaubniss zur Veröffent- lich dieses seiner Section entnommenen Profiles zu geben. XLVIU Verhalten zurückführen, dass fast über die ganze Section hin allein der letztere (in sehr steil bis senkrecht aufgerichteten Schichten) am Gebirgsrand die Scheidung zwischen den Gesteinen von Roth- liegend - Alter und den mesozoischen Schichten bildet. An über- greifende Lagerung des Plattendolomits auf Rothliegendes, wie sie sich in Sachsen findet, ist hier wenigstens wegen des localen Auftretens des untern und mittlern Zechsteins nicht zu denken, und die grosse Störung längs des Gebirgsrandes legt jene erste Erklärung viel näher. Aber es lässt sich in der gering mächtigen Ausbildung der fraglichen beiden Abtheilungen doch immerhin ein Mittelglied zwischen der regelrechten Schichtenfolge vom Roth- liegenden zum Buntsandstein und derjenigen erblicken, bei welcher die erwähnte übergreifende Lagerung des oberen Zechsteins statt Ina, — Auch die petrographische Beschaffenheit der Zechstembildungen zeist interessante Einzelheiten. So findet sich die von LiEBE !) aus der Umgebung von Pössneck als dem einzigen Vorkommen in ganz Ostthüringen beschriebene Ausbildung des mittlern Zech- stens als em Schaumkalk mit zahlreichen Einschlüssen eckiger bunter Lettenbruchstücke auch auf Section Crawinkel wieder. Als etwas ganz auffälliges verdient aber ein Gestein hervor- gehoben zu werden, welches man auf den ersten Blick gar nicht zu den Zechsteinbildungen zählen wird, welches durch bisweilen colonieartig gehäufte, recht gut als Steinkerne erhaltene und ganz s$ sicher bestimmbare Produetus horridus SOw. sein Alter unzweifel- haft zu erkennen giebt. Es ist das ein schwarzes bis schwarz- braunes, quarzitartiges, drusiges Gestem, welches an den losen Blöcken, in denen es mir bisher nur zu Gesicht gekommen ist, keine Spur von Schichtung erkennen lässt, und durch dies alles, 4 wie auch durch die eigenthümlich glatte Oberfläche, die es beim Liegen an der Luft oft annimmt, an die als Knollensteine bekannten oligocänen Quarzite erinnert. Ein solches Gestein tritt im öst- lichen Thüringen nirgends auf, zeigt aber auf Section Crawinkel !) Liver, Aus dem Zechsteingebiet Ostthüringens (dieses Jahrbuch für 1884, 8.381). XLVIII eine alsbald zu besprechende interessante Verbreitung. Offenbar ist das Gestein nicht ursprünglich so entstanden, wie es jetzt sich darbietet, sondern es ist verkieselt. Durch seine massige, unge- schichtete Beschaffenheit wie auch durch die Gestalt der jetzt mit Quarz ausgekleideten, kleinen drusigen Hohlräume tritt es den Bryozoönriffgesteinen Ostthüringens nahe. Die darin etwa vor- handen gewesenen zarteren Versteinerungen sind durch den Ver- kieselungsprocess zerstört worden. Welches die Ursachen dieses Processes waren, konnte ich bisher nicht sicher nachweisen. Ein- mal lässt sich an die thatsächlich in der Nähe der Blöcke hin- streichenden Verwerfungen und die auf diesen circulirenden Wasser denken; es könnten aber auch die Porphyrbreccien des Roth- liegenden in analoger Weise nach oben umwandelnd gewirkt haben wie die entsprechenden Diabasbreccien des Oberdevons in Ost- thüringen (vergl. LIEBE, Schichtenaufbau. S. 122). Oder haben Vorgänge stattgefunden ähnlich denen (nur in grösserem Maass- stabe), die in dem Zechsteinriff bei Pössneck, wenn auch als auf- fällige Seltenheit, locale Bildung von z. Th. eisenkieselartigen @uarzkrystalldrusen und -kluftausfüllungen herbeiführten und auf Barytgängen, die dort den Zechstein und Kulm durchsetzen, Quarz als neuestes Mineral in Krystallen auf Baryt aufsitzend erzeugt haben, — Vorgänge, die freilich auch noch der Erklärung harren? — Ich fand diese Blöcke zuerst neben anderen nicht umge- wandelten Zechsteingesteinen auf alten Halden zwischen Friedrichs- anfang und Luisenthal. Nun halten sie sich aber wegen ihrer out und finden sich darum (Gresteinsbeschaftenheit ausserordentlich & sehr häufig auch in den diluvialen Schotterlagern auf der Trias- hochebene vor dem Gebirge, doch gelang es mir hier bei keinem der Blöcke, Versteinerungen darin zu entdecken. Was aber nun am meisten interessant und von Werth ist: auch im Gebirge selbst kommen sie vor und zwar noch weiter entfernt von dessen Rand als die bisher aus dem Gebirge selbst bekannten Zechsteinvor- kommnisse. Bisher sind mir drei Fundstellen solch quarzitischen Gestemes bekannt geworden; leider waren auch hier die Blöcke stets lose und vielleicht sogar Greschiebe; aber sie kommen in solcher Menge und von solcher Grösse (bis mehrere Zentner oO XLIX schwer) vor, dass an künstliche Verschleppung von Seiten des Menschen nicht zu denken ist. Diese 3 Stellen befinden sich nahe der Gabelung der Strassen Oberhof-Ohrdruf und Oberhof- Cra- winkel, an welcher das Waldwärterhaus » Wegscheid« steht. Der höchstgelegene Block liegt nach der Karte in etwa 1800 Fuss Höhe über dem Meere, und der am weitesten (4,5 Kilometer) vom Gebirgsrand entfernte, der auch Productus horridus wieder ein- schliesst (die meisten Blöcke sind versteinerungsfrei), findet sich an der Ausmündung des von der » Wegscheid« herabkommenden Thälchens in den Ohragrund. In diesen Vorkommnissen haben wir neue Beweise dafür, dass der Zechstein — vielleicht sogar in Rifffacies — auch die Höhen des Thüringer Waldes dereinst bedeckt hat. ÜREDNER giebt auf seiner Karte dieses Gebirges auch schon mehrere in diesem selbst, vom Rand entfernt, auftretende Zech- steinvorkommnisse an. Diese entfallen auch auf die Section Crawinkel. Das eine derselben, WSW-lich von Arlesberg, hatte ich noch nicht Gelegenheit genauer zu untersuchen; dagegen lieferte das andere Vorkommen, am Raubschloss bei Gräfenroda, fast un- mittelbar an der Eisenbahn, folgende Beobachtungsresultate: es wird dort ein sehr grobes, nach NO einfallendes Rothliegendcon- glomerat von mächtigem Quarzporphyr überlagert. Längs einer h. 11 verlaufenden Spalte ist der nordöstliche Theil eingesunken, wenn er auch orographisch den südwestlichen Theil noch um ca. 200 Fuss überragt. Auf letzterem stand das alte Raubschloss. Die Spalte ist nur so wenige Schritte breit (wohl nicht 15 Schritte), dass sie auf der Karte in 1:25000, um sichtbar zu werden, über- trieben dargestellt werden muss. In sie ist nun der Zechstein hinabgestürzt und zwar so, dass die natürliche Reihenfolge der Schichten gewahrt geblieben ist; es findet sich zu unterst Kupfer- schiefer, der ehedem bergmännisch gewonnen wurde, — darüber sehr wenig unterer Zechstein (Mergel) und in grösserer Menge mittlerer Zechstein von der oben beschriebenen schaumkalkartigen Beschaftenheit, z. Th. zahlreiche Lettenbröckchen einschliessend. Was den Muschelkalk auf Section Crawinkel betrifft, so weicht derselbe nur darin von demjenigen in der Umgebung von Jahrbuch 1556. d L Jena ab, dass die Terebratulabank im Wellenkalk neben Terebra- tula vulgaris in auffälliger Häufigkeit Spirifer hirsutus einschliesst. Eine Orientirungstour auf Section Arnstadt führte mich auch zu dem Rhät der Bittstedter Höhe, welches mit dem von SCHMID beschriebenen Vorkommen von der Wachsenburg und mit dem von BAUER beschriebenen von den Seebergen zusammengehört. Für dieses Rhätgebiet neu ist eine von mir in einem (leider nur einem) Blocke von Sandstein aufgefundene Fauna aus folgenden Formen: @ervillia praecursor Qu., Tueniodon praecursor SCHLÖNB., Schizodus Ewaldi BORNEM., Lima praecursor Qu. und eine Muschel, die ich vorläufig für (ypricardia suevica OPr. halte. Grössere Räume nehmen auf der Section diluviale (nach v. Fritsch pliocäne) Flussschotter ein. Diese führen neben anderen Thüringerwald-Gesteinen häufig die oben besprochenen Knollen und Blöcke von verkieseltem Zechstein, und ferner von letzterem nicht immer leicht und sicher zu unterscheidenden Braunkohlen- quarzit. — Dieser Schotter hat wohl zumeist eine ziemlich eben- flächige Unterlage, und auch die kartographischen Darstellungen desselben Schotters anderwärts zeigen in der Regel nichts anderes. Um so beachtenswerther erscheint es, dass auf dem Bergrücken, welcher sich unterhalb Gräfenroda auf dem linken Gera-Ufer gegen Liebenstein hinzieht, diese — dort von Wellenkalk gebildete — Unterlage von zahlreichen schmalen, aber oft recht tiefen (bis zu 10 Meter) Rinnen zerfurcht ist, die auf eine grosse Zahl kleiner Wasseradern oder auf einen oft wechselnden Verlauf derselben hindeuten. Die Folge jener Zerfurchung ist, dass bei der Ab- schwemmung des Schotters aus diesem viele Muschelkalkrücken insel- oder wegen ihrer steilwandigen Begrenzung klippenartig heraustreten in ganz ähnlicher Weise, wie im Gebiet des ost- ischen Zechsteins, besonders in der Umgebung von Neu- thüring stadt und Pössneck, der Kulm aus diesem sich hervorhebt. Mittheilung des Herrn H. LoRETZ über Aufnahmen im Bereiche der Blätter Königsee und Schwarzburg. Ein beträchtlicher Theil dieses Gebietes wird von den Schiefern des Cambrium eingenommen. Während auf Section Schwarz- LI burg nur die obersten und oberen hierher gehörigen Schichten entwickelt sind, kommt auf Section Königsee auch die tiefere Schichtenreihe von theils rein phyllitischem, theils gemischt phyl- litischem und klastischem Habitus zum Vorschein. So viel die bisherigen Begehungen gezeigt haben, lassen sich auch hier, nämlich im Bereiche von Section Königsee, die in dem Kartenblatt und in der Erläuterung zu Blatt Eisfeld, sowie in diesem Jahrbuch für 1881, S. 180 ff. unterschiedenen Zonen wiedererkennen, wenn sie sich auch nicht scharf von einander abgrenzen. Ebenso wiederholen sich auch hier in der unteren Zone jene eigenthümlichen, ihrer Entstehung nach schwierig zu erklärenden Eimlagerungen granitisch-gneissischer, porphyroidischer und amphibolitischer Natur, sowie auch die Zwischenschichten graphitischer Quarzitschiefer (uneigentlich »Kieselschiefer«). Die grauen bis grünlichen Schiefer einerseits östlich an der Schwarza, andererseits westlich am Langen Berge gehören nach unserer Auffassung zu den höheren cambrischen Thonschiefern, welche (QQuarzit als Zwischenschichten führen. Dies findet in besonders starkem Maasse am Langen Berge, östlich und südöstlich von Amt Grehren statt. Die Abhänge dieses Berges sind fast durch- weg mit losem Quarzit-Trümmerwerk bedeckt, welches nach N und NW abwärts ohne scharfe Grenze in eine diluviale Schotterdecke verläuft. Der Quarzit vom Langen Berge stellt grossentheils ein deutlich klastisches Gestein dar, indem er durch Aufnahme von grossen und kleinen Quarzgeröllen, sowie solchen von jenem dunklen, kieselschieferähnlichen Quarzit conglomeratisch wird. In der Schwarza-Gegend ist die Ausscheidung des Quarzits vom graugrünen, cambrischen Thonschiefer zum Theil etwas un- sicher, weil sich vielfach ein Uebergangsgestein einstellt, welches sich als quarzitischer Thonschiefer verhält, nicht anders wie dies auch in der Gegend von Stemach und Steinheid (Blatt Stemheid) der Fall ist. Die bis jetzt nur zum kleinsten Theile kartirte Zwischenstrecke zwischen dem Langen Berge bei Amt Gehren und den Bergen des Schwarzathales enthält jene beiden anderen, nach unserer Auffassung älteren Zonen. Die oberste, dem Silur benachbarte, eambrische Schieferfolge (al LII besitzt auf Section Schwarzburg eine beträchtliche Verbreitung, sie enthält auch hier, wie weiter südlich, viel Quarzit; über ihre Abgrenzung vom Silur gilt dasselbe, was wir in diesem Jahrbuch für 1884, S. 24 ff. ausgeführt haben. Die damaligen Ausführungen, und namentlich was über die Unterscheidung zweier Zonen im Untersilur gesagt ist, haben auch Gültigkeit für die im südlichen und südöstlichen Theile derselben Section ziemlich verbreiteten Untersilurschichten. Die in geringer Ausdehnung noch folgenden höheren paläozoischen Schichten, bis zum Unterdevon einschliess- lich, geben zu keinen besonderen Bemerkungen Anlass. Das Rothliegende ist nur im Gebiete der Section Königsee, bei Amt Gehren, und nur in ganz geringer Ausdehnung vorhanden, und zwar in Form von Porphyrit und untergeordneten Sediment- schichten. Wichtiger ist der Zechsten, welcher als schmaleres oder breiteres Band, je nach dem Einfallen seiner Schichten, das alte Schiefergebirge auf beiden Sectionen umsäumt. Obwohl eine end- ültige Gliederung desselben noch vorbehalten bleibt, seien wenig- Ä stens einige diesbezügliche Beobachtungen aus der Gegend von 09 Königsee angeführt, wo seine untersten Schichten den Schiefer- köpfen des cambrischen Grundgebirges in ungleichförmiger Lagerung aufliegen. Er eröffnet hier mit »Zechsteinconglomerat«, einer ver- schieden starken Schicht, welche Brocken aus dem Schiefergebirge, besonders Schiefer, Quarzit, Quarz, in einem kalkig dolomitischen Gestein oder im einem dolomitischen Sandstein eingeschlossen enthält, hier als scharfeckige Stücke, dort als abgerundete Gerölle. Hierauf folgt der Vertreter des Kupferschiefers, eine meist schwache Schicht, welche aus kohlereichem oder bituminösem Mergel mit Kupfererzspuren gebildet wird; in den Aufschlüssen bei Lichte besteht sie z. B. zu unterst aus 0,1—0,2 Meter starkem, dichtem, dunklem, bituminösem Kalkstein, darüber in einer Stärke von mindestens 1 Meter aus dünngeschichtetem, bitummösem Mergel- schiefer mit zahlreichen Exemplaren von Lingula Credneri, Pflanzen- resten, Kupferlasur und Malachit. Die nun aufwärts folgenden dolomitischen Gesteme, hauchwacken und dichten Kalksteine be- dürfen bezüglich ihrer Zutheilung zum unteren und mittleren LILI Zechstein noch weitere Beobachtungen. Der dem oberen Zech- stein angehörige »Plattendolomit« lässt sich als solcher in einer grösseren Anzahl von Steinbrüchen bei Königsee deutlich erkennen; er wird von rothen, mit Gyps wechselnden Letten unterlagert, und ebenso von grauen und rothen Letten überlagert, welch’ letztere ohne scharfe Grenze in den unteren Buntsandstein hin- überführen. Dieser nimmt in den nördlichen Theilen der beiden Sectionen ausgedehnte Flächen ein; er ist, soweit bis jetzt begangen, vor- herrschend, doch nicht durchaus, wie auch anderwärts feinkörnig, und von weisser oder gelblicher Färbung. Eine Bröckelschiefer- zone an seiner Basis stellt sich nicht, oder doch nicht durchweg mit der Deutlichkeit dar, wie an der entgegengesetzten, südlichen Seite des Schiefergebirges. Mittheilungen des Herrn H. ProEscnoLpr über Aufnahmen und Revisionen der Sectionen Hildburghausen, Dings- leben, Themar und Schwarza. Es wurde bereits im vorjährigen Jahresbericht bemerkt, dass der Gerölle führende grobe Sandstein, den LORETZ auf Eisfeld, Meeder etc. zuerst ausgeschieden hat, sich auch auf Hildburghausen und Themar auszeichnen lasse und schliesslich in einen Sandstein übergehe, der m der Gegend von Schwarza, Schmalkalden als feinkörniger bezeichnet wird. Diese Beobachtung wurde auch in der Aprilconferenz 1886 zu Berlin zur Sprache gebracht, erfuhr indessen von mehreren Seiten Widerspruch, insbesondere von Herrn FRANTZEN, welcher den Vorschlag machte, als Grenze zwischen dem unteren und mittleren Bunten die Basıs der mäch- tigen Gerölle-Zone des Isaac bei Neustadt und des Sandberges bei Steinheid zu wählen, welche Grenze mit derjenigen zusammen- falle, die von EMMRICH, BÜCKING und ihm selbst in den Blättern Schmalkalden, Wasungen und Schwarza verzeichnet worden sei. Am Isaac bei Neustadt tritt nun aber nach den Aufnahmen von LORETZ (vergl. Blatt Neustadt) und Beobachtungen von mir der untere Buntsandstein nicht zu Tage. Die Sandsteine vom Sandberg bei Steinheid zieht LorETZ aus Analogie zu dem mittleren LIV (vergl. Text zu Blatt Steinheid 47—48), und meine gerade in dieser Hinsicht angestellten Beobachtungen an Ort und Stelle können das nur bestätigen. Die vorjährige Revision auf Blatt Schwarza hat es ausser allen Zweifel gestellt, dass hier die Gerölle-führende Zone in den feinkörnigen Sand Emmricn’s, Bückıng’'s etc. übergeht. Der Uebergang vollzieht sich verhältnissmässig rasch, aber so, dass die Abgrenzung beider Zonen approximativ bleibt. Den besten Einblick in die bezüglichen Verhältnisse giebt die Umgebung von Benshausen. So beobachtet man in der Fahr- strasse von dem Ort nach Albrechts dicht hinter den letzten Häusern ziemlich zahlreiche Quarzgerölle in einem weissen, fein- körnigen Sandstein, dann folgen in vorzüglichem Aufschluss vor- herrschend typisch feinkörnige weisse Sande in groben Bänken über 70 Meter mächtig, in denen äusserst selten ein Geröll er- scheint, und schliesslich folgen auf der Höhe wieder Gerölle- führende Schichten. An eine Verwerfung ist hier nicht zu denken. In gleicher Mächtigkeit und Ausbildung erscheint der grob- körnige Sandstein auf Hildburghausen wie auf Schwarza. Die Verhältnisse stellen sich demgemäss in folgender Weise dar: Schmalkalden Schwarza Eisfeld, Neustadt, Hildburghausen Röth und Chirotherien- Röth und Chirotherien- | Röth und Chirotherien- sandstein | sandstein sandstein ez nn — EEE n _— — — — — m _ EEE NE nn Grobkörniger Sandstein | Grobkörniger Sandstein | Grobkörniger Sandstein 100—130 Meter 100-130 Meter | 100—130 Meter x Feinkörniger Sandstein | Gerölleführender Sandstein |Gerölleführender Sandstein ca. 150—180 Meter 0—30—50 Meter ca. 150 Meter Feinkörniger Sandstein | Feinkörniger Sandstein 100—150 Meter | 30—100 Meter Nördlich von Benshausen ist der Buntsandstein streckenweise auf den Schichtablösungen mit Malachit überzogen. Das Buntsandsteingebiet auf Schwarza ist von einer Anzahl paralleler Bruchlinien durchsetzt, die mit einander anastomisiren und sämmtlich Ueberschiebungen darstellen. Die wichtigste der- IuY. selben, die Störung am Kleinen Dollmar, hat BüÜGKING im vorigen Jahrbuch z. Th. eingehend beschrieben. Bereits westlich von Benshausen ändert die Störung ihr Streichen in ein nordsüdliches und scheint sich bei Ebertshausen auszuheben, während die nörd- liche Parallelverwerfung die Richtung nach dem Aschenhof hin einschlägt, sich aber durchaus nicht sicher verfolgen lässt. Die grosse Ueberschiebung, die von Steinbach-Hallenberg an bis in die Nähe des Aschenhofs das alte Gebirge von dem tri- adischen Vorland trennt, setzt an Albrechts, woselbst der Röth unter den Grerölle-führenden Sandstein einfällt, vorüber bis in Section Suhl fort, erscheint aber nicht mehr als Randverwerfung, die nunmehr nördlich über Altenfeld-Suhl verläuft. Am weitesten entfernt von dem alten Gebirge ist eine Ver- werfung, die zwischen Schwarza und Viernau bemerkbar wird, in der Nähe von Wichtshausen nach Themar übersetzt und schliess- lich mit den grossen Verwerfungen bei Bischofsrod in Verbin- dung tritt. Ueber die geologischen Verhältnisse auf Blatt Hildburghausen ist im vorigen Jahrbuch näheres mitgetheilt worden. Hier möge hinzugefügt werden, dass die von Themar-Schleusingen kommende Verwerfung, die über Wiedersbach nach Eisfeld hinläuft, nicht als einfacher Bruch erscheint, sondern von Parallelsprüngen be- gleitet wird. Auf der Section treten Basaltgänge zu Tage, von denen der Hessberger bereits Emmrıicn bekannt war. Ein anderer kleinerer scheint bei Veilsdorf aufzutreten. Das Gestein beider besteht aus dem Gemenge Augit-Olivin-Magneteisen und lässt nur bei äusserster Dünne des Schliffes eine an Nephelin erinnernde, aber nicht individualisirte Masse erkennen. Hier mögen noch einige Bemerkungen über die Eruptivgesteine des Kleinen Thüringer Waldes bei Bischofsrod gegeben werden. Der Granit ist meistens tief hinein verwittert und in einen Grus von Quarz und bröckligen Feldspathkörnern aufgelöst. Besonders auffällig an demselben ist die Neigung zu einem abrupten Wechsel des Korns und der regellos körnigen Structur im annähernd schiefrige; hierdurch entstehen in dem Gestein eckige und rund- liche, meistens sehr glimmerreiche Ausscheidungen, die man zu- LVI nächst für Glimmerschiefer hälten könnte. Häufig nimmt er local die Structur des Granitporphyrs an. Nach seiner mineralogischen gehört er zu den Granititen ROSENBUSCH'’s, Zusammensetzung denen er auch in der Form des Auftretens vollständig gleicht (vergl. Mikroskop. Physiographie der massigen Gesteine S. 20— 21). Unter dem Mikroskop zeigt er einen grossen Reichthum an Apatit. Der Granit wird von zahlreichen Porphyrgängen durchsetzt. Das Gestein rechnet UREDNER zu seiner sechsten Porphyrvarietät, also der jüngsten der Porphyre zu. An manchen Orten zeigt er sphärolithische Ausbildung. oO Mittheilung des Herrn K. OEBBEKE über Aufnahme der Section Neukirchen. ä In der in diesem Jahrbuch für 1885, S. Lır veröffentlichten Mit- theilung über die Aufnahmen der Sectionen Niederaula und Neukirchen wurde angegeben, dass im Gebiete der genannten Sectionen der Buntsandstein vorwalte und dass gegen Westen zu der grobkörnige Sandstein zunehme. Eingehendere Untersuchungen im Gebiete der Section Neu- kirchen haben, im Uebereinstimmung mit denen im Gebiet von Niederaula, gezeigt, dass in diesem südlichen Theil Kurhessens die Entwickelung der Buntsandsteinformation folgende ist: I. Zu unterst liegen feinkörnige, dünnplattige, vorzugsweise roth gefärbte Sandsteine, welche thonige und glimmerreiche Zwischenlagen einschliessen und im Allgemeinen den Charakter besitzen, welcher dem unteren Buntsandstein eigen ist. Ihre Ent- wickelung ist nicht sehr mächtig. I. a) Auf diese folgt eine Zone mit rothen, grobkörnigen Sandsteinbänken, deren Mächtigkeit an verschiedenen Orten ver- schieden ist, und welche den Beginn des mittleren Buntsand- steins kennzeichnet. Sie ist fast überall durch eine Erhebung ım Terrain sichtlich. b) Es folgen wieder feinkörnige, oft härtere, kieselige Sand- steine, welche aber zuweilen genau den gleichen petrographischen Charakter wie diejenigen des unteren Buntsandsteins besitzen können. Man trifft in ihnen auch grobkörnige Zwischenlagen, aber doch niemals in der Weise, dass der grobe Sandstein vorherrscht. Der LVI Wechsel von grob- und feinkörnigen Sandsteinen wiederholt sich noch mehrmals und erst verhältnissmässig hoch oben im mittleren Bunt- sandstein gewinnt c) der grobkörnige Sandstein die Ueberhand. Hier stellen sich vielerorts förmliche Geröllbänke ein. Nahe der Röthgrenze erscheinen wieder feinkörnige, oft schneeweisse Sandsteinbänke, welche mit grobkörnigen, oft an Quarzgeröllen reichen Bänken wechseln und denen poröse, braungefleckte Bänke überlagert sind; sie enthalten gern thonige Massen. Auch die lockeren, weissen, grobkörnigen Sandsteine besitzen vielfach ein thoniges, kaolin- artiges Bindemittel. Das Auftreten jüngerer Glieder der Trias ist überall an das Vorhandensein von Gebirgsstörungen geknüpft. Ausser den bereits früher (1. e. S. Lit) erwähnten Störungen wären noch auf Blatt Neukirchen zu erwähnen eine SO-NW streichende , nordwestlich von Friedigerode bei der ehemaligen »Alten Ziegelhütte«e und eine andere bei Olberode, deren Ver- lauf noch nicht sicher festgestellt werden konnte. Auch zwischen Ottrau, dem Sebbel und dem Steinberg scheint eine Störung im Gebirgsbau vorzuliegen. Leider sind an all den genannten Punkten die Störungen wegen der dichten Bewaldung und des massenhaften basaltischen Diluviums nur sehr schwer zu verfolgen. An den ersten beiden Orten treffen wir Röth und unteren Wellenkalk, an den letzteren (Ottrau) nur Röth. Südlich von Seigertshausen (Blatt Schwarzenborn) zwischen der Hergerts- und Happertsmühle erscheint eine kleme SW-NO streichende Störung (Röth und unterer Muschelkalk). Jüngere Eruptivgesteine (welche wir vorläufig kurz als Ba- >) salte bezeichnen wollen) finden sich in grosser Verbreitung. Im Anschluss an die bereits früher (l. e. S. Liv) erwähnten Fundorte mögen hier folgende, auf Blatt Neukirchen liegende, angeführt werden: Im Norden von Neukirchen 11) ') die Thonkuppe, 1) Die Ziffern Il u. s. w. beziehen sich auf die Nummern der einzelnen auf den Blättern Niederaula und Neukirchen eingezeichneten Basaltvorkommnisse. Wegen der Nummern 1—10 vergl. Jahrb. für 1885, S. zum —ııv. — Auf S. ur daselbst Zeile 4 v. u. ist ein Druckfehler zu berichtigen: statt gefaltet muss es heissen: gefrittet. LVIII 12) westlich von dieser eine kleinere und 13) östlich von ihr eine grössere Kuppe, 14) der Eichwaldskopf, 15) die hohe Schule (zum grösseren Theil auf Blatt Schwarzenborn), 16) nordöstlich vom Eichwaldskopf eine Kuppe (1559 Fuss) und 17) unmittelbar bei Hauptschwenda nächst dem Bornstrauch. 18) Im Süden des ge- nannten Dorfes liegen eine Anzahl Basaltvorkommnisse wie der Siebertsberg, die Hütte u. s. w., welche wahrscheinlich mit denen bei Christerode und im Steinwald in Verbindung stehen und den südlichen Theil des eigentlichen Knüllgebirges ausmachen. Die bedeutendsten, sofort in’s Auge fallenden, basaltischen Er- hebungen zwischen Neukirchen und Oberaula sind 19) der Burgberg und 20) der Wickelsberg, beide nördlich Asterode, 21) der Ziegenberg westlich und 22) der Hohebaum nördlich von Olberode. 23, 24) Zwei kleine Erhebungen östlich und 25) die Stöckerheide nordöstlich von Christerode und östlich von dieser 26) das Köpfchen und 27) der Kollenberg. Von diesen Vorkommen getrennt sind 28) der Steinerberg, 29) der Sebbel, beide nördlich Schorbach und 30) em nur wenig mächtiger Basaltdurch- bruch in nächster Nähe (südlich) von Weissenborn, an der Strasse nach Görzhain. Basalttufte finden sich nördlich Görzhain, aın Hilsberg, bei Weissenborn (30), auf der Ostseite der Zieglerskuppe (5) und auf dem Eisenberg (Section Niederaula). Das Vorhandensein des Tertiärs ist vielfach durch oft unge- mein grosse Quarzitblöcke angedeutet. Dieselben erscheinen bald einzeln und lassen sich dann häufig auf grosse Erstreckungen hin verfolgen z. B. auf der Ostseite der Verwerfung Oberaula -Eisen- berg, zwischen Hausen und Schorbach, im Angersbachthal, be- sonders am Bommerich nördlich von Neukirchen und endlich west- lich vom Bornstrauch; oder sie liegen in grosser Menge und Mächtigkeit übereinandergehäuft wie nordöstlich von Hausen und südlich von Immichenhain in der sogenannten Hattendorfer Hecke. Mittheilung des Herrn H. GREBE über die Aufnahmen an der Mosel, Saar und Nahe. Die beiden aneinander schliessenden Blätter Zell und Treis, von denen ersteres an das im vorigen Jahre bearbeitete Blatt LIX Bertrich sich östlich anreihet, umfassen die Mosel auf ihrem Laufe von Zell bis Carden, einen Theil der Hochfläche, nördlich der Mosel, die sich nach der Eifel hin ausdehnt und des Hochlandes südlich derselben, das mit dem Ilunsrück zusammenhängt. Von älteren Gesteinen schliessen beide Blätter das Unter- devon, vom Hunsrück-Schiefer bis zum Orthoceras-Schiefer, ein. Dann kommt Tertiär, Diluvium und vulkanischer Sand in grosser Verbreitung, auch vulkanischer Tuff an drei Stellen vor. Der Hunsrück-Schiefer, von der Mosel über den grössten Theil des Hunsrücks sich ausdehnend, schneidet hier an einer oegen NW ab. Dieselbe ist grossen streichenden Verwerfung geg bis jetzt vom unteren Alfthale über Bullay (Blatt Bertrich), Sen- heim und Beilstein hinaus und weiter verfolgt worden; sie durch- schneidet das ganze Blatt Treis, und wie vorläufige Excursionen, an der Mosel abwärts, ergeben haben, scheint dieselbe in nord- östlicher Richtung noch weit fortzusetzen. Die graublauen und blauschwarzen Schiefer, nicht selten mit Sandstein und quarzitischen Schichten wechselnd, sind vielfach mit Adern und Schnüren von Quarz durchzogen, theils im Streichen, theils quer zu demselben. Die oft griftelförmigen und stängeligen Schiefer sind gewöhnlich dickschichtig, seltener dünnschiefrig, auf (er us dem Plateau des Hunsrücks meist & Thon und Letten übergehen, und zwar, wie viele Tagebaue auf anz verwittert, sodass sie in Brauneisenstein ergeben haben, bis zu mehreren Metern Tiefe. Wie im Allgemeinen, so sind diese Schichten auch hier recht arn an Versteinerungen und simd nur wenige Fundorte > schlecht erhaltener Thierreste zu verzeichnen; an der Weissmühle am Flaumbach fanden sich Spirifer micropterus, sonst nur Stiel- glieder von CUrinoiden und unbestimmbare Reste von Bivalven. Das obere Unter-Devon, welches mit den unteren Coblenz- Schichten beginnt, setzt vom unteren Uess- und Alfthal (Blatt Bertrich) nach Cochem hin fort, nımmt auf Blatt Zell nur die nordwestliche Ecke, auf Blatt Treis aber den grössten nördlichen Theil ein. Das Schichtensystem besteht aus einem Wechsel von mehr oder weniger dünngeschichteten, meist dunkel, seltener röth- lich-grau gefärbten Schiefern mit diekbankiger Grauwacke, zu- LX weilen auch quarzitischen Sandsteinen. Stärkere Quarzitbänke sind nicht vorhanden. An Versteinerungen kommen Strophomena (Leptaena) laticosta, Spirifer miceropterus und Chonetes sarcinulata vor. Algen-führende Schichten, sonst zwischen den unteren und oberen Coblenz-Schichten vielfach vorhanden, fanden sich nur im Flaumbach-Thale in Lagen, nahe der Grenze gegen die obere Coblenz - Stufe. Diese lehnt sich mit gleichem Einfallen nach SO an die vor- erwähnte Stufe an. Die oberen CGoblenz-Schichten bilden eine schmale Zone, dehnen sich im der Breite von 1 Kilometer als Fortsetzung des Kondelwaldes (Blatt Bertrich) über den Hoch- kessel (am westlichen Rande von Blatt Zell), über Beilstein nach dem Schockberg (Blatt Treis) aus. Sie bestehen aus (Quarzit (Coblenz-Quarzit) und plattenförmiger, graulich-rother Grauwacke im Hangenden, worin Spirifer ceultrijugatus, Rhynchonella Orbigny- ana und Chonetes dilatata häufig vorkommen. Mit gleichem süd- östlichem Einfallen lagert an die Grauwacke ein meist dickge- schichteter graulicher Schiefer, der vielfach blauschwarze linsen- förmige Kieseleoncretionen von 1 Zoll Grösse einschliesst. Darauf folgt als schmales Band der meist dünnblättrige, blaugraue, blauschwarze bis schwarze Orthoceras-Schiefer, in welchem sich bei Engelport im Flaumbach-Thale ein Dachschiefer- bruch befindet. Er führt hier viele becherförmige Korallen, Or- thoceras kommt nur spärlich vor. Tertiär trifft man auf den durchschnittlich 1000 Fuss (über der Mosel) hohen Plateaux beider Blätter, nördlich und südlich der Mosel, wenn anch nur in einzelnen Schollen, von denen einige aber eine grössere Ausdehnung annehmen. Je mehr man sich von W her dem Rheine nähert, um so verbreiteter erscheint das Tertiär. Zwischen den grösseren Ablagerungen der Höhe, W von Beilstein (Blatt Treis) und denen auf der Hochfläche von Scheidweiler und Oefflingen (Blatt Hasborn) ist eine Unterbrechung von etwa 20 Kilometer — abgesehen von einer kleinen Partie auf der Höhe von Beuren (Blatt Bertrich) —, wenigstens so weit das Terrain bis jetzt untersucht worden ist. Sicherlich sind diese LXI einzelnen Tertiärablagerungen ehemals im Zusammenhang gewesen, und die grosse Unterbrechung ist nur der Erosion zur Zeit der Thalbildung zuzuschreiben und gerade zwischen dem Cochemer Krampen (Theil der Mosel von Eller bis Cochem) und der Hoch- fläche von Schleidweiler verlaufen eine ganze Reihe kleiner Flüsse aus der Vorder-Eifel nach der Mosel (Alfbach mit dem Sammet- bach, Uess, Erdenbach, Ellerbach und Endertbach) mit vielen Seitenbächen, deren Gewässer in die frühere Tertiärdecke ein- geschnitten und den grössten Theil davon fortgespült haben. Diese Tertiärvorkommen sind früher gar nicht bekannt gewesen, auch die nicht, welche sich auf der Hochfläche des Hunsrücks stellenweise recht ausgedehnt finden. Ich erwähnte in einem Auf- satze im Jahrbuche für 1881. S. 478 bei dem Tertiär, dass es mir erinnerlich sei, in früheren Jahren (es sind nahezu 3 Jahrzehnte) auf dem Plateau des Hunsrücks in der Gegend von Cappel Ab- lagerungen von weissen, ganz runden Quarzgeröllen beobachtet zu haben. Diese Stelle habe ich bei der Bearbeitung von Blatt te) Zell wieder gefunden und ermittelt, dass die Ablagerung von Cappel sich weit, auch bis in den Bereich von Blatt Zell ausdehnt und dass diese Gerölle mit weissem Sand und Thon wechselnd 2—3 Meter mächtig in Kiesgruben aufgeschlossen sind. Auch östl. von Brieden (Blatt Treis) sind dieselben Schichten in einer grossen Kiesgrube mehrere Meter mächtig aufgeschlossen, ebenso in einigen (Gruben auf der Höhe westl. von Briedern. Hier erscheinen neben dem Quarz auch Gerölle von Chalcedon, welche sich theilweise dem Mandelstein- Chalcedon nähern und Carneol ähnlich werden, ferner pechschwarze Iyditähnliche Mineralien mit glatter glänzender Oberfläche. Ausserdem kommen sehr feste und dichte Quarz- conglomerate mit einzelnen Blöcken von Braunkohlenquarzit vor, namentlich auf der Höhe von Dohr. Thierische Reste sind bis jetzt nur im Braunkohlenquarzit gefunden worden, wenn auch nicht hier, so doch in dem von den Plateaux der oberen Mosel und Saar (Hydrobia, Natica, Corbula, Cerithium? und Corbulomya? nach der Bestimmung von O. BörtGErR). Die Vorkommen sind schlecht erhalten, sodass sich ein sicheres Urtheil über das Alter des Tertiärs noch nicht fällen lässt. LXII Die diluvialen Ablagerungen zeigen zumal im Bereiche von Treis eine weite Verbreitung, besonders auf den 500--600 Fuss (über der Mosel) gelegenen Flächen. Diese bilden die Vorpla- teaux der mit Tertiär bedeckten Hochflächen und dehnen sich von dem oben gedachten Höhenrücken Hochkessel-Schockberg bis zur Höhe von Illrich-Wirfus, am Nordrande von Blatt Treis, auf eine Breite von nahezu 10 Kilometer aus. Es lassen die hohen Diluvialterrassen erkennen, dass die Mosel beim Beginne ihres Laufes hier zunächst in das Tertiär eingeschnitten hat. Ueber den Rändern der Moselgehänge ruht eine stellenweise recht mäch- tive Decke von diluvialem Kies und Sand und von denselben ent- => fernter in einem 100 Fuss höherem Niveau eine solche, die meist aus Lehm besteht. Von kleineren und jüngeren Diluvialterrassen findet man eine ganze heihe von 100 bis zu 300 Fuss über dem Thale und an mehreren Punkten 3 bis 4 solcher über einander, namentlich in den scharfen Curven, die die Mosel bei Senheim, Beilstein, Ernst und Nehren macht. Durch die älteren sowohl, wie die jüngeren diluvialen Absätze, lässt sich an einigen Stellen nachweisen, wie seit der Vorzeit der Lauf der Mosel sich geändert oder auch frühere Arme derselben bestanden haben, wie dies auch beı den Untersuchungen in den letzteren Jahren in der Gegend zwischen Trier und Berncastel constatirt werden konnte. In der frühesten Zeit ist der Mosellauf ein mehr geradliniger gewesen, nach den höchsten Terrassen zu urtheilen. Zur Zeit als derselbe etwa 400 Fuss höher lag, muss der Fluss sich in der Gegend, wo Alf liest, getheilt haben, und der nördliche Arm auf der Nordseite vom Hochkessel, der südliche von Alf aus in gerader Richtung nach Senheim hin verlaufen sein. Dies ist erwiesen durch die diluvialen Vorkommen in der grabenförmigen Gebirgssenke zwischen Hoch- kessel und König (Blatt Bertrich und Zell), welche man vom »Groben Kopf« bei Mesenich aus am deutlichsten wahrnimmt. Auch ist n’cht unwahrscheinlich, dass zur älteren Diluvialzeit die Mosel ihren Wege von Bruttig nach Treis in gerader Richtung nahm, worauf die mächtigen diluvialen Ablagerungen, in den Kiesgruben in der Nähe des Heerweges (Römerstrasse), hinweisen. Auch die LXIII Kiesablagerungen auf dem Castill, der Hochfläche NW von Carden, mehr noch die Oberflächengestaltung, lassen annehmen, dass ein alter Mosellauf zwischen dem Castill und dem Heiden- berg (Mart) bestand; zwischen beiden Höhen liegst eine 100 Fuss tiefe Gebiressenke. Der alte Arm bei Treis, aus der Zeit als die > Mosel in einem etwa 150 Fuss höheren Niveau verlief, wurde in meiner Arbeit »über Thalbildung« im letzten Jahrbuche beschrieben. Bei den diesjährigen Untersuchungen konnte derselbe noch einer eingehenderen Untersuchung unterzogen und ermittelt werden, fen} dass der frühere südöstliche Arm nicht nur den Zillesberg, sondern auch den Münschelberg, südlich von Treis, umgeben hat, und dass ehemals eine Barriere bestand, die beide Berge verbunden hat: dieselbe wurde, nachdem das Moselwasser aus diesem alten Arm zurückgetreten, von den Gebirgswässern der Schluchten westlich vom Hondshauser Hof und östlich vom Zillesberg durchbrochen. Schichten von vulkanischen Tuffen finden sich nur im Be- reiche von Blatt Treis: am rechten Ufer des Mörsdorfer Baches, nahe oberhalb der Treiser Burgrume. Dieses Vorkommen ist mir schon vor mehreren Jahrzehnten bekannt geworden. Damals stand am steilen Bachufer eine etwa 5 Meter hohe Wand des Tuftes an, jetzt ist davon nichts mehr zu sehen, doch sieht man unter dem Gehängeschotter noch vereinzelte Stücke. Eine zweite Ab- lagerung trifft man auf der Höhe 1—2 Kilometer westlich von Clotten an. Nun wurde im Sommer 1886 an der alten Strasse von Bruttig nach Treis, etwa !/a Kilometer von der Mosel ent- fernt, ein Lager (!/a Meter mächtig) von vulkanischem Tufte aufgeschlossen, welcher Pflanzenreste (Blattabdrücke) einschliesst. Dass vulkanischer Sand auf den Hochflächen des Hunsrücks, namentlich bei Grenderich sehr verbreitet ist, theilte ich in einem kurzen Berichte im Jahrbuch für 1885 mit; er wurde auf beiden Blättern nur da angegeben, wo er sich schon aus einiger Entfernung an Wegen und in Furchen durch starkes Glitzern und dunkle Färbung des Bodens zu erkennen gab. Ueber 2 Meter mächtig ist er auf der Höhe zwischen Bruttig und Treis in der Lauers- bach und in der sogenannten Schulwies abgelagert. Seine Bestand- theile sind Magneteisen, Sanıdin, Augit und Titanit, besonders nörd- LXIV lich von Grenderich ist er sehr reich an Magneteisen. Zufolge mikro- skopischer Untersuchungen von M. Koch enthält der Sand ausser- dem noch Nosean, Apatit und braune Glimmerblättchen. Eine Beobachtung aus der neusten Zeit, die doch wohl dafür spricht, dass der vulkanische Sand durch Luftströmungen fortgeführt wurde und nicht durch Wasserfluthen wie Herr van WERVEKE annimmt, hat ergeben, dass selbst auf den höchsten Punkten des Taunus- plateaus (bei Kemel) an Stellen, die die höchsten Eifeler Vulkane an Höhe überragen, Partikelchen vulkanischen Sandes (Magnet- eisen, Sanidin, Augit und Titanit) vorkommen, freilich ganz spärlich, nur häuft sich das vulkanische Material an, je mehr man sich der Eifel nähert. Bei der Revision der bereits publicirten Blätter Merzig, Perl und Gr.-Hemmersdorf handelte es sich darum, mit den Aufnahmen von Seiten Elsass-Lothringens Uebereinstimmung zu erzielen; be- sonders in Bezug auf speciellere Gliederung des Buntsandsteins, der in den Vogesen in weit grösserer Entwickelung auftritt als auf diesseitigem Gebiete. Nach dem Vorgange von E. Weiss in der Saarbrücker Gegend hatte ich bei der Bearbeitung obiger Blätter im Buntsandstein nur die beiden Abtheilungen Vogesen- sandstein und Voltziensandstein unterschieden. — Die in den Vo- gesen aufgestellte untere Abtheilung des Buntsandsteins (bis 100 Meter mächtige, thonige, glimmerreiche Sandsteine und Thone) fehlt an der Saar und Mosel — die dort unterschiedene untere Stufe des mittleren Buntsandsteins ist bei Saarbrücken ziemlich ausgedehnt vorhanden und in den Steinbrüchen an der Strasse nach Forbach gut aufgeschlossen; sie ist durchschnittlich 150 Meter mächtig; an der Basis ruhen Bänke von Sandstein, die wenig glitzernde Sandkörner zeigen, aber viele Conglomeratbänke, in deren unteren Lagen häufig Gerölle von Porphyr und Milchquarz vor- kommen, mitunter auch Granit und Gmeiss; die Sandsteine sind bunt gefärbt, kaolinreich, die Sandkörner oft eckig. Sie fehlt schon bei Saarlouis und ist überhaupt eine Zweitheilung des mittleren Buntsandsteins nicht überall durchführbar. Von hier Saar-abwärts ist die gleich mächtige obere Stufe des mittleren Buntsandsteins entwickelt — der eigentliche Vogesensandstein. LXV Derselbe ist mittelkörmig, führt viele runde Sandkörner mit facettirter Oberfläche, zerfällt leicht zü Sand. Gerölle von Quarz und Quarzit sind häufig darin. An der Grenze gegen den oberen Buntsandstein erscheint in den Vogesen das Hauptconglomerat in einer Mächtigkeit von 10— 15 Metern. An der Saar und Mosel fehlt dasselbe entweder ganz oder ist durch nur vereinzelt auftretende Gerölle oder wenig mächtige Conglomerat-Bänke an- gedeutet. Die untere Stufe des oberen Buntsandsteins beginnt mit den sogenannten Zwischenschichten: Grobkörnige Sandsteine von lockerem Zusammenhang der Sandkörner, dunkelrother bis grauvioletter Färbung. In den mittleren Lagen finden sich vielfach dolomitische Knollen, die oft ausgelaugt sind, dadurch entstehen viele kleinere und grössere Hohlräume; damit treten häufig haselnuss- grosse Gerölle von Milchquarz auf. Schmale conglomeratische Bänke erscheinen mitunter in den unteren, wie in den oberen Lagen der Zwischenschichten, an der Basis häufig auch Carneol- stücke. Die Mächtigkeit ist 40 — 50 Meter. Die obere Stufe des Voltziensandstein, im der Mächtigkeit von 15—20 Metern, zeigt dicke Sandsteinbänke, der Sandstein ist feinkörnig, glimmerreich, violett und braunroth, zuweilen auch gelblich, bräunlich und weisslich gefärbt. Die Ausscheidung der sogenannten Zwischenschichten wurde auf den Blättern Merzig, Gr.-Hemmersdorf und ebenfalls auf dem demnächst zur Publication gelangenden Blatt Wahlen durchgeführt. Bei der eingehendsten Gliederung des Buntsandsteins, nament- lich der Ausscheidung der sogenannten Zwischenschichten, konnten in dem Gebiete von Blatt Merzig und Gr.-Hemmersdorf einige früher unbekannt gebliebene Verwerfungen oder schon bekannt gewordene genauer festgestellt werden, auch in dem von Blatt Trier. Sehr förderlich bei diesen Revisionsarbeiten an der Saar und Mosel war, dass die Neuaufnahmen des Generalstabes benutzt werden konnten, da die alten Messtischblätter, besonders von der Merziger Gegend, recht mangelhaft sind. Bei der Schlussrevision der Blätter Buhlenberg, Birkenfeld, Nohfelden, Freisen, Ottweiler und St. Wendel sind dieselben Eruptivgesteine des Rothliegenden vom Saar- und Nahegebiete Jahrbuch 1886. e LXVI unterschieden worden, wie im vorigen Jahrbuche für die Blätter Wahlen, Wadern und Lebach angeführt wurde, nämlich: 1, 2 3. [sb en 10: (Quarz - Porphyr. Porphyrit, theils Glimmer-, theils Hornblende-Porphyrit. Bastit-(Bronzit-) Porphyrit. Ferner Melaphyre im Unter-Rothliegenden: Basalt- oder Aphanit-ähnlicher Melaphyr. Dolerit- oder Diabas-ähnlicher Melaphyr. Aus der Melaphyrdecke zwischen den Söterner Schichten (Grenz-Melaphyr allermeist im Rothliegenden): Basalt- und Porphyrit-ähnlicher Melaphyr und Bronzit- Melaphyr nebst zugehörigem Mandelstein. Porphyrit-ähnlicher Melaphyr, übergehend in Bronzit- (Bastit) Porphyrit. . Porphyrit-ähnlicher Melaphyr, übergehend in Ausgit- Orthophyr. Dolerit- oder Diabas-ähnlicher Melaphyr im Grenzlager über dem unteren Thonstein der unteren Söterner Schichten. Ausser diesen auf den Blättern Wahlen, Wadern und Lebach vorkommenden Eruptivgesteinen wurden auf den oben genannten sechs Blättern Buhlenberg etc. weiter unterschieden: die ältesten Eruptivgesteine des Saar-Nahegebietes der oberen Ottweiler Schichten oder in der mittleren Abtheilung der oberen Cuseler Schichten. Leukophyr-Diabas (nach Rosenguscn) am Bosenberg, Spiemont, Steimberg und emigen anderen Höhen in der Umgegend von St. Wendel, Linxweiler und Mar- pingen. Am Litzelkopf, Gaisberg, Mooshübel (Blatt Buhlen- berg und Blatt Kronweiler) treten im Niveau der oberen Cuseler Schichten eruptive Lager auf, die denen aus der Umgebung von St. Wendel ähnlich sind, sie haben LXVII aber mehr porphyrische, weniger mittel- bis feinkörnige Structur und dürften zu den Kersantit- Porphyriten gehören. 11. Doleritisch- Diabasischer Melaphyr (Gabbro) erscheint in (Juergängen bei Winterbach, Gronich und Wersch- weiler. Mittheilung des Herrn ScuhützE über Aufnahmen in der Umgegend von Waldenburg. Die Kartirung des nordwestlichen Theils der Niederschlesischen Steinkohlenmulde, welche sich von Landeshut und Liebau bis Neurode erstreckt, wurde mit dem Blatt Waldenburg begonnen, auf welchem die Steinkohlenformation die vollständigste Ent- wickelung zeigt; an der Zusammensetzung des Terrains nehmen ausser dieser nur die Gmeissformation und das Rothliegende Theil. Die Gneissformation tritt in der nordöstlichen Ecke des Kartenraumes in geringer Verbreitung auf und gehört dem nord- westlichen Fuss des Eulengebirges an, welcher in der Ebene zwischen Freiburg und Schweidnitz mit dem darüber gelagerten Kulm allmählig unter dem Diluvium verschwindet. Die Steinkohlenformation tritt im Kartengebiet mit allen in Niederschlesien bekannten Stufen auf, nämlich: 7 Kulm ee Zreinter- @arbonm: b. Waldenburger Schichten RE . Ober-Carbon. c. Saarbrücker Schichten Der Kulm besteht vorherrschend aus Conglomeraten und srobkörnigen Sandsteinen; Thonschiefer sind stets in beschränkter Mächtigkeit, Kalkbänke nur an der Vogelkippe bei Altwasser, Eruptivgesteine in derselben nicht vorhanden. Eine Gliederung ım unteren und oberen Kulm lässt sich hier nieht vornehmen. Die beiden schwachen Kalkbänkchen an der Vogelkippe treten an der hangenden Grenze in geringer Entfernung vom Ausgehenden des Jiegendsten Steinkohlenflötzes auf und sind reich an organischen Resten, unter welchen LXVII Productus giganteus MART. » latissimus SOW. > semiretieulatus MART. > fimbriatus SOW. Spirifer lineatus MART. » pinguis SOW. Orthis Keyserlingkiana de Kon. » Michelini L&v. Euomphalus Dionysii BRON. Gorgonia retiformis SCHL. als bezeichnend zu nennen sind. Durch das Auftreten dieser schwachen Kalkbänkchen gewinnt der Kulm von Altwasser eine grosse Aehnlichkeit mit dem von Hausdorf bei Neurode und dazu kommt noch, dass beiden Ablagerungen ferner die von Dr. DATHE bei Hausdorf zuerst gefundenen Rollstücke eines Variolits gemein- sam sind, von welchem noch nicht bekannt ist, ob er in Nieder- schlesien ansteht. Auf der Grenze zwischen Gneiss und Kulm tritt bei Seitendorf ein Quarzgang mit Rotheisenrahm auf. Das Ober-Carbon. Die Waldenburger und Saarbrücker (Schatzlarer) Schichten gleichen sich in petrographischer Beziehung so sehr, dass eine Trennung nur mit Hülfe der Lagerungsverhält- nisse und organischen Reste möglich ist. Auch im Ober-Carbon sind die Conglomerate und grobkörnigen Sandsteine noch überall vorherrschend. Der der Steinkohlenformation zugehörige Felsit- porphyr ist stets arm an krystallinischen Ausscheidungen von Orthoklas, Quarz und Magnesiaglimmer; er zeigt sich in zahl- reichen Ausbrüchen, sodass man annehmen muss, dass er während der ganzen Bildungsperiode des Ober-Carbons an die Oberfläche getreten ist, stellenweise sehr regelmässig den Steinkohlenschichten eingelagert, seltener gangförmig. Nirgends sind an den an der Oberfläche vorhandenen oder durch den Bergbau aufgeschlossenen Begrenzungsflächen zwischen Porphyr und Steinkohlenschichten Spuren einer Hitze-Einwirkung zu entdecken. Die grösste Masse dieses Eruptivgesteins ist diejenige, welche den Hochwald mit en bildet und deren Ausbruch in die Zeit zwischen seinen Nebenberg der Ablagerung der Waldenburger und Saarbrücker Schichten fällt. = Der Felsitporphyr ist stellenweise von mächtigen brecciösen LXIX bis conglomeratischen Massen umgeben, welche zuweilen sand- steinähnlich aussehen; wenn auch @Quarzkörner, aus den benach- t hnliel j h’® l 5 len | l barten Steinkohlensandsteinen herrührend, diesen Trümmerbildunsen 2 =} beigemengt sind, so ist doch das Porphyrmaterial vorherrschend. Die Grenze zwischen Ober-Oarbon und Rothliegendem wird von Schwarzwaldau westl. von Gottesberg bis Alt- Lässi; y fe) von einem jedenfalls lagenartig auftretenden Felsitporphyr markirt, während von Alt-Lässig bis Steinau diese Grenze durch noch innerhalb der Steinkohlenformation auftretende rothgefärbte, feld- spathhaltige Sandsteine verwischt wird. Im Steinkohlengebiet tritt an emigen Punkten Melaphyr auf, und zwar stets dort, wo schon vorher der Felsitporphyr sich seine Wege nach der Oberfläche geöffnet hatte, am Fuss der von ihm oder seinen Trümmerbildungen gebildeten Höhen, jedoch von verhältnissmässig geringer Ausdehnung und ohne von Conglomeraten >iie) und Tuffen begleitet zu sein. Das Rothliegende besteht ganz vorherrschend aus Sand- stenen, nur bei Lässig und Langwaltersdorf tritt ein schwaches Kalkflötz auf; Schieferthone sind nicht in grösserer Erstreckung entblösst. Durch lagerartig eingeschaltete Massen von Melaphyr, Felsitporphyr und dessen Breccien und Tufte gliedert sich dasselbe in eine untere und obere Abtheilung, von welchen die letztere nur in der äussersten südwestlichen Ecke des Blattes in das Kartengebiet tritt. Das Diluvium erscheint nur in der nördlichen Hälfte desselben in den Thalrinnen des Leisebaches, Salzbaches und des Seitendorfer Baches, ist durch die aus Granit, Gmneiss, Syenit, Feuerstein etc. bestehenden Gerölle als nordisches Diluvium ge- kennzeichnet und bildet die südlichsten Ausläufer der grossen niederschlesischen Diluvialdecke. Südlich von Waldenburg finden sich die letzten Spuren solcher Gerölle in einer Höhe von etwa 470 Meter. Im Allgemeinen stellen sich nach den neueren Aufnahmen und nach einigen auf den Wunsch des Berichterstatters von Herrn K. A. LossEen vorgenommenen petrographischen Unter- egen ältere Anschauungen folgende suchungen als Abweichungen g heraus: LXX Ein Theil der bisher als eruptive Felsit-Porphyre bezeich- neten Gesteine ist nunmehr den Porphyr-Breccien und Tuffen zuzuzählen. Die Porphyre der Umgegend Waldenburgs sind über- einstimmend mit den quantitativen Analysen BıscHor's, v. RICHTHOFEN s und DE TRIBOLET's unter dem Mikroskop als wesentlich quarzhaltig befunden worden und daher trotz ihres häufigen Mangels an sichtbar hervortretenden Quarzkörnern nicht wie z. Th. geschehen als Orthoklas- porphyr (vergl. Abhandl. zur geolog. Specialkarte von Preussen etc. Bd. III, Heft 4, S. 37), sondern als Felsit- oder Quarzporphyr zu bezeichnen. Das Gestein vom Schäferberg bei Gottesberg (Syenitporphyr nach ZOBEL und v. CARNALL), welches auf der älteren geologischen Karte von Niederschlesien von RosE, BEYRICH, Korn und RuxGE mit der Farbe des Melaphyrs bezeichnet ist, ohne dass man damit wohl eine völlige Uebereinstimmung mit dem letzteren hätte aussprechen wollen (vergl. J. Rorw's Erläuterungen S. 337), ist jüngst auf Veranlassung des Herrn K. A. LossEn im Laboratorium der Königlichen Bergakademie von Herrn HaAmrE einer quantitativen Analyse unterworfen worden. Dieselbe ergab: BIO ee en An Eu 0 es er SE :\ AbO3 . .2 2 20202 0.183,90 Ro0: 2 en nn el Ball. 22 ee MO arte a Nas ee sn, 28a) Klar 1209 Bora 122 0 ee Pr u a 0 SO 0 CO ae ana a, de 100,33. LXXI Danach und nach dem mikroskopischen Befunde (vergl. auch Liesisch in den Sitzungsber. der Schlesisch. Gesellsch. f. vater- ländische Cultur, 2. December 1874), besonders auch nach der Structur ist das Gestein kem typischer Melaphyr oder Meso-Olivin- diabas, nähert sich vielmehr sichtlich dem Kersantit-Typus und darf vielleicht als ein elimmerarmer Olivin-Kersantit bezeichnet werden. Mittheilung des Herrn M. Scnorz über Aufnahmen in den Sectionen Brandenburg a./H. und Plaue und über die in der zweiten Hälfte des Sommers 1887 erfolgten Untersuchungen im östlichen Rügen. I. Die Sectionen Brandenburg und Plaue gehören zu der weiten Niederung, welche, von der Havel durchflossen, westlich von Potsdam über Rathenow und Genthin sich zur Elbe erstreckt, und sich wahrscheinlich als ehemalige Fort- setzung eines der östlich von Berlin zusammentreffenden alten Flussthäler, dem Laufe der heutigen Elbe entsprechend, nach Nordwesten zu fortzieht. Die Beschaffenheit der Ablagerungen in dieser Niederung ist desshalb eine ziemlich übereinstimmende, insofern dieselben aus jungdiluvialen Sanden (Thalsanden) bestehen, welche nur an einzelnen Stellen vom durchragenden Sande des unteren, und vom Geschiebemergel des oberen Diluviums unter- brochen werden, bzw. an ihrer Oberfläche von alluvialen Bildungen bedeckt sind. Die Section Brandenburg schliesst sich mit ihren Thal- sandablagerungen an die von Osten (Berlin) her herantretenden Höhenzüge an. Da bisher erst die südliche Hälfte der Section aufgenommen ist, so kann über die nördliche vorläufig nur be- merkt werden, dass auch deren Aufbau dem der ganzen Gegend entspricht. In der Südhälfte bildet zunächst oberdiluvialer Geschiebemergel die durchschnittlich 40 — 70 Meter hohen Hügel von Klein-Kreuz und westlich davon, — die Anhöhen bei Gollwitz (35,9 Meter) und bei Wust (31,5 Meter), welche ein circa 2 Kilometer weites, von der Potsdam -Magdeburger Eisen- bahn durchschnittenes Alluvialthal zwischen sich lassen, — die LXXTI kleinen Schollen am Marienberge nordwestlich der Stadt Branden- burg und die etwas grössere und flachere bei Vorwerk Silo, als Fortsetzung der letzteren. Alle diese Stellen sind, wie die be- treffenden Hügel in Section Vieritz (vergl. d. Jahrb. 1885, S. LXxvIr) als stehengebliebene Pfeiler eines im Uebrigen weggewaschenen Diluvialplateaus zu betrachten, nur dass hier mehr der geologische Charakter in den Vordergrund tritt, insofern es sich dort um Pfeiler des unteren, hier um diejenigen des oberen Diluviums handelt. Das untere Diluvium in der Section Brandenburg tritt in Form von Spathsand mit Grand-Einlagerungen nordwest- lich von Brilon, als unterteufender bzw. durchragender Sand bei Klein-Kreuz, und ebenso als Spathsand in Form des steilen, einen landschaftlichen Glanzpunkt bildenden Marienberges an der Nord- seite der Altstadt hervor. In der Tiefe ist den Sanden in der Nähe der Stadt und unter dieser Geschiebemergel und Diluvial- thon eingelagert, wie ein Bohrloch am Bahnhofe und ein solches am Marienberge selbst beweisen, von denen das erstere bei 53 Meter Gesammttiefe ein bei 16 Meter gefundenes Geschiebe- mergelflötz von 33,5 Meter Mächtigkeit erschloss, das letztere aber Diluvialthon bei 28 Meter Tiefe getroffen haben soll. In der neuen Kaserne an der NW-Seite der Stadt sind ferner bei circa 15 Meter Tiefe 15—20 Meter mächtige, wahrscheinlich mit dem Bahnhofsflötz zusammenhängende, von wasserführenden Grand- und Geröllschichten durchsetzte Geschiebemergel aufgeschlossen worden. Die Section Plaue a. d. H. zeigt den orographischen Ebenen- und den geologischen Thalsandcharakter noch ausge- sprochener, als Section Brandenburg. Orographisch hebt sich in Fortsetzung der Brandenburger Plateaureste nur der Fohrder Berg (68,4 Meter) und Schneehens Heide (38 Meter) heraus, im Uebrigen liegt das Terrain der Section im Niveau der Thalebene, nur in wenigen Anschwellungen bis höchstens 35 Meter an-, sonst die 30 Meter-Curve nicht übersteigend. Das ältere Diluvium einschliesslich des auf einzelnen höheren Stellen liegenden Decksandes und des oberen Geschiebemergels ist daher nur wenig vertreten. Der Geschiebemergel des LXXIII unteren Diluviums wurde nur westlich der Stadt Plaue bis zu circa 40 Meter Tiefe über einer wasserführenden Sandschicht er- bohrt, der untere Spathsand kommt am Fohrder Berge vor. Oberer Geschiebemergel tritt z. B. am Forsthaus Wendeberg auf, ‚ährend Decksand auf dem Fohrder Berge und auf der im Plauer See liegenden Halbinsel Mösersberg lagert. Bei Kaltenhausen finden sich in einzelnen im Schlicke liegenden »Sandstrahlen« in etwa 4 Meter Tiefe Unterkiefer von Esow luerus und unbestimmbare Reste eines an Unio erinnernden Zweischalers. Das Profil der Rıcmarn Ganzer'schen Grube bei Briest zeigt unter 2—3 Meter Torf und Wiesenkalk, ersterer noch stark vivi- anitisch, 16 Meter Schlick, unter welchem Geröll und Sand, wahr- scheimlich Thalsand, folgen. Die Thierreste im Schlick scheinen gleichaltrig zu sem mit den aus der Section Vieritz von Marquede (a. a. OÖ. S. LXXvIL) erwähnten, wesshalb wohl auch diese letzteren als jungalluvial anzusprechen sein werden. ll. Die Insel Rügen. Da weite Landstriche das ost- und westpreussische Aufnahmegebiet von den bisher bearbeiteten Strecken in den Provinzen Brandenburg und Sachsen trennen, so erschien es wünschenswerth, an der Küste der mittleren Ostsee ein bisher noch nicht kartirtes Terrain in Angriff zu nehmen. Die Insel Rügen ist durch ihre geographische Lage und die Profile ihrer östlichen Steilküsten vorzugsweise hierzu geeignet, wesshalb im Sommer 1886 mit der Untersuchung der Halbinsel Mönchgut und des durch seine Kreideküsten bekannten Jasmunds, zu- nächst in mehr übersichtlich gehaltener Weise, begonnen wurde. Da die Kreideformation auf Rügen fast ohne Ausnahme die nächste Unterlage des Quartärs bildet, so sei hier hervorgehoben, dass dieselbe als Basis des letzteren auch an der Küste des Fest- landes bei Greifswald, wo allerdings nur Turon und Gault, aber kein Senon !) erbohrt wurde, entwickelt ist und sich nach Osten bis zur Odermündung hinanzuziehen scheint. An einem Theile der Rügen- schen Ostküste tritt sie als senone, sogenannte Mucronaten-Kreide ') Zeitschr. d. Deutsch. geol. Ges. Bd. XXVI, 1874, 8. 974 ff. LXXIV zu Tage, und zwar nächst Arcona namentlich auf Jasmund. Dieser halbinselförmige Theil von Rügen ist orographisch derartig ge- baut, dass er, von Westen nach Osten zu ansteigend, im Pieck- berge bei Hagen mit 160,7 Meter gipfelt und von diesem nach allen Seiten hin allmählich, an der Ostküste fast senkrecht ab- fällt. Die bekanntesten Steilabfälle sind Stubbenkammer mit 119 Metern, Lohme mit 47 Metern und Sassnitz mit 30 bis 40 Metern. Der Westen verflacht sich zu stellenweise moorigen Ländereien und nur im Süden erheben sich noch einmal diluviale Sandhügel jenseits der Wostevitzer Torf- und See-Niederung bis zu Höhen von 35 Metern. Die Schreibkreide wurde zunächst in ihren Beziehungen zum (Quartär und auf ihre allgemeinen Lagerungsverhältnisse unter- sucht. Sie fällt, abgesehen von dem sie später ganz aufschliessen- den Steilrande, im Süden zuerst in Form grosser, in das Diluvium eingelagerter Schollen am Hiülsenkruge südlich Mucran auf Jas- mund ins Auge und ist dann in einem alten Kreidebruche dicht südlich vor dem von HAnsEMANN’schen Schlosse in der Dwasieden in noch horizontal liegenden Schichten aufgeschlossen. Erst von hier, wenigstens von Sassnitz ab nach Norden zieht sie sich ununterbrochen an der Ost- und Nordküste Jasmunds bis fast nach Lohme an der Nordküste hin, vielfach durch Absturz- massen überdeckt, aber fast überall, z. B. auch bei Sassnitz noch erkennbar. Im Innern von Jasmund ist die Kreide bis in die Südwest-Nähe von Sagard durch zahlreiche Brüche aufgeschlossen, tritt aber nur ausnahmsweise an die Tagesober- fläche, wo sie auch dann mit einer mindestens noch 0,5 Meter mächtigen Quartärschicht bedeckt erscheint. _Gewissermaassen durchleuchtend unter dünnem Diluvium ist sie besonders in der Richtung Sassnitz-Promoisel-Quoltitz, also in einer dem allgemeinen Streichen von OSO nach NNW und auch dem Küstenrande Kölliker Ufer-Rangow entsprechenden Linie abgelagert. Fast überall, sowohl an der Ost- und Nordküste, als in den Binnenaufschlüssen, erscheint die Kreide nicht in ihrer ursprüng- lichen, an den ihr eingebetteten parallelen Flintreihen leicht er- kennbaren horizontalen Lagerung, sondern in gestörten Verhält- LXXV nissen. Ich bin aber, gegenüber anderen Auffassungen, nicht der Ansicht, dass der Grund dieser Störungen in anderen, als den schon von JOHNSTRUP !) unter Bezugnahme auf Moen betonten Druck ge- waltiger von Norden her heranziehender Eismassen auf die Ober- fläche der Kreide zu suchen sei und glaube, dass sowohl die Faltung, als die an einigen Stellen erkennbaren Verwerfungen diesem und nicht der ursprünglichen Nordwest-Südost-Faltung der nordwestdeutschen Gebirge zuzuschreiben ist. Beispiele von Verwerfungen sind allerdings z. B. erkennbar am Hengst, nördlich Sassnitz, — am Lenzer Bach, — vielleicht auch am Kölliker Bach, — bei Klein-Stubbenkammer südlich vom Königsstuhl, — zweifelhaft am Gelmer Haken nordwestlich Gross- Stubbenkammer, — im Innern von Jasmund nur in einzelnen Brüchen, z. B. bei Sagard und bei Sassnitz zwischen den beiden Küsrer’schen Brüchen. Die Verwerfungen sind aber nirgends erheblich und werden, meistens geringer als 0,5, in ihrer Sprung- höhe 6—8 Meter kaum übersteigen. Faltungen treten deutlich hervor an der Bläse, südlich vom Hengst und an diesem selbst, — an den Wissower Klinken (rich- tiger: »Klinten«), am Königsstuhl auf Stubbenkammer, hier als eine fast senkrecht stehende Falte, deren nördliche Hälfte vielleicht durch Erosion zerstört ist, während die benachbarten, nord- und südwärts liegenden Schichten noch fast horizontal liegen. Im Innern bietet wohl jeder einzelne Bruch Beläge dafür. Am auffallendsten erscheinen die Stellen, wo schon die von JOHNSTRUP hervorgehobene Ueberrutschung des auf der Kreide ab- gelagerten älteren Diluviums durch anderenorts abgeschieferte Kreideschollen stattgefunden hat, wie sie sich namentlich an der Mündung des Briesnitzer Bachs darstellt und im ersten Augen- blick nur als grosse Diluvialabrutschmasse erscheint, wie z. B. auch südlich vom Hengst in der That durch Abrutschungen ein grosses Diluvialthal entstanden ist. Hier aber am Briesnitzer Bach, liegen unter (aufgeschobenen) Kreideschichten die Schichten des unteren Diluviums, durch ihren Habitus deutlich von den weniger ge- I) Zeitschr. d. Deutsch. geol. Ges. Bd. XXVI, 1874, S. 533, LXXVI schiebereichen, selbgefärbten, an vielen Stellen vom blaugrauen unteren Mergel scharf absetzenden oberen Diluvium unterscheid- bar. Das letztere besteht hier in einer circa 3 Meter mächtigen, zwischen zwei Bänken unteren Mergels eingeklemmten Lage ge- schichteten Sandes von ungestörter Lagerung und demselben Fallen (30%), wie es die Kreide selbst besitzt. Durch Abrutsch hätten sie sich gewiss nicht im dieser Lage erhalten können, sondern müssten durch einander geworfen worden sein. Durch eine Anzahl Tiefbohrungen südlich von der Mündung des Briesnitzer Bachs ist es sogar wahrscheinlich gemacht, dass eine zweite, noch höher liegende Kreidescholle, vielleicht sogar eine dritte, sich über der erstgenannten und durch Diluvium von dieser getrennten be- findet. Aehnliche Verhältnisse, wie am Briesnitzer, wiederholen sich am Kölliker Bach. Da hauptsächlich die östliche und die westliche Seite der Brüche gefaltet erschemen, die entgegengesetzten dagegen weniger oder gar nicht, so scheint der die Faltung erzeugt habende Druck hauptsächlich aus nördlicher oder einer derselben verwandten Richtung gewirkt zu haben. — Auf solcher allgemeinen Unterlage von senoner Kreide wäre nun nach der Reihenfolge der anderweit in benachbarten Fest- landsgebieten beobachteten Schichten das Tertiärgebirge, wenn nicht generell, so doch in Schollen als Buchtenablagerung zu er- warten. Es sind jedoch nur Andeutungen davon vorhanden und zwar auch nicht auf Jasmund selbst, auf welchem man bisher früher nur in einzelnen Diluvialsandgruben Tertiärpetrefacten als Ge- schiebe gefunden hat. (Vgl. BoLL, Geognosie d. Deutschen Öst- seeländer S. 158). Dass aber Tertiärgebirge irgendwo zerstört ist, dafür spricht ein in den untern diluvialen Geschiebemergel eingeklemmtes oder emgepresstes Vorkommen von gypshaltigem Thon mit Nucula Deshayesiana, in welcher seinerseits wieder em kleines Flötz von Braunkohle (Knorpelkohle) eingelagert ist, das noch vor der Sturmfluth 1872 zu beobachten war, schon jetzt, 1886, aber bis auf einen geringen Rest weggespült ist. Auch Hiddensee zeigt Andeutungen von Tertiär. Das Quartär dagegen ist auf Rügen, und zwar von der LXXVII östlichen Steilküste nach dem Festlande zu in stets wachsender Mächtigkeit abgelagert. Da dasselbe in diesem Jahrbuch an einer andern Stelle besonders besprochen werden wird, so sei hier nur kurz Folgendes angeführt: In den bisher aufgenommenen südöstlichen und östlichen Theilen von hügen ist vorzugsweise das Diluvium entwickelt, während das Alluvium, abgesehen von dessen Torflagern in den Bruch- löchern das letztere auf Jasmund, jenes erstere nur saum- oder randartig, selten in grössern Flächen umschliesst. Das untere Diluvium kommt grösstentheils in Form des graublau gefärbten, sehr steinigen Geschiebemergels vor, welcher hier und da, z. B. an der oben erwähnten Mündung des Briesnitzer Bachs, ausserdem noch in einem Bohrloche auf Hof Quoltitz, Einlagerungen von Spathsand zeigt. Dieser blaue Mergel kann an sämmtlichen Steil- küsten von Mönchgut bis zur schmalen Heide,.auf Jasmund auf der Kreide bis zur Schabe, jenseits auch noch auf Wittow und Hiddensee (eigentlich Hiddens-Oe) verfolgt werden. — Der eben- falls noch zum Unterdiluvium gehörige Diluvialthon ist auf Jasmund bei der Dwasieden erkennbar, auch beim Dorfe Lanken bei Sassnitz mehrfach erbohrt worden. Er hat den Charakter ve- wöhnlichen Thones, theilweise wird er auch durch dünne, eingelagerte Sandschichten zu sogenanntem Bänderthon, namentlich bei Dwa- sieden. Spathsand und Grand liegen oft unter dem ober- diluvialen Decksande, z. B. auf Mönchgut, an der Küste von Gr.-Zieker, wahrscheinlich auch an der Küste der Granitz bis Binz (obwohl es hier zweifelhaft ist, ob dieser Sand nicht noch als Decksand anzusprechen ist), an der Küste von Jasmund und im Binnenlande Jasmunds selbst an vielen Stellen, wo er auch oft geschichtet erscheint und wahrscheinlich dem Meyn’'schen Ko- rallensand identisch ist. Das obere Diluvium ist vorherrschend in Form des in Pommern gelbgefärbten Geschiebemergels entwickelt. Mit Aus- nahme des südlichen Viertels etwa südlich der Linie Semper- _ Neu-Mucran und einzelner Punkte unteren Sandes und Strecken von Decksand ist fast ganz Jasmund von ihm überzogen, desgleichen die meisten diluvialen Strecken von Mönchgut (etwa ausser Gross- LXXVII Zicker), während die Granitz nur an wenigen Orten, z. B. am Jagdschlosse aus dem, wie erwähnt, noch nicht bestimmt zu classi- fieirenden Sand besteht. Am auffälligsten in der Oberfläche dieses gelben Geschiebe- mergels sind die zahlreichen, mit moorigen Bildungen oder mit Wasser (das bekannteste der circa 15 Meter tiefe Herthasee) aus- gefüllten Vertiefungen, rundliche Löcher mit steilen Rändern, zu- weilen auch zu Torfwiesen von verschiedener Gestalt ausgeweitet, welche, als Strudellöcher aufgefasst, in völliger Uebereinstimmung mit der Annahme stehen, dass die Störungen der Rügenschen Kreide glacialer Natur sind. Auch der Meyn schon aufgefallene Umstand !) der grossen Aehnlichkeit der Rügenschen mit der Schleswig- Holsteinschen Landschaft und die Gemirtz’schen (»die Seen etc. Mecklenburgs« 1886) Angaben und Uebersichtskarten, aus welchen sich ähnliche Verhältnisse, wie auf Jasmund ergeben, deuten auf früher in den genannten Gegenden gemeinschaftlich eingewirkt habende Factoren hin, sodass auch für Rügen die Wirkung glacialer Schmelzwässer zur Herstellung von Strudellöchern (Söllen) angenommen werden muss. Selbst PUGGAARD in seimer »Greologie der Insel Moen« 1852 giebt, wenngleich von älterem Standpunkte aus, für diese »geologische Schlüssel von Rügen« das Vorkommen von Söllen an. Der Decksand ist sowohl auf dem oberen Geschiebemergel selbst, als auch auf dem diesen unterteufenden Spathsande auf Mönchgut und auf Jasmund entwickelt. Wie weit, d. h. wie tief nach unten, namentlich im letzteren Falle seine Grenze zu suchen sein wird, muss die Untersuchung auch der übrigen Theile von Rügen ergeben. Die ihm entsprechenden, bzw. angehörigen Geschiebewälle sind auf den von mir untersuchten Theilen von Rügen nicht deutlich zu erkennen und die Stellen, wo An- häufungen grösserer Geschiebe, insbesondere an der Mönchsguter Ostküste (Thiessower, Zickersches, Göhrensches Höwt, Granitzer Ort), auch an der Greifswalder Oie u. s. f£ vorkommen, mehr recente Auswaschungen aus dem Geschiebemergel. Auch auf ') Zeitschr. d. Deutsch. geol. Ges. II, 1850, S. 263. LXXIX Jasmund liegen sie nicht in solchen Massen, dass man sie als Wälle bezeichnen könnte. Wie weit sie sich mehr nach Westen z. B. bei Gartz finden, ist mir zur Zeit nicht näher bekannt. Der sogenannte Thalsand, d. h. der Decksand der Niede- rung, ist nur von Middelhagen bis Baabe auf Mönchgut als ein mit 0,3 Meter mächtigen, eingelagerten Ortstein- (Ur-)schichten versehenes Product entwickelt. Das Alluvium bildet als eigentlich noch zum Diluvium zu rechnende, nur in jüngster Zeit ihrem Orte nach verschobene Ab- rutschmassen, besonders an der Ostküste von Jasmund charakte- ristische Ablagerungen. Aecht jungalluviale Ablagerungen sind die Sandränder, welche den Strand von kügen bilden und sich im südlichen Mönchgut zu breiteren, die Diluvialhöhen ver- bindenden Flächen entwickeln. Torf und Humus ist als Aus- füllungsproduct der Strudellöcher Jasmunds, desgleichen für die Ränder der Wostewizer Seen hervorhebenswerth, kommt aber auch auf Mönchgut (Thiessow, Middelhagen) vor. Die Dünen endlich bilden in dem untersuchten Terrain einen fast zusammenhängenden Streifen von Thiessow bis Sellin. Das kleine Alluvialthonbecken bei Ruschwitz (Jasmund) ist von keiner wesentlichen Bedeutung. Mittheilung des Herrn H. GruNnER über Aufnahmen auf den Sectionen Parey und Werben. Die Section Parey schliesst sich in ihrem geogmostischen Aufbau durchaus den in den Vorjahren kartirten anstossenden Blättern an. Von allgemeinere Interesse sind nur die das linke Ufer der Elbe begleitenden Steilgehänge und die dadurch ge- botenen Aufschlüsse. Insbesondere zeigen die schönen 1,5 Kilo- meter langen, von Vorwerk Polte bis Forsthaus Bittkau reichenden Aufschlüsse, dass, wie in der nördlich daranstossenden Section Weissewarthe — dem allgemeinen Vorkommen in der Altmark entgegen — rother Thonmergel fehlt, wohl aber der gemeine untere graue Diluvialmergel ansteht. Dieser zeigt sich hier infolge beigemensten, feinzertheilten Braunkohlenstaubes in feuchtem rz 5 14 Zustande braunschwarz, in trockenem grauschwarz, besitzt etwas LXXX Schichtung, hohen Sandgehalt und trotzdem ausserordentliche Festigkeit. An dieser Stelle tritt auch hart am Elbufer obere Braun- kohlenformation mit einem 0,2— 0,3 Meter mächtigen Kohlenflötz zu Tage, daneben finden sich äusserst feine und gröbere, schnee- weisse Quarzsande, gelbbrauner Thon oder Lette und Lettenkohle. Die Kohle tritt als ein äusserst germgwerthiges, erdiges, leicht zerreibliches, vielfach mit Glimmersand und auch Thon vermischtes Material auf und daher brachten alle in den vierziger Jahren auf ihre Förderung gerichteten Bemühungen keinen Gewinn. Diese Tertiärschichten fallen stark nach Norden ein und lassen vielfältig sehr gestörte Lagerungsverhältnisse, Verquetschungen, Pressungen, Stauchungen erkennen, wobei bisweilen Diluvialgebilde, unter anderem auch mächtige Diluvialgeschiebe, mitten in Tertiär- thon hineingepresst zum Vorschein kommen. Da nun die ganze, etwa 3—4 Meter mächtige Braunkohlenformation von typischem unterem, jedenfalls sehr mächtigem Geschiebemergel unterteuft wird — der Handbohrer erreichte das Liegende noch nicht bei 2 Meter Tiefe —, so beweist dies schlagend, dass hier nur eine lokale Aufpressung des Tertiärs vorliegt. Dislokationen dieser Schichten wurden ferner auch dadurch herbeigeführt, dass die Tagewasser über der Lette oder dem Thon vielfach als Quellen hervortreten und hierdurch Aus- und Unterwaschungen und im Gefolge hiervon Verschiebungen und Senkungen stattfanden, Er- scheinungen, welche in der Regel durch kräftigen Pflanzenwuchs an den betreffenden Stellen schon von weitem gekennzeichnet werden. Die am rechten Elbufer aus der Niederung tretenden Diluvial- inseln schliessen sich hinsichtlich ihres geognostischen Aufbaues an die oben besprochene Diluvialhochfläche eng an, mit der sie vordem ohne Zweifel in Zusammenhang standen; er wurde erst später, als Elbe und Ihle ihren Lauf hierher richteten, unterbrochen. Sie sind demnach gewissermaassen stehen gebliebene Pfeiler eines grösseren Diluvialplateaus, die auch jetzt noch bei Hochfluthen und Deichbrüchen Ab- und Unterwaschungen erleiden. Wie die Aufschlüsse an den Randflächen dieser Diluvial- LXXXI inseln und besonders die Steilabstürze am Parchauer See angeben, besteht ihr Kern aus rothem unterem Diluvialmergel, den aber unterer Sand, theilweise mit dünner Decke oberen Sandes 3 -4 Meter mächtig überlagert; geringere Stärke besitzt er bei Güsen, wodurch auch der freudige Laubholzwuchs bei der Försterei seine Erklärung findet. Westlich Ihleburg bildet Diluvialsand Hügel und Hügelzüge in erstaunlicher Zahl und bedeutender Höhe. Wie Untersuch- ungen ergaben, liegen aber Dünenbildungen hier nicht vor; Flug- sand findet sich zwar zwischen und hinter diesen Hügeln, jedoch in so dünner Schicht, dass von seiner Kartirung abgesehen werden könnte. Das innerhalb Section Werben liegende Gebiet gehört dem an Bodenbeschaffenheit und Cultur reichsten Theile der Altınark. der sogenannten »Wische« an, einer Niederung, welche ungefähr = !/, des Kreises Osterburg umfasst, östlich und nördlich durch die Elbdeiche, südlich und westlich aber durch Höhenzüge und die Ortschaften Altenzaun, Hindenburg, Walsleben, Osterburg und Seehausen begrenzt wird; als dazu gehörig ist noch die linksseitige, durch besondere Deiche geschützte Alands- Niederung bis zur Stadt Schnakenburg an der Elbe zu betrachten, während die rechtsseitige nicht mehr der eigentlichen »Wische«, sondern süd- lich von Wittenberge der sogenannten »Geest« (Geestgottberger Polder) und bei Schnakenburg der sogenannten »Garbe« angehört. Der gesamımte Boden der Wische (des alten Masciner Landes) unterlag in früheren Zeiten ganz der Ueberschwemmung durch die Elbe, wurde aber seit dem Jahre 1160, in welchem die ersten Deiche angelegt wurden, durch flamländische Kolonisten einge- deicht; er besteht beinahe ausschliesslich aus den alten Ablage- rungen der Elbe, nämlich Schlick (mehr oder minder sandigem Lehm, Thon, humosem Thon und Lehm, Schlicksand), älterem und jüngerem Flusssand, Flugsand und an einigen Stellen auch aus Moorerde. Hinsichtlich der Verbreitung genannter Boden- arten ist hervorzuheben, dass jüngere Flusssande sich namentlich den Elbdeichen anschliessen und ihre Ablagerung vorherrschend bei Deichbrüchen, während der Hochfluthen der Jahre 1771 und Jahrbuch 1556, f LXXXII 1784 erfolgte. Aus ihnen treten ältere Flusssande in mehreren inselartigen Partieen hervor. Der Flusssand unter dem Schlick zeigt sich bisweilen schön geschichtet und wird beispielsweise nördlich von Lichterfelde auf dem Grundstück des Gutsbesitzers BRUNESS Flusssand mit vor- trefflicher Diagonalschichtung (discordante Parallelstructur) be- obachtet. Höhere, nur mit sehr sandigem Schlick oder Schlicksand be- deckte Flusssande und Grande, sind häufig durch Eisenoxydhydrat derart verfestigt, dass stemharte Conglomerate entstehen, die in jener absolut steinfreien Gegend den Gegenstand eifrigen Nach- forschens zur Verbesserung der Wege bilden. Wie sich ferner an mehreren Stellen nahe den Ortschaften Lich- terfelde und Neuenkirchen, ganz besonders auch auf dem rechten Elbufer östlich von Quitzöbel ergiebt, fehlt bei niedriger Lage der Schlick öfters unter dem Sande, während er in einiger Entfernung auf höheren nahe selegenen Sandhüsgeln zum Vorschein kommt, ein Beweis dafür, dass bereits zum Absatz gekommener Schlick später durch Hochfluthen fortzeführt und an seiner Statt von neuem Sand abgelagert wurde. Die am tiefsten liegenden, vorherrschend im südlichen Theile des Blattes auftretenden Ländereien, welche an starken Ueber- fluthungen durch Binnenzuflüsse und Drängwasser leiden und desshalb zu Wiese und Weide liegen bleiben, bestehen oberfläch- lich entweder aus Moorerde mit bald darauf folgendem Thon oder aus tiefschwarzem, durchschnittlich 0,4 Meter mächtigem humosem Thonboden (Pechboden) von landwirthschaftlich hohem Werthe, dessen günstige Eigenschaften aber durch schwächere Oberkrume, stark eisenhaltigen Thon im Untergrunde und ungünstige Wasser- verhältnisse stark vermindert werden. Im Uebergange zu den höher gelegenen Lehmboden folgt alsdann Thon, der „ewöhnlich die humosen Schlickterrains in =) mehr oder minder breiten Streifen umrandet, in diesen auch insel- artige Partieen von den mannigfaltigsten Formen oder auch, ge- wöhnlich an Gräben entlang, ansehnliche Flächen bildet; ein Boden, welcher der Bewirthschaftung grosse Schwierigkeiten insofern be- LXXXII reitet, als er — abgesehen von der kostspieligen Beackerung — im Frühjahr die Feuchtigkeit lange anhält und sich dann schnell verschliesst. Die Genesis der Wische anlangend, steht wohl ausser Zweifel, dass die Elbe in früherer Zeit bei verwildertem Laufe bereits bei Altenzaun (nördlich von Arneburg) nach Westen abbog und sich von hier aus dem Höhenzuge entlang Seehausen zuwandte. Durch den Schlickauftrag erfolgte Erhöhung des Terrains, weshalb der Strom und seine Nebenarme mehr und mehr nord- wärts abgelenkt wurden und sich in dem damals dort verbreiteten Thalsande — wie solcher jetzt noch auf dem rechten Elbufer unweit Quitzöbel in meilenweiten Flächen angetroffen wird — neue Betten eingruben. Bei Hochwasser musste selbstverständlich die ganze Wische der Ueberschwemmung seitens der Elbe unter- liegen, wodurch die Terrainunebenheiten mehr und mehr ausge- glichen wurden. Für die längere Stabilität des jetzigen Elblaufes aber spricht, dass die unmittelbaren Uferterrains von Altenzaun an infolge des Schlickauftrages beträchllich höher als die Ortschaften inmitten der Wische liegen und diese daher eine nach dem Uchte- Aland-Thal hin abfallende Ebene darstellt, wesshalb auch alles Binnenwasser (Landgraben, Cositte, Schiffgraben, die 3 grossen Wässerungen und die taube Aland) den Lauf dahin nimmt. Nivellements ergaben nämlich, dass der Wasserspiegel der Uchte bei Walsleben (südöstlich von Osterburg) 6,26 Meter niedriger als das Terrain hinter dem Elbdeich bei Polkritz liegt und da nun das Uchte-Aland-Thal von Schnakenburg an der Elbe bis Walsleben sich nur 7,83 Meter, die Elbe hingegen von dort bis Altenzaun 13,16 Meter erhebt, so übte bis vor kurzem das Wasser von Schnakenburg aus einen ungewöhnlich weiten Rückstau bis !/; Meile oberhalb Seehausen und wurde ebenso das gesammte Wasser der oben genannten Binnenwässer der Wische zurückge- drängt. Bei hohem Elbwasserstand bildeten sich daher stets bei Österburg und weiterhin in der Wische zwischen den Ortschaften Lichterfelde, Rengerslage und Giesenslage weite Wasserflächen, welche oft erst nach vielen Wochen oder Monaten zum Abfluss gelangten und Sümpfe zurückliessen; darin entwickelte sich eine f* LXXXIV üppige Vegetation, die in Verbindung mit dem Schlick die Bildung des intensiv schwarzen humosen Thons zur Folge hatten. In Folge Allerhöchster Verordnung vom 1. Juli 1859, welche die Regulirung der Aland betrafen, wurde durch Herstellung eines Flügeldeichs auf dem rechten Ufer der Aland vom Uchtedeich ab entlang des Wahrenberger Alanddeiches den Rückstauungen ab- geholfen und dadurch schnellerer Abfluss des Wassers erzielt. Mittheilung des Herrn A. JENTZSCH über Aufnahmen in Westpreussen. Section Münster walde wurde vollständig aufgenommen, und dadurch nicht nur der vom Verfasser bearbeitete Complex Marien- werder-Rehhof-Mewe-Münsterwalde abgeschlossen, sondern auch der Anschluss an die von Herrn EBERT bearbeiteten Blätter Garn- see und Neuenburg erreicht. Das Jungglacial enthält zwei Geschiebemergel, welche durch eine Mergelsandgruppe getrennt sind. Letztere besteht viel- fach aus wirklichem Mergelsand, stellenweise aber aus meist ge- schiebefreiem Sand, der im Hangenden (z. Th. auch im Liegenden) mit einer dünnen Bank fetten Thonmergels abschliesst. Dort, wo der obere Diluvialmergel zerstört ist, erkennt man seine Reste in einer Greschiebebestreuunz oder auch in einer über dem untern oO Sand ausgebreiteten Decke von Geschiebesand. Das Interglacial tritt nur in der östlichen Hälfte des Blattes, hier aber ın grosser Ausdehnung zu Tage. In dem nörd- lichen Theile dieses Striches, bei Thymau und Jesewitz, besteht es aus Hauptsand über Hauptthon, welche durch eine mächtige Mergelsandstufe allmählich m einander übergehen. Bei Aplinken tritt unter dem Hauptthon nochmals Sand auf, welcher weiter südlich (bei Münsterwalde, Fiedliez, Kl.-Wessel und Gr.-Wessel) zu beträchtlicher Mächtigkeit (ca. 15 Meter) anschwillt.e Auch dieser liegende Sand ist mit dem Hauptthon invig verbunden, und zwar dadurch, dass in seiner hangendsten Zone zahlreiche Bänke von Thon, Fayencemergel und Mergelsand eingelagert sind. So- wohl der Hauptsand als auch der liegendste Sand des Interglacials enthält grandige Lagen. Dort wo diese feingrandig, einem groben LXXXV Spathsande ähnlich entwickelt sind, enthalten sie Nordseefauna, wie (ardium edule, C. echinatum, Tapes, Cyprina, Scrobieularia, Nassa, (Cerithium etc. Vom Altglacial ist ein Geschiebemergel, welcher der von EsErTt (dieses Jahrb. f. 1885, p. xcı) als h bezeichneten Bank der Section Neuenburg entspricht, vom Nordrande der Section bei Thymau bis zum Südrande bei Gr.-Wessel ununterbrochen verfolgt. Er liegt im Norden direet unter dem Hauptthon, im Süden unter dem unteren Interglacialsand. Darunter folgt bei Fiedliez Thonmergel, dagegen bei Gr.- und Kl.- Wessel, sowie bei Aplinken und Münsterwalde Sand, unter welchem bei Münsterwalde noch ein vierter Geschiebemergel beobachtet werden konnte. Die Lagerung ist im Allgemeinen ziemlich regelmässig; doch war an einzelnen Stellen des 200 Fuss hohen Weichselsteilgehänges ein Abschneiden der Interglacialschichten durch das Jungglacial deutlich sichtbar. Ueberhaupt schmiegen sich die Schichten den Terrainfalten an, welche — wie im vorjährigen Berichte geschildert — als post- diluviale Aufpressungen die gesammte Terraingestaltung beherrschen. Besonders auffällig tritt dies bei jenem merkwürdigen Thal her- vor, in welchem der Halbdorfer und Pienonskowoer See liegen. Dasselbe ist vollständig ausgekleidet mit Oberdiluvialmergel, und tritt darum auf der geologischen Karte nur schwach hervor, während es das Gesammtbild dieser Karte beherrschen müsste wenn es etwa mit dem Sande einer Schmelzwasserrinne ausge- >) kleidet wäre. Beträchtliche Erosionsformen durchziehen dagegen die Münster- walder Forst und überhaupt die östliche Hälfte der Section. Zwar sind auch sie in ihrem Verlaufe bedingt durch Falten, aber die Spuren der Auswaschung machen sich in den allüberall hervor- tretenden tiefern Diluvialschichten unverkennbar geltend — em Umstand, der zwar das Kartenbild wesentlich verschönert, aber bei der Zerrissenheit des Terrains auch die Aufnahme ungemein er- schwerte. Das Jungalluvium der Weichselniederung schliesst sich LXXXVI demjenigen der Section Marienwerder vollständig an; das der Höhe besteht zumeist aus Torfbrüchen, welche als zahllose, meist kleine Kessel das Land erfüllen und theilweise Wiesenkalk im Untergrund haben. Flugsand überkleidet in dünner Decke manche Höhen. Endlich wurde, wie auf den frühern Blättern, der Dar- stellung der Abschlämmmassen besondere Sorgfalt zugewendet. Dieselben sind keineswegs blosse Nothbehelfe für jene Fälle, in denen wir die diluviale Schicht nicht festzustellen vermögen. Sie sind vielmehr selbständige geologische Gebilde von mehreren Metern Mächtigkeit, die sich in junggefaltetem Terrain überall in den Senken bilden müssen, und deren detaillirte Darstellung uns demnach den Verlauf der Wellen und Mulden schneller und klarer zu erfassen gestattet, als es sonst auf einer geologischen Karte der Fall sein würde. Es wurde nunmehr die Aufnahme des Marienwerder-Rehhof ostwärts angrenzenden Vierecks, der Blätter Gr.-Krebs-Riesenburg- Pestlin-Gr.-Rohdau begonnen, welche namentlich durch das Aut- treten von grösseren Seen Interesse gewähren, unter denen der 6'/, Kilometer lange Sorgensee bei Riesenburg der namhafteste ist. Zunächst wurde die südwestliche Ecke der Section Gr.-Krebs kartirt, welche die Umgebung von Gr.-Krebs bis nach Ottotschen, Littschen und Brakau umfasst. Oberdiluvialmergel ist dort weit verbreitet, und zwischendurch tritt unterer Sand, oft scharf ab- schneidend, in langen, breiten, ostwestlich streichenden Streifen hervor. In den Senkungen finden sich zahlreiche Torfflächen, die grenzenden im Durchschnitt grösser als diejenigen der westlich an Blätter sind, wohl eine Folge der spärlicher eingeschnittenen Erosionsrinnen. Zwischen Gr.-Krebs und Brakau senkt sich das Terraim zum Thal der Liebe, und man kann hier die Gliederung des Diluviums theilweise beobachten. Unter dem Oberdiluvial- mergel folgt etwa 1 Meter Mergelsand und Thonmergel, dann etwa 4 Meter Sand, dann Geschiebemergel. Dies Ganze entspricht dem Jungglacial. Das Interglacial enthält Hauptsand über geschichtetem Hauptthon, unter welchem bei Brakau noch 1,1 M. mittelkörniger Sand erbohrt werden konnte. Die Uebereinstimmung ist mithin — soweit überhaupt Beobachtungen vorliegen — eine LXXXVI vollständige. Fügen wir noch hinzu, dass noch weiter westlich, in Riesenburg, Nordseefauna im Interglacialsand bei mehreren Bohrungen getroffen wurde, so gewinnen wir in der That das Bild eimer regelmässigen, und in gewissen Grenzen constanten > Gliederung des Diluviums bei Marienwerder. Mittheilung des Herrn R. Kress über Aufnahme der Section Falkenau. Die Aufnahme der Section Falkenau wurde begonnen und vollendet. — Die Section Falkenau liest zu beiden Seiten des Alleflusses zwischen Section Bartenstein und Schippenbeil. Nur alluviale und diluviale Bildungen treten auf ihr an die Oberfläche oder sind durch die Erosionsthäler angeschnitten. Die jüngste Diluvialablagerung ist der Decksand, welcher als schmaler Streifen am nördlichen Alleufer bei Wehrwilten beginnt, dem Lauf der Alle folgt und erst an der Ostgrenze der Section auf beiden Alle- ufern eine grosse Ausdehnung annimmt. Der Decksand ist im Maximum 2 Meter mächtig und wird meist durch Deckthon unter- lagert, dessen Liegendes Mergel bildet. Dadurch, dass der Deck- thon in seinen oberen Partieen häufig sandig bis grandig wird, häufig auch ganz fehlt und Mer; fee) gel und Decksand zusammen- kommen, ist es nicht möglich, in allen Fällen auf den Untergrund des letzteren bei der Kartirung Kücksicht zu nehmen. Auch die Abgrenzung des Deckthons als solcher hat stellenweise seine grossen Schwierigkeiten, da ın denselben Distrieten auch im untern Diluvium bisweilen mehrfach über einander durch Sand, sogar durch Mergel getrennt, Thone auftreten, welche petrogra- phisch mit dem Deckthon übereinstimmen. Die Zugehörigkeit des Ober- zum Unterdiluvium wird dadurch noch mehr befestigt, indem man mindestens drei Ablagerungen von Grundmoränen und darauf folgender Einebenung mit Absatz von Grand, Sand, Thon etc. unterscheiden kann. Die lokal letzte dieser Moränen mit ihren Zerwaschungsproducten ist kartographisch als Oberdiluvium oO (Mergel, Deckthou und Decksand) bezeichnet. Auch die geringe Mächtigkeit des Decksandes hat ihre Anologien im Unterdiluvium, so namentlich in dem Gebiet südlich von Vorwerk Kl.-Schwa- LXXXVII reunen auf Section Bartenstein und in der südwestlichen Ecke von Blatt Falkenau. Ein charakteristisches Profil hierfür ist folgendes von Section Bartenstein: Lehm und thoniger Mergel 2 Meter, Schwach kalkhaltiger Sand 1,0--1,50 Meter, Thonmergel, Grauer Mergel. Da nun sichere Kriterien für die Abgrenzung eines an Ge- schieben armen Decksandes dann fehlen, wenn er direct auf unterm Sande lagert, so sind anf dem ganzen südlichen Alleufer die Sande als unterdiluvial aufgefasst. Die gesammten Lagerungsverhältnisse des oberen Diluviums entsprechen vollständig den Beobachtungen auf Section Gross- Peisten und Heilsberg. Die Uebersicht über sämmtliche Schichten ist folgende: l. Geschiebearmer Decksand, 2. Deckthon, roth, 3. Mergel, 4. Sand, 5. Rother geschichteter Thonmergel , ua. u . grauer Thonmergel, 6. Gelber geschichteter Thonmergel \ 7 7. Breccienschicht. Stücke untern Mergels in rein thonigem oder sandig thonigem Bindemittel, 8. Mergel, 9. Sand, 10. Thonmergel, 11. Mergel. Mittheilung des Herrn HExRY SCHRÖDER über die Auf- nahme der Section Rössel und des östlichen Theiles der Section Heilige Linde. Die Mitte des nördlichen Theiles der Section Rössel wird von der grossen Senke des jetzt mit alluvialem Thonmergel aus- gefüllten, ehemaligen Zain-Sees (150 Dec.-Fuss Meereshöhe) ein- o- genommen, von dem aus östlich sich die Terrainoberfläche zu dem Gudnicker Höhenvorsprung (bis 440 Fuss) in starker Böschung LXXXIX erhebt, während der Anstieg zu den westlich gelegenen Bischof- steiner Höhen (ca. 400 Fuss hoch) nur ein allmählicher ist. Das Südende dieser Senke biegt nach Osten in eine thalartige schmale Rinne um, die dann hakenartig nach Norden sich krümmend in der Nähe der Stadt Rössel endigt. Die Rinne steigt nach Süden zu schroff an und das Terrain geht erst langsam, dann schneller ansteigend in den ostpreussischen Höhenzug über, der hier auf dem südlich anstossenden Blatt die Meereshöhe von 550 Dee.- Fuss erreicht. — Diese Senke ist das natürliche Sammelreservoir der Abflussgewässer sämmtlicher östlich, westlich und südlich ge- legener Alluvionen und Seeen. Die theilweise Abhängigkeit dieser orographischen Gliederung von der geognostischen Anordnung der diluvialen Schichten hat sich durch die Kartirung ergeben. Als Kern des östlichen Gudnicker Höhenvorsprunges stellt sich nämlich eine Geröllan- häufung mit eingeschobenen Spathsand- und Thonmergelmassen unterdiluvialer Stellung heraus, deren Liegendes grauer Geschiebe- mergel ist. Dieselbe muss als die nördliche Endigung eines in nordwest-südöstlicher (also senkrecht zur allgemeinen Streichrich- tung des Höhenzuges), fast geradliniger Richtung das Terrain durchsetzenden Geröllzuges betrachtet werden, der bis jetzt auf eine Strecke von 10 Kilometern, ohne sein südliches Ende zu er- reichen, ım östlichen Theil der Section Rössel und innerhalb der Section Heilige Linde verfolgt wurde. In ähnlicher Weise sind die westlichen Bischofsteiner Höhen durch einen eleichen Ge- röll- und Sandzuz gleichfalls unterdiluvialer Stellung markirt, der in fast gleicher Richtung allerdings stellenweise nit Unterbrechung, nach Angabe des Herrn NÖTLInG, die Section Bischofstein quer durchsetzt und auch in der südwestlichen Ecke der Section Rössel angetroffen ist. Im Süden treten gleichfalls grosse Sand- und Geröllablagerungen auf, deren fernerer südlicher Verlauf noch un- bekannt ist. Der obere Geschiebemergel lest sich nun in diese von unterdiluvialen Höhen in weiter Umfassung begrenzte Mulde, deren Centrum alsdann unter dem Einfluss einer kräftigen Erosion gestanden hat, wie namentlich innerhalb der oben genannten thal- > artigen Rinne mehrere Punkte beweisen, an denen tiefere Diluvial- xXC schichten angeschnitten sind. Die jetzige Senke des Zainsees ist also in grossen Zügen unterdiluvial (rein geognostisch gesprochen) vorgebildet, dann nach Ablagerung des oberen Geschiebemergels stark erodirt und durch alluviale Thonmergel zum grossen Theil wieder ausgefüllt. Die genannten Geröllzüge stellen sich dem bereits im vor- jährigen Bericht innerhalb der Sectionen Krekollen und Siegfrieds- walde erwähnten Sandzuge in allen Punkten an die Seite. Die- selben müssen als langgestreckte, sattelartige Emporwölbungen unteren Diluviums, dem der obere Diluvialmergel mantelartig an- lagert, angesehen werden. Ueber die Art und das Alter ihrer Entstehung enthalte ich mich jedoch vorläufig jeglichen Urtheils, da man ihre südöstlichen Endigungen noch nicht kennt; jedenfalls sind sie eine sehr auffällige Erscheinung und für unsere Auffassung des geogmostischen Baues des ostpreussischen Höhenzuges von hervorragendem Interesse. Den sehr thonigen Diluvialmergel des Centrums der Section hössel überzieht eine stark humose Rinde stellenweise bis zu 1,5 Meter Mächtigkeit. Der Humusgehalt schwankt zwischen 2 und 4 pCt. des Gesammtbodens. Diese Schwarzerde überzieht mit einem verhüllenden Schleier sämmtliche Schichten des sehr stark kuppigen Terrains; ihre Verbreitung schliesst sich im All- gemeinen der südlichen Endigung des oben geschilderten Zamsee- beckens an. Ihre Entstehung ist jedoch nicht auf einen etwa in höherem als dem jetzigen Thalniveau befindlichen ehemaligen See zurückzuführen, sondern auf eine in früheren Zeiten stärkere Vegetationsdecke, die sich auf dem vollkommen undurchlässigen Untergrund und begünstigt durch die Feuchtigkeit, welche die von allen Seiten in das Centralbecken herzuströmenden Wässer entwickelten, entfalten konnte. XCI 4. Personal- Nachrichten. Vom 1. April 1886 ab sind die bisherigen Assistenten bei der geologischen Landesaufnahme Dr. E. LAUFER und Dr. F. Wann- SCHAFFE zu Landesgeologen und die bisherigen Hülfsgeologen Berg- referendar Dr. F. BEYSCHLAG und Dr. F. KLOCKMANN zu etatsmässigen Assistenten bei der geologischen Landesaufnahme ernannt worden. Den beiden letzteren, sowie dem Dr. E. DarHuE und dem Dr. K. KEILHACK ist von demselben Tage ab der Amtscharakter als »Bezirksgeologe« verliehen worden. Dr. G. MEYER ist als Mitarbeiter der geologischen Landes- anstalt eingetreten. Dr. G&. ANGELBIS ist aus der geologischen Landesanstalt ausge- schieden. Bei dem chemischen Laboratorium der Anstalt ıst der erste Assistent Dr. M. SPRENGER ausgeschieden und seine Stellung dem Chemiker Dr. C. BAERwALD übertragen worden. Der Chemiker Dr. M. BRAGARD ist eingetreten. Bei der chemisch-technischen Versuchsanstalt ist der Chemiker ‚). SCHADE ausgeschieden und sind die Chemiker Dr. R. HARTEN- MEISTER und R. TRIEBEL eingetreten. Bei der geologisch-agronomischen Aufnahme im Flachlande sind die Cnlturtechniker LÜBECK, SCHOLZ und KEIPER ausge- schieden und die Culturtechniker HÜBINGER und BLÜTNNER ein- getreten. II, Abhandlungen von Mitarbeitern der Königlichen geologischen Landesanstalt. Ueber postglaciale Dislokationen. Von Herrn A. v. Koenen in Göttingen. Nachdem ich durch meine Untersuchungen über Dislokationen und Schichtenstörungen, über welche ich in den drei letzten Bänden des Jahrbuches der Kgl. Preuss. geol. Landesanstalt (für 1883, 1884 und 1885) berichtet habe, zu dem Resultate gelangt war, dass diese Störungen im mittleren Deutschland zum Theil erst nach Ablagerung des nordischen Diluviums erfolgt sind, dass sie dort Veranlassung zur Bildung und zum Theil auch Verände- rung der Bergzüge und vor allem der Thäler gegeben haben, dass sie sich nach bestimmten, verschiedenen Richtungen viele Hun- derte von Kilometern verfolgen lassen, und dass die ganz ähnlich verlaufenden, beziehentlich ihre Richtung verändernden Gewässer, Flüsse und Seeen im norddeutschen Flachlande vermuthlich in ähnlicher Weise in postglacialer Zeit entstanden seien, erfolgte unerwartet schnell eine erste Bestätigung dieser letzteren Ansicht, indem G. BERENDT schon im April d. J. (Protokoll über die Conferenz der Mitarbeiter der geologischen Landes-Anstalt zur Berathung des Arbeitsplanes für 1886, S. 36) mittheilte »dass in dem alten Thale Spandau-Berlin- Frankfurt a./O. eine grosse Verwerfung von Tertiärschichten gegen Diluvialbildungen existire, deren Sprunghöhe bei Frankfurt sich nach neueren Aufschlüssen auf über 112 Meter beliefe. Mit Recht hob aber BERENDT hervor, dass es in der norddeutschen Ebene schwer sei zu entscheiden, ob man es im einzelnen Falle nur mit Bewegungen in den oberen, Jahrbuch 1886. l 2 A. v. Korsen, Ueber postglaciale Dislokationen. losen Bildungen allein oder auch mit solchen in dem darunter liegenden festen Gestein zu thun habe. Ohne Zweifel werden aber ähnliche Beobachtungen, wie die jetzt von BERENDT und früher schon von mir selbst angeführten, noch in grösserer Zahl gemacht werden, nachdem einmal die Aufmerksamkeit auf diesen Punkt gelenkt worden ist. Das Vorhandensein postglacialer Verwerfungen, verbunden mit lokalen oder regionalen Niveau-Veränderungen der Erdober- fläche ist aber von erheblicher Tragweite für die Deutung einer Anzahl recht wichtiger Erscheinungen in der letzten geologischen Geschichte der Erde. So wird z. B. der Einwand gegen die Gletscher- Theorie ganz entkräftet, dass die skandinavische Halbinsel sich nicht hoch genug über die norddeutsche Ebene erhöbe, als dass von jener nach dieser ein Gletscher sich bewegt haben könnte; die Niveau-Ver- hältnisse sind ohne Zweifel zur Eiszeit ganz andere gewesen, als heut zu Tage. Wenn ferner aus der Gleichheit der Faunen von Inseln, wie ÖCorsica und Sardinien und des Festlandes, welche durch über 1200 Fuss tiefe Meerestheile von einander getrennt sind, der Schluss gezogen wird, dass beide in früherer Zeit zusammengehangen hätten, die Erdoberfläche sich aber später um mindestens 1200 Fuss ge- senkt habe, resp. das Meer um ebensoviel gestiegen sei, wenn aus diesen und anderen Gründen gefolgert wird, England sei um 1200 Fuss gesunken, so wird vielleicht besser anzunehmen sein, dass Inseln und Festland in postglacialer Zeit durch einen Ein- bruch der Erdrinde von einander getrennt worden sind. Ein solches Einsinken des Meeresgrundes muss aber eher ein Zurück- weichen des Meeres vom Lande zur Folge haben als das Um- gekehrte. Ueber derartige südeuropäische und ausser-europäische Vor- kommnisse hat nun SUESS in seinem Epoche machenden Werke (das Antlitz der Erde) eine Fülle von wichtigen Mittheilungen gebracht und ganz andere Anschauungen verbreitet, speciell für das Mittel- meer-Gebiet hat er auch eine förmliche Geschichte von der Miocän- Zeit ab geliefert; für das nördliche Europa jedoch, zunächst für —r A. v. Korsen, Ueber postglaciale Dislokationen. 3 Norddeutschland konnte er verhältnissmässig wenige Einzelheiten auf Grund älterer Beobachtungen mittheilen, da solche Erwägungen früher wenig Boden gefunden hatten. Die Angaben, welche ich zuerst vor ca. 3 Jahren über das Vorhandensein von postglacialen Verwerfungen und Versenkungen machte, sind wohl von mancher Seite für unwahrscheinlich oder unglaublich gehalten worden, und im Gefühl, dass seit Menschen- gedenken derartige Veränderungen der Erdoberfläche bei uns nicht beobachtet worden sind, und gewöhnt, in der Geologie mit Dislokationen in weit entfernten und sehr grossen Zeitabschnitten zu rechnen, hat man sie überhaupt für Ereignisse einer längst verflossenen geologischen Periode genommen und lieber durch Gletscherwirkungen und dergleichen eme Reihe von Erschemungen der Erdoberfläche Norddeutschlands zu erklären gesucht als durch Versenkungen etc. neueren Datums, wie dies bei durchaus ähnlichen Erscheinungen weiter südlich, besonders in der von mir genauer untersuchten Gegend von Kreiensen-Göttingen-Marburg-Hersfeld- Geisa-Vacha unbedingt geschehen muss, wo grösstentheils nordische Diluvialbildungen gar nicht vorhanden sind. Um weitere Gesichtspunkte für diese Fragen zu gewinnen, erscheint es nun vor allem geboten, den Bau der Erdrinde an solchen Stellen zu untersuchen, wo die nordischen Glacialbildungen auf festeren, älteren Schichten liegen als auf Tertiärschichten und schon deshalb deutlichere, besser aufgeschlossene Profile dar- bieten, und ich benutzte daher einen mehrwöchentlichen Aufenthalt in Sassnitz auf Rügen, um mir ein Urtheil zu bilden, in wie weit die von mir für das mittlere Deutschland gewonnenen An- schauungen auch für den nordöstlichen Theil von Rügen, die Halbinsel Jasmund, Geltung fänden. In seiner sehr klaren und wichtigen Arbeit »Ueber die Lage- rungsverhältnisse und die Hebungsphänomene in den Kreidefelsen auf Möen und Rügen (Zeitschr. d. Deutsch. geol. Ges. Bd. XXV], S. 533 — 585, Taf. 11 u. 12) hatte JOHNSTRUP eine sehr genaue, von Profilzeichnungen begleitete Schilderung der geologischen Verhältnisse von Möen und Rügen gegeben, wie sie an den zum Theil bis fast 500 Fuss steil aufragenden Klippen nach der grossen 1” 4 A. v. Korsen, Ueber postglaciale Dislokationen. Sturmfluth von 1872 sichtbar waren und meist noch sichtbar sind, und ich kann die Richtigkeit seiner Angaben über diejenigen Profile, welche ich selbst besichtigt habe, nur einfach bestätigen. JonNnstRUP kam aber durch seine Untersuchungen zu dem Schluss, dass die vielfache Zwischenlagerung von nordischem Di- luvium zwischen die Kreide dadurch hervorgebracht sei, dass der spätere Eisstrom, bei dem zweiten Vorrücken des nordischen Gletschers, die Schreibkreide in Platten und Blöcken zur Seite geschoben habe, wobei dann die früher auf der Oberfläche der Schreibkreide abgelagerten nordischen Sand- und Thon-Massen zwischen diese aufgeschobenen Kreideschollen auf die verschiedenste Weise eingeklemmt worden seien. Wenn ich nun auch einerseits gern zugeben will, dass durch den Druck eines vorrückenden gewaltigen Gletschers recht wohl solche Störungen hervorgebracht worden sein können, wie sie ‚JOHNSTRUP von Möen und Rügen beschreibt und wie ich sie zum Theil selbst gesehen habe, so möchte ich doch andrerseits zunächst hervorheben, dass die Kreide in kügen zum Theil schon vor der Glacialzeit erhebliche Störungen erlitten hat, wie dies sich daraus ergiebt, dass der untere, dunkel gefärbte Geschiebethon gleichmässig mit flachem Eifallen bald auf flach geneigter, bald auf steil aufgerichteter Schreibkreide lagert. Die ganz unregelmässigen Zwischenlagerungen von unterem Geschiebethon und Sand zwischen die grossen Kreideschollen er- innern aber sehr an die Versenkungen jüngerer Gesteine zwischen ältere, wie wir sie so häufig im mittleren Deutschland antreffen, in Gegenden, bis zu welcher die nordischen Glacialbildungen nicht herabreichen, in welchen also an eine Gletscherwirkung nicht wohl zu denken ist. An der Steilküste von Jasmund bestehen die höchsten Vor- sprünge aus Kreide und tragen eine meist nur schwache Diluvial- decke; die dazwischen liegenden Einsenkungen des Terrains ent- halten dagegen bis zum Meeresspiegel hinab nur unteren Ge- schiebethon und Sand und verlaufen im Wesentlichen einander parallel nach Westen hin weit m das Land hinein, zum Theil tief eingeschnitten, falls Wasserläufe in ihnen vorhanden sind, zum A. v. Kornen, Ueber postglaciale Dislokationen. 5 Theil aber auch als flache Depressionen, in welchen vielfach »auf- fallend tiefe, bald kesselförmige, bald in die Länge hingedehnte Vertiefungen« zu sehen sind (dahin gehört unter vielen Anderen auch der Hertha-See bei Stubbenkammer), wie JOHNSTRUP solche von Möen (a. a. ©. S. 569) anführt; dergleichen kenne ich aber auch aus dem mittleren Deutschland und habe ich zum Theil gelegentlich früher beschrieben, als von Einstürzen auf Spalten herrührend, so namentlich die Erdfälle auf dem Buntsandstein-Plateau südlich von Hersfeld (Jahrbuch der Kgl. geol. Landesanstalt für 1882, S. XXVI). Wenn nun JOHNSTRUP daraus, dass zwischen den Kreide- massen eingeklemmt nur unterer Geschiebethon und Sand liegt, den Schluss zieht, dass diese Einklemmung vor Ablagerung des oberen Greschiebethons erfolgt sei, so lässt sich hiergegen Folgendes einwenden: Auf den höher hervorragenden Kreidefelsen ist nur unterer Geschiebethon und Sand vorhanden und meist nur wenig mächtig, sei es nun, dass hier einfach oberes Diluvium nicht liegen geblieben oder dafür noch unteres Diluvium mit fortgeführt worden ist, sei es, dass es durch spätere Erosion fortgeführt worden ist. Es ist daher nur selbstverständlich, dass durch Einsturz oder andere Dislokationen auch in späterer, selbst in jüngster Zeit nicht wohl oberes Diluvium zwischen die Kreideschollen gerathen konnte. Wenn ferner an der Nordseite von Arkona die Kreide auf unterem Geschiebethon liegt), wie solcher an der Landungsstelle, an der Östspitze, in seiner Mitte ca. 1 Meter geschiebefreien Thon umschliessend, in grösserer Mächtigkeit über der Kreide liegt, so würde dies immerhin in ähnlicher Weise erklärt werden können, wie das früher gelegentlich erwähnte Vorkommen von mittlerem und oberem Lias unter dem Zechsten im Tagebau der Georgs- Marienhütte am Hüggel bei Osnabrück. Ausser jenen Einsenkungen in der Stubnitz-Waldung, zwischen Stubbenkammer und Sassnitz, sind aber auch weiter südlich bis nach Bergen hin noch mehrere, zum Theil Wasserflächen oder l) Das betroffende, von Jonsstrur beschriebene Profil, habe ich leider nicht besuchen können. 6 A. v. Koenen, Ueber postglaciale Dislokationen. nasse Wiesen enthaltende Depressionen anzutreffen, welche eben- falls etwa von Osten nach Westen verlaufen und somit wohl gleichen Ursprungs sind, wie die oben erwähnten. Neben diesen Depressionen steht aber überall der helle, viele Kreide und Feuersteine enthaltende obere Geschiebethon zu Tage; derselbe war also schon abgelagert, ehe diese Depressionen sich bildeten. Wenn nun auch alle die bisher besprochenen Erscheinungen im Sinne JOHNSTRUP’s erklärt werden könnten, so sind aber doch auch an verschiedenen Stellen deutliche Merkmale eines Absınkens von Gebirgstheilen gegen das Meer hin zu beobachten, wie dies durch JoHNnsTRuUP’s Annahmen nicht wohl erklärt werden kann. Eine Abrutschung aus jüngerer Zeit, wohl als einfacher Erd- rutsch in Folge von Unterspülung durch die Meereswellen anzu- sehen, befindet sich unter anderen ca. 1500 Meter nordöstlich von Sassnitz unmittelbar südlich von der sogenannten Störtebecks-Burg. Es liegt hier ein halbmondförmiges Gebirgsstück von etwa 100 Meter Länge noch in der Nische, in welcher es herabrutschte, aber über 10 Meter tiefer mit seiner Oberfläche, als der umgebende Wald, und diese ist gegen die Abrutschungsfläche hin recht erheblich geneigt, wie dies bei solchen abgerutschten Massen so häufig der Fall ist und sich dadurch erklärt, dass die Fläche, auf welcher die Rutschung erfolgte, concav ist (S. Fig. 1); es drehte sich das Fig. 1. rutschende Stück gleichsam um die Axe (f) dieser concaven Fläche, und es kann vorkommen, dass ein Theil des gerutschten Stückes höher zu liegen kommt als vorher, falls nämlich jene Axe noch innerhalb des gerutschten Stückes liegt, wie bei dem Stück ade, wenn auch eine Rutschung, wie die des Stückes abc weit häufiger ist. A. v. Korxen, Ueber postglaciale Dislokationen. 7 Ganz dasselbe gilt aber auch von dem Absinken an Ver- werfungen, und ich möchte bei dieser Gelegenheit darauf hinweisen, dass es von vorn herein wahrscheinlich ist, dass, falls dieselben Schichten auf den beiden Seiten einer Verwerfung ein verschie- denes Einfallen besitzen, die Verwerfung selbst nach der Seite concav sein dürfte, nach welcher die gesunkenen Schichten steiler einfallen; wenn ganz allgemein in den Profilen von Dislokationen die Verwerfungen geradlinig gezeichnet werden, so hat dies seinen Grund wohl darin, dass ihr Einfallen in der Regel nur an der Tages-Oberfläche beobachtet werden kann. Ein verständlicheres Bild erzielen und auch wohl der Wirk- lichkeit näher kommen würde man wohl, wenn die Verwerfungen entsprechend gekrümmt angegeben würden; ist ja doch schon oft genug beobachtet worden, dass. Verwerfungen in der Tiefe ein flacheres Einfallen annehmen. Das schematische Profil, welches J. C. Russe (Annual Report U. S. Geolog. Survey, Washing- ton 1883, S. 202, Fig. 44) als »Ideal section illustrating Basın range structure« mittheilte ), und welches BRÖGGER (Ueber die Bildungsgeschichte des Kristianiafjords, Nyt. Magazin for Natur- videnskaberne XXX. Band, 2. Heft, S. 114) reproducirte (siehe unsere Figur 2), würde nach Obigem etwa in der durch Fig. 3 Fig. 2. ') Höchst interessant sind auch dessen Beobachtungen über recente Dis- lokationen 1. c. S. 232. 8 A. v. Kornen, Ueber postglaciale Dislokationen. erläuterten Weise zu erklären sein, auf welcher durch punktirte Linien die ursprüngliche Lage der von beiden Seiten an das zuerst gesunkene mittlere Stück herangerutschten Gebirgstheile angegeben ist; von diesen dürften aber die untersten Theile ede zertrümmert worden und in die darunter klaffende Spalte df zum Theil hinab- gestürzt sein. Um aber nach diesen beiläufigen Bemerkungen auf das nord- östlich von Sassnitz an der Küste abgesunkene Stück zurück- zukommen, so ergiebt sich der ziemlich neue Zeitpunkt der Rutschung wohl schon daraus, dass die Grenze zwischen der Oberfläche des gesunkenen Theiles und zwischen der steilen Böschung der stehen gebliebenen Diluvialbildungen eine durch- aus scharfe ist, resp. noch nicht im Geringsten durch Abhangs- schutt abgerundet oder verwischt ist. Der daneben stehen gebliebene Gebirgstheil zeigt nun unter mehr oder minder mächtigen Diluvialbildungen an der Küste an- stehende Kreide und ist mit seiner Oberfläche ebenfalls etwas landeinwärts geneigt bis zum Beginne des steileren Abhanges der dahinter befindlichen Berge, an welchem vielfach wieder Kreide- bildungen sichtbar werden, und über diesen folgen wieder Glacial- bildungen, also in erheblich höherem Niveau als an der zunächst liegenden Küste. Es hat aber hiernach durchaus den Anschein, als sei der ganze, zwischen der Küste und dem steileren Abhange liegende Gebirgstheil ebenfalls abgesunken, freilich aber schon in älterer Zeit, da die Grenze nach oben schon stärker von Abhangs- schutt bedeckt und abgerundet ist, und sicher nicht in Folge von Unterspülung durch das Meer, da sich von der eben zunächst besprochenen Stelle eine recht gleichmässige Terrasse mit nur flach geneigter Oberfläche über Sassnitz und Krampas fort, nur durch den Steinbach in Sassnitz unterbrochen, über 3 Kilometer weit mindestens bis an den Fuss des Lenzberges bei Lanken verfolgen lässt, und zwar nach Westen immer breiter werdend, so dass sie südlich vom Lenzberge fast 1 Kilometer breit ist. Die Verwerfung, an welcher diese Terrasse abgesunken ist, verläuft auch wieder im Allgemeinen von Osten nach Westen und ist in den nördlichsten Kreidebrüchen von Sassnitz gut sichtbar; nördlich von ihr tritt an zahlreichen Stellen von der Schweden- A. v. Kornen, Ueber postglaciale Dislokationen. 9 schanze bis zum Fusse des Lenzberges die Schreibkreide zu Tage. Wenn wir aber hier ein Absinken dieser Terrasse in postglacialer Zeit für sehr wahrscheinlich halten müssen, so wird dadurch auch der weitere Schluss wahrscheinlich, dass dies ein stufenförmiges Absinken ist, und dass der Boden der Ostsee selbst in post- glacialer Zeit eingesunken ist. Es fehlt auf Rügen übrigens auch keineswegs an Spalten, welche in anderen Richtungen verlaufen, besonders von Süden nach Norden, also rechtwinklig gegen die erwähnten Ost-W est- Spalten. So verläuft eine Spalte durch das Thal des Steinbaches, welcher sich durch Sassnitz in das Meer ergiesst; die von WAHR- SCHAFFE (Zeitschr. d. Deutsch. geol. Ges. 1882, Bd. XXXIV, S. 594) beobachtete, nordische Geschiebe enthaltende Verwerfung in der Kreide in dem Stollen des neuen Küsrer’schen Kreide- bruches schneidet den Stollen unter spitzem Winkel und ver- läuft südnördlich nach dem Rande des Steinbachthales; sie fällt übrigens unregelmässiger und flacher ein, als es auf WAHNSCHAFFE's schematischem Profile angegeben ist und ist jedenfalls noch von anderen, parallel laufenden Spalten begleitet. Die Annahme WAHNSCHAFFE's, dass der untere Geschiebe- thon und Sand etc. in dem alten Küster’schen Bruche ursprüng- lich »ziemlich horizontal auf der Kreide abgelagert und dann mit ihr zusammen gefaltet worden« sei, ist mir nicht recht wahrscheinlich, da alle diese Diluvialbildungen sich, wie auf dem Profil zu sehen ist, recht gleichmässig, jede für sich, nach derjenigen Seite hin auskeilen, wo sie sich nebst ihrer Unterlage steiler herausheben. Dies spricht jedenfalls für ein Abgelagertwordensein nicht auf ziemlich horizontaler Unterlage, sondern in einer ziemlich tiefen, muldenartigen Vertiefung, und in einer solchen konnten auch am leichtesten sich die vielen einzelnen lokalen Schichten absetzen und diese die interessante kleine Süsswasserfauna aufnehmen, welche STRUCKMANN (Zeitschr. d. Deutsch. geol. Ges. 1879, Bd. XXXI, S. 788) dort entdeckt hat. Zum Vergleich mit den auf Rügen beobachteten Verhältnissen möchte ich hier nun noch ein Vorkommen erwähnen, welches südlich von Seesen, am westlichen Harzrande, zum Theil durch Eisenbahneinschnitte gut aufgeschlossen ist. Einige Angaben, 10 A. v. Korsen, Ueber postglaciale Dislokationen. welche Herr Bahnmeister VOGEL in Seesen mir lieferte, gaben eine werthvolle Beleuchtung des noch Sichtbaren und verdienen aufbewahrt zu werden. Am westlichen Rande des Messtischblattes (1: 25000) Seesen, südwestlich von Seesen selbst, gleich nördlich der Eisenbahn nach Kreiensen, befinden sich zwei tiefe Erdfälle von je ca. 40—50 Meter Durchmesser, etwas über 60 Meter von einander entfernt. In beiden steht Wasser, und zwar in dem südwestlicheren, dem »Röddekolk«, in welchem eine Bade-Anstalt angelegt ist, stets niedriger, als in dem anderen als »Erdfall« bezeichneten. Ein paar andere Erdfälle liegen auch noch weiter nördlich ganz in der Thalsohle. Im Nachsommer des Jahres 1872, nachdem der Wasserspiegel im »Erdfalle« seit einiger Zeit auffallend gesunken war, entstand nun plötzlich zwischen dem Geleise der Eisenbahn nach Kreiensen ein ca. 60 Öentimeter weites Loch, welches sich nach unten er- weiterte, und gleichzeitig senkte sich das Terrain rings herum um ca. 30 Centimeter in emem Durchmesser von ca. 25 Meter. Diesem Umstande wurde keine besondere Beachtung geschenkt und mit grösseren Mengen von Erdreich wurde das Loch wieder zugefüllt. Nach 4 Jahren, 1876, entstand aber an derselben Stelle plötz- lich ein neuer Erdfall von 25 Meter Durchmesser, also in der Grösse der früher um 30 Centimeter gesunkenen Fläche; der hohe, eiserne Pfosten eines optischen Telegraphen verschwand darin vollständig, während die Schienen frei darüber hängen blieben. Nach zwei Tagen betrug die Tiefe noch 10 Meter, und es stellte sich dann Wasser darin ein, während nach dem Einsturz die nördlich davon in der Thalsohle an der Obermühle entspringende Quelle ganz schlammiges Wasser bekommen hatte. Behufs Untersuchung der Tiefe der lockeren Massen in dem Erdfall wurde ein Pfahl hineingerammt, welcher bis nahezu 100 Fuss sich leicht einrammen liess, dann plötzlich von selbst 5 Fuss tiefer sank, aber sich nun nicht mehr tiefer treiben liess, da er augen- scheinlich auf festeres Gestein gekommen war. Ein Bohrloch daneben traf bis auf 200 Fuss Tiefe nur rothen Sand und Thon A. v. Korsen, Ueber postglaciale Dislokationen. 11 (unteren Buntsandstein). Unmittelbar südlich davon ist aber an der südlichen Böschung des Bahneinschnittes, ca. 80 Meter von der Stelle, wo sich die Einschnitte der Eisenbahnen nach Krei- ensen und nach Gittelde trennen, im unteren Buntsandstein eine etwa 20 Meter breite Spalte sichtbar, welche mit Lehm und Schotter — auch Feuersteine und nordischen Granit enthaltend — erfüllt ist, während auf beiden Seiten derselben der Buntsandstein bis zur Tages-Oberfläche reicht. Kaum 100 Meter südlich davon (etwas gegen Osten) findet sich auf dem flachen Bergrücken, an dem nach Nordosten, nach Seesen laufenden Feldwege, wieder ein kleiner Erdfall von ca. 30 Meter Durchmesser. Etwa 350 Meter in derselben Richtung fort, unmittelbar östlich von der Chaussee von Seesen nach Herr- hausen, entstand ferner im Spätsommer 1876 ein Erdfall von ähnlicher Grösse, welcher jetzt fast bis oben voll Wasser steht, aber doch erkennen lässt, dass in ihm nordischer Schotter ansteht. In der Nähe finden sich hier noch mehrere Erdfälle. Etwa 750 Meter weiter nach Süden bis Südsüdosten liegt dann gleich östlich von dem tiefen Einschnitte der Eisenbahn nach Gittelde eine Sandgrube, in welcher grober Sand mit nor- dischen Geschieben gewonnen wird; derselbe Sand füllt aber hier bis unter die Sohle des Einschnittes eine Spalte im unteren Bunt- sandstein aus, welche den südöstlich laufenden Einschnitt unter einem sehr spitzen Winkel schneidet und deshalb auf eine Länge von über 100 Meter in dem Einschnitte sichtbar ist. Nach Süden, nach Herrhausen zu, verdeckt Lehm die Fort- setzung dieses gangförmigen Schotter-Vorkommens, aber 500 Meter weiter, nahe dem Dorfe, und nur ca. 60 Meter westlich der Eisen- bahn liegt im Felde wieder ein kleiner Erdfall, der auf der Karte als Wiesenfleck angegeben ist, und noch 250 Meter immer in derselben Richtung fort liegt am östlichen Ausgange des Dorfes Herrhausen unmittelbar westlich der Bahn ein Erdfall, der so- genannte »Buttermilchsnapf«, und noch nicht 50 Meter südöst- lich davon, aber östlich von dem Bahndamme, ein zweiter, der »Nettespring«. Aus diesen beiden Erdfällen entspringen 2 Quellen, welche stark genug sind, um je eine Mühle zu treiben. 12 A. v. Koznen, Ueber postglaciale Dislokationen. Alle hier angeführten Punkte liegen nun in einer ziemlich geraden, fast 2500 Meter langen Linie, und zwischen ihnen konnte an einzelnen Stellen auch noch ohne Weiteres nordischer Kies nachgewiesen werden, während an anderen dieser unter einer Lehm- oder Wiesen-Decke oder unter den Steinen der alten Chaussee und unter Abhangsschutt nicht sichtbar war, auch zum Theil wegen des derzeitigen Zustandes der Felder nicht aufgesucht werden konnte. Nach Allem, was ich hier angeführt habe, kann es aber kaum irgend einem Zweifel unterliegen, dass diese sämmt- lichen Vorkommnisse in engster Beziehung zu einander stehen, dass hier also eine mindestens 2!/, Kilometer lange, klaffende Spalte im unteren Buntsandstein vorliegt, welche mit Schutt von nordischem Material erfüllt wurde, als dieses dort abgelagert wurde oder nachdem es dort abgelagert war, aber ehe dasselbe grossen- theils wieder ringsum erodirt wurde, und ehe sich dann darüber Lehm ablagerte; dass ferner in dieser Spalte Wasser fortfliesst, an einzelnen Stellen in Gestalt von Quellen empordringt, ferner Sand etc. mit sich fortführt und dadurch Hohlräume und endlich Erdfälle verursacht, wie ich dies vor über 4 Jahren für jene andere Spalte als wahrscheinlich angenommen hatte. (Siehe Jahr- buch d. Kgl. geol. Landesanstalt für 1882, S. XXVL.) Unsere Spalte ist aber in Folge ihrer Ausfüllung mit nordischem Material mit hinreichender Sicherheit als eine postglaciale anzu- sprechen, denn hätte sie vor der Glacialzeit sich geöffnet, so wäre sie jedenfalls mit Schutt von einheimischen resp. Harz-Gesteinen erfüllt worden, und dass sie sich gerade zur Zeit der Ablagerung des nordischen Materials eröffnet haben sollte, ist nicht sonderlich wahrscheinlich. Von einer Zusammenschiebung grösserer Gebirgsmassen durch Gletscher der jüngeren Glacialzeit, wie JOHNSTRUP solche für Rügen und Möen annahm, kann hier bei Seesen nicht wohl die Rede sein. Ihrer Richtung nach gehört unsere Spalte aber zu dem aus- gedehnten System von Nord-Süd-Spalten, welche am Westrande des Harzes zum Theil so erhebliche Dislokationen im Gefolge haben, und für welche ich schon früher eine zum Theil postglaciale A. v. Korsen, Ueber postglaciale Dislokationen. 13 Entstehung in Anspruch genommen und begründet habe. Wie weit die Spalte sonst noch fortsetzt, soll durch spätere Unter- suchungen festgestellt werden; nach Norden hin verläuft sie augen- scheinlich über Bornhausen in die grosse Bruchlinie Ildehausen- Kleinrhüden etc., während sie bei Herrhausen auf die früher von mir mehrfach erwähnte Bruchlinie Herrhausen -Gandersheim- Naönsen-Stadtoldendorf-Horn bei Detmold trifit, welche ich eben- falls für postglacial erklärte, wie ja auch Herr v. DECHEN schon vor längeren Jahren aus der Vertheilung des Diluviums auf post- glaciale Bewegungen im Teutoburger Walde schloss. Jedenfalls ist unsere Spalte und die auf ihr befindlichen Erd- fälle nicht auf die Auflösung von Gyps oder Steinsalz zurückzu- führen, wie dies für ähnliche Erscheinungen sonst zu geschehen pflegt, vielmehr würde eine solche Auflösung, wenn sie wirklich in grösserem Umfange statt gefunden hat und nachgewiesen werden kann, nur als eine Folge der Spaltenbildung anzusehen sein, indem durch die Spalte gerade dem Wasser der Zutritt zu dem Untergrunde ermöglicht oder doch erleichtert werden musste. In neuerer Zeit ist nun von verschiedenen Autoren, zum Theil mit Bestimmtheit, die Ansicht ausgesprochen worden, der Löss sei das Aequivalent der oberen Glacialbildungen, ja es wird sogar ange- nommen, er sei ein Niederschlag von Gletscher-Abschmelz-Wasser. Hiergegen möchte ich nun bemerken, dass fast aller Lehm des mitteldeutschen, ausserhalb des Bereiches der nordischen Glacialbildungen gelegenen Berg- und Hügel-Landes mehr oder minder Löss-artig entwickelt ist und häufig genug Lössschnecken und Lösspuppen enthält, auch in Gegenden, in welche nicht wohl Abschmelzwässer der nordischen oder alpinen Gletscher gelangen konnten, so bei Cassel, Marburg, Nidda, Fulda, Hersfeld, Vacha etc. In Bezug auf den Kalkgehalt schwankt er recht erheblich, und, wenigstens nicht unerheblich, auch in Bezug auf die Grösse der Quarzkörnchen, aus denen er wesentlich besteht. Manche Schichten, in welchen dieselben etwas grösser sind, können mit Wasser leichter beweglich werden, ähnlich wie Schwimmsand, und sind dann auch weniger durchlässig für Wasser; dergleichen wird in hiesiger Gegend Trieb-, Flott- oder Fluss-Lehm genannt. 14 . A. v. Korsen, Ueber postglaciale Dislokationen. Aus der petrographischen Beschaffenheit des Lehms kann ich aber nicht wohl auf eine Altersverschiedenheit der Lösslehm- Vorkommnisse schliessen. Die Beschaffenheit unseres fluviatilen Lösslehms hängt doch wesentlich von der Beschaffenheit der in dem betreffenden Fluss- gebiete stromaufwärts vorhandenen Gesteine ab, sodass z. B. im Bereiche des oberen Buntsandsteins oder Röth der Lehm häufig mehr thonig und auch röthlich ist, im Bereich palaeozoischer Ge- biete gelegentlich in feinen Sand von Kieselschiefer - etc. - Körnchen übergeht, wie im einer Lehmgrube am westlichen Ausgange von Grossfelden nördlich von Marburg. Wenn er trotzdem vorwiegend lcehmgelb bis braun ist und aus kleinen Quarzkörnchen besteht, so erklärt sich dies einfach daraus, dass unterer und mittlerer Buntsandstein bei uns in so ausgedehnten Gebieten zu Tage steht und, ebenso wie älterer Lehm, in weitaus stärkerem Maasse durch die Erosion zerstört wird als kalkige oder thonige Gesteine. Ein grosser Theil des Buntsandsteins zerfällt ja leicht und schnell zu Sand, aber auch Stücke der festeren Bänke werden als Fluss- gerölle leicht abgerieben; das färbende Eisenoxyd geht leicht in Eisenoxydhydrat über. Von der Stärke dieser Erosion geben vor Allem die Schutt- kegel und Deltabildungen Zeugniss, welche am Ausgang von Nebenthälern in die Hauptthäler vor der Mündung der Zuflüsse in Buntsandsteingebieten bei uns stets weit grösser sind, als ın Kalk- und Thon-Gebieten, wie ja auch in ersteren ausserordent- lich häufig in den Flussthälern die Städte und Dörfer vor Seiten- Thälern und Schluchten auf deren Schuttkegeln liegen. Das feine Sediment unserer Flüsse muss daher vorwiegend ein sandiges, Löss-artiges sein und von jeher gewesen sein, zu- mal da die feinen Thontheilchen von dem trüben Hochwasser wohl grossentheils bis ins Meer mitgeführt werden. Dieser Löss- lebm mag ja nun zum Theil recht alt sein, zum Theil ist er aber auch noch recht jung. Bei den ausgedehnten Lehm-Ablagerungen des Leine-Thales bei Göttingen fand ich folgende Anhaltspunkte für deren Altersbestimmung: A. v. Korsen, Ueber postglaciale Dislokationen. 15 Am Fusse des Hainberges bei Göttingen, bei Rossdorf ete. liegt vielfach der Lehm über Kalktuff mit noch lebenden Schnecken, an ersterer Stelle mit Helix hortensis ete. und Blättern von Erle ete., den ich keinen Grund habe, für alt-diluvial anzusehen. In dem Lehm finden sich aber vielfach Urnen rohester Arbeit mit verbrannten Knochen. Es fanden sich in dem Lehm auch die von HAUSMANN und von mir angeführten prähistorischen Gegen- stände, vor 3 Jahren noch ein Schädel mit einem einfachen Hals- ringe von Bronzedraht, eine Hacke aus Hirschgeweih, ein Feuer- steinmesserchen, und nahe der Springmühle westlich Göttingen fand mein Assistent, Herr G. MÜLLER, neuerdings im Lehm alte Feuerstätten mit Holzkohlen, Urnenscherben und kleinen Feuer- steinmessern; Aehnliches wurde voriges Jahr bei Gross-Lengden in 0,50 Meter Tiefe gefunden. Dieser Lehm ist also älter als unsere Bronze- und spätere Steinzeit, die freilich vielleicht nicht viel oder gar nicht über die christliche Zeitrechnung zurückreicht. Ferner liegt fast unter der ganzen Stadt Göttingen und westlich sowie nordwestlich davon Kies in grösserer Mächtigkeit, unter dem früheren Gymnasium, zum Theil ziemlich fein und reich an Bunt- sandsteinsand, über 8 Meter mächtig, im unteren Theile der Stadt zum Theil noch mächtiger und reicher an grösseren Muschelkalkgeröllen. Hier, nahe der Thalsohle, in der Nähe der Eisenbahn, sind darin in älterer und neuerer Zeit mehrfach Zähne und Knochen von Mammuth und Rhinoceros, aber auch Geweihe von Hirsch und Elch gefunden worden, und letztere in einem Falle mit alten Einschnitten von Menschenhand. Darüber liegt weit ausgedehnt, in neuester Zeit durch Kanalisation unter dem westlichen Theile von Göttingen mindestens bis zum Leine-Kanal nachgewiesen, Süsswasser- Sand und Thon mit Unio, Bithynia, Valvata, Limneus etc. mit Pferde-Schädeln etc. und, wie ich schon voriges Jahr anführte, auch eiserne Hufeisen, und über diese, doch historischen Zeiten angehörigen Ablagerungen legt sich am Güterbahnhofe Lehm, welcher hier eigentlich als jung-alluvial zu bezeichnen wäre, und nur in Folge der konventionellen Beschränkung des Aus- druckes »alluvial« auf die wenig über die Thalsohle hervorragenden Lehme »diluvial« genannt werden kann — freilich mit Unrecht. 16 A. v. Kornen, Ueber postglaciale Dislokationen. Ein Absetzen solchen Lösslehms aus dem schlammigen Hoch- wasser der Leine kann man übrigens oft genug noch jetzt an geeigneten, flach ansteigenden, mit Gras bewachsenen Stellen des Thalufers beobachten, und von diesem Niveau zieht sich, z. B. von der Masch nördlich von Göttingen, der Lehm ununterbrochen in flachem Ansteigen bis zu dem Niveau hinauf, wo die Urnen und Feuersteinmesser vorkommen. Es gewinnt hierdurch den Anschein, als sei der Lehm hier fortdauernd von jener alten Zeit bis jetzt in allmählich immer tieferem Niveau zur Ablagerung gelangt, ohne dass hier die Erosion zeitweise vorgewaltet und ein terrassenförmiges Ansteigen der Tagesoberfläche bewirkt hätte. Den ganzen, sogenannten Auelehm kann ich nur als die jetzt jüngste Lehm-Terrasse ansehen , welche »diluvial« wird, sobald durch Regulirung oder Verlegung des betreffenden Flusslaufes oder durch Zerstörung eines Mühlenwehres der Wasserspiegel nie- driger gelegt wird, so dass der Fluss etc. sich dann tiefer ein- frisst, um eventuell eine noch tiefere Lehmterrasse abzulagern. Schliesslich sei hier noch ein interessantes Profil emes eben- falls sicher nicht glacialem Alter angehörigen Lehms erwähnt, welches in den letzten Monaten am Königsplatz ın Kassel an der Ecke der unteren Karlstrasse entblösst wurde, wo der zum Theil fast Schwimmsand-artige Lehm ganz ungewöhnlich tiefe Fundament- Ausgrabungen erforderlich machte. In der 7,17 Meter tiefen Baugrube waren unter 1,5 Meter aufgefülltem Boden 5,67 Meter Lehm sichtbar, welcher zum Theil unter einem alten Graben grünlich gefärbt war, nach unten einen dunkleren, unregelmässigen und nicht ganz horizontalen Streifen und noch tiefer einen mehr thonigen, nach oben sich auskeilenden Streifen enthielt. In dem Lehm fanden sich einzelne Helix hor- tensis mit der Farbe erhalten, auch grünes Moos (angeblich auf dem dunkleren Lehm) und aufrecht stehende, gut erhaltene, mässig dicke Baumstämme, von welchen ich noch eine, oben schon abgehackte Eiche aus dem Lehm hervorragen sah. Zwei Schächte auf der Sohle der Baugrube wurden 3,57und 6,4 Meter abgeteuft, und dann wurde noch 12,30 resp. 4,20 Meter tief A. v. Korsen, Ueber postglaciale Dislokationen. 17 gebohrt, und hierbei fand sieh nochmals bis zu 3,5 Meter dunkler fester Lehm, dann gelber nasser Lehm bis zu 17,97 Meter unter der Tages-OÖberfläche, dann anstehender höth oder oberer Buntsandstem, in welchem das erstere Bohrloch noch 7 Meter eindrang. Von 12,57 Meter bis 13,27 Meter traf der zweite Schacht einen gleichsam heller und dunkler gebänderten festen Lehm, der durch grössere Mengen von kohlensaurem Kalk verhärtet war. Es finden sich also hier in dem 16,5 Meter mächtigen, meist sehr sandigen und nassen Lehm mindestens 2 alte Humusschichten mit wohl erhaltenen Moos- und Baumresten und Helix. Die Baum- stämme standen, wie mir Herr Stadtbaurath von NOEL nachträg- lich mittheilte, in einer geraden, der Gasse »hinter den Hallen« nahezu parallelen Reihe, wie längs eines Grabens, und wurzelten in der dunklen Schicht unter der Sohle der Baugrube, also bei ca. 7,55 bis 7,80 Meter unter der Strassenfläche. Grössere Proben dieser dunklen Erde, welche Herr von NOEL ausgraben und mir zusenden liess, waren zum Theil als Damm- erde oder alter Waldboden anzusprechen und enthielten ausser mehr oder minder dunkel gefärbtem Lehm auch kleine Lehm- puppen und zahlreiche Pflanzen- und Thierreste, sowie, wie sich beim Auswaschen und Schlämmen zeigte, ziemlich viel feinen Kies, bestehend aus abgerundeten, etwa 1 bis 3 Millimeter grossen Muschelkalk-, Röth-, Buntsandstein- ete. Stückchen. Einzelne Lagen waren erfüllt von zerbrochenen, dünneren und dickeren, meist stark vermoderten Zweigen und Aesten und Laubresten, Samen- körnern etc.; auch eine Haselnuss, ein linker Humerus eines Fuchses und Zähne eines kleinen Nagers fanden sich darin. Ausserdem waren aber manche Gesteinsstücke ganz durchzogen von Moos- stengeln in einer Weise, dass augenscheinlich hier der Lehm als Schlamm zwischen das Moos auf dessen Standort abgelagert wurde. Nach einer freundlichen Mittheilung von Herrn Professor Grafen SoLMs sind unter den Moosresten folgende, auf feuch- tem Waldboden wachsende Arten vertreten: Fissidens tazifohus, Eurhynchium praelongum und Mnium undulatum. Von Mollusken erhielt ich, grossentheils durch Schlämmen, folgende Arten: Helüv hortensis MÜLLER, H. nemoralis Lix., Jahrbuch 1886, D) 18 A, v. Korsen, Ueber postglaciale Dislokationen. H. fruticum MüuL., H. strigella Drar., H. pulchella MÜLL., H. rotun- data MÜLL., H. nitidula Drar., u. a. m., Succinea oblonga DRAP., S. Pfeifieri Rossm., Bulimus obscurus MÜLL., Vochlicopa lubrica MÜLL.. (. Menkeana PFEIFF., Carychium minimum MüÜLL., Pupa musco- rum Lin., Clausihia sp., Limax sp., Pisidium sp. (4 einzelne Schalen und ein zweischaliges Exemplar gehören vielleicht ver- schiedenen Arten an) und Röhrenreste von Phryganeen-Larven. Das Vorkommen von diesen letzteren und von den Pisidium sowie der kleinen Grerölle beweist, dass die Schichten durch Wasser abgelagert wurden. Wenn die Tiandschnecken weit- aus überwiegen, so beweist dies nicht, wie Manche wollen, dass die Schichten nicht aus dem Wasser abgesetzt wurden, son- dern, dass die Landschnecken bei der Ueberfluthung ertränkt wurden, soweit sie nicht schon abgestorben waren, während die Süsswasser- schnecken jedenfalls mindestens nicht ertränkt und nur zufällig und ausnahmsweise durch das Wasser herbeigeschlämmt wurden. Bemerkungen über die Fortsetzung des alten Havel- laufes vom Schwielow-See und Caniner Luch nach Brandenburg. Von Herrn E. Laufer in Berlin. Zwischen Caputh bei Potsdam und Brandenburg macht die Havel heute einen von ihrer nach Südwest strebenden Richtung völlig abgewandten Bogen, indem dieselbe erst nach Norden bis Ketzin zurückfliesst und dann von hier in vielfachen Windungen | letztgenannte Stadt erreicht. Von diesem unteren Havellaufe sagt GIRARD !) geradezu: »Die Havel ist in diesem Theile ihres Laufes (untere Havel von Pots- dam abwärts, insbesondere zwischen Potsdam und Rathenow) kein ausgesprochener Fluss mehr«. Im Landbuch der Mark Brandenburg ist von H. BERGHAUS Bd. I, S. 366 über den nördlichen Rand des Havelthales vom Jungfernsee bis Brandenburg und Rathenow gesagt, dass hier nir- gends ein Zusammenhang gefunden wird. Es heisst dort weiter: »Hier ist alles Spaltung, Trennung, Zerrissenheit, Niederung und Wasserspiegel und Bruchland und Ackerehene und Höhenboden und kleine Plateaux und waldige Berginseln wechseln regellos mit einander ab und verrathen durch dieses Irrsal der Bodengestaltung, dass ein gewaltiger Kampf des Flüssigen mit dem Festen statt- 1) Die norddeutsche Ebene. S. 157. 20 E. Laurer, Bemerkungen über die Fortsetzung des alten Havellaufes gefunden haben muss, bevor die Gewässer sich soweit zurückge- zogen, dass die starre Masse an der Atmosphäre zum Trocknen gelangen konnte. « Dass dieser Lauf der Havel auch nicht der ursprüngliche ist, hat sich schon bei der geologischen Kartirung der Gegend ergeben, denn in der Mittel-, Busch-. Kemnitzer- und Streitheide auf Blatt Werder wurden Thalbildungen kartirt, welche deutlich eine Fort- setzung des Thales über den jetzt als eine seitliche Ausbuchtung der Havelwasser erscheinenden Schwielow-See erkennen lassen. Leider ist in der Literatur, soweit mir bekannt, eine genauere Mittheilung über den weiteren ehemaligen Havellauf und über das Caniner Luch nicht gegeben. Durch meine geognostischen Aufnahmen im Grebiete des Blattes liehnin und des Blattes Gross-Kreutz wurde auch mein Interesse auf diese Verhältnisse gerichtet und ich fand. dass m dieser Gegend zwischen Werder und Brandenburg, Beelitz und Brück zwei ansehnliche Diluvialhochflächen liegen, deren Ränder einst durch die Havelwasser bespült worden sind. Zunächst handelt es sich um das Plateau von Plötzin und Bochow, welches von BERGHAUS noch zum Zauchegebiete gerechnet wird. Seine höchste Erhebung liegt bei Bochow und ist mit 60 Meter Höhe angegeben. Der östliche Theil dieser Hochfläche liegt auf Blatt Werder. Der Höhenrand ist fast überall auch schon ohne geologische Merkmale erkennbar und bereits von BERGHAUS angegeben. Längs desselben sind die Orte Petzow, Glindow, Gross-Kreutz und Jeserig im Osten und Norden, Trechwitz, Dahmsdorf, Göhlsdorf und das Vorwerk Resau im Westen und Süden gelegen. Zwischen den beiden letzgenannten Orten ist der Thalrand kaum bemerkbar, indem die Hochfläche vom Thale ganz allmählich ansteigt. Die im Süden und namentlich im Südwesten auf Blatt Lehnin sichtbare Hochfläche erkannte ich aus den Karten als einem anderen grossen Diluvialplateau zugehörig, welches in seiner Längsaxe fast parallel mit dem oben genannten liegt und an dessen Rande lLehnin, Grebs, Prützke und Göttin, Reckahn, wenig entfernt von demselben Golzow und Kammer angebaut sind. Da mir die vom Schwielow-See und Caniner Luch nach Brandenburg. 2 glatte Fläche der Beelitzer Heide bekannt ist und ich auch durch eine Eisenbahnfahrt durch diese wie die Brücker Heide hier ein grosses ebenes (febiet kennen gelernt hatte, so fiel mir auf den Karten jener Gegend der von dieser Fläche scharf absetzende Höhenrand der eben beschriebenen Hochfläche längs der Strecke von Kammer bis Busendorf auf. Wenn auch dieses ebene Gebiet eine hohe Lage hat, so glaube ich doch, dass wir es hier mit den Wirkun die Fortsetzung des alten Havelbettes vom Caniner Luch aus in sen der ehemaligen Havelwasser zu thun haben. Hier ist südwestlicher Richtung zu suchen und es kann diese ebene sandige Gegend bis an das Thal der Plane verfolgt werden. Dieses alte Thal ist, nachdem die Havel über Lehnin und Baumgartenbrück weitere Durchbrüche in tieferes Terrain gebildet hatte, offenbar versandet, d. h. vom Flusse selbst zugeschüttet ). Auch der Umstand, dass am linken Ufer der Plane, da wo die Wasser der Havel herangekommen sind, die steilen und vielfach zerrissenen Abhänge aus den Karten zwischen Ragösen, Dippmanns- dorf, Lütte und Schwanebeck ersichtlich sind, spricht dafür. In dem Lehniner Thale haben wir dieselben Verhältnisse. Auch hier ıst der östliche Theil versandet und nur noch an den ebenen Thalsanden zu erkennen, während im Nordwesten grosse sumpfige Wiesenflächen mit ihren Seeen den ehemaligen Wasser- Lauf bezeichnen. !) Ueber diese Erscheinungen: Versandung von Flüssen. Gabelung, zeitweilige Benutzung älterer Flussläufe, zeitweilige Vereinigung mit anderen Flüssen siehe: A. Penex, Verhandl. d. Ges. für Erdkunde zu Berlin 1884, No. 1. 8.7. K. Keitsack, Vergleichende Beobachtungen an isländischen Gletschern und norddeutschen Diluvial- Ablagerungen. Jahrhb. der Kgl. geol. Landesanstalt für 1883, S. 162 u. f. Die hier geschilderten isländ. »Sandr« würden diesen diluvialen Thalsanden entsprechen. Weissia bavariea eg. n. sp. n., ein neuer Stegocephale aus dem Unteren Rothliegenden. Von Herrn W. Branco in Berlin. (Hierzu Tafel 1.) Der hier beschriebene, prächtig erhaltene Stegocephalen-Schädel entstammt dem Kalkstein der unteren Cuseler-Schichten bei Ohm- bach in der bayerischen Pfalz, unweit St. Wendel. Einem Riesen gleich steht diese neue Form gegenüber seinem einstigen Zeit- und Landesgenossen, Apateon pedestris H. v. MEYER, aus dem permischen Brandschiefer von Münsterappel in der baye- rischen Pfalz; denn diese Art wurde nur in einem 25 Millimeter langen Exemplare bekannt). Leider ıst von den übrigen Knochen unserer Art so gut wie gar nichts erhalten. Gerade über die, bei ihren nächsten Ver- wandten so interessanten Verhältnisse der Wirbelsäule und den (Grad ihrer Verknöcherung ist daher nichts zu erkennen. Trotzdem lässt sich mit eimem ziemlichen Grade von Wahr- scheinlichkeit die nahe Verwandtschaft mit der Gattung Actinodon GaupRY nachweisen ?). !) Palaeontographica. Bd. 1, 5.155, Taf. 20, Fig. 1 und Bd. VI, S. 216, Taf. 19, Fig. 1. Frırscn, Fauna der Gaskohle, Bd. IL, 8.95, erklärt Apateon für eine dem Melanerpeton nahestehende Art. 2) Wenn ich nicht irre, so hat Gaupry selbst diese Verwandtschaft bereits hervorgehoben, und zwar bei Gelegenheit des internationalen Geologen-Congresses zu Berlin, 1885. W. Brasco, Weissia bavarica ete. 253 Die allgemeine Form des Schädels. Die allgemeine Form des Schädels von Weissia bavarica ist wesentlich gekennzeichnet durch zwei Merkmale: seine vorn ab- gerundet-dreieckige Gestalt und seine auffallende Flachheit. Die grösste Länge des Schädels misst 21,5 Centimeter, die grösste Breite 13,5 Centimeter; es ergiebt sich also ein Längen- Breiten-Verhältniss wie 100 : 62.5. Da die grösste Breite hinten am Schädel liegt und dieser sich allmählich nach vorn verjüngt, so entsteht jener kurzschnauzige, vorn abgerundet dreieckige Umriss, welcher an den Schädel der Eidechsen erinnert. Ganz zweifellos hat das zweite der oben erwähnten Merkmale, die auftallende Flachheit des Schädels. nur zum allergeringsten Theile ihren Grund m Verdrückung. Sie beruht vielmehr auf "natürlicher Beschaffenheit: denn anderenfalls würden wenigstens hie und da die aus emander gepressten Nähte klaffen müssen. Der Hinterrand des Schädels verläuft nicht in gerader Linie; vielmehr ragen an den beiden Ecken das Supratemporale und Quadratojugale ziemlich weit nach hinten hinaus. Die Oberfläche der Schädelknochen ist eine grubige, und zwar smd diese Gruben von ansehnlicher Tiefe. Ihre Anord- nung auf jedem einzelnen Knochen ist der Art, dass sich um’den Verknöcherungspunkt herum ein Netzwerk rundlicher Gruben befindet, während letztere an den peripherischen Theilen länglich werden. Es entsteht dadurch eine Andeutung von strahliger Anord- nung der Gruben. Furchen von Schleimkanälen sind nicht vorhanden. Auch von einem Knochenring im Auge zeigen sich keinerlei Spuren; denn das, was von Knochenstückehen im linken Auge sichtbar ist, rührt von anderen Knochen her. Die Augenhöhlen gehören noch der hinteren Schädelhälfte an, Ihre Gestalt ist ungefähr kreistförmig. doch ein wenig länger als breit: nämlich am rechten Auge 2.9 und 2,7 Centimeter mes- send, am linken 3,2 und 2,9 Centimeter. Die Länge der Augen- höhlen beträgt mithin 17 von der des ganzen Schädels. Sie sind nicht oder doch nur unmerklich schräg gestellt. Ihre gegenseitige geringste KEintfernung beträgt 3,3 Centimeter; dieselbe ist also grösser 24 W. Branco, Weissia bavarica, als der Breitendurchmesser der Augenhöhlen, indem sich letzterer zu ersterer wie 100: 118 verhält. Die Nasenlöcher sind vom vorderen Rande des Schädels weiter entfernt als vom seitlichen. Nur das auf der rechten Schädel- hälfte gelegene lässt seinen Umriss deutlich erkennen und zeigt, dass derselbe keineswegs ein länglicher, sondern ein rundlicher ist. Ihre gegenseitige Entfernung von einander war dieselbe oder viel- leicht noch etwas grösser als diejenige der Augenhöhlen. Die Entfernung der Nasenlöcher von den Augenhöhlen beträgt etwa 6,6 Centimeter, verhält sich also zur Länge des ganzen Schädels wie 100: 323. Die einzelnen Knochen des Schädels. Der Zwischenkiefer besitzt eine ansehnliche Grösse ; denn er bildet den ganzen abgerundeten, vorderen Theil der Schnauze. In jeder Hälfte desselben stecken 7 kräftige Zähne, von welchen die beiden ersten nahe bei einander stehen (Fig. 1c). Alle Zwischen- kiefer-Zähne sind grösser als diejenigen des Oberkiefers; mit Aus- nahme des vierten Zahnes in letzterem (Fig. le). Das ausser vom Zwischenkiefer nur noch vom Oberkiefer und dem Nasenbein begrenzte Nasenloch liegt zum grösseren Theile seines Umfanges im Zwischenkieter. Alle Schädelknochen überragt an Länge der Oberkiefer, 13,5 Centimeter messend. Er reicht mit seinem hinteren Ende noch ein ansehnliches Stück über die hinteren Augenhöhlenränder hinaus, erzeugt also eme sehr grosse Mundöffnung. Die Zahl seiner Zähne ist nicht ganz genau festzustellen; doch ist sie, entsprechend der Länge des Knochens, eine grosse. Auf der rechten Hälfte sind nur die vordersten 4 Zähne sichtbar; und von diesen ist der vierte zu einem kräftigeren Fangzahn ent- wickelt, sodass er den Zähnen des Zwischenkiefers an Grösse nicht nachsteht (Fig. le). Auf der linken Oberkieferhälfte sind dagegen nur die hinteren und viel kleineren Zähne zu sehen, von welchen sich bis gegen die Höhe der vorderen Spitze des Joch- beines hin 24 zählen lassen (Fig. 1d). Zwischen diesen und den ein neuer Stegocephale aus dem Unteren Rothliegenden. 2,5 vordersten vier Zähnen bleibt aber noch ein Raum für etwa 6 weitere vorhanden. Möglicherweise könnte nun hier eine Lücke liegen, sodass die Gesammitzahl im ungünstigsten Falle 28 Zähne in jeder Kiefer- hälfte betragen würde. Das ist aber wenig wahrscheinlich, und darum wird man die Zahnzahl in einer jeden Hälfte auf 32 bis 34 schätzen dürfen. Ueber die Einfügung der Zähne in den Kiefer lässt sich gar nichts beobachten; es muss daher völlig unentschieden bleihen, ob und in wie weit dieselben in Alveolen sassen oder nicht. Was die Gestalt der Zähne betriftt, so ist dieselbe conisch, von rundem Querschnitt (Fig. 1f). Nur der untere Theil eines jeden Zahnes ist — soweit sich das überhaupt beobachten lässt — mit Furchen bedeckt; der grössere, obere dagegen ist glatt. Die Zahnsubstanz bildet einen dicken Kegelmantel (Fig. 18); der der Pulpa verbleibende Raum ist daher ein verhältnissmässig schmaler. Keinerlei Einbuchtungen des Schmelzes in das Innere des Zahnes sind vorhanden. Auch die weisse Ausfüllungsmasse der Zahnhöhle (Osteodentine OwEn’s) sendet keinerlei Strahlen nach aussen. Auf dem @uerschnitte zeigt sich vielmehr — im oberen, aussen ungefurchten, wie im unteren, aussen gefurchten Theile — eine gleichmässig dichte, schwarze Masse, von welcher die Pulpa umgeben wird. Da der Schädel mit der Unterseite fest im Gestein eingebettet liegt, so ist nicht zu erweisen. ob und wie weit Vomer und Pala- tinum gleichfalls bezahnt gewesen sind. Das Nasenbein besitzt eine grösste Länge von 5,2 Üen- timeter und eine grösste Breite von etwa 5 ÜUentimeter. Diese letztere liegt am vorderen Ende des Knochens, dessen hinteres sich mithin verschmälert. i Das Thränenbein nimmt weder an der Begrenzung des Nasenloches noch an derjenigen der Augenhöhle Theil. Es zeigt sich selbstständig entwickelt, indem eine Naht zwischen ihm und dem Jochbein deutlich erkennbar ist; wogegen bei allen von Fritsch untersuchten Stegocephalen ein Zusammenhang beider Knochen mehr oder weniger unzweifelhaft ist. 26 W. Branco, Weissia bavarica, Die grösste Länge des Thränenbeines misst 4,4 Oentimeter, die grösste Breite 1,6 Centimeter. Ein unpaariges Zwischen -Nasen-Stirnbein, wie ein solches durch H. v. MEyEr !) an dem nahe verwandten Osteophorus be- schrieben wird, ist nicht vorhanden. Die von FRITSCH ausgespro- chene Vermuthung, dass es sich dabei wohl um eine zufällige Bildung handeln möge ?), gewinnt vielleicht durch das Fehlen dieses Knochens an einer nahe verwandten Form, wie Weissia es ist, noch an Wahrscheinlichkeit. Dieselbe Länge. wie das Nasenbem, erreicht das Haupt- Stirnbein. Frontale anterius, nämlich 5,2 Centimeter; es erstreckt sich daher nach rückwärts beinahe bis in die Höhe des hinteren Augenhöhlenrandes. Dagegen steht es an Breite, 1,5 Centimeter, bedeutend gegen die des Nasenbeimes zurück. An der Begrenzung der Augenhöhle nimmt das Haupt-Stirnbein keinen Antheil. Seine beiden Hälften sind durch eine Naht deutlich geschieden: eine Verwachsung derselben, wie sie beispielsweise Frırsch bei Doli- chosoma als Ausnahme nachweist, findet daher hier nicht statt. Den vorderen Augenhöhlenrand bildet das Vorder-Stirn- bein, Praefrontale, welches durch eine Pfeilspitzen-ähnliche Gestalt gekennzeichnet ist. Die grösste Länge ist 4,3 Centimeter, die grösste Breite 2.5 Centimeter. Die Naht zum Hinter-Stirnbein liegt in der vorderen Hälfte des inneren Augenhöhlenrandes. Dieser Letztere wird gebildet durch das Hinter-Stirnbein, Postfrontale, dessen grösster Länge von 4 Uentimeter eine grösste Breite von nur 1,4 Centimeter gegenübersteht. Das Hinter-Augenhöhlenbein, Postorbitale, den hinteren Rand der Orbita bildend. zeigt eine, an die des Vorder-Stirnbeines erinnernde, ungefähr Pfeilspitzen-ähnliche Gestalt; doch mit dem Unterschiede, dass dasselbe init der Spitze nach hinten weist, während dieselbe bei dem Vorder -Stirnbein nach vorn gerichtet ist. Bei einer Länge von 3,6 Centimeter erreicht es eine grösste Breite von 2 Centimeter. !) Palaeontographica, Bd. VII, S. 101. >») 1. ce. Bd.Il, HeftI, 8, 18. ein neuer Stegocephale aus dem Unteren Rothliegenden. on Nächst dem Öberkiefer ist das Jochbein der längste Schä- delknochen:: es besitzt eine grösste Länge von 8,4 Centimeter und eine grösste Breite von 3 Centimeter. Die letztere liegt auf gleicher Höhe mit dem hinteren Ende der Augenhöhle. Der äussere Rand der Orbita wird — eine seltene Erschei- nung bei den Stegocephalen 1) — von dem Jochbein gebildet. Des letzteren Verhältniss zum Thränenbein ist, da die Naht zwischen beiden vorhanden, ein klares. Nach vorn greift das Jochbein mit einer kleinen Spitze zwischen das Thränenbein und den Oberkiefer hinein. Etwa den fünften Theil der ganzen Schädellänge nimmt das Scheitelbein ein. Seine grösste Länge misst 4,1 Centimeter, seine grösste Breite 1,9 Centimeter. Wie das die Regel bei den Stegocephalen ®), ist dasselbe am hinteren Ende viel breiter als am vorderen. Das runde Scheitel- loch liegt ein wenig über die Mitte hinaus nach vorn gerückt. Wie das Scheitelbein, so ist auch das Obere Hinterhaupts- bein, Supraoceipitale, am hinteren Ende breiter als am vorderen. Am Hinterrande desselben (bei x) zeigt sich ein treppenförmiger Absatz, welcher bei den Stegocephalen nach FrriscH als Ansatz- punkt der Nackensehnen diente ®). Das Zitzenbein, Epioticum, ist ein länglich - viereckiger Knochen, welcher hinten in keinerlei Fortsatz ausläuft. Das Schläfenbein besteht aus zwei verschieden beschaftfenen Theilen: einem vorderen, mit der üblichen grubigen Oberflächen- beschattenheit,. und einem hinteren. welchem eme solche fehlt. Beide Theile sind durch eine tiefe Furche von einander geschieden. Ob diese letztere einer Naht entspricht — sodass in Wirklichkeit eine Trennung in em vorderes und ein hinteres Schläfenbein eintritt, wie solches bei einigen Stegocephalen der Fall ist %) — das ist nicht zu entscheiden. l Frirssen, \. ec. Bd. II, Heft 2, S. 46, 2) ]. c. Bd. I, Heft 1, S. 10. 3]. c. Ba.II, Heft 1, S: 10. 4) rırson, 1. c. Bd. II, Heft 2, S. 46, W. Branco, Weissia bavarica, [SS) [p e) Ehbensowenig sicher festzustellen ist der Verlauf der, den hinteren Theil des Schläfenbeines vom Paukenbein trennenden Naht. Es ist das deswegen bemerkenswerth, weil bei den wenigen Stegocephalen, bei welchen überhaupt eine Trennung in ein vor- deres und ein hinteres Schläfenbein stattfindet, dieses letztere ebenfalls nur undeutlich von dem Paukenbein getrennt zu sein pflegt ). Auf den Oberkiefer und das ‚Jochbein folgt als drittlängster Knochen das Paukenbein, mit einer Länge von 8 Centimeter und grössten Breite von etwa 2,8 Centimeter. Sein Verknöche- rungsmittelpunkt liegt nicht, wie beim Nasenbeim, ‚Jochbein und anderen in der ungefähren Mitte des ganzen, oval geformten INnochens, sondern ganz an dem dem Schläfenbein zugewendeten Rande. Das Quadratjochbein besitzt eine Länge von 5,7 Centi- meter und eime ziemlich gleichbleibende Breite von 1,8 Centi- meter. Höchst wahrscheinlich dürfte das Quadratbein ın dem kleinen Knochen zu suchen sein, welcher sich in verletztem Zustande am hinteren Ende des Quadratjochbeines zeigt. Der Unterkiefer ist semer ganzen Länge nach in dem linken Aste erhalten: allein derselbe ıst, vielfach zerbrochen, des (relenk-Endes beraubt. Auch bietet sich derselbe nur von der Innen- seite her dar und seine Zähne sind nicht sichtbar. Seine Länge beträgt von der vorderen Spitze des Zahnbeines bis zum Winkel 19 bis 20 Centimeter: seine Höhe am Winkel etwa 5 Centimeter. Auf der rechten Seite des Schädels, am vorderen Ende des ‚Jochbeines, über den Oberkieter geschoben, liegen einige Zähne, welche dem rechten Unterkiefer- Aste angehören. Die geringen Bruchstücke des letzteren lassen an demselben em furchiges Bild- werk erkennen. Die wenigen übrigen Skelettheile, welche erhalten sind, bestehen in emigen Phalangen und einem flachen, gestreiften Knochen, welcher vielleicht die mittlere Thorakal- Platte darstellt. ) 1. ec. Ba. II, Heft 2, 8. 46. ein neuer Stegocephale aus dem Unteren Rothliegenden. 29 Vergleichender Theil. Der Schädel der im Vorliegenden beschriebenen Art rührt unverkennbar von einem Stegocephalen her; das wird bewiesen durch das Dasein der Hinteraugenhöhlen- und der Paukenbeine'). Zwar lassen uns die überlieferten Reste über den Bau der Wirbel völlig im Unklaren. Nach der Schädelform jedoch werden wir hingewiesen auf diejenige Gruppe der Stegocephalen. welche FrirscH ?), wegen der äusserlichen Aehnlichkeit, als Gruppe der Stegocephali crocodilioideae bezeichnet. Wir werden daher alle Mitglieder dieser Gruppe, welche FrirscH derselben zuzählt, zu vergleichen haben. Es wird aber ferner auch eine Anzahl weiterer. von anderen Autoren beschrie- bener Gattungen zu berücksichtigen sein, welche mit unserer frag- lichen Form Verwandtschaft besitzen. Oftenbar gehört, wie der Vergleich ergeben wird, unsere Gattung innerhalb der oben genannten Gruppe in die Verwandt- schaft der Familie der Melosauridae Fritsch ?). Besonders stark tritt das hervor, wenn man derselben, wie Frırsch das proviso- risch thut, eine Anzahl sogleich zu benennender, ausser-böhmischer Gattungen, zurechnet; denn gerade diesen letzteren steht Weissia am nächsten. Will man dieselben dagegen, wie das hier geschehen, von den Melosauridae abtrennen, so würde sich für diese nächst-verwandte Gruppe der Name der Archegosauria LYDEKKER*) ergeben. Der englische Autor unterscheidet innerhalb dieser Gruppe zwei Familien: eine Familie der Archegosauridae und eine solche der Actinodontidae; die erstere mit unverknöcherten, die letztere mit verknöcherten Hinterhauptscondylen. Wie in dieser Beziehung sich unsere Gattung verhält, entzieht sich der Beobachtung, da das sehr feste nnd spröde Gestein ein Herausarbeiten des Hinterhauptes unmöglich macht. Der Aehn- Delrca Bd. Heft 1 5.068: 2) Fritsch, 1. ce. Bd. II, Heft 2, S. 58. Salze Bau I raHett 2, 8..90: *) Palaeontologia Indica, Ser. 4. Vol. I, Part 4, 1885, 8. 10. 30 W. Branco. Weissia havarica. hehkeit des Schädels nach möchte man aber Werssia in die nächste Beziehung zu Aetinodon bringen; wonach dann, wie bei letzterer Gattung der Fall, das Dasein verknöcherter Hinterhauptscondylen auch hier eine gewisse Wahrscheinlichkeit erlangt. Aber auch bezüglich der Beschaffenheit der Wirbelsäule könn- ten wir wohl eine, freilich noch wenig begründete, Vermuthung hegen: Für seine Gruppe der Stegocephali crocodilioideae macht Frirsch im Allgememen eine rhachitome oder (und) embolomere Beschaftenheit geltend. Im Besonderen für Archegosaurus weist derselbe nach, dass diese Crattung beiderlei Bildungen in sich ver- einige. Die Wirbel des Rumpfes nämlich sind hier rhachitom — d. h. durch unvollkommen verknöcherte Wirbelkörperscheiben aus- gezeichnet — diejenigen des Schwanzes dagegen embolomer — d. h. durch das Vorhandensein von je zwei bieoncaven W irbel- körperscheiben für je einen Wirbelabschnitt gekennzeichnet. Eine derartige Vereinigung beider — von ÜoPE für Merkmale zweier verschiedenen Gruppen gehaltenen — Bildungen in einem und demselben Thierkörper glaubt nun aber Frrrsch nicht nur auf Archegosaurus beschränkt, sondern auf weitere Kreise ausgedehnt. Ist das wirklich der Fall, dann werden wir uns, natürlich mit der in solehen Fällen stets vorgeschriebenen Zurückhaltung, auch die Wirbelsäule von Weissia als gleichzeitig rhachitom und embo- lomer vorstellen dürfen. Wollen wir dagegen nicht so weit gehen, dann werden wir von diesen beiden Bildungen mindestens die rhachitome bei Weissia für schr glaubhaft halten können: denn auch an Wirbeln des nächst- verwandten Actinodon weist GAUDRY unvollständige Verknöcherung, sogar in noch höherem Maasse als bei rchegosaurus, nach. Wir beginnen nun den Vergleich mit den oben genannten Formen. Gänzlich absehen müssen wir von der Familie der Kuglypta oder Labyrinthodontia vera, da bei diesen grossen Formen die Lyra deutlich entwickelt ist und die Zähne stark gefaltet sind !). 1) Fersen, 1. ec. Bd. 8. 37. ein nener Stegocephale aus dem Unteren Rothliegenden. 3 Gleiches gilt von der Familie der DiplovertebridaeFRrrITscH!), weil die Oberfläche der Schädelknochen hier der starken Grübchen entbehrt. Auch die Familie der Uhauliodontia FrırscH ?) ist aus- geschlossen, da dieselbe zweischneidige Zähne und zwei gerade, nach hinten als First sich fortsetzende Lyra-Furchen besitzt. Näher verwandt ist dagegen die Familie der Dendrerpe- dontidae Frisch), zumal, wenn man die Gattung Actinodon., wie Frırscn unter Vorbehalt ausspricht, hierher stellen würde. Bei Absehen indess von Actinodon verbleibt nur die Gattung Dendrerpeton, deren Typus die Art Dendrerpeton pyriticum, aus dem Rothliegenden Böhmens, ist. Wir finden jedoch hier auf der Oberfläche der Knochen nicht ein grubiges, sondern ein furchiges Bildwerk; ferner grössere Hinter-Augenhöhlenbeine, kleinere Nasen- löcher und, im Zwischen- und Oberkiefer, eine germgere Zahnzahl. Zudem ıst die Art weit kleiner als unsere fragliche Gattung. Von den anderen Arten weicht Dendrerpeton foveolatum*) allein schon durch das Aussehen seiner wie von Nadelstichen durchbohrten Schädelknochen ab. Dendrerpeton deprivatum aber?) besitzt ein viel kürzeres Nasen- bein: es ist ein kleines, deutlich abgesondertes, vorderes Schläten- bein vorhanden, und das Thränenbein nimmt an der Bildung der Augenhöhle Theil. Gleichfalls nahe steht die Familie der Melosauridae Fritscn®), welcher Frıirscn zunächst anhangsweise noch eine Anzahl von Gattungen, wie Archegosaurus, Actinodon anreiht. Wir werden dieselben jedoch gesondert vergleichen. Kennzeichnend für diese Familie ist die mittlere Grösse ihrer Vertreter, die grubige Be- schaftenheit ihrer Schädelknochen und das Dasein von Sehnen- höckern am Zitzenbein. ..c. Bd. Il, 5.6. 16: ..b: 8. 10: . 36. w I os NEAEN IE FR wi Ban o NUN 32 W. Branco, Weissia bavarica, Die namengebende Gattung, Melosaurus H. v. MEYER !), aus Russlands permischen Ablagerungen, weicht ab durch die Gestalt des am vorderen Ende eingeschnürten Schädels, durch ihre weniger weit nach vorn gelegenen Nasenlöcher und ihre näher bei einander liegenden Augenhöhlen. Chelydosaurus FRrrscH?) ist durch die längliche Augenhöhle, die nicht bemerkbaren Nasenlöcher und das, wenn auch nicht völlig genau bekannte, so doch jedenfalls anders gestaltete Hinter-Augen- höhlenbein unterscheidbar. Von Sphenosaurus H. v. MEYER?) ist der Schädel nicht bekannt, daher ein Vergleich unmöglich. (ochleosaurus FRITSCH ®), wie Chelydosaurus und die beiden fol- genden Gattungen dem böhmischen Perm entstammend, weicht ab durch seine langen, löftelförmigen Fortsätze am obereu Hinter- hauptsbein; Gaudryia Fritsch?) durch den vorn halbkreisförmigen Umriss des Schädels; Nyrania Frrrsch ®) durch die grössere Breite des Schädels am hinteren Ende und die nach aussen «„erichteten Fortsätze des Zatzenbeines. In der eigentlichen Familie der Melosauridae befindet sich mithin keine Gattung, welche der unseren ganz besonders nahe stände. Wenn wir nun die Familie der Archegosauridae LYDEKKER ‘) betrachten, so tritt uns zunächst die typische Art Archegosaurus Decheni entgegen. Dass diese langgeschädelte Form mit unserer breitschädeligen nicht übereinstimmt, liegt auf der Hand. !) Palaeontographica. Bd. VII. S. 90, Taf. 10. Sl es Britt, 3) Frriscn, 1. c. 8. 28. AR] ..02 8.90: ETC“ 91. c. 8.38. ”) Palaeontologia Indiea. Ser. 4, Vol. 1, Part 4, 1885, S. 10. ein neuer Stegocephale aus dem Unteren Rothliegenden. 33 Aus gleichem Grunde ist unsere fragliche Gattung aber auch von dem, vielleicht gar nicht hierher gehörenden Cricotus COPE)), aus dem Perm Nord-Amerikas, geschieden, welcher von CoPE als Typus seiner Eimbolomeri aufgestellt wurde. Auch Platyops Stuckenbergi TRAUTSCHOLD ?) ist durch das gleiche Merkmal ausgezeichnet. Von Sparagmites lacertinus FRITSCH ?), welcher möglicherweise der Gattung Archegosaurus angehört, sind vergleichbare Reste nicht erhalten. Die Gattung Zygosaurus mit den beiden Arten Z. lucius EicHw.t) und Z. labyrinthieus GEINITZ sp.?) ist durch den ovalen oder tonnenförmigen Umriss des Schädels und die lang-ovalen Augen- höhlen scharf von unserer Gattung geschieden. In der Kürze und dem allgemeinen Umriss gleicht der Schädel von Trimerorhachis CoPE®) demjenigen unserer Gattung. Die weit nach vorn gerückten Augenhöhlen und das mehr furchige Bildwerk des Schädels genügen indessen bereits, um eine Uebereinstimmung mit derselben auszuschliessen. Der indische Gondwanosaurus LYDEKKER ?) gehört, wenn die Hinterhauptscondylen wirklich unverknöchert waren, gleichfalls zu der Familie der Archegosauridae. Durch die Kürze des Schädels ebenso von Archegosaurus Decheni abweichend, wie unserer frag- lichen Gattung sich nähernd, ist die indische Form von der letz- teren doch in den folgenden Punkten geschieden: Gondwanosaurus besitzt ovale Augenhöhlen, Horn-ähnliche Fortsätze am Zitzenbein, !) Proceed. acad. Philadelphia 1875, S.405; American naturalist 1878, 8. 319; Proceed. American philosoph. soc. Vol. 17, 1878, S 522; American naturalist 1884, 8.36, Taf. 5 und Fig.7 auf S. 37. >) Nouv. mem, ac. imp. des naturalistes. Moscou 1884, Taf. 15, Lief. 1, SO, Taf 1. Sale ca 1at.2, 8-15: #) Bull. soc. imp. des naturalistes. Moscou 1848, Vol. 21, S. 159, Taf. 2—4. 5) Palaeontographica. Bd. XXIX, S. 16, Taf. 2, 3. 6) Proceed. philosoph. soc. Vol. 17, 1878, S.524: American naturalist. Vol. 18, 1884, S. 32, Fig. 3. ?) Palaeontologia Indica. Ser. 4, Vol. 1, Part 4, 1885. Jahrbuch 1886. 3 34 W. Braxco, Weissia bavarica, subterminal gelegene Nasenlöcher und möglicherweise eine imper- fecte Lyra. Nahe verwandt mit der vorigen Gattung ist das, auch carbo- nische, Loxomma Allmanni HuxLeyY). Der zestrecktere Schädel, sowie die ungemein langgezogenen Augenhöhlen weichen jedoch stark von unserer fraglichen Gattung ab. Auch Pholidogaster ist eine dem Archegosaurus nahestehende Form des englischen Carbon ?). Die sehr kleine Abbildung macht jedoch einen eingehenderen Vergleich unmöglich. Am meisten verwandtes finden wir in der Schädelgestalt der Familie der Actinodontidae LYDEKKER®). Wenn wir zunächst eine Anzahl vorwiegend ausser-europäischer Gattungen — deren Hierhergehörigkeit übrigens nicht in allen Fällen sicher gestellt ist — zum Vergleiche heranziehen, so ergiebt sich das Folgende: Von Rhachitomus CoPE t) ist kein Schädel beschrieben; die Gattung kann mithin nicht berücksichtigt werden. Gleiches gilt von dem französischen Geschlechte permischen Alters, Kuchirosaurus (KAUDRY ?). Eryops COPE, sowie die drei hier folgenden permischen Gat- tungen Amerikas, werden von ÜOPE mit Actinodon zu der Familie der Eryopidae vereinigt. Was zunächst das Genus Eryops ®) betrifft, den grössten Batrachier Amerikas, so weicht derselbe durch seine kleineren Augenhöhlen, seine länglichen Nasenlöcher, die mehr nach hinten gerückte Stellung beider, die abgestumpftere Schnauze und die weniger flache Beschaffenheit des Schädels von unserer Gattung ab. Von Acheloma CopE !), einer klemeren, Zryops nahestehenden Gattung, gelten ähnliche Unterschiede. !) Annals & magazine nat. hist. Ser. 4, Vol. 14, Taf. 4, S. 38. 2) Proceed. geolog. soc. 1862, Vol. 18, S. 291, Taf. 11, Fig. 3, 4. S)alrc.3.10, 4) Proceed. American phil. soc. Vol. 17, 1878, S. 526. 5) Enchainements; fossiles primaires. S. 270 ete. %) American naturalist. Vol. 18, 1884, S.33, Fig. 5, 6. Proceed. Amer, phil. soc. 1877, S. 188. ?) American naturalist. Vol. 18, 1884, S. 35. ein neuer Stegocephale aus dem Unteren Rothliegenden. 35 Auch von Anisodexis CopE!) lässt sich gleiches sagen, da diese Gattung von Eryops und Acheloma am Schädel wesentlich nur durch die Ungleichheit der Zähne in der äusseren Zahnreihe ab- weicht. Ob Zatrachys COPE?) ganocephale oder labyrinthodonte Zähne besitzt, ist noch ungewiss, daher seine Stellung im System eine fragliche. Jedenfalls ist Zatrachys von unserer fraglichen Gattung unterschieden durch das Bildwerk der Knochen, welches auf der Maxilla in »prominent tubercles« besteht. Die afrikanische Gattung Rhytidosteus Capensis OWEN?) besitzt einen spitzer zulaufenden Schädel, weiter nach rückwärts gerückte Nasenlöcher und ein entschieden radial-furchiges Bildwerk. Gegenüber diesen ferner stehenden, meist ausser-europäischen Gattungen finden wir nun eine Reihe europäischer, zu welchen unsere Gattung in näherer Beziehung steht — so weit eben solche, bei mangelnder Kenntniss des Skeletes und der Hinterhauptscon- dylen, allein in der Schädelgestalt zum Ausdrucke kommt. In der alten Gattung Archegosaurus fasste man früher Ver- schiedenartiges zusammen. Das, was nach Verbleiben des typischen A. Decheni nun ausgemerzt ist, benennt man heute wohl mit dem Gattungsnamen Actinodon KAUDRY. Fraglich ist es, ob Archegosaurus Austriacus MAKowskY t) zu Actinodon gestellt werden darf. Sicher aber ist jedenfalls, dass diese Art mit der unsrigen nicht ident ist; denn durch die flügelartig vorspringenden Quadratjochbeine erhält ihr Schädel eine auffallende, die Länge desselben weit übertreffende Breite. Aetinodon (Archegosaurus) latirostris JORD. sp.?) — fast ein Landsgenosse unserer fraglichen Gatiung zu nennen, aber auch Die 8.80. 2) ]. ec. S.36. Proceed. Amer. phil. soe. T. 17, S. 523. 3) Quart. journ. 1884, S. 333, Taf. 16 u. 17. 4) Sitzgsber. Akad. Wien, Bd. 73, 1576, S. 155. 5) Verhandl. d. naturhist. Vereins f. Rheinland u. Westphalen. Bd. 6, 1549, 5.78, Taf. 4, Fig. 2,3. Ferner H. v. Meyer in Palaeontographica Bd. VI, 1856 bıs#1858,. 8.2 Heu. 2197 Tat. 9. 10, 3 % 36 W. Branco, Weissia bavarica, im Rothliegenden Sachsens vertreten I) — besitzt gleichfalls einen breiteren Schädel als letztere. Denn bei dieser verhalten sich Länge zu Breite wie 100: 62,5, bei Actinodon latirostris ist die Breite fast gleich der Länge. Des Weiteren ist die Zahl seiner Zwischenkiefer-Zähne eine grössere; nämlich 11, gegen deren nur 7 bei unserer Gattung. Endlich sind die Nasenlöcher von Acti- nodon latirostris länglich und schräg gestellt, hier aber rundlich. Letzteres Unterscheidungsmerkmal gilt nun auch gegenüber dem Sclerocephalus Häusseri H. v. MEYER?), welchen FRıTscH übrigens als wahrscheinlich ident mit voriger Art betrachtet); wie das auch H. v. MEYER#) bereits für möglich hielt. Aectinodon (Archegosaurus) latifrons GEIN. & DEICHM. sp. ?), sehr eng mit A. latirostris verbunden, unterscheidet sich von diesem wesentlich nur durch das ungetheilte Frontale und wahrscheinlich auch durch die weit stärkere Entwickelung des Postorbitale. Diese Form aus dem Plauen’schen Grunde kann mithin gleichfalls nicht mit der unsrigen ident sein. Es kommt für den vorliegenden Fall nur auf den Vergleich der Schädel an. Ob in Wirklichkeit Actinodon latirostris, und dasselbe gilt von Actinodon latifrons, dieser Gaudry’schen Gattung zuzurechnen ist, das wird — wie ÜREDNER hervorhebt 6) — erst mit Hilfe der noch unbekannten Wirbelsäule festzustellen sein. Actinodon Frossardi GAUDRY, der eme und zugleich am längsten bekannte der beiden französischen Vertreter dieser Grat- tung 7), ist bezüglich seines Schädels nur von der Unterseite be- kannt, während umgekehrt unsere fragliche Gattung nur die Ober- seite darbietet. Em genauer Vergleich ist daher nicht möglich. ) Crzpser in Zeitschr. d. Deutsch. geol. Ges. Bd. 34, S. 235, Taf. 13, Fig. 6—8. 2) Palaeontograpbica, Bd. VI, S. 212, Taf. 15, Fig. 9. 3). c. Bd. l, Heft 1,8.60, 4) Palaeontographica Bd. VI, S. 219. 5) Palaeontographica Bd. 29, 1882 —83, S. 21, Taf. 6. 6) Zeitschr. d. Deutsch. geol. Ges. Bd. 34, S. 230. ?) Nouvelles archives mus. d’hist. nat. T. 3, 1867, S. 22, Taf. 3. Ferner Bull. soc. g6ol. France. 2. Serie, T. 25, 1868, S. 576 und 3. Serie, T. 4, 1876, S. 720, Taf. 22. Endlich Enchainements, fossiles primaires 8. 262 — 270, Fig. 260, 61, 63 bis 68. ein neuer Stegocephale aus dem Unteren Rothliegenden. 37 Soweit man aber vergleichen kann, besitzt diese, dem Actinodon latirostris nahe verwandte Art viel Uebereinstimmendes mit der unsrigen. Was jedoch den Gedanken an eine etwaige Identität beider sogleich verscheucht, ist einmal der Umstand, dass unsere Form eine grössere ist, als alle hier genannten Arten von Actinodon. Es scheinen aber ferner auch die — bei Actinodon Frossardi aller- dings nicht, wohl aber bei Actinodon brevis sichtbaren — Nasen- löcher ebenso länglich zu sein und schräg zu stehen, wie bei Actinodon latirostris, während das bei unserer Form nicht der Fall ist. Die gleichen Ueberlegungen gelten von Aectinodon brevis (GAUDRY !), dem zweiten und noch kleineren französischen Ver- treter der Gattung. Wenn nun also auch sicher eine von den genannten ab- weichende Art vorliegt, so könnte vielleicht doch eine generische Uebereinstimmung mit diesen stattfinden. Eine solche ist jedoch bei dem Erhaltungszustande unserer Form garnicht festzustellen; denn abgesehen von dem Fehlen der übrigen wichtigen Theile des Skeletes lässt sich, bei der Härte und Sprödigkeit des ein- hüllenden Gesteines, auch die Frage nicht entscheiden, ob der Hinterhauptscondylus verknöchert war, wie bei Actinodon, oder nicht. Selbst wenn also unsere Art zu der Gattung Actinodon gehörte, so würde sich das garnicht feststellen lassen; es würde dieser Gattungsname nur mit einem Fragezeichen angewendet werden dürfen. Es besteht nun aber ein Merkmal, welches mit aller Entschiedenheit gegen eine generische Uebereinstimmung spricht: Bei Actinodon sind die Zähne an ihrer Basis mit einem kleinen Wulst versehen; unserer Form fehlt ein solcher. Bei Aectinodon ist die Zahnhöhle erfüllt mit brauner Masse, Osteodontine OwEN’s, welche nach aussen radiale Strahlen ausschickt; den Zähnen unserer Form fehlen diese letzteren, sodass die Osteodontine auf die Zahnhöhle beschränkt bleibt. Das aber ist ein so wesentlicher Unterschied, 1) Enchainements ]. c. S. 266, Fig. 262. 38 W. Branco, Weissia bavarica, “dass von einer generischen Uebereinstimmung beider Formen nicht die Rede sein kann. : Ziemlich nahe mit unserer Art verwandt ist die aus dem Roth- liegenden Schlesiens stammende Gattung Osteophorus H. v. MEYER). Allein dieselbe besitzt längliche, schräg gestellte Nasenlöcher, ihr Vorderstirnbein ist verhältnissmässig schmaler, ihr Thränenbein länger, ihre Scheitelbeine beginnen bereits auf halber Höhe der Augenhöhlen (hier erst am Hinterrande). Auch ist die Breite ihres Schädels viel bedeutender; denn bei 20,7 Centimeter Länge hat derselbe 17,4 Centimeter Breite, wogegen er bei unserer Gat- tung 21,3 Centimeter und 13,3 Centimeter in Länge und Breite misst. Endlich ist Osteophorus — was freilich möglicherweise nur eine individuelle Eigenschaft sein kann — durch ein unpaares Zwischen-Nasen-Stirnbein ausgezeichnet. Aus dem sächsischen Rothliegenden hat uns ÜREDNER eine, Pelosaurus genannte, Gattung kennen gelehrt?), welche vielleicht) dem Aectinodon latirostris am nächsten steht. Die allgemeine Schädel- form ähnelt denn auch derjenigen unserer Grattung. Eine Ueber- einstimmung ist jedoch durch mehrfache Gründe ausgeschlossen. Pelosaurus ist vor Allem eine weit klemere Form, und im Gegen- satz zu der unsrigen besitzen seine Zähne nur einen dünnen Kegel- mantel von Zahnsubstanz, welcher eine dicke Pulpa umschliesst. Auch ist erstere gefaltet. Nicht minder abweichend ist eine zweite Gattung desselben Vorkommens, welche von ÜREDNER Acanthostoma*) genannt wurde, Der spitz-parabolische Umriss des Schädels und das Vorhandensein eines grossen Cavum internasale bei dieser, gleichfalls kleineren Gattung thun das zur Genüge dar. So zeigt also die Vergleichung, dass unser Stegocephale aus dem unteren Rothliegenden der bayerischen Pfalz mit keiner der 1) Palaeontographica Bd. VII, S. 99, Taf. 11. 2) Zeitschr. d. Deutsch. geol. Ges. Bd. 34, S. 214, Taf. 12, 13. SulrCED280: Sl (er fan Dh vater, Abel, SUSI ein neuer Stegocephale aus dem Unteren Rothliegenden. tt fo) fo) ) mir bekannt gewordenen, zahlreichen Arten und Gattungen über- einstimmt. Am nächsten scheint derselbe sich an die Gattung Actinodon anzuschliessen. Es ist jedoch bei der Besprechung von Actinodon Frossardi gezeigt worden, dass eine generische Uebereinstimmung nicht stattfindet. Somit liegt eine neue Gattung vor. Ich gestatte mir, die- selbe nach meinem verehrten Collegen, Professor Weiss, welcher das seltene Stück für unsere Sammlung erwarb, Weissia zu nennen und gebe ihr den Artnamen Weissia bavarica. Gebirgsstörungen südwestlich vom Thüringer Wald’). Von Herrn H. Bücking in Strassburg ı. E. Die Aufnahme der Um« >] Schmalkalden führte zu der Auffindung zweier seither an dieser egend von Seligenthal auf Section Stelle noch nicht bekannter Verwerfungen. Die eine ist die Fort- setzung der Störung, an welcher 10 Kilometer weiter südöstlich bei Steinbach-Hallenberg, dem Schlosshötel gegenüber, der Buntsand- stein unter die dort auftretende Granitklippe einschiesst ?). Die gleichen Gesteine und ähnliche Lagerungsverhältnisse, wie sie dort im Hangenden jener Verwerfung beobachtet werden, kehren auch östlich von Seligenthal wieder; auch hier hat eine Ueberschiebung stattgefunden der Art, dass Granit mit aufgelagertem, Steinkohlen führenden Rothliegenden auf den näher bei Seligenthal in tieferem Niveau gelegenen gleichartigen Granit mit denselben aufgelagerten Kohlen-führenden Schichten überschoben ist. In dem Klinggraben östlich von Seligenthal ist das tiefere und das überschobene Gebirge recht gut enthlösst. Man trifft hier in geringem Abstand von einander zweimal den Granit und jedesmal über demselben das KRothliegende mit einer einge- lagerten Decke von Melaphyr (und Melaphyrtuften). Das nach- folgende Profil 1, welches von dem südlichen Ende von Seligen- !) Nachtrag zu dem Aufsatz in diesem Jahrbuch für 1384, S. 546 ff. >) Vgl. den Aufsatz des Verfassers »Grebirgsstörungen südöstlich vom Thüringer Wald«, dieses Jahrbuch für 1884, S. 552. H. Bückınc, Gebirgsstörungen südwestlich vom Thüringer Wald. 4] Brolele (Maassstab 1:25000 für Längen und Höhen.) SW. NO. Seligenthal Floher Gemeinde-Wald Vorderer Hühnberg 2200 l 1800 ı. Profil 2. (Maassstab 1: 12500 für Längen und Höhen.) Seligenthaler Floher Masskopf W. Trift Gemeinde-Wald Aussichtstempel 0. } N Kr ’ Mn ws IE 1 Signaturen-Erklärung. I — Feinkörniger Unterer Buntsandstein. 2 — Bröckelschiefer. 3 — Oberer Zeehsteinletten. 4 — Plattendolomit. 5 — Unterer Zechsteinletten. 6 = Haupt- dolomit. 7 = Mittleres Rothliegendes. S—= Unteres Rothliegendes mit Einlagerungen von Kalklinsen (und Steinkohlenschmitzen), Melaphyr (10) und Quarzporphyr (11). ) = Granit mit basischem Ganggestein. 10 — Melaphyr. 11 = Qnarzporphyr. 12 = Hypersthenfels (Palatinit). thal bis zum vorderen Hühnberg!) in nordöstlicher Richtung das (rebirge durchschneidet und den Klinggraben etwas südlich liegen =) 55 5 lässt, kann zur besseren Erläuterung dieser Lagerungsverhältnisse 1) Das gewöhnlich als »Hypersthenfels« bezeichnete Hühnbergsgestein möchte ich als ein dem mittleren Rothliegenden eingeschaltetes Deckengestein lieber mit dem Namen Palatinit als mit dem von Roseswusch (Massige Gesteine, 2. Aufl., S. 244) vorgeschlagenen Namen Diabas belegen. 42 H. Büexiss, Gebirgsstörungen südwestlich vom Thüringer Wald. dienen. Sowohl in dem tiefen Theil an der Trift bei Seligenthal (vgl. auch das von hier bis zum Masskopf geleste Profil No. 2) sieht man alte Pingen, welche von Versuchsbauen auf Steinkohle herrühren, als auch in dem überschobenen Theil im Klinggraben und weiter nordöstlich in einem Seitenthal des Tambacher Grundes. An den beiden ersten Stellen wird der Granit im Liegenden des Kohlen-führenden HRothliegenden durchsetzt von einem dichten basischen Ganggestein (zersetzter Melaphyr); die Schichten des Rothliegenden fallen nach Osten und führen linsenförmige Einlage- rungen eines dichten dunkelgrauen Kalksteins. Im Hangenden folgt an beiden Stellen eine Decke von Melaphyr bzw. silificirten Mela- phyrtuffen, und über dieser, durch eine wenig mächtige Lage Rothliegendes von ihr getrennt, eine Decke von Porphyr, der seiner Lagerung nach identisch ist mit dem Porphyr von Haderholzstein, auch in petrographischer Beziehung mit diesem übereinstimmt. Auf der Südseite des Tambacher Grundes ist die Ueber- schiebung da, wo sie zu beiden Seiten von Granit begrenzt wird, nicht mehr zu erkennen, wohl aber macht sie sich auf der Nord- seite dieses Thales bemerkbar da, wo der Granit längs einer geraden nordnordwestlich verlaufenden Linie scharf absetzt. Offen- bar ist sie hier verstärkt durch die zweite östlich von Seligenthal beobachtete Störung, welche vom Kohlberg bei Asbach ausgeht und über Floh in nördlicher Richtung bis zur Seligenthaler Trift> etwa !/s Kilometer südlich vom Tambacher Grund gelegen, ver- folgt werden kann (vgl. die westliche Verwerfung in den Profilen 1 und 2). Ein Profil durch das Hangende der erst-erwähnten Verwerfung, etwa durch das obere Ende des Klinggrabens und den Masskopf, (vgl. Profil 2) ist bezeichnend für den Aufbau des Gebirgrandes auch zwischen dem Tambacher Grund bei Seligenthal und dem Kalten Wasser bei Kleinschmalkalden. Allenthalben lagert hier über dem Granit das Kohlen-führende Rothliegende mit den beiden eingeschalteten Decken von Melaphyr und von Porphyr. Der ältere Melaphyr entspricht in seiner ganzen Ausdehnung im All- gemeinen der Varietät, welche von dem Reisigenstein bei Klein- schmalkalden, einem eben dieser Decke angehörenden Felsen, be- H. Bücxıne, Gebirgsstörungen südwestlich vom Thüringer Wald. 43 kannt ist. Auch der früher von mir erwähnte Melaphyr von Steinbach-Hallenberg gehört in diesen Horizont, welcher sich von dem letztgenannten Orte aus noch weiter in südöstlicher Richtung bis nach Suhl hin verfolgen lässt. Was den Quarzporphyr an- langt, so kann derselbe hin und wieder ganz fehlen, an anderen Stellen aber, wie z. B. am Haderholzstein, eine beträchtliche Mächtigkeit erreichen. Bezüglich des Granits von Seligenthal sei erwähnt, dass sich verhältnissmässig frische Stücke desselben am westlichen Abhang des Floher Gemeinde-Waldes vorfinden. Man hat das Gestein, ebenso wie den Granit von Kleinschmalkalden, längere Zeit hin- durch als körnigen Gmneiss betrachtet !); dies scheint indessen un- zulässig. Fast nirgends ist eine Schieferung, selbst nicht einmal eine ausgesprochene Plattung oder Streckung des Gesteins zu er- kennen; und das leichte Zerfallen in Gruss theilt der Granit zwischen Kleinschmalkalden und Seligenthal mit dem Granit von vielen Stellen in der Nähe von Brotterode, Zella und Mebhlıis. Andererseits bildet der Granit von Steinbach-Hallenberg, so klein auch die Stelle ist, wo er zu Tage tritt, eben solche schroff an- steigende Felsen, wie sie dem Brotteroder Granit im Trusenthal eigen sind. Strassburg, den 27. December 1886. ) Vgl. auch des Verfassers Mittheilung über die Lagerungsverhältnisse im Spessart, Zeitschr. d. Deutsch geol. Ges. XXXI, 1379, S. 419. Anm. Die Kersantite des Unterharzes. Von Herrn Max Koch in Berlin. Theil I. (Hierzu Tafel II— IV.) Geologische Aufnahmen am Nordabfall des Harzes zwischen Blankenburg und Wernigerode, welche mich längere Zeit in Michael- stein festhielten, brachten Gelegenheit, die von Herrn Prof. LossEn entdeckten und beschriebenen I), durch ihren Reichthum an seltenen Mineralien so interessanten Kersantitvorkommnisse in der Nähe dieses Ortes wiederholt aufzusuchen und das von dem Eruptiv- gestein vorhandene Material wesentlich zu vervollständigen; zum grösseren Theil durch eigene Funde, dann aber auch durch liebens- würdige Zuwendungen des Herrn Stadtsekretär SCHEFFLER in Blankenburg. Das gesammelte Material erwies sich in vielen Fällen frischer als dasjenige, welches Herrn Prof. LoSsEn zur Verfügung stand und namentlich in Hinsicht auf die einschluss- artigen Anhäufungen jener selteneren Mineralien so reich an neuen Fundstücken, dass man wohl hoffen konnte, deren Untersuchung würde weitere Gesichtspunkte zur Beurtheilung des Ursprungs dieser für eruptive Bildungen so fremdartigen Mineralien und Mineralaggre- gate gewinnen lassen. Herr Prof. Lossen, der sich am Schluss seiner Arbeit spätere Mittheilungen über den Kersantit von Michael- !) Geol. und petrogr. Beiträge zur Kenntniss des Harzes. 1. Geol. Zusammen- setzung der nördl. Abdachung d. Harzes zw. Wernigerode und Michaelstein. Jahrb. d. Kgl. pr. geol. Landesanstalt für 1880, ft < Max Kocu, Die Kersantite des Unterharzes. 45 stem vorbehalten hatte, war so liebenswürdig, mir die weitere Verfolgung seiner Beobachtungen zu überlassen und mir gleichzeitig die petrographische Bearbeitung der Bode-Kersantite!) zu über- tragen. Die Untersuchung dieser ist noch nicht so weit gediehen, dass die Ergebnisse schon hier einen Platz finden könnten. Sie sollen den vorliegenden Mittheilungen später als zweiter Theil folgen. Sowohl Herr Prof. Lossen wie namentlich Herr Prof. ROSEN- BUSCH, in dessen petrographischem Institut der grössere Theil der nachfolgenden Untersuchungen gemacht wurde, haben mir in so freundlicher Weise Rath und Unterstützung zur Verfügung gestellt, dass ich mich den genannten Herren zu grossem Danke verpflichtet fühle. Kersantit von Michaelstein. 1. Verbreitung und geologische Stellung. Michaelstem am Harzrande, !/ Stunde nordwestlich von Blan- kenburg gelegen, steht auf der Grenze des alten hercynischen Schiefergebirges und der jüngeren Randschichten des Harzes. Die Sedimente, welche den hier in Betracht kommenden Theil des Ge- birgsabfalls aufbauen, bestehen aus Thonschiefern mit zahlreichen, wenig mächtigen Einlagerungen von Kalkstein, Quarzit, Kiesel- schiefer und Diabas und gehören nach der Gliederung, welche LossEn für diese ältesten Harzschichten aufgestellt hat, den unter- devonischen Wieder-Schiefern an. Die weit vorgeschrittene Erosion, welche in wenig steil ansteigenden, gerundeten Bergformen ihren Ausdruck findet, bedingt es, dass anstehendes Gestein nur spärlich aus dem mit üppiger Vegetation bedeckten Waldboden hervortritt und demnach natürliche Aufschlüsse zu den Seltenheiten gehören. Dadurch wurde die Klarlegung der Lagerungsverhältnisse der ) Geol. und petrogr. Beiträge zur Kenntniss des Harzes. Jahrb. d. Kgl. geol. Landesanstalt für 1885. 46 Max Kocn, Die Kersantite des Unterharzes. Schichtenglieder, deren Bau überdies durch zahlreiche Faltungen complieirt wird, wesentlich erschwert, und die Auffassung der geologischen Stellung des Eruptivgesteins, dem diese Mittheilungen gelten, eine unsichere. — Dasselbe tritt in zwei durch den Kloster- grund getrennten Gängen an die Oberfläche. Das nördlichere Vorkommniss, nirgends anstehend erschlossen, ist in seinem Ver- lauf an die Ost-West streichende Einsenkung zwischen dem obern Nackenberg und Salzberg gebunden. Auf die ersten Gangtrümmer trifft man, wenn man von Michaelstein kommend den Bach zwischen Probstberg und Nackenberg überschreitet, etwa 200 Schritt westlich desselben. Sie führen, immer der Einsenkung folgend, auf das Joch, welches Nackenberg und Salzberg verbindet, wenden sich von hier aus mehr nach NW. und endigen nach kurzer Erstreckung unweit des Baches, welcher den Nackenberg auf der Westseite umfliesst. Wie man aus der geringen, selten einige Meter über- schreitenden Breite des Trümmerzuges entnehmen muss, ist der Gang von sehr geringer Mächtigkeit. Soweit die Ungunst des Terrains Beobachtung zulässt, fällt die Richtung der Trümmer- massen mit der Streichlinie der Einlagerungen zusammen. Ein Durchsetzen der letzteren konnte nirgends festgestellt und in Folge dessen auch nicht der Beweis der Gangnatur des Gesteins erbracht werden. Das Gestein befindet sich übrigens, wie rostgelbe Farbe und grosse Mürbe anzeigen, durchweg in einem Stadium weit vorgeschrittener Zersetzung und liefert desshalb kein günstiges Material zur Untersuchung. Selten nur besitzt ein grösseres Bruchstück einen frischeren Kern, der alsdann die volle Ueberein- stimmung des Nackenberger Kersantits mit den Gesteinen des gleich zu erwähnenden Vorkommnisses des Börneck’schen Gemeinde- Waldes erkennen lässt, sowohl in Bezug auf Structur und minera- logischen Bestand wie auch auf das Vorhandensein der selteneren Mineralien. Der südlichere Gang oder, da im Streichen einzelne Lücken zu verzeichnen waren, vielleicht richtiger Gangzug, besitzt grössere Ausdehnung, ist relativ günstiger erschlossen und liefert im grösseren Theile weit frischeres Gestein. Sein Verlauf fällt auf eine grosse Erstreckung mit der Höhenlinie des langgezogenen Rückens, welcher Max Kocn, Die Kersantite des Unterharzes. 47 das rechte Ufer des Klostergrundbachs bildet, des sogenannten Bör- neck’schen Gemeinde-Waldes, zusammen. Der östlichste Punkt, an dem sich Ganggestein findet, liegt in dem äussersten Vorstoss dieses Berges nach Nord-Osten, gleich oberhalb des Gasthauses zur Wald- mühle. Nur wenige Blöcke und kleinere Bruchstücke, in dem gerade hier mit dicker Humusschicht und dichtem Unterholz be- deckten Waldboden verstreut, deuten das Vorhandensem des Ganges an. Dieser Punkt verdiente kaum hervorgehoben zu werden, wenn er nicht das frischste Gestein des ganzen Zuges — frischer als es Herrn Prof. LossEn zur Verfügung stand — geliefert und dadurch die Veranlassung zu den nachfolgenden ergänzenden Mittheilungen über das Ernptivgestein gegeben hätte. Die Spärlichkeit der Trüm- mer und die Lage derselben am Fusse des Berges liess es anfangs zweifelhaft erscheinen, ob man es mit dem Gange selbst oder nicht vielmehr mit vom Bache des Klostergrundes hier niedergelegten Bruchstücken der westlicheren Gangtheile zu thun habe; spätere Untersuchungen haben jedoch erwiesen, dass Schotter zwar die äusserste Spitze des Vorstosses überdeckt, aber doch nicht bis zu der Höhe reicht, in welcher sich die frischen Bruchstücke fanden. Die Form derselben weist zudem nicht auf Transport durch Wasser hin, und ihre Frische ist gegenüber jenen immer mehr oder weniger zersetzten Gesteinen eine relativ so grosse, dass sie eine selbstän- dige Rolle spielen dürften. — Zwischen diesem Punkte und dem nächst westlicheren Vorkommniss ist eine grössere Lücke zu ver- zeichnen, in der Ganggestein nicht nachgewiesen werden konnte. Erst am Hange und auf «der Höhe oberhalb des zweiten Teich- dammes finden sich wieder zahlreiche Gangtrümmer. Sie lassen sich von hier nach Südwesten, anfangs dem Kamme des Berges folgend, weiterhin sich mehr und mehr nach dem Thale hin senkend, mit nur unwesentlichen Lücken bis zur Einmündung des kleinen Baches auf der linken Thalseite verfolgen, welcher die Grenze und Wieghäuser Gemeimde-Wald bildet. des Ganges auf der linken Seite des Kloster- zwischen Zimmerber u Die Fortsetzung grundes bilden einzelne durch zwei kleine Steinbrüche erschlossene Vorkommnisse am Hange der Wieghäuser Gemeinde-Waldung. Weiterhin ist Ganggestein nur noch an einem, höher hinauf lie- AS Max Kocu. Die Kersantite des Unterharzes. genden Punkte der Wieghäuser Gemeinde-Waldung durch LossEn festgestellt worden. Den günstigsten Aufschluss liefern die er- wähnten Brüche. Ausser ın diesen findet sich anstehendes Ge- stem, ohne dass der Verband mit dem Nebengestein aufge- deckt ist, nur noch an zwei Punkten auf der rechten Thal- seite: in der vom Gierskopf nach Norden vorspringenden Nase und weiter zurück nach Osten am Gatter, welches die Börneck- sche Gemeinde-Waldung nach Westen hin abschliesst. Irgend welche Anzeichen gangförmigen Verhaltens werden wie am Nacken- berge so auch hier vermisst. Der normale Verband mit dem Se- dimentgestein in den Brüchen und die Ueberemstimmung der Rich- tung der Ganglinie mit dem örtlich zu beobachtenden Streichen der Schiefer und der Einlagerungen machten es im Gegentheil sehr wahrscheinlich, dass dem Kersantit von Michaelstein in Ueber- einstimmung mit dem Gestein von Langenschwalbach in Nassau, aber abweichend von dem Oberharzer und den übrigen bekannten Vorkommnissen eine besondere Stellung sowohl geologisch wie dem Alter nach einzuräumen sei. LossEn reihte ihn als Palaeo- kersantit mit unterdevonischem Alter in die antegranitischen, lager- artigen Eruptivgesteine des Harzes ein. Die geologischen Unter- suchungen desselben im Sommer vorigen Jahres, welche eme unge- ahnte Ausdehnung der schon früher !) durch ihn bekannt gewordenen Kersantitvorkommnisse von Treseburg und Ludwigshütte an der Bode nachwiesen, führten jedoch eine Aenderung dieser Auffassung her- bei, indem sich für das gangförmige Verhalten dieser Gesteine nicht zu bemängelnde Beweise auffinden liessen. Sie stützen sich auf Beobachtung wiederholten spitzwinkligen Durchsetzens der Schiefer und Entsendung einer Apophyse ins Nebengestein. Untergeord- netere Kriterien, die sich auch für die Michaelsteiner Kersantite geltend machen lassen, liegen in der Ausbildung von dichten Sal- oO’ g band- und mehr körnigen Gangmitte-Gesteinen, sowie in dem Fehlen von Druckschieferung, welche ja bei den jüngeren vor der Faltung des Gebirges in die Schiefer eingedrungenen Diabasen eine so häufige Erscheinung ist. Bei der nahen Uebereinstimmung der N eis Eh OLE A Max Koch, Die Kersantite des Unterharzes. 49 Gesteine beider Gebiete sowohl in Bezug auf Structur und Bestand wie auch auf das Vorhandensein der an seltenen Mineralien reichen einschlussartigen Massen erscheint die Zugehörigkeit zu einer und derselben Eruptionsepoche zweifellos feststehend, und der für das eine erbrachte Beweis musste auch für das andere gültig werden. Somit tritt der Michaelsteiner Kersantit aus der Ausnahmestellung, die er bisher inne hatte, in die Kteihe der postgranitischen und zwar postculmischen Ganggesteine des Harzes über, deren Eruptions- = epoche in die Zeit nach der Faltung und Aufrichtung des Grebirges fällt und schliesst sich dadurch in seiner geologischen Stellung den bis jetzt bekannten Kersantit-Vorkommnissen normal an. 2. Mineralogischer Bestand und Structur des Gesteins. Um den petrographischen Charakter des Gesteins klarer her- vortreten zu lassen, empfiehlt es sich, von den Gemengtheilen die- jenigen, welche nicht sofort, sei es durch krystallographische Begrenzung oder den Verband mit den übrigen Gemengtheilen, dem Gestein als ursprüngliche Bildung zugehörig erkannt werden können, zusammengefasst als begleitende Bestandmassen für sich zu betrachten, ohne dass dadurch von vornherein ein Urtheil über ihre Stellung abgegeben werden soll. Es gehören dazu: Wallnuss- Grösse erreichende Feldspäthe, gleich grosse Quarzmassen, Granat, Sillimanit, Disthen, Korund, Staurolith, Spinell, Rutil und Apatit (in Körnerform), einzeln im Gestein sich findend oder zu kugligen oder ellipsoi- dischen Aggregaten vereimigt. Die Beschreibung dieser Bildun oO Oo en wird derjenigen des Gesteins folgen. So verschieden im äusseren Ansehen die Gresteine sind, so hat man es doch nur, wie die mikroskopische Untersuchung ergab, mit Gesteinen derselben mineralogischen Zusammensetzung und auch nahe der gleichen Structur zu thun. Die Unterschiede- haben ihren Grund allein in dem Grade der Frische des ganzen Gesteins oder der einzelnen Gemengtheile, im der grösseren oder geringeren Dichte der Grundmasse und in der Menge und Grösse der Ein- sprenglinge. Dunkelgraue bis schwarze Farben kommen den frischen, hell graue den zersetzten Gesteinen zu. Kostgelbe Töne, Jahrbuch 1586. 4 50 Max Kocn, Die Kersantite des Unterharzes. wie bei dem Nackenberger Vorkommniss, sind bezeichnend für ein weit vorgeschrittenes Stadium der Zersetzung. Die Verschieden- heiten in der Dichte der Grundmasse und die Menge der Einspreng- linge bedingen bald rein porphyrische, bald mehr körnige Ausbil- dung. Hervorragend trägt zur Verschiedenheit im Aussehen der Er- haltungszustand des Glimmers bei. In den Gesteinen der Vorkomm- nisse dicht bei Michaelstein, der Kleinen und zum Theil auch noch der Grossen Börneck’schen Gremeinde-W aldung, von frischer dunkel- brauner Farbe und lebhaftem Glanz, zeigt er sich in den west- licheren Gangtheilen und namentlich in den Aufschlüssen der Brüche der Wieghäuser (remeinde-Waldung vollkommen zersetzt und ausgebleicht. Die Blättchen erreichen hier ausserdem nicht die Grösse wie in den Gesteinen der ersteren Fundpunkte, sondern treten mehr in die Grundmasse zurück. Der Erhaltungszustand des Gesteins gestattet nicht immer einen Schluss auf denjenigen der einzelnen Gemenstheile. Die Fund- stücke des Ganges am Nackenberg sind, wie erwähnt, mürbe und von rostgelber Farbe, dennoch ist der Glimmer nach Farbe und Glanz nahezu frisch. In den grauen, sehr festen und klin- senden Gesteinen der Brüche dagegen sind bis auf Reste der Grundmasse der Glimmer und die übrigen Gemengtheile der Um- wandlung in dem Maasse anheimgefallen, dass in denselben nur noch ein Aggregat von Pseudomorphosen und Zersetzungsproducten vorliegt. Das frischste Gestein der ganzen Reihe, das sich, wie oben erwähnt wurde, nur in wenigen Blöcken und Bruchstücken in der Spitze der Börneck’schen Gemeinde-Waldung bei Michaelstein findet, zeigt dunkelgraue bis fast schwarze Farbe und besitzt in Folge zahlreicher Ausscheidungen von dunkelbraunem Glimmer in einer feinkörnigen bis dichten Grundmasse deutlich porphyrisches (fe- füge. Weniger in die Augen fallend als der Glimmer und der Menge nach gegen diesen zurücktretend nimmt auch Feldspath als Einsprengling an der Zusammensetzung Theil. Wie ange- schliffene Stücke besser erkennen lassen, ist er ziemlich gleichmässig vertheilt und seine Schnitte deuten meist auf krystallographische & hin. Erwähnt man noch das Auftreten von Quarz in fe) Umerenzun vereinzelten, winzigen RKöruchen und den Reichthum mancher Max Kocn, Die Kersantite des Unterharzes. 51 Stücke mit besonders dichter Grundmasse an Pyrit, so wäre damit, wenn man von den begleitenden Bestandmassen vorläufig absieht, der makroskopisch erkennbare Bestand erschöpft. In überraschender Weise wird dies dürftige Ergebniss durch die mikroskopische Untersuchung ergänzt. Sie giebt vor Allem Aufschluss über die Natur des augitischen Minerals, das sich, wie schon LossEn aus der Form chloritreicher Pseudomorphosen in den von ihm unter- suchten weniger frischen Gesteinen folgerte, in hervorragender Weise an der Zusammensetzung betheiligt. Es ist abweichend von der Form, in der es gewöhnlich in Glimmerdioriten auftritt, nicht monokliner, sondern rhombischer Pyroxen, und zwar Enstatit. Einen anderen Gemengtheil, der um so mehr Interesse verdient, als er aus dioritischen (restemen bisher noch nicht bekannt ge- worden ist, bildet der Cordierit. Allem Anschein nach dem Gestein als ursprüngliche Bildung angehörend, soll sich seine nähere Be- schreibung der der übrigen Gemengtheile anschliessen. Die Grundmasse löst sich schon bei geringer Vergrösse- rung in ein krystallines (remenge von zahlreichen Feldspathleistchen, lang prismatischen Pyroxensäulchen und Glimmer auf, wobei letzterer häufiger in Flasern und Läppchen, als in regelmässiger Begrenzung erscheint. Die Leistchen, unter denen der Feldspath der Menge nach, der Pyroxen durch seine Dimensionen hervortritt, liegen theils regellos durcheinander, selten mit Annäherung an diabasisch- körnige Structur, theils macht sich, wie besonders in den dichteren Varietäten, eine parallele Anordnung derselben geltend. Nicht selten geht diese dann in schöne fluidale Structur über, deren Ströme grössere Einsprenglinge umfliessen und sich den Ausbuch- tungen derselben anschmiegen. Als Erstarrungsrest erscheint zwi- schen den Leistchen und Säulchen zweiter Generation eine farblose, bei gewöhnlichem Licht anscheinend einheitliche Masse, welche an sich frisch, doch vielfach durch verflösste Zersetzungsproducte ge- trübt ıst. Erst beim Senken des unteren Nicols oder Anwendung polarisirten Lichts treten Conturen hervor, die sich jedoch m Folge gegenseitiger theilweiser Ueberdeckung und gegenseitiger Hem- mung in der Krystallisation nicht immer auf regelmässige Formen zurückführen lassen. Wo solche erscheinen, sind es kurz rectan- 4* 59 Max Koch, Die Kersantite des Unterharzes. guläre Schnitte oder Leistenformen, bald das eine, bald das andere überwiegend. Die Masse erweist sich überall als doppelbrechend. Trotz der Frische lässt sich eben wegen der Unvollkommenheit in der Form und der geringen Unterschiede der Doppelbrechung in dünnen Schliffen die Substanz nicht in jedem Theile entziftern. So viel steht fest, dass sich überwiegend Feldspath an der Zu- sammensetzung betheiligt. Neben Orthoklas, dem nach Auslöschung die kurz rectangulären Formen angehören, nimmt auch Plagioklas in der erwähnten schmalen Leistenform daran Theil. Dass La- mellirung an denselben nur selten zu beobachten ist, erklärt sich aus der Dünne der Leistchen und aus der Schnittlage. In den wenigen Fällen, in denen sie in zwei Hälften zerfallen, spricht das optische Verhalten für Oligoklas. Neben Feldspath fehlt weder Glimmer noch Pyroxen. Ersterer erscheint in unregelmässigen, stärker doppelbrechenden Häutchen, letzterer in fasrigen Krystal- loiden. Quarz primärer Natur ist, wenn auch selten, zweifellos vorhanden. Regelmässige Verwachsung von Quarz und Feldspath, von LossEn in den weniger frischen Gesteinen der westlicheren Gangtheile beobachtet, scheint diesem frischen Gestein dagegen zu fehlen. — Ein secundäres Mineral, welches in solcher Häufig- keit in der Grundmasse auftritt. dass es wesentlich mit zur Gre- staltung des mikroskopischen Bildes beiträgt, mag schon hier erwähnt werden. An den Rändern der Glimmerleistehen und -Blättchen der Grundmasse, aber auch in der Glimmersubstanz selbst und weithin zwischen die übrigen Gemengtheile verstreut finden sich nämlich winzige, bei schwacher Vergrösserung opake Körnchen oft in grosser Zahl gehäuft, welche den Schliff wie mit einem feinen Staub überstreut erscheinen lassen und nicht unwe- sentlich zur Trübung des oben geschilderten Bildes beitragen. Erst bei mehrhundertfacher Vergrösserung nehmen die Körnchen sehr zierliche hexagonale, oft nach einer Richtung verlängerte, oder tri- gonale Formen mit ganz untergeordneter Abstumpfung der Ecken an. Die Blättchen sind so dünn, dass Längsschnitte selbst bei stärkster Vergrösserung nur als feine Linien erscheinen. Ein grosser Theil der hexagonalen Schnitte wird mit hellbraunen Farben durch- sichtig und viele geben bei geeigneter Lage mit abgeblendetem Max Koch. Die Kersantite des Unterharzes. 53 Spiegel einen metallischen Reflex, Erscheinungen, die in Verbin- dung mit der hexagonalen Umrandung für Titaneisenglimmer sprechen. Zur Prüfung auf chemischem Were wurde eine grössere Menge von Schlifttheilen, die sich frei von Glimmer und Rutil zeigten, anhaltend mit kochender Salzsäure extrahirt, und die Lösung nach der bekannten Scnönn schen Methode mit Wasser- stoftsuperoxyd auf Titansäure geprüft. Eine deutliche, wenn auch schwache gelbe Färbung der Lösung bestätigte die angegebene Deutung der Blättchen als eines Titanminerals. Zur Charakteristik der einzelnen Gremengtheile möge Folgendes dienen: Feldspath. Die Grösse der Feldspatheinsprenglinge über- steigt selten 1—2 Millimeter und gestattet desshalb nicht die Her- stellung von Spaltstückchen zur Bestimmung der Auslöschungs- io} schiefe. Neben scharfen Umrandungen, die auf Begrenzung durch P,M,x und Prismenflächen hinweisen, meist etwas gestreckt nach den ersten beiden Flächen, kommen vorwiegend Schnitte mit ge- rundeten Ecken, aber immer noch auf die genannten Formen hin- deutend, vor. Vollkommen gerundete Gestalten gehören zu den Seltenheiten. In Bezug auf den Grad der Zersetzung macht sich in- sofern ein Unterschied geltend. als die frischen oder nur randlich zer- setzten Schnitte mit wenigen Ausnahmen feine Zwillimgslamellirung besitzen, während diese stärker umgewandelten, nur frischen Kern zeigenden Krystallen fehlt. Ob derartige Schnitte dem Or- thoklas angehören, liess sich nicht mit Sicherheit bestimmen. Die lamellirten Feldspäthe ergaben in Schnitten senkrecht zur Zwil- lingsebene, die sich ja leicht daran erkennen lassen, dass die Aus- löschungen beiderseits dieser Ebene gleiche Werthe besitzen, Auslöschungsschiefen bis zu 30°, ein Resultat, das auf einen dem Labrador nahe stehenden Feldspath führt. Die Feldspathsubstanz ist ziemlich rein. An Einschlüssen beherbergt sie dann und wann Glimmerblättchen, selten Rutil 19% {=} in gelben, stark lichtbrechenden Körnern. Ob Grundmasse- Partien in dem Feldspath als Einschlüsse aufzufassen sind, oder nicht vielmehr günstig geschnittenen, mit Grundmasse erfüllten Einbuchtungen angehören, lässt sich mit Sicherheit nicht entscheiden. 54 Max Koch, Die Kersantite des Unterharzes. Derartige corrodirte Krystalle mit tiefen, zungenartigen Eingriffen der Grundmasse in die Feldspathsubstanz wurden mehrfach beob- achtet. Die Feldspathleistchen der Grundmasse, welche im Durch- schnitt eine Länge von 0,1 Millimeter, eine Breite von 0,02 Millimeter besitzen, sind fast durchweg in ein lebhaft bunt polarisirendes Muscovitaggregat umgewandelt. Nur in den Präparaten einer sehr feinkörnigen Varietät fanden sich noch frische, nicht selten in zwei Hälften zerfallende Schnitte vor. Die Auslöschungsschiefen sind stets gering und berechtigen zur Annahme, dass der Feldspath der Grundmasse dem Oligoklas angehört. Glimmer. Der Glimmer tritt in dunkelbraunen, lebhaft glänzenden und ebenflächigen, meist scharf hexagonal umrandeten Blättchen auf, deren Grösse sich gewöhnlich zwischen 11/g—2 Milli- meter bewegt, aber vereinzelt auch bis 1 Centimeter anwächst. Die Dicke derselben ist oft nicht unbeträchtlich, ohne dass jedoch eine Messung der Flächen möglich würde. Nach den Bestimmungen Herrn LATTERMANN Ss!) und nach meinen Untersuchungen, welche unabhängig von einander gemacht wurden, gehört er dem Anomit im Sinne TSCHERMAR’s an?). Mit dem Charakter des Glimmers als Anomit stimmt sehr wohl eine oft nicht unbedeutende Sprödigkeit der Blättchen über- ein. Primäre Biegungen und Stauchungen der Leistchen mit da- durch bedingter undulöser Auslöschung, ferner Corrosionserschei- nungen, und zwar oft derartig stark entwickelt, dass die Blättchen streifenartig durchbrochen oder zerschlitzt erscheinen, gehören nicht zu den Seltenheiten. !) Unveröffentlichte Arbeit. ?) Eine aus der Arbeit Herrn Larserwmanw’s in die neue Ausgabe der Phy- siographie von Rosexguscn aufgenommene Notiz S. 486 bedarf, wie mir Ersterer mittheilte, insofern der Richtigstellung, als die Angabe, der Kersantit führe neben Anomit auch Biotit, derartig aufzufassen sei, dass der Anomit dem Gestein selbst, Biotit den au Granat und Sillimanit reichen einschlussartigen Aggre- gaten zukomme. Nachträglich habe ich nun, geleitet von der Annahme, dass die sehr häufig einzeln im Gestein auftretenden Mineralien jener Massen theilweise von der Zerbröckelung dieser herrühren möchten, und wenn dies richtig sich auch der Glimmer derselben finden könne, auch das vereinzelte Vorhandensein von Biotitblättchen beobachtet. Max Kocn, Die Kersantite des Unterharzes. 55 Die Substanz des Glimmers, insoweit er den Einsprenglingen zuzuzählen ist, zeigt sich meist vollkommen frisch. Er besitzt alsdann scharfe Umrandungen und vollkommen gleichmässige und klare Färbung. Nur vereinzelt machen sich auch in dem frischen Gestein schon Anfänge der neben einander laufenden Umbildungs- processe, lamellare Ausbleichung unter gleichzeitiger Neubildung von spiessigen Mikrolithen oder Chloritisirung mit Erzausschei- dung und Auftauchen schmaler blutrother Eisenglimmerlamellen bemerkbar, wie sie ausgezeichnet m allen Stadien m den we- niger frischen Gesteinen beobachtet werden können )). Die Bemühungen, die Mikrolith- Neubildungen, welche nach Form, Aggregation und Vertheilung in den Blättchen ganz in der Weise erscheinen, wie dies KALKOWSKY von den Biotiten der Glimmmerschiefer von Zschopau ?) so anschaulich beschreibt, schei- senügende Mengen derselben frei von terten an der Schwierigkeit, & Glimmersubstanz oder dem farblosen Mineral, in das der Glimmer bei Ausbleichung übergeht, zu isoliren. Nach der Behandlung mit Flusssäure finden sich im Rückstand zwar zahlreiche scharflinie Rutilnädelchen, die ım Schliff nur selten zu bemerken sind. doch kommen daneben immer noch in reicher Zahl die unscharfen, fasri- ven, wie inkrustirt erscheinenden Mikrolithe vor und bleiben auch bei fortgesetzter Behandlung mit Flusssäure in dieser Form. Eine Identität beider scheint daher ausgeschlossen zu sein. Nicht immer besitzt der Glimmer so regelmässige Umrandung und so gleich- mässig ebene und glatte Spaltflächen wie gewöhnlich in dem frischen Gestein von der Spitze der Börneck’schen Gememde-Waldune. Höher hinauf wurden sehr elimmerreiche Stücke gesammelt, in denen er mehr den Eindruck unregelmässiger und, da sich auf der Spaltfläche leicht Theilchen ablösen und aufbiegen, aus einzelnen Schuppen locker aufgebauter Flasern macht. Dem entsprechend ist auch das Bild im Schliff; nur dass die Schüppchen regelmässige, gsschnitten also leisten- in den Querschnitten hexagonale, in den Län förmige Gestalt annehmen. Die einzelnen Schüppchen sind alle I) Siehe Lossex a. a. O. S. 24. 2) Zeitschr., d. Deutsch. geol. Ges. 1876, 5, 701, 56 Max Kocn, Die Kersantite des Unterharzes. gleich orientirt und bilden zusammen im Allgemeinen wiederum ein Hexagon mit zahlreichen einspringenden Winkeln. Die Con- turen der Individuen treten nur dadurch hervor, dass eime Aus- bleichung der centralen Theile und eine Anreicherung der färbenden Substanz nach den Rändern hin stattgefunden hat, auch hier unter gleichzeitigem Erscheinen der erwähnten spiessigen Mikrolithe. Bei vollendeter Bleichung tritt wohl auch eine dunkelgrüne, weiche Masse isolirend zwischen die einzelnen Schüppchen und grössere Blättchen erscheinen dann wie von einem feinen Adersystem durch- zogen. Sehr schön zeigen diesen Aufbau grösserer Glimmertafeln aus parallel geordneten kleineren Krystallen auch die Gesteine des Gan: te} An Einschlüssen führt der Glinimer Apatit, Erze, selten Zirkon es am Nackenberse. und Rutil.e. Die Glimmerblättchen besitzen die Tendenz, sich den vor oder gleichzeitig mit ihnen gebildeten Gemengtheilen anzu- schmiegen. So findet man Erzausscheidungen, Cordierit, Pyroxen, vor Allem aber Granat, Rutil und häufig auch die einschlussartigen Aggregate seltener Mineralien mehr oder weniger vollständig von dem Glimmer eingehüllt. In Stück, aber auch im Schliff, wenn nur die Hülle angeschnitten ist, entsteht dadurch der Eindruck, als ob man es mit selbständigen Glimmeranhäufungen zu thun habe. In den zersetzteren Gresteinen treten die Conturen völlig der Umwandlung anheim gefallener Gemengtheile in Folge der Glimmerhüllen häufig noch recht gut hervor. Lossen deutet das Zusammentreten von Glimmer und Erz als Verwachsung ). Un- gezwungener lässt sich die Erscheinung sowohl bei den Erzaus- scheidungen wie bei den übrigen Gemengtheilen wohl als Adhäsion auffassen. Das Pyroxenmineral gehört den rhombischen Pyroxenen init positivem Charakter der Doppelbrechung an. Bei dem Mangel einer Analyse lässt sich nicht mit voller Sicherheit entscheiden, ob Enstatit oder Bronzit vorliegt. Die geringe Intensität der Farbe, farblos bis schwach gelb oder grün, und die geringe Stärke der Doppelbrechung sprechen für ersteren. Dass Eisen nicht fehlt, giebt sich durch eine mehr oder minder lebhafte Bräunung beim 22 008289: je 3 Max Koch, Die Kersantite des Unterharzes. 57 Grlühen des Schliffes zu erkennen. Er bildet stets lang prismatische, quer gegliederte Kryställchen von quadratischem oder octogonalem (Querschnitt und grader oder domatischer Endigung. Die Conturen, häufig unscharf durch beginnende eigene Zersetzung oder Einhül- lung mit Umwandlungsproducten anderer Gemengtheile, treten schärfer hervor, sobald man den Schliff mit Salzsänre ätzt und mit einer scharfen Bürste die welatinösen Massen entfernt. Im ihrer ursprünglichen Länge erhaltene Krystalle sind grosse Seltenheiten; gewöhnlich erscheinen sie nach der Querabsonderung zerbrochen, wohl auch an den Enden zerschlitzt oder ausgefasert. Eine Nei- gung zu anscheinend gesetzmässiger Verwachsung, knieförmige Gebilde oder sternförmige Grüppirung mit drei oder sechs Strahlen hervorrufend, ist unverkennbar (Taf. II, Fig. 1). Der Enstatit ist weniger widerstandsfähig als der Glinmer, fällt daher früher als dieser der Umwandlung anheim. Die Zer- setzung besinnt von den Zerklüftungslinien aus. indem hier ein feinfasriges grünes, nit Salzsäure gelatinirendes Mineral erscheint, das allmählig von dem ganzen Kıystall Besitz nimmt. Nach äusse- rem Ansehen, Farbe, Pleochroismus und Doppelbrechung ist es nicht von dem chloritischen Zersetzungsproduet der Glimmer zu unterscheiden. Der Nachweis, ob auch hier, wie für die Kersantite der Bodevorkommnisse festgestellt werden konnte, Umwandlung in Bastit vorliegt, wollte wegen der meist ungleichen Orien- tirung der Fasern nicht gelingen. Neben diesem Product erscheinen, oft gehäuft an den Querrissen, dunkle Körnchen und spitz pyrami- dale Kryställchen als Neubildungen, die theils einem Erz, wahr- scheinlich Magneteisen, theils einem bei starker Vergrösserung mit gelber Farbe durchsichtig werdenden, stark Licht brechenden Mineral angehören. Hat man sich die Formen, in denen der En- statit auftritt, an dem frischen Mineral eimgeprägt, so ist es, wenn auch nicht in jedem, so doch im den meisten Fällen leicht, ıhn auch in den Pseudomorphosen wiederzuerkennen und letztere von denen der Glimmer zu unterscheiden. Die Quergliederung, welche fast stets erhalten bleibt, trägt dazu wesentlich bei. Obgleich der Enstatit dann und wann Dimensionen annimmt, welche denen der Einsprenglinge nicht nachstehen, gehört er doch überwiegend der Grundmasse an. Eigenthümliche Pseudomorphosen 58 Max Kocn, Die Kersantite des Unterharzes. scheinen darauf hinzuweisen, dass ein Bisilikat ursprünglich auch unter den ältesten Ausscheidungen nicht gefehlt hat. Es sind dies aus Kalkspath, Chlorit und Quarz bestehende Massen mit meist verschwommenen unregelmässigen Grenzen, die nur vereinzelt an breit prismatische oder langgezogen-hexagonale Formen erinnern. Von der ursprünglichen Substanz ist nichts mehr erhalten, dagegen besitzen centrale Partien eine Structur, die wohl dem Muttermineral eigenthümlich war: deutliche Querabsonderung und Längsrisse. Die Pseudomorphosen erreichen Grössen bis 1/, Centimeter. Bei der Frische der übrigen Ausscheidungen, des Feldspaths und des Glimmers, kann es kaum zweifelhaft sein, dass ein völlig umge- wandeltes Bisilikat vorliegt. Quarz. (Juarz findet sich im Grestein spärlich in bis 3 Milli- ineter grossen runden oder ovalen, bisweilen stark corrodirten Körnern. Weder im der Form noch in der Substanz Ungewöhn- liches darbietend, kommt ihm doch in Folge eigenthümlicher, oft die Grösse des Kerns überschreitender Umrandungen em gewisses gegenüber der Grundmasse Interesse zu. Die Hüllen verhalten sich & als ältere Ausscheidungen, werden also wie diese von den Leist- chen umzogen, heben sich aber durch etwas dunklere Farbe und abweichende Structur von jener ab. Die Grenzen sind sowohl nach dem Quarz wie nach dem Gestein hin ziemlich scharfe. Bei schwa- cher Vergrösserung erschemen sie als fasrig-filzige Masse, in der sich nur vereinzelt braune, stark pleochroitische Flasern von Glimmer abheben. Erst starke Vergrösserung lässt zahlreiche, theils verworren durcheinander liegende, theils zu Büscheln gruppirte Säulchen erkennen, von äusserst schwacher grünlicher Färbung und fasriger Textur. Nach Auslöschung, Stärke der Licht- und Doppelbrechung und dem Verhalten gegen Säuren bestehen sie aus einem chloritischen Mineral. Daneben treten Glimmerflasern, Feldspath und in einzelnen Umrandungen auch Quarz auf. Ob die Breite derselben in Beziehung zur Korngrösse des Quarzes steht, lässt sich im Schliff nicht mit Sicherheit beurtheilen, da man keinen Anhalt darüber besitzt, wie der Schnitt das Korn zetroften hat. Sehr häufig ist nur die Hülle angeschnitten, in anderen Fällen besitzt ein winziges Korn einen auffallend breiten Saum und um- gekehrt. Max Koch. Die Kersantite des Unterharzes. 59 Erscheint das Auftreten von (Juarz in einem so basischen Gestein wie der Kersantit an und für sich schon auffällig, so tra- gen die Umrandungen noch mehr dazu bei, den Eindruck der Fremdartigkeit zu verstärken. Bei der Annahme ursprünglicher Ausscheidung aus dem Magma des Gesteins sucht man vergeblich nach einer Ursache der Erschemung. Eine Erklärung, wie sie WirLıams !) für die Umrandungen der Quarze in den Quarzpor- phyren von Triberg giebt, indem er annimmt, dass der Quarz in dem durch Ausscheidungen immer acıder werdenden Magına weiter- gewachsen sei und die Mineralien der Hülle bei der Krystallisation eingeschlossen habe, ist bei unserem basischen (Gestein nicht zu- lässig. Ob dagegen — unter Anerkennung der Einschlussnatur des Quarzes — an eine ähnliche Entstehung, wie die der augit- reichen Umsäumungen der Quarzeinschlüsse m den Basalten ge- dacht werden darf, ist bei dem Mangel au begleitenden Erschei- nungen, welche dort den Beweis lieferten, wie Zerberstung des Quarzes, Eindringen von Schmelzmasse auf Sprüngen oder Vorhandensein von amorphen Resten der letzteren, schwer zu ent- scheiden. Näher liegt es wohl, sie als vorzeitige Krystallisationen in Folge vom Quarz ausgehender, abkühlender Wirkung auf- zufassen. Cordierit. Neben den bisher besprochenen Gemengtheilen finden sich, oft in einem Reichthum, der die Rolle einer accesso- rischen Betheiligung bei Weitem übersteigt, regelmässig hexagonale oder rectanguläre Schnitte eines farblosen Minerals, das sich keinem der bisher aus Kersantiten bekannt gewordenen anschliessen lässt. Stärke der Licht- und Doppelbrechung ist die des Quarzes, Cha- vakter der letzteren negativ. Pleochroismus ist nicht bemerkbar. Umrandung, Austritt einer spitzen Bisectrix in den hexagonalen Schnitten, stets parallel den Kanten der Rectangel hiegende Aus- löschung, und Lage der c-Axe parallel den kurzen Seiten (dieser lassen auf em rhombisches, kurz prismatisch ausgebildetes Mineral schliessen. Wegen der Winzigkeit der Kryställchen — sie errei- chen in den grössten Exemplaren kaum 1, Millimeter — und der gleich zu erwähnenden Zwillingsbildung. erhält man das Axenbild !) Neues Jahrbuch f. Miner. etc., Il. B.-B., S. 607, 1883. 60 Max Koch, Die Kersantite des Unterharzes. nur in seltenen Fällen deutlich. Die in gewöhnlichem Licht anschei- nend einheitlichen hexagonalen Schnitte zerfallen nämlich bei An- wendung polarisirten Lichts in mehr oder weniger zahlreiche, sich im Centrum veremigende Felder, deren Grenzen bald geradlinig. bald mehr webogen oder auch zackig verlaufen. Viele darunter besitzen eine so complicirte oder so häufig wiederholte Theilmg, dass der Eindruck eimes regellosen oder auch sphärolithischen Agpregates hervorgerufen wird. Das Studium der weniger com- plicirten Schnitte lässt jedoch bald erkennen, dass der Anordnung der Felder Gesetzmässigkeit zu Grunde liegt, indem die Gesammt- theilung fast immer auf drei, sechs, seltener zwölf Felder von be- stimmter Lage zurückgeführt werden kann, deren Auslöschungsrich- tungen Winkel von 60° oder 30° mit einander bilden. Bei Zer- fall in sechs Felder löschen gewöhnlich je zwei gegenüberliegende, in den durch zwölf Felder gebildeten Schnitten dagegen je vier in Kreuzform liegende zu gleicher Zeit aus. Es sind demnach einfache oder Durchkreuzungsdrillinge derselben Form, wie sie so gewöhnlich an den rhombischen Carbonaten beobachtet werden und wie sie ferner am Cordierit in vulkanischen Auswürflingen durch Hussak !) und v. LAsAauLx?), in Lipariten durch AcuIARDI®) bekannt geworden sind. Während jedoch in diesen Gresteinen die Drillinge vorherrschend durch Brachypinacoide begrenzt werden und die Zwillimngsverwachsung meist nach dem gewöhnlichen Gesetze des rhombischen Systems: Zwillingsebene eine Fläche von @P, stattfindet, weist hier die Lage der Schwingungsrich- tungen zur Umrandung fast stets auf Begrenzung durch das Prisma &P und &P3 als Zwillingsebene hin. Taf. Il Fig. 3 zeigt das Schema, nach dem sie gebildet sind, Fig. 4, 5. 6 geben einige der am häufigsten vorkommenden Formen wieder. Sehr gewöhnlich sind Emschaltungen von Lamellen mit der Orientirung der benachbarten Individuen. Ein einfacher Drilling nach ® P, durch !) Sitzungsberichte der k. Akad. d. W. B. 87. 1883. I. Abth. April-Heft. 2) Zeitschrift f. Kryst. u. Miner. v. Grorm, 1883, VII, 76—80. 3) Della trachite e del porfido quarziferi di Donoratico presso Castagnetto. 185). Max Koch, Die Kersantite des Unterharzes. 61 Anemanderlegung von drei durch ®P begrenzte Individuen ent- standen, ist in Taf. III, Fig. 1 (Schema: Taf. I, Fig. 2) abgebildet. Durchkreuzungsdrillinge mit Zwölffeldertheilung sind Seltenheiten. (Schema: Taf. II, Fig. 7.) Der Auslöschungswinkel zwischen den benachbarten Individuen beträgt 30°; je 4 Felder sind gleich orientirt und gehören einem Individuum an. „Jedes derselben ist mit den benachbarten einmal nach o P, das andere Mal nach &P3 verzwillingt. Die Verwachsungsebene fällt hier mit der Zwillings- ebene zusammen, während sie in den in Fig. 4, 5, 6 abgebildeten Fällen nahezu mit dem Brachypinacoid identisch ist. Taf. III, Fig. 2 stellt einen derartigen, in dieser Vollkommenheit der Aus- bildung allerdings nur einmal beobachteten Drilling dar. Einfache Krystalle oder Zwillinge schemen gänzlich zu fehlen. dagegen kommen vereinzelt Formen mit zwölfseitiger Umrandung vor, jedoch von so complicirter Feldertheilung, dass eine Deutung derselben nicht gelang. Eine auf der Zwillingsverwachsung beruhende Erscheinung, auf welche schon Hussak !) am Gordierit der Auswürflinge des Asama Yama aufmerksam machte, tritt auch hier recht deutlich hervor. Längsschnitte, gleichmässig dunkel, sobald die Schwin- gungsrichtungen des Krystalls mit den Nicolhauptschnitten zusam- menfallen, zeigen nämlich bei Drehung aus dieser Lage eine parallel der kurzen Seite der Schnitte verlaufenden Wechsel von verschieden- farbigen Streifen. Sie liefern den Beweis, dass die Verwachsungs- ebene der Individuen der Zone @P%:%#P& angehört. Seltener macht sich eine, in Taf. III, Fig. 3, abgebildete diagonale Zeichnung bemerkbar, welche an die Sanduhr-artigen, durch isomorphe Schich- tung hervorgerufenen Wachsthumsformen der Augite erinnert. Hier hat die Erscheinung wohl nur in Spannungsverhältnissen ihren Grund. Hussak,?) hat eine ähnliche Beobachtung an dem Cordierit der eben erwähnten Auswürflinge gemacht, konnte jedoch die Ver- ') Hussax, Ueber den Cordierit in vulkanischen Auswürflingen. LXXXII, Bd. der Sitzungsberichte der königl. Akademie der Wissenschaften, 1. Abth. April- Heft, 1833. 8. S. 2) Hussax, a. a. Ort. 8. 17; 62 Max Koch, Die Kersantite des Unterharzes. schiedenheit der Polarisationsfarben in den durch die Diagonalen be- grenzten Abschnitten auf den Reichthum an Flüssigkeitseinschlüssen in zwei gegemüberliegenden und gänzliches Fehlen derselben in den beiden anderen zurückführen. Erwähnenswerth in Bezug auf den Bau der Krystalle ist noch eine im den hexagonalen Schnitten hervortretende feine zonale Liniirung, welche die Umrandung sehr scharf wiedergiebt. Unter den Einschlüssen des Cordierits muss ein Mineral besonderes Interesse beanspruchen, da es wohl m häufiger Association mit ihm im krystallinen Schiefergebirge au- getroften wird, aber bisher in den Cordieriten der Eruptivgesteine — abgesehen von den eme zweifelhafte Stellung einnehmenden Aus- würflingen des Laacher See-Gebiets — nicht bekannt geworden ist. Dieses Mineral ist der Spinell, hier m winzigen dunkelgrünen Oc- taedern als emfacher Krystall, seltener als Zwilling erscheinend. Er bildet gewöhnlich einzeln oder zu mehreren den Kern, um den sich die Cordieritsubstanz angesetzt hat. Neben dem Spinell kommen, so häufig, dass sie fast m keinem Schnitt vermisst werden, schmale quergegliederte Säulchen eimes schwach gelb- lichgrünen Minerals vor, welches nach äusserem Erscheinen und optischem Verhalten mit dem pyroxenischen Gemengtheil des (zesteins identisch zu sein scheint. Andere farblose Mikrolithe in Stabform und farblose Körnchen mit geringem Brechungs- exponenten liessen sich nicht bestimmen. Um auch auf chemi- schem Wege den Nachweis, dass Cordierit vorliegt, zu liefern, wurde, da die Abscheidung mittels Kaliumquecksilberjodid-Lösung nicht gelang, ein grösseres Körnchen aus dem Schliff aus- geschnitten und auf einem mit Canadabalsam überzogenen Ob- jectgläschen mit Kieselflusssäure behandelt. Das Resultat war vollkommen befriedigend. Es zeigten sich die bekannten stark doppelbrechenden Kryställchen von der Form ®P2, R, die hier nur der Kieselfluorverbindung des Magnesiums angehören konnten, da längeres Glühen eines Schliffes keine auf Eisengehalt hindeu- tende Färbung hervorrief. Beim Glühen trat jedoch eime andere Srscheinung hervor, die geeignet ist, die Cordieritnatur des Mine- vals zu bestätigen: die an und für sich nicht pleochroitischen Längsschnitte nahmen, wenn auch schwachen, so doch bemerkbaren Max Koch, Die Kersantite des Unterharzes. 63 Pleochroismus an. Farblos mit emem Stich in Gelb, sobald die kurze Seite des Rechtecks, also die Vertikalachse des Krystalls parallel dem Nicolhauptschnitt, dagegen farblos mit einem Stich in Blau, wenn sie senkrecht dazu steht. Der Cordierit ist frisch nur in den Gangtheilen der Kleinen Börneek’schen Gemeinde-Waldung vorhanden. In den westlichen Vorkommmnissen fehlte er nicht, entzieht sich jedoch durch völlige Umwandlung leicht der Beobachtung. Die Zersetzung beginnt damit, dass an den Rändern oder unregelmässig an verschiedenen Stellen schmale, lebhaft doppelbrechende Flitterchen auftauchen. Immer mehr überhand nehmend, verwandeln sie zuletzt den Cor- dierit in ein fasrig-schuppiges Aggregat, das sich wenig von dem muscovitreichen Zersetzungsproduct der Feldspathleistchen unterscheidet. Nur der allmählige Uebergang, der Eindruck der (irössenverhältnisse der Formen, den man aus den frischen Gre- steinen herübernimmt und die Eimschlüsse, die jedoch nicht immer erhalten sind, lehren, dass hier ursprünglich ein anderes Mimeral als Feldspath vorgelegen hat. Nicht immer ist das Aggrewat ein so feinfasriges und regelloses. In einigen Präparaten von Gesteinen der Oberen Börneck’schen Gemeinde-Waldung tritt deutlich eine Anordnung der Flasern nach dem Zwillingsbau in den hexagonalen Schnitten, nach dem Sanduhr-förmigen Schalenbau in den Rectan- geln hervor. In den Gesteinen der westlichsten Gangtheile auf der rechten Seite des Klostergrundes und in denen der Brüche tritt ein chloritisches Mineral an die Stelle des eben beschriebenen Zevsetzungsproductes. ‚Je vorgeschrittener die Zersetzung des (re- sammtgesteins im Allgememen ist, um so seltener werden die Pseudomorphosen erster Art und um so häufiger erscheint Um- bildung in Chlorit. Das Zusammenvorkommen beider Producte in demselben Krystallschnitt liefert den Beweis, dass wenn auch nicht alle, so doch ein Theil der von LossEn eingehend beschriebenen !) Chloritpseudomorphosen seine Entstehung dem ursprünglichen Vor- handensein von Cordierit verdankt. In den Gesteinen der Brüche ist der Glimmer übrigens meist nicht in Chlorit zersetzt, sondern I) a. 2.0. S. 30, 64 Max Kocu, Die Kersantite des Unterharzes. unter vollständiger Ausbleichung und Neubildung der erwähnten Mikrolithe in ein farbloses Mineral umgewandelt und kommt dess- halb bei Deutung der grünen Chloritpseudomorphosen weniger in Betracht als das grüne chloritische Zersetzungsproduct des Py- roxens. Zwischen diesem und den Cordieritpseudomorphosen lässt die Form in vielen Fällen eine Unterscheidung zu. Die stets regelmässige krystallographische Begrenzung des Cordierits und seine gleichmässige Verbreitung beweisen, dass er sich aus dem Magma des Gesteins ausgeschieden hat. Ob dagegen seine Substanz dem Schmelzfluss ursprünglich angehört hat, oder erst durch Auflösung oder Umschmelzung fremder Massen eingetreten ist, lässt sich nicht entscheiden. Bei dem Reichthum des Kersantits an seltenen Mineralien ist man von vornherein geneigt auch den Cordierit mit dieser auffälligen Erscheinung in Beziehung zu setzen. Ein sichtbarer Zusammen- hang besteht jedoch jedenfalls nicht. Er wurde niemals als (remengtheil der einschlussartigen Bestandmassen beobachtet, während sich die anderen selteneren Mineralien, wie der Granat, Sillimanit u. s. w. proportional zu der Häufigkeit, in der sie einzeln im (festein auftreten, auch an der Zusammensetzung jener be- theiligen. Als accessorische Gemengtheile treten Apatit und Erze auf. Der Apatit in der Form, wie er gewöhnlich in Eruptiv- gesteinen vorkommt, findet sich nicht in der Häufigkeit, wie sonst in Kersantiten. Nur in einer sehr glimmerreichen, pyroxen- armen Varietät, die sich in vereinzelten Stücken unter den Gangtrümmern der Oberen Börneck’schen G.-W. vorfindet, ist er in grösserer Menge vorhanden. Doch auch in dem Gestein normaler Ausbildung erscheint er recht häufig, nur ist die Form, in der er auftritt, eine abweichende. Das an so vielen Eigen- thümlichkeiten reiche Gestein brachte auch nach dieser Richtung, hin eine Ueberraschung, indem die nähere Untersuchung des ge- sammelten Materials das Vorhandensein von Apatit in Körner- und Bruchstücksform in Grössen bis zu 4 Centimeter nachwies. Da er in Association mit Mineralien der accessorischen Bestand- nassen auftritt und sich selbst häufig an deren Zusammensetzung betheiligt, soll er mit diesen besprochen weıden. Max Koch, Die Kersantite des Unterharzes. 65 Die primären Erzausscheidungen des Gestems gehören theils dem Pyrit, theils dem Titaneisenerz an. Ihre Vertheilung und Zer- setzungserscheinungen in dem frischen Gestein stimmen mit den von LossEn darüber gemachten Mittheilungen vollständig überein. ‚Je zersetzter die Gesteine im Allgememen sind, — bis zu einem gewissen Stadium, in dem die Auslaugung beginnt — um so grösser ist der Gehalt an secundärem Kalkspath, Quarz und Pyrit. Alle drei Mineralien treten einzeln oder combimirt, theils in Klüften und Trümchen auf, theils finden sie sich zu grösseren Massen angehäuft als Infiltration secundärer Hohl- räume, seltener als Erfüllung von Blasenräumen des Gesteins. Echte Mandelsteine mit glatter Wandung der Blasenräume treten nur an einem Punkte der Gr. Börneck’schen G.-W. auf. Die Mandeln sind gewöhnlich stark in die Länge gezogen, ein Ver- halten das in Verbindung mit der häufig parallelen Anordnung der Glimmerblättchen eme gewisse Parallelstructur mancher Ge- steine bedingt. Als Ausfüllungsmasse herrscht zwar Kalkspath, doch ist er immer von einer dünnen Lage krystallisirten @Quarzes umgeben, der beim Auflösen der Mandeln als Rinde zurück- bleibt. Die Betheiligung des Kalkspaths an der Zusammensetzung der grösseren Secretionen beschränkt sich gewöhnlich darauf, dass er nach dem Centrum hin die Erfüllung abschliesst; seltener tritt er in wechselnden Lagen mit Quarz in denselben auf und nur ganz vereinzelt bildet er allein die Erfüllungsmasse. Sowohl in den echten Mandeln wie in den grösseren Secretionen erscheint er als einheitliches Korn oder wenigstens in grobspäthigen Massen. In einer feinkörnigen bis dichten Varietät setzt er mit dunkel- grünem Chlorit eine andere Gruppe von secundären Bildungen zusammen. Es sind dies, je nachdem Chlorit oder Kalkspath überwiegt, weiss oder grün getupfte oder gebänderte Massen, die das Gestein schlierenartig durchsetzen oder in demselben mehr gerundete, unregelmässige Partieen von oft bedeutender Grösse bilden. Quarz, ebenfalls sehr feinkörnig, fehlt meist auch hier nicht, ja kann sogar bis zur völligen Verdrängung des Kalkspaths überhand nehmen. Jahrbuch 1886, or 66 Max Kocı. Die Kersantite des Unterharzes. Ueberaus reich an secundären Quarzmassen, die zum Theil durch ihre schönen blauen Farben auffallen, sind die Gesteine der Brüche. Gewöhnlich nur Wallnussgrösse erreichend, kommen vereinzelt auch solche bis Faustgrösse vor. Kleinere sind sehr hänfig und stehen nicht selten dureh Quarztrümehen in Verbin- dung. Nach Form und Structur erinnern sie an die bekannten Achatmandeln von Obersten, indem ein grosser Theil wie diese radialfasrige Textur und lagenweisen Bau besitzt. Entweder ist der ganze Ilohlraum mit stengeligem oder körnigem Quarz von milchweisser bis himmelblauer Farbe erfüllt oder die äusseren Theile bestehen aus Chaleedon in feinen wechselnden Lagen von verschieden weissen oder durchscheinend grauen Tönen, und das Centrum wird von radialfaserigem bis stengeligem Quarz ge- bildet. Ist die Mandel hohl oder hat sich Kalkspath darin ange- siedelt, so ist der Quarz auskrystallisirt. Die kleineren Mandeln bestehen meist nur aus Chalcedon, werden aber gewöhnlich von eimem grünen Chloritbande umsäumt. Seltener als Chlorit be- theiligt sich secundärer Pyrit an dem Bau, indem er entweder im Centrum in grösseren Würfeln auftritt oder die Quarzmassen in emer sehr gleichmässig breiten Zone umrandet. Die Bildung dieser secretionären Quarzmassen lässt sich mit ITülte des Mikroskops zurück bis zu den ersten Anfängen beob- achten. Den Ausgangspunkt bilden die Pseudomorphosen oder unregelmässigen Anhäufungen von Chlorit, indem sich an den Rändern oder mitten im dem Chlorit winzige kuglige Gebilde von Quarz oder Chalcedon eimstellen, welche, allmählich an Um- fang zunehmend, den Chlorit nach und nach verdrängen. Gleich- zeitig mit dem Quarz erscheinen an den Rändern zierliche Kry- ställchen von Apatit als Neubildung (Taf. II, Fig. 11), darunter interessante Wachsthumsformen von Teleskop-artigem Bau. Er ist übrigens nicht auf die mikroskopischen Mandelbildungen be- schränkt, sondern findet sich auch in den Chloritumrandungen der erösseren Secretionen. Ueberblickt man die Resultate der Untersuchung des frischen Gesteins und fasst zusammen. was für dasselbe charakteristisch erscheint, so ergiebt sich Folgendes: In einer feinkörnigen, holo- Max Kocrn. Die Kersantite des Unterharzes. 67 krystallinen Grundmasse von Oligoklas, Orthoklas, Enstatit und Glimmer liegen, porphyrische Structur bedingend, Einsprenglin gıunge von Glimmer, Anomit und Labrador. Quarz ist vorhanden, nimmt aber in Folge seiner Umrandungen eine unsichere Stellung ein. Accessorisch treten auf: Erze, untergeordnet Apatit und vor Allem Cordierit. Hornblende wurde nicht beobachtet. Das Gestein oehört demnach zu den augitreichen Glimmer-Dioritporphyriten. Lossen präeisirt die Stellung der Gesteine, indem er sie »der Minette angenäherte Kersantite« oder »Plagioklas- Orthoklas-Ker- santite« nennt, eine Bezeichnung, die auch nach der Untersuchun 2% 6} 2 oO des frischen Vorkommnisses gültig bleibt. Trotz der grossen Ver- schiedenheit der Gesteine im äusseren Ansehen, kommen eigent- liche Varietäten nicht vor, wenn man von der sanz lokal auf- Gy: g tretenden Ausbildung als Mandelstenm und den etwas weniger feinkörnigen, sehr glimmerreichen, aber enstatitarmen (Gesteinen absieht, die sich ganz vereinzelt zwischen den Gangtrümmern der Gr. Börneck’schen G.-W. finden und wohl als abweichend struirte, ältere Ausscheidungen aufzufassen sind. Von dem frischen Gestein wurde durch Herrn F. STEFFEN im Laboratorium der Königl. Bergakademie zu Berlin eine Ana- Iyse angefertigt (No. 1 auf folgender Seite). Zu derselben war möglichst frisches und von Granat und den anderen seltenen Mineralien freies Material ausgewählt worden. No. 2 auf folgender Seite ist die Analyse eines weniger frischen Gestems von der Börneck’schen G.-W., welche schon in der Arbeit LosseEn’s ver- öffentlicht wurde und zum Vergleich hier nochmals mitgetheilt wird. Die Resultate beider Analysen stimmen nahe überein. Die grössere Frische des Gesteins No. 1 giebt sich durch einen we- ringeren Kohlensäuregehalt kund. Bei der verhältnissimässig grossen Frische desselben kann der hohe Wassergehalt nur zum Theil auf Zersetzungsproducte zurückgeführt ‚werden: der Reichthum an (Glimmer steuert zu demselben wohl nicht unwesentlich bei. Die hohe Menge an Kali gegenüber dem geringen Natrongehalt würde, nur auf Orthoklas bezogen, dem mikroskopischen Befunde nicht entsprechen, sie wird jedoch verständlich, wenn man berücksichtigt, dass der reiche Gehalt des Gesteins an Glimmer und die musco- 5° 68 Max Koch. Die Kersantite des Unterharzes. vit-artigen Zersetzungsproducte, in welche die Plagioklasleistchen der Grundmasse meist umgewandelt sind, den Kaligehalt nicht unwesentlich erhöhen müssen. No. ] No. 2 SiOs 54,36 54,25 TiO; (Zr O3) 0,96 0,87 AO; . 14,71 16.09 Fe, O3; 1,89 1.87 FeoO 6,11 9,19 MnÖO. —_ 0,01 MeO . 7,92 6,30 CO . 2,42 2,11 N20 . 1,18 0,86 KO 4,62 5.34 Hs; 0 4,05 4,76 P3 0; 0,52 0,40 SO; 0.38 0,24 COs 0,47 1,29 C 0,05 — Summa 99,64 100,18 Spec. Gew. . 2.1994 DD e Max Koch, Die Kersantite des Unterharzes. 69 Begleitende Bestandmassen des Kersantits. Zu den Mineralien der begleitenden Bestandinassen gehören gruppirt nach der Häufigkeit des Auftretens: Feldspath, Granat, Sillimanit, Cyanit, Quarz, Biotit, Rutil, Spinell, Apatit, Korund, Stauro- lith, Hypersthen, Kalkspath, Magneteisen, Ana- tas, Titaneisenglimmer. Diese Mineralien treten, wie schon erwähnt wurde. theils einzeln im Gestein, theils zu zwei, drei oder mehreren combinirt in gerundeten. bald mehr kugeligen, bald mehr ellipsoidischen Aggregaten auf. Sobald sich lagenweise Anordnung derselben geltend macht, sind es gewöhnlich flach linsenförmige oder auch mehr unregelmässig bruchstückartige Formen. Direct als Einschlüsse zu bezeichnen sind Brocken derben (Juarzes, wie sie auch dann und wann in den eine gleiche geo- logische Stellung einnehmenden grauen Porphyren des Harzes vor- kommen, und Schieferbruchstücke. Allgemeines. Der Reichthun des Gesteins an den genannten Mineralien ist em so grosser, dass dessen Charakter nicht unwesentlich beein- flusst wird. Man wird kaum ein Stück aufheben. das nicht inehrere der Mineralien einzeln oder combinirt zeigte und keinen Schliff des Gesteins durchsehen können, in dem man nicht häufig auf Körnehen und Splitterchen einzelner Mineralien oder Anhäu- fungen derselben träfe. Die Häufigkeit, m der sich die Mine- valien allein finden, steht im Verhältniss zur Menge, mit der sie an der Zusammensetzung der Aggrerate theilnehmen. Am augen- fälligsten tritt dies am Granat hervor. Er bildet den Haupt- gemengtheil vieler Bestandmassen und erscheimt dementsprechend auch von allen Mineralien am häufigsten allein im (xesteine, 70 Max Kocn, Die Kersantite des Unterharzes. Wenn dieses Verhalten auch keinen Beweis liefern kann, dass in den einzeln erscheinenden Mineralien Zerbröckelungsmaterial der zusammengesetzten Bestandmassen vorliegt, so wurden doch, wie dies bei der Beschreibung der einzelnen Mineralien näher ausgeführt werden soll, Beobachtungen gemacht, die dafür sprechen, dass wenigstens ein Theil jener durch Lostrennung in die isolirte Stellung gelangt ist. Die starke Bewegung im Magma, auf welche die Auidale Anordnung der Leistchen, sowie Biegungen und Zer- brechungen der Gemengtheile hinweisen, macht es ja auch von vornherein recht wahrscheinlich, dass auch die begleitenden Be- standmassen theilweiser mechanischer Zerstörung unterlagen. Die Mineralmassen finden sich in allen Gesteinen beider Gänge, sind jedoch nicht immer in gleicher Menge vorhanden oder der Art nach gleichmässig vertheilt. Der Nackenberger Kersantit ist arm daran. Ganz besonders häufig treten sie in den Bruchstücken des Ganges in der Börneck’schen G.-W. ober- halb des 3. Teichdammes auf. In Stücken von hier halten sich bis- weilen Gesteinsmasse und begleitende Mineralien das Gleich- gewicht. Sie sind jedoch wesentlich gleicher Art, an Granat, Cyanit und Feldspath reich. Die Gesteine der Brüche, die leider nahezu vollständig abgebaut sind, besitzen dagegen nicht die Fülle an grauatreichen Massen wie der eben erwähnte Punkt, haben aber die grössten und besten Feldspäthe, Cyanite und Apatite und zahlreiche einschlussartige Massen dioritischer Zusammensetzung geliefert. Was die Form der einzeln auftretenden Mineralien betrifft, so kommen, abgesehen vom Spinell, der immer in winzigen Octaöderchen erscheint, nur solche vor, die sich gar nicht oder nicht mit Bestinimtheit auf krystallographische Begrenzung zurück- führen lassen. Gut spaltende Mineralien, wie der Cyanit, Apatit erscheinen in Bruchstücksformen, die z. Th. durch Spaltflächen begrenzt werden. Feldspath zeigt dagegen vorherrschend gerundete Formen, nur selten eckige, die sich jedoch in keinem Fall auf regelmässige Krystallbegrenzung zurückführen liessen. Die Grösse der einzelnen Mineralien ist eine sehr wechselnde. Der Granat tritt meist in hirsekorn- bis erbsengrossen Körnern Max Kocı. Die Kersantite des Unterharzes. 71 auf, nimmt aber auch vereinzelt den Umfang einer Haselnuss an. Feldspath, gewöhnlich nur von der Grösse einer Wallnuss, erreicht Dimensionen bis 7 Centimeter, Apatit und Cyanit solche bis 4 C'entimeter. Selbst der Rutil, der fast immer nur in mikro- skopischen Dimensionen beobachtet wurde, findet sich in seltenen Fällen in 1/, Centimeter grossen Körnern. Wie hervorgehoben werden muss, sind dies z. Th. Grössen, wie sie niemals an den Gemengtheilen der Aggregate beobachtet wurden. Diese selbst erreichen nur in vereinzelten Fällen Durchmesser von 1 Decimeter; gewöhnlich sind sie kleiner, wallnuss- bis haselnussgross oder noch weiter herabgehend. Auch in Bezug auf den Verband mit dem Gestein herrscht nicht immer gleiches Verhalten. Entweder ist die Begrenzung scharf und die Contactfläche glattwandig, dann lässt sich gewöhn- lich die Mineralmasse leicht durch einen Schlag trennen, oder Theile derselben greifen unregelmässig in die Gesteinsmasse ein. Für das erste Verhalten liefert der Apatit, ein Theil der Feld- späthe und zahlreiche «ranat- und feldspathreiche Aggregate ein gutes Beispiel, für das andere die an Sillimanit reichen Mineralanhäufungen, imdem letzteres Mineral gern mit unregel- mässig gerundeten Enden über die Grenzen des Gresammtkörpers etwas hervortritt. Die Wandungen der sich glatt lösenden Mine- ralien oder Aggregate sind mit einem feinen, schwach glänzenden Häutchen von kohlensaurem Kalk, wie man leicht durch Be- tupfen mit Salzsäure erkennt, überzogen. Tangentiale auf un- gleiche Uontraction bei der Erkaltung zurückzuführende Sprünge, wie sie sich in der Umgebung von Mineraleinschlüssen häufig finden, konnten niemals beobachtet werden. Auch Sprünge in den Aggregaten selbst gehören zu den Seltenheiten. Nur in einem Falle waren sie reichlicher vorhanden und mit gleichzeitiger Zertrümmerung und Imeinanderpressung der einzelnen Gemeng- theile verbunden. Zersetzung verwischt häufig die Grenzen zwischen Gestem und Aggregat, indem beide z. Th. der Substanz, z. Th. nur dem äusseren Ansehen nach gleiche Zersetzungsproducte liefern. Es erweckt dies bei der ersten Betrachtung den Eindruck, als 72 Max Kocn, Die Kersantite des Unterharzes. ob an den Rändern innige Durchdringung beider Massen statt- gefunden habe. Im Allgemeinen sind die Mineralanhäufungen widerstandsfähiger gegen Verwitterung als das Gestein selbst; man findet desshalb nicht selten Stücke, aus deren Oberfläche die be- gleitenden Mineralmassen als Kugeln oder Bohnen hervortreten. Von allgememeren Eigenschaften smd noch Umrandungen zu erwähnen, die zwar nicht an allen begleitenden Bestandmassen, aber doch an vielen und an solchen jeder Art auftreten. Es sind dies bis ungefähr 1 Centimeter breite, oft in keinem Verhältniss zur Grösse des Kerns stehende Umsäumungen von schmutzig- violetter oder bräunlicher Farbe, deren Ton allmählich in den des Gresteins übergeht. Mikroskopische Untersuchung lehrt, dass die Masse der Säume sich nur durch häufigeres Auftreten von Glimmer- blättehen und durch etwas dichteres Gefüge von der Grundmasse des Gesteins unterscheidet. Die Unterschiede sind am grössten in der Nähe des Kerns und nehmen mit der Entfernung von dem- selben bis zum gänzlichen Verschwinden ab. Wohl in Folge der feinkörnigeren Structur hat der Glimmer stets seine braune Farbe bewahrt und lässt daher die Umrandungen am deutlichsten in den Gesteinen mit gebleichtem Glimmer hervortreten. Nachdem ınan in diesen auf sie aufmerksam geworden ist, gelingt es hier und da auch in Gesteinen mit frischem Glimmer Unterschiede wahrzunehmen. Nicht zu verwechseln sind diese glimmerreichen Zonen übrigens mit den schon besprochenen Glimmerhüllen, die sich aus einzelnen, roh tangential angelagerten Glimmerblättchen zusammensetzen und ihre Lage lediglich der Adhäsion ver- danken. Die Beschreibung der begleitenden Bestandmassen soll in der Weise erfolgen, dass zuerst die Mineralien, wie sie sich einzeln im Gestem und in den Aggregaten finden und ihre Umbildungen, alsdann die Structurformen, zu welchen sie zusammentreten, be- trachtet werden. Feldspath. Die einzeln im (Greestein eingebetteten Feldspäthe besitzen, wie erwähnt, Kugel-, Bohnen- oder unregelmässig gerundete 2} Max Kocn, Die Kersantite des Unterharzes. 13 Formen, seltener unregelmässig polyödrische Umrandung. In keinem Falle wurde krystallographische Begrenzung beobachtet. Die Dimensionen sind schwankende; Wallnussgrösse herrscht, es kommen jedoch auch vereinzelt grössere, zahlreich kleinere vor. Zum Theil zeigt ihre Substanz vollkommene Frische; sie sind dann durchsichtig wasserklar und von lebhaftem Glasglanz. Beginnende Zersetzung trübt sie, sie werden milchweiss, besitzen dann aber noch immer guten Glanz. Andere sind grünlich, grau, bläulich, oder gelblich und violett gefleckt, dann jedoch immer mehr oder weniger matt oder vollständig trübe. Die Umrandung umschliesst gewöhnlich nur ein Korn, durch welches die Spaltflächen eleich- mässig hindurchsetzen, seltener treten zwei Individuen in Ver- wachsung nach dem Karlsbader oder Bavenoör Gesetz zusammen. Schon mit unbewaftnetem Auge erkennt man auf der einen Spalt- fläche, seltener auf beiden eine parallel der Kante oP:«P x laufende, sehr feine Streifung in Folge von Zwillingslamellirung nach dem Albit- resp. Albit- und Periklingesetz. Dieselbe ist nicht immer gleichmässig über die ganze Fläche ausgedehnt, sondern setzt häufig aus. Auch in Bezug auf Zahl und Breite der Lamellen herrscht keine Uebereinstimmung, wenn auch äusserste Feinheit derselben in dicht gedrängter Anordnung die Regel bildet. Nach den optischen Bestimmungen, welche an eimer grossen Zahl von Spaltblättchen und Schliffen nach P und M vor- genommen wurden und unter Berücksichtigung des specifischen Gewichts 2,665 — 2,675 gehören die Feldspäthe vorwiegend der Oligoklas- und Andesinreihe an und nur wenige sind zum Labra- dor zu stellen. Neben Feldspäthen mit ebenen und glatten Spalttlächen kommen solche vor, die in Bezug auf die Ausbildung der letzteren ab- norme Erscheinungen zeigen. Dahn gehören Krümmungen und Knickungen derselben. Die Krümmung ist stets gering. Die Knickungen gehen entweder von Linien aus, die mit den Spalt- © von diesen, oO richtungen zusammenfallen oder verlaufen unabhängi derartig dass die Gresammtfläche aus mehreren unregelmässig zu- sammenstossenden und etwas abweichend einspiegelnden Feldern besteht. Nur selten wird die Bruchlinie durch eine Spalte imarkirt, 74 Max Kocn, Die Kersantite des Unterharzes. die mit Quarz als Ausheilungsmasse erfüllt ist, Neben solchen Abweichunsen im Grossen zeieen die Spaltflächen bisweilen bis \l hung ( gen die Spaltfläch b len I ins Kleinste gehende Biegungen und Unebenheiten, die denselben yald ein feinmuschlises, bald mehr fasrires Grefüse ertheilen, ohne bald f hliges, bald mehr fasriges Gefüge ertheilen, ol dass jedoch der Verlauf der Lamellirung dadurch gestört würde. Solche Unregelmässigkeiten können sich derartig steigern, dass die Spaltbarkeit nahezu verdeckt wird. ie Messung der Spaltwinkel ergab das überraschende Resultat, DieM & der Spaltwinkel ergab das überraschende Resultat, dass der Werth derselben bis auf 800% herabsinken kann, eine Er- scheinung, haupt mit Spaltflächen nach oP und Eine grosse Zahl von Feldspäthen zeigt unabhängi polysynthetischen Lamellirung die Erscheinung der fleckigen Polarisation, ganz in der Weise, wie sie von ROSENBUSCH I) ab- gebildet und als Durchdrmgung von Orthoklas und Plagioklas gedeutet worden ist. Wie dort, zerfällt auch hier die Substanz des Feldspaths in zwei etwas abweichend auslöschende Partien, die sich in Forın von Flecken oder Felderchen mit z. Th. ver- schwommenen, z. Th. aber recht scharfen Grenzen an einander reihen. Besitzt der Feldspath ausserdem Lamellirung mit geringen, dem Oligoklas oder Andesin zukommenden Auslöschungsschiefen, dann löscht wohl der eine Theil der Felderchen mit dem einen Lamellen- zuge, der zweite mit dem anderen zu gleicher Zeit aus, was den Eindruck hervorruft, als ob jede Lamelle unregelmässige Partieen von der Orientirung der benachbarten eingelagert enthielte. Die Erscheinung tritt immer nur an klaren, unzersetzten Stellen hervor, oO ist aber gewöhnlich deutlicher entwickelt an Feldspäthen,, welche reich an Zersetzungsproducten sind, als an vollständig oder nahezu frischen. Neben den bisher besprochenen Feldspäthen kommen sanz vereinzelt Formen vor, die in Bezug auf ihren Bau und be- gleitende Erscheinungen eine ganz ungewöhnliche Ausbildung be- sitzen. Es sind dies Feldspäthe bis 5 Centimeter Grösse, die sich aus emer grossen Zahl nahezu parallel geordneter Einzelindividuen aufbauen (Taf. II, Fig. 10). Die Begrenzung des Gesammt- individuums ist ım Grossen zwar „erundet, verläuft aber im Einzelnen treppen- oder zinnenartig, indem die Einzelindividuen unregelmässig hervorspringen; die Form der letzteren erinnert trotz abgerundeter Ecken häufig an langgezogene hexagonale Um- grenzung. Die Zusammensetzung aus einzelnen Theilen giebt sich im Handstück dadurch zu erkennen, dass die Spaltflächen in zahl- reiche glänzende, durch eine trübe Zwischenmasse getrennte Felderchen zerfallen, welche alle etwas abweichend von einander ein- spiegeln. Auf der einen Spaltfläche, der Basis, zeigt sich eine sehr 1) Rosexguscn, Mikroskopische Physiographie d. petrogr. wichtigen Mineralien, Taf. 24, Fig. 3. Max Koch. Die Kersantite des Unterharzes. WER feine Lamellirung nach dem Albitgesetz, die anschemend unabhängig von der Feldertheilung die ganze Fläche gleichmässig durchsetzt. Dass dies in Wirklichkeit nicht der Fall ist, erkennt ıman sofort im Schlift. „Jedes der Felderchen besitzt danach eine von den anderen völlig unabhängige Lamellirung, unabhängig nicht nur von den in der Richtung der Lamellirung benachbarten Feldern, sondern abweichend von sämmtlichen der oberen und unteren Reihe, so dass Zertrümmerung eimes ursprünglich eimheitlichen Krystalls in einzelne Theile unter seitlicher Verschiebung «dieser ausge- schlossen erschemt. Ein Schliff nach der zweiten Spaltfläche zeigt bis auf das Fehlen der Zwillingslamellirung dasselbe Bild. Dem specifischen Gewicht und den Auslöschungsschiefen nach gehören diese Feldspäthe zum Andesin. — Stellenweise ist die Spaltfläche nach oP von in der Bleichung begriffenen Glimmer- flatschen, die aus einzelnen unregelmässig zerlappten oder hexa- sonal begrenzten Blättchen bestehen, überzogen. Sowohl der Feldspath wie der Glimmer wird nach allen Richtungen von bis 1 Centimeter langen, etwa 1 Millimeter breiten Apatitkryställchen durchspickt. — Von interessanter Ausbildung ist die trübe Zwischenmasse (Taf. II, Fig. 12). Nur schmal oder ganz ver- schwindend da, wo die Einzelindividuen mit geraden Seiten zu- sammentreffen, erweitert sie sich an Stellen. an denen mehrere derselben sich mit den abgerundeten Ecken gerenüber liegen, den Eindruck erweckend, als ob die Abrundung erst den Raum für ihre Bildung geliefert habe. Diese besteht überwiegend aus Chlorit, dessen Theilchen entweder zu parallel - faserigen oder büscheligen und sphärolithischen Aggregaten geordnet sind. Von den Rändern der Feldspathkryställchen ausgehend setzen nun zahl- reiche winzige, aber recht scharf umrandete Leistchen oder mehr rectanguläre Täfelchen unregelmässig vorspringend in die Chlorit- masse hinein. Bald sind sie nach dem Feldspath orientirt und löschen mit ihm zu gleicher Zeit aus; bald treten sie unabhängig von demselben zu Büscheln zusammen, die mehr oder weniger gebogen gegen den Chlorit hin divergiren. Hat es an Raum oder Stoff zu derartigen oft sehr zierlichen Bildungen gefehlt, dann wird der Feldspath nur von emem schmalen Saum derselben mit 78 Max Kocn, Die Kersantite des Unterharzes. treppenförmig gegen den Chlorit hin absetzenden Grenzen un- randet. In anderen Fällen ist beinahe der ganze Raum zwischen den Feldspäthen, indem sich Leistchen an Leistchen reiht und die von gegenüberliegenden Punkten vordringenden Kryställchen sich gt vereinigen, mit den Neubildungen erfüllt. Selten tauchen Leistchen oder Gruppen solcher losgelöst vom Feldspath im Chlorit auf. Da bei der Winzigkeit der Kryställchen Isolirung unmöglich war, ist es schwer, die Natur derselben mit absoluter Sicherheit zu be- stimmen: optisches Verhalten und Uebereinstimmung mit den Oo te} Feldspäthen, an welche ihre Bildung geknüpft ist, m Bezug auf Angreifbarkeit durch Säuren machen es jedoch sehr wahrschein- lich, dass Neubildungen von Feldspath vorliegen. In Bezug auf ihre Entstehung möchte ich nur auf die Aehn- lichkeit derselben mit den von DÖLTER und HussaX!) durch Ein- schmelzen von Labrador in Augitit von Waltsch erhaltenen Schmelzproducten, ferner auf die randlichen Auflösungen grösserer Plagioklase in winzige Leistchen hinweisen, welche BLEIBTREU?) an Feldspatheinschlüssen im Basalt und Hussar?) an Andesit- lapilli des Asama Yama beobachtet und als Folge der Einwirkung des schmelzflüssigen Magmas gedeutet haben. Die Erschemung ist übrigens nicht auf die selteneren, aus Einzelindividuen aufgebauten Feldspäthe beschränkt, sondern zeigt sich in mehr oder weniger deutlicher Weise häufig auch an den übrigen Feldspäthen, nur dass hier die Neubildungen mitten in der Feldspathsubstanz liegende blasenartige Hohlräume erfüllen. Sie tritt ferner sehr schön in den später zu besprechenden, vor- herrschend aus Quarz und Plagioklas zusammengesetzten be- leitenden Bestandmassen auf, ist also ziemlich allgemein am Feld- spatlı der begleitenden Bestandmassen entwickelt. Sämmtliche bisher besprochenen Feldspäthe stehen in keinem directen Zusammenhang mit den goranat- und sillimanitreichen Oo ®) Agegregaten, d. h. sie nehmen nicht an der Zusammensetzung der- !) Neues Jahrbuch f. Mineralogie, Geolog. u. Paläont. 1884, I, S. 42. ?) Zeitschr. d. Deutsch. geol. Ges. 1853, S. 497. a OESHA: Max Kocn, Die Kersantite des Unterharzes. 79 selben Theil. Wenn sie trotzdem von den Feldspatheinspreng- getrennt und zu den begleitenden Bestand- y Lee} lingen des Kersantits massen gestellt wurden, so rechtfertigt sich dies einmal durch die vielfach abweichenden Eigenschaften, welche sie jenen gegenüber zeigen, dann durch Verbindung mit Mineralien, wie Sillimanit und Rutil, die sich constant in den begleitenden Bestandmassen finden. Es liegt mir ausserdem ein Fundstück von 7 Centimeter Grösse vor, welches zur eimen Hälfte nur aus Plagioklas, zur andern aus einer Anhäufung jener seltenen Mineralien besteht, in einem Zusammenhange, der zufälliges Zusammentreffen ausschliesst. Von Einschlüssen im Feldspath wurde Sillımanit schon erwähnt. Rutil ist eben so selten und wurde nur in zwei der Feldspäthe in mehreren bis 2 Millimeter grossen Kryställchen von der ge- wöhnlichen Form ao P«, »P und P, etwas verzerrt, beobachtet. Auch Glimmer kommt in Verwachsung mit Feldspath dann und wann vor, indem er in derselben Weise, wie bei den aus Einzelindividuen sich aufbauenden Feldspäthen erwähnt wurde, einzelne Spaltflächen ganz oder nur theilweise überzieht. Er ist immer mehr oder weniger im Ausbleichung begriffen und zeigt die Neubildung der bei der Beschreibung des Gesteins besprochenen Mikrolithe in sehr schöner Weise. Der Feldspath der zusammengesetzten begleitenden Bestand- massen soll in Zusammenhang mit diesen selbst Besprechung finden. Quarz. In Verbmdung mit den vorstehend besprochenen Feldspäthen tritt körniger Quarz auf, und zwar so häufig, dass Feldspathfund- stücke ohne Quarz in der Minderzahl sind. Gewöhnlich ist er auf die Randtheile des Feldspaths beschränkt. Bald erscheint er «dann nur stellenweise in einzelnen Körnern, bald bildet er m zu- sammenhängender Masse, unregelmässig und ungleich weit in die Feldspathsubstanz vorspringend, auf eine grössere Erstreckung den Abschluss gegen das Gestein hin. Einzelne Feldspäthe werden von ihm vollständig umhüllt, in andern nimmt er so überhand, dass Feldspath nur noch emen kleinen Bruchtheil der sanzen 80 Max Kocn, Die Kersantite des Unterharzes. Fläche füllt und führt dadurch zu den vollständig feldspathfreien (Juarzmassen hinüber. Nur selten einmal löst sich ein Quarzkorn von der Gesammtmasse los und erscheint isolirt in der Feldspathsub- stanz. Eine besondere Aggregationsform. ebenfalls nur an einem Stück bemerkt. ist folgende: (Juarz tritt am Rande zurück, er- scheint aber in zahlreichen bis 2 Millimeter grossen gerundeten Körnchen in der Feldspathsubstanz. Je 4 oder 5 der Körnchen schliessen sich zu einem Ring zusammen, der ein winziges Glimmerblättchen umfasst, und sämmtliche Körnchen sind von einer schon makroskopisch erkennbaren, dunkelgrünen Rinde von Chlorit umgeben, auch dann wenn der Glimmer fehlt. Die feld- spathfreien Quarzmassen besitzen wie die Feldspäthe gerundete oder unregelmässig polyädrische Formen mit abgeglätteten Wan- dungen. Ist ein derartiges polyädrisch umrandetes Stück günstig von der Bruchfläche getroffen, dann ergeben sich bisweilen regel- mässige quadratische oder rechteckige Schnitte, die auf den ersten Blick für Pseudomorphosen gehalten werden können. Die Frische des Feldspaths, sowie die Structur der Quarzmasse, die Art und Anordnung der Einschlüsse weisen jedoch eine derartige Annahme zurück. Man hat es wohl zweifellos mit primärem Quarz und mit ursprünglicher Verwachsung von Quarz und Feldspath zu thun. Wie bei den Sammelindividuen der Feldspäthe die einzelnen Kryställchen durch eine an Neubildungen reiche Zwischenmasse umzogen werden, so zeigen auch die in Verbindung mit Feldspath auftretenden Quarzmassen, besonders schön aber einzelne feldspath- freie Aggregate, zwischen den einzelnen Körnchen eigenthümliche Bildungen, die gewissermaassen den Kitt ausmachen und sich in Bezug auf Raumerfüllung ganz so verhalten, wie dies bei jenen Feldspäthen beschrieben wurde. Wiederum bildet Chlorit die Hauptmasse, tritt auch wohl allein auf. In dem Chlorit liegen nun, meist dicht gedrängt, winzige (0,02 Millimeter) farblose Körperchen von runder Form und einheitlichem Bau. Licht- und Doppelbrechung derselben, Angreifbarkeit durch Säuren lassen auf Quarz schliessen. Dafür spricht auch der Umstand, dass sich die Quarzkörner, die immer gerundete, nie eckige Conturen besitzen, an den Rändern stellenweise in solche Körperchen auflösen. Unter deren Zahl Max Kocn, Die Kersantiie des Unterharzes, Se] finden sich dann einzelne, die erst in der Bildung begriffen waren, erkennbar daran, dass sie auf der einen Seite scharf umrandet sind, während sich auf der anderen die Conturen allmählich in der Quarzsubstanz verlieren. Beide verhalten sich in dem Falle optisch wie nur eine Masse. Auch diese Erscheinung steht nicht vereinzelt da, man be- gegnet ihr nochmals in den quarz- und feldspathreichen dioritischen Aggregaten der begleitenden Bestandmassen, nur dass dort winzige Sphärolithe von optisch positivem Charakter der Doppelbrechung an die Stelle der hier einheitlichen Körperchen treten. Granat. Die Form, Grösse und Verbreitung desselben wurde schon früher besprochen. Ueber die Zugehörigkeit zu einer der Varietäten des Granats lässt sich, da eine Analyse nicht vorliegt, keine sichere Entscheidung treffen. Er besitzt hohes specifisches Gewicht (4, 1), schmilzt vor dem Löthrohr zu einem schwärzlichen, schwach magnetischen Glase, und winzige Mengen desselben genügen, um einer Schmelze von Soda und Salpeter die für Mangan charakteristische blaugrüne Färbung zu ertheilen. Unter gleichen Bedingungen wiederholte ee) Versuche mit Spessartm von Aschaffenburg ergaben keine inten- sivere Färbung, er scheint daher durch hohen Mangangehalt aus- gezeichnet zu sein. Das im Stück kolombinrothe Mineral wird im Schliff schwachrosa bis nahezu farblos durchsichtig. Selten und nur wenn der Granat mikropegmatitisch mit Quarz verwachsen ist, zeigt er im Schliff lachsrothe Farben, darauf hinweisend, dass er nicht immer nur emer Varietät angehört. Die Granaten desselben Aggregates pflegen «leiche Grösse zu besitzen, doch ist dieselbe an und für sich ebenso schwankend wie bei den einzeln im Gestein eingebetteten. Es wurden faustgrosse Stücke gesammelt, in denen alle Individuen Erbsengrösse besitzen, andere, ın welchen sie zu einer Kleinheit herabsinken. dass das einzelne Korn nicht mehr mit blossem Auge zu erkennen ist, und Jahrbuch 1556 6 32 Max Kock. Die Kersantite des Unterharzes. der Reichthum an dem Mineral nur durch einen rothen Farbenton der Gresammtmasse angedeutet wird. In Bezug auf die Form macht sich scheinbar zwischen dem Mineral des Gestems und dem der Aggregate ein Unterschied bemerkbar, indem erstere meist Körnerform, letztere häufig krystallo- graphische Begrenzung durch 202 oder ©O wahrnehmen lassen. Dies rührt zum Theil daher. dass die Granaten des Gesteins immer von einer Umwandlungszone umsäumt werden, welche die ur- sprüngliche Contur meist nicht mehr hervortreten lässt. Unter den gesammelten Granatpseudomorphosen fanden sich jedoch auch einige mit deutlicher Krystallumgrenzune. In Verwachsung mit Granat tritt, schon mit unbewaffnetem Auge sichtbar, Quarz im gerundeten von Chlorit umsäumten Körnchen und vereinzelt Glimmer auf. Auch Cyanit und gelegent- lich Pyrit kommt in Grössen vor, die schon im Stück Erkennung ermöglichen. In einem Fall wurden m einem grössern Granatkorn mehrere 1 Millimeter grosse Granatkrystalle in scharfer Rhomben- dodekaöderform beobachtet. Die Menge der mikroskopischen Ein- schlüsse (Quarz, Titan- oder Mawmeteisen, Rutil in Körnern und prismatischen Kryställchen, Oyanit, Sillimanit und mehrere nicht mit Sicherheit erkannte Mineralien) ist häufig eine so grosse, dass sie einen nahezu gleichen Raum wie die Granatsubstanz selbst einnehmen. Seltener treten sie zurück oder werden gänzlich vermisst. Im Allge- meinen gilt die Regel, dass sich alle Granaten eines Aggregates in Bezug auf Reichthum an Einschlüssen oder Fehlen derselben gleich verhalten. doch wurden auch Fälle beobachtet, in denen dicht neben- einander liegende Körner die extremsten Abweichungen zeigen. Die Anordnung der Emschlüsse ist nit wenigen Ausnahmen eine centrale, derartig, dass eine vollständig einschlussfreie. schmale Zone einen > einschlussreichen Kern umhüllt (Taf. II, Fig. 5). Zu den Aus- nahmen gehören Granaten, die unter Zurücktreten der gewöhnlichen Einschlüsse vom Rande aus von emmer grossen Zahl farbloser äusserst dünner, haarförmiger Mikrolithe durchzogen werden, welche nach äusserer Erscheinung dem Sillimanit angehören können. In anderen sind sämmtliche Einschlüsse gestreckt und durchziehen parallel geordnet in Windungen den Krystall, den Eindruck hervorrufend, oO Max Koch, Die Kersantite des Unterharzes. 83 als ob der Granat starken Pressungen unterworfen gewesen sei. Auch die Form der Granaten selbst, namentlich in Aggregaten mit lagenweisem Bau, unterstützt bisweilen diesen Eindruck (Taf. III, Fig. 6). Zwischen den Granaten des Gesteins und denen der Aggre- gate macht sich weder im Bezug auf Art der Einschlüsse, noch auf Anordnung derselben ein Unterschied geltend. Durch ihre ganze Ausdehnung frische Granaten finden sich nur in den zusammengesetzten begleitenden Bestandmassen. Im Gestein sind sie immer mehr oder weniger verändert, derartig, dass ein noch frischer Kern von emer dunkelgrünen bis schwarzen Rinde umhüllt wird. In den zersetzten Gesteinen der Brüche am Zimmerberge ist meist auch der Kern durch eme hell- grüne Masse ersetzt, die sich durch ihren hellern Farbenton recht deutlich von der äussern dunklen Zone abhebt, wenn nicht durch weitergehende Zersetzung die Unterschiede ausgeglichen sind. Der dunkle Ring, von dem Taf. III, Fig. 5 em Bild giebt, besteht aus stark lichtbrechenden, kurzsäulenförmigen, querge- gliederten Krystalloiden, welche je nach Schnitt und Lage zum Hauptschnitt des unteren Nicols einen grünen, grün-gelben oder gelb-braunen, meist recht intensiven Pleochroismus wahrnehmen lassen. Die Auslöschung ist gerade und diejenigen Schnitte, welche deutliche Spaltbarkeit zeigen, lassen Interferenzbilder er- kennen. Die Axenebene liegt parallel der Spaltbarkeit, der Cha- 'akter der Doppelbrechung ist negativ. Das sind Eigenschaften, die nur dem Hypersthen zukommen. Die Bildung desselben hat von der Peripherie aus begonnen und sich unter divergent- strahliger Anordnung der Leistchen nach dem Innern fortgesetzt. Je weiter ab vom Rande, um so häufiger wird die Theilung und um so grösser werden die Kryställchen. Zwischen dem (Geäst, welches dieselben bilden, liegen, abgesehen von noch unzersetzter Granatsubstanz, Leistchen und unregelmässige Partien eines farblosen Minerals, das ich nach dem optischen Verhalten für Plagioklas und zwar nach der bedeutenden Auslöschung für einen sehr basischen halten möchte. In anderen, selteneren Fällen tritt zum Hypersthen, entweder mit ihm die verästelten Gruppirungen bildend oder ın einer mehr innern Zone neben ihm erscheinend, noch Magneteisen in 6* 84 Max Kocu, Die Kersantite des Unterharzes. Octaödern oder Zwillingen nach der Octaöderfläche. Die innere hell- grüne Zone besteht aus Chlorit in sehr fein- oder verworrenfasrigen Aggregaten, die fast keine Wirkung auf polarisirtes Licht zeigen. Centrale Theile der Chloritmasse werden häufig von Talkflasern, welche bisweilen rosettenartig gruppirt sind, durchsetzt. Beide Zonen sindauf gänzlich verschiedenen Ursprung zurückzuführen ; die äussere war schon vorhanden, ehe sich das Gestein verfestigte und kann nur als Product der Einwirkung des Magmas angesehen werden, die innere ist dagegen lediglich Folge der Verwitterung. Der Beweis dafür wurde darin gefunden, dass Granat mit der äussern Zone in Feldspath-Einsprenglinge des Kersantits eingeschlossen werden konnte, und dass sich einzelne Ausschnitte der Zone, losgerissen vom Kern, und selbst einzelne Ilypersthenleistchen verstreut in der Grundmasse finden. Zudem ist IHHypersthen kein Mineral, dessen Entstehung unter Bedingungen vor sich gegangen sein kann, wie sie der Process der Verwitterung erfordert. Bedingung zur Bildung solcher Zonen war die directe Berührung mit dem Ge- steinsmagma. Man vermisst sie daher im Allgemeinen am Granat der zusammengesetzten Bestandmassen. Nur wenn er an der Grenze derselben liegt, findet sich an der Berührungsfläche mit dem Gestein ebenfalls Hypersthenbildung, während der übrige Theil unverändert ist oder von einer Spinellzone umsäumt wird (siehe Spinell). Die Schmelzversuche. welche DÖLTER und Hussak !) mit Granat gemacht haben, lieferten als Product der Umschmelzung lange quergegliederte augitähnliche Nadeln und z. Th. grünen, z. Th. leberbraunen Spinell. Nach DESCLOISEAUX ?) eschmolzener Granat Augit und Anorthit. Das sind z. Th. ergiebt oO fe) dieselben Mineralien, wie in unsern Umwandlungszonen. Cyanit und Sillimaniıt. Die eingehende, mit meinen Beobachtungen vollkommen über- einstimmende Beschreibung, welche LossEn diesen Mineralien in der schon mehrfach citirten Abhandlung gewidmet hat?), macht a..0. 028.99. 2) Manuel de mineralogie 1862, S. 277 u. 548. Seaar Qusr ode Max Kocn. Die Kersantite des Unterharzes. s5 es überflüssig, ausführlich auf dieselben zurückzukommen. Nur Einzelnes mag hier der Uebersicht wegen wiederholt, Einiges nach- getragen werden. Die einzeln im Gestein eingebetteten Cyanite, dünntafelartig mit abgerundeten Enden, lassen wegen der vollkommmen Spalt- barkeit nach der Fläche M, die auch herrschend in der Krystallbe- grenzung auftritt, im Zweifel, ob Fragmente oder deformirte Kry- stalle vorliegen. Diejenigen der zusammengesetzten Bestandmassen besitzen dagegen stets Krystallform mit häufig recht scharfen End- flächen. Ein auffallender Unterschied macht sich in der Grösse beider Vorkommnisse geltend, medem unter ersteren Tafeln bis 3 Centimeter Länge beobachtet wurden, während letztere gewöhnlich über wenige Millimeter nicht hinausgehen. Trotz seiner grossen Widerstandsfähigkeit zeigt der Cyanit bisweilen Umwandlungser- scheinungen. Man findet diese Mineralien nämlich, sowohl die einzeln im Gestein eingebetteten wie die der zusammengesetzten Aggregate, zuweilen von einer mehr oder weniger breiten Zone einer hellgrünlichen, weichen und äusserst feinfasrigen Masse umgeben, von der Licht- und Doppelbrechung sowie dem optischen Charakter des Kaliglimmers, aber kleinerem Axenwinkel, als diesem gewöhn- lich zukommt. Da auch mikrochemische Keactionen auf einen hohen Kaligehalt hinweisen, liegt wohl dennoch ein dem Damourit ver- wandtes Glimmeraggregat vor. Dahin möchte ich auch, ihres optischen wie chemischen Verhaltens wegen, apfelgrüne und durch Seidenglanz an Bronzit erinnernde Massen stellen, die sich in bis 1!/, Centimeter langen, breiten Leisten recht häufig in dem Gre- stein der Brüche am Zimmerberoe vorfinden. Sie sind oft wie > die Cyanittafeln wellig gebogen, haben aber — die Richtigkeit der Annahme ihrer Entstehung aus Cyanit vorausgesetzt — die für diesen so charakteristische Quergliederung eingebüsst. Der Sillimanit bildet im Grestein wie in den zusammeneesetzten > Bestandmassen büschlise bis breitfächerförmige oder parallelfaserioe ® g | Sg (Taf. III, Fig. 6 u. Taf. IV, Fig. 6), seltener verworrenfaserige Aggregate, deren einzelne Nädelchen von äusserster Feinheit bis zu (@uer- Dimensionen anwachsen können, welche das Studium der- selben im Dünnschliff recht wohl gestatten. Durch den lebhaften 86 Max Kocı. Die Kersantite des Unterharzes. Seidenglanz solcher Massen und die in Folge der fein krystallinen Be- schaftenheit weisse Farbe, bisweilen mit einem röthlichen oder bläu- lichen Ton, macht er sich schon im Stück leicht bemerkbar. Ausser in solchen faserigen Aggregaten erscheint er im Orthoklas der zu- sammengesetzten Bestandmassen auch in winzigen kurzprisma- tischen Einzelkryställchen, welche jenes Mineral oft in grosser Zahl durchspieken. Deutliche Endflächen wurden weder an diesen noch an den Kryställchen der Aggregate beobachtet. Die Sub- stanz des Sillimanits ist vollkommen frei von Interpositionen; die filzigen Massen umschliessen jedoch gewöhnlich den Nadeln parallel zelagerte Rutilkryställchen, riemenförmig langgezogene Blättchen =, von braunem Glimmer und Granat. Innige Durchwachsung mit (Juarz zu Faserkiesel, eine in den krystallinen Schiefern so häufige Erscheinung, kommt hier nicht vor. gegenüber der lebhaften Unter den Querschnitten, welche Doppelbrechung der Längsschnitte sehr niedere Polarisationsfarben zeigen, herrschen nahezu quadratische Formen (Taf. Il, Fig. 9), entsprechend der Begrenzung durch das Prisma «pP: ınit einem vorderen Winkel von 91°, ganz in Uebereinstimmung mit den Beobachtungen, welche KALKOwskY !) am Sillimanit der Gmeiss- formation des Eulengebirges gemacht hat. Ist ein fächerförmiges Aggregat der Sillimanitnädelchen vom Schliff senkrecht zu den mittleren Individuen getroffen, so erscheinen derartige Querschnitte in der Mitte, während nach den Seiten hin immer spitzer rhom- bische und zuletzt schilfförmig langgezogene Formen sich an- schliessen. Die Begrenzungslinien der @uerschnitte sind nicht immer scharfe, sondern in Folge des Aufbaues grösserer Individuen aus parallel gestellten kleineren Kryställchen, deren Kanten aus der Gesamnitform hervorspringen, ausgezackt oder gezahnt. Längs- schnitte solcher Sammelindividuen sind daher nur stellenweis, ge- wöhnlich in centralen Theilen, einheitlich klar, während sich an den Rändern je nach der Neigung des Schnitts gegen die Prismen- fläche und Vertikalaxe in mehr oder weniger breiter Zone eine feine Riefung bemerkbar macht. ) Die Gmneissformation d. Eulengebirges S. 5 f., Taf. 1. Max Kocn, Die Kersantite des Unterharzes. 87 \ Die Beobachtung Lossen s!) über Hin- und Herbiegungen der filzigen Massen wie der einzelnen Nädelchen, ohne dass sich die Krümmung auf Knicke an der Quergliederung beziehen liesse, kann ich nur bestätigen. Namentlich wenn abweichend gerichtete parallelfaserige Aggregate oder Sillimanitbüschel mit ihren Kopt- enden zusammenstossen, sind Aufbiegungen und Ablenkungen der Nadeln unter gleichmässiger oft bis zum Kreise vollendeter Krüm- mung recht gewöhnlich. Die ebenfalls schon von Lossen besprochene?) Erscheinung, dass unregelmässig begrenzte Krystalltheile des CUyanits von fasrigem Sillimanit unter Parallelismus der Vertikalaxen beider Mineralien eingefasst werden, wurde zwar ebenfalls häufiger beob- achtet, doch liess sich keine sichere Entscheidung treffen, ob primäre Krystallisation oder Paramorphose von Sillimanit nach Cyanit vorliegt. Für Paramorphose sprechen die gleiche Orientirung, der allmähliche Uebergang zum Sillimanit und der Umstand, dass der Cyanit in den zusammengesetzten Bestandmassen sonst immer nur in Krystallen mit häufig abgerundeten, häufig aber auch sehr geradverlaufenden Endflächen auftritt: anderseits konnte jedoch kein Fall beobachtet werden, in welchem die Sillimanitnädelchen das Uyanitkorn zu einem Krystall ergänzen, wie dies an den Pseudo- morphosen von Kaliglimmer nach Cyanit häufiger vorkommt. In allen den Fällen. wo Zusammenkrystallisirung beider Mineralien beobachtet wurde, setzt nämlich der Sillimanıit bis zur Contact- fläche des Gesteins fort. Biotit. Schon bei der Beschreibung des Gesteins wurde erwähnt, dass der Glimmer der begleitenden Bestandmassen zum Biotit, der des Gesteins zum Anomit gehört. Darüber hinaus macht sich kein Unterschied bemerkbar. Er bildet gewöhnlich bis mehrere Milli- ıneter grosse Krystalle, seltener unregelmässig striemige Lappen oder gerundete Schüppehen. An Eimschlüssen beherbergt er Apatit- nadeln und in einigen einschlussartigen Massen dioritischen Cha- aaO DES ER AÜRFEH) 88 Max Kocır, Die Kersantite des Unterharzes. vakters zahlreiche Zirkonkryställchen, welche von den schon wiederholt beschriebenen, breiten pleochroitischen Höfen umsäumt werden, von tiefschwarzer Farbe, sobald das Maximum der Ab- sorption im Glimmer emtritt, hell oder völlig verschwindend in der dazu senkrechten Stellung. Rutilnädelchen erscheinen immer nur in schon veränderter Glimmersubstanz und sind daher wohl stets secundäre, auf den Titangehalt des Glimmers zurückzu- führende Gäste. Die Umwandlungserschemungen sind, abgesehen von den weiter unten beschriebenen, als Contactwirkung gedeuteten Um- bildungen, die gleichen wie am Glimmer des Gesteins: vollständige oder parallel der Spaltfläche lagenweise Bleichung der Glimmer- substanz unter Abscheidung zierlicher, zu Büscheln gruppirter Mikrolithe. Rutil und Zirkon. Rutil ist im Gestein besonders aber in den begleitenden Be- standmassen recht häufiger Gemengtheil. Trotz seiner dunklen, nahezu schwarzen Farbe fällt er doch selbst in winzigen Körnchen durch seinen diamantartigen Metallglanz leicht in’s Auge. Im Gestein hat er dick stabförmige, entfernt an prismatische Begrenzung er- innernde oder Körnertorm in Grössen bis !/, Centimeter; in den ein- schlussartigen Aggregaten tritt er ebenso häufig in Krystallform (»P, PP x, Poder P»)von gewöhnlich kurz prismatischem Habitus, wie in Körnern auf. Schlanke Nadelformen kommen in der Regel nur den secundären Rutilbildungen zu, welche in feinem Netzwerk in den Umbildungszonen des Glimmers erscheinen. Knieförmige Zwillmge nach Ps“ sind recht gewöhnlich, seltener eingelagerte Lamellen in Zwillingsstellung nach dieser Fläche. Je nach der Dicke wird der Rutil mit tiefrothbrauner bis gelber Farbe, seltener violett durchsichtig. Diese auch im den dünnsten Individuen her- vortretende Färbung, der gleichmässige Ton der Polarisationsfarben, Umbildung in Titanomorphit und Zwillmgsbildungen lassen ihn recht gut von dem viel spärlicher vorhandenen, stets farblosen und im polarisirten Licht mehr Farbenschiller zeigenden Zirkon unter- scheiden. Max Koch. Die Kersantite des Unterharzes. 89 Spinell. An der Grenze vieler einzeln im Gestein eingebetteten Silli- manitbüschel oder Cyanitfragmente, ferner im der Uimrandung von Granat oder Glimmer in den zusammengesetzten Aggre- 1, 3, 4), so- bald diese Mineralien von Sillimanit umgeben sind oder mit diesem gaten der begleitenden Bestandmassen (Taf. IV, Fig. oder Cyanit in Nachbarschaft treten, bemerkt man Anhäufungen grün durchsichtig werdender, oder braun oder grau wefärbter, winziger (0.03 — 0,1 Uentimeter) Kryställchen in Octaödertorm, seltener in Zwillingen nach der Octaöderfläche, von denen ınan dieser Eigenschaften und ihrer Association wegen von vornherein annehmen konnte, dass sie einem Mineral der Spinellgruppe an- > gehören. ‚Jenes Verhalten in Bezug auf ihr Auftreten erleidet fast keine Ausnahme. Sie finden sich weder regellos verstreut in dem Mineralgewebe der Aggregate, noch wurden sie jemals als Ein- schluss in den hier in Betracht kommenden Mineralien beob- achtet, sondern sind stets nur als randliche Bildungen an diese geknüpft. In Folge dieser gesetzmässigen Verbreitung kann wohl kein Zweifel darüber bestehen, dass m dem Spinell ein den be- gleitenden Bestandmassen ursprünglich nicht zugehöriges, sondern secundäres, auf den Einfluss des Magmas zurückzuführendes Mineral, also eim Product der Contactwirkung, vorliegt. Die Spinellkette, mit denen Sillimanit und Cyanit häufig gegen das (testein hin abschliesst, mögen diese Mineralien ısolirt in demselben liegen oder den zusammengesetzten Aggregaten angehören, sind be- sonders geeignet, diese Auffassung zu stützen. Während der Spinell um den Granat seinen Platz zum grössten Theil dem Sillimanit genommen hat, daran erkennbar, dass ım Allgemeinen die der jeweiligen Krystallform des Granats ent- sprechenden Schnitte, abgesehen von wenig tief eingreifenden Einbuchtungen, erhalten sind oder sich die spinellfreien Rand- linien regelrecht an die mit Spinell umgebenen anschliessen, war mit dessen Bildung am Glimmer eine mehr oder minder vor- geschrittene Resorption der Glimmersubstanz verbunden, unter gleichzeitiger Ausscheidung zahlreicher gelb oder violett gefärbter 90 Max Kocn, Die Kersantite des Unterharzes. Rutilnadeln. Es zeigen sich alle Stadien dieser Umwandlungser- scheinungen, von den eben in Angriff genommenen, in den Um- randungen noch wohl erhaltenen Glimmerschnitten bis zu dem Punkte, wo die Glimmersubstauz vollständig durch Spinell und Rutil ersetzt worden ist. Derartige Aggregate liefern meist äusserst zierliche Bilder, indem die Rutilnädelchen gewöhnlich ein feines Netzwerk bilden, welches die zierlichen Spinellschnitte in seine Maschen aufnimmt. Seltener werden diese von den Rutilnadeln durch- spiesst. In der Regel stehen die einzelnen Spinellindividuen weder untereinander, noch mit der Granat- resp. Glimmersubstanz in directer Berührung, sondern werden durch einen schmalen, wenn die Masse noch frisch ist, farblosen Hof isolirt, dessen Subsanz in den meisten Fällen Brechungsvermögen und l )oppelbrechung wie Quarz besitzt, in anderen nur äusserst schwache Wirkung auf polarisirtes Licht ausübt. Näheres über die Substanz wurde nicht ermittelt. Er- wähnenswerth in Bezug auf die Art des Auftretens wäre noch die Beobachtung, dass der Spinell in einigen aus Sillimanit mit einge- lagerten Granaten bestehenden, emschlussartigen Aggregaten den Granat ringförmig in derben Massen umgiebt. Nur stellenweise macht sich nach den Granat hin eime durch beginnenden Zerfall in einzelne Octaöder bedingte Zähnelung bemerkbar. Trotz der so grossen Widerstandsfähigkeit des Spinells zeigt er in einem grossen Theil der begleitenden Bestandmassen doch keine ursprüngliche Substanz mehr. Nur die grünen und die weiter unten erwähnten, in Association mit Korund auftretenden. nahezu farblosen Krystalle sind unverändert, demnach klar und von optisch einheitlichem Verhalten. Die braungefärbten stellen dagegen z. Th., die grauen durchgängig mehr oder weniger trübe toire] und deutlich Aggrezatpolarısation zeigende Pseudomorphosen nach Spinell dar. Dass dieser als ursprüngliches Mineral vorgelegen hat, geht, abzesehen von der Uebereinstimmung nach Form und Verbreitung, daraus hervor, dass sich oft in der Umrandung des- fe) selben Granatkornes neben grünen auch braune und graue Kry- ställchen nit Uebergängen in den Farben finden. Es gilt im All- gemeinen die Negel: je kleiner die Formen, um so reiner grün sind sie und um so frischer ist ihre Substanz, Grössere Krystalle Max Koch, Die Kersantite des Unterharzes. 9] sind stets umgewandelt, eme Erscheinung, die wohl mit dem Bau derselben in Zusammenhang steht. In einigen, zu den seltenen Vorkommnissen der begleitenden Bestandmassen gehörenden, an Korund und Staurolith reichen Aggregaten tritt Spinell, abweichend von der gewöhnlichen Er- scheinungsweise, in einer annähernd farblosen oder schwach gelb- lich oder rauchgrau tingirten Varietät auf, deren Frische sich durch vollkommene Durchsichtigkeit und optisch einheitliches, isotropes Verhalten kundgiebt. Er ist auch hier, in Association mit Korund, Staurolith und Rutil, an die Nachbarschaft von Sillimanit und Granat gebunden. Bei schwacher Vergrösserung erscheinen der- artige Spinellanhäufungen in Folge der geringen Grösse der Indi- viduen und der sich vielfach deckenden breiten Totalreflexionsränder als mehr oder weniger dunkle Massen. Es bedarf daher starker Vergrösserung zur Erkennung ihrer optischen Eigenschaften. So interessant es gewesen wäre, bei der sicheren Kenntniss der Mineralien, an welche sich die Bildung des Spinells knüpfte, die chemischen Beziehungen zwischen ihm und jenen festzustellen. musste doch hierauf verzichtet werden, da die Bemühungen, ihn in solcher Menge und Reinheit zu isoliren, um mit Aussicht auf sichere Resultate chemische Reactionen vornehmen zu können, vergebliche waren. Die Isolirung durch Schmelzen mit kohlen- saurem Kalinatron gelang zwar, doch blieb der Rückstand immer inehr oder weniger durch Sillimanit- und Cyanitreste verunreinigt. An den freigelesten Kryställchen konnte jedoch das isotrope Ver- halten, das im Schliff wegen Einbettung in doppelbrechende Sub- stanz nicht deutlich ist, festgestellt und damit jeder Zweifel über die Zugehörtgkeit des Minerals zum Spinell beseitigt werden. Welchem der Gruppe er angehört und ob überhaupt nur eine Varietät vorliegt, muss dahim gestellt bleiben. Die meist helleren Töne der grünen Varietät und die genetische Beziehung zu Biotit sprechen wohl für deren Zugehörigkeit zum Pleonast. Ebenso wenig konnte Klarheit über die Natur der Pseudomorphosen er- langt werden. Die Grenzen, zwischen denen zu suchen ist, sind jedoch eng gezogene, denn sie besitzen ungefähr denselben Brechungsexponenten wie der frische Spinell und erweisen sich als 92 Max Koch. Die Kersantite des Unterharzes. € ebenso widerstandsfähig wie dieser gegen Säuren und Schmelzen mit Kalinatroncarbonat. Der Umwandlung des Spinells in solche stark lichtbrechende Pseudomorphosen liegen jedenfalls andere, ältere Processe zu Grunde als der einfache Act der Verwitterung. Wie an Schliften stark verwitterter Einschlüsse beobachtet werden konnte, führt dieser den Spinell in äusserst fein struirte, schwach grünliche und schwach lichtbrechende Chloritaggregate über, welche nur noch durch die Formen, welche sie erfüllen, auf das ursprüngliche Mineral hinweisen. Im Gestein selbst wurde Spinell nur sehr vereinzelt beob- achtet. Da seine Bildung, wie oben erläutert wurde, zu einem Theil auf Wechselwirkung zwischen Gesteinsmagma und Sillimanit resp. CUyanit zurückzuführen ist und er immer örtlich an diese _ Mineralien gebunden erscheint, können solche isolirt auftretenden Kryställchen nur als aus dem Zusammenhang mit jenen losgelöst P x Jen 1 angesehen werden !). Korund. Der Korund gehört zu den seltener auftretenden Mineralien der begleitenden Bestandimassen. Im Stück geht er der geringen Grösse seiner Individuen wegen der Beobachtung durchgängig ver- loren. Er bildet in imniger Aggregation mit Spinell. Rutilnädel- chen, und seltener Staurolith meist von seidenglänzenden Sillimanit- büscheln umgebene schwärzliche Massen, deren unscheinbares Aeussere den Reichthum an interessanten Mineralien nicht ver- inuthen lässt. Unter dem Mikroskop erscheint er in 0,3-— 0,5 Milli- ıneter langen bis 0,05 Millimeter breiten Leistchen von tief himmelblauer Farbe, zeigt den für Korund charakteristischen Pleo- !) Dass derartige mechanische Zerstörungen der frei im Magma schwimmenden und daher sich stossenden und reibenden Bestandmassen stattfanden, dafür liefert auch der Granat ein gutes Beispiel. Mehrere Präparate parallelfaseriger Sillimanit- aggregate mit grösseren von Spinellkränzen umgebenen Granaten zeigen nämlich an der Grenze gegen das Gestein halbkreisförmige von Spinell eingefasste Ein- buchtungen, die ursprünglich nur von etwas über die Grenzen des Aggregates hervorstehenden Granatkörnern herrühren können und erst nach deren Entfernung mit Gesteinsmasse erfüllt wurden. Max Koch, Die Kersantite des Unterharzes. 953 chroismus von blau (OÖ) zu meergrün (E) und ist, abgesehen von ganz vereinzelten Rutilnädelchen, vollkommen frei von Einschlüssen. Wie aus der optischen Orientirung hervorgeht, entsprechen die Leistchen jedoch nicht Schnitten prismatisch, sondern dünntafel- artig ausgebildeter Individuen. Es musste daher auffallen, dass sich in keinem der von solchen Aggregaten angefertigten Schliffe Schnitte nach der Basis beobachten liessen. Dies Verhalten er- klärt sich jedoch genügend aus der eigenthümlichen Anordnung der Individuen (Taf. IV, Fig. 2), welche in gewisser Hinsicht an diejenige der Rutilnädelchen in den Sagenitgeweben erinnert. Die Korundtäfelchen stehen nämlich sämmtlich vertikal zu der- selben Horizontalebene und sind um die Vertikale dieser Ebene in der Weise gedreht, dass sie Winkel von 120° mit einander bilden, jedoch so, dass nur zwei nach verschiedener Richtung ver- laufende Systeme von Täfelchen vorhanden sind. Um Basisschnitte zu zeigen, müsste die Ebene des Schliffes ziemlich genau mit der Richtung eines der beiden Systeme zusammenfallen; weicht die Schliffebene auch nur um einen geringen Winkel davon ab, so werden bei der geringen Dünne der Täfelchen immer nur Leisten- formen erscheinen können, die allerdings je nach der Schnittlage unter sehr verschiedenem Winkel zusammenstossen, im extremsten Falle sogar sämmtlich einander parallel laufen können. Dass diese Erklärung die richtige ist, bewiesen die auf mechanischem Wege isolirten Korundkryställchen, welche mehr oder weniger deutlich hexagonal umrandete Formen besitzen von einem Durch- messer, der der Länge der Leistchen entspricht. An ihnen konnte der optisch negative Charakter der Doppelbrechung mit Sicherheit bestimmt werden. Das weitmaschige Gewebe der Korundleistehen umschliesst quadratische bis spitzrhombische Felder, welche dicht init Spinellkryställchen, Rutilnädelchen und hier und da mit Staurolithkörnern erfüllt sind. Die Gesammtmasse solcher Aggre- gate umgiebt hingegen in breiter, unregelmässig zwischen die Sillimanitbüschel vorspringender Zone grössere Granatkrystalle. Ausser in den beschriebenen Kryställchen kommt Korund in parallelfaserige Sillimanitaggregate eingebettet auch in farblosen, unregelmässigen Körnern vor, jedoch immer nur sehr vereinzelt. 94 Max Kocn, Die Kersantite des Unterharzes. Staurolith. Staurolith wurde nur in einigen bohnengrossen, feldspathfreien, aber an Cyanit und Sillimanit reichen Bestandmassen beobachtet. Er tritt entweder in mikroskopischen Körnern zusammen mit Spinell- kryställchen und Rutil in den eben beschriebenen Maschen zwischen den Korundtäfelchen oder in unregelmässig gestalteten, bis 11’, Centimeter grossen Partieen in Cyanit und Sillimanit ein- gebettet auf, wird aber auch hier dann und wann von Korund durchbrochen oder häufiger von Leistchen desselben umschwärmt. Unwillkürlich entsteht der Eindruck, als ob Korund ihm gegen- über dieselbe Rolle spiele, wie der Spinell gegenüber dem Silli- manıt resp. Granat und Glimmer. Auch die grösseren Partieen stellen nicht derbe Massen, sondern ein einheitliches, unregelmässig umrandetes Korn dar und sind, wie einmal am Stück. wiederholt im Schliff beobachtet wurde, gesetzmässig mit Cyanıt verwachsen, indem die Spaltflächen nach o beim Staurolith und M am Cyanit zusammenfallen. Die Spaltbarkeit nach dem Prisma zeigt sich in Schliffen nach der Fläche o in zahlreichen feinen Nissen. Pleochroismus ist stark: ce bräunlichroth, a hellgelblich. An Eimschlüssen beherbergt er nicht allzu häufig Quarzkörnchen und zahlreiche, in den Formen an Spinell erinnernde Kryställchen, welche da, wo sie beiderseits vom Schliff angeschnitten sind, blassrosa durchsichtig werden, jedoch Doppelbrechung erkennen lassen. Apatit. Wie schon im allgemeinen Theil erwähnt wurde, erscheint der Apatit in unserem Eruptivgestein in von der gewöhnlichen Weise recht abweichender Form und Grösse. Er findet sich nämlich emzeln im Gestein in bis 3 Centimeter grossen, regel- mässig eirunden und unregelmässig gerundeten Körnern oder im theilweise durch Spaltflächen begrenzten, eckigen Bruchstücken. Nur ganz vereinzelt beobachtet man Theile von Krystallflächen, an einem Stück auf Begrenzung durch @P und oP hindeutend. Er ist gewöhnlich farblos wasserklar, zeigt aber auch spargel- bis oliven- Ne) © Max Kocn, Die Kersantite des Unterharzes. grime, nur im wenigen Stücken schwarze Farbe, oder hellen Kern von schwarzer Zone umrandet. Die schwarze Färbung hat ihren Grund nicht in Interpositionen, sondern ist Körperfarbe des Mi- nerales. Sämmtliche Fundstücke sind Einzelindividuen und be- sitzen, aus diesem Grunde durch die ganze Ausdehnung des Stückes laufende, ausgezeichnete Quergliederung. Die Spaltflächen nach dem Prisma setzen dagegen unregelmässig an der letzteren ab. Die Contactfläche gegen das Gestein ist eigenthümlich rund- höckerig, aber glatt, ähnlich wie sie an angeschmolzenen Quarz- massen beobachtet worden ist; nur wenn Spaltflächen die Grenze bilden, zeigt sich diese Ausbildung in geringerem Grade. Einschlüsse von Grranat,. Kutil und das Vorkommen von ziem- lich grossen Apatitkörnern in den zusammengesetzten Aggregaten rechtfertigen seine Zustellung zu den Mineralien der begleitenden Bestandmassen. Die oben noch als weitere Gemengtheile der begleitenden Be- standmassen genannten Mineralien, Magneteisen, Anatas, Titaneisenglimmer und Kalkspath bieten theils nichts Un- „ewöhnliches dar, theils treten sie so selten als Gremengtheile auf, dass eine besondere Besprechung derselben nicht erforderlich ist. Structurformen der zusammengesetzten Bestandmassen. Die im vorstehenden Abschnitt im Einzelnen beschriebenen Mineralien treten zu sehr verschiedenen. sowohl nach Structur als auch nach Art, Menge und Grösse der betheiligten Mineralien abweichenden Combinationen zusammen. Schon nach dem äussern Ansehen lassen sich zwei Gruppen trennen, welche sich denn auch in mineralogischer wie structureller Beziehung wesentlich von einander unterscheiden. Die erstere umfasst die Combimation: Orthoklas, Biotit, Quarz und, mit Ausschluss von Korund und Staurolith. sämmtliche vorher beschriebenen seltenen Mineralien, derartig struirt, das der Orthoklas das Bett bildet, in welches die übrigen Mineralien eingelagert sind. Ihr schliessen sich Bestand- massen an. die unter Fehlen des Orthoklases nur aus jenen 96 Max Koch, Die Kersantite des Unterharzes. selteneren Mineralien, einschliesslich des Korunds und Stauroliths, bestehen. Die meist reiche Betheiligung von Granat bedingt eine mehr oder weniger lebhafte röthliche Färbung der hierher zu stellenden Aggregate. Die Bestandmassen der zweiten Gruppe setzen sich zusammen aus Plagioklas, Quarz, Biotit und Chlorit in Pseudomor- phosen, deren Umrandung auf ursprüngliche Betheiligung eines Bisilicats hinweisen. Von den übrigen Mineralien treten nur selten Granat und Rutil hinzu. Die Structur derselben ist eine regellos körnige. Erste Gruppe. Der Orthoklas als der Träger der übrigen - Mineralien bildet gewöhnlich ein einheitliches, durch die ganze Ausdehnung der Masse einspiegelndes Korn, dessen Zusammen- hang nur durch die eingebetteten Mineralien unterbrochen wird; in selteneren Fällen tritt ein gross- bis mittelkörniges Aggregat verschieden orientirter Körner an die Stelle, gewöhnlich unter Betheiligung von Quarz- seltener von Apatitkörnern. Im frischen Zustande ist er wasserklar, besitzt perlmutterähnlichen Glanz und zeichnet sich durch einen Grad der Sprödigkeit aus, welcher dem des Sanidins nicht nachsteht. Spaltrisse treten nur in sehr dünnen Schliffen hervor und verlaufen in der Regel nicht gerad scharflinig, sondern schwach gebogen (Taf. IV, Fig. 6). Der gemessene Wertlı ler Spaltwinkel schwankte daher zwischen 90 und 94°. Die Be- stimmung des spezifischen Gewichts (2,569) und die Analyse, welche allerdings in Folge winziger eingelagerter Sillimanitnädelchen etwas zu hohen Thonerde- und zu niederen Kieselsäuregehalt er- gab, aber das Fehlen des Kalkes feststellte, brachten Sicherheit, dass in dem Mineral wirklich Orthoklas und nicht Plagioklas vor- liegt. Mit dem durch die Sprödigkeit und den Glanz bedingten Charakter desselben als Sanidin stimmen auch die optischen Eigen- schaften überein. Einige Schlifte. besser noch Spaltstückchen nach der Absonderungsfläche k, welche bei gekreuzten Nicols und oO io) Drehung des Objecttisches nahezu gleich hell bleiben, zeigten nämlich, dass sich das Kreuz des Axenbildes nur wenig, bisweilen iiberhaupt nicht merkbar öffnet, der Axenwinkel also einen sehr niederen Werth besitzt. In einem Falle. in dem sich das Kreuz Max Kocu, Die Kersantite des Unterharzes. 97 öffnete, war die Dispersion deutlich erkennbar o Nach einer Mittheilung Herrn Prof. ROSENBUSCH'S . © : l dem Anatas an und ihre Form lässt sich als P.oP. -P.oP m deuten. Der Granat, der hier und da emtritt, besitzt alle Eigen- schaften wie in den Bestandmassen der ersten Gruppe, u. a. die- selben einschlussreichen Centren mit zahlreichen honiegelben Rutil- körnern, wohl ein Hinweis, dass beide Gruppen bezüglich ihrer Herkunft nicht zu trennen sind. Da Sillimanit an der Zusammen- setzung dieser Bestandmassen nicht theilnimmt, vermisst man je- doch Umrandung mit Spinell, von dem er immer begleitet wird, sobald er mit jenem Mineral im Nachbarschaft tritt. Einige Bestandmassen, die sich zwar ihrer inineralogischen Zusammensetzung nach dieser Gruppe anschliessen, aber in der Structur abweichen, verdienen besondere Erwähnung. Dahin ge- hören: 1. Stücke in eckiger Form vom Habitus des Gneissglimmer- schiefers, welche sich aus Lagen von Biotitblättchen mit dazwischen- liegenden Quarzkörnchen, Feldspathkrystalloiden und vereinzelten (Granatkörnern aufbauen. 2. Im Stück hellgraue, feinkörnig y Oo vorherrschend aus Chlorit in unregelmässigen Partieen oder mit e Mineralanhäufungen, die leistenförmiger Anhäufung der Flasern und vereinzelten, stark ausgebuchteten @Quarzkörmern bestehen. Im Chlorit lieven zahl- 7° 100 Max Kocn, Die Kersantite des Unterharzes. reiche Kalkspathrhomboöderchen, Anataskryställchen und in grosser Menge Rutilnädelchen. 3. Andere Fundstücke zeichnen sich dadurch aus, dass sie zunächst der Berührungsfläche mit dem Gestein eme vom Kern abweichende Zusammensetzung aufweisen. Die äussere, sehr wechselnd breite Zone führt in allen Fällen 1 Plagioklaskrystalle, welche gewöhnlich auf zwei Seiten, längs der 3 Millimeter grosse Lamellirung Krystallbegrenzung zeigen, Quarzkörner mit Chlorit- säumen und bisweilen leistenförmige Chloritpseudomorphosen, der Kern besteht dagegen eutweder aus Chlorit mit Anataskryställchen und Kalkspathrhomboäöderchen oder aus körnigem Kalkspath. Der Uebergang aus dem einen Theil in den anderen ist ein allmäh- licher, indem Feldspath seltener wird, Chlorit resp. Kalkspath da- gegen überhand nimmt. Der Kalkspath bildet Aggresate unregel- mässig gerundeter, bis 2 Millimeter grosser Körner und unter- scheidet sich durch diese Form, durch Auftreten zahlreicher Zwillmgslamellen nach — Vs R, namentlich aber durch seine Ein- schlüsse wesentlich von dein secundären Mineral der Chloritpseudo- morphosen oder dem Kalkspath als Zersetzungsproduct der Plagio- klase. Als Einschlüsse treten nämlich winzige dunkelbraun durch- scheinende, hexagonale oder in Schnitten senkrecht dazu schmal- leistenförmige Blättchen auf, welche ich nach der Uebereinstimmung mit dem Mineral, an dem die Grundmasse des frischen Kersantits so reich ist, ebenfalls für Titaneisenglimmer halte. Die Menge derselben ist z. Th. eme so grosse, dass sie dem Kalkspath im Stück eine schwarze Farbe ertheilen, ihre Anordnung ist auch keine willkührliche, denn nur Körnerschnitte, welche das Interferenz- kreuz geben, zeigen die Einschlüsse in hexagonaler Umrandung; es liegt also parallele Verwachsung beider Mineralien vor. Spär- licher als solche Blättchen führt der Kalkspath anschemend opake Säulchen, die bisweilen zu einem sechsstrahligen Stern zusammen- treten und vielleicht dem Kutil angehören. Derartige Bestandmassen finden sich in ungefähr wallnuss- grossen Stücken von gerundeter Form und ziemlich scharf ab- gegrenzter Contactfläche; sie sind jedoch immer nur seltene Vor- kommnisse. Max Kocn, Die Kersantite des Unterharzes, 101 Schlussbemerkungen. Wenn sich auch em vollständiger Ueberblick über die Mo- ınente, die zu einer Entscheidung der Frage über den Ursprung der begleitenden Bestandmassen führen können, erst nach Abschluss der Untersuchungen über die Bode-Kersantite, welche z. Th. die gleichen, z. Th. aber- abweichend zusammengesetzte Mineralanhäu- fungen enthalten, gewinnen lassen wird, möchte ich mir doch nicht versagen, einige kurze Bemerkungen über die bisherigen Ergebnisse und deren Verwerthbarkeit für die in Betracht kommenden Auf- fassungen, ob ältere Ausscheidung oder Einschluss, schon an dieser Stelle einzufügen. Als feststehend kann angesehen werden, dass die begleitenden Bestandmassen vor der Gesteinsverfestigung im Magma vorhanden waren, dass sie theils mechanischer Zerstörung (Zerbröckelung und Abrundung), theils chemischen, auf Einfluss des Magmas zurückzu- führenden Veränderungen unterlagen (Hypersthen-, Spinell-, viel- leicht auch Korundbildung,. Umsäumungen des Quarzes und Feld- spaths), während sie ihrerseits auf den Krystallisationsprocess des Gesteins emwirkten (diehtere Structur in ihrer Umgebung). Dies wie ihre uneleichmässice Vertheilune in dem Gestein nach Menee {>} ben) b =) und Art — in der Börneck’schen Gemeinde - Waldung wurden z. B. nur Bestandmassen der ersten Gruppe gesammelt —, ihre Verschiedenheit in structureller wie mmeralogischer Hinsicht und endlich die Betheiligung von Mineralien wie Granat, Spinell, die wir hauptsächlich als Product der Contactwirkung kennen, anderer wie der Cyanit, Sillimanit und Staurolith, welche als Ausschei- dung in echten Eruptivgesteinen nicht vorkommen, die wir jedoch in einigen Gliedern der archäischen Formation, Gmneissen und Granuliten u. s. w., häufig als Gemengtheile antreffen, stimmen sehr wohl zu der Deutung der Bestandmassen als mitgerissene, veränderte Bruchstücke des krystallinen Schiefergebirges überein. Der zuletzt angeführte Punkt, die Betheilizung von Thonerde- silicaten, welche besonders für das krystallime Schiefergebirge charakteristisch sind, scheint mir den hauptsächlichsten Grund Ä Q egen die Auffassung der beoleitenden Bestandmassen als Aus- > I 102 Max Kocu, Die Kersantite des Unterharzes. scheidungen, wenigstens derjenigen Gruppe, welche diese Mine- ralien führen, abzugeben. In Uebereinstimmung mit der That- sache, dass wir dieselben nicht als normale Gemengtheile der Eruptivgesteine kennen, steht es, dass es bisher nicht gelungen ist, dieselben aus Schmelzfluss darzustellen. Selbst wenn man die Möglichkeit ihrer Bildung auf diese Weise annehmen wollte, könnten sie sich doch nur aus einem an Thonerde reichen Ge- stem ausgeschieden haben, der Kersantit ist jedoch arm an Thon- erde. Der Umstand, dass sich Feldspath und Quarz, die herrschen- den Gemengtheile des krystallinen Schiefergebirges in so reichem Maasse an der Zusammensetzung betheiligen, spricht nicht minder für eingehüllte Fragmente und begründet zugleich einen wesent- lichen Unterschied unserer begleitenden Bestandmassen von den sonst in mancher Beziehung viel Aehnliches aufweisenden An- häufungen von Contactmineralien in den Dioriten von Klausen !). TELLER und ‚JOHN fassen dieselben als »lokale Concentrationen in Lösungen transportirter Contactproducte« auf, welche »während der Eruptionsvorgänge durch Einwirkung von Gasen und Dämpfen auf die durchbrochenen Schichtencomplexe« entstanden sind, eine Deutung, welche in dem Fehlen von Feldspath und Quarz, in der Form der Anhäufungen, nämlich rundlich begrenzte Massen, aber auch »gestreckte mit dem Eruptivmagma verschlierte Blätter« und ın der gleichmässigen Vertheilung des quantitativ herrschenden Con- tactminerals, des Spinells, ihre Stütze findet. In unserm Erup- tivgestein treten die Mineralanhäufungen nach den bisherigen Be- obachtungen in keinem Falle in solchen mit dem Gestein innig verwobenen Schlieren auf; der Spinell ist, wie oben nachgewiesen wurde, derartig mit Sillimanit, Granat und Glimmer verknüpft, dass man ihn nur als nachträglich erscheinendes Contactproduct der schon vorhandenen Mineralanhäufungen, aber nicht als gleich- zeitig mit diesen gebildetes Mineral ansehen darf. Das sind Unterschiede, die eine gleiche Entstehungsweise, wie sie für jene concretionären Mineralanhäufungen in Anspruch genommen wird, nicht sehr wahrscheinlich machen. ) Terrer und Jons, Geolog.-petrogr. Beiträge zur Kenntniss der dio- ritischen Gest. v. Krausen. Jahrb. d. k. k. geolog. Reichsanstalt 1882. Max Kocu, Die Kersantite des Unterharzes. 103 Trotz vieler für die Deutung als Einschlüsse eintretender Beobachtungen stellen sich einer solchen Auffassung doch manche Schwierigkeiten entgegen. Die Bestandmassen der ersten Gruppe zeigen zwar die Zusammensetzung und Paragenese gewisser Glieder der krystallinen Schiefer, doch lassen sie die Structur der- selben vermissen: eine vielleicht nur nach unsern bisherigen Kennt- nissen von der Zusammensetzung der krystallinen Schiefer vor- handene Discordanz zwischen Stoff und Structur, Ferner muss es auffallen, dass keiner der gleichaltrigen Gänge der Orthoklaspor- phyre (Grauen Porphyre des Harzes) und der Gangmelaphyre (schwarzen Porphyre des Harzes), welche zwischen Brocken und Ramberg, also unweit der Kersantitgänge von Michaelstein und von der Bode, das Gebirge durchbrechen, gleiche oder ähnliche Bestandmassen führt. In den erstern kommen zwar Granat und eigenthümliche, graphitreiche, einschlussartige Massen vor, doch sind dieselben nach Structur und Zusammensetzung von den unsrigen gänzlich verschieden. Nach von GRODDECK!) scheinen sie dem Oberharzer Kersantit nicht vollständig zu fehlen; er erwähnt quarzreiche Massen mit Magneteisenköruchen und ein fasrig-fibro- lithartiges Mineral aus dem Gestein vom Rosenthal und der Spiel- ınannshöhe. Eine immerhin in Betracht zu ziehende Auffassung der Be- standmassen als Umwandlungsproducte eingehüllter Bruchstücke, nicht der krystallinen Schiefer, sondern des der Beobachtung zu- gänglichen Nebengesteins, der Thonschiefer und ihrer Einlagerungen von Kalkstein, scheint aus dem Grunde ausgeschlossen zu sein, weil die gesammelten Schieferbruchstücke keinerlei derartige Ver- änderungen erkennen lassen und Kalksteinfragmente überhaupt nicht zur Beobachtung kamen, abgesehen vielleicht von den am Schluss der zweiten Gruppe erwähnten Mineralanhäufungen mit einem Kern von Kalkspath, deren Deutung vor der Hand jedoch eine unsichere ist. Die Bestandmassen der zweiten Gruppe tragen in ihrer Structur und Zusammensetzung eher den Charakter älterer Ausscheidungen, !) Der Kersantitgang des Oberharzes. Jahrb. d. k. pr. geolog. Landesan- stalt für 1882. 104 Max Koch, Die Kersantite des Unterharzes. obgleich auch dieser Auffassung durch Betheiligung von Granat mit centralen Anhäufungen von Mineralien, wie sie in der ersten Gruppe vorkommen und durch den Reichthum an Quarz Schwierig- keiten entgegenstehen. Die Besprechung der Bode-Kersantite wird Veranlassung geben, nochmals und vielleicht mit mehr Aussicht auf eine allgemein be- friedigende Lösung auf die Frage der Entstehung der begleiten- den Bestandmassen zurückzukommen. Zur Geognosie der Altmark. Unterschiede in den geognostischen Verhältnissen derselben gegenüber denen der Mark Brandenburg. Von Herrn 6. Berendt in Berlin. Wesentliche Unterschiede in den geognostischen Verhältnissen | der Altmark, aus welcher soeben die 6 ersten geognostischen Karten- | blätter (Lief. XXXII) erschienen sind, Brandenbur& bestehen in erster Reihe in dem Auftreten dreier, ın gegenüber denen der Mark letzterer Gegend nicht vertretener Gebilde, des sogenannten Alt- märkischen oder Rothen Diluvialmergels, des Thalthones (bzw. auch des Thaltorfes) und des Schlickes. Es zeigen sich aber schliesslich auch bereits Spuren der der Kurmark gleichfalls freinden Schwarzerdebildung. er jr - _=\N | = > I 2 = = - 5 er . ET en 7 AI a Dean [ dm Rother Diluvialmergel. dh Diluvial- Thonmergel. ds Unterer Diluvialsand, 106 G. Berexpr, Zur Geognosie der Altmark. Der Rothe Diluvialmergel. Der Altmärkische oder Rothe Diluvialmergel!) ist ein sich vom Oberen Geschiebemergel der eigentlichen Mark Brandenburg durch eine bald mehr, bald weniger auffallende röth- liche Färbung und vielfach durch eine gewisse Steinarmuth aus- zeichnendes Grebilde. Er entspricht in dieser Hinsicht vollkommen dem schon vor 20 Jahren auf dem ersten?) der Blätter der geo- logischen Karte der Provinz Preussen unterschiedenen »Rothen Diluvialmergel zweifelhafter Stellung«. Wie dieser musste er anfangs lange Zeit im seiner Alters- stellung als zweifelhaft betrachtet werden, bis endlich mit dem Fortschreiten der Kartenaufnahmen aus der Gegend zwischen Gardelegen, Calbe und Stendal bis an die Elbe bei Arneburg und Tangermünde seine Zugehörigkeit zum Unteren Diluvialmergel durch Bedeckung mit Thonen und Sanden des Unteren Diluviums ausser Zweifel gestellt wurde®). Das vorstehende Profil vom hohen Steilufer südlich des Städtchens Arneburg mit dem Blick hinaus ins Elbthal möge das Gesagte noch deutlicher erläutern. Die weiteren Lagerungsverhältnisse dieses Altmärkischen oder Rothen Diluvialmergels bedürfen aber insofern auch der besonderen Erwähnung, als sie gerade die Schuld tragen an der schweren Fest- stellbarkeit seines Alters. Genau wie der Obere Diluvialmergel bildet er nämlich meist entweder unmittelbar oder unter dünner Decke von Geschiebesand die Oberfläche, und zwar nicht einmal wie der Obere (reschiebemergel nur auf der Hochfläche und allen- falls sich an den Gehängen derselben etwas hinabziehend, sondern vielfach gleichmässig über Höhen und durch Thäler im Zusammen- hange. Dabei ist auffällig eine Vergesellschaftung mit Rothem ganz oder fast ganz Geschiebe-freiem Thonmergel an seiner Basis, welcher nur selten durch eine geringe Sandschicht von ihm ge- trennt oder garnicht vorhanden ist. Und endlich lässt sich betrefts dieser Vergesellschaftung noch beobachten, dass im Grossen und S. a. die Mittheilungen über denselben v. M. Scuouz, Jahrb. d. geol. L.-A. für 1582, S. L und F. Krockmans, ebend., S. LI. ?) Sect. 6, Königsberg oder West- Samland. 3) A.a.0., 8. Lund LIl. G. Berenpr, Zur Geognosie der Altmark. 107 Ganzen dass Verhältniss der Mächtigkeit zwischen Rothem Ge- schiebemergel und darunter folgendem Rothen Thonmergel im Thale das umgekehrte ist als auf der Höhe. Während der Thon- mergel auf der Hochfläche sich zuweilen auf wenige Decimeter beschränkt, erreicht er im Thale nicht selten mehrere Meter, und während der Rothe Geschiebemergel auf der Hochfläche vielfach die Anlage einige Meter tiefer Mergelgruben gestattet, weiss man im Thale häufig kaum, ob man es überhaupt noch mit einer Gre- schiebemergelbedeckung oder nur mit einer ursprünglich ober- flächlichen Bestreuung des Rothen Thonmergels durch Geschiebe zu thun hat. ös ist schwierig, diesen Rothen Thonmergel, wie es sonst nahe läge, als ein Schlemmprodukt des ebenso Rothen und mit ihm stets vergesellschafteten Geschiebemergels zu betrachten. Denn wenn es vom Standpunkte der Glacialtheorie auch sehr wohl denkbar ist, dass durch Schlemmthätigkeit des Wassers aus der Grund- moräne hervorgegangene geschichtete Bildungen demnächst von der Grundmoräne selbst bedeckt werden konnten, in Wahrheit also ein älteres, schon vorhandenes Gebilde jüngere durch Ab- schlemmung aus ihm, zum Theil auch schon unter ihm, entstandene Bildungen überlagern kann, so würde in diesem besonderen Falle doch die oft schwer feststellbare Grenze des Ueberganges aus der einen in die andere Bildung und die meilenweit, ja über Berg und Thal, wie beschrieben wurde, nachweisbare Aufemanderlagerung beider Bildungen zum mindesten Verhältnisse voraussetzen, wie ich sie in meiner vereimigten Gletscherdrifttheorie angenommen habe. Ja es würde den Anhängern der bis vor kurzem noch auf ganz Norddeutschland angewandten Drifttheorie nicht schwer fallen, hier wieder einzusetzen und den Rothen Thonmergel als das ur- sprüngliche, im tiefen Wasser zum Absatz gekommene (rebilde anzusprechen, welches in zweiter Hälfte der Bildung durch Ver- unreimigung mit gröberem Materiale aus schwimmendem Eise mehr und mehr zu einem zum Theil noch recht fetten und steinarmen (reschiebemergel geworden sei. Unwillkürlich fällt mir bei diesen altmärkischen Verhältnissen immer wieder ein Wort unseres Altmeisters Herrn VON DECHEN ein, dass er vor nicht langem zu mir sagte: »Mögen immerhin«, so 108 G. Berenpr, Zur Geognosie der Altmark. ungefähr äusserte er sich, »im Osten Norddeutschlands die Lage- rungsverhältnisse des Diluviums so zwingend sein, dass Sie und Ihre Mitarbeiter zu solchen Schlüssen kommen, wie Sie gekommen sind. Ich bin weit entfernt, die Richtigkeit zu bezweifeln; dazu kenne ich den Osten zu wenig. Aber im Westen, wenigstens von der Weser an, da komme ich mit meinen bisherigen Anschauungen, d.h. mit der Drifttheorie, völlig aus.« Ob wir übereinstimmend damit berechtigt sind, den diesen Beobachtungen, namentlich dem «änzlichen Fehlen des Oberen Diluvialmergels nach, naheliegenden Schluss zu verallgemeinern und zu folgern, dass hier westlich von der Elbe zum Schluss der Unteren Diluvialzeit bzw. zur Zeit des oberen Diluviums eine zusammenhängende Eisdecke überhaupt nicht gelegen hat, also auch eine Grundmoräne nicht zum Absatz gelangt ist, vielmehr nur eine durch schwimmenden Eistransport, also durch Drift, sehr wohl zu erklärende Geschiebesanddecke sich gebildet hat, wird erst mit fortschreitenden Specialbeobachtungen in dortigen Gegenden entschieden werden können. Thalthon. Der Thalthon, wie er als Einlagerung im Thalsande am natürlichsten benannt werden dürfte, gehört, wie hiermit zugleich ausgesprochen ist, einer namhaft jüngeren Zeitperiode, dem Thal- diluvium bzw. der oberdiluvialen Abschmelzperiode, an. Die im Elbthale unterschiedenen Thalsande bilden die direkte Fortsetzung der aus der Gegend von Nauen und Spandau zuerst beschriebenen Thalsande des grossen Berliner Hauptthales, und liegt somit bis jetzt wenigstens keim Grund vor, dieselben nicht auch für völlig gleichalterig zu halten. Wenn es auch bei der Art der Entstehung der Thalsande in (dem zum breiten Strome gesammelten und angeschwollenen, mit- hin stark strömenden Schmelzwasser nicht gerade befreinden konnte, dass thonige Bildungen in ihrer Begleitung bisher nicht beobachtet wurden, so liegt es doch andererseits auch wieder zu sehr in der Natur der Sache, dass weiter hinab zum Meere solche thonigen, von den Schmelzwassern fortzeführten Sinkstoffe unter sonst G. Berexpr, Zur Geognosie der Altmark. 109 günstigen Umständen mehr und mehr zum Absatze kommen und als Ein- oder Auflagerung der Thalsande beobachtet werden mussten. In der Altınark, vorläufig in der Gegend des Elbthales zwischen Tangermünde, Arneburg und Havelberg, haben die jüngsten Auf- nahmen die ersten Spuren solcher Einlagerungen erkennen lassen. Es ist eine meist nicht über 1/; Meter mächtige, häufig noch dünnere Schicht eines hellblaugrauen bis weissbläulichen Thones, welcher im feuchten Zustande zwar ziemlich zähe erscheint. trocknend aber schnell sprockig wird und dann meist in kleine, scharfkantige Bröckel zerfällt. Aber auch ausserhalb des eigentlichen Elbthales ist der Thal- thon bereits beobachtet worden. Professor GRUNER fand ıhn als 0,15 bis 0,2 Meter mächtige Einlagerung im Thalsande einerseits südlich Wahrburg bei Stendal, andererseits südlich Hüselitz un- weit Demker, also innerhalb der nördlich und südlich Tanger- inüinde sich aus dem Elbthale nach Westen abzweigenden Niede- rungen. Und ebenso beobachtete ihn Dr. WAHNSCHAFFE in nur Uentimeter mächtigen Schmitzchen im echten Thalsande der Gegend von Rathenow. Analysen von Thalthon werden voraussichtlich die Erläute- rungen zu den Messtischblättern Jerichow, Arneburg, Sandau und Havelberg bringen. Die erste derselben giebt Professor GRUNER in den Erläuterungen zu Section Lüderitz. Man findet den Thalthon aufgeschlossen durch zahlreiche kleine Gruben mitten in den grossen Thalsandinseln des breiten Elbthales.. So namentlich bei Jerichow, Schönhausen, Hohen- Göhren und Neuermark. Unter 2. 3 und mehr Meter bedeckenden Thalsanden graben die Bauern diesen zu manchen Zwecken ihnen brauchbaren Thon in immer wieder neuen. durch Wasser schnell zulaufenden Löchern, obwohl sie doch den vielfach sogar fetteren Schlick ungleich bequemer und meist ebenso nahe haben können. Befragt bezeichnen sie den in Rede stehenden Thon eben einfach als »anderer Art« oder sogar als »Bergthon«, gerade so wie die Arbeiter und Ziegler der Gegend von Werder den Glindower (Berg-) Thon scharf unterscheiden von dem Ketziner Wiesenthon. 110 G. Beresnpr. Zur Geognosie der Altmark. Wenn der Thalthon nun andererseits auch wieder zuweilen in seinem Befunde eine eorosse Aehnlichkeit mit benachbartem Elbschlick, namentlich tieferen Schichten desselben, zeigt, so ist doch an ein Fortsetzen des letzteren unter den ein paar Kilometer breiten und mit geringen Unterbrechungen sich von Jerichow über Schönhausen, Hohen-Göhren, Neuermark und Sandau mehrere Meilen hinziehenden Thalsandinseln, wie anfänglich in Betracht gezogen werden durfte, schon um desswillen nicht zu denken, weil trotz zahlreicher Versuche es seither an keiner Stelle gelungen ist, durch Bohrungen den die Inseln umgebenden Klbschlick weiter als bis an oder in den Rand dieser Inseln zu verfolgen. Hier aber zeigte sich vielfach em deutliches Auskeilen oder Anlegen und schliesslich wurde sogar an Stellen wie z. B. bei Liebars unter dem das Liegende des Elbschlickes am Rande der Insel bildenden Sande der Thalthon als dritte Schicht nach der Tiefe zu erbohrt. Eine gewisse Aehnlichkeit mit den Schlickbildungen über- haupt darf aber an sich bei dem Thalthon auch garnicht auf- fallen, wenn man bedenkt, dass seme Bildung in dem von den Schmelzwassern der diluvialen Vereisung gebildeten breiten Thale unter ganz entsprechenden Verhältnissen, nämlich zur Zeit einer längeren Ueberstauung der weiten, flachen Sandinseln desselben stattfand. Thaltorf. Ganz im Uebereinstimmung damit findet sich nun auch auf weite Strecken hin eine 1 bis höchstens 2 Decimeter mächtige Bedeckung des Thalthones durch fein geschichteten, zunächst mit dem Thon in Centimeter dünnen Streifchen wechsellagernden, dann völlig reinen Moostorf. Professor GRUNER beobachtete denselben in einer grossen Anzahl den Thalthon unter 1—3 Meter nach- weisenden Handbohrungen zwischen Jerichow und Schönhausen und ebenso Dr. WAHNSCHAFFE zwischen Sandau und Havelberg. Proben dieses Thaltorfes, wie ich die feingeschichteten Moosschichten im Thalsande mit diesem übereinstimmend be- zeichnen möchte, welche ich unserem bekannten Mooskenner Dr. KArL MUELLER in Halle zusandte, bestimmte derselbe als aus G. Berenpr, Zur Geognosie der Altmark. 111 Hypnum luitans oder einem ihm sehr nahestehenden Moose be- stehend. Auf meine sowohl durch seine Lagerstätte im Thalsande, als seine grosse Aehnlichkeit mit dem im eleichalterigen Haide- sande der kurischen Nehrung s. Z. beobachteten, ganz aus nordischen Moosen bestehenden Moostorf begründete besondere Anfrage, ob Hypnum jluitans sich auch mit der Annahme von Schmelzwassern des Eises in dem die Lagerstätte bildenden Thale vertragen würde, antwortete mir derselbe Kenner umgehend: » Hypnum Hurtans kommt überall ın Europa, Asien und Amerika als Mitglied der gemässigten Zone in Sünmpfen vor, so- wohl in der Niederung, wie auf den Alpen. Sem Vorkommen in dem Schmelzwasser des Eises wäre um so weniger ausgeschlossen, als es auf der südlichen Hemisphäre, z. B. auf Süd-Georgien, ganz nahe verwandte Arten giebt, welche in solchen Gewässern üppig gedeihen. Ich zweitle keinen Augenblick, dass ein so verbreitetes Sumpfmoos in grauester Vorzeit so gut wie Uypnum turgescens und Hypnum nitens vorkam. Nur möchte ich mich nicht so bestimmt darüber aussprechen, weil die vorliegenden Torfproben dieses Moos weit mehr zersetzt zeigten, als dies ehemals mit den Moosen der kurischen Nehrung der Fall war. Darum sagte ich: Hypnum Huwitans oder ein ihm nahestehendes Moos.« Schlick. Der Schlick ist das dritte in der Berliner Gegend nicht vertretene und in den Allgemeinen Erläuterungen zum Nord- westen jener Gegend daher auch nicht beschriebene thonige Gebilde. Der Schlick gleicht in seiner Zusammensetzung und seinem Verhalten unter den aus der Berliner Gegend be- schriebenen Gebilden am meisten dem Wiesenthon. Wie dieser ist er ein in frischem und feuchtem Zustande sehr zähes. beim Trocknen stark erhärtendes, oft in scharfkantige Stückchen zer- bröckelndes, thoniges Gebilde, besitzt aber in der Regel einen noch grösseren Gehalt an feinstem, als Staub zu bezeichnendem Sande. Von hellblaugrauer, wo er schon trockner liegt gelblicher Farbe geht er nach oben zu durch Mengung mit Humus bis in voll- schwärzliche Färbung über. ständig 1a) G. Berenpr, Zur Geognosie der Altmark. Wo er nicht dünne Sandschichtchen eingelagert enthält oder mit solchen geradezu wechsellagert, erscheint er ungeschichtet. üigenthümlich ist ihm in den soeben erschienenen Sectionen westlich der Elbe bzw. an der Milde), aber auch ebenso östlich an der Elbe?) und Havel?), ein verhältnissmässig nicht geringer Eisengehalt, welcher sich sowohl in der blaugrauen, wie der schwärzlichen Ausbildung vielfach geradezu durch rothgelbe Flecken oder auch wohl gar eingesprengte Raseneisensteinkörnchen bemerklich macht. Kalkgehalt fehlt ihm nicht nur in der Gegend der Milde, sondern auch fast durchgängig an der Elbe und unteren Havel, und dies begründet in erster Reihe einen sehr deutlichen Unterschied von den seiner Zeit in der Potsdamer Gegend, nament- lich bei Ketzin, unterschiedenen Havelthonmergeln, wie schon von WAHNSCHAFFE*) hervorgehoben worden ist. Andererseits ist ihm aber auch ebenso wie diesen Wiesenthonmergeln und Wiesen- thonen, namentlich in den oberen Lagen, häufig eine Beimengung deutlicher Pflanzenreste eigen, welche, wenn sie vorhanden ist, zugleich wieder ausser seinen Lagerungsverhältnissen eins der deutlichsten Unterscheidungsmerkmale von diluvialen Thonbildungen abgiebt. j Grober Sand, Grand und Gerölle fehlen ihm nicht nur voll- ständig, sondern der ihm in meist bedeutenden Procentsätzen (S. die angezogenen Analysen) beigemengte Sand bzw. Staubgehalt ist ihm so eigenthümlich, dass man durch zurücktretenden Thon- gehalt geradezu Uebergänge in eine feine Sandbildung beobachten kann und sich genöthigt sieht, diese als eine gesonderte Alluvial- bildung unter dem passend scheinenden Namen Schlicksand zu unterscheiden. Humose Rinde diluvialer Schichten. Schliesslich muss noch im Allgemeinen eines auffälligen Humusgehaltes der meisten Diluvialbildungen an ihrer Ober- ') Vgl. die Analysen im III. Theile der Erläuterungen zu Sect. Calbe a/M. und Bismark. 2) Vgl. die Analysen in F. Wansscuaree: Die Quartärbildungen der Um- gegend von Magdeburg. 1885, S. 96 u. 97. 3) WansscHarre im Jahrb. d. geol. L.-A. für 1885, S. 128. 4) Brietl. Mittheil. im Jahrb. d. geol. L.-A. für 1832, S. 440. G. Berenpr, Zur Geognosie der Altmark. 113 fläche gedacht werden. Derselbe ist insofern nicht nur agro- nomisch, sondern auch geologisch von Bedeutung, als er, weil vielfach namhaft tiefer als jede durch den Pflug jemals bewegte Ackerkrume zuweilen selbst bis 1 Meter Tiefe hinabreichend, für eine natürliche Beimengung angesprochen werden muss. Die Analysen Prof. GRUNER's aus der Gegend von Schinne ergaben einen Humusgehalt von 2,83 Procent in 6,7 Meter Tiefe, 2,03 » » 0,8 » » 2,02 » » 10» » Da sich diese Humusbeimengung aber gleichzeitig namhaft über dem Niveau der heutigen Thäler findet, ja die Thalsenken in breiten, vielfach bis auf die Plateauhöhe hinaufreichenden Flächen umrändert, so sieht man sich genöthigt, die Zeit ihrer Entstehune bis mindestens an die Grenze des Diluviums bzw. der grossen Abschmelzperiode des Eises zurückzulegen. Ich habe diese Humusbeimengung namentlich des Altmärker Rothen Diluvial- mergels und des Rothen Thonmergels daher auch bereits vor 12 Jahren, als ich sie kennen lernte, für ein Aequivalent der hu- mosen Rinde des Lösses, also z. B. des Bördebodens der Magde- burger Gegend, gehalten und stimme betreffs ihrer Entstehung ganz mit F. WAHNSCHAFFEs Ausführungen !) überein, denen zu- 0 folge sie in letztgenannter Gegend auf eine üppige Grasvegetation der nach erster Trockenlesung entstandenen Steppe zurückzu- führen ist. Wie diese Grasvegetation sich aber naturgemäss nicht an eine bestimmte, den Boden bildende Schicht band, wenn sie auch vielleicht auf dem anfangs noch feuchten feinkörnigen Löss sich besonders leicht üppig entwickelte, so bindet sich auch diese schwarze humose Rinde eben nicht an den Löss allein. In dem vorliegenden Bereiche der Altmark gehört sie, genau wie in dem durch seine Fruchtbarkeit bekannten schwarzen ku- javischen Boden des östlichen Posens und andererseits völlig ent- sprechend der schon ım „Jahre 1865 Gegenstand meines nur handschriftlich vorhandenen, ausführlichen Gutachtens gewesenen ') »Die Quartärbildungen der Gegend von Masdeburge, S. 75. Jahrbuch 1886, Ss 114 G. Berenopr, Zur Geognosie der Altmark. Schwarzerde der Gegend von Mewe und Pelplin in Westpreussen, wie endlich in der neuerdings durch Dr. H. SCHROEDER in der Gegend von Rössel und Bischofstein entdeckten gleich fetten Schwarzerdebildung, bald einer Schicht echten Geschiebe-führenden Diluvialmergels, bald dem Geschiebe-freien Diluvialthonmergel an. Ja selbst in dem Sandboden des benachbarten Geschiebe- sandes und namentlich des nicht minder hoch über die Thalsohle hinaufreichenden Thalgeschiebesandes macht sich eine leichte, auf gleiche Ursache zurückzuführende Humusfärbung bis in grössere Tiefe geltend. Selbstverständlich ist die Folge dieses mehr oder weniger starken Humusgehaltes, namentlich der schon an sich guten Böden des gemeinen Diluvialmergels und des Diluvialthonmergels, eine besondere Fruchtbarkeit, wie solches auch namentlich im agro- nomischen Theile der Erläuterung zu Section Schinne von Pro- fessor GRUNER nachgewiesen wird. Hand in Hand mit dieser Humificirung des Bodens, ja man möchte sagen wie ein Leitgeröll für dieselbe oder doch das von ihr in der Gegend eingenommene Niveau, geht endlich die Ver- breitung gelber bis gelbbrauner Feuersteine (Iktero- lithen), deren regelrechtes Vorkommen in diesen vermuthlich zum Schluss der Diluvialzeit, in NEHRING's Steppenperiode mit sub- arktischem Klima, noch mehrfach unter Wasser gesetzten Gebieten zuerst von Professor ScHoLz beobachtet und durchweg nachge- wiesen wurde. Dem bei den Aufnahmen schon mehrfach bemerk- lich gewordenen Bedürfniss nach kürzerer Verständigung ent- sprechend, möchte eine Unterscheidung dieser Feuersteine von den sonst im Diluvium vorkommenden in der That erforderlich sein, und ich wähle hierzu den Namen Ikterolithen!) (Gelbsteine). Es sind eben nicht (oder höchst selten und ausnahmsweise) die häu- figer in der dänischen Kreide vorkommenden, wirklich, d.h. durch und durch gelben Feuersteine. Beim Zerschlagen zeigt sich die auffallend gelbe oder gelbbraune Farbe vielmehr nur auf die 1 bis höchstens 2 Millimeter starke Verwitterungsrinde beschränkt, und ) Von ixreoos, Gelbsucht. G. Berexpr. Zw Geognosie der Altmark. 115 ich glaube nicht fehl zu gehen, wenn ich diese Färbung mit der Humustränkung des Bodens und den damit verbundenen, auch unseren heutigen Torfmooren und ihrer Umgebung vielfach eigen- thümlichen braunen Wassern in Verbindung bringe. Auch im der Umgebung unserer heutigen Torfimoore beobachtet man diese gelbe Färbung der Rinde des Feuersteines. Es würde sich daher wohl der Mühe lohnen, den nur aus Mangel an Zeit bisher unterlassenen Versuch zu machen und experimentell den Beweis für den genannten ursächlichen Zusammenhang zu führen. g* Geologische Algenstudien. Von Herrn J. @. Bornemann in Eisenach. (Hierzu Tafel V und VI.) Bei der grossen Bedentung, welche den Kalkalgen in der Geologie wegen ihrer Mitwirkung an dem Aufbau von Kalk- schichten und ganzen Schichtensystemen offenbar zukommt, ist es von allgemeinerem Interesse, die fossilen Vorkommnisse solcher steinbildenden Gewächse einer genaueren mikroskopischen Unter- = suchung zu unterwerfen und sie mit analogen Pflanzen aus der gegenwärtigen Flora zu vergleichen. In Bezug auf die Verhältnisse des kohlensauren Kalkes zum Organismus der lebenden Algen herrscht auch bei den Botanikern vielfach noch Unklarheit. Das Verständniss der biologischen Er- scheinungen, welche sich auf die undurchsichtigen, von den Pflauzen gebildeten Kalkkörper beziehen und selbst die anatomische Kenntniss dieser Bildungen, welche wegen ihrer harten Theile unbequem zu präpariren sind, lassen noch viel zu wünschen übrig, und ihr Studium bietet em dankbares Feld für specielle Untersuchungen. Einige hierher gehörige Beobachtungen habe ich früher in Sitzungen der deutschen zeologischen Gesellschaft 1) mitgetheilt nnd in meiner Monographie der Verstemerungen des cambrischen Schichtensystems der Insel Sardinien ?) mehrere zu den Algen zu stellende Vorkommnisse beschrieben, unter denen besonders die l) Zeitschr. d. Deutsch. geol. Ges. 1885, S. 553. 2) Nova Acta d. k. Leop. Carol. Akademie, Bd. LI, 1, 1885. J. G. Borsemans., Geologische Algenstudien. al silurische Siphonema inerustans, welche oolithähnliche Concretionen bildet, mit ihren gekrümmten Schlauchfäden deutlich auf die nahe Verwandtschaft mit lebenden Phycochromaceen hinweist. Ich gedachte bei diesem Anlass der steinbildenden Zono- trichien D), deren Bedeutung für die Kalksteinbildung mir auffiel und hatte bald darauf die Freude, em vollkommenes Analogon dieser Süsswasser-Rivulariaceen aus rhätischen Schichten Ober- schlesiens kennen zu lernen. Ueber diesen Fund wurde im der geologischen Gesellschaft vorläufig berichtet?) und soll die nähere Beschreibung des Zono- trichites lissaviensis in emem Abschnitt dieser Arbeit gegeben werden. Auch die Untersuchung der Gesteine des thüringischen Muschelkalks liess Kalkbildungen erkennen, welche auf die Her- kunft von Algen hindeuten. Besonders sind das die durch ihr lockeres faserig-zelliges Gefüge merkwürdigen Mehlsteine, welche ‚ls em vegetabilisches Gebilde ?) ((alcinema triasinum) anzusehen sind; und ferner auch feste Kalksteinkörner, welche zerstreut in oolithischen Gesteinen vorkommen und sich durch ihre wohlerhaltene Zellenstructur als abgeriebene Körner von Zonotrichitenkalk kenn- zeichnen #). Biologisches. Die Wechselverhältnisse, welche zwischen der lebenden Algen- vegetation und dem Kalkstein oder kohlensaurem Kalk stattfinden, bieten mancherlei Erschemungen dar, welche sowohl für den Geo- logen als für den Botaniker von Wichtigkeit, zum Theil aber noch wenig beachtet worden oder fast unbeachtet geblieben sind. Es lohnt sich daher der Mühe, auch diese Verhältnisse genauer zu verfolgen. Während die eigentlichen »Kalkalgen« aufgelösten Kalk aus dem Wasser in sich aufnehmen, unter Zersetzung eines Theils der Kohlensäure festen, einfach kohlensauren Kalk in ihren Mem )]. c. 98.19. o) Zei tschr. d. Deutsch. geol. Ges. 1586, S. He ») Dieses Jahrbuch für 1885, $. 239 290, RT: #) ]. c. S. 276, Taf. IX, Fig. 3a. 118 J. @. Borsemans, Geologische Algenstudien. branen ablagern und in linearem oder Flächen-Wachsthum volumi- nöse Krusten und Steingebilde erzeugen, giebt es andere Algen, welche in ihrem Zellenbau manchen Kalkalgen sehr nahe verwandt erschemen, aber in Bezug auf ihre Lebensweise dem Kalk gegen- über ganz die umgekehrte Arbeit verrichten als jene. (fewisse niedere Formen wachsen an Kalksteinen, welche im Wasser liegen; sie erzeugen aber keine Kalkkrusten, sondern sie zerbohren und zerfressen die Oberfläche der Steine, auf welcher sie sich angesiedelt haben. Die von ihnen bewohnten Kalksteine werden nach und nach zerstört, indeın der Kalk durch die Algen aufgelöst und in wässrige Lösung übergeführt wird. Es g störende Algen, während die Mehrzahl der Algenarten über- iebt also kalksteinerzeugende und kalksteinzer- haupt sich gegen die von ihr bewohnte Unterlage indifferent zu verhalten oder auch ihr eine schützende Decke gegen andere Ein- wirkungen von aussen zu gewähren scheint. Die Beziehungen der Algenvegetation zu den Kalkgesteinen sind also mannichfaltig und nach dreifacher Richtung zu unterscheiden. I. Kalksteinzerstörende Algen. Die Thatsache, dass Kalksteine von Pflanzen angefressen werden, ist bekannt. Von den durch Schurf- und Rindenflechten bewirkten Verwitterungserscheinungen an der Oberfläche der Felsen hat SEnrtr") anschauliche Beschreibungen gegeben. Die Aufein- anderfolge der Pflanzenformen, welche den Humusboden bilden und besiedeln, die mechanische Kraft, mit der die Wurzeln der Phanerogamen in die Tiefe dringen, sind oft besprochene Er- scheinungen ?); das Wesen der Humussubstanzen und der Pflanzen- ) Sener (Steinschutt und Erdboden. Berlin 1867, S. 21) sagt: »keine Felsart wird mehr von den Flechten heimgesucht als der Kalkstein. Sobald sich diese auf ihm angesetzt haben, wird er an seiner Oberfläche bald mürbe, rissig, löcherig, ja man kann sogar bemerken, dass alsdann die Flechten selbst die Kalksteinmasse anätzen, denn unter jeder derselben erscheint enme mit erdigem Kalk bedeckte Vertiefung«. Vergl. auch Sexer, Humus, Marsch- und Torfbildungen S. 15. 2) cf. Sexrr, Fels und Erdboden, München 1876, S. 168. — v. Rıcurnores, Führer für Forschungsreisende 1886, S. 99. J. G. Borsemans, Geologische Algenstudien, 119 säuren und ihrer Einwirkungen bei der Verwitterung ist ein Haupt- gegenstand der Agriculturchemie; aber genauere Beobachtungen über die Art und Weise, in welcher zarte Algen die Gesteine an- greifen, habe ich in der Literatur vergebens gesucht. Ich gebe desshalb hier eine im vorigen Jahre an einer un- scheinbaren Süsswasseralge gemachte Beobachtung wieder, zu welcher das in einem Gebirgsbach oberhalb Mosbach bei Eisenach gesammelte Material Gelegenheit bot. Im Wasser des rasch fliessenden Baches lagen abgerundete Kalksteingerölle, deren fast glatte Oberflächen an der dem Lichte zugekehrten Seite lebhaft grün gefärbt waren. Der graue Kalk- stein stammt von einer harten Bank des unteren Muschelkalks her, enthält einige in Kalkspath verwandelte kleine Schnecken (Natica gregaria) und zahlreiche, sehr feine Kalkspathadern, welche die dichte graue Grundmasse in verschiedenen Richtungen durch- setzen. Während die Oberfläche der Gerölle an der Unterseite noch völlig frisch und unversehrt ist und noch ihre ursprüngliche Farbe hat, erscheint sie an der Oberseite stellenweise nur grün gefärbt, an manchen Stellen ist sie aber leicht angefressen und riecht beim Anschlagen stark nach Algen. Beim Auseinanderschlagen eines Stückes zeigte sich, dass die grüne Färbung von aussen her in den harten dichten Kalkstein bis ca. 0,5 Millimeter tief einge- drungen ist und folglich eine ebenso dicke grüne Rinde bildet. Untersucht man eine Probe dieser Rinde unter dem Mikroskop, nachdem man mit Säure den Kalk entfernt hat, so sieht man ein- fache gerade, lebhaft grüne Gliederfäden, jeder von einer beson- deren, durchsichtigen Scheide umgeben, also die Charaktere einer Lyngbya nach der jetzt üblichen Auffassung '). Unter den zahlreichen, von Kürzıng abgebildeten Formen steht sie wohl der Hypheothrix Zenkeri Kürz. ?). Tabulae phycol. I tab. 69, II am nächsten. 1) Leunis Synopsis, 3. Aufl., 1886 ed. Frank. $ 925. Ordnung Phycochromacae, Familie Oscillarieae. 2) cf. Rasennorsr, Flora Europaea Algarum II, 1865, p. 85. 120 J. G. Borsanann, Geologische Algenstudien. Die gemessenen Dimensionen sind: Durchmesser der Gliederfäiden . . . . 2% = 0,002 Millimeter Aeusserer Durchmesser der Schläuche . 4y Länge der Gliederzellen . . . . 1,8—2,5 y Die Schläuche oder Scheiden sind farblos, die Zellen ver- mehren sich durch Quertheilung. Die gewöhnlich von den Botanikern bei der Untersuchung solcher Pflanzenformen angewandte Methode beginnt damit, sich möglichst schnell durch Säuren des Kalkes zu entledigen, welcher bei dem mikroskopischen Praepariren hinderlich ist. Damit ist aber für die Frage nach dem Einfluss der lebenden Pflanze auf den von ihr bewohnten Kalkstein nichts gewonnen. Wir kennen in Folge dessen zwar eine grosse Menge niederer Algenformen, wissen aber wenig über ihre Lebensweise. Die Anfertigung von Dünnschliften ist auch hier das Mittel zur genaueren Untersuchung. In Dünnschliffen, welche senkrecht zur Oberfläche des Steines ausgeführt werden, sieht man die Algenfäden meist parallel neben einander liegen; jeder hat sein eigenes cylindrisches Loch gebohrt. Einzelne sind weiter in das Gestein vorgedrungen als die andern, und je näher der Oberfläche, um so dichter liegen die grünen Fäden neben einander. Diesem Verhältniss entsprechend erscheinen Dünnschliffe, welche parallel zur Oberfläche des Kalksteins geführt sind, sieb- artig durchbohrt von kleinen runden Löchern, welche um so dichter neben einander stehen, je näher die Schnittebene an der Aussen- fläche des Steines liegt. Die Weite der cylindrischen Poren entspricht genau dem Aussendurchmesser der Scheiden, also 4 «, während die Tiefe meist 0,5 Millimeter = 500 u beträgt. Die Poren sind gerade, die Algenfäden dringen senkrecht zur Oberfläche in das Gestein ein, und es ist bei ihrem Fortschreiten gleichgültig, ob sie sich in der grauen Kalksteinmasse oder inner- halb zarter Kalkspathtrümer befinden, welche oftmals die Grund- masse quer oder schräg durchsetzen. J. G. Borsemans, Geologische Algenstudien. 121 Es wohnt also jedem Algenfaden die Kraft inne, sich in den harten Kalkstein bis zu einer Tiefe einzubohren, welche das 100fache semes Durchmessers übersteigt. Die Scheiden sind dabei unthätie, nur die Gliederzellen, welche aus den Enden der Schläuche frei- beweglich auszutreten verinögen, lösen im Grunde ihrer Bohrlöcher den kohlensauren Kalk auf, verwenden die zu ihrem Leben nö- thigen Stoffe und geben den Kalk in aufgelöster Form an das fliessende Wasser ab. Die Arbeit, welche sie leisten, kommt offenbar auf Rechnung der chemischen Eigenschaften des Protoplasma, nicht auf mecha- nische Vorrichtungen, wie man sie bei den Bohrschwämmen ge- sucht und zu finden geglaubt hat. Diese gewiss bemerkenswerthe Bohrarbeit durch Algen scheint von Anderen noch nicht beobachtet worden zu sein. In einer Ab- handlung von ©. B. Rose über » Parasitic borings in fossil fish scales!)«, in welcher die Kanäle?) von Bohrschwämmen behandelt sind, ist zwar die Rede von einer »invasion of recent corals, shells and bones by boring sponges (Ulionae) and Confervae« und wird hierzu auf Quekett's Lectures on the Histology of Animals, Vol. II, p. 42, 153 ff. verwiesen, in diesem Werke ist aber p. 42 nur von Bohr- kanälen in emer Pinna die Rede, welche von einem Schwamm herrühren und zwar von »a species reminding us again of a confer- void growth, but when exposed to a red heat the characteristic odour given off from the fibres is very perceptible and indicative of their animal nature«. Ebenso sind 1. c. p. 153 nur parasitische Poren in Corallen (Tubipora) behandelt, welche von Bohrschwämmen herrühren, in denen sich gewöhnlich nach dem Absterben der- selben auch Conferven einnisten. Neuerdings hat G. v. LAGERHEIM Algen ?) aus der Ordnung der Phycochromaceen beschrieben, welche Bohrkanäle in Muschel- schalen an der schwedischen Küste bewohnen. Seine Worte sind: ') Transactions of the microscop. Soc. of London, Vol. Ill, 1855, p. 9. °) Aechnliche verzweigte Porenkanäle, wie die von Ross |. e. abgebildeten, finden sich schon im Muschelkalk in Schalen von Terebratula vulgaris, sowie in Kalkkörnern zwischen Oolithkörnern in einem Gestein vom Petersberg bei Kisenach. ®) Mastigocoleus testarum Lacerusin in Notarisia, Aprile 1586. 199 J. @. Borsenans, Geologische Algenstudien. »1l est vraisemblable que lalgue secrete quelque substance qui dissout la chaux; par contre ıl est invraisemblable que ces canaux se forment d’une maniere mecanique«. Eine bestimmte Lösung der Frage nach der Entstehungsart der Bohrkanäle ist also hier nicht gegeben, ebenso wenig als bis jetzt das Problem der von den Bohrschwämmen selbst herrühren- den Kanäle genügend untersucht ist )). Wie bei den Pholaden der Schleim des Fusses der Haupt- factor für die Aushöhlung der tiefen Bohrlöcher durch chemische Auflösung des Kalkes ist, so sind jedenfalls auch bei den Bohr- schwämmen, wie bei den oben beschriebenen Algen die organı- schen Säfte die wirksamsten Auflösungsmittel, und man wird zur Erklärung der fraglichen Erscheinung nicht nöthig haben, die An- nahme besonderer mechanischer Vorrichtungen zu Hülfe zu nehmen. li. Kalksteinbildende Algen. Es ist nicht beabsichtigt, hier eine erschöpfende Darstellung des so umfangreichen Formenkreises der Kalkalgen zu geben, sondern nur einige für die Geologie wichtige Gesichtspunkte für das Studium dieser so lange verkannten Wesen hervorzuheben. SCHWEIGER war der erste, welcher die Pflanzennatur der Co- rallinen und einiger anderen Meeresprodukte nachwies (1820), ) A. Hancock (cf. Frorıer’s Tagesbericht 1850) versuchte, die aushöhlende Kraft gewisser Spongien des Genus Cfiona lediglich als eine mechanische Arbeit darzustellen, welehe der Schwamm durch die über die Oberfläche des Thieres hervorragenden Spitzen der Kieselnadeln, theils auch durch eigenthümliche scheiben- förmige wie krystallinische Körperchen, durch Sternchen und maulbeerförmige Theilchen, womit die Oberfläche übersät ist, ausüben soll. Auch Osc. Scmpr (Spongien des Adriatischen Meeres. 1832, p. 77. Vioa) hat diese Er- klärung adoptirt, doch setzt er hinzu: »dass sich Vioen vorzugsweise selbst ihre Wohnungen bilden, ist bei manchen Arten schon aus der regelmässigen Stellung der Ausströmungslöcher in Reihen ersichtlich, jedoch scheinen manche Arten auch schon vorhandene Bohrlöcher zu benutzen. — Zırrzr (Palaeozoologie I, 1880, S.569) sagt über die feinen röhrigen Gänge, welche man fossilen Bohrschwämmen zu- schreibt, dass weder für Talpina Hac., noch Entobia Portl., Cobelia, Hagenowia Erauı. und Dendrina Quessr. sich mit einiger Gewissheit der Nachweis führen lasse, ob die feinen Röhren und Gänge von Würmern, Spongien oder anderen Parasiten hergestellt wurden«. ee J. G. Borsenans, Geologische Algenstudien. 123 Phıtippr !) lieferte den Beweis, dass die Nulliporen Pflanzen sind und Kürzına ?) gab 1841 eine Zusammenstellung der bis dahin bekannten Kalkalgen. In seiner Beschreibung der Acetabularia befand sich aber Kürzıng in sofern im Irrthum, als er angab, dass der kohlen- saure Kalk das Pflänzchen nur incerustire und sich nur auf die Oberfläche der Wandbildung erstrecke. »Er durchdringt keines- wegs die Zellenmembrane« schrieb er, indem er diese Ansicht auch durch Versuche zu begründen suchte. Es genügt aber ein Blick auf gut angefertigte Durchschnitte, um sich zu überzeugen, dass die Kalksubstanz nicht an der Ober- fläche, sondern innerhalb der Zellenmembranen abgelagert ıst. Schräge Durchschnitte durch die Zellenmembranen von Aceta- bularia zeigen, dass die Kalksubstanz am dichtesten in der Mitte der Wand liegt und in Durchschnitten der Wandzellen von Co- rallina sieht man die Membranen ganz von Kalk erfüllt ?) oder verkalkt. Besonders deutlich erscheinen diese Verhältnisse bei der Betrachtung der Dünnschliffe im polarisirten Licht, wo auch die sonst verschwindenden Mittellinien zwischen den zu jeder Zelle gehörigen verkalkten und mit einander verwachsenden Wänden klar hervortreten. Ebenso wie (orallina verhalten sich alle übrigen Gattungen der Familie Corallinaceae (nach Hauck, Meeresalgen Deutschlands und Oesterreichs 1885), nämlich Melobesia, Litho- phyllum, Lithothamnion, Amphiroa. Aehnlich ist es bei Halimeda, bei welcher die Membranen der äusseren Zellenschichten von Kalk erfüllt sind und bei verwitterten Exemplaren als schneeweisses, fast nur aus Kalk bestehendes Zellgewebe bestehen bleiben. Die Bildung der kalkıgen Glieder der merkwürdigen (ymopolia ge- schieht durch ringförmige Ablagerung von Kalk an den Wänden der grossen Rindenzellen, welche einander berühren, und in den Intercellularräumen zwischen der äusseren Begrenzung der Glieder und der inneren höhrenwand. Dabei bleibt die nach aussen ge- richtete Seite der Rindenzellen und ebenso die Verbindung mit I) Wiırcmann’s Archiv f. Nat. 1837, S. 187. 2) Ueber die Polypiers caleiferes des Lamouroux 1841. %) cf. Sorms-Lausach, Monographie von Corallina, Leipzig 1881. 124 J. G@. Bornemanx, Geologische Algenstudien, der Hauptaxe von Kalk frei, sodass nach Fortfall der organischen Membranen die Glieder als durchlöcherte Kalkringe erscheinen. Getrocknete Exemplare der (ymopolia barbata LAAMOUR. von den Canaren, welche ich der Güte des Herrn Professor P. MaGnus verdanke, zeigen beim Aufweichen deutlich die grossen Rinden- zellen, deren convexe Aussenseiten über die Kalkmasse hinaus- ragen. Gewöhnlich ist die Pflanze von sehr zarten parasitischen Rivularıaceen besiedelt, welche mit ihren Gliederfäden in mäandri- schen Windungen dicht anemanderliegend ein Netz sechseckiger Maschen bilden, welches sich den kalkigen Theilen der Oberfläche senau anschliesst. Lebende Coralliodendron- oder Penicillusarten habe ich bis- lang nicht erhalten können, doch vermuthe ich, dass bei denselben ähnliche Verhältnisse in Bezug auf die Entstehung der Kalkkörper stattfinden. An Dünnschliffen des fossilen (oralliodendron mar- garitula (Lam. sp.) MUNIER CHALMAS sieht man besonders im polari- sirten Licht deutlich, dass die einzelnen Poren ihre besonderen Kalkringe haben, welche wie Bienenwaben ein Netz sechseckiger Maschen zusammensetzen. Unter den lebenden Kalkalgen ist ferner die Gattung Gala- wvaura LaMoUR. bemerkenswerth, welche gabelästige Stämmchen bildet, deren äussere Zellenschicht durch Verkalkung in eine feste, 5—beckig gefelderte Membran übergeht; ferner Liagora LAMOUR., deren gallertartiger Thallus im Innern eigenthümliche Kalkelemente ausscheidet, welche sich zu emer buschigen Masse vereinigen und den Stämmchen Festigkeit verleihen. Solche Algenformen sind sehr wohl geeignet, bei ihrer Ein- bettung in Thon- und Mergelschichten bleibende Spuren ihres Daseins zu hinterlassen und unter geeigneten Umständen Ver- steinerungen zu liefern, deren systematische Bestimmung grossen Schwierigkeiten begegnen würde. Bei der Beschreibung der Ralkalgen findet sich zur Bezeich- nung aller dieser Kalkgebilde der Ausdruck »Incrustation« in der Literatur sehr verbreitet, obgleich er dem Sachverhalt nicht ent- spricht. Er hat auch zu der irrigen Vorstellung geführt, als wenn der Kalk nur eine äusserliche Hülle bildete, innerhalb welcher sich die Pflanze wie in einem Kleidungsstücke befände, J. G. Boruemass. Geologische Algenstudien. 125 Es ist streng zu unterscheiden zwischen der organischen Kalk- ausscheidung oder Kalkeinlagerung und der nur äusserlichen mine- g, welche wir überall beim Austritt kalk- reicher Quellen beobachten, und welche ebensowohl Moose und ralischen Kalkauflagerun Algen, als alle möglichen anderen Körper zu überziehen pflegt. Vielfach wird wohl die Kalkausscheidung aus dem Wasser dadurch befördert, dass die wachsenden Pflanzen demselben Kohlensäure entziehen und so gewissermassen zu ihrer eigenen Einhüllung bei- tragen, aber der Kalk ist ihnen nur Nebensache und er scheidet sich auch von selbst durch Verdunsten der Kohlensäure aus; Kalk schlägt sich an der Wand jeder Wasserflasche nieder, in welcher man Brunnenwasser stehen lässt. Diese Art von Niederschlag ist aber nur anorganischer Natur und den Absätzen aus kochendem Wasser, wie Sinter und Kesselstein, zu vergleichen !). Eine sehr starke Kalkabsonderung, welche in den Zellmem- branen der Rinde abgelagert wird, findet sich bei den Charen. Da die Charen meist kalkhaltiges Wasser bewohnen, so vereinigt sich bei ihnen das Vorkommen der zur Pflanze gehörigen Kalk- sekrete mit dem auf sie niedergeschlagenen Kalktuff. Ein sehr schönes Beispiel dieser Art smd die Charentuffe, welche sich in den jüngeren, zum Theil diluvialen Süsswasser- bildungen Thüringens, bei Mühlhausen, Langensalza und Tonna finden und vorwaltend aus den Resten von Chara hispida L.?) be- stehen. Dieses Gebilde lässt sich leicht zu sehr schönen Dünn- schlifften verarbeiten, ın welcher die Mittelröhre der Charen- stengel stets leer erscheint, während die Rindenröhrchen gewöhn- lich ganz mit Kalk ausgefüllt sind. Die kalkigen Sporenbehälter sind innen hohl. Ein ausgezeichnetes Beispiel eimer kalksteinbildenden Alge aus der Familie der Rivulariaceae ıst dıe Gattung !) Viele hierher gehörige Beobachtungen enthält auch die Arbeit von Cons, über den Travertin von Tivoli im N. Jahrb. f. Mineralogie 1864. ?) Nach einer Bestimmung von Ar. Braus, dem ich von der erstgenannten Localität Stücke mittheilte, welche von ihm in der Versammlung der Gesellschaft naturforschender Freunde am 23. November 1852 vorgelegt wurden. 126 J. G. Borsenann, Geologische Algenstudien. Zonotrichites. Fossile Kalkalgen mit strahlig geordneten Fäden, halbkugelige oder nierenförmige Lager bildend, auf anderen Körpern aufgewachsen oder solche einschliessend. Im Durchschnitt erscheinen parallele oder concentrische Zonen, durch die periodische Vegetation der Alge ge- bildet, indem stets die ältere absterbende Schicht der jüngeren als Grundlage diente, auf welcher die jungen Fäden in strahligen Gruppen rasenweise weiterwuchsen. Süsswasseralgen, welche der lebenden Gattung Zonotrichia OÖ. AGARDH. entsprechen: Z. lissaviensis BORNEMANN, Taf.V, Fig.1, 2, Taf. VI, Fig. 1,2. Diese Pflanze bildet harte Kalkkrusten und kugelige oder halbkugelige Massen von verschiedener Grösse. Das Taf. V, Fig. 1 in natürlicher Grösse abgebildete Stück von Koschentin bildete einen halbkugelförmigen Knollen von 8 Uentimeter Breite und 4 Gentimeter Dicke. In seiner Mitte erkennt man den Durch- schnitt einer Muschel mit starkem Schlosszahne,, welche wahr- schemlich zu Unio!) gehört. - Andere Exemplare bilden kleine, vollkommen kugelrunde und concentrisch schalige Kalkkörner und gleichen Oolithen (Taf. V, Fig. 2a), doch erkennt man deutlich die strahligen Röhrenzellen der Alge, deren Struktur auch in zahlreichen Kalksteintrümmern und verschieden gestalteten, durch Reibung abgerundeten Sand- körnern nicht zu verkennen ist. Vorkommen: im Räth Oberschlesiens (Zogelberg bei Woisch- nik, Pinezyce) und zwar in der von FERD. ROEMER beschriebenen Lissauer Breccie?), welche sich nach ihren Einschlüssen als eine Süsswasserablagerung charakterisirt. !) Durch Kalkalgen inerustirte Unionen finden sich häufig in vielen Flüssen. Schöne Exemplare solchen Vorkommens erhielt ich von Pontoise bei Paris. 2) Die Lissauer Breecie, nach dem Vorkommen südlich von Lissau unweit Lub- linitz benannt, wurde schon von Puscn (Geogn. Beschr. v. Polen II, S. 217) unter dem Namen »bunte oolithische Brececien« beschrieben, aber nicht richtig gedeutet. Sie erscheint gewöhnlich als hellgraues kalkiges Gestein, welches aus hirsekorn- bis erbsengrossen rundlichen und eckigen Körnern von grauem. Kalkstein und einem Bindemittel von wasserhellem Kalkspath besteht. Sie enthält stellenweise eckige Stücke von kohligem, fossilem Holze, auch Quarzkörner, Stückchen von J. @. Borsemass, Geologische Algenstudien. 197 F. RoEmER, welcher das diesen Beobachtungen zu Grunde liegende Material sammelte, vermuthete schon, dass die »concretion- ähnlichen« Körper Kalkalgen seien. Zur näheren Untersuchung babe ich Dünnschliffe tangential zu den concentrischen Schichten (Taf. VI, Fig. 1) und rechtwinklig zu denselben angefertigt (ib. Fig. 2). Im den ersten erblickt man vorwiegend die Quer- schnitte der Röhrenzellen, während ın den letzteren die strahlige Anordnung derselben deutlich hervortritt. Zur Vergleichung wurden zahlreiche lebende Rivulariaceen- arten, aus den Schweizer Seen und Alpenbächen benutzt, welche ich theils durch freundliche Mittheilung erhielt, theils selbst zu sammeln Gelegenheit hatte. Als auffallendstes Analogon erschemen grosse Stücke der Zonotrichia (Kuaetis) Heeriana NAEGELI aus dem Sihlwald bei Zürich (Taf. V, Fig. 3), welche ich der Güte des Herrn Professor ÜRAMER verdanke. Dieselben bedeckten in horizontaler Richtung ca. 4—6 Quadratzoll und haben 11/5 Zoll Dicke, wie das von Kürzıns!) abgebildete Exemplar. Die in den botanischen Werken von KÜTZInG, RABENHORST und Anderen gegebenen Abbildungen des mikroskopischen Ge- webes dieser Algen beziehen sich sämmtlich auf entkalkte Präpa- rate, in denen die solide Stütze von kohlensaurem Kalk durch Säuren entfernt ist, um die peitschenförmigen Gliederfäden nebst ihrer röhrenförmigen gallertartigen Umhüllung durchsichtig und deutlich sichtbar zu machen. Taf. V, Fig. 5 ist das Photogramm eines solchen Präparates von Zonotrichia caleivora AL. BRAUN aus dem Neuenburger See. Glimmerschiefer und von dunkelgrauen und rothbraunen Kalksteinen (Trias?). hauptsächlich aber aus Trümmern der Kalkalge. Eine Probe von Koczurry bei Guttentag zeigte im Dünnschliff fast nur weisse Kalkkörner mit septarienartigen Rissen im Innern; organische Struktur ist in dieser Varietät nicht mehr erkennbar. Die Breecien sind nach Rorner (Geologie von Oberschlesien p. 163 — 165) zwischen braunrothen Thonen gleichförmig eingelagert und besitzen meist nur einige Fuss, selten über 12 Fuss Mächtigkeit. Als Versteinerungen werden daraus Fisch- und Saurier-Reste und eine Unioart angegeben. ') Tabul. phycolog. tom 2, tab. 82, fig. Ila. 128 J. G. Borsemass, Geologische Algenstudien. Die Dünnschliffe der fossilen Alge zeigen dagegen vorzugs- weise die verkalkten Theile der Pflanze, während die vegetabilische Substanz der Membranen aufgelöst und verschwunden ist. Um eine anschauliche Vergleichung der fossilen und lebenden Pflanze zu ermöglichen, wurde von Z. Heeriana eine grössere Platte, parallel zur Richtung der Fäden geschnitten, dieselbe sorg- sam gewaschen, getrocknet, mit Canadabalsam getränkt, dann langsam gedörrt und hierauf auf eimer matten Glasplatte allmählich zu einem Dünnschliffe verarbeitet. Dabei wurde, um das leicht vorkommende Verschmieren der immer wieder Wasser aufsaugenden und aufquellenden organischen Membranen zu verhüten, die Fläche mehrmals von neuem mit Balsam getränkt und gedörrt und immer nur sehr kurze Zeit weiter geschliffen. Das auf diese etwas müh- same Weise erhaltene Präparat, von welchem das Photogramm Taf. V, Fig. 4 einen Theil in 35-facher Vergrösserung darstellt, zeigt im der unteren Ecke die Röhrenzellen oder Schläuche im (Juerschnitt, im übrigen Theil solche im Längsschnitt und genügt, um die orosse Uebereinstimmung dieser lebenden Alge mit dem fossilen Zonotrichites der Lissauer Breccie darzuthun. Dass auch schon im Muschelkalk ähnliche Kalkgebilde vor- kommen, welche als Zonotrichitenkalk bezeichnet werden mögen, wurde schon am Eingang erwähnt. Il. Von Kalk unabhängige Algen. Neben den kalksteinbildenden und kalksteinzerstörenden Algen enthält die gegenwärtige Flora eine grosse Fülle von Gattungen, welche sich in Beziehung zum Kalk indifferent verhalten, und zwar ist dies die grosse Mehrzahl der Algen überhaupt. Ohne Zweifel hat ein ebensolches oder ähnliches Verhältniss auch in den früheren Bildungsperioden der Erdrinde stattgefunden, und wir können annehmen, dass die meisten der ehemaligen Algen- formen existirt haben, ohne uns eine Spur ihres Dasems zu hinterlassen. J. G. Borsunann, Geologische Algenstudien. 129 Indessen kennt man doch eine ganze Anzahl fossiler Reste, welche mit mehr oder weniger Berechtigung als Algen beschrieben worden sind. Vieles davon hat nach und nach andere Deutungen erfahren und manche, besonders palaeozoische Formen sind noch jetzt Gregenstand lebhaften Streitens zwischen den Autoren. geben NarHorst's Darstellungen von Fährten niederer Thiere für manche Formenerscheinungen auf Schichtflächen ganz guten Anhalt zur natürlichen Erklärung ihrer Entstehung. Jedenfalls ist aber Naruorst im der Anwendung derselben Srklärungsmethode auf alle möglichen noch räthselhaften Gebilde viel zu weit gegangen. Denn es kann z. B. einem unbefangenen Beobachter, welcher sich ernstlich mit dem Studium von Flysch- algen beschäftigt hat, kein Zweifel daran beikoimnmen, dass die Mehrzahl derselben echte Algen sınd. : Noch weiter als NArTHoRST, welcher für viele von SCHIMPER!) unter den Algen aufgeführte Fossilien ausdrücklich den alten Stand- punkt aufrecht erhält?), geht ScHENnK, welcher in der Fortsetzung des SCHIMPER' schen Werkes mit den fossilen Algen kurzen Process macht, indem er alles was sich nicht ganz bequem in sein System einfügen lässt, ohne Weiteres aus dem Teinpel der Flora hinaus- wirft. Nach SCHEnk’s Ansicht?) müsste einem sehr grossen Theil [>] dessen, was bisher als Gegenstand der Palaeophytologie zezolten hat und dessen Beschreibung und Bestimmung schon jetzt für die Geologen wichtig und unentbehrlich ist, »keine Bedeutung beige- legt werden, bis nicht besser erhaltene Objecte näheren Aufschluss geben«. Wollte man diesem Grundsatze beipflichten und nur das voll- kommen Erhaltene, die seltenen Cabinetstücke bestimmen und be- schreiben, so wäre man ja allerdings vieler Mühe überhoben und vor Missdeutungen sicher, aber dem Fortschritt der geologischen Wissenschaften würde mit diesem eklektischen System nicht e- ) Handbuch d. Palaeontologie von Zrrren Bd. Il, 1. Lfg. 2) Bulletin de le Soc. Geol. de France, III. ser.. tome XI, pag. 452. %) Handbuch d. Palaeontol. Il. Bd., S. 233. Jahrbuch 1856. y 130 J. @. Borsenann, Geologische Algenstudien. dient sem. Bei der Geringfügigkeit dessen, was uns von der vor- weltlichen Pflanzenwelt in den Erdschichten überhaupt erhalten wurde, im Vergleich zu dem, was gewachsen und wieder vergangen ist, müssen wir uns meist mit geringen Resten und Spuren be- snügen und unsere Schlüsse darauf bauen, um zu einem Begriff von den Zuständen zu gelangen, welche in früheren Perioden ge- herrscht haben. Bescheidene Gewebefetzen und Kohlenstücke oder kaum sichtbare Abdrücke sind oft die einzigen Zeugnisse von dem früheren Dasein einer mächtigen Vegetation. Die Frage nach dem Wesen der Bilobiten und Harlanien ist noch immer an der Tagesordnung und wird auch wohl nicht so schnell gelöst werden. Dass man ähnliche Gestalten mit kleinen Rollen oder Kuchenrädchen nachahmen ‚und ähnliche Modelle in Masse fabriciren kann, hat nicht viel zu bedeuten, denn jene Instrumentchen kommen ebensowenig in der Natur vor, wie die Taschenmesser jener Würzburger Studenten, welche seiner Zeit für den armen BERINGER aus weichem Kalkstein allerlei Lusus naturae!) schnitzten. Die pflanzliche Natur der Flyschalgen ist von NATHORST?) nach Angaben von Fuchs geleugnet worden, welcher anführt, dass sich an demselben niemals Kohlenspuren fänden und dass sie nur aus grünlichem bis schwärzlichem Schlamm beständen. Dass der Flysch als Tiefseebildung anerkannt ist, gilt ihm als Stütze für die Behauptung, dass die Chondriten keine Algen sein könnten, weil Tange nur auf felsigem Grunde und in geringer Tiefe vorkämen. Aber alles das beweist nichts gegen die Pflanzennatur der Flyschalgen, denn es giebt auch schwimmende Algen, und wenn eine Tangwiese an der Oberfläche emes tiefen Oceans schwimmt, so müssen auch Fragmente von Algen in die Tiefe sinken und sich m dem weichen Bodenschlamm gerade so einbetten, wie das bei den Flyschalgen der Fall ist. ) Die Sammlang der Meininger Realschule enthält eine Anzahl dieser Kunstwerke. ?2) Om spär af nägra evertebrerade djur ete. — 1881. Svexsk. Vet. Ak. Handl. Bd. 18, No. 7, S. 94 u. s. w. J. @. Borsenans, Geologische Algenstudien. 131 Mit Ausnahme einiger Arbeiten von GÜMBEL und PANTANELLI sind die Flyschgesteme noch nicht genügend mikroskopisch untersucht worden und über die Fülle der äusseren Formen hat man das Studium des Kleinen vernachlässigt. In CREDNER’S trefflichem Handbuch?) heisst es noch, dass der Flysch »ein mehr als 300 Meter mächtiges Schichtensystem ist, welches lokal von Meeres- algen strotzt, aber (abgesehen von den Fischen in den Glarner Schiefern) kaum eine Spur von animalischen Resten zeigt.« Gegenüber dieser allgemein verbreiteten Annahme hegte ich wenig Hoffnung bei der näheren Untersuchung einiger Fucoiden- gesteine, welche ich in der Schweiz, Ligurien und Toscana ge- sammelt habe, etwas Neues oder Bemerkenswerthes zu finden, aber schon der erste Dünnschliff, welchen ich von einem Kalkschiefer init Chondrites intricatus aus dem Habkernthal anfertigte, belehrte mich eines Anderen. Eine erstaunliche Menge von Tiefseeforaminiferen, besonders Globigerinen, auch Textilarien und Dentalina etc. und noch mehr Spongiennadeln erfüllen das Gestein. Die Schwammnadeln bestehen am Kalk, wohl meistens aus Kieselnadeln durch chemische Um- wandlung entstanden. Kohlentheilchen und Schweftelkies finden sich sehr verbreitet, letzterer wie überall als Vertreter organischer Substanzen: so erfüllt er die Kammern vieler Foraminiferen. Einige Algenästchen, welche in der Ebene des Dünnschlifts liegen, zeigen bei auffallendem Sonnenlicht eine mit zahlreichen Kohlen- und Schwefelkiestheilchen besetzte Fläche, oder an Stelle des letzteren Eisenoxydhydrat, wie überall bei der Verwitterung fossiler Pflanzenreste. So löst sich der von Fuchs und NATHORST geschilderte graue und schwärzliche Schlamm unter dem Mikro- skop in bestimmtere Elemente auf und es bedarf keines weiteren Beweises dafür, dass v. STERNBERG, BRONGNIART, GOEPPERT, UNGER, HEER vollkommen kecht hatten, als sie die Chondriten des Flysches für Algen erklärten. 3) Element, der Geologie 1883, S. 679. Anhang. Volithoide. Unter den Oolithen der verschiedensten Sedimentärformationen giebt es neben den echten, rein mineralischen Bildungen vom Typus des Erbsen- und Rogensteins, und neben den oben angeführten ähnlichen Körpern, welche mit Bestimmtheit als Algenerzeugnisse anzusprechen sind, viele concentrisch schalige Kalkgebilde, bei denen auch eine sorgfältige mikro- skopische Untersuchung noch zu keinem bestimmten Aufschluss in Bezug auf ihre Ursprungsweise geführt hat. Viele derselben haben jedenfalls mit der Zeit Veränderungen ihrer ursprünglichen Struktur erlitten, und damit pflegt auch das bei manchen derselben gewiss vorhanden gewesene organische Formenverhältniss verschwunden zu sein. Aehnliche Vorgänge wie sie JoH. WALTHER!) für die Entstehung gewisser recenter struktur- loser Kalke nachgewiesen hat, d.h. die Einwirkung der aus Zersetzung vegetabilischer Gewebe entwickelten Kohlensäure, mögen in gewissen Grenzen auch hierbei eine Rolle gespielt haben. Die genauere mikroskopische Untersuchung der oolithischen Gesteine ist wegen der Fülle und Mannigfaltigkeit der Einschlüsse, welche viele von ihnen enthalten, von wesentlichem Nutzen für die Kenntniss der Schichtensysteme, welche sie beherbergen, und wenn auch durch mine- ralische Umwandlungen vieles unkenntlich geworden ist, was früher organische Gestalt hatte, so gestatten doch oft die speciellen Verhältnisse, mancherlei Schlüsse und Folgerungen auf ihre Bildungsweise zu ziehen. Ich gebe als Beispiele hierzu einige bei der mikroskopischen Prüfung solcher Gesteine letzthin gewonnene Resultate. 1. Ein oolithischer Kalk aus untercambrischen Schichten vom Strachenschacht bei Pribram, welchen mir Herr Prof. SANDBERGER mit- theilte, zeigt im Dünnschliff echte Oolithkörner mit deutlich schaliger und radialfasriger Struktur. Daneben liegen in grösserer Anzahl runde, weisse Kalksteinkörner bis 4 Millimeter gross und von feinkörnigem oder I) Zeitschrift d. Deutsch. geol. Ges. 1385. e, J. G. Bornemann, Geologische Algenstudien. 133 fast mehligem Aussehen. Feine kohlige Theile sind durch das Gestein überall verbreitet, besonders auf den feinen Rissen, welche die Kalkstein- körner durchsetzen; theils liegen sie auch in mehr zusammengedrängten Partien und stellenweise haben sie sich zwischen den einzelnen concen- trischen Schalen der Oolithe, von einem Riss ausgehend, verbreitet. Diese Erscheinung mag durch die Zersetzung flüssigen Kohlenwasserstoffs er- klärt werden, welcher in das Gestein eingedrungen war. Die verbindende Grundmasse des Gesteins ist Kalkspath und feiner Kalksteindetritus, in welchem sich auch viele Fragmente zerriebener Oolithen befinden. 2. Ein schönes Oolithgestein aus dem englischen Kohlenkalk von Durdham Down, Clifton, welches mir Ferp. ROEMER zur Untersuchung sandte, lässt kleine meist !/,—!/a Millimeter grosse Oolithkörner erkennen, von denen viele wohl erhaltene Foraminiferen, Crinoidentheile und andere organische Körper einschliessen. Die meisten Körner haben radialfasrige Schalenstruktur, daneben finden sich aber sehr viele Körner, welche theilweise aus weissem Kalkspath bestehen, in welchem dunkle, unbe- stimmt begrenzte Körperchen eingeschlossen liegen. In manchen der- selben waltet auch die dunkle Substanz vor und der Kalkspath erfüllt runde, kleine Höhlungen in derselben. Das Bindemittel, durch welche die verschiedenartigen runden Körper vereinigt sind, besteht zum grossen Theil aus Kalkmasse, die stellenweise durch Anhäufung von Bitumen braungefärbt ist. Jedenfalls sind hier mannichfaltige pflanzliche und thierische Reste zersetzt worden. während die Bildung der Oolithkörner stattfand, und unter dem noch Erkennbaren befinden sich zahlreiche räthselhafte Dinge. 3. Die Carditaschichten der alpinen Trias, von denen mir Herr Srur eine Anzahl Proben sandte, enthalten grosskörnige Oolithen eigenthümlicher Art. In einem solchen Gestein von Mais bei Reichen- hall haben die Körner 4—S Millimeter Durchmesser und ihre concen- trirten Schalen sind sehr unregelmässig ausgebildet, meist einseitig ver- dickt und wellig, nicht radialfasrig. Sie schliessen fremde Körper, Kalk- steinkörner oder deutliche Muschelfragmente ein, enthalten auch Bitumen und Kohlentheilchen in mannichfaltiger Vertheilung. Das Bindemittel, in welchem sie eingebettet liegen, ist grauer Kalksteindetritus. Die Struktur der Oolithenschalen lässt bestimmte Gewebeformen nicht erkennen, doch deutet ihre allgemeine Gestaltung auf eine pflanz- liche Entstehung. In einem ähnlichen Gestein von der Lieblalm der Haller Mauren bei Admont sind die grossen Oolithkörner weit weniger zahlreich, der einschliessende Detritus etwas gröber und reicher an er- kennbaren Resten von Molluskenschalen. Ein feiner Oolith derselben Zone von Wappbach bei Reichenhall zeigt dagegen in brauner Grund- masse zahlreiche weisse Oolithkörner, deren Schalen einen regelmässigen 134 J. @. Bonsenanx. Geologische Algenstudien. concentrischen Bau haben. ÜOrinoidenfragmente sind häufig, theils als Kerne dieser echten Oolithen, theils frei neben denselben und neben kleinen Muschelfragmenten in die Grundmasse eingestreut. Dass die mineralische Umwandlung oder molekulare Umgestaltung im Gestein nicht allein bei den phytogenen Oolithoiden, sondern auch bei echten concentrisch schalig-radialfasrigen Oolithkörnern vorkommt, lässt sich vielfach beobachten. So sehen wir in cambrischen oolithischen Kalken Sardiniens die Kugelgestalten noch vollständig in ungestörter Lage erhalten, während die Mikrostruktur der Kalkelemente gänzlich in der körnigen Marmorstruktur des Gesteins aufgegangen ist. Anders ist das Verhältniss in einem Liasoolith aus der unteren Angulatenzone von Ofterdingen. Echte Oolithen sind dort einzeln in der von wohlerhaltenen Muschelschalen und Crinoidenresten ganz erfüllten kalkspäthigen Grundmasse zerstreut. Diese meist sehr undurchsichtigen Oolithen, welche fremde Körper einschliessen, sind grösstentheils von der Peripherie her durch den Einfluss des späthigen Bindemittels zu Kalk- spath umkrystallisirt, dessen Krystallecken in die oolithische Masse hineinragen. Dabei ist die organische Struktur der Crinoidenreste etc. völlig unversehrt erhalten. Ueber Deltabildungen am Nordrande des Fläming und über Gehängemoore auf demselben. Von Herrn K. Keilhack in Berlin. (Hierzu Tafel VII.) Der Nordrand des Fläming wird durch das breite Thal eines norddeutschen Urstromes gebildet, der parallel der Längsaxe des Höhenzuges, also OSO : WNW mit einzelnen Abweichungen verläuft. Kurz vor seimem östlichen Ende, bei Wollin, einem halbwegs zwischen Brandenburg a. H. und Görzke gelegenen Dorfe, gabelt sich dieses sogenannte Baruther Hauptthal, indem ein Arın sich nach Norden zur Havel wendet, die er bei Brandenburg erreicht, während der andere, die alte Richtung beinahe beibe- haltend, zwischen Burg und Genthin das breite Elbthal erreicht. (S. Tafel VIl.) Die breite Thalniederung westlich und östlich von Wollin besteht zum grösseren Theile aus torferfülltem Bruche und wird mit den Namen Fiener Bruch und Landschaftswiesen be- zeichnet. In dieses grosse breite Thal münden von Süden her eine Anzahl kleinerer Rinnen und Thäler ein, die im Allgemeinen von Süd nach Nord verlaufen und von den nicht unbeträchtlichen Höhen des Fläming herunterkommen. An den Mündungen von sechs dieser Flämingsthäler beobachtete ich im Verfolg der Auf- nahmearbeiten für die geologische Specialkarte die Erscheinungen, die ich im Folgenden näher beschreiben werde. 136 K. Keiumack, Ueber Deltabildungen ‘s fanden sich nämlich vor der Mündung fast aller grösseren Thäler zwischen Genthin und Treuenbrietzen, d. h. auf einer Längenerstreckung von etwa 65 Kilometern recht beträchtliche Anhäufungen von Grand (Kies) und schotterartigen Bildungen, deren ganzes Auftreten zu dem Schlusse führte, dass dieselben als delta-artige Ablagerungen, als ausserordentlich flach abgeböschte Schuttkegel derjenigen Thäler aufzufassen seien, vor deren Mün- dungen im Hauptthale sie heute lagern. Das Auftreten jener grobkörnigen Sande und Schotter ist um so mehr in die Augen fallend, als in den übrigen Theilen des Baruther Hauptthales die Thalsande, sowohl die frei zu Tage liegenden, als auch die unter alluvialer Moordecke verborgenen, übereinstimmend mit den Beob- achtungen im Berliner Hauptthale, meist steinfrei gefunden wurden. Schon dadurch ist ihr abweichender Ursprung hinreichend be- wiesen. Das westlichste der Flämingsthäler, welches diese Erscheinung, wenn auch in sehr versteckter Weise zeigt, ist die Gladau- Dretzeler Rinne. Sie entsteht durch die Vereinigung einer ganzen Anzahl kleinerer, die theils mit Torf und Moorerde ausgekleidet, theils mit sandigen Bildungen erfüllt sind. In letzterem Falle finden sich den Sanden stets zahlreiche Geschiebe und viel grandiges Material beigemengt. In seinem unteren Theile ist das Thal völlig mit 11/9,—2 Meter mächtigem Torte erfüllt und ebenso tritt an der Mündung die gewaltige Torffläche des Fiener Bruches un- mittelbar an das Plateau heran. Das Delta dieses Thales ist ın Folge dessen völlig unter Torf verborgen, liess sich jedoch mit 5° Hülfe des Bohrers und einer Anzahl durch den Torf hindurchge- führter Entwässerungsgräben deutlich erkennen und verfolgen. Es stellt eine annähernd quadratische, symmetrisch zur Thalmün- dung gelegene, aus grandigem Sande bestehende Fläche dar, deren Länge und Breite je 1250 Meter, deren Inhalt etwa 11/, Quadrat- kilometer beträgt. Unvergleichlich viel bedeutender sind diejenigen Ablagerungen von Kies und Geschiebesanden, die sich vor der Mündung des nächsten nach Osten hin folgenden Thales finden. Es ist dies das in der folgenden Zinkographie dargestellte Tucheimer Thal. am Nordrande des Fläming ete. 137 Fig. 1. Das Tucheimer Delta. Maassstab 1: 100000. FIENER BRUCH E DI Könißsrode Dil. Hochfläche. Thalgrande Desgl. unter Torf. (Schotter) Moorbedeckune. zu Tage liegend. Ein bei Gloine, 15 Kilometer südlich von Tucheim entspringender, in der ersten Hältte seines Laufes in ganz engem Thale genau von Süd nach Nord fliessender Bach, bildet gewissermassen das ltückgrat des ganzen Thales. Bei Magdeburgerforth verbreitert sich die schmale Rinne ganz plötzlich an der Stelle, wo sie in die Zone der später zu besprechenden Gehängemoore eintritt, in- dem sie von beiden Seiten her mehrere breite Zuflüsse erhält, auf fast 2 Kilometer. Im diesem verbreiterten Thale besteht der Boden aus mächtigen Schotterlagern, in denen sich zahlreiche 138 K. Keıtnack, Ueber Deltabildungen D grosse und kleine Geschiebe finden. Auch die Seitenthäler führen dieselben Bildungen, theils zu Tage gehend, theils unter Alluvium verborgen. Bis zur Mündung hin nimmt die Grobkörnigkeit der ganzen Masse wenig ab, indem nur die ganz grossen Geschiebe verschwinden, solche bis Faustgrösse aber immer noch häufig sind. Der Rand des Fläming bildet bei Tucheim eine flach trichter- förmige Einbuchtung, in deren innerstem Theile das Thal mündet. Der Beginn dieser Einbuchtung bezeichnet nach Osten und Westen hin das Ende der Deltabildung. Die Kiesmassen, die dereinst vor diesem Thale zum Absatze gelangten, nehmen, wie das Kärtchen zeigt, eine recht beträchtliche Grösse ein, zumal wenn man auch die unter der Torfdecke des Fiener Bruches begrabenen Kies- flächen mitrechnet, die nur hier und da einmal, wenn em frischer Graben gezogen wird, sichtbar werden. Das trapezförmig ge- staltete Delta, dessen Kern in einer grossen Ackerfläche nördlich vom Dorfe Tucheim frei zu Tage liest, hat von Osten nach Westen eine Ausdehnung von 5!/,, von Norden nach Süden eine solche von 2?/4 Kilometern, und einen Flächeninhalt von 10 Quadratkilo- ınetern. Im Delta selbst lässt sich die abnehmende Korngrösse der aufgeschütteten losen Massen vom Beginne nach den Rändern zu, einzelne Ausnahmen abgerechnet, recht gut verfolgen. 10 Kilometer östlich von Tucheim liegt der Mittelpunkt eines zweiten, sehr grossen, aus Granden und Sanden aufgebauten Deltas. Dasselbe liegt, wie die folgende geognostische Skizze zeigt, genau vor der Mündung des Buckauthales. Die Rinne der Buckau selbst ist nur schmal, verläuft fast genau von Süd nach Nord und >} bildet nur den tiefsten, heute zur natürlichen Entwässerung be- nutzten Theil eines Systemes breiterer Rinnen und Thäler, deren Niveau mehrere Meter über dem heutigen Wasserlaufe liegt. Ausserordentlich steinige Grande setzen die Oberfläche dieser höheren Thalstufe zusammen, in welcher eben wegen der höheren Lage alluviale Bildungen zurücktreten. In Form eines gewaltigen Halbkreises mit dem Dorfe Bücknitz als Mittelpunkt liegt vor diesem Thale eine mächtige flach zum Thale hin geneigte Kies- und Sandfläche, deren Ränder, wie bei dem vorigen Delta, bereits unter der Torfdecke des Fiener Bruches zu suchen sind. Der am Nordrande des Fläming etc. 139 Fig. 2. Das Buckaudelta. Maassstab 1: 100000. ? DILL Dil. Hochfläche. Thalgrand Thalsand und Desgl. unter Torf. (Sehotter) Grand zu Moor- in höherer Tage liegend. bedeckung. Thalsohle. Radius dieses sehr regelmässig gestalteten Deltas beträgt 3°/4 Kilo- meter — 1/, Meile, der Flächeninhalt 22 Quadratkilometer — /s Quadratmeile. Die weiter nach Osten hin folgenden Theile des Fläming sind der geognostischen Special- Aufnahme noch nicht unterworfen ge- wesen, sondern nur einer Begehung für die Zwecke dieser Arbeit. Es können daher für die weiterhin folgenden Deltabildungen keine genauen Zahlen für die Gesammtgrösse mehr gegeben werden, 140 K. Keırnack, Ueber Deltabildungen sondern nur solche für die frei zu Tage liegenden Theile der Schotterdeltas, weil die unter Torf liegenden Strecken derselben noch völlig unbekannt sind. Zwei Kilometer westlich von der eingangs erwähnten Um- biegung des nördlichen Fläming-Randes bei Wollin mündet ein von dem Rothen Bache und dem Verloren-Wasser durchflossenes Thal, vor dessen Mündung eine ebenfalls wieder annähernd halbkreis- förmige Fläche sich findet, die aus aufgeschütteten Sanden und Granden besteht. Durch einen nördlich von Glienecke am Plateau- rande sich hinziehenden Thalsandstreifen steht dieses Delta mit demjenigen vor dem Buckauthale in direktem Zusammenhange. Die bekannte Fläche dieses Deltas, d. h. soweit sie nicht von Torf bedeckt ist, beträgt 12 Quadratkilometer. Erst 16 Kilometer südöstlich von Wollin wird der hohe steile Rand des Fläming wieder durch eine Thalmündung unterbrochen, und zwar bei dem Dorfe Schwanebeck. Hier mündet ein schmales, von Belzig herunterkommendes Thal an einer Stelle, wo der Plateaurand aus der Richtung SSO:NNW in diejenige von O:W übergeht. Der dadurch entstandene Winkel ist vollständig mit Sanden und Granden ausgefüllt, während sonst das hier 8 Kilo- meter breite Hauptthal völlig mit Torf erfüllt ist. Entsprechend der geringen Breite des Thales beträgt auch die Grösse des von ihm gebildeten Deltas nur 4!/, Quadratkilometer. Die nächste Thalmündung finden wir, nach Osten weiter gehend, bei dem Dorfe Baitz, wo zwei kurz vor der Mündung sich vereinigende flache, unbedeutende Thäler, das eine von Preuss- nitz, das andere von Neschholz her kommend, das Hauptthal er- reichen. Vor der Mündung dieses Thales liegt kein Delta. 31/5 Kilometer östlich von Baitz mündet bei Rottstock nach 21 Kilometer langem Laufe das Thal der Plane, welches ebenso wie das Belziger und Baitzer Thal eine Richtung von SSW:NNO besitzt. Das von ihr aufgeworfene Delta hat, soweit es zu Tage liegt, eine Breite und Höhe von je vier Kilo- metern und wird im seiner vollen Ausdehnung von der Berlin- Wetzlarer Bahn zwischen Brück und Gömnick durchschnitten. Das Delta ist aufgeschüttet aus grandigen Sanden, deren Korn- am Nordrande des Fläming ete. 141 grösse von der Mündung des Planethales nach den Rändern zu abnimmt. Das sind die sämmtlichen Thäler, die auf der Strecke zwischen Parchen bei Genthin und Treuenbrietzen vom Fläming herab- kommen. Weiter nach Westen folgt nur noch das der Ihle, die bei Burg mündet. Dasselbe ist durchaus von den übrigen er- wähnten Thälern verschieden. Sein Verlauf bildet mit dem Rande des Höhenzuges keinen annähernd rechten, sondern mehr einen spitzen Winkel und seine Ausfüllungsmasse besteht nicht aus Granden und Geschiebesanden, sondern aus sandigen Alluvial- thonen. Vor seiner Mündung liegt — und diese Erscheinung steht mit den beiden ersten in direktem Zusammenhange — auch kein Delta, sondern die Ablagerungen der Elbe treten bis an den Rand des Fläming unmittelbar bei der Stadt Burg heran. Was die petrographische Zusammensetzung der Grande und Sande in den Schotterdeltas betrifit, so zeigen sich wenig Unter- schiede gegenüber andern ähnlichen diluvialen Bildungen. In der Korngrösse finden sich, wie das bei einem Produkte mannichfach in der Stromgeschwindigkeit wechselnder Wasser nicht anders zu erwarten steht, alle Uebergänge von gleichmässigem, mittelkörnigen Sande bis zu ganz groben Geschiebegranden. Im Bücknitzer Delta sieht man an der Chaussee nach Ziesar im Sande ausge- lehnte Lager eines lebhaft fuchsroth gefärbten, sehr eisenschüssigen Sandes. Kalksteine fehlen ebenso, wie fein vertheilter kohlen- saurer Kalk, den Deltabildungen, gleichwie den Thalsanden als eine & Folge der tiefen Lage und der immerfort lösend einwirkenden Grundwasser. Sehr auffällig ist die starke Betheiligung - des Feuersteins an der Zusammensetzung der grandigen Bildungen. In allen erwähnten Deltas ist er sehr reichlich, ja man kann sagen, reichlicher als alle andern Gesteine vertreten, immer in zertrümmerten, scharfkantigen Stücken, niemals abgerollt. Durch die Einwirkung von Humussäuren ist er meist gelblich, bräunlich und röthlich gefärbt. Vom Wolliner Delta erwähnt KLÖöDen !) !) Beiträge zur mineralogischen und geognostischen Kenntniss der Mark Brandenburg. 2. Stück, Seite 32. Berlin 1829. te} 142 K. Keıruack, Ueber Deltabildungen bereits sein massenhaftes Auftreten als eine höchst auffällige Er- scheinung. Die Sand- und Kiesdeltas bilden keine wagerechte Decke, sondern sind vom Mittelpunkte nach den Rändern hin flach ab- geböscht. Die Grösse dieser Neigung ist verschieden. Sie beträgt bei dem Tucheimer Delta auf einer Länge von 3200 Metern 5,5, entspr. 1 zu 580, bei dem Bücknitzer (Buckau-) Delta auf 3600 Meter, 7,5 entspr. 1 zu 480, bei dem Wolliner 9 Meter auf 2500, entspr. 1 zu 280, endlich bei dem Planedelta 7 Meter auf 4000, entspr. 1 zu 580. In den beiden ersten Fällen sind in diese Berechnung auch die unter Torfbedeckung liegenden Theile der Deltas mit hineingezogen. Deltabildungen wie die beschriebenen gehören zu den selteneren Erschemungen im Diluvium Norddeutschlands. Die Möglichkeit ihrer Entstehung ist offenbar nur da gegeben, wo Thäler von be- dleutenderen Höhenzügen herabkommen und in Folge dessen ein zum Transporte gröberen Gesteimsmateriales hinreichendes Gefälle besitzen. Um bestimmte Zahlen für das letztere zu erhalten, habe ich bei einer Anzahl Thäler des Fläming, sowie des Barnim- und Teltowplateaus nördlich und südlich von Berlin das mittlere Ge- fälle in der folgenden Tabelle so geordnet, dass die Thäler mit der geringsten mittleren Neigung beginnen: u a | a Hermsdorfer Fliess . 14 | 10,8 1: 1296 Birkenwerdersches Fliess . . 1255 | ER 1: 1068 Rudower Rinne . . 2... 6 | 6,2 | 1: 971 Inlethal es rn 11.9 j 21,5 1: 814 Pankethal . . . 2 2.2. 21 26,1 1: 804 Baitzer Thal . . . 2... 10 6 1: 600 Dahlwitzer Fiess . . . . 25 48,6 1: 514 Gladauer. Ihale re: 12 25 | 1: 480 Kaulsdorfer Flies . . . . 10 24,3 | 12419 Buckau-Thal . . . . . 12 33,75 | 1: 355 Tucheimer Thal. . . . 11 33,75 1: 326 Verloren Wasser . . . 12 A28n 1: 2832 Belziger Thal. . .. . 7 47,0 1: 150 am Nordrande des Fläming ete. 143 Die gesperrt gedruckten sind die mit Deltas versehenen Flämmgsthäler. Das Planethal fehlt, weil sich bei dem Mangel an Messtischblättern in dem von ihm durchzogenen Gebiete keine genauen Werthe ermitteln liessen. Diejenigen für das Baitzer und Belziger Thal sind nur angenähert, aus den Nivellements der Berlin-Wetzlarer Bahn berechnet. Die Tabelle ergiebt zunächst das Fehlen von Deltas bei allen denjenigen Thälern, die weniger als 1:600 Gefälle besitzen. Die- jenigen, die grösseres Gefälle, von 1:514 an besitzen, sind bereits oben als deltabildend beschrieben, bis auf zwei Thäler, die östlich von Berlin von den Höhen des Barnimplateaus herunterkommen und bei Kaulsdorf resp. Hoppegarten m das Berliner Thal ein- münden. Folgerichtig sollte man auch bei diesen beiden Thälern wegen ihres beträchtlichen Gefälles deltaartige Bildungen erwarten. Vor der Mündung des Dahlwitzer Thales zeigt die geognostische Karte (Blatt Rüdersdorf und Köpenick), wie die folgende Skizze (1:100000) ergiebt, m der That das Vorhandensein von Grand Kie.8, Delta des Dahlwitzer Fliesses. Maassstab 1: 100000. / CE, GT, DL G D Dil. Hoch- Grandiger Grandiger Thalsand. Torf fläche. Thalgeschiebe- Thalsand. und Moorerde. sand (Schotter). 144 K. Keırnack, Ueber Deltabildungen und (Geröllbestreuung in einer Fläche, die in ihrer Umgrenzung vollständig das Aussehen einer Deltabildung besitzt. Dieselbe wurde, da zur Zeit der Aufnahme solche Deltabildungen noch unbekannt waren, von WAHNSCHAFFE als eine bei der Einebnung Unterer Diluvialsande liegen gebliebene Bestreuung mit Grand und Geschieben aufgefasst. Es scheint mir keinem Zweifel zu unterliegen, dass die damalige Auffassung nicht ganz richtig war und dass hier ein echtes Schotterdelta vorliegt. Aehnliche Gefällverhältnisse wie das Dahlwitzer Thal besitzt die Kaulsdorfer Rinne. Sowohl in dem schmalen Thale selbst, als auch in den Thalsanden an seiner Mündung fand ich bei der Specialaufnahme mehrfach gran- dige Bildungen, die ich damals ebenfalls als eingeebnetes Diluvium auffasste, jetzt aber gleichfalls für echte Thalgrande, die eine Deltabildung darstellen, halten möchte. So lösen sich die scheinbaren Widersprüche völlig und die obige Tabelle giebt mit scharfem Schnitte bei einem Gefälle von ungefähr 1:550 die Grenze der Möglichkeit für Deltabildung. Die beschriebenen Schotterablagerungen sind mit den Thal- sanden der grossen Hauptthäler und den ihnen entsprechenden Bildungen in den Rinnen und Becken der Hochflächen durchaus gleichalterig und ebenso wie diese durch die aufschüttende Thätigkeit der Schmelzwasser des grossen Inlandeises am Ende der jüngeren Glacialzeit entstanden zu denken. Scheinbar in Widerspruch damit steht aber der Umstand, dass die vom Flämingsrande beschriebenen Deltas amı Nordrande dieses Höhenzuges vor der Mündung von Thälern liegen, deren Verlauf von S nach N völlig der weit all- gemeineren Richtung der Schmelzwasserrinnen von N nach S, die den Verhältnissen beim Rückzuge des Eises von S nach N entspricht, entgegengesetzt ist. Es bleibt für die Erklärung dieses befremdlichen Umstandes nur die eine Möglichkeit, dass bei der Temperaturzunahme, die das Verschwinden des Inlandeises aus Norddeutschland zur Folge hatte, das Freiwerden des Landes nicht in einer langen, allmählich sich immer mehr nach Norden zurückziehenden Linie eintrat, sondern dass zunächst die tieferen Theile des Landes eisfrei wurden, während auf den genügend hochgelegenen Plateaus Eisreste liegen blieben, die noch,eine Zeit- am Nordrande des Fläming ete. 145 lang, vielleicht durch lange Jahrhunderte, als selbstständige Gletscher weiter thätig waren )). Auf den vorliegenden Fall angewendet würde das bedeuten, dass die höheren Theile des Flämings, die heute 150—200 Meter ü. d. M. liegen, noch Gletscher trugen, während rings umher in weiter Entfernung das tiefer liegende Land bereits eisfrei war. Diese Flämingsgletscher entsandten von dem elliptisch gestalteten Hohen Fläming aus ihre Schmelzwasser radial nach allen Richtungen, und dieselben konnten in Folge dessen da, wo sie genügendes Gefälle fanden, gröberes Material mit sich fort führen, in den Thälern ausbreiten und vor der Mündung auch der Südnordrinnen als Schotterdelta ablagern. So erklärt sich im ungezwungener Weise und ohne Verletzung der Grundlagen der Glacialtheorie, die anfangs so widerspruchsvoll erscheinende südnördliche Richtung der jungdiluvialen Schmelzwasserrinnen am Nordrande des Flämings. Anhangsweise möge hier die eigenthümliche Lagerung einiger Torfmoore auf Section Ziesar in der Nähe der oben beschriebenen Deltas Erwähnung finden. Section Ziesar wird von ziemlich breiten (bis 2km) von O nach W verlaufenden Rinnen durchschnitten, die eine mehrfache Verbindung der beiden Hauptthäler des Blattes, des Tucheimer und des Buckau-Thales (S. oben) herstellen. Am südlichen Rande dieser Ostwestrinnen treten nun über die ganze Section hinweg eigenthümliche Hochmoore auf, die man als Gehängemoore be- zeichnen kann. Dieselben finden sich in beschränktem Umfange am Nordrande der Königl. Forst bei Räsdorf, sowie zwischen Magdeburgerforth und Dreibachen in den Jagen 82 und 83 und in grösserer Ausdehnung zwischen Schopsdorf und Dretzen in Vergl. hierüber auch die ganz ähnlichen Anschauungen, die Brrexpr be- reits 1882 in seiner Abhandlung: Die Sande im norddeutschen Tieflande und die grosse diluviale Abschmelzperiode. Dies. Jahrb. für 1881, 5.494 und 495 für Ostpreussen entwickelt hat. Jahrbuch 1886. 10 146 K. Keiwnack,, Ueber Deltabildungen Theilen der Jagen 51—59, 41—49 und 34—-36 der Königl. Forst. Ausserdem findet sich noch Hochmoor in geringer Ausdehnung östlich von Gottesforth und südlich von Tucheim. Dieses Hoch- moor ist bezüglich seiner Lagerung «adurch ausgezeichnet, dass es gegenüber den angrenzenden Thalgeschiebesandflächen nicht sowohl eine tiefere, als vielmehr eine höhere Lage einnimmt, so- dass man also vom Thalrande auf das Moor hinaufsteigt. (Siehe das folgende Profil.) za oa Ba oo Unteres Grandiger Gehänge- Wiesen- Diluviam. Thal- moor. moor. geschiebe- sand. Alle diese Hochmoore grenzen mit ihrer einen Seite, der südlichen, an die diluviale Hochfläche, mit der anderen nördlichen an Thalgeschiebesand. Im Querschnitte zeigt ein derartiges Thal also drei Absätze: den einen vom Wiesenmoor zum Thalsande, den zweiten vom Thalsande zum Hochmoor und den dritten von diesem zur Hochfläche. In allen von Nord nach Süd die Königl. Forst zwischen Dretzen und Schopsdorf durchschneidenden Gre- stellen kann man diese mehrfache Stufenbildung beobachten. Diese eigenthümlichen, dem Plateau gewissermassen angelagerten in sich etwas geneigten, nach N um 1,5 bis 3 Meter plötzlich, geradezu steil abfallenden Hochmoore sind wahrscheinlich ursprünglich reine @Quellmoore, hervorgerufen durch einen am Rande der ostwestlichen Rinne heraustretenden Grundwasserstrom, dessen noch gegen- wärtiges Vorhandensein durch zahllose, dem Gehänge ungefähr bei der 80 Meter-Öurve entspringende, kräftige Bäche bewiesen wird. Erst später, bei fortgeschrittenem Höhenwachsthum mag sich das Quellmoor in das vegetativ völlig verschiedene Hochmoor verwandelt haben. An bezeichnenden Hochmoorpflanzen, die in dem aufgeführten Gebiete sich finden, seien hier die folgenden genannt: am Nordrande des Fläming ete. 147 Vaceinium Owyeoccus L. Ledum palustre L. Erica tetralix L. Lycopodium inundatum L. Ein grosser Theil des Hochmoores ist bewaldet und trägt m den tieferen Theilen Erlen, in den höheren dagegen prächtige alte Buchenbestände. Im tiefen Schatten derselben hat sich, vor allem an den Ufern der zahlreichen, das Moor durchziehenden, schnellfliessenden klemen Bäche, eine eigenthümliche Flora an- gesiedelt, welche hauptsächlich aus vielerlei Arten von Farren- kräutern besteht, von denen Blechnum boreale Sw. Osmunda regalis L. Polypodium vulgare L. Asplenium Filww femina BERNN. Aspidium Thelypteris Sw. > montanum AÄSCHER. > Filix mas Sw. und > spinulosum SW. hier genannt sein mögen. Ausserdem tragen diese Hochmoore grosse Mengen von Himbeergesträuch, deren wohlschmeckende Früchte den Bewohnern der armen Walddörfer zu bestimmter Jahreszeit eine nicht unbedeutende Einnahmequelle verschaften. 10° Die zonenweise gesteigerte Umwandlung der Gesteine in Ostthüringen. Von den Herren K. Th. Liebe und E. Zimmermann in Gera. Nachdem ich auf Grund vieljähriger Untersuchungen den Erfahrungssatz ausgesprochen habe, dass auch ohne Beeinflussung durch benachbarte Eruptivmassen sich durch innere chemische Umsetzungen die Gesteine jüngerer Formationen bis zur Aehnlich- keit mit denen älterer Formationen umändern, und dass diese Umänderung lokal sehr verschieden hochgradig ist, haben unsere jüngsten Untersuchungen bei Gelegenheit der Aufnahmen im süd- westlichen und im vogtländischen Ostthüringen neue Belege ge- bracht, welche der Mittheilung werth sein dürften. Wie ich schon früher hervorgehoben habe!) zieht sich aus der Gegend zwischen Greiz und Werdau über Elsterberg, Mehltheuer und Reuth bis in die Gegend östlich bei Hirschberg a. S. ein Streifen mit sehr hoch entwickelter Umwandlung der Gesteine hin. Eine scharfe Begrenzung gegen die benachbarten Striche nit geringerer Umwandlung ist nicht vorhanden, sondern es voll- zieht sich der Uebergang von der geringeren zur stärkeren Meta- morphose allmählich. Gleichwohl aber kann man mit Sicherheit aussprechen, dass die Axe des Streifens ganz geradlinig und zwar in der Richtung von SW nach NO, also parallel der erzgebirgischen Sattelaxe verläuft in einer Erstreckung von 5 Meilen. Die Breite !) Uebersicht über den Schichtenaufbau Ostthüringens. Abh. z. geol. Spec.- Karte von Preussen ete. Bd. V, Heft 4. 8.54 u. a. 0. K. Tr. Liers und E. Zınvernass, Die zonenweise gesteigerte etc. 149 des Streifens ist nicht allenthalben gleich und im allgemeinen süd- westwärts etwas geringer als nordostwärts, übersteigt aber nicht eine Meile und geht nicht unter eine halbe Meile herab. Im all- gemeinen entfällt dieser Streifen auf das Ausstrichgebiet des Cambriums und Silurs; wegen ihrer übergreifenden Lagerung sind aber auch das Unterdevon, das Oberdevon und der Kulm von der Metamorphose mit ergriffen. Innerhalb dieses Streifens sind nun wieder einzelne, immer der Axe genäherte Regionen aussergewöhnlich stark umgewandelt, ohne dass die tektonischen Verhältnisse einen Anhalt geben, auf eine bestimmte Ursache zu schliessen. Zunächst aber ist auf das Bestimmteste zu betonen, dass man an die Einwirkung tief unter Tag stehender Granit- oder anderer ähnlicher Eruptivmassen nicht denken darf; dagegen spricht einmal die Länge und regelmässige Entwickelung des Streifens und dann die besondere Art der Umwandlung, da Erschemungen wie Fruchtschiefer, Knötchen- schiefer u. s. w. durchaus fehlen. Es besteht vielmehr die litho- logische Umwandlung im fraglichen Gebiet darin, dass durch Fältelung und Runzelung im innigen Verein mit Auslaugung vor- handener Stoffe und chemischer Neubildung von Mineralien das Gestein einen Habitus erhalten hat, den im übrigen Ostthüringen nur die älteren Formationen tragen. Es unterscheidet sich also gerade durch das Zusammengehen der chemischen und mecha- nischen Arbeitswirkung die Metamorphose auf dem genannten Streifen von der wesentlich chemischen Metamorphose im Contact mit Granitmassen. Mein verehrter Freund Lossen sucht nun in geistvoller Weise in seiner im vorigen Jahre erschienenen eindringenden und an- regenden Schrift !) nachzuweisen, dass diese Metamorphose durch Drehung der Sattelaxe hervorgerufen sei. Dankbar acceptirte ich diese Erklärung der Erscheinung, da ich selbst ja eine andere Erklärung nicht gefunden hatte und bis heute nicht gefunden habe. Ich kann aber nicht umhin zu bemerken, dass der ganze ) Lossen, Ueber das Auftreten metamorphischer Gesteine in den alten paläozoischen Gebirgskernen nu. s. w. S. 41 fi. 150 K. Tr. Lisee und E. Zımmervanx. Die zonenweise gesteigerte metamorphische Streifen in seinem geradlinigen Verlauf nicht auf eine Drehung der Sattelaxe hinweist, und dass gerade da, wo eine fast nördlich streichende Sattelung unter der maskirenden nordöstlichen hervortritt, die Bezirke allerstärkster Metamorphose fehlen. Ebenso fehlt ausserhalb dieses Streifens und doch in grosser Nähe desselben auf Section Plauen, wo Umbiegungen der Sattelungsaxe mehrfach zu beobachten sind, jede auffällige Mehrung der Metamorphose. Ein Bezirk stärkster Umwandlung, der zugleich recht um- ‚fänglich ist, liegt zwischen Netzschkau, Obermylau und Reinsdorf. Hier sind die Schiefer und die darin eingelagerten quarzitischen Blätter und Bänke durch Fältelung und Runzelung, Schieferung und Stauchung zusammen mit den begleitenden chemischen Ver- änderungen so »gealtert«, dass die petrographische Diagnose das wahre Alter nur dann richtig treffen kann, wenn jahrelange unaus- gesetzte Uebung den Blick hinreichend geschärft hat. Und bei der Diagnose hatten wir faktisch anfänglich nur den lithologischen Charakter des Gesteins als Anhaltepunkt; erst später im Verlauf der Einzelaufnahmen fanden sich gerade in diesem Bezirk da und dort Punkte, wo auf freilich sehr beschränkten Räumen ein be- sonders günstiger Umstand, ein Druckschatten oder dergleichen, das Gestein ein wenig vor zu starker Umwandlung bewahrt hat und infolge dessen sogar Petrefakten erhalten geblieben sind, welche in überraschender Weise die lithologisch begründeten Diagnosen bestätigten. So fanden sich graptolithenführende Mittelsilur- schichten, Tentaculitenschiefer des Unterdevons, tentaculitenreiche Knollenkalke aus dem höchsten Oberdevon; endlich lieferten auch weitere Bestätigungen die neu aufgefundenen ganz unverkenn- baren Eisenoolithe der Thuringitzone und die bei der Verwitterung weiss mit röthlichem Schein ausbleichenden (bei Saalfeld pflanzen- führenden) Russschiefer an der Basis des Unterkulms. — Die Schiefer sind in diesem Gebiete schimmernd geworden und von krystallinischem Ansehen, ohne dass man mit blossem oder nur mit der Lupe hewaffnetem Auge Krystalle erkennen könnte. Die Quarzite haben in analoger Weise em härteres, glimmerigeres, — ich möchte gern sagen »quarzitischerese Ansehen angenommen. Umwandlung der Gesteine in ÖOstthüringen. 151 Unter dem Mikroskop ist bei stärkerer Vergrösserung die Um- prägung des lithologischen Charakters bei weitem nicht so auf- fällig wie dem blossem Auge, indess tritt doch die grössere Kry- stallinität deutlich hervor und ebenso eime Anzahl von Neubil- dungen und Vermehrungen: lichtfarbige (niemals braune) Glimmer- blättchen drängen sich ein, scheinbar feldspathige Neubildungen sind nicht zu verkennen, auch chloritische Substanzen und faserige Mikrolithe fehlen selten. Dass eine Mehrung der Schiefernadeln wit jener Umwandlung Hand in Hand zgesangen, ist nicht zu bemerken, — im Gegentheil scheint letztere eher eine Verringerung oder gar Vernichtung derselben herbeigeführt zu haben. Indessen ist hier ein sicheres Aburtheilen dadurch erschwert, dass einerseits die auch dort vorkommende primäre Köthung bei den älteren Schiefern eine Führung von Schiefernädelchen in der Regel aus- schliesst, und dass andererseits innerhalb dieses Bezirks die späth- zeitige secundäre Röthung und Buntfärbung die Gesteine in dieser Richtung ebenfalls beeinflusst hat. Sind die Schiefer und die quarzitischen Einlagerungen unter der Einwirkung des Umwandlungsprocesses vorzeitig gealtert, so sind es die Kalke und Kalkknotenschiefer noch viel mehr. Sind die untersilurischen Quarzite den cambrischen im Aussehen nahe gerückt und die unterdevonischen Schiefer mit ihren Nereiten- quarzitschwärtchen den Phycodesschiefern sehr ähnlich geworden und gleichen sogar die kulmischen Schiefer und Sandsteine jenen alten Gesteinen gar sehr, so ist das Aussehen der oberdevonischen Knotenkalke und Kalkknotenschiefer für den, der sonst im übrigen Östthüringen die Gesteme kennt, geradezu verblüffend. Diese Knotenkalke und Schiefer sehen wie dünngewalzt aus mit breit- gequetschten Kalkknoten und talkig-krystallinisch schimmerndem, ganz lichtfarbigem Schiefer dazwischen, der weit eher an Glimmer- schiefer erinnert, als dass man ihn mit den gewöhnlichen erdig- matten oberdevonischen Schiefern vergleichen möchte; der Kalk der Knoten selbst ist sehr deutlich hornig und krystallinisch ge- worden, und sind darin, bei Auflösung des Kalks in Säuren übrig bleibend, schön sechsseitige Muscovitblättchen ausgeschieden. — Die obersilurischen Kalke sind gleichfalls ganz hornig und kry- 152 K. Tr. Liege und E. Zimmernans, Die zonenweise gesteigerte stallinisch geworden, und sind darin einzelne den Schiefernadeln ähnliche Nadeln ausgeschieden. — Die vereinzelten Knoten im Unterdevonschiefer sind ebenfalls ganz flach gedrückt und so stark mit Quarz und feldspathigen Neubildungen in feinen Partikelchen durchsetzt, dass man sie kaum noch Kalk nennen kann, ob- schon Salzsäure den Kalk unter Brausen auszieht und ein Skelet zurücklässt. i Am schärfsten markirt sich die stärkere Umwandlung an den Diabasen und deren Tuffen, und zwar sind es hier namentlich die unterdevonischen, die ın Betracht kommen. Die Feldspathe der Diabase sind durch ihre ganze Masse hindurch sehr stark getrübt und gelockert, und in ihnen haben sich secundäre Mineralien verschiedener Art in z. Th. ausserordentlicher Menge eingedrängt, namentlich kurzsäulige Plagioklase und strahlig-federige Gebilde, welche vorläufig als eine Art Fibrolith bestimmt wurden; die Au- gite sind bis fast zum völligen Verschwinden von aussen herein in Chlorit und Hornblende umgewandelt; von letzterer laufen blau- grüne Strahlen von den Augitkernen aus, besonders in der Richtung der Hauptaxe, aber auch in andere Richtungen, sodass vor ihr vielfach nicht bloss der Augit, sondern auch der Chlorit zurück- tritt; gutentheils ist die Hornblende später gebildet als der Chlorit; Epidot und Ualecit, steatitartige Partikeln und seltenere Magnetite, sowie Titaneisen und Leukoxen fehlen nicht. Ausserdem zeigt das Gestein eine starke Zertrümmerung durch zahlreiche Spältchen an, die auch von secundär gebildeten Mineralien erfüllt sind. Um es kurz zu sagen; der unterdevonische gekörnte Diabas ist ausser der mechanischen Zertrümmerung und Wiederverkittung in seinen Einzeltheilchen chemisch noch dahin umgeändert worden, dass er mehr oder weniger dem von GÜMBEL eingeführten Epidiorit gleicht. Dieses Gestein bildet also nicht bloss Lager und Gänge im oberen Cambrium und unteren Untersilur, sondern auch noch in jüngeren Schichtenfolgen bis in das Unterdevon herein. Bei der Verquetschung, Zertrümmerung und Wiederverkittung dieser Diabase hat sich öfter eine schiefrige Struktur eingestellt, welche in verschiedenen Fällen eine Unterscheidung von den Diabastuffen recht sehr erschwert. Es sind aber solche Tufte von Umwandlung der Gesteine in Östthüringen. 153 unterdevonischem Alter thatsächlich vorhanden und gar nicht so selten, während sie sonst in Ostthüringen recht selten sind. Diese Tufte sind ebenso umgewandelt wie die Diabase, nur noch stärker, sodass die Augite meist gänzlich verschwunden sind, und das Gestein der Hauptsache nach aus mehr lagenweis geordneten feld- spathigen Mineralien und deren Derivaten voll emgestreuten Chlorites, aus Chlorit und dunkelblaugrünen büschelig und lagen- weis eingeordneten Hornblenden besteht. Es gleicht dies unter- devonische Gestein also genau den cambrisch - untersilurischen Epidioritschalsteinen aus Gebieten mit nicht besonders auffälliger Metamorphose. Noch auffallender ist die Umwandlung bei den oberdevonischen Tuftfen und Breccien, bei welchen allerdings die Titaneisenkörner fehlen und dafür zarte Magneteisenkörnchen eintreten. Auch viel weisser serieitischer Glimmer hat sich bei sehr vielen hierher gehörigen Gesteinen auf den Schichtflächen entwickelt, während sonst die Umwandlungsprodukte dieselben sind wie in den oben besprochenen Schalsteinen, nur in viel feinkörnigerer Mischung. Solche Gesteine haben ein ungemein altes Ansehen angenommen. Horizontal gehen sie weiterhin in die gewöhnlichen Breccien des Oberdevons über, die aus feinem Schliech und Brocken aphanitischen oder mandelsteinartigen Diabases von gefilzter Struktur zusammen- gesetzt sind. Dass die alten Schalsteine cambrischen Alters entsprechend stärker umgewandelt sind, lässt sich leicht voraussetzen; sie zeichnen sich namentlich durch sehr vorwaltende feldspathige Neubildungen, durch Albite, aus, die am Saalband, d. h. an den begrenzenden Schichtflächen eine oft recht beträchtliche Grösse erreichen. Wir wiederholen nun das oben Gesagte: für die grössere Intensität der Umwandlung in diesem Bezirk zwischen Netzschkau, Mylau und Reinsdorf innerhalb des ostthüringischen grossen Streifens stärkerer Umwandlung lässt sich an den zu Tage anstehenden stratigraphisch - petrographischen Verhältnissen der Umgebung so wenig eine Ursache mit einiger Sicherheit erkennen, wie aus den tektonischen Verhältnissen in den Umgebungen des ganzen Streifens für diesen selbst. Ueberall liegen dieselben Kreuzungen von erz- 154 K. Tu. Liese und E. Zinnermans, Die zonenweise gesteigerte gebirgischen nordöstlichen Sätteln durch die frankenwäldischen nordwestlichen vor. Und was die Spaltungen und Verwerfungen betrifit, so zeigt sich, so viele kleine derselben sich auch allenthalben kreuzen, nirgends eine ganz besondere Häufung derselben oder eine imponirend grosse Verwerfung. Ganz anders die tektonischen Verhältnisse im Südwesten Ostthüringens, wo ein ähnlicher Bezirk höchster Metamorphose sich bei Wurzbach im Frankenwald in nordwestlicher Richtung hinzieht. Dieser Bezirk ist scharf begrenzt, und seine Grenzen bilden zwei Verwerfungslinien, welche mitten zwischen den Ortschaften Heberndorf und Thierbach auf dem dort von Westen her m das Sorbitzthal vorspringenden Bergvorsprung spiess- eckig zusammentreffen. Von diesem Vereinigungspunkt aus ver- läuft die eine Spalte, die nordöstlicher gelegene, erst in h. 61/5, dann 6/3, weiterhin em längeres Stück h. 7, dann h. 8 und zuletzt 9/3: beim weiteren, hier jedoch nicht in Betracht kommenden Verlauf wendet sich die Spalte wieder mehr in die Richtung OSO zurück; sie berührt die Klettigsmühle und zieht dicht bei Heinersdorf vorbei gegen Lobenstein hin; da mit ıhr eine sehr starke Verwerfung verbunden ist, und sie für die tekto- nische Erkenntniss von hoher Bedeutung ist, so geben wir ihr einen besonderen Namen und nennen sie Heinersdorfer Ver- werfung. Die andere weit weniger verbogene Spalte streicht von jenem Punkte aus in h. 102/, östlich an Wurzbach vorbei bis in die Gegend der Hornsgrün bei Neundorf; da auch mit ihr eine sehr starke Verwerfung verknüpft ist, nennen wir sie Wurzbacher Verwerfung. Zwischen diesen beiden Spalten ist ein Gebiet mit älteren Formationen vom Cambrium bis zum Oberdevon einge- schlossen, während ausserhalb derselben Kulm ansteht )). Dieses Gebiet ist demnach als ein Horst zu bezeichnen, und in der Spitze dieses dreieckigen Gebietes, nördlich und nordöstlich von Wurzbach und auch noch ein Stück südöstlich von diesem Orte liegt nun wieder eine Region sehr starker Metamorphose; wo die !) Dem noch wenig vorgerückten Stand der Aufnahmen im Jahre 1884 ent- sprechend sind diese beiden Verwerfungen auf unserer Uebersichtskarte über den Schichtenaufbau Östthüringens nicht in richtiger Weise zur Darstellung gelangt. Umwandlung der Gesteine in Ostthürmgen. 199 beiden Verwerfungen immer weiter aus einander treten, je weiter ınan also nach Südost kommt, um so weniger hochgradig wird die Umwandlung, bis sie sich schliesslich nicht mehr auffälliz hervorhebt. Bemerkenswerth ist noch, dass innerhalb des Horstes das Streichen der Formationsglieder im Grossen und Ganzen in frankenwäldischer Richtung erfolgt, während es ausserhalb desselben der erzgebirgischen Richtung entspricht. Fallen nun die beiden Ver- werfungen nur einigermaassen gegen aussen ein — und das ist am eim- fachsten vorauszusetzen, — so mussten die aussen absinkenden Massen wie Keile auf die Spaltflächen wirken, und dadurch also ein sehr bedeutender horizontaler Druck auf den dazwischen stehen- bleibenden Horst ausgeübt werden. Da Jässt sich denn recht gut denken, wie dieser mechanische Druck eine erhöhte chemische Thätigkeit der Gesteinswässer bewerkstelligen musste. Kleine blasenartige Anftreibungen der hanzenden Schichtfläche der Schiefer, Diabase und Breceien, welche in dem Schieferbruche bei der Heinrichshütte bei Abräumung der auflagernden brüchigen Masse blossgeleot wurden, demonstriren diesen Druck recht deutlich, — ganz abgesehen von den dünnschiefrig gewordenen und ausser- ordentlich intensiv und doch sehr zart gerunzelten Schiefern, wie sie im Unterdevon besonders bei der Bärenmühle bei Wurzbach vorkommen. Auch in diesem metamorphbischen Gebiet sind es die Lager eruptiven Ursprungs, die Diabaslager und die Schalsteine und Tuffe, welche vorzugsweise verstärkte Umwandlungserscheinungen zeigen. Die unterdevonischen Diabase, z. B. die schon mehrfach beschriebenen vom Felslein beim Wurzbach und vom Klettigs- hammer, sind ganz in der Weise, wie es oben geschildert wurde, in Epidiorit verwandelt, nur dass hier die secundäre Hornblende- bildung noch mehr vortritt, wenn auch die Augitkerne dabei noch vielfach recht deutlich und schön erhalten geblieben sind, während seeundäre Albitbildung sich weniger stark geltend macht. Auch die mitteldevonischen Diabase und Variolite tracen durch ihre Masse hindurch die Merkmale derselben Umwandlung. Ausser- ordentlich schön lässt sich letztere an den unterdevonischen Schal- stemen studiren ; dem unbewaftneten Auge erscheinen diese 156 K. Tu. Liese und E. Zınsermans, Die zonenweise gesteigerte schiefrig-krystallinischen graugrünlichen Gesteine mit ihrem starken fettigen Glanz wie die Epidioritschalsteine im obersten Cambrium, welche im südlichen Ostthüringen so vielfach als Werksteine ge- brochen werden, und unter dem Mikroskop enthüllen sie sich doch als epidioritisirte Schalsteine aus Titaneisendiabas- Material. Auch oberdevonische talkigglänzende graugrüne Schalsteine sind vorhanden, welche äusserlich bei unbewaftnetem Auge sich von den eben besprochenen unterdevonischen und also auch von den alten typischen silurisch-cambrischen kaum unterscheiden lassen und doch unzweifelhaft oberdevonischen cypridinenführenden Schiefern eingelagert sind; unter dem Mikroskop freilich verrathen die Dünnschliffe an vielen Stellen die Abstammung von jenen oberdevonischen Breccien feinsten Schliechs, welche sonst in Ost- thüringen nicht, d. h. weit weniger umgewandelt Einem häufig genug begegnen. Die augitischen Mineralien der diabasischen Schalsteinmasse sind vollständig verschwunden bis auf einzelne sehr spärliche, auch schon halb zerstörte Kerne und haben das Material geliefert zu einer überwuchernden Chloritbildung; neben primärem hat sich in Schwärmen secundäres Magneteisen ein- gelagert; die secundäre Hornblendebildung ist nicht so weit ge- diehen wie in den unterdevonischen Tuffen oder gar in den epi- dioritisirten Diabasen: die feldspathigen Theile sind sehr ange- griffen, feldspathige Neubildungen fehlen fast ganz, wie dieselben überhaupt in diesen jüngeren, wenn auch stark metamorphosirten Gesteinen nie so bedeutend zu sein pflegen wie in den älteren. Dem Anschein nach ist das Gestein gröber krystallinisch geworden, als dem ursprünglichen Schliech entsprechen würde. Uebrigens fehlt darin auch gewöhnlicher Schieferschliech nicht, der schlieren- artig in den Schichtebenen liegt; weisse Glimmerblättchen in dem Gestein gehören vielleicht diesem alten Schiefermaterial an. Im Liegenden dieser Schalsteine und im Hangenden von oberdevonischen Schiefern mit Cypridinen stehen Schiefer von grünlichgrauer Farbe, bei denen offenbar umgekehrt das Schiefer- material von Haus aus versetzt war mit etwas Diabastuffmaterial, wenigstens machen sie unter dem Mikroskop mit ihren zahlreichen Chlorit-, Magnetit- und Feldspatheinsprenglingen ganz diesen Umwandlung der Gesteine in Ostthüringen. 157 Eindruck. — Die oben erwähnten Oypridinenschiefer weichen in diesem Bezirk stärkerer Umwandlung von dem gewöhnlichen Schiefer ebenfalls ab und zwar durch sehr dunkle Farben, durch starke Neigung zur Schieferung, die sogar zur Gewinnung von Dachschiefer Anlass gab, durch dabei doch krystallinischeres Korn und durch die weit gleichmässigere Vertheilung von Kalkpartikeln durch ihre ganze Masse hindurch. Gegenüber den unterdevonischen Schiefern desselben Gebietes aber darf jedoch nicht verschwiegen werden, dass die mechanische Umwandlung durch Runzelung sehr viel geringer ist, ja fast verschwindet. — Auch die weiterhin (z. B. an der Lindenmüble) im Liegenden auftretenden Goniatiten- kalke zeichnen sich aus durch eine auffällig dunkle Farbe. Ob diese und andre Eigenschaften in causalem Zusammenhange mit der Metamorphose des ganzen Bezirks stehen, in der Weise, dass die Ursachen, welche die Metamorphose hervorbrachten, direkt oder indirekt auch die von den entsprechenden Vorkommen weit- hin rings umher gänzlich abweichende Entwicklung dieser Kalke veranlasst hat, das muss vorläufig noch dahingestellt bleiben. Sie unterscheiden sich nämlich auch noch durch ihre Tendenz zur Schieferung und dadurch, dass in ihnen die Bildung von Knoten nicht oder nur in kaum merklicher Weise stattgefunden hat: Schieferschliech und Calcitmasse sind noch sehr gleichmässig ge- mischt und bilden dünne gleichmässige Lagen. Die Kalklagen sind durch schwarzen bis (durch Verwitterung) hellgrauen seiden- glänzenden Schieferbast mit viel wasserhaltigem Glimmer getrennt. Auf den ersten Blick könnte man versucht sein, hier einen weit älteren, etwa untersilurischen Kalkschiefer zu vermuthen, wie es z. B. v. GÜMBEL!) wirklich gethan hat. Verbietet aber eine solche Annahme schon das Studium der Lagerungsverhältnisse, so wird zuletzt die richtige Diagnose noch durch die Auffindung gar nicht seltener Goniatiten bestätigt. — Die obersilurischen Kalke (an der Bärenmühle) zeigen zwar auch eine nur wenig deutliche Knotenbildung, aber bei weitem nicht so undeutlich als jene ober- devonischen; sie sind aber noch viel mehr umgewandelt, von !) Fichtelgebirge, $. 293. 158 RK. Ti. Lieses und E. Zınmermans, Die zonenweise gesteigerte hornigem, wachsartig aussehendem, feinkrystallinischem Habitus, gelblichgrau und schwarzfleckig durch feineren mit kohligem Pulver gemengten Schieferschliech; die schwarzen Flecken liegen im Quer- schnitt zu den Schichtebenen theils wie scharf begrenzte Wolken und Augen, theils aber entsprechen sie auch den einzelnen Lagen, welche die Kalkbänke zusammensetzen. Wir nehmen an, dass die Bildung dieses Bezirkes besonderer Metamorphose in causalem Zusammenhang mit den oben erwähnten zwei Verwerfungsspalten steht, zwischen denen spiesseckig einge- klemmt jener Strich als Horst stehen blieb, und haben dazu das Recht, insofern keine andere Ursache entdeckbar ist. Allerdings erhebt sich westlich und nordwestlich von der nördlichen Ecke des Bezirkes das Granitmassiv des Henneberes; allein dies hat seinen besondern Gürtel einer Metamorphose, und diese ist ganz und gar verschieden von derjenigen zwischen dem Wurzbacher und Heinersdorfer Verwerfer. Es kommt dazu, dass zwischen den beiden metamorphischen Gebieten sich Schiefer ohne irgend- welche besondere Metamorphose hindurchziehen. und endlich, dass das umgewandelte Gebiet durch die beiden Verwurftspalten scharf begrenzt ist, jenseits deren keine besondere Metamorphose zu er- kennen ist. Wie bei dem oben behandelten grossen Greiz-Hirsch- berger Umwandlungsstreifen an die Einwirkung von Granit nicht zu denken war, so ist also auch bei dem Wurzbacher, dessen Umwandlungsart ganz mit der jenes Gebietes übereimstimmt, jede direkte Einwirkung von Seiten des Henneberggranites ausge- schlossen. Setzen wir nun jenen causalen Zusammenhang als thatsäch- lich voraus, dann können wir nach der Zeit fragen, in welcher die Bildung jener Spalten oder wenigstens deren Beginn fallen mag. Da die eine jener Klüfte ihren Verlauf im grössten Theil ihrer Erstreckung in nordwestlicher Richtung nimmt, und da Klüfte dieser Art in Ostthüringen allenthalben häufig sind und, wie ich (LIEBE) anderwärts schon ausführlich bewiesen habe, sich fast alle unmittelbar nach der Kulmzeit zu bilden begonnen haben, so möchten wir auch für die Bildung der Grenzklüfte des oben besprochenen metamorphischen Bezirks jene Zeit annehmen. Mög- licher Weise hat aber die Isolirung und Einengung des Horstes Umwandlung der Gesteine in Östthüringen. 159 schon früher angefangen. Wenigstens können die besonderen Verhältnisse der Kalke in ihm diese Annahme als Vermuthung rechtfertigen, nämlich einmal der Mangel der Knotenbildung und dann die schwarze Farbe. Nach Analogie der Bildung von Feuer- steinknollen in der Kreide, der Septarien im Thon, der Lösskindel im Lehm, haben wir zu schliessen, dass auch der schlammige Niederschlag, aus welchem die Kalkknotenschiefer und Knoten- kalke entstanden, ursprünglich ein Gemenge thoniger und calci- tischer Partikeln gewesen ist, aus dem sich durch polare Anziehung und Wanderung die Kalkknoten erst zusammenzogen; dies vor- ausgesetzt, müssen wir weiter annehmen, dass eine derartige Zu- sammenziehung der Kalktheilchen zu Kugeln wohl nur stattfinden konnte, solange die Sedimentmasse noch hinreichend weich und in ihren einzelnen Theilen leicht beweglich war. Wenn nun die Bildung der Kalkknoten im Oberdevon in diesem Bezirk durch die Horstbildung gehindert wurde, so dürfte letztere im ihrem Beginn und demnach auch die mit ihr in Verbindung stehende Metamorphose wohl in die Zeit kurz nach Abschluss der Devon- formation fallen. Dafür spricht aber auch noch die eigenthüm- eewöhnlichen Ver- Fo hältnissen bedarf es nämlich einer längeren Zeit, bis die oı liche tiefschwarze Farbe der Kalke. Unter ganischen Moderstofte, welche in den Sedimenten auf dem Grund der Ge- wässer mit abgelagert wurden, sich allmählich in Wasser, Kohlen- wasserstoffe und überhaupt Bitumina umsetzen, und diese sind dann leicht oxydirbar, sodass das Grestein allmählich so licht werden kann, wie es gewöhnlich ist. Hier aber muss durch frühes Eintreten metamorphosirender Reactionen und durch Druck die gewöhnliche Zersetzung der organischen Moderstoftfe verhindert worden und dafür eine schnellere Zersetzung derselben vor sich gegangen sein, welche zur Bildung von schwer oxydirbaren, kohligen, vielleicht graphitischen Stoften führte. Analoga hierzu liefern ja auch die verkieselten oder auch durch Wärme ver- änderten und in Folge dessen schwarz gebliebenen Schiefer in anderen Formationen hinreichend. viele. Hatte das im Vorausgehenden Gesagte Bezug auf Gesteins- umwandlungen, die nicht durch Contact mit Eruptivgesteinen ver- anlasst waren, so möge nun noch einiges über die Ergebnisse 160 K. Tu. Lierr und E. Zınnermans. Die zonenweise gesteigerte folgen, welche wir bei den Einzelaufnahmen in .dem durch seine Granitcontactmetamorphosen neuerdings bekannter gewordenen Ge- biet des Hennebergs bei Weitisberga und m seiner Umgebung, auf den Sektionen Liebengrün, Lobenstem und Lehesten, erhalten haben. Unser Interesse nımmt zunächst der Granit selbst m An- spruch. Was seinen lithologischen Charakter anlangt, so habe ich der ausführlichen Darstellung, die derselbe in der Einzelbe- schreibung von F. E. MÜLLER erfahren hat"), nichts hinzuzufügen. MÜLLER giebt aber keine Aufklärung über das gegenseitige Lagerungsverhältniss und die Verbreitung der von ihm unter- schiedenen drei Hauptarten, des Biotitgranits, Muscovitgranits und zweiglimmerigen Granits; von der vierten, aplitisch oder granit- porphyrisch entwickelten Art giebt er an, dass sie »Ramificationen« bilde. Das Letztere kann als richtig bezeichnet werden. Be- züglich der drei ersten Arten war jedoch eme kartographische Abgrenzung derselben unmöglich, aber wir gewannen doch die e stalteten) Mantel um die beiden andern Arten darstellt: er bildet zumeist den Abhang des Berges, während der Muskovitgranit in der Mitte durchragt und die Kuppe des Berges bildet; nur am Nordostabhang reicht dieser »rothe Granit« auch tief am Abhane Anschauung, dass der Biotitgranit den (etwa glockenförmig ge- herab, wofür sich nachher vielleicht eine Erklärung ergiebt. Was die Umgrenzung des Granitmassivs betrifft, so bildet dieselbe — abweichend von den Angaben MÜLLER'S, denen auch die Darstellung von R. RıcHter?) entspricht — nicht eine Ellipse oder ein Oval, sondern im Grossen und Ganzen ein beinahe recht- winkliges gleichschenkliges Dreieck, dessen rechter Winkel am weitesten gegen Osten liegt, und dessen eine Kathete nach SW, die andern nach NW, genauer h. 8, verläuft. Diese beiden Ka- ) F. E. Mürter, Die Contacterscheinungen an dem Granit des Hennbergs bei Weitisberga. Inaug.-Diss. 1882. ?) Rıenrer, Das Thüringische Schiefergebirge; Zeitschr. d. Deutsch. geol. Ges. 1569. Karte auf Tab. V; diese falsche Darstellung ist vielleicht durch die gründ- lich falsche topographische Karte des Gebietes veranlasst worden. Umwandlung der Gesteine in Ostthüringen. 161 theten zeigen einen verhältnissmässig recht geraden Verlauf, während die der Hypotenuse des Dreiecks entsprechende, im All- gemeinen von S. nach N. streichende Granitgrenze mehrfach ge- bogen ist; und zwar ist sie dies nicht bloss in ihrer Horizontal- projection auf der Karte, sondern auch in ihrer Vertikalprojection, indem sie am Bergabhang bedeutend in ihrem Niveau schwankt, während die Kathetengrenzlinien eigentlich nur ganz flache ein- fache Bogen bilden. j In einer andern Beziehung zeigen die beiden Katheten aber einen starken Gegensatz gegen einander: entlang der einen, in h. 3 streichenden, ist nämlich der Schiefer stark contactmetamor- phisch in der von MÜLLER eingehend und richtig beschriebenen !) Weise umgewandelt; entlang der andern in h. 8 streichenden aber zeigt sich nicht die allergeringste Spur von Fleck- oder Knötchen- bildung, geschweige denn von noch höherer Metamorphose; viel- mehr treten hier entlang der Granitgrenze breccienhafte Gesteine auf, die aus lauter kleinen Bruchstücken bestehen, etwas gehärtet und in geringerem oder höherem Grade durch Quarz verkittet sind. Dort haben wir also die Anzeichen regelrechter Gesteins- lagerung, hier die unzweifelhaften Beweise von Verwerfung: es ist also der Schiefer im Nordosten des Hennbergs entlang der h. 8 streichenden Spalte unter Bildung einer Reibungsbreccie ab- gesunken. Durch diese Verwerfung kann natürlich auch, wenn nur ihre Sprunghöhe gross genug ist, — unter Voraussetzung der Richtigkeit unserer Anschauung bezüglich des Lagerungsverhält- nisses des Biotitgranits zu den anderen Granitarten —, der mus- kovitgranitische Kern blossgelegt werden, und so dürfte sich er- klären, warum eben der Muskovitgranit am Nordostabhang so tief herabsteigt. Aus dem Gesagten geht hervor, dass die Sprunghöhe der Verwerfung allermindestens gleich der Mächtigkeit der Con- tactschieferhülle ist, vermehrt um die Mächtigkeit des Granitit- mantels und um die aufgeschlossene Mächtigkeit des »rothen Granits«. Der Betrag würde also ein recht anständiger sein, ara, 0. 8:24, Jahrbuch 18836. 1i 162 K. Tr. Liese und E. Zınmermaxn, Die zonenweise gesteigerte leider dürfte es kaum möglich sein, ihn zahlenmässig zu be- rechnen ). Dem Mangel an Contactmetamorphose auf der Nordostseite des Granites gegenüber steht das ausgebreitetste Gebiet stärkster Contactwirkung auf dessen Westseite, also auf der der Hypotenuse entsprechenden Seite. Es ist zwar eine Gliederung der Contact- schiefer in Andalusitglimmerfelse, Knötchenglimmerschiefer und Fleckschiefer vorhanden, wie es ja MÜLLER so schön nachgewiesen hat, aber sie ist doch nicht derart, dass man sie kartographisch darstellen könnte. Soviel kann man aber doch sagen, dass die am stärksten umgewandelten Gesteine sich auf der Westseite in grösster Breite da ausladen, wo sie sich lappenförmig am Bergabhang mehr ın die Höhe ziehen, als dem mittleren Niveau des Grenz- verlaufs entspricht; das ist besonders auf dem nördlichen Drittel dieser Westgrenze der Fall. Hier finden sich nun auch die häufigsten Schieferstücke mit Granittrümern und umgekehrt Granitblöcke mit Schiefereinschlüssen. Dies rechtfertigt den Schluss, dass jene Schieferlappen ohne grosse Mächtigkeit dem geneigten Abhang des Granitmassivs aufgelagert sind. Leider fehlen auch nur einigermassen gute Aufschlüsse, welche diese Lagerung besser zur Anschauung brächten; es sind eben nur Schutt und lose Blöcke der Beobachtung zugänglich. Zu demselben System von Spalten, zu welchem die oben be- sprochene Verwerfung an der Nordostseite des Hennebergs gehört, gehören auch alle andern Spalten, die auf diesem Berge aufsetzen und mit Eruptivgesteinen erfüllt sind: sie alle haben also das Streichen h. 8 bis 8°%/4; nicht eine einzige mit auffällig abweichender Streichrichtung wurde beobachtet. So setzt auf dem höchsten Kamm des Hennebergs?) durch den Granit ein in grobplattige Scherben sich absondernder grauer bis gelblichgrauer, beinahe ) Ich lasse für diesmal den zu vermuthenden Zusammenhang dieser Ver- werfung mit der grossen Gräfenthal- Probstzelle- Lichtentanner Verwerfung einer- seits und mit der oben mehrfach erwähnten Heinersdorfer Spalte andrerseits un- erörtert. 2) Der Kamm verläuft genau in der Richtung jenes Spaltensystems, während hier ganz unrichtig das Messtischblatt Lobenstein ihn gerade quer dazu ver- laufen lässt. Umwandlung der Gesteine in Östthüringen. 163 dichter Porphyr auf, der sehr seltene, aber gut ausgebildete, bis hanfkorngrosse Quarzdihexaäder neben reichlicheren kaolinisirten Feldspathkryställchen, einigen Glimmerblättchen und Hornblende- nadeln umschliesst. — Parallel damit setzt am nordöstlichen Ab- hang ein Doppelgang von Lamprophyr auf, der in dem grössten der auf Granit eröffneten Steinbrüche sehr gut aufgeschlossen ist. — Ein dritter Parallelgang durchsetzt im Südwesten im Niveau des Weitisberga-Heberndorfer Communicationsweges den Schiefer und vielleicht auch den Granit!); es ist ein Porphyr, der trotz aller äusseren sehr starken Verschiedenheit vielleicht noch richtiger als Lamprophyr zu bezeichnen ist, in welchem der Glimmer ma- kroskopisch ganz zurücktritt und dafür grössere primäre Horn- blendesäulchen und Augitkörner eingetreten sind. — Endlich noch weiter nach dem Südwestfuss des Berges zu folgen ein grosser und mehrere kleinere Gänge eines weissen Felsitporpbyres mit zahl- reichen Quarzkrystallen und einzelneren Orthoklasen, welcher petrographisch ganz dem Saalbandgestein und der distalsten Aus- bildungsart des Bodegangs im Harz gleicht, aber nicht wie dieser mit dem Granitmassiv selbst in Verbindung steht, — wenigstens oberflächlich nicht. Dieser selbe Porphyrgangzug streicht übrigens nach NW noch weit fort: durch das Thal der kleinen Sormitz hindurch bis zum Polmthal bei Lichtentanne, — und ebenso gegen SO bis ostsüdöstlich von Heberndorf, wo er an der obengenannten Wurzbacher Hauptverwerfung abschneidet. Die schon 1884 von mir gegebene Beantwortung der Frage nach dem Alter der den Henneberggranit umgürtenden Schiefer 2) hat sich durch die eingehenden Aufnahmen im Jahre 1886 auf’s sicherste bestätigt: es sind die Schiefer und Sandsteine des unteren Kulms; Versteinerungen fehlen zwar in der allernächsten Nähe, aber der petrographische Charakter lässt keinen Zweifel zu. Eine weitere Bestätigung aber dafür, dass an Untersilur oder Unter- devon durchaus nicht zu denken ist, wie es doch RıcHTEr 3) und I) Im Gebiet des Granits finden sich nur sehr seltene, lose Brocken. ?) Lirer, Schichtenaufbau Ostthüringens S. 130. Nachschrift. %) Rıcmrer, Thüringisches Schiofergebirge 8. 374. 12 164 K. Ta. Liege und E. Zınmermans, Die zonenweise gesteigerte etc. selbst v. GÜMBEL !) noch gethan haben, welch’ letzterem sich auch MÜLLER in seiner Abhandlung noch am meisten anzuschliessen scheint, brachte die Auffindung von inselartig aus dem Kulm hervortauchenden oberdevonischen Knotenkalken und Breccien mit groben Kalkmandeldiabasstücken sogar innerhalb des Contacthofes selbst. Die interessanten contactmetamorphischen Mineralbildungen in diesen Oberdevongesteinen bedürfen noch genauerer Unter- suchungen; vorläufig genüge die Mittheilung, dass sich in den Kalken bis hanfkorngrosse Granatkrystalle und in den diabasischen Gesteinen grüne strahlige Hornblende ausgebildet haben. ) v. Gümser, Das Fichtelgebirge S. 409 und 433. Die Zechsteinformation am Kleinen Thüringer Wald bei Bischofsrod. Von Herrn H. Proescholdt in Meiningen. Westlich von Schleusingen erhebt sich aus dem Triasgebiet in nordwestlicher Richtung ein Zug älterer Gesteine, Granit, Por- phyr, Rothliegendes und Zechstem, den man früher als ein Modell des Thüringer Waldes ansah und deshalb als Kleinen Thüringer Wald bezeichnete. Das Hervortreten desselben steht in ursäch- licher Beziehung zu Dislocationen, die in der Gegend von Schwarza beginnen nud über Bischofsrod, Wiedersbach nach Eisfeld und weiterhin fortsetzen. Der von zahlreichen Quarzporphyrgängen durchsetzte Granit gehört zu den Granititen !) ROSENBUSCH's und ist bemerkenswerth durch die sehr häufigen Schlierenbildungen. Das Rothliegende kommt nur unbedeutend an die Tagesoberfläche und besteht aus Porphyrbruchstücken und Quarzen. Die Zechsteinformation ist da, wo bei Bischofsrod die Grenze zwischen Rothliegendem und Zechstein entblösst ist, zunächst eine Conglomeratbildung. Porphyrfragmente, kaolinisirte Feldspäthe, Quarze etc. in ganz verschiedener Grösse liegen eingebettet in einem dolomitischen Cement, das oft durchaus vorwaltet und dann gern als Zellendolomit auftritt. Das Conglomerat geht sehr rasch und unvermittelt in einen Sandstein über, der zu unterst noch dolo- mitisches Cement führt, in den höheren Schichten zuweilen aber 1) Mikroskopische Physiographie 2. Aufl., 11. Bd., S. 29 u. 37. 166 H. ProsscnoLpr, Die Zechsteinformation quarzitisches. Er ist meist sehr feinkörnig g, verschieden’ gefärbt, aber vorherrschend hell und oft dem typischen Chirotheriumsand- stein zum verwechseln ähnlich. Er zeigt eine deutliche Absonderung in Platten, wie es besonders schön bei Grethles zu beobachten ist, wo er bis gegen 8 Meter mächtig aufgeschlossen ist. Bei Bischofsrod zeigt der Zechsteinsandstein an einer Stelle eine abweichende Beschaffenheit. Hier liegen in einem äusserst fein- körnigen Sandstein mit dolomitischem Cement grössere Quarze eingebettet, die sehr häufig vollkommen ausgebildete Krystalle von R, -R darstellen. Ueber den Sandstein, der bei Bischofsrod 2—4 Meter mächtig ist, folgt an manchen Stellen, aber nicht immer, ein undeutlich geschichtetes, dunkelbraunes, feinkörniges Gestein, ein’ eisen- schüssiger, fast Magnesia freier Kalkstein. Er führt nicht selten schlecht erhaltene Petrefacten, so namentlich im Dorfe Grethles und bei Keulrod, unter denen Schizodus Schlotheimi erkennbar ist. Bei Ahlstedt wird derselbe durch Spatheisenstein vertreten, der fast vollständig in Braunveisenstein umgewandelt ist und von zahlreichen Trümern von Baryt durchzogen wird. Vielfach fehlt sowohl der Kalkstein als auch der Eisenspath, so dass der obere Zechstein unmittelbar auf dem Sandstein lagert; noch an andern Orten, wie zwischen Gethles und Ahlstedt, werden beide Horizonte durch eine kaum 1 Meter mächtige Bank eines hellen, braun getupften, löcherigen Dolomits getrennt. Bei Bischofsrod folgt über dem Eisenkalk ein helles, dolomitisches Gestein von recht verschiedenem Aussehen, häufig zellig, aber auch dicht, krystallinisch körnig, rauh sich anfühlend und zuweilen sonderbare Zerklüftung zeigend. Das Gestein ist am besten aufgeschlossen an der Strasse von Bischofsrod nach Ahlstedt und ist unmittelbar am ersteren Ort ganz erfüllt von wenig deutlichen Petrefacten, darunter Schizodus truncatus, Solenomya spec., Gervillia ceratophaga, Pleurophorus costatus. Die Schalenhöhlen sind häufig mit Arragonit (Schaumkalk) ausgekleidet. Mit dem dolomitischen Gestein schliesst hier die Zechstein- abtheilung, die anderwärts in eine untere und mittlere getrennt wird. Eine solche Trennung ist am Kleinen Thüringer Wald un- am Kleinen Thüringer Wald bei Bischofsrod. 167 thunlich, obgleich bei Bischofsrod eine petrographische Differenz zwischen höheren und tieferen Schichten hervortritt, da die leiten- den Petrefacten fehlen und die ganze Zone verschwinden kann. Die obere Zechsteinformation gliedert sich auch hier in die unteren Letten, die mächtig entwickelt sind und bei Eichenberg Gyps führen, in Plattendolomit und obere Letten. Der Platten- dolomit ist 8 bis 10 Meter mächtig und erscheint meist dick- bänkig; er ist an manchen Punkten, so an der Eichenberger Kirche, reich an wohl erhaltenen Versteinerungen, Aucella Haus- manni, Gervillia ceratophaga, Schizodus obscurus, Dentalium Speyeri und Natica hercynica. Die sonst im Plattendolomit häufig auf- tretende Turbonilla altenburgensis wurde bisher nicht beobachtet. Den oberen Letten sind hin und wieder Dolomitknauern einge- lagert, die Dentalium Speyeri führen !) und dadurch die Zuge- hörigkeit zu der Zechsteinformation documentiren. Der Vergleichung wegen schliesse ich hieran einen kurzen Ueberblick über die Gliederung des Zechsteins zwischen Bens- hausen und Suhl. In der Umgegend des ersteren Ortes lagert über dem Öber-Rothliegenden zunächst das Zechsteinconglomerat, 0,3 Meter mächtig, hauptsächlich aus kleinen Porphyrfragmenten zusamengesetzt, dann der Zechstein, 2 Meter mächtig, gelbbraun bis schwarz, undeutlich plattig, durch Kohle, Thon und Sand stark verunreinigt, ohne Petrefacten, dann die Rauchwacke. Diese ist ausserordentlich verschiedenartig ausgebildet, bald dicht, bald krystallinisch körnig oder conglomeratisch, bald hell- gelb, bald dunkel oder gefleckt, bald ein Dolomit, bald ein Eisen- kalkstein u.s. w. Sie führt an Mineralien Kalkspath, Spatheisen Braunsteinmulm und in ihren hangenden Schichten Malachit, zu- weilen in faustgrossen Stücken. An vereinzelten Stellen kommen Petrefacten vor, (amarophoria Schlotheimi, Strophalosia Goldfussi, Terebratula elongata, Acanthocladia spec. Die Mächtigkeit der Rauchwacke ist eine ausserordentlich schwankende. Die obere Zechsteinformation gliedert sich bei Benshausen in untere Letten, Plattendolomit und obere Letten. t) Ein solches Vorkommen wurde von mir auch bei Möhra beobachtet. Die Zechsteinformation H. ProsscHouLpr, 168 sopuo9saıqIoy sopuoForygoy sopuadoıygoy re ——————————— ee sopuosoıy}oy sopuasou}oy sopuosayJoy YeI9uLo]3u09 yeA9ULO]SU09 YEA9ULO]DUOH -u19481709Z -uroJs09Z -uroJs1p99Z | nenn pau aoporyas.tojdnyy 110% puesuogs1j007 | yjeyuosıqy pım u1o9s1097 | urogst99Z uregsyyey JLUDOD zn Fu Br RE OyDeM upper ru Nwopog, -oney OYPeATOney uwoygaT Arayun woygoT Paoyuf u94J9T 915Juf) uUIO4Spuesulo4sy99Z uosıoryedg “UOLoCT "ae JuostH | | Hucı | a usa T Pdojuf yuueyo9qg IDIN AWojopuopyeld yuojopusyerdg wojopuspyeidg yumeyoqg YpIN uwoyoT 2RqO wWMNPT 91290 u9199T 9I19AO uoIsy[e UOA uodundodegumg yruu uoypo] Oyyoapoyund AydereN UOLYBULIOF JUL -u19981097 NUeANLULOTOo 9rayun uopoql FENPAALOY SNIINPOAT yııu wogsypey] UOIYBULIOF -u104s1907Z | SON uoyyoT Saoyuf UOLYBULIOF 1U0TOpUS2rEIch -u104S1097 ERchTe) u99T 91940 [| | YV] ]]] ee ee) punıssy1eg4 uosneusuag pOASJOy>SI soyyo Zaoqzyey sneynoN sopjey 1DduranyL SOp PaSISOPNg A9p uw suLlo4sy997Z sop Zunaopoipg Sp aoqn 4yoısaagqon] am Kleinen Thüringer Wald bei Bischofsrod. 169 In nordwestlicher Richtung von Benshausen kommt die Zech- steinformation zunächst wieder im Ebertsgrund bei Rotterode zu Tage, ihre Entwicklung ist von Herrn Bückıne !) untersucht. In südlicher Richtung von dem Kleinen Thürmger Wald tritt die Formation in der Nähe des Thüringer Waldes und am Rand desselben noch zweimal hervor, zunächst bei Katzberg, südöstlich von Eisfeld, und dann bei Neuhaus in der Nähe von Sonneberg. Beide Vorkommen sind von Herrn LoRETZ ?) aufsenommen und eingehend beschrieben worden; sie zeigen eine grosse Einförmig- keit in der Entwicklung ®). Die beistehende Tabelle giebt eine Uebersicht über die Mannichfaltigkeit der Zusammensetzung der Zechsteinformation an der Südostseite des Thüringer Waldes. Im Vergleich mit der Gliederung der Zechsteinformation am Harzrand, in Niederhessen, bei Liebenstein und Eisenach wie auch im östlichen Thüringen zeigt der Zechstein am südöstlichen Thürmger Wald eine sehr ärmliche Entwicklung des mittleren und unteren Zechsteins, der in den kalkigen und dolomitischen Sedimenten ganz verschwinden kann, während umgekehrt die Conglomeratbildungen verhältnissmässig mächtig werden und vielleicht zum Theil als dem Kupferschiefer und Zechstein syn- chronische Bildungen anzusehen sind. ) Die Zechsteinformation bei Schmalkalden. Jahrb. d. k. preuss. geol. L.-A. für 1882. ?) Erläuterung zu Blatt Meeder $S.5 u. 6, zu Blatt Sonneberg $. 23—26. 3) Ein drittes Zechsteinvorkommen auf der Höhe des Thüringer Waldes bei Limbach zeigt eine reichere Gliederung. cf. Erläuter. zu Blatt Steinheid S. 45—406. Meiningen, im März 1887. Ueber eine Diluvialablagerung bei Themar im Werrathal. Von Herrn H. Proescholdt in Meiningen. Am rechten Thalgehänge der Werra bei Themar zieht sich in grosser Ausdehnung eine untere Diluvialterrasse hin, deren Zusammensetzung mir schon früher eine auffällige petrographische Verschiedenheit von der der anderen Diluvialbildungen des Thals zu zeigen schien. Indessen waren Aufschlüsse so gut wie garnicht vorhanden, und da die unmittelbare Umgebung der Terrasse von zahlreichen Verwerfungen durchsetzt ist '), die hier den Röth viel- fach in gleiches Niveau mit dem grobkörnigen Buntsandstein ge- zogen haben, so lag es nahe, hier manches Auffällige als Eluvial- erscheinung im Sinne Nikıtiv’s ?) zu deuten. Die Terrasse wird westlich von Themar von dem Thal der Weissbach durchbrochen, die von Bischofsrod kommt und bei Themar in die Werra mündet. Zu beiden Seiten des Weissbach- thals sind in jüngster Zeit Gruben in der Terrasse angelegt worden, in denen Material für die Themarer Ziegeleien abgestochen wird; die grössten und wichtigsten liegen an der linken Thalseite. Die umfangreichste derselben, die an eine Ziegelei stösst, schliesst folgendes Profil auf: Friedh. Werra- Werra- : . Themar bahn thal Ziegelei ee 8 Grobk. Sandstein N 1: 12500. s 1) Vergl.: Die Marisfelder Mulde etc. Jahrb. d. k. preuss. geol. L.-A. für 1882. 2) Diluvium, Alluvium u. Eluvium, Zeitschr. d. Deutsch. geol. Ges. 1884,1, 5.39. H. Proszscuoupr, Ueber eine Diluvialablagerung etc. 171 Auf der Höhe fällt eine Verwerfung in die Augen, die den grobkörnigen Sandstem vom Röth trennt; ihr geht ungefähr 1000 Schritt weiter östlich eine zweite parallel, infolge deren der grobe Sandstein über den Röth hinaufgeschoben erscheint, der von hier an den grössten Theil der Thalwände des Weissbach- thals bis Bischofsrod zusammensetzt. Ueber dem Röth, der von der Verwerfung auf der Höhe an ein flaches Einfallen nach dem Werrathal, also nach Westen, annimmt, entblösst die Grube eine bis über 2 Meter mächtige Decke von Lehm, den ich einstweilen als Geschiebelehm bezeichnen will. Etwa 200 Schritte südlicher ist der Lehm in vollständig gleicher Beschaffenheit noch mächtiger aufgeschlossen und zeigt folgende Zusammensetzung: 2 Meter 5 Meter In einem vorherrschend gelben, blau marmorirten, fetten Lehm (Blocklehm, L des Profils), der sehr spärlich mit unbewaftfnetem Auge sichtbare Quarzkörner einschliesst und keine Spur von Schichtung zeigt, sind ganz zerstreut Linsen, Schmitzen und Bänder eines sehr gleichmässigen, ziemlich groben Sandes (Flusssand, $ des Profils) eingeschlossen, die niemals eime grössere Dicke, aber zuweilen eine beträchtliche Länge erreichen können und immer scharf von dem Lehm abgetrennt sind. In diesem feinen Material, Sand und Lehm, liegen regellos nuss- bis kopfgrosse, allseitig abgerollte weisse (uarze, selten Porphyre und andere Gesteine vom Thüringer Wald, ferner Sandsteine, die bis 11/; Kubikmeter Inhalt erreichen können, hin und wieder abgerollt, grösstentheils aber nur etwas stumpf- kantig und wohl auch noch ganz scharfkantig sind. Die Lagerungs- weise der grossen Blöcke ist sehr auffällig, da dieselben gar nicht selten, allen Gesetzen der Schwere Hohn sprechend, auf der schmalsten Fläche ruhen... Sie zeigen mitunter Schrammen und 172 H. ProsscaotLpr, Ueber eine Diluvialablagerung vielfach glatte Flächen. Einmal wurde auch als Einschluss in dem Lehm eine Scholle Letten beobachtet, die zweifellos aus dem Röth herstammt. Ganz gleiche Aufschlüsse bieten die Lehmgruben auf der rechten Seite des Weissbachthals. | Die Entstehung dieser Ablagerung zu erklären, ist in zwei- facher Hinsicht schwierig. Zunächst ist das Neben- und Mitein- andervorkommen von Sand und Lehm befremdend, es kommt in den Diluvialstraten des Werrathales sonst nie vor, sondern sie sind stets der Lagerung nach scharf geschieden. Ferner ist die Vergesellschaftung der Kiesel- und Porphyrgerölle mit den wenig oder gar nicht abgerollten, weit weicheren Sandsteinblöcken nicht ohne Weiteres zu erklären. Die ersteren stammen ohne Zweifel aus dem oberen Werrathal, die letzteren haben eine zweifelhafte Herkunft, wie später zu berichten ist. Fragt man nun nach der Entstehung dieser Ablagerung, so lässt sich nicht verkennen, dass hier eine überaus grosse Aehnlich- keit mit Grlacialbildungen vorliegt, eine Aehnlichkeit, die durch mehrere Umstände noch verstärkt wird. Das den Lehm unter- lagernde Röth zeigt auf der Höhe der ersten Lehmgrube an der Berührungsfläche sehr auffällige Quetschungen und Stauchungen, wie sie wohl ein Gletscher hervorbringen könnte. Weiterhin ist zu bemerken, dass zur Zeit der Entstehung der unteren Diluvial- terrassen des Werrathales und noch später, wie aus der Fauna hervorgeht, ein weit kälteres Klima als heute geherrscht hat, dessen mittlere Jahrestemperatur während derselben Zeit für das Main- thal SANDBERGER ') zu ungefähr 3,50 R. angiebt. Für das Werra- thal könnte man dem entsprechend 1,5—2° R. annehmen. Nach EmmricH ?) haben sich auf der unteren Diluvialterrasse im Werra- thal und tiefer gefunden: Zähne und Knochenreste des Klephas primigenius beim Eisenbahnbau unfern Hildburghausen, Backen- zähne desselben bei Belrieth, ferner beim Grundgraben für die ) Ueber Ablagerungen der Glacialzeit und ihre Fauna bei Würzburg. Ver- handlungen d. phys.-med. Gesellschaft zu Würzburg, Bd. XIV, S. 12. ?) Realschulprogramm, Meiningen 1873, 8. 16. bei Themar im Werrathal. 173 Kaserne in Meimingen und bei dem zum Militärhospital; Trümmer vom Schädel eines Urstiers in der Lehmgrube neben der Chaussee zwischen Untermassfeld und der Salzbrücke, unfern auch im Durchschnitt der Meininger-Kissinger Bahn das obere Ende vom Geweihe eines Edelhirsches. Dazu kommt als interessantester Fund das Geweih vom Rennthier, Cervus tarandus, das ebenfalls beim Grundgraben für das Militärhospital gefunden wurde. Man könnte also mit emiger Wahrscheinlichkeit an die Ueber- reste der Moräne eines Gletschers denken, der von den Buntsand- stembergen östlich von Bischofsrod, die heute noch bis 685 Meter Meereshöhe erreichen, in das Werrathal bei Themar sich vorschob, vielleicht die Richtung des heutigen Weissbachthals einhaltend, in dem zwischen der heutigen Thalweite und dem Wassergehalt des durchrinnenden Baches ein Missverhältniss vorzuliegen scheint. Der Gletscher würde dann das Transportmittel für die grossen Sandsteinblöcke abgegeben haben, er würde ferner die ältere, also höhere Diluvialterrasse, von der Reste noch heute erhalten sind, z. Th. zerstört und die Kiesel- und andere Gerölle tiefer getragen haben, und auch die Bildung von Sand und Lehm im oben er- wähnter Neben- und Zwischenlagerung würde erklärlich werden, ebenso wie die Quetschungen der Röthschichten und die Schrammen und glatten Flächen der grossen Sandsteine. Aus Thüringen sind bis jetzt nur von 2 Orten Spuren ehe- maliger Vergletscherung bekannt geworden. Nach DATHE!) kommen solche im Frankenwald vor, was allerdings PEnok ?) bestreitet, und BORNEMANN ®) beschreibt Gletscherwirkungen aus der Umgegend von Eisenach. In neuerer Zeit ist man gegen die Deutung mancher Bildungen als glaciale vorsichtig geworden und hat neben glacialen auch pseudoglaciale unterscheiden gelernt. Es wäre zu prüfen, ob die besagte Ablagerung bei Themar zu den letzteren gehört. !) Zeitschr. d. Deutsch. geol. Ges. 1881, S. 710. Jahrb. d. k. preuss. geol. L.-A. für 1881, S. 317. 2) Pseudoglaciale Erscheinungen. Ausland, 1884, S. 644. ») Jahrb. d. k. preuss, geol, L.-A, für 1883, S. 403—409, 174 H. Proescnorpr, Ueber eine Diluvialablagerung Zunächst könnte man, wie bereits früher gesagt, an Eluvial- bildung denken, vielleicht derart, wie sie nach TSCHERNYSCHEW, KRASNOPOLSKI und KARPINSKI an dem westlichen Abhang des Urals längs der Entblössungen der artinskischen Etage hinzieht'). Allein die petrographische Natur des Lehms und des Sandes bei Themar schliessen vollständig die Annahme aus, dass sie aus Verwitterung des Röths hervorgegangen sind. Und auch die unmittelbare Nähe des Sandsteins erklärt das Vorkommen der Sandsteinblöcke nicht in eluvialem Sinn, da dieselben nur in dem Lehm über dem Röth stecken, sich aber durchaus nicht auf dem durch die Verwerfungen begrenzten Sandsteinrücken finden. Ebenso wenig vermag die Auffassung der betreffenden Ab- lagerung als Deltabildung oder Schuttkegel eine befriedigende Erklärung zu geben. Der Geschiebelehm zieht sich rechts und links rechtwinklig auf die Richtung des Weissbachthals noch fast l Kilometer weit an der rechten Flanke des Werrathales hin; man müsste also bei dieser Ausdehnung eine Sonderung des Materials nach der Schwere erwarten. Diese ist aber nicht vorhanden. Einige Aehnlichkeit mit der Diluvialablagerung bei Themar besitzt das Gebirgsdiluvium im Eulengebirge, wie es STAPFF?) aus der Gegend zwischen Obertannhausen und Charlottenbrunn schildert. Aber weit geht diese nicht, da das letztere Schichtung zeigt und vorherrschend sandige Bildung ist. Trotzdem möchte ich an eine echt glaciale Bildung bei Themar nicht glauben. Die Schrammen und glatten Flächen der Sand- steinblöcke sind nach meinem Dafürhalten als mehr oder minder verwischte Rutschflächen oder Harnische anzusehen °), die sich ja auf Sandstein in dislocirten Gebieten häufig vorfinden. Die Pressungen und Faltungen des Röths sind mit grosser Wahrscheinlichkeit der Nähe der Verwerfung zuzuschreiben. Wenn eine echt glaciale Bildung vorläge, so könnte man erwarten trotz ) Nisırın: Die Grenzen der Gletscherspuren in Russland und dem Ural- gebirge, Prrermanv’s Mittheil. 1886, IX, 268. 2) Jahrb. d. k. preuss. geolog. L.-A. für 1883, S. 542. 3) Ganz unzweifelhafte Harnische sind auf mehreren Sandsteinblöcken beob- achtet worden. bei Themar im Werrathal. 175 der Intensität der Erosion, dass in der Umgegend noch weitere Spuren ehemaliger Gletscher sichtbar würden. Es hat sich aber bis jetzt nichts Weiteres gezeigt. Obwohl also die Indicien in hohem Grad für glaciale Ent- stehung der Ablagerung sprechen, so dürfte dieselbe doch wohl nur als pseudoglaciale Erscheinung aufzufassen sein ; sie ist wahrschemlich entstanden durch ein zufälliges Zusammenfallen mehrfacher Factoren, Bergsturz, Wildwasser, vielleicht darf man auch an einen Transport durch Flusseis denken. Ich hofte, auf die Genesis der Ablagerung nochmals zurückkommen zu können, wenn weitere Aufschlüsse und Beobachtungen nach der oder jener Seite hin irgend welche Klärung gebracht haben. Vielleicht kann aber einer der norddeutschen Collegen, die mit so grossem Scharfsinne an der Klärung der norddeutschen Glacialbildungen gearbeitet haben und reiche Erfahrungen besitzen, eine befriedigende Erklärung geben. Zum Schlusse möchte ich noch bezüglich der Verbreitung und Ausdehnung der Ablagerung die sonderbare, vielleicht nur zufällige Thatsache hinzufügen, dass die Ostgrenze derselben fast genau zusammenfällt mit der Verwerfung, die im Profil über die Höhe läuft. Meiningen, im April 1887. Ueber die Gneissformation am Ostabfall des Eulengebirges zwischen Langenbielau und Lampersdorf. Von Herrn E. Dathe in Berlin. Ueber die Hauptresultate der geologischen Aufnahmen im Eulengebirge und insbesondere über diejenigen, welche die Gneiss- formation betreffen, konnte in den letzten Jahren in diesem Jahr- buche mehrfach von mir berichtet werden. Zwei Mittheilungen behandelten die Gmeissformation am Westabfall des Gebirges, nämlich erstens in der Gegend von Hausdorf !) und zweitens am Westabfall der hohen Eule?); in einem dritten Berichte?) wurden die Ergebnisse der Kartirung am Ostabfall des Eulengebirges hauptsächlich in dem nördlich von Langenbielau gelegenen Ge- birgstheile zusammengefasst. In den folgenden Zeilen soll über den weiteren Fortgang der Aufnahmen der Gmeissformation, welche den südwärts vom vorigen, nämlich den zwischen Langenbielau und Lampersdorf gelegenen Theil an der Ostseite des Gebirges bildet, hiermit Rechenschaft abgelegt werden. Die Mittheilungen werden sich darauf beschränken, die Gneisse und die übrigen Gesteine der Gneissformation nach ihrem Hauptcharakter und ihrer Verbreitung zu schildern, wobei im Allgemeinen petrographische Details, die in besonderen in Vor- 1) Jahrb. d. Kgl. preuss. geol. Landesanstalt für 1882, S. XLV—XLVI. 2) ibid. für 1884, S. LXXUI— LXXIV, 3) ibid. für 1885, S. LXVI— LXXI. E. Darur, Ueber die Gneissformation ete, fr bereitung begriftenen Abhandlungen ihre Erledigung finden sollen, zu vermeiden sein werden; dahingegen soll der Versuch unternommen werden, mit Hülfe von Profilen und einer Structur- karte den ziemlich verwickelten Gebirgsbau in der in Rede stehenden Gegend genau zu beschreiben. Zum näheren Verständniss der geologischen Verhältnisse unseres Gebiets, das die im Text beigefüste Tafel orographisch vollständig wiedergiebt und den südöstlichen Theil der Section Langenbielau darstellt, mag, wie frühere Berichte darthun, erwähnt werden, dass die Grmeissforınation des Eulengebirges in die Ab- theilung der Zweiglimmergneisse und in die der Biotitgneisse sich gliedert. Im mittleren Theile des Gebirges, dem Hohen Eule- gebiete, und auch weiter südlich sind an der Westseite desselben die Zweiglimmergneisse verbreitet, während an seimem Ostabfall die Biotitgneisse herrschend sind; aber schon im Hausdorfer Ge- biete greifen die ersteren Gneisse auf ziemlich weite Erstreckung über den Gebirgskamm, und zwar östlich bis nach Steinkunzen- dorf über und verbreitern sich südwärts in unserem Districte nach Osten zu immer mehr, während die Biotitgneisse in gleicher Weise sich verschmälern und südlich der Oberförsterei Lampers- dorf im eigentlichen Eulengebirge verschwinden, um weiter ost- wärts, zum Theil von Diluvium bedeckt, an Verbreitung zu ge- winnen. Die Grenzlinie zwischen beiden Gneissabtheilungen, deren Eintragung in die Texttafel erfolgte, verläuft in unserem Gebiet in h. 9. Bei der Abtrennung wurde die Grenze zwischen beiden Gesteinen dorthin gelegt, wo heller Glimmer (Muscovit) nur spurenhaft oder gar nicht mehr vorkommt, also der dunkle Magnesia- olimmer denselben gänzlich verdrängt hat und allein das Glimmer- mineral im Gmneiss repräsentirt. Bei Anwendung dieses Trennungs- prineips sind naturgemäss in der östlichen Grenzregion der Zwei- elimmergneisse mehr oder minder starke Einlagerungen von Biotit- gneiss in demselben eingeschaltet. Die Ausscheidung dieser Lager gszone zwischen beiden Hauptabtheilungen der Gneisse schien jedoch nicht angezeigt, weil im ersten Falle oder einer Uebergan ein dichter Schwarm von nicht sicher verfolgbaren Einlagerungen Jahrbuch 1556 2 178 E. Darnz. Ueber die Gmeissformation zu verzeichnen gewesen wäre, anderenfalls aber eine einheitliche Uebergangszone wegen schwankender Ausbildung oder wegen des oft gänzlichen Verschwindens der Biotitgneiss- Einlagerungen in bestimmten Strichen nicht durchführbar war. Wenn man lediglich die petrographische Ausbildung der beiden Gneissabtheilungen im Gebiete zwischen Langenbielau und Lampers- dorf in Betracht zieht, so sind beide zunächst durch das überaus zahlreiche Auftreten von Einlagerungen der Amphibolite und Serpentime ausgezeichnet; denn von ersterem Gesteine wurden 225 Lager und von letzterem 23 Vorkommnisse kartırt. Für die Gmeissformation des Eulengebirges neu hinzugekommen sind die höchst interessanten Gesteine der Gabbrogruppe, die als linsen- förmige Einlagerungen im Biotitgneiss aufzufassen sind; ferner wurden als für unser Gebiet neu eine Anzahl von Granulitvor- kommnissen nachgewiesen. In der Abtheilung der Zweiglimmergneisse wurden karto- graphisch nur die Augengneisse ausgeschieden; eime Ausschei- dung anderer Structurabänderungen der Gneisse wurde aber nicht }>>} durchgeführt; von den letzteren besitzen namentlich flaserige und breitflaserige Zweiglimmergneisse eine weite Verbreitung, während die grobflaserige Varietät die Augengneisse im Hangenden und Liegenden stets begleitet oder aber in bestimmten Horizonten die Fortsetzung derselben bildet. Letzteres Verhältniss findet namentlich an der lüitsche, im östlichen Theile des Knauerberges bis über den Höhlergrund hin statt. Den Augengneissen kommt derselbe Charakter wie den auf Section Rudolfswaldau und auf der Nordwestecke der Section Langen- bielau bei Hausdorf zur Ausbildung gelangten Lagern zu, deren Fortsetzung von der Ascherkoppe an sie auch bilden. Von den Gaul- kuppen an ziehen sich die 30— 50 Meter mächtigen Lager der Augen- gneisse über den Schlegelberg bis zum Glasegrund in einem zusammenhängenden Zuge hin. Von hier aus über die Ritsche und den Knauerberg fehlt ihre Fortsetzung. auf welcher Strecke sie, wie bereits bemerkt, durch grobflaserige Zweiglimmergneisse vertreten werden: doch erscheinen sie in derselben Richtung noch- mals am rechten Gehänge des Höhlergrundes in einem kleinen, am Ostabfall des Eulengebirges etc. 179 nur wenige Meter mächtigen und kurzen Lager, das gleichfalls von grobflaserigen Zweiglimmergneissen umgeben wird. Keinem bis jetzt bekannten Zuge der Augengneisse ist vorläufig das Lager, welches an der nordöstlichen Abdachung des Mittelberges in der Nähe des »Grossen Lochs« beginnt und in fast ostwestlicher Richtung über das Thal des »Kleinen Lochs« bis an das Südende der Section Langenbielau bis jetzt verfolgt wurde, zuzuweisen. Ebenso lassen sich die beiden Lager am Böhmsberge und am gneiss nicht Eichelsberge mit bekannten Vorkommen von Augen in Beziehung bringen. Noch verdienen die Graphit führenden Zweiglimmergneisse des Gebietes, die meist kaum 1—2 Meter mächtige Lagen bilden, einer kurzen Erwähnung; dergleichen Lager wurden im Hohlwege, der zum Weigelsdorfer Plänel führt, bei Punkt 697 der General- stabskarte, sowie an mehreren Punkten am Knauerberge und am Mittelberge aufgefunden. Die Granulite, deren Vorkommen ım Lampersdorfer Forst am Blockhause, am Burgberge, südlich des Schlegelberges und am @Querberge nachgewiesen werden konnte, sollen in einem be- sonderen Aufsatze in diesem Jahrbuche, in welchem gleichzeitig noch andere Fundorte dieses Gesteins aus dem Eulengebirge zu berücksichtigen sind, behandelt werden; deshalb mag eine Be- schreibung derselben hier unterbleiben. Die Amphibolite, welche in grosser Zahl in deu Gneissen lagerartig auftreten, lassen sich in feldspathführende und feldspath- freie trennen; sie besitzen zwar keine scharfe zonale Verbreitung, doch lässt sich für unser Gebiet die Thatsache feststellen, dass senden Ä > grösste Häufigkeit im unmittelbaren Han sie einerseits ihre und Liegenden der Augengneisszone erreichen, andrerseits gern in der Nachbarschaft der Serpentine erscheinen; mit denselben vergesellschaften sie sich aber oft so innig, dass sie entweder direct im Hangenden und Liegenden derselben vorkommen, wie am rechten Gehänge des »Kleinen Lochs« oder auch die unmittelbare Fortsetzung der Serpentinlager im Streichen bilden; letzteres Verhältniss ist an mehreren Lagern am linken Gehänge des Rothen Wassergrabens zu beobachten. 12 * . E. Darur, Ueber die Gneissformation nd joe) oO Das Auftreten der Amphibolite in der Umgebung der Augen- gneisse ist an folgenden Lokalitäten besonders bemerkenswerth: nämlich an den Gaulkuppen, am Schlegelberge und Fuchsberge; die an der Ritsche und im mittleren Theile des Knauerberges zahlreich anzutreffenden Amphibolitlager liegen in der südöstlichen Fortsetzung der vorigen; sie sind an die dort entwickelten grob- flaserigen Zweiglimmergneisse, welche daselbst die Vertreter der Augengneisse sind, gebunden. An mehreren Orten, so namentlich am Rothen Wasser, nördlich des Querberges und zwischen Flaserberg- und Sonnenkoppe sind zahlreiche Lager schwarmartig im Zweiglimmergneisse angehäuft. Von den 25 Serpentinlagern, welche im Kartengebiet, also im südöstlichen Theile der Section Langenbielau auftreten, entfallen allein 20 auf die Abtheilung der Zweiglimmergneisse. In ihrer Ver- breitung lässt sich eine gewisse zonale Anordnung erkennen. So konnten im nördlichsten Theile des aufgenommenen Bezirks von der Sonnenkoppe bis über den Flaserberg fünf Lager von meist schiefrigem, schwärzlich-grünem Serpentin nachgewiesen werden, die in der Richtung NW-SO sich folgen und ihre Fortsetzung in den fünf am Rothen Wassergraben kartirten Serpentinlagern finden. In derselben Linie weiter nach SO zu gehört Serpentin zwar zu den Seltenheiten, doch zählt das Lager am Glasegrund und bei den Brandhäusern demselben Horizonte zu. Ein anderer Serpentinzug mit fünf einzelnen Lagern beginnt am Kalkhau, setzt über den Nassen Weg nach dem Mittelberge (drei Lager) fort und überschreitet das Thälchen des Kleinen Lochs. Sein ziemlich ostwestlicher Verlauf entspricht der dortigen Gneiss- schichtung, die im Durchschnitt N 750 W beträgt; seine Fort- setzung wurde in derselben Richtung auch weiter südlich des Karten- gebietes festgestellt. Strahlsteinschiefer stehen mit manchen Serpentinen in schwachen Lagen, welche oft nur durch zahlreiche Bruchstücke angedeutet werden, in Verbindung; in dieser Be- ziehung sind die Lager bei den Brandhäusern, am Glasegrund, an den Wolfsgruben, am Rothen Wassergraben und am Schmiedehau besonders erwähnenswerth. am ÖOstabfall des Eulengebirges etc. 181 In der Abtheilung der Biotitgneisse herrschen vorzüglich die breitflaserigen und grobflaserigen Varietäten vor; weniger häufig sind die feinschieferigen Biotitgneisse, die sich in der Regel durch Reichthum an Fibrolith, zum Theil auch an Graphit aus- zeichnen; sie haben ihre Hauptverbreitung am Schulzenberge, den Krähennestern, am Hopfenberge und am Katzenkamme bei Neubielau gefunden. Die grobflaserigen Biotitgneisse gehen ebenso wie die grobflaserigen Zweiglimmergneisse durch Aufnahme von oft mehrere Centimeter grossen Feldspäthen, die zwischen den dicken Gneiss- flasern porphyrisch vertheilt sind und von denselben augenartig umschlossen werden, in Augengneisse, denen selbstverständlich der Muscovit mangelt, über. Auf einige kleinere Lager von Biotit- Augengneiss, welche im nördlichen Eulengebirge namentlich am Geierstein bei Wüstewaltersdorf entwickelt sind, hat F. M. Starrr!) die Aufmerksamkeit gelenkt; es ist interessant, dass diese Gneissvarietät auch im südlichen Theile des Gebirges in zahl- reichen und grösseren Lagern zur Ausbildung innerhalb der Biotit- gneisse gelangt ist. Von derselben sind drei Lager an der Hocke bei Neubielau vorhanden; ferner tritt ein Lager bei der RKothen Mühle, das be- sonders grosse und zahlreiche Feldspäthe in augenartigen Ein- sprenglingen führt, auf; ein schmales, höchstens 10 Meter mächtiges, aber circa 1000 Meter langes Lager von Biotit- Augengneiss be- sinnt am Sauberge und setzt über den Härtelberg bis zum Eichels- berge fort. Die Amphibolite nehmen an Zahl in diesem Striche der Biotitgneisse im Allgemeinen ab, obwohl sie nirgends vollständig fehlen; an etlichen Punkten, namentlich an der Ameisenlehne, am Eichelsberge und unterhalb der Rothen Mühle sind sie in vielen, zum Theil mächtigen und langen Lagern angehäuft; auch sie sind theils feldspathführend, theils feldspathfrei; Granat stellt sich als Gemengtheil in beiden, sowohl in den feldspathführenden als auch in den feldspathfreien Amphiboliten mitunter ein. Das 1) Dieses Jahrbuch für 1884, S. 620. 182 E. Darum, Ueber die Gneissformation durch einen Steinbruch erschlossene und durch seine grossen augenartigen Rutileinsprenglinge, die zum Theil in Titanit umge- wandelt sind, bekannt gewordene Amphibolitlager am Eichelsberge fällt bereits in den Bereich der Biotitgneisse. Das Vorhandensein von Serpentinen ist in diesem Districte auffallend gering; es fanden sich nur zwei, aber grössere Lager bei Neubielau, und zwar eins am Hopfenberge und das andere am Katzenkamme. Ein nicht geringes wissenschaftliches Interesse beanspruchen die Gesteine der Gabbro-Gruppe, welche in den Biotitgneissen bei Neubielau aufzefunden wurden. Aus den Aufschlüssen im Neu- bielauer Thale ergiebt sich, dass sie linsenförmige Lager im Gneisse bilden. Die elf bekannt gewordenen Vorkommen von Gabbro sind am Schulzenberge, an den Krähennestern und an beiden Gehängen des Neubielauer Thales vertheilt. Nach dem gegenwärtigen Stande meiner Untersuchungen lassen sich diese Gesteine den Gabbros im sächsischen Granulitgebiet und am Hohen Bogen im baierischen Waldgebirge an die Seite stellen, ausserdem sind ihre Beziehungen zu den Amphiboliten des Eulengebirges nicht zu verkennen. Die unzweifelhaft zur Gabbrogruppe zählenden Gesteine sind durch ein schieferiges bis flaseriges Gefüge ausgezeichnet, seltener besitzen sie eine mehr oder weniger massige Structur. Ihr mine- ralischer Bestand ist Plagioklas, Diallag, Olivin, Hornblende, und als Erzgemengtheile führen sie Magnetkies und Titaneisen. Der Diallag ist besonders in den flaserigen Gesteinsvarietäten schichtig und augenartig vertheilt. In Verbindung mit dem erö en ke} N ssten Gabbrolager findet sich an der Südseite des Schulzenberges Forellenstein, der aus Olivin, Diallag, hellbrauner Hornblende, Plagioklas, Chromit, Titaneisen und Magnetkies besteht. Der Olivin, welcher den Hauptgemeng- theil des Gesteins ausmacht, ist von seltener Frische und nur hin und wieder hat an ihm die Serpentinisirung begonnen; er enthält zahlreiche und ziemlich grosse Oktaöder von Chromit (Picotit) eingesprengt. Der Plagioklas umgiebt in schmalen am Östabfall des Eulengebirges etc, 183 Ringen die Olivinkörner: er ist stark umgewandelt, und dieser Zustand desselben dürfte auf eine dem Anorthit nahe kommende chemische Zusammensetzung schliessen lassen. Weeren seiner Frische und seiner geologischen Vergesellschaftung mit flaserigem Gabbro ist der Forellenstein vom Schulzenberge den seltensten und interessantesten Vorkommen dieser Felsart beizuzählen. Gangbildungen im Gneissgebiet. Von den im Gmeissgebiet gangförmig aufsetzenden Gesteinen sind durch ihre grosse Zahl die Peematite im erster Linie als bemerkenswerth hervorzu- heben; sie sind theils von nicht grosser Erstreckung und geringer Stärke und sind alsdann als pegmatitische Trümer zu bezeichnen, theils sind sie von beträchtlicher Länge und grösserer Breite. Diese, oft bis 5 Meter mächtigen Gänge sind zum Theil sehr arm an Feldspath, Turmalin und Glimmer und bestehen vor- herrschend aus einem splittrigen weissen Quarz, so dass man sie fast als Quarzgänge bezeichnen könnte. Solche Pegmatite finden sich am Fuchsberge und Schmiedehau im Lampersdorfer Forst und sind auf der Structurkarte einge- tragen und mit Q bezeichnet worden. In den Pegmatiten an der Ostseite des Böhmsberges sind vielfach erbsengrosse Granaten ein- ematit, welcher gesprengt; ferner ist dem an Turmalın reichen Peg am Nassen Weg, westlich vom Mittelberge, in grossen Blöcken an die Oberfläche tritt, ein amorphes hellgrünes Mineral, dessen genauere Bestimmung noch aussteht, aber nach seinen chemischen Eigenschaften dem Killinit nahe steht, eingesprengt. In der Umgebung des Schlegelberges, der Gaulkuppen, an der Hocke und am Knauerberge führen die Pegmatite bei Vor- herrschen des Quarzes in ziemlicher Menge und in bis wallnuss- grossen Butzen und bis 1 Centimeter starken Streifen dunkel- grünen Chlorit; solche chloritische Massen treten aber auch in bis mehreren Centimeter starken Trümern selbständig im Gmeiss oder Amphibolit auf. Ihre Anwesenheit ın den pegmatitischen Trümern wirft ein helles Licht auf die Entstehung sämmtlicher Pegmatite im Gmeissgebiet des Eulengebirges; ihre Bildung auf wässrigem Wege wird durch die Vergesellschaftung von Quarz und Feldspath mit Chlorit unzweifelhaft bekundet. 184 E. Darue, Ueber die Gneissformation Als Vertreter der Erzgänge im Gneissgebiet sind einige Baryt- gänge zu nennen, die im Lampersdorfer Viehgrunde aufsetzen. Der eine ist durch bergmännische Versuchsarbeiten, bei welchen inan namentlich auf die Gewinnung von reinem Schwerspath aus- ging, durch emen kleinen Schacht und einen kurzen Querschlag erschlossen worden. Der am nördlichen Thalgehänge in nordsüd- licher Richtung verlaufende Gang gelangt auf ca. 120 Meter zum Ausstrich und erreicht eine Mächtigkeit bis zu 1,5 Meter. Schurf- arbeiten haben ergeben, dass er sich nach NW zu allmählich auskeilt und schwache Quarztrümer in seiner Verlängerung sich einstellen. Nach den vorhandenen Beobachtungen kann man gleich- falls mit Sicherheit annehmen, dass die Mächtigkeit des Baryt- ganges sich nach der Teufe zu verhältnissmässig schnell verringert, so dass er, wie auch die übrigen Barytgänge des Gmeissgebietes, den Charakter der Pegmatitgänge besitzt, also allseitig nur geringe Erstreckung aufweist. Die Gangmasse besteht aus einem grob- blättrigen, weisslichen Schwerspath, dessen Reinheit durch einge- sprengte Partikelchen von Brauneisen beeinträchtigt wird; die Gangmitte enthält silberhaltigen Bleiglanz in meist nur einige Millimeter starkem Streifen; nur zuweilen schwillt das Erz zu kurzen linsenförmigen und kopfgrossen Massen an. An den Sal- bändern stellt sich meist in einer Stärke von 1 Centimeter grauer hornsteinartiger Quarz ein, in dessen Drusenräumen kleinste Quarz- kryställchen der einfachsten Combination sich angesiedelt haben. Der Gang besitzt sonach ganz den Charakter und die wenig günstigen Eigenschaften der Silberberger Gangformation, zu welcher man ihn stellen kann, weil er auch ziemlich in die geradlinige Verlängerung des Mannsgrunder Ganges fällt. Etliche Hundert Meter thalabwärts ist auf der südlichen Thalseite gleichfalls ein ziemlich nordsüdlich streichender Barytgang durch ein altes Schurf- loch erschlossen und in Bruchstücken noch ein Stück südwärts ver- folgbar; ferner sind Spuren von Barytgängen am Schmiedehau, südwestlich des Blockhauses und weiter nördlicher am Wildzaun aufgefunden worden; der erstere kann wohl als Fortsetzung des am Schmiedehau aufsetzenden und nordsüdlich streichenden Quarz- ganges aufgefasst werden. Auch im Wildpark von Langenbielau am Östabfall des Eulengebirges ete. 185 finden sich am rechten Gehänge des Tiefengrundes kopferosse Bruchstücke eines blätterigen Baryts, die ein schwaches Baryttrum daselbst anzeigen. Eine vermittelnde Stellung zwischen diesen Vertretern von Erzgängen und den Pegmatiten nehmen einige Gänge ein, deren Gangmasse aus ziemlich fein zerriebenem Gneissmaterial, das durch ein quarziges Bindemittel verkittet ist, besteht; sie sind zu den Brecciengängen zu stellen. Ein solcher Gneissbreeciengang ist in 1 Meter Stärke südlich der Oberförsterei Lampersdorf auf mehrere Hundert Meter Länge zu beobachten; während ein anderer ebenso mächtiger am Waldwege, der zum Weigelsdorfer Plänel führt und nördlich vom Rothen Wassergraben liegt, ansteht. Lagerungsverhältnisse der Gneissformation. Zum Zweck einer einigermaassen verständlichen Beschreibung der ziemlich verwickelten Lagerungsverhältnisse der Grneissformation in dem angegebenen Gebiet sind von mir eine Structurkarte und einige Profile entworfen und hier beigegeben worden. Es verlohnt sich wohl zum Verständniss derselben und zur Beurtheilung ihres Werthes einige erläuternde Bemerkungen über beide, vornehmlich über die erstere, vorauszuschicken. Das auf der Karte berücksichtigte und dargestellte Gneissareal hat einen Flächeninhalt von ca. 43 Quadratkilometern; es umfasst somit den Raum von 4 Quadratmeile. Nun ist aber dasselbe in vollstem Sinne des Wortes ein Waldgebiet; deshalb könnte man wohl annehmen, dass wenig Anhaltspunkte zum Entwerfen eimer solchen Karte in Felsen und sonstigen natürlichen und künst- lichen Entblössungen, welche über die Schichtenlage der Gesteine zu orientiren vermöchten, vorhanden seien, zumal von den 59 Streich- und Fallrichtungen, die E. KALKowsKY seiner Zeit im Eulengebirge aufgenommen hat und in seiner Schrift!) anführt, nur 6 auf unser specielles Gebiet entfallen. Durch eine genaue Spectalkartirung, wie solche der Maassstab 1:25000 der Messtischblätter ermöglicht, gelangt man darüber zu anderen Resultaten und Anschauungen. !) Die Gmeissformation des Eulengebirges, 8. 57—68. 186 E. Darue, Ueber die Gneissformation Unser Gebiet ist orographisch reich gegliedert; ihm gehört noch der hohe Gebirgskamm, der in der Sonnenkoppe (952 Meter), dem Sonnenstein (962 Meter), der Ascherkoppe (856 Meter), dem Schmiedehau (820 Meter) etc. seine grössten Erhebungen aufweist, an. Zahlreiche und tiefe Thäler haben sich am Ostabfall in das Gebirge in nordöstlicher oder ostwestlicher Richtung eingeschnitten und erreichen mit ihren Anfängen fast den Gebireskamm, von welchem wie Aeste langgestreckte Bergrücken in nordöstlicher oder rein östlicher Richtung sich abzweigen. An ihren meist steil geböschten Gehängen, seltener auf ihren langgezogenen Rücken ragen die Gneisse und ihre Einlagerungen in nicht wenigen Fels- köpfen und Felsriffen hervor. Bei der topographischen Aufnahme des Messtischblattes sind Felsen nur im emigen Strichen und zwar am rechten Thalgehänge in Neubielau, am Rothen Wassergraben und auf dem Sonnenstem eingezeichnet worden; ihre Zahl beträgt ungefähr 20. Eine bei weitem grössere Zahl, nämlich 400 Felsen, habe ich genau, soweit meine Hülfsmittel dies gestatteten, in die topographische Karte bei der geologischen Kartirung des Gebiets noch nachtragen können. Ebenfalls nicht unbeträchtlich ist die Zahl von Beobachtungen, welche an Wegen und Wasserrissen angestellt werden konnten, so dass weit über 500 Beobachtungen beim Entwerfen der Structurkarte zur Verfügung standen und benutzt werden konnten. An allen diesen Punkten wurde die Schichtenlage der Gesteine gemessen, und sind die Resultate von mir notirt worden. Eine weitere und wesentliche Hülfe für die Construction der Schicht- linien gewährten ingleichen die zahlreichen Lager von Augen- gneissen, Amphiboliten, Granuliten und Serpentinen, deren Zahl sich im Kartengebiet auf 260 beläuft. Viele Structurlinien fallen streckenweis mit dem Verlauf solcher Einlagerungen zusammen und da die Erstreckung der letzteren zum Theil recht ansehnlich ist, gewann die Genauigkeit der ersteren ungemein an Schärfe. So sind beispielsweise die Structurlinien, welche von den Gaul- kuppen über den Schlegelberg, den Fuchsberg bis zum Glasegrund verlaufen, nach der Verbreitung des 1,5 Kilometer langen Lagers am Östabfall des Eulengebirges etc. 187 von Augenomeiss daselbst gezogen worden; in gleicher Weise konnte das Augengneisslager, das bei 1 Kilometer Länge vom Sauberge über den Härtelberg bis zum Vorderen Eichelsberge reicht, sowie das ca. 150 Meter lange Lager an der Hocke und das annähernd 1 Kilometer lange Lager desselben Gesteins am Mittelberge benutzt werden. Auch zahlreiche Amphibolitlager, die zuweilen eine be- trächtliche Längenausdehnung, so am Schlegelberge und an der Ameisenlehne bis 1 Kilometer Länge erreichen, liessen sich mit Vortheil bei der Construction der Karte verwenden. Für die Festlegung von Spalten und Störungslinien erwies sich die Eintragung der im Gebiet vorhandenen grösseren, ver- folgbaren Gänge von nicht germgem Werthe. Der Maassstab der Structurkarte ist 1:50000; die Manuscript- karte, deren topographische Grundlage das Flussnetz, die Haupt- wege und die Namen der Bergrücken des Messtischblattes bilden, wurde bei der Herstellung durch Zinkographie photographisch auf die Hälfte reducirt und so vorliegende Karte gewonnen. Die Profile erscheinen in doppelter Grösse der Karte, sind also im Maassstab 1:25000 gezeichnet. Bei der nun folgenden speciellen Beschreibung der Lagerungs- verhältnisse empfiehlt es sich, das Kartengebiet in mehrere, durch ihren verschiedenen Aufbau leicht unterscheidbare Theile zu zer- legen und dieselben gesondert zu betrachten. Drei solcher Ab- schnitte lassen sich in demselben unschwer erkennen. Der nörd- lichste Antheil reicht nach S bis zum Thale des Rothen Wasser- grabens; daran schliesst sich der mittlere, welcher zwischen der vorigen Linie und dem ostwestlich sich erstreckenden Thale des Höhlergrundes und des Grossen Lochs liegt; der dritte und kleinste Theil umfasst das Gebiet, welches von der vorhergenann- ten Linie bis zum Südrand der Karte reicht. Wir beginnen mit der Schilderung des Aufbaues der mittle- ren Gebirgspartie, weil sie auch Aufschluss über die Lagerungs- verhältnisse der beiden übrigen gewährt und zugleich das Ver- hältniss in der Lagerung der Zweiglimmergneisse zu den Biotit- gneissen dadurch festgestellt werden kann. An der Hand des 188 E. Darue, Ueber die Gneissformation \Bıelau / un, i Vor Lampersdorf ou‘ xy 4 /) % il , ih II / ah \ N Zu Di 0 | F | \\ 7 Brandhäuse g2 Ba d Zweiglimmer- Biotitgneiss. Quarz- und Barytgänge. Diluvium. gneiss. Pegmatit-Gänge. Maassstab 1: 50000. am Ostabfall des Eulengebirges ete. 189 entworfenen und hier folgenden Profils, das in ostwestlicher Rich- tung, bei der Oberförsterei Lampersdorf im O beginnend, über den Burgberg, den Steingrund bis über den Schlegelberg gelegt wurde, wird dieser Zweck wohl am leichtesten erreicht. Oberförsterei Lampersdorf 696 m Schlegel-B. Steingrund 602m Burg-B. 460 m = \ ! ı H \ n \ ' ı \ ! N ! ! \ j { ! ı 1 m NEE RRRARZN Lau EL gb 87 grl gna Biotitgneiss. Zweiglimmer- Gramulit. Augengneiss. Amphibolit. gneiss. Maassstab 1:25000. Von der Oberförsterei an bis zum mittleren Abhang des Burg- berges herrscht flaseriger Biotitgneiss (gb). In diesem Striche fehlen gute Aufschlüsse; dagegen erhält man durch einen unmittel- bar nördlich am linken Gehänge des Burggrundes vorhandenen und westlich von der Weissen Mühle gelegenen Hohlweg ge- nügend Auskunft über die Lagerung; die Gneisse daselbst streichen N 450 W und fallen 75° gegen SW ein. Man kann annehmen, dass in dem gegenüber liegenden Theile des Burgberges dieselbe Stellung der Gmneissschichten vorhanden ist. Die ersten anstehen- den Felsen an der rechten Burggrundseite streichen N 650 W und sind mit 750 wegen SW weneigt; sie stellen zugleich den Uebergang zwischen den beiden Gneissabtheilungen her; es ist deshalb die Grenze zwischen den letzteren unmittelbar östlich der Felsköpfe gezogen worden. Gleiche Lagerung besitzen die aus breit- und grobflaserigem Zweiglimmergneiss (22) bestehenden, östlich der Burgruine gelegenen Felsen; sie streichen N 40% W und fallen mit 50% gegen SW ein; dagegen besitzen die nördlich davon, also tiefer am Abhang auftretenden Felsen ein Streichen N 60°W und ein Fallen 650SW. Der Zweiglimmergneiss über- 190 E. Darne, Ueber die Gneissformation lagert demnach den Biotitgneiss gleichförmig; dasselbe Verhältniss herrscht zwischen beiden Gmeissabtheilungen auch am Böhmsberge und Eichelsberge. Verfolgt man das Profil weiter nach W, so trifft man an den von der Burgruine circa 100 Meter westlich anstehenden Felsen dasselbe Streichen, aber schwächeres Fallen, nämlich 35 — 40° gegen SW; auch schwache Windungen machen sich an den Gneissschichten bemerklich. Westlich des Punktes 602 der General- stabskarte ist an den dortigen Felsen eine von der vorigen ab- weichende Lagerung erkennbar; sie streichen N 20° O und fallen mit 35° gegen SO ein. Nimmt man hierzu noch die Schichten- lage einiger Felsen am Nordgehänge des Burgberges, zwischen der Burgruine und dem Punkte 602 gelegen, welche O-W streichen und flach nach S einfallen: so ergiebt sich, dass die Zweiglimmer- oneisse auf dieser Strecke zu einer Mulde zusammengeschoben te) sind. Die weiter nach W folgenden Zweiglimmergneisse und die ihnen eingeschalteten Augengneisse (gna) und Amphibolite (h) fallen, kleine locale Abweichungen können nicht in Betracht kommen, sämmtlich, wie das Profil lehrt, gegen OÖ ein. Man darf sie daher als zum Westflügel der genannten Mulde gehörig betrachten. Ihr Streichen und Fallen ist überall ziemlich über- einstimmend, es beträgt das erstere durchschnittlich N 40 — 450 W und das letztere 50—60°% NO, wie die zahlreichen Aufschlüsse an der Chaussee, in der Burggrundhölle und am Schlegelberge be- weisen. Im ganzen mittleren Gneissgebiet gelangt der Muldenbau zur Geltung. Die Muldenlinie, welche in die Structurkarte eingetragen wurde, verläuft vom Burgberg über den Fuchsberg und die Ritsche nach S, kehrt sich aber vom höchsten Punkt des letz- teren Berges um 30—35° nach O und behält die Richtung SSO bis zum südlichen Abhange des Knauerberges bei; nördlich des Burgbergs wendet sie sich plötzlich stark nach W und be- rührt in ihrem NNW-lichen Verlaufe den westlichen Abhang des Böhmsberges, das nordöstliche Gehänge der Gaulkuppen, den mittleren Theil des Querberges und endigt zwischen den Quellen des Rothen Wassers und des Ascherlochs in einem waldigen, an am Ostabfall des Eulengebirges etc. 191 Felsen armen Gebiete. Sowohl südlich als auch nördlich des Burg- berges nehmen die Gneissschichten im Innern der Mulde bald eine steile, sogar saigere Stellung an; weshalb das Mulden-Innere nicht nur sehr schmal, sondern auch als Fächer erscheint. Die steile “ächerstructur, die im südlichen Gebiet beiderseits der Mulden- linie in einer Breite von 400 bis 500 Meter anhält, verflacht sich allmählich nach W und nach O um 20-—- 30°, so dass auch die dem Muldenrande näher liegenden Schichten immerhin eine steile, mindestens 60 — 700 betragende Neigung aufweisen. Die Breite der beiden Muldenflügel ist in diesem Striche annähernd gleich gross und berechnet sich ungefähr auf 1,2 Kilometer. Im nördlichen Theile der Mulde ist die Stellung der Schichten in beiden Flügeln auch in der Nähe der Muldenränder in der Reg Schichten der Biotitgneisse am Ostabhange des Böhmsberges und el steiler als in ihrem südlichen Theile. So nehmen die am Eichelsberge mehr und mehr eine ganz steile bis saigere Lage 850 gegen O resp. NO. Es schliesst sich demnach an die Mulde ein an, kippen bald nach OÖ um und zeigen ein Fallen von 75 steiler Sattel oder ein umgekehrter Fächer an. Dass bei diesem Wechsel Verwerfungen eime mehr oder minder bedeutende Rolle spielen, dafür liegen verschiedene Beobachtungen und Anzeichen vor, deren Darlegung weiter unten erfolgen soll. ‚Je weiter man nach N vorschreitet, je mehr verbreitert sich der Ostflügel der Mulde; er misst oberflächlich auf der Linie Weigels- dorfer Plänel-Hocke circa 2 Kilometer. In gleicher Weise nimmt aber der Westflügel an Breite ab, indem seine nordwestlich der Gaul- kuppen ausstreichenden äusseren Schichten weiter nach N zu saiger sich stellen, und schliesslich in die entgegengesetzte Richtung, näm- lich nach SW umschlagen. Von dieser Umkehrung werden nördlich des Weigelsdorfer Plänels, also zwischen den Quellen des Rothen Wassers und des Ascherloches, auch die innersten Schichten des Westflügels betroffen; — die Mulde hat mit dieser Wendung ihre Endschaft erreicht; denn von hier aus besitzen alle nordwestwärts verfolgbaren Schichten die Neigung der Schichten des Ostflügels und fallen demnach auch nach SW ein. Wir sind somit unmit- telbar in das nördlich angrenzende Kartengebiet, dessen Lagerungs- W. 192 E. Darur, Ueber die Gneissformation verhältnisse in den folgenden Zeilen zu betrachten sind, geführt worden. Vom Gebirgskamme nach O zu breitet die Abtheilung der Zweiglimmergneisse sich noch circa 2 Kilometer aus; in diesem Striche herrscht das Generalstreichen NNW — SSO und ein SSW-Fallen. Diese Thatsache wird durch em Profil, das vom Punkt 491 im oberen Kohlgrund (der Name dieses zwischen Quer- koppe einerseits und den Krähennestern und dem Schulzenberge andererseits nach NW sich erstreckenden Thales konnte wegen der zahlreichen Details der Structurkarte daselbst nicht in die- selbe eingetragen werden) über den Flaserberg nach dem Sonnen- stein gelegt wurde, vollkommen bewiesen. Sonnenstein Flaser-B. Kohlgrund 962 m S00 m 002 491m By | | | 1% ER, rr | | KR INNERES ' | B2 & N aan } | Ss >37 I; LS ; / } Zn 12 / VIZETT sh 82 h Ss Biotitgneiss. Zweiglimmer- Amphibolit. Serpentin. gneiss. Maassstab 1:25000. Die Felsen des breitilaserigen Zweiglimmergneisses am nord- östlichen Abhange des Flaserberges, westlich vom Punkt 602 des Profils und der Karte streichen N 600 W und fallen mit 80° gegen SW ein. Nach W zu verflachen sich die Schichten, die aus einem vielfachen Wechsel von Amphiboliten (h) und Zweiglimmer- oneiss bestehen, bis zum höchsten Punkt des Flaserbergs ein wenig; denn ihr Fallen beträgt 60— 75° gegen SW. Auch zwischen Flaser- berg und Sonnenstein hält dieselbe Schichtenlage an, obwohl die mit zwei Serpentinlagern (s) und zwei Amphibolitlagern (h) in am Östabfall des Eulengebirges etc. 193 Wechsellagerung sich befindlichen Zweiglimmergneisse bei etwas gewundenem Verlaufe ihrer Schichtung mehr nach W wewendet erscheinen, wie das Streichen N 65 —750W beweist. Gleiche Lagerungsverhältnisse, wie längs dieses Theils des entwickelten Profils herrschen, sind auch südlich desselben, nämlich am Ascher- kamm und Bärenkamm anzutreffen; auch nördlich der Profillinie, im Striche bis nördlich zur Kornetkuppe und westlich bis zur Sonnenkoppe lässt sich im Allgemeinen die gleiche Lagerung der Zweiglimmergmeisse beobachten, wenngleich auch Abweichungen von der regelmässigen Schichtenstellung in beiden Gebieten nicht zu den Seltenheiten gehören und diese auf Verwerfungen, seltener auf blosse Faltung zu beziehen sind. Am Ostende unseres Profils zeigt die nach W gerichtete Schichtenstellung ebenfalls eine durchgreifende Aenderung; denn bei Punkt 491 besitzen die dorti Zweiglimmergneiss zwar noch angehören, aber den Uebergang in gen Gmeiss-Felsen, welche dem den weiter ostwärts verbreiteten Biotitgneiss unverkennbar her- stellen, bei stark gewundenem Schichtenbau ein mittleres Streichen von N400Ö und ein Fallen von 50 — 60° gegen SO, während die ersten, in gerader Linie 175 Meter östlich beobachtbaren Felsen des Biotitgneisses bei fast reinem nordsüdlichen Streichen flach nach W einfallen. Diese abweichende Lagerung lässt sich nur erklären, wenn man hier aufsetzende Verwerfungen zu Hülfe nimmt. Die Hauptstörungslinie fällt mit dem Verlaufe des Kohl- grundes, der sich fast in seiner ganzen Erstreckung auf derselben, wie später zu erwähnende Beobachtungen erkennen lassen, einge- schnitten hat, augenscheinlich zusammen. Eine zweite Verwerfung scheint die erste zu übersetzen und die zuerst erwähnten Felsen des Zweiglimmergneisses zu berühren, sie streicht fast rein nord- südlich und dokumentirt sich bereits oberflächlich am Südwest- gehänge der Krähennester durch eme von N nach S verlaufende enge Schlucht; ihr Vorhandensein wird aber auch durch die Neigung der Schichten, welche die westlich von der Thalschlucht und 250 Meter nördlich von den Felsen der Zweiglimmergneisse anstehenden Felsköpfe aufweisen, — letztere streichen N — S und fallen steil nach O ein, — angezeigt. Jahrbuch 1886. 15 194 E. Darus, Ueber die Gmeissformation Durch diese beiden Verwerfungslinien, zu welchen sich wahr- scheinlich eine dritte ostwestlich streichende und mit dem Neben- thale zusammenfallende gesellt, wurden die Gmeissschichten aus ihrer normalen nach W geneigten Lage gebracht; eim Theil der- 5, > > selben wurde als keilförmige Scholle (siehe das Profil) abgeschnitten und in sich zusammengestaucht, während ein anderer Theil an der westlichsten Verwerfungsebene zur Tiefe gezogen, gefaltet und ist und nach O gekehrt wurde. So stark nun auch die Faltung die damit verbundene Zerreissung gewesen sein muss, so scheinen beide auf die Gmeissschichten doch nicht intensiv weit westwärts eingewirkt zu haben, denn an den westlichen Felsen bei Punkt 491 der Karte ist zwar noch Faltung im Fallen der Schichten zu er- kennen, letztere sind aber auch bereits deutlich nach W weneigt. Eine andere Verwerfung, die ebenfalls im Profil eingezeichnet wurde, tritt 450 Meter westwärts der letzten Felsen auf; daselbst aufragende Felsriffe mit abweichender Lagerung begründen ihr Vorhandensein, das auch durch mehrere schluchtenartige Einschnitte im Terrain an- gedeutet wird. Man kann an der angenommenen Störung drei Ver- werfungslinien ziemlich gut unterscheiden; die eine ostwestlich streichende Kluft setzt im oben genannten Nebenthale auf; die zweite tritt von NW her an dieselbe heran und geht der grossen Kohlgrunder Verwerfung parallel, während die dritte von der ersten in nord- südlicher Richtung abspringt und mit der zweiten bei Punkt 491 aufsetzenden Kluft gleichsinnig zu verlaufen scheint. Da für das Auftreten der ersteren weniger deutliche Anzeichen vorliegen als für das der beiden letzteren, so erfolgte nur die Eintragung dieser in die Structurkarte. Der gänzliche Mangel an Felsentblössungen auf dem Rücken und dem südlichen Abhange der Querkoppe ver- hindert es, diese Verhältnisse noch genauer darzustellen. Wie im mittleren Gebiete unserer Karte, so fallen auch im nördlichen die Biotiteneisse anfänglich nach W ein und unter- teufen die Zweiglinmergneisse, wie am nordwestlichen Abhange des Schulzenbergs zu beobachten ist; freilich wird dieses normale Lagerungsverhältniss durch die zahlreichen in der Grenzregion beider Gmeissabtheilungen auftretenden Verwerfungen im Bereiche des Kohlgrundes mehr oder weniger verdeckt. Eine Folge dieser und am ÖOstabfall des Eulengebirges etc. 195 anderer Dislocationen ist wahrschemlich auch die Umkehrung der Biotitgneissschichten in das O- resp. NO -Fallen, das sich bald ein- stellt und bis zum Ostabtall des Gebirges anhält. Mit dem Wechsel im Fallen steht auch eine Aenderung im Schichtenverlauf in Ver- bindung. Die an beiden Gehängen des Neubielauer Thales noch N 50 — 60% W streichenden Gmeisse und ihre Einlagerungen wenden sich in ihren Schichten zwischen dem Hopfenberge und Tiefengrunde mehr nach N und weisen ein Streichen von N 40 — 30% W bei steilem Fallen (70—80° NO) oder saigerer Stellung auf; dasselbe biegt sogar nördlich des Tiefengrundes bis zu N 20° W um. Im dritten und südlichsten Abschnitte unseres Kartengebiets weicht der Gebirgsbau von dem des nördlich angrenzenden und bereits beschriebenen mittleren auffallend ab. Während am Knauer- berge bis zu dessen südlichem Abhange die Zweiglimmergneisse und Amphibolite eine fast NNW-Iiche Richtung im Streichen ein- halten, ist diese Lagerung nur am gegenüberliegenden, also rechten Gehänge des vorderen Höhlergrundes zu beobachten; dagegen greift an demselben Gehänge plötzlich und zwar von dem zwischen Lampersdorfer und Raudnitzer Forstrevier am Tischlerhau südlich verlaufenden Grenzthälchen an eine auf jene nahezu rechtwinklig verlaufende Streichungsrichtung Platz, die nach W zu bis zum Gebirgskamme zu verfolgen ist. Zahlreiche Beobachtungen an den im Bachbett des Höhlergrundes und im Grossen Loch, sowie am Mittelberge und am Grünen Wer anstehenden Felsen lehren, dass das Streichen der Gmneisse daselbst durchgängig N 750 W bis O— W bei steilem (70 — 800) Einfallen nach S beträgt. Es liest auf der Hand, dass dieser rasche Wechsel m der fe) Schichtenlage von zwei gleichen und direct an einander grenzen- den Gebirgstheilen nur infol: ge eimer Abtrennung des südlichen vom nördlichen, also durch eine Verwerfung erklärt werden kann. Die Richtung der Hauptverwerfung fällt mit dem Thale des Grossen Lochs und des Höhlergrundes zusammen und streicht demnach ziemlich ostwestlich (N 800 W); sie liegt nicht direct in der gegenwärtigen Thalsohle, sondern ist vielmehr an dem linken Thalgehänge, m einer Entfernung von 50 — 100 Metern aufwärts, 13* 196 E. Darum, Ueber die Gmneissformation von der erstern zu suchen. Durch diese höchst bedeutende, vor- läufig auf 2,2 Kilometer Länge nachgewiesene Verwerfung wird der westliche Flügel der Mulde der Zweiglimmergneisse im S ab- geschnitten. Die abgerissene Scholle, deren südliche Ausdehnung durch specielle Aufnahme noch nicht ermittelt werden konnte, sank hierbei zur Tiefe und erfuhr dabei eine solch starke Drehung, dass sie in ihrer gegenwärtigen Lage, wie erwähnt, nahezu recht- winklig zu den stehen gebliebenen Gneissschichten gestellt erscheint. Der Betrag der Niveauänderung der abgesunkenen Scholle lässt sich nicht abschätzen, noch viel weniger ziftermässig berechnen, weil so festliegende Horizonte wie in den Flötzformationen der Gmeissformation überhaupt fehlen; immerhin aber kann man be- haupten, dass diese Verwerfung nach ihrer Länge und nach der Grösse der muthmaasslichen Sprunghöhe zu den grössten im Grneiss- gebiet des Eulengebirges zählt. Beinahe an ihrem Östende wird die Hauptverwerfung von einer zweiten, fast nordsüdlich (N 10° 0) gerichteten Kluft, die dem Thälchen am Tischlerhau folgt, übersetzt; denn während bis zu dem letztern Ostwest-Streichen herrscht, zeigen die direct öst- lich desselben anstehenden Felsen das Streichen N 60° W und ein Fallen von 60° nach SW. Kleinere Störungslinien springen von derselben nach N zu ab und sind am Südabhang des Knauer- bergs durch breceienartige, graphithaltige Gesteinsbruchstücke ge- kennzeichnet und durch diese, sowie die Gestaltung des Terrains verfolgbar. — Verwerfungen und Spalten. Bei der Beschreibung des all- gemeinen Aufbaus der einzelnen Gebiete geschah der Ver- werfungen bereits an mehreren Stellen Erwähnung, nament- lich musste ihrer bei Betrachtung des südlichen und nörd- lichen Theiles schon ziemlich eingehend gedacht werden. Um jedoch den allgemeinen Ueberblick nicht zu verlieren, konnte eine Anzahl von Verwerfungen in den emzelnen Gebieten noch nicht in den Kreis der Erörterung gezogen werden. Ebenso fehlt noch eine Darlegung über ikre Vertheilung und Anordnung innerhalb des Kartengebiets im Allgememen. Schliesslich fand sich noch am Östabfall des Eulengebirges etc. 197 keine Grelegenheit, der Gänge und ihres Verhältnisses zu den Ver- werfungen zu gedenken. Wenn es ausser Zweifel steht, dass die Gmeissformation auf der ganzen Erde den Charakter geschichteter Formationen be- sitzt, — eme Thatsache, die für ihre Genesis von grosser Be- deutung ist, aber dafür nicht allem maassgebend sein kann, — so erscheint die Annahme gerechtfertigt, dass die ursprüngliche Lagerung ihrer Schichten horizontal war. Bei der Faltung der Erdrinde wurde diese Schichtenlage stark beeinflusst, sodass die Schichtenreihen mancher Grneissgebiete eine mehr oder minder starke Aufrichtung erfahren haben. Eine solche bedeutende Ortsverände- rung, wie sie auch im Eulengebirge stattgefunden hat, konnte selbstverständlich nicht ohne Zerreissungen der Schichten in ver- schiedener Richtung abgehen; Klüfte und Spalten entstanden und wurden zum Theil mit Mineralmassen erfüllt. Im Gebiete der Karte bestehen die Trümer und Gänge vorherrschend aus Baryt oder Quarz oder endlich aus Pegmatit und danach sind Baryt-, (Juarz-, und Pegmatitgänge unterschieden worden, denen sich noch gewisse Gmneissbreceiengänge anschliessen, während Eruptiv- gänge fehlen. Die Klüfte, welche an keiner Gneissentblössung vermisst werden, durchschneiden die Schichtung unter den verschiedensten Winkeln; in der Regel sind zwei Hauptrichtungen der Klüfte zu erkennen, von welchen die eine die Schichtung nahezu rechtwinklig oder querschlägig, die andere aber unter stumpfem resp. spitzem Winkel oder spitzeckig triftt. Der Hauptklüftung verlaufen in bestimmten Strichen des Gebirges sowohl die Gänge und Gangtrümer als auch die Hauptverwerfungslinien parallel. Die Längserstreckung der Gänge gewährt deshalb oft den ersten und einzigen Einblick über die Richtung der Hauptspalten und Verwerfungen. Aus diesem Grunde sind auch die durch ihre Längserstreckung und Mächtigkeit ausgezeichneten Gänge mit dem Charakter von Verwerfungslinien in die Structurkarte eingetragen worden, obwohl es nicht immer möglich ist zu erweisen, dass sie wirklich auf einer Verwerfungsspalte abgesetzt wurden. 198 E. Darus, Ueber die Gneissformation In ihrer Richtung zeigen alle die grösseren Gänge unsers Gebiets eine auffallende Uebereinstimmung; sie verlaufen entweder direct von N nach S, wozu die meisten Gänge, so der grösste Barytgang im Lampersdorfer Viehgrund, der Pegmatitgang am Fuchsberge, der Brecciengang zwischen Rothem Wasser und Ascherloch zählen, oder sie weichen höchstens 15° oder 30° nach OÖ oder W von der Nordsüdlinie ab. Zu dieser Reihe sind die übrigen in der Karte eingetragenen Gänge, sowie der grösste Theil der Pegmatittrümer zu stellen. Wenn auch für viele dieser Gänge nicht direct zu beweisen ist, dass sie zugleich einer Ver- werfung angehören, so begründet die Beschaffenheit der Gang- masse bei zwei Gängen diese Stellung an und für sich. Es sind die beiden Brecciengänge bei der Oberförsterei Lampersdorf und am Rothen Wassergraben; sie wurden beide in der Karte gleichfalls mit dem Buchstaben Q bezeichnet. Längs dieser beiden Gang- spalten muss eine intensive Bewegung und Verschiebung der Gneissschichten stattgefunden haben, infolge deren die angrenzenden Schichten zermalmt und das fein zerriebene, durch Quarz nach- träglich verkittete Material in Form eimes Ganges in der Spalte angehäuft wurde. In der entgegengesetzten, mehr oder minder ostwestlichen Richtung sind gar keine Gänge von einigermaassen bedeutender Länge und Mächtiekeit bekannt geworden, wie auch nur verhält- nissmässig wenige Gangtrümer in dieser Richtung im Kartenge- biet zur Entwickelung gelangt sind. Diese Wahrnehmung ist um so auffallender, da gerade die hervorragendsten Verwerfungen und Spalten der Ostwestrichtung folgen. Der grössten im Höhlergrunde verlaufenden Verwerfungs- linie ist bereits oben gedacht worden. Im mittleren Karten- gebiet sind gleichfalls eine Anzahl dieser Richtung angehöriger Spalten beobachtet worden. So verläuft der vorigen eine Ver- werfung im oberen Lampersdorfer Viehgrunde parallel, welche die daselbst aufsetzenden, nordsüdlich streichenden Barytgänge durch- quert und wahrscheinlich auch verwirft. In gleicher Richtung erstreckt sich die an der Ostseite des Böhmsberges eingezeichnete Sprunglinie, welche jedenfalls bei einer ziemlich späten Faltung am Östabfall des Enlengebirges ote. 199 und Verschiebung der dortigen Gmneissschichten, infolge deren sie aus der steilen nach W geneigten Lage gebracht und nach O gekehrt wurden, entstanden ist. Zwei andere Ostwestspalten muss man nach der Schichtenlage am Glasegrunde annehmen. Eine viel bedeutsamere Rolle spielen die Spalten und Ver- werfungen dieser Richtung im nördlichen Kartengebiete. Mit genauer Abschätzung der Sprunghöhe (75 Meter) konnte eine im Seifersgrunde bei Langenbielau aufsetzende Ostwest - Ver- werfung festgelegt werden. Hier werden sämmtliche Gmneiss- schichten und das daselbst auftretende hälleflintartige bis felsit- ähnliche Gestein um diesen Betrag, wie sich namentlich durch letzteres Gestein constatiren lässt, verworfen. Derselben Spalte verläuft eine andere am Hopfenberge constatirte mit annähernd gleich grossem Verwurfe parallele Viel bedeutender jedoch ist die Sprunghöhe, welche die im Thale bei Neubielau vor- handene Störungslinie aufweist; denn jenes hälleflintartige Gestein, das am äussersten Ostende des Katzenkammes in Begleitung von Serpentin auftritt, liegt mindestens 300 Meter westlicher als sein letzter Ausstrich am Hopfenberge erwarten lässt. Mit dieser Verschiebung stehen mehrere andere Spalten in Verbindung; die eine setzt vom Neubielauer Thal in nordwestlicher Richtung über den Hopfenberg fort; die andere schlägt von demselben Punkte ausgehend eine nördliche Richtung ein. Durch letztere (hypo- thetische) Linie wurde ein Abbrechen der an der Oberfläche drei- seitig begrenzten Scholle und ein Versinken des Ostendes derselben in die Tiefe möglich, wodurch auch das Verschwinden des hälleflintartigen Gesteins am linken Thalgehänge erklärt wird. Allem Anscheine nach zählt die ostwestliche Verwerfung im Neubielauer Thale zu den grössten im Gebiete, weil sie nicht nur nach W bis zum Bärengrunde, sondern auch wahrscheinlich durch denselben bis ins Ascherthal (bisher im Volksmund »Bettelweih« genannt) fortsetzt. Ihr Vorhandensein im Bärengrunde lässt sich, weil daselbst Aufschlüsse, namentlich am Südgehänge der Quer- koppe mangeln, nicht sicher beweisen. Dagegen ist sie im Ascher- thale unzweifelhaft vorhanden, wo sie streckenweise als mit Rutsch- flächen bedeckte Kluft sichtbar ist und aus dem verschiedenen 200 E. Darus, Ueber die Gneissformation Streichen der Gneisse an den beiderseitigen Thalgehängen mit Nothwendigkeit gefolgert werden muss. Am rechten Gehänge gs das Streichen N40%°W bei 50-609 SW-Fallen, während am linken Gehänge gegenüber die Schichten- ar in N—S-Streichen bei 15° west- ©: beobachtet man anfan stellung sehr wechselt und so lichem Fallen übergeht. Weiter thalaufwärts, jenseits einer am rechten Gehänge nach S verlaufenden Schlucht stellt sich an diesem bei ostwestlichem Streichen und südlichem (70%) Fallen eine andere Schichtenlage ein, die jedoch am linken Thalgehänge, wo die Schichten N 50 —60° W-Streichen und mit 75° nach SW fallen, nicht Platz greift. Nach diesen Beobachtungen darf ınan daselbst unbedenklich eine Verwerfung annehmen. Theils nordsüdlich theils nordwestlich verlaufende Spalten, die dort mit kleinen Thälchen zum Theil zusammenfallen, schneiden die Haupt- störungskluft mehrfach. Sie gehen einer Anzahl grösserer Spalten und Verwerfungen parallel, die am Bärengrunde, am Bärenkamme, am Kreuz und zwischen Eichelsberg und Querberg und den- selben Richtungen folgen. Auch im Tiefengrunde machen sich ostwestliche Störungslinien, von welchen nach N und S Spalten abspringen, bemerklich; durch letztere treten sie, wie die Karte lehrt, mit dem Spaltensystem, das längs des Kohlengrundes ent- wickelt ist, in Verbindung. Die grosse Wichtigkeit der rein oder beinahe ostwestlich ver- laufenden Spalten und Verwerfungen bekundet sich in unserm Gebiete auch in ihrem Verhältnisse zur Thalbildung. In diesen Richtungen finden die Niederschläge im Gebirge ihren Abfluss, und ım Laufe der Zeit haben sich nach und nach tiefe Thäler, zum Theil bis zum Gebirgskamm reichend, eingeschnitten; sie sind nach dem herrschenden Schichtenbau Querthäler und da sie zum Theil zugleich den Spalten- und Verwerfungslinien, die im Vorstehenden aufgeführt wurden, gefolgt sind und sich auf ihnen vertieft haben, so kann man sie auch als Spaltenthäler bezeichnen. Die Längsthäler erlangen in unserem Gebiete nach ihrer Grösse keine Bedeutung; ihnen zählen die nordsüdlich sich erstreckenden und in die Hauptthäler einmündenden Nebenthälchen zu; dass am Ostabfall des Eulengebirges ete. 201 ihre Richtung auch theilweise durch vorhandene Spalten vorge- zeichnet wurde, ist selbstverständlich. Nach der vorangehenden Darstellung gelangt man zu dem Resultat, dass im Kartengebiet eine nordsüdliche und eine ost- westliche Hauptrichtung im Verlauf der Spalten und Verwerfungs- linien maassgebend ist, von denen die letztere die Gebirgsschichten meist querschlägig, die erstere dagegen hauptsächlich spiesseckig trifft. Schliesslich darf die Bemerkung nicht unterdrückt werden, dass die im Gebiete aufsetzenden Spalten und Verwerfungen nur insoweit zur Darstellung und Beschreibung gelangt sind, als die ganze durch Aufschlüsse und Felsen ersichtliche Schichtenlage dazu berechtigte. Ein bei weitem grösserer Theil derselben ist verdeckt und konnte trotz sorgfältiger Untersuchung nicht festee- stellt werden, obwohl nach den bereits klargelesten Linien und den Gesetzen der Spalten- und Thalbildung ihre Existenz theils wahrschemlich, theils nothwendig wird. So nahe die Ver- suchung lag, diese hypothetischen Linien zu berücksichtigen, um mit deren Hülfe bestimmte Bruchzonen eintragen zu können, so ist doch auf eine derartige Combination und Construction ver- zichtet worden, um den Boden der thatsächlichen Beobachtung nicht allzu sehr verlassen zu müssen. An einzelnen Punkten, so zwischen Sonnenkoppe und Kornetkuppe, ist in dieser Vorsicht vielleicht zu weit gegangen worden; es hätte daselbst die Eintragung mehrerer Spalten, ohne der Natur Zwang anzuthun, noch erfolgen können. Eine endgültige Klarstellung dieser Verhältnisse kann indess besser bei der Beschreibung der Lagerungsverhältnisse des nördlich austossenden Gebietes gegeben werden. Der Versuch, unser Gmeissgebiet nach seinem Aufbaue in der geschehenen Weise zu schildern, regt noch zur Beantwortung folgender Fragen an: Setzen die Spalten und Verwerfungen aus dem Gmeissgebiet in das südlich und westlich anstossende Flötz- gebirge fort? Welches Alter besitzen die Spalten, und wann hat die letzte bedeutende Hebung des Gebirges stattgefunden? Da eine erschöpfende Beantwortung dieser Fragen erst nach 202 E. Darur, Ueber die Gmneissformation ete. der vollständigen Beendigung der Kartirung der Gmneissformation und der Flötzformationen im Bereiche des Eulengebirges möglich ist, mag auf diese Ziele hiermit hingewiesen werden. Es leuchtet aber ein, dass die Lagerungsverhältnisse der letzteren Formationen nicht vollständig zu verstehen sind, wenn der Gebirgsbau der Gmneissformation nicht genau studirt und entziffert wird. Die aufgewandte Mühe bei der Kartirung dieser Formation wird nicht allein unsere Kenntniss derselben und der krystallinischen Schiefer im Allgemeinen, sondern auch das Verständniss jener sedimentären Formationen wesentlich fördern. Ueber das Quartär im südöstlichen Rügen. Von Herrn M. Scholz in Greifswald. Das Eiland Rügen gehört seiner landschaftlichen Reize und seiner prähistorischen Bedeutung wegen zu den seit langer Zeit genannten und aufgesuchten Gegenden. Weniger sind seine geologischen Verhältnisse bekannt, wenngleich die Rügenschen Kreidefelsen auch in dieser Beziehung schon längst zu eingehenden Untersuchungen aufgefordert haben. Während aber auch diese, an der Ostseite zunächst auffallende Basis der Insel wenigstens seit Anfang dieses Jahrhunderts geologisch berücksichtigt zu werden begann, war die, die Erforschung des gesammten Quar- tärs so lange erschwerende Annahme, dass dasselbe ein wirres und regelloses Gemenge von Lehm- und Sandboden sei, bis in die neueste Zeit hinein auch für Rügen bzw. Pommern von Einfluss, wozu noch der Mangel an allen neueren topographischen Special- karten trat. Von den in verschiedenen Beziehungen interessanten Angaben der betr. Schriftsteller über Pommern und dessen geologische Ver- hältnisse aus den ersten Jahrzehnten dieses Jahrhunderts bis ın die neuere Zeit hinein sei zunächst hier nur Einiges vorausgeschickt, besonders, soweit dadurch das Quartär und die früheren An- schauungen über dasselbe berührt werden. Nachdem schon AD. v. CHAMISSO in seiner » Untersuchung eines Torfmoors bei Greifswald und ein Blick auf die Insel Rügen« (Sep.-Abdr. nach W. SCHULTZ, wahrscheinlich aus Karsten’s Archiv 204 M. Scnorz, Ueber das Quartär im südöstlichen Rügen. Bd. VIII, S. 136) kurze Mittheilungen über Arcona (ehemaliger Süsswassersee innerhalb des Burgwalles) und Stubbenkammer ge- geben, ist als ein auch die geologische Beschaffenheit von Rügen und damit die Quartärverhältnisse desselben berührender Autor J. J. GRÜMBKE!), zu nennen, welcher, indem er unter den »Natur- producten« von Rügen, B. I, Abschn. XI, S. 81 f., von den »Kalk- gattungen« als die einzige auf Rügen nur die Kreide von Jas- mund und Wittow neben der »Kieselgattung« des Feuersteins (»silex pyromachus«) erwähnt, als die übrigen (d. h. quartären) Gruppen dagegen Rasenerz, Steine (d.h. Gerölle) und Fossilien (Petrefacten), namentlich Belemniten, Echiniden und Terebrateln, die Petrefacten jedoch eigentlich nur »als Auswaschungsproducte am Strande und unter den Anschwemmungen des »Haflsandes« liegend«, hervorhebt. Er unterscheidet ferner noch ausser Sand, »welcher die Basis und das Fundament der Insel zu sein scheinte, und dessen Formen (Flug-, Well- und Strandsand, grober Kies und »Haffsand« und reiner Sand), den Thon, letzteren als Ziegelerde und Töpferthon, einschliesslich der, wohl als tertiär anzusprechenden Fayence-Erde von Hiddensee (richtiger Hiddens- Oe geschrieben), sowie den »>Sandmergel«, an welchen er, als eine besondere »Eisenochererde«, von rother oder braungelber Farbe, den »Ur oder Uhr«e anschliesst. — Als brennbare Mine- ralien endlich nennt er den Bernstein, »bei Stürmen aus Ost und Nordost an’s Land geworfens, und den Torf, »diese wahre Wohl- that für das holzarme Rügen«, der überall auf Rügen in den Niede- rungen und nicht nur in Moor und Sumpfgegenden, sondern auch an ganz trockenen Stellen »und sogar auf Anhöhen« gewonnen werde. In eingehenderer Weise findet man die geologischen Verhält- nisse von Rügen von W. ScHuLrz?) beschrieben. Die Kreide, als das geologisch Wichtigste für Rügen, wird von ihm schon specieller geschildert (S. 49—60) und durch Profile der Küste von 1) J.). Grünsse, Neue u. s. w. Darstellungen von der Insel und dem Fürsten- thum Rügen. Berlin 1819. 2) Wıruenat Scnurrz, Grund- und Anfrisse im Gebiete der allgem. Bergbau- kunde. Berlin 1823, S. 16 ft.. M. Scnonz. Ueber das Quartär im südöstlichen Rügen. 205 Jasınund erläutert. Auch er ist noch (S. 61) »mit einigem Grunde« anzunehmen geneigt, dass unter dem hügenschen Kreidegebirge unmittelbar, oder durch Thon, Mergel, Roggenstein und Kalk- schichten getrennt, Seesand vorkomme. — Feuersteinführenden Thon erwähnt er von fast allen Anhöhen und an allen steilen See- ufern der Insel und hebt die allgemeine Verbreitung des »Thon- und Leimen« gebirges auf Rügen hervor, dessen » Verwandtschaft« mit dem Kreidegebirge das häufige Vorkommen von Flint- und Kreidenieren in jenem und die häufige Einlagerung von Thon (mit Flintknollen vermengt) in die bedeutenderen Zwischenräume der Kreidepartieen, sowie, wenigstens auf Wittow, der sichtbare Wechsel beider Gebirgsarten das Meeresufer entlang (S. 50) und mit ihm ein »stockweises« Verhalten der letzteren beweise. Bereits wird die Unterlagerung des »gelben« Lehms von »blauem oder grauem merglichen Thon« mit Nieren von diehtem Thoneisenstein, 2. B. von LOBBE erwähnt (S. 61), wie überhaupt Thoneisenstein (»bis zu Centnerschwere«) oft, namentlich in grauem Thon, 7. B. am Nordpehrd bei Göhren von ihm beobachtet ist. Der »Mergelk, weil er als auf dem Grunde der Torfmoore z. B. in der Garwitz vor- kommend bezeichnet wird, ist indess wahrscheinlich alluvialer Wiesenkalk. Dass sämmtlicher » Leimen« und Thon, abzüglich der Verwitterungskruste Geschiebemergel sei, wusste man damals bei der überhaupt noch schwankenden Bestimmung des Begritis Mergel noch nicht zu unterscheiden. — Die Torfmoore, den Kasen- eisenstein (im Garten des Predigers von Sagard, in der >) Nähe des bereits seit 1790 bekannten Sagarder Gesundbrunnens a. a. OÖ. S. 62), den »bunten« Seesand und die »Greschiebe- formationen« als Bezeichnung für die vorkommenden zahlreichen Geschiebe, »deren Abkunft unbekannt ist«,. welche namentlich zwischen Putbus und dessen Umgebung und Bergen, sowie auf Jasmund, aber auch an den Küsten von Usedom und Wollin in der Form von Steinriffen sich entwickelt zeigen, hebt SCHULTZ auch für Rügen hervor, indem er überhaupt emleitungsweise in seiner Darstellung der allgemeinen Gebirgsverhältnisse in der Mark Brandenburg und Pommern (a. a. ©. S. 1) nächst den »Geschieben « für die Gebirgszüge Kiesel- und Titaneisen -Sandgebirge — 206 M. Scnorz, Ueber das Quartär im südöstlichen Rügen. Thongebirge — Alaungebirge — Braunkohlengebirge — Kalkge- birge (speciell dasjenige von Rüdersdorf und das an der Oder- mündung) — Gypsgebirge — Mergel (Sandmergel) und endlich Kreide und Feuerstein (Rügen) unterscheidet. Schärfere Auffassung und speciellere Gliederung finden wir bei v. OYNHAUSEN )). Oline auf seme Beschreibung der Gegend von Stettin, der Inseln Usedom und Wollin und des Festlandes von Neuvorpommern, für welche Gegenden bereits das allgemeine Streichen von NW-SO, die lveihenfolge der älteren Schichten bis zum (Juartär, sowie auch die Pommerschen Soolquellen (a. a. O. S. 280) berührt werden, hier näher eingehen zu können, will ich in Beziehung auf das Quartär aus OYNHAUSEN s Angaben hervor- heben, dass das letztere (5.278) überhaupt schon als diejenigen, über der in Pommern stellenweise, auf Rügen nur sehr wenig vor- kommenden Thon- und Braunkohlenformation liegenden, Schichten bezeichnet wird, welche aus Lehm, Sand und Gemischen beider, »die häufig mit Ralktheilen durchdrungen sind und dann Mergel genannt werdens, bestehen. »>Sie treten gleichmässig in Schleswig- Holstein, Mecklenburg und Pommern auf und scheinen, zum Theil wenigstens, einer Süsswasserbildung anzugehören, obwohl darin auch Schichten von Titansand vorkommen mögen«. Die Quartärverhältnisse von Hügen selbst sind mehr in topographischer Weise geschildert, und betonen namentlich für den südöstlichen Theil nur die lose Sandbedeckung auf Mönchgut mit dem Lehm und blauen Thon der Küste, sowie ähnliche Ver- hältnisse aus der Granitz, endlich die Jasnunder Quellen (S. 246); für Jasmund insbesondere wird das Streichen der Kreide von NW nach SO und deren Einfallen nach SW angegeben. Von den späteren Schriftstellern über Pommern, von denen GIRARD?) unser Gebiet nur in allgemeineren Zügen |[z. B. von 211 ff. und 262 #£.] behandelt, theilt zunächst v. d. BORNE?), und zwar nur vom Festlande, das Diluvium im ein älteres oder ) v. Oysuausen, Bemerkungen auf einer mineralogen Reise durch Vor- und Neupommern, Karsıen’s Archiv f. Bergbau, Bd. 14. 1827, 5. 227 ff. 2) Girarn, die norddeutsche Ebene. 1855. ®) Zeitschr. d. Deutsch. geol. Ges. 1857, Bd. 9, 8. 473. M. Scnowz, Ueber das Quartär im südöstlichen Rügen. 207 unteres (geschiebefreier Thon) und im ein jüngeres oder oberes (Lehm und Lehmmergel),. oft von Diluvialsand überlagertes, ein, macht aber zwischen dem grauen und dem gelbgefärbten keinen besonderen Unterschied. Von TH. GUMPRECHT!), WESSEL?), BEY- RICH ®), SADEBECK*#) u. A. werden hauptsächlich die Juraverhält- nisse an der Oder und bei Colberg bzw. von G. BERENDT?) das Liasvorkommen bei Schönwalde besprochen, nur E. BoLL®) giebt vom Gebiete des Flachlandes zwischen Elbe und Oder eingehendere Beschreibungen, die namentlich in den Reiseerinnerungen noch in Manchem specialisirt werden. Aber auch semer Auffassung nach hesteht das Diluvium ausser Geröllen überhaupt (S. 104) nur aus lose zusammengehäuften Massen von Sand, Lehm, Thon und Mergel mit zahllosen Felstrümmern aller älteren Formationen. Weniger der Gliederung dieses Diluviuns, namentlich seiner Unter- scheidbarkeit in oberes und unteres, als der geologisch allerdings schon damals werthvollen Beschreibung nach Abstammung, For- mation und Verbreitung der Gerölle, widmet er in Bezug auf das Quartär die Hauptbetrachtung. Nachdem ich selbst in zwei kleineren Abhandlungen 9, welche durch die nachfolgenden Seiten nach den gegenwärtigen Auffas- sungen modificirt werden, eine Beschreibung des Rügenschen Quartärs auf Wittow und andererseits auf Mönchgut im Vergleich mit den bis dahin über die Gliederung des Diluviunms vorhandenen Publicationen, jedoch ohne die erst mit Hülfe von neuen topo- graphischen Karten möglich werdenden Speeialaufnahmen versucht ) T. E. Gumereenr, zur geognostischen Kenntniss von Pommern. Karste’s Archiv für Mineralogie ete’ Bd. 20, 1846, S. 404. ?) E. Wesser, Juragebilde in Pommern, Zeitschr. d. Deutsch. geol. Ges., Bd. 6. 1554. >) E. Bryeıcn, Notiz über die baltischen Juragesteine. Eodem Bd. 13, S. 143, 1861. ) A. Sapnuecx, die oberen Jurabildungen in Pommern. Kod. Bd. 17, 8. 651, und: Jura in Pommern, Bd. 18, 8. 387. °) G. Berexor, Anstehender Jura in Vorpommern. Eod. Bd. 26, 8. S13. 6) E. Borı, Geognosie der deutschen Ostseeländer u. s. w., 1846. Die Insel. Rügen (Reiseerinnerungen), 1858. ”) M. Scnorz, Mittheil. a. d. naturhist. Ver. f. Neuvorpommern u. Rügen, Bd. 1, 8.57 u. Ba. Ill, S. 52. 208 M. Scnorz, Ueber das Quartär im südöstlichen Rügen. hatte, hat JonnstRUPp durch seine wichtige Arbeit !) den Anstoss zu anderweiter Auffassung des Gesammtgebietes in Bezug auf dessen Entstehung gegeben. Indem ich auf Jomsserup's Ausführungen hierüber verweisen muss, halte ich mit ihm die Annahme für die wahrscheinlichste, dass die Störungen bzw. Verwerfungen in der lügenschen Kreide hauptsächlich glacialer Natur, also durch den Eisdruck hervor- gerufen sind und dass sie zur Zeit des oberen Diluviums erfolgten, da die gestörte Kreide auf das untere Diluvinm geschoben er- scheint. Abgesehen von den von JOHNSTRUP nur auf Jasmund und Wittow beobachteten Verhältnissen ist über das Quartär des südöstlichen Rügens, während allerdings über manche, zu- nächst noch nicht genauer festzustellende Verhältnisse durch die Oo eo! Aufnahme auf den übrigen Inseltheilen Klarheit zu erlangen gehofft werden muss, Nachstehendes zu bemerken. Wenn schon namentlich über die geologische Stellung mancher Sande noch Zweifel herrschen können, so ist auch in der be- zeichneten Gegend, insbesondere auf Mönchgut die bekannte Zwei- theilung in Alluvium und Diluvium klar zu erkennen. Fasst man zunächst die unzweifelhaft als Diluvium anzusprechenden Ablage- rungen auf, so tritt die bisher beobachtete Gliederung in oberes und unteres Diluvium hier vielleicht deutlicher, als an anderen Orten hervor. Die Geschiebemergel spielen dabei, wie vorauszusehen, die Hauptrolle, die Sande, wenn schon in Bezug auf Verbreitung und Wichtigkeit die auffallenderen, stehen erst im zweiter Linie. — Der Geschiebemergel des unteren Diluviums ist auf Rügen eine durch Farbe und Lagerungsverhältnisse von dem des oberen sich deutlich abhebende Masse von trocken hellgrauer, feucht schwärzlich blaugrauer Färbung, welche in Folge der Oxy- dation nur selten einmal eine dunkelgelbbraune werden kann, wogegen, wie schon im Binnenlande ersichtlich, niemals umgekehrt, >) ') Jonssrrur, über die Lagerungsverhältnisse und Hebungsphänomen in den Kreidefelsen auf Moen und Rügen, Zeitschr. d. D. geol. Gesellschaft 1874, Bd. 26, S. 583. M. Scuorz, Ueber das Quartär im südöstlichen Rügen. 209 etwa durch Reduction des Eisenoxyds, sich der gelbe in blauen Mergel verwandelt. Der Geschiebemergel des oberen Diluviums hat sich überhaupt nicht etwa durch Oxydation aus ursprünglich blaugrauer zu ersterer Färbung herausgebildet. Auch nach ‚Jonn- strup selbst (a. a. OÖ. S. 548, Anm.) »darf eine andere, in der Nähe der Oberfläche vorkommende steinhaltige Thonart, die auch entweder gelb oder gelbgrün sein kann, aber gewiss jünger, als unser typischer Geschiebethon ist, hiermit (d. h. mit dem unteren D., Verf.) nicht verwechselt werden.« An vielen Stellen, z. B. am Nord-Pehrd bei Göhren, an der Südseite vom Gross-Zicker-Höwt, andererseits auch bei Lohme auf ‚Jasmund ist sogar eine scharfe Grenze zwischen beiden Mergeln zu beobachten, wo von einem ähnlichen, durch die Verwitterung bewirkten Uebergange, wie im oberen Diluvium von sandigem Mergel in sandigen Lehm nicht die Rede sein kann. Auch WAnx- SCHAFFE 1) ist im alten Küster'schen Kreidebruch bei Sassnitz über die Identität des graublauen Jasmunder Mersels mit dem unterdiluvialen Geschiebemergel der Mark nicht zweifelhaft gewesen. Dieser untere Mergel scheint sich ferner durch grösseren Reichthum an Geschieben auszuzeichnen, welcher letztere ziem- lich ins Auge fällt, zumal wenn man die colossalen Geschiebe- anhäufungen am Nord-Pehrd betrachtet, die zum grössten Theil aus dem hier vielleicht auf ganz Rügen am mächtigsten entwickelten unteren Diluvium entstammen, während das obere offenbar, aller- dings auch wohl, weil viel weniger mächtig, nur zum kleinen Theil beigetragen hat. Eine Charakteristik der Geschiebe ergiebt auch hier, wie überall, vorerst noch negative Resultate, da sowohl das untere, als das obere Diluvium Geschiebe derselben Art und zwar aus dem Grunde liefern müssen, weil die Gletscher, welche gewisse & anstehende Gesteine des Nordens und Nordostens zur alt-diluvialen Zeit aufarbeiteten, vermuthlich hierin über derselben Gesteinsart von den Gletschern des jüngeren Diluviums abgelöst wurden. Die auch im Binnenlande oft vorkommende Einschaltung von Sandschichten zwischen zwei Geschiebemergelschichten 1) Zeitschr. d. Deutsch. geol. Ges. 1882, Bd. 36, S. 595. Jahrbuch 1886. 14 210 M. Sonorz, Ueber das Qnartär im südöstlichen Rügen. tritt nicht blos im genannten Küstrr'schen Bruche, sondern auch am Briesnitzer Bach hervor, in welchen beiden Fällen der Sand wirkliche Schichtung zeigt. An der Mündung des Briesnitzer Baches und in dessen Nähe, namentlich südlich davon, — des- gleichen in der Nähe des etwas nördlicher davon in die Ostsee mündenden Kollikerbachs, an letzterer Stelle aber nicht so deut- lich, — liegt auf der jedenfalls in der Tiefe vorkommenden, am Strande selbst aber nicht mehr zu Tage stehenden Kreide, welche wohl schon die durch frühere, präglaciale Einwirkungen in ihrer Lage geänderte, aber durch dieselben noch nicht in Schollen zerlegte Hauptmasse der Kreide (Kreideboden Jomxstrur's) bildet, in demselben Fallwinkel (ca. 30%), wie das auf ihr liegende auf- geschobene Kreideflötz, das untere Diluvium, wie es schon JOHN- STRUP angieht (a. a. OÖ. Tafel XII, Fig. 5 und S. 573, 576). Dasselbe bildet zwei. mit Stein- und Kreidetrümmern durchsetzte (reschiebemergelschichten, zwischen welche eine etwa 3 Meter mächtige Lage geschichteten Spathsandes geklemmt ist. Die obere Greschiebemergelschicht erscheint etwa 2, die unter dem Sande liegende, soweit sie sich überhaupt über Tage befindet, etwa 4—5 Meter mächtig. Ein Uebergang nach unten zu in flintfreien Thon (Silurthon« JonxstRup's) habe ich, vielleicht in Folge neuerer Abrutschungen, zur Zeit hier nicht mehr wahrnehmen können, auch stellte sich jetzt (12 Jahre nach Jonnsrrur's Untersuchung) seine Mächtigkeit als eine andere heraus (vgl. Jahrbuch a. a. ©. 5. 516). Man wird dieses Diluvium an der Briesnitzbach-Mündung nicht für eime blos abgerutschte Partie halten können, da dasselbe auch noch eine Strecke landeinwärts unter Kreide nachzuweisen ist und da sich bei einem Abrutsch das Diluvium nimmermehr in der ungestörten, den Schichten der daraufgeschobenen Kreide parallelen Lagerung hätte halten können, sondern durcheinander- geworfen worden wäre (vgl. auch JOHNSTRUP a. a. O. 5. 550 und S. 573), wie dies auch verschiedene benachbarte Stellen beweisen. Nahe der obenbeschriebenen Stelle, ca. 300 Meter südlich der Bachmündung und in etwa 40 Meter Höhe an der Steilwand auf der (übergeschobenen) Kreide erkennbar, tritt noch einmal blau- M. Scnorz, Ueber das Quartär im südöstlichen Rügen. al grauer Geschiebemergel hervor, sodass man diese erstere Scholle in der That wieder ihrerseits mit Diluvialmergel bedeckt sieht. Diese zweite höher liegende Diluvialablagerung auf Kreide wurde ausserdem noch durch eine Reihe von Bohrlöchern aufgeschlossen, welche im Frühjahr 1886 der Königliche Fiscus, um zu der im benachbarten Kreidebruche abgebauten Kreide ein für etwaige Cementdarstellung wichtiges Thonlager auffinden zu können, durch Herrn Förster HOLZHAUER treiben liess. Das allgemeine Profil dieser Bohrlöcher ergab 5—6 Meter gelben, oberen Geschiebe- mergel, 6 Meter Kreide (also noch ein oberstes aufgeschobenes Flötz!) und den noch bis etwa 2 Meter erbohrten blauen Geschiebe- mergel. Auch dieser besass Sandeimlagerungen, wie derjenige der Bachmündung. — Aber auch im Innern von Jasmund lässt sich der unterdilu- viale Mergel im Wechsel mit Sand nachweisen. Auf dem Guts- hofe zu Quoltitz ergab ein vor eimigen Jahren getriebenes Tiefbohrloch nach einer gütigen Mittheilung des Herrn Stadtbau- meister v. HASELBERG zu Stralsund folgendes Profil: 1. Alter Brunneuschacht, nachgesenkt, bis 9,40 Meter 2. Blauer sehr steinreicher Mergel. . . 16,96 3. Sehr sandiger Mergel . . . . . .. 16,32 » 4. Feiner Sand . . 2. 2 2202020.2..596 5. Sehr sandiger Mergel . . . .... 691 » 6. Mittelfemer Sand . . 2. 2.202...18,20 > eslleltere Nor ee 9] > 85 BeSchlicke a ne ee url, > ger home ee 12556, 5 KON Kreide Dese >11526 > zusammen 97,30 Meter. Man kann also hier wieder zwei Mergelschichten mit Sand- zwischenlage und darunter Thonschichten (die am Briesnitzer Bach nicht mehr deutlichen »Silur« - Thone JonnstruPp's?), endlich die Kreide, unterscheiden. — Bei einem dicht westlich von Sassnitz 1. J. 1886 gemachten Brunnen fand man jedoch schon unter etwa 14* 212 M. Scuorz, Ueber das Quartär im südöstlichen Rügen. 1 Meter gelbem Mergel eine Sandschicht, sodann einige Meter unteren blauen Mergel, endlich bei etwa 15 Meter die Kreide. Aber auch das Festland noch gewährt ähnliche Profile von zwei, Sand zwischen sich führenden unterdiluvialen Mergelschichten, wie die früher von mir angeführten Profile!) beweisen. — Auf ganz Jasmund, Wittow und Hiddens-Oe ist dieser blau- graue Flint, Kreidebrocken und nordische Geschiebe führende, unter- diluviale Geschiebemergel am untersten Rande der Küste erkenn- bar, sodass er in der That die erste, der zweiten erst zu jüngerer Diluvialzeit erfolgten Störung, vorangegangene Ablagerung des Diluviums repräsentirt, welche sich auch (vgl. JOHNSTRUP a. a. O. S. 575) als die unterste in die Vertiefungen, welche der Gletscher ausscheuerte, hineingepresste Ablagerung herausstellen muss, während die oberste, der gelbe Geschiebemergel, nachträglich durch die Sollbildungen durchlöchert wurde. Auch im südöst- lichen Rügen erlangt jener allgemeine Verbreitung. Hier ist aber nicht mehr die Zerstückelung der Kreide und, wie auf Jasmund, überhaupt die Kreide über Tage zu beobachten, da dieselbe vielmehr erst unter 20 Meter Sand und blauem Geschiebemergel beim Thiessower Badehotel in 40 Meter Tiefe erbohrt worden sein soll. Sie fällt also stark nach Süden zu ein und verschwindet schon lange nördlich vorher unter dem Diluvium, während sie an der Küste von Jasmund noch deutlich erkennbar etwa 2 Kilometer nach Osten in die See hinein sich erstrecken soll. Mönchgut selbst stellt sich als ein durch flache, jüngere, grösstentheils recente Bildungen verbundenes System von Diluvial- hügeln dar, von denen der südlichste, Thiessow, auf dem Süd- pehrd eine Höhe von 38,1 Meter besitzt, welcher nach NW die wenig höhere (38,2 Meter) Erhebung von Kl.-Zicker gegenübersteht. Nach N zu folgt die an ihrer Oberfläche leichtwellige Höhe von Gr.-Zicker, im Bakenberge zu 66,4 Meter ansteigend. Weiter nörd- lich der niedrige (18,3 Meter), von Ost nach West abfallende Mergelrücken von Lobbe und endlich der ausgedehnte diluviale ) M. Scnouz, geol. Beob. a. d. Küste von Neuvorpommern. Dieses Jahrb. für 1882, S. 100 — 104. M. Scnorz, Ueber das Quartär im südöstlichen Rügen. ale Höhenzug Nordpehrd (Göhreusches Höwt) - Reddevitzer Höwt, welcher im Nordpehrd mit 60,5 Meter sipfelt, bei Westabbau Altreddevitz nach vorheriger Einsenkung noch 32,9 Meter Höhe erreicht und im Reddevitzer Höwt wieder zu 16,5 Meter absınkt. Am Füsse sämmtlicher genannter Hügel ist unterer, blaugrauer Diluvialmergel aufgeschlossen, am Nordpehrd steigt er sogar, wie erwähnt, vielleicht am mächtigsten auf Rügen, bis zu einer Höhe von etwa 30—40 Metern auf. Vertolgt man denselben von hier aus an der Ostküste nach N zu, so sieht man ihn zunächst eine Strecke lang von den Dünen der Baaber Heide bedeckt, am Quitzlaser Ort östlich Sellin, — ferner östlich vom Schwarzen See in der Granitz (hier 10—12 Meter über Tage mächtig), — am Schanzenort und Granitzer Ort, — endlich am Silvitzer Ort bis in die Nähe der Binzer Badeanstalt entwickelt, vielfach nur vereinzelt unter Sand und Abrutschmassen auftauchend. Nördlich Binz wird er wieder von Dünen, und zwar denen der schmalen Heide, bedeckt und findet erst beim Hülsenkruge am Südende von Jasmund seine weitere Fortsetzung nach Norden. An der ganzen Ost- und Nord- küste von Jasmund ist er, von Dwasieden bis Sassnitz vielfach von der kuppenförmig auftauchenden Kreide unterbrochen, verfolg- bar. Berücksichtigt man, dass er an der Westküste, abgesehen von vielen Vorkommnissen ım dazwischen liegenden Terrain, — gegen- über Stralsund an der Südküste von Altenfähr — abermals auf- geschlossen ist, so muss man ihn als allgemeine auf der Kreide unter einer Decke von Sand und von oberem gelben Geschiebe- mergel befindliche Ablagerung bezeichnen. Dazu ist noch zu bemerken, dass der Bagger etwa 1 Kilo- meter südlich Thiessower Höwt ebenfalls den blauen Geschiebe- ınergel zu Tage fördert, dass ihn die Ostseite der Oie unter ober- diluvialem gelbem Mergel aufweist und dass er an der, Thiessow gegenüberliegenden, pommerschen Festlandküste an vielen Stellen gefunden wird. Ueberall scheint er wie die Kreide in ihn selbst kuppenartig in das darüber liegende Oberdiluvium bzw. dessen Sand hineinzuragen, diese Kuppen aber, stellenweise vielleicht von Thon- und Fayencemergelschichten unterteuft (unten S. 215), ent- sprechen wahrscheinlich den darunter liegenden, schon lange vorher 214 M. Sceuorz, Ueber das Quartär im südöstlichen Rügen. (zur Tertiärzeit) durch Faltung entstandenen Kreidesätteln, denen sie concordant aufgelagert sein müsssen, während das jüngere, obere Diluvium, zu dessen Beginn, wie erwähnt, nochmals, dies- mal aber durch Einfluss des Eises, eine Störung der Kreideschichten erfolgte, dem unteren Diluvium grösstentheils discordant aufgelagert ist (vgl. unten S. 218). Es möge in dieser Beziehung hervorgehoben sein, dass die Schichten des unterdiluvialen Geschiebemergels sowohl an der Süd- seite des Thiessower Höwts (Südpehrd), als an der Westseite der Halbinsel Klein-Zicker, desgl. am Höwt von Gross-Zicker faltenartig aufsebogen bis in die Höhe von 30—40 Metern noch deutlich er- kennbar und von Spathsand oder von Fayencemergel, welche mit- gefaltet wurden, unterteuft sind. — Noch verdient eine eigenthümliche, von anderer unbekannter Stelle losgerissene und vom Eise in dessen unterdiluviale Geschiebe- mergel-Moräne eingearbeitete, tertiäre Ablagerung Erwähnung, welche umsomehr genannt werden muss, als in anderen Gegenden von Rügen bisher nur Andeutungen des Tertiärs gefunden wurden. Am Lobber Haken (zwischen Nord- und Südpehrd auf Mönch- gut), dessen Hauptmasse aus sehr charakteristisch ausgebildetem gelbem, oberen Geschiebemergel besteht, ist zum Theil in diesen, zum Theil in den darunter liegenden blauen Mergel Spath- sand schlingenförmig (also durch Stauchung) eingepresst. Ausser- lem lag früher, jetzt durch Abspülung fast verschwunden, im unteren Mergel ein kleines Flötz von lockerer Braunkohle, nach Herrn PLETTNER’s mündlicher Mittheilung einer Art Knorpelkohle, von einem dortigen Lootsen in den 60er Jahren einen Winter lang als Feuerungsmaterial verwerthet, welches Flötz in schwärzlich- blauem Septarienthon eingehüllt war, der Gypskrystalle und zahl- reiche Bruchstücke von Zweischalern, darunter wahrscheinlich Leda Deshayesiana führte!). Jetzt ist der Rest dieser Einlagerung nur noch in einer schmalen, ziemlich steilen Spalte im Geschiebe- mergel erkennbar. In die genannte Spathsandschlinge aber ragt eine Kuppe von Tertiärthon hinein, welcher, übrigens versteine- 1) M. Scnorz, Beiträge etc. in Mittheil. des naturw. Vereins für Neuvorp. u. Rügen, Bd. III, S. 62. M. Scuorz, Ueber das Quartär im südöstlichen Rügen. 215 rungsleer, sich als solcher durch seine Gypskrystalle und durch die am Strande herumliegenden Septarienbruchstücke verräth. — Eine zweite Gruppe unterdiluvialer Ablagerungen im südöst- lichen Rügen bilden die geschiebefreien Thone und ihre fein- sandigen, fayencemergelartigen Abänderungen. Sie erscheinen auf Mönchgut als wirklicher Diluvialthon, fast geschiebefrei, schiefrig, in trocken hellblau-grauer, feucht dunkel-grauer Färbung, also ganz so, wie der untere Geschiebemergel, dem sie ja auch durch Aus- waschung entstammen. So kommen sie namentlich an der Südseite des Reddevitzer Höwts vor, wo sie ganz normal unter blauem Geschiebemergel zu liegen scheinen. — Das Auftreten eines grünlich- grauen, fetten Thones am Teschenberge, nördlich Philippshagen, ist hier als eine, wie es scheint, den oberdiluvialen Mergel durch- ragende Kuppe aufzufassen, und entspricht wahrscheinlich dem Jonnstrup'schen »Silure-Thon auf Jasmund. — Hier, auf Jas- mund selbst dagegen finden sich geschiebefreie, feinsandige Thone z. B. an der Dwasieden, wo sie durch Zwischenlagerung feinkörniger Braunkohlenpartikel führender Sandschichten deutlich gebändert erscheinen und daselbst von einer grossen drüber gelegenen Kreide- scholle völlig zusammengepresst und gestaucht sind. Die Stellung, welche diese Thone hier zum unterdiluvialen Geschiebemergel ein- nehmen, war nicht deutlich zu erkennen, doch scheint unter ihnen zunächst eine Geröllschicht zu liegen. In der Nähe, beim Dorf Lanken auf Jasmund sind sie auf Kreide unter einigen Metern Torf, Geschiebemergel und Sand bis zu 13 Meter Mächtigkeit erbohrt worden. — Der Untergrund des Hottensien -Solls bei Lanken besteht ebenfalls aus blauem, fettem, ihnen wahrscheinlich identischem Material. -- Endlich stellte auch das obenerwähnte Tiefbohrloch in Hof Quoltitz unter blauem Geschiebemergel fetten Thon auf Kreide fest. Ueber die Stellung des sogenannten Fayence-Mergels, eines sehr feinkörnigen, schiefrigen, thonigen Sandes, welcher theilweise unter dem unteren Geschiebemergel, z. B. am Gross-Zickerschen Höwt und an der Südseite des Lobber Hakens, hier vielleicht in den oberdiluvialen Mergel hineinragend, vorkommt und dessen Fortsetzung auf dem westlich von beiden Puukten liegenden 216 M. Scnorz, Ueber das Quartär im südöstlichen Rügen. Gobbiner Haken im Ostabhange des letztern deutlich aufgeschlossen ist, lässt sich vorläufig um so weniger Bestimmtes sagen, als gerade an den Steilkanten dieser Höhen in Folge von fortwährenden Abrutschungen die ursprünglichen Lagerungsverhältnisse nur schwierig zu erkennen sind. — In der Nähe von Schanzenort, südlich von Binz, kommt er, wie es scheint, ziemlich steil aufge- richtet vor. — Die dritte Art von Ablagerungen, der ebenfalls oft geschichtet erscheinende Spathsand, ist in Bezug auf ihre obersten Lagen zum oberen Diluvium vorläufig noch nicht scharf abzugrenzen. Nicht zweifelhaft ist die Stellung des Spathsandes, wo er zwischen blauem Geschiebemergel liegt, meistens ferner auch da, wo sich, z. B. auf Jasmund, Bryozoön in ihm finden, sodass ihn schon Meyn !) auch für Rügen als Korallensand bezeichnet, welcher nach späterer, jetziger Annahme zum unteren Diluvium gerechnet wird. Freilich wird gerade für Rügen noch näher festzustellen sein, ob die dortige Kreide nicht, und zwar erst recht auch das obere Diluvium mit diesen Petrefacten versorgt hat. — Ein Theil des- jenigen Spathsandes, der auf Mönchgut unter dem dortigen oberen Geschiebemergel vorkommt, ist vielleicht noch zum Unterdiluvium zu rechnen, weil ihm Feinkörnigkeit, Schichtung u.s. w. den Habitus des unteren Sandes mehr mittheilen, als dies bei anderem, namentlich auf Jasmund unter echtem oberdiluvialen Sande (Decksand) lagernden Spathsande der Fall ist. (unten S. 225.) Auf Jasmund sind in dieser Beziehung die Gegend nordöstlich von Sassnitz, Punkte an der grossen Sassnitz -Stubbenkammer- Chaussee, die grosse Grube zwischen Dorf Lanken und Garzer Busch, die Grube an der neuen Kirche bei Sassnitz u. a. m. zu nennen. In Mönchgut liegt dieser Sand an und auf (als soge- nannter durchragender Sand) den sämmtlichen, mehrfach ge- nannten Diluvialinseln und tritt besonders an den Steilabschnitten hervor. Es seien hier die Südseite des Thiessower Höwts (Süd- pehrd), die Südostseite von Gross-Zicker Höwt, die Sande an der Südseite des Lobber Hakens, die feinen Sande zwischen Dorf !) Zeitschr. d. Deutsch. geol. Ges. 1850, Band 2, S. 263. M. Scuorz, Ueber das Quartär im südöstlichen Rügen. al Göhren und Nordpehrd, namentlich aber die Gegend im Westen der Försterei Mönchgut bei Göhren, sowie viele Stellen der lang- gestreckten Reddevitz - Landzunge hervorgehoben. — Der Cha- rakter der Granitz - Sande nördlich vom Mönchgraben, die am Ufer östlich von Sellin bis Binz aufgeschlossen sind, lässt sich, weil sie vielfach überrutscht und überweht sind, erst nach be- endigter Kartirung von Gesammt-kügen feststellen. — Eine Besonderheit, welche sich bisher an anderer Stelle nicht nachweisen liess und m Folge nachträglicher Ueberrutschung z. Zt. leider nicht mehr zugänglich ist, ist das von STRUCKMANN!) neben Pflanzenresten und Thierknochen beobachtete Vorkommen von Üyclas solida NoRMm. und Pisidium amnicum MÜLL., zweier gegenwärtig die in die Ostsee einmündenden Flüsse, nicht aber die Ostsee selbst bewohnender Süsswassermollusken, sowie von der noch jetzt die Ostsee selbst bewohnenden Tellina solidula PuLB. Diese Species fanden sich in einer, auch jetzt noch als solche im Bruche erkennbaren, deutlich geschichteten, etwa 2 Meter mäch- tigen, zwischen zwei unterdiluviale Geschiebe- bzw. Thonmergel- flötze gelagerten Sandschicht. Ich bin, bevor nicht noch andere Stellen aufgefunden sind (vgl. weiter unten S. 229 die Mit- theilung über den Thon in Ruschwitz auf Jasınund) der von W Arın- SCHAFFE (a. a. O. S.595) geäusserten Ansicht, dass man es hier mit einer linsenförmigen, »ganz localen« Einlagerung im unteren Diluvialsande zu thun hat, »deren Deutung allerdings zunächst noch nicht zu geben ist.c — Das obere Diluvium ist im südöstlichen Rügen, wie auf Rügen und in Neuvorpommern überhaupt, als hellgelber oder brauner Geschiebemergel, — ferner in Folge der Auswaschung des letzteren als darauf lagernder Decksand einschliesslich des an den Thalgehängen bis in die Thäler herabgespülten Thalge- schiebesandes, endlich wahrscheinlich auch noch als eine noch unter dem gelben Geschiebemergel liegende Sandzone entwickelt. Auf den Mönchguter Diluvialhöhen tritt dieser Geschiebe- mergel besonders typisch am Lobber Haken und auf dem Höhen- !) Zeitschr. d. Deutsch. geol. Ges. 1879, Band 31, S. 788, 218 M. Scuorz, Ueber das Quartär im südöstlichen Rügen. zuge Nordpehrd-Reddevitzer Höwt auf, obwohl ihn auch die übrigen Theile (Zicker, Thiessow) keineswegs vermissen lassen. Auch der grösste Theil von Jasmund ist von ihm überzogen. Fast überall lagert er discordant auf den gestörten (gefalteten) Kreideschichten und dem unteren Diluvium, zum Theil die Mulden des letzteren benutzend, wie es ja natürlich erscheint, dass ein über Bodenunebenheiten hinweggehender Gletscher dieselben, bei sonst horizontaler Bewegung, auszufüllen bemüht ist. Besonders da, wo er direct auf Kreide vorkomnit, liegt er ziemlich horizontal, dem Fallen der Kreide nur ausnahmsweise folgend, — was man in vielen Kreidebrüchen Jasmunds beobachten kann D. Seine charakte- ristische, durch Beimischung von Kreidetheilchen mehr oder weniger hellgelbe, im Allgemeinen aber gegenüber dem blaugrauen unteren Mergel doch immer gelbe, höchstens bräunliche Färbung und die schon oben hervorgehobene, wie es scheint, quantitativ etwas ge- ringere Beimischung von Geschieben lässt ihn von jenem um so deutlicher unterscheiden, als er zum Theil, wie erwähnt, scharf auf denselben aufgelagert ist. Auch sind die häufigen Einlage- rungen dünner Kreideflötze, der chronologischen Nachfolger der grossen Jasmund-Wittower Schollen, insbesondere für seine unteren Theile ins Auge fallend, und vielleicht gerade für ihn im Gegensatz zum blauen Mergel bezeichnend (vgl. hierüber auch JOHNSTRUP a. a. O. 8. 583). An einigen Stellen, z. B. bei Mariendorf, Middelhagen, selbst bei Mucran auf Jasmund, erscheint er, wohl in Folge ehe- maliger Wasserstagnation und Sumpfvegetation durch beigemischte Humustheile bis zur Tiefe von etwa 0,5 Meter schwärzlich ge- färbt und entspricht dadurch der in der Altmark beobachtbaren »Schwarzerde« (vgl. die Erläuterungen zu den im Erscheinen be- griffenen altmärkischen geologisch-agronomischen Kartenblättern). Ob auch die an einigen Punkten auf Jasmund, z. B. bei Schloon, nordöstlich Clementelwitz, und im Pfarrgarten ?) zu Sagard am Sagarder Bach, sowie noch an emigen anderen Stellen auf ) Vgl hierüber auch das von WAunscHArre a.a.0. gegebene Profil S. 594. 2) Vgl. Borr, die Insel Rügen S. 101. M. Scuorz, Ueber das Quartär im südöstlichen Rügen. 219 Jasmund beobachtbaren Schwefel- und Eisenquellen, jedenfalls durch Zersetzung von Markasit gebildet, dem oberen oder dem unteren Diluvium entstammen, muss dahingestellt bleiben. Es verdient jedoch Erwähnung, dass die Sagarder Quellen nach BoLL als Gesundbrunnen schon Mitte und Ende des vorigen Jahr- hunderts bis in dieses hinein lange vor der Zeit, zu welcher Öst- seebäder ins Leben gerufen wurden, zur Gründung eines, wenn schon nicht stark besuchten Bades Veranlassung gegeben haben. Auch in der Umgebung der Wostewitzer Seen und in der Stubnitz (Jagen 192) sollen sich Schwefelquellen befinden. Wenn übrigens auf Mönchgut die Sättel des mit oberdiluvialem Geschiebemergel bedeckten Diluviums im Allgemeinen in der Richtung ONO : WSW von Reddevitz- Höwt- Middelhagen - Nord- pehrd streichen und damit dem Streichen der Kreide (NW : SO) auf Jasmund zu widersprechen scheimen, so tritt letztere Richtung doch auch wieder hervor, wenn man die Linie Thiessow, Gr.-Zicker- Höwt und Reddevitz-Höwt ins Auge fasst und berücksichtigt, dass diese Richtung auch derjenigen der Aussenküste von Mönchgut, der schmalen Heide und der Schabe entspricht. — Eine auffällige Erscheinung im Ober-Diluvium und zwar hauptsächlich desjenigen von Jasmund, welches letztere allerdings eigentlich nicht mehr zum Gebiete meiner diesmaligen Darstellung gehört, sind die zahlreichen Einsenkungen und kleinen W iesen- thäler, von denen die ersteren vielfach trocken oder nur mit Wasser gefüllt, die letzteren dagegen fast ausschliesslich zugetorft sind. Schon Mey !) hebt dieselben hervor und bezeichnet sie als » Erd- fälle« , giebt auch vorher (S. 328) an, dass da, wo die Schreib- kreide unter dem Diluvium liest, viele Erdfälle vorkommen. So- weit man dieselben aber überhaupt an Stellen, wo keine Ver- schüttungen oder Abrutsche an den Wänden der eigentlichen Einsenkungen stattgefunden haben, beobachten kann, scheinen dieselben gar nicht bis in die Kreide hineinzureichen,, sondern nur das obere Diluvium, höchstens noch einzelne Partien des unteren zu durchteufen. Wenn man berücksichtigt, dass die !) Mexx, Erdfälle, Zeitschr. d. Deutsch. geol. Ges. 1880, Bd. 2, S. 331 ff. 220 M. Scuorz, Ueber das (uartär im südöstlichen Rügen. ganze Erscheinung dieser Erdfälle auf dem hügligen Ostrügen nur stärker hervortritt und sich von Rügen selbst über die Gegend von Bergen und den Strelasund in die flache Gegend von Greifs- wald und Stralsund verfolgen lässt (Meyn, a. a. O. S. 334 und die neuesten Messtischblätter des Gen.-Stabs seit 1885), während doch an jenem ersteren Orte nach den Tiefbohrungen weder an die Unterlage der Kreide, noch an etwaige Steinsalzlager in grösserer Tiefe begleitende Gypslager zu denken ist; — wenn ferner auch die von E. GeINITZ !) seinem Werk beigegebene Karte ein ganz ähnliches Bild zeigt, wie das der von GEINITZ?) aus Mecklenburg geschilderten ganz ähnlichen Moränenlandschaft von Jasmund, — wenn endlich wieder MEyN ?) sowohl in den Formen, als in der Zu- sammensetzung des Bodens von lügen die grösste Uebereinstim- mung mit dem östlichen Schleswig und Holstein, wo ebenfalls »Sölle« nicht selten sind, gefunden hat, — so erscheint die Annahme ge- rechtfertigt, dass der allgemeine Grund dieser Erscheinung, viel- leicht mit Ausnahme einzelner Fälle, auch für Rügen em anderer sein muss, als MEYNn und in neuester Zeit wieder für Rügen v. KOENEN #) annahmen, dass nämlich, was auch schon BERENDT®), MeEyn a. a. O. S. 66 widerlegend, betont hat und auch GEINITZ een Strudel- (Seen u.s. w. S. 16 ff.) nachweist, diese Boden-Vertiefung löcher, jedenfalls aber, man möge ihre Entstehung auch anders deuten, allein durch glaciale Wirkungen im oberen Diluvium erzeugte Bildungen darstellen. Eine reihenförmige Anordnung, namentlich in der Richtung von N:S, wie sie z. B. in der Mark erkennbar ist, tritt auf Jas- mund nicht so deutlich hervor, kann wenigstens erst nach specieller Untersuchung der einzelnen Vertiefungen auf ihren Charakter fest- gestellt werden. Es ist Zusammengedrängtsein und Häufigkeit in ) E. Geisirz, die Seen, Moore und Flussläufe Mecklenburgs. 1886. 2) F. Geisırz, Beiträge zur Geologie Mecklenburgs. 1880, S. 56. ») Meyn, Sitzungsprotokoll vom 25. August 1850. Zeitschr. d. Deutsch. geol. Ges. 1850. 4 v. Koxxen, Jahrb. d. geol. Landesanstalt für 1886, S. 5. ®) Berenpr, Riesentöpfe und ihre allgemeine Verbreitung in Norddeutschland. Zeitschr. d. Deutsch. geol. Ges. 1880, Bd. 32, S. 566. M. Scnorz, Ueber das Quartär im südöstlichen Rügen. 221 der Richtung von SO: NW, bei einer grossen Anzahl aber auch die Erstreckung in entgegengesetzter Richtung, also von SW :NW auffällig. Immerhin muss Rügen sowohl in geologischer (diluvialer) als in topographischer Beziehung als Fortsetzung der westbaltischen Seenplatte betrachtet werden. Freilich tritt die Erscheinung im Osten nur auf Jasmund in hervorragendem Grade auf. Die Stellen, wo wirkliche sog. Sölle in der auf dem Festlande vorkommenden Form vorhanden sind, überschreiten hier weit die Zahl fünfzig, welche — da vielfach die kleinen Moore der Halbinsel noch verwachsene Sölle enthalten, bzw. sich aus ihnen entwickelt haben mögen, was auch GEINITZ für Mecklenburg a. a. O. bemerkt, — noch erheblich vergrössert werden muss und sich mit allen Mooren, die doch fast sämmtlich in Senken liegen, auf Jasmund allein auf über vierhundert belaufen mag. Wahrscheinlich gaben Vertiefungen in der Kreide- oder Geschiebemergel-Unterlage, jene bedingt durch die ältere, prägla- ciale Faltenbildung, diluvialen Vereisung, die Veranlassung, dass sich über ihnen diese durch den glacialen Druck der ober- leichter Eisspalten bildeten, und die Schmelzwässer, welche in ihnen z. Th. abströmten, zunächst Gelegenheit finden konnten, Strudellöcher (Sölle) zu erzeugen. Auch spricht hierfür die oben erwähnte langgestreckte Form vieler solcher Moore. Ich will durch diese Behauptungen keineswegs die Möglich- keit ausschliessen, dass einzelne dieser Sölle durch wirkliche, auders zu deutende Erdfälle entstanden sind. Auch postglaciale Dis- locationen (vgl. v. KOENEN a. a. O.), deren Existenz ich nicht bestreiten will, können noch einzelne Verwerfungen der Jas- munder Kreide in dieser Art erklären lassen, obwohl die Sprung- höhe derselben meistens wenige Meter nicht überschreitet. Kommen doch in der Jetztzeit noch Abstürzungen von Rändern der Erd- löcher vor, z. B. die »versunkene Buche« in der Stubnitz, circa eine Stunde nördlich von Sassnitz, und angeblich einzelne Stellen aus der Nähe von Promoisel. Selbst Fahrnitzer Loch und -Fall sind erst Ende des vorigen Jahrhunderts gebildet. (Siehe unten S. 235.) Aber der vielgenannte, etwa 15 Meter tiefe »Herthasee« bei Stubbenkammer (welcher übrigens seinen alten Namen Bure- > =) 222 M. Scnorz, Ueber das Quartär im südöstlichen Rügen. p4 see oder schwarzer See erst seit wenigen Jahrzehnten mit der genannten Bezeichnung vertauscht hat) ist nach Form und Lage ein Soll und nicht das Product eines Erdfalls, höchstens ist er durch einen solchen in postglacialer Zeit erweitert worden. Immer- hin aber spricht in Betracht der Form echter Diluvialsölle seine kreisrunde Gestalt mehr für den glacialen Ursprung. Wenn v. KOENEN daher, wie erwähnt, für Jasmund eine An- zahl postglacialer Dislocationen constatirt, so lassen sich seine Beobachtungen doch sehr wohl mit meiner vorstehend ausge- sprochenen Ansicht dann vereinigen, wenn man annimmt, dass die jüngere Glacialzeit in ihren Verwerfungen und Söllen gewisser- gegeben hat, deren Züge postglacial massen die Vorzeichnung verstärkt worden sind. Eine bis in die Neuzeit hineinreichende Senkung des Landes macht dies namentlich wahrschemlich (vgl. weiter unten S. 232 ff.). Wenn v. KOENEN ferner bemerkt (a. a. O. S. 6), dass sich das Absinken von Gebirgstheilen gegen das Meer durch Jonn- strups Annahmen nicht wohl erklären lasse, so muss man eben berücksichtigen, dass dasselbe ein postglaciales war, also durch Js. Erklärung nicht berührt wird. Das Vorkommen von unterem Diluvium auf den höheren Kreidefelsen Jasmunds aber (S. 5 a.a. O.) scheint mir dadurch erklärbar zu sein, dass diese Felsen eben auch nur übergeschobene Schollen sind und daher das, z. B. am Bries- nitzer Bach, auf sie gelagerte untere Diluvium mitnahmen, bis die jüngere Vergletscherung die Moräne des oberen, gelben Geschiebe- mergels auch über sie ausbreitete. Gegenüber der Häufigkeit der »Sölle«e und kleinen Torfmoore auf Jasmund könnte deren Seltenheit auf Mönchgut auffallen. Berücksichtigt man indessen die geringe Ausdehnung des zu Tage stehenden oberdiluvialen Mergels auf den Mönchguter Höhen, die Möglichkeit nachträglicher entweder natürlicher Ausfüllung der tieferen Sölle durch Abrutschungen, oder künstlicher der seichteren und flacheren durch Zuschüttung und Einebnung; ergänzt man sich die Mönchguter Strecken durch die jetzt von der See bedeckten Flächen, wo Sölle nur zufällig durch Lothungen noch erkennbar werden, so ist wohl auch hier die Zahl nicht unerheblicher, als M. Scrorz, Ueber das Quartär im südöstlichen Rügen. 23233 auf Jasmund und dem Festlande, abgesehen von dem Umstande, dass die Unterlage von Mönchgut zur oberdiluvialen Zeit nicht so hüglig gewesen bzw. stärker von unterem Diluvialmergel bedeckt worden zu sein scheint, wie diejenige von Jasmund. Erkennbare Sölle und kleine Seen liegen übrigens, abgesehen von einem Soll an der Ostküste des „Lobber Hakens und einem solchen sehr seichten auf der Greifswalder Oie, in der Richtung nach dem Festlande zu auch im westlichen Rügen, z. B. (nach BORNHÖFT !) auf dem Vilm. Uebrigens giebt selbst PUGGAARD?), zwar wie MEYN noch in anderer Deutung, aber schon durch JJOHNSTRUP’s über Moen gemachte Angaben widerlegt (J. a. a. O. S. 569), mehrere nach Abbildung (S. 46) und Beschreibung (8. 45) durchaus als Sölle anzusprechende Vorkommnisse für das geologisch der Insel Rügen so überaus ähnliche Moen an, wobei ich auch hier wieder einzelne erst postglacial eingetretene Dislocationen ausnehmen will. Selbst auf Moen lässt sich die reihenartige An- ordnung (S. 47) besser durch die Glacialwirkung der Schmelzwasser erklären. Auch auf dieser Insel tritt wieder ein Gegensatz zwischen einem flachen, westlichen, sollärmeren und der »Mo- ränenlandschaft« eines östlichen, sollreicheren Theiles hervor. Der Geschiebesand (Decksand) d. h. der thonfrei ge- wordene Rückstand des oberdiluvialen Geschiebemergels entstammt bekanntlich der allmählichen Auswaschung desselben und ist mit dessen langsamer Verwitterung zu lehmigem Sande nicht zu ver- wechseln, obwohl Uebergänge zwischen beiden Umänderungen stattfinden. Er liegt auch in Rügen der Natur der Sache nach sehr häufig auf Geschiebemergel, zuweilen aber auch, wie oben schon angedeutet ist, direct auf unterdiluvialem Spathsande, wobei seine Grenze zu diesem wenigstens auf Rügen oft schwer oder gar nicht festzustellen ist. So findet er sich auf Mönchgut, namentlich auf Thiessow, Gross- und Klein-Zicker, weniger tritt er auf dem Göhrenschen Plateau hervor, wo er ausser anderen 1) Pusaaarn, Geologie der Insel Moen. 1852, 8. 45—47. 2?) Borsnörr, II. Jahresber. d. geogr. Ges. zu Greifswald. 1885, S. 13. 224 M. Scnorz, Ueber das Quartär im südöstlichen Rügen. Stellen die Decke des Schafberges und des sogenannten Leisteines nordöstlich Dorf Reddevitz, sowie einen Theil des Reddevitzer Höwts bildet. Auf Jasmund liegt er im südlichen Theile an der Lietzower Fähre, während im Haupttheile die Gegend von Sagard, Bobbin, Nipnerow und andere Orte ausgebildeten Decksand be- sitzen. Ob die Tertiärgeschiebe, welche man in den Sandgruben von Sagard und Bobbin früher (vgl. BoLL, Ostseeländer, S. 159; v. HAGENOW a. a. O. S. 263) gefunden hat, im oberen oder unteren Diluvium gelegen haben, ist zur Zeit nicht mehr festzustellen. Geschiebewälle, d. h. Geröllanhäufungen, habe ich bis jetzt in dem in Frage stehenden Theile von Rügen nicht mit Bestimmt- heit auffinden können, da man das etwas häufigere Vorkommen grosser Blöcke, die sich in einzelnen Theilen der Stubnitz, z. B. am Erdbeerberge, vorfinden, nicht dazu rechnen kann. Sonstige Geröllmassen, z. B. an der Oie, am Göhrenschen (Nord-) Pehrd, am Granitzer Ort und an den Mönchguter Steilküsten überhaupt, sind lediglich durch recente Zerstörung des oberen, namentlich aber auch des unteren Geschiebemergels mittelst der Brandung entstanden. Sonst müsste man den ganzen Rügenschen Geschiebe- mergel hierher rechnen. Wahrscheimlich ist auch der Geröllstreifen der schmalen Heide nur der Rest von Geschiebemergel und nicht schon als As aufzufassen. — Dreikantige Geschiebe habe ich bis jetzt auf Ost-Rügen nicht auffinden können. Etwas abweichend in seinem Habitus, aber durch den Ge- sammtvorgang der Auswaschung zur Zeit der Abschmelze, welche die gröberen Sande auf den Höhen liegen liess, die feineren zu Thale führte, wohl erklärlich, ist der Thalsand, der Annex des Geschiebesandes, der auf Mönchgut fast als geschiebefrei zu be- zeichnen ist. Er ist hier nur in der Baaber Heide von Göhren bis in die Nähe des Mönchgrabens vertreten, feinkörnig, gelblich, mit sehr vereinzelten, stark verwitterten Geschieben. Die oberen Schichten desselben führen sog. Waldhumus, unter welchem bei etwa 0,3 Meter Tiefe und mit derselben Mächtigkeit Ortstein (Ur) lagert, wie ich früher schon nachwies!). Rasen- ') M. Scnorz, Beitr. zur Geognosie von Pommern, in Mittheil. d. naturw. Ver. f. Neuvorp. u. Rügen Jahrg. III, S. 69. M. Scnorz, Ueber das Quartär im südöstlichen Rügen. 23235 eisenstein konnte ich in diesem Sande bisher nicht ermitteln. Kleine Dünen von 1—2 Meter Höhe, selten höher und dann, wie zu erwarten, nach der Küste zu liegend, sind ihm aufgesetzt. Spuren solchen Sandes scheinen nur noch auf Thiessow (Westseite) zu liegen. — Offenbar bildet er die Fortsetzung des Mecklenburger Heidesandes einschliesslich desjenigen vom Dars und Zingst (vgl. GEINITZ a. a. OÖ. S. 124 ff.) und correspondirt mit dem Ucker- märkischen Thalsande!), zwischen welche Gegenden sich das Ryck- thal bei Greifswald 2) und der Sand des Fresendorfer Hakens (BORNHÖFT a. a. O. S. 24) einschieben. Noch ist die Frage zu erörtern, wie der unter dem obern Ge- schiebemergel lagernde Sand aufzufassen ist (vgl. oben 8.216 u. 217). Nach KEILHACK) erzeugen auch die heutigen Gletscher auf Island noch ganz ähnliche Bildungen, wie sie die ihren Lagerungsver- hältnissen nach bisher für unterdiluvial gehaltenen Sande des norddeutschen Flachlandes darstellen. Namentlich ist die Schich- tung, selbst die discordante Parallelstructur ein auch in diesen Sanden sich zeigendes Merkmal. Es ist desshalb die Annahme nahe gelegt, dass ähnliche Sand-Ausschlämmungen auch zur Zeit der oberglacialen Vergletscherung selbst oder bei der Abschmelze (vgl. JoHNSTRUP a. a. O. S. 584) aus der damaligen Grund- moräne stattfanden, die sich als Absätze von Gletscherwässern in einiger Entfernung von letzterer niedergeschlagen haben, bis auch diese selbst, die Grundmoräne, im weitern Vorschreiten des Gletschers über sie hinwegging, oder, nachdem die Abschmelzung vollendet war, als Rückstandsmoräne (Geschiebesand) liegen blieb, und es haben sowohl GEMITZ wie KEILHACK den Umstand betont, dass das obere Diluvium in der Mächtigkeit, welche man bisher für dasselbe annahm, zu niedrig geschätzt werde und ein Theil der unter dem Geschiebemergel liegenden Sande statt zum »Haupt-«, d. h. Unter-Diluvium, noch zum Ober-Diluvium ge- ) Scnouz, Jahrb. der geol. Landesanstalt f. 1884, $. 284. 2) Frieper, Thierleben im Meer und am Strande von Neuvorpommern, Der zoologische Garten, red. v. F. ©. Norr, Jahrgang XXIII, No. 10. 3) Kertnack, Vergleichende Beob. an Isl. Gletschern u. norddentsch. Dil.-Abl. Jahrb. d. geol. Landesanstalt f. 1883, S. 159— 176. Jahrbuch 1886, 15 2265 M. Scnorz, Ueber das Quartär im südöstlichen Rügen. rechnet werden müsse. Ich möchte mich dieser Ansicht auch für Rügen anschliessen, wenngleich sich, wie auch KEILHACK meint, nur sehr schwer bestimmen lassen wird, wohin sodann. die Grenze zwischen oberem und unterem Diluvium fällt. Jedenfalls werden einzelne, wennschon nicht alle Stellen zum Ober-Diluvium zu rechnen sein, z. B. am Höwt von Gross- und an demjenigen von Klein-Zicker, obwohl ihre Schichtung und ihre rostfarbenen, welligen Streifen an die Sande des unteren erinnern. Indessen ist auch die Möglichkeit eines interglacialen Characters dieser Sande nicht auszuschliessen. Dass namentlich auch das Granitz- ufer in dieser Beziehung noch zweifelhaft sei, ist schon hervor- gehoben worden. Das Alluvium des südöstlichen Rügens besteht nur aus sandigen und humosen Ablagerungen, so weit nicht die erst zur Alluvialzeit abgerutschten Diluvialmergel hierher zu rechnen sind. Von den sandigen Ablagerungen des Südostens stehen die Dünen im Vordergrunde. Sie übersteigen selten die Höhe von einigen Metern und ziehen sich, während sie an der Steilküste von Jasmund, wenigstens unten am Strande fehlen, in einem mehr oder weniger, selten über 0,5 Kilometer breiten Streifen von Thiessow bis zur Höhe von Sellin. Vom dortigen Steilufer bis Binz sind sie unterbrochen, treten aber auf der schmalen Heide, hier als kleine Einzelhügel im Ganzen einen etwa einen Kilometer breiten Streifen bedeckend, der sich nach Norden all- mählich verschmälert, fast bis zu den Truper Tannen auf Jas- mund auf. — Selbst auf der Höhe der Steilküste, z. B. bei Lobbe und bei Göhren, vielleicht auch stellenweise am Rande der Stubnitz, finden sich subaörische Bildungen. — Wo die See der Kraft des Windes entgegenwirkte und der Schmalheit des Strandes wegen die Entstehung von Dünen verhinderte, zufällig entstandene aber bei Hochfluthen wieder wegspülen kann, zeigt sich nur flacher Strandsand, bald feiner, bald gröber und als letzterer, wie häufig an der Küste, in sogenannten Bänken (Untiefen), welche nach der momentanen Strömung verschiebbar sind, im seichten Wasser bis zu einem halben Kilometer in die See hinaus erkennbar. M. Scnorz, Ueber das Quartär im südöstlichen Rügen. 397 Die Geröllbänke der schmalen Heide sind oben S. 224 er- wähnt, würden aber zum Theil auch in die Kategorie der Strand- bildungen gerechnet werden können. Als eine, Abart des Seesandes, welche besonders nach Nord und Nordost zum Vorschein kommt, deren Entstehung darauf be- ruht, dass die specifisch leichteren Theile ausgespült werden, ist der seiner bunten Farbe wegen oft als Streusand benutzte soge- genannte Rudensand zu bezeichnen. Schwärzliches Magnet- und Titaneisen, röthlicher Granat, Zirkon und Feldspath bedingen diese Färbung. — Er kommt besonders am Ruden, binnenwärts sogar bei Ralswieck am Gr.-Jasmunder Bodden, in schmalen Streifen aber nach Stürmen auch an der ganzen Ost- und Nordostküste von Rügen vor. Die oben genannten recenten Abrutschmassen, welche leider die Profile der Steilküste oft verhüllen oder die durch neue Abstürze entstehenden Aufschlüsse nach kurzer Zeit wieder un- kenntlich machen, sind der Natur ihrer Entstehung nach nur Theile des die Steilküste bildenden Diluviums und stellen nur chronologisch, nicht aber petrographisch eine Alluvialbildung dar. — Humose Alluvialbildungen sind auf Rügen, insbesondere im Südosten und Osten vielfach entwickelt. Der oben erwähnte humose Geschiebemergel (Schwarzerde) hat, wie anzunehmen ist, seine Humuseinlagerung erst zur Zeit des Alluviums an einzelnen tiefer liegenden Stellen erhalten. Aber auch der alluviale Seesand (Strandsand), wo er nur wenige Decimeter höher und etwas ge- schützter liegt, als der Strand selbst, giebt der Vegetation bereits Gelegenheit, Wiesen zu bilden, die allerdings bei hohem Seegange häufig überschwemmt werden, aber dennoch als sogenannte Salz- wiesen zu Viehhutung und Graswerbung Verwendung finden» Der möglicherweise früher stattgehabten Seesalzgewinnung auf der Reddevitz, welche auch auf alluvialen Bildungen begründet gewesen sein könnte, habe ich an anderer Stelle ') Erwähnung gethan. Wie sehr die Ostsee bemüht ist, diese Salzwiesen wieder zu zerstören, lässt das Bild der vielen kleinen Rinnsale errathen, ) M. Scuouz, dieses Jahrb. f. 1882, S. 113. 10 928 M. Scnorz, Ueber das Quartär im südöstlichen Rügen. durch welche sie gierig die Isolirung von Lobbe und Thiessow herstellen will und wozu die Sturmfluth v. J. 1872 bereits ein Vorspiel gab. Jedoch ist nur im südlichen Mönchgut, — mit Aus- nahme der Diluvialinseln von Thiessow, Gross- und Klein-Zicker und Lobbe— der ganze Landestheil zwischen Thiessow und Philipps- hagen mit dieser Art des Alluviums ausgefüllt, wobei es noch fraglich bleiben muss, ob dasselbe den Küstenrand einer ver- sunkenen, bereits der See verfallenen Ablagerung darstellt oder eine jetzige Bildung, welche durch Ueberwehung oder Anspülung und die sodann auf den überwehten höher gewordenen Stellen sich bildende Vegetation entstand, die als ursprüngliche Dünen- von der gegenwärtigen Wiesen-Vegetation verdrängt wurde. Die Beschaffenheit des unterteufenden Sandes spricht eben sowohl für das eine, als für das andere, mehr aber für Dünenuntergrund. Torf hat sich innerhalb und am Rande dieser ebenerwähnten Salzwiesen gebildet, z. B. in der sog. Thiesnitz nördlich von Thiessow (ehemaliges Sollmoor), südlich und östlich von Gross- Zicker, ferner am südlichen Rande des Middelhagener Höhen- zuges, sowie auch am nördlichen Rande desselben, wo die dort vor- handenen Torfmoore jedoch schon an den Thalsand der Baaber Heide stossen. Im südlichen Theile von Jasmund ist Torf ent- wickelt (als Umränderung der Wostewitzer Seen). Die zahlreichen kleinen Senken Jasmunds sind fast regel- mässig mit Torf erfüllt (S. 219) und lassen die Aehnlichkeit mit den Seemooren und Sollmooren Mecklenburgs (GEINITZ a. a. O. S. 18 ff), namentlich auf der dem genannten Werke beige- gebenen Uebersichts-Karte hervortreten. Etwaige Gliederung, Flora und Mächtigkeit derselben muss der späteren Untersuchung vorbe- halten bleiben. Die relativ orössten Torfmoore, vermuthlich ehe- 2 sg malige kleine Seen, finden sich ausser dem Philippshagener Moore auf Mönchgut, an den Wostewitzer Seen und dem Lankner Torf- moore im südlichen, sowie im nördlichen Theile von Jasmund bei Spyker, — zwischen Quoltitz und Nipnerow, sowie in der Stubnitz östlich von Jägerhof und südlich von Rusewase. Die Mächtigkeit beträgt in der Mitte der grösseren dieser Moore mindestens einige Meter. Besonders in der Stubnitz ist neben mancher unregel- mässigen, eine in die Länge gezogene Form häufig zu erkennen. — M. Scnhorz, Ueber das Quartär im südöstlichen Rügen. 229 Anhangsweise sei hier noch eines kleinen, dem Anscheine nach zunächst für alluvial zu haltenden Thonbeckens bei Ziegelei Ruschwitz am Südansatz der Schabe mit Pisidium fossar. CLEss, Sphaericum sp., Valvata (Cineinna) antiqua, Valvata piseinalis MÜLL. und ZLimnaea ovata Drar. Erwähnung gethan. — Bemerkenswerth ist es, dass sich auf Rügen und an der Küste des Festlandes mehrfach noch jetzt Landansätze im Süden diluvialer Höhenkerne bilden. Beispiele hierfür smd der Bug auf Wittow, der flache südlichste Theil von Hiddensee (Gellen), die sich nähernden Landzungen zwischen Gross- und Klein-Zicker, der Gobbiner Haken, der Zudar, ferner die kleinen Inseln Ruden, Koos und Riems, endlich selbst der Zingst. So ist nach v. HAGENow !) seit 1694 die Südspitze des Gellen um 200 Ruthen und die Halbinsel Alt-Bessin an der Ostseite von Hiddensee um 180 Ruthen länger geworden. Oft aller- dings spülen Meeresströmungen neu gebildete Ansätze der Süd- seite wieder ab, z. B. die von Ost nach West sich erstreckenden Landzungen an der Glewitzer Fähre und am Ufer von Drigge südöstlich Stralsund. Als ein Gesetz bei derartigen Vorgängen stellt v. HAGENoOW a. a. O. hin, dass sich die südlichen Spitzen des Landes durch Anspülung von Seegras und Sand, auf dem sich bald eine Vegetation entwickelt, verlängern, während die nördlichen Ufer mit ihren gewöhnlich hohen und schroffen Ab- hängen durch Einwirkung des Frostes abgebröckelt oder von der Brandung unterwühlt werden. In welchem Grade letzteres ge- schieht, ist von Jedem leicht selbst zu beobachten. Historisch aber steht fest 2), dass sowohl auf Wittow ein Dorf Vitte nörd- lich von Nonnewitz an der Nordküste, welches 1618 noch bestand, längst verschwunden ist, als auch das zu Ende des 17. Jahrh. noch vorhandene Stranddorf gleichen Namens auf Mönchgut, wahrscheinlich durch eine Sturmfluth, vernichtet wurde. Ich glaube nicht, dass man in dem übrigens verhältnissmässig sehr 1) v. Hacexow, Monographie d. Rügenschen Kreideversteinerungen. Abth. II, S. 635 ff. im Neuen Jahrb. f. Min. ete., Jahrg. 1840. 2) Borı, Die Insel Rügen, Reiseerinnerungen 1858, 5. 157, 159. 230 M. Scnorz, Ueber das Quartär im südöstlichen Rügen. unbedeutenden Landzuwachse schon den Beweis beginnender Hebung erblicken kann, sondern höchstens einen Stillstand in der Bewegung des Wasserspiegels oder des Landes, was ja auch durch die Pegelbeobachtungen constatirt wird. Schliessen wir uns in Bezug auf diese noch offene Frage zunächst der herrschenden Anschauung von einer, wenn auch momentan unterbrochenen, doch noch bis vor Kurzem vor sich regangenen Senkung wenigstens dieses Theils der Ostseeküste an, so spricht dafür vor Allem der Gesammt-Eindruck des jetzigen Rügens, dessen namentlich südöstlicher Theil durchaus den Ein- ( druck eines sinkenden Landes macht (vgl. auch v. KOENEN a. a. OÖ. S.9). Wohl an der ganzen Ostseeküste ist kein Land so vielfach zerrissen und dadurch mannigfach gegliedert, als gerade Rügen und insbesondere wieder Mönchgut. Wäre hiervon allein Einwirkung der See die Ursache, so müsste diese Erscheinung an vielen Stellen der langen Ostseeküste hervortreten, von welcher gewiss noch viele, z. B. in Hinterpommern, einen ähnlichen Wechsel von Berg und Thal aufweisen, wie z. B. ein Theil von Rügen. Gleichwohl scheint in jener, mir aus eigener Anschauung allerdings nicht specieller bekannt gewordenen Gegend, nach PAUL LeEnMmann (das Küstengebiet Hinterpommern, in Zeitschr. d. Ges. für Erdk. 1884 B. 19.,) nur eine mehr oder weniger geradlinige Ab- spülung bemerkbar zu sein. Erst die geologische Kartirung auf Grund neuer topographischer Höhencurven wird dies speciell be- weisen können. Vielleicht aber ist es auch ein Beweis, dass der östlich gelegenere Theil der Ostseeküste nicht in dem Grade sinkt oder gesunken ist, als der mittlere. Denkt man sich in die postglaciale Vorzeit von Rügen und seiner nächsten Nachbarschaft zurückversetzt, so geben die auf den Admiralitätskarten !) verzeichneten Meerestiefen den besten Anhalt über die vormalige Ausdehnung des Landes. Wenn man hier zunächst die Tiefenlinie von 5 Meter unter dem heutigen M. Sp. !) Karten der Deutschen Admiralität, No. 71, Deutsche Küste, Pommern, Seetion IV, 1: 150000 mit den Specialkarten zu Section IV, 1: 75000 Greifswalder Bodden (No. 73) und NW.-Küste von Rügen (No. 74). Sämmtlich vermessen 1879 und erschienen 1881. M. Scuorz, Ueber das Quartär im südöstlichen Rügen. 231 als Marke für die der Jetztzeit zunächst vorangegangene Periode ins Auge fasst, so ist danach das heutige Festland nur erst um eine schmale Umränderung ausgedehnter gewesen, welche in- dess ausgereicht haben muss, um l. den Fresendorfer Haken im Süden von Mönchgut sowie den Peenemünder Haken östlich davon zu verlängern und beide, also das Festland und die Insel Usedom noch vereinigt zu zeigen, in welche Vereinigung nur die heutige Peene als eine durchschnittlich 6— 7 Meter tiefe Rinne eingeschnitten erscheint, die allerdings möglicherweise nachträglich noch künstlich vertieft worden ist, 2. die damalige Verbindung von Mönchgut über den Ruden mit Usedom und dem Festlande darzuthun, wobei aber die heutige Wasserstrasse des »Lochs« südlich vom Ruden, damals noch eine Verbindung der Süsswasseransammlungen im Sammel- becken des heutigen Greifswalder Boddens mit der Ostsee dar- gestellt haben muss, wie BORNHÖFT näher ausgeführt hat )), 3. die dänische Wieck bei Greifswald, die Gristower und Kooser See unter Hinzunahme der kleinen Inseln Kiems und Koos ausgefüllt zu lassen und dadurch über den südöstlichen Theil des Strelasundes, welcher damals noch Land war, die Vereinigung mit dem heutigen Zudar herzustellen, während der nordwest- liche Theil des Strelasundes als solcher schon bestand und vielleicht einer tieferen, den allgemeinen hercynischen Streichen gleich- laufenden Einsenkung entsprach, welche bei Drigge heute noch eine Tiefe bis zu 18 Meter erreicht, 4. die heutigen Prohner Wieck und Kubitzer Bodden, welche jetzt das Festland von Rügen trennen, mit dem Ummanz im westlichen Rügen vereinigt zu lassen, 5. die frühere Verbindung zwischen Hiddensee und Rügen und die von Dars und Zingst mit dem Festlande durch damalige » Verlandung« der südlich von letzterem liegenden heutigen Buchten Grabow, Barther, Botstedter und Saaler Bodden darzuthun. — Noch etwas vergrössert erscheint das eben angeführte Terrain, wenn man die 10 Meter Tiefencurve ins Auge fasst. Sie hat das da- I) BorsHört, a. a. O. S. 66. ff. 232 M. Scnorz, Ueber das Quartär im südöstlichen Rügen. malige Festland noch um einige Kilometer hinausgeschoben und so noch über dem M. Sp. gelassen, was aber ausreicht, um den Greifs- walder Bodden ganz von der heutigen Ostsee abzuschliessen und in Festland zu verwandeln, während er vorher noch eine seeartige Ver- tiefung in seiner Mitte besass. Auch die Greifswalder Oie, heut nur noch ein rudimentärer Geschiebemergelblock des obern, mit Andeu- tungen von unterem Diluvium und von Tertiärthon an der Basis, fiel mit in den Bereich dieses Festlandes, während das schon oben- erwähnte »Loch« südlich von dem nur 4,5 Meter über den jetzigen Meeresspiegel ragenden Ruden z. Th. schon damals, vielleicht als Landsee, bestanden haben mag )). Noch innerhalb der Tiefe der 10 Meter-Curve erhebt sich als Untiefe in der Richtung nördlich von Misdroy die in ihrem nördlichen Theile mehrere Meilen breite Oderbank unter einer durchschnittlich nur 8—10 Meter betragenden Wasserbedeckung, und noch weiter nordöstlich von Rügen in der Richtung auf Bornholm zu der soge- nannte Adlergrund, welcher heute durchschnittlich 15—20 Meter, zum kleinern Theil sogar nur 6--9 Meter unter Wasser liegt. Beide müssen in jener Periode Inseln gewesen sein. Erst die 20 Meter-Tiefencurve zeigt stärker verändert gewesene Verhältnisse. In der Tromper Wiek (zwischen Jasmund und Wittow), überhaupt nördlich und östlich von Rügen senkt sich der heutige Seeboden beträchtlich und erreicht schon in einigen Meilen Entfernung eine Tiefe von weit über 20 Meter. Weitere Rückschlüsse auf die Existenz und Beschaffenheit des damaligen Gebietes sind jedoch mit zu wenig Sicherheit zu ziehen. Betrachtet man nun dagegen in Beziehung auf die kommende Zeit, in der Voraussetzung, dass die gegenwärtige Senkung sich fortsetzt, die Karte, so erhält man nur bei 5 Meter Senkung schon folgendes Bild der künftigen Veränderungen von Rügen. ) W, Scaurtz (Grund- und Aufr. S. 21, Anm.) und Borr (Östseeländer, S. 48) theilen in dieser Beziehung die unrichtige Ansicht von Micrazuıus (Sechs Bücher vom alten Pommerlande 1723, lib. III, Art. 47, S. 244) mit, dass erst die Sturm- fluth von 1309 das Land zu Rügen vom Ruden, zwischen welchem vorher nur ein kleines Strömcehen »da man zuvor Erbsen gesät« (vielleicht also Alluvium ?) gewesen, durch die Bildung des neuen Tiefs getrennt habe. M. Scnonz, Ueber das Quartär im südöstlichen Rügen. 233 Zunächst würde der Ruden bei Wolgast verschwinden und von Thiessow nur das Höwt übrig bleiben, während die Zone von Thiessower Lootsen-Station bis zum höheren Theile des Dorfes Klein-Zieker ebenfalls vom -Meere bedeckt, die Halbinsel Klein- Zicker sich im N und S verkleinern, diejenige von Gross- Zicker dagegen ziemlich bis an die jetzigen Steilufer zusammenschmelzen und auch noch ein Theil der Dörfer Gross-Zicker und Gager selbst verloren gehen würde mit dem ganzen, nur durch die Lobber Höhen unterbrochenen, zwischen Thiessower Höwt, Gager, Philippshagen und Försterei Mönchgut liegenden Areal. Der Göhren - Reddevitzer Höhenzug verlöre ausser Strandtheilen der Reddevitz-Landzunge das Dorf Alt-Reddevitz und die Alluvial- bucht nördlich vom Schafberge mit einem Theile von Mariendorf, Middelhagen und Hof Philippshagen, sowie die ganze Gegend von Middelhagen bis fast zu der westlich vom Dorfe Göhren liegenden Försterei Mönchgut. Die künftige Nordgrenze dieses Landtheils wird ziemlich deutlich durch das heutige Alluvium, namentlich die sich zwischen die Höhe und den Baaber Thalsand einschaltenden Torfmoore angegeben. Weiter nach Norden würde die schmale Heide von Binz bis westlich an die Dollaner Berge und an die Prora emschliesslich einer auf Lubkow südlich der Prora zugerichteten Einbuchtung, aber ausschliesslich der beiden Haken Bulitz und Thiessow (letzteres nicht mit dem Thiessower Südpehrd zu verwechseln) bis an die Truper Tannen auf Jasmund unter den Meeresspiegel kommen. Im Westen würde sich der kleine Jasmunder Bodden über die Dörfer Trips und Streu weiter südlich unter Bildung einer den heutigen Schmachter See und seine Alluvialränder ein- schliessenden Nordostbucht, welche indess noch von der Ostsee abgeschlossen bliebe, so lange die Dünen bei Aalbeck nicht weg- gespült würden, über Tribbratz, Zirkow und Vilmnitz verlängern und durch diesen neuen schmalen Meeresarm auch nach Süden zu mit der Ostsee in Verbindung treten. Auch der Selliner See nebst seiner alluvialen Umränderung bildete dann durch die breiter werdende Baaber Bek eine Ost- seebucht, sowie sich der westlich davon liegende Neuensiener 234 M. Scuorz, Ueber das Quartär im südöstlichen Rügen. See bei Seedorf erweitern, durch den Forthbruch nördlich Garftitz Verbindung mit der künftigen Selliner Bucht finden und auf diese Art die Seedorf-Moritzdorfer Höhen zu einer Insel machen müsste. Da nun auch die Baaber Heide unter Wasser käme, so müsste schon der Nordrand der Göhrenschen Höhen die Grenze des Landes zum Wasser bilden. Wir würden also vom heutigen südöstlichen Rügen künftig aus dem Bereiche der Ostsee nur noch den Südpehrd, die An- höhen von Klein- und Gross-Zicker und von Lobbe, den lang- gestreckten Höhenzug Göhren-Reddevitzer Höwt, die kleine See- dorfer Insel und die Granitz, endlich noch eine Reihe kleiner nördlicher liegender Inseln, wie die Dollaner Berge, Bulitz und Thiessow hervorragen sehen. Dass u. A. auch ein Theil der Schabe, der Bug und das ganze südliche Hiddensee, desgl. auch Zingst und Dars bis auf wenige Stellen unter Wasser kommen müsste, sei hier, wo es sich nur um Betrachtung des südöstlichen Rügens handelt, noch nebenbei erwähnt. Hand in Hand mit derartigen Senkungen vollenden Brandung und Sturmfluthen die Zerbröckelung und Vernichtung des festen Landes. Insbesondere scheint ausser den gewöhnlichen, fort- währenden und regelmässigen Zerstörungen die grosse Sturmfluth im Anfange des 14. Jahrhunderts sehr viel vernichtet und zu der späteren Vermuthung Veranlassung gegeben zu haben, es sei erst um diese Zeit überhaupt Rügen vom Festlande getrennt worden. Die historischen Nachrichten (vgl. BoLL, Ostseeländer S. 46 ff.) sind indess ausreichend klar, so dass sie diese Vermuthung als Fabel herausstellen. Bestimmt ist nachgewiesen, dass eine ähnliche grosse Fluth im Jahre 1625 den Zingst vom Dars trennte und diesen, der vorher durch einen Kanal vom Festlande getrennt war, durch Zuschwemmung (gleichzeitig?) mit letzterem vereinigte. (Bor a. a. O. S. 46). Die von Arcona und von Mönchgut ver- schwundenen beiden Dörfer Vitte sind oben (S. 229) erwähnt. Welch grossen Verlust Arcona, abgesehen von den ganz neuen Abstürzen der letzten Jahrzehnte bis jetzt erlitten, geht auch aus den beiden, auf der v. HAGEnow’schen Specialkarte!) ersichtlichen, !) v. Hacexow, Specialkarte von Rügen (1:50000). 1829. M. Scenovz, Ueber das Quartär im südöstlichen Rügen. 233 sich kilometerlang von Arcona nach NO in die Ostsee hinein- erstreckenden unterseeischen Geschiebestreifen » Blinde Steine« her- vor, die vielleicht zugleich ein neuer Beweis für eine frühere Senkung sind. Neuere Abrutsche erwähnt BoLL, welcher selbst in den 30er Jahren dieses Jahrh. noch bei Lobbe im seichten Wasser Eichenstubben beobachtet hat (Insel Rügen S. 159), vom Ufer bei Ruschwitz (eodem S. 158) und GrRÜMBKRE (a. a. O.1, S. 9 u. 31), welcher Fahrnitzer Loch und -Fall als erst zu Ende des vorigen Jahrhunderts entstanden bezeichnet. Grosse, erst in neuerer Zeit vor sich gegangene Abstürze sind auch am Ufer nordöstlich Sassnitz ausser den von V. KOENEN a. a. O. S. 6—8 beschriebenen zu beob- achten. Endlich sei noch erwähnt, dass die neueste grössere Sturm- fluth vom 12/13. November 1872 zwar einen Theil der Dünen vom Zingst hinweggespült und Hiddensee südlich von Plogshagen durchgerissen, einen Rand von etwa ein Viertel bis (in den Niede- rungen) einen Kilometer Breite überschwemmt, sowie die Steil- ufer unterspült, im Allgemeinen aber auf Rügen keinen erheb- licheren Schaden angerichtet hat. Ueber alte Elbläufe zwischen Magdeburg und Havelberg. Von Herrn Konrad Keilhack ın Berlin. (Hierzu Tafel VII.) Der heutige Unterlauf der Elbe ist in seiner ganzen Aus- dehnung von Magdeburg bis zur Mündung durch das Auftreten fetter Thone ausgezeichnet, welche viele Stellen dieses Gebietes in den wohl verdienten Ruf einer aussergewöhnlichen Frucht- barkeit gebracht haben und gleichzeitig von industrieller Bedeu- tung dadurch geworden sind, dass ihre Verwendbarkeit zur Ziegel- fabrikation hunderte von grösseren und kleineren Ziegeleien ins Leben gerufen hat. Diese Thone, die in den verschiedenen Gegenden mit abweichenden Namen, wie Klei, Schlick, Lehm, Zaegelerde, »Erdes, von den Anwohnern bezeichnet werden, sind nichts anderes als die bei Hochwassern von den Fluthen der Elbe abgelagerten, bis dahin im Wasser schwebend enthalten gewesenen kleinsten Gesteinsbruchstückchen, welche die Elbe und ihre Nebenflüsse von den mitteldeutschen Gebirgen herunter meer- wärts transportiren. Da sich diese Flussablagerungen der Elbe, deren Absatz noch vor unseren Augen weiter geht, in mehrfacher Beziehung sehr wesentlich von allen übrigen quartären Bildungen des Elbgebietes im weiteren Sinne unterscheiden, wie wir das unten näher sehen werden, so giebt ihre heutige Verbreitung uns ein klares Bild davon, wie weit zu irgend einer Zeit nach dem Koran Krınnack, Ueber alte Elbläufe etc. 937 Durchbruche der Elbe zwischen Barby und Burg ihre Wasser vom heutigen Bette sich entfernten. Die seitens der geologischen Landesanstalt während der Jahre 1882—86 durch die Herren GRUNER, KLOCKMANN, SCHOLZ, WAHNSCHAFFE und den Verfasser ausgeführten Specialaufnahmen im Maassstabe von 1:25000 ergaben eine ganz bedeutende, früher ungeahnte Ausdehnung der Elbschlickablagerungen sowohl östlich, wie westlich des heutigen Stromes, nach Westen bis 20, nach Osten gar bis 40 Kilometer Luftlinienabstand vom Flusse. Sie ergaben ferner die Existenz eines complicirten und vielfach ver- zweigten Netzes von alten Elbarmen, sowie das Vorhandensein grosser Rückstaugebiete der Elbwasser, die gleichfalls, wenn auch nur untergeordnet, Absätze derselben führen. Auf der Karte Tafel VII sind diese Verhältnisse ım Maassstabe 1:400000, nach den Specialaufnahmen reducirt, zur Darstellung gebracht. Höhen- und geognostische Verhältnisse sind dabei gewissermaassen ver- einigt worden, indem folgende Unterscheidungen getroffen wurden: I. Diluviale Inseln und Plateaux, die höchste Erhebungsstufe darstellend, zumeist aus Schichten des unteren Diluviums zusammengesetzt. Il. Höhere (ältere) Thalstufe, meist jungdiluviale Thalsande, vielfach mit grossen Flugsandgebieten. III. Niedere (jüngere) Thalstufe. a) im Elbgebiete: 1. alte Elbläufe, meist Schlick, zum Theil übersandet, 2. untergeordnete Elbarme (Nebenläufe) und Rück- staugebiete, meist mit Schlick gemengte, (»an- schlickige«) oder unregelmässige Schlickeinlage- rungen führende humose und sandige Bildungen. b) ausserhalb des Elbrebietes meist humose oder kalkige Bildungen. Bevor ich mich zur näheren Beschreibung der alten Elbläufe wende, scheint es nothwendig, mit einigen Worten auf die nicht ganz einfachen orohydrographischen Verhältnisse des auf der Karte wiedergegebenen Gebietes einzugehen. Dasselbe besteht aus einer 238 Kosran Keıtnack, Ueber alte Elbläufe gewaltigen Niederung, aus welcher die grosse, ganz mit Wald bestandene Sandinsel des Klietzer Plateaus sich heraushebt. Nach drei Seiten ist die Niederung gut begrenzt: im Süden durch den westlichen Theil des Flämings, im Westen durch die Altmark, im Norden durch die Priegnitz und das Ruppiner Land, alles Diluvial- plateaux von beträchtlicher Ausdehnung und nicht unbedeutender Erhebung über der Thalfläche. Im Osten dagegen liegt kein ein- heitliches Plateau mehr vor, dort sind vielmehr nur zahlreiche kleinere und grössere Diluvialinseln, zwischen denen ein auf den ersten Blick unentwirrbar scheinendes Netz von Rinnen und Thälern sich hinzieht. Zur Noth könnte man in den Diluvial- inseln von Rhinow, Ferchesar, Bamme, Föhrde und dem nord- westlichen Theile des grossen Plateaus südlich von Brandenburg einen östlichen Rand der Niederung erblicken. Innerhalb der so umgrenzten Fläche liegen ausser dem bereits erwähnten Klietzer Plateau einige ganz kleine diluviale Inseln und eine grössere zwischen Ziesar, Genthin und Brandenburg (Gr.- W usterwitzer Plateau). Diese ausgedehnte Niederung zwischen Parey und Havelberg, Brandenburg und Rhinow entsteht oder vielmehr ent- stand durch die Vereinigung mehrerer grosser Thäler. l. Im Süden tritt das sogenannte Baruther oder Lucken- walder Hauptthal mit zwei breiten Armen in die Niederung ein; der eine, der die alte Richtung des Thales beinahe beibehält, mündet bei Brandenburg, der andere, bei dem Dorfe Wollin nach Westen sich abzweigende Arm (unter dem Namen »Der Fiener« bekannt) erreicht zwischen Genthin und Parchen dieselbe. Er trennt das Gr.-Wusterwitzer Plateau vom Fläming. 2. Das alte Havelthal, vom Schwielowsee über Lehnin ver- laufend, mündet gleichfals bei Brandenburg. (Vgl. über dasselbe den Aufsatz von LAUFER in diesem Jahrbuche.) 3. Gleichfalls in der Gegend von Brandenburg erreicht das heutige Havelthal, von Ostnordost herkommend, den Rand der weiten Niederung. 4. Im Südwesten tritt, von Magdeburg her, das Elbthal ein. 5. Die nördlich vom Rhinower und Klietzer Plateau gelegenen Theile der Niederung gehören dem grössten der alten norddeutschen zwischen Magdeburg und Havelberg. 239 Urströme, dem kurz zuvor zur Vereinigung gelangten Oder- Weichselthale an, als dessen Fortsetzung das heutige Elbthal von Havelberg an bis zur Mündung zu betrachten ist. So vereinigen sich also in einem Gebiete von etwa 70 Quadratmeilen nicht weniger als vier resp. fünf der grössten Thäler Norddeutschlands, deren Wassermassen, ob sie nun neben einander oder nach ein- ander thätig waren, genügen mussten, die Diluvialdecke, die sie vorfanden, zum grössten Theile zu zerstören und so jene riesige Niederung zu schaffen, in welcher später das Netz der alten Elb- läufe sich bewegte. Als Untergrund der Quartärbildungen in unserem Grebiete haben wir jedenfalls überall zwei Glieder der Tertiärformation aufzufassen, den Septarienthon und die über ihm liegende, also jüngere märkische Braunkohlenbildung. Ersterer erreicht die Ober- fläche am westlichen Fläming, südlich von Burg, sowie in dem Nennhauser Plateau westlich von Rathenow. Schichten der Braun- kohlenbildung hat man theils zu Tage gehend, theils durch Bohrungen, bergbaulichen Betrieb und Grubenaufschlüsse an mehreren Stellen des nördlichen Flämings, am Nordrande des Gr.-Wusterwitzer Plateaus bei Cade und Belecke, bei Bittkau und bei Schollene nachgewiesen. Im Uebrigen finden sich nur Glieder des Quartärs, des Diluviums und Alluviums. Als ältestes derselben hat man die unter dem unteren Geschiebemergel lagernden Sande zu betrachten, die sowohl auf der altmärkischen Seite bei Arne- burg als auch auf der Jerichower bei Ferchland am Steilufer der Elbe zu Tage anstehen. An letzterer Stelle führen sie Paladina dilweiana, die von ihnen aus auch in den darüber liegenden Ge- schiebemergel hineingerathen ist. In gleichem Niveau liegt auch die von WAHNSCHAFFE im Eisenbahneinschnitte bei Nennhausen nachgewiesene Conchylienfauna. Der untere Geschiebemergel findet sich von West nach Ost in allen Uebergängen vom rothen altmärkischen zum grauen oder gelben märkischen Geschiebemergel. Als Grenze beider dürfte, von wenigen Ausnahmen abgesehen, wohl am besten die Elbe zu nehmen sein. Ueber dem unteren Geschiebemergel folgen abermals Sande, die local Thonlager, aber nirgends organische Reste eimschliessen. Der obere Geschiebe- I40 Kosran Keinack. Ueber alte Elbläufe mergel ist auf den Fläming und die Plateaux im nordöstlichen Theile der Karte beschränkt und der obere Geschiebesand findet sich nur in geringer Mächtigkeit auf den grösseren Plateaux, fehlt aber den kleinen Diluvialinseln. Das sind im Allgemeinen die Bildungen, welche die diluvialen Hochflächen unserer Karte zu- sammensetzen. In der Niederung kann man im Allgemeinen leicht zwei Stufen nach Höhenlage und petrographischer Beschaffenheit trennen, eine höhere, aus Thalsanden, die vielfach grosse Dünen tragen, aufgebaut, und eine niedere, mit humosen oder thonigen Bildungen erfüllt. Die letztere stellt das Niveau der Elbläufe dar, und die in ihr sich findenden thonigen Ablagerungen sind es, die durch ihre charakteristischen Eigenthümlichkeiten die genaue karto- graphische Darstellung des Verlaufes der alten Elbwasserläufe er- möglichen. Betrachten wir nun zunächst an der Hand der Karte Taf. VII, sowie der nach derselben angefertigten folgenden Skeletkarte den- selben näher, so sehen wir, dass heute die Elbe den kürzesten Weg durch das Gebiet eingeschlagen hat, während die alten Elb- arme nach Osten und Westen hin sich von ihr entfernen, um nach mehr oder weniger halbkreisförmigem Verlaufe zu ihr zurück- zukehren. Das heutige Elbthal im engeren Sinne, d. h. im Gegensatze zu der oben näher beschriebenen weiten Elbniederung besitzt bei ziemlich gleichmässiger Breite von etwa 3 Kilometern gut ausge- prägte Ränder. Es wird auf der westlichen Seite zunächst durch den Rand des grossen altmärkischen Plateaus bis Rogätz begrenzt, weiter nach Norden durch das niedrige Bittkauer Plateau von Kähnert bis Jerchel, bei Tangermünde durch das Steilufer eines von der Altmark nach Osten sich abzweigenden langgestreckten Diluvialrückens; bei Hämerten nördlich von Tangermünde beginnt das über zwei Meilen lange Steilufer der Arneburger Diluvial- insel, deren Fuss die Elbe heute fast unmittelbar bespült. Bei Osterholz biegt der Plateaurand scharf nach Westen um und da- mit beginnt die weite fruchtbare Niederung der Wische. Der östliche Rand des Elbthales wird zunächst bis Hohen- warthe von den westlichsten Ausläufern des Flämings gebildet und zwischen Magdeburg und Havelberg. 341 Skeletkarte der alten Elbläufe. Maassstab 1: 600000. ® Werben > ® Harelberö Sardaı < Ahinow Sp [') 1 Arneburg of Li Tangermünde © # Gerthin ® ® z Pa Hauptarme Burö — Vebenarme weiter nach Norden durch eine Reihe von Diluvialinseln bei Schartau, Parchau, Pareyer Schleuse und Ferchland bezeichnet. Von hier bis Havelberg hin bilden eine Anzahl fast genau in nordsüdlicher Richtung liegende langgestreckte grosse Sandinseln den Rand des Thales, an welchem die Orte Klietznick, ‚Jerichow, Fischbeck, Schönhausen, Hohengören, Neuermark, Klietz, Schön- Jahrbuch 1886. 16 942 Kosran Keinack, Ueber alte Elbläufe feld und Sandau liegen. Erst bei Havelberg beginnt wieder dilu- viales Steilufer. Zwischen Burg, Rathenow und Havelberg nun liegt das Ge- biet der alten Elbläufe, die von der Rinne des heutigen Stromes sich abzweigten. Die Lücken zwischen den einzelnen, die Ränder der letzteren bildenden Diluvialinseln und in der höheren Thal- soble liegenden grossen Sandflächen bilden im Süden die Ein- = gangs-, im Norden wieder die Ausgangspforten der, wie gesagt, mehr oder weniger halbkreisförmig zum heutigen Thale liegenden älteren Wasserläufe. Betrachten wir zunächst die nach Osten hin verlaufenden Rinnen. Als erste derselben ist diejenige zu be- zeichnen, die zwischen dem Fläming und der Parchauer Diluvial- insel eintretend dem Rande des Flämings von Burg bis zu dessen nördlichster Spitze bei Parchen folgt, von hier nach Genthin weiter verlaufend die zweite demnächst zu besprechende Rinne erreicht und mit dieser sich vereinigend weiter nach Nordosten sich erstreckt. Dieser Arm hat allem Anscheine nach nur während kürzerer Zeit einem Theile der Elbwasser als Bett gedient, denn diese vermochten keine breite einheitliche Rinne auszuwaschen, sondern flossen im zahlreichen sich gabelnden und wieder vereini- genden schmalen Läufen in einem von vielen grossen und kleinen Thalsandbänken durchragten "Thale hin. Anders die zweite Rinne, die zwischen der Parchauer Diluvial- insel und dem Orte Zerben sich abzweigt und über Güsen, Berg- zow, Hagen nach Genthin läuft. Dieselbe hat ein breites Thal vollständig eingeebnet, sodass nur wenige Thalsandrücken aus den Elbablagerungen noch hervorragen. Hinter Genthin gabelt sich nach Aufnahme der ersterwähnten unbedeutenderen » Burger« Elbrinne dieser »Genthiner« Elbarm in zwei mehrfach wieder ver- bundene Hauptarme und verschiedene schmale Nebenarme. Der eine Hauptarm geht fast genau nach Norden über Brettin, Güssow, Alten-Klitsche und Zolchow und wird am Südrande des orossen Klietzer Plateaus fast rechtwinklig nach Osten hin abge- lenkt, bis er bei Böhne das heutige Havelthal erreicht. Der zweite, östlichere Hauptarm des Genthiner Thales nimmt seinen Lauf über Rosdorf und Klein-Wusterwitz nach Neudessau, gabelt sich zwischen Magdeburg und Havelberg. 243 nochmals um die Vieritzer und die Milower Diluvialinseln herum und kommt schliesslich wieder mit dem ersten Arme im Haupt- thale zusammen. Noch weiter nach Osten hin zweigen sich einige Nebenläufe ab, von denen einer über Knoblauch und Möthlitz, ein zweiter nördlich von Nitzahne verläuft. Auch diese beiden lenken im Havelthale wieder ab und vereinigen sich mit den Hauptarmen, indem sie nach Nordwesten hin zurückfliessen. Der dritte alte Elblauf zweigt sich zwischen den beiden Diluvialinseln von Pareyer Schleuse und Derben ab. Er tritt durch eine kaum 500 Meter breite Pforte aus dem heutigen Elb- thale heraus, verbreitert sich aber schnell auf 2—3 Kilometer und läuft in schnurgerader Richtung über Nielebock, Redekin, Gr.-Wul- kow und Sydow nach Schmitzdorf; dort erreicht er den südwest- lichen Rand des KRlietzer Plateaus und gabelt sich hier in zwei Arme, von denen der eine nach Osten zum Havelthale fliesst, wo er mit dem Genthiner Laufe sich vereinigt, während der andere nach Nordwesten entlang des Klietzer Plateaus bis zum Dorfe Klietz läuft, wo er das heutige Elbthal wieder erreicht. Der letzt- erwähnte Arm nimmt auf seinem Wege noch zwei ziemlich breite, aber kurze Seitenarme auf, von denen einer zwischen Jerichow und Fischbeck, der andere zwischen Schönhausen und Hohen- gören das heutige Thal der Elbe verlässt. Der grosse »Redekiner« Elblauf ist durch einen langen 4—500 Meter breiten Arm mit dem Genthiner Thale verbunden; dieser schr regelmässige fast - >) überall mit Schlick ausgekleidete Arm zweigt sich bei Nielebock ab, läuft über den Blockdamm und Hohenbellin und erreicht den Genthiner Arm bei Altenklitsche (»Belliner Verbindungsarm«). Die sämmtlichen Arme, die ım Havelthale wieder zur Ver- einigung gelangt sind, folgen dem heutigen Laufe dieses Flusses über Rathenow und Hohennauen entlang des Nordrandes des o°- Klietzer Plateaus und kommen nach mehrfacher, durch grössere Thalsandinseln bewirkter Gabelung zwischen Havelberg und Sandau wieder ins heutige Elbthal zurück. Von diesem letzteren Laufe aus verbreiteten sich aber aufgestaute Elbwasser noch über einen grossen Theil der weiten Niederung des vereinigten alten Oder- 16° 944 Kosrap Keivnack, Ueber alte Elbläufe Weichselthales, durch welches heute die Dosse fliesst, indem sie als Zugang zu diesem Gebiete die Lücke zwischen den Diluvial- inseln von Rhinow, Ferchesar und Friesack benutzten. Auch im Havelthale wurden bis über Pritzerbe hinaus die Elbwasser zurück- gestaut und zur Ablagerung ihrer mitgeführten Schlammmassen gezwungen. Oestlich vom heutigen Elbthale giebt es nur einen abweichen- den älteren Lauf, welcher zwischen Rogätz und Bertingen sich abzweigt, über Mahlwinkel, Vaethen, Demker und Elversdorf ver- läuft und zwischen Böhlsdorf und Tangermünde die Elbe wieder erreicht. Das über Stendal verlaufende, heute von der Uchte durch- flossene Thal wird man kaum berechtigt sein, als alten Elblauf aufzufassen, da die charakteristischen Elbablagerungen in dem- selben fast völlig fehlen. Erst nach der Eindeichung der Elbe scheinen bei Deichbrüchen die ausbrechenden Wasser, denen nichts anderes übrig blieb, gelegentlich ihren Weg über Stendal genommen zu haben. Unter den alluvialen Ablagerungen in den eben aufgezählten alten Elbläufen besitzt der Schlick die weiteste Verbreitung. In dem grösseren Theile der Gebiete seines Vorkommens bildet er die Oberfläche, mehr untergeordnet, wenn auch immer noch recht beträchtlich sind die Flächen, in denen er unter Sand oder hu- mosen Bildungen lagert. Die Schlickablagerungen der Elbe = & wechseln in ihrem petrographischen Charakter ganz ausserordent- lich: von den fettesten Thonen, die nur ganz geringen Gehalt an feinstem Sande zeigen, bis zu ganz mageren, zum Theil grobsandigen Lehmen findet man alle Uebergangsbildungen. Die folgende Ta- belle giebt eine nach der Summe der thonhaltigen Theile geordnete Uebersicht über die Zusammensetzung emer Reihe von Schlick- bildungen. Die drei ersten Analysen sind entnommen aus: F. WAHNSCHAFFE, die Quartärbildungen der Umgegend von Magde- burg mit besonderer Berücksichtigung der Börde. Abhandlungen zur geologischen Specialkarte von Preussen und den Thüringischen Staaten. Band VII, Heft 1. 8.93 und 94. zwischen Magdeburg und Havelberg. 245 Mechanische Analyse der lufttrockenen Proben. : Thonhaltige Theile (Grand Sand Ze einsta E Order on nn Staub | Theile E Probeentnahme über | 2- l- N | yol- 0,05- | unter 7 Yymm jmm 0,5am 0,]mm 10,05nm (Oo Kahn | 0,01mm Biederitzer Forst b.| 7,00 93,00 100,0 Magdeburg, Distr. in ie: Se re 26a aus 3 de Tiefe 0,00) 0,44 4,36 | 2,20 9,96 83,04 Lacois’sche Zel.an| _ 7,14 92,86 100,0 der Berl. Chaussee _ on zw bei Magdeb. aus IE 9 .4R 9 7, Rp an 0.080,36 | 246 | 124 | 424 | 8862 _ 10,58 89,42 100,0 Desgl. aus en. s 0,5 Meter Tiefe 0,14 1,20 | 314 5,50 | 16,20 | 73,22 Grube zwischen ar 28,9 71,1 100,0 Ferchland u. Niele- eg: ns PEN SIE j bock, Sect. Genthin, ; on 6 unter 1 Meter Sand Due 2 in = | 2) Grube südlich von | 1 31,4 66,5 100,0 Bergzow, Sect. an za | FT u u Parchen 1,5|77 Iıa9 | 93 [262 | 40,8 | Grube bei Cux- Br 38,9 61,1 100,0 winkel, Sect. RR EN |23 EEE i Schlagenthin, unter 9 |« long | 99 1 Meter Sand 2 | 2 Bi | Re | a Zgl.-grube westlich | 46,1 53,9 100,0 von Bergzow, Sect. == Parchen 0,1 | 2,6 120,8 [22,6 43,3 10,6 Zgl.-grube bei Bret-| _ 47,6 52,4 100,0 tin, Sect. Schlagen- I eu thi ter 0,5 Meter a ei: e a nen q a 0762. |307 10,0 | 393 13,1 An der Ohaussee 4,8 56,3 38,9 100,0 zwischen Güsen u. eg 0 aeg Drang Be en Parey, Sect. Parey 2,987 |287 1160 — — | | | Zgl.-grubezwischen | _ 62,6 37,4 100,0 Gr. Demsin u. Dun- BE ME. EIERN BEER kelforth, Sect. K Ad Peg Wr: Schlagenthin 0, | 0 1382 | nn 246 Koskap Keıruack, Ueber alte Elbläufe Wo sich Beimengungen gröberen Sandes im Schlicke finden, beobachtet man das starke Hervortreten von Milchquarzen und Kieselschieferbröckchen, jenen beiden für alle Elbablagerungen so bezeichnenden Gesteinen. Als eine secundäre Bildung findet man in fast allen Schlicken Concretionen von Raseneisenstein in sehr geringen Dimensionen, die nur da, wo der Schlick eine sehr humusreiche Rinde besitzt, Erbsengrösse erreichen und leicht er- kannt werden, sonst aber immer erst bei der mechanischen Ana- lyse sich zeigen. In der chemischen Zusammensetzung unterscheidet sich der Schlick sehr wesentlich von allen andern diluvialen und alluvialen Bildungen, die in der weiteren Umgebung des Elbgebietes auf- treten. Das hauptsächlichste Merkmal besteht in dem völligen Mangel an kohlensaurem Kalke, ein sehr auffälliger Umstand, wenn man bedenkt, wie ausgedehnte Muschelkalkgebiete von den Elbzuflüssen entwässert werden und wie gewaltige Kalkschlamm- mengen die Frühjahrshochfluthen der thüringischen Ströme der Elbe zuführen. AI dieser kohlensaure Kalk muss also von den Elb- wassern, bevor sie unser (rebiet erreichen, in Lösung übergeführt worden sein. Nur an sehr vereinzelten Stellen bemerkt man ent- weder kleine Kalknester im Schlick oder eine Beimengung fein vertheilten kohlensauren Kalkes in der humosen Rinde (Moor- inergel), womit gewöhnlich die Anwesenheit zahlreicher Conchylien verbunden ist. Einen weiteren chemischen Unterschied bildet die ausser- ordentlich germefügige Menge von Kalkerde im Schlick, die von derjenigen der Magnesia, wie es scheint, fast immer nahezu erreicht oder gar übertroffen wird. Das Verhältniss von Kalı zu Natron ist annähernd zwei zu eins. Einige Analysen mögen die grosse Uebereinstimmung der chemischen Zusammensetzung von Schlicken verschiedener Fundorte zeigen: zwischen Magdeburg und Havelberg. 47 IR 1. 111. SIOs 2.2.20. 5158 63.66 62,26 AbO3 . . . . 17,9 1979 13,9 1 458 11,71 CO ..2.2..096 0,96 1,21 MO .... 118 1,20 1,09 NO 1,36 1,75 Ko 2 2,70 1,94 Glühverlust . . 7,66 5,98 5,64 Summa 99,98 100,23 99,59 1. und Il. aus der Gegend von Magdeburg (F. Waunscuarre), 111. von Sect. Parchen bei Genthin (KR. Krınnack). Da wo Thalsandinseln den Schlick durchragen, hat man häufig Gelegenheit zu beobachten, wie die dem Thalsande an- und auf- gelagerte Schlickdecke sich allmählich auskeilt. Zwischen dem Thalsande und dem Schlicke, in welchem gegen die Grenze hin gewöhnlich der Sandgehalt zunimmt, findet sich fast immer eine Zone, innerhalb welcher man über dem reinen Sande nur noch eine dünne Decke von lehmigem Sande beobachtet, die als das durch die Kultur stark beeinflusste Resultat einer dünnen Ueberschlickung zu betrachten ist. Die Mächtigkeit dieses schlickigen Sandes beträgt 3—8 Decimeter; bisweilen findet sich zwischen ihm und dem unterlagernden Sande noch eine dünne 0,5 — 1 Decimeter starke Schicht eines sehr sandigen Schlickes. Aber nicht nur als Umränderung von Thalsandinseln findet sich diese dünne Ueberschlickung; vielmehr sind selbst ganz grosse Thalsandflächen, zumal in dem Gebiete zwischen dem Redekiner und dem Jerichower Elbarme (Section Jerichow und Genthin) bei Hochwasserüberstauungen mit thonigen Theilen überzogen und bei späterer Kultur mit ihnen gemischt worden. Den Untergrund des Schlickes bildet im Allgemeinen Sand, der ein bald feinerer, bald gröberer Thalsand, bald aber auch ein schmieriger, bläulicher, sehr feinkörniger Alluvialsand ist. Letzterer findet sich besonders in dem Genthiner Laufe zwischen Alten- 248 Koskanp Keınıack, Ueber alte Elbläufe plathow und Pareyer Schleuse, wo er bei Gelegenheit der Kanal- erweiterungsarbeiten in grossen Mengen unter dem Schlicke lagernd gefunden und durch Bagger an die Oberfläche befördert wurde. In diesem Sande fanden sich sehr zahlreiche Stämme, Zweige und Wurzeln von Bäumen, meist Eichen; grosse Exemplare fehlten gänzlich, kleine Stämme bildeten die Regel. Auch emige Säuge- thierreste fanden sich im gleichen Sande, so bei der neuen Kanal- brücke bei Genthin an der Chaussee nach Jerichow der Unter- kiefer eines Pferdes. An mehreren Stellen fand ich reichlichen Vivianit im gleichen Sande. Ziemlich bedeutend sind die Flächen, in denen der Schlick auf Torfuntergrund lagert. Im Pareyer Werder umsäumt eine alte überschlickte Torfrinne die inmitten desselben liegende hohe Thalsandinsel, an vielen Stellen hat im dem Genthiner Arme der Plauer Kanal unter dem Schlicke Torf angeschnitten, die grössten Flächen aber nimmt er auf Blatt Jerichow ein in dem Grebiete zwischen Fischbeck, Hohengören und dem Klietzer Plateau, wo ein altes grosses Torfmoor erst überschlickt und später die immer noch tief liegende Schlickfläche wieder mit Moorerde bedeckt wurde. Sehr untergeordnet beobachtete ich in der Genthiner Rinne bei Altenplathow und Dom. Hagen zwei Bildungen, die ebenfalls durch die Baggerarbeit am Plauer Kanale zu Tage gefördert wurden. Die eine ist eine schwarze, thonige, humose Masse, die eine gewisse Schichtung besitzt, beim Trocknen sich etwas auf- blättert und graue Färbung annimmt und durch die Analyse sich als ein torfiger Thon erwies. Die Zusammensetzung ist folgende: Glühverlust (Wasser + Humus) . . 23,56 117.53 0 PO pe u re 33; AO 300 = 1 6 Ve er ee 1): CAST ee en 129 MO ee ae ee, El Nicht bestimmtes . . . 2.2.2... 7142 In diesem Thone finden sich zahlreiche Holzstücke, sowie wohlerhaltene Abdrücke von Blättern und Früchten. Unter ersteren zwischen Magdeburg und Havelberg. 249 überwiegen solche von Saliw, unter letzteren erkannte ich Iris Pseudacorus L. Ausserdem finden sich darin eme Menge von Käferresten, unter denen ein Carabus und ein Dytiscus (?) zu er- kennen waren. Schwieriger zu deuten war eine andere, unter dem Schlicke sich findende Substanz, die an mehreren Stellen bei Altenplathow und der Hagener Ziegelei in grossen Mengen vom Excavator beim Baggern herausgehoben wurde. Es ist eine feucht olivengrüne, trocken gelbgrüne Substanz von niedrigem specifischem Gewicht, äusserst feinkörniger Zusammensetzung, völlig sandfrei, mit zahl- reichen schön blauen Vivianiteinschlüssen. Ausserdem ist mit dem Auge nur noch etwas Glimmer wahrzunehmen. Beim Erhitzen färbt die Masse sich dunkel, verglimmt dann und hinterlässt ein rostbraunes Pulver; beim Uebergiessen mit Säure in der Kälte verändert sie sich nicht, erst beim Erhitzen oder nach länger an- dauernder Einwirkung der Säure beginnt ruhige und gleichmässige Entwickelung von Kohlensäure. Die chemische Zusammensetzung ist die folgende: BIOS 22 211. pCr F&0;3 . 20,52 » BEI NIT DIN ES CaO . . 209 » MsO. . Spur MnV.. >» RO 9.203223 N2»0. .. 030 » BO ale CO 2916,89 Humus . 7,05 » Wasser . 11,88 Summa 100,95 pCt. vV (darunter hygrosk. Wasser —= 7,22) Wenn man, wie kaum anders möglich, die Kohlensäure auf FeCO;, die Phosphorsäure auf Vivianit und das Eisenoxyd auf Eisenhydroxyd berechnet, so erhält man: 250 Koxkap Keıuuack, Ueber alte Elbläufe Vivianit . 2 202020202485 pCt. FelO; . 2... .2.2.2..4360 >» Bes Hr. Gun 2a 2a Dumus a a AND NVasser u = m 02 m. 22.3 Unbestimmte Silikate . . 10,01 » Summa 100,95 pCt. Das sind die unter dem Schlicke vorkommenden Bildungen. Ueber ihm lagern Moorerde, Torf und Sand. Die beiden ersteren Bildungen zeigen keine irgendwie bemerkenswerthen Eigenthüm- lichkeiten; der Sand ist in den weitaus meisten Fällen umgelagerter Thalsand, was sich auch schon daraus ergiebt, dass er vielfach schweifartig an der stromabwärts gelegenen Seite der Thalsand- inseln sich anlegt. Solche bisweilen recht ausgedehnten Ueber- sandungen des Schlickes sind natürlich das Werk stärkerer Fluthen gewesen, deren versandende Thätigkeit noch heute bei jedem Deichbruche beobachtet werden kann. Einige Schwierigkeiten bietet die Deutung der Entwickelungs- geschichte dieses Gebietes, - soweit sie in die Alluvialzeit hinein- fällt. Der Umstand, dass man an so zahlreichen Stellen unter dem Schlicke humose und sandige Bildungen antrifit, die nach ihren organischen Einschlüssen zweifellos alluviales Alter besitzen, macht es in hohem Grade wahrscheinlich, dass der Durchbruch der Elbe und der Beginn der Schlickablagerungen erst nach dem üönde der Diluvialzeit, während des Alluviums, erfolgte. Dass sich jedoch vorher die Elbwasser nicht des heutigen Ohrethales bedienten, ist mir völlig klar und ich stimme in der Verwerfung dieser Anschauung ganz mit WAHNSCHAFFE überein. Das Ohre- thal mündet nämlich erst ganz kurz vor vollendetem Durchbruche des Elblaufes durch den Höhenzug zwischen Barby und Burg und kommt von den Höhen desselben herunter. Die Elbe hätte demgemäss denselben Höhenzug erst in der einen, dann wieder rechtwinklig abbiegend in der andern Richtung durchbrochen, um sich schliesslich ebenso wie vorher südlich von demselben zu be- zwischen Magdeburg und Havelberg. a! finden. Dies scheint mir der Hauptgrund zu sem, abgesehen noch von der höchst geringen Breite des Ohrethales, weshalb die Elbe früher nicht durch das Ohrethal und den Drömling geflossen sein kann. In einem späteren Aufsatze hoffe ich meine Anschauungen über die Fortsetzung des Elbthales von Wittenberg abwärts nieder- zulegen. Jedenfalls hingen zu Beginn der Alluvialzeit die durch das heutige Elbthal getrennten Diluvialplateaux von Hohenwarthe und Burg nach Wolmirstedt und Rogätz hinüber noch zusammen, nur durch die schmale Ohrerinne etwas gegliedert. Im Uebrigen aber wird die Vertheilung der Diluvialinseln, der Thalsandflächen und der zwischen ihnen liegenden Rinnen bereits im Wesentlichen ausgebildet gewesen sein. Das vielfache Auftreten von Torf, Moorerde und Alluvialsand unter dem Schlicke spricht dafür, dass diese alten Elbläufe auch vor dem Elbdurchbruche bereits als Rinnen existirten. Sie werden ursprünglich die Niederungen der- jenigen Gewässer gebildet haben, die von dem südlich gelegenen Höhenzuge herabkommend der Havel zuströmten, also die Thäler der Ihle, Ohre, Tanger und emiger anderer kleinerer Wasserläufe. Floss doch bis zur Kanalisirung die Ihle nicht in die ihr bei Ihle- burg auf einige Kilometer genäherte Elbe, sondern durch den Genthiner Arm nach Rathenow zur Havel! Man kann wohl mit Recht den Genthiner Arm als das alte Ihlethal, den Redekiner als das alte Ohrethal, den Jerichower als das alte Tangerthal be- trachten. Als die Elbwasser zum ersten Male in diese weite Niederung eintraten, fanden sie zahlreiche Wege often. Die Erweiterung der vorhandenen Rinnen auf Kosten anstossender Thalsandflächen und Diluvialinseln, sowie die Ausfüllung derselben mit thonigen Bildungen war ihr Werk, an dem sie heute noch fortarbeiten. Complicirte abwechselnde Hebungen und Senkungen zur Erklärung der Erscheinungen dieses Gebietes anzunehmen ist überflüssig. Allmählich vereinigten sich die Wasser, die alle vorhandenen Läufe mehr oder weniger gleichzeitig benutzt haben mögen, in dem kürzesten, fast geradlinigen heutigen Elbthale und nur ihre jährlichen Hochwasser bedienten sich noch jeweilig der alten Kanäle. 252 Koxrap Keıruack, Ueber alte Elbläufe ete. Auch das hatte ein Ende, als der Mensch von diesen fruchtbaren Ländereien Besitz ergriff und durch Deichbauten den Strom in ein immer enger werdendes Bett einzwängte. Erst bei hochge- schwollenen Fluthen durchbricht er bisweilen noch die hohen Dämme und dann wälzen seine trüben Fluthen sich wieder zer- störend dahin durch ihre alten lang verschlossenen Betten. Ueber zwei conchylienführende Lössablagerungen nördlich vom Harz. Von Herrn Felix Wahnschaffe ın Berlin. Bei der Bearbeitung der Quartärbildungen auf den Blättern Wernigerode, Neustadt-Harzburg, Vienenburg und Osterwieck ist es mir bisher nur an zwei Punkten gelungen, Conchylien - Reste in lössartigen Bildungen aufzufinden, woraus hervorgehen dürfte, dass derartige Vorkommnisse dort nur als Seltenheiten anzusehen sind. Nachstehend sollen die beiden Fundorte unter genauer Be- rücksichtigung der Lagerungsverhältnisse der dort auftretenden Bildungen näher beschrieben werden. Wenn man von Vienenburg aus den Plateaugehängen tolst, welche das 1!/s Kilometer breite Okerthal einschliessen, so gewinnt man emen klaren Einblick in den Aufbau der dortigen Ablage- rungen. Die der oberen Kreide angehörigen Ilsenburg- Mergel, welche besonders am linken Gehänge zu Tage ausstreichen und durch Gruben deutlich aufgeschlossen sind, werden zunächst von Schottern überlagert, die aus rein hercynischem Material bestehen und zu jenen ältesten (@uartär - Schichten gerechnet werden müssen, welche ich bereits von den Blättern Wernigerode und Neustadt-Harzburg eingehender beschrieben habe '). An der I) Mittheilungen über das (Quartär am Nordrande des Harzes. Zeitschr. d. Deutsch. geol. Ges. 18855, 8. 897. 254 Feriıx WansscHarre, Ueber zwei conchylienführende westlichen Wand der Kreidemergelgrube, welche nördlich vom Harly-Berge unmittelbar an der Eisenbahn gelesen ist, bedecken diese Schotter in 3,5 Meter Mächtigkeit und discordanter Lagerung die dort nach Süden zu ziemlich steil aufgerichteten Ilsenburg- Mergel. Die Oberkante der Hercyn-Schotter liegt hier 30 Meter über der Thalfläche und 160 Meter über dem Ostseespiegel, während nur 10 Kilometer südlich davon an der Thalpforte der Radau bei Harzburg eine Schotter- Terrasse am rechten Thalgehänge in 280 Meter Meereshöhe auftritt. Die Fluss-Schotter bei Harzburg bestehen aus grossen gerundeten Blöcken, welche in einer lehmigen oder erdigen Masse liegen; je weiter man sich vom Harzrande entfernt, desto kleiner werden die transportirten Gesteinstrümmer, bis sie endlich jene charakteristische flach scheibenförmige Gestalt der echten Fluss-Schotter der Gebirgsvorländer annehmen. In dem Materiale der Schotter am Harly-Berge sucht man vergebens nach Feuersteinen oder irgend welchen Felsarten nor- discher Herkunft. Es ist durchweg südlichen Ursprungs und stammt aus dem Hinterlande, dem Harze, her. Besonders häufig treten schwarze Schiefer und Kieselschiefer darin auf. Ebenso frei von jeglichem nordischen Material ist der Schotter am west- lichen Gehänge des Okerthales, wie man dies in dem Hohlwege bei Wiedelah und an dem steilen Thalrande bei Wülperode heob- achten kann, woselbst der Schotter in einer Mächtigkeit von 20 Meter zu beobachten ist. Die Hercyn-Schotter bilden im Harzvorlande eine im Allge- meinen zusammenhängende, ausgedehnte Schicht, welche in vielen Fällen die Gestaltung der meist flachen und ebenen, durch die spätere Thalerosion in verschiedene Theile zerschnittenen diluvialen Hochfläche bedingt. Auf Blatt Vienenburg hat diese Erosion besonders deutliche Spuren hinterlassen und zum Theil breite Thäler geschaffen, welche von der Oker, Radau, Ecker, Stimmecke und Ilse durchflossen werden. Die Alluvialbildungen dieser Thäler bestehen meist aus groben Schottermassen, welche in der Nähe der Wasserläufe ihrer feineren Bestandtheile gänzlich beraubt sind. sodass der mehrfach wiederkehrende Name »Steinfeld« für den Charakter derartiger Gebiete sehr bezeichnend ist. An den Lössablagerungen nördlich vom Harz. 255 vom Flusslauf entfernteren Thalrändern, sowie in den kleineren Thälern sind oft lehmige Alluvionen zum Absatz gelangt. Auf dem Hercyn-Schotter sind mehrfach Kuppen nor- dischen und gemengten Materiales aufgesetzt, die in ganz gleicher Weise wie auf Blatt Wernigerode ausgebildet sind. Eine derartige Kuppe an der Chaussee im Stapelburger Holze war be- sonders desshalb von Interesse, weil sich hier in einem Aufschlusse beobachten liess, dass der dort auftretende nordische, mit vielen Feuersteinen und grossen Blöcken skandinavischer krystallinischer Gresteine gemischte Grand auf einem verwitterten Kreidelehme ruhte, dessen oberste Schicht nur mit hercynischem Materiale vermengt war, woraus das höhere Alter der reinen Hercyn-Schotter klar hervorgeht. Besonders häufig sind die Kuppen nordischen Materiales am Nordabhange des Harly-Berges, während sie unmittelbar südlich davon fehlen, wesshalb die Annahme nahe liest, dass ein Theil des von dem weiter nördlich gelegenen Eisrande sich loslösenden und durch Drift!) nach Süden transportirten Materiales vom Harly anf- gehalten wurde und in Folge dessen an seinem Nordschänge zum Absatz gelangte. Die jüngste Bildung des Diluviums ist der Löss und löss- artige Lehm, welcher überall die Plateaux deckenartig überlagert. Wenn man von Wülperode aus dem Feldwege nach Osten zu folgt, so überschreitet man zuerst die lössartigen Bil- dungen der dort nur schmalen diluvialen Hochfläche. Nach dem östlichen Gehänge zu keilt sich dieser Plateau-Löss aus und die Hercyn-Schotter treten unter ihm zu Tage; jedoch bald erreicht man nochmals eine lössartige Ablagerung, welche das W estgehänge des Stimmecke-Thales zwischen Suderode und Rimbeck bedeckt und sich bis in die Thalfläche hinabzieht. Dass dieser hier un- mittelbar am Gehänge als schmale Zone auftretende Löss nicht unter dem höher gelegenen Schotter heraustritt, sondern demselben nur angelagert ist, beweist ein weiter nördlich an demselben Gehänge, südlich vom Rimbeck-Wülperoder Wege, in einer Kreide- mergel-Grube aufgeschlossenes Profil, welches nebenstehende Ab- !) Zeitschr. d. Deutsch. geol. Ges. 1885, 8. 902. 256 Fevix Wannscharre, Ueber zwei conchylienführende bildung zeigt. Der hier zu oberst liegende, mit kleinen Geröllen durchsetzte Lehm ist das Aequivalent des weiter südlich vor- kommenden typischen Lösses. Profilam Plateaurande westlich von Rimbeck. EEE En. =: Sohle der Grube a Gehänge-Lehm mit kleinen Geröllen, aus dem Plateau -Löss hervorgegangen. b Alt-diluvialer Hereyn-Schotter, nach Osten zu sich auskeilend. c Ilsenburg-Mergel der oberen Kreide. In der am Wülperoder Feldwege gelegenen Grube ist der Löss bis auf 5 Meter aufgeschlossen. Obwohl im Allgememen unge- schichtet, zeigt er doch, und dies besonders in seinem oberen edeutete Bänderung und Streifung, welche Theile, eine schwach ang 8, & dem Gehänge parallel verläuft. Der Löss ist hier als steinfrei zu bezeichnen, nur an ganz vereinzelten Punkten finden sich kleine Gerölle bis zu Haselnussgrösse in ihm, auch führt er zu- weilen Wallnussgrösse erreichende Kalkconeretionen, welche die Form der Lösspuppen besitzen und meist in bestimmten Zonen auftreten. Im nordwestlichen Theile der Grube enthält der Löss sehr zahlreiche wohlerhaltene Schalen folgender Schnecken: Succinea oblonga Drr. sehr häufig Helix hispida L. häufig Pupa muscorum L. vereinzelt. Das Lössvorkommen ist als eine secundäre aus dem Plateau- Löss hervorgegangene Gehängebildung anzusehen, welche da- durch entstand, dass die feinen Lösspartikelchen durch die Atmo- sphärilien von der Höhe herabgeführt wurden und sich am Thal- gehänge ansammelten, während zu gleicher Zeit die Reste der damals auf der Oberfläche lebenden Conchylienfauna mit in die Masse hineingeschlämmt wurden. Für diese Art der Entstehung scheint Lössablagerungen nördlich vom Harz. 257 auch die der Neigung des Gehänges parallele Streifung des Lösses zu sprechen. Dass die Schnecken in nächster Nähe gelebt haben müssen, beweist die Art ihres Vorkommens. Sie sind nicht vereinzelt in der ganzen Ablagerung vertheilt, was erwartet werden müsste, wenn sie aus weiterer Entternung durch fliessendes Wasser ein- geschwemmt wären, sondern sind in grosser Anzahl von den grössten = bis zu den kleinsten Exemplaren auf einem verhältnissmässig kleinen Raume zu finden. Auf dem südöstlich von Zilly (Blatt Osterwieck) gelesenen Schäferberge befinden sich mehrere Gruben, in welchem ein vor- wiegend aus einheimischem Materiale bestehender, jedoch auch mit vereinzelten Feuerstemen gemengter Schotter abgebaut worden ist. Der Schotter wird dort von typischem Löss überlagert, welcher nach dem nordwestlichen Abhange des Berges zu m einen Lehm übergeht, dem sehr viel gröberes Material aus den darunter liegenden Schottern beigemengt worden ist. Es kommen Gerölle bis zu 0,5 Decimeter Durchmesser darin vor, ausserdem viel grandiges schichtenweise angeordnetes Material, sodass der Lehm dadurch eine Art Streifung erhält. Neben sehr zahlreichen Kalkeoneretionen ent- hält diese Ablagerung sehr wohl erhaltene Conchylienschalen, und zwar: Succinea oblonga Drr. sehr häufig Pupa muscorum L. sehr häufig Helix hispida L. häufig Das höher gelegene typische Lössmaterial enthält keine Schneckenschalen. „Jedenfalls ist auch diese conchylienführende Ablagerung durch Abschwemmung am Gehänge entstanden, wo- bei der Löss mit dem darunter liegenden groben Schotter ver- mischt wurde. Kunrtn !) erwähnt in der Thongrube bei der Frauenbornmühle im Südosten von Hoym 25 Fuss über dem jetzigen Spiegel der Selke eine Ablagerung von Harzschutt, welcher grössere und c= !) Zeitschr. d. Deutsch. geol. Gesellsch. Bd. 16, 1864, S. 357—358. Jahrbuch 1356. IT 258 Ferıx Wansscnaree. Ueber zwei conchylienführende ete. = kleinere Massen von Lehm enthält, in welch’ letzterem sich Pupa muscorum, Helix hispida und Swceinea oblonga fanden. Er be- merkt dazu, dass durch diesen Fund die weite Verbreitung der Lössschnecken nun auch über den Nordrand des Harzes nach- gewiesen sei. Das Alter des auf Blatt Vienenberg und Osterwieck nach- gewiesenen conchylienführenden Gehänge-Lösses bzw.-Lehms ist nach meiner Auffassung ein postglaciales, während dem Plateaulöss nördlich vom Harzrande ein spätglaciales!) zugeschrieben werden muss. Der Gehängelöss zwischen Rimbeck und Suderode konnte sich erst bilden, als das Stimmecke-Thal bereits in den Plateau-Löss und den darunter lagernden Hercyn-Schotter 20 Meter tief eingeschnitten war. Erst nach dieser bedeutenden Thalerosion, welche unverkennbar jünger ist, als der Plateau-Löss und daher von postglacialen Gebirgsgewässern bewirkt sein muss, fand die Bildung des in Frage stehenden Gehänge-Lösses statt. Dass derselbe jedoch unter den postglacialen Bildungen zu den älteren ge- rechnet werden muss, geht aus dem Charakter seiner Fauna hervor, welche letztere zwar keine ausgestorbenen und seltener gewordenen Arten aufweist, jedoch in ihrer eigenthümlichen Zusammensetzung und Artenarmuth auf die ältere Postglacialzeit hinweist. 1) Zeitschr. d. Deutsch, geol. Gesellsch. 1885, S. 904 und 1886, S. 367. Teredo megotara Hanley aus dem Septarien- thon von Finkenwalde. Von Herrn Th. Ebert in Berlin. (Hierzu Taf. VII, Fig. 1 —4.) Von dem Bergbaubeflissenen Herrn HUNDHAUSEN erhielt ich vor einiger Zeit ein Bruchstück einer Septarie aus dem Septarienthon von Finkenwalde bei Stettin, welches Holz- rveste enthält und ganz durchspickt ist mit Röhren einer Teredo. Bei genauerer Untersuchung fanden sich auch viel Reste und einige wohl erhaltene Exemplare der Schalen desselben, ja, es ge- lang mir sogar, einige Paletten der Siphonen herauszupräpariren. Der Umstand, dass Schalen von Teredo, besonders aber die Anhängsel der Siphonen so selten gefunden werden, andererseits, dass die seither nur lebend bekannte Art megotara, welcher wir die vorliegenden Stücke zurechnen, nun auch in dem mittleren Tertiär gefunden worden ist, lassen es wohl berechtigt erscheinen, ein allgemeineres Interesse für. dieselbe vorauszusetzen. Die Schalen sind stark gewölbt und dreilappig. Der vordere Lappen ist von dem übrigen Schalentheil durch die vertical laufenden Streifen des mittleren Schalentheiles abgeschlossen. Er ist dreiseitig. Sem Unterrand bildet mit dem nach unten vor- springenden mittleren Flügel fast einen rechten Winkel. Die Oberfläche ist mit feinen, divergirenden, horizontalen Rippen ge- ziert, die sich am unteren Rand näher an einander drängen. 17* 260 Tu. Ererr, Teredo megotara Hanley Der mittlere Schalentheil ist nach unten in einen eben- falls dreieckigen Flügel verlängert, dessen spitzes unteres Eck ab- gerundet ist. Eine seichte, vom Scheitel zum Bauchrand ver- laufende Furche trennt den Mitteltheil der Schale nochmals, und zwar in einen schmalen vorderen und breiten hinteren Abschnitt. Auf dem schmalen vorderen fallen sofort die schon erwähnten verticalen, dicht an einander gedrängten, gekörnelten Rippen auf (Fig. lc u. d). Bei stärkerer Vergrösserung bemerkt man, dass diese Rippen keineswegs vom Oberrand zum Unterrand der Schale reichen, sondern dass es die mit fast rechtem Winkel nach abwärts ge- bogenen Verlängerungen der Rippen des Vorderlappens der Schale sind, welche, nachdem sie ein Stück abwärts gelaufen sind, wieder nach hinten horizontal abbiegen, und in ziemlichem Abstand von einander die Furche erreichen. Jenseits der Furche, auf dem hinteren Abschnitt des Mitteltheiles, treten sie nicht mehr so stark hervor, sind aber immerhin ganz deutlich, und bei stärkerer Ver- grösserung erblickt man zwischen ihnen zahlreiche Anwachs- streifen. Der hintere Schalenlappen bildet etwa ein Rechteck und ist am hinteren Rand aufwärts gebogen. Derselbe ist von hellerer Farbe als die übrigen Schalentheile und weist nur Anwachsstreifen auf. Der Oberrand desselben ist etwas ausgebuchtet. Der callöse Wirbel springt stark vor, und von ihm aus zieht sich die callöse Masse auch noch auf den vorderen Schalenflügel hinüber. Im Inneren der Schale (Fig. 1b) entspringt unter dem Wirbel ein frei hervorragender, nach aussen gekrümmter, stielartiger Fortsatz. Unter demselben läuft eine verhältnissmässig breite, seichte Rinne vom Scheitel zur unteren Flügelspitze des Mittel- theiles, und endigt unten in einer aus der Schale sich erhebenden knopfartigen Lamelle. Der hintere Muskeleindruck nimmt fast =} den ganzen hinteren Flügel ein. Die Anhängsel der Siphonen, die sogenannten Paletten, (Fig. 2a u. b, 3a u. b) sind verlängert herzförmig. Die Unterseite ist concav und wird der Länge nach von dem Schaft durchzogen. Die Spitze ist abgerundet, in der Mitte schwach vertieft. Die Seiten sind nicht symmetrisch ausgebildet. Beide seitlichen Aussenränder sind aus dem Septarientlon von Finkenwalde. 261 im oberen Theil convex, im unteren Theil geradlinig bis concav zum Schaft zurückgezogen, aber der convexe Theil ıst auf der einen Seite viel länger als auf der anderen, und dementsprechend der concave Theil verkürzt. Auf der Unterseite des Blattes be- merkt man Anwachsstreifen und nach vorn einen Muskeleindruck. Die Oberseite ist glatt. Vorn befindet sich, von den Ecken des Vorderrandes ausgehend, eine breit keilförmige, abgerundete Grube. Der Schaft verschwindet etwa in der Mitte des Blattes unter der oberen Schalenschicht. Zu beiden Seiten desselben ist die Schale etwas eingesenkt. Das frei hervortretende Stück des Schaftes ver- jüngt sich nach hinten. Der Bau der Schalen sowohl, wie der der Paletten stimmt nun merkwürdig mit 7. megotara HAxLey !). Zwar ist die Ver- tiefung des Vorderrandes der Paletten bei der lebenden Art nicht so ausgeprägt, auch das Blatt vielleicht ein wenig breiter, indessen kann das kein Grund sein, unsere Stücke als besondere Art ab- zutrennen. Von den fossilen Formen hat T. e«incta DESH. aus dem oberen Grobkalk von Houdan eine ähnliche Schale 2). Doch ist bei dieser Art der hintere Flügel weit kürzer und höher hinauf- gezogen. T. cincta scheint der lebenden T. arenaria L. ver- wandt zu sein. Aus dem Wiener Becken führt Hörxes?) die lebende Art norvegica SPENGLER an, welche unserer Art ebenfalls im Bezug auf die Schalenbildung nahe steht. !) Jerrravs, British Conchology. Vol. 3, 8. 177. 2) Desnaves, Descript. d. anim. sans vertebres. Bd. I. S. 115. Taf. 3, Fig. 7—9. 3) Hörnes, Die fossilen Mollusken des Wiener Beckens. Bd. 11. 8.8. Taf. 1, Fig. 5—7. Beitrag zur Kenntniss der tertiären Decapoden Deutschlands. Von Herrn Th. Ebert in Berlin. (Hierzu Tafel VIII, Fig. 5—11 u. IX.) Bei Durchsicht der tertiären Decapoden in der Sammlung der Kol. geologischen Landesanstalt ergab sich einiges Neue oder doch Bemerkenswerthe, welches ich in Folgendem weiteren Kreisen mittheilen möchte. Es sind mit einer Ausnahme Vertreter des norddeutschen Oligocäns, welche ich besprechen werde. Nur Ranina bavarica stammt aus dem Eocän des Kressenbergs in Bayern. I. Brachyura. Ranina Lam. Die Gruppen der R. speciosa und R. Marestiana zeigen be- züglich der Ober- und Unterseite derartig constante Unterschiede, dass man darauf hin Untergattungen aufstellen dürfte. Auch die Scheerenfüsse sind, soweit ich nach dem mir zugänglichen Material und der Literatur beurtheilen kann, bei beiden Gruppen ver- schieden ausgebildet, indem die Formen der Gruppe der speciosa regelmässig 5, die der Marestiana nur 4 Zacken unterhalb des unbeweglichen Fingers am inneren Rand der Hand hat. Bezüg- lich der Trennung der Arten bei der Gruppe der Marestiana s Pl Tı. Ererr, Beitrag zur Kenntniss ete. 263 glaube ich, dass auf die Form der Zähne der Querleisten auf der Oberseite des Carapax und auf die weitere oder nähere Ent- fernung dieser Querleisten von einander zu viel Gewicht gelegt worden ist. Besonders die erstgenannte Eigenschaft ist sehr vom Erhaltungszustande abhängig, sodass ich, wenigstens auf Ab- tojgto\rl bildungen allein hin, in dieser Beziehung keinen Vergleich wagen würde. Innerhalb der Gruppe der Marestiana lässt sich eine weitere Zweitheilung ausführen, und zwar nach der Beschaffenheit des Pterygostoms. Eine Reihe von Formen haben auf dem letzteren quer über das Feld laufende, gezähnelte Querleisten, ähnlich denen der Oberseite. Bei anderen Formen finden sich diese, wie ich später zeigen werde, nur im vordersten Theil des Pterygostoms, während im grösseren hinteren Theil statt dessen kleime bogen- förmige, gezähnelte Leisten oder Rinnen, mit der convexen Seite nach hinten gerichtet, auftreten. Hierher gehören R. Barroisi BroccHı, R. bavarica n. sp. und eine Ranina aus dem Val di Ciuppio in der Sammlung der hiesigen Universität, welche der Barroisi sehr nahe steht. Broccu1!) hat seine Gattung Palaeonotopus gegründet resp. R. Barroisi unter diesem Gattungsnamen von Ranina getrennt, weil er glaubte, dass sich bei dieser Art zwei Fusspaare in der hinteren Ausbuchtung des Sternums befänden, während die Ra- ninen hier nur 1 Fusspaar stehen haben. Abgesehen davon, dass es nicht leicht sein wird, bei derartig verdrückten Stücken, wie das von Broccnı abgebildete ist, zu erkennen, ob die rudimen- tären Basalglieder der Füsse nicht verschoben sind, liegt in diesem Fall gewiss eine Verwechselung des Rudiments des sternalen, blattförmigen Fortsatzes mit der Basis eines Fusses vor, wie ich bei R. bavarica noch näher erklären werde; die Gattung Palaeo- notopus ist also einzuziehen, da auch die allgemeine Form des Cephalothorax bei den Raninen veränderlicher ist, als BroccHI annımmt. N) Broccnı, Crustaces fossiles de la tribu des Raniniens. Ann. d. sciences geologiques. Bd. 8, S. 4, Taf. 29, Fig. 6—9, 264 Tu. Eserr, Beitrag zur Kenntniss Ranina bavarica nov. spec. Taf. VII, Fig. 5—9. Der Gruppe der R. Marestiana angehörig, ist diese aus dem Eocän des Kressenbergs stammende Art ebenfalls mit gezähnelten Querleisten auf der Oberseite des mässig gewölbten Carapax ver- sehen, jedoch mit Ausnahme eines ziemlich breiten Bandes am Vorderrand, welches etwa durch eine Verbindungslinie des zweiten rechten Seitendornes mit dem zweiten linken vom übrigen Theil des Rückenschildes abgeschnitten wird. Dieses Band ist nur mit unregelmässig vertheilten, nach dem Vorderrand verschwindenden Höckerchen besetzt, welche sich öfter paarweise gesellen. Der Vorderrand ist an der Stirn zu einem dreispitzigen schmalen Lappen ausgezogen, der Örbitalrand beiderseits durch zwei Einschnitte, von denen der innere noch einmal so tief ist als der äussere, in drei Theile getheilt. Der innerste und grösste Theil ist tief ausgehöhlt; der mittlere zahnartig von beiden Seiten stumpf zugeschärft; der äussere anfangs eben, steigt sehr bald zu dem ersten Seitenzahn aufwärts. Die Entfernung zwischen dem rechten und linken ersten Seitenzahn beträgt 24 Millimeter. Der zweite und dritte Seitenzahn sind am vorliegenden Stück beiderseits abgebrochen, scheinen aber ziemlich stark und nach vorn gerichtet gewesen zu sein. Die gezähnelten Querleisten laufen wellenförmig, im mittleren Theil in schwachen Zickzacklinien von einer Seite zur anderen, gabeln sich auch ab und zu, im hinteren Theil des Carapax con- stant. Die Zähne der Querleisten sind je nach dem Erhaltungs- zustand spitz oder abgerundet. Die Länge des Carapax, von der Spitze des Stirnlappens bis zum Hinterrand beträgt 47 Millimeter, die grösste Breite 36 Millimeter (Verbindungslinie der beiden hintersten Seitendornen). Die Unterseite (Fig. 6a) des vorliegenden Exemplars, theil- weise vorzüglich erhalten, lässt Folgendes erkennen. Das Ptery- gostom wird durch ein Jinienförmiges, aus dicht aneinandergedrängten Körnchen gebildetes Leistchen in seiner vorderen, spitzwinkligen Fläche in zwei Theile getrennt; der innere ist glatt, der äussere der tertiären Decapoden Deutschlands. 265 mit linienförmigen Querrinnen versehen, die selten über die ganze Fläche sich erstrecken. sondern meist ein- oder zweimal unter- brochen sind, auch wohl alterniren. Der grössere hintere Theil des Pterygostoms, den das Leistchen nicht erreicht, ist mit kleinen, bogenförmigen Rinnen bedeckt, deren convexe Seite nach hinten gerichtet und deren hinterer Rand gezähnelt ist. Das Sternum zeigt die den Ranmen eigenthümliche Gestalt, ist aber nach hinten stark verlängert, wobei es sich noch einmal erweitert, sodass das erste Gehfusspaar ebenfalls in eine Aus- buchtung ähnlich der des Scheerenfusses zu stehen kommt. Parallel dem Rande der Scheerenfuss- Bucht läuft eine Linie kleiner Grübehen. Zwischen dem Scheerenfuss und dem ersten Gehfuss, da, wo das Sternum sich lappenförmig erweitert, befindet sich ein sternaler, blattförmiger Fortsatz, der bei dem vorliegenden Exemplar ab- gebrochen ist, und zwar so, dass seine rudimentäre Basis wohl irrthümlich als Ansatzstelle eines Fusses aufgefasst werden kann, wie es thatsächlich Broccnt ergangen ist bei Aufstellung seiner Gattung Palaeonotopus (a. a. O.). Bei der lebenden R. dentata ist dieser sternale Fortsatz ebenfalls sehr kräftig entwickelt, und tes) ein Vergleich unseres Stückes mit drei Exemplaren der dentata ergab, dass eine anderweitige Erklärung dieses ellyptisch-cylin- drischen, dünnschaligen Organ-Rudiments ausgeschlossen ist. Uebrigens ist das Basalglied der Füsse bedeutend dickschaliger und fast kreisrund. Von dem Scheerenfuss sind ausser dem Basalglied noch die drei vordersten Glieder erhalten (Fig. 7), der Oberarm ist drei- seitig, die untere Seite glatt, die obere anscheinend auch, die äussere mit dachziegelartig übereinander liegenden Kammleisten besetzt. Das Schienbein ist vierseitig, jedoch bezüglich der Sculp- tur schlecht erhalten. Die Hand ist mit meist kurzen, öfter alter- nirenden (Querleistchen verziert, ausser dem festen, rechtwinklig zur Axe stehenden Index an dem inneren Rande noch mit 4 Zacken versehen. Der Daumen ist etwas gekrümmt und trägt hinten einen schwach gezähnelten, dornartigen Fortsatz. Daumen und Index sind mit kleinen Zähnchen bewaftnet. 266 Tu. Eserr, Beitrag zur Kenntniss Von den oberen Grliedern des ersten Gehfusses konnte eben- falls eine Abbildung gegeben werden (Fig. 9). Sodann sind die Basalglieder von noch zweı Fusspaaren angedeutet. Innerhalb des einen befindet sich aus seiner ursprünglichen Stellung verrückt, ein Afterfusspaar (Fig. 8), wahrscheinlich das erste, das männliche Geschlechtsorgan repräsentirende. Der äussere Kieferfuss ist beiderseits erhalten. Ich lasse das untere Glied und die Palpe der rechten und das obere Glied der linken Seite vergrössert abbilden (Fig. 6b u. 6c), wodurch die Verzierungen klarer werden dürften als durch eine Beschreibung. Der R. bavarica nahe verwandt ist die R. Barroisi BROCCHI (a. a. O.), doch sind bei dieser Art die Querleisten der Oberseite des Cephalothorax nicht so zahlreich und weiter von einander ge- rückt, der Vorderrandsaum ist schmaler. Die Bögen des Ptery- gostoms sind weniger zahlreich und bedeutend grösser, und das Sternum scheint schmäler im Verhältnis zur Länge. Noch näher steht der R. Barroisi eine Ranina aus dem Val di Ciuppio in der Berliner Universitätssammlung. Möglich ist es immerhin, dass weiteres Material den Beweis bringt, dass diese drei Formen nur Varietäten einer Art sind. Ranina speciosa MÜnst. Taf. IX, Fig. 1a—c. Hela speciosa Müssrer, Beitr. Ill, S. 24, Taf. Il, Fig. 1—3. Ranina » Bivrrser, Denkschriften d. Wiener Akad. Bd. 34, 8. 70. Ranina » Nörrins, Mecklenburger Archiv, Bd. 40, 8.81, Taf. V, Fig. 3 u. 3a. Es liegt ein unverdrückter Cephalothorax vor, bei dem die Spitzen des Vorderrandes abgebrochen sind, der aber auf der Unterseite den umgeschlagenen Theil der Hepaticalgegend und die »regio pterygostomiae« in schöner Erhaltung zeigt (die bislang noch nicht beobachtet waren), und auch das Sternum. Ich lasse die Oberseite des Cephalothorax ebenfalls abbilden, da ich bei Ver- gleich mit dem Original v. MÜNSTER’s mich überzeugt habe, dass die Münster’sche Abbildung idealisirt ist. der tertiären Decapoden Deutschlands. 267 Die Verzierung des Carapax entspricht im Allgemeinen der Beschreibung v. Münster’s. Nur tragen die Erhöhungen der vordersten Zone nicht 4—5 Knötchen, sondern vorherrschend, namentlich in der Frontalgegend, nur 2—3; nach den seitlichen Rändern kommen aber auch solche mit 4—6 Knötchen vor. Ferner sind die Einschnitte der Supraorbitalgegend bedeutend schmaler als die Abbildung Münster’s dies zeigt. Auf der Unterseite ist der umgeschlagene Hepaticalrand mit ziemlich grossen, 2 oder mehr Höckerchen tragenden Erhebungen, ähnlich denen des Carapax, verziert. An dem Pterygostomalrand läuft ein glattes Band entlang, beiderseits durch eine Reihe dicht gedrängter kleiner und kleinster Höckerchen begrenzt. Vom hintersten Seitenstachel läuft eine ähnliche Körnchenleiste dem Rand entlang. Der Unterrand der Augenhöhle ist mit einem Ein- schnitt versehen, ungefähr in gleicher Entfernung vom Seitenrand aus, wie der äussere Orbitaleinschnitt der Oberseite. Das Pterygostom hat im Allgemeinen eine dreieckige Gestalt, die inneren Ränder sind concav. Denselben entlang läuft eim schmales, von Tuberkeln fast ganz freies Band, das nach aussen durch eine von der Mundregion bis etwa zur Mitte des Feldes laufende, durch dicht an einander stehende Körnchen gebildete Leiste begrenzt wird. Diese hinteren Ecken des Pterygostonis sind ausgebuchtet und in diese Buchten die seitlichen Spitzen des Brustblattes eingeschoben. Abgesehen von dem erwähnten inneren Band ist die Fläche des Pterygostoms ebenfalls mit 2—5 spitzigen Höckerchen besetzt, die an der vorderen Ecke des Feldes dicht gedrängt stehen, nach hinten weiter aus einander rücken und schliesslich undeutlich werden. Vor sämmtlichen Höckerchen der Ober- und der Unterseite des Cephalothorax befinden sich Vertiefungen. An abgeriebenen Stellen sind die Höckerchen dann nicht mehr zu sehen, die Ver- tiefungen aber sind geblieben und geben die Stellung der Höcker- =} chen an. Auch kann ich Brrrser's") Angabe bestätigen, dass die untere Schalenschicht diese Eindrücke nicht hat und in Folge ) Birrser, a. a. 0. S. 70 u. 71, 268 Tu. Eserr, Beitrag zur Kenntniss dessen die Höckerchen deutlicher hervortreten. Die Beziehungen der R. speciosa zu den anderen ihr verwandten Formen hat BITTNER (a. a. O.) ausführlich dargelegt. Seylla hassiaca nov. spec. Taf. VII, Fig. 10. Aus dem Ober-Oligocän von Niederkaufungen bei Kassel befindet sich in unserer Sammlung der bewegliche Finger einer Scheere, welche wohl zweifellos einer Art der Gattung Seylla angehört, aber von Se. serrata sowohl, wie auch von Se. Michelini A. M. Epwarps abweicht. Der Daumen ist stark gekrümmt, vorn seitlich nach innen gebogen. Auf der Aussenseite läuft in der Nähe des Rückens eine schmale linienförmige Furche, in welcher kleine Grübchen zu beobachten sind. Auf der Innenseite befindet sich, etwa in mittlerer Höhe, eine ähnliche Linie kleiner Grübchen, die aber nicht in einer Furche liegen. Der kücken ist stumpf gewölbt, der Unterrand mit Höckerzähnen besetzt, Der grosse mnere Zahn ist am vorliegenden Exemplar abgebrochen. Auf ihn folgen nach aussen zunächst zwei mittelgrosse, dann zwei etwa halb so grosse als diese und schliesslich noch zwei ganz kleme Zähne. Bis weitere Funde die Beziehungen dieses Stückes zu den bekannten Arten aufklären, mag diese Art als hassiaca bezeichnet werden. Goeloma cf. baltieum SCHLÜTER. Taf. IX, Fig. 2a—.c. SCHLÜTER erwähnt in der Zeitschr. d. Deutsch. geol. Ges. Bd. 31, S. 590 zwei Scheeren von Coeloma aus dem Unter-Oligocän von Latdorf (aus der SchLöngach’schen Sammlung), die sich in dem Museum der geologischen Landesanstalt befinden. Ich unter- suchte dieses Stück genauer, und es gelang mir durch vorsich- tiges Präpariren den vorderen Theil des zu den Scheeren ge- hörigen Cephalothorax frei zu legen. Der hintere Theil war leider abgeschnitten, und somit ist es trotz der verhältnissmässig der tertiären Decapoden Deutschlands. 269 guten Erhaltung des Stückes nicht leicht, die Art zu bestimmen, da gerade die Beschaftenheit des hinteren Theiles zur Trennung der Arten vorzugsweise von den Autoren benutzt worden ist. Immerhin kann man nur schwanken zwischen ©. taunicum H. v. MEYER und €. balticum SCHLÜTER. Ich glaube aber, der Umstand, dass die Oberfläche des Cephalothorax (Fig. 6a) mit dicht gedrängten breiten Warzen verziert ist, weist auf C. baltieum hin. Namentlich die verwachsenen proto- und mesogastrischen Loben, sowie die Mesobranchialregionen sind durch vorzugsweise breite und dicht an einander gedrängte Wärzchen ausgezeichnet, ' während die Exemplare von €. taunicum, welche mir zu Gebote stehen (aus dem Septarienthon von Igstadt bei Wiesbaden und von Aebtissinhagen bei Kassel), kleinere, spitzere und entfernter von eimander stehende Warzen tragen. Uebrigens ist auch auf dem Mesobranchiallobus keine Spur von einem Höcker zu be- merken, und ebenso spricht der gut ausgebildete dritte Seitendorn für C. baltieum, da bei taunicum dieser Dorn etwas verkümmert zu sein pflegt. Auf der Unterseite (Fig. 6b) ist das Vordertheil der Flanken und das fen gekörnelte Pterygostom sichtbar. Der äussere Rand des letzteren ist nicht ganz so stark geschwungen wie bei faunicum. Auch der linke äussere Kieferfuss ist erhalten. Das innere lange Glied zeigt eine feine Körnelung und die Längsfurche, welche auch auf das vordere, subquadratische, am vorliegenden Stück etwas verschobene Vorderglied fortsetzt. Die Palpe scheimt glatt gewesen zu sein. . Besonders hervorzuheben sind noch die Scheeren (Fig. 66), da bei denselben Schale und Zähne fast unversehrt erhalten sind, während seither anscheinend nur Steinkerne vorlagen. An dem Index ist der innerste Zahn sehr klein. Neben ihm steht ein grosser, breiter, niedriger Zahn; es folgt ein spitzer, höherer, dann wieder zwei kleinere, und nun ein scharfer, hoher, spitzer Zahn: hierauf kommen wieder 2 bis 3 ganz kleme und nach ihnen ein etwas höherer, spitzer. Von letzterem an krümmt sich der Finger zu dem spitzen, zahnartigen Ende, das mehrere, kaum merkliche Warzenzähnchen trägt. 270 Tu. Eserr, Beitrag zur Kenntniss Der bewegliche Finger hat zunächst im Inneren einen grossen, breiten, zugeschärften und nach hinten gerichteten Zahn. Es folgen zwei Zähne mittlerer Grösse getrennt durch einen kleinen Höcker. Direct hinter den äusseren dieser Zähne schiebt sich beim Zusammenschliessen der Scheere der hohe spitze Zahn des Index. Zwischen ihn und den kleineren vorn schieben sich auf dem Daumen vier kleinere, nach vorn an Grösse zunehmende Zähne. Der bewegliche Finger endigt in einer nach unten ge- krümmten Spitze 1). Im Uebrigen entsprechen sämmtliche Glieder des Scheeren- fusses der Beschreibung NOETLING'S 2). Il. Macrura. Hoploparia sp. Taf. IX, Fig. 3. Aus der Koc#’schen Sammlung stammt ein Bruchstück eines Cephalothorax, und zwar der hintere Theil bis etwas über die Nackenfurche, welcher der Gattung Hoploparia ?) angehört; die Länge vom Hinterrand bis zur Nackenfurche beträgt 36 Millimeter, die grösste Höhe 49 Millimeter. Der Verlauf der Nackenfurche entspricht ganz der bei H. Klebsii NOETL. (a. a. Ö. 8.166 ff. Taf. 7—9). Von der Hepatical- furche ist nur der oberste Theil zu sehen. Auch eine Erhöhung zwischen beiden Furchen ist vorhanden; dieselbe reicht aber weiter ‘aufwärts als bei Klebsü, wird oben durch eine kurze, von der Nackenfurche schief nach unten laufende Furche begrenzt, und etwa in der Mitte durch eine flache Einsenkung in zwei Buckel getheilt. Ferner läuft eine ganz seichte Furche, ziemlich in der !) Ich verglich auch eine verhältnissmässig gut erhaltene Scheere (Steinkern) von (. taunicum aus dem Septarienthon von Igstadt. Dieselbe scheint völlig analog der des Latdorfer Exemplars gebaut zu sein. 2) Norruise, Abhandl. zur geol. Specialkarte v. Preussen und den Thüring. Staaten. Bd. VI, Heft 3, S. 155 — 157. 3) Nach neueren Untersuchungen Pırsexerr’s (Bull. Mus. roy. d’hist. nat. de Belgique, Bd. IV, 1885 u. 1886) soll Hoploparia mit Homarus zusammenfallen, der tertiären Decapoden Deutschlands. DT Höhe des Beginns der Hepaticalfurche, von der Nackenfurche nach hinten abwärts, etwa unter einem Winkel von 70%. Doch ist es nicht ausgeschlossen, dass letztere in Folze einer Verdrückung entstanden ist. Der hücken des Cephalothorax ist kielartig zu- geschärft. — Fundort: Ziegelhütte bei Igstadt (Wiesbaden) im Septarienthon. Calianassa sp. Taf. VIII, Fie. 11. Von einer Calianassa aus dem Oberoligocän von Bünde habe ich die Hand nebst Index abbilden lassen, bei welcher die geringe Höhe im Verhältniss zur Länge auffallend ist. Bemerkungen über das Vorkommen von Granit und verändertem Schiefer im Quellgebiet der Schleuse im Thüringer Walde. Von Herrn H. Loretz in Berlin. Etwas nordwestlich von Neustadt am Rennsteig, im Bereiche der Section Masserberg !) der geologischen Specialkarte von Preussen und den Thüringischen Staaten, kommen emige nahe benachbarte Granitmassen vor, in deren Umgebung der angrenzende cambrische Schiefer contactmetamorphisch verändert ist. Sie liegen in der Hauptsache auf der südwestlichen Seite der Kammlinie des Ge- birges, oder auch des »Rennsteiges« ?), am Grossen und Kleinen Burgberg, Ebereschen -Hügel und Hinteren Arolsberg, beiderseits des Grabelgrundes, oder der Lichten und Finsteren Gabel, im (uellgebiet der Schleuse. Es können diese Berg- und Thalzüge noch dem mittleren Theile des Thüringer Waldes zugerechnet werden, während man etwas weiter nach SO, jenseits Neustadt a. R., den südöstlichen Theil beginnen lassen würde ®). Des Vorkommens dieses Granits und der ihn einschliessenden, eigenthümlichen, veränderten Schiefergesteine ist bereits wieder- holt in der Fach-Literatur gedacht worden. Wir verweisen be- !) Gegenwärtig (1887) noch nicht veröffentlicht. ) In der kleinen Kartenskizze (s. w. u.) verläuft der alte »Rennsteig« odeı »Kkennweg« über den nordöstlichen Winkel in nordwestlicher Richtung; er liegt etwas anders als die eingezeichnete neue Fahrstrasse. ”, 8. Srıisss, Physikalische Topographie von Thüringen, Weimar 1875, 8. 13 ff. H. Lorerz, Bemerkungen über das Vorkommen von Granit ete. 273 sonders auf J. L. HEIM »); derselbe „iebt eine zutreffende Be- schreibung des Granits und der veränderten Schiefer (»Guckuks- schiefer«) und hat*auch bereits eine nähere Beziehung zwischen beiden erkannt. Später fand das im Rede stehende Vorkommen Erwähnung durch H. ÜREDNER sen. ?), und dann durch R. Rıicnter ?). oO Der letztere gab eine kurze Beschreibung der veränderten Schiefer und des Granits (Granitits) vom Hinteren Arolsberg. — Seitens des Verfassers ıst das Vorkommen in diesem Jahrbuche bereits wiederholt erwähnt worden ®). Der die Granitmassen umgebende, etwas phyllitisch glänzende und meist feingefältelte, graugrüne Schiefer ist seiner strati- graphischen Stellung nach im Allgemeinen als cambrisch zu be- zeichnen; aus bereits an anderer Stelle ?) angeführten Gründen möchte ich ihn der jüngeren cambrischen Schichtenfolge des Thüringer Waldes zurechnen. Es erscheint etwas gewagt, den stärkeren Glanz und die mehr gefältelte Structur, welche der Schiefer am Burgberg und Arolsberg und weiterhin, vor den unserer Ansicht nach im Alter entsprechenden Schiefern der Gegenden weiter östlich voraus hat, in Beziehung zu bringen mit Druckbewegungen, welche dem Aufdringen des Granits vorauf- gingen; dagegen möchte ich für wahrscheinlich halten, dass die in dieser Gegend so häufig vorkommenden Parallelknicke oder -stauchungen im Schiefer das Ergebniss derselben Kraftwirkungen 1) Geologische Beschreibung des Thüringer Waldgebirges, des zweiten Theiles dritte und vierte Abtheilung, Meiningen 1808, 8. 45 ff., 77 ff. — Nach den Ausführungen S. 47 ff. muss man schliessen, dass Hm einen Uebergang des Granits in den Schiefer durch Hornfels angenommen habe. >) Versuch einer Bildungsgeschichte der geogmostischen Verhältnisse des Thüringer Waldes, Gotha 1858, S. 21, nebst Karte, auf welcher diese Granit- vorkommnisse unweit Neustadt a.R. angedeutet sind. — Etwas besser treten sie auf der Geognostischen Karte von Thüringen, bearbeitet von B. Gorra, 1544, hervor. ») »Das Thüringische Schiefergebirge«, Zeitschr. d. Deutsch. geolog. Ges. Pd. XXI, 1869, S. 254 u. 400, nebst Karte, auf welcher der veränderte Schiefer gegen den unveränderten durch eine Linie abgegrenzt ist. #) Jahrgang 1882, S. XLIV; 1885, S. XLV £. 5) A.a. 0. 1885, S. XLI. Jahrbuch 1886. 18 274 H. Lorwrz, Bemerkungen über «das Vorkommen von Granit sind, welche in ihrem weiteren Verlaufe die durch den ganzen Schieferkörper hindurchgehenden Zerspaltungen herbeiführten und die Wege zum Empordringen des Eruptivmagmas eröffneten ?). An gewissen Punkten haben sich aber die Knickungen und Stauchungen im Gestein sehr gehäuft, und es stellen sich dann, wie an manchen Fundstücken zu erkennen, förmliche Uebergänge zu Schieferbreccie ein. Es wären das also mechanische Ein- wirkung Eruptivgesteins voraufgimgen, während die auf Umlagerung und en auf das Nebengestein, welche dem Empordringen des Unkrystallisirung der mineralischen Moleküle des Nebengesteins hinarbeitenden Wirkungen in Begleitung oder erst im Gefolge der Graniteruptionen sich einstellten. Jene Erschemung der bis zur Breccienbildung gesteigerten Stauchung wurde übrigens öfter an solchen Stellen im Schiefer beobachtet, wo derselbe von Gängen der porphyrischen Eruptivgesteine des Rothliegenden durchsetzt wird, so in der Gegend des Schleusethales, Tanngrundes u. s. w., gar nicht weit von unseren Granitvorkommnissen; der zerrüttete breccienartig umgeformte Schiefer bildet die Wände des be- treffenden Ganges oder befindet sich doch in nächster Nähe des- selben 2). Die mikroskopische Structur des cambrischen Schiefers resp. Phyllits dieser Gegend tritt besonders auf einem Querschliff recht deutlich hervor. Das ausserordentlich feine, vornehmlich aus win- zigen Quarzkörnchen und höchst feinen Blättchen lamellarer Mine- ralien von glimmerartiger und chloritartiger Natur zusammen- gesetzte Gesteinsgewebe zeigt eine in kleinstem Maassstabe völlig !) Die Erscheinung der Parallelknicke haben wir auch sonst an verschiede- nen Punkten im Schiefergebirge beobachtet: manchmal liegen die Knicke deutlich in der Richtung einer Klüftung und stellen sich dann, indem sie zwischen wirk- lich vorhandenen Klufitlächen verlaufen, als eine Andeutung der Klüftung dar, sozusagen als eine nicht ganz gelungene Klüftung. — Etwas anderer Natur scheint die Knickungserscheinung im Schiefer zu sein, welche Liege, Abh. zur geolog. Spee.-Karte v. Preussen u. d. Thüring. Staaten, Bd. V, Heft 4, S. 51, 52 beschreibt. 2) Nehmen die Stauchungen und Breccienbildungen, welche mit der die Erup- tion von Porphyren u. s. w. einleitenden Spaltenbildung in Zusammenhang stehen, einen grösseren Umfang an, so ergeben sich Verhältnisse, wie sie Naumann, Lehr- buch der Geognosie, 2. Aufl., Bd. Il, S. 701 ff. beschreibt. und verändertem Schiefer im (@nellgebiet der Schleuse etc. I | 5) durchgebildete, welligfaltige Structur, welche der, theils schon mit blossem Auge, theils mit der Lupe erkennbaren feinen Fältelung entspricht; zwischen den durch die Querschnitte der lamellaren Mineralien angegebenen, feinen Wellenlinien sieht man die Quer- schnitte zahlloser, feinster (Juarzkörnchen, so, dass die gegenseitige Anordnung eine flaserige ist. Es wechseln dabei elimmer- und chloritreiche Streifen mit einzelnen, vorwiegend aus (Juarzkörnchen gebildeten, viel mehr durchsichtigen Streifen. (Juer dazu ziehen sich zahlreiche, parallele, mikroskopische Falten-Zerrungen und -Verwerfungen, welche die einzelnen Stücke der von ihnen durch- schnittenen, quarzärmeren und -reicheren Streifen in bekannter Weise an einander verschoben und selbst in veränderte Formen gebracht haben (»microchvage«), ganz ähnlich wie das m viel grösserem Maassstabe an den »Quarzphylliten« unseres Cambrium in Thüringen zu sehen ist. (Quarz zieht sich überdies im feinen Trümern in anderer als der Schichtrichtung durch das feine Ge- webe der Gesteinsmineralien hindurch. Herrn Professor Lossen verdanke ich eine genauere mikro- skopische Untersuchung einer Probe dieses Phyllits, vom Fund- orte Gabel; nach seiner gefälligen Mittheilung zeigt dieses Gestein reichlich Quarzkörnchen, daneben gauz selten Feldspathkörnchen (Plagioklas); (ein Theil des körnig erscheinenden Mosaiks dürfte klastisch sein); als lamellare Mineralien treten auf viel lichter, nicht pleochroitischer (Kalı-) Glimmer, daneben im geringerer aber constanter Menge ein schwach grünlich gefärbtes und schwach aber deutlich pleochroitisches, chloritisches Phyllit-Mineral; dazu tritt Eisenoxyd als rothe Blättchen oder Läppehen, doch nur in sehr kleinen und spärlichen Mengen; sehr zahlreich sind die Rutil- Schiefernädelchen in der für Thonschiefer und Phyllite gewöhn- lichen Ausbildung; sehr vereinzelt bleiben kleine, rundliche Zirkon- körnchen oder -kryställchen, und ebenso Turmalinsäulchen (zum Theil deutlich hemimorph, blau und braun pleochroitisch und zum Theil quer zur Säulenaxe verschiedenfarbig); vereinzelte trübe Körnchen sind vielleicht auf umgebildete Titaneisenkörner zu be- ziehen; hier und da Quarzäderchen und färbendes Eisenoxyd- hydrat. 15* H. Lorwrz, Bemerkungen über das Vorkommen von Granit DD et [ep Dieser phyllitisch-cambrische Schiefer ist von dem graugrünen, deutlich obercambrischen, d. h. dem Silur benachbarten, grau- grünen Thonschiefer Thüringens übrigens nicht wesentlich ver- schieden. Bei letzterem erscheinen die Hauptbestandtheile im mikroskopischen Bilde nicht so fein verwebt, die wellig-streifige Structur im Querschliff kommt zwar vor, aber mehr andeutungs- weise und auf einzelne Theile beschränkt, sie ist bei weitem nicht so fein und scharf allenthalben durchgeführt, sondern bleibt mehr verworren flaserig, indem die lamellaren Mineralien, unter denen besonders der chloritische Bestandtheil sehr hervortritt, auch im (Juerschliff gesehen mehr kreuz und quer liegen, so dass ihre structurelle Combination mit dem Quarz etwas mehr ins Körnige echt. An Thonschiefernädelchen scheinen diese letzteren Schiefer fast noch reicher zu sem als die ersteren )). . Die Lage des Granits zum umgebenden Schiefer ist aus der nebenstehenden Kartenskizze zu ersehen ?). Das Eruptiv- gestein erscheint demnach nicht in einheitlicher, geschlossener Masse, sondern in durch Schiefer getrennten, kleineren und grösseren Partieen, deren Abgrenzung gegen den Schiefer öfter etwas schwierig ist. Die von Granit eingenommenen Flächen sind nicht durchaus frei von Schiefer und verlieren sich anderer- seits an den Rändern sozusagen in den umgebenden Schiefer; in den grösseren Granit-Strecken, wie an der W-Seite des Kleinen Burgberges und Ebereschen-Ilügels sind zwar rem nur aus Granit bestehende Blockanhäufungen m grösserer Ausdehnung vorhanden, ) Vgl. Geognostische Beschreibung des Fichtelgebirges von Günser, 8.280 f. Mikroskopische Beschaffenheit der Flimmerschiefer und der graugrünen Thonschiefer. 2) Dieselbe ist ein Ausschnitt aus dem später zu veröffentlichenden Blatt Masserberg der geolog. Specialkarte von Preussen u. d. Thüring. Staaten. Wir bemerken, dass die veränderten Schiefer sich noch eine Strecke weit über den Nordrand der Skizze (welcher mit dem Nordrand des genannten Blattes zusam- menfällt) hinausziehen. Gewisse, im Schiefer aufsetzende Porphyrgänge sind, da sie hier nicht m Betracht kommen, weggelassen; auch wurde von einer beson- deren Auszeichnung der Quarzitlagen im Schiefer abgesehen, welche nur unter- geordnet am Grossen Burgberg, in stärkerem Maasse am Hinteren Arolsberg, sich einstellen. ereschen HB o % 7 , ET / Tabe Dr “ PER x % 88 KL ES; DDDDDSQGEESE22: E EST GIER ’ RS DEE Maalsstab 1:25000. RIPTELER IT ER 2 RER: EISSES Bee Teränderter cambr Granit. Flulsspath Zorphyr und (Phylliisch) Schiefer, (Granit) ün Granit. Zorphyrit des nebst Quarz. Knotenschöehr & €. Rothlieg. gegen die Ränder jedoch, längs dem Gabelgrund und auch in der Höhe mischt sich dem Granite viel fein zerfallener Schiefer, nebst Fleckschiefer, bei. Andererseits finden sich Granitblöcke, mit- unter ziemlich dicht liegend, au manchen Punkten etwas ausser- 278 H. Lorerz, Bemerkungen über «das Vorkommen von Granit halb des Bereiches der zusammenhängenden Granit-Strecken, im der Zone der veränderten Schiefer. Wie weit das erwähnte Ver- halten durch blosse Vermischung des Schuttes, wie weit durch Gänge und „angförmige Verzweigungen der Eruptivmasse im Schiefer bewirkt wird, ist bei der allgemeinen Bewaldung nicht immer leicht zu sagen; stellenweise aber deutet das Erscheinen der Granitblöcke zwischen dem Schiefer mit grösserer Wahr- scheinlichkeit auf Granitgänge und Apophysen derselben. Berück- sichtigt man Gestalt und Lage der von Granit und der von ver- ändertem Schiefer 1) eingenommenen Flächen, so erscheint die Ansicht nicht unbegründet, dass das Eruptivgestein auf einem Systeme beiläufig in südnördlicher (mit einer Abweichung nach NW) Richtung verlaufender, vielleicht etwas verzweigter Spalten im Schiefer aufgedrungen sei und gang- und stockförmige Massen zwischen letzterem bilde, sodass der Granit als Gang- und Stock-Granit aufzufassen wäre. Beziehungen der Verbreitung des Granits zu den wichtigsten tektonischen Richtungen des Thüringer Waldes, SO:NW und SW:NO, treten weniger hervor, am wenigsten zu der SW:NO-Richtung; solche zu der SO:NW- Richtung könnten im Verlauf der Flussspathgänge angedeutet sein. Ein nahezu südnördliches Streichen macht sich mit be- sonderer Deutlichkeit auf der westlichen Seite des Gabelgrundes geltend; von der Oberen Gabel nach dem Hinteren Arolsberg verläuft hier eine Gangspalte resp. ein schmaler Gangspaltenzug, welcher durch das wiederholte Erscheinen von Blöcken und kleinen Stücken von felsitischem und quarzführendem Porphyr, sowie von Glimmerporphyrit in dieser Linie angedeutet ist, wozu aber auch Granit kommt, dessen Stücke besonders auf den Feldern nördlich von Obere Gabel, dann oben auf dem Arolsberg, aber auch in der Zwischenstrecke angetroffen werden, und an der erstgenannten Stelle, sowie an der Südseite des Hinteren Arolsberges, sowie noch etwas südlich davon von Fleckschiefer, an der erstgenannten 1) Was das Fehlen des Fleckschiefers an der Granitgrenze N vom Burgbach in längerer Strecke betrifft, so ist zu bemerken, dass diese Grenze in eine Ver- werfungslinie fällt. und verändertem Schiefer im Quellgebiet der Schleuse etc. 279 Stelle auch von stärker verändertem Schiefer begleitet werden N). Eben hier findet sich auch eine sehr feinkörnige, fast ins Dichte verlaufende Abänderung des Granits, welche kaum oder gar nicht gewissem (Juarzporphyr zu unterscheiden ist, übrigens y =) mehr von auch oben auf dem Kleinen Burgberg und dem Iiimteren Arols- berg in Begleitung von stark verändertem Schiefer vorkommt; solche Stücke zeigen bei genauer Betrachtung wohl feinsphäro- lithische Structur, welche stellenweise auch im etwas grösserem Maassstabe vorkommt und dann leichter ins Auge fällt. Es liegen eben auch hier die von vielen anderen Orten bereits bekannten Zwischenstufen von Granit und @Quarzporphyr vor. | An manchen Handstücken. erkennt man, wie der Granit in schmalen, ja feinsten Adern den (stark veränderten) Schiefer durchdringt; ja mitunter sieht es so aus, als ob von der Granit- injection herrührende Feldspathpartikel sich noch weiter im Schiefer- gestein verbreiteten, als ob ein weitgehendes Durcheinander von Granit und (veränderter) Schiefermasse vorläge. Diese feinen granitischen Adern senden aber auch Verzweigungen aus und tee) hängen zum Theil unter einander zusammen. Auch der mit dem Schiefer vorkommende (@uarzit wird manchmal von sehr feinen (Grranitadern durchschwärmt. Die erwähnten Lagerungs- und Verbands-Verhältnisse des Granits zum Schiefer überhaupt und zum veränderten Schiefer insbesondere geben genüsende Anhaltspunkte, um zu erkennen, dass das eruptive Magma emporgedrungen ist, nachdem die Schiefer- schichten aufgerichtet, gefaltet und gefältelt worden waren. Es sei hier zugleich auf den Unterschied hingewiesen zwischen der n oO offenbar durchgreifenden Lagerung dieses Granits und den im . a . fe . oo. n Streichen der Schichten (möglicherweise an einigen Stellen nahezu im Streichen) gelegenen Vorkommnissen von Granit und grani- tischen Gesteinen gewisser benachbarter Gegenden, so besonders des Schwarza-Gebietes und der Gegend von Eisfeld 2). Während !) Diese Verhältnisse sind auf dem Kärtchen in vereinfachter Weise darge- stellt worden. ?) Vgl. die Rıcmrer’sche Karte des Thüring. Schiefergebirges, Zeitschr. d. Deutsch. geolog. Ges. XXI, 1869, sowie die kleine geognostische Uebersichtskarte 280 H. Lorenz, Bemerkungen über das Vorkommen von Granit wir bei letzteren contactmetamorphische Einwirkungen auf den : an Br er 38 | einschliessenden Schiefer vermissen, dagegen eine Reihe eigen- thümlicher, feldspathführender, flaseriger Uebergangsstufen oder Zwischengesteine vom Granit zum Schiefer als Hüllen um körnig struirte, granitische Kerne wahrnehmen, verhält es sich bei dem hier zu beschreibenden Granitvorkommen gerade umgekehrt. Wird für jene anderen Vorkommnisse eine eruptive Entstehung des eieentlich granitischen Antheils angenommen, so wird das Auf- dringen des entsprechenden Magmas in die Zeit der Entstehung der nordöstlich streichenden Falten, der Hauptfaltung, hinein, wenn nicht bereits in eine frühere Zeit zu verlegen sein, während für die zugehörigen, durch phyllitische bis sericitische Substanz schiefrig - flaserigen Zwischengesteine eine durch mechanisch- chemische Umformung bewirkte Umwandlung ursprünglicher Granit- Theile geltend gemacht worden ist). Für den Granit vom Burgberg und Arolsberg können wir, ebenso wie für weiter ab nach SO gelegene Vorkommnisse von Granit (Hennberg u. s. w.) nur eine spätere Entstehungszeit annehmen; die, wje erwähnt, muthmaasslich mehr nordsüdlich verlaufenden Spalten, welche ihm zum Aufdringen gedient haben, rissen erst nach Abschluss der “ . @ on rc 6 7 B Faltungsvorgänge im Schiefer auf?). Da aus hier nicht weiter der cambrisch-phyllitischen Schieferreihe des Thüringer Waldes vom Verfasser in diesem Jahrbuch für 1881, Taf. VI; ausserdem Blatt Eisfeld der geolog. Speeial- karte von Preussen u. d. Thüring. Staaten. !) Vgl. das bekannte Werk von J. Lemma: Untersuchungen über die Ent- stehung der altkrystallinischen Schiefergesteine, Bonn 1884. 2) Wir haben also für die verschiedenartigen Granitvorkommnisse auch eine andere Orientirung des Streichens (bez. der zugehörigen Spalten), ein Unterschied auf dessen Wichtigkeit für das Verständniss der Altersbeziehungen von Losszx wiederholt hingewiesen worden ist. — Die nördlich verlaufende Richtung der Spalten und Verwerfungen gehört bekanntlich sehr verschiedenen Zeiten an. Die hier in Betracht kommenden derartigen Spalten rühren aus einer Zeit her, wo die bei der Bildung des Schiefergebirges besonders thätigen Druckkräfte in erzgebir- gischer und hereynischer Richtung noch wirksam waren, und sie gehören wohl jener Gruppe an, welche Losszs (dieses Jahrbuch für 1884, S. 73) und Liırse (Uebersicht üb. d. Schichtenaufbau Ostthüringens, Abh. z. geol. Spec.-Karte v. Preussen etc., Bd. V, Heft 4, S. 51) als resultirende aus der Wirkung beider Druckkräfte auffassen. Wie bekannt, spielt dieselbe Richtung in den viel jüngeren Verwerfungen des Stufenlaudes vor dem alten Gebirge, sowie in den Basaltdurch- und verändertem Schiefer im @uellgebiet der Schleuse ete. 281] zu erörternden Gründen in unserem Gebirge, wie auch in manchen. anderen, dieser Abschluss erst nach der Bildung des Culm er- folgte, so ist für das Alter unseres Granits keine höhere als eben diese Zeit nach Bildung des Culm anzunehmen. Weniger sicher ist die Altersstellung unseres Granits nach der anderen Seite abzugrenzen, da keine directen Lagerungs- beziehungen desselben zu Sediment- und Eruptivgesteinen des benachbarten Rothliegenden beobachtet wurden. Wir sind ın dieser Beziehung mehr auf indirecte und Analogie -Schlüsse, auf 5 g Vergleichung mit ähnlichen thüringischen Granitvorkommnissen, namentlich denen im SO angewiesen !). Diese betreffend wissen wir durch LieBE ?), dass der Granit vom Hennberg bei Weitis- berga, unweit Lehesten, welcher seinerseits im unteren Culm steht und dessen Schiefer verändert hat, von Lamprophyr (resp. Kersantit) durchsetzt wird, und dass, dementsprechend, Gänge dieses letzteren Eruptivgesteins Stücke von Granit einschliessen ; ebenso, dass Gänge eines melaphyrischen Gesteins Stücke von Granit einschliessen, welch’ letztere, beiläufig gesagt, im Hand- stück unserem Burgberg- und Arolsberg-Granit petrographisch ähnlich sind. Es liegt nun, wie uns scheint, kein besonderer Grund vor, für unseren Granit ein anderes Alter anzunehmen als für die ge- nannten Granitvorkommmnisse, deren Alter offenbar etwas höher ist als das der dyadischen, bez. dem Rothliegenden und dessen brüchen daselbst eine nicht unbedeutende Rolle. — Abgesehen hiervon macht sich die nahezu nördlich verlaufende Richtung wiederholt in mehreren tekto- nischen Verhältnissen unserer Gegend des oberen Schleusegrundes und sonst im Gebiet der Section Masserberg geltend. ) Ueber diese im südöstlichsten Theile des Thüringer Waldes gelegenen Granitvorkomninisse giebt Losszs (dieses Jahrbuch für 1884, S. 59) einige zu- sammenstellende Bemerkungen. Nähere Angaben sind von Liese theils schon gegeben (Uebers. üb d. Schichtenaufbau ete. und: Die jüngeren Eruptivgebilde im Südwesten Ostthüringens, dieses Jahrbuch für 1885), theils noch zu erwarten (in der Erläuterung zu Blatt Probstzella der geolog. Spee.-Karte v. Preussen u. d. Thüring. Staaten). ?) Uebersicht über den Schichtenaufbau u.s. w., S. 74 u. 130; Die jüngeren Eruptivgebilde u, s. w. S. 187—189, 282 H. Lorerz, Bemerkungen über das Vorkommen von Granit Beginn angehörenden Eruptivgesteine, und wir würden seine Ent- stehung hiernach in die Zeit nach abgeschlossener Gebirgserhebung und -faltung und vor dem Aufdringen der Eruptivgesteine des kkothliegenden, wenigstens ihrer Hauptmasse zu setzen I), also als carbonisch bis altdyadisch anzusehen haben. Zur Stütze dieser Ansicht kann wohl noch ein tektonisches Verhalten angeführt werden, welches auf dem später zu veröffent- lichenden Blatt Masserberg hervortritt. Der Granit vom Grossen Burgberg fällt nämlich mit seiner Längsaxe in die Verlängerun Oo Oo fe) oO einer Verwerfung, welche aus dem Dachsbachthal über Giessübe] und weiter N verläuft, und deren Richtung S:N mit einer geringen Abweichung nach NW ist. In dem südlichen Theile ihrer Er- streckung stossen in dieser Spalte an einander von W her Schiefer resp. Phyllit des Cambrium, von O her eine bedeutende Ablage- rung von Schieferbreccie, welche aus eben diesem cambrischen Schiefer gebildet ist, und hier wie in der Nachbarschaft sich als unterste Bildung des sedimentären Rothliegenden darstellt. Wenn le) nun, wofür ja auch sonst Anhaltspunkte vorliegen, die Entstehung der Schieferbreccie mit der Anlage und weiteren Ausbildung der Verwerfungsspalte in ursächlichen Zusammenhang gebracht werden darf, so würde für die erste Entstehung der letzteren die Zeit des ältesten Rothliegenden (resp. jüngsten Carbon) anzunehmen sein; und es kann dies, wie mir scheimt, als ein weiterer Anhalt gelten, für den in dieselbe Richtung fallenden Granitstock kein anderes Alter zu vermuthen. Der Vollständigkeit wegen seien hier noch einige kurze No- tizen über die Aechnlichkeiten und Unterschiede, welche gewisse Granitvorkommnisse benachbarter Gegenden im Vergleich zu unse- rem Granite darbieten, eingeschaltet, wenn auch selbstverständlich dadurch in der Altersfrage nichts weiter bewiesen wird. Die Vergleichung mit Handstücken von den Granitvorkomm- nissen aus der Schwarza-Gegend lässt nicht eben grosse Aehnlich- 1) Für die Granite Ostthüringens spricht sich Liesg dahin aus, dass sie car- bonischen Alters sind (Culmzeit und jünger): Uebersicht u.s. w., S. 74 f. (474 f.); und: Die jüngeren Eruptivgebilde u. s. w., 5. 182 u. 189. und verändertem Schiefer im (@Juellgebiet der Schleuse etc. 283 keit erkennen, was besonders in dem entschieden mehr hervor- tretenden Glimmermineral der letzteren begründet ist. Dazu kommt die Neigung derselben, durch Aufnahme sericitischer oder phyllitischer Flasern etwas schiefrig zu werden. Gewisse Hand- stücke rein körnigen Granits Jedoch, welche man vom Vorkommen bei Mankenbach sammeln kann, werden recht ähnlich). Der Granit vom Hennberg bei Weitisberga hat, nach den vorliegenden Handstücken, einen anderen Habitus, als unser Gestein, namentlich macht sich auf den ersten Blick ein grösserer Glimmerreichthum geltend ?). Dagegen stellt sich eime grosse Aechnlichkeit heraus nit einzelnen Proben des Granits vom Rabenhügel bei Knobels- dorf (südlich von Saalfeld), welcher dort als Einschluss in einem Melaphyrgang vorkommt und wie der unserige glimmerarm ist. Freilich tritt diese Aehnlichkeit auch nur an einzelnen, feinkörnigen Proben hervor, während die grobkörnigen von dort die grösste Aehnlichkeit aufweisen mit einem grobkörnigen, granitischen Ortho- klas-Quarz-Gestein, welches ich an mehreren Stellen des Frauen- walder Höhenzuges innerhalb der porphyrischen Deckengesteine des Rothliegenden sammelte und für eine extreme Ausbildung von (=) @Quarzporphyr halte, da öfter zwischen dem Quarz-Orthoklas-Ge- menge etwas felsitische Grundmasse wahrnehmbar ist. Das granitische Gestein der verschiedenen, auf dem Kärtchen verzeichneten Stellen ist im Ganzen so einheitlich, dass es in der Beschreibung zusammengefasst werden kann. Es besteht aus Quarz, fleischrothem Orthoklas und zurücktretendem Marnesia- elimmer (resp. dunklem Glimmer schlechthm), als Hauptzemeng- theilen. Die Färbung des Gesteins ist eine röthliche, was emer- seits durch den an Menge sehr hervortretenden, fleischroth er- scheinenden Feldspath bedingt wird, sodann auch durch die eisen- oxydischen Zersetzungsproducte des Glimmers. Die Structur wechselt, sie ist feinkörnig, mitunter fast dicht, bis ziemlich grob- ı) Vgl. H. Crepser sen., a. a. 0. 8. 21. ) Vgl. die Beschreibung von F. E. Mürwser: Die Contacterscheinungen an dem Granite des Hennbergs bei Weitisberga, Neues Jahrb. 1882, Bd. Il, 8. 205 ff.; und von Liege, Uebersicht über den Schichtenaufbau u. s. w., 8. 73 f. 284 H. Lorerz, Bemerkungen über das Vorkommen von Granit te} körnig, wobei die erstere im Ganzen etwas mehr Verbreitung er- reicht, als die letztere. Ein Gesetz in der räumlichen Vertheilung der feinkörmigen und der „robkörnigen Structur ist nicht mit Sicherheit erkannt worden. Ausnahmsweise wird die Structur durch etwas grössere Körner von Quarz, und wohl auch von Feldspath, die in sonst femkörniger Umgebung sich hervorheben, porphyr- artig. Neben der rein körnigen Structur kommt auch, doch weniger verbreitet, durch besondere Verwachsungsweise von Quarz und Feldspath granophyrische (im Sinne von ROSENBUSCH) Structur vor. Diese äussert sich, abgesehen von der noch zu erwähnenden schriftgranitartigen Verwachsung, namentlich in Sphärolithbildung, bei welcher ein Quarzkorn die Mitte einnimmt und die Feldspath- masse radial- resp. divergentstrahlig nach aussen sich rings herum anlegt; diese, das Gestein ziemlich dicht gedrängt erfüllenden Ge- bilde bleiben übrigens klein, ihre Zwischenräume bestehen aus einem in gewöhnlicher Weise verwachsenen Feldspath - Quarz- Gemenge. Wenn solche Sphärolithe (Pseudosphärolithe nach ROSENBUSCH) an den frei herumliegenden Fundstücken nicht eben häufig und auffällig sich zeigen, so ergiebt doch eine aufinerksame Betrachtung des gesammelten Materiales, namentlich auch der mikro> skopischen Präparate, dass sich diese Structur an verschiedenen Stellen wiederholt, und es ist dadurch eine Andeutung gegeben, dass die Erstarrungsverhältnisse unseres Granits derartige waren, um hier und da die Ausbildung von Uebergangsstufen zu Quarz- oO porphyr zu gestatten; um so wahrschemlicher ist es nun auch, dass die an manchen Stellen innerhalb der Verbreitung des graniti- schen Gesteins beobachteten, in ihrem Habitus an Quarzporphyr oder felsitischen Porphyr erinnernden Stücke eine petrographische Facies des Granites sind und nicht selbständigen Porphyrgängen von jüngerer Entstehung als die des Granits angehören !). Die Structur unseres Granits im Grossen, besonders die Ab- sonderungsformen desselben sind wegen mangelnder Aufschlüsse, ) Damit ist nicht gesagt. dass sich nicht ganz ähnliche Structurverhältnisse bei gewissen, in der Nachbarschaft vorkommenden, dem Rothliegenden ange- hörigen Quarzporphyrabänderungen wiederholen können, und verändertem Schiefer im @Qnellgebiet der Schleuse ete. 2385 wie Felswände, Steinbrüche u. s. w. nicht zu sehen; ebensowenig bestehen über das Durchsetzen von granitischen Gängen und Schlieren, «die eine von der Hauptmasse etwas abweichende Mischung haben könnten, genügende Aufschlüsse. Die Quarzkörner unseres Granits wechseln an ein und dem- selben Haudstück in ihrer Grösse nicht unbedeutend; recht häufig zeigen sie sich im Q@Querschnitte theilweise geradlinig umrandet, und dementsprechend ragen sie auch in, besonders bei gröberem Korn vorkommende, kleine unregelmässige Hohlräume (wie in die noch zu erwähnenden Spalten) mit ausgebildeten Krystallspitzen hinein. Der Orthoklas erscheint im mikroskopischen Bilde durch- weg „etrübt. An Menge sehr zurücktretend kommt daneben, wie die Untersuchung mit dem Mikroskop, aber kaum die mit der Lupe zeigt, ein trikliner Feldspath in polysynthetischer Zwillings- verwachsung vor, dessen optisches Verhalten den Schluss auf Oligo- > klas erlaubt. Dass dieser Feldspath sich mindestens so frisch er- halten hat wie der Orthoklas, geht daraus hervor, dass keine ein- zige einer grösseren Zahl sorgfältig vorgenommener Proben Kohlen- säure entwickelte, und zeigt sich überdies bei der Betrachtung durch das Mikroskop, wo der trikline Feldspath, zum Theil wenig- stens, entschieden frischer aussieht, als der Orthoklas. Die Aus- bildung freier Krystallenden in kleine Hohlräume hinein, wie beim (Juarz, wurde manchmal auch beim Orthoklas beobachtet. An vielen Proben erkennt man deutlich ein Umschlossensein der (uarzkörner von der in sich zusammenhängenden Orthoklasmasse, und überdies greifen, mikroskopisch gesehen, beiderlei Substanzen vielfach in einander ein. Dazu aber tritt recht häufig mikroskopisch feine, schriftgranitartige Verwachsung des Quarzes mit dem Ortho- klas in der zierlichsten, vielfach wechselnden Weise, wobei die kleinen @uarzkörnchen optisch einheitlich orientirt sind. Diese Structur deutet auf Randpartieen oder Gangbildungen der graniti- schen Massen !), und wir haben hier, in Verbindung mit dem ) Nach gefälliger Mittheilung des Hrn. Dr. Max Kocm, welcher ähnliche Gesteine aus dem Harz untersucht hat. Derselbe hatte die Güte, meine Granit- präparate durchzusehen und mir die Resultate, welche in Obigem enthalten sind, mitzutheilen: ich spreche ihm hierfür gern meinen besten Dank aus. 286 H. Lorwrz, Bemerkungen über das Vorkommen von Granit oben bei der sphärolithartigen Structur Gesagten, wieder einen Hinweis auf rasche Erstarrungsverhältnisse eines beträchtlichen Theils unseres ganzen Granitvorkommens. Damit würde das weiter oben über die Vertheilung der Granitmasse im Schiefer, nach den Beobachtungen in der Natur Angeführte stimmen, und wir sehen uns so wiederholt darauf hingewiesen, an vielfach verzweigte Gänge des Granits im Schiefer zu denken. Was den Glimmer in unserem Granit betrifft, so tritt er im (Ganzen zurück und scheint an manchen Proben, doch, wie die mikroskopische Untersuchung zeigt, mehr nur in Folge von Zer- setzung, als in Wirklichkeit, zu fehlen. Selten hat er sich frisch erhalten, und stellt sich dann, ausnahmsweise sogar ziemlich reich- lich, in Form glänzend schwarzer, sechsseitiger Täfelchen dar, die eewöhnlicher indess eisenoxydisch angelaufen oder zersetzt, in anderen Fällen mit gelbgrünlicher Färbung verändert resp. chloriti- sirt sind. — Zu den genannten Hauptgemengtheilen gesellt sich das Eisenoxyd, welches das färbende Princip des Gesteins abgiebt, dazu in Form von Eisenglanz auf feinen Kluftflächen zwischen (Juarz erscheint; wie viel von diesem Eisenerz dem granitischen Magma ursprünglich bereits als solches angehörte, bleibe dahin- gestellt; jedenfalls ist das in Staubform bier und da stärker an- gehäufte Eisenoxyd, welches das Gestem fleckig roth erscheinen lässt, secundärer Natur, ebenso natürlich das deutlich als Zer- setzungsproduct des Glimmers erscheinende. Dazu tritt noch hier und da ein grünliches Zersetzungsmineral, dessen chemische Natur unaufgehellt geblieben ist. (Es ist weich, mit dem Messer zu schaben, in Salzsäure unlöslich, vor dem Löthrohr schmelzbar.) Turmalın und seltenere Mineralien wurden als accessorische Gemengtheile nicht beobachtet. Ausser in Form von RKörnern zeigt sich der Quarz in unserem Granit auch gar nicht selten in Form von starken bis schwachen o° und sehr feinen Trümern (Adern), welche die Gesteinsmasse durch- setzen. Manche derselben nehmen ihren Anfang in einem Quarz- korn und setzen in ein zweites, in emiger Entfernung davon liegen- des fort, oder setzen in derselben Weise durch mehrere Quarz- körner durch, diese mit einander verbindend, senden dabei auch und verändertem Schiefer im @Quellgebiet der Schleuse etc. 287 wohl kleine, kurze Seitentrümer (wie unvollkommene Körner) aus; dabei ist die Quarzmasse der Körner und der Trümer durchaus ein- heitlich, zum Zeichen, dass wir es nicht mit später durch Infiltration gebildeten, sondern mit ursprünglichen » Ausscheidungstrümern « zu thun haben, welche nur als besondere Formen der zuletzt in den starren Zustand gelangenden Kieselsäure, als Secretionen in dem sich verfestisenden und hierbei Risse oder Discontinuitäten be- S kommenden Eruptivmagma zu deuten sind. Die stärkeren der- artigen Trümer sind nun gar häufig »bilateralsymmetrisch« aus- krystallisirt, indem sie emem ungefähr ihrer Mittellmie folgenden, schmalen Hohlraum feine Krystallspitzen zuwenden "). Diese schmalen, nach einer Ebene oder Fläche gedehnten Hohlräume sind aber nicht wesentlich verschieden von den bereits angeführten kleinen Drusenräumen, in welche ebenfalls Quarz sowie Feldspath mit freien Krystallflächen hinemragen: es sind Discontinuitäten aus der Zeit der Gesteinsverfestigung. Auf den Quarzkrystallen der Trümer finden sich öfter Eisenglanzschüppchen, zudem zeigt sich auch Flussspath in diesen Trümern. Aber auch ohne mit viel Quarz vergesellschaftet zu sein, durchschwärmt und durchtrümert Flussspath von violetter oder auch blaugrüner und grüner Färbung mitunter das Gestein. Auch für diese Trümer ist eine Entstehung in der Art und Weise der Ausscheidungstrümer, zur Zeit der Gesteinsverfestigung oder als Nachspiel derselben, wahrscheinlicher, als eine spätere ?). Die Flussspathführung unseres Granits geht indess so weit, dass man es stellenweise nicht mit schmalen Trümern, sondern mit bedeutenden derben Massen zu thun hat, welche das Gestein gangartig durchsetzen, und vielfach Anlass zur Gewinnung dieses Minerals in Schürfen, kleinen Schächten und Stolln gegeben ) Diese auskrystallisirten (Quarztrümer sind bereits J. L. Hzım aufgefallen, er giebt davon eine zutreffende Beschreibung: a. a. 0. 8. 40. Als spätere Bildung kommt Steinmark mit Manganoxydstufen auf solchen Trümern vor. 2) Wir möchten hier auf die Ausführungen Darmun’s (Die geolog. Verhält- nisse der Insel Elba, Zeitschr. f. Naturwissensch., Bd. LVII, 1884, Sep.-Abdr. S. 26 ff.) verweisen. Y88 H. Lorwrz, Bemerkungen über das Vorkommen von Granit haben !), in früheren Zeiten zur Verwendung beim Hochofen- betrieb, gegenwärtig für chemisch-industrielle Zwecke. Ein be- sonders starker derartiger Gang ist derjenige, welcher in den Schluchten zwischen Kl.- Burgberg und Ebereschen - Hügel an mehreren Stellen aufgeschlossen ist, und von da in nordwestlicher Richtung mindestens bis auf den angrenzenden Bergrücken ver- folgt werden kann, gegenwärtig auch durch Stolln- und Schacht- betrieb in Abbau steht; der Flussspath steht hier in wechselnder Stärke, die meist wohl unter 1 Meter bleibt, zwischen Granit an. Weiterhin sind im oberen Gabelgrund, beiderseits des dortigen Flossteiches Schürfe in Flussspath zwischen Granit, von welchen wenigstens die auf der westlichen Seite des Teiches gelegenen wieder eine nordwestliche Richtung der Gänge erkennen lassen. Ob wir es auch bei diesen stärkeren Gangmassen nur mit Aus- scheidungsgängen zu thun haben, will ich unentschieden lassen. Wie bereits mehrfach erwähnt, ist der cambrisch - phyllitische Schiefer in der Umgebung der Granitvorkommnisse am Burgberg, Arolsberg u. s. w. contactmetamorphisch verändert. Wir erkennen in diesem veränderten Gesteine die Fleck- oder Knotenschiefer, Knotenhornfelse, Hornfelse wieder, welche unter entsprechenden Bedingungen in anderen Gegenden vorkommen und zum Theil in ausführlicher Weise beschrieben worden sind. So wenig wie in jenen anderen Gebirgen finden sich bei uns die genannten eigenthümlichen Schiefer als stratigraphische_ Glieder der ge- sammten Schieferreihe, oder als besondere Einlagerungen in dieser Reihe; sie sind in ihrem Vorkommen ausschliesslich an den Granit (Granitit) der oben namhaft gemachten Berge gebunden, den sie mantelartig umgeben, und dieselben Gründe, welche man ander- wärts geltend gemacht hat, um solche Schiefer als nur durch den Contact und die Nähe des Granits bewirkte Umwandlungs- producte des gewöhnlichen, sich weiterhin anschliessenden Schiefers I) Kleinere derartige Vorkommnisse konnten auf dem Kärtchen nicht ange- geben werden. und verändertem Schiefer im Quellgebiet der Schleuse etc. 289 ZUOe zu deuten. lassen sich auch in unserem Falle anführen. Nur hat es uns nicht gelingen wollen, auch hier, so wie anderwärts, deut- liche, ringförmig angelegte Zonen stärkerer und weniger starker Umwandlung von eimander abzugrenzen, in der Art, dass die Zone te) der stärksten Umwandlung zunächst den Granit umgeben würde; wohl aber lassen sich die verschiedenen Umwandlungsgrade am (Gestein erkennen und an Handstücken zeigen. Man könnte sich denken, dass ausser den verschiedenen, zu Tage tretenden Granit- massen noch andere in geringer Tiefe sich befinden und auf die Vertheilung des zu Tage anstehenden, mehr oder minder stark veränderten Schiefers von Einfluss wären, eine Annahme, die mit dem weiter oben vermutheten Vorhandensem eines Gangsystems, welches dem Granite zum Aufdringen gedient, in Einklang wäre. Vielleicht trägt auch die Vermischung des Schuttes an den steileren Abhängen dazu bei, dass gesonderte Zonen nicht so deutlich her- vortreten. Bei der Begehung stellt sich die Sache so dar, dass der die Hauptmasse des umgewandelten Schiefermateriales aus- machende Fleck- oder Rnotenschiefer ziemlich viel unveränderten Schiefer zwischen sich enthält, und dass nicht stärker als bis zu Fleckschiefer geänderter, ja ganz unveränderter Schiefer stellen- weise bis an die Granitpartieen heran, und, wie es scheint, selbst bis ın diese hinein, reicht. Bei diesem Verhalten sind Betrach- tungen über die Breite der Strecken veränderten Schiefers um den Granit herum auch weniger leicht anzustellen und weniger von Bedeutung als bei deutlich concentrisch um ein einheitliches Granitmassiv angeordneten, metamorphischen Schieferzonen. Ehe wir uns nun zur Besprechung der Veränderungen wenden, welche der cambrisch-phyllitische Schiefer erfahren hat, indem er zu Fleckschiefer u. s. w. wurde, seien wenige Worte über das Ver- geerenüber gesagt. Der Quarzit ee, halten des Quarzits dem Granite kommt in Form von Zwischenlagen und -bänken des phyllitischen Schiefers vor, bleibt aber im Ganzen an Menge untergeordnet; erst weiter nordwestlich, am Hinteren Arolsberg nimmt seme Masse zu. In der Regel nun zeigt der Quarzit am Granit keine Ver- änderung, und es trifft dies selbst bei solehen Stücken zu, an Jahrbuch 1886 19 290 H. Lorerz, Bemerkungen über das Vorkommen von Granit welchen er sich von feinen Granitadern durchtrümert zeigt 1). Bei anderen beschränkt sich die Aenderung auf eine ziemlich durchgehende Röthung durch Eisenoxyd in Substanz; dabei zieht sich auch wohl zwischen Granit und Quarzit eine dünne Quarz- lage durch, von welcher feine Abzweigungen in die Quarzitmasse fortsetzen, und welche ihrem Wesen nach den den Granit so oft durchziehenden Quarztrümern gleichzustellen sem dürfte. Ueber die Umwandlung unserer phyllitischen Schiefer in Knotenschiefer und Hornfels nun haben wir folgende Angaben zu machen. Der erste Grad der Umwandlung besteht, wie anderswo, auch hier darin, dass auf dem sonst nach Färbung, Glanz und Structur unverändert aussehenden Schiefer kleine, rundliche, meist etwas längliche Flecken, etwa von Hirsekorn- oder Steck- nadelkopf-Grösse erscheinen, mehr oder minder dicht zusammen- stehend, bald ziemlich scharf umgrenzt, bald weniger. Die Längs- axe der Flecken liegt zwar sehr oft, aber durchaus nicht immer in der Richtung, welche die Fältelungslinien einhalten. Die Flecken sehen immer dunkler aus als ihre Umgebung, nämlich dunkel- eisenoxydroth, und eine geringe moleculare bis structurelle Aenderung an der Stelle der Flecken ist dadurch angedeutet, dass sie glanzlos ebune unveränderte feine Fälte- sind, und dass die in ihrer Umg g lung der Schiefermasse innerhalb ihres Umfangs weniger deutlich ist. Mit dem Erscheinen der Flecken ist aber öfters auch eine leichte Röthung oder Dunkelfärbung der gesammten (Gesteins- masse verbunden, ohne dass indess die Fältelung undeutlicher zu werden brauchte; laugt man solche Stückchen mit heisser Salz- säure lange genug aus, so verschwindet die Röthung durchweg, dennoch bleiben die kleinen Flecken sichtbar, zum Zeichen einer geringen Aenderung der Structur. Bei dicht gedrängt stehenden Flecken sieht allerdings auch ohne wesentliche Aenderung der Färbung der Zwischenstellen das Gestein röthlich aus. Geht die 1) Auch anderwärts werden bei der Entstehung von Fleckschiefern, Frucht- schiefern u. s. w. durch Granitcontactmetamorphose die zwischengelagerten Quar- zite und @uarzitschiefer nicht oder nur in weit geringerem Maasse verändert. S. die betr. Erläuterungen zur geolog. Spee.-Karte d. Königr. Sachsen. und verändertem Schiefer im Quellgebiet der Schleuse ete. 29] Umwandlung nicht weiter als bisher beschrieben, so bezeichnen wir das Gestein als Fleckschiefer oder Knotenschiefer d) (Knotenthonschiefer, Knotenphyllit). Die Spaltbarkeit des Schiefers hat soweit noch nicht, oder doch nicht sehr viel abgenommen. In Bezug hierauf, sowie in der Härte und den übrigen Kennzeichen wechselt übrigens das umgewandelte Gestein etwas und nähert sich in seinem Ansehen mitunter wohl dem als »Knotengelimmer- schiefer« bezeichneten Grade ?). Bei weitergehender Umwandlung geht die Schieferspaltung verloren, die ursprüngliche feine Fältelung ist soeben noch zu er- kennen oder leuchtet sozusagen nur mehr schwach als eine Parallel- streifung durch; ein feinschuppiges dunkles Glimmermineral hat sich in der Gesteinsmasse mehr und mehr entwickelt. Damit ist der veränderte Schiefer ein kaum mehr schiefriger Knotenhorn- fels geworden; er wird zu eigentlichem Hornfels, wenn sich gleichmässig dunkle, nämlich schwärzlich-, röthlich-, grünlichgraue Färbung bei feinstkörniger bis fast dichter Structur einstellt, in Verbindung mit grosser Härte, Sprödigkeit und fast muschligem Bruch. Die ursprüngliche Schieferung ist dann nur noch etwa an abgewitterten @Querbruchflächen und an einzelnen, unvoll- kommenen, in der Schieferrichtung liegenden Ablösungsflächen zu erkennen, auf welchen der neugebildete dunkle Magnesiaglimmer, welcher auf dem Bruch des quarzigen Gesteins nur in sehr kleinen Blättchen erscheint, in etwas grösseren, mehr zusammenbängenden Schuppen und Häutchen ausgeschieden ist. — Im Ganzen be- trachtet, und besonders bei der Begehung im Gebirge, hat man bei unseren Gesteinen eigentlich nur den Eindruck von zwei Um- wandlungsgraden, Fleck- oder Knotenschiefer und Hornfels, und ) »Fleckschiefer«, wenn man nur die Oberfläche in’s Auge fasst, »Knoten- schiefer«, wenn man die räumliche Ausdehnung dieser klemen Gebilde bezeich- nen will. Diese Schiefer dürften auch den »Fruchtschiefern mit unveränderter Schiefer- masse« der sächsischen Geologen entsprechen, wie sie z.B. Daımer von Section Schneeberg beschreibt. 2) Knotenglimmerschiefer vom Burgberg führte Rosesgwusen an, in »Die Steiger Schiefer u. s. w.«, Abh. z. geolog. Spee.-Karte v. Elsass-Lothr., Bd. 1, Fe jS7T 8. 249. 192 292 H. Lorwrz, Bemerkungen über das Vorkommen von Granit u das Ergebniss der weiter unten mitzutheilenden mikroskopischen Untersuchung stimmt damit überein. Um den chemischen Bestand des umgewandelten Schiefer- gesteins gegenüber dem des zu Grunde liegenden, unveränderten, phyllitischen Schiefers zu erkennen, namentlich um etwaige che- mische Aenderungen zu erfahren, wurden im Laboratorium der Königl. geologischen Landesanstalt und Bergakademie drei Ana- lysen ausgeführt, wovon die erste den unveränderten Schiefer zum Gegenstand hatte, die zweite ein als Knotenschiefer (anscheinend fast schon »Knotenglimmerschiefer«) zu bezeichnendes Gestein, die dritte emen eigentlichen Hornfels. Die Ergebnisse der Ana- Iysen sind folgende. Die Namen der Analytiker stehen unter jeder Analyse. 1. 1 nu SO, 65,84 64,25 65,13 TiO, 0.22 0.84 0,15 Als O3 17,10 18,05 17,94 Fe5O; 1,60 1.63 2.09 Feo 4,00 3,92 3,90 M&O 1,99 1,87 1,79 CaoO Spur Spur Spur K,O 3,87 4,16 4,51 Na,0 1,47 1,41 1,47 SO; Spur Spur Spur P,O; 0,12 0,12 0.16 CO, Spur _ Spur 1,0 4,74 3,69 3,21 100,95 99,94 99,95 Spec., Gew. 2,7413 2,7666 2,713: STERFEN. al AMPE. STEFFEN. I. Unveränderter, typischer, gefältelter, grünlicher, phylli- tischer Schiefer oder Phyllit, von Grabel. II. Stärker veränderter Knotenschiefer, mit dicht stehenden Knoten, röthlich, hart, Fältelung noch zu erkennen, dem äusseren Anschen nach (doch nicht unter dem Mikroskop) fast schon als »Knotenglimmerschiefer« er- scheinend, vom Kleinen Burgberg, Westseite. und verändertem Schiefer im Quellgebiet der Schleuse ete. 293 III. Eieentlicher Hornfels, Fältelung verschwunden, Gestein oO fe) ver hart, dieht, dunkel (etwas grünlich), fast muschlig Bruch, auf angewitterten Ablösungen Glimmerfetzen und -häutchen zu sehen, vom Kleinen Burgberg, W est- seite. Der Vergleich dieser Analysen bestätigt auch für unsere gra- nitische Contactzone den aus entsprechenden anderen (Grebieten bekannten Erfahrungssatz, dass keine eigentliche Aenderung im chemischen Bestande des umgewandelten Schiefers gegenüber dem- jenigen des unveränderten Schiefers stattgefunden hat, und dass es somit nur moleculare Umlagerungen und Umgruppirungen zu anderen Mineralien sind, welchen das so stark veränderte Wesen der Contaktgesteine zuzuschreiben ist. Der Wassergehalt ist auch hier beim veränderten Schiefer geringer als beim ursprünglichen, in Ueberemstimmung mit den Erfahrungen aus anderen Grebieten. Das Wesen der mineralischen Umwandlung ergiebt sich aus der mikroskopischen Untersuchung, welche auf meine Bitte Herr Prof. Lossen in liebenswürdigster Weise eingehend vorzunehmen die Güte hatte; ebenso war Herr Dr. Max KochH so freundlich einige der betreffenden Präparate zu untersuchen. Beiden Ilerren spreche ich hierfür gern memen verbindlichsten Dank aus. Ich gebe im Folgenden die mir von den Genannten mitgetheilten Re- sultate, zum Theil wörtlich, wieder. Bei den zum Knotenschiefer gehörigen Proben (dabei die- jenige, deren Analyse unter II. angegeben ist) zeigt es sich zum Unterschiede vom unveränderten Schiefer, dass die Grösse der Kaliglimmerblättchen zugenommen hat, der Chlorit fehlt nicht ab- solut, ist aber spärlicher geworden, und nicht, wie beim unver- g vertheilt, sondern zu Anhäufungen fe) änderten Schiefer, regelmässi eoncentrirt; bedeutend vorwaltend vor Chlorit ist nun das EKisen- oxyd in Blättchen und Läppehen sehr viel stärker entwickelt und zu Flecken resp. Knoten eoncentrirt; die Verwachsung von Eisen- oxyd und Chlorit ist dabei zum Theil so, dass dadurch die An- nahme einer Entstehnng des ersteren aus dem letzteren eine Unter- stützung findet. Die Rutilnädelchen des unveränderten Schiefers sind nicht mehr da; dafür ist nun Rutil in besser auskıystallisirten 294 H. Lorwrz, Bemerkungen über das Vorkommen von Granit ete. sedrungenen, octaödrisch zugespitzten Säulchen und Körnchen vorhanden, die selbst Pleochroismus erkennen lassen. Turmalın und Zirkon etwa wie beim unveränderten Schiefer )). Die zum Hornfels gehörigen Proben (dabei diejenige, deren Analyse unter III. angegeben ist) zeigen ein Mosaik von Quarz- oO körnern, mit Kaliglimmer, der letztere zum Theil in pseudomor- phosenartigen Anhäufungen (durch Umwandlung aus den beiden folgenden Mineralien); dazu zurücktretend Feldspath?), mehr oder ininder reichlich Andalusit (in den bekannten zerlappten Krystallo- iden), ferner Biotit und Magnet- resp. Titaneisen. Rutil und Turmalin, wie oben, fehlen ebenfalls nicht). "om ‚eränderten Schiefer, sowie auch vom Knotenschiefer Vom unveränderten S a unterscheidet sich also unser Hornfels durch das Vorhandensein des (wenn auch im Vergleich zu anderen, entsprechenden Vor- kommmnissen nicht sehr reichlichen) Biotits, resp. braun und grün durchsichtigen, eisenreichen Glimmers, des Andalusits und des Magnet- resp. Titaneisens. ) Ganz untergeordnet wurden einmal im Chlorit stark lichtbrechende und stark doppeltbrechende, im gewöhnlichen Licht gelblich durchsichtige Körnchen (? Epidot) beobachtet. 2) In einer Probe, bei welcher der Hornfels von Granitadern durchschwärmt ist, zeigte sich reichlich Feldspath, zum Theil gestreift. 3) Einzelne der hellen Körnchen, vom Habitus des Quarzes, die zum Theil mit Kaliglimmerflitterchen durchsetzt sind, liessen, nach Dr. Max Koch, eine spitze negative Bisectrix erkennen, sodass sich wahrscheinlich Cordierit an der Zusammensetzung des Mosaiks betheiligt. — Da aus dem Gesteinspulver mit dem Magnetstab Theilchen auszuziehen nicht gelang, so ist wahrscheinlich Titaneisen, nicht Magneteisen, vorhanden. Einige Notizen über im Jahre 1886 ausgeführte geognostische Untersuchungen auf dem nordwest- lichen Oberharz. Von Herrn A. Halfar in Berlin. Die Gegend, auf welche sich die nachstehenden, ursprünglich für obige »Mittheilungen der Mitarbeiter der Geologischen Landes- anstalt« bestimmt gewesenen geognostischen Notizen beziehen, ist ein etwa 2 Kilometer breiter und 7 Kilometer langer Streifen des Harzgebirges südwestlich von Goslar quer durch das Gebiet des Messtischblattes Zellerfeld. Derselbe wird im NW von dem Thale der Grane, einem Nebenbache der Innerste, im SO von der Abezucht südlich Goslar eingeschlossen, welche gleich der Gose, die ihn m ihrem ganzen Laufe durchzieht, der Oker zu- fliesst. An der Südseite seines südwestlichen, kaum ein Viertel seiner (resammtlänge betragenden Theiles, welcher, entgegen- gesetzt dem ganzen übrigen Gebiete, vom höchsten Punkte der Gegend — dem bis 725 Meter über die Ostsee ansteigenden Bocksberge — sich nach SW hin abdacht, wird dieser Berg- streifen von dem flachen Thale des Grumbachs begrenzt, der in Wildemann in die Innerste mündet. Ist letzterer Bach an seinem Ursprung südwestlich des Gasthauses zum Auerhahn südwestwärts, alsbald aber, oberhalb Bockswiese und darüber hinaus, westlich gerichtet, so fliessen umgekehrt die dicht unterhalb östlich Hahnen- klee entspringende Grane und die aus dem Kaupenthal nördlich am Auerhahn-Gasthause kommende Gose im Allgemeinen nach 296 A. Haurar, Einige Notizen über im Jahre 1856 ausgeführte NO und die Abezucht nordwärts. Wie die Anordnung der Berg- kuppen und der Verlauf eines langen Bergrückens, des Thomas- Martins- Berges der Generalstabskarte, der Hauptrichtung der Thäler von SW nach NO entsprechen, so ist auch mit einer Ab- weichung letzterer von dieser Richtung bisweilen eine veränderte Gruppirung der ersteren verbunden. So zeigen unfern des nörd- lichen Harzrandes au der starken Umbiegung der Gose gegen Ost westlich ihres tief eingeschnittenen Thales die beiden Kuppen der Hohekehl und östlich desselben analoge Höhenpunkte auf den beiden Theilen, aus welchen der Herzberg in seiner nördlichen Abdachung besteht, nicht ene SW-—NO-liche, sondern eine WNW-—OSO-liche Lage zu einander. Die Abhängigkeit der orographischen Verhältnisse vom inneren Gebirgsbau ist zuweilen deutlich ersichtlich. Die Gebirgsglieder, auf welche sich die folgenden vereinzelten Notizen beziehen, sind diejenigen der Devonformation, und zwar: der Spiriferensandstein, die Ualceolaschichten, die Goslarer Schiefer und eigenthümliche oberdevonische Schichten. Zur allgemeinen geognostischen Orientirung sei vorausge- schickt, dass sich in der südlichen Hälfte unseres Gebietes zwischen dem oberen Grane-, Grumbach- und Gosethale zwei Spiriferensandstem-Rücken als sattelförmige Erhebung in nordöst- licher Richtung hinziehen und an ihrem Fusse, am südwestlichen Ende beiderseits, sonst nur entlang ihrer NW-Grenze in einem schmalen, z. Th. vielfach zerrissenen Bande von Calceolaschichten begleitet werden, während die Goslarer Schiefer im Vergleich mit diesen letzteren im sehr wechselnder Verbreitung auftreten. Ein schmaler Streifen derselben folgt nordwestwärts dem nördlicheren vösserer Mächtigkeit erscheinen sie am Südwestende {8} te) > Rücken. In beider, insbesondere östlich Hahnenklee, und treten wieder unter- geordnet in der sehr gestörten kleinen Mulde an den Grumbacher Teichen an der Südseite des südlicheren Rückens auf. Von dem Südflügel dieser Mulde sind auch die unten zu erwähnenden Ober- devonschichten bisher allein bekannt geworden. — Der nördlichere der beiden Spiriferensandstemzüge beginnt östlich Hahnenklee un- mittelbar nordöstlich der von ihm durch den Hahnenklee’er Gang- geognostische Untersuchungen auf dem nordwestlichen Oberharz. 997 zug abgeschnittenen Goslarer Schiefer am Grossen Todtenthale, dem bedeutendsten obersten südlichen @uerthaleinschnitte des Granethales, und setzt über den Langethalskopf (mit 605 Meter Höhe über der Ostsee) und den Töberschekopf (639 Meter hoch) bis in den südwestlichen Theil des Glockenberges (ca. 535 Meter hoch) fort, wo in Folge einer Hauptverwerfung die Goslarer Schiefer in sein nordöstliches Fortstreichen fallen. Der südlichere Zug besinnt nordöstlich von Bockswiese am südwestlichen Fusse des Bockberges und erstreckt sich über denselben sowie den Thomas-Martins- Berg, zuletzt östlich einer kleinen Specialmulde aus Calceolaschichten und Goslarer Schiefern, bis zur Mitte der Serpentine, in welcher die Neue Chaussee von ÜUlausthal, be- ziehungsweise Zellerfeld, nach Goslar an der südöstlichen Ab- dachung des Thomas-Martins-Bergrückens aus ca. 515 Meter Meereshöhe auf etwa 445 Meter hnab nach dem Gosethale ge- führt ist. Der Spiriferensandstein wird hier gleich den ihn im NW begleitenden Calceolaschichten und Goslarer Schiefern mit seiner Nordwestgrenze durch einen Verwurf bedeutend nach OSO hin verschoben und erscheint erst im Schachtthale, dem engsten nördlichen, linken Nebenthal-Einschnitt des Gosethales, hinter einer Verschiebung nach W wiederum annähernd in der nord- nordöstlichen Fortsetzung seiner früheren Westerenze. Zunächst bildet er den südöstlichen Theil der bis zu 520 Meter ansteigenden Hohckehl, setzt dann mit seiner westlichen Grenze in nordöstlicher Richtung über das Gosethal nach dem westlichen Fuss des 631,6 Meter hohen Herzbergs hinüber und wird nun gleich dem Calceolaschichtenbande an der jäh abstürzenden westlichen und nördlichen Abdachung dieses letzteren, hier bei ungefähr 540 Meter Meereshöhe, durch einige kleine Verwürfe nach O von dem nord- östlichen Fortstreichen abgeschnitten. Dasselbe erlangen beide Devonbildungen erst wieder östlich des Abezuchtthales und Herz- berger Teiches in dem Rammelsberge. An specielleren geognostischen Notizen ist von den einzelnen Devongliedern nun Folgendes zu erwähnen. Spiriferensandstein (oberster). Ostnordöstlich von Hahnen- klee tritt in der Einsattelung zwischen Töberschekopf und Thomas- 298 A. Hawwar, Einige Notizen über im Jahre 1886 ausgeführte Martins-Berg an letzterem im nur scheinbaren Liegenden (wahren Hangenden) der Hauptmasse des Spiriferensandsteins eine schiefrige Schichtenfolge mit nordöstlichem Streichen und südöstlichem Ein- fallen auf. Dieselbe ist durch den neuen sogenannten Hahnen- klee'er Weg (von dem gleichnamigen Orte nach der Hohekehl) auf etwa 200 Schritte, leider wenig deutlich, blossgelegt. Ihre durch die Verwitterung etwas gebleichten Gesteine bestehen vom Liegenden nach dem Hangenden aus: 1) grauem, ins Grünliche spielenden dickflasrigen, sehr fein- sandigen Thonschiefer, m dem ein Deckel von Calceola sanda- lina Lam. beobachtet wurde, und welcher mehr im Hangenden eine verwittert licht grünlichgraue, weisse Glimmerschüppchen führende Bank von feinkörnigem, thonigen Sandstein mit Schwefel- kies einschliesst, der ausgewittert winzige, durch ockrigen Anflug bräunlich erscheinende Hohlräume hinterlässt; 2) vorwiegend grünlich grauem, grobflasrigen Thonschiefer, der undeutlich grossgriffelförmig zerfällt, etwas bunt anläuft, fein- sandig ist und winzige Glimmerschüppchen führt sowie im Hangenden fester wird; 3) sehr sandigem und im einen dickschiefrigen Sandstein übergehenden Thonschiefer, dessen wulstige Schichtflächen von mikroskopisch kaum erkennbaren weissen Glimmerblättchen schimmern und der ganz an Gesteine des sonstigen schiefrigen, oberen Spiriferensandsteins erinnert; zuoberst endlich aus 4) grünlich blaugrauem, dünnschiefrigen Thonschiefer. Vermuthlich dem liegenderen Theile dieser Schichtenfolge gehört ein auffälliges, ganz verwittertes schiefriges Gestein an, welches in einer etwa 30 Schritte breiten Zone südwärts über dem Hahnenklee’er Wege unterhalb zweier Schürfe mit einem sehr armen und sandigen Brauneisenerz da ansteht, wo der Wilddiebs- weg in emer Windung steil nach dem Thomas- Martins - Berge hinaufführt. Dasselbe ist ein auf dem Querbruche gelb und weiss gestreifter, meist licht ockergelber, dickflasriger, knollig zerfallender, feinsandiger Thonschiefer, welcher von dunkleren, schmalen, weiss schimmernden Thonschieferlamellen durchschwärmt wird und zahl- reiche, meist kleine Petrefactenreste, besonders Urinoidenstielglieder, geognostische Untersuchungen auf dem nordwestlichen Oberharz. 299 in Hohldrücken ‘oder Steinkernen enthält. Diese sind leider oft bis zur Unkenntlichkeit verquetscht. Es liessen sich erkennen: ein schlechter Steinkern-Rest von dem Schwanzschilde eines Homalo- notus, ein facettirtes Auge und zwei Rumpf-Hohldrücke von ver- muthlich Phacops latifrons BRONN, der ganz verquetschte Hobldruck eines 3 Centimeter grossen Brachiopods — ob Streptorhynchus umbraculum ScHLoTH.? —, Hohldrücke von Armegliedern des (upressoerinus Urogalli A. RÖM. und einige Fenestella-Arten. Die gut erkennbare Crinoiden-Art allein genügt schon, um das auf- fällige Gestein mindestens an die äusserste obere Grenze des Spiriferensandsteins zu stellen: ich halte dasselbe für ein Sub- stitut der anderwärts den Pentamerus hercynieus und das Conocardium Bockbergense führenden Bänke des oberen schiefrigen Spiri- ferensandsteins und die ganze vorerwähnte Schichtengruppe für > Calceolaschichten. Innerhalb dieser wurde dem »Üalceola- sandstem« neuerdings besondere Aufmerksamkeit zugewendet. dem letzteren angehörie. Hiermit soll kurz ein Gestein bezeichnet werden, welches ım Falle seines Vorhandenseins !) stets wenige Meter über dem Lie- genden der Calceolaschichten in einer bis zu 1,5 Meter mächtigen Bank auftritt. Das frisch graue bis blaugraue, fast dicht aus- sehende Gestein nimmt, je nach seinem Verwitterungsgrade vor- herrschend eine grünliche, seltener gelblichgrüne bis ausnahms- weise gelblichweisse Farbe an, ist im Allgememen ein feinkörniger, weisse Glimmerschüppchen führender Sandstein mit kalkigthonigem Bindemittel und zeichnet sich durch sehr kleine, unregelmässig begrenzte, licht ockergelb angeflogene Hohlräume von gewöhnlich unbestimmbaren Petrefactenresten (vorwiegend dünne Crinoiden- stielglieder) vor allen ähnlichen Bildungen aus, sowie in lose um- herliegenden Stücken durch deren stets schollenförnmige, fast nie von geraden Kluftflächen begrenzte Gestalt. Durch porphyrähnlich in ihm verstreute, bis 11/5 Millimeter grosse, hellfarbene Feldspath- körner und, insofern die erst unter der Lupe erkennbaren, punkt- l l) In den Calceolaschichten an den Schalker Teichen ist Calceolasandstein bisher nicht beobachtet worden, 300 A. Hawwar, Binige Notizen über im Jahre 1886 ausgeführte förmigen, zahlreichen, ockergelben Hohlräume desgleichen von zersetztem Feldspath und nicht von verwittertem Schwefelkies (?) herrühren, geht dieser Sandstein, zumal bei dem hie und da be- merkbaren Einschluss von dunklen, rundlichen Thonschieferblättchen in eine Art Grauwacke über, wird andererseits aber auch örtlich quarzitisch. Die stete Beachtung des Calceolasandsteins erwies sich in doppelter Hmsicht als wichtig. Einmal liessen sich durch die schrittweise Verfolgung seiner Schollen die Calceolaschichten selbst da noch nachweisen, wo sie durch den Waldboden oder durch Schutt von verschiedenen anderen Gresteinen der Beobachtung gänzlich entzogen waren, andererseits konnte, da diese Leitschicht stets dem Liegenden der Calceolastufe angehört, festgestellt werden, ob örtlich eine Mulde, beziehungsweise ein Sattel von Calceola- schichten vorliegt, oder ob sich die einzelnen Devonglieder in einfacher regelmässiger Schichtenfolge zu einander befinden. Letztere Schlussfolgerung wird besonders für die Auffassung der Schichten dicht südlich des Auerhahns zwischen den beiden dortigen Calceolaschichtenbändern maassgebend. In der Zeitschr. d. Deutsch. geol. Ges., Jahrg. 1876, deutete ich dieselben in der auf S. 450 gegebenen grundrisslichen Skizze wegen der Analogie der Schichten- folge dicht am nördlichen Calceolaschichtenbande mit derjenigen in der Ausfluth des Auerhahner Teiches als »Untere Goslarer Schiefer«e (l. ec. 8. 455). Da aber in dem südlichen Calceola- schichtenstreifen von mir neuerdings nicht blos an dessen südöst- licher Begrenzung, sondern auch an der nordwestlichen — ob- schon hier vorläufig nur im losen Stücken, jedoch an zwei ge- trennten Punkten — die leitende Sandsteinbank nachgewiesen wurde. so sind die ausserhalb dieses südlichen Streifens nord- westwärts zunächst folgenden schiefrigen Schichten mit Grau- wackensandsteinbäukchen als das wahre Liegende der Calceola- stufe oder als oberer schiefriger Spiriferensandstein aufzufassen. Freilich trifft dies nur zu, insofern beide Bildungen in ungestörtem Zusammenhange stehen und nicht etwa durch eine der hier gerade sehr häufigen Verwerfungen von einander getrennt sind. geognostische Untersuchungen auf dem nordwestlichen Oberharz. 301 Während sich die typischen oberharzer Calceolaschichten an den Schalker Teichen durch flasrige Mergelschiefer mit zahlreichen Kalk- steineinlagerungen auszeichnen, tritt nordwestlich des Bocksberg- gipfels, westlich am Kleinen Todtenthal an dem obengenannten Hahnenklee’er Wege, etwa 85 Schritt weit aufgeschlossen, im wahren Liegenden (scheinbaren Hangenden) von Goslarer Schiefer eine noch zu ersteren zu stellende Schichtenreihe auf, deren Schiefer durch ihre gerad- und dickschiefrige Beschaffenheit, den theilweisen Uebergang in feinsandige Gesteine und den nur spärlichen Einschluss von Kalk- steineinlagerungen von den charakteristischen Calceolaschichten-V or- kommen bedeutend abweichen, in dessen wahrem Hangenden sie lie- gen. Zuunterst erscheinen dieselben dunkel, blaugrau, schlielsen bei 100 Schritt vom Liegenden ein etwa 13 Centimenter mächtiges, braun & verwitterndes Kalksteinbänkchen ein, bilden von 18—40 Schritt eine bunt verwitternde Zone mit bei 35 Schritt feinsandigen bis sandstein- ähnlichen Schiefern, wie solche bei 54 Schritt nochmals auftreten, während bei 40 und 47—65 Schritt eine mehr mergelige Beschaften- heit der Schiefer, sowie bei 68—70 Schritt sogar eine den typischen Calceolaschichten durchaus ähnliche, braun verwitternde, mergelige Kalkbank sich einstellt, worauf jedoch von 72—74 Schritt eben- schiefrige und auch durch ihre dunkle Farbe mehr den Goslarer Schiefern ähnliche Thonschiefer als hangendster Theil folgen. Von organischen Einschlüssen ist aus dieser Schichtenfolge besonders Spirifer speeiosus BRONN hervorzuheben, und dieselbe, da diese Art aus den höher auftretenden Goslarer Schiefern nicht mehr bekannt ist, zu den Calceolaschichten zu stellen, ob indess als eine obere Abtheilung dieser, bleibt noch fraglich, weil ihr zweifelloser Zusammenhang mit dem Hangenden und Liegenden in dem an Schichtenzerreissungen leider zu reichen Gebiete nicht sicher zu erweisen ist. Goslarer Schiefer. Aus ihrem Gebiete kam für die dies- malige Kartirung besonders die Berücksichtigung ihrer unteren Abtheilung mit der Einla; gerung quarzitischer Grauwackensand- oO je) steine in Betracht. Da die letzteren häufig allein nur zu beob- achten sind, aber von gewissen Schichten des oberen schiefrigen 302 A. Harrar, Einige Notizen über im Jahre 1836 ausgeführte Spiriferensandsteins petrographisch kaum unterschieden werden können, so stösst bei dem gewöhnlichen Fehlen von Petrefacten eine Trennung beider Stufen auf die grössten Schwierigkeiten, be- sonders da. wo — wie an den Flössteichen ostnordöstlich von Bockswiese — die Schichtenstörungen sich förmlich die Hand reichen. Die örtlich bis auf 400 Schritte und mehr anwachsende Breite der unteren Goslarer Schieferzone mit den quarzitischen Einlage- rungen scheint an den verschiedenen Stellen ebenso zu schwanken, wie die von kaum !/; Meter bis ausnahmsweise zu emigen Metern anschwellende Mächtigkeit der letzteren. Ihr blaugraues bis sehr hellfarbenes und dann am leichtesten mit Spiriferensandstein zu verwechselndes Gestein ist feinkörnig, wohl nie ganz frei von weissen Glimmerblättchen und einem bisweilen recht merklichen Kalkgehalt in dem Bindemittel der Quarzkörnchen. Accessorisch komnit in ihm sehr fein eingesprengt Schwefelkies ziemlich häufig vor und ist in Stücken mit bräunlicher bis dunkelbrauner Verwitterungs- rinde stets zu beobachten. Plattenförmige bis schiefrige Absonderung, verbunden mit einer Anhäufung von weissen Glimmerschüppchen auf den Schichtflächen, scheint, ausser an den Grumbacher Teichen, selten aufzutreten. Oberdevon. Was das Oberdevon betriftt, so ist es neuerdings möglich geworden, die von mir in der Zeitschrift d. Deutsch. geol. Gres., Jahrgang 1876 5.449 genauer beschriebenen, sehr eigenthüm- lichen, vorwiegend dunkel- bis blaugrauen Schichten von der West- ecke des Südrandes des Oberen Grumbacher Teiches sowie die hellen, ausnehmend milden, auf dem Querbruche bunt gebänderten, thonig- sandigen Gesteine, welche in dem Wasserrisse der Ausfluth des Schalker Grabens daselbst anstehen und mit ersteren unmittelbar zusammenhängen, ihrem Alter nach näher zu deuten. Westlich des Teichdammes sind nämlich die dickschiefrigen, den sogen. Oberharzer Kramenzelkalk (Intumescensschichten) gewöhnlich be- gleitenden, graugrünen Thonschiefer zu beobachten, und in deren Hangendem compacte, auf dem Querbruche fein gebänderte, dunkle Thonschiefer, ganz ähnlich denjenigen, welche weiter nördlich im (Giebiete des Blattes Zellerfeld mindestens erst über der untersten Knotenkalkbank vorkommen. Da nun die fraglichen Schichten geognostische Untersuchungen auf dem nordwestlichen Oberharz. 303 fast in die streichende Fortsetzung dieser Schiefer, nur in ein etwas hangenderes Niveau, fallen, so müssen sie mindestens schon dem unteren Oberdevon angehören. Unter den zahllosen winzigen Ptero- podenschälchen, meist Tentaculiten, welche sie einschliessen, kommt auch Styliola sp. vor. Von Malacozoön ist mit Sicherheit eine Cardiola zu erkennen, welche trotz ihrer schlechten Erhaltung als ©. retrostriata v. Buch zu deuten ist. Häufiger findet sich ein glattes, schein- bar querovales Brachiopod von meist nur 12 Millimeter Breite bei 9 Millimeter Länge. Bleibt auch zumal bei seiner mangelhaften Er- haltung und verquetschten Gestalt eine genauere Bestimmung des- selben vorläufig ausgeschlossen, so erinnern die gesammelten Indi- viduen doch meistens an Formen, wie solche MAURER in seiner ‚Fauna der Kalke von Waldgirmes« als Merista Hekate BARRANDE und deren Varietät planolata S. 169 beschreibt und auf Taf. VII in Fig. 13 u. 15 abbildet. Die Lagerungsverhältnisse sind an fast allen Stellen des bezüglichen Gebietes ungemein verwickelt. Das Schichtenstreichen zeigt zwar, im Ganzen betrachtet, die vorherrschende oberharzer Richtung aus SW nach NO, weicht aber — in Folee der Sattel- fe) > bildung im Grossen wie im Kleinen — örtlich hiervon nicht un- wesentlich ab. So kann, beispielsweise besonders am Südrande des Devonsattels NO-lich Bockswiese, in der ungemein gestörten kleinen Mulde an den Flössteichen, an dem Mittleren und z. Th. auch Oberen Grumbacher Teiche ein Streichen in hora 5 bis 7) be- obachtet werden, während die Schichtenfaltungen im Kleinen, wie 2. B. an dem östlichen Absturze des Herzberges, hier im Goslarer Schiefer, sogar Streichungsrichtungen in h. 8-10 in einer steilen Sattelwendung nachweisen. Das Schichtenfallen ist ausser der an wenigen Punkten beobachtbaren Neigung nach NW nur ein süd- östliches. Da aber überall als Faltungen im Grossen Sättel und Mulden vorliegen, deren Flügel in ihrem Zusammenhange nicht aufgeschlossen sind, so wird bei dem fast immer nach derselben ') Die Compassangaben beziehen sich auf directe Ablesungen von dem sächsischen Grubencompass. Die magnetische Deklination nach Westen betrug während der Aufnahmezeit für das untersuchte Gebiet annähernd 12% 33’, war demnach h. 0.6. 10. O. nach diesem Compasse. 304 A. Haurar, Einige Notizen über im Jahre 1886 ausgeführte Richtung geneigten Schichtenfallen die Erkenntniss der Lagerungs. verhältnisse besonders darum schwer, weil ja beinahe überall so- genannte »Ueberkippung« stattfindet. Es ist alsdann der unter dem hangenden Flügel eines solchen Sattels auftretende, örtlich allein nur blossgeleste liegende Flügel desselben sehr schwer als oO‘ o°- rleichen Verhältnissen te) dieser zu erkennen und ebenso schwer unter o der über den liegenden Flügel einer derartigen Mulde fallende hangende Flügel derselben. Die Schwierigkeit, diesen ver- wickelten Schichtenbau richtig zu deuten, wird dadurch noch be- deutend gesteigert, dass Sättel und Mulden durch Verwerfungen, welche sie in verschiedenen Richtungen durchsetzen, völlig verun- staltet werden. Das sogenannte niederländische System der Schichtenfaltung herrscht vor. In dem grossen Communion-Stembruche am Rammels- berge macht sich neben diesem jedoch auch das hercynische Faltungssystem bemerkbar, indem aus der Sohle dieses Bruches in Form grosser Wülste sattelförmige, theils an beiden Enden sehr flach abfallende Aufstauungen des Spiriferensandsteins her- vortreten,. welche an zwei Punkten in h. 9 und h. 9. 6. 12 etwas schräg gegen die hier etwa in h. 4 liegende Haupt-Faltungs- richtung beobachtet wurden. Schichtenzerreissungen sind, wie wiederholt erwähnt, in grosser Zahl und Mannigfaltigkeit in unserem schmalen Gebirgsstreifen > vorhanden. Die meist schon eingangs kurz angeführten Quer- verwerfungen wiegen vor; doch fehlt es auch nicht an ınehr oder minder streichenden Zerreissungen und solchen, die in einer an- nähernd N — S-lichen Richtung verlaufen. Eine bedeutende und am meisten auffallende Querverwerfung trennt bei offenbarem Ein- fallen nach SW in schätzungsweise h. 10 im südwestlichen Theile des Glockenberges Spiriferensandstein südwestwärts von Goslarer Schiefer gegen NO. Dieselbe findet ihre — ob unmittelbare? — Fort- setzung in einer Spalte, welche den auf der C. Reuss’schen Ueber- sichtskarte von der Stadtforst Goslar (Maassstab 1:16000) » Alter Harzweg« genannten Rücken des »Thomas-Martins- Berges« der Generalstabskarte quer durchschneidet und wohl mit kleinen Unter- brechungen bis zur Thalsohle der Gose fortsetzt. Spiriferensandstein geognostische Untersuchungen auf dem nordwestlichen Oberharz. 305 und Calceolaschichten werden hierbei mit ihrer westlichen Grenze unterhalb der alten Chaussee ostsüdostwärts bis zur Gose ver- schoben. — Eine andere Hauptquerverwerfung durchsetzt erst die Nord-, dann die Südseite des Schachtthals und zieht sich, wahr- scheinlich mit geringer Unterbrechung im Gose- und vielleicht auch Grossen Schleifsteinsthale bis ins Kleine Schleifsteinsthal fort, wo an ihr, mitten im Gebiete des Spiriferensandsteins, nochmals Calceola- schichten in einer sehr kleinen Partie zum Vorschein kommen. — An der westlichen und besonders nördlichen Abdachung des Herz- berges scheinen, wie schon oben angedentet, emige kleine, im Allgemeinen west-östliche Querverwerfungen vorzuliegen, die z. Th. dem Weissen Hirsch’er Gangzuge angehören. Durch dieselben erscheint das Calceolaschichtenband in kurze, «leichsam staffel- förmig angeordnete Stücke zerrissen, in deren Zwischenräumen der Spiriferensandstein im S unmittelbar an die Goslarer Schiefer im N stösst. Besonders bemerkenswerth für diesen Harztheil ist das Auf- treten einer förmlichen zweiten Transversalschieferung neben der bisher nur allein bekannten. Dieselbe stellt sich erst am nörd- N. es S. “ Grundriss. Jahrbuch 1886. 30 306 A. Harrar, Einige Notizen über geogn. Untersuchungen ete. lichen Gebirgsrande ein und ist westlich Goslar — schon ausser- halb unseres Gebietes — in dem Hohlwege um den nördlichen Fuss des Steinberges, sonst im untersten Theile der Ausfluth des Herzberger Teiches südlich des Rammelsberg-Bergwerkes im Gos- larer Schiefer zu beobachten. An letzterem Punkte liegt das Streichen der ganz versteckten Schichtung (S in vorstehendem Grundrisse), welche nur aus der helleren und dunkleren Bänderung der Schiefer auf ihrem Quer- bruche zu erkennen ist, in h. 5. 4: das Fallen ihrer unter 46° ge- neigten, fein flach und unregelmässig gerunzelten Schichtflächen ist nach SSO gerichtet. Die gewöhnliche Transversalschieferung (I) mit der bekannten, ungemein weit gehenden Spaltbarkeit und mit ebenen, indess überaus fein gefältelten Ablösungsflächen, durchsetzt die Schichtung in h. 4. 4 und fällt unter 330 gegen SO ein, wogegen die ungleich gröbere, zweite Schieferung (II) mit ihren deutlich und zum Theil parallel geriefelten Flächen m h. 3 streicht und unter 50% nach OSO fällt. Von den mehrfachen Zerklüftungen verläuft die eine, ziemlich scharfe (1), ın h. 1 unter 55° Fallen gegen W (nur am Beobachtungspunkte), scheint im Allgemeinen jedoch in h. 3 zu liegen und steil ostwärts einzufallen. Durch ihre häufige Wiederholung in geringem Abstande nähert sie sich fast wieder einer transversalen Schieferung. Sie wird von einer nahezu glattflächigen zweiten Abschlechtung (2) in einem spitzen Winkel von 50—70° geschnitten. — Durch all’ diese Absonde- rungen werden die Schiefer in vielflächige, spitzwinklige, in der Mächtigkeit sehr niedrige Stücke zerlegt. Ueber Gervillia Goldfussi von STRONBECK. Von Herrn W. Frantzen in Meiningen. (Hierzu Tafel X.) In den Schaumkalkbänken (Zone y der geologischen Karten) kommt bei Meininzen neben der Gervillia socialis und einer sehr schiefen, als Gervillia modiolaeformis, polyodonta und Albert citirten Species auch eine Gervillien-Form vor, welche sich durch ihre Aufgetriebenheit und die glatte Oberfläche der Schale aus- zeichnet. Ich werde dieselbe weiterhin als @ervillia Goldfussi be- zeichnen. Sie findet sich in Gesellschaft der Myophoria orbieularis bereits zahlreich in der unteren Bank, in ungeheuerer Menge aber in der oberen Schaumkalkbank, in welcher das Gestein zuweilen mit den Steinkernen dieser beiden Muscheln ganz angefüllt ist und worin sie so vorherrschen, dass man an manchen Orten in dieser Bank fast allein diese Petrefacten zu sehen bekommt. Die genannten beiden Arten sind in grösserer Menge bei emander in der Umgebung des Thüringer Waldes nur in diesem Horizonte vorhanden und als Leitfossilien der Schaumkalkzone von grösster Wichtigkeit. In der Literatur !) herrscht über die bezeichnete glatte @ervillia eine grosse Verwirrung, sodass es mir nicht überflüssig erscheint, meine Beobachtungen über dieselbe hier mitzutheilen. ) vox Srmomseer, Zeitschr. d. Deutsch. geol. Ges. Bd. 1, S. 115. Crnpsur, Neues Jahrb. f. Min. ete. S. 641, Jahrg. 1851. Gieger, Versteinerungen von Lieskau. 8.32 ff. vox Scnaurorn, Zeitschr. d. Deutsch. geol. Ges. Bd. IX, S. 55. vox Sersacn, Zeitschr. d. Deutsch. geol. Ges. Bd. XII, S. 551. von Ausert, Uebersicht über die Trias. S. 82. 20* 308 W. Frantzex, Ueber Gervillia Goldfussi vos StRomBEcK. Die Versteinerung (Fig. 1a, 1b und Fig. 2, Tafel X) ist in ihrem äusseren Umrisse, in der Höhe ihrer Wölbung, der Rich- tung derselben gegen den Schlossrand und auch im Bau des Schlosses etwas veränderlich. Ihre Länge steigt an dem grössten mir vorliegenden ausgewachsenen Exemplare in der Richtung der Axe beide hoch gewölbt und äusserlich einander fast ganz gleich, die gemessen auf 2,5 Centimeter. Die Schalen sind ebenrandig, linke nur wenig höher, als die rechte. Unter allen Gervillien des Muschelkalks ist diese am meisten aufgetrieben. Die Muscheln sind zweiflügelig, ebenrandig und haben einen geraden Schloss- rand, über welchen der sehr weit nach vorn liegende und nach dieser Seite hin gekrümmte, stumpfere oder spitzere Wirbel ge- wöhnlich nur wenig hervorrast. Der vordere Flügel ist klein. Er fällt vom Wirbel aus schräg nach vorn abwärts und ist vorn abgerundet; an einigen Exem- plaren wird er ein wenig breiter und spitziger. Unter dem kleinen Flügel erscheint der Vorderrand der Schalen etwas eingedrückt. Der hintere Flügel ist breit und gewöhnlich zu einer mehr oder weniger langen Spitze ausgezogen. Es kommen jedoch auch Exemplare vor, an denen der hintere Rand der Schale unter einem stumpfen Winkel gegen den Schlossrand stösst. Bei den- jenigen Schalen, welche hinten eine Spitze besitzen, ist der hintere Rand mehr oder weniger tief sichelförmig ausgeschnitten, während bei solchen, die hinten stumpf sind, die Einbuchtung nur unbe- deutend zu sein pflegt. Vom hinteren Ausschnitte aus erstreckt sich der hintere Rand der Schale unter einem stumpfen Winkel gegen die Richtung des Schlossrandes zur hinteren Ecke. Hier bildet der Schalenrand einen mit kleinerem Radius beschriebenen Kreisbogen, der gegen den Vorderrand hin m einen Kreisbogen mit grösserem Radius übergeht. Der vordere and verläuft etwas bogig unter spitzem Winkel gesen den Schlossrand. So erhält die Muschel im All- semeinen einen rhombischen Umriss. Der Winkel, welchen die höchste Wölbung der Schale mit der geraden Schlosslinie macht, ist nur mässig schief und schwankt = zwischen 40 und 50 Grad. Erstere ist mehr oder weniger vom W. Franızex, Ueber Gervillia Goldfussi vox STRonBEer. 309 Wirbel aus nach hinten hin gekrümmt, ähnlich wie bei Gervillia socialis, nur nicht so stark, wie bei dieser Species. Besonders deutlich tritt diese Krümmung an der linken Klappe hervor (Fig. 1a). Vom Wirbel aus erhebt sich die Schale, besonders die linke mit starker Wölbung aufwärts; auch nach den Seiten hin fällt die Schale in der Nähe des Wirbels steil ab. Weiter gegen den unteren Rand hin hält sich der Scheitel der Wölbung nahe beim vorderen Rande der Schale, sodass die Muschel nach dieser Seite hin steiler abfällt, als nach hinten. Auf diese Weise erhält die Muschel das gedrehte Aussehen. Bei eimigen Schalen, besonders solchen, die ungewöhnlich schmal sind, erreicht der Rücken eme ganz auffallende Höhe und eine gewisse kantige Beschaffenheit, welche durch das steile Ab- fallen der Schale gegen den hinteren Flügel hervorgerufen wird. Solche Exemplare pflegen auch stärker gekrümmt zu sein, wie die gewöhnlichen Formen. Eine Schale dieser Art hat GIEBEL a.a. O. Taf. VII, Fig. 11 abgebildet. An den Steinkernen erfolgt der Uebergang vom Rücken in die Flügel gewöhnlich ganz allmählich; an den äusseren Ab- drücken der Schalen sieht man jedoch, dass sie zwar nicht scharf, aber doch mehr oder weniger deutlich von einander abgesetzt sind. Diese Versteinerungen sind, wie die Abdrücke derselben be- weisen, bei Meiningen stets glatt. Sie zeigen wenigstens keine stärkeren Anwachsstreifen, als die @ervillia socialis und andere als glatt bezeichnete Muscheln. Im Innern der Schalen sieht man zuweilen die Eindrücke des Mantelrandes und des Muskels. Ihre Beschaffenheit stimmt genau mit der Beschreibung, welche v. QUENSTEDT in seiner Petrefacten- kunde S. 514, Tübingen 1852, davon macht, überein. Der Mantel- eindruck zeigt die von ihm erwähnten perlförmigen Vertiefungen und läuft von den Schlosszähnen aus parallel mit dein Muschel- rande in einiger Entfernung von demselben nach dem grösseren hinteren Muskeleindruck. Den kleinen Muskeleindruck vorn kann ich jedoch an meinen Exemplaren mit Sicherheit nicht erkennen (Fig. 3). 310 W. Franszen. Ueber Gervillia Goldfussi von StromsEck. Das Schloss enthält m der rechten Schale (Fig. 4 und 4a) unter dem vorderen Flügel einen starken, hohen, etwas schräg nach hinten gerichteten, dreieckigen, mit der Spitze dem Schloss- rande zugekehrten Zahn. Daneben liegt jederseits eine Grube für die beiden Zähne der linken Schale, die vordere Grube fast senk- recht gegen den Schlossrand, die hintere schräg in der Richtung der Wölbung der Schale nach hinten hin gekehrt. Unter dem Schlossrande befindet sich ferner in der rechten Schale ein langer, leistenförmiger Seitenzahn, welcher sich erst in einiger Entfernung vom Wirbel vom Schlossrande loslöst und sich, mit ihm einen sehr spitzen Winkel bildend, bis nahe zum hinteren Rande der Schale hin erstreckt. In der linken Schale (Fig. 5b) ist ein ähn- licher Leistenzahn vorhanden. Er löst sich jedoch in dieser Klappe nur wenig vom Schlossrande ab und greift in eine Grube zwischen dem Schlossrande und dem Leistenzahn in der rechten Schale ein. Unter ihm sieht man in der linken Schale zuweilen noch ein zweites, sehr feines, kaum bemerkbares ähnliches Leistchen. Die Bandfläche über dem Schlossapparate ist ziemlich breit, mehr oder weniger nach dem Innern der Schale zu geneigt und mit zur Längsrichtung parallelen Furchen versehen. Sie enthält bei den typischen Exemplaren mehrere Ligamentgruben (Fig. 3—5), welche mehr oder weniger schräg nach hinten hin eingeschnitten sind und über welche sich die Furchen der Bandfläche ebenfalls hinwegziehen. Gewöhnlich zählt man 5 grössere Gruben. An manchen Schalen, namentlich an grösseren Exemplaren, findet er man hinter ihnen zuweilen noch 2 weniger scharf ausgeprägte kleinere. An anderen Exemplaren sinkt jedoch die Zahl der Bandgruben auch wohl unter 5 herab und an einzelnen fehlen sie gänzlich. Die eben beschriebene Versteinerung steht unter den Muschel- kalkgervillien der Gerrillia costata ziemlich nahe und ist von den meisten Schriftstellern mit dieser Species vereinigt worden; doch ergiebt eine nähere Vergleichung so erhebliche Unterschiede, dass ein solches Verfahren nicht gerechtfertigt erscheint. Die typische Gervrllia costata, von der zur Vergleichung ein Exemplar aus der hiesigen Gegend, welches aus den untersten W. Franszen, Ueber Gervillia Goldfussi vos Srromgeer. 311 Schichten mit Ammonites nodosus von llümpfershausen unweit Meiningen stammt, in der Taf. X, Fig. 6a, b u. c abgebildet ist, besitzt auf der linken Schale hohe concentrische, lamellenartige Anwachsstreifen, während die rechte nur die gewöhnliche An- wachsstreifung zeigt. Die linke Schale ist viel weniger aufge- trieben und auch weniger gedreht, wie bei Gervillia Goldfussi. Ein sehr wesentlicher Unterschied der beiden Petrefacten liegt endlich darin, dass die beiden Schalen der @ervillia costata sehr ungleich sind; die linke ist hoch, die rechte dagegen verhältniss- mässig flach und deckelartig. In dieser Beziehung nähert sich diese Art der Formenreihe der @ervillia socialis. Von dem Schlosse der Gervillia costata kann ich eine Beschreibung nicht geben, da das von mir gesammelte Material hierzu nicht ausreicht. Nach der von ÜREDNER davon gegebenen Abbildung muss man jedoch annehmen, dass dasselbe mit dem der @Gervillia Goldfussi nicht übereinstimmt. In Bezug auf die äusseren Umrisse der Muschel und die Ausbildung der Flügel ist die Gervillia costata der Gervillia Gold- Fussi ganz ähnlich. Der hintere Flügel ist deutlich abgesetzt und in eine mehr oder weniger lange Spitze ausgezogen, welche an dem abgebildeten Exemplare, wie die Anwachsstreifen beweisen, ursprünglich ebenfalls vorhanden war, jedoch abgebrochen ist. Dass trotz dieser erheblichen Unterschiede im Bau der beiden Versteinerungen der Irrthum über die Zugehörigkeit der glatten Schaumkalkgervillie zur @ervillia costata sich lange erhalten konnte ist meines Erachtens in nicht geringem Grade dem Einflusse zu- zuschreiben, welche eine der ersten Arbeiten über diese Gervillie, die des Herrn von STROMBECK, auf die späteren Schriftsteller ausgeübt hat. Es lässt sich an den Worten, deren sich manche bei der Beschreibung der Gervillia costata bedienen, und welche zum Theil mit denen von STROMBECK's übereinstimmen, dieser Einfluss recht wohl verfolgen. Herr VON STROMBECK unterscheidet in seiner Arbeit diejenigen Exemplare der @ervillia Goldfussi, an welchen er keine Band- gruben fand, von solchen, an denen sie vorhanden waren. Die ersteren stellte er zwar irrthümlich zum Genus Pterinea, beschreibt 312 W. Franzen, Ueber Gervillia Goldfussi vos Srronssck. sie aber sonst so treffend, dass über die Identität dieser Ver- steinerung mit der Gervillia Goldfussi kein Zweifel aufkommen kann. Bemerkenswerth ist in seiner Beschreibung besonders, dass er diese Muschel als glatt bezeichnet, aber mit dem Zusatze: »jedoch zeigt sich an einzelnen Exemplaren eine undeutliche An- wachsstreifung«. Seltsam erscheint es, dass VON STROMBECK die Zusammen- gehörigkeit derjenigen Varietäten im Schaumkalk, welche keine Bandgruben besitzen, mit solchen, welche sie haben, nicht erkannte, Letztere vereinigte er mit der typischen @ervillia costata des oberen Muschelkalks, die er als »mehr oder weniger gerippt«e beschreibt. Im Uebrigen macht er auch von seiner Gervillia costata eine Beschreibung, welche nicht auf die typische costata, sondern Wort für Wort auf die Schaumkalk-Gervillie passt. Man kann, abge- sehen von dem eben erwähnten Unterschiede, die Beschreibung der Pterinea Goldfussi und diejenige der Gervillia costata die eine durch die andere ersetzen. Es kann das auch nicht anders sein, da VON STROMBECK bei seiner Beschreibung gar keine echte @ervillia costata vor sich hatte, sondern, wie aus seiner Aussage a. a. O. S. 193 hervorgeht, eine Gervillia Goldfussi aus dem Schaumkalk mit deutlichen Ligament- gruben. Es ist wichtig, dies festzustellen. Man kann aus der VON STROMBECK’schen Darstellung selbst sehr wohl erkennen, dass er nur durch die Vereinigung der Gervillien aus dem Schaumkalk, die er als Pferinea ausdrücklich als glatt bezeichnet, mit den Gervillien aus dem oberen Muschelkalk bestimmt worden ist, von »mehr oder weniger starks hervortretenden Zuwachsstreifen zu reden. Die Worte »weniger starke beziehen sich auf die Ger- villien des Schaumkalks, die Worte »stark hervortretende Zuwachs- streifen« allein auf die Gervillien aus dem oberen Muschelkalk. Es ist dies ein Ausdruck, der sich bei mehreren späteren Schrift- stellern wiederfindet, und wie mir scheint, wenigstens von einigen derselben zum Schaden ihrer Bestimmungen der Darstellung von VON STROMBECK oder auch der von GOLDFUSS entnommen wor- den ist. W. Frantzen, Ueber Gervillia Goldfussi vox Srkomsuck. 313 Was die übrigen oben angeführten Schriftsteller aus dem Schaumkalk als Gervillia costata beschrieben haben, gehört nur zum Theil dahin, grösstentheils aber zur Gervillia Goldfussi. Die von GIEBEL a. a. OÖ. 8.33 als Avscula Bronni be- schriebene Gervillie ist, wie bereits Herr von SEEBACH richtig erkannte, eine Gervillie, an welcher die Ligamentgruben ver- kümmert sind. Sie ist zweifellos, wie aus der Höhe des hückens und aus der gedrehten Beschaftenheit derselben hervorgeht, eine linke Schale der Gervillia Goldfussi. Er beschreibt sie auch ganz richtig als glatt, irrt aber, wenn er, wahrscheinlich befangen durch die Beschreibungen seiner Vorgänger, glaubt, dass sie auf dem Rücken nur abgescheuert, ursprünglich aber gerippt gewesen seı. Die Gervillia costata aus dem Schaumkalk, welche GIEBEL von der Avzicula Bronni trennt, halte ich ebenfalls für identisch mit der Gervillia Goldfussi v. SCHAUR. Ich schliesse dies daraus, dass er von den lamellenartigen Anwachsstreifen der echten @er- vrllia costata in seiner Beschreibung nichts erwähnt, was sicher nicht unterblieben wäre, wenn er sie an seinen Exemplaren ge- funden hätte, ferner aus dem Umstande, dass er ausdrücklich sagt, die Klappen seien hoch gewölbt. Uebrigens sieht man der etwas dürftigen Beschreibung dieser Versteinerung und der Abbildung durch GIEBEL an, dass ihm nur schlechtes, ungenügendes Material bei seiner Arbeit vorgelegen hat. Die von ÜREDNER aus dem Muschelkalk als Gervillia costata angeführten Gervillien, besonders das abgebildete, aus dem Schaum- kalk stammende Exemplar, dürften schon in Hinsicht auf den abweichenden Zahnbau, wohl zweifellos zu der echten Gervillia costata zu ziehen sein. Die durch von SCHAUROTH (a. a. O. S. 104 ff.) aufgestellten Varietäten der Gervillia costata hat schon VON SEEBACH (a. a. O. S. 592) eingezogen, lässt es aber zweifelhaft, ob er dieselben nun durchweg auf die übrigen Arten richtig vertheilt habe. Bei Varietät Goldfussi ist dies zu verneinen, da dieselbe wegen des Fehleus der Rippen zu der echten Gervillia Goldfussi gehört, die aus den oben angeführten Gründen mit Gervillia costata nicht vereinigt werden kann. 314 W. Franzen, Ueber Gervillia Goldfussi von Stromgeck. Ich glaube in vorstehenden Mittheilungen erwiesen zu haben, dass eine Trennung der @Gervillia Goldfussi von der costata ge- rechtfertigt ist und schlage für diese Species die angegebene Be- zeichnung mit dem Zusatz: VON STROMBECK als Autor vor, da durch ihn diese Versteinerung bereits hinreichend gekennzeichnet worden ist. Bis weitere Untersuchungen die Verhältnisse genügend auf- geklärt haben werden, kann man zur ersteren alle ähnlichen glatten Formen mit grösserem Axenwinkel aus dem Wellenkalk und oberen Muschelkalk, zur @ervillia costata aber alle stark con- centrisch gerippten aus diesen Schichten stellen. (Geologische Beobachtungen im Gebiete des liesstischblattes Charlottenbrunn (Eulengebirge). Von Herrn F. M. Stapff in Weissensee. Diluvium. Die Grenze zwischen der schlesischen Diluvial- ebene und dem, meist unvermittelt aufsteigenden, NW-Eulen- gebirge verläuft in der NO-Ecke der Section in 310—320 Meter M. H. Doch sind auch über diesem Horizont mit Diluvialbil- dungen die Berggehänge stellenweise bedeckt und grössere Thäler beschüttet, während die Diluvialdecke von anderen Gehängen wieder weggefegt scheint, und postdiluviale Erosionsthäler durch dieselbe in den Gneiss und seinen Grundschutt geschnitten sind. Das Diluvialmaterial der Ebeme ist hier ganz überwiegend Eulengebirgisch und Waldenburgisch. Nordische Gesteine (Granit, Porphyr, Feuerstem u. a.) und tertiäre Sandsteinquarzite lassen sich darın wohl überall auffinden, sind aber quantitativ stets unter- geordnet. Die Masse ist aus dem Gebirge herbeigeführt, und die fremden Anhängsel desselben müssen gleichfalls zuerst im Gebirge abgelagert gewesen oder vor demselben dem heraus- geschwemmten Gebirgsdiluviunm beigemengt worden sein. Ersteres scheint Regel. Das Gebirgsdiluvium wurde lediglich durch fliessendes Wasser heraustransportirt. Vor der Mündung des Hauptthales — dem fjordartigen Weistritzthal — lagerte es sich deltaartig mit nur 316 F. M. Srarer, Geologische Beobachtungen im Gebiete 9/o0o Böschung ab, ohne die flache Bucht ganz zu verlegen, in deren Boden später das jetzige Flussthal eingeschnitten wurde. Vor verhältnissmässig unbedeutenden Bächen, z. B. dem Ludwigs- dorfer Wasser und dem Kohlbach, legten sich dagegen wirkliche Schuttkegel an. Quer durch den Ludwigsdorfer vertiefte sich nachmals die Rinne des jetzigen Bachthalbodens, auf dessen beiden Seiten der Steilfuss des Schuttkegels gegen die Ebene deutlich hervortritt (freilich nicht auf der topographischen Karte). Der Kohlbach ist (und war) zu wasserarm, um sich in seinen Schutt- kegel merklich einzugraben: er fliesst jetzt noch auf dessen Rücken, während der Hurengraben der Einsenkung zwischen dem Kohl- bach- und Ludwigsdorfer Schutt- Kegel folgt. Das in die Ebene geschobene Gebirgsdiluvium besteht haupt- sächlich aus Geröllen, Kies und Sand. Blöcke sind darin selten, auch die Nordländer messen höchstens ein paar Kubikfuss. Ueber- wiegend aus sehr feinem Sand besteht der Kohlbachschuttkegel (wenigstens oberflächlich) und die südliche Hälfte des Ludwigs- dorfer Schuttkegels. In der Sandgrube daselbst (östliche Blatt- grenze) gewinnt man weit gesuchten Formsand. Auffällige Biegungen und Einwickelungen der Kies- und Sandschichten an der Südseite dieser Grube sind sicherlich keine Schub- und Druckphänomene, sondern Folge lokaler Wasserströmungen und Wirbel. Die Schuttkegelnatur zeigt sich aber am deutlichsten nördlich vom Ludwigsdorfer Wasser, m der Sandgrube des Kretschamberges, wo die Kies- und Sandschichten dem Kesgel- mantel gleichsinnig unter ca. 40% segen die Ebene abfallen und nahe der Oberfläche horizontal umbiegen; entsprechend dem Bau unter stehendem Wasser abgelagerter Schuttkegel, z. B. dem der Arve bei Genf. Das diluviale Schwemmland ist am Gebirgsfuss sehr häufig mit lössartigem Lehm und fenem lehmbindigem Sand be- deckt. Scharfe Grenzen dieser Decke lassen sich aber nur schwierig ziehen, da nach langer Cultur die Ackerkrume auf Diluvial-Sand und -Kies gleichfalls feinerdig und bindiger scheint. Decksand und Löss bezeichnen hier das Ende der diluvialen Aufschwem- des Messtischblattes Charlottenbrunn (Eulengebirge). 317 mungen; sie scheinen entweder unter flachem stagnirendem Wasser langsam abgesetzte, oder auch durch Regen zusammengespülte, zarte Erdpartikel, analog dem sogenannten »Lätt« der Jetztzeit zu sein. Das Diluvium der Ebene greift bis zum Schlesierthal auf- wärts in das Weistritzthal ein, welches dahin von, stellenweise unterbrochenen, in 320 Meter M. H. horizontal verlaufenden Flach- rändern eingesäumt ist. Dem vorherrschenden Gneissschuttmaterial derselben sind Diluvialgerölle beigemenst. Die Lehmdecke auf den Weistritzflachrändern ist besonders mächtig und zusammen- hängend nördlich und nordöstlich vom Schloss, sowie um den Kirchhof von Oberweistritz. Neben Gmeissbrocken kommen im Lehm vereinzelte Feuersteine und nordische Granitgerölle vor. Der jetzige Thalweg ist steilrandig 0—30 Meter tief in den Boden eeblieben eingegraben, von welchem die erwähnten Flachränder & sind; einzelne nordische Granitblöcke im Flussbett sind verrollte Ueberbleibsel der Diluvialmasse. Der in etwa 320 Meter M. H. sich hinziehende Diluvialstrand bezeichnet nur die letzte lokale Station des den Grebiresfuss noch bespülenden Diluvialmeeres. Dasselbe hat vorher viel höhere Horizonte erreicht, und aus diesen sich ruckweise zurückgezogen. Westlich von Burkersdorf bedeckt ein von der Kbene bis zu 430 Meter M. H. aufsteigender Diluvialzipfel das Berggehänge; und in früheren Berichten wurde eine kleine geschlossene zeschich- tete Diluvialablagerung (mit nordischen Geröllen), zwischen Hexen- stein und Hausdorf in 550 — 560 Meter M. H., erwähnt; desgl. Lehmlager mit Feuerstein in demselben Horizont an dem Heidelberg. Ueber diesem Horizont habe ich keine Diluvial- ablagerungen mit auswärtigen Greröllen mehr wahrgenommen, und der höchste nordische Granitfindling liest zwischen Leutmanns- dorf und Heinrichau, 520 Meter ü. M. Vereinzelte Diluvial- gerölle findet man aber, unterhalb 560 Meter M. H., auf vielen flachen Rücken und Kuppen, deren Contouren lanzdauernder Be- spülung durch Meeresfluthen ihre eigenthümliche Rundung und Profilirung verdanken mögen. Ihre ehemalige, vielleicht dünne, Diluvialdecke ist nachmals zusammen mit dem Grundschutt ver- 318 F. M. Starr, Geologische Beobachtungen im Gebiete schwemmt worden, und in der grossen Masse des Gneissschwemm- schuttes verschwinden fast die Grerölle der Diluvialdecke. In wirk- lichem Gmeissgrundschutt kommen sie nie vor; und wo an den Gehängen kleiner Querthäler nur solcher erscheint, hat man es mit postdiluvialen Rüfen zu thun. Die meisten Strandverflachungen (zwischen 560 und 320 Meter M. H.) — von auf der Karte gleichfalls gelb bezeichneten Resten alter Flussthalböden ist jetzt nicht die Rede — gruppiren sich besonders um die mittleren Horizonte 390, 440, 485 Meter. Am bemerkenswerthesten unter diesen erscheint der Horizont 390 Meter, denn die Diluvialablagerungen von Erlenbusch, Mährlestein und Kynau liegen sämmtlich zwischen 400 und 370 Meter M. H., sodass man sich dieselben als vom Gebirge zugeführte Ablagerungen im Weistritzfjord vorstellen darf, dessen Wasserspiegel während ihrer Ablagerungen sich aus 400 in <370 Meter senkte. Durch die Senkung traten nach und nach die Thalschwellen S. von der Panten- mühle (400 Meter), am Mährlestein (385 Meter), und bei Kynau (370 Meter) hervor, hinter denen sich kleine Seeen aufdämmten, worin ausser Kies und Sand auch Lehm und blaugrauer Thon (Erlenbusch, Kynau) mit Holzüberresten zum Absatz gelangten. Der einheimische Schutt dieser Ablagerungen enthält einzelne Feuersteinbrocken, nordische Granite, u. a. (in der Kynauer Lehmgrube polirt), sogar Bernstein (Erlenbusch). Die Seeen hatten je 2 Abflüsse, von denen aber später nur je einer zum jetzigen Weistritzthal vertieft wurde. Die 2 Abflüsse bei Kynau- Schenkendorf communicirten zwischen Kynsburg (Schiesshütte) und Kohlberg durch einen Querarm. Der südlichere dieser beiden Abflüsse wurde zum jetzigen Schlesierthal vertieft. Von diesem abwärts scheint das Weistritzthal schon zur Diluvialzeit offen @e- wesen zu sein. Schichtenbau. Der Schichtenbau auf der NO-Seite des Eulengebirges ist sehr verwickelt und scheinbar unregelmässig. Das entlang den NO gerichteten Thälern der Weistritz, des Ludwigs- dorfer und Leutmannsdorfer Wassers vorherrschende nordöst- liche Streichen dreht in den zwischenliegenden Bergrücken häufig des Messtischblattes Charlottenbrunn (Eulengebirge). 319 in N und NW, sodass die Construction zu undulirender, selbst rückläufiger, Schichtung führt, welche sich in den genannten Thälern der nordöstlichen wieder anschmiegt. Ein zusammen- hängendes Bild wird sich erst ergeben nach Aufnahme der NW- Blattecke. Gneisse. Von den beiden Hauptvarietäten des Biotit- gneisses herrscht der breitschuppigflaserige entlang dem Weistritz- thal und von da südwärts zum Ludwigsdorfer Wasser vor; der feinkörnigschuppige zwischen letzterem und dem Leutmannsdorfer Thal, und weiter südwestwärts bis zum Mühlbachthal. Endlose Uebergänge und Verknüpfungen beider, sowie die oben angedeu- teten Schichtenwirrungen, gestatten jetzt noch keine detaillirtere Abgrenzung. Der breitschuppigflaserige Biotitgneiss ist nicht selten körnig-massig struirt, und gleicht dann im Handstück grauem Granit; die Verbandverhältnisse lassen jedoch keinen Zweifel aufkommen, dass nur lokale granitähnliche Strukturvarietäten des breitschuppigflaserigen Biotitgneisses vorliegen. In der Umgebung von Oberweistritz setzen in letzterem Gre- stein Schwerspathgänge auf, welche Sch wefelkies, Blei- glanz, Zinkblende führend, öfters Bergbauversuche ver- anlasst haben. Zwischen Michelsdorf und Mühlbach kommen im feinkörnigschuppigen Biotitgneiss zahlreiche, z. Th. mächtige, Pegmatit-trümer und -wülste vor, auf welchen zeitweilig Feldspath (auch Albit) gebrochen wurde. Grerölle und grosse Steine von Zweiglimmergneiss, meist roth, mit dickschuppigem Kaliglimmer oder auch sehr feinkörnig, granitisch, fast glimmerfrei; sowie Muscovitgneiss (unter- geordnet), sind zusammen mit breitschuppigflasrigem und geröthetem feinkörnigschuppigem Biotitgneisse auf einer 4 Kilometer langen bis 1 Kilometer breiten Fläche ausgestreut, welche sich vom Michelsdorfer Thal um den Kirchberg, Hahlberg und Schlossberg herum zum Fuss des kleinen Höllenbergs erstreckt. Nirgends aber sieht man diesen Zweiglimmergneiss und Muscovitgneiss an- stehend; die Gerölle entstammen einem Conglomerat, von dem weiter unten die Rede sein wird. 320 F. M. Srarer, Geologische Beobachtungen im Gebiete Hornblendegesteine. Serpentin. Gabbro. Von spo- radischen Vorkommnissen abgesehen, treten Hornblende gesteine reichlich im Schlesierthal. bei Oberweistritz und Leutmannsdorf auf. Die bekannten Oberweistritzer Vorkommnisse sind an ein etwa kilometer-langes und -breites Ellipsoid von Granulit- schiefer mit kleinen Granaten gebunden, welcher NNW streicht, südwärts auskeilt, nordwärts gegen das Weistritzthal stumpf ab- setzt, und im breitschuppigflasrigen Biotitgneiss liegt," ın den er durch feinkörnigen, dem feinkörnigschuppigen Biotiteneiss ähn- lichen aber feldspathreichen, streifigen Gneiss überzugehen scheint. Namentlich am S- und SW-Rand des Granulitschiefers finden sich Amphibolit- und Serpentin-Einlagerungen. Durch Aufnahme von Hornblende geht der Granulitschiefer in (felsitischen) Horn- blendeschiefer über, welcher mit grobkörnigem Amphibolit und Serpentin wechsellagert. Der Serpentin ist mit dem Hornblende- gestein in der Regel derartig verknüpft, dass er aus letzterem hervorgegangen sein muss. Scheinbar durchgreifende Serpentin- stöcke im Seylerwaldbruch sind dem Granulitschiefer concordant eingelagerte, abgeschnittene, verworfene, und manchmal gestauchte Schichten. Im Granulit kommt (makroskopisch) Disthen, im Amphibolit Zirkon vor. Von den Amphiboliten des Schlesierthals kannte man bisher nur das unbedeutendste Vorkommniss, ein paar hundert Schritte unterhalb des Gasthauses. Grössere Massen treten aber auf der anderen Thalseite, am Fuss des Schiesshütten-, Kohl-, Hahnberges auf; sowie (am rechten Weistritzufer) am Fuss des Waesteins. Hornblendeschiefer und grobkörnige Amphibolitschichten wechsel- lagern mit breitschuppigflasrigem Biotitgneiss, welcher in deren unmittelbarer Nachbarschaft zu Hornblendegneiss, oder ver- flossen feinkörnig, granulitschieferähnlich, wird. Wirklicher Granulitschiefer, welcher in geringer Mächtigkeit am Weg zwischen Schloss und Kynsburg entblösst ist, lässt sich nach Lesesteinen, zu denen sich auch Amphibolitbrocken gesellen, den Karretenweg entlang zum Amphibolitlager am Fuss des Schiess- hüttenberges verfolgen. Dies Lager ist ausgezeichnet durch Knoten des Messtischblattes Charlottenbrunn (Eulengebirge). 321 von Strahlstein und hellgrünem Pyroxen, welche auf an- gewitterten Schichtflächen hervortreten. Die Hornblendegesteine bei Leutmannsdorf und im Ludwigs- dorfer Waldthal sind dünnstreifigem, feinkörnig-schuppigem Biotit- gneiss eingelagert. Quarzitische (felsitische ?) Schichten des letzteren werden dunkel, schwer, zähe durch Aufnahme von Hornblende, und gehen allmählich in Hornblendeschiefer über, dem sich mitunter wenig Serpertin zugesellt. Diese Vorkommnisse können mit den Schlesierthäler und Oberweistritzer nicht in tektonische Verbindung gebracht werden. Unter den sporadischen Hornblende- eebundenen eesteinvorkommnissen scheinen die an Pegmatit & (@] zwischen Michelsdorf und Mühlbach erwähnenswerth. Vereinzelte Gabbroblöcke liegen am Fuss des Fuchsberges bei Michelsdorf. Culmgrauwacke und Porphyr. Eine bisher ganz unbe- kannt gewesene, ca. 200 Meter lange, 100 Meter breite Insel von Culmgrauwacke fand ich ?/3 Kilometer NW vom alten Ludwigs- dorfer Forsthaus in 340— 360 Meter M.H. In einer unbedeutenden Feldwegentblössung gehen die Schichten NW-NO; an den Acker- rainen (zusammen mit Gmeiss) ausgelesene Steine deuten auf die angegebene Ausdehnung. Das Gestein ist ein Arkoseconglo- merat des rostig verwittert anstehenden breitschuppig-flasrigen Biotitgneisses; einzeln herumliegende Brocken von grauem Glimmersandstein verrathen aber, dass auch solcher hier wenigstens angestanden hat. Bedeutender ist eine Insel von Culmgrauwacke am Wege vom Schlesierthale nach Ludwigsdorf und Leutmannsdorf, welche schon Kalkowsky erwähnte, aber ohne des ihr eingeschalteten Schlossbergporphyrs zu gedenken. Als sichelförmiger, kilo- meterlanger und höchstens 0,3 Kilometer breiter Gürtel umgiebt der feinkörnige (selten conglomeratische) graue Glimmersandstein die Süd- und Südwestseite des Schlossberges; nordwestlich strei- chend, 20—30° SW einfallend. Im Sandstein gewahrt man kleine Anthracitschmitzen nach zerkrümelten Pflanzenresten. Die Jahrbuch 1836. Pal 922 F. M. Srarrer, Geologische Beobachtungen im Gebiete SW-Flanke des Schlossberges selbst besteht aus einem eigenthüm- lichen Pseudo-Eruptivgestein, ähnlich dem schon am Uhlen- berg bei Wüstewaltersdorf und am Friedersdorfer Spitzberg beob- achteten: bald porphyrartig durch felsitische Grundmasse, oft mit deutlicher Lagenstructur und Säulenabsonderung; bald kersantit- ähnlich durch feinkörnige Structur, Quarz-Glimmer- und Horn- blendekörnchen. — Besonders das angewitterte rostbraune, gelb- tupfige, rauhe Gestein ähnelt Sandstein; und häufig ist die klasti- sche Natur des Gesteins nachweisbar. Der Schlossbergporphyr erstreckt sich bei höchstens 0,3 Kilometer Breite 1 Kilometer weit in NW; ist nur an wenigen Punkten blosgelest und wechsel- lagert mit dem Grauwackesandstein. Nordwärts endet er plötz- lich am Fuss des Elflindenbergs, südwärts keilt er sich am Fuss des Hahlbergs aus, erscheint aber dann noch einmal 1 Kilometer weiter südlich am SW-Fuss des Kirchbergs, wo auch ein paar kleine Serpentinbrocken gefunden wurden. Rothes Conglomerat und Sandstein. Ueberraschend war der Fund von anstehendem rothem Conglomerat und Sandstein in der Michelsdorfer Bachrinne, 180 Meter und 600 Meter SW von der Kirche, und 100 — 150 Meter östlich von letzterem Punkt auf der rechten Bachseite in eimer Weehohle, Höfraithe und Wiesenwässerungsrinne; endlich in einer Hohle des Feldwegs nach dem »todten Jungen« ca. 1/s Kilometer von Leut- mannsdorf. Das Gestein in den erwähnten Wasserrinnen ist so lose und bröckelig, dass man dasselbe für eine recente zusammengesinterte Sand- und Gerölleablagerung hätte halten können, wenn nicht das Leutmannsdorfer Vorkommniss mit grossen zusammengekitteten & Steinen, selbst Blöcken, von Gneiss jede derartige Deutung aus- schlösse. Ueberdies bemerkt man im Conglomerat des Michels- dorfer Baches durch und durch weiss kaolinisirte, mit dem Finger zerreibliche Gerölle eines felsitischen Gesteines. Der aus Detritus nach geröthetem Biotitgneiss zusammengesetzte, intensiv bolus- rothe Sandstein enthält reichlich Kaliglimmerschüppchen und bildet das Cement des Conglomerates, in welchem besonders des Messtischblattes Charlottenbrunn (Eulengebirge). 323 Gerölle von Zweiglimmergneiss, Muscovitgneiss, breitschuppig- flaserigem Biotitgneis, geröthetem femkörnigschuppigem Biotit- gneiss, von feinkörnigem glimmerarmem granitischem Gestein und Felsit auffallen. Die Biotitgneisseinschlüsse enthalten stets Kali- glimmerflimmern. Im Michelsdorfer Bach liegen die Schichten schwebend, das Leutmannsdorfer Conglomerat lässt eine Schich- tung nicht wahrnehmen. Die Conglomerat- und Sandstembedeckung des Gneisses scheint früher eine grosse Ausdehnung erreicht zu haben, denn die Röthung des Bodens und die zerstreuten Gerölle von buntem Gneiss zwischen Heidelberg, Michelsdorf, Leutmannsdorf (hohe Strasse), kleinem Höllenberg dürften von dieser zerstörten und weggeführten Decke herrühren. Der unterliegende Gneiss ist aber in diesem Grebiet auch nirgends entblösst, und sein Grundschutt mit dem rothen Deckschutt so verschwemmt, dass man beim Kartiren in Verlegenheit kommt. 1—2 Meter mächtig ist der rothe Schutt in den Hohlwegen entblösst, welche SO vom Schloss- berg nach dem Ludwigsdorfer Bachthal hinabziehen; in der Regel veranlasst er aber nur eine verfliessende Röthung des gewöhn- lichen Gmeissschuttes, welchem sich dann die Conglomeratgerölle zugesellen; bald reichlich, bald nur ganz vereinzelt. Dadurch wird die Abgrenzung des Gebietes erschwert, welches, wie schon oben (unter Zweiglimmergneiss) erwähnt, als ein nach Ost con- vexer Gürtel den Schlossberg, Hahlberg, Kirchberg, Goldhöhe bis zum Michelsdorfer Thal umzieht; dann aber weiter südwärts über Heidelberg zum Heinrichauer Thal fortsetzt. Hier nähert er sich dem Zweiglimmergneiss, welcher früher, gleichfalls nur nach losen Steinen, zwischen Heinrichau und Wüstewaltersdorf aufgenommen wurde. Bevor mir bekannt war, dass die bunten Gmeissgerölle einem im Kartengebiet anstehenden Conglomerat entstammen, habe ich vereinzelte solche (z. B. am Stenzelberg) für Diluvialgerölle ge- halten. In gewisser Beziehung sind sie das freilich, denn die Verschwemmung des Conglomeratdetritus erfolgte wohl besonders durch das Diluvialmeer, und am häufigsten findet man die bunten 21* 324 F. M. Srarrr, Geologische Beobachtungen etc. Gerölle auf den früher besprochenen Bank- und Strandverflächungen desselben, bis zu einer Höhe von ca. 560 Meter). 1) Nachschrift während des Druckes. Alle Zweifel über die Deutung dieses rothen Conglomerates etc. schwinden durch die Besichtigung seitens des Hrn. Geheimraths Beyeicn, im Frühjahr 1887, welcher es für echtes Culm- conglomerat erklärte. Von besonderem Gewicht schien mir eine beiläufige Bemerkung des Hrn. Beyrıcn, dass die zwischen 440 und 560 Meter M. H., auf Bergeshöhe und im Thalboden, schwebend dem Gmeiss aufgelagerten Schichten auf eine der jetzigen conforme Thalbildung schon zur Zeit der Ablagerung dieses Culmeonglomerates schliessen lassen. Quarz-Augitdiorit von Lampersdorf in Schlesien. Von Herrn E. Dathe ın Berlin. Im Vergleich zu anderen Gmeissgebieten zeichnet sich die Gneissformation des Eulengebirges durch einen auffälligen Mangel an Eruptivgesteinen insofern aus, als in ıhr verhältnissmässig nur wenige dieser Gesteinsarten und dieselben auch nur in geringer Zahl vorhanden und bekannt geworden sind. Noch am häufigsten durchbrechen in schmalen Gängen im nordwestlichsten Theile des Gebirges, besonders in der Gegend von Wüste-Waltersdorf, Tann- hausen und Charlottenbrunn und im mittleren Gebiete bei Stein- seifersdorf, eigenthümliche Felsitporphyre, welche oft ganz frei von porphyrischen Einsprenglingen sind und deshalb den als Felsitfels bezeichneten Gesteinen gleichen, die dortigen Gmeisse !). Die Ker- santite?) vom Uhlenberge bei Wüste-Waltersdorf und vom Spitz- berge bei Friedersdorf können hier nicht mit aufgeführt werden, weil sie zwar mitten im Gmeissgebiet liegen, aber oberflächlich nur culmische Schichten durchsetzen. Von echt basischen Eruptiv- gesteinen ist ein Olivindiabas am Heidelberge bei Ober- Leut- mannsdorf durch E. KALKOWSKY?°) aufgefunden und beschrieben !) Erläuterungen zu der geognost. Karte vom niederschles. Gebirge S. 103. 2) E. Darur: Kersantit im Culm von Wüste-Waltersdorf in Schlesien. Dies. Jahrb. für 1884 S. 562 — 573. ®) Die Gmneissformation des Eulengebirges 8. 51. 326 E. Darur, Quarz-Augitdiorit von Lampersdorf in Schlesien. worden, zu welcher Gesteinsart wahrscheimlich einige von mir neuerdings an der Kleinen hohen Eule, bei Eulburg und am Mühl- berge (Langenbielauer Forst) bei Steinseifersdorf nachgewiesene Vorkommen, deren genauere petrographische Untersuchung indess noch aussteht, zu stellen sind. Alle diese gangförmig im Gmeisse aufsetzenden eruptiven Fels- arten gehören dem nördlichen und mittleren Theile des Gebirges an; im südlichen Gebirgstheile fehlen dagegen diese oder ähnliche Gesteinsarten, soweit hierbei die Gmeissformation in Betracht kommt), im eigentlichen Eulengebirge bis jetzt gänzlich. Zählt man indess die östlich desselben aus der Ebene und den Diluvial- bildungen bei Reichenbach, Langenbielau und Gnadenfrei hervor- ragenden, der Gmeissformation ebenfalls angehörigen Hügelreihen dem Eulengebirge im weiteren Sinne, wie üblich, zu, so konnte das Vorhandensein von Eruptivgesteinen auch an einigen Punkten in diesem Gebirgstheile festgestellt werden. Zu diesen Gesteinen, welche durch Kartirung in ihrem Verlaufe genau festgelegt und durch mikroskopische und chemische Untersuchung bestimmt wurden, zählt ein Quarz-Augitdiorit von Lampersdorf, dessen Beschreibung in den folgenden Zeilen erfolgen soll. Von Langenbielau bis Raudnitz zieht sich von N nach S eine Hügelreihe hin, die aus Biotitgneiss besteht, zwischen welchen aber oberflächlich an verschiedenen Stellen in schmalen Zungen das Diluvium randlich ein- und übergreift. Durch dieses Verhalten des Diluviums tritt der Gmneiss in diesem Gebiete in isolirten und oft recht kleinen und rundlich gestalteten und in der Grenzlinie vielfach ausgebogenen Partien zu Tage. Von den Structurabände- rungen des Biotitgneisses herrscht in diesem Gebiete die breit- flaserige vor, während die grobflaserige sehr selten vorkommt und die flaserige, oft in die körnigschuppig übergehende namentlich im südlichen Gebiete an Verbreitung gewinnt. Als Einlagerungen in diesem Gebiete erscheinen in den Biotitgneissen in ziemlich grosser Häufigkeit Amphibolite; dagegen sind Serpentine recht selten. 1) Vor einigen Wochen ist von mir in der bemerkenswerth entwickelten eul- mischen Gneissbreccie von Silberberg ein höchst interessant ausgebildeter Ker- santit als Gang aufgefunden worden. E. Darıuns, Quarz-Augitdiorit von Lampersdorf in Schlesien. 327 Aehnliche Verhältnisse walten auch in der Gmeissformation bei Lampersdorf, das der mittleren Partie der Grneiss-llügelreihe an- gehört, ob. Zu ihrer näheren Erläuterung folgt hier ein kleiner Kartenausschnitt der Section Langenbielau der von mir bewirkten geologischen Aufnahme der Gegend; derselbe enthält zugleich den Gang von (Quarz - Augitdiorit, soweit dieser im Zusammenhange zu verfolgen war. =]E S ‚Brotitgneiss Amphibolit. Jerpentirn Augizdiorit. D Maassstab: 1:25,000. ı) Uarvium Der im Kärtchen eingetragene Biotitgneiss (gb) zählt nament- lich der flaserigen, oft in das Körnig-schuppige übergehenden Varietät zu; er führt meist in allen Gestemmslagen, besonders aber in den körnigschuppigen Schichten, recht reichlich Fibrolith als accessorischen Gemengtheil. Das Mineral bildet entweder dünne, plattenartige Streifen oder bis haselnussgrosse, linsenförmige Knötchen, die der Schichtung des Gmeisses parallel eingelagert sind. Ausnahmsweise schwellen dieselben zu kopfgrossen Massen an. Wie bereits in der diesjährigen Märzsitzung der Deutschen 328 E. Darar, Quarz-Augitdiorit von Lampersdorf in Schlesien. geologischen Gesellschaft!) von mir berichtet werden konnte, sind diese oft 4—5 Decimeter Länge erreichenden Fibrolith- Massen dadurch bemerkenswerth, dass sie sich aus büschelförmigen oder radialstrahligen Aggregaten, die einige Uentimeter, oft sogar 4—5 Centimeter lang werden, zusammensetzen. (Im Protokoll der erwähnten Sitzung ist infolge eines Druckfehlers die Länge der letzteren Aggregate mit 4—5 Decimeter angegeben, was hiermit, wie vorstehend geschehen, berichtigt wird.) Diese grossen Fibro- lith-Massen führen gleichsam als Bindemasse der einzelnen strah- ligen Aggregate Orthoklas, Quarz und Muscovit in geringem Maasse. Von den sechs dem Biotitgneiss gleichförmig eingelagerten Amphibolitlagern (4) sind sämmtliche Granat führend und frei oder arm an Feldspath. Zwei kleine Serpentinlager (s) von ge- ringer Mächtigkeit (kaum 1 Meter) und Erstreckung (10—20 Meter) wurden, und zwar das nördliche der Karte in Weigelsdorfer Flur in einer diluvialen Sandgrube und das südliche an einem Feldwege in Lampersdorfer Feldmark entdeckt. Beide Serpentine sind schiefrige, schwärzlich-grüne Gesteine. Die diluvialen Bildungen (d) haben im Kartengebiete eine ansehnliche Verbreitung gefunden; sie bestehen theils aus älteren, dem nordischen und zwar gemengten Diluvium angehörigen Ab- lagerungen und sind entweder als Geschiebelehm oder seltener als Sand und Kies entwickelt, theils sind sie jungdiluvial wie der Eulengebirgsschotter. Alle diese Bildungen sind auf dem Kärtchen nicht getrennt worden; es mögen deshalb einige erläuternde Worte über ihre Verbreitung hier folgen. Der Geschiebelehm und der Sand sind vorzugsweise zwischen den Gmeisshügeln und längs der Thälchen zum Absatz gelangt und daselbst verbreitet. Der Eulen- gebirgsschotter dagegen erfüllt jene breite Rinne, die zwischen dem Östrande des eigentlichen Eulengebirges und der davon öst- lich gelegenen Hügelreihe zwischen Langenbielau und Raudnitz- Quickendorf vorhanden ist. Näheres über Entstehung und Zu- sammensetzung der betreffenden diluvialen Bildungen der Gegend I) Zeitschrift d. Deutsch. geol. Ges. 1887, Heft I, S. 232. E. Darue, Quarz -Augitdiorit von Lampersdorf in Schlesien. 329 findet sich in einem meiner früheren Berichte ) in diesem Jahr- buche. Endlich ist noch zu erwälnen, dass die nicht schraffirten Stellen des Kärtchens die Verbreitung der alluvialen Bildungen zur Darstellung bringen. Oestlich des Ortes Lampersdorf durchbricht die oben kurz beschriebenen Biotitgneisse ein Gang?) von Quarz-Augitdiorit. Er erreicht eme ansehnliche Länge; denn er ist fast ohne Unterbrechung in Lampersdorfer Flur, wie die Karte ersichtlich macht, auf beinahe 2 Kilometer zu verfolgen. In seinem Verlaufe en. Auf eine oO beschreibt er einen nach SW geöffneten flachen Bo Erstreckung von 1 Kilometer beläuft sich in seinem nordwest- lichen Ende das durchschnittliche Streichen auf N 600° W. Da- gegen weisen die durchbrochenen Gmeissschichten ein Streichen von N 35° W bei steilem (70—80°) Osttallen oder saigerer Stellung auf. In diesem Theile besitzt der Gang auch seine grösste Breite, die sich auf dem Grundstück des Gutsbesitzers Schlotte in Lampersdorf, wo er durch einen Steinbruch erschlossen ist, auf 25 Meter berechnet. Dieselbe Breite scheint auch südlich bis zu Ey’s Grundstück, wie durch Erbohrung seines Verwitterungslehms sich ergab, anzuhalten. In seinem südöstlichen circa 1 Kilometer langen Gangstück verschmälert er sich verhältnissmässig recht bald und merklich, sodass er nördlich die Strasse Lampersdorf- Rosenbach kaum über 2 Meter, aber an derselben kaum 1 Meter mächtig ist. In diesem ganzen Striche ist er auch durch wenig zahl- reiche und grosse Blöcke, deren Entfernung freilich aus den Feldern fast durchgängig stattgefunden hat, oberflächlich gekennzeichnet. Ebenfalls ist eine Aenderung in der Richtung des Ganges erfolgt; er streicht hier N 450 W bis N50°W. Letztere Richtung hält er auch jenseits der Ostgrenze der Section Langenbielau und unseres Kärtchens auf Section Gnadenfrei in Raudnitzer Flur bei, en in diesem Jahre vorläufig ausgeführten Be- wo er nach einig !) Dies. Jahrb. für 1885 S. Lxxı— ıxxv. j ?2) Auf der älteren Karte von Niederschlesien ist ungefähr an derselben Stelle eine kurze Strecke unter dem Zeichen J (J) Syenit angegeben worden; in den Erläuterungen zur Karte wird jedoch auf das betreffende Gestein nie Bezug genommen. 330 E. Dartuw, Quarz -Augitdiorit von Lampersdorf in Schlesien. ‚gehungen noch bis auf 1 Kilometer Länge und in geringer, kaum 1 Meter betragender Breite nachgewiesen werden konnte. Sein Südende liegt ungefähr 300—400 Meter nordwestlich der Strasse Raudnitz-Rosenbach. — Von seinem auf der Karte eingezeichneten Nordwestende scheint der Gang auch nach NW weiter fortzu- setzen; denn dasselbe Gestein wurde in einer Anzahl grosser Blöcke auch am südlichen Fusse des Matzberges aufgefunden. Da dieser Punkt 2 Kilometer vom erwähnten nordwestlichen Gangende ent- fernt liegt und auch in seine geradlinige Verlängerung fällt — auf dieser Zwischenstrecke verdecken Diluvium und Alluvium das ältere Gebirge —, so ist die Gesammtlänge des Ganges auf min- destens 5 Kilometer zu veranschlagen. Auf den Feldern des Dominiums Lampersdorf und zwar nörd- lich des sogenannten Pflanzgartens wurden Bruchstücke desselben Eruptivgesteins, von welchem nach eingezogenen Erkundigungen zahlreiche und grössere, jetzt aber entfernte Blöcke daselbst früher gelegen haben sollen, nachgewiesen. Das Vorkommen ist nach den betreffenden Aussagen und nach meinen Beobachtungen als kleiner Gang eingetragen worden; derselbe lässt sich als eine Apo- physe des Hauptganges auffassen. Auch an emigen anderen Stellen, namentlich nördlich des letzteren sind vereinzelte Blöcke des Augit- diorits der Beobachtung entgegen getreten, welche gleichfalls wohl mit Apophysen des Hauptganges in Beziehung zu bringen sein dürften. An dem Ausgehenden des Ganges bildet das Gestein grosse Blöcke, die oft die Grösse von etlichen Kubikmetern erreichen; dem entsprechend ist auch seine Absonderung, wie beispielsweise im genannten Steinbruch zu ersehen ist, eine weitläufige und un- regelmässige, sodass er nur in eben solchen Gesteinsstücken ge- wonnen werden kann. Das durchgängig grosse Festigkeit be- sitzende Gestein ist jedoch weder als Werkstein, noch Pflasterstein zu gebrauchen; würde sich aber wegen seiner Härte wohl als Strassenschotter mit Vortheil verwenden lassen. Ueber die mineralische und chemische Zusammensetzung des Quarz-Augitdiorits haben die angestellten Untersuchungen Folgen- des ergeben. — Das Gestein ist im frischen Zustande grauschwarz mit einem schwachen Stiche ins Grünliche spielend, im verwitterten aber schmutziggrün-grau gefärbt; sein Gefüge ist kleinkörnig, bei- E. Darur, Quarz-Augitdiorit von Lampersdorf in Schlesien. 331 nahe feinkörnig; daher wenigstens der feldspathige Gemengtheil bei Betrachtung mit blossem Auge in wasserhellen oder milchig- weissen eckig und flockig erscheinenden Partien hervortritt; deut- liche Feldspathleisten lassen sich darin selbst mit der Lupe ausser- dem nicht wahrnehmen; das Gestein neigt weniger zur Diabas- als zur Granitstructur hin. — In gewissen Modificationen jedoch 3 Millimeter lange und 1—2 Milli- ıneter breite, also breittafelförmige Feldspathe porphyrisch einge- sind mitunter kleine, kaum 2 sprengt. Die Verbreitung dieser Abänderung ist gering, sie findet sich häufiger im südlichen Gangende, wo dasselbe seine geringste Mächtigkeit aufweist, sowie schembar oft an den Saalbändern und in den Apophysen des Ganges. Die Hauptgemengtheile des Gesteins sind: Plagioklas, Horn- blende, Augit, Magnesiaglimmer und Quarz; als Nebengemeng- theile kommen Orthoklas, Apatit, Titaneisen und Eisenkies und als Zersetzungsproducte Chlorit, Calcit, Epidot, Titanit, Quarz und Brauneisen hinzu. — Bevor wir auf die Beschreibung der einzelnen Gemengtheile näher eingehen, lassen wir die chemische Zusammen- setzung unseres (Gesteins nach der von Herrn W. HampE im Laboratorium der geologischen Landesanstalt und Bergakademie ausgeführten Analyse folgen: SO er resplt, 1 KU Or re 97 AL OS ee 19,6 EaO:s Ar: 1,19 » ae 0 ee 15135 MeOT rest. 8A, > Ba) ee ran. en KO: 0, 62,28 Nam um 0. Bl FO ee ne 02.095 BO a ie BO 05 SO Er Organische Substanz . 0,06 » Summa 100,87 püt spec. Gew. 2,798. 332 E. Darue, Quarz-Augitdiorit von Lampersdorf in Schlesien. Die Plagioklase lassen auch u. d. M. ihre kurzsäulen- bis tafelförmige Gestalt erkennen; sie sind zum Theil ausgezeichnet frisch, zum Theil sind sie jedoch einestheils in die bekannten stark lichtbrechenden kurzen Fäserchen und Blättchen (Kaliglimmer), andrerseits in die als Epidot charakterisirten rundlichen Körnchen um- gewandelt. Die Zwillingslamellen sind nach dem Albitgesetz ver- wachsen und nur selten kommt an demselben Individuum das Peri- klingesetz vor. Nur etliche Male war an Plagioklasen ein schalen- förmiger Aufbau zu beobachten; dieselben gehören alsdann sehr kalkreichen Varietäten an; denn die Auslöschung des Kerns wurde zu 35°, die der äussern Partien zu 16% auf oP& gemessen; danach dürften Feldspäthe von der Zusammensetzung des Bytownits und Labradors vorliegen. Nach andern ausgeführten Messungen an zahlreichen Plagioklasen gehört auch ein anderer Theil derselben zum Labrador oder in seine Nähe oder auch zum Oligoklas. Auf das Vorherrschen der beiden letzteren Plagioklase scheint auch der nicht allzu hohe Kalkgehalt (5,67 pCt.) der Analyse hinzu- deuten. Dagegen konnte Albit im normalen Gesteinsgemenge nicht nachgewiesen werden; letzterer ist allerdings gewissen noch zu erwähnenden Ausscheidungen des Gesteins nicht fremd. Neben Plagioklas liess sich auch wenig Orthoklas, dessen Anwesenheit von vornherein der ziemlich hohe Kaligehalt (2,28 pCt.) der Analyse wahrscheinlich machte, feststellen; er ist in breit- tafelförmigen Individuen mit oft ausgezeichneter Spaltbarkeit aus- gebildet. — Quarz erfüllt in meist rundlichen, seltener etwas eckigen ziemlich groben Körnern die Zwischenräume, welche die zuerst ausgeschiedenen Gesteinsgemengtheile übrig gelassen hatten; er zeigt die bekannten Eigenschaften und Einschlüsse, wie sie sonst auch den Quarzen von Dioriten, Diabasen und Augitdioriten eigenthümlich sind. Bemerkenswerth ist indess seine zierliche schriftgranitische Verwachsung mit den Feldspathen des Quarz- Augitdiorits, wovon in der Regel die jüngste Feldspathgeneration betroffen wurde; die Verwachsung und Durchwachsung ist oft der Granophyrstructur so ähnlich, dass man sie oft derselben zu- rechnen möchte. E. Darnn, Quarz -Augitdiorit von Lampersdorf in Schlesien. 333 Die tiefbraune Hornblende überwiegt den Augit im Gestein stets; wo sie nicht mit letzterem verwachsen ist, was nicht selten vorkommt, bildet sie längliche nadelförmige Krystalle, die in der Säulenzone, also in @uerschnitten meist durch die Flächen »P.“oP% und oP» begrenzt werden. An ihrer termmalen Endigung lassen sich keine Flächen nachweisen; die Enden sind entweder quer abgestutzt oder schilt- ähnlich gestaltet. Zwillingsbildung nach P und »P«& ist schr häufig. Ein- schlüsse von Apatit, Titaneisen, Biotit sind reichlich zugegen, seltener darin finden sich kleine Plagioklasleisten und noch seltener Flüssigkeitseinschlüsse. Die Zersetzung der Hornblende, «die mit grünlicher Ausbleichung an den ändern beginnt, in chloritische Substanz und Epidot ist die übliche. Der Augit zeigt oft auch m der Säulenzone eme Begrenzung durch oP.»P& und »Px; seine Verwachsung mit Horn- blende wurde erwähnt, mit welcher er auch durch die Führung derselben Einschlüsse übereinstimmt, seine -Zersetzungserschei- nungen sind die bekannten. Der Magnesiaglimmer ist mindestens in derselben Menge wie der Augit im Gestein zugegen und fällt dem Biotit zu; Ausbil- dung und Umwandlungserscheinungen sind die gewöhnlich vor- kommenden. Von den accessorischen Gemengtheilen Apatit, Titaneisen, Eisenkies, deren Vorhandensein nach den Ergebnissen der che- mischen Analyse zu erwarten war, lassen sich besondere Eigen- thümlichkeiten nicht h>rvorheben. Dasselbe gilt von den Zer- setzungsproducten Chlorit, Caleit, Epidot, Titanit, Quarz und ;rauneisen. Eine besondere Eigenthümlichkeit des Gesteins besteht in dem ziemlich häufigen Vorkommen (Schlotte’s Stembruch, Ey’s Feld ete.) von schlierenartigen Ausscheidungen; dieselben bilden entweder rundliche bis wallnussgrosse Massen oder einige Deci- meter lange und bis 1 Centimeter starke Streifen; sie sind durch die gleiche Mineralführung, sowie durch die innige Verwachsung 334 E. Darne, Quarz-Augitdiorit von Lampersdorf in Schlesien. mit der normalen Gesteinsmasse, aus welcher, wie das Mikroskop lehrt, sie gleichsam herausspriessen, als solche charakterisirt und durchaus nicht mit Einschlüssen oder secundären feldspathigen Trümern zu verwechseln; sie könnte man aber mit Recht als Primärtrümer bezeichnen. Die Masse der Ausscheidungen bildet ein fast mittelkörniges Gemenge, in dem Feldspath und Quarz zu einer Art Grundmasse zusammentreten, in welcher schwarz- glänzende dünne, kaum 0,5 Millimeter dicke und bis 1 Centimeter lange Hornblendenädelchen wirr, z. Th. aber auch strahlig gruppirt vertheilt sind; dazwischen sind bis linsengrosse citrongelbe Körn- chen von Pistazit (Epidot) eingesprenst. Der Feldspath, vorherrschend Plagioklas (hier zum Theil Albit) und wenig Orthoklas ist mit dem primären Quarz schrift- granitisch vielfach verwachsen; die Hornblende, in der Säulenzone mit scharfen Krystallflächen versehen und oft Zwillingskrystalle bildend, führt oft im Innern einen Kern von Feldspath. Ausgit und Titaneisen fehlen nicht. Der Epidot ist theils in den Feld- spath eingewandert, theils erfüllt er neben secundärem Quarz (derselbe führt gern nach Art des Katzenauges Fäserchen von Asbest und Aklinolith) und Calcit ursprüngliche, bei der Bildung der übrigen Mineralien in den Ausscheidungen zurückgebliebene Hohlräume. Als fremde Einschlüsse wurde mehrfach Quarz in bis hasel- nussgrossen Fragmenten und eimmal ein erhsengrosser von einer Quarzrinde umgebener Granat beobachtet. Ueber das Alter unseres Ganggesteins lässt sich vorläufig und zwar so lange keine bestimmte Angabe machen, als nicht gleiche Gesteine als Gänge oder Lager in jüngeren sedimentären Schichten in Schlesien nachgewiesen worden sind. Wenn wir schliesslich auf die für das Gestein gewählte Be- zeichnung Quarz - Augitdiorit kurz eingehen, so ist zu bemerken, dass wir dem Vorgange von A. STRENG!) gefolgt sind, welcher bekanntlich zuerst für ähnlich zusammengesetzte und Augit füh- ) Ueber die krystallinischen Gesteine von Minnesota in Nord - Amerika. N. Jahrb. f. M. 1877 S. 117— 138 u. 225 —235. E. Darne, Quarz-Augitdiorit von Lampersdorf in Schlesien. 335 rende, dioritische Gesteine aus Amerika diesen Namen anwandte. Die ziemlich reichliche Führung von primärem Quarz machte die noch nähere Bestimmung Quarz-Augitdiorit nothwendig. Vor nicht zu vielen Jahren hat man für gleich zusammengesetzte Fels- arten den von V. GÜMBEL!) zuerst gebrauchten Namen Proterobas und zwar, wie ich meine, vielfach recht unglücklich in Anwen- dung gebracht. Neuerdings bricht sich allerdings die richtige Auf- fassung Bahn und der Name Augitdiorit erfreut sich, wie die Literatur zeigt, schon allgemeinerer Anwendung. Für Schlesien wende ich, soviel mir bekannt, diese Gesteinsbezeichnung zuerst an. Dabei ist es nicht ausgeschlossen, dass verschiedene auf der älteren Karte Niederschlesiens als Syenit bezeichnete Gesteine, namentlich aus der Gegend von Nimptsch, sowie manche Diorite der Gegend von Glatz unserem Gesteinstypus theilweise zuge- hören. !) Die paläolith. Eruptivgest. des Fichtelgebirges.. München 1874 u. Geogn. Beschreibung des Fichtelgebirges S. 199 — 206. Ueber ein dureh Zufall in einer Fensterscheibe entstandenes Torsionsspaltennetz. Von Herrn K. A. Lossen in Berlin. (Hierzu Tafel XI und XII.) Als ich vor einiger Zeit im Begriff war, das Fenster meines Arbeitszimmers auf der Königlichen Bergakademie zu öffnen und dabei nicht mit der Brust vor dem Griffe, sondern mit der rechten Seite neben der Scheibe des einflügelig sich aufthuenden Fensters stand, geschah es, dass ich vor gänzlicher Vollführung der Dreh- bewegung am Fenstergriffe bereits starken Zug ausübte. Der an und für sich in schwerer Fassung eingerahmte Fensterflügel macht nur den mittleren unteren Theil des ganzen Fensters aus, der allein geöffnet werden kann. Der Fenstergriff ist zufolge dessen, wie Taf. XI andeutet, erst in */, Höhe der unteren grösseren ungetheilten Scheibe des Flügels angebracht, sodass er in seinem Drehungs- punkte noch 35 Centimeter über der Achselhöhle meines die Be- wegung ausführenden rechten Armes stand. Die Griftstange greift am unteren Ende etwas zu sehr schliessend ein; hier also war der nur mit kräftiger Hand und durch Eintrocknen des Schmieröls noch schwieriger zu öffnende Flügel noch nicht ganz ausgelöst, als meine mit starkem Ruck vollzogene Drehung des Griffs bereits in mindestens ebenso starken, aller Annahme nach aber wohl noch stärkeren Zug überging, was bei der seitlichen Stellung des Körpers neben der Scheibe und dem relativ hochliegenden An- griffspunkt der Kraft um so leichter geschehen konnte. K. A. Lossen, Ueber ein durch Zufall in einer Fensterscheibe etc. 337 Die blitzschnell eingetretene Folge dieser zusammengesetzten gehemmten Aufreissungsbewegung war ein Sprungnetz, dessen naturgetreue Abbildung Taf. XI in !/4 der natürlichen Grösse der Scheibe wiedergiebt. Der Anblick der Gesammtheit dieser mannichfaltigen durch einen Vorgang zugleich entstandenen, einem gemeinsamen System angehörigen Spalten rief mir sofort Dausgrke’s Abbildungen absichtlich hervorgerufener oder zufällig entstandener Torsionssprünge in Glasscheiben ins Gedächtniss, mehr aber noch erinnerte er mich an die Grundrisse der durch den Bergmann und Geologen beobachteten Spaltennetze der Erzgänge oder Verwerfungsspalten, welche zugleich das Einfallen berücksichtigen. Ein Vergleich der Abbildungen in Dausr£r’s Etudes syn- thetiques de geologie experimentale auf Taf. I, Fig. 1—5, sowie der zugehörigen den Text erläuternden Darstellungen Fig. 86—91 mit derjenigen auf unserer Tafel XI ergiebt mir bei grossentheils wesentlicher Uebereinstimmung in den Grundzügen der Erschei- nung doch sichtliche Unterschiede und vor Allem ein weniger schablonenhaftes Aussehen des von mir zufällig hervorgerufenen Sprungnetzes, als dasjenige der absichtlich von dem berühmten Pariser Gelehrten erzielten Spaltensysteme. Ich glaube nicht zu viel zu sagen, wenn ich den Verlauf des ersteren Netzes als einen den natürlichen Vorkommen ähnlicheren bezeichne. Den Grund hierfür wird man leichtlich erkennen, wenn man die Be- dingungen erwägt, unter welchen DAUBREE seine Experimente ausgeführt hat und damit diejenigen des zufälligen Vorganges ver- gleicht. Aus seinen Figuren 86—88 und den zugehörigen Text- worten entnimmt man, dass die rechteckigen Glasplatten von 80-90 Centimeter Länge, 3,5—12 Centimeter Breite und 0,7 Centi- meter Dicke an den beiden schmalen Seiten fest eingespannt, an den Langseiten dagegen ganz frei waren, sowie, dass der Drehungs- punkt des zweihebeligen Schraubenschlüssels in der Mitte der oberen eingespannten Schmalseite der aufrechtstehenden Platte angebracht war. Es war demnach das Dausrär’sche Experiment einer symmetrischen Anordnung unterworfen, wie eine solche Jahrbuch 1386, 22 a 338 K. A. Lossex, Ueber ein durch Zufall in der Natur, wenn je, gewiss nur in den allerseltensten Fällen stattfinden kann. Dagegen waren, wie die Eingangs gegebene Beschreibung lehrt, die Bedingungen, unter denen die Zerbrechung der in Rede stehenden Scheibe statthatte, asymmetrisch auf das Rechteck des Fensterflügels vertheilt: denn hier war die hintere Langseite des Fensterrahmens fast gleichmässig in den Fensterangeln, die vordere aber nur in der unteren Ecke zufolge der noch nicht völlig erfolgten Auslösung der Riegelvorrichtung fest- gehalten und die vierte, obere vordere, Ecke allein in freier Lage, sodass sie der Zugkraft folgen konnte, welche hinwiederum nicht in der Mitte, sondern in */; Höhe der vorderen Langseite ihren Angriffspunkt besass. Auch waren die Maassverhältnisse der in lichter Weite 102 Centimeter langen und 60 Centimeter breiten, sowie 0,275 Centimeter dicken Fensterscheibe solche, dass ihre flächenartige Beschaffenheit gegenüber den mehr Glasstreifen zu nennenden weit dickeren und schmäleren Glasplatten DAUBRER’S deutlich hervortritt. Ferner giebt Letzterer den Drehungswinkel im Augenblicke der Zersprengung des Glases auf höchstens 20 Grad an, während der Grad, bis zu welchem die freie Ecke der Fenster- scheibe der Zugkraft gefolgt war, gewiss beträchtlich geringer war. Endlich ist wenigstens als wahrscheinlich anzunehmen — der Text DAUBREE’s sagt darüber nichts —, dass die Drehungs- bewegung des beobachtenden Experimentators eine mehr allmählich gesteigerte gewesen sei, wogegen die zufällige Zerspaltung der Scheibe unter einem mehr augenblicklichen kräftigen Ruck erfolgte. Dies vorausgeschickt werden nunmehr Uebereinstimmung und Unterschied bei dem Vergleich der einzelnen charakteristischen Züge der Torsionsspalten unserer Tafel XI mit denjenigen der DAuBREE schen Abbildungen besser verständlich erscheinen, zumal die klare meisterhafte Beschreibung des der GurLr'schen Ueber- setzung meiner Erfahrung nach vorzuziehenden französischen Origimalwerks diesen Vergleich sehr erleichtert. Hinweise auf die Analo sich eben so leicht. Wie DAUBEREE vor Allem hervorhebt, sind die Schnittflächen gieen an Erzgängen oder Gangklüften überhaupt ergeben >} (Einfallebenen), mit welchen die Sprünge die planparallele Glas- oO in einer Fensterscheibe entstandenes Torsionsspaltennetz. .339 tafel ganz oder theilweise durchsetzen, bezeichnender Weise nicht ebene, sondern windschiefe Flächen (surfaces gauches. a. a. O. S. 310). Die Durchsichtigkeit des Glases liess klar erkennen und die Hauptfigur auf unserer Tafel XI, sowie die in natürlicher Grösse wiedergegebenen Stellen derselben bei a, 5 und d auf Tafel XI zeigen danach durch die Fallrichtungspfeile und durch die verschiedene Breite I) und verschiedene starke Schattirung der auf die Innenseite der Scheibe projicirten Schnittflächen deutlich an, dass die Neigungsrichtung ein und derselben Spalte an ver- schiedenen Stellen ihres Verlaufs entgegengesetzt sein kann und dass ebenso deren Neigungswinkel von 90 Grad bis zu recht niedrigen Werthen schwankt (vgl. zumal Punkt d). Zugleich aber besteht neben jener Krummflächigkeit in der Fallebene, die sehr wohl übereinstimmt mit dem Verhalten von Erzgängen, z. B. des Siegenerlandes, und mit demjenigen der Gangklüfte im Steinkohlengebirge (vgl. d. Jahrb. für 1884, S.81—82), eine auf den ersten Blick noch viel augenscheinlichere Krümmung der Streichlinien der Sprünge. Wenn DAUBREE diesbezüglich von einer trotz jeglicher Krümmung bemerkbaren Nei- gung zur Geradlinigkeit der Einzelsprünge, von dem annähernden Parallelismus der letzteren innerhalb zweier Gruppen und von der geometrischen Regelmässigkeit dieser zwei unter gleichem Winkel gegen die Drehungsaxe sich schneidenden Zerspaltungsrichtungen spricht, die zusammen ein Sprungnetz mit rautenförmigen Maschen- füllungen bilden, so trifft eine solche Charakteristik offenbar für unseren Fall nur theilweise zu. Was an unserem Sprungnetze auf Tafel XI zunächst und zumeist auffällt, das ist gerade die Krumm- linigkeit der Streichlinie aller Sprünge. Zwar lässt sich nicht verkennen, dass auch hier zwei Gruppen von Zerspaltungsrichtungen vorhanden sind, aber sie sind !) Selbstverständlich ist unter der wechselnden Breite hier nur diejenige der eigentlichen Schnittlächenprojection der Sprünge zu verstehen. Ein ober- flächlicher Beobachter der Tafeln könnte durch die weiter unten zu erwähnenden meist muschelförmigen, manchmal aber auch langgestreckten concaven Ausbrüche der Innenfläche der Scheibe längs des Verlaufs der Sprünge über jene Breite getäuscht werden. 22* 340 - K. A. Losses, Ueber ein durch Zufall weder unter sich nach Lage und Länge gleichwerthig, noch auch durchsetzen sie einzeln oder zusammen die Scheibe gleichmässig. Man kann unterscheiden: ausgedehntere Diagonalsprünge, welche im Mittel annähernd parallel zu derjenigen Diagonale des Scheibeurechteckes verlaufen, die dem einzigen nicht festgehaltenen, vorderen oberen, Eck des Fensterrahmens, und dem mittleren, hinteren unteren, der drei festgehaltenen gegenüberliegt; sie geben dem ganzen Sprungnetze die äussere Form und Begrenzung, in- dem zwei Hauptsprünge unter ihnen als Hypothenusen zweier ungleich grosser wesentlich sprungfreier Eckdreiecke eine etwa !/; Diagonale breite, etwas mehr nach hinten und unten als nach vorn und oben die Scheibe durchsetzende diagonale Bahn, das Sprungfeld, abgrenzen. Innerhalb dieses Sprungfeldes oder in vereinzelten Fällen in unmittelbarer Begleitung seiner Aussengrenze erkennt ıman dann noch kürzere Sprünge. Diejenigen darunter, welche ebenfalls Diagonalsprünge sind, spielen in ganz ausgezeichneter Weise die- selbe Rolle, welche hangende oder liegende Trümer neben den Hauptgängen im Erzbergbau spielen, und so findet man denn auch gerade unter ihnen die vortrefflichsten Beispiele für Bogen- trümer, obzwar auch die beiden grossen Hauptsprünge trotz ihres im Allgemeinen geraderen Verlaufs keineswegs der Krümmung entbehren. Es sind entweder solche Bogentrümer, die auf eine kürzere Erstreckung einen Bogen über den gestreckteren Haupt- gang als Sehne beschreiben (rechts !) unten), während der um- gekehrte Fall, in dem der Hauptgang als Bogen, das Nebentrum als Sehne erscheint, auch nicht fehlt (links unten gerade gegen- über); oder das Bogentrum läuft vom Hauptgange mit stärkerer Krümmung ab, ohne denselben wieder zu erreichen (rechts in der Mitte) oder endlich es läuft ihm auf längere Erstreckung nur mit etwas geschwungener Linie parallel, ohne ihn mit seinen Enden zu erreichen (links unten bis zur Mitte). Fallrichtung und Ein- fallwinkel der Diagonalsprünge, zumal der längeren, wechseln am 1) Die Bezeichnungen »rechts« und »links« beziehen sich auf die recht- und linksseitige Längsgrenze des Sprungfeldes, in einer Fensterscheibe enstandenes Torsionsspaltennetz. 34] häufigsten und beträchtlichsten; gleichwohl ist die vorherrschende sig von der Con- Fallrichtung ganz unverkennbar und unabhän vexität oder Concavität der Streichrichung gegen den Fenstergriff gewendet. Eine zweite Gruppe der Spalten von kürzerem Verlauf streicht im Mittel rechtwinklig zu den Diagonalsprüngen, es sind also Quersprünge. Auch sie sind nicht geradlinig, wenn auch im Allgemeinen weniger dem Streichen nach gekrümmt, als die ersteren und beharrlicher in der vorherrschend nach dem Fensterriegel vorn unten gekehrten Fallrichtung und dem meist steilen Grad der Neigung. Sie verbinden theils zwei neben einander herlaufende Diagonalsprünge und gabeln oder krümmen und verbreitern sich dann wohl auch kurz vor dem Treffpunkte (noeud), wie z. D. links unten im Bilde des Sprungnetzes; oder sie setzen von einem Diagonalsprunge gegen den Scheibenaussenrand (links unten, rechts oben); schliesslich kommen auch Durchsetzungen der beiden quer aufeinander gerichteten Spalten vor, welche noch von besonderen Erscheinungen begleitet sein können: einmal sind solche Durchkreuzungspunkte (Gang- oder Scharkreuze) dann wohl auch zugleich noch der Auslaufpunkt für Nebenspalten, so dass ein-fächerförmiges Auseinanderlaufen dreier Spalten nach dieser Auslaufsrichtung statthat (der oberste Treffpunkt links unten), eine von DAUBREE viel häufiger und regelmässiger beobachtete Erscheinung, die in unserem Falle meist durch die ähnliche ersetzt ist, dass von dem einfachen Treffpunkte eines (Quertrums mit einem Diagonal-, Haupt- oder Nebentrum oder doch aus der Nähe eines solchen zugleich ein Bogentrum ausläuft (rechts in der Mitte bei c, rechts unten, links unten). Das andere Mal treffen nicht alle vier Arme des Gangkreuzes in einem Punkte zusammen, der eine Sprung geht gerade hindurch, der andere setzt an diesem scharf heran, erleidet aber eine kleine, doch merkliche Seitenverschiebung, so zwar dass er jenseits nicht in der directen Verlängerung, sondern in einer Parallelen dazu fortstreicht (links unten an dem Kreuzpunkt des längsten diagonalen Nebentrums mit dem längsten Quertrume): Das ist demnach, da füglich von einer Verwerfung oder Verschiebung hier nicht die Rede sein 342 K. A. Lossen, Ueber ein durch Zufall kann, eine Gaugauslenkung, eine ebenfalls von DAUEREE viel häufiger und staffelförmig mehrmals in kurzen Zwischenräumen hintereinander wiederholt !) beobachtete Erscheinung, die uns be- lehrt, dass doch auch diese blitzschnell erfolgte Zersprengung in für uns nicht mehr messbaren aufeinander folgenden Zeitabschnitten erfolgt ist. Gegen die Mitte des Sprungfeldes sieht man drei Sprünge, einen diagonalen und zwei Quersprünge, welche hier blind im Glase enden ohne wieder den Rand der Scheibe oder einen anderen Sprung erreicht zu haben. Der Diagonalsprung wird immer feiner bis er aufhört. Ein weit höheres Interesse beansprucht der untere der beiden Quersprünge, der mit dem Buchstaben ce bezeichnet und auf Taf. XII in natürlicher Grösse noch einmal wiedergegeben ist ?). Es ist dies ein siebenmal auf seinem kurzen, nur 22 Centi- meter Sehnenlänge messenden, bogigen Wege unterbrochener Sprung, der ganz deutlich ein und demselben Zerspaltungsvor- gange sein Dasein verdankt, da alle die äusserlich zusammenhang- losen Theile genau auf derselben Kurve liegen, ganz analog zu gewissen Gangspaltenzügen, die aus hintereinander auf derselben Streichlinie aufsetzenden zusammenhanglosen Gangstücken be- stehen. Von den beiden Treffpunkten der Querspalte mit den diese beiderseits abschneidenden Diagonalspalten aus setzt zunächst ein echter, die Scheibe ihrer ganzen Dicke nach durchreissender Sprung einwärts gegen die Mitte des Sprungfeldes hin, der schmäler und schmäler wird, bis er blind in der Glasmasse endet. An den von der rechten und der linken Seite her einwärts gehenden Sprüngen ist diese Endigung nicht eine gleichmässige; deutlich nimmt man vielmehr wahr, dass dieselben nur zur Hälfte ihres Verlaufs das ') Die Eruptivgänge der mittelharzer Meridian -Gangzone, auch Quarzgänge im Taunus zeigen eine solche staffelförmig wiederholte seitliche Auslenkung, sind aber nicht an Gängen, sondern an Schichtfugen oder Gesteinswechseln ausgelenkt. °) Diese Figur ist so gezeichnet, dass die beiden Grenzlinien die Dicke des Glases andeuten, die übrigen Linien dagegen die verschiedenen Zerspaltungs- zustände, welche bald die ganze Dicke, bald nur einen randlichen Theil, bald die Mitte desselben betroffen haben. An den nicht voll ausgezogenen Linien ist das Glas ganz unverletzt geblieben. Die Kurve ist die Streichlinie des Sprunges, rechtwinklig zur Dicke des Glases, in einer Fensterscheibe entstandenes Torsionsspaltennetz. 343 Glas völlig durchschneiden, weiter einwärts mit einmal aber nur dessen äussere Hälfte durchreissen oder ritzen und dem entsprechend an Lichtglanz abnehmen. Zwischen diesen beiden einander zuge- kehrten blinden Enden liegen dann ganz isolirt im Inneren der Glasscheibe eine Anzahl meist elliptischer, seltener lang- streifenförmiger Stellen, die sich vor den grellen, harten Lichtreflexen auf den durchsetzenden Sprüngen durch einen sanften silberähnlichen Perlmutterschein oder gar nur durch einen schwach milchbläulichen, nur dem aufmerksamen von unten nach oben schauenden Auge wahrnehmbaren Schimmer aus- zeichnen. Je länger und breiter die nur 1—%9 Millimeter messenden Ellipsen sind, um so deutlicher ist der Silberglanz, während die kleinsten unter ihnen und die äusserst feine streifige Lichtbahn milchig aussehen. Das sind DAUBREE's »fissures tout A fait interieures« oder »felures naissantes oder rudimentaires« (a. a. O. S.312—313), obwohl derselbe nur die Streifen-, nicht die Ellipsen- form erwähnt. Er vergleicht dieselben gewissen durch gleichen oder ähnlichen Lichtschein ausgezeichneten Stellen in Krystallen von sehr vollkommener Spaltbarkeit oder den »glaces« der Edel- steine, constatirt ihre thermische und optische Differenzirung im Sinne einer Elasticitätsdifterenz parallel und senkrecht zu ihrer Längsaxe und betont, dass man durch einen Druck oder Stoss die nur eben sichtbar gewordene (»petits mouvements ondulatoires fixes ou figes« a. a. O. S. 313), aber noch nicht zum Durchbruch gelangte Spannung in einen wirklichen Sprung überführen könne. Dass dem so sei, habe ich selbst an dem blind endenden zusammen- hangenden Quersprunge über dem so eben besprochenen unter- brochenen Sprunge (ec) erfahren. Derselbe bestand ursprünglich aus emem kürzeren echten Sprunge und einer kleinen in seiner Fortsetzung, aber ganz getrennt, etwa an seinem jetzigen Ende liegenden Spannungsellipse. Ein zufälliges Betasten dieser Stelle hatte ein blitzschnelles Weiterreissen der Spalte zur Folge. Das Ende dieses Sprunges sieht weit weniger regelmässig aus, wie die ursprüngliche Anlage. DAUBREE betont mit Recht die ebenen, parallelen Flächen der felures und deren durchweg rechtwinklige 344 K. A. Lossen, Ueber ein durch Zufall Stellung zur Oberfläche des sie einschliessenden Glases. Der unter- brochene Sprung (ec) zeigt diese Ei: senschaften desgleichen. Dagegen ist das an Stelle der kleinen Ellipse neu entstandene Sprumgende, das sich entgegen der ursprünglichen Richtung des Sprunges ganz sichtlich dem Schaarungspunkt bei ce (rechts) zu- krümmt, durch ganz kurze, spitze, unter sehr kleinem Winkel gleichsinnig ins Liegende ablaufende, dornähnliche Risse ge- zähnelt, eine die Sprünge begleitende Erscheinung, die auch anderwärts im Sprungfelde wahrgenommen wird, so links unten bei a (vgl. die Wiederholung in natürlicher Grösse auf Taf. XII und besonders am Hauptsprunge links oben vor dem Ablaufen des letzten an denselben heransetzenden Quersprungs); auch die äusserst feine und dicht gedrängte Riefung der liegenden Sprungfläche bei a (vgl. Taf. XII) und am untersten Schaarpunkte links unten scheint hierher gestellt werden zu müssen. Fast aus- schliesslich die liegende Seite der Sprünge zeigt diese Zähne- lung den Verlauf der Sprünge begleitende Erschemung umgekehrt vor- durch kleine Risse. Dagegen beobachtet man eine andere zugsweise auf deren hangender Seite. Das sind leicht in dem Bilde erkennbare flach schüssel- oder muschelförmige, seltener längsgestreckte, hülsenförmige!), concaye Ausbrüche aus der Innenfläche der Fensterscheibe, die sich ebenfalls gern reihenweise län & gs der Sprünge herziehen. Ueberblickt man nunmehr das Sprungfeld auf Taf. XI in seiner Gesammtanlage im Verhältniss zu der durch die Tafel- grenze angedeuteten Fenstereinrahmung und unter Berücksichtigung der in der Zeichnung angegebenen Lage des Fenstergriffes wenig unter der einzigen nicht festgehaltenen ?) Ecke des Rahmens, so ergeben sich einige, wie mir scheint, einfache Beziehungen: Der asymmetrischen und einseitigen Vertheilung der bewegenden Kraft und des Widerstands entsprechend giebt es, wie bereits oben kurz hervorgehoben, keine zwei gleichmässig auf die Fensterfläche vertheilte Sprungsysteme, wie bei den symmetrisch angeordneten ) An der linken unteren 'Hälfte des längsten Quersprunges und am links- seitigen Hauptsprunge über dem unteren Bogentrume. >) Der Kürze halber will ich sie die »freie« nennen. in einer Fensterscheibe entstandenes Torsionsspaltennetz. 345 Versuchen DAUBREE'Ss, es herrscht vielmehr das diagonale Sprungsystem entschieden vor und bestimmt die Form und Abgrenzung des Sprungfeldes. Indem sich das Dia- gonaldreieck des Fensters, dessen rechter Winkel in der freien sende zwischen Ecke nächst dem Grifte liegt, gegen das gegenüberlie den drei Festpunktecken bewegte, mussten besonders in der Grenz- region beider Dreiecke, aber auch noch eine Strecke weit einwärts in dem festgehaltenen Dreieck Wellenbewegungen innerhalb der spröden Glasmasse stattfinden, die sich vorzugsweise in Spannungen und Brüchen nahezu parallel zu dieser Grenzdiagonale äusserten und so das Sprungfeld schufen. Das kleinere sprungfreie Glas- dreieck dagegen lag zu sehr festgehalten, um überhaupt an stär- keren Bewegungen irgendwie theilnehmen zu können; das dem Griff zunächst liegende machte als Ganzes mit dem beweglichen Theil des Rahmens die Bewegung nahezu gleichmässig mit, so dass es ebenfalls in der Gleichgewichtslage seiner Theilchen nicht stark gestört werden konnte. Aus der im Sinne eines stumpfen einwärts gekehrten Winkels erfolgten Bewegung, wonach der be- wegte Theil der Glastafel auf den festliegenden einen Druck, dieser aber Widerstand ausüben musste, begreift man auch, dass das Einfallen der Diagonalsprünge fast überall gegen den Angriffs- punkt der bewegenden Kraft gerichtet ist, dass das gedrückte Liegende derselben örtlich von jenen zahlreichen kleinen Risschen wie gezähnelt erscheint, während von dem daran gestauten Hangen- den sich oberflächlich muschelförmige Scherbehen abgelöst haben. Für die Entstehung des anderen untergeordneteren, wesentlich auf das Innere des Sprungfeldes beschränk- ten Systems der Quersprünge kommt in Betracht, dass theils in Folge der asymmetrischen Vertheilung von Bewegungskraft und Widerstand, theils zufolge des Gegensatzes zwischen der grösseren Schwingungsfähigkeit der Scheibenmitte und der geringeren der dem Rahmen zunächst liegenden Scheibentheile eine gleichzeitige Fortpflanzung der Wellenbewegung parallel der Diagonale nicht wohl statthaben konnte, wie das ja auch schon aus dem bogigen Verlauf der Diagonalsprünge selbst ers’chtlich ist. Trennungs- spalten der ungleichmässig bewegten Theile im Mittel senkrecht 346 K. A. Lossen, Ueber ein durch Zufall zur Diagonale sind die einfachsten Ausgleichungen solcher in der Fortpflanzungsrichtung der Wellenbewegung quer auf die Wellen- axen erzeugten Spannungen. Es ist aber für die Bildung dieser Quersprünge wohl auch noch ein anderer Umstand in Rechnung zu ziehen, auf welchen uns ihre vorherrschend gegen den Fenster- riegel vorn unten gekehrte Fallrichtung hinweist. In der Riegel- ecke war der Fensterrahmen am Eckpunkt selbst zufolge der halben Auslösung immerhin weniger stark festgehalten als an dem diagonal gegenüberliegenden Festpunkte, welcher in der etwas tiefer als die Rahmenecke angebrachten Fensterangel seinen Ruhepunkt hat. Danach muss das Fensterglas in der Umgebung dieser letzteren relativ geringeren Spannungen ausgesetzt gewesen sein. Ganz sichtlich ist ja auch der der Riegelecke zunächst liegende Scheibenantheil am meisten und in der mannigfaltigsten Art zer- spalten, während sich am entgegengesetzten Ende eine Verein- fachung des Sprungnetzes und ein stärkeres Auseinanderweichen der Streichlinien der Hauptsprünge zu erkennen giebt. Der schmalste Theil des Sprungfeldes und zugleich derjenige, welcher den geradlinigsten Verlauf der Hauptspalten und das Blindendigen oder Unterbrochensein (Intermittiren) der Nebenspalten aufweist, liegt in der Scheibenmitte, deren aın fernsten von der Einspannung in dem Rahmen befindliche Glasmasse weniger gehindert war, die Schwingungen gleichmässig fortzupflanzen. Das Oberharzer Gangspaltennetz und das Mittelharzer meri- diane Eruptivgangspaltensystem lassen beide ebenfalls ein fächer- förmiges Auseinandergehen der Spalten und dabei eine grössere Anzahl Gänge in dem engeren gedrängteren, eine geringere in dem erweiterten Theile des Fächers erkennen. Sprünge in compactem, homogenem Glas und solche in den bald geschichteten, bald massigen zusammengesetzten Gesteinen der Erdfeste lassen sich selbstverständlich nicht in jeder Beziehung vergleichen. Wenn dies doch, wie diese durch Torsion zerspaltene Fensterscheibe beweist, in hohem Grade der Fall ist, so mag darin ein doppelter Hinweis gefunden werden: einmal der, dass auch die Gangspalten in der Erdrinde vielfach Torsionsbedingungen ihre Entstehung verdanken, sodann der andere, dass die hierbei in einer Fensterscheibe entstandenes Torsionsspaltennetz. 347 wirkenden Kräfte so gross sind, dass im Verhältniss dazu die Unterschiede in der Struktur und Festigkeit der Gesteine im All- gemeinen verschwindend gering genannt werden müssen. Die festesten Gesteine, Quarzit, Grauwacke, Diabas etc. sind häufig in geringen Abständen von überaus zahlreichen messerscharf und plattflächig durchsetzenden Klüften zerspalten, welche beredtes Zeugniss dafür ablegen, was für eine, jeder experimentellen Er- fahrung spottende Gewalt geologische Druck- und Zugkräfte be- -sitzen. Damit soll aber der Werth des von DAUBREE und Anderen geschickt gehandhabten Experiments keineswegs verkleinert werden. Dass aber auch der Zufall mitunter kein so übler Experimentator ist, ergiebt das Sprungnetz unserer Fensterscheibe, welches schliess- lich schon allein dadurch höchst lehrreich ist, weil es uns deut- lich vor Augen führt, wie viele und zum Theil recht com- plicirte Verhältnisse unserer Erzgänge und Gangklüfte überhaupt durch einen einzigen Bildungsakt zugleich entstehen können. Abhandlungen von ausserhalb der Geologischen Landesanstalt stehenden Personen. & j in a . x ® b Dr & ' . u Der Dachberg, ein Vulkan der Rhön. Von Herrn Fritz Rinne in Göttingen. (Hierzu Tafel XI.) Auf einer von Herrn Professor Dr. A. v. KOENEN veran- stalteten geologischen Tour in die Rhön, an der auch ich mich betheiliste, wurden unter anderen zwei erloschene Vulkane besucht, welche Herr Prof. v. KoEnEn bei seinen geologischen Aufnahmen in der nördlichen Rhön als solche erkannt hatte: der Dachberg und der Schorn. Ich wurde von Herrn Prof. v. KoENEN aufge- fordert, den einen der Vulkane, den Dachberg, einer petrogra- phischen Untersuchung zu unterwerfen. Das Resultat derselben habe ich im Folgenden darzulegen versucht. Der Dachberg ist von Hünfeld, einem Städtchen an der Bahnlinie zwischen Bebra und Fulda, leicht zu erreichen. Die grosse Frankfurter Poststrasse führt von dem erstgenannten Orte nach dem ungefähr 11 Kilometer nordöstlich von ihm gelegenen Rhöndorf Rasdorf, von dem der Dachberg im SSW nur 1,5 Kilo- meter entfernt liegt. Seine Höhe beträgt circa 370 Meter. Ueber Rasdorf erhebt er sich um circa 80 Meter. Die Nachbarberge, welche den Thal- kessel, in welchem Rasdorf liegt, umsäumen, übertreffen ihn meist sowohl an Ausdehnung als an Höhe. So erhebt sich die gewaltige Basaltmasse des Stallberges zu 487 Meter, der Hübelsberg zu 400 Meter, der Morsberg zu 410 Meter, der Kleienberg zu Jahrbuch 1886. [1] 9) Frırz Rınne, Der Dachberg, ein Vulkan der Rhön. f4 450 Meter, während der durch eine weithin sichtbare Kapelle ge- krönte Gehülfersberg ihm an Höhe ungefähr g„leichsteht und der Kirschberg (340 Meter) von ihm darin übertroffen wird. Am stattlichsten erscheint er von W aus, da sich hier der Basalt mit steilem Abfall bis zur Thalsohle erstreckt. Der Ost- abhang führt mit sanfter Neigung zu seiner Höhe. Die Sediment- gesteine reichen hier bis dicht an seinen Gipfel. Die beigefügten Abbildungen sollen diese Gestaltsverhältnisse näher erläutern. Die erste Ansicht ist von der Ostseite des Berges aufgenommen, die zweite giebt den Anblick von SW wieder. Vulkan Dachberg bei Rasdorf von Osten aus. Man trifft beim Gange von Rasdorf zum Dachberge zunächst unteren und mittleren Muschelkalk. Am Fusse des Berges er- kennt man Trochitenkalk, dann Ceratitenschichten, auf die Kohlen- keuper in geringer Mächtigkeit folgt. Auf der Höhe angekommen bemerkt man, dass der Berg sich nicht zur Kuppe abrundet: eine deutliche, allseitig umgrenzte Einsenkung erinnert sofort an seinen vulkanischen Charakter. Die elliptische Einsenkung erstreckt sich mit ihrer circa 140 Meter langen Längsaxe von N nach S, entsprechend der Richtung einer Reihe von nord-südlich verlaufenden Verwerfungsspalten, die den Dachberg durchsetzen, und auf denen der Basalt desselben empor- gequollen sein wird. Die Queraxe der Ellipse ist circa 60 Meter lang. Der Boden der kraterförmigen Einsenkung ist wellig. Eine sanfte, quer durch die Ellipse verlaufende Bodenanschwellung Frıız Rınne, Der Dachberg, ein Vulkan der Rhön. 3 trennt sie in eine nördliche und südliche Hälfte. An der West-, Nord- und Südseite ist der innere Rand der Einsenkung wohl erhalten; der Ostrand ist niedrig und durch Rundung verwischt. An den ersterwähnten Seiten steht der Basalt zu Tage. An der Nordseite ist er durch einen kleinen, wieder verlassenen Stein- bruch gut aufgeschlossen, an der Südseite tritt er spärlicher her- vor, da hier niedriges Gehölz den Boden einnimmt. Die Ein- senkung selbst, der Ostrand sowie der Ostabhang des Berges wird von Feld eingenommen. Beim Pflügen brechen die Bauern Basaltblöcke aus dem Ostrande der Ellipse, wodurch derselbe an Deutlichkeit verliert. Ein beträchtlich grosser Block ständig Vulkan Dachberg von Südwesten aus. ragt ungefähr in der Mitte der Ostseite aus dem Acker heraus. ‚Jedenfalls ist der Kraterrand ebenfalls an der Ostseite, wie auch ich mich durch einzelne Grabungen überzeugte, geschlossen. Eng an die Kraterwände angeschlossen trifft man in der Ein- senkung Tuffablagerungen, braune und grünliche, echt basalt- tuffartig aussehende, sowie auch helle, gelblich-weisse. Die äusseren Abhänge des Dachberges sind gleichfalls an verschiedenen Stellen, besonders an der Nordseite, von diesen Tuften umkleidet. Nicht minder auffallend wie die Tuffe sind die ım Krater anstehenden und in ihm überall verbreiteten losen Stücke des basaltischen Gesteins. Sehr häufig zeigen dieselben nämlich eine blasenreiche Structur und löcherige Oberfläche und documentiren sich dadurch als Schlacken. Hier und dort konnte ich richtige vulkanische Bomben aufheben, die zuweilen noch wohlerhaltene Birnform zeigten, entsprechend den bekannten Thränen des Aetna. [12] 4 Frırz Rısse, Der Dachberg, ein Vulkan der Rhön. Es bleibt somit in Ansehung der drastischen Vulkanform des Berges, vor allem der noch vorhandenen Kratereinsenkung, der Tufte, Schlacken, Bomben nicht wohl ein Zweifel, dass man den Dachberg unter die Zahi der erloschenen Vulkane zu stellen hat. Sehr ausgedehnte Tuffablagerungen schliessen sich an den Dachberg im Westen an. Sie bedecken dort ein Areal von min- destens 60 Hektar. Vielerorts sind sie hier trefflich aufgeschlossen. Besonders der »Weisse Weo« ist gut zum Studium derselben geeignet. Die weisse Farbe der Ablagerungen hat demselben seinen Namen verschaftt. Ein tiefer Wasserriss, der neben diesem Wege sich hinzieht, ist in den Tuffablagerungen eingefressen. Auch der Bach, welcher dicht au der Westseite des Vulkans von S nach N fliesst, giebt Einblick in diese Lager, sowie noch mancher andere Punkt am Rande des Waldes, der westlich vom Dachberg die Abhänge des Setzelberges bekleidet. Der petrographische Charakter der bei der obigen kurzen, topographischen Beschreibung erwähnten Gesteine wurde durch mikroskopische und chemische Analyse zu erforschen gesucht. [eo] Naturgemäss gliedern wir die in Frage stehenden Gesteine in solche des Dachberges und die seiner nächsten Umgebung. Die Gesteine des Dachberges. Unter den Gesteinen des Vulkans sind die dunklen, basal- tischen Massen von den Tuffen zu trennen. Die ersteren bieten dem unbewaftneten Auge ein sehr verschiedenes Bild dar, je nach- dem man es mit dem dichten Gestein oder den Schlacken zu thun hat. Den dichten Basalt fand ich recht gut aufgeschlossen und anstehend in dem verlassenen, kleinen Steinbruch am Nord- rande der Kraterellipse sowie an der West- und Südseite der- selben. Auch an dem äusseren, westlichen Abhang sowie lose kann er vielerorts aufgehoben werden. Es ist ein dichtes, schwarzes Gestein. Mit blossem Auge besehen erscheint er gleichmässig bis auf hier und dort aufleuchtende Pünktchen und 1—2 Millimeter grosse Olivineinsprenglinge. Die verwitterten Partieen besitzen häufig einen leisen röthlichen Hauch, der durch die Zersetzung eisenhaltiger Gemengtheile entsteht. In solchen Stücken fällt der Frrrz Rınse, Der Dachberg, ein Vulkan der Rhön. 5 Olivin durch gelbe Farbe und hervortretende Blättrigkeit im’s Auge. Die äussere, eigentliche Verwitterungsrinde der Blöcke ist gelblich und sehr dünn. Durch Verwitterung tritt an manchen Stücken ein eigenthümliches, körnig-knotiges Gefüge hervor. Die erbsen- bis kirschgrossen Körner heben sich dann durch ihre be- sonderen Verwitterungsrinden gut von einander ab. Unter dem Mikroskop gewahrt man, wie in eine reichlich vorhandene, glasige, farblose Grundmasse die krystallinen Gemeng- theile eingebettet sind. Am grössten entwickelt unter den Kry- stallen ist der porphyrisch eingesprengte Olivin, dessen Durch- schnitte meist deutliche Flächenbegrenzung aufweisen, jedoch auch häufig unregelmässig begrenzt sind. Nicht selten zeigt er rund- liche oder auch canalartige, sich verzweigende Einbuchtungen, die von den übrigen Gesteinsgemengtheilen ausgefüllt sind. Die Grösse der Olivindurchschnitte ist recht verschieden, im Mittel sind sie vielleicht 0,25 Millimeter lang und entsprechend breit. Jedoch habe ich auch auffallend lange und schmale Durchschnitte ge- messen, so einen von 0,9 Millimeter Länge und nur 0,13 Milli- meter Breite. Der mittlere Theil der Durchschnitte ist meist noch frisch und dann farblos durchsichtig. Er strahlt in lebhaften Po- {ao} larisationsfarben. Das Uebrige ist zersetzt. Die Zersetzungspro- ducte sind Serpentin, aber auch Carbonspathe. Die Zersetzung in letztere erfolgt gerade so wie die Serpentinisirung, also vom Rande der Durchschnitte her und auf unregelmässigen, maschigen Rissen, die den Krystall durchziehen. Auch sonst findet man Carbonspathe in den Dünnschliffen der verwitterten Basaltstücke in bedeutender Menge theils in Butzen theils in langen Schnüren den Schliff durchziehend. Dem Olivin in Bezug auf Grössenausbildung am nächsten steht der Augit, wo er wie Olivin porphyrisch eingesprengt er- scheint. Dann erblickt man ihn m bis 0,30 Millimeter langen und 0,15 Millimeter breiten, einzeln liegenden, selten rosettenförmig an- geordneten Durchschnitten von licht röthlich brauner Farbe. Sie lassen sich auf die gewöhnliche Form beziehen. Häufig sind Zwillinge nach © P » (100) zu beobachten. Die Krystallum- grenzungen sind meist recht scharf, doch kommen auch mannig- 6 Ferrz Rınse, Der Dachberg, ein Vulkan der Rhön. faltige Bruch- und Corrosionserscheinungen vor. Der Pleochrois- mus ist gering, die Auslöschungsschiefe zur c-Axe beträchtlich, meist zwischen 300 und 45% Zonenstructur und besonders die bekannte Sectorenbildung, die in Gestalt einer Sanduhr auf den Durchschnitten im polarisirten Licht erscheint, sind recht häufig. Die Sectorengrenzen sind meist scharfe, regelmässige Linien (Fig. 1 Taf. XIII). Nicht selten erscheinen diese Bildungen aber auch wie die Fig.2 und 3, also der Art, dass die inneren Partieen sehr unregel- mässig begrenzt sind. Es scheinen mir diese letzteren Bilder deutlich für die Auffassung zu sprechen, dass die Sanduhraugite ursprüng- lich Krystallskelete darstellten, die durch das Magma z. Th. an- gefressen wurden, später dann zu regelmässig begrenzten Kry- stallen weiterwuchsen. Ausser den porphyrisch eingesprengten kommt der Augit in meist recht kleinen, oft sehr kleinen Durchschnitten vor. Sie sind farblos, erscheinen meist ohne regelmässige Begrenzung in zierlichen Corrosionsformen, ınit Hörnchen, Stacheln, verrundeten Knöpfchen am Rande, aber auch als von scharfen Flächen begrenzte Kry- stalle von Form der grossen. Diese kleinen Augite sind gleich- falls zuweilen Zwillmge nach © P & (100) und zeigen die soeben von den grösseren erwähnte Sanduhrform. Recht auffallend sind in den Dünnschliffen die hin und wieder vorkommenden Anhäu- fungen von Augitkryställchen der gewöhnlichen Combination, die sogenannten »Äugitaugen«e. Die Umgrenzungen derselben sind rundlich, seltener erscheinen sie mehr oder weniger geradlinig um- randet. Stellenweise ist auch ein Parallelismus der kleinen Augite im Auge nicht zu verkennen. Die Erscheinung erinnert dann recht sehr an die eigenthümlichen Umschmelzungen, welche die Hornblende häufig erleidet, die durch magmatische Einwirkung in ein Haufwerk von Augiten verwandelt wird. Die Farbe der Au- gite in den Augen ist eine röthlich braune, zuweilen sind sie farb- los. Ein Mal erschienen sie grasgrün. Die Färbung verschwand indess beim Behandeln des Schliffes mit Salzsäure. In den Durch- schnitten der Augitaugen bemerkt man ausser dem Augit noch Magnetit, Biotit, Plagioklas und zuweilen sehr viel, zuweilen wenig helles oder leicht bräunliches Glas, das in anderen indess Frrrz Rısse. Der Dachbere, ein Vulkan der Rhön. , 8 gänzlich fehlt. Glaseinschlüsse mit Bläschen wurden wie in den übrigen Augiten auch in dem der Augen entdeckt. Der Plagioklas bietet wenig besonders bemerkenswerthe Verhältnisse dar. Die Grösse der Lamellen wechselt in den Schliffen verschiedener Punkte; im Allgemeinen ist sie gering, beträgt vielleicht im Mittel 0,06 Millimeter in der Länge und 0,01 Millimeter in der Breite. Die Zwillingslamellirung ist meist sehr zart. Quere einfache und mehrfache Brüche, zuweilen noch neben einanderliegende, zusammengehörige Bruchstücke kommen vor. Auch anschemend bruchlos beträchtlich gebogene Individuen wurden beobachtet. Eine rosettenförmige Anordnung der Kry- stalle ist selten. Häufiger tritt durch die Gruppirung der Pla- sioklasleisten die Erscheinun Oo o°- der Fluidalstructur prächtig hervor. Die Auslöschungsschiefen der Lamellen sind, wenn sie zur Zwillings- grenze beiderseits gleich sind, meist beträchtlich gross. Es wurden solche von 12°, 180, 20°, 220, 250 gemessen. Von Salzsäure ist der Plagioklas anscheinend wenig angreifbar. Der Magnetit tritt sowohl als Einschluss in anderen, später als er ausgeschiedenen Mineralien auf, als auch für sich in den charak- teristischen Durchschnitten. Höfe von Eisenoxydhydrat umgeben ihn in einzelnen Schliffen. In verschiedenen erscheinen seine Durchschnitte nicht undurchsichtig, sondern ganz oder in einzelnen Flecken mit rother Farbe durchscheinend. Es ist diese braun- bis blutrother Farbe nicht eine dem unversehrten Magneteisen zukommende, sondern man hat hier wohl Umwandlungen, also Pseudomorphosen vielleicht von Göthit oder Brauneisen nach Magmnetit vor sich. Es spricht hierfür besonders der Umstand, dass solche durchscheinende Körner häufig nicht das Licht auf ihrer ganzen Fläche, sondern, wie erwähnt, fleckenweise durch- lassen. Einige Male wurde bemerkt, wie quadratische Durch- schnitte in den Diagonalen noch die schwarze Magneteiseusubstanz aufwiesen, die Quadranten zwischen diesen Kreuzesarmen aber roth durchschienen. Es trat somit ein widerstandsfähigeres Gerüst, dessen Ebenen denen des Würfels entsprechen, auf diese Weise klar heraus (Fig. 4). In Salzsäure lösen sich diese durchscheinenden Durchschnitte elatt auf. Oo oO 8 Frırz Rınne, Der Dachberg, ein Vulkan der Rhön. Ferner angeschlossen an Magnetit ist Biotit, der in beträcht- licher Menge in den Schliffen vorhanden ist. Es sind im Mittel vielleicht 0,05 Millimeter lange und 0,03 Millimeter breite Durch- schnitte mit starkem Pleochroismus. Ihre Farben sind in den beiden charakteristischen Lagen braun und leicht gelblich. Zu- weilen haben die Blättchen rechteckig vier- oder auch sechsseitige Umgrenzung, meist sind sie indess an den Seiten unregelmässig begrenzt, zerfetzt, auch abgerundet oder mit treppenförmigen Ab- sätzen versehen. Apatit ist meist in ziemlicher Menge besonders im Glase der Dünnschliffe vorhanden in Gestalt der feinen, wohl durch die Contraction des erkaltenden Magmas quergegliederten, zerrissenen Nadeln. Einzelne hatten die beträchtliche Länge von 0,3 Milli- meter. Zuweilen sieht man den Apatit in eigenthümlich gabel- förmiger Gestalt (Fig. 5 und 6), indem ein dicker Stiel zwei feine Zinken aussendet. Schliesslich sei das die übrigen Gemengtheile zusammenkittende Glas erwähnt, das recht reichlich, zuweilen in so grosser Menge vorhanden ist, dass die einzelnen Krystalle wie bei einem typischen Vitrophyr rundum abgeschlossen in ihm liegen. Behandelt man das Gesteimspulver oder einen Schliff nur kurze Zeit mit reiner Salzsäure, so bemerkt man bald sehr reichlich ausgeschiedene Na0l-Skelete und -Würfel, so dass die Vermuthung auf einen Nephelingehalt des Gesteins sehr nahe lag. Im anscheinenden Gegensatz zu diesem chemischen Verhalten zeigte mir das Mikro- skop indess nie mit Sicherheit sein Vorhandensein. Der Wider- spruch löste sich aber bald durch die Wahrnehmung, dass die grosse Menge der NaCl-Krystalle nicht von Nephelin, sondern von der reichlich vorhandenen Glasbasis ihren Ursprung nimmt. Diese ist nämlich leicht durch Salzsäure unter Abscheidung von NaCl-Krystallen und gallertartiger Kieselsäure angreifbar und färbt sich deshalb nach dem Aetzen in einer Fuchsinlösung. Das Ein- zige, was sie hiernach vom Nephelin in den obigen Punkten unter- scheidet, ist ihre Isotropie. Ich habe wenigstens nie auch mit Hülfe des Gypsblättchens vom Roth I. Ord. unzweifelhaft deut- liche, regelmässige Wirksamkeit auf das polarisirte Licht bei ihr beobachtet. Frırz Rınse, Der Dachberg, ein Vulkan der Rhön. 9 Die chemische Analyse des Gesteins wurde unter Leitung des Herrn Professor P. JannascHh von Herrn stud. chem. LANGE ausgeführt. Letzterer gelangte zu folgenden Resultaten. SL] a Re | TiO; EEE Dt X —= Begleiter des TiOz . 0,74 AL OS nr 2 15,80 F&0; I ie ie 5.59 I 0 DE | Mn) en u 0, Mel ee urn. 4,85 CaOES at 10:30 N»0 ... 0.0.0.0. 0. 6,08 Ko ee 2 I,.O es. . Spur SO Re A Vierer ne. 2 U:46 ) 5 02 0 Ja SE ur IE SE Te 72, Ve en 2.0 EEE DEREN): Summa 101,45 Glühverlust = 4,04 pCt. Spec. Gew. bei 21° — 2,900. Löslichkeitsverhältnisse geren Salzsäure. Darin unlöslich 44,02 pCt. lösliches Fe O;, Ab OÖ, (TiO3, M&O) 27,17 >» BONES re RE EEE 9 Or EEE TEE Eee PElae 30 Sa a ER se ld sa Ne ee ee u ld n KO u, 02, 8 Das Pulver schmilzt im Platintiegel vor der Gebläseflamme ziemlich leicht zu einem trüben, schwarzbraunen Glase zusammen. Die chemischen Verhältnisse stehen im Einklang mit den oben erwähnten Eigenschaften des Gesteins. Da kein Mineral der So- dalithgruppe in den Schliften wahrgenommen wurde, wird der be- trächtliche Cl-Gehalt des Basaltes der Glasbasis zuzuschreiben sein, Ich bezeichne das Gestein als einen glasreichen Plagioklasbasalt. 10 Frırz Rısse, Der Dachberg, ein Vulkan der Rhön. Der soeben beschriebene Basalt ist von gleichmässiger, com- pacter Structur. Davon abweichend erscheinen die basaltischen Massen, die am Nordrande und auch an der Westseite der Krater- ellipse anstehen, auch sonst lose auf dem Kraterboden zerstreut liegen. Sie documentiren sich durch charakteristische Hohlräume als Schlacken. An der ersten Stelle bilden sie grössere, anstehende sleichmässige Massen, während an der Westseite ein Haufwerk von Schlackenstücken, die, mit anderen dichten Basaltbrocken ver- einigt, durch ein gelblich weisses Cement verkittet sind, hervor- tritt. Die Hohlräume sind zum Theil rundlich, meist aber in die Länge gezogen und zwar so, dass, da die Längsaxen der benachbarten ungefähr parallel laufen, eme Fluidalstructur der Masse recht deutlich durch sie hervortritt. Zuweilen verzweigen sie sich. Ihre innere Oberfläche ist glatt, jedoch nicht eben, sondern mit einzelnen Knötchen, Hörnchen und Spitzen versehen. Ihre Länge schwankt zwischen dem kleinsten Maass bis zu 2 ÜCentimeter. Zuweilen zelblichen Zersetzungsproducten sind sie z. Th. oder ganz von & erfüllt. Die Schlackensubstanz selbst ist, wenn frisch, dunkler als der beschriebene Basalt, sehr dicht und schwach fettglänzend. Durch Zersetzung färbt sie sich bräunlich oder selbst roth. Die Schlacke hat zuweilen bis 1 Centimeter grosse Hornblendekrystalle von der charakteristischen Grestalt der basaltıschen Hornblende umwickelt. Das mikroskopische Bild der Schlacken ist von einem ganz eigenartigen Charakter. Man erkennt zunächst Augit, Plagioklas, Magnetit, Biotit, Apatit, Glas, das oft durch feine, braune Punkte und Striche zierlich entglast erscheint. Der Magnetit kommt ausser in kleinen auch in porphyrisch eingesprengten Durchschnitten vor und ist häufig skeletartig ausgebildet. r % Unter der obigen Aufzählung der constituirenden Mineralien findet sich der Olivin nicht, der in dem vorhin beschriebenen Basalt in der ganz charakteristischen Erscheinungsweise in jedem Schliffe zu erblicken ist. Allerdings würde man bei der Be- trachtung ohne oberen Nicol kein Bedenken tragen, Durchschnitte, welche ganz und gar das Aussehen des Olivins besitzen, als solchen anzusprechen. Es finden sich nämlich zwischen den Frırz Rınne, Der Dachberg, ein Vulkan der Rhön. 11 “übrigen Gemengtheilen farblose Durchschnitte, wie sie in den Figuren 7—13 gezeichnet sind. Sie besitzen die Form des Oli- vins, treten überdies in der Anzahl und Grösse auf, wie sie dies wohlcharakterisirte Mineral des erstbeschriebenen Basalts zeigt und besitzen dieselben Magnetiteinschlüsse wie dieses. Bei der Be- trachtung zwischen gekreuzten Nicols gewahrt man indess, dass sie vollständig isotrop erscheinen. Hiernach würden am Dachberg zwei Basalte zu Tage treten, von denen der eine, nämlich der langsam erkaltete, compacte, nor- mal ausgebildeten Olivin führt, der andere, die rascher erkaltete Schlacke zwar dieselben übrigen Gemengtheile aufweist wie ersterer, indess statt des Olivins einen Gemengtheil zeigt, der ganz und gar die Art des Auftretens in Bezur auf Form, Grösse, Einschlüsse und Anzahl besitzt wie Olivin, indess isotrop erscheint. Interessant zu sehen ist es, dass die bekannten, merkwürdigen, charakteristischen, stiefelknechtförmigen Olivinskelete, wie sie hin und wieder im erstbeschriebenen Basalt auftreten, auch hin und wieder in der Schlacke ihren isotropen Repräsentanten finden (Figur 14 und 15). Kein einziges polarisirendes Olivinkorn habe ich in meinen Schlackenschliffen entdeckt. Behandelt man in be- kannter Weise einen Schlackenschliff leicht mit Salzsäure und tränkt ihn mit Fuchsmlösung, so färben sich die grossen, isotropen Durchschnitte auf die prächtigste Weise. Es wurde nun ein wenig Schlackenpulver mit Salzsäure behandelt. Die Lösung er- gab durch sehr deutliche Struvitreaction die Gegenwart von Me. Andererseits färben sich die betreffenden farblosen Durehschnitte vor der Löthrohrflamme in ein paar Secunden gelbbräunlich bis schwarz, wie es farblose Fe O-haltige Minerale thun. Es scheint mir hier- nach der Schluss erlaubt, dass in den fraglichen Durchschnitten die Basen des Olivins FeO und M&O gleichfalls enthalten sind. Ver- fasser konnte nach dem Allen den Gedanken nicht unterdrücken, dass in vorliegenden Gebilden Zeugen einer der vielen magmatischen Umänderungen vorliegen, wie sie frühzeitig ausgeschiedene Ge- ınengtheile in Basalten häufig erfahren, und die diesmal den Olivin ergriffen haben. Es liest nach des Verfassers Meinung ein Pro- cess hier vor, wie ıhn die basaltische Hornblende in Basalten 12 Fritz Rınse, Der Dachberg, ein Vulkan der Rhön. häufig erfahren hat. Während diese unter Erhaltung der Form zu Augit umgeschmolzen wird, liegt hier eine Umschmelzung unter Erhaltung der Form von Olivin in Glas vor). Was die Conservirung der Form betrifft, so kann diese in der That so weit gehen, dass scharfe Umrisse erhalten bleiben. Häufiger sind indess mehr oder weniger verrundete Kanten, wie es Ja von vornherein anzunehmen ist, und wie sie ja auch die um- geschmolzene Hornblende zeigt. Ferner kommt es vor, dass Durchschnitte an einem Ende scharf begrenzt sind, am anderen indess in Strähnen auslaufen und wie zerflossen erscheinen (Figur 16). Ohne Zweifel wird bei der Umschmelzung eine Erweichung der Substanz stattgefunden haben, und in diesem vorübergehenden Zustande konnte bei Bewegungen der Lava sehr wohl ein Aus- einanderfliessen der fraglichen Substanz vorkommen. Scharfe Um- risse konnten sich wohl nur dort erhalten, wo grössere Ruhe ın !) Zwei andere Möglichkeiten in der Deutung der in Rede stehenden Gebilde sind nicht von vornherein abzuweisen. Die eine ist die, dass in den fraglichen Durchschnitten nichts weiter vorliegt, als in Zersetzung befindlicher Olivin, dessen Zersetzungsproducte entweder isotrop sind oder durch Compensation ihrer Doppelbrechung eine scheinbare Isotropie zu Stande bringen. Es ist aber nicht recht einzusehen, wesbalb gerade der Olivin der Schlacken dieser besonderen Zersetzung unterlegen ist und nicht auch der des dicht daneben anstehenden Basaltes, der ganz allgemein in Serpentin oder Kalkspath sich zersetzt, weshalb weiter bei der grossen Anzahl untersuchter Schliffe der verschiedenen Punkte des Vulkans in den isotropen Durchschnitten nicht ein Mal ein Rest unzersetzten Olivins gesehen wurde, wesshalb ferner nicht wie sonst bei Olivin diese Zersetzung auf Rissen und Spalten vor sich geht, warum schliesslich überhaupt solche Spaltrisse bei den isotropen Durchschnitten vollständig fehlen, die man, wenn Ölivine vorlägen, doch wenigstens hin und wieder erwarten dürfte. Die zweite Möglichkeit wäre die, dass die isotropen Durchschnitte zwar von Olivin herrühren, dieser indess herausgewittert ist, und nun in den hinterbliebenen Hohlräumen Infiltrationsproducte sich festgesetzt hätten. Allein hiergegen spricht ein Mal das ganze Aussehen der isotropen Durchschnitte, die durch nichts sich als Infiltrationsproducte verrathen, und ferner ist bei dieser Annahme gar nicht einzusehen, weshalb die isotrope Substanz nun gerade nur die Hohlräume des herausgewitterten Olivins erfüllt hat und nicht gleichfalls in die anderen Löcher gewandert ist, die genugsam in der Schlacke vorhanden sind. Beide Deutungen scheinen mir desshalb verfeblt zu sein und nur dazu zu dienen, die oben auseinandergesetzte zu fördern. Frırz Rısse, Der Dachberg, ein Vulkan der Rhön. 13 der Lava herrschte. Sicherlich haben viele zu Glas umgeschmolzene Olivine bei der Bewegung vollständig ihre Form -eingebüsst und sind zu Glassträhnen aus emander geschmolzen. Hierfür spricht das Vorhandensein von oft langen Glaszügen, die sich gleichzeitig mit den besser in der Form erhaltenen Glasdurchschnitten nach dem Aetzen mit Fuchsin färben (Fig. 17). Dass bei einer der- @) artigen Umschmelzung die frühere Olivinsubstanz durch den noch flüssigen Lavarest auch chemisch mehr oder weniger umgeändert ist, ist wohl wahrscheinlich. Nicht unterlassen will ich zu erwähnen, dass an den Rändern der in Rede stehenden Durchschnitte zuweilen kleine Augite und Magmnetite mit Biotit sich reichlich zu eimer Umkränzung ein- finden (Fig. 18), sie zuweilen in die Oberfläche der glasigen Ge- bilde gleichsam eingedrückt erscheinen, und dass man besonders beim Senken des unteren Nicols des Mikroskops feine wulstförmige Strähnen in den Durchschnitten bemerkt. Wo Zersetzungsvor- gänge im Gestein sich einstellen, weisen auch die besprochenen Glasdurchschnitte solche auf. Es stellt sich zunächst eine leise, später deutliche Gelbfärbung der Durchschnitte ein. Einzelne Stellen in ihnen zeigen Aggregatpolarisation. Besonders an ihrem Rande bemerkt man, dass feine Fasern sich bilden, die mit ihrer Längsrichtung senkrecht zu der des Durchschnitts stehen. Bei stärkerer Zersetzung verbinden sich die Fäserchen zu kleinen schmalen Schüppchen und Blättchen von gelber Farbe (Fig. 19). Letztere haben sehr hohe Polarisationstöne, löschen einheitlich in einem Glasdurchschnitt und zwar senkrecht und parallel zu ihrer Längserstreckung aus. Ein deutlicher Pleochroismus und feine Spaltrisse parallel der langen Seite der Blättchen sprechen wie die obigen Eigenschaften für glimmerartige Natur derselben. Der Pleochroismus äussert sich in der Weise, dass die Blättchen bei der Betrachtung mit nur einem Nicol im dunkleren Gelb erscheinen, wenn die Polarisationsebene des letzteren senkrecht zu ihren Spalt- rissen steht. Die merkwürdige Erscheinung, dass das Gestein eines und desselben Kraters z. Th. typischen Olivin führt, z. Th. solchen absolut vermissen lässt, verliert ihren wunderbaren Charakter, wenn 14 Frırz Rınne, Der Dachberg, ein Vulkan der Rhön. man, wie oben geschehen, annimnit, dass in letzterem der Olivin eine magmatische Umänderung erlitten hat. Den schlackigen Basalt des Dachbergkraters bezeichne ich auf Grund des Obigen als einen Plagioklasbasalt, dessen Olivin die erwähnte Umschmelzung erfahren hat. Der Fall, dass anderorts der Olivin bei seiner Umschmelzung durch Bewegungen des Masmas vollständig seine Form verlor, sich unter die (remengtheile mischte, also eingeschmolzen wurde, ist nicht undenkbar. Und deshalb mögen vielleicht auch andere Vorkommnisse, wo olivinhaltize und olivinfreie Gesteine geologisch eng verbunden vorhanden sind, der Art zu erklären sein, dass der Olivin bei letzteren vollständig wieder eimgeschmolzen ist, so z. B. beschreibt Bückıns!) von dem Schornkrater bei Lenders in der Rhön Nephelinbasanit und Nephelintephrit, von einer Stelle 700 Schritt s. w. vom Dachberg Nephelintephrit, während ich dort olivinführendes Gestein fand. Theilweise magmatische Resorption wird ja allgemein bei Olivin zugestanden, und so sind vollständige Einschmelzungen nicht unwahrschemlich. Mit Erfolg zu unter- suchen würden vielleicht die Nephelintephrite der Rhön sein, die ein Mal als hellere, plattige, phonolithähnliche Gesteine auftreten, das andere Mal in dunklen, oft säulenförmig abgesonderten, ganz und gar basaltischen Massen erscheinen. Vielleicht hängen letztere mit den Plagioklasbasalten enger zusammen als mit den erstge- nannten Nephelintephriten, mit denen sie gleichen Namen führen. Tuffe umgeben die Seiten des Dachbergs theilweise wie ein Mantel, z. Th. erfüllen sie den Krater, in welchem sie besonders an den inneren Seitenwänden zu Tage treten. Man kann röthlich- braune, gelblichgrüne und weisslichgelbe unterscheiden. Die röthlichbraunen findet man in grösseren Massen an der inneren NW-Seite des Kraters. In der rothbraunen Masse sind Hornblenden auffällig. Sie kommen selten in vollständigen Krystallen vor, meist nur in glitzeruden Spaltblättchen. Die Kry- stalle haben keine ebenen Flächen, sind vielmehr verrundet. Doch kann man zuweilen noch deutlich die Anlagen von »P (110); ') Jahrb. der preuss. geol. Landesanst. 1881, 604. Frırz Rısse, Der Dachberg, ein Vulkan der Rhön. 15 &P» (010); P(111) und o P(001) erkennen. Eine glänzende, glatte Oberfläche, ihre tiefschwarze Farbe ist für sie charakteristisch. ‚Jedenfalls hat man es mit abgeschmolzenen Krystallen zu thun. Diese Abschmelzung ist zuweilen so weit gegangen, dass man nur noch tropfenartige oder keulenförmige Gebilde vor sich hat als Ueberreste der früher wohl scharfen Krystalle. Die Auslöschungs- schiefen wurden aus Schliffen parallel © P& (010) und o P(110) festgestellt. Eine Auslöschungsrichtnng liest bei ersteren Schliffen im spitzen Winkel der Axen a und c und macht mit der Rich- tung der c-Axe einen Winkel von ca. 10° für Na-Licht. Der Pleochroismus ist stark. Die nach a schwingenden Strahlen sind im Dünnschliff hellgelb, die parallel © schwingenden gelbbraun. Auf Schliffen parallel oP(i110) wurde eine Schiefe der Aus- löschung von ca. 6° für Na-Licht zur Richtung der Spaltrisse constatirt. Auf solchen Schliffen ist der Pleochroismus gleichfalls beträchtlich. Auch Augitkrystalle finden sich reichlich im Tuff eingesprengt. Im Gegensatz zur Hornblende mit ihrer glänzenden, glatten, durch magmatische Resorption verrundeten Oberfläche haben dieselben ein mattes, fast grauschwarzes Aeussere und wohl- erhaltene Formen. Sie zeigen © P%& (010); oP (110) und P(111). Ich fertigte mir Dünnschliffe nach © P» (010), © P& (100) und senkrecht zur I. Mittellinie an. Auf denen nach P%& (010) liegt eine Auslöschungsrichtung und zwar die, welche die Lage der 1. Mittellinie im Klinopmakoid angiebt, im stumpfen Winkel der Axen a und ce und macht mit der letzteren einen Winkel von 42% für Na-Licht. Schliffe senkrecht zur I. Mittellinie weisen einen grossen Axenwinkel auf und zeigen geneigte Dispersion der Mittellinien. Der Pleochroismus der Augitschliffe ist gering und bewegt sich in grünen Tönen. Hier und dort eingestreut in der Masse des Tuffes liegen ferner Biotitblättchen. Sie sind bis 1 Centimeter lang. Der optische Axenwinkel ist beträchtlich gross und wurde im einem Falle zu 30° für Na-Licht in Luft bestimmt. Dispersion p » Na, 0 . . - . . . « Pi e 3 . 0,55 » Die hohe Säurestufe des Gesteins deutet im Einklang mit dem optischen Befund auf den sauren Charakter des die Haupt- masse des Gesteins zusammensetzenden Feldspaths. Die Menge der übrigen noch vorhandenen, basischeren Minerale ist zu gering, um den SiO3,-gehalt beträchtlich herabzudrücken. 2) Frırz Rınne, Der Dachberg, ein Vulkan der Rhön. Nach seinem optischen und chemischen Verhalten bezeichne ich das soeben beschriebene Gestein als einen nephelinarmen Nephelintephrit. Es baut den Tuff als hauptsächlichster Bestand- theil desselben auf, der im Uebrigen noch Basaltbruchstücke, die mit denen des Dachberges übereinstimmen, Gypskeuperstücke, Buntsandstein, Muschelkalk als Einschlüsse aufweist. Der Tuff ist mithin als Nephelintephrittuff zu bezeichnen. Da er den Basalt als Einschluss führt und überdies dem Dachbergbasalt selbst an verschiedenen Stellen aufgelagert ist, kann wohl kein Zweifel darüber bestehen, dass der im Rede stehende Tephrit jünger als der Plagioklasbasalt des Dachberges ist. Göttingen, Mineral.-petrograph. Institut, 1. April 1887. A.W.Schade’s Buchdruckerei (L. Schade) in Berlin, Stallschreiberstr. 45/46, Seite xxxvyır Zeile 5 von unten lies; » » % ORRKVIIL LXXXVII » 151 254 > 4 D2 D2 Berichtigungen. » oben > unten > » Stockhausen statt Hochhausen. Wenigen-Lupnitz statt Wenigau-Lupnitz. Er giebt einen statt Er giebt keinen. östlich statt westlich. aus Kalk statt am Kalk. östlichen statt westlichen. . Fi F B . . ‘ # ' | u AL s mer: B ‘ . ' t ı f j i . 1 5 N £ z - . ‘ 5 . fi 5 4 5 = = he . - = Ps Fig. 1a. Tafel I. Weissia bavarica g.n. Sp. n. Schädel in natürl. Grösse. Fig. 1b. Verkleinerter Umriss desselben. ale. g. 1d. 1. Intermaxillare. Maxillare. Nasale. Lacrimale. Frontale anterius. Praefrontale. Postfrontale. Parietale. a Supraoceipitale. m = Epioticum. ei DD Squamosum. Postorbitale. Jugale. m. ec Supratemporale. 15. Quadratojugale. 16.? Quadratum. Ansicht der Zahnreihe im rechten Zwischenkiefer. Ansicht der Zahnreihe im linken Oberkiefer, soweit solche frei gelegt ist. Die vordersten 4 Zähne der rechten Oberkieferhälfte, vor diejenigen der linken (1 d) gestellt. Querschnitt vom spitzen Ende eines Zahnes des rechten Unterkiefers, vergrössert. Längsschnitt des vordersten Zahnes im rechten Zwischen- kiefer, vergrössert. Linke Unterkieferhälfte, die Innenseite nach aussen wendend. Treppenförmiger Absatz am oberen Hinterhauptsbein. Nee ll. Liehtdruck v. A. Frisch ‚Berlin la. Taf. I Jahrpuch d’$eolo$ Landesanstu.Bergakademie 1586 Lichtäruck v. A Frisch, Berlin. Er aaann ig. 13. 1. 2. 3. 4,5 2 8 8.9. &. 10. ge. 11. 12: o Tafel II. Enstatit in sternförmiger Gruppirung. Vergr. 12. Schema für den Cordieritdrilling nach © P Taf. ILL, Fig. 1. Schema für die Cordieritdrillinge nach & P3 Fig. 4, 5, 6. u. 6. Cordieritdrillinge nach »P3. Vergr. 45. Schema für den Oordieritdrilling Taf. III, Fig. 2. Feldspath mit Umsäumung von Feldspathneubildungen. Vergr. 15. Sillimanit. Vergr. 16. Feldspath, aufgebaut aus Einzelindividuen. Vergr. 10. Chlorit, Chalcedon und Apatitkryställchen als Secretion im Kersantit. Vergr. 12. Bildungen zwischen den Einzelindividuen des Feldspathes. Fig. 10. Vergr. 90. Feldspath mit Sillimanitnädelchen. Vergr. 7. Tamll \ Jahrbuchd.geolog Laudesanst u Bergakademie 1886 Ben. a Tafel III. Cordieritdrilling nach «P. Vergr. 45. Cordieritdrilling. Vergr. 100. Cordierit mit sanduhrförmigem Bau. Vergr. 75. Feldspath mit randlichen Neubildungen von Feldspath. Vergr. 45. Granat mit Hypersthen. Vergr. 30. Granat und Sillimanit. Vergr. 35. Jahrbuch d.geolog.Landesanst.u.Bergakademie 1386. UR Tafel IV. Glimmer mit Umwandlungszonen von Spinell und Rutil. Vergr. 20. Netzwerk von Korundtäfelchen. In den Maschen Spinell. Vergr. 40. Granat mit Spinell-Umrandung, eingebettet in Sillimanit. Vergr. 30. Granat mit Spinell. Vergr. 25. Cyanit- und Granatkrystalle in Orthoklas. Vergr. 35. Biotit und Sillimanit in Orthoklas. Vergr. 30. Taf. IV. eolog,Landesanst.u.Bergakademie 1806. 6 [o) Jahrbuch d. Lichtdruck v. A. Frisch Berlin, Tafel V. Zonotrichites Lissaviensis. Durchschnitt eines grossen Stückes, in welchem sich eine Muschel eingeschlossen be- findet. Natürliche Grösse. Lissauer Breceie. Dünnschliff in 20-facher Vergrösserung, ein oolithähnliches Korn von Zonotrichitenkalk zwischen Mergel- und Kalksteinkörnern enthaltend. Zonotrichia Heeriana NAEG. Durchschnitt eines Exemplars aus dem Sihlwald bei Zürich. Natürliche Grösse. Zonotrichia Heeriana NAEG. Dünnschliff in 35-facher Vergrösserung. Zonotrichia calcivora AL. BR. aus dem Neuenburger See. Entkalktes Präparat in 35-facher Vergrösserung. Jahrbuch d.Geolog. Landesanst.u.Bergakademie 1886. Taf.\V. Fig. 1 Fig. 2 Tafel VI. Zonotrichites Lissaviensis aus der Lissauer Breccie, Dünn- schliffe in 35-facher Vergrösserung. Durchschnitt parallel zur Oberfläche des Taf. V, Fig. 1 abgebildeten Stückes. Durchschnitt rechtwinklig zur Oberfläche desselben. Jahrbuch d.Geolog.l.andesanst u. Bergakademie 1886. Tar. VIE Lichtdruck v. A.Frisch ‚Berlin Jebersichtskarte der Elbarme zwischen Burg und Havelberg R Jahrb. d.geol. Landesanst.u Bergakadeinie 1686. ÜhA ES, f Lin Anar. lm Diluwiale Hoch- Möhere Ihalsohle Niedere Ihalsohle Rückstaubecen uNebenarme Niedere IRalsohle fläche. der Elbläufe. der Elbkockhmwasser. ausserhalb d. Elbgebietes. £ N Er} = = 5 3} f = => ee Fass vn ı | E ad % | ==] | nn er J | = = Meist Unt. Dikwiun: Meist Schläck. Meist anschlichige Meist Iaımose Numose Bildungen. Bildungen. Maafsstab = 1 : 400,000. . ı 2 34 56 7 8910 20 so Kil ra ng nn — Tafel VIII. Teredo megotara HANLEY. Aussenseite der Schale; nat. Gr. Innenseite der Schale; Vergr. Aussenseite der Schale; Vergr. Die verticalen Streifen der Aussenseite; bedeutend vergrössert. Palette der Siphonen, Oberseite; nat. Gr. 7 > > » Vergr. > » > Unterseite, nat. Gr. > >» > » Vergr. Steinkern der Röhre. Ranina bavarica nov. Sp. Oberseite des Cephalothorax. Unterseite des Oephalothorax. Unteres Glied und Palpe des rechten äusseren Kiefer- fusses; Vergr. Oberes Glied des linken äusseren Kieferfusses; Vergr. Scheerenfuss. Ein Afterfusspaar. Erster Gehfuss, die drei vorderen Grlieder. Scylla hassiaca nov. Sp. Calianassa Sp. Jahrb.d yeol Landesanst u Bergakad. 1886 Taf vll u g. 1a—c. Tafel IX. Ranina speciosa MÜNSTER. Oberseite des Gephalothorax. Unterseite des Cephalothorax. Cephalothorax von vorn gesehen. Coeloma cf. balticum SCHLÜTER. Oberseite des Cephalothorax. Unterseite des Cephalothorax. Rechte Scheere. Hoploparia sp. Jahrb dgeol Landesanst u Bergakad 1836 Tafel X. Fig. 1— 5. @Gerrillia Goldfussi VON STROMBECK. Fundpunkt: Obere Schaumkalkbank bei Dreissigacker bei Meiningen. Fig. la. Aeussere Ansicht der linken Klappe eines ausgewachsenen Exemplares. Fig. 1b. Desgl.; jüngeres Exemplar. Fig. 2. Aeussere Ansicht der rechten Schale. Fig. 3. Innere Ansicht einer rechten Klappe mit den Eindrücken des Mantelrandes und des grossen Schliessmuskels. Fie. 4. Imnere Ansicht einer rechten Schale. Fig. 4a. Ansicht des Schlossapparates, vergrössert. Fig. 5a und 5b. Linke Klappe von innen; 5c. Ansicht des Schlosses, etwas vergrössert. Die Fig. 1 bis 5 sind nach Abdrücken von Stein in Guttapercha und Siegellack gezeichnet. Fig. 6. @Gervillia costata v. SCHLOTHEIM. a) Ansicht der linken Schale; je} R b) Seitenansicht der ganzen Muschel. c) Ansicht der rechten Schale. Fundpunkt: Unterste Schichten des Nodosenkalkes bei Hümpfers- hausen unweit Meiningen. Jahrb d.geol. Landesanst.u Bergakad. 1886 | resuhsel-Hohb: Ohmann yez IE EEE FE N e LE n g ö B ' . “ ö N u B . f B . . 5 * - ’ ‘J * r % “ B $ B = Pr “u R > . ” Tafel XIII. Augitdurchschnitte. Magnetitdurchschnitt. Apatit. Masmatisch veränderter Olivin. Feldspathdurchschnitte. Jahrb.d.geol.Landesansl.u.Bergakad. 1886. Taf. Xu. i 2 3. 5 u N | \ z\n\ ID8 en Rınna del ‚&.Ohmann lith Druckv. A. Renaud 14,57% REN, SEE ER ra ge Im